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Sigrun Nickel: Partizipatives Management von Universitäten. Zielvereinbarungen – Leitungsstrukturen – Staatliche Steuerung Universität und Gesellschaft – Schriftenreihe zur Universitätsentwicklung, hrsg. von Stephan Laske, Ada Pellert, Herbert Woratschek, Band 5 ISBN 978-3-86618-101-4, Rainer Hampp Verlag, München u. Mering, 2007, 331 S., € 29.80
Was haben die Hochschulreformen der zurückliegenden zehn Jahre gebracht? Das vorliegende Buch geht dieser Frage nach, indem es einen zentralen Veränderungsprozess untersucht: Die Neukonzeptualisierung von Universitäten als zielorientiert handelnde Systeme. Zu Beginn wird analysiert, wieso die Anforderung an Universitäten, ziel- und ergebnisorientierter zu handeln als bislang, seit Mitte der 90er Jahre vehement gestiegen ist. Dabei kommen neben dem wachsenden europapolitischen Druck vor allem die Steuerungsprobleme des Staates zur Sprache, welcher zunehmend hilfloser vor der Herausforderung steht, soziale Prozesse nachhaltig zu gestalten. In dieser Situation müssen Universitäten ihre Selbststeuerungsfähigkeit erhöhen, indem sie sich von bislang eher anarchisch agierenden Institutionen zu arbeitsteiligen Organisationen mit kalkulierbaren Leistungen weiterentwickeln. Dazu bedienen sich ihre Leitungskräfte inzwischen fast unisono des Managementkonzepts „Führen mit Zielvereinbarungen“. Dieser Steuerungsansatz verspricht aufgrund seiner Beteiligungsorientierung, der in Universitäten tief verankerten partizipativen Organisationskultur in optimaler Weise entgegenzukommen. An diese Form des Universitätsmanagements sind hochgesteckte Erwartungen geknüpft, die sich in der Praxis allerdings oft nur schwer erfüllen lassen. Dies zeigen nicht nur die Auswertungen zahlreicher Praxisbeispiele und Erfahrungsberichte in diesem Band, sondern auch die durchgeführten Langzeitstudien. Erstmals wurden zwei Hochschulen über einen Zeitraum von zehn Jahren dabei beobachtet, wie sie das Führen mit Zielvereinbarungen implementiert haben und welche Wirkungen mit dem neuen Instrumentarium innerhalb der sich ständig verändernden politischen Rahmenbedingungen erreicht werden konnten. Schlüsselwörter: Governance, Hochschulsteuerung, Hochschulentwicklung, Zielvereinbarungen, Partizipatives Hochschulmanagement Sigrun Nickel ist Organisationswissenschaftlerin und arbeitet als Projektleiterin beim CHE Centrum für Hochschulentwicklung in Gütersloh in den Bereichen Governanceforschung, Qualitätsmanagement und Personalentwicklung.
Universität und Gesellschaft – Schriftenreihe zur Universitätsentwicklung Band 5 Herausgegeben von Stephan Laske, Ada Pellert, Herbert Woratschek Universität und Gesellschaft – Schriften zur Universitätsentwicklung Universitäten sind in den letzten Jahren ‚ins Gerede’ gekommen. Zweifel an der Sinnhaftigkeit ihrer aktuellen Organisationsstruktur, Skepsis im Hinblick auf ihre Anpassungsfähigkeit an Veränderungen ihres Umfeldes, Unsicherheit über ihre Rolle in der Gesellschaft, Divergenzen über ihre Aufgabenstellung, offene Fragen hinsichtlich der Leistungsbereitschaft ihrer Mitglieder – es mag viele Erklärungsansätze geben, die als mögliche Ursachen einer nicht zu übersehenden Legitimationskrise der Universitäten herangezogen werden können. Neben diesen und anderen möglichen Faktoren liegt vielleicht auch „selbstreferenzieller Autismus“ vor, als eigentümliche Mischung aus Selbstgenügsamkeit und Wahrnehmungsverweigerung, die die Universitäten von der sie einschließenden und sie prägenden Gesellschaft entfremdet hat. Mit der Reihe „Universität und Gesellschaft – Schriften zur Universitätsentwicklung“ verfolgen die Herausgeber die Absicht, Arbeiten zu veröffentlichen, die im Spannungsfeld von gesellschaftlichem Auftrag und universitärer Realität angesiedelt sind, und die in der Auseinandersetzung mit diesem Spannungsfeld einen Beitrag zur Identitätsentwicklung der Universität leisten wollen. Ziel ist es, die Universität nicht nur mit sich selbst, sondern auch mit der Gesellschaft ‚ins Gespräch’ zu bringen.
Sigrun Nickel
Partizipatives Management von Universitäten Zielvereinbarungen – Leitungsstrukturen – Staatliche Steuerung
Rainer Hampp Verlag
München und Mering
2007
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
ISBN: 978-3-86618-101-4 Universität und Gesellschaft – Schriftenreihe zur Universitätsentwicklung: ISSN 1615-9012
© 2007
Rainer Hampp Verlag München und Mering Meringerzeller Str. 10 D – 86415 Mering www.Hampp-Verlag.de Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne schriftliche Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Mikroverfilmungen, Übersetzungen und die Einspeicherung in elektronische Systeme.
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Partizipatives Management von Universitäten. Zielvereinbarungen – Leitungsstrukturen – Staatliche Steuerung
Universität und Gesellschaft – Schriften zur Universitätsentwicklung Herausgegeben von Stephan Laske, Ada Pellert und Herbert Woratschek
Universität und Gesellschaft – Schriften zur Universitätsentwicklung Universitäten sind in den letzten Jahren ‚ins Gerede’ gekommen. Zweifel an der Sinnhaftigkeit ihrer aktuellen Organisationsstruktur, Skepsis im Hinblick auf ihre Anpassungsfähigkeit an Veränderungen ihres Umfeldes, Unsicherheit über ihre Rolle in der Gesellschaft, Divergenzen über ihre Aufgabenstellung, offene Fragen hinsichtlich der Leistungsbereitschaft ihrer Mitglieder – es mag viele Erklärungsansätze geben, die als mögliche Ursachen einer nicht zu übersehenden Legitimationskrise der Universitäten herangezogen werden können. Neben diesen und anderen möglichen Faktoren liegt vielleicht auch „selbstreferenzieller Autismus“ vor, als eigentümliche Mischung aus Selbstgenügsamkeit und Wahrnehmungsverweigerung, die die Universitäten von der sie einschließenden und sie prägenden Gesellschaft entfremdet hat. Mit der Reihe „Universität und Gesellschaft – Schriften zur Universitätsentwicklung“ verfolgen die Herausgeber die Absicht, Arbeiten zu veröffentlichen, die im Spannungsfeld von gesellschaftlichem Auftrag und universitärer Realität angesiedelt sind, und die in der Auseinandersetzung mit diesem Spannungsfeld einen Beitrag zur Identitätsentwicklung der Universität leisten wollen. Ziel ist es, die Universität nicht nur mit sich selbst, sondern auch mit der Gesellschaft ‚ins Gespräch’ zu bringen.
Sigrun Nickel
Partizipatives Management von Universitäten Zielvereinbarungen – Leitungsstrukturen – Staatliche Steuerung
Rainer Hampp Verlag
München und Mering 2007
GELEITWORT Seit über einem Jahrzehnt durchlaufen Universitäten einen tief greifenden Veränderungsprozess. Mit den Reformen sind große Hoffnungen verbunden. So vor allem, dass Universitäten ihre Rolle in der Wissenschaftsgesellschaft redefinieren und diesen Wandel mit einer Weiterentwicklung ihrer Organisation in der Weise verknüpfen, dass eine erhöhte Selbststeuerungsfähigkeit erreicht wird. Die Frage ist, ob die durchgeführten Veränderungen und hier insbesondere die Implementierung neuer Managementinstrumente tatsächlich den erwarteten Fortschritt gebracht haben oder ob es sich womöglich um „Modernisierungsfassaden“ mit geringer praktischer Wirkung handelt. Das Buch von Sigrun Nickel geht dieser Frage nach, indem es ein für die laufende Hochschulreform zentrales Thema untersucht: Die Neukonzeptualisierung von Universitäten als zielorientiert handelnde Wissensorganisationen, und zwar sowohl im Innenverhältnis zwischen zentraler Leitung und dezentral arbeitenden Einheiten als auch im Verhältnis zum Staat. Dabei geht die Studie in drei großen Schritten vor: ▪
Die Universitätsreform im Kontext gesellschaftlicher und politischer Krisenbewältigung (Kapitel III),
▪
Management und Entwicklung von Universitäten als partizipativer Prozess (Kapitel IV),
▪
Langzeitstudien zur Entwicklung, Anwendung und Wirkung des partizipativen Universitätsmanagements mit Zielvereinbarungen (Kapitel V).
Die Kapitel III und IV liefern einen fundierten theoretischen Rahmen für das Verständnis von Universitätsreform. Aktuelle Entwicklungslinien und Konzepte für die Reform des öffentlichen Sektors wie New Public Management (NPM) und Public Governance werden ausgeleuchtet und kritisch reflektiert. Der Organisationstypus „Universität“ mit seinen spezifischen Bedingungen der Leistungserbringung und des Managements wird unter Einbeziehung verschiedener theoretischer Perspektiven auf innovative Weise herausgearbeitet. Die Arbeit geht in diesem Punkt in ihrem Differenzierungsgrad über das hinaus, was zumindest im deutschsprachigen Raum an Literatur vorliegt. Unter dem Titel „Partizipatives Management“ wird ein Steuerungskonzept entworfen, das diesem Organisationstypus adäquat ist. Zielvereinbarungen werden als ein zentrales Instrument dieses Managementkonzepts eingeordnet und die Erfolgskriterien seiner Anwendung herausgearbeitet. Das Instrument Zielvereinbarung wird in seiner Wechselwirkung mit universitären Leitungs- und Entscheidungsstrukturen insgesamt kritisch analysiert.
GELEITWORT
Die in Kapitel V vorgestellten ausführlichen Fallstudien, aus einer Akteurs- und Forschungsperspektive über mehrere Jahre beobachtet und ausgewertet, liefern aufschlussreiches Material über die Art und Weise, wie Zielvereinbarungen im deutschen Hochschulmanagement genutzt werden und wo die Möglichkeiten und Limitierungen dieses Steuerungs- und Führungsinstruments liegen. Sehr deutlich wird dabei, dass die Zielvereinbarungen nur im Kontext von entwickelten Verhandlungssystemen produktiv für die politische oder interne Steuerung der Universitäten genutzt werden können. Ebenso wird deutlich, dass Zielvereinbarungen in der Führung der Universität nur im Zusammenwirken mit einer Reihe anderer Steuerungsinstrumente produktive Wirkung entfalten können. Die Arbeit leistet einen wichtigen Beitrag zu einer realistischen Einschätzung dieses Instruments und für ein vertieftes Verständnis von Steuerung. Insgesamt ist der Autorin durch die Verbindung der bislang getrennt diskutierten Themen „Zielvereinbarung“, „Hochschulpolitik“, „Steuerungsmodell“ und „Formen des partizipativen Managements“ ein originärer wissenschaftlicher Beitrag gelungen. Sie erarbeitet in ihrer Untersuchung einen theoretischen Rahmen, der geeignet ist, die Bereiche Hochschulpolitik und Hochschulmanagement – die jeweils unterschiedlichen Theoriekontexten entstammen – miteinander zu koppeln. Gerade durch die Integration der hochschulpolitischen und der organisationalen Ebenen – die für Bildungsorganisationen von besonderer Bedeutung sind – kann die Autorin überzeugende Ansatzpunkte für eine adäquate Weiterentwicklung des Hochschulmanagements entwickeln. Deshalb sind diesem Buch viele LeserInnen zu wünschen.
Ada Pellert Vizerektorin der Donau-Universität Krems, Professorin für Weiterbildungsforschung und Bildungsmanagement
VORWORT „Don’t panic“ – diese Selbstberuhigung, welche sich wie ein Mantra durch den legendären Roman „Per Anhalter durch die Galaxis“ zieht, schlich sich beim Schreiben dieser Arbeit immer wieder auch in meine Gedanken ein. Universitäten organisationstheoretisch zu erfassen ist an sich schon eine äußerst anspruchsvolle Aufgabe. Aber darüber hinaus noch die Hochschulreformen der vergangenen 10 Jahre mit all ihren Paradoxien und gesellschaftspolitischen Implikationen zu reflektieren und die Flut an Erkenntnissen am Ende wieder so zu bündeln, dass sie die Praxis des Hochschulmanagements verbessern helfen, ist eine echte Herausforderung. Ich hoffe, dass die Komplexitätsbewältigung zumindest soweit geglückt ist, als die LeserInnen dieses Buches einige brauchbare und anregende Einsichten für sich gewinnen können. Bei dem vorliegenden Buch handelt es sich um eine überarbeitete Fassung meiner Dissertation, welche im Rahmen des Promotionsstudiengangs „Organisationsentwicklung“ an der Interdisziplinären Fakultät für Forschung und Fortbildung (IFF) in Wien entstanden ist. Auch wenn die Doktorarbeit in Österreich geschrieben wurde, betrachtet sie vor allem den deutschen Universitätssektor. Die Entscheidung, meine Dissertation an der IFF zu schreiben, hatte vor allem zwei Gründe: Zum einen ist der dort angebotene Promotionsstudiengang explizit an Berufserfahrene gerichtet und geht entsprechend auf deren Bedürfnisse mit speziellen Lehrangeboten ein. Vergleichbares gibt es in Deutschland nicht. Zum anderen standen mir mit Prof. Dr. Ada Pellert (Hochschulforschung) und Prof. Dr. Ralf Grossmann (Organisationswissenschaft) zwei renommierte BetreuerInnen zur Verfügung. Beide haben mit großer Offenheit und Geduld den Entstehungsprozess der Arbeit gefördert und begleitet. Dafür danke ich ihnen sehr. Weitere Personen und Institutionen, die mich maßgeblich unterstützt haben, sind: – Die Hans Böckler Stiftung, welche mir durch die Gewährung eines Stipendiums die Möglichkeit gegeben hat, zeitweise aus dem Beruf auszusteigen, um die Arbeit mit der nötigen Konzentration schreiben zu können. Mein besonderer Dank gilt Werner Fiedler, Leiter des Referats Promotionsförderung und Prof. Dr. Andrä Wolter, mein Vertrauensdozent bei der Hans Böckler Stiftung. – Die Universität Hamburg, die Hamburger Wissenschaftsbehörde und die Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik (HWP). Alle drei Organisationen haben es mir ermöglicht, für die Fallstudien tief in ihre Arbeitsweisen zu blicken und dadurch fundierte Erkenntnisse für die Weiterentwicklung der Hochschul-
VORWORT
reform und des Hochschulmanagements zu gewinnen. Danken möchte ich in diesem Zusammenhang vor allem Dr. Dr. h. c. Jürgen Lüthje, bis 2006 Präsident der Universität Hamburg, Prof. Dr. Heinrich Epskamp, bis 2005 Vizepräsident der HWP, Sabine Ketels, ehemalige Referentin für Hochschulentwicklung an der HWP, und Bodo Seeliger, ehemaliger Leiter der Abteilung Hochschulentwicklung an der Universität Hamburg. Was die technische Seite der Buchherstellung anbelangt, so haben sich Sebastian Seidel (Layout, Korrektur), Judith Schildt (Korrektur) und Viola Wicht (Grafiken) überaus verdient gemacht. Ein Arbeitsprozess, wie er für diese Publikation nötig war, kostet nicht nur die Verfasserin viel Kraft und Lebenszeit, sondern verlangt auch dem privaten Umfeld einiges ab. Deshalb möchte ich am Schluss ganz besonders den Menschen danken, die mit mir die vielen Krisen durchgestanden, mir immer wieder Mut gemacht und die auch als fachliche SparringspartnerInnen manchen Kampf mit mir ausgefochten haben: Meinem Lebensgefährten, meinen Eltern und zahlreichen Freundinnen und Freunden für ihr mutmachendes „Du schaffst das schon!“ Essen, im Oktober 2006 Sigrun Nickel
INHALTSVERZEICHNIS Geleitwort Vorwort Inhaltsverzeichnis
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I. Gegenstand und Fragestellungen
7
II. Methodisches Vorgehen
15
III. Universitätsreform im Kontext gesellschaftlicher und politischer Krisenbewältigung
21
1. Konfligierende Umweltanforderungen und Veränderungsstrategien
21
2. Universitäten in der „knowledge-based economy“
24
2.1. Der Bologna-Prozess als Antwort auf die Krise des Wissens
24
2.2. Forschung als Erfolgsfaktor für den europäischen Wirtschaftsraum
32
2.3. Fazit: Neupositionierung der Universität zwischen Staat und Markt
34
3. Universitäten in der Zivilgesellschaft
38
3.1. Universitäten im Prozess gesellschaftlicher Selbstorganisation
38
3.2. Krise sozialer Ordnungsmodelle
41
3.3. Selbsttransformation durch Selbstreflexion
43
3.4. Fazit: Universitäten als zentrale Lernorte der Gegenwartsgesellschaft
44
4. Staatliche Steuerung von Universitäten
47
4.1. New Public Management als Antwort auf die Krise des Staates
47
4.2. Vom New Public Management zur Public Governance
55
4.3. Fazit: Grundprinzipien staatlicher Hochschulsteuerung
62
4
INHALTSVERZEICHNIS
IV. Management und Entwicklung von Universitäten als partizipativer Prozess
69
1. Auf dem Weg zur unternehmerischen Universität
69
1.1. Zwischen akademischer Selbstorganisation und hierarchischer Selbststeuerung
69
1.2. Mehr Autonomie durch mehr Organisation?
72
1.3. Die Entdeckung der Zielorientierung
73
1.4. Fazit: Die Suche nach zielorientierten Management- und Organisationsentwicklungskonzepten
76
2. Universitäten als begrenzt rationale Sozialsysteme
82
2.1. Sind Universitäten Organisationen?
82
2.2. Organisation als System 2.2.1. Kritik des instrumentellen Organisationsverständnisses 2.2.2. Organisation als Handlungssystem 2.2.3. Organisation als soziales System
89 89 91 93
2.3. Korporative Handlungs(un)fähigkeit von Universitäten
96
2.4. Universitätsmanagement als „Sensible Foolishness“
101
2.5. Zielorientiertes Führen als besondere Herausforderung für Leitungskräfte 2.5.1. Motivation und Anreize 2.5.2. Selbstregulations- und Lernprozesse 2.5.3. Kooperative Entscheidungen
106 106 109 112
2.6. Fazit: Partizipatives Management von Universitäten
115
3. Führen mit Zielvereinbarungen als partizipatives Management von Universitäten
124
3.1. Zielvereinbarungen als Instrument staatlicher Hochschulsteuerung
124
3.2. Typologie und Anwendung universitätsinterner Zielvereinbarungen 3.2.1. Strategische Steuerung und Organisationsentwicklung 3.2.2. Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung 3.2.3. Personalführung und Personalentwicklung
132 133 156 171
3.3. Zusammenspiel von Zielvereinbarungen mit universitären Leitungs- und Entscheidungsstrukturen
178
3.4. Fazit: Führen mit Zielvereinbarungen – Managementmode oder tragfähiges Managementkonzept für Universitäten?
186
INHALTSVERZEICHNIS
5
V. Langzeitstudien zur Entwicklung, Anwendung und Wirkung des partizipativen Universitätsmanagements mit Zielvereinbarungen 191 1. Staatliche Hochschulsteuerung im Bundesland Hamburg 1995–2005
191
1.1. Zielvereinbarungen zwischen Staat und Hochschulen 1.1.1. Entwicklung und Anwendung 1.1.2. Wirkungen
191 191 202
1.2. Strukturreform durch Gesetze
205
2. Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik (HWP) 1995–2005
212
2.1. Einbettung der Reformen in den Gesamtentwicklungsprozess der Hochschule
212
2.2. Entwicklung und Anwendung neuer Leitungs- und Entscheidungsstrukturen
216
2.3. Entwicklung und Anwendung interner Zielvereinbarungen zur strategischen Steuerung und Organisationsentwicklung
227
2.4. Wirkungen
233
3. Universität Hamburg 1994–2005
237
3.1. Einbettung der Reformen in den Gesamtentwicklungsprozess der Hochschule
237
3.2. Entwicklung und Anwendung neuer Leitungs- und Entscheidungsstrukturen
245
3.3. Entwicklung und Anwendung interner Zielvereinbarungen zur strategischen Steuerung und Organisationsentwicklung
255
3.4. Wirkungen
260
4. Fallübergreifende Ergebnisse
264
4.1. Staatliche Hochschulsteuerung mit Zielvereinbarungen
264
4.2. Universitätsinterne Zielvereinbarungen
266
4.3. Leitungs- und Entscheidungsstrukturen von Universitäten
270
6
INHALTSVERZEICHNIS
VI. Schlussfolgerungen für die Ausgangsfragestellungen
277
VII. Literaturverzeichnis
289
VIII. Materialien und Dokumente
313
IX. Abbildungsverzeichnis
323
I. GEGENSTAND UND FRAGESTELLUNGEN „Gegenüber jedem Steuerungsanspruch empfehle ich […] die Tugend der Renitenz.“ Helmut Willke (1998, S.329) „Wo niemand mehr herrscht, herrscht der Konjunktiv.“ Niklas Luhmann (1992a, S. 43) Auch wenn es inzwischen ein Allgemeinplatz ist, dass Universitäten seit Beginn der 90er Jahre verstärkt unter Veränderungsdruck stehen, ist diese Situationsbeschreibung zutreffend. Gefordert sind insbesondere die verbesserte Steuerung der Leistungsprozesse in Forschung und Lehre sowie die Fähigkeit zur systematischen Reform von Strukturen und Verhaltensweisen. Die Auseinandersetzung mit den Themen „Hochschulmanagement“ und „Hochschulentwicklung“ ist in den zurückliegenden Jahren weitgehend kontrovers geführt worden. Die Pro- und Contra-Argumente sind nicht nur inhaltlich breit gefächert, sondern oft auch noch ideologisch aufgeladen. KritikerInnen des laufenden organisationalen Wandels sehen die Alma mater in Richtung „McDonald´s“ oder „McKinsey“ abdriften, BefürworterInnen halten dagegen die Entwicklung von Universitäten zu einem professionell geführten „korporativen Akteur“ für eine adäquate Reaktion auf die sich verändernde Umwelt. Die in diesem Spannungsfeld ausgetragenen Dispute sind weit mehr als nur Ausdruck eines Ringens um neue Strukturen und Managementtechniken. Sie berühren vielmehr die historisch gewachsene Identität einer der ältesten Institutionen der Welt. Gemäß des darin wurzelnden Unabhängigkeitsanspruchs haben sich Universitäten stets gegen zu starke Eingriffe von außen gewehrt. Doch seit geraumer Zeit können sie sich den Anforderungen externer, vielfach wissenschaftsfremder Anspruchsgruppen immer weniger verschließen. Als Teil eines umfassenden gesellschaftlichen Veränderungsprozesses sind Universitäten gefordert, sich selbst auf den Prüfstand zu stellen und – wo nötig – „Wissenschaft neu zu denken“, um einen substantiellen Beitrag zur sozialen Orientierung in der Ungewissheit leisten zu können (vgl. Nowotny et al. 2005). Welche Rolle eine veränderte (Selbst-)Steuerung und (Selbst-)Organisation in diesem Kontext spielen, soll in der vorliegenden Arbeit untersucht werden. Trotz der zum Teil massiven Kritik an den Zielen und Verfahren der laufenden Hochschulreform hat es in den vergangenen zehn Jahren einen relativ schnellen Umbruch sowohl im Management als auch in der Organisation von Universitäten in Richtung „Unternehmensförmigkeit“ gegeben. Das bedeutet nicht, dass Universitäten zu Wirtschaftsunternehmen mutiert sind, sondern es wird stärker unternehmerisch gedacht und gehandelt. Ziel ist, die organisationale Handlungsfähigkeit von
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GEGENSTAND UND FRAGESTELLUNGEN
Universitäten so zu stärken, dass sie ihre speziellen Aufgaben in Forschung und Lehre besser erfüllen und neue Aufgabengebiete strategisch erschließen können. Aus diesem Grund hat sich die bislang eher lose verbundene Gemeinschaft wissenschaftlich tätiger Individuen auf den Weg gemacht, sich zu einer zielorientierten, arbeitsteiligen Organisation weiterzuentwickeln. Als Motor dafür haben vor allem zwei Faktoren gewirkt: Auf der einen Seite haben die Universitäten in den zurückliegenden Jahren vehement mehr Autonomie vom Staat gefordert. Sie wollen weitgehende Entscheidungsfreiheiten in Bezug auf die Gestaltung ihrer internen Prozesse. Um dieser Eigenverantwortung gerecht werden zu können, ist es notwendig, dass Universitäten sich deutlicher als bisher zu korporativen Akteuren formieren, d.h. zu handlungsfähigen Organisationen entwickeln. Nur dann sind sie auch in der Lage, sich in den gesellschaftlichen Aushandlungs- und Diskussionsprozessen ausreichend Gehör und Geltung zu verschaffen. Vor diesem Hintergrund sind innerhalb der Universitäten massive Veränderungsprozesse angelaufen, die vor allem auf die Herausbildung geeigneter Leitungs- und Entscheidungsstrukturen und Steuerungsinstrumente gerichtet sind. Diese Reformvorhaben werden inzwischen von den meisten Hochschulen aktiv betrieben, wobei es universitätsintern umstritten ist, ob darin echte Chancen liegen oder ob es sich nur um ein getriebenes Umsetzen von Managementmoden handelt. Auf der anderen Seite hat der Staat, unterstützt von der (Medien-)Öffentlichkeit, den Hochschulen sein Misstrauen ausgesprochen. Nicht nur die Leistungsfähigkeit der Hochschulen wird massiv angezweifelt, auch deren mangelhafte internationale Wettbewerbsfähigkeit steht immer wieder im Mittelpunkt der Kritik. Vor diesem Hintergrund hat die politische Seite ihr Steuerungsverhalten grundlegend verändert. Durch Methoden und Instrumente, welche vorwiegend dem New Public Management (NPM) entlehnt sind, sollen die bislang als „anarchisch“ geltenden Hochschulen dazu gebracht werden, Leistungen in einer bestimmten Quantität und Qualität erwartungssicherer zu produzieren und damit politische Vorstellungen stringenter umzusetzen. Um das erreichen zu können, wendet der Staat nicht nur ein Set neuer Steuerungsinstrumente und -verfahren an, sondern benötigt darüber hinaus AnsprechpartnerInnen innerhalb der Hochschulen, welche ähnliche Ziele verfolgen und diese auch organisationsintern durchsetzen können. Vor diesem Hintergrund hat der Staat durch entsprechende Gesetzesnovellierungen die Etablierung von professionellen Hochschulleitungen gefördert, welche gegenüber Politik und Öffentlichkeit für den Erfolg ihrer Organisationen verantwortlich und rechenschaftspflichtig gemacht werden können. In dieser Schere aus hochschuleigenem Reformanspruch und äußerem Reformdruck, aus Selbst- und Fremdorganisation, hat in den zurückliegenden zehn Jahren eine intensive Auseinandersetzung mit den Stärken und Schwächen der Universitätsorganisation stattgefunden: Teils versuchen Hochschulen, sich durch selbst initi-
GEGENSTAND UND FRAGESTELLUNGEN
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ierte Organisationsentwicklungsprojekte, die vor allem mehr Effizienz, Effektivität und Rationalität des Entscheidungsverhaltens bewirken sollen, einen Modernisierungsvorsprung zu sichern. Teils sehen sie sich gezwungen, gesetzlich verordnete Veränderungen nachzuvollziehen. In dieser zweischneidigen, ambivalenten Situation stehen vor allem die – häufig auch noch von den Professoralen KollegInnen misstrauisch beobachteten – Leitungskräfte vor der anspruchsvollen Aufgabe, die Universitätsmitglieder für die Kraftanstrengung zu motivieren und zu mobilisieren, welche nötig ist, um einen eigenen Weg durch den „Modernisierungsdschungel“ finden und dabei historisch gewachsene Strukturen und Traditionen in Frage stellen zu können. Dabei werden naturgemäß jede Menge unangenehme Fragen berührt, von denen eine von besonderer Bedeutung ist, weil sie das Selbstverständnis von Universitäten betrifft: Wie verändert sich das Verhältnis von Individuum und Organisation, oder anders ausgedrückt von Partizipation und Management? Eine der zentralen Herausforderungen für Leitungskräfte in Universitäten besteht darin, eine hochgradig fragmentierte, von widerstrebenden Logiken geprägte Einrichtung zielgerichteter beeinflussen und entwickeln zu müssen als bisher. Dabei steht der Wunsch des Managements nach einer effizienteren und effektiveren Verhaltenssteuerung einer Organisationskultur gegenüber, die sich traditionell durch eine weitreichende individuelle Autonomie und eine ausgeprägte Selbstverwaltung auszeichnet. Leitungskräfte, welche es nicht schaffen, diese z.T. widerstrebenden Aspekte angemessen miteinander zu verbinden, scheitern. Partizipation und Management sind auch in Wirtschaftsunternehmen schon lange keine feindlichen Gegensätze mehr, sondern zwei Seiten einer Medaille. Im Prinzip lebt inzwischen jedes moderne Management von der Einbindung der Organisationsmitglieder in die Entscheidungsprozesse, denn ohne die Motivation und Leistungsbereitschaft der MitarbeiterInnen ist ein langfristiger Organisationserfolg unmöglich. Dennoch gibt es kein Wirtschaftsunternehmen, welches eine derart hochgradig partizipative Organisationskultur aufweist, wie Universitäten. Deshalb müssen Hochschulen beim partizipativen Management eigene Wege finden. Ausgehend von dieser Situation soll in der vorliegenden Arbeit untersucht werden, inwiefern es im Laufe der zurückliegenden zehn Jahre gelungen ist, ein partizipatives Management von Universitäten aufzubauen, welches die Selbststeuerungsfähigkeit stärkt, ohne dabei die für das wissenschaftliche Arbeiten typische und größtenteils auch notwendige Selbstorganisation unverhältnismäßig einzuschränken. Dabei wird in dieser Arbeit das Management von Universitäten nicht als bloße Verhaltenssteuerung, sondern als zielgerichtete Prozessgestaltung zur systematischen und kontinuierlichen Weiterentwicklung der Universitätsorganisation verstanden. Die Entwicklung von Universitäten ist keine punktuelle Angelegenheit, sondern eine Daueraufgabe, die nicht alleine von der Organisationsspitze bewältigt werden kann. Vielmehr sind solche Prozesse im hohen Maße auf die Ideen und das Engagement der Organisationsmitglieder angewiesen. Um die deshalb notwendigen konstruktiven und kontinuierlichen Gegenstromverfahren zwischen „top“ und „bottom“ zu
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GEGENSTAND UND FRAGESTELLUNGEN
erzeugen, bieten sich die Verfahren und Methoden der Organisationsentwicklung (OE) an. Dabei handelt es sich um einen sozialwissenschaftlichen Ansatz zur stetigen Verbesserung von Organisationen, der davon ausgeht, das Problemlösungsund Erneuerungsprozesse nur dann nachhaltig sind, wenn möglichst viele Organisationsmitglieder an ihrer Entstehung mitwirken. Darüber hinaus versucht OE durch die Implementierung kritischer Selbstreflexions- und Feedbackschleifen einen organisationalen Lernprozess anzuregen und zu verstetigen. Vor diesem Hintergrund soll unter einem „Partizipativen Management von Universitäten“ ein Leitungsprinzip verstanden werden, welches zielgerichtete Verhaltenssteuerung mit OE verbindet.
Abb. 1 Der partizipative Managementansatz, welcher derzeit die größte Popularität im Hochschulbereich genießt, ist das Führen mit Zielvereinbarungen. Die schnelle Verbreitung dieser in der Literatur auch unter dem Begriff „Management by Objectives“ (MbO) bekannten Methode hat vor allem zwei Ursachen. Zum einen spielt das Führen mit Zielvereinbarungen eine zentrale Rolle im NPM und damit in der staatlichen Hochschulsteuerung. Die Tatsache, dass in den meisten deutschen Wissenschaftsministerien Zielvereinbarungen zum Hauptinstrument der Planung strategisch relevanter Veränderungsprojekte und Maßnahmen avanciert sind, hat zu einer analogen Entwicklung auf der universitätsinternen Managementebene geführt. Zum anderen besitzt das Führen mit Zielvereinbarungen für die universitätsinterne Steuerung und Entwicklung eine hohe Attraktivität, weil es hoch kompatibel mit den organisatorischen Besonderheiten von Universitäten ist: Als Experten-
GEGENSTAND UND FRAGESTELLUNGEN
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organisationen, deren LeistungsträgerInnen weitgehend eigenständig arbeitende WissenschaftlerInnen sind, benötigen Hochschulen Managementmethoden und -instrumente, die genügend Freiraum für Selbstregulationsprozesse lassen und zugleich ein korporatives Agieren sicherstellen. Durch Zielvereinbarungen scheint die Kluft zwischen individuellen und korporativen Interessen überbrückbar zu sein: Mit ihrer Hilfe können die Leitungskräfte mit ihren Organisationsmitgliedern bestimmte Leistungen verbindlich vereinbaren, ohne übermäßig autoritär werden zu müssen. Sie beziehen die ExpertInnen in ihre Entscheidungsprozesse ein und kommen damit nicht nur der wissenschaftlichen Arbeitsweise, sondern auch der Organisationskultur entgegen, welche durch ein hohes Maß an Selbstbestimmung geprägt ist. Soweit die Theorie. Ob das Führen von Zielvereinbarungen in der Praxis auch hält, was es verspricht, ist derzeit allerdings noch offen. Es gibt kaum gesicherte Erkenntnisse darüber, ob die erhoffte stärkere Führung bei gleichzeitig zielgerichteterer Organisationsentwicklung durch Zielvereinbarungen tatsächlich realisiert werden. Die vorliegende Arbeit soll einen Beitrag dazu leisten, in diesem Punkt für größere Klarheit zu sorgen. Deshalb soll folgender Frage nachgegangen werden: Frage 1: Sind Zielvereinbarungen nur eine vorübergehende Management-Mode oder verbessern sie nachhaltig die Steuerung und Organisationsentwicklung von Universitäten? Zur Bearbeitung dieser Problemstellung wird ausführlich dargestellt, welchen Stellenwert und welche Funktionen zielorientierte Management- und Entwicklungskonzepte für Universitäten im Zuge der laufenden Hochschulreform haben. Weiterhin werden die bisher mit Zielvereinbarungen gemachten Erfahrungen unter Einbeziehung von Praxisbeispielen analysiert und aktuelle Trends in der Anwendung aufgezeigt und diskutiert. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse werden anschließend durch Fallstudien an zwei Hamburger Hochschulen vertiefend reflektiert. Bei den Fallstudien handelt es sich um Langzeitbeobachtungen. Über einen Zeitraum von rund zehn Jahren hinweg werden sowohl die Einführung als auch die Anwendung von Zielvereinbarungen dargestellt und analysiert. Dadurch kann nicht nur überprüft werden, inwiefern das partizipative Management die erhofften Wirkungen entfaltet hat, sondern es wird auch deutlich, wie die beiden Organisationen die Neuerung mittelfristig verarbeitet haben. Frage 2: Inwiefern unterstützt das aktuelle Gestaltungsmuster universitärer Leitungs- und Entscheidungsstrukturen das zielorientierte Universitätsmanagement? Eine Grundhypothese dieser Arbeit ist, dass Zielvereinbarungen als Instrument des partizipativen Hochschulmanagements nur dann erfolgreich sein können, wenn diese mit geeigneten Leitungs- und Entscheidungsstrukturen verbunden sind. Zielvereinbarungen sind von ihrer Grundidee her ein Führungsinstrument und daher
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GEGENSTAND UND FRAGESTELLUNGEN
darauf angewiesen, dass PräsidentInnen/RektorInnen, VizepräsidentInnen/VizerektorInnen, DekanInnen und ProdekanInnen sowie KanzlerInnen Erfolg versprechende strategische Ziele bilden und für deren Umsetzung sorgen können. Ansonsten bleibt das Instrumentarium wirkungslos. An diese Hypothese knüpft auch die dritte Fragestellung an, die vor allem im Rahmen der Fallstudien bearbeitet wird: Frage 3: Welche Erfolgsfaktoren lassen sich aus dem beobachteten Zusammenspiel zwischen Zielvereinbarungen und Leitungs- und Entscheidungsstrukturen ableiten? Universitäten verfolgen zwar eigene Organisationsziele, dennoch müssen die Leitungskräfte mit der Tatsache leben, dass sie noch eine weitere Managementebene über sich haben, den Staat. Ebenso wie es ein legitimes Anliegen von PräsidentInnen/RektorInnen ist, das Verhalten ihrer Organisationsmitglieder beeinflussen zu wollen, sind auch politisch legitimierte Regierungen berechtigt, Ansprüche an das Handeln und an die Ergebnisse der von ihnen finanzierten Organisationen zu stellen. Wie vehement die Wissenschaftsministerien in die Hochschulen „hineinmanagen“, ist unterschiedlich und hängt vom Steuerungskonzept bzw. Steuerungsverständnis der jeweiligen politischen Führung ab. Dem Anspruch nach werden Zielvereinbarungen zwischen Staat und Hochschulen zur strategischen Steuerung eingesetzt. Das bedeutet, der Staat greift nicht mehr detailliert in die hochschulinternen Prozesse ein, sondern vereinbart mit den Leitungskräften die politisch-strategisch bedeutsamen Entwicklungsziele. Alles Weitere überlässt er der Eigenverantwortung der Universitäten. Durch dieses „Loslassen“ des Staates gewinnen die Hochschulen Spielräume, die sie nach eigenen Zielvorstellungen gestalten können. Die bisher vorliegenden praktischen Erfahrungen lassen allerdings Zweifel daran aufkommen, dass dieser Anspruch eingelöst wird. Vor diesem Hintergrund soll in dieser Arbeit eine vierte Frage untersucht werden: Frage 4: Inwieweit hat der Staat den Paradigmenwechsel von der Detailsteuerung zur strategischen Rahmensteuerung mit Hilfe von Zielvereinbarungen tatsächlich vollzogen und dadurch wie beabsichtigt die Handlungsautonomie der Universitäten erhöht? Zur Klärung dieser Frage werden die in den deutschen Bundesländern z.T. sehr unterschiedlichen Anwendungsvarianten der Zielvereinbarungen zwischen Staat und Hochschulen beschrieben und systematisiert und – da die Finanzfrage bei der staatlichen Hochschulsteuerung eine herausragende Rolle spielt – in einen Zusammenhang mit Budgetierungsverfahren gestellt. Darauf aufbauend werden in einer Fallstudie sowohl die Einführung als auch die Anwendung und Wirkung der staatlichen Steuerung mit Zielvereinbarungen im Bundesland Hamburg analysiert. Dabei handelt es sich ebenfalls um eine Langzeitbeobachtung über einen Zeitraum von zehn Jahren. Im Zuge der Fallstudie wird deutlich gemacht, wie sich die Handhabung
GEGENSTAND UND FRAGESTELLUNGEN
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der Zielvereinbarungen zwischen Staat und Hochschulen mit der Zeit verändert haben, welche Lücken zwischen Anspruch und Wirklichkeit klaffen und wie sich das unterschiedliche Politik- und Steuerungsverständnis der wechselnden Landesregierungen auf die Funktion von Zielvereinbarungen ausgewirkt hat.
II. METHODISCHES VORGEHEN Als wissenschaftlicher Reflexionsrahmen wird für diese Arbeit die Theorie sozialer Systeme herangezogen. Auf Basis einer ausführlichen Organisationsdiagnose wird begründet, warum ein systemisches Organisationsverständnis das adäquateste für Universitäten ist. Im Anschluss daran ist eine Reihe von Spezifikationen und Konkretisierungen nötig, um die Anschlussfähigkeit dieser Analyseperspektive an das Paradigma der laufenden Hochschulreform zu gewährleisten. Dabei liegt eine der Hauptschwierigkeiten darin, einen schlüssigen Wirkungszusammenhang zwischen der Eigenwilligkeit des Universitätssystems und seiner Beeinflussbarkeit durch Leitungs- und Entscheidungsstrukturen sowie durch Steuerungsinstrumente herzustellen. Um das zu erreichen wird die systemtheoretische Sichtweise mit handlungsbzw. akteurstheoretischen Ansätzen konfrontiert und problemorientiert modifiziert. Beschrieben und analysiert werden zwei unterschiedliche Dimensionen universitärer Veränderungsprozesse. Im Mittelpunkt steht die Suche nach neuen zielorientierten Management- und Entwicklungsstrategien für Universitäten. Diese tief greifende Anpassungsleistung ist kein reines Managementproblem, bei dem es nur darum geht, die richtigen Instrumente und Verfahren zu finden, sondern sie spielt sich in einem gesellschaftlichen Kontext ab. Als soziale Systeme sind Universitäten strukturell an ihre Umwelt gekoppelt und richten ihr Verhalten entsprechend ihrer speziellen Rahmenbedingungen und Einflussfaktoren aus. Umgekehrt üben aber auch Universitäten eine Reihe von Wirkungen auf ihre Umwelt aus. Es besteht also ein Interdependenzverhältnis zwischen einer Universität und ihrer Umwelt. Die Entwicklungsprozesse von Universitäts- und Gesellschaftssystem sind sogar so eng verflochten, dass davon ausgegangen werden kann, dass eine „Koevolution von Gesellschaft und Wissenschaft“ (Nowotny et al. 2005, S. 45ff.) besteht. Diese vollzieht sich derzeit unter Bedingungen fundamentaler Krisen und wachsender Unsicherheit. Daraus ergeben sich für diese Arbeit zwei Fragen: Einerseits, ob und mit welchen Strategien, Strukturen sowie Management- und Organisationsentwicklungsverfahren Universitäten trotzdem erfolgreich handeln können und andererseits, ob und wie Universitäten durch das von ihnen in Lehre und Forschung hervorgebrachte Wissen die Gesellschaft bei der Krisenbewältigung und dem Umgang mit Unsicherheit unterstützen können. Vor diesem Hintergrund ist die Untersuchung wie folgt aufgebaut: Zunächst wird in Kapitel III. eine Kontextklärung der Universitätsreform vorgenommen. Diese soll deutlich machen, mit welchen z.T. konfligierenden Umwelteinflüssen und –anforderungen sich Universitäten aktuell auseinandersetzen müssen und welche Folgen für deren Aufgaben- und Selbstverständnis sowie Entscheidungsverhalten da-
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durch entstehen. Dabei wird herausgearbeitet, dass trotz aller Versuche, die Hochschulen von der staatlichen Steuerung unabhängiger zu machen, die Politik nach wie vor die relevanteste aller Umwelten für Universitäten bildet. Die Wissenschaftsministerien wirken unmittelbar in die Universitäten hinein. Deshalb wird in den Kapiteln IV. und V. die Kontextbetrachtung auf das politische Umfeld konzentriert. Management und Entwicklung von Universitäten werden schwerpunktmäßig im Zusammenhang mit der politischen Steuerung dargestellt und analysiert. In diesen Kapiteln erfolgt die eigentliche Bearbeitung der vier Ausgangsfragen. Hauptziel ist das Führen mit Zielvereinbarungen als populäre Methode des Universitätsmanagements kritisch zu reflektieren und nach Ausarbeitung geeigneter Kriterien auf seinen tatsächlichen Nutzen für die Verbesserung wissenschaftlicher Leistungsfähigkeit zu untersuchen. Dazu wird in Kapitel IV. erläutert, warum das Führen mit Zielvereinbarungen in den zurückliegenden Jahren eine Schlüsselfunktion bei der Steuerung von Universitäten erlangt hat und aufgrund welcher management- und organisationstheoretischer Implikationen dieser Ansatz als besonders geeignet für diese Form von Expertenorganisationen erscheint. Eine besondere Rolle wird in diesem Zusammenhang dem Konzept der „lernenden Organisation“ zugewiesen, da einer der Hauptgründe für die Attraktivität von Zielvereinbarungen in der Annahme besteht, dass sie nicht nur die Handlungsrationalität von Universitäten, sondern auch deren Entwicklungsfähigkeit verbessern. Die Erwartung ist, dass Zielvereinbarungen organisationale Lernkreisläufe in Gang setzen und dadurch die Innovations- und Zukunftsfähigkeit von Universitäten sicherstellen. Sie sind Management- und Reformtool in einem. Deshalb werden bei der Darstellung der bislang zu beobachtenden Funktionsweise und Anwendung universitätsinterner Zielvereinbarungen drei Typen unterschieden. Diese dienen zwar divergierenden Zwecken, weisen aber einen ähnlichen Grundmechanismus auf: Die Kombination von Führung bzw. Steuerung mit Organisations- und Personalentwicklung. Dabei kommt es allerdings – wie bereits in den Ausgangsfragen Nr. 2 und Nr. 3 formuliert – in der universitären Praxis häufig vor, dass die Führungs- bzw. Steuerungsfunktion im Vergleich zur Entwicklungsfunktion eher schwach ausgeprägt ist. Deshalb wird in einem gesonderten Punkt das Zusammenspiel des Instruments Zielvereinbarungen mit den universitären Leitungs- und Entscheidungsstrukturen beleuchtet. Strukturen sind für soziale Systeme von zentraler Bedeutung, da deren Beschaffenheit die Operationsmöglichkeiten maßgeblich bestimmt. Deshalb werden die Leitungs- und Entscheidungsstrukturen von Universitäten in dieser Arbeit darauf hin untersucht, inwiefern sie in der Lage sind, das zielgerichtete oder anders ausgedrückt das strategische organisationale Handeln zu verbessern.
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Anknüpfend an die bereits am Ende von Kapitel III. herausgearbeiteten Grundprinzipien staatlicher Hochschulsteuerung, die sich vor allem am New Public Management orientieren, wird dargestellt, welche Funktionen Zielvereinbarungen bei der Gestaltung des Verhältnisses Staat-Hochschulen haben und welche Wechselwirkungen mit den universitätsinternen Zielvereinbarungen entstehen. Dabei werden die Unterschiede und Parallelen in Hinblick auf die Frage analysiert, inwiefern es sowohl dem Staat als auch den Universitäten gelingt, mit Hilfe von Zielvereinbarungen tatsächlich partizipativ zu managen. Insgesamt betrachtet dient das Kapitel IV. dazu, die besondere Rolle, welche das Führen mit Zielvereinbarungen im Universitätsbereich spielt, organisationstheoretisch herzuleiten und zu begründen, auf dieser Basis den bisherigen Erkenntnis- und Diskussionsstand zu diesem Thema darzustellen und einer ersten kritischen Reflexion zu unterziehen. Im Kapitel V. soll der bis dato überwiegend theoretisch hergeleitete Erkenntnisund Diskussionsstand erweitert und die kritische Reflexion vertieft werden. Dies geschieht in Form von drei Fallstudien. Diese nehmen den roten Faden der Arbeit auf und führen ihn weiter, indem die erste Fallstudie die Entwicklung des politischen Kontextes und die beiden weiteren Fallstudien die Such- und Veränderungsprozesse von zwei Universitäten, der Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik (HWP) und der Universität Hamburg, innerhalb dieses politischen Kontextes untersuchen. Auf diese Weise wird auch hier wieder ein Zusammenhang zwischen der staatlichen Steuerung und den universitätsinternen Management- und Organisationsentwicklungsprozessen hergestellt. Die drei Fallstudien sind in ihrer Fokussierung und in ihrem Aufbau darauf ausgerichtet, Erkenntnisse zu den vier Ausgangsfragen zu liefern. Infolgedessen werden in der ersten Fallstudie nicht nur die Entwicklung, Anwendung und Wirkungen von Zielvereinbarungen zwischen Staat und Hochschule untersucht, sondern es wird auch analysiert, welchen Freiraum für eigenständige Entscheidungen und Veränderungen der Staat den Hochschulen tatsächlich lässt. Dagegen geht es in den Fallstudien stärker darum, zu klären, ob die zu Beginn des jeweiligen Implementierungsprozesses in das Führen mit Zielvereinbarungen gesetzten Erwartungen erfüllt werden und wie das Zusammenwirken des Instruments ‚Zielvereinbarungen’ mit den Leitungs- und Entscheidungsstrukturen funktioniert. Dabei wird gezeigt, wie die beiden Universitäten die Neuerungen in ihrer Organisation einführen und wie diese Teilreformen in den Gesamtentwicklungsprozess der Hochschule eingebettet sind. Zum Schluss werden die Ergebnisse der Einzelfallstudien zu fallübergreifenden Ergebnissen aggregiert, um einen möglichst umfassenden Erkenntnisgewinn zu ermöglichen. Die Fallstudien sind als mehrdimensionale Systembeobachtungen zu verstehen. Auf der Makroebene werden konkret erkennbare Operationen eines Politiksystems und zweier damit zusammenhängender Universitätssysteme durch einen speziellen, auf den Gegenstand „Partizipatives Management“ eingegrenzten Fokus betrachtet. Auf der Mesoebene wird deutlich gemacht, wie divergent die Perspektiven der drei Systeme sind und auf welche Weise sie sich gegenseitig wahrnehmen und z.T. auch
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aufeinander reagieren. Die Analyse dieser bereits sehr komplexen Vorgänge wäre unvollständig, wenn nicht noch eine dritte Ebene mitreflektiert würde, und zwar die des Subjekts, welches die Systeme beobachtet sowie in ihrer Veränderung beschreibt und analysiert. Systemtheoretisch gesehen liegt eine der Hauptgefahren bei der Anfertigung von Fallstudien darin, dass die geschilderten Beobachtungen nicht unbedingt die tatsächliche Funktionsweise des jeweiligen Systems, sondern primär nur die „Logik des beobachtenden Systems und seiner kognitiven Struktur“ (Willke 1996a, S. 168) wiedergeben. Jede Person, die etwas erforscht, ist in ihrem Vorgehen in gewisser Weise selbstreferentiell, d.h. an ihre eigenen Denk-, Handlungs- und Wahrnehmungsmöglichkeiten gebunden. Sie konstruiert eine Wirklichkeit, die zunächst einmal nur ihre eigene ist und erst durch die Kontrastierung mit anderen Wirklichkeiten der „Wahrheit“ ein Stück näher rücken kann. Die Gefahr der Subjektivität ist bei der Anfertigung der drei Fallstudien auch deshalb besonders hoch, weil die Prozessbeobachterin streckenweise selbst an der Prozessgestaltung beteiligt war. Ich war also nicht nur externe Forscherin, sondern auch interne Akteurin, und zwar in folgender Weise: – Als Mitarbeiterin der Hamburger Wissenschaftsbehörde habe ich in den Jahren 1999 und 2000 an der Novellierung des Hamburger Hochschulgesetzes mitgewirkt. – An der Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik (HWP) habe ich den Veränderungsprozess 1995 von einer leitenden Position aus mitinitiiert und bis 1998 aktiv gestaltet. In den Jahren 2002–2003 habe ich die HWP als externe Beraterin bei der Entwicklung und Implementierung eines Qualitätsmanagementsystems unterstützt. – An der Universität Hamburg war ich von 2000–2002 im wissenschaftlichen Leitungsteam des Projektes Universitätsentwicklung (ProUni) tätig und habe in dieser Funktion vor allem die Reform der zentralen Leitungs- und Entscheidungsstrukturen betreut. Die Erfahrungen und Eindrücke, die ich in diesen Phasen gewonnen habe, sind naturgemäß in die Fallstudien eingeflossen. Im Sinne einer „Grounded Theory“ (Glaser/Strauss 1998) handelt es sich dabei um eine aussagekräftige Quelle. Der Anspruch der Arbeit besteht jedoch darin, über die Beschreibung und Reflexion von Erfahrungstatbeständen hinaus zu gehen und zu verallgemeinerbaren Ergebnissen zu kommen. Deshalb wurde die Methode der Langzeitstudie gewählt. Diese Form der Systembeobachtung ermöglicht es, nicht nur die Phasen zu beschreiben und auszuwerten, an denen ich selbst beteiligt war, sondern die Entwicklung von Systemen in einem sehr viel weiter gefassten Kontext nachzuvollziehen und zu analysieren. Dazu wird neben einer Reihe eigener, im Laufe der Jahre von mir publizierter Texte eine Fülle von Materialen und Dokumenten herangezogen, welche im
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Kapitel VIII. unter der Überschrift „Materialen und Dokumente“ ausgewiesen ist. Dabei handelt es sich um offizielle und inoffizielle Papiere, Protokolle, Briefe, Aktennotizen und Veröffentlichungen. Ergänzend zu dieser Dokumentenanalyse wurden zeitlich versetzt Experteninterviews geführt, verschriftlicht und als weitere Quelle für die Fallstudien herangezogen. Die Experteninterviews wurden mit Personen geführt, die an entscheidender Position in die Entwicklungsprozesse involviert waren. Die Interviews dienten vor allem der Reflexion der während der Arbeit an den Fallstudien erzielten Zwischenerkenntnisse. Durch die Einbeziehung anderer Perspektiven sollte eine Art „reflektierter Rekonstruktivismus“ (Willke 1996a, S. 167) entstehen, d.h. ein Forschungsprozess, bei dem eigene Erkenntnisse mit denen anderer Subjekte in Beziehung gesetzt werden, um am Ende zu einem „objektiveren“ Gesamtbild zu kommen. Darüber hinaus habe ich während und nach meiner aktiven Phase in den Projekten in bestimmten Zeitabständen meine eigene Rolle reflektiert. Dies gelang allerdings nur für die Tätigkeiten in den beiden Hochschulentwicklungsprojekten, nicht jedoch für die im Politikbereich. Um meine Rolle an der HWP zu reflektieren habe ich im Abstand von einem Jahr zwei Sitzungen mit meiner Nachfolgerin im Amt der Hochschulentwicklerin durchgeführt. Diese dienten dazu, die Perspektiven auf den Veränderungsprozess der Hochschule auszutauschen und dabei auch die Grenzen und Möglichkeiten der internen Beratung in Hochschulen auszuloten. Die Ergebnisse dieser Diskussionen wurden per Band und handschriftlicher Aufzeichnung festgehalten. Meine Rolle als Mitglied des wissenschaftlichen Leitungsteams von ProUni an der Universität Hamburg habe ich, unterstützt durch eine externe Beraterin, in insgesamt drei Sitzungen gemeinsam mit weiteren ProjektmitarbeiterInnen reflektiert und die Ergebnisse handschriftlich protokolliert. Dies geschah gegen Ende der Projektlaufzeit. Zusätzlich habe ich meine Rolle z.T. auch zum Gegenstand der Experteninterviews gemacht, welche ich ex post mit einigen Mitgliedern der Universität Hamburg und der HWP geführt habe.
III. UNIVERSITÄTSREFORM IM KONTEXT GESELLSCHAFTLICHER UND POLITISCHER KRISENBEWÄLTIGUNG
1. Konfligierende Umweltanforderungen und Veränderungsstrategien Die laufende Universitätsreform findet in einem widerspruchsvollen Kontext statt. Zwar ist die grobe Richtung klar, d.h. es soll „ein dereguliertes, dezentralisiertes und diversifiziertes Hochschulsystem“ entstehen“ (Pellert 1999, S. 277), das sich aus unterschiedlich profilierten und weitgehend autonom agierenden Institutionen zusammensetzt. Doch der Weg dahin ist mit unterschiedlichsten und z.T. sogar konfligierenden Umweltanforderungen und Veränderungsstrategien gepflastert, die zu einem unübersichtlichen Amalgam namens „Die Krise der Universität“ (Stölting/Schimank 2001) zusammenfließen. Auch wenn sich Universitäten in den Jahrhunderten ihres Bestehens eigentlich immer in der Krise befunden haben und jede Generation aufs Neue vor der Herausforderung steht, „die Aufgaben und Organisationsformen für diese facettenreichen Einrichtungen vor dem Hintergrund der jeweils aktuellen gesellschaftlichen Entwicklung neu zu fassen“ (Pellert 1999, S. 317), scheint doch zu Beginn des 21. Jahrhunderts die Erschütterung des Universitätssystems ganz besonders fundamental und allumfassend zu sein: „Allem Anschein nach sind es viele, ganz unterschiedliche Krisen, die sich zu einem komplexen Knäuel verstricken“ (Stölting/Schimank 2001, S. 7). Dementsprechend uneinheitlich ist die Sicht darauf, welche universitären Krisenherde es tatsächlich gibt: „Sie werden in jeweils verschiedenen gesellschaftlichen Kontexten wahrgenommen. Was sich der einen Perspektive als Krise aufdrängt, braucht aus einem anderen Blickwinkel gar nicht aufzufallen. Ebenso differiert, was aus einer Krisendiagnose gefolgert wird“. Wer Universitäten weiterentwickelt und managt, sollte sich also bewusst sein, aus welcher Perspektive er dies tut, denn davon hängt ab, was er tut. Deshalb sollen in den nun folgenden Abschnitten zentrale Bereiche der laufenden Universitätsreform aus verschiedenen Blickwinkeln analysiert und in einen Kontext mit gesellschaftlichen Entwicklungen gestellt werden. Universitäten werden als soziale Systeme betrachtet, welche sich in einer wechselseitigen Beziehung mit ihrer gesellschaftlichen Umwelt befinden. Bestimmte gesellschaftliche Dynamiken spiegeln sich in der Universitätsreform wider und beeinflussen ihren Verlauf. Dabei
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handelt es sich vor allem um drei gesellschaftliche Krisenherde, für deren Bewältigung die Universitätsreform eine besondere Bedeutung hat: ► die Krise des Wissens ► die Krise sozialer Ordnungsmodelle ► die Krise des Staates Trotz aller Unterschiedlichkeit haben die Krisen ein gemeinsames Thema: Die Grenzen der Steuerbarkeit sozialer Prozesse. Dieses wird sich als ein roter Faden sowohl durch dieses Kapitel und als auch durch das gesamte Buch ziehen. Für die Bewältigung der drei aufgezeigten gesellschaftlichen Krisen werden Lösungsstrategien entwickelt, die zum Teil ineinander greifen, zum Teil aber auch aneinander vorbeilaufen. Da diese Art von Lösungsstrategien die Probleme meist nicht in der gewünschten Form beseitigt und oft sogar Folgeprobleme produziert, wird ständig um neue Auswege gerungen, in der Hoffnung, diesmal endlich den Schlüssel zur dauerhaften Krisenbewältigung zu finden. Die dabei entstehenden, sich mehr oder minder rasch abwechselnden Konzepte werden von den AkteurInnen dankbar aufgegriffen, welche trotz der Unsicherheit und Unübersichtlichkeit der Situation handeln müssen. Bei der praktischen Umsetzung dieser Konzepte stoßen die AkteurInnen allerdings an Grenzen: Der Wunsch, Veränderungen per Verhaltenssteuerung unmittelbar herbeiführen und die Ergebnisse kontrollieren zu können, bricht sich immer wieder an der Eigensinnigkeit der Organisationen und Gruppen, die Gegenstand dieser Lenkungsbemühungen sind. Diese folgen eigenen Interessen und Zielen, die sich oft nicht einfach per Anweisung von oben dirigieren lassen. Insgesamt kommt es zu einem schwierig auszutarierenden Spannungsverhältnis von Fremd- und Selbstorganisation. Das betrifft nicht nur gesellschaftliche Prozesse, sondern, wie im Laufe dieser Arbeit noch mehrfach deutlich werden wird, auch die Managementprozesse innerhalb von Organisationen. Als besonders eigenwillig und schwer steuerbar gelten Universitäten. Das betrifft nicht nur deren interne Prozesse, sondern vor allem auch deren externe politische Steuerung. Das Spannungsverhältnis von Fremd- und Selbstorganisation ist hier besonders ausgeprägt. Während die Politik eher der klassischen Vorstellung folgt, dass „ein System mit Hilfe eines Kranzes spezifizierter Regelungen“ (Schreyögg 1999, S. 16) von außen gesteuert werden kann, pochen Universitäten darauf, dass ihr Verhalten das „Ergebnis autonomer Prozesse“ (ders.) ist und bleiben soll. Aufgrund dieses beharrlichen Anspruchs auf Unabhängigkeit ist in den zurückliegenden Jahren, insbesondere seit Beginn der 90er Jahre, viel darüber diskutiert worden, wie sich Universitäten verändern und kontinuierlich weiterentwickeln lassen, ohne dass ihre Fähigkeit zur Selbstorganisation übermäßig behindert wird. Herausgekommen ist dabei ein Kompromissmodell, wonach Universitäten zwar weiterhin
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staatlich unterstützte und gemeinwohlorientierte Einrichtungen bleiben, aber stärker nach Marktmechanismen arbeiten. Die Hoffnung ist, dass der Markt als ein sich selbstorganisierendes und -regulierendes Wettbewerbssystem quasi „naturwüchsig“ zu einer effektiveren und effizienteren Erstellung wissenschaftlicher Leistungen führen wird. Dafür ist eine Abkehr vom traditionellen Selbstverwaltungsmodell und die Einführung eines Managementmodells im Universitätsbereich notwendig. Demgegenüber steht eine Diskussion, die keine „McDonaldisierung“ (Beck 2001) von Universitäten durch den Einsatz von Marktmechanismen will, sondern deren Funktion als gesellschaftliche Lernorte stärken möchte. Universitäten wären in diesem Fall einer Sphäre zugeordnet, welcher, ähnlich wie dem Markt, eine ausgeprägte Fähigkeit zur Selbstorganisation zugeschrieben wird, die sich aber als „Kraft von unten“, also als Gegenimpuls zu Markt und Staat versteht: Die Zivilgesellschaft. Als Einrichtungen der Zivilgesellschaft bestünde die primäre Aufgabe von Universitäten darin, eine engagierte und aufgeklärte Bürgerarbeit sowie die daraus entstehenden Ideen und Aktionen zu unterstützen. Insgesamt bewegt sich die Diskussion um die Universitätsreform innerhalb eines Dreiecks gesellschaftlicher Kräfte,1 dessen Pole in unterschiedlicher Relation zu den Prinzipien Fremd- und Selbstorganisation stehen und insofern auch unterschiedlichen Steuerungs- und Entwicklungsvorstellungen folgen:
Abb. 2 1
Dieses Kräfte-Dreieck lehnt sich an das von dem amerikanischen Hochschulforscher Burton R. Clark entwickelte und inzwischen legendäre Steuerungsdreieck an, wonach sich Hochschulen im Einflussbereich von Staat, Markt und akademischer Oligarchie bewegen (Clark 1983, S. 137ff.). Das Modell von Clark ist breit rezipiert und weiterentwickelt worden (vgl. z.B. Kehm/Pasternack 2001, S. 219).
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Der Diskurs um die Universitätsreform dreht sich im Wesentlichen darum, wo sich die Hochschulen in diesem Kräftefeld zukünftig verorten sollen oder wollen. Wird eine Universität primär als staatliche Einrichtung verstanden, rückt sie nahe an den oberen Pol des Dreiecks heran und unterliegt damit auch einer relativ ausgeprägten politischen Verhaltenssteuerung. Wird eine Universität dagegen mehr als Unternehmen definiert, bewegt sie sich vornehmlich selbstorganisiert nach Marktmechanismen. Als Einrichtung der Zivilgesellschaft steht eine Universität ebenfalls dem Prinzip der Selbstorganisation näher als dem der politischen Steuerung, doch insgesamt steht sie zwischen Staat und Markt. Wie die nun folgenden Abschnitte zeigen werden, ist eine klare Zuordnung der Reformvorstellungen zu einem Pol des Kräftedreiecks bzw. einem Steuerungsprinzip in den seltensten Fällen möglich. In der Regel müssen viele Spagate zwischen widersprüchlichen Umweltanforderungen und Veränderungsstrategien bewerkstelligt werden. Um hier etwas mehr Orientierung zu schaffen, werden grundlegende Begriffe, theoretische Erklärungsmodelle und Debatten, die in dieser komplexen Situation eine Rolle spielen, ausgeschildert, abgegrenzt und – sofern möglich – in Beziehung zueinander gesetzt. Mit dieser Kontextklärung wird auch die Basis für das Verständnis der Kapitel IV. und V. gelegt. In diesen wird es, aufbauend auf der nun folgenden Analyse der System-Umwelt-Relation, um die internen Managementund Organisationsentwicklungsprozesse von Universitäten gehen.
2. Universitäten in der „knowledge-based economy“ 2.1. Der Bologna-Prozess als Antwort auf die Krise des Wissens Bildung, Wissenschaft und Technologie sind inzwischen weltweit zu den bedeutendsten Innovations- und Produktivkräften geworden. Sowohl die ökonomische Prosperität als auch der gesellschaftliche Fortschritt von Staaten oder Regionen hängen maßgeblich von dem Entwicklungsgrad dieser Bereiche ab. Aus diesem Grund haben die europäischen Regierungschefs bei ihrem Gipfeltreffen in Lissabon im Frühjahr 2000 beschlossen, dass Europa im Eiltempo zur „most competitive and dynamic knowledge-based economy of the world, capable of sustainable economic growth with more and better jobs and greater social cohesion“ (Lisbon European Council 2000, S. 2) aufsteigen soll. Dazu muss das sehr heterogene, von regionalen Gegensätzen und politischen Meinungsverschiedenheiten geprägte Europa so harmonisiert und als zusammenhängender Wirtschafts- und Kulturraum profiliert werden, dass es im globalen Wettbewerb einen der vordersten Plätze einnimmt.
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Dieses Ziel soll durch ein umfangreiches Reformpaket erreicht werden, zu dessen wesentlichen Bestandteilen die Schaffung eines europäischen Forschungsraums (European Research Area) sowie eines europäischen Hochschulraums (European Higher Education Area) zählt. Beide gemeinsam bilden die Basis für ein „Europe of Knowledge“ (Ministers Responsible for Higher Education 2003, S. 2). Die Umgestaltungsprozesse, die von den Mitgliedsländern der EU in diesem Rahmen geleistet werden müssen, sind immens und haben im Hochschulsektor für erhebliche Unruhe gesorgt. Dies gilt vor allem für den „Bologna-Prozess“. Damit ist der Aufbau eines europäischen Hochschulraums gemeint, der alles in allem mehr als 4000 Hochschulen mit über zwölf Millionen Studierenden umfasst. Die „einschneidendste Universitätsreform seit Wilhelm von Humboldt“ (Schmoll 2004) ist zunächst durch ein Treffen der Bildungsminister aus Frankreich, Italien, Großbritannien und Deutschland 1998 in Paris angestoßen worden, fand dann ein Jahr später bereits in einem sehr viel größeren Rahmen ihre Fortsetzung in Bologna und hat seitdem immer weitere Kreise gezogen. Im Jahr 2005 beteiligten sich bereits 45 europäische Länder, darunter alle Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU), an dem Vorhaben (Ministers Responsible for Higher Education 2005, S. 3). Gemäß der Lissabon-Strategie soll der europäische Hochschulraum bereits im Jahr 2010 realisiert sein. Auch wenn erste Untersuchungen darauf hinweisen, dass ein Erfolg der Lissabon-Strategie wegen „halbherziger Reformen und mangelnder Tatkraft der Regierungen“ (Bolesch 2004) äußerst fraglich scheint, wird der Bologna-Prozess zumindest auf politischer Seite mit großem Elan vorangetrieben. Eines der wesentlichen Reformprojekte des Bologna-Prozesses ist die Schaffung einer europaweit einheitlichen Studienstruktur, die sich an gemeinsamen Qualitätsnormen ausrichtet und somit in der Lage ist, bestmöglich qualifizierte AbsolventInnen in ausreichender Zahl hervorzubringen. Angesichts der steigenden Anforderungen sowohl auf dem Arbeitsmarkt als auch bei der Gestaltung des gesellschaftlichen Wandels werden immer mehr akademisch ausgebildete Menschen benötigt.2 Einige EU-Länder wie z.B. Deutschland weisen jedoch vergleichsweise niedrige Akademikerquoten auf. So bescheinigen die Bildungsberichte der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) Deutschland seit Jahren eine unterdurchschnittliche Bildungsbeteiligung im Hochschulsektor. Während laut der Erhebung „Education at a Glance“ aus dem Jahr 2006 im OECD-Mittel 2
Ein weiteres Motiv hierfür ist die Wettbewerbssituation mit anderen globalen Hochschulräumen, insbesondere den USA und Asien um die „besten Köpfe“, „klügsten Ideen“ und „zukunftsträchtigsten Innovationen“ (vgl. Europäische Kommission 2003). Schon lange beobachteten die europäischen Universitäten mit Sorge den „brain drain“, also die Abwanderung des wissenschaftlichen Nachwuchses vor allem nach Nordamerika, und beklagten PolitikerInnen die zu geringe Attraktivität der europäischen Studienangebote für ausländische Studierende (vgl. Rehburg/Teichler 2003). Demgegenüber haben andere Länder, vor allem die USA und Australien, bereits vor längerer Zeit damit begonnen, sich globale Bildungs- und Forschungsmärkte aufzubauen und diese durch gezieltes Marketing zu erschließen.
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rund 35 Prozent eines Altersjahrgangs einen Universitäts- oder Fachhochschulabschluss erreichen, sind es in der Bundesrepublik nur rund 21 Prozent (OECD 2004, 2005 und 2006, Tabelle A 3.1). Das ist aus Sicht des Arbeitsmarktes völlig unzureichend: „Während der Anteil der Hochqualifizierten hierzulande zuletzt stagnierte, verzeichneten andere Volkswirtschaften wie etwa Großbritannien, Finnland und die USA deutlich höhere Wachstumsimpulse, weil sie in das Know-how der Menschen kräftiger investiert haben“ (Institut der deutschen Wirtschaft 2004, S. 4). Prognosen sehen eine stetig steigende Nachfrage nach HochschulabsolventInnen voraus. Als Gründe dafür werden vor allem „die Verbreitung wissens- und wissenschaftsbasierter Tätigkeiten in allen Bereichen, die sprunghaft gewachsene Bedeutung von Informationstechnologien und deren Anwendungen, höhere Anforderungen an außerfachliche Sozialkompetenzen […], der Abbau von Organisationshierarchien und die Zunahme von Projekt- und selbständiger Tätigkeit“ genannt (Cortina et al. 2003, S. 622). Die akademisch gebildeten Nachwuchskräfte, welche die Hochschulen hervorbringen, bleiben nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ hinter den Erwartungen zurück. So sind die AbsolventInnen laut eines Berichtes des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung verhältnismäßig schlecht auf ihre Berufstätigkeit vorbereitet. Die meisten Hochschulen vernachlässigen arbeitsmarktgerechte Studiengänge und Ausbildungsformen: „Dies gilt, wie Verbleibsstudien zeigen, im Urteil der Absolventen generell für die Universitäten, aber sehr viel weniger für die Fachhochschulen.“ (ders., S. 622). Die fehlende Nähe von Theorie und Praxis soll durch den Bologna-Prozess überwunden werden. Dreh- und Angelpunkt dafür ist die Einführung einer dem angloamerikanischen Modell entlehnten Studienstruktur, welche aus den drei Stufen Bachelor-Master-Doktorat besteht. Besondere Hoffnungen liegen vor allem auf dem Bachelor-Studium, da dieses in den „angelsächsischen Ländern eine zentrale Rolle bei der Expansion des tertiären Bildungssektors“ spielt (Witte et al. 2004, S. 5). Dabei handelt es sich idealtypisch um eine breit angelegte Ausbildung, die drei bis vier Jahre dauert und vor allem die „employability“ (Berufsfähigkeit) der AbsolventInnen herstellen soll. Das heißt, es müssen die für die „Berufsqualifizierung notwendigen wissenschaftlichen Grundlagen, Methodenkompetenzen und berufsfeldbezogenen Kompetenzen“ vermittelt werden (Kultusministerkonferenz 2003, These 3). Die Erwartung ist, dass ein großer Teil der AbsolventInnen mit dem Bachelor-Abschluss eine Berufstätigkeit aufnimmt, während die weiterführende Stufe, das Master-Studium, möglichst nur von denjenigen absolviert werden soll, die an einer Vertiefung und Spezialisierung interessiert sind. Das Masterstudium dauert in der Regel zwei Jahre und kann sowohl forschungsorientiert als auch anwendungsorientiert ausgerichtet sein. Die Promotionsphase bildet die dritte Stufe und soll vorrangig denjenigen offen stehen, die sich gezielt auf eine Berufstätigkeit in der Wissenschaft vorbereiten. Dabei wird angestrebt, vermehrt nach US-amerikanischem Muster strukturierte Promotionsstudiengänge oder Graduate Schools einzurichten (vgl. z.B. Schmeken 2003, S. 191).
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Die Realisierung dieser dreistufigen Studienstruktur ist europaweit bereits ein gutes Stück vorangekommen. Laut der European University Association (EUA), die in regelmäßigen Abständen den Verlauf des Bologna-Prozesses untersuchen lässt, hatten im Jahr 2003 bereits 53 Prozent der europäischen Staaten Bachelor- und Masterabschlüsse implementiert, weitere 36 Prozent planten dies. Bei der Einführung von Doktoratsstudien lag die Quote bei etwa 50 Prozent. Dieser Trend setzte sich im Jahr 2005 weiter fort (Reichert/Tauch 2003, S. 10f., Reichert/Tauch 2005, S. 4f.). Ein detaillierter Blick auf die nationale Ebene spricht allerdings eine etwas andere Sprache. Obwohl die deutsche Politik den Bologna-Prozess maßgeblich unterstützt und einige Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg ihre Hochschulen gesetzlich zur Umstellung der Studienstruktur verpflichten, waren im Jahr 2005 von 11 286 Studiengängen nur 26 Prozent auf die bolognakonforme Bachelor-/ Masterstruktur umgestellt. Dementsprechend niedrig ist auch die Zahl der HochschulabsolventInnen in diesem Bereich. Von insgesamt 195.103 bestandenen Studienabschlussprüfungen im Jahr 2003 waren 2,8 Prozent (5.487) Bachelor- oder Masterexamen (HRK 2005b, S. 7 und S. 18). Nicht nur die Vergleichbarkeit der Studienstrukturen, sondern auch die Vergleichbarkeit der Studienleistungen soll durch den Bologna-Prozess europaweit erreicht werden. Dazu wird eine Art „Bildungswährung“ benötigt, die „über Länder- und Institutionengrenzen hinweg verbindlich ist und akademische Mobilitätsprozesse auf allen Ebenen erleichtert“ (Kreckel 2002, S. 18). Diese Bildungswährung existiert in Form eines Kreditpunktesystems mit dem Namen „European Credit Transfer System“ (ECTS). Das ECTS beinhaltet gemeinsame Normen und Standards, mit deren Hilfe die an den jeweiligen Hochschulen erzielten Studien- und Prüfungsleistungen international eingeordnet werden können. Ein Credit misst den Aufwand, den die Studierenden für die Teilnahme an Lehrveranstaltungen, für das Selbststudium und eventuelle Leistungsnachweise durchschnittlich zu erbringen haben. Die Einheit, die gemessen wird, ist das Studienmodul. Module sind thematisch bestimmte Einheiten des Lehrens und Lernens, die nicht mehr nur aus einem Kurs, einem Seminar oder einer Vorlesung bestehen, sondern sich durch die Verknüpfung einzelner Lehrveranstaltungen auszeichnen und Praktika enthalten können. Bereits zwei Drittel der europäischen Hochschulen gaben im Jahr 2003 an, ECTS zu nutzen (Reichert/Tauch 2003, S. 12). Doch auch hier fördert ein detaillierter Blick erhebliche Probleme zutage. So kritisiert eine Studie, die im Auftrag des deutschen Ministeriums für Bildung und Forschung durchgeführt wurde, dass die eingesetzten Leistungspunktesysteme überwiegend nicht vergleichbar sind: „Häufig wird ein Berechnungssystem individuell für die Hochschule oder sogar für den betreffenden Fachbereich entwickelt und nicht mit anderen Bemessungslogiken abgestimmt“ (Schwarz-Hahn/Rehburg 2003, S. 108). Solche empirischen Befunde veranlassen KritikerInnen dazu, den Bologna-Prozess mit seinen Vereinheitlichungsbemühungen als „Wunschtraum der Hochschulpolitiker“ (Schmoll 2004) zu bezeichnen, während andere zur Geduld mahnen und darauf verweisen, dass sich
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schon „enorm viel“ getan habe und eine „Fülle von Erfolgen“ auf dem Weg zum gemeinsamen europäischen Hochschulraum zu verzeichnen seien (SchwarzHahn/Rehburg 2003, S. 111). Doch jenseits solcher eher technischen Betrachtungen von Erfolgen und Misserfolgen bei der Umsetzung von Studienstrukturen und Leistungspunktesystemen berührt der Bologna-Prozess eine sehr viel tiefer gehende Ebene, und zwar die Tradition3 der Universitäten. Mit seiner Forderung nach einer größeren Nützlichkeit (employability) der wissenschaftlichen Ausbildung greift der Bologna-Prozess ein historisch gewachsenes Wissenschaftsverständnis an, wonach Lehre und Forschung gerade nicht der Nützlichkeit, sondern in erster Linie der Wahrheitsfindung verpflichtet sind. Zwar hat bereits Max Weber (1917/1919, S. 25) die Suche nach der Wahrheit als überhöhte „Illusion“ bezeichnet und die moderne Wissenschaft nüchtern als „fachlich betriebenen ‚Beruf’ im Dienst der Selbstbesinnung und der Erkenntnis tatsächlicher Zusammenhänge“ (ders., S. 40) charakterisiert. Dennoch ist das Wahrheitsstreben bis heute das Leitparadigma der Wissenschaft geblieben: „Ist von Wahrheit die Rede, so braucht man nur zu fragen, unter welchen Bedingungen die betreffende Aussage unwahr sein würde – und schon findet die Kommunikation im Wissenschaftssystem statt. […] [N]irgendwo sonst kann mit der für Wissenschaft spezifischen Sicherheit ausgemacht werden, was wahr und was unwahr ist“ (Luhmann 1992b, S. 293). Hinter der Dichotomie „Nützlichkeit und Wahrheit“ verbergen sich „unterschiedliche Bewertungs- bzw. Bewährungskriterien, die zu unterschiedlichen Handlungskonsequenzen und institutionellen Strukturen geführt haben“ (Kreibich 1986, S. 155). Nach einer fest in der universitären Tradition verwurzelten Vorstellung ist „Wissenschaft Grundlagenforschung und Technik Anwendung. Die eine (Wissenschaft) herrscht über die andere (Technik), die selbst wiederum zunehmend in der Gesellschaft oder über die Gesellschaft herrscht“ (Mittelstraß 1994, S. 37f.). Infolge dieser klar abgestuften Rollenzuweisung bildeten sich unterschiedliche Institutionen heraus: „Während auf der einen Seite die reine, zweckfreie Wissenschaft, die um ihrer selbst willen betriebene Erkenntnisgewinnung zukünftig in der Universität ihre Heimstatt haben sollte, institutionalisierte sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Technik davon gesondert im Rahmen von Technikwerkstätten, aber auch in 3
Tradition soll mit Assmann (1999, S. 90) als „auf Dauer gestellte kulturelle Konstruktion von Identität“ verstanden werden. Universitäten haben ausgehend von ihren ersten Anfängen in Bologna und Paris im 12. Jahrhundert viele Entwicklungsschritte und Wandlungen durchlaufen. Dennoch verfügen sie über eine bemerkenswert dauerhafte und tiefgehende institutionelle Identität als Welt umspannendes Menschheitsprojekt zur Wissensschaffung und Wahrheitsfindung, an dem an verschiedenen Orten und aus unterschiedlichen Blickwinkeln kontinuierlich weitergearbeitet wird. Die Anknüpfung an bereits vorhandene Erkenntnisse und Bezugsgrößen ist unerlässlich, denn „ohne intellektuelle Tradition hätte das Denken weder Orientierung noch Stoßrichtung“ (Giddens 2001, S. 60). In diesem Sinne ist Wissenschaft ein stetiger Diskurs, der z.T. über Zeit- und Raumgrenzen hinweg geführt wird.
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polytechnischen Instituten“ (Kreibich 1986, S. 161). Diese Differenzierung hat sich in Form von Universitäten, Technischen Universitäten und Fachhochschulen manifestiert. Während demnach die Anwendungsorientierung zum Selbstverständnis der Technischen Universitäten und Fachhochschulen gehört, ist das Selbstverständnis der Universitäten noch immer überwiegend geprägt vom Wissenschaftsverständnis der idealistischen Philosophie, wie sie der Begründer der modernen Universität, Wilhelm von Humboldt, vertreten hat: „Die spekulative idealistische Philosophie, die den Gesamtzusammenhang des Lebens und der Welt in neuen Formen der Bewußtheit und Reflexion durchdachte, setzte sich als eine bis dahin nicht bekannte Form des Wissens und der Wissenschaft: als produktives Selbstdenken der Wahrheit in einer Allgemeinheit, die von allen Autoritäten und unmittelbaren Zwecken des Wissens zu einer Selbsttätigkeit der Reflexion befreit, die das Ganze der Welt als Bewußtsein von Prinzipien her rekonstruiert“ (Schelsky 1971, S. 55). In einer auf diesem Wissenschaftsverständnis basierenden Universität erfolgt auch die Bildung der Studierenden durch Wissenschaft. Dieses Grundprinzip manifestiert sich in der Einheit von Forschung und Lehre, die bis heute zu den zentralen konstitutiven Merkmalen von Universitäten gehört. Studierende sind in diesem Verständnis „sich selbst bildende Individualisten“ (ders., S. 55), die durch forschendes Lernen ihre Fähigkeiten eigenständig entwickeln und eben keine Auszubildenden, die durch die Vermittlung von Fachwissen und Schlüsselqualifikationen4 für den Arbeitsmarkt fit gemacht werden, wie es der Bologna-Prozess fordert. Der Bologna-Prozess provoziert das wissenschaftliche Selbstverständnis von Universitäten also nicht nur durch seine generelle Forderung nach mehr Nützlichkeit, sondern auch durch die einseitige Betonung der Ausbildungsfunktion. Die Forschung ist nur ein Randthema des Bologna-Prozesses (Ministers Responsible for Higher Education 2005, S. 3). Die Bildung des europäischen Forschungsraumes findet – wie eingangs erwähnt – in einem separaten Prozess statt. Durch die Trennung der politischen Prozesse wird die Einheit von Forschung und Lehre als wissenschaftliches Prinzip zwar nicht aufgekündigt, aber dennoch findet eine deutliche Distanzierung beider Bereiche statt. Auch die Gewichtung ist unterschiedlich. So zieht der Bologna-Prozess sehr viel umfangreichere universitätsinterne Reformen nach sich als der Prozess zur Schaffung einer „European-Research-Area“, was oft genug dazu führt, dass weit mehr Energie in die Studienreform als in die Weiterentwicklung der Forschung fließt.
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Unter Schlüsselqualifikationen werden u.a. Fremdsprachenkenntnisse, der Umgang mit neuen Medien und Informationstechnologie, die Beherrschung von Präsentationstechniken, rhetorischen Fähigkeiten oder das Planen und Organisieren von Projekten verstanden (vgl. SchwarzHahn/Rehburg 2003, S. 72).
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Angesichts solcher beobachtbaren Tendenzen bleibt die Kritik nicht aus. Während beispielsweise eine Reihe von Personalchefs großer deutscher Wirtschaftsunternehmen den Bachelor in einer öffentlichen Erklärung demonstrativ willkommen heißen („Bachelor Welcome!“; Erklärung führender deutscher Untenehmen zur Umstellung auf Bachelor- und Master-Abschlüsse in Deutschland 2004), wird der neue Studienabschluss im Universitätsmilieu dagegen als „Berufsattrappe“ verhöhnt: „Man gibt vor, sie [die Studierenden] zu Berufen zu befähigen, weil man mit ihnen gar nichts anderes anzufangen weiß. In den Geisteswissenschaften geht das zumeist nur um den Preis der Erfindung von Berufen, wie z.B. „Kulturwirt“ oder „Bachelors in Kulturwissenschaft der Antike“, „Interdisziplinäre Mittelalterstudien“ oder „Angewandte Philologie“ (Kaube 2004). Andere wiederum malen in düstersten Farben Gleichschaltungsszenarien in der schönen neuen Hochschulwelt aus: „Und der Bologna-Prozeß wird dafür sorgen, daß die zukünftigen Bachelors und Bacheloretten europaweit im selben Takt studieren. If it is Tuesday and noon and you are in your third year, then it is time for ‚Intercultural Communication’“. Take out the orange reader, please“ (Kemp 2004, S. 299). Da hilft nach Meinung der KritikerInnen nur eines: „Die Universität muss sich wehren“ (Morkel 2000). Aber wie soll das gehen, wenn man den „politischen Willen Europas“ (Kemp 2004, S. 303) gegen sich weiß? Indes beschäftigt die Universitäten das Ringen um ihr wissenschaftliches Selbstverständnis nicht erst seit dem Einsetzen des Bologna-Prozesses. Die Diskussion um die „Idee der Universität“ ist sehr viel älter. Im Verlauf ihrer Geschichte sahen sich Universitäten immer wieder genötigt, auf Nützlichkeitsforderungen zu reagieren. So schrieb Karl Jaspers (1946, S. 19): „Forschungsgeist und zweckhafter Erfindungsgeist sind wesensverschieden“. Auch die 68er-Studentenbewegung wehrte sich gegen das Eindringen primär arbeitsmarktorientierter Bildungsaufträge und eine „großbetriebliche Entwicklung“ wissenschaftlicher Einrichtungen (Nitsch et al. 1965, S. 91). Auch heute lautet einer der Hauptvorwürfe an die Hochschulpolitik, sie liefere die Universitäten den „Belangen der Wirtschaft“ aus (Morkel 2000, S. XI) und wolle sie „zu Zulieferern der Wissensökonomie“ umbauen (Willke 2002, S. 10). Die Freiheit von Forschung und Lehre ist in Deutschland wie auch in den meisten europäischen Staaten gesetzlich verbrieft und bislang nirgendwo ernsthaft zur Disposition gestellt worden. Dennoch hat die Politik mit dem Bologna-Prozess offenbar einen Hebel gefunden, wirkungsvoller in die Universitäten hinein zu intervenieren und konkrete Veränderungen auszulösen als in den Jahrzehnten zuvor. Die von den europäischen BildungsministerInnen betriebenen Reformen entfalten dank der Einmütigkeit der AkteurInnen eine solche Durchsetzungskraft, dass verbale Abwehrattacken wie die im Absatz zuvor geschilderten in der Gemengelage des alltäglichen Handlungsdrucks förmlich untergehen. Diese politische Vehemenz resultiert nicht allein aus der Erkenntnis, dass „Wissen“ als zentrale Ressource für den ökonomischen Erfolg europäischer Staaten besser erschlossen werden muss, sondern
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sie ist auch eine Reaktion auf die „Krise des Wissens“ im Allgemeinen (Mittelstraß 2001, S. 55, Willke 2002, S. 10ff.). Diese Krise des Wissens besteht nicht, „weil das Wissen seine Bedeutung verloren hätte, nicht, weil die Gesellschaft auf andere Karten setzte, nicht, weil die Wissenschaft unfruchtbar und einfallslos geworden wäre oder sich gegen den Menschen gerichtet hätte, sondern weil der Gesellschaft – und streckenweise sogar der Wissenschaft – ein klarer Begriff des Wissens verloren zu gehen droht“ (Mittelstraß 2001, S. 55). Ist Wissen Information? Ist Wissen eine Ware, die gemanagt werden muss? Ist mit Wissen Faktenwissen oder die Fähigkeit zum selbstständigen Denken gemeint? Soll Wissen als „eine auf Erfahrung gegründete kommunikativ konstituierte und konfirmierte Praxis“ (Willke 2002, S. 14), als „Fähigkeit zum sozialen Handeln“ (Stehr 2003, S. 31) oder völlig anders definiert werden? Welche Institutionen können verlässlich adäquates Wissen zur Verfügung stellen? Auf diesen komplexen Fragenzusammenhang hat die politische Ebene abgesehen von Studienstrukturreformen noch keine befriedigenden Antworten gefunden. Stattdessen wird von Universitäten erwartet, dass sie hierauf selbst Antworten finden. Doch auch dort herrscht eher Ratlosigkeit. Ihre führende Rolle als die Expertinnen des Wissens haben die Universitäten in den zurückliegenden Jahrzehnten eingebüßt. Der Bedeutungsverlust von Universitäten als zentrale Wissensorganisationen moderner Gesellschaften ist immens: In einer „widersprüchlichen Bewegung nimmt in der Wissensgesellschaft die Bedeutung von Wissen zu, die gesellschaftliche Relevanz des Wissenschaftssystems aber ab“ (ders., S. 12). Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit werfen den Universitäten vor, ihnen nicht mehr ausreichend Wissen zur Verfügung zu stellen, und das, obwohl die Innovationsfähigkeit einer Gesellschaft immer stärker von der Fähigkeit abhängt, „ihre kollektive Wissensbasis permanent zu erneuern“ (Pellert 1999, S. 20). Zudem herrscht ein weitgehender öffentlicher Konsens darüber, dass die traditionell-universitäre Form der Wissensproduktion antiquiert ist (vgl. Gibbons et al. 1994). Danach muss sich eine zeitgemäße Wissensproduktion stärker am gesellschaftlichen Bedarf orientieren und darf nicht primär um sich selbst kreisen. Die im universitären Kontext übliche Disziplinenorientierung und Spezialisierung sollte von einer problemorientierten, transdisziplinären Herangehensweise abgelöst werden, die sich nicht allein auf die Suche nach fundamentalen Wahrheiten konzentriert, sondern auch temporäre Analysen zulässt. Dennoch zählt aufgrund des immer schneller werdenden globalen Wandels nicht nur das aktuelle Wissen, sondern es müssen in zunehmendem Maße auch „Strategien der Bewältigung von Ungewissheit“ (Willke 2002, S. 13) gefunden werden. Universitäten müssen Gesellschaften daher also dabei unterstützen, sich zukünftiges Wissen zu erschließen, von dem heute noch niemand weiß, wie es aussieht.
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Aus diesem anspruchsvollen Anforderungskatalog ergibt sich für Universitäten ein enormer Klärungs- und Reformbedarf, der nur zu einem kleinen Teil durch den auf die Lehre fokussierten Bologna-Prozess abgedeckt werden kann, sondern der sich auch auf weit mehr und komplexere Bereiche – vor allem die Forschung – ausdehnen muss. 2.2. Forschung als Erfolgsfaktor für den europäischen Wirtschaftsraum Das EU-Leitbild der „most competitive and dynamic knowledge-based economy of the world“ ordnet das Verhältnis von Wissenschaft und Wirtschaft in einer unmissverständlichen Art und Weise: Im Vordergrund steht die Ökonomie, während dem Wissen und damit auch der Wissenschaft eine unterstützende Funktion zufällt. Diese Gewichtung ist insofern nicht verwunderlich, als es sich mehr oder weniger um die folgerichtige Zuspitzung einer seit Mitte des 20. Jahrhunderts immer evidenter werdenden Entwicklung handelt. Danach hat „das wirtschaftliche Gewicht der wissenschaftsabhängigen Branchen enorm zugenommen […]. Immer mehr Wirtschaftszweige wie Informationstechnologie, Telekommunikation, Bio- und Gentechnologie und Mikrosystemtechnik, die entweder schon heute von strategischer wirtschaftlicher Bedeutung sind oder es vermutlich bald sein werden, ruhen in ihren Wissensgrundlagen auf naturwissenschaftlicher und technischer Forschung“ (Stichweh o.J., S. 19). In einem durchschnittlichen OECD-Land entfallen 60–70 Prozent aller Forschungsausgaben auf die Forschungs- und Entwicklungsabteilungen von Wirtschaftsunternehmen, das bedeutet, dass „heute eine weitaus größere Zahl von Forschern in der Welt für Organisationen des Wirtschaftssystems arbeitet, als es Forscher im akademischen Kernsektor der Universitäten und Forschungsorganisationen gibt“ (Stichweh 2001, S. 5). Das offensive Bekenntnis der EU zur engen Interdependenz von Wirtschaft und Wissenschaft basiert also auf keiner neuen Idee. Vielmehr gilt mittlerweile für alle Industrienationen: „Science is probably the fastest growing enterprise in our society“ (Weingart 2002). Dabei wird es immer schwieriger, Forschungsergebnisse für rein nationale oder regionale Interessen zu nutzen, denn deren Universalität und Globalität5 ist bereits sehr weit fortgeschritten: „Für viele Beobachter ist Wissenschaft einer der wenigen, wenn nicht der einzige unumstrittene Kandidat für die Globalität eines Funktionssystems“, denn sie ist „ein kognitives Unterfangen, das keine zeitlichen oder räumlichen Einschränkungen“ akzeptiert (Stichweh o.J., S. 1). Eine wissenschaftliche Aussage ist gültig, unabhängig davon, wo und wann sie auf5
Universalität und Globalität zählten schon früh zu den Kernzielen der Wissenschaft. So zeichnet sich nach Karl Jaspers die Idee der Universität durch einen übernationalen, weltweiten Charakter aus, vergleichbar mit dem der Kirche.(vgl. Jaspers 1946). Zur Globalisierung von Forschung im akademischen Sektor und in Organisationen des Wirtschaftssystems siehe auch das Forschungsprojekt an der Universität Bielefeld unter der Leitung von Rudolf Stichweh: http://www.uni-bielefeld.de/soz/iw/stichweh.htm
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gestellt wurde und kann prinzipiell an jedem Ort der Welt rezipiert, verwendet und weiterentwickelt werden. Dennoch stellt der wissenschaftliche Erkenntnisfortschritt aus Sicht der Industriestaaten die zentrale Quelle für den nationalen Erfolg dar. Der Grund liegt auf der Hand, denn im Gegensatz zur Vernetzung der wissenschaftlichen Kommunikation und Kooperation über Ländergrenzen hinweg sind die Organisationen, in denen die WissenschaftlerInnen arbeiten, örtlich fixiert. Folgerichtig sind sie eingebunden in das nationale Politik- und Innovationssystem oder auch – wie im Falle der EU – in das Politik- und Innovationssystem eines internationalen Wirtschafts- und Kulturraumes. Vor diesem Hintergrund erfolgt der Aufbau einer „European Research Area“ durch einen von der Europäischen Kommission und dem europäischen Parlament initiierten Prozess, dessen offizielles Ziel es ist, „the individual and collective wellbeing of citizens“ voranzubringen (Europäische Kommission o.J.). Als Hauptproblem sehen die Prozessverantwortlichen, dass die europäischen Forschungseinrichtungen Schwierigkeiten haben, „wissenschaftliche Basisinnovationen in breitem Umfang in kommerziell nutzbare Produkte und Dienstleistungen umzuwandeln, die nachhaltig genutzt werden und konkurrenzfähig sind“ (Europäische Kommission 2002, S. 8). Um diesen Zustand zu ändern, werden Förderprogramme für Forschungsprojekte und Forschungsnetzwerke aufgelegt.6 Die Gelder fließen in sieben Schlüsselbereiche: Biowissenschaften, Genomik und Biotechnologie im Dienste der Gesundheit; Technologien für die Informationsgesellschaft; Nanotechnologien und Nanowissenschaften; wissensbasierte multifunktionale Werkstoffe, neue Produktionsverfahren und -anlagen; Luft- und Raumfahrt; Lebensmittelqualität und -sicherheit; nachhaltige Entwicklung, globale Veränderungen und Ökosysteme sowie Bürger und Staat in der Wissensgesellschaft. Mit den EU-Förderprogrammen werden vor allem zwei Anliegen verfolgt: Zum einen eine qualitativ hochwertige Forschung mit bleibender bzw. strukturierender Wirkung zu ermöglichen und zum anderen aus der länderübergreifenden Zusammenarbeit den „höchstmöglichen zusätzlichen Nutzen“ zu ziehen (dies.). Diese Ausführungen lassen keinen Zweifel daran, dass die Nützlichkeit in der „European Research Area“ oberste Priorität genießt. Während also in Universitäten noch um den Erhalt wissenschaftlicher Traditionen gerungen wird, ist die (europa-) politische Ebene schon längst in der „Wissenschaftsgesellschaft“ angekommen. Dabei handelt es sich um „eine auf den methodischen und organisatorischen Mustern der modernen Wissenschaft aufbauende Gesellschaft“ (Kreibich 1986, S. 25). Unter moderner Wissenschaft ist die empirisch-analytische Wissenschaft zu verstehen, „also das auf der systematischen Strukturierung empirischer Daten und dem gezielten kontrollierten Experiment aufbauende Handeln“ (ders., S. 134). Dieses 6
So umfasst beispielsweise das sechste EU-Rahmenprogramm (Laufzeit 2002–2006) 17,5 Milliarden Euro, was 3,4 Prozent des Gesamthaushalts der EU für das Jahr 2002 entspricht.
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Wissenschaftsverständnis bildet den Ausgangspunkt des Fortschrittsparadigmas hoch entwickelter Gesellschaften wie die Europas. Dieses besagt, dass „über die rationale empirische Erkenntnis der Naturprozesse und ihrer Gesetzmäßigkeiten der Mensch Mittel in die Hand bekommt, die praktische Herrschaft über die Natur zu gewinnen. Nicht die Erkenntnis allein ist der Sinn moderner Wissenschaft, sondern die Einheit von Wahrheit und Nützlichkeit“ (ders., S. 135). Es entsteht in Politik und Gesellschaft der tief verwurzelte Glaube an „die simple Kausalität, nach der Wissenschaft Technologie schafft, diese Wirtschaftswachstum, dieses Verbesserung des Lebensstandards und höhere Lebensqualität“ (ders., S. 147). Diesem Denken ist ganz offensichtlich auch die europäische Wissenschaftspolitik verhaftet. Angesichts der Einfachheit und Einseitigkeit dieser Weltsicht ist es zwar verständlich, wenn von universitärer Seite Einwände gegen das Übergewicht von technizistischem Nützlichkeitsdenken geltend gemacht werden, dennoch hat die stereotype Abqualifizierung dieser Haltung durch den Verweis auf die wissenschaftliche Wahrheitssuche mit zunehmender Dauer an Überzeugungskraft verloren und ruft bei vielen Beteiligten deutliche Ermüdungserscheinungen hervor. Die gebetsmühlenartige Wiederholung immer gleicher Argumente und Glaubenssätze führt nicht wirklich weiter, und zwar weder in der Debatte um die Zukunft der Forschung noch um die Zukunft von Lehre und Studium. Die Zeit ist reif für etwas Neues, Drittes, für eine Überwindung alter Gegensätze. 2.3. Fazit: Neupositionierung der Universität zwischen Staat und Markt Die beiden vorhergehenden Kapitel haben gezeigt, dass zwischen den gesellschaftlichen Anforderungen und den Antworten der Universitäten darauf eine erhebliche Lücke klafft. Um diese schließen zu können, bedarf es einer Annäherung beider Sphären. So plädiert beispielsweise der deutsche Wissenschaftsrat schon seit Jahren für bessere „Wechselwirkungen von Wissenschaft und Gesellschaft“, wozu nach Ansicht des Expertengremiums auch gehört, dass die Hochschulen Innovationsprozesse in den „an der Front der ökonomischen Entwicklung stehenden Wirtschaftszweigen“ (Wissenschaftsrat 2000, S. 13) unterstützen. Zudem hat der Wissenschaftsrat in einer Art Vorwegnahme des Bologna-Prozesses bereits Anfang der 90er Jahre angemahnt, dass sowohl Universitäten als auch Fachhochschulen mit veränderten Angeboten auf die steigende Nachfrage nach „wissenschaftsbasierter Ausbildung“ reagieren müssen (Wissenschaftsrat 1993, S. 12). Dafür sei allerdings eine Aufwertung der Lehre im wissenschaftlichen Reputationssystem notwendig: „Trotz entsprechender gesetzlicher Regelungen sind mehrfache Versuche zur Reform des Universitätsstudiums in der Vergangenheit weitgehend wirkungslos geblieben. Es fehlt an personeller und institutioneller Verantwortung für die Lehre und an wirksamen Steuerungsmechanismen, die diese Ziele für Lehrende und Lernende attraktiv machen“ (ders., S. 37). Doch wie sollen diese Veränderungen realisiert werden? Nachdem die Einschätzung, dass gesetzliche Vorgaben in den Hoch-
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schulen oft weniger erreichen als beabsichtigt, allgemein geteilt wird, ruhen die Hoffnungen mittlerweile auf einem anderen Prinzip, und zwar das des Wettbewerbs. Das Gros der HochschulreformerInnen ist sich einig, dass mehr Wettbewerb die Hochschulorganisationen in Bewegung bringt. Bereits Mitte der 80er Jahre gab der deutsche Wissenschaftsrat eine entsprechende Empfehlung ab, wonach die Konkurrenz zwischen den Hochschulen forciert werden muss, um die festgefahrene Situation zu beleben und Veränderungsenergien zu mobilisieren: „Wettbewerb, wenn er Freiräume für besondere Anstrengungen schafft und Leistung belohnt, hat zur Folge, dass bessere Lehrer und Forscher, bessere Institute und Fakultäten hervortreten und durch Reputation, Ausstattung und andere Gratifikationen dafür besonders belohnt werden“ (Wissenschaftsrat 1985, S. 9). Diese Heilserwartungen können sich allerdings nur dann einstellen, wenn zugleich eine andere grundlegende Idee aufgegeben wird, nämlich die der Gleichheit: „Es gehört freilich zum Wesen des Wettbewerbs, das nicht alle die Ersten sein können“ (ders.). An die Stelle des bestehenden Hochschulsystems, in dem alle Hochschulen das gleiche machen, soll ein differenziertes Hochschulsystem treten, welches „seine Aufgaben durch ein sinnvolles Zusammenwirken seiner Teile optimal und flexibel lösen kann“ (Wissenschaftsrat 2000, S. 14). Das ist einfacher gesagt als getan. Hauptproblem ist, dass die geforderte Differenzierung des Hochschulsystems nicht im freien Wettbewerb, d.h. auf einem rein sich selbstorganisierenden Markt erfolgen kann, sondern nach wie vor an politisch gesetzte Vorgaben und Rahmenbedingungen gebunden ist, unter denen die finanzielle Abhängigkeit die schwerwiegendste ist. Infolgedessen können die verwendeten Wettbewerbsmechanismen nur ein Hybrid sein zwischen staatlicher Steuerung und marktförmiger Selbstorganisation. Es kommt zu einer künstlichen Wettbewerbssituation, in welcher der Staat Marktmechanismen simuliert, indem er beispielsweise finanzielle Leistungsanreize setzt oder Fördermittel vergibt, um welche die Hochschulen dann konkurrieren müssen (ausführlicher dazu siehe Kapitel III.4.1.). Eine weitere Schwierigkeit ist, dass die Ausdifferenzierung des Hochschulsystems möglichst als Gesamtlösung bewerkstelligt werden soll, bei deren Ausgestaltung Politik, Hochschulen und andere relevante gesellschaftliche Kräfte ihre Vorstellungen umsetzen wollen. Auch dieses Vorgehen hat weniger mit Selbstorganisation als mit Verhaltenssteuerung zu tun. Wie ein ausdifferenziertes deutsches Hochschulsystem aussehen könnte, darüber gibt es verschiedene Auffassungen. Folgt man den Thesen des deutschen Wissenschaftsrates zur künftigen Entwicklung des Wissenschaftssystems in Deutschland aus dem Jahr 2000, wäre die schärfere Rollentrennung von Universitäten und Fachhochschulen ein adäquater Weg. Danach bestünde der Bildungsauftrag der Fachhochschulen nur mehr darin, „sich vor allem auf das am Arbeitsmarkt am stärksten nachgefragte Qualifikationssegment praxisorientierter Hochschulausbildungen“ zu konzentrieren, während Kern des Bildungsauftrages der Universitäten „zum einen
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die Pflege des wissenschaftlichen Nachwuchses durch dessen möglichst frühe selbständige Teilnahme an der Forschung, zum anderen die forschungsorientierte Ausbildung für berufliche Tätigkeiten außerhalb von Forschung und Lehre“ ist (Wissenschaftsrat 2000, S. 21 und S. 25). Analog dazu wären den Fachhochschulen in der Forschung die anwendungsorientierten Themen vorbehalten, während Universitäten und Technische Universitäten sich vorwiegend um die grundlegenden Fragen kümmerten. Im Großen und Ganzen bestünde die Ausdifferenzierung des Hochschulsystems demnach also primär aus einer Zuspitzung und Profilierung traditioneller Muster. Das Problem ist allerdings, dass eine trennschärfere Aufgabenteilung zwischen Universitäten und Fachhochschulen unweigerlich mit einem Ausbau des Fachhochschulsektors verbunden wäre. Je stärker sich Universitäten auf die wissenschaftliche Ausbildung und die Grundlagenforschung zurückziehen würden, desto weniger stünden sie für die Erfüllung der gesellschaftlichen Bedürfnisse, wie sie in den beiden zurückliegenden Kapiteln beschrieben worden sind, zur Verfügung. Infolgedessen müssten die Universitäten alle Kapazitäten, die der praxisnahen Massenausbildung und anwendungsorientierten Forschung dienen, an die Fachhochschulen abgeben. Erhebliche Ressourcenverlagerungen wären die Folge, die zusätzliche Kosten und darüber hinaus auch erbitterte Debatten nach sich ziehen würden, da Universitäten ihren eigenen Verkleinerungsprozess weniger als „Gesundschrumpfen“ sondern als Bedeutungsverlust erleben würden. Insofern wundert es nicht, dass der seit langer Zeit vom Wissenschaftsrat geforderte Ausbau des Fachhochschulsektors bis heute nicht stattgefunden hat. Ein weiterer Grund, der gegen eine Rückführung von Universitäten und Fachhochschulen auf ihre Kernkompetenzen spricht, ist die Tatsache, dass Fachhochschulen seit geraumer Zeit ihr wissenschaftliches Profil geschärft haben und sich jetzt gemeinhin als „Universities of Applied Sciences“ bezeichnen. Faktisch haben sich Forschung und Lehre von Universitäten und Fachhochschulen angenähert und wollen dahinter – zumindest die Fachhochschulen – nicht mehr zurück. Ihr Ziel ist es, mit den Universitäten gleichzuziehen und keine Arbeitsteilung, die ihnen auf der Reputationsskala nur den zweiten Platz zuweist. Während Fachhochschulen ihre Annäherung an die universitäre Rolle und das universitäre Selbstverständnis als Aufwertung und Befreiung erleben, empfinden die Universitäten ihre „Fachhochschulisierung“ dagegen als Abstieg und Belastung. Die dadurch verursachte Aufgabenbreite und -fülle hat sie zu einer unübersichtlichen Mammut-Organisation anwachsen lassen, von der sich die dort tätigen Menschen entfremdet fühlen. Diese Situation hat einen solchen Problemdruck erzeugt, dass die Universitäten nicht mehr wegsehen können, sondern reagieren müssen: „Es geht nicht darum, das System Universität einfach wuchern und seine ‚Theorie’ nachkommen zu lassen, sondern darum, die Universität so zu bauen bzw. umzubauen, daß sie ihrer Theorie, die auch heute keineswegs obsolet geworden ist, wieder zu entsprechen vermag“ (Mittelstraß 1994, S. 27). Reformen müssen zwar ein-
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schneidende Veränderungen hervorbringen, aber zugleich so integrativ sein, dass traditionelle Werte und Normen nicht einfach über Bord geworfen, sondern weiterentwickelt werden. Um das zu erreichen, ist jedoch zunächst einmal notwendig, bremsende Abwehrhaltungen so zu überwinden, dass die Akzeptanz „eine[r] komplexeren Identität“ (Stichweh 2001, S. 7) möglich wird und an die Stelle der Exklusion die Inklusion treten kann. Inklusion ist ein soziologischer Begriff, der besagt, dass „Komponenten, die bisher für ein System marginal waren, künftig deutlicher in die Systemprozesse hineingezogen werden“ (ders.). In der Vergangenheit haben Universitäten immer wieder Inklusionen von beachtlicher Tragweite vollzogen, so z.B. „die Inklusion von Ingenieurwissenschaften und anderen angewandten Wissenssystemen in die Universität“ (ders.) oder die Öffnung zu eher bildungsfernen Bevölkerungsschichten. Daraus resultierte allerdings ein „enormer Grad interner Differenzierung in der Universität: Differenzierung von Themen, Formen der Lehre, Curricula, Grade, Ansprüche an Voraussetzungen der Studenten etc.“ (ders., S. 8). Diese enorme interne Ausdifferenzierung hat zu einer immensen organisatorischen Unübersichtlichkeit geführt, die sowohl externe Leistungsabnehmer als auch die MitarbeiterInnen streckenweise überfordert. An der Tatsache, dass Universitäten hochkomplexe Organisationen sind, wird sich auch in Zukunft wenig ändern lassen, weil sie von ihrer Vielfalt leben. Was aber sehr wohl beeinflusst werden kann, ist der Grad an Komplexität. Universitäten können sich bewusst entscheiden, was und wie viel sie inkludieren wollen bzw. müssen und was nicht. Oder anders ausgedrückt: Universitäten haben die Möglichkeit zu entscheiden, welches Profil sie sich geben wollen. Die Profilbildung gehört zu den zentralen Hochschulreformen, und zwar nicht nur national, sondern europaweit. Ziel ist die erfolgreiche Inklusion neuer Anforderungen bei gleichzeitiger Beschränkung auf bestimmte Schwerpunkte. Profilbildung ist die Abkehr von der Idee der „universitas litterarum“, wonach Universitäten – zumindest dem Anspruch nach – die Gesamtheit der Wissenschaften unter einem Dach vereinen. Stattdessen sollen die Organisationen unterscheidbarer werden, um sich mit spezifischen Kompetenzen im Wettbewerb mit ähnlichen Einrichtungen behaupten zu können. Profilbildung ist also auch unmittelbar mit dem Wettbewerbsgedanken verknüpft. Dennoch zeigt sich auch hier wieder die Janusköpfigkeit der laufenden Hochschulreform, denn die Profilbildung erfolgt nicht nur aufgrund selbst getroffener Entscheidungen von Universitäten, also selbst organisiert, sondern ist immer auch Ergebnis politischer Eingriffe. So sind viele Schwerpunktsetzungen geprägt durch staatlich verordnete Einsparverpflichtungen und Planungen von Wissenschaftsministerien, die in der Regel darauf abzielen, Doppelangebote zu dezimieren und Synergieeffekte zu erreichen. Da die Interessen von Staat und Hochschulen oft kollidieren, kommt es im Ergebnis zu einem Spannungsverhältnis, bei dem beide Seiten ständig darum ringen, wer was entscheiden darf und für was es Geld gibt.
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Die Frage ist, ob trotz der vielen Blockaden, die daraus entstehen, in naher Zukunft ein produktives Wettbewerbssystem im Hochschulbereich entstehen kann, oder ob das Pendel womöglich genau in die andere Richtung ausschlägt. Denn das Konkurrenzprinzip kann entgegen der Reformhoffnungen durchaus unproduktive Effekte nach sich ziehen, und zwar dann, wenn sich die Wettbewerbssituation so zuspitzt, dass vernünftige, kalkulierbare Erfolgschancen nicht mehr gegeben sind. In einem solchen Fall lähmen und entmutigen Konkurrenzmechanismen mehr, als dass sie stimulieren. Der Weg zwischen Staat und Markt ist demnach also kein einfach zu begehender Pfad, sondern mit vielen Stolpersteinen und Paradoxien gepflastert, der es erfordert, dass zwischendurch immer wieder innegehalten und reflektiert wird, ob die Richtung noch stimmt.
3. Universitäten in der Zivilgesellschaft 3.1. Universitäten im Prozess gesellschaftlicher Selbstorganisation Als „Dritter Weg“ (Giddens 1998) zwischen Markt und Staat wird vor allem das Konzept der „Zivilgesellschaft“ diskutiert. Mit der Erkenntnis, dass Politik und Staat nur noch eingeschränkt in der Lage sind, gesellschaftliche Entwicklungen mit Hilfe zuverlässiger Konzepte zu steuern, ist die Idee neu belebt worden, wonach sich die BürgerInnen in freiwilligen Zusammenschlüssen als eigenständige Kraft gegenüber Politik und Staat etablieren und dadurch entscheidenden Einfluss auf die gesellschaftliche Entwicklung nehmen können. Der Begriff der Zivilgesellschaft, auch Civil Society oder Bürgergesellschaft genannt, ist kein einfacher, denn dahinter verbergen sich unterschiedliche und zum Teil sogar wechselnde Konzepte: „Das präziseste, was man über die Zivilgesellschaft sagen kann, ist, daß es sich dabei um eine außerordentlich vage Idee handelt“ (Beck 2001).7 Als kleinster gemeinsamer Nenner lässt sich aber feststellen, dass mit Zivilgesellschaft im heutigen Verständnis „der in der Gesellschaft vorhandene Bürgersinn, d.h. die politische Kultur und die ihr zugrunde liegenden vielfältigen Organisationen und Institutionen auch außerhalb des direkten staatlichen Machtapparates, also die Vereine und Selbstverwaltungskörperschaften, die Honoratiorenstruktur, die Zivilcourage usw.“ (Reese-Schäfer 1995, S. 42) gemeint ist. Die Zivilgesellschaft steht dem Staat reziprok gegenüber, was einen Dualismus von ziviler und politischer Sphäre impliziert.
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Zur Ideengeschichte und zur Mehrdeutigkeit des Begriffs „Zivilgesellschaft“ vgl. Heins 2002. Ulrich Beck bezeichnet den Begriff als „echte Wollmilchsau“: „Zivilgesellschaft ist so ein Substantiv – nicht nur Jahrtausende, ganz unterschiedliche politische Zecke entfallen ihrem Flug: von der antiken societas civilis des Aristoteles über die Wirtschaftsbürgergesellschaft der englischen Ökonomen und Moralphilosophen des 18. Jahrhunderts bis zum Hoffnungsbegriff der global civil society der Gegenwart“ (Beck 2001).
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Beide Sphären hängen zwar miteinander zusammen, verfolgen aber durchaus unterschiedliche Interessen. Um ihre Interessen gegenüber dem Staat (und im weiteren Sinne auch gegenüber der Wirtschaft) wirkungsvoll zum Ausdruck bringen und durchsetzen zu können, muss sich die Zivilgesellschaft selbst organisieren. Dies geschieht hauptsächlich in Form von Assoziationen, die heute als Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs) oder Nonprofit-Organisationen (NPOs) bezeichnet werden. Zwar sind die Definitionen der Begriffe NGO und NPO genauso vielfältig wie die Konzepte der Zivilgesellschaft,8 jedoch treffen sie sich zumindest darin, dass es sich um Einrichtungen mit einem Mindestmaß an formaler Organisation, Selbstverwaltung und Freiwilligkeit handelt, welche keine Gewinne ausschütten sowie privat, d.h. nicht staatlich und gemeinwohlorientiert sind (Badelt 2002, S. 8ff.). Insgesamt spielt der Nonprofit-Sektor in allen deutschsprachigen Ländern wie auch auf der gesamteuropäischen Ebene „eine wichtige und in den letzten Jahren stets wachsende gesellschaftliche, kulturelle und wirtschaftliche Rolle“ (ders., S. 659). Mit Erstarken des zivilgesellschaftlichen Konzeptes im ausgehenden 20. Jahrhundert wird zunehmend häufiger auch über die Bedeutung der Universität für diesen Bereich diskutiert. Einerseits erfüllt sie „alle Kriterien, um ein Teil der Zivilgesellschaft zu sein. Sie ist eine freiwillige Gemeinschaft, die weder ganz zur Welt des Staates noch zur Welt des Marktes gehört. Als Gemeinschaften im Spannungsfeld zwischen Staat und Markt sind Universitäten in liberalen Demokratien der Idee des Fortschritts verpflichtete selbstorganisierte Bildungseinrichtungen, in denen Erkenntnisse weitergegeben und Wissen geschaffen sowie demokratische Tugenden eingeübt werden sollen“ (Brix/Nautz 2002, S. 12). Zwar weisen Universitäten tatsächlich Merkmale von Nonprofit-Organisationen auf, z.B. wenn man die aus ihrer Tradition als Korporationen (freiwillige Zusammenschlüsse von WissenschaftlerInnen) heraus entstandenen Selbstverwaltungsstrukturen und ihre relative Unab8
Unter NPOs werden z.B. private Museen, Kulturvereine, Feuerwehren, Sportorganisationen, Wohlfahrtsverbände, Interessensvertretungen, Stiftungen, Parteien oder Selbsthilfegruppen verstanden. Allgemein werden drei Typen von NPOs unterschieden: Verwaltungsnahe, basisnahe und wirtschaftsnahe. Trotzdem ist die Begriffsdefinition schwierig und z.T. sehr kulturspezifisch: „Der Begriff ‚Nonprofit Organisation’ spiegelt ein spezifisches angelsächsisches Phänomen wider, das für Europa nur bedingt gültig ist: In der amerikanischen Gesellschaft sind NPOs in viel stärkerem Ausmaß eine Alternative und ein Widerpart zum gewinnorientierten Unternehmenssektor, als dies in Europa der Fall ist. Das Wort Nonprofit bringt diese Abgrenzung gegenüber den gewinnorientierten Unternehmen zum Ausdruck, während es in Europa viel öfter darauf ankommt, NPOs primär als nicht staatliche Unternehmen zu begreifen“ (Badelt 2002, S. 6). Das gleiche trifft auch auf die Bezeichnung NGO (Non Governmental Organization) zu, wobei kritisiert wird, dass der Begriff noch unschärfer sei, weil er wörtlich genommen „sowohl gewinnorientierte als auch nicht auf Gewinn ausgerichtete Organisationen umfasst, solange sie nur nicht staatlich sind“ (ders. S. 7). Auf Ebene der EU bemüht man sich um klarere Abgrenzungen, ist aber noch nicht zu abschließenden Lösungen gekommen (Rondo-Brovetto 2002, S. 636ff.).
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hängigkeit vom Staat durch die Freiheit in Forschung und Lehre betrachtet. Doch auf der anderen Seite sind sie eindeutig keine privaten, sondern staatliche Einrichtungen, die einen gesetzlichen Auftrag erfüllen und dafür öffentliche Gelder erhalten. Insofern sind sie weder NPOs noch NGOs, woran auch rechtliche Verselbstständigungen als Stiftungen oder Anstalten des öffentlichen Rechts nichts ändern, wie sie im deutschen Bundesland Niedersachsen oder in Österreich vorgenommen wurden (ausführlicher dazu Kapitel III.4.3.) Diese Rechtsformänderungen verschaffen den Universitäten zwar weitgehende Unabhängigkeit vom Staat, dennoch handelt es sich nicht um Privatisierungen, da weiterhin der gesetzliche Auftrag gilt und die Finanzierung vor allem aus Steuermitteln erfolgt. Universitäten sind somit selbst zwar keine zivilgesellschaftlichen Einrichtungen, können aber die Zivilgesellschaft in ihrer Selbstverantwortungs- und Selbstorganisationsfähigkeit durch die Vermittlung entsprechender Kompetenzen unterstützen. Aktive BürgerInnen, die sich als Kraft gegenüber Politik, Staat und Wirtschaft erfolgreich positionieren wollen, sind auf einen freien Zugang zu aktuellem Wissen angewiesen, um gleichberechtigt argumentieren und rechtzeitig agieren zu können. Insofern ist eine Zivilgesellschaft zugleich immer auch eine Wissensgesellschaft: „Wenn Wissen in steigendem Maße nicht nur als konstitutives Merkmal für moderne Ökonomie und deren Produktionsprozesse und -beziehungen, sondern insgesamt zum Organisationsprinzip und zur Problemquelle moderner Gesellschaften wird, ist es angebracht, diese Lebensform als Wissensgesellschaft zu bezeichnen“ (Stehr 2001, S. 10). Von den Universitäten wird erwartet, dass sie mit dem von ihnen produzierten Wissen dazu beitragen, „die Zivilgesellschaft als lebendigen politischen ‚Körper’ zu revitalisieren und damit auch der staatlichen Politik mehr Kreativität, Innovation und vor allem Glaubwürdigkeit und Verankerung in der Bevölkerung einzuhauchen“ (Zechlin 2002b, S. 40). Dabei ist es allerdings nicht unerheblich, für welches Modell von Zivilgesellschaft sie Beiträge leisten wollen. Meinen sie die staatstragende „schöne, neue Bürgerwelt“, die im kommunitaristischen Sinne die „Entdeckung des Gemeinwesens“ (Etzioni 1995) in den Mittelpunkt stellt, oder wollen sie den „hässlichen Bürger“ (Beck 2001, S. 15) fördern, also den aufmüpfigen Kritiker oder gar radikalen Globalisierungsgegner, der auf eine Gesellschaft verändernd einwirken will, die aus „Netzwerken von Reichtum, Macht und Information“ (Castells 2002, S. 377) besteht? Dass die Wissenschaft zu eindeutigen Entscheidungen darüber kommt, welches der drei Zivilgesellschaftsmodelle das richtige sei, ist allerdings nicht zu erwarten. Wahrscheinlicher ist, dass alle drei Optionen aufgezeigt und analysiert werden und die Entscheidung letztlich dem nunmehr informierten und aufgeklärten Bürger überlassen bleibt. Mit dieser Zurückhaltung enttäuscht die Wissenschaft allerdings eine der wesentlichen Erwartungen der Zivilgesellschaft, nämlich dass sie durch Wissen nicht nur Information und Aufklärung, sondern auch Orientierung erhält.
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Den Menschen liegt weniger an der Problematisierung von Problemen als an einer Orientierung in einer zunehmend unsicheren und sich schnell wandelnden Welt. Die Hoffnung ist, dass wissenschaftliche Expertise Ordnung in die unordentliche Welt bringt und gestützt auf objektive Wahrheiten sagt, wie es wirklich ist. Wissenschaftliche Erkenntnisse sollen Entscheidungen nicht komplizierter, sondern rationaler machen. Wissenschaft produziert jedoch keinen zuverlässigen Erkenntnisfortschritt oder unumstößliche Gewissheiten: „Wir können das Wissen, das die Wissenschaft produziert, nicht einfach ‚übernehmen’ – schon deshalb, weil die Wissenschaftler einander regelmäßig widersprechen“ (Giddens 2001, S. 45). Es ist geradezu der Zweck von Wissenschaft, überholt zu werden: „Wir können nicht arbeiten, ohne zu hoffen, dass andere weiter kommen als wir“ (Weber 1917/1919, S. 17). Wissenschaft ist ein stetiger Prozess des Hinterfragens mit dem Ergebnis, dass mehr Fragen entstehen als Antworten gegeben werden können: „The more resources go into science, the more scientists are educated, the more results they produce and the more questions arise“ (Weingart 2002, S. 703). Zusammenfassend betrachtet, besteht das Fortschrittsparadigma der Wissenschaft demnach also nicht in der Schaffung von Sicherheit, sondern in der Herstellung von Unsicherheit. Die Frage ist nun, ob die Zivilgesellschaft aus diesem Fortschrittsparadigma, welches ihren Bedürfnissen nur unzureichend entspricht, dennoch etwas beziehen kann und welche Konsequenzen sich daraus für die Rolle von Universitäten ergeben. 3.2. Krise sozialer Ordnungsmodelle Das Versprechen der Moderne, die Welt durch wissenschaftlichen und technischen Fortschritt stabiler und geordneter zu machen, kann als uneingelöst betrachtet werden: „Anstatt mit einer in zunehmendem Maße beherrschbaren Welt haben wir es eher mit einer jeglicher Kontrolle entzogenen, eben entfesselten Welt zu tun“ (Giddens 2001, S. 12). Dementsprechend melancholisch fällt auch die Einschätzung der Zukunftsperspektiven aus: „Das vielbeschworene Projekt der Moderne scheint an einem toten Punkt angekommen zu sein. Der Glanz glückverheißender Erlösungslehren ist verblaßt, das Vertrauen auf einen stetigen Fortschritt zum Besseren verschwunden“ (Heidbrink 1997, S. 7). An die Stelle eines naiven Zukunftsoptimismus ist das Bewusstsein getreten, in einer Risikogesellschaft zu leben, die sich in erster Linie durch die Auflösung vertrauter Muster, eine diffuse Unübersichtlichkeit, unkalkulierbare Gefahren und eine nicht mehr steuerbar erscheinende Eigendynamik auszeichnet: „Die Industriemoderne zerfällt. Aber etwas anderes entsteht“ (Beck 1993, S. 13). Was dieses andere jedoch genau ist und vor allem, wie es konkret aussieht, liegt allerdings noch in Nebel. Bis der Schleier sich lüftet herrscht Unsicherheit.
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Diese Unsicherheit ist deshalb besonders gravierend, weil eine der bedeutendsten Leistungen der Moderne darin besteht, die Welt handhabbar und kontrollierbar erscheinen zu lassen, woran auch die naturwissenschaftlich-technische Forschung einen großen Anteil hat: „Taxonomie, Klassifikation, Inventar, Katalog und Statistik sind die vorherrschenden Strategien der modernen Praxis. Moderne Meisterschaft besteht in der Macht zu trennen, zu klassifizieren und zuzuteilen. Paradoxerweise ist aus diesem Grund die Ambivalenz der größte Schmerz der Moderne und die beunruhigendste aller Sorgen“ (Bauman 1996, S. 29). Und diese Ambivalenz ist nicht nur nicht auszumerzen, im Gegenteil, sie nimmt sogar zu. Die Welt wird immer unordentlicher, ständig brechen sicher geglaubte Gewissheiten weg und Traditionen werden aufgekündigt. Eindrucksvolles Beispiel dafür ist der rasante Boom der neuen Medien, deren Informationsflut und technische Möglichkeiten zentrale gesellschaftliche Bereiche wie Kommunikation, Bildung und Arbeit nachhaltig verändern. Was in dieser Welt zählt, ist vor allem eines: Flexibilität. Flexibilität ist das Zauberwort der Globalisierung. Diese verlangt von den Menschen, unbegrenzt mobil, einsatzfähig und lebenslang lernbereit zu sein, um den sich ständig verändernden Anforderungen gerecht werden zu können. Der Preis dieser permanenten Beweglichkeit ist „the corrosion of character“, die Auflösung des Charakters (Sennett 1998). Menschen haben immer weniger Raum, sich an einem Ort über einen längeren Zeitraum hinweg zu entwickeln und verlässliche Bindungen aufzubauen. Das gilt für den privaten als auch für den beruflichen Bereich. Der flexible Mensch ist somit zunehmend auf sich gestellt. Er allein trägt das Risiko für seinen Erfolg oder Misserfolg. Er darf nicht nur selbst entscheiden, sondern er muss entscheiden. Diese Individualisierung wirft den Menschen auf sich zurück, in eine Vereinzelung, in deren Folge die soziale Gemeinschaft genauso wie der Wohlfahrtsstaat zurückgedrängt werden. Diese Entwicklung dient zwar der Wirtschaft, aber nicht der menschlichen Psyche: „Die moderne politische Ökonomie unterstellt, dass Individuen ihr Leben allein bewältigen können, ihre Handlungsfähigkeit aus sich selbst heraus gewinnen und erneuern. Aber diese Ideologie vom Selbstunternehmer steht im krassen Gegensatz zur Realität“, (Richard Sennett in einem Interview mit der Wochenzeitung „Die Zeit“, Grefe 2000). Jeder Mensch erfährt täglich, dass er unvollkommen und auf die Unterstützung anderer angewiesen ist. Doch statt Halt in einer Gemeinschaft zu finden, greift die Hand ins Leere. Es herrscht ein „eisiger Ton“ im Wohlfahrtsstaat. Was sich beobachten lässt, ist nicht mehr und nicht weniger als die „Erosion der Industriemoderne“ (Beck 1996, S. 20). Eine zentrale Rolle fällt dabei der ökologischen Frage zu, denn sie erschüttert die Vorstellung des grenzenlosen Wachstums, also eine der Basisprämissen der Industriestaaten. Doch die Erschütterung geht noch tiefer: Sie nagt inzwischen „an fast allen Ordnungsmodellen des Sozialen: In der Industrie und Industriesoziologie ist vom Ende tayloristischer ArbeitsteilungsHierarchien und fordistischer Massenproduktion, ja sogar von der Auflösung des Betriebs (‚Systemrationalisierungen’) die Rede. Entsprechend sind die Turbulenzen
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in der Wirtschaft, im Management, in den Gewerkschaften. Kleinfamilienmodelle und entsprechende Rollenrezepte versagen“ (ders., S. 20). Es kommt zu einer „Enttraditionalisierung“ (Giddens 1996b, S. 324), also einem Bruch mit bestehenden Traditionen, und – im Zuge der Globalisierung darüber hinaus – zu einer „Entbettung sozialer Systeme“. Damit ist das „‚Herausheben’ sozialer Beziehungen aus ortsgebundenen Interaktionszusammenhängen und ihre unbegrenzte Raum-ZeitSpannen übergreifende Umstrukturierung“ gemeint (Giddens 1996a, S. 33). In der Folge kommt es zu einem rasanten weltweiten Wandel der Gesellschaften mitsamt ihren Institutionen und Organisationen. 3.3. Selbsttransformation durch Selbstreflexion Bei soviel Auflösungs- und Endzeitszenarien stellt sich die Frage nach dem Neuanfang oder zumindest nach der Transformation des Bestehenden. Hier setzen die Theorien der reflexiven Modernisierung an, deren bekannteste Vertreter die beiden Soziologen Ulrich Beck und Anthony Giddens sind. Theorien der reflexiven Modernisierung versuchen nach Beck „das neue Wilde der Wirklichkeit“ in einer Begriffs- und Theoriebildung einzufangen. Das bedeutet, es geht hier nicht um eine Gegenmodernisierung, die nostalgisch „in Theorie und Politik das Rad der Moderne zurückzudrehen“ versucht, sondern der Ansatz soll das noch unbekannte „ausgeschlossene Dritte“ erschließen, in dem er die „institutionalisierte Langeweile der eingefleischten Routinen in Wissenschaft wie Politik“ auf- und durchbricht (Beck 1996, S. 25). Insgesamt soll sich nicht die Theorie der reflexiven Modernisierung herausbilden, sondern reflexive Modernisierung soll ein Stichwort sein, an das sich lebendige Diskussionen und Kontroversen anschließen. Auch ein Einmischen in die praktische Politik ist gewünscht, wie es zum Beispiel Giddens als Berater des britischen Premierministers Tony Blair getan hat. Die Gemeinsamkeit der reflexiven Theorien soll sich vor allem in einer grundsätzlichen Kritik an der Industriemoderne und in einer entschiedenen „Wende gegen alle Varianten einer automatischen, handlungsentzogenen und damit letztlich unpolitischen ‚Weiter-So-Modernisierung’“ zeigen (ders., S. 23). Reflexive Modernisierung bedeutet vor allem auch, Abschied zu nehmen von der Illusion einer vernünftigen Welt: „Eine Epoche verschwindet und eine zweite, noch namenlose entsteht,, und zwar nicht durch politische Wahlen, Regierungssturz oder Revolution, sondern als latente Nebenwirkung“ (Beck 1993, S. 57). Es kommt zu einem „ungewollten und ungesehenen, sozusagen reflexartigen“ gesellschaftlichen Wandel (ders., S. 37). Diese „zweite Moderne“ ist keine Postmoderne, sondern eine andere Moderne, von der niemand sagen kann, wie sie aussieht. Sie entsteht als verselbstständigter Prozess mit hoher, schwer zu kontrollierender Eigendynamik. Reflexivität bedeutet in diesem Zusammenhang nicht „Reflexion“ im Sinne von „Nachdenken“ sondern „Selbstkonfrontation“ oder „Selbsttransformation“ (Beck 1996, S. 27). Die Gesellschaft konfrontiert sich selbst mit den Folgen
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der Modernisierung. Daraus kann und sollte eine öffentliche, politische oder wissenschaftliche Reflexion entstehen. Worum es Beck vor allem geht, ist aufzuzeigen, dass soziale Prozesse nur noch eingeschränkt plan- und steuerbar sind: „Die Industriegesellschaft, die bürgerliche Gesellschaftsordnung und insbesondere der Vorsorge- und Sozialstaat stehen unter dem Anspruch, menschliche Lebenszusammenhänge zweckrational kontrollierbar, herstellbar, verfügbar, (individuell und rechtlich) zurechenbar zu machen. Dagegen führen in der Risikogesellschaft wiederum unabsehbare Neben- und Spätfolgen eben dieses Kontrollanspruches in das überwunden geglaubte Reich des Ungewissen, der Mehrdeutigkeiten, kurz: der eigenen Fremdheit zurück“ (Beck 1993, S. 49). Doch die Menschen sind dieser „Krise der industriellgesellschaftlichen Selbstsicherheit“ nicht hilflos ausgeliefert, sondern es eröffnen sich auch Handlungsmöglichkeiten, zwischen denen es allerdings „permanent und ohne Anspruch auf definitive Lösungen zu entscheiden gilt“ (ders., S. 53). Eine der zentralen Herausforderungen für moderne Gesellschaften und ihre Institutionen besteht also darin, in Übergängen und Vorläufigkeiten, kurzum, in ständigen Such- und Veränderungsprozessen zu leben und diese zu gestalten. Dazu können Universitäten einen erheblichen Beitrag leisten. 3.4. Fazit: Universitäten als zentrale Lernorte der Gegenwartsgesellschaft Wissenschaft kann in Zeiten der Unsicherheit zwar keine Sicherheit herstellen, aber sie kann der Zivilgesellschaft ihre erprobten Kernkompetenzen zur Bewältigung dieser Herausforderungen zur Verfügung stellen: Reflexions- und Selbstorganisationsfähigkeit. Wenn es stimmt, dass Reflexion ein struktureller Wesenszug moderner Gesellschaften geworden ist (vgl. Schelsky 1973, S. 26) und diese darüber hinaus das innovative Potential besitzt, das dringend benötigte „ausgeschlossene Dritte“ im Sinne reflexiver Modernisierung zu entdecken, dann stellt Reflexion eine unabdingbare Ressource für die „Kraft von unten“ dar. Auf dieser Basis können Universitäten als zentrale Lernorte oder Experimentierfelder der Gesellschaft verstanden werden, die unterschiedlichen Blickwinkeln und Erklärungsansätzen Raum geben und Wissen nicht nur aus sich selbst heraus produzieren, sondern dies gemeinsam mit gesellschaftlichen Gruppen tun. Durch die aktive Partizipation von BürgerInnen am Prozess der Wissensgenerierung würden direktere Lernmöglichkeiten entstehen: „Dinge, Fakten, Regeln zu kennen heißt sie auf irgendeine Art und Weise zu ‚appropriieren’, sie in den eigenen Orientierungs- und Kompetenzbereich einzubeziehen“ (Stehr 2003, S. 22).
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Partizipation an Wissen heißt nicht nur, Themen mitzubestimmen und mitzudiskutieren, sondern auch vorhandenes Wissen abrufen zu können. Die Tatsache, dass der Zugang zu Wissen zu einer wichtigen gesellschaftlichen Ressource und zum Anlass für politische und soziale Auseinandersetzungen wird, könnten Universitäten zum Anlass nehmen, ihre Lehr- und Weiterbildungsangebote didaktisch und inhaltlich so auszurichten, dass die Selbstbestimmung und die Eigenverantwortung der BürgerInnen wirkungsvoll gefördert und unterstützt werden (vgl. Zechlin 2002b, S. 43ff.). Im Gegenzug kann die Erwartungshaltung der BürgerInnen gegenüber den Universitäten nicht darin bestehen, dort fertige Antworten zu erhalten, sondern vielmehr einbezogen zu werden in einen laufenden Diskussions- und Entwicklungsprozess. Universitäten, die sich als zentrale Lernorte der Gegenwartsgesellschaft verstehen, bewegen sich in einem Spannungsfeld von Gesellschaftsrelevanz und Gesellschaftsdistanz. Während Gesellschaftsrelevanz eine gewisse Praxisnähe, Aktualität oder gar Nützlichkeit bedeutet, steht Gesellschaftsdistanz für eine gewisse Ferne zum Zeitgeist und eine Nähe zur übergeordneten Wahrheit. Durch ihre Gesellschaftsdistanz wirken Universitäten „unzeitgemäß“ (Mittelstraß 1994). Diese Eigenschaft wird, wie auch in Kapitel III.2.1. deutlich wurde, den Universitäten bisweilen kritisch vorgehalten, zugleich ist sie aber ein konstituierendes Merkmal von Wissenschaft, und zwar nicht nur, „weil Wissenschaft ihrem Wesen nach forschend, antizipierend, konstruierend über die eigene Zeit und deren Wissen schon hinaus ist, sondern weil sie auch Widerstand leisten muß, wo sich gesellschaftliches und wissenschaftliches Bewußtsein allzu selbstgefällig in den Armen liegen“ (ders., S. 25). Die Aufgabe wissenschaftlicher Reflexion ist es, über Moden und Zeitgeist hinaus übergeordnete Zusammenhänge herzustellen und damit „in der Zeit gegen die Zeit und für eine zukünftige Zeit zu denken und zu handeln“ (ders., S. 28). Universitäten sind deshalb spezielle Lernorte der Gegenwartsgesellschaft, die durch partielle Gesellschaftsdistanz eine Reflexionsqualität erreichen, die es ermöglicht, jenseits von alltäglichen Sachzwängen und lähmenden Systemlogiken Alternativen aufzuzeigen: „Zentrale Aufgaben von (universitärer) Wissenschaft sind die konstruktive Kritik, das selbständige Wahrnehmen von Fehlentwicklungen, das Aufspüren von historischen Verkrustungen und blinden Routinen. Es geht daher auch darum, die Universität als einen Ort des Innehaltens zu konzipieren, in dem auch die Beschäftigung mit Randgruppen und Globalproblemen erfolgen kann“ (Pellert 1999, S. 54). Diese gewissermaßen entschleunigte Universität ist ein Ort, an dem die Entwicklung von Zukunftsentwürfen mit der kritischen Vergangenheits- und Gegenwartsdeutung verbunden werden kann. Gerade Gesellschaften, die in Bewegung geraten sind, benötigen „Spiel- und Reflexionsräume, die es auch ermöglichen, Routinehandlungen zu unterbrechen und die Frage: ‚Was ist sonst noch möglich?’ kollektiv zu stellen“ (dies.). Universitäten, die sich der zivilgesellschaftlichen Idee verpflichtet fühlen, sind also gefordert, genau diese Funktion zu übernehmen
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und dadurch dafür zu sorgen, dass solche Fragen auch tatsächlich gestellt werden können. Ein weiterer zivilgesellschaftlicher Bedarf besteht darin, Möglichkeiten und Grenzen der Selbstorganisation auszuloten und für sich nutzen. Universitäten sind Organisationen, deren Mitglieder dank der Freiheit von Forschung und Lehre schon seit langer Zeit relativ selbstbestimmt agieren können. Das gilt insbesondere für die Forschung, die große Teile ihrer Fragestellungen sowie das Vorgehen bis hin zur Zusammensetzung der Forschergruppen aus sich heraus gewinnt und bestimmt (Krohn/Küppers 1989, S. 28ff.). Die Wissenschaft insgesamt bringt ihr Wissen im Wesentlichen selbst hervor und schafft sich dafür geeignete Strukturen und Handlungsweisen (Stichweh 1994, S. 57 und S. 87). Auch im Studium wird – zumindest aus der Perspektive des traditionell-humboldtschen Wissenschaftsverständnisses – ein hohes Maß an Eigeninitiative, Eigenleistung und Eigenwilligkeit erwartet. Diese Fähigkeiten decken sich mit den Anforderungen der Zivilgesellschaft an die Selbstorganisationsfähigkeit von Individuen: „So paradox es klingt: Den Gefahren der Individualisierung in der Gesellschaft kann nur dadurch begegnet werden, daß diese Individualisierung bei der Gestaltung des Studiums vorangetrieben wird. Nur wer seinen ganz eigenen Weg sucht und findet, kann dabei die Identität herausbilden, die für eine humane Existenzweise erforderlich ist, wenn die kollektiven Identitäten zerbrechen und keinen Halt mehr geben“ (Zechlin 2002b, S. 43). In Universitäten können Menschen also lernen, Prozesse der Wissensgewinnung aktiv mitzugestalten und darin eigene Vorstellungen und Verhaltensweisen zu entwickeln, und zwar nicht alleine, sondern in einem sozialen Zusammenhang: „Individuelle Kompetenzen und Qualifikationen können nur entwickelt, entfaltet und verwirklicht werden im Zusammenhang mit den Qualifikationen jeweils anderer. Individuelle Lernprozesse bedeuten gesellschaftlich so lange nichts, als sie nicht mit Kompetenzveränderungen anderer eine Einheit bilden“ (Pellert 1999, S. 21). Dazu gehört auch eine entsprechende Diskussions- und Streitkultur, welche die Universitäten zu lebendigen Orten der Auseinandersetzung macht. In diesem Sinne sind Universitäten nicht nur zentrale Lernorte der Gegenwartsgesellschaft, indem sie etwas vermitteln oder anregen, sondern auch selbst „lernende Organisationen“, weil sie sich über die Einbeziehung von Menschen und Themen, die von außen immer wieder neu an sie herangetragen werden, selbst weiterentwickeln.
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4. Staatliche Steuerung von Universitäten 4.1. New Public Management als Antwort auf die Krise des Staates Ausgelöst durch die finanzielle Krise, in welche die meisten europäischen Länder Ende der 80er Jahre gerieten, wurde eine grundlegende Reform des öffentlichen Sektors in Gang gesetzt. Unter dem Oberbegriff „New Public Management“9 (NPM) etablierte sich europaweit ein umfassender Modernisierungsansatz, der Managementinstrumente der profitorientierten Privatwirtschaft modifiziert und auf öffentliche Einrichtungen überträgt, um die Wirtschaftlichkeit und die Wirksamkeit der dort erbrachten Leistungen zu verbessern (vgl. Schedler/Proeller 2000). Doch beschränkt sich der Anspruch des NPM nicht allein darauf, die „Finanzierbarkeit, Effektivität, Effizienz und Kostenwirtschaftlichkeit“ (Budäus/Grüning 1997, S. 91) von Verwaltungen zu optimieren, sondern er geht weit darüber hinaus. Das übergeordnete Ziel ist die „Modernisierung des Staates“ (Naschold/Bogumil 1998). Diese ist notwendig geworden, weil das lange Zeit unangefochtene Bild vom starken Staat erhebliche Brüche und Risse bekommen hat. Der in den meisten Industriegesellschaften institutionalisierte Interventions- oder Sozialstaat, der als Garant öffentlicher Wohlfahrt und als zentrale gesellschaftliche Steuerungsinstanz fungiert, gerät im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts in eine massive Krise.10 Es treten innere Konflikte und wirtschaftliche Probleme auf, die nicht mehr wirksam durch Reforminitiativen abgefangen werden können. Immer drängender steht die Frage im Raum, „ob der Nationalstaat noch in der Lage ist, mit dem ihm zur Verfügung stehenden Instrumentarium zielgerichtet gesellschaftliche Veränderungen herbeizuführen“ (Lütz 1995, S. 169). Die Steuerungsfähigkeit des Staates wird in Zweifel gezogen und es setzt sich die Erkenntnis durch, dass „Steuerung nicht mehr allein von staatlichen Akteuren ausgeübt wird“ (Mayntz/Scharpf 1995, S. 9). In diesem Punkt hat die Diskussion um die Modernisierung des Staates ähnliche Wurzeln wie die im vorherigen Kapitel geschilderte Debatte um die Wiederbelebung der Zivilgesellschaft, was in manchen Argumentationen zu Überschneidungen führt. Doch trotz der zunehmend stärker werdenden Selbstorganisations- und Regelungsfähigkeit bestimmter gesellschaftlicher Bereiche soll das Staatsversagen nicht einfach hingenommen, sondern muss durch eine Staatsreform inklusive der Schaffung neuer und wirksamerer Steuerungsinstrumente behoben werden. Vor diesem Hintergrund entsteht das NPM.
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In Deutschland ist das New Public Management auch als „Neues Steuerungsmodell“ bekannt, welches von der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung (KGSt) entwickelt wurde (vgl. KGSt 1993). Ausführlicher zur Krise und Kritik des Sozialstaates siehe z.B. Frankenberg 1997, S. 164ff.
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In den frühen Ausprägungen des NPM dominierten neoliberale Auffassungen, die den „wohlfahrtsmaximierenden Staat“ ad acta legen und an dessen Stelle die „Hegemonie des Primats privatwirtschaftlicher Marktmechanismen bei minimalistischem Staat“ setzen wollten (Naschold 1998, S. 25).11 Der Staat sollte sich also weitgehend zurückziehen und den öffentlichen Sektor in großen Teilen dem Spiel der Marktkräfte aussetzen. Pointiert ausgedrückt steht im Vordergrund dieses NPM-Verständnisses der Staatsabbau und nicht der Staatsumbau (Schröter/Wollmann 1998, S. 61). Das Leitbild eines derartig verschlankten Staates mit seinen konkreten Auswirkungen wie z.B. im britischen Thatcherismus stieß nach einer Weile auf erhebliche Kritik: „Das neoliberale und nutzenmaximierende Marktdenken der ökonomischen Ansätze widerspricht dem gerechtigkeits- und konsensorientierten Grundlagen staatspolitischen Denkens“ (Thom/Ritz 2000, S. 30). Es entstanden Gegenkonzepte wie z.B. das einer „Demokratisierung der Demokratie“, wie es von VertreterInnen der reflexiven Modernisierung propagiert wurde (vgl. Giddens 1999, S. 86ff.). Letztere wollten im Gegensatz zum Neoliberalismus nicht den Rückzug des Sozialstaates bei gleichzeitiger Dominanz des Marktes, sondern gerade umgekehrt die Stärkung des Sozialstaates gegenüber den Marktmechanismen erreichen (ders., S. 91). Dies sollte durch eine grundlegende Reform geschehen, die einerseits besondere Hoffnungen auf die Kraft der Zivilgesellschaft setzte, deren immanente Selbstorganisationsfähigkeit und Gemeinwohlorientierung den sozialen Zusammenhalt und die soziale Verantwortung innerhalb der Gesellschaft stärken sollte, und andererseits auf die Dezentralisierung von Macht und Verantwortung vom Staat auf gesellschaftliche Institutionen und AkteurInnen, um insgesamt mehr Flexibilität und Innovationsfähigkeit zu erreichen. Dieser Prozess musste flankiert werden von einer Leistungssteigerung der öffentlichen Verwaltung, denn dem Staatsapparat wurde u.a. deswegen misstraut, weil er schwerfällig und ineffizient ist und im Vergleich zur Reaktionsschnelligkeit der Wirtschaft häufig hinterherhinkt. In eine ähnliche Richtung denken auch Reformansätze, die sich auf den Kommunitarismus12 berufen. Diese räumen vor allem der „direkten Partizipation“ einen ho11
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Eines der ersten grundlegenden Bücher zum NPM erschien in den USA unter dem Titel „Reinventing Government“, deutsch übersetzt „Der innovative Staat. Mit Unternehmergeist zur Verwaltung der Zukunft“ (Osborne/Gaebler 1997). Dort wird nachdrücklich die These vertreten, dass der Staat den Markt imitieren solle. Neben den Theorien reflexiver Modernisierung ist der Kommunitarismus der zweite große wissenschaftliche Strang, der sich mit dem Thema „Zivilgesellschaft“ auseinandersetzt. Ausgangspunkt der aus den USA stammenden Denkrichtung ist die Diagnose, dass die Gesellschaft unter einem Verlust an Gemeinschaft (community) leidet. Die Kommunitarier sind nicht als eine Schule zu verstehen, sondern es handelt sich vielmehr „um eine Übereinstimmung einer Reihe von Liberalismuskritikern unterschiedlicher theoretischer und regionaler Herkunft“ (Reese-Schäfer 1995, S. 45) wie z.B. Charles Taylor oder Michael Walzer. Ihr Tenor: „Eine Gesellschaft, die sich konsequent auf atomisierte, voneinander isolierte und ihrem Eigeninteresse folgende Individuen stützen will, untergräbt dadurch ihre eigenen Grundlagen“
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hen Stellenwert ein. Damit ist in erster Linie die aktive Einbeziehung der Bürgerinteressen in das Verwaltungshandeln (Bürgerorientierung) gemeint: „Die Verwaltung soll in diesem Zusammenhang eine effektivere Bürgerschaft ermöglichen und für die Verbesserung der Qualität des Gemeinschaftslebens sorgen“ (Budäus/Grüning 1997, S. 37). In diesem Sinne ist Verwaltungsreform zugleich auch Gesellschaftsreform. Im Nebeneinander von neoliberalen und sozialstaatlichen bzw. bürgergesellschaftlich ausgerichteten Denkmodellen hat sich im NPM Ende der 90er Jahre ein Ansatz durchgesetzt, der in Anspruch nimmt, eine Synthese beider Pole bilden und dadurch den Spagat zwischen politischem und wirtschaftlichem Handeln schaffen zu können. Ausgangspunkt ist die Annahme, dass sowohl der Sozialstaat als auch der Neoliberalismus zentrale Strukturdefizite aufweisen: „Die Sozialstaatlichkeit leidet in der Praxis unter Politik-Versagen und unkontrollierter Aufblähung des Staatsapparates […]. Demgegenüber leidet das Wettbewerbsmodell des Neo-Liberalismus unter Marktversagen. Dies führte […] dazu, dass neue Formen der Selbstorganisation entstanden, die sich weder durch den Markt noch durch staatliche Regulierung steuern lassen“ (Schedler/Proeller 2000, S. 32). Ein weiterentwickeltes NPM baut dagegen auf einem Staatsverständnis auf, „das die zentralen Strukturdefizite der beiden Ansätze aufgreift und die ideologische Ebene verlässt. Es versucht gleichsam aus beiden Modellen jene Elemente zu ziehen, die sich erfolgreich bewährt haben, nicht ohne aber ein eigenes, neues Verständnis von Staat und Wirtschaft zu entwickeln“ (dies.). Das Ergebnis dieser Zusammenführung ist das Konzept des „Gewährleistungsstaates“. Die Aufgabenbreite des Gewährleistungsstaates wird durch politische Instanzen, also in der Hauptsache durch die Parlamente, in demokratischen Verfahren festgelegt. Der Staat trägt in all diesen Aufgabenbereichen die Gewährleistungsverantwortung, d.h. der Staat erbringt nur noch ausgewählte Kernleistungen selbst, darüber hinausgehende, für die Aufrechterhaltung des Gemeinwohls notwendige Leistungen werden von anderen Organisationen erstellt, welche der Staat damit beauftragt. Diese Organisationen können sowohl öffentlich finanziert als auch privatwirtschaftlich sein. Insgesamt bleibt der Gewährleistungsstaat somit in der Verantwortung für die Erbringung gemeinwohlorientierter Leistungen, reduziert aber im Vergleich zum Sozialstaat seine eigene Leistungstiefe. Stattdessen soll auch der Gewährleistungsstaat ein Stück weit der zivilgesellschaftlichen Idee folgen und „die Gesellschaft vermehrt aktivieren, indem auch direktere Partizipation der BürgerIn(ders., S. 7). Infolgedessen muss es zu einer moralischen Erneuerung der westlichen Industriestaaten kommen, und zwar durch Schaffung gemeinsamer Werte, eines gesellschaftlichen Konsenses, der das Gemeinwohl an die oberste Stelle stellt. Das Ziel ist die „gute Gesellschaft“, d. h. eine Zivilgesellschaft, in der die BürgerInnen zwar mehr Eigenverantwortung übernehmen, es aber vom Staat nicht als Freibrief missverstanden wird, seine Verantwortung für das Gemeinwohl zurückzunehmen.
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nen/KundInnen an der Leistungserstellung ermöglicht und gefördert wird“ (dies., S. 34). Durch ein „Empowerment“ der BürgerInnen sollen diese „zur Eigenerstellung öffentlicher Güter“ angeregt werden und in Public-Private-Partnerships sollen Privatunternehmen mit staatlichen Einrichtungen in der Weise kooperieren, dass öffentliche und private Verantwortung synergetisch zusammenwirken. In der Konsequenz soll der bisherige „traditionelle Obrigkeitsstaat“ peu à peu zum „Partner, Moderator und Katalysator“ mutieren (dies.). Damit diese Ziele auch tatsächlich erreicht werden können, benötigt der Gewährleistungsstaat eine Gewährleistungsverwaltung. Diese handelt „zielgerichtet, aber autonomer und mit Verhandlungsspielraum“, also eigenverantwortlicher und selbstständiger als zuvor. Die größere Freiheit umfasst sowohl den Umgang mit Haushaltsmitteln als auch mit personellen und materiellen Ressourcen sowie die Möglichkeit, Entscheidungen im eigenen Zuständigkeitsbereich zu treffen, ohne vorher umständliche Rückkopplungen mit übergeordneten Instanzen vornehmen zu müssen. Welche Aufgaben die Gewährleistungsverwaltung zu erfüllen hat, definiert nicht der Markt, sondern ist weiterhin Resultat eines demokratischen Verfahrens. Zugleich jedoch besteht eine wesentliche Grundprämisse des NPM darin, dass auch im Verwaltungsbereich ein nach betriebswirtschaftlicher Rationalität funktionierendes Management möglich ist. Dieser „Managerialismus“, also die Stärkung des Managements, soll vor allem durch die Einführung betriebswirtschaftlicher Instrumente und Methoden erreicht werden. Dazu zählen im Wesentlichen strategische Planung, Controlling, Budgetierung nach Leistungsparametern, Kosten- und Leistungsrechnung sowie Personal- und Qualitätsmanagement. Im Ergebnis sollen öffentliche Leistungen wie Produkte eines Wirtschaftsunternehmens gehandhabt werden. Dazu ist es notwendig, die Produkte klar zu identifizieren und abzugrenzen sowie Maßstäbe für ihre regelmäßige Kontrolle und Bewertung festzusetzen. Insgesamt sollen das betriebswirtschaftliche Set an Instrumenten und Verfahren die Rationalität öffentlichen Entscheidens und Handelns erhöhen. Rational ist, „wer in bestimmten Situationen vernunftgeprägt so auf Reize der Umwelt reagiert, daß er seine Ziele (oder die Ziele seiner Organisation) bestmöglich erreicht“ (Schedler 2003, S. 422). Entsprechend dieser starken Zielorientierung spielt das Führen mit Zielvereinbarungen (Management by Objectives), in der Verwaltungswissenschaft besser unter dem Begriff „Kontraktmanagement“ bekannt, eine große Rolle. Zu den Grundprämissen des NPM-Modells gehört auch, dass Politik und Verwaltung ihre Rollen verändern: Die Politik soll das operative Geschäft weitgehend den dezentralen öffentlichen Einrichtungen überlassen und sich dafür stärker auf die Strategie konzentrieren. Dadurch kommt es zu einer Trennung von politischer und administrativer Steuerung. Während mit administrativer Steuerung eher die konkreten Managementaufgaben innerhalb der Verwaltungsorganisation gemeint sind, fokussiert sich die politische Steuerung in erster Linie auf die Setzung von übergeordneten Zielen und die Bereitstellung der zur Erreichung dieser Ziele notwendigen
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Haushaltsmittel. Diese Budgets werden nicht mehr wie in der Kameralistik13 üblich in kleinteiligen Posten zugewiesen, sondern global. Das bedeutet, eine öffentliche Einrichtung erhält eine bestimmte Summe, über die sie relativ frei verfügen kann, sofern sie regelmäßig über Ausgaben und Einnahmen Rechenschaft ablegt. Darüber hinaus können zusätzliche Einnahmen erwirtschaftet werden. Die Zuweisung der Globalbudgets erfolgt nicht mehr wie in der Kameralistik im Voraus (ex ante), sondern im Nachhinein (ex post), und zwar aufgrund von Leistungs- und Qualitätsprüfungen. Das führt zu einem grundlegenden Paradigmenwechsel in der öffentlichen Haushaltsführung von der Input- zur Outputsteuerung. Grundlage für diese Art der Steuerung ist, dass der Output, d.h. die zu erwartenden Leistungen, zwischen Politik und Verwaltung bzw. öffentlicher Einrichtung festgelegt werden. Dies erfolgt in Form von Leistungsvereinbarungen, auch Zielvereinbarungen oder Kontrakte genannt. Globalbudgets und Leistungsvereinbarungen sind im NPM zwingend miteinander verknüpft: „Die Einführung von Globalbudgets allein, ohne gleichzeitig die Leistungssteuerung zu verbessern, ist auf längere Frist nicht zu verantworten“ (Schedler/Proeller 2000, S. 146). Die Politik muss demnach in der Lage sein, klare strategische Ziele zu formulieren und daraus dezidierte Leistungserwartungen an die ihr zuarbeitenden Einrichtungen zu formulieren, ohne zu sehr ins Detail zu gehen, da ansonsten der operative Handlungsspielraum auf der dezentralen Ebene zu sehr eingeschränkt würde. Die Leistungsvereinbarungen bilden letzten Endes den Maßstab für die Outputmessung. Das bedeutet, dass nach einem vereinbarten Zeitraum von der Politik anhand bestimmter Indikatoren überprüft wird, ob und in welcher Qualität die vereinbarten Leistungen erbracht wurden. Am Ergebnis dieser Leistungsprüfung orientiert sich dann idealerweise das Globalbudget, wobei sich Erfolg oder Misserfolg finanziell durch Kürzung oder Ausweitung der Finanzmittel bemerkbar machen sollen.
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Die Kameralistik war lange Zeit das herrschende Rechnungskonzept in der öffentlichen Haushaltsführung. Grundprinzip der Kameralistik ist, Haushaltspläne im Voraus mit ein- oder zweijähriger Gültigkeit aufzustellen, die in relativ kleinteilige Haushaltstitel untergliedert sind, um die Ordnungsmäßigkeit von Einnahmen und Ausgaben detailgenau überprüfen zu können. Das führt dazu, dass längerfristige Planungen genauso wenig möglich sind wie die Bildung von Rücklagen. Diese Nachteile haben dazu geführt, dass die Kameralistik mehr und mehr von der Doppik (doppelte oder kaufmännische Buchführung) abgelöst oder zumindest durch den Einfluss der Doppik stark modifiziert wird. Diese ist „in ihrer traditionellen Form für erwerbswirtschaftliche Unternehmungen auf die (zweifache) Bestimmung eines Erfolgsmaßstabes (in Bilanz sowie Gewinn- und Verlustrechnung) als Rechnungsziel gerichtet“ (Küpper/Tropp 2001, S. 87). Die Doppik ist also ein Rechungswesen für erfolgs- und einnahmeorientierte Organisationen und dient als Führungsinstrument. Die Erwartung ist deshalb, dass durch die Einführung der Doppik bzw. die Erweiterung der Kameralistik um Elemente der Doppik die öffentliche Haushaltsführung erfolgsorientierter sowie kosten- und qualitätsbewusster wird. Im Gegenzug soll die in der Kameralistik übliche Fortschreibungsbudgetierung zurückgedrängt werden.
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In der NPM-Diskussion ist viel darüber geschrieben worden, ob eine Outputsteuerung ausreicht, oder ob nicht vielmehr der Outcome, d.h. die Wirkung, öffentlicher Leistung entscheidend sei. In einigen Ländern, wie z.B. der Schweiz, hat sich vor diesem Hintergrund der Ansatz einer Wirkungsorientierten Verwaltungsführung (WoV) durchgesetzt. Die WoV sieht einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Leistungen und Wirkungen, welche als „das mittelbare Ergebnis der Erbringung einer oder mehrerer Leistungen durch die Verwaltung“ (Schedler 2000, S. 40) definiert werden. Das eigentliche Ziel staatlicher Tätigkeit besteht somit im Auslösen intendierter Wirkungen. Die WoV misst dementsprechend nicht primär den Output, sondern den Outcome und macht dieses Ergebnis zur bestimmenden Einflussgröße auf den Globalhaushalt. Die politische Steuerung erfolgt durch „Leistungsund Wirkungsvorgaben“ (Schedler/Proeller 2000, S. 60). In der Schweiz ist die Wirkungsorientierung des Politik- und Verwaltungshandelns sogar in der Verfassung verankert.14 Die Wirkungsmessung gestaltet sich in der Praxis allerdings sehr schwierig. Dafür gibt es eine Reihe von Gründen, so z.B. sind Wirkungen oft erst langfristig erkennbar, neben intendierten können auch nicht intendierte Wirkungen auftreten und letztlich lassen sich in vielen Fällen keine eindeutigen Ursache-Wirkungsbeziehungen herstellen. Das führt dazu, dass es häufig zunächst bei der Outputmessung (Produkte, Leistungen) bleibt. Ein weiterer gravierender Paradigmenwechsel im Gewährleistungsstaat ist, dass die Demokratie als zentrales Steuerungsmodell gesellschaftlicher Prozesse und Entscheidungen durch Marktmechanismen ergänzt und letzten Endes optimiert werden soll. Während die Demokratie nicht als bloßes politisches Herrschaftsprinzip, sondern „verallgemeinert als Idee der Selbstorganisation komplexer Sozialsysteme“ verstanden werden kann, bei der die Erreichung kollektiver Ziele im Vordergrund steht, baut die Idee des modernen Marktes auf der Kunstfigur des „homo oeconomicus“ auf. Daraus resultiert die Vorstellung, dass auf einem Markt „isolierte Individuen nach rationalen Kalkülen private Güter tauschen“ (Willke 1998, S. 17. und S. 36). Ökonomische Modelle gehen also in erster Linie davon aus, dass „die Akteure rational sind bei dem Versuch, ihren Nutzen unter den jeweils gegebenen Restriktionen zu mehren“ (Voigt 2002, S. 27). Demgegenüber wirkt das Handeln moderner Demokratien ziemlich irrational: „Sie schieben ein Millionenheer von Arbeitslosen vor sich her und Schuldenberge, die jedes Vorstellungsvermögen übersteigen; sie vergeuden knappe Ressourcen, als gäbe es kein morgen und vernachlässigen Zukunftsinvestitionen, als gäbe es keine nächsten Generationen. Sie lassen sich beher14
Der Artikel 170 der Schweizerischen Bundesverfassung schreibt die „Überprüfung der Wirksamkeit“ staatlichen Handelns vor: „Die Bundesversammlung sorgt dafür, dass die Maßnahmen des Bundes auf ihre Wirksamkeit überprüft werden“ (Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999, Stand 11. Mai 2004). Diese Regelung hat dazu geführt, dass sich in der Schweiz inzwischen eine intensive Evaluationskultur sowie eine aktive Evaluationsszene herausgebildet hat, die sowohl aus privaten als auch öffentlichen Evaluationsagenturen besteht.
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rschen von der Rücksicht auf den nächsten Wahltermin und mißverstehen diese Borniertheit als Herrschaft des Volkes“ (Willke 1998, S. 49). Demgegenüber besteht die wesentliche Hoffnung des NPM gerade darin, dass der öffentliche Sektor durch die Verbindung von Demokratie- und Marktmechanismen an Rationalität, d.h. an Effizienz und Effektivität,15 gewinnt. Das betrifft sowohl das Politik- als auch das Verwaltungshandeln.16 Zugleich sollen Marktmechanismen Bewegung in festgefahrene öffentliche Strukturen bringen und die Problemlösungskompetenz sowie die Innovationsfähigkeit dieses Sektors entscheidend erhöhen. Als Motoren fungieren in diesem Zusammenhang vor allem die Mechanismen „Konkurrenz“ und „Wettbewerb“. Lange Zeit besaßen öffentliche Einrichtungen eine Monopolstellung im Bereich der gemeinwohlorientierten Leistungen, doch genau dieser Schonraum hat in den Augen vieler KritikerInnen dafür gesorgt, dass sich Ineffizienz, Ineffektivität und mangelnde Qualität einschleichen konnten. Frei von Wettbewerb und Überlebenskampf mussten sich öffentliche Einrichtungen nicht mehr wirklich anstrengen, geschweige denn wandeln. Dieser Situation begegnet das NPM durch die Schaffung von künstlichen Märkten, auf denen die öffentlichen Einrichtungen um die staatlichen Gelder konkurrieren müssen. Behörden und Ministerien nehmen die Rolle eines Auftraggebers ein, der bestimmte Leistungen, wie z.B. Lehre und Forschung, bei dafür qualifizierten Organisationen, also Universitäten, Fachhochschulen, Forschungsinstituten etc., in Auftrag gibt. Damit sie den Auftrag auch erhalten, müssen die Organisationen ihre „Wettbewerbsfähigkeit“ z.B. durch Leistungsvergleiche (Output/Outcome) unter Beweis stellen. Das Problem solcher „Quasi-Märkte“17 ist, 15
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Effektivität und Effizienz sind Grundbegriffe der ökonomischen Theorie und Praxis. Weit verbreitet ist die Definition von Effektivität als „Maßgröße von Zielerreichung (Output; Outcome)“ und von Effizienz „als Maßgröße für Wirtschaftlichkeit (Output/Input-Relation)“ (Haunschild 2001, S. 93). Die Auffassung von der mangelnden Rationalität der öffentlichen Verwaltung steht in gewisser Weise konträr zur Bürokratie-Theorie, die Max Weber in seinem Werk „Wirtschaft und Gesellschaft“ zu Beginn des 20. Jahrhunderts vertritt. Danach hat sich mit der Bürokratie eine „universell anwendbare Organisationsform“ herausgebildet, die allen anderen (bis dahin bekannten) Organisationsformen „technisch“ überlegen ist, d.h. im Hinblick auf Präzision, Stetigkeit, Straffheit und Verlässlichkeit. Sie garantiere Berechenbarkeit aller Handlungen „sowohl für den Auftraggeber wie auch für den Leistungsempfänger“ (Schreyögg 1999, S. 34–f.). Webers Idee von Rationalität ist die „entlang einer logischen, abgestuften Ordnung von Zwecken und Mitteln“ (Willke 1998, S. 69). Diese Annahmen sind allerdings später in Zweifel gezogen worden (siehe Kieser 2001, S. 39ff.) Quasi-Märkte zeichnen sich vor allem durch den Einsatz von „Wettbewerbssurrogaten“ aus. Solche künstlich hergestellten Mechanismen finden sich in Bereichen, „die keinen direkten Wettbewerb zwischen öffentlichen und privaten Anbietern zulassen, oder in Bereichen, die noch nicht dem Wettbewerb zugeführt sind“ (Schedler/Proeller 2000, S. 162). Ein QuasiMarkt ist demnach also ein exklusives, simuliertes Wettbewerbsfeld, aus dem sich keine evolutionäre Marktsituation entwickeln kann. Vielmehr werden die Wettbewerbsurrogate im öffent-
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dass sie „anders als echte Märkte nicht automatisch die entsprechenden Konsequenzen zeitigen“ (Schimank 2002b, S. 6). Das bedeutet, es existiert kein sich selbst regulierendes System, dass Erfolg und Misserfolg von Organisationen z.B. durch Expansion belohnt oder durch Insolvenz bestraft. Vielmehr bedarf es einer übergeordneten Instanz, „die dann auch die unangenehmen Entscheidungen trifft, also Ressourcen umverteilt und letztlich z.B. auch Institute schließt oder zu weitreichenden Umorientierungen zwingt“ (ders.). Doch öffentliche Einrichtungen agieren nicht mehr nur auf diesen Quasi-Märkten, sondern treten verstärkt in Konkurrenz zu privatwirtschaftlichen Anbietern, denn Behörden und Ministerien sind nicht mehr gezwungen, nur öffentliche Einrichtungen mit der Erbringung gemeinwohlorientierter Aufgaben zu beauftragen. Das verstärkte „Outsourcing“ bzw. „Contracting-out“ in den privatwirtschaftlichen Bereich setzt die öffentlichen Einrichtungen zusätzlich unter Druck bis dahin, dass staatliche Organisationen selbst outgesourct, d.h. privatisiert werden, so beispielsweise in Deutschland geschehen im Falle der Telekom, der Post oder des Schienenverkehrs. In etlichen Fällen kommt es allerdings nicht zu einer „echten“ Privatisierung, sondern nur zu einer indirekten oder „formellen“ Privatisierung. Das bedeutet, dass der Staat Hauptträger und -finanzier der verselbständigten Organisation bleibt. Bei der formellen oder Organisationsprivatisierung entledigt sich der Staat seiner Verantwortung für eine öffentliche Aufgabe nicht, sondern „er bedient sich zu ihrer Wahrnehmung der Organisations- und Rechtsformen des Privatrechts mittels Schaffung einer Eigengesellschaft, in der Regel AG oder GmbH“ (Di Fabio 1999, S. 588). Dieses Vorgehen ermöglicht es dem Staat, schwerfällige öffentlichrechtliche Mechanismen wie z.B. das Dienst-, Besoldungs- und Haushaltsrecht zu umgehen (vgl. Heuer 1995, S. 86). Inzwischen wird für diese Zwecke jedoch auch immer häufiger eine Verselbstständigung im öffentlich-rechtlichen Rahmen gewählt wie z.B. als Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts, die ebenfalls mit gravierenden Änderungen im Dienstrecht oder im Finanzgebaren verbunden werden kann. Zugespitzt könnte man sagen, dass der öffentliche Sektor durch die Übernahme privatwirtschaftlicher Instrumente und Methoden eine indirekte Privatisierung erfährt, die durch Auslagerung in Teilbereiche auch in eine direkte Privatisierung übergehen kann. Damit realisiert das NPM u.a. Ideen, die bereits in den 70er Jahren schon einmal aktuell waren, sich aber zu dieser Zeit nicht richtig umsetzen ließen. Bereits damals sollte die Effizienz und Effektivität des Verwaltungshandelns durch privatwirtschaftlich orientierte Methoden und Instrumente, wie z.B. Erfolgskontrollen, personalwirtschaftliche Flexibilität im Zuge einer Dienstrechtsform, die Zusammenführung von Aufgaben- und Finanzplanung und die Verselbstständigung bzw. Privatisierung von öffentlichen Einrichtungen verbessert werden. Doch die lichen Sektor von einer übergeordneten Instanz, d.h. vom Staat, gesteuert und unterliegen damit nicht primär der ökonomischen sondern der politischen Logik.
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erhoffte „Abschwächung bürokratischer Prinzipien“ wurde nur unzureichend erreicht (Mayntz 1997, S. 121). Eine der Hauptursachen für dieses unbefriedigende Ergebnis sieht die Bürokratieforschung darin, dass Einrichtungen, die gemeinwohlorientierte Leistungen erbringen, trotz erhöhter Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit „nach wie vor politisch leitbar bleiben“ (dies., S. 134) müssen. Diese politische Leitbarkeit stellt auch für das NPM immer noch ein Problem dar. Oft kommt es zu Spannungen zwischen dem Steuerungsanspruch der Politik einerseits und den Interessen der mit der Politik kooperierenden öffentlichen Einrichtungen andererseits. Finanzknappheit oder ein Regierungswechsel können beispielsweise dazu führen, dass die prinzipielle Selbstständigkeit öffentlicher Einrichtungen schnell wieder eingeschränkt wird. Haushaltssperren, Budgetkürzungen oder wahlkampftaktische Richtungswechsel in der Politik einer Regierungspartei verändern die Rahmenbedingungen für öffentliche Einrichtungen erheblich. Öffentliche Einrichtungen, die der politischen Steuerung und deren Spielregeln unterliegen, können somit nie völlig autonom und selbstorganisiert agieren, sondern bleiben sowohl in ihrer Zielsetzung als auch finanziell immer in irgendeiner Form abhängig von politischen Interessen und Handlungsmustern. 4.2. Vom New Public Management zur Public Governance Offenbar konnte das NPM seinen hohen Anspruch, Politik- und Marktmechanismen miteinander in Einklang zu bringen, bisher nicht einlösen. Am häufigsten ist die Kritik am Übergewicht der ökonomischen Rationalität, welche „die tiefliegenden gesellschaftlichen Verwerfungen und Asymmetrien eher verstärkt als korrigiert und mehr neue Probleme geschaffen als alte gelöst“ hat (Willke 1998, S. 9). Ein weiterer Hauptvorwurf ist, dass der Einsatz von Managementverfahren im öffentlichen Sektor bislang nicht zu den erwarteten besseren Ergebnissen geführt hat. Dies gilt insbesondere für die Steuerungsfähigkeit der Politik, die nach wie vor einen eher konzept- und strategielosen Eindruck hinterlässt (Zechlin 2002a). Im Gegenzug fühlen sich PolitikerInnen durch das NPM in ihrer Entscheidungsfähigkeit eingeschränkt und geschwächt, weil sie aufgrund der erweiterten Selbstständigkeit öffentlicher Einrichtungen nur noch indirekt strategisch, aber nicht mehr direkt operativ agieren können (vgl. Meyer 2000). Auch der Auslagerung öffentlicher Aufgaben in den privatwirtschaftlichen Bereich bzw. der Privatisierung öffentlicher Einrichtungen wird nur mäßiger Erfolg attestiert (vgl. Mayntz 2004, S. 68). Im Ergebnis müssen selbst Protagonisten des NPM zugeben, dass dessen Reformerfolg weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist und deshalb ein Scheitern zu befürchten ist (Schedler 2003, S. 418ff.). Infolgedessen verliert der Glaube an die Selbstheilungskräfte des Marktes und an die Wunderwirkungen von Managementtechniken an Gewicht und es kommt zur „Renaissance des Politischen“ (ders., S. 417). Vor diesem Hintergrund gewinnt ein anderes, weniger auf Steuerung, sondern mehr auf
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Kooperation und Koordination zielendes Konzept gegenüber dem NPM an Boden: Das der „Governance“. Die Wurzeln des Governance-Begriffs liegen in der Ökonomie (Benz 2004, S. 15). Ausgangspunkt ist der Transaktionskosten-Ansatz (Coase 1937), welcher besagt, dass der Unternehmenserfolg nicht nur vom Markt, sondern auch von der Unternehmensorganisation entscheidend beeinflusst wird. Die Unternehmensorganisation, kurz Hierarchie genannt, muss die Transaktionen durchführen, also die Tauschgeschäfte auf dem Markt. Während in traditionellen ökonomischen Ansätzen davon ausgegangen wird, dass die Nutzung des Marktes selbst nichts kostet, hat Coase darauf verwiesen, dass für ein Unternehmen sehr wohl eine Reihe von Transaktionskosten entstehen, und zwar in Form von „Such- und Informationskosten, Verhandlungs- und Entscheidungskosten, Überwachungs- und Durchsetzungskosten“ (Dahlmann zitiert nach Voigt 2002, S. 31). Obwohl der TransaktionskostenAnsatz u.a. wegen seiner einseitigen Betonung der Kostenseite sehr stark kritisiert worden ist (vgl. Schreyögg 1999, S. 74ff.), spielt er dennoch sowohl in der Ökonomie, hier vor allem in der Institutionenökonomie, nach wie vor eine große Rolle. Demnach ist es für den Unternehmenserfolg sehr wichtig, die Transaktionskosten so gering wie möglich zu halten, und zwar im Wesentlichen durch zwei Faktoren: Zum einen durch möglichst reibungslose interne Organisationsabläufe und zweitens durch die Bildung von Unternehmenskooperationen oder interorganisatorischen Netzwerken. Die Koordinationsmechanismen, die notwendig sind, um sowohl intra- wie auch interorganisational ein gezieltes Zusammenwirken zu ermöglichen, werden unter dem Begriff „Governance“ subsumiert. Intraorganisational sind damit vor allem die „Leitungs- und Verwaltungsstrukturen sowie die vertikalen und horizontalen Interaktionsmuster des Unternehmens, die der Verringerung von Transaktionskosten dienen“, gemeint (Benz 2004, S. 15). Interorganisational ist darunter ein spezielles Netzwerkmanagement zu verstehen, das die beteiligten Unternehmen, die rechtlich selbstständig und wirtschaftlich unabhängig bleiben, in den Feldern, in denen sie gemeinsame Interessen verfolgen, zu abgestimmten Handlungen befähigt. Eine der Hauptschwierigkeiten solcher Netzwerke ist ihre polyzentrische Organisationsform, d.h. dass es „mehrere Aktions- und Führungszentren gibt, von denen keines in der Lage ist, das gesamte System wesentlich zu prägen oder gar zu steuern“ (Müller-Stewens/Lechner 2001, S. 223). Unternehmensnetzwerke wie z.B. die strategischen Allianzen in der Luftfahrt (Star-Alliance der Lufthansa) oder bei Auto-Clustern werden als intermediäre Organisationsformen zwischen Markt und Hierarchie charakterisiert. In jüngster Zeit spielt das Thema „Corporate Governance“ im Wirtschaftsbereich eine wachsende Rolle. Im engeren Sinne betrifft Corporate Governance die Regelung des Verhältnisses von Unternehmen zu seinen AktionärInnen sowie sonstigen KapitalgeberInnen: „Meist wird darunter die Kontrolle der Manager durch die Eigentümer verstanden“ (Schneider 2004, S. 184). Im weiteren Sinne regelt die
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Corporate Governance jedoch alle „Rechte und Pflichten von Eigentümern (z.B. Aktionären), Managern, Beschäftigten und schließlich auch von externen Anspruchsgruppen“ (ders., S. 184). Durch verantwortungsvolles und transparentes Handeln soll das gegenseitige Vertrauen zwischen allen Beteiligten wachsen. Auf dieser Basis bilden sich besondere Entscheidungsstrukturen in Unternehmen heraus, welche sich insbesondere durch ein hohes Maß an Partizipation der unterschiedlichen Stakeholder18 am Entscheidungsprozess auszeichnen. Einen besonders hohen Stellenwert besitzen in diesem Zusammenhang Leitlinien (Codes), die definieren, wie das „gute“, d.h. gesellschaftlich nützliche und faire Management aussieht, zu dem sich die UnterzeichnerInnen verpflichten.19 Auch in der internationalen Wirtschaftspolitik hat sich Corporate Governance inzwischen zu einem viel beachteten und viel diskutierten Konzept entwickelt. So hat beispielsweise die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) Grundsätze der Corporate Governance für internationale Wirtschaftssysteme aufgestellt. Ziel ist, das Maß an Vertrauen zu schaffen, welches „für ein reibungsloses Funktionieren der Marktwirtschaft unerlässlich ist. Die Kapitalkosten sind dann entsprechend niedriger und die Unternehmen werden dazu ermutigt, die verfügbaren Ressourcen nicht nur effizienter, sondern auch innovativ einzusetzen, wodurch das Wachstum gestützt wird“ (OECD 2004, S. 11f.). Anders als im Wirtschaftsbereich, wo Kostenminimierung und ökonomischer Erfolg im Mittelpunkt des Governance-Konzeptes stehen, kreist die Governance-Diskussion im Politik- und Verwaltungsbereich um die Rolle und Arbeitsweise des Staates. Dem zugrunde liegt die Erkenntnis, dass „bei der Erfüllung komplexer gesellschaftlicher Aufgaben immer weniger auf die Durchsetzungsmacht des vermeintlich souveränen Staates“ vertraut werden kann, weil „Regierungen und Verwaltungen ihre Aufgaben meistens nicht autonom, sondern nur im Zusammenwirken mit anderen Akteuren, seien es solche aus dem öffentlichen oder dem privaten Sektor, erfüllen können“ (Benz 2004, S. 17). Im Gegensatz zum „Government“, also dem Regierungshandeln, sind unter „Public Governance“ die Kooperationsstrukturen und -methoden zwischen Politik, Verwaltung, NGOs und BürgerInnen zu verstehen. 18
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Stakeholder sind „am Unternehmensgeschehen beteiligte Individuen und Gruppen, die in internen oder externen Beziehungsverhältnissen zur Unternehmung stehen. Interne Stakeholder sind insbesondere Mitarbeiter, das Management und die Eigentümer, während externe Stakeholder vor allem die Kunden, die Kapitalgeber, die Lieferanten und die Konkurrenten sind. Als externe Stakeholder treten zusätzlich beispielsweise noch die Gewerkschaften beziehungsweise die Arbeitgeberorganisationen auf“ (Hentze et al. 2001, S. 35). In Deutschland haben sich die börsennotierten Unternehmen einen gemeinsamen Corporate Governance Kodex gegeben, der nach eigenen Angaben wesentliche gesetzliche Vorschriften zur Leitung und Überwachung deutscher börsennotierter Gesellschaften sowie international und nationale Standards guter und verantwortungsvoller Unternehmensführung enthält (http://www.corporate-governance-code.de/ger/kodex/1.html).
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Public Governance wurde zunächst „als Gegenbegriff zu hierarchischer Steuerung nach dem Befehlsmodell“ (Mayntz 2004, S. 66) benutzt. Ähnlich wie im Wirtschaftsbereich stand die Schaffung von Vertrauen im Vordergrund, denn auch in politischen Prozessen gilt: „Ein höheres Maß von Vertrauen würde allen Beteiligten die Ressourcen einsparen helfen, die sie ohne dieses Vertrauen für die Vorbereitung auf ‚böse Überraschungen’ in Reserve halten müßten“ (Offe 2001, S. 243). Insbesondere die OECD hat sich in den zurückliegenden Jahren intensiv mit der Frage auseinander gesetzt, was unter einer „Good Public Governance“ zu verstehen ist. Danach handelt es sich nicht nur um verantwortungsbewusste Staatsführung und verwaltung, sondern es geht vor allem darum, partizipativere Entscheidungsverfahren und dezentralere Machtstrukturen mit dem Ziel zu etablieren, die Demokratie durch eine direktere Mitwirkung und Einflussnahme von Gruppen aus den staatlichen und dem nicht-staatlichen Bereich zu stärken (vgl. OECD 2001, S. 259). Die dem zugrunde liegende Staatsauffassung ist der „aktivierende Staat“. Dieser bindet die gesellschaftlichen AkteurInnen in die Problembewältigung mit ein, motiviert und aktiviert sie, um sie „nicht länger von oben herab, top down, zu steuern oder zu versorgen“ (Jann/Wegrich 2004, S. 201). Im Gegensatz zum NPM ist Good Public Governance nicht primär ein Managementansatz, sondern fokussiert auf zivilgesellschaftliches Engagement: „Wenn öffentliche Parks und Spielplätze verwahrlosen, fragt das Management-Leitbild nach Möglichkeiten der Effizienzsteigerung der zuständigen Verwaltung, ggf. auch nach Möglichkeiten der Privatisierung und des Outsourcing der Grünflächenpflege. Das Governance-Leitbild problematisiert, inwieweit die stakeholder dieser öffentlichen Plätze – Bürgerinnen und Bürger, Vereine, Nachbarschaften – in die Erhaltung öffentlicher Plätze involviert werden können“ (dies.). Doch diese Auffassung von Good Public Governance ist durchaus umstritten. So weist insbesondere die politik- und sozialwissenschaftliche Forschung darauf hin, dass es nicht reicht, die soziale, politische und administrative Kohäsion zu stärken, ohne besondere Steuerungsleistungen und Regelungen vorzunehmen, um nicht in die „Politikverflechtungsfalle“20 zu laufen oder am politischen Machtstreben einzelner gesellschaftlicher Akteure, insbesondere mächtiger Gruppen und Organisationen, zu scheitern: „Anders als der emphatisch auf die Beteiligung zivilgesellschaftlicher Akteure abstellende Begriff von good oder auch modern governance bezieht ‚Governance im modernen Staat’ aber auch rein staatliche, also hierarchische Regelungsformen ein“ (Mayntz 2004, S. 67). Infolgedessen erhält hier die ManagementPerspektive wieder stärkeres Gewicht. Im Strudel der Partikularinteressen muss es 20
Die Politikverflechtungsfalle entsteht nach Fritz Scharpf (1985), wenn es durch die Einbeziehung vieler unterschiedlicher AkteurInnen in politische Entscheidungen zu einem Verantwortungsvakuum kommt. In diesem Fall sind alle Ebenen so miteinander verflochten, dass keine mehr eigenverantwortlich politisch handeln und demnach auch keine klare Verantwortung übernehmen kann.
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eine Instanz geben, die „wenigstens dem Anspruch nach Verantwortung für das Ganze, eine Art Systemverantwortung trägt“ (dies., S. 72). Und diese liege nach wie vor beim Staat: „Interdependenzmanagement bedeutet zwar, dem organisationstheoretischen Satz ‚to manage is not to control’ entsprechend, keine direkte, imperative Verhaltenssteuerung, verlangt aber trotzdem Eingriffe in die Machtbeziehungen zwischen gesellschaftlichen Gruppen und schließt auch eine autoritative Prioritätensetzung bei konkurrierenden Forderungen ein“ (dies.). Das Staatsverständnis in diesem von der Policyforschung geprägten Public Governance-Ansatz ist das eines „kooperativen Staates“. Dieser weist zwar etliche Parallelen zum „aktivierenden Staat“ auf, betont jedoch statt des bürgerschaftlichen Engagements die Aspekte der politischen Koordination und Steuerung stärker. Der kooperative Staat ist zu verstehen als eine „Vielzahl von netzwerkartigen Strukturen, die aus staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren gebildet sind und die häufig unter dem Begriff der Politiknetzwerke zusammengefasst werden“ (dies., S. 69). Das Problem solcher Netzwerke ist ihr hohes Maß an Verflechtungen und Komplexität, welche bei der Gestaltung politischer und gesellschaftlicher Prozesse die geschickte Kombination unterschiedlicher Maßnahmen auf unterschiedlichen Ebenen erfordert. Um diese Vielschichtigkeit handhaben zu können, sind anspruchsvolle Steuerungsleistungen notwendig. Diese zeichnen sich vor allem dadurch aus, „dass Verhandlungen zwischen Repräsentanten unterschiedlicher Organisationen – Behörden, Verbänden, Parteien usw. – stattfinden. Entscheidungen werden nicht oktroyiert, sondern in direkter Interaktion der Beteiligten vereinbart“ (dies., S. 71). Dem Staat fällt dabei die Verantwortung zu, dafür zu sorgen, dass solche Prozesse in geeigneter Form stattfinden und zu guten Ergebnissen führen. Damit verliert er allerdings seine „angestammte Rolle einer hierarchischen Spitze der Gesellschaft“ (Willke 1998, S. 112). Er wird vom Machthaber zum „Primus inter pares“ innerhalb eines Verhandlungssystems. Politische Verhandlungssysteme bestehen aus einer begrenzten Zahl „korporativer Akteure“ (Coleman 1986), d.h. eigenständiger Organisationen, die sich weitgehend selbst steuern. Die Entscheidung, sich als eigenständige Organisation einem Verhandlungssystem anzuschließen und sich durch die Akzeptanz der dort herrschenden Regeln einer Selbstbeschränkung zu unterwerfen, erfolgt nicht immer freiwillig. Im staatlichen Bereich, insbesondere dort, wo Organisationen direkt von einer staatlichen Finanzierung abhängig sind oder einen parlamentarischen Auftrag erfüllen müssen, haben wir es eher mit „Zwangsverhandlungssystemen“ zu tun (Mayntz 2004, S. 73). In diesem Fall können die Mitgliedsorganisationen das Verhandlungssystem nicht einfach verlassen, ohne ihre Existenzgrundlage zu verlieren. Insofern sind sie gezwungen, miteinander zu verhandeln. Das macht die Sache schwierig, weil die Funktionstüchtigkeit von Verhandlungssystemen „Vertrauen, Selbstbindung, Rücksichtnahmen und eine zumindest mittelfristige Perspektive voraussetzt – und genau das ist in der Praxis der Politik (und nicht nur dort) der Ausnahmefall“ (Willke 1998, S. 114).
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Wie aber ist dann überhaupt Public Governance im Sinne eines Interdependenzmanagements möglich? Ohne ein Umdenken aller Beteiligten – soviel steht fest – geht es nicht. Traditionelle Steuerungsvorstellungen, die auf direkte Verhaltensbeeinflussung abzielen, müssen revidiert werden. So könnte z.B. die Kontextsteuerung eine Alternative sein. Damit ist die „Kombination von Selbstorganisation der autonomen Akteure oder Teilbereiche auf der einen Seite und Aufgaben-Orientierung – ‚mission’ – des Ganzen, d.h. der Gesamtheit des Netzwerks auf der anderen Seite“ gemeint (Willke 1998, S. 122). Die Systemtheorie21 geht davon aus, dass soziale Systeme eigenwillig und eigendynamisch und deshalb nicht durch direkte Eingriffe veränderbar sind. Allerdings sind soziale Systeme sehr wohl beeinflussbar, und zwar über ihre Umwelt, also den für ihre Existenz relevanten Kontext. Kontextsteuerung bedeutet demnach, die für das System relevanten Teile der Umwelt so zu gestalten, dass es sich veranlasst sieht, sich selbst zu verändern. Auf das Public GovernanceThema bezogen heißt das, dass die Politik sich bewusst sein muss, dass sie nur einen Teil der relevanten Umwelten ihrer Netzwerkmitglieder darstellt und dass sie nur über die Gestaltung dieses Ausschnitts Einfluss auf die jeweiligen Organisationen nehmen kann. Natürlich kann ein Staat einen Rahmen vorgeben, z.B. in Form von Gesetzen, Budgets oder Zielen, um über diesen dann die mit ihm kooperierenden öffentlichen Einrichtungen zu steuern. Trotzdem ist es möglich, dass die betroffenen Organisationen nicht die gewünschten Leistungen bringen, und zwar dann, wenn sie von negativen Umweltfaktoren beeinflusst werden, die außerhalb des Einzugsbereichs des Staates liegen. Der Kontext einer öffentlichen Einrichtung umfasst eben mehr Bereiche als nur den der Politik, und das muss entsprechend berücksichtigt werden. Weiterhin genügt es nicht, von politischer Seite einen Rahmen nach Gutdünken zu erlassen. Es muss überprüft werden, ob der Rahmen geeignet ist, die betroffenen Organisationen dazu anzuregen, durch Selbstorganisation eigenständige Problemlösungen und Wege zur Zielerreichung zu finden. Kontextsteuerung funktioniert also nur, wenn der, der steuert, das andere System zuvor genau analysiert und ein angemessenes Verständnis für dessen individuelle Eigenschaften entwickelt hat. Kontextsteuerung ist eine höchst anspruchsvolle Koordinationsform, die ein komplexes Denken und Handeln sowie ein ausgeprägtes Verständnis für die Eigenwilligkeit und Eigendynamik von Systemen verlangt. Dieses ist bei Regierungen nicht unbedingt vorauszusetzen, zumal es angesichts des hohen Handlungsdrucks, der den politischen Alltag beherrscht, als grenzenlose Überforderung empfunden wird, nicht nur die eigenen Interessen, sondern auch noch die der übrigen MitspielerInnen im Blick zu haben. Darüber hinaus kollidiert die Form der indirekten Intervention in gewisser Weise mit der politischen Machtlogik. Diese impliziert, dass Ergebnisse politischen Gestaltungshandelns möglichst klar auf einen Verursacher, also eine Partei, zurückzuführen sein müssen, damit dieser Erfolge vorweisen und da21
Ausführlicher dazu siehe Kapitel IV.2.2.3.
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durch seine Machtbasis stärken kann. Diffuse, auf indirektem Wege zustande gekommene Erfolge, die womöglich erst langfristig erkennbar sind, nützen in dieser Logik nicht viel. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass im staatlichen Bereich die Hierarchie als Steuerungsform nach wie vor eine große Rolle spielt. Die Hierarchie, verstanden als „System abgestufter Zuständigkeit“ (Schreyögg 1999, S. 156) mit klarer Rangfolge und top-down-Durchgriffsrechten, hat sich in demokratischen Politiksystemen als Steuerungsmodus fest etabliert. Demokratie und Hierarchie sind offenbar Gegensätze, die sich im Alltag ohne Probleme miteinander verbinden lassen. Der Charme der Hierarchie liegt bei aller Kritik22 in der Einfachheit, mit der sie kooperative Aufgaben effizient und effektiv bewältigt. Folgt man politik- und sozialwissenschaftlich orientierten Public Governance-Ansätzen, stellt die direkte und hierarchische staatliche Intervention auch in Verhandlungssystemen ein durchaus probates Mittel dar. Beispielweise wird bei Verteilungs, Interessens- oder Entscheidungskonflikten eine Instanz benötigt, die durch gezieltes Eingreifen Blockaden auflösen kann. Insofern sind Politiknetzwerke keine „Interaktion zwischen gleichen Partnern“ (Mayntz/Scharpf 1995, S. 27). Der Staat besitzt Sanktionsmöglichkeiten wie Rechtssetzung und Rechtsdurchsetzung, die andere Netzwerkmitglieder nicht haben: „Grundsätzlich sind die staatlichen Akteure also in der Lage, die sektorale Leistungsstruktur durch einseitig-hierarchische Intervention zu beeinflussen“ (dies., S. 28). Das betrifft sowohl den staatlichen wie den nicht-staatlichen Bereich. So ist beispielsweise auch die Wirtschaft eines Landes an das dort geltende Wirtschaftsrecht gebunden. Auch wenn ein Staat im Rahmen von Public Governance Ergebnisse vorwiegend durch Verhandlungen herbeiführen will, finden diese „Verhandlungen im Schatten der Hierarchie“ (Scharpf 1993) und die Selbstorganisation „nur im Schatten des Gesetzes“ (Mayntz/Scharpf 1995, S. 29) statt. Hierarchische Eingriffsmöglichkeiten des Staates können auch eine Wirkung entfalten, wenn sie nur als „Drohpotential“ verwendet werden. In diesem Fall kommt es zu einer Selbstdisziplinierung bei den Netzwerkmitgliedern, ohne dass tatsächlich Eingriffe erfolgen. Die Existenz hierarchischer Steuerungsformen zu akzeptieren heißt nicht, diese ohne Skepsis zu betrachten. Dennoch wird ihre Funktionalität grundsätzlich anerkannt.
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So stellt beispielsweise Helmut Willke (1998, S. 64) fest, dass „ausnahmslos alle Teilbereiche moderner Gesellschaften durchsetzt (sind) vom Steuerungsmodell der Hierarchie – und wir scheuen uns dennoch nicht, von demokratischen Gesellschaften zu reden.“ Und weiter: „Selbst für eingefleischte Demokraten hört der Spaß an Demokratie an der Grenze zum ‚Staat’ und seinen Organisationen auf. Es scheint unvorstellbar, daß Ministerien, Bürokratien, Ämter, Polizei oder Armee demokratisch organisiert sein können. Warum eigentlich?“
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Zusammenfassend kann Public Governance bei aller Unterschiedlichkeit der Konzepte und Definitionen als ein Ansatz charakterisiert werden, der nicht einen einzigen Steuerungsmodus präferiert, sondern die Kombination verschiedener Modi: „Die wesentliche Neuerung der Governance-Perspektive besteht daher gerade darin, dass der Blick auf die Wechselwirkung unterschiedlicher Steuerungsformen gerichtet ist – und keine Beschränkung auf einen Modus wie Hierarchie im traditionellen Staatsverständnis oder Markt im Rahmen des NPM erfolgt“ (Jann/Wegrich 2004, S. 205). Insofern lässt sich auch das NPM in den Public Governance-Ansatz integrieren. Andererseits geht Public Governance im Unterschied zum NPM nicht davon aus, „dass der ‚Markt’ – oder entsprechende Surrogate wie simulierte Wettbewerbe oder ergebnisorientierte Steuerungssysteme – die einzige Alternative zu hierarchischer Steuerung darstellt“ (dies., S. 204). Stattdessen soll es u.a. zu problemorientierten Kooperationen zwischen Organisationen kommen. Dahinter steht die zentrale Kritik am NPM als „einer auf die internen administrativen Strukturen und Verfahren der Verwaltung konzentrierten Reformstrategie. NPM zielt auf die Schaffung effizienter Organisationen, die durch klare Zielvorgaben gesteuert und deren Leistungen eindeutig gemessen werden“ können. Das NPM werde mit dieser engen betriebswirtschaftlichen Fokussierung der wirklichen Komplexität nicht gerecht: „Die öffentliche Verwaltung ist […] zunehmend in interorganisatorische Netzwerke der Leistungserstellung und Problemlösung eingebunden“ (dies., S. 203f.). Angesichts dieser massiven Einwände sehen inzwischen auch frühere Verfechter des NPM die Zukunft dieses Ansatzes eher in einer „smarten Mischung aus Management und Governance“ (Schedler 2003, S. 418). Zwar habe das NPM eine Reihe von Erfolgen vorzuweisen wie zum Beispiel ein erhöhtes Kostenbewusstsein der MitarbeiterInnen im öffentlichen Dienst sowie eine deutlich erhöhte Leistungsund Kundenorientierung der Verwaltung (ders., S. 419). Dennoch sei unübersehbar, dass sich auf der politischen Ebene das Verhalten kaum verändert habe. Hier könnten Governance-Ansätze zu besseren Ergebnissen führen. 4.3. Fazit: Grundprinzipien staatlicher Hochschulsteuerung Bei der staatlichen Hochschulsteuerung ist die „smarte Mischung aus Management und Governance“ keine Zukunftsmusik mehr, sondern bereits Realität. Einerseits sind die staatlichen Universitäten in Deutschland genauso wie in allen anderen europäischen Staaten in die Modernisierung des politisch-administrativen Sektors eingebunden, dessen Hauptgrundlage das NPM ist. So erfolgt die Mittelzuweisung vom Staat an die Hochschulen mittlerweile in allen Bundesländern leistungsorientiert in Form von Globalhaushalten, flankiert von Ziel- und Leistungsvereinbarungen zur kooperativen Planung von Veränderungsprojekten. Darüber hinaus spielen aber auch Governance-Mechanismen im Universitätssektor eine zunehmende Rolle. Das Verhältnis Staat-Hochschulen hat sich seit Mitte der 90er Jahre zu einem
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(Zwangs-)Verhandlungssystem gewandelt, bei dem sich zwei – noch – ungleiche Partner gegenüberstehen, die versuchen, ihre Interessen und Ziele so zu koordinieren, dass gesellschaftlich sinnvolle Ergebnisse entstehen. Insofern lässt sich bei der staatlichen Hochschulsteuerung zwar eine Entwicklung zu komplexeren Gestaltungsstrategien im Sinne von Governance feststellen, dennoch spielt das NPM in der Hochschulreform weiterhin die dominante Rolle (vgl. Schimank 2004b). Insgesamt wird in der Hochschulreformdebatte zwischen NPM und Governance-Ansätzen wenig unterschieden. In jüngster Zeit lässt sich ein Trend beobachten, Governance von Hochschulen als Obergriff für Hochschulsteuerung im Allgemeinen zu benutzen. Dabei wird Governance häufig mit Government gleichgesetzt, obwohl die Definition des Terminus eigentlich weit darüber hinausgeht und alle Koordinations- und Entscheidungsmechanismen umfasst, die Universitäten extern wie intern beeinflussen. Aufgrund der geringen Trennschärfe der Begriffsverwendungen wird in dieser Arbeit deshalb im Weiteren nicht von Hochschul-Governance gesprochen, wenn das Verhältnis Staat-Hochschulen gemeint ist, sondern der alte Oberbegriff „staatlicher Hochschulsteuerung“ beibehalten. Der faktische Einfluss des NPM auf die Neuordnung des Verhältnisses StaatHochschulen ist zwar immens, dennoch werden oft nur indirekte Verbindungen zwischen Hochschul- und Verwaltungsmodernisierung hergestellt. Das gilt zumindest für Deutschland und Österreich: „Bemerkenswert ist, daß in der […] Diskussion über die Organisation und/oder Reform der Universitäten bisher jeder direkte Bezug zu internationalen Erfahrungen mit dem Konzept ‚New Public Management’ fehlt“ (Titscher et al. 2000, S. 34). Anders dagegen in Staaten wie den Niederlanden (vgl. Braun/Merrien 1999) oder der Schweiz (vgl. Kopp 1998), wo das NPM in Form eigenständiger Managementansätze für Universitäten adaptiert wurde. Da es in Deutschland kein speziell angepasstes „New Public Management of Science“ (Prisching 2002) gibt, werden die Grundsätze des NPM auf den Hochschulsektor relativ ungefiltert übertragen, und zwar in folgender Weise: – Die Rollen von Staat und Hochschulen werden neu verteilt. Der Staat soll strategisch steuern, indem er sich auf Rahmensetzungen und die Vorgabe von Globalzielen beschränkt, während die Hochschulen operativ autonomer werden, d.h. es ist ihnen überlassen, wie sie die politischen Vorgaben erreichen; wichtig ist nur, dass sie die vereinbarten Ergebnisse erreichen. Der Staat fungiert nunmehr als Auftraggeber, welcher bei den Hochschulen die Erstellung bestimmter Leistungen bestellt. Die Hochschulen in ihrer Rolle als Auftragnehmer konkurrieren um die Aufträge mit anderen Anbietern. – Konsequenz der neuen Rollenverteilung ist ein Wechsel von der Input- zur Outputsteuerung. Hochschulen werden nicht mehr im Vorhinein alimentiert, sondern nach Qualität und Quantität der erzielten Ergebnisse bezahlt. Infolgedessen müssen Indikatoren entwickelt werden, die es dem Auftraggeber ermög-
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lichen zu überprüfen, ob die Hochschulen die vereinbarte Quantität und Qualität tatsächlich geliefert haben. Erst dann erfolgt die Bezahlung. – Dieser Rollen- und Paradigmenwechsel in der staatlichen Hochschulsteuerung hat Rückwirkungen auf die Organisation der Hochschulen. Zum einen sollen sich Hochschulen von ihrer Versorgungsmentalität lösen und selbstständiger werden. Durch eine Ausweitung der Organisations-, Personal-, und Finanzautonomie sollen sie stärker selbst entscheiden können, wie sie mit ihren Ressourcen umgehen und wofür sie diese einsetzen. Die Hoffnung ist, dass sich dadurch die Effizienz und Effektivität der Entscheidungen verbessert sowie Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit erhöhen. Dazu sind flexiblere und privatwirtschaftlich orientierte Managementtechniken und Organisationsstrukturen nötig, welche die Hochschulen jedoch erst entwickeln müssen. Dazu gehören z.B. das Führen mit Zielvereinbarungen oder die Qualitätssicherung durch Lehr-, Forschungs,- und Dienstleistungsevaluation, um die Leistungsfähigkeit nach außen transparent dokumentieren und durch das Aufspüren von Mängeln von innen heraus die Leistungen kontinuierlich verbessern zu können. Ein zentraler Punkt in diesem Zusammenhang ist die Stärkung und Professionalisierung der Leitungsebenen, hier vor allem die Präsidien/Rektorate und Dekanate. Vor dem Hintergrund, dass Hochschulen sich eigenverantwortlicher selbst steuern und unternehmerischer handeln sollen, werden die Leitungskräfte mit größeren Entscheidungsbefugnissen und Durchsetzungsmöglichkeiten ausgestattet. – Die „Autonomisierung“ (Zechlin 2003) der Hochschulen spiegelt sich nicht nur in veränderten Binnenverhältnissen, sondern auch in einer Lockerung der rechtlichen Bindung an den Staat wider. Der Trend, Hochschulen aus der Staatsverwaltung auszugliedern und rechtlich zu verselbstständigen, verläuft je nach Bundesland mit unterschiedlicher Intensität. Dabei steht eine Reihe möglicher Rechtsformen zur Debatte, unter denen vor allem die Stiftung öffentlichen Rechts für reichlich Kontroversen gesorgt hat (vgl. z.B. Bull/Mehde 2000, S. 653 und Titscher et al. 2000, S. 182ff.). So haben beispielsweise die Hochschulen in Niedersachsen seit der Novelle des Landeshochschulgesetzes im Jahr 2002 die Möglichkeit, sich in eine Stiftung umzuwandeln. In diesem Fall fungiert nicht mehr der Staat, sondern eine Stiftung als Träger der Hochschule. Dementsprechend arbeitet die Hochschule nunmehr unter Aufsicht des Stiftungsrates, und zwar als Körperschaft des öffentlichen Rechts mit weitgehender Finanz-, Organisations- und Personalautonomie. Hauptfinanzier bleibt jedoch der Staat. Bis zum Sommer 2004 gab es in Niedersachsen fünf Stiftungshochschulen: Die Universitäten Hildesheim, Göttingen und Lüneburg, die Fachhochschule Osnabrück und die Tierärztliche Hochschule Hannover.
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Die Neuausrichtung der staatlichen Hochschulsteuerung auf ein „ManagerialismusKonzept“ (de Boer/Huisman 1999, S. 111) ist allerdings nicht nur durch das NPM beeinflusst, sondern auch durch die Orientierung an dem US-amerikanischen Hochschulsystem. Die US-amerikanischen Hochschulen gelten in Europa als überlegen, sowohl was ihre Forschungs- als auch ihre Lehrleistungen anbelangt. In internationalen Leistungsvergleichen belegen sie regelmäßig Spitzenplätze, weshalb sie dem „world scientific leadership“ (Frackmann 2005, S. 1) zugerechnet werden. Die im Rahmen des Bologna-Prozesses propagierte Bachelor-Master-Studienstruktur ist dem nordamerikanischen System ebenso entlehnt wie die Forcierung des Wettbewerbs um Studierende und Forschungsmittel und die dadurch notwendige Image- und Profilbildung (vgl. Kapitel III.2.1.). US-amerikanische Universitäten werden schon lange „gemanagt“, d.h. von professionellen Führungskräften an strategischen Zielen ausgerichtet und sorgen durch den Aufbau eines Stiftungsvermögens, Einwerbung von Sponsorengeldern oder Einnahmen aus Studiengebühren für eine umfangreiche Eigenfinanzierung. Leistungstransparenz durch Rankings oder externe Qualitätsprüfungen und Qualitätsvergleiche (Audits und Akkreditierungen), wie sie erst seit wenigen Jahren in Europa üblich sind, gehören dort ebenfalls zum Standardrepertoire. Insgesamt agieren nordamerikanische Universitäten sehr viel mehr wie selbstständige Unternehmen als europäische Universitäten dies tun. Dabei hängt das unternehmerische Handeln nordamerikanischer Universitäten nicht davon ab, ob sie staatliche oder – was oft vorkommt – private Einrichtungen sind. Zwar gibt es einen deutlichen Unterschied zwischen staatlichen und privaten US-Hochschulen, was die Höhe der öffentlichen Finanzierung anbelangt, jedoch sind die Entscheidungsstrukturen weitgehend identisch. Wie in einem Wirtschaftsunternehmen steht eine professionelle Führung an der Spitze einer nordamerikanischen Universität. Diese besteht aus einer Art Aufsichtsrat, dem „Board of Trustees“, dem wiederum das Management der Universität, d.h. der „President“ oder „Chancellor“ mit seinen Vizes, unterstellt ist. Die Universitäten gliedern sich in relativ eigenständig agierende Subeinheiten, Schools oder Colleges, welche wiederum aus Departments bestehen. Geleitet werden die Schools/Colleges von Deans (DekanInnen) und die Departments von ProfessorInnen als Chairman oder Head of Department. Mit seinem unternehmerischen Duktus sowie seiner starken Wettbewerbs- und Managementorientierung entspricht das nordamerikanische Hochschulsystem weitgehend der Philosophie des NPM. Beide Steuerungsmodelle sind ausgesprochen kompatibel (Kopp 1998, S. 39) und auch das Ergebnis ist identisch: Das traditionelle universitäre Selbstverwaltungsmodell wird durch ein Managementmodell abgelöst. Dazu ist an den meisten europäischen Hochschulen ein organisationsinterner Veränderungsprozess notwendig, welcher von der externen hochschulpolitischen Steuerung vorangetrieben wird. Dabei geraten die Universitäten nach Schimank (2002a, S. 4ff.) in ein Spannungsfeld folgender interner und externer Koordinationsmechanismen:
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Abb. 3 Mit der staatlichen Regulierung sind vor allem Gesetze, Erlasse, Verordnungen, aber auch die Budgetregeln gemeint. Wie zu Anfang dieses Kapitels geschildert, besteht eines der Hauptziele der laufenden Hochschulreform darin, das Verhältnis Staat-Hochschulen zu dezentralisieren und zu deregulieren. Durch seinen Rückzug auf die strategische Steuerung und die Übernahme der Auftraggeberrolle soll der Staat den Hochschulen mehr Freiräume im Bereich der Finanz-, Personal- und Organisationsfragen lassen. Infolgedessen soll die Regelungsdichte geringer werden. Ob dies tatsächlich so ist, bleibt allerdings zweifelhaft. Darauf weisen auch die Fallstudien im Kapitel V. dieser Arbeit hin. Die Erhöhung der Außensteuerung ist ein zentrales Moment in der veränderten staatlichen Hochschulsteuerung. Dazu zählt vor allem der vermehrte Einsatz externer Begutachtungen wie z.B. die Akkreditierung von Studiengängen, die Qualitätssicherung durch Peer-Evaluationsverfahren (siehe Kapitel IV.3.2.2.1.), Systemevaluationen durch Expertenkommissionen (siehe Kapitel V.1.) oder die Implementierung von extern besetzten Hochschulräten in das interne Leitungs- und Entscheidungssystem von Hochschulen (siehe Kapitel IV.3.3.). Die Außensteuerung ist eng verknüpft mit der Aufgabe auf Seiten der Hochschulen, Profile zu bilden (vgl. Kapitel III.2.3.). In eine ähnliche Richtung wirkt auch der Konkurrenzdruck durch Wettbewerb. Neben der inhaltlichen Schwerpunktsetzung muss es auch zu einer Ressourcenallokation kommen. Die Verteilung der Mittel geschieht sowohl zwischen Staat und Hochschulen als auch hochschulintern zunehmend mehr nach Leistungsindikatoren. Auch die Bezahlung der Hochschulmitglieder enthält mitt-
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lerweile variable Bestandteile, die u.a. leistungsorientiert vergeben werden (siehe Kapitel IV. 3.2.3.). Die Staatliche (De-)Regulierung und Dezentralisierung verbunden mit erhöhter Außensteuerung und einem gesteigerten Konkurrenzdruck verschiebt das Verhältnis der beiden zentralen Koordinations- und Entscheidungsverfahren innerhalb von Universitäten: Akademischer Selbstorganisation und hierarchischer Selbststeuerung. Das Prinzip der akademischen Selbstorganisation findet seinen Ausdruck in dem lange Zeit vorherrschenden Selbstverwaltungsmodell. Dieses „akzentuiert formelle Mehrheitsentscheidungen in Gremien (Fachbereichsrat, Senat u.ä.). Entscheidungsbetroffene sollen möglichst stark an den Entscheidungen beteiligt werden. Leitungsfiguren wie Dekane und Rektoren sind primär ausführende Organe dieser Gremien“ (Schimank 2002a, S. 5). Demgegenüber stärkt das Managementmodell die Leitungsfiguren und schraubt die Befugnisse der Gremien zurück. Da beide Mechanismen sich konträr gegenüberstehen, geraten sie bei der praktischen Umsetzung oft in erhebliche Konflikte. So entstehen bei der in der laufenden Hochschulreform üblichen einseitigen Stärkung der hierarchischen Selbststeuerung in der Regel schwer zu überwindende Widerstände. Hauptgrund ist, dass das stark am NPM ausgerichtete Managementmodell „kein speziell für die Universitäten entwickeltes Regulierungsmodell, sondern ein in der Betriebswirtschaftslehre entstandenes, umfassendes politisches Steuerungsmodell“ (Braun 2001, S. 253) ist und sich aufgrund seiner wissenschaftsfremden Logik nur schwer implementieren lässt. Dennoch ist das Managementmodell auf dem Vormarsch, und diese Entwicklung scheint – jedenfalls derzeit – unumkehrbar zu sein. Insofern wird eine Universität in Zukunft nicht nur unternehmerischer, d.h. innovativer und wettbewerbsorientierter, sondern auch unternehmensförmiger sein. Allerdings ist klar, dass eine Hochschule bei aller Unternehmensförmigkeit niemals wie eine profitorientierte Firma funktionieren, sondern ein schwer einzuordnender Hybrid bleiben wird: „[S]ie ist eine Einrichtung, die der Wissenschaftlichkeit verpflichtet ist und wissenschaftliche Exzellenz als Richtschnur für die Bewältigung ihrer Aufgaben anerkennt. Dabei wird aber auch Wirtschaftlichkeit kein Fremdwort für sie sein – freilich ohne sich erwerbswirtschaftlichen Interessen unterzuordnen oder dem Prinzip der Gewinnmaximierung zu verschreiben“ (Müller-Böling 2000, S. 31). Durch diese Zwitterstellung geraten Universitäten in das „Überlebensparadox“ (Seibel 1992, S. 15), in dem alle öffentlichen Einrichtungen stehen, die zwar einen gesellschaftlichen Auftrag erfüllen, sich dabei aber genauso effizient und effektiv verhalten sollen wie Wirtschaftsunternehmen: Sie drohen sich im unentwegten Spagat zwischen konfligierenden Logiken zu zerreiben. Um das zu verhindern, ist es vor allem notwendig, Organisationsstrukturen und Managementtechniken für Universitäten zu finden, die ihnen einerseits helfen, sich im Interessengegensatz von politischer Fremdorganisation und autonomer Selbstorganisation produktiv zu bewegen und andererseits aber auch das interne Kon-
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fliktfeld zwischen hierarchischer Selbststeuerung und akademischer Selbstorganisation so zu bearbeiten, dass gemeinsam getragene Lösungen entstehen. Ob und wie das gelingen kann, damit beschäftigen sich die nun folgenden Kapitel IV. und V.
IV. MANAGEMENT UND ENTWICKLUNG VON UNIVERSITÄTEN ALS PARTIZIPATIVER PROZESS 1. Auf dem Weg zur unternehmerischen Universität 1.1. Zwischen akademischer Selbstorganisation und hierarchischer Selbststeuerung Das Credo der laufenden Hochschulreform lautet: Nur wenn sich Universitäten zu „korporativen AkteurInnen“ (Coleman 1986) wandeln, d.h. zu Organisationen, die zu gemeinsamen Entscheidungen und Handlungen in der Lage sind, können sie sich in eine Gesellschaft „reintegrieren“ (Pellert 1999, S. 40), welche seit geraumer Zeit erheblich an der Leistungsfähigkeit der Hochschulen zweifelt. Die dafür notwendigen Organisationsentwicklungsprozesse entstehen, wie im Kapitel III. geschildert, in einem gesellschaftlichen Kräftefeld, welches sich zwischen Markt, Zivilgesellschaft und Staat bewegt. Dabei ist allerdings deutlich geworden, dass der dritte Pol nach wie vor die größte Relevanz für die Veränderungsprozesse in Hochschulen besitzt. Von allen Umweltbereichen besitzt die politische Steuerung mit Abstand den größten Einfluss auf das System. Universitäten und Wissenschaftsministerien beobachten sich gegenseitig, ohne einander wirklich zu durchschauen, geschweige denn zu verstehen und entwickeln sich mehr gegeneinander als miteinander. Zwar werden die Reformen immer noch sehr viel stärker durch externe politische Vorgaben, z.B. in Form von Hochschulgesetzen, als durch die Eigeninitiative von Hochschulen ausgelöst, dennoch haben immer mehr Universitäten erkannt, dass sie nicht nur passiv reagieren, sondern aktiv agieren müssen, wollen sie nicht zum Spielball einer über ihre Köpfe hinweg geführten Reformdiskussion werden. Hauptmotiv für universitätsinterne Veränderungsprozesse ist in der Regel, die Handlungsautonomie insbesondere gegenüber dem Staat als Hauptgeldgeber zu erweitern. Universitäten wollen unabhängiger von politischen Eingriffen werden und sich in Aushandlungsprozessen mit dem Staat besser durchsetzen können. Vor diesem Hintergrund haben Universitäten ein großes Interesse daran, ihre Selbststeuerungsfähigkeit zu erhöhen, wobei es allerdings intern noch nicht akzeptiert ist, dass dies nur um den Preis einer gleichzeitigen Hierarchisierung zu haben ist. Die Stärkung der Leitungsfunktionen wird als Entdemokratisierung und als unbotmäßige Einschränkung der Selbstorganisationsmöglichkeiten des wissenschaftlichen Personals gewertet.
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Der Mainstream sieht es als erwiesen an, dass das Prinzip der akademischen Selbstorganisation eine wesentliche Wurzel für die organisatorische Schwäche von Universitäten darstellt und wesentlich dazu beigetragen hat, dass sie unter einer „Demand-Response Imbalance“ (Clark 1998, S. 129) leidet. Wie im vorhergehenden Kapitel deutlich wurde, stehen Universitäten zwar im Kreuzfeuer z.T. konfligierender Veränderungsanforderungen und Reformmodelle, können darauf aber meist nicht selbstbewusst reagieren, geschweige denn ihre eigene Entwicklung zielgerichtet gestalten. Sie wirken eher wie Getriebene: „Demands on university outrun their capacity to respond“ (ders.). Als Ausweg aus diesem Dilemma hat europaweit das Modell der „Entrepreneurial University“ große Beachtung gefunden, welches auf den amerikanischen Hochschulforscher Burton R. Clark zurückgeht. In seiner viel zitierten Studie „Creating Entrepreneurial Universities“ (1998) analysiert Clark mehrjährige Transformationsprozesse von fünf Universitäten in England, Schottland, Finnland und Schweden. Alle diese Einrichtungen drohten im externen Anforderungsdruck, einem „overload of demand“, unterzugehen. Dennoch meisterten sie den Wandel, indem sie „more enterprising, even aggressively entrepreneurial“ wurden (Clark 1998, S. xiv). Daraus zieht Clark den Schluss, dass die unternehmerische Universität das Organisationsmodell der Zukunft ist: „They search for special organizational identities; they risk being different; they take chances in ‚the market’“ (ders.). Doch anders als das im Kapitel III.4.3. dargestellte Public-Management-Verständnis, welches vor allem den Wettbewerb auf einem vom Staat gesteuerten Quasi-Markt in den Mittelpunkt stellt, sieht Clark die Universitäten als Akteure, die unabhängig bleiben, obwohl sie ihre Tätigkeiten konsequent an den Bedürfnissen ihrer relevanten Umwelten ausrichten: „The entrepreneurial response offers a formula for institutional development that puts autonomy on a selfdefined basis: diversify income to increase financial resources, provide discretionary money, and reduce governmental dependency; develop new units outside traditional departments to introduce new environmental relationships and new modes of thought and training“ (ders., S. 146). Im Zentrum der Clarkschen Vision steht eine erstarkte akademische Gemeinschaft, die der Umwelt selbstbewusst gegenübertritt: „Academic groups, small and large, then see themselves in common situations with common problems, common allies, and common enemies, and in need of common action. A common culture grows, an identity is shared“ (ders., S. 148). Eine solchermaßen funktionierende Universität kann sich selbst steuern und entwickeln, ohne dass der Staat interveniert oder kontrolliert. Vielmehr handelt es sich um „places that actively seek to move away from close governmental regulations and sector standardization (ders., S. xiv). So verstanden steckt hinter der Idee der unternehmerischen Universität der Gedanke einer Emanzipation vom Staat.
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Clark kritisiert zwar, dass die europäischen Universitäten trotz der steigenden Anforderungen von staatlicher Seite chronisch unterfinanziert werden, also immer mehr Leistung mit immer weniger Geld erbringen sollen, lässt diesen Tatbestand jedoch nicht als Entschuldigung für die mangelnde Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit von Universitäten gelten. Im Gegenteil, Clark diagnostiziert eine „institutional insufficiency“, eine Schwäche der Organisations- und Entscheidungsstrukturen, welche die Hochschulen sich selbst zuzuschreiben haben und deshalb auch aus eigener Kraft beheben müssen. Hauptursache für die organisatorische Unzulänglichkeit von Universitäten ist die zu stark ausgeprägte akademische Selbstorganisation. Diese hat sich organisatorisch in der Herausbildung einer speziellen Netzwerkstruktur manifestiert, die zwar wissenschaftsadäquat und gemessen an Entwicklungen im Wirtschaftsbereich äußerst modern ist (vgl. Nickel 2004), doch an etlichen Stellen dysfunktionale Auswüchse aufweist. So hat die akademische Selbstorganisation zu einer überdimensionierten Fragmentierung von Universitäten geführt: „Elaborated collegial authority leads to sluggish decision-making: 50 to 100 and more central committees have the power to study, delay, and veto. The senate becomes more of a bottleneck than the administration. Evermore complex and specialized, elaborated basic units – faculties, schools, and departments – tend to become separate entities with individual privileges, shaping the university into a federation in which major and minor parts barely relate to one another“ (ders., S. 131). Diese ausgeprägte Unterdeterminiertheit ist es, die Universitäten als „ephemere“, d.h. flüchtige Gebilde (Argyris/Schön 1999, S. 25) erscheinen und damit erheblich von traditionellen Organisationsvorstellungen abweichen lässt. Organisationen unterscheiden sich von zufälligen Menschenansammlungen oder gelegentlich zusammentreffenden Gruppen vor allem durch eine ausgeprägte Formalisierung, d.h. explizit festgelegte Strukturen und Regeln, die eine möglichst hohe Verhaltenssicherheit bei der Produktion bestimmter Ergebnisse bieten sollen. Im Vergleich dazu erscheinen Universitäten informal und beliebig: „Als Organisation ist die Universität in der Tat schwer ansprechbar, denn eigentlich gibt es die Universität als Organisation gar nicht, sie ist vielmehr ein loser Verbund von einzelnen Instituten und muß erst lernen, sich als Organisation zu begreifen“ (Pellert 1999, S. 71). Der für Universitäten typische schwache Zusammenhalt und das mangelnde Kooperationsvermögen der Organisationseinheiten, „lose Kopplung“ genannt (Weick 1976), die aus der relativ hohen Autonomie der Fakultäten/Fachbereiche und Institute resultieren, gilt mittlerweile als defizitär: „Die europäischen Universitäten sind ein Hauptbeispiel für dumme Organisationen, in denen – so sollte man annehmen können – leidlich intelligente Menschen arbeiten. Dumm sind sie, weil ihre organisationale Intelligenz bestenfalls auf der Stufe der Humboldtschen Reformen stehen geblieben ist. Sie schaffen es nach wie vor nicht, institutionelle Regelsysteme, Anreizsysteme und organisationale Karrieremuster zu etablieren, welche die Summe konkurrierender Einzelkämpfer, isolierter Individuen und ‚einsa-
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mer’ Forscher vernetzte Gemeinschaften kooperierender Gruppen, Teams und Projekte bilden würden“ (Willke 1997, S. 107f.). 1.2. Mehr Autonomie durch mehr Organisation? Wie diese Organisationsdefizite von Universitäten konkret verbessert werden können, dazu laufen seit einigen Jahren viele Suchprozesse und theoretische Diskussionen, ohne dass bislang ein Königsweg gefunden werden konnte (vgl. hierzu z.B. Lüthje/Nickel 2003, Hanft 2000, Titscher et al. 2000, S. 234–330, Müller-Böling 2000, Hödl/Zegelin 1999, Küpper/Sinz 1998). So verschieden diese Veränderungsund Managementkonzepte auch sind, eine Gemeinsamkeit teilen sie auf jeden Fall: Die Gefahr, nicht eine bessere, sondern nur eine ausgedehntere Organisation und damit eine weitere Bürokratisierung zu erzeugen: „Reorganisation ist im allgemeinen leicht zu bewerkstelligen, denn die Organisation verkraftet alles, was sich an Organisation anschließen läßt. Aber nur ein einziger Effekt läßt sich mit hoher Sicherheit erwarten: daß mehr Organisation dabei herauskommt. Und es genügt sicher nicht, zur Ausbalancierung die Bedeutung der Freiheit zu betonen oder freiheitsaffine Schlagworte wie Selbstverantwortung oder Konkurrenz einzusetzen“ (Luhmann 1987a, S. 209). Als eindrückliches Beispiel für eine kontraproduktive Organisationsausweitung wird immer wieder die Universitätsreform der 70er Jahre angeführt, welche in Deutschland die Gruppenuniversität hervorgebracht hat. Letztere war der Versuch, in den Universitäten mehr demokratische Mitbestimmung durch die Übertragung von Ansätzen der politischen Theorie auf die Organisationsgestaltung zu erreichen (vgl. Nitsch et al. 1965). Infolgedessen kam es zur Enthierarchisierung der Entscheidungsprozesse durch Wahlverfahren und zur Einführung einer „repräsentativen organisationsinternen Demokratie“ (Naschold 1972, S. 22) in Form eines ausgedehnten Gremienwesens. Jede an der Universität vertretene Statusgruppe, also Studierende, akademischer Mittelbau, VerwaltungsmitarbeiterInnen und ProfessorInnen, konnte nun partizipativ an den Zielsetzungen und Entscheidungen der Gesamtorganisation mitwirken. Doch nach der ersten Euphorie über den Demokratisierungsschub setzte mit der Zeit auch bei etlichen BefürworterInnen dieser Reformbewegung Ernüchterung ein: „Nachdem die Dunstschwaden der Polemik über die inzwischen eingerichtete Gruppenuniversität abgezogen sind, streifen resignierte Blicke über eine polarisierte Hochschullandschaft“ (Habermas 2003, S. 81).
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Statt mehr Emanzipation und Partizipation entstand lediglich – so eine heute oft geäußerte Kritik – eine Verkomplizierung und Verlängerung der Entscheidungsabläufe: „Demokratisierung bedeutet schon in sich selbst: Multiplikation der Entscheidungslast. Aus einer Entscheidung werden viele Entscheidungen. Wer an Gremien, Kommissionen, Ausschüssen, Konferenzen, Senaten, Konzilen teilnimmt, muß entscheiden, wie er seine Stimme abgibt. Oft muß er an weiteren Sitzungen teilnehmen, die ein abgestimmtes Abstimmen sicherstellen sollen, da andernfalls die Aggregierbarkeit und die Anschlußfähigkeit des Entscheidens gefährdet wäre und Zufallsmehrheiten regieren würden. Das Abstimmen der Abstimmungen erfordert seinerseits Vorbereitungen, teils bei zufälligen, teils bei arrangierten Treffen; und es erfordert in jedem Fall eigens gewählte Organisatoren“ (Luhmann 1987c, S. 213).
In der Folge entstanden riesige Selbstverwaltungsbürokratien23 mit den im vorherigen Kapitel geschilderten Missständen. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie eine Reform von Universitäten aussehen muss, die nicht nur zu mehr, sondern auch zu einer besseren Organisation führt. Die größten Hoffnungen werden in diesem Punkt derzeit in eine stärkere Fokussierung auf gemeinsame Ziele gesetzt. 1.3. Die Entdeckung der Zielorientierung Mit dem Erstarken des Organisationsthemas in der laufenden Hochschulreform ist auch die Zielorientierung von Universitäten ins Blickfeld gerückt.24 Organisationen werden gemeinhin verstanden als „Gesamtheit der auf die Erreichung von Zwecken und Zielen gerichteten Maßnahmen“ (Hill/Fehlbaum/Ulrich 1994, S. 17). Das Organisieren ist somit „eine Aufgabe, die wahrgenommen werden muß, um die Zweckerfüllung der Unternehmung sicherzustellen“ (Schreyögg 1999, S. 5). In der klassischen Organisationstheorie herrscht die Auffassung vor, dass sich Organisationen bezogen auf ihre Zwecke und Ziele rational verhalten. Deshalb können Kausalketten gebildet werden, die Zwecke und Mittel bzw. Ziele und Maßnahmen 23
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„Bürokratie bildet sich in allen Organisationen, sobald die Koordination der Entscheidungsprozesse sich nicht mehr aus der Sache selbst ergibt, sondern besondere Vorsorge erfordert“ (Luhmann 1987c, S. 214). Das bedeutet nicht, dass es zuvor keine Zielorientierung im Universitätsbereich gab. Vielmehr waren insbesondere die 70er Jahre geprägt durch eine allgemeine „Planungseuphorie“, die in den Hochschulen insbesondere durch Struktur- und Entwicklungsplanungen zu mehr abgestimmtem, zielgerichtetem Verhalten führen sollte (vgl. Neusel/Teichler 1986). Dennoch spielte die Zielorientierung als planerische bzw. organisationale Größe im wissenschaftlichen Kontext lange Zeit nur eine untergeordnete Rolle. Erst gegen Ende der 80er/Anfang der 90er Jahre flammte diese Diskussion im Zusammenhang mit der Modernisierung des öffentlichen Sektors durch das NPM auch im Hochschulbereich wieder auf, diesmal allerdings mit einer Vehemenz und in einer Qualität, die mit früheren Auseinandersetzungen zu dem Thema nicht vergleichbar sind.
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eindeutig von einander ableiten. Auf Basis dieses Denkschemas lassen sich Planungen durchführen, die sich als „vorausbedenkender Entwurf betrieblichen Handelns“ (ders.) verstehen und davon ausgehen, dass sich dieser Entwurf weitgehend unverändert realisieren lässt. Dass allerdings dieses lineare Denken in der alltäglichen Praxis häufig nicht funktioniert, wird in der Organisationsforschung häufig problematisiert. So konnte beispielsweise in Studien nachgewiesen werden, dass sich selbst Top-Manager großer Wirtschaftsunternehmen in der alltäglichen Praxis oft nicht an Pläne halten und stattdessen eher zufällig und unberechenbar agieren (Mintzberg 1974), oder dass systematische Planungen gerade in Zeiten schneller Veränderung ineffektiv sind, weil sie zur Starrheit neigen (Morgan 1998). Aus systemtheoretischer Perspektive hat vor allem Niklas Luhmann schon frühzeitig darauf hingewiesen, dass Planungen, die auf einem klassisch-linearen Zweck-Mittel-Schema beruhen, der in Organisationen tatsächlich vorherrschenden Ziel- und Problemfülle nicht gerecht werden. Das dort beobachtbare hohe Maß an Komplexität ruft „nach einer sehr viel komplizierteren Theorie und Systemplanung“ (Luhmann 1999, S. 86). Ähnliche Plädoyers für eine komplexere Sichtweise auf Organisationen und dementsprechend flexible, vielschichtige und kreative Planungsverfahren, wie z.B. die Idee der „geplanten Evolution in Unternehmen“ (Kirsch 1997), tauchen inzwischen in der Management-Literatur zwar verstärkt auf, doch insgesamt ist die Management-Praxis nach wie vor durch ein eher lineares zweck- und zielorientiertes Verständnis geprägt. Das gilt auch für die laufende Universitätsreform. Folgerichtig werden als eines der Hauptorganisationsdefizite von Universitäten unklare und heterogene Zielsetzungen an den Universitäten identifiziert (Müller-Böling/Schreiterer 1999, S. 13). Zwar ist der übergeordnete Organisationszweck von Universitäten klar, nämlich Wissen zu schaffen, doch werden aufgrund der im vorigen Kapitel geschilderten ausgeprägten internen Fragmentierung bzw. losen Kopplung der Organisationseinheiten in großer Zahl heterogene und konfligierende Ziele verfolgt. Damit verstoßen Universitäten gegen wesentliche Glaubenssätze der Organisations- und Managementtheorie, wonach Organisationen vor allem durch folgende drei Charakteristika gekennzeichnet sind (vgl. Cohen/March 1986): – Gemeinsame Ziele: „All of these reflect a strong tendency to believe that a useful interpretation of human behavior involves defining a set of objectives that (1) are prior attributes of the system, and (2) make the observed behavior in some sense intelligent vis-à-vis those objectives“ (dies., S. 217). – Konsistenz: „Actions taken by different parts of an organization should be consistent with each other. Individual und organizational activities are seen as connected with each other in terms of their consequences for some consistent set of purposes. In an organization, the structural manifestation of consistency is the hierarchy with its obligations of coordination and control“ (dies., S. 217f.).
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– Handlungsrationalität: „By rationality we mean a procedure for deciding what is correct behavior by relating consequences systematically to objectives. […] Impulse, intuition, faith, and tradition are outside that system and viewed as antithetical to it“ (dies., S. 218). Dementsprechend ergeben sich Probleme bei der Planbarkeit, d.h. der Vorhersagbarkeit des Handelns von Universitäten und deren Mitgliedern: Kann die Politik davon ausgehen, dass sie die bei den Universitäten in Auftrag gegebenen Leistungen verlässlich und fristgerecht erhält? Bekommt die Wirtschaft die Ausbildungsqualität bei den Uni-AbsolventInnen, die sie verlangt? Kann ein Rektor erwarten, dass die ProfessorInnen seiner Universität den Forschungsoutput erhöhen, wenn er es für notwendig hält? Alle drei Fragen müssen derzeit noch mit einem „Nein“ beantwortet werden. Bis heute gilt insbesondere die Forschung als ein Bereich, dessen Erfolg sich nicht wie bei jeder anderen Arbeit verlässlich organisieren lässt, weil er von einer „unberechenbaren geistigen Produktivität“ (Tenbruck 1995, S. 56) abhängt. Wissenschaft ist – nicht immer, aber doch relativ häufig – ein kreativer Prozess, der nicht unbedingt linear und zeitlich kalkulierbar abläuft. Neben einer breiten Masse an Mainstream-Forschung muss es immer auch eine kritische Masse an unorthodoxer Forschung geben, die ungewöhnliche Wege geht und dadurch für notwendige Irritationen sorgt. Erkenntnisfortschritt hat insofern immer auch etwas mit Kreativität zu tun, also der „Fähigkeit zum Ausnutzen von Gelegenheiten“ (Luhmann 1987b). Diese „fällt nicht vom Himmel, und sie ist auch kein Geschenk der Götter, eher die Frucht mühsamer und intensiver Lernprozesse, langer Wege und anspruchsvoll erworbener Erfahrungen und Fertigkeiten. Daß sie auch dann nicht erwartet eintrifft, vielmehr häufig trotz aller Anstrengungen ausbleibt, ist eben das, was Kreativität von erwartbarer Qualität unterscheidet“ (Mittelstraß 2001, S. 147f.). Nun ist es aber gerade das erklärte Ziel der Hochschulreform, die Erwartungssicherheit wissenschaftlicher Leistungen sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht zu steigern. Dies geschieht mit Hilfe eines Sets an Managementwerkzeugen und -verfahren, welches eng am NPM orientiert ist. Das für diesen Zweck am häufigsten eingesetzte Planungs- und Steuerungsinstrument sind die Zielvereinbarungen, und zwar gleich auf zwei Ebenen: Als externe Zielvereinbarungen zwischen Staat und Universitäten und als interne Zielvereinbarungen zwischen Hochschulleitungen und Fakultäten/Fachbereichen (Fangmann 2001, Nickel 2001a). Generell soll mit Hilfe von Zielvereinbarungen die „Finanzierung möglichst klar definierter Aufgaben und Leistungen“ sichergestellt werden, die der strategischen Entwicklung von Universitäten dienen (Müller-Böling/Schreiterer 1999, S. 12). Die klare Definition von Aufgaben und Leistungen schafft einen verbindlichen Maßstab für die Bewertung universitärer Leistungen im Sinne einer Output-Steuerung. Das Erreichen bzw. Nichterreichen von Zielen soll sich für Universitäten bzw.
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Fachbereiche/Fakultäten budgetär auswirken und insofern mit Leistungsanreizen verbunden sein. Das alles klingt logisch, doch ob diese linearen Verfahren für die Steuerung wissenschaftlicher Prozesse taugen, ist strittig: Wie lassen sich Ziele und Ergebnisse wissenschaftlicher Prozesse klar definieren und verlässlich herstellen, wenn sie ihre Existenz und Qualität oft dem Zufall verdanken? Oder ist die viel beschworene Kreativität wissenschaftlicher Prozesse nur eine Schutzbehauptung, ein „schwacher Begriff“ (von Hentig 1998), welcher hauptsächlich dazu dient, die Beliebigkeit wissenschaftlicher Arbeit zu kaschieren und eine Transparenz nach außen zu verhindern? Derweil diese Fragen noch ungeklärt im Raum stehen, sehen sich die Führungskräfte von Universitäten jedoch tagtäglich mit der konkreten Aufgabe konfrontiert, einerseits mit dem Staat Ziele und Leistungen verbindlich vereinbaren zu müssen und andererseits die WissenschaftlerInnen und die Verwaltung innerhalb ihrer Organisation dazu zu bringen, strategische Ziele erfolgreich umzusetzen. Dieses anspruchsvolle Unterfangen erfordert spezifische Managementverfahren, die letztlich nur durch praktische Erprobung gefunden werden können. 1.4. Fazit: Die Suche nach zielorientierten Management- und Organisationsentwicklungskonzepten Wer Universitäten managt, tut dies, ohne dafür geeignete Strukturen und Arbeitsweisen vorzufinden. In Universitäten gibt es bislang keine Kultur des Managements, sondern lediglich eine Kultur der Selbstverwaltung und kollegialen Entscheidungsfindung. Infolgedessen zeichnet sich die Universitätsorganisation durch flache Hierarchien, einen hohen Dezentralisierungsgrad und polyzentrische Netzwerkstrukturen aus. Sie gleicht damit eher unübersichtlichen Politiksystemen als hierarchisch geführten Verwaltungen oder Wirtschaftsunternehmen (Nickel 2004, S. 95ff.) Doch genau in diesem Punkt setzt die Hochschulreform einen Gegenimpuls, indem sie einem Managementmodell folgt, welches die akademische Selbstorganisation zugunsten einer verstärkten hierarchischen Selbststeuerung einschränken will (vgl. Kapitel III.4.3.). Einer der bedeutendsten Schritte in diese Richtung ist die Ausweitung der Entscheidungskompetenzen und Verantwortlichkeiten von Rektoraten/Präsidien und Dekanaten. Die Leitungsfiguren sollen nunmehr als „institutionelle Unternehmer“ (Schimank 2002a, S. 5) agieren, die ihre Universität bzw. ihre Fakultät/ihren Fachbereich so positionieren und profilieren, dass sie sich im Wettbewerb mit Einrichtungen gleichen Typs behaupten können. Damit dies gelingen kann, muss vor allem eines stimmen: Die Zielorientierung. Von der Qualität der mittel- und langfristigen Zielsetzung hängt der Erfolg der jeweiligen Organisation ab. Doch just in diesem zentralen Punkt weisen Universitäten immense Schwächen auf. Deshalb steht die Planung und Entwicklung zukunftsfähiger Organisationsziele
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sowie deren effiziente und effektive Umsetzung – kurzum das strategische Management – im Mittelpunkt der Hochschulreformbemühungen. Angesichts der beschriebenen Heterogenität und Gegensätzlichkeit der Einzelinteressen sowie der zum Teil schwierigen Vorhersagbarkeit kreativer Prozesse, erweist sich das strategische Management von Universitäten jedoch als schwieriges Unterfangen: „Bereits heute zeichnet sich ab, dass Managementkonzepte, die in Unternehmen erfolgreich waren, in Hochschulen scheitern. Hochschulen funktionieren anders als Wirtschaftsunternehmen, eine triviale Erkenntnis, die im Reformeifer bisweilen vergessen wird. Hochschultypische Eigenarten werden bei der Implementierung von Veränderungen meist nur unzureichend reflektiert“ (Hanft 2000, S. IX). Universitäten fehlen wesentliche Voraussetzungen, um gemeinsam zielgerichtet handeln zu können. Als korporative Akteure sind sie ungeübt, Routine besitzen sie nur als lose gekoppeltes Miteinander autonomer EinzelakteurInnen. Die Herausforderung für Universitäten besteht deshalb darin, ein „institutionengemäßes Managementsystem“ (Hanft 2003) zu finden, welches den Spagat schafft zwischen Wissenschaft und Management und dabei noch in der Lage ist, die bestehenden Organisationsstrukturen so zu verändern, dass sich die Fähigkeit zum gemeinsamen Handeln nachhaltig verbessert. Das Ungewöhnliche am laufenden Reformprozess in Universitäten ist also, dass Management und Organisation sich gemeinsam neu konstituieren müssen – und nicht nur das. Die systematische Weiterentwicklung der Organisation wird zur Daueraufgabe des Universitätsmanagements, denn ohne kontinuierliche Anpassungen an die sich immer schneller verändernden Umweltanforderungen können selbst so beharrliche Institutionen wie Universitäten mittlerweile nicht mehr erfolgreich überleben. Zukunftsfähige Managementkonzepte für Universitäten müssen demzufolge in der Lage sein, strategische Planung und Steuerung zu dynamisieren und diese mit prozessorientierter Organisationsentwicklung zu verbinden. Was unter Organisationsentwicklung (OE) zu verstehen ist, schwankt zwar je nach Blickwinkel und Ansatz (Schreyögg 1999, S. 499), dennoch lassen sich einige Essentials benennen. Generell kann Organisationsentwicklung definiert werden als „geplante(r), systematische(r) Prozess, in dem die Instrumente und Methoden der angewandten Sozialwissenschaften in eine bestehende Organisation mit dem Ziel eingeführt werden, die Organisation zu verbessern und sie effektiver zu gestalten“ (French/Bell 1990, S. 16). OE ist ein partizipativer Ansatz, der „Betroffene zu Beteiligten“ macht (Pellert 2001, S. 342), um damit bei den Organisationsmitgliedern einerseits Akzeptanz des Veränderungsprozesses hervorzurufen und – was wichtiger ist – die Bereitschaft zu wecken, ihr Wissen und ihre Kreativität in den Dienst der Organisation zu stellen. Dabei spielt die Zielorientierung eine zentrale Rolle: „Der OE-Prozess ermöglicht die Verbesserung der Organisation auch dadurch, dass er die Bedeutung von Zielen und Plänen betont und Lernmöglichkeiten vorsieht, durch die Planungs- und Zielsetzungsfähigkeiten entwickelt werden können“ (dies.).
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Hauptinstrumente der OE sind Interventionen, d.h. „geplante Aktionsprogramme“ (French/Bell 1990, S. 124), die von Individuen oder Gruppen durchgeführt werden, um die Organisation als Ganzes zu optimieren. Organisation wird dabei als System verstanden, d.h. als Interdependenz oder Interaktion von Elementen oder Teilen, die eine identifizierbare Einheit bzw. Gestalt bilden (dies. S. 100). Die Methode der Intervention geht davon aus, dass Veränderungen an einer bestimmten Stelle des Systems Wechselwirkungen in anderen Bereichen auslösen, so dass eine Veränderung des Gesamtsystems entsteht. Während die Intervention eine absichtsvolle Handlung ist, erfolgt die Systembewegung selbstorganisiert, d.h. die Reaktion auf die Intervention kann unter Umständen anders ausfallen als geplant. Hauptansatzpunkt für Interventionen sind die Einstellungen und Gefühle der Organisationsmitglieder sowie die Organisationsstrukturen. Diese stehen in einer direkten Beziehung und bilden deshalb den Nukleus für die meisten weiteren Systemveränderungen. Personal- und Organisationsentwicklung hängen insofern eng miteinander zusammen. Häufig werden Interventionen mit Hilfe externer BeraterInnen durchgeführt, weil angenommen wird, dass diese unabhängig von organisationsinternen Zwängen agieren und deshalb keiner Betriebsblindheit unterliegen. Zudem können sie unangenehme Maßnahmen besser in die Wege leiten als Insider, weil sie nach Auftragsende die Organisation wieder verlassen. Dennoch ist die externe Beratung nicht der entscheidende Faktor für den Erfolg von Organisationsentwicklungsmaßnahmen. Wichtig ist vielmehr, dass die Führungskräfte ein Problembewusstsein dafür besitzen, dass Organisationen keine statischen Gebilde sind, sondern sich ständig weiterentwickeln müssen, insbesondere dann, wenn die Umwelt neue Anforderungen an sie richtet (Baumgartner et al. 2000, S. 22ff.) Dieser kontinuierliche Veränderungsprozess muss durch geeignete Managementpraktiken initiiert und gefördert werden, deren Erfolg sich daran messen lässt, wie gut es ihnen gelingt, die Ergebnisse der Veränderungsprozesse in den Organisationsalltag zu integrieren und dort wirksam werden zu lassen (French/Bell 1990, S. 196ff.). Bei diesen Managementpraktiken handelt es sich vor allem um das, was heute unter dem Begriff „Partizipatives Management“ verstanden wird. Dabei geht der Ansatz des partizipativen Managements davon aus, dass eine Organisation umso erfolgreicher ist, je mehr es ihr gelingt, eine Übereinstimmung zwischen ihren eigenen Zielen und denen ihrer MitarbeiterInnen zu erreichen. Nur hoch motivierte OrganisationsteilnehmerInnen können bestmögliche Leistungen hervorbringen. Um dieses Engagement zu gewährleisten, müssen Organisationen ihre Mitglieder an der Entscheidungsfindung beteiligen. Dies geschieht im Wesentlichen durch Feedback-Systeme, kooperative Aufgabengestaltung, Mitwirkung an Planungsprozessen sowie durch das Management by Objectives (MbO), also das Führen mit Zielvereinbarungen. Bei aller Beteiligungsorientierung ist partizipatives Management jedoch ein strategischer Steuerungs- und Planungsansatz, in dessen Hauptinteresse die Gewinnung und Verwirklichung von Organisationszielen liegt. Quantität und Qualität der Ergebnisse stehen an erster Stelle. Beide Parameter können aller-
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dings nur dann dauerhaft erfolgreich sein, wenn die organisatorischen Voraussetzungen im Verhältnis zu den Umwelterwartungen immer wieder kritisch überprüft und ggf. verändert werden. Insofern verbindet partizipatives Management strategische Steuerung mit Organisationsentwicklung. Aufgrund ihrer ausgeprägten Beteiligungsorientierung scheinen die Instrumente und Verfahren des partizipativen Managements ausgesprochen kompatibel mit der traditionellen Selbstverwaltungskultur in Universitäten zu sein. Das gilt insbesondere für das im Hochschulbereich weit verbreitete Führen mit Zielvereinbarungen (Nickel/Zechlin 2000). Dieses „dynamische, leistungs- und zufriedenheitsorientierte Führungskonzept, das Voraussetzungen zur möglichst weitgehenden Verwirklichung sowohl der Unternehmensziele wie auch der persönlichen Ziele (Motive) der Mitglieder schaffen will“ (Wild 1973, S. 283), gehört im Hochschulbereich ähnlich wie in der Wirtschaft zu den „am höchsten gehandelten und mit großen Erwartungen verbundenen Instrumenten“ (Breisig 2000, S. 13). Das Führen mit Zielvereinbarungen hat sich im Hochschulsektor inzwischen als eine Art „eierlegendes Wollmilchschwein“ des Universitätsmanagements etabliert, das fast für jeden Zweck einsetzbar zu sein scheint. Dabei hat sich das im Universitätsbereich gebräuchliche Verfahren relativ weit vom ursprünglichen MbO-Konzept entfernt, indem es – zumindest bislang – kaum zur Personalführung und Personalentwicklung eingesetzt wird, sondern zur strategischen Steuerung und Entwicklung ganzer Organisationseinheiten (Nickel 2001a). Die Popularität von Zielvereinbarungen im Hochschulbereich speist sich vor allem aus sechs Grundannahmen: – Gemeinsame Ziele ziehen gemeinsames Handeln nach sich und unterstützen dadurch Universitäten wirkungsvoll in ihrer Entwicklung zum korporativen Akteur. – Durch die verbindliche Festlegung von Ergebnissen und transparente Überprüfbarkeit des Erfolgs entstehen mehr Handlungsrationalität und Erwartungssicherheit. Wer mit Zielen führt, muss diese klar benennen und sein Tun daran messen lassen. – Durch strategisches Denken und Handeln steigen Zukunfts- und Innovationsfähigkeit. Strategische Zielsetzungen erfordern eine bewusste und vorausschauende Positionierung im Wettbewerbsumfeld. – Die Kommunikations- und Konsensorientierung von Zielvereinbarungen sorgt für Akzeptanz, weil sie dem in Universitäten üblichen kollegialen Entscheidungsprinzip entsprechen. Zugleich kann die Zentrale besser steuern, ohne die Dezentrale autoritär zu bevormunden, weil Zielvereinbarungen in einem Gegenstromverfahren gemeinsam zwischen „top“ und „down“ ausgehandelt werden. Ziele, die autoritär von oben oktroyiert werden, verfehlen ihre motivierende
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Wirkung und müssen daher abgestimmt werden. Entwicklung und Auswertung von Zielvereinbarungen erfolgen ebenfalls im Gespräch. – Durch die regelmäßige Rückkopplung zwischen Zentrale und Dezentrale ist eine dynamische Steuerung und Planung gewährleistet. Zielvereinbarungen durchlaufen einen ständigen Kreislauf von Festlegung, Umsetzung, Controlling, Reflexion und Neuabschluss. – Da es sich um einen Führungsansatz handelt, fördert der Einsatz von Zielvereinbarungen den Aufbau funktionierender Leitungsstrukturen. Besonders große Hoffnungen werden im Universitätsmanagement darauf gesetzt, durch den Rückkopplungseffekt von Zielvereinbarungen einen kontinuierlichen Lernprozess in Gang setzen und aufrecht erhalten zu können, der den Universitäten hilft, ihre strategische Ausrichtung sowie ihre Strukturen und Abläufe kontinuierlich zu hinterfragen und zu verbessern. Die Forderung, dass sich Universitäten nicht nur als Organisationen des Lernens, sondern auch als lernende Organisation begreifen sollen, ist zu einer populären Leitidee der Hochschulreform geworden (vgl. z.B. Pellert 1999, S. 122ff., Senge 2000, Lüthje/Nickel 2003). Die lernende Organisation ist ein Ansatz der Organisationsentwicklung in dessen Mittelpunkt die Fähigkeit von Systemen zur Selbstreflexion steht (vgl. Argyris/Schön 1999, Senge 1998, Probst/Büchel 1994). Das Modell der lernenden Organisation geht davon aus, dass Organisationen Wissen aufbauen, speichern und verändern können. Von der Qualität des Wissens hängt die Qualität des Handelns ab. Damit Organisationen sowohl funktional als auch innovativ handeln können, müssen sie ihr Wissen durch Rückkopplungsschleifen ständig überprüfen und erweitern. Diese Feedbacksysteme können entweder einfach oder doppelt verlaufen (dies., S. 35ff.). „Single-loop-learning“ ist ein Anpassungslernen, bei dem, ausgelöst durch Fehler, Irrtümer, Krisen oder neue Anforderungen aus der Umwelt, Korrekturen auf der Handlungsebene vorgenommen werden, um die entstandenen Defizite zu beheben. Das „double-loop-learning“ ist ein Veränderungslernen, bei dem über das Beheben der Defizite hinaus Annahmen und Verhaltensweisen grundsätzlich hinterfragt und Ziele modifiziert werden. Wie gut oder schlecht das Lernsystem einer Organisation funktioniert, hängt maßgeblich von dessen Strukturen ab. Deshalb ist es wichtig, dass die Mitglieder einer Organisation noch eine weitere Form des Lernens beherrschen, und zwar das „deutero learning“ oder „Lernen zweiter Ordnung“ (Argyris/Schön 1999, S. 44f.). Diese höchste Stufe des Lernens, auch „Prozesslernen“ genannt (Probst/Büchel 1998, S. 37), befähigt die Organisationsmitglieder, das Lernsystem einer Organisation zu erkennen und abzuändern, indem sie die stattfindenden Lernprozesse reflektieren und analysieren oder – anders ausgedrückt – indem sie lernen, wie man lernt.
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Inzwischen haben etliche strategische Managementansätze die Idee der lernenden Organisation mit ihren Feedback- und Reflexionsschleifen aufgegriffen und integriert. So vor allem z.B. das Total Quality Management (TQM) oder die Balanced Scorecard (BSC). Beide Konzepte haben im Unternehmensbereich schon seit einigen Jahren Konjunktur und finden nun auch zögerlich Eingang in den Universitätsbereich. Zurzeit ist das dort vorherrschende Grundmodell für eine Verbindung von strategischer Führung und Lernen jedoch immer noch das Führen mit Zielvereinbarungen:
Abb. 4 Ob das Führen mit Zielvereinbarungen in Universitäten die hochgesteckten Erwartungen tatsächlich erfüllt, lässt sich trotz inzwischen jahrelanger praktischer Erfahrungen nicht sicher sagen. Es gibt nur wenige empirische Untersuchungen, dafür aber umso mehr anekdotische Anwendungsberichte. Diese relativieren die Anfangseuphorie erheblich, stellen aber den grundsätzlichen Nutzen des Ansatzes nicht in Frage. Deshalb soll im nun folgenden Kapitel IV.2. detaillierter beschrieben und analysiert werden, warum das Führen mit Zielvereinbarungen für Universitäten als Managementkonzept offenbar besonders geeignet ist. Dafür sollen zunächst die organisationalen Eigenarten von Universitäten vertieft betrachtet werden. Diese Organisationsdiagnose mündet in ein spezifisches Organisationsverständnis, anhand dessen Möglichkeiten und Grenzen des zielorientierten Universitätsmanagements diskutiert werden. Am Ende des Kapitel IV.2. wird mit Hilfe der
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Analyseergebnisse begründet, warum das „Partizipative Management“ ein adäquater Managementansatz für Universitäten ist. Dabei wird insbesondere deutlich werden, dass ein Universitätsmanagement ohne die Integration von Instrumenten und Verfahren der Organisationsentwicklung nicht wirkungsvoll arbeiten kann.
2. Universitäten als begrenzt rationale Sozialsysteme 2.1. Sind Universitäten Organisationen? Nach der vorherrschenden Reformauffassung durchlaufen Universitäten mit Einsetzen der jüngsten Modernisierungswelle eine „Entwicklung zur Organisation“ (Pellert 2001, S. 346). Das impliziert, dass Universitäten bislang keine Organisationen oder zumindest keine Organisationen im herkömmlichen Sinne sind. In der Tat werden Universitäten häufig nicht als Organisation, sondern als „Milieu“ (Luhmann 1992a), als „Institution“ (Schelsky 1971) oder als „organisierte Anarchie“ (Cohen/March/Olsen 1972) charakterisiert. Als Milieu oder auch als „Soziotop“ (Luhmann 1992a, S. 98) verstanden handelt es sich bei der Universität eher um einen naturwüchsigen Lebensraum für WissenschaftlerInnen und Studierende, der von einem ausdifferenzierten Verwaltungsstab nur mit großer Mühe einer gewissen Ordnung unterzogen werden kann. Als Institution betrachtet stellen Universitäten primär die Verkörperung einer Idee dar, die wegen ihrer fundamentalen gesellschaftlichen Bedeutung dauerhaft verankert werden muss: „Jede Gründung einer Institution beruht auf einer Idee, die dem geistigsachlichen Leben der Institution in sich selbst und ihrer sozialen Einordnung in das Gesamtgefüge der Gesellschaft Form und Legitimität verleiht“ (Schelsky 1971, S. 53). Natürlich ist auch die Institution „Universität“ in gewisser Weise organisiert (Luhmann 1992a, S. 90), d.h. sie verfügt über ein Mindestmaß formaler Strukturen, sonst wäre sie gar nicht wahrnehmbar. Dennoch bleibt diese Ordnung gegenüber der Idee nebensächlich, d.h. die Organisation muss sich der Idee anpassen und nicht umgekehrt (Jaspers 1946). Schließlich stellen sich Universitäten im Sinne von „organisierten Anarchien“ als eher wirres Zusammentreffen von Subjekten und Handlungen dar, die zufällige Entscheidungen und Ergebnisse produzieren: „Jüngere Untersuchungen von Universitäten […] lassen den Schluß zu, daß man derartige Organisationen in mancher Hinsicht als Ansammlungen von Auswahlmöglichkeiten betrachten kann, die nach Problemen Ausschau halten, als Ansammlung von Sachverhalten und Gefühlen, die nach Entscheidungssituationen Ausschau halten […], als Ansammlung von Lösungen, die nach Sachverhalten Ausschau halten […] und schließlich als Ansammlung von Entscheidungsträgern, die nach Arbeit Ausschau halten“ (Cohen/March/Olsen 1990, S. 330).
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Diese drei in der Literatur sehr verbreiteten Charakterisierungen machen deutlich, wie schwierig eine klare organisationstheoretische Einordnung und Erfassung von Universitäten ist. Ihr eigenwilliger Gesamteindruck, der eher ins Irrationale als ins Rationale weist, sperrt sich gegen eindeutige Typisierungen. Als einer der ersten, der Universitäten systematisch als Organisation stärken und weiterentwickeln wollte, gilt Wilhelm von Humboldt: „Seit Humboldts Zeiten besteht die Tendenz, Universitätsfragen, zumindest politisch, als Organisationsfragen zu behandeln“ (Luhmann 1987a, S. 202). Humboldt schuf eine neue, bürgerliche Universität, die sich organisatorisch vor allem gegenüber dem Vorgängermodell durch eine gleichberechtigte Gliederung der Fakultäten und klar geregelte Selbstverwaltungsstrukturen unterschied.25 Zwar zählte die Humboldtsche Universität zur mittelbaren Staatsverwaltung und war somit der staatlichen Aufsicht unterstellt, doch durch eine gravierende Besonderheit – die Freiheit von Forschung und Lehre – gewann sie gegenüber dem Staat ein ungewöhnlich hohes Maß an Autonomie, welche sich organisatorisch niederschlug. Insbesondere die Forschung entwickelte sich zu einem wenig formalisierten, sich vorwiegend selbst organisierenden Bereich (Krohn/ Küppers 1989), der sich externen Blicken und Bewertungen entzieht. Mit dem paradoxen Schritt, den Universitäten einerseits immense Freiheitsrechte zu gewähren, aber andererseits den Betrieb von Universitäten als staatliche Aufgabe zu definieren, hat Humboldt die Wurzel für das Entstehen einer tiefen Kluft zwischen „Organisation“ und „Freiheit“ gelegt: Bis heute steht der Notwendigkeit sich zu organisieren, d.h. sich als Teil des staatlichen Sektors den dort herrschenden Regeln anzupassen, die Freiheit des selbstbestimmten Forschens und Lehrens gegenüber. Im aktuellen hochschulpolitischen Diskurs werden die Begriffe „Organisation“ und „Freiheit“ als Gegensatzpaar benutzt und zum Teil gegeneinander ausgespielt: „Man kann sich natürlich gegen zu viel Organisation wenden; dann nennt man die Organisation Bürokratie. Oder gegen zu viel Freiheit; dann spricht man von Mißbrauch oder privaten Interessen“ (Luhmann 1987a, S. 202). Während die Politik eher den Missbrauch der Freiheit herausstellt und diesen durch eine bessere Organisation beheben möchte, sieht die Wissenschaft vor allem die Gefahr der Bürokratisierung. 25
Anlass für die Humboldtsche Universitätsreform war die Gründung einer „großen Lehranstalt“ in Berlin. Die Schaffung einer völlig neuen Institution bot die Chance, relativ komplikationslos und umfassend alte Strukturen zu überwinden. So erklärte der preußische Justizminister von Massow 1801, „daß die Universitäten in ihrer aus dem Altertum herrührenden Einrichtung zum jetzigen Bedürfnis der moralischen, scientifischen und praktischen Bildung nicht bloß künftiger spekulativer Gelehrter, sondern für die dem bürgerlichen Leben im privaten wie öffentlichen Verhältnissen ebenfalls brauchbaren Staatsbürgern nicht passen“ (zitiert nach Müller 1990, S. 297). Oft zitierter Gewährsmann für die Notwendigkeit einer Organisationsreform von Universitäten war der Philosoph Immanuel Kant. Er hatte in seiner Schrift „Streit der Fakultäten“ von 1798 nicht nur die Unabhängigkeit vom „Befehle der Regierung“ gefordert (Kant 1996, S. 282), sondern u.a. auch die bestehende Organisation der Universität in hierarchisch gegliederte Fakultäten (obere und untere) sowie die Trennung von Forschung und Lehre (Kant musste in der Lehre mit fremden Kompendien arbeiten) kritisiert.
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Das Wechselspiel zwischen dem unaufhaltsamen Voranschreiten des Organisationsprinzips und der andauernden Abwehrhaltung der Wissenschaft betrifft nicht nur das Außenverhältnis zwischen Staat und Universität, sondern auch das Binnenverhältnis zwischen Wissenschaft und Universitätsverwaltung. Unübersehbar existiert universitätsintern ein Bruch zwischen geistig-akademischer und rechtlich-wirtschaftlicher Sphäre, der sich besonders in dem Dualismus von RektorIn/PräsidentIn und KanzlerIn widerspiegelt (vgl. Breitbach 2005). Lange Zeit war der Kanzler ein „Instrument, mit dem der Staat seine Anweisungen in die Universität hineintrug“ (Heß 2003, S. 123) und die Verwaltung dementsprechend nichts anderes als der verlängerte Arm der Ministerialbürokratie. Die Universitätsverwaltung wurde von der Wissenschaft als Abbild der Staatsverwaltung und damit als Verkörperung des bedrohlichen Organisationszwangs wahrgenommen. Tatsächlich ist die Verwaltung anders und – nach klassischen Organisationsvorstellungen – besser organisiert als die Wissenschaft. Sie verfügt über klare hierarchische und arbeitsteilige Strukturen und Abläufe sowie hoch formalisierte Verhaltensregeln in Form von Gesetzen und Vorschriften: „So könnte man vermuten, die Ministerialbürokratie schaffe sich ein ebenfalls bürokratisches Gegenüber, um für eigene Entscheidungsleistungen Resonanz, Abnahme, Gegenwirkung und Neuantrieb zu finden“ (Luhmann 1987c, S. 212). Aus diesem Grund sind Universitätsverwaltungen für Organisationsreformen, insbesondere für solche, die aus dem Kontext des Verwaltungsmodernisierungsansatzes NPM stammen, sehr viel besser ansprechbar als der Wissenschaftsbereich. Die Konsequenz ist, dass Wissenschaft und Verwaltung von der laufenden Hochschulreform in unterschiedlicher Weise betroffen sind und getrennte Veränderungsprozesse durchlaufen. Statt sich – wie in einer unternehmerischen Universität notwendig – aufeinander zuzubewegen und sich auf eine „Geschäftsverteilung“ (Heß 2003, S.124) zu einigen, laufen Wissenschaft und Verwaltung Gefahr, den Bruch zu perpetuieren. Statt die Herausbildung der Parallelwelten als „historische Fehlentwicklung“ zu betrachten (ders., S. 123) und diese durch eine Neugestaltung der Aufgabenzuschnitte und der Kooperationsbeziehungen zu korrigieren, besteht die Entkopplung beider Bereiche zunächst prinzipiell weiter: „Eine stärkere Verknüpfung von Wissenschaft und Verwaltung setzt erhebliche strukturelle und normative Angleichungen voraus, denn Aufstieg und Beförderung, Aufgabenverständnis, Erfolgskriterien und Ziele sind in diesen Teilsystemen an völlig unterschiedlichen Bezugssystemen ausgerichtet. […] Die Durchlässigkeit zwischen beiden Systemen ist äußerst gering, was dazu beitragen mag, dass das wechselseitige Verständnis wenig ausgeprägt ist“ (Hanft 2003, S. 154f.). Prägnante Unterschiede in Qualität und Ausprägung der Organisiertheit gibt es allerdings nicht nur zwischen Wissenschaft und Verwaltung, sondern auch innerhalb der Wissenschaft zwischen Forschung und Lehre. Dieser Aspekt ist insofern schwierig zu behandeln, als er ein Dogma universitären Selbstverständnisses berührt, und zwar das der Einheit von Forschung und Lehre. Die Einheit von For-
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schung und Lehre ist zweifelsohne ein anspruchsvolles Ideal, stellt sich aber in der Praxis als schwer zu realisierendes und fragiles Konstrukt heraus, dessen Waagschalen ständig aus der Balance geraten. Erklärlich wird dieser Effekt, wenn man sich klar macht, dass Forschung und Lehre unterschiedlichen Logiken folgen. Ein Analysemodell dafür bietet die „Theorie sozialer Systeme“ (Luhmann 1987d). Danach arbeiten Universitäten gleich zwei gesellschaftlichen Funktionssystemen zu: Dem Wissenschafts- und Erziehungssystem.26 Während die Forschung dem Wissenschaftssystem zuzuordnen ist, dessen Hauptaufgabe darin besteht, Wahres von Unwahrem zu unterscheiden und dadurch neue Erkenntnisse hervorzubringen, ist die Lehre dem Erziehungssystem zuzurechnen, welches primär darauf ausgerichtet ist, soziale Selektionsentscheidungen zu treffen. Dies geschieht z.B. durch gute und schlechte Zensuren oder das (Nicht-)Verleihen von Studienabschlüssen (Luhmann 1987e, S. 190). Diese Doppelfunktion von Universitäten verursacht einen weiteren organisationalen Bruch. Forschung und Lehre erfüllen nicht nur unterschiedliche Aufgaben, aus denen ebenso unterschiedliche Kommunikations- und Erfolgsmechanismen resultieren, sondern sie besitzen auch einen unterschiedlichen Stellenwert. Historisch betrachtet stand zunächst die Lehre im Vordergrund. Ursprünglich lag der Auftrag von Universitäten primär darin, für gut ausgebildete Nachwuchskräfte zu sorgen und damit dem Erziehungssystem zuzuarbeiten. Dennoch war das universitäre Erziehungsmodell von Anfang an nicht vorrangig „an Verhaltensschulung oder an Ausbildung handlungspraktischer Kompetenzen orientiert. Formulierbares Wissen – und nicht etwa ‚tacit knowledge’ – war ihr Wissensideal, und das erklärt, daß die Betreuung (i. e. Reproduktion) und die Produktion von Wissen einen dritten eigenständigen Bereich neben der Kontrolle der Universität und dem Erziehungsgeschehen ausmachen“ (Stichweh 1994, S. 182). Inzwischen spielt die Produktion von Wissen durch Forschung nicht mehr nur eine gleichberechtigte, sondern sogar die dominante Rolle im universitären Bereich: „Die Erziehung partizipiert am Prestige der wissenschaftlichen Forschung, während diese Forschung ihr gesellschaftliches Prestige nicht zuletzt der Tatsache verdankt, daß sie von Akademikern betrieben wird“ (Luhmann 1987a, S. 205). Die Einheit von Forschung und Lehre bricht sich also an der ungleichgewichtigen Wertschätzung, die ihren beiden Teilen entgegengebracht wird. Das wissenschaftliche Reputations- und Karrieresystem wertet Forschung höher als Lehre und stellt damit die Einheit in gewissem Sinne selbst in Frage. Studien weisen inzwischen sogar vermehrt darauf hin, dass gute Lehre und gute Forschung nicht so unmittelbar verknüpft werden müssen, wie es das Humboldtsche Ideal nahe legt: „Angesichts der in allen Wissenschaftsgebieten rapide voranschreitenden Spezialisierung der Forschung wird es für einen forschungsinteressierten Professor ohnehin immer aufwändiger und damit unattraktiver, in der Lehre eine viel größere fachliche Breite vermitteln zu müssen. Stattdessen könnten sich auf die 26
Eine detaillierte Darstellung der Theorie sozialer Systeme findet sich im Kapitel IV.2.2.3.
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Lehre spezialisierende Professoren Überblicks- und Zusammenhangswissen aufarbeiten und weitergeben“ (Schimank/Winnes 2001, S. 320). Die offensichtliche Diskrepanz von Forschung und Lehre wird noch verstärkt, wenn man die Arbeitsweisen der beiden Bereiche näher betrachtet: „Lehre ist besser organisierbar als Forschung, zumindest was ihre zeitlich/räumlich/thematische Fixierung angeht. Auch die Fernüberwachung der Lehre mittels statistischer Kontrollen und Vergleichszahlen läßt sich leichter bewerkstelligen. Entsprechend fällt derjenige, der nicht lehrt, sofort auf, während das Nichtforschen sich im Verborgenen vollziehen läßt“ (Luhmann 1987a, S. 204).
Während sich die Forschung also durch eine „hohe Prozessautonomie“ (Schimank/Winnes 2001, S. 318) auszeichnet, verläuft die Lehre wesentlich formalisierter: „Im Erziehungssystem ist die Universität tatsächlich als Organisation tätig. Bestimmte Erziehungs- und Ausbildungsangebote, die Curricula und die zugehörige personelle und materielle Infrastruktur sind Angebote der Universität und ihrer Subeinheiten, die diese organisatorisch leisten und verantworten müssen“ (Stichweh 2005, S. 124). Universitäten tragen für die Quantität und Qualität ihrer Studiengänge also eine korporative Verantwortung, wohingegen die Forschung weitgehend Sache des Individuums bleibt. Nach wie vor partizipieren Universitäten am Wissenschaftssystem „über ihre einzelnen Mitglieder, die […] als einigermaßen autonome Agenten auftreten, für deren Tätigkeit und Erfolg ihre organisatorische Mitgliedschaft in der Universität oft nur eine geringe Bedeutung hat“ (ders., S. 125). Insofern muss die Forschungsorganisation als loser Verbund „epistemischer Communities“ (ders.) verstanden werden. Damit sind Forschergruppen gemeint, deren Zusammenhalt weniger über einen formalen Rahmen als vielmehr über gemeinsame Normen und ein gemeinsames Erkenntnisinteresse entsteht, wie z.B. bei der Bildung von Fächern. Das Bild der „Anarchie“, das Hochschulen vermitteln, resultiert demnach primär aus der Forschungstätigkeit. Aus der Tatsache, dass der Lehrbereich stärker formal organisiert ist als der Forschungsbereich, müsste eigentlich folgen, dass dieser, ebenso wie die Verwaltung, auch besser auf Hochschulreform-Maßnahmen anspricht. In der Tat konzentriert sich – wie in Kapitel III.2. dargestellt – ein auffallend großer Teil der Veränderungsprozesse auf den Bereich Lehre. Das Übergewicht scheint bereits so evident zu sein, dass allerorten Befürchtungen laut werden, die Forschung fände bald nur noch im „Schatten der Lehre“ (Schimank 1995) statt. Unübersehbar ist, dass politische Reformen wie der Bologna-Prozess das Verhältnis von Forschung und Lehre neu ordnen, indem sie Veränderungen der Studienstruktur und die Erhöhung der Absolventenzahlen in den Vordergrund stellen und der Lehre mehr Aufmerksamkeit schenken als der Forschung. Auch die Instrumente und Verfahren des NPM greifen vor allem im Bereich Lehre, der über Ergebnismessung, z.B. in Form von Absolventenzahlen, leichter zu beurteilen ist als die Forschung. Ähnliches gilt für die Qualitätssicherung. Während die Evaluationsverfahren im Bereich Lehre bereits
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relativ ausgereift und mit Eingriffsmöglichkeiten seitens der Organisation gekoppelt sind, wird die Forschungsevaluation weitgehend als freiwillige Selbstkontrolle ausgeübt. Insgesamt lässt sich die Lehre aufgrund ihres höheren Formalisierungsgrades nicht nur besser reformieren, sondern auch besser steuern als die Forschung. Während Universitätsleitungen über Forschungsleistungen kaum disponieren können, sind die Lehrleistungen relativ konkret plan- und überprüfbar. Damit ist die Lehre in gewisser Weise kompatibel mit ziel- und zweckgerichteten Organisations- und Managementtechniken, während sich Forschungsorganisation und Forschungsmanagement als „Steuerungsversuche zwischen Scylla und Charybdis“ (Mayntz 1985) erweisen: „Jede Organisationsform, jedes Finanzierungsverfahren, jede Art der arbeitsrechtlichen Beziehung zu den Mitarbeitern, jede Regelung von Verfahren bei der Repräsentation von Mitarbeiterinteressen, der Leistungsevaluation oder der Entwicklung von Forschungsthemen scheint an irgendeiner Stelle auf einem spannungsgeladenen Kontinuum zu liegen, dessen Pole zwei gegensätzliche Werte maximieren. Dies ist der Grund, warum es keine unproblematischen organisatorischen Lösungen gibt, sondern nur den Versuch, den Tiger zu reiten […]“ (dies., S. 31). Alles in allem lässt sich die Ausgangsfrage dieses Kapitels „Sind Universitäten Organisationen?“ mit einem „Ja“ beantworten, allerdings mit der Einschränkung, dass zum jetzigen Zeitpunkt schwerlich von „einer“ Organisation gesprochen werden kann. Vielmehr muss die Universitätsorganisation differenziert betrachtet werden, und zwar als lose verbundene, teilweise sogar brüchige Trias aus Verwaltung, Forschung und Lehre:
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Abb. 5 Kernproblem der derzeitigen Hochschulreform ist, dass ein stärkerer Zusammenhang und Zusammenhalt zwischen den drei Organisationsbereichen hergestellt werden soll, obwohl sie auf Grund ihrer individuellen Besonderheiten unterschiedliche Anforderungen an Organisation und Management stellen. Zusätzlich verstärkt wird dieses Problem durch die unterschiedliche Gewichtung der drei Organisationsbereiche. Forschung und Lehre bilden die Kernprozesse, ohne die es eine Universität nicht gäbe und die deshalb oberste Priorität genießen. Ohne hochwertige Leistungen in Forschung und Lehre wäre eine Universität nicht existenzfähig. Deshalb benötigen beide Bereiche bestmögliche Unterstützung, und diese leistet die Verwaltung durch ihren Service. Theorie und Praxis der Universitätsentwicklung und des Universitätsmanagements beschäftigen sich folgerichtig überwiegend mit den Organisationsbereichen Forschung und Lehre. Das bedeutet nicht, dass die Verwaltung gänzlich ausgeblendet wird, nur steht sie nicht im Mittelpunkt des Interesses. Vor diesem Hintergrund soll es in den nun folgenden Kapiteln 2.2. bis 2.5 darum gehen, die Organisation von Universitäten tiefer gehend daraufhin zu analysieren, wie es um ihre korporative Handlungsfähigkeit bestellt ist und welche Herausforderungen für Leitungskräfte sich daraus ergeben. Als theoretischer Reflexionsrahmen dienen dabei systemtheoretische Überlegungen, welche inzwischen nicht nur viele
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Organisationsentwicklungs- und Managementansätze prägen, sondern sich auch – so eine Grundannahme dieser Arbeit – besser als andere Zugänge eignen, die Universität in ihrer Besonderheit zu erfassen. 2.2. Organisation als System In der neueren Organisationslehre werden Organisationen häufig als Systeme charakterisiert (vgl. z.B. Hill/Fehlbaum/Ulrich 1994, S. 17, Schreyögg 1999, S. 14ff.), wobei allerdings die Vorstellungen, was unter einem System zu verstehen ist, zum Teil sehr unterschiedlich ausfallen. Die folgenden Ausführungen konzentrieren sich auf zwei System-Typen, die in der Literatur zum Thema Universitätsorganisation eine zentrale Rolle spielen. Dabei handelt es sich um das Handlungssystem und das soziale System. Bevor beide überblicksartig dargestellt werden, folgt zunächst eine allgemeine Abgrenzung des formal-instrumentellen Organisationsbegriffs vom systemischen Organisationsverständnis. 2.2.1. Kritik des instrumentellen Organisationsverständnisses Der Terminus „Organisation“ kann je nach wissenschaftlicher Perspektive unterschiedlich definiert werden. In der Betriebswirtschaftslehre dominierte jahrzehntelang ein instrumentelles Organisationsverständnis: „Geleitet von dem Ziel, Arbeitsabläufe zu rationalisieren, stand die organisatorische Regelung im Vordergrund des Interesses. Das Ergebnis des Gestaltungsprozesses (des ‚Organisierens’) verfestigt sich in der ‚Organisation’, die zur Struktur geronnene Regelung. Theorieleitend ist der Blickwinkel des Organisators, also des ‚Architekten’ der Organisationsstruktur. Grundsätzlich wird die Organisation als ein Instrument der Führung begriffen, das den Leistungsprozeß steuern hilft“ (Schreyögg 1999, S. 5). Dieser struktur- und regelfokussierten Betrachtungsweise steht inzwischen ein erweiterter sozialwissenschaftlicher Organisationsbegriff gegenüber, der über die formalen Aspekte hinaus auch die informellen Aspekte berücksichtigt. Damit wird der Blick frei „für das ganze soziale Gebilde, die geplante Ordnung und die ungeplanten Prozesse, die Funktionen aber auch Dysfunktionen organisierter Arbeitsabläufe, die Entstehung und die Veränderung von Strukturen, die Ziele und ihre Widersprüche“ (ders., S. 10). Die klare Kausalität der instrumentellen Betrachtungsweise wird dadurch in Frage gestellt: „Der instrumentelle Organisationsbegriff thematisiert das organisatorische Gestaltungsproblem – unausgesprochen – aus einem sehr engen Blickwinkel, nämlich dem rationalen Entwurf organisatorischer Strukturen. Eingeengt ist der Blickwinkel zum einen, weil vereinfachend unterstellt wird, daß die Regeln in der geplanten Form auch tatsächlich befolgt werden. Bedeutsamer aber noch ist, daß bei der instrumentellen Betrachtungsweise Abweichungen von organisatorischen Regelungen nicht erklärt werden können, dazu fehlt die Perspektive des Gesamtsystems“ (ders., S. 10f.).
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Die deutliche Eingeschränktheit des instrumentellen Organisationsbegriffs hat dazu geführt, dass sich mehr und mehr ein systemisches Verständnis durchsetzen konnte, wonach Organisationen komplexe Zusammenhänge „physikalischer, biologischer, personeller und sozialer Komponenten [sind,] die aufgrund der Zusammenarbeit von zwei oder mehr Personen für mindestens ein bestimmtes Ziel in einem spezifischen und systematischen Verhältnis zueinander stehen“ (Barnard 1938, S. 65). Organisationen sind also mehr als Strukturen und Regeln, die der Unternehmensführung dienen, sondern darüber hinaus ein Kooperationssystem von Individuen und Gruppen. Als Prototyp einer instrumentellen Organisation gilt die Bürokratie, so wie sie Max Weber beschrieben und analysiert hat. Danach besitzen Verwaltungsorganisationen höchste Zweckmäßigkeit für die Durchsetzung vorgegebener politischer Ziele. Sie dienen als Herrschaftsinstrument. Grob gesagt arbeiten Bürokratien ähnlich wie technisch perfekte Industriemaschinen, die aus einem vorgegebenen Input quasi auf Knopfdruck einen gewünschten Output produzieren und deshalb anderen Organisationsformen überlegen sind: „Der entscheidende Grund für das Vordringen der bürokratischen Organisation war von jeher ihre rein technische Überlegenheit über jede andere Form. Ein voll entwickelter bürokratischer Mechanismus verhält sich zu diesen genau wie eine Maschine zu den nicht mechanischen Arten der Gütererzeugung. Präzision, Schnelligkeit, Eindeutigkeit, Aktenkundigkeit, Kontinuierlichkeit, Diskretion, Einheitlichkeit, straffe Unterordnung, Ersparnisse an Reibungen, sachlichen und persönlichen Kosten sind bei streng bürokratischer, speziell: monokratischer Verwaltung durch geschulte Einzelbeamte […] auf das Optimum gesteigert“ (Weber 1922, S. 561f.). Diese Maschinenlogik wurde allerdings von Max Weber insofern selbst wieder in Zweifel gezogen, als er fragte, ob eine derart effiziente und qualifizierte Verwaltung auf Dauer ein neutrales Durchführungsorgan bleiben kann oder sich nicht doch früher oder später als eigenes Machtzentrum verselbstständigt. Zudem zeigte Weber auch die negativen Folgen auf, die eine „seelenlose“ Bürokratie (Weber 1924, S. 413) für die gesellschaftliche Entwicklung haben kann: Durch ihre sachliche und präzise Art der Aufgabenerledigung leistet sie einer „bureaukratischen Mechanisierung“ (ders.) der Welt mit der Folge Vorschub, dass auch die BürgerInnen mittelfristig nur noch als Rädchen in einem großen Staatsgetriebe behandelt werden und sich dementsprechend verhalten. Trotz dieser gravierenden Probleme, mit denen sich die Bürokratietheorie ausführlich beschäftigt hat (vgl. Mayntz 1997, S. 1ff.), ist das Bild der inputgesteuerten und rational planbaren (Industrie-)Maschine eine dominante Organisationsvorstellung sowohl im Non-Profit als auch im Profit-Bereich (vgl. Steinmann/Schreyögg 2000, S. 40ff.). In der neueren Organisationstheorie ist dieses Organisationsverständnis jedoch insbesondere durch zwei Ansätze in Frage gestellt worden: Den verhaltenswissenschaftlichen und den systemtheoretischen.
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2.2.2. Organisation als Handlungssystem Formale Strukturen und Regeln haben das Ziel, das Verhalten der MitarbeiterInnen so zu beeinflussen, dass sie bestimmten Erwartungen entsprechen und damit der Zweckbestimmung der Organisation dienen. In der alltäglichen Praxis gelingt das jedoch nur teilweise. Es gibt viele Gründe, warum Organisationsmitglieder von den vorgegebenen Regeln abweichen: „Zum Teil gibt es so viele Regelungen, daß sie gar nicht alle erfüllbar sind, zum Teil sind die Regeln widersprüchlich und bisweilen versuchen sich die Mitglieder den Regeln zu entziehen“ (Schreyögg 1999, S. 18). Eigenmächtige Regelverletzungen von MitarbeiterInnen können sogar sinnvoll und notwendig sein: „Dies ist meist dann der Fall, wenn die Situation, die der Regel als Annahme unterliegt und für deren Bewältigung sie geschaffen wurde, nicht mit der vorgefundenen Lage übereinstimmt, ja mehr noch, daß eine Anwendung der Regel Schaden anrichten würde, sei es, daß z.B. eine Lieferung verzögert oder die Herausgabe eines wichtigen Dokumentes verweigert würde. In allen diesen Situationen kompensieren Organisationsmitglieder nicht nur von sich aus Mängel im Regelsystem, sondern wirken regelfrei bzw. aktiv gestaltend in den Leistungsprozeß ein“ (ders.). Organisationsmitglieder können also nicht nur als ausführende Werkzeuge innerhalb einer perfekt funktionierenden Maschine, sondern müssen als handelnde Subjekte betrachtet werden und insofern in die Organisationsbetrachtung mit einbezogen werden. Dies tut der verhaltenswissenschaftliche Ansatz. Der Ansatz, Organisationen als Kooperationssysteme individueller AkteurInnen (Barnard 1938) zu betrachten, geht davon aus, dass Organisationen aus Handlungen bestehen: „Diese Tätigkeiten verschiedener Personen werden durch Koordination zu einem System“ (ders., S. 73). Dieses aus Handlungen bestehende Beziehungsgeflecht ist insofern entpersonalisiert, als im Ergebnis mehr entsteht als nur die Summe aller Teilhandlungen: „Nach der hier vertretenen Auffassung wird mit der Organisation, die entsteht, wenn man etwa die Anstrengungen von fünf Menschen zu einem System koordiniert, etwas Neues geschaffen, das nach Quantität und Qualität von der Summe der Bemühungen jener fünf Menschen wesentlich differiert“ (ders., S. 75). Organisationen sind daher immer durch eine bestimmte Unpersönlichkeit und Abstraktheit charakterisiert. Sie verfolgen eigenständige Ziele, welche mit den Zielen der für sie tätigen Personen nicht unbedingt übereinstimmen müssen. Die Unpersönlichkeit lässt sich z.B. daran verdeutlichen, dass Organisationen ihre Identität und Kontinuität wahren können, auch wenn im Laufe der Zeit die Mitglieder wechseln. Die für die Zielerreichung der Organisation notwendigen Handlungen werden unabhängig von den konkreten Personen in einer bestimmten Relation zueinander durchgeführt. Das bedeutet allerdings nicht, dass die OrganisationsteilnehmerInnen unwichtig sind. Sie sind es, die an ihrem Platz im System handeln und damit das Gesamtergebnis beeinflussen. Ein Ansatz, der den Personen einen relativ hohen
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Stellenwert für die Funktionstüchtigkeit von Organisationen beimisst, ist der Human-Ressourcen-Ansatz (vgl. Argyris 1957). In dessen Zentrum steht die Annahme, dass zwischen den Strukturen und Regeln der Organisation und dem individuellen Entfaltungsbedürfnis von MitarbeiterInnen ein Spannungsverhältnis besteht. Menschen können nur bedingt durch Machtausübung zu guten Leistungen gezwungen werden, vielmehr müssen sie durch Anreize dazu motiviert werden. Ziel des Human-Ressourcen-Ansatzes ist es deshalb, „Führungsprinzipien und Strukturmodelle zu entwickeln, die einen Zusammenklang von individueller Bedürfnisbefriedigung und ökonomischer Zielerreichung ermöglichen sollen“ (Steinmann/Schreyögg 2000, S. 59). Im Wesentlichen geht es also darum, eine Bindung zwischen Person und Organisation zu erzeugen. Vor diesem Hintergrund müssen Organisationen Personalentwicklung betreiben, d.h. Qualifizierungs- und Aufstiegsmöglichkeiten bieten, und die individuellen Entfaltungsmöglichkeiten vor allem durch Partizipation, transparente Informationen und Vertrauen befördern. Geschieht dies nicht, drohen hohe Reibungsverluste für die Organisation, weil die MitarbeiterInnen ihre Aufgaben aufgrund mangelnder Motivation möglicherweise nur suboptimal erfüllen und ihr Potential nicht in vollem Umfang zur Verfügung stellen. Insgesamt können Handlungen in diesem Kontext in zweierlei Hinsicht rational sein: Zum einen bezogen auf die Ziele der Organisation und zum anderen auf die subjektiven Ziele der Personen. Während im Human-Ressourcen-Ansatz der Handlungsbegriff relativ weit gefasst ist, fokussiert sich ein anderer bedeutender verhaltenswissenschaftlicher Ansatz auf die Entscheidungen als zentrales konstituierendes Element von Organisationen. Diese entscheidungstheoretische Sichtweise, die vor allem durch das Werk des Organisationstheoretikers und Nobelpreisträgers Herbert A. Simon (1945) breite Aufmerksamkeit erhielt, beschäftigt sich mit Entscheidungen innerhalb und außerhalb von Organisationen. Dabei wird davon ausgegangen, dass es eine Wechselwirkung zwischen Entscheidungen gibt und zwar solchen, die in der Umwelt der Organisation getroffen werden und solchen, die organisationsintern erfolgen. Während organisationsinterne Entscheidungen in erster Linie dazu dienen, die Erfüllung der Organisationsziele sowie das Überleben der Organisation zu sichern, ist unter einer relevanten externen Entscheidung z.B. der Entschluss von Individuen zu verstehen, ihre Fähigkeiten in den Dienst einer Organisation zu stellen. Zu den „Participants“ (March/Simon 1958, S. 89) einer Organisation zählen nicht nur MitarbeiterInnen und Führungskräfte, sondern auch z.B. InvestorInnen, LieferantInnen, KundInnen. Ausgangspunkt des entscheidungstheoretischen Ansatzes ist die Frage, wie Organisationen es schaffen, ihren Bestand durch Anpassungen an die sich verändernde Umwelt zu sichern. Als Hauptproblem stellt sich dabei vor allem die Wahl zwischen verschiedenen Handlungsoptionen dar. Es geht darum, die richtigen Entscheidungen zur richtigen Zeit zu treffen. Das Ziel von Organisationen ist zwar, diese Entscheidungsfindung möglichst rational in Bezug auf die Organisationsziele zu gestalten, doch zugleich sind die Entscheidungsprozesse abhängig vom
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menschlichen Verhalten und damit vom subjektiven Vermögen einzelner oder von Gruppen. Auch beim Entscheidungsverhalten spielt die Motivation eine große Rolle: „Each participant and each group of participants receives from the organization inducements in return for which he makes for the organization contributions“ (March/ Simon 1958, S. 84). Danach sind Organisationsmitglieder Individuen, die sich bewusst dafür entscheiden müssen, bestimmte Leistungen zu erbringen. Motivierend wirken sowohl materielle Anreize wie z.B. Gehaltszulagen als auch immaterielle Anreize wie z.B. Lob oder Auszeichnung. Wichtig für die Leistungsmotivation ist darüber hinaus, dass den Organisationsmitgliedern Entscheidungsspielräume gelassen werden: „Anders als der Herrschaftsmechanismus schreiben diese Mechanismen den Beschäftigten ihr Verhalten nicht vor, sondern versuchen, sie zu selbständigem Handeln im Organisationsinteresse zu bewegen“ (Berger/Bernhard-Mehlich 2001, S. 140). 2.2.3. Organisation als soziales System Während der verhaltenswissenschaftlich-entscheidungstheoretische Ansatz Organisationen vornehmlich als Systeme aufeinander bezogener Handlungen versteht, hat die moderne soziologische Systemtheorie, deren prominentester Vertreter Niklas Luhmann ist, diese Sichtweise modifiziert und radikalisiert sowie in den Kontext einer Gesellschaftstheorie gestellt. Der gesellschaftstheoretische Ansatz von Niklas Luhmann geht von der Frage aus, wie eine soziale Ordnung entsteht. Die Gesellschaft wird als soziales System verstanden, welches sich in verschiedene funktionale Teilsysteme ausdifferenziert, die untereinander in Beziehung stehen. Luhmann unterscheidet insgesamt 14 Funktionssysteme,27 zu denen u.a. die Politik, die Wirtschaft, die Wissenschaft, das Erziehungssystem und das Rechtssystem zählen. Wichtig ist, dass diese Funktionssysteme nicht hierarchisch geordnet sind, sondern gleichberechtigt nebeneinander stehen und daher ihre Leistungen gegenseitig berücksichtigen müssen: „Im politischen System werden Gesetze für die Wirtschaft erlassen, im Wirtschaftssystem wird die wissenschaftliche Forschung finanziert, im Erziehungssystem wird für die Arbeit ausgebildet“ (Baraldi et al. 1999, S. 69). Jedes Funktionssystem bringt Organisationen hervor, die bestimmte Teilaufgaben übernehmen. So arbeiten Universitäten – wie bereits dargestellt – dem Funktionssystem Wissenschaft (durch Forschung) und Erziehung (durch Lehre) zu. Soziale Systeme bestehen nicht aus Menschen, sondern aus Kommunikationen:28 „Der elementare, Soziales als besondere Realität 27 28
Eine Übersicht bietet Reese-Schäfer 2001, S. 176f. Zur näheren Definition des Kommunikationsbegriffs siehe z.B. Luhmann 2001 und ReeseSchäfer 2001, S. 79ff. Für Luhmann ist Kommunikation nicht automatisch als kommunikati-
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konstituierende Prozeß ist ein Kommunikationsprozeß“ (Luhmann 1987d, S. 193). Ein Sozialsystem entsteht, „wenn sich Kommunikation aus Kommunikation entwickelt“ (Luhmann 2002, S. 78). Die Kommunikationen eines Systems unterscheiden sich von denen anderer Systeme durch ihre Ausrichtung an einem spezifischen Code. Im Falle des Wissenschaftssystems lautet der Code wahr/unwahr. Diese beiden Parameter bestimmen die Operationen des Wissenschaftssystems. Das Erziehungssystem folgt dagegen dem Code gute/schlechte Zensuren. Das Besondere an Universitäten ist, dass sie als Organisationen sowohl dem Wissenschafts- als auch dem Erziehungssystem zuarbeiten. Dieser double-bind schafft eine Vielzahl von Problemen, so z.B. die schwierige Vereinbarkeit von Forschung und Lehre, von der bereits in Kapitel IV.2.1. ausführlich die Rede war. Organisationen sind soziale Systeme, „in denen das faktische Verhalten durch eine Struktur von besonders herausgehobenen formalen Erwartungen geordnet ist. Diese Struktur definiert die Grenzen eines Systems gegenüber einer veränderlichen Umwelt“ (Luhmann 1972, S. 29). Aufgabe der Struktur ist es, „die Identität des Systems gegenüber wechselnden Personen und Orientierungshaltungen“ zu sichern (ders., S. 29) und damit eine Organisation in ihrer Umwelt möglichst stabil zu halten. Doch da Organisationen nicht autark, sondern nur in Abhängigkeit von ihrer Umwelt existieren können, müssen sie auch in der Lage sein, sich verändernden externen Bedingungen anzupassen. Sie stehen permanent vor der Herausforderung, sich in einer „im ganzen nicht beherrschbaren Welt“ behaupten zu müssen (Luhmann 1999, S. 7). Dabei besteht eines der Hauptprobleme darin, dass Organisationen ihre Umwelt nur beobachten, aber nicht wirklich durchschauen, geschweige denn antizipieren können. Insofern müssen sie eine „doppelte Kontingenz“ bewältigen. Das bedeutet, wenn beispielsweise zwei Organisationen wie Universität und Ministerium aufeinander treffen, können sie sich gegenseitig weder komplett durchschauen, noch direkt beeinflussen: „Zwei black boxes bekommen es, auf Grund welcher Zufälle auch immer, miteinander zu tun. Jede bestimmt ihr eigenes Verhalten durch komplexe selbstreferentielle Operationen innerhalb ihrer Grenzen“ (Luhmann 1987d, S. 156). Universität und Ministerium stellen im Umgang miteinander zwar soviel Transparenz her, dass sie miteinander kommunizieren können, doch ansonsten bleiben sie getrennt. Was sie voneinander wahrnehmen können ist lediglich, welcher Input ins System hineingeht und welcher Output herauskommt, nicht aber welche inneren Verarbeitungsmechanismen stattgefunden haben. Diese erfolgen komplett autonom oder anders ausgedrückt „autopoietisch“. Die Systemtheorie ist in ihrem Denken stark beeinflusst durch das AutopoiesisKonzept des Biologen Humberto Maturana, der lebende Systeme durch ihre Fähigkeit charakterisiert, die Elemente, aus denen sie bestehen, selbst zu reproduzieren: „Jede Zelle ist das Ergebnis des Netzwerks interner Operationen des Systems, desves Handeln zu verstehen. Kommunikationen sind zwar von Handlungen nicht zu trennen, aber sehr wohl zu unterscheiden.
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sen Element sie ist – also nicht das Ergebnis eines externen Eingriffs“ (Baraldi et al. 1997, S. 29). Laut Luhmann sind auch soziale Systeme autopoietisch, wobei sich jedes soziale System durch eine spezifische Operationsweise auszeichnet, die in diesem System und nur dort stattfindet. Autopoiesis ist ein radikaler Ansatz. Entweder ein System ist autopoietisch und damit autonom oder nicht. Es gibt keine „relative Autonomie“ (Luhmann 2002, S. 116). Autonomie bedeutet nicht, dass Systeme unabhängig von ihrer Umwelt existieren, im Gegenteil. Vielmehr ist gemeint, dass Systeme durch Umweltveränderungen zwar irritier- und beeinflussbar sind, doch die notwendigen Anpassungen selbst organisiert hervorbringen müssen. Grundsätzlich hängt die Selbstorganisationsfähigkeit eines Systems entscheidend von der Bandbreite seiner Operationsmöglichkeiten ab, welche wiederum durch die Strukturen determiniert sind: „Je reicher das Strukturvolumen ist, umso größer ist die Vielfalt und umso stärker ist das System für sich selber auch als Determinator des eigenen Zustandes und der eigenen Operationen erkennbar“ (ders., S. 108). Bei ihren Operationen zeichnen sich autopoietische Systeme durch eine Geschlossenheit aus. Operative Schließung heißt, dass Systeme neue Elemente nicht losgelöst von früheren Operationen produzieren, sondern daran anschließen müssen. Soziale Systeme sind immer funktional, d.h. sie bilden sich als Lösung eines Problems aus. Sie tun dies, indem sie aus einer unendlichen Menge von Möglichkeiten, d.h. einer allumfassenden Komplexität, bestimmte Elemente selektieren und miteinander verknüpfen. Insofern stellt diese spezifische Selektion und Verknüpfung (griech. to systema) einerseits eine Reduktion von Komplexität dar: „Die logische Möglichkeit, jedes Element mit jedem anderen zu verknüpfen, kann kein System realisieren. Das ist der Ausgangspunkt aller Reduktion von Komplexität“ (Luhmann 1987d, S. 73). Andererseits zeichnen sich Systeme aber auch durch eine interne Komplexität aus, die sich durch Art und Zahl ihrer Verknüpfungen ergibt. Der Grad der internen Komplexität von Systemen ist nicht entscheidend für deren Überlebensfähigkeit. Es kann sein, dass sich weniger komplexe Systeme gegenüber hochkomplexen Systemen als wesentlich beständiger erweisen. Das hängt von der Umwelt ab, mit der soziale Systeme in einer engen Beziehung stehen (Luhmann 1999, S. 171ff.). Ein soziales System ist ohne seine Umwelt gar nicht denkbar, weil es sich aus ihr heraus entwickelt oder – systemtheoretisch ausgedrückt – ausdifferenziert. Durch die Selektion und Verknüpfung bestimmter Elemente grenzt sich ein System zwar von seiner Umwelt ab, steht aber weiter in Relation zu ihr. Wer ein soziales System verstehen will, muss sich dementsprechend fragen, aus welchem Grund es sich so und nicht anders aus der Umwelt ausdifferenziert hat bzw. welchen Sinn diese Ausdifferenzierung macht. Soziale Systeme sind sinndeterminiert. So besteht beispielsweise der Sinn von Universitäten zweifellos darin, Wissen zu schaffen. Diese „Mission“ determiniert nicht nur die Selektion und Verknüpfung der Systemelemente, sondern auch deren spezifische Ordnung: „[D]ie Teile müssen bestimmte, fixierte Relationen und Beziehungen untereinander eingehen“ (Krieger 1998, S. 12). Diese Ordnung kann als Struk-
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tur des Systems bezeichnet werden. Bezogen auf Universitäten bedeutet das, dass auch diese auf ihren Sinn hin ausgerichtete Strukturen ausbilden. Die Weiterentwicklung eines sozialen Systems erfolgt durch die evolutionäre Transformation der Struktur, also in Folge eines durch Umweltveränderungen ausgelösten Anpassungsdrucks. Das Evolutionskonzept ist insofern radikal, als es die Steuerungsfähigkeit von sozialen Systemen grundsätzlich in Frage stellt: Wenn beispielsweise Universitäten sich rein evolutionär weiterentwickeln, was gibt es noch zu managen und zu lenken? Während Luhmann deshalb folgerichtig einen Steuerungspessimismus an den Tag legt, nehmen andere SystemtheoretikerInnen in diesem Punkt eine wesentlich gemäßigtere Position ein. Bei ihnen sind Systeme sehr wohl steuerbar, jedoch bedeutet Steuerung nicht mehr, wie in gängigen Politik- und Managementansätzen üblich, in eine Organisation direkt einzugreifen, sondern die Organisation durch sensible Interventionen dazu anzuregen, sich autopoietisch zu verändern: „Es geht darum, ein Verständnis für die grundlegenden Schwierigkeiten der Intervention in komplexe Systeme zu erzeugen und deutlich zu machen, daß es […] nicht mehr genügt, auf ein Knöpfchen zu drücken, ein Gesetz zu machen, eine Anordnung zu geben, ein Medikament zu verschreiben oder eine neue Vorschrift zu erlassen“ (Willke 1996b, S. 4). Diesen unter dem Begriff „Kontextsteuerung“ bekannt gewordenen Steuerungskompromiss hat Luhmann allerdings äußerst kritisch gesehen und ihn, genauso wie Steuerung und Planung generell, in die Kategorie der „Verzweiflungskonzepte“ (Luhmann 1998, S. 777) eingeordnet. Diese wollen nicht akzeptieren, dass angesichts der Komplexität und Eigendynamik sozialer Prozesse Beeinflussungsversuche – in welcher Form auch immer – wenig bringen: „Könnte es sein, daß zu sehr mit rückwärtsgewandtem Blick gesucht wird und daß man bei Konzepten, die die Geschichte schon widerlegt hat, nochmals Hoffnung tankt, weil Hoffnung anders nicht zu haben ist?“ (ders., S. 777f.). Vor diesem Hintergrund stellt sich unweigerlich die Frage, ob der Steuerungspessimismus auch die Hochschulreform- und Hochschulmanagementkonzepte gilt sind oder ob diese Sichtweise nicht doch unrealistisch ist. Diese Frage kann in dieser Arbeit zwar nicht umfassend beantwortet, aber doch zumindest in einigen Punkten problematisiert und diskutiert werden. 2.3. Korporative Handlungs(un)fähigkeit von Universitäten Ohne Frage hat die Theorie sozialer Systeme die Organisations- und Managementtheorie nachhaltig beeinflusst. Die Fülle an Literatur zum systemischen Management oder zur systemischen Organisationsentwicklung belegt das eindrucksvoll (vgl. z.B. Schreyögg 1999, S. 90ff., Willke 1996b, S. 1ff., Malik 2002, Nagel/Wimmer 2002, Baumgartner et al. 2000).29 Dennoch ist sie noch immer wegen ihrer Ab29
Der Begriff „systemisch“ meint allerdings nicht immer nur ausschließlich die Theorie sozialer Systeme, sondern kann auch andere systemtheoretische Perspektiven mit einschließen: „’Systemtheorie’ ist heute ein Sammelbegriff für sehr verschiedene Bedeutungen und sehr ver-
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straktheit in der Praxis schwer vermittelbar. Das betrifft vor allem zwei Grundannahmen: Zum einen, dass Personen nicht zur Organisation, sondern zu deren Umwelt gehören und insofern durch ihr Handeln auch nur indirekt Einfluss auf das Geschehen innerhalb des Systems nehmen können; und zum anderen, dass sich Organisationen evolutionär und autopoietisch entwickeln und deshalb nicht im herkömmlichen Sinne gesteuert werden können. Diese systemtheoretischen Essentials stellen gängige Management- und Steuerungsvorstellungen radikal in Frage, weil sie das praktische Gestaltungshandeln fast aussichtslos wenn nicht gar obsolet erscheinen lassen. Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, wenn Reformansätze, deren primäres Ziel gerade darin besteht, durch direkte Verhaltenssteuerung konkrete Veränderungen herbeizuführen, für solche Überlegungen nur begrenzt ansprechbar sind. Das gilt auch für die Universitätsreform, die eher einem instrumentellen Organisationsverständnis folgt und daher glaubt, die Leistungen der Hochschulen mit Hilfe bestimmter Techniken gezielt beeinflussen zu können. Alleine die Vorstellung, dass weder PolitikerInnen noch ManagerInnen Universitätssysteme in ihrer Gesamheit lenken können, sondern dass diese eigensinnig ihrer spezifischen Logik folgen und allenfalls durch anspruchsvolle Interventionen langsam weiterentwickelt werden können, ist (noch) nicht anschlussfähig: „Gegenüber der in allen Bereichen von Gesellschaft, Organisation und persönlichen Beziehungen vorfindlichen Fixierung auf Kontrolle, Beherrschbarkeit und Machtausübung läßt sich eine vernünftigere Idee von Steuerung nur schrittweise und allmählich durchsetzen“ (Willke 1998, S. 330). Die Frage ist allerdings, ob es abgesehen von der geringen Praxiskompatibilität nicht auch legitime theoretische Gründe gibt, die systemtheoretische Haltung zur weitgehenden Handlungs- und Steuerungsabstinenz von Systemen in Frage zu stellen. Das gilt insbesondere für Organisationen, die faktisch über „eine gesamtsystemische Steuerungsinstanz in Form der Organisationsleitung“ verfügen und die als korporative Akteure, also als handelnde Systeme, in Erscheinung treten, indem sie beispielsweise eine Strategie verfolgen oder Verhandlungen führen (Schimank 1985, S. 422ff.). Deshalb hat der vorgestellte entscheidungs- und verhaltenswissenschaftliche Ansatz von March/Simon Organisationen als Handlungssysteme charakterisiert, d.h. als komplexe Verkettung einzelner Handlungen, welche zwar von Perso-
schiedene Analyseebenen“ (Luhmann 1987d, S. 15). Sie ist ein interdisziplinärer und universeller Forschungsansatz, der auch unter den Namen Kybernetik, Theorie der Selbstorganisation oder Konstruktivismus auftaucht. Sie ist begründet auf verschiedenen, z.T. recht weit voneinander entfernten Wissenschaftszweigen wie beispielsweise Informatik, Physik, Biologie, Psychologie, Ethnologie, Soziologie und Mathematik (vgl. Krieger 1998, S. 7). Die Theorie sozialer Systeme ist – wie der Name nahe legt – ein sozialwissenschaftlicher Ansatz. Wenn im folgenden Text von „Systemtheorie“ die Rede ist, ist nur die Theorie sozialer Systeme gemeint.
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nen ausgeführt werden, jedoch insgesamt einer eigenständigen Rationalität folgen, die unabhängig von Personen existiert: „It should be perfectly apparent that almost no decision made in an organization is the task of a single individual. Even though the final responsibility for taking a particular action rests with some definite person, we shall always find, in studying the manner in which this decision was reached, that its various components can be traced through the formal and informal channels of communication to many individuals who have participated in forming its premises. When all of these components have been identified, it may appear that the contribution of the individual who made the formal decision was the minor one, indeed“ (Simon 1976, S. 221).
Gemäß dieser Sichtweise spielt das Individuum für das Funktionieren des Handlungssystems schon eine Rolle. Es kann an seinem jeweiligen Platz durch motiviertes, kompetentes und vor allem kooperatives Handeln zur Leistungsfähigkeit des Systems beitragen, vorausgesetzt es verhält sich handlungsrational, d.h. auf die Ziele der Organisation bezogen. Auch bei Luhmann sind Organisationen in einem gewissen Sinne Handlungssysteme, also Systeme, „die aus konkreten Handlungen eines oder mehrerer Menschen gebildet sind“ (Luhmann 1999, S. 8), doch verwendet er einerseits einen äußerst ungewöhnlichen Handlungsbegriff30 und blendet andererseits Personen als Einflussgrößen weitgehend aus: „Die klassische Organisationslehre versteckt zahlreiche Probleme und tendiert dazu, den Einzelpersonen, besonders den Systemmitgliedern […] die Schuld zu geben – also Probleme aus dem System in die Umwelt der Persönlichkeiten und ihres Versagens abzuschieben“ (ders., S. 73f.). Wo Handeln nicht systemkonstituierend ist, zählt auch die Handlungsrationalität nicht. Rational ist vielmehr alles, was dem Systemerhalt dient. Diese Rationalitätsdefinition ist sehr viel umfassender und komplexer als das, was March/Simon unter Handlungsrationalität verstehen. Systemrationalität bezieht sich auf sämtliche Operationen des Systems, während handlungsrational nur das ist, was der Erreichung eines übergeordneten Ziels dient und das sind in erster Linie zweckmäßige Entscheidungen, die durch Personen getroffen werden. Im Gegensatz dazu müssen aus systemtheoretischer Perspektive weder Entscheidungen noch andere Handlungen zwangsläufig auf ein Ziel oder einen Zweck gerichtet sein (ders., S. 342). Zudem sind Entscheidungen nicht an Personen geknüpft. Die Auswahl aus der Fülle von Entscheidungsoptionen erfolgt mittels Programmen. Diese ermöglichen durch die Herstellung von Handlungsmustern die Komplexität der Welt, also das Übermaß an Möglichkeiten, so zu reduzieren, dass sie – mit welchem Ergebnis auch immer – verarbeitet werden kann.
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Bei Luhmann sind Handlungen eine Art Nebenprodukt von Kommunikationen und damit keine systemkonstituierenden Bestandteile (für eine nähere Erklärung siehe Reese-Schäfer 2001, S. 79).
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Der mangelnde Akteursbezug (Schimank 1985) der Theorie sozialer Systeme war immer wieder Gegenstand wissenschaftlicher Auseinandersetzungen: „Da ohnehin keine Handlung ohne System und kein System ohne Handlung konstituiert werden kann, ist es empfehlenswert, auf die Kontrastierung zwischen Handlungstheorie und Systemtheorie zu verzichten“ (Reese-Schäfer 2001, S. 80). Dennoch hat der „methodologische Antihumanismus“ (ders., S. 79) Luhmannscher Prägung insofern eine Berechtigung, als, wie bereits Chester I. Barnard und nach ihm March/Simon festgestellt haben, Organisationen eben nicht gleichzusetzen sind mit dem Handeln einzelner Personen, sondern sich erst durch die Verknüpfung der Einzelhandlungen herausbilden. Dass es so etwas wie eine korporative Handlungsfähigkeit gibt, hat auch Luhmann eingeräumt. Diese gilt bei ihm sogar als „eine der wichtigsten frühen evolutionären Errungenschaften sozialer Systeme“ (ders., S. 273), mit der sie „ihren Einfluss auf die Umwelt kontrollieren und gegebenenfalls variieren“ (ders., S. 274). Sie zählt zu den Grundvoraussetzungen für eine erfolgreiche gesellschaftliche Entwicklung: „Man weiß, dass Gesellschaftssysteme, die keine Möglichkeit haben, kollektive Handlungsfähigkeit auszubilden, ein geringes Entwicklungsniveau nicht überschreiten“ (ders.). Allerdings sind nicht alle sozialen Systeme handlungsfähig. So hat Schimank (1985, S. 430) herausgearbeitet, dass die übergeordneten gesellschaftlichen Funktionssysteme wie Wirtschaft, Politik und Wissenschaft nicht selbst aktiv werden können. Sie benötigen dazu u.a. formale Organisationen wie z.B. Unternehmen oder Universitäten: „Diese handlungsfähigen Sozialsysteme können nicht nur das Handeln von Akteuren regulieren, sondern selbst als Akteure auftreten – was nichts anderes heißt, als daß ihnen Handeln zugerechnet werden kann“ (ders., S. 427). Anders als bei Luhmann folgt das Handeln dieser korporativen Akteure laut Schimank sehr wohl einem „Zweck-Mittel-Schema“ oder – anders ausgedrückt – einem Ziel, welches sich an der Interessenlage des jeweiligen korporativen Akteurs orientiert. Das Ziel bestimmt die Auswahl der Handlungsalternativen und wirkt damit verhaltenssteuernd. Ein handlungsfähiges Sozialsystem ist darauf ausgerichtet, seinen Interessen Geltung zu verschaffen, indem es sich einen möglichst großen Einfluss auf seine Umgebung sichert. Genau in diesem Punkt wurde und wird – wie in den zurückliegenden Kapiteln ausführlich dargestellt – eine der größten Schwächen von Universitäten gesehen. Die „höchst instabile“ korporative Handlungsfähigkeit von Universitäten (Schimank 2004a, S. 303) resultiert daraus, dass Hochschulen in ihrem Aufbau und ihrer Funktionsweise nach wie vor eher Interessens- als Arbeitsorganisationen ähneln. Interessensorganisationen bauen sich von unten auf, d.h. „individuelle Einflusspotentiale wie Macht, Geld oder Wissen werden durch den organisatorischen Zusammenschluss gebündelt und können dann effektiver für die Durchsetzung der je individuellen, aber gemeinsamen Interessen eingesetzt werden – insbesondere auch deshalb, weil potentielle Konkurrenzkonstellationen zwischen Individuen in Kooperationskonstellationen transformiert werden“ (ders., S. 300). Da Interessensorga-
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nisationen freiwillige Zusammenschlüsse von Individuen sind, bedeutet das im Umkehrschluss, dass „die Zielsetzungen dieser Art von Organisationen an gemeinsame Interessen ihrer Mitglieder rückgebunden bleiben“ (ders., S. 301). Im Gegensatz dazu werden Arbeitsorganisationen von einer übergeordneten Instanz eingerichtet, also z.B. durch einen Träger, und besitzen damit von vornherein die Möglichkeit, sich über die individuellen Motivlagen ihrer Mitglieder hinwegzusetzen. Die Folge ist, dass die in der Arbeitsorganisation beschäftigten Personen sich in zwei Gruppen aufteilen: Auf der einen Seite diejenigen, die an der Leistungsproduktion interessiert sind (Management, Träger, BesitzerInnen, AktionärInnen etc.), und diejenigen, die gegen ein Entgelt ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellen, um an der Leistungserstellung mitzuwirken (MitarbeiterInnen, Personal). Nach March/Simon (1958, S. 35ff.) verpflichten sich in Arbeitsorganisationen individuelle AkteuerInnen für bestimmte Anreize Beiträge zur Leistungserstellung des korporativen Akteurs zu bringen. In Interessensorganisationen besitzt dieser Mechanismus dagegen einen eher niedrigen Stellenwert. Da die Mitglieder von Interessensorganisationen tendenziell gleichrangig sind, fehlt – zumindest formal – ein Machtgefälle. Dieser Zustand dauert allerdings nicht unbegrenzt an. Vielmehr ist es wahrscheinlich, dass sich mittel- bis langfristig die Rollen unterschiedlich verteilen. Entscheidungsprozesse, die anfänglich noch basisdemokratisch verliefen, werden früher oder später an das Führungspersonal delegiert. Es entsteht ein ähnlich hierarchisches Gefälle wie in Arbeitsorganisationen, allerdings mit dem Vorteil, dass die Mitglieder einer Interessensorganisation selbst die hierarchische Struktur setzen, der sie unterworfen sind und zudem ihr Führungspersonal selbst wählen (Schimank 2004a, S. 302). Trotzdem ist die Gefahr groß, dass die Hierarchisierung zu einer Entfremdung der Leitungsebene von der Basis führt und dass sich die Organisationsspitze entfernt. Es kommt zu einer „Oligarchisierung“. Damit ist die Tendenz gemeint, „dass solche ursprünglich ‚von unten’ gebildeten korporativen Akteure sich […] gegenüber ihren Mitgliedern verselbständigen“ (ders., S. 304). Das führt auf Seiten der Organisationsmitglieder dann häufig zu Unzufriedenheit, internen Streitigkeiten bis hin zu Blockaden und Kündigungen. Dadurch wiederum gerät auch die Handlungsfähigkeit des korporativen Akteurs in Gefahr. Die Handlungsfähigkeit sozialer Systeme ist also keine Selbstverständlichkeit, sondern muss durch geeignete Maßnahmen kontinuierlich gepflegt oder wiederhergestellt werden. Universitäten sind schon lange keine reinen Interessensorganisationen mehr, sondern haben bereits die Stufe der Oligarchisierung erreicht (Clark 1983, S. 139ff.). Gleichzeitig sind sie aber auch noch keine wirklichen Arbeitsorganisationen, zumindest nicht in den eher selbstorganisierten Bereichen Forschung und Lehre. Die Praxis des Universitätsmanagements und der Universitätsentwicklung müht sich seit Jahren mit der Frage, wie viele und welche Eigenschaften der Interessensorganisation bewahrt bleiben und wie viele und welche Eigenschaften der Arbeitsorganisation hinzukommen müssen, damit sich Universitäten als korporativer Akteur in gesellschaftlichen Aushandlungsprozessen besser positionieren und ihre Rolle als
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führende Wissensorganisationen wieder einnehmen können. Insgesamt jedoch hat die Hochschulreform die Entwicklung in Richtung Arbeitsorganisation stark forciert. Dabei steht vor allem ein Ziel im Vordergrund: Mehr Handlungsrationalität. 2.4. Universitätsmanagement als „Sensible Foolishness“ Wie alle Sozialsysteme wollen sich Universitäten dem externen Wandel zunächst nicht anpassen, sondern ihre Struktur, die ihnen ihre Identität verleiht, stabil halten. Das gelingt jedoch nur bis zu dem Punkt, an dem die Umweltveränderungen so massiv werden, dass sich Universitäten bewegen müssen, wenn sie bestehen bleiben wollen. Wie gut die dann unausweichlichen Anpassung gelingen, hängt wiederum wesentlich von der Beschaffenheit der universitätsinternen Struktur ab. Diese entscheidet darüber, inwiefern die jeweilige Hochschule in der Lage ist, Operationen vorzunehmen, die zu einer adäquaten Selbsttransformation führen. Dabei ist nicht gesagt, dass eine hochkomplexe Struktur die Veränderungsfähigkeit per se erhöht. In manchen Situationen können einfachere Strukturen wesentlich nützlicher sein. Welcher Grad an Komplexität für universitärere Strukturen angemessen ist, darüber gibt es unterschiedliche Auffassungen (vgl. z.B. Kehm/Pasternack 2001). Konsens ist jedoch, dass Strukturfragen den Kern der Hochschulreform bilden und infolgedessen auch die meiste Reformenergie auf dieses Thema verwendet wird. Die Struktur ist zwar von zentraler Bedeutung für die Überlebensfähigkeit eines Systems, dennoch gibt es neben der formalen auch noch eine personale Seite, die in ihrer Bedeutung nicht zu unterschätzen ist. Die beste Strukturveränderung bleibt wirkungslos, wenn es nicht Personen gibt, welche die neuen Aufgaben, die eine solche Weiterentwicklung immer mit sich bringt, ausfüllen können. Die personale Seite von Universitäten betrifft das Kooperationssystem von Individuen und Gruppen, also die mikropolitische Ebene, und umfasst „letztlich alle Arten von individuellen oder auch kollektiven Aktivitäten in einer Organisation, über die einzelne oder Gruppen ihre organisationsbezogenen Eigeninteressen verfolgen“ (Schimank 2004a, S. 306). Wie in den zurückliegenden Abschnitten deutlich wurde, ist in Universitäten die Verfolgung von Eigeninteressen besonders ausgeprägt. Die ausgedehnte individuelle Autonomie der WissenschaftlerInnen gilt als eine der Hauptursachen für die mangelnde kollektive Handlungsfähigkeit von Universitäten. Weder die Leitungskräfte in den Präsidien/Rektoraten oder in den Dekanaten, geschweige denn die Verwaltung waren lange in der Lage, dieses anarchische Moment so zu kanalisieren, dass ein ausreichend stark vernetztes und aufeinander bezogenes Handlungssystem entstehen konnte (vgl. Kapitel IV.2.2.2.). Als ein probates Gegenmittel gilt seit geraumer Zeit vor allem die Bildung und Umsetzung gemeinsamer Ziele (siehe Kapitel IV.1.3.). Vor diesem Hintergrund haben fast alle Universitäten inzwischen Leitbilder, Strategiekonzepte und darauf bezogene Zielvereinbarungen eingeführt, in der Hoffnung, dass sich dadurch das Spannungsverhältnis zwischen zentralen und dezentralen Interessen nicht nur zugunsten einer verbesser-
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ten gemeinsamen Handlungsfähigkeit, sondern auch einer deutlich verbesserten Handlungsrationalität auflösen lässt. Durchschlagende Erfolge lassen in diesem Punkt allerdings noch auf sich warten. Das liegt zum einen daran, dass Wissenschaft und Verwaltung immer noch relativ „entfremdete“ Organisationsbereiche sind, die nur schwerlich zu gemeinsamen Zielen finden. Zum anderen – und dieses Argument wiegt weitaus schwerer – wird die starke Stellung des Individuums nach wie vor als Grundbedingung erfolgreicher wissenschaftlicher Arbeit betrachtet: „Das wichtigste Produktionsmittel – das Wissen – befindet sich in der Hand der Experten. Die Organisation muß daher Arbeitsbedingungen schaffen, die dem Mitarbeiter die Entwicklung seiner Professionalität ermöglichen und seine Leistungsbereitschaft sicherstellen“ (Grossmann/Pellert/Gotwald 1997, S. 25). Infolgedessen hat die „Expertenorganisation“ Universität Probleme, ihre Mitglieder an sich zu binden: „Der Experte identifiziert sich weniger mit der Organisation, in der er arbeitet, sondern stärker mit seiner Profession, der er angehört. Man sieht sich eher als Vertreter eines bestimmten Faches (z.B. Onkologie, Psychologie, Geografie), denn als Mitarbeiter […] einer bestimmten […] Universität“ (dies., S. 26). Eine Organisation handelt nicht, sobald ein bestimmtes Mitglied aus eigenem Interesse handelt, sondern erst, wenn dieses Mitglied im Namen der Gesamtheit handelt: „Und damit Einzelpersonen für die Gesamtheit entscheiden und handeln können, muß es Regeln geben, die festlegen, wo die Grenzen der Gesamtheit liegen, wann eine Entscheidung getroffen und wann die Vollmacht zum Handeln an einzelne delegiert wurde“ (Argyris/Schön 1999, S. 24). In Universitäten gibt es vergleichsweise wenige Personen, die autorisiert sind, für die Gesamtheit zu sprechen und zu handeln. Dazu gehören die RektorInnen/PräsidentInnen sowie mit Einschränkungen die VizerektorInnen/VizepräsidentInnen, DekanInnen und KanzlerInnen, wobei letztere meist nur autorisiert sind, für die Verwaltung einzustehen, nicht aber für den akademischen Bereich. Dieser enge Kreis an Leitungskräften trägt sowohl nach innen als auch nach außen die Hauptverantwortung dafür, dass sich das System „Universität“ innerhalb seiner Umwelt erfolgreich behaupten kann. Insofern sind sie auch die HauptakteurInnen der Hochschulreform und stehen vor der Herausforderung, Universitäten trotz widriger Bedingungen, wie z.B. eine chronische Unterfinanzierung, zielgerichteter als bisher zu managen und als Organisation zu entwickeln. Als die dafür erfolgversprechendste Methode gilt das Führen mit Zielvereinbarungen. Wer mit Zielen führt, muss diese zunächst klar benennen und sein Handeln später daran messen lassen. Die Hoffnung ist, dass durch das Führen mit Zielvereinbarungen die Erwartbarkeit wissenschaftlicher Leistungen sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht gesteigert werden. Die besondere Schwierigkeit, welche Leitungskräfte in Universitäten zu überwinden haben, ist, ihre Organisation dazu zu bringen, kalkulierbare Ergebnisse zu erzeugen, obwohl diese in ihrem Or-
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ganisationsverhalten nur „begrenzt rational“ (Simon 1976) sind (siehe auch Kapitel IV.1.3.). Der am häufigsten rezipierte Ansatz zur Erklärung und Analyse der begrenzten Rationalität von Universitäten ist das „garbage can model of organizational choice“ (Cohen/March/Olsen 1972). Danach gleichen Hochschulen in ihrem Entscheidungsverhalten Papierkörben (garbage cans), die mit unsystematischen Ansammlungen aus Sachverhalten, Gefühlen, Problemen, Auswahlmöglichkeiten und Lösungen vollgestopft sind. Deren Aufeinandertreffen folgt keiner kausalen Logik und auch die sich daraus ergebenden Handlungen sind eher zufällig: „Entscheidungen resultieren in solchen Situationen weniger aus sachlichen Erfordernissen als aus Entscheidungsgelegenheiten, aus auftretenden weiteren Problemen, die Lösungen erzwingen und aus den Interessen diverser Einflussgruppen“ (Hanft 2000, S. 6). Organisationshandeln von Universitäten erfolgt demnach nicht primär aufgrund stringenter Planungen oder einer klaren zeitlichen und personellen Ordnung, sondern in einem Strom gleichzeitig stattfindender Prozesse. Dadurch entsteht eine organisationsinterne Ambiguität, d.h. Mehrdeutigkeit und Unübersichtlichkeit. Diese Eigenschaft, die nicht nur Universitäten, sondern auch Wirtschaftsunternehmen und andere Organisationsformen aufweisen, ist nicht per se negativ zu verstehen. Vielmehr gehört Ambiguität zum Alltag jeder Organisation, und der Umgang mit ihr zählt zu den wichtigsten Überlebensstrategien. Mehrdeutigkeit und Unübersichtlichkeit können Handlungen zwar erheblich erschweren, weil sie die Komplexität und damit die Zahl der Entscheidungsmöglichkeiten erhöhen, aber zugleich entstehen dadurch auch Spielräume und unverhoffte Gelegenheiten, die kreativ genutzt werden können: „Diese Fähigkeit wird in hochkomplexen, nicht mehr zentral koordinierbaren (heterarchischen) Systemen wie Gehirnen oder Gesellschaften mit steigender Komplexität immer wichtiger“ (Luhmann 1987b). Universitäten gehören zweifelsfrei zu solchen hochkomplexen, heterarchischen Systemen, die es nicht nur verstehen, sich Spielräume zu schaffen und diese auch zu nutzen, sondern diese auch für die Entfaltung ihres kreativen Potentials dringend benötigen. Trotz der bislang unterentwickelten Steuer- und Planbarkeit des Organisationshandelns von Universitäten weisen sie eine hohe Überlebensfähigkeit auf: „Heraclitus said that ‚nothing endures but change’. About universities it might be said, instead, that ‚everything else changes, but the university mostly endures’ […] About eigthy-five institutions in the Western world established by 1520 still exist in recognizable forms, with similar functions and with unbroken histories, including the Catholic church, the Parliaments of the Isle of Man, of Iceland, and of Great Britain, several Swiss cantons, and seventy universities“ (Kerr 1982, S. 152).
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Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob Universitäten als Organisationen tatsächlich so defizitär sind, wie sie im Kontext der Hochschulreform erscheinen, oder ob es sich nicht vielmehr um ausgesprochen erfolgreiche Organisationen handelt, die gerade deshalb so überlebensfähig sind, weil sie durch ihr anarchisches Wesen ein Maß an Mehrdeutigkeit und Unübersichtlichkeit aushalten und kreativ nutzen, dem andere Organisationen nicht gewachsen sind? Um sich der Beantwortung dieser Frage zu nähern, ist ein weiterer Blick auf den entscheidungstheoretischen Ansatz der „begrenzten Rationalität“ hilfreich. Dieser geht davon aus, dass Organisationen, egal welchen Typs, niemals vollständig rational handeln können, weil sie stets mit Unsicherheiten, Unordnung und plötzlichen Umweltveränderungen umgehen müssen und damit zu keinem Zeitpunkt über die Menge an Informationen verfügen, die notwendig wäre, um die Gesamtsituation komplett richtig einschätzen zu können. Vollkommen rationale Entscheidungen sind nur dann möglich, wenn die Informationsbasis so umfassend ist, dass sämtliche möglichen Konsequenzen jeder möglichen Verhaltensweise kalkuliert werden können (Hill/Fehlbaum/Ulrich 1994, S. 64f.). Da diese Konstellation rein hypothetisch ist und in der Realität nie vorkommt, muss stattdessen davon ausgegangen werden, dass EntscheiderInnen in Organisationen tatsächlich unter den Bedingungen unvollständigen Wissens, mangelnder Vorhersagbarkeit zukünftiger Ereignisse und eingeschränkter Auswahl an Entscheidungsalternativen handeln (Simon 1976, S. 81ff.). Zweifellos ist es der Anspruch jedes Managements, durch ein möglichst gutes Informationssystem über eine möglichst umfassende Wissensbasis zu verfügen, zukünftige Ereignisse durch ausgefeilte Planungsinstrumente möglichst zutreffend zu erfassen und durch innovative Strategien die Auswahl an Entscheidungsalternativen so groß wie möglich zu gestalten. Dennoch bleibt immer ein mehr oder minder großer Rest an Unsicherheit und Nicht-Wissen. Deshalb können im Organisationsalltag in der Regel keine optimalen, sondern „nur“ befriedigende Entscheidungen getroffen werden (Simon 1976, March/Simon 1958). Bei Entscheidungen, welche in einem komplexen Kontext getroffen werden müssen, ist die Gefahr groß, falschen Einschätzungen zu unterliegen und auf dieser Basis die falschen Alternativen auszuwählen. Deshalb trachten EntscheiderInnen in Organisationen danach, die Komplexität möglichst zu reduzieren und damit die Entscheidungssituationen zu vereinfachen, so z.B. durch eine Arbeitsteilung (Simon 1976, S. 102ff.). Organisationen machen komplexe Probleme bearbeitbar, indem sie diese in Teilprobleme splitten und die Arbeit entsprechend unter ihren Mitgliedern aufteilen. Auch Machtstrukturen reduzieren Komplexität, indem sie die Verhaltensmöglichkeiten der Organisationsmitglieder einschränken und damit – positiv ausgedrückt – von Unsicherheit entlasten. Dennoch kann Komplexität niemals vollständig beherrscht werden. Viele Managementansätze folgen dennoch der kurzschlüssigen Illusion „mit genügend Aufwand alles in beliebigem Detail unter Kontrolle bringen zu können“ (Malik 2002, S. 35).
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Auch in der Universitätsreform besteht die Gefahr, dieser Illusion aufzusitzen. Schließlich besteht eines der Hauptziele der laufenden Veränderungsprozesse darin, die Steuerbarkeit von Universitäten zu optimieren und damit die inhärente „Irrationalität“ in Form von Impulsivität, Spontaneität oder Kreativität besser in den Griff zu bekommen. Die „Irrationalität“ von Universitäten wird nicht als Stärke oder Ressource gesehen, sondern als etwas, dass durch ein besseres Management gebändigt und einer größeren Rationalität zugeführt werden muss. Dabei soll auch das Führen mit Zielvereinbarungen helfen, indem es die Zielgerichtetheit und damit die Rationalität des Handelns verbessert. Die Frage ist, ob dieser Ansatz genug „sensible foolishness“ (Cohen/March 1986, S. 223) aufweist, die offenbar notwendig ist, um solche begrenzt rationalen Organisationen wie Universitäten wirksam managen und entwickeln zu können. Unter „sensibler Verrücktheit“ verstehen Cohen und March einen spielerisch-kreativen Umgang (playfulness) mit Strukturen, Regeln und Zielen, ohne jedoch dabei ein gewisses Maß an Ordnung und Stringenz, welches für das Bestehen von Organisationen notwendig ist, zu unterschreiten: „Playfulness allows experimentation at the same time that it acknowledges reason“ (dies., S. 225). „Sensible foolishness“ ist ein Plädoyer für die Verbindung von Kreativität und Rationalität, um über Stabilität und Routine hinaus den Blick für neue Möglichkeiten zu öffnen und damit der Organisation Entwicklungspotentiale zu erschließen. Eine allzu starre Orientierung auf festgelegte Ziele sowie deren konsistente Umsetzung und Rationalität versperrt oft den Blick auf Innovationen: „A strict insistence on purpose, consistency, and rationality limits our ability to find new purposes. Play relaxes that insistence to allow us to act ‚unintelligently’ or ‚irrationally’ or ‚foolishly’ to explore alternative ideas of purposes and alternative concepts of behavioral consistency“ (dies.). Cohen und March vertreten deshalb einen Managementansatz, der Kreativität und Rationalität nicht als Gegensätze, sondern als zwei Seiten einer Medaille betrachtet, die zu einem „best mix of styles“ (dies.) verbunden werden müssen. Dieser „best mix of styles“ setzt den Mut und die Bereitschaft zu einem teilweise experimentierfreudigen und unorthodoxen Umgang mit Managementinstrumenten voraus. Organisationshandeln von Universitäten kann nicht immer als direkte oder strikte Folge von Organisationszielen betrachtet werden. Vielmehr finden in Universitäten sowie in deren Umwelt fortlaufend Prozesse statt, welche diese Ziele in Frage stellen und mitunter zu nicht-intendierten Handlungen führen. Ziele sollten deshalb in regelmäßigen Abständen hinterfragt und auf Alternativen geprüft werden. Ähnliches gilt auch für Planungen, die in den seltensten Fällen in der Lage sind, als konsistenter Zukunftsentwurf die tatsächlichen Ereignisse vorwegzunehmen, sondern in der Regel ständig revidiert werden müssen. Führungskräfte in Universitäten sollten akzeptieren, dass ihre Möglichkeiten zur Planung und Steuerung begrenzt sind und damit offensiv umgehen, indem sie die Lücken, die insbesondere durch Nicht-Wissen entstehen, identifizieren und mit neuen Ideen füllen. Dafür kann auch intuitives Handeln nützlich sein, insbesondere dann, wenn schnelle Ent-
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scheidungen erforderlich sind und keine Zeit für die Einholung umfassender Informationen bleibt. Insgesamt stellt der Ansatz der begrenzten Rationalität also den naiven Machbarkeitsglauben in Frage, auf dem viele Managementansätzen basieren. Diese Perspektive teilt er – bei aller sonstigen Unterschiedlichkeit – mit neueren systemischen Managementkonzepten, die in Anlehnung an die Systemtheorie Organisationen als komplexe Systeme betrachten. Diese folgen ihren individuellen Gesetzmäßigkeiten und können deshalb nur dann wirkungsvoll gesteuert werden, wenn deren spezifische strukturelle Bedingungen und Operationsweisen beachtet werden: „Wenn man sie kennt, lassen sich offenbar ihre grundsätzlichen Verhaltensmöglichkeiten und ihre wahrscheinlichen Entwicklungen viel besser verstehen, erklären, prognostizieren als mit Mitteln z.B. der Ökonomie oder der Trendforschung“ (Malik 2002, S. 14). Managen heißt also nicht, fertige Rezepte anwenden und ein System beherrschen zu wollen, sondern ein angemessenes Verständnis für die Besonderheiten seiner Organisation zu besitzen und auf dieser Basis beurteilen zu können, was ein System leisten kann und was nicht. 2.5. Zielorientiertes Führen als besondere Herausforderung für Leitungskräfte Es sind vor allem die RektorInnen/PräsidentInnen, VizerektorInnen/VizepräsidentInnen und DekanInnen, welche vor der Herausforderung stehen, den „best mix of styles“ für das zielgerichtete Universitätsmanagement unter Bedingungen begrenzter Rationalität zu finden. Dabei geht es im Wesentlichen darum, eine „besondere Art von Einflussprozessen“ (Hill/Fehlbaum/Ulrich 1994, S. 104) zu entwickeln, die nicht nur geeignet ist, die Organisationsstrukturen angemessen zu verändern, sondern vor allem auch die für die Hochschule tätigen WissenschaftlerInnen dazu zu bringen, ihre Leistungsfähigkeit weniger in den Dienst des eigenen Erfolgs, sondern verstärkt in den Dienst des Erfolgs der Gesamtorganisation zu stellen. Bei der Gestaltung dieser Einflussprozesse sind vor allem drei Bereiche besonders zu beachten. 2.5.1. Motivation und Anreize Auf die starke Stellung der Personen in der Expertenorganisation „Universität“ wurde bereits im vorhergehenden Kapitel hingewiesen, ebenso auf deren hohe Freiheit und Eigenständigkeit sowie der daraus resultierenden mangelhaften Möglichkeit der Fremdkontrolle. Als weitere Schwierigkeit des ExpertInnen-Managements kommt – so paradox es auch klingen mag – die hohe intrinsische Motivation hinzu, die als Voraussetzung für eine erfolgreiche und erstklassige forscherische Tätigkeit gilt: „Experten sind aufwendig ausgebildet und haben viel Zeit und Geld in den Aufbau ihrer Expertise investiert, die einen hohen Spezialisierungsgrad er-
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reicht“ (Grossmann/Pellert/Gotwald 1997, S. 25). Daraus beziehen sie ihren besonderen Status: „Unabhängig davon, ob man die alles durchdringende Professionalisierung, die Intellektuellen als neue Klasse, die Wissenschaftler und Ingenieure als neue Priester oder die Experten als Wissenselite betont, die zentrale Prämisse ist die, daß der Besitz und die Kontrolle der knappen Ressource Wissen ein sehr wertvolles Mittel in der modernen Gesellschaft ist“ (Stehr 1994, S. 112). Infolgedessen können wissenschaftlich Tätige nicht wie einfache MitarbeiterInnen behandelt und von einer übergeordneten Instanz angewiesen werden, dies und jenes zu tun, sondern sie müssen von sich aus dazu bereit sein und sich dazu selbst verpflichten (Pellert 1999, S. 166). Diese Selbstverpflichtung wiederum läuft nur über eine entsprechende Motivation der Beteiligten. Seine theoretischen Wurzeln hat das „Management durch Motivation“ zum einen im Human-Ressourcen-Ansatz und zum anderen in der Anreiz-Beitrags-Theorie (vgl. Kapitel IV.2.2.2.). Das darauf basierende verhaltenswissenschaftlich geprägte Managementverständnis geht davon aus, dass es einen Grundkonflikt zwischen dem Individuum und der Organisation gibt, der darin besteht, dass die formale Organisationsstruktur die Entfaltungsbedürfnisse der MitarbeiterInnen eher hemmt als fördert (vgl. Argyris 1957). Daraus können Enttäuschungen, Frustrationen und Konflikte resultieren, die umso wahrscheinlicher werden, je strikter die formale Organisation und je reifer und entwickelter die Persönlichkeiten der MitarbeiterInnen sind: „[T]he greater the conformity of the job characteristics to the self-characterization held by the individual, the higher the level of satisfaction. Dissatisfaction arises from the disparity between reality and the ego-ideal held by the individual“ (March/Simon 1958, S. 94). Infolgedessen muss das Management darauf achten, dass eine möglichst hohe Übereinstimmung zwischen den Zielen der Organisation und den Zielen der MitarbeiterInnen besteht. Je kongruenter diese sind, desto höher die Motivation der MitarbeiterInnen, sich für die Ziele der Organisation einzusetzen. Diese Annahme liegt auch dem Führen mit Zielvereinbarungen zugrunde. Unter Motivation sind bewusste und unbewusste Beweggründe für ein bestimmtes Verhalten zu verstehen (vgl. von Rosenstiel et al. 1983). Wer Mitglied einer Universität wird, hat also spezifische Gründe dafür. Was ihn reizt, sind vermutlich gerade die Freiheit und Unabhängigkeit, die er hier genießt und vor allem die Möglichkeit, seinem Bedürfnis nach vertiefter fachlicher Arbeit weitgehend ungehindert nachgehen zu können. Verhaltensänderungen sind nur dann zu erwarten, wenn bei den jeweiligen Personen ein anderes Bedürfnis geweckt wird. Ein Universitätsmanagement, welches zum Ziel hat, das korporative Handeln zu stärken, müsste demnach die soziale Interaktion so gestalten, dass bei den ExpertInnen ein Bedürfnis nach mehr koordiniertem Verhalten entsteht. Wie RektorInnen/PräsidentInnen und DekanInnen das schaffen können, dafür gibt es vor allem zwei Wege: Zum einen können sie einen kooperativen, partnerschaftlichen Führungsstil pflegen, bei dem sie sich als „primus inter pares“ verstehen, „der das Entstehen von gemeinsamen Entscheidungen unterstützt […]. Dazu muß der Manager mehr zuhören und Meinun-
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gen einholen als befehlen, weniger anordnen, sondern überreden und überzeugen“ (Pellert 1999, S. 194). Zum anderen können sie materielle und immaterielle Anreize setzen, wie beispielsweise Gehaltszulagen, eine bessere räumliche Ausstattung, zusätzliche MitarbeiterInnen oder die Verleihung eines Preises für herausragende Leistungen in der Forschung und der Lehre (vgl. Scheidegger 2001, S. 232ff.). In der Universitätsreform werden die größten Erwartungen an die Anreizfunktion von Gehaltsdifferenzierungen geknüpft. So sieht beispielsweise die neue Besoldungsstruktur in Deutschland aus dem Jahr 2002 vor, dass ProfessorInnen künftig ein abgesenktes Grundgehalt bekommen, welches jedoch durch variable Leistungsbezüge aufgestockt werden kann.31 Ein geeignetes und von den Organisationsmitgliedern akzeptiertes Anreizsystem zu finden ist eine diffizile Angelegenheit: „Wahrscheinlich ist das Schema der Anreize das am wenigsten stabile Element eines kooperativen Systems, weil die Möglichkeiten, materielle Anreize zu bieten, ständig von äußeren Umständen beeinflußt werden und menschliche Motive ebenfalls variabel sind. Die Anreize sind daher das Zentrum aller aufeinanderprallenden Kräfte in einer Organisation, und die geringste Änderung im Spannungsfeld dieser Kräfte zieht sofort Änderungen in der Wirksamkeit der Anreize nach sich“ (ders.).
Doch trotz dieser Probleme kann eine Organisation auf ein Anreizsystem nicht verzichten, denn letztlich hängt ihr Überleben von einem möglichst dauerhaften Gleichgewicht zwischen Anreizen und Beiträgen ab. Für die Tragfähigkeit des Gleichgewichts sind vor allem Aushandlungsprozesse wichtig, die zwischen den OrganisationsteilnehmerInnen und der Autorität, die über die Vergabe von Anreizen entscheidet, also in der Regel der Organisationsleitung, geführt werden. So sehr diese Sichtweise der Organisation als Kooperationssystem relativ frei entscheidender Individuen auch kritisiert worden ist,32 so sehr scheint sie doch für Universitäten geeignet zu sein. Mit den geschilderten Spezifika der Universität als Expertenorganisation sind verhaltenswissenschaftlich geprägte Managementansätze besonders kompatibel. Aushandlungsprozesse statt Anordnungen, Anreize statt Sanktionen und Kooperation statt Hierarchie – diese Stichworte passen zur Organisationskultur von Universitäten: 31 32
Näheres dazu siehe Kapitel IV.3.2.3. Siehe dazu insbesondere Ortmann (1976), der die Anreiz-Beitrags-Theorie als „unfruchtbar“ bezeichnet, weil sie die Zwänge vernachlässigt, denen sowohl das Organisationssystem als auch dessen TeilnehmerInnen unterliegen: „In der Figur der Wechselseitigkeit der Zielverwirklichung bezeichnen Organisations- und Individualziele nur die Fluchtpunkte gegenseitiger Instrumentalisierung; die Entstehungsbedingungen der Ziele aber bleiben darin ebenso ungeklärt wie die Bedingungen der Möglichkeit und Notwendigkeit einer solchen Instrumentalisierung“ (ders., S. 35). Auch die Luhmannsche Theorie sozialer Systeme lehnt, wie in Kapitel IV.2.2.3. geschildert, eine solche personenorientierte Systemsicht ab.
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„Alle Formen bürokratischer oder persönlicher Kontrolle, wie sie in Wirtschaftsunternehmen vom Autoritätssystem ausgehen, verfehlen bei Experten ihre Wirkung. Die Struktur ihres Handelns folgt eigenen, durch die Scientific Community geprägten Gesetzmäßigkeiten, in deren Mittelpunkt das vorgebliche Recht auf Freiheit in Forschung und Lehre steht. Ein auf nahezu alle Bereiche der Arbeit übertragener Anspruch, vor dessen Hintergrund Kontrolle und Hierarchie als systemfremd abgelehnt werden“ (Hanft 2000, S. 15).
2.5.2. Selbstregulations- und Lernprozesse Der vorhergehende Abschnitt hat deutlich gemacht, dass die Koordination, Abstimmung und Überprüfung der Ziele und Leistungen der einzelnen WissenschaftlerInnen hauptsächlich nur durch entsprechende Motivation und Selbstbindung erreicht werden kann. Insofern können Leitungskräfte in Hochschulen nicht über direkte Anweisungen steuern: „Klassische Vorstellungen von Leitung sind unangebracht angesichts von Organisationen, die durch einen hohen Grad an interner Selbstorganisation gekennzeichnet sind“ (Pellert 1999, S. 174). Die Idee des Führens mit Zielvereinbarungen basiert auf Selbstregulationstheorien. Diese gehen davon aus, „daß Ziele in die unüberschaubare Vielfalt der Möglichkeiten eine selektive Struktur legen, und damit die Aufmerksamkeit und Energie auf einige wenige Orientierungspunkte bündeln. Ziele fokussieren also die Aufmerksamkeit und mobilisieren Aktivitäten zur Zielerreichung“ (Steinmann/Schreyögg 2000, S. 493). Die Zielerreichung erfordert eine gewisse Anstrengung, die von Organisationsmitgliedern nur dann aufgebracht wird, wenn sich eine angemessene Spannung zwischen dem Ausgangs- und dem Zielniveau aufbaut. Für die Führungsebene heißt das, dass das Anspruchsniveau an die Mitarbeiter weder zu niedrig noch zu hoch angesetzt werden darf. Zudem macht es wenig Sinn, dass Leitungskräfte Ziele autoritär von oben anordnen, weil Ziele ihre motivierende Wirkung nur dann entfalten, wenn sich die Organisationsmitglieder mit diesen identifizieren. Wenn von Führen mit Zielvereinbarungen die Rede ist, ist deshalb fast immer die partizipative Variante in Form von gemeinsam ausgehandelten Zielen und nicht die autoritäre Variante in Form von Zielvorgaben gemeint. Als sich das Führen mit Zielvereinbarungen in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts in den USA als neuer Managementansatz etablierte, stellte die Tatsache, dass Arbeitsziele nicht einfach oktroyiert, sondern zwischen zentraler und dezentraler Ebene vereinbart werden, einen erheblichen Fortschritt gegenüber der bis dato vorherrschenden Betriebsführung dar. Diese hatte das Individuum mit seinen Bedürfnissen aus der Arbeitsorganisation weitgehend ausgeklammert. Neu am MbO war vor allem, dass die Führungskräfte ihren MitarbeiterInnen ein gewisses Vertrauen entgegenbringen mussten: Nur das Ziel wurde ausgehandelt, nicht aber der Weg dorthin. Dieser sollte der Selbstregulation des Einzelnen überlassen bleiben: „Goal setting is at the core of training in self-management“ (dies., S. 278).
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Auf der individuellen Ebene setzt sich der Selbstregulierungsprozess aus den Elementen der Selbstbeobachtung, Selbstbeurteilung und Selbstreaktion zusammen (vgl. Reinecker/Schmelzer 1996). Bei der Selbstbeobachtung werden Informationen darüber gewonnen, welche Strecke auf dem Weg zur Zielerreichung bereits zurückgelegt wurde. Bei der Selbstbeurteilung wird aufgrund eines Soll/Ist-Vergleichs eingeschätzt, wieweit es gelungen ist, das Ziel zu erreichen. Infolge der Selbstbeurteilung entsteht eine Reaktion, die je nach Zielerreichungsgrad positiv oder negativ sein kann. Erfolg oder Misserfolg bei der Zielerreichung sind einerseits wichtig für das Selbstwertgefühl und können andererseits auch einen Lernprozess auslösen: „Die angestrebten Ziele werden durch das verwirklichte Verhalten entweder tatsächlich erreicht oder sie werden nicht erreicht. In beiden Fällen wirkt das Verhalten – in Form von neuen Stimuli – auf das Individuum zurück und verändert das Psychosystem. Die Veränderung kann darin bestehen, dass neue Inhalte ins Psychosystem aufgenommen werden, oder daß alte Inhalte modifiziert werden, daß die Beziehungen zwischen den einzelnen Elementen des Psychosystems […] geändert werden. Solche Veränderungen in den Inhalten und der Struktur des Psychosystems werden als Lernen bezeichnet“ (Hill/Fehlbaum/Ulrich 1994, S. 71).
Aus dem organisationalen Blickwinkel reicht es indes nicht aus, individuelle Selbstregulierungs- und Lernprozesse in Gang zu setzen, sondern diese müssen miteinander in Beziehung gesetzt und auf die Erreichung der übergeordneten Organisationsziele ausgerichtet sein. Wenn eine Organisation lernt, geschieht das über einen Prozess, „der eine Veränderung der Wissensbasis der Organisation beinhaltet, der im Wechselspiel zwischen Individuen und Organisation abläuft, der in Interaktion mit der internen und/oder externen Umwelt stattfindet […] und der zu einer Systemanpassung […] und/oder zu erhöhter Problemlösungsfähigkeit des Systems beiträgt“ (Pawlowsky 1992, S. 204). Ein Lernprozess wird durch einen Anlass ausgelöst: Organisationales Lernen beginnt damit, dass „einzelne in einer Organisation eine problematische Situation erleben und sie im Namen der Organisation untersuchen. Sie erleben eine überraschende Nichtübereinstimmung zwischen erwarteten und tatsächlichen Aktionsergebnissen und reagieren darauf mit einem Prozeß von Gedanken und weiteren Handlungen; dieser bringt sie dazu, ihre Vorstellungen von der Organisation oder ihr Verständnis organisationaler Phänomene abzuändern und ihre Aktivitäten neu zu ordnen, damit Ergebnisse und Erwartungen übereinstimmen“ (Argyris/Schön 1999, S. 31). Diese zunächst individuellen Erkenntnisfortschritte werden in dem Moment organisational, in dem sie „in den Bildern der Organisation verankert werden, die in den Köpfen ihrer Mitglieder und/oder den erkenntnistheoretischen Artefakten existieren (den Diagrammen, Speichern und Programmen)“ (dies., S. 31f.). Organisationales Lernen erfolgt also dann, wenn es zur Veränderung der kollektiven Wissensbasis kommt.
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Die Forderung, dass sich Universitäten von „der Organisation des Lernens zur lernenden Organisation“ wandeln sollen, gehört – wie bereits dargestellt – zu den Essentials der laufenden Hochschulreform. Konkret heißt das, dass Universitäten besser und schneller als bisher auf die sich ständig verändernden Umweltanforderungen, wie sie im Kapitel III beschrieben worden sind, reagieren bzw. diese möglichst antizipieren und die eigene Organisation entsprechend weiterentwickeln sollen. Dazu sind gemeinsame Ziele und Zukunftsbilder genauso notwendig wie auch die Sicherung einer kollektiven Wissensbasis und das Durchlaufen gemeinsamer Erkenntnis- und Veränderungsprozesse. Alle diese Elemente einer lernenden Organisation waren in Universitäten lange nicht vorhanden und müssen nun langsam aufgebaut und eingeübt werden. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung ist zunächst, dass Universitätsmitglieder lernen, die gegenseitigen Verflechtungen und Interdependenzen zu erkennen, zu akzeptieren und mit ihnen produktiv zu arbeiten. In Expertenorganisationen mit ihrer ausgeprägten Individualisierung ist das Systemdenken bislang eher unterentwickelt: „Inwieweit erkennen die Menschen, dass ihre Probleme durch ihre eigenen Handlungen und Arbeitsgewohnheiten entstehen? Inwieweit erkennen sie, dass ihre eigenen Lösungen ‚vor Ort’ die Problemquelle für andere an anderen Stellen der Organisation sein können?“ (Senge 2000, S. 20f.). Universitäten, die sich als lernende Organisationen verstehen, kommen nicht umhin, ein positives Verhältnis zur Dynamik eines kontinuierlichen Veränderungsprozesses zu entwickeln. Neue Umweltanforderungen oder Krisensituationen dürfen nicht als Last oder unliebsame Störung von außen, sondern sollten als wertvolle Impulse verstanden werden. Um diese Impulse intern aufgreifen zu können, bedarf es Organisationsstrukturen, die den Ausgleich zwischen Stabilität und Flexibilität schaffen: „Neben den eher starren, Sicherheit bietenden Strukturen werden daher auch Orte zur gezielten Innovation gebraucht. In der komplexen Organisation Universität scheint das Widerspruchsmanagement zwischen Veränderung und Stabilisierung besonders wichtig zu sein“ (Pellert 1999, S. 130). Das Organisieren von Universitäten ist keine punktuelle, sondern eine fortlaufende Aufgabe: „Organisieren wird immer weniger als der Entwurf eines festen Gehäuses verstanden, in dem man über Jahrzehnte arbeiten kann, sondern vielmehr als eine fortlaufende Umgestaltung der Leistungsprozesse unter Berücksichtung der verschiedenen Einflußkräfte, neuen Initiativen und Interessen“ (Schreyögg 1999, S. 19). Die gerade in Universitäten immer wieder geäußerte Sehnsucht nach einer längerfristigen Organisationsruhe oder Planungssicherheit ist zwar verständlich, aber angesichts der hohen Dynamik der Umweltveränderungen unrealistisch.
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Mit einem solchermaßen dynamischen Organisationsverständnis korrespondiert ein prozessorientiertes Managementverständnis. Das Konzept des Führens mit Zielvereinbarungen setzt nicht nur auf Kooperation und Selbstregulation, sondern ist „zugleich ein (prozessorientiertes) kybernetisches Management-System“ (Wild 1973, S. 287).33 Es erzeugt mit Hilfe bestimmter Strukturen, Verfahren und Instrumente Rückkopplungsschleifen, die „von der Zielbildung und Planung über die Verwirklichung, Kontrolle und Abweichungsanalyse bis zur Fortschreibung bzw. Revision der Ziele“ (ders.) reichen. Durch diesen zirkulären Mechanismus entsteht in der Organisation ein ständiger Selbstprüfungs- und Veränderungsprozess, der nicht nur die internen Abläufe berücksichtigt, sondern vor allem auch die Wirkungen der Organisation auf die Umwelt miteinbezieht. Insgesamt sollen die Resultate dieser kritischen Reflexion in einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess einfließen, der letztlich nichts anderes ist als ein fortlaufender organisationaler Lernprozess. Insofern scheint das Führen mit Zielvereinbarungen ein geeignetes Managementkonzept zu sein, um organisationales Lernen von Universitäten zu fördern. 2.5.3. Kooperative Entscheidungen Die Anwendung des Führens mit Zielvereinbarungen in Universitäten verspricht nicht nur eine verbesserte Selbstregulations- und Lernfähigkeit, sondern vor allem auch eine verbesserte Entscheidungsfähigkeit. Diese ist notwendig, um eine erfolgreiche strategische Entwicklung der Organisation zu gewährleisten, d.h. aus einer Reihe von Möglichkeiten diejenigen auszuwählen, die den größtmöglichen Erfolg für die jeweilige Universität versprechen. Von allen Formen des Organisationshandelns kommt der Entscheidung die größte Bedeutung zu. Von der Qualität der Entscheidungen hängt in der Regel die Überlebensfähigkeit der Organisation ab. Wer Entscheidungen treffen darf, ist je nach Organisation unterschiedlich. In Wirtschaftsunternehmen sitzen die EntscheiderInnen üblicherweise im Top- und mittleren Management. Demgegenüber ist in Universitäten der Kreis der EntscheiderInnen relativ groß und unübersichtlich. Im Prinzip versteht sich jeder Professor als Entscheider, welcher über seine Aktivitäten und die seiner ihm zugeordneten MitarbeiterInnen eigenverantwortlich entscheidet. Darüber hinaus existiert ein hochkomplexes Geflecht formaler Entscheidungsstrukturen, die sich in einem Dickicht von zentralen Leitungspositionen, Leitungsrunden und Gremien (Präsidien/Rektorate, Senate, Senatskommissionen, Aus33
Kybernetik ist ein systemtheoretischer Terminus. Danach haben Operationen von Systemen Wirkungen in der Umwelt, die wiederum auf das System zurückwirken: Das „was die Operation des Systems als Output in die Umwelt bewirkt, wird wieder als Input in das System aufgenommen“ (Krieger 1998, S. 26). Dies geschieht über Regelkreise bzw. Rückkopplungsschleifen, die sich selbst steuern. So z.B. bei einer Heizung, die eine bestimmte Raumtemperatur herstellen soll. Wenn sie diese erreicht hat, schaltet sie sich von selbst ab und wenn die Temperatur absinkt, schaltet sie sich von selbst wieder ein.
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schüsse usw.), dezentralen Leitungspositionen und Abstimmungsrunden (Dekanate, Institutsleitungen usw.) und Gremien (Fakultätsräte etc.) sowie davon relativ weit entfernt operierenden Verwaltungseinheiten verlieren. Generell umfassen Entscheidungsstrukturen sowohl den Prozess als auch die Strukturen der Entscheidungsfindung. Im englischsprachigen Raum werden Entscheidungsstrukturen bzw. der Prozess der Entscheidungsfindung meist als „Governance“ bezeichnet. Die Governance-Strukturen von Universitäten lassen sich in drei Kategorien zusammenfassen (vgl. Sporn 2001): – Bürokratische Entscheidungsstrukturen: Diese finden sich insbesondere in der Universitätsverwaltung, aber nicht nur dort. Grundsätzlich gehen bürokratische Strukturen von einer geregelten Aufbau- und Ablauforganisation aus. Hierarchien, Kommunikationskanäle, Autoritätsbeziehungen und Vorgehensweisen sind festgelegt. Mitarbeiter treffen Routine-Entscheidungen, die sich aus ihrer hierarchischen Stellung ergeben. Der Entscheidungsprozess kann insgesamt als formal-instrumentell charakterisiert werden. Die stärkere Formalisierung von Entscheidungsprozessen und -strukturen ist ein wesentliches Leitmotiv der laufenden Hochschulreform: Eine verbesserte „strukturelle Transparenz“ soll für eine „verbesserte Außenwahrnehmung“ sorgen (Pellert 1999, S. 190f.). Diese strukturelle Transparenz soll sich vor allem durch den unternehmensförmigen Umbau der Universitätsorganisationen ergeben. Im Kern geht es darum, Universitäten intern übersichtlicher zu gliedern sowie klarere Verantwortlichkeiten und wirkungsvollere Steuerungsmöglichkeiten zu schaffen. Infolgedessen legen universitäre Reformprojekte häufig einen Fokus auf die Reorganisation der Aufbau- und Ablauforganisation sowie der Leitungs- und Entscheidungsstrukturen. Dabei spielt die Hierarchisierung von Entscheidungskompetenzen eine große Rolle (vgl. Nickel 2004). – Kollegiale Entscheidungsstrukturen: Universitäten setzen sich traditionell aus Kollegien zusammen. In einem Kollegium sind mehrere Personen zu einer „Aufgaben-, Kompetenz- und Verantwortungseinheit“ (Hill/Fehlbaum/Ulrich 1994, S. 132) zusammengefasst. Dieses Kollegialprinzip spiegelt sich auch in den formalen Entscheidungsstrukturen wider. So werden sowohl durch den Aufbau als auch durch die Kompetenzverteilung der zentralen Leitungsorgane von Universitäten (Präsidium/Rektorat, Senat, Dekanat) die Prinzipien der Kollegialität und der Konsensfindung betont. Konflikte werden nach Möglichkeit vermieden oder bleiben im Hintergrund. Dementsprechend kommen Entscheidungen häufig nur durch langwierige Aushandlungsprozesse innerhalb bzw. zwischen den Kollegialinstanzen zustande. Dies soll sich jedoch ändern, und zwar vor allem durch die Einschränkung der Entscheidungsbefugnisse von akademischem Senat und weiteren Gremien bei gleichzeitigem Kompetenzzuwachs der Präsidien/Rektorate und teilweise auch Dekanate. Das Management einer Universität soll Entscheidungen treffen können, ohne stets die Zustimmung der Senate einholen zu müssen. Die meisten deutschen bzw. europäischen Hoch-
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schulgesetze enthalten entsprechende Regelungen.34 Doch trotz dieser Verschiebungen im innerorganisatorischen Machtgefüge folgen auch die neuartigen Universitätsleitungen insofern dem alten Kollegialprinzip, als die Rektorate, Präsidien oder Dekanate als „Leitungsteams“ arbeiten. Das Kollegialitätsprinzip bleibt also auch im Zuge der Hochschulreform eine prägende Größe. – Politische Entscheidungsstrukturen: In den 70er Jahren haben die westeuropäischen Universitäten eine starke Politisierung durchlaufen, welche in Deutschland besonders intensive und nachhaltige Wirkungen zeigte (vgl. Nitsch et al. 1965). Im Zuge der „Studentenrevolte“ vollzog sich eine Universitätsreform, die zugleich als Demokratiereform verstanden wurde. Die Demokratisierung der Universitätsorganisation sollte keine bloße „Verbesserung der äußeren Arbeitsbedingungen für die an sich schon privilegierten Hochschulangehörigen“ sein, sondern eine Öffnung der universitätsinternen Willensbildungsprozesse für Gruppen, „die ein legitimes Interesse an der Mitbestimmung der grundsätzlichen Schwerpunkte und Prioritäten in den Forschungs- und Bildungsbereichen haben, von denen ihre Arbeit und ihr Leben mitgeprägt werden“ (dies., S. 111). Infolgedessen veränderte sich der Charakter der Selbstverwaltungsorgane. Sie ähnelten weitaus mehr politischen Parlamenten und Gremien als Teilen einer Organisation. So wurden beispielsweise die Senatsmitglieder aus parteiähnlichen Kandidatenlisten gewählt und weitreichende Mitbestimmungsrechte für wissenschaftliche MitarbeiterInnen, Studierende und Verwaltungspersonal eingeführt. Insgesamt verstärkte sich dadurch der Charakter von Universitäten als „politische Arenen“ (vgl. Pellert 1999, S. 198). Politische Prozesse gibt es in jeder Organisation, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung. Sie entstehen immer dann, wenn unterschiedliche Interessen aufeinanderprallen: „Theorien politischer Prozesse thematisieren, wie sich diese verschiedenen Interessen bilden, wie Organisationsmitglieder versuchen, diese – auch gegen Widerstreben – durchzusetzen, zu welchen Koalitionen es dabei kommt, welche Konflikte entstehen, welche Verhandlungsstrategien gewählt werden usw.“ (Schreyögg 1999, S. 422). Der aus den Interessenkonflikten resultierende interne Machtkampf und die Fragmentierung der Organisation schränken die formalen Autoritätsbeziehungen ein. Demokratische Entscheidungsstrukturen, wie sie den Selbstverwaltungsgremien von Universitäten zugrunde liegen, folgen deshalb meist dem Mehrheits- und Aushandlungsprinzip.
34
Vgl. z.B. die Übersicht über die deutschen Landeshochschulgesetze des Stifterverbandes für die deutsche Wissenschaft (Stifterverband für die deutsche Wissenschaft 2002) sowie das Hamburger Fakultätengesetz (Gesetz zur Fakultätenbildung 2005) und das österreichische Universitätsgesetz (Universitätsgesetz 2002).
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Das Management von Universitäten bewegt sich zwischen diesen drei Typen von Entscheidungsstrukturen. Die Reformaktivitäten der zurückliegenden Jahre zielen allerdings darauf ab, die politischen Prozesse und Strukturen deutlich zu reduzieren, wohingegen die bürokratischen Prozesse und Strukturen ausgebaut und mit dem für Universitäten konstitutiven Kollegialprinzip verbunden werden. Die Hoffnung ist, dass sich neue Entscheidungsstrukturen bilden, welche den Spagat zwischen effizientem und effektivem Management einerseits und der Gestaltung aufwändiger Aushandlungs- und Abstimmungsprozesse andererseits schaffen. Auch für diese Herausforderung scheint das Führen mit Zielvereinbarungen ein geeignetes Konzept zu sein, verbindet es doch die Bildung, Kontrolle und Fortschreibung von Organisationszielen mit einem hohen Maß an Partizipation. Die Organisationsmitglieder werden aktiv am Managementprozess beteiligt, indem sie eigene Zielvorstellungen einbringen und aushandeln. Zudem erhalten sie einen relativ großen Entscheidungsspielraum, was die Wahl der Mittel für die Zielverfolgung anbelangt. Organisationsmitglieder werden somit in gewissen Grenzen zu (Mit-)EntscheiderInnen, die mit den Leitungskräften kooperieren – eine perfekte Führungsvorstellung für Universitäten, die als Expertenorganisationen Wege finden müssen, ihre relativ autonom agierenden Mitglieder kollegial einzubinden. 2.6. Fazit: Partizipatives Management von Universitäten Die vorgenommenen organisations- und managementtheoretischen Analysen der Universität haben gezeigt, dass es ein höchst anspruchsvolles Unterfangen ist, diese eigenwillige Einrichtung zielgerichtet zu managen und zu einem korporativen Akteur zu entwickeln. Die „begrenzte Rationalität“ von Universitäten macht es schwer, eindeutige Zweck-Mittel-Relationen herzustellen und einem bestimmten Input einen verlässlichen Output folgen zu lassen. Vor diesem Hintergrund müssen diejenigen, die Universitäten managen und entwickeln, genügend „sensible foolishness“ aufbringen, um es über einen experimentierfreudigen und unkonventionellen Zugang doch zu schaffen, die Handlungsfähigkeit und Handlungsrationalität des Gesamtsystems zu erhöhen. Dafür ist die Bereitschaft notwendig, die ausgeprägte Selbstorganisationsfähigkeit von Universitäten wertzuschätzen und mehr als Stärke einer höchst überlebensfähigen Organisation denn als störende Unordnung zu verstehen. Wenig geeignet sind deshalb Managementzugänge, die primär die bürokratischen Strukturen stärken wollen und sich von „Great Man“- Phantasien, also dem Prinzip einer starken zentralen Steuerung, leiten lassen. Als komplexe Interessens- bzw. Expertenorganisationen können Universitäten nicht im Alleingang von Leitungskräften auf eine bestimmte Handlungsrationalität festgelegt werden. Dieses Führungsmodell scheitert an den speziellen Bedingungen wissenschaftlicher Arbeit, so vor allem am hohen Autonomie- und Selbstregulationsbedürfnis der WissenschaftlerInnen, der tief in der Organisationskultur verankerten Tradition kollegialer Entscheidungsfindung und flacher Hierarchien, der
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hohen Bedeutung der intrinsischen Motivation und Identifikation mit den Organisationszielen für den Erfolg wissenschaftlicher Leistungen sowie der schlechten Planbarkeit kreativer Prozesse. Vor diesem Hintergrund ist die zentrale Managementebene von Universitäten nur sehr begrenzt in der Lage, ihre Vorstellungen per Anweisung auf der dezentralen Ebene durchzusetzen oder gar anzuordnen. Vielmehr ist sie in besonderer Weise gefordert, mit einzelnen WissenschaftlerInnen sowie Fakultäten, Fachbereichen, Instituten oder Forschergruppen zusammenzuarbeiten und diese von der Sinnhaftigkeit ihrer Vorstellungen zu überzeugen. Im Ergebnis können Management und Entwicklung von Universitäten nur partizipativ erfolgen. Hauptproblem beim partizipativen Management ist, dass zwei Prinzipien miteinander verbunden werden müssen, die unterschiedlichen Intentionen folgen: Während die Steuerung von Organisationen in der Regel von hierarchisch übergeordneten Positionen aus erfolgt, die mit einer gewissen Durchsetzungsmacht ausgestattet sind, soll durch eine Beteiligung der übrigen Organisationsmitglieder an den Entscheidungsprozessen der Führungsebene deren engagierte Mitwirkung an der Umsetzung der Organisationsziele sichergestellt werden. Beim partizipativen Management müssen Leitungskräfte also bereit sein, Macht abzugeben und im Gegenzug müssen die MitarbeiterInnen bereit sein, mehr Verantwortung zu übernehmen. Es kommt zu einer Annäherung der beiden Ebenen, die schließlich in eine Gleichberechtigung münden soll. Dieser hohe Anspruch wird in der Praxis jedoch so gut wie nie eingelöst. Zwar haben partizipative Managementkonzepte in den zurückliegenden Jahren in Wirtschaftsbetrieben immer mehr Anwendung gefunden, weil sie beispielsweise durch die Einführung flacher Hierarchien und teilautonomer Gruppenarbeit den Anforderungen moderner Produktionsbedingungen entgegenkommen (Pekruhl 2001, S. 17ff.), dennoch belegen Untersuchungen, dass selbst das partizipativste Management nicht ohne die Aufrechterhaltung eines hierarchischen Machtgefälles auskommt (Dörre 2002). Partizipatives Management bedeutet demnach nie Gleichstellung aller Interessen, sondern lediglich das Einräumen bestimmter Spielräume durch die Hierarchie (Epskamp et al. 2001, S. 9). Was bedeutet das für Universitäten? Klar ist, dass es durch die Hochschulreform der zurückliegenden Jahre zu einem grundlegenden Paradigmenwechsel gekommen ist, der wegführt von der demokratischen Selbstverwaltung und hinführt zu einer Stärkung hierarchischer Leitungsstrukturen. Hintergrund ist die Annahme, dass Universitäten im Gegensatz zu Wirtschaftsunternehmen nicht an einem Partizipationsdefizit, sondern gerade umgekehrt an einem Führungsdefizit leiden, weshalb Themen wie „Leadership“, „Management“ und „Steuerung“ eine dominante Rolle in der Reformdebatte spielen. Während Betriebe erst mühsam partizipative Strukturen, Verfahren und Instrumente einführen mussten, soll die Handlungsfähigkeit von Universitäten gerade dadurch verbessert werden, dass bei den Entscheidungsfindungsprozessen, welche die Gesamtorganisation betreffen, zukünftig Einzelpersonen und Subsysteme von den Leitungskräften nicht mehr so intensiv beteiligt
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werden müssen wie bisher. Paradoxerweise muss sich ein partizipatives Management von Universitäten also zunächst einmal damit auseinandersetzen, die aus dem Gleichgewicht geratene Balance zwischen den Prinzipien „Steuerung“ und „Beteiligung“ in der Weise wiederherzustellen, dass nicht der Faktor „Partizipation“, sondern der Faktor „Management“ gestärkt wird. Genau diese Bewegung ist es, die bei vielen Universitätsmitgliedern den Eindruck nährt, bei der Hochschulreform handele es sich vornehmlich um einen „Demokratieabbau“. Die Frage ist allerdings, ob nicht zumindest eine gewisse „Demokratieentrümpelung“ für Universitäten nützlich und entlastend wäre.
Abb. 6 Der Dschungel partizipativer Entscheidungsstrukturen und -prozesse an Universitäten wird mit Einsetzen der Hochschulreform zunehmend als überdimensioniert und kontraproduktiv bemängelt (vgl. Kapitel IV.1.1.). Die Kritik an dem fein ziselierten Gremienwesen, in deren Mittelpunkt vor allem die Langsamkeit und Beliebigkeit von Entscheidungen steht, sowie an der Fragmentierung der Universitäten in eine Vielzahl von Fakultäten/Fachbereichen, Instituten usw., die jeden Beschluss der Universitätsleitung durch ihr Veto torpedieren und in einer endlosen Debatte folgenlos versanden lassen können, ist schon mehrfach in dieser Arbeit zur Sprache gekommen. Universitäten leiden unter genau den typischen Negativeffekten, wie sie bei den meisten partizipativen Entscheidungsprozessen beobachtbar sind: Es wird zwar viel kommuniziert, aber es werden zu wenig Entscheidungen getroffen,
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welche konkrete Ergebnisse nach sich ziehen. Die Folge sind Lähmungen in den Abläufen und eine verminderte Handlungsfähigkeit. Gerade diese für Organisationen schädlichen Phänomene sind umso ausgeprägter, desto mehr „bottom-up“ entschieden wird. Das bedeutet im Umkehrschluss: Ohne ein gewisses Maß an Steuerung geht es nicht (Epskamp et al. 2001, S. 204f.). Das gilt auch für Universitäten. Nachdem in den Hochschulen lange Jahre der „Kampf um Beteiligung“ (Dörre 2002) dominierte, bei dem es vorwiegend um die Ausweitung demokratischer Mitbestimmungsrechte ging, hat nun ein „Kampf um Steuerung“ begonnen: Während die dezentrale Ebene um den Erhalt ihrer relativ großen Autonomie und damit den Erhalt ihrer besonderen Arbeitssituation kämpft, kämpft die zentrale Ebene im Verbund mit PolitikerInnen und sonstigen HochschulreformerInnen für die Ausweitung ihrer Kompetenzen. Das Kräfteverhältnis in dieser Auseinandersetzung ist allerdings ungleich verteilt: Fast alle deutschen Hochschulgesetze schreiben inzwischen eine Hierarchisierung der Leitungs- und Entscheidungsstrukturen vor und stärken insofern der zentralen Ebene bei ihren innerorganisatorischen Durchsetzungsproblemen den Rücken. Allerdings gehen nicht alle Bundesländer soweit wie z.B. Baden-Württemberg, das seine Universitäten nicht mehr länger von Rektoraten bzw. Präsidien leiten lässt, sondern, wie in der Privatwirtschaft üblich, von einem Vorstand, welcher wiederum von einem Aufsichtsrat kontrolliert wird (vgl. Zweites Gesetz zur Änderung hochschulrechtlicher Vorschriften 2005). Es wundert nicht, dass ein solches Überstülpen systemfremder Leitungsmodelle Widerstand hervorruft: „Das neue Bild der Universität ist eines mit einer lückenlosen Aufsichts- und Weisungskette vom Aufsichtsrat über den Vorstand und Dekan bis zu den Professoren […]. Damit verkennt das baden-württembergische Landeshochschulrecht das bestimmende Prinzip einer leistungsfähigen Universität. Sie ist immer nur so gut wie ihre wissenschaftlichen Köpfe, die ein gehöriges Maß an Freiheit und Kreativität brauchen“ (Schmoll 2005). Solche tiefgehenden und abrupten Paradigmenwechsel wecken offenbar den Eindruck, dass das Zuviel an Partizipation nun durch ein Zuviel an Steuerung abgelöst werden soll. Das eingeübte Organisations- und Entscheidungsmuster, bestehend aus Abstimmungs- und Aushandlungsprozessen, an denen alle Statusgruppen (Verwaltungspersonal, Mittelbau, ProfessorInnen) partizipieren dürfen, wird nicht nur grundsätzlich in Frage gestellt, sondern durch politische Interventionen top-down verändert. Dieses Vorgehen schafft – verständlicherweise – wenig Akzeptanz bei den Universitätsmitgliedern und erschwert das Gelingen von Reformen. Dabei gibt es Erfahrungen und Analysen aus einem Bereich, der aufgrund seiner Ähnlichkeit mit Universitäten eine sehr gute Referenz für die Notwendigkeit einer grundlegenden Veränderung des Verhältnisses von „Management“ und „Partizipation“ bietet: Die Selbstverwaltungsunternehmen.
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Selbstverwaltungsunternehmen wie z.B. Genossenschaften oder soziale Projekte weisen in ihrer Struktur und ihren Abläufen auffällige Parallelen zu Universitäten auf: „Im Unterschied zum privat- oder auch staatswirtschaftlich geleiteten Unternehmen werden in der Selbstverwaltungsunternehmung – zumindest konzeptionell – Entscheidungen und Verhaltensweisen nicht durch Unterordnung unter eine zentrale Leitungsinstanz, sondern im Zuge kollektiver Willensbildung koordiniert“ (Leipold 1978, S. 110). Und nicht nur das. Auch die sich daraus ergebenden Probleme sind ähnlich: Trotz der beobachtbaren Vorteile einer demokratischen Unternehmensführung wie z.B. überdurchschnittlich hohe Motivation, Identifikation und Einsatzbereitschaft der MitarbeiterInnen (Beyer/Nutzinger 1990, S. 19), traten schwerwiegende Nachteile zu Tage, welche die Überlebensfähigkeit von Selbstverwaltungsunternehmen in Frage stellten. Vor allem die unzureichende Handlungsfähigkeit und mangelnde Wirtschaftlichkeit nahmen existenzbedrohliche Formen an. Als Hauptursache wurde dafür vor allem die ausgeprägte Anonymität und Aufwändigkeit von Gruppenentscheidungen benannt, die in einer Art „organisierter Verantwortungslosigkeit“ mündete – je mehr Mitglieder mitbestimmen, desto besser kann sich jeder hinter jedem verstecken. Im Ergebnis ergab sich für Selbstverwaltungsunternehmen dasselbe Problem wie das, vor dem jetzt die Universitäten stehen: „Wenn man die […] Probleme der Selbstverwaltungswirtschaft vor Augen hat, dann wird deutlich, was den Betrieben fehlt: ein funktionstüchtiges und praktisch machbares kollektives Management- und Organisationsmodell, das den gesetzten Demokratie- und Partizipationsansprüchen genügt“ (Kück 1986, S. 202). Die Suche nach Managementkonzepten, die den Spagat zwischen Steuerung und Beteiligung schaffen, beschäftigt indes nicht nur Universitäten und Selbstverwaltungsunternehmen, sondern auch die Wirtschaft – und das schon seit einigen Jahrzehnten. Während nämlich Universitäten über mehr Management und Hierarchie nachdenken, hat der Unternehmensbereich die „Partizipation“ als möglichen Erfolgsfaktor schon längst entdeckt und damit begonnen, eine Reihe beteiligungsorientierter Managementinstrumente und -methoden einzusetzen. Hauptauslöser für diese Entwicklung ist die Feststellung, dass auch hierarchische Steuerungsmechanismen allein nicht mehr ausreichen, um einer Organisation einen kreativen, zeitnahen und flexiblen Umgang mit den immer schneller wechselnden Umweltanforderungen zu ermöglichen: „Veränderungen auf Absatz- und Beschaffungsmärkten, Größenwachstum der Unternehmen, neue technologische und produktionstechnische Möglichkeiten, veränderte Qualifikationsanforderungen, Motivations- und Legitimationsprobleme sowie die Einbettung der Unternehmung in gesellschaftliche, soziale und ökologische Prozesse haben auch die innerbetrieblichen Koordinationsformen nicht unberührt gelassen“ (Beyer 1993, S. 11).
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Funktionsspezialisierungen, Aufgabenteilungen, Kompetenzabgrenzungen und Einzelentscheidungen erweisen sich in vielen Fällen als zu starr, um der Komplexität der Aufgabenstellungen und Probleme gerecht zu werden (Heintel/Krainz 1994, S. 2). Zudem zeigt sich, dass die „auf monetären Anreizen, Subordination und externer Kontrolle gegründeten hierarchischen Koordinationsformen“ nur begrenzt in der Lage sind, MitarbeiterInnen zu motivieren oder gar zu exzellenten Leistungen zu treiben (Beyer 1993, S. 138). Das betrifft vor allem die relativ hoch qualifizierten MitarbeiterInnen, auf welche die Unternehmen aufgrund des rapiden technischen Fortschritts zunehmend mehr angewiesen waren. Diese zählen zu der relativ neuen Kategorie der „WissensarbeiterInnen“ und das „bedeutet ‚Mitdenken’ und damit immer eine relative Unabhängigkeit von genau plan- und kontrollierbaren Vorgaben“ (Pekruhl 2001, S. 29). Alles in allem wurde eine „Hierarchie-Krise“ sichtbar und die folgerichtige Antwort darauf lautete schließlich: Ausweitung der Partizipation. Damit ist allerdings nicht die Ausweitung von demokratischen Mitbestimmungsrechten oder gar die Einführung von Selbstverwaltungsstrukturen zu verstehen, sondern die verstärkte „Beteiligung von Mitarbeitern an der Willensbildung einer hierarchisch höheren Ebene der Organisation“ (Hill/Fehlbaum/Ulrich 1994, S. 235). Die Hoffnung ist, durch Instrumente und Methoden des partizipativen Managements „bei den Beschäftigten ein ähnliches Maß an Motivation, Einsatzbereitschaft und Identifikation mit dem Unternehmen hervorzurufen, wie es für Mitglieder von Selbstverwaltungsunternehmen (oder auch für das Leitungspersonal traditioneller Unternehmen) typisch und kennzeichnend ist, jedoch ohne das Formen basisdemokratischer Organisationsgestaltung, wie sie für Selbstverwaltungsunternehmen zumindest dem Anspruch nach kennzeichnend sind, allgemein übernommen werden“ (Beyer/Nutzinger 1990, S. 19). Im Ergebnis wird das Hierarchieprinzip zwar beibehalten, aber um Arbeitsformen erweitert, die auf der Basis von größeren dezentralen Entscheidungskompetenzen und Verantwortlichkeiten neue individuelle Handlungsspielräume eröffnen sollen. Nach der Devise: „From control to commitment“ (Pekruhl 2001, S. 19) treten an die Stelle von Anweisungen und Befehlen nun Normen und Vereinbarungen, die nur einen Rahmen vorgeben und ansonsten viel Raum für selbstbestimmte Handlungsweisen lassen. Der Kreis der EntscheiderInnen wird entsprechend größer. Er umfasst nicht mehr nur die Spitze (Vorstand, Geschäftsleitung) und das mittlere Management, sondern geht hinunter bis zu Meistern und VorarbeiterInnen. Im Ergebnis entsteht ein partizipativer Managementansatz, der – wesentlich beeinflusst vom Human-Ressourcen-Ansatz – eine Fülle von motivationsfördernden und zugleich beteiligungsorientierten Managementtechniken hervorbringt (Beyer 1993, S. 139).
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So zum Beispiel: • Gruppenarbeit • Personalentwicklung • Organisationsentwicklung • Führen mit Zielvereinbarungen • Personalrekrutierung über Assessment-Center • Leitbilder und Führungsgrundsätze • Flache Hierarchie • Projektgruppen • Regelmäßige Absprachen zwischen Vorgesetzten und MitarbeiterInnen über Arbeitssituation, Leistungsziele, Personalentwicklungsmaßnahmen (Mitarbeitergespräche) • Qualitätszirkel • Betriebliches Vorschlagswesen • Beschwerdemanagement • Gewinn- und Kapitalbeteiligungen Dieses Set an partizipativen Managementinstrumenten und -methoden gehört inzwischen zum Handwerkszeug jeder fortschrittlichen Führungskraft. Ein autoritärer Führungsstil, bei dem die Organisationsspitze alleine entscheidet und dann erwartet, dass ihre Anweisungen eins zu eins umgesetzt werden, findet sich heutzutage eher selten. Insofern ist eigentlich jedes moderne Management partizipativ, wenngleich sich Ausmaß und Qualität der Beteiligungsmöglichkeiten erheblich unterscheiden und es nur die wenigsten Betriebe schaffen, Management und Partizipation ausgewogen zu verbinden (Pekruhl 2001, S. 168). So haben auch etliche partizipative Managementverfahren und -instrumente Eingang in die Universitätsreform gefunden, ohne dass sie explizit mit dem Begriff „Partizipatives Management“ verbunden werden. Bis auf die Gewinn- und Kapitalbeteiligungen kommen in Universitäten alle weiter oben genannten Elemente in irgendeiner Form zur Anwendung und finden dort immer mehr Verbreitung (vgl. Hanft 2001).
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In der Wirtschaft hat sich dagegen die erste Euphorie für partizipative Managementmethoden etwas gelegt, nachdem sich herausstellte, dass etliche der Methoden und Ideen, wie beispielsweise die Abflachung von Hierarchien bei gleichzeitiger Einführung von teilautonomen Arbeitsgruppen, nicht im erwarteten Umfang zu Leistungs- und Qualitätssteigerungen führten. Deshalb folgt dem vielfach beschworenen „Ende der Hierarchie“ nun die Wiederentdeckung der Hierarchie: „Durch die hierarchische Anordnung von Weisungsgebern und Weisungsempfängern ist es möglich, mit vergleichsweise geringen Verhandlungskosten (1.) verhältnismäßig schnell (2.) relativ eindeutige Entscheidungen (3.) herzustellen“ (Kühl 2002, S. 18). Das bedeutet nicht, dass die alten autoritären Führungsstile und -strukturen unverändert wiederauferstehen: „Hierarchische Steuerung [...] wird nicht reduziert oder gar abgeschafft, sondern lediglich in einer anderen Form angewandt“ (ders. S. 16). Eine hohes Maß an Partizipation kann also nicht die hierarchische Steuerung ersetzen, aber es müssen Steuerungsformen gefunden werden, die in der Lage sind, mit Komplexität umzugehen und zentraler mit dezentraler Verantwortung zu verbinden. Hier stehen Wirtschaftsunternehmen vor demselben grundsätzlichen Problem wie Universitäten. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Universitäten bereits seit langem die meisten Voraussetzungen für ein partizipatives Management erfüllen: – An Universitäten bestehen aufgrund der vielen Freiheiten, Kommunikationsanlässe und Veranstaltungsangebote gute Möglichkeiten zu experimentellem Handeln, zur Erweiterung des Wissens und zur sozialen Interaktion. Jeder, der möchte, kann sich mit Vorschlägen an das Rektorat/Präsidium oder das Dekanat wenden. Die meisten Planungsprozesse vollziehen sich hochschulöffentlich oder werden mindestens im akademischen Senat beraten. – Partizipation ist in Universitäten als durchgängiges Organisationsprinzip fest in der Organisationskultur verankert. Es gibt relativ sichere Arbeitsplätze, die auch Zeit für die Beteiligung an Projektgruppen, Planungsprozessen etc. lassen. In der Regel werden die relevanten AkteurInnen über die Gremien miteinbezogen. – Die individuelle Partizipationsfähigkeit ist bei den meisten Universitätsmitgliedern eher hoch einzustufen, vor allem im Bereich der fachlichen Qualifikation. Universitätsmitglieder sind in der Lage, ihre Interessen zu vertreten und Zusammenhänge herzustellen. – Die Hierarchien sind flach, die dezentralen Organisationseinheiten sind relativ unabhängig, es gibt hierarchieübergreifende Diskussions- und Entscheidungsprozesse und entsprechende Kommunikationsstrukturen.
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Diese eindrucksvolle partizipative Stärke von Universitäten produziert jedoch eine Reihe negativer Effekte: – Evidente Handlungs- und Entscheidungsschwächen durch die „organisierte Verantwortungslosigkeit“ in Gremien. – Fehlende Abstimmung und Koordination zwischen den dezentralen Einheiten untereinander sowie zwischen zentraler und dezentraler Ebene. – Heterogene, konfligierende und intransparente Organisationsziele. Es gibt zwar eine Menge anspruchsvoller und herausfordernder Ziele, doch besitzen diese überwiegend nur einen individuellen, informellen und keinen übergreifenden, verbindlichen Charakter. Dadurch entsteht eine interne Unübersichtlichkeit, die es fast unmöglich macht, Handlungen zu planen. Auch die Leistungsfähigkeit bleibt nebulös, weil nachvollziehbare Maßstäbe sowohl für die quantitative als auch für die qualitative Bewertung fehlen. – Mangelnde Berücksichtigung finanzieller und materieller Ressourcen. Die meisten Ziele und Entscheidungen in Universitäten sind auf Inhalte, nicht aber auf Wirtschaftlichkeit ausgerichtet. Wirtschaftlichkeit wird als „feindliches Prinzip“ betrachtet, welches die Wissenschaftlichkeit tendenziell bedroht. Das partizipative Managementverfahren, dem in den zurückliegenden zehn Jahren am ehesten zugetraut wurde diese Defizite zu beheben, ist das Führen mit Zielvereinbarungen. Es verspricht nicht nur, die Steuerungsmöglichkeiten für Leitungskräfte zu verbessern, sondern es scheint auch in geeigneter Weise in der Lage zu sein, die Managementaufgaben mit der Beteiligung der Universitätsmitglieder zu verknüpfen und eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Organisation zu gewährleisten. Ein solchermaßen „OE-orientiertes Managementverständnis“ bindet die Selbstorganisationsfähigkeit von Universitäten angemessen ein: „Die anstehenden Veränderungen sind im Ganzen weder planbar noch von einer zentralen Instanz aus steuerbar. […] Deshalb haben wir im Grunde keine andere Wahl, als Freiräume zu schaffen, damit sich das System als ‚atmendes System’ verändern kann und einzelne Hochschulen sich als ‚lernende Organisationen’ in eigenständiger Weise weiterentwickeln können“ (Müller-Böling 2000, S. 30).
Ob das Führen mit Zielvereinbarungen diese Anforderungen erfüllen kann, soll im nun folgenden Teil der Arbeit analysiert werden.
3. Führen mit Zielvereinbarungen als partizipatives Management von Universitäten 3.1. Zielvereinbarungen als Instrument staatlicher Hochschulsteuerung Politik und Universitäten sind gleichermaßen der „Faszination des Ziels“ (Wildemann 2001) erlegen. Zielvereinbarungen sind auf beiden Seiten zu einem Allroundinstrument der Hochschulsteuerung und -entwicklung avanciert, dem vielerlei positive Wirkungen zugeschrieben werden. Allerdings werden an das „Breitbandtonikum“ (Kolb 2002, S. 21) auf den unterschiedlichen Ebenen unterschiedliche Erwartungen an die Steuerungseffekte geknüpft: Während die Politik hofft, mit Hilfe von Zielvereinbarungen, die zwischen Staat und Hochschulen abgeschlossen werden, die Leistungsfähigkeit von Forschung und Lehre besser extern beeinflussen zu können, hoffen die Universitäten, durch universitätsinterne Zielvereinbarungen, die zwischen Präsidien/Rektoraten und Fakultäten/Fachbereichen abgeschlossen werden, die eigene Handlungsfähigkeit und damit auch die Autonomie gegenüber dem Staat erhöhen zu können. Dennoch ist klar, dass Universitäten durch ihre Einbindung in ein politisches System niemals völlig autonom handeln können, sondern immer eine übergeordnete Steuerungsinstanz berücksichtigen müssen. Insofern sind die Organisationsziele von Universitäten genauso von den politischen Zielen beeinflusst, wie umgekehrt die Umsetzung der politischen Ziele von der Kooperationsbereitschaft der Hochschulen abhängt. Zielvereinbarungen sind als Instrument staatlicher Hochschulsteuerung inzwischen zwar fest verankert, doch werden sie in der Praxis sehr unterschiedlich gehandhabt. Diese Divergenz lässt sich schon allein an der Begriffsfülle ablesen: So kennen die deutschen Hochschulgesetze neben „Zielvereinbarungen“ auch „Leistungsvereinbarungen“, „Ziel- und Leistungsvereinbarungen“, „Kontrakte“ und „Verträge“35. Diese Bezeichnungen werden oft synonym verwendet, beziehen sich aber auf unterschiedliche Modelle staatlicher Steuerung. Leistungsvereinbarungen, Kontrakte und Verträge sind Begriffe, die im Kontext des New Public Management eine zentrale Rolle spielen. Kerngedanke des NPM ist ein grundlegender Paradigmenwechsel in der Steuerung öffentlicher Leistungen, auch Output oder Produkte genannt, die nicht mehr wie in der Kameralistik durch detaillierte Vorgaben, sondern mit Hilfe zeitlich begrenzter Leistungsvereinbarungen oder Leistungsverträge (Kontrakte) in Kombination mit einem Globalbudget erfolgen soll (vgl. Kapitel III.4.1.). Über das Globalbudget wird die Verteilung staat35
Ein ausführlicher Überblick findet sich auf der Homepage des Hochschulforschungsinstituts Halle-Wittenberg unter http://www.hof.uni-halle.de/steuerung/zv/vereinbarungen.htm
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licher Finanzmittel auf die per Kontrakt verbindlich vereinbarten Leistungen vorgenommen, wobei die Politik ihren KontraktpartnerInnen, in der Regel öffentliche Einrichtungen, größtmöglichen Handlungsspielraum bei der Umsetzung gewährt. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass es zu mehr dezentraler Verantwortung und einem Hierarchieabbau kommen muss. Das bislang streng hierarchische Organisationsprinzip des staatlichen Sektors, bestehend aus abgestuften Entscheidungsebenen mit Weisungskompetenz, soll durch eine eher funktional orientierte Struktur mit flachen Hierarchien abgelöst werden. Die an der Erstellung öffentlicher Leistungen beteiligten Organisationen und die politische Führung sollen sich in kommunikativen Aushandlungsprozessen auf bestimmte Ergebnisse einigen, die je nach dem Grad ihrer rechtlichen Verbindlichkeit als Vereinbarungen oder Verträge fixiert werden. Dennoch sind die Partner nicht gleichberechtigt (Schedler/Proeller 2000, S. 133ff.). Nach wie vor besitzt die Politik eine klar übergeordnete Rolle. Die mit der Politik kooperierenden Organisationen konkretisieren mit ihren Leistungen lediglich den politisch vorgegebenen strategischen Rahmen, gestalten ihn aber nicht. Das NPM folgt somit nicht dem Prinzip der Partizipation, verstanden als Beteiligung an der Willensbildung einer hierarchisch höheren Ebene, sondern vielmehr dem Prinzip der Delegation, also einer „hierarchischen Differenzierung von Kompetenzen“ (Hill/Fehlbaum/Ulrich 1994, S. 235). Daraus ergibt sich eine klar abgegrenzte Aufgabenteilung und Zielhierarchie: Die Politik konzentriert sich auf die strategische Zielsetzung und Steuerung, während die mit der Erstellung bestimmter Leistungen vom Staat beauftragten Organisationen für das operative Geschäft und damit für die operative Zielsetzung verantwortlich sind. Vorteil für die dezentrale Ebene ist, dass sie mehr Gestaltungsspielraum und Teilautonomie bei der Gestaltung ihrer Leistungsprozesse erhält. Mit der übergeordneten Ebene wird nur noch geregelt, welche Leistungen in welchem Zeitrahmen erbracht werden sollen, der Weg dorthin aber bleibt den dezentralen Einheiten überlassen. Vorteil für die zentrale Ebene ist, dass sie sich auf ihre Führungsaufgabe und das Controlling konzentrieren kann. Die Leistungsvereinbarungen bieten zudem einen transparenten Evaluierungsmaßstab, der auch als Grundlage für die Bezahlung der dezentral erbrachten Ergebnisse eingesetzt wird. Nur wenn Quantität und Qualität stimmen, fließen öffentliche Mittel. Soweit die Theorie. In der Praxis jedoch ist es sehr viel schwieriger, die beschriebene Ziel- und Leistungspyramide derartig konsistent umzusetzen. Das gilt vor allem für Universitäten, bei denen sich ein solch stringentes Delegationsprinzip vor allem aus zwei Gründen nicht durchhalten lässt: Zum einen sollen Universitäten unternehmerischer werden und damit als selbstständige korporative Akteure nicht mehr nur politisch vorgegebene, sondern auch eigene strategische Ziele verfolgen, zum anderen sind sie in ihren beiden Kernprozessen, Forschung und Lehre, relativ autonom und deshalb nur eingeschränkt auf die Erbringung von der Politik gewünschter Leistungen festzulegen. Deshalb muss die Politik, anders als im Umgang
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mit öffentlichen Einrichtungen allgemein üblich, Universitäten bei ihrer Zielbildung miteinbeziehen und gemeinsam mit den Leitungskräften diskutieren, welche darauf bezogenen Leistungen erwartet werden können.36 Insofern folgen die Aushandlungsprozesse zwischen Staat und Hochschulen dem Prinzip der Partizipation, was allerdings nichts am Hierarchiegefälle zwischen beiden Kooperationspartnern ändert: Sowohl aufgrund seiner übergeordneten Rechtsposition als Aufsichtsorgan und als Gesetzgeber wie auch in seiner Rolle als Hauptfinanzier ist der Staat den Universitäten überlegen. Angesichts dieser ungleichen Rollenverteilung zwischen Staat und Hochschulen werden in manchen Bundesländern Zielvereinbarungen in Form von Verträgen abgeschlossen bzw. durch Verträge ersetzt, um damit mehr Rechtssicherheit für beide Seiten zu gewährleisten (ausführlicher zu dieser Problematik siehe Trute 2000). Das gilt insbesondere dann, wenn wie beispielsweise im Bundesland Berlin ein umfangreiches Budgetierungssystem mit den Zielvereinbarungen verknüpft wird (Berliner Senatsverwaltung für Wissenschaft, Forschung und Kultur o.J.). Unabhängig davon, ob die Zielvereinbarungen Vertragscharakter haben oder nicht, werden sie in der Regel mit der Vergabe eines Globalhaushalts und einer bis zu dreijährigen Planungssicherheit gekoppelt. Beides steht jedoch unter Vorbehalt der aktueller Entwicklungen und kann damit jederzeit vom Staat verändert werden.
36
Ausnahmen bilden die Bundesländer Hamburg, Hessen und Niedersachsen. Dort können die Ministerien Zielvorgaben erlassen, wenn eine Einigung mit den Hochschulen nicht bzw. nicht rechtzeitig zustande kommt.
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Abb. 7 Wie Partizipation beim Zielvereinbarungsprozess zwischen Staat und Hochschulen konkret aussieht, lässt sich am Beispiel des Bologna-Prozesses illustrieren. Die deutschen Hochschulgesetze verpflichten Universitäten und Fachhochschulen dazu, ihre Studienstruktur auf Bachelor- und Masterabschlüsse umzustellen. Dieses Ziel der Studienreform ist also verbindlich vorgegeben, dennoch haben die Hochschulen individuelle Spielräume sowohl in Bezug auf die inhaltliche Ausgestaltung der neuen Studienangebote als auch auf die Umstellungsdauer. So ist es zwar politisch gewünscht, dass die Bachelor- und Masterstruktur bis zum Jahr 2010 flächendeckend eingeführt ist, doch ein rechtlicher Zwang, dieses Zeitlimit einzuhalten, besteht für die Hochschulen nicht. Auf der politischen Ebene gibt es somit neben gesetzlich fixierten Zielen auch noch eine Reihe von Desideraten, die in Form von politischen Programmen oder Positionspapieren zum Ausdruck gebracht werden. Auf dieser Basis kommt es nun zu vertikalen Aushandlungsprozessen, bei denen sich der Staat, repräsentiert durch das Wissenschaftsministerium, mit den einzelnen Hochschulen nicht nur auf bestimmte Leistungen, sondern auch auf bestimmte
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Ziele einigen muss, sofern diese nicht gesetzlich vorgegeben sind. Die Verhandlungsergebnisse werden dann in „Ziel- und Leistungsvereinbarungen“ oder auch einfach nur „Zielvereinbarungen“ festgehalten, deren Detaillierungsgrad in der Regel nicht sehr hoch ist. So findet sich in der Zielvereinbarung zwischen dem nordrhein-westfälischen Wissenschaftsministerium und der Universität DuisburgEssen zum Bologna-Prozess die allgemeine Aussage: „Die Universität DuisburgEssen wird ihr gesamtes Studienprogramm mit Ausnahme der Studiengänge mit staatlichem Abschluss auf das konsekutive Modell von Bachelor- und Masterstudiengängen umstellen“ (Zielvereinbarung Universität Duisburg-Essen 2005 §3). Hauptproblem pauschaler Zielformulierungen ist deren Mess- und Bewertbarkeit. In der Regel müssen Universitäten dem Ministerium nach einem festgelegten Zeitraum über Erfolge und Misserfolge bei der Zielverfolgung und -erreichung Bericht erstatten, doch bleiben die finanziellen Konsequenzen, insbesondere bei Nichterreichen von Zielen, relativ offen (Ziegele 2000, S. 341). Für die Durchführung der aus den Zielvereinbarungen resultierenden Veränderungsprojekte stellen einige Bundesländer den Universitäten im begrenzten Umfang Innovationsmittel zur Verfügung, andere wiederum erwarten, dass die Hochschulen die Innovationen überwiegend aus dem laufenden Budget finanzieren. Mancherorts wird auch die Vergabe der Grundausstattung einer Universität, d.h. Haushalt, Stellen, Fächerstruktur, an den Abschluss von Zielvereinbarungen geknüpft. Als Anreiz erhalten die Hochschulen eine mehrjährige Planungssicherheit, müssen dafür aber auch bereit sein, Sparauflagen zu erfüllen. Insgesamt sind Zielvereinbarungen nach den bisherigen Erfahrungen aufgrund ihres eher „weichen“ und kommunikativen Charakters als Budgetierungsinstrument nur eingeschränkt geeignet (vgl. Müller/Ziegele 2003, S. 79). Da aber ein wesentlicher Teil der politischen Steuerung durch die Lenkung von Finanzströmen erfolgt, wird dazu verstärkt ein wirkungsvolleres Instrument eingesetzt: Die leistungsorientierte Mittelzuweisung. Dabei handelt es sich um ein staatliches Finanzierungssystem, das über Kennzahlen und Indikatoren37 vorrangig die „Kernziele des Zuweisungsgebers abbildet“ (Ziegele 2001a, S. 196), also nicht partizipativ angelegt ist. Diese Kernziele, die von einer Leistungssteigerung über die Wahrung des Status quo bis hin zur Absenkung reichen können, beziehen sich auf eine begrenzte Anzahl von Leistungen, die Universitäten in bestimmten Bereichen zu erbringen haben. Dazu zählen vor allem Lehre, Forschung, Internationalisierung und Gleichstellung. Erfolgsindikatoren sind z.B. 37
Eine ausführliche Erklärung der Begriffe Kennzahl und Indikator findet sich z.B. bei Brüggemeier 2001, S. 61ff. Danach handelt es sich bei Kennzahlen um „quantitative Informationen, um zahlenmäßig erfassbare Sachverhalte“ wie z.B. Personalausgaben pro Studienplatz oder Drittmittelvolumen. Von Indikatoren spricht man, wenn „Kennzahlen als messbare Hilfsgröße für Sachverhalte herangezogen werden, die man nicht direkt messen kann“ wie z.B. die Qualität von Forschung und Lehre.
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im Leistungsbereich Lehre die Zahl der Studierenden in der Regelstudienzeit und im Leistungsbereich Forschung das Drittmittelaufkommen pro Professor (vgl. Leszczensky/Orr 2004, S. 51ff.). Die meisten in Deutschland verwendeten leistungsorientierten Mittelzuweisungssysteme arbeiten mit relativ wenigen Kennzahlen bzw. Indikatoren. In einigen Bundesländern entscheidet ein einziger Indikator über die Vergabe von mehr als der Hälfte des Leistungsbudgets entscheidet (dies., S. 1). Noch ist es nicht so, dass das gesamte Budget einer Hochschule leistungsorientiert vergeben wird. Der Anteil schwankt je nach Bundesland zwischen fünf Prozent wie z.B. in Bayern und bis zu 30 Prozent wie z.B. in Hessen und Niedersachsen. Der weit größere Teil der Mittel wird in Form eines Grundbudgets zur Verfügung gestellt. Dessen Bemessung erfolgt überwiegend nach Belastungskriterien wie z.B. Zahl der Studienplätze (dies., S. 46ff.) Einige Bundesländer gehen inzwischen allerdings dazu über, auch das Grundbudget nach Leistungskriterien zu vergeben, so z.B. Hamburg, das ab 2005 die Zuteilung des „Grundleistungsbudgets“ an die Hochschulen von der Erreichung von Soll-Absolventenzahlen abhängig machen will (näheres dazu siehe Kapitel V). Trotz der Vielfalt im Detail lässt sich doch die generelle Tendenz zu einem ZweiSäulen-Modell in der staatlichen Hochschulsteuerung feststellen.38 Das aus einer leistungs- und einer belastungsorientierten Mittelzuweisung (formelgebundene Mittelzuweisung) sowie Zielvereinbarungen besteht. Die faktische Bedeutung beider Säulen im Rahmen der staatlichen Hochschulsteuerung unterscheidet sich deutlich:
38
In der Literatur wird häufig von einem Drei-Säulen-Modell gesprochen, welches nach einem Grundbudget, einem Leistungsbudget und einem Verhandlungsteil (Zielvereinbarungen) unterschieden wird (Palandt 2002, S. 166). Da es aber inzwischen relativ viele Mischformen zwischen dem Grundbudget und dem Leistungsbudget gibt (Leszcensky/Orr 2004, S. 6ff.) und offenbar die Tendenz besteht, mittelfristig möglichst die gesamte Budgetierung leistungsorientiert vorzunehmen, wird die Budgetierung hier zu einer Säule zusammengefasst, so dass sich nur noch ein Zwei-Säulen-Modell ergibt.
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Abb. 8 Mit den beiden Instrumentarien werden nicht nur unterschiedliche hohe Budgetanteile vergeben sondern vor allem auch unterschiedliche Steuerungswirkungen erzielt: Die leistungs- und belastungsorientierte Mittelzuweisung misst ex post die von Universitäten in bestimmten Leistungsbereichen erreichten Ergebnisse und bewertet sie finanziell. Die auf die jeweiligen Leistungsbereiche bezogenen Leistungsziele können jeder Hochschule vom Staat autoritär vorgegeben werden. Das Indikatorenset ist in der Regel nicht individuell auf die jeweilige Hochschule zugeschnitten, sondern standardisiert, um eine horizontale Vergleichbarkeit zwischen den Universitäten zu ermöglichen. Dagegen wird in den Zielvereinbarungen ex ante in einem partizipativen und sich regelmäßig wiederholenden Aushandlungsprozess ein individueller und komplexerer Veränderungsbedarf festgelegt. Dieser betrifft vor allem die Profilbildung sowie universitätsinternen Reformbedarf. Zielvereinbarungen dienen somit primär einer zwischen Politik und Universität abgestimmten strategischen Steuerung und Organisationsentwicklung (Schmidt 2003, S. 32f.).
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Die Erfahrungen, die in den zurückliegenden zehn Jahren bei der Anwendung von Zielvereinbarungen im Rahmen staatlicher Steuerung von Hochschulen gemacht worden sind, vermitteln einen äußerst ambivalenten Eindruck. Eine messbare Leistungssteigerung oder eine verbesserte Innovationsfähigkeit sind bislang nicht belegbar, was entweder am Instrument liegt oder an der Tatsache, dass Universitäten sich äußerst langsam und schwerfällig entwickeln und deshalb die Erfolge von Zielvereinbarungen „auch erst sehr langsam wirksam und sichtbar“ werden (König 2003, S. 38). Umfassende wissenschaftliche Untersuchungen zur Wirksamkeit von Zielvereinbarungen zwischen Staat und Hochschulen fehlen bislang. Es gibt allerdings verschiedene Analysen und Praxisberichte, die erste Rückschlüsse auf die Qualität des Instruments zulassen (vgl. z.B. König 2003, Müller/Ziegele 2003, Metzner 2003, Palandt 2002, Ziegele 2002): – Grundsätzlich bejahen Staat und Hochschulen Zielvereinbarungen als richtigen Weg, um miteinander ins Gespräch zu kommen. Darüber hinaus mangelt es aber nach wie vor an Ergebnisorientierung, Messbarkeit und Verbindlichkeit. Die meisten Kontrakte enthalten vorwiegend Absichtserklärungen, die sich auf Reformvorhaben beziehen, die ohnehin stattgefunden hätten. – Den Zielvereinbarungen droht mittelfristig eine Marginalisierung als Steuerungsinstrument, weil das eigentliche Kerngeschäft, nämlich die Budgetierung, über die formelgebundene Mittelzuweisung erfolgt. Die finanzielle Belohnung von Zielverfolgung und Zielerreichung erweist sich als schwierig. Darüber hinaus lassen sich auch Widersprüche und Unstimmigkeiten zwischen den beiden Steuerungsmechanismen feststellen. So kommt es vor, dass sich Hochschulen in den Zielvereinbarungen zu Veränderungen verpflichten, obwohl ihnen dafür das Geld fehlt. – Alle staatlichen Zielvereinbarungssysteme sind in Deutschland in Zeiten knapper Kassen entwickelt und eingeführt worden. Insofern werden sie auf der Hochschulseite eher als Rationalisierungsinstrumente und nicht – wie es ihrem Grundansatz entspricht – als Innovationsinstrumente wahrgenommen. Das führt zu Akzeptanzproblemen. – Zielvereinbarungen unterstützen die Realisierung eines zentralen Grundgedankens der am New Public Management orientierten Hochschulreform, wonach Verantwortung und Kompetenzen vom Staat verstärkt auf die Hochschulen verlagert werden sollen, um dort die Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit zu steigern. Tatsächlich sind die Spielräume für die Hochschulen gewachsen, wenn auch nicht im erhofften Umfang, wie erhofft. Immer noch neigt die staatliche Seite zur Detailsteuerung und mischt sich gerade in inhaltlichen Fragen gerne in die internen Angelegenheiten der Hochschulen ein.
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Als besonders schwieriger Punkt hat sich die Verknüpfung von externen Zielvereinbarungen zwischen Staat und Hochschulen und der hochschulinternen Zielsetzung herausgestellt. Zwar schreiben einige Hochschulgesetze vor, dass die externen Zielvereinbarungen auf universitätsinternen Zielvereinbarungen aufbauen sollen, doch insgesamt lässt sich keine allzu enge Kopplung beider Verfahrensebenen beobachten. Einer der Hauptgründe dafür könnte sein, dass die Aushandlung der externen Zielvereinbarungen im Wesentlichen zwischen den Leitungsebenen, also zwischen Präsidien/Rektoraten und der jeweiligen Ministerin/dem jeweiligen Minister erfolgt und die Fakultäten/Fachbereiche dabei weitgehend außen vor bleiben. Es kommt zu einer Trennung der externen Planung von den universitätsinternen Prozessen und damit zu einer Schieflage zwischen den beiden Ebenen. Zudem besteht bei einer zu geringen Beteiligung der Fakultäten/Fachbereiche am Zustandekommen externer Zielvereinbarungen die Gefahr, dass die festgelegten Maßnahmen und Projekte als von oben oktroyiert und somit als Autonomieeinschränkung empfunden werden (Metzner 2003, S. 27). Last but not least wird ein weiterer Grund für die Schwierigkeiten beim Zusammenspiel externer Zielvereinbarungen mit der hochschulinternen Zielverfolgung darin gesehen, dass sich die externen Zielvereinbarungen meist nur auf einen kleinen Ausschnitt des Leistungsspektrums von Universitäten beziehen (Müller/Ziegele 2003, S. 77). Insgesamt ist die strategische Entwicklung und Steuerung einer Hochschule eine Aufgabe, die sehr viel mehr Umweltanforderungen zu berücksichtigen hat als nur die aus dem politischen Bereich. Eine Universität, welche sich als selbstständig agierender korporativer Akteur begreift, muss möglichst alle Umweltbereiche beobachten, die für ihr erfolgreiches Bestehen relevant sind. Dabei spielt die Politik zwar eine entscheidende, aber nicht die einzige Rolle. 3.2. Typologie und Anwendung universitätsinterner Zielvereinbarungen Bei der universitätsinternen Steuerung und Entwicklung spielen Zielvereinbarungen eine gewichtigere Rolle als in der staatlichen Hochschulsteuerung. Während die Politik, wie bereits geschildert, die universitären Leistungen zunehmend stärker über die Indikatorensteuerung zu beeinflussen sucht und Zielvereinbarungen eher als zusätzliches Instrument zur kooperativen Hochschulentwicklung nutzt, dienen Zielvereinbarungen hochschulintern als Allroundinstrument für vielfältige Management- und Organisationsentwicklungszwecke. In den zurückliegenden zehn Jahren hat sich in den Universitäten quasi „naturwüchsig“ eine breite Palette von Zielvereinbarungen etabliert, die im Folgenden systematisiert und in drei Kategorien zusammengefasst werden: – Universitätsinterne Zielvereinbarungen zur strategischen Steuerung und Organisationsentwicklung
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– Universitätsinterne Zielvereinbarungen zur Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung – Universitätsinterne Zielvereinbarungen zur Personalführung und Personalentwicklung Diese Grundtypen universitätsinterner Zielvereinbarungen werden im Folgenden in ihrer Funktionsweise beschrieben sowie unter Einbeziehung von Praxismaterial und Erfahrungsberichten auf ihre bisherige Wirksamkeit hin analysiert. Dabei wird auch die Veränderung deutlich, welche die Methode des Führens mit Zielvereinbarungen im Hochschulbereich in den zurückliegenden Jahren durchlaufen hat und welche zukünftigen Anwendungstrends sich abzeichnen. 3.2.1. Strategische Steuerung und Organisationsentwicklung 3.2.1.1. Zielvereinbarungen als strategische Projekt- und Maßnahmeplanung Üblicherweise ist das Universitätsmanagement nach demselben Zwei-Säulen-Modell aufgebaut wie die politische Steuerung, d.h. es besteht aus einer indikatorengestützten Budgetierung, mit der die Zentrale den dezentralen wissenschaftlichen Einrichtungen und Servicestellen Gelder zuweist, und Zielvereinbarungen, die primär der kooperativen Entwicklungsplanung zwischen Präsidien/Rektoraten und Fakultäten/Fachbereichen dienen. Allerdings sind die Gewichte zwischen diesen beiden Säulen hochschulintern anders verteilt als auf staatlicher Ebene. Während im staatlichen Steuerungsmodell die leistungs- und belastungsorientierte Mittelzuweisung eine weitaus größere Relevanz besitzt als Zielvereinbarungen, konnte dieses Instrument in den Universitäten mangels Verteilungsmasse bislang weniger umfassend eingesetzt werden. Dafür gibt es eine Reihe von Gründen. So verfügen zum einen nicht alle Hochschulen über Globalhaushalte inklusive der damit verbundenen finanziellen Flexibilität, zum anderen ist der Anteil der langfristig festgelegten Gelder relativ groß, so dass nur wenig Verteilungsspielraum bleibt. Auch wenn sich diese Situation mit zunehmender Finanz- und Personalautonomie mit hoher Wahrscheinlichkeit ändern wird (vgl. z.B. Heise 2001), sind Universitäten doch derzeit insgesamt noch „weit von einem Rechnungs- und Lenkungsinstrument entfernt, das die Hochschule mit ihren Leistungen in Forschung, Studium, Lehre und Selbstverwaltung, d.h. in ihren Kernbereichen, auch nur annähernd abbildet“ (Kappler 2003, S. 258). Vielschichtigkeit und Komplexität wissenschaftlicher Arbeit kann mit dem vorhandenen Instrumentarium nur schwer erfasst und finanziell bewertet werden, was wiederum in den Organisationsbereichen Forschung und Lehre zu erheblichen Akzeptanzproblemen führt: „Wer nur betriebswirtschaftlich über Universitäten nachdenken will, selektiert extrem aus dem gesell-
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schaftlich wünschenswerten und gewünschten Leistungsspektrum der Universität und dessen Spezifikum“ (ders., S. 259). Vor diesem Hintergrund wundert es nicht, wenn ein Managementinstrument, welches nicht primär der Messung und Bewertung von Leistungen als vielmehr der Festlegung von Absichten dient, vergleichsweise gut in Universitäten akzeptiert ist: Zielvereinbarungen werden auch hier als eher „weiches Steuerungsinstrument“ wahrgenommen, das vor allem eine kommunikative Wirkung entfaltet (vgl. z.B. Bergstedt 2003, S. 97). Dabei spielt die Ähnlichkeit von Zielvereinbarungsprozessen mit politischen Prozessen eine zentrale Rolle. Der Abschluss von Zielvereinbarungen erfolgt auf Basis von zuvor geführten Aushandlungen zwischen zentraler und dezentraler Ebene, womit in der Regel Universitätsleitung und Fakultäten/ Fachbereiche gemeint sind39. Sowohl die in diesem Rahmen stattfindenen Diskussionen als auch der Ausgleich von Interessen und das Ringen um Entscheidungskompromisse sind den Universitätsmitgliedern aufgrund ihrer Selbstverwaltungserfahrung sehr viel vertrauter als betriebswirtschaftliche Verfahren, die oft genug als „blinde Ökonomisierung“ (Müller-Böling 2000, S. 173) oder hierarchische Kontrolle abgelehnt werden. Zielvereinbarungen dagegen gelten als partizipatives Steuerungs- und Planungsinstrument von Hochschulleitungen, welches den Fakultäten/ Fachbereichen ein umfangreiches Mitsprache- und Mitgestaltungsrecht sowohl an ihrer eigenen Entwicklung als auch an der Entwicklung der Gesamtorganisation gewährt (Müller 2004/Nickel 2001a). Hauptfunktion universitätsinterner Zielvereinbarungen ist es, die strategische Handlungsfähigkeit der Hochschule zu stärken. Verantwortlich für den Erfolg der Gesamtorganisation im Wettbewerb um Budget- und Drittmittel, Reputation, gutes Personal und geeignete Studierende sind vor allem die Leitungskräfte. RektorInnen/PräsidentInnen und – in abgeschwächter Form – DekanInnen müssen gegenüber Politik und BürgerInnen die Leistungsfähigkeit ihrer Organisation transparent machen und Rechenschaft über die Verwendung der zur Verfügung gestellten öffentlichen Mittel ablegen. Insofern ist klar, dass der Abschluss von Zielvereinbarungen zwischen diesen beiden Personengruppen erfolgt. Genauso klar ist aber auch, dass die Leitungskräfte bei der Umsetzung der Zielvereinbarungen auf das Engagement der übrigen Universitätsmitglieder angewiesen sind. Das gilt insbesondere für die TrägerInnen der Kernleistungsprozesse Forschung und Lehre, die WissenschaftlerInnen, ohne deren motivierte Mitarbeit eine Expertenorganisation wie die Universität zwangsläufig scheitern muss. Ein hohes Maß an direkter Partizipation an den Zielbildungs- und Zielentscheidungsprozessen ist daher unerlässlich.
39
Vereinzelt werden Zielvereinbarungen auch direkt zwischen Rektorat/Präsidium und Instituten geschlossen (vgl. Universität Heidelberg 2002).
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Wie weitgehend Fakultäts-/Fachbereichsmitglieder tatsächlich in die Willensbildung miteinbezogen werden, ist allerdings in den seltensten Fällen formal geregelt, sondern hängt vom Klima in der jeweiligen Fakultät/dem jeweiligen Fachbereich und vom Führungsverständnis der DekanInnen ab. Anders verhält es sich im Partizipationsprozess zwischen den Leitungsebenen. In der Regel gibt es explizite Leitlinien dafür, wie Universitäts- und Fakultäts-/Fachbereichsleitung miteinander umgehen sollen. Meist ist ein dialogisches Gegenstromverfahren vorgesehen. Dabei stehen sich die VertreterInnen beider Leitungsebenen nicht völlig gleichberechtigt gegenüber, sondern die Rektorate/Präsidien besitzen ein Initiativrecht zur Formulierung von Global- bzw. Kernzielen für die Gesamtorganisation, auf welche die Dekanate dann reagieren müssen. Inwiefern die Global- und Kernziele partizipativ beeinflusst werden können, ist von Universität zu Universität unterschiedlich. Mancherorts geben Hochschulleitung und/oder Universitätsrat einen Rahmen vor, den die dezentralen Einheiten nur noch mit Vorschlägen ausfüllen sollen (vgl. z.B. Universität Mannheim 2003 und 2004a), andernorts werden auch die zentralen Organisationsziele unter breiter Beteiligung der Hochschulöffentlichkeit erarbeitet (vgl. z.B. Universität Graz 2002a). Regelungen für Konflikte gibt es kaum. Die meisten Universitäten gehen offenbar davon aus, dass sich bei der Vereinbarung von Zielen zwischen zentraler und dezentraler keine oder nur lösbare Probleme ergeben. Nur wenige Hochschulen haben für den Fall, dass es zu ernsthaften Streitigkeiten kommt, Vorsorge getroffen und z.B. Schiedskommissionen eingerichtet (vgl. Universität Bremen 2000). In der Tat ist es wünschenswert, Zielvereinbarungen im Konsens zu schließen, weil Ziele nur dann motivierend wirken, wenn sich diejenigen, die sie verwirklichen sollen, mit ihnen identifizieren. Ob eine solch weitgehende Akzeptanz in der Praxis tatsächlich erreicht wird, lässt sich derzeit aufgrund fehlender Untersuchungen nicht sagen. Anhand der wenigen öffentlich zugänglichen Zielvereinbarungstexte wird deutlich, dass zwischen Universitäts- und Fachbereichs-/Fakultätsleitung allerdings selten echte Ziele im Sinne offener Gestaltungskorridore vereinbart werden, sondern vielmehr konkrete Leistungen in Form von Veränderungsprojekten und -maßnahmen (vgl. z.B. Universität Mainz 2003b, Universität Graz 2002b). Zielvereinbarungen durchlaufen von der Zielbildung über den Abschluss des Kontraktes bis zu dessen Überprüfung einen immer wiederkehrenden Zyklus (vgl. Kapitel IV.1.4.): 1. Schritt: Abstimmung der Universitätsstrategie mit den Zielen der Fakultäten/ Fachbereiche. 2. Schritt: Definition der Projekte und Maßnahmen, welche die Fakultäten/ Fachbereiche zur Unterstützung der Universitätsstrategie durchführen wollen.
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3. Schritt: Festlegung der benötigten finanziellen, personellen und materiellen Ressourcen, des Zeitbudgets, gegenseitiger Pflichten und Unterstützungsleistungen. 4. Schritt: Abschluss von Zielvereinbarungen zwischen Universitäts- und Fakultäts-/Fachbereichsleitung. 5. Schritt: Umsetzung der Veränderungsprojekte und -maßnahmen durch die Fakultäten/Fachbereiche. 6.Schritt: Bericht über den Erfolg oder Misserfolg bei der Umsetzung der Projekte und Maßnahmen (möglichst anhand von Indikatoren). 7.Schritt: Auswertung und Reflexion der Zielvereinbarungsergebnisse in einem Gespräch zwischen Universitäts- und Fakultäts-/Fachbereichsleitung. 8. Schritt:
Fortschreibung oder Neuabschluss von Zielvereinbarungen
Die Erwartung ist, dass durch das Aufsetzen innovativer Projekte und Einzelmaßnahmen ein kontinuierlicher Verbesserungs- und Organisationsentwicklungsprozess einsetzt, der im Ergebnis zu einer erfolgreichen Profilierung der Universität führt. Ob und in welchem Ausmaß es dabei auch zu einem organisationalen Lernen kommt, wie in Kapitel IV.1.4. dargestellt, lässt sich aufgrund fehlender Untersuchungen zu diesem Thema nicht sicher sagen. Ein Veränderungslernen würde eintreten, wenn nach der Auswertung und Reflexion der Ergebnisse, die aufgrund der zwischen Universitäts- und Fakultäts-/Fachbereichsleitung geschlossenen Zielvereinbarungen entstanden sind, auch das übergeordnete Zielsystem einer Überprüfung unterzogen würde. In diesem Fall müssten Erfolge und Misserfolge auf Fakultätsebene direkt mit der Strategie und dem Leitbild rückgekoppelt und ggf. Veränderungen vorgenommen werden. Da aber – wie im nächsten Kapitel noch ausführlich dargestellt wird – Leitbild- und Strategieentwicklung an Universitäten eine mühsame und aufwändige Angelegenheit ist, liegt die Vermutung nahe, dass diese nicht gerne revidiert werden. Tatsächlich lässt sich in der Praxis beobachten, dass Zielvereinbarungen abschlossen oder fortgeschrieben werden, ohne dass eine Rückkopplung zu Leitbild und Strategie stattfindet. Hochschul- und Fakultäts-/ Fachbereichsleitung können sich offenbar problemlos auf die Weiterführung oder die Neuinitiierung von Projekten und Maßnahmen verständigen, ohne dass das übergeordnete Zielsystem tangiert wird. Was ist in solchen Situationen stattfindet ist also lediglich ein Anpassungslernen. Die zugänglichen Erfahrungsberichte zur strategischen Projekt- und Maßnahmeplanung mittels Zielvereinbarungen lassen den Schluss zu, dass in den meisten Universitäten – wenn überhaupt – zunächst einmal nur ein Anpassungslernen stattfindet. So gibt beispielsweise das Rektorat der Universität Bremen den Fachbereichen Leitziele vor, die dann in Form von Innovationsprojekten individuell konkretisiert werden: „Die allgemeinen Leitziele der Universität Bremen müssen also von Fach-
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137
bereich zu Fachbereich unterschiedlich interpretiert werden“ (Müller 2004, S. 132). Eine Rückwirkung der auf der Fachbereichsebene erzielten Ergebnisse auf die Leitziele findet offenbar nicht oder kaum statt. So wird in zwei Studien zum Bremer Zielvereinbarungsmodell davon berichtet, dass die Universitätsleitung die Berichte „kommentarlos zur Kenntnis genommen“ habe (Bergstedt 2003, S. 92) und diese zudem „unbeachtet in der Schublade verschwinden würden“ (Franke 2005, S. 117). Während die organisationalen Lerneffekte noch undeutlich sind, ist eine andere organisationale Wirkung von Zielvereinbarungen sehr schnell sichtbar geworden: Das Verhältnis von zentraler und dezentraler Ebene beginnt sich grundlegend zu verändern. Die traditionell lose Kopplung universitärer Subsysteme wird durch eine stärkere Verbindlichkeit und Kooperation enger. Fakultäten/Fachbereiche können sich nicht mehr länger als weitgehend autonome Einheiten verstehen, sondern müssen sich als Bestandteile einer Organisation begreifen, die arbeitsteilig an der Umsetzung übergeordneter Organisationsziele mitwirken. Umgekehrt sind auch die Rektorate/Präsidien gehalten, sich enger als früher mit den Fakultäten/Fachbereichen abzustimmen und somit näher an die wissenschaftliche Arbeitsebene heranzurücken. Während jedoch die Hochschulleitungen diese engere Kopplung als Kompetenzzuwachs erleben, weil sie als Verantwortliche für das Gesamtergebnis der Organisation entsprechend mehr Durchsetzungsmöglichkeiten erhalten, erleben die Fakultäten/Fachbereiche diese Situation dagegen eher als Autonomieverlust und Zentralisierung (Nickel 2004). In Universitäten verursacht das Führen mit Zielvereinbarungen zunächst einmal eine Einengung dezentraler Spielräume, weil es den Individualisierungstendenzen der Fakultäten/Fachbereiche zugunsten einer gemeinsamen Strategiebildung entgegenwirkt. Beim Einsatz dieses Verfahrens im Hochschulbereich geht es nicht wie beispielsweise im NPM darum, dass die Leitungsebene „Macht“ an die dezentralen Einheiten abgibt, sondern es geht vielmehr darum, dass die Organisationsspitze die Fakultäten/Fachbereiche und Institute effektiver in die Verantwortung nehmen kann. Aus diesem Grund verlangt die Arbeit mit Zielvereinbarungen von den Fakultäten/Fachbereichen auch eine ungewohnte Leistungs- und Kostentransparenz. Durch den Abschluss von Zielvereinbarungen verpflichten sich Fakultäten/Fachbereiche, bestimmte Ergebnisse zu liefern und ihr Handeln auf Erfolg oder Misserfolg sowie auf Wirtschaftlichkeit überprüfen zu lassen. Anhand dieser Informationen erhalten die Rektorate/Präsidien ein sehr viel klareres Bild von der Leistungsfähigkeit der Fakultäten/Fachbereiche und verbessern dadurch zugleich ihre Eingriffsmöglichkeiten, insbesondere dann, wenn die Vergabe von Finanzmitteln an Erfolge und Misserfolge bei der Umsetzung von Zielvereinbarungen gebunden ist. Bei der Verknüpfung von Zielvereinbarungen mit Budgetzuweisungen werden verschiedene Spielarten erprobt. So wird in einigen Fällen versucht, die Höhe der Sach- und Personalmittelausstattung der Fakultäten/Fachbereiche nach dem Grad der Zielerreichung bzw. Zielverfolgung zu bemessen (Ziegele 2001b, S. 40). Mit
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Abstand am häufigsten ist jedoch die Kopplung mit finanziellen Anreizen. Das kann zweierlei bedeuten: – Gewährung von Zusatzmitteln aus einem zentralen Innovationsfond als Voroder Anschubfinanzierung für Veränderungsprojekte – Planungssicherheit durch die Zuteilung eines mehrjährigen Grundbudgets bei Nachweis einer kontinuierlichen Zielverfolgung Prinzipiell können Zielvereinbarungen auch ohne die Verbindung mit monetären Anreizen funktionieren, und zwar dann, wenn es primär um eine verbesserte Kommunikation zwischen Universitätsleitung und den nachgeordneten Organisationseinheiten geht. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass Zielvereinbarungen nur dann eine spürbare innovations- und leistungsfördernde Wirkung entfalten, wenn sie mit finanziellen Konsequenzen verbunden sind (Ziegele/Weichselbaumer 2001, S. 27). Der gute Wille allein reicht meist nicht aus. Ingesamt ergibt sich also folgendes Grundmodell für die strategische Steuerung und Entwicklung von Universitäten mit Zielvereinbarungen:
Abb. 9
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Dieses Grundmodell kann allerdings nur dann eine strategische Wirkung entfalten, wenn es die jeweilige Universität über die Projekt- und Maßnahmeplanung hinaus zu vorausschauendem Handeln bewegen kann. Dazu müssen die EntscheidungsträgerInnen aus einer Reihe von Handlungsoptionen – d.h. Zielen – diejenigen auswählen und umsetzen, welche der Organisation einen möglichst langfristigen Erfolg sichern: „Long-term planning is supposed to determine objectives for the future, while allocating responsibilities and resources to reach them. It is becoming more difficult, however, to achieve distant goals in innovative and complex environments, although the potential for planning exists when strands of stability within that context can be presumed“ (Tabatoni/Barblan 2002, S. 5).
Strategische Planung versucht also, dem organisationalen Handeln von Universitäten durch möglichst treffsichere Prognosen in einer unsicheren und sich schnell verändernden Umwelt eine möglichst stabile Grundlage zu geben. Zwar hat die Organisations- und Managementforschung schon seit langem herausgefunden, dass die Hoffnung, mittels Planung die Zukunft vorwegnehmen zu können, oft unerfüllt bleibt (vgl. Kapitel IV.1.3.), dennoch hat die strategische Planung in Universitäten Konjunktur. Einer der Hauptgründe dafür ist die Erkenntnis von Universitätsleitungen, dass sie angesichts stagnierender oder sinkender Mittelzuweisungen des Staates an die Hochschulen strategische Prioritäten setzen müssen. Zudem wird immer deutlicher, dass Universitäten ein Ordnungssystem benötigen, das ihnen angesichts der Dynamik gesellschaftlicher Veränderungsprozesse hilft, relevante von den irrelevanten Umweltveränderungen zu unterscheiden: „Strategische Planung dient dazu, die Komplexität zwischen der Umwelt und dem System, hier der Hochschule, handhabbar zu gestalten“ (Hödl/Zegelin 1999, S. 329). Die Kunst des strategischen Managements von Universitäten besteht darin, die Anforderungen in ihrer Komplexität so zu reduzieren, dass möglichst nur diejenigen übrig bleiben, von deren Erfüllung ein mittelfristiger Organisationserfolg zu erwarten ist. Um diese Unterscheidung vornehmen zu können, müssen die Stärken/Schwächen der Organisation fortlaufend analysiert und mit der Analyse der relevanten Umwelten in Beziehung gesetzt werden: „Die Entscheidungsträger müssen eine Idee von den relevantesten Einflußfaktoren und ihren Verknüpfungen entwickeln. Erst eine Vorstellung dieser Zusammenhänge – die allerdings wegen der unüberschaubar vielen Anschlußmöglichkeiten zwischen den Elementen des Umfeldes immer nur eine vereinfachte Konstruktion sein kann – ermöglicht den Entwurf strategischer Handlungsmöglichkeiten und die Beurteilung bestehender strategischer Positionen“ (Steinmann/Schreyögg 2000, S. 160).
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Aus dem Abgleich zwischen Organisations- und Umweltanalyse lassen sich die strategischen Ziele gewinnen, die eine Art Zukunftskonzept der Universität bilden. Ein wesentlicher Einflussfaktor für die Qualität strategischer Ziele ist das Informationssystem, das als Entscheidungsgrundlage benutzt wird. Je nachdem welche Daten eine Universität über sich und ihre relevanten Umwelten erhebt und aufbereitet, entstehen unterschiedliche strategische Ziele. Lückenhafte oder überalterte Daten können dazu führen, dass blinde Flecken entstehen und strategisch wichtiger Handlungsbedarf nicht gesehen wird. Dies zu verhindern ist die Aufgabe des strategischen Controllings. Dieses überprüft nicht einfach nur, ob und wie gut ein Ziel erreicht wurde, sondern unterstützt die Leitungskräfte in ihren Entscheidungsprozessen durch die Zulieferung und Aufbereitung relevanter Daten. Darüber hinaus kann strategisches Controlling auch einen Eigenbeitrag zum strategischen Management und der strategischen Entwicklung einer Universität leisten, indem es beispielsweise das Bewährte und das Routinemäßige reflektiert, indem es Fragen stellt – auch sich selbst: „Controlling kann Lernprozesse induzieren, verbessern und beschleunigen, muss aber diesen Prozess des organisationalen Lernens reflexiv auch für sich selbst gelten lassen“ (Kappler 2003, S. 266). Auch wenn die Akzeptanz für ein strategisches Controlling noch sehr gering ausfällt, ist es dennoch notwendig. Die Erfahrung zeigt, dass bei fehlendem Controlling „Entscheidungen in Vergessenheit geraten, dass Maßnahmen versanden und nicht weitergeführt werden“ (Müller-Böling 2000, S.159). Obwohl die Außensteuerung im Zuge der laufenden Hochschulreform kontinuierlich zugenommen und insofern auch die Berücksichtigung von Umweltanforderungen bei den hochschulinternen Entscheidungsprozessen an Bedeutung gewonnen hat, ist die Einbeziehung externer Faktoren in das Management und die Entwicklung von Universitäten nach wie vor ein Schwachpunkt. Daran ändern auch Zielvereinbarungen und die damit verbundenen Strategiekonzepte bislang wenig. Wie im nächsten Kapitel gezeigt werden wird, haben etliche Hochschulen in den vergangenen Jahren sehr aufwändige Prozesse der Zielbildung und -planung durchlaufen, in deren Mittelpunkt zunächst einmal die Anforderungen und Erwartungen der unterschiedlichen universitätsinternen Gruppen – WissenschaftlerInnen, Studierende, Verwaltung – standen. 3.2.1.2.
Zielbildung und -umsetzung als partizipativer Prozess
Von ihrer ursprünglichen Idee her sind Zielvereinbarungen eine auf die Stärkung der individuellen Autonomie ausgerichtete Methode der Personalführung. Sowohl die Möglichkeit, die für sie maßgeblichen Zielgrößen beeinflussen zu können, als auch die Reduzierung von Kontrollen sollen MitarbeiterInnen Spielräume für eigenverantwortliches Handeln eröffnen und die Motivation in der Weise erhöhen, dass bestmögliche Arbeitsergebnisse entstehen (Breisig 2000, S. 14ff.). Nun ist es an Universitäten allerdings so, dass es keinen Mangel an individuellen Freiräumen
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oder einen Überfluss an Kontrollen gibt, sondern dass eigenverantwortliches Arbeiten zu den Hauptmerkmalen der Expertenorganisation gehört. So gesehen kommen Zielvereinbarungen der Organisationskultur von Universitäten sehr entgegen (vgl. Kapitel IV.2.5.). Andererseits sorgen Zielvereinbarungen jedoch – wie im vorigen Kapitel gezeigt – für eine Verbindlichkeit und Transparenz der Leistungen, die für Universitäten neu ist und als Einschränkung der individuellen Autonomie wahrgenommen wird. Dieser Eindruck wird noch verstärkt, wenn mit Zielvereinbarungen nicht Personen, sondern Organisationseinheiten angesprochen werden. Dadurch erhält die Organisation mehr Gewicht als das Individuum. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, inwiefern die motivierende Funktion – welche Zielvereinbarungen als Instrument der Personalführung dadurch entfalten, dass sie Organisationsmitglieder direkt in die Verantwortung nehmen – erhalten bleiben kann, wenn lediglich abstrakte Strukturen wie Fakultäten, Fachbereiche oder Institute die Adressaten sind. Um dieses Problem zu lösen, wurde und wird in vielen Universitäten versucht, die Zielbildung möglichst partizipativ zu gestalten und damit die Unterstützung der Universitätsmitglieder sicherzustellen. Als Grundlage dient überwiegend ein strategisches Managementkonzept, das funktionalistisch ausgerichtet ist und daher einer linearen, auf Handlungsrationalität abzielenden Planungs- und Steuerungslogik folgt: „Dieser, in der Managementdiskussion dominierende Ansatz geht von einem planvollen, den Regeln der Vernunft folgenden zielgerichteten Handeln in Organisationen aus, um zuvor gesetzte Ziele auf möglichst effiziente Weise zu erreichen. Er unterstellt, dass den Entscheidern in Managementprozessen (möglichst alle denkbaren) Planungsalternativen zur Verfügung stehen, die sie im Hinblick auf die Zielerreichung vergleichen, um zu einer möglichst optimalen Entscheidung zu gelangen“ (Hanft 2003, S. 151).
Dieses Managementverständnis, welches auch dem New Public Management zugrunde liegt, versteht eine Organisation nicht als System, sondern als ein Instrument der Führung, das den Leistungsprozess steuern hilft. Dies geschieht mit Hilfe einer konsistenten Zielhierarchie bestehend aus: 1. Leitbild (auch Mission oder Vision genannt), verstanden als sinnstiftender Katalog übergeordneter Werte, Normen, Aufgabenbereiche und langfristiger Entwicklungsziele 2. Strategie bzw. strategische Ziele, die sich im Rahmen des Leitbildes bewegen, aber sehr viel konkreter, aktueller und umfassender sind 3. Operative Ziele, welche die strategischen Ziele in die Praxis übersetzen und umsetzbar machen
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Diesem Schema folgend haben etliche Universitäten in den zurückliegenden Jahren umfangreiche Zielbildungsprozesse durchlaufen und diese mit der Einrichtung eines internen Zielvereinbarungssystems verknüpft (vgl. Fedrowitz et al. 1999, Müller-Böling et al. 1998, Nickel 2001a, Nickel/Zechlin 2000). Dabei wurde zunächst sehr viel Energie in die Erstellung von Leitbildern investiert, um die Idee der jeweiligen Universität sichtbar zu machen und – sofern nötig – neu zu definieren (vgl. z.B. Gerhardt 2003, Bülow-Schramm 2001). Zudem sollte durch die Benennung von Aufgabenschwerpunkten in den Leitbildern das Profil der Hochschule erkennbar werden. Ingesamt bestand die Hoffnung, dass durch die Formulierung eines gemeinsamen Selbstverständnisses, an dem sich möglichst viele Universitätsmitglieder beteiligen, eine Kohäsion erreicht würde: Das kooperativ erstellte Leitbild formt die fragmentierten Subgruppen zu einer Einheit und bietet eine verbindliche Orientierung nach innen und nach außen. Nach außen wird die Erkennbarkeit der Universität als Gesamtorganisation verbessert, d.h. es wird deutlich, für welche Werte die Universität steht, durch welche Besonderheiten und Kompetenzen sie sich auszeichnet. Nach innen entsteht ein Identifikationspunkt. WissenschaftlerInnen und Verwaltungskräften wird deutlich, welchen Grundsätzen und langfristigen Organisationszielen sie sich verpflichten, wenn sie für diese und nicht irgendeine andere Universität arbeiten. Ähnliches gilt für Studierende, die sich bei ihrer Studienplatzwahl bewusst für die jeweilige Universität entscheiden sollen. So verstanden besitzen Leitbilder einen erheblichen Einfluss auf die Rekrutierung des Personals und der Studierenden. Idealerweise sorgen Leitbilder dafür, dass das Handeln der Universitätsmitglieder auf die Kernziele der Organisation ausgerichtet und damit zugleich die Entwicklung von Universitäten zu einer Organisation maßgeblich unterstützt wird. Ob dieser Anspruch in den vielen Leitbildprozessen, die in den zurückliegenden Jahren an deutschen Hochschulen durchgeführt wurden, tatsächlich eingelöst werden konnte, lässt sich derzeit nicht verlässlich sagen. Da empirische Untersuchungen zu Leitbildern in Universitäten fehlen, kann lediglich auf Erfahrungswerte zurückgegriffen werden, die sich durch ein intensives Studium unterschiedlicher Internet-Homepages oder in Image-Broschüren ergeben. Danach ist der Umfang der Leitbilder unterschiedlich und schwankt beispielsweise zwischen 22 Seiten bei der Universität Stuttgart und einer halben Seite bei der Universität Mannheim. Die Inhalte sind dagegen relativ ähnlich. So werden in der Regel die Fach- oder Forschungsschwerpunkte benannt sowie die gesellschaftliche Verantwortung, die Weltoffenheit und Internationalität, die Innovationsbereitschaft sowie die Einheit von Forschung und Lehre als besonderes Merkmal universitärer Wissenschaft betont (vgl. z.B. die Leitbilder der Humboldt Universität zu Berlin, der Universität Leipzig, der Universität Kassel und der Technischen Universität München). Individuelle Profile machen sich – wenn überhaupt – in Nuancen bemerkbar, ansonsten scheint die Auffassung darüber, welchen Werten sich eine Universität verpflichtet fühlen sollte und was sie zu leisten hat, weitgehend deckungsgleich zu sein. Durch diese Austauschbarkeit
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steigt allerdings die Gefahr, dass universitäre Leitbilder – ähnlich wie viele Wirtschaftsunternehmen und Verwaltungen – relativ schnell wieder an Relevanz verlieren: „Häufig wird beklagt, dass Leitbilder nicht wahrgenommen werden und nach einer gewissen Zeit wirkungslos verschwinden“ (Belzer 1998, S. 47). Ein rascher Bedeutungsverlust ist vor allem dann kontraproduktiv, wenn – wie an Hochschulen üblich – die „Corporate Identity“ mit großem Aufwand und hoher Beteiligung der Organisationsmitglieder entwickelt wurde und die Frustration über das wenig nachhaltige Ergebnis zu Unzufriedenheit und Blockaden führt. Die meisten Hochschulen haben ihr Leitbild in umfangreichen partizipativen Verfahren erstellt. Mit Großgruppenveranstaltungen, Workshops oder Intranet-Foren wurde versucht, die Hochschulmitglieder möglichst umfassend zu beteiligen, auch wenn sich der Entscheidungsprozess dadurch nicht selten über ein Jahr oder mehr erstreckte (vgl. z.B. Vogt et al. 2004, S. 33, Battke/Eisoldt 2001). Die Euphorie, die anfänglich mit der Leitbilderstellung verbunden war, hat sich inzwischen tatsächlich stark relativiert: „Die Resultate, auf die man sich sensu Leitbild schlussendlich einigt, sind abstrakt und üben wenig Einfluss auf Forschung und Lehre aus“ (Lenzen 2001, S. 586). Alles in allem sind Leitbildentwicklungen inzwischen stärker an den Rand der hochschulreformerischen Aktivitäten gerückt. Stattdessen richten Universitäten ihre Aufmerksamkeit stärker auf die für sie im Alltagsgeschäft wesentlich handlungsrelevanteren Strategiekonzepte. Die Entwicklung universitärer Strategiekonzepte kann ebenso partizipativ wie die Entwicklung von Leitbildern erfolgen. So hat beispielsweise die Universität Graz ihre strategischen Ziele unter Einsatz von Zukunfts- und Strategiekonferenzen sowie Projektgruppen aufgestellt (Universität Graz 2002a/2002b). Am Ende des rund zweijährigen Prozesses lag ein Katalog von Globalzielen und strategischen Leistungszielen vor, der Leitbild und Strategie miteinander verband. Die Leitziele der Universität Graz wurden quasi als Kuppelprodukt der Strategieentwicklung mitformuliert. Dieses Vorgehen lässt sich auch an anderen deutschsprachigen Universitäten beobachten. So besteht beispielsweise das Leitbild der Universität Mannheim lediglich aus ein paar knappen Sätzen, welche die fachlichen Schwerpunkte und anzustrebenden Exzellenzbereiche benennen und damit lediglich die Hintergrundfolie für ein wesentlich umfangreicheres Strategiekonzept bilden (Universität Mannheim 2003). Den Bezugsrahmen für die universitätsinternen Zielvereinbarungen bildet üblicherweise nicht das Leitbild, sondern das Strategiekonzept einer Hochschule. Es gibt aber einzelne Universitäten, die auf ein Strategiekonzept verzichtet haben und ihre Zielvereinbarungen direkt auf die Leitziele beziehen, so zum Beispiel die Universität Bochum, welche die Zielvereinbarungen mit den dezentralen Einrichtungen auf acht Kategorien bezieht: Forschungsleistung, Internationalisierung, Modularisierung interdisziplinärer Lehrmodule auf der Master-Ebene, Drittmittelorientierung, Regionale Vernetzung, Serviceorientierung und Außendarstellung, Entwicklung
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von Weiterbildungsangeboten, Nachwuchsförderung (Schult/Ziegele 2002). Diese Profilmerkmale der Universität Bochum sollen die dezentralen Einheiten im Rahmen ihrer Möglichkeiten mit eigenen Projekten und Maßnahmen unterstützen. Dementsprechend sind Gegenstände von Zielvereinbarungen z.B. die Veranstaltung mindestens einer Konferenz oder Tagung pro Jahr als Beitrag zur Internationalisierung der Forschung oder die Einrichtung zweier interdisziplinärer Studienschwerpunkte im Masterbereich (dies./Zielvereinbarung zwischen dem Institut für Entwicklungsforschung und Entwicklungspolitik und dem Rektorat der Ruhr-Universität Bochum). Aufgrund umfassender Freiheitsrechte müssen die Fakultäten/Fachbereiche und Institute nicht automatisch den strategischen Zielen der Universitätsleitung bzw. des Hochschulrates folgen, sondern können durchaus eigene strategische Prioritäten setzen. Es kann also vorkommen, dass zwischen Rektorat/Präsidium und Dekanat auch Ziele vereinbart werden, die nicht im zentralen Strategiekonzept der Universität auftauchen, sondern ausschließlich auf Fakultäts-/Fachbereichsebene entstanden sind. Finanziell gefördert werden dagegen meist nur Projekte und Maßnahmen, die der Umsetzung des übergeordneten Strategiekonzeptes dienen. So z.B. bei der Universität Mannheim: Diese führte als eine der ersten deutschen Hochschulen 1998 Zielvereinbarungen an drei Pilot-Fakultäten ein und wertete die gemachten Erfahrungen sukzessive aus (Universität Mannheim 1999/Universität Mannheim 2000). Daraus wurde ein Modell entwickelt, das inzwischen alle Fakultäten betrifft und folgendermaßen aufgebaut ist: Ausgangspunkt ist ein strategisches Positionspapier, welches konkrete Ziele für die mittelfristige Entwicklung und Verbesserung von Lehre und Forschung enthält und dabei relativ genau auf die daraus folgenden Konsequenzen für die Fakultäten eingeht. Aufgrund seines Detaillierungsgrades ist das Strategiepapier mehr oder weniger identisch mit dem Struktur- und Entwicklungsplan, der vom Universitätsrat beschlossen wurde (Universität Mannheim 2003). Das Positionspapier bzw. der Struktur- und Entwicklungsplan bilden den strategischen Rahmen für die Zielvereinbarungen, welche zwischen Rektorat und Fakultäten geschlossen werden. Gegenstand der universitätsinternen Zielvereinbarungen sind Projekte, welche das Rektorat für die strategische Entwicklung der Gesamtuniversität als besonders wichtig einstuft (Universität Mannheim 2004a). Dabei haben sich vor allem vier Schwerpunkte herauskristallisiert: Qualitätssicherung in Forschung und Lehre, Internationalisierung, Ausbau der Interdisziplinarität, Innovationen in Strukturen und Prozessen. Die internen Zielvereinbarungen an der Universität Mannheim werden zwar einmal jährlich neu verhandelt, können aber auch längerfristige Projekte zum Gegenstand haben. Grundlage der Gespräche zwischen Rektorat und Fakultäten ist ein Bericht der jeweiligen Fakultät darüber, ob und welche Ziele bisher erreicht worden sind. Die Entscheidung darüber, welche Projekte weiter- oder neu gefördert werden, trifft letztlich das Rektorat in Abstimmung mit dem Hochschulsenat, wobei die Fa-
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kultäten in den Kommunikationsprozess intensiv eingebunden werden. Die Finanzierung der Innovationsprojekte erfolgt aus einem gesonderten Haushaltstopf, der neben der kennzahlengestützten Mittelzuweisung und der Verteilung der Grundausstattung nach Berufungs- und Bleibezusagen die dritte Säule des internen Budgetierungssystems bildet (Universität Mannheim 2004b). Aus diesem Innovationsfond hat die Universität Mannheim im Jahr 2003 mehr als 30 Projekte mit ca. 850.000 Euro und im Jahr 2004 rund 20 Projekte mit 920.000 Euro gefördert (Universität Mannheim 2004a). Ob die vereinbarten Veränderungsprojekte und –maßnahmen tatsächlich dazu beitragen, den Erfolg der Organisation sichern, darüber finden sich in den Papieren der Universität Mannheim allerdings keine näheren Angaben. Überhaupt sind Materialien oder Untersuchungen zu den konkreten Ergebnissen und Wirkungen von Zielvereinbarungen eher selten zu finden bzw. nicht öffentlich zugänglich. Bisherige Erfahrungsberichte konzentrieren sich vor allem auf die Beschreibung des Implementierungsprozesses und betonen die kommunikative Funktion von Zielvereinbarungen (vgl. z.B. Bülow-Schramm 2003a). Führungskräfte und Personal, Leitung und dezentrale Ebene kommen über die Aushandlung und Auswertung von Zielvereinbarungen ins Gespräch und können so ein abgestimmtes Vorgehen erreichen. Durch interne Zielvereinbarungen ist erstmals eine vorausschauende und realisierbare Planung möglich, Entscheidungen werden verbindlicher und müssen stärker fachlich begründet werden (Müller 2004, S. 135). Dabei hat sich gezeigt, dass sich nicht nur die Kommunikation zwischen Hochschulleitung und Fachbereichen verbessert, sondern auch die zwischen den Fachbereichen. Diese erfahren jetzt schneller und klarer, was die anderen planen und umsetzen (Bergstedt 2003, S. 61ff.). Bislang gibt es im Hochschulbereich keine Modelle für interne Zielvereinbarungssysteme, die eine horizontale Vernetzung herstellen. In der Regel verläuft die Abstimmung von Zielen ausschließlich vertikal, also zwischen Universitätsleitung und Fachbereichen bzw. Instituten. Langfristig ist es allerdings notwendig, die Abstimmung von Zielen auch zwischen den dezentralen Einheiten vorzunehmen, weil sonst kein wirklich umfassender Entwicklungsprozess der Gesamtorganisation stattfinden kann. Die mittels Zielvereinbarungen geplanten Projekte und Maßnahmen beziehen sich sehr viel häufiger auf die Lehre als auf die Forschung (Franke et al. 2002, S. 93). Dieser Befund korrespondiert mit der in Kapitel IV.2.1. vorgenommenen Organisationsdiagnose, wonach der Bereich Lehre und Studium aufgrund seiner besseren Organisierbarkeit weitaus ansprechbarer für Managementverfahren und –instrumente ist als der Bereich Forschung. Insgesamt fällt die Projekt- und Maßnahmeplanung allerdings noch sehr vage aus, so dass sich Erfolge und Misserfolge bei der Realisierung oft nicht ausreichend überprüfen lassen (Müller 2004, S. 135). Die Messbarkeit des Zielerreichungsgrades ist ein generelles Problem von Zielvereinbarungen, und zwar nicht nur in Hochschulen, sondern auch in der Wirtschaft. Der MbO-Ansatz sieht in seiner ursprünglichen Form ausschließlich quantitativ mess-
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bare Ziele vor (Wild, Jürgen 1973). Diese Vorgehensweise ist auf Dauer allerdings unbefriedigend, weil komplexere Leistungen unzureichend oder gar nicht erfasst werden können (Breisig 2000). In der Praxis wird das Problem häufig so gelöst, dass in die Zielvereinbarungen nicht nur Kennzahlen, sondern auch weiter gefasste Kriterien vereinbart werden, die erkennen lassen, ob und wie gut ein Ziel erreicht wurde. Doch selbst diese fehlen im Hochschulbereich oft oder sind zumindest unzureichend (Müller 2004, S. 137, Franke et al. 2002, S. 101), und so lässt sich der Zielerreichungsgrad nur schätzen (Universität Graz 2004a, S. 15), was Zweifel an der steuernden Wirkung von Zielvereinbarungen weckt. Ein weiteres Problem in diesem Zusammenhang ist das der „unzureichenden Nachhaltigkeit“ (Müller 2004, S. 136) von Zielvereinbarungen. Zusagen werden bisweilen nicht eingehalten oder versanden, ohne dass daraus Konsequenzen folgen. Es kann aber auch vorkommen, dass Zielvereinbarungen zur strategischen Projekt- und Maßnahmeplanung einfach eingestellt werden, wenn sich die Rahmenbedingungen der jeweiligen Universität ändern. So hatte beispielsweise die Universität Graz ihr universitätsinternes Zielvereinbarungssystem nach zweijähriger Laufzeit aufgrund von „neuen gesetzlichen Vorschriften, Erarbeitung neuer Organisations- und Entwicklungspläne, personeller Wechsel in Organisationseinheiten, Budgetrestriktionen etc.“ zunächst wieder auf Eis gelegt (Universität Graz 2004a). Insgesamt lassen die beschriebenen Praxiserfahrungen und Fallbeispiele keinen eindeutigen Schluss darüber zu, ob Zielvereinbarungen die strategische Selbststeuerungsfähigkeit von Universitäten tatsächlich erhöhen oder nicht. Es wird vielmehr deutlich, dass Zielvereinbarungen ein Instrument der Projekt- und Maßnahmeplanung sind, dessen Implementierung und praktische Handhabung einen sehr hohen partizipativen Aufwand erfordern, um zumindest eine verbesserte Kooperation und Kommunikation sowie eine abgestimmtere Vorgehensweise zwischen Universitätsleitung und Fakultäten/Fachbereichen zu erreichen. Insofern scheinen Zielvereinbarungen die Universität in ihrer Entwicklung zu einem „korporativen Akteur“ erfolgreich zu unterstützen, und zwar nach folgenden Schema:
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Abb. 10 Die Grafik macht deutlich, dass sich das in Kapitel IV.2.6. dargestellte Ungleichgewicht zwischen Partizipation und Management in Universitäten durch die Einführung von Zielvereinbarungen in Richtung „mehr Management“ verschoben hat. Obgleich es eine Fülle von Mitwirkungsmöglichkeiten an den Steuerungs- und Planungsprozessen gibt, hat die Möglichkeit zur direkten Partizipation insbesondere an den strategischen Entscheidungen und Zielbestimmungen abgenommen. Diese liegen jetzt hauptsächlich in der Hand der Leitungskräfte. Dieser Kompetenzzuwachs der Leitungsebene bedeutet nicht, dass das Pendel nun in die andere Richtung kippt und das Management gegenüber der Partizipation die Oberhand gewinnt. Vielmehr ist die Balance zwischen Management und Partizipation nun ausgeglichener. Ob das nach wie vor bestehende hohe Maß an Partizipation in Universitäten auf Dauer aufrechterhalten werden kann, muss die weitere Entwicklung zeigen.
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Verständlich ist, dass gerade in der Einführungs- und Umbruchphase durch Workshops, Tagungen, Großgruppenveranstaltungen und ähnliches eine möglichst hohe Akzeptanz für die z.T. anstrengenden und bedrohlichen Veränderungen geschaffen werden musste. Diesen „Ausnahmezustand“ haben die meisten Universitäten inzwischen jedoch längst hinter sich. Nun müssen sich die neuen Managementverfahren im Alltagsgeschäft bewähren und dazu gehört auch, dass die Leitungskräfte einem aktuellen Handlungsdruck ausgesetzt sind, der ihnen mitunter schnelle Entscheidungen abverlangt. Für diese kann in der Eile verständlicherweise kein breit angelegter Beteiligungsprozess organisiert werden, sondern die PräsidentInnen/ RektorInnen und DekanInnen müssen sie alleinverantwortlich treffen. Von staatlicher Seite jedenfalls wird eine entsprechend erweiterte Entscheidungsbefugnis für Leitungskräfte unterstützt. Die Hochschulpolitik ist von der deutlichen Tendenz gekennzeichnet, sich auf der Hochschulseite ein starkes Gegenüber zu schaffen, das seine Vorstellungen notfalls auch gegen den Willen von Gremien durchsetzen kann. In einigen Hochschulgesetzen wird deshalb mittlerweile auch die Erstellung der Strategiekonzepte bzw. Struktur- und Entwicklungspläne in die Alleinverantwortung der Organisationsspitze, d.h. Rektorat/Präsidium und/oder Hochschulrat, gegeben. Dieser Trend legt die Vermutung nahe, dass sich in naher Zukunft die Waagschalen noch weiter in Richtung Management verschieben werden. Vor diesem Hintergrund geht auch die Suche nach einem hochschuladäquaten Managementverfahren weiter. Die strategische Projekt- und Maßnahmeplanung mit Hilfe von Zielvereinbarungen ist offenbar erst der Anfang und möglicherweise auch nur eine Durchgangsstation auf dem Weg zu einem umfassenden strategischen Managementsystem. Indiz für diese Annahme ist u.a. die wachsende Popularität der Balanced Scorecard im Hochschulbereich. Dieses integrative Steuerungskonzept versteht eine Organisation als zusammenhängendes Zielsystem, dessen Erfolg davon abhängt, wie gut es gelingt, unterschiedliche strategische Perspektiven miteinander zu verbinden und umzusetzen. 3.2.1.3
Zielvereinbarungen und Balanced Scorecard
Kaum ist die Methode des Führens mit Zielvereinbarungen in Universitäten implementiert worden, hält ein neues strategisches Steuerungsmodell Einzug in den Wissenschaftsbereich: Die Balanced Scorecard (BSC). Das von Robert S. Kaplan und David P. Norton entwickelte Managementsystem erlebt seit Mitte der 90er Jahre einen Boom im Wirtschaftsbereich und ist seitdem Gegenstand zahlreicher Bücher, Zeitschriftenartikel, Manager-Schulungen und Unternehmensberatungen (vgl. Kaplan/Norton 2001, Friedag/Schmidt 2004, Horváth 2004). Mit einiger Zeitverzögerung haben nun auch Hochschulen die BSC als einen Ansatz entdeckt, mit dem sie Strategie und Umsetzung möglicherweise besser verbinden können als mit der beschriebenen Projekt- und Maßnahmeplanung durch Zielvereinbarungen (vgl. Franke 2005, Vogt et al. 2004, Hahne 2001a). Die Erprobung erfolgt zwar noch recht
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zögerlich, weil die ursprünglich für Wirtschaftsunternehmen konzipierte BSC zunächst an die speziellen Gegebenheiten von Hochschulen angepasst werden muss, doch wird das Potential der BSC sehr hoch eingeschätzt, und zwar vor allem aufgrund folgender Eigenschaften (vgl. dazu insbesondere Scheytt 2005a, S. 6ff.): – Die BSC benennt und vereint die zentralen Erfolgsfaktoren einer Organisation in einer strategischen Landkarte („strategy map“, vgl. Kaplan/Norton 2004, S. 27ff.), die sich in unterschiedliche Felder aufteilt. Im Ursprungsmodell sind das: Die Finanzperspektive (Welche materiellen Ergebnisse erzielt die Organisation?), die Kundenperspektive (Welche quantitativen und qualitativen Leistungen erwarten die Zielgruppen?), die interne Prozessperspektive (Welche Arbeitsprozesse sind wichtig für den Organisationserfolg und müssen entsprechend besonders beobachtet und gemanagt werden?), die Lern- und Entwicklungsperspektive (Wie sollen sich Personal und Organisation weiterentwickeln, um den Organisationserfolg zu gewährleisten?). Mit einer gleich oder ähnlich aufgebauten Strategie-Landkarte kann eine Universität zentrale Ziele und Vorhaben nicht nur klar benennen, sondern – und das ist das Besondere der BSC – miteinander in Beziehung setzen. Um zu illustrieren, was damit gemeint ist, soll kurz das Beispiel der Universität Edinburgh vorgestellt werden.40 Ausgehend von einem Strategie-Plan, der u.a. die drei Kernziele „Excellence in education“, „Excellence in research“ und „Excellence in knowledge transfer and commercialisation“ enthält, werden vier Perspektiven benannt: „The learning and growth perspective“, „The financial perspective“, „The stakeholder perspective“ und „The internal business perspective“. Unter jeder dieser vier Perspektiven ist eine Reihe von operativen Zielen, Maßnahmen und Verantwortlichkeiten genannt, welche sowohl vertikal die Realisierung der übergeordneten strategischen Ziele als auch horizontal die Realisierung anderer operativer Ziele unterstützen können. Diese zweidimensionale Ziel- und Maßnahmeplanung stellt gegenüber der eindimensional vertikalen Ausrichtung der Zielvereinbarungen einen Vorteil dar. – Die BSC schafft eine konsistente Zielhierarchie und verbindet diese mit konkreten Umsetzungsschritten: Im Mittelpunkt der strategischen Landkarte stehen das Leitbild und die Strategie der Organisation. Davon abgeleitet werden für die unterschiedlichen Felder jeweils vier Parameter benannt: Strategische Ziele (objectives), Messgrößen (measures), operative Ziele (targets) und Maßnahmen (initiatives). Bezogen auf die verschiedenen Zielebenen können unterschiedliche Zielvereinbarungen geschlossen werden. So hat beispielsweise die Universität Graz (2004b) ein Modell entwickelt, das drei Arten universitätsinterner Zielvereinbarungen mit drei BSC-Typen kombiniert: Das Konzept unterscheidet Zielvereinbarungen zwischen Universitätsleitung und Fakultät/Fachbereich, Zielvereinbarungen zwischen Fakultät/Fachbereich mit ihren Subeinheiten (Institut) und Zielvereinbarungen zwischen Subeinheit und ihrem Personal. Die Zie40
Vgl. dazu die Homepage http://www.planning.ed.ac.uk
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le, auf die sich die Vereinbarungen jeweils beziehen, werden auf der obersten Hierarchieebene durch eine Universitätsscorecard, auf der Stufe darunter durch eine Fakultätsscorecard und auf der untersten Hierarchieebene durch eine Personenscorecard abgebildet. Der Vorteil gegenüber dem reinen Zielvereinbarungsverfahren wäre demnach das Entstehen eines sehr viel differenzierteren Zielsystems, dass zudem die stringente Verfolgung der Strategie sogar bis hinunter auf die Ebene der Universitätsmitglieder gewährleisten würde. – Die BSC ermöglicht die gleichzeitige Verfolgung materieller und immaterieller Ziele. So gehen Kaplan/Norton (2004, S. 8ff.) davon aus, dass die Wertschöpfung einer Organisation nicht nur durch konkrete Prozesse und Leistungen zustande kommt, sondern auch durch das Humankapital (Wissen, Talent und Kompetenzen der MitarbeiterInnen), das Informationskapital (Datenbestände, Informationssysteme, Netzwerke, technologische Infrastruktur) und das Organisationskapital (Kultur, Führungsstil, Mitarbeitermotivation, Teamarbeit, Wissensmanagement). Diese immateriellen Faktoren, die vor allem in der Lernund Entwicklungsperspektive verortet sind, spielen für den Organisationserfolg eine genauso zentrale Rolle wie die materiellen und müssen entsprechend in der BSC abgebildet sein. Mit diesem Grundprinzip kommt die BSC gerade Universitäten sehr entgegen, weil deren Hauptleistung, die Produktion von Wissen, im immateriellen Bereich angesiedelt ist und vorrangig von immateriellen Faktoren bestimmt wird. Aus demselben Grund hat inzwischen auch ein anderer Ansatz an Popularität gewonnen, welcher vor allem in Österreich unter der Bezeichnung „Wissensbilanz“ große Verbreitung gefunden hat (vgl. Leitner 2003). Die Wissensbilanz geht davon aus, dass die Leistungen einer Universität sowohl durch ihr intellektuelles Vermögen (Humankapital), als auch durch ihre finanzielle, räumliche und personelle Ausstattung (Strukturkapital) sowie durch ihr Netzwerk sozialer Beziehungen (Beziehungskapital) bestimmt werden. Anders als die BSC wird die Wissensbilanz bislang jedoch weniger als universitätsinternes strategisches Managementsystem angewandt, sondern dient der Bilanzierung und Rechenschaftslegung nach außen (von Eckardstein/Güttel 2005, S. 395ff.). So sieht das österreichische Universitätsgesetz (Universitätsgesetz 2002 §13, Absatz 6) vor, dass Universitäten mit diesem Instrument jährlich über die Erfüllung bzw. Nicht-Erfüllung der Leistungsvereinbarungen berichten, welche sie mit dem Wissenschaftsministerium geschlossen haben. Dennoch weisen die BefürworterInnen der Wissensbilanz immer wieder darauf hin, dass diese Methode zu weit mehr als nur zu Berichtszwecken diene, nämlich auch dem strategischen Management von Universitäten, „da es eine Vielzahl von Informationen ausweist, die für die interne Steuerung von Relevanz sind und organisatorisches Lernen ermöglicht“ (Leitner 2003, S. 30). Insofern wird die Wissensbilanz auch als ein Alternativmodell zur BSC diskutiert.
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– Die BSC bietet aufgrund ihrer klaren Struktur übersichtliche ManagementInformationen. Alle Ziele sind mit Messgrößen verbunden, auch die immateriellen (Kaplan/Norton 2004, S. 192ff.; Friedag/Schmidt 2004, S. 217ff.). Daraus ergibt sich ein ergänzendes System aus Kennzahlen, das direkte Rückschlüsse auf den Umsetzungsstand der Strategie erlaubt. Diese umfassenden Monitoring- und Controllingmöglichkeiten sind auch für Universitäten interessant, sofern sie sich tatsächlich verwirklichen lassen. Wie bereits in den vorherigen Kapiteln deutlich wurde, kranken universitätsinterne Zielvereinbarungen in der Regel daran, dass keine oder unzureichende Indikatoren definiert werden, anhand derer Erfolge oder Misserfolge bei der Zielverfolgung gemessen werden können. Die zahlenmäßige Abbildung wissenschaftlicher Leistungen ist ein stetiges Kernproblem, mit dem sich jedes Universitätsmanagement immer wieder aufs Neue auseinandersetzen muss. Bislang ist noch unklar, ob die BSC dieses Problem lösen kann. Ein wesentlicher Vorteil der BSC wird jedoch darin gesehen, dass pro strategischer Perspektive nur eine eng begrenzte Anzahl von Zielen und Indikatoren benannt und gemessen werden sollen (fünf bis sieben; vgl. Scheytt 2005a, S. 9), so dass genügend Freiraum für die wissenschaftliche Selbstregulation bliebe. – Die BSC bringt eine Organisation zum Veränderungslernen, weil ihr System ein „double-loop feedback“41 erzeugt. Dadurch, dass in jedem der vier Strategiefelder strategische Ziele, Messgrößen, operative Ziele und Maßnahmen benannt und miteinander verbunden werden, gibt die BSC nicht nur eine Rückmeldung zu den operativen Prozessen, sondern bezieht die Ergebnisse zugleich immer auch auf den übergeordneten Wert- und Zielkatalog. Das heißt, dass sowohl das Handeln als auch das Leitbild und die Strategie kontinuierlich auf dem Prüfstand stehen (siehe Kapitel IV.1.4.). – Die BSC ist kein starres Konzept, sondern kann an die Bedürfnisse der jeweiligen Organisation angepasst werden. Das ist für Universitäten günstig, weil sie aufgrund ihrer vielen organisatorischen Besonderheiten mit Parametern, die allein auf Wirtschaftsbetriebe zugeschnitten sind, nicht zurechtkommen. Die universitätsadäquate Veränderung und Implementierung der BSC erfolgt in einem mehrmonatigen Organisationsentwicklungsprozess: „Das Konzept der Balanced Scorecard ist somit eher ein Vorschlag für die Entwicklung eines Performance Management-Systems als eine genaue Vorschrift, wie dieses System im Einzelnen auszusehen hat. Folglich ist das Ergebnis einer Implementierung eher die Gestaltung eines Prozesses (der Zielbildung) denn allein das daraus resultierende Instrument. Soll dieser Prozess erfolgreich ablaufen, dann ist zu beachten, dass die Implementierung ein umfassender Prozess der Organisationsentwicklung ist, der in einer verstärkten Strategieorientierung bei der Steuerung der Organisation mündet“ (Scheytt 2005a, S. 10). 41
Vgl. Universität Edinburgh: http://www.balancedscorecard.org/basics/bsc1.html
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– Infolgedessen kann die Einführung einer BSC nur gelingen, wenn sie unter Einbeziehung der Universitätsmitglieder erarbeitet wird. Optional können aber auch externe Anspruchsgruppen oder VertreterInnen der Scientific Community beteiligt werden. Insofern ist die BSC ähnlich partizipativ ausgerichtet wie der im vorigen Abschnitt beschriebene Zielbildungs- und Umsetzungsprozess, und zwar nicht nur während ihres Implementierungsprozesses. Auch im alltäglichen Managementprozess nützt den RektorInnen/PräsidentInnen und DekanInnen die beste BSC nichts, wenn sie es nicht schaffen, die übrigen Universitätsmitglieder zur engagierten Mitarbeit zu bewegen: „Eine Strategie wird nur in dem Maße umgesetzt werden, wie die betroffenen Menschen bereit sind, sich die damit verbundenen Anstrengungen auch anzutun.“ (Friedag/Schmidt 2004, S. 284). Als probatestes Mittel dafür gilt auch im BSC-Kontext die Vereinbarung von Zielen, aber auch die „konsequente Einforderung der getroffenen Vereinbarungen“ (dies., S. 285). – Last but not least fördert die BSC die Kommunikation nach innen und nach außen. Nach innen wird die Strategie in die Universität hinein vermittelt und transparent gemacht, was die Verständigung erleichtert und die Motivation fördert (vgl. Friedag/Schmidt 2004, S. 203ff.). Nach außen kann die Leistungsfähigkeit der Organisation dargestellt und dadurch Vertrauen bei externen PartnerInnen bzw. Anspruchsgruppen erzeugt werden. So stellt die bereits mehrfach erwähnte Universität Edinburgh ihre BSC ins Internet mitsamt den Messgrößen, Verantwortlichkeiten, Hintergrundinformationen und einer Vorausschau auf weitere Entwicklungsperspektiven. Überhaupt wird der kommunikativen Wirkung von Managementverfahren und -instrumenten in der Literatur mittlerweile ein sehr viel höherer Stellenwert eingeräumt als früher (vgl. Heise 2001, S. 193). So sollte durch die nachvollziehbare und plausible Offenlegung der Handlungsergebnisse eine Diskussion unter den Organisationsmitgliedern ausgelöst werden, die – auch wenn sie nicht immer harmonisch abläuft – zu produktiven Verbesserungen und Weiterentwicklungen führt. Dabei geht es „nur vordergründig um Kennzahlen, um betriebswirtschaftliche Methoden, um Organisationsformen, um Strukturen“ (Friedag/Schmidt 2004, S. 110). Worauf es stattdessen ankommt, ist die Fähigkeit, Impulse aus der Umwelt aufzugreifen, innovative Ideen zu entwickeln und Netzwerke mit KooperationspartnerInnen aufzubauen. Zumindest die letzten beiden Fähigkeiten sind im Wissenschaftsbereich mehr als genug vorhanden. Der Vergleich zwischen dem Ansatz der BSC und der strategischen Projekt- und Maßnahmeplanung mit Zielvereinbarungen macht deutlich, dass die BSC zwar zentrale Grundprinzipien der Zielvereinbarungsmethode aufnimmt, diese jedoch sehr viel stringenter mit einem strategischen Rahmen verbindet und konsequenter an Indikatoren misst. Für Universitäten ergibt sich vor diesem Hintergrund das Modell einer „Academic Scorecard“ (Scheytt 2005a) bzw. „Universitätsscorecard“ (Univer-
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153
sität Graz 2004b), das die Zielvereinbarungen als Instrument der Projekt- und Maßnahmeplanung in folgender Weise integriert:
Abb. 11 Eine Gefahr der BSC liegt in der Übersteuerung (vgl. Land 2005). Eine Universität, die es nicht schafft, ihre Ziele und Indikatoren wie empfohlen auf fünf bis sieben pro strategischer Perspektive zu beschränken (Scheytt 2005a, S. 9) und stattdessen einen ausufernden, kleinteiligen Zielkatalog verfolgt, wird mit relativ großer Sicherheit ein engmaschiges Kontrollnetz schaffen, welches die Selbstregulationsprozesse im Wissenschaftsbereich zu stark eingrenzt und Bürokratisierungstendenzen fördert. Dieses Kontrollnetz wird umso dichter, je weiter die BSC heruntergebrochen wird. Wenn wie im Fall der Universität Graz die Scorecard sogar bis auf die Personenebene reicht (Persönliche Scorecard), ist die Steuerungstiefe von oben nach unten so ausgeprägt, dass – sofern die Ziele von der Spitze bis zur Basis tatsächlich
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konsistent zusammenhängen – wenig Gestaltungsfreiraum für die dezentrale Ebene bleibt. Der Erfolg der BSC im akademischen Bereich hängt also wesentlich davon ab, inwieweit es einer Universität gelingt, strategische Schwerpunkte zu setzen. In den wenigen Anwendungsbeispielen im deutschen Hochschulbereich wird die BSC meist als Orientierungsrahmen für eine strategische Gesamtplanung genutzt, welche dann mit Zielvereinbarungen zur Projekt- und Maßnahmeplanung gekoppelt werden. Eines der gut dokumentierten Beispiele für diese Art der BSC-Anwendung ist die Universität Mainz, deren Vorgehen im Folgenden kurz dargestellt und analysiert werden soll. Begonnen hat der Prozess der Universität Mainz mit einer Leitbild-Entwicklung, die ähnlich partizipativ ablief, wie die im vorherigen Kapitel beschriebenen Leitbildentwicklungen im Zusammenhang mit der Einführung von Zielvereinbarungen. Nach etwas mehr als zwei Jahren, in denen WissenschaftlerInnen, VerwaltungsmitarbeiterInnen, Studierende und Kuratoriumsmitglieder sich in Workshops und Diskussionsrunden auf gemeinsame Inhalte verständigt hatten, konnte das Leitbild verabschiedet werden (Vogt et al. 2004). Auf dieser Basis entstand ein Strategiekonzept (Universität Mainz 2003a), welches sich an vier Perspektiven orientiert:42 1.
Auftragsperspektive (Wie können wir unseren öffentlichen Auftrag erfüllen?)
2.
Dienstleistungen (Wie können wir unsere Angebote verbessern?)
3.
Potentiale (Wie sollen Mitarbeiter und Infrastruktur entwickelt werden?)
4.
Finanzen (Wie erhalten wir unsere finanzielle Handlungsfähigkeit?)
In einem ebenfalls partizipativen Verfahren, welches sich jedoch auf den engeren Kreis einer Strategiegruppe, bestehend aus Hochschulleitung, VertreterInnen der Fachbereiche und der Zentralverwaltung, beschränkte, wurden jeder Perspektive eine Reihe von strategischen Zielen zugeordnet (Vogt et al. 2004, S. 35). So zum Beispiel in der Auftragsperspektive „Qualität der Forschung fördern, ausbauen und sichern“ und „Studienstruktur reformieren sowie Lehrqualität und Lernbedingungen verbessern“ oder in der Potentialperspektive „Führungs- und Entscheidungsstrukturen in Wissenschaft und Verwaltung weiterentwickeln“ und „Frauenförderung in Wissenschaft und Verwaltung intensivieren“. Darauf bezogen wurden Projekte und Maßnahmen definiert, welche die Erreichung der strategischen Ziele unterstützen sollen. So soll beispielsweise die Weiterentwicklung der Führungs- und 42
In einer späteren Darstellung der Mainzer BSC werden fünf Perspektiven genannt: Auftrag, Prozesse/Strukturen, Kunden/Dienstleistungen, Potentiale, Finanzen (Scholz 2005). Da sich das Strategiekonzept jedoch nicht auf diese fünf, sondern nur auf die ursprünglich genannten vier Perspektiven bezieht, wird bei der weiteren Darstellung des Fallbeispiels nicht weiter darauf eingegangen.
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Entscheidungsstrukturen u.a. durch Einführungsprogramme für neue ProfessorInnen und DekanInnen oder ein erweitertes Coaching- und Trainingsangebot für leitende VerwaltungmitarbeiterInnen voran gebracht werden. Das Strategiekonzept ist mit einer Reihe von Kenngrößen versehen, die aber eher allgemeiner Natur und nicht einzelnen Projekten und Maßnahmen zugeordnet sind. So ist für die Entwicklung der Führungs- und Entscheidungsstrukturen nur eine Kenngröße angegeben, und zwar „Anzahl der TeilnehmerInnen und Teilnehmer an speziellen Nachwuchsförderungsprogrammen“. Begründung für dieses unspezifische Vorgehen: „Da viele Ziele, Projekte und Maßnahmen miteinander in Beziehung stehen und sich wechselseitig beeinflussen, kann die Zuordnung nicht immer exakt sein, sondern stellt in vielen Fällen eine erste Näherung dar“ (Universität Mainz 2003a, Anhang, S. 1). Die Umsetzung der Projekte und Maßnahmen wird über Zielvereinbarungen zwischen Universitätsleitung und Fachbereichen geregelt. Dabei muss nicht jeder Fachbereich zu jedem strategischen Ziel etwas beitragen, sondern kann eine Auswahl treffen. Das so entstehende „Netz an Zielvereinbarungen“ bildet den gesetzlich vorgeschriebenen Hochschulentwicklungsplan (Universität Mainz 2003a, S. 8). Auffällig ist, dass sich das Zielbildungs- und Umsetzungsverfahren der Universität Mainz trotz des Einsatzes der BSC kaum von dem der strategischen Projekt- und Maßnahmeplanung mittels Zielvereinbarungen unterscheidet. Es entsteht auch nicht der Eindruck, als seien durch die BSC auf der strategischen Ebene besonders prägnante oder originelle Ziele zustande gekommen. Vielmehr handelt es sich um einen Ziel-Katalog, wie er auch an Universitäten ohne BSC zu finden ist. Ob sich die Ergebnisse in Forschung und Lehre der Universität Mainz durch die BSC verbessert haben, lässt sich aufgrund fehlender Daten ebenfalls nicht feststellen; dazu ist die BSC vermutlich erst zu kurz im Einsatz. Zumindest lässt sich aber sagen, dass von den auf Basis des Mainzer Strategiekonzeptes vereinbarten 110 Projekten und Maßnahmen in den zurückliegenden zwei Jahren 14 umgesetzt, 38 begonnen und 58 noch offen sind (Scholz 2005). Das vorläufige Resümee fällt aus Sicht der Universität Mainz eher ambivalent aus (ders.): Auf der einen Seite wird es als Vorteil gesehen, dass die BSC eine ausgewogene Vorgehensweise bei der Reformarbeit und eine vernetzte Implementierung von Vorhaben auf den verschiedenen Ebenen ermöglicht, auf der anderen Seite bereitet die Benennung von Messgrößen und mangelnde Akzeptanz der BSC im wissenschaftlichen Bereich Probleme. Die entscheidende Frage, ob die BSC ihre konzeptionellen Vorteile gegenüber anderen strategischen Entwicklungs- und Planungsmethoden in der Praxis des Universitätsmanagements tatsächlich entfalten kann, lässt sich also weder anhand des Mainzer Fallbeispiels noch aufgrund anderweitiger Erfahrungen schlüssig beantworten. Die „Väter“ der BSC, Kaplan und Norton, haben ihr Modell selbst zwar bereits 1995 erfolgreich an der University of California in San Diego erprobt (Kaplan/Norton 2001, S. 181), dort jedoch nur in der Verwaltung.
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3.2.2. Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung 3.2.2.1.
Zielvereinbarungen als Follow-Up nach Peer-Evaluationen
Parallel zu den internen Zielvereinbarungen, welche der strategischen Projekt- und Maßnahmeplanung zwischen Universitätsleitung und Fakultäten/Fachbereichen dienen, haben sich an einigen Hochschulen separate Zielvereinbarungssysteme im Bereich der Qualitätssicherung von Lehre und Forschung etabliert. Sie funktionieren fast genauso wie die Zielvereinbarungen zur strategischen Projekt- und Maßnahmeplanung nur mit dem Unterschied, dass ihr Wirkungsradius enger gefasst ist. Als „Follow-Up“ nach Evaluationen (Mittag et al. 2003, S. 130) sind sie nicht auf eine breit angelegte Universitätsentwicklung ausgerichtet, sondern ausschließlich auf die Qualitätsverbesserung fokussiert. Das Thema „Qualität“ hat sich seit Beginn des Bologna-Prozesses mehr und mehr zur „driving force im Hochschulsystem“ (Pellert 2002, S. 24) entwickelt, und zwar primär verstanden als „fitness for purpose“, d.h. als relationale Größe bezogen auf bestimmte Ziele, die sich Hochschulen entweder selbst setzen oder die von außen vorgegeben sind. Zwar lässt sich der Begriff „Qualität“ nicht eindeutig definieren (Matul/Scharitzer 2002, S. 609) und ist wegen seiner Mehrdimensionalität schwer zu operationalisieren, doch das hat die BildungsministerInnen im Zuge des Bologna-Prozesses nicht davon abgehalten, Qualität zum dominierenden Erfolgsfaktor der „European Higher Education Area“ zu erklären. Auf ihren multilateralen Konferenzen, welche 2003 in Berlin und 2005 im norwegischen Bergen stattfanden, haben sie entsprechende Konzepte und einheitliche Standards verabschiedet, die sich allerdings nur auf die Qualitätssicherung in Lehre und Studium beziehen.43 Bis zum Jahr 2010 sollen die EU-Mitgliedsländer durch die Implementierung nationaler Qualitätssicherungssysteme gewährleisten, dass ihre Hochschulen regelmäßig Lehrevaluationen durchführen und sich auf Basis der dabei festgestellten Stärken und Schwächen kontinuierlich weiterentwickeln. Zusätzlich zur universitätsinternen Qualitätssicherung sollen sich die Hochschulen in gewissen Abständen einer externen Begutachtung durch staatliche bzw. halbstaatliche Agenturen unterziehen, die zu einer Akkreditierung, Zertifizierung oder zu einer sonstigen Anerkennung ihrer Leistungsqualität führt (Carstensen/Nickel 2005). Diese Kombination aus kontinuierlicher Selbstüberprüfung und punktuellem Feedback von außen soll regelhaft von allen Hochschulen angewandt werden und möglichst rasch zu einem vergleichbaren europäischen Qualitätsniveau führen. Dieses hochgesteckte politische Ziel der europäischen BildungsministerInnen soll einerseits auf nationaler Ebene durch gesetzliche Verpflichtungen zur Evaluation von Lehre und Forschung 43
Vgl. dazu die Homepages http://www.dfes.gov.uk/bologna/
http://www.bologna-bergen2005.no
und
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sowie qualitätsbezogene Anreize bei der staatlichen Mittelverteilung Ebene (vgl. Leszczensky/Orr/Schwarzenberger/Weitz 2004) und andererseits durch die Durchführung länderübergreifender Initiativen und Projekte, wie z.B. die Herausgabe europäischer Qualitätsstandards durch die European Association for Quality Assurance in Higher Education“ (ENQA), erreicht werden. In Deutschland sind die meisten Hochschulen inzwischen gesetzlich dazu verpflichtet, die Qualität ihrer Leistungen sowohl in der Lehre als auch in der Forschung sicherzustellen. Damit ist Qualität nicht mehr etwas, das allein in der Verantwortung einzelner WissenschaftlerInnen liegt, sondern in die Verantwortung des korporativen Akteurs „Universität“ übergeht:
Abb. 12 Die Auseinandersetzung mit dem Qualitätsthema innerhalb der deutschen Hochschullandschaft verläuft sehr heterogen. Prinzipiell scheinen Fachhochschulen für das Thema „Qualitätssicherung“ leichter ansprechbar zu sein als Universitäten. So ergab beispielsweise eine vom nordrhein-westfälischen Wissenschaftsministerium in Auftrag gegebene Studie, dass die Fachhochschulen des Landes im Durchschnitt die Qualität ihrer Studienangebote besser sichern als die Universitäten (Federkeil et al. 2005). Gemeinsam ist Fachhochschulen und Universitäten, dass unter Qualitätssicherung primär die Lehr- und Forschungsevaluation verstanden wird. Evaluation ist eine „systematische Analyse und empirische Untersuchung von Konzepten, Bedingungen, Prozessen und Wirkungen zielgerichteter Aktivitäten zum Zwecke ihrer Bewertung und Modifikation. Über adäquate Beschreibung und Messung hinausgehend bewerten Evaluationen und optimieren“ (Rindermann 2003, S. 233). Als institutionalisiertes Qualitätssicherungsverfahren ist die Evaluation im Bereich
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Lehre inzwischen besser verankert als im Bereich Forschung: „Während sich für die Evaluation der Lehre in Deutschland Ansätze einer dauerhaften Institutionalisierung der Lehrevaluation abzeichnen, gilt für die Forschung, dass eine Vielzahl von Akteuren ad-hoc-Evaluationen betreibt“ (Hornbostel 2002, S. 147). In den 70er Jahren entstanden an deutschen Universitäten eine Reihe von hochschuldidaktischen Zentren, die Lehrevaluationen erstmals durchführten und dazu beitrugen, dass sich dieses Instrument – häufig gegen den Widerstand etlicher Lehrkörpermitglieder – etablierte. Dagegen bleibt die Qualitätssicherung der Forschung bis heute eher der individuellen Verantwortung des einzelnen Wissenschaftlers oder der freiwilligen Selbstkontrolle des Faches überlassen und wird hauptsächlich durch die wissenschaftliche Methode selbst gesichert, welche „jede Aussage prüft und nur das gelten lässt, was kompetenter Kritik standhält“ (Kreckel 2002, S. 17). Allerdings gibt es im Forschungsbereich schon seit langem eine ausgeprägte externe Qualitätskontrolle, insbesondere durch die Begutachtung von Zeitschriftenartikeln und Forschungsanträgen, welche Fördereinrichtungen wie etwa die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) vornehmen (Bornmann 2004, S. 14ff.). Ingesamt zeigt sich auch hier wieder, dass Lehre und Studium wesentlich besser ansprechbar für Messungen, Bewertungen und Optimierungen mittels standardisierter Verfahren sind als die Forschung und sich damit auch besser steuern lassen. Dies könnte auch ein Grund dafür sein, dass sich der Bologna-Prozess einseitig auf die Qualität des Studiums konzentriert (vgl. Hopbach 2003, S. 8ff.). Die politische Beeinflussung und Kontrolle der Hochschulleistungen in Lehre und Studium fällt leichter als in der Forschung. Für die Lehrevaluation hat sich mit Beginn der 90er Jahre ein Verfahren etabliert, das von den meisten Universitäten zwar akzeptiert, jedoch nicht flächendeckend angewandt wird (Winter 2002, S. 111, HRK 2003, S. 19ff.). Es handelt sich um ein Drei-Stufen-Modell, welches auch unter der Bezeichnung „Peer Evaluation“ bekannt ist und bei dem Zielvereinbarungen zur Planung und Umsetzung von Veränderungsprojekten und – maßnahmen eingesetzt werden: 1. Interne Evaluation: Das Fach erstellt eine Stärken-Schwächen-Analyse und eine Selbstbeschreibung (Self-Assessment) anhand eines Leitfadens. 2. Externe Evaluation: GutachterInnen (Peers) besuchen das Fach und holen auf Basis des Self-Assessment weitere, notwendige Informationen ein. Am Ende dieser Phase wird von den Peers eine Expertise erstellt, welche vor allem Verbesserungsempfehlungen enthält. 3. Follow-Up: Aus den Empfehlungen der GutachterInnen werden konkrete Veränderungsprojekte abgeleitet. Deren Umsetzung wird mittels Zielvereinbarungen geplant und festgelegt.
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Alle drei Schritte dieses Evaluationstypus verlaufen ausgesprochen partizipativ unter breiter Beteiligung von Lehrenden und Lernenden (Mittag et al. 2003, S. 30). Das betrifft insbesondere die interne Evaluation. So gaben bei einer umfangreichen Untersuchung von Peer Review-Verfahren 99 Prozent der beteiligten WissenschaftlerInnen und Studierenden an, in die Diskussion um die Stärken und Schwächen ihrer Studienangebote zufrieden stellend eingebunden worden zu sein (dies.). Die einzige Gruppe, die weitgehend außen vor blieb, war die Verwaltung (vgl. auch HRK 2003). Der Abschluss von Zielvereinbarungen, die sich aus den Evaluationsergebnissen ableiten lassen, erfolgt auf der Leitungsebene, d.h. zwischen Fakultäts-/Fachbereichsleitungen und den RektorInnen/PräsidentInnen. Ob die Zielvereinbarungen als separate Abmachung speziell für die Qualitätsverbesserung in Lehre und Studium getroffen oder ob sie in die umfassenderen Zielvereinbarungen zur strategischen Planung und Organisationsentwicklung integriert werden, ist von Hochschule zu Hochschule unterschiedlich. Modellbildend hat in gewisser Weise ein seit 1994 bestehendes Verbundprojekt gewirkt, bei dem sich sechs norddeutsche Hochschulen zusammengeschlossen haben, um regelmäßig hochschulübergreifend ihre Studienangebote zu evaluieren. Der Nordverbund hat sich auf eine gemeinsame Prozedur für das Follow-Up geeinigt. Danach werden die Zielvereinbarungen in einer auswertenden Konferenz vorbereitet, die im Anschluss an die Lehrevaluation Konsequenzen aus den Ergebnissen zieht. TeilnehmerInnen sind die externen GutachterInnen sowie VertreterInnen des jeweiligen Faches. Die Zielvereinbarungen enthalten folgende Elemente (Fischer-Bluhm 2002, S. 86): • Beteiligte PartnerInnen, Zweck und Laufzeit • Ziele, welche zuvor von der Fakultät/dem Fachbereich beschlossen und mit der Universitätsleitung diskutiert worden sind • Konkrete Maßnahmen, die den Zielen zugeordnet werden • Verantwortliche für die Umsetzung der Ziele und Maßnahmen • Vereinbarung zum Monitoring • Unterschriften von Universitätsleitung und FakultätsvertreterInnen (in der Regel DekanInnen und InstitutsleiterInnen) Der Umsetzungserfolg wird nach einem definierten Zeitrahmen überprüft und bewertet, und zwar nicht anhand von zuvor vereinbarten Kriterien und Indikatoren, sondern aufgrund von Berichten, also vorwiegend kommunikativ. An einigen Hochschulen des Nordverbundes sind die Vereinbarungen mit finanziellen Anrei-
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zen verbunden, die pro Fach bei etwa 25.000 Euro über zwei bis drei Jahre verteilt liegen können. Der Nordverbund versteht Zielvereinbarungen als Selbstverpflichtung der Fakultäten/Fachbereiche, d.h. Qualitätsentwicklung soll in freiwilligen Selbstregulationsund Lernprozessen stattfinden. Folgerichtig sind die Inhalte sehr stark bottom-up bestimmt: „Die Evaluierten müssen […] notwendigerweise die Konsequenzen selber bestimmen können; weil nur sie die Handlungen vor Ort in der Zukunft tragen werden, müssen sie die Konsequenzen vollständig als die ihren empfinden“ (dies., S. 87). Die Rolle der Hochschulleitungen besteht vor allem darin, zu prüfen, ob alle wichtigen Empfehlungen der externen GutachterInnen beachtet wurden und ob die mit den Fakultäten/Fachbereichen vereinbarten Ziele mit den strategischen Zielen der Hochschule kompatibel sind. Zudem legt das Rektorat/Präsidium fest, welche Unterstützungsleistungen es den Fakultäten/Fachbereichen bei der Verfolgung der vereinbarten Ziele gewähren will. Insgesamt betrachtet sind Zielvereinbarungen also aus Sicht des Nordverbundes ein „Instrument des konsensualen Führungsstils“ (dies., S. 83), der nur im Kontext gegenseitigen Vertrauens Früchte tragen kann. Das Peer Review ist auch in der Forschung das gebräuchlichste Evaluationsverfahren. Der Ablauf ist mit dem in der Lehre identisch, d.h. auf einen Selbstbericht folgen eine externe Evaluation und ein Follow-Up mit Hilfe von Zielvereinbarungen (vgl. z.B. Humboldt Universität 2003 / Lüthje 1999).
Abb. 13
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161
Allerdings werden Zielvereinbarungen zur Umsetzung der Peer-Empfehlungen im Forschungsbereich sehr viel zögerlicher eingesetzt als in der Lehrbereich (KordelBödigheimer 2004, S. 5). Offenbar soll in die Belange einzelner Fächer oder WissenschaftlerInnen nicht zu stark eingegriffen werden. Infolgedessen werden die Ergebnisse von Forschungsevaluationen oft nicht veröffentlicht, sondern ausschließlich für die Diskussion innerhalb der Fakultät/Fachbereiche bereitgestellt. Dabei lässt sich die Qualität von Forschungsleistungen mehr noch als die von Lehrleistungen nur dann wirklich einschätzen, wenn die Daten in einem hochschulübergreifenden oder besser internationalen Kontext betrachtet und diskutiert werden: „Man kommt also bei der Forschungsevaluation nicht ohne Vergleichsdaten aus“ (Hornbostel 2002, S. 153). Von diesem Grundgedanken lässt sich z. B. das Land Niedersachsen mit seinem hochschulübergreifenden Modell leiten. Dort müssen die Hochschulen ihre Forschungsleistungen durch eine „Wissenschaftliche Kommission“ überprüfen lassen. Dabei handelt es sich um ein Gremium, welches aus WissenschaftlerInnen besteht, die nicht in Niedersachsen arbeiten und fachwissenschaftlich ausgewiesen sind. Die wissenschaftliche Kommission führt Peer-Reviews durch, deren Ergebnisse sowohl im Internet als auch als Printversion veröffentlicht werden. Zwar ist das Gremium unabhängig, d.h. niemand kann ihm Weisungen erteilen, dennoch handelt es im Auftrag des niedersächsischen Wissenschaftsministeriums. Ziel der Begutachtung ist nicht nur die Unterstützung der hochschulinternen Entwicklungsplanung mittels Zielvereinbarungen (Ebel-Gabriel 2003, S. 7), sondern auch die Beratung der Politik: „Die Forschungsevaluation ermöglicht einen Standortvergleich nach Fächern und ist damit wesentliche Voraussetzung für die Erarbeitung von Leitlinien für die Strukturplanung in der Hochschulpolitik“ (Ebel-Gabriel 2002, S. 128). Fraglich ist, ob dieser „double-bind“ zwischen hochschulinterner und politischer Steuerung auf Dauer gelingen kann oder ob nicht die Angst vor einer schlechten Einschätzung und staatlichen Mittelkürzung das gesamte Verfahren derartig beeinflusst, dass der für die Qualitätsentwicklung notwendige ehrliche Diskurs über die Stärken und Schwächen der Fächer auf der Strecke bleibt. Eine weitere Form, Forschungsleistungen in einen größeren Kontext zu stellen, ist das Forschungsranking. Im Gegensatz zu Evaluationsverfahren sind Rankings nicht auf hochschulinterne Management- und Entwicklungsprozesse ausgerichtet, sondern als externe Qualitätskontrolle zu verstehen und werden dementsprechend von außeruniversitären Organisationen wie z.B. dem Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) durchgeführt. Dieses bewertet die Forschungsleistungen der Universitäten fachbezogen nach bestimmten Indikatoren und gruppiert sie in einer Rangskala. Zwar sind sowohl die Methode im Allgemeinen als auch die Indikatoren im Besonderen umstritten, dennoch spielt die Platzierung in Rankings eine zunehmend größere Rolle im wissenschaftlichen Reputationssystem und damit auch bei der strategischen Entwicklung von Hochschulen (vgl. Müller-Böling et al. 2001). Ähnliches gilt auch für den Bereich Lehre, der ebenfalls Gegenstand von Rankings
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ist. Die Vergleichsdaten aus Rankings können Hochschulen insofern für die eigene Qualitätsentwicklung nutzen, als sie daran ablesen können, wo sie im Wettbewerb mit anderen wissenschaftlichen Einrichtungen stehen (vgl. Giebisch 2001, S. 395). Summa summarum haben sich in Universitäten unterschiedliche Qualitätskreisläufe für Forschung und Lehre herausgebildet. Trotz erheblicher Verfahrensähnlichkeiten unterscheiden sich Lehr- und Forschungsevaluationen in der inhaltlichen Ausgestaltung und praktischen Handhabung. Das gilt auch für das Follow-Up. Zielvereinbarungen besitzen in beiden Qualitätssicherungsverfahren zwar dieselbe Funktion, doch werden sie im Rahmen von Forschungsevaluationen weniger offensiv eingesetzt als im Rahmen von Lehrevaluationen. Insofern wundert es auch nicht, dass über Zielvereinbarungen als Follow-Up nach Forschungsevaluationen relativ wenig bekannt ist. Berichte über Erfahrungen mit diesem Instrument in diesem Kontext fehlen weitgehend. Die Tatsache, dass die Qualität von Forschung und Lehre getrennt voneinander geprüft und beurteilt wird, ist insofern bemerkenswert, als sich damit – zumindest auf der Managementebene – die Einheit von Forschung und Lehre auseinander entwickelt. Es gibt allerdings Evaluationsansätze, welche diesen Effekt kritisch reflektieren. So zum Beispiel das Modell der Universität Mainz: Der dortige Verfahrensablauf umfasst die üblichen drei Stufen der Peer Evaluation, unterscheidet sich aber in der ganzheitlichen Betrachtungsweise: „Als zentrale Prämisse für die Evaluation hat sich im Verlauf der vergangenen Jahre herauskristallisiert, dass die zunächst selbst auferlegte Beschränkung auf den Gegenstand von Studium und Lehre für eine angemessene Abbildung der Leistungen eines Faches nicht ausreichend ist“ (Schmidt 2002, S. 162). Evaluation wird nicht nur als ein Instrument der Qualitätsbewertung und –optimierung, sondern auch der Organisationsentwicklung verstanden. Die Datenerhebung erfolgt dementsprechend diskursiv, d.h. in Einzel- und Kleingruppengesprächen, was offenbar gerade der Forschungsevaluation zuträglich ist: „Dieser offene Austausch führt zu Urteilen über die Forschungsorganisation, die nationale und internationale Einordnung der eigenen Forschungsleistungen und zur Benennung von Referenzhochschulen oder -forschungseinrichtungen. Darüber hinaus sichert er im Hinblick auf die Herstellung eines Konsenses über geplante Reformen die Beteiligung aller Fachvertreter und trägt wesentlich dazu bei, Engagement zu wecken“ (ders., S. 164).
Als Instrument der Organisationsentwicklung soll Evaluation von den Evaluierten als „Chance zur Selbstdiagnose“ (ders., S. 165) gesehen werden, welche in erster Linie soziale Prozesse abbildet. Qualität ist erkennbar an der „Übereinstimmung und Abweichung von definierten Zielen“ (ders.) – zumindest theoretisch. In der Realität wurde jedoch in Mainz die Erfahrung gemacht, dass die Ziele von Lehre und Forschung in den Fächern häufig unklar sind und meist erst im Laufe des Evaluationsverfahrens eine Verständigung darüber einsetzt (ders., S. 169). Die Zielver-
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einbarungen im Mainzer Modell funktionieren genauso wie das herkömmliche Follow-Up und bezwecken somit die Umsetzung von Gestaltungsempfehlungen. Inhaltlich beziehen sie sich sowohl auf Studium und Lehre als auch auf die Forschung. Die Mainzer Zielvereinbarungen sind eher allgemein formuliert, ohne konkrete Verantwortlichkeiten oder Indikatoren zu benennen, anhand derer die Zielerreichung erkennbar und damit überprüfbar werden kann (vgl. Universität Mainz 2002 und 2003b). Berichte darüber, ob und was die Zielvereinbarungen an konkreten Verbesserungen gebracht haben, sind nicht öffentlich zugänglich. Die entscheidende Frage, ob Zielvereinbarungen tatsächlich dafür sorgen, dass sich Forschung und Lehre konkret verbessern, kann derzeit nicht eindeutig beantwortet werden, da kaum Wirkungsanalysen vorliegen, und wenn doch, dann beziehen sie sich auf den Bereich Lehre. So wurde bei einer Vergleichsstudie zu Lehrevaluationsverfahren in elf westeuropäischen Ländern (Scheele et al. 1998) festgestellt, dass die Umsetzung der Ergebnisse insgesamt noch sehr zu wünschen übrig lässt. Eine weitere Untersuchung, welche die Qualität der Lehrevaluationen mehrerer deutscher Hochschulen beleuchtet (Mittag et al. 2003, S. 131ff., Bornmann/Mittag 2004, S. 101ff.), kommt zu dem Schluss, dass die Realisierung der per Zielvereinbarungen festgelegten Maßnahmen eine deutliche Schwachstelle des Peer Reviews ist: Annähernd die Hälfte der Evaluationsergebnisse wurde nicht umgesetzt. 59 Prozent der befragten WissenschaftlerInnen gaben an, dass die finanzielle und strukturelle Unterstützung bei der Umsetzung der Ziele und Maßnahmen „nicht ausreichend“ war. Zudem fehlte es der Umsetzungsphase an klaren Verantwortlichkeiten und einer übersichtlichen Struktur. Unterm Strich halten 46 Prozent der Befragten Aufwand und Nutzen von Lehrevaluationen für unverhältnismäßig. 3.2.2.2. Zielvereinbarungen als Bestandteil von Qualitätsmanagementsystemen Qualitätssicherungsverfahren führen in Universitäten überwiegend ein von sonstigen Managementaktivitäten abgekoppeltes Eigenleben. Dieser Zustand wird einerseits als notwendig erachtet, weil Lehr- und Forschungsevaluationen vorrangig der akademischen Selbstkontrolle und Weiterentwicklung dienen und deshalb wissenschaftsintern bleiben sollen, ist aber anderseits auch Anlass für Kritik: „When evaluations are not linked to decision making, […] no changes are made, no improvements are achieved“ (European Training Foundation 2000, S. 25). Ein schlagkräftiges Indiz für diese These ist beispielsweise die Schwäche des Follow-Up. Die im vorigen Kapitel geschilderten offensichtlichen Schwierigkeiten, Evaluationsergebnissen konkrete Verbesserungsmaßnahmen folgen zu lassen, nährt den Eindruck, dass womöglich „Evaluierung nur um der Evaluation willen“ betrieben werde (Hanft 2005, S. 2). Vor diesem Hintergrund wird der Ruf nach einer stärkeren Kopplung von Qualitätssicherung und strategischem Management zunehmend lauter: „Evaluation sollte auch der Qualitätsentwicklung als Ganzes dienen und
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daher Kernelement der Hochschulsteuerung und des Hochschulmanagements sein“ (Lüthje 2004, S. 5). Dieser Ruf fällt insofern auf fruchtbaren Boden, als die Erfahrung etlicher Hochschulen ist, dass sie zwar mit großem Aufwand ein Set an Evaluationsverfahren und -instrumenten wie das Peer Review in Forschung und Lehre eingeführt haben, dieses aber nur punktuell nutzen. Hinzu kommt, dass die mangelnde Verknüpfung mit der strategischen Planung und Steuerung teilweise zu Parallelaktionen und Doppelarbeiten führt, welche entweder gänzlich aneinander vorbeilaufen oder zu widersprüchlichen Analysen führen und Handlungsempfehlungen nach sich ziehen. Diese Situation ist besonders misslich angesichts der Tatsache, dass sich die Güte der Lehr- und Forschungsergebnisse für Universitäten allmählich zu einem zentralen Erfolgsfaktor entwickelt, der sowohl die Höhe der staatlichen Budgetzuweisungen als auch die gute Positionierung einer Hochschule im Wissenschaftssystem beeinflusst. Insofern kommen Universitäten nicht darum herum, sowohl die Entwicklung als auch den Nachweis ihrer Leistungsqualität sehr viel umfassender und systematischer zu betreiben als bisher. Der Außendruck auf die Hochschulen, Lehr- und Forschungsqualität nicht primär als Produkt emergenter Prozesse zu betrachten, sondern verlässlich herzustellen, steigt. Dies wird nicht zuletzt an dem rapiden Bedeutungszuwachs des Themas „Akkreditierung“ erkennbar. In jüngster Zeit geht der europäische Trend weg von der Akkreditierung einzelner Studiengänge hin zur Zertifizierung des Qualitätsmanagementsystems (QM-System) einer Hochschule. Noch gibt es diesbezüglich keine gesicherten Referenzmodelle oder europaweit einheitliche Standards (vgl. Carstensen/Nickel 2005, Kohler 2003). Dennoch schreitet die Entwicklung in diese Richtung relativ schnell voran.44 Vor diesem Hintergrund haben etliche Hochschulen damit begonnen, nach Wegen zu suchen, um die etablierten Evaluationsverfahren zu einem integrierten institutionellen QM-System auszubauen. Im Wirtschaftsbereich gilt Qualitätssicherung schon länger als überholtes Konzept, das durch die Idee des QM abgelöst wurde (Kamiske/Brauer 2003, S. 206ff.). Qualitätssicherung wird nun nicht mehr als Oberbegriff für alle qualitätsfördernden Aktivitäten innerhalb einer Organisation verstanden, sondern nimmt nur noch eine Teilfunktion im QM ein. Neben der Qualitätsplanung, -lenkung und -verbesserung soll das Qualitätsmanagement dafür sorgen, dass alle geplanten qualitätsbezogenen Tätigkeiten strukturiert und systematisch umgesetzt werden:
44
So hat beispielsweise die deutsche Hochschulrektorenkonferenz (HRK) gemeinsam mit einer Akkreditierungsagentur Anfang 2005 ein mit Bundesmitteln gefördertes Pilotprojekt ins Leben gerufen, bei dem vier Hochschulen versuchen, eigenständige QM-Systeme für den Bereich Lehre zu entwickeln (Hofmann 2006; Homepage der HRK: http://www.hrk.de/de/projekte_und_initiativen/121_2443.php).
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Abb. 14 Obwohl QM im Hochschulbereich durchaus unterschiedlich definiert wird,45 ist den Ansätzen doch gemeinsam, dass sie Qualität als zentrale Managementaufgabe begreifen. Danach ist Qualität das übergeordnete Organisationsziel, dem alle Ebenen der Organisation – von der Spitze bis zu einzelnen Universitätsmitgliedern – verpflichtet sind. Qualität ist prägendes Merkmal der gesamten Organisations- und Führungskultur und kein separater Bereich, der z.B. an eine Stabsstelle für Qualitätsmanagement oder einen Arbeitsbereich für Qualitätssicherung delegiert wird. Was unter Qualität zu verstehen ist, hängt im Wesentlichen von den Anforderungen der externen Anspruchsgruppen ab. Insofern ist QM stark umweltorientiert und zielt hauptsächlich darauf ab, die Ansprüche relevanter LeistungsabnehmerInnen bestmöglichst zu erfüllen. Und nicht nur das: Zum Erfolg eines QM gehört es auch, frühzeitig Umweltveränderungen wahrzunehmen und darauf zu reagieren. Die starke Außenorientierung von QM stellt für viele Universitätsmitglieder insofern ein Problem dar, als sie eine Zunahme der Fremdbestimmung und damit eine kontraproduktive Einschränkung der Wissenschaftsfreiheit befürchten. Dennoch kann eine Universität nur dann ihre Qualität erkennen, wenn sie sich Rückmeldungen von außen holt. Erst wenn klar ist, an welchen Maßstäben sie sich misst und welche selbst gesetzten Qualitätsziele sie verfolgt, kann beurteilt werden, ob die 45
„Die umfassende Bemühung um Qualität kann als spezifische Teilaufgabe des Managements oder als umfassender Begriff für Steuerung und Kontrolle verstanden werden. Hier sind die Übergänge fließend“ (Hener 2004, S. 113).
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Universität vergleichsweise gut oder schlecht ist. Qualität ist immer eine relationale Größe, die in Form von Zahlen, Daten, Fakten belegt werden muss. Sie kann nicht einfach behauptet werden, sondern muss transparent und nachvollziehbar sein. Deshalb bestehen QM-Systeme stets aus zwei Komponenten: Der kontinuierlichen internen Qualitätsentwicklung und der externen Qualitätskontrolle in Form von Audits, Zertifizierung, Benchmarking,46 Vergleichsstudien, Befragung der Anspruchsgruppen etc. Die erfolgreiche Herstellung einer bestimmten wissenschaftlichen Qualität ist eine komplexe Aufgabe, deren Gelingen von einer Vielzahl organisationaler Voraussetzungen abhängt: „Sie erfordert sowohl bestimmte institutionelle Maßnahmen und Regeln, die ihre Sicherung ermöglichen, als auch kontinuierliche Bemühungen der Akteure, die diesen Rahmen ausfüllen und damit Qualität immer wieder neu hervorbringen und verbessern“ (Müller-Böling 2001, S. 389). Qualität in Forschung und Lehre entsteht in kontinuierlich ablaufenden Prozessen, von deren Beschaffenheit die Güte der Ergebnisse abhängt. Deshalb ist das Herzstück jedes QM das Prozessmanagement (vgl. Zollondz 2002, S. 197ff.). Dieses prüft kontinuierlich, ob die Abläufe so beschaffen sind, dass am Ende bestmögliche Resultate erzielt werden können. Doch Prozessqualität allein genügt nicht, um gute Ergebnisse hervorzubringen. Hinzukommen muss noch eine geeignete Strukturqualität: Sowohl die Arbeitsstrukturen als auch das Führungsverhalten, die Qualifikation und das Engagement der Universitätsmitglieder sowie die Ressourcenausstattung bestimmen wesentlich, wie die Prozesse ablaufen. Für das QM von Universitäten bedeutet das, dass nicht nur die Abläufe in Forschung und Lehre in den Blick genommen werden sollten, sondern auch der Umgang mit den finanziellen und personellen Ressourcen, die Führungsmethoden und -instrumente, die Strategiebildung und die Serviceleistungen der Verwaltung: „Nicht nur im Bereich von Studium und Lehre rollt eine Qualitätssicherungswelle auf die Hochschulen […] zu. Das Qualitätsthema betrifft immer stärker auch weitere Arbeitsbereiche an den Hochschulen“ (Winter/ Reil 2002, S. 6). Insgesamt ergibt sich daraus für Universitäten folgendes grundlegendes Prozessmodell:
46
Beim Benchmarking handelt es sich um ein Verfahren „des Vergleichens und Messens der eigenen Produkte, Dienstleistungen und Prozesse mit den besten Wettbewerben oder mit anerkannten Marktführern“ (Kamiske/Brauer 2003, S. 10). Mit Hilfe der gewonnenen Informationen soll die Organisation lernen, sich zu verbessern.
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Abb. 15 Wie dieses Prozess-Modell im Einzelnen spezifiziert und gemanagt wird, hängt von dem QM-Ansatz ab, den eine Universität wählt. Einige Hochschulen haben damit begonnen, populäre QM-Modelle aus dem Wirtschaftsbereich zu adaptieren. Dabei handelt es sich vor allem um die DIN ISO 9000ff. und das Total Quality Management (TQM) nebst seiner Variante EFQM (European Foundation for Quality Management). Auch die Balanced Scorecard (BSC) findet seit einiger Zeit in diesem Zusammenhang zunehmend mehr Beachtung. Die ISO 9000-Norm wird im Hochschulbereich überwiegend von Fachhochschulen und vereinzelt von Universitätsinstituten angewandt (vgl. HRK 2005a, S. 136ff., HRK 2003 S. 26ff., Knoll 2001). Sie gehört weltweit zu den bekanntesten QM-Systemen und besteht aus mehreren branchenspezifischen Varianten, weshalb oft von der „ISO 9000 Norm-Familie“ die Rede ist. Sie ist von der „International Organization for Standardization (ISO)“ 1987 erstmals veröffentlicht und seitdem mehrfach überarbeitet worden. Inzwischen gibt es auch eine eigene ISO 9000-Variante für den Dienstleistungsbereich, die als Grundlage für das QM von Hochschulen herangezogen wird (Scheytt 2005b, S. 137ff.). Die DIN ISO 9000ff. normiert nicht etwa Produkte bzw. Leistungen von Organisationen, sondern stellt Regeln auf.
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Hochschulen, die nach ISO 9000ff. arbeiten, müssen ihre Arbeitsprozesse sehr kleinteilig in Handbüchern beschreiben und die Einhaltung der dort festgelegten Arbeitsabläufe kontinuierlich dokumentieren, um die Qualität ihrer Prozesse und Ergebnisse jederzeit nachweisen zu können. So wird beispielsweise der Standardablauf eines Berufungsverfahrens von der Stellenausschreibung bis zur Ernennung zur Professorin/zum Professor im Idealfall so detailliert geschildert, dass nachvollziehbar ist, was wer wann gerade tut (Binner 2005, S. 150). Diese minutiöse Beschreibung und Verfolgung von Prozessen schafft zwar ein hohes Maß an Transparenz, ist aber einerseits auf viele hochschulinterne Abläufe, insbesondere in der Forschung, nicht anwendbar und wird andererseits auch als „starres und bürokratisches Korsett“ (Müller-Böling 2001, S. 393) kritisiert, das der dynamischen Entwicklung entgegensteht, der Organisationen ständig ausgesetzt sind. Als Alternative zur eher technisch-instrumentell ausgerichteten ISO-Normenserie hat sich deshalb im Hochschulbereich ein anderes QM-Konzept etabliert, welches weniger auf ein akribisches Prozessmanagement als auf eine kontinuierliche Optimierung und Weiterentwicklung der Universitätsorganisation abzielt. Dabei handelt es sich um das TQM bzw. seine europäische Variante EFQM. Beides wird zwar vorzugsweise von kleineren Organisationseinheiten wie z.B. Fakultäten, Fachbereichen und Instituten praktiziert (HRK 2003), doch auch Versuche, TQM/EFQM auf komplette Hochschulorganisationen anzuwenden, laufen bereits (Nickel 2005, Sonntag/Schmid 2005). Vor allem das EFQM findet im Hochschulbereich eine relativ große Resonanz, und zwar wegen seines ganzheitlichen Ansatzes. Das gilt nicht nur für Deutschland, sondern für Europa insgesamt. So sehen beispielsweise die niederländischen Hochschulen folgende Vorteile: „This choice was made not only because the model is very easy to understand and use, but also because it is more complete than other models“ (HBO Expert Group 1999, S. 3). Im Zentrum von EFQM stehen Selbstbewertungsverfahren (Self-Assessment), die in regelmäßigen Abständen ergänzt werden durch eine externe Qualitätsüberprüfung (Quality Audit). Die Selbstbewertung folgt einem Beobachtungsraster, welches unterscheidet zwischen: Befähiger-Kriterien
Ergebnis-Kriterien
• Führung
▪ Kundenbezogene Ergebnisse
• Politik und Strategie
▪ Gesellschaftsbezogene Ergebnisse
• MitarbeiterInnen
▪ Mitarbeiterbezogene Ergebnisse
• Partnerschaften und Ressourcen
▪ Schlüsselergebnisse
• Prozesse
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Die Befähiger-Kriterien analysieren, was eine Organisation tut und wie sie vorgeht und die Ergebnis-Kriterien analysieren, was eine Organisation konkret produziert. Die Ergebnisse sind auf die Befähiger zurückzuführen. Die insgesamt neun Kriterien bilden einen rückgekoppelten Innovations- und Lernzusammenhang, der die Umwelt insbesondere über die Kriterien „Partnerschaften und Ressourcen“, „Kundenbezogene Ergebnisse“ und „Gesellschaftsbezogene Ergebnisse“ mit einbezieht. Die Kriterien stellen eine „Qualitätslandkarte“ dar, mit deren Hilfe eine Organisation sowohl ihre qualitätsrelevanten internen Bereiche als auch die relevanten Teile der Umwelt kontinuierlich in Beziehung setzen, beobachten und verbessern kann, um aufgrund der dadurch gewonnen Informationen bestmögliche Leistungen (Exzellenz) hervorbringen zu können. Hochschulen, die das EFQM anwenden, können in der Regel die Original-Kriterien nicht eins zu eins übernehmen, sondern müssen diese auf ihre speziellen Gegebenheiten hin modifizieren (Nickel 2005, Hahne 2001b). Deshalb vollzieht sich die Entwicklung und Implementierung einer hochschulindividuellen EFQM-Qualitätslandkarte als Organisationsentwicklungsprozess, in den alle relevanten AkteurInnen miteinbezogen werden sollten, um die qualitätsrelevanten Bereiche und Prozesse möglichst genau abbilden zu können. Dabei steht die Qualität von Forschung und Lehre zwar im Mittelpunkt, doch geht das EFQM-Modell davon aus, dass die Ergebnisse der Kernprozesse nicht mehr nur allein von den WissenschaftlerInnen, sondern von der Organisation insgesamt hergestellt und verantwortet wird. Qualität wird verstanden als eine Kooperationsaufgabe von Leitungskräften, WissenschaftlerInnen, Verwaltung und Studierenden. Ihnen allen muss die Qualität der Ergebnisse ein Anliegen sein. Ohne die aktive Mitwirkung der Universitätsmitglieder und eine entsprechend verankerte Qualitätskultur bleibt das beste QM-System wirkungslos. EFQM ist deshalb partizipativ orientiert und geht davon aus, dass eine hohe Prozess- und Ergebnisqualität nur dann gewährleistet ist, wenn es gelingt, die für die Organisation tätigen Menschen ausreichend zu motivieren und zu aktivieren. Dennoch ist EFQM in erster Linie ein Führungsansatz, bei dem die strategische Planung und Entwicklung im Mittelpunkt steht. Die Organisationsspitze trägt die Hauptverantwortung für den Erfolg der gesamten Einrichtung und muss daher die Möglichkeit haben, die Qualität der erbrachten Leistungen zu beeinflussen. Ähnliches gilt auch für die Balanced Scorecard (BSC), wobei diese das Qualitätsthema sehr viel weniger ganzheitlich betrachtet als das EFQM und auch nicht darauf ausgerichtet ist, sich einer externen Auditierung oder Zertifizierung zu unterziehen. Die BSC zielt vielmehr darauf ab, Qualität strategisch zu managen und konsequent mit einem Kennzahlensystem zu verbinden (siehe Kapitel IV.3.2.1.3.). Es geht um die „integrative und strategiekonforme Steuerung von Qualität in akademischen Einheiten“ (Scheytt 2005a, S. 11). In ihrer Eigenschaft als QM-System wird die BSC im Hochschulbereich allerdings erst seit kurzer Zeit wahrgenommen. Praxisbeispiele gibt es kaum (vgl. z.B. Franke 2005). Deshalb kann derzeit mehr über die Potentiale als über den tatsächlichen Nutzen der BSC für das QM von Univer-
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sitäten ausgesagt werden: Zum einen bietet die BSC aufgrund ihrer Eigenschaft, sowohl materielle als auch immaterielle Größen managen zu können, die Möglichkeit, qualitative Ziele in den unterschiedlichen Strategie-Feldern mit zu berücksichtigen. Zum anderen lässt sich die BSC gut mit dem TQM verbinden, so dass sie als „TQM Scorecard“ Qualitätsziele und Strategie aufeinander abstimmen und umsetzen hilft. TQM-Scorecards werden im Wirtschaftsbereich als „Steuerungsinstrumente eines qualitätsorientierten Unternehmenscontrollings“ eingesetzt (vgl. Wolter 2002, S. 31). Dabei geht es im Wesentlichen darum, ein konsistentes Zielsystem aufzubauen, das die gewünschte Qualität der Ergebnisse erzeugt. Dieses Zielsystem wird über die TQM-Scorecard an die MitarbeiterInnen vermittelt, die dann an ihrem Arbeitsplatz an der Umsetzung mitwirken sollen. Ob ihre Bemühungen erfolgreich waren, kann anhand „maßgeschneiderter Kennzahlen“ (ders., S. 37) gemessen werden. Ob das auch in Universitäten funktioniert, müssen entsprechende Versuche zeigen, die aber noch ausstehen. Weitgehend unklar ist, welche Rolle Zielvereinbarungen im Kontext von QM-Systemen von Hochschulen spielen können. Anders als im Rahmen von Lehr- und Forschungsevaluationen, wo Zielvereinbarungen als Follow-Up eine zentrale Rolle einnehmen, sind Zielvereinbarungen in QM-Systemen nur ein Instrument unter vielen (Hener 2004, S. 121). Eine zentrale Bedeutung haben neben den Peer-Review-Verfahren z.B. Absolventen- und Studienabbrecheranalysen, studentische Veranstaltungskritik, Lehrberichte, Nutzung von Rankingergebnissen, Benchmarking mit anderen Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Mit Hilfe dieses Instrumentariums erhält eine Hochschule Informationen über den Zustand und den Verbesserungsbedarf der Kernprozesse Forschung und Lehre. Zielvereinbarungen spielen demgegenüber nur eine sekundäre Rolle. Ihre Aufgabe besteht darin, die gelieferten Daten auf strategische Ziele zu beziehen und in Handlungen umzusetzen, welche darauf ausgerichtet sind, die Prozess- und Ergebnisqualität zu verbessern. Dazu gibt es zwei Wege: Es wird vereinbart, welche Qualität die Lehr- und Forschungsergebnisse haben sollen und anhand welcher Indikatoren diese gemessen werden. Wie diese Qualität von den Verantwortlichen erreicht wird, ist deren Sache, Hauptsache das Ergebnis stimmt. Oder es wird durch ein Prüfverfahren wie Self-Assessment oder externe Begutachtung festgestellt, ob die Qualität der Ergebnisse den Anforderungen genügt und ob die Prozesse adäquat laufen. Auf Basis der dadurch gewonnenen Erkenntnisse wird der Verbesserungsbedarf definiert, zu deren Umsetzung dann geeignete Maßnahmen und Projekte vereinbart werden. In diesem Fall funktionieren Zielvereinbarungen im Rahmen von QM genauso wie die in Kapitel IV.3.2.1.1. beschriebenen Zielvereinbarungen zur Projekt- und Maßnahmeplanung.
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171
3.2.3. Personalführung und Personalentwicklung Dieser Zielvereinbarungstyp kommt in deutschen Universitäten bislang nur vereinzelt vor. Doch diese Situation beginnt sich zu ändern: Zum einen gewinnen die Themen Personalführung und Personalentwicklung mit zunehmender Ausübung der Dienstherreneigenschaft durch die Hochschulen im Wissenschaftsbereich an Bedeutung und zum anderen müssen durch die Einführung neuer Gehaltsmodelle für ProfessorInnen, wie zum Beispiel die in Deutschland mit Beginn 2005 in Kraft getretene W-Besoldung, in Zukunft die Gehälter oder zumindest die Zahlung von Leistungszulagen mit jedem einzelnen Wissenschaftler individuell ausgehandelt werden. Dafür sind transparente Maßstäbe zur Personalbeurteilung notwendig, die mittels Zielvereinbarungen festgelegt werden. Wie bereits beschrieben dient das Ursprungsmodell des „Management by Objectives“ (MbO) nicht der Steuerung und Entwicklung von Organisationseinheiten, sondern dem strategischen Personalmanagement. Ausgehend von den Erkenntnissen des Human-Ressourcen-Ansatzes und basierend auf Selbstregulierungstheorien versucht das MbO, die Organisationsziele mit den Zielen des Personals in der Weise in Einklang zu bringen, dass, angetrieben durch eine hohe Motivation und Arbeitszufriedenheit der einzelnen MitarbeiterInnen, Ergebnisse entstehen, die den Erfolg der Gesamtorganisation sichern. Zielverfolgung und Zielerreichungsgrad eines jeden Mitarbeiters/einer jeden Mitarbeiterin werden regelmäßig geprüft und zur Personalbeurteilung genutzt. Zugleich werden in Personalgesprächen, welche Vorgesetzte turnusmäßig mit ihren MitarbeiterInnen führen, auch die individuellen Aufstiegs- und Entwicklungspotentiale analysiert und ggf. durch unterstützende Maßnahmen gefördert. Dieser Typ Zielvereinbarungen wird direkt zwischen Personen abgeschlossen, also entweder zwischen Vorgesetzten und Beschäftigten oder zwischen Management und Team. In der Wirtschaft (Breisig 2000) aber auch in der öffentlichen Verwaltung (Tondorf et al. 2002) werden Zielvereinbarungen überwiegend in dieser Weise eingesetzt. Entsprechend unterscheidet das New Public Management zwischen Zielvereinbarungen, die als Instrument des Personalmanagements verstanden werden, und Leistungsvereinbarungen, welche der Steuerung von Organisationseinheiten dienen (siehe Kapitel IV.3.1. und Schedler/Proeller 2000, S. 133 und S. 219). Während die zwischen Politik und Verwaltungseinrichtungen abgeschlossenen Leistungsvereinbarungen oder auch Leistungsverträge die konkreten Produkte festlegen, welche die Administration zur Erreichung übergeordneter politischer Ziele erbringen soll, dienen die auf der Personenebene geschlossenen Zielvereinbarungen vor allem dazu, Motivation und Handlungsfähigkeit der operativ tätigen VerwaltungsmitarbeiterInnen zu stärken. An die Stelle einer „Führung durch Vorschriften und Einzelanweisung“ (dies., S. 220) tritt eine „Führung durch Abstand“ und Verlagerung der „Verantwortung für das Leistungsergebnis soweit wie möglich nach unten bis auf einzel-
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ne Mitarbeiter“ (KGSt 1998, S. 15 und KGSt 1993, S. 18). Im Ergebnis sollen also sowohl die mit den Beschäftigten vereinbarten Arbeitsziele als auch die persönlichen Entwicklungsziele dazu beitragen, dass die übergeordneten Organisationsziele erreicht werden. Die Abstimmung zwischen Gesamt- und Individualzielen gestaltet sich in der Praxis allerdings schwierig und kann niemals das gesamte Handeln umfassen, sondern sich nur auf bestimmte Schwerpunkte beziehen. Sowohl in der öffentlichen Verwaltung als auch in der Wirtschaft werden Zielvereinbarungen – wenn möglich – mit einem leistungsbezogenen Entlohnungssystem gekoppelt, d.h. über die reguläre tarifliche Bezahlung hinaus werden bei Erreichung bestimmter Ziele individuelle Leistungszulagen gewährt. Dadurch soll ein motivierender Anreiz entstehen. Während im Unternehmenssektor schon länger mit entgeltbezogenen Zielvereinbarungen gearbeitet wird, u.a. auch auf Basis der Balanced Scorecard (Müller 2000, S. 120ff.), gibt es für die öffentliche Verwaltung noch keine ausreichend gesicherten Anwendungsmodelle (Tondorf et al. 2002, S. 155ff.). Erste Studien kommen sogar zu dem Schluss, dass in Verwaltungen entgeltbezogene Zielvereinbarungen kontraproduktiv sein können: „Es hat sich gezeigt, dass eine geglückte Kombination nicht-monetärer Anreize (Freiräume bei der Zielfindung und Umsetzung, gute Zusammenarbeit im Team, qualifizierte Führung, Feedback durch Leistungsbezieher) zumindest eine gewisse Zeit völlig ausreicht, um Mitarbeiter/innen zu motivieren“ (dies., S. 210). Insgesamt hat die Einführung entgeltbezogener Zielvereinbarungen verstärkt Fragen nach Mitbestimmungsrechten, Schutzgesetzen und der Neuregelung von Tarifsystemen aufgeworfen (Hlawaty 2000). Vor allem Beschäftigte in der Wirtschaft sehen sich zunehmend vor die Herausforderung gestellt, sich gegen zu hohe oder unrealistische Ziele wehren zu müssen. Dieses Problem entsteht insbesondere dann, wenn, wie im Berufsalltag durchaus üblich, Ziele nicht kooperativ vereinbart, sondern von oben angeordnet werden (Breisig 2000, S. 61ff. und 65). Solche autoritären Handhabungen schränken das Erfolgspotential von Zielvereinbarungen maßgeblich ein, weil sie deren Grundidee unterlaufen, wonach Motivation nur durch die Identifikation mit den vereinbarten Zielen entsteht. Das Konzept des Führens mit Zielvereinbarungen richtet sich gerade gegen die „Funktionsmechanismen klassischer, auf Über- und Unterordnung und Dienstwege abstellender hierarchischbürokratischer Steuerung“ (ders., S. 52), indem es eine neue Arbeitskultur erzeugen will, die sich durch ein hohes Maß an teilautonomer Selbststeuerung, Kooperation und Partizipation auszeichnet.
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Partizipation bedeutet in diesem Fall, dass die Organisationsmitglieder an den Entscheidungsprozessen, die ihre Tätigkeit unmittelbar betreffen, mitwirken können. Das geschieht vor allem in Form von Personalgesprächen, in denen entweder Vorgesetzte und MitarbeiterInnen bzw. Management und Team die über einen bestimmten Zeitraum hinweg erbrachten Leistungen analysieren und neue Leistungserwartungen für die kommende Vereinbarungsperiode gemeinsam (vgl. Jetter 2000, S. 28) oder zumindest im Gegenstromverfahren festlegen (Steinmann/Schreyögg 2000, S. 703 ff). In einem Gegenstromverfahren legt das Management/der Vorgesetzte zunächst den erwarteten Beitrag des Teams/des einzelnen Beschäftigten fest und danach haben die Betroffenen Gelegenheit, Stellung zu nehmen. Unabhängig davon, wie so ein Personalgespräch genau ausgestaltet ist, stellt das regelmäßige Ausbalancieren von zentralen und dezentralen Interessen, Anforderungen und Ergebnissen den wichtigsten Dreh- und Angelpunkt für das Entstehen einer kontinuierlichen Feedbackschleife dar, wie sie für Organisationen notwendig sind, die vor dem Hintergrund einer sich ändernden Umwelt flexibel und anpassungsfähig sein wollen. Zielvereinbarungen zur Personalführung und Personalentwicklung dienen damit ebenso wie Zielvereinbarungen zur strategischen Steuerung der Organisationsentwicklung, indem sie einen Lernkreislauf in Gang setzen (vgl. Stroebe 2003, S. 45). Dieser Lernkreislauf lässt sich auch auf Universitäten übertragen:
Abb. 16
174 MANAGEMENT UND ENTWICKLUNG VON UNIVERSITÄTEN ALS PARTIZIPATIVER PROZESS
Dieses Modell besitzt derzeit allerdings noch eher hypothetischen Charakter, zumindest was das wissenschaftliche Personal von Universitäten anbelangt. Dagegen gibt es in den Hochschulverwaltungen zumindest teilweise Vereinbarungen, in denen aufgrund von Mitarbeitergesprächen zwischen Vorgesetzten und Beschäftigten Ziele zur Weiterqualifizierung vereinbart werden (vgl. z.B. Universität Mainz 2004). In den Fakultäten/Fachbereichen und Instituten ist es bislang noch unüblich, dass ein Dekan mit den ProfessorInnen über ihre Arbeitsziele spricht und diese per Zielvereinbarung verbindlich fixiert oder dass ProfessorInnen mit ihren AssistentInnen und DoktorandInnen Zielvereinbarungen zu deren Habilitations- und Promotionsvorhaben abschließen. Generell spielt das Thema Personalführung im wissenschaftlichen Bereich eine marginale Rolle: „Daß Professoren und Professorinnen lehren und forschen sowie Beiträge zur Selbstverwaltung leisten (sollten), sind klassische Komponenten der mit dieser Position verbundenen Selbst- und Fremdbilder. Daß sie jedoch auch Vorgesetzte einer Gruppe von Mitarbeiter/-innen und damit Führende sind, wird dagegen (z.B. bei Stellenbesetzungen und Evaluationen) weitgehend vernachlässigt“ (Krell/Weiskopf 2001, S. 286).
ProfessorInnen übernehmen zwar faktisch eine Führungsverantwortung für ihre MitarbeiterInnen, müssen sich aber nicht unbedingt so verhalten: „Im Vergleich zu vielen anderen Organisationen gewähren Hochschulen Professorinnen und Professoren als Führungskräften sehr großen Handlungsspielraum. Weder gibt es (abgesehen von Frauenförderrichtlinien o.ä.) Führungsgrundsätze, in denen Solls verbindlich festgeschrieben sind, noch Vorgesetzte, die das Führungsverhalten kontrollieren und ggf. kontrollierend eingreifen“ (dies., S. 289). Zur akademischen Freiheit gehörte bislang also reziprok ein Laissez-faire-Führungsstil, der davon ausging, dass sich wissenschaftlich Tätige prinzipiell selbst führen und aus sich heraus entwickeln. Doch diese Auffassung beginnt sich zu ändern. Auch im Wissenschaftsbereich wird zunehmend kritisiert, dass eine der wichtigsten, wenn nicht gar die wichtigste strategische Ressource von Universitäten, das wissenschaftliche Personal, überwiegend sich selbst überlassen bleibt. Angesichts der Tatsache, dass sich Universitäten in zielorientierte, strategisch handelnde korporative Akteure wandeln, kann auch der akademische Bereich nicht länger selbstbezogen agieren, sondern muss sich stärker an den Bedürfnissen der Organisation ausrichten: „Universitäten sind personenzentrierte Systeme. Daher sind Organisationsund Personalentwicklung eng miteinander verflochten. […] Personalentwicklung zielt auf die personelle Komponente, die es zu befähigen und zu aktivieren gilt, um die Entwicklung der Organisation in Gang zu halten. Mitarbeiter sollen für ihre künftigen Aufgaben qualifiziert werden, um einen entsprechenden Beitrag zur Realisierung der Organisationsziele leisten zu können“ (Pellert 2004, S. 162). Universi-
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täten sind demnach gefordert, ihrem wissenschaftlichen Personal gezielte Fort- und Weiterbildungsangebote zu machen und ihm kalkulierbare Laufbahn- und Karriereperspektiven zu eröffnen. Das gilt insbesondere für NachwuchswissenschaftlerInnen, die in ihrer beruflichen Entwicklung häufig alleine gelassen werden (vgl. z.B. Künzler/Huber 2004, S. 299ff.). In Massenuniversitäten, wo das klassische Meister-Schüler-Verhältnis nicht mehr funktioniert, benötigen DoktorandInnen und HabilitandInnen eine institutionalisierte Unterstützung bei der Orientierung und Qualifizierung für Tätigkeitsfelder innerhalb und außerhalb der Wissenschaft. Dafür tragen nicht nur Rektorate/Präsidien und Dekanate die Verantwortung, sondern alle ProfessorInnen, zu deren Aufgaben die Nachwuchsförderung zählt. ProfessorInnen benötigen dafür eine spezifische Führungskompetenz genauso wie auch RektorInnen/PräsidentInnen und DekanInnen, die allerdings nicht nur die MitarbeiterInnen ihres unmittelbaren Arbeitsbereiches, sondern größere Organisationseinheiten oder komplette Organisationen leiten müssen, was ein sehr viel breiter gefächertes Fachund Managementwissen erfordert. Auch Leitungsfähigkeiten sind nicht selbstverständlich vorhanden, sondern müssen ebenfalls systematisch im Rahmen einer Führungskräfteentwicklung aufgebaut und gepflegt werden. Doch diese selbstkritische Haltung ist unter ProfessorInnen offenbar noch wenig verbreitet. Vielmehr verstehen sich ProfessorInnen eher als „geborene“ Leitungskräfte, die für die Ausübung solcher Tätigkeiten nicht extra Aus- oder Weiterbildungskurse besuchen müssen. Darüber hinaus begegnen sie oft denjenigen mit Misstrauen, die innerhalb der Universität formale Führungspositionen einnehmen, wie RektorInnen oder KanzlerInnen: „Zur meist fehlenden Ausbildung in Management, Organisation und Leitung kommt noch das Prinzip der Kollegialität gleichrangiger Experten. Dieses besteht in einer ablehnenden Haltung gegenüber Hierarchien zugunsten eines kollegialen Umgangs auf gleicher Ebene, straffe Leitungsfunktionen sind eher verpönt“ (Grossmann/Pellert/Gotwald1997, S. 29). Die Universitätsreform setzt jedoch gerade auf den Ausbau der hierarchischen Selbststeuerung, indem sie den Leitungspersonen mehr Macht gibt und damit klar trennt nach führenden und geführten Personen. Für ProfessorInnen ergibt sich dadurch ein gewisser doublebind: Die Tatsache, dass inzwischen an etlichen deutschen Universitäten die RektorInnen und PräsidentInnen die Berufungsverhandlungen führen und damit eine Arbeitgeberrolle einnehmen, führt zu einem Bruch mit dem Kollegialitätsprinzip. Im Verhältnis zur Hochschulleitung wandelt sich der Status eines Professors vom gleichrangigen Kollegen zum nachgeordneten Personal. Zugleich jedoch agiert er im Verhältnis zu seinen MitarbeiterInnen im Institut oder im Lehrstuhl nach wie vor als Führungskraft, welche die Verantwortung für Erfolg und Misserfolg des ge-
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samten Arbeitsbereiches trägt. ProfessorInnen finden sich somit in einer neuen Rolle als „geführte Führungskräfte“ wieder, was nicht zuletzt durch die Besoldungsreform unterstrichen wird, die alle deutschen Bundesländer umgesetzt haben. Das Bundesgesetz zur Reform der Professorenbesoldung sieht vor, dass ProfessorInnen leistungsorientiert bezahlt werden: Zuzüglich zum Grundgehalt, welches in die beiden Stufen W2 und W3 unterteilt und gegenüber den bisherigen Gehältern deutlich abgesenkt ist (Berg 2002), können Leistungszulagen gewährt werden: • Berufungs- und Bleibezulagen • Funktionszulagen • Zulagen für besondere Leistungen •
Forschungs- und Lehrzulagen.
Die Berufungs- und Bleibezulagen werden in der Regel unbefristet vergeben, um dadurch attraktive BewerberInnen zu gewinnen oder eine Abwanderung profilierter Organisationsmitglieder zu verhindern. Funktionszulagen sollen diejenigen belohnen und motivieren, die Aufgaben in der Selbstverwaltung oder Leitungspositionen übernehmen. Entsprechend erfolgt die Zahlung nur für die Dauer der Amtsübernahme. Zulagen für besondere Leistungen in Forschung, Lehre, Kunst, Weiterbildung und Nachwuchsförderung werden entweder im Nachhinein ausgeschüttet, sofern ProfessorInnen über einen längeren Zeitraum hinweg überdurchschnittliche Leistungen auf diesen Feldern erbracht haben, oder prospektiv aufgrund eines überzeugend dargelegten Vorhabens. Forschungs- und Lehrzulagen können nur diejenigen erhalten, welche Drittmittel einwerben. Sofern die jeweiligen Geldgeber einverstanden sind, kann ein monatlicher Bonus gezahlt werden, allerdings nur solange die Drittmittel fließen. Wie und nach welchen Kriterien die Vergabe der Leistungsbezüge erfolgt, muss jede Hochschule für sich selbst in einer Ordnung festlegen. Die meisten deutschen Universitäten stehen bei der praktischen Ausgestaltung des neuen Besoldungssystems unter starkem Handlungsdruck. Zwar betrifft die neue W-Besoldung zunächst nur eine überschaubare Zahl neu berufener ProfessorInnen, doch müssen Regelungen gefunden werden, insbesondere was die Aushandlung und Vereinbarung des Gehalts zwischen ProfessorIn und RektorIn/PräsidentIn anbelangt. Die Frage ist, ob hierfür Modelle wie die in Wirtschaft und Verwaltung verwendeten entgeltbezogenen Zielvereinbarungen nützlich sind. Erste Versuche, Zielvereinbarungen dieses Typs an Universitäten einzusetzen, sind vereinzelt angelaufen. So werden z.B. an der Universität Mainz im Rahmen von Berufungsverhandlungen das Gehalt, die Ausstattung sowie die Leistungen in Forschung und Lehre zwischen dem Präsidenten und einzelnen ProfessorInnen per Zielvereinbarung individuell festgelegt. Dieses partizipative Vorgehen scheint Ak-
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zeptanz zu finden (Michaelis 2002). Allerdings werden in den verfügbaren Unterlagen keine Aussagen über etwaige Probleme bei der Leistungsbeurteilung und möglichen Sanktionen durch den Wegfall von Leistungszulagen gemacht. Weitaus weniger partizipativ geht dagegen die Universität Bremen vor. Dort ist die Vergabe von Leistungszulagen in einer Ordnung geregelt (Arnhold/Handel 2004, S. 32ff.), welche ein top-down ausgerichtetes Verfahren vorsieht. Dort entscheidet das Rektorat einmal jährlich über die Gewährung von Leistungszulagen. Wer einen Bonus erhalten möchte, muss einen Antrag stellen. Dieser geht zunächst an den Dekan, welcher eine Stellungnahme abgibt. Beides wird an das Rektorat weitergeleitet, das nach Ablauf einer bestimmten Frist in anonymisierter Weise über die gegenwärtige Aufteilung von Professoren auf Leistungsstufen und mögliche Höherstufungen informiert“ (dies., S. 20). Insgesamt hat die neue leistungsorientierte Bezahlung bei den ProfessorInnen, insbesondere bei denen, die sich in einem Berufungsverfahren befinden, einen enormen Beratungsbedarf ausgelöst (vgl. Deutscher Hochschulverband 2005). Im Mittelpunkt des Interesses stehen vor allem Verhandlungsstrategien, die dafür sorgen, dass KandidatInnen im Berufungsgespräch mit RektorInnen/PräsidentInnen möglichst hohe unbefristete und ruhegehaltsfähige Zulagen erreichen. Darüber hinaus sind Universitäten zunehmend gefordert, transparente Personalbeurteilungsverfahren im Sinne eines Personal-Controllings zu entwickeln, und zwar spätestens dann, wenn die Laufzeit der ersten Vereinbarungen endet und erneut über die Verteilung der Zulagen innerhalb der Professorenschaft einer Hochschule entschieden werden muss. Bislang gibt es nur relativ grobe Vergabekriterien, die ihre Tauglichkeit für die Anwendung auf den Einzelfall erst noch unter Beweis stellen müssen. Ähnliches gilt auch für die Leistungsmessung, die anhand allgemein formulierter Größen wie Lehrevaluationen, Publikationen, Entwicklung neuer Weiterbildungsangebote oder der Betreuung von Promotionen erfolgen soll (Arnhold/Handel 2004, S. 32f.). Noch wenig verknüpft ist die leistungsorientierte Bezahlung von ProfessorInnen mit der strategischen Steuerung bzw. dem Zielsystem von Universitäten. Es liegt nahe, dass Universitäten das neue Anreizsystem dazu nutzen, die Leistungen und das Qualifikationsniveau ihres wissenschaftlichen Personals auf ihr spezifisches Profil abzustimmen. Auf der Grundlage eines Strategiekonzepts, das die Positionierung der Hochschule im Wettbewerbsumfeld abbildet, werden Anforderungen an die ProfessorInnen definiert, deren Erfüllung mit Leistungszulagen honoriert werden (Müller-Böling/Arnhold/Langer 2004, S. 242ff.). Personalführung und Personalentwicklung wären somit Bausteine in einem stringenten und konsistenten Zielsystem, welches sich von der Vision/Strategie auf der zentralen Ebene über die operativen Ziele von Fakultäten/Fachbereichen bis hin zu einzelnen Personen erstrecken würde. Nachdem es bereits Zielvereinbarungen zwischen Staat und Universitäten sowie Hochschulleitungen und Fakultäten/Fachbereichen gibt, liegt es nahe, die strategische Steuerung im Zuge der Besoldungsreform nun auch auf Ziel-
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vereinbarungen mit WissenschaftlerInnen auszuweiten. In der Tat gibt es dafür bereits erste Modelle, und zwar auf Basis der Balanced Scorecard. So hat beispielsweise die Universität Graz in ihrem Konzept zur „Universitätsscorecard“ (vgl. Kapitel IV.3.2.1.3.) alle Zielebenen bis hinunter zur persönlichen Scorecard für MitarbeiterInnen erfasst. Ob das in der Praxis funktioniert, ist indes ungewiss, weil bezogen auf die Grazer Universitätsscorecard – wie bei so vielen Managementverfahren im Hochschulbereich – keine aussagekräftigen Erfahrungen vorliegen. 3.3. Zusammenspiel von Zielvereinbarungen mit universitären Leitungsund Entscheidungsstrukturen Die zurückliegenden Kapitel haben gezeigt, wie sich durch den Einsatz von Zielvereinbarungen die Anforderungen an die Leitungskräfte verändert haben. Wer mit Zielen führt, muss in der Lage sein, sinnvolle und Erfolg versprechende Handlungs- und Entwicklungsperspektiven zu finden, deren Ergebnisse sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht den Anforderungen der relevanten Umwelt entsprechen und nationalen wie internationalen Vergleichen standhalten. Die Hauptverantwortung für das Gelingen der Zielbildungs- und Umsetzungsprozesse lastet in einer zum korporativen Akteur gewandelten Universität auf den RektorInnen/PräsidentInnen und DekanInnen. Sie sind es, die diese Prozesse organisieren und für die daraus resultierenden Leistungen vor den Anspruchsgruppen gerade stehen müssen. Dafür benötigen sie zum einen geeignetes Wissen über Strategieund Organisationsentwicklung und zum anderen Kompetenzen, die es ihnen erlauben, angemessen und vorausschauend zu agieren. Insgesamt geht es also um eine Professionalisierung der Leitungsfunktionen, wobei sich die Definition von Professionalität im allgemeinen Reformdiskurs offenbar vor allem am Bild des machtvollen Managers orientiert: „Eine professionelle Hochschulleitung ist durch umfangreiche Entscheidungsbefugnisse und -notwendigkeiten gekennzeichnet. Diese Kompetenzen sind mit einem hohen Maß an persönlicher Rechenschaft gekoppelt. Aus dieser Kombination resultiert ein erhebliches Maß an Führungsverantwortung“ (HRK 2004b, S. 14). Die Ansprüche sind hoch: Neben einer Doppelqualifikation als WissenschaftlerIn und ManagerIn benötigen Leitungskräfte in Universitäten breit gefächerte soziale und kommunikative Fähigkeiten, um Entscheidungen treffen zu können, die „sämtliche Aspekte der hochschulinternen Prozesse“ betreffen und somit weitreichende „persönliche und institutionelle Konsequenzen für Hochschulmitglieder und Hochschuleinrichtungen“ nach sich ziehen (HRK 2004b, S. 14). Allerdings kommen sie kaum umhin, diese umfassende Macht mit der für das Universitätsmanagement notwendigen „sensible foolishness“ zu kombinieren (vgl. Kapitel IV.2.5.4.), was vor allem bedeutet, insbesondere den WissenschaftlerInnen genügend Freiraum für Selbstregulations- und Lernprozesse zu lassen (vgl. Kapitel IV.2.5.3.). Um die Produktivität in Forschung und Lehre dennoch beeinflussen zu
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können, bedarf es nicht nur geeigneter Anreize (vgl. Kapitel IV. 2.5.1.), sondern vor allem der Einbindung der ProduzentInnen in die Entscheidungsprozesse: „In der Partizipation der Hochschulmitglieder an der Formulierung, an der Hochschulentwicklung und an den daraus abgeleiteten Strategien und Plänen liegt eine zentrale Grundbedingung für die erfolgreiche Ausübung von Leitungsfunktionen in Hochschulen“ (HRK 2004b, S. 14). Wie gut das partizipative Management von Universitäten gelingt, ist nicht nur eine Frage des persönlichen Vermögens der Leitungskräfte, Menschen zu motivieren, Prozesse zu organisieren oder das Handeln anderer Organisationsmitglieder durch Managementinstrumente wie etwa Zielvereinbarungen zu beeinflussen, sondern hängt wesentlich von der Beschaffenheit der Leitungs- und Entscheidungsstrukturen ab (vgl. Kapitel IV.2.2.3. und 2.3.). Die formalen Strukturen einer Organisation haben in mehrfacher Hinsicht eine entscheidende Bedeutung. Zum einen schaffen sie eine Ordnung, welche dem sozialen System die notwendige Stabilität verleiht, um in der Umwelt existieren zu können. Durch ihre Struktur erhält eine Organisation eine besondere Form, die sie erkennbar macht und von anderen Systemen unterscheidet. Insofern bilden formale Strukturen die Identität der Organisation ab. Allzu starr darf die strukturelle Identität allerdings auch nicht sein, denn eine Organisation kann nur dann überleben, wenn sie flexibel genug ist, sich bei Bedarf zu verändern. Dafür benötigt sie eine breit gefächerte Palette an Operationsmöglichkeiten, deren Bandbreite maßgeblich davon abhängt, welche Strukturen zur Verfügung stehen. Zum anderen gehören Strukturen zu den zentralen Wissensspeichern einer Organisation. Das, was eine Organisation mit der Zeit gelernt und verändert hat, manifestiert sich z.B. in Strukturen und Diagrammen. Deshalb sind Organigramme von so hoher Bedeutung für die Organisationsmitglieder. In ihnen spiegelt sich das Wissen der Organisation über sich selbst wider. Dazu zählen neben der Aufgabenzuordnung auch so sensible Bereiche wie die Verantwortungs- und Machtverteilung. Veränderungen in diesen Bereichen werden stets aufmerksam beobachtet und lösen Unruhe aus. Ein organisationaler Wissensspeicher wie die Struktur verändert sich nie willkürlich, sondern immer aufgrund einer Störung oder eines Problems (siehe Kapitel IV.2.4.). Tauchen Schwierigkeiten in einer Organisation auf, wird nach Lösungen gesucht. Strukturwandel ist also das Ergebnis eines Erkenntnisprozesses innerhalb der Organisation. Systemtheoretisch betrachtet kann dieser allerdings nur dann nachhaltig sein, wenn die Veränderung nicht vorgegeben, sondern autopoietisch, d.h. aufgrund eigenständiger Verarbeitungsprozesse innerhalb der Organisation vollzogen wird. Deshalb lässt sich die Gestalt einer neuen Struktur auch nicht wirklich planen, sondern sie ist – auch wenn Ähnlichkeiten zu anderen Strukturen auftauchen – ein individuelles Ergebnis. Auf Universitäten übertragen würde das bedeuten, dass sich Strukturen nicht vorschreiben lassen, sondern von den Hochschulen selbstorganisiert als Antwort auf ein Problem gefunden werden müssen. Wird dennoch ver-
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sucht, einer Universität eine Struktur überzustülpen, setzt sich bald die alte Systemlogik wieder durch und die gewünschte Nachhaltigkeit der Veränderung bleibt aus. Den Vorstellung, die Bildung neuer Strukturen der Selbstorganisationsfähigkeit des Systems „Universität“ zu überlassen und damit das Risiko eigenwilliger, nicht von außen steuerbarer Ergebnisse einzugehen, ist bislang noch nicht anschlussfähig. Universitätsreform besteht weitgehend aus gesetzlichen Strukturvorgaben in der Erwartung, dass aus der veränderten „Hardware“ eine veränderte „Software“ (Handlungen, Einstellungen etc.) resultiert. Zwar gewähren einige Bundesländer ihren Hochschulen eine relativ weitgehende Organisationsautonomie, doch bezieht sich diese nur auf die interne Gliederung in Fakultäten, Fachbereiche, Institute, nicht aber auf die Leitungs- und Entscheidungsstrukturen. Deren Aufbau und Funktionen unterliegen – weil es vor allem um Machtverteilung geht (Braun 2001, S. 244) – der staatlichen Steuerung. Die daraus resultierenden gesetzlichen Regelungen haben ihre Basis nicht allein in der Politik, sondern entstehen in einem breiten Reformdiskurs, an dem sich vor allem Interessensverbände – wie die Rektorenkonferenzen, Beratungseinrichtungen sowie Qualitätssicherungsagenturen und Hochschulforschungsinstitute – beteiligen. Die kollektive „Suche nach der optimalen Leitungsstruktur“ (vgl. Nickel/Zechlin 2005) hat innerhalb der deutschen Hochschullandschaft zu einem Gestaltungsmuster geführt, das sich zwar im Detail von Bundesland zu Bundesland unterscheidet, insgesamt aber doch eine gemeinsame, an europäischen und US-amerikanischen Vorbildern (vgl. Müller-Böling/Fedrowitz 1998) orientierte Grundstruktur herausgebildet hat:
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Abb. 17 Neu an diesem Gestaltungsmuster sind vor allem vier Punkte: 1.
Wechsel vom monokratischen zum kollegialen Leitungsmodell:
Obwohl die Entscheidungsbefugnisse der gesamtverantwortlichen RektorInnen/ PräsidentInnen und DekanInnen ausgeweitet worden sind und in einigen Fällen sogar eine Richtlinienkompetenz umfassen, müssen sie ihr Handeln sehr viel stärker als früher mit anderen Leitungskräften abstimmen. Alle wichtigen strategischen Entscheidungen, wie z.B. die Mittelverteilung, die Struktur- und Entwicklungsplanung oder der Abschluss von internen und externen Zielvereinbarungen, trifft nunmehr ein Leitungsteam und nicht mehr einen Gesamtverantwortlichen allein. In etlichen Bundesländern wie z.B. Nordrhein-Westfalen oder Baden-Württemberg werden die Hochschulen qua Gesetz nicht mehr von den RektorInnen/PräsidentInnen, sondern von der Kollegialinstanz, dem Rektorat bzw. dem Präsidium geleitet. Gleiches gilt für die dezentrale Ebene. Auch die Fakultäten/Fachbereiche werden häufig nicht mehr nur von den DekanInnen, sondern von den Dekanaten geleitet.
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2.
Personalisierung der Verantwortung durch das Ressortprinzip
Die Anonymität von Gremienentscheidungen wird durch das Prinzip der persönlichen Verantwortung ersetzt. Dazu werden sowohl auf der zentralen wie auf der dezentralen Ebene die Leitungsaufgaben in Ressorts unterteilt, welche die strategisch wichtigen Aufgabengebiete abbilden. Jedes Teammitglied übernimmt die Verantwortung für das Management ein oder mehrerer Ressorts. Anzahl und Zuschnitt der Handlungsfelder regelt jede Hochschule in ihrer Grundordnung. Dadurch können individuell bedeutsame Strategiebereiche definiert werden, die von der zuständigen Führungskraft entlang mittelfristiger Ziele kontinuierlich weiterentwickelt und zu guten Ergebnissen gebracht werden sollen. Die Ressortaufteilung erfolgt in der Universitätsleitung zwischen RektorIn/PräsidentIn, VizerektorInnen/VizepräsidentInnen und KanzlerIn; in der Fakultäts-/Fachbereichsleitung zwischen DekanIn und ProdekanInnen, darunter eine StudiendekanIn. Auf jeden Fall vertreten sind die Ressorts Forschung und Lehre. Darüber hinaus gibt es auch Internationales, Transfer, Weiterbildung, Qualitätsentwicklung, Frauenförderung, Personal und Ressourcen, Struktur- und Entwicklungsplanung etc. 3.
Stärkere Integration der Verwaltung
KanzlerInnen sind in ihrer Funktion nicht mehr nur auf die Verwaltungsleitung beschränkt, sondern als vollwertige Mitglieder der Universitätsleitungen in alle die Gesamtorganisation betreffenden Entscheidungen eingebunden. Durch die Kooperation in der Organisationsspitze sollen sich akademische und rechtlich-wirtschaftliche Sphäre annähern, um die operative Zusammenarbeit von Wissenschaft und Verwaltung zu verbessern. Mittelfristiges Ziel ist, die Rolle der Verwaltung vom Administrator zum internen Dienstleister für Forschung und Lehre zu wandeln. Dem Dienstleistungsmanagement, verstanden als aktive und eigenständige Leitungsaufgabe auf der beständigen Suche nach dem bestmöglichen Service für die Wissenschaft, kommt dabei ein zunehmend höherer Stellenwert zu. 4.
Erhöhung der Außensteuerung
VertreterInnen relevanter externer Anspruchsgruppen können die Managementprozesse und Ergebnisse von Universitäten direkter beeinflussen als bisher. Zu diesem Zweck werden Hochschulräte eingerichtet, deren Mitsprache- und Entscheidungsrechte je nach Bundesland unterschiedlich weitreichend sind. Die Bandbreite reicht von einer rein beratenden Funktion, wie sie in Nordrhein-Westfalen bis Ende 2006 üblich war, bis zu einer Aufsichtsratsfunktion wie in Baden-Württemberg. Hochschulräte, welche die Funktion eines Aufsichtsrates wahrnehmen, kontrollieren die Tätigkeiten der Universitätsleitung durch ein Berichtswesen, beschließen das Strategiekonzept inklusive der Struktur-, Entwicklungs- und Haushaltsplanungen und wählen die Mitglieder des Rektorates/Präsidiums. Die Wahl des Leitungspersonals war bis vor kurzem noch das Privileg der Konzile, d.h. der
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Universitätsversammlungen. Diese sind jedoch in etlichen Bundesländern inzwischen abgeschafft. Nunmehr gibt es nur noch ein zentrales internes Mitspracheund Entscheidungsorgan, und zwar den Senat. Dessen Befugnisse reichen – wiederum nach Bundesländern verschieden – von der Stellungnahme zu strategischen Entscheidungen des Rektorates/Präsidiums über akademische Selbstverwaltungsaufgaben, wie den Beschluss der Grundordnung bis hin zur Wahl und ggf. auch Abwahl der Mitglieder der Universitätsleitungen. Insgesamt ist eine deutliche Tendenz erkennbar, den Einfluss des Senates auf die Managemententscheidungen zu reduzieren. Diese sollen weitgehend den Leitungskräften in Kombination mit dem extern besetzten Uni-Rat überlassen bleiben. Diese Machtverschiebung bietet Anlass für vielfältige Kritik, welche sich insbesondere gegen eine Entdemokratisierung und zu starke externe Einmischung in universitätsinterne Angelegenheiten richtet (vgl. z.B. HRK 2000). Die Balance zwischen Außensteuerung und Selbstverwaltung muss also noch gefunden werden. Dieser Strukturwandel setzt insgesamt eine erhebliche Zäsur, die allerlei Spannungen innerhalb der Universitätsorganisation nach sich zieht. Hauptursache dafür ist der Hybridcharakter der veränderten Leitungs- und Entscheidungsstrukturen, die einen Spagat zwischen dem Unternehmensmodell versuchen, bestehend aus Aufsichtsrat, Vorstand und mittlerem Management47 sowie dem universitärer Tradition entsprechenden kooperativ-demokratischen Entscheidungsmodell. Dabei verschiebt sich das Verhältnis zwischen „Partizipation“ und „Managerialismus“ wie überall im europäischen Hochschulraum in Richtung eines „exekutiven Führungsstils“ (de Boer 1998). Dies führt zu diversen Detailproblemen und ungeklärten Fragen, wie ein Blick auf die Praxis zeigt. So hat alleine die Einführung des Ressortprinzips eine Reihe von Konfliktpunkten aufgeworfen, wie z.B. die Neuordnung des Verhältnisses von RektorIn/PräsidentIn und KanzlerIn. Es gibt stark differierende Auffassungen darüber, ob das Amt der Kanzlerin/des Kanzlers überhaupt noch zeitgemäß ist oder ob es nicht besser durch eine hauptamtliche Vizepräsidentin/einen hauptamtlichen Vizepräsidenten für Personal und Ressourcen ersetzt werden sollte. Bundesländer wie zum Beispiel Niedersachsen bieten ihren Hochschulen diese Möglichkeit mittlerweile an (Niedersächsisches Hochschulgesetz §37ff.), nachdem an einzelnen deutschen Hochschulen wie der Humboldt-Universität zu Berlin entsprechende Pilotversuche erfolgreich verlaufen sind (vgl. Meyer 1998). Im Gegensatz dazu behalten Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen die KanzlerIn-Position in ihrer klassischen Form vorerst bei. Doch auch dort hat bereits eine Diskussion über die Rolle der VerwaltungschefInnen eingesetzt. Stein des Anstoßes ist, dass die nordrhein-westfälischen KanzlerInnen nicht den RektorInnen/PräsidentInnen, sondern direkt dem Ministe47
Das Baden-Württembergische Hochschulgesetz benutzt die Bezeichnungen „Aufsichtsrat“ und „Vorstand“ sogar explizit (Zweites Gesetz zur Änderung hochschulrechtlicher Vorschriften 2005, §15ff.).
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rium unterstehen und deshalb innerhalb der Universität eine relativ eigenständige Machtbasis besitzen (vgl. Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten NRW 2005/ Landesrektorenkonferenz der Universitäten NRW 2005). Während die KanzlerInnen diesen Zustand beibehalten wollen, wollen die RektorInnen/PräsidentInnen diesen ändern. Abgesehen von solchen Statusproblemen dreht sich die Diskussion aber auch verstärkt um die Funktion der KanzlerInnen innerhalb einer Hochschule. Die Frage ist, ob die ChefInnen der gesamten Verwaltung bleiben oder im Zuge der Ressortaufteilung die Fach- und Dienstaufsicht über bestimmte Servicebereiche an andere Mitglieder des Leitungsteams abgeben sollen. Diese Überlegungen machen insofern Sinn, als die einzelnen Rektorats-/Präsidiumsmitglieder für das Management strategisch bedeutsamer Handlungsfelder ein gewisses Maß operativer Unterstützung benötigen, das nicht von wenigen Stabsstellen geleistet werden kann, sondern auf die Kooperation fachlich versierter Verwaltungsstellen angewiesen ist. Vor diesem Hintergrund scheint es sinnvoll, die Arbeitsbeziehungen zwischen den Ressortverantwortlichen und Verwaltungsfachkräften direkt zu gestalten und sie nicht über den Umweg „KanzlerIn“ laufen zu lassen. In diesem Fall würde z.B. das Forschungsreferat aus dem Verantwortungsbereich des Verwaltungschefs/der Verwaltungschefin herausgenommen und der Vizerektorin/dem Vizerektor für Forschung unterstellt. Ein solcher Schritt hätte eine Reihe struktureller Folgen. Zum einen würde sich der Wirkungskreis der VerwaltungschefInnen verkleinern. Sie nähmen nunmehr die Funktion von GeschäftsführerInnen mit den Ressortbereichen Personal-, Finanz- und Gebäudemanagement wahr. Dadurch wiederum würde sich die Rolle der mittleren Leitungsebene in der Verwaltung – DezernentInnen, ReferatsleiterInnen – insofern ändern, als sie in direkter Kooperation mit dem ressortverantwortlichen Hochschulleitungsmitglied ohne den „Schutz“ des Kanzlers/der KanzlerIn in ihrem Aufgabenbereich sehr viel eigenverantwortlicher arbeiten müssten. Sie übernähmen dann eher die Funktion eines mittleren Dienstleistungsmanagements. In diesem Fall würden sich auch die Anforderungen an die Leitungskompetenzen der ressortverantwortlichen Rektorats-/Präsidiumsmitglieder erhöhen. Das gilt insbesondere für VizerektorInnen/VizepräsidentInnen, die es als WissenschaftlerInnen oft nicht gewohnt sind, im größeren Umfang Personalverantwortung zu tragen. Deshalb ist nicht nur eine Professionalisierung der RektorInnen/PräsidentInnen notwendig, sondern auch die Schaffung eigener Karrierepfade für ProrektorInnen/VizepräsidentInnen z.B. in Form hauptamtlicher Stellen. In einzelnen Bundesländern wie Niedersachsen oder Rheinland-Pfalz ist das bereits möglich. Im Nebenjob, wie derzeit noch vielfach üblich, sind verantwortungsvolle Managementtätigkeiten im Hochschulbereich zunehmend weniger zu leisten.
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Das gilt auch für die DekanInnen. Ohne eine Professionalisierung dieser Managementebene droht die strategische Steuerung und Entwicklung von Universitäten ins Leere zu laufen. Deshalb sind neben Maßnahmen der Personalentwicklung vor allem längere Amtszeiten und eine bessere Bezahlung notwendig. Während Rektoratsmitglieder, insbesondere RektorInnen und KanzlerInnen, für vier bis acht Jahre gewählt werden und ihre Amtszeit darüber hinaus häufig verlängern, ist die durchschnittliche Amtszeit von DekanInnen mit zwei bis drei Jahren zu kurz. Ehe sie sich eingearbeitet haben, ist ihre Amtszeit schon wieder beendet. Die hohe Fluktuation mag auch daraus resultieren, dass DekanInnen eine schwierige, gering dotierte Zwischenposition haben. Sie übernehmen eine schwierige „Mittlerrolle zwischen einem gesamtuniversitär agierenden Management auf der einen und der wissenschaftlichen Basis auf der anderen Seite […], ohne mit entsprechenden Ressourcen ausgestattet zu sein“ (Müller 2004, S. 136). Von allen Leitungskräften des Hochschulbereichs haben gerade sie noch am wenigsten ihre Position in der neuen Leitungs- und Entscheidungsstruktur gefunden: „Der Gesetzgeber scheint auf einen Dekan als mächtige Entscheidungsinstanz zu hoffen. Die Fachbereichsgremien sehen ihn eher als durchsetzungsfähige Exekutive ihrer Beschlüsse. Die Arbeitsund Facheinheiten bevorzugen die Rolle des Dekans als Koordinator, der die Einzelinteressen wirksam nach außen vertritt bei insgesamt begrenztem Gestaltungsspielraum gegenüber den Facheinheiten“ (Mayer 2003, S. 155). Bei der Suche nach möglichen Rollenmodellen für DekanInnen sind verschiedene Varianten im Gespräch: Sollen DekanInnen selbstständige ManagerInnen eines Geschäftsbereiches sein, wie es beispielsweise das Hamburgische Hochschulgesetz vorsieht?48 Oder sind sie weiterhin von den Mitgliedern des Fachbereichs/Fakultät gewählte „Gleiche unter Gleichen“, so wie es der überwiegende Teil der deutschen Hochschulgesetze will? Eine abschließende Antwort auf diese Fragen steht noch aus. Ebenso klärungsbedürftig ist die Gestaltung des Verhältnisses zwischen Fakultäten/Fachbereichen und Universitätsleitung bei der strategischen Steuerung und Entwicklung. Die wenigsten Fakultäten/Fachbereiche verstehen sich als bloße „Umsetzer“ der von Rektorat/Präsidium beschlossenen strategischen Ziele, sondern erwarten, dass genügend Raum für ihre eigenen Interessen bleibt. In der Praxis führt diese Situation dazu, dass sich die Universitätsleitung entweder bereit erklärt, Projekte und Maßnahmen in die Zielvereinbarungen aufzunehmen, die außerhalb der Gesamtstrategie liegen, oder aber den Fakultäten/Fachbereichen die Freiheit lassen, in ihren Struktur- und Entwicklungsplänen eigene Ziele zu verfolgen und nur über diejenigen Projekte und Maßnahmen Zielvereinbarungen abzuschlie48
Das Hamburgische Hochschulgesetz in der Fassung vom 23. Mai 2003 sieht in §91 vor, dass Fachbereiche/Fakultäten von einem Dekanat geleitet werden. Dieses besteht aus einem Dekan und mindestens einem Prodekan mit festen Ressortzuständigkeiten. Der Dekan wird vom Präsidium ausgewählt und vom Selbstverwaltungsorgan bestätigt. Können sich beide nicht einigen, entscheidet der Hochschulrat. Dem Dekanat kann ein Geschäftsführer zur Seite gestellt werden.
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ßen, die sie zur Unterstützung der Gesamtstrategie beisteuern wollen. Ein konsistentes Ziel- und Umsetzungssystem kommt auf diese Weise nicht zustande. Eine zusammenhängende strategische Planung lässt sich also nur in ausgewählten Schwerpunktbereichen herstellen. Die Frage ist, ob das ausreicht, um die Gesamtorganisation erfolgreich zu steuern und zu entwickeln. 3.4. Fazit: Führen mit Zielvereinbarungen – Managementmode oder tragfähiges Managementkonzept für Universitäten? Zweifellos hat sich das Führen mit Zielvereinbarungen in den zurückliegenden zehn Jahren sowohl in der Politik als auch in den Hochschulen als zentrales Managementkonzept etabliert. Bei der Anwendung besteht die doppelte Herausforderung darin, sowohl geeignete Leitungs- und Entscheidungsstrukturen zu finden als auch das Instrument Zielvereinbarungen universitätsadäquat einzusetzen. Insofern ist die Umsetzung dieses Ansatzes mit einem umfassenden Organisationsentwicklungsprozess verbunden, der noch andauert und dessen Ende noch nicht absehbar ist. Dabei ist das „Management by Objectives“ nicht nur Gegenstand von Veränderungsprozessen, sondern fungiert selbst als Reformmotor: Zielvereinbarungen werden von Universitäten hauptsächlich für die Planung innovativer Projekte und Maßnahmen eingesetzt. Diese Anwendungsform hat sich in den Universitäten offenbar erfolgreich etabliert, wobei allerdings zwischen Planung und Umsetzung eine erhebliche Diskrepanz liegt. Während Zielvereinbarungen als Planungsinstrument relativ gut funktionieren und akzeptiert sind, hat sich das Controlling der Ergebnisse als unzureichend erwiesen. Überhaupt ist derzeit nicht klar erkennbar, welche Effekte das Führen mit Zielvereinbarungen auf die Leistungen in Forschung und Lehre tatsächlich hat: Welche Verbesserungen wurden konkret erreicht? Inwiefern sind Universitäten, wie von der Hochschulreform gewünscht, leistungsstärker und unternehmerischer geworden? Was hat das System „Universität“ bisher dazugelernt? Gibt es Belege dafür, dass die Leitungskräfte das Tun der Universitätsmitglieder strategischer und damit zielgerichteter steuern können als noch vor 15 Jahren? Darauf gibt es momentan noch keine gesicherten Antworten. Obwohl eine Verbesserung der Selbststeuerungs- und Entwicklungsfähigkeit an den Universitäten durch Zielvereinbarungen nicht nachweisbar ist, hat alleine die Hoffnung, dass es sich um ein mit der partizipativen Organisationskultur von Universitäten kompatibles Steuerungsverfahren handeln könnte, für einen regelrechten Boom gesorgt. Zielvereinbarungen sind zu einem Allroundinstrument des Universitätsmanagements avanciert, das von der strategischen Steuerung bis zur Personalführung für alle möglichen Zwecke eingesetzt wird. Die Flexibilität geht soweit, dass sich Zielvereinbarungen ohne Probleme mit Managementkonzepten wie der Balanced Scorecard oder TQM/EFQM verbinden lassen. Hauptgrund dafür ist, dass die meisten Managementansätze davon ausgehen, dass Organisationen von ihrem Zweck bestimmt sind und daher auf spezielle Ziele hinarbeiten, die sie durch
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möglichst konsistent darauf ausgerichtete Handlungen erreichen wollen. Ein Instrument wie Zielvereinbarungen, welches die Herstellung einer solchen Handlungsrationalität unterstützt, ist entsprechend leicht integrierbar. Betrachtet man die im universitären Bereich verwendeten Managementkonzepte, lässt sich eine rasche Entwicklung von einem linearen Planungsverständnis, wie beim New Public Management (NPM), hin zu eher systemisch ausgerichteten Ansätzen erkennen (Nickel 2005). Das NPM ist ein Ansatz, der davon ausgeht, dass Ziele und Handlungen in einem eindeutigen Zusammenhang stehen und sich kausal voneinander ableiten. Dieser Logik folgend, haben etliche Universitäten in den zurückliegenden Jahren aufwändige Verfahren zur Leitbild- und Strategieentwicklung durchgeführt und daraus dann Organisationsziele sowie Umsetzungspläne abgeleitet. Dieses – etwas vereinfacht dargestellte – Schema des strategischen Managements hat sich jedoch in vielerlei Hinsicht als zu eng erwiesen. Es ist evident, dass Universitäten keine trivialen Maschinen sind, in denen sich gewünschte Outputs auf Knopfdruck erzeugen lassen. Vielmehr sind Forschungs- und Lehrleistungen das Produkt diverser ineinander greifender Mechanismen, die einer eigenen, nur teilweise steuerbaren Dynamik folgen. Das Management von Universitäten kann also nicht bei den klassischen Verfahren strategischer Planung stehen bleiben, sondern muss sich methodisch auf eine regelmäßige Beobachtung und Justierung des Gesamtsystems ausdehnen. Deshalb finden im Universitätsbereich solche Managementansätze zunehmend mehr Beachtung, die den strategischen Erfolg durch eine fortlaufende, ganzheitliche Organisationsentwicklung erreichen wollen. Die Entwicklung der zurückliegenden Jahre zeigt einerseits, dass die Hochschulen relativ schnell damit begonnen haben, sich vom „Dogma“ NPM, dem die staatliche Seite weitgehend verhaftet ist (siehe Kapitel IV.3.1.), zu lösen, sich aber andererseits auch sehr schwer tun, eigene Wege zu gehen. In der Regel wird mit mehr oder minder großem Erfolg versucht, privatwirtschaftliche Ansätze zu adaptieren. Davon einmal abgesehen, dass die Erfolgschancen solcher Anpassungsversuche von manchen ExpertInnen als nicht sehr hoch eingeschätzt werden (siehe Kapitel IV.1.4.), drohen Universitäten zudem auch noch in dieselbe unendliche Modernisierungsschleife zu geraten wie Privatunternehmen: Durch den Wettbewerbsdruck sehen sich Firmen genötigt, in kurzen Abständen immer wieder aufs Neue nach noch besseren Managementkonzepten zu suchen, um noch innovativere und marktgängigere Produkte herzustellen als ihre KonkurrentInnen (Kühl 2002). Infolgedessen jagt ein Managementkonzept das nächste. Ob diese „ManagementModen“ tatsächlich etwas bringen, ist allerdings zweifelhaft, denn häufig fällt die praktische Umsetzung – gemessen an den hohen Erwartungen – eher ernüchternd aus.
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Die Euphorie, mit der diverse Managementkonzepte im Hochschulbereich aufgenommen worden sind und weiterhin aufgenommen werden, ist vor diesem Hintergrund ambivalent zu betrachten. Auf der einen Seite ist klar, dass sich Universitäten, ausgelöst durch veränderte Umweltanforderung, ebenfalls verändern müssen, was angesichts des Beharrungsvermögens dieses Systems nicht einfach ist. Deshalb ist eine gewisse Begeisterung der Universitätsmitglieder unerlässlich, denn ohne deren Motivation und Engagement könnte der anstrengende und zum Teil auch tiefgreifende Organisationswandel weder technisch noch sozial bewältigt werden. Gerade in einem managementskeptischen Umfeld wie der Wissenschaft bedarf es einer gehörigen Portion Überzeugungskraft, um die Ablehnung gegenüber der Einführung strategischer Steuerungsinstrumente, wie z.B. Zielvereinbarungen, in eine Akzeptanz umzuwandeln. Andererseits dürfen die PromotorInnen neuer Universitätsmanagementkonzepte auch nicht zu große Erwartungen wecken. Die Mühen der Alltagsarbeit – das haben die geschilderten Praxiserfahrungen mit universitätsinternen Zielvereinbarungen deutlich gezeigt – führen nicht selten zu einer Desillusionierung bei den AkteurInnen. Es geht – wie immer – darum, die goldene Mitte zu finden und das heißt einen realistischen Umgang mit Managementkonzepten. Insbesondere diejenigen, welche die Hauptverantwortung für die Veränderungsprozesse in Hochschulen tragen – also RektorInnen/PräsidentInnen, VizerektorInnen/VizepräsidentInnen, DekanInnen, ProdekanInnen und KanzlerInnen – wären deshalb gut beraten, zunächst zu prüfen, was an einer neuen ManagementMode nur „heiße Luft“ und was tatsächlich nützlich ist, bevor sie ihre Universität auffordern, diese mit großem Aufwand umzusetzen. Zu einer realistischen Einschätzung zu gelangen ist natürlich nicht immer einfach. Gerade im Hochschulbereich hat es lange an Vorbildern für effektive und effiziente Managementverfahren gefehlt und vieles musste erst in praktischer Erprobung entwickelt werden. Zudem sind etliche Detailprobleme nicht antizipierbar und treten erst durch das praktische Tun zu Tage. Dennoch ist es hilfreich, sich bewusst zu machen, dass Management-Moden einem bestimmten Lebenszyklus folgen. So hat der amerikanische Hochschulforscher Robert Birnbaum (2001, S. 125ff.), selbst lange Zeit als Rektor tätig, aufgrund seiner Erfahrungen mit einer Reihe von Hochschulmanagementansätzen – zu denen auch das Führen mit Zielvereinbarungen gehörte – einen Lebenszyklus von Management-Moden im Hochschulbereich beobachtet, der folgendem Rhythmus folgt:
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Abb. 18 Dass es diesen Lebenszyklus gibt, heißt nicht, dass man es gar nicht erst mit neuen Managementkonzepten versuchen sollte. Angebracht ist vielmehr ein kritischer Blick hinter deren Rhetorik sowie ein vorsichtiger Umgang bei der Nutzung: „Instead, a fad calls for skeptical curiosity. An incipient fad may have components or ideas of great value if given prudent consideration“ (Birnbaum 2001, S. 231). Im Kapitel IV. ist anhand etlicher Praxisbeispiele bereits ein kritischer Blick hinter die Rhetorik der Management-Mode „Führen mit Zielvereinbarungen“ geworfen worden. Dabei sind eine Reihe von Stärken und Schwächen genauso evident geworden wie intendierte und nichtintendierte Wirkungen des Konzepts. Zugleich wurden aber auch Entwicklungstrends und Muster deutlich, deren vertiefte Betrachtung sich lohnt, wenn man genauer herausfinden möchte, welche Komponenten des „Führens mit Zielvereinbarungen“ für die Universität auf ihrem weiteren Weg zum lernenden korporativen Akteur tatsächlich nützlich sein können und welche nicht. Diese vertiefte Betrachtung soll nun anhand von Fallstudien geschehen. Diese zeigen, wie zwei unterschiedliche Hochschulen das „Führen mit Zielvereinbarungen“ umgesetzt haben und welchen Einfluss der politische Kontext auf den jeweiligen Veränderungsprozess hatte. System und politische Umwelt werden in einen Zusammenhang gestellt und über mehrere Jahre hinweg beobachtet.
V. LANGZEITSTUDIEN ZUR ENTWICKLUNG, ANWENDUNG UND WIRKUNG DES PARTIZIPATIVEN UNIVERSITÄTSMANAGEMENTS MIT ZIELVEREINBARUNGEN 1. Staatliche Hochschulsteuerung im Bundesland Hamburg 1995–2005 1.1. Zielvereinbarungen zwischen Staat und Hochschulen 1.1.1. Entwicklung und Anwendung Das Bundesland Hamburg hat Mitte der 90er Jahre damit begonnen, die staatliche Hochschulsteuerung nach den Prinzipien des New Public Management (NPM) umzugestalten. Am Anfang stand die Einführung eines Produkthaushaltes. Dabei handelt es sich um eine Form der staatlichen Haushaltsplanung, welche darauf abzielt, die Hochschulfinanzierung an die Quantität und Qualität der Produkte bzw. Leistungen zu koppeln (vgl. Kapitel III.4.1. und IV.3.1.). Der Philosophie des NPM folgend, sollte der Staat die Hochschulen nicht mehr nur fachlich und rechtlich beaufsichtigen und ihnen Gelder vorab zuteilen (Input-Steuerung), sondern stattdessen bei ihnen bestimmte, mit quantitativen und qualitativen Zielgrößen versehene Produkte/Leistungen in Auftrag geben. Im neuen Rollenmodell erfolgt die Budgetzuweisung leistungsorientiert, d.h. erst nach einer Ergebnisprüfung (Output-Steuerung). Entsprechend wurde ab 1995 für jede der damals insgesamt sechs Hamburger Hochschulen49 ein Katalog mit Produkten/Leistungen sowie darauf bezogenen quantitativen und qualitativen Zielgrößen definiert.
49
Universität Hamburg; Fachhochschule Hamburg, 2001 umbenannt in „Hochschule für angewandte Wissenschaften“ (HAW); Hochschule für Wirtschaft und Politik (HWP), 2001 umbenannt in „Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik“; Hochschule für bildende Künste (HfbK); Hochschule für Musik und Theater (HMT); Technische Universität HamburgHarburg (TUHH). Darüber hinaus gab es zu diesem Zeitpunkt noch eine evangelische Fachhochschule für Sozialpädagogik, eine Universität der Bundeswehr und eine Fachhochschule für Verwaltung. Da diese drei Hochschulen nicht dem Bundesland Hamburg, sondern dem Bund bzw. der Kirche unterstanden, fand das neue Steuerungsmodell hier keine Anwendung.
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LANGZEITSTUDIEN
Da der Staat – in diesem Fall vertreten durch die Hamburger Behörde für Wissenschaft und Forschung50 – künftig nicht mehr detailliert, sondern strategisch steuern wollte, lieferten die Hochschulen keine minutiösen Beschreibungen ihrer Leistungen, sondern bildeten „Produktgruppen“. Deren Zuschnitt variierte je nach Hochschule. So benannte beispielsweise die Universität Hamburg drei Produktgruppen (Lehre, Forschung und Dienstleistungen), während es bei der Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik (HWP) fünf waren (Lehre, Forschung, Internationale Hochschulbeziehungen, Weiterbildung, Frauenförderung). Diese Kategorisierung ist im Laufe der Jahre weitgehend konstant geblieben und dient seither als Grundlage sowohl für die Budgetplanung als auch für die budgetäre Rechenschaftslegung der Hochschulen gegenüber der Hamburger Bürgerschaft, d.h. dem Parlament des Stadtstaates. Die Berichte über Leistungen und Ergebnisse der Hamburger Hochschulen – Produktinformationen genannt – erhalten die Abgeordneten als Anlage zum jährlichen Haushaltsplan. Wie Produktinformationen konkret aussehen, verdeutlicht folgender Auszug aus dem Hamburger Haushaltsplan 2004 (Anlage 2.4):
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Da Hamburg ein Stadtstaat ist, gibt es kein Wissenschaftsministerium sondern nur eine Wissenschaftsbehörde, die aber die Funktion eines Ministeriums übernimmt.
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LANGZEITSTUDIEN
Aus der Darstellung geht hervor, dass die in den Produktinformationen genannten quantitativen und qualitativen Kennzahlen nicht direkt mit dem Budget in Verbindung gebracht werden. Die Finanzkennzahlen sind in einer separaten Erfolgs- und Finanzierungsübersicht ausgewiesen, welche die Einnahmen- und Ausgabensituation der Hochschule widerspiegelt. Alle im Produkthaushalt enthaltenen Angaben sind sowohl prospektiv, d.h. auf die zukünftigen Planungen, als auch retrospektiv, d.h. auf die Ergebnisse vergangener Jahre, bezogen. Dadurch wird eine Entwicklung der Kosten und Leistungen erkennbar, was insbesondere für die Auftraggeberseite – Wissenschaftsbehörde und Landesparlament – die Transparenz erhöht: Anhand der Daten können sich die Auftraggeber ein Urteil bilden und ggf. intervenieren. Im Gegenzug wird der Auftragnehmerseite mit dem Produkthaushalt ein haushaltstechnisches Instrumentarium an die Hand gegeben, von dem erwartet wird, dass es „durch Beseitigung bürokratischer Hemmnisse und Stärkung der Eigeninitiative eine effektivere Nutzung des den Hochschulen zur Verfügung gestellten Budgets ermöglicht“ (Behörde für Wissenschaft und Forschung 1992, S. 14). Weiterer Vorteil für die Hochschulen ist die Globalisierung der Haushaltsmittel, d.h. die Hochschulen können nun weitgehend selbst entscheiden, wie sie ihr Budget verwenden. Zu den neuen Freiräumen gehören z.B. die Bildung von Rücklagen, die interne Umschichtung von Finanzmitteln sowie der selbstständige Erwerb von Einnahmen. Der Hamburger Produkthaushalt ist also der Sache nach ein Globalhaushalt. Nach Implementierung des Produkthaushaltes wurden im Jahr 1999 erstmals Zielund Leistungsvereinbarungen (ZLV) zwischen der Behörde für Wissenschaft und Forschung und den Hamburger Hochschulen abgeschlossen. Damit wurde ein weiteres Element des NPM umgesetzt. Allerdings bezogen sich die ZLV entgegen der Philosophie des NPM nicht auf die im Produkthaushalt genannten Produktbereiche, sondern nahmen von Anfang an eine davon unabhängige Rolle ein: Während in den Produktinformationen das gesamte Leistungsspektrum dargestellt wird, konzentrieren sich die ZLV auf „die Bereiche, in denen Akzente und Schwerpunkte gesetzt werden“ (Behörde für Wissenschaft und Forschung 1999, Präambel). Dabei ging es vor allem um Innovationen. So heißt es z.B. in der 99er ZLV mit der Universität Hamburg: „Die Universität wird die Qualität des Studiums sichern und Maßnahmen zu deren Verbesserung ergreifen. Besondere Beachtung finden dabei ein transparenter und gegliederter Studienaufbau, die Betreuung während des Studiums, die erleichterte Möglichkeit des Hochschulwechsels durch vergleichbare Leistungen und die Erlangung international anerkannter Abschlüsse. Mit dieser Zielsetzung wird die Universität die Studien- und Studienfachberatung optimieren, den Mentoren- und Tutoreneinsatz qualitativ verbessern, unbeschadet studienbegleitender Prüfungen für ein zeitlich angemessen begrenztes Prüfungsverfahren Sorge tragen, […], den Einsatz von Multimedia in der Lehre fördern“ (dies., S. 5).
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Die ZLV zwischen Staat und Hochschulen funktionieren in Hamburg im Wesentlichen so wie das im Kapitel IV.3.1. geschilderte Grundmodell einer kooperativstrategischen Planung von Veränderungsmaßnahmen. Die inhaltliche Gliederung der ZLV ist im Laufe der Jahre weitgehend konstant geblieben. Insgesamt enthalten die ZLV mittlerweile Absichtserklärungen zu folgenden elf Feldern:51 • Hochschulentwicklung • Lehre und Studium • Forschung und Transfer • Wissens- und Informationsmanagement • Gleichstellung • Hochschulbeziehungen • Wissenschaftliche Weiterbildung und Dienstleistungen • Internationalisierung • Personal • Ressourcen • Berichtswesen Zusätzliche Finanzmittel für die Umsetzung per ZLV vereinbarten Veränderungsmaßnahmen wurden im Jahr 1999 nicht gewährt. Vielmehr wurde ein Prozent des Haushaltsvolumens unter einen Einigungsvorbehalt gestellt, d.h. diese Summe wurde der jeweiligen Hochschule nur dann ausgezahlt, wenn sie eine ZLV mit der Wissenschaftsbehörde abschloss. Unter der Rubrik „Ressourcen“ wurden im Wesentlichen die Summe des Gesamthaushalts (Betriebs- und Investitionsmittel) sowie die Einsparverpflichtungen festgehalten. Als Anreiz wurde eine dreijährige Planungssicherheit neu eingeführt, d.h. die Haushaltsvolumina wurden nicht mehr jährlich, sondern auf drei Jahre festgelegt, wobei je nach Tarifentwicklung bei den Personalkosten Anpassungen erfolgten. Dahinter stand die Überlegung, dass ein großer Teil der vereinbarten Ziele und Leistungen nicht in einem Jahr umsetzbar sein würde. Um verlässliche Planungen und Zusagen machen zu können, mussten die Hochschulen die finanziellen Bedingungen kennen, unter denen sie ihre Ziele und Leistungen erbringen sollten. 51
Abweichungen von diesem Katalog sind möglich. Nicht jede Hochschule schließt ZLV zu allen elf Punkten ab.
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Kurz nach Abschluss der ersten ZLV zwischen Staat und Hochschulen in Hamburg wurde ein Modellentwurf für eine indikatorgestützte Mittelvergabe vorgelegt, welchen eine 19köpfige Arbeitsgruppe, bestehend aus den KanzlerInnen der Hamburger Hochschulen, BehördenmitarbeiterInnen und externen BeraterInnen, erarbeitet hatte. Das Modell sah vor, dass die ZLV zwar das Hauptinstrument der staatlichen Hochschulsteuerung bleiben, jedoch durch ein finanzielles Anreizsystem ergänzt werden sollten (Ziegele 1999, 2001c). Im Haushaltsjahr 2002 wurden erstmals fünf Prozent des Budgets anhand eines Indikatorensets vergeben (vgl. Leszczensky/Orr 2004, S. 25ff.). Jede Hochschule konnte individuell entscheiden, anhand welcher Indikatoren sie beurteilt werden wollte. Zur Auswahl standen drei Lehrindikatoren (Studierende in der Regelstudienzeit, Absolventen, Anteil der Studierenden in der Regelstudienzeit an allen Studierenden), zwei Forschungsindikatoren (Drittmittel, Promotionen) und drei Gleichstellungsindikatoren (Frauenanteile auf einzelnen Qualifikationsstufen, Angleichung des Frauenanteils auf einer Qualifikationsstufe an jenen auf der vorhergehenden Stufe, Frauenanteil bei der Besetzung von Professuren). Jede Hamburger Hochschule benannte auf Basis dieser Liste sechs Indikatoren, die je nach Profil unterschiedlich gewichtet wurden. Das Resultat war trotz der standardisierten Vorgabe sehr heterogen, wie folgender Vergleich zwischen den Indikatorensets der Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik (HWP) und der Universität Hamburg zeigt:52
Abb. 20 52
Quelle: ZLV zwischen der Behörde für Wissenschaft und Forschung und der HWP 2001; Brief der Behörde für Wissenschaft und Forschung an den Präsidenten der Universität Hamburg vom 25.10. 2001.
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Abb. 21 Da die Hamburger Hochschulen aufgrund ihrer unterschiedlichen Beschaffenheit und fachlichen Ausrichtung schwer vergleichbar waren (Unikat-Situation), konnten Leistungssteigerungen oder Leistungsverschlechterungen nur bezogen auf die individuellen Ist- und Sollwerte festgestellt und budgetär sanktioniert werden (dies., S. 26). Das indikatorgesteuerte Anreizbudget bezog sich sowohl von der Logik her als auch inhaltlich mehr auf den Produkthaushalt und weniger auf die ZLV: In der Regel fanden sich die Indikatoren für das Anreizbudget in den Produktinformationen wieder. In den ZLV tauchten dagegen keine direkt auf die Indikatoren bezogenen Zielfestlegungen auf. Stattdessen wurden die ZLV dazu genutzt, mit den Hochschulen die Einführung des neuen Anreizsystems verbindlich zu vereinbaren. Die ZLV behielten also ihren Charakter als Instrument zur kooperativ-strategischen Planung von Innovations- und Veränderungsmaßnahmen. Doch kaum war das neue Kombinationsmodell im Einsatz, wurden weitere Reformen eingeleitet: „Für den Folgezeitraum der Jahre 2003 – 2005 wird in einem, noch in der ersten Hälfte des Jahres 2002 beginnenden Verfahren mit den Hochschulen eine neue Generation des wissenschaftlichen Steuerungsinstrumentariums implementiert“ (ZLV zwischen der Behörde für Wissenschaft und Forschung und der HWP 2002, Absatz 1.4; in ähnlichem Wortlaut auch in der ZLV zwischen der Behörde für Wissenschaft und Forschung und der Universität Hamburg 2002, Absatz 1.4). In Ergänzung zu den ZLV sollte ein erweitertes Budgetierungsmodell entstehen, das nicht mehr nur fünf Prozent, sondern nahezu die gesamten laufenden Haushaltsmittel indikatorengestützt verteilt. Dieses wurde von der Wissenschaftsbehörde – nach einer Fusion mit der Gesundheitsbehörde zwischenzeitlich umbe-
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nannt in Behörde für Wissenschaft und Gesundheit – unter Beteiligung der Hamburger Hochschulen innerhalb von zwei Jahren erarbeitet. Herausgekommen ist eine „Drei-Säulen-Finanzierung“ (DSF), welche erstmals im Herbst 2005 wirksam wird (vgl. Behörde für Wissenschaft und Forschung 2002 / ZLV zwischen der Behörde für Wissenschaft und Gesundheit und der Universität Hamburg 2005, Präambel; Leszczensky/Orr 2004, S. 28). Danach splittet sich die Finanzzuweisung an die Hamburger Hochschulen künftig auf in einen „Vorwegabzug“ und den drei Säulen „Grundleistungsbudget“, „Anreizbudget“ und „Innovationsbudget“. Der Vorwegabzug bezieht sich im Wesentlichen auf die Personalnebenkosten und die Bauunterhaltung. Die restlichen Gelder verteilen sich zu 85 Prozent auf das Grundleistungsbudget, zu 13 Prozent auf das Anreizbudget und zu zwei Prozent auf das Innovationsbudget. Das Anreizbudget wurde aus dem Vorgängermodell übernommen und ist in seinem Verteilungsmodus (Gewichtung der Indikatoren nach individuellem Profil) gleich geblieben. Leicht verändert hat sich dagegen das Indikatorenset, welches um den Bereich „Internationales“ erweitert wurde (vgl. Behörde für Wissenschaft und Gesundheit 2005a). Neu hinzugekommen ist ein Innovationsbudget, welches dem kontinuierlichen Entwicklungs- und Erneuerungsprozess der jeweiligen Hochschule zugute kommen soll. Es wird nicht nach Indikatoren verteilt, sondern fungiert als eine Art Projektförderung, die je zur Hälfte durch die Präsidien der Hochschulen und der Behörde vergeben wird. So erhält die Universität Hamburg laut ZLV 2005 Innovationsmittel beispielsweise für die Grundausstattung von Professuren und Sonderforschungsbereichen sowie die Strukturreform der Fakultäten. Die größte Summe der Haushaltsmittel indes wird wieder indikatorengesteuert zugewiesen: Das Grundleistungsbudget orientiert sich ausschließlich an den Soll-Absolventenzahlen. Hintergrund für diesen starken, einseitig auf Studium und Lehre ausgerichteten Impuls ist das vom Hamburger Senat im Sommer 2003 beschlossene Strategiekonzept mit dem Titel „Leitlinien für die Entwicklung der Hamburger Hochschulen“. Darin wird die Steigerung der Absolventenquoten zu einem der wichtigsten hochschulpolitischen Ziele der kommenden zehn Jahre erklärt: „Eines der elementarsten Probleme des Hochschulsystems Hamburg ist die niedrige Studienerfolgsquote in beinahe allen Aufgabenfeldern. […] Dies bedeutet nicht nur eine Verschwendung öffentlicher Ressourcen, sondern teilweise auch der individuellen Lebenszeit der Studierenden, die die Chance nicht nutzen können, in einem überschaubaren Zeitraum einen Hochschulabschluss zu erwerben“ (Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg 2003, S. 9). Durch die zukünftige Orientierung der Hochschulfinanzierung an den AbsolventInnen-Zahlen sollen die Hochschulen „dazu angehalten werden, mehr Studierende als bisher zu einem Abschluss zu führen“ (dies.). Die Leitlinien haben nicht nur gravierende Auswirkungen auf die Hochschulfinanzierung, sondern auch auf Inhalte und Funktion der ZLV.
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So behalten die ZLV zwar auch nach der Einführung der Drei-Säulen-Finanzierung ihre prominente Stellung als zweites zentrales Steuerungsinstrument bei, doch verändert sich ihr Charakter erheblich. Waren die 1999 erstmals verabschiedeten ZLV noch stark bottom-up ausgerichtet und von den Vorschlägen der Hochschulen bestimmt, so besteht die Hauptaufgabe der ZLV im aktuellen Steuerungsmodell darin, die Rahmenvorgaben der Politik zu konkretisieren und zu operationalisieren (dies., S. 21). Zu diesen Vorgaben zählen neben dem Hochschulmodernisierungsgesetz (Hamburgisches Hochschulgesetz in der Fassung vom 27. Mai 2003), dem Leitbild „Metropole Hamburg – Wachsende Stadt“ für eine wachstumsorientierte Entwicklung der Metropolregion Hamburg vor allem die Leitlinien für die Entwicklung der Hamburger Hochschulen. Letztere sind das Resultat einer Expertenbegutachtung, die im Jahr 2002 mit dem Ziel durchgeführt wurde, eine detaillierte Bewertung der Stärken und Schwächen der Hamburger Hochschulen vorzulegen. Ähnliche Verfahren der Außensteuerung haben in den zurückliegenden zehn Jahren in fast allen deutschen Bundesländern stattgefunden und dort in der Regel erhebliche politische Umstrukturierungsmaßnahmen ausgelöst (vgl. z.B. Expertenrat im Rahmen des Qualitätspakts NordrheinWestfalen 2001). Auch in Hamburg bildet der Bericht der Kommission, bestehend aus zwölf WissenschaftlerInnen und PolitikerInnen, die Grundlage für eine weitreichende hochschulpolitische Strategie des Bundeslandes. In deren Zentrum steht die bedarfsorientierte Entwicklung des Hamburger Hochschulsektors, welche sich bis zum Jahr 2012 vor allem in folgenden Reformen niederschlagen soll (Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg 2003, S. 8ff.): ► Neue Studienstrukturen, die Bologna-konform mehr Berufsorientierung und Internationalisierung, kürzere Studienzeiten und ein qualifikatorisch wie fachlich differenziertes Studienangebot ermöglichen ► Konzentration auf weniger, dafür aber leistungs- und konkurrenzfähige Forschungsschwerpunkte ► Optimierung des Forschungstransfers ► Engere Verknüpfung der Forschungsaktivitäten der Hamburger Hochschulen mit der Entwicklung des Stadtstaates Hamburg (Zukunftskonzept „Wachsende Stadt“) ► Bereinigung unnötiger Doppelangebote in Forschung und Lehre ► Eine konsistente, am gesellschaftlichen Bedarf und an der studentischen Nachfrage ausgerichtete fachliche Angebotsstruktur Im Vordergrund dieser Reformen steht weniger die Weiterentwicklung einzelner Hochschulen als vielmehr die Weiterentwicklung der Hamburger Hochschulland-
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schaft als zusammenhängendes System: „Für den Erfolg der Reform wird es aus Sicht des Senates darauf ankommen, nicht nur einzelne Elemente der Empfehlungen umzusetzen, sondern dem systematischen Ansatz der Kommission folgend die Hochschulen Hamburgs und ihre Angebote neu zu strukturieren“ (dies., S. 7). Das bedeutet nicht, dass auf die einzelnen Hochschulen keine einschneidenden Veränderungen zukommen – im Gegenteil. Nur sollen diese Veränderungen im Zusammenhang mit Veränderungen an anderen Stellen des Hamburger Hochschulbereichs gesehen und entsprechend abgestimmt werden. Im Grunde soll so etwas entstehen wie ein arbeitsteilig handelnder „korporativer Akteur“, allerdings nicht auf Ebene einer Einzelorganisation, sondern auf Ebene eines Hochschulsystems, ähnlich den US-amerikanischen „University-Systems“. Dadurch sollen Synergieeffekte entstehen, die es dem Bundesland Hamburg ermöglichen, „die gewiss knappen Mittel optimal zu nutzen“ (Kommission „Zukunftsorientierte Hochschullandschaft Metropole Hamburg 2012“ 2003, S. 2). Zwar konnten die Hamburger Hochschulen zu den Empfehlungen der Expertenkommission Stellungnahmen abgeben und somit am Entstehungsprozess der Leitlinien partizipieren (Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg 2003, S. 4ff.), doch bei der Entscheidung über die inhaltliche Ausrichtung der politischen Strategie blieben die Betroffenen außen vor: „Die Leitlinien des Senates sollen den Hochschulen vorgeben, wie das Hamburger Hochschulsystem sich in Zukunft strukturiert und in welchen Bereichen Schwerpunkte gesetzt werden sollen“ (dies., S. 9). Bei diesen Vorgaben handelt es sich nicht allein um allgemeine Rahmensetzungen, sondern zum großen Teil um weitreichende Interventionen. So wird beispielsweise nicht nur eine Neuorganisation der Hamburger Hochschullandschaft verfügt, die u.a. die Schließung und Neugründung ganzer Hochschulen beinhaltet, sondern es wird auch in die interne Organisation von Hochschulen eingegriffen, u.a. durch detaillierte Regelungen für die Neugliederung der Universität Hamburg und der Hochschule für angewandte Wissenschaften (HAW) in große Fakultäten bzw. Sektionen statt kleiner Fachbereiche (dies., S. 12). Die Umsetzung dieser und anderer Veränderungsvorhaben ist Gegenstand der ZLV. In Verbindung mit den Leitlinien haben sie vor allem die Funktion der partizipativen Verhaltensregulierung, d.h. sie sollen den politischen Gestaltungswillen in der Weise umsetzen, dass sich Betroffene an dessen Realisierung aktiv beteiligen können und wollen: „Sie [die Leitlinien] stellen Rahmenbedingungen dar, deren Ausfüllung von den Hochschulen mitgestaltet werden soll und die hinreichend flexibel sind, die Hochschulen in den weiteren Umsetzungsprozess insbesondere über Ziel- und Leistungsvereinbarungen einzubeziehen“ (dies., S. 9). Deutlich nimmt die Politik im Jahr 2005 eine strategische Managementposition ein, die den Staat eher in der Rolle des durchsetzungsfähigen Machers als des kooperativen Verhandlungspartners sieht. Hier ist gegenüber 1999 ein Paradigmenwechsel eingetreten. Erkennbar wird dies u.a. daran, dass in den ZLV 2005 die strategische Steuerungsfunktion des Staates explizit betont wird (vgl. z.B. ZLV zwischen der Behör-
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de für Wissenschaft und Gesundheit und der Universität Hamburg 2005, Präambel), während diese Begrifflichkeit in den ersten Zielvereinbarungen aus dem Jahr 1999 völlig fehlt. Das damalige Bild vom Staat entsprach eher dem eines Moderators, der Entwicklungen ermöglicht, sie aber nicht vorgibt: „Aufgabe der Behörde für Wissenschaft und Forschung ist es, für die wechselseitige Vermittlung der Interessen von Politik und Gesellschaft und der Hochschulen Sorge zu tragen, bei der Herstellung effizienter Rahmenbedingungen für Wissenschaft und Forschung mitzuwirken, auf die Einhaltung der rechtlichen Anforderungen zu achten und die staatliche Grundfinanzierung der Hochschulen zu sichern“ (Behörde für Wissenschaft und Forschung 1999, Präambel).
Alles in allem ist die Entwicklung der staatlichen Hochschulsteuerung in Hamburg, also geprägt durch das unterschiedliche politische Selbstverständnis wechselnder Regierungen und demzufolge deutlichen Schwankungen unterworfen. Dennoch hat sie insgesamt eine ähnliche Richtung genommen wie in anderen Bundesländern auch und besteht nunmehr aus einer indikatorengestützten Budgetierung kombiniert mit Zielvereinbarungen zur Planung von Veränderungsmaßnahmen:
Abb. 22
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1.1.2. Wirkungen Angesichts solcher staatlichen Steuerungsmodelle stellt sich die Frage, welche verhaltenssteuernden Wirkungen und konkreten Ergebnisse tatsächlich erzielt werden. Denn schließlich ist es eines der Hauptanliegen der Hochschulreform, die Handlungsrationalität in der Weise zu steigern, dass zielbezogene Resultate produziert werden, deren Quantität und Qualität sich überprüfen und per staatlicher Mittelverteilung finanziell bewerten lassen. Ob und wie erfolgreich eine Hochschule diesbezüglich ist, müsste sich eigentlich in den Berichten zeigen, deren Abgabe fester Bestandteil des Steuerungskreislaufs ist und zu denen die Hamburger Hochschulen seit Einführung von Globalhaushalt und ZLV verpflichtet sind. Doch gerade hier tun sich relativ große Lücken und Unstimmigkeiten auf. Die Berichterstattung zur Budgetsituation einerseits und zur Erfüllung der ZLV andererseits läuft weitgehend getrennt: In den Produktinformationen informieren die Hamburger Hochschulen einmal jährlich Stadtregierung und Bürgerschaft über ihren Ressourcenverbrauch und ihre Ressourcenplanung sowie über ihre Leistungen anhand bestimmter Kennzahlen. Zusätzlich dazu legen die Hamburger Hochschulen in regelmäßigen Abständen in Form von Wirtschaftsentwicklungsplanlisten (WEL) Rechenschaft über ihren Betriebshaushalt ab. Unabhängig davon erfolgt die jährliche Berichterstattung zu den ZLV. Dabei handelt es sich um narrative Rückmeldungen der Hochschulen dazu, ob und wie weit die vereinbarten Veränderungsprojekte und -maßnahmen zum Zeitpunkt der Berichterstattung umgesetzt sind oder nicht. Im Gegensatz zu den ZLV, die auf der Homepage der Hamburger Behörde für Wissenschaft und Gesundheit veröffentlicht werden, sind die Ergebnisberichte nicht für jeden einsehbar. Eine Ausnahme bildet die Technische Universität Hamburg-Harburg (TUHH). Diese legt seit 1999 regelmäßig in ihren Jahresberichten Rechenschaft über die Erfüllung der vereinbarten Ziele und Leistungen ab. Was die indikatorengestützte Budgetsteuerung anbelangt, so lassen sich anhand des zur Verfügung stehenden Materials Effekte im Hamburger Hochschulbereich nur schwer erkennen. Bis zum Jahr 2002 gab es zwar einen Globalhaushalt, aber keine Indikatorsteuerung. Was bis dahin das Verhalten der Hamburger Hochschulen am meisten beeinflusst hatte, waren die ständigen Einsparverpflichtungen, welche durch das Haushaltkonsolidierungsprogramm des Hamburger Senates Mitte der 90er Jahre noch einmal verschärft wurden. Letzteres verlangte ihnen z.T. erhebliche Stellen- und Budgetkürzungen ab mit dem Ergebnis, dass die Hamburger Hochschulen im Jahr 2003 z.T. signifikant unterfinanziert waren (Kommission „Zukunftsorientierte Hochschullandschaft Metropole Hamburg 2012“ 2003, S. 66 und S. 122). Da die Drei-Säulen-Finanzierung erst ab Herbst 2005 in Kraft tritt, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt nichts über die Wirkungen dieses Modells sagen. Es ist aber zu vermuten, dass insbesondere durch die Verteilung des Grundbudgets anhand nur
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eines Indikators, nämlich der ausschließlich auf Studium und Lehre bezogenen Soll-Absolventenzahl, spürbare Effekte eintreten werden. Grund zu der Annahme gibt der Bericht der Expertenkommission, der für die Hamburger Hochschulen z.T. äußerst geringe Studienerfolgsquoten ermittelt hat.53 Welche finanziellen Konsequenzen das Erreichen oder das Nicht-Erreichen der in den ZLV 2005 festgelegten Absolventenzahlen für die einzelne Hochschule haben wird, bleibt bislang allerdings recht vage: „Beim Grundleistungsbudget erfolgt bei einer Abweichung von mehr als 5 Prozent (Uni, TUHH, HAW) bzw. 10 Prozent (HWP, HfbK, HMT)54 der vereinbarten Absolventenzahlen eine finanzielle Reaktion, die aber in ihrem Volumen noch in einem Diskurs zwischen Hochschule und BWG55 überprüft wird“ (ZLV zwischen Behörde für Wissenschaft und Gesundheit und der Universität Hamburg 2005, Präambel). Was die Wirksamkeit und Ergebnisorientierung der ZLV anbelangt, so lässt sich zunächst einmal feststellen, dass die ZLV zwischen 1999 und 2005 unregelmäßig zum Einsatz kamen und somit unterschiedlich lange Wirkungszeiträume umfassen. So hat beispielsweise die Universität Hamburg nach Abschluss der ersten ZLV im Jahr 1999 im nächsten Jahr keine weitere ZLV abgeschlossen. Die 99er ZLV wurde im Jahr 2000 aufgrund eines politischen Beschlusses fortgeschrieben und nur durch eine aktuelle Budgetvereinbarung ergänzt. Im Jahr 2001 kam aus „sachlichen und zeitlichen Gründen“ (Behörde für Wissenschaft und Forschung 2001) keine ZLV zwischen Universität und Wissenschaftsbehörde zustande, so dass die Finanzzuweisung lediglich brieflich vereinbart wurde. Im Jahr 2002 folgten wieder reguläre ZLV, während für das Jahr 2003 abermals nur eine Fortschreibung mit ergänzender Budgetvereinbarung vorgenommen wurde. In 2004 und 2005 hat die Universität Hamburg dann erneut reguläre ZLV abgeschlossen. Insgesamt sind die ZLV also innerhalb von sechs Jahren nur etwa in der Hälfte der Zeit formell abgeschlossen und ansonsten lediglich fortgeschrieben worden. Die Ursachen dafür liegen überwiegend im politischen Bereich und weniger auf Seiten der Hochschule. Die Störungen im Zielvereinbarungsprozess sind vor allem auf den Regierungswechsel im Herbst 2001 und auf die im Jahr 2002 stattfindende Begutachtung des Hamburger Hochschulbereichs durch die externe Expertenkommission zurückzuführen.
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Der Bericht der Hamburger Strukturkommission spricht davon, dass den jährlich etwa 11.000 StudienanfängerInnen nur etwa 6000 AbsolventInnen gegenüberstehen (Kommission „Zukunftsorientierte Hochschullandschaft Metropole Hamburg 2012“ 2003, S. 27ff.). Besonders prekär ist die Situation in den Geistes-, Kultur- und Sprachwissenschaften mit einer Schwundquote von 71 Prozent und den Ingenieurwissenschaften und Informatik mit 52 Prozent. Berechnungsgrundlage war die Gegenüberstellung der Zahl der StudienanfängerInnen aus dem Wintersemester 94/95 mit den Absolventenzahlen im Wintersemester 99/00 und Sommersemester 2000. Erklärung der Kürzel siehe Fußnote 49. Abkürzung für „Behörde für Wissenschaft und Gesundheit“.
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Noch weit unregelmäßiger als der Abschluss von ZLV zwischen Staat und Hochschulen ist die Berichterstattung der Hochschulen. Hier klaffen zum Teil sogar erhebliche Lücken, obwohl in den Vereinbarungen ausdrücklich betont wird, dass das „Berichtswesen ein zentrales Instrument des Controllings“ ist und daher die Budgetzuweisung für das kommende Jahr unter dem Vorbehalt steht, dass die jeweilige Hochschule „ihre Berichtspflichten gemäß den Detailverabredungen in den Zielund Leistungsvereinbarungen erfüllt und darüber hinaus zum 30. März des folgenden Jahres einen Bericht zu den gesamten Ziel- und Leistungsvereinbarungen erstellt“ (Ziel- und Leistungsvereinbarung zwischen der Behörde für Wissenschaft und Gesundheit und der Universität Hamburg 2005, S. 19). Dennoch haben nach Angaben der Hamburger Behörde für Wissenschaft und Gesundheit die Universität Hamburg und die HWP jeweils nur einen Bericht im Jahr 1999 vorgelegt und danach nicht mehr (Email vom 17. August 2005). Der Präsident der Universität Hamburg habe in den Folgejahren in seinen Jahresberichten „Stichworte“ aus den ZLV zwischen Staat und Hochschulen aufgegriffen und dazu einen Sachstand gegeben. Ein Blick auf den Jahresbericht 2003/2004 der Universität Hamburg zeigt, dass hier tatsächlich Gliederungspunkte der ZLV auftauchen, jedoch nicht vollständig und zudem mit eigenen Berichtspunkten vermischt. Im Gegensatz dazu übernimmt der Jahresbericht der Technischen Universität Hamburg-Harburg (TUHH) die Gliederung der ZLV komplett und deklariert die Broschüre zudem explizit als „Bericht zur Erfüllung der Ziel- und Leistungsvereinbarungen zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg – BWG- und der TUHH“ (vgl. Technische Universität Hamburg-Harburg 2005, S. 4). Angesichts der Tatsache, dass Jahresberichte vor allem der Selbstdarstellung nach außen dienen, wundert es nicht, dass die Berichterstattung der TUHH zur Erfüllung der ZLV mit der Wissenschaftsbehörde durchweg positiv ausfällt. Misserfolgsmeldungen oder kritische Aussagen über Qualität und Quantität der Leistungen lassen sich nicht finden, so dass es schwer fällt zu glauben, dass aufgrund dieses Berichts ein ernsthaftes Controlling der ZLV durch die Behörde für Wissenschaft und Gesundheit möglich ist. Immerhin hat die TUHH auf diese Weise seit 1999 ihre Berichtspflicht kontinuierlich jedes Jahr erfüllt, genauso wie die Hochschule für angewandte Wissenschaften (früher Fachhochschule Hamburg) und die künstlerischen Hochschulen (vgl. Behörde für Wissenschaft und Gesundheit 2005b). Die Behörde für Wissenschaft und Gesundheit ist nach eigenen Aussagen mit dem mangelhaften Berichtswesen nicht zufrieden und strebt für das Jahr 2006 Verbesserungen an (Email vom 17. August 2005). Insgesamt lässt sich also feststellen, dass ZLV zwischen Staat und Hochschulen in Hamburg in den zurückliegenden sechs Jahren eher als ein absichtsorientiertes Instrument gehandhabt worden sind, welche auf der Ergebnisseite eher schwach blieben. Die Verhaltenssteuerung erfolgte faktisch weiterhin überwiegend konventionell, d.h. primär durch Geldzuteilung und – wie das nächste Kapitel zeigen wird – durch Gesetze.
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1.2. Strukturreform durch Gesetze In den zurückliegenden zehn Jahren sind in Hamburg durch eine Reihe neuer Gesetze erhebliche strukturelle Veränderungen vorgenommen worden. Diese betreffen sowohl die hochschulinternen Strukturen als auch die Struktur des gesamten Hochschulsystems. Auffallend ist, dass nicht nur die Häufigkeit der Novellierungen und Erlasse, sondern auch die Tragweite der Veränderungen kontinuierlich zugenommen haben. Bis 2001 galt zehn Jahre lang durchgehend ein Landeshochschulgesetz (Hamburgisches Hochschulgesetz (HmbHG) in der Fassung vom 2. Juli 1991). Dieses schrieb eine monokratische Hochschulleitung vor, d.h. die Organisationsspitze bestand alleine aus dem Präsidenten oder der Präsidentin (das., §80ff.). Es gab keine KanzlerInnen, sondern nur leitende VerwaltungsbeamtInnen, die unter der Verantwortung der PräsidentInnen ihren Dienst versahen. Es gab auch keine DekanInnen, die Fakultäten vorstanden, sondern FachbereichssprecherInnen, da das Gesetz eine interne Gliederung in Fachbereiche vorschrieb. Die Selbstverwaltung, bestehend aus Senat, Konzil, Fachbereichsräten und diversen Ausschüssen, war detailliert vorgegeben und besaß umfangreiche Entscheidungsrechte und Einflussmöglichkeiten auf das Führungshandeln. So waren die PräsidentInnen in allen Angelegenheiten, die nicht die Verwaltung betrafen, an die Beschlüsse der Selbstverwaltungsorgane gebunden (das., §80, Absatz 2). Ende der 90er Jahre leitete die Hamburger Stadtregierung eine Gesetzesnovellierung ein. Dafür gab es eine Reihe von Gründen. Zum einen musste das HmbHG in einigen Punkten dem neuen Hochschulrahmengesetz des Bundes angepasst werden (Hochschulrahmengesetz (HRG) in der Fassung vom 19. Januar 1999, §5; zur Diskussion um die HRG-Novellierung siehe Konegen-Grenier 1997). Zum anderen hatten sowohl die staatliche Seite als auch die Hamburger Hochschulen bereits etliche Reformen durchgeführt, die gesetzlich nachvollzogen werden sollten: „Das novellierte Hochschulgesetz soll sowohl den erreichten Stand der Hochschulmodernisierung sichern als auch den Hochschulen Raum für strukturelle und inhaltliche Neuorientierungen lassen“ (Behörde für Wissenschaft und Forschung 2000, Vorwort der Hamburger Wissenschaftssenatorin, S. 8). Ab Mitte der 90er Jahre hatte nicht nur die Wissenschaftsbehörde damit begonnen, ihr Steuerungsinstrumentarium umzustellen, auch etliche Hamburger Hochschulen – vor allem die Technische Universität, die Fachhochschule, die HWP und die Universität Hamburg – hatten umfangreiche Organisationsentwicklungsprozesse in Gang gesetzt. Den nötigen Freiraum dazu gab ihnen die so genannte „Experimentierklausel“ des bestehenden HmbHG, wonach die Hamburger Hochschulen befugt waren, zur Steigerung ihrer Leistungsfähigkeit abweichende Organisationsstrukturen zeitlich befristet zu erproben (Hamburgisches Hochschulgesetz in der Fassung vom 2. Juli 1991, §128). Im Mittelpunkt dieser überwiegend selbst initiier-
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ten Veränderungsprojekte stand die Erhöhung der Selbststeuerungsfähigkeit der Hochschulen durch die Optimierung der internen Leitungs-, Entscheidungs- und Verwaltungsstrukturen, der Managementprozesse und Steuerungsinstrumente (Ergebnisse dieser Veränderungsprozesse werden z.B. dargestellt in: Hochschulen machen Reform, DUZ-Special 1998). Im Rahmen eines dieser Hochschulentwicklungsprojekte, dem Projekt Universitätsentwicklung der Universität Hamburg (Pro Uni), wurde bereits frühzeitig mit einem partizipativen Meinungsbildungsprozess zur anstehenden Novellierung des HmbHG begonnen (vgl. Universität Hamburg 2001a, S. 76ff.). Ein Jahr lang erörterten die Universitätsmitglieder Reformbedarfe und Reformwünsche in internen Arbeitsgruppen sowie in Podiumsdiskussionen mit externen ExpertInnen. Drei Themenblöcke wurden behandelt: • Staat-Hochschule-Gesellschaft • Innere Verfassung der Gesellschaft • Aufgaben, Rechte und Pflichten der Hochschulmitglieder. Noch während der universitätsinterne Diskurs lief, wurde von ProUni die Idee an die Hamburger Wissenschaftsbehörde herangetragen, ihr anstehendes Gesetzgebungsverfahren ähnlich partizipativ wie den Meinungsbildungsprozess innerhalb der Universität zu gestalten. Der Vorschlag wurde aufgegriffen und unter dem Titel „Moderiertes Gesetzgebungsverfahren“ umgesetzt. Im Frühjahr 2000 wurde das bis dato für Hamburg neuartige Beteiligungsverfahren durchgeführt. Statt wie üblich Hochschulen und andere AkteurInnen erst nach Fertigstellung eines Gesetzentwurfes über ein Stellungnahmeverfahren am politischen Willensbildungsprozess zu beteiligen, wurde ihnen diesmal schon im Vorfeld die Möglichkeit gegeben, sich einzubringen. Unter der Überschrift „Wohin bewegt sich die Hamburger Hochschulpolitik“ waren VertreterInnen der Hamburger Hochschulen, der Gewerkschaften, der Politik, der Behörden, der Kammern und Verbände zum Dialog eingeladen. Im Januar und Februar 2000 fanden drei ganztägige Workshops zu folgenden Themenfeldern statt: • Management und/oder Demokratie, • Verhältnis Staat-Hochschulen • Zeitgemäßes Studium
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Rund 250 Personen aus Hochschulen, Wirtschaft, Politik und Gewerkschaften beteiligten sich an den drei Foren. Gesprächsführung und Ergebnissicherung übernahmen externe ModeratorInnen. Sowohl der Ablauf des Verfahrens als auch dessen Resultate wurden dokumentiert (Behörde für Wissenschaft und Forschung 2000) und flossen in die Entstehung des Gesetzentwurfes ein. Im Sommer 2001 verabschiedete das Hamburger Parlament das neue HmbHG (Hamburgisches Hochschulgesetz in der Fassung vom 18. Juli 2001). Gegenüber dem Vorgängergesetz besaß das neue HmbHG eine deutlich geringere Regelungsdichte56 und schrieb erstmals die Ziel- und Leistungsvereinbarungen sowie die leistungsorientierte Mittelverteilung als Instrumente der staatlichen Hochschulsteuerung fest. Auf der Ebene der hochschulinternen Strukturen sah es folgende zentrale Veränderungen vor (das., §79ff.): – Wechsel vom monokratischen zum kollegialen Leitungsmodell: Nicht mehr nur die PräsidentInnen leiten nun die Hochschule, sondern das Präsidium. Dieses besteht aus einem mit einer Richtlinienkompetenz ausgestatteten Präsidenten oder einer Präsidentin, zwei bis fünf VizepräsidentInnen sowie der Kanzlerin/dem Kanzler. Die Kanzlerposition wird neu eingeführt und ersetzt den bisherigen leitenden Verwaltungsbeamten. Der Kanzler/die Kanzlerin leitet die Verwaltung unter der Verantwortung des Präsidenten/der Präsidentin. Die PräsidentInnen können erstmals abgewählt werden. – Nachdem im moderierten Gesetzgebungsverfahren ein eindeutiges Votum gegen die Einführung von Hochschulräten im Sinne von Aufsichtsräten abgegeben wurde, wird es den Hochschulen im Gesetz freigestellt, einen Beirat mit beratender Funktion einzusetzen. – Die interne Organisationsstruktur wird völlig freigegeben. Die Hamburger Hochschulen können per Grundordnung selbst festlegen, wie sie sich intern gliedern wollen. Dementsprechend gibt es im Gesetz auch keine detaillierten Regelungen zu den Leitungs- und Gremienstrukturen auf der dezentralen Ebene mehr. – Der Akademische Senat behält im Wesentlichen seine Entscheidungskompetenzen und beschließt künftig zudem über grundsätzliche Strukturfragen und die Ziel- und Leistungsvereinbarungen, welche die Hochschule mit der Wissenschaftsbehörde abschließt. Außerdem wählt er den Kanzler auf Vorschlag des Präsidenten/der Präsidentin. – Das Konzil wird abgeschafft und durch einen „Großen Senat“ ersetzt. Dabei handelt es sich um einen erweiterten Akademischen Senat, der nur zu besonde56
Die Anzahl der Paragraphen reduzierte sich von 190 auf 131.
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ren Anlässen wie z.B. der Wahl oder Abwahl von PräsidentInnen oder der Beschlussfassung der Grundordnung zusammentritt. – Die Gremienstruktur bleibt komplett den Hochschulen überlassen. Detaillierte Regelungen zu Art und Zahl der Ausschüsse gibt es nicht mehr. Insgesamt ist das HmbHG 2001 deutlich von dem Bemühen gekennzeichnet, den Hochschulen mehr Organisationsautonomie zu geben und die Leitungs- und Entscheidungsstrukturen zu stärken, ohne zu sehr die Entscheidungsbefugnisse der zentralen Selbstverwaltungsgremien – Akademischer Senat und Großer Senat – zu beschneiden. Einer Erhöhung der Außensteuerung durch Hochschulräte wird eine klare Absage erteilt. Doch dieses partizipativ entstandene Hochschulgesetz besaß nur eine kurze Lebensdauer. Bereits kurze Zeit nach dessen Inkrafttreten wurde nach einem Regierungswechsel im Jahr 2002 mit einer abermaligen Novellierung des HmbHG begonnen, diesmal allerdings im normalen Stellungnahmeverfahren. Im Frühjahr 2003 beschließt die Hamburger Bürgerschaft ein HmbHG, welches gravierende Änderungen insbesondere bei den Regelungen zur internen Hochschulstruktur mit sich bringt (das., §79ff.): – Die Entscheidungskompetenzen der Präsidien werden nochmals gestärkt. So werden die ProfessorInnen jetzt nicht mehr vom Staat, sondern vom Präsidium der Hochschule berufen und unterstehen dienstrechtlich dem Präsidenten/der Präsidentin. Das Präsidium prüft bei Freiwerden von wissenschaftlichen Stellen, wie diese künftig verwendet werden sollen und übernimmt die Ausschreibung. Nicht mehr der Akademische Senat beschließt den Wirtschaftsplan, sondern allein das Präsidium. Auch der Abschluss der Ziel- und Leistungsvereinbarungen mit der Wissenschaftsbehörde liegt jetzt beim Präsidium und bedarf keiner Rückkopplung mit dem Hochschulsenat mehr. – Erhöhung der Außensteuerung durch Einführung von Hochschulräten mit Aufsichtsratsfunktion. Die Hochschulräte setzen sich je nach Größe der Hochschule aus fünf bis neun hochschulexternen Mitgliedern zusammen. Vier bzw. acht Mitglieder des Hochschulrats werden je zur Hälfte von der Hamburger Stadtregierung und vom Akademischen Senat der Hochschule bestimmt. Das fünfte bzw. neunte Mitglied wird von den bereits benannten Hochschulratsmitgliedern gewählt. Die Präsidien sind gegenüber dem Hochschulsenat rechenschaftspflichtig. Zentrale Entscheidungskompetenzen gehen vom Akademischen Senat und dem Großen Senat an den Hochschulrat über, so vor allem die Wahl- und Abwahl der PräsidentInnen und KanzlerInnen sowie die Beschlussfassung über die Struktur- und Entwicklungspläne und die Grundsätze der Mittelverteilung.
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– Der Hochschulsenat verliert seinen direkten Einfluss auf sämtliche Managemententscheidungen inklusive der Auswahl des Führungspersonals mit Ausnahme der VizepräsidentInnen. Diese werden zwar vom Präsidenten/der Präsidentin ausgewählt, müssen aber vom Akademischen Senat bestätigt werden. Zu Fragen der Universitätsentwicklung, der internen Mittelverteilung und Wirtschaftsplanung sowie zur Berufung von ProfessorInnen darf er Stellungnahmen abgeben. An der Wahl oder Abwahl der Präsidentin/des Präsidentin darf er mitwirken. Seine Entscheidungskompetenzen beschränken sich im Wesentlichen auf akademische Angelegenheiten wie z.B. die Einrichtung, Änderung oder Abschaffung von Studiengängen und die Grundordnung. – Der Große Senat ist abgeschafft. – Die hochschulinterne Organisationsstruktur bleibt weiterhin freigestellt, dafür gibt es aber nun detaillierte Regelungen für die Leitungsorgane der dezentralen Organisationseinheiten, die erhebliche Ähnlichkeiten zur Strukturierung der Organisationsspitze aufweisen. Danach werden diese von Dekanaten geleitet, die nach dem Ressortprinzip arbeiten und denen jeweils eine Dekanin/ein Dekan mit Richtlinienkompetenz und mindestens ein Prodekan/eine Prodekanin angehören. Sofern die dezentrale Organisationseinheit einen Geschäftsführer oder eine Geschäftsführerin beschäftigt, ist dieser bzw. diese ebenfalls Mitglied des Dekanats. Die DekanInnen müssen keine Hochschulmitglieder sein, sondern können auch von außen kommen. Sie werden nicht vom Rat der Fakultät, des Fachbereichs, der Sektion, des Departments – oder wie immer auch die dezentrale Organisationseinheit heißt – gewählt, sondern vom Präsidium ausgewählt und dann von dem Selbstverwaltungsgremium bestätigt. Die Amtszeit der Dekanatsmitglieder geht über das bisher übliche Maß von zwei Jahren hinaus und beträgt drei bis fünf Jahre. War das HmbgHG 2001 noch um einen Mittelweg zwischen Management und Selbstverwaltung bemüht, so ist das Pendel im HmbgHG 2003 unmissverständlich in Richtung Management ausgeschlagen. Zwar gibt es nach wie vor breit gefächerte Mitwirkungsmöglichkeiten der Universitätsmitglieder an den Planungs- und Entscheidungsprozessen, doch getroffen und verantwortet werden die Entscheidungen jetzt überwiegend nicht mehr von den Gremien, sondern von Leitungspersonen, d.h. Präsidiums-, Dekanats- und Hochschulratsmitgliedern. Damit folgt Hamburg dem allgemeinen Trend und demonstriert seine Modernität, weshalb das HmbHG 2003 auch „Hochschulmodernisierungsgesetz“ heißt (Pressestelle der Behörde für Wissenschaft und Forschung 2002a). Zugleich signalisiert die Politik den Hochschulen aber auch, dass die von ihnen selbst initiierten Reformen nicht ausreichend waren. Während das HmbHG 2001 für sich in Anspruch nahm, die Mitte der 90er Jahre in den Hamburger Hochschulen einsetzenden Organisationsveränderungen weitgehend nur nachvollziehen und damit als Schritte in die richtige Richtung unterstützen zu wollen, geht das HmbGH 2003 darüber hinaus. Die erneute Geset-
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zesnovellierung wirkt im Vergleich zur vorhergehenden Reform, welche eher selbstorganisiert erfolgte, wie eine fremdorganisierte Korrektur. Dieser Eindruck wird noch verstärkt durch das Gutachten der externen Expertengruppe, die – wie im vorherigen Kapitel ausführlich dargestellt – im Jahr 2002 das Hochschulsystem Hamburg auf seine Stärken und Schwächen hin analysierte und dabei zu dem Schluss kam, dass dieses „eine Reihe struktureller Mängel aufweist, die dringend der Korrektur bedürfen“ (Kommission „Zukunftsorientierte Hochschullandschaft Metropole Hamburg 2012“ 2003, S. 1). Mit diesen strukturellen Mängeln waren allerdings nicht nur eine „unzweckmäßige Organisation“ und „unzulängliche Steuerungsinstrumente“ (dies.) innerhalb der Hochschulen gemeint, sondern auch die Struktur der Hamburger Hochschullandschaft insgesamt. Infolgedessen hat der Senat im Sommer 2003 in seinen Leitlinien für die Entwicklung der Hamburger Hochschulen eine grundlegende Neustrukturierung der gesamten Hochschullandschaft der Hansestadt festgelegt (Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg 2003, S. 11ff.), welche im Jahr 2005 schon sehr weit umgesetzt ist. Hauptergebnis dieser Umorganisation ist, dass die Hamburger Hochschulen mit ihren Angeboten in Forschung und Lehre nun in kleinere, stärker fachspezifisch ausgerichtete Einheiten unterteilt sind, die entweder als eigene Hochschulen verselbstständigt sind oder als relativ eigenständige Fakultäten ähnlich wie die angelsächsischen „Schools“ unter dem Dach großer Hochschulen operieren. Ein Großteil der Umstrukturierungsmaßnahmen ist per Gesetz verfügt worden: – Fusion der 18 Fachbereiche der Universität Hamburg zu sechs Fakultäten: Rechtswissenschaft; Geistes- und Kulturwissenschaften; Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften; Erziehungswissenschaft, Psychologie und Bewegungswissenschaft; Wirtschafts- und Sozialwissenschaften; Medizin. Diese ist im Oktober 2004 vollzogen worden (Universität Hamburg 2005, S. 16). An der zweitgrößten Hamburger Hochschule, der Hochschule für angewandte Wissenschaften (HAW), sollen die 13 Fachbereiche zu vier großen Fakultäten zusammengelegt werden: Technik und Wirtschaft; Lebens- und Sozialwissenschaften; Gestaltung, Medien, Information; Bauen (ZLV zwischen der Behörde für Wissenschaft und Forschung und der HAW 2005, S. 4). Diese Fusionierungen waren bis 2005 noch nicht erfolgt. Flankiert werden diese hochschulinternen Prozesse durch den Erlass eines Gesetzes zur Fakultätenbildung an den Hamburger Hochschulen im Frühjahr 2005. Dieses soll die Handlungsfähigkeit der dezentralen Einrichtungen stärken: „Hierzu werden ausgewählte Aufgaben und Kompetenzen der zentralen Hochschulorgane – Senat und Präsidium – auf die entsprechenden Organe der Fakultäten – Fakultätsrat und Dekanat – übertragen. Die Fakultäten von Universität und HAW sollen damit künftig vor allem die Verantwortung für Studienerfolge und Forschungsresultate übernehmen und im Rahmen der Struktur- und Entwicklungsplanung der Hochschule weitgehend selbstständig treffen“ (das., Begründung, Teil A, Abschnitt 1).
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– Fusion der Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik (HWP) mit der Universität Hamburg. Diese wurde nach einem Moderationsverfahren per Gesetzesbeschluss am 1. April 2005 vollzogen (Gesetz zur Bildung der Fakultät Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Universität Hamburg und zur Änderung des Hamburgischen Hochschulgesetzes). Trotz heftiger Proteste der HWP (vgl. z.B. HWP Magazin 2/2003, 2/2004 und 4/2004) und der Einholung von Gutachten, die den Erhalt der Eigenständigkeit der Hochschule unterstützten (Teichler/Wolter 2004), ist die HWP mit den Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultäten der Universität Hamburg zur einer „Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften“ verschmolzen und bildet dort jetzt eines von drei Departments. Zur Begründung dieses Schritts heißt es in den Leitlinien des Hamburger Senates, dass dadurch „vorhandene Kompetenzen optimal eingesetzt und für besondere Leistungen konzentriert werden können“ (Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg 2003, S. 13) – Gründung einer neuen staatlichen Universität für Bauwesen unter dem Namen „HafenCity Universität Hamburg“. Diese soll laut Gesetzentwurf (Gesetz zur Gründung der HafenCity Universität Hamburg, Stand: August 2005) zum 1. Januar 2006 ihren Betrieb aufnehmen. Die Einrichtung setzt sich aus Fächern zusammen, die aus drei bestehenden Hamburger Hochschulen herausgelöst und unter einem Dach wieder zusammengeführt worden sind. Dabei handelt es sich um den Architekturbereich der Hochschule für bildende Künste, die Bereiche Bauwesen, Stadtplanung und Geomatik der Technischen Universität und der HAW. Darüber hinaus sind in Hamburg in den zurückliegenden Jahren eine Reihe von Schools in Public-Private-Partnership gegründet worden. So wurde der Aufbaustudiengang Film der Universität Hamburg an die private Hamburg Media School (HMS) verlagert. Die HMS ist eine GmbH, die gemeinsam vom Bundesland Hamburg, von der Universität Hamburg, der Hochschule für bildende Künste und einem „Verein zur Gründung der Hamburg Media School“ betrieben wird und in den drei Fachgebieten Film, Medienmanagement und Journalismus Studiengänge anbietet. Ergänzend dazu soll ein Kunst- und Mediencampus in Kooperation von HWA und Hochschule für bildende Künste entstehen, der gemeinsame Lehrangebote und Projekte der beiden Hochschulen durchführen soll. Die Technische Universität hat gemeinsam mit einer privaten Stiftung im Juli 2003 die Hamburg School of Logistics (HSL) ins Leben gerufen und bietet dort u.a. Masterstudiengänge in Logistik-Management an. Schließlich gibt es in Hamburg auch eine Reihe rein privater Hochschulgründungen wie z.B. die Bucerius Law School für Rechtswissenschaften oder die Gründung einer Berufsakademie durch die Handwerkskammer Hamburg.
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Alles in allem hat sich der Hamburger Hochschulbereich von 1995 bis 2005 mit wachsender Dynamik verändert. Dabei hat der Staat zunehmend detaillierter und grundlegender per Gesetz in die Hochschulen hinein interveniert. Dies ist insofern bemerkenswert, als jede Hamburger Stadtregierung – egal welcher Couleur – für sich reklamiert, die Hochschulautonomie in besonderer Weise zu fördern (vgl. z.B. Behörde für Wissenschaft und Forschung 2000, S. 8/Pressestelle der Behörde für Wissenschaft und Forschung 2002b). Von einer Abnahme staatlicher Fremdorganisation kann in Hamburg allerdings nicht die Rede sein. Es entsteht im Gegenteil sogar der Eindruck, als würde die Politik nicht nur genauso stark, sondern sogar stärker als früher in die Hochschulen „hineinmanagen“.
2. Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik (HWP) 1995–2005 2.1. Einbettung der Reformen in den Gesamtentwicklungsprozess der Hochschule Die HWP hatte als eine der ersten deutschen Hochschulen 1995 begonnen, eine Profilbildung durchzuführen. Dabei handelte es sich um einen Organisationsentwicklungsprozess (OE-Prozess) mit dem Ziel, die Hochschule strategisch neu auszurichten und grundlegend zu modernisieren. Die Reorganisation, zu deren wesentlichen Projekten die Entwicklung und Implementierung einer ziel- und aufgabenorientierten Leitungs- und Entscheidungsstruktur zählte, dauerte rund drei Jahre und wurde phasenweise durch externe BeraterInnen begleitet (vgl. z.B. Marten 1998, Künzel/Nickel/Zechlin 1999). Angestoßen wurde der OE-Prozess nicht durch gesetzliche oder andere politische Vorgaben, vielmehr kam die Initiative von der Hochschule selbst. Auslöser war eine gravierende Veränderung in der Umwelt: Das Bildungsverhalten der Hauptzielgruppe, an die sich das Studienangebot der HWP richtete, hatte sich massiv verändert. Infolgedessen wurden der spezielle Bildungsauftrag und damit auch die Existenz der Hochschule von Politik und Öffentlichkeit in Frage gestellt. Die HWP besaß über Jahrzehnte hinweg ein Alleinstellungsmerkmal, das ihr innerhalb der deutschen Bildungslandschaft eine relativ unangefochtene Rolle sicherte: Sie war die einzige Hochschule des Zweiten Bildungsweges der Bundesrepublik. Hier studierten überwiegend Personen ohne Abitur und Fachhochschulreife, die nach Bestehen einer speziellen Aufnahmeprüfung zum Diplom-Studium in den Fächern Betriebswirtschafts- und Volkswirtschaftslehre, Rechtswissenschaften und Soziologie zugelassen wurden. 1948 als „Akademie für Gemeinwirtschaft“ gegründet, entwickelte sich die HWP Anfang der 70er Jahre zu einer wissenschaftlichen Hochschule. 1991 erhielt sie qua Gesetz den Status einer Universität mit Promotions- und Habilitationsrecht. Zu diesem Zeitpunkt hatte die HWP bereits schon seit
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einiger Zeit mit dem Problem zu kämpfen, dass die Zahl der StudienbewerberInnen ohne Abitur und Fachhochschulreife zurückging, während die Zahl der StudienbewerberInnen mit Abitur und Fachhochschulreife stieg. Die HWP versuchte eine Zeitlang mit verstärkten überregionalen Werbemaßnahmen auf diese Veränderung zu reagieren, doch als entsprechende Erfolge ausblieben, kam die Hochschule nicht umhin, sich neu auszurichten und damit ihre über Jahrzehnte gewachsene Identität zu überprüfen (Nickel/Zechlin 1998, S. 172; zu Geschichte und Selbstverständnis der HWP siehe Hund 1998). Infolgedessen setzte ab 1995 ein grundlegender Veränderungsprozess ein, der alle Teile der Hochschulorganisation betraf. Hauptziel des Reformvorhabens war „eine aktive, selbstbestimmte Zukunftsgestaltung“ (Projektgruppe Profilentwicklung der HWP 1995, Präambel). Es sollte versucht werden, den Gründungsauftrag weiterzuverfolgen, wonach die HWP für mehr Chancengleichheit in der akademischen Ausbildung sowie wirtschaftliche und gesellschaftliche Demokratisierung einzutreten hatte, die Mittel und Wege dazu aber den veränderten Rahmenbedingungen anzupassen. Zu letzteren zählten vor allem auch die Veränderung der staatlichen Hochschulsteuerung in Hamburg nach den Maßgaben des New Public Management (NPM) und die Implementierung des Wettbewerbsgedankens im deutschen Hochschulraum. Der Gedanke, dass die HWP nach einer langen Phase der Singularität nun im Wettbewerb mit anderen stehe und ihr Monopol als wissenschaftliche Ausbildungsstätte für berufserfahrene Studierende in dieser Form womöglich nicht aufrechterhalten könne, war für die Hochschulmitglieder neu und ungewohnt: „Zum einen haben sich auch die klassischen Universitäten mittlerweile für diese Studierenden geöffnet. […] Zum anderen ist durch die Einrichtung und den starken Ausbau der Fachhochschulen seit Anfang der 70er Jahre ein Hochschultyp geschaffen worden, der auch unterhalb des Abiturs Zugang zu einer Hochschulausbildung schafft und somit eine direkte Konkurrenz für die HWP darstellt. […] Um in dieser Situation zu bestehen, muß sich die HWP auf den Feldern der Lehre und Weiterbildung, der Forschung und des Forschungstransfers ein deutlich erkennbares und von anderen Hochschulen unterscheidbares Profil geben“ (dies.).
Die Entwicklung dafür geeigneter Reformen erfolgte mit Hilfe partizipativer Verfahren wie z.B. Projektgruppenarbeit oder die Durchführung öffentlicher Gremiensitzungen, Tagungen und Hearings mit externen ExpertInnen, und wurde darüber hinaus mit einer Kommunikationsstrategie gekoppelt, die für Transparenz sorgen und zur Mitgestaltung einladen sollte. Durch die Offenheit des Prozesses sollten einerseits die Ideen der Organisationsmitglieder, d.h. das in der Organisation vorhandene Potential, mobilisiert und andererseits die Identifikation mit der RundumErneuerung so gestärkt werden, dass eine möglichst hohe Akzeptanz für die meist mit hohem Arbeitsaufwand verbundene Umgestaltung entstehen konnte. Der Ablauf sowie die verwendeten Verfahren und Instrumente dieses OE-Prozesses sind in regelmäßigen Abständen auf ihre Wirksamkeit reflektiert und in ihren Fortschritten dokumentiert worden (vgl. z.B. Nickel 1998a, Nickel 1998b, Zechlin 1998,
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Scheidegger 2001, S. 243ff.) und sollen deshalb hier nur überblicksartig dargestellt werden:
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Im Ergebnis hatte die HWP nach drei Jahren nicht nur ihr Selbstverständnis von der „Hochschule des Zweiten Bildungsweges“ zur „Universität für Berufserfahrene“ modifiziert und mit entsprechend veränderten Studien- und Weiterbildungsangeboten sowie einer internen Forschungsförderung unterfüttert, sondern sie hatte sich auch mit dem Neuzuschnitt ihrer Leitungs- und Entscheidungsstrukturen und der Einführung neuer Steuerungsinstrumente, vor allem internen Ziel- und Leistungsvereinbarungen, an die Spitze der zunehmend in Fahrt kommenden Hochschulreformbewegung in Deutschland gesetzt (vgl. z.B. Hochschulen machen Reform, DUZ-Special 1998). Insgesamt verfügte die HWP Ende der 90er Jahre über einen nicht unbeträchtlichen Modernitätsvorsprung gegenüber anderen MitbewerberInnen auf dem noch jungen deutschen „Bildungsmarkt“. Diesen Modernitätsvorsprung konnte die HWP zunächst halten und zu einem wesentlichen Markenzeichen machen. So beurteilte beispielsweise die Strukturkommission, welche im Jahr 2002 die Hamburger Hochschulen im Auftrag der Stadtregierung begutachtete, die innovativen Ansätze der HWP insgesamt als ausgesprochen positiv (Kommission „Zukunftsorientierte Hochschullandschaft Metropole Hamburg 2012“ 2003, S. 76ff.). Dennoch musste die Hochschule im April 2005 ihre Eigenständigkeit aufgeben und auf politischen Beschluss hin mit den beiden Fachbereichen Wirtschaftswissenschaften und Sozialwissenschaften der Universität Hamburg zu einer „Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften“ unter dem Dach der Universität Hamburg fusionieren (vgl. Kapitel V.1.2.). Ausschlaggebend dafür war die Beurteilung der Expertenkommission, wonach sich die HWP trotz ihrer insbesondere im Bereich Lehre gezeigten überdurchschnittlich guten Leistungen zu einer Art „Doppelangebot“ innerhalb Hamburgs entwickelt hatte (Kommission „Zukunftsorientierte Hochschullandschaft Metropole Hamburg 2012“ 2003, S. 36). Überschneidungen ergaben sich vor allem mit der benachbarten Universität. So lag die HWP mit ihrem Fächerspektrum (Betriebs- und Volkswirtschaftslehre, Rechtswissenschaften und Soziologie) sehr nah an den Angeboten der beiden Fachbereiche Wirtschafts- und Sozialwissenschaften der Universität Hamburg. Hinzu kam, dass die HWP im Zuge des Profilbildungsprozesses zwar ihren besonderen Zugang für Studierende ohne Abitur und Fachhochschulreife in reduzierter Form behalten, ansonsten jedoch ihren universitären Charakter z.B. durch den Ausbau der Forschung gestärkt hatte (vgl. HWP Magazin 4/2003, S. 4ff.). Diese Entwicklung kulminierte in einem Namenswechsel, der im Jahr 2001 aus der „Hochschule für Wirtschaft und Politik“ die „HWP-Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik“ machte. Dieser nach außen dokumentierte Wandel wurde von anderen Hamburger Hochschulen z.T. erheblich kritisiert. Unter anderem wurde bemängelt, dass die HWP aufgrund ihrer geringen Größe (ca. 2800 Studierende und 85 WissenschaftlerInnen) und ihres eingeschränkten Fächerspektrums keine Universität sei. Angesichts dieser Gesamtsituation war es aus Sicht der Hamburger Politik offenbar nur
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folgerichtig, die HWP trotz ihrer Leistungsfähigkeit in die Universität Hamburg zu integrieren (Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg 2003, S. 13). Alles in allem ist die HWP also „erfolgreich gescheitert“: Trotz einer von außen attestierten gelungenen Modernisierung in Lehre, Forschung und Verwaltung konnte sie ihr Überleben als eigenständige Organisation nicht sichern. Ob die Fusion mit der benachbarten Universität tatsächlich die erhofften Synergieeffekte bringt oder ob die Schließung der HWP nicht doch ein unsinniger politischer Willkürakt war, mit dem ein erfolgreiches „Zukunftsmodell“ zu „Tode gelobt“ wurde (HWP Magazin 2/2003, S. 5f.) – muss die Zeit zeigen. 2.2. Entwicklung und Anwendung neuer Leitungs- und Entscheidungsstrukturen Von Beginn an orientierte sich die HWP bei ihrem Modernisierungsprozess relativ stark am NPM. Demgemäß bestand eines der Hauptreformprojekte darin, ein neue Leitungs- und Entscheidungsstruktur zu schaffen, die sich zum einen durch klarere Verantwortlichkeiten und zum anderen durch die Dezentralisierung von Kompetenzen auszeichnet, um Entscheidungen „schneller treffen, wirksamer umsetzen und so den erweiterten Handlungs- und Verantwortungsspielraum angemessen nutzen“ zu können (Projektgruppe Profilentwicklung der HWP 1995, S. 29). Dabei wurde relativ großer Wert auf die Kompatibilität von hochschulinterner und hochschulpolitischer Steuerung gelegt. Vor allem zum Produkthaushalt und zu den ZLV zwischen Staat und Hochschulen sollte ein Bezug hergestellt werden (Zechlin 1998, S. 137ff.) Infolgedessen begann die Reform der Leitungs- und Entscheidungsstruktur im Winter 1996 zunächst mit der Einrichtung von fünf Leistungsbereichen, die analog zu den im Haushaltplan genannten Produktgruppen (siehe Kapitel V.1.1.) für die Erstellung und strategische Weiterentwicklung der dort benannten zentralen Leistungen der HWP verantwortlich sein sollten (vgl. Projekte und Programme der Projektgruppe „Organisationsstruktur der HWP“ 1996, S. 5–8/HWP Magazin 2/1997, S. 8f.): • Lehre, Studium, Prüfungen • Forschung, wissenschaftlicher Nachwuchs, Forschungstransfer • Internationale Hochschulbeziehungen • Weiterbildung • Frauenförderung
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Diese Leistungsbereiche wurden von einer Vorsitzenden/einem Vorsitzenden geleitet, welche/r als eine Art „ProduktmanagerIn“ vom Akademischen Senat der HWP auf zwei Jahre gewählt wurde und sein/ihr Ressort selbstständig und eigenverantwortlich betreute (Satzung zur Erprobung einer neuen Leitungs- und Entscheidungsstruktur an der HWP, §2). Da die Leistungsbereichsvorsitzenden bei der Produkterstellung auf die Mitwirkung der übrigen Organisationsmitglieder angewiesen waren, wurden ihnen Gremien zur Seite gestellt. Die neu geschaffenen „Leistungsbereichsausschüsse“ sollten durch ihre personelle Zusammensetzung die Vernetzung mit den für die Leistungserstellung relevanten Organisationseinheiten gewährleisten. Sie bestanden deshalb aus jeweils einem Lehrkörpermitglied aus den vier Fachgebieten,57 zwei bis drei Studierenden sowie einer für das jeweilige Sachgebiet zuständigen Führungskraft aus der Verwaltung. So war beispielsweise der Leiter der Abteilung für Studium und Prüfungen Mitglied im Leistungsbereichsausschuss Lehre, Studium und Prüfungen und der Leiter des Akademischen Auslandsamtes Mitglied im Leistungsbereichsausschuss Internationale Hochschulbeziehungen. Mit der Einrichtung der Leistungsbereichsausschüsse ging die Straffung der bestehenden Gremienstruktur einher. Die Zahl der Ausschüsse verringerte sich. Aufbauend auf dieser veränderten Verantwortungs- und Gremienstruktur wurde im nächsten Schritt die Organisationsspitze reformiert. Im September 1998 löste eine „teamartige Hochschulleitung“ (das., §1) die bis dahin bestehende monokratische Hochschulleitung ab.58 Das Konzept war von einer Projektgruppe „Organisationsstruktur“, bestehend aus Studierenden, Verwaltungs- und Lehrkörpermitgliedern, unter der Leitung des Präsidenten erarbeitet und vom Akademischen Senat der HWP beschlossen worden. Es folgte weitgehend dem in Kapitel IV.3.3. beschrieben Grundmuster moderner Leitungsstrukturen von Universitäten, d.h. es handelte sich um ein kollegiales Leitungsmodell mit Ressortverantwortlichkeiten und einer engeren Einbindung der Verwaltung. Rechenschaftspflichtig war die Hochschulleitung gegenüber dem Akademischen Senat, der die Kontrollfunktion übernahm (das., §3). Das Leitungsteam der HWP bestand aus acht stimmberechtigten Mitgliedern. Innerhalb der vom Präsidenten vorgegebenen Richtlinien leitete jedes Präsidiumsmitglied seinen Ressortbereich eigenverantwortlich. Präsident und VizepräsidentInnen wurden vom Akademischen Senat gewählt, die Verwaltungsmitglieder erhielten ihren Sitz qua Amt: 57
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An der HWP gab es die Fachgebiete Betriebswirtschaftslehre, Volkswirtschaftslehre, Rechtswissenschaften und Soziologie. Dabei handelte es sich um dezentrale Einheiten, die im Grunde wie Fachbereiche funktionieren nur mit dem Unterschied, dass es keine DekanInnen gab, sondern KoordinatorInnen, deren Hauptaufgabe die Planung des Lehrangebots war. Die Hochschulleitung der HWP bestand bis dahin aus einem Präsidenten, der seine Leitungsfunktion allein ausübte, dabei aber von einem Vizepräsidenten und dem leitenden Verwaltungsbeamten unterstützt wurde.
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Kombiniert wurde die Neugestaltung der zentralen Leitungs- und Entscheidungsstrukturen der HWP mit einer Reorganisation der Zentralverwaltung. Grundlage bildete auch hier wieder die Produktlogik, d.h. die Zentralverwaltung gliederte sich nun in zwei Sorten von Abteilungen: Solche, deren Arbeit direkt auf die Leistungsbereiche bezogen waren und solche, die Querschnittaufgaben zu erledigen hatten. Die direkt auf die Leistungsbereiche bezogenen Verwaltungsabteilungen wurden den jeweiligen Leistungsbereichsvorsitzenden fachlich unterstellt. Dazu delegierte der Präsident seine Fachaufsicht an die Ressortverantwortlichen, behielt aber die Dienstaufsicht59 (Delegationsverfügung vom 3. März 1999). Daraus ergab sich folgende Neustrukturierung:
Abb. 25 Auch auf der dezentralen Ebene wurden die Leitungs- und Entscheidungsstrukturen erneuert. So wurde die Amtszeit der FachgebietssprecherInnen von einem auf zwei Jahre ausgeweitet, um mehr Kontinuität und Professionalität zu erreichen. 59
Bis zum Jahr 2001 lag an den Hamburger Hochschulen die Verwaltungsleitung und damit die Fach- und Dienstaufsicht über das Verwaltungspersonal bei den PräsidentInnen.
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Die Implementierung der neuen Leitungs- und Entscheidungsstruktur der HWP erfolgte als ein auf drei Jahre befristeter Modellversuch (Satzung zur Erprobung einer neuen Leitungs- und Entscheidungsstruktur an der HWP, Präambel). Diese sollte vor ihrer endgültigen Verankerung in der Grundordnung evaluiert und falls nötig modifiziert werden. Aufgrund eines personellen Wechsels in der Hochschulleitung als auch dringender Studienreformaktivitäten setzte die begleitende Evaluation erst im Januar 2001 ein. Unter der Überschrift „Lernende HWP“ (Ketels 2002a), wurde ein umfangreicher, rund anderthalb Jahre dauernder Prozess der Selbstevaluation in Gang gesetzt, der zugleich der Organisationsentwicklung diente:
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Wie anhand der Grafik erkennbar wird, zeichnete sich der Selbstevaluationsprozess durch ein hohes Maß an Kommunikation und Partizipation aus. Begonnen wurde mit einer Fragebogenaktion, an der sich 45 Hochschulmitglieder beteiligten (Ketels 2001, Anlage 1).60 Auf Basis des dadurch gewonnen Meinungsbildes wurden im nächsten Schritt Workshops durchgeführt, um die Stärken und Schwächen der Leitungs- und Entscheidungsstruktur zu analysieren. Die Workshops fanden in drei Gruppen statt, und zwar getrennt nach FachgebietssprecherInnen, Hochschulleitung plus den Leistungsbereichen zugeordneten Leitungskräften und Hochschulsenat. Die Mitglieder des Hochschulsenates standen der Leitungs- und Entscheidungsstruktur schon von Beginn an kritisch gegenüber. So fiel bereits das Votum für die Durchführung des Modellversuchs im September 1998 mit nur fünf Ja-Stimmen, sechs Enthaltungen und einer Neinstimme sehr knapp aus (HWP Magazin 4/98, S. 9). Ein Jahr später veröffentlichten dann einige Hochschulsenatsmitglieder ein Papier, in dem sie eine Rollenklärung zwischen Hochschulleitungsteam und dem obersten Selbstverwaltungsgremium anmahnten (Friebel/Raasch 1999). Die damit zum Ausdruck gebrachte Unzufriedenheit spiegelte sich auch im Ergebnis des Evaluationsworkshops der Hochschulsenatsmitglieder wider: So wird auf der Negativseite u.a. eine grundsätzliche Schwächung des Akademischen Senates aufgrund eingeschränkter Entscheidungskompetenzen moniert. Positiv werden dagegen u.a. eine stärkere Leistungsorientierung, eine gründlichere Vorbereitung von Sachthemen durch die Leistungsbereichsausschüsse und die zunehmende Überwindung politischer Gräben gesehen. Insgesamt sei das Klima sachlicher geworden (Ketels 2001, Anlage 2). Auch die FachgebietssprecherInnen äußerten Kritik an ihrer Rolle im neuen Machtgefüge: Sie fühlten sich zu wenig eingebunden in die Leitungs- und Entscheidungsstruktur: Obwohl die Fachgebiete diejenigen seien, welche die Leistungen in Forschung und Lehre erbringen müssten, liege die Hauptverantwortung für die Leistungserstellung nicht dort, sondern bei den Leistungsbereichsvorsitzenden und den quer zur Fachgebietsstruktur agierenden Leistungsbereichsausschüssen. Dadurch entstehe ein Missverhältnis, welches durch eine Aufwertung der Position des Fachgebietssprechers behoben werden müsse. Nach wie vor sei FachgebietssprecherIn ein unbeliebtes Amt, dessen Attraktivität beispielsweise durch eine verbesserte Bezahlung gesteigert werden solle. Vor diesem Hintergrund werde die Verlängerung der Amtszeit von einem auf zwei Jahre sehr begrüßt, weil sie zu einer merklichen Professionalisierung und dadurch zugleich zu mehr Autorität und Anerkennung im Fachgebiet geführt habe. Auch sei erstmals eine längerfristige Planung möglich. 60
Insgesamt wurden 210 Fragebögen versandt. Damit betrug der Rücklauf 21,5 Prozent. Beteiligt haben sich ein Student, neun VerwaltungsmitarbeiterInnen und 35 Mitglieder des Lehrkörpers.
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Bemerkenswert ist, dass die von Hochschulsenat und FachgebietssprecherInnen geäußerten Kritikpunkte von den Mitgliedern des Hochschulleitungsteams weitgehend geteilt wurden. So wurden von dieser Gruppe als besondere Schwachpunkte eine zu starke Abkopplung der Fachgebiete, zu geringe Anreize für die Übernahme von Ämtern in der Selbstverwaltung sowie eine unklare Kompetenzabgrenzung zwischen Hochschulleitungsteam und Hochschulsenat genannt. Eine weitere Parallele bestand darin, dass auch auf Hochschulleitungsebene eine stärkere Professionalisierung bei der Amtsausübung wahrgenommen wurde, wozu vor allem die Arbeit der fünf Leistungsbereiche beitrug: Die Qualität der Leitungsarbeit sei insgesamt deutlich gestiegen, und zwar vor allem durch die Möglichkeit der kollegialen Beratung der Teammitglieder untereinander und die systematische Einbindung des Lehrkörpers und der Verwaltung in die Leitungsentscheidungen. Alles in allem hatte sich die 98er Leitungs- und Entscheidungsstruktur also aus Sicht der in den Selbstevaluationsprozess einbezogenen Organisationsmitglieder im Großen und Ganzen bewährt. Dennoch ergaben sich nach Rückkopplung der Workshopergebnisse mit der elfköpfigen Steuerungsgruppe, bestehend aus Mitgliedern der Hochschulleitung, der Verwaltung, der Fachgebiete, des Hochschulsenats und der Studierendenschaft, eine Reihe von Änderungen. Ein guter Teil der von der Steuerungsgruppe vorgenommenen Modifikationen resultierte allerdings nicht aus den Ergebnissen der Selbstevaluation, sondern aus der inzwischen vollzogenen Novelle des Hamburgischen Hochschulgesetzes. In entsprechend überarbeiteter Form wurde die 98er Leitungs- und Entscheidungsstruktur in der Grundordnung der HWP verankert (Grundordnung der HWP – Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik vom 21. 01. 2003). Im Ergebnis wurde zunächst das Leitungsteam umstrukturiert. Gemäß den Vorgaben des neuen Hamburgischen Hochschulgesetzes vom Sommer 2001 musste ein Präsidium eingerichtet werden. Dieses bestand aus einem Präsidenten/einer Präsidentin mit Richtlinienkompetenz, drei VizepräsidentInnen und dem Amtsinhaber der gesetzlich neu vorgeschriebenen Kanzler-Position (vormals leitender Verwaltungsbeamter). Die fünf stimmberechtigten Präsidiumsmitglieder bildeten nunmehr das Kernteam der Hochschulleitung. Dieses wurde ergänzt durch zwei kooptierte Mitglieder, nämlich die Gleichstellungsbeauftragte und die Justiziarin/der Justiziar der HWP. Beide waren stimmberechtigt. Die für Öffentlichkeitsarbeit und Hochschulentwicklung zuständigen VerwaltungsmitarbeiterInnen durften nur noch mit beratender Stimme an den Sitzungen der Hochschulleitung teilnehmen und verloren damit ihre Stellung als vollwertige Mitglieder der Hochschulleitung. Bei den VizepräsidentInnen kam es zu einer Hierarchisierung. Es gab jetzt einen ersten Vizepräsidenten, welcher die Präsidentin/den Präsidenten vertrat und zudem zwei Leistungsbereiche verantwortete, und zwar „Lehre, Studium, Prüfungen“ und „Weiterbildung“. Die beiden weiteren Vizepräsidenten leiteten die Leistungsbereiche „Forschung, wissenschaftlicher Nachwuchs und Wissenstransfer“ sowie „Internationales“. Die herausgehobene Funktion des ersten Vizepräsidenten drückte
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sich auch in dessen längerer Amtszeit aus, die vier Jahre betrug und damit doppelt so land war wie die der Kollegen. In Folge der in den Selbstevaluationsworkshops übereinstimmend gewonnenen Erkenntnis, dass die FachgebietssprecherInnen nicht genügend in die zentralen Entscheidungsprozesse einbezogen wurden, wurde eine erweiterte Hochschulleitung implementiert. Zweimal pro Semester traf sich das reguläre Hochschulleitungsteam nun mit den vier FachgebietssprecherInnen, um sich auszutauschen und gemeinsame Initiativen zu entwickeln. Auch die zentrale Gremienstruktur erfuhr eine Ausweitung. Zwar blieb die Anzahl der Leistungsbereiche und damit auch der Leistungsbereichsausschüsse gleich, es kamen aber so genannte „Masterausschüsse“ hinzu. Hintergrund war, dass die HWP im Zuge des Bologna-Prozesses eine Reihe von Masterstudiengängen eingerichtet hatte (vgl. Nickel/Epskamp 2003a, S. 1), welche von eigenen Ausschüssen betreut und verantwortet werden sollten. Insgesamt ergibt sich folgendes Bild der reformierten Leitungs- und Entscheidungsstruktur, welches – vor allem gemessen an der Größe der Hochschule – ausgesprochen überladen wirkt:
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Sehr viel weniger grundsätzliche Änderungen als bei der zentralen Leitungs- und Entscheidungsstruktur gab es im Kooperationsmuster von Hochschulleitung und Verwaltung. Die Ressortverantwortlichen behielten die Fachaufsicht über die ihnen zuarbeitenden Verwaltungseinheiten. Die direkte Zusammenarbeit zwischen den Fachkräften in der Verwaltung und den Leistungsbereichsvorsitzenden war im Zuge der Selbstevaluation als äußerst positiv bewertet worden (Ketels 2001, Anlage 2). Im Detail gab es jedoch einige Änderungen:
Abb. 28
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Auch auf der dezentralen Ebene der HWP gab es weitere Neuerungen. Es wurden zusätzlich zu den Fachgebieten Institute gegründet: „Forschung und auch die Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses an der HWP ist wesentlich individualisiert und fragmentiert, Ressourcen […] stehen zugunsten anderer Schwerpunkte (Lehre) kaum zur Verfügung, frühere Versuche der Forschungsschwerpunktbildung waren nicht nachhaltig. Um die Attraktivität der HWP für Mitglieder zu erhöhen (Studierende wie wissenschaftliches Personal), um die Bedingungen der Profilbildung nach außen […] und das besondere Wissenschaftsverständnis der HWP abzusichern und schließlich, um die Drittmittelfähigkeit und Sponsorengeldeinwerbung Erfolg versprechender zu gestalten, bedarf es einer dauerhaften, institutionell abgesicherten und mit eigenen Ressourcen ausgestatteten Verdichtung bestehender Forschungs- und Arbeitsschwerpunkte: transdisziplinäre Institute oder wissenschaftliche Einheiten“ (Heise 2003).
Hintergrund für den Versuch, über Institutsbildungen die Forschung zu stärken, war, dass die HWP, seit sie Anfang der 90er Jahre in die Gruppe der Universitäten aufgenommen worden war, es nicht geschafft hatte, sich als Forschungsstätte und damit als vollwertige Universität zu etablieren. Die Institutsbildung sollte hierfür nun einen entscheidenden Impuls geben. Geleitet werden sollten die neuen Subeinheiten von einem Gremium, an dem auch Studierende zu beteiligen waren (Grundordnung der HWP – Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik §18). Die Einrichtung von Institutsausschüssen war nicht explizit geregelt. Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass die Leitungs- und Entscheidungsstruktur des Jahres 2003 gegenüber der 98er wieder an Komplexität gewonnen und sich ausgeweitet hat (vgl. die im Kapitel IV.1.2. vorgestellte These von Niklas Luhmann). Die Veränderung der Leitungs- und Entscheidungsstruktur erfolgte primär aufgrund der Ergebnisse einer Selbstevaluation, eine externe Begutachtung oder eine sonstige Einbeziehung relevanter Umweltbereiche erfolgte nicht. Dennoch mussten Umwelteinflüsse berücksichtigt werden, und zwar in Form des neuen Hochschulgesetzes. Die Grundsätze der Leitungs- und Entscheidungsstruktur von 1998 hatten sich zwar weitgehend bewährt, vor allem die Leistungsbereichsstruktur und die Teamstruktur in der Hochschulleitung, doch hatte sich die „teamartige Hochschulleitung“ bis zuletzt nicht ausreichend in den Köpfen der Organisationsmitglieder verankert. So wurde im Rahmen einer Qualitätsuntersuchung im Jahre 2003 auch nach den Stärken und Schwächen der Hochschulleitung gefragt (Nickel/Epskamp 2003a, S. 12ff.). Auf die Frage „Wer führt die HWP?“ wurde überwiegend die amtierende Präsidentin genannt, nicht aber das Leitungsteam oder gar die erweiterte Hochschulleitung inklusive der FachgebietssprecherInnen.
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2.3. Entwicklung und Anwendung interner Zielvereinbarungen zur strategischen Steuerung und Organisationsentwicklung Die Entwicklung des internen Zielvereinbarungssystems der HWP war von Beginn an unmittelbar mit der Reform der Leitungs- und Entscheidungsstrukturen verknüpft. Auf der Basis eines partizipativ erstellten und im Januar 1996 beschlossenen Leitbildes (siehe Kapitel V.2.1.) entstanden in einem rund zweijährigen Prozess Zielvereinbarungen zur strategischen Steuerung und Organisationsentwicklung. Ausgangspunkt war die Überlegung, „zur Stärkung der Leistungsfähigkeit die Aktivitäten der Hochschule auf bestimmte Ziele in definierten Aufgabenfeldern hin auszurichten. Der Zuschnitt und die Gewichtung dieser Aufgabenfelder sowie die Bestimmung der Zielsetzungen in ihnen ergeben ein spezifisches Profil der HWP, das der Identitätsbildung dient und den Wettbewerb mit anderen Hochschulen ermöglicht“ (Projektgruppe Profilentwicklung der HWP 1995, S. 31). Infolgedessen wurden – wie im vorherigen Kapitel dargestellt – zuerst die fünf Aufgabenfelder „Lehre, Studium, Prüfungen“, „Forschung, wissenschaftlicher Nachwuchs, Forschungstransfer“, „Internationale Hochschulbeziehungen“, „Weiterbildung“ und „Frauenförderung“ (später umbenannt in „Gleichstellung“) definiert und darauf bezogen dann vom Hochschulsenat die Leistungsbereichsausschüsse eingesetzt, welche im April 1997 ihre Arbeit aufnahmen. Eine der ersten Tätigkeiten der Leistungsbereichsausschüsse unter Leitung ihrer Vorsitzenden bestand darin, in einem bottom-up-Verfahren die Zielplanung ihres Produktbereiches für das Jahr 1998 zu erarbeiten. Die Entwürfe wurden dem Hochschulsenat vorgelegt, dort diskutiert und im Januar 1998 erstmals beschlossen. Zielbildung und Entscheidungsfindung erfolgten also von Beginn an im Gegenstromverfahren. Der strategische Bezugsrahmen für die internen Zielvereinbarungen war durch die Produktgruppen vorgegeben, die bereits der neuen Leitungs- und Entscheidungsstruktur zugrunde lagen. Die Hauptaufgabe der Zielvereinbarungen bestand nun darin, die zentrale strategische Steuerung dadurch zu verbessern, dass „die in den dezentralen Einheiten zu erbringenden Leistungen den Aufgabenbestimmungen und Zielsetzungen entsprechen“ (dies., S. 32). Die Verknüpfung zwischen zentraler Steuerung durch die Hochschulleitung und dezentralem Handeln in den Organisationseinheiten lief im Wesentlichen über die Leistungsbereichsausschüsse. In diesen Gremien, in denen die vier Fachgebiete, eine FachreferentIn aus der Verwaltung und Studierende vertreten waren, konnten nicht nur die Ziele, sondern auch gleich die Umsetzung der damit verbundenen Projekte und Maßnahmen konkret besprochen, vereinbart und kontrolliert werden. Die Rückkopplung zur Hochschulleitung erfolgte über die Leistungsbereichsvorsitzenden, die in ihrer Doppelfunktion als VizepräsidentInnen dafür sorgten, dass auf Leitungsebene eine fortlaufende Reflexion der in den Leistungsbereichsausschüssen erzielten Ergebnisse auf mögliche Änderungen der Gesamtstrategie hin stattfand (vgl. Kapitel IV.1.4.). Zielvereinbarungspartner waren anders als im Kapitel V.3.2.1.1. dargestellten Grundmodell nicht Hochschulleitung und Fachbereiche/Fakultäten, sondern der Akademische
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Senat der HWP und die „ProduktmanagerInnen“, sprich die Leistungsbereichsvorsitzenden. Die Berichtspflicht bestand demgemäß nach Ablauf eines Jahres zwischen Leistungsbereichsvorsitzendem/Leistungsbereichsvorsitzender und dem Hochschulsenat. Insgesamt ergibt sich daraus folgendes Schema:
Abb. 29 Es war vorgesehen, die Leistungsbereiche mit globalisierten Teilbudgets auszustatten. Soweit dies finanziell möglich war, geschah dies auch. Allerdings standen nur die Gelder zur Verfügung, welche nicht durch die Standardtätigkeiten in Lehre, Forschung und Verwaltung gebunden waren. Das bedeutet, den Leistungsbereichen standen in der Regel die Mittel zur Verfügung, die ohnehin im Haushalt der HWP für die Produktbereiche eingestellt waren. Eine Ausnahme stellten die Leistungsbereiche Forschung und Weiterbildung dar. Für den Leistungsbereich Forschung wurde aus dem laufenden Haushalt ein „Forschungsverfügungsfonds“ gebildet, welcher der Anschubfinanzierung für Forschungsvorhaben diente. Die Vergabe erfolgte in einem Wettbewerbsverfahren, d.h. der Leistungsbereichsausschuss wählte anhand festgelegter Kriterien aus einer Reihe von Anträgen die förderungswürdigen aus. Der Leistungsbereich Weiterbildung verfügte von Anfang an über ein relativ eigenständiges Budget, weil er durch seine gebührenpflichtigen Weiterbildungsstudiengänge Einnahmen erzielte. Diese finanzielle Autonomie verstärkte sich noch, nachdem die Abteilung Weiterbildung als Institut für Weiterbildung in Form eines mit der HWP kooperierenden Vereins rechtlich verselbstständigt wurde. Ein zentrales Innovationsbudget der Hochschulleitung oder des Hochschulse-
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nats gab es nicht. Insofern funktionierten die internen Zielvereinbarungen weniger im Sinne einer internen Projektförderung, sondern eher als abgestimmte „hochschulinterne Arbeitsplanung“ (HWP Magazin 1/1998, S. 15). Der Anspruch an die hochschulinterne Arbeitsplanung war, dass sie die „im Leitbild festgelegte Politik der Hochschule für ihre Aufgabenbereiche“ konzipieren und konkretisieren sollte (Satzung zur Erprobung einer neuen Leitungs- und Entscheidungsstruktur der HWP §4). Das bedeutet, sie sollte vorwiegend selbst gesetzten Zielen folgen, und zwar nicht nur, um die strategische Selbststeuerungsfähigkeit zu stärken, sondern auch um die Autonomie der Hochschule gegenüber dem Staat zu erhöhen. Hintergrund waren erste Überlegungen der Hamburger Wissenschaftsbehörde, externe ZLV mit den Hochschulen der Hansestadt abzuschließen: „Hochschulen, die sich nicht einfach fremdgesetzte Ziele überstülpen lassen wollen, sind deshalb gut beraten, eigene Ziele zu entwickeln und diese offensiv gegenüber der Behörde zu vertreten“ (HWP Magazin 1/1998, S. 15). Deshalb versuchte die HWP die ersten eigenen Zielplanungen noch vor Beginn der Verhandlungen zwischen Staat und Hochschulen auf die Beine zu stellen. Die Implementierung des HWP-internen Zielvereinbarungssystems verlief allerdings nicht reibungslos, sondern löste in weiten Teil des Lehrkörpers und der Studierendenschaft erhebliches Misstrauen aus. Während bei den WissenschaftlerInnen eine zu starke Einmischung in ihre Arbeit und zu starre Vorentscheidungen für bestimmte Weichenstellungen befürchtet wurden, protestierten Studierende gegen eine zu geringe Einbindung studentischer Interessen in den Zielbildungsprozess und erarbeiteten in einem dreiwöchigen Streik eigene studentische Zielvorschläge (HWP Magazin 1/1998, S. 17). Diese wurden in einer Sitzung des Hochschulsenates fünf Stunden lang mit etwa 200 Studierenden diskutiert und das Ergebnis in den Planungskatalog des Leistungsbereiches Lehre, Studium und Prüfungen mit eingearbeitet. Zugleich wurde daraus die Konsequenz gezogen, dass über die Arbeit der Leistungsbereiche künftig kontinuierlich mehr Transparenz und Öffentlichkeit herzustellen sei. Infolgedessen wurde in der Hochschulzeitung „HWP Magazin“ die Rubrik „Leistungsbereiche aktuell“ eingerichtet, in der die Gremien zweimal pro Semester über ihre Aktivitäten berichten sollten. Im Januar 1998 konnten erstmals interne Ziel- und Leistungsvereinbarungen (interne ZLV) zwischen den Leistungsbereichen und dem Hochschulsenat abgeschlossen werden. Die internen ZLV bestanden aus zwei Gliederungspunkten, und zwar „Weiterführung bisheriger Leistungen“ und „Neue Leistungen“. Bemerkenswert daran ist, dass der Begriff „Ziele“ in der 98er ZLV nicht auftaucht, sondern nur noch von Leistungen, d.h. konkreten Projekten und Maßnahmen zur Optimierung des jeweiligen Leistungsbereichs, die Rede ist. Auch der Bezug zu den Grundsätzen des Leitbildes wird nicht explizit ausgeschildert, obwohl das Konzept dies ausdrücklich vorsah. Tatsächlich handelt es sich um einen 15 Seiten umfassenden Katalog mit Vorhaben, die z.B. von der Einrichtung von 20 Teilzeitstudienplätzen
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pro Semester (Leistungsbereich Lehre) über die Steigerung der Auslandsstudienquote auf 25 Prozent eines Studierenden-Jahrgangs (Leistungsbereich Internationales) bis zur Inbetriebnahme einer Forschungsdatenbank (Leistungsbereich Forschung) reichen. Vorteil des neuen hochschulinternen Arbeitsprogramms ist, dass erstmals transparent wird, was wer in der Hochschule tun will. Nachteil ist die noch ungenügende Abstimmung untereinander. So enthält beispielsweise die interne ZLV des Leistungsbereichs Forschung etliche Ziele zur Internationalisierung, die in den ZLV des Leistungsbereichs Internationale Beziehungen nicht auftauchen. Was insgesamt völlig fehlt sind Indikatoren, anhand derer der Erfolg der verabredeten Projekte und Maßnahmen beurteilt werden kann, eine Ressourcenplanung sowie ein Projektmanagement, welches Verantwortlichkeiten und Zeiträume für die Umsetzung festlegt. Im Laufe der Jahre ändern sich einige dieser anfänglichen Mängel, andere bleiben aber bis zuletzt bestehen.61 So zeigt ein Blick auf die 2003er Zielvereinbarungen in der Struktur deutliche Unterschiede zu dem 98er-Ausgangsmodell: 1.
Rahmen und Ziele dieser Vereinbarung (enthält Angaben zu den Aufgaben des Leistungsbereichs, zur Bedeutung der internen ZLV für die Steuerung und Entwicklung der Hochschule sowie zur Laufzeit und zu den Kontraktpartnern)
2.
Leitbild der Hochschule und allgemeine Ziele des Leistungsbereichs (Nennung der Leitbildziele, auf die sich die Arbeit des Leistungsbereichs explizit bezieht)
3.
Projektziele und Maßnahmen für das betreffende Jahr
Unterzeichnet werden die internen ZLV von dem jeweiligen Leistungsbereichsvorsitzenden und der Vorsitzenden des Akademischen Senats, in diesem Fall der damals amtierenden Präsidentin der HWP. Gegenüber der 98er internen ZLV ist der Bezug zum Leitbild klar ausgewiesen, auch gibt es transparente Angaben zum internen Steuerungsverfahren, welches jetzt auch den Abgleich der internen ZLV zwischen den Leistungsbereichen beinhaltet: „Teilziele verschiedener Leistungsbereiche, die einander überschneiden oder Synergien bilden, werden untereinander abgestimmt und als gemeinsame Ziele festgehal61
Für diese Fallstudie wurden sämtliche internen ZLV der HWP ausgewertet (vgl. Interne Zielund Leistungsvereinbarungen der HWP 1998, 2000, 2001, 2002, 2003, 2004). Die internen ZLV für das Jahr 2004 eignen sich allerdings nur bedingt für eine Analyse, weil diese bereits von der möglichen Abwicklung der HWP geprägt sind. Deshalb werden als Letztstand die internen ZLV aus dem Jahr 2003 herangezogen. 1999 wurden keine internen ZLV abgeschlossen. Aufgrund eines Wechsels in der Führung und den damit verbundenen Umstellungen wurden die 98er internen ZLV fortgeschrieben.
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ten. Das Gleiche gilt für die Abstimmung mit den Querschnittsbereichen“ (Interne Ziel- und Leistungsvereinbarung der HWP 2003, Leistungsbereich Lehre, Studium und Prüfungen, S. 2). Infolgedessen finden sich insbesondere in den Querschnittsbereichen Internationales und Gleichstellung relativ häufig Verweise auf Kooperationen mit anderen Leistungsbereichen. Neu ist auch das Ansprechen der Ressourcenfrage: „Voraussetzung für die Vereinbarung nachfolgender Leistungen ist die Realisierung der eingestellten Ressourcen. Die Verhandlungspartner sind sich einig, dass die im Folgenden beschriebenen Leistungen nur in dem Umfang erbracht werden können, wie diese Voraussetzung gewährleistet ist“ (das.). Eine genaue Ressourcenplanung taucht dennoch in keiner der internen ZLV auf. Ansätze finden sich nur beim Leistungsbereich Forschung, der angibt, ein weiteres Forschungsfeld mit Sachmitteln in Höhe von 5000 Euro ausstatten und den nach wie vor bestehenden Forschungsverfügungsfonds in Höhe von 5000 Euro für individuelle Forschungsvorhaben ausschütten zu wollen (das., Leistungsbereich Forschung, Wissenschaftlicher Nachwuchs und Forschungstransfer, S. 1). Nach wie vor fehlen die Benennung von Projektverantwortlichen und Indikatoren zur Erfolgsmessung. Einzige Ausnahme ist der Leistungsbereich Weiterbildung. Dort wird für jedes Projekt bzw. für jede Maßnahme ein Indikator genannt, z.B. Maßnahme VI: „Das EDV-Programm wird inhaltlich überarbeitet und mit zwei neuen Angeboten erneut durchgeführt“, Indikator der Zielerreichung VI: „Im September wird ein EDV-Angebot mit mindestens acht verschiedenen Veranstaltungen durchgeführt“ (das., Leistungsbereich Weiterbildung, S. 4). Insgesamt gesehen haben die internen ZLV der HWP also ihren Charakter als Instrument zur strategischen Projekt- und Maßnahmeplanung behalten, sind aber stärker strategisch auf das Gesamtprofil der Hochschule ausgerichtet und untereinander besser abgestimmt worden. Dass in den ersten internen ZLV der HWP jeglicher Bezug zu den externen ZLV mit der Hamburger Wissenschaftsbehörde fehlte, ist verständlich, denn 1998 gab es noch keine. Die ersten ZLV zwischen der Wissenschaftsbehörde und den Hamburger Hochschulen wurden, wie ausführlich dargestellt, im März 1999 abgeschlossen. Umgekehrt hatten die HWP-internen ZLV aus dem Jahr 1998 großen Einfluss auf die nachfolgend mit der Behörde vereinbarten ZLV. Ein Vergleich zwischen dem internen Projekt- und Maßnahmenkatalog und den mit dem Staat fixierten Absichtserklärungen zeigt, dass der überwiegende Teil der externen Verpflichtungen auf den internen Abmachungen basiert, zumindest in den Punkten „Lehre und Studium“, „Forschung und Wissenstransfer“, „Wissenschaftlicher Nachwuchs“, „Wissenschaftliche Weiterbildung/Dienstleistungen“, „Internationalisierung von Forschung und Lehre“ und „Frauenförderung“ (vgl. Ziel- und Leistungsvereinbarung zwischen der Behörde für Wissenschaft und Forschung und der HWP-Hochschule für Wirtschaft und Politik 1999). Die von den Leitungskräften der HWP gemachte Erfahrung, dass die externen ZLV mit einer vorgeschalteten internen Ziel- und Leistungsplanung von ihnen relativ weitgehend beeinflusst werden kann, hat dazu
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geführt, dass sich ein Planungsrhythmus entwickelt hat, der die internen und externen Zielvereinbarungsverfahren in folgender Weise miteinander verknüpft:
Strategische Planung interner und externer Ziel- und Leistungsvereinbarungen an der HWP Januar
Interne ZLV: Berichterstattung über das letzte Jahr durch die Leistungsbereiche an den Hochschulsenat
März
Externe ZLV: Berichterstattung zwischen der HWP und der Behörde für Wissenschaft und Forschung BWF
April
Interne ZLV: Beginn der internen Beratungen der hochschulpolitischen Ziele der HWP für das kommende Haushaltsjahr in den Leistungsbereichen, der Hochschulleitung und dem Hochschulsenat.
Juli
1. Zieldefinition und Operationalisierung der Strategischen Ziele durch die Hochschulleitung
September
2. Zieldefinition und Operationalisierung der spezifischen strategischen Ziele durch die Leistungsbereiche 3. Formulierung interner ZLV durch die Leistungsbereiche 4. Abschluss der internen ZLV zwischen den Leistungsbereichen und dem Hochschulsenat auf Grundlage der vorläufigen Jahresberichte
Oktober
Externe ZLV: Erster Entwurf durch die Behörde
November
Formulierung externer ZLV durch die Hochschulleitung auf Grundlage des vorläufigen Jahresberichtes und der internen ZLV, erste Abstimmung mit der Behörde Endgültige Abstimmung im Hochschulsenat Abschluss externer ZLV zwischen HWP und Behörde
Abb. 30 Interessant ist, dass die internen ZLV der HWP trotz der engen verfahrenstechnischen Verzahnung während der gesamten Zeit kaum Bezug auf die externen ZLV nehmen. Zwar wird beispielsweise in den internen ZLV 2003 unter dem Punkt „Rahmen und Ziele dieser Vereinbarung“ darauf hingewiesen, dass es die externen ZLV gibt: „Die internen Vereinbarungen bilden die Basis für die jährlichen Zielund Leistungsvereinbarungen mit der zuständigen Behörde für Wissenschaft und Forschung. Sie müssen dementsprechend im Vorlauf erarbeitet und verabschiedet werden“ (Leitungsbereich Lehre, Studium und Prüfungen, S. 2). Doch weitergehende explizite Verknüpfungen sind spärlich. So erwähnt nur der Leistungsbereich Forschung einmal, dass die Einrichtung eines neuen Forschungsfeldes gemäß den ZLV zwischen Behörde und HWP eingerichtet werde (Leistungsbereich Forschung, wissenschaftlicher Nachwuchs, Forschungstransfer, Punkt 1.1.). Ähnlich sieht es auch in den übrigen internen ZLV aus den davor liegenden Jahren aus.
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Insgesamt haben sich interne Zielvereinbarungen an der HWP – wie an den meisten Universitäten – als Verfahren der jährlichen Projekt- und Maßnahmeplanung etabliert, das vorwiegend der Verfolgung eigener Ziele dient und damit die Autonomie der Hochschule stärken soll. Soweit erkennbar, hat das Instrument zumindest verfahrenstechnisch relativ gut funktioniert und war nach anfänglicher Skepsis bei den Organisationsmitgliedern akzeptiert. Es ist seit seiner Einführung 1998 regelmäßig eingesetzt und kontinuierlich weiterentwickelt worden und das obwohl es kaum finanzielle Anreize für die Durchführung neuer Projekte und Maßnahmen gab. Die Frage ist nun, inwieweit es tatsächlich gelungen ist, mit Hilfe der internen ZLV Ergebnisse zu produzieren und die Organisation kontinuierlich weiterzuentwickeln. 2.4. Wirkungen In einer Systemevaluation im Jahr 2003, bei der die gesamte Organisation auf ihre Fähigkeit hin überprüft wurde, qualitativ hochwertiges Lehren und Lernen zu ermöglichen,62 wurden u.a. auch die Führungsprozesse sowie die Wirksamkeit der Politik und Strategie der HWP untersucht. Dabei wurde deutlich, dass es in der Wahrnehmung der befragten Lehrkörper-, Präsidiums- und Verwaltungsmitglieder sowie der Studierenden gelungen war, die HWP in den vorangegangenen fünf Jahren auf dem Weg zu einem „korporativen Akteur“ ein gutes Stück vorwärts zu bringen – zumindest auf der Bewusstseinsebene. Sowohl der interne Bekanntheitsgrad der strategischen Ziele der Hochschule als auch die Identifikation mit ihnen wurden übereinstimmend als sehr hoch eingeschätzt (Nickel/Epskamp 2003a, S. 34). Zugleich wurde aber auch deutlich, dass sich insbesondere die WissenschaftlerInnen bei ihrem Alltagshandeln nach wie vor weit weniger durch die in den ZLV zu Tragen kommenden Organisationsziele, sondern in erster Linie von selbst gesetzten Zielen leiten lassen (dies.). Zwar zeigte die Befragung, dass die Führungskräfte der HWP in ihrer Managementfunktion akzeptiert waren, doch ihre Einflussmöglichkeiten auf die Leistungen des Lehrkörpers blieben trotz des regelmäßigen Einsatzes interner Zielvereinbarungen immer noch äußerst eingeschränkt, und zwar nicht nur in Bezug auf die ohnehin weitgehend selbstorganisiert laufenden Forschungsprozesse, sondern auch im Hinblick auf die Lehrprozesse (dies., S. 18). 62
Die Systemevaluation bestand aus zwei Teilen: Im ersten Schritt wurde ein Self-Assessment nach EFQM und im zweiten Schritt ein Peer-Review im Zuge eines Akkreditierungsverfahrens durchgeführt (genauer dazu siehe Nickel/Epskamp 2003a und Nickel 2005). Ziel war die mittelfristige Einführung eines QM-Systems für Lehre und Forschung. Die Selbstbewertung wurde mit Hilfe eines Fragebogens durchgeführt, und zwar nach Gruppen getrennt. Durch die separate Befragung von Lehrkörpermitgliedern, Präsidium, Verwaltung und Studierenden sollten die unterschiedlichen Selbst- und Fremdeinschätzungen sichtbar werden. In der statistischen Auswertung wurden die Ergebnisse dann tabellarisch gegenübergestellt und anschließend in Workshops mit den Betroffenen gemeinsam bewertet. Ausgewertet wurden insgesamt 73 Fragebögen (33 Lehrkörper, 5 Präsidium, 9 Verwaltung, 26 Studierende des fünften Semesters).
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Die verhaltenssteuernde Wirkung der internen ZLV der HWP ist demnach als eher niedrig einzustufen. Diese Einschätzung wird auch durch die ZLV-Berichte belegt,63 welche die Leistungsbereichsvorsitzenden jedes Jahr dem Hochschulsenat vorlegen müssen. Diese sind in Form und Aufbau sehr heterogen. Einige Leistungsbereiche stellen in tabellarischer Form vereinbarte Ziele und tatsächlich stattgefundene Handlungen gegenüber, andere erzählen in einem zusammenhängenden Text, wie die allgemeine Entwicklung ihres Produktbereiches im zurückliegenden Jahr verlaufen ist. So berichtet z.B. der Leistungsbereich Internationales im Jahr 1999: „Ein zentrales Anliegen der HWP bleibt die Förderung des Auslandsstudiums. Die HWP hat viele Anstrengungen unternommen, ihre Auslandsstudienquote wieder zu steigern. Das ist nicht so gut gelungen, wie ursprünglich erwartet, was auch an den bundesweiten Abwärtstrends bei der Nachfrage nach Auslandsstudienplätzen liegt, gegen die sich die HWP nicht immer stemmen konnte“ (Gliederungspunkt 1.1.). Ähnlich ausführlich auch der Leistungsbereich Lehre im Jahr 2000: „ Der Leistungsbereich Lehre war in vielen Bereichen auf die Kooperation mit anderen Gremien und Personen angewiesen. Die Zusammenarbeit mit den Fachgebieten war durchweg sehr gut; allerdings gibt es hier zeitliche Engpässe, da die Fachgebiete zeitlich sehr überlastet sind. Die Zuarbeit durch die Schwerpunkte war dagegen sehr schlecht“ (Gliederungspunkt 1). Solche narrativen Rechenschaftslegungen werden allerdings mit den Jahren seltener. Im Jahr 2002 dominieren knappe Ergebnisdarstellungen, die direkt auf Ziele und Aufgaben der im Vorjahr abgeschlossenen ZLV rekurrieren. Allerdings stellt sich bei genauer Betrachtung heraus, dass die in den Berichten genannten Ziele und Aufgaben nur teilweise mit den in den ZLV vereinbarten übereinstimmen. So nimmt beispielsweise der Leistungsbereich Lehre in seinem Tätigkeitsbericht aus dem Jahr 2002 insgesamt nur zu 18 Zielen und Aufgaben Stellung, obwohl die ZLV davon 31 enthalten. Ob die genannten Projekte und Maßnahmen zur Verbesserung des Leistungsbereichs erfolgreich waren, bleibt in Ermangelung von Indikatoren überwiegend der Einschätzung der BerichterstatterInnen überlassen. Insgesamt bestätigt das Fallbeispiel HWP also die in Kapitel IV.3.2.1.2. getroffene Feststellung, dass das Controlling interner ZLV vorwiegend diskursiv abläuft und zudem meist ohne Konsequenzen bleibt. Das Kontrollorgan nimmt den Bericht entgegen, ahndet jedoch nicht fehlende oder mangelhafte Zielerreichungen. Eine Kopplung des Erfolgs interner ZLV an die interne Budgetzuweisung hat an der HWP 63
Für die Analyse wurden der Autorin von der Hochschule die Berichte der HWPLeistungsbereiche aus den Jahren 1999, 2000, 2001, 2002 und 2003 zur Verfügung gestellt. Allerdings waren diese nicht vollständig. Für die Jahre 2001 und 2003 lagen nur die Berichte des Leistungsbereichs Weiterbildung vor. Die zuständige Verwaltungsmitarbeiterin konnte aufgrund eines Personalwechsels im Referat Hochschulentwicklung keine Angaben darüber machen, ob die anderen Leistungsbereiche in diesen Jahren keine Berichte abgeliefert hatten oder diese einfach nur nicht mehr auffindbar waren.
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so gut wie nicht stattgefunden. Die Berichterstattung diente vor allem der Transparenz und Legitimation. In ihrer Legitimations- und Transparenzfunktion allerdings besitzen sowohl die Berichte, als auch die internen ZLV durchaus einen nicht zu unterschätzenden Wert. So ist es aus Sicht von Leistungsbereichsvorsitzenden durchaus hilfreich, sich anhand des in den ZLV enthaltenen Projekt- und Maßnahmenkatalogs im Laufe eines Jahres selbst vergewissern zu können, was „man vorhatte und was man gemacht hat oder nicht“ (Experteninterview 1, April 2003). Nicht nur innerhalb, sondern auch außerhalb der Hochschule lässt sich somit die Entwicklung der Hochschule besser nachvollziehen und für Kontrollorgane – wie den Hochschulsenat – eröffnet sich die Möglichkeit, bei Bedarf gezielt nachzufragen, warum denn dieses oder jenes Vorhaben notwendig oder was aus Veränderungsmaßnahmen geworden ist, die z.B. nicht in den Berichten auftauchen. Fraglich ist, ob von den internen ZLV eine motivierende Wirkung ausgeht, denn die dort genannten Ziele und Maßnahmen beziehen sich meist auf Dinge, die entweder sowieso anstehen oder sich mit hoher Wahrscheinlichkeit auch umsetzen lassen: „Wir wollen nichts versprechen, was wir nicht einhalten können“ (Experteninterview 1, April 2003). Ob die in den internen ZLV verabredeten Projekte und Maßnahmen tatsächlich realisiert werden, hängt im Falle der HWP vor allem von zwei Dingen ab: Der Durchsetzungsfähigkeit des Leistungsbereichvorsitzenden/der Leistungsbereichsvorsitzenden und der Kooperationsbereitschaft der Arbeitsebene, d.h. der einzelnen WissenschaftlerInnen in den Fachgebieten. Was die Durchsetzungsfähigkeit der Leistungsbereichsvorsitzenden insgesamt anbelangt, so ist diese offenbar durch die Verankerung der entsprechenden Leitungskräfte in der Hochschulleitung sehr gestärkt worden. Im Rahmen der Selbstevaluation der Leitungs- und Entscheidungsstrukturen im Jahr 2001 wurde eine „Steigerung der Leitungsarbeit […] durch engere Verbindung und zielorientierte Auseinandersetzung zwischen den unterschiedlichen Funktionsbereichen (Leistungsbereichen)“ festgestellt (Ketels 2001, Anlage 2). Die Tatsache, dass die „ProduktmanagerInnen“ gemeinsam mit der Präsidentin/dem Präsidenten und dem Kanzler im Leitungsteam eine gemeinsame Strategie festlegen und in ihren wöchentlichen Sitzungen reflektieren konnten, hat ihrer Position Gewicht gegeben und ihre Durchsetzungsfähigkeit gestärkt, und zwar vor allem bei der Verwaltung und in den Leistungsbereichsausschüssen, jedoch weitaus weniger in Richtung Fachgebiete (Experteninterview 3, Juni 2003). Die LeistungsbereichssprecherInnen waren relativ weit von der Arbeitsebene entfernt und darauf angewiesen, dass zumindest die FachgebietssprecherInnen sie bei der Umsetzung unterstützten. Letztere fühlten sich dazu wiederum nicht genügend in die Leitungsentscheidungen integriert, was dazu führte, dass sie in die „erweiterte Hochschulleitung“ aufgenommen wurden (siehe Kapitel V.2.2.). Hier macht sich eine offensichtliche Schwäche der Matrixstruktur der HWP bemerkbar: Diejenigen, welche die Verantwortung für die erfolgreiche Entwicklung eines Produktbereiches
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tragen, haben zu wenig direkten Einfluss auf die Arbeitsebene, ohne die eine Verwirklichung der in den internen ZLV fixierten Projekte und Maßnahmen nicht stattfinden kann. In Reaktion darauf haben einige Leistungsbereiche damit begonnen, über den Abschluss von internen ZLV zwischen dem jeweiligen Leistungsbereich und den vier Fachgebieten nachzudenken (siehe z.B. Interne Ziel- und Leistungsvereinbarungen der HWP 2003, Leistungsbereich Lehre, Gliederungspunkt 3.4.6.). Diese Überlegungen beruhen auf der Erfahrung, dass ZLV eine bessere steuernde Wirkung entfalten könnten, wenn sie – wie im Ursprungsmodell des MbO vorgesehen und in Wirtschaftsunternehmen überwiegend praktiziert – nicht zwischen relativ anonymen Organisationseinheiten, sondern direkt mit demjenigen abgeschlossen werden, der die Leistung erbringt: „Im Grunde genommen müsste man Zielvereinbarungen dort schließen, wo man direkt die Arbeitsebene erreicht, so zum Beispiel mit denjenigen, die einen Studiengang betreiben oder ein bestimmtes Modul durchführen“ (Experteninterview 1, April 2003). Inhaltlich bezogen sich die internen ZLV der HWP weitaus häufiger auf den Bereich Lehre und Studium als auf den Bereich Forschung, und zwar kontinuierlich, wie ein zahlenmäßiger Vergleich zwischen den 1998 und 2003 vereinbarten Projekten und Maßnahmen zeigt: Anzahl HWP-interner ZLV in Lehre, Forschung und Verwaltung Interne Lehre ZLV
Forschung
Verwaltung
Sonstiges
1998
50
31
2
6
2003
71
42
1
9
Abb. 31 Die Tatsache, dass deutlich weniger versucht wurde, mittels ZLV verhaltenssteuernd auf den Bereich Forschung einzuwirken als auf den Bereich Lehre, korrespondiert zum einen mit dem in Kapitel IV.2.1. dargelegten Sachverhalt, dass die Lehre sehr viel besser für Managementverfahren ansprechbar ist als die Forschung. Zudem deckt sich diese Erkenntnis mit den Erfahrungen anderer Hochschulen, wonach sich universitätsinterne ZLV häufiger auf Lehre und Studium als auf Forschung beziehen (vgl. Kapitel IV. 3.2.1.2.). Auffällig ist auch, dass die HWP-internen ZLV kaum Projekte und Maßnahmen aufweisen, welche die Verwaltung betreffen, hat seine Ursache vor allem in deren Dienstleistungsfunktion. Grund dafür ist, dass im Mittelpunkt der ZLV Forschung und Lehre stehen. Die Verwaltung wird dagegen als interner Dienstleister gesehen, der diese beiden Kernprozesse unterstützen soll: „Die Leistungsbereiche konzipieren die im Leitbild festgelegte Politik der Hochschule für ihren Aufgabenbereich
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und setzen sie gemeinsam mit der Verwaltung um“ (Satzung zur Erprobung einer neuen Leitungs- und Entscheidungsstruktur an der HWP §4). Vor diesem Hintergrund schließen die Leistungsbereichsvorsitzenden separate ZLV mit den ihnen fachlich unterstellten VerwaltungsmitarbeiterInnen ab. Deren verhaltenssteuernde Wirkung wird vergleichsweise hoch eingeschätzt: „In der Verwaltung kann man Sachen gut durchsetzen, während man im akademischen Bereich von Gremien abhängig ist. Das Hauptproblem in den Gremien sind die Egoismen“ (Experteninterview 1, April 2003). Die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Verwaltung hat sich nach übereinstimmender Einschätzung von Hochschulleitung und FachreferentInnen durch das neue Instrumentarium deutlich verbessert: Durch die engere Kooperation zwischen Lehrkörper und Verwaltung erfolge nicht nur eine permanente Zielbildung mit Umsetzungsqualität, sondern eine Kompetenzerweiterung auf beiden Seiten (Ketels 2001, Anlage 2).
3. Universität Hamburg 1994–2005 3.1. Einbettung der Reformen in den Gesamtentwicklungsprozess der Hochschule Die Universität Hamburg64 startete bereits Anfang der 90er Jahre erste Initiativen zu einer umfassenden Organisationsentwicklung. Parallel zum Versuch einer systematischen Struktur- und Entwicklungsplanung, welcher auf Aufforderung des damaligen Hamburger Wissenschaftssenators begonnen und später aufgrund drastischer Sparmaßnahmen von der Universität Hamburg vorerst gestoppt worden war (vgl. Behörde für Wissenschaft und Forschung 1992/Universität Hamburg 1994, S. 12ff.), wurden im Jahr 1994 drei selbst initiierte Projekte in Gang gesetzt: 64
Die Universität Hamburg gehört zu den größten Hochschulen Deutschlands. Sie umfasst rund 39.000 Studierende und 3095 Stellen (ohne Medizin), davon 1509 wissenschaftliches Personal (darunter 627 ProfessorInnen) und 1586 Verwaltungspersonal (Stand 2003). Sie bestand lange Zeit aus einer Vielzahl von Fachbereichen, die jedoch im Jahr 2004 zu sechs Fakultäten (Rechtwissenschaft; Geistes- und Kulturwissenschaften; Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften; Erziehungswissenschaft, Psychologie und Bewegungswissenschaft; Wirtschafts- und Sozialwissenschaften; Medizin) zusammengelegt wurden. Das Jahresbudget der Universität Hamburg beträgt ohne Medizin rund 256 Millionen Euro (Produktinformationen zum Haushaltsplan der Freien und Hansestadt Hamburg 2005/2006). Die Medizinische Fakultät wurde im Jahr 2001 gemeinsam mit dem Universitätskrankenhaus rechtlich verselbstständigt und ist damit Teil einer eigenständigen Anstalt öffentlichen Rechts unter dem Dach der Universität Hamburg. (Gesetz zur Errichtung der Körperschaft „Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf“ (UKEG) §1 Absatz 3). Diese beschäftigt 6223 MitarbeiterInnen, darunter 224 ProfessorInnen (Stand 2003). Das Budget liegt bei rund 431 Millionen Euro (Produktinformationen zum Haushaltsplan der Freien und Hansestadt Hamburg 2005/2006). Die Medizinische Fakultät war in die im Folgenden beschriebenen Organisationsentwicklungsmaßnahmen der Universität Hamburg überwiegend nicht oder nur am Rande eingebunden.
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• Einführung regelmäßiger Peer-Reviews zur Qualitätsentwicklung der Lehre. Das damals noch recht neue Verfahren wurde gemeinsam mit fünf anderen Hochschulen erprobt. Dies führte zur Gründung des Evaluationsverbundes Norddeutscher Universitäten, dessen Geschäftsstelle bei der Universität Hamburg angesiedelt ist (vgl. Fischer-Bluhm 2004; für eine ausführliche Darstellung der Arbeitsweise des Nordverbundes siehe auch Kapitel IV. 3.2.2.1. dieser Arbeit). • Erarbeitung und Umsetzung eines Konzeptes zur indikatorengestützten Budgetierung der Fachbereiche mit kostenloser Unterstützung einer internationalen Beratungsfirma (vgl. Ebers 2003). • Aufbau eines struktur- und kostenorientierten Grundstücks- und Gebäudemanagements (vgl. Universität Hamburg 2001a, S. 6f.). Im Jahr darauf wurde die zwischenzeitlich auf Eis gelegte Struktur- und Entwicklungsplanung wieder aufgenommen, diesmal jedoch nicht auf Afforderung der Politk, sondern aus eigenen Stücken. Vor dem Hintergrund immenser Sparauflagen, die u.a. den Fortfall jeder zweiten freiwerdenden Stelle vorsahen, führte eine externe Expertenkommission, bestehend aus zwölf WissenschaftlerInnen, ab Dezember 1995 eine Begutachtung aller wissenschaftlichen Organisationsbereiche der Universität Hamburg durch. Nach einem rund einjährigen Prozess, in Zuge dessen durch eine Vielzahl von Anhörungen Stärken und Schwächen der Fachbereiche und Institute eruiert wurden, legte die Expertenkommission 33 fächer- und fachbereichsübergreifende Empfehlungen vor, welche in den kommenden Jahren sukzessive umgesetzt wurden (vgl. Universität Hamburg 1998/Universität Hamburg 2000a). 1996 folgte dann ein weiteres groß angelegtes Reformvorhaben. Die Universität Hamburg beteiligte sich erfolgreich mit einem Projektantrag an der Ausschreibung des Förderprogramms „Leistungsfähigkeit durch Eigenverantwortung“, mit dem die Volkswagen-Stiftung „Hochschulen auf dem Weg zu neuen Strukturen“ (Volkswagen-Stiftung 1998) unterstützen wollte. Ziel des Programms war es, die „Voraussetzungen für eine Entfaltung der universitären Selbstheilungskräfte zu schaffen, indem den Universitäten Autonomie – und damit auch die volle Verantwortung – für die Aufgaben übertragen wird“ (dies., S. 3). Zu diesem Zweck sollten die Hochschulen vor allem bessere und leistungsfähigere „Leitungs- und Entscheidungsstrukturen und -prozesse“ (dies., S. 6) aufbauen. Vor diesem Hintergrund verpflichtete das Programm die geförderten Universitäten zu einem „dezidierten Praxisbezug“, d.h. am Ende des Veränderungsprozesses sollten sie nicht nur „kluge Berichte“ vorlegen, sondern reale Veränderungen vorweisen können (dies.).
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Das daraufhin von der Universität Hamburg ins Leben gerufene Projekt Universitätsentwicklung (ProUni), welches die Volkswagen-Stiftung mit rund 2,5 Millionen Euro finanzierte, hatte den Auftrag, das Universitätssystem in seinen wesentlichen Teilen „aufeinander abgestimmt“ (dies.) zu verbessern. ProUni fühlte sich konzeptionell dem Ansatz der systemischen Organisationsentwicklung (OE) verpflichtet. Nach dem Verständnis der ProjektinitiatorInnen war damit gemeint, „dass die erforderliche Optimierung des komplexen Gesamtsystems der Universität nicht allein durch Expertenanalyse und Leitungsentscheidung bewirkt werden kann. Vielmehr ist ein Prozess der institutionellen Selbstorganisation unter Aktivierung möglichst aller Entscheidungsträger und Handlungsbeteiligten und unter Einbeziehung aller den Leistungsprozess bestimmenden Faktoren einzuleiten sowie ziel- und ergebnisorientiert zu organisieren“ (Universität Hamburg 1996, S. 8). Die entsprechend partizipativ angelegte Organisationsreform sollte in einem „(Selbst-)Lernprozess“ unter „Aktivierung des Sachverstands und der Motivation der am Leistungsprozess Beteiligten“ (dies., S. 9) geschehen. Deshalb lag der Fokus des Veränderungsvorhabens – zumindest zu Beginn – stärker auf der dezentralen als auf der zentralen Universitätsebene: „Statt also auf ein für die gesamte Universität verbindliches Konzept und dessen Durchsetzung zu drängen und damit zu riskieren, daß der Wandel über die Ebene des ‚Reform-talks’ nicht hinausgeht, verfolgt das Projekt das Prinzip, Reforminitiativen in ihren durch die jeweiligen Kulturen der (Fach)-Bereiche beeinflussten Prägungen aufzunehmen und anzuerkennen, daß sie unter abweichenden Bedingungen unterschiedliche Dynamiken entwickeln und unterschiedlich verlaufen können“ (Universität Hamburg 1997, S. 2).
Mit Hilfe von ProUni sollte die Universität Hamburg eine lernende Organisation werden. Der Weg dorthin war auf fünf Jahre angelegt und in vier parallele Teilprojekte unterteilt (vgl. Universität Hamburg 2001a, S. 4ff.): Teilprojekt 1: Entwicklung und Erprobung inneruniversitärer Zielvereinbarungen Teilprojekt 2: Stärkung der Fachbereiche Teilprojekt 3: Reorganisation der Zentralverwaltung Teilprojekt 4: Aufbau eines universitären Berichts- und Controllingsystems Zur Realisierung der Reformschritte wurde aus den Drittmitteln eine Arbeitsstelle eingerichtet, welche über eigene Räume und eine Reihe von MitarbeiterInnen verfügte. Da ProUni als wissenschaftliches Projekt angelegt war, an dem sich eine Reihe dafür freigestellter WissenschaftlerInnen der Universität Hamburg beteiligten, erhielt die Arbeitsstelle eine wissenschaftliche Leitung sowie einen Kreis von wissenschaftlichen BeraterInnen an die Seite gestellt. Der wissenschaftliche Beraterkreis bestand aus vier externen Fachleuten, die auf Basis regelmäßiger Statusberichte in jährlichen Workshops mit den ProUni-MitarbeiterInnen den Projektver-
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lauf reflektierten und Ratschläge für die weitere Vorgehensweise gaben. Die Gesamtleitung von ProUni lag beim Präsidenten der Universität Hamburg. Die Tatsache, dass das Projekt direkt beim Präsidium angesiedelt war, verlieh ProUni zwar einen „hohen symbolischen Stellenwert und bei Bedarf auch Durchsetzungsmacht (dies., S. 16), dennoch wurden dessen Legitimation und Mandat von Universitätsmitgliedern immer wieder in Zweifel gezogen: „Sehr häufig handelte es sich dabei um rhetorische Einwände im Rahmen streitiger Sachdiskussionen. In einigen Fällen lief die Frage aber auch auf den berechtigten Wunsch hinaus, die Zuständigkeiten von kollegialen Entscheidungsgremien in Erinnerung zu rufen“ (dies., S. 178). Obwohl ProUni keine eigenen Entscheidungskompetenzen besaß, sondern den Auftrag zur Unterstützung und Erarbeitung praktischer Problemlösungen und struktureller Veränderungen hatte, wurde von Universitätsmitgliedern eine „Aushöhlung von Gremienzuständigkeiten“ (dies.) befürchtet. Diese Skepsis konnte weder durch die Einrichtung einer Steuerungsgruppe, in welche Personalräte, FachwissenschaftlerInnen aus den Fachbereichen sowie der Allgemeine Studierenden Ausschuss (AStA) der Universität Hamburg einbezogen waren, noch durch die Implementierung eines Beirates, zu dem beispielsweise die Mitglieder des Akademischen Senates sowie VertreterInnen des Haushalts- und Planungsausschusses gehörten, gänzlich beseitigt werden. Um dennoch eine möglichst große Akzeptanz herzustellen und die Universitätsmitglieder für eine produktive Zusammenarbeit zu gewinnen, wurde die Arbeit von ProUni von einer Kommunikationsstrategie begleitet, in deren Zentrum vor allem die regelmäßige Publikation einer Projektzeitschrift mit dem Titel „ProUni“ stand. Ziel des erstmals im Frühjahr 1997 erschienen Blattes war „ein Forum zu schaffen, das den Austausch zwischen den Reformbeteiligten gewährleistet – denn maßgeblich wird der Erfolg der Initiativen von ihrer Wahrnehmung und Verständigung abhängen“ (Pro Uni 1/1997, S. 3). Die offene und zugewandte Kommunikation mit den Universitätsmitgliedern war Teil der partizipativen Veränderungsstrategie und sollte nicht nur Informationen transportieren, sondern auch zum kritischen Dialog einladen. Insgesamt kam zwischen dem Projektstart im Winter 1996 und dem Projektende im Winter 2001 ein Fülle beteiligungsorientierter Methoden zum Einsatz (vgl. Universität Hamburg 2001a), wie folgende Übersicht zeigt:
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Abb. 32 Mit diesem Methodenset erzielte ProUni innerhalb von fünf Jahren eine Vielzahl konkreter Ergebnisse. Diese wurden im September 2001 im Zuge einer internationalen Abschlusstagung vor rund 250 TeilnehmerInnen präsentiert und in Workshops reflektiert (vgl. Lüthje/Nickel 2003). Zugleich erhielt der Auftraggeber, die Volkswagen-Stiftung, einen Selbstevaluationsbericht, in dem die Reformergebnisse zusammengestellt sind (Universität Hamburg 2001a, S. 173):
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Abb. 33 Während der Generalsekretär der Volkswagen-Stiftung diese Ergebnisse als „Qualitätssprung“ beurteilte (Pro Uni Zeitschrift 2/2001, S. 6), kam eine Gutachtergruppe, die im Auftrag der Volkswagen-Stiftung Begleitstudien zu einigen der im Rahmen des Programms „Leistungsfähigkeit durch Eigenverantwortung“ geförderten Universitätsentwicklungsprojekte durchführte, zu einer deutlich verhalteneren Einschätzung. In ihrem Bericht (Kreckel/Sadowski/Schimank 2003), der von der Volkswagen-Stiftung nicht veröffentlicht wurde, bilanzieren sie, dass die von ihnen betrachteten Veränderungsprojekte – zu denen auch ProUni zählte – „insgesamt keine wirklich neuen, gänzlich unerwarteten Möglichkeiten und Grenzen von Reformmaßnahmen und -strategien in deutschen Hochschulen aufgezeigt haben; vielmehr sind prinzipiell bekannte bzw. zumindest vermutete Sachverhalte und Gesichtspunkte bestätigt worden und konnten teilweise auch schon besser beobachtet werden“ (dies., S. 16). So habe insbesondere das Hamburger Projekt sich in bereits laufende Reformdynamiken eingefügt und diese verstärkt (dies., S. 23). Deutlich positiver fällt wiederum dagegen die Sicht der Projektleitung, dem Präsidium der Universität Hamburg, aus. Danach wurde durch ProUni eine Reihe nach-
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haltiger Reformen umgesetzt, die in den darauf folgenden Jahren Wirkung entfalteten. Als besonders wirkungsvoll werden die Strukturveränderungen beurteilt, und zwar vor allem die Umwandlung der monokratischen in eine kollegiale Universitätsleitung mit Ressortzuständigkeiten, die Reorganisation der Zentralverwaltung sowie die Einführung von Fachbereichsvorständen bzw. Führungsteams in Fakultäten: „Diese Strukturen tragen“ (Experteninterview 4, November 2003). Als zusätzliche Stabilisierung für die neuen Strukturen werden die Novellierungen des Hamburgischen Hochschulgesetzes in den Jahren 2001 und 2003 (vgl. Kapitel V.1.2.) empfunden, welche die Veränderungen z.T. gesetzlich nachvollzogen haben. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Universität Hamburg während der zurückliegenden zehn Jahre die Aktivitäten der politischen Seite generell als unterstützend wahrgenommen hat. Im Gegenteil. Vieles ist sogar eher als Abwertung gesehen worden. Das gilt insbesondere für die im Auftrag des Hamburger Senates durchgeführte Begutachtung der Hamburger Hochschullandschaft durch die Strukturkommission im Jahr 2002 (vgl. Kapitel V.1.1.1.): „Die Kommission hat die Initiativen der Hochschulen kaum aufgegriffen“ (Experteninterview 4, November 2003). Insgesamt betrachtet ist die Entwicklung der Universität Hamburg trotz einer hohen Zahl selbst initiierter Reformschritte immer wieder stark von der Reaktion auf den politischen Außendruck geprägt. Der daraus resultierende, Reibungsverluste erzeugende und durchaus ermüdende „Pingpong-Effekt“ dauert an, wie ein Blick auf jüngere Ereignisse zeigt: So legte die Universität Hamburg im Rahmen der Evaluation durch die Strukturkommission im Jahr 2002 einen rund 200 Seiten umfassenden Selbstbericht zu ihrer Geschichte, ihrem Profil und ihren Zukunftsperspektiven vor (Universität Hamburg 2002). Nachdem die Strukturkommission in ihrem darauf folgenden Bericht etliche z.T. sehr tief greifende Korrekturen in Lehre, Forschung und Organisation der Universität Hamburg anmahnt (vgl. z.B. Kommission „Zukunftsorientierte Hochschullandschaft Metropole Hamburg 2012“ 2003, S. 27ff. und 39), verfasste die Hochschule ein 80 Seiten starkes Entwicklungskonzept, welches sich zwar kritisch mit den Empfehlungen der Strukturkommission auseinandersetzt, dennoch aber die „Bemühungen des Präses der Behörde für Wissenschaft und Forschung“ unterstützen will, „die Hamburger Hochschullandschaft und dabei insbesondere die bedeutendste Hochschule des Landes, die Universität Hamburg, zu modernisieren und für die Ansprüche der Zukunft in Forschung und Lehre attraktiv zu gestalten“ (Universität Hamburg 2003a, Vorwort). Dennoch blieben die Konflikte mit der Politik nicht aus, da auch die auf Basis des Berichts der Strukturkommission vom Hamburger Senat beschlossenen „Leitlinien für die Entwicklung der Hamburger Hochschulen“ (siehe Kapitel V.1.1.1. und 1.2.) erhebliche Eingriffe in die Universität Hamburg vorsahen. Das betraf insbesondere die avisierte Verringerung des Fächer- und Studienangebots in den Geistes-, Kultur- und Sprachwissenschaften (Universität Hamburg 2003a, S. 58ff., Pressestelle
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der Universität Hamburg 2004 d, Pressestelle der Universität Hamburg 2004e), die Auslagerung von Studiengängen an andere Hochschulen (dies., S. 72ff.), aber auch die Fusion mit der HWP. Es wurde befürchtet, dass durch die Zusammenlegung der HWP mit den Fachbereichen Wirtschaftswissenschaften und Sozialwissenschaften eine zu große, „schwer führbare Einheit“ und kein zusätzlicher Nutzen, sondern nur „erhebliche Fusionskosten“ entstehen würde (dies., S. 62f.). Zudem wurde die Gefahr gesehen, dass der immerhin 6.000 Studierende umfassende Bereich mittelfristig als eigenständige Universität für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften verselbstständigt werden könnte. Grund für diese Annahme war eine entsprechende Empfehlung der Strukturkommission (Kommission „Zukunftsorientierte Hochschullandschaft Metropole Hamburg 2012“ 2003, S. 77ff.) und der daraus folgende Leitlinienbeschluss des Hamburger Senats, die neue Fakultät „zunächst“ unter dem Dach der Universität Hamburg einzurichten (Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg 2003, S. 13). Dagegen wehrte sich die Universität Hamburg: Die Zugehörigkeit der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften sei „völlig unverzichtbar“. Sowohl in der Lehre als auch in der Forschung seien andere Fächer auf die Zusammenarbeit mit diesen beiden Disziplinen angewiesen (Universität Hamburg 2003a, S. 14). Relativ positiv wurde dagegen der Beschluss des Hamburger Senates aufgenommen, die Universität Hamburg nicht mehr in 18 Fachbereiche (inklusive Medizin) sondern künftig in sechs große Fakultäten zu gliedern. Noch bevor im Mai 2005 ein entsprechendes Gesetz vom Hamburger Landesparlament verabschiedet wurde (Gesetz zur Fakultätenbildung an den Hamburger Hochschulen), begann die Universität Hamburg mit einem entsprechenden Umsetzungsprozess. Im Januar 2004 schlossen der Präsident und die Fachbereichsleitungen eine Vereinbarung, wonach die einzelnen Fächer zu „größeren und weitgehend eigenständigen Einheiten“ gebündelt werden sollten mit dem Ziel, eine weitere „Dezentralisierung von Entscheidungen“ sowie „mehr Raum für Eigeninitiative und Eigenverantwortung“ zu erreichen (Pressestelle der Universität Hamburg 2004a). Die Idee, die kleinteiligen Fachbereiche in umfassenderen Organisationseinheiten zusammenzuführen, hatte die Universität Hamburg schon seit einigen Jahre beschäftigt und war auch bei ProUni immer wieder Thema (vgl. Universität Hamburg 2001a, S. 187ff.). Die Initiative der Hamburger Landesregierung wirkte in diesem Punkt als eine Art verstärkender Katalysator für einen zwar „in der Luft liegenden“, aber universitätsintern nicht ganz einfach durchzusetzenden Veränderungsprozess. Die Frage nach der adäquaten Gestaltung interner Organisationsstrukturen stand und steht im deutschsprachigen Hochschulraum immer noch relativ weit oben auf der Reformagenda (vgl. Nickel 2004). Etliche Universitäten haben einen Neuzuschnitt ihrer dezentralen Ebene vorgenommen oder damit begonnen, wobei sich ein Trend zur Bildung größerer Subeinheiten herauskristallisiert hat. An der Universität Hamburg hat der Prozess der Fakultätenbildung vergleichsweise schnell zu einer weitreichenden Veränderung geführt. Bereits im Sommer 2004 beschloss der
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Akademische Senat der Universität Hamburg eine „Satzung der Universität Hamburg über die Bildung von Fakultäten“, in der vor allem festgelegt wird, welche Fachbereiche jeweils in einer Fakultät fusioniert werden (§2). Bis zum Frühjahr 2005 wurde die interne Neugliederung der Universität weitgehend umgesetzt. 3.2. Entwicklung und Anwendung neuer Leitungs- und Entscheidungsstrukturen Das Konzept, mit dem ProUni 1996 an den Start ging, folgte im Wesentlichen den bestehenden Trends in der Hochschulreform und orientierte sich dementsprechend auch am New Public Management. Das Programm „Leistungsfähigkeit durch Eigenverantwortung“, welches über einen Zeitraum von zehn Jahren hinweg bundesweit insgesamt zehn Universitätsentwicklungsprojekte förderte, basierte auf den Thesen einer von der Volkswagen-Stiftung finanzierten und 1993 erschienenen Studie von Karl Alewell mit dem Titel „Autonomie mit Augenmaß“. Danach sollten Universitäten die Erhöhung ihrer Leistungsfähigkeit vor allem durch den wirksameren Einsatz verfügbarer Mittel, vereinfachte und schnellere Verfahren und Prozesse sowie eine Stärkung der Verantwortungsstrukturen erreichen. Das betraf vor allem die Leitungsebene. Statt sich weiterhin hinter Gremienentscheidungen verstecken zu können, sollten Führungspositionen künftig klar ausgewiesen und mit verbesserten Durchsetzungsmöglichkeiten ausgestattet sein. Dadurch sollte die Verantwortung für Entscheidungen zurechenbarer und transparenter werden. Weiterhin sollten Entscheidungskompetenzen und Entscheidungspflichten dort angesiedelt werden, wo für die „Folgen eingestanden werden kann und muss“ (vgl. Volkswagen-Stiftung 1998, S. 6) und das bedeutet in der Regel eine Neuordnung des Verhältnisses von zentralen und dezentralen Organisationseinheiten. Vor diesem Hintergrund spielte das Thema „Dezentralisierung“ bei der von ProUni durchgeführten Reorganisation der Leitungs- und Entscheidungsstrukturen eine prominente Rolle. Verankert waren die diesbezüglichen Reformprojekte vor allem im Teilprojekt 2 „Stärkung der Fachbereiche“ und im Teilprojekt 3 „Reorganisation der Zentralverwaltung“. So zielte das Teilprojekt 2 auf „die Stärkung der Leitungs-, Verwaltungs- und Selbstverwaltungsfunktionen der Fachbereiche gegenüber den Instituten und der Zentralebene“ ab (Universität Hamburg 1997, S. 9) und leitete damit einen Prozess der organisatorischen Verselbstständigung der Fachbereiche ein, der später durch das Hamburger Fakultätengesetz nicht nur fortgeführt, sondern auch weiter zugespitzt wurde (siehe Kapitel V.1.3). Dagegen prüfte das Teilprojekt 3 die bestehnde Rollen- und Aufgabenteilung zwischen Zentralverwaltung und Fachbereichsverwaltung, leitete Schritte zur Verbesserung auf beiden Ebenen ein und begann darüber hinaus mit der Verlagerung einiger Kompetenzen von der zentralen auf die dezentrale Ebene. Ziel war u.a., die Fachbereichsverwaltungen stärker zu professionalisieren. Die sich daraus ergebende Umstrukturierung der Zentralverwaltung sollte bottom-up hochwachsen, d.h. im Prozessverlauf sollten
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einzelne Veränderungsprojekte entstehen, die erst ganz zum Schluss zu einem Gesamtkonzept zusammengebunden werden und in eine neue Struktur münden sollten. Eine Reorganisation des Präsidiums oder eine Straffung der Gremienstruktur wie an der HWP wurden zwar immer wieder angedacht (vgl. Pro Uni Extrablatt 1998, S. 3), aber nicht systematisch in einem Teilprojekt verfolgt. Infolgedessen konzentrierte sich die Reform der Leitungs- und Entscheidungsstrukturen zunächst auf die Dekanate sowie auf die Fachbereichs- und Präsidialverwaltung. Auf der dezentralen Ebene der Universität Hamburg wurden von ProUni vor allem folgende Maßnahmen zur Professionalisierung der Leitungs- und Entscheidungsstrukturen durchgeführt: ► Erprobung von Fachbereichsvorständen Nachdem die Fachbereiche der Universität Hamburg bereits seit 1996 zunächst ihre Sach- und später auch Personalmittel eigenständig verwalteten, sollte der erweiterten Finanzautonomie auch eine größere Eigenständigkeit bei der Entscheidungsfindung und -umsetzung folgen. Dazu sollten vor allem die Leitungsstrukturen gestärkt werden, und zwar „nicht nur gegenüber der Universitätsleitung, da sind die Dekane durch ihre Entscheidungsbefugnis über ‚ihren’ Haushalt schon stark, sondern gegenüber dem Fachbereich beziehungsweise den Kollegen aus dem Fachbereich, die stärker als bisher in die Fachbereichsentwicklung eingebunden werden müssen, damit verantwortungsbewusste Lehre, Grundlagenforschung, Maßnahmen für den wissenschaftlichen Nachwuchs etc. tatsächlich unter Ausnutzung von Synergieeffekten, das heißt in Absprache und kooperativ stattfinden können“ (Bülow-Schramm 2002, S. 21). Als zentraler Lösungsansatz galten „Fachbereichsteams oder -vorstände aus drei Personen (Dekanin oder Dekan, zwei Prodekane) bei arbeitsteiliger Aufgabenerledigung in Ressorts“ (Bülow-Schramm 2003a, S. 169). Der Einrichtung kollegialer Fakultäts- bzw. Fachbereichsleitungen liegt dieselbe Annahme zugrunde, wie der Einrichtung kollegialer Universitätsleitungen mit Ressortverantwortung: Je umfangreicher und komplexer die Aufgaben, desto umfangreicher und komplexer müssen auch die Leitungsstrukturen sein. Dieser Überzeugung folgend hat ProUni das Modell der „Fachbereichsvorstände“ in vier dezentralen Organisationseinheiten erprobt: Sprachwissenschaften, Erziehungswissenschaft, Physik und Informatik (vgl. Universität Hamburg 2001a, S. 45ff.). Zusammensetzung und Ressortzuschnitt innerhalb der Leitungsteams waren je nach Fachbereich unterschiedlich. So gab es im Fachbereich Informatik eine DekanIn , welche die laufenden Geschäfte inklusive Personal- und Mittelbewirtschaftung führte, und drei ProdekaneInnen. Von diesen war einer/eine hauptsächlich als StellvertreterIn der DekanIn tätig, während die anderen beiden die Aufgabenfelder „Lehre und Studium“ sowie „Forschung und wissenschaftlicher Nachwuchs“ betreuten. Dagegen gab es im Fachbereich Sprachwissen-
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schaften eine DekanIn, welche sich um die Fachbereichsentwicklung und Selbstverwaltungsaufgaben kümmerte, und nur zwei ProdekanInnen. Diese kümmerten sich einerseits um Haushalts- und Planungsfragen und andererseits um Forschung, Lehre und Studium. Um die Rolle der DekanInnen zu stärken und sie mit entsprechenden Führungskompetenzen auszustatten, wurden Fortbildungen zu Struktur-, Finanz-, Rechts- und Personalfragen angeboten, die sich einer großen Nachfrage erfreuten. Zudem wurde die Amtszeit der DekanInnen auf vier Jahre erhöht, um durch mehr Kontinuität auch mehr Professionalität in der Amtsführung zu erreichen. Aus Sicht von ProUni verlief die Erprobung der Fachbereichsvorstände „äußerst positiv“, denn „der Anteil strategischer Steuerung der Fachbereiche konnte gegenüber der bloßen Administration des laufenden Geschäfts entscheidend gesteigert werden“ (Bülow-Schramm 2003a, S. 169). Eine Evaluation oder wissenschaftliche Untersuchung dieses Pilotversuchs wurde allerdings nicht durchgeführt. In einem abschließenden Reflexionsworkshop mit VertreterInnen der Fachbereiche fiel die Beurteilung der von ProUni unterstützten Veränderungen „weitgehend positiv“ aus (Universität Hamburg 2001a, S. 96), jedoch wurde auch Kritik an den Fachbereichsvorständen geäußert. Diese bezog sich vor allem auf eine zu geringe Entlastung beim Lehrdeputat, das Fehlen einer funktionsgerechten Bezahlung und die mit vier Jahren als zu lang empfundene Amtszeit. In einer Zwischenbilanz der am Modellversuch beteiligten DekanInnen und ProdekanInnen im Jahr 1999 (Pro Uni Zeitschrift 1/1999, S. 6ff.) wurden die Fachbereichsvorstände dagegen durchweg als fortschrittlich gelobt. Insgesamt scheinen die Erfahrungswerte mit den Leitungsteams auf der dezentralen Universitätsebene also positiv zu sein, doch sichere Erkenntnisse liegen nicht vor. ► Neustrukturierung der Fachbereichsverwaltungen Anders als die Fachgebiete der HWP, die als kleine Organisationseinheiten nur über eingeschränkte Verwaltungsressourcen in Form von Sekretariaten verfügten, waren die Fachbereiche der Universität Hamburg mit eigenständigen Verwaltungen ausgestattet, an deren Spitze in der Regel eine Verwaltungsleiterin/ein Verwaltungsleiter stand. In Ausstattung und Zusammensetzung waren die Fachbereichsverwaltungen sehr unterschiedlich. Neben einem Fachbereichsplaner, der in enger Kooperation mit dem beim Präsidenten angesiedelten zentralen Planungsstab arbeitete, gab es noch eine Reihe von SachbearbeiterInnen, die sich vor allem um Haushalts- und Selbstverwaltungsfragen sowie um die Lehrorganisation kümmerten. Konsens bei ProUni war, dass die Stärkung der Fachbereiche nicht allein über die Veränderung der Leitungsstruktur zu erreichen sein würde, sondern dass auch die Fachbereichsverwaltungen in den Veränderungsprozess miteinbezogen
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werden sollten. Dies geschah in mehrfacher Hinsicht. So wurde die Prüfungsverwaltung nach Auflösung der zentralen Prüfungsämter in die Fachbereichsverwaltungen verlagert, um „eine stärkere Verbindung der Prüfungskompetenz mit der Lehrverantwortung der Fachbereiche“ herzustellen (Universität Hamburg 2001a, S. 58). Ähnliches war auch für die Drittmittelverwaltung geplant, doch deren Dezentralisierung gelang nicht so umfassend. Zwar konnte ein Konzept erstellt werden, doch war dessen Umsetzung nur ansatzweise möglich. Die Gründe dafür lagen hauptsächlich in einer weiterhin unklaren Kompetenzverteilung zwischen Zentral- und Fachbereichsverwaltungen und fehlenden Stellenkapazitäten (dies., S. 116f.). Über diese Einzelmaßnahmen hinaus sollten die Arbeitsstrukturen der Fachbereichsverwaltungen insgesamt überprüft werden. Dazu bildete sich eine Arbeitsgruppe von VerwaltungsleiterInnen aus fünf Fachbereichen, die unter externer Moderation zunächst eine Aufgabenanalyse durchführten und auf dieser Basis dann Vorschläge für verbesserte Arbeitsabläufe entwickelten (vgl. Qualen o.J.). Die größte Umstrukturierung nahm der Fachbereich Erziehungswissenschaften vor. Dieser richtete neben der herkömmlichen Fachbereichsverwaltung zwei neue Stellen zur Qualitäts- sowie Personal- und Strukturentwicklung ein. Insgesamt kam es jedoch zu keiner flächendeckenden oder gar einheitlichen Veränderung der Fachbereichsverwaltungen. Auf der zentralen Ebene lag der Fokus lange Zeit hauptsächlich auf der Reorganisation der Präsidialverwaltung. In elf Entwicklungsfeldern, welche sich von der Personalverwaltung über das Gebäude- und Raummanagement bis hin zum Wissens- und Technologietransfer erstreckten, wurde während eines dreijährigen Prozesses, häufig mit Hilfe externer Beratungsfirmen, eine Fülle von Veränderungen durchgeführt (vgl. Universität Hamburg 2001a, S. 97ff.). Leitungsstrukturen spielten dabei keine große Rolle. Zwar gab es ein Entwicklungsfeld „Leitung/Führung“, doch dieses beschäftigte sich schwerpunktmäßig mit der Etablierung einer neuen Führungskultur. Es ging darum, „die Grundlagen für einen veränderten, zeitgemäßen Umgang zwischen Vorgesetzten und Mitarbeiter/inne/n durch die Erarbeitung von Führungskräftestandards, Schulungsstandards für Führungskräfte und die Einführung von Personalentwicklungsinstrumenten zu schaffen“ (Universität Hamburg 2001a, S. 127). Infolgedessen entstanden Leitlinien zur Zusammenarbeit und Führung für die Präsidialverwaltung (Universität Hamburg 2001c), auf deren Basis später auch das Vorgesetzten-Mitarbeiter-Gespräch eingeführt wurde. Ungefähr ein Jahr vor Ende von ProUni stand die Frage im Raum, ob und welche Konsequenzen die Veränderungen in den elf Entwicklungsfeldern für die Aufbauorganisation der Zentralverwaltung haben könnten. Zur Klärung dieser Frage bildete sich im Mai 2000 eine Arbeitsgruppe, die bis Anfang November 2000 insgesamt neun Sitzungen abhielt, welche in Bandaufzeichnungen und Protokollen dokumentiert wurde. Die Moderation oblag Pro Uni. Mitglieder der zehnköpfigen AG
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waren: Der Leitende Verwaltungsbeamte, die Leiterin des Referates Personal und Organisation, der Geschäftsführer von ProUni, die vier Referatsgruppenleiter der Zentralverwaltung, der Leiter des Planungsstabes sowie zwei Vertreter/innen des Personalrats. Da die Reorganisation der Präsidialverwaltung als bottom-up-Prozess angelegt war, blieb der Präsident bei den Sitzungen der AG zunächst außen vor. Erst im Verlauf der mehrmonatigen Arbeit – vor allem nachdem klar wurde, dass nicht nur die Aufbauorganisation der Zentralverwaltung, sondern auch die Universitätsleitung einer grundlegenden Neustrukturierung bedurfte – wurde der Präsident aktiv in die Arbeit der AG miteinbezogen. In der Diskussion zwischen AG und Präsident konnte nach anfänglicher Skepsis am Ende doch ein Konsens darüber erzielt werden, dass es sinnvoll sei, den Neuzuschnitt der Aufbauorganisation mit der Reform der Universitätsleitung zu verbinden. Hinzu kam, dass der Zeitpunkt für eine Neustrukturierung des Präsidiums insofern günstig war, als die Novellierung des Hamburgischen Hochschulgesetzes bevorstand, welche u.a. die Einführung kollegialer Hochschulleitungen vorsah (Hamburgisches Hochschulgesetz 2001, §79). AG und Präsident hatten also die Möglichkeit, eine Veränderung zu antizipieren, die sowieso in naher Zukunft auf die Universität Hamburg zukommen würde. Nach kontroversen Debatten innerhalb der AG, die sich vor allem um das schwierige Verhältnis zwischen Wissenschaft und Verwaltung sowie um die Machtverteilung zwischen Präsidium und Führungskräften in der Verwaltung drehten, lag ein Konzept für ein gemeinsames Reformkonzept für die zentralen Leitungs- und Verwaltungsstrukturen vor. Das bisherige Muster hatte die Form einer klassischen Stab-Linien-Organisation, wonach der monokratische Präsident, unterstützt von zwei Vizepräsidenten und einer Reihe von Stabs- und Projektstellen, die Universität führte. Der leitende Verwaltungsbeamte war zwar dem Präsidenten unterstellt, durfte aber als alleiniger Chef die Präsidialverwaltung führen, welche neben drei Stabsstellen aus vier Referatsgruppen mit jeweils einem Referatsgruppenleiter/einer Referatsgruppenleiterin an der Spitze bestand. Insgesamt ergab sich folgendes Bild:
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Abb. 34 Die neu konzipierte Leitungs- und Verwaltungsstruktur der Universität Hamburg unterschied sich in mehreren Punkten deutlich von diesem Strukturmodell und ähnelte insbesondere in ihren Kooperationsbeziehungen dem der HWP. Im Ergebnis wurde nun auch die Universität Hamburg von einem aufgabenteilig arbeitenden Team geleitet, welches die strategisch-politischen Entscheidungen zu verantworten hat. Die Zentralverwaltung besteht nicht mehr aus Referatsgruppen, sondern aus Abteilungen, die direkt dem Ressortverantwortlichen im Präsidium unterstellt sind, und zwar nicht nur wie bei der HWP in fachlicher Hinsicht, sondern auch in punkto Dienstaufsicht. Mit diesem 2001 implementierten Leitungsund Verwaltungsmodell hat die Universität Hamburg zudem auf der zentralen Ebene ähnliche Strukturen etabliert, wie sie auf der dezentralen Ebene in Form von Fachbereichsvorständen bereits einige Zeit vorher erprobt worden waren.
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Abb. 35 Die Ressortaufteilung unter den Präsidiumsmitgliedern orientiert sich im aktuellen Leitungsmodell zum einen an den im Leitbild fixierten strategischen Entwicklungszielen der Universität Hamburg (die Forschung zu stärken, die Internationalisierung zu fördern, die Qualität von Lehre und Studium zu entwickeln und die Offenheit des Hochschulzugangs sicherzustellen) und zum anderen an den Querschnittsaufgaben wie Universitätsentwicklung, Kommunikation, Finanzen, Bau und Recht (vgl. Nickel 2003). Dadurch sollen das zielgerichtete Management und das abgestimmte Führungshandeln unterstützt und verbessert werden. Auf der operativen Ebene macht der neue strategische Leitungsstil eine Neuverteilung der Rollen zwischen Präsidium und Verwaltung notwendig. Dazu wird eine Art „mittleren Managements“ auf Verwaltungsebene geschaffen. Diese, in der oben stehenden Grafik ‚operative Leitung’ genannten FunktionsträgerInnen, sind zwar an die von der Universitätsleitung vorgegebenen strategisch-politischen Ziele gebunden, sollen aber eigene Ideen einbringen und selbstständig für Ergebnisse sorgen, die sowohl in qualitativer als auch in quantitativer Hinsicht den Vorstellungen des Präsidiums
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entsprechen. Damit ist die Verwaltung kein bloßer Administrator mehr, sondern ein aktiv handelnder, unterstützender Servicebereich. Ähnlich gravierend verändert sich auch die Rolle des leitenden Verwaltungsbeamten, der gemäß Hamburgischem Hochschulgesetz 2001 nunmehr Kanzler heißt. Dieser ist dem Präsidenten zwar weiterhin unterstellt, doch nimmt er innerhalb des Präsidiums jetzt die Position eines ressortverantwortlichen Teammitglieds ein. Das bedeutet, der Kanzler leitet nicht mehr die gesamte Verwaltung, sondern nur noch die Verwaltungsabteilungen, die seinem Aufgabenbereich zugeordnet sind. Darüber hinaus koordiniert er die laufenden Geschäfte der Präsidialverwaltung, d.h. er stellt sicher, dass bei der Bearbeitung zentraler Probleme alle dafür kompetenten Abteilungen eingebunden sind und er sorgt durch regelmäßige Gesprächsrunden für den kontinuierlichen Kommunikationsfluss zwischen den Abteilungen. Die neue Aufbauorganisation der Zentralverwaltung orientiert sich – wie auch die neue Ressortstruktur des Präsidiums – an den im Leitbild fixierten strategischen Entwicklungszielen der Universität. So werden die bisherigen vier Referatsgruppen durch neun Abteilungen ersetzt (siehe obige Grafik). Dagegen reduziert sich die Zahl der Stabsstellen: Zwei Stabsstellen (Planung und Pressearbeit) werden als Abteilungen in die Linie, eine Stabsstelle (FIT) wird in die neue Abteilung Forschung integriert. Die neun Abteilungen bilden eigenständige Einheiten, oder anders ausgedrückt Module. Ziel der Modularisierung ist es, das Denken und Handeln in Zuständigkeiten durch ein problem- und lösungsorientiertes Denken und Handeln zu ersetzen. Eine auf diese Weise veränderte Verwaltung benötigt darauf abgestimmte Arbeitsformen, wie z.B. die Arbeit in zeitlich befristeten Projektgruppen. Seit ihrer Implementierung im Winter 2001/2002 besteht die neue Leitungs- und Verwaltungsstruktur der Universität Hamburg unverändert. Aus Sicht des Präsidiums liegt das vor allem an deren Qualität: „Die neue Struktur ist eingeschränkt akzeptiert und bewährt sich in der praktischen Arbeit unglaublich. Das Ressortprinzip mit der direkten Zuordnung von Verwaltungsabteilungen läuft völlig reibungslos und ist total akzeptiert. Eine andere Arbeitsform ist gar nicht mehr denkbar. Insbesondere die wechselseitige Information im Präsidium ist sehr hilfreich“ (Experteninterview 4, November 2003). Auch die veränderte Rolle des Kanzlers bereite keine Probleme: „Es gab nie einen Konflikt darüber. Die Abteilungsleiter erleben die neue Struktur als Aufwertung, weil der Kanzler nicht dazwischen ist. Die Tatsache, dass sich die Ressortverantwortlichen ständig in der Verwaltung zeigen und direkt kommunizieren, wird als Zuwendung von Interesse wahrgenommen“. Insgesamt betrachtet der Präsident den Erfolg der neuen Leitungs- und Verwaltungsstruktur als eine Art „Konsensrendite“(das.), die durch die intensive Einbeziehung der MitarbeiterInnen in den Entwicklungsprozess entsteht: „Dadurch muss zwar viel Zeit investiert werden und Entscheidungsprozesse verlangsamen sich, doch das Ergebnis trägt länger.“ (das.)
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In der Tat wurde auch in die Implementierungsphase noch einmal viel Energie investiert. Dabei ging es vor allem darum, eine neue Leitungskultur auf zentraler Ebene zu etablieren. Dazu führte ProUni im Mai 2001 zunächst einen eintägigen Führungskräfteworkshop durch. TeilnehmerInnen waren die designierten Mitglieder der strategisch-politischen Leitungen und die künftigen AbteilungsleiterInnen der Präsidialverwaltung. Ziel war es, eine Vereinbarung als transparente Grundlage für die künftige Zusammenarbeit der Leitungsebenen zu erarbeiten, und zwar in folgenden Punkten: • Führungsverständnis (kooperativ bei klaren Verantwortlichkeiten) • Strategiebildung (Festlegung und operative Umsetzung von Zielen) • Entwicklung von Anforderungsprofilen an die künftigen Präsidiumsmitglieder • Die Rolle des Kanzlers/der Kanzlerin • Wege der Kommunikation und Dokumentation der Ergebnisse • Umgang mit Konflikten • Vertretungsregelung Im September 2001 fand ein zweiter Führungskräfteworkshop statt, bei dem der Stand der Entwicklungen in den Ressorts und Abteilungen abgefragt wurde. Das Ergebnis: Die Umsetzungsarbeiten in den Abteilungen waren so weit fortgeschritten, dass einer Umsetzung der neuen Präsidiums- und Verwaltungsstruktur nichts mehr im Wege stand. Allerdings war noch nicht hinreichend geklärt, wie das Präsidium künftig Strategieentwicklung betreiben wollte. Deshalb wurde von ProUni ein separater Strategieworkshop mit der politisch-strategischen Leitung durchgeführt, der zu einer Klärung der Ressortgrenzen und Zielsetzungen für das kommende Jahr führte. Diese Form der Strategieplanung hat sich inzwischen etabliert und wird in regelmäßigen Abständen durchgeführt (Experteninterview 4, Juni 2004). Dennoch: Trotz dieser offensichtlichen Konsensrendite war und ist es für den Erfolg der neuen kollegialen Leitungs- und Verwaltungsstruktur offenbar nicht unerheblich, dass sie dem hochschulreformerischen Mainstream entsprach und ihre Einführung durch einen gewissen Außendruck flankiert wurde: „Für die interne Durchsetzbarkeit war es wichtig, dass sich die Neuregelung im Gesetz abgebildet hat“ (das.). Allerdings hat der Außendruck insbesondere durch die Begutachtung durch die vom Hamburger Senat beauftragte Expertenkommission im Jahr 2002 als auch die Novellierung des Hamburgischen Hochschulgesetzes im Jahr 2003 in einer Weise zugenommen, dass die Universität Hamburg nicht umhin kam, nach
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kurzer Zeit weitere Veränderungen in ihrer Leitungs- und Entscheidungsstruktur vorzunehmen. Dabei handelt es sich zum einen um die Implementierung eines Hochschulrates mit weitreichenden Entscheidungskompetenzen (siehe Kapitel V.1.3.). Dem Gremium, welches im Jahr 2004 seine Arbeit aufnahm, gehören neun Mitglieder an, von denen jeweils vier die Universität und der Hamburger Senat benennen. Das neunte Mitglied wählt der Hochschulrat selbst aus. Die Einrichtung des Hochschulrates hat auf die Beschaffenheit der universitätsinternen Leitungs- und Entscheidungsstruktur erhebliche Auswirkungen, insbesondere auf die Rolle des Akademischen Senates, dessen Entscheidungskompetenzen sich künftig hauptsächlich auf die akademischen Angelegenheiten konzentrieren, während er in strategischen Fragen nur noch ein Mitspracherecht hat. Auch die Rolle des Präsidiums verändert sich. Zum einen hat es gegenüber dem neuen „Aufsichtsrat“ Rechenschaftspflichten und Abstimmungsnotwendigkeiten zu beachten, zum anderen darf es aber mehr alleine entscheiden. Insgesamt ergibt sich daraus folgende aktuelle Struktur:
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Noch nicht absehbar ist, welche mittel- und langfristigen Folgen die Fakultätenbildung auf die Leitungs- und Entscheidungsstruktur der Universität hat. Wie zu Beginn dieses Kapitels bereits angesprochen, forciert das „Gesetz zur Fakultätenbildung an den Hamburger Hochschulen“ die von ProUni eingeleitete „Stärkung der Fachbereiche“ insofern, als es aus den Fakultäten der Sache nach „Sektionen“ macht (vgl. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg 2003, S. 12ff.), die relativ unabhängig vom Präsidium agieren können. Diese Form der Verselbstständigung der dezentralen Organisationseinheiten fördert weniger die Entwicklung zum korporativen Akteur als vielmehr zu einer Art Holding. Eine Universitäts-Holding könnte aus einer Reihe von „Schools“ bestehen, die ihre Geschäfte weitgehend eigenständig führen und – wie es die Medizin-Fakultät bereits jetzt schon tut – nur noch sehr lose unter dem Dach der Universität gekoppelt sind. 3.3. Entwicklung und Anwendung interner Zielvereinbarungen zur strategischen Steuerung und Organisationsentwicklung Die Entwicklung und Implementierung eines internen Zielvereinbarungssystems zur strategischen Steuerung und Organisationsentwicklung war an der Universität Hamburg, anders als an der HWP, nicht direkt mit der Reform der zentralen Leitungs- und Entscheidungsstrukturen verknüpft, sondern primär an das Leitbild gekoppelt. Im Teilprojekt 1 von ProUni entstanden in einem rund drei Jahre dauernden Prozess „leitbildorientierte Zielvereinbarungen“ (Bülow-Schramm 2003b, S. 74ff.). Entsprechend wurde zunächst sehr viel Energie in die Entwicklung eines Leitbildes investiert. Anknüpfend an die Arbeit eines bereits 1995 eingesetzten Ausschusses des Akademischen Senats für Zielfindung und Profilbildung (Universität Hamburg 1997, S. 7) wurde in vielen Gruppendiskussionen und moderierten Großveranstaltungen ab Sommer 1997 gemeinsam mit allen Statusgruppen nach einer konsensfähigen Corporate Identity gesucht: „Heraus kam ein Leitbild, das gezielt kurz gefasst ist und Merkpunkte bietet, die in ihrer Zusammenschau ein Profil ergeben und die in ihrer Komposition auf andere Universitäten nicht zutreffen, also Differenzierung leisten“ (Bülow-Schramm 1999, S. 46). Die Besonderheit des Leitbildes der Universität Hamburg zeigte sich nach Auffassung der Projektverantwortlichen vor allem darin, dass es nicht nur Werte und Normen, sondern auch künftige Entwicklungsziele der Organisation benannte, und zwar:
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►Internationalisierung von Bildung und Wissenschaft ►Zusammenarbeit mit Stadt und Region ►Fächerübergreifende Kooperation ►Höchstmögliche Qualität der Aufgabenerfüllung ►Individuelle und korporative Verantwortlichkeit ►Offenheit des Zugangs zu Bildung und Wissenschaft Darüber hinaus werden diese sechs Globalziele in Beziehung zu den gesetzlichen Aufgaben gesetzt: ● Forschung ● Lehre, Studium, Weiterbildung ● Nachwuchsförderung ● Selbstverwaltung und Verwaltung Die Kategorien wurden in einer Matrix gegenübergestellt, so dass sich 24 Handlungsfelder ergaben. Diesen wurden die Veränderungsprojekte und -maßnahmen, welche die Universität zu ihrer strategischen Weiterentwicklung durchführen sollte, zugeordnet. Auf diese Weise entstand die „Hamburger Strategie einer leitbildgesteuerten Universitäts- und Fachbereichsentwicklung“ (Bülow-Schramm 1999). Diese Leitbild-Strategie, welche im Juni 1998 vom Akademischen Senat beschlossen wurde, bildete den Bezugsrahmen für das interne Zielvereinbarungssystem zur strategischen Steuerung und Organisationsentwicklung. Es sollte deutlich werden, „dass Zielvereinbarungen nicht isolierte Einzelmaßnahmen sind, sondern als Teil eines systemischen Veränderungsprozesses gestaltet werden“ (Universität Hamburg 2001b, S. 5). Der Prozess zur Findung von Projekten und Maßnahmen, welche „der strategischen Entwicklung der Fachbereiche dienen und der Unterstützung durch die Universität bedürfen“ (Universität Hamburg 2001a, S. 25), begann im Sommer 1999 mit einer zweitägigen Klausurtagung, an der neben der Universitätsleitung und den Teilprojektverantwortlichen bei ProUni vor allem DekanInnen , ProdekanInnen , FachbereichsplanerInnen und Mitglieder des Planungsstabes teilnahmen. Im Ergebnis wurde eine erste Verständigung über die Funktion interner ZV erreicht, wobei sich die Anwesenden dafür aussprachen, dass die Anreize für ZV nicht finanzieller Natur sein, sondern auf der Ebene „fachlicher Reputation und gesellschaftlich wertender Anerkennung“ liegen sollten (Universität Hamburg 1999, S. 83).
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Im weiteren Verlauf konzentrierte sich der Prozess dann fast ausschließlich auf die Fachbereiche. Einige führten mit Unterstützung von ProUni Strategietage durch, um „die Konsens- und Dissenslinien über Zielvereinbarungen allgemein und einzelne Projekte im besonderen festzustellen und das weitere strategische Vorgehen zu planen“ (Universität Hamburg 2001a, S. 26). Zudem wurden im März und November 2000 zwei weitere Klausurtagungen durchgeführt, die sich jetzt allerdings im Wesentlichen nur noch an DekaneInnen richteten. Bei diesen Dekaneklausuren, an denen auch der Präsident teilnahmen, informierten sich die Fachbereiche gegenseitig über ihren Planungsstand, wobei auch die politischen Rahmenbedingungen ein prominentes Thema waren. Die Diskussion kreiste immer wieder um die schlechte Finanzausstattung der Universität und gipfelte schließlich in einer FünfPunkte-Erklärung, die am 24. März 2000 veröffentlich wurde und in den Lokalzeitungen für Schlagzeilen wie „Der Uni geht die Luft aus!“ (Hamburger Morgenpost vom 27. März 2000) oder „Uni-Notruf: Stoppt den Sparkurs!“ (Hamburger Abendblatt vom 27. März 2000) sorgte. Grundtenor der Erklärung war: „Die Spielräume für Innovationen sind angesichts der Einsparungen in Forschung und Lehre und in der Universitätsverwaltung ausgeschöpft“ (Universität Hamburg 2001b, S. 66). Dennoch schlossen bis Ende 2000 insgesamt zehn von 17 Fachbereichen (ohne Medizin) erstmals ZV mit dem Präsidenten der Universität Hamburg ab. Diese waren als „weiches Steuerungsinstrument“ (Universität Hamburg 2001a, S. 41) angelegt, d.h. weder wurde die Nichterfüllung der ZV sanktioniert noch gab es eine Verknüpfung mit dem internen Budgetierungssystem, welches den Fachbereichen der Universität Hamburg bereits seit Mitte der 90er Jahre indikatorengesteuert ihre Mittel zuweist (vgl. Kapitel V.3.1.). Stattdessen sollte im Rahmen der universitätsinternen ZV für ausgewählte Projekte und Maßnahmen eine Anschubfinanzierung gewährt werden. Dieses war indes nur eingeschränkt möglich: Das hochschuleigene Budgetierungssystem war so konzipiert, dass komplett alle Finanzmittel auf die Fachbereiche verteilt wurden und der Präsident demzufolge kein Innovationsbudget zurückbehalten und damit auch keine Anschubfinanzierung gewähren konnte. Diese Lücke füllte ProUni zumindest teilweise, indem es aus seinen Projektmitteln ausgewählte Vorhaben der Fachbereiche auf Antrag in ihrer Startphase fördert. Die Pilot-ZV waren zwar vom Umfang her recht unterschiedlich und bewegten sich zwischen einer Seite (Fachbereich Chemie) bis hin zu 16 Seiten (Fachbereich Biologie), doch in ihrer Struktur waren sie relativ homogen (vgl. Universität Hamburg 2000b, S. 43–88).
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Sie gliedern sich nach 1.
Vorhaben des Fachbereichs,
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Beitrag der Universitätsleitung,
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Bezug zum Leitbild.
Darüber hinaus enthielten sie am Schluss eine Regelung zur Berichtspflicht, wonach sich Fachbereich und Präsidium ein Jahr später treffen sollten, um sich gegenseitig über den Fortgang der Projekte zu informieren. Eine explizite Bezugnahme zu den ZLV mit der Hamburger Wissenschaftsbehörde fand sich in den universitätsinternen ZV kaum oder wenn, dann meist nur indirekt. Bezugsrahmen der vereinbarten Projekte und Maßnahmen war – wie zu Beginn dieses Kapitels vorgestellt – in erster Linie die Leitbild-Strategie der Universität Hamburg. Das bedeutet, die Projekte und Maßnahmen waren in der Regel einem der dort genannten Entwicklungsziele zugeordnet. Die Anforderungen der politischen Umwelt spielten zwar in den Diskussionen zwischen Universitätsleitung, ProUni und den Fachbereichen immer wieder eine Rolle, so z.B. durch die Einladung der Hamburger Wissenschaftssenatorin zur Klausur der DekanInnen im November 2000, doch auf das Planungsgeschehen hatte dies – anders als bei der HWP mit ihrem kombinierten Planungsverfahren von internen und externen ZLV – keine tiefer gehenden Auswirkungen. Verwirrung stiftete bei der Implementierung der leitbildorientierten Zielvereinbarungen allerdings die Tatsache, dass seit ungefähr drei Jahren bereits ein anderer ZV-Typus an der Universität Hamburg praktiziert wurde und zwar ZV als FollowUp nach Peer-Evaluationen. Wie geschildert, hatte die Universität Hamburg gemeinsam mit anderen norddeutschen Hochschulen in der ersten Hälfte der 90er Jahre begonnen, ihre Fächer einer regelmäßigen Qualitätssicherungsprüfung mit dem Ziel zu unterziehen, die Qualität von Studium und Lehre systematisch weiterzuentwickeln. Um zu gewährleisten, dass die Fächer nach ihrer Evaluation auch tatsächlich qualitätsverbessernde Maßnahmen einleiten, wurden entsprechende ZV zwischen dem Präsidenten und den Fachbereichen abgeschlossen. Diese ZV, deren genaue Funktionsweise im Kapitel IV. 3.2.2.1. beschrieben und analysiert ist, wurden erstmals Mitte der 90er Jahre praktisch umgesetzt und waren mit einem finanziellen Anreizsystem ausgestattet. Die Laufzeit beträgt nicht, wie bei den leitbildorientierten ZV nur ein Jahr, sondern erstreckt sich über eine längere Periode. Grund dafür ist, dass dieser ZV-Typus an die Peer-Evaluationen gekoppelt ist, welche in mehrjährigen Abständen erfolgen. So nahm der erste Evaluationszyklus, bei dem alle größeren Studienfächer einmal evaluiert wurden, neun Jahre in Anspruch (1994–2003). In diesem Zeitraum wurden mit den Fächern zu unterschiedlichen Zeitpunkten ZV zur Qualitätsentwicklung der Lehre abgeschlossen und zwischendurch Monitorings durchgeführt, um die langen Zeiträume bis zum nächsten Ab-
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schluss der ZV nicht untätig verstreichen zu lassen (Experteninterview 2, Mai 2003). Im Ergebnis weist die Universität Hamburg also ein zweigliedriges Zielvereinbarungssystem auf, welches die strategische Entwicklung der Organisation von der Qualitätsentwicklung trennt:
Abb. 37 Die Frage, warum bei der Entwicklung und Implementierung der ZV zur strategischen Steuerung und Organisationsentwicklung die bereits existierenden ZV zur Qualitätsentwicklung nicht miteinbezogen oder integriert worden sind, ist unklar. In den ProUni-Dokumenten gibt es dazu keine schlüssigen Erklärungen oder Begründungen. Offensichtlich ist allerdings, dass die Arbeit von ProUni und der Stabsstelle für Evaluation weitgehend nebeneinander herlief: „Es gab kaum Verbindungen oder Kontakte“ (Experteninterview 2, Mai 2003). Das Thema „Qualität“ stellte an der Universität Hamburg einen separaten Reformbereich dar – zumindest solange ProUni lief. Nach dem Ende des von der Volkswagen-Stiftung geförderten Hochschulentwicklungsprojektes im Herbst 2001 wurde von der im Rahmen der Reorganisation der zentralen Leitungs- und Verwaltungsstrukturen neu geschaffenen Verwaltungsabteilung für Hochschulentwicklung (ehemals Planungsstab) ein erster Versuch gestartet, die beiden ZV-Typen systematisch näher zusammenzubringen. Dies geschah in Form einer gemeinsamen Abfrage zum
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Stand der Umsetzung beider ZVs (Universität Hamburg 2003b). Auch die Stabsstelle für Evaluation, die in Personalunion auch die Geschäftsstelle für den Evaluationsverbund Norddeutscher Universitäten (Nordverbund) ist, hat erste Schritte unternommen, die Qualitätsentwicklung von Studium und Lehre stärker in die strategischen Entscheidungsfindungsprozesse zu integrieren und dazu im Sommer 2004 eine Tagung zum Thema „Evaluation – ein Bestandteil des Qualitätsmanagements an Hochschulen“ durchgeführt (vgl. HRK/Verbund norddeutscher Universitäten 2004). 3.4. Wirkungen Aussagen über verhaltenssteuernde Wirkungen lassen sich für die von ProUni entwickelten leitbildorientierten ZV nur eingeschränkt machen, da diese relativ bald nach ihrer Implementierung wieder ausgesetzt wurden. Während der Laufzeit von ProUni wurden mit insgesamt elf Fachbereichen ZV abgeschlossen. Auf dieser Basis wurden im Sommer 2001 Einzelgespräche zwischen dem Präsidenten und den DekanInnen zur strategischen Fachbereichsentwicklung geführt. Diese dienten der Erstellung eines strategischen Gesamtentwicklungskonzeptes für die Universität, zu dem „auch weiterentwickelte Zielvereinbarungen“ (Universität Hamburg 2001a, S. 34) gehören sollten. Doch dazu kam es nicht, weil nach Aussagen des Präsidiums „eine Reihe politischer Rahmenbedingungen unklar waren“ (Experteninterview 4, Juni 2004). Dazu zählt es vor allem die Begutachtung durch die Strukturkommission und die schnell aufeinander folgenden Novellierungen der Hamburger Hochschulgesetze in den Jahren 2001 und 2003: „Dieses Bündel an Unsicherheiten hat sich dann so niedergeschlagen, dass die Fortschreibung der internen Zielvereinbarungen nicht stattgefunden hat“ (das.). Im Frühjahr 2005 war das Instrument allerdings immer noch nicht wieder im Einsatz. Als einer der Hauptgründe dafür nennt ein Mitglied der Abteilung Hochschulentwicklung der Universität Hamburg das Fehlen eines finanziellen Anreizsystems. Nachdem die Anschubfinanzierung einiger im Rahmen der leitbildorientierten ZV vereinbarten Projekte durch ProUni weggefallen sei, fehle die Motivation bei den Fachbereichen (Experteninterview 5, Mai 2005). Zu einer ähnlichen Einschätzung kommen auch die Autoren der in Kapitel V.3.1. bereits erwähnten, bislang unveröffentlichten Begleitstudie zu den von der Volkswagen-Stiftung geförderten Hochschulreformprojekten: „Überzeugung allein hat freilich nirgends ausgereicht, sobald es um Besitzstände ging. Dann mussten zum einen Anreize hinzukommen und zum anderen vorhandene Machtpotentiale genutzt werden. Anreize standen den Projekten vor allem in Gestalt finanzieller Mittel zur Verfügung – freilich mit der bereits erwähnten Einschränkung, daß oft das Auslaufen dieser Mittel dann auch die Maßnahmen wieder beendete“ (Kreckel/Sadowski/Schimank 2003, S. 22). Vielleicht liegt hier auch ein Grund, warum der andere an der Universität Hamburg
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verwandte ZV-Typus, ZV zur Qualitätsentwicklung in der Lehre, über den gesamten Beobachtungszeitraum hinweg ununterbrochen im Einsatz ist:
Abb. 38 Wie im vorherigen Kapitel geschildert, sind die ZV als Follow-Up nach Peer-Evaluationen von Beginn an mit einem finanziellen Anreizsystem verbunden gewesen. Allerdings steht mit einer Summe von ca. 25.000 Euro pro evaluiertem Fach nicht allzu viel Geld für die Anschubfinanzierung von Projekten zur Verfügung, so dass die zu beobachtende größere Anwendungskontinuität dieses ZV-Typus gegenüber den leitbildorientierten ZV auch noch andere Ursachen haben muss. Diese könnten zum einen darin liegen, dass das Evaluationsgeschehen rein wissenschaftsintern abläuft und somit von den aktuellen Entwicklungen des politischen Umfeldes nicht unmittelbar berührt wird oder aber auch in der Tatsache begründet sein, dass es den Verbund norddeutscher Hochschulen mittlerweile seit elf Jahren gibt und damit eine weitaus größere personelle Kontinuität und institutionelle Verankerung gegeben ist. An der einseitigen inhaltlichen Orientierung dieses ZV-Typus auf die Lehre, also auf einen Organisationsbereich, der, wie in Kapitel IV.2.1. ausgeführt, vergleichsweise gut ansprechbar für Managementverfahren ist, liegt es vermutlich nicht, denn auch bei den leitbildorientierten ZV liegt der Schwerpunkt auf der Lehre. So weist eine Übersicht über den Stand der leitbildorientierten ZV vom April 2001 (Universität Hamburg 2001b, S. 54ff.) aus, dass die Projekte und Maßnahmen der Fachbereiche insgesamt 24 Zielbereiche der Lehre betreffen, wohinge-
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gen die Forschung mit Projekten und Maßnahmen in nur zehn Zielbereichen vertreten ist. Ein häufig konstatierter positiver Effekt der Einführung leitbildorientierter ZV an der Universität Hamburg ist, dass durch den umfangreichen Zielfindungsprozess, der von der Leitbilderstellung bis zum Abschluss der ersten ZV rund vier Jahre gedauert hat, eine „diskursive Dynamik“ (dies., S. 24) entstanden ist, welche die Universität als „korporativen Akteur“ durchaus gestärkt hat: „Die verschiedenen Gruppen in der Hochschule kommen miteinander ins Gespräch, lernen gegenseitig ihre unterschiedlichen und gemeinsamen Deutungen, Werte und Interessen kennen. Dies läuft auf eine plurale Selbstbeobachtung und Selbstbeschreibung hinaus […]; und man müsste sogar wünschen, dass diese nicht so schnell zu einem Abschluss kommt“ (ebd.). Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch der Abschlussbericht von ProUni: „Dass die Zielvereinbarungen trotzdem Wirkung entfalteten, in der Fachbereichspolitik auf der Tagesordnung standen, in mehreren Konferenzen der Dekane, auf Strategietagen der Fachbereiche und in Verhandlungen mit dem Präsidium engagiert verhandelt wurden, also den innerhochschulischen Diskurs wesentlich geprägt haben, kann als gesichertes Ergebnis festgehalten werden“ (Universität Hamburg 2000a, S. 41). Diese Aussage bestätigt die bereits in Kapitel IV.3.2.1. geschilderte Erkenntnis, dass die Hauptfunktion von ZV weniger in der direkten Verhaltenssteuerung als vielmehr in der internen Kommunikation besteht. Die Frage ist, ob die leitbildorientierten ZV über die diskursive Dynamik hinaus auch noch konkrete Veränderungen an der Universität Hamburg bewirken konnten. Aussagen dazu finden sich in einer Diplomarbeit (Langfassung: Fox 2001; Kurzfassung: Fox 2003), welche die ersten im Jahr 2000 abgeschlossenen leitbildorientierten ZV an der Universität Hamburg untersuchte. Auch wenn nur ein sehr vorläufiges Bild entsteht, weil die ZV zum Zeitpunkt der Untersuchung erst kurz im Einsatz waren, lässt sich doch erkennen, dass die Realisierungstendenz eher schwach ist. So sind 70 Prozent der vereinbarten Projekte in den Fachbereichen nach einem Jahr nicht realisiert, und auch die Absicht diese noch umzusetzen, bleibt eher diffus (Fox 2001, S. 77). Insgesamt werden von den befragten DekanInnen überwiegend keine Vorteile durch den Einsatz von ZV bei Umsetzung von Veränderungsmaßnahmen gesehen. Ziele seien früher auch ohne ZV realisiert worden und eigentlich habe sich durch die ZV nichts verändert (dies., S. 78). Bemerkenswert ist, dass dennoch alle befragten DekanInnen das Instrument für sinnvoll halten, und zwar aus den unterschiedlichsten Gründen: Zur Entwicklung von Strukturen, um die Zielfindung zu beschleunigen, zur Kanalisation der Vorhaben, zur Verstärkung der Kommunikation innerhalb des Fachbereichs, um Druck auszuüben, zur Planung von Projekten und deren Bekanntmachung innerhalb des Fachbereichs und dem Präsidenten gegenüber, um dem Präsidium Planungsmöglichkeiten zu geben, um Mitarbeiter aufzurütteln, zur Übernahme von Verantwortung.
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Ein ähnliches Bild, was die Umsetzungsschwäche der leitbildorientierten ZV anbelangt, vermittelt die Erhebung der Abteilung Hochschulentwicklung zum Umsetzungsstand der inneruniversitären Zielvereinbarungen aus dem Jahr 2003. Darin geben alle Fachbereiche, die in den Jahren 2000 und 2001 leitbildorientierte ZV abgeschlossen haben, an, dass noch „Restanten“ bestehen. Es werden zwar keine Angaben darüber gemacht, wie viele der in den leitbildorientierten ZV vereinbarten Projekte und Maßnahmen inzwischen umgesetzt wurden, doch insgesamt ist die Zahl der nicht realisierten Projekte und Maßnahmen recht umfangreich. Die meisten Fachbereiche geben an, die noch nicht erfüllten Zielvereinbarungen auf sich beruhen lassen zu wollen. Stattdessen werden neue Projekte und Maßnahmen benannt. Ähnlich umfangreich wie die Zahl der Restanten aus den leitbildorientierten ZV ist auch die Zahl der Restanten aus den ZV als Follow-Up nach Lehrevaluationen. Wie in Kapitel IV.3.2.2.1. ausgeführt, hat eine Verlaufsstudie der im Rahmen des Nordverbundes durchgeführten Peer-Evaluationen ergeben, dass die Umsetzung der Qualitätsverbesserungsmaßnahmen mit Hilfe von ZV einer der größten Schwachpunkte des Verfahrens ist. Damit bestätigt das Fallbeispiel der Universität Hamburg die schon häufiger gemachte Beobachtung, dass universitätsinterne ZV nur begrenzt in der Lage sind, konkrete Ergebnisse zu produzieren. Eine interessante Frage ist, ob sich an der Ergebnisschwäche der leitbildorientierten ZV etwas geändert hätte, wenn eine stärkere Verknüpfung mit den externen ZLV vorgenommen worden wäre. Wie in Kapitel V.1.1.2. gezeigt, hat auch die staatliche Seite immense Probleme nachzuvollziehen, welche konkreten Handlungen durch die mit den Hamburger Hochschulen abgeschlossenen ZLV entstehen. Ein ähnliches Bild bietet sich auch an der HWP. Dort konnten die internen ZLV trotz eines mit den externen ZLV gekoppelten Planungsverfahrens die Handlungen der Organisationsmitglieder nur eingeschränkt beeinflussen. Die Autoren der unveröffentlichten Begleitstudie zu den von der Volkswagen-Stiftung geförderten Hochschulentwicklungsprojekten sehen hier dennoch einen Zusammenhang: „Die Zielvereinbarungen der Hamburger Hochschulleitung mit den Fachbereichen sind bislang äußerst lose an die Zielvereinbarungen [mit der Wissenschaftsbehörde] gekoppelt. Die Hochschulleitung fungiert hier faktisch eher als Puffer der gestärkten Fachbereiche und der starken Institute gegenüber den Anforderungen der Senatsbehörde, als dass deren Erwartungen den Fachbereichen und Instituten nahe gebracht würden. So konnten sich die Fachbereiche gegen eine ernsthafte ‚Konzentration’ auf Stärken […] ebenso wehren wie gegen die konsequente Einführung von BachelorStudiengängen“ (Kreckel/Sadowski/Schimank 2003, S. 20). Nachdem, wie in Kapitel V.1.2. gezeigt wurde, die Hamburger Politik inzwischen sehr stark und detailliert über Gesetze in die Hochschulen hineinsteuert und die ZLV zwischen der Behörde für Wissenschaft und Gesundheit und den Hamburger Hochschulen in weiten Teilen dazu eingesetzt werden, staatliche Vorgaben umzusetzen, könnten die Anforderungen der politischen Umwelt künftig sicherlich sehr viel unmittelbarer an die Fachbereiche und Institute herangetragen werden.
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Insgesamt betrachtet hat sich aus Sicht des Präsidiums der Universität Hamburg der strikte Leitbildbezug der internen ZV nicht bewährt: „Das gab dem Ganzen was Artifizielles. Besser ist, Zielvereinbarungen problemorientiert anzulegen. Das bedeutet, die Projekte und Maßnahmen auf die in nächster Zeit anstehenden Handlungsnotwendigkeiten auszurichten“ (Experteninterview 4, Juni 2004). Generell sollten per ZV vorrangig Innovationen geplant werden, flächendeckende Entwicklungspläne würden dadurch nicht ersetzt. Die eigentliche Stärke von ZV sei, dass man mit denjenigen Universitätsmitgliedern Veränderungen voranbringen könne, die das auch wollen: „Ich kann mit Teilen vorangehen.“ Dazu seien zukünftig aber auch finanzielle Anreize notwendig. Die komplette Budgetsteuerung durch ZV sei nicht möglich: „Die Hochschulsteuerung steht auf zwei Beinen, den Zielvereinbarungen für Innovationsprojekte und der indikatorengestützten Mittelzuweisung zur Steuerung der Standardleistungen. Dazu gibt es keine Alternative.“(das.)
4. Fallübergreifende Ergebnisse 4.1. Staatliche Hochschulsteuerung mit Zielvereinbarungen Trend zu top-down Ziel- und Leistungsvereinbarungen haben sich im Bundesland Hamburg als Instrument zur kooperativen Planung von Veränderungsprojekten und -maßnahmen zwischen Staat und Hochschulen fest etabliert. Allerdings hat sich ihr Charakter im Beobachtungszeitraum von 1999–2005 verändert. Waren sie zu Beginn ihrer Anwendung noch deutlich ein bottom-up-Verfahren, bei dem vornehmlich die Hochschulen Gestaltungsvorschläge machten und sich der Staat als Moderator zwischen den Interessen von Hochschulen, Politik und Öffentlichkeit verstand, überwiegt zuletzt der top-down-Impuls. Durch die Kopplung mit einer Reihe von Vorgaben (Gesetze, Wachstumskonzept für die Metropolregion Hamburg, Leitlinien zur Weiterentwicklung des Hochschulsystems) dienen die ZV nun hauptsächlich der partizipativen Konkretisierung und Umsetzung politischer Gestaltungsvorstellungen. Die ZV haben jetzt eher den Charakter von Rahmenverträgen, in denen sich die Hochschulen verpflichten, gegen die Auszahlung einer bestimmten Haushaltssumme eine Reihe detailliert ausgewiesener Innovationen und Veränderungsleistungen zu erbringen. Der Großteil der vereinbarten Innovations- und Veränderungsleistungen muss aus den laufenden Haushaltsmitteln bestritten werden.
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Zunahme staatlicher Interventionen durch Gesetze Die staatliche Hochschulsteuerung in Hamburg ist von 1999 bis 2005 zunehmend strategischer, zugleich aber auch detaillierter geworden. Insbesondere die Regelungsdichte durch Gesetze und politische Leitlinien ist sprunghaft angestiegen. Nachdem das Hamburgische Hochschulgesetz lange Jahre weitgehend unverändert blieb, ist es in den Jahren 2001 und 2003 gleich zweimal kurz hintereinander novelliert worden. Beide Novellierungen erfolgten nach einem politischen Wechsel. Darüber hinaus wurde verstärkt ab 2003 eine Reihe von Sonderregelungen, Verordnungen und Gesetzen erlassen, und zwar teils auf Initiative des Hamburger Senates und teils aufgrund bundesweiter Neuregelungen, wie z.B. dem Besoldungsgesetz oder der Lehrverpflichtungsverordnung, die eine lokale Anpassung erforderten. Infolgedessen sind die Hamburger Hochschulen in den zurückliegenden vier Jahren stark damit beschäftigt, auf staatliche Vorgaben zu reagieren. Mit Hilfe seiner Gesetze und Verordnungen interveniert der Staat sehr tief in die Hochschulen hinein und greift z. B. durch das Fakultätengesetz in die Organisation ein. Ein Teil der zwischen Staat und Hochschulen geschlossenen ZV dient explizit dazu, solche gesetzlichen Vorschriften zu vollziehen. Steigender Einfluss der Außensteuerung Die Außensteuerung ist deutlich gewachsen. So begutachtete im Auftrag des Hamburger Senats eine externe Expertengruppe sowohl die internen Strukturen der Hochschulen als auch die Struktur des Hochschulsystems Hamburg insgesamt. Der vorgelegte Ergebnisbericht hat sowohl die Hochschulpolitik in Hamburg maßgeblich beeinflusst als auch zu weit reichenden Umstrukturierungen in den Hochschulen bzw. in der Hochschullandschaft geführt. Weitere daraus resultierende Umgestaltungsprozesse sind zunächst bis zum Jahr 2012 geplant. Diese sollen auch weiterhin die Inhalte der ZV zwischen Staat und Hochschulen entscheidend beeinflussen. Indikatorengestützte Mittelverteilung steuerungsrelevanter als Zielvereinbarungen Das anfängliche Ziel, mit Hilfe von ZV die gesamte Budgetzuweisung an den Hamburger Hochschulen zu regeln, hat sich als nicht praktikabel herausgestellt. Zwar werden die ZV immer noch als das zentrale strategische Steuerungsinstrument betrachtet, dennoch lässt sich parallel dazu eine erhebliche Erweiterung und Verfeinerung des Instrumentariums zur Finanzsteuerung feststellen. Dessen Stellenwert bei der staatlichen Hochschulsteuerung ist deutlich gewachsen: Die DreiSäulen-Finanzierung sieht eine Vergabe der Haushaltsmittel zu 98 Prozent über Indikatoren vor. Damit folgt Hamburg dem bundesweiten Trend zu einer staatlichen Hochschulsteuerung, bei der die formelgebundene Lenkung von Finanzströmen ein deutliches Übergewicht gegenüber den „weichen“ ZV besitzt. Insgesamt zeigt
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die Mittelverteilung nach wie vor eine weitaus größere verhaltenssteuernde Wirkung als die Vereinbarung von Veränderungsprojekten und -maßnahmen. Schwachpunkt Controlling Einer der größten Schwachpunkte der ZV zwischen Staat und Hochschulen ist das Controlling. Im Bundesland Hamburg wurden im Beobachtungszeitraum zwar relativ regelmäßig ZV zwischen Staat und Hochschulen abgeschlossen und veröffentlicht, doch weist die Berichterstattung über die erreichten Ergebnisse erhebliche Lücken und Unregelmäßigkeiten auf. Obwohl in den ZV ausdrücklich betont wird, dass die staatliche Budgetzuweisung an die Abgabe von Berichten geknüpft ist, sind einige Hochschulen dieser Pflicht nur unzureichend nachgekommen , ohne das dies Auswirkungen gehabt hätte. Von einer Ausnahme abgesehen erfolgt die Rechenschaftslegung zu den ZV nicht öffentlich. Zudem fehlt ein einheitliches Berichtswesen. Jede Hochschule kann ihre ZV-Berichte individuell gestalten. 4.2. Universitätsinterne Zielvereinbarungen Wirksamkeit interner Zielvereinbarungen steigt proportional zum Grad ihrer Verankerung in der Leitungs- und Entscheidungsstruktur In den beiden Fallstudien wurde nur ein Typus universitätsinterner ZV näher untersucht, und zwar ZV zur strategischen Steuerung und Organisationsentwicklung. Diese haben sich in den beiden Hamburger Hochschulen in unterschiedlicher Weise etabliert. Während die HWP das Instrument von 1998 – 2004 ohne Unterbrechung eingesetzt hat, wurde es in der Universität Hamburg bereits kurze Zeit nach seiner Implementierung wieder ausgesetzt. Begründet wurde dieser Schritt hauptsächlich mit unklaren bzw. unsicheren politischen Rahmenbedingungen sowie dem Fehlen von Finanzmitteln für ein Anreizsystem. Dagegen lief das ZV-System der HWP den gesamten Beobachtungszeitraum hindurch trotz schwieriger politischer Bedingungen und ohne finanzielle Anreize relativ reibungslos. Eine mögliche Erklärung dafür ist die unterschiedliche Verankerung der ZV-Systeme in der Leitungs- und Entscheidungsstruktur der jeweiligen Hochschule. In diesem Punkt unterschied sich die Entwicklung und Implementierung der ZV innerhalb der beiden Hochschulen deutlich. Während das Instrument an der HWP von Beginn an mit der Implementierung einer neuen zentralen Leitungs- und Entscheidungsstruktur gekoppelt war und die dezentrale Fachgebietsebene dabei weitgehend außen vor blieb, verlief der Prozess an der Universität Hamburg genau umgekehrt. Dort stand bei der Entwicklung des Instruments lange Zeit die Stärkung der dezentralen Fachbereichsebene im Vordergrund. Deshalb wurden die ZV zunächst nicht mit einer Reform der zentralen, sondern der dezentralen Leitungs- und Entscheidungsstrukturen in Verbindung gebracht. Erst relativ spät – nachdem die ersten ZV zwischen Präsident und Fachbereichen abgeschlossen waren – wurde an der Universität Hamburg auch die zentrale Leitungs- und Entscheidungsstruktur verändert. Wäh-
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rend die HWP die Interessen der Gesamtorganisation klar in den Vordergrund gestellt hat, wurden an der Universität Hamburg die dezentralen Interessen in den Mittelpunkt gerückt. Allerdings machte sich an der HWP aufgrund der starken Zentralisierung relativ schnell eine wachsende Unzufriedenheit auf der dezentralen Ebene bemerkbar. Die WissenschaftlerInnen in den Fachbereichen fanden ihre Interessen in den Leitungsentscheidungen zu wenig berücksichtigt. Insofern macht die vorliegende Untersuchung deutlich, dass der Erfolg von universitätsinternen ZV entscheidend von einer ausgewogenen „Balance-of-Power“ zwischen zentraler und dezentraler Gestaltungsmacht abhängt. Leitbild kein tragfähiger Bezugsrahmen für Zielvereinbarungen Beide untersuchten Hochschulen haben an den Anfang der Entwicklung und Implementierung von ZV eine Leitbildentwicklung gestellt. Dafür wurden relativ viel Zeit (Universität Hamburg ca. anderthalb, HWP ca. ein Jahr) und Personalressourcen investiert. Im weiteren Verlauf der Organisationsentwicklungsprozesse bekamen die Leitbilder allerdings einen unterschiedlichen Stellenwert. Während das Leitbild an der Universität Hamburg bei der nachfolgenden Implementierung des ZV-Systems den zentralen Bezugsrahmen bildete, reduzierte sich an der HWP die Bedeutung des Leitbildes für die internen ZV recht schnell. Als Bezugsrahmen für die ZV kristallisierte sich dort vielmehr das Strategiekonzept der kollegialen Hochschulleitung heraus. Zwar bildet das Leitbild der HWP nach wie vor das Fundament für die ZV, jedoch im normativen und nicht konkret handlungsleitenden Sinne. Stattdessen sind die vereinbarten Projekte und Maßnahmen konkret auf die kurz- und mittelfristigen Änderungsnotwendigkeiten und Entwicklungsschritte fokussiert. Am Ende der vorliegenden Untersuchung wird deutlich, dass sich diese Entwicklung auch an der Universität Hamburg eingestellt hätte, wäre die ZV zum Zeitpunkt der Untersuchung noch in Gebrauch gewesen. So wird das Leitbild für die strategische Rahmensetzung als nicht zweckmäßig bezeichnet und stattdessen für eine stärkere Problemorientierung der ZV plädiert. Angleichung zwischen universitätsinterner und staatlicher Steuerung Sowohl an der HWP als auch an der Universität Hamburg wurden universitätsinterne ZV überwiegend zur Planung von Innovationsprojekten und Maßnahmen eingesetzt. Einen Zusammenhang zum internen Budgetierungssystem bzw. zur indikatorengestützten Mittelverteilung zwischen Präsidium und Fachbereichen gab es nicht. Somit lassen sich auf Hochschulebene ähnliche Funktionsweisen wie im staatlichen Steuerungssystem erkennen, wo die beiden Instrumentarien nicht miteinander verknüpft sind, sondern parallel laufen. Beide Steuerungsebenen haben sich im Laufe der Jahre angeglichen und korrespondieren nunmehr weitgehend miteinander. Das in Kapitel IV.3.1 vorgestellte Zwei-Säulen-Modell der Hochschulsteuerung hat sich sowohl auf staatlicher als auch auf Hochschulseite etabliert. Perspektivisch ist es daher wahrscheinlich, dass sich auch die vom Staat angewandten Indi-
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katoren zur Budgetsteuerung auf der Hochschulseite abbilden werden. Die Steuerungssysteme von Staat und Hochschulen verhalten sich weiterhin wie „kommunizierende Röhren“. Daran ändert offenbar auch die „Autonomisierung“ der Hochschulen wenig. Geringe Verknüpfung zwischen internen und externen Zielvereinbarungen Obwohl die Steuerungsmechanismen auf staatlicher und universitärer Seite insgesamt stark korrespondieren, weisen die internen ZV in den beiden untersuchten Hochschulen nur wenig Bezug zu den ZV mit dem Staat auf. Im Prinzip müssten sich die ZV zwischen Staat und Hochschulen auch auf der hochschulinternen Ebene direkt und erkennbar auswirken. Tatsächlich referenzieren die hochschulinternen ZV jedoch primär auf das hochschuleigene Leitbild bzw. die selbst gesetzten strategischen Entwicklungsziele. Hauptzweck der internen ZV ist damit unverkennbar Stärkung der Hochschulautonomie gegenüber dem Staat. Obwohl diese Praxis den Zielen der laufenden Hochschulreform entspricht, spiegelt sie nicht den ungebrochen hohen Einfluss wider, den die staatliche Steuerung nach wie vor auf das Hochschulmanagement hat. Die vorliegende Langzeitstudie hat deutlich gezeigt, dass die Politik nach wie vor die relevanteste aller Umwelten für das System „Universität“ darstellt. Beide untersuchten Hochschulen sind nicht nur durch ihre finanzielle Abhängigkeit an den Staat gebunden, sie lassen sich in ihrem Alltagshandeln auch sehr stark von diesem Umfeld dominieren. Im Ergebnis kommt es zu einer Art „Pingpong-Effekt“ zwischen der Eigeninitiative der Hochschulen auf der einen Seite und dem „reagieren müssen“ auf die immer schnelleren Veränderungen im politischen Umfeld auf der anderen Seite. Beides harmoniert nur in wenigen Fällen. In der Regel entstehen eher Reibungsverluste. Vor diesem Hintergrund kann noch nicht von einer erfolgreichen Erhöhung der Selbststeuerungsfähigkeit von Universitäten gesprochen werden. Viel Kommunikation, wenig konkrete Ergebnisse Die Stärken universitätsinterner ZV liegen in beiden Fallstudien hauptsächlich im kommunikativen Bereich. Sie schaffen Transparenz nach innen und nach außen und geben den Führungskräften die Möglichkeit, die zentralen und dezentralen Planungen aufeinander abzustimmen. Darüber hinaus nutzen die Führungskräfte ZV zur Selbstvergewisserung (was hatten wir uns eigentlich vorgenommen?). Die verhaltenssteuernde Wirkung von ZV ist insgesamt recht schwach ausgeprägt oder bleibt zumindest unklar. So ist eine eindeutige Rückführung der in den HWP-Berichten genannten Ergebnisse auf die ein Jahr zuvor abgeschlossenen ZV häufig nicht möglich. Eine Studie an der HWP hat zudem ergeben, dass die zentrale Leitungsebene nur wenig in der Lage ist, die Prozesse auf der dezentralen Ebene mit ZV wirkungsvoll zu beeinflussen. Dazu ist die individuelle Autonomie der WissenschaftlerInnen nach wie vor zu hoch.
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Schwachpunkt-Controlling In beiden Fallbeispielen handelt es sich bei den internen ZV eher um einen Projektplan als um einen Leistungskatalog, dessen Erfüllung anhand festgelegter Indikatoren überprüfbar wäre. Das Berichtswesen zu den universitätsinternen ZV hat eher narrativen Charakter und dient primär der Rechenschaftslegung gegenüber dem höchsten Selbstverwaltungsgremium. Ob die vorher vereinbarten Projekte und Maßnahmen tatsächlich umgesetzt werden oder nicht, ist letztlich unerheblich, weil das Nichterreichen folgenlos bleibt. Deutliche Fokussierung der Zielvereinbarungen auf die Lehre Die Untersuchung hat gezeigt, dass sowohl im ZV-System der HWP als auch im ZV-System der Universität Hamburg ein Übergewicht auf Projekten und Maßnahmen liegt, welche die Lehre betreffen. Diese Situation wird zumindest an der Universität Hamburg noch dadurch verstärkt, dass es neben den leitbildorientierten ZV, deren inhaltliche Ausgestaltung sich ohnehin auf die Lehre konzentriert, auch noch separate ZV zur Qualitätsentwicklung in Lehre und Studium gibt. Damit bestätigt sich die Organisationsdiagnose aus Kapitel IV.2.1., wonach der Bereich Forschung weitaus weniger ansprechbar für Managementinstrumente und -verfahren ist und sich einer direkten Verhaltenssteuerung weitgehend entzieht. Angesichts der Tatsache, dass Forschung auf ein hohes Maß an Selbstorganisation angewiesen ist, um erfolgreich sein zu können, erscheint es sinnvoll, dieses Ungleichgewicht zu akzeptieren und verstärkt der Frage nachzugehen, welche speziellen Managementbedürfnisse der Bereich „Forschung“ im Gegensatz zum Bereich „Lehre und Studium“ hat. Damit ist allerdings auch die Frage verbunden, wie angesichts der Tatsache, dass Lehre und Forschung unterschiedlich gemanagt werden müssen, deren Einheit weiterhin gewährleistet werden kann. Gerade für Universitäten ist dies ein zentraler Punkt, da dieser den Kern ihrer Identität berührt. Partizipationsgewinn gleicht Effektivitäts- und Effizienzverluste aus Beide Fallbeispiele haben gezeigt, dass die Partizipation der Hochschulmitglieder an Management- und Organisationsentwicklungsprozessen aufwändig ist und die Dynamik der Veränderung erheblich bremst. Beides wird aber bewusst in Kauf genommen, weil der Gewinn durch die Beteiligung höher eingeschätzt wird als die dadurch entstehenden Effektivitäts- und Effizienzverluste. Als die HWP und die Universität Hamburg Mitte der 90er Jahre begannen, ihre Steuerungsmechanismen zu verändern, waren beide auf ihre Weise Vorreiter, welche kaum Vorbilder hatten und streckenweise Neuland betreten mussten. Diese Such- und Lernprozesse kosteten verständlicherweise mehr Zeit, als wenn auf bereits vorhandenes Wissen zurückgegriffen werden kann. Da Hochschulen, die heute ähnliche Veränderungen durchführen wollen, bereits auf eine Reihe von Erfahrungen anderer aufbauen können, geht Vieles schneller. Andererseits ist „Partizipatives Management“ immer mit
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einer Verlangsamung von Entscheidungsprozessen verbunden, weil relevante Informationen vermittelt, Meinungen ausgetauscht und ggf. unterschiedliche Auffassungen in einen zufrieden stellenden Kompromiss überführt werden müssen. Mit dieser Herausforderung müssen Führungskräfte in Universitäten umgehen können, denn ein „Durchregieren“ ist aufgrund der tief verankerten partizipativen Organisationskultur weder sinnvoll noch möglich. Zumindest das HWP-Beispiel hat gezeigt, dass es sehr wohl machbar ist, gemeinsame Planungs- und Entscheidungsprozesse relativ regelmäßig und straff durchzuführen. Dazu bedarf es allerdings einer gewissen Routine, eines klaren Zeitplans und akzeptierter Verfahrensregeln. Neue Managementmethoden wie das Führen mit Zielvereinbarungen brauchen einige Jahre, um von einer Hochschule in ihren organisationalen Wissensspeicher aufgenommen und gewinnbringend eingesetzt werden zu können. 4.3. Leitungs- und Entscheidungsstrukturen von Universitäten Ressortprinzip stärkt Handlungsfähigkeit Sowohl bei der HWP als auch bei der Universität Hamburg hat die Einführung des Ressortprinzips im Präsidium positive Wirkung gezeigt. Durch die klare Aufteilung der Aufgaben sind ebenso klare Verantwortlichkeiten entstanden, welche von den Leitungskräften auch wahrgenommen werden. Vor allem die Position der VizepräsidentInnen ist durch die Zuweisung der Fach- und Dienstaufsicht über die ihrem Ressort zuarbeitenden Verwaltungsabteilungen deutlich professionalisiert worden. Durch die Kooperation mit den Fachkräften in der Verwaltung haben die VizepräsidentInnen erstmals die Möglichkeit, ihre Aufgabenbereiche direkt zu gestalten. Im Vergleich zur Aufwertung dieser Leitungsfunktionen scheint die Position des Kanzlers eher geschwächt zu sein. Er verliert die Aufsicht über die gesamte Zentralverwaltung. Stattdessen konzentriert er sich nun auf seine verbleibenden Ressorts und koordiniert ansonsten die Zusammenarbeit der Verwaltungsabteilungen. Bei näherer Betrachtung stellt sich dieser augenscheinliche Machtverlust allerdings als produktiv heraus. Durch die Beschränkung auf seine eigentlichen Kernkompetenzen Finanzen, Rechtsangelegenheiten, Personalverwaltung sowie Gebäude- und Grundstücksmanagement entsteht ein Entlastungseffekt. Der Kontakt zu den Verwaltungsabteilungen, welche den anderen Ressorts zugeordnet sind, bleibt dennoch bestehen, und zwar durch die Koordinationsfunktion des Kanzlers. In regelmäßigen Gesprächsrunden mit allen Verwaltungsabteilungen gewinnt er ein Bild über die Gesamtsituation und kann bei Bedarf Einfluss nehmen. Auf präsidialer Ebene können durch den kollegialen Austausch zwischen allen Leitungsmitgliedern Probleme direkt besprochen und Lösungen gefunden werden. Das entlastet auch die PräsidentInnen, welche sich nun nicht mehr um alle Detailfragen des Wissenschafts- und Verwaltungsbereichs kümmern müssen, sondern sich auf die Gesamtleitung konzentrieren können.
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Verbesserte Zusammenarbeit von Präsidium und Verwaltung Bei der Evaluation der Leitungs- und Entscheidungsstruktur der HWP wurde von den Präsidiumsmitgliedern und VerwaltungsmitarbeiterInnen positiv hervorgehoben, dass sich das Verhältnis durch die kollegiale Zusammenarbeit sowohl in den Leistungsbereichsausschüssen als auch in der Hochschulleitung wesentlich verbessert hat. Beide Seiten hatten den Eindruck, mehr Verständnis füreinander gewonnen und durch den kontinuierlichen Kompetenzaustausch die Qualität ihrer Arbeit gesteigert zu haben. Diese Aussage bezieht sich insbesondere auf die veränderte Rolle der VizepräsidentInnen, die als Fachvorgesetzte nun einen direkteren Bezug zu den ihnen zuarbeitenden Verwaltungsabteilungen herstellen können. Für die Leitungskräfte in der Verwaltung wirkt es sich offenbar motivationssteigernd aus, dass sie nicht mehr alle Dienstvorgänge über den Kanzler abwickeln müssen, sondern jetzt selbst initiativ werden und eigenständig auf den jeweiligen Ressortverantwortlichen im Präsidium zugehen können. Dadurch wandelt sich ihre Rolle vom Sachwalter für bestimmte Zuständigkeitsbereiche zum mittleren Management. Ähnliche Erfahrungen macht auch die Universität Hamburg. Dort wird ebenfalls von einer grundsätzlich verbesserten Kooperation durch die Übertragung der Fachund Dienstaufsicht auf die ressortverantwortlichen Präsidiumsmitglieder berichtet. Unklare Rolle von DekanInnen Diejenigen, die noch am wenigsten ihren Platz innerhalb der neuen Leitungs- und Entscheidungsstrukturen gefunden haben, sind die DekanInnen und ProdekaneInnen. Einerseits soll ihre Position ebenfalls gestärkt und professionalisiert werden, andererseits sind sie in die zentralen Leitungsentscheidungen kaum eingebunden. Das gilt sowohl für die HWP als auch für die Universität Hamburg. In der HWP wurden die FachgebietssprecherInnen trotz Verlängerung ihrer Amtszeit und Ausweitung ihrer Befugnisse nicht als Führungskräfte wahrgenommen, sondern als KoordinatorInnen der in den Fachgebieten zusammentreffenden Interessen und anstehenden Alltagsaufgaben wie z.B. Lehrplanung. Der Versuch, die FachgebietssprecherInnen ab 2003 in Form einer „erweiterten Hochschulleitung“ in die Entscheidungsfindung des Präsidiums mit einzubeziehen, funktionierte deshalb nicht, weil die Treffen zwischen Präsidiumsmitgliedern und FachgebietssprecherInnen zu selten stattfanden und eher den Charakter eines Informationsaustausches als eines gemeinsamen Entscheidungsprozesses besaßen. Die Reform der HWP war insgesamt auf die Stärkung der Spitze konzentriert. Dagegen spielten die DekanInnen an der Universität Hamburg von Beginn an eine sehr viel prominentere Rolle. Die Stärkung der Fachbereiche genoss als Teilprojekt von ProUni hohe Priorität, während die Reform der Organisationsspitze zunächst wenig Beachtung fand. Entsprechend intensiv verlief der Reformprozess der dezentralen Leitungs- und Entscheidungsstrukturen, d.h. es wurden Vorstandsmodelle implementiert, Strategieworkshops und Führungskräftetrainings durchgeführt sowie die Aufbauorganisation der Fachbereichsbereichsverwaltungen verändert. Allerdings beschränkten sich diese
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Aktivitäten nur auf einige ausgewählte Pilotfachbereiche. Es gelang keine flächendeckende Reform der Leitungs- und Entscheidungsstrukturen auf der dezentralen Ebene. Die Idee einer erweiterten Hochschulleitung wie an der HWP stand während des Beobachtungszeitraums dieser Studie nicht zur Debatte, wurde aber danach in Form einer „Universitätskammer“ aufgegriffen. Dennoch bleiben die zenrale und die dezentrale Entscheidungsebene an der Universität weitgehend voneinander getrennt operierende Bereiche. Dieser Trend zur Separierung könnte durch das 2005 in Kraft getretene Fakultätengesetz noch verstärkt werden. Das Fakultätengesetz sieht DekanInnen als ManagerInnen von relativ eigenständigen „Schools“ unter dem Dach der Universität vor. Die dadurch implizierte Professionalisierung der DekanInnen könnte erhebliche Auswirkungen auf die Position des Präsidiums und das Organisationsbewusstsein der Universitätsmitglieder haben: Je autonomer die dezentralen Einrichtungen, desto weniger Einfluss hat die Zentrale. Der gerade begonnene Prozess, die Universität als Gesamtorganisation ins Bewusstsein der Universitätsmitglieder zu rücken, würde in diesem Fall zurückgeschraubt, während die Identifikation mit der Fakultät wieder wachsen würde. Organisationsgröße relevant für die Steuerungs- und Entwicklungsfähigkeit Die beiden Hochschulen, deren Entwicklungsprozesse in den Fallstudien beschrieben werden, sind von ihrer Größe her betrachtet sehr unterschiedlich: Die HWP umfasste nur vier kleine Fachgebiete, in denen zuletzt 84 WissenschaftlerInnen rund 2.500 Studierende zum Bachelor- und Masterabschluss führten, während die Universität Hamburg (inkl. Medizin) mit 851 ProfessorInnen in sechs großen Fakultäten rund 36.500 Studierende wissenschaftlich ausbildet. Eine Organisation von der Größe der Universität Hamburg zu lenken ist deshalb ungleich schwieriger als in einer vergleichsweise kleinen Organisation wie der HWP. Die Fallstudien haben allerdings gezeigt, dass auch das Präsidium der kleinen HWP Schwierigkeiten hatte, angesichts der Freiheit von Forschung und Lehre Einfluss auf die Handlungen der ProfessorInnen auf der dezentralen Ebene zu nehmen. Steuerungs- und Organisationsentwicklungsinstrumente wie Zielvereinbarungen wurden zwar offensiv eingesetzt, konnten aber nur dann konkrete Wirkungen erzielen, wenn es gelang, einzelne Mitglieder des Lehrkörpers von der Sinnhaftigkeit des Projektes bzw. der Verbesserungsmaßnahme zu überzeugen. Es musste also trotz geringer Organisationsgröße und vergleichsweise kurzer Wege ein erheblicher Kommunikationsaufwand getrieben werden. Dennoch gelang es der HWP, sich im Ergebnis sehr viel schneller zu verändern als die Universität Hamburg, und das hat seine Ursache in der größeren Übersichtlichkeit der Organisation. Zudem hatte sich aufgrund des engen Miteinanders an der HWP eine relativ intensive und bis weit in die Studierendenschaft hinein reichende Corporate Identity gebildet, welche sich auf die gesamte Institution bezog.
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Dagegen erfolgt die Identitätsbildung an der sehr viel loser gekoppelten Universität Hamburg traditionell relativ stark über die Fachbereiche/Fakultäten. Die Fallstudie hat gezeigt, dass das 1998 neu eingeführte Leitbild dagegen wenig ausrichten konnte, es blieb artifiziell. Auch die auf übergeordnete Organisationsziele ausgerichtete Steuerung und Entwicklung der Universität Hamburg wurde nach relativ kurzer Zeit von etlichen Fakultäten/Fachbereichen nicht weiterverfolgt. Dabei war und ist das Präsidium der Universität Hamburg darauf angewiesen, dass die DekanInnen die Umsetzung der vereinbarten Ziele auf der dezentralen Ebene verlässlich organisieren. In solch großen Institutionen läuft ein erheblicher Teil der Steuerungs- und Entwicklungsarbeit faktisch auf der dezentralen Ebene. Die DekanInnen können in den Sitzungen der Fakultätsräte oder im persönlichen Gespräch Sachverhalte anders bewegen als das „weit entfernte“ Top-Management. Das bedeutet, dass die in der Universitätsreform der zurückliegenden Jahre vorherrschende Konzentration auf die Stärkung der zentralen Steuerung von Universitäten nur zum Teil richtig ist. Genauso wichtig ist die Stärkung der dezentralen Steuerungs- und Entwicklungsfähigkeit. Vor diesem Hintergrund könnte das Hamburger Fakultätengesetz mit seiner Absicht, die Fakultätsleitung und -verwaltung zu professionalisieren, positive Wirkungen entfalten. Die Frage ist allerdings, wie die Fliehkräfte, die eine Stärkung der dezentralen Ebene in der Regel auslöst, abgefangen werden können und wie verhindert werden kann, dass die immerhin noch bestehende lose Kopplung der Fakultäten nicht in eine gänzliche Entkopplung mündet. Als eigenständige, von der Universität organisatorisch unabhängige „Schools“ zu agieren könnte für etliche Fakultäten eine durchaus attraktive Perspektive sein. Tendenz zur Komplexitätssteigerung und Bürokratisierung Gemessen an der Größe der HWP wirkt die Leitungs- und Entscheidungsstruktur bereits zu Beginn des Reformprozesses sehr komplex. Ein relativ großes, aus neun Personen bestehendes Leitungsteam lenkt die Geschicke der Hochschule unterstützt von fünf Leistungsbereichsausschüssen. Nach nur fünf Jahren verändert sich diese Struktur abermals und nimmt weiter an Komplexität zu. Der Leitungskreis besteht nunmehr aus fünf Präsidiumsmitgliedern, zwei kooptierten stimmberechtigten und zwei beratenden Mitgliedern sowie aus einer um vier Fachgebietssprecher erweiterten Hochschulleitung. Dieser 13köpfigen Organisationsspitze arbeitet nun außer den fünf Leistungsbereichsausschüssen auch ein Wirtschaftsausschuss direkt zu. Insgesamt ist also innerhalb kurzer Zeit eine Ausweitung der Leitungs- und Entscheidungsstrukturen feststellbar. Das betrifft nicht nur die zentrale, sondern auch die dezentrale Ebene. Dort soll durch Einführung einer Institutsstruktur zusätzlich zur Fachgebietsstruktur die Forschung gestärkt werden. An der Universität Hamburg ist die Tendenz zur Organisationsausweitung zwar auch zu beobachten, allerdings nicht in dem Ausmaß wie an der HWP. Das liegt zunächst an der unterschiedlichen Ausgangssituation. Die Universität weist beim Start ihres Reformprozesses bereits eine sehr komplexe Leitungs- und Entschei-
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dungsstruktur auf, deren Grundmuster bis heute beibehalten wird. So gibt es im Jahr 2005 neben dem Akademischen Senat, den Fakultätsräten und Fakultätsausschüssen immer noch rund 40 weitere Gremien. Eine Institutsstruktur existierte bereits, bevor der Reformprozess begann, weil die Universität Hamburg eine sehr viel länger bestehende Forschungstradition besitzt. Die im Zuge des Reformprozesses der Universität Hamburg neu entstandenen Fachbereichsvorstände sind dagegen komplexer als die bisherigen Dekanate, welche in der Regel aus zwei Personen bestanden, und weisen bis zu vier Mitglieder auf. Bemerkenswert war in dieser Hinsicht auch das Projekt Universitätsentwicklung (ProUni). Dieser neu eingerichtete „Reformmotor“ besaß eine auffallend komplexe Entscheidungsstruktur, in die neben den ProjektleiterInnen ein vielköpfiger Beirat, eine umfangreiche Steuerungsgruppe und ein Beraterkreis eingebunden waren. Insgesamt bestätigen die Fallstudien tendenziell die in Kapitel IV.1.2. dargestellte These Luhmanns, wonach Organisationsreformen häufig zu einer Zunahme von Organisation und damit zu einer weiteren Bürokratisierung führen. Diese Gefahr sollte bei weiteren Hochschulreformen dringend mit reflektiert werden. Bewahrung umfassender Partizipationsmöglichkeiten In keiner der beiden Hochschul-Fallstudien kam es im Zuge der Reform der Leitungs- und Entscheidungsstrukturen zu einem Abbau von Partizipationsmöglichkeiten an Entscheidungs- und Entwicklungsprozessen. Im Gegenteil: Die Hochschuleitungen bemühten sich sehr um die Beteiligung ihrer Organisationsmitglieder. An der HWP wurde zwar durch die Einrichtung der Leistungsbereichsausschüsse die Gremienstruktur insgesamt gestrafft, jedoch waren bei der Zusammensetzung der Leistungsbereichsausschüsse alle Gruppen angemessen beteiligt. Sobald Unzufriedenheiten auftauchten, wie z.B. auf Seiten der Studierenden über die ihrer Ansicht nach zu geringe Zahl studentischer Mitglieder im Leistungsbereichsausschuss Lehre, wurde für Abhilfe gesorgt. Auch auf die Kritik von ProfessorInnen an der ungeklärten Rolle des Akademischen Senats in der neuen Leitungs- und Entscheidungsstruktur der HWP wurde rasch reagiert: Es wurde ein eigener Prozess zur Rollenklärung eingeleitet und die Senatsmitglieder aktiv in das 2001/2002 durchgeführte Evaluationsverfahren zur Leitungs- und Entscheidungsstruktur einbezogen. Ganz ähnlich ist die Situation an der Universität Hamburg. Die Gremienstruktur ist dort bis zum Jahr 2005 in Zahl, Breite und Zusammensetzung nahezu unverändert bestehen geblieben. Dennoch lässt sich insgesamt eine Verschiebung des Verhältnisses von Leitungskräften und Gremien erkennen. Im Sinne eines „Partizipativen Managements“ hat sich die Waagschale deutlich zugunsten einer verbesserten Durchsetzungsfähigkeit von Leitungsentscheidungen verschoben. Die Entscheidungsbefugnisse der Gremien haben dagegen abgenommen. Dieses veränderte Verhältnis von „top“ und „bottom“ bedeutet nicht, dass die Gremien nun gänzlich entmachtet und überflüs-
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sig wären, doch besteht ihre Rolle zunehmend mehr in einer wortwörtlich zu nehmenden Mitbestimmung statt in einer Letztentscheidung. Die universitäre Selbstverwaltung entwickelt sich somit faktisch zu einer Selbststeuerung, die klare Verantwortlichkeiten der Leitungskräfte für eine gemeinsame Zielverfolgung kennt, auch wenn diese Veränderung in den Hochschulen noch nicht durchgängig akzeptiert wird. Fraglich ist allerdings, ob die durch das jüngste Hamburger Hochschulgesetz vorgeschriebene Implementierung eines Universitätsrates die weitere Entwicklung des partizipativen Universitätsmanagements positiv beeinflusst. Ob und welche Konsequenzen die Einführung eines solchen Aufsichtsrates an der Universität Hamburg zeigt, konnte im Rahmen der Fallstudien nicht eruiert werden, dazu lagen noch nicht genügend Erfahrungswerte vor. Doch mit Sicherheit lässt sich jetzt schon sagen, dass diese gesetzliche Intervention einer der am weitesten reichenden Eingriffe in die Organisation der Universität Hamburg der zurückliegenden zehn Jahre ist. Mit dem Universitätsrat ist ein Entscheidungsorgan geschaffen worden, welches nicht nur die Kompetenzen und Handlungsmöglichkeiten des bislang höchsten Entscheidungsgremiums, der Akademische Senat, entscheidend beeinflusst, sondern auch die des Präsidiums. Die Wirksamkeit dieses z.T. mit universitätsexternen Personen besetzten Organs zu untersuchen, wäre eine interessante Anschlussfragestellung an die vorliegende Untersuchung.
VI. SCHLUSSFOLGERUNGEN FÜR DIE AUSGANGSFRAGESTELLUNGEN Was die Frage anbelangt, ob Zielvereinbarungen in Universitäten nur eine Managementmode sind oder tatsächlich zu einer nachhaltigen Verbesserung der Steuerung und Entwicklung führen, lässt sich ein verhalten optimistisches Resümee ziehen. Es ist deutlich geworden, dass Zielvereinbarungen von ihrer Grundidee her ein geeignetes Management- und Entwicklungsinstrumentarium für Universitäten sind, auch wenn sich eine Reihe euphorischer Anfangserwartungen nicht erfüllt hat. Zielvereinbarungen gelten mit Einsetzen der Universitätsreform Anfang der 90er Jahre als „Wundermittel“ für beinahe jeden Managementzweck. Zusätzliche Attraktivität gewinnt das Instrumentarium durch seine hohe Anschlussfähigkeit an die von Diskursivität und Selbstorganisation geprägte Universitätskultur. Als Methode des „Partizipativen Managements“ funktionieren Zielvereinbarungen vor allem über kommunikative Aushandlungsprozesse, in denen sich die Beteiligten auf eine gemeinsame Linie bei der Organisationsentwicklung einigen müssen. Zielvereinbarungen ermöglichen in Universitäten anders als in Wirtschaftsunternehmen keine direkte individuelle Leistungs- bzw. Outputsteuerung. Versuche, insbesondere die in Lehre und Forschung tätigen Universitätsmitglieder dazu zu bringen, den Grad ihrer Zielerreichung an kleinteiligen Kennzahlen messen zu lassen, sind weitgehend im Sande verlaufen. Vielmehr haben sich Zielvereinbarungen im Hochschulbereich überwiegend als Verfahren einer zwischen Universitäts- und Fakultäts-/Fachbereichsleitung abgestimmten Projekt- und Maßnahmeplanung etabliert. Die hauptsächliche Wirkung universitätsinterner Zielvereinbarungen besteht somit in der verbesserten Verständigung der Universitätsmitglieder in Fragen der Entwicklungsplanung. Dagegen bleiben sie in ihren verhaltenssteuernden Effekten und in der Produktion konkreter Ergebnisse eher schwach. Hier gibt es noch einen erheblichen Verbesserungsbedarf. Sowohl die im Rahmen dieser Untersuchung ausgewerteten Erfahrungsberichte als auch die Fallstudien offenbaren, dass eine große Anzahl vereinbarter Veränderungsprojekte und -maßnahmen entweder unzureichend oder gar nicht realisiert wird. Eine der Hauptursachen dafür besteht in der Folgenlosigkeit beim Nichterreichen vereinbarter Ziele. Ein Rektorat/Präsidium hat kaum Möglichkeiten, eine Fakultät negativ zu sanktionieren, wenn diese sich nicht an die Kontrakte hält. Diese häufig zu beobachtende Unverbindlichkeit universitätsinterner Zielvereinbarungen ist zwar kritikwürdig, weil sie das Instrument schnell zum „zahnlosen Tiger“ mutieren lässt, doch zugleich gibt sie Rektoraten/Präsidien die notwendige Flexibilität, um auf die Unwägbarkeiten wissenschaftlich-kreativer Arbeitsweisen
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adäquat reagieren zu können. Oft gibt es plausible Gründe dafür, warum das geplante Vorhaben in dem festgelegten Zeitraum nicht umgesetzt werden konnte oder eine Umsetzung keinen Sinn mehr machte. In diesen Fällen negative Sanktionen zu verhängen, nur weil sie zuvor vereinbart worden sind, nützt niemandem etwas. Dies ist vermutlich auch der Grund, warum Zielvereinbarungen im universitären Bereich weniger mit finanziellen „Bestrafungen“ als mit Anreizen verknüpft sind. Im Gegensatz zur indikatorengestützten Mittelverteilung, die sehr wohl negative wie positive Leistungsbewertungen kennt und diese mit einer verringerten oder erhöhten Finanzzuweisung verknüpft, arbeiten Zielvereinbarungen mit vergleichsweise zurückhaltenden Anreizen. In etlichen Universitäten ist es inzwischen üblich, für einen Teil der im Rahmen von Zielvereinbarungen vereinbarten Projekte Anschubfinanzierungen aus einem speziell für diesen Zweck vorgehaltenen Innovationsbudget zu gewähren. Es gibt aber auch Hochschulen, die beinahe ausschließlich auf die intrinsische Motivation der in den Fakultäten/Fachbereichen tätigen Personen, insbesondere der WissenschaftlerInnen, setzen. Dahinter steht die Erwartung, dass Universitätsmitglieder quasi von selbst ein Interesse daran haben, ihren direkten Arbeitsbereich Erfolg versprechend weiterzuentwickeln und kontinuierlich zu verbessern. Auf finanzielle Anreize wird deshalb weitgehend verzichtet. In der Tat basiert die Idee des Führens mit Zielvereinbarungen auf Selbstregulationstheorien. Wie im organisations- und managementanalytischen Teil der Arbeit begründet wurde, scheint dieser Ansatz gerade deshalb für die Steuerung und Entwicklung von Universitäten in besonderer Weise geeignet zu sein. In der „Expertenorganisation“ Universität richtet sich das Verhalten der WissenschaftlerInnen nur dann auf die Organisationsziele aus, wenn diese genügend Überzeugungs- und Motivationskraft entfalten. Deshalb können Leistungserwartungen nicht einfach oktroyiert, sondern müssen ausgehandelt werden. Folgerichtig kann auch der damit verbundene Führungsstil keinesfalls top-down auf eine stringente Ergebnisproduktion ausgerichtet sein, sondern muss Raum für Mitbestimmung und Selbstorganisation lassen. Dabei besteht die zentrale Herausforderung für Leitungskräfte in Universitäten darin, die richtige Balance zwischen Partizipation und Management zu finden. Im Gegensatz zum Wirtschafsbereich ist die Situation im Hochschulbereich bislang allerdings nicht durch ein Partizipations-, sondern durch ein Führungsdefizit gekennzeichnet. Um dieses Ungleichgewicht, welches nach Meinung etlicher HochschulreformerInnen zu den Hauptursachen für die zu geringe Leistungs- und Innovationsfähigkeit von Universitäten zählt, zu korrigieren, haben die Organisationsspitzen (Präsidien/Rektorate) durch den Erlass neuer Hochschulgesetze einen deutlichen Kompetenzzuwachs erfahren. Die mit diesem Schritt verbundene Hoffnung ist, dass gestärkte Leitungskräfte schnellere und strategischere Entscheidungen treffen und somit die Leistungen der Organisationsmitglieder effektiver lenken können. Dabei soll ihnen ein Set an Steuerungsinstrumenten helfen, zu denen auch Zielvereinbarungen zählen.
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Dass Zielvereinbarungen diese Erwartung in der Praxis nur unzureichend erfüllen, ist zwar ernüchternd, aber bei genauerer Betrachtung der Hintergründe auch nicht verwunderlich. Im Verlauf dieser Studie haben sich vor allem drei Ursachen dafür herauskristallisiert, dass Zielvereinbarungen nicht wie erhofft zu einer effektiveren Entscheidungsfindung und Leistungserstellung führen: Zum einen sind Zielvereinbarungen ursprünglich als Instrumente der direkten Personalführung und Personalentwicklung konzipiert worden. Seine motivierende Wirkung entfaltet dieses Instrument eigentlich nur dann, wenn sich Personen mit den vereinbarten Zielen soweit identifizieren, dass sie bereit sind, für deren Erreichung bestimmte Anstrengungen zu vollbringen. Im Hochschulbereich werden Zielvereinbarungen jedoch ganz anders eingesetzt, und zwar hauptsächlich zur Entwicklungsplanung von Organisationseinheiten, vornehmlich Fakultäten/Fachbereichen. Insofern bewegen sie sich auf einer Abstraktionsstufe, bei der das Individuum nicht mehr persönlich angesprochen und mobilisiert werden kann. Der unmittelbar motivierende Effekt auf der individuellen Ebene geht so verloren. Zielvereinbarungen sind im Hochschulbereich eher als „Governance-Mechanismus“ zu verstehen, d.h. als ein lenkendes Koordinationsprinzip auf der organisationalen Ebene. Ihre Wirkung besteht in einer gezielteren Kooperation zwischen den Organisationseinheiten sowie der Organisationseinheiten mit der Organisationsspitze. Der zweite Grund für die als schwach zu bezeichnende steuernde Wirkung von Zielvereinbarungen ist, dass die partizipativ-kommunikative Seite des Instrumentariums bei den bisher durchgeführten Implementierungsprozessen sehr viel stärker betont worden ist als mögliche steuernde Effekte. Dieses Vorgehen ist insofern verständlich, als durch die Hervorhebung der Selbstregulations- und Mitbestimmungsaspekte eine bemerkenswert hohe Akzeptanz des Instrumentariums, insbesondere bei den wissenschaftlich tätigen Universitätsmitgliedern erreicht werden konnte. Eine übermäßige Assoziation von Zielvereinbarungen mit dem Begriff „Steuerung“ dagegen hätte die Einführungsphase deutlich erschwert, da Steuerung von WissenschaftlerInnen nach wie vor als unbotmäßiger Eingriff von Führungskräften in die Freiheit von Forschung und Lehre empfunden wird. Sowohl die Auswertung der Erfahrungsberichte als auch die Fallstudien haben gezeigt, dass Zielvereinbarungen vor diesem Hintergrund von den meisten Hochschulen zunächst bottom-up entwickelt wurden. Die Rolle der Leitungskräfte in den Rektoraten/Präsidien beschränkte sich zunächst lediglich darauf, Fakultäten/Fachbereiche aufzufordern, die aus ihrer Sicht notwendigen und strategisch sinnvollen Veränderungsprojekte und -maßnahmen zu nennen. Im zweiten Schritt reagierte dann die Organisationsspitze auf die Überlegungen „von unten“ mit einer diskursiven Rückmeldung, die nicht auf einer expliziten Strategie basierte, sondern sich aus Abstimmungsrunden zwischen Rektorat/Präsidium und Dekanaten sowie mit dem Akademischen Senat ergaben. Insgesamt entstanden auf diese Weise zeitraubende und komplizierte Verfahrensabläufe, die zwar mit zunehmender Routine etwas schlanker wurden, aber ihren erheblichen Kommunikationsaufwand beibehielten. Da-
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bei hat sich gezeigt, dass Ablauf und Ergebnisse des Zielvereinbarungsprozesses an Schnelligkeit und Qualität gewinnen, wenn sich die Strategiefähigkeit der Leitungskräfte verbessert. Diese gilt sowohl für die Rektorate/Präsidien als auch für die Dekanate. Die in der Implementierungsphase noch von vielen Hochschulen bevorzugte Methode, Projekte und Maßnahmen ohne zuvor festgelegten strategischen Rahmen bottom-up heranströmen zu lassen, hat sich insofern als kontraproduktiv erwiesen, als mit großem Aufwand eine ähnliche Beliebigkeit bei der Hochschulentwicklung entstand wie vorher auch. Dabei sollten Zielvereinbarungen gerade das Gegenteil erreichen, nämlich mehr Handlungsrationalität durch eine Aufmerksamkeits- und Aktivitätslenkung auf die übergeordneten Organisationsziele. Die oft in langwierigen und aufwändigen Prozessen entwickelten Leitbilder haben sich für die Rahmensetzung von Zielvereinbarungen als ungeeignet erwiesen. Versuche von Hochschulen, Leitbild und Strategie zu kombinieren, waren ebenfalls wenig erfolgreich. Vor diesem Hintergrund ist verständlich, dass der anfängliche Elan, mit dem zahlreiche Hochschulen Leitbilder erstellt haben, merklich nachgelassen hat. Inzwischen beziehen sich Zielvereinbarungen kaum noch auf übergeordnete Werte und Globalziele, sondern auf konkrete Strategiepläne, welche auf die Erschließung mittelfristig erreichbarer Erfolgspotentiale abzielen. Erst die enge Bindung von Zielvereinbarungen an ein Strategiekonzept verleiht dem Instrument eine handlungsleitende Wirkung. Doch auch wenn die notwendige enge Verbindung zu einem Strategiekonzept gegeben ist, bleibt die steuernde Wirkung von Zielvereinbarungen insgesamt hinter jener der indikatorengestützten Mittelzuweisung zurück. Im direkten Vergleich beider Instrumentarien besitzt die indikatorengestützte Mittelzuweisung den Vorzug, klarer aufgebaut und einfacher handhabbar zu sein, sowie ergebnisbezogener lenken und finanziell unmittelbarer sanktionieren zu können. Auch wenn die Akzeptanz dieses betriebswirtschaftlichen Instruments im wissenschaftlichen Bereich weit geringer ist als die von Zielvereinbarungen, entfaltet es faktisch doch stärkere handlungsleitende Effekte. Infolgedessen wächst die Bedeutung der indikatorengestützten Mittelverteilung gegenüber den Zielvereinbarungen. Letztere sind offenbar noch zu sehr mit den Negativeffekten partizipativer Managementverfahren behaftet: Es wird zwar viel kommuniziert, aber zu wenig konkret umgesetzt. Um diese Negativeffekte beheben zu können, müssen auch – und hier liegt der dritte Grund für die geringen konkreten Umsetzungswirkungen von Zielvereinbarungen – das Monitoring und Controlling verbessert werden. Die Erfahrungen zeigen, dass Zielvereinbarungen eher pauschal formuliert sind und oft keine geeigneten Indikatoren aufweisen, anhand derer sich Erfolge oder Misserfolge bei der Projektumsetzung messen lassen. Infolgedessen ist auch das Berichtswesen unzureichend entwickelt. Nicht selten werden Zielvereinbarungsberichte unregelmäßig oder gar nicht abgegeben. Die im Rahmen der vorliegenden Untersuchung ausge-
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werteten Zielvereinbarungsberichte von Hochschulen bzw. Fakultäten/Fachbereichen sind meist uneinheitlich, narrativ und ohne Bezug auf einen übergeordneten strategischen Rahmen gestaltet. Auswertung und Neuaushandlung von Zielvereinbarungen erfolgen im mündlichen Gespräch zwischen den verantwortlichen Leitungskräften. Das fördert zwar die Kommunikation zwischen den Leitungsebenen, doch ohne überprüfbare Erfolgskriterien und Erfolgsmessung sind Zielvereinbarungen auf die Dauer wirkungslos und überflüssig. Selbst wenn eine Hochschule aufgrund ihres geringen Budgets nicht in der Lage sein sollte, finanzielle Anreize zu setzen, müssen Zielvereinbarungen zumindest eine strategische Orientierung ermöglichen, d. h. transparent machen, welche Organisationseinheit welche Projekte bzw. Maßnahmen plant und ob sie diese erfolgreich umsetzt. Diese Form der systematischen Selbstbeobachtung, mit deren Hilfe eine Universität ihre strategischen Potentiale einschätzen, bewerten und aktivieren kann, ist der Minimaleffekt, den Zielvereinbarungen erreichen sollten. Positiv formuliert lassen sich aus den drei genannten Schwachstellen also folgende Erfolgsfaktoren für die Anwendung universitätsinterner Zielvereinbarungen festhalten: Als Governance-Mechanismus zur abgestimmten Entwicklungsplanung zwischen Universitäts- und Fakultäts-/Fachbereichsleitungen wirken Zielvereinbarungen nur dann konkret handlungsleitend, wenn sie mit einem klaren Strategiekonzept, Prüfkriterien, einem funktionierenden und zeitnahen Monitoring und Controlling sowie möglichst einem finanziellen Anreizsystem verbunden sind. Darüber hinaus hat sich im Rahmen dieser Untersuchung als weiterer wesentlicher Erfolgsfaktor der Zuschnitt der Leitungs- und Entscheidungsstruktur erwiesen. Selbst das Fehlen eines finanziellen Anreizsystems kann abgemildert werden, wenn der Zuschnitt der Leitungs- und Entscheidungsstruktur mit dem Aufbau des Zielsystems der Universität korrespondiert. Die Grundhypothese der Arbeit, wonach Zielvereinbarungen als Instrument des Hochschulmanagements nur dann erfolgreich sein können, wenn sie mit geeigneten Leitungs- und Entscheidungsstrukturen verbunden sind, hat sich bestätigt. Zugleich wurde auch deutlich, dass dieser Zusammenhang in vielen Hochschulen nicht genügend beachtet wird. Zielvereinbarungen werden oft nur als eines von vielen Managementinstrumenten eingesetzt, ohne die Konsequenzen für die Leitungs- und Entscheidungsstrukturen mitzubedenken. Als eine Methode des partizipativen Managements geht das Führen mit Zielvereinbarungen zwar davon aus, dass Leitungskräfte eine Organisation nur dann erfolgreich lenken und weiterentwickeln können, wenn sie die Organisationsmitglieder in ihre Entscheidungs- und Planungsprozesse einbeziehen und ihnen darüber hinaus einen relativ großen Spielraum für individuelle Entscheidungen und Handlungen lassen; doch es gibt Grenzen. Partizipatives Management bedeutet nicht Gleichstellung von Interessen, sondern das Einräumen bestimmter Spielräume durch die Hierarchie. Zu den zentralen Aufgaben von Leitungskräften gehört es, den Erfolg der Gesamtorganisation im Blick zu haben und die damit verbundenen strategi-
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schen Ziele notfalls gegen die Partikularinteressen einzelner Universitätsmitglieder durchzusetzen. Und genau in dieser deutlichen „Führungsorientierung“ liegt ein zentraler Problemauslöser. Die Bereitschaft weitgehend eigenverantwortlich arbeitender WissenschaftlerInnen, ihre individuellen Ziele freiwillig denen der Organisation unterzuordnen und ihre Arbeitsenergie in die Verfolgung gemeinschaftlicher Interessen zu investieren, ist nach wie vor nicht sehr ausgeprägt. Deshalb wundert es nicht, dass die Professionalisierung universitärer Leitungsfunktionen auf Widerstand in der Professorenschaft stößt. Bei genauerer Betrachtung besteht für die Ablehnung eines gestärkten Top-Managements allerdings wenig Grund. Die neuen Leitungs- und Entscheidungsstrukturen in Universitäten stellen keinen wirklichen Bruch mit den traditionellen Verfahren der Entscheidungsfindung in Universitäten dar, sondern knüpfen an das bestehende Prinzip der kollegialen Entscheidungsfindung an: Universitäten bzw. deren Fakultäten/Fachbereiche werden in der Regel nicht von (eigen-)mächtigen PräsidentInnen/RektorInnen oder DekanInnen geführt, sondern von mehrköpfigen Präsidien/Rektoraten und Dekanaten. Leitungsteams sind im Universitätsbereich derzeit die vorherrschende Führungsform. Zwar verfügen die RektorInnen/PräsidentInnen innerhalb der Universitätsleitungen über eine Richtlinienkompetenz, dennoch können Sie auf Dauer nicht gegen den Willen ihrer VizerektorInnen/VizepräsidentInnen und der Kanzlerin/ dem Kanzler agieren. Dementsprechend müssen sie kooperativ führen. Das Problem bei Leitungsteams ist allerdings, dass diese, ähnlich wie Gremien, zu einer gewissen „organisierten Verantwortungslosigkeit“ tendieren. In einer Führungsgruppe können sich einzelne Entscheidungsträger verstecken, wenn niemandem ein bestimmtes Ergebnis persönlich zugeschrieben werden kann. Die vorliegende Untersuchung hat gezeigt, dass sich diese Gefahr erheblich minimieren lässt, wenn Leitungsteams nach dem Ressortprinzip arbeiten. Die Übernahme einer individuellen Verantwortung für ein bestimmtes Aufgabengebiet fördert nicht nur die Transparenz, sondern stärkt auch die strategische Handlungsfähigkeit. Bildet der Ressortzuschnitt die mittel- bis langfristigen Aufgabenschwerpunkte möglichst realistisch ab, verbessert sich die zielorientierte Steuerung und Entwicklung der Gesamtorganisation. Dabei hat es sich als besonders förderlich erwiesen, dem jeweiligen Ressort einen personellen Unterbau zu geben, d.h. die einem Zielbereich zuarbeitenden Verwaltungskräfte dem jeweiligen Ressortverantwortlichen zu unterstellen. Sowohl die dadurch entstehende Professionalisierung der VizepräsidentInnen als auch der Rollenwechsel des Kanzlers/der Kanzlerin, der/die nicht mehr die gesamte, sondern nur einen Teilbereich der Verwaltung leitet, hat sich als ausgesprochen produktiv erwiesen. Deutliche Entlastungseffekte können dadurch erreicht werden, dass die Aufgaben nicht mehr allein bei den RektorInnen/PräsidentInnen und KanzlerInnen gebündelt, sondern auf mehrere Schultern verteilt werden. Nicht zuletzt entsteht durch die direktere Zusammenarbeit von Leitungskräften und VerwaltungsmitarbeiterInnen eine spürbar verbesserte Kooperation. Akademische und
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rechtlich-wirtschaftliche Sphäre nähern sich an und entwickeln mehr Verständnis füreinander. Diejenigen, die noch am wenigsten ihre Rolle innerhalb der veränderten universitären Leitungs- und Entscheidungsstrukturen gefunden haben, sind die Leitungsteams auf der dezentralen Ebene. Einerseits werden die Dekanate als eine Art „mittleres Management“ verstanden, welches die Belange der dezentralen Organisationseinheiten koordiniert und deren Interessen gegenüber der Zentrale vertritt. Andererseits gibt es – wie im Bundesland Hamburg – Vorstöße auf der Seite des Gesetzgebers, deren Führungsrolle in Richtung auf mehr dezentrale Eigenständigkeit auszubauen. In diesem Fall sollen Dekanate nicht mehr als von ihrer Fakultät/ihrem Fachbereich gewählte Selbstverwaltungsorgane, sondern als Top-Management in relativ eigenständigen Einrichtungen agieren. Zu diesem Zweck wird das Verhältnis zwischen Zentrale und Dezentrale neu geordnet. Ähnlich wie in einer privatwirtschaftlichen Holding sollen sich Universitäten künftig in „Schools“ gliedern, die zwar unter einem gemeinsamen Dach arbeiten und gemeinsame strategische Ziele verfolgen, sich ansonsten aber individuell profilieren. Die Hauptverantwortung tragen die DekanInnen, welche entsprechend mit mehr Macht, einem professionelleren Verwaltungsunterbau sowie finanziellen und personellen Entscheidungsfreiräumen ausgestattet werden. Ob sich der Trend zu solch einem „School-Modell“ weiter fortsetzen wird, ist offen. Dennoch ist diese Entwicklung insofern bemerkenswert, als sie eine Abkehr von einem zentralen Glaubenssatz der Hochschulreform darstellt. Bislang galt die lose Kopplung der Organisationseinheiten als eine der Hauptquellen für die Entscheidungs- und Handlungsschwäche von Universitäten. Infolgedessen wurden in den zurückliegenden Jahren erhebliche Anstrengungen darauf verwandt, die Kopplung zwischen der zentralen und der dezentralen Ebene enger zu führen. Die fragmentierten Fakultäten/Fachbereiche und Institute sollten zu einer arbeitsteiligen Organisation mit Aufsichtsrat, Top- und mittlerem Management und einer „Corporate Identity“ zusammenwachsen. Demgegenüber betont der School-Gedanke den ursprünglichen Charakter von Universitäten als Netzwerkorganisationen. Ein möglicher Grund für diese Rückwärtsschleife könnte der Eindruck sein, dass Universitäten doch viel zu groß und heterogen sind, um sich als organisationale Einheit von einem vom wissenschaftlichen Kerngeschäft weit entfernten Präsidium/Rektorat und Aufsichtsrat lenken zu lassen. Wie auch immer – das Spannungsverhältnis zwischen zentraler und dezentraler Ebene in Hochschulen ist auf jeden Fall ein Reformthema, welches erst in jüngster Zeit ins Bewusstsein gerückt ist und zukünftig eine zentralere Rolle spielen wird. Durch die bislang einseitige Stärkung der TopEbene ist ein Ungleichgewicht zwischen zentraler und dezentraler Ebene entstanden, welches neu austariert werden muss. Infolgedessen werden sich auch die Managementfunktionen in Fakultäten/Fachbereichen wandeln. Ohne eine ähnliche Professionalisierung, wie sie sich in den Rektoraten/Präsidien beobachten lässt, werden die Dekanatsmitglieder dem steigenden Anforderungsdruck nicht standhal-
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ten können. Längere Amtszeiten und ein entsprechend bessere Bezahlung können hier nur der Anfang sein. Im Vergleich zu der noch relativ unklaren Rolle der DekanInnen bzw. Dekanate ist die Entwicklungslinie bei der Reform der Gremienstrukturen klar: Die Entscheidungskompetenzen der Senate und Fakultätsräte wurden konsequent verringert und z.T. auf die Rektorate/Präsidien und Dekanate verlagert. KritikerInnen betrachten diese Entwicklung als „Demokratieabbau“. Der Blick in die Praxis relativiert diesen Vorwurf indes erheblich. Universitäten bieten nach wie vor ausgedehnte Möglichkeiten zur Mitbestimmung und Mitgestaltung. Fast nirgends wird über die Köpfe der Universitätsmitglieder „hinwegregiert“. Im Gegenteil: Meist werden erhebliche Zeitverluste und Diskussionsschleifen in Kauf genommen, um sowohl in alltäglichen Entscheidungsfindungs- als auch in Reformprozessen eine möglichst große Transparenz und Akzeptanz bei den Universitätsmitgliedern zu erreichen. Umgekehrt allerdings bleiben auf Seiten der Universitätsmitglieder viele der Partizipationsangebote ungenutzt. Kompetente Beteiligung kostet Zeit und erfordert eine hohe Bereitschaft, sich in Sachthemen (neu) einzuarbeiten sowie viel Energie in das Fortkommen der Organisation zu investieren. Dazu sind etliche Universitätsmitglieder nicht bereit. Die im Zuge der Hochschulreform avisierte Straffung der Gremienstrukturen ist zwar in Ansätzen erfolgt, dennoch bleibt die Zahl der Gremien hoch. Oft sogar entstehen im Zuge von Hochschulreformprozessen – wenn auch zeitlich befristet – neue Gremien, wie z.B. Lenkungsgruppen, die parallel zur normalen Gremienstruktur arbeiten und den Selbstverwaltungsaufwand noch zusätzlich erhöhen. Leitungskräfte in Universitäten sind unverändert darauf angewiesen, ihre Entscheidungen intern abzustimmen und zu kommunizieren. Gremien werden auch weiterhin eine Rolle im Universitätsmanagement spielen, wenn auch weniger als politische Bühnen, sondern mehr als Arbeitsorgane im Sinne einer entscheidungsvorbereitenden Funktion für die laufenden universitären Managementprozesse. Für diesen Zweck hat sich eine matrixartige Gremienstruktur, wie sie an der Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik (HWP) praktiziert wurde, als förderlich erwiesen. In diesem Modell waren die Vorsitzenden der zentralen Leistungsbereichsausschüsse zugleich Mitglieder der Hochschulleitung. Durch die enge personelle Verzahnung von Gremien- und Leitungssystem entstand eine direkte Kommunikation sowohl innerhalb des Präsidiums als auch zwischen Präsidium und Gremien, welche für eine erkennbare Verschlankung der Entscheidungsprozesse sorgte. Insgesamt lässt sich konstatieren, dass es bei allen Fortschritten, die sich durch ein funktionierendes Zusammenspiel von Zielvereinbarungen mit Leitungs- und Entscheidungsstrukturen bei der strategischen Steuerung und Entwicklung von Universitäten erreicht werden, eine Illusion ist zu glauben, Hochschulen ließen sich irgendwann völlig konsistent und zuverlässig lenken. Dazu sind und bleiben sie als Organisationen viel zu anarchisch. Ihre begrenzte Rationalität macht das Herstel-
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len von eindeutigen Zweck-Mittel-Relationen bzw. Ursache-Wirkungsketten ungewöhnlich schwierig. Hochschulen sind keine trivialen Maschinen, in denen auf Knopfdruck ein bestimmter Input verlässlich in einen gewünschten Output umgewandelt wird. Das betrifft vor allem die Forschung. Die hier stattfindenden und für den Erfolg wissenschaftlicher Arbeit notwendigen kreativen Prozesse lassen sich weder in ihrem konkreten Ablauf noch im Ergebnis exakt vorausschauend planen. Aber auch die Lehr- und Lernprozesse, selbst wenn sie stärker formalisiert sind als Forschungsprozesse, zeigen eine gewisse Eigenwilligkeit. Vor diesem Hintergrund müssen diejenigen, die Universitäten managen und entwickeln, genügend „sensible foolishness“ aufbringen. Nur mit einem experimentierfreudigen, unkonventionellen Managementverständnis wird es Leitungskräften gelingen, die universitätstypischen Widersprüche zu meistern. Zu diesen unorthodoxen Herangehensweisen zählt zweifellos die systemtheoretische Perspektive. Die Erkenntnis, dass die Entwicklung sozialer Systeme an die bestehenden Operationsmöglichkeiten gebunden ist, sollte Anlass für jeden Universitätsmanager/jede Universitätsmanagerin, aber auch jeden hochschulpolitischen Reformer/jede hochschulpolitische Reformerin sein, die organisationalen Besonderheiten von Universitäten zunächst einmal sorgsam zu analysieren, zu verstehen und zu respektieren, bevor sie sich an die Veränderung machen. Die Tatsache, dass Reformprozesse im Hochschulbereich – häufig ausgelöst durch politischen Handlungsdruck – ad hoc und aus dem Bauch heraus in Gang gesetzt werden, führt in der Regel nicht zur gewünschten Nachhaltigkeit. Vielmehr erscheinen Universitätsreformen wie Hamsterräder, bei denen aus Erfahrungen wenig gelernt und stattdessen immer wieder aufs Neue bekannte Muster reproduziert werden. Ein Fortschritt wäre es auch, wenn die AkteurInnen der Hochschulreform reflektieren würden, dass im Zuge der aktuellen Hochschulreform verschiedene Systemlogiken und Handlungsrationalitäten aufeinanderprallen, die häufig nur schwer miteinander zu vereinbaren sind. Der Anlass dafür, dass eine – offenbar aus gutem Grund so gewachsene – begrenzt rationale Organisation wie die Universität dazu gebracht werden soll, zuverlässig bestimmte Leistungen und Wirkungen zu erzielen, entspringt weder der Logik des Wissenschafts- noch der des Erziehungssystems, sondern den Logiken des Politik- und des Wirtschaftssystems. Der für die Hochschulreform maßgebliche Ansatz des „New Public Management“ (NPM) modifiziert Managementinstrumente der profitorientierten Privatwirtschaft und überträgt sie auf öffentliche Einrichtungen, um dort die Wirtschaftlichkeit und die Wirksamkeit der Leistungen zu verbessern. Das NPM hat nicht nur einen erheblichen Einfluss auf universitätsinterne Management- und Entwicklungsprozesse, sondern zieht vor allem eine gravierende Neuordnung des Verhältnisses von Staat und Hochschulen nach sich.
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Laut offizieller Reformrhetorik will der Staat durch eine Reihe auf Dezentralisierung ausgerichteter Instrumente, wie z.B. das Führen mit Zielvereinbarungen, die Handlungsautonomie von Universitäten maßgeblich erhöhen. Die Praxis sieht – wie im Zuge dieser Untersuchung deutlich wurde – jedoch anders aus. Die Frage, ob der Staat den Paradigmenwechsel von der Detailsteuerung zur strategischen Rahmensteuerung mit Hilfe von Zielvereinbarungen tatsächlich vollzogen und dadurch Universitäten mehr Möglichkeiten zu einer selbstbestimmten Steuerung und Entwicklung gegeben hat, muss nach jetzigen Erkenntnisstand mit einem „Nein“ beantwortet werden. Zielvereinbarungen zwischen Staat und Hochschulen erweisen sich als Instrument, mit dem die Politik nach wie vor relativ detailliert und vor allem tief in die Universitäten „hineinmanagt“. Dabei bleiben die Wirkungen dieser Interventionsversuche häufig relativ schwach, denn das Instrument zeigt auf der Ebene Staat-Hochschulen ähnliche Anwendungsprobleme wie universitätsintern. Die Stärken von Zielvereinbarungen liegen auch hier vor allem in der kooperativen Planung, wohingegen als Hauptschwachpunkte die Folgenlosigkeit bei der Nichterreichung von Zielen, das unzureichende Berichtswesen und ein fehlendes Monitoring und Controlling zu nennen sind. Aufgrund dieser Defizite stehen auch die Zielvereinbarungen zwischen Staat und Hochschulen in der Gefahr, gegenüber der indikatorengestützten Mittelverteilung an Bedeutung verlieren. Trotz Einführung neuer Steuerungsinstrumente ist die wirksamste Methode staatlicher Hochschulsteuerung offenbar immer noch die gesetzliche Verordnung. Die Häufigkeit der Gesetzesnovellierungen hat in dem analysierten Fallbeispiel in kurzer Zeit rapide zugenommen. Aber auch in anderen deutschen Bundesländern ist zu beobachten, dass Hochschulreformen wesentlich über Gesetzesänderungen laufen. Bei Regierungswechseln ist es inzwischen üblich geworden, dass die neue politische Führung ihre Handlungsstärke durch den Erlass eines neuen Hochschulgesetzes unter Beweis zu stellen versucht. Infolgedessen sind Universitäten oft mehr mit der Umsetzung wechselnder gesetzlicher Vorgaben als mit der Umsetzung eigener strategischer Ziele beschäftigt. Von einer größeren Handlungsfreiheit kann angesichts solcher Situationen kaum die Rede sein. In diesem Zusammenhang spielen mitunter auch Expertenkommissionen eine unrühmliche Rolle. Diese von der Politik beauftragten Peer-Evaluationen binden in den Hochschulen eine Menge Arbeitskraft und drängen die Institutionen nicht selten in eine defensive Rechtfertigungsposition mit entsprechenden Abwehrreaktionen. Der Grundkonflikt der Hochschulautonomie bleibt weiterhin ungelöst. Universitäten sollen einerseits politisch leitbar bleiben, gleichzeitig aber als Organisationen eigenständig im freien Wettbewerb des internationalen Wissens- und Bildungsmarktes agieren. Der Spagat zwischen der Abhängigkeit vom Staat und selbst zu füllenden Entscheidungs- und Handlungsspielräumen stellt Universitäten jeden Tag aufs Neue vor Zerreißproben. Verschärfend kommt hinzu, dass die Politik als ein an Machtgewinnung bzw. Machterhalt ausgerichtetes Funktionssystem der Gesellschaft offenkundig wenig Interesse daran hat, Prozesse in Gang zu setzen, die er-
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gebnisoffen sind und länger als eine Legislaturperiode dauern. Stattdessen will eine Regierung so schnell wie möglich sichtbare Erfolge produzieren, um Wählerstimmen zu gewinnen. Mit diesem Verhalten negiert sie allerdings die Tatsache, dass es in der heutigen Zeit kaum noch abschließende und langfristig haltbare Konzepte geben kann. Dazu verändert sich die Gesellschaft viel zu schnell und zu fundamental. Angebrachter wäre es deshalb, wenn politisches Handeln – ähnlich wie die Methode der Organisationsentwicklung es vorsieht – als kontinuierlicher und dynamischer Lernprozess verstanden würde. Das Zulassen von Entwicklungen, das Reflektieren von Fehlern und Fortschritten ist die Voraussetzung dafür, dass so etwas wie „Lernen“ stattfindet. Wer also will, dass Universitäten als lernende Organisationen einen Beitrag zur lernenden Gesellschaft leisten, muss ihnen die Möglichkeiten geben, über eine gewisse Zeitdauer hinweg Dinge auszuprobieren und über Reflexionsschleifen weiterzuentwickeln. Ständige politische Interventionen unterbrechen Lernprozesse und hindern das System „Universität“ daran, eigenständige, adäquate Lösungen zu finden. Insofern sollte in der Hochschulpolitik prozesshafter gedacht und den Universitäten mehr Freiraum für Experimente gegeben werden. Andernfalls ist es wahrscheinlich, dass die Universitätsreform nicht den erhofften Fortschritt bringt, sondern lediglich in einer weiteren Bürokratisierung von Universitäten endet, und zwar ähnlich wie es Niklas Luhmann (1987c, S. 213ff.) beschrieben hat: „Gerade weil man im organisierten Entscheidungsprozeß nicht an das tatsächliche Verhalten in Forschung und Lehre herankommt, entsteht eine Bürokratie, die ihre eigenen Formen pflegt, diversifiziert, kontrolliert und in immer neuen Weisen auf ihr Unvermögen reagiert, den Funktionsprozeß selbst zu steuern. Dies Unvermögen, das konkrete Verhalten wirklich nach erfolgreich/erfolglos zu sortieren, wirkt wie eine Barriere, vor der sich immer neue gutgemeinte Impulse aufstauen. Generation für Generation […] lädt hier ihre Hoffnungen ab. So türmen sich an dieser Stelle Regelungen auf Regelungen, Verbesserungen auf Verbesserungen, und all das wirkt wie ein massiver, undurchdringlicher Panzer, der Lehre und Forschung umso mehr der individuellen Praxis überläßt.“
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Nickel, Sigrun/Epskamp, Heinrich 2003a: Qualitätsbericht 2003. Teil 1. Darstellung des QMSystems, Stärken-Schwächen-Analyse, Verbesserungspotentiale, Neukonzeption des BachelorStudiums. Sozialökonomischer Text Nr. 102, Hamburg. Nickel, Sigrun/Epskamp Heinrich 2003b: Qualitätsbericht 2003. Teil 2: Quantitative und qualitative Daten zur Selbstbewertung von Präsidium, Verwaltung, Lehrkörper und Studierenden. Sozialökonomischer Text Nr. 102. Hamburg. Nickel, Sigrun/Zechlin, Lothar 2005: Die Suche nach der optimalen Organisationsstruktur. In: Welte, Heike/Auer, Manfred/Meister-Scheytt, Claudia (Hg.): Management von Universitäten. München, Mehring, S. 199–211. Nickel, Sigrun/Zechlin, Lothar 2000: Zielvereinbarungen als partizipatives Management – ein Anwendungsmodell. In: Hanft, Anke (Hg.): Hochschulen managen? Neuwied, Kriftel. Nickel, Sigrun/Zechlin, Lothar 1998: Modernes Profil. Von der Hochschule des Zweiten Bildungsweges zur Universität für Berufserfahrene. In: Hund, Wulf D. (Hg.): Von der Gemeinwirtschaft zur Sozialökonomie. Hamburg, S. 170–178. Nitsch, Wolfgang/Gerhardt Uta/Offe, Claus/Preuß Ulrich K.1965: Hochschule in der Demokratie. Kritische Beiträge zur Erbschaft und Reform der deutschen Universität. Berlin. 2. Auflage. Nowotny, Helga/Scott, Peter/Gibbons, Michael 2005: Wissenschaft neu denken. Wissen und Öffentlichkeit in einem Zeitalter der Ungewissheit. Weilerswist. 2. Auflage. Obermair, Wolfgang/Neubarth, Rolf 1999: Führung durch Zielvereinbarung – ein Element von Qualitätsmanagement. In: Peterander, Franz/ Speck, Otto (Hg.): Qualitätsmanagement in sozialen Einrichtungen. München, Basel. Offe, Claus 2001: Wie können wir unseren Mitbürgern vertrauen? In: Hartmann, Martin/Offe, Claus (Hg.): Vertrauen. Die Grundlage sozialen Zusammenhalts. Frankfurt am Main. Ortmann, Günther 1976: Unternehmungsziele als Ideologie. Zur Kritik betriebswirtschaftlicher und organisationstheoretischer Entwürfe einer Theorie der Unternehmungsziele. Köln. Orton, D. J. 1990: Loosely coupled systems: A Reconceptualization. In: Academy of Management Review 15, S. 203–223. Osborne, David/Gaebler, Ted 1997: Der innovative Staat. Mit Unternehmergeist zur Verwaltung der Zukunft. Wiesbaden. Palandt, Klaus 2002: Zielvereinbarungen zwischen Hochschulen und Landesregierung. In: Das Hochschulwesen, Heft 5, S. 162–167. Pawlowsky, Peter 1992: Betriebliche Qualifikationsstrategien und organisationales Lernen. In: Managementforschung 2, S. 177–238. Berlin, New York. Pekruhl, Ulrich 2001: Partizipatives Management. Konzepte und Kulturen. München, Mehring.
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Why
European
Research?
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MATERIALIEN UND DOKUMENTE
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Gesetz zur Errichtung der Körperschaft „Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf“ (UKEG) vom 12. September 2001. In: Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt 2001, S. 375. Grundordnung der HWP – Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik. Beschluss des Großen Senates der HWP vom 21.01.2003. Wegen anschließender Gesetzes-Novelle im Jahr 2003 und Fusion der HWP mit der Universität Hamburg nicht in Kraft getreten. Grundordnung der Universität Hamburg vom 30. Januar 2003. Entwurf. GTZ 2000: Orientierungsrahmen für das Wirkungsmonitoring, Teil 1: Wirkungsmonitoring? Eine Orientierungshilfe / Teil II: Ein- und Durchführung eines Wirkungsmonitorings. Hinweise, Methoden, Instrumente. Download: http://www.gtz.de (unter Rubrik „Publikationen“/ „Verfahren/Instrumente“). Eschborn. Hamburgisches Hochschulgesetz (HmbHG) in der Fassung vom 27. Mai 2003. Hamburgisches Hochschulgesetz (HmbHG) in der Fassung vom 18. Juli 2001. Hamburgisches Hochschulgesetz (HmbHG) in der Fassung vom 2. Juli 1991. HBO Expert Group 1999: Method for improving the quality of higher education based on the EFQM model. Translation third version. Eindhoven. Heise, Arne 2003: Profilbildung durch Institutsbildung. In: HWP Magazin 4/2003, S. 4. HIS 2005: Warum sind amerikanische Spitzenuniversitäten so erfolgreich? Kurzinformation A7/2005. Hochschulen machen Reform. DUZ-Special. Beilage zur Deutschen Universitätszeitung (DUZ) vom 6.2.1998. Hochschulgesetz NRW 2004: In der Fassung des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Hochschulreformen (Hochschulreformweiterentwicklungsgesetz), HRWG vom 30.11.2004. Download: http://www.wissenschaft.nrw.de/Hochschulen_in_NRW/Recht/HG.html Hochschulrahmengesetz (HRG) in der Fassung vom 19. Januar 1999. HRK 2005a: Qualität messen – Qualität managen. Leistungsparameter in der Hochschulentwicklung. Beiträge zur Hochschulpolitik. Bonn. HRK 2005b: Statistische Daten zur Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen. Bonn. HRK 2004a: Hochschulen erwarten Zuwachs an Entscheidungsautonomie bei der KMKReform. Pressemitteilung vom 7. Oktober 2004. Download: http://www.hrk.de/95_1986.php HRK 2004b: Professionalisierung als Leitungsaufgabe. Entschließung des 202. Plenums der HRK am 08.06.2004. Bonn. HRK 2003: Wegweiser 2003. Qualitätssicherung an Hochschulen. Beiträge zur Hochschulpolitik 7/2003
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MATERIALIEN UND DOKUMENTE
HRK 2000: Hochschulräte als Steuerungsinstrumente von Hochschulen. Beiträge zur Hochschulpolitik 6/2000. Bonn. HRK/Verbund norddeutscher Universitäten 2004: Evaluation – ein Bestandteil des Qualitätsmanagements an Hochschulen. Beiträge zur Hochschulpolitik 9. Bonn. Humboldt Universität zu Berlin 2003: Forschungsevaluation. Konzept. Download: http://www.hu-berlin.de/ph/frame.php?url=www.hu-berlin.de/step/forschungsevaluation.html HWP Magazin 4/2004: Herr Dräger haut die HWP entzwei – uns ist das nicht einerlei! S. 17. HWP Magazin 2/2004: Come together – Wächst zusammen, was zusammen gehört? S. 2, 6, 9, 14–16. HWP-Magazin 4/2003: Schwerstarbeit Forschung. Was die HWP forscht. S. 4–9. HWP Magazin 2/2003: Zukunft entwickeln oder abwickeln? Reaktionen auf die Empfehlungen der Strukturkommission, S. 4–10. HWP Magazin 4/1998: Neue Hochschulleitung, S. 9. HWP Magazin 1/1998: Streit um Ziele, S. 15. Studentische Ziele, S. 17. HWP Magazin 2/1997: Neue Leistungsbereichsvorsitzende, S. 8–9. Interne Ziel- und Leistungsvereinbarungen der HWP 1998, 2000, 2001, 2002, 2003, 2004. Ketels, Sabine 2002a: Lernende HWP. In: HWP Magazin 2/2002, S. 9. Ketels, Sabine 2002b: Prüfaufträge zur Reform der Leitungs- und Entscheidungsstruktur der HWP. Internes Papier, April 2002. Ketels, Sabine 2001: Evaluation der Leitungs- und Entscheidungsstruktur der HWP. Internes Papier zum Stand des Prozesses, zu den Ergebnissen des Fragebogens und der Workshops und zum weiteren Vorgehen vom 18. Mai 2001. Kanzlerinnen und Kanzler der Universitäten NRW 2005: Weiterentwicklung der Hochschulstrukturen und des Hochschulmanagements. 15. April 2005. KGSt 1998: Kontraktmanagement: Steuerung über Zielvereinbarungen. Bericht Nr. 4. Köln. KGSt 1993: Das Neue Steuerungsmodell. Begründung, Konturen, Umsetzung, Bericht Nr. 5. Köln. Kommission „Zukunftsorientierte Hochschullandschaft Metropole Hamburg 2012“ unter Vorsitz von Dr. Klaus von Dohnanyi (Hg.) 2003: Strukturreform für Hamburgs Hochschulen. Entwicklungsperspektiven 2003 bis 2012. Empfehlungen der Strukturkommission an den Senator für Wissenschaft und Forschung der Freien und Hansestadt Hamburg. Hamburg. Kultusministerkonferenz 2003: 10 Thesen zur Bachelor- und Masterstruktur in Deutschland. Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 12.06. 2003. Bonn.
MATERIALIEN UND DOKUMENTE
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Kreckel, Reinhard/Sadowski, Dieter/Schimank, Uwe 2003: Profilbildung. Studien zum Förderprogramm „Leistungsfähigkeit durch Eigenverantwortung“ der Volkswagen-Stiftung und zu neuen Perspektiven des Förderprogramms. Unveröffentlichtes Manuskript vom März 2003. Ohne Angabe des Ortes. Land, Thomas 2005: Projekt Strategie- und zielorientierte Hochschulsteuerung mit der Balanced Scorecard. Power-Point-Präsentation anlässlich des 2. Osnabrücker Kolloquiums zum Hochschul- und Wissenschaftsmanagement am 8. März 2005. Download: http://www.wiso.fhosnabrueck.de/10634.html Landesrektorenkonferenz der Universitäten NRW 2005: Diskussionsprozess über Hochschulstrukturen noch nicht abgeschlossen. 29. April 2005. Download: http://www.lrk-nrw.de/presse.html Leitbild der Humboldt-Universität: http://www.hu-berlin.de/hu/leitbild/index.html Leitbild der Universität Kassel: http://www.uni-kassel.de/uni/misc/leitbild/pdf Leitbild der Universität Leipzig: http://www.uni-leipzig.de/campus2009/leitbild.html Leitbild der Universität mainz.de/downloads/leitbild_gesuni_030517.pdf
Mainz:
http://www.uni-
Leitbild der Universität Mannheim: http://www.uni-mannheim.de/p/pdf/leitbild.pdf Leitbild der Universität Stuttgart: http://www.uni-stuttgart.de/ueberblick/leitbild/leitbildklein.pdf Leitbild der Technischen Universität München: http://portal.mytum.de/tum/leitbild Lisbon European Council 2000: Presidency Conclusions. o.A.d.O. Zitiert nach: http://www.bologna-berlin2003.de/pdf/PRESIDENCY_CONCLUSIONS_Lissabon.pdf Ministers responsible for Higher Education 2003: Realising the European Education Area. Communiqué of the Conference of European Ministers Responsible for Higher Education, Berlin 19. September 2003. Download: http://www.bologna-bergen2005.no/Docs/00-Main_doc/030919Berlin_Communique.PDF Ministers responsible for Higher Education 2005: The European Higher Education Area – Achieving the Goals. Communiqué of the Conference of European Ministers Responsible for Higher Education, Bergen 19–20 May 2005. Download: http://www.bolognabergen2005.no/-Docs/00-Main_doc/050520_Bergen_Communique.pdf Michaelis, Jörg 2002: Zielvereinbarungen verhandeln. Entwicklung und Stand von Zielvereinbarungen an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Power-Point-Präsentation. Download: http://www.hrk.de/de/download/dateien/PPMichaelis.pdf Niedersächsisches Hochschulgesetz (NHG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. Juni 2002. Art. 1 des Gesetzes zur Hochschulreform in Niedersachsen. Nds. GVBl. S. 286 – VORIS 22210–). OECD 2006: Education at a Glance. Paris.
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MATERIALIEN UND DOKUMENTE
OECD 2005: Education at a Glance. Paris. OECD 2004: Education at a Glance. Paris. OECD 2004a: OECD-Grundsätze der Corporate Governance. Paris OECD 2001: Governance im 21. Jahrhundert. Zukunftsstudien. Paris. Pressestelle der Behörde für Wissenschaft und Forschung 2002a: Hochschulmodernisierungsgesetz. Beschlossener Gesetzentwurf: Weitere Autonomie für die Hochschulen. Pressemitteilung vom 20. August 2002. Hamburg. Pressestelle der Behörde für Wissenschaft und Forschung 2002b: Hochschulmodernisierungsgesetz. Autonomie und Zukunftsfähigkeit für die Hochschulen sichern. Pressemitteilung vom 5. November 2002. Pressestelle der Universität Hamburg 2004a: Fakultätenbildung stärkt interdisziplinäre Vernetzung in Forschung und Lehre. 16. Januar 2004. Pressestelle der Universität Hamburg 2004b: Universität setzt auf Hochschulrat. 26. Januar 2004. Pressestelle der Universität Hamburg 2004c: Prof. Dr. Dr. h. c. Jürgen Timm zum Vorsitzenden des Hochschulrates der Universität Hamburg gewählt. 3. Februar 2004. Pressestelle der Universität Hamburg 2004d: Presseerklärung der Dekane der geisteswissenschaftlichen Fachbereiche der Universität Hamburg zu den von Senator Dräger angekündigten Stellenstreichungen. 26. August 2004. Pressestelle der Universität Hamburg 2004e: Gemeinsame Erklärung des Präsidiums der Universität, des Vorsitzenden des Hochschulrats und des Senators für Wissenschaft und Gesundheit zur Entwicklung der Universität Hamburg. 28. Oktober 2004. Pro Uni Extrablatt 1/1998: Protest und eigeninitiierte Universitätsentwicklung. Pro Uni Zeitschrift 2/2002: Wie viel Modernität verträgt die Universität? Fünf Jahre Projekt Universitätsentwicklung: Ergebnisse, Reflexionen, Ausblick. Pro Uni Zeitschrift 1/1999: Zukunftsmodell Fachbereichsvorstand!?. S. 6–10. Pro Uni Zeitschrift 1/1997: Dies Academicus – Wohin steuert die Universität Hamburg? Projekte und Programme der Projektgruppe „Organisationsstruktur der HWP“. Vorlage für den Hochschulsenat 56/6/1996. Projektgruppe Profilentwicklung der HWP 1995: Leitbild und Entwicklungsstrategie für die HWP. Vom Hochschulsenat durch Beschluss vom 26. Oktober 1995 den weiteren Entwicklungsarbeiten zugrundegelegt. Hamburg. Qualen, Kristine o. J.: Protokoll zur Veranstaltung „Effiziente Fachbereichsverwaltung in Zeiten der Globalisierung – Workshop zur Stärkung der fachbereichsinternen Kommunikation“ vom 08.03., 04.05. und 29.05.2001. Hamburg.
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Satzung der Universität Hamburg über die Bildung von Fakultäten (Teil-Grundordnung). Beschluss vom Akademischen Senat der Universität Hamburg vom 26. August 2004, Genehmigung durch den Hochschulrat am 19. September 2004. Satzung zur Erprobung einer neuen Leitungs- und Entscheidungsstruktur an der HWP. Hochschulsenatsbeschluss vom 21. 10. 1999. Amtlicher Anzeiger 2000, S. 473. Scholz, Götz 2005: Einsatz der Balanced Scorecard im Neuen Steuerungsmodell der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Power-Point-Präsentation anlässlich des 2. Osnabrücker Kolloquiums zum Hochschul- und Wissenschaftsmanagement am 8. März 2005. Download: http://www.wiso.fh-osnabrueck.de/10634.html Stifterverband für die deutsche Wissenschaft 2004: Bachelor welcome! Erklärung führender deutscher Unternehmen zur Umstellung auf Bachelor- und Master-Abschlüsse in Deutschland vom 7. Juni 2004. Berlin. Stifterverband für die deutsche Wissenschaft (Hg.) 2002: Qualität durch Wettbewerb und Autonomie. Landeshochschulgesetze im Vergleich. Essen. Technische Universität Hamburg-Harburg 2005: Jahresbericht des Präsidiums 2004. Hrsg. vom Präsidenten. Hamburg. Universität Bremen 2000: Wenn Kontrakte laufen lernen. Forum Universitätsentwicklung No. 5. Bremen. Universität Bremen 1997: Vereinbarungen über Dezentralisierung und Kompetenzen. Internes Papier. Universität Graz 2005: Integriertes Berichtswesen. Konzept der Abteilung „Leistungs- und Qualitätsmanagement“ der Universität Graz vom Januar 2005. Graz. Universität Graz 2004a: Interne Ziel- und Leistungsvereinbarungen 2002–2004. Abschlussbericht erstellt von LQM, Christine Zeiller und Andreas Raggautz. Graz. Universität Graz 2004b: Zielvereinbarungen. Übergangsregelung 2005/2006. 1. Konzept. PowerPoint-Präsentation. Graz. Universität Graz 2002a: Kursbuch. Strategische Entwicklung der Universität Graz. Band 1: Ziele und Prozesse. Hrsg. vom Rektor der Universität Graz, Lothar Zechlin. Graz. Universität Graz 2002b: Kursbuch. Strategische Entwicklung der Universität Graz. Band 2: Leistungen und Projekte. Hrsg. vom Rektor der Universität Graz, Lothar Zechlin. Graz. Universität Hamburg 2005: Jahresbericht des Präsidiums 2003/2004. Hrsg. vom Präsidenten der Universität Hamburg. Hamburg. Universität Hamburg 2003a: Exzellenz und Vielfalt. Zukunftsprogramm für die Universität Hamburg. Hrsg. vom Präsidenten der Universität Hamburg. Hamburg. Universität Hamburg 2003b: Statusbericht zur Umsetzung der inneruniversitären Zielvereinbarungen. Referat Planung und Controlling, Endfassung vom 3. Februar 2003. Hamburg.
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MATERIALIEN UND DOKUMENTE
Universität Hamburg 2002: Entwicklung und Perspektiven der Universität Hamburg. Bericht für die Expertenkommission vorgelegt im August 2002. Hamburg. Universität Hamburg 2001a: Systemische Universitätsentwicklung an der Universität Hamburg. Methoden, Ergebnisse, Erfahrungen und Probleme. Abschlussbericht des Projektes Universitätsentwicklung. Hrsg. vom Präsidenten der Universität Hamburg. Hamburg. Universität Hamburg 2001b: Universitätsinterne Zielvereinbarungen an der Universität Hamburg. Vorträge, Berichte und Ergebnisse der Dekanklausuren vom 24. März 2000 und vom 27./28. November. Hrsg. von Margret Bülow-Schramm. Hamburg. Universität Hamburg 2001c: Leitlinien zur Zusammenarbeit und Führung. Hrsg. vom Präsidenten der Universität Hamburg in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe Leitung/Führung. Hamburg. Universität Hamburg 2000a: Die Universität Hamburg auf dem Weg in die Zukunft. Abschlussbericht zu den Empfehlungen der Externen Beratungskommission. Hrsg. vom Präsidenten der Universität Hamburg. Hamburg. Universität Hamburg 2000b: Interne Klausur der Dekaninnen und Dekane der Universität Hamburg am 24. März in der Evangelischen Akademie. Dokumentation, hrsg. von Margret BülowSchramm. Enthält die Sommer 2000 abgeschlossenen internen Zielvereinbarungen im Wortlaut. Hamburg. Universität Hamburg 1999: Klausurtagung über Zielvereinbarungen am 4. und 5. Juni 1999 im Haus Rissen. Dokumentation, hrsg. von Kristina Eis und Margret Bülow-Schramm. Hamburg. Universität Hamburg 1998: Struktur- und Entwicklungsplanung der Universität Hamburg. Umsetzung der Empfehlungen der Externen Beratungskommission zur Struktur- und Entwicklungsplanung der Universität Hamburg. Zwischenbericht, hrsg. vom Präsidenten der Universität Hamburg. Hamburg. Universität Hamburg 1997: Bericht von ProUni an die Steuerungsgruppe, Dezember 1997. Hamburg. Universität Hamburg 1996: Projektantrag der Universität Hamburg zur Ausschreibung der Volkswagen-Stiftung „Leistungsfähigkeit durch Eigenverantwortung – Programm zur Förderung der Universitäten“ vom 31. 03. 1996. Aktenzeichen der VW-Stiftung: II/93010. Hamburg. Universität Hamburg 1994: Bericht der Universität Hamburg zur Struktur- und Entwicklungsplanung. Hrsg. vom Präsidenten der Universität Hamburg im Oktober 2004. Hamburg. Universität Heidelberg 2002: Informationsheft zum Instituts-Budget aus dem Budgetierungsmodell. Stabsstelle Controlling & Projekt Impulse. Heidelberg. Universität Mainz 2004: Leitfaden für die Durchführung von Mitarbeitergesprächen an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Download unter: http://www.uni-mainz.de/downloads_nsm/Broschuere_Mitarbeitergespraeche.pdf
MATERIALIEN UND DOKUMENTE
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Universität Mainz 2003a: Forschung und Lehre an den Grenzen des Wissens. Strategiekonzept der Johannes Gutenberg-Universität. Herausgegeben vom Präsidenten der Johannes Gutenberg Universität, Jörg Michaelis. Mainz. Universität Mainz 2003b: Evaluation des deutschen Instituts an der Johannes GutenbergUniversität Mainz. Hrsg. vom Deutschen Institut. Mainzer Beiträge zur Hochschulentwicklung Band 9. Mainz. Universität Mainz 2002: Evaluation des Fachbereichs Biologie an der Johannes GutenbergUniversität Mainz. Hrsg. vom Fachbereich Biologie. Mainzer Beiträge zur Hochschulentwicklung Band 7. Mainz. Universität Mannheim 2004a: Zielvereinbarungen. Stand: 9. August 2004. Download: http://www.verwaltung.uni-mannheim.de/pce/zielvereinbarungen/index.html Universität Mannheim 2004b: Inneruniversitäre Mittelverteilung. Stand: 10. September 2004. Download: http://www.verwaltung.uni-mannheim.de/pce/modelle_mittelverteilung/innenuniversitäre_mittelverteilung.index.html Universität Mannheim 2003: Positionspapier sowie Entwicklungs- und Strukturplan. Download: http://www.uni-mannheim.de/rektorat/p/9_1.html Universität Mannheim 2000: Leitlinien zur Gestaltung und Integration der Zielvereinbarung in die Entwicklungs- und Strukturplanung. Verfasst vom Rektorat unter Berücksichtigung der Empfehlungen des Lenkungsausschusses für die Modellfakultäten. Mannheim. Universität Mannheim 1999: 2. Zwischenbericht über das Projekt: „Stärkung der Fakultätsebene“. Vorgelegt vom Rektorat beim Stifterverband für die deutsche Wissenschaft. Mannheim. Universitätsgesetz 2002: Österreichisches Hochschulrecht, Heft 14. Hrsg. vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur. Wien. Volkswagen-Stiftung 1998: Leistungsfähigkeit durch Eigenverantwortung. Hochschulen auf dem Weg zu neuen Strukturen. Hannover Wissenschaftsrat 2002: Empfehlungen zur Entwicklung der Fachhochschulen. Berlin. Wissenschaftsrat 2000: Thesen zur künftigen Entwicklung des Wissenschaftssystems in Deutschland. Berlin. Wissenschaftsrat 1999: Stellungnahme zum Verhältnis von Hochschulausbildung und Beschäftigungssystem. Köln. Wissenschaftsrat 1993: Empfehlungen und Stellungnahmen. Köln. Wissenschaftsrat 1985: Empfehlungen zum Wettbewerb im deutschen Hochschulsystem. Köln. Zielvereinbarung der Universität Duisburg-Essen 2005. http://www.wissenschaft.nrw.de/Ministerium/Wissenschafts_Forschungspolitik/zielvereinbarungen/UniDuisburgEssen_II.pdf
Download:
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MATERIALIEN UND DOKUMENTE
Ziel- und Leistungsvereinbarungen zwischen der Behörde für Wissenschaft und Forschung und der HWP – Hochschule für Wirtschaft und Politik/ ab 2001 Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik 1999, 2000, 2001, 2002, 2003, 2004. Hamburg. Die ZLV 2004 als Download: http://fhh.hamburg.de/stadt/Aktuell/behoerden/wissenschaft-gesundheit/service/downloads/ziel-und-leistungsvereinbarungen/archiv-2004/start.html. Die ZLV 2003 als Download unter: http://fhh.hamburg.de/stadt/Aktuell/behoerden/wissenschaft-gesundheit/service/downloads/ziel-und-leistungsvereinbarungen/archiv-2003/start.html Ziel- und Leistungsvereinbarungen zwischen der Behörde für Wissenschaft und Forschung und der Universität Hamburg 1999, 2000, 2002, 2003, 2004. Hamburg. Die ZLV 2004 als Download unter: http://fhh.hamburg.de/stadt/Aktuell/behoerden/wissenschaft-gesundheit/service/downloads/ziel-und-leistungsvereinbarungen/archiv-2004/start.html.Die ZLV 2003 als Download unter: http://fhh.hamburg.de/stadt/Aktuell/behoerden/wissenschaftgesundheit/service/downloads/ziel-und-leistungsvereinbarungen/archiv-2003/start.html Ziel- und Leistungsvereinbarung zwischen der Behörde für Wissenschaft und Gesundheit und der Universität Hamburg 2005. Download: http://fhh.hamburg.de/stadt/Aktuell/behoerden/wissenschaft-gesundheit/service/downloads/ziel-und-leistungsvereinbarungen/start.html Ziel- und Leistungsvereinbarung zwischen der Behörde für Wissenschaft und Gesundheit und der Hochschule für angewandte Wissenschaften (HAW) 2005. Download: http://fhh.hamburg.de/stadt/Aktuell/behoerden/wissenschaft-gesundheit/service/downloads/ziel-und-leistungsvereinbarungen/start.html Zweite Stellungnahme zum Strukturgutachten der HWP-Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik. Download: http://www.hwp-hamburg.de/2410_Stellungnahme.shtml Zweites Gesetz zur Änderung hochschulrechtlicher Vorschriften (Zweites Hochschulrechtsänderungsgesetz – 2. HRÄG) 2005. In: Gesetzblatt für Baden-Württemberg 1/2005. Download: http://www.mwk-bw.de/2_Hochschul_Gesetzblatt010105.pdf
IX. ABBILDUNGSVERZEICHNIS Abb. 1:
Partizipatives Management von Universitäten
Abb. 2:
Kräftefeld der Universitätsreform
Abb. 3:
Vom Selbstverwaltungs- zum Managementmodell
Abb. 4:
Führen mit Zielvereinbarungen als integrierter Management- und Organisations entwicklungsansatz
Abb. 5:
Dreiteilung der Universitätsorganisation
Abb. 6:
Ungleichgewicht zwischen Partizipation und Management in Universitäten
Abb. 7:
Grundmodell Zielvereinbarungen zwischen Staat und Universität
Abb. 8:
Zwei-Säulen-Modell staatlicher Hochschulsteuerung
Abb. 9:
Grundmodell Strategisches Universitätsmanagement mit Zielvereinbarungen
Abb. 10:
Partizipation am Zielbildungs- und Umsetzungsprozess
Abb. 11:
Zielvereinbarung als Element der Universitätsscorecard
Abb. 12:
Veränderung des Qualitätsverständnisses im Hochschulbereich
Abb. 13:
Zielvereinbarungen als Instrument der Qualitätsentwicklung in Forschung und Lehre
Abb. 14:
Was ist Qualitätsmanagement?
Abb. 15:
Modell universitärer Qualitätsprozesse
Abb. 16:
Personenbezogene Zielvereinbarungen als Instrument der Universitätsentwick lung
Abb. 17:
Gestaltungsmuster universitärer Leitungs- und Entscheidungsstrukturen
Abb. 18:
Lebenszyklus von Management-Moden im Hochschulbereich
Abb. 19:
Auszug aus Produkinformationen der HWP 2002
Abb. 20:
Indikatoren für Anreizbudget HWP 2002
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ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abb. 21:
Indikatoren für Anreizbudget Uni Hamburg 2002
Abb. 22:
Staatliche Hochschulsteuerung in Hamburg 2005
Abb. 23:
Ablauf HWP Profilbildungsprozess
Abb. 24:
Zentrale Leitungs- und Entscheidungsstruktur HWP 1998
Abb. 25:
Struktur Hochschulleitungsteam und Verwaltung HWP 1998
Abb. 26:
Evaluation Leitungs- und Entscheiungsstruktur der HWP
Abb. 27:
Zentrale Leitungs- und Entscheiungsstruktur HWP 2003
Abb. 28:
Struktur Präsidum und Verwaltung HWP 2003
Abb. 29:
Internes Zielvereinbarungssystem der HWP
Abb. 30:
Strategische Planung interner und externer Ziel- und Leistungsvereinbarungen an der HWP
Abb. 31:
Anzahl HWP-interner ZLV in Lehre, Forschung und Verwaltung
Abb. 32:
Methodenset von Pro Uni
Abb. 33:
Zentrale Ergebnisse von Pro Uni
Abb. 34:
Struktur von Präsidium und Zentralverwaltung der Universität Hamburg bis 2000
Abb.35:
Struktur von Präsidium und Zentralverwaltung der Universität Hamburg ab 2001
Abb. 36:
Leitungs- und Entscheidungsstruktur der Universität Hamburg 2005
Abb. 37:
Internes Zielvereinbarungssystem der Universität Hamburg
Abb. 38:
Anwendungskontinuität von Zielvereinbarungen an der Universität Hamburg
Ausgewählte Veröffentlichungen im Rainer Hampp Verlag Brigitte Gütl, Frank Michael Orthey, Stephan Laske (Hrsg.): Bildungsmanagement. Differenzen bilden zwischen System und Umwelt ISBN 978-3-86618-078-9, Rainer Hampp Verlag, München und Mering 2006, 512 S., € 39.80
„BildungsmanagerIn ist ein Beruf mit Zukunft.“ So formulierte es Bernd Schmid 1993. Warum hat sich daran bis heute kaum etwas geändert? Gesellschaftlich bleiben die Zuschreibungen an die Veränderungspotenziale des Lernens stabil. Damit korrespondiert auch die individuelle Bedeutungszuschreibung an Weiterbildung: 9 von 10 europäischen Bürgern halten lebenslanges Lernen für wichtig. Zudem wird die Sinnhaftigkeit des Lernens immer häufiger aus einer Systemperspektive begründet. Lernen dient damit nicht mehr nur der Selbstverwirklichung, sondern wird zu einem bedeutungsvollen Mechanismus zur Regulierung der Zugehörigkeit zu bestimmten Systemen. Daraus ergibt sich der für diese Veröffentlichung zentrale doppelte Bezug des Bildungsmanagements: subjektbezogen geht es um die Bildung des Subjektes, systembezogen um das Management von funktionsdeterminierten Lernprozessen. Parallel dazu findet eine Professionalisierung von Bildungsträgern und -anbietern statt. Diese differenzieren Bildungsmanagement als professionelle und eigenständige Aufgabe aus. Da dieser Prozess „bei laufendem Betrieb“ erfolgt und auch (z.B. konjunkturabhängigen) Schwankungen unterworfen ist, ist Bildungsmanagement heute immer noch ein „Beruf mit Zukunft“. Dieses Buch trägt zur Professionalisierung dadurch bei, dass es Beiträge zu ganz konkreten Handlungsfeldern von BildungsmanagerInnen umfasst: z.B. Führung und Entwicklung, Sponsoring und Finanzierung, Projektmanagement und Produktentwicklung, Qualitätssicherung und Evaluation. Konzeptionell erscheint es wichtig, sich der Differenzen des Bildungsmanagements anzunehmen: geht es doch auf der Bildungsseite um Wissen und Nichtwissen, auf der Managementseite um Zahlung und Nichtzahlung. Hier um Aneignung oder Ablehnung von Wissen, um Sinn und Bedeutung, dort um zweckbestimmtes Handeln. Hier um Selbststeuerung, dort um steuernde Einflussnahme in autonome Systeme. Diesen Differenzen ist dieses Buch gewidmet. Sie können füreinander sowohl Zumutung als auch Bereicherung sein. Grund genug, sie zu thematisieren und als – noch weitgehend unverbrauchte – Ressource für Begriffsbildung und Professionalisierungsentwicklung zu nutzen. Differenzen bilden!
Stephan Laske, Tobias Scheytt, Claudia Meister-Scheytt (Hrsg.): Personalentwicklung und universitärer Wandel. Programm – Aufgaben – Gestaltung Universität und Gesellschaft, Band 3, ISBN 3-87988-840-X, Rainer Hampp Verlag, 2004, 401 S., € 32.80
Heike Welte, Manfred Auer, Claudia Meister-Scheytt (Hrsg.): Management von Universitäten. Zwischen Tradition und (Post-)Moderne Universität und Gesellschaft, Band 4, ISBN 3-86618-030-6, 2. verbesserte Aufl. 2006, 454 S., € 34.80 Aufgrund der rasanten Veränderungen sind wissenschaftliche Reflexionen, wie sie in dem vorliegenden vierten Band der Reihe Universität und Gesellschaft erfolgen, für Theorie und Praxis des Hochschulmanagements dringend erforderlich. Dieses Buch soll diesem Forschungsbereich deshalb einen weiteren, aufgrund seiner steigenden Bedeutung notwendigen Impuls geben. Wir haben Beiträge aus unterschiedlichen Disziplinen und Ländern zusammengetragen und sie fünf Schwerpunkten zugeordnet, die sich aus sehr unterschiedlichen Perspektiven mit Fragen der Planung, Organisation, Führung und Entwicklung von Universitäten auseinander setzen. Die fünf Themenbereiche sind: Universitätsmanagement, Universitätsreformen, Bildung und Lehre, Personalpolitik, Controlling und Evaluation.
Stefan Titscher, Georg Winckler, Hubert Biedermann, Helmuth Gatterbauer, Stephan Laske, Reinhard Moser, Franz Strehl, Franz Wojda, Heribert Wulz (Hrsg.): Universitäten im Wettbewerb. Zur Neustrukturierung österreichischer Universitäten ISBN 3-87988-515-X, Rainer Hampp Verlag, München und Mering 2000, 749 S., € 29.65