Alexander Batran Realoptionen in der Lieferantenentwicklung
GABLER EDITION WISSENSCHAFT Supply Chain Management Beitr...
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Alexander Batran Realoptionen in der Lieferantenentwicklung
GABLER EDITION WISSENSCHAFT Supply Chain Management Beiträge zu Beschaffung und Logistik Herausgegeben von Prof. Dr. Michael Eßig, Universität der Bundeswehr München Prof. Dr. Wolfgang Stölzle, Universität St. Gallen
Industrielle Wertschöpfung wird immer komplexer. Der steigende Wettbewerbsdruck zwingt zu differenzierten Angeboten, gleichzeitig nimmt der Kostendruck zu. Unternehmen können diesen gestiegenen Anforderungen nur gerecht werden, wenn sie neben der Optimierung eigener Produktion besonderen Wert auf die Gestaltung effektiver und effizienter Netzwerke legen. Supply Chain Management befasst sich mit unternehmensübergreifenden Wertschöpfungsaktivitäten von der Rohstoffgewinnung bis zur Endkundendistribution. Die Schriftenreihe sieht sich dabei besonders den lange vernachlässigten betriebswirtschaftlichen Teildisziplinen Beschaffung und Logistik verpflichtet, die als Treiber des Supply Chain Management gelten.
Alexander Batran
Realoptionen in der Lieferantenentwicklung Bewertung von Handlungsspielräumen dynamischer Wertschöpfungspartnerschaften
Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Michael Eßig
GABLER EDITION WISSENSCHAFT
Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
Dissertation Universität der Bundeswehr München, Neubiberg, 2008
1. Auflage 2008 Alle Rechte vorbehalten © Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2008 Lektorat: Frauke Schindler / Stefanie Loyal Der Gabler Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-0954-1
Geleitwort Steigende Fremdbezugsanteile an der unternehmerischen Wertschöpfung machen Lieferanten zunehmend zur Quelle von Wettbewerbsvorteilen. Folgt man der Logik der Wettbewerbsvorteile und des ressourcenorientierten Ansatzes gleichermaßen, muss sich ein Unternehmen das Potential leistungsfähiger Lieferanten exklusiv erschließen. Tatsächlich ist in der betrieblichen Praxis in den letzten Jahren eine Tendenz zu intensiv-langfristigen, singulär angebundenen Lieferantenbeziehungen zu erkennen. Wie immer in der Ökonomie sind intensive Lieferantenpartnerschaften nicht zum „Nulltarif“ zu haben. Der Preis, den das Beschaffungsmanagement für den exklusiven Zugang zum Lieferantenpotential bezahlt, ist die erhöhte Abhängigkeit. Sie resultiert aus der monopolähnlichen Stellung des Lieferanten. Der mit Vertragsunterzeichnung vollzogene Übergang von marktlichem Wettbewerb zu - zumindest temporärem - Monopol der Lieferbeziehung wird im institutionenökonomischen Duktus als „fundamentale Transformation“ bezeichnet und signalisiert bereits mit der Wortwahl dessen zentrale Bedeutung für das Beschaffungsmanagement. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht sind die Vor- und Nachteile von Lieferantenpartnerschaften ökonomisch zu bewerten, um zielgerichtete Gestaltungsempfehlungen für das Beschaffungsmanagement geben zu können. In vorliegender Arbeit gelingt es, diesen Wert strategisch und dynamisch zu erfassen. Dabei spielen mehrere, für das Beschaffungsmanagement höchst relevante Aspekte eine Rolle, die innovativ gelöst werden: Das Bewertungsmodell basiert auf einem Discounted Cash Flow-Verfahren und kann über die Supplier Lifetime Value-Messung den langfristigen Wert einer Lieferantenbeziehung erfassen. Damit ist die Kompatibilität zu modernen, wertorientierten Unternehmensführungsansätzen gegeben. Durch den Einsatz von Realoptionen gelingt es darüber hinaus, den (zusätzlichen) Wert eines entwicklungsfähigen Lieferanten zu quantifizieren. De facto handelt es sich bei Lieferantenbeziehungen in der Regel nicht um Einmalinvestitionen zu Beziehungsbeginn, sondern um eine Abfolge von Investitionen, über die der Einkauf in Abhängigkeit von der Leistung des Lieferanten während der Beziehungszeit sukzessive neu entscheidet. Vorliegende Arbeit entwickelt die fundamentale Transformation zu einer dynamischen Transformation weiter und bildet daher Entscheidungsprozesse des Beschaffungsmanagement deutlich realistischer ab, als das bislang der Fall war. Der Einsatz des Realoptionsansatzes ist methodisch anspruchsvoll. Er bietet die Chance, erstmals belegbar und realistisch den strategischen Wert der Ressource Lieferant zu erfassen. Seit Anfang der 80er Jahre diskutiert die Beschaffungsforschung den strategischen
V
Gehalt von Beschaffungsentscheidungen. Häufig bleibt diese Diskussion unverbindlich; dies ist hier explizit nicht der Fall. Insofern leistet die Arbeit einen wesentlichen Beitrag zur Weiterentwicklung des Beschaffungsmanagement - sowohl aus einer wissenschaftlichen wie aus einer anwendungsorientierten Perspektive. Forscher und Praktiker finden viele innovative Ansätze; ich wünsche der Schrift daher eine weite Verbreitung! Prof. Dr. Michael Eßig
VI
Vorwort In der wissenschaftlichen Literatur finden sich seit den 1990er Jahren eine Vielzahl an Arbeiten mit Ansätzen partnerschaftlicher Zulieferer-Abnehmer-Beziehungen. In der Beschaffungspraxis dagegen haben sich vertrauensorientierte, von Partnerschaftsromantik geprägte Beziehungsansätze nicht in dem Maße bestätigt, wie sie ursprünglich propagiert wurden. Empirisch lässt sich nachweisen, dass so zwar insgesamt lediglich eine geringe Zahl an Lieferantenbeziehungen bewusst partnerschaftlich geführt werden, diese jedoch einen erheblichen Anteil am Beschaffungsgesamtvolumen umfassen und ihre ökonomische Bedeutung dementsprechend hoch ist. Lieferantenpartnerschaften sind somit für bestimmte Beschaffungssituationen erforderlich, schränken aber gleichzeitig Möglichkeiten des Lieferantenwechsels ein. Die Verknüpfung der Vorteile einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit der Aufrechterhaltung von Handlungsspielräumen gelingt, wenn man eine strategisch intendierte Lieferantenentwicklung ins Bewertungskalkül mit aufnimmt. Lieferanten mit Entwicklungspotential stellen gegenüber nicht-entwicklungsfähigen Lieferanten einen substantiellen strategischen Mehrwert dar, der mittels eines Realoptionsansatzes quantifiziert werden kann. Die vorliegende Arbeit stellt einen Bewertungsansatz vor, mit dessen Hilfe die strategisch langfristige Entscheidung zugunsten eines entwicklungsfähigen Lieferanten quantitativ ökonomisch bewertet werden kann und auf Basis dessen Gestaltungsempfehlungen für ein strategisches Lieferantenmanagement gegeben werden können. Die vorliegende Arbeit wurde im Februar 2008 von der Fakultät für Wirtschafts- und Organisationswirtschaft der Universität der Bundeswehr München angenommen. Sie entstand während meiner Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für Materialwirtschaft und Distribution. Mein besonderer und sehr herzlicher Dank gilt meinem Doktorvater und akademischen Lehrer, Herrn Prof. Dr. Michael Eßig. Inhaltlich fand ich mit Herrn Prof. Eßig einen akademischen Lehrer, dessen Selbstverständnis von Wissenschaft einerseits präzises, theoriegestütztes Arbeiten forciert, andererseits der Anspruch besteht, Wissenschaft abwendungs- bzw. praxisorientiert und nicht als Selbstzweck zu begreifen. So waren der Freiraum für wissenschaftliches Arbeiten, aber auch der Anspruch stets hoch. Das Bewusstsein dessen und intensive Diskussionen mit hilfreichen Anmerkungen waren wesentliche Treiber des erfolgreichen Abschlusses des Dissertationsprojektes. Die in diesem Zusammenhang stehende, hervorragende Betreuungsleistung ist keinesfalls als selbstverständlich zu betrachten. Nicht zuletzt wurde der Wunsch eines bilateralen Beratungsgesprächs auch unter größter Terminknappheit stets priorisiert. Darüber hinaus fand ich mit institutionalisierten internen sowie überuniversitären Doktorandenseminaren einen attraktiven struktuVII
rellen Rahmen für die Erstellung meiner Dissertation vor. Auch der inhaltliche Austausch mit Kollegen wurde gefördert und die Teilnahme an (internationalen) Konferenzen aktiv unterstützt. Herrn Prof. Eßig danke ich vor allem für die persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten an seinem Lehrstuhl sowie die intensive persönliche Förderung. Danken möchte ich auch Herrn Prof. Andreas Schüler, Professur für Finanzwirtschaft und Finanzdienstleistungen, für die freundliche Übernahme des Zweitgutachtens. Mein Dank gilt auch Herrn Prof. Sebastian Kummer, Wirtschaftsuniversität Wien, Institut für Transportwirtschaft und Logistik, sowie Herrn Prof. Wolfgang Stölzle, Universität St. Gallen, Lehrstuhl für Logistikmanagement, für die Anmerkungen beim gemeinsamen Doktorandenseminar. Neben internen Doktorandenseminaren an der Universität der Bundeswehr München waren die Anregungen aus einer externen Perspektive besonders wertvoll für die Verständlichkeit der Arbeit und Klarheit der Argumentation. Der Gefahr der „Betriebsblindheit“ wurde nicht zuletzt dadurch wirksam entgegengewirkt. Bedanken möchte ich mich auch bei meinen Kollegen der Professur für Materialwirtschaft und Distribution für ein sehr angenehmes Arbeitsumfeld, das immer geprägt war von Teamgeist. Besonders danken möchte ich Herrn Dipl.-Wirtsch.Ing. (Univ.), Dipl.-Ing. (FH) Markus Amann, Professur für Materialwirtschaft und Distribution, für das gewissenhafte Korrekturlesen des konzeptionellen Teils der Arbeit sowie Herrn Dr. Matthias Schmautz und Herrn Dipl.-Psych. Niklas Lampenius, MBA, Professur für Finanzwirtschaft und Finanzdienstleistungen, für die hilfreichen Diskussionen. Ganz großer Dank gilt meiner Freundin Heike für die unerschöpfliche Geduld und das entgegengebrachte Verständnis, insbesondere dann, als die Dissertation ständiger (gedanklicher) Begleiter war. Trotz hoher eigener beruflicher Belastung hat sie mich zudem von anderweitigen Aufgaben entlastet und dafür gesorgt, dass gemeinsame (Frei-) Zeit für den nötigen Ausgleich zur Dissertation verblieb. Schließlich möchte ich meinen Eltern danken, die mich stets in allem gefördert haben und mir jederzeit in jeder erdenklichen Weise zur Seite standen. Ihrem unterstützenden, ausdauernden Zuspruch ist der erfolgreiche Abschluss meiner Promotion mit zu verdanken. Ganz besonders möchte ich mich zudem bei meiner Mutter und meinem Bruder Karsten bedanken, die unermüdlich die Aufgabe des Korrekturlesens auf sich genommen haben und auf diese Weise zum Gelingen beigetragen haben. Meinem Bruder Karsten möchte ich darüber hinaus für die hilfreichen inhaltlichen Diskussionen danken. Meinem Bruder Ralf widme ich diese Arbeit. Alexander Batran VIII
Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis................................................................................................... XIII Tabellenverzeichnis...................................................................................................... XVII Abkürzungsverzeichnis................................................................................................. XIX Symbolverzeichnis......................................................................................................... XXI
1. Grundlagen...................................................................................................................... 1 1.1 Problemstellung und Zielsetzung............................................................................. 1 1.2 Methodik und Aufbau der Arbeit............................................................................. 9
2. Eine investitionstheoretische Bewertung von Wertschöpfungspartnern bei der Lieferantenentwicklung.................................................................................... 19 2.1 Wertschöpfungspartnerschaft als Erkenntnisobjekt............................................... 19 2.1.1 Identifizierung konstituierender Merkmale, Einordnung und Erscheinungsformen von Wertschöpfungspartnerschaften......................... 19 2.1.2 Zusammenfassung konstituierender Merkmale zur Definition................... 38 2.2 Lieferantenentwicklung.......................................................................................... 40 2.2.1 Zielsetzung der Lieferantenentwicklung und Einordnung in das Lieferantenmanagement................................................................... 40 2.2.2 Systematisierung der Lieferantenentwicklung............................................ 46 2.2.3 Handlungsspielräume durch optionsorientierte Lieferantenentwicklung... 55 2.2.3.1 Ausgangspunkt eines erweiterten, optionsorientierten Ansatzes der Lieferantenentwicklung.......................................................... 55 2.2.3.2 Lieferantenentwicklungsoptionen................................................. 57 2.2.3.3 Leistungspotentialkategorien als Gegenstand der Lieferantenentwicklung.......................................................... 62 2.2.4 Bilaterale Perspektive der Lieferantenentwicklung.................................... 68 2.3 Lieferantenbewertung aus Abnehmersicht............................................................. 71 2.3.1 Konzeptionalisierung eines Lieferantenwerts............................................. 71 2.3.1.1 Potentialorientierte Lieferantenbewertung.................................... 78 IX
2.3.1.2 Kapitalwertorientierte strategische Lieferantenbewertung........... 87 2.3.1.2.1 Lieferant als Investitionsobjekt..................................... 87 2.3.1.2.2 Supplier Lifetime Value-Ansatz.................................... 94 2.3.1.3 Ermittlung lieferantenspezifischer Einzahlungen: Wertbeitrag des Lieferanten auf der Basis von Target Pricing....................... 104 2.3.1.4 Ermittlung lieferantenspezifischer Auszahlungen...................... 113 2.3.1.4.1 Direkte Auszahlungen................................................. 114 2.3.1.4.2 Indirekte Auszahlungen............................................... 118 2.3.1.4.3 Rationalisierungseffekte zur Senkung der Auszahlungen........................................................ 122 2.3.2 Grenzen der Kapitalwertmethode: Wertbeitrag der Lieferantenentwicklung............................................................................ 125 2.3.3 Integration von investitionstheoretischen Entscheidungsproblemen und Lieferantenentwicklungsoptionen in die Lieferantenauswahlentscheidung.............................................................. 130
3. Ökonomische Konsequenzen spezifischer Investitionen............................................ 133 3.1 Messbarkeit des Ertragspotentials spezifischer Einsatzfaktoren: Das Konstrukt der Quasirente.............................................................................. 133 3.2 Spezifität als Auslöser der fundamentalen Transformation................................. 147 3.2.1 Die fundamentale Transformation aus Sicht der Transaktionskostentheorie.................................................................. 147 3.2.2 Die dynamische Transformation als Weiterentwicklung.......................... 153
4. Dynamik in Wertschöpfungspartnerschaften.............................................................. 159 4.1 Dynamische Stabilität von Wertschöpfungspartnerschaften................................ 159 4.1.1 Dynamikbegriff und Multidimensionalität............................................... 159 4.1.2 Exogene und endogene Dynamik als Treiber der Veränderung............... 163 4.1.3 Anpassungen an exogene und endogene Dynamik und das Konzept der Dynamic Capabilities.............................................. 174
X
4.2 Flexibilität als Voraussetzung des Veränderungsmanagements im Lieferantenentwicklungsprozess.......................................................................... 180 4.2.1 Flexibilitätsbegriff und Flexibilitätsdimensionen..................................... 180 4.2.2 Strategische Flexibilität in Zulieferer-Abnehmer-Beziehungen............... 184 4.2.3 Situationsanalyse: Ausgleich von Flexibilitätsbedarf und Flexibilitätspotential........................................................................... 190 4.3 Szenarioplanung als proaktives Unsicherheitsmanagement zur Ermittlung zukünftig geforderter Leistungspotentiale............................................................ 197 4.3.1 Entscheidung unter Sicherheit versus Unsicherheit.................................. 197 4.3.2 Exogene und endogene Unsicherheit partnerschaftlicher Zusammenarbeit........................................................................................ 202 4.3.3 Verfahren zur Planung und Bewertung von Szenarien............................. 207 4.3.3.1 Szenarioanalyse........................................................................... 207 4.3.3.2 Sensitivitätsanalyse...................................................................... 210
5. Handlungsspielräume in dynamischen Wertschöpfungspartnerschaften: Ein Realoptionsansatz zur Bewertung von Lieferantenentwicklungsoptionen........... 215 5.1 Von statischen zu dynamischen Wertschöpfungspartnerschaften und die Rolle des Realoptionsansatzes................................................................. 215 5.2 Stand der Forschung zur Anwendung optionspreistheoretischer Bewertungsansätze im Beschaffungskontext....................................................... 217 5.2.1 Literaturüberblick: Stand der Forschung.................................................. 218 5.2.2 Konkretisierung der Forschungslücke: Einordnung des Ansatzes........... 224 5.3 Anwendung des Realoptionsansatzes zur Bewertung dynamischer Wertschöpfungspartnerschaften...................................................... 226 5.3.1 Übertragung der Finanzoptionspreistheorie auf realwirtschaftliche Investitionsentscheidungen....................................................................... 226 5.3.1.1 Gegenüberstellung von Finanz- und Realoptionen...................... 226 5.3.1.2 Grundannahmen und Grenzen der Anwendbarkeit von Realoptionen......................................................................... 231 5.3.1.3 Gegenüberstellung von Verfahren der Optionsbewertung........... 238 XI
5.3.1.3.1 Contingent Claims Analysis........................................ 238 5.3.1.3.2 Dynamische Programmierung..................................... 240 5.3.2 Operationalisierung der Werttreiber und Bewertungsparameter der Realoption...................................................... 242 5.3.2.1 Stochastische Beschreibung des Beziehungswerts..................... 242 5.3.2.1.1 Prozessparameter der Contingent Claims Analysis.... 246 5.3.2.1.2 Prozessparameter der dynamischen Programmierung 248 5.3.2.2 Abbildung der Unsicherheit: Volatilität und risikoadäquater Diskontierungsfaktor.................................. 252 5.3.2.2.1 Volatilität.................................................................... 252 5.3.2.2.2 Diskontierungsfaktor.................................................. 263 5.3.2.3 Ausübungspreis........................................................................... 278 5.3.2.4 Berücksichtigung von Beziehungserträgen................................. 282 5.3.2.5 Laufzeit....................................................................................... 290 5.3.2.6 Stillhalter der Realoption............................................................ 291 5.3.3 Value Partnering: Modellierung der dynamischen Transformation als Weiterentwicklungsoption mit Hilfe der dynamischen Programmierung........................................... 294 5.3.4 Modellierung der Option auf Beziehungsabbruch als Alternative zur Lieferantenentwicklung mit Hilfe der dynamischen Programmierung........................................... 310 5.4 Anwendungsbeispiel einer Lieferantenentwicklungsoption................................ 316 5.4.1 Weiterentwicklungsoption....................................................................... 316 5.4.2 Evaluierung des Ergebnisses mittels Sensitivitätsanalyse....................... 324
6. Zusammenfassung und Ausblick................................................................................ 343
Anhang.................................... ........................................................................................ 349 Literaturverzeichnis......................................................................................................... 359
XII
Abbildungsverzeichnis Abb. 1-1:
Ziele und Aufbau der Arbeit......................................................................... 17
Abb. 2-1:
Spezifische Investitionen zur Positionsbestimmung in Zulieferer-Abnehmer-Beziehungen.......................................................... 26
Abb. 2-2:
Wechselseitigkeit spezifischer Investitionen................................................ 27
Abb. 2-3:
Bezugsrahmen Lieferantenmanagement....................................................... 42
Abb. 2-4:
Dynamische Lieferantenauswahl.................................................................. 57
Abb. 2-5:
Lieferantenentwicklungsoptionen................................................................. 60
Abb. 2-6:
Lieferantenentwicklungsmaßnahmenmatrix................................................. 64
Abb. 2-7:
Perspektiven der Lieferantenentwicklung..................................................... 69
Abb. 2-8:
Lieferantenwertbezugsrahmen...................................................................... 78
Abb. 2-9:
Profilanalyse.................................................................................................. 84
Abb. 2-10: Target Supplier Lifetime Value: Lieferantenwert ohne versus mit Lieferantenentwicklungsmaßnahme................................... 97 Abb. 2-11: Target Pricing und Target Costing als Bezugsrahmen und Lösungsansatz zur Bestimmung lieferantenbezogener Zahlungsströme.... 106 Abb. 2-12: Wertentwicklung einer Wertschöpfungspartnerschaft................................ 127 Abb. 2-13: Möglichkeiten der Gestaltung des Beziehungseinstiegs in Abhängigkeit der Determinanten Spezifität und zeitlicher Aufteilung...... 132 Abb. 3-1:
Quasirente: Potentieller Ertrag und Alternativertrag spezifischer Investitionen........................................................................... 134
Abb. 3-2:
Optimalpunkt der Spezifität........................................................................ 143
Abb. 3-3:
Transaktionskosten und Effektivertrag....................................................... 145
Abb. 3-4:
Partielle Absicherung der Quasirente mit Optionen................................... 147
Abb. 3-5:
Spezifität und Flexibilität............................................................................ 152
Abb. 3-6:
Fundamentale versus dynamische Transformation..................................... 155
Abb. 4-1:
Darstellung der Perspektiven: beziehungsintern versus unternehmensintern.......................................................................... 165
Abb. 4-2:
Flexibilität und Stabilität der Wertschöpfungspartnerschaft....................... 189
XIII
Abb. 4-3:
Morphologischer Kasten zur Einordnung von Flexibilitätspotentialtypen: Einordnung von Lieferanten(weiter-)entwicklungsoptionen...................... 192
Abb. 4-4:
Flexibilitätsbedarf und Flexibilitätspotential.............................................. 194
Abb. 4-5:
Handlungsfelder der Situationsanalyse....................................................... 195
Abb. 4-6:
Systematisierung von Unsicherheit............................................................. 200
Abb. 4-7:
Endogene und exogene Unsicherheit in Wertschöpfungspartnerschaften
Abb. 5-1:
Volatilität der Nachfrageentwicklung......................................................... 257
Abb. 5-2:
Zusammenhang zwischen Risikoprämie und Spezifität............................. 273
Abb. 5-3:
Qualitative Bewertung des lieferantenspezifischen Risikos....................... 276
Abb. 5-4:
Wertentwicklung der Call-Realoption (Optionswert)................................ 304
Abb. 5-5:
Wertentwicklung der Put-Realoption (Optionswert).................................. 311
Abb. 5-6:
Realoptionsbewertungsprozess................................................................... 317
Abb. 5-7:
Nachfrageentwicklung und Volatilität im SLV.......................................... 320
Abb. 5-8:
Entwicklung des Schwellenwerts SLV* bei steigendem X........................ 327
Abb. 5-9:
Entwicklung des erweiterten Lieferantenwerts bei steigendem X (X < X (SLV = SLV*))............................................................................... 328
206
Abb. 5-10: Entwicklung des erweiterten Lieferantenwerts bei steigender Volatilität V................................................................................................. 330 Abb. 5-11: Entwicklung des Optionswertes bei steigendem Diskontierungsfaktor iSLV............................................................................ 332 Abb. 5-12: Entwicklung des erweiterten Lieferantenwerts bei steigendem Diskontierungsfaktor iSLV............................................................................ 333 Abb. 5-13: Entwicklung des erweiterten Lieferantenwerts bei steigendem Diskontierungsfaktor iSLV und alternativen Objektertragsraten (ceteris paribus).......................................................................................... 334 Abb. 5-14: Entwicklung des Optionswertes bei steigendem SLV................................ 336 Abb. 5-15: Entwicklung des erweiterten Lieferantenwerts bei steigendem SLV......... 337 Abb. 5-16: Entwicklung des Optionswertes bei steigendem SLV und alternativer Objektertragsrate į (ceteris paribus)................................. 338 Abb. 5-17: Entwicklung des erweiterten Lieferantenwerts bei steigendem SLV und alternativer Objektertragsrate į (ceteris paribus)................................. 339 XIV
Abb. 5-18: Entwicklung des erweiterten Lieferantenwerts bei steigendem SLV und alternativer Volatilität ı (ceteris paribus)............................................ 340 Abb. 5-19: Entwicklung des erweiterten Lieferantenwerts bei steigendem SLV und alternativer Volatilität ı (idealisiert).................................................... 340 Abb. 5-20: Entwicklung des Schwellenwerts SLV* bei steigender Objektertragsrate į...................................................................................... 342 Abb. A-1: Entwicklung des Optionswertes und des erweiterten Lieferantenwerts bei sinkendem NSLVt....................................................................... 355 Abb. A-2: Excel-Datenblatt zur Bewertung NSLV..................................................... 357 Abb. A-3: Excel-Datenblatt zur Bewertung SLV (optimistisches Szenario).............. 357 Abb. A-4: Excel-Datenblatt zur Bewertung SLV (pessimistisches Szenario)............ 358 Abb. A-5: Excel-Datenblatt zur Realoptionsbewertung.............................................. 358
XV
Tabellenverzeichnis Tab. 2-1:
Spezifische Investitionen in Zulieferer-Abnehmer-Beziehungen................. 23
Tab. 2-2:
Partnerschaftsbegriff..................................................................................... 30
Tab. 2-3:
Erscheinungsformen von Wertschöpfungspartnerschaften........................... 36
Tab. 2-4:
Definitionen zu Lieferantenentwicklung...................................................... 46
Tab. 2-5:
Systematisierung der Lieferantenentwicklung.............................................. 55
Tab. 2-6:
Lieferantenpotentiale als Ansatzpunkt für Entwicklungsmaßnahmen.......... 67
Tab. 2-7:
Scoring-Verfahren......................................................................................... 86
Tab. 2-8:
Ermittlung der Zahlungswirksamkeit der kurzfristigen Ergebnis-/Erfolgsrechnung............................................................................ 93
Tab. 2-9:
Kumulierte Barwerte einer Lieferantenbeziehung ohne Entwicklungsmaßnahme....................................................................... 97
Tab. 2-10: Kumulierte Barwerte einer Lieferantenbeziehung mit Entwicklungsmaßnahme......................................................................... 98 Tab. 2-11: Prozess der Zielpreisspaltung I................................................................... 110 Tab. 2-12: Prozess der Zielpreisspaltung II.................................................................. 111 Tab. 4-1:
Ausmaß der Unsicherheit............................................................................ 199
Tab. 4-2:
Quellen der Unsicherheit: endogene und exogene Unsicherheit................ 202
Tab. 5-1:
Realoptionen im Beschaffungskontext....................................................... 218
Tab. 5-2:
Gegenüberstellung von Finanz- und Realoptionen..................................... 229
Tab. 5-3:
Realoptionsarten......................................................................................... 230
Tab. 5-4:
Zusammenfassende Gegenüberstellung der Variablen von dynamischer Programmierung und Contingent Claims Analysis............... 246
Tab. 5-5:
Zahlungsströme im NSLV........................................................................... 321
Tab. 5-6:
Zahlungsströme im SLV (optimistisches Szenario).................................... 321
Tab. 5-7:
Zahlungsströme im SLV (pessimistisches Szenario).................................. 321
Tab. 5-8:
Periodenbarwerte im NSLV........................................................................ 322
Tab. 5-9:
Periodenbarwerte im SLV (optimistisches Szenario)................................. 323
Tab. 5-10: Periodenbarwerte im SLV (pessimistisches Szenario)................................ 323
XVII
Tab. 5-11: Berechnung Gesamtrendite (optimistisches Szenario)................................ 323 Tab. 5-12: Sensitivität des Ausübungspreises X........................................................... 327 Tab. 5-13: Sensitivität der Volatilität ı........................................................................ 329 Tab. 5-14: Sensitivität des risikoadjustierten Diskontierungsfaktors iSLV.................... 331 Tab. 5-15: Sensitivität des prognostizierten SLV......................................................... 335 Tab. 5-16: Prozentualer Anteil des Optionswertes am erweiterten Lieferantenwert in Abhängigkeit des SLV............................................................................ 337 Tab. 5-17: Sensitivität der Objektertragsrate į............................................................. 341 Tab. A-1:
Veränderung des Schwellenwertes und des erweiterten Lieferantenwertes in Abhängigkeit des Ausübungszeitpunktes tn (im konkreten Beispiel)............................................................................... 354
Tab. A-2:
XVIII
Sensitivität des NSLVt (zeitabhängig)........................................................ 355
Abkürzungsverzeichnis 1st
first
2nd
second
AG
Aktiengesellschaft
CAPM
Capital Asset Pricing Model
DCF
Discounted Cash Flow
EDI
Electronic Data Interchange
ERP
Enterprise Ressource Planning
F&E
Forschung und Entwicklung
IT
Informationstechnologie
lmi
leistungsmengeninduziert
lmn
leistungsmengenneutral
MRP
Material Requirement Planning
OEM
Original Equipment Manufacturer
ROA
Real Options Analysis
TCE
Transaction Cost Economics
TEuro
Tausend Euro
VW
Volkswagen
WACC
Weighted Average Cost of Capital
XIX
Symbolverzeichnis 1-p
objektive Eintrittsgegenwahrscheinlichkeit
1-q
subjektive Eintrittsgegenwahrscheinlichkeit
1-z
Anteil indirekter Kosten/Auszahlungen an Zielkosten
A
Abnehmer
a
Arbeit
A1, A2
Konstanten der allgemeinen Lösung homogener Differentialgleichungen
AA
Abnehmer als Träger der Auszahlungen
Ad
direkte Auszahlungen
Ai
indirekte Auszahlungen
at
Auszahlungen in Periode t
Aș
Träger ș der Auszahlungen
CF
Cash Flow
CL
Comparison Level
CLalt.
Alternative Comparison Level
CLV
Customer Lifetime Value
D
Dividende, Periodenzahlungsüberschuss
d
Entscheidung
dt
infinitesimales Zeitintervall
dx
Nachfrageprozess
dz
Wiener Prozess
e LW
erweiterter Lieferantenwert
E
Erfahrungskurvenfaktor
e’
Grenzertrag
EA
Abnehmer als Adressat der Einzahlungen
eeff
Effektivertrag
EK
Eigenkomponente
epot
potentieller Ertrag
et
Einzahlungen in Periode t XXI
Eș
Adressat ș der Einzahlungen
F
Funktion
f1,..,n
Produktfunktionen 1, ..., n
Ft
Optionswert
GS
Governancestruktur
h
Handlungsspielraum
i
(risikoadjustierter) Diskontierungsfaktor
I0, I A 0
(Anfangs-) Investitionsauszahlung des Abnehmers zum Zeitpunkt t0
iNSLV
(risikoadjustierter) Diskontierungsfaktor des Net Supplier Lifetime Value
iSLV
(risikoadjustierter) Diskontierungsfaktor des Supplier Lifetime Value
k
Kapital
K
Kosten, Pönalen
K’
Grenzkosten
K1,..,n
Komponente 1, ..., n
kalk.
kalkulatorisch
l
Erfahrungskurveneffekt
L
Lieferant
LK
Lieferantenkomponente
m
Anzahl Lieferanten
n
Zeitpunkt der Lieferantenentwicklung/Optionsausübung, Anzahl Elemente
NPV
Net Present Value
NSLV-
negativer Net Supplier Lifetime Value
NSLV
Net Supplier Lifetime Value
NSLV*
Schwellenwert NSLV
+
NSLV
positiver Net Supplier Lifetime Value
p
objektive Eintrittswahrscheinlichkeit
P1,2,3
Potentialkategorie 1, 2, 3
q
subjektive Eintrittswahrscheinlichkeit
XXII
QR
Quasirente
r
risikoloser Zinssatz
RA
Risikoauf-/abschlag
RP
Risikoprämie
RV
Restwert
S
Aktienkurs (Kassakurs)
s
Kostensenkungsrate, Spezifität(-sgrad)
S0
Aktienkurs zum Zeitpunkt t0
SÄ
Sicherhheitsäquivalent
sabsolut
absolute Spezifität
si
Spezifitätsgrad i
soptimal
optimaler Spezifitätsgrad
SLV
Supplier Lifetime Value
SLV*
Schwellenwert SLV
Soptimistisch
optimistisches Szenario
Spessimistisch
pessimistisches Szenario
srelativ
relative Spezifität
Swahrs.
wahrscheinlichstes, gewichtetes Szenario/Erwartungswert
T
Beziehungsdauer, Gesamtperiode
t
Periode t
t0
Zeitpunkt des Beziehungseinstiegs
TAK GS
Transaktionskosten
TAK
Transaktionskosten einer Governancestruktur
Ti
Zeitpunkt der abgeschlossenen Implementierung einer Lieferantenentwicklungsmaßnahme
U
Ertrag erstbeste Verwendung, nächstbester Nutzer
ut
optimale Entscheidung zum Zeitpunkt t
V
realisierter Ertrag einer Beziehung, realisierter Unternehmenswert
V’
potentieller Ertrag einer Beziehung, potentieller Unternehmenswert XXIII
var
Varianz
W
Ertrag nächstbeste Verwendung
wa
Ertrag aus Arbeit
altern.
w
Ertrag nächstbeste Verwendung, Alternativertrag
wk
Ertrag aus Kapital
X
Ausübungspreis
x
Nachfrage, Absatzmenge
x*
Schwellenwert der Nachfrage, Absatzmenge
x0
Nachfrage zum Zeitpunkt t0
xt
Nachfrage, Absatzmenge in Periode t
Y
Ertrag erstbeste Verwendung
z
Anteil direkter Kosten/Auszahlungen an Zielkosten
ZI
Zielpreisindex
ZK
Zielkosten
ZKA
Zielkostenanteil
ZP
Zielpreis
ZPA
Zielpreisanteil
ǻ
Entwicklungsdelta
ǻx
diskrete Nachfrageveränderung
Į
Wachstumsrate, Driftrate
E1,2
Wurzel einer quadratischen Differentialgleichung
G
Dividendenrendite, Objektertragsrate
İ
Erwartungswert
İt
Zufallsvariable eines Wiener Prozess
Șt
Zeit-proportionales Verhältnis zwischen Sicherheitsäquivalent und Erwartungswert
P
Rendite (-erwartung) einer Aktie
PM
Rendite (-erwartung) des Marktportfolios
ʌt
Einzahlungsüberschuss der Periode t
XXIV
ȡ
Gesamtrendite der Realinvestition
V
Standardabweichung, Volatilität
V²
Varianz
XXV
1.
Grundlagen
1.1
Problemstellung und Zielsetzung
Moderne Beschaffungskonzepte betonen in der Regel eine kooperative Zusammenarbeit mit Lieferanten („echte Wertschöpfungspartner“) als die optimale Form der Gestaltung von Zulieferer-Abnehmer-Beziehungen.1) Eine Konzentration auf intensiv-kooperative Partnerschaften wird indessen auch kritisiert.2) Ist das Beziehungsumfeld von einer hohen Veränderungsintensität geprägt, kann eine hohe Bindungsintensität zum Nachteil werden, wenn Möglichkeiten des Lieferantenwechsels eingeschränkt werden.3) In der Praxis wird der Problemdruck kooperativer Zusammenarbeit mit dem Lieferanten erkannt und als „Partnerschaftsfalle“ bezeichnet.4) Über eine formal initiierte Bindung hinaus kann nach Vertragsabschluss eine bilaterale Abhängigkeit entstehen. Die Ursache ist in Investitionen zu finden, die speziell für diese Beziehung getätigt werden und somit außerhalb der Beziehung von geringerem Wert sind. Einerseits steigt die Produktivität, bspw. wenn sich Lieferant und Abnehmer für eine Justin-Time-Belieferung von Modulen auf einem Gelände ansiedeln, also standortspezifisch investieren, und Fertigungen organisatorisch und technisch aufeinander abgestimmt werden.5) Andererseits führt ein Abbruch der Beziehung zu hohen Wechselkosten.6) Investiert ein OEM (Original Equipment Manufacturer) in Produktionsanlagen bzw. deren optimierte Abstimmung, logistische Systeme (einschließlich Vernetzung des Datenflusses) sowie Mitarbeiterschulungen zum Zweck einer bestimmten Lieferantenbeziehung, wird zwar die Abwicklung der Transaktionsbeziehung vereinfacht,7) aber ein Wechsel mit Zunahme dieser spezifischen Investitionen erschwert oder (kurzfristig) gar unmöglich.8) Gängige Untersuchungen zum Problem spezifischer Investitionen betrachten weitgehend die damit 1) 2)
3)
4) 5)
6) 7) 8)
Vgl. Eßig (2001), S. 24 und die Diskussion an dortiger Stelle. Vgl. Eßig (2001), S. 22 sowie Kapoor/Gupta (1997), S. 29, „at a significant premium over the market”, „The company had been overpaying services in the name of the partnership, […] benefits […] could not be identified.” In der herrschenden Literatur wird der optimale Bindungsgrade in Zulieferer-AbnehmerBeziehungen ausführlich diskutiert, vgl. beispielhaft Bensaou/Venkatraman (1995), Cannon/Perreault (1999), Dyer/Cho/Chu (1998), Frazier/Spekman/O’Neal (1988), Hughes/Ralf/Michels (1998), Saunders (1997) und Sheth/Sharma (1997). Vgl. Neumann (2006), S. 8 f., Einschränkung der Handlungsfähigkeit durch hohe Investitionen. Vgl. Bensaou/Anderson (1999), S. 460 f. und Williamson (1979), S. 241, „cost economies in prduction will be realized for indiosyncratic activities only if the supplier [und/oder der Abnehmer] invests in a special-purpose plant and equipment or his labor force develops transaction-specific skills.” sowie Lonsdale (2001), S. 24, „specific […] investments […] in order to […] work effectively“. Vgl. Lonsdale (2001), S. 22. Vgl. Werner (1997), S. 48. Vgl. Artz (1999), S. 115, „[T]hese assets make it costly for the OEM to switch to a new supplier.“ und Bensaou/Anderson (1999), S. 461, „[T]he automaker will have accumulated a substantial investment of resources in the supplier.”
1
einhergehenden Verhaltensmuster der Beziehungspartner (Opportunismus).9) Die entstandene Lock-in-Situation führt zu einer Abhängigkeit vom Verhalten der jeweils anderen Partei.10) Ein Ausstieg ist nur unter Inkaufnahme von Sunk Costs möglich.11) Zur Beeinflussung des Verhaltens des Transaktionspartners und damit zur Absicherung der getätigten Investitionen werden institutionelle Maßnahmen ergriffen,12) die die verhaltensorientierte Stabilität der Beziehung gewährleisten sollen.13) Die Abhängigkeit aufgrund spezifischer Investitionen wird durch diesen Mechanismus noch verstärkt (Commitment14)). Veränderbarkeit im Sinne der Determiniertheit spricht für rein marktliche Austauschbeziehungen, wohingegen zur Stabilisierung hybride, hierarchienahe und partnerschaftsorientierte Formen geeignet erscheinen.15) Der Abnehmer beschränkt sich auf einen oder wenige Lieferanten, mit denen eine langfristige kooperative Beziehung eingegangen wird („temporäre Monopolstellung“).16) Institutionen können im Kooperationsspiel17) dazu führen, dass nichtkooperative Handlungen (Defekt) gerade dann nicht gewählt werden, wenn Vertragsverstöße mit Sanktionen geahndet werden. Denkbare Handlungen, bspw. der Lieferantenwechsel während der Vertragslaufzeit, scheiden auch aus diesem Grund ex ante bereits aus, da Kosten der Sanktion eines frühzeitigen Abbruchs der Geschäftsbeziehung den Erwartungswert des Lieferantenwechsels mindern und die vermeintliche Vorteilhaftigkeit der Handlung umkehren können.18) Ein frühzeitiger Lieferantenwechsel wird im
9) 10) 11)
12)
13)
14)
15) 16) 17)
18)
2
Vgl. Kaas (1995), S. 25 sowie zur Prinzipal-Agent-Theorie bspw. Ebers/Gotsch (2006), S. 258-277. Vgl. Williamson (1979), S. 240. Vgl. Backhaus/Voeth (2007), S. 317, Chavas (1994), S. 114, Pindyck (1991), S. 1111 und Williamson (1988), S. 70. Vgl. Roemer (2004), S. 3, Hier findet sich eine ausführliche Diskussion zu institutionalen Absicherungsmöglichkeiten in Zulieferer-Abnehmer-Beziehungen. Vgl. Picot/Dietl/Franck (2002), S. 9 und S. 17, Individuelle Nutzenmaximierung als zentrale Annahme ökonomischen Denkens hat zur Folge, dass die Erfüllung vereinbarter Aufgaben entscheidend von der Anreizkompatibilität der Organisationslösung abhängt. Werden mit der formalen Aufgabenerfüllung persönliche Nutzenerwatungen nicht realisiert, bedarf es Institutionen (Verträge usw. als „abgeleiteten Institutionen“), die bei Widerhandlung zu zusätzlichen Kosten führen. Sanktionskosten werden somit in das Nutzenkalkül miteinbezogen und verhindern bspw. einen Vertragsverstoß. Williamson (1989), S. 143, „asset specificity not only [..] complex ex ante incentives […] more important complex ex post governance structure responses”. Vgl. Gundlach/Achrol (1995), S. 79, Morgan/Hunt (1994), S. 23 f. und Werner (1997), S. 90 sowie Eßig (2007), S. 605-608, Commitment im Rahmen des Supplier Value Management. Vgl. Theurl (2001), S. 79 f. Vgl. Wildemann (1993), S. 367. Gefangenendilemma, vgl. zur Anwendung der Spieltheorie in Zuliefer-Abnehmer-Kooperation Stölzle (1999), S. 105 f. Vgl. Picot/Dietl/Franck (2002), S. 16 f., Wagner (2005a), S. 5, „option [..] might not viable“ sowie Theurl (2001), S. 83, die von „Einschränkung des [..] Optionenraumes” und „Stabilisierungsmechanismen” spricht.
Entscheidungskalkül nicht mehr berücksichtigt.19) Lonsdale (2001) zitiert eine Studie zum Einkauf von IT-Leistungen, in deren Ergebnis 42 Prozent der Abnehmer eine „overdependence on suppliers“ in der Beschaffungspraxis beklagen sowie 39 Prozent aussagen, dass sie sich in einer Lock-in-Situation mit dem Lieferanten befinden.20) Kalzua (1996a) ordnet die Frage der Vor- und Nachteile von langfristigen Lieferverträgen der „Beschaffungsflexibilität“ zu.21) Andererseits wird gerade Hierarchien bzw. hierarchienahen Wertschöpfungspartnerschaften22) eine hohe Anpassungsfähigkeit attestiert.23) Der vermeintliche Widerspruch zwischen enger Bindung und hoher Anpassungsfähigkeit löst sich auf, wenn das Konstrukt der Anpassungsfähigkeit genauer untersucht wird. Williamson (1991) erklärt mit dem Konstrukt nicht die Entwicklung von Handlungsspielräumen im Sinne einer Anpassung durch Lösungen außerhalb der bestehenden Austauschbeziehung (Lieferantenwechsel). Vielmehr sind Möglichkeiten der Anpassungen der Transaktion an exogene und endogene Veränderungen, also Veränderungen innerhalb und außerhalb einer Zulieferer-AbnehmerBeziehung von der gewählten Governancestruktur abhängig.24) Hierarchienahe Lösungen ermöglichen grundsätzlich Anpassungsmöglichkeiten (zu Kosten der Bürokratie) innerhalb der Austauschbeziehung. Durch Quasi-Hierarchisierung werden Handlungsspielräume außerhalb der Austauschbeziehung (bspw. ein Ausstieg aus der Beziehung) aber erschwert, die dann in Betracht kommen, sollte eine Anpassung an geänderte Bedingungen innerhalb der bestehenden Wertschöpfungspartnerschaft nicht möglich sein. Somit sind hybride, hierarchienahe Governancestrukturen einerseits eine notwendige Bedingung, um koordinierte Veränderungen (mit dem Transaktionspartner gemeinsam) ex post durchzusetzen, andererseits schränken sie externe Handlungsspielräume ein,25) so dass gerade dann Lösungen des internen Flexibilitätsaufbaus notwendig werden. In einer Benchmarking-Studie kommen Schuh/Haag/Möller (2007a) zu dem Ergebnis, dass selbst Kostenreduktionen bei komplexen Bedarfen nicht als reine Preisforderung (marktliche Austausch-
19)
20)
21) 22) 23) 24)
25)
Vgl. Roemer (2004), S. 4, Grundsätzlich wirken Institutionen Handlungsspielräumen der Kooperationspartner entgegen. In erster Linie wird damit das Ziel verfolgt, den Transaktionspartner von opportunistischer Handlung abzuhalten. Lonsdale (2001), S. 25 zitiert eine Studie von KPMG (1997), bei der 123 Unternehmen befragt wurden. Vgl. Kaluza (1996a), S. 259. Vgl. Kapitel zwei, relationale Wertschöpfungspartnerschaften als Quasi-Hierarchie. Vgl. Werner (1997), S. 83 und Williamson (1991), S. 274. Vgl. Williamson (1991), S. 274-281, Märkte verfügen über den Anreizmechanismus des Preises und reagieren auf Veränderungen durch die Anpassung des Preises (Typ A), wohingegen koordinierte Anpassungen durch hierarchische Kontroll- und Durchgriffsmöglichkeiten mit zunehmender Hierarchisierung erreicht werden (Typ C). Vgl. Williamson (1991), S. 278 f.
3
beziehung) an den Lieferanten erfolgreich sind, sondern die koordinierte Analyse der Kosten und gemeinsame Suche nach Lösungen zielführend ist.26) Rese/Roemer (2004) kommen zu dem Ergebnis, dass der Unterscheidung zwischen dem Handlungsspielraum innerhalb langfristiger Beziehungen im Verständnis der Transaktionskostentheorie und dem Handlungsspielraum als mehrwertgenerierende Eigenschaft unterschiedliche Quellen der Unsicherheit zugrunde liegen. Die Transaktionskostentheorie macht koordinierte Anpassungen von hybriden, hierarchienahen Strukturen abhängig, behandelt aber allein die endogene Unsicherheit und versucht die Flexibilität aufgrund der Gefahr für Opportunismus, d.h. für ungewollte, durch den Transaktionspartner initiierte Veränderungen zu verringern. Dahingegen betrachtet der Realoptionsansatz die exogene Umweltunsicherheit, hinsichtlich derer eine höhere Flexibilität anstrebt wird.27) Mit dem Realoptionsansatz liegt somit die Möglichkeit vor, einen gesteigerten Handlungsspielraum monetär zu erfassen. Rese/Roemer (2004) folgend besteht ein Trade-off für den Fall, dass sowohl endogene als auch exogene Unsicherheit hoch sind.28) Eine institutionelle Absicherung zur Reduzierung der endogenen Unsicherheit schränkt gleichermaßen den Handlungsspielraum des Lieferantenwechsels ein, der aber nötig zu sein scheint, um auf die ebenfalls hohe exogene Unsicherheit reagieren zu können. Hierarchienahe Lösungen erleichtern somit koordinierte Anpassungen innerhalb der Transaktionsbeziehung, wogegen marktliche Lösungen aufgrund der fallweisen Einzelentscheidung Wechselmöglichkeiten als externen Handlungsspielraum offerieren. Williamson (1979) weist auf die Bedeutung sequentieller Anpassungen in spezifischen Austauschbeziehungen hin.29) Diese Überlegungen verbinden Anpassungsfähigkeit im Sinne koordinierter Anpassungen und Handlungsspielräume, indem spezifische Investitionsentscheidungen in Wertschöpfungspartnerschaften stufenweise getroffen werden. Zu den (Investitions-) Entscheidungszeitpunkten bestehen bewusste Anpassungsmöglichkeiten als Handlungsspielraum in Form von Optionen für den Abnehmer („sequential decision making“30)).31) Häufig lassen sich Investitionen, die mit einer Produkteinführung oder der Produktverfügbarkeit verbunden sind, nur endlich aufschieben. Dennoch kann die Investition in der Regel als sequentielle Investition ausgestaltet werden.32) Mit dem Bezie-
26)
27) 28) 29) 30) 31)
32)
4
Vgl. Schuh/Haag/Möller (2007a), S. 20, Die Studie basiert auf 115 verwertbaren Rückläufern einer europaweiten, branchenübergreifenden Benchmarking-Analyse. Vgl. Rese/Roemer (2004), S. 505. Vgl. Rese/Roemer (2004), S. 505. Vgl. Williamson (1979), S. 254. Williamson (1979), S. 254. Institutionelle Absicherungsmaßnahmen werden folglich auch nur in dem Maße notwendig, wie spezifisch investiert wird. Vgl. Billington/Johnson/Triantis (2003), S. 34.
hungseinstieg wird die Produktverfügbarkeit für den Abnehmer gesichert. Gleichzeitig werden Lieferantenentwicklungsmaßnahmen als Ausdruck einer sequentiellen Anpassung (interner Handlungsspielraum) betrachtet und sichern die Möglichkeit der zukünftigen Produkt- bzw. Inputfaktor-Anpassung durch eine gezielte Beeinflussung der Leistungsfähigkeit des Lieferanten. Die wirtschaftliche Bedeutung von Partnerschaften zeigt sich anhand des hohen Anteils am Gesamteinkaufsvolumen.33) Homburg/Daum (1997) stellen fest, dass „der überwiegende Teil des Beschaffungsvolumens mit einer recht geringen Zahl von Lieferanten abgewickelt wird.“34) Hartmann/Ritter/Gemünden (2001) weisen ebenfalls darauf hin, dass 80 Prozent des Einkaufsvolumens mit 20 Prozent der Lieferanten abgewickelt werden.35) Die BMW Group wendet eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit Lieferanten im Rahmen eines „Innovationsmodells“ an, das die Zielsetzung der Integration von Innovationen und Umsetzung komplexer technischer Neuerungen verfolgt.36) Mittels F&EPartnerschaften versuchen Unternehmen einerseits durch komplementäre Kompetenzen37) leistungsfähiger Lieferanten der Veränderungsintensität (Dynamik) des Marktes gerecht zu werden,38) andererseits schränken sie bewusst den externen Handlungsspielraum ein, indem (beiderseitig) spezifisch investiert wird. Dieses Dilemma kommt dann zum Tragen, wenn bspw. Lieferanten zukünftig erforderliche Innovationen nicht mehr mittragen können und ein Lieferantenwechsel erforderlich wird, der vielfältige Ursachen haben kann.39) Ein Lieferantenwechsel ist sowohl aufgrund von Verhaltensveränderungen des Lieferanten (opportunistisches Verhalten), als auch aufgrund von (Markt-) Umweltveränderungen, auf die der bisherige Lieferant nicht geeignet reagieren kann, in Erwägung zu ziehen.40) Darunter versteht man die exogene Dynamik, hervorgerufen durch Kräfte aus der Umwelt und die endogene Dynamik, deren Ursache in einem Unternehmen bzw. der Beziehung 33)
34) 35)
36) 37)
38)
39)
40)
Vgl. Homburg/Daum (1997), S. 218 und Wagner (2001), S. 150, Kraljic (1983), S. 112 definiert „strategic items“ u.a. nach deren „percentage of total purchase costs“ und ordnet ihnen eine Strategie der langfristigen Verfügbarket (S. 111) sowie Single-Sourcing zu (S. 114), wie sie für Partnerschaften inhärent ist. Homburg/Daum (1997), S. 212. Vgl. Hartmann/Ritter/Gemünden (2001), S. 5 in Anlehnung an die ABC-Analyse bei Corsten (1999), S. 656 (in der neueren Auflage von 1999). Vgl. Kuhn u.a. (2007), S. 22. Vgl. Bensaou/Anderson (1999), S. 462, „complementary competencies and resources“ sowie Duschek (1998), S. 232 f. „vertikale Co-Spezialisierung”. Vgl. die Diskussion bei Van de Vrande/Lemmens/Vanhaverbeke (2006), S. 347 sowie Billington/Johnson/Triantis (2003), S. 37. Lavie (2006), S. 154 sieht hierin die Ursache von Unsicherheit in der Veränderung der Technologie als technische Innovation aus dem Wettbewerbsumfeld. Vgl. Cannon/Perreault (1999), S. 444, „make it difficult to change quickly to a superior alternative [..] a competing technology offers benefits to the buying firm.“ sowie Billington/Johnson/Triantis (2003), S. 32, „[T]he greatest risks confronting [..] high-tech manufacturers is the [..] degree of uncertainty about both demand for their product and supply of the key inputs.”
5
selbst zu finden ist.41) Ist ein Lieferantenwechsel aufgrund der Entscheidung für eine hierarchienahe Koordinationsform nicht möglich, steigt die Bedeutung interner Handlungsspielräume. Nach Kuhn u.a. (2007) gilt auch für die BMW Group, dass Lieferanten eine ausreichende Innovationskraft besitzen müssen, andererseits der Einkauf die Aufgabe hat, leistungsfähige Lieferanten weiterzuentwickeln.42) Nach Billington/Johnson/Triantis (2003) gilt „for most industries undergoing major changes in technology and market structure, the ability to manage – and even profit from – such uncertainty is increasingly recognized as a key source of competitive advantage.”43) Ein sich veränderndes, dynamisches Umfeld fordert eine ständige Modifikation bestehender Lösungen („organisationale Transformation“).44) Die Anpassungsfähigkeit hängt von der Wandlungsfähigkeit ab.45) Mit zunehmender Unsicherheit entsteht die Notwendigkeit einer optionsorientierten Gestaltung von Wertschöpfungspartnerschaften, um den nötigen Wandel selbst bestimmen zu können.46) Ziel ist es, dem Abnehmer Optionen zu eröffnen, mit deren Hilfe er die Anpassung selbst bestimmen kann. Wird eine Wertschöpfungspartnerschaft mit einhergehenden spezifischen Investitionen für den Leistungsaustausch notwendig, ist zu prüfen inwieweit eine optionsorientierte, sequentielle Investitionsstrategie neben dem internen auch den externen Handlungsspielraum erhöht. Terminologisch wird eine neue, optionsorientierte Sichtweise von partnerschaftlichen Zulieferer-AbnehmerBeziehungen durch den Begriff der dynamischen Wertschöpfungspartnerschaft beschrieben. Dementsprechend umfasst das Verständnis dynamischer Wertschöpfungspartnerschaften die Fähigkeit, erfahrene Dynamik durch Anpassung zu verarbeiten.47) Neben dem Lieferantenwechsel scheint die Lieferantenentwicklung eine geeignete beziehungsinterne Aktivität darzustellen, wenn der Lieferant zukünftigen Anforderungen nicht mehr gerecht wird. Lieferantenentwicklung im Verständnis der Arbeit entspricht nicht dem Aufbau eines neuen Lieferanten, sondern der bewussten Weiterentwicklung eines bestehenden Lieferantenkontakts. Des Weiteren erfolgt sie nicht aufgrund einer aktuellen „Schlechtleistung“ eines Lieferanten, sondern als zukünftige Chance der Nutzbarmachung von externen Leis41) 42) 43) 44) 45) 46)
47)
6
Vgl. Naujoks (1998), S. 54. Vgl. Kuhn u.a. (2007), S. 25. Vgl. Billington/Johnson/Triantis (2003), S. 32. Vgl. Perich (1992), S. 59. Vgl dazu auch Brehm (2003a), S. 89. Vgl. Perich (1992), S. 79 und Hommel/Pritsch (1999a), S. 123, „Der Inhaber einer Finanzoption hat das Recht, nicht aber die Verpflichtung [..], einen bestimmten Vermögensgegenstand zu erwerben [bzw. zu veräußern], falls dies nach Kenntnis eines zunächst nicht genau vorhersagbaren Umweltzustandes (Unsicherheit) für ihn optimal ist.“ Vgl. dazu auch Perich (1992), S. 98 f., „Fähigkeit zur Bildung und Auflösung dynamischer Ordnungsmuster“, im Original hervorgehoben.
tungspotentialen oder der Notwendigkeit einer zukünftigen Weiterentwicklung bestehender Lieferantenpotentiale als Ausdruck dessen Leistungsfähigkeit. Der eingangs formulierten Kritik folgend wird gegenüber vermeintlich „echten“, de facto aber statischen Wertschöpfungspartnerschaften durch einen optionsorientierten Ansatz der Gedanke der Dynamik aufgenommen und bewusste Entscheidungsmöglichkeiten des Abnehmers zur Entwicklung des Lieferanten als dynamisches Element in das Entscheidungskalkül in einen neuen Ansatz dynamischer Wertschöpfungspartnerschaften aufgenommen. Das Ziel dieser Arbeit ist die konzeptionelle Auflösung des Widerspruchs einerseits erforderlicher langfristiger und enger Wertschöpfungspartnerschaften für einen spezifischen Leistungsaustausch, die andererseits geprägt sind durch einen geringen externen Handlungsspielraum des Abnehmers als Folge der Partnerschaft. Zielsetzung des Abnehmers muss es daher sein, die Vorteile aus einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit zu erschließen, gleichzeitig aber den Handlungsspielraum aufrecht zu erhalten. In einem dynamischen Umfeld mit hoher Veränderungsintensität kann ein Lieferantenwechsel als externer Handlungsspielraum dann obsolet werden, wenn interne Handlungsspielräume zur Anpassung der Wertschöpfungspartnerschaft gegeben sind. Handlungsspielräume zum proaktiven Management steigender Veränderungsintensität sollen grundsätzlich durch eine stufenweise Investitionsstrategie ermöglicht werden. Die intertemporale Verschiebung spezifischer Investitionen ist verbunden mit der primären Option, Lieferanten sequentiell weiterzuentwickeln, respektive sofern eine Weiterentwicklung nicht möglich ist, die Beziehung abzubrechen.48) So genannte Realoptionen haben einen signifikanten Einfluss auf die Bewertung von Lieferantenpartnerschaften aus Abnehmersicht, indem sie den Wertbeitrag der Lieferantenentwicklung als Handlungsspielraum des Abnehmers auf konsistente und nachvollziehbare Weise erfassen. Wagner (2005a) sieht eine Lücke der aktuellen Forschung darin, welchen „impact [..] firms’ supplier development efforts“ mit sich bringen.49) Verbunden mit dieser Frage ist auch die Grundhypothese dieser Arbeit, welchen Wert entwicklungsfähige Lieferanten gegenüber nicht-entwicklungsfähigen Lieferanten haben. Die Grundhypothese lautet:50) Dynamische Wertschöpfungspartnerschaften mit Lieferanten mit Entwicklungspotential, woraus einem Abnehmer Handlungsspielräume entstehen, haben einen höheren Wert als statische Wertschöpfungspartnerschaften.
48) 49) 50)
Vgl. Wagner (2005a), S. 20, „long-term focused upgrading of capabilities“. Vgl. Wagner (2005a), S. 4. Vgl. dazu auch Hartley/Choi (1996), S. 44, „The most successful suppliers will be those that have the ability to continue improving their performance beyond the customer’s current requirements.”
7
Folgende Forschungsfragen leiten die Analyse: (1) Welche Anforderungen stellt Dynamik an die Wandlungsfähigkeit (Flexibilität) von Wertschöpfungspartnerschaften? (2) Welche ökonomischen Auswirkungen haben dabei Spezifität und spezifische Investitionen auf Geschäftsbeziehungen? (3) Wie lässt sich die „fundamentale Transformation“ in Wertschöpfungspartnerschaften vermeiden und zur dynamischen Transformation weiterentwickeln? (4) Wie lässt sich die gewonnene Flexibilität wertmäßig erfassen? (5) Welchen Wert haben Beziehungen mit Handlungsoptionen/-spielräumen für den Abnehmer?
Wertschöpfungspartnerschaften stellen das Erkenntnisobjekt der vorliegende Arbeit dar. Der Erkenntnisgegenstand stellt allgemein den „disziplinspezifischen Analysegegenstand“ dar.51) Sowohl Schweitzer (2004) als auch Wöhe (2005) betrachten „Wirtschaften“ als „Erkenntnisgegenstand“ bzw. als „Erkenntnisobjekt“ der Betriebswirtschaftslehre.52) Wirtschaften ist „das Entscheiden über knappe Güter.“53) Wirtschaften bedeutet nicht die operative Durchführung von Einkauf, Produktion und Absatz von Gütern, sondern die „planenden und steuernden Entscheidungen [im Original hervorgehoben]“ über die zielorientierte Realisation.54) Die Zielsetzung von Wertschöpfungspartnerschaften setzt an der optimalen Allokation knapper Güter an,55) indem der Zugang zu erfolgskritischen Lieferanten (technologisch) knapper Güter langfristig für den Abnehmer gesichert wird und darüber hinaus zukünftig optimale Entscheidungen durch Handlungsspielräume getroffen werden können. Wöhe (2005) weitet das Erkenntnisobjekt auf „Wirtschaften im Betrieb“ aus.56) Eßig (2004a) erweitert die klassische (einzel-) betriebliche Betrachtungsweise und verschiebt die Perspektive „auf eine möglichst optimale Organisation der Arbeitsteilung sowohl intern als auch extern.“57) Zweifellos folgt diesem Verständnis das „Wirtschaften in Wertschöpfungspartnerschaften“ als Erkenntnisobjekt.58) Die Betrachtung variiert von 51) 52) 53) 54) 55)
56) 57) 58)
8
Vgl. Schweitzer (2004), S. 52. Vgl. Schweitzer (2004), S. 54 f. und Wöhe (2005), S. 49. Schweitzer (2004), S. 54. Vgl. Schweitzer (2004), S. 56. Vgl. Schweitzer (2004), S. 54, „Güterknappheit“ und „optimale Allokation“ stellen zwei Bedingungen zur Abgrenzung des Erkenntnisgegenstandes dar. Vgl. Wöhe (2005), S. 48. Eßig (2004a), S. 58. Eßig (2004a), S. 59 hebt die Analyse arbeitsteiliger Prozesse mit verstärkt auftretenden „Schnittstellenproblemen an den Unternehmensaußengrenzen“ hervor.
Wirtschaften innerhalb eines Unternehmens (Akteursebene), Wirtschaften in ZuliefererAbnehmer-Beziehungen (Dyade), bis zu Wirtschaften auf Supply Chain- bzw. Netzwerkebene.59) Mit der Zielsetzung der effizienten und effektiven Gestaltung wird das Optimalitätsziel implizit aufgegriffen und daher von „Wertschöpfungspartnerschaften“ als Erkenntnisobjekt gesprochen.60)
1.2
Methodik und Aufbau der Arbeit
Ein theoretisch-konzeptioneller Bezugsrahmen bildet die Basis des Forschungsprozesses. Konzeptionen haben Anspruch auf generelle Gültigkeit. Sie greifen nicht schwerpunktmäßig auf Erfahrungswissen zurück (Induktion61)), sondern verarbeiten deduktiv gewonnene Erkenntnisse, weshalb Konzeptionen den theoretischen Erklärungsmustern nahe stehen.62) Der Realoptionsansatz findet seine Erwähnung bereits vor 25 Jahren und wurde ein extensives und schnell wachsendes Forschungsfeld der Finanzwirtschaft.63) Dennoch finden sich in der Beschaffungsliteratur nur wenige Ansätze, die den Problembereich der Beschaffung mit dem Realoptionsansatz, insbesondere auf rein dyadischer Ebene, verknüpfen.64) Für die vorliegende Problemstellung kann nicht auf ausreichendes Erfahrungswissen zurückgegriffen werden, weshalb schwerpunktmäßig ein exploratorischer, theoretisch-deduktiver Ansatz gewählt wird (theoretisches Wissenschaftsziel65)). Darunter fällt insbesondere die deduktive Konstruktion des auf dem Realoptionsansatz beruhenden Bewertungs- bzw. Entscheidungsmodells (Kapitel fünf) mit Hilfe des theoretischen Bezugsrahmens in Kapitel drei und vier.66) Eine angewandte Wissenschaft (pragmatisches Wissenschaftsziel67)) baut auf bereits vorhandenem „(Grundlagen) Wissen“ auf, das als praxisrelevantes Wissen auch ohne theoretische Fundierung gewonnen werden kann.68) Die empirische Bedeutung der Problemstellung rückt damit in den Vordergrund. Ziel ist 59) 60)
61) 62) 63)
64) 65)
66) 67)
68)
Vgl. zur Unterscheidung der Ebenen Stölzle/Karrer (2004), S. 253. Diese Einordnung folgt auch dem oben erwähnten Analysegegenstand. Vgl. zum Effizienzbegriff Eßig (2004a), S. 55-57. Vgl. Chalmers (2001), S. 41, Probleme der Induktion sowie Wöhe (2005), S. 14. Vgl. Stölzle (1999), S. 146. Vgl. Baecker/Hommel (2004), S. 3, Der Begriff der „real option“ geht auf Myers (1977), S. 147 zurück. Vgl. Tabelle 5-1. Vgl. Chmielewicz (1994), S. 9 und S. 150 sowie Schanz (1988), S. 27, Erklärung als theoretisches Wissenschaftsziel. Vgl. Ulrich/Hill (1979), S. 181. Vgl. zum pragmatischen Wissenschaftsziel Schweitzer (2004), S. 67 sowie Chmielewicz (1994), S. 9. Vgl. Schanz (1988), S. 34, Schanz (2004), S. 89, Chalmers (2001), S. 37 sowie Chmielewicz (1994), S. 88, „[R]eine Logik und Deduktion führen selten zu neuen Entdeckungen.“, vgl. zu einer ausführlichen Erläuterung des Begriffs der angewandten Wissenschaft Schanz (1988), S. 33-37.
9
hierbei nicht die Wissenschaft als Selbstzweck zu verstehen, sondern Lösungen für die Unternehmenspraxis zu entwickeln. Der konzeptionelle Bezugsrahmen der Lieferantenentwicklung (Repräsentation induktiv gewonnenen Erfahrungswissens69)) dient der Gewährleistung der „empirischen Geltung“ der Übertragung des Realoptionsansatzes auf den Problembereich der „Beschaffung und Logistik“.70) Erfüllt wird folglich eine theoretische wie auch pragmatische Herangehensweise im Sinne der Betriebwirtschaftslehre als angewandte Wissenschaft. Die Zusammenführung des Problembereichs „Beschaffung“ mit dem Realoptionsansatz weicht von der grundsätzlich theoretisch-deduktiven Vorgehensweise der Arbeit ab, da „tatsächlich beobachtete Tatbestände und Erscheinungen“ des Problembereichs „Beschaffung“ über induktives Vorgehen zu einer „empirisch-realistischen“ Anwendung des Realoptionsansatzes führen soll (empirisch-induktive Vorgehensweise).71) Es wird nicht die Adaption des Realoptionsansatzes auf den Bereich der Beschaffung als Selbstzweck verfolgt, sondern ein empirisch relevanter Lösungsbeitrag durch investitionstheoretische Ansätze. Der Entdeckungszusammenhang des Forschungsprozesses ist der „gedankliche Bezugsrahmen [im Original hervorgehoben] (die konzeptuelle Basis)“.72) Die induktive Vorgehensweise zum Entdeckungszusammenhang (exploratorischer Charakter) ermöglicht die Formulierung des ersten Teils der obigen These („Handlungsspielraum“).73) Zusätzlich erfolgt über eine deduktive Vorgehensweise die Entdeckung neuer Erkenntnisse durch Anwendung des allgemeinen Realoptionsansatzes bzw. der Optionspreistheorie,74) die die Formulierung des zweiten Teils der obigen These ermöglichen („Wert des Handlungsspielraums“).75) Chmielewicz (1994) versteht unter einer Hypothese „eine Aussage, die objektiv einen Wahrheitsgehalt aufweist, also nach ihrer Form wahr oder falsch sein kann, für die außerdem subjektiv ein Wahrheitsanspruch erhoben wird.“76)
69) 70)
71)
72)
73)
74)
75) 76)
10
Vgl. Stözle (1999), S. 145. Vgl. Schweitzer (2004), S. 67 und zu betriebswirtschaftlichen Problembereichen Schweitzer (2004), S. 68. Vgl. Wöhe (2005), S. 14 sowie Ulrich/Hill (1979), S. 181, Induktion als Generalisierung aus Einzelbeobachtungen. Vgl. Ulrich/Hill (1979), S. 165 f., Daneben werden noch Begründungszusammenhang als die „empirische Überprüfung [im Original hervorgehoben] gedanklicher Bezugsrahmen” (S. 166) sowie der Verwendungszusammenhang, der der Frage nach dem „Zweck [im Original hervorgehoben] oder der Verwendung wissenschaftlicher Aussagen“ nachgeht, unterschieden (S. 167), vgl. auch Chmielewicz (1994), S. 37. Vgl. Chmielewicz (1994), S. 89 sowie Schweitzer (2004), S. 72, Die induktive Methode unterstützt die Entdeckung neuer Hypothesen mit einer allgemeingültigen Aussage. Vgl. Schweitzer (2004), S. 74, Beitrag der Deduktion zum Entdeckungszusammenhang durch Implikationen, die zu neuen Erkenntnissen führen. Vgl. Wöhe (2005), S. 16, Deduktion als „vom Allgemeinen zum Besonderen“. Chmielewicz (1994), S. 119, Der Begriff der Grundhypothese soll den subjektiven Anfangsverdacht implizieren, der zu dieser Hypothese führt.
Dem Entdeckungszusammenhang unterliegt ein Heuristikproblem.77) Als ‚heuristisch’ werden jene Denkmodelle verstanden, die entgegen analytischen Verfahren nicht mit zwingender Sicherheit zur besten Lösung kommen, aber den Suchprozess zur bestmöglichen Lösung neuer Probleme abkürzen.78) In diesem Zusammenhang erfolgt (1) „die Abgrenzung des Objektbereichs“ (Wertschöpfungspartnerschaft), (2) „die konkrete Problemstellung bei der Untersuchung des Objektbereichs“ (Flexibilität trotz Lock-in), (3) „die Grundbegriffe und Variablen, in denen der Objektbereich erfasst wird“ (spezifische Investitionen, Spezifität, Quasirente, Dynamik, Unsicherheit79)) sowie (4) „die Aufstellung und Systematisierung von Arbeitshypothesen (Vermutungen über Wirklichkeitszusammenhänge)“ (Lieferanten mit Entwicklungspotential haben einen höheren Wert).80) Die Wahl der Forschungsfragen schließt an eine theoretisch-deduktive Analyse an und erfüllt die Wissenschaftsziele der Erklärungsaufgabe zur vorliegenden Problemstellung (Forschungsfragen 1 bis 3) sowie der Gestaltungsaufgabe (Forschungsfragen 1 sowie 4 und 5).81) Bei der Erklärungsaufgabe geht es um die Ableitung des zu erklärenden Sachverhaltes der durch Spezifität ausgelösten Lock-in-Situation einerseits, als auch des durch Dynamik ausgelösten Erfordernisses der Flexibilität andererseits aus „theoretischen Gesetzmäßigkeiten“ auf „logisch-deduktivem Weg“.82) Die deduktive Methode stellt die Methode der Erklärung von Zusammenhängen in der Betriebswirtschaftslehre dar (Erklärungsmodelle).83) Ziel ist Ursache und Wirkung von Lock-in-Situationen zu analysieren sowie eine differenzierte Darstellung von Dynamik und Flexibilität in diesem Kontext zu ermöglichen. Mit der Gestaltungsaufgabe wird die Absicht verfolgt, eine rationale Gestaltung des betriebswirtschaftlichen Erkenntnisobjektes zu leisten.84) Die Gestaltungsaufgabe wird in Form eines Entscheidungsmodells erfüllt, das allgemein die Aufgabe hat, „die Bestimmung optimaler Handlungsmöglichkeiten zu erleichtern.“85) Der Versuch der Entwicklung 77) 78) 79) 80) 81)
82)
83)
84)
85)
Vgl. Ulrich/Hill (1979), S. 167. Vgl. Ulrich/Hill (1979), S. 166. Vgl. Kapitel 4. Vgl. Ulrich/Hill (1979), S. 166. Vgl. Schweitzer (2004, S. 68 sowie Schanz (2004), S. 116 und Schanz (1988), S. 28, Die Erklärungsaufgabe ist der Gestaltungsaufgabe vorgelagert. Vgl. Schanz (2004), S. 117 sowie Chmielewicz (1994), S. 152, Unter Erklärung ist wissenschaftstheoretisch das „Aufdecken der Ursache eines Sachverhaltes“ zu verstehen. Vgl. Eichhorn (1979), S. 61 sowie Schanz (1988), S. 28, Erklärungsmodelle liefern „wertvolle“ Gestaltungshinweise. Vgl. Schanz (1988), S. 37, Als anwendungsorientierte Wissenschaft wird hier vielfach der Schwerpunkt gesehen. Wöhe (2005), S. 19.
11
von Entscheidungsmodellen ist Gegenstand angewandter Wissenschaften.86) Des Weiteren bildet der Realoptionsansatz ein stochastisches Modell ab, bei dem der Abnehmer in einer Unsicherheitssituation agiert, da die Parameter (Variablen) des Modells verschiedene Werte annehmen können.87) Erkenntnisse, die Gegenstand der Erklärungsaufgabe sind, werden mit Hilfe des Realoptionsansatzes auf einen praktischen Anwendungsbereich des betriebswirtschaftlichen Problembereichs Beschaffung übertragen.88) Zielsetzung des Entscheidungsmodells ist es, aus Abnehmersicht die optimale zukunftsgerichtete (Lieferanten-) Entscheidung im Hinblick auf Handlungsspielräume zu treffen, wobei Entscheidungen auf unsicheren „Aktions-, Reaktions-, Trend- und Umwelterwartungen“ beruhen.89) Die optimale Realisierung der Lieferantenentscheidung „Lieferant mit Entwicklungspotential“ sowie der konkreten, zielgerichteten Gestaltung der Wertschöpfungspartnerschaft im Hinblick auf „Nutzung des Handlungsspielraums“ bzw. „Ausübung der Handlungsoption“ soll durch das Entscheidungsmodell ermöglicht werden. Das Entscheidungsmodell muss sowohl die notwendigen Voraussetzungen der Existenz von Handlungsspielräumen erfassen, als auch im Sinne einer hinreichenden Bedingung die quantitative Bewertung von Entscheidungssituationen im Sinne der Optimalität. Durch die Formulierung „instrumentaler“ Aussagen wird ebenfalls das pragmatische Wissenschaftsziel der Betriebwirtschaftlehre erfüllt, indem die Verwendung vorhandener Instrumente der unternehmerischen Praxis die Anwendbarkeit des Entscheidungsmodells gewährleisten soll.90) Mit der Gestaltungsaufgabe sind demnach konkrete Gestaltungsempfehlungen für Wertschöpfungspartnerschaften in der Praxis verbunden. Der Nutzen des Realoptionsansatzes zur quantitativen, wertmäßigen Erfassung von Handlungsspielräumen durch eine optionsorientierte Betrachtung von Entscheidungssituationen hat sich in einer Vielzahl an Arbeiten zum Realoptionsansatz bestätigt.91) Dennoch kann in der vorliegenden Arbeit nicht darauf verzichtet werden, die formalen Anwendungsvoraussetzungen für die konkrete Problemstellung der Lieferantenentwicklung in Wertschöpfungspartnerschaften zu prüfen. Die Analyse wird daher neben den Forschungsfragen von Merkmalen der Entscheidungssituation geleitet, die für eine Anwendung des Realoptions-
86) 87) 88) 89) 90)
91)
12
Vgl. Ulrich/Hill (1979), S. 164. Vgl. Wöhe (2005), S. 20. Vgl. Wöhe (2005), S. 19. Vgl. Wöhe (2005), S. 19. Schweitzer (2004), S. 67, Ein pragmatisches Wissenschaftsziel wird zweckmäßig durch das „Formulieren instrumentaler Aussagensysteme“ erfüllt. Baecker/Hommel (2004), S. 3 haben in einer umfassenden Analyse über 600 Arbeiten zum Realoptionsansatz gefunden, deren Zahl weiter angestiegen ist (vgl. entsprechende Literatur dieser Arbeit nach 2004).
ansatzes Voraussetzung sind: (1) Flexibilität, (2) Irreversibilität und (3) Unsicherheit.92) Kapitel zwei, drei und vier beantworten die Frage der Anwendbarkeit eines Realoptionsansatzes, indem die Voraussetzungen Flexibilität (Kapitel zwei und vier), Irreversibilität (Kapitel drei) sowie Unsicherheit (Kapitel vier) geprüft werden. Abbildung 1-1 zeigt eine kapitelspezifische Zuordnung der Prüfung der Anwendungsvoraussetzungen.
(1) Kapitel eins beschreibt die Problemstellung, Zielsetzungen der Arbeit sowie den verwendeten Lösungsansatz und trifft Aussagen zur gewählten Forschungsmethodik.
(2) Kapitel zwei stellt den ersten Hauptteil der Arbeit mit einem Lösungsansatz/-konzept dar. Kapitel 2.1 identifiziert konstituierende Merkmale des Erkenntnisgegenstands „Wertschöpfungspartnerschaft“ und fasst diese zu einer Definition zusammen. Kapitel 2.2 erweitert vorhandene, aber weitgehend reaktive Ansätze der Lieferantenentwicklung zu einem proaktiven, strategischen, wertbildenden Instrument des Lieferantenmanagements. Dies äußert sich in Optionen der Lieferantenentwicklung, die als strategisches Instrument des Lieferantenmanagements die Leistungspotentiale des Lieferanten betrachten. Mittels einer potentialorientierten Bewertung wird die aktuelle Leistungsfähigkeit des Lieferanten hinsichtlich seiner Entwicklungsfähigkeit als notwendige Bedingung einer Lieferantenentwicklungsoption in Kapitel 2.3 bewertet. Grundlage dieser Bewertung stellt die Prognose zukünftiger Potentialanforderungen dar.93) Der Resource-based View ist hierfür insofern relevant, da die Analyse von Leistungspotentialen dort ihren Ursprung hat.94) Die Potentialanalyse in Kapitel 2.3 baut daher auf dem Resource-based View auf. Zur quantitativen, wertorientierten Erfassung des Leistungspotentials eines Lieferanten in Form eines Lieferantenwerts wird in Kapitel 2.3 mittels Supplier Lifetime Value ein Lieferantenkapitalwert betrachtet. Dessen Operationalisierung, insbesondere der Ein- und Auszahlungsgrößen, erfolgt über ein (dynamisches) Target Costing/Pricing sowie mittels einer Prozesskostenrechnung. Die Entwicklung des Realoptionsansatzes gründet auf der Kritik der Kapitalwertmethode, die nicht in geeigneter Weise in der Lage ist, dynamisch-strategische Aspekte hinreichend zu berücksichtigen,95) da ein feststehendes Anfangsszenario hinsichtlich der 92)
93) 94)
95)
Vgl. Baecker/Hommel/Lehmann (2003), S. 17, Copeland/Antikarov (2001), S. 15, Dixit/Pindyck (1994), S. 3, Dixit/Pindyck (1995), S. 106, Hommel/Pritsch (1999a), S. 122, Hommel/Pritsch (1999b), S. 9, Schäfer/Schässburger (2000), S. 586. Vgl. hierzu auch die Szenarioanalyse in Kapitel 4.3. Vgl. Bamberger/Wrona (1996a), S. 386, Bamberger/Wrona (1996b), S. 130, Börner (2000), S. 817, Duschek/Sydow (2002), S. 426, Jenner (1998), S. 145, Koppelmann (2004), S. 141, Mahoney/Pandian (1992), S. 363, Ossadnik (2000), S. 272 und Priem/Butler (2001), S. 22. Vgl. Mattar/Cheah (2006), S. 847.
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Cash Flow-Entwicklung nicht revidiert wird.96) Kapitel 2.3.2 zeigt Grenzen der Kapitalwertmethode auf und gibt einen Ausblick auf die wertbildende Sichtweise eines optionsbasierten Lieferantenmanagements. Zur Anwendung investitionstheoretischer Ansätze zur Bewertung von Wertschöpfungspartnerschaften wird ein Lieferant als Investitionsobjekt betrachtet, weshalb aus der Finanzwirtschaft bekannte investitionstheoretische Entscheidungsprobleme auf die Frage des Beziehungseinstiegs in Kapitel 2.3.3 adaptiert werden. Die Analyse in Kapitel zwei wird von Forschungsfrage eins geleitet.
(3) Kapitel 3.1 behandelt sowohl die Spezifität und spezifische Investitionen als Analysedimension der Transaktionskostentheorie, als auch Spezifität als Determinante einer Quasirente (Akteursebene) oder relationalen Rente (dyadische Ebene). Spezifität bzw. spezifische Investitionen können im Hinblick auf höhere Erträge gegenüber einer unspezifischen Lösung positiv bewertet werden, führen aber gleichzeitig mit Beziehungseinstieg (Auftragsvergabe) zu einer Lock-in-Situation. Die Analyse der Wirkung von Spezifität erfolgt anhand vereinfachter, mathematischer Modelle, deren Beitrag gegenüber qualitativen Aussagen dominiert.97) Eine Lock-in-Situation resultiert als Folge spezifischer Investitionen und führt zu einer fundamentalen Transformation der Situation ex post Vertragsabschluss (Kapitel 3.2). Die Möglichkeit sequentiell in eine Beziehung zu investieren, lässt sich anhand der Aktivität bzw. des Instruments der Lieferantenentwicklung beschreiben. Die vorliegende Arbeit versteht Lieferantenentwicklung als stufenweisen Einstieg in eine langfristige Wertschöpfungspartnerschaft, wobei geprüft werden muss, ob deren Abbruch durch eine stufenweise Investitionsstrategie gleichsam gewährleistet wird. Die Analyse in Kapitel drei wird von den Forschungsfragen zwei und drei geleitet.
(4) Kapitel 4.1 betrachtet Dynamik innerhalb und außerhalb von Wertschöpfungspartnerschaften. Zur Analyse der exogenen und endogenen Dynamik wird die „allgemeine Systemtheorie“ herangezogen, wie sie Ulrich (1970) für betriebswirtschaftliche Problemstellungen aufgearbeitet hat.98) Es erfolgt die Darstellung der exogenen und endo96) 97)
98)
14
Vgl. bspw. Koch (1999), S. 33. Vgl. Schweitzer (2004), S. 75, Modelle als „Reduktionen [im Original hervorgehoben], die durch Abstraktion und Vereinfachungen gekennzeichnet sind“. Vgl. Ulrich (1970), S. 42 und S. 100 ff. und Ulrich (1972), S. 17, „Im Rahmen einer [...] Betriebswirtschaftslehre kommt [..] der ökonomischen Betrachtungsweise nach wie vor die größte Bedeutung zu.“, Naujoks (1998), S. 61 weist daraufhin, dass die allgemeine Systemtheorie „in besonderem Maße“ geeignet ist, „Phänomene im Zusammenhang mit realen Systemen zu behandeln.“
genen Dynamik, die Auslöser einer Anpassung der Wertschöpfungspartnerschaft sein können. Lieferantenentwicklung als Weiterentwicklung der Leistungspotentiale eines Lieferanten bedarf einer dynamischen Betrachtung. Darunter verstanden wird die Möglichkeit, auf erfahrene dynamische Veränderungen selbst dynamisch reagieren zu können. Der „dynamic capability“-Ansatz erklärt die Fähigkeit zur Weiterentwicklung interner und externer Ressourcen und Fähigkeiten („capability reconfiguration“99)) und stellt damit eine dynamische Weiterentwicklung des Resource-based View dar.100) Es wird geprüft, wie der „dynamic capability“-Ansatz als Erklärungsansatz dazu beiträgt, die Weiterentwicklung der Leistungspotentiale des Lieferanten aufgrund erfahrener Dynamik darzustellen. Strategische Flexibilität im Kalkül des Abnehmers bei Beziehungseinstieg wird in Kapitel 4.2 als Voraussetzung des Veränderungsmanagements in Form des Abgleichs von Flexibilitätsbedarf und Flexibilitätspotential analysiert. Kapitel 4.3 erklärt die Situation der Umwelt- und Verhaltensunsicherheit, in der sich der Abnehmer bei sowie nach Beziehungseinstieg befindet. Die Verhaltensunsicherheit wird im Rahmen der Transaktionskostentheorie analysiert. Welche Rolle Unsicherheitsquellen als auch unsicherheitsaufdeckende Verfahren im Entscheidungsmodell spielen, wird ebenfalls in Kapitel 4.3 geprüft. Die Analyse in Kapitel vier wird von Forschungsfrage eins geleitet.
(5) Kapitel fünf stellt den zweiten Hauptteil der Arbeit mit dem Lösungsmodell dar und erfüllt die Gestaltungsaufgabe. Kapitel 5.1 entwickelt die Definition einer (statischen) Wertschöpfungspartnerschaft aus Kapitel zwei weiter zu einer dynamischen Wertschöpfungspartnerschaft. Kapitel 5.2 leistet eine Übersicht bisheriger realoptionsbasierter Forschungsarbeiten im Beschaffungskontext zur Identifikation einer bestehenden Forschungslücke. Kapitel 5.3 beschreibt den Lösungsansatz mit einem Entscheidungsmodell der wertmäßigen Erfassung von Flexibilität sowie zur Bewertung von Handlungsoptionen/-spielräumen in Wertschöpfungspartnerschaften mit Hilfe eines Realoptionsansatzes. Einerseits soll der Realoptionsansatz auf eine konkrete Problemstellung des Beschaffungsmanagements angewandt werden (Bewertungsmodell) sowie andererseits tatsächlich die praktische Nähe im Sinne einer Anwendbarkeit verfolgt werden (Parameteroperationalisierung). Das Bewertungsmodell bedient sich der Kapitalmarkt- und Optionspreistheorie. Zunächst wird in Kapitel 5.3.1 ein Vergleich von
99) 100)
Vgl. Lavie (2006), S. 153. Vgl. Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 515, Buhrmann (2005), S. 36 und Eisenhardt/Martin (2000), S. 1106, Der Resource-based-View enthält keinen Erklärungsansatz wie und weshalb bestimmte Unternehmen in einem sich schnell und unvorhersehbar verändernden Markt Wettbewerbsvorteile erlangen.
15
Finanz- und Realoptionen gezogen sowie Probleme der Anwendbarkeit der Optionspreistheorie bei unvollständigen Märkten realer Investitionen aufgezeigt, woraus sich das Bewertungsmodell der dynamischen Programmierung im Sinne von Ausschlusskriterien determiniert. Kapitel 5.3.2 leistet einen Beitrag der Aufarbeitung von Bewertungsparametern im Beschaffungskontext. Das zentrale Bewertungs-/Entscheidungsmodell der Lieferantenentwicklungsoption bildet Kapitel 5.3.3. Der konzeptionelle Lösungsansatz der Lieferantenentwicklungsoptionen aus Kapitel 2.2 dient als Grundlage des Entscheidungsmodells. Der Wert einer Option auf Beziehungsabbruch wird in Kapitel 5.3.4 dargestellt. Ein Zahlenbeispiel sowie eine Überprüfung der Validität des Ergebnisses mittels Sensitivitätsanalyse bilden den Abschluss in Kapitel 5.4.1 und 5.4.2. Die Analyse in Kapitel fünf wird von den Forschungsfragen vier und fünf geleitet.
(6) Kapitel sechs fasst die gewonnenen Erkenntnisse der Übertragung des Realoptionsansatzes auf ein konkretes Beschaffungsproblem zusammen und gibt einen Ausblick auf bestehende Forschungslücken sowie Probleme der praktischen Umsetzung in diesem Zusammenhang. Abbildung 1-1 fasst den Aufbau der Arbeit nochmals zusammen und ordnet die Kapitel der Erklärungsaufgabe im Sinne der Deduktion (wissenschaftsorientierter Anspruch) und der Gestaltungsaufgabe bzw. Gestaltungsansätze im Sinne der Induktion (praxisorientierter Anspruch) zu.
16
Abb. 1-1:
Ziele und Aufbau der Arbeit 17
2.
Eine investitionstheoretische Bewertung von Wertschöpfungspartnern bei der Lieferantenentwicklung
2.1
Wertschöpfungspartnerschaft als Erkenntnisobjekt
2.1.1
Identifizierung konstituierender Merkmale, Einordnung und Erscheinungsformen von Wertschöpfungspartnerschaften
Erste Ansatzpunkte zur Analyse des Begriffs Wertschöpfungspartnerschaft liefert die Betrachtung der Begriffsbestandteile „Wertschöpfung“ und „Partnerschaft“. Der Wertschöpfungsbegriff kann als dynamischer Wertschöpfungsbegriff verstanden werden, der den Prozess der Leistungsentwicklung und -erfüllung beschreibt sowie als statischer Wertschöpfungsbegriff, der das Ergebnis dieses Prozesses darstellt.101) Demzufolge ist Wertschöpfung auf einzelbetrieblicher Ebene im statischen Sinne die Differenz zwischen Erlösen und Vorleistungskosten.102) Vorleistungen stellen jene Inputfaktoren dar, die von anderen Unternehmen bezogen werden.103) Als betriebswirtschaftlicher Begriff verkörpert Wertschöpfung „jene Steigerung des Wertes, die ein Unternehmen dem bisherigen Wert der erworbenen Güter durch Be- und Verarbeitung hinzufügt.“104) Die Abfolge von Wertschöpfungsprozessen, die zueinander in einer logischen vor- oder nachgelagerten Beziehung stehen, lässt sich als Wertschöpfungskette bezeichnen.105) Zulieferer-Abnehmer-Beziehungen stellen als dyadische Beziehung einen Teilausschnitt einer Wertschöpfungskette dar. Schusser (1999) prüft in einer Analyse der Wertschöpfungskette alle Kettenglieder auf deren Bedeutung in der Wahrnehmung des Endkunden, indem er deren relative Stärke in der Wertschöpfung106) mit der Bedeutung für den Endkunden gegenüberstellt.107) Die Übertragung auf Zulieferer-Abnehmer-Beziehungen aus einer Abnehmerperspektive heraus, führt zu einer verstärkten Zusammenarbeit mit jenen Kettengliedern bzw. Lieferanten, die sowohl eine herausragende Stärke in ihrer Wertschöpfung aufweisen, als auch mit einer hohen Bedeutung des Beschaffungsobjekts für
101) 102) 103) 104)
105) 106)
107)
Vgl. Schusser (1999), S. 9. Vgl. Schusser (1999), S. 9 ff. sowie Bea/Schweitzer (2002), S. 2. Vgl. Bea/Schweitzer (2002), S. 2. Bea/Schweitzer (2002), S. 2, Schäfer (1951), S. 458 bezeichnet Wertschöpfung als „Verkaufserlöse […] abzüglich Materialaufwand“. Vgl. Pibernik (2001), S. 894. Innovative Vorleistungen zeichnen eine hohe Effektivität der Wertschöpfung des Lieferanten aus, womit sich bspw. Preisaufschläge beim Endkunden realisieren lassen (Ergebnis der Wertschöpfung als Umsatz minus Vorleistungskosten). Schusser (1999), S. 12 bezeichnet dies als Differenzierungsvorteil. Vgl. Schusser (1999), S. 12, Die Bedeutung für den Kunden lässt sich durch den wahrgenommen Kundennutzen beschreiben.
19
das Endprodukt vom Kunden wahrgenommen werden.108) Der Wertentstehungsprozess bleibt nicht auf das eigene Unternehmen beschränkt.109) Die Herleitung eines allgemeinen Begriffsverständnisses für den zweiten Begriffsbestandteil „Partnerschaft“ und Ableitung einer konkreten Definition für Wertschöpfungspartnerschaften erfolgt anhand der Bezugspunkte (1) Transaktionskostentheorie, (2) relationale Beschaffung sowie (3) anhand weitgehend empirisch induktiv ermittelter Partnerschaftsbegriffe allgemein sowie Wertschöpfungspartnerschaften im Speziellen. Das Konzept der relationalen Beschaffung basiert auf einem theoretischen Ansatz, der einer empirischen Validierung unterzogen wurde und verbindet auf diese Weise die Bezugspunkte (1) und (3).110) Durch die Verknüpfung theoretischer Ansätze mit empirischen Ansätzen soll ein konsistentes Begriffsverständnis für Wertschöpfungspartnerschaften abgeleitet werden.
(1) Bezugspunkt Transaktionskostentheorie Mit der Transaktionskostentheorie verbunden ist die Erklärung, warum in bestimmten institutionellen Arrangements (Markt, Hybrid, Hierarchie) die Zusammenarbeit mit Lieferanten im gemeinsamen Wertentstehungsprozess für bestimmte Situationen effizienter abgewickelt werden kann als in anderen.111) Die Transaktionskostentheorie beurteilt die relative Vorteilhaftigkeit institutioneller Arrangements von Zulieferer-Abnehmer Beziehungen hinsichtlich deren Transaktionskosten und charakterisiert Transaktionen durch den Grad an Unsicherheit, der Häufigkeit, der Spezifität des Leistungsaustauschs sowie spezifischer Investitionen.112) Die Analyseeinheit bildet die Transaktion.113) Spezifische Investitionen und spezifische Inputgüter bilden zusammen die Transaktionsspezifität („the asset can be used to make this product, but not another; [...] the asset is required to make this product [..], there is no alternative demand for a given product.”114)). Mit zunehmender Spezifität steigen die Transaktionskosten sowohl für eine marktliche, hybride, als auch hierarchische Koordination, jedoch mit komparativen Transaktionskostenvorteilen in Abhängigkeit des Spezifitätsgrades.115) Transaktionen, die gerade nicht mit spezifischen Investitionen verbunden sind, lassen sich effizient über den Markt abwickeln.116) Unsicher-
108) 109) 110) 111) 112) 113) 114) 115) 116)
20
Vgl. Schusser (1999), S. 12. Vgl. Friedrich/Rodens (1996), S. 249. Vgl. Werner (1997), S. 99 ff. und Homburg/Werner (1998), S. 997. Vgl. Ebers/Gotsch (2006), S. 277 und S. 288. Vgl. Williamson (1979), S. 239 und S. 246 sowie Williamson (1989), S. 142. Vgl. Williamson (1989), S. 142. Nooteboom (1993), S. 443. Vgl. Williamson (1991), S. 284. Vgl. Ebers/Gotsch (2006), S. 292.
heit bereitet hierbei keine entscheidenden Probleme, da die Transaktionspartner keine dauerhafte Beziehung eingehen und ein Lieferantenwechsel ohne größere Einbußen möglich ist.117) Der externe Handlungsspielraum des Abnehmers ist gegeben. Mit zunehmendem Maß an spezifischen Investitionen werden hybride Formen der Zusammenarbeit oder schließlich die hierarchische Lösung der vertikalen Integration erforderlich.118) Hybride Formen der Zusammenarbeit ermöglichen gegenüber der marktlichen Koordination eine höher ausgeprägte bürokratische Steuerung und profitieren gleichzeitig sowohl vom autonomen Anpassungsmechanismus des Marktes (Preismechanismus), als auch der bilateralen Anpassung sowie der unilateralen Anpassung der Hierarchie, jedoch zu Kosten der Bürokratie.119) Typ A beschreibt die autonome Anpassungsfähigkeit von Märkten, die allein über den Preis als Anreizmechanismus auf Veränderungen reagieren. Bilaterale Abhängigkeiten in hierarchischen und hierarchienahen Governancestrukturen leiden unter einem Mangel an Anreizmechanismen, jedoch werden Anpassungen über hierarchische Kontroll- und Durchgriffsmöglichkeiten erreicht (Typ C).120) Nachteilig wirkt sich mit zunehmender Hybridisierung des institutionellen Arrangements des Leistungsaustauschs (hierarchienahe Governancestrukturen) die zunehmende Abnahme des externen Handlungsspielraums aus. Die Transaktionskostentheorie differenziert institutionelle Arrangements auf vertragstheoretischer Basis und unterscheidet drei Formen von Vertragsbeziehungen: klassische, neoklassische und relationale Verträge.121) Klassische Vertragsbeziehungen liegen bei Transaktionen über den Markt vor und beschreiben den Austausch von unspezifischen Standardgütern unabhängig von der Häufigkeit des Austauschs. Neoklassische Vertragbeziehungen (trilaterale Anpassung) zeichnen sich durch mittlere bis hohe Spezifität und geringe Häufigkeit aus. Im Gegensatz zu relationalen Verträgen lassen sich neoklassische Verträge sehr präzise ex ante formulieren (Anpassungsklauseln), so dass Konflikte über Dritte (Schiedsgerichte) gelöst werden können.122) Relationale Vertragsbeziehungen beschreiben für eine mittlere Spezifität hybride langfristige Austauschbeziehungen.123) Darüber hinaus ordnet Williamson (1979) für hohe Spezifität die vertikale Integration relationalen Vertragsbeziehungen zu.124) Relationale Vertragsbeziehungen begründen eine wiederholte und
117) 118) 119) 120) 121)
122) 123) 124)
Vgl. Ebers/Gotsch (2006), S. 283. Vgl. Ebers/Gotsch (2006), S. 292-294. Vgl. Williamson (1991), S. 278-281 und Williamson (1979), S. 250. Vgl. Williamson (1991), S. 274-281. Vgl. Williamson (1979), S. 248-253 unter Verwendung der Vertragsformen von Macneil (1978), S. 854 ff. Vgl. Williamson (1979), S. 248-250. Vgl. Williamson (1979), S. 250 sowie zu „hybrid” Williamson (1991), S. 281. Vgl. Williamson (1979), S. 253.
21
damit längerfristige Austauschbeziehung.125) Es geht somit um die institutionelle Ausgestaltung des gesamten Austauschprozesses.126) Die Analyseeinheit Transaktion versteht sich bei der Betrachtung des gesamten Austauschprozesses dann nicht wie im Verständnis der Transaktionskostentheorie als „Einmal“-Transaktion, sondern begründet den Austausch in einer anhaltenden Beziehung.127) Gerade Austauschprozesse mit spezifischem oder komplexem Bedarf erfordern aufgrund ihrer „Offenheit in der Ex ante-Definition von Leistung und Gegenleistung“128) ständige Anpassungen in deren Verlauf.129) Der alleinige Anpassungsmechanismus des Marktes genügt hier nicht. Autonome Anpassungen führen bei technologischen Veränderungen und Veränderungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die potentiell spezifische Investitionen erforderlich machen, zu sub-optimalen Lösungen. Bilaterale koordinierte Anpassungen werden notwendig.130) Anpassungen bei relationalen Vertragsbeziehungen und aus der Perspektive eines Abnehmers bleiben auf Anpassungen innerhalb der Beziehung beschränkt (Anpassung sowohl des Vertragsgegenstands als auch der Vertragskonditionen).131) In der Theorie relationaler Verträge lässt sich der Begriff der Anpassung auch als die Bereitschaft eines Akteurs zur Anpassung an neue Rahmenbedingungen charakterisieren.132) Fehlende Bereitschaft wird in der hierarchischen Steuerung durch vertragliche Durchgriffsmöglichkeiten substituiert oder gerade durch sie motiviert. Der Anpassungsbegriff findet jedoch in der Literatur keine eindeutige Verwendung. Spezifität wird in der Transaktionskostentheorie als exogen angenommen, wodurch die An125)
126) 127)
128) 129)
130)
131)
132)
22
Vgl. Williamson (1979), S. 253 sowie Macneil (1978), S. 890, „In a truly relational approach the reference point is the entire relation.” Vgl. Ebers/Gotsch (2006), S. 278. Eßig (2004a), S. 101 bezeichnet dies als „Integration der Einzeltransaktionen”. Obwohl die Transaktion Gegenstand der Analyse ist, müssen „Wechselwirkungen für die gesamte Austauschbeziehung […] betrachtet werden“, ebenso Kaas (1995), S. 24, „Unter diesen Umständen verlagert sich die ökonomische Analyse auf die gesamte Beziehung.“ Ebers/Gotsch (2006), S. 285. Vgl. Williamson (1991), S. 282, „Disturbances for which coordinated responses are required become more numerous and consequential as investments in asset specificity deepen.” sowie Williamson (1979), S. 251, „[A]daptations across a market interface can be accomplished only by mutual, follow-on agreements.” Vgl. Carney (1998), S. 463 und zur Anpassungsfähigkeit von Markt und Hierarchie Williamson (1991), S. 278 ff. Vgl. zu bilateraler Anpassung relationaler Vertragsbeziehungen Williamson (1979), S. 250 sowie Ebers/Gotsch (2006), S. 286 f., Die Anpassung des Vertragsgegenstands beinhaltet die zu erstellende Leistung (Qualität), die Vertragskonditionen beinhalten Preise, Zeit und Mengen. Anpassungen im Sinne des Lieferantenwechsels sind der Institution Markt vorbehalten. Anpassung im marktlichen Austausch findet über den Vertragsneuabschluss statt. Daraus resultiert der komparative Vorteil hybrider bzw. hierarchischer Koordination, indem Anpassungen innerhalb der Beziehung möglich sind. Spezifische Transaktionskosten der Anbahnung, Vereinbarung, und teilweise Abwicklung einer neuen Austauschbeziehung werden damit eingespart (vgl. zu den Transaktionskosten Picot (1991), S. 344). Vgl. Bartsch (2005), S. 162.
passungsmechanismen durch die Wahl des optimalen institutionellen Arrangements ebenfalls exogen gegeben sind (Spezifität als „most critical dimension for describing transactions.“133)).134) Wird der Begriff „Anpassung“ dagegen sowohl exogen als auch endogen verstanden, geht die aktive Entscheidung von Lieferant und Abnehmer zu beziehungsspezifischen Anpassungen in die Analyse mit ein. Anpassungen beschreiben in diesem Zusammenhang spezifische Investitionen, die für einen effektiven und effizienten Leistungsaustausch bewusst getätigt werden.135) Darin eingeschlossen sind auch Kosten der Pflege und des Ausbaus der Beziehung.136) Damit stehen Anpassungen in einem endogenen Verständnis näher zu „indiosyncratic investment“ und „asset specifity“ des Transaktionskostenansatzes als zu den institutionellen Anpassungsmechanismen (Typ A und Typ C).137) Spezifische Investitionen können sowohl beim Lieferanten als auch beim Abnehmer entstehen.138) Definitionen stellen sich wie folgt dar (vgl. Tabelle 2-1).
Autor
Definition
Bensaou (1999)
„[T]he buyer’s specific investments [..] are tangible investments in buildings, tooling, and equipment dedicated to the supplier or in products and processes customized to the components procured from the supplier.” „[They] also include intangible investments in people or in time and effort spent learning the supplier’s business practices and routines.” „[T]he supplier’s specific investments [are] [t]angible investments include plant or warehouse location or layout and specialized facilities.”, „Intangible investments include sending guest engineers and developing information systems compatible with the buyer’s proprietary databases or electronic data interchange protocols.” (S. 36)
Cannon/Perreault (1999)
„Relationship-specific adaptations [im Original kursiv] are investments in adaptations to process, product, or procedures specific to the need or capabilities of an exchange partner.” (S. 443)
Heide/John (1988)
„Transaction-specific investments are those human and physical assets (tangible and intangible) required to support exchange and which are specialized to the exchange relationship.” (S. 21)
133) 134) 135)
136) 137)
138)
Williamson (1985), S. 30. Vgl. Cannon/Perreault (1999), S. 444. Skjott-Larsen (1999), S. 106 bestätigen, dass „through mutual adjustment processes […] will be improved and made more efficient”, vgl. auch Dyer/Cho/Chu (1998), S. 71, ebenso erwähnen Dyer/Cho/Chu (1998), S. 71 in Übereinstimmung mit „product specificity“ und „process specificity“ bei Skjott-Larsen (1999), S. 107, „investments in dedicated plant and equipment […], and tailored manufacturing process.” sowie Williamson (1979), S. 241, „special-purpose plant and equipment or […] labor force develops transaction-specific skills.”, Stengel (1999), S. 18, Brennan/Turnbull (1999), S. 481 und Jap/Ganesan (2000), S. 227 heben ebenfalls die Notwendigkeit spezifischer Investitionen hervor. Vgl. Stengel (1999), S. 18. Vgl. Hallén/Johanson/Seyed-Mohamed (1991), S. 30 und zu „asset specificity“ Williamson (1985), S. 52. Vgl. Picot/Dietl (1990), S. 179.
23
Autor
Definition
Heide/John (1990)
Spezifische Investitionen „may include tools, equipment, operating procedures and systems that are tailored for use with specific firms.” (S. 27)
Williamson (1985)
„[F]our different types of asset specificity are usefully distinguished; site specificity; physical asset specificity, human asset specificity; and dedicated assets. [...] asset specificity refers to durable investments that are undertaken in support of particular transactions.” (S. 55)
Tab. 2-1:
Spezifische Investitionen in Zulieferer-Abnehmer-Beziehungen
(2) Bezugspunkt relationale Beschaffung Relationale Beschaffung konstituiert sich an den Parametern „Ausmaß spezifischer Investitionen“, „Bereitschaft zur Informationsweitergabe“, „Fristigkeit vertraglicher Regelungen“ sowie „Zahl der Lieferanten“.139) Der Bereitschaft zu spezifischen Investitionen schreibt Werner (1997) in einer Systematisierung beziehungsgerichteter Faktoren für die Ausbildung enger Beziehungen einen positiven Einfluss auf die Relationalität von Beziehungen zu.140) Ein hohes Maß spezifischer Investitionen steht für das Konzept der ‚relationalen Beschaffung’ und beschreibt wechselseitige Anpassungen.141) Des Weiteren findet relationale Beschaffung mit einer tendenziell geringen Zahl an Lieferanten statt und besitzt einen langfristigen Zeithorizont.142) Relationales Vertragsrecht spielt bei der originären Untersuchung von Werner (1997) eine wesentliche Rolle, insbesondere hinsichtlich des langfristigen Zeithorizonts, der Möglichkeit für Anpassungen sowie die gesamtheitliche Betrachtung des sich im Lauf der Zeit (weiter-) entwickelnden Leistungsaustauschs.143) Relationales Beschaffungsverhalten wird als hybride Austauschform im Sinne der Transaktionskostentheorie abgebildet. Der Lieferant wird als Partner im Wertschöpfungsprozess betrachtet, so dass für relationale Vertragsbeziehungen Partnerschaften typisch sind.144) Eine Annäherung des Begriffs der Wertschöpfungspartnerschaften an das Konzept des relationalen Beschaffungsverhaltens wird dadurch begründet. Die Wechselseitigkeit spezifischer Investitionen als Determinante des Bezugspunkts der relationalen Beschaffung bedarf einer weitergehenden Analyse. Bensaou (1999) stellt ein
139) 140) 141) 142)
143) 144)
24
Vgl. Werner (1997), S. 57. Vgl. Werner (1997), S. 39. Vgl. Werner (1997), S. 56-58 sowie S. 48. Vgl. Werner (1997), S. 58 und Homburg/Werner (1998), S. 992, Relationales Beschaffungsverhalten begründet sich durch die Merkmalsausprägungen Ausmaß spezifischer Investitionen, Bereitschaft zur Informationsweitergabe, Fristigkeit rechtlicher Regelungen sowie Zahl der Lieferanten. Vgl. Werner (1997), S. 36, Homburg/Werner (1998), S. 984 sowie Picot/Dietl (1990), S. 182. Vgl. Ebers/Gotsch (2006), S. 285 und Werner (1997), S. 56.
Portfolio auf der Basis wechselseitiger spezifischer Investitionen zur Anpassung des Leistungsaustauschs und deren relativen Verteilung zwischen Abnehmer und Lieferant dar, die zu unterschiedlichen Positionen für Abnehmer und Lieferant führt. Der Abnehmer befindet sich in einer Situation des „Gefangenen“, wenn sein Anteil spezifischer Investitionen jenen des Lieferanten übertrifft (vgl. Abbildung 2-1).145) Es handelt sich um komplexe146) Güter, deren Technologie aber von einigen wenigen Lieferanten sehr gut beherrscht wird. Ein Ausstieg kommt für den Abnehmer nicht in Frage, da ein Lieferantenwechsel schwierig und teuer ist. Erforderliche spezifische Investitionen werden aufgrund der Machtposition des Lieferanten vom Abnehmer getätigt.147) Dagegen kann sich auch der Lieferant in der Situation des „Gefangenen“ befinden. Gegenstand des Austausches sind hochkomplexe Güter, deren Technologie neu und zudem einer ständigen Entwicklung unterworfen ist. Abnehmer suchen sich den aktuell leistungsfähigsten Lieferanten aus. Lieferanten sind daher gezwungen, ständig in die Weiterentwicklung zu investieren.148) Zur Unterscheidung von Wettbewerbern sind Lieferanten bereit, in abnehmerspezifische Vorleistungen zu investieren.149) Dies bedeutet, um Investitionsrückflüsse zu generieren, sind sie für den Einstieg in eine Geschäftsbeziehung mit einem Abnehmer bereit, erforderliche beziehungsspezifische Investitionen zu übernehmen.150) Strategische Partnerschaften stellen eine bilaterale Abhängigkeit dar, da beide Transaktionspartner spezifisch in die Beziehung investiert haben. Bensaou (1999) versteht beziehungsspezifische Investitionen nicht als eine monetäre Unterstützung des Lieferanten durch den Abnehmer, sondern beziehungsspezifische Investitionen im eigenen Unternehmen.151)
145) 146)
147) 148) 149) 150) 151)
Vgl. Bensaou (1999), S. 36. Vgl. Engelhardt/Günter (1981), S. 29, Komplexität darf nicht mit Spezifität verwechselt werden. Bei der Komplexität handelt es sich um die Kriterien Neuartigkeit, Umfang des organisatorischen Wandels beim Abnehmer und Wert des Beschaffungsobjektes, mithin das erforderliche Potentialund Prozess-Know-how, wogegen die Produktspezifität die auf einen bestimmten Abnehmer zugeschnittene Leistung versteht. Vgl. Bensaou (1999), S. 40 und Bensaou/Anderson (1999), S. 460. Vgl. Bensaou (1999), S. 41. Vgl. Lehmann (1996), S. 383. Vgl. Bensaou (1999), S. 41. Vgl. Bensaou (1999), S. 40, „tying critical internal assets to the supplier“, ebenso die Definition von Bensaou (1999), S. 36 sowie Alchian (1984), S. 36, „specific to the coalition”.
25
Abb. 2-1: Quelle:
Spezifische Investitionen zur Positionsbestimmung in Zulieferer-AbnehmerBeziehungen Bensaou (1999), S. 36
Gerade beziehungsspezifische Investitionen führen zu einer hohen Integration bei einem partnerschaftlichen Beziehungsansatz.152) Tatsächlich stehen Partnerschaft und Integration in enger Verbindung.153) Partnerschaften, die eine hohe Integration von Abnehmer und Lieferant vorsehen, sind zumeist ohne ein konkretes Beziehungsende angelegt.154) Hierbei handelt es sich um Lieferanten, die für den langfristigen Erfolg des Abnehmers verantwortlich sind. Wechselseitigkeit bestimmt das Maß, inwieweit jeder Partner auf Integrationsmaßnahmen des anderen reagiert und seinerseits die Kompatibilität in der Beziehung fördert. Schwaner (1996) versteht unter Kompatibilität, dass sich sowohl Lieferanten als auch Abnehmer an die spezifischen Bedarfe des Partners hinsichtlich Prozessen, Produkten und Abläufen anpassen.155) Diese Anpassungen finden einerseits mit dem Einstieg in die Beziehung statt, andererseits werden laufende beziehungsspezifische Anpassungen erforderlich.156) Endogene Anpassungen sind Teil eines dynamischen Integrationsprozesses, so dass „the parties
152) 153)
154) 155)
156)
26
Vgl. Dyer/Cho/Chu (1998), S. 71. Vgl. Lambert/Emmelhainz/Gardner (1996), S. 8, „[T]ypes of partnering exist, each with different degrees of integration.“ Vgl. Lambert/Emmelhainz/Gardner (1996), S. 3. Vgl. zum Kompatibilitätsbegriff Schwaner (1996), S. 145, Cannon/Perreault (1999), S. 443 bezeichnen diese als „relationship-specific“ adaptations. Vgl. Brennan/Turnbull (1999), S. 481 sowie Hallén/Johanson/Seyed-Mohamed (1991), S. 30, „One or both parties may make adaptations to bring about initial fit between their needs and capabilities, but adaptation also may be necessary in an ongoing relationship as the exchanging parties are exposed to changing business conditions.”
become tied together.“157) Eigene Aktivitäten werden hierbei nach dem Integrationsnutzen und den Integrationskosten bewertet. Spezifische Investitionen lassen sich mit Integrationsanstrengungen gleichsetzen und sind durch den daraus entstehenden zukünftigen Integrationsnutzen motiviert.158) Abbildung 2-2 beschreibt die Motivation in beziehungsspezifische Investitionen, deren Höhe von den „expected net benefits“ der Beziehung für Lieferant und Abnehmer abhängen.159) Beziehungsspezifische Investitionen werden dementsprechend nach ihrem Nutzen bewertet sowie auf diese Weise die Motivation in der Beziehung zu verbleiben bzw. die Beziehung aufrecht zu erhalten mit dem Nutzen aus der Beziehung steigt.
Abb. 2-2: Quelle:
Wechselseitigkeit spezifischer Investitionen In Anlehnung an Dwyer/Schurr/Oh (1987), S. 15
Ein „Dilemma der Integration“160) entsteht durch beziehungsspezifische Investitionen von Lieferant und Abnehmer, indem einerseits die gemeinsame Wertschöpfung gefördert, an157) 158)
159) 160)
Hallén/Johanson/Seyed-Mohamed (1991), S. 30. Vgl. Schwaner (1996), S. 146, Heide/John (1992), S. 36 definieren in diesem Verständnis Solidarität als „a bilateral expectation that a high value is placed on the relationship. It prescribes behaviors directed specifically toward to relationship maintenance.“ Vgl. Dwyer/Schurr/Oh (1987), S. 15. Schwaner (1996), S. 144, im Original kursiv.
27
dererseits aber eine Austrittsbarriere aufgebaut wird.161) Als zentrales Problem spezifischer Investitionen wird diese Frage ebenfalls ausführlich in Kapitel drei behandelt. Im Gegensatz zur statischen Betrachtung, der zu einem Zeitpunkt bestehenden Spezifität und spezifischen Investitionen in der Transaktionskostentheorie, wird der Integrationsprozess dynamisch betrachtet, indem über die Zeit spezifisch investiert wird.162) Dennoch ergibt sich kein Konflikt mit der Argumentation der (statischen) Transaktionskostentheorie, dadurch dass institutionelle Arrangements als Ausgangs- oder Zielzustand begriffen werden (bspw. die Entwicklung von einem Marktaustausch hin zu einer Hybridform). Den Zusammenhang zwischen Integration und der Wahl des institutionellen Arrangements im Rahmen der Transaktionskostentheorie stellt Schwaner (1999) dar, indem er den Grad der Integration von denselben zentralen Eigenschaften Unsicherheit und Spezifität abhängig macht.163) Integration definiert er als ein „in der Höhe durch Unsicherheit und Spezifität der angestrebten Transaktion [Beziehung] bestimmter Zustand der Kompatibilität, der auf Basis wechselseitiger Investitionen Transaktionskosteneffizienz […] herstellt.“164) Ein reiner Wiederholungskauf begründet damit noch keine Integration des Lieferanten165) und ist konsistent mit der untergeordneten Bedeutung der „Häufigkeit“ im Rahmen einer transaktionskostentheoretischen Argumentation zur Wahl des institutionellen Arrangements.166) Eine hohe Wiederholfrequenz stellt kein eigenständiges Kriterium dar und wird erst im Zusammenhang mit Spezifität bedeutsam.167) Wie spezifische Investitionen die Integration fördern, lässt sich anhand von zwei Dimensionen aufzeigen: (a) organisatorisch und (b) technisch.168) (a) Organisatorische Integration: Einen Ansatz der Verflechtung organisatorischer Strukturen liefern Dyer (1996) und Dyer/Cho/Chu (1998) mit der Operationalisierung beziehungsspezifischer Investitionen durch die Kriterien Entfernung der Produktions-
161) 162) 163)
164) 165) 166) 167)
168)
28
Vgl. Schwaner (1996), S. 144. Vgl. Skjott-Larsen (1999), S. 102 und S. 104 sowie Schwaner (1996), S. 150. Schwaner (1996), S. 140 folgt der Argumentation der Transaktionskostentheorie und weist einer mittleren Ausprägung von Unsicherheit und Spezifität einen mittleren Integrationsgrad zu (vgl. Williamson (1979), S. 250, „mixed transactions“). Schwaner (1996), S. 150. Vgl. Schwaner (1996), S. 141. Vgl. Picot/Dietl (1990), S. 180, Ebers/Gotsch (2006), S. 283 und Williamson (1989), S. 142-144. Vgl. Picot/Dietl (1990), S. 180 sowie Williamson (1979), S. 254, Macneil (1978), S. 887 sieht „very specialized products and services […] their production and use closely integrated into ongoing relations“. Vgl. Halley/Nollet (2002), S. 44, dagegen bezeichnet Schwaner (1996), S. 145 Wechselseitigkeit, Investition, Adaption sowie Kompatibilität in seinem „Modell der Integration“ als Dimensionen der Integration. Der Begriff „Adaption“ wird an dieser Stelle bewusst ausgeblendet, da eine einheitliche Begriffsverwendung nicht existiert und im Verlauf der Arbeit zu konkretisieren ist sowie eine deutliche Nähe zu spezifischen Investitionen besteht.
standorte zwischen Lieferant und Abnehmer (Reduktion bis hin zum „Internal Sourcing“169)), jährliche Manntage des persönlichen Mitarbeiterkontakts zwischen Lieferant und Abnehmer sowie die Anzahl der Gastingenieure.170) Weiterhin werden Prozesse und Routinen von Abnehmer und Lieferant aufeinander abgestimmt, um die Zusammenarbeit zu fördern.171) Aus Lieferantensicht ist „every [..] assembly line […] dedicated at one time to a particular customer’s order.”172) (b) Technische Integration: Arnold (1997) verknüpft die Integrationsfähigkeit zentral mit der Optimierung der technischen Schnittstellen.173) Technische Integration stellt durch die Abstimmung der Systeme von Abnehmer und Lieferant grundsätzlich die Schnittstellenkompatibilität der Partner sicher und verbessert die Produktivität der Zusammenarbeit.174) Dies drückt sich im Prozentsatz der irreversiblen Investitionen in bspw. Anlagen und Werkzeuge aus.175) Die Anlagenspezifität wird durch das Verhältnis des prozentualen Anteils der spezifischen Investitionsauszahlungen an den Gesamtinvestitionen und dem Lieferanteil dieser Beziehung, gemessen am Gesamtvolumen aller Lieferbeziehungen, beschrieben. Beispielsweise wird angenommen, dass 25 Prozent der Investitionen bei einem Abbruch der Beziehung Sunk Costs in einem Alternativertrag von Null münden (absolute Spezifität sabsolut).176) Die absolute Spezifität ist in der Regel wenig aussagekräftig zur Bestimmung der Amortisationszeit einer spezifischen Investition. Werden diese Investitionen bspw. für eine Beziehung getätigt, deren Anteil am Gesamtvolumen 10 Prozent sind, dann errechnet sich die relative Anlagenspezifität srelativ aus 0,25/0,10 = 2,50 (mit dem Grenzwert srelativ ĺ sabsolut für Anteil ĺ Gesamtvolumen = 1,0).177)
169)
170) 171) 172) 173) 174)
175) 176)
177)
Vgl. Arnold (1999), S. 315, Arnold/Eßig (2000), S. 127 f. unterscheiden im Rahmen des Internal Sourcing verschiedene Wertschöpfungsortkonzepte mit zunehmender Integration des Lieferanten in die Produktionsstätten des Abnehmers. „Factory-within-a-Factory“-Konzepte sehen vor, dass Lieferanten am Wertschöpfungsort des Abnehmers produzieren bzw. selbst für den Einbau im Endprodukt verantwortlich sind. Vgl. Dyer (1996), S. 277 f., Dyer/Cho/Chu (1998), S. 63 und Bensaou (1999), S. 39. Vgl. Cannon/Perreault (1999), S. 442. Sako (1992), S. 148. Vgl. Arnold (1997), S. 65. Vgl. Halley/Nollet (2002), S. 44 und Cannon/Perreault (1999), S. 442, Ford (1980), S. 348 verwendet für die technologische Integration den Begriff der Distanz („technological distance“). Demnach reduziert sich diese bei enger, langfristiger Zusammenarbeit, indem Produktionssysteme aufeinander abgestimmt werden. Vgl. Dyer (1996), S. 277 sowie S. 280 und Dyer/Cho/Chu (1998), S. 63. Dyer (1996), S. 277 sowie S. 280 operationalisiert die Spezifität der Lieferanten hinsichtlich einer Abnehmerbeziehung und kommt zu dem Ergebnis, dass Lieferanten von Automobilherstellern in Südostasien eine höhere relative Spezifität aufweisen als Lieferanten von Automobilherstellern in Nordamerika. Vgl. Dyer (1996), S. 277.
29
(3) Bezugspunkt Partnerschaftsbegriff Der Partnerschaftsbegriff hat sich mit der Entwicklung des Supply Chain Management und der Bedeutungszunahme des Beschaffungsmanagements auch als Gegenstand einer Vielzahl von (empirischen) Beiträgen herausgestellt.178) Tabelle 2-2 liefert einen Überblick über ausgewählte Ansätze zum Begriff der Partnerschaft. Autor
Definition
Ahmed/Zairi (1999)
„[P]artnerships involving collaborative problem solving and interdependency through a process of co-operation rather than competition.” (S. 78)
Bensaou (1999)
„[S]trategic partnership [..] involve highly customized components or integrated subsystems that require strong technology and engineering capabilities […]. The technical complexity of these subsystems affects and runs across multiple stages of the value chain – from the concept design to the development of tooling and manufacturing processes by both the buyer and the supplier to the coordination of just-in-time production and delivery between the two firms […] the automaker [Abnehmer] by definition has made important investments in the relationship, tying critical internal assets to the supplier.” (S. 40)
Boddy u.a. (1998)
„[P]artnering [is] defined as a situation where: customer and supplier develop such a close and long-term relationship that the two work as partners. It is not philanthropy: the aim is to secure the best possible commercial advantage. The principle is that teamwork is better than combat – both must win.” (S. 144)
Dyer/Cho/Chu (1998)
„Strategic partnerships (quasi-hierarchies) are necessary when supplying firms provide strategic inputs – inputs which are typically high value added and play an important role in differentiating the buyer’s final product.”, „Because of potential benefits of customization […] require a high degree of coordination between supplier and buyer.”, „[R]elation-specific investments are necessary […] to coordinate effectively […] and customize the component.” (S. 71)
Halley/Nollet (2002)
„Strategic partners – preferred suppliers [are] long-term agreements based on continuous improvement, flexibility, added value, and profit.“, „The preferred supplier is very reliable and particularly well positioned to offer a standardized, simplified, uniform performance, coordinated with the specific needs of its customers.”, „By introducing technological improvements and innovations […], the preferred supplier demonstrates continuous support and service.” (S. 41)
178)
30
Vgl. zur Bedeutung des Partnerschaftsbegriffs im Supply Chain Management Stölzle (1999), S. 167 und Halley/Nollet (2002), S. 40 sowie zu einzelnen Ansätzen Ahmed/Zairi (1999), S. 79, „partner status”, Boddy u.a. (1998), S. 144, „partnering”, Lambert/Emmelhainz/Gardner (1996), S. 1, „partnership”, Patterson/Forker/Hanna (1999), S. 85, „transitional relationship“ und „transcendental relationship“, Skjott-Larsen (1999), S. 107, „partnership“, Dyer/Cho/Chu (1998), S. 58, „partner model“ und S. 71, „strategic partnership“, Mühlmeyer/Belz (2001), S. 27, „strategische Partnerschaft”, Boutellier/Wagner (2001), S. 48, „selektive Partnerschaft” und „strategische Partnerschaft”, Sheth/Sharma (1997), S. 94, „relationship oriented”, „partnering”, Jap/Ganesan (2000), S. 227, „cooperative buyer-seller alliances”, Halley/Nollet (2002), S. 40, „partnership approach”, Cannon/Perreault (1999), S. 439, „closely coupled relationships”, Bensaou/Venkatraman (1995), S. 1484, „mutual adjustment” configuration, Bensaou (1999), S. 38, „strategic partnership”, Mudambi/Helper (1998), S. 775, „partnerships”, Saunders (1997), S. 255 „partnership model“.
Autor
Definition
Lambert/Emmelhainz/Gardner (1996)
„A partnership is a tailored business relationship based on mutual trust, openness, shared risk and shared rewards that yield a competitive advantage, resulting in business performance greater than would be achieved by the firms individually.” (S. 2)
Mühlmeyer/Belz (2001)
„Strategische Partnerschaft: In einer strategischen Zusammenarbeit entwickeln sich Lieferanten und ihre Kunden langfristig gemeinsam. Wichtige Bausteine können beispielsweise abgestimmte Geschäftsstrategien, gemeinsame Geschäftsaktivitäten, gemeinsam entwickelte Innovationen, prozessorientierte Werteketten, neue Finanzierungsformen und gegenseitige Erfolgsbeteiligungen […] oder Umstellung der operativen Systeme sein.“ (S. 27)
Tab. 2-2:
Partnerschaftsbegriff
Die vor allem in den 1990iger Jahren geführte Diskussion der Bedeutung partnerschaftlicher Zusammenarbeit mit Lieferanten179) hat sich in der Praxis nicht in demselben Maß bestätigt.180) Eine Studie von IRN (2003) zeigt die hohe Bedeutung des Preises zugekaufter Leistungen von Lieferanten für die Wettbewerbsfähigkeit des Abnehmers im Rahmen von Kostenreduzierungsprogrammen.181) Im Vordergrund steht hier der Preis der Leistung vom Lieferanten, wie es für marktlich orientierte Zusammenarbeit (Spot Transaktion) kennzeichnend ist. Kritik bezieht sich dennoch nicht nur auf ein einseitiges kooperatives Verständnis von Zulieferer-Abnehmer-Beziehungen, sondern auch auf ein reines preisbzw. kostenorientiertes ‚Aggressive’-Modell. Schuh/Haag/Möller (2007a) sehen insbesondere bei komplexen Beschaffungsgütern keinen Erfolg reiner Preisreduktionsforderungen an den Lieferanten, sondern fordern eine gemeinsame koordinierte Lösung mit dem Lieferanten für Kosteneinsparungen.182) Ein fallweise differenzierter Ansatz wird propagiert.183) Dyer/Cho/Chu (1998) differenzieren den Leistungsaustausch zwischen Abnehmer und Lieferant zunächst in ein „arm’s-length model“ sowie ein „partner model“. Zielsetzung des „arm’s-length model“ ist die Minimierung der Abhängigkeit vom Lieferanten und damit die Maximierung des Markt- bzw. Preiswettbewerbes.184) Das primäre Entscheidungskriterium ist der Preis. Abnehmer verfolgen die Strategie des Multiple Sourcing, um unter Androhung des Lieferantenwechsels sich den Anreizmechanismus des Marktes zu-
179) 180) 181) 182) 183) 184)
Vgl. dazu die genannten Ansätze zum Partnerschaftsbegriff sowie Bensaou (1999), S. 35. Vgl. Kapoor/Gupta (1997), S. 27-28. Vgl. IRN (2003), S. 11. Vgl. Schuh/Haag/Möller (2007a), S. 20. Vgl. Eßig (2001), S. 25. Vgl. Dyer/Cho/Chu (1998), S. 57 f.
31
nutze zu machen.185) Die Androhung eines potentiellen Lieferantenwechsels ist jedoch nur dann wirksam, wenn genügend alternative Bezugsquellen vorhanden sind, eine Multiple Sourcing-Strategie tatsächlich oder potentiell möglich ist sowie entstehende Wechselkosten die Einstandskostenvorteile eines neuen Lieferanten nicht zunichte machen.186) In der Regel findet beim marktlichen Austausch keine partnerspezifische Bindung statt, so dass ein Wechsel des Transaktionspartners zu minimalen Kosten möglich ist.187) Kapoor/Gupta (1997) entwickeln aus den Dimensionen „Wechselmöglichkeit“ und „Anzahl Alternativen“ ein Portfolio und empfehlen situativ einen „free-market“-Ansatz oder ein Partnerschaftsmodell, wobei der Marktwettbewerb die Regel darstellt.188) Neben der Anreizstruktur des Marktes führen begrenzte Kapazitäten für ein aktives Beziehungsmanagement dazu,189) dass lediglich 20 Prozent aller Lieferantenbeziehungen eines Unternehmens als Partnerschaft oder strategische Partnerschaft ausgestaltet werden. Den überwiegenden, verbleibenden Anteil bezeichnen Boutellier/Wagner (2001) als Opportunismus.190) Auch stellen Cannon/Perreault (1999) fest, dass „the move to cooperative, harmonious relationship is not universal, and many companies rely on the competitive market.“191) Boutellier/Wagner (2001) unterscheiden weiterhin „selektive Partnerschaft“ mit einer begrenzten Dauer der Beziehung über den Produktlebenszyklus und der Integration des Lieferanten in die Produktentwicklung des Abnehmers sowie „strategische Partnerschaft“ als Beziehung, die über den Produktlebenszyklus bspw. einer Baureihe hinausgeht und ein offenes Beziehungsende vorsieht.192) Verbunden damit sind beziehungsspezifische Investitionen und die Integration von Organisationseinheiten zur Erstellung gemeinsamer Konzepte und gemeinsamer Produktentwicklung.193) Es lässt sich zeigen, dass Partnerschaften von Abnehmern und Lieferanten trotz ihres zahlenmäßig geringen Anteils am Lieferantenportfolio für bestimmte Beschaffungssituationen notwendig sind. Berücksichtigt man, dass „suppliers have become an integral element
185) 186) 187) 188)
189) 190)
191) 192) 193)
32
Vgl. Frazier/Spekman/O’Neal (1988), S. 52. Vgl. Kapoor/Gupta (1997), S. 29 f. Vgl. Bensaou (1999), S. 37. Vgl. Kapoor/Gupta (1997), S. 30 sowie Lambert/Emmelhainz/Gardner (1996), S. 2, „predominance of relationships between organizations have been at arm’s-length”. Vgl. zur Anreizstruktur des Marktes Ebers/Gotsch (2006), S. 292. Vgl. Boutellier/Wagner (2001), S. 42 f., ähnliche Ergebnisse liefert die Studie von Bensaou (1999), S. 36., Japanische Unternehmen verfolgen bei 19 Prozent ihrer Lieferantenpartnerschaften den Ansatz der strategischen Partnerschaft. In den USA sind es dagegen 25 Prozent (Zahlen basieren auf der Studie von Bensaou/Venkatraman (1995)). Cannon/Perreault (1999), S. 440. Vgl. Boutellier/Wagner (2001), S. 49. Vgl. Boutellier/Wagner (2001), S. 49, ebenso unterscheiden Halley/Nollet (2002), S. 41 in „tactical partners“ und „strategic partners“.
of value-adding process“194), steigt ihre Bedeutung für den Wertschöpfungsprozess eines Abnehmers. Zunächst gilt dies demzufolge dann, wenn die wirtschaftliche und strategische Bedeutung für den Abnehmer groß ist.195) Abnehmer versuchen durch eine partnerschaftliche Zusammenarbeit, kritische Lieferanten an sich zu binden, um die Versorgung langfristig zu sichern.196) Neben einer hohen Abnehmerspezifität der Leistung und beziehungsspezifischen Investitionen sind wenige oder nur ein verfügbarer Lieferant („Sole Sourcing“197)) ein entscheidendes Kriterium für die Wahl einer Partnerschaft.198) Der Integrationsaspekt legt die Annahme nahe, dass eine partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Abnehmer und Lieferant mit der Bedeutungszunahme eines Lieferanten das vorherrschende Modell ist. Wertschöpfungsaktivitäten, die bisher selbst durchgeführt wurden, werden auf leistungsfähige Lieferanten übertragen.199) Zwischen Abnehmer und Lieferant entstehen durch die vermehrte Verlagerung von know-how-intensiven Wertschöpfungsanteilen an Lieferanten intensive Beziehungen. Diese liefern nicht mehr klassische Zulieferteile, sondern ganze Leistungsbündel, bestehend aus Sach- und Dienstleistungen.200) Liefern Lieferanten abnehmerspezifische Leistungen und Problemlösungen, sind hohe Anforderungen hinsichtlich deren Entwicklungskompetenz, Kosten-, Qualitäts-, Service- und Fertigungsfähigkeiten an sie gerichtet. Der Leistungsaustausch findet im Rahmen eines Partnerschaftsmodells statt.201) Arnold (1993) sieht Gründe in der Zusammenarbeit mit Lieferanten einerseits in Spezialisierungsvorteilen und damit einer Stückkostendegression durch Zusammenfassung von Bedarfsmengen, andererseits überlagern qualitative Aspekte hinsichtlich Produkt- und Produktionspotential die Entscheidung zugunsten des Fremdbezugs.202) Damit können auch sehr spezifische Güter („customized
194)
195) 196) 197)
198) 199) 200) 201) 202)
Ahmed/Zairi (1999), S. 78 sowie Halley/Nollet (2002), S. 42, Ein „preferred supplier is a central player of the value creation process“. Vgl. Cannon/Perreault (1999), S. 444, Homburg/Daum (1997), S. 218 und Homburg (1995), S. 829. Vgl. Cannon/Perreault (1999), S. 444 und Wong/Tjosvold/Zhang (2005), S. 723. Arnold (1997), S. 98, Sole Sourcing beschreibt gegenüber der bewussten Beschränkung auf einen Lieferanten im Rahmen des Single Sourcing die Situation, dass aufgrund einer Monopolsituation nur ein Lieferant verfügbar ist. Vgl. Kapoor/Gupta (1997), S. 30. Vgl. Stölzle (1999), S. 2. Vgl. Engelhardt/Kleinaltenkamp/Reckenfelderbäumer (1993) sowie Präuer (2004). Vgl. Arnold (2005), S. 390. Vgl. Arnold (1993), S. 22, Williamson (1979), S. 252 schränkt Spezialisierungsvorteile für Transaktionen mit hoher Spezifität ein, indem spezifische Faktoren auf eine Verwendung zugeschnitten sind und somit auch Lieferanten keine Skalenvorteile erlangen können, indem sie weitere Kunden bedienen.
33
components“) oder integrierte Subsysteme203) Gegenstand der Zusammenarbeit mit Lieferanten sein.204) Die Spezifität der Austauschbeziehung bzw. des Austauschprozesses umfasst den gesamten Wertschöpfungsprozess, angefangen bei der Designphase über die Erstellung der Werkzeuge und der Produktionsanlagen bis zur Koordination der (Just-in-Time-) Serienlieferung.205) Die Spezifität gibt an, in welchem Maß diese in einem anderen Verwendungszusammenhang einsetzbar sind.206) Hallén/Johanson/Seyed-Mohamed (1991) sprechen bei spezifischen Vorprodukten von „customization of product, that is, when the supplier produces according to specific demands by the customer.”207) Abnehmerspezifische Produktneuentwicklungen haben langfristige ökonomische Konsequenzen – insbesondere auch für den Abnehmer, wenn dadurch tief greifende Schnittstellenänderungen am Endprodukt vorgenommen werden müssen („who will not immediately find an alternative supplier of an equivalent product, and thereby suffers discontinuity, lower quality or higher costs of production.“208)). Das allgemeine Begriffsverständnis der Partnerschaft kann mit Hilfe konkreter Aussagen zum Begriff der Wertschöpfungspartnerschaft weiter differenziert werden. Wertschöpfungspartnerschaften knüpfen, wie weiterhin gezeigt werden kann, definitorisch an den genannten Partnerschaftsmerkmalen an. Stölzle (1999) schreibt Wertschöpfungspartnerschaften eine enge und langfristige Verbindung von Zulieferern und Abnehmern zu. Das Entwicklungsmuster der Wertschöpfungspartnerschaft sieht dabei eine Reduzierung der Zahl direkter Lieferanten und die Herausbildung von System- und Modullieferanten auf der Ebene der 1st-tier Lieferanten vor.209) Die direkten Lieferanten des Abnehmers weisen dabei einen hohen vertikalen Integrationsgrad auf, so dass der Argumentation des Integrationsgrades folgend, neben den weiteren genannten Faktoren ein hohes Maß spezifischer Investitionen anzunehmen ist. Zudem ist die Zusammenarbeit auf eine kontinuierliche Verbesserung ausgerichtet. In Wertschöpfungspartnerschaften tragen Lieferanten durch ein umfassendes Leistungs- und Kompetenzspektrum, insbesondere des Produkt-Know203)
204)
205) 206)
207) 208) 209)
34
Vgl. Backhaus/Voeth (2007), S. 476 f., In einer Zulieferer-Abnehmer-Beziehung kann die Spezifität des Leistungsangebots über die Integralqualität gemessen werden. Die Integralqualität der Inputgüter kann so hoch sein, dass diese nur mit einem bestimmten Leistungsangebot eines konkreten Abnehmers funktionsfähig sind. Vgl. Arnold (1993), S. 22 und Bensaou (1999), S. 40, Skjott-Larsen (1999), S. 107 unterscheidet weiterhin in „product specificity“ und „process specificity“. Vgl. Bensaou (1999), S. 40. Ökonomische Implikationen der Einschränkung alternativer Verwendungsmöglichkeiten ist Gegenstand von Kapitel drei. Hallén/Johanson/Seyed-Mohamed (1991), S. 30. Nooteboom (1993), S. 443, vgl. ebenso Hallén/Johanson/Seyed-Mohamed (1991), S. 30. Vgl. Stölzle (1999), S. 4 und Cannon/Perreault (1999), S. 439, Friedrich/Rodens (1996), S. 251 ordnen ebenfalls Systemlieferanten der Gruppe der Wertschöpfungspartnerschaften zu.
hows in hohem Maß zu (gemeinsamen) Problemlösungen des Abnehmers bei.210) Hartlieb (1997) kritisiert zwar, dass der betriebswirtschaftliche Wertschöpfungsbegriff auf einzelbetrieblicher Ebene definiert ist, drückt aber mit dem Begriff der Wertschöpfungspartnerschaft die enge Zusammenarbeit im gemeinsamen Leistungsprozess aus.211) Fieten (1996) ordnet Wertschöpfungspartnerschaften dem intermediären Bereich zwischen einer ‚reinen Marktbeziehung’ und der ‚Eigenfertigung’ zu und bezeichnet sie als „innovationsorientierte Wertschöpfungspartnerschaft“ zwischen Endprodukthersteller und einer „begrenzten Anzahl sorgfältig ausgewählter Zulieferer, die sowohl Zulieferprodukte als auch Entwicklungsleistungen einbringen.“212) Daran anknüpfend gehen nach Oetinger (1989) Wertschöpfungspartnerschaften über den kostenorientierten „normalen Zukauf“ hinaus, so dass es wichtig wird, „dass man den Zulieferer als aktiv eingebundenen Partner sieht.“213) Bogaschewsky (2001) versteht unter dem zeitlichen Aspekt Wertschöpfungspartnerschaften als „reguläre, wiederholt auftretende Leistungserstellungsprozesse in enger Abstimmung mit Schlüssellieferanten.“214) Wertschöpfungspartnerschaften unterscheiden sich zudem von anderen Zulieferer-Abnehmer-Beziehungen dadurch, dass die zu erstellende Leistung zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch nicht vollständig definiert ist. In einem kooperativen, idealerweise von Vertrauen geprägten Prozess erfolgt die endgültige Leistungsdefinition und -erstellung.215) Die Zusammenarbeit ist damit längerfristig angelegt.216) Swoboda (1997) definiert Wertschöpfungspartnerschaften als „eine Kooperation von mindestens zwei unabhängigen Unternehmen, die den Waren-, Dienst-, und Informationsfluss im Hinblick auf eine gemeinsame Maximierung des Wertschöpfungspotentials steuern. Diese Art von Zusammenarbeit ist vertikal ausgerichtet und unterscheidet sich von horizontalen Kooperationstypen.“217) Der Begriff der Wertschöpfungspartnerschaft wird selten trennscharf definiert, da er grundsätzlich sowohl beschaffungs- als auch absatzseitig Verwendung findet. Zudem mangelt es an einer theoretischen Fundierung sowie überwiegend selbst einer konzeptionellen Herleitung (vgl. Tabelle 2-3).
210) 211) 212) 213) 214) 215) 216) 217)
Vgl. Stölzle (1999), S. 4 und Arnold (2005), S. 390. Vgl. Hartlieb (1997), S. 62. Fieten (1996), S. 2330. Oetinger (1989), S. 148, mit dem Ziel des höheren Kundennutzens. Bogaschewsky (2001), S. 175. Vgl. Stengel (1999), S. 18. Vgl. Stengel (1999), S. 18. Swoboda (1997), S. 449.
35
Autor
beschaf- absatzfungsseitig seitig
Dimensionswahl
Einordnung
Zielsetzung
Arnold (1993) „Wertschöpfungspartnerschaft“
X
theoretischdeduktiv geprägt: Spezifität, strategische Bedeutung, Unsicherheit, Häufigkeit
Hoher Grad vertikaler Integration, hohe Bindungsintensität, längerfristige Transaktionsbeziehung bei spezifischen Investitionen
Kostenvorteile erschließen Qualitätsstandards verbessern Prozesszeiten (F&E, Produktion) verkürzen
Bogaschewsky (2001) „Wertschöpfungspartnerschaft“
X
theoretischdeduktiv geprägt: Häufigkeit
Wertschöpfungspartnerschaft mit Schlüssellieferanten (Dyade), dauerhafte, intensive Kooperation, Fokus Produktion, daneben Entwicklungspartnerschaften mit Schlüssellieferanten
Höhere Ergiebigkeit durch gemeinsame Ressourcennutzung Kostenwirtschaftlichkeit bei Transaktionskosten Erhöhte Sicherheit der Geschäftsbeziehung
Fieten (1996) „Wertschöpfungspartnerschaft“
X
theoretischdeduktiv geprägt: Interaktionsgrad, Kooperationsintensität
Wertschöpfungspartnerschaft als Kooperation im intermediären Bereich zwischen reinem Marktbezug und Eigenfertigung
Innovationen, Entwicklungsleistung Kontinuierliche Verbesserung Kontinuierliche Kostenreduzierung
empirischinduktiv geprägt: Kontrolle, Vertrauen
Vertikale Kooperation im Absatzkanal, Unternehmen nicht mehr geschlossene, isolierte Einheiten, Wertschöpfungsprozess als Gesamtheit, Partnerschaft versus Konfrontation
Gemeinsame Problemlösung Verkürzung der Produktinnovationszyklen Kosten, Qualität, Zeit Spezialisierungsgewinne durch Arbeitsteilung (komplementärer Ressourceneinsatz)
Friedrich/ Hinterhuber (1999) „Wertschöpfungspartnerschaft“
36
X
Autor
beschaf- absatzfungsseitig seitig
Friedrich/Rodens (1996) „Wertschöpfungspartnerschaft“
Einordnung
Zielsetzung
-
Systemlieferanten als Wertschöpfungspartner, gemeinsam formulierte Ziele und Strategie, Lieferant verantwortlich für Entwicklung, Konstruktion und bedarfsorientierte Lieferung
Qualitativ gestiegene Bedarfsdeckung Profilierung am Markt Erhöhte Flexibilität Reduzierung der Entwicklungszeit von Produkten
theoretischdeduktiv geprägt: Spezifität
Gestaltung von Transaktionen zwischen Zulieferer und Abnehmer zwischen den dichotomen Alternativen Fremdbezug in Form einer reinen Markttransaktion oder Eigenfertigung, Vollintegration
Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Reaktion auf kürzer werdende Produkt- und Innovationslebenszyklen
X
empirischinduktiv geprägt: Anreizmechanismus, Maß an Informationsweitergabe
Kooperative Zusammenarbeit, Partnerschaft zwischen rechtlich selbstständig und gemeinsamer (Konzern-) Führung aufeinander folgender Wertschöpfungsstufen, z.T. hohe räumliche Integration und hohes Maß an Informationsweitergabe
Ausgleich der Vorund Nachteile von Markttransaktion und vertikaler Integration Koordinationsvorteil gegenüber Markttransaktion senkt Transaktionskosten Innovationen (F&E-Zentren)
X
empirischinduktiv geprägt: Grad der Kundenintegration
„Optimales Produkt„ ist nach Idealpunktmodell ein nachfragerindividuelles Produkt, damit steigt die Integration des Kunden von made-to-stock bis development-to-order, Kunde als Co-Produzent oder Co-Designer
Abnehmersicht: individuelle Leistung bei gleichzeitiger Reduzierung des Kaufrisikos gegenüber Standardprodukt Anbietersicht: Quasi-Monopolist aufgrund Individualität erlaubt Preiszuschläge, Informationsvorteil aufgrund Kundenintegration, Kundenbindung
empirischinduktiv
Leistung ex ante nicht vollständig definiert, wird in Kooperation,
Breiterer Informationsfluss in der
X
Höfer (1996) „Wertschöpfungs-/ Veredelungspartnerschaft“
X
Johnston/Lawrence (1989) „WertschöpfungsPartnerschaft“, „Value-Adding Partnership“
X
Reichwald/Piller (2002) „Wertschöpfungspartnerschaft“
Stengel (1999) „Wertschöpfungs-
Dimensionswahl
X
37
Autor
beschaf- absatzfungsseitig seitig
Swoboda (1997) „Wertschöpfungspartnerschaft“
Wildemann (1993) und Wildemann (1995) „Wertschöpfungspartner“
2.1.2
Einordnung
Zielsetzung
gemeinsam mit Lieferant nach Vertragsabschluss definiert und erstellt, langfristige Zusammenarbeit, spezifische Investitionen erforderlich
Definitionsphase Konzentration der eigenen Wertschöpfung Erhöhte Leistungsanreize Umfassende Problemlösungen
-
Vertikale Kooperation zwischen zwei unabhängigen Unternehmen, gemeinsame Maximierung des Wertschöpfungspotentials
Verbesserung Ökonomie, Servicequalität und Ökologie in der Zusammenarbeit Hersteller/Handel Kooperative Optimierung Hersteller – Handel – Konsument
empirischinduktiv geprägt: Kompetenz des Zulieferers, Leistungsumfang
Wertschöpfungspartner zwischen Kontinuum rechtlich selbstständigen Unternehmen und verbundenen Konzernunternehmen, Kombination aus horizontaler Lieferantenkooperation und vertikaler Kooperation mit Abnehmer, gemeinsamer Auftritt der Lieferanten (dyadische Beziehung mit Abnehmer)
Eigenständige Prozess- und Produktinnovation des Zulieferers/der Zulieferer Gemeinsame System- und Problemlösungskapazität
geprägt: Grad Lieferantenintegration
partnerschaft“
Tab. 2-3:
Dimensionswahl
X
X
Erscheinungsformen von Wertschöpfungspartnerschaften
Zusammenfassung konstituierender Merkmale zur Definition
Wertschöpfungspartnerschaften fügen sich in das Verständnis eines allgemeinen Partnerschaftsbegriffs mit den Merkmalen Spezifität des Austauschprozesses, Spezifität der Leistung („customized“) sowie spezifischer Investitionen ein (vgl. auch Tabelle 2-2). Die Konzentration der Begriffsbestandteile im Rahmen einer hermeneutischen Herangehensweise218) ermöglicht noch keine Generalisierung und Übertragung der Merkmale partner-
218)
38
Stölzle (1999), S. 14 versteht die Hermeneutik als Methode zur Entdeckung von Zusammenhängen aufgrund von Einzelbeobachtungen. Raffée (1974), S. 44 spricht deskriptiven Aussagen hierfür eine große Bedeutung zu.
schaftlicher Zusammenarbeit.219) Jedoch führt das konzeptionelle Erklärungsmuster des relationalen Beschaffungsverhaltens (im Verständnis einer Konzeption220)) von Werner (1997) und Homburg/Werner (1998) zu einer theoretischen Fundierung.221) Die Übereinstimmung sowie Verknüpfung der weitestgehend empirisch induktiv gewonnenen (Wertschöpfungs-) Partnerschaftsmerkmale einerseits, der Transaktionskostentheorie und den theoretisch deduktiv gewonnenen und empirisch validierten Merkmalen relationalen Beschaffungsverhaltens andererseits ermöglichen die konzeptionelle Fundierung des Begriffs Wertschöpfungspartnerschaft. Der Zusammenhang zwischen relationalem Beschaffungsverhalten und Wertschöpfungspartnerschaften zeigt sich auch an der Besonderheit der Offenheit der ex-ante Leistungsdefinition. Die Offenheit bzw. unvollständige Leistungsdefinition ist sowohl Gegenstand der Aussagen zum Begriff der Wertschöpfungspartnerschaft als auch relationaler Verträge auf denen die Konzeption der relationalen Beschaffung basiert. Eine weitgehende Bestätigung findet diese deduktiv gewonnene Aussage auf der Basis der Transaktionskostentheorie somit in der Aufarbeitung der vorhandenen (empirischen) Ansätze zu Wertschöpfungspartnerschaften, indem die Problemlösung oder auch Innovation als Zielsetzung einer Wertschöpfungspartnerschaft im Mittelpunkt steht.222) Damit wird eine induktiv als auch deduktiv geprägte Definition des Begriffs Wertschöpfungspartnerschaft möglich. Die Erkenntnisse der vorhergegangenen Analyse lassen sich in einer abschließenden Definition des Begriffs Wertschöpfungspartnerschaft zusammenfassen: (a) Wertschöpfungspartnerschaften umfassen die Zusammenarbeit zweier in einer logischen vor- oder nachgelagerten Beziehung stehende Akteure einer Wertschöpfungskette zur gemeinsamen spezifischen Leistungsentwicklung und -erfüllung. (b) Wertschöpfungspartnerschaften stellen relationale, hybride Beziehungen zwischen Markt und Hierarchie dar. Die rechtliche Selbstständigkeit bleibt erhalten (QuasiIntegration des Lieferanten). Merkmale der Zusammenarbeit sind eine hohe Intensität der Informationsweitergabe, eine tendenziell geringe Lieferantenzahl, ein langfristiger Zeithorizont sowie mit besonderer Bedeutung ein hohes Ausmaß spezifischer Investitionen.
219)
220)
221) 222)
Vgl. dazu die Kritik von Raffée (1974), S. 43, „Die Unmöglichkeit einer induktiven Begründung von Gesetzen ist der Unmöglichkeit einer endgültigen Verifikation von Aussagen analog.“ Vgl. Stölzle (1999), S. 146, Konzeptionen dienen der Systematisierung und haben einen Anspruch auf Allgemeingültigkeit, indem sie nicht „schwerpunktmäßig“ auf Erfahrungswissen zurückgreifen, sondern auch deduktiv gewonnene Erkenntnisse verwenden (vgl. Kapitel eins). Vgl. Werner (1997), S. 99 ff. und Homburg/Werner (1998), S. 997. Vgl. Ford u.a. (1998), S. 116, „supplier’s product development resources“.
39
(c) Der Fokus von Wertschöpfungspartnerschaften ist die Erschließung des Innovationssowie Forschungs- und Entwicklungspotentials eines Lieferanten zur effektiven und effizienten Gestaltung spezifischer Problemlösungen.223) Zentrales Merkmal ist die Offenheit der ex-ante Leistungsdefinition. Zudem ist der Leistungserfüllungsgrad ex-post Vertragsabschluss durch den Lieferanten von Unsicherheit geprägt.
2.2
Lieferantenentwicklung
2.2.1
Zielsetzung der Lieferantenentwicklung und Einordnung in das Lieferantenmanagement
Ist ein Lieferant in einer Wertschöpfungspartnerschaft nicht in der Lage, den Anforderungen des Abnehmers nachzukommen, haben Unternehmen grundsätzlich drei Alternativen: (a) die Eigenerstellung der Leistung bzw. Übernahme des schwachen Lieferanten (InSourcing), (b) den Lieferanten zu wechseln und (c) den Lieferanten durch Entwicklungsmaßnahmen bei der Erfüllung der Anforderungen zu unterstützen.224) (a) Eine hybride Austauschbeziehung mit marktlichen Anreizstrukturen wird vom Abnehmer bei der Entscheidung für eine Wertschöpfungspartnerschaft ganz bewusst gewählt, um die Potentiale eines Lieferanten zur effektiven und effizienten Gestaltung von Problemlösungen zu erschließen.225) Der Abnehmer produziert bei der InSourcing-Variante (Hierarchie) das vom Lieferant bezogene Leistungsobjekt dagegen selbst. Eine Entscheidung zugunsten der Fremdfertigung ist durch das Erkenntnisobjekt der Wertschöpfungspartnerschaft jedoch bereits determiniert. Eine erzwungene Übernahme aufgrund einer Schlechtleistung kann, wie folgendes Beispiel zeigt, jedoch auch der Fall sein.226) Nestlé hat sich bei der Verpackung von Nespresso auf einen Lieferanten in der Schweiz verlassen, der die passende technische Lösung angeboten hat. Als das Geschäft zunahm, war es dem Lieferanten aufgrund zu geringer Kapazitäten und dem Engagement in anderen Bereichen nicht möglich, dem Wachstum von Nespresso stand zu halten, was schließlich zur Einstellung des gesamten Betriebes führte. Aufgrund der hohen Abhängigkeit im Rahmen des Sole Sourcing blieb Nestlé nur die Lösung, den Lieferanten aufzukaufen, um die eigene Produktion und schließlich den eigenen Absatz nicht zu gefährden.
223)
224)
225) 226)
40
Vgl. auch Ford u.a. (1998), S. 116, „long-term access to the ‚external’ product and process technologies of its suppliers“. Vgl. Handfield u.a. (2000), S. 37 sowie Krause/Handfield/Scannell (1998), S. 40, die noch eine Kombination aus (a), (b) und (c) in Erwägung ziehen. Vgl. die Definition in Kapitel 2.1.2. Vgl. Boutellier (2005), S. 64.
(b) Marktliche Koordinationsformen ermöglichen den potentiellen Lieferantenwechsel zu einer alternativen Lieferquelle, wenn die Leistungsfähigkeit des derzeitigen Lieferanten Mängel aufweist. Der Marktwettbewerb gewährleistet implizit Zielvorgaben für den Lieferanten durch die Leistung der Wettbewerber. Krause (1997) ordnet aus diesem Grund die Stimulierung des Marktwettbewerbs für geeignete Materialgruppen als Maßnahme der indirekten Lieferantenentwicklung zu.227) Lieferanten von nichtstrategischen Materialien auf niedriger Wertschöpfungsstufe agieren mit dem Bewusstsein, dass die Kosten für einen Lieferantenwechsel in der Regel für den Abnehmer geringer sind, als bei direkten Lieferantenentwicklungsmaßnahmen.228) Anders stellt sich die Situation für Lieferanten dar, die ein innovatives Produkt oder eine innovative Prozesstechnologie anbieten, wie sie für Wertschöpfungspartnerschaften immanent sind.229) Zudem erschweren spezifische Investitionen als ein konstituierendes, zentrales Merkmal von Wertschöpfungspartnerschaften den Lieferantenwechsel. Die Diskussion der ökonomischen Wirkung von spezifischen Investitionen wird in Kapitel drei geführt. Jedoch lässt sich generell darauf hinweisen, dass „bei gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnissen, langjährigen Geschäftsbeziehungen oder bei komplexen Objekt-Sourcing-Strategien ein Lieferantenwechsel mit hohen Kosten verbunden sein [kann].“230) (c) Mit den vorhergehenden Einschränkungen scheint die Aktivität der Lieferantenentwicklung eine bedeutende Alternative zur Erreichung sowohl strategischer als auch operativer Ziele innerhalb einer bestehenden Wertschöpfungspartnerschaft zu sein.231)
Eine konzeptionelle Einordnung der Lieferantenentwicklung in das Lieferantenmanagement liefert Wagner (2001) mit einem Bezugsrahmen (Abbildung 2-3).232) Lieferantenentwicklung als konkretes Programm eines aktivitätsorientierten Lieferantenmanagements umfasst demnach sowohl eine strategische Bedeutung als auch eine operative Implementierung entsprechender Lieferantenentwicklungsmaßnahmen.233) Das normative Lieferan-
227) 228) 229)
230) 231)
232) 233)
Vgl. Krause (1997), S. 14. Vgl. Wagner/ten Hoevel (2003), S. 1024. Wagner/ten Hoevel (2003), S. 1024 heben die Bedeutung von Lieferanten für die Wettbewerbsfähigkeit des Abnehmers hervor, die ein innovatives Produkt oder eine innovative Prozesstechnologie anbieten. Boutellier/Wagner (2003), S. 53. Boutellier/Wagner (2003), S. 53 weisen bei der Alternative Lieferantenentwicklung darauf hin, dass sie insbesondere bei einem hohen Integrationsgrad des Lieferanten Anwendung findet. Dies korrespondiert mit der Definition der Wertschöpfungspartnerschaft in Kapitel 2.1.2. Vgl. Wagner (2001), S. 175. Vgl. Wagner (2001), S. 179.
41
tenmanagement muss hierzu Lieferantenentwicklung als Aktivität in die Beschaffungsgrundsätze einschließen. Der Bezugsrahmen von Wagner (2001) eignet sich für die vorliegende Problemstellung, indem er die Bedeutung der Lieferantenentwicklung als zentrale Aktivität sowohl auf der strategischen als auch operativen Ebene hervorhebt. In dieser Weise dient er als erster Anknüpfungspunkt für die Relevanz eines umfassendes Bewertungsansatzes von Lieferantenentwicklungsmaßnahmen in Wertschöpfungspartnerschaften. Wertschöpfungspartnerschaften stellen im Bezugsrahmen von Wagner (2001) den Beziehungstyp (strategische Ebene) dar, der das Leistungs- und Kooperationsverhalten für die Aktivität Lieferantenentwicklung determiniert.
Abb. 2-3: Quelle:
Bezugsrahmen Lieferantenmanagement Wagner (2001), S. 175
Die strategische Ebene des Lieferantenmanagements hat den Aufbau, die Pflege und die Nutzung von Lieferantenpotentialen, insbesondere Know-how- und Innovationspotentialen, zum Ziel.234) Potentialorientiertes Lieferantenmanagement umfasst die ganzheitliche Betrachtung des Lieferanten auch im Hinblick auf das, was er zukünftig leisten kann.235) Auch Schuh/Haag/Möller (2007a) fordern für die Lieferantenbewertung eine Entkoppelung der Bewertung des Potentials als langfristig strategische Ausrichtung von der Bewertung der kurzfristigen Performance. Lieferanten können entsprechend ihrem Potential als strategische Partner definiert werden.236) Wertschöpfungspartnerschaften verstehen den 234) 235) 236)
42
Vgl. Wagner (2001), S. 179. Vgl. Sydow/Möllering (2004), S. 217. Vgl. Schuh/Haag/Möller (2007a), S. 21.
Lieferanten als Problemlösungspartner, umfassen zudem beziehungsspezifische Investitionen und verfolgen insofern einen langfristigen Beziehungshorizont, woraus sowohl das Erfordernis einer potentialorientierten, ganzheitlichen als auch zukunftsgerichteten Betrachtung entsteht. Die Funktion des operativen Lieferantenmanagements besteht in der Implementierung der entwickelten Programme der strategischen Ebene. Die Umsetzung erfolgt prozessorientiert, bspw. in einem operativen Prozess der Lieferantenentwicklung.237) In einem Regelkreis des Lieferantenmanagements stellen Lieferantenbewertung, Lieferantenauswahl sowie die Entscheidungen des Lieferantenwechsels oder der Lieferantenentwicklung zentrale Elemente dar.238) Jede Lieferantenbewertung ist mit konkreten Maßnahmen verknüpft. Demnach dient die Lieferantenbeurteilung als vorbereitendes Instrument für Lieferantenentwicklungsmaßnahmen.239) Auch der integrative Bezugsrahmen zum Lieferantenmanagement von Wagner (2001) bestätigt die Lieferantenbewertung als strukturelle Voraussetzung sowohl für strategisches als auch operatives Lieferantenmanagement und damit insbesondere auch für die Lieferantenentwicklung.240) Die Bandbreite der Konsequenzen der Lieferantenbewertung umfasst das Ausphasen des Lieferanten,241) die Aufforderungen durch den Abnehmer zur Eigenoptimierung, oder aber auch die bewusste Weiterentwicklung der Beziehung durch den Abnehmer aufgrund der strategischen Bedeutung des Lieferanten oder seines Status als bevorzugter Lieferant (Lieferant als knappe Ressource).242) Folgt man einer Studie von Hildebrandt/Nenninger (2006) gewinnen Aktivitäten zur Optimierung des Lieferantenmanagements als das Ergebnis einer Befragung von 279 Entscheidungsträgern im Einkauf deutlich an Bedeutung.243) Lieferantenbewertung stellt das bedeutendste Instrument dar und wird bereits in 80% der Unternehmen angewendet. 44% 237) 238)
239) 240)
241)
242) 243)
Vgl. Wagner (2001), S. 180. Vgl. Wagner (2001), S. 104, Leenders (1989), S. 54 f. versteht Lieferantenentwicklung ebenfalls als „procurement tool“, Kannan/Tan (2002), S. 11 betrachten drei Bereiche des Lieferantenmanagements: (1) „effective supplier selection“, (2) „innovative supplier development strategies“ und (3) „supplier performance assessment mechanism“. Vgl. Arnold (1997), S. 178. Vgl. Wagner (2001), S. 175 und Hahn/Watts/Kim (1990), S. 4 sowie zur differenzierten Bewertung von Lieferantenentwicklungsmaßnahmen aufgrund einer Lieferantenbewertung Bartsch (2005), S. 350. Vgl. Kahlmeyer/Liebert (2004), S. 195, bei schlechter Bewertung und zu geringer strategischer Bedeutung. Vgl. Wagner (2001), S. 105 f. Vgl. Hildebrandt/Nenninger (2006), S. 30 ff., Die Befragung wurde durchgeführt vom Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. und der Siemens AG. Sie richtete sich an Einkaufsleiter oder strategische Entscheidungsträger im Einkauf mittelständischer und/oder international tätiger Unternehmen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die Ergebnisse der Studie basieren auf 279 verwertbaren Rückläufern.
43
der Unternehmen verwenden eine unternehmensweite Lieferantenbewertung, 36% führen lediglich teilweise eine Bewertung durch. Darüber hinaus sind weitere 14% mit der Anwendung von Lieferantenbewertungsverfahren in der Planung. Optimierungspotentiale werden insbesondere im Bereich der Lieferantenentwicklung gesehen. Bereits 59% der befragten Unternehmen verwenden Lieferantenentwicklung als Aktivität im Lieferantenmanagement (17% unternehmensweit, 42% teilweise, weitere 13% in Planung), um die Ergebnisse der Lieferantenbewertung direkt im Anschluss oder in der Zukunft umzusetzen bzw. darauf mit geeigneten Maßnahmen zu reagieren. Die Erwartungen an die Lieferantenentwicklung sind eine Konzentration auf die besten Lieferanten (86%), Material(74%) sowie Prozesskosteneinsparungen (66%).244) Gleichzeitig erwarten 87%, dass eine effektive Lieferantenbewertung ebenfalls zur Konzentration auf die besten Lieferanten führt.245) Wird die Lieferantenbewertung als vorbereitendes Instrument der Lieferantenentwicklung betrachtet, wird ein leistungsfähiges Bewertungstool notwendig, das ebenfalls Aspekte der Lieferantenentwicklung im Hinblick auf die in Kapitel eins bereits erwähnte Entwicklungsfähigkeit berücksichtigt sowie eine Operationalisierung des Konstrukts „beste Lieferanten“ ermöglicht. Des Weiteren wird die Überprüfbarkeit der Wirksamkeit getätigter Maßnahmen als Erfolgsfaktor der Lieferantenentwicklung betrachtet, woraus ein zusätzlicher Anspruch an einen umfassenden Bewertungsansatz hervorgeht, der in der Lage ist, die Wirksamkeit quantitativ zu erfassen.246) Mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen sieht darin ein notwendiges Kriterium für eine nachhaltig erfolgreiche Lieferantenentwicklung (11% unternehmensweit, 32% teilweise sowie 13% geplanter Einsatz).247) Diese Ergebnisse erklären nicht, warum in der deutschsprachigen betriebswirtschaftlichen Forschung der Lieferantenentwicklung wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde.248) Einerseits scheint Lieferantenentwicklung zunehmend ins Bewusstsein von Entscheidungsträgern in Beschaffung und Einkauf zu rücken als auch entsprechende Ansätze und Fallbeispiele der Umsetzung bereits existieren,249) andererseits reicht der unternehmensweite Implementierungsgrad (17%) nicht annähernd an den der Lieferantenbewertung (44%) heran. Das mag daran liegen, dass die Lieferantenbewertung eine notwendige Bedingung darstellt, leistungsfähige Lieferanten zur Aufnahme des Leistungsaustauschs auszuwählen. Betrachtet man daneben die überwiegend angloamerikanische Literatur, finden sich 244) 245) 246) 247) 248) 249)
44
Vgl. Hildebrandt/Nenninger (2006), S. 32. Vgl. Hildebrandt/Nenninger (2006), S. 31. Im Sinne von quantitativ (objektiv) messbar. Vgl. Hildebrandt/Nenninger (2006), S. 30-32. Vgl. Wagner/Boutellier (2003), S. 53. Vgl. Neumann (2006) zur „ganzheitlichen Lieferantenentwicklung“ bei der Robert Bosch GmbH sowie ten Hoevel (2007) zur Lieferantenentwicklung bei der DaimlerChrysler Truck Group.
meist Beschreibungen des Prozesses der Durchführung von Lieferantenentwicklungsprogrammen auf der Basis von Fallstudien.250) Dennoch fehlt es an einer konzeptionellen Systematisierung im Sinne eines integrativen Gesamtzusammenhangs, wie sie von Wagner/Boutellier (2003) vorgenommen wird und als Grundlage der Systematisierung in Kapitel 2.2.2 herangezogen wird.251) Als Ergebnis der Studie von Hildebrandt/Nenninger (2006) wurde die Konzentration auf die besten Lieferanten als Hauptziel der Lieferantenentwicklung ermittelt.252) Die Konzentration auf einen spezifischen Lieferanten und damit der Ausschluss weiterer Lieferanten werten Bonner/Calantone (2005) als den Grad der Aufmerksamkeit eines Abnehmers hinsichtlich eines konkreten Lieferanten („buyer attentiveness“253)). Die Aufmerksamkeit kann Folge der Attraktivität eines Lieferanten für den Abnehmer, einer (Ressourcen-) Abhängigkeit, hoher Wechselkosten und/oder allgemein einem relationalen Beziehungsverständnisses sein, wie es bei Wertschöpfungspartnerschaften gegeben ist.254) Ferner ist die Aufmerksamkeit nicht an einen bestehenden Leistungsaustausch geknüpft, sondern kann auch das Interesse an einem zukünftigen Leistungsaustausch begründen.255) Einerseits kann die Fortführung einer spezifischen Beziehung oder die Aufnahme eines Leistungsaustauschs mit einem konkreten Lieferanten für einen Abnehmer mangels alternativer Bezugsquellen und aufgrund der Bedeutung der Leistung des Lieferanten wichtig sein.256) Treten Unternehmen in einer Wertschöpfungspartnerschaft aufgrund hoher interorganisatorischer Integration (Quasi-Hierachie) gemeinsam am Markt auf, ist der Abnehmer gefordert, Potentiale des Lieferanten zu identifizieren und Maßnahmen der Stärkung zu initiieren (Lieferantenentwicklungsmaßnahmen).257) Lieferantenentwicklung richtet sich an einen konkreten Lieferanten im Sinne einer erhöhten Aufmerksamkeit des Abnehmers. In diesem Zusammenhang sind Lieferantenentwicklungsmaßnahmen durch den Abnehmer 250)
251) 252) 253)
254)
255) 256) 257)
Vgl. Krause (1997), S. 13 sowie Wagner/Boutellier (2003), S. 54, Untersucht wurden die Motive, die Voraussetzungen, die Erfolgsfaktoren sowie die Ergebnisse unterschiedlicher Maßnahmen der Lieferantenentwicklung. Vgl. Wagner/Boutellier (2003), S. 53. Vgl. Hildebrandt/Nenninger (2006), S. 32. Bonner/Calantone (2005), S. 55, „The buyer’s organization engages in extensive investigation, planning and maintenance activities to assure that a product solution achieves the organization’s objective […] Buyer attentiveness is conceptualized as the degree of attention directed towards a manufacturer in these activities […] relative to other manufacturers.” Vgl. Bonner/Calantone (2005), S. 54 und S. 55, „This attention is based on an underlying attractiveness to the manufacturer relative to other manufacturers.”, Morgan/Hunt (1994), S. 24 betrachten Kosten der Beendigung einer Beziehung („relationship termination costs”). Sie subsumieren darunter den Verlust der Vergleichbarkeit der Leistung verbleibender Lieferanten, Beendigungskosten und/oder Wechselkosten. Diese Kosten können dazu führen, dass der Abnehmer die Aufrechterhaltung der Beziehung anstrebt. Vgl. Bonner/Calantone (2005), S. 54. Vgl. Bogaschewsky (1995), S. 163. Vgl. Ahn u.a. (1999), S. 243.
45
bspw. dann zu rechtfertigen, wenn das Leistungsobjekt von hoher Bedeutung ist, indem es im Endprodukt für den Kunden wahrnehmbar ist („‚criticalness’ of the part to the chain’s final manufactured products“258)), oder einen hohen Wertbeitrag umfasst.259) Andererseits sind Wertschöpfungspartnerschaften von spezifischen Investitionen geprägt, so dass unter Amortisationsgesichtspunkten eine ökonomische Abhängigkeit zur Fortführung der Beziehung besteht.260)
2.2.2
Systematisierung der Lieferantenentwicklung
Lieferantenentwicklung lässt sich nach einer differenzierten Betrachtung der Zielsetzung systematisieren. Einen Überblick über Definitionen zum weit gefassten Begriff der Lieferantenentwicklung liefert zunächst Tabelle 2-4.
Autor
Definition
Arnold (1997)
„Unter Lieferantenentwicklung soll der Aufbau einer völlig neuen Beschaffungsquelle verstanden werden; der Kreis der potentiellen Lieferanten wird zumindest zahlenmäßig vergrößert.“ (S. 193 f.) „Lieferantenförderung kennzeichnet ein Maßnahmenbündel, wie bspw. Beratung oder Formen aktiver Unterstützung des Lieferanten durch den Abnehmer zur Lösung von betrieblichen Problemstellungen, die der Lieferant mit eigenen Mitteln nicht bewältigen kann.“ (S. 191)
Arnolds/Heege/Tussing (1998)
„Unter Lieferantenförderung soll [..] die Beratung und aktive Unterstützung des Lieferanten durch den Abnehmer bei schwierigen betrieblichen Problemen, die der Lieferant mit eigenen Mitteln nicht bewältigen kann, verstanden werden.” (S. 310) „Unter Lieferantenentwicklung soll [..] der Aufbau eines völlig neuen, bislang auf einem bestimmten Beschaffungsmarkt noch nicht vertretenen Anbieters seitens des Abnehmers verstanden werden.“ (S. 312)
Hahn/Watts/Kim (1990)
„A supplier development program [..] can be defined as any systematic organizational effort to create and maintain a network of competent suppliers. In a narrow sense, it involves the creation of new sources of supply when there are no adequate suppliers to meet the firm’s requirements. In a broader perspective, it also involves activities designed to upgrade existing suppliers’ capabilities to meet changing competitive requirements.” (S. 3)
Handfield u.a. (2000)
„We define supplier development as any activity that a buyer undertakes to improve a supplier's performance and/or capabilities to meet the buyer's short-term or long-term supply needs.” (S. 37)
Hartley/Choi (1996)
„Formal activities undertaken by customers to improve the performance and capabilities of existing suppliers are referred to as supplier development.” (S. 37)
258) 259) 260)
46
Ahn u.a (1999), S. 243. Vgl. Krause (1997), S. 16. Vgl. Bonner/Calantone (2005), S. 54 und S. 56.
Autor
Definition
Hartley/Jones (1997)
„The practice of working with suppliers to improve their performance and increase capabilities is called ‚supplier development’.“ (S. 24)
Hildebrandt/Nenninger (2006)
„Die Lieferantenentwicklung umfasst die Ausgestaltung der Lieferantenbeziehung zur Optimierung der Lieferantenqualität auf Basis der vorangegangenen Analysen, Bewertungen und Klassifizierungen. Dies kann auch Anreizinstrumente und Zieldefinitionen einschließen sowie Maßnahmen, deren Erfüllung als Grundlage für Verhandlungen dienen kann, bis hin zur Entscheidung für Desourcing, d.h. das Ausphasen eines Lieferanten. Zielsetzung ist neben dem Aufzeigen von Schwachstellen und der Festlegung von Maßnahmen auch der Austausch von Know-how und die Verwendung gemeinsamer Ressourcen.“ (S. 16)
Kleinau (1995)
„Lieferantenentwicklung […] basiert auf den Grundüberlegungen des Reverse Marketing.“ (S. 91), „Die Reverse-Marketing-Strategie umfaßt alle Maßnahmen eines Abnehmers, die einen Lieferanten dazu befähigen, ein Leistungsobjekt zu erstellen, welches vor den Maßnahmen nicht zu seinem Leistungsprogramm gehörte.“ (S. 87), „Im Gegensatz zum Reverse Marketing soll die Lieferantenentwicklung jedoch nur die Entwicklung von neuen Anbietern umfassen, die bislang nicht zum Kreis des Fokalunternehmens für das betreffende Produkt zu zählen waren.“ (S. 91) „Lieferantenförderung umfaßt […] partielle Problemlösungskomponenten, die einen Lieferanten dazu befähigen, ein bestehendes Leistungsobjekt effizienter zu erstellen.“ (S. 87)
Krause (1997), Krause/Ellram (1997a)
„[S]upplier development is defined as: Any effort of a firm to increase performance and/or capabilities to meet the firm’s short- and/or longterm supply needs. Supplier development may range from limited efforts, such as informal supplier evaluation and a request for improved performance, to extensive efforts, such as training of the supplier’s personnel and investment in the supplier’s operation.” (S. 12), (S. 39)
Krause/Ellram (1997b)
„[S]upplier development is defined as: Any effort of a firm to increase performance and/or capabilities to meet the firm’s short- and/or longterm supply needs. […] it is intended to exclude developing a new source of supply which is addressed […] as reverse marketing.” (S. 21)
Krause/Handfield/Scannell (1998)
„ [S]upplier development [is] defined as any set of activities undertaken by a buying firm to identify, measure and improve supplier performance and facilitate the continuous improvement of the overall value of goods and services supplied to the buying company’s business unit.” (S. 40)
Leenders (1989)
„Supplier development is the creation of a new source of supply by the purchaser.” (S. 52)
New (1996)
„[D]iversity of interpretations of the term ‚supplier development’ from simply identifying potential suppliers to investment improvement programmes within supplying organizations.” (S. 20)
Sydow/Möllering (2004)
„Unter Lieferantenentwicklung […] verstehen wir jede Aktivität, die darauf abzielt, die Leistungsfähigkeit und Kompetenz des Lieferanten so zu stärken, dass dieser in der Lage ist, den kurz- oder längerfristigen Ansprüchen eines Abnehmers zu genügen.“ (S. 219)
47
Autor
Definition
Wagner/Boutellier (2003)
Sie „subsumieren […] unter Lieferantenentwicklung sowohl Aktivitäten zur Entwicklung eines existierenden als auch eines neuen Lieferanten, jedoch nur wenn die Aktivitäten ein direktes Engagement des Abnehmers verlangen.“ (S. 53)
Watts/Hahn (1993)
„[S]upplier development refers to an organization’s efforts to create and maintain a network of competent suppliers. From a narrow perspective, it can be defined as identifying new sources of supply where no adequate ones exist. Defined more broadly [..] supplier development also involves a long-term cooperative effort between a buying firm and its suppliers to upgrade the suppliers’ technical, quality, delivery, and cost capabilities to foster ongoing improvements.” (S. 12)
Tab 2-4:
Definitionen zu Lieferantenentwicklung
Übereinstimmung lässt sich für die übergeordnete Zielsetzung der Verbesserung des Leistungsaustauschs erkennen. Eine durchgängig konsistente Verwendung der Terminologie zur Lieferantenentwicklung und deren konkreten Zielsetzungen ist nicht gegeben. Eine Beschränkung auf die Unterscheidung in kurzfristige Performanceorientierung und langfristige Weiterentwicklung der Fähigkeiten des Lieferanten folgt der überwiegenden Zielsetzung in der angloamerikanischen betriebswirtschaftlichen Forschung zur Lieferantenentwicklung und stimmt überein mit den bereits getätigten Aussagen zur Entkopplung der strategischen potentialorientierten Lieferantenbewertung von der kurzfristigen Performancebewertung.261) Lieferantenentwicklung kann sowohl die Verbesserung der kurzfristigen Performance, als auch die Weiterentwicklung der Fähigkeiten eines Lieferanten eines bestehenden Leistungsaustauschs zum Ziel haben oder sich auf den Aufbau einer neuen Bezugsquelle beziehen.262)
(1) Lieferantenförderung, Reverse Marketing, Lieferantenentwicklung Der Begriff der Lieferantenförderung (Lieferantenentwicklung im weiteren Sinne, vgl. Tabelle 2-5) findet häufig dann Verwendung, wenn es um die reaktive Verbesserung der kurzfristigen Performance eines Lieferanten geht.263) Häufig veranlasst durch ein konkre-
261)
262) 263)
48
Vgl. des Weiteren zur Unterscheidung in performanceorientiert und Entwicklung der Fähigkeiten Hartley/Choi (1996), S. 37, Hartley/Jones (1997), S. 24, Kompetenzen bei Larsson (2001), S. 80 sowie eine Studie bei Wagner (2005a), die diese Unterscheidung empirisch bestätigt. Vgl. Wagner/Boutellier (2003), S. 56 sowie Larsson (2001), S. 80. Vgl. Arnold (1997), S. 191, Durch Lieferantenförderungsmaßnahmen im technischen, finanzmittel-, personen- sowie informationsaustauschbezogenen Bereich sollen Abläufe effizienter gestaltet werden. Ebenso sieht Kleinau (1995), S. 87 das Ziel der Effizienzsteigerung durch Lieferantenförderung. Wagner/Boutellier (2003), S. 56 sehen die Quelle des Begriffs der Lieferantenförderung in der Unternehmenspraxis.
tes Problem im Leistungsaustausch mit dem Lieferanten.264) Damit ist implizit ein kurzfristiger Zeithorizont der Verbesserungsmaßnahme gegeben.265) Einerseits als Eigenentwicklung („Eigenoptimierung“266)) des Lieferanten durch Zielvorgaben des Abnehmers als Folge einer Schlechtleistung oder andererseits durch Ergreifen von Unterstützungsmaßnahmen durch den Abnehmer („results-oriented supplier development“267)). Häufig haben Lieferantenförderungsmaßnahmen einen einseitigen Qualitätsfokus.268) Der Begriff des „Reverse Marketing“ bezeichnet in der Literatur den Aufbau einer neuen Beschaffungsquelle, d.h. Lieferanten, die noch nicht zum Lieferantenportfolio des Abnehmers zählen.269) Während herkömmliche Ansätze der Lieferantenauswahl den Beschaffungsmarkt als gegeben ansehen, wird im Ansatz des Reverse Marketing die gezielte Veränderung der Strukturen durch den Beschaffenden verfolgt.270) Der Beschaffer beeinflusst die Struktur auf der Anbieterseite.271) Das Ziel einer Reverse Marketing-Strategie besteht darin, den Lieferanten in die Lage zu versetzen, ein Leistungsobjekt zu erstellen, welches vor der Maßnahme nicht zu seinem Leistungsprogramm gehörte.272) Ammer (1976) weist auf diese Möglichkeit, Lieferanten zu entwickeln (im Sinne von aufzubauen), schon sehr früh hin, vor allem wenn ein völlig neues Produkt Gegenstand des Leistungsaustausches ist und der Abnehmer nur einen „inexperienced supplier“ vorfindet.273) Der Begriff der Lieferantenentwicklung (im engeren Sinne, vgl. Tabelle 2-5) schließt das Reverse Marketing mit ein und verfolgt mit einem langfristigen Beziehungshorizont die Weiterentwicklung der Fähigkeiten eines Lieferanten.274) Lieferantenentwicklung im engeren Sinne ist mit einem langfristigen Zeithorizont strategisch motiviert und setzt eine di-
264)
265)
266) 267) 268) 269)
270) 271) 272) 273) 274)
Vgl. Hartley/Jones (1997), S. 24, Lieferantenförderung bedeutet „to make immediate changes […] to reduce problems“ und Wagner/Boutellier (2003), S. 56, Arnolds/Heege/Tussing (1998), S. 310 betrachten die Lieferantenförderung ebenfalls als reaktive Maßnahme bei Auftreten konkreter Probleme. Handfield u.a. (2000), S. 37 verwenden zur Systematisierung der Terminologie eine kurzfristige Perspektive zur Verbesserung der Performance und eine langfristige Perspektive der Lieferantenentwicklung zur Einflussnahme auf die Fähigkeiten des Lieferanten. Ebenso Krause (1997), S. 12, Krause/Ellram (1997a), S. 39 sowie Krause/Ellram (1997b), S. 21. Wagner (2001), S. 106. Hartley/Jones (1997), S. 24. Vgl. New (1996), S. 21. Vgl. zum Ansatz des Reverse Marketing Leenders/Blenkhorn (1988), S. 25-33 sowie zur Übertragung auf Lieferantenentwicklung im engeren Sinne Boutellier/Wagner (2003), S. 56. Vgl. Kleinau (1995), S. 86. Vgl. Arnold (1997), S. 194. Vgl. Kleinau (1995), S. 87. Vgl. Ammer (1976), S. 390. Vgl. Handfield u.a. (2000), S. 37, Krause (1997), S. 12, Krause/Ellram (1997a), S. 39, Krause/Ellram (1997b), S. 21.
49
rekte Beteiligung des Abnehmers voraus.275) Im Gegensatz zum Reverse Marketing wird für die vorliegende Problemstellung die Weiterentwicklung auf bereits zum Lieferantenportfolio gehörende Lieferanten bezogen.
(2) Reaktive und strategische Lieferantenentwicklung Lieferantenentwicklung als Aktivität des Lieferantenmanagements lässt sich in einen Evolutionspfad von Maßnahmen zur Steigerung der Performance und der Fähigkeiten der Lieferantenbasis des Unternehmens einordnen. Strategische Lieferantenentwicklung folgt dabei als höchste Evolutionsstufe der lediglich reaktiv ausgerichteten Lieferantenentwicklung.276) Der reaktive Ansatz beschränkt sich auf das Ergreifen von Maßnahmen aufgrund einer konkreten Schlechtleistung des Lieferanten („non-performance“). Die Notwendigkeit ergibt sich aus Problemen des Lieferanten, bspw. pünktlich zu liefern, womit Produktionsausfälle des Abnehmers provoziert werden. Des Weiteren resultiert die Notwendigkeit aus Beschwerden des Kunden des Abnehmers bspw. bei Qualitätsmängeln. Bei der reaktiven Lieferantenentwicklung rücken Lieferanten erst bei Auftreten von Problemen ins Bewusstsein des Abnehmers, so dass es sich um sehr kurzfristige Gegenmaßnahmen handelt.277) Der strategische Ansatz der Lieferantenentwicklung hat die langfristige und kontinuierliche Weiterentwicklung der Fähigkeiten des Lieferanten zum Ziel („capability support“278)).279) Strategische Lieferantenentwicklung wird als Programm zum langfristigen Erhalt der Wettbewerbsvorteile proaktiv initiiert.280) Die gemeinsame Wertschöpfungsorientierung innerhalb der Wertschöpfungspartnerschaft stellt einen zentralen Rahmenfaktor dar.281) Ein wesentlicher Unterschied zur lediglich reaktiven Lieferantenentwicklung liegt in der bewussten Suche und Auswahl von Feldern für Entwicklungsmaßnahmen.282) 275)
276)
277) 278) 279) 280) 281)
50
Vgl. zur Abgrenzung der Lieferantenentwicklung im engeren Sinne Boutellier/Wagner (2003), S. 56. Folgt man dagegen der Definition von Watts/Hahn (1993), S. 12 wird die langfristige kooperative Weiterentwicklung der Fähigkeiten eines Lieferanten einer Lieferantenentwicklung im weiteren Sinne zugeordnet. Krause/Handfield/Scannell (1998), S. 43 f. betrachten die historische Entwicklung von Maßnahmen zur Verbesserung der Lieferantenperformance und -fähigkeiten, beginnend mit „Total Quality Management”, „Supply Base Assessment”, „Supply Base Reduction” und schließlich „Reactive Supplier Development” und „Strategic Supplier Development”. Vgl. Krause/Handfield/Scannell (1998), S. 39 und S. 45. Ahn u.a. (1999), S. 244. Vgl. Krause/Handfield/Scannell (1998), S. 39 und S. 44. Vgl. Krause/Handfield/Scannell (1998), S. 39, S. 45 und S. 54 sowie Hahn/Watts/Kim (1990), S. 3. Bei Krause/Handfield/Scannell (1998), S. 44 werden sowohl die gemeinsame Wertschöpfung („value-added collaboration“) als auch die Erschließung des Innovationspotentials des Lieferanten („technology development“) angesprochen. Diese stellen Merkmale der Definition einer Wertschöpfungspartnerschaft dar. In einer empirischen Erhebung bestätigen Krause/Ellram (1997b), S. 27, dass
(3) Indirekte und direkte Lieferantenentwicklung Die Rolle des Abnehmers im Lieferantenentwicklungsprozess unterscheidet sich darin, ob der Abnehmer nur indirekt oder direkt in Entwicklungsmaßnahmen involviert ist. Eine fallweise Prüfung der erforderlichen Maßnahmen ergibt eine rein operative Verbesserung der Performance oder das Erfordernis beziehungsspezifische Entwicklungsprogramme zu initiieren.283) Bei der indirekten Lieferantenentwicklung werden dem Lieferanten lediglich reaktiv Defizite aufgezeigt und zur Verbesserung angewiesen.284) Es erfolgen keine spezifischen Investitionen (Mitteleinsatz) durch den Abnehmer („limited efforts“285)).286) Dagegen ist die direkte oder aktive Lieferantenentwicklung mit der aktiven Teilnahme und/oder darüber hinaus spezifischen Investitionen des Abnehmers verbunden und strategisch motiviert.287) Direkte Lieferantenentwicklungsmaßnahmen verlangen vom Abnehmer Investitionen,288) die in der Erwartung getätigt werden, dass diese die Lieferantenpotentiale und damit deren Leistung positiv beeinflussen.289) New (1996) bezeichnet beziehungsspezifische Investitionen der Lieferantenentwicklung als „an alternative form of specificity in terms of the dedication of an improvement to a particular relationship.“290) Aus einer transaktionskostentheoretischen Perspektive stellen die getätigten spezifischen Investitionen transaktionsspezifische Investitionen dar,291) die im Sinne der bereits genannten Ausdehnung der „Einmal“-Transaktion auf den Austausch in einer anhaltenden Beziehung als beziehungsspezifische Investitionen verstanden werden. Insbesondere bei einem spezifischen Leistungsaustausch wird der Abnehmer gezwungen sein, aktiv in den Prozess
282) 283) 284)
285) 286) 287)
288) 289)
290) 291)
Abnehmer, die in Lieferantenentwicklung investieren, den Lieferanten als Partner im Leistungserstellungsprozess betrachten. Vgl. Krause/Handfield/Scannell (1998), S. 50. Vgl. New (1996), S. 30. Vgl. Krause/Ellram (1997a), S. 39 sowie Krause/Ellram (1997b), S. 21, „feedback of supplier performance”, „raising performance expectations“. Krause (1997), S. 12. Vgl. Boutellier/Wagner (2003), S. 56. Vgl. Boutellier/Wagner (2003), S. 56, Kahlmeyer/Liebert (2004), S. 195, direkte Lieferantenentwicklung bei der Siemens AG, Krause/Handfield/Scannell (1998), S. 52 verbinden strategische Lieferantenentwicklung mit „a wider range and greater amount of […] resource investments.“ sowie Krause (1999), S. 206, „From a theoretical perspective, supplier development represents a transaction-specific investment by a buying firm in a supplier.“ Vgl. Wagner (2005a), S. 7, „resources committed to a supplier“. Vgl. Arnolds/Heege/Tussing (1998), S. 310 sowie Sako (1992), S. 148, „The customer […] would be more willing to transfer its proprietary know-how to its sub-contractors, the greater the opportunity to reap benefits from such [..] investment.” New (1996), S. 30. Vgl. Wagner (2005a), S. 8.
51
der Lieferantenentwicklung einzugreifen.292) Krause (1997) bezeichnet zu tätigende Investitionen als „extensive efforts“ („directly investing in supplier organizations“293)).294) In einer empirischen Erhebung identifiziert Krause (1997) Lieferantenentwicklungsmaßnahmen und ordnet diese der direkten sowie Formen der indirekten Lieferantenentwicklung zu. Als Ergebnis werden mögliche Maßnahmen der direkten Lieferantenentwicklung wie folgt genannt: formelle und informelle Lieferantenbewertung, Lieferantenzertifizierungen, Lieferantenbesuche („on-site consultation“295)), Feedback, Training und Ausbildung der Mitarbeiter des Lieferanten, Einladung der Mitarbeiter des Lieferanten durch den Abnehmer sowie Anforderungskataloge.296) Die direkte Lieferantenentwicklung kann sich auf mehrere Felder erstrecken und schlägt sich als langfristiges Ergebnis des Produktions-, Leistungs-, Zusammenarbeits- sowie des übergeordneten Fähigkeitsziels nieder (vgl. Tabelle 2-5). Als Leistungspotentialkategorien des Lieferanten bedürfen diese einer näheren Betrachtung. Bei der Lieferantenentwicklung ist demnach zu unterscheiden, ob lediglich kurzfristige Performance-Ziele durch den Lieferanten aktuell nicht erreicht werden und der Lieferant zur Eigenoptimierung unter Einhaltung von Zielvereinbarungen gezwungen werden kann (indirekte Lieferantenentwicklung).297) Eine entwicklungsfähige Lücke kann dann bspw. auch dadurch identifiziert werden, indem die derzeitigen Potentiale des Lieferanten mit „worldclass [..] expectations“298) als Benchmark verglichen werden. Des Weiteren können langfristig wirkende Entwicklungsmaßnahmen der Fähigkeiten des Lieferanten durch den Abnehmer ergriffen oder notwendig werden (direkte Lieferantenentwicklung). Auch kommt Wagner (2005a) in einer Studie zu dem Ergebnis, dass nur eine Konzentration auf entweder die direkte oder indirekte Lieferantenentwicklung zu einer Verbesserung des 292) 293) 294)
295) 296)
297)
298)
52
Vgl. Kleinau (1995), S. 139 f. und New (1996), S. 30, „relationship-specific initiatives“. Zsidisin/Ellram (2003), S. 24. Vgl. Krause (1997), S. 12, Krause/Ellram (1997a), S. 39 sowie Krause/Ellram (1997b), S. 21, Direkte Lieferantenentwicklung geht in der Regel einher mit „direct capital investment by the buying firm“ und S. 25, „an investment of time and resources by a buying firm”. Wagner (2005a), S. 8. Krause (1997), S. 13-15 gründet seine Ergebnisse auf 527 verwertbaren Rückläufern und ordnet im Fragebogen vorgegebene Maßnahmen der Lieferantenentwicklung mittels einer Faktorenanalyse der direkten bzw. indirekten Lieferantenentwicklung zu. Krause (1999), S. 207 weist explizit darauf hin, dass es sich bei diesen Maßnahmen um transaktionsspezifische Investitionen des Abnehmers handelt. Vgl. Kahlmeyer/Liebert (2004), S. 195, Eine Studie von Wagner (2005a), S. 19 bestätigt, dass die indirekte Lieferantenentwicklung einen positiven Einfluss auf die Performance des Lieferanten hat (im Wesentlichen Qualität und Liefertreue), wohingegen die direkte Lieferantenentwicklung sich auf die Fähigkeiten des Lieferanten positiv auswirkt. Die Studie basiert auf 60 Rückläufern (branchenübergreifend). Krause/Handfield/Scannell (1998), S. 48.
Leistungsaustausch führt, eine Kombination aus beiden dagegen nicht zielführend ist.299) Des Weiteren fällt der Implementierungsgrad der direkten Lieferantenentwicklung in der Praxis gegenüber der indirekten zurück.300) Wesentliches Merkmal zur Anwendung der direkten Lieferantenentwicklung ist grundsätzlich der Beziehungstyp der strategischen Partnerschaft und insbesondere der Wertschöpfungspartnerschaft als Gegenstand der vorliegenden Problemstellung.301) Ein Fallbeispiel soll die bisherigen Erkenntnisse verdeutlichen.302) DaimlerChrysler unterscheidet im Rahmen der Lieferantenförderung im Geschäftsfeld Nutzfahrzeuge Arten der Lieferantenförderung nach den Merkmalen „Vorleistung“ durch DaimlerChrysler, „aktive Unterstützung“ versus „passive Unterstützung“ und „Partnerschaft“. DaimlerChrysler geht in Vorleistung, weil dadurch erwartet wird, von einer gesteigerten Leistungsfähigkeit des Lieferanten in Zukunft zu profitieren. Passive Maßnahmen beschränken sich auf vertragsrechtliche Forderungen als Zielvorgaben und fallen bei DaimlerChrysler nicht unter den Terminus Lieferantenförderung. Partnerschaft signalisiert das Interesse einer intensiven Zusammenarbeit. Des Weiteren werden die Schwerpunkte „präventive“ versus „reaktive“ Förderung und „kostenorientierte“ versus „innovative“ Lieferantenförderung unterschieden. Die präventive Lieferantenförderung bezieht sich auf erwartete Probleme, die noch nicht die laufende Serie betreffen. Davon kann auch ein neuer Lieferant betroffen sein, der mittels einer Potentialabschätzung auf seine Eignung bzw. Entwicklungsfähigkeit überprüft wird. Es kann aber auch ein bereits zum Lieferantenportfolio gehörender Lieferant so entwickelt werden, dass er den erwarteten Anforderungen gerecht wird. Die reaktive Lieferantenförderung greift dann, wenn aktuelle Probleme hinsichtlich Qualität, Kosten oder Lieferfähigkeit bei Serienlieferanten auftreten und nicht mehr durch die operativen Bereiche bearbeitet werden können. Die kostenorientierte Lieferantenentwicklung bezieht sich überwiegend auf Maßnahmen zur Kostensenkung wie bspw. Prozessoptimierung zwischen Lieferant und Abnehmer. Die innovative Lieferantenförderung hat zum Ziel, innovative Technologien und Einsparpotentiale als Chance und nicht als Notwendigkeit aufgrund vorhandener Probleme zu erschließen. Damit soll durch frühzeitige Identifikation der Potentiale des Lieferanten zur Innovationsfähigkeit die Wettbewerbsfähigkeit gesichert und erschlossen werden.
Tabelle 2-5 stellt einen zusammenfassenden Systematisierungsansatz der Lieferantenentwicklung nach Wagner/Boutellier (2003) dar. Die Betrachtung der Implementierung von Lieferantenentwicklungsaktivitäten (Prozess bzw. Management der Lieferantenentwicklung) liefert für die vorliegende Problemstellung keinen Beitrag, wird aber zur Darstellung eines integrativen Rahmens im folgenden Systematisierungsansatz belassen, um Bezüge herstellen zu können. Das Fähigkeitsziel setzt an den Fähigkeiten des Lieferanten an, die
299) 300) 301)
302)
Vgl. Wagner (2005a), S. 19. Vgl. Wagner (2005b), S. 10 f., Die Ergebnisse basieren auf der Studie Wagner (2005a). Wagner (2005a), S. 19 ordnet im Ergebnis der Studie die indirekte Lieferantenentwicklung den „arm’s-length“-Beziehungen sowie die direkte Lieferantenentwicklung den „strategic partnerships“ zu. Vgl. Wagner/ten Hoevel (2003), S. 1026-1037.
53
Gegenstand einer Entwicklungsmaßnahme sein können.303) Es verbindet als übergeordnetes Ziel die Subziele Produktions-, Leistungs- und Zusammenarbeitsziel, die eine Einteilung der Lieferantenentwicklungsmaßnahmen nach den Quellen identifizierter Probleme vornehmen.304) Diese Subziele bilden damit Leistungspotentialkategorien, an denen die Lieferantenentwicklung ansetzen kann. Ziel der direkten Lieferantenentwicklung ist die fallweise Verbesserung der Fähigkeiten (Leistungsfähigkeit) des Lieferanten in diesen drei Kategorien. Im Rahmen des Bezugsrahmens von Wagner (vgl. Abbildung 2-3) wird potentialorientiertes Lieferantenmanagement eingeordnet als eine Ausrichtung auf eine ganzheitliche sowie zukünftige Leistungsfähigkeit des Lieferanten.305) Leistungspotentialorientierte Lieferantenentwicklung unterscheidet sich demnach deutlich im Sinne eines strategischen Ansatzes von der kurzfristigen Lieferantenentwicklung im Fall einer konkreten Schlechtleistung. Lieferantenentwicklung wird für die vorliegende Problemstellung als Lieferantenentwicklung im engeren Sinne (Lieferantenweiterentwicklung) verstanden, die sich auf einen bestehenden Leistungsaustausch bezieht, eine direkte, aktive Rolle des Abnehmers erfordert, die mit beziehungsspezifischen Investitionen in Lieferantenentwicklungsmaßnahmen verbundenen sowie strategisch motiviert ist und die Weiterentwicklung der Fähigkeiten des Lieferanten in den identifizierten Leistungspotentialkategorien verfolgt.
303)
304)
305)
54
Hahn/Watts/Kim (1990), S. 5 klassifizieren geforderte Fähigkeiten in „technical, manufacturing, quality, delivery, financial, or managerial“. Hahn/Watts/Kim (1990), S. 5 klassifizieren Lieferantenentwicklung nach den Bereichen „product, process, or operating system“, Wagner (2005a), S. 28 verwendet in einer Studie die Fähigkeitskategorien „management capabilities“, „manufacturing capabilities“, „logistics capabilities“ sowie „product development capabilities“. Vgl. Sydow/Möllering (2004), S. 217.
Betroffener Lieferant
Lieferantenentwicklung im weiteren Sinne (Lieferantenförderung), existierender Lieferant
Lieferantenentwicklung im engeren Sinne (Lieferantenaufbau/weiterentwicklung), neuer als auch existierender Lieferant
Motivation
reaktiv
strategisch
Rolle des Abnehmers
indirekt
direkt
Typologie
Prozess
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.
Identifikation kritischer Warengruppen Identifikation kritischer Lieferanten Bildung eines cross-funktionalen Teams Kommunikation mit dem Management des Lieferanten Identifikation kritischer Verbesserungsbereiche Beurteilung der Verbesserungsprojekte Einigung über die Messung der Verbesserungen Bereitstellung von Ressourcen und Umsetzung Controlling und Anerkennung Fortwährende Verbesserung
Erfolgsfaktoren
Prozessorientierung Wissenstransfer Partnerschaft Kommunikation Bereitschaft des Lieferanten Ressourcen beim Lieferanten Unternehmensgröße Produktionsziele
Ziele und Ergebnisse
Leistungsziele (Beschaffungsobjekt)
Zusammenarbeitsziele
Fähigkeitsziele
Tab 2-5:
Systematisierung der Lieferantenentwicklung
Quelle:
Wagner/Boutellier (2003), S. 61, modifiziert
2.2.3
Handlungsspielräume durch optionsorientierte Lieferantenentwicklung
2.2.3.1 Ausgangspunkt eines erweiterten, optionsorientierten Ansatzes der Lieferantenentwicklung Wagner/ten Hoevel (2003) bezeichnen Lieferantenentwicklung als Option.306) Verstehen sie die Option noch im Sinne eines allgemeinen Sprachgebrauchs, ergibt sich daraus die Frage, weshalb die Option einer Lieferantenentwicklung bislang weder konzeptionell aufgearbeitet noch in einem investitionstheoretischen Verständnis als wertgenerierende Option verstanden und bewertet wurde. 306)
Vgl. Wagner/ten Hoevel (2003), S. 1024.
55
Koppelmann (2004) beschreibt sowohl für ein positives Ergebnis („Anforderungen erfüllbar“) als auch negatives Ergebnis („Anforderungen nicht erfüllbar“) einer Lieferantenbewertung zwei Handlungsmöglichkeiten des Abnehmers (vgl. Abbildung 2-4) und bildet das Optionenset „Elimination/Lieferantenentwicklung“ als auch das Optionenset „Lieferantenentwicklung/Verhandlung“. Lieferantenentwicklung fügt sich in das vorhergehende Verständnis der kurzfristigen performanceorientierten Lieferantenbewertung für den Fall „nicht-erfüllbar“ ein, d.h. eine konkrete Schlechtleistung des Lieferanten liegt bereits vor. Werden die Anforderungen des Abnehmers durch den Lieferanten zum Zeitpunkt der Bewertung nicht erfüllt, steht neben der „Elimination“ die Aktivität der dann als Voraussetzung des Beziehungseinstiegs zu betrachtenden Lieferantenentwicklung zur Verfügung („nur heute nicht“). Koppelmann (2004) bezeichnet diese Vorgehensweise als dynamische Lieferantenauswahl (vgl. Abbildung 2-4), die einen „dynamischen Heilungsgedanken“ beinhaltet und erwähnt auf diese Weise den Begriff der Dynamik in einem noch nicht umfassenden Verständnis im Kontext von Zulieferer-Abnehmer-Beziehungen.307) Daneben eröffnet der Fall „erfüllbar“ den sofortigen Beziehungseinstieg („Verhandlung“) als auch die Aktivität der Lieferantenentwicklung, die tatsächlich eine Handlungsmöglichkeit darstellt, da sie zum Bewertungszeitpunkt für die Erfüllung der aktuellen Anforderungen nicht zwingend notwendig ist. Handlungsmöglichkeiten in diesem Verständnis können als strategisch bezeichnet werden und tragen deutlich als Aspekt zu einem strategischen Verständnis des Beschaffungsmanagements bei.308) Werden die Anforderungen vom Lieferanten erfüllt, kann Lieferantenentwicklung somit als eine zukünftige Weiterentwicklung der Leistungspotentiale des Lieferanten eine Option darstellen, wenn sich die Anforderungen an den Lieferanten ändern und Lieferantenentwicklungsmaßnahmen notwendig werden oder die Erschließung der Leistungspotentiale des Lieferanten durch Lieferantenentwicklung den Leistungsaustausch nachhaltig positiv beeinflusst. Die Möglichkeit des Abnehmers der aktiven Weiterentwicklung der Leistungspotentiale fügt sich in das Verständnis der Lieferantenentwicklung für die vorliegende Arbeit aus Kapitel 2.2.2 ein.
307) 308)
56
Vgl. Koppelmann (2004), S. 247. Large (2000), S. 28 bezeichnet die Weiterentwicklung als „entfalten“ von Fähigkeiten bei Bedarf.
Abb. 2-4:
Dynamische Lieferantenauswahl
Quelle:
Koppelmann (2004), S. 247
2.2.3.2 Lieferantenentwicklungsoptionen Der optionsorientierte Ansatz erweitert die bisherigen Ansätze der Lieferantenentwicklung deutlich, indem die Lieferantenentwicklung als handlungsspielraumfördernde Aktivität des Lieferantenmanagements konzeptionell anhand der Option „Weiterentwicklung“ als Ausdruck des Weiterentwicklungspotentials des Lieferanten und der Option „Leverage“ als Ausdruck eines „Cross-Buying-Potentials“ abgebildet werden. Die Frage, welcher Lieferant zu entwickeln ist, stellt keine reaktive Maßnahme aufgrund einer aktuellen Schlechtleistung dar, sondern bildet eine strategische proaktive Entscheidung zugunsten des Aufbaus eines Handlungsspielraums durch Handlungsmöglichkeiten/Optionen des Abnehmers.309) Die Betrachtung der Lieferantenentwicklung als Option unterscheidet sich signifikant von bisherigen Ansätzen, die Lieferantenentwicklung überwiegend dann ins Kalkül des Abnehmers mit aufnehmen, wenn eine aktuelle Schlechtleistung des Lieferanten den Abnehmer dazu zwingt, Maßnahmen zu ergreifen.
Option 1: Leverage Die Option Leverage erlaubt die Nutzbarmachung der Leistungspotentiale eines Lieferanten durch einen weiteren Unternehmensbereich, um eine bereits etablierte Wertschöpfungspartnerschaft durch Aufnahme des Leistungsaustauschs mit dem Lieferanten ihrerseits zu nutzen (Cross-Buying-Potential310)).311) Mit Leverage kommt zum Ausdruck, in309) 310)
Vgl. Hartley/Choi (1996), S. 38. Vgl. Homburg/Schäfer (2002), S. 10, Cross-Buying soll hier an das absatzseitige Cross-Selling anschließen. Das Cross-Selling-Potential beschreibt den Bedarf eines Kunden „an zusätzlichen Produkten des Anbieters“, die der Kunde zusätzlich, mit den Einstiegsprodukten verbunden, in Anspruch nimmt. In ähnlicher Weise beschreibt das Cross-Buying-Potential beschaffungsseitig den Bedarf des
57
wiefern einzelne Unternehmenseinheiten/-bereiche von dem Gesamtunternehmen in einer koordinierten Beschaffung profitieren.312) Bestehen Leistungsbeziehungen mit Lieferanten, ist Leverage Ausdruck dafür, ob andere Unternehmenseinheiten ebenfalls von dieser Lieferbeziehung profitieren können. Die Motivation besteht bspw. in der durch Erfahrungen mit dem Lieferanten verringerten Unsicherheit über dessen Leistungsfähigkeit und verringerten Kosten der Beziehungsaufnahme (gewachsene Beziehung).313) Die Aufnahme der Leistungsbeziehung durch einen weiteren Bereich des Unternehmens mit bestehenden Lieferanten („Nutzbarmachung“) ist mit spezifischen Investitionen des betroffenen Bereichs des Abnehmerunternehmens verbunden. Ausgangspunkt der Leverage-Option ist ein Lieferant, der die Anforderungen bereits erfüllt und damit eine Ausübung der Leverage-Option (Einstiegsoption314)) ohne vorherige Weiterentwicklungsmaßnahmen erfüllt.315) Die initiale Einstiegsinvestition erfolgt bei Beziehungseinstieg des Bereichs, der die Aufnahme des Leistungsaustauschs mit dem Lieferanten verantwortet. Die Leverage-Option ermöglicht es, erst teilweise in den Leistungsaustausch durch einen oder wenige Unternehmensbereiche einzusteigen und bei positiver Entwicklung sowohl des Lieferanten als auch des Marktumfeldes die Beziehung durch Ausübung der Option zu vertiefen. In der Regel steigt durch den Einstieg eines weiteren Unternehmensbereichs das Einkaufsvolumen mit dem entwickelten Lieferanten. Die Option wird dann ausgeübt, wenn sich die Wertschöpfungspartnerschaft des initialen Unternehmensbereichs und des Lieferanten positiv entwickelt hat und die Marktentwicklung eine Erweiterung der Zusammenarbeit sinnvoll macht. Leverage stellt eine schwache Form der Lieferantenentwicklung dar, wird sie unter der Prämisse betrachtet, dass der Zugang zu einem Lieferanten durch eine weitere Unternehmenseinheit ohne Entwicklungstätigkeit hinsichtlich der produktions- und beschaffungsobjektbezogenen Potentiale des Lieferanten geschieht. Erforderliche Investitionen beziehen sich insbesondere auf die
311)
312)
313) 314) 315)
58
Abnehmers an zusätzlichen Produkten des Lieferanten mit dem Unterschied, dass es sich hierbei um einen weiteren Unternehmensbereich des Abnehmers als Bedarfsträger handelt. Dieser Bedarf ist mit dem initialen Beziehungseinstieg der ersten Unternehmenseinheit des Abnehmers in den Leistungsaustausch mit dem Lieferanten verbunden. Vgl. Krause/Ellram (1997b), S. 24, Leverage und Weiterentwicklung sind insofern interdependent, als dass die Motivation des Lieferanten im Weiterentwicklungsprozess mit der Aussicht auf zusätzliches Geschäft durch die Ausübung der Leverage-Option durch das Abnehmerunternehmen steigt. Vgl. Becker u.a. (2005), S. 511 und ähnlich bei Krause/Ellram (1997b), S. 24, „The magnitude of the buyer’s annual purchases with the supplier [..] [is] sometimes referred as buyer clout or leverage.” sowie Dunn/Young (2004), S. 22, „attractiveness for corporate-level buying leverage”, Einschränkung erfährt die Leverage-Option dadurch, dass sie nur für Unternehmen mit mehreren Unternehmenseinheiten von Relevanz ist. Vgl. Krause/Ellram (1997b), S. 21. Vgl. zu Optionsarten Tabelle 5-3. Vgl dazu Abbildung 2-4.
Leistungspotentialkategorie „Zusammenarbeit“. Die intra-organisationale Erfahrung mit dem Lieferanten reduziert die Unsicherheit gegenüber dem Aufbau eines völlig neuen Lieferanten erheblich.316) Wird dagegen mit Leverage ein Leistungsaustausch mit einer bislang vom Lieferanten nicht gefertigten Leistung verstanden, herrscht eine deutliche Nähe zum Reverse Marketing. Als Leverage im vorliegenden Verständnis wird allerdings nicht die Ausdehnung auf weitere (von dem initialen Leistungsaustausch abweichende) Leistungen, die ein Unternehmensbereich von einem Lieferanten ohne beziehungsspezifische Investition beziehen kann, verstanden. Die Ausübung der Option der vorliegenden Arbeit hängt methodisch von einer (weiteren) Investition ab, die nicht zwangsläufig erfolgen muss, wenn weitere unspezifische, bereits verfügbare Leistungen von einem Lieferanten bezogen werden.317) Wird dagegen eine Investition notwendig, weil der Lieferant noch nicht in der Lage ist, die geforderten Anforderungen für weitere spezifische Leistungen zu erfüllen, handelt sich um einen Fall der Option der Weiterentwicklung.
Option 2: Weiterentwicklung Eine Weiterentwicklungsoption erlaubt die vorhandenen Potentiale eines Lieferanten, sowohl als Notwendigkeit als auch als Chance, für zukünftige Anforderungen aktiv weiterzuentwickeln. Ein möglicher Ausgangspunkt der Weiterentwicklung ist ein Lieferant, der als In-Supplier die heutigen Anforderungen mit seinem Potential erfüllt (laufende Serie), eine Weiterentwicklung aufgrund der dynamischen Veränderung der Kontextfaktoren für die zukünftige Zusammenarbeit jedoch erforderlich ist (Weiterentwicklungs-/Wachstumsoption). Durch die Zunahme des Integrationsgrades bei der Lieferantenentwicklung lässt sich diese auch als Erweiterung der Beziehung bezeichnen. Hibbard/Hogan/Smith (2003) betrachten die Entscheidung, „to expand a relationship beyond its current scope at some future time [as] [..] an example of a growth option.“318) Ist in einem aktuellen Trend absehbar, dass derzeitige Potentiale für zukünftige Anforderungen nicht mehr ausreichend sind, um wettbewerbsfähig am Markt zu bestehen, bildet die Weiterentwicklungsoption eine strategische Handlungsmöglichkeit.319) Andererseits kann es möglich sein, dass ein Lieferant die derzeitigen Anforderungen nicht erfüllt, jedoch über für den Abnehmer be316) 317)
318) 319)
Die Möglichkeit des Abwartens reduziert die Unsicherheit des Einstiegs. Die empirische Relevanz eines optionsorientierten Ansatzes des Bezug weiterer Leistungen eines Lieferanten mit verbundener Investitionstätigkeit ist daher in Frage zu stellen. Hibbard/Hogan/Smith (2003), S. 381. Vgl. Krause/Handfield/Scannell (1998), S. 39 f., Hahn/Watts/Kim (1990), S. 5, „future objectives“ sowie Watts/Hahn (1993), S. 17, „[I]t is important that future SPD [supplier development] efforts be geared towards developing future supplier capabilities rather than focusing only on current quality and cost.”
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deutende (Basis-) Potentiale verfügt, die für eine zukünftige Zusammenarbeit bedeutend und entwicklungsfähig sind.320) Das ist besonders dann der Fall, wenn ein Abnehmer ohne den Lieferanten nicht auskommen kann, weil er eine Monopolsituation gegenüber dem Abnehmer erlangt hat,321) alternative Lieferanten von Wettbewerbern gebunden sind oder es für eine bestimmte Leistung noch keinen Lieferanten gibt.322) Der Beziehungseinstieg erfolgt zudem unter der Prämisse, dass der Lieferant so weiterentwickelt werden kann, dass er die Anforderungen erfüllt.323) Entwicklungswürdig sind solche Lieferanten, die in einzelnen Bereichen besonders qualifiziert sind (bspw. technische Zuverlässigkeit), jedoch in anderen Bereichen noch Schwächen aufweisen.324) Der Einstieg in Lieferantenbeziehungen mit Zukunftspotential stellt eine strategische Einstiegsinvestition, verbunden mit einer Weiterentwicklungsoption, dar. Im Unterschied zum Reverse Marketing wird hier deshalb die Entwicklung eines bereits in Beziehung zum Abnehmer stehenden Lieferanten verstanden. Betrachtet man mit einer Innovationsorientierung das Leistungsziel (Beschaffungsobjekt), ist sie nicht auf aktuelle oder erwartete Probleme ausgerichtet, sondern die bewusste Ergreifung der Chance, gemeinsam mit dem Lieferanten das Innovationspotential zu erschließen.325)
Abb. 2-5:
320) 321)
322) 323) 324)
325)
60
Lieferantenentwicklungsoptionen
Vgl. Abbildung 2-4. Darunter kann auch die Situation des Quasi-Monopols subsumiert werden, welches aufgrund spezifischer Investitionen einer Lock-in-Situation inhärent ist. Vgl. Sydow/Möllering (2004), S. 219. Vgl. Schuh/Haag/Möller (2007a), S. 21. Vgl. Arnold (1997), S. 192, Arnold (1997) verwendet bei zum Lieferantenportfolio bereits gehörenden Lieferanten abweichend zum Verständnis dieser Arbeit den Begriff Lieferantenförderung. Vgl. dazu auch das Fallbeispiel von DaimlerChrylser bei Wagner/ten Hoevel (2003), S. 1037.
Beide Optionen stellen einen sequentiellen Einstieg in die Beziehung dar – entweder als sequentieller Einstieg mehrerer Unternehmenseinheiten und/oder als sequentieller Einstieg einer Unternehmenseinheit im Sinne einer Veränderung oder Vertiefung der bestehenden Beziehung (Weiterentwicklung).326) Der sequentielle Charakter von Lieferantenentwicklungsoptionen ermöglicht es, stufenweise Investitionsauszahlungen zu tätigen. Der Handlungsspielraum des Abnehmers erhöht sich dadurch signifikant, indem er bspw. in der Lage ist, die Wertschöpfungspartnerschaft durch eine Weiterentwicklung an geänderte Anforderungen anzupassen. Gerade aufgrund ihrer beschränkten Verwendbarkeit sind beziehungsspezifische Investitionen hinsichtlich der Vorteilhaftigkeit von Unsicherheit begleitet.327) Umso bedeutsamer wird ein sequentieller Einstieg, da gerade Maßnahmen der direkten Lieferantenentwicklung mit spezifischen Investitionen verbunden sind und einerseits nur dann zu rechtfertigen sind, wenn der Abnehmer eine längerfristige Zusammenarbeit anstrebt („long-term strategic impact“328)) und andererseits durch sequentielle Entscheidungen die Unsicherheit hinsichtlich der Vorteilhaftigkeit der Durchführung der Lieferantenentwicklung abnimmt (Abwarten neuer Informationen).329) Entsprechend der Erfolgswirkung kann eine Präferenzliste zugrunde gelegt werden („high impact area“330)).331) Der statische Lieferantenwert bildet den Ausgangspunkt der quantitativen Bewertung der Lieferantenpotentiale und bewertet den Wert des Lieferanten nach dessen aktueller Performance (operative Bewertung) oder seinen aktuellen Potentialen (strategische Bewertung). Die Bewertung erfolgt auf der Basis eines festen Erwartungswertszenarios (statische Basisstrategie).332) Die zum jetzigen Zeitpunkt optimale Handlungsstrategie wird beibehalten, während der Lieferant die derzeitigen Anforderungen erfüllt. Ohne Entwicklungskalkül wäre ein Beziehungseinsteig ansonsten nicht erfolgt. Die Aufnahme des Leistungsaustauschs stellt in diesem Fall eine sofortige Investition unter Ausschluss von Handlungsmöglichkeiten dar. Diese Investition kann auch als sofortige Investition in eine Entwicklungsmaßnahme verstanden werden, sofern der Lieferant die Anforderungen im Sinne eines Reverse Marketing nicht erfüllt. Diese stellt dann jedoch keine Weiterentwicklungsoption dar, sondern wird gemeinsam mit derjenigen Investition erforderlich, die zur Aufnahme des Leistungsaustauschs notwendig ist. Der statische Lieferantenwert lässt sich somit auch als passiver Lieferantenwert bezeichnen, d.h. die aktive Handlungsmög326)
327) 328) 329) 330) 331)
332)
Vgl. Ammer (1976), S. 391, „Buyers usually like to start a new supplier with a small part of their total needs.” Vgl. Handfield u.a. (2000), S. 38. Handfield u.a. (2000), S. 45. Vgl. Hartley/Choi (1996), S. 38, Hartley/Jones (1997), S. 29 und Kleinau (1995), S. 208. Handfield u.a. (2000), S. 43. Vgl. Handfield u.a. (2000), S. 43, „[O]ptimal solutions are never reached in the first effort [...]. Even though further improvements might be possible.” Vgl. Hommel/Pritsch (1999a), S. 127.
61
lichkeit einer späteren Anpassung der Leistungspotentiale des Lieferanten an nichtantizipierte Veränderungen durch den Abnehmer wird nicht erfasst.333) Der dynamische Lieferantenwert wird dagegen quantitativ durch die Lieferentwicklungsoptionen abgebildet. Wird das dynamische Element der Lieferantenentwicklung zusätzlich zur statischen Basisstrategie berücksichtigt, entstehen dem Abnehmer Optionen, den Status Quo aktiv zu verändern und die Leistungsfähigkeit des Lieferanten positiv zu beeinflussen.334) Mit den Optionen Leverage und Weiterentwicklung entsteht in Summe der erweiterte Lieferantenwert.335) Lieferantenentwicklung wird als Option verstanden, die es ermöglicht, abzuwarten und die Entwicklungsmaßnahme dann durchzuführen, wenn sie Erfolg versprechend ist. Erfüllt der Lieferant die derzeitigen Anforderungen nicht vollständig, kann mit der Ausübung der Lieferantenentwicklungsoption dennoch bewusst gezögert werden, um die tatsächliche Entwicklung der Anforderungen bspw. des Marktumfeldes abwarten zu können.
2.2.3.3 Leistungspotentialkategorien als Gegenstand der Lieferantenentwicklung Die (Leistungs-) Potentiale des Lieferanten stellen Felder dar, die Gegenstand der Lieferantenentwicklung sind (vgl. Tabelle 2-5). Sie lassen sich in drei Potentialkategorien unterteilen (vgl. Abbildung 2-6):336) Produktion (Produktionsziel) Beschaffungsobjekt (Leistungsziel) Zusammenarbeit, Prozesse (Zusammenarbeitsziel)
Die Unterstützungsleistung durch den Abnehmer variiert situationsabhängig sowie sich die Potentiale gegenseitig bedingen,337) d.h. eine Entwicklungsmaßnahme muss in der Re333) 334)
335)
336)
337)
62
Vgl. Löhr/Rams (2000), S. 1988 sowie Hommel/Pritsch (1999b), S. 11 f. In Analogie zum Lieferantenwert wird absatzseitig der Kundenwert untersucht. Belz (2005), S. 327 weist darauf hin, dass sich empirisch bestätigt hat, dass das Entwicklungspotential eines Kunden zu dessen Wert beiträgt. Vgl. zum erweiterten Kapitalwert Hommel/Pritsch (1999b), S. 11 sowie Cohen/Huchzermeier (1999a), S. 222, „difference between […] status quo […] and [..] (optimal) operating polices equals the option value“. Die Einteilung folgt Boutellier/Wagner (2003), S. 59, Hahn/WattsKim (1990), S. 6 sowie Larsson (2001), S. 79. Kleinau (1995), S. 141-143 unterscheidet in Anlehnung an Hahn/Watts/Kim (1990) mit Produktionsbereich, Qualitätsbereich sowie Logistik- und Transportbereich drei mögliche Bereiche der direkten Entwicklungsleistung des Abnehmers. Diese werden ebenfalls über die Unterscheidung in prozessorientierte, leistungsobjektbezogene und verfahrensorientierte Unterstützung operationalisiert. Vgl. Backhaus/Voeth (2007), S. 493.
gel als Portfolio zu entwickelnder Leistungspotentiale in allen Kategorien erfolgen, woraus sich ein Pfad als Kombination der Entwicklungsfelder ergibt. Abbildung 2-6 stellt ein solches Portfolio/einen solchen Pfad dar, wobei sich die Entwicklungsmaßnahmen an der vorhandenen Ist-Ausprägung und der erforderlichen Soll-Ausprägung orientiert. Abbildung 2-6 verdeutlicht somit zwei Aspekte der Lieferantenentwicklung. Einerseits muss die Entwicklung in verschiedenen Kategorien erfolgen, andererseits hängt die erforderliche Intensität in den Kategorien von einem Soll-Ist-Vergleich ab. Die Gewichtung der Unterstützungsleistung resultiert demnach aus den in der Lieferantenbewertung ermittelten Ist-Ausprägungen und den geforderten Soll-Ausprägungen der entsprechenden Felder (Entwicklungsdelta).338) Werden Lieferantenentwicklungsmaßnahmen durch das Abnehmerunternehmen in den Bereichen Produktion, Beschaffungsobjekt und Zusammenarbeit/Prozesse identifiziert und durchgeführt (Ausübung der Option), wird durch die erforderliche Investition die Beziehung intensiviert.339) Jede Entwicklungstätigkeit des Abnehmers betrifft alternativ oder in Kombination den organisatorischen oder technologischen Bereich sowie weitere denkbare Integrationsdimensionen (in Abbildung 2-6 mittels Platzhalter angedeutet). Die Intensivierung der Beziehung über spezifische Investitionen des Abnehmers erfolgt somit in den Integrationsdimensionen und ist konsistent mit der Zunahme des Integrationsgrades durch beziehungsspezifische Investitionen im Rahmen direkter Lieferantenentwicklungsmaßnahmen.340)
338)
339) 340)
Vgl. zur Gewichtung der Unterstützungsleistung Kleinau (1995), S. 140, ähnlich bei Hernández/Wiendahl (2005), S. 221, „Wandlungstiefe“ als Differenz zwischen Ist- und Soll-Ausprägung, eine Prognose zukünftiger Marktanforderungen zur Ableitung der Potentialanforderungen und somit zur Identifikation sowohl des Entwicklungserfordernisses als auch der Schwerpunkte der Entwicklung selbst, vgl. zur Entwicklung von Szenarios Kapitel 4.3.3 Vgl. Kleinau (1995), S. 185. Vgl. dazu auch Handfield u.a. (2000), S. 38, „[S]upplier development can be an important ‚cornerstone’ in the deployment of a truly integrated supply chain.“
63
Abb. 2-6:
Lieferantenentwicklungsmaßnahmenmatrix
Methodisch orientiert sich die Operationalisierung der Leistungspotentiale an der Operationalisierung theoretischer Konstrukte, deren Merkmal es ist, eine nicht direkt messbare Größe zu sein.341) Tabelle 2-6 stellt eine Operationalisierung der Potentialkategorien als die zu messenden Konstrukte über Dimensionen, Faktoren und Indikatoren her.342) Ziel ist es, Beziehungen zwischen den messbaren Variablen (Indikatoren) und der interessierenden Potentialkategorie zu spezifizieren, um Zusammenhänge messbar zu machen.343) Die Leistungsfähigkeit eines Lieferanten erstreckt sich über mehrere Dimensionen und Faktoren und soll mit Hilfe von Indikatoren messbar gemacht werden. Für einige der Dimensionen sind direkt messbare Indikatoren angegeben, weshalb streng genommen die Dimension als Faktor bezeichnet werden müsste (eindimensionales Konstrukt).344) Lieferantenentwicklungsmaßnahmen folgen einer vorangegangen Bewertung des Lieferanten, weshalb Kategorien der Lieferantenbewertung gleichsam Potentialkategorien oder Leistungsfähigkeitsdimensionen der Lieferantenentwicklung darstellen (können). Die Leistungsfähigkeit des Lieferanten bezieht sich neben der Kategorie Beschaffungsobjekt (Produkt, Leistung des Lieferanten) auf den Lieferanten als gesamtes Unternehmen. Es interessieren also bspw. auch Fragen hinsichtlich dessen Fähigkeit zur Zusammenarbeit in 341) 342) 343) 344)
64
Vgl. Homburg/Giering (1996), S. 6. Die Potentiale des Lieferanten sind in diesem Sinne ein mehrdimensionales Konstrukt. Vgl. Homburg/Giering (1996), S. 6. Vgl. Homburg/Giering (1996), S. 6.
der Wertschöpfungspartnerschaft.345) Möller/Törrönen (2003) operationalisieren das „value creation“-Potential des Lieferanten über dessen Fähigkeiten („capability base“) als Hauptkategorie zum Ausdruck seiner Leistungsfähigkeit in verschiedenen Bereichen bzw. Dimensionen.346) Die folgende Operationalisierung basiert auf einer Synthese bereits vorhandener Ansätze zur Lieferantenbewertung, orientiert sich aber insbesondere an Ansätzen zur Lieferantenentwicklung347) und erfolgt über die Ausgestaltung der grundsätzlichen Leistungsfähigkeit.348) Die Auswahl der Messindikatoren als auch die Ausprägung selbst fällt in das subjektive Entscheidungsfeld des Abnehmers. Aus diesem Grund stellen die hier verwendeten Indikatoren lediglich Referenzbeispiele dar, die aus einer Synthese bestehender Indikatorenbatterien hervorgehen.349) Eine explorative Studie von Ahn u.a. (1999) unterstützt diese Vorgehensweise, indem abhängig von der Bedeutung des Beschaffungsobjekts und der Position des Lieferanten in der Supply Chain unterschiedliche Anforderungen an dessen Fähigkeiten gerichtet werden.350) Die Studie identifiziert selbst bei der ihr vorliegenden Beschränkung auf die Kategorie „Produktion“ für kritische Beschaffungsobjekte mit „quality group“, „delivery group“ und „cost group“ drei verschie-
345) 346)
347)
348) 349)
350)
Vgl. Schulte (2005), S. 268. Möller/Törrönen (2003), S. 112 unterscheiden production-, delivery-, process-improvement-, incremental innovation-, relational-, networking-, radical-innovation-capability sowie mastering the customer’s business-capability. Ebenso unterscheidet Pampel (1993b), S. 191 Fähigkeiten in Forschung und Entwicklung, der Leistungserstellung, qualitätsmäßige Fähigkeiten, logistische Fähigkeiten, Kommunikationsfähigkeit sowie Kostensteuerungsfähigkeit. Hahn/Watts/Kim (1990), S. 6 unterscheiden product related, process related sowie operating systems related Lieferantenentwicklungsaktivitäten und ordnen Unterstützungsmaßnahmen durch den Abnehmer den Bereichen technische Fähigkeiten, Qualität, Logistigfähigkeiten sowie Kosten zu. Dunn/Young (2004), S. 28 sehen Ansätze für Entwicklungsmaßnahmen in „technical capabilities“, „quality assistance“, „capacity capabilities“, „financial resources“, „supplier access“ sowie „business process reegineering“. Becker u.a. (2005), S. 510 verwenden als Hauptkategorien der Messung der Lieferantenleistungsfähigkeit die technische, kommerzielle, logistische sowie administrative Dimension. Arnold (1997), S. 177 und S. 192 f. verwendet als Dimensionen der Lieferantenbewertung Preis, Qualität, Logistik sowie Technik und betrachtet Maßnahmen der Lieferantenentwicklung im technischen, wirtschaftlichen, personenbezogenen Bereich sowie kommunikationsfördernde Maßnahmen. Letztere Maßnahmen lassen sich dem Bereich Zusammenarbeit/Prozesse zuordnen, wohingegen die ersteren sowohl für die Produktion als auch das Beschaffungsobjekt eine Rolle spielen. Arnolds/Heege/Tussing (1998), S. 310 f. konzentrieren Maßnahmen auf die Bereiche Produktion, Beschaffung, Verwaltung/Personal und Finanzen. Ahn u.a. (1999), S. 243 beschränken sich auf den Produktionsbereich und betrachten Fähigkeiten in „cost, quality, delivery and flexibility.“ Stark (1994), S. 49 sieht strategische Potentiale des Lieferanten in folgenden Bereichen: Innovationspotential (Kundennutzen permanent verbessern), Integrationspotential (Verbesserung der Zeit- und Kostenstruktur in der Fertigung), Flexibilitätspotential (Fähigkeit des Lieferanten sich rasch auf Leistungsanforderungen des Abnehmers einstellen zu können) sowie das Verbundpotential, welches als Nachfragebündelung beim Lieferanten für spezifische Leistungsbeziehungen ausscheidet. Weitere Beispiele finden sich bei Wagner (2003), S. 708 in den Bereichen Wirtschaftlichkeit, Qualität, Logistik, Technologie und Ökologie. Vgl. Backhaus/Voeth (2007), S. 493. Reichmann (2001), S. 348 weist darauf hin, dass die Bedeutung von Kriterien „von Fall zu Fall und von Branche zu Branche unterschiedlich ist.“ Vgl. Ahn u.a. (1999), S. 247.
65
dene Schwerpunkte der Fähigkeitsanforderungen.351) Auch Koppelmann (2005) erwähnt Potentialabhängigkeiten, d.h. die Abhängigkeit der Bedeutsamkeit von Potentialkategorien vom Entscheidungsbezug.352) Ebenso stellt Fröhlich-Glantschnig (1997) fest, dass Bewertungssysteme, die immer dieselben Lieferantenmerkmale einfließen lassen, wenig sinnvoll sind, da sie eine bedarfsspezifische Ausrichtung nicht erlauben.353) Glantschnig (1994) liefert in einer zuvor erschienenen Publikation einen allgemeinen Lieferantenmerkmalskatalog („Lieferantenmerkmalspool“), der als Arbeitsgrundlage zur Anpassung an einen spezifischen Lieferantenmerkmalskatalog unter Einbeziehung der beteiligten Unternehmensbereiche bei der Auswahl der Kriterien dienen kann.354) Die Auswahl geeigneter Indikatoren zur Operationalisierung der Leistungsfähigkeitsdimensionen muss sich an situativen, spezifischen Schwerpunkten orientieren, weshalb hier lediglich ein Beispielcharakter für Faktoren/Indikatoren festgehalten werden kann. Aus einer Studie von Watts/Hahn (1993) zur Lieferantenentwicklung geht dennoch das Beschaffungsobjekt bzw. die vom Lieferanten erstellte Leistung als die bedeutendste Potentialkategorie hervor (vgl. zu den Potentialkategorien Abbildung 2-6).355) Ursache dafür kann die gegenüber bspw. Zusammenarbeit/Prozesse schnelle Umsetzbarkeit und Wirksamkeit (auch im Sinne der Messbarkeit) von Entwicklungsmaßnahmen in den Basisdimensionen sein.356) Der häufig genannten Leistungsfähigkeitsdimension der Flexibilität des Lieferanten wird im Folgenden eine nachgeordnete Bedeutung beigemessen, weshalb sie als Teil der technischen Leistungsfähigkeitsdimension auf Indikatorebene integriert ist. Der Grund ist darin zu sehen, dass nicht das vorhandene Flexibilitätspotential des Lieferanten in dessen Produktionsbereich, bezüglich des Leistungsobjekts oder bezüglich der Potentialkategorie Zusammenarbeit/Prozesse Gegenstand der Analyse ist, sondern die (Entscheidungs-) Flexibilität des Abnehmers im Leistungsaustausch mit einem entwicklungsfähigen Lieferanten zu stehen sowie entscheiden zu können, ob ein Lieferant weiterentwickelt wird. Dennoch kann die lieferanteninhärente Flexibilität eine Rolle im Kalkül des Abnehmers spielen. Ebenso wird die finanzielle Stärke häufig als Kriterium der Lieferantenbewertung genannt. Mit Einschränkung der Analyse auf die direkte Lieferantenentwicklung als Weiterentwicklungsoption wird der Mangel ausreichend eigener finanzieller 351) 352)
353) 354) 355) 356)
66
Vgl. Ahn u.a. (1999), S. 249. Koppelmann (2005), S. 150 wählt bei der Analyse der Potentiale des Abnehmers im Rahmen des Resource-based View hinsichtlich der notwendigen Beschaffungsfähigkeiten des Abnehmers als Entscheidungsbezug das Beschaffungsobjekt, welches er in Billigprodukt, Normprodukt, […], Spezialprodukt usw. unterscheidet. Entsprechend der Einordnung nach dem Beschaffungsobjekt lassen sich Soll- bzw. Normprofile ableiten. Vgl. Fröhlich-Glantschnig (1997), S. 32. Vgl. Glantschnig (1994), S. 54 f. Vgl. Watts/Hahn (1993), S. 15. Vgl. zu dieser Einschätzung Watts/Hahn (1993), S. 15.
Mittel des Lieferanten als Prämisse vorausgesetzt und muss daher im Vorfeld festgestellt werden, so dass eine Bewertung der finanziellen Leistungsfähigkeit zum Zeitpunkt der Potentialbeurteilung entfällt.
Faktoren, Indikatoren (Beispiele)357)
Potentialkategorie
(Leistungsfähigkeits-) Dimensionen
Produktion
Basisdimensionen (grundlegend für alle Potentialkategorien) Technische Fähigkeiten
Flexible Fertigungseinrichtungen als Maß der Flexibilität, Kapazität der Produktionsanlagen als Ausdruck der Produktionsfähigkeit Automationsgrad
Qualität
Konformität (Fehlerrate) Qualifikation der Mitarbeiter Qualitätssicherungssysteme
Kosten
Kostentransparenz, -kontrolle Wirtschaftlichkeit Arbeitsproduktivität Indirekte Kosten
Kategoriespezifische Dimensionen Fähigkeit zu kontinuierlichen Innovationen Beschaffungsobjekt
Nachweis über kontinuierliche Verbesserungen des Produktionsprozesses
Basisdimensionen (grundlegend für alle Potentialkategorien) Technische Fähigkeiten Qualität
Kosten
Technologische Zuverlässigkeit bspw. als Ausdruck der Technologieposition (Führer/Follower) Fehlerbehebungsroutinen (Responsiveness) Fehlertoleranzen Warenein- und -ausgangskontrollen Nachweis über kontinuierliche Kostensenkungen, Kostentransparenz Wertanalysen Total Cost of Ownership Materialkostenentwicklung
Kategoriespezifische Dimensionen Fähigkeit zu kontinuierlichen Innovationen Fähigkeit zu umfassenden Innovationen
357)
Engineeringkapazitäten Nachweis über kontinuierliche funktionale Verbesserungen Engineeringkapazitäten Forschungsbudget Neuprodukteinführungen
Vgl. Möller/Törrönen (2003), S. 115, Hahn/Watts/Kim (1990), S. 6, Becker u.a. (2005), S. 510-512, Die hier vorgestellten Indikatoren können lediglich eine Auswahl und Orientierung darstellen. Bereits die Auswahl der übergeordneten Leistungsfähigkeitsdimensionen zeigt erhebliche Unterschiede wissenschaftlicher Beiträge.
67
Patente Anzahl der Anwendungsfelder Zusammenarbeit mit Forschungseinrichtungen Zusammenarbeit, Prozesse
Basisdimensionen (grundlegend für alle Potentialkategorien) Technische Fähigkeiten Qualität Kosten
Elektronische Prozessintegration Informationssysteme Zertifizierungen Vollständigkeit von Prüfdokumenten Nachweis über kontinuierliche Anstrengungen zu Kostenreduktionen in Kernprozessen Kostentransparenz
Kategoriespezifische Dimensionen Logistikfähigkeit
Fähigkeit zur relationalen Zusammenarbeit
Tab. 2-6:
2.2.4
Logistische Prozessintegration (Just-in-Time) Flexibilität bei Engpässen Vollständigkeit der Lieferdokumente Kommunikation und Informationsaustausch (auch vertrauliche Informationen) Bereitschaft zu einer engen partnerschaftlichen Zusammenarbeit Key Account Qualifiziertes Personal
Lieferantenpotentiale als Ansatzpunkt für Entwicklungsmaßnahmen
Bilaterale Perspektive der Lieferantenentwicklung
Lieferantenentwicklungsmaßnahmen sind einerseits motiviert durch Kosteneinsparungen, anderseits durch höhere Erlöse aufgrund besserer Leistung. Es ist jedoch nicht zwangsläufig gewährleistet, dass jene Partei, die in Entwicklungsmaßnahmen investiert, auch im selben Maße davon profitiert (vgl. Abbildung 2-7).358) Die folgenden Überlegungen beziehen sich daher auf die Perspektiven der Lieferantenentwicklung, die im Ergebnis bewusst auf jene des Abnehmers als Optionsinhaber beschränkt wird. Einen konzeptionellen Ansatz zur Zuordnung von Einzahlungen und Auszahlungen in Abhängigkeit deren beziehungsbezogenen Spezifitätsgrades liefert New (1996).359) New (1996) verwendet zur Zuordnung eine fünfstufige Skala, deren Ausprägung den Initiator und Träger bzw. den Adressaten der Rückflüsse der Entwicklungsmaßnahme erfasst. Je näher die Ausprägung an ș = 1 ist, desto größer wird der Anteil der Lieferanten und vice versa je näher die Ausprägung an ș = 5 der Anteil der Abnehmers (vgl. Gleichung 2-1). Der Spezifitätsgrad wird
358) 359)
68
Vgl. New (1996), S. 26. Vgl. New (1996), S. 21, New (1996) verwendet eine vierte Dimension, mit der der Adressat der Entwicklungstätigkeit erfasst wird. Für die vorliegende Analyse mit einer expliziten Betrachtung von Lieferantenentwicklung entfällt diese.
als „specific“ oder „general“ erfasst und bildet als Funktion den Rahmen der Variablen Aș (Auszahlungen) und Eș (Einzahlungen).360) F (Aș, Eș) mit ș = 1 bis 5, F = „specific“ oder „general“
(2-1)
(1 = Lieferant, 5 = Abnehmer) Eine unspezifische Einzahlung resultiert bspw. aus einer performanceorientierten indirekten Lieferantenentwicklungsmaßnahme, indem mehrere Kunden eines Lieferanten von einem gesteigerten Qualitätsniveau profitieren (bspw. general (1, 3)). Hat dagegen eine Weiterentwicklungsmaßnahme die Entwicklung eines neuen spezifischen Leistungsobjekts zum Ziel, profitiert nur der konkrete Abnehmer davon. Hat dieser im Rahmen der direkten Lieferantenentwicklung beziehungsspezifisch investiert, liegt die Ausprägung specific (5, 5) vor.361) In Abbildung 2-7 wird die fünfstufige Unterteilung zugunsten einer Dichotomie aufgegeben, da die folgende Analyse des Werts der Aktivität der Lieferantenentwicklung, bestehend aus den Optionen Leverage und Weiterentwicklung, aus einer Abnehmerperspektive erfolgt. Die Quader für die der Lieferant sowohl die Auszahlungen trägt, als auch die Einzahlungen erhält, werden ausgeblendet aufgrund der Abnehmerperspektive. Eine Situation des Misfit stellt sich aus Abnehmersicht dann dar, wenn der Abnehmer zwar die Auszahlungen trägt, die Einzahlungen aber der Lieferant erhält. Diese Situation wird ebenfalls für die Analyse ausgeblendet.
Abb. 2-7:
Perspektiven der Lieferantenentwicklung
Quelle:
In Anlehnung an New (1996), S. 21 f. und Wagner/Boutellier (2003), S. 56
360) 361)
Vgl. New (1996), S. 21 f. Vgl. zu ähnlichen Beispielen New (1996), S. 22.
69
Die Quader (3) und (4) sowie die Perspektive des Lieferanten (Lieferant als Adressat der Einzahlungen) werden im Rahmen dieser Arbeit ausgeblendet. Die Quader (3) und (4) bilden Situationen ab, die aus der Perspektive des Lieferanten in einer kurzfristigen Sichtweise irrational erscheinen. Eine Vorleistung des Lieferanten kann dann begründet sein, wenn daran der Erhalt der Beziehung und/oder die Aussicht auf zukünftiges Geschäft im Rahmen eines Lieferantenkonzeptwettbewerbes362) gebunden sind.363) Auch kann die Implementierung einer Just-in-Time-Belieferung mit einem Abnehmer die Aussicht auf zukünftiges Geschäft erhöhen.364) Zudem profitiert der Lieferant bei unspezifischen Entwicklungsmaßnahmen mittelbar, indem er für weitere Kunden attraktiv werden kann.365) Die Motivation des Lieferanten besteht also in zukünftigen oder weiteren Leistungsaustauschbeziehungen, wodurch sich nicht dessen kurzfristige, sondern langfristige Perspektive ergibt. Quader (2): Die direkte unspezifische Entwicklungsleistung basiert auf einem standardisierten Entwicklungsprozess, der durch den Abnehmer gesteuert wird. Veränderungen erfolgen weitgehend auf technischer Ebene. Die Entwicklungsmaßnahme ist häufig von kurzer Dauer. Typische Verbesserungen bestehen in der Arbeitsablauf- und Prozessvereinfachung.366) Darin eingeschlossen können Prozessoptimierungen sein, die in einem für E-Procurement-Lösungen notwendigen übertragbaren Standardprozess münden. Quader (1): Ein positiver Zusammenhang zwischen Mitteleinsatz (Auszahlungen) und der Zuteilung des Entwicklungsertrags (als Einzahlungen) wird für den Initiator der direkten Lieferantenentwicklung als ökonomisches Rationalitätsprinzip unterstellt. Als Folge dieser Annahme werden Machtaspekte der Ertragsverteilung, wie sie für Supply Chains inhärent sind, ausgeblendet bzw. sind bereits beantwortet.367) Der Abnehmer investiert nur dann in Lieferantenentwicklungsmaßnahmen, wenn dessen Ertrag den Mitteleinsatz übersteigt. Krause/Handfield/Scannell (1998) legen ebenfalls die Annahme zugrunde, dass
362) 363)
364) 365) 366) 367)
70
Vgl. Backhaus/Voeth (2007), S. 520-522. Vgl. Ammer (1976), S. 391, „[T]hey [der Abnehmer] may be willing to place long-term contracts to make it worthwhile for the supplier to invest in plant and equipment.“, Wildemann (2000), S. 333, Ein Konzeptwettbewerb „verlangt von den Lieferanten Investitionen, die sich nur bei späteren Lieferpartnern amortisieren lassen“. Vgl. Giunipero (1990), S. 21. Vgl. New/Burnes (1997), S. 384. Vgl. Hartley/Jones (1997), S. 25. Vgl. New (1996), S. 26 und 28 f., Frage „who pays and who benefits“, Aspekte der Machtverteilung sind im Rahmen des Management des Lieferantenentwicklungsprozesses zu klären. Vgl. zur Einigung über die Aufteilung der erzielten Ergebnisse Wagner/Boutellier (2003), S. 57, Backhaus/Aufderheide/Späth (1994), S. 16 verwenden den Rational-Choice-Ansatz, der „ökonomisch rational handelnde Akteure modelliert [..], die ihren Nutzen unter Restriktionen maximieren.“ Rationalität bedeutet aber keinesfalls „Allwissenheit“. Vielmehr wird ökonomisches Handeln als „rationales Handeln unter Unsicherheit“ betrachtet.
„the rewards should be commensurate with the greater level of investment“ des Abnehmers bei der direkten gegenüber der indirekten Lieferantenentwicklung.368) Für die direkte Lieferantenentwicklung wird unterstellt, dass der Ertrag des Abnehmers EA steigt, falls durch ihn in Lieferantenentwicklungsmaßnahmen investiert wird AA (positiver Grenzertrag). Eș = F (Aș,) mit ș = A (Abnehmer), L (Lieferant)
(2-2)
wE A !0 wAA
(2-3)
Mit einem „process-oriented approach“ versuchen Hartley/Jones (1997) die Fähigkeit des Lieferanten zu fördern, selbst Entwicklungsmaßnahmen zu initiieren und durchzuführen ohne zukünftige aktive Unterstützung des Abnehmers.369) Krause/Handfield/Scannell (1998) betonen aus einer empirischen Sicht, dass Maßnahmen der Lieferantenentwicklung von beiden Parteien – Abnehmer und Lieferant – getragen werden müssen, um zum Erfolg zu führen.370) Eine Beschränkung auf einen Quader in Abbildung 2-7 wird dennoch ganz bewusst gewählt, um den Wert der Lieferantenentwicklung als Aktivität des Lieferantenmanagements aus der singulären Perspektive des Abnehmers abbilden zu können.
2.3
Lieferantenbewertung aus Abnehmersicht
2.3.1
Konzeptionalisierung eines Lieferantenwerts
Die Bewertung eines Lieferanten mit dem Ansatz eines erweiterten Lieferantenwerts aus Kapitel 2.2 erfordert zur Umsetzung dessen ein Konzept der Lieferantenbewertung, welches die Lieferantenentwicklung integriert. Lieferantenbewertung ist zunächst eine notwendige Voraussetzung zur Identifizierung der im Einzelfall relevanten Felder der Lieferantenentwicklung.371) Des Weiteren verwenden Unternehmen bei strategischen Lieferantenentwicklungsprogrammen stärker formalisierte, ganzheitliche Lieferantenbewertungsverfahren und wenden diese regelmäßig an.372) Lieferanten werden nicht nur nach den geforderten produktbezogenen Leistungsmerkmalen beurteilt, sondern auch danach, ob sie den aktuellen und zukünftigen potentialorientierten Leistungsanforderungen (Leistungspo-
368) 369) 370) 371) 372)
Vgl. Krause/Handfield/Scannell (1998), S. 55. Vgl. Hartley/Jones (1997), S. 24 f. Vgl. Krause/Handfield/Scannell (1998), S. 51. Vgl. Krause/Ellram (1997b), S. 24. Vgl. Watts/Hahn (1993), S. 16 sowie Wagner (2001), S. 201.
71
tentiale) gerecht werden.373) Schuh/Haag/Möller (2007b) bewerten Lieferanten sowohl anhand der Produktbedeutung als auch des Lieferantenpotentials.374) Es ergeben sich höhere Anforderungen, weil das vorhandene und/oder entwicklungsfähige Potential eine größere Rolle spielt als eine Beurteilung des produktbezogenen Leistungsangebots.375) Die Ermittlung des Lieferantenpotentials zielt darauf ab, eine Einschätzung der Leistungsfähigkeit des Lieferanten in Bezug auf seine Eignung als Partner zukünftiger anspruchsvoller Aufgaben zu erhalten.376) Traditionelle Lieferantenbewertungsverfahren basieren häufig auf aktuell messbaren Ausprägungen von Kriterien produktbezogener Leistungsmerkmale und leisten eine prospektive Wertermittlung nur unzureichend.377) Für transaktionsorientierte Lieferantenbeziehungen mag dies ausreichend erscheinen, jedoch erfordern langfristige strategische Partnerschaften bspw. im Rahmen eines Early Supplier Involvements („key supplier relationships“378)) eine potentialorientierte Bewertung, da einerseits der Wert aus der Beziehung erst in der Zukunft, im konkreten Fall nach Serienanlauf, realisiert werden kann, andererseits die Entwicklungsfähigkeit notwendige Bedingung für Lieferantenentwicklungsoptionen ist.379) Die Entwicklungsfähigkeit ist Ausdruck dafür, dass Lieferanten nicht nur die derzeitigen Anforderungen erfüllen, sondern auf der Grundlage eines vorhandenen Basispotentials entsprechend zukünftigen Anforderungen weiterentwickelt werden können. Es ist vor der Auftragsvergabe das Potential des Lieferanten nach jenen Faktoren zu untersuchen, die die Leistungsfähigkeit und Entwicklungsmöglichkeiten des Zulieferers determinieren.380)
373) 374)
375) 376) 377) 378) 379)
380)
72
Vgl. Backhaus/Voeth (2007), S. 487. Vgl. Schuh/Haag/Möller (2007b), S. 17 sowie Schuh/Haag/Möller (2007a), S. 20, die in einer Studie mit 115 verwertbaren Rückläufern einer europaweiten, branchenübergreifenden BenchmarkingAnalyse die Verbreitung der Potentialanalyse für ungefähr 2/3 der als „Successful [Best] Practice“ identifizierten Unternehmen bestätigen konnten. In der Kategorie „Worst Case“-Unternehmen wenden dagegen nur 19,5% eine Potentialanalyse an. Vgl. Pampel (1993b), S. 182. Vgl. Wildemann (2000), S. 92. Vgl. Sydow/Möllering (2004), S. 217, Eßig (2003), S. 335 sowie Backhaus/Voeth (2007), S. 487. Möller/Törrönnen (2003), S. 109. Möller/Törrönnen (2003), S. 109 fordern, strategisch wichtige Lieferanten nach deren „value creation potential“ zu bewerten. Dieses Potential basiert auf einer „supplier-efficiency function“, supplier-effectiveness function“ sowie „supplier-network function“, Nippa/Petzold (2000), S. 12 weisen explizit darauf hin, dass Optionen nur dann genutzt werden können, wenn die Voraussetzungen dafür erbracht oder geschaffen werden. Vgl. Pampel (1993a), S. 76, Large (2000), S. 207 f. beschreibt die Bewertung der „Qualitätsfähigkeit” eines Lieferanten durch ein entsprechendes Audit.
Die beschränkte Fokussierung auf das gegenwärtige Leistungsvermögen spiegelt nur einen begrenzten Teil des Beziehungswertes wider (statische Basisstrategie) und erfasst nicht die Entwicklungsfähigkeit des Lieferanten (erweiterter Lieferantenwert).377) Lieferanten müssen sowohl anhand von Vergangenheitsdaten, als auch bezüglich ihres Zukunftspotentials bewertet werden.378) Eine ganzheitliche potentialorientierte Bewertung findet insbesondere dann statt, wenn es um „strategisch wichtige, komplexe, proprietäre, systemisch innovative Beschaffungsobjekte“ und Beziehungen mit langfristigem Zeithorizont geht.379) Eine Abschätzung des zukünftigen Erfolgspotentials, also der Fähigkeiten des Lieferanten zukünftigen Anforderungen gerecht zu werden oder entwicklungsfähig zu sein, ist als Entscheidungsgrundlage zur Gestaltung der Zusammenarbeit im Sinne eines „Supplier Valuing“ erforderlich.380) Verträge stellen ein Versprechen “of future performance” dar und für Investitionen, die mit Vertragsabschluss getätigt werden gilt, dass „the value […] becomes dependent on the fulfillment of the other party’s promises.”381) Wird im Rahmen der Weiterentwicklung der Bezug eines bislang vom Lieferanten noch nicht gefertigten Leistungsobjekts angestrebt, sind keine Informationen selbst über produktbezogene Merkmale bekannt.382) Einstiegsinvestitionen werden ohne vorliegende Erfahrungen über die Leistungsfähigkeit und Leistungswilligkeit des Lieferanten getätigt.383) Auf der Basis des heutigen Potentials muss eine erfolgreiche Zusammenarbeit abgeschätzt werden.384) Insbesondere im Rahmen eines Early Supplier Involvement existiert das zu entwickelnde Objekt noch nicht, so dass ein hoher Anteil an Erfahrungs- und darüber hinaus Vertrauenseigenschaften vorliegt.385) Somit liegen lediglich Erwartungen des Abnehmers an den Lieferanten vor. Die Erwartungen orientieren sich einerseits an bereits gemachten Erfahrungen mit ähnlichen Lieferantenbeziehungen („the firm’s own comparison level (CL)“), andererseits dienen alternative Lieferanten als Vergleichsmaßstab („compa-
377) 378) 379) 380) 381) 382)
383)
384) 385)
Vgl. Hibbard/Hogan/Smith (2003), S. 377. Vgl. Arnold (1997), S. 177. Vgl. Sydow/Möllering (2004), S. 217. Vgl. Arnold (2005), S. 402. Alchian/Woodward (1988), S. 66. Vgl. Backhaus/Voeth (2007), S. 488, Die produktbezogenen Leistungsmerkmale Qualität, Preis, Zeit, Ort stellen überprüfbare Sucheigenschaften dar. Vgl. Eßig (2003), S. 335 sowie Cannon/Perreault (1999), S. 444, „Complex supply needs make it more difficult for a buying firm to evaluate purchase choices a priori or even be certain about a supplier’s performance ex post.“ Vgl. Kleinau (1995), S. 118. Vgl. Adler (1996), S. 68-73 und Eßig/Batran (2006a), S. 120, Will man eine Wissens- bzw. Knowhow-Leistung vollständig prüfen, muss man über den gleichen Wissensstand wie der Lieferant verfügen – und in diesem Fall benötigt man seine Leistung nicht mehr. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Zusammenarbeit in Forschung und Entwicklung auf einem Know-how-Gewinn basiert.
73
rison level for alternatives (CLalt)“).386) Zufriedenheit drückt sich darin aus, inwieweit die Erwartungen des Abnehmers erfüllt oder übertroffen werden.387) Die Zukunftsorientierung konstituiert sich an den aktuellen Fähigkeiten des Lieferanten, deren zukünftigen Ergebnisse und damit das Potential mit den vorhandenen Fähigkeiten Wert zu schaffen.388) Es wird nochmals deutlich, dass die Beurteilung der derzeitigen Potentiale hinsichtlich deren Entwicklungsfähigkeit eine notwendige Bedingung für eine Weiterentwicklungsoption ist. Sind Lieferanten grundsätzlich nicht entwicklungsfähig, entstehen für den Abnehmer keine Optionen der Entwicklung. Als Voraussetzung und Steuerungsgröße spielen Potentiale des Lieferanten eine besondere Rolle bei der Ausgestaltung von Lieferantenentwicklungsmaßnahmen. Diese sind dennoch nicht nur auf ihre Durchführbarkeit hinsichtlich der Beurteilung der Entwicklungsfähigkeit anhand der Lieferantenpotentiale zu überprüfen. Auch stellt die Ermittlung des Lieferantenentwicklungspotentials eine subjektive Einschätzung der Fähigkeiten des Lieferanten dar.389) Für die Entscheidung der Ausübung einer Lieferantenentwicklungsoption reichen subjektive Einschätzungen des Potentials und Erwartungen allein nicht aus. Aufgrund der einzigartigen Verwendungsmöglichkeit beziehungsspezifischer Einsatzfaktoren kommt der Bewertung des Transaktionspartners eine besondere Bedeutung zu.390) Es entsteht die Schwierigkeit, qualitative Lieferantenpotentiale in quantitative Größen zu überführen, um damit deren Veränderung, Einfluss und Auswirkung nach der Entwicklungsmaßnahme in Kosten-/Erlös- bzw. Zahlungsgrößen zu überführen.391) Zudem werden bspw. Einkaufspreise nicht nur von Entwicklungsmaßnahmen, sondern ebenfalls durch externe Effekte (bspw. Inflation) und interne Effekte (Volumenänderung, Produktänderung) beeinflusst.392) Externe Effekte stellen auch die wettbewerbsgetriebene Senkung des Endproduktpreises dar. Reduziert sich der Verkaufspreis des Endproduktes, wird durch die Einbeziehung eines dem Lieferanten zuordenbaren Einzahlungsbetrages auch der Lieferantenwert betroffen sein. Als messbare Zielgröße für das Lieferantenmanagement müssen sich die Auszahlungen entsprechend dem Rückgang der Einzahlungen für das Gleichbleiben des Lieferantenwerts ebenfalls reduzieren. Eine isolierte Kosten- bzw. Auszahlungsbetrachtung liefert diese Differenzierung nicht. Bartsch (2005) entwickelt ein Lieferantenwertmodell, indem er Einflussgrößen und deren Auswirkung auf Nutzen und Aufwand einer Lieferantenbeziehung empirisch unter386) 387) 388) 389) 390) 391) 392)
74
Vgl. Anderson/Håkansson/Johanson (1994), S. 9. Vgl. Artz (1999), S. 115. Vgl. Stölzle/Karrer (2004), S. 245. Vgl. Wildemann (2000), S. 93. Vgl. dazu auch Caballero/Hammour (1996), S. 181. Vgl. New (1996), S. 26, „It is common for benefits to be intangible.” Vgl. New (1996), S. 26.
sucht.393) Die Einflussgrößen werden dabei analog der bereits im Rahmen dieser Arbeit aufgezeigten Operationalisierung potentialkategoriebezogener Dimensionen über Indikatoren operationalisiert. Ein direkter, unmittelbarer Zusammenhang zwischen Einflussgrößen und monetären Größen scheitert an dessen Messbarkeit. Es lassen sich isoliert zwar Lieferantenpotentiale und monetäre Größen operationalisieren, Schwierigkeiten treten jedoch bei der Frage des Einflusses auf. Kleinau (1995) stellt in Frage, in welcher Form eine Fehlerrate (Potentialkategorie Produktion, Leistungsdimension Qualität) von x Prozent mit einem Zahlungsmittelfluss von y Geldeinheiten in Verbindung gebracht werden kann.394) Damit erfasst ist auch das Problem, inwieweit eine Veränderung der Fehlerrate um ǻx Prozent im Rahmen der Lieferantenentwicklung zu einer Veränderung des Zahlungsmittelflusses von ǻy Geldeinheiten führt. In einer Wirkungsprognose der Potentialveränderung müssen die Auszahlungshöhe (Input-Prognose „Was kostet die Veränderung?“) und das Ergebnis der Lieferantenentwicklung als Einzahlung oder einer Verringerung der laufenden Auszahlungen (Output-Prognose „Was bewirkt die Veränderung?“) erfasst werden. Der Entscheider erwartet aus der Output-Prognose die Information, was die Potentialveränderung bewirkt.395) Koppelmann (2005) schränkt die Objektivität der Wirkungsprognose ein, indem häufig die Wirkung aufgrund qualitativer, ‚weicher’ Maßnahmen nicht direkt mit Investitionsrechenmethoden erfasst werden kann (vgl. Kapitel 2.3.1.2)396) Die Prognosen beschränken sich auf ein Plausibilitätsniveau, das mit zunehmendem Kenntnisniveau („Erfahrungsniveau“) des Entscheiders an Validität gewinnt.397) Auf der Absatzseite gibt es bereits vergleichbare Ansätze zur Bestimmung eines quantitativen Kundenwerts.398) Dennoch fällt auf, dass sich dieselben Probleme ergeben, wenn versucht wird, einen monetären periodenübergreifenden Kundenwert unter Einbeziehung nicht-monetärer Kundenpotentiale zu ermitteln. Auch hier ist das Problem weitgehend ungelöst. Tewes (2003) sieht von einer direkten Zurechnung ab, „da die Monetarisierung dieser Größen mit […] Schätz- und Zurechnungsproblemen verbunden ist, die die Validität der Ergebnisse stark bezweifeln lassen.“399) In Bezug auf ein Formalziel Kundenwert führt dies zu Problemen, da keine exakten Aussagen über einen möglichen Zielbeitrag des nicht-monetären Werts getroffen werden können. Tewes (2003) weist ebenfalls darauf 393)
394) 395) 396) 397) 398)
399)
Vgl. Bartsch (2005), S. 136 ff. und S. 255 ff., Bartsch monetarisiert Aufwand und Nutzen nicht, liefert aber wertvolle Ansätze, um Zusammenhänge zwischen den Einflussgrößen und Aufwand bzw. Nutzen aufzuzeigen („potentialorientiertes Controlling von Lieferantenbeziehungen“, S. 352). Vgl. Kleinau (1995), S. 121. Vgl. Koppelmann (2005), S. 144 f. Vgl. Koppelmann (2005), S. 145. Vgl. Koppelmann (2005), S. 145. Vgl. Andon/Baxter/Bradley (2003), Belz (2005), Bruhn u.a. (2000), Ermschel (2002), Müller/Gelbrich (2003). Tewes (2003), S. 137.
75
hin, dass die Erfahrung und das Wissen der betrauten Manager maßgeblich dafür verantwortlich sind, die Wirkungen der nicht-monetären Potentiale auf finanzielle Zielsetzungen abzuschätzen.400) Andererseits liefern Bruhn u.a. (2000) einen Ansatz zur Berücksichtigung der Wirkung von Kundenbindungsmaßnahmen auf den Kundenwert. Dazu wird über eine Operationalisierung des Wiederkaufpotentials des Kunden ein Punktwert ermittelt, der als Faktor (Wahrscheinlichkeit des Wiederkaufs) den ermittelten Kundenwert korrigiert.401) Ein kundenspezifischer Scoring-Wert wird als „Retention Rate“ (Kundenbindungsrate) über Indikatoren operationalisiert und trifft eine Aussage darüber, wie sich der Kundenwert mit einer Veränderung der Kundenbindungsrate ändert (unter Konstanthaltung aller anderen Variablen wie bspw. prognostizierte Umsatzerlöse je Periode und Zeitraum der Betrachtung). Lieferantenentwicklungsmaßnahmen führen gerade nicht zu einer Konstanthaltung der betrachteten Variablen Kosten/Erlöse bzw. Aus-/Einzahlungen. Zielsetzung der Lieferantenentwicklung ist es, einen positiven Effekt auf die Variablen durch die Veränderung innerhalb der Potentialkategorien zu erzielen (bspw. Innovationsfähigkeit und deren Umsatzpotential) und damit eine Veränderung von Zahlungsströmen zu bewirken. Eine beschaffungsseitige Bewertung des Lieferanten bzw. der Wertschöpfungspartnerschaft muss wesentlich differenzierter erfolgen. Als Ansatzpunkt liefert Bartsch (2005) eine Vorgehensweise, die empirisch eine quantitative Messung der Einflussstärke der Potentiale eines Lieferanten als Einflussgrößen auf Nutzen und Aufwandsgrößen ermöglicht.402) Bartsch (2005) ermittelt regressionsanalytische Zusammenhänge und deren Signifikanzniveau zwischen ausgewählten Einflussgrößen (unabhängige Variablen), die als Leistungsfähigkeitsdimension über Indikatoren operationalisiert werden, und sich auf Nutzenund Aufwandsdimensionen als konstituierende (abhängige) Variablen eines Lieferantenwerts auswirken.403) Als Zusammenhang wird bspw. der Einfluss der organisatorischen Leistungsfähigkeit404) auf den ökonomischen Nutzen ermittelt.405) Auf diese Weise erfolgt jedoch nicht die direkte Verknüpfung von Potentialveränderung und der Veränderung von Aus- und Einzahlungsgrößen für eine kapitalwertorientierte Bewertung (vgl. Kapitel
400) 401)
402) 403) 404)
405)
76
Vgl. Tewes (2003), S. 157. Vgl. Bruhn u.a. (2000), S. 172 und 182 f., Der ermittelte Ausgangskundenwert basiert auf dem sicheren Ereignis des Wiederkaufs und wird gebildet aus Umsatz und Kostenprognosen bezüglich des betrachteten Kunden. Vgl. die empirischen Untersuchung bei Bartsch (2005), S. 298-329. Vgl. Bartsch (2005), S. 298. Diese Einflussgröße entspricht der identifizierten Leistungsfähigkeitsdimension „Fähigkeit zur relationalen Zusammenarbeit“. Vgl. Bartsch (2005), S. 304, Mit einem Regressionskoeffizienten von 0,234 ist der Zusammenhang positiv und mit einer Signifikanz von 0,000 (sowie ein Bestimmtheitsmaß von 0,055) als hochsignifikant zu beurteilen.
2.3.1.2). Dennoch wird damit im Rahmen der Lieferantenentwicklung ermöglicht, Maßnahmen auf ihre Aus- und Einzahlungswirksamkeit hin zu prüfen und geeignet zu reagieren. Übertragen auf die Analyse dieser Arbeit stellt dies eine Vorgehensweise dar, das Ein- und Auszahlungspotential als mittelbaren Zusammenhang zwischen Potentialveränderung und Ein- und Auszahlungsgrößen zu erfassen.406) Die Zahlungswirksamkeit ergriffener Maßnahmen ist in einem zweiten Schritt quantitativ zu erfassen. Es empfiehlt sich ein zweistufiges Vorgehen (vgl. Abbildung 2-8):407) (1) Beurteilung und Gewichtung der Lieferantenpotentiale hinsichtlich deren Entwicklungsfähigkeit (notwendige Bedingung für die Durchführbarkeit von Lieferantenentwicklungsmaßnahmen). (2) Ermittlung eines kapitalwertorientierten Lieferantenwerts nach erfolgter Lieferantenentwicklungsmaßnahme unter Berücksichtigung der Lieferantenpotentiale als Einflussgröße für Aus- und Einzahlungen nach der Entwicklung. Der Barwert der erwarteten Zahlungen dient als hinreichende Bedingung für die Entscheidung der Durchführung der Lieferantenentwicklung und stellt das Ergebnis der gemeinsamen Wertschöpfung (statischer Wertschöpfungsbegriff) aus Abnehmersicht dar. Es geht um die Frage, wie der ‚objektive Wert’ einer Beziehung aus Abnehmersicht gemessen werden kann.408)
406) 407)
408)
Large (2000), S. 32 f. beschreibt Kosten- und Erlöspotentiale auf betrieblicher Ebene. Pampel (1993a), S. 75 bildet auf ähnliche Weise ein Gesamturteil bezüglich eines Lieferanten durch folgende vier aufeinander folgende Schritte: (1) Lieferantenprofil (Gesamteindruck), (2) ScoringModell (Gesamtwert), (3) Wirtschaftlichkeitsanalyse (Wert) und (4) finanzwirtschaftliche Analyse des Lieferantenwerts. Palli (2004), S. 139 subsumiert unter dem Unternehmenswert auf strategischer Ebene das qualitative Erfolgspotential (Schaffung von Erfolgspotentialen als Effektivitätskriterium) und dem (eigentlichen) quantitativen Unternehmenswert als Shareholder Value. Vgl. Eßig (2007), S. 607.
77
Abb. 2-8:
Lieferantenwertbezugsrahmen
2.3.1.1 Potentialorientierte Lieferantenbewertung Die Potentialanalyse hat ihren Ursprung im Bereich des strategischen Managements und basiert auf der Argumentation des Resource-based View.409) Der Ressourcenansatz unterscheidet sich von der marktorientierten Sichtweise (Market-based View) dahingehend, dass nicht aus der Marktpositionierung heraus der Ressourcenbedarf abgeleitet wird, sondern die Ressourcen einer Unternehmung deren Positionierung bestimmen.410) Der Resource-based View ist ein Denkansatz, der sich mit der Potentialseite einer Unternehmung beschäftigt.411) Ziel ist es, Potentiale zu erkennen, zu exploitieren, zu entwickeln sowie zu erhalten.412) In einer evolutionären Sicht wird das Unternehmen auf Entwicklungskorridoren weiterentwickelt, die abhängig davon sind, worin zukünftige Anforderungsschwerpunkte liegen.413) Dabei wird davon ausgegangen, dass die unternehmensinhärenten Ressourcen von Immobilität geprägt sind und nur damit gewährleistet ist, die aus dem Ressourcenpotential generierten Wettbewerbsvorteile langfristig zu sichern.414) Zur Gewährleistung der Nachhaltigkeit einer Ressource in Anlehnung an Eintritts- und Mobilitätsbar409)
410) 411) 412) 413) 414)
78
Vgl. Bamberger/Wrona (1996a), S. 386, Bamberger/Wrona (1996b), S. 130, Börner (2000), S. 817, Duschek/Sydow (2002), S. 426, Jenner (1998), S. 145, Koppelmann (2004), S. 141, Mahoney/Pandian (1992), S. 363, Ossadnik (2000), S. 272 und Priem/Butler (2001), S. 22. Vgl. Wernerfelt (1984), S. 171 und Rühli (1995), S. 94. Vgl. Hinterhuber u.a. (1996), S. 72. Vgl. Hinterhuber u.a. (1996), S. 81-83. Vgl. Hinterhuber/Stuhec (1997), S. 11. Vgl. Barney (1991), S. 101.
rieren sprechen Rumelt (1984) von „isolating mechanism“415) und Wernerfelt (1984) von „resource position barriers“416). Auch Barney (1991) erwähnt „barriers to entry or mobility“417), die nur dann möglich sind, wenn strategisch bedeutende Ressourcen von einem Unternehmen kontrolliert werden und zudem von Immobilität geprägt sind.418) Mahoney/Pandian (1992) erklären die Entstehung von Isolationsmechanismen einerseits in Anlehnung an Williamson (1985) mit der Faktorspezifität strategischer Ressourcen. Andererseits können auch die Einzigartigkeit von Ressourcen und kausale Unklarheiten Gründe für Isolationsmechanismen sein.419) Die Fähigkeiten eines Unternehmens tragen dazu bei, die unternehmensinternen Ressourcen bzw. Potentiale so zu kombinieren, um daraus Wettbewerbsvorteile erlangen zu können.420) Aus dem Zusammenwirken von unternehmensspezifischen Ressourcen und marktlichen Potentialen ergeben sich strategische Erfolgspotentiale.421) Diese stellen „langfristig wirksame Erfolgsdeterminanten, Schlüsselelemente bzw. Führungsgrößen“422) des strategischen Management dar. In einer Insideout-Orientierung werden die verfügbaren Potentiale eines Unternehmens analysiert, um darauf aufbauend die Möglichkeit des Aufbaus strategischer Erfolgsfaktoren zu prüfen.423) Fordert man entgegen der Inside-out-Perspektive des Resource-based View wie Backhaus/Voeth (2007) und Stark (1994) eine potentialorientierte Bewertung von Lieferanten, indem potentialorientierte Aspekte besonders für strategische Wertschöpfungspartnerschaften hervorgehoben werden, verschiebt sich die Analyse von einer Betrachtung der eigenen, unternehmensinternen Potentiale aus der Perspektive des Abnehmerunternehmens hin zur Betrachtung der verfügbaren Ressourcen bzw. Potentiale des Lieferanten.424) Der Resource-based View ignoriert die enge Verbindung zweier Unternehmen in einer Wertschöpfungspartnerschaft, die dazu führt, dass die Wettbewerbsfähigkeit einer Partei entscheidend von der Leistungsfähigkeit der anderen abhängt.425) Eine Weiterentwicklung des Resource-based View erfolgt bei Dyer/Singh (1998) durch den „relational view“, der
415) 416) 417) 418) 419) 420)
421) 422) 423) 424) 425)
Rumelt (1984), S. 567. Wernerfelt (1984), S. 172. Barney (1991), S. 105. Vgl. Barney (1991), S. 105. Vgl. Mahoney/Pandian (1992), S. 373 sowie Williamson (1985), S. 43 und S. 52. Vgl. Amit/Shoemaker (1993), S. 35, „Capabilities, [...] refer to a firm’s capacity to deploy resources [im Original kursiv], usually in combination, using organizational processes, to effect the desired end.” Vgl. Jenner (1998), S. 147. Jenner (1998), S. 147. Vgl. Jenner (1998), S. 152. Vgl. Backhaus/Voeth (2007), S. 488 sowie Stark (1994), S. 49. Vgl. Dyer/Singh (1998), S. 660.
79
Wettbewerbsvorteile als Ergebnis interorganisationaler Zusammenarbeit analysiert.426) Erfolgsfaktoren sind insbesondere beziehungsspezifische Investitionen sowie die Kombination komplementärer Ressourcen und Fähigkeiten, mithin die Potentiale der Transaktionspartner.427) Die Aufrechterhaltung der Kongruenz zwischen den Anforderungen an den Lieferanten und den verfügbaren Fähigkeiten (Leistungsfähigkeit als Dimension der Operationalisierung von Potentialen) des Lieferanten folgt der Forderung der Definition einer Wertschöpfungspartnerschaft nach einer langfristig effektiven Zusammenarbeit.428) In Tabelle 2-6 wurden bereits Potentialkategorien ermittelt, deren Ausprägungen über Indikatoren messbar gemacht werden. Die Lieferantenpotentialanalyse dient sowohl der Feststellung der Ist-Ausprägung, als auch der Aufdeckung konkreter Entwicklungsmaßnahmen wie sie konzeptionell in der Lieferantenentwicklungsmatrix (vgl. Abbildung 2-6) und konkret im Prozessschritt (5) „Identifikation kritischer Verbesserungsbereiche“ in Tabelle 2-5 aufgezeigt werden. Die Potentialanalyse identifiziert mögliche Entwicklungsbereiche für die operative Umsetzung der Lieferantenentwicklung, als auch das Ergebnis der Potentialanalyse eines Lieferanten Grundlage für die Bewertung der Entwicklungsfähigkeit eines Lieferanten ist. Obwohl im Rahmen dieser Arbeit der operative Lieferantenentwicklungsprozess ausgeblendet wird, stellt die Potentialanalyse somit eine notwendige Bedingung (Voraussetzung) für Lieferantenentwicklungsoptionen dar und ist konzeptionell und methodisch in dem Maße auch für die vorliegende Arbeit von Relevanz. Mangels eines unmittelbaren Zusammenhangs von Indikatorausprägung und Zahlungsstrom ist für die vorliegende Problemstellung die im nächsten Schritt (2) erfolgende Messung der Erfolgswirkung (Prozessschritt (9) „Controlling“ in Tabelle 2-5) in Ein- und Auszahlungsgrößen entscheidend. Die Messung erfolgt für den konkreten Fall. Die Lieferantenpotentialanalyse liefert wertvolle Erkenntnisse in zweifacher Weise. (1) Verfügt der Lieferant über das nötige Basispotential, um überhaupt entwicklungsfähig zu sein? (2) In welchen Bereichen muss die Entwicklung zur Beeinflussung von Ein- und Auszahlungsgrößen stattfinden?
426)
427) 428)
80
Vgl. Dyer/Singh (1998), S. 660, „A firm’s critical resources may span firm boundaries and may be embedded in interfirm resources”, „unit of analysis […] is the relationship between firms [to achieve] interorganizational competitive advantages.“ Vgl. Dyer/Singh (1998), S. 662. Vgl. Ahn u.a. (1999), S. 243, die Definition zur Wertschöpfungspartnerschaft in Kapitel 2.1.2 sowie Dunn/Young (2004), S. 20, „[T]he core objective is to synchronize supplier capabilities with purchasers expectations.“
Die Indikatoren dienen im Rahmen der folgenden Methoden der Potentialanalyse, qualitative Leistungsfähigkeitsdimensionen in quantitative Größen (Merkmalsausprägung) zu überführen.
(1) Profilanalyse Die Durchführung von Lieferantenpotentialanalysen erfolgt bspw. durch qualitative, graphische Methoden des Polaritätsprofils sowie der Profiltechnik zur Darstellung der qualitativen Ausprägung der Lieferantenpotentiale.429) Die Profilanalyse erfolgt ohne Gesamtwertermittlung.430) Es werden alle wesentlichen Bewertungskriterien aufgelistet, unabhängig davon, ob deren Merkmale direkt, ohne die Zuordnung einer Ausprägung auf einer Skala quantifizierbar sind oder nicht (wie bspw. Kosten). Für jeden Lieferanten werden diese Merkmale auf einer Bewertungsskala eingestuft, die häufig fünf oder sieben Stufen umfasst.431) Verbindet man die Merkmalsausprägungen mit Linien, erhält man für jeden Lieferanten ein spezifisches Profil. Legt man die Profile der bewerteten Lieferanten für einen Vergleich der Leistungsfähigkeit mehrerer Lieferanten übereinander und kommt es zu keiner Überschneidung, ist eine eindeutige Entscheidung möglich. Schneiden sich die Profile, sind differenzierte Verfahren, bspw. mit einer Gewichtung der Merkmale, wie es beim Scoring-Verfahren der Fall ist, notwendig.432) Zielsetzung der Profilanalyse im Rahmen der Lieferantenentwicklung ist die Beurteilung der Entwicklungsfähigkeit des Lieferanten („Eignungsprofil“433)). Die Entwicklungsfähigkeit kann sich daran messen, wie stark der Lieferant von einer Benchmarkgröße (aktuelle Soll-Anforderungen) oder den zukünftig geforderten Anforderungen abweicht (Entwicklung von Szenarios als zukünftige Soll-Anforderungen („Anforderungsprofil“434), vgl. Kapitel 4.3.3).435) Diese Vorgehensweise orientiert sich an dem Gap-Verfahren, bei dem zunächst ein Zielwert für das jeweilige Kriterium festgelegt wird und die aktuelle Leistungsfähigkeit für einen konkreten Lieferanten mit diesem Sollwert verglichen wird.436) Die Lücken spiegeln dann 429) 430) 431)
432) 433) 434) 435)
436)
Vgl. Koppelmann (2004), S. 262 f. Vgl. Backhaus/Voeth (2007), S. 493 f. Sowohl Reichmann (2001), S. 349, als auch Sydow/Möllering (2004), S. 216 liefern keine Begründung zur Auswahl der Skala. Vgl. Reichmann (2001), S. 349. Pampel (1993a), S. 76. Pampel (1993a), S. 76. Kraus (2005), S. 179, S. 187 f. identifiziert Veränderungsimpulse, die zu Zukunftsbildern führen und nutzt diese Zukunftsbilder, die auf der Basis erwarteter zukünftiger Kundenbedürfnisse, Produkte sowie Wettbewerberverhalten abgeleitet werden, um Wertschöpfungsszenarien bzw. unterschiedliche Geschäftsmodellvariationen darzustellen. Diese Vorgehensweise lässt sich auf die hier zu prognostizierenden Anforderungsprofilvariationen übertragen. Vgl. Glantschnig (1994), S. 186.
81
Schwachpunkte wider, die im Sinne des bereits genannten dynamischen Heilungsgedankens, Ansatzpunkte zur Lieferantenentwicklung darstellen.437) Damit ist die Gap-Analyse explizit zukunftsgerichtet.438) Als notwendige Bedingung für Lieferantenentwicklungsoptionen ist zunächst nicht der Zielwert entscheidend, sondern vielmehr die geforderten Mindestanforderungen, um überhaupt entwicklungswürdig und entwicklungsfähig zu sein.439) Zunächst sind dazu anhand der Potentialkategorien Mindestanforderungen zu definieren.440) Die DaimlerChrysler Truck Group ermittelt, ausgehend von einer aktuellen SollAnforderung (100 Prozent) einen Lieferantenscore („Lieferanteneinstufung“). Lieferanten unterhalb 60 Prozent gelten hierbei als nicht entwicklungsfähig und Lieferanten zwischen 60 und 80 Prozent als entwicklungsfähig. Für Lieferanten größer 80 Prozent besteht ein geringer oder kein Handlungsbedarf.441) Adaptiert man diese Vorgehensweise für zukünftige Soll-Anforderungen, ergeben sich dieselben Aussagen hinsichtlich der Entwicklungsfähigkeit.442) Zusätzlich sind die ermittelten Mindestanforderungen gegebenenfalls auf der Basis einer Best-Practice Untersuchung durchgeführter Lieferantenentwicklungsmaßnahmen hinsichtlich deren Erfolgs zu bewerten. Insbesondere interessiert hierbei die Fragestellung, bei welcher (Basis-) Potentialausprägung Lieferantenentwicklungsprogramme gescheitert sind oder erfolgreich waren. Der erforderliche Lieferantenscore ist gegebenenfalls nach oben zu korrigieren. Auf diese Weise sind Mindestanforderungen an die Leistungsfähigkeit eines Lieferanten in den identifizierten Potentialkategorien für dessen Entwicklungsfähigkeit zu stellen.443) In Abbildung 2-9 wird die Profilanalyse schematisch dargestellt. Als Erfolgsfaktor, d.h. Voraussetzung einer erfolgreichen Ausübung der Lieferantenentwicklungsoption, wird beispielhaft von einer Mindestanforderung von 50 Prozent der in einer Szenarioanalyse ermittelten Soll-Ausprägungen, d.h. zukünftig erwarteten Anforderungen ausgegangen. 437)
438) 439)
440)
441) 442)
443)
82
Vgl. Glantschnig (1994), S. 186-189 und Wagner (2003), S. 706, Fröhlich-Glantschnig (1997), S. 34 stellt fest, dass Lücken durch Potentialaufbau geschlossen werden können. Vgl. Glantschnig (1994), S. 189. Die Einbeziehung von Mindestanforderungen des Abnehmers an den Lieferanten findet sich auch bei Reichmann (2001), S. 348 wieder, jedoch ohne Hinweise wie diese Mindestanforderungen ermittelt werden können. Vgl. ten Hoevel (2007), S. 24, Die DaimlerChrysler Truck Group definiert Mindestanforderungen anhand ähnlicher Kriterien, wie sie bereits aufgezeigt wurden (vgl. Tabelle 2-6), in vier Kategorien mit einer Supplier Scorecard. Vgl. ten Hoevel (2007), S. 16. Mit dieser Adaption werden Lieferanten erfasst, die die aktuellen Soll-Anforderungen bspw. zu 100 Prozent erfüllen, jedoch für zukünftige Anforderungen nur auf bspw. 60 Prozent kommen. Genau diese zukünftige Entwicklungsfähigkeit gilt es zu prüfen. Der zweite Schritt scheint praktikabel, da Lieferantenentwicklungsprogramme von einer Vielzahl an Abnehmerunternehmen bereits durchgeführt werden und somit ein umfangreiches Erfahrungswissen vorhanden ist (vgl. zu Beispielen Wagner (2005a), S. 6 f.).
Die Beurteilung der Lieferantenleistungsfähigkeit als Ist-Ausprägung erfolgt ganzzahlig. Zur Darstellung des Korridors zwischen der Mindestanforderung der in t0 geforderten Lieferantenleistungsfähigkeit und prognostizierter Soll-Ausprägung werden Zwischenstufen einbezogen.444) Der Korridor stellt jenen Bereich dar, der vom Lieferanten in t0 als notwendige Voraussetzung einer Entwicklungsfähigkeit erfüllt werden muss. Differenzen zwischen der aktuellen Ausprägung der Indikatoren (bspw. in t0) und dem erwarteten Szenario (prognostizierte Soll-Ausprägung) stellen das bereits erläuterte Entwicklungsdelta dar. Bleibt die Definition des Korridors aus, kann selbst bei dem Lieferanten mit der höchsten Ausprägung (das am weitesten rechts liegende Lieferantenprofil, sofern überschneidungsfrei) nicht bewertet werden, ob er trotz seiner besten relativen Position zu anderen Profilen anderer Lieferanten die Entwicklungsfähigkeit entsprechend von Soll- und Mindestanforderung erfüllt. Dieselben Erkenntnisse sind auch durch die Anwendung eines Polarprofils ermittelbar. Beim Polarprofil werden die Bewertungskriterien strahlenförmig von einem Punkt aus angeordnet und die Merkmalsausprägungen von diesem Koordinatenursprung aus aufgetragen.445) Aus Mindestanforderung und Soll-Profil entsteht ein ringförmiger Korridor.
444)
445)
Eine Soll-Ausprägung eines Indikators von 3 hat bspw. zur Folge, dass bei einer angenommen Mindestanforderung von 50 Prozent mindestens die Ausprägung 1,5 in t0 vom Lieferanten erwartet wird. Vgl. Koppelmann (2004), S. 149.
83
Abb. 2-9:
Profilanalyse
(2) Scoring-Modell Ein häufig in verschiedenen Formen verwendetes Verfahren stellen Punktbewertungsverfahren dar, bei denen mehrere Dimensionen und/oder Kriterien miteinander kombiniert werden. Dazu werden die Dimensionen zuerst nach deren Bedeutung gewichtet und dann über die Merkmalsausprägung auf einer Intervallskala festgelegt, inwieweit der zu bewertende Lieferant das Kriterium erfüllt.446) Ein hoher Wert bedeutet eine gute Erfüllung.447) Scoring-Modelle erlauben durch eine Aggregation der im Lieferantenprofil ermittelten Merkmalsausprägungen (auf Indikatorenebene) eine „quantifizierende Beurteilung“.448) Im nachfolgenden Beispiel (vgl. Tabelle 2-7) erhält man durch Multiplikation des Einzelge-
446) 447) 448)
84
Vgl. Koppelmann (2005), S. 264 und Sydow/Möllering (2004), S. 216. Vgl. Sydow/Möllering (2004), S. 216. Vgl. Pampel (1993a), S. 77.
wichtes je Dimension mit dem Mittelwert der Ausprägung der zugehörigen Indikatoren einzelgewichtete Punktwerte je Dimension. Werden diese aufsummiert, ergibt sich die Ausprägung je Potentialkategorie (im Beispiel 3,67). Wird diese multipliziert mit dem Teilgewicht der jeweiligen Potentialkategorie, erhält man teilgewichtete Punktwerte je Potentialkategorie (im Beispiel für Produktion 1,47), die wiederum aufsummiert den Gesamtpunktwert (im Beispiel 4,67) ergeben. Das hier adaptierte Scoring-Verfahren verwendet Mittelwerte der Merkmalsausprägungen, um sowohl in jeder Leistungsfähigkeitsdimension als auch auf der Ebene der Potentialkategorie die Leistungsfähigkeit des Lieferanten auf einer Skala von null bis sechs einschätzen zu können. Im Endergebnis lässt sich damit auch die Leistungsfähigkeit eines Lieferanten über alle drei Potentialkategorien aggregiert aufzeigen und Lieferanten zueinander in eine Rangfolge bringen.449) Durch die Verwendung von Mittelwerten ist sowohl auf Dimensions- und Potentialkategorieebene, als auch abschließend eine Aussage entsprechend der Skala zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Lieferanten möglich. Beschränkt man sich auf eine Verdichtung zu einem Gesamtpunktwert, besteht die Gefahr, dass sich die einzelnen gewichteten Punktwerte gegenseitig kompensieren.450) Eine Einschätzung der Entwicklungsfähigkeit sowie eine zielgerichtete Entwicklung des Lieferanten in der entsprechenden Potentialkategorie sind dann nicht mehr möglich. Ein Scoring-Verfahren findet sich auch bei Wildemann (2000) zur Beurteilung des Lieferantenentwicklungspotentials.451) Eine Einschätzung der Aus- und Einzahlungswirkung mittels einer Merkmalsausprägung würde geringere Anforderungen an ein Bewertungsmodell stellen. Die Zusammenführung von nicht-monetären Potentialen und monetären Größen im Scoring-Modell wäre im Sinne einer „einfachen“ Lösung allerdings mit einem Informationsverlust aufgrund der ‚Rücktransformation’ des monetären Lieferantenwerts auf ein niedrigeres Skalenniveau verbunden.452)
449) 450) 451)
452)
Vgl. Backhaus/Voeth (2007), S. 494. Vgl. Tewes (2003), S. 145. Vgl. Wildemann (2000), S. 93, Wildemann führt eine Potentialabschätzung in den Dimensionen Produktions-Know-how, Logistik-Know-how sowie Entwicklungs-Know-how durch. Auch Tewes (2003), S. 157 sieht analog die Zusammenführung von nicht-monetären und monetären Größen in einem Gesamtkundenwert kritisch.
85
Potentialkategorie
(1) Produktion
Teilgewicht Potentialkategorie
0,4
Leistungsfähigkeitsdimensionen
Technische Fähigkeit
Mittelwert der Summe aller Punktzahlen Einzelgewichteter Punktwert Qualität
Mittelwert der Summe aller Punktzahlen Einzelgewichteter Punktwert Kosten
Mittelwert der Summe aller Punktzahlen Einzelgewichteter Punktwert Innovationen
Mittelwert der Summe aller Punktzahlen Einzelgewichteter Punktwert Summe aller einzelgewichteten Punktwerte
Einzelgewicht Leistungsfähigkeitsdimensionen
Indikatoren
Ausprägung der Indikatoren (0 = schwache, 6 = starke Ausprägung)
Teilgewichteter Punktwert Potentialkategorie
0,2 1 … n
3 4 6 ¦ = 13 13/3 = 4,33 (mit n = 3)
1 … n
2 1 6 ¦=9 9/3 = 3,00 (mit n = 3)
1 … n
6 2 3 ¦ = 11 11/3 = 3,67 (mit n = 3)
1 … n
6 2 4 ¦ = 12 12/3 = 4,00 (mit n = 3)
0,87 0,3
0,90 0,3
1,10 0,2
0,80 ¦ = 3,67 1,47
(2) Beschaffungsobjekt …
0,4
(3) Zusammenarbeit, Prozesse …
0,2
… 2,30
… 0,90
Gesamtpunktwert (0 = schwache, 6 = starke Ausprägung)
4,67
Tab. 2-7:
Scoring-Verfahren
Quelle:
In Anlehnung an Koppelmann (2004), S. 264
86
Nachteilig wirkt sich auch beim Scoring-Verfahren aus, dass zumindest die Einschätzung der relativen Bedeutung über Teil- und Einzelgewichte, als auch häufig die Indikatorenausprägung qualitativer Natur sind und die Beurteilung der Ausprägung auf einer Intervallskala in höchstem Maße subjektiv ist.453) Gerade die Verwendung von Indikatoren soll eine möglichst objektive Quantifizierbarkeit der Ausprägung als Operationalisierung der Leistungsfähigkeitsdimensionen ermöglichen. Misst man aber bspw. den Faktor Mitarbeiterqualifikation (Potentialkategorie Produktion, Leistungsfähigkeitsdimension Qualität, vgl. Tabelle 2-6) über eine Kennzahl (Indikator) Schulungsaufwand/Mitarbeiterzahl, lässt sich zwar ein quantitativer Wert ermitteln, ohne Richtgröße (Minimum- oder Maximumausprägung) ist aber die Übertragung auf eine Intervallskala subjektiv vom Entscheider abhängig. Merkmalsausprägungen lassen sich damit nicht immer eindeutig auf einer Intervallskala abtragen.454) Scoring-Verfahren sind immer nur „ein Element umfassender, integrierter Ansätze der Analyse von neuen, aber auch bestehenden Lieferanten.“455) Zur Einschätzung der Mindest- und Soll-Anforderung gelten die zur Profilanalyse gemachten Aussagen und Vorgehensweisen. Sydow/Möllering (2004) schlagen vor, in einem Lieferantenauswahlprozess in nachfolgenden Auswahlstufen nur noch Lieferanten mit einem Gesamtpunktwert von bspw. 70 Prozent des maximal möglichen Punktwertes zuzulassen.456) Dieselbe Vorgehensweise umfasst der Ansatz der Mindestanforderungen, wobei die Mindestanforderungen auch beim Scoring-Verfahren vom Erfahrungswissen des Entscheiders zur Definition deren oder Best-Practice-Erfahrungen abhängen.
2.3.1.2 Kapitalwertorientierte strategische Lieferantenbewertung 2.3.1.2.1 Lieferant als Investitionsobjekt Ausgangspunkt einer kapitalwertorientierten Bewertung und Begründung des Lieferanten als Investitionsobjekt sind Ansätze einer kosten- als auch zahlungsgrößenorientierten Bewertung von Lieferanten in der Beschaffungsliteratur. Hibbard/Hogan/Smith (2003) entwickeln zur Objektivierung von Lieferantenauswahlentscheidungen einen „relational asset value, defined as the present worth to a partner firm of all investments in the relationship along with their associated tangible benefits to be derived over time.”457) Dieser stellt den erwarteten Nettoertrag einer Beziehung aus Sicht eines Akteurs dar und schließt zukünfti-
453)
454) 455) 456) 457)
Vgl. Kleinau (1995), S. 113, Danowski/Diederichs (2000), S. 364 und Sydow/Möllering (2004), S. 216. Vgl. Danowski/Diederichs (2000), S. 364. Sydow/Möllering (2004), S. 217. Vgl. Sydow/Möllering (2004), S. 216. Hibbard/Hogan/Smith (2003), S. 377, vgl. ebenso Möller/Törrönen (2003), S. 110, „Relational value [...] dependent on the characteristics of the particular supplier-customer relationship.”
87
ge Investitionsauszahlungen sowie Einzahlungen mit ein.458) Zur Analyse des Einsatzes von Lieferantenentwicklung schlägt auch Leenders (1989) vor, Investitionsrechenmethoden anzuwenden.459) Kleinau (1995) argumentiert auf Kostenbasis, dass Einsparungen den Kosten der Entwicklungsmaßnahmen entgegenzusetzen sind (Kostendifferenz) und wählt damit eine sachzielbezogene Größe. Erlöse werden hierbei quantitativ nicht erfasst. Es erfolgt lediglich der qualitative Einbezug unter wettbewerbsstrategischen Aspekten.460) Andererseits schließt Kleinau (1995) bei der Frage, welcher Lieferant zu entwickeln ist, den Umsatz mit einer vom Lieferanten bezogenen Leistung mit ein.461) New (1996) dagegen schränkt seinen Ansatz, der mit Kosten und Erlösen argumentiert, ein und empfiehlt vielmehr diese in periodenbezogene Zahlungsgrößen zu überführen, um mit einer Discounted Cash Flow-Analyse die Vorteilhaftigkeit von Entwicklungsmaßnahmen quantitativ zu erfassen.462) Ein Periodenbezug korrespondiert mit der Betrachtung der Beziehung über die Zeit. Die Investitionstheorie stellt Rechenmethoden bzw. Entscheidungsmodelle zur Verfügung, die eine rationale Investitionsentscheidung vorbereiten und mit quantitativen Aussagen stützen sollen. Die langfristige, strategische Orientierung von Wertschöpfungspartnerschaften sowie die Charakteristik spezifischer Investitionen verlangt die Anwendung mehrperiodiger Investitionsrechenverfahren, die aufgrund der Wirkungsweise einer Lieferantenpotentialveränderung grundsätzlich jeweils Kosten-/Erlöse bzw. Ein-/ Auszahlungen einschließen müssen.463) Die Entscheidung für Aus- und Einzahlungsgrößen resultiert aus der methodischen Vorteilhaftigkeit dynamischer Investitionsrechenverfahren, die gegenüber den statischen Verfahren abgegrenzt werden können. Die Gewinnvergleichsrechnung stellt ein statisches Verfahren dar, welches zwar sowohl Kosten als auch Erlöse einschließt, dennoch methodisch hinter der Kapitalwertmethode zurückfällt. Die Kapitalwertmethode verwendet als dynamisches Verfahren dagegen Ein- und Auszahlungen als Bewertungsgrundlage.464)
458)
459)
460)
461) 462)
463) 464)
88
Vgl. Hibbard/Hogan/Smith (2003), S. 378, ähnlich Anderson/Håkansson/Johanson (1994), S. 9, „Outcomes still refer to the economic and social rewards obtained minus costs incurred [..] outcomes that occur within [..] relationship are judged against CL and CLalt.” Vgl. Leenders (1989), S. 54 sowie Krause/Handfield/Scannell (1998), S. 50, die als Kennzahl einen „Return on Investment” vorschlagen. Vgl. Kleinau (1995), S. 187 und S. 190, vgl. zur Sachzielbezogenheit Eisele (2002), S. 638 sowie Küpper (1990), S. 254. Vgl. Kleinau (1995), S. 119. Vgl. New (1996), S. 30, „The proposed taxonomy [...] ignores the temporal dimension” kollaborativer Arragements. Ebenso findet sich eine einfache „cost-benefit“-Analyse als Antwort der empirischen Erhebung von Krause/Handfield/Scannell (1998), S. 50. Vgl. Pampel (1993a), S. 77. Vgl. zu dieser Einschätzung Schäfer (2005), S. 56.
Statisches Verfahren der Investitionsbewertung: Gewinnvergleichsrechnung Die Gewinnvergleichsrechnung leidet an dem Mangel, dass die zeitliche Verteilung von Kosten und Erlösen nicht exakt erfasst und eine Vereinfachung durch eine Durchschnittsbetrachtung vorgenommen wird.465) Dynamisches Verfahren der Investitionsbewertung: Kapitalwertmethode Der Kapitalwert ergibt sich aus der Differenz des Barwertes der Auszahlungen und Einzahlungen einer Investition und erfasst den periodengenauen Anfall von Ein- und Auszahlungsströmen.466) Statische Methoden vernachlässigen die Dimension „Zeit“,467) die insbesondere bei strategischen Beschaffungsentscheidungen mit einer langfristigen Zielsetzung von besonderer Bedeutung ist.468) Eine objektive Entscheidungsbasis und damit hinreichende Bedingung der Optionsausübung liefern kapitalwertorientierte Bewertungsverfahren der dynamischen Investitionsrechnung. Eine kapitalwertorientierte Lieferantenbewertung lässt sich anwenden, werden Lieferantenbeziehungen aus der Perspektive des Abnehmers als Investitionen begriffen, die einen langfristigen Beitrag zum Unternehmenserfolg leisten.469) Der betriebswirtschaftliche Investitionsbegriff lässt sich in gemischt finanz-leistungswirtschaftlicher, (rein) leistungswirtschaftlicher sowie finanzwirtschaftlicher Investitionsbegriff unterscheiden.470) Im Hinblick auf die vorliegende Zielsetzung zur Ermittlung eines Lieferantenwerts wird der finanzwirtschaftliche Investitionsbegriff betrachtet. Eine Investition beginnt mit einer (initialen) Auszahlung, während später Einzahlungen und Auszahlungen des laufenden Betriebs folgen (stromorientierte bzw. zahlungsorientierte Begriffsbestimmung).471) Das Investitionsobjekt stellt im weiteren Sinne die Wertschöpfungspartnerschaft und ganz konkret der Lieferant, mit welchem die Wertschöpfungspartnerschaft unterhalten wird, dar. Andere Begriffbestimmungen eignen sich nicht. Sie sind an der Bi-
465) 466) 467) 468) 469)
470) 471)
Vgl. für weitere Kritik Schäfer (2005), S. 30 und S. 55. Vgl. Schäfer (2005), S. 114 f. Vgl. Schäfer (2005), S. 113, im Original hervorgehoben. Vgl. Large (2000), S. 31. Vgl. dazu bspw. Dunn/Young (2004), S. 24, „Suppliers of key materials and services are viewed as assets and the costs incurred to develop them as fixed assets.“ In gleicher Weise verstehen Schirmeister/Kreuz (2003), S. 337 den Kunden als Investition, für die „zunächst Vorleistungen erbracht werden müssen, ehe Ertragsüberschüsse entstehen können.“ Tewes (2003), S. 136 sieht die absatzseitige Kundenbeziehung als Investitionsobjekt. Ford u.a. (1998), S. 118 schließen an die im Rahmen der Lieferantenentwicklung getätigte Unterscheidung in kurzfristige Performance an. Die Bewertung von langfristigen lieferantenspezifischen Ein- und Auszahlungen geht über die kurzfristige Performanceorientierung hinaus (bspw. hinsichtlich aktueller Materialeinstandspreise, Produkt- und Serviceperformance). Vgl. Perridon/Steiner (2003), S. 27 f. Vgl. Perridon/Steiner (2003), S. 28, Schäfer (2002), S. 15 und Hax (1993), S. 9.
89
lanz ausgerichtet (gemischt finanz-leistungswirtschaftlich oder vermögensorientiert) oder beschreiben die bloße Kombination vorhandener Faktoren als Investition (leistungswirtschaftlich).472) Die zu detaillierende Problemstellung beschreibt nicht die Kombination von Inputgütern eines Lieferanten mit Teilen des Abnehmers zu einem marktfähigen Produkt (Transformationsprozess im Sinne des Throughput-Prozess473)). Es geht demnach nicht um die Kombination bereits vorhandener bzw. angeschaffter Vermögensgegenstände (leistungswirtschaftlicher Investitionsbegriff),474) sondern um die Entscheidung, eine Investition mit der Konsequenz einer initialen sowie weiteren Auszahlungen zu tätigen mit dem Ziel der Generierung von Einzahlungen über den Beziehungs- (Investitions-) Lebenszyklus.475) Eine Bestimmung von Zahlungsgrößen wird notwendig, um den Leistungsaustausch von Lieferant und Abnehmer kapitalwertorientiert ermitteln zu können. Für die quantitative Bewertung der Investition wird der finanzwirtschaftliche Investitionsbegriff verwendet. Die Erfassung der Zahlungen im formalen Modell geschieht durch die Einteilung des Planungszeitraumes in Perioden, denen Auszahlungen und Einzahlungen zugeordnet sind.476) Spezifische Investitionsauszahlungen werden sowohl zu Beginn der Beziehung als initiale Einstiegsinvestition notwendig als auch bei jeder Entwicklungsmaßnahme. Pampel (1993a) sieht aufgrund einer „sehr begrenzt möglichen Erlösrechnung“ lediglich die Möglichkeit, finanzwirtschaftliche Auswirkungen von Kosten bzw. Kostenersparnissen bei einer investitionstheoretischen Betrachtung von ZuliefererAbnehmer-Beziehungen zu berücksichtigen.477) Werden lediglich Auszahlungen im Rahmen der kapitalwertorientierten Lieferantenbewertung abgezinst, findet keine Lieferantenwertbetrachtung statt.478) Die Kapitalwertmethode dient grundsätzlich als Grundlage einer wertorientierten Unternehmensführung.479) Die Anwendung einer finanzmathematischen Investitionsrechnung setzt voraus, eine Zulieferer-Abnehmer-Beziehung als Einund Auszahlungsstrom darstellen zu können.480) Zum Grundverständnis eines wertorientierten Lieferantenmanagements („Supplier Value Management“) sei an dieser Stelle auf
472) 473) 474) 475) 476) 477)
478)
479)
480)
90
Vgl. Perridon/Steiner (2003), S. 27 f. Vgl. Zahn/Schmid (1996), S. 163 und S. 399 ff. Vgl. Perridon/Steiner (2003), S. 28. Vgl. auch Ford u.a. (1998), S. 117. Vgl. Hax (1993), S. 9 f. Vgl. Pampel (1993a), S. 77, Eine reine Auszahlungsorientierung, ohne Einbeziehung von Einzahlungen, entspricht nicht dem hier gewählten und allgemein gültigen Investitionsbegriff. Vgl. Hibbard/Hogan/Smith (2003), S. 377, „[B]usiness relationships are valuable to the extent they improve the future revenues and costs for the firm.”, Laux (2003), S. 391, Entsprechend einer Unternehmensbewertung sind „finanzielle Überschüsse entscheidungsrelevant“. Vgl. zum Shareholder Value Rappaport (1998), S. 33, Der Kapitalwert ist die aufsummierte Differenz der Barwerte einer Einzahlungs- und Auszahlungsreihe (vgl. Schäfer (2005), S. 114). Vgl. Schirmeister/Kreuz (2003), S. 342.
Eßig (2007) verwiesen.481) Nach Eßig (2007) stellt sich im Rahmen einer wertorientierten Unternehmensführung aus beschaffungswirtschaftlicher Perspektive „insbesondere die Frage nach dem Wertbeitrag aus Einkaufstätigkeit bzw. aus der Stakeholdergruppe ‚Lieferant’“.482) Hibbard/Hogan/Smith (2003) stellen den „relational asset value“ als „expectations of future investments, costs and benefits“ dar.483) Die an den Lieferanten getätigten Auszahlungen als auch durch ihn erhaltene Einzahlungen gehen in das Modell ein.484) Als Abgrenzung zur Kostenrechnung sind dynamische Verfahren der Investitionsrechnung mehrperiodig, diskontinuierlich und zu Planungszwecken angelegt, wogegen die Kostenrechnung der kontinuierlichen, periodenbezogenen Kontrolle der Leistungserstellung dient.485) Verfahren der Kostenrechnung ermitteln einen retrospektiven Lieferantenwert, der auf Ist-Daten aufbaut.486) Periodenübergreifende Verfahren der Investitionsrechnung ermitteln, vom Bewertungszeitpunkt aus gesehen, einen aus den zukünftigen Transaktionen ergebenden prospektiven Lieferantenwert.487) Jedoch finden sich Ansatzpunkte der Bestimmung von Ein- und Auszahlungen in der Kostenrechnungspraxis. Es werden demnach Ansätze der Kostenrechnungspraxis zur Bestimmung von Kosten und Erlösen aufgegriffen, jedoch nur jener Kosten- und Erlösbestandteil in die Investitionsrechnung übernommen, der zahlungswirksam wird. Küpper (1998) betont die Vorteilhaftigkeit von (Aus-) Zahlungsgrößen, die sich im Unterschied zu Kosten eindeutig bestimmen lassen und die Messung kapitalwertorientierter Erfolgsziele ermöglichen.488) Der Zusammenhang zwischen Kosten/Erlösen und Auszahlungen/Einzahlungen wird über Aufwand und Ertrag aus der Gewinn- und Verlustrechnung hergestellt, betrifft damit auch das Rechnungswesen im weiteren Sinne (Gewinn- und Verlustrechnung, Kosten- und Leistungsrechnung), und es werden konkret deren ausgabe-/einnahmewirksamen Bestandteile auf Aus- und Einzahlungswirksamkeit geprüft.489) Zur Bewertung fließen nur zahlungswirksame Kosten und Erlöse ein, so dass bei der Überleitung von periodenbezogenen Kosten und Erlösen aus der Kosten- und Leistungsrechnung sowie bei der Abgrenzung der entsprechenden
481) 482) 483) 484)
485) 486)
487) 488) 489)
Vgl. Eßig (2007), S. 601 f. Vgl. Eßig (2007), S. 601. Vgl. Hibbard/Hogan/Smith (2003), S. 378 sowie S. 377 „revenues – costs”. Vgl. analog zum Kundenwert Schirmeister/Kreuz (2003), S. 342, Hibbard/Hogan/Smith (2003), S. 378 weisen darauf hin, dass der Lieferantenwert einer Wahrscheinlichkeitsverteilung unterliegt, die sich aus Erwartungswert und Varianz der Einzahlungen ergibt (vgl. Kapitel fünf). Vgl. Perridon/Steiner (2003), S. 37. Tewes (2003), S. 125 und S. 136 führt hierzu den Kundendeckungsbeitrag an, der grundsätzlich konzeptionell auf den Lieferantendeckungsbeitrag übertragbar ist. Vgl. Tewes (2003), S. 136. Vgl. Küpper (1998), S. 155. Der Zusammenhang zwischen Kosten/Erlösen, Aufwand/Ertrag, Ausgaben/Einnahmen sowie Auszahlungen/Einzahlungen findet sich ausführlich bei Eisele (2002), S. 639-643.
91
Kosten- und Leistungsgrößen deren Zahlungswirksamkeit Berücksichtigung finden muss.490) Einen Ansatz für ein wertorientiertes Rechnungswesen liefert Günther (1997), der Anforderungen der Mehrperiodigkeit, Zahlungsorientierung, Zukunftsbezug und die Einbeziehung von Risiken berücksichtigt.491) Die Zahlungsorientierung durch ausschließliche Berücksichtigung liquiditätswirksamer Aufwendungen und Erträge sowie Kosten und Leistungen (Erlöse) erfüllt die Anwendbarkeit einer kapitalwertorientierten Bewertung.492) Der Kostenbegriff entspricht dann einem pagatorischen Kostenbegriff („pagatorische Rechnung“493)), bei dem Kosten aus den Auszahlungen abgeleitet werden und daher rein zahlungs- und beschaffungsmarktorientiert sind.494) Ein wertorientiertes Rechnungswesen muss nicht nur die Zahlungsorientierung erfüllen, sondern auch im Sinne einer Dynamisierung den Zukunftsbezug aufnehmen.495) Eine steuerungsorientierte Kostenrechnung wird um eine Planungsorientierung erweitert.496) Das Rechnungswesen dokumentiert dann als Längsschnittsanalyse neben dem zahlungsorientierten Periodenerfolg (dargestellt in Tabelle 2-8) sowohl den bis zum betrachteten Jahr erzielten Vergangenheitserfolg, als auch darüber hinaus eine Prognose über zukünftig noch zu erwirtschaftende Erfolge (Zukunftserfolg).497)
490)
491) 492) 493)
494)
495) 496)
497)
92
Diesen Ansatz verfolgt auch Tewes (2003), S. 245, indem er zur langfristigen Kundenwertermittlung nur zahlungswirksame Kosten und Erlöse einfließen lässt Vgl. Günther (1997), S. 278. Vgl. Günther (1997), S. 279. Küpper (1997), S. 20, Küpper (1990), S. 261 erwähnt zudem die Möglichkeit der Anbindung der Kostenrechnung an die übergeordnete Investitionsrechnung durch einen investitionstheoretischen Ansatz. Vgl. Eisele (2002), S. 637 und Küpper (1997), S. 20, Der pagatorische Kostenbegriff unterscheidet sich vom wertmäßigen vor allem darin, dass der pagatorische Kostenbegriff keine Opportunitätskosten/kalkulatorische Kosten in die Bewertung mit aufnimmt, da diese nicht auszahlungswirksam sind (ausgenommen kalkulatorische Zinsen, die im Diskontierungsfaktor Berücksichtigung finden, vgl. dazu Küpper (1997), S. 20). Vgl. Günther (1997), S. 285. Vgl. Küpper (1998), S. 158, Küpper (1998), S. 261, „planungsorientierte Kostenrechnung“ und Eisele (2002), S. 636, Der wertmäßige Kostenbegriff ist „kontroll- und entscheidungsorientiert“. Vgl. Günther (1997), S. 287.
kurzfristige Ergebnis-/ Erfolgsrechnung (Periodenerfolg)
Prüfung der Zahlungswirksamkeit
Betrag
Umsatzerlöse
1000
ĺ zahlungswirksam
+1000
Materialkosten
–280
ĺ zahlungswirksam
–280
Personalkosten
–200
ĺ zahlungswirksam
–200
Kalk. Abschreibungen
–20
ĺ nicht zahlungswirksam
/
–30
Über Diskontierungsfaktor beim Barwert abgegolten
/
–300
ĺ zahlungswirksam
… Kalk. Zinsen
Sonstige zahlungswirksame Kosten
–300 Saldo et – at
Tab. 2-8:
Ermittlung der Zahlungswirksamkeit der kurzfristigen Ergebnis-/Erfolgsrechnung
Quelle:
Günther (1997), S. 288, gekürzt
+220
Dem Vergangenheitserfolg und dem Periodenerfolg liegen realisierte Ist-Größen zugrunde, wobei der Zukunftserfolg mit geplanten oder revidierten Planwerten ermittelt wird.498) Entscheidungsrelevant sind jedoch nur Perioden- und Zukunftserfolg, wie es zur Bewertung von Lieferantenentwicklungsmaßnahmen von Interesse sein wird.499) Der Planungshorizont lässt sich in Bezug auf Prognosen zu Lieferantenbeziehungen in zwei wesentliche Phasen einteilen. Die erste Phase „Planungszeitraum“ beschreibt die nahe liegende, detailliert planbare Zukunft mit Einzelplänen. Die zweite Phase „Anpassungszeitraum“ bildet die Planung auf der Basis von Trenderwartungen ab.500)
498) 499) 500)
Vgl. Günther (1997), S. 285 f. Vgl. Günther (1997), S. 286. Vgl. Günther (1997), S. 109, Im Unterschied zu einer Shareholder Value-Betrachtung wird der Lieferbeziehung mit einem Lieferanten ein endlicher Zeithorizont unterstellt. Beim Shareholder ValueAnsatz von Rappaport (1998), S. 40 kommt im Anschluss an einen abgegrenzten Prognosezeitraum eine weitere Planungsphase, ausgedrückt durch den Residualwert, hinzu. Der Residualwert wird gebildet durch eine unendliche Reihe jährlich gleicher Cash Flows (Barwert der ewigen Rente abgezinst auf den Entscheidungszeitpunkt, vgl. dazu Günther (1997), S. 155).
93
2.3.1.2.2 Supplier Lifetime Value-Ansatz Mit der Ermittlung von Zahlungsströmen aus einem wertorientierten Rechnungswesen wird eine kapitalwertorientierte Bewertung des Lieferanten ermöglicht. Die Ermittlung des Lieferantenkapitalwerts (Barwert) erfolgt des Weiteren methodisch unter Verwendung des Konzepts des „Supplier Lifetime Value“ (SLV).501) Grundlegende Arbeiten zur Übertragung einer finanzwirtschaftlichen Bewertung auf dyadische Beziehungen finden sich im Marketing bei der Betrachtung des Kundenwerts aus einer Anbieter-/Lieferantenperspektive. Der Customer Lifetime Value (CLV) hat die Bestimmung der dem Kunden zurechenbaren Ein- und Auszahlungsströme während der gesamten Beziehungsdauer zum Gegenstand.502) Der Ansatz des CLV wird in der Literatur breit rezipiert, wogegen sich Arbeiten der Übertragung barwertorientierter Methoden auf die Beschaffungsseite auf wenige Arbeiten beschränken.503) Der SLV basiert auf der Kapitalwertmethode und gehört somit zu den dynamischen Verfahren der Investitionsrechnung.504) Dynamisch bedeutet in diesem Zusammenhang nicht die Möglichkeit, eine Investitionsentscheidung verschieben bzw. eine bereits getroffene verändern zu können, sondern lediglich die Betrachtung einer Investition über die gesamte Laufzeit (Nutzungsdauer) mit der exakten Erfassung des zeitlichen Anfalls der damit verbundenen Ein- und Auszahlungen.505) Der Kapitalwert bewertet die erwarteten Zahlungsströme zum Zeitpunkt des Beziehungseinstiegs und vergleicht diese mit den für den Einstieg erforderlichen Investitionen. Darin können Investitionsauszahlungen für sofortige Entwicklungsmaßnahmen eingeschlossen sein. Als Entscheidungsregel dient der Nettokapitalwert (Net Supplier Liftetime Value). Den (Netto-) Kapitalwert erhält man, indem man die (initiale) Investitionsauszahlung ausgliedert (vgl. Glei-
501) 502) 503)
504)
505)
94
Vgl. Eßig (2003), S. 336. Vgl. Bruhn u.a. (2000), S. 170. Vgl. Andon/Baxter/Bradley (2003), S. 302, Bruhn u.a. (2000), S. 170, Ermschel (2002), S. 159, Gelbrich (2001), S. 79, Müller/Gelbrich (2003), S. 598, Rudolf-Sipötz (2001), S. 45, Schirmeister/Kreuz (2003), S. 347, Tewes (2003), S. 136, erste Arbeiten zum SLV finden sich bei Eßig (2003), S. 335, Eßig/Amann (2005), S. 557, Eßig/Arnold (2003), S. 76 sowie daran anlehnend auch bei Arnold (2004), S. 188, Arnold (2005), S. 400, Weissenberger-Eibl (2003), S. 297 führt einen ebenfalls barwertorientierten „Stakeholder Value Added“ ein, der allgemein gehalten auf alle Anspruchsgruppen einer Unternehmung anwendbar ist, aber aufgrund methodischer Inkonsistenz in dieser Arbeit nicht weiter verfolgt wird. Sie diskontiert die Differenz aus Nutzen und Kosten, wobei jedoch nicht verdeutlich wird, wie die Skalenniveaus von Nutzen (ordinal) und Kosten (im weiteren Sinne metrisch) vergleichbar gemacht werden. Vgl. Eßig (2003), S. 336 und Eßig/Amann (2005), S. 557, Hibbard/Hogan/Smith (2003), S. 379 verwenden unter anderem die Discounted Cash Flow-Methode zur Bestimmung des „relational asset value“, zur Einordnung der Kapitalwertmethode bzw. Discounted Cash Flow-Methode als dynamisches Verfahren, vgl. Perridon/Steiner (2003), S. 38 sowie zur Erläuterung der Kapitalwertmethode Schäfer (2005), S. 114-120. Vgl. Perridon/Steiner (2003), S. 58 und Reichmann (2001), S. 309, Der zeitliche Unterschied der Zahlungen wird durch Auf- bzw. Abzinsen berücksichtigt und damit wertmäßig vergleichbar gemacht.
chung 2-4).506) Die Kapitalwertbetrachtung folgt der generellen Regel, dass jede Investition mit einem positiven (Netto-) Kapitalwert durchgeführt werden soll.507)
NSLV
T e at IA0 t t ( t 1 1 i)
(2-4)
Dabei stehen t für eine Analyseperiode (in der Regel Jahr), T für die Gesamtzahl der betrachteten Perioden (Jahre), et für die lieferantenspezifischen Einzahlungen in Periode t, at für die lieferantenspezifischen Auszahlungen in Periode t (laufende Auszahlungen), IA0 für Investitionsauszahlung in t0 und i für den Diskontierungsfaktor. Die Berechnungsformel entspricht der klassischen Investitionsrechnung.508) Fallbeispiel Volkswagen AG zum Nettokapitalwert:509) Die VW AG verwendet unter anderem Verfahren der dynamischen Investitionsrechnung zur Bestimmung des Target Investment (Investitionsauszahlung) bei der Produktneuentwicklung. Es sollen Zielgrößen für das Investment und die Entwicklungskosten vor Produktionsbeginn erhalten werden. Ausgangspunkt sind die prognostizierten Rückflüsse der einzelnen Jahre der Serienproduktion et. Die Summe der diskontierten Rückflüsse bestimmt den produktspezifischen Auszahlungsbetrag IA zum Zeitpunkt t0. Diese umfassen Investitionen für den Fahrzeugersteinsatz, Aggregateumlagen, An- und Auslaufkosten und Entwicklungskosten. Dabei wird von der Prämisse ausgegangen, dass alle Investments zum Beginn des Serienanlaufs (t0) getätigt werden. Weitere produktspezifische Aufwendungen lassen sich über laufende Auszahlungen at berücksichtigen.
Zur Zielfestlegung im Rahmen von Lieferantenentwicklungsmaßnahmen verwendet Arnold (2005) den Target Supplier Lifetime Value (Target SLV).510) Der Target SLV (vgl. Abbildung 2-10) drückt den langfristig geplanten Wert der Lieferantenbeziehung bzw. das langfristig angestrebte Wertpotential der Lieferantenpartnerschaft aus.511) Die Abbildung zeigt die Entwicklung der kumulierten Barwerte der Lieferantenbeziehung mit einer Anfangsinvestition in t0. Dabei zeigt sich, dass die Lieferantenbeziehung durch die Anfangsinvestition erst in Periode drei bzw. vier zu einem positiven kumulierten Barwert führt und die Beziehungsdauer entscheidend für den Wert der Lieferantenbeziehung aus Abnehmersicht ist, sofern Investitionen in die Beziehung getätigt werden (Abbildung 2-10 stellt eine schematische Abbildung der Werte aus den Tabellen 2-9 und 2-10 dar). Des Weiteren zeigt die Abbildung die in der vorliegenden Arbeit unterstellte Wirkungsweise 506) 507)
508) 509) 510)
511)
Vgl. Perridon/Steiner (2003), S. 61 und Reichmann (2001), S. 310. Vgl. Schäfer (2005), S. 114, Eine Übersicht über bestehende Wertansätze in der relationalen Beschaffung, die sowohl Kosten als auch Nutzen einbeziehen, findet sich bei Bartsch (2005), S. 103 f. Vgl. Eßig (2003), S. 336. Vgl. Claassen/Ellssel (2002), S. 178-181. Im Konzept von Arnold (2005), S. 402 wird vorgeschlagen, die Abweichung des Ist-Wertes vom Sollwert (Target) durch Maßnahmen des Lieferantenbeziehungsmanagements, wie bspw. Lieferantenförderung bzw. -entwicklung zu schließen. Vgl. Arnold (2005), S. 402 und Eßig/Amann (2005), S. 558.
95
von Lieferantenentwicklungsmaßnahmen. Lieferantenentwicklungsmaßnahmen verursachen zunächst höhere Auszahlungen, wobei die Zielsetzung der Maßnahme eine Erhöhung der Einzahlungen oder eine Reduzierung der Auszahlungen sein muss.512) Eine zusätzliche Investitionsauszahlung der Lieferantenentwicklung führt zunächst zu einem niedrigeren Saldo der Periode tn in der sie stattfindet (0 < tn < T) und reduziert damit auch den kumulierten Barwert t0 bis tn. Ein Ziel ist es aber, durch die Lieferantenentwicklungsmaßnahme langfristig höhere Rückflüsse zu generieren.513) Abbildung 2-10 verdeutlicht dies durch einen steileren Anstieg der kumulierten Barwerte nach der Entwicklungsmaßnahme durch den Abnehmer. Betrachtet man den Barwert zum Zeitpunkt t0 für den Ein- und Auszahlungsverlauf ohne Lieferantenentwicklungsmaßnahme, ergibt sich im Beispiel ein Kapitalwert von 46,92, wohingegen die Lieferantenentwicklungsmaßnahme für den gesamten Beziehungslebenszyklus t0 bis T (T = 5) einen höheren Kapitalwert in Höhe von 57,54 generiert. Der Target SLV kann Ausdruck des erweiterten Lieferantenwerts sein, der über einem statischen Kapitalwert (SLV ohne Maßnahmen) liegt. Beim erweiterten Lieferantenwert wird dem (statischen) Nettokapitalwert NSLV der Wert der Option hinzugefügt.514) Detaillierte Zusammenhänge zwischen Lieferantenwert und Optionswert werden in Kapitel fünf aufgegriffen und erläutert. Bereits hier sei darauf hingewiesen, dass eine normative Vorgabe des Target SLV, ausgedrückt durch den erweiterten, optionsorientierten Lieferantenwert für die Lieferantensteuerung grundsätzlich möglich ist, Schwierigkeiten jedoch darin bestehen, dass der Optionswert auch von Parametern abhängt, die vom Lieferanten nicht beeinflusst werden können. Zielsetzung kann auch sein, jene Lieferantenbeziehung zu wählen, die den höchsten erweiterten Lieferantenwert aufweist und diesen als Benchmark Target SLV zu setzen.
512) 513)
514)
96
Vgl. Ford u.a. (1998), S. 113, „cost benefit“ und/oder „revenue benefit“. Die Lieferantenentwicklungsoption wird im Beispiel nur dann ausgeübt, wenn die Marktentwicklung die prognostizierten höheren Einzahlungen tatsächlich garantiert. Erhöhte Einzahlungen sind bspw. damit begründbar, dass vor der Degenerationsphase des Produktlebenszyklus gemeinsam mit dem Lieferanten eine neue Technologie realisiert wird. Vgl. MacDougall/Pike (2003), S. 1.
Abb. 2-10: Target Supplier Lifetime Value: Lieferantenwert ohne versus mit Lieferantenentwicklungsmaßnahme Quelle:
In Anlehnung an Arnold (2004), S. 190 und Arnold (2005), S. 401
Zeit t
Anfangsinvestition t0, (laufende) Auszahlungen at Einzahlungen et
0
1
2
3
4
5
30
5
10
10
10
10 50
0
10
20
35
40
–30
5
10
25
30
40
Barwert
–30,00
4,55
8,26
18,78
20,49
24,84
kumulierter Barwert
–30,00 –25,45 –17,19
1,59
22,08
46,92
Saldo
Tab. 2-9:
515)
Kumulierte Barwerte einer Lieferantenbeziehung ohne Entwicklungsmaßnahme515)
Der risikoadjustierte Diskontierungsfaktor beträgt in der Beispielrechnung in Tabelle 2-9 und 2-10 jeweils 10 Prozent.
97
Zeit t
Anfangsinvestition t0, (laufende) Auszahlungen at Auszahlung für Lieferantenentwicklung Auszahlungen gesamt
0
1
2
3
4
5
30
5
10
10
10
10
0
0
15
0
0
0
30
5
25
10
10
10
Einzahlungen et
0
10
20
35
40
50
zusätzliche bzw. erhöhte Einzahlungen nach der Entwicklungsmaßnahme
0
0
0
5
10
20
Einzahlungen gesamt
0
10
20
40
50
70
–30
5
–5
30
40
60
Barwert
–30,00
4,55
–4,13
22,54
27,32
37,26
kumulierter Barwert
–30,00 –25,45 –29,58
–7,04
20,28
57,54
Saldo
Tab. 2-10: Kumulierte Barwerte einer Lieferantenbeziehung mit Entwicklungsmaßnahme516)
Entsprechend dem eingangs erläuterten zweistufigen Vorgehen, beginnend mit der Potentialbeurteilung, muss zur Umsetzung der Bewertung eines erweiterten Lieferantenwerts im zweiten Schritt (nach der Bestimmung der statischen Basisstrategie mit dem NSLV) die Bewertung der Rückflüsse aus der Lieferantenentwicklung folgen. Als hinreichende Bedingung der Durchführung der Lieferantenentwicklung ist es für den Entscheider von Interesse, welche Rückflüsse aus der Entwicklungsmaßnahme zu erwarten sind. Für die Ausübung der Option interessiert der Barwert, der mit der Lieferantenentwicklungsmaßnahme verbundenen Zahlungsströme ab dem Zeitpunkt der Ausübung der Option tn. Der Abnehmer tätigt mit der Leverage- oder Weiterentwicklungsoption eine spezifische Investitionsauszahlung zur Entwicklung des Lieferanten. Es ist der Barwert der erwarteten Zahlungen unter Berücksichtigung der Lieferantenpotentiale als Einflussgröße für Aus- und Einzahlungen nach der Entwicklung zu ermitteln.517) Wie bereits dargestellt, wird die Option der Lieferantenentwicklung nur dann ausgeübt, wenn der damit verbundene Barwert die Investitionsauszahlung für die Lieferantenentwicklungsmaßnahme übersteigt.518) 516)
517)
518)
98
Im vorliegenden Zahlenbeispiel wird unterstellt, dass die Entwicklungsmaßnahme zu höheren Einzahlungen führt, bspw. durch Erhöhung des beschaffungsobjektbezogenen Innovationspotentials unter der Prämisse, dass Innovationen zu höheren Einzahlungen (Umsatzerlösen) führen. Ebenso kann aber auch die Auszahlungsseite positiv beeinflusst werden. Auf die Problematik der Messung des konkreten Einfluss der Lieferantenpotentiale sei an dieser Stelle nochmals hingewiesen. Ein Lösungsansatz wird unter der Prämisse eines konkreten Beschaffungsobjektes im Folgenden diskutiert. Der Zeitwert wird bei diesem einfachen Ausübungskalkül (noch) ausgeblendet (vgl. Kapitel fünf). Vgl. zur Thematik des Zeitwerts und der vorzeitigen Ausübung einer Option vor Fälligkeitstermin Hull (2006), S. 235 und S. 267-270, Hibbard/Hogan/Smith (2003), S. 381 weisen ebenfalls darauf hin, dass die Option „will only be exercised if future events suggest that such a move would be profitable“.
Amend (2000) weist darauf hin, dass ein Unternehmen die Option (Wahlmöglichkeit) nur dann ausübt, „wenn die positiven Effekte eines Zustandswechsels die Kosten des Wechsels übersteigen.“519) Der Wert des zugrunde liegenden Titels „Lieferant“ wird abgebildet durch den „Gegenwartswert zukünftig erwarteter Zahlungen (ohne Investitionsauszahlung)”.520) Der SLV stellt ein geeignetes Instrument dar, den Wert einer Lieferantenpartnerschaft nicht als Momentaufnahme zu verstehen, sondern vielmehr den gesamten Beziehungszyklus in die Wertermittlung einfließen zu lassen.521) Der SLV (mit n als Zeitpunkt der Ausübung der Lieferantenentwicklungsoption) bezieht sich auf den Barwert der Ein- und Auszahlungen nach der Entwicklungsmaßnahme, wobei die Auszahlung für die Entwicklungsmaßnahme nicht zu den laufenden Auszahlungen gezählt wird. Investitionsauszahlungen, die bei Ausübung der Lieferantenentwicklungsoption erforderlich werden, werden extrahiert vom Barwert der laufenden Ein- und Auszahlungen nach der Entwicklungsmaßnahme (die Investitionsauszahlung der Lieferantenentwicklung kann bspw. ein definiertes Projektbudget umfassen).522) Damit wird eine Entscheidungsgrundlage gebildet, indem der zukünftige Wert des Lieferanten zum Entscheidungszeitpunkt523) den Investitionsauszahlungen gegenüber gestellt wird.524) Paddock/Siegel/Smith (1988) diskontieren hierzu Zahlungsrückflüsse auf den Zeitpunkt des Beginns der Entwicklung (bzw. in deren konkretem Beispiel der Erschließung von Ölvorkommen) ab.525) Die Lieferantenentwicklung findet zu einem Zeitpunkt n statt. Es wird angenommen, dass in tn+1 die Implementierung bereits abgeschlossen und Rückflüsse generiert werden. Umfasst die geplante Beziehungsdauer T = 10 Jahre und findet die Lieferantenentwicklung in tn = 5 (nach Beziehungseinstieg) statt, werden die geplanten Zahlungsüberschüsse der Jahre 6, …, 10 (Laufzeit T – n) auf tn = 5 abdiskontiert, woraus sich folgender modifizierter SLV ergibt.
519) 520)
521)
522)
523)
524)
525)
Amend (2000), S. 64. Vgl. Crasselt/Tomaszewski (1999a), S. 557 sowie MacDougall/Pike (2003), S. 3, „PV [Present Value] of expected cash flows of later project”, die Investitionsauszahlung der Lieferantenentwicklungsoption stellt das „further investment required to undertake later project” dar. Vgl. Eßig (2003), S. 336 und Eßig/Amann (2005), S. 557 sowie Ford u.a. (1998), S. 116, „future potential“. Laufende Auszahlungen stellen bspw. Auszahlungen für den regelmäßigen Bezug des Leistungsbzw. Beschaffungsobjekts dar. Vgl. Friedl (2001), S. 50 f., Die laufenden Ein- und Auszahlungen werden auf den Investitionszeitpunkt abgezinst. Vgl. Crasselt/Tomaszewski (1999a), S. 556, Die Ausübung der Option hängt von der zukünftigen Wertentwicklung des zugrunde liegenden Titels ab. Vgl. Paddock/Siegel/Smith (1988), S. 488.
99
T
SLV
et at t n t n (1 i )
(2-5)
Der SLV hat mehrere zentrale Vorteile:526) Der SLV ist explizit zukunftsorientiert,527) d.h. berücksichtigt auch Entwicklungspotentiale eines Lieferanten. Lieferantenentwicklungsmaßnahmen wie Schulungen oder gemeinsame Workshops, die erhöhte Auszahlungen verursachen, werden im SLV durch langfristig verbesserte Zahlungsströme mit dem Lieferanten idealerweise überkompensiert.528) Der SLV ist zudem in zweifacher Hinsicht hilfreich. (1) Zum einen dient er als Basis für den Vergleich zwischen Lieferanten ohne Entwicklungspotential (nur statischer Lieferantenwert) und Lieferanten mit Entwicklungspotential aus einer t0-Perspektive, ausgedrückt durch den aus statischem Lieferantenwert NSLV und Optionswert zusammengesetzten erweiterten Lieferantenwert. (2) Des Weiteren dient er als hinreichende Bedingung zur Ausübung der Option. Die mit der Durchführung der Lieferantenentwicklungsmaßnahme verbundenen Auszahlungen müssen in einem geeigneten Bewertungsmodell den Einzahlungen gegenübergestellt werden, um eine Entscheidungsgrundlage für die Ausübung der Option zu erhalten. Der SLV als der Gegenwartswertes des Lieferanten nach der Entwicklungsmaßnahme bildet hierbei die Basis.529) Eine einfache Kostenvergleichsrechnung, indem die Kosten der Lieferantenentwicklung mit den Kosteneinsparungen verglichen werden, wäre nur unter der Prämisse gültig, dass sich am Beschaffungsobjekt bzw. dessen Marktchancen (Einzahlungspotential) nichts ändert.530) Ansonsten wird eine objektive Bewertung des Lieferanten nicht gewährleistet. Dem Entscheidungsträger liegt keine Entscheidungsbasis vor, wenn sich sowohl das Produkt (als Bezugsbasis der Lieferantenbewertung), als auch dessen Kostenstruktur im Zeitverlauf ändern können. Wynstra/Hurkens (2005) betonen in ihrem Ansatz des „Total Value of Ownership“, dass der Materialeinstandspreis (Kosten des Abnehmers) nicht das alleinige Entscheidungskriterium bleiben kann, wenn man „‚revenue-enhancing’ effects of
526)
527) 528) 529)
530)
100
Vgl. Eßig (2003), S. 336, weitere Vorteile finden sich bei Eßig (2003), S. 336 und Eßig/Amann (2005), S. 558. Vgl. Koch (1999), S. 32. Vgl. Eßig (2003), S. 336. Vgl. Mayer (2001), S. 104, Der Optionsinhaber wird nur dann einen Anreiz haben, die Option auszuüben, wenn der Barwert des Zahlungsstroms die Investitionsauszahlung übersteigt. Vgl. Wynstra/Hurkens (2005), S. 479, „increased sales“, „increased margins“.
buying a certain item“ mit einschließt.531) Ford u.a. (1998) bezeichnen „revenue benefits“ als „benefits from a supplier relationship that enhance the revenue […] of the buying company.“532) Die Einschätzung von Wagner (2005a) „offering a higer value to the customer […] that offset a higher price“ und „upgraded supplier capabilities […] support the customer’s differentiation strategy“ schließt daran an.533) Nach Eßig (2006) wird eine „Abkehr von der isolierten Kostensenkung zu einer umfassenden Wertorientierung bei der zielorientierten Steuerung der Zulieferkette“ gefordert.534) Die Erfolgsmessung erfolgt nicht mehr nur nach dem Gesichtspunkt der „cost reduction“ sondern als ein ‚Value Sourcing’ im Sinne eines integralen Strategieelements der Beschaffungsstrategie.535) Bei einer Kostenvergleichsrechnung wird zudem der zeitliche Anfall der Kosten nicht berücksichtigt. Es lassen sich dann zwar neue Zielkosten ermitteln, eine Differenzenbildung zur Darstellung der Kosteneinsparung ist mangels Vergleichbarkeit der Bewertungssituation nicht möglich. Zudem muss Lieferantenentwicklung nicht ausschließlich und in erster Linie kostenfokussiert erfolgen.536) Ein Beispiel der aus der Vereinfachung folgenden inkonsistenten Bewertung liefert Gelbrich (2001) bei der Bewertung des CLV.537) Beim CLV besteht die Problematik, dass die dem Kunden zurechenbaren Auszahlungen nicht ermittelt werden können,538) weshalb häufig empfohlen wird, lediglich den kundenspezifischen Umsatz zu betrachten. So können Marketingmaßnahmen aufgrund der Heterogenität des Kundenstammes nur schwer einem Kunden zugeordnet werden und zum anderen Kosten nicht nur im Marketingbereich anfallen (Problem der Gemeinkostenzurechnung).539) Einfacher gestaltet sich die Erfassung kundenspezifischer Einzahlungen über den Umsatz bzw. eine Umsatzprognose.540) Daher wird der CLV häufig vereinfacht als der „Barwert aller in der Zukunft anfallenden Erlöse mit dem Kunden“ gebildet. 541) 531)
532)
533) 534) 535) 536)
537)
538) 539)
540) 541)
Vgl. Wynstra/Hurkens (2005), S. 479, Wagner (2005a), S. 21 weist darauf hin, dass für die Erreichung von Kostenzielen die indirekte Lieferantenentwicklung besser geeignet ist. Diese wird aber in der vorliegenden Arbeit explizit nicht betrachtet. Ford u.a. (1998), S. 115 f., „improvements in product performance or quality and so increase its sales“. Vgl. Wagner (2005a), S. 11. Vgl. Eßig (2007), S. 603 sowie die dort angegebene Literatur. Vgl. Eßig (2007), S. 603. Vgl. Zahlenbeispiel oben sowie Wagner/ten Hoevel (2003), S. 1037, innovationsorientierte Lieferantenentwicklung. Vgl. Gelbrich (2001), S. 80, zu berücksichtigen ist die entgegengesetzte Perspektive des CLV, der aber dennoch die Argumentation der Verwendung einer investitionstheoretischen Bewertung bestätigt. Vgl. Belz (2005), S. 328 sowie Gelbrich (2001), S. 80. Vgl. zum Problem der Gemeinkostenzuordnung in Zulieferer-Abnehmer-Beziehungen Kapitel 2.3.1.4.2 Vgl. Tewes (2003), S. 80-83 sowie zur Abnahmeprognose Bruhn u.a. (2000), S. 172. Vgl. Gelbrich (2001), S. 80.
101
Gleichzeitig weist Gelbrich (2001) jedoch darauf hin, dass aufgrund von technischem Fortschritt (Innovationen), die Kosten „erheblich“ sinken können, wenn Kunden bspw. Kreditanträge online ausfüllen (Auszahlungssenkungspotential).542) Werden Kosten der Kundenakquisition/-betreuung ausgeblendet, erhält man für Kunden einer bestimmten Kreditsumme denselben Kundenwert (unter der Prämisse desselben Kreditsollzinssatzes), obwohl sich die Kosten des Online-Vertrages von den Kosten des Vertragsabschlusses in der Filiale unterscheiden. Innovationen führen hier zu einer inkonsistenten Bewertung durch die nicht berücksichtigte Auszahlungsseite, wie sie in gleicher Weise im SLV bei nicht berücksichtigter Einzahlungsseite erfolgt.543) Bruhn u.a. (2000) betonen, dass die Einbeziehung von Auszahlungen auch dann bedeutsam wird, wenn ein Kunde als „loyale“ Beziehung gesehen wird, so dass langfristige Rückflüsse erhöhte Akquisitions- und Betreuungskosten rechtfertigen.544) Der CLV kann zur Operationalisierung von Ein- und Auszahlungsgrößen für den SLV lediglich als Impulsgeber verstanden werden, da Probleme der Operationalisierung entsprechend der Perspektive gegenläufig sind. Operationalisierungsprobleme genau entgegen gesetzter Art ergeben sich bei der Betrachtung des Lieferantenwerts aus Abnehmersicht. Die Operationalisierung der lieferantenspezifischen Auszahlungen umfasst in erster Linie die Materialeinstandspreise, jedoch im weiteren Sinne alle Maßnahmen der Lieferantenentwicklung, wie lieferantenspezifische Investitionsauszahlungen für Prozessadaption und -anbindung (bspw. ERP, EDI), crossfunktionale Entwicklungsteams usw. Zudem fallen lieferantenspezifische Transaktionskosten im Rahmen eines Key Supplier Managements an. Die Kostenrechnung liefert hierbei bspw. durch eine Prozesskostenrechnung Ansatzpunkte der Bewertung. Neben diesen Kategorien lieferantenspezifischer Auszahlungen bewirkt die Einbeziehung von Rationalisierungspotentialen des Lieferanten eine Verringerung der laufenden Auszahlungen (Effizienzgewinn) und steht damit in enger Verbindung mit einer effizienzorientierten Lieferantenentwicklung.545) Neben der Effizienzsteigerung innerhalb der Wertschöpfungspartnerschaft stellt die Beschleunigung gemeinsamer Produktentwicklung durch Erschließung des Innovationspotentials des Lieferanten ein Ziel der Wertschöpfungspartnerschaft dar. Die Operationalisierung lieferantenspezifischer Einzahlungen knüpft an der Effektivität an. Die Effektivität folgt dem allgemeinen Verständnis „die richtigen Dinge tun“ und subsumiert jene Produkte, die aufgrund ihrer Wahrnehmung beim Endkunden die Wettbe542) 543)
544) 545)
102
Vgl. Gelbrich (2001), S. 80. Unklar bleibt, weshalb Gelbrich (2001), S. 80 dennoch bewusst die Beschränkung auf eine Umsatzgröße empfiehlt. Entsprechend würde eine Beschränkung auf Kostengrößen beim SLV zu denselben Bewertungsinkonsistenzen führen. Vgl. Bruhn u.a. (2000), S. 169. Vgl. Eßig (2003), S. 337, Im Rahmen klassischer Total Cost of Ownership werden Lern- und Rationalisierungseffekte ebenfalls betrachtet. Wynstra/Hurkens (2005), S. 479 sehen die wertorientierte Weiterentwicklung im „Total Value of Ownership“.
werbsfähigkeit des Abnehmers erhöhen. Das Ergebnis der Entwicklung diesbezüglich benötigter Potentiale des Lieferanten wird über das physische Produkt oder die Dienstleistung umsatzwirksam und kann, sofern quantifizierbar, als Einzahlung der spezifischen Lieferbeziehung gewertet werden.546) Die betrachteten Zahlungsströme können keinesfalls als sicher qualifiziert werden. Eine Anforderung an das Bewertungsmodell stellt die Einbeziehung der Unsicherheit hinsichtlich der Ein- und Auszahlungen dar, die bereits im NSLV und SLV über den Diskontierungsfaktor i Berücksichtigung findet und in geeigneter Weise in das Optionsmodell zur Bestimmung des erweiterten Lieferantenwerts integriert werden muss. Die Bestimmung der Laufzeit kann sich an der Vertragslaufzeit orientieren.547) Die Operationalisierung setzt jedoch im Sinne eines pagatorischen Kostenbegriffs an bekannten Controlling-Instrumenten an, die eine Wertorientierung ermöglichen, indem vorhandene Instrumente auf die ‚neue’ Zielgröße Wert übertragen werden, als auch eine Reihe vorhandener Instrumente eine Wertorientierung bereits unterstützen.548) Unterscheidet man zwischen dem Preis als Determinante der Einzahlungen und den Kosten als Determinante der Auszahlungen, so dient bspw. das Target Pricing zur Prognose erwarteter Einzahlungen und verbunden damit das Target Costing der Ermittlung (im Sinne der Prognostizierbarkeit) und des Weiteren der Einhaltung von Produktkosten zur Erhöhung des Wertbeitrags eines Lieferanten. Ebenso ermöglicht die Prozesskostenrechnung die Ermittlung, aber auch die verursachungsgerechte Zuordnung des Kostenanfalls der Koordination des Austauschprozesses.549) Geht man bei der Anwendung des Target Costing von einer Produktneuentwicklung aus, liegt eine einem Investitionsprojekt vergleichbare Problemstellung vor.550) Franz (1997) geht bei einem dynamischen Target Costing-Modell von einem mehrjährigen Zahlungsstrom aus, der „mittels Methoden der dynamischen Investitionsrechnung auf [seine] Wirtschaftlichkeit hin überprüft [wird].“551) Die Bewertung von Produkten mittels Kapitalwerten, anstatt statischen Kostengrößen, ist wesentlich komplexer und „die praktische Anwendung müsste die Umsetzbarkeit erst noch erweisen.“552) Broda/Schäfer (2005) verbinden in ihrem Konzept des wertorientierten Target Costing eine kapitalwertorientierte Bewertung mit dem Konzept des Target Costing, merken aber auch gleichzeitig an, dass „eine periodenspezifische Zielvorgabe auf der Basis der komponentenbezogenen [im Origi546) 547) 548) 549) 550) 551) 552)
Vgl. Eßig (2003), S. 337. Vgl. Eßig (2003), S. 338. Vgl. Günther (1997), S. 331. Vgl. Günther (1997), S. 331-333 sowie Küpper (1997), S. 22. Vgl. Franz (1997), S. 279. Franz (1997), S. 280. Franz (1997), S. 287.
103
nal hervorgehoben] Auszahlungsbarwerte nur schwer möglich sein wird.“553) Gerade die komponentenbezogene und damit lieferantenbezogene Zuordnung muss im SLV möglich sein. Daher werden zunächst im Sinne eines statischen Target Costing Kosten- und Erlösgrößen periodenspezifisch abgeleitet (Prognose), eine Substitution von Kosten- und Erlösen durch Aus- und Einzahlungen im Sinne der Zahlungswirksamkeit der Kosten (pagatorischer Kostenbergiff) jedoch erst im nächsten Schritt durchgeführt. Ziel ist es, einen beziehungszyklusorientierten Zahlungsstrom von Ein- und Auszahlungen zu generieren. Horváth/Möller (2003) weisen darauf hin, dass nicht nur die Integration wertorientierter Konzepte in das Target Costing eine „vielversprechende Fragestellung“ ist, sondern auch umgekehrt, das Target Costing in eine wertorientierte Bewertung integriert werden kann.554) Zur Anwendung kann dieser Ansatz bei der Shareholder Value-Analyse kommen, die ebenfalls auf der Kapitalwertmethode (Discounted Cash Flow-Methode) basiert. Es lassen sich dadurch Wertbeiträge einzelner Geschäftseinheiten bestimmen, indem bekannte Controlling-Instrumente als „Wertgeneratoren der zweiten Ebene“ zur Bestimmung der Wertgeneratoren des Shareholder Value (nach Rappaport (1998), z.B. Umsatzwachstum) herangezogen werden.555) An dieser Vorgehensweise setzt die folgende Operationalisierung der Variablen zur Bewertung eines Lieferanten an.
2.3.1.3
Ermittlung lieferantenspezifischer Einzahlungen: Wertbeitrag des Lieferanten auf der Basis von Target Pricing
Ford u.a. (1998) sehen die Schwierigkeit der Bewertung beziehungsbezogener Einzahlungen („revenue benefits“), heben jedoch auch hervor, dass „this fact does not mean that they should not be assessed.“556) Um die Messung der Einzahlungswirksamkeit zu ermöglichen, wird ein konkreter Entwicklungsfall vorausgesetzt.557) Betrachtet man bspw. die Potentialkategorie „Beschaffungsobjekt“, deren Leistungsfähigkeitsdimension „Innovationsfähigkeit“, gemessen über einen Indikator „Anzahl Neuprodukteinführungen“, so kann dieser Indikator über die konkrete Einführung von neuen Produkten über den Umsatz einzahlungswirksam sein. Nicht nur für Neuprodukte, sondern auch bestehende Leistungen wird zur Ermittlung der Einzahlungen des Abnehmers der Endproduktpreis in Verbindung der prognostizierten Absatzmengen pro Periode herangezogen. Schwierigkeiten ergeben 553) 554) 555)
556)
557)
104
Broda/Schäfer (2005), S. 407. Vgl. Horváth/Möller (2003), S. 474. Vgl. Günther (1997), S. 331, im Original hervorgehoben, vgl. zu den Wertgeneratoren des Shareholder Value Rappaport (1998), S. 56. Ford u.a. (1998), S. 116, Trotz der Hervorhebung der Bewertung beziehungsspezifischer Einzahlungen machen Ford u.a. (1998) keinen Vorschlag zu deren Umsetzung. Mit der dazugehörigen Bewertung der Zahlungsströme im Rahmen eines wertorientierten Rechnungswesens.
sich insofern, als dass ein lieferantenbezogener Anteil an den Einzahlungen als Beitrag des Lieferanten zu den gesamten Einzahlungen nicht direkt ermittelbar ist, wenn ein Endprodukt aus einer Vielzahl an Zulieferkomponenten besteht und der individuelle Anteil eines Lieferanten am Umsatz nicht direkt messbar ist.558) Bei den relevanten Produktkomponenten handelt es sich um direkt in das Endprodukt eingehende Produktbestandteile.559) Der Anteil eines Lieferanten hängt mit dem vom Endkunden empfundenen Nutzen der vom Lieferanten beigesteuerten Komponente am Endprodukt zusammen.560) Innovationen können zu einer Nutzensteigerung beitragen, rechtfertigen in Folge ein höheres Einzahlungspotential des Lieferanten und liefern gleichzeitig eine Anreizstruktur für den Lieferanten. Zur Lösung der Ermittlung der Einzahlungshöhe eines Endprodukts werden die Einzahlungen, die der Abnehmer für ein Endprodukt erhält, vorab über ein Target Pricing ermittelt und über den individuellen Nutzenbeitrag einer Teilkomponente des Endprodukts aus Verwendersicht (Endkonsument) disaggregiert (vgl. Abbildung 2-11).561) Hierbei erweist sich die Conjoint-Analyse als tragfähiges Instrument.562) Die meisten Target Pricing-/Target Costing-Ansätze gehen von der Prämisse einer Neuproduktentwicklung aus, so dass Zielpreis und Zielkosten zu Beginn der Produktentwicklung stehen.563) Ausgehend von einem Target Price (Zielpreis des Endprodukts) lassen sich über die Subtraktion einer branchenüblichen Bruttogewinnspanne, eines an den Rentabilitätszielen der Unternehmung ausgerichteten Gewinns oder den Gewinnerwartungen der Anteilseigner die Target Costs (Zielkosten des Endprodukts) bestimmen, die ebenfalls über den individuellen Nutzenbeitrag aus Verwendersicht einer Teilkomponente des Endprodukts disaggregiert werden.564) Abbildung 2-11 stellt den Bezugsrahmen und Lösungsansatz zur Bestimmung lieferantenbezogener Zahlungsströme dar.
558)
559) 560)
561) 562) 563)
564)
Bspw. sind Sonderausstattungen bei einem PKW über deren Preis direkt messbar. Nicht direkt messbar dagegen sind alle Komponenten der Grundausstattung. Vgl. Glaser (2006), S. 216. Vgl. Eßig (2004a), S. 140 f., Der Preis eines Lieferanten innerhalb des Netzwerkes (downstream) ist idealerweise der Preis, der ihm aus Kundensicht entsprechend des Nutzenbeitrags zusteht. Die Summe aller Lieferantenpreise ergibt die Vorleistungskosten für den Abnehmer. Aus Abnehmersicht stellt dieser Preis somit den Kostenanteil aller nicht selbst erstellten Leistungen am Endprodukt dar (Auszahlungen). Für die hier vorliegende Problemstellung ist jedoch der (Umsatz-) Erlösanteil eines konkreten Lieferanten als Anteil am Endproduktpreis von Interesse (Einzahlungen). Die Vorgehensweise entspricht der der Zielkostenspaltung. Vgl. Horváth/Möller (2003), S. 470. Vgl. Reichmann (2001), S. 203 und Simon (1992), S. 62, Legt man die Neuproduktentwicklung zugrunde, findet eine Übereinstimmung mit Punkt (c) der Definition einer Wertschöpfungspartnerschaft statt. Simon/Dahlhoff (1998), S. 94 betonen, dass Zielpreis als auch Zielkosten bereits in der Konzeptphase ermittelt werden sollten. Vgl. Dinger (2003), S. 487, Horváth/Möller (2003), S. 472 und Reichmann (2001), S. 205.
105
Abb. 2-11: Target Pricing und Target Costing als Bezugsrahmen und Lösungsansatz zur Bestimmung lieferantenbezogener Zahlungsströme Quelle:
Target Costing angelehnt an Reichmann (2001), S. 206
(1) Zielpreisbestimmung Im traditionellen Target Costing stehen Kostenkalküle im Vordergrund, so dass der Preis des Produktes nicht weiter differenziert wird.565) Zur Ermittlung des Preises können Instrumente und Erkenntnisse der klassischen Preispolitik des Absatzmarketing verwendet werden.566) Target Pricing beruht auf einem Outside-in-Prinzip, bei dem ausgehend von 565) 566)
106
Vgl. Horváth/Möller (2003), S. 469. Eßig (2004a), S. 140 sieht die Anwendbarkeit der klassischen Preispolitik in Verbindung einer InterNetzwerk-Preispolitik, also die Preispolitik konkurrierender Netzwerke. Die Verbindung zum Kunden und damit die End-(verbraucher-)preis bestimmende Institution kann der Abnehmer einer Wertschöpfungspartnerschaft sein, die selbst als Dyade Teil des Netzwerkes ist. Somit ist die Anwend-
den Kundenanforderungen das Ziel darin besteht, Preise für (End-) Produkte festzulegen bzw. bei der Entwicklung zu berücksichtigen, die empirisch festgestellten Zahlungsbereitschaften entsprechen.567) Der Kunde kauft ein Produkt nur dann, wenn die Differenz zwischen Nutzen für den Kunden und Preis (Nettonutzen) positiv ist.568) Eßig (2004a) fordert in diesem Sinne, dass der Zielpreis Rückschlüsse auf die Nutzenbewertungen der einzelnen Komponenten (bzw. Leistungen allgemein), von den an der Leistungserstellung beteiligten Unternehmen ermöglichen muss, um einen endkundenorientierten Zielpreis zu erreichen.569) Der Zielpreis ZP in Abbildung 2-11 wird aus diesem Grund als Summe der Zielpreise, sowohl der eigenerstellten Komponenten des Abnehmers ZPEK, als auch der Zielpreise der Komponenten der Lieferanten ZPLK gebildet. Neben der großen Bedeutung von Konkurrenzvergleichen bei der Festlegung des (Ziel-) Preises determinieren somit vor allem Kundenvorstellungen den Zielpreis.570) Die Ermittlung eines validen kundenorientierten Zielpreises lässt sich nicht auf direktem Wege ermitteln, da die Zahlungsbereitschaft allgemein geringer angegeben wird, als sie tatsächlich ist.571) Zudem wird ein atypisch hohes Preisbewusstsein induziert.572) Als Methode der indirekten Befragung kann die Conjoint-Analyse zur Bestimmung des Zielpreises Anwendung finden, indem der Preis als Eigenschaft des Produktes in die Analyse miteinbezogen wird.573) Die ConjointAnalyse eignet sich jedoch nicht nur zur Preiswirkungsmessung, sondern stellt ein Verfahren dar, das die Quantifizierung der Nutzenbeiträge der Teilkomponenten ermöglicht. Mittels der Ergebnisse der Conjoint-Analyse werden sowohl Zielpreis als auch Zielkosten des Endprodukts auf den Beitrag des Lieferanten entsprechend des Nutzenbeitrags (implizite, relative Wichtigkeit einer Komponente574)) disaggregiert (Zielpreis-/Zielkostenspaltung).
(2) Ermittlung von Teilnutzenwerten mittels Conjoint-Analyse zur Zielpreisspaltung Die Grundidee der Conjoint-Analyse liegt darin, aus empirisch ermittelten Präferenzreihenfolgen Teilnutzenwerte einzelner Produktmerkmale zu schätzen.575) Die Conjoint-
567) 568) 569) 570) 571) 572) 573) 574) 575)
barkeit auch auf die hier vorliegende Problemstellung gegeben. Eine Übersicht zu Verfahren der Preisbestimmung findet sich bei Woratschek/Roth (2003), S. 395. Vgl. Simon/Dahlhoff (1998), S. 93. Vgl. Horváth/Möller (2003), S. 469. Vgl. Eßig (2004a), S. 141 und S. 145-150. Vgl. Dinger (2003), S. 487 und Simon (1992), S. 63. Vgl. Eßig (2004a), S. 141 und Simon/Dahlhoff (1998), S. 94. Vgl. Simon (1992), S. 116. Vgl. Simon (1992), S. 116 und Woratschek/Roth (2003), S. 410. Vgl. Backhaus u.a. (2000), S. 579 sowie Simon (1992), S. 67. Vgl. Woratschek/Roth (2003), S. 410.
107
Analyse geht der Frage nach, welchen Beitrag verschiedene Komponenten zum Gesamtnutzen eines Objektes (Endprodukt) beitragen. Auf der Basis empirisch erhobener Gesamtnutzenwerte werden Teilnutzenwerte ermittelt. Ein zentrales Problem besteht in der ‚technischen’ Aufspaltung der Zielkosten, wenn technische Produktstrukturen sich nicht zu vom Kunden wahrgenommenen und damit kaufentscheidenden Komponenten zuordnen lassen (Nutzenwahrnehmung des Kunden).576) Die Conjoint-Analyse gilt als dekompositionelles Verfahren, bei dem unterstellt wird, dass sich der Gesamtnutzen additiv aus dem Nutzen der Komponenten (Teilnutzenwerte) zusammensetzt. Über eine Aggregation der individuellen Nutzenvorstellungen einer befragten Person erhält man die Nutzenstruktur aller befragten Personen.577) Produkte werden im Rahmen der Conjoint-Analyse als gebündelte Menge an Produktmerkmalen/ -eigenschaften verstanden.578) Bei der Festlegung der Produkteigenschaften ist es bedeutsam, keine Ausschlusskriterien zu verwenden, die Produktvorschläge für die befragten Personen inakzeptabel machen.579) Konform mit der Conjoint-Analyse ist die Gewichtung der Produktfunktionen entsprechend der Ermittlung merkmals- bzw. eigenschaftsbezogener Relativnutzen.580) Damit lässt sich ein Endprodukt als Bündel an Funktionen auffassen, die (a) relevant sein, (b) simultan betrachtet werden und (c) voneinander unabhängig ihre Wirkung entfalten müssen.581) Die Verwendung von Produktfunktionen ermöglicht im Sinne einer neutralen Funktionssicht eine Offenheit bei der Suche (kostengünstiger) alternativer Lösungsvorschläge zur Realisierung der jeweiligen Funktion.582) Produktfunktionen stellen das Bindeglied zwischen den Produktmerkmalen/-eigenschaften und der konkreten technischen Umsetzung dar.583) Funktionen können dabei Objektfunktionen (das physische Produkt betreffend) als auch Verrichtungsfunktionen (Service- und Zusatzleistungen) umfassen.584) Des Weiteren lässt sich eine Unterscheidung in ‚harte’ Funktionen (technische Leistung eines Produktes) und ‚weiche’ Funktionen (Benutzerfreundlichkeit, Prestige usw.) vornehmen.585)
576) 577) 578) 579) 580) 581) 582) 583) 584)
585)
108
Vgl. Fröhling (1994), S. 423. Vgl. Backhaus u.a. (2000), S. 565. Vgl. Backhaus u.a. (2000), S. 566. Vgl. Klein (2005), S. 308. Vgl. Fröhling (1994), S. 422. Vgl. Schubert (1991), S. 151-153. Vgl. Seidenschwarz (2003), S. 449. Vgl. Seidenschwarz (1993), S. 170. Vgl. Horváth/Seidenschwarz (1992), S. 145, Fröhling (1994), S. 423 kritisiert, dass eine Überbewertung der physischen Produktbestandteile stattfindet. Er schlägt eine Differenzierung in Produktleistungsbezogenheit und Dienstleistungsbezogenheit vor. Vgl. Horváth/Seidenschwarz (1992), S. 145.
Die Zielpreisspaltung setzt an der marktorientierten Funktionsmethode an. Den Ausgangspunkt bildet dabei die Produktdefinition über die von aktuellen und potentiellen Kunden geforderten Produktfunktionen.586) Die Conjoint-Analyse erlaubt sowohl eine ordinale als auch eine metrische Bewertung von Produktfunktionen.587) Für die Zielpreisspaltung bedeutend, ermöglicht die metrische Bewertung die Multiplikation des Teilnutzenwertes (Zielpreisanteil ZPA) einer Komponente mit dem Zielpreis ZP, um den Zielpreis der Komponente bestimmen zu können. Die Ermittlung des Zielpreisanteils soll an einem Beispiel nach Horváth/Niemand/Wolbold (1993) verdeutlicht werden.588) Dazu wird von sieben Komponenten K1 bis K7 eines Endproduktes ausgegangen, die von sieben Lieferanten bzw. Wertschöpfungspartnern als Vorleistung zum Endprodukt beigesteuert werden. Ziel ist es, den Bedeutungsanteil jeder Komponente und damit des Lieferanten zu ermitteln, um auf dieser Basis den Anteil am Endproduktpreis zu ermitteln. Dabei wird eine lineare Beziehung zwischen der Bedeutung und dem Anteil am Endproduktpreis unterstellt. Schritt 1: Entsprechend dem Ergebnis der Conjoint-Analyse werden die vom Kunden gewünschten Endproduktfunktionen f1 bis f8 nach ihrer Bedeutung (Teilnutzenwerte der Funktionen) gewichtet (vgl. Tabelle 2-11). Schritt 2: Um die relative Wichtigkeit einer Komponente feststellen zu können, muss bestimmt werden, in welchem Umfang (in Prozent) die Komponenten K1 bis K7 zur Erfüllung einer Produktfunktion f1 bis f8 beitragen (vgl. Tabelle 211).589)
586)
587) 588)
589)
Vgl. Fröhling (1994), S. 422, Horváth/Seidenschwarz (1992), S. 145, Reichmann (2001), S. 211 sowie Seidenschwarz (2003), S. 449, Seidenschwarz (1993), S. 157 differenziert stärker, indem beginnend mit der Bedeutung von Produktmerkmalen die Bedeutung von Produktfunktionen, Produktkomponenten sowie Produktteilen ermittelt wird. Vgl. Dichtl (1984), S. 124 und Schubert (1991), S. 136 f. Vgl. Horváth/Niemand/Wolbold (1993), S. 14 f., Dieses Beispiel vermittelt sehr deutlich und allgemein die Vorgehensweise von der Funktionsgewichtung zur Komponentengewichtung und findet auch Anwendung bei Eßig (2004a), S. 142-143. Weitere Beispiele nach der Funktionsmethode finden sich bei Horváth/Seidenschwarz (1992), S. 145-147 sowie Fröhling (1994), S. 422-424. Vgl. Horváth/Seidenschwarz (1992), S. 146, Die Verknüpfung von Funktionen und dem Grad der Erfüllung durch die Komponenten erfolgt durch Schätzung. Glaser (2006), S. 216 bezeichnet dies als bedingten Bedeutungsgrad der Komponente hinsichtlich einer Produktfunktion.
109
Funktionen
Komponenten
f1
f2
f3
f4
f5
f6
f7
f8
Summe
1,00
0,26
0,24
0,15
0,10
0,08
0,10
0,02
0,05
K1
13,4
38,7
19,0
23,0
28,8
28,2
20,0
33,6
K2
32,7
18,7
18,0
2,5
10,4
K3
50,6
6,4
20,3
25,6
23,7
30,7
K4
9,2
5,3
6,7
5,0
9,7
K5
4,2
13,7
7,0
6,2
4,8
3,3
K6 K7 Summe
100
11,3 45,0
24,6 2,3
5,0
15,6
27,8
18,7
17,0
25,0
9,7
20,0
7,7
13,7
4,3
2,7
8,8
6,5
10,0
4,9
100
100
100
100
100
100
100
Tab. 2-11: Prozess der Zielpreisspaltung I Quelle:
Horváth/Niemand/Wolbold (1993), S. 14
Schritt 3: Die Bedeutung einer Komponente wird ermittelt, indem zunächst die Bedeutung jeder Funktion mit dem Betrag multipliziert wird, den jede Komponente zur Erfüllung der Funktion leistet. Summiert man die so erhaltenen Ergebnisse je Komponente (zeilenweise) auf, erhält man die relative Bedeutung der Komponente am Endprodukt (Teilnutzenwerte der Komponenten, vgl. Tabelle 212).
110
Funktionen
f1
f2
f3
f4
f5
f6
f7
f8
Summe
0,26
0,24
0,15
0,10
0,08
0,10
0,02
0,05
1,00
ZPA K1
3,5
9,2
2,9
2,3
2,3
2,8
0,4
1,7
25,1
ZPA K2
8,5
2,8
1,8
0,2
1,0
0,6
14,9
ZPA K3
13,2
1,5
3,0
2,6
1,9
3,0
1,2
27,3
2,2
0,8
0,7
0,4
1,0
0,1
5,2
1,0
2,1
0,7
0,5
0,5
0,1
0,8
5,7
6,6
2,8
1,6
2,0
1,0
0,4
0,4
15,7
3,3
0,6
0,3
0,7
0,7
0,2
0,3
6,1
Komponenten
ZPA K4 ZPA K5 ZPA K6 ZPA K7
0,9
Summe
0,9
100,0
Tab. 2-12: Prozess der Zielpreisspaltung II Quelle:
Horváth/Niemand/Wolbold (1993), S. 14
Folgt man Abbildung 2-11, handelt es sich bei der im Rahmen der Zielpreisspaltung so ermittelten relativen Bedeutung einer Komponente am Endprodukt um den Zielpreisanteil ZPA, der über eine Multiplikation mit dem Endproduktpreis ZP und der Einbeziehung der Absatzmenge x zum Umsatzerlösanteil ZPLK eines Lieferanten führt.590)
(3) Integration in den SLV: Bestimmung der Einzahlungen et Wie erläutert, wird zur Ermittlung der Einzahlungen des Abnehmers der Endproduktpreis in Verbindung der prognostizierten Absatzmengen x pro Periode t herangezogen.591) Werden im Rahmen der marktorientierten Vorgehensweise valide Umsatzzahlen ermittelt, ist eine realistische Bezugsbasis gegeben.592) Die Dynamisierung des Target Pricing/Costing erfolgt durch die Integration der für den Produktlebenszyklus prognostizierten Mengenstrukturen und folgt damit auch dem Vorschlag, die Laufzeit im SLV auf den Beziehungslebenszyklus auszurichten, der in der Regel die Vertragslaufzeit umfasst.593) Die Vertrags-
590)
591)
592) 593)
Der Zielpreisanteil ZPA von Komponente K1 stellt im Beispiel 25,1 Prozent des Preises des Endprodukts dar. Vgl. allgemein Perridon/Steiner (2003), S. 104 sowie die Vorgehensweise im CLV bei Bruhn u.a. (2000), S. 173, Gelbrich (2001), S. 79 und Rudolf-Sipötz (2001), S. 45. Vgl. Seidenschwarz (2003), S. 447. Kaufmann (1993), S. 222 empfiehlt eine Ausrichtung des Beziehungshorizontes an der Vertragslaufzeit, die oftmals als „Model-Life-Verträge“ (Länge des Modellzyklus) ausgestaltet werden.
111
laufzeit wiederum folgt in der Regel dem Produktlebenszyklus (Serienbelieferung).594) Die Produktlebenszyklusrechnung liefert wertvolle Ansatzpunkte zur Planung der Ein- und Auszahlungsströme.595) Aus den Mengenstrukturen der Lebenszyklusphasen lässt sich der zeitliche Anfall (im Sinne einer dynamischen Investitionsrechnung) der Einzahlungen bestimmen. Aus einer stückbezogenen Kalkulation wird eine lebenszyklusorientierte Ergebnisrechnung.596) Ein dynamisches Target Costing berücksichtigt periodenspezifische, zukünftige Zahlungsströme eines Produktes, so dass Target Costing und die Lebenszykluskostenrechnung in einem komplementären Verhältnis zueinander stehen.597) Eine Integration in den SLV wird dadurch ermöglicht. Neben der Menge muss der Preis des (End-) Produktes und jeder zugehörigen Komponente selbst in Abhängigkeit der Zeit variiert werden, sofern sich deren Nutzenbeitrag aus Verwendersicht verschiebt. Bei der Preissetzung können Lebenszyklusaspekte mit einbezogen werden.598) Eine Dual Sourcing- oder Multiple Sourcing-Strategie lässt sich relativ einfach integrieren,599) indem sich die prognostizierte Absatzmenge auf mehrere Lieferanten verteilt. Wechselbeziehungen können ausgeblendet werden, geht man von einer vertraglich festgelegten oder zumindest geplanten Liefermenge je Lieferant aus. Des Weiteren sind Wertschöpfungspartnerschaften tendenziell einer Single-Sourcing-Situation zuzuordnen.600) Barwert der lieferantenbezogenen Einzahlungen
Barwert E
T xt 1 Zielpreis LK m (1 i ) t t 1
(2-6)
xt = Prognose der Absatzmenge im Jahr t ZielpreisLK = Zielpreis der Lieferantenkomponente LK m = Anzahl Lieferanten je Komponente bei Gleichverteilung der Bedarfsmenge oder 1 als individueller Lieferanteil eines Lieferanten bei Ungleichverteilung allgemein: m
Damit ergeben sich die Einzahlungen et = xt 1 Zielpreis LK m
594) 595) 596) 597) 598) 599) 600)
112
Vgl. Mussnig (2001a), S. 141, Pohl/Thielen (2006), S. 13 und Seidenschwarz (2003), S. 446. Vgl. Franz (1997), S. 281. Vgl. Mussnig (2001a), S. 141. Vgl. Franz (1997), S. 282. Vgl. Horváth/Möller (2003), S. 470. Vgl. Homburg (1995), S. 813 ff. Vgl. Kapitel 2.1.1 und Kapitel 2.1.2
2.3.1.4 Ermittlung lieferantenspezifischer Auszahlungen Target Costing geht der Frage nach, was ein Produkt kosten darf und ist in diesem Sinne ein marktorientiertes Kostenmanagement.601) Target Costing basiert vom Grundsatz her auf Vollkosten.602) Zur differenzierteren Darstellung des Kostenanfalls wird in direkte und indirekte Kosten unterschieden und insbesondere dem Leistungsaustausch Rechnung getragen, indem der prozessorientierte Gemeinkostenanfall berücksichtigt wird.603) Somit folgt die Überleitung in direkte und indirekte Auszahlungen der Einteilung in direkte (Einzel-) und indirekte (Gemein-) Kosten.604) Zur differenzierten Bewertung innerhalb eines Kooperationscontrollings unterscheidet Pampel (1993a) Beschaffungskosten605) im weiteren Sinne in Beschaffungsobjektkosten, Kosten der Kooperationsaktivität des Lieferanten (Beschaffungsfremdkosten) sowie Beschaffungsleistungskosten (Beschaffungseigenkosten) des Abnehmers.606) Beschaffungsobjektkosten einschließlich der Kosten der Kooperationsaktivität des Lieferanten lassen sich über Materialeinstandspreise607) der Beschaffungsobjekte direkt ermitteln.608) Beschaffungsleistungskosten sind jene Kosten, die für die Koordination der Wertschöpfungspartnerschaft dem Abnehmer als Gemeinkosten entstehen, also Transaktionskosten des Abnehmers.609) Eine differenzierte Darstellung der für den Abnehmer direkten Kosten (Materialeinstandspreis) sowie indirekten Kosten (Beschaffungsleistungskosten) hat für Wertschöpfungspartnerschaften mit einem spezifischen Leistungsaustausch besondere Relevanz, da die Transaktionskosten mit zunehmender Spezifität steigen. Eine Nichtberücksichtigung würde zu Fehlentscheidungen führen. Stellen die ermittelten und auf Komponentenebene zu disaggregierenden Target Costs den Preis dar, den der Lieferant im Leistungsaustausch für eine Komponente von dem Abnehmer erhält,610) werden Gemeinkosten des Abnehmers ausgeblendet bzw. auf einer Teilkostenbasis argumentiert.611) Entsprechend der Vollkostenbasis muss bei der Ermittlung von Target Costs sowohl den Materialeinzelkosten (Materialeinstandspreis) einer Kompo601) 602)
603) 604) 605)
606)
607) 608)
609) 610) 611)
Vgl. Seidenschwarz (1991), S. 199. Vgl. Broda/Schäfer (2005), S. 404, Horváth/Seidenschwarz (1992), S. 144, Horváth/Möller (2003), S. 463 sowie Seidenschwarz (1993), S. 82. Dabei werden jene indirekten Kosten erfasst, die einer Austauschbeziehung zurechenbar sind. Vgl. Eisele (2002), S. 647. Arnold (1997), S. 185 subsumiert unter Beschaffungskosten den Einstandspreis zuzüglich der Bestellkosten des Abnehmers sowie Lagerkosten. Vgl. Pampel (1993a), S. 78 sowie auch Ford u.a. (1998), S. 113, „direct procurement costs“ und „relationship handling costs“. Vgl. zu Einstandspreisen Arnold (1997), S. 185. Es ist davon auszugehen, dass Kosten der Kooperationsaktivität des Lieferanten als Gemeinkosten dem Beschaffungsobjekt zugerechnet und über den Materialeinstandspreis abgegolten werden. Vgl. zu Transaktionskosten der Kooperation Pampel (1993a), S. 78. Vgl. Eßig (2004a), S. 141. Vgl. zur Kritik an der Vollkostenrechnung Eisele (2002), S. 740-743.
113
nente als auch die dem Leistungsaustausch zurechenbaren Gemeinkosten des Abnehmers Rechnung getragen werden.612) Target Costing kann in dieser Weise herangezogen werden, um Wertschöpfungspartnern eine „harte“ Zielvorgabe hinsichtlich der Beschaffungsobjektkosten zu machen. Zudem wirken die Zielkosten diesbezüglich als feste Größe zur Abschätzung der Kosten (Kostenplanung) und unterstützen somit die Prognostizierbarkeit der direkten Auszahlungen im SLV in Abhängigkeit der Absatzmenge (Absatzprognosen).613) Neben diesen als Beschaffungsobjektkosten zu qualifizierenden direkten Kosten des Abnehmers (einschließlich der Kosten der Kooperationsaktivität des Lieferanten) müssen die Beschaffungsleistungskosten des Abnehmers, die im Leistungsaustausch entstehen, ebenfalls bei der Disaggreagtion von Komponentenzielkosten berücksichtigt werden. Sind in einer Wertschöpfungspartnerschaft intensive Abstimmungen zwischen Lieferant und Abnehmer erforderlich, entstehen Transaktionskosten, die Berücksichtung finden müssen. Das Target Costing muss daher der Forderung nachkommen, die Zielkosten einer Komponente als Summe der direkten Kosten und den einer konkreten Wertschöpfungspartnerschaft zurechenbaren indirekten Transaktionskosten (im Sinne von Kostenträgergemeinkosten614)) des Abnehmers zu verstehen.
2.3.1.4.1 Direkte Auszahlungen
(1) Ermittlung der Target Costs Bei der Reinform des Target Costing werden die Zielkosten mittels „Market into Company“ ermittelt.615) Dies entspricht der bereits erläuterten Vorgehensweise, bei der Zielkosten aus den am Markt erzielbaren Preisen abzüglich einer Gewinnspanne abgeleiteten werden.616) Die Zielkosten stellen dann vom Markt erlaubte Kosten dar („allowable costs“617)), denen „drifting costs“ 618) (aktuelle Plankosten bzw. Standardkosten619)) gegenübergestellt werden.620) Darunter werden die Kosten verstanden, die auf der Basis des Status Quo bei 612)
613) 614) 615)
616) 617) 618) 619)
620)
114
Vgl. Mussnig (2001a), S. 142, Die Zielkosten setzen sich im Wesentlichen aus Materialeinzel- und Gemeinkosten zusammen. Vgl. zur Kostenplanung mittels Target Costing Dinger (2003), S. 487. Vgl. Eisele (2002), S. 647. Vgl. Seidenschwarz (1991), S. 199, Daneben sind noch „out of Company“, „into and out of Company“, „out of Competitor“ sowie „out of Standard Costs“ möglich. Vgl. auch Horváth/Seidenschwarz (1992), S. 144. Vgl. Seidenschwarz (1991), S. 199. Reichmann (2001), S. 206, im Original hervorgehoben. Reichmann (2001), S. 206, im Original hervorgehoben. Vgl. Horváth/Seidenschwarz (1992), S. 150, Standardkosten sind „[b]ei Aufrechterhaltung vorhandener Technologie- und Verfahrensstandards im Unternehmen erreichbare Plankosten, bezogen auf die Lebensdauer für ein Produkt vorgegebener Qualität“. Vgl. Seidenschwarz (1991), S. 200 sowie das Zahlenbeispiel bei Reichmann (2001), S. 206 f.
der Leistungserstellung verursacht werden. Stimmen diese nicht überein, entsteht eine Target Cost Gap (Zielkostenlücke), deren Abbau hin zum Konsens der „managed costs“621) erfolgen muss (vgl. Abbildung 2-11).622) Darunter versteht man ein Kostenziel, das zwischen dem momentan unerreichbaren Soll-Zustand und dem Ist-Zustand (Planoder Standardkosten) liegt.623) Die Target Cost Gap zeigt jene Ausprägung an, die durch entsprechende Maßnahmen mindestens erreicht bzw. geschlossen werden muss, um langfristig wettbewerbsfähig zu sein.624) Im Ergebnis stellen die „managed costs“ als eine Abwägung zwischen den vom Markt erlaubten und den Standardkosten die tatsächlichen Target Costs dar, es sei denn der Wettbewerb erlaubt keine Abweichung von “allowable costs“ und Target Costs, die für diesen Fall identisch sind.625)
(2) Zielkostenspaltung Analog der Zielpreisspaltung werden die ermittelten Target Costs nach der Funktionsmethode auf Funktionskosten und Komponentenkosten entsprechend der Teilnutzenwerte herunter gebrochen.626) Dabei stellen die Komponentengewichte aus Tabelle 2-12 die Zielkostenanteile ZKA der Komponenten K1 bis K7 dar. Über eine Multiplikation des Zielkostenanteils mit den Target Costs kommt man zum Kostenanteil einer Komponente an den Gesamtkosten. Dieser Kostenanteil muss in Einzel- und Gemeinkostenanteil differenziert werden, um somit den (direkten) Kostenanteil eines Lieferanten an den Komponentenzielkosten zu bestimmen. Über einen Zielkostenindex lässt sich die Abweichung von den tatsächlichen Kosten eines Lieferanten zu den anteiligen Zielkosten berechnen und dient der Kontrolle der Angemessenheit der Komponentenkosten im Verhältnis zum Teilnutzenwert.627) Idealerweise ist der Zielkostenindex gleich eins (ZI = 1). Damit stimmen erlaubte Zielkosten und Standardkosten des Lieferanten überein. Die erlaubten Abweichungen bedürfen eines Toleranzbereiches, der im Zielkostenkontrolldiagramm dargestellt wird. Die erlaubten Abweichungen vom Optimalwert sind im Bereich niedriger Teilnutzenwerte höher, als im Bereich hoher Teilnutzenwerte.628) Erreicht der Lieferant die vom Markt erlaubten Kosten nicht, 621) 622) 623) 624) 625) 626)
627) 628)
Reichmann (2001), S. 207, im Original hervorgehoben. Vgl. Reichmann (2001), S. 206 f. Vgl. Reichmann (2001), S. 207. Vgl. Reichmann (2001), S. 206. Vgl. Horváth/Seidenschwarz (1992), S. 144 und Seidenschwarz (1991), S. 200. Vgl. Horváth/Seidenschwarz (1992), S. 145 sowie Fröhling (1994), S. 422 und Reichmann (2001), S. 210, Neben der Funktionsmethode erfolgt die Aufteilung der Target Costs bei der Komponentenmethode nach den Kostenrelationen eines Vorgänger- oder Referenzmodells. Vgl. Horváth/Seidenschwarz (1992), S. 147 und Reichmann (2001), S. 211. Vgl. Horváth/Seidenschwarz (1992), S. 147 f.
115
weil seine Standardkosten zu hoch sind, sind Lieferantenentwicklungsmaßnahmen zu ergreifen.629) Überträgt man diesen Sachverhalt im folgenden Punkt (3) auf Zahlungsgrößen des SLV, so steigt der SLV, indem die direkten Auszahlungen nach der Entwicklungsmaßnahme verringert werden. Ebenso denkbar ist eine Effizienzsteigerung des Leistungsaustauschs, so dass ebenfalls eine Auswirkung auf die indirekten Auszahlungen zu beobachten ist.
(3) Integration in den SLV: Bestimmung der direkten Auszahlungen at Unter Einbeziehung der für den Lebenszyklus prognostizierten Jahresabsatzmengen630) x und der Beschaffungsobjektkosten lassen sich die direkten Auszahlungen je Periode prognostizieren.631) Interdependenzen zwischen direkten und indirekten Kosten treten bei der Wahl von mehr als einem Lieferanten je Komponente auf, weshalb direkte Kosten nicht losgelöst von der Lieferantenzahl je Beschaffungsobjekt und den damit verbundenen (indirekten) Transaktionskosten betrachtet werden können. Für mehr als eine Lieferquelle lassen sich folgende Auswirkungen auf die direkten und indirekten Kosten feststellen. Homburg (1995) untersucht die optimale Lieferantenzahl (Lieferant pro Komponente) hinsichtlich den Gesamtversorgungskosten, die aus einer Addition von Transaktionskosten und Nichtverfügbarkeitskosten entstehen.632) Die Anteile der Kostenbestandteile an den Gesamtversorgungskosten variieren mit der Zahl der Lieferanten für ein Beschaffungsobjekt. Die Nichtverfügbarkeitskosten lassen sich als Risiko über den Diskontierungsfaktor integrieren.633) Die Transaktionskosten, im Modell als indirekte Gemeinkosten des Abnehmers abgebildet, steigen mit der Zahl der Lieferanten.634) Lassen sich die Einzahlungen noch entsprechend der Zahl der Lieferanten aufteilen, steigen die indirekten Auszahlungen mit der Zahl der Lieferanten an. Zur Einhaltung der Target Costs variiert das Verhältnis von direkten und indirekten Kosten mit der Lieferantenzahl. Die direkten Kosten umfassen den Anteil z, die indirekten den Faktor 1-z an den Target Costs (vgl. Gleichung 2-7). Dies ist konform mit der Zielsetzung der Reduzierung der Einstandspreise 629)
630)
631)
632) 633) 634)
116
Entsprechend der Produktzentrierung schlägt Glaser (2006), S. 217 die Verwendung alternativer Produktkomponenten bei unverändertem Erfüllungsgrad der Funktionen vor (Wertanalyse). Dinger (2003), S. 494 sieht einen wertschöpfungsorientierten Weg der Zielkostenerreichung in der Gestaltung von Zulieferer-Abnehmer-Beziehungen und liefert damit einen Ansatz für Lieferantenentwicklungsmaßnahmen. Geht man davon aus, dass bei Wertschöpfungspartnerschaften eine Just-in-Time-Belieferung stattfindet, können Bestell- und Absatzmenge synonym verwendet werden (keine Lagerhaltung). Die Lagerhaltungskosten entfallen in Folge auch bei der Bewertung der Beschaffungskosten. Vgl. allgemein Perridon/Steiner (2003), S. 104 sowie Ansätze zum CLV bspw. Bruhn u.a. (2000), S. 173, Gelbrich (2001), S. 79 und Rudolf-Sipötz (2001), S. 45. Vgl. Homburg (1995), S. 817. Vgl. zum Risiko der engen Bindung weniger Lieferanten Homburg (1995), S. 815. Vgl. Homburg (1995), S. 818.
(direkte Kosten) durch die Stimulierung des Marktwettbewerbs bei einer Dual- oder Multiple-Sourcing-Strategie (Fall A).635) Die anteiligen direkten Zielkosten des Lieferanten müssen entsprechend nach unten korrigiert werden, um eine Einhaltung der ermittelten (gesamten) ZielkostenLK einer Komponente durch erhöhte Koordinationskosten (Beschaffungsleistungskosten des Abnehmers) zu gewährleisten (z als Ausgleichsfaktor). Andererseits klammert Fall A das Auftreten von Skaleneffekten bei Bedarfsbündelung bei einem Lieferanten aus. Wird die Lieferantenzahl erhöht, kann entgegen obiger Argumentation auch ein Ansteigen des Einstandspreises durch die Aufgabe von Skaleneffekten die Folge sein (Fall B). Primäres Ziel ist bei dieser Beschaffungsstrategie die Senkung der Nichtverfügbarkeitskosten, so dass im Kostenkalkül insgesamt zwar eine Einhaltung der (über eine Kostenrechnung messbaren Anteile) Zielkosten schwerer wird (beide Kostenbestandteile steigen tendenziell an) aber dennoch die Einhaltung oder Erreichung eines Target SLV durch die Senkung der Nichtverfügbarkeitskosten gewährleistet wird. Nichtverfügbarkeitskosten haben den Charakter von kalkulatorischen Kosten und lassen sich aber in einem pagatorischen Kostensystem über den Diskontierungsfaktor abbilden. Ein Zahlenbeispiel soll dies verdeutlichen: Beispiel: Betrachtet wird eine einperiodige Lieferbeziehung. Die erwarteten Einzahlungen einer Komponente betragen 100,00. Die Beschaffungsobjektkosten betragen 10,00, die Transaktionskosten 2,00 (zahlungswirksame Bestandteile). Der Diskontierungsfaktor (inklusive des Risikofaktors) beträgt 10 Prozent. Bei einer SingleSourcing-Strategie ergibt sich ein einperiodiger Lieferantenwert in Höhe von [100,00 – (10,00 + 2,00)]/1,1 = 80,00. Bei Hinzunahme eines weiteren Lieferanten ergibt sich bei Gleichverteilung des Jahresbedarfs jeweils ein zurechenbarer Einzahlungsbetrag in Höhe von 50,00. Die Transaktionskosten sollen auf 3,00 ansteigen (gleichverteilt). Ebenfalls sollen die Materialeinstandspreise (Beschaffungsobjektkosten) aufgrund der Aufgabe von Bündelungseffekten bei einem Lieferanten auf insgesamt 12,00 ansteigen. Allerdings sinkt der Risikofaktor, indem die Nichtverfügbarkeitskosten reduziert werden. Dies drückt sich in einem verminderten Diskontierungsfaktor aus, der jetzt 5 Prozent betragen soll. Der Lieferantenwert, der für beide Lieferanten aufgrund der hier strengen Prämissen gleich ist, ergibt nun [50 – 7,5]/1,05 = 40,48 (Lieferantenwerte halbiert für m = 2 Lieferanten). Bezogen auf die Komponente ergibt sich ein Kapitalwert als Summe der Lieferantenwerte (zur Vergleichbarkeit) in Höhe von 80,96, der über dem vorhergehenden Kapitalwert liegt.
Die Verringerung des Risikos hat in diesem Beispiel den Einstandspreisnachteil durch die Aufgabe von Bündelungseffekten sowie die erhöhten Transaktionskosten überkompensiert. Trotz Nichteinhaltung wird durch den Risikoeffekt bspw. ein Target SLV eingehalten. In einem einfachen Kostenkalkül müssten die Nichtverfügbarkeitskosten als absolute Größe geschätzt werden, indem sie Bestandteil der Zielkosten werden. Andernfalls steigen die Kosten bei Dual- oder Multiple-Sourcing für Fall B absolut, so dass unter dem Gesichtspunkt des Bündelungseffekts immer eine Single-Sourcing-Strategie sinnvoll ist. Der
635)
Vgl. Arnold (2000), S. 43.
117
hier gewählte Ansatz folgt der relativen Einbeziehung des Risikos (der Nichtverfügbarkeit) als Diskontierungsfaktor. Ohne die Einbeziehung von Einzahlungen lässt sich dieser Effekt einer wertorientierten Bewertung nicht darstellen. Weitere Effekte sind denkbar, so dass bspw. die Beschaffungskosten trotz einer Dualoder Multiple-Sourcing Strategie gleich bleiben können, wenn die Aufgabe von Bündelungs-/Skaleneffekten durch den Wettbewerbseffekt kompensiert wird. Barwert der lieferantenbezogenen direkten Auszahlungen T xt 1 Materialeinstandspreis LK m (1 i ) t t 1
Barwert Ad
(2-7)
Nebenbedingung: MaterialeinstandspreisLK = z Zielkosten LK xt = Prognose der Absatzmenge im Jahr t MaterialeinstandspreisLK = Beschaffungsobjektkosten einer Komponente LK (je Einheit) m = Anzahl Lieferanten je Komponente bei Gleichverteilung der Bedarfsmenge oder allgemein: 1 als individueller Lieferanteil eines Lieferanten bei Ungleichverteilung m
z = Anteil der direkten Kosten an den ZielkostenLK einer Komponente LK ( mit z < 1)
2.3.1.4.2 Indirekte Auszahlungen
Im Rahmen der Zielkostenspaltung werden verschiedene Alternativen nicht nur in Bezug auf direkt beeinflussbare (Einzel-) Kosten hin bewertet, sondern auch deren Wirkung auf den Gemeinkostenbereich.636) Zielsetzung bei der Realisierung von Funktionen durch eine Komponente ist nicht nur die Effektivität (das richtige Produkt aus Kundensicht), sondern auch die Effizienz der produktionstechnischen Umsetzung und der Effizienz des verbundenen Leistungsaustauschs zwischen Lieferant und Abnehmer. Zur zweckmäßigen Erfassung und Ermittlung der Koordinationskosten des Abnehmers muss die Struktur der Kostenrechnung verbessert werden, indem der Gemeinkostenbereich der Beschaffung durch eine Prozesskostenrechnung besser quantifiziert werden kann.637) Seidenschwarz (1991) hält für eine differenziertere Kostenplanung den Einsatz der Prozesskostenrechnung im Target Costing für geeignet.638) Die mangelnde Berücksichtigung von Gemeinkosten der Leistungserstellung und des Austauschprozesses im Target Costing lässt sich mit der Pro636) 637) 638)
118
Vgl. Seidenschwarz (2003), S. 450. Vgl. Pampel (1993a), S. 79 und Seidenschwarz (2003), S. 450. Vgl. Seidenschwarz (1991), S. 201 ebenso Fröhling (1994), S. 423 f.
zesskostenrechnung beheben.639) Schimank (2003) betont die Prozessorientierung unternehmensübergreifender Wertschöpfungspartnerschaften und leitet daraus das Erfordernis einer Prozesskostenrechnung in Einkauf und Logistik ab.640) Über die Zuordnung der Transaktions- bzw. Prozesskosten zu einer Komponente LK lassen sich diese Kosten ebenfalls einem Lieferanten im SLV zuordnen. Beschaffungsleistungskosten, als die Prozesskosten des Abnehmers im Leistungsaustausch, fallen weitestgehend unabhängig von der Produktionsmenge an, sowohl für den Aufbau, Aufnahme der Leistungsbeziehung sowie Kontrolle und Anpassung nach Vertragsabschluss, als auch in Abhängigkeit der Bestellvorgänge in der Serienbelieferung, wodurch sie sich von den Einzelkosten unterscheiden.641) Prozesskosten sind Ausdruck der Inanspruchnahme von Ressourcen. Insbesondere Personalkosten stellen die dominante Kostenart im indirekten Bereich dar.642) Gemeinkostenprozesse sind in der Regel abteilungs- und kostenstellenübergreifend.643) Mittels der Prozesskostenrechnung lassen sich die Kosten von den Kostenstellen (beim Abnehmer) auf die Aktivitäten und Prozesse des Leistungsaustauschs (einer Komponente LK) mit dem Lieferanten verrechnen.644) Ein Prozess ist „eine auf die Erbringung eines Leistungsoutputs gerichtete Kette von Aktivitäten.“645) Die Prozesskostenrechnung erfolgt durch eine vertikale Detaillierung des Prozesses. Ausgehend von Geschäftsprozessen über Hauptprozesse werden Aktivitäten (Teilprozesse) und deren Tätigkeiten bewertet.646) Die Anwendbarkeit der Prozesskostenrechnung ist vor allem bei Aktivitäten mit einem hohen Wiederholungs- und Standardisierungsgrad gegeben. Für unstrukturierte Tätigkeiten ist die Prozesskostenrechnung nicht geeignet.647) Aktivitäten des Beziehungsaufbaus und zur Aufnahme des Leistungsaustauschs weisen in der Regel einen hohen Individualisierungsgrad auf, der durch die Spezifität der Austauschbeziehung determiniert wird. Für Wertschöpfungspartnerschaften scheinen die Anwendung und die Eignung der Prozesskostenrechnung mangels Vergleichbarkeit (Standardisierung) der Aktivitäten nur begrenzt möglich zu seine. Einen Ansatz der Anwendung stellt die Vergleichbarkeit mit der verwandten Kategorie Vorleistungsprozesse als einer von drei Standardprozesskategorien der
639) 640) 641)
642) 643) 644) 645) 646) 647)
Vgl. Horváth/Seidenschwarz (1992), S. 144. Vgl. Schimank (2003), S. 390. Vgl. Picot (1982), S. 271, Anbahnungs-, Vereinbarungs-, Kontroll-, Anpassungskosten sowie die Frage der optimalen Bestellmenge („mittelbare Beschaffungskosten“) bei Arnold (1997), S. 165. Vgl. Kajüter (2002), S. 253 und S. 268. Vgl. Horváth/Mayer (1995), S. 62. Vgl. Kajüter (2002), S. 253. Horváth/Mayer (1995), S. 61, im Original kursiv. Vgl. Kajüter (2002), S. 252. Vgl. Kajüter (2002), S. 266.
119
Prozesskostenrechnung dar, indem in gleicher Weise weitgehend standardisierte Aktivitäten identifiziert werden.648) Wildemann (2000) zeigt eine Systematisierung und Strukturierung von Einkaufsprozessen (Prozessmodelle) strategischer als auch operativer Art auf, die eine Anwendung der Prozesskostenrechnung auf Einkauf und Beschaffung ermöglicht.649) Der strategische Einkaufsprozess wird unterschieden in einen entwicklungsprozessbezogenen Einkaufsprozess (und -aktivitäten) und grenzt sich gegenüber einem entwicklungsprozessunabhängigen strategischen Einkaufsprozess (und -aktivitäten) ab.650) Zu entwicklungsprozessbezogenen Einkaufsaktivitäten gehören bspw. Machbarkeitsstudien, Make-or-Buy-Entscheidungen, Technologie- und Beschaffungsmarktforschung, Lieferantensuche, System- und Moduldefinition, Durchführung von Konzeptwettbewerben, Lieferantenauswahl, Preis- und Konditionenverhandlung.651) Eine entwicklungsprozessunabhängige Einkaufsaktivität des Beziehungsaufbaus stellt bspw. der Abschluss eines Rahmenvertrages dar.652) Die Prognostizierbarkeit von Gemeinkosten im Beziehungsaufbau wird durch standardisierte Aktivitäten beim Beziehungsaufbau sowohl entwicklungsprozessbezogen als auch entwicklungsprozessunabhängig unterstützt. Einen verfeinerten Lösungsansatz der Gemeinkostenermittlung im Beziehungsaufbau, insbesondere für die Problematik standardisierter Aktivitäten bei Wertschöpfungspartnerschaften bieten in Anlehnung an die Determinante Spezifität Lieferantenportfolios, die diese als Dimension integrieren.653) Die Unterscheidung von Lieferantenbeziehungstypen als auch die resultierenden differenzierten Strategieempfehlungen sind Anhaltspunkte der Intensität der Zusammenarbeit und bestimmen damit einhergehend das Ausmaß der Beschaffungsleistungskosten seitens des Abnehmers. Werden vergleichbare Beziehungstypen extrahiert und mit Vergangenheitswerten belegt, lassen sich die Beschaffungsleistungskosten prognostizieren, indem für jeden Beziehungstyp ein beziehungstypspezifischer Beschaffungsprozess identifiziert und mit einem (individuellen) Portfolio zugehöriger Aktivitäten hinterlegt wird. Entgegen der fallweisen Einzelbeschaffung im Bedarfsfall fällt bspw. bei einem Beziehungstyp, dem ein Rahmenvertrag zugrunde liegt, die wiederholte Aktivität der Lieferantenauswahl weg.654)
648)
649) 650)
651) 652) 653) 654)
120
Vgl. Horváth/Mayer (1995), S. 64, Neben Vorleistungsprozessen werden Betreuungsprozesse (bspw. „Lieferanten betreuen“) und Abwicklungsprozesse (bspw. „Bestellprozesse“) unterschieden. Vorleistungsprozesse sind „administrativ-planerische Aktivitäten in der Produktentwicklungsphase“, im Original kursiv. Vgl. zu Prozessmodellen Wildemann (2000), S. 394-407. Vgl. Wildemann (2000), S. 394 f., Daneben findet eine Unterscheidung in Produktionsmaterial und Nicht-Produktionsmaterial statt. Vgl. Wildemann (2000), S. 395. Vgl. Kajüter (2002), S. 268. Vgl. zu Lieferantenportfolios mit der Portfoliodimension „Spezifität“ bspw. Fröhling (1999), S. 482. Vgl. Wildemann (2000), S. 402.
Bei der Betrachtung der Lieferantenentwicklung als Option wird davon ausgegangen, dass die Wertschöpfungspartnerschaft aufgrund einer bereits getätigten Einstiegsinvestition existiert, so dass für die Optionsbewertung im Gegensatz zum Beziehungseinstieg vor allem Prozesskosten des laufenden Betriebs bewertet werden müssen (Betreuungs- und Abwicklungsprozesse).655) Prozesskosten der Entwicklungsmaßnahme sind im Projektbudget eingeschlossen und müssen, bspw. auf der Basis einer Kalkulation von Manntagen, in das Bewertungsmodell integriert werden. In der Serienbelieferung (laufender Betrieb) fallen repetitive Aktivitäten an, die als messbare Kostentreiber monetär bewertet werden können.656) Der Kostentreiber ist eine Maßgröße, der das Kostenvolumen in allen betroffenen Kostenstellen bestimmt.657) So führt einer Verdopplung der Hauptprozessdurchführungen (gemessen durch den Cost Driver) zu einer Verdopplung der Ressourcenbeanspruchung.658) Die Aktivität „Bestellung“ stellt eine verhältnismäßig einfach abzubildende repetitive Aktivität dar und lässt sich eindeutig durch Tätigkeiten beschreiben und über die Inanspruchnahme von Kostenstellen quantifizieren. Der Kostentreiber ist die Anzahl der Bestellvorgänge, womit die Frage der optimalen Bestellmenge eingeschlossen wird.659) Hierbei handelt es sich um leistungsmengeninduzierte (lmi) Aktivitäten, die durch die Maßgröße ‚Anzahl der …’ (Aktivitätsmenge) quantifiziert werden (Zählgröße für die Anzahl der Prozessdurchführungen).660) So lassen sich auch mit der „Anzahl der Rahmenverträge“ der Aktivität „Abschluss von Rahmenverträgen“ oder auch der „Anzahl der Lieferanten“ der Aktivität „Lieferantenbewertung“ (auch im Sinne einer Kontrolle ex post Vertragsabschluss) Maßgrößen zur Bestimmung der Prozesskosten ermitteln. Durch die Addition der Aktivitätskosten ergeben sich die Kosten des Prozesses. Werden diese dann durch die Prozessmenge dividiert, erhält man mit dem Prozesskostensatz die durchschnittlichen Kosten eines Prozesses.661) Die Maßgröße bestimmt die Anzahl der Prozesse, über deren periodenspezifische Gesamtzahl multipliziert mit dem Prozesskostensatz die Beschaffungsleistungskosten (TAKLK) pro Periode hinsichtlich einer Komponente LK errechnet werden.662) Auf diese Weise lassen sich bspw. die Bestellkosten in Abhängigkeit der Lieferabrufe pro Jahr während der Serienbelieferung ermitteln. Analog des zeitlichen Anfalls der Auszahlungen hinsichtlich des Produktlebenszyklus, lassen sich ebenfalls Schwan655) 656) 657) 658) 659) 660)
661) 662)
Vgl. zu Betreuungs- und Abwicklungsprozessen Horváth/Mayer (1995), S. 64. Vgl. Kajüter (2002), S. 266. Vgl. Kajüter (2002), S. 269. Vgl. Horváth/Mayer (1995), S. 65. Vgl. Kajüter (2002), S. 267 f. Vgl. Schimank (2003), S. 393 sowie Kajüter (2002), S. 268, Daneben lassen sich noch leistungsmengenneutrale (lmn) Aktivitäten unterscheiden, die keine Abhängigkeit von einer Maßgröße aufweisen. Vgl. Kajüter (2002), S. 270. Vgl. zur mengenorientierten Gemeinkostenermittlung Horváth/Mayer (1995), S. 65.
121
kungen im Gemeinkostenbereich ausmachen, die einer zeitlichen Zuordnung des Kostenanfalls bedürfen.663) Für den Koordinationsprozess werden mit „Target Budgets“ (Gemeinkosten-) Zielwerte gesetzt.664) Diese entsprechen dem Anteil (1–z) an den ermittelten ZielkostenLK einer Komponente auf Periodenbasis (vgl. Gleichung 2-8). Barwert der lieferantenbezogenen indirekten Auszahlungen Barwert A
i
T TAK LK t ( 1 i)t t 1
(2-8)
Nebenbedingung: TAKLK = (1 z) Zielkosten LK (TAKLK = Transaktionskosten auf ein Beschaffungsobjekt bezogen) Transaktionskosten TAK LK t = Beschaffungsleistungskosten des Abnehmers bezüglich einer Komponente LK (je Austauschbeziehung (gesamt) je Zeiteinheit Jahr über die Beziehungsdauer T) 1–z = Anteil der indirekten Kosten an den ZielkostenLK einer Komponente LK ( mit z < 1) Damit ergeben sich Auszahlungen at = xt 1 Materialeinstandspreis LK TAK LK t m
2.3.1.4.3 Rationalisierungseffekte zur Senkung der Auszahlungen Werden die vom Markt erlaubten Kosten nicht erreicht, bietet die Erschließung von Rationalisierungseffekten eine Möglichkeit, das Niveau der „managed costs“ zu erreichen. Bogaschewsky (1994) verwendet Rationalisierung als Fokus der Zusammenarbeit mit Lieferanten und versteht unter „Rationalisierungsgemeinschaften“ die partnerschaftliche Zusammenarbeit von Abnehmern mit Lieferanten zum Zwecke der Rationalisierung.665) Rationalisierung bedeutet, die Beziehung so effizient wie möglich zu gestalten, insbesondere geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um potentielle Erfahrungskurveneffekte ausschöpfen zu können.666) Besonders die Aktivität der Lieferantenentwicklung in Wertschöpfungspartnerschaften verfolgt neben dem Effektivitätsziel mit dem Effizienzziel eine Rationalisierung von Abläufen und Prozessen, indem diese kostengünstiger gestaltet werden. Rationalisierungseffekte sind im (ursprünglichen) Konzept des Target Costing nicht vorgesehen, insbesondere berücksichtigt es keine möglichen Kostensenkungen durch Lern- und 663)
664) 665) 666)
122
Vgl. Horváth/Möller (2003), S. 475 sowie Wildemann (2000), S. 397, Aktivitäten im Einkaufsprozess fallen zu unterschiedlichen Zeitpunkten an. Vgl. Horváth/Möller (2003), S. 475. Vgl. Bogaschewsky (1994), S. 97. Vgl. Pampel (1993b), S. 197.
Erfahrungskurveneffekte.667) Marktorientiertes Zielkostenmanagement ist auf die Produktlebenszeit ausgerichtet und bezieht sich auf die totalen Kosten, die ein Produkt verursacht.668) Die Zielkosten LK einer Komponente lassen sich in diesem Sinne als statische Größe auffassen,669) obwohl die zunehmende Dynamik eine Dynamisierung des Konzeptes verlangt. Die folgenden Modifikationen erlauben eine Dynamisierung der Zielkosten und zeigen Ansätze der konkreten Implementierung auf. Die Vereinbarung von Zielkosten mit einem Lieferanten erfolgt bereits in der Produktentwicklung und stellt eine Zielgröße vor der Serienfertigung dar. In der Regel genügt es jedoch nicht, dass während der Serienbelieferung vereinbarten Kosten demzufolge eingehalten werden, sondern es werden darüber hinaus normativ Kostensenkungsmaßnahmen vorgegeben, das bedeutet vom Lieferanten verlangt und vertraglich fixiert.670) Die Erfahrungskurve leistet dabei eine wesentliche Orientierungsaufgabe (Rationalisierungsziele).671) Bezieht man Kostensenkungsmaßnahmen auf einen konstanten Prozentsatz s pro Periode t, lässt sich der SLV modifizieren (SLV angepasst auf den Zeitpunkt tn der Optionsausübung).672) T
SLV
T
et
t n (1 i )
t n
t n
at 1 s t n 1 (1 i ) t n
(2-9)
mit et = xt 1 ZielpreisLK m
at = xt 1 Materialeinstandspreis LK TAK LK t m
Werden Rationalisierungsziele konsequent am Erfahrungskurveneffekt ausgerichtet, sinken die Kosten nicht über den Zeitverlauf, sondern mit der Zunahme der Menge. Mussnig (2001b) kalkuliert Stückkosten am Ende einer Periode anhand der Stückkosten zu Beginn und deren Veränderung über einen Erfahrungskurvenfaktor E (Lernrate) in Abhängigkeit
667) 668) 669)
670) 671) 672)
Vgl. Broda/Schäfer (2005), S. 404. Vgl. Seidenschwarz (1993), S. 81. Vgl. zur Kritik an der statischen Ausrichtung des Target Costing Mussnig (2001a), S. 139 und die dort angegebene Literatur sowie Mussnig (2001b), S. 251. Vgl. Pohl/Thielen (2006), S. 13. Vgl. Mussnig (2001b), S. 257. Vgl. zur Herleitung des Kostensenkungsfaktors Schäfer (2005), S. 108, Auf dieselbe Weise lässt sich ein Wachstumsfaktor für Einzahlungen et ermitteln. Aufgrund der Tatsache, dass die Preispolitik im Aufgabenbereich des Absatzmarketing liegt, wird hier auf eine Integration ins Modell verzichtet.
123
der Mengenänderung.673) Der Erfahrungseffekt l berechnet sich gemäß Gleichung 2-10 (mit xt+1 > xt).674)
l
ln xt 1 ln xt ln 2
mit xt+1 = kumulierte Menge am Ende der Periode
(2-10)
und xt = kumulierte Menge am Anfang der Periode Mit einem geschätzten Erfahrungskurvenfaktor (bspw. mit jeder Verdopplung der kumulierten Ausbringungsmenge sollen sich die Stückkosten um einen bestimmten Prozentsatz verringern) lässt sich der SLV wiederum modifizieren.675) T
SLV
et
t n (1 i )
t n
T a El t t 1 t n ( 1 i ) t n
(2-11)
mit at Etl 1 = at +1 (Auszahlung in der neuen Periode)676)
et = xt 1 ZielpreisLK m at = xt 1 Materialeinstandspreis LK TAK LK m Beispiel: Es werden in Periode 1 10.000 Mengeneinheiten einer Komponente produziert. Die Produktionsmenge in Periode 2 beträgt 15.000 Mengeneinheiten, so dass am Ende von Periode 2 eine kumulierte Produktionsmenge von 25.000 Mengeneinheiten besteht. Die Lernrate bzw. der Erfahrungskurvenfaktor beträgt 80 Prozent. Die Auszahlungen in Periode 1 umfassen 4.500.000 auf der Basis der ermittelten ZielkostenLK der Komponente für 10.000 Einheiten (Kosten pro Komponente = 450,00). Aus dem Erfahrungskurvenfaktor E potenziert mit dem Erfahrungskurveneffekt l, folgen tatsächliche Auszahlungen für 15.000 Einheiten in Periode 2 aufgrund des Erfahrungskurveneffektes in Höhe von:677) a t +1 = a t • E lt +1 = 450,00 • E lt +1 = 450,00 • 0,74455 • 15.000 = 5.025.713
Ohne Erfahrungskurveneffekt sind für Periode 2 die Komponentenkosten von Periode 1 in Höhe von 450,00 anzusetzen, so dass sich ohne Erfahrungskurveneffekt eine Auszahlung von 450,00 • 15.000 = 6.750.000 ergibt.
673) 674)
675) 676) 677)
124
Vgl. Mussnig (2001b), S. 252. Vgl. Mussnig (2001b), S. 252 in Anlehnung an Coenenberg (1999), S. 199-202, In der Praxis finden Verdopplungen nicht idealtypisch statt, weshalb Coenenberg (1999), S. 202 die Anzahl der Verdopplungen (Faktor 2) für zwei beliebige Produktionsmengen xt und xt+1 berechnet. Vgl. zur Schätzung des Erfahrungskurvenfaktors Mussnig (2001b), S. 253. Vgl. Coenenberg (1999), S. 202. Vgl. zur Beispielrechnung Mussnig (2001b), S. 253.
2.3.2
Grenzen der Kapitalwertmethode: Wertbeitrag der Lieferantenentwicklung
Die Bewertung des Lieferanten durch den statischen Lieferantenwert erfolgt unter der Prämisse, dass im Sinne einer „Jetzt-oder-nie“-Strategie678) sowohl in den Beziehungseinstieg als auch etwaige sofortige Entwicklungsmaßnahmen investiert wird.679) Wird dagegen mit der Einstiegsoption eine Lieferantenentwicklungsoption erworben, entsteht der erweiterte Lieferantenwert aus statischem Lieferantenwert zuzüglich der Optionsprämie als Ausdruck des Handlungsspielraums des Abnehmers.680) Werden Investitionen über die Zeit verteilt, hat der Entscheidungsträger die Möglichkeit, aus vergangenen Erfahrungen zu lernen, neue Informationen abzuwarten und somit eine effektivere Entscheidung bei Folgeinvestitionen zu treffen.681) Eine passive Nettokapitalwertmethode schließt diese Möglichkeit in die Bewertung nicht mit ein, indem sie die Flexibilität einer dynamischen Erweiterung der Beziehung über die Zeit nicht berücksichtigt.682) Dagegen reduziert die Betrachtung der Lieferantenentwicklung als Option die Unsicherheit für den Entscheidungsträger,683) indem die Option den Abnehmer nicht verpflichtet, gleich zu investieren, sondern die Möglichkeit eröffnet, zum einen die Beziehung überhaupt an geänderte Anforderungen anpassen zu können, als auch die Richtung (bzw. zu entwickelnde Potentialkategorien) sowie die Erfolgsaussichten abzuwarten. Die strategische Lieferantenentwicklung stellt eine bedeutsame Weiterentwicklung der rein reaktiven Lieferantenentwicklung dar, die erst bei akuter Schlechtleistung des Lieferanten ins Kalkül des Abnehmers aufgenommen wird. Darüber hinaus bildet eine optionsorientierte Betrachtung der Lieferantenentwicklung zudem den strategischen Handlungsspielraum des Abnehmers quantitativ ab, der die Lock-in-Situation in der Wertschöpfungspartnerschaft signifikant entspannt. Die Wertschöpfungspartnerschaft ist in der Determiniertheit reduziert, indem sich mit der Möglichkeit der Lieferantenentwicklung für den Abnehmer ein Handlungsspielraum eröffnet. Die Option wird dann ausgeübt, wenn sie notwendig wird und von Wert ist, d.h. die Entwicklungsmaßnahme mit positiven Rückflüssen und einem entsprechend höheren Lieferantenwert verbunden ist.684) Mit Hilfe des SLV lässt sich der Optionswert unter dieser Prämisse barwertorientiert abschätzen, indem der Lieferantenwert bei der Durchführung der Entwicklungsmaßnahme simultan mit dem Beziehungsein678) 679)
680) 681) 682) 683)
684)
Dixit/Pindyck (1994), S. 6. Darin eingeschlossen ist nach Hibbard/Hogan/Smith (2003) auch, dass „timing and magnitude of future investments are fixed at the time of valuation”. Vgl. Trigeorgis (1995), S. 2. Vgl. Hibbard/Hogan/Smith (2003), S. 380. Vgl. Hibbard/Hogan/Smith (2003), S. 380 f. Der Begriff der Unsicherheit ist im Hinblick auf ein Optionsbewertungsmodell in Kapitel vier genauer zu spezifizieren. Für die Ausübung der Option spielen die bislang gemachten Erfahrungen mit dem Lieferanten eine wesentliche Rolle.
125
stieg in t0 („excercise strategy“685), statischer SLVex ante) mit dem Lieferantenwert einer verzögerten Entwicklungsmaßnahme („wait […] strategy“686), SLVex post) bspw. in t1 verglichen wird (vgl. Gleichung 2-12).687) „The option value is the maximum between the two strategies.”688) Mit Hilfe der Abschätzung wird erstmals deutlich, welchen Wertbeitrag ein strategisches Verständnis der Lieferantenentwicklung bzw. die Aktivität der Lieferantenentwicklung als strategisches Instrument imstande ist, zum Lieferantenwert beizutragen. Zudem eröffnet sich dadurch die Möglichkeit, den Wertbeitrag einer Lieferantenstrategie zu messen. Der Ansatz geht deutlich über eine traditionelle reine Kostenreduktionsmessung von Lieferantenstrategien hinaus. Optionswert = SLVex post – SLVex ante (barwertorientierter Schätzwert)
(2-12)
Prämisse: SLVex post > SLVex ante Die in Anlehnung an Breuer/Gürtler/Schuhmacher (1999) gewählte Vorgehensweise stellt lediglich eine Abschätzung des Optionswertes dar. Die (methodisch) exakte, optionspreistheoretische Bewertung folgt in Kapitel fünf. Der Wert strategischer Handlungsspielräume, die es gestatten, Fehlentwicklungen zu vermeiden bzw. zu korrigieren, kann anhand des Barwertkriteriums nicht erfasst werden, wie folgendes Beispiel zeigt.689) Ein einfaches, zeitdiskretes Zwei-Perioden-Modell zeigt den Wert strategischer Handlungsspielräume bei Irreversibilität einer Investition auf.690) Ein Unternehmen hat die Möglichkeit, in t0 ohne Entwicklungskalkül in eine Lieferantenbeziehung einzusteigen bzw. sofort Entwicklungsmaßnahmen zu ergreifen oder die Flexibilität zu besitzen, neue Informationen über die Entwicklung des entsprechenden Marktes abzuwarten und bei positiver Entwicklung bzw. sofern notwendig die Option auszuüben. Der Einstieg in die Beziehung ist mit beziehungsspezifischen Investitionsauszahlungen in Höhe von 120 TEuro verbunden. Ob diese Auszahlungen eine sofortige Lieferantenentwicklungsmaßnahme in t0 darstellen oder lediglich für den Aufbau der Beziehung erforderlich werden, ist unerheblich. Bedeutsam ist, dass der Entscheidungsträger eine feststehende Basisstrategie während des gesamten Beziehungslebenszyklus verfolgt. Die zum Zeitpunkt t0 erwarteten, prognostizierten Netto-Cash Flows (et – at) der Beziehungen pro Jahr während der Laufzeit betragen CF0 = 10 TEuro. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Netto-Cash Flows bei positiver Marktentwicklung auf (anhaltend) CF1 = 15 TEuro 685) 686) 687) 688) 689) 690)
126
Mattar/Cheah (2006), S. 855. Mattar/Cheah (2006), S. 855. Vgl. Breuer/Gürtler/Schuhmacher (1999), S. 218. Vgl. Mattar/Cheah (2006), S. 855. Vgl. Trigeorgis (1995), S. 1 und Löhr/Rams (2000), S. 1984. Vgl. Pindyck (1991), S. 1113 ff. sowie in gleicher Weise Dixit/Pindyck (1994), S. 27 f.
(= CF2, = CF3 usw.) steigen beträgt q = 0,5, ebenso die Gegenwahrscheinlichkeit (1 – q) = 0,5 für das (anhaltend) negative Marktszenario in Höhe von CF1 = 5 TEuro pro Jahr.691) Der Diskontierungsfaktor i wird mit 10 Prozent angenommen. Wird die Investition im ersten Jahr durchgeführt, wird der Wert durch die Netto-Cash Flow-Prognose in t0 in Höhe von CF0 = 10 bestimmt. Der statische Net Supplier Lifetime Value (NSLV) berechnet sich nach Gleichung 2-13.
Abb. 2-12: Wertentwicklung einer Wertschöpfungspartnerschaft
NSLV
120
10
t 1 (1,1)
t
120 110
10
(2-13)
Der berechnete passive Nettokapitalwert (statischer Lieferantenwert) ist negativ, so dass der Einstieg in die Beziehung in t0 nicht zu rechtfertigen ist.692) Er ignoriert ebenso Opportunitätskosten der verloren gegangenen Flexibilität.693) Daran knüpft die Kritik an der Kapitalwertmethode an, dass dynamisch-strategische Aspekte nicht hinreichend berücksichtigt werden, da ein feststehendes Anfangsszenario hinsichtlich der Cash Flow Entwicklung nicht revidiert wird.694) An dieser Stelle lässt sich der Zusammenhang zwischen der 691)
692)
693)
694)
Die Wahrscheinlichkeit q bzw. Gegenwahrscheinlichkeit (1 – q) stellen subjektive Einschätzungen des Abnehmers dar. Der Diskontierungsfaktor beinhaltet eine risikoadjustierte Prämie. Wie in Kapitel fünf noch zu zeigen ist, lassen sich für bestimmte Annahmen beide Parameter mittels Pseudowahrscheinlichkeiten und risikolosem Zinssatz objektivieren. Zur Vereinfachung wird wie beim Beispiel von Pindyck (1991), S. 1113 f. von einer unbegrenzten Laufzeit zur Anwendung der „ewigen Rente“ ausgegangen. Vgl. Gintschel (1999), S. 60, „Als Handlungsempfehlung ergibt sich, jedes Projekt mit einem positiven Nettokapitalwert durchzuführen.“, dagegen Dixit/Pindyck (1995), S. 107, „Another problem with the conventional NPV rule is that it ignores the value of creating options.“, Dixit/Pindyck (1994), S. 6, „lost option value is an opportunity cost“ sowie Kühn/Fuhrer/Jenner (2000), S. 45, „im Falle einer Durchführung einer Investition Handlungsspielräume vernichtet werden […] Erhaltung […] durch die Aufspaltung […] in eine Sequenz von Investitionsentscheidungen”. Vgl. Koch (1999), S. 33, Schüler/Krotter (2004), S. 431-433 betrachten den Nettokapitalwert nicht nur bezogen auf den Zeitpunkt t0, sondern den „periodischen Nettokapitalwert“ in den Folgeperioden. Damit ist es möglich, spätere Änderungen der ursprünglich getätigten Cash Flow-Prognose auf der Basis des Zeitpunkts t0 in die Bewertung mit aufzunehmen. Bei der Anwendung zur Bewertung von Lieferanten entspricht der Nettokapitalwert der Summe aus dem Barwert zukünftiger Ein- und
127
nicht-monetären Potentialbewertung und der monetären finanzwirtschaftlichen Bewertung des Lieferanten begründen. Ist der statische Lieferantenwert negativ, kann das mittels der Profilanalyse oder des Scoring-Modells ermittelte Basispotential des Lieferanten eine Entwicklungsfähigkeit und damit die Optionen der Lieferantenentwicklung (wie sie bereits aufgezeigt wurden) begründen. Der erweiterte Lieferantenwert kann damit positiv werden und den Einstieg in die Wertschöpfungspartnerschaft bestätigen. Das zunächst nicht (direkt) monetarisierbare Lieferantenpotential wird über die Optionsprämie als Gegenwert der Handlungsmöglichkeit des Abnehmers monetarisiert. Folgendes Beispiel zur Weiterentwicklung des statischen zum erweiterten Lieferantenwert verdeutlicht dies quantitativ.695) Der erweiterte Nettokapitalwert schließt die Möglichkeit ein, die Investition auf bestimmte Zeit zu verschieben – sie damit von der Umweltentwicklung abhängig zu machen.696) Die Ausübung der Lieferantenentwicklungsoption erfolgt nur dann, wenn die Rückflüsse die Aufwendungen überkompensieren, d.h. die Option von Wert ist. Angenommen der Abnehmer wartet mit der Lieferantenentwicklungsmaßnahme bis t = 1, ergibt sich folgender Wert des Net Supplier Lifetime Valueexpanded (erweiterter Lieferantenwert, Gleichung 2-14).697) Gegen Zahlung der Investitionssumme (Ausübungspreis) in Höhe von 120 TEuro erhält der Abnehmer den Barwert (SLVex post) der mit der Investition verbundenen Zahlungsströme.698)
695)
696) 697)
698)
128
Auszahlungssalden und dem Endwert realisierter Salden (in der Regel Einzahlungsüberschüsse) vergangener Perioden einschließlich der laufenden Periode. Der Nettokapitalwert steigt in der Periode der Prognosekorrektur. In den anschließenden Perioden ist die neue Information bereits verarbeitet und der Nettokapitalwert steigt in der Höhe der Verzinsung (Zeiteffekt). Der periodische Kapitalwert stellt eine Möglichkeit dar, den Lieferantenwert während der Beziehung anzupassen, wenn bspw. Lieferantenentwicklungsmaßnahmen zeitverzögert wirken und die Wirkung ex ante nicht abschätzbar war. Zum Ausübungskalkül auf der Basis der ex ante Abschätzung der Zahlungswirksamkeit der Entwicklungsmaßnahme, trägt er nicht bei. Der periodenspezifische Kapitalwert erfasst nicht ex ante (in t0) den Wert des Handlungsspielraums, der die Möglichkeit einer bewussten Veränderung einer Anfangsstrategie darstellt und somit zu einer zu revidierenden Cash Flow-Prognose führt. Er liefert aber ein Anreizinstrument, um bspw. neben der direkten Lieferantenentwicklung den Lieferanten zur (indirekten) Eigenoptimierung anzuregen, indem die Wirksamkeit über einen revidierten periodischen Nettokapitalwert auf einer objektiven Basis abgebildet wird. Das Beispiel weist die Besonderheit auf, dass die gesamte Investition verschoben wird, also auch die initiale Investition von t0 auf t1 verschoben wird. Vgl. Löhr/Rams (2000), S. 1988. Vgl. zum „expanded NPV” Trigeorgis (1995), S. 2 und MacDougall/Pike (2003), S. 1, „expanded or strategic net present value“. Vgl. Hommel/Pritsch (1999a), S. 126.
ª ª ºº ª 120 f 15 º º ª 120 f 5 ; 0» » 0,5 «max « ; 0» » ¦ ¦ NSLVexpanded = 0,5 «max « t t «¬ «¬ ¬« 1,1 t 11,1 »¼ »¼ ¬« 1,1 t 11,1 »¼ »¼
ª 120 165 º = 0,5 « » 1,1 ¼ ¬
(2-14)
<0 20,45
Optionsprämie/-wert = 20,45 – (í10) = 30,45 Der Optionswert errechnet sich aus dem Zusammenhang von statischem und erweitertem Lieferantenwert (vgl. Gleichungen 2-15a und 2-15b). Erweiterter Lieferantenwert = statischer SLV + Optionswert
(2-15a)
Optionswert = erweiterter Lieferantenwert – statischer SLV
(2-15b)
Mit der Ermittlung des Optionswertes verbunden ist erstmals die umfassende Quantifizierbarkeit einer Lieferanten- bzw. Beschaffungsstrategie, die zentrale Merkmale eines strategischen Beschaffungsmanagements sowohl der Kosten- als auch Leistungsseite wertorientiert abzubilden vermag und schließt die in Kapitel 1 in Anlehnung an Wagner (2005a) erwähnte Forschungslücke ein, welchen „impact [..] firms’ supplier development efforts“ mit sich bringen.699) Der Optionswert als Ausdruck eines Handlungsspielraums des Abnehmers innerhalb einer langfristigen Wertschöpfungspartnerschaft schließt die Merkmale eines strategischen Verständnisses der Beschaffung ein. Im einzelnen beinhaltet dieses Verständnis (1) Langfristigkeit, (2) Potentiale, (3) Ausrichtung auf den Unternehmenserfolg/-wert (des Abnehmers), (4) Wettbewerbsvorteile durch Beschaffungsmanagementhandlungen (Handlungsmöglichkeiten) sowie (5) hohe Unsicherheit des Entscheidungsumfeldes.700) Der erweiterte Lieferantenwert NSLVexpanded berücksichtigt neben dem passiven NSLV, also dem Wert der Lieferantenbeziehung ohne weiteres Eingreifen bei Durchführung einer Basisstrategie, den „aktiven Wert von Handlungsflexibilität“701) in Höhe von 30,45 TEuro. Die Voraussetzung der Berücksichtigung von Opportunitätskosten der Flexibilität liegt einerseits in der Irreversibilität des Investitionsvorhabens, andererseits muss die Möglichkeit bestehen, bezogen auf das obige Beispiel, die Investition von t0 auf t1 zu verschie699) 700) 701)
Vgl. Wagner (2005a), S. 4. Vgl. Large (2000), S. 31. Löhr/Rams (2000), S. 1988, Koch (1999), S. 92 fasst den Wert strategischer und operativer Optionen unter „dynamischer Wert“ zusammen. Crasselt/Tomaszewski (1999a), S. 558 setzen den Wert einer Investitionsmöglichkeit aus Kapital- und Flexibilitätswert zusammen. Fischer (1996), S. 60 und S. 97 berechnet den erweiterten Kapitalwert als Summe aus statischem Kapitalwert und Wert einer Rückzugs-/Abbruchsmöglichkeit (Realoptionswert). Der Abbruch erfolgt zum Liquidationswert (Alternativertrag), weshalb eine stufenweise Investition wie im Beispiel dargestellt von Wert ist.
129
ben.702) Dieses Beispiel verdeutlicht den Unterschied zwischen einer Strategie ohne Handlungsmöglichkeiten, ausgedrückt durch den statischen Lieferantenwert, und einer Strategie, die Handlungsmöglichkeiten einschließt. Es wird deutlich, dass die ausschließliche Berücksichtigung einer statischen Basisstrategie zu einer Unterbewertung eines Lieferanten bzw. der Wertschöpfungspartnerschaft mit einem Lieferanten führen kann, verfügt dieser über Entwicklungsfähigkeit. Die Opportunitätskosten des entstehenden Flexibilitätswerts werden in Kapitel fünf mit Hilfe eines Realoptionsmodells differenziert konzeptionalisiert.
2.3.3 Integration von investitionstheoretischen Entscheidungsproblemen und Lieferantenentwicklungsoptionen in die Lieferantenauswahlentscheidung
Wird eine Lieferantenbeziehung bzw. der Lieferant als Investition begriffen, lassen sich für die Lieferantenauswahlentscheidung Fragen der klassischen Investitionsrechnung anwenden. Die generelle Vorteilhaftigkeit einer Investition lässt sich darauf reduzieren, ob die (erwarteten) Rückflüsse den Kapitaleinsatz rechtfertigen. Entscheidungsprobleme beziehen sich auf drei wesentliche Fragen:703) (a) Die Entscheidung, ob ein Investitionsprojekt überhaupt durchgeführt werden soll. (b) Die Entscheidung, welches Investitionsprojekt durchgeführt werden soll. (c) Die Entscheidung, wie ein Investitionsprojekt durchgeführt werden soll.
Ob sich ein Einstieg in eine Beziehung überhaupt lohnt, resultiert aus der Frage, ob ein Investitionsprojekt durchgeführt werden soll (vgl. Punkt a). Eine einfache Entscheidungsregel verlangt einen positiven Nettokapitalwert, der für eine optionsorientierte Entscheidungsregel mit einem erweiterten Lieferantenwert auch negativ sein kann, sofern der erweiterte Kapitalwert insgesamt positiv ist. Welches Investitionsprojekt gewählt werden soll (vgl. Punkt b), ist eine zentrale Frage der strategischen Lieferantenbewertung.704) Stehen mehrere Lieferanten ex ante zur Wahl, sind die leistungsfähigsten bzw. jene mit Entwicklungspotential auszuwählen. Der Ansatz des erweiterten Lieferantenwerts ermöglicht die Unterscheidung von entwicklungsfähigen und nicht-entwicklungsfähigen Lieferanten und trägt auf diese Weise dazu bei, Lieferantenfehlentscheidungen durch eine objektive Bewertungsbasis zu reduzieren, indem nur jene Lieferanten in die engere Wahl kommen, die dem Abnehmer Handlungsspielräume durch ihre Entwicklungsfähigkeit offerieren. 702) 703) 704)
130
Vgl. Dixit/Pindyck (1994), S. 28. Vgl. Hax (1993), S. 9 f. Im Sinne einer Betrachtung der Total Cost/Value of Ownership.
Von besonderer Relevanz wird die Entwicklungsfähigkeit dann, wenn der Einstieg in eine strategische Wertschöpfungspartnerschaft dadurch gekennzeichnet ist, dass sich Abnehmer als auch Zulieferer aufgrund beziehungsspezifischer Auszahlungen in eine wirtschaftliche (bilaterale) Abhängigkeit begeben.705) Der wirtschaftliche Erfolg bzw. die Amortisation der Auszahlungen durch entsprechende Einzahlungen hängt vom Fortbestand der Beziehung ab.706) Williamson (1979) bezeichnet diese Situation als bilaterales Monopol, hervorgerufen durch eine fundamentale Transformation der Geschäftbeziehung von einer Konkurrenzsituation des Bieterprozesses ex ante zu einer Monopolsituation nach Vertragsabschluss ex post.707) In der Unternehmenspraxis findet sich dafür der Begriff der Partnerschaftsfalle wieder (vgl. Kapitel 1). Die Entstehung von Abhängigkeiten aufgrund spezifischer Investitionen spielt sowohl bei der Frage, „ob“ eine Lieferantenbeziehung eingegangen werden soll, als auch für die Entscheidung, wie eine Investition durchgeführt wird (vgl. Punkt c) eine besondere Rolle, wobei Punkt (c) „wie“ die umfangreichste Frage darstellt. Die Gestaltung der Investition (Frage „wie“) resultiert zum einen in der Frage des geeigneten bzw. notwendigen Spezifitätsgrades, also einer Vermeidung der fundamentalen Transformation durch unspezifische Investitionen. Carney (1998) betrachtet den Spezifitätsgrad als unabhängige Variable, da grundsätzlich Aufgaben sowohl spezifisch als auch unspezifisch gelöst werden können. Unterschiede ergeben sich in Fragen der Effizienz der Aufgabenerfüllung.708) Strategische Lieferantenentwicklungsoptionen stellen dagegen die Möglichkeit der zeitlichen Verlagerung der spezifischen Investitionen, d.h. einer temporalen Verschiebung bzw. Aufteilung der fundamentalen Transformation dar (vgl. Abbildung 2-13). Dieser Prozess findet bei der direkten, strategischen Lieferantenentwicklung statt, indem durch Leverage- oder Weiterentwicklungsoptionen sequentielle Investitionen getätigt werden bzw. gegenüber einer „Jetzt-oder-nie“-Strategie überhaupt möglich sind. In Abgrenzung zur fundamentalen Transformation drückt sich dies in einer dynamischen bzw. stufenweisen Transformation aus (vgl. Kapitel 3.2.2). Punkt (c) (Frage „wie“) findet sich schematisch in Abbildung 2-13 wieder, die eine Systematisierung der Möglichkeiten des Beziehungseinstieges in Abhängigkeit der Determinanten Spezifität und zeitliche Aufteilung der Investition darstellt. Eine beliebige Investition ist durch einen bestimmten Spezifitätsgrad zu einem bestimmten Zeitpunkt geprägt. Beide Dimensionen werden zur besseren Darstellbarkeit jeweils als Bereich aufgezeigt. Betrachtet man die Quader I und II, so beinhalten diese die „klassische“ fundamentale Transformation, bei zum Zeitpunkt t und einem Spezifitätsgrad s die volle Investitions705) 706) 707)
708)
Vgl. Williamson (1991), S. 282. Vgl. Williamson (1979), S. 240. Vgl. Williamson (1979), S. 241, Williamson (1985), S. 61 und Klein/Crawford/Alchian (1978), S. 299. Vgl. Carney (1998), S. 464.
131
summe aufgebracht wird. Bisherige Ansätze gehen von der fundamentalen Transformation aus, wohingegen durch die Einbeziehung von Handlungsspielräumen, ausgedrückt durch die Option, sich die Entscheidungsmöglichkeiten und die Determiniertheit von Beziehungen für den Abnehmer deutlich verbessern. Die Quader I und III beschreiben die Option, zunächst eine Basisinvestition zu tätigen (I) (Einstieg in die Wertschöpfungspartnerschaft), der bis zur vollen Investitionssumme (eine) weitere Teilinvestition(en) (III) (Lieferantenentwicklungsmaßnahmen) folgen, also eine temporale Aufteilung der fundamentalen Transformation stattfindet. Quader IV stellt isoliert betrachtet die Möglichkeit dar, den Spezifitätsgrad zu verringern, um somit eine Abhängigkeitsposition zu vermeiden. Hinsichtlich der Abhängigkeit ex post kann es auch zielführend sein, diese durch eine unspezifische Lösung zu vermeiden. Die folgenden Überlegungen zu Handlungsspielräumen bei Lock-in-Situationen werden demnach für einen unspezifischen Leistungsaustausch obsolet.
Abb. 2-13: Möglichkeiten der Gestaltung des Beziehungseinstiegs in Abhängigkeit der Determinanten Spezifität und zeitlicher Aufteilung
132
3.
Ökonomische Konsequenzen spezifischer Einsatzfaktoren
3.1
Messbarkeit des Ertragspotentials: Das Konstrukt der Quasirente
Wie einerseits gezeigt werden konnte, stellt die Ausprägung der Spezifität der als Investition eingebrachten Einsatzfaktoren einen wesentlichen Treiber der Determiniertheit von Zulieferer-Abnehmer-Beziehungen nach Beziehungseinstieg dar. Andererseits ist zur Beurteilung der Vorteilhaftigkeit einer Investition der Ertrag aus der Investition ausschlaggebend und im Zusammenhang mit der Spezifität bzw. spezifischen Investitionen eng verbunden mit dem (Ertrags-) Konstrukt der Quasirente. Es stellt sich folglich die Frage, welche Wirkung von Spezifität im Rahmen des somit als spezifische Investition zu bewertenden Beziehungseinstiegs ausgeht. Insbesondere interessiert deren Ertragswirkung (positiv, Einzahlungspotential), die dem Lock-in-Effekt (negativ) aus Abnehmersicht gegenüberzustellen ist.
(1) Konstrukt Quasirente Faktoren, die in eine gemeinsame Wertschöpfung eingebracht werden, sind in der Regel spezifisch auf diese Verwendung zugeschnitten.713) Die Spezifität s bringt einerseits eine Produktivitätserhöhung mit sich, andererseits nimmt aber die Zahl der alternativen Verwendungsmöglichkeiten ab, so dass die Erträge in der nächstbesten Verwendung waltern., der Opportunität, sinken.714) Die Differenz zwischen dem Ertrag der erstbesten und der nächstbesten Verwendung wird als Quasirente QR bezeichnet.715) Klein/Crawford/Alchian (1978) definieren die Quasirente als: „The quasi-rent value of the asset is the excess of its value over its salvage value, that is, its value in its next best use to another renter.“716) Die Quasirente wird allgemein definiert als Einkommensüberschuss eines spezifischen Faktors über die Investitionseinzahlung, die in der nächstbesten Verwendung erzielt werden könnte. Je höher die Spezifität ist, desto größer ist auch der potentielle Ertrag epot, aber auch der Abstand zum Ertrag in der nächstbesten Verwendung (vgl. Abbildung 3-1).717) „Die Qua-
713)
714)
715) 716) 717)
Vgl. Caballero/Hammour (1996), S. 181, Lehmann (1996), S. 383 sowie Alchian (1984), S. 39, „Typically, some parties must make some non-salvageable, specialized investment”, so dass spezifische Investitionen nicht nur in Wertschöpfungspartnerschaften zu beobachten sind. Vgl. Backhaus/Aufderheide/Späth (1994), S. 38, Backhaus/Voeth (2007), S. 196 und Williamson (1991), S. 281, „Asset specificity has reference to the degree to which an asset can be redeployed to alternative uses and by alternative users without sacrifice of productive value.“, Jap/Ganesan (2000), S. 230, „Dedicated [..] [investments] have the potential of offering […] higher returns than general investments.” Vgl. Backhaus/Aufderheide/Späth (1994), S. 38 und Backhaus/Voeth (2007), S. 196. Klein/Crawford/Alchian (1978), S. 298. Vgl. Backhaus/Aufderheide/Späth (1994), S. 38 und Backhaus/Voeth (2007), S. 196.
133
sirente ist somit der Ertrag auf den Teil des Kapitals, der spezifisch gebunden ist.“718) Der abnehmende Grenzertrag von epot lässt sich mit dem abnehmenden Grenznutzen des 1. Gossen’schen Gesetzes begründen.719) Mit zunehmendem Faktoreinsatz tritt eine Sättigung (der Produktion) ein, d.h. der Grenznutzen (Grenzertrag der Beziehung) nimmt stetig ab.720) Wie Abbildung 3-1 zeigt, sind die obigen Charakteristika abhängig vom Grad der Spezifität.721)
Abb. 3-1: Quelle:
Quasirente: Potentieller Ertrag und Alternativertrag spezifischer Investitionen In Anlehnung an Backhaus/Aufderheide/Späth (1994), S. 47
Die Wahl des „optimalen“ institutionellen Arrangements orientiert sich an der Spezifität (als exogen gegeben) und den damit verbundenen Transaktionskosten in einem Kontinuum komparativer Transaktionskostenvorteile (vgl. Kapitel 2.1.1). Aus der Sicht der Transaktionskostentheorie findet eine negative Beurteilung von Spezifität statt, insofern mit dem Anstieg des Spezifitätsgrades die Transaktionskosten ansteigen.722) Spezifität und insbesondere die Spezifität ex post Vertragsabschluss sind die Hauptquellen von Transak-
718) 719) 720)
721) 722)
134
Backhaus/Voeth (2007), S. 196. Vgl. Gossen, H. H. (1854). Vgl. Schuhmann/Meyer/Ströbele (1999), S. 46 und Schweitzer/Küpper (1997), S. 95, Das Gesetz abnehmender Ertragszuwächse findet sich beispielsweise auch bei der Cobb-DouglasProduktionsfunktion wieder. Vgl. Heide/John (1988), S. 22. Vgl. Williamson (1991), S. 284 sowie Riordan/Williamson (1985), S. 367 und S. 369, Spezifität erhöht nicht nur die Transaktionskosten, sondern verhindert ebenso die Generierung von Skalenvorteilen durch eine beschränkte Nutzbarkeit.
tionsproblemen.723) Je höher der Spezifitätsgrad getätigter Investitionen hinsichtlich einer Beziehung (mit einem Lieferanten), desto größer die Gefahr opportunistischer Verhaltensweise des Lieferanten nach Vertragsabschluss.724) Eine einseitig negative Beurteilung von Spezifität und spezifischen Investitionen würde dazu führen, dass Transaktionen mit hoher Spezifität für den Abnehmer nicht in Erwägung gezogen werden. Mit dem Kapitalwertkriterium liegt eine Entscheidungsregel vor, die Entscheidungen der Investitionstätigkeit unterstützt, indem sowohl Auszahlungen als auch Einzahlungen Berücksichtigung finden.725) Den Einbezug von Produktivitäts- bzw. Ertragsgesichtpunkten (Einzahlungspotential) liefern Modelle der Betrachtung der Quasirente und wirken einer einseitig negativen Beurteilung von Spezifität entgegen. Madhok/Tallmann (1998) verwenden die Quasirente, als den Ertrag des spezifisch in der Beziehung gebundenen Kapitals. Die Quasirente ist Determinante beziehungsspezifischer Erlöse.726) Der Wert einer Beziehung konstituiert sich gerade an dem Einkommensüberschuss gegenüber einer alternativen Investitionsmöglichkeit (bspw. im eigenen Unternehmen bei Eigenfertigung oder die Investition in eine alternative Lieferantenbeziehung).727) Madhok/Tallmann (1998) unterstellen, dass der potentielle Wert V’ der Beziehung über dem der nächstbesten Alternative liegt und bewerten den potentiellen Wert einer Beziehung gemäß Gleichung 3-1 (unter Einbeziehung von Kosten K ist die Quasirente als Erlösgröße zu betrachten).728) Sie betonen ebenfalls, dass es sich um einen potentiellen Wert V’ handelt, der als realisierter Wert V im Ergebnis abweichen kann. Durch „relational (and relationship-specific) investments“ in die Entwicklung der Beziehung und Leistungssteigerung des Lieferanten verringert sich die Differenz von potentiellem und realisiertem Beziehungswert.729)
V ' = (QR - K )
723)
724) 725) 726) 727)
728)
729)
(3-1)
Vgl. Picot/Dietl (1990), S. 180, Die Gefahr opportunistischer Verhaltenweisen wird in Kapitel vier unter dem Aspekt der (Verhaltens-) Unsicherheit diskutiert. Vgl. Sako (1992), S. 146. Vgl. Hax (1993), S. 33. Vgl. Madhok/Tallmann (1998), S. 328. Vgl. Madhok/Tallmann (1998), S. 328, „In an alliance, such value […] earn[s] rents over and above what could have been achieved in the absence of the partnership, i.e. in alternative organizational arrangements.” Madhok/Tallmann (1998), S. 328 verwenden ein einfaches statisches Modell, ohne Berücksichtigung des zeitlichen Anfalls von Quasirente und Kosten über die Zeit. Vgl. Madhok/Tallmann (1998), S. 328.
135
Roemer (2004) verwendet dagegen in ihrem Modell zur Berechnung der Quasirente nicht den potentiellen Ertrag,730) sondern definiert die Quasirente auf der Basis von Kapitalwerten.731) Sie vergleicht den Kapitalwert in der erstbesten Verwendung mit dem Kapitalwert in einer alternativen Verwendung (vgl. Gleichung 3-2).732) Dabei wird eine dreistufige Einteilung des Alternativertrages angewandt. Roemer (2004) differenziert mögliche Alternativerträge mit (a) eine erstbeste Verwendung, aber durch einen zweitbesten Benutzer U (im Falle einer Zulieferer-Abnehmer-Beziehung die Benutzung spezifischer Einsatzfaktoren aus der Wertschöpfungspartnerschaft durch einen anderen Abnehmer), (b) eine zweitbeste bzw. nächstbeste Verwendung W und (c) den Restwert RV, wobei (a) > (b) > (c).733) Es gilt, bei Beziehungsabbruch diejenige realisierbare Alternative zu wählen, die den höchsten Alternativwert erwarten lässt. Die erstbeste Verwendung (durch den erstbesten Nutzer bzw. Abnehmer) Y lässt sich durch den Wert derjenigen Lieferantenbeziehung substituieren, die als erstbeste Verwendung Gegenstand der Lieferantenentwicklungsoption ist (entwicklungsfähiger Lieferant). Auch weisen Hibbard/Hogan/Smith (2003) darauf hin, dass als Referenzpunkt die „next alternative relationship“ gilt.734) T T W ª T Ut RV t ; max « ¦ ; T t ¦ t ¦ ( 1 i ) ( 1 i ) ( 1 i ) ( 1 « t 1 i) t 1 t 1 ¬t 1 T
QR
¦
Yt
t
º » »¼
(3-2)
Vergleicht man die Bewertung der Quasirente nach Roemer (2004) mit den in Kapitel zwei angestellten Überlegungen zum statischen und erweiterten Lieferantenwert, so ergibt sich die Gleichung 3-3 als Modifikation von Gleichung 3-2.735) Lassen sich Lieferanten nicht weiterentwickeln, so dass der (potentielle) Ertrag (NSLVexpanded) nicht realisiert werden kann, bleibt als Alternativertrag der Wert des Lieferanten nach dessen aktueller Leistungsfähigkeit (NSLVstatisch). Vorausgesetzt an der Spezifität der Geschäftsbeziehung bzw. des Beschaffungsobjektes, als konstituierendes Merkmal der Quasirente, ändert sich nichts, lässt sich folgender Zusammenhang konstruieren. Die Quasirente bestimmt sich als Differenz der erstbesten Verwendung, ausgedrückt durch einen Lieferanten, der Entwicklungspotential besitzt und demgemäß zum erweiter-
730)
731) 732) 733) 734) 735)
136
Der potentielle Ertrag stellt keine Saldo-Größe dar und beschreibt den Wertzuwachs, jedoch ohne den angefallenen Aufwand mit zu berücksichtigen, vgl. zu Aufwand und Ertrag Eisele (2002), S. 5. Vgl. Roemer (2004), S. 93. Vgl. Roemer (2004), S. 93. Vgl. Roemer (2004), S. 20 f. Vgl. Hibbard/Hogan/Smith (2003), S. 377. Vgl. Roemer (2004), S. 93.
ten Lieferantenwert bewertet werden kann und der zweitbesten Verwendung. Findet der Abnehmer Lieferanten vor, die entwicklungsfähig sind, sind diese grundsätzlich nichtentwicklungsfähigen vorzuziehen und die (spezifischen) Einsatzfaktoren in eine entwicklungsfähige Wertschöpfungspartnerschaft einzubringen. Die zweitbeste Verwendung bilden nicht-entwicklungsfähige Lieferanten, die ins Entscheidungskalkül des Abnehmers rücken, sofern entwicklungsfähige nicht verfügbar sind oder ein Lieferant wider Erwarten ex post des Beziehungseinstiegs nicht entwicklungsfähig ist. Der Lieferant erfüllt zwar die derzeitigen Anforderungen, besitzt jedoch keine Entwicklungsfähigkeit und muss demgemäß zum statischen Lieferantenwert bewertet werden.736) Erträge aus bereits getätigten beziehungsspezifischen Investitionen (zum Beziehungseinstieg) lassen sich durch eine Lieferantenentwicklungsmaßnahme nicht zum erwarteten, potentiellen Ertrag erhöhen (erweiterter Lieferantenwert). Die Differenz zwischen erweitertem Lieferantenwert und statischem Lieferantenwert drückt eine kapitalwertorientierte Quasirente aus, die sich an den Erkenntnissen von Kapitel zwei orientiert.737) Damit gelten alle folgenden Überlegungen zur Quasirente auch für die Anfangshypothese, dass Lieferanten mit Entwicklungspotential einen höheren Wert besitzen als diejenigen, die lediglich die derzeitigen Anforderungen erfüllen.
QR
T NSLV expanded
t 1
(1 i )
t
T
t 1
NSLVstatisch (1 i ) t
(3-3)
(2) Modelle zur Erklärung der Wirkung von Spezifität und spezifischen Investitionen Im Folgenden soll die Analyse der Wirkung der Spezifität im Kontext der Quasirente im Hinblick auf den Ertrag beibehalten werden (zunächst ohne Einbeziehung von Kosten),738) da deren (Ertrags-) Verlauf mit Hilfe der Cobb-Douglas-Produktionsfunktion (Ertragsfunktion) mittels einer produktionstheoretischen Herangehensweise analysiert und bestätigt werden kann sowie die Einbeziehung von Transaktionskosten erst in einem zweiten
736)
737) 738)
Als der Wert, der dem Abnehmer bleibt, wenn eine Lieferantenentwicklungsoption nicht mehr im Kalkül des Abnehmers existiert, bspw. wenn keine vertraglich, exklusive Option mit dem Lieferanten vereinbart wird, die den (positiven) Zahlungsmittelrückfluss aus der Entwicklungsmaßnahme garantiert (implizite Option). In Anlehnung an die Überlegungen von Roemer (2004), S. 93. Vgl. die Ausführungen von Backhaus/Aufderheide/Späth (1994) sowie auch Caballero/Hammour (1996), S. 182 von „revenue“ und nicht von „value“ (vgl. Klein/Crawford/Alchian (1978), S. 298) sprechen.
137
Schritt der Analyse erfolgen soll.739) Die Modelle stellen bewusst eine Vereinfachung der Realität dar, um Wirkungen von Parametern isoliert darstellen zu können. Die Irreversibilität der eingebrachten (beziehungs-) spezifischen Faktoren hat einen bedeutenden Wert für Investitionsüberlegungen. Von Bedeutung ist sowohl eine Analyse der Entscheidung für den Einstieg in eine Beziehung, als auch die Analyse der Gründe, die für oder wider eine Fortführung der Beziehung sprechen.740) Caballero/Hammour (1996) stellen genau für diese Überlegungen ein quantitatives Modell auf, indem sie den Ertrag aus einer gemeinsamen Produktion mit spezifischen Faktoren und den Opportunitätskosten der Alternativverwendung (ex ante und ex post) vergleichen.741) Das Modell verwendet als Produktionsfaktoren („production unit“) Kapital k und Arbeit a. Eine rationale Entscheidung für den Beziehungseinstieg erfordert, dass der Beziehungsertrag epot die Summe der Erträge der eingesetzten Ressourcen Arbeit und Kapital (wa, wk), wenn sie außerhalb der Beziehung (bspw. bei Eigenerstellung) als ex ante Opportunität eingesetzt werden, übersteigt (vgl. Gleichung 3-4). e pot ุ wk + wa
(3-4)
Transaktionskosten werden bei dieser einfachen Entscheidungsregel nicht berücksichtigt, d.h. Kosten für die Übertragung der Einsatzfaktoren für Anbahnung, Vereinbarung, Kontrolle und Anpassung der Transaktion sowie ebenso wenig die versunkenen Kosten („sunk cost“742)) bei der Rücknahme der spezifischen Faktoren aus der Beziehung zum Alternativertrag.743) Produktionsfaktoren werden einer Verwendung nur dann zugeführt, wenn die Opportunitätskosten mindestens kompensiert werden,744) die im Kontext der Analyse der Spezifität von Sunk Cost-Überlegungen dominiert werden. Eine kostenlose Substituierbarkeit der Einsatzfaktoren (zwischen Marktteilnehmern) ist nur unter der Annahme vollständiger Märkte des neoklassischen Modells möglich.745) Die einfache Entscheidungsregel in Gleichung 3-4 ist in der Praxis daher nicht haltbar. Der Beziehungsoutput epot ist gerade davon abhängig, inwieweit die Kooperationspartner spezifische Faktoren beisteuern, so dass nach Lehmann (1996) die Kompensation der Opportunitätskosten in das Mo-
739) 740) 741) 742)
743) 744) 745)
138
Die Saldenbetrachtung von Ertrag und Aufwand erfolgt erst in einem zweiten Schritt der Analyse. Vgl. Caballero/Hammour (1996), S. 181. Vgl. Caballero/Hammour (1996), S. 182 f. Backhaus/Voeth (2007), S. 196, vgl. auch Chavas (1994), S. 114, Pindyck (1991), S. 1111 und Williamson (1988), S. 70. Vgl. zu Transaktionskosten Picot (1982), S. 270. Vgl. Lehmann (1996), S. 382. Vgl. Lehmann (1996), S. 382.
dell miteinbezogen werden muss.746) Ein Alternativertrag, der unter der erstbesten Verwendung liegt (versunkene Kosten), lässt sich nicht vermeiden. Dyer/Singh (1998) übertragen das Konstrukt der Quasirente auf die Dyade von Zulieferer-AbnehmerKooperationen. Grundsätzlich entstehen Quasirenten unternehmensintern,747) wobei sich die Summe der Quasirenten, die gemeinsam mit einem Kooperationspartner („interfirm linkages“) generiert werden, nach Dyer/Singh (1998) als „relational rents“ bezeichnen lassen.748) Relationale Renten lassen sich definieren als „a supernormal profit jointly generated in an exchange relationship that cannot be generated by either firm in isolation and can only be created through the joint idiosyncratic contributions of the specific alliance partners.”749) Madhok/Tallmann (1998) bezeichnen diese Renten als „collaborationspecific quasi-rents“, die sich ebenfalls dadurch auszeichnen, dass sie einen höheren Ertrag ermöglichen, als „in the absence of collaboration“.750) Relationale Renten als (Gesamt-) Ertrag („common benefits“751)) der Beziehung stellen somit ein Entscheidungskriterium für oder wider eine Zusammenarbeit dar. Mit „composite quasi-rents“ wird die Quasirente des Abnehmers (bzw. des Lieferanten) als der Teil der relationalen Rente zum Ausdruck gebracht, der von der Fortführung der Beziehung aufgrund getätigter spezifischer Investition in die Beziehung abhängt.752) Zum Ausdruck kommt die Quasirente, die durch die Zusammenarbeit mit dem Lieferanten entsteht, mit der Prämisse, dass die Quasirente für den Abnehmer durch die Zusammenarbeit gegenüber einer Investition im eigenen Unternehmen steigt. Diese Rente erhält der Abnehmer nur dann, wenn ex post ein Handel zu den ex ante ausgegangenen Bedingungen erfolgt.753) Darunter verstanden werden die einseitigen, d.h. ungewollten und durch den
746) 747)
748)
749) 750) 751) 752)
753)
Vgl. Dyer (1996), S. 272. Backhaus/Voeth (2007), S. 202 f. identifizieren verschiedene Geschäftstypen im Industriegütermarketing anhand des Kriteriums, ob die Quasirente bei Anbieter und/oder Nachfrager anfällt. Vgl. Dyer/Singh (1998), S. 661 sowie zum „relational view“ Kapitel 2.3.1.1, Dyer (1996), S. 272 „relational quasi rents“, Eßig (2004a), S. 92 f. modelliert ähnlich der hier angestellten Überlegungen spezifitätsgradabhängige Nutzenverläufe. Spezifität bezieht sich dabei auf den Grad der Komplementarität spezialisierter Ressourcen von Netzwerkpartnern zur Schaffung kooperativer Kernkompetenzen (Nutzen). Vgl. auch Duschek (1998) und Duschek/Sydow (2002) zu „kooperative Kernkompetenzen“. Dyer/Singh (1998), S. 662. Vgl. Madhok/Tallman (1998), S. 329 sowie Schwaner (1996), S. 147, „Integrationsgewinne”. Madhok/Tallman (1998), S. 329. Vgl. Alchian/Woodward (1988), S. 67 sowie Alchian (1984), S. 36, „The return on the investment cost that is non salvageable if the other resource to which it is specifically dependent disappears is called the specific quasi-rent.” Vgl. Lehmann (1996), S. 382 sowie Klein/Crawford/Alchian (1978), S. 298, die den „abschöpfbaren“ Teil der Quasirente durch den Transaktionspartner in Form opportunistischen Verhaltens beschreiben, der nicht nur von der nächstbesten Verwendung („use“), sondern auch von alternativen Verwendern („user“) abhängt.
139
Transaktionspartner initiierte Veränderungen (der Bedingungen) hinsichtlich derer die Transaktionskostentheorie den Handlungsspielraum (für Opportunismus) versucht einzuschränken.754) In diese Überlegungen eingeschlossen sind sowohl die Beibehaltung des vereinbarten Preises des Beschaffungsobjektes als auch die Einhaltung der für die Amortisation der Investition bedeutenden Laufzeit der Beziehung. Die relationale Rente muss keinesfalls gleichverteilt sein (Abnehmerquasirente und Lieferantenquasirente, aus denen sich die relationale Rente zusammensetzt, sind gleich), sondern es genügt, wenn jeder Transaktionspartner einen ordinalen Nutzenvorteil aus der Beziehung gegenüber der nächstbesten Alternative erzielt.755) Im Glauben an den Erhalt der Rente erfolgt der Beziehungseinstieg.756) Die Erwartung der Transaktionspartner ist, dass der Wert des Faktors in der Beziehung den Wert außerhalb der Beziehung übersteigt.757) Mit steigender Spezifität soll ein größeres Ertragspotential erschlossen werden („rentproducing assets by their very nature are specialized.“758)), andererseits sinkt auch hier der Wert in der Alternativverwendung (vgl. Abbildung 3-1).759) Im vorliegenden Modell soll Caballero/Hammour (1996) folgend lediglich Kapital eine technologieinduzierte spezifische Ausprägung annehmen, Arbeit jedoch nicht.760) Die Annahme vollkommen unspezifischen Humankapitals Arbeit dient im Modell dazu, mit dem zweiten Faktor Kapital, der per Annahme vollkommen spezifisch ist, zwei Extrema von (vollständig) spezifischen und unspezifischen Einsatzfaktoren aufzeigen zu können. Als Extremausprägung der Irreversibilität wird für den Faktor Kapital k ex ante ein (spezifischer761)) Ertragswert von wk angenommen, in der Opportunität ex post jedoch ein Wert von Null (wkaltern. = 0). Arbeit a als gemäß Annahme völlig unspezifischer Einsatzfaktor hat sowohl ex ante als auch ex post den Wert wa. Durch die Einbringung spezifischer Faktoren, entsteht aus der anfänglichen Wettbewerbssituation eine Abhängigkeitsposition nach Vertragsabschluss. Die Berücksichtigung aller Eventualitäten bei der Vertragsgestal-
754) 755) 756) 757) 758) 759) 760)
761)
140
Vgl. zum Problem unvollständiger (relationaler) Verträge Kapitel 2.1.1. Vgl. Haury (1989), S. 55. Vgl. Lehmann (1996), S. 382. Vgl. Caballero/Hammour (1996), S. 181. Dyer (1996), S. 272. Vgl. Dyer (1996), S. 272. Vgl. Caballero/Hammour (1996), S. 181 ff., In der Praxis lässt sich diese Annahme nicht aufrechterhalten (vgl. dazu auch Bensaou (1999), S. 36). Überlegungen der Transaktionskostentheorie gehen davon aus, dass gerade bei spezifischen Faktoren die Hierarchie der marktlichen Koordination vorgezogen wird, so dass im Modell beim Einsatz außerhalb der Beziehung von einem (unternehmens-) spezifischen Ertragswert gesprochen werden kann (vgl. dazu Williamson (1985), S. 91).
tung ist nur zu prohibitiv hohen Kosten möglich.762) Ein einseitiges Abschöpfen der entstehenden Quasirente kann daher von beiden Seiten nicht ausgeschlossen werden.763) Für die Entgegennahme eines höheren Risikos fordern die Beteiligten einen entsprechend höheren Ertrag gegenüber der selbstständigen Produktion (Eigenerstellung).764) Die Quasirente lässt sich gemäß Abbildung 3-1 als die Differenz zwischen dem potentiellen Ertrag epot des spezifischen Faktors und dem Alternativertrag waltern. definieren. Aus dem Alternativertrag wkaltern. = 0 verbleibt für die Produktionsfaktoreinheit eine Quasirente gemäß Gleichung 3-5. QR e pot wa
(3-5)
(mit der ex post Opportunität waaltern. = ex ante Opportunität wa gemäß Annahme)
Folgt man dem Nash-Gleichgewicht für die Aufteilung des Beziehungsertrages,765) erhält jeder Faktor die ex post Opportunitätskosten der nächstbesten Verwendung zuzüglich der Hälfte der Quasirente (vgl. Gleichung 3-6 und 3-7, Index 1 für den Ertrag aus der gemeinsamen Produktion).
wk 1
QR (mit wkaltern. = 0) 2
wa1 wa
QR (mit waaltern. = wa) 2
(3-6)
(3-7)
Aus Gleichung 3-7 wird deutlich, dass der Faktor Arbeit solange in der Beziehung bleibt, solange der zusätzliche Ertrag aus der Quasirente größer als Null ist. Beim Faktor Kapital gestaltet sich die Entscheidung differenzierter. Aufgrund der antizipierten Opportunitätskosten von Null ist hierbei das Risiko eines vollständigen Verlustes der Einzahlung (aus der getätigten Investitionsauszahlung) gegeben. Der Ertrag aus der Quasirente muss daher den spezifischen Ertragswert der ex ante Opportunität für den spezifischen Input k übertreffen (vgl. Gleichung 3-8).766)
762) 763) 764)
765) 766)
Vgl. Klein/Crawford/Alchian (1978), S. 303 und Williamson (1985), S. 76. Vgl. Heide/John (1988), S. 22. Vgl. Schäfer (2002), S. 98, Renditeforderungen von Investoren werden je nach Ausmaß der Unsicherheit um Risikoprämien erhöht. Risikoscheue Investoren werden nur dann Risikopositionen übernehmen, wenn sie hierfür entschädigt werden. Vgl. Caballero/Hammour (1996), S. 181. Vgl. Anderson/Håkansson/Johanson (1994), S. 9, „[T]he outcomes [...] that each firm obtains within an exchange relationship are judged relative to firm’s own comparison [..] level and the comparison
141
QR ุ wk (mit wk als ex ante Opportunität) 2
(3-8)
Setzt man Gleichung 3-8 in Gleichung 3-5 ein, erhält man als Entscheidungsregel für den Einstieg in die Beziehung Gleichung 3-9. e pot ุ 2wk wa
(3-9)
Das vorgestellte Modell zeigt, dass für die Entscheidung des Einstiegs in eine Beziehung nicht nur die Summe der Erträge der Faktoren wa, wk bei einer Verwendung in einer selbstständigen Produktion außerhalb der Beziehung als ex ante Opportunität als Kriterium gilt (vgl. Ausgangsgleichung 3-4), sondern darüber hinaus das Risiko der „verlorenen“ spezifischen Auszahlungen für den Faktor Kapital ebenfalls abgegolten werden muss. Für den Einstieg in eine Wertschöpfungspartnerschaft bedeutet dies aus Sicht des Abnehmers, nur dann einzusteigen, wenn der Ertrag den potentiellen Verlust der eingesetzten Mittel (über-) kompensiert. Im vorliegenden Modell von Caballero/Hammour (1996) wurde ein Alternativertrag für den spezifischen Faktor Kapital k von Null angenommen (wkaltern. = 0). Erweitert man das Modell und setzt einen Alternativertrag zwischen Null und wk für den Faktor Kapital an,767) so reduziert sich der Betrag der Bedingung in Gleichung 3-8 um wkaltern. (vgl. Gleichung 3-10). Für einen Alternativertrag von Null erhält man wiederum Gleichung 3-8. Im Rahmen der Lieferantenentwicklungsmaßnahme bedeutet wk das durch den Abnehmer einzusetzende Kapital für die Weiterentwicklung des Lieferanten. Gleichung 3-10 stellt jene Fälle dar, bei denen die im Rahmen einer Lieferantenentwicklungsmaßnahme eingesetzten Mittel zumindest teilweise in anderen Lieferantenpartnerschaften des Abnehmers (weiter-) verwendet werden können (Alternativertrag wkaltern.) im Falle eines vorzeitigen, ungeplanten Beziehungsabbruchs. QR ุ wk wk altern. 2
(3-10)
Als These aus Gleichung 3-10 heraus lässt sich festhalten, dass mit zunehmendem Alternativertrag ein Einstieg in eine Beziehung leichter fällt, indem die Konsequenzen eines Beziehungsabbruchs entschärft werden. Der Alternativertrag lässt sich erhöhen, indem der
767)
142
level for alternatives [...] the benefits available in the best alternative exchange relation.” Es wird weitergehend also nicht nur der spezifische Ertrag aus der Beziehung mit dem spezifischen Ertrag der ex ante Opportunität, d.h. im eigenen Unternehmen verglichen, sondern darüber hinaus auch die potentiellen Quasirenten verschiedener Lieferantenbeziehungen. Der Alternativertrag kann maximal der ex ante Opportunität entsprechen.
Spezifitätsgrad verringert wird. Dadurch sinkt aber der Ertrag in der erstbesten Verwendung epot und damit auch die Quasirente. Es lässt sich ein Optimalpunkt zwischen Ertragspotential und Risiko des Alternativertrags ermitteln, dadurch dass der Alternativertrag gemäß Annahme linear fällt, der potentielle Ertrag aber degressiv steigt (gemäß Annahme von Backhaus/Aufderheide/Späth (1994)).768) Für den Optimalpunkt gilt, dass die Steigung des Alternativertrags gleich ist dem negativen Wert der Steigung der Kurve des potentiellen Ertrags (vgl. Gleichung 3-11, Abbildung 3-2). Die Optimalitätsbedingung lässt sich damit begründen, dass sich bis zu diesem Punkt der potentielle Ertragszuwachs überproportional zum Sinken des Alternativertrages entwickelt.
e pot s
Abb. 3-2:
altern. w s
(3-11)
Optimalpunkt der Spezifität
Das vorliegende Modell von Caballero/Hammour (1996), als auch die Erweiterung, berücksichtigen zwar das Problem der „sunk costs“, aber keine Absicherungsmaßnahmen der Quasirente. In diesem Fall bleibt lediglich der Alternativertrag übrig, der für alle s > 0 unter dem Ertrag einer vollständig unspezifischen Lösung liegt. Ein Einstieg in eine Geschäftsbeziehung mit spezifischen Faktoren ist unter diesen Bedingungen irrational.769) Die Lösung dafür findet sich im Modell von Backhaus/Aufderheide/Späth (1994).770) Die Entscheidungsdeterminanten für den Einstieg bestehen aus einem effizienten Mix aus Spezifi-
768) 769) 770)
Vgl. Backhaus/Aufderheide/Späth (1994), S. 47. Vgl. Backhaus/Aufderheide/Späth (1994), S. 49. Vgl. Backhaus/Aufderheide/Späth (1994), S. 42-53.
143
tät, Produktivitätsvorteil der beziehungsspezifischen Faktoren und den Kosten der Absicherungsmaßnahmen. (Institutionelle) Absicherungsmaßnahmen sind notwendig, da mit zunehmendem Spezifitätsgrad Verträge immer weniger explizierbar werden (Verhaltensannahme der beschränkten Rationalität).771) Bei Vertragsabschluss sind nicht alle Eventualitäten bekannt, weshalb bei so genannten relationalen Verträgen und bilateraler Kontrolle („bilateral Governance“772)) andere Absicherungsmaßnahmen getroffen werden müssen.773) Die Kosten, die dabei entstehen, stellen Transaktionskosten TAKGS dar, die in Abhängigkeit der gewählten Governancestruktur774) GS und in Abhängigkeit des Spezifitätsgrades s anfallen. Die Verbindung von Transaktionskosten mit einer Ertragsseite stellt eine Erweiterung der Transaktionskostentheorie dar.775) Da die Quasirente QR gesichert ist, muss auch der Alternativertrag waltern. nicht mehr berücksichtig werden. Aus dem potentiellen Ertrag epot ergibt sich somit der Effektivertrag eeff (realisierter Ertrag, vgl. Gleichung 312), der zu maximieren ist.776)
eeff (s) = epot (s) – TAKGS (s)
max.!
(3-12)
Backhaus/Aufderheide/Späth (1994) unterstellen für den Verlauf der Transaktionskosten einen progressiven Verlauf zur Absicherung der Quasirente, lehnen sich damit an den grundsätzlichen Verlauf der Transaktionskosten von Markt, Hybrid und Hierarchie nach Williamson (1991) an,777) wobei der nicht absicherbare Teil der Quasirente in den Transaktionskosten enthalten ist. Bei einer Spezifität in Höhe von si ist der Grenzertrag gleich den Grenzkosten und damit der Effektivertrag eeff (si) (Grenzgewinn778)) als der Abstand zwischen dem potentiellen Ertrag und den Transaktionskosten am größten (vgl. Gleichung
771)
772) 773)
774)
775)
776) 777) 778)
144
Vgl. Williamson (1975), S. 27 und Hausschildt/Leker (1990), S. 963, „Restmenge unbewältigter Komplexität“, vgl. zur „beschränkten Rationalität“ Williamson (1975), S. 21 f. und Williamson (1985), S. 45 f. Vgl. Williamson (1985), S. 75-79. Vgl. Ebers/Gotsch (2006), S. 285 und Williamson (1975), S. 27, „the agreement needs to be monitored“. Vgl. Williamson (1985), S. 79, Williamson unterscheidet „Market Governance“, “Bilateral Governance”, “Trilateral Governance” und “Unified Governance” (vertikale Integration). Vgl. zur Erweiterung der Transaktionskostentheorie Burr (2003), S. 121-123 und Dyer (1997), S. 535-539, Spezifität wird aus der isolierten Sicht der Transaktionskostentheorie grundsätzlich negativ beurteilt (vgl. Riordian/Williamson (1985), S. 367). Terminologisch richtig müssten Erträge mit dem Transaktionsaufwand verglichen werden. Vgl. Backhaus/Aufderheide/Späth (1994), S. 51. Vgl. originär Williamson (1991), S. 284 zum Verlauf der Transaktionskosten. Vgl. Schuhmann/Meyer/Ströbele (1999), S. 166 f. sowie Eisele (2002), S. 639, Der Effektivertrag stellt terminologisch entsprechend einer rechnungstechnischen Abgrenzung den Gewinn oder Verlust dar.
3-12). Bietet ein Zulieferer ein noch besser zugeschnittenes Produkt mit einer Spezifität s > si an, wird er dennoch aufgrund der Effektivertragsbetrachtung nicht den Zuschlag erhalten („Überspezialisierung“779)).780) Prämisse dieser Vorgehensweise ist, dass eine Aufgabe grundsätzlich unspezifisch oder spezifisch durchgeführt werden kann, so dass die Spezifität als unabhängige Variable frei wählbar ist und Produktionskosten zur Vereinfachung ausgeblendet werden.781) Beispiel: Der Transport von Öl kann einerseits hochspezifisch in einer Ölpipeline vorgenommen werden, andererseits ist aber auch ein geringspezifischer Transport mit Tanklastkraftwagen möglich. Der Transport per Pipeline weist jedoch eine höhere Effizienz auf, so dass der potentielle Ertrag mit der Spezifität steigt.782) Die Quasirente ist bei einer Pipelinelösung höher. Einerseits aufgrund der Produktivitätszunahme, andererseits mangels einer alternativen Verwendung (kein Sekundärmarkt für Ölpipelines), so dass der Alternativertrag geringer ausfällt, als bei Lastkraftwagen, für die ein funktionierender Sekundärmarkt besteht.
Abb. 3-3: Quelle:
Transaktionskosten und Effektivertrag In Anlehnung an Backhaus/Aufderheide/Späth (1994), S. 52783)
Eine weitere Möglichkeit der Absicherung von Quasirenten ist in Optionsmodellen zu finden. Myers (1977) weist darauf hin, dass Investitionen in Anlagen, für die neben einem
779) 780) 781) 782) 783)
Vgl. Lehmann (1996), S. 388. Vgl. Backhaus/Aufderheide/Späth (1994), S. 53. Vgl. Carney (1998), S. 464. Vgl. Carney (1998), S. 464. Bei Picot/Dietl (1990), S. 181 findet sich eine Beschreibung des Zusammenhangs zwischen Spezifität und Transaktionskosten.
145
(regulären) Sekundärmarkt, der einen Alternativertrag ermöglicht, Abbruchsoptionen bestehen, einen gleich bleibenden Alternativertrag garantieren.784) Abbruchsoptionen stellen einen festen Ausübungs- („Rücknahme-“) Preis X dar, so dass unter der Prämisse, dass der tatsächliche Preis der Anlage am Sekundärmarkt unter den Ausübungspreis fällt, der Inhaber der Abbruchsoption einen höheren Alternativertrag erhält.785) Muss der Lieferant einen vereinbarten Zahlungsrückfluss aus der Lieferantenentwicklungsmaßnahme, für den Fall, dass sich die Beziehung nicht erwartungsgemäß entwickelt, garantieren, sichert dies dem Abnehmer einen höheren Alternativertrag gegenüber des vollständigen Verlustes vollständig spezifischer Entwicklungsleistungen (Alternativertrag = 0) bei Beziehungsabbruch. Es ergibt sich der in Abbildung 3-4 dargestellte Zusammenhang zwischen Quasirente, Optionswert und Alternativertrag. Die Quasirente konstituiert sich an der zweitbesten Verwendung, die unter Einbeziehung von Optionen den Ausübungspreis X umfasst. Der Optionswert stellt den abgesicherten Teil der bisherigen Quasirente dar,786) wobei der Ausübungspreis X so gewählt wurde, dass die Option für eine Spezifität s > 0 werthaltig wird. Für eine Spezifität von Null entspricht der Ausübungspreis dem Alternativertrag am Sekundärmarkt bzw. in einer alternativen Beziehung. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass eine kostenlose Substituierbarkeit der Einsatzfaktoren nur unter der Annahme vollständiger Märkte des neoklassischen Modells möglich ist. Setzt man dies als Prämisse im Modell in Abbildung 3-4 jedoch voraus, so erschließt sich die Übereinstimmung von Ausübungspreis und Alternativertrag für eine Spezifität von Null. Bei einer Spezifität von Null lässt sich eine Anlage einer multiplen Verwendung zuführen, so dass eine Option nicht ins Kalkül des Abnehmers aufgenommen werden würde. Für jeden Spezifitätsgrad s > 0 ist die Option dagegen von Wert. Würde andererseits der Ausübungspreis über dem Alternativertrag liegen, bestünden für den Abnehmer Arbitrage-Möglichkeiten, indem er (bei einem gehandelten Gut) dieses am Sekundärmarkt kauft787) und über die Ausübung der Option den Ausübungspreis (> Kaufpreis) realisiert (für eine Put- bzw. Verkaufsoption).
784) 785) 786)
787)
146
Vgl. Myers (1977), S. 162 f. Vgl. Myers (1977), S. 163. Diese Überlegungen in Abbildung 3-4 stellen keine finanzmathematische Darstellung des Optionswertes dar. Der Alternativertrag wird als jener Preis verstanden, den man erhält, wenn man bspw. eine Anlage als zweitbeste Verwendung veräußert. Der Alternativertrag stellt somit bei gehandelten Gütern in Abhängigkeit der Perspektive Verkäufer/Käufer den Verkaufs- bzw. Kaufpreis dar.
Abb. 3-4:
Partielle Absicherung der Quasirente mit Optionen
Der zentrale Nutzenbeitrag der dargestellten Modelle liegt darin begründet, die eingeschränkte Sichtweise der Transaktionskostentheorie aufzugeben, die im Kern eine steigende Spezifität, zwingend begleitet mit steigenden Transaktionskosten, negativ sieht.788) Zudem zeigen die Modelle, dass spezifische Investitionsentscheidungen weit reichende Folgen der Abhängigkeit implizieren. Eine steigende Spezifität kann jedoch unter Produktivitätsgesichtspunkten positiv bewertet werden.
3.2
Spezifität als Auslöser der fundamentalen Transformation
3.2.1
Die fundamentale Transformation aus Sicht der Transaktionskostentheorie
Spezifische Beschaffungsobjekte als auch spezifische Investitionen führen zu einer Abhängigkeitsposition ex post Vertragsabschluss und sind der Auslöser der fundamentalen Transformation.789) Picot/Dietl (1990) kritisieren die Auswahl der Spezifitätsarten von Williamson (1985) (vgl. Tabelle 2-2, Kapitel 2.1.1) als unvollständig und schlagen „zeitspezifische Investitionen“ als Erweiterung vor, begründen diese aber nicht.790) Temporäre Spezifität liegt dann vor, wenn der Zeitpunkt der Investition für den Erfolg wesentlich entscheidend ist.791) Dieser Aspekt spielt dann eine Rolle, wenn die Durchführung der Lieferantenentwicklungsmaßnahme bei einer Neuproduktentwicklung mit der benötigten
788) 789) 790) 791)
Vgl. Williamson (1991), S. 282-284. Vgl. Williamson (1985), S. 55 und S. 91, Föhr (1994), S. 456 sowie Skjott-Larsen (1999), S. 99. Vgl. Picot/Dietl (1990), S. 179, im Original hervorgehoben. Vgl. Bartelt (2002), S. 94.
147
Entwicklungszeit hinsichtlich ‚Time to Market’ bedeutsam ist.792) In Folge dessen kann eine frühzeitige Ausübung der Lieferantenentwicklungsoption erzwungen werden. SkjottLarsen (1999) unterscheidet weiterhin in Produktspezifität und Prozessspezifität.793) Nooteboom (1993) kritisiert die unreflektierte Verwendung von Spezifität in der Transaktionskostentheorie.794) Er verwendet formalisierte und weitergehend differenzierte Formen der Spezifität im Gegensatz zu den häufig anwendungsbezogenen Definitionen. Im Wesentlichen unterscheidet er folgende Formen:795)
Transaction specific assets (buyer bzw. supplier specific assets): Hierbei handelt es sich um spezifische Investitionen, die nur innerhalb einer bestimmten Beziehung von Wert sind, aber keine spezifische Verwendung hinsichtlich des getauschten Produktes aufweisen, bspw. Aufwendungen für die Lieferantensuche (Transaktionskosten). Asset specific transaction: Hierbei weist die Transaktion Spezifität auf. Dafür sind ganz bestimmte Einsatzfaktoren notwendig, die nicht substituierbar sind, selbst aber keine Spezifität aufweisen müssen (vgl. Systemgeschäft im Industriegütermarketing). Product specific asset: Spezifische Teile (Produkte) für eine Anlage werden obsolet, wenn die damit hergestellten Produkte nicht mehr benötigt werden (bspw. weil das Endprodukt nicht mehr hergestellt wird). Buyer specific product: Diese Kategorie zielt auf die Abhängigkeit des Lieferanten ab. Ein Lieferant kann seine spezifischen Vorprodukte nur an diesen einen Abnehmer verkaufen (Monopson). Asset specific product: Eine bestimmte spezifische Investition muss getätigt werden, um das Produkt überhaupt herstellen zu können, d.h. es gibt keine alternative (unspezifische) Produktionsmöglichkeit (bspw. (Guss-) Form für Scheinwerfer eines bestimmten PKWModells). Product specific buyer: Für den Abnehmer gibt es hierbei keine Alternative zu einem bestimmten spezifischen Produkt. Supplier specific product: Für den Abnehmer gibt es keine Alternative Lieferquelle (Monopol bspw. aufgrund von Patenten). Diese Form der Spezifität stellt eine Steigerung der vorhergehenden dar und hat damit die deutlichsten ökonomischen Konsequenzen.
792) 793) 794) 795)
148
Vgl. Bartelt (2002), S. 94. Vgl. Skjott-Larsen (1999), S. 107. Vgl. Nooteboom (1993), S. 444. Vgl. Nooteboom (1993), S. 446-449.
Eine weitere Unterscheidung der Spezifität findet sich bei Ghemawat/del Sol (1998). Unternehmensbezogene Spezifität („firm specific resources“) bezeichnet Faktoren, die spezifisch für die Verwendung in einem bestimmten Unternehmen zugeschnitten sind, so dass ihr Ertrag in dieser Verwendung den Ertrag in der nächstbesten Verwendung in einem anderen Unternehmen übersteigt.796) Verwendungsbezogene Spezifität („usage-specific resources“) liegt bei spezifischen Produkten oder spezifischen Anlagen vor, deren Ertrag außerhalb des originären Verwendungszweckes niedriger als in der erstbesten Verwendung ist.797) Bartelt (2002) untersucht regressionsanalytisch die relative Stärke des Einflusses von Anlagen-, Sachmittel-, Zeit- und Standortspezifität auf die Quasirente des Lieferanten und kommt zu dem Ergebnis, dass insbesondere die Anlagenspezifität einen hohen Einfluss auf den Ertrag hat (vgl. oben, asset specificity im weiteren Sinne).798) Finden bei einigen Transaktionen bereits ex ante spezifische Investitionen statt, bspw. durch spezifizierte Angebote im Anlagengeschäft,799) existiert bei anderen Transaktionen ex ante ein konkurrenzintensiver Wettbewerb ohne spezifische Investitionen der Angebotserstellung. Bei der Analyse des Transaktionsprozesses lassen sich des Weiteren zwei Situationen ex post ausmachen. Finden keine spezifischen Investitionen statt und liegen vollständige Verträge vor (klassische Spot-Transaktion), bleibt der Wettbewerb auch nach Vertragsabschluss aufrecht erhalten, so dass bei erneutem Bedarf ebenfalls eine Wettbewerbssituation vorzufinden ist.800) Der Vertragsabschluss kann dennoch zu langfristigen Lieferbeziehungen führen, wenn der erneute Suchprozess Transaktionskosten verursacht. Der Lieferant, der den Zuschlag erhält, muss sich dafür aber in seiner laufenden Preisgestaltung dem Wettbewerb anpassen. Er erfährt keinen Vorteil gegenüber den Mitbietern (insbesondere bei Neuausschreibungen), da sich der Abnehmer nicht spezifisch gebunden hat und daher kein bilaterales Monopol vorliegt und ein Lieferantenwechsel jederzeit (vergleichsweise einfach) möglich ist.801)
796)
797)
798) 799)
800) 801)
Vgl. zur Spezifität von Ressourcen einer Unternehmung im Kontext des Resource-based View Freiling (2001), S. 20-22 und S. 110 sowie „firm-specific quasi-rents“ bei Madhok/Tallman (1998), S. 329. Vgl. Ghemawat/del Sol (1998), S. 28 f. sowie Rese/Roemer (2004), S. 503, „dedicated specific asset […] has relatively little or no value outside the exchange“. Vgl. Bartelt (2002), S. 153. Vgl. Backhaus/Voeth (2007), 202 f. und S. 305 ff. sowie die bereits genannten Konzeptwettbewerbe unter diese Kategorie fallen. Vgl. Föhr (1994), S. 455. Vgl. Föhr (1994), S. 455, Williamson (1988), S. 77 und Lonsdale (2001), S. 23, „a supplier from a competitive market [...] low risk because if the supplier does not perform, there are many others in the market who would happy to replace it”.
149
Anders dagegen beim Einstieg in einen Leistungsaustausch, der ein spezifisches Beschaffungsobjekt umfasst sowie begleitet wird von spezifischen Investitionen.802) Hier entwickelt sich der anfängliche Wettbewerb („precontract“803)) zu einer monopolartigen Beziehung „postcontract“804) („Small-Numbers“-Problem805)).806) Indem beide Transaktionsparteien in der Regel spezifisch investieren, entsteht eine beiderseitige Abhängigkeit („’lock into’ the transaction“807)), da Einzahlungen (Quasirenten bzw. relationale Renten) aus der Beziehung vom Fortbestand der Beziehung abhängen und bei einem vorzeitigen Abbruch der Beziehung die Investitionsauszahlungen zum Wert in der nächstbesten Verwendung abgeschrieben werden müssten.808) Möller/Törrönen (2003) verbinden gerade relationale Austauschbeziehungen („Partnering Relationships“809)) mit einer Zukunftsorientierung und verstehen spezifische Investitionen als „the key idea [..] that through mutual investments and adaptations, a supplier and a customer can create new product and process solutions that are more effective than the ones that exist in the field, or that improve efficiency of the supplier-buyer relationship.“810) Spezifische Investitionen führen zur Situation eines bilateralen Monopols.811) Diese Transformation812) bzw. Situationsveränderung wird von Williamson (1985) fundamentale Transformation genannt.813) Damit geht die (uneingeschränkte) Option des Lieferantenwechsels, wie sie bei marktlichen Transaktionen gegeben ist, für den Abnehmer verloren.814) Die Auswirkungen des bilateralen Monopols stei-
802)
803) 804) 805)
806) 807) 808)
809) 810) 811)
812)
813)
814)
150
Auch ein Leistungsaustausch, der ein unspezifisches Gut zum Gegenstand hat, kann durch spezifische Anpassungen der Transaktionspartner zu einem spezifischen Leistungsaustausch werden, bspw. Kanban-Lösungen bei Schrauben. Föhr (1994), S. 456 subsumiert bereits die Situation des Leistungsaustauschs eines spezifischen Beschaffungsobjekts als bilaterales Monopol (fundamentale Transformation), so dass auch ohne spezifische Investitionen eine Situationsveränderung stattfindet. Alchian/Woodward (1988), S. 67. Alchian/Woodward (1988), S. 67. Vgl. Williamson (1975), S. 26-29, „Although a large-numbers exchange condition obtains at the outset, it is transformed during contract execution into a small-numbers exchange relation.” Vgl. Williamson (1988), S. 71 und S. 77. Williamson (1979), S. 240. Vgl. Williamson (1979), S. 240, Williamson (1988), S. 78, Cannon/Perreault (1999), S. 444, „such locking-in can create switching costs” und Ganesan (1994), S. 6, „barriers to exit from such a relationship”. Möller/Törrönen (2003), S. 113. Vgl. Möller/Törrönen (2003), S. 114. Vgl. Klein/Crawford/Alchian (1978), S. 299, Picot/Dietl (1990), S. 179 f. und Williamson (1988), S. 71. Vgl. Arnold (1997), S. 48-51, Die Transformation der Marktseitenverhältnisse ist nicht zu verwechseln mit der Transformation im Sinne des Throughput- bzw. Produktionsprozesses. Vgl. Williamson (1985), S. 61-63 sowie Picot/Dietl/Franck (2002), S. 431, Ein Beispiel findet sich bei Lonsdale (2001), S. 24. Vgl. Alchian/Woodward (1988), S. 67, „Options available in the former stage are lost in the latter […] loss of substitutability by equivalent resources.”
gen mit der Spezifität des zu tauschenden Produktes sowie der Spezifität transaktionsbedingter Investitionen (beziehungsspezifische Investitionen).815) Dominiert der Lieferant im bilateralen Monopol, liegt eine (Quasi-) Monopollösung vor. Dominiert dagegen der Abnehmer, entspricht die Situation der eines Monopsons.816) Je größer der Abstand zwischen dem potentiellen Ertrag bzw. Effektivertrag und dem Alternativertrag der getätigten spezifischen Investition ist, desto stärker ist die entstehende gegenseitige Bindung („Then the asset is said to be ‚fixed’ in its current usage.“817)). Ein Ausstieg aus der Beziehung ist zwar auch hier prinzipiell möglich, aber nur unter Inkaufnahme von Sunk Costs.818) Deren Entscheidungsrelevanz beeinflusst den Effekt des bilateralen Monopols maßgeblich.819) Sind die Transaktionspartner ex post spezifisch aneinander gebunden, fehlen Möglichkeiten auf die geänderten Bedingungen zu reagieren (bspw. ein Ausstieg aus der Beziehung, „if the assets [...] are highly specific, [...] becomes highly problematic at contract renewal intervals and when adaptions to change are attempted.“820)). Skjott-Larsen (1999) fügt an, dass „it will be harder for the atcors to ‚exit’ the relationship („Austrittsbarriere”821)).822) Ghemawat/del Sol (1998) entwickeln hierzu ein Portfolio, indem sie die beiden Kategorien beziehungsbezogene Spezifität (unternehmensbezogene Spezifität im Original übertragen auf die Dyade)823) und verwendungsbezogene Spezifität in unterschiedlicher Intensität auf der Abszisse und Ordinate abtragen (vgl. Abbildung 3-5).824) Je geringer die spezifische Ausprägung (Spezifitätsgrad) ist, desto höher ist das Flexibilitätspotential des Wechsels. Zudem erlaubt die Differenzierung mittels der Matrix eine Analyse der der Lock-in-Situation ursächlich zugrunde liegenden Spezifität. Mangelnde Flexibilität erreicht ihr Maximum, wenn sowohl verwendungsspe-
815) 816) 817) 818)
819) 820) 821) 822) 823)
824)
Vgl. Föhr (1994), S. 457. Vgl. Haury (1989), S. 55. Chavas (1994), S. 114. Vgl. hierzu auch Sako (1992), S. 148, Werden Werkzeuge und Anlagen dem Lieferanten vom Abnehmer zur Verfügung gestellt, sind diese selbst zwar nicht als spezifisch zu qualifizieren. Dennoch entstehen bei Beziehungsabbruch Sunk Cost. „Every [assembly] line takes time to set up and once set up at a particular sub-contractor, it is costly to disassemble and transport it elsewhere.”, Haury (1989), S. 56 bezeichnet dies als „Spezifität der Lage” bei prohibitiv hohen Kosten für Transport und Reallokation. Vgl. Föhr (1994), S. 457. Williamson (1988), S. 78. Vgl. Bartelt (2002), S. 95. Vgl. Skjott-Larsen (1999), S. 99. Die von Ghemawat/del Sol (1998), S. 29 vorgeschlagene unternehmensbezogene Spezifität wird substituiert durch den beziehungsbezogenen Spezifitätsgrad (Erkenntnisobjekt Wertschöpfungspartnerschaf). Vgl. Ghemawat/del Sol (1998), S. 29.
151
zifisch als auch beziehungsspezifisch investiert wurde.825) Die Lock-in-Situation, insbesondere aufgrund der beziehungsbezogenen Spezifität, verhindert einen Lieferantenwechsel bzw. ermöglicht diesen nur unter Inkaufnahme von Wechselkosten.826) Bei verwendungsbezogener Spezifität ist bspw. an Werkzeuge (Gussformen usw.) zu denken, die auf eine spezifische Verwendung ausgelegt sind, jedoch durch den Abnehmer auch bei anderen Lieferanten (Stahlwerke) eingesetzt werden können. Eine Lösung der Überwindung der niedrigen Wechselflexibilität (Quadrant rechts unten in Abbildung 3-5) stellen die Optionen der Lieferantenentwicklung dar, indem dem eingeschränkten externen Handlungsspielraum proaktiv mit dem Aufbau interner Handlungsspielräume für mehr Flexibilität in der Wertschöpfungspartnerschaft begegnet wird.
Abb. 3-5: Quelle:
Spezifität und Flexibilität In Anlehnung an Ghemawat/del Sol (1998), S. 29
Amit/Schoemaker (1993) bestätigen, dass „rent opportunities arise for firms that approach the future more flexible.“827) Daran anknüpfend reflektiert der Wert einer Option nach
825)
826) 827)
152
Vgl. auch Madhok/Tallmann (1998), S. 330, Spezifische Investitionen führen zu „reduced flexibility“, Harrigan (1980), S. 166 verwendet den Begriff ‚exit barriers’, wenn Unternehmen aufgrund eines mangelhaften Sekundärmarktes für Maschinen und Anlagen (geringer Alternativertrag) die Produktion aufrecht erhalten; trotz etwaiger Verluste. Vgl. Cannon/Perreault (1999), S. 444 sowie Monteverde/Teece (1982), S. 206 f. Vgl. Amit/Schoemaker (1993), S. 41.
Myers (1977) die Möglichkeit, Quasirenten zu generieren.828) Im Theorieansatz schlägt sich der (investitionstheoretische) Wert der Lieferantenentwicklungsoption somit in dem Potential nieder, (zusätzliche) Quasirenten zu realisieren. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die fundamentale Transformation als Zustandswechsel von einer Wettbewerbssituation ex ante Vertragsabschluss zu einer Lockin-Situation ex post begriffen wird, ohne eine differenzierte Darstellung in Abhängigkeit des Zeitpunktes der spezifischen Investition als auch deren Höhe vorzunehmen (investitionstheoretische Betrachtung, vgl. auch Kapitel 2.3.3, Abbildung 2-13).
3.2.2
Die dynamische Transformation als Weiterentwicklung
Die dynamische Transformation leistet als Weiterentwicklung der fundamentalen Transformation die Differenzierung der Lock-in-Wirkung in Abhängigkeit von Zeit und Höhe der spezifischen Investitionen des Abnehmers. Dem wird insbesondere deshalb eine hohe Bedeutung beigemessen, da Investitionsentscheidungen in der Regel zu einer mehrperiodigen Determiniertheit bzw. zur Lock-in-Situation führen. „Der Modellansatz muss deshalb sequentiell-dynamischer Natur sein.“829) Das Investitionsprogramm wird in mehrere Einzelprogramme zerlegt, so dass zu mehreren Zeitpunkten die Möglichkeit einer steuernden Einflussnahme besteht.830) Die konventionelle Sicht von Zulieferer-AbnehmerPartnerschaften, die geprägt ist von spezifischen Investitionen im Zuge des Vertragsabschlusses und der unvermeidbaren Folge von „post-contractual lock-in“831), ist zu erweitern durch eine wertbildende Sichtweise. Je stärker sich die negativen Konsequenzen der Abhängigkeit im bilateralen Monopol nach Vertragsabschluss auf das ökonomische Entscheidungskalkül auswirken, desto größer ist der Wert von potentiellen Handlungsmöglichkeiten. Sind spezifische Investitionen nicht vermeidbar, sind Lösungen zu diskutieren, wie sich Investitionsauszahlungen zeitlich aufschieben bzw. aufteilen lassen, so dass steuernde Eingriffe zur „Kurskorrektur“ möglich werden (vgl. Abbildung 3-6). Das Handlungsspektrum ändert sich durch eine stufenweise oder dynamische Transformation signifikant. Der Entscheidungsträger (Abnehmer) verfügt mit dem Einstieg in die Beziehung über Optionen, die eine Reaktion auf sich ändernde Bedingungen ermöglichen. Optionspreismodelle ermöglichen eine explizite Bewertung dieser Optionen und berück-
828) 829) 830) 831)
Vgl. Myers (1977), S. 163. Meffert (1969), S. 783. Vgl. Meffert (1969), S. 783. Lonsdale (2001), S. 22.
153
sichtigen sowohl Unsicherheit als auch Flexibilität (theoretischer Marktwert).832) Die dynamische Transformation widerspricht nicht der fundamentalen Transformation nach Williamson, sondern beschreibt eine Reduktion des qualitativen Ausmaßes der Transformation zu den Investitionszeitpunkten t0, tn usw. Der sequentielle Beziehungseinstieg der bereits erläuterten Lieferantenentwicklungsoptionen wird durch Abbildung 3-6 wiedergegeben. Der Handlungsspielraum gegenüber der klassischen fundamentalen Transformation („Jetzt-oder-nie“-Strategie) erweitert sich durch die neue Sichtweise einer dynamischen Transformation und ergibt sich in dem Maße ǻh, in dem weniger zu den Entscheidungszeitpunkten t investiert wird und dadurch potentielle Sunk Costs reduziert werden. Pindyck (1991) sieht die Gefahr einer systematischen Unterbewertung durch eine klassische (statische) Kapitalwertbetrachtung.833) Dies entspricht der fundamentalen Transformation mit einer Investitionsentscheidung in t0. Die klassische, bisherige Betrachtung der fundamentalen Transformation als unweigerliche Folge spezifischer Investitionen und dem Resultat eines statischen Zustands der Abhängigkeit ex post verhindert demnach die Betrachtung des Wertbeitrags einer sequentiellen Investitionsstrategie. Gerade wenn Investitionen von Irreversibilität geprägt sind und Investitionen aufgeschoben werden können, führt eine (vollständige) Investition in t0 zur „Vernichtung“ möglicher Optionen.834) Die dynamische Transformation kommt der Forderung einer strategisch verstandenen Beschaffung nach, indem das Merkmal der „Langfristigkeit […] von Zielen“835) durch eine bewusst wahrgenommene und möglich werdende steuernde Einflussnahme innerhalb von Wertschöpfungspartnerschaften tatsächlich auch erfolgreich realisiert werden kann. Die Gefahr von Zielverfehlungen als Folge statischer Entscheidungen zum Beziehungseinstieg (Basisstrategie) wird reduziert. Als Opportunitätskosten muss der Optionswert daher im Bewertungskalkül des Abnehmers berücksichtigt werden und schließt damit an den erweiterten Lieferantenwert, bestehend aus einer Einstiegsinvestition und dem damit verbundenen Erwerb von Lieferantenentwicklungsoptionen (dynamische Transformation), an („the NPV [Net Present Value] rule […] must be modified.“836)). Die klassische Betrachtung der fundamentalen Transformation erlaubt nicht die Erfassung des strategischen Werts des Handlungsspielraums, wie er durch die dynamische Transformation konzeptionell aufgenommen wird. Dem Op-
832) 833) 834) 835) 836)
154
Vgl. Hommel/Pritsch (1999a), S. 129. Vgl. Pindyck (1991), S. 1110. Vgl. Pindyck (1991), S. 1110-1112. Vgl. Large (2000), S. 31. Pindyck (1991), S. 1112.
tionswert müssen jedoch auch Kosten der verzögerten Investition (bspw. bei Aktienoptionen die entgangenen Dividendenerlöse) gegenübergestellt werden.837) Ziel einer dynamischen Transformation ist, neue Informationen abwarten zu können, um einerseits der Frage einer Fortführung der Beziehung nachzugehen, als auch bei bewusster Weiterentwicklung des Lieferanten die Richtung der Entwicklung auf Basis neuer Informationen präzisieren zu können.838) Die dynamische Transformation als Möglichkeit, stufenweise, sequentiell in eine Lieferantenbeziehung (irreversibel) investieren zu können, entspricht einer Kaufoption bzw. Call-Option, deren Bewertung Gegenstand von Kapitel fünf ist.839) Institutionelle Absicherungsmaßnahmen, ausgedrückt durch Transaktionskosten TAKGS (s) im obigen Modell, werden folglich auch nur in dem Maße notwendig, wie spezifisch investiert wird.840)
Abb. 3-6:
Fundamentale versus dynamische Transformation
Die Kritik der Transaktionskostentheorie setzt daran an, dass diese eine statische Analyse zur Ermittlung der Governancestruktur bildet und Änderungen in der Austauschbeziehung
837) 838)
839) 840)
Vgl. Kapitel fünf. Vgl. Pindyck (1991), S. 1112, „possibility of waiting for new information to arrive that might affect the desirability or timing of the expenditure.” Vgl. Pindyck (1991), S. 1111. Vgl. van der Vrande/Lemmens/Vanhaverbeke (2006), S. 354, „[C]ompanies are likely to invest in small […] investments that aim to reduce the uncertainty at the start.“
155
über die Zeit nicht berücksichtigt werden.841) Rese/Roemer (2004) kritisieren, dass „TCE [Transaction Cost Economics] may deliver misleading management implications in dynmic markets.“842) Die exogene und zeitpunktbezogene Annahme von Spezifität ist nach Noorderhaven (1995) nicht haltbar. Vielmehr erfolgt eine graduelle Zunahme der Humankapitalspezifität über die Zeit sowie für Formen der „asset specificity“ gilt, dass diese das Ergebnis bewusster, diskreter und endogener Investitionsentscheidungen sind.843) SkjottLarsen (1999) stellt die fundamentale Transformation von einem Zeitpunkt ex ante auf einen Zeitpunkt ex post bezüglich der Humankapitalspezifität in Frage, da sich diese in der Beziehung zwischen Abnehmer und Lieferant dynamisch („Schritt für Schritt“) entwickelt, wodurch die Notwendigkeit von Absicherungsmaßnahmen erheblich reduziert wird, wenn nicht entfällt.844) Greift man diesen Gedanken auf, lässt sich die Transformation zwar nicht verhindern, so dass unabhängig von der Höhe der spezifischen Investitionen zu diskreten Zeitpunkten eine Transformation in eine ex post Abhängigkeit vom Transaktionspartner erfolgt (Lock-in). Wird jedoch eine sequentielle Strategie der dynamischen Transformation verfolgt, führt dies zu einem erheblich geringeren Ausmaß der Determiniertheit der Beziehung, als bei der ultimativen Investitionsentscheidung der fundamentalen Transformation.845) Die Determiniertheit als mangelnde Wechselflexibilität ergibt sich aus der Notwendigkeit der Amortisation getätigter Investitionen und richtet sich dementsprechend nach der Höhe der Investitionsauszahlung.846) Damit wird nicht nur das Erfordernis an Absicherungsmaßnahmen reduziert, sondern auch der Frage der Fortführung der Beziehung nachgegangen. Angenommen, die Entwicklungsfähigkeit des Lieferanten ist wider Erwarten nicht gegeben, eine Entwicklung aber für den Fortbestand des Leistungsaustauschs zwingend notwendig, reduziert eine stufenweise Investitionsstrategie der dynamischen Transformation die ökonomischen Folgen eines Beziehungsabbruchs.847) Es ist zu prüfen, ob sich damit sowohl Weiterentwicklungs-/Wachstumsoptionen ergeben (Call) sowie darüber hinaus auch Abbruchsoptionen (Put) denkbar werden, oder andere Einflussfaktoren (bspw. technologische Abhängigkeit) dominieren.
841)
842) 843) 844) 845)
846) 847)
156
Vgl. Skjott-Larsen (1999), S. 104, Die Wahl des optimalen institutionellen Arrangements erfolgt zu einem Zeitpunkt in Abhängigkeit der Spezifität. Rese/Roemer (2004), S. 503. Vgl. Noorderhaven (1995), S. 50. Vgl. Skjott-Larsen (1999), S. 104. Vgl. Noorderhaven (1995), S. 50, „leapwise development brings about a fundamental change in the relative position“, „a radical new situation”. Vgl. Noorderhaven (1995), S. 43, Investitionen „that only pay off if the relationship continues”. Dieser Fall soll zunächst ausgeblendet, jedoch in Kapitel 5.3.4 in einer Abbruchsoption dargestellt werden. Vgl. Morgan/Hunt (1994), S. 24, Ohne Option bildet ein Vergleich von „relationship benefits“ und „relationship termination costs“ das Entscheidungskalkül, die Beziehung aufrecht zu erhalten („commitment“).
In der Terminologie der Transaktionskostentheorie führt eine dynamische Betrachtung von Spezifität und spezifischen Investitionen zwangsweise zu einem Wechsel des als effizient geltenden institutionellen Arrangements. Die dynamische Transformation bewegt sich in der Bandbreite der hybriden Austauschformen zwischen Markt und Hierarchie. Findet der Abnehmer dagegen eine Entwicklungslücke beim Lieferanten vor, deren Schließung prohibitiv hohe Investitionen verlangt, kann auch ein Wechsel zur Eigenfertigung (Hierarchie) und Investition im eigenen Unternehmen eine mögliche Folge sein. Entwicklungslücken diesen Ausmaßes werden durch die Potentialanalyse und Bewertung der Entwicklungsfähigkeit jedoch ex ante ausgeschlossen. Noorderhaven (1995) entwickelt ein Modell mit Entwicklungsmöglichkeit der Beziehung unterschiedlichen Status in Abhängigkeit der Spezifität.848) Spezifische Investitionen führen in dessen Modell ausgehend von einem marktlichen Austausch zu einer Hybridisierung.849) Die Investition kann bspw. den Ausübungspreis der Lieferantenentwicklungsoption umfassen. Es resultiert eine Zunahme der Intensität und des Integrationsgrades der Zusammenarbeit zwischen Abnehmer und Lieferant,850) so dass durch Lieferantenentwicklung auch eine Entwicklung vom Teile-/Komponentenlieferanten zum System-/Modullieferanten eingeschlossen wird.851) Die statische Transaktionskostentheorie852) erfährt durch die hier angestellten Überlegungen eine dynamische Weiterentwicklung, wie sie Skjott-Larsen (1999) der Netzwerktheorie zuordnet. Die Netzwerktheorie beschäftigt sich mit Beziehungen als Analyseeinheit, wohingegen die Transaktionskostentheorie die Transaktion als Analyseeinheit begreift.853) Eine „Heilung“ zur Übertragbarkeit des dynamischen Gedankens der Netzwerktheorie erfolgte bereits in Kapitel 2.1.1 durch die Betrachtung der Transaktion nicht als Einmaltransaktion, sondern als wiederholte Transaktion innerhalb einer anhaltenden Beziehung.854) Madhok/Tallman (1998) weisen darauf hin, dass weiterer Forschungsbedarf zur Dynamik bei der Betrachtung von Zulieferer-Abnehmer-Beziehung besteht. Ein breit gefächertes Begriffsverständnis der Dynamik erfordert eine differenzierte Analyse im Kontext von Wertschöpfungspartnerschaften.
848) 849) 850) 851) 852)
853) 854)
Vgl. Noorderhaven (1995), S. 51-53. Vgl. Noorderhaven (1995), S. 51. Vgl. Kleinau (1995), S. 186. Vgl. zur Entwicklung vom Teile- zum Systemlieferant Friedrich/Rodens (1996), S. 251. Vgl. Skjott-Larsen (1999), S. 102, „Network theory is dynamic, as it focuses on the process of evolution of relationships.“ Vgl. Skjott-Larsen (1999), S. 103 und Williamson (1989), S. 142. Vgl. Eßig (2004a), S. 101.
157
4.
Dynamik im Kontext von Wertschöpfungspartnerschaften
4.1
Dynamische Stabilität von Wertschöpfungspartnerschaften
4.1.1
Dynamikbegriff und Multidimensionalität
Die Dynamisierung der Wertschöpfungspartnerschaft durch eine sequentielle, stufenweise Investitionsstrategie verlangt eine Begriffsklärung der Dynamik. Bei Oppenheimer (1922) findet sich eine sehr frühe Definition der Dynamik in einem soziologischen Kontext. Er betrachtet Statik und Kinetik als Unterbegriffe der Dynamik. Die Statik „umfasst alle Studien über Bewegungen und Widerstände, die sich in der Größe und Richtung nicht ändern und daher alle Studien über die Funktionen und den Aufbau, soweit sie als unveränderlich betrachtet werden.“855) Die Kinetik „umfasst alle Studien über Bewegungen, die sich in Größe oder in der Richtung oder in beidem verändern, und daher alle Studien über Modifikationen, Variationen, Umgestaltungen der Funktion und des Aufbaus.“856) Beckel (1927) sieht in dieser Betrachtung ein methodisches Hilfsmittel, um dynamische Prozesse in der Betriebswirtschaftslehre zu erklären.857) Jedoch ist selbst ein statischer Zustand nicht der „absolut erreichte Zustand eines Gleichgewichts aller Funktionen, sondern [...] als Tendenz auf einen solchen Gleichgewichtszustand hin.“858) Statik findet sich dann wieder, wenn ein Gleichbleiben aller Daten unterstellt wird,859) mithin keine neuen Ereignisse eine Änderung erzwingen.860) Gegensätzlich dazu versteht sich die Kinetik gerade als eine Funktion der Veränderung aufgrund sich ändernder Daten.861) Häufig finden sich Statik und Dynamik bereits selbst als Gegensatzpaar.862) Unter Dynamik wird in Systemen jede Bewegung oder jedes ‚Verhalten’ verstanden, wogegen in statischen Systemen überhaupt
855) 856) 857) 858)
859)
860)
861) 862)
Oppenheimer (1922), S. 71. Oppenheimer (1922), S. 71. Vgl. Beckel (1927), S. 55. Beckel (1927), S. 56, Der Argumentation zugrunde liegt die Kritik an der „reinen Statik“. Bspw. ließe sich die Normalnullline des Meeres, die sich als statische Größe definiert, aufgrund der Wellenbewegung nicht bestimmen, wenn man nicht deren Tendenz als mittlere Meereshöhe heranziehen würde. Eine Ausschaltung aller Kräfte ist in der Realität selten gegeben, weshalb der Zustand der reinen Statik abstrakt bleibt. Vgl. Beckel (1927), S. 56 und Ulrich (1970), S. 113, „Damit wird ‚Statik’ zu einem selten feststellbaren [...] Extremzustand auf der Skala der [..] Eigenschaft ‚Dynamik’.“, ebenso betrachtet Ackoff (1971), S. 663 einen Kompass als statisch, da er immer den Nordpol anzeigt. Vgl. Pfohl (1981), S. 31, „Statt von Daten spricht man auch von exogenen Erwartungsvariablen [im Original hervorgehoben]; ‚exogen’ deshalb, weil sie nicht vom Entscheider beeinflusst werden.“ Ackoff (1971), S. 663 versteht unter Statik „no change of structural properties, no change of the state“. Vgl. Beckel (1927), S. 56 in Anlehnung an Oppenheimer (1922), S. 74. Duncan (1972), S. 313 versteht unter der „static dynamic dimension [..] the degree to which the factors […] internal and external environment remain basically the same over time“.
159
nichts geschieht.863) Perich (1992) legt dem Begriff der Dynamik das „Prinzip der steigenden Veränderungsintensität“864) zugrunde und entwickelt ein Kontinuum diskreter Stufen der Dynamik:865) (reine) Statik als Zustand der Bewegungslosigkeit; System der Persistenz (stationäres Gleichgewicht), bei dem Handlungen und Ereignisse vorbestimmt sind; Kontinuität (dynamisches Gleichgewicht) zeichnet sich durch die Gleichförmigkeit der Veränderung aus (‚Stabilität im Wandel’866)); Diskontinuität beschreibt eine nicht-lineare Veränderung (Bruch im bisherigen Verlauf); eine extreme Ausprägung beschreibt schließlich das Chaos, gekennzeichnet durch eine hohe Unregelmäßigkeit, die eine direkte Kontrolle und Steuerung deutlich erschwert. Kontinuität kann aus zwei Richtungen entstehen. Entweder werden starre (statische) Strukturen dynamisiert oder chaotische stabilisiert.867) Mangelnde Stabilität bewirkt chaotisches Verhalten, während zu hohe Stabilität zu einer Starrheit eines Systems führt. Zielsetzung im Leistungsaustausch mit dem Lieferanten ist, einen „stabilen dynamischen“ Zustand zu erreichen in einem Wechselspiel aus Veränderung (Diskontinuität) und Kontinuität.868) Längere Phasen der Stabilität wechseln sich mit Phasen der Veränderung ab.869) Freytag/Ritter (2005) bezeichnen die Koexistenz von Stabilität und Veränderung als „the dynamic paradox“.870) Stabilität ist als eine dynamische Größe aufzufassen.871) In Wertschöpfungspartnerschaften, die durch eine Lock-in-Situation gekennzeichnet sind, spielt Stabilität eine besondere Rolle.872) Gelingt es nicht, innerhalb der Wertschöpfungspartnerschaft einen stabilen Zustand der effektiven und effizienten Zusammenarbeit aufrecht zu erhalten, steht ein Abbruch der Beziehung nur unter Inkaufnahme von Wechselkosten aufgrund der Lock-in-Situation zur Disposition. Insofern spielen beziehungsspezifische Investitionen eine doppelte Rolle als Stabilisierungsmechanismus. Im Rahmen der (direkten) Lieferantenentwicklungsmaßnahme sorgen spezifische Investitionen des Abnehmers für die Aufrechterhaltung von Effektivität und Effizienz. Zudem sorgen (bilatera-
863)
864) 865) 866) 867) 868) 869)
870) 871) 872)
160
Vgl. Ulrich (1970), S. 113, ebenso bezeichnet Roters (1989), S. 23 den Sachverhalt der Veränderung im Zeitablauf als Dynamik. Perich (1992), S. 93, im Original hervorgehoben. Vgl. Perich (1992), S. 94-96. Perich (1992), S. 94. Vgl. Specht (1996), S. 153. Vgl. Brehm (2003b), S. 21 und Specht (1996), S. 156. Halinen/Salmi/Havila (1999), S. 785 verstehen darunter die plötzliche Veränderung einer Beziehung durch Beziehungsabbruch. Als fundamentale Veränderung weist dies Ähnlichkeit zu einer weiteren Transformation der Beziehung (dynamische Transformation) bei der Ausübung der Lieferantenentwicklungsoption auf. Vgl. Freytag/Ritter (2005), S. 646, im Original kursiv. Vgl. Brehm (2003b), S. 45. Vgl. Theurl (2001), S. 82, „Stabilisierungsbedarf“.
le) spezifische Investitionen für (erzwungenes) beziehungskonformes Verhalten.873) Steigende Kosten des Partnerwechsels wirken sich unfreiwillig stabilisierend aus, weshalb Wolff (2005) diesen Zustand als ‚unechte’ Stabilität bezeichnet.874) „Echte“ Stabilität lässt sich dagegen als „die Fähigkeit zur Wiederherstellung eines aufgrund von Störeinflüssen temporär verlassenen Gleichgewichtszustandes“ ausdrücken.875) Beide Beziehungspartner profitieren von einer stabilen, aber dynamisch veränderbaren und damit kontinuierlichen Beziehung. Dynamik stellt ein mehrdimensionales, komplexes Konstrukt dar.876) Die einzelnen Dimensionen sind in der Regel nicht direkt über Indikatoren erfassbar, sondern bestehen selbst wiederum aus mehreren Faktoren. So lässt sich bspw. die Dimension „Häufigkeit von Veränderungen“ bei Roters (1989) nicht operationalisieren, ohne dass die Art der Veränderung in Faktoren (bspw. Veränderung der Nachfrage, der Technologie usw.) konkretisiert wird. Roters (1989) definiert Dynamik anhand der Dimensionen Häufigkeit von Veränderungen, Stärke dieser Veränderungen und Regelmäßigkeit dieser Veränderungen.877) Perich (1992) verwendet zur Beschreibung des Begriffs Dynamik die Dimensionen Beweglichkeit, Andersartigkeit, Regelmäßigkeit, Aktivitätsniveau.878) Duncan (1972) versteht unter Dynamik den Grad „to which the factors […] internal and/or external environment are stable” sowie „frequency […] [of] new and different internal and/or external factors.”879) Anand/Ward (2004) bezeichnen Dynamik im Kontext der Produktion als „unpredictability“ und „volatility“.880) Eine Definition von Dess/Beard (1984) geht auf Aldrich (1979) zurück, der Dimensionen zur Beschreibung der (Unternehmens-) Umwelt identifiziert.881) Dess/Beard (1984) ordnen in ihrer Systematisierung die Dimensionen „stability-instability“ (als Bandbreite der Dynamik, ausgehend vom stabilen Zustand) und „turbulence“ der Dynamik zu,882) wobei Al-
873)
874) 875) 876)
877) 878) 879) 880) 881)
882)
Vgl. Theurl (2001), S. 84, wobei Theurl (2001) entgegen des hier gewählten Ansatzes Anpassungsfähigkeit und Stabilität als Antonyme betrachtet. Die Erhöhung des einen geht zu Lasten des anderen. Vgl. Wolff (2005), S. 138. Vgl. Wolff (2005), S. 13. Vgl. zu komplexen Konstrukten die Operationalisierungsansätze von Homburg/Giering (1996), S. 6, Für eine vollständige Analyse des Konstruktes Dynamik wird auf die Literatur zur Organisationstheorie verwiesen. Vgl. Roters (1989), S. 23, organisationstheoretisch geprägt. Vgl. Perich (1992), S. 96-99, organisationstheoretisch geprägt. Duncan (1972), S. 316 f. Vgl. Anand/Ward (2004), S. 369. Vgl. Dess/Beard (1984), S. 55, organisationstheoretisch geprägt sowie Aldrich (1979), S. 67-70, Umwelt als Analyseobjekt. Vgl. Dess/Beard (1984), S. 55.
161
drich (1979) die Umweltstabilität als „the degree of turnover in the elements of the environment“ bezeichnet sowie Umweltturbulenz als „the extent to which environments are being disturbed by increasing environmental interconnections […] leads to externally induced changes […] difficult to predict or plan for.”883) Dess/Beard (1984) greifen weiterhin zur Beschreibung der Umwelt auf die Arbeit von Miles/Snow/Pfeffer (1974) zurück, die feststellen, dass eine Unterteilung in Veränderungsrate und Unvorhersehbarkeit der Veränderung stattfinden muss, will man eine Aussage über die Unsicherheit bezüglich zukünftiger Anforderungen treffen.884) Dynamik der Umwelt beschränkt sich auf jene Veränderungen, die schwer vorhersehbar sind und daher mit Unsicherheit einhergehen.885) Die zeitliche Dimension der Veränderung findet sich bei Roters (1989) sowohl bei Häufigkeit als auch bei Regelmäßigkeit wieder, wobei Perich (1992) die Häufigkeit als Subkriterium der Regelmäßigkeit sieht.886) Die Stärke der Veränderung zeigt eine Analogie zur Beweglichkeit und zum Aktivitätsniveau. Die beiden letztgenannten Merkmale weisen jedoch deutlicher darauf hin, dass es nicht nur um das Ausmaß einer Veränderung der Situation geht, sondern implizieren den Handlungsspielraum, inwiefern ein Akteur in der Lage ist, mit dieser Veränderung umzugehen. Für die vorliegende Untersuchung ist gerade das Aktivitätsniveau von besonderem Interesse. Damit wird das Ausmaß erfasst, in dem ein System aus sich selbst heraus Dynamik erzeugt (endogene Dynamik), aber auch von Außen erfahrene Dynamik (exogene Dynamik) verarbeiten kann.887) Im Sinne einer koevolutiven Dynamik ist ein Akteur selbst in der Lage, die Ursachen möglicher Veränderungen der Umwelt zu antizipieren und damit nicht ausschließlich reaktiv passiv der exogenen Dynamik zu unterliegen.888) Dafür müssen entsprechende Potentiale der Veränderung in die Planung ex ante eingeschlossen werden.889) Bestehende Strukturen können einen beschränkenden Einfluss ausüben (“fremdbegrenzende Wirkungsgrößen”890)). Langjährige Beziehungen weisen häufig eingefahrene Strukturen und Verhaltensweisen auf.891) Werden mit Wertschöpfungspartnerschaften langfristige Beziehungen eingegangen, steht
883) 884) 885) 886) 887) 888) 889)
890)
891)
162
Aldrich (1979), S. 67 und S. 69. Vgl. Dess/Beard (1984), S. 56 und Miles/Snow/Pfeffer (1974), S. 248. Vgl. Dess/Beard (1984), S. 56 und Kapitel 4.3. Vgl. Roters (1989), S. 23 und Perich (1992), S. 98. Vgl. Perich (1992), S. 99. Vgl. Naujoks (1998), S. 54, und Specht (1996), S. 152, „reaktive und proaktive Dynamik“. Kaluza/Kemminer (1997), S. 9 beschreiben in ihrem Konzept der „dynamischen Produktdifferenzierung“ die „potentialbezogene Komponente“, die darauf abzielt „schnell Veränderungen am Produkt vornehmen zu können, um schließlich einen optimalen Erzeugniswechsel zu erreichen“. Perich (1992), S. 332, Einflussfaktoren lassen sich auf die Ebene der Beziehung übertragen. Sie betreffen sowohl beziehungsinterne (bspw. etablierte Strukturen) als auch beziehungsexterne (bspw. Wettbewerbsintensität, Qualität vorhandener Lieferanten) Einzelfaktoren. Vgl. Kaluza/Kemminer (1997), S. 22.
dies einem Veränderungsmanagement zunächst diametral entgegen, d.h. je stärker Veränderungen stattfinden, desto höhere Ansprüche werden an das Aktivitätsniveau gestellt.
4.1.2
Exogene und endogene Dynamik als Treiber der Veränderung
Zur Analyse der exogenen und endogenen Dynamik wird die „allgemeine Systemtheorie“ als Erklärungsmodell herangezogen wie sie Ulrich (1970) für betriebswirtschaftliche Problemstellungen aufgearbeitet hat.892) Die Systemtheorie ermöglicht eine Einordnung der Akteure Lieferant und Abnehmer sowie der durch die Akteure konstituierten Wertschöpfungspartnerschaft in den Systembegriff, womit in einem zweiten Schritt die Erkenntnisse der Systemtheorie auf die vorliegende Problemstellung übertragen werden können. Zur Charakterisierung des Analyseobjekts greift die systemorientierte Führungslehre auf Denkweisen der allgemeinen Systemtheorie zurück, wohingegen die Charakterisierung des Problembereichs der Führung (Gestaltung, Lenkung und Entwicklung) von Systemen in der Kybernetik zu finden ist.893) Die Kybernetik als Teildisziplin der allgemeinen Systemtheorie beschäftigt sich insbesondere mit der Systemeigenschaft „Dynamik“.894) Ausgehend von einer formalen Darstellung des Systembegriffs hinsichtlich der Wertschöpfungspartnerschaft, werden Ansätze innerhalb der Theorie auf deren Übertragbarkeit (im Sinne eines Erklärungsansatzes) geprüft sowie deren Bedeutung für die Gestaltung einer Wertschöpfungspartnerschaft und der Lieferantenentwicklung herausgearbeitet. Zur Analyse des Ursprungs der Dynamik entsprechend der hier verwendeten Terminologie ist der Systembegriff dahingehend abzugrenzen, in welchen Fällen exogene (externe) und endogene (interne) Dynamik vorliegt und welche Möglichkeiten der Veränderung innerhalb und außerhalb des Systems bestehen (innere und äußere Dynamik). Der Systemansatz „erschöpft sich nicht darin, die Unternehmung als [..] Ganzheit […] zu beschreiben.“895) Daneben können „auch Teile der Unternehmung als System betrachtet werden, da es sich auch dabei um (kleinere) Ganzheiten von miteinander in Interdependenz stehenden Elementen handelt.“896) An dem Merkmal der Interdependenz schließt sich die
892)
893) 894) 895) 896)
Vgl. Ulrich (1970), S. 42 und S. 100 ff. und Ulrich (1972), S. 17, „Im Rahmen einer [...] Betriebswirtschaftslehre kommt [..] der ökonomischen Betrachtungsweise nach wie vor die größte Bedeutung zu.“, Naujoks (1998), S. 61 weist daraufhin, dass die allgemeine Systemtheorie „in besonderem Maße“ geeignet ist, „Phänomene im Zusammenhang mit realen Systemen zu behandeln“. Vgl. Ulrich (1995), S. 170. Vgl. Krieg (1971), S. 28. Ulrich (1970), S. 45. Ulrich (1970), S. 45 sowie S. 105, Element und Ganzheit als Grundmerkmale des allgemeinen Systembegriffs.
163
Systemdefinition an. „Unter einem System verstehen wir eine geordnete Gesamtheit von Elementen, zwischen denen irgendwelche Beziehungen bestehen oder hergestellt werden können.“897) Ackoff (1971) bezeichnet ein System als „a set of interrelated elements“ und ein System besteht aus „at least two elements and a relation that holds between each of its elements and at least one other element in the set […] connected directly or indirectly.“898) Ausgehend von einer Dynamik des Systems Unternehmung stellt sich die Frage des Systembegriffs bei Betrachtung der Wertschöpfungspartnerschaft als Erkenntnisgegenstand.899) Die Definition einer Wertschöpfungspartnerschaft stellt den Beziehungsgedanken heraus,900) so dass mit der Übertragung der obigen Definition die Wertschöpfungspartnerschaft als System aufgefasst werden kann.901) Entsprechend der Wahl der Abgrenzung stellen damit entweder Abnehmer oder Lieferanten jeweils ein System Unternehmung dar (klassische, einzelbetriebliche Sichtweise), oder die Wertschöpfungspartnerschaft selbst konstituiert das System, wohingegen Abnehmer und Lieferant Elemente dieses Systems bilden (bzw. in einer wertkettenorientierten Betrachtung die Unternehmensfunktionen Vertrieb des Lieferanten und Einkauf des Abnehmers).902) Letztere Sichtweise entspricht auch der hohen Integration (Quasi-Integration) von Abnehmer und Lieferant innerhalb einer Wertschöpfungspartnerschaft, begrenzt jedoch die Analyse auf das System Wertschöpfungspartnerschaft, da ein Element jener Teil eines Systems ist, den man „nicht weiter aufteilen kann oder will“ und damit „die kleinste uns interessierende Einheit im System [bildet], die wir nicht weiter analysieren können oder wollen.“903) Diese Systemdefinition eignet sich nicht für die Analyse der vorliegenden Problemstellung der Lieferantenentwicklung, da gerade der Lieferant aus der Perspektive des Abnehmers bewertet wird, also auch die Vorgänge innerhalb des Lieferanten und deren Ergebnis von Bedeutung sind.904) Im Rahmen der Lieferantenentwicklung sind insoweit jene Vorgänge von
897) 898) 899)
900) 901) 902)
903) 904)
164
Vgl. zur Systemdefinition Ulrich (1970), S. 105, im Original kursiv. Ackoff (1971), S. 662. Vgl. Stölzle/Karrer (2004), S. 253, Der Begriff „Ebene“ wird in Abgrenzung der Wertschöpfungspartnerschaft (Kooperationsebene) zur Unternehmens- (Akteursebene) und Netzwerkebene gewählt. Vgl. ebenso Ritter/Wilkinson/Johnston (2004), S. 179, „levels of relationship and network management“, „level of management”: „Actor“, „Dyad“, „Portfolio“, „Connected Relationships“, „Network“ sowie Croom/Romano/Giannakis (2000), S. 71, „level of analysis“, „dyadic level“, „chain level“, „network level“. Vgl. Kapitel 2.1. Wolff (2005), S. 11, versteht allgemein „Kooperationen als Systeme“. Vgl. Ulrich (1970), S. 107, „Objekte, die wir als ‚Elemente’ bezeichnen [..] und größeren Gesamtheit, die wir dann als ‚System’ bezeichnen.“ Ulrich (1970), S. 107. Ulrich (1970), S. 107 fügt als Beispiel an, dass bei einer volkswirtschaftlichen Betrachtung die Vorgänge innerhalb der Unternehmung, als ‚Element’ des Systems ‚Gesamtwirtschaft’, nicht analysiert werden.
Bedeutung, die die Leistungspotentiale und damit verbunden den Zahlungsstrom konstituieren. Auch Ulrich (1970) weist darauf hin, dass die Grenzen eines Systems (zur Umwelt) sehr schwierig zu ziehen sind. Eine weitere Abstufung des Umfangs von Systemvorstellungen wird der Zielsetzung besser gerecht.905) Demnach stellen der Abnehmer und Lieferant jeweils ein ‚Subsystem’ des Systems Wertschöpfungspartnerschaft dar, das selbst Teil eines größeren ‚Supersystems’ ist (vgl. Abbildung 4-1).906) Brehm (2003b) bezeichnet Subsysteme als die Menge zusammengefundener Elemente innerhalb eines Systems.907)
Abb. 4-1:
Darstellung der Perspektiven: beziehungsintern versus unternehmensintern
Die Analyse der Dynamik bleibt nicht auf die klassische Unterscheidung gesamtwirtschaftliches (makroökonomisches) Supersystem sowie einzelbetriebliches System Unternehmung beschränkt. Die „Schnittebene“ selbst variiert.908) Wurde vor der Entwicklung der Betriebswirtschaftslehre überwiegend die gesamtgesellschaftliche bzw. gesamtwirtschaftliche Ebene betrachtet, verlagerte sich diese zunächst zunehmend auf die Analyseebene des Einzelbetriebes (Unternehmung als System im gesamtwirtschaftlichen Super-
905)
906)
907) 908)
Vgl. Ulrich (1970), S. 107 sowie Miles/Snow/Pfeffer (1974), S. 274 in einem aggregierten Verständnis die Umwelt betrachten als „potentially [..] everything which is outside of the organization.“, Ackoff (1971), S. 661 kritisiert, dass „[d]ifferent terms are used to refer to the same thing and the same term is used to refer to different things“. Vgl. Ulrich (1970), S. 107, „Die Ganzheit, die man betrachten will [Analyseebene], wird als System bezeichnet.“ Vgl. Brehm (2003b), S. 17. Vgl. Beckel (1927), S. 66.
165
system).909) Mit der Bedeutungszunahme externer Leistungserstellung und damit der Beschaffungsfunktion gewinnt die vertikale Schnittebene „Abnehmer-Lieferant“ als Analyseebene zusehends an Gewicht (Wertschöpfungspartnerschaft als System im Supersystem).910) Abhängig von der Einordnung des Systems Wertschöpfungspartnerschaft als die betrachtete Analyseebene oder des Subsystems Unternehmen als Analyseebene ergeben sich voneinander verschiedene Bedeutungen der Begriffe exogen/extern und endogen/intern. Betrachtet man die Analyseebene des Unternehmens (Einzelbetriebes), werden Beziehungen zu Lieferanten der externen Umwelt zugeordnet.911) Ordnet man dagegen Wertschöpfungspartnerschaften einer hierarchienahen Koordination zu, stellt der Lieferant ein (internes) Subsystem eines (Um-) Systems Wertschöpfungspartnerschaft dar. Für eine Analyse der Dynamik von Wertschöpfungspartnerschaften sind Einfluss- und Akteursebene zu unterscheiden.912) Es ist möglich, dass einer oder beide Akteure der Beziehung von Veränderungen betroffen sind (unternehmensexterner/-interner oder beziehungsexterner/-interner Einfluss). Da Systemmerkmale auch für Subsysteme gleichermaßen gelten, werden sowohl System als auch Subsystem von Veränderungen ihrer Umwelt (Beziehungen außerhalb des Systems/Subsystems) beeinflusst und sind von ihr abhängig.913) Ackoff (1971) bezeichnet dynamische Systeme als solche „to which events occur“ und ihren Zustand über die Zeit verändern.914) Maßnahmen als Reaktion auf interne/externe Veränderungen werden entweder auf der Ebene der Unternehmen getroffen (Akteursebene915)) oder erfolgen in einem bilateralen Abstimmungsprozess (Ebene der Wertschöpfungspartnerschaft) – entweder als initiative/aktive oder passive Anpassung.916) Die Analyse der
909) 910)
911) 912) 913)
914) 915)
916)
166
Vgl. Beckel (1927), S. 66, Wirtschaften in Betrieben als Erkenntnisgegenstand. Vgl. Ritter/Wilkinson/Johnston (2004), S. 179, Denkbar wäre auch eine Betrachtung der Netzwerkebene als System im Supersystem. Vgl. Miles/Snow (1978), S. 18. Vgl. Stölzle/Karrer (2004), S. 252 f., „(Einzel-) Akteursebene”. Vgl. Ulrich (1970), S. 107 und S. 112 sowie Ackoff (1971), S. 663, „environment […] elements [which] are not part of the systems but a change in any of which can produce a change in the state of the system”. Vgl. Ackoff (1971), S. 663. Die Entscheidung zur Ausübung der Lieferantenentwicklungsoption trifft im Modell der Optionsinhaber (Abnehmer). Stölzle/Karrer (2004), S. 253 untersuchen die Entwicklung einer gemeinsamen Supply Chain Performance entgegen der klassischen Sicht der (Einzel-) Unternehmensperformance. Lieferantenentwicklungsmaßnahmen dienen der Performance eines oder beider Transaktionspartner (Frage des Adressats der Einzahlungen) und fügen sich in dieses Verständnis ein. Vgl. zu Anpassung Ulrich (1970), S. 112.
Wertschöpfungspartnerschaft (Analyseebene Dyade) findet aus der Perspektive des Abnehmers statt (Analyseperspektive, vgl. Abbildung 4-1).917) Ein System kann Beziehungen zu seiner Umwelt aufweisen, indem es Bestandteil eines Supersystems ist.918) Wenn Beziehungen nach außen auftreten, liegen „offene Systeme“ vor, andernfalls lassen sich Systeme als „geschlossen“ bewerten.919) Bei dem betriebswirtschaftlichen Erkenntnisobjekt handelt es sich „prinzipiell“ um ein offenes System.920) Sieht man von Umweltveränderungen und unerwarteten, beziehungsinternen Verhaltensweisen (Opportunismus) ab, begrenzt sich die Analyse auf ein statisches Beziehungsbild. Dieses ist klassisch geprägt von der Vorstellung eines sich gleichmäßig ausweitenden Betriebes, ohne den Einfluss unvorhersehbarer Ereignisse.921) Beckel (1927) führte bereits in den 1920iger Jahren an, dass eine statische Betrachtung nicht zur „bestmöglichen Betriebsgestaltung“ führt.922) An den Problemen heutiger Betriebe orientiert und mit Bezug auf die Analyseebene Dyade bedeutet dies, dass statische Wertschöpfungspartnerschaften keinesfalls als optimal betrachtet werden können. Beckel (1927) befasst sich mit der Frage nach der Art der Bewältigung dynamischer Erscheinungen in der Betriebswirtschaft.923) Das Hauptproblem einer objektivistischen Betriebswirtschaftslehre beschreibt er als „Erfassung und Vorausschau der Einwirkungen gegebener Kräfteverlagerungen innerhalb der Dynamik des Marktes auf die einzelnen Betriebsfaktoren (erkennende Aufgabe, Analyse) und auf Grund dieser Erkenntnis Aufzeigen der Mittel, die eine zweckrationale Anpassung des Betriebes an die Aenderungen der Marktdaten gewährleisten (gestaltende Aufgabe, Politik).“924) Er fordert eine Gleichschaltung der Dynamik der Gesamtwirtschaft bzw. des Unternehmensumfeldes mit der Dynamik des Unternehmens.925) Mit einer ausführlichen Analyse verbunden sind zwei Quellen bzw. verursachende Kräfte organisationalen Wandels außerhalb oder innerhalb des Systems/Subsystems und Möglichkeiten der
917)
918) 919) 920)
921) 922) 923) 924) 925)
Wolff (2005), S. 162 kommt zu dem Ergebnis, dass sowohl die Unternehmens- als auch Kooperationsebene als Betrachtungsebene berücksichtigt werden müssen. Vgl. Ulrich (1970), S. 112. Vgl. Ackoff (1971), S. 663 und Ulrich (1970), S. 112. Vgl. Schanz (2004), S. 123, Meffert (1969), S. 782, „offenes sozio-technisches System“, Ulrich (1970), S. 112, reale Systeme sind in der Regel offene Systeme, vgl. auch Ulrich (1972), S. 17. Vgl. Beckel (1927), S. 69. Vgl. Beckel (1927), S. 67. Vgl. Beckel (1927), S. 19 f. Beckel (1927), S. 62 f. Vgl. Beckel (1927), S. 70, „Soll das Gleichgewicht eines Systems im Falle jeder möglichen Störung gesichert sein, so muss die Varietät des Regelungsverhaltens der Varietät der Störungen entsprechen.“, vgl. dazu auch Eisenhardt/Martin (2000), S. 1106, „effective patterns of dynamic capabilities vary with market dynamism“ sowie Meffert (1969), S. 786.
167
Reaktion innerhalb und außerhalb des Systems/Subsystems.926) (1) Externe Dynamik der Umwelt und Beziehungen zur Umwelt (Unternehmens- bzw. Beziehungsumwelt) und (2) interne Dynamik der Unternehmung bzw. der Beziehung (vgl. Abbildung 4-1). Die externe Dynamik stellt den perspektivischen Oberbegriff für die Dynamikformen dar, die sich auf die Umwelt und die Beziehungen zur Umwelt beziehen. Die interne Dynamik stellt den perspektivischen Oberbegriff für die Dynamikformen dar, die sich auf die Unternehmung bzw. die Beziehung selbst beziehen.
(1) Externe Dynamik der Umwelt und Beziehungen zur Umwelt Exogene Dynamik927) liegt vor, wenn die Bedingungen und Kräfte der Veränderung von der Umwelt aus einwirken.928) Die semantische Bezeichnung exogen impliziert gegenüber dem rein perspektivischen Begriff des externen Einflusses, dass Kräfte wirken, die zu Veränderungen führen.929) Exogen bezeichnet somit von außen wirkende Kräfte, wohingegen extern lediglich eine Aussage darüber trifft, woher der Einfluss kommt. Beckel (1927) stellt fest, „daß der Betrieb nicht in einem ruhigen Gleichlauf der Umwelt, sondern […] inmitten einer dauernden, wechselvollen Dynamik steht.“930) Umweltzentrierte Ansätze (Makro-Ebene der übergeordneten Umwelt) erklären mit der exogenen Dynamik, welchen Dynamikerfordernissen Unternehmen ausgesetzt sind.931) Unternehmen, die Beziehungen zu Lieferanten unterhalten, müssen den dynamischen Anforderungen ihrer Umwelt gerecht werden und sich flexibel genug erweisen.932) Mit zunehmendem Wertschöpfungsanteil externer Lieferanten, sind gerade dann bestehende Wertschöpfungspartnerschaften als wesentlicher Teil der F&E- und Produktionsleistung eines Unternehmens auf ihr Flexibilitätspotential hin zu untersuchen. Schaffen es Unternehmen, sich in diesem dynamischen Prozess erfolgreich zu „reproduzieren“, also der Dynamik gerecht zu werden, so spricht
926)
927)
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168
Vgl. Beckel (1927), S. 67, Perich (1992), S. 329 unterscheidet zwischen interner und externer Dynamik, beschreibt damit die Kräfte, die von innen bzw. außen auf den Erkenntnisgegenstand wirken. Ebenfalls fragt Türk (1989), S. 54 nach den „Triebkräften“ der Veränderung. Roters (1989), S. 68 und S. 121 operationalisiert für ihre Untersuchung exogene Umweltdynamik als „technologiebezogene Veränderungen“ und „leistungsbezogene Veränderungen“. Vgl. Naujoks (1998), S. 54, Anand/Ward (2004), S. 373 sehen die Quelle exogener Dynamik im Markt, Wettbewerberverhalten, Technologieänderungen, Veränderung politischer und gesetzlicher Rahmenfaktoren. Türk (1989), S. 54 bezeichnet die Kraft als „Triebkräfte der Veränderung“, dasselbe gilt im Folgenden für die endogene Dynamik, vgl. auch Halinen/Salmi/Havila (1999), S. 781, „influenced by various forces external“, Lavie (2006), S. 154 versteht Technologieveränderungen als „exogenous technical innovation“. Beckel (1927), S. 67. Vgl. Perich (1992), S. 329. Vgl. Naujoks (1998), S. 54 und zur Flexibilität Kapitel 4.2.
Türk (1989) von ‚Stabilisierung’.933) Die Simultanität von Phasen des Wandels und der Stabilität führen zu einer dynamischen Entwicklung der Wertschöpfungspartnerschaft.934) Damit einher geht die Forderung nach einer „dynamischen Stabilität“935) indem proaktiv und reaktiv der Dynamik begegnet wird.936) Um der Forderung der dynamischen Stabilität gerecht zu werden, verfolgt Naujoks (1998) ein Verschmelzen der Phasen des Wandels mit Phasen der Stabilität für eine „kontinuierliche, antizipative“ Entwicklung.937) Kontinuität bedeutet im Kern eine lineare Entwicklung.938) Obwohl streng genommen die stufenweise, dynamische Transformation keine lineare Funktion (sondern eine „Treppenfunktion“) darstellt, wird mit der antizipativen, proaktiven Berücksichtigung von Optionen für reaktive Anpassungsmöglichkeit die Aufrechterhaltung von Kontinuität innerhalb der Wertschöpfungspartnerschaft gesichert. Die Systemtheorie beschäftigt sich mit der Dynamik von Systemen, die als offene Systeme Beziehungen zur Umwelt unterhalten. Das Verhalten des Systems gegenüber der Umwelt bezeichnet die ‚äußere Dynamik’.939) Die äußere Dynamik beschreibt Ulrich (1970) als Umfang und Intensität der Beziehungsaufnahme mit der Umwelt.940) Die äußere Dynamik ist nicht mit dem Begriff der exogenen (Kraft-) Einwirkung gleichzusetzen. So kann die Entscheidung zu einem Lieferantenwechsel Folge der exogenen Dynamik als Auslöser („critical event“941)) sein. Ausdruck der äußeren Dynamik kann im Verständnis der Systemtheorie in Folge die Veränderung der Beziehungen (Beziehungsabbruch und -aufnahme) zur Unternehmens-/Subsystemumwelt sein. Umweltveränderungen („wechselnde Umwelteinflüsse“942)) liefern als externe Faktoren die Kriterien für die Adaption
933) 934)
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936) 937) 938) 939) 940) 941)
942)
Vgl. Türk (1989), S. 56. Vgl. Naujoks (1998), S. 60, Perich (1992), S. 94 spricht im Rahmen seiner Klassifikation der Dynamik von „dynamischem Gleichgewicht“ im Zusammenhang mit Stabilität und Wandel. Naujoks (1998), S. 61, Perich (1992), S. 72 bezeichnet „linear-dynamische“ Muster als stabil, im Gegensatz zu Mustern, die geprägt sind von Volatilität und Diskontinuität. Diese Definition deckt sich mit Naujoks (1998), S. 59 (dort Abbildung II-6) in der Annahme der Gleichzeitigkeit von Stabilität und Wandel, ausgedrückt durch eine lineare Veränderung über die Zeit. Vgl. Naujoks (1998), S. 55. Vgl. Naujoks (1998), S. 60, im Original kursiv. Vgl. bspw. Naujoks (1998), S. 59 und Perich (1992), S. 72. Vgl. Ulrich (1970), S. 113. Vgl. Ulrich (1970), S. 113. Kamp (2005), S. 661, Eine Definition findet sich bei Halinen/Salmi/Havila (1999), S. 784 f., ein kritisches Event „is defined [..] as an incident that triggers radical change in a business dyad and/or network“. Ulrich (1970), S. 113 bezeichnet die Veränderungen der Umwelt nicht als Dynamik. Analyseobjekt der Systemtheorie ist das System, so dass die Analyse die systeminnere und -äußere Dynamik beschreibt.
169
korrektiver Maßnahmen.943) Finden diese in einem zielgerichteten, geordneten Ablauf von Prozessen statt („Fähigkeit zur Kurskorrektur“), handelt es sich in Anlehnung an Perich (1992) um Kontinuität.944) Ziel ist es, veränderungsfähig zu sein, ohne sich dauernd zu verändern. Ohne an dieser Stelle die interne Dynamik vorwegzugreifen, verwendet Kamp (2005) in diesem Zusammenhang die Begriffe „incremental change“ und radical change“ und drückt mit ersterem eine interne Anpassung (innere Dynamik) innerhalb der Wertschöpfungspartnerschaft aus und mit letzterem den Abbruch und Neuaufnahme von Lieferbeziehungen mit Lieferanten (Substitution als Ausdruck äußerer Dynamik).945) Auslöser beider Formen können sowohl die endogene als auch die exogene Dynamik sein.946) Halinen/Salmi/Havila (1999) unterscheiden dazu Typen kritischer Ereignisse in (a) „[c]ritical events arising from the interaction in the dyad“ (endogene Dynamik) und (b) „[c]ritical events arising from the interaction in the business environment“ (exogene Dynamik).947) Zur Bewertung der Kontinuität von Lieferbeziehungen setzt Kamp (2005) die Summe der Lieferantensubstitutionen (innerhalb eines Zeitraumes) ins Verhältnis zur Summe des Produkts aus den Produktgenerationen (innerhalb des Zeitraumes) multipliziert mit der Anzahl gelieferter Komponenten. Der Nenner ist damit Ausdruck möglicher Lieferantenwechsel innerhalb der betrachteten Periode (zu jedem Produktwechsel kann ein Lieferantenwechsel stattfinden, aber auch jede einzelne Komponente kann (theoretisch) von einem anderen Lieferanten geliefert werden). Der Zähler ist Ausdruck tatsächlich stattgefundener Substitutionen, die als Folge der Aufnahme neuer Lieferanten (wettbewerbsorientiert), als Folge von Übernahme des Lieferanten durch den Abnehmer, als Folge der erstmaligen Fremdvergabe oder als Folge der Re-Internalisierung der Leistungserstellung auftreten können.948) Je kleiner der Quotient, desto höher die Kontinuität. Kontinuität bezieht sich auf „the time during which a buyer plant maintains a relationship with its various suppli-
943) 944) 945) 946)
947)
948)
170
Vgl. Türk (1989), S. 56. Vgl. Perich (1992), S. 94. Vgl. Kamp (2005), S. 661, ausführlich bei Halinen/Salmi/Havila (1999), S. 784 f. Die exogene Dynamik beschreibt immer die Umweltdynamik, entweder als Umwelt des Subsystems Unternehmung oder als Umwelt des Systems Wertschöpfungspartnerschaft. Dagegen beschreibt die endogene Dynamik die Eigendynamik des Subsystems oder die Eigendynamik des Systems, bei der durch opportunistische Verhaltensweisen eines Subsystems eine Eigendynamik entwickelt wird, die Gegenmaßnahmen erfordert. Vgl. dazu auch Lavie (2006), S. 157, „reconfigure capabilities in response to both exogenous environmental events and endogenous organizational pressures“. Vgl. Halinen/Salmi/Havila (1999), S. 787 f. und Ackoff (1971), S. 663, der ebenfalls Events innerhalb des Systems von Events in der Umwelt unterscheidet. Vgl. auch Lavie (2006), S. 154, „technological change as an exogenous event“. Vgl. Kamp (2005), S. 661.
ers.“949) Finden zu häufig Veränderungen statt, so führt das zu einem Zustand des Chaos.950) In der Organisationsforschung werden dazu Modelle zur Veränderung von Organisationen unter dem Einfluss der exogenen Dynamik entwickelt. Selektionsmodelle erklären Veränderungen von Organisationen als „Bewährungs- und Aussonderungsprozess“ in der Umwelt.951) Die Triebkräfte sind Wettbewerb (Konkurrenz) und Erfolgsorientierung und erklären Veränderungen nicht aufgrund interner Entwicklungsprozesse, sondern als Ergebnis von Wandlungsimpulsen aus der Umwelt.952) Türk (1989) weist darauf hin, dass eine Umweltveränderung nicht eine unmittelbare Systemveränderung nach sich ziehen muss.953) Übertragen auf die Wertschöpfungspartnerschaft kommt diese Aussage den bisherigen Überlegungen insofern entgegen, als dass eine Veränderung der Umwelt (bspw. Nachfrageveränderung) nicht zu einer sofortigen Ausübung der Lieferantenentwicklungsoption führen muss. Mithin das System nicht auf jede Umweltveränderung reagieren muss, sondern unter den Bedingungen der Umwelt „auf eigene Weise mehr oder weniger erfolgreich“ handelt.954) Eine zentrale Bedingung eines Selektionsmodells stellt die Variationsfähigkeit von Systemen dar.955) Variationsfähige Systeme bewähren sich demnach, wohingegen nicht-variationsfähige ausgesondert bzw. ausselektiert werden. Dabei sind zwei Fälle hinsichtlich einer Wertschöpfungspartnerschaft denkbar. Der Abnehmer unterhält eine Vielzahl an Beziehungen zu Lieferanten (Lieferantenportfolio), deren Variationsmöglichkeit im Sinne des Hinzufügens oder Abbrechens von Beziehungen die Wettbewerbsfähigkeit erhalten und stärken soll. Veränderungen der Umwelt können somit dazu führen, dass bestehenden Konstellationen die Grundlage ihrer Existenz entzogen wird (Selektion durch die Umwelt), wobei es Aufgabe des Unternehmens ist, entsprechende Veränderungen des Lieferantenportfolios autonom durchzuführen. Dagegen ist auch denkbar, dass die Variationsfähigkeit in der Veränderung bestehender Beziehungen, der Wertschöpfungspartnerschaft, gründet. Der Selektionsansatz bedient sich der Verhaltens-
949) 950) 951)
952)
953) 954) 955)
Kamp (2005), S. 661. Vgl. Specht (1996), S. 152. Türk (1989), S. 55 setzt den Systembegriff mit dem Organisationsbegriff gleich. Auch Ackhoff (1971), S. 661 bezeichnet Organisationen als „that type of system of most interest to management scientists.“ sowie Ulrich (1972), S. 17, der für eine betriebswirtschaftliche Betrachtung von einem „produktiven” System Unternehmung spricht. Vgl. Türk (1989), S. 59 und S. 80 sowie Aldrich (1979), S. 40, Die reinste Form der Selektion ist „selective survival or elimination of entire organizations“, indem Organisationen entweder leistungsfähig genug sind oder ausscheiden. Vgl. Türk (1989), S. 81 sowie Brehm (2003b), S. 19. Vgl. Türk (1989), S. 81 f. Vgl. Türk (1989), S. 81, Specht (1996), S. 150 betont die Fähigkeit von Unternehmen, sich in turbulenten Umfeldbedingungen anpassen zu müssen, um nicht ‚ausselektiert’ zu werden aufgrund von Wettbewerbsnachteilen.
171
annahme der beschränkten Rationalität, so dass eine antizipative Veränderung des Portfolios nicht möglich ist – also der Möglichkeit der Selektion durch die Umwelt zuvorzukommen.956) Der Selektionsansatz scheint damit proaktives Veränderungsmanagement ex ante auszuschließen. Jedoch impliziert das Selektionsmodell auch, dass nicht alle Systeme bzw. Organisationsformen gleich sind, sondern eine komparative Vorteilhaftigkeit hinsichtlich Umweltveränderungen besteht.957) Folgt man der Organisationsforschung müssen auch Wertschöpfungspartnerschaften mit Lieferantenentwicklungsoptionen höher eingeschätzt werden, indem sie proaktiv Handlungsspielräume aufbauen, die eine Reaktion auf Veränderungen ermöglichen.958) Variationsfähige Wertschöpfungspartnerschaften sind somit als Zielsetzung zu begreifen, um der exogenen Dynamik begegnen und durch eine interne Veränderung des Systems Wertschöpfungspartnerschaft die Kontinuität aufrechterhalten zu können (dynamische Stabilität), sofern die Variation durch Lieferantenwechsel nicht gegeben ist.
(2) Interne Dynamik der Unternehmung und der Beziehung Triebkräfte, die als Eigendynamik zu einer Veränderung im Unternehmen und in der Beziehung führen, lassen sich als endogene Dynamik bezeichnen.959) Interne Kräfte führen zu dieser Dynamik, die vom betreffenden Unternehmen, d.h. einem oder beiden Beziehungspartnern verursacht wird.960) Die interne Dynamik der Unternehmung/Beziehung ist nicht nur als pfadabhängige teleologische Entwicklung durch Eigendynamik961) oder als bloße Reaktion auf Umweltveränderungen (exogene Dynamik) zu verstehen, sondern schließt die bewusste Gestaltung interner Veränderungen mit ein. Die innere Dynamik nach Ulrich (1970) bezieht sich auf die Veränderlichkeit der internen Bedingungen und Zustände.962) Im Innern des Systems spielt sich die Dynamik in Form von ‚Aktivität’ oder ‚Verhalten’ ab. Strukturierte Folgen einzelner Aktivitäten werden als Prozesse bezeichnet.963) Je mehr solche Prozesse sich innerhalb eines Zeitraums abspielen, desto höher ist die ‚innere Dynamik’ des Systems. Die Umsetzung von Lieferantenentwicklungsmaßnahmen lässt sich
956) 957) 958) 959)
960) 961) 962) 963)
172
Vgl. Türk (1989), S. 83. Vgl. Türk (1989), S. 82. Vgl. Hommel/Pritsch (1999b), S. 4. Vgl. Türk (1989), S. 55 sowie zur Eigendynamik Perich (1992), S. 112 f. und Naujoks (1998), S. 71 f., Roters (1989), S. 68 und S. 123 operationalisiert für ihre Untersuchung Eigendynamik mit den Indikatoren „Strukturveränderung“, „Führungsveränderung“ und „Weiterbildungsveränderung“. Vgl. Naujoks (1998), S. 54. Vgl. Türk (1989), S. 56. Vgl. Ulrich (1970), S. 113 f. Vgl. Ulrich (1970), S. 113 f.
als Prozess auffassen. Demnach steigt die innere Dynamik der Wertschöpfungspartnerschaft mit der Zahl der durchgeführten Lieferantenentwicklungsmaßnahmen innerhalb des Beziehungslebenszyklus als Zeitraum der Betrachtung. Die Wertschöpfungspartnerschaft wird nicht mehr als „Zustand“ (statisch im Sinne der Transaktionskostenökonomik) betrachtet,964) sondern als „Vorgang“ (Vorgang der Weiterentwicklung).965) Damit kann gezeigt werden, dass Lock-in-Situationen nicht gleichzusetzen sind mit Unveränderlichkeit, sondern durch eine strategische, optionsorientierte Sichtweise ein dynamisches System Wertschöpfungspartnerschaft entsteht. Ulrich (1970) weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass für den Übergang von einem statischen System, das aus Beziehungen zwischen seinen Subsystemen (Elementen) besteht, zusammenhängende Aktivitäten der Subsysteme oder Prozesse entstehen müssen, mit denen die Beziehungen aktiviert werden müssen.966) Die interne Dynamik der Unternehmung/Beziehung hat damit zwei Komponenten. Zum einen eine endogene Dynamik, die durch sie selbst verursacht wird (Eigendynamik) und zum anderen die innere Dynamik, als die bewusste Reaktion eines Beziehungspartners (Subsystem) oder beider Beziehungspartner (System) auf Veränderungen der jeweiligen Umwelt als eine gestaltende Komponente.967) Unternehmenszentrierte Ansätze erklären mit dem Aspekt der inneren Dynamik die Handlungsautonomie von Unternehmen für Gestaltungsmöglichkeiten zum Erhalt der Kontinuität. Die Dynamik der Unternehmung/Beziehung beinhaltet demnach auch die Frage nach der Dynamikkapazität.968) Die Organisationsforschung liefert auch Modelle zur Veränderung von Organisationen unter Einfluss der endogenen Dynamik. Entwicklungsmodelle gehen (ausschließlich) von systemimmanenten Triebkräften der Veränderung aus und suchen nach typischen Entwicklungsmustern von Organisationen (bspw. Lebenszyklusphasenkonzepte).969) Darunter werden auch Wachstumsmodelle subsumiert, jedoch nur die endogenen Modelle betrachtet.970) Aufgrund der Einschränkung der Entwicklungsmodelle auf interne Ursachen eignen sich diese nicht für eine Übertragung auf den Problemkreis der Lieferantenentwicklung.
964) 965)
966) 967) 968) 969)
970)
Vgl. Rese/Roemer (2004), S. 503. Vgl. Ulrich (1970), S. 114, Theurl (2001), S. 73 kritisiert, dass die ökonomische Theorie der Kooperation statisch ausgerichtet ist und die dynamischen Aspekte vernachlässigt. Vgl. Ulrich (1970), S. 128. Vgl. Roters (1989), S. 25. Vgl. Perich (1992), S. 329. Vgl. Türk (1989), S. 55 und S. 58 f. sowie Lavie (2006), S. 158, „path dependent rather than determined by the nature of technological change“. Vgl. Türk (1989), S. 75.
173
4.1.3
Anpassungen an exogene und endogene Dynamik und das Konzept der Dynamic Capabilities
Die Unterscheidung in externe und interne Dynamik erweitert sich in der Analyseebene der Beziehung (vgl. Abbildung 4-1). Die Dyade Abnehmer-Lieferant wird einerseits als ein (Gesamt-) System von der exogenen Dynamik beeinflusst. Situative Veränderungen der Umwelt wirken sich dabei auf beide Transaktionspartner aus. Im Gegensatz dazu, kann sich die exogene Dynamik auch jeweils nur auf einen Transaktionspartner beziehen (unternehmensextern), so dass bei situativen Umweltveränderungen, die den Lieferanten (bzw. dessen Produkt) betreffen, der Abnehmer unberührt bleibt. Gleiches ist umgekehrt ebenfalls denkbar.971) Der Abnehmer bleibt jedoch nur insoweit unberührt, als es ihm möglich ist, als Reaktion auf die neue Situation einen Wechsel des Lieferanten durchzuführen (Substitution als äußere Dynamik des Abnehmers) oder den Lieferanten in seinem Leistungspotential auf die neue Situation durch die Ausübung der Lieferantenentwicklungsoption anzupassen (innere Dynamik der Beziehung).972) Die Einordnung der direkten Lieferantenentwicklung als innere Dynamik der Beziehung folgt aus der Beteiligung beider Beziehungspartner bei der Anpassung an veränderte Bedingungen. Eine selbstständige Anpassung seiner Leistungspotentiale (des Lieferanten) lässt sich demnach im Gegensatz dazu, als innere Dynamik des Subsystems Lieferant bezeichnen. Aus der Perspektive des Abnehmers ergibt sich aufgrund der Lock-in-Situation eine eingeschränkte äußere Dynamik des Subsystems Abnehmer, so dass andere Maßnahmen einer möglichen Reaktion installiert werden müssen. Lieferantenentwicklungsmaßnahmen erhöhen die innere Dynamik des Systems Wertschöpfungspartnerschaft und ermöglichen damit eine Reaktion auf exogene und endogene Einflüsse. Die endogene Dynamik ist einerseits als Eigendynamik der beteiligten Unternehmen zu verstehen (unternehmensintern), die andererseits von der Eigendynamik der bilateralen Beziehung überlagert wird (beziehungsintern). Dafür verantwortlich sind zum einen Kräfte in den Unternehmen selbst und zum anderen Kräfte, die als Resultat der Interaktion bzw. der Verhaltensweisen der Transaktionspartner hervorgehen oder bewusst gesteuert werden.973) Beim Verhalten, insbesondere Verhaltens-
971)
972)
973)
174
Sinken die Verkaufszahlen eines Automobilherstellers aufgrund schwacher Nachfrage (exogene Dynamik), bleibt der Zulieferer davon unberührt, wenn im Gegenzug die Verkaufszahlen eines anderen Kunden steigen. In Anlehnung an Ackoff (1971), S. 668 lässt sich die äußere Dynamik des Subsystems Abnehmer als „other-other-adaptation“ bezeichnen, worunter die Anpassung der Umwelt an exogene Veränderungen verstanden wird (Austausch der Beziehungen zur Umwelt beim Lieferantenwechsel). In gleicher Weise lässt sich Lieferantenentwicklung als „other-self adaptation“ betrachten, bei der sich das System Wertschöpfungspartnerschaft in Folge exogener Veränderungen selbst verändert (innere Dynamik). Opportunistische Verhaltensweisen werden bewusst gewählt.
änderungen von Subsystemen, interessieren die Folgen daraus.974) Des Weiteren umfasst die interne Dynamik die Anpassungsfähigkeit als innere Dynamik der beteiligten Unternehmen oder der Beziehung. Bei der Anpassung als Reaktion, Antwort oder Handlung („Anpassungshandeln“975)) des Systems interessiert der Auslöser des Anpassungserfordernisses, um geeignet reagieren zu können.976) In der neueren Systemtheorie sieht man keine einseitige Abhängigkeit zwischen System und Umwelt, sondern eine ständige „SystemUmwelt-Interaktion“, bei der das Subsystem/System anpassend Impulse der Umwelt aufnimmt. Auslöser der Systemaktion ist das System selbst.977) Im Falle der Lieferantenentwicklung entscheidet sich das Subsystem Abnehmer zur Ausübung der Option. Neben Steuerung und Regelung bietet die Systemtheorie unter Anwendung der Kybernetik mit der Anpassung eine Möglichkeit, die Veränderungen in der (System-) Umwelt zu verarbeiten.978) Ein System ist anpassungsfähig, wenn bei Veränderungen, die die Effektivität und Effizienz des Systems reduzieren, das System durch innere oder äußere Veränderungen geeignet reagieren kann.979) Anpassungsfähigkeit ist die Fähigkeit eines Systems „to modify itself or its environment when either has changed to the system’s disadvantage.”980) Das System entwickelt seine Ziele und regelt sein Verhalten bzw. seine Aktivitäten selbst, jedoch bei nur relativer Selbstständigkeit in Abhängigkeit der Umwelt, zu der es als offenes System Beziehungen unterhält (bspw. Endkunden und deren Nachfrage).981) Treten Störungen auf, so versucht das System durch geeignete Aktivitäten und Verhaltensänderungen einen neuen „Gleichgewichtszustand zwischen den internen Zuständen eines Systems und seiner Umwelt“ zu erreichen.“982) Lässt sich ein Gleichgewichtszustand durch Regelung und Steuerung bei Störungen nicht erzielen, wird durch Verhaltensänderung eine Anpassung vorgenommen und ein stabiler Zustand erreicht. Krieg (1971) versteht die Anpassung als Prozess und „Angepasstsein“ als Zustand zur Erreichung eines
974)
975) 976)
977) 978)
979) 980) 981) 982)
Vgl. Ackoff (1971), S. 664 und S. 668 f., Endogene Veränderungen können zu inneren Veränderungen führen („self-self-adaptation“) oder zu einer äußeren Veränderung der Umwelt („self-otheradaptation“). Brehm (2003a), S. 85. Ackoff (1971), S. 664 unterscheidet zwischen Reaktion als die sichere Folge eines Events, Antwort als die freiwillige Anpassung nach einem Event und Handlung als die freiwillige Anpassung unabhängig von einem Event. Vgl. Brehm (2003b), S. 18, im Original hervorgehoben. Vgl. Ulrich (1970), S. 119-121, Die Kybernetik beschäftigt sich mit dem Verhalten von Systemen in Form von Regelungs- und Steuerungsvorgängen. Anpassung ist die höchste Stufe der ‚Selbstregulierung’ von Systemen. Vgl. Ackoff (1971), S. 668. Ackoff (1971), S. 668. Vgl. Ulrich (1970), S. 120. Vgl. Ulrich (1970), S. 125.
175
dynamischen Gleichgewichts (Kontinuität).983) Ulrich (1970) weist darauf hin, dass sich die Anpassung mathematisch als Treppenfunktion darstellen lässt.984) Betrachtet man eine steigende Treppenfunktion, erhält man schematisch die Abbildung der stufenweisen, dynamischen Transformation.985) Lieferantenentwicklung stellt somit einerseits eine die innere Dynamik fördernde Aktivität dar, andererseits stimmt der Anpassungsbegriff mit den Ergebnissen von Kapitel zwei überein, indem ein endogener Anpassungsbegriff die bewusste Entscheidung zu spezifischen Investitionen zur Anpassung beschreibt. Zudem beschreibt Ulrich (1970) Verhaltensänderungen (als Ausgangspunkt der Anpassung, vgl. oben) als die Variation der Leistungspotentiale oder der Strukturen.986) Die Variation der Leistungspotentiale ist das Ziel einer direkten Lieferantenentwicklungsmaßnahme, dagegen beschreibt die Variation der Struktur die Veränderung des Systems dahingehend, dass ein oder mehrere neue Lieferanten den bisherigen ersetzen.987) Eine Anpassung der Wertschöpfungspartnerschaft durch Veränderung der Leistungspotentiale bzw. der Leistungsfähigkeit des Lieferanten in den Leistungspotentialkategorien lässt sich somit mittels der Erkenntnisse der Systemtheorie, insbesondere der Kybernetik bestätigen. Die Variation der Leistungspotentiale schließt als Anknüpfungspunkt an das Konzept der „dynamic capabilities“ an.988) Teece/Pisano/Shuen (1997) subsumieren unter „dynamic capabilities“ einen Erklärungsansatz, dass bestehende Leistungspotentiale weiterentwickelt und angepasst werden können.989) Dabei geht es um die Ausnutzung bestehender unternehmensinterner und -externer Ressourcen vor dem Hintergrund einer sich verändernden Umwelt.990) Dynamik bezieht sich auf die Dynamikkapazität, die im Konzept der „dynamic capabilities“ eine Aussage darüber trifft, inwieweit es dem Abnehmer möglich ist, eine Kongruenz zwischen Unternehmens- und Umweltentwicklung herzustellen.991) Exogene Dynamik ist hierbei die Ursache von Lücken zwischen der aktuellen Konfiguration
983)
984) 985)
986)
987) 988) 989)
990) 991)
176
Vgl. Krieg (1971), S. 67 sowie zur Kontinuität als dynamisches Gleichgewicht die verwendete Definition nach Perich (1992), S. 94. Vgl. Ulrich (1970), S. 126. Auch diese Übereinstimmung zeigt die Anwendbarkeit und Nützlichkeit der allgemeinen Systemtheorie für die vorliegende Problemstellung. Ulrich (1970), S. 126 weist daneben noch auf die Möglichkeit der Variation der Ziele sowie der Prozessabwicklungen hin. Die Optimierung der Prozessabwicklung ist nach Ansicht des Autors der operativen Lieferantenentwicklung zuzuordnen, die bereits in Kapitel zwei ausgeblendet wird. Änderung der Systemstruktur durch Austausch der Subsysteme. Vgl. Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 509 ff. Der im Rahmen der Lieferantenbewertung aufgezeigte Ansatz des dynamischen Heilungsgedankens von Koppelmann (2004), S. 247 schließt an den Ansatz der „dynamic capabilities” von Lavie (2006), S. 157 und Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 510 an. Vgl. Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 510. Vgl. Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 515.
der Fähigkeiten und den nach einer exogenen Veränderung benötigten Fähigkeiten.992) Im Rahmen der Profilanalyse wurde bereits aufgezeigt, wie entwicklungsfähige Lücken zwischen der Ist-Ausprägung der Lieferantenfähigkeiten und den zukünftig geforderten SollAnforderungen zu identifizieren sind. Der „dynamic capability“-Ansatz erklärt die Fähigkeit zur Weiterentwicklung interner und externer Ressourcen und Fähigkeiten („capability reconfiguration“993)) und stellt damit eine dynamische Weiterentwicklung des Resourcebased-View dar.994) Fähigkeiten beziehen sich in diesem Ansatz auf die Fähigkeiten des Managements („Meta-Fähigkeit“995) des Abnehmers), Ressourcen und Fähigkeiten weiterentwickeln zu können, um der Entwicklung der (wirtschaftlichen) Rahmenbedingungen gerecht zu werden.996) In Kapitel 2.2.4 wird mit dem „process-oriented approach“ der Lieferantenentwicklung ein Ansatz verfolgt, der den Lieferanten in die Lage versetzen soll, zukünftige Veränderungen seiner Fähigkeiten selbst vornehmen zu können, also über „dynamic capabilities“ zu verfügen.997) Teece/Pisano/Shuen (1997) definieren „dynamic capabilities as the firm’s ability to integrate, build, and reconfigure internal and external competences [Fähigkeiten] to adress rapidly changing environments.”998) Bei Lavie (2006) findet sich der Unterschied zwischen einerseits der Fähigkeit, in der Lage zu sein, Veränderungen vornehmen zu können (interne Perspektive „can“ im Sinne der „dynamic capabilities“) und andererseits der Mechanismen zur tatsächlichen Rekonfiguration von Fähigkeiten („how“, externe Perspektive hinsichtlich der Umweltentwicklung).999) Lavie (2006) sieht „[c]apability reconfiguration mechanisms are distinct from the notion of dynamic capability, which measures the [..] capacity to modify existing capabilities.”1000) Insofern lässt sich eine Verbindung zur Lieferantenentwicklung herstellen, versteht man sie als „Rekonfiguration“ (unternehmens-) externer Leistungspotentiale (bzw. Fähigkeiten als Leistungspotentialdimensionen) beim Lieferanten. Die „dynamic capabilities“ des Abnehmers, Veränderungen bei den Fähigkeiten des Lieferanten vornehmen zu können, werden durch das Optionskalkül
992) 993) 994)
995) 996) 997) 998) 999) 1000)
Vgl. Lavie (2006), S. 155. Vgl. Lavie (2006), S. 153. Vgl. Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 515, Buhrmann (2005), S. 36 und Eisenhardt/Martin (2000), S. 1106, Der Resource-based-View enthält keinen Erklärungsansatz, wie und weshalb bestimmte Unternehmen in einem sich schnell und unvorhersehbar verändernden Markt Wettbewerbsvorteile erlangen. Buhrmann (2005), S. 37, im Original kursiv. Vgl. Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 515. Vgl. Hartley/Jones (1997), S. 24 f. Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 516. Vgl. Lavie (2006), S. 153. Lavie (2006), S. 153.
177
und die Bewertung der Entwicklungsfähigkeit eines Lieferanten ex ante geschaffen.1001) Eisenhardt/Martin (2000) verstehen den Produktentwicklungsprozess als eine wichtige dynamische Fähigkeit.1002) Folgt man diesem Ansatz, lässt sich auch der Lieferantenentwicklungsprozess als dynamische Fähigkeit, die Fähigkeiten des Lieferanten verändern oder rekonfigurieren zu können, darstellen. Buhrmann (2005) betont, dass es beim Konzept der „dynamic capabilities“ auch um die Beherrschung (der Durchführung) von Prozessen geht.1003) Die Lieferantenentwicklungsoption ist die Voraussetzung dafür, dass der Abnehmer zunächst zum Prozesseigner wird. Lavie (2006) unterscheidet drei Formen der Weiterentwicklung von Fähigkeiten eines Unternehmens.1004) Zunächst (a) Fähigkeitssubstitution durch bspw. die Akquisition von neuen Fähigkeiten durch Kooperationen,1005) des Weiteren (b) die Entwicklung von Fähigkeiten als kontinuierlicher pfadabhängiger Prozess, der geprägt ist von „experimentation through trial an error“ und (c) der Transformation von Fähigkeiten als „the consequence of a synchronized direct action“ („step-function“).1006) Der Rekonfigurationsmechanismus (a) versteht das Unternehmen als Portfolio an Fähigkeiten, die bei einer Umweltveränderung beibehalten, aufgegeben oder substituiert werden.1007) Der Mechanismus (b) ist dem Verständnis nach Lavie (2006) stärker von einer endogenen Pfadabhängigkeit als einer exogenen Umweltentwicklung als Auslöser geprägt.1008) Lieferantenentwicklung entspricht nach dieser Terminologie dem Mechanismus (c), der Fähigkeitstransformation, da Lavie (2006) diese einerseits als Treppenfunktion sowie die Transformation als bewusste Aktivität (Optionsausübung) versteht („path-breaking strategic logic“1009)), andererseits „the former [capability] serves as the same function as the prechange capability“ und damit überleitet in die im Konzept dieser Arbeit verwendete Weiterentwicklung bestehender Basispotentiale des Lieferanten und nicht die Akquisition neuer Fähigkeiten im Sinne eines
1001)
1002) 1003) 1004)
1005) 1006)
1007) 1008) 1009)
178
Eisenhardt/Martin (2000), S. 1106 sehen dynamic capabilities als notwendige jedoch nicht hinreichende Bedingung zur Erlangung von Wettbewerbsvorteilen. Der Wert der dynamic capabilities äußert sich „in the resource [re-]configuration that they create” und somit, wie bereits im Bewertungsansatz in Kapitel zwei als Prämisse vorausgesetzt, in der konkreten Lieferantenentwicklungsmaßnahme. Vgl. Eisenhardt/Martin (2000), S. 1108. Vgl. Buhrmann (2005), S. 37. Vgl. Lavie (2006), S. 153, „How do [..] firms reconfigure their capabilities in response to [..] change?” sowie S. 155-159. Vgl. dazu Duschek (1998), S. 232 f., „kooperative Kernkompetenzen“. Vgl. Lavie (2006),S. 156 und S. 158 f. sowie Türk (1989), S. 54, ‚Transformationsdynamik’, nach Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 518 erfordert die Rekonfiguration eine Transformation. Vgl. Lavie (2006), S. 156. Vgl. Lavie (2006), S. 158. Eisenhardt/Martin (2000), S. 1118.
Lieferantenwechsels.1010) Dieser Rekonfigurationsmechanismus ist besonders dann von Bedeutung, wenn ein Lieferantenwechsel nicht möglich ist.1011) Auch ist hier eine Übertragbarkeit des unternehmensintern („organizational capabilities“) gerichteten Konzepts von Lavie (2006) auf die Weiterentwicklung von Fähigkeiten eines Akteurs durch einen anderen Akteur im Sinne der Definition von Teece/Pisano/Shuen (1997) als Weiterentwicklung externer Fähigkeiten denkbar.1012) Daraus folgt eine Transformation unternehmensexterner aber wertschöpfungspartnerschaftsinterner Fähigkeiten, so dass es sich der verwendeten Terminologie der Systemtheorie folgend um die systeminterne Transformation von Fähigkeiten handelt, die vom Subsystem Abnehmer als dessen externe Fähigkeiten initiiert wird. Die Transformation der Fähigkeiten im Rahmen der direkten Lieferantenentwicklung erfordert spezifische Investitionen des Abnehmers, so dass die Fähigkeitstransformation mit der Transformation der Beziehung (dynamische Transformation) einhergeht.1013) Es wird deutlich, dass es sich bei der dynamischen Transformation nicht um einen reinen Zustandswechsel handelt, sondern innerhalb der Beziehung bewusst eine Veränderung hinsichtlich neuer Anforderungen durch den Abnehmer initiiert und vorgenommen wird. Lavie (2006) verwendet zwei Prozessschritte, die der Vorgehensweise der Profilanalyse in Kapitel 2.3.1.1 ähnlich sind. Zunächst wird in Abhängigkeit der Umweltentwicklung die wertmaximierende Ausprägung von Fähigkeiten neu definiert (Soll-Profil als Richtung der Lieferantenentwicklung). Im darauf folgenden Schritt wird die tatsächlich vorhandene Ausprägung der Fähigkeiten (Ist-Profil des Lieferanten) entsprechend der wertmaximierenden Ausprägung transformiert bzw. weiterentwickelt.1014) Die Kosten der Rekonfiguration und die Herausforderungen einer erfolgreichen Umsetzung steigen mit der Größe der Lücke zwischen Ist- und Soll-Profil.1015)
1010) 1011) 1012)
1013) 1014) 1015)
Vgl. Lavie (2006), S. 159. Vgl. Wolff (2005), S. 137. Vgl. Lavie (2006), S. 153 und S. 154, „firm capabilities“ sowie die bereits genannte Definition bei Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 516. Vgl. Kapitel drei. Vgl. Lavie (2006), S. 167. Vgl. Lavie (2006), S. 168.
179
4.2
Flexibilität als Voraussetzung des Veränderungsmanagements im Lieferantenentwicklungsprozess
4.2.1
Flexibilitätsbegriff und Flexibilitätsdimensionen
Mit der Unterscheidung in innere und äußere Dynamik lassen sich Quellen von Handlungsspielräumen erklären und mit endogener und exogener Dynamik jene Treiber, die Handlungsspielräume erforderlich machen. Der Begriff der Flexibilität setzt an dem Konstrukt der inneren und äußeren Dynamik an, also dem internen und externen Handlungsspielraum des Abnehmers. Dynamische Strukturen lassen sich als bewegliche Strukturen bezeichnen, deren Flexibilität aus der Fähigkeit folgt, bestehende Strukturen an Anforderungen des aktuellen und zukünftigen Umfeldes angleichen zu können.1016) Arbeiten zur Flexibilität erklären, wie Handlungsspielräume entstehen können (Anwendungsbezug) und reduzieren gegenüber der Systemtheorie die Abstraktionsebene erheblich. Allgemein bezeichnet Flexibilität die „Eigenschaft eines Untersuchungsgegenstandes [..], deren Wesensmerkmal die Existenz von Freiheitsgraden, d.h. Handlungsspielräumen bei der zielgeleiteten Entscheidungsfindung und -realisation ausmacht.“1017) Flexibilität bezeichnet sowohl die Möglichkeit, bewusst Veränderungen durchführen zu können, als auch auf unerwartete Veränderungen reagieren zu können.1018) Gerade bei langfristigem Beziehungshorizont muss eine möglichst hohe Flexibilität gewährleistet sein.1019) Ein System, bzw. die Wertschöpfungspartnerschaft als System, ist dann als flexibel zu bewerten, „wenn ihre Funktionsfähigkeit nicht an das Eintreten bestimmter Datenentwicklungen gebunden ist.“1020) Flexibilität lässt sich als (1) Flexibilität als Eigenschaft des Entscheidungsverfahrens (flexible Planung bzw. Entscheidungsbaumverfahren1021)) oder als (2) Flexibilität als Eigenschaft einer Entscheidung/einer Aktion betrachten.1022) (1) Jede Entscheidung wird zwar in der Gegenwart getroffen, sie führt jedoch zu Festlegungen und meist irreversiblen zukünftigen Auswirkungen („dynamische Entscheidungssituation“1023)). Mit jeder Entscheidung wird das weitere Entscheidungsfeld ver-
1016)
1017) 1018) 1019) 1020) 1021) 1022) 1023)
180
Specht (1996), S. 150 versteht unter dynamischen Strukturen schnell anpassungsfähige Strukturen, Sanchez (1997), S. 76 weist darauf hin, dass Unternehmen „strategic options for meeting the demands of the future“ benötigen. Reichwald/Behrbohm (1983), S. 837, Handlungsspielraum als Wesensmerkmal von Flexibilität. Vgl. Evans (1991), S. 73. Vgl. Meffert (1969), S. 799. Reichwald/Behrbohm (1983), S. 837. Vgl. Friedl (2001), S. 379. Vgl. Mayer (2001), S. 40. Mayer (2001), S. 38.
ändert und der Handlungsspielraum für zukünftige Aktionen beeinflusst.1024) Sind neue Informationen im Zeitablauf zu erwarten, ist es sinnvoll, nur die Maßnahme zu Beginn des Planungshorizontes festzulegen.1025) Über die Maßnahmen eines zukünftigen Zeitpunktes wird erst dann entschieden, wenn dieser Zeitpunkt eingetreten ist.1026) Sequentielle Entscheidungssituationen sind jedoch dadurch gekennzeichnet, dass Maßnahmen nicht isoliert betrachtet werden können, sondern interdependent sind. Eine jetzige Maßnahme kann nicht isoliert von zukünftigen optimal bestimmt werden.1027) Die Entscheidung des Beziehungseinstieges mit einem Lieferanten ist nicht losgelöst von der (zukünftigen) Maßnahme der Lieferantenentwicklung zu betrachten. Die Entwicklungsmaßnahme als „Eventualplan“ ist als Teil der Aktionsmöglichkeiten bei der Entscheidung des Beziehungseinstieges zu berücksichtigen. Nur bei Entwicklungsfähigkeit lassen sich die erstellten Pläne realisieren. Die konkrete Umsetzung erfolgt in Abhängigkeit der Umweltentwicklung.1028) Laux (2003) bezeichnet die flexible Planung als „die Planung einer Strategie, die die gegenwärtigen Maßnahmen [Entscheidungen] in definitiver Weise und zukünftige Folgemaßnahmen in Abhängigkeit von der Umweltentwicklung festlegt.“1029) Die Entscheidung des Beziehungseinstieges ist definitiv, jedoch erfolgt die Ausübung der Lieferantenentwicklungsoption in Abhängigkeit der Umweltentwicklung. Die flexible Planung kann mit Hilfe eines Entscheidungsbaumes dargestellt werden. Die für Entscheidungssituationen optimale alternative Maßnahme hängt von den Überschüssen der Maßnahme ab.1030) Die Überschüsse der Lieferantenentwicklungsmaßnahme finden sich in der Differenz zwischen Aus- und Einzahlungen des SLV wieder. (2) Ein Grundproblem von Entscheidungen besteht in den sich ergebenden Bindungen.1031) Die fundamentale Transformation stellt diese Lock-in-Situation dar. Flexibilität liegt dann vor, wenn die Möglichkeit besteht, zu Zeitpunkten t1 bis tn (n = 2, ..., T), die in t0 getroffene Entscheidung wenn nötig zu revidieren („Anpassungsfähigkeit von Plänen“1032)). Entscheidungen in t0 sind dann als flexibler zu qualifizieren, wenn sie zu den Zeitpunkten t1 bis tn eine größere Menge an Entscheidungsmöglichkeiten (Freiheits-
1024) 1025)
1026) 1027) 1028) 1029) 1030) 1031) 1032)
Vgl. Meffert (1969), S. 784 und Mayer (2001), S. 38. Vgl. Mayer (2001), S. 40, bspw. Informationen über neue technologische Anforderungen, Informationen über die Entwicklung von Endproduktpreisen. Vgl. Laux (2003), S. 358. Vgl. Laux (2003), S. 358. Vgl. Laux (2003), S. 358. Laux (2003), S. 358. Vgl. Laux (2003), S. 49 und S. 359. Vgl. Mayer (2001), S. 43. Mayer (2001), S. 43.
181
grade bzw. Handlungsspielräume) offen lassen.1033) Die dynamische Transformation verringert die Bindung und damit die Determiniertheit der Beziehung hinsichtlich eines Lieferantenwechsels. Ein Abnehmer ist dann inflexibel, wenn er die zum Beziehungseinstieg optimale Handlungsstrategie beibehalten muss und keine Möglichkeiten besitzt, um die Beziehung durch neue Informationen an nicht-antizipierte Veränderungen anzupassen.1034) Eine Entscheidung in t0 ist dann als die flexiblere zu bezeichnen, wenn sie die Eigenschaft aufweist, dem Abnehmer zum Zeitpunkt tn unter Ausnutzung neuer Informationen eine geeignete Maßname „vergleichsweise ‚besser’“ zu ermöglichen.1035) Neben dem Lieferantenwechsel ist dem Abnehmer eine Reaktion auf neue Anforderungen hinsichtlich des Leistungsprofils des Lieferanten nur möglich, wenn der Lieferant Entwicklungsfähigkeit besitzt, so dass vergleichsweise besser eine Anpassung an die neuen Anforderungen durch Lieferantenentwicklungsmaßnahmen erfolgen kann. Ein Lieferant mit Entwicklungsfähigkeit ist demnach aus der Perspektive des Abnehmers die flexiblere Lösung. Häufig verwendete Dimensionen der Flexibilität stellen „range“ und „mobility“ dar.1036) Anand/Ward (2004) ordnen „range“ der eher kurzfristigen Antwort auf volatile Veränderungen zu, wohingegen „mobility“ die langfristige Möglichkeit betont, auf unvorhersehbare Veränderungen zu geringen Kosten reagieren zu können.1037) Upton (1994) verdeutlicht den Zusammenhang zwischen den Dimensionen „range“ und „mobility“. Mobility ist die Eigenschaft der Flexibilität, zu geringen Kosten (oder in kurzer Zeit) innerhalb der vorhandenen Range, Veränderungen durchzuführen.1038) Range betont damit die vorhandene Bandbreite, die es erlaubt, auf unvorhersehbare Veränderungen zu reagieren.1039) Somit ist die vorhandene Range auch – im Sinne der vorhergehenden Auffassung – Aus-
1033)
1034) 1035)
1036)
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1038)
1039)
182
Vgl. Meffert (1969), S. 797, Eine Entscheidung d0’ zum Zeitpunkt t0 ist dann gegenüber d0’’ als flexibler zu bewerten, wenn für die Entscheidung d1 gilt: d1(d0’’) d1(d0’), Bank/Mager (2000), S. 302, Entscheidungsspielraum eröffnet Handlungsoptionen. Vgl. Meffert (1969), S. 784. Vgl. Meffert (1969), S. 797 und Mayer (2001), S. 44, Je flexibler eine Entscheidung ist, desto einfacher ist es, bei später eintreffenden Informationen einen Nutzen zu ziehen. Vgl. zum Beipiel Anand/Ward (2004), S. 317, Gerwin (1993), S. 398-400 sowie Upton (1994), S. 80. Vgl. Anand/Ward (2004), S. 372 f., Anand/Ward (2004), S. 373 verstehen unter „mobility“ die Veränderbarkeit zu „low transition penalties“ („time and costs“), worunter bspw. Pönalen bei Vertragsbruch im Zusammenhang mit dem Beziehungsabbruch zu subsumieren sind, aber auch der Zeitverlust bei der Suche und dem Aufbau einer neuen Beziehung. Vgl. Upton (1994), S. 80, Sethi/Sethi (1990), S. 309 verstehen darunter „the ease“, die sich bezieht auf „direct cost“, „indirect cost“ und „speed“. Vgl. Anand/Ward (2004), S. 372, Gerwin (1993), S. 399, „range of possibilities”, Upton (1994), S. 80, „’distance’ between the extremes of the range“ sowie Billington/Johnson/Triantis (2003), S. 34, „The scope dimension […] array of choices […] which creates an option.”, „The more alternatives there are, the more valuable the option.”
druck dafür, dass überhaupt kurzfristig reagiert werden kann. Sie determiniert die Flexibilität als Eigenschaft einer Entscheidung (vgl. Punkt (2) oben). Die Bandbreite wird im Rahmen der Potentialanalyse (Profilanalyse) als Korridor der Leistungsanforderung dargestellt. Sie wird ebenfalls mit der Aussage verbunden, dass Lieferanten, die in diese Bandbreite zwischen Mindest- und zukünftiger Soll-Anforderung fallen, einen höheren Wert besitzen, als Lieferanten, die nicht das nötige Basispotential für eine Entwicklungsfähigkeit mitbringen. Lieferanten mit dem nötigen Basispotential sind in der Lage, diese Bandbreite bei Notwendigkeit durch vom Abnehmer initiierte Lieferantenentwicklungsmaßnahmen nach oben schließen zu können. Range steigt mit der Größe des Sets an Handlungsspielräumen.1040) Befindet sich der Lieferant mit seiner aktuellen Leistungsfähigkeit näher an den zukünftigen Soll-Anforderungen, als die notwendigen Mindestanforderungen, steigt seine Bandbreite über die (erwarteten) Soll-Anforderungen hinaus oder das notwendige Entwicklungsbudget reduziert sich. Hält der Entscheidungsträger eine große Bandbreite zukünftiger Situationen für möglich, werden jene Lieferanten bevorzugt, deren Basisleistungsfähigkeit über die derzeit geforderte Mindestanforderung hinaus geht, um bei Abweichungen der erwarteten Soll-Anforderungen zusätzlichen Handlungsspielraum zu erlangen.1041) Auch ist die Mobility höher, je näher sich die aktuelle Leistungsfähigkeit des Lieferanten an den zukünftigen Soll-Anforderungen befindet.1042) Diese Flexibilität wird durch den erweiterten Lieferantenwert ausgedrückt. In gleicher Weise sehen Anand/Ward (2004) „the inbuilt capability of providing a wider range is valuable.“1043) Meffert (1985) unterscheidet Flexibilität in „Built-in-Flexibilität“ und „Handlungsflexibilität“.1044) Bei der Built-in-Flexibilität wird defensiv versucht, durch Maßnahmen des Risikomanagements bzw. der Risikovorsorge den negativen Einfluss von Umweltentwicklungen gering zu halten (bspw. durch Risikodiversifikation). Die Handlungsflexibilität beschreibt das Reaktionspotential einer Unternehmung beim Eintritt unvorhergesehener Situationen.1045) Es folgen drei Dimensionen zur Gestaltung der Handlungsflexibilität. Die Aktionsflexibilität stellt die Menge aller Handlungsspielräume dar.1046) Die Prozessflexibilität schließt mit der Handlungsschnelligkeit die Zeit mit ein. Die Strukturflexibilität stellt
1040) 1041) 1042)
1043)
1044) 1045) 1046)
Vgl. Upton (1994), S. 80. Vgl. ähnlich dazu auch Mayer (2001), S. 45. Wie noch in Kapitel fünf zu zeigen sein wird, steigt der Wert der Weiterentwicklungssoption mit einem niedrigeren Ausübungspreis, der aus einer geringeren Lücke zwischen Ist- und SollAusprägung der Lieferantenleistungsfähigkeit resultiert. Anand/Ward (2004), S. 373, hier besteht zudem eine deutliche Nähe zum Konzept der „dynamic capabilities“. Vgl. Meffert (1985), S. 124 ff. Vgl. Meffert (1985), S. 124. Vgl. dazu auch Meffert (1969), S. 790.
183
die Handlungsbereitschaft im Bereich einer Organisation dar.1047) Ebenfalls betrachten Reichwald/Behrbohm (1983) den Zeitaspekt als die Schnelligkeit, mit der ein eingetretener Flexibilitätsbedarf gedeckt werden kann.1048)
4.2.2
Strategische Flexibilität in Zulieferer-Abnehmer-Beziehungen
Die erfolgreiche Umsetzung proaktiver Strategien, wie sie aufgrund der Dynamik gefordert werden, setzt Gestaltungsmöglichkeiten zur reaktiven Anpassung voraus. Brehm (2003b) fordert „präsituativ“ zu gestaltende Flexibilitätspotentiale, die als Verhaltensspielräume (Handlungsspielräume) eine Verhaltensänderung ermöglichen.1049) Anforderungen an eine dynamische Wertschöpfungspartnerschaft führen unweigerlich zum Konstrukt der Flexibilität.1050) Flexibilität ist bereits vor der Entscheidung für einen Lieferanten im Bewertungskalkül des Abnehmers zu berücksichtigen. Diese Forderung wird durch den erweiterten Lieferantenwert erfüllt.1051) Für einen Abnehmer in einer Wertschöpfungspartnerschaft kann es notwendig sein, innerhalb bestehender Beziehungen den Lieferanten für zukünftige Anforderungen weiterzuentwickeln, oder sofern dies nicht möglich ist, eine bestehende Beziehung abzubrechen und neue Lieferanten zu finden.1052) Chakraborty/Philip (1996) weisen darauf hin, dass die Forderung nach strategischer Flexibilität durch entwicklungsfähige Lieferanten erfüllt wird.1053) Strategische Flexibilität bezeichnet den Handlungsspielraum, langfristiger, unregelmäßiger sowie signifikanter Veränderungen durch den Entscheidungsträger, die Kapitaleinsatz verlangen und deren Umkehrung in der Regel nicht erfolgt.1054) Sanchez (1997) definiert strategische Flexibilität als „the condition of having strategic options” und „flexibility is
1047)
1048) 1049) 1050)
1051) 1052)
1053) 1054)
184
Vgl. Meffert (1985), S. 126, Die Handlungsbereitschaft wird durch die Interaktion in sozialen Systemen und deren Struktur bestimmt. Vgl. Reichwald/Behrbohm (1983), S. 839. Vgl. Brehm (2003b), S. 21 f. Vgl. Kaluza/Kemminer (1997), S. 9, Kaluza/Blecker (2005), S. 13 und Wolff (2005), S. 9, die darauf hinweist, dass Flexibilität in einem dynamischen Kontext zu betrachten ist. Amend (2000) bezeichnet dies als „aktive Nutzung von Flexibilität“. Vgl. dazu auch Kaluza/Kemminer (1997), S. 20, die eine konkrete Aufgabe darin sehen, den Lieferanten beim Flexibilitätsaufbau zu unterstützen. Da damit lediglich eine Fähigkeit des Lieferanten angesprochen wird, ist diese Einschränkung für die vorliegende Problemstellung nicht geeignet. Vgl. Chakraborty/Philip (1996), S. 55. Vgl. Upton (1994), S. 79, dagegen bezeichnet Upton (1994), S. 79 mit der organisatorischen Flexibilität bspw. den flexiblen Produktionsapparat, der einen kurzfristigen Produktwechsel hinsichtlich der Umrüstvorgänge zulässt. Weiterhin unterscheidet er neben strategic und organisational flexibility in tactical flexibility, die Ausdruck mittelfristiger Veränderungen mittleren Aufwands ist.
greater when the costs and difficulty of switching [...] are lower.“1055) Bereits ohne den finanzwirtschaftlichen Optionsbegriff an dieser Stelle näher zu definieren, wird die Nähe von Handlungsspielräumen als Eigenschaft der Flexibilität und Optionen deutlich. Der Ansatz einer konsequent finanzwirtschaftlichen Bewertung von strategischer Flexibilität als Option in Kapitel fünf geht weit über den hier abgeleiteten Anknüpfungspunkt hinaus, der jedoch zur Darstellung des Nutzens und zur Klarheit eines solchen Ansatzes in einem ersten Schritt notwendig ist. In einem allgemeinen Optionsverständnis versucht der Entscheidungsträger, sich Optionen offen zu halten, um dadurch an „Handlungsautonomie“ zu gewinnen.1056) Flexibilität wird durch ein Bündel von Optionen erreicht, „bestimmte Gelegenheiten […] wahrzunehmen.“1057) Der Abnehmer profitiert in zweifacher Hinsicht. Einerseits ist die Option selbst von Wert. Verfügt der Abnehmer über Lieferantenbeziehungen mit Entwicklungspotential, kann er diese als Investition zum erweiterten Lieferantenwert ansetzen und steigert um den Wert der Optionen das Investitionsportfolio an Lieferantenbeziehungen gegenüber einen Portfolio bestehend aus statischen Lieferantenbeziehungen. Andererseits werden damit alternative Handlungsmöglichkeiten offeriert, auf auslösende Ereignisse reagieren zu können.1058) Burmann/Meffert (2004) untersuchen die Auswirkung von strategischer Flexibilität auf den Marktwert von Unternehmen und kommen zu dem Ergebnis, dass „offenbar […] [O]ptionen für das Unternehmen [entstehen], die […] zu einer Steigerung des Unternehmenswertes führen.“1059) Strategische Flexibilität hat einen „signifikanten“ Einfluss auf den Wert eines Unternehmens.1060) Die Option erhöht damit nicht nur den Wert der Investitionsgelegenheit „Lieferant“ in Form des erweiterten Lieferantenwerts, sondern wirkt sich auch positiv auf den Marktwert des Optionsinhabers aus. Die Optionen beziehen sich auf eine Investitions- (Beziehungseinstieg) bzw. Deinvestitionsmöglichkeit (Beziehungsabbruch), bei der der Wert der Option des Entscheidungsträgers (Weiterentwicklungs-/Leverageoption sowie Abbruchsoption) zum (statischen) Kapitalwert addiert wird.1061) Mit einer finanzwirtschaftlichen Optionsbewertung soll das geschaffene Flexibilitätspotential nicht nur monetär bewertet, sondern auch
1055)
1056) 1057) 1058)
1059) 1060)
1061)
Sanchez (1997), S. 71 f., Evans (1991), S. 77 f. subsumiert unterschiedliche Manöver („manoeuvres“) mit denen auf Ereignisse oder Veränderungen zu reagieren ist. Das präemptive Manöver schließt den Aufbau von Optionen mit ein. Ebenso verfolgt Mayer (2001), S. 63 als dynamische Strategie eine Kernstrategie inklusive strategischer Manöver. Bengtsson (2001), S. 216, „flexibility can be interpreted as different types of options“. Vgl. Hauschildt/Leker (1990), S. 965. Fischer (1996), S. 95. Evans (1991), S. 78, Als Beispiel führt Evans (1991), S. 78 die Entwicklung von Produktdesigns an, die ein späteres Upgrade erlauben. Vgl. Burmann/Meffert (2004), S. 43 ff. sowie S. 50. Burmann/Meffert (2004), S. 52 kommen zu dem Ergebnis, dass „strategisch flexible Unternehmen höher“ bewertet werden. Vgl. MacDougall/Pike (2003), S. 1.
185
mit der Steigerung des Unternehmenswertes in Einklang gebracht werden können.1062) Dass die Option selbst von Wert ist, zeigt sich beim Investitionsobjekt „Lieferant“, das mit dem erweiterten Lieferantenwert bewertet wird, sofern er dem Abnehmer die strategische Flexibilität der Lieferantenentwicklung eröffnet. Dieser Wert der Option wird dem Lieferanten zugerechnet, obwohl das Entwicklungspotential zum Zeitpunkt des Beziehungseinstiegs noch gar nicht in einer Lieferantenentwicklungsmaßnahme mit konkretem Ergebnis (Ein- und Auszahlungswirksamkeit) umgesetzt ist. Ein Hauptelement strategischer Flexibilität stellt die Gleichzeitigkeit von (pro-) aktiver und reaktiver Handlungsmöglichkeiten dar, wobei die aktive Strategie den Aufbau von Optionen vorsieht und die reaktive Anpassungsfähigkeit die Ausübung der Option bedeutet.1063) Die strategische Flexibilität ist eine langfristige Flexibilität, die den Aufbau und die Ausübung strategischer Handlungsoptionen für die Zukunft vorsieht.1064) Specht (1996) folgt dieser Unterscheidung in Anpassungsfähigkeit als reaktive Komponente und Entwicklungsfähigkeit als proaktive Komponente.1065) Chakraborty/Philip (1996) weisen darauf hin, dass die Forderung nach strategischer Flexibilität durch entwicklungsfähige Lieferanten erfüllt wird.1066) Lieferantenentwicklung wird „an important component in achieving strategic flexibility.“1067) Jacob (1989) bezeichnet die strategische Flexibilität als Entwicklungsflexibilität II und grenzt diese von der Entwicklungsflexibilität I ab. Unter der Entwicklungsflexibilität I versteht er die Geeignetheit der Weiterentwicklung eines Bestandes „entsprechend der im Zeitablauf stattfindenden Entwicklung der relevanten Gegebenheiten“.1068) Terminologisch besteht damit hinsichtlich der bisherigen Einordnung der Lieferantenentwicklung als strategische Flexibilität Uneinigkeit. Die Lieferantenentwicklung beschreibt die Weiterentwicklung eines Lieferanten innerhalb eines vorhandenen Lieferantenbestandes (externer Bestand des Unternehmens) und folgt damit nach Jacob (1989) der Entwicklungsflexibilität I.1069) Bestimmungsgrößen der Entwicklungsflexibilität I umfassen (a) Anzahl und Gewicht bestehender (vertraglicher) Bindungen, (b) Zeitdauer und Kosten der Auflösbarkeit
1062) 1063)
1064)
1065) 1066) 1067) 1068) 1069)
186
Vgl. Mayer (2001), S. 84 f. Vgl. Wolff (2005), S. 9 sowie Sanchez (1997), S. 73, „ability to pursue alternative courses of action – or strategic options – in responding to changing conditions“. Vgl. Wolff (2005), S. 7 sowie Zhang/Vonderembse/Lim (2002), S. 565, „[F]lexible positions are […] of value […] good stores of options.“ Vgl. Specht (1996), S. 153. Vgl. Chakraborty/Philip (1996), S. 55. Chakraborty/Philip (1996), S. 55 f. Vgl. Jacob (1989), S. 18 und S. 41. Vgl. Jacob (1989), S. 41.
von Bindungen sowie (c) Umfang der Verwendbarkeit des Vorhandenen.1070) Letztere beschreibt die Möglichkeit, Beziehungen (Bestand) im Zeitablauf weiterzuentwickeln, indem das Vorhandene als Basispotential einer Entwicklungsmaßnahme genügt. Punkt (b) hingegen bewertet die Flexibilität hinsichtlich eines Beziehungsabbruchs, d.h. die Beziehung ohne große ökonomische Folgen zu reduzieren.1071) Dies ist bei reversiblen Investitionsentscheidungen mit einem hohen Alternativertrag gegeben.1072) Im Gegensatz zu reversiblen Investitionsentscheidungen führen spezifische Investitionen dazu, dass die Flexibilität reduziert wird und Wechseloptionen aus dem Set möglicher Optionen ausgeschlossen werden.1073) Dem folgt auch (a) mit der Frage der Kapitalbindung.1074) Allerdings reduziert die stufenweise, dynamische Transformation die Höhe der spezifischen Investitionen zu den Entscheidungszeitpunkten und ist Ausdruck sequentieller Anpassungen, so dass neben der durch die Prüfung der Entwicklungsfähigkeit (c) betreffenden Flexibilität auch explizit (a) und (b) positiv beeinflusst werden. Die „Verwendbarkeit des Vorhandenen“ (Punkt c) schließt somit direkt an das Konzept der Weiterentwicklung eines Lieferanten auf der Grundlage eines Basispotentials an. Die von Sethi/Sethi (1990) dargestellte „expansion flexibility“ steht in der Nähe zur Entwicklungsflexibilität I, zielt aber sehr konkret auf die Möglichkeit der Weiterentwicklung von Fähigkeiten ab.1075) Damit lässt sich die Möglichkeit der Weiterentwicklung von Fähigkeiten des Lieferanten bei der direkten Lieferantenentwicklung als Flexibilitätspotential einordnen. Jacob (1989) versteht als strategische Flexibilität (Entwicklungsflexibilität II) die Fähigkeit eines Unternehmens, sich an Veränderungen durch ein verändertes Produktions- und Leistungsprogramm anzupassen und weist darauf hin, dass diese Flexibilität mit einer hohen Entwicklungsflexibilität I einhergeht.1076) Trotz des terminologischen Dissenses liefert Jacob (1989) mit (a), (b) und (c) Ansatzpunkte, welche Bestimmungsgrößen das Flexibilitätspotential determinieren. Durch die Interdependenz von Entwicklungsflexibilität I und II, wird im Folgenden der Begriff strategische Flexibilität für die Lieferantenentwicklung beibehalten.
1070) 1071) 1072) 1073) 1074) 1075)
1076)
Vgl. Jacob (1989), S. 41, Hier findet sich die Nähe zur Flexibilitätsdimension „range“ wieder. Vgl. Jacob (1989), S. 41, dazu auch Voigt (1994), S. 1084. Vgl. Jacob (1989), S. 41. Vgl. Hibbard/Hogan/Smith (2003), S. 385. Vgl. Jacob (1989), S. 41. Vgl. Sethi/Sethi (1990), S. 309, Flexibilität kann dabei nach Sethi/Sethi (1990) selbst eine Fähigkeit sein, womit die Vorgehensweise in Kapitel zwei (Flexibilität des Lieferanten als Leistungsindikator) übereinstimmt. Vgl. Jacob (1989), S. 18 und S. 57, dazu auch Voigt (1994), S. 1084.
187
Burmannn/Meffert (2004) verbinden weiterhin die strategische Flexibilität mit dem Konzept der „dynamic capabilities“ und stellen diese selbst als Meta-Fähigkeit eines Unternehmens dar.1077) Die Messung der Flexibilität orientiert sich an der Rekonfirgurationsfähigkeit eines Unternehmens.1078) Der Zusammenhang zwischen der Lieferantenentwicklung und der Rekonfirgurationsfähigkeit von Systemen wird in Kapitel 4.1.3 dargestellt. Burmann/Meffert (2004) bestätigen in einer empirischen Untersuchung, dass „eine hohe Rekonfigurationsfähigkeit tendenziell den Handlungsspielraum erhöht.“1079) Mit den Ansätzen zur strategischen Flexibilität und der Meta-Fähigkeit der „dynamic capabilities“ lässt sich als Zwischenfazit der Titel der Arbeit bestätigen, dass die Möglichkeit der Lieferantenentwicklung eine Aktivität darstellt, die ausschlaggebend für den Handlungsspielraum des Abnehmers ist, sollten andere Möglichkeiten aufgrund einer Lock-in-Situation ausscheiden. Ein weiterer Ansatz der strategischen Flexibilität von Brehm (2003a) versteht diese als Effektivität der Wertschöpfungspartnerschaft.1080) Bei der Betrachtung eines Lieferanten beschreibt Effektivität die Fähigkeit des Lieferanten, innovative Lösungen anzubieten, die einen Wettbewerbsvorteil gegenüber bestehenden Lösungen am Markt ermöglichen.1081) Damit determiniert wird der Wert des Lieferanten für den Abnehmer über dessen Einzahlungspotential. Gelingt es nicht, innovative Lösungen anzubieten, verliert nicht nur der Lieferant seine Wettbewerbsfähigkeit, sondern beeinflusst aufgrund der hohen Bindungsintensität bzw. Abhängigkeit auch den Abnehmer als Kunden.1082) Ein Abnehmer, der Transaktionsbeziehungen zu Lieferanten unterhält, kann durch Störungen dieser Art gezwungen sein, Transaktionspartner zu wechseln.1083) Die Fähigkeit zur Anpassung zum Erhalt eines stabilen Zustands hängt im Wesentlichen von der Flexibilität ab.1084) Gelingt es im Sinne der dynamischen Stabilität in einer konti-
1077) 1078)
1079) 1080)
1081)
1082) 1083)
1084)
188
Vgl. Burmann/Meffert (2004), S. 43 und S. 44-46. Burmann/Meffert (2004), S. 47 zählen ebenfalls die Replikationsfähigkeit nach Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 525 f. zur strategischen Flexibilität und interpretieren die Replikationsfähgikeit als Handlungsschnelligkeit. Burmann/Meffert (2004), S. 50. Vgl. Brehm (2003a), S. 84, unter der organisatorischen Flexibilität versteht Brehm (2003a), S. 85 die Effizienz der Wertschöpfungspartnerschaft. Vgl. Hibbard/Hogan/Smith (2003), S. 376 und S. 385, „relationships as strategic assets that have the potential to substantively affect the competitive dynamics”. Vgl. Möller/Törrönen (2003), S. 112. Brehm (2003a), S. 84 f. sieht den Vorteil von Flexibilität in der Möglichkeit „in relativ kurzer Zeit durch die Hinzunahme oder den Austausch von [Netzwerk-] Partnern ihre [..] Ausrichtung grundlegend zu ändern“. Vgl. Brehm (2003b), S. 44, ebenso Wolff (2005), S. 17, „komplementäres Verhältnis“ von Flexibilität und Stabilität.
nuierlichen Entwicklung einen Gleichgewichtszustand aufrechtzuerhalten, liegt Flexibilität vor.1085) Vor dem Hintergrund einer hohen Veränderungsintensität des Beziehungsumfeldes muss die Möglichkeit gefördert werden, durch Flexibilität und Vorausblick die Effektivität und Effizienz zu erhalten.1086) Kaluza (1996) fordert für Zulieferer als Wertschöpfungspartner ein hohes Erzeugniswechselpotential, das sich einerseits in der Fähigkeit zur Produktinnovation äußert (effektivitätsorientiert), anderseits Prozessinnovationen (eher effizienzorientiert) beinhaltet.1087) Anhand angestellter Überlegungen lässt sich der Zusammenhang zwischen Flexibilität und Stabilität von Wertschöpfungspartnerschaften ausmachen. Abbildung 4-2 zeigt in der oberen Matrix (Matrix 1) die Gesamtheit aller möglichen Lieferanten A bis I für einen bestimmten Bedarf (Komponenten, Systeme oder Module). Als Ergebnis einer Evaluation wird Lieferant E gewählt. Solange die Beziehung aufrechterhalten werden kann, liegt Stabilität vor. Ist ein Wechsel des Lieferanten notwendig, benötigt der Abnehmer strategische Flexibilität als Ausdruck der äußeren Anpassungsfähigkeit an neue Anforderungen (Matrix 1).1088) Stabilität kann aber auch durch Anpassung auf der nächsten Ebene erhalten werden (strategische Lieferantenentwicklung als innere Anpassung, Matrix 2).
Abb. 4-2: Quelle:
1085)
1086) 1087) 1088)
Flexibilität und Stabilität der Wertschöpfungspartnerschaft In Anlehnung an Hilmer (1987), S. 81
Vgl. Meffert (1969), S. 786, Meffert (1969) unterscheidet in diesem Zusammenhang „Ultrastabilität“ und „Multistabilität“, im Original jeweils kursiv. Vgl. Naujoks (1998), S. 47. Vgl. Kaluza (1996b), S. 224. Hilmer (1987), S. 80, Hilmer (1987), S. 81 stellt diese Überlegungen für ökonomische Betätigungsfelder im Allgemeinen und im Rahmen von Strategieentscheidungen an.
189
Die Felder E1 bis E9, der nächsten Ebene als Möglichkeiten innerhalb des Feldes E, bezeichnet Hilmer (1989) als Erfolgspotentiale.1089) Erfolgspotentiale konstituieren sich insbesondere aus den vorhandenen Leistungspotentialen (vgl. zu Potentialkategorien Kapitel 2.2.3.3), so dass eine Übertragung der Felder E1 bis E9 als Leistungspotentiale des Lieferanten möglich erscheint. Die schraffierten Felder E5, E6, E8 stellen den derzeitigen Anpassungszustand der Leistungspotentiale des Lieferanten dar, der damit den derzeitigen Anforderungen entspricht. Als Basispotentiale (bspw. als Potentialset E5, E6, E8) können diese für einen Beziehungseinstieg bedeutsam sein. Flexibilität zum Erhalt der Stabilität der Beziehung ist dann notwendig, wenn neue Leistungspotentiale (bspw. E2) zukünftig erforderlich werden. Der schrittweise Wechsel zu einem neuen Leistungspotential bzw. die Hinzunahme eines weiteren Leistungspotentials für zukünftige Anforderungen ist nicht nur als die Einführung eines „gänzlich neuen“ zu verstehen, sondern eingeschlossen sind „ebenfalls die Überarbeitung bisheriger“ Leistungspotentiale.1090) Übertragen auf Lieferantenentwicklung stellt der Wechsel (oder die Hinzunahme) von E5 nach E2, beispielhaft bezogen auf die Potentialkategorie „Beschaffungsobjekt“ (vgl. Kapitel 2.2.3.3), außerdem auch die Weiterentwicklung eines Lieferanten von einem Komponenten- zum System-/Modullieferanten dar.1091) Auch hierbei handelt es sich um strategischen Flexibilitätsbedarf, wobei die Anpassung innerhalb einer Leistungspotentialkategorie „nicht hinsichtlich aller Dimensionen“ erfolgen muss.1092) Gelingt es, die Wertschöpfungspartnerschaft mit dem Lieferant E an die zukünftigen Anforderungen anzupassen, liegt Stabilität vor. Nach Hilmer (1989) trifft für die dritte Betrachtungsebene die strategische Flexibilität nicht mehr zu. Flexibilität und Stabilität beziehen sich hierbei ausschließlich auf die Stufe einzelner Leistungspotentiale bzw. deren Dimensionen als Ansatzpunkte für „Entscheidungsprogramme [a bis i] zur Ausschöpfung“ des derzeitigen Leistungspotentials auf der Basis (bzw. innerhalb) der Ausprägung E5.1093)
4.2.3
Situationsanalyse: Ausgleich von Flexibilitätsbedarf und Flexibilitätspotential
Ein unendlich großes Maß an Flexibilität ist nur unter der Prämisse optimal, dass die Bereitstellung keine Kosten verursacht.1094) Des Weiteren ist der Mitteleinsatz für Flexibilität
1089) 1090) 1091)
1092) 1093) 1094)
190
Vgl. Hilmer (1989), S. 80. Vgl. Hilmer (1989), S. 80 und S. 82. Hierbei wird in Anlehnung an Hilmer (1989), S. 82 unterstellt, dass auf der Basis eines bestehenden Leistungspotentials „das alte einer grundlegenden Überarbeitung“ unterzogen wird. Vgl. Hilmer (1989), S. 82. Vgl. Hilmer (1989), S. 82. Vgl. Billington/Johnson/Triantis (2003), S. 34, Zusätzliche Flexibilität wird solange verfolgt, bis die Kosten der zusätzlichen Flexibilität höher als deren Erwartungswert sind.
nur dann zu rechtfertigen, wenn die Akteure in einer unsicheren, sich ändernden Umwelt agieren, da ansonsten zukünftige Veränderungen und erforderliche Handlungen bekannt sind.1095) Der Flexibilitätsbedarf ist abhängig vom Ausmaß der Unsicherheit.1096) Flexibilitätskosten entstehen, da der Handlungsspielraum, der in einem System vorhanden ist und zu einem bestimmten Zeitpunkt zur Verfügung steht, abhängig ist vom Vorhandensein eines Leistungsüberschusses.1097) Upton (1994) bezeichnet das Flexibilitätspotential als „potential of an organization to perform a set of hypothetical tasks.“1098) Bezieht sich der Leistungsüberschuss auf eine Weiterentwicklungsoption, ist er als qualitativer Leistungsüberschuss aufzufassen. Versteht man die Leverage-Option als die Aufnahme des Leistungsaustauschs durch einen anderen Bereich ohne (qualitative) Weiterentwicklung, reduziert sich der Leistungsüberschuss auf einen quantitativen Leistungsüberschuss (Kapazität). Für die Weiterentwicklungsoption konstituiert sich der Leistungsüberschuss aus einem Leistungspotential des Lieferanten, das über das derzeitig geforderte hinaus, aber im Rahmen der Prüfung des notwendigen Basispotentials für die Entwicklungsfähigkeit vorgehalten wird.1099) Ein qualitativ höheres Basispotential bedeutet eine höhere Merkmalsausprägung als Ergebnis der Potentialanalyse. Liegt die Ausprägung des notwendigen Basispotentials über dem derzeit geforderten Potential des Lieferanten, lässt sich dieses als „unterbeschäftigtes“ Leistungspotential bezeichnen.1100) Cohen/Huchzermeier (1999b) sehen den „key tradeoff […] between the benefit of […] flexibility and the fixed costs incurred to provide the capacity.“1101) Wolff (2005) versteht die Flexibilität als eine Funktion der Leistungsüberschüsse der Kooperationspartner, die eine Anpassung an Veränderungen im Zeitablauf ermöglichen.1102) Als Zielsetzung im Flexibilitätsaufbau ist ein Abgleich von Flexibilitätsbedarf und -potential/-angebot notwendig, um die Gesamtkosten des Systems Wertschöpfungspartnerschaft im Rahmen der Zielkonkurrenz zwischen Flexibilitätspotential (Inflexibilitätskosten) und Flexibilitätskosten (des Flexibilitätsaufbaus) zu minimieren.1103) Im Rahmen
1095)
1096)
1097) 1098) 1099)
1100) 1101) 1102) 1103)
Vgl. Klumb (2002), S. 35 und zum Handeln unter Unsicherheit Backhaus/Aufderheide/Späth (1994), S. 18 ff. sowie Kellermann/Floyd (2005), S. 58, „Strategic flexibility prepares the organization to a[n] […] uncertain future.“ Vgl. Meffert (1985), S. 133, Allgemein lässt sich in Anlehnung an Meffert (1985) festhalten, das je höher die Unsicherheit ist, umso bedeutsamer die Flexibilität wird. Vgl. Reichwald/Behrbohm (1983), S. 840, Meffert (1985), S. 123, „Kapazitätsreserven“. Upton (1994), S. 76. Reichwald/Behrbohm (1983), S. 840 subsumieren darunter unter anderem das Qualifikationsniveau der Systemmitglieder (Subsysteme). Vgl. Wolff (2005), S. 133. Cohen/Huchzermeier (1999b), S. 678. Vgl. Wolff (2005), S. 139. Vgl. Reichwald/Behrbohm (1983), S. 841.
191
der Lieferantenentwicklungsoption ist die Frage mit eingeschlossen, wer die Option bezahlt.1104) In Übereinstimmung mit dem Begriff der internen und externen Dynamik lassen sich nach Reichwald/Behrbohm (1983) die „Flexibilitätsprozesstypen“ „Eigen- und Fremdflexibilität“ unterscheiden.1105) Die Entstehung des Flexibilitätsbedarfs (Nachfrage nach Flexibilität) ist nach den Kriterien system- und umfeldinduzierter Flexibilität zu unterscheiden.1106) Ein Flexibilitätsbedarf kann demnach nicht nur aus einer Umweltveränderung, wie sie Meffert (1985) zugrunde legt, resultieren, sondern auch aus systeminternen Veränderungen.1107) Reichwald/Behrbohm (1983) bezeichnen die Konfrontation mit einem Flexibilitätsbedarf als Stimulus, der vom System/Subsystem als auch von der Umwelt ausgehen kann (endogene bzw. exogene Dynamik als Auslöser). Kann dieser Flexibilitätsbedarf systemintern kompensiert werden (Response), bezeichnet dies die „Eigenflexibilität“ (innere Dynamik). Ist eine interne Anpassung nicht möglich, bezeichnet dies die „Fremdflexibilität“ (äußere Dynamik), die bspw. durch den Vorgang des Lieferantenwechsels beschrieben werden kann.1108) Die bisherigen Ausführungen lassen eine Einordnung der Lieferantenentwicklungsoptionen in eine Systematisierung der Flexibilitätspotentialtypen zu (vgl. schraffierte Fläche in Abbildung 4-3).1109)
Abb. 4-3:
Morphologischer Kasten zur Einordnung von Flexibilitätspotentialtypen: Einordnung von Lieferanten(weiter-)entwicklungsoptionen
Quelle:
Reichwald/Behrbohm (1983), S. 846
1104) 1105) 1106)
1107) 1108) 1109)
192
Optionen sind grundsätzlich nicht kostenlos erhältlich, wie noch zu zeigen ist. Vgl. Reichwald/Behrbohm (1983), S. 846. Vgl. Kaluza (1993), S. 1181, Gerwin (1993), S. 403 sieht „state of the market as mirrored in required flexibility“. Vgl. Meffert (1985), S. 124. Vgl. allgemein Reichwald/Behrbohm (1983), S. 846 f. Der Lieferantenwechsel lässt sich im Unterschied dazu als subsystemexterne Veränderung als „systemextern“ und systemstrukturverändernde Maßnahme als „strukturell“ sowie als „reaktiv“ einordnen.
Die Zielsetzung einer Situationsanalyse im Rahmen des Flexibilitätsaufbaus ist die Beantwortung der Frage des Flexibilitätsbedarfs, abgeleitet aus dem Einfluss der Kontextfaktoren spezifische Investitionen bzw. Spezifität, Quasirente, Dynamik und Unsicherheit (vgl. Abbildung 4-4). Wertschöpfungspartnerschaften sehen sich einem Anpassungsdruck (Beanspruchung der Wertschöpfungspartnerschaft) ausgesetzt, der eine Anpassungsfähigkeit (Belastbarkeit) fordert.1110) Damit der Anpassungsdruck durch eine ausreichende Anpassungsfähigkeit abgefangen werden kann, muss der geforderte Flexibilitätsbedarf mit einem ausreichenden Flexibilitätspotential in Einklang gebracht werden und zwar sowohl hinsichtlich exogener als auch endogener Faktoren.1111) Im günstigsten Fall führt die Flexibilität dazu, dass die zielabträglichen Wirkungen von Veränderungen (Flexibilitätsbedarf) durch das Flexibilitätspotential kompensiert werden.1112) Kann ein Flexibilitätsbedarf tatsächlich gedeckt werden, lässt sich das Flexibilitätspotential als aktuelle Flexibilität des Abnehmers bezeichnen.1113) Die Dimensionen der Flexibilität lassen sich im Wesentlichen auf Umfang und Zeit zusammenfassen. Das zur Verfügung stehende Flexibilitätspotential orientiert sich an der vermittelnden Variable der Aktionsflexibilität (Umfang bzw. „range“) nach Meffert (1969).1114) Darunter lässt sich die Menge an Freiheitsgraden subsumieren, die bei einer Entscheidung vorhanden sind.1115) Über die Prozessflexibilität muss die Zeit mit einbezogen werden, um im Sinne des Aktivitätsniveaus der Dynamik, erfahrene Dynamik sowohl in Ausmaß (Umfang) als auch zeitlichem Erscheinen verarbeiten zu können.1116)
1110) 1111)
1112) 1113) 1114)
1115)
1116)
Vgl. Theurl (2001), S. 80 f. sowie Kaufmann/Germer (2001), 185. Vgl. Anand/Ward (2004), S. 369, „fit between the type of flexibility [..] and the demand placed by environment.” Anand/Ward (2004), S. 371, „flexibility […] needed to be congruent with both internal and external contextual factors”. Vgl. Reichwald/Behrbohm (1983), S. 837. Vgl. Reichwald/Behrbohm (1983), S. 837, ebenso Gerwin (1993), S. 402. Vgl. Meffert (1969), S. 790 und Meffert (1985), S. 126, vgl. zu Flexibilitätsbedarf und -potential Brehm (2003a), S. 80 f. Meffert (1969), S. 790 fokussiert mit seinen Aussagen den Produktionsbereich eines Unternehmens und spricht ebenfalls vom „potentiellen Fertigungsprogramm“ als „Inbegriff sämtlicher möglicher Leistungsprogramme“. Dynamik lässt sich auf die Hauptdimensionen Ausmaß und Zeit reduzieren.
193
Abb. 4-4: Quelle:
Flexibilitätsbedarf und Flexibilitätspotential In Anlehnung an Brehm (2003a), S. 87 f., Worren/Moore/Cardona (2002), S. 1125, Meffert (1985), 125 f., Kaufmann/Germer (2001), S. 185
Investitionstheoretische Überlegungen werden auf strategischer Ebene als langfristige Entscheidungen getroffen und betreffen die Komponente der Aktionsflexibilität, indem durch den Lock-in-Effekt der spezifischen Investitionen Handlungsspielräume des Lieferantenwechsels (Fremdflexibilität oder äußere Dynamik des Subsystems Abnehmer) eingeschränkt werden. Mit dem Kalkül der Quasirente bzw. relationalen Rente werden beziehungs- und/oder verwendungsspezifische Investitionen getätigt, ansonsten lässt sich der erwartete Ertrag nicht realisieren (vgl. Kapitel drei).1117) Eine Vermeidung der Spezifität ist häufig nur bei marktlicher, transaktionaler Zusammenarbeit gegeben. Die dynamische Transformation unterstützt die Aktionsflexibilität, indem die Investition in Tranchen aufgeteilt wird und Amortisationszyklen verkürzt werden. Ebenso steigt die Eigenflexibilität des Systems Wertschöpfungspartnerschaft aus der Sicht des Abnehmers durch die Entwicklungsflexibilität des Lieferanten. Hinsichtlich des potentiellen Lieferantenwechsels kann durch eine dynamische Transformation ebenfalls die Prozessflexibilität erhöht werden (Zeitaspekt), indem eine kürzere Amortisationsdauer die Möglichkeit des Lieferantenwechsels beschleunigt. Mit der Lieferantenentwicklungsoption wird lediglich eine
1117)
194
Vgl. Ghemawat/del Sol (1998), S. 33.
Aussage der Rekonfigurationsfähigkeit getroffen. Jedoch ist mit der Ausübung der Option noch keine Aussage über die Handlungsschnelligkeit (Prozessflexibilität) der Lieferantenentwicklungsmaßnahme (Zeitpunkt der Wirksamkeit) getroffen. Eine Wirkungsverzögerung ist nach der Ausübung der Option wahrscheinlich, da es sich um einen Prozess (und nicht Zeitpunkt) der Lieferantenentwicklungsmaßnahme handelt.1118) Die Handlungsschnelligkeit bzw. Prozessflexibilität hängt entscheidend von dem vorhandenen Basispotential und der daraus resultierenden Leistungslücke ab. Die Aktivität der Lieferantenentwicklung, die nicht zeitgleich mit der (notwendigen) Investition des Beziehungseinstiegs erfolgt, kann – wie bereits dargestellt – selbst Ausdruck der dynamischen Transformation sein, die Belastbarkeit der Wertschöpfungspartnerschaft durch endogene und exogene Beanspruchung begünstigen, und somit sowohl Fremdflexibilität (Abbruchs- oder Wechseloption) als auch Eigenflexibilität (Lieferantenentwicklungsoption) fördern. Abbildung 4-5 stellt Handlungsfelder der Situationsanalyse dar.
Abb. 4-5: Quelle:
Handlungsfelder der Situationsanalyse Schematisch angelehnt an Kaufmann/Germer (2001), S. 188
Gerwin (1993) erweitert die Felder „Flexibilität erhöhen“ („required greater than potential“) sowie „Überprüfung“ („potential greater than required“) um die Situation, dass sich das vorhandene Flexibilitätspotential in der Praxis nicht ausreichend umsetzen lässt („po-
1118)
Burmann/Meffert (2004), S. 48 weisen darauf hin, dass der Wert der Option entscheidend davon abhängt, sie bei Bedarf schnell zu realisieren, da ansonsten nur ein Teil der Chancen ausgeschöpft werden kann.
195
tential greater than actual“).1119) Verfügt ein Unternehmen in einer Beziehung über ein Flexibilitätspotential, das den Bedarf übersteigt, so hat es die Chance, Wettbewerbsvorteile im Sinne der „dynamic capabilities“ zu generieren. Flexibilität kann die Zielerreichung über das ursprünglich verfolgte Maß hinaus verbessern.1120) Werden neue Anforderungen bekannt, die über die prognostizierten hinausgehen, kann ein Flexibilitätspotential, welches den prognostizierten Bedarf übersteigt, eine vergleichsweise bessere Anpassung erlauben. So bieten Lieferanten mit einem Basispotential, welches über den geforderten Mindestanforderungen für die Entwicklungsfähigkeit liegt, eine vergleichsweise bessere Entwicklungsmöglichkeit, wenn die Anforderungen über die prognostizierten hinausgehen. Die Unsicherheit steigt für den Wettbewerber ohne Handlungsspielräume sowohl in einer defensiven (Warte-) Strategie, als auch durch eine proaktive Veränderung der Situation für den Wettbewerber.1121) Ein unendlich großes Flexibilitätspotential ist jedoch nur theoretisch der Optimalfall. Alle Maßnahmen, die dem Aufbau des Flexibilitätspotentials dienen, verursachen Kosten („Dilemma der Flexibilitätsplanung“1122)).1123) Einsparungen durch den Abbau von Flexibilitätsreserven sind daher ebenso ins Kalkül miteinzubeziehen.1124) Die Rechtfertigung von Kosten für den Aufbau bzw. den Erhalt von Flexibilität resultiert zum einen aus der Notwendigkeit von Flexibilität und zum anderen aus der Chance der Flexibilität (vgl. Abbildung 4-5). Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass sich Flexibilität als Option versteht, auf Veränderungen (Dynamik) selbst dynamisch reagieren zu können. Die Flexibilität muss vom „Handelnden ausgelöst werden können, er muss […] berechtigt und befähigt sein.“1125) Sie umfasst eine proaktive und eine reaktive Komponente.1126) Proaktiv wird der Aufbau von Optionen vorauswirkend in die Planung der Beziehung miteinbezogen, um reaktiv mit der Ausübung der Option Veränderungen begegnen zu können.1127) Gerwin (1993) bezeichnet diesen Vorgang als „to ‚bank’ flexibility“ und versteht darunter, Flexibilität als „Reserve“ für zukünftige Anforderungen vorzuhalten. Flexibilität stellt dabei eine Investition dar, die
1119)
1120) 1121)
1122) 1123) 1124) 1125) 1126)
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196
Vgl. dazu die bereits vorgestellte Unterscheidung in Flexibilitätspotential und aktuelle Flexibilität als tatsächliche Flexibilität. Vgl. Reichwald/Behrbohm (1983), S. 837 und Farag (2003), S. 577. Vgl. Gerwin (1993), S. 396 und S. 403 sowie Evans (1991), S. 78, „inflict a surprise on competitors“. Meffert (1985), S. 123, im Original kursiv. Vgl. Anand/Ward (2004), S. 370. Vgl. Gerwin (1993), S. 403. Vgl. Hauschildt/Leker (1990), S. 964. Vgl. Kaluza (1996a), S. 257, Specht (1996), S. 152 und Upton (1994), S. 76 sowie Specht/Kahmann/Siegler (1999), S. 177, die zwischen reaktiver und proaktiver [als auch äußerer sowie innerer] Dynamik unterscheiden. Vgl. Wolff (2005), S. 9.
Optionen eröffnet.1128) Dies geht einher mit der in Kapitel zwei getätigten Aussage, dass mit der Anfangsinvestition bei Beziehungseinstieg die Optionen „Leverage“ und „Weiterentwicklung“ erworben werden.1129) Die Option im Rahmen des Beziehungseinstiegs stellt Vorkehrungen zur Deckung des Flexibilitätsbedarfs dar.1130) Eine optionsorientierte Ausgestaltung von Wertschöpfungspartnerschaften folgt einer Strategie, die von Zsidisin/Ellram (2003) als „Behaviour-Based Management Techniques“ bezeichnet wird, indem die Fähigkeiten des Lieferanten als auch dessen Anstrengungen bewertet werden.1131) Der Aufbau der Lieferantenentwicklungsoptionen stellt eine proaktive (antizipative) Entscheidung zugunsten des Aufbaus von Handlungsspielräumen dar. Die Anpassungsfähigkeit kann dahingehend adaptiert werden, dass sie als Optionsausübung die Reaktion bildet. Specht/Kahmann/Siegler (1999) bezeichnen die proaktive Komponente als „selbstständige Suche nach Veränderungspotential, […] chancenorientiert, auf Erwartungen basierend, simulationsgetrieben.“1132) Proaktive Beschaffungsaktivitäten, Lieferantenentwicklung eingeschlossen, reduzieren negative Folgen, die aus bspw. technologischen Veränderungen resultieren, indem Aktivitäten des Lieferantenmanagements frühzeitig in das Kalkül mit einbezogen werden.1133)
4.3
Szenarioplanung als proaktives Unsicherheitsmanagement zur Ermittlung zukünftig geforderter Leistungspotentiale
4.3.1
Entscheidung unter Sicherheit versus Unsicherheit
Als konsequente Fortführung der Ergebnisse zur Dynamik in Wertschöpfungspartnerschaften wird Unsicherheit verstanden als unvollkommenes Wissen über endogene und exogene Veränderungen,1134) die zu endogener sowie exogener Unsicherheit im weiteren Sinne führen (vgl. Abbildung 4-6 sowie 4-7).1135) Pfeffer/Salancik (1978) stellen Unsicherheit als Ergebnis im Kontext der strukturellen Umweltcharakteristika (Konzentration von Macht, Verfügbarkeit von kritischen Ressourcen, Grad der Verbundenheit von Unter-
1128)
1129)
1130) 1131) 1132) 1133) 1134) 1135)
Vgl. Gerwin (1993), S. 397, Gerwin (1993) verwendet den Begriff der Option in einem allgemeinen und nicht finanzwirtschaftlichen Verständnis. Vgl. Ghemawat/del Sol (1998), S. 40, Flexibilität und Commitment (in Form von spezifischen Investitionen) schließen sich nicht aus. Vielmehr verlangt die Erlangung von Flexibilität ein gewisses Maß an Commitment. Vgl. Reichwald/Behrbohm (1983), S. 839. Vgl. Zsidisin/Ellram (2003), S. 18. Specht/Kahmann/Siegler (1999), S. 177. Vgl. Zsidisin/Ellram (2003), S. 24. Vgl. Bartelt (2002), S. 35. Vgl. Zsidisin (2003), S. 18, „market characteristics“, „supplier characteristics“.
197
nehmen) und den Beziehungen der Akteure (Konflikt, Interdependenz) dar.1136) Pfeffer/Salancik (1978) beziehen Unsicherheit „to the degree in which future states of the world cannot be anticipated and accurately predicted.“1137) Weiterhin verstehen Amram/Kulatilaka (1999) Unsicherheit als the „randomness of external environment” und „a firm’s exposure to uncertainty – the sensitivity of the firm’s cash flows and value to a source of uncertainty – is determined by a number of factors.”1138) Perridon/Steiner (2003) definieren Unsicherheit als die „Möglichkeit des Abweichens vom erwarteten Wert, d.h. positiv: Chance – negativ: Gefahr.“1139) Mit steigender Dynamik nimmt die Instabilität des Systems Wertschöpfungspartnerschaft zu, weshalb es dem Abnehmer als Entscheidungsträger immer weniger gelingt, Veränderungen über längere Zeiträume hinweg abzuschätzen bzw. zu prognostizieren, so dass eine Situation der Unsicherheit entsteht.1140) Dynamik wird generell als Auslöser der Unsicherheit verstanden,1141) jedoch dann nicht, wenn zukünftige Ereignisse als weitgehend sichere Ereignisse bekannt sind.1142) Pfeffer/Salancik (1978) determinieren Unsicherheit „by the level of forecasting capability of the organization at a given point in time; as forecasting techniques improve, uncertainty diminishes.“1143) Unsicherheit und flexibles Verhalten sind untrennbar miteinander verbunden.1144) Unsicherheit führt dazu, dass zum Zeitpunkt des Beziehungseinstiegs nicht alle Eventualitäten bekannt sind. Infolgedessen wird Flexibilität erforderlich, um auf im Voraus nicht absehbare, aber nach Beziehungseinstieg eingetretenen Veränderungen reagieren zu können. Je flexibler das Entscheidungsfeld eines Akteurs ist, desto unbestimmter sind ökonomische Konsequenzen von Entscheidungen, indem sie revidierbar bleiben. Unsicherheit liegt generell dann vor, wenn dem Entscheidungsträger nicht „alle entscheidungsrelevanten Sachverhalte und zukünftige Ereignisse im Voraus bekannt sind“ und (Investitions-) Entscheidungen getroffen werden, die nicht reversibel sind.1145) Hinsichtlich einer Analyse der Un-
1136) 1137) 1138) 1139) 1140) 1141)
1142) 1143) 1144) 1145)
198
Vgl. Pfeffer/Salancik (1978), S. 67 f. Pfeffer/Salancik (1978), S. 67. Amram/Kulatilaka (1999), S. 8. Perridon/Steiner (2003), S. 99. Vgl. Perich (1992), S. 100. Vgl. Achrol/Stern (1988), S. 37 sowie emprisich bestätigt S. 45, „perceived dynamism […] positive impact on decision uncertainty”, Cannon/Perreault (1999), S. 444, Roters (1989), S. 18, Werner (1997), S. 27 und Duncan (1974), S. 325, „dynamic environments […] significantly more uncertainty“. Vgl. Miles/Snow/Pfeffer (1974), S. 248, sicheres Szenario. Pfeffer/Salancik (1978), S. 68. Meffert (1969), S. 799 verwendet den Begriff „Ungewissheit“. Backhaus/Aufderheide/Späth (1994), S. 19, Ghemawat/del Sol (1998), S. 34 und Perridon/Steiner (2003), S. 101.
sicherheit interessieren zwei Dimensionen: (a) Quellen der Unsicherheit und (b) Ausmaß der Unsicherheit (vgl. Tabelle 4-1). Quellen der Unsicherheit lassen sich im weitesten Sinne in exogen und endogen einteilen und werden im nächsten Kapitel erläutert.1146)
Autor
Definition
Backhaus/ Aufderheide/ Späth (1994)
Unsicherheit im weiteren Sinne kann unterschiedliche Ausmaße annehmen: „Sofern den möglichen Ereignissen eine Eintrittswahrscheinlichkeit p (0 < p < 1) zugemessen werden kann, [...] Risiko [im Original hervorgehoben].“ „[Sofern] Entscheider [...] subjektive Vorstellung über das Eintreten bestimmter Zustände besitzt, jedoch keine [..] objektivierbare Größe p [...] Ungewißheit [im Original hervorgehoben] oder Unsicherheit im engeren Sinne.“ „[Sind] zukünftig eintretende Sachverhalte nicht einmal der Sache nach bekannt [...] beschränkte Rationalität [im Original hervorgehoben].“ (S. 20 f.)
Courtney/ Kirkland/ „Level 1: A Clear-Enough Future [im Original hervorgehoben]. [F]orecast of the Viguerie (1997) future is precise enough for strategy development.” „Level 2: Alternate Futures [im Original hervorgehoben]. The future can be described as […] discrete scenarios. Analysis cannot identify which outcome will occur, although it may help establish probabilities.” „Level 3: A Range of Futures [im Original hervorgehoben]. [A] range of potential futures can be identified [...], but the actual outcome may lie anywhere along a continuum bounded by that range [...] no discrete scenarios.” „Level 4: True Ambiguity [im Original hervorgehoben]. [M]ultiple dimensions of uncertainty [...] an environment [...] impossible to predict.” (S. 69 ff.) Perridon/Steiner (2003)
Tab. 4-1:
Unsicherheit lässt sich weiterhin in Risiko (im engeren Sinne) und Ungewissheit unterteilen. Risiko: „[D]em Entscheider liegen objektive oder zumindest subjektive Wahrscheinlichkeiten für das Eintreten alternativer Zielwerte vor.“ Ungewissheit: „[Der] Entscheider hat überhaupt keine Vorstellung, was den Return ausmachen könnte.“ (S. 99)
Ausmaß der Unsicherheit
Zur ganzheitlichen Bewertung der Unsicherheitssituation von Wertschöpfungspartnerschaften müssen Quellen der Unsicherheit identifiziert werden. Zur Bewertung einer Unsicherheitssituation bei Entscheidungsproblemen findet zunächst eine Analyse der Einflussfaktoren zur Bewertung des Flexibilitätsbedarfs der Wertschöpfungspartnerschaft statt. Sind die für eine Bewertungssituation relevanten endogenen und exogenen Quellen der Unsicherheit identifiziert (Tabelle 4-2), wird in einem weiteren Schritt das Ausmaß
1146)
Eine weitere Differenzzierung und Detaillierung muss problemspezifisch erfolgen. Indikatoren für Markt- sowie Lieferantenrisiko finden sich bspw. bei Zsidisin (2003), S. 18-20 und bei Miller/Waller (2003), S. 100, Mello/Pyo (2003), S. 89 unterscheiden „market-priced risks“ und „nonmarket risks“ bzw. „private risks“.
199
der Unsicherheit bewertet (Tabelle 4-1).1147) Das Ausmaß der Unsicherheit konstituiert den Flexibilitätsbedarf und definiert das notwendige Maß an Handlungsspielraum (Flexibilitätspotential).1148) Das vorhandene Basispotential, aber auch die Restlaufzeit der Option wirken sich auf das Flexibilitätspotential aus.1149) Dazu eignen sich die Definitionen von Backhaus/Aufderheide/Späth (1994) und Perridon/Steiner (2003) durch die Einbeziehung von Wahrscheinlichkeiten für eine Verwendung in mathematischen und statistischen Modellen der Investitionstheorie (vgl. Abbildung 4-6).
Abb. 4-6: Quelle:
Systematisierung von Unsicherheit In Anlehnung an Backhaus/Aufderheide/Späth (1994), S. 21 und Perridon/Steiner (2003), S. 99
Je größer das Ausmaß der Unsicherheit ist, desto bedeutsamer wird eine situationsübergreifende Flexibilität.1150) Für die vorliegende Problemstellung kann das zur Folge haben, dass zur Gewährleistung der Entwicklungsfähigkeit ein Basisprofil gefordert wird, das näher am erwarteten, zukünftigen Soll-Profil liegt, um eine größere Bandbreite nach oben abdecken zu können. Der Korridor verringert sich, indem das Basisprofil näher am erwarteten Soll-Profil liegt (vgl. Abbildung 2-9). Das Soll-Profil stellt in der Regel ein (Trend-)
1147)
1148) 1149)
1150)
200
Beispielsweise wird in einem ersten Analyseschritt festgestellt, dass Unsicherheit über technologische Veränderungen die Wertschöpfungspartnerschaft beeinflusst, um in einem zweiten Schritt den Grad der Unsicherheit als Risiko, Ungewissheit oder radikale Unsicherheit einzuschätzen und, sofern möglich, in die Bewertung der Unsicherheit einfließen zu lassen. Vgl. zur radikalen Unsicherheit Sawhney/Parikh (2001), S. 79. Vgl. Farag (2003), S. 577, Meffert (1985), S. 133 und Zhang/Vonderembse/Lim (2002), S. 573 f. Farag (2003), S. 577 weist darauf hin, dass bei geringer Unsicherheit Flexibilität und Restlaufzeit entsprechend geringer sein können. Vgl. Meffert (1985), S. 133.
Szenario dar und erlaubt somit die Formulierung des geforderten Basispotentials. Auf der Basis der Szenarien wird bereits zum Zeitpunkt des Beziehungseinstiegs die Basis für Handlungsmöglichkeiten geschaffen.1151) Wohingegen bei hoher Unsicherheit ein höheres Basispotential gefordert wird, um für Extremszenarien ebenfalls entwicklungsfähig zu sein (hohe Streuung der Szenarien). Der Flexibilitätsbedarf konstituiert sich aus der Diversität und Anzahl der Szenarien.1152) Dagegen genügt eine situationsspezifische Flexibilität bei einem geringen Ausmaß an Unsicherheit.1153) Die Anforderungen an eine Basispotentialausprägung können umso exakter formuliert werden, je geringer die Unsicherheit über zukünftige Szenarios und deren Potentialanforderung ist. Radikale Unsicherheit stellt das weitest reichende Planungsproblem dar, da weder mögliche Ereignisse, noch Eintrittswahrscheinlichkeiten bekannt sind. Eine rationale Lösung von Entscheidungsproblemen ist nicht mehr möglich.1154) Dagegen liegt eine einfache Entscheidungssituation vor, wenn man von einer binären Veränderung ausgeht. Bei positiver Veränderung findet eine Weiterentwicklung statt, bei negativer Veränderung wird die Beziehung abgebrochen. Roemer (2004) konstruiert deshalb zur Anwendung des Realoptionsansatzes „rational flexibility“, die verstanden wird als „an individual’s ability to adapt continuously in spatial time to changing future environmental states, where the set of possible future states can be perfectly foreseen, while it remains uncertain which state will obtain.”1155) Rationale Flexibilität unterscheidet sich von einer „real flexibility” darin, dass reale Flexibilität auch dann vorliegt, wenn „changing future states [..] cannot be perfectly foreseen ex ante [radikale Unsicherheit].“1156) Rationale Flexibilität kann ex ante geplant und gemessen werden.1157) Roemer (2004) bezieht sich damit gerade auf die Problematik des Ausmaßes der Unsicherheit und unterstellt mit den vorliegenden Definitionen und der Anwendung des Konstrukts der rationalen Flexibilität für eine Realoptionsbewertung eine Situation des Risikos (vgl. Abbildung 4-6).1158) Diese Vorgehensweise ist von zentraler Bedeutung sowohl für die Prognose zukünftig qualitativ geforderter Lieferantenpotentiale als auch für die Prognose des SLV ex post der Lieferantenentwicklung. Hibbard/Hogan/Smith (2003) ordnen ebenfalls die Realoptionsanalyse einer mittleren Ausprägung (Ausmaß) an „out-
1151) 1152) 1153) 1154) 1155) 1156) 1157) 1158)
Vgl. Mayer (2001), S. 146. Vgl. Mayer (2001), S. 145 f. Vgl. Meffert (1985), S. 133. Vgl. Perridon/Steiner (2003), S. 100. Roemer (2004), S. 47. Roemer (2004), S. 48. Vgl. Roemer (2004), S. 47. Vgl. Roemer (2004), S. 87 sowie Rese/Roemer (2004), S. 504, „real options [..] [are] based on a strong form of rationality“ und unterscheidet sich darin von der Transaktionskostentheorie.
201
come uncertainty“ zu.1159) Radikale Unsicherheit kann hinsichtlich der endogenen Unsicherheit des Verhaltens des Lieferanten verbleiben.
4.3.2
Exogene und endogene Unsicherheit partnerschaftlicher Zusammenarbeit
Eine ausführliche Darstellung von Beschaffungsrisiken bzw. Unsicherheit im weiteren Sinne kann ausschließlich für den konkreten Anwendungsfall erfolgen. Als Basis des vorliegenden generalistischen Bewertungsmodells folgt die Analyse der Unsicherheit den identifizierten Hauptkategorien (-quellen) endogene und exogene Unsicherheit.1160) Es zeigt sich bei den Definitionen in Tabelle 4-2, dass sich die Perspektiven extern und intern der Analyse der Dynamik in den Definitionen der Unsicherheit wiederfinden. Allerdings lassen sich hierbei Definitionen identifizieren, die sich explizit sowohl mit der Perspektive als auch der Unsicherheit im Kontext von Zulieferer-Abnehmer-Beziehungen befassen. Deutliche Übereinstimmung findet sich bei Bartelt (2002), Bensaou/Venkatraman (1995) und Spremann (1990) mit der endogenen Unsicherheit als die Unsicherheit hinsichtlich des Verhaltens des Lieferanten sowie über alle Definitionen hinweg die exogene Unsicherheit die Umweltunsicherheit einschließt.
Autor
Definition
Bartelt (2002)
Exogene Unsicherheit bedeutet unvollkommene Information über Veränderungen der „technische[n], ökonomische[n], soziale[n], politische[n] und natürliche[n] Umwelt“ außerhalb des Einflussbereiches der Akteure. Endogene Unsicherheit versteht sich als „unvollkommene Information über relevante Eigenschaften oder Verhaltenweisen“ des Lieferanten. (S. 35)
Bensaou/ Venkatraman (1995)
„(1) environmental uncertainty – arising due to the general environmental conditions underlying the organizational business relationship; (2) partnership uncertainty – arising due to one firm’s perceived uncertainty about its specific partner’s behaviour in the future; and (3) task uncertainty – arising due to the specific set of tasks carried out by the organizational agent responsible for the interorganizational relationship.” (S. 1474)
Bensaou/Anderson (1999)
Unsicherheit wird allgemein definiert als „[e]xternal uncertainty as unanticipated changes in circumstances surrounding an exchange relationship (as opposed to measurement uncertainty, which is internal to the relationship).” (S. 467)
Dixit/Pindyck (1994)
„[A]ggregate uncertainty that affects all firms in the industry, and firm-specific or idiosyncratic uncertainty facing each firm.“ (S. 18)
1159) 1160)
202
Vgl. Hibbard/Hogan/Smith (2003), S. 380. Cucchiella/Gastaldi (2006), S. 702 f. unterscheiden Quellen von Unsicherheit in einer Supply Chain als „internal“ und „external sources of uncertainty“.
Autor
Definition
Heide/John (1990)
„Volume unpredictability. [...] the inability to forecast accurately the volume requirements in the relationship.” „Technological unpredictability. [...] the inability to forecast accurately the technical requirements in the relationship.” „Performance ambiguity. [...] the difficulty of accurately measuring ex post the exchange partner’s compliance with expected output.” (S. 28)
Miller/Waller (2003)
„General Environmental Uncertainties [im Original hervorgehoben]” umfassen „political, government policy, macroeconomic, social, natural“ Unsicherheiten. „Industry Uncertainties [im Original hervorgehoben]” umfasssen „input market, product market, competition“Unsicherheiten. „Company Uncertainties [im Original hervorgehoben]” umfassen „operations, liability, R&D, credit, behavioural“ Unsicherheiten. (S. 100)
Noordewier/ John/Nevin (1990)
„Environmental uncertainty is defined as unanticipated changes in circumstances surrounding an exchange.“ (S. 82)
Spremann (1990)
„[E]xogene[s] Risiko: Einfluss auf die Gegenleistung nehmen äußere Umweltzustände, für deren Eintreten A und B übereinstimmende Wahrscheinlichkeitsverteilungen in ihren Entscheidungskalkülen zugrundelegen.“ „Verhaltensunsicherheit ist die Unsicherheit von A über solche Merkmale des Verhaltens von B, die A verdeckt sind, obschon sie B selbst kennt.“, „Als feststehende Verhaltensmerkmale [zum Zeitpunkt des Beziehungseinstiegs] werden oft […] Fähigkeit betrachtet. Verhaltensmerkmale, die man mit Anstrengung, Sorgfalt, Fairness, Entgegenkommen assoziiert, deuten darauf hin, daß über sie noch entschieden werden kann.“ (S. 564 f.)
Van de Vrande/ Lemmens/ Vanhaverbeke (2006)
„Exogenous uncertainty is the result of unknown future potential of a new technology […] in interfirm relationships, there is uncertainty between the partners (endogenous uncertainty).” (S. 348)
Tab. 4-2:
Quellen der Unsicherheit: endogene und exogene Unsicherheit
In der Literatur findet sich eine sehr weitläufige Diskussion über die Verhaltensannahmen der beschränkten Rationalität und des Opportunismus und den damit einhergehenden Absicherungsmaßnahmen der Quasirente im Zusammenhang mit spezifischen Investitionen als Ursache endogener Unsicherheit.1161) Über spezifische Investitionen wird die Abhängigkeit im Zusammenhang mit beschränkter Rationalität und Opportunismusgefahr als endogene (Verhaltens-) Unsicherheit zu einem Governance-Problem in ZuliefererAbnehmer-Beziehungen.1162) Beiträge zu Zulieferer-Abnehmer-Beziehungen, die sich mit der Beziehungsqualität beschäftigen, sehen spezifische Investitionen als Commitment zur
1161)
1162)
Vgl. Alchian (1984), S. 37, Föhr (1994), S. 455 ff., Ganesan (1994), S. 3 und S. 6, Heide/John (1988), S. 20 ff., Heide/John (1990), S. 27, Lehmann (1996), S. 387 f., Werner (1997), S. 27, Williamson (1979), S. 241 f., Williamson (1988), S. 76-69, Lonsdale (2001), S. 23 identifiziert vier Vertragssituationen im Zusammenhang mit beschränkter Rationalität und Opportunismus. Vgl. Williamson (1979), S. 242, Williamson (1985), S. 56, Riordan/Williamson, (1985), S. 367 und Williamson (1988), S. 71.
203
Beziehung aber auch positiv.1163) Spezifische Investitionen werden dann zur Bedrohung, wenn unvollständige Verträge Handlungsspielräume in der Aufgabenerfüllung für ein einseitiges Abschöpfen der Quasirente ermöglichen.1164) Endogene Unsicherheiten entstehen durch Interaktion mehrerer Parteien (endogene Dynamik der Wertschöpfungspartnerschaft) und können durch geeignete Maßnahmen beeinflusst werden.1165) Zsidisin/Ellram (2003) bezeichnen diese Strategien als „Behavior-Based Management Techniques“.1166) Folgt man der Definition von Bartelt (2002) schließt die endogene Unsicherheit sowohl die Leistungsfähigkeit (Eigenschaften des Lieferanten) sowie die Leistungsbereitschaft (Verhaltensweisen des Lieferanten) mit ein.1167) Zsidisin/Ellram (2003) bezeichnen diese Kategorien als „supplier abilities” und „supplier efforts”.1168) Kaas (1992) drückt endogene Unsicherheit als „Leistungsfähigkeit” und „Leistungswille” aus.1169) Ausschlaggebend für das Lieferantenpotential (‚Potentialität’) sind nach Stölzle/Karrer (2004) die aktuellen Fähigkeiten (Leistungsfähigkeit) sowie die Leistungsbereitschaft.1170) Sie lassen sich als „Lieferantenunsicherheit“ zusammenfassen.1171) Rese/Roemer (2004) sehen gerade in der Behandlung von sowohl endogener Unsicherheit und exogener Unsicherheit einen TradeOff bei hoher Ausprägung beider Unsicherheitsformen, da einerseits durch eine Einschränkung der Flexibilität der Transaktionspartner die Opportunismusneigung eingeschränkt wird (Commitment), andererseits aber die Flexibilität zur Reaktion auf exogene Veränderungen erhöht werden muss.1172) Nach Eßig (2007) ist es im „Eigeninteresse [im Original kursiv]“ des Abnehmers, die Zufriedenheit des Lieferanten fortlaufend zu messen, um das „lieferantenseitige Commit-
1163)
1164)
1165) 1166) 1167) 1168) 1169) 1170) 1171) 1172)
204
Vgl. Morgan/Hunt (1994), S. 23 f., Mit steigender Spezifität wächst das Interesse an einem Fortbestand der Austauschbeziehung, das als „Commitment“ bezeichnet wird. Commitment kann durch die in die Geschäftsbeziehung eingebrachten Inputs entstehen. Bringen beide Partner dasselbe Commitment in die Geschäftsbeziehung ein, trägt dies positiv zur Beziehungsqualität bei. Dagegen kann ungleiches Commitment der Partner ein Anreiz zu Opportunismus des weniger verpflichteten Partners sein (vgl. Gundlach/Achrol (1995), S. 78 ff.), Kumar/Scheer/Steenkamp (1995), S. 58 sehen gerade die Bereitschaft, in die Beziehung zu investieren, als wesentliche Determinanten der Beziehungsqualität an. Vgl. Heide/John (1988), S. 22, Lonsdale (2001), S. 24, Riordan/Williamson, (1985), S. 367 und Williamson (1988), S. 70-71, Handlungsspielräume im Zusammenhang mit unvollständigen Verträgen bezeichnen die negative Erscheinungsform im Sinne von eigennützig „Spielräume ausnutzen“ (Opportunismus). Vgl. Bartelt (2002), S. 42. Vgl. Zsidisin/Ellram (2003), S. 18. Vgl. Bartelt (2002), S. 35. Vgl. Zsidisin/Ellram (2003), S. 18. Vgl. Kaas (1992), S. 26. Vgl. Stölzle/Karrer (2004), S. 243. Vgl. Gerwin (1993), S. 400, „[s]uppliers are sources of uncertainty“. Vgl. Rese/Roemer (2004), S. 505 und van de Vrande/Lemmens/Vanhaverbeke (2006), S. 352.
ment auf hohem Niveau zu halten.“1173) Leistungswille bzw. -bereitschaft sind eng verbunden mit dem Commitment des Lieferanten.1174) Als geeignete Strategie, die Ziele des Abnehmers im Leistungsaustausch zu gewährleisten, weisen Zsidisin/Ellram (2003) auf das Target Costing als Ansatz der Risikoreduktion hin.1175) Durch den in dieser Arbeit gewählten Target Costing Ansatz lassen sich durch (marktorientierte) Zielvorgaben des Abnehmers die Unsicherheit hinsichtlich der Erfüllung der Leistungsvorgaben seitens des Lieferanten reduzieren, aufgrund der Lock-in-Situation und potentieller Verhaltensspielräume des Lieferanten aber nicht ausschließen. Eine Berücksichtigung der endogenen Unsicherheit bei der Bestimmung eines risikoadjustierten Diskontierungsfaktors im (N)SLV sowie der Optionsbewertung muss daher erfolgen. Auch Friedl (2001) geht davon aus, dass interne Quellen der Unsicherheit erst dann gelöst werden können, wenn der Leistungsaustausch stattfindet.1176) Die endogene Unsicherheit nimmt während des Leistungsaustauschs ab, da ein zunächst „unvollkommenes Wissen“ des Abnehmers hinsichtlich des Verhaltens des Lieferanten verändert wird, wodurch die endogene Unsicherheit sukzessive verringert wird. Dennoch kann die endogene Unsicherheit ex ante beeinflusst, auf die exogene Unsicherheit lediglich ex post reagiert werden.1177) Kommen exogene Unsicherheiten (bspw. Marktveränderungen und technologische Veränderungen1178)) als Triebkräfte der exogenen Dynamik hinzu, verschärft sich das Problem der dauerhaften Bindung im bilateralen Monopol.1179) Picot (1982) schließt die Unsicherheit der Umwelt als Einflussfaktor auf Transaktionskosten in den Transaktionskostenansatz mit ein und unterstellt eine „Erschwerung von (längerfristigen) Transaktionen“.1180) Ein optionsbasierter Ansatz der Gestaltung des Leistungsaustauschs durch die Einbeziehung von Lieferantenentwicklung, um auch zukünftigen Anforderungen gerecht zu werden, wirkt gerade dem entgegen und reduziert die Unsicherheit des Abnehmers.1181) Diese
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Eßig (2007), S. 1493 sowie Eßig (2004b), S. 616 f. und Eßig/Buck/Amann (2004), S. 44 f. Vgl. Eßig (2007), S. 1489, dennoch fehlt nach Eßig (2004d), S. 617 der empirische Nachweis, dass zufriedenere Lieferanten auch eine höhere Leistung erbringen. Vgl. Zsidisin/Ellram (2003), S. 18. Vgl. Friedl (2001), S. 28 sowie Dixit/Pindyck (1994), S. 346, „Technical uncertainty can only be solved by undertaking the project.” Vgl. Hommel/Pritsch (1999b), S. 19. Vgl. Bensaou/Anderson (1999), S. 467, „uncertainty due to technological changes” sowie Lavie (2006), S. 154, „technological change alters […] level of environmental uncertainty”. Vgl. Hering (2003), S. 258. Vgl. Picot (1982), S. 272, Williamson (1989), S. 144 ordnet „statistical risks” (exogene Unsicherheit) der Entscheidungstheorie zu und versteht „indiosyncratic trading hazards” (endogene Unsicherheit) als Governanceproblem, wie es die Transaktionskostentheorie behandelt. Vgl. Rese/Roemer (2004), S. 502 sowie van de Vrande/Lemmens/Vanhaverbeke (2006), S. 352 zur Diskussion der Einbeziehung der exogenen Unsicherheit. Vgl. Zsidisin/Ellram (2003), S. 24.
205
Strategie setzt an der Definition von Bartelt (2002) an und zielt auf jene Unsicherheitsquellen ab, die außerhalb des Einflussbereiches, nicht nur der Akteure, sondern insbesondere des Abnehmers liegen.1182) In die Bewertung fließt folglich die exogene Umweltunsicherheit, geprägt durch die exogene Dynamik des Supersystems sowie die endogene Unsicherheit, geprägt durch die endogene Dynamik des Systems Wertschöpfungspartnerschaft und insbesondere der Verhaltensunsicherheit des Subsystems Lieferant ein. Roemer (2004) erweitert ebenfalls ihre transaktionskostentheoretisch geprägte Analyse der Flexibilität um Umweltunsicherheit, „to provide a more comprehensive analysis of buyer-seller relationships.“1183) Endogene und exogene Unsicherheiten bedingen sich gegenseitig.1184) Ändern sich die exogenen Bedingungen, so dass Neuverhandlungen mit einem Lieferanten nötig werden, dieser sich aber opportunistisch zeigt, kommt auch die endogene Unsicherheit in Form des Opportunismus zum Tragen.1185) Die Einordnung von endogener und exogener Unsicherheit in Zulieferer-Abnehmer-Beziehungen stellt Abbildung 4-7 dar. Die Transaktionsatmosphäre der Beziehung (System Wertschöpfungspartnerschaft) wird von der exogenen Unsicherheit eingeschlossen (Supersystem).1186)
Abb. 4-7: Quelle:
1182) 1183) 1184) 1185)
1186)
206
Endogene und exogene Unsicherheit in Wertschöpfungspartnerschaften Bartelt (2002), S. 36
Vgl. Bartelt (2002), S. 35. Roemer (2004), S. 63. Vgl. Smith/Nau (1995), S. 808, „[M]arket and private uncertainties may be dependent.” Vgl. Bartelt (2002), S. 36 und beispielhaft anhand von Informationstechnologie Lonsdale (2001), S. 24. Vgl. zur Transaktionsatmosphäre Turnbull/Valla (1989), S. 5.
4.3.3
Verfahren zur Planung und Bewertung von Szenarien
4.3.3.1 Szenarioanalyse Der Wert, der mit dem Handlungsspielraum als Eigenschaft der Flexibilität verbunden ist, ist deutlich geworden und äußert sich in der Option der Lieferantenentwicklung. Andererseits verursacht der Flexibilitätsaufbau Kosten, so dass grundsätzlich eine Übereinstimmung von Flexibilitätsbedarf und -potential in Erwägung zu ziehen ist.1187) Um abschätzen zu können, wie groß der Flexibilitätsbedarf ist (vgl. Abbildung 4-4 und Abbildung 4-5), werden mit Hilfe der Szenarioanalyse mögliche zukünftig geforderte Leistungsprofile zur Ableitung von Entwicklungsmaßnahmen (Pläne) über die Umweltentwicklung dargestellt.1188) Meffert (1985) betont, dass ein ungezielter Flexibilitätsaufbau bei unvorhersehbaren Umweltzuständen hohe Kosten verursacht, weshalb über prognostizierte interne und externe Ereignisse und Situationsfaktoren (Störgrößen) eine gezielte Flexibilitätspolitik vorzuziehen ist.1189) Damit geht einher, dass zum Zeitpunkt des Beziehungseinstiegs das zukünftige Soll-Profil nicht nur zur Bewertung der Entwicklungsfähigkeit bekannt sein muss, sondern auch, um Leistungsfähigkeitsreserven in den richtigen Kategorien vorzuhalten, um unnötige Kosten der Flexibilität zu vermeiden.1190) Mit der Profilanalyse wird sowohl eine Bewertung der Ist-Ausprägung des Lieferantenpotentials, als auch das auf Erwartungen basierende Soll-Profil als Erwartung zukünftiger Anforderungen und Determinanten eines entwicklungsfähigen Basisprofils dargestellt. Die Szenarioanalyse dient dabei in zweifacher Hinsicht der Bewertung.1191) Einerseits zur Festlegung des Basispotentials und andererseits zur Prognose der Nachfragewirkung (doppeltes Prognoseproblem) hinsichtlich der exogenen Unsicherheit bzw. des Risikos. (a) Prognose der zukünftigen qualitativen Anforderungen an die Leistungspotentiale des Lieferanten zur Bestimmung des erforderlichen Basispotentials (zum Zeitpunkt t0 ex ante des Beziehungseinstiegs).1192) (b) Prognose der quantitativen Nachfrageentwicklung als Determinante des Optionswertes und „kritische Menge“ der Werthaltigkeit der Option als Ausübungskriterium (zum
1187) 1188) 1189) 1190) 1191)
1192)
Vgl. Mayer (2001), S. 143. Vgl. Meffert (1985), S. 124. Vgl. Meffert (1985), S. 124. Vgl. Meffert (1985), S. 124. Vgl. zur Vorgehensweise der Szenarioerstellung Hernández/Wiendahl (2005), S. 216 f., Miller/Waller (2003), S. 95 f., Reichmann (2001), S. 320 sowie Wiendahl u.a. (2002), S. 44-47. Hinterhuber/Stuhec (1997), S. 12 betrachten das Kompetenzportfolio heute und beschreiben Entwicklungskorridore hin zu alternativen Kompetenzportfolios der Zukunft. Teece/Pisano/Shuen (1997), S. 521, „Change is costly […] depend[s] on the ability to scan the environment.“
207
Zeitpunkt t0 als Trenderwartung als auch als Detailplan zum Zeitpunkt tn ex ante der Optionsausübung).1193) Die Lieferantenentwicklungsoption wird nicht als Selbstzweck ausgeübt, sondern dann, wenn exogene Veränderungen über das Einzahlungspotential höhere Einzahlungen (Umsatz) versprechen und/oder eine Verringerung der laufenden Auszahlungen erfordern. Eine Optionsbewertung macht eine Prognose der Aus- und Einzahlungen der Wertschöpfungspartnerschaft erforderlich bzw. setzt diese voraus.1194) Die Szenariomethode berücksichtigt mehrere mögliche Kapitalwerte für eine Investitionsalternative und hält sich die Option zur flexiblen Anpassung offen.1195) Miller/Waller (2003) sehen Szenarioanalyse und Realoptionsbewertung komplementär.1196) Einerseits werden mittels Szenarien Quellen der Unsicherheit aufgedeckt und deren Relevanz und Auswirkung geprüft (Sensitivitätsanalyse), andererseits werden Zahlungsströme der Investitionsmöglichkeit prognostiziert. Quellen der Unsicherheit („uncertain contingencies“1197)) dienen gleichzeitig der Identifikation möglicher Einflussmöglichkeiten des Abnehmers auf den Wert der Investitionsgelegenheit.1198) Ein unmittelbarer Einfluss zwischen Potentialveränderung und Ein- und Auszahlungen wird bereits in Kapitel 2.3.1 ausgeschlossen. Die Suche nach den Werttreibern zur mittelbaren Beeinflussung des Lieferantenwerts wird durch den integrierten Ansatz von Miller/Waller (2003) bestätigt. Die wahrgenommene Unsicherheit ist aufgrund ökonomischer Konsequenzen der (bilateralen) Abhängigkeit innerhalb der Wertschöpfungspartnerschaft größer als bei einer marktlichen Transaktion.1199) Jedes Szenario einer Umweltentwicklung konstituiert ein bestimmtes Anforderungsprofil an den Lieferanten und determiniert somit das notwendige Basispotential zum Zeitpunkt des Beziehungseinstiegs. Optionen der Lieferantenentwicklung entstehen nur dann, wenn Lieferanten im Rahmen der Potentialanalyse das notwendige Basispotential vorweisen können (notwendige Bedingung). Sanchez (1997) weist darauf hin, dass „creating basic strategic options and the strategic flexibility they confer requires some form of planning.“1200) Das vorhandene Potential lässt sich als Basispotenti-
1193)
1194)
1195) 1196) 1197) 1198) 1199) 1200)
208
Die Wertentwicklung des (N)SLV hängt wesentlich von der Nachfrageentwicklung ab (vgl. zu Prognosezeiträumen Kapitel 2.3.1.2.1 sowie Kapitel 5.3.2.1). Vgl. Hibbard/Hogan/Smith (2003), S. 383, „Real options analysis requires the ability to make reasonable forecasts about future costs and benefits derived from a relationship.” Vgl. Reichmann (2001), S. 320. Vgl. Miller/Waller (2003), S. 98. Miller/Waller (2003), S. 99. Vgl. Miller/Waller (2003), S. 99 f. und 104 f. Vgl. Bartelt (2002), S. 38 sowie Pfeffer/Salancik (1978), S. 68. Sanchez (1997), S. 81, ebenso weisen Zsidisin/Ellram (2003), S. 15 darauf hin, dass die Möglichkeit unvorhergesehener Ereignisse mit negativen Folgen in die Planung miteinbezogen werden müssen.
al jedoch nur dann hinsichtlich der Entwicklungsfähigkeit abschätzen, wenn die zukünftigen Soll-Anforderungen möglichst genau bekannt sind. Die Szenarioanalyse wird der Tatsache gerecht, dass der Entscheidungsträger selten über vollständige Information verfügt (deterministischer Flexibilitätsbedarf), sondern unter Unsicherheit handelt (stochastischer sowie ungewisser Flexibilitätsbedarf).1201) Hernández/Wiendahl (2005) definieren ein Szenario als „mögliches Zukunftsbild, dessen Eintreten nicht mit Sicherheit vorhergesagt werden kann.“1202) Dynamische Entwicklungen, sowohl beziehungsintern als auch der Umwelt, schränken Prognosemöglichkeiten deutlich ein.1203) Unsicherheit über den Wert der Wertschöpfungspartnerschaft ist geprägt von exogener Unsicherheit und endogener Unsicherheit mangels Erfahrung mit einem Lieferanten.1204) Aufgrund beschränkter Rationalität der Entscheider ist die „unendliche Mannigfaltigkeit der Datenänderungen“1205) ex ante nicht bzw. nicht abschließend zu bewerten (oder nur zu prohibitiv hohen Kosten), so dass die exakte Lösung nicht vorhersehbar ist.1206) Szenarien beschreiben nach diesem Verständnis ein „komplexes Zukunftsbild, das auf den Entwicklungsmöglichkeiten vieler, miteinander vernetzter Einflussfaktoren basiert.“1207) Solange wesentliche Quellen der Unsicherheit identifizierbar sind, ist es möglich, eine quantitative (Monte-Carlo-Simulation) oder qualitative Szenarioanalyse durchzuführen.1208) Die Monte-Carlo-Simulation erlaubt die Interaktion verschiedener Werttreiber, sofern ein statistisches Modell abgebildet werden kann, explizit darzustellen.1209) Als Ergebnis resultieren sowohl Bandbreite als auch Erwartungswert für den Wert der Wertschöpfungspartnerschaft.1210) Mittels Entscheidungsbäumen (flexible Planung) soll die Zukunft prognostiziert werden, indem Szenarien („multiple Zukunft“1211)) als Entscheidungsgrundlage abgebildet wer-
1201)
1202) 1203) 1204) 1205) 1206) 1207) 1208) 1209) 1210)
1211)
Vgl. Reichwald/Behrbohm (1983), S. 848, Die Arbeit folgt der Auffassung von Anand/Ward (2004), S. 370, die die Vermeidung von Unsicherheit und den Aufbau von Flexibilität als getrennte Strategien sehen, der Dynamik zu begegnen. Hernández/Wiendahl (2005), S. 215. Vgl. Roters (1989), S. 24. Vgl. Hibbard/Hogan/Smith (2003), S. 383. Beckel (1927), S. 71. Vgl. dazu auch Meffert (1969), S. 784. Hernández/Wiendahl (2005), S. 215. Vgl. Burger/Buchardt (2002), S. 97 sowie Hibbard/Hogan/Smith (2003), S. 383. Vgl. Hommel/Pritsch (1999a), S. 127. Vgl. Hibbard/Hogan/Smith (2003), S. 383, Huchzermeier (2000), S. 196 verwendet eine MonteCarlo Simulation zur Ermittlung von Nachfrageszenarios. Hernández/Wiendahl (2005), S. 216.
209
den.1212) Es werden bewusst alternative Szenarien ins Kalkül mit einbezogen.1213) Solange Szenarien abgebildet werden können,1214) können Unternehmen Routinen (Eventualpläne) entwickeln, wie darauf zu reagieren ist.1215) Für Lieferantenentwicklungsoptionen bedeuten diese Eventualpläne die Bestimmung der Entwicklungsfähigkeit, die eine Implementierung der Entwicklungspläne (Optionsausübung) zulässt. Beziehungen sind dann als inflexibel zu qualifizieren, wenn keine Möglichkeit besteht, auf diese Szenarien zu reagieren.1216) In diesem Zusammenhang sind proaktive Strategien dahingehend zu bewerten, als dass nicht nur passiv der Eintritt eines Szenarios abgewartet wird, sondern die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, gegebenenfalls aktiv reagieren zu können.1217) Reichwald/Behrbohm (1983) empfehlen, durch den Einsatz von Planungssystemen den Zeitpunkt des Flexibilitätsbedarfs frühzeitig wahrzunehmen, um mit der Optionsausübung (rechtzeitig) Gegenmaßnahmen zu ergreifen.1218) Eine einfache Abbildung von Szenarien ist jedoch nur eingeschränkt möglich. Häufig fehlt nicht nur die (objektive) Eintrittswahrscheinlichkeit eines Szenarios (Risiko bzw. Ungewissheit), sondern das Szenario selbst lässt sich ex ante nicht ermitteln (radikale Unsicherheit). Eine zielführende Strategie ist nicht mehr bewertbar.1219) Umso bedeutsamer wird die Bewertung von Parameterveränderungen und deren Auswirkungen (Offenlegung) wie sie die Sensitivitätsanalyse leistet.1220)
4.3.3.2 Sensitivitätsanalyse Mit der Sensitivitätsanalyse wird die Sensitivität eines Bewertungsergebnisses gegenüber Parameterveränderungen betrachtet.1221) Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge zwischen (Unsicherheits-) Einflussfaktoren und den daraus resultierenden Lieferanten- und Optionswertveränderungen sind häufig nur näherungsweise quantifizierbar, so dass bei komplexen Einflüssen die Sensitivitätsanalyse einen entscheidenden Beitrag zur Validierung
1212)
1213) 1214) 1215) 1216) 1217) 1218)
1219)
1220) 1221)
210
Vgl. Bonduelle/Schmoldt/Scholich (2003), S. 6 f. sowie Hering (2003), S. 259, Strukturierung von Datensituationen. Vgl. Hernández/Wiendahl (2005), S. 216. Anand/Ward (2004), S. 373 sprechen von „fast changing but relatively predictable environments“. Vgl. Anand/Ward (2004), S. 373 und Miller/Waller (2003), S. 95. Vgl. Meffert (1969), S. 784. Vgl. Meise (1998), S. 15. Vgl. Reichwald/Behrbohm (1983), S. 839, Frage des Zeitpunkts der Optionsausübung und dem Wirksamwerden der Lieferantenentwicklungsmaßnahme. Vgl. Courtney/Kirkland/Viguerie (1997), S. 78 f., „often occurring after a major technological, macroeconomic, or legislative shock”. Vgl. Hering (2003), S. 260. Vgl. Baecker/Hommel/Lehmann (2003), S. 19.
bietet.1222) Die Variation der den Lieferantenwert bestimmenden Parameter im (N)SLV, als auch die Variation des SLV der Lieferantenentwicklungsmaßnahme selbst, verändern den Optionswert in Kapitel fünf.1223) Die Verwendung verschiedener „SLV-Szenarien“ (auf der Basis von Cash-Flow-Schätzungen) variiert damit den Optionswert. Zentrale, variierbare Parameter der Optionsbewertung sind Ein-/Auszahlungen, Nachfrage sowie Diskontierungsfaktor zur Bewertung des (N)SLV,1224) als auch Volatilität (bspw. Nachfrageveränderung) und Ausübungspreis der Option.1225) Rese/Roemer (2004) weisen darauf hin, dass eine subjektive Bestimmung der Bewertungsparameter bei der Realoptionsbewertung Quelle eines „considerable error“ sein kann.1226) Auch heben Baecker/Hommel (2004) hervor, dass unvollständige Information des Entscheidungsträgers (beschränkte Rationalität) zur Folge haben kann, dass Bewertungsparameter nicht zufriedenstellend geschätzt werden können, so z.B. „to predict proper excercise terms“.1227) Umso bedeutsamer wird eine Bewertung des Ergebnisses auf Grundlage eines Basisszenarios auf Parameterveränderungen. Die Sensitivitätsanalyse ist als Ceteris-Paribus-Betrachtung angelegt, bei der einzelne Parameter unter Konstanz aller übrigen variiert werden.1228) Wechselseitige Abhängigkeiten werden ausgeblendet,1229) so dass bei Interaktion der Werttreiber die Sensitivitätsanalyse versagt.1230) Die eindimensionale Sensitivitätsanalyse beschäftigt sich mit der Variation eines Parameters bei Konstanthaltung aller übrigen.1231) Tomaszewski (2000) weist jedoch auf die Möglichkeit einer gleichzeitigen Modifikation mehrerer Bewertungsparameter bei einer „erweiterten Fassung“ der Sensitivitätsanalyse hin (mehrdimensionale Sensitivitätsanalyse1232)).1233) Hering (2003) schränkt die praktische Anwendbarkeit der multiplen Parameterveränderung ein, da sich wiederum ein Lösungsraum (‚kritische Gebiete’) er-
1222) 1223) 1224) 1225) 1226) 1227) 1228) 1229)
1230) 1231)
1232) 1233)
Vgl. Burger/Buchardt (2002), S. 145. Vgl. Günther (1997), S. 326, Variation der Bewertungsparameter des Free Cash Flow. Vgl. hierzu insbesondere Perridon/Steiner (2003), S. 104. Vgl. Hommel/Pritsch (1999b), S. 44. Vgl. Rese/Roemer (2004), S. 510. Vgl. Baecker/Hommel (2004), S. 5. Vgl. Baecker/Hommel/Lehmann (2003), S. 20 sowie Burger/Buchardt (2002), S. 110 und S. 143. Vgl. Baecker/Hommel/Lehmann (2003), S. 20, Ebenfalls diskutiert Fischer (1996), S. 47 das Problem der Nicht-Beachtung von Interdependenzen der Parameter. Vgl. Hommel/Pritsch (1999a), S. 127. Vgl. Breuer (2001), S. 14 f. und S. 26 sowie Wöhe (2005), S. 16, „Ceteris-paribus-Methode“, im Original hervorgehoben. Vgl. Breuer (2001), S. 17 f. und S. 26. Vgl. Tomaszewski (2000), S. 75, ebenso Burger/Buchardt (2002), S. 11, Für eine formale Analyse der Einbeziehung mehrerer variabler Parameter vgl. Hax (1993), S. 126 f.
211
gibt.1234) Als Ausgangspunkt der Sensitivitätsberechnung basieren die Szenarien selbst auf verschiedenen Ausprägungen eines Variablenbündels, das Einfluss auf die zu prognostizierende Größe (N)SLV hat.1235) Mittels Sensitivitätsanalyse kann festgestellt werden, welcher Parameter sich besonders auswirkt und daher einer präzisen Prognose (bspw. CashFlows) bzw. Bestimmung (bspw. Diskontierungsfaktor) bedarf.1236) Szenarioanalyse und Sensitivitätsanalyse sind hierbei als komplementär zu betrachten. Ziel ist es unter anderem, die Veränderung des Optionswertes in Abhängigkeit der Schätzungen des SLV zu bestimmen.1237) Im Rahmen eines Modells kann demzufolge nicht nur eine Bewertung des erweiterten Lieferantenwerts erfolgen, sondern muss auch eine Absicherung der Ergebnisse durch eine Sensitivitätsanalyse geleistet werden.1238) Als Ergebnis erhält man eine Bandbreite des erweiterten Lieferantenwerts (Bandbreitenanalyse1239)). Eine vorgegebene Bandbreite (Maximalschwankung1240)) möglicher Parameterausprägungen führt zu unterschiedlichen Optionswerten sowie unterschiedlichen erweiterten Lieferantenwerten. Für jeden Parameter wird eine Unter- und Obergröße bestimmt, in dem die tatsächliche Ausprägung liegen kann, womit neben subjektiven Wahrscheinlichkeiten für den Eintritt eines Szenarios (sofern vorhanden) eine implizite Einbeziehung von Wahrscheinlichkeiten gegeben ist.1241) Ausprägungen, die außerhalb der Bandbreite liegen, werden mit einer vernachlässigbaren Wahrscheinlichkeit bewertet.1242) Durch die Analyse wird zwar eine Bandbreite identifiziert, jedoch keine Aussage über die Wahrscheinlichkeit des Eintretens innerhalb des als relevant erachteten Bereichs der Dichtefunktion getroffen.1243) Ausgangspunkt der Sensitivitätsanalyse ist ein Szenario, das als „quasi-sichere Erwartung“1244) auch die Grundlage zur Ableitung des geforderten Basispotentials bildet.1245) Die
1234) 1235)
1236)
1237) 1238)
1239) 1240) 1241) 1242)
1243) 1244)
212
Vgl. Hering (2003), S. 311. Vgl. Baecker/Hommel/Lehmann (2003), S. 20, „Veränderung aller Werttreiber“ sowie Fischer (1996), S. 47. Vgl. Fischer (1996), S. 46, Günther (1997), S. 326 identifiziert (in einem Beispiel) die Kapitalkosten (Diskontierungsfaktor) als wesentlichen Einflussfaktor auf den Shareholder Value. Vgl. Fischer (1996), S. 46 und Franke/Hax (2004), S. 258. Tomaszewski (2000), S. 208-216, Schäfer/Schässburger (2003), S. 309 sowie Schäfer/Schässburger (2000), S. 592 wenden ebenfalls die Sensitivitätsanalyse zur Absicherung ihrer Ergebnisse an. Vgl. Franke/Hax (2004), S. 258-261. Vgl. Hommel/Pritsch (1999a), S. 127. Vgl. Franke/Hax (2004), S. 259. Vgl. Franke/Hax (2004), S. 260, Die Bandbreitenschätzung hängt stark von der vom Entscheidungsträger erwarteten (subjektiven) Dichtefunktion der unsicheren Parameter in den Randbereichen ab. Vgl. Franke/Hax (2004), S. 260. Franke/Hax (2004), S. 258.
Sensitivitätsanalyse zeigt, wie stabil das erwartete Szenario gegenüber Änderungen der Bewertungsparameter ist.1246) Besonders unsicher sind in vielen Investitionsentscheidungen Prognosen über die Nachfrage (Jahresabsatzmenge xt im (N)SLV). Mittels der Sensitivitätsanalyse lässt sich ein kritischer Wert des SLV (in Abhängigkeit einer kritischen Nachfragemenge x) ermitteln, für den die Lieferantenentwicklungsoption gerade noch werthaltig und eine Ausübung vorteilhaft ist (unter Konstanthaltung der übrigen Parameter).1247)
1245)
1246) 1247)
Vgl. Fischer (1996), S. 46, Moyen/Slade/Uppal (1996), S. 71 wenden die Sensitivitätsanalyse zur Validierung einer Realoptionsbewertung an und gehen ebenfalls von „base case parameters” aus. Vgl. Günther (1997), S. 327 und Hering (2003), S. 309. Vgl. zur kritischen Absatzmenge Perridon/Steiner (2003), S. 105 f.
213
5.
Handlungsspielräume in dynamischen Wertschöpfungspartnerschaften: Ein Realoptionsansatz zur Bewertung von Lieferantenentwicklungsoptionen
5.1
Von statischen zu dynamischen Wertschöpfungspartnerschaften und die Rolle des Realoptionsansatzes
Das in Kapitel 2.1 dargestellte Verständnis einer Wertschöpfungspartnerschaft fasst vorhandene Ansätze zu einer Definition zusammen. Mit der Zielsetzung der Arbeit verbunden ist der konzeptionelle Fortschritt dieser statischen (klassischen) Wertschöpfungspartnerschaften zu dynamischen Wertschöpfungspartnerschaften. Mit den behandelten Kernthemen der Problemstellung „Spezifität und spezifische Investitionen“ (Kapitel drei), „Dynamik und Flexibilität“ (Kapitel vier) sowie der konzeptionellen Herleitung von Lieferantenentwicklungsoptionen (Kapitel 2) werden Aspekte analysiert, die für das Verständnis einer dynamischen Wertschöpfungspartnerschaft bedeutsam sind. Dynamische Wertschöpfungspartnerschaften sind geprägt von beziehungsspezifischen Investitionen mit der Zielsetzung der Erhöhung der relationalen Rente und Quasirente, gleichzeitig wird die Prämisse der fundamentalen Transformation zugunsten einer dynamischen Transformation aufgegeben. Dynamische Wertschöpfungspartnerschaften werden konstituiert durch das Flexibilitätspotential der Lieferantenentwicklung sowie die Lieferantenentwicklung, als sequentielle Investitionsstrategie, die dynamische Transformation selbst begründet.1248) Eine Bedingung für dynamische Wertschöpfungspartnerschaften ist demnach die Gestaltung des Beziehungseinstiegs als Basisinvestition einschließlich damit verbundener Optionen für den Abnehmer (vgl. Abbildung 2-13). Lieferantenentwicklungsoptionen als zentrales Merkmal einer dynamischen Wertschöpfungspartnerschaft ermöglichen es dem Abnehmer, innerhalb der Beziehung als Ausdruck einer inneren Dynamik der Wertschöpfungspartnerschaft, auf exogene und endogene Dynamik zu reagieren (primärer Handlungsspielraum).1249) Die Sicherung der Kontinuität führt zu einer dynamischen Stabilität der Wertschöpfungspartnerschaft. Darüber hinaus erhöht die dynamische Transformation die äußere Dynamik des Abnehmers, indem ein Beziehungsabbruch durch eine sequentielle Investitionsstrategie erleichtert wird (sekundärer Handlungsspielraum).1250) Im Fokus der Arbeit steht allerdings der interne Handlungsspielraum,
1248) 1249)
1250)
Vgl. Nippa/Petzold (2000), S. 7, Mit Optionen werden Flexibilitätspotentiale geschaffen. Im Folgenden werden die Optionen „Leverage“ und „Weiterentwicklung“ allgemein als Lieferantenentwicklungsoption bezeichnet und nur dann differenziert, wenn die Analyse es erforderlich macht. Die Abbruchsoption soll durch den Ausdruck „sekundärer Handlungsspielraum“ nur als Option bei einem Scheitern der Lieferantenentwicklung bzw. für den Fall, dass diese nicht aussichtsreich ist, als nachgelagerte Strategie verstanden werden. Selbst die Prämisse einer dynamischen Transformation
215
so dass die Lieferantenentwicklung als primäre Strategie des Abnehmers in den Vordergrund rückt. Mithilfe des Realoptionsansatzes lässt sich der Handlungsspielraum des Abnehmers in einer dynamischen Wertschöpfungspartnerschaft gegenüber einer statischen Wertschöpfungspartnerschaft monetär bewerten und vergleichen.1251) Baecker/Hommel (2004) ziehen einen Vergleich zu ‚dynamic capabilities’, dass diese, selbst bei mittelbarem Einfluss auf Zahlungsströme, eine potentielle Quelle von Wert sind.1252) Realoptionen haben dann den höchsten Wert, wenn zukünftige Veränderungen unsicher sind und sofern das Management tatsächlich das Flexibilitätspotential besitzt, auf diese Veränderungen reagieren zu können.1253) Mit Realinvestitionen können strategische Handlungsspielräume verbunden sein, die bei einer von Unsicherheit geprägten Entscheidungssituation analog Finanzoptionen als Realoptionen modelliert werden können.1254) Eine Beschränkung auf eine kapitalwertorientierte Bewertung der Wertschöpfungspartnerschaft bzw. des Lieferanten (statischer Lieferantenwert NSLV) impliziert eine einmalige Entscheidung auf der Grundlage einer festen Investitionsplanung unter der Maßgabe, dass der Abnehmer als Entscheidungsträger keine weiteren Einflussmöglichkeiten im Beziehungszyklus besitzt.1255) Der strategische Beitrag von Realoptionen gründet dagegen in der Ausnutzung von Handlungsspielräumen bei unsicheren Veränderungen.1256) Realoptionen haben dynamischen Charakter („strategisch-dynamisches Wertelement“1257)).1258) Der elementarste Handlungsspielraum besteht in der Verzögerung einer irreversiblen, spezifischen Investition, bis ausreichend Sicherheit bezüglich der Entscheidungssituation besteht.1259) Mit der Ausübung der Lieferantenentwicklungsoption wird bspw. solange gewartet, bis sicher ist „which technology [..] is more widely adopted.“1260) Die Einstiegsinvestition stellt ein
1251)
1252)
1253) 1254) 1255) 1256) 1257) 1258) 1259) 1260)
216
führt bei unverbrieften Abbruchsoptionen (nicht garantierter Alternativertrag) zu Sunk Costs der ersten Investitionstranche, wodurch der Wert dieser Strategie der Lieferantenentwicklung in der Regel unterliegt. Vgl. Behr-Karla/Jahn (2003), S. 148 sowie Amram/Kulatilaka (1999), S. 24, „Only the real options approach can correctly value investments in flexibility.”, ebenso Copeland/Antikarov (2001), S. 13, „[T]he net present value technique systematically undervalues everything because it fails to capture the value of flexibility.” Vgl. Baecker/Hommel (2004), S. 4, „(intangible) real options” haben nur eine mittelbare, nicht sofortige (positive) Auswirkung auf Zahlungsströme. Vgl. Copeland/Antikarov (2001), S. 14 sowie Bühler/Uhrig-Homburg (2003), S. 128. Vgl. Bernhard (2000), S. 25, Bühler/Uhrig-Homburg (2003), S. 124 und Sick (1995), S. 631. Vgl. Koch (1999), S. 33. Vgl. Hommel/Pritsch (1999b), S. 4. Löhr/Rams (2000), S. 1983. Vgl. Hommel/Pritsch (1999b), S. 4. Vgl. Bernhard (2000), S. 25 und Kühn/Fuhrer/Jenner (2000), S. 46. Amram/Kulatilaka (1999), S. 25.
„[f]lexibility investment“ dar, „[that] build options into the initial design.“1261) Erreicht wird dies durch die ex ante Prüfung der Entwicklungsfähigkeit des Lieferanten.1262) Zusammenfassend erlaubt eine dynamische Wertschöpfungspartnerschaft im Sinne einer sequentiellen Strategie die Beziehung an neue Anforderungen anzupassen und zwar erst dann, wenn diese Anpassung einerseits kostenorientiert notwendig wird (Auszahlungswirkung) oder leistungsorientiert aufgrund positiver Nachfrageentwicklung Erfolg versprechend ist (Einzahlungswirkung). Andererseits verkürzen sich durch eine sequentielle Strategie Amortisationszyklen, so dass der Abbruch der Beziehung leichter zu realisieren ist. Der Realoptionsansatz liefert das methodische Instrument, um den Wertbeitrag der Aktivität Lieferantenentwicklung (als Flexibilitätspotential) quantitativ im Rahmen einer Lieferantenbewertung erfassen zu können.
5.2
Stand der Forschung zur Anwendung optionspreistheoretischer Bewertungsansätze im Beschaffungskontext
5.2.1
Literaturüberblick: Stand der Forschung
Obwohl der Realoptionsansatz breite Anwendung findet, verbleibt eine Vielzahl an praktischen Anwendungsfeldern, in denen eine Realoptionsbewertung noch nicht verbreitet ist. Bei Produktions- und Beschaffungsentscheidungen, bspw. Plattformstrategien, Multiple Sourcing sowie unternehmensinternen Produktionsnetzwerke finden sich, wie auch folgende Tabelle zeigt, Ansätze in der Literatur, deren praktische Anwendung dagegen zurückfällt.1263) Nach Cucchiella/Gastaldi (2006) wird die praktische Anwendung erschwert, da der Realoptionsansatz „requires more data on variability of considered parameters and models that well match the project under examination, it could be seen as a black box [..] not easily understood and utilized [..] analysis is more complex.”1264) Die Analyseebene variiert von der Betrachtung von Realoptionen innerhalb eines Unternehmens (Akteursebene), Realoptionen in Zulieferer-Abnehmer-Beziehungen (Kooperationsebene/Dyade), bis zu Realoptionen auf Supply Chain- bzw. Netzwerkebene.1265) Des
1261) 1262)
1263) 1264) 1265)
Amram/Kulatilaka (1999), S. 25. Barnes-Schuster/Bassok/Anupindi (2002), S. 173 bewerten den Handlungsspielraum eines Abnehmers, nach einer initialen Bestellung die Nachfrageentwicklung abwarten zu können, um erst dann gegebenenfalls die mit der initialen Bestellung erworbene Option auszuüben und weitere Mengen zu bestellen. Die dafür notwendige Kapazität muss beim Lieferanten ex ante vorhanden sein. Vgl. Baecker/Hommel (2004), S. 31. Vgl. Cucchiella/Gastaldi (2006), S. 717. Vgl. Stölzle/Karrer (2004), S. 253, Eßig (2004a), S. 48 deutet darauf hin, dass Supply Chains zwar eine hohe Netzwerkorientierung aufweisen, ein Gleichsetzen von Supply Chains und Netzwerken aber zu kurz greift. Für die Analyse von Realoptionen bei Wertschöpfungspartnerschaften wird auf
217
Weiteren interessieren die wesentlichen Quellen der Unsicherheit im Beschaffungskontext (Flexibilitätsbedarf) sowie der zu modellierende Handlungsspielraum (Flexibilitätspotential).1266) Zur Bewertung von Realoptionen steht eine Vielzahl an Instrumenten der (Finanz-) Optionsbewertung zur Verfügung, deren Anwendung und Anwendbarkeit für konkrete Problemstellungen aufgezeigt werden soll.
BarnesSchuster/ Bassok/ Anupindi (2002)
LieferantAbnehmer („buyersupplier system”)
Baumgarten/ SommerDittrich/ Friese (2003)
Wertschöpfungsnetzwerk
Billington/ Johnson/ Triantis (2003)
Supply Chain
Burnetas/ LieferantRitchken Abneh(2005) mer
1266)
218
Markt- bzw. Nachfrageänderung
X Nachfrageveränderung
Option auf Kapazitäten beim Lieferanten
Wechseloption (Prozessflexibilität)
X X Nachfrageveränderung/ Technologie und Lieferantenleistungsfähigkeit
Wechseloption („supply chain partners“), Option auf Kapazitäten beim Lieferanten
X
Nachbestellung (Call), Rückgabe (Put)
Nachfrageveränderung
X X
X X
X
X
Mathematisches Modell
Bewertungsverfahren NPV Monte-Carlo-Simulation Szenarioanalyse Entscheidungsbaumanalyse Binomialmodell Contingent Claims Analysis Dynamische Programmierung Numerische Lösung Sensitivitätsanalyse
Dyade X
Handlungsspielraum, Flexibilität
Netzwerk
Analyse- Analyse- Unsicherheitsobjekt ebene quelle
Einzelunternehmen
Autor
j
n
n
X X
j
eine Differenzierung verzichtet, da im Mittelpunkt des Interesses ein Überblick über Forschungsarbeiten steht, die ebenfalls explizit einen dyadischen Charakter aufweisen. Die Analyse beschränkt sich jeweils auf die zentral genannten Unsicherheitsquellen und Handlungsspielräume. Insbesondere bei Billington/Johnson/Triantis (2003) findet sich eine sehr weitläufige Diskussion. Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass je (mathematisch) formaler das Modell ist, desto fokussierter sind die Unsicherheitsquellen und Handlungsspielräume.
Cohen/ Huchzermeier (1999a)
Globales Supply Chain Netzwerk
X Nachfrage-, Preis- und Wechselkursveränderung
a) Operational Flexibility: Wechseloption (Wechsel Beschaffungsquelle, Wechsel Produktionsstandort) b) Managerial Flexibility: Warteoption (Postponement in der Produktion)
X X
Cohen/ Huchzermeier (1999b)
Globales Supply Chain Netzwerk („integrated supply chain network“)
X Nachfrage-, Preis- und Wechselkursveränderung
Compound Option („operational hedging“) a) Switching Option (Wechsel Beschaffungsquelle, Wechsel Produktionsstandort) b) Warteoption (Abwarten von Investitionen in Kapazität und Technologie)
X X
Cucchiella/ Gastaldi (2006)
Supply Chain
X X Netzwerkinterne Unsicherheit versus netzwerkexterne Unsicherheit
Individueller X Handlungsspielraum, Zuordnung von Unsicherheitsquelle und Realoptionsart
X
Mathematisches Modell
Bewertungsverfahren NPV Monte-Carlo-Simulation Szenarioanalyse Entscheidungsbaumanalyse Binomialmodell Contingent Claims Analysis Dynamische Programmierung Numerische Lösung Sensitivitätsanalyse
Dyade
Handlungsspielraum, Flexibilität
Netzwerk
Analyse- Analyse- Unsicherheitsobjekt ebene quelle
Einzelunternehmen
Autor
X
j
X
j
n
219
Huchzer- Globales meier Supply (2000) Chain Netzwerk
Dyade X
Wertentwicklung der Beziehung („future outcomes“), Veränderung Materialeinstandspreis, Endproduktpreis X a) Länderbezogene Nachfrageveränderung
b) Nachfrage-, Preis- und Wechselkursveränderung
Huchzer- Globales X meier Unterneh (2003) mensnetzwerk, globales Lieferantennetzwerk
220
X Nachfrage-, Preis- und Wechselkursveränderung
Switching Option (Lieferantenwechsel), Growth Option (Ausbau einer Beziehung)
Mathematisches Modell
LieferantAbnehmer („business relationship“)
Bewertungsverfahren NPV Monte-Carlo-Simulation Szenarioanalyse Entscheidungsbaumanalyse Binomialmodell Contingent Claims Analysis Dynamische Programmierung Numerische Lösung Sensitivitätsanalyse
Hibbard/ Hogan/ Smith (2003)
Handlungsspielraum, Flexibilität
Netzwerk
Analyse- Analyse- Unsicherheitsobjekt ebene quelle
Einzelunternehmen
Autor
X X X
n
a) Operational Flexibility: Abbruchsoption (Aufgabe von Produktionsstandorten) b) Managerial Flexibility: Warteoption (Abwarten neuer Informationen)
X X
a) Operative Flexibilität: Wechseloption (Wechsel Beschaffungsquelle, Wechsel Produktionsstandort, Aufund Abbau von Kapazitäten) b) Managementflexibilität: Verzögerungsoption (Postponement in der Produktion)
X
X
X
j
X n
Kamrad/ Siddique (2004)
Lieferantenportfolio
Kogut/ Globales Kulatila- Unterka (1994) nehmen
Kouvelis Lieferan(1999) tenportfolio Nembhard/Shi/ Aktan (2003)
Unternehmen, AbnehmerLieferant
X X Wechselkursveränderung (Abnehmer), Nachfrageveränderung (Lieferant)
SupplierSwitching Option (Abnehmer), ReactionOption (Lieferant), Option Preis anzupassen, Mengen zu beschränken
X Wechselkursveränderungen
Switching Option (Produktionsverlagerung in Abhängigkeit des Wechselkurses, „acrosscountry“) Wachstumsoption (Basis Plattforminvestition, „withincountry“)
X X Wechselkursveränderungen
Wechseloption, Multiple Sourcing Strategie
X
X X
Produktionsstückkosten, Materialeinstandspreis, Lieferkosten
Wechseloption (Eigenerstellung versus Outsourcing)
X X
j
X
j
X
X
X X
Mathematisches Modell
Bewertungsverfahren NPV Monte-Carlo-Simulation Szenarioanalyse Entscheidungsbaumanalyse Binomialmodell Contingent Claims Analysis Dynamische Programmierung Numerische Lösung Sensitivitätsanalyse
Dyade
Handlungsspielraum, Flexibilität
Netzwerk
Analyse- Analyse- Unsicherheitsobjekt ebene quelle
Einzelunternehmen
Autor
j
X
j
221
Globales Unterneh mensnetzwerk
Ng/ Björnsson/ Chiu (2004)
AbnehmerLieferant („contractor – supplier“)
X
Rese/ Roemer (2004)
LieferantAbnehmer
Roemer (2004)
LieferantAbnehmer („BuyerSellerRelationships“)
Smith (2002)
Globales Netzwerk 1st-, 2nd(und 3rdtier) Lieferanten
222
X
X Wechselkursveränderung
Swichting Option (Produktionsverlagerung in Abhängigkeit des Wechselkurses, eigene Produktionsstandorte und weltweite Lieferanten)
X
Materialeinstandspreis, Nachfrageveränderung
Compound Option, Preisobergrenze für Commodities
X
X
Nachfrageveränderung (Technologie)
Wechseloption
X
Nachfrageveränderung
Wechseloption (Wechsel des Kunden aus Lieferantensicht)
X Wechselkursveränderungen
Switching Option (Wechsel der 2nd-tierLieferanten in Abhängigkeit des Wechselkurses)
X
X
Mathematisches Modell
Bewertungsverfahren NPV Monte-Carlo-Simulation Szenarioanalyse Entscheidungsbaumanalyse Binomialmodell Contingent Claims Analysis Dynamische Programmierung Numerische Lösung Sensitivitätsanalyse
Dyade
Nembhard/Shi/ Aktan (2005)
Handlungsspielraum, Flexibilität
Netzwerk
Analyse- Analyse- Unsicherheitsobjekt ebene quelle
Einzelunternehmen
Autor
j
X
X
j
j
X
X
X
j
j
Van de Vrande/ Lemmens/ Vanhaverbeke (2006)
LieferantAbnehmer („interfirmrelationship“, „strategic alliances“)
X
Technologieveränderung
Warteoption, Compound Options (Abwarten, welches Zukunftspotential eine Technologie besitzt)
Van LieferantMieghem Abneh(1999) mer („subcontractormanufacturer“)
X
Nachfrageveränderung
Wechseloption (Eigenerstellung versus „Outsourcing“ und „Subcontracting“)
Mathematisches Modell
Bewertungsverfahren NPV Monte-Carlo-Simulation Szenarioanalyse Entscheidungsbaumanalyse Binomialmodell Contingent Claims Analysis Dynamische Programmierung Numerische Lösung Sensitivitätsanalyse
Dyade
Handlungsspielraum, Flexibilität
Netzwerk
Analyse- Analyse- Unsicherheitsobjekt ebene quelle
Einzelunternehmen
Autor
n
X X
j
j = ja, n = nein
Tab. 5-1:
Realoptionen im Beschaffungskontext
Die Analyse in Tabellen 5-1 zeigt, dass Nachfrage, Preis sowie Wechselkurse die wesentlichen Unsicherheitsquellen darstellen, auf denen sich Ansätze im Supply Chain-Kontext stützen. Die Analyse der Bewertung von Lieferantenentwicklungsoptionen findet auf dyadischer Ebene statt, wobei Wertschöpfungspartnerschaften als Kooperationsebene im Rahmen einer Mehrebenenbetrachtung der Supply Chain als Ausschnitt berücksichtigt werden.1267) Allen Ansätzen gemeinsam ist, dass sie exogene Unsicherheitsquellen darstellen, so dass im Weiteren der Einfluss der bereits identifizierten und ebenfalls zu berücksichtigenden endogenen Unsicherheit im Bewertungsmodell zu prüfen ist. Des Weiteren überwiegen Ansätze zu Wechseloptionen, die insbesondere für Supply Chain-Netzwerke
1267)
Vgl. Stölzle/Karrer (2004), S. 250-253.
223
bezeichnend sind aufgrund des inhärenten Charakters der Zahl an Akteuren, die über eine Dyade hinausgeht und den verbundenen Möglichkeiten der Substitution von Akteuren.1268)
5.2.2
Konkretisierung der Forschungslücke: Einordnung des Ansatzes
Mattar/Cheah (2006) stellen fest, dass es „many ways of modelling real options“ gibt, denen unterschiedliche Annahmen zugrunde liegen und eine Übertragung demzufolge auf konkrete Anwendungen erschweren.1269) Bei der Betrachtung der allgemeinen Literatur zur Realoptionsbewertung fällt auf (vgl. auch Tabelle 5-1), dass weitgehend alle Ansätze von der strengen Prämisse des vollkommenen und vollständigen Kapitalmarkts bzw. risikoneutraler Entscheidungsträger ausgehen, die eine Abbildung in mathematischen Modellen erleichtert.1270) Aus dieser Prämisse resultieren ganz wesentliche Vereinfachungsmöglichkeiten der Parameterschätzung im Rahmen der Optionspreistheorie.1271) Vorteil dieser Vorgehensweise ist eine marktorientierte Bewertung der Realoption, die zu jenem Wert führt, würde sie am Kapitalmarkt gehandelt werden. Zudem findet die Bewertung mittels geschlossener und theoretisch konsistenter Modelle statt. Die Gestaltungsaufgabe (praktisches Ziel) wird durch strenge Kapitalmarktprämissen und Risikoneutralität häufig zugunsten eines geschlossenen Modells eingeschränkt,1272) da, wie noch zu zeigen sein wird, diese in der Beschaffungspraxis für bestimmte Situationen nicht haltbar sind.1273) Darauf weisen bereits Rese/Roemer (2004) für „real relationships“ hin und sehen ebenfalls eine Einschränkung der Anwendung der Optionspreistheorie.1274) Die Mehrzahl der Arbeiten konzentriert sich auf die finanzmathematische Modellierung konkreter Problemstellungen, ohne dabei eine Operationalisierung der Inputparameter vorzunehmen.1275) Baecker/Hommel (2004) stellen fest, dass „the frequent lack of reliable input data“ eine Hauptaufgabe des Realoptionsansatzes ist.1276) Die vorliegende Arbeit greift dieses Defizit für Lieferantenentscheidungen auf und beschreibt Probleme sowie Lö-
1268)
1269) 1270)
1271) 1272) 1273)
1274) 1275)
1276)
224
Vgl. Heinrich (2003), S. 152, „adaptive Supply-Chain-Netzwerke“ sowie zum Management der „finanziellen Supply Chain“ Pfohl/Elbert/Hofmann (2003). Vgl. Mattar/Cheah (2006), S. 847. Darauf wird im Folgenden noch ausführlich eingegangen. Diese Einschätzung treffen auch Mattar/Cheah (2006), S. 848. Vgl. Bühler/Uhrig-Homburg (2003), S. 124, „dramatische Reduktion an Komplexität“. Vgl. Schanz (2004), S. 117 und S. 86, „praktisches Wissenschaftsziel”. Mattar/Cheah (2006), S. 848 weisen darauf hin, dass „it is [..] important to examine the critical assumptions underlying [..] specific contexts”. Vgl. Rese/Roemer (2004), S. 510. Mit der Prämisse der risikoneutralen Bewertung, vgl. auch den Hinweis hinsichtlich numerischer Methoden bei Baecker/Hommel (2004), S. 8. Vgl. Baecker/Hommel (2004), S. 3.
sungsansätze der Operationalisierung. Der hier verfolgte Bewertungsansatz unterstellt, dass Vereinfachungsmöglichkeiten der Parameterschätzung für spezifische Bedarfe eines Abnehmers in Wertschöpfungspartnerschaften zunehmend schwierig sind. Ausgehend von einem Bewertungsansatz, insbesondere der Parameterschätzung außerhalb geschlossener kapitalmarktorientierter Modelle, wird schrittweise geprüft, welche Annahmen sowie Voraussetzungen getroffen werden müssen, um mittels konsistenter Modelle die Optionsbewertung zu objektivieren. Tabelle 5-1 zeigt des Weiteren, dass sehr viele Ansätze im Beschaffungskontext Wechselkursunsicherheiten in einem global aufgestellten Unternehmen bzw. einer global dislozierten Supply Chain beschäftigen, um Wechselmöglichkeiten zwischen jeweils optimalen Fertigungsstandorten bewerten zu können. Der Leistungsüberschuss (im Sinne eines Flexibilitätspotentials) ist hierbei nicht auf Reserven auf bilateraler Ebene zurückzuführen, sondern die Verfügbarkeit mehrerer Produktions- bzw. Lieferquellen auf Netzwerkebene. Die Gesamtkapazität von Produktionsstandorten und Lieferanten stellt insgesamt ein Vorhalten eines Überschusses dar, der durch den Wertbeitrag der Flexibilität in den Modellen gerechtfertigt wird und nicht zur Aufgabe vermeintlich überflüssiger, jedoch dislozierter Kapazitäten führt. Zur Bewertung können Marktdaten bei Wechselkursrisiken für die Parameterbestimmung (bspw. Volatilität) herangezogen werden. Die Netzwerkorientierung führt zu Handlungsspielräumen, die innerhalb eines Netzwerkes entstehen, wohingegen die dyadische Analyse Handlungsspielräume innerhalb bilateraler Beziehungen betrachtet, der auch diese Arbeit folgt. Die genannten Ansätze global agierender Unternehmensnetzwerke (intra-organisational) sind für Beschaffungsentscheidungen insofern relevant, dass sich Bewertungsprobleme mit globalen Supply Chains (interorganisational) vergleichen lassen.1277) Im Sinne der Anwendbarkeit der Modelle muss eine praxisorientierte Schätzung der Parameter erfolgen, wenn nicht von den strengen Kapitalmarktprämissen ausgegangen werden kann. Die vorliegende Arbeit verfolgt daher zwei bereits erwähnte Zielsetzungen (vgl. Kapitel 1.2). Einerseits soll der Realoptionsansatz auf eine konkrete Problemstellung des Beschaffungsmanagements angewandt werden (Bewertungsmodell) sowie andererseits tatsächlich die praktische Nähe im Sinne einer Anwendbarkeit verfolgt werden (Operationalisierung der Parameter). Fischer (1996) und später Miller/Waller (2003) zeigen weitgehend ungelöste Probleme der Parameterbestimmung der Realoptionsbewertung auf. Diese umfassen einen unsicheren Ausübungspreis, einen unsicheren heutigen Wert der Investitionsgelegenheit einer Kaufoption, eine unsichere Laufzeit sowie eine unsichere Volatili-
1277)
Bei den Netzwerkansätzen liegen dieselben exogenen Unsicherheitsquellen zugrunde.
225
tät.1278) Auch Cohen/Huchzermeier (1999b) sehen „barriers to successful implementation [..] continue to be large.”1279) Insbesondere die Behandlung multipler exogener und endogener Unsicherheitsquellen führt zu Bewertungsproblemen.1280)
5.3
Anwendung des Realoptionsansatzes zur Bewertung dynamischer Wertschöpfungspartnerschaften
5.3.1
Übertragung der Finanzoptionspreistheorie auf realwirtschaftliche Investitionsentscheidungen
5.3.1.1 Gegenüberstellung von Finanz- und Realoptionen Unternehmerische Handlungsspielräume weisen eine große Ähnlichkeit zu einer Finanzoption auf und stellen eine vergleichbare Situation dar, wenn bei Investitionen über Durchführung, Erweiterung oder Abbruch zu einem späteren Zeitpunkt entschieden werden kann.1281) Eine Realinvestitionsmöglichkeit stellt die Gelegenheit dar, gegen Zahlung einer Investitionsauszahlung (Ausübungspreis) den aus der Investition erwarteten Zahlungsstrom (Zahlungsüberschuss) zu erwerben.1282) Der Inhaber einer Finanzoption hat das Recht, nicht aber die Verpflichtung (Flexibilität), einen bestimmten Vermögensgegenstand (Basistitel, Underlying, Basisinstrument) zu einem im voraus festgelegten Preis (Ausübungspreis) zu erwerben (zu veräußern), falls dies nach Kenntnis eines zunächst nicht voraussehbaren (unsicheren), aber eingetretenen Ereignisses optimal ist.1283) Eine Investitionsmöglichkeit kann als Kaufoption aufgefasst werden, indem sie das Recht auf Erwerb der Einzahlungsüberschüsse durch die Bezahlung einer Anfangsauszahlung beinhaltet.1284) Eine Desinvestitionsmöglichkeit kann vice versa als Verkaufsoption aufgefasst werden, indem sie das Recht auf Verkauf zu einem (festgelegten) Ausübungspreis beinhaltet. Ballwieser (2002) schränkt dagegen ein und weist darauf hin, dass Realoptionen anstatt Rechte auch nur „tatsächliche Handlungsmöglichkeiten“ darstellen können.1285)
1278) 1279) 1280) 1281) 1282) 1283)
1284) 1285)
226
Vgl. Fischer (1996), S. 247 und Miller/Waller (2003), S. 98. Cohen/Huchzermeier (1999b), S. 673. Vgl. Cohen/Huchzermeier (1999b), S. 673. Vgl. Crasselt/Tomaszewski (1999b), S. 518. Vgl. Crasselt/Tomaszewski (1999a), S. 556 und Tomaszewski (2000), S. 91. Vgl. Breuer (1998), S. 5, Hommel/Pritsch (1999a), S. 123, Schäfer (2005), S. 348 und Steiner/Bruhns (2000), S. 432. Vgl. Breuer (1998), S. 5. Vgl. Ballwieser (2002), S. 185, im Original kursiv, Miller/Waller (2003), S. 97 und Koch (1999), S. 71.
Damit verbunden ist die Tatsache, dass insbesondere die Höhe der zukünftigen Investitionsauszahlungen bei Realoptionen häufig nicht vertraglich festgelegt ist.1286) Einige Realoptionen haben impliziten Charakter („occur naturally“), während andere geplant werden müssen und nicht kostenlos erhältlich sind.1287) Der Handlungsspielraum durch die Lieferantenentwicklungsoptionen ist das Ergebnis „of earlier investments“, die als Initialinvestition zum Beziehungseinsteig getätigt werden und die Investition darstellen, die notwendig ist, um die Lieferantenentwicklungsoption zu erwerben.1288) Hommel/Pritsch (1999b) bezeichnen die initial zu tätigende Investition zum Erwerb der Option als „implizite Optionsprämie“ bzw. Optionspreis.1289) Der Gesamtwert einer Option besteht aus der Summe ihres inneren Wertes und des Zeitwertes.1290) Der Zeitwert (Zeitprämie) beschreibt den Flexibilitätswert der Investitionsmöglichkeit bei Finanzoptionen.1291) Der Zeitwert ist jener Betrag, den der Optionskäufer bereit ist, für die Chance zu bezahlen, dass sich der Wert des Basistitels während der Laufzeit vorteilhaft entwickelt.1292) Der Zeitwert wächst mit der Länge der Restlaufzeit der Option, da die Wahrscheinlichkeit großer Ausschläge der Wertentwicklung nach oben und unten steigt. Und vice versa gilt, je näher sich die Option dem Ausübungs-(zeit-)punkt nähert, desto geringer ist der Zeitwert.1293) Der innere Wert einer Option ist definiert als das Maximum von Null und dem Wert den sie hätte, wenn sie unmittelbar ausgeübt werden würde. Dieser Wert ist die Differenz von Aktienkurs S und Ausübungspreis X, so dass für Kaufoptionen (Call) max[S – X; 0] und für Verkaufsoptionen (Put) max[X – S; 0] gilt.1294) Für die Ausübung der Option interessiert, ob der Wert der Option (a) „in-themoney“ (im Geld), (b) „at-the-money“ (am Geld) oder (c) „out-of-the-money“ (aus dem Geld) ist. Eine Option im Geld bringt dem Inhaber der Option einen positiven Cash
1286)
1287) 1288)
1289) 1290) 1291)
1292)
1293) 1294)
Vgl. Tomaszewski (2000), S. 242, Die Unsicherheit darüber wird im Bewertungskalkül dieser Arbeit berücksichtigt. Vgl. Trigeorgis (1995), S. 2. Vgl. Dixit/Pindyck (1995), S. 111 und Kogut (1991), S. 19, „buying the right to expand“ sowie Fischer (1996), S. 90 f., „Brückenkopfinvestition” und Kogut/Kulatilaka (1994), S. 123, „platform for global sourcing“ oder S. 125, „platform for the introduction of new products“. Vgl. Hommel/Pritsch (1999b), S. 10 und Miller/Waller (2003), S. 102. Vgl. Hull (2006), S. 235. Vgl. Crasselt/Tomaszewski (1999a), S. 557, Schäfer (2005), S. 363 und Tomaszewski (2000), S. 112. Vgl. Schäfer (2005), S. 363 und S. 365, Aus der Sicht des Stillhalters umfasst der Zeitwert jene Prämie, die er für die Übernahme des Volatilitätsrisikos fordert. Vgl. Schäfer (2005), S. 365. Vgl. Hull (2006), S. 235 und Tomaszewski (2000), S. 92, Call-Optionen erhöhen das Gewinnpotential, Put-Optionen begrenzen das Verlustpotential.
227
Flow.1295) Der Wert der Realoption stellt ebenfalls ein derivatives Recht dar und hängt grundsätzlich vom Lieferantenwert NSLV (Put) sowie SLV (Call) ab (im Folgenden (N)SLV sofern Aussagen generelle Gültigkeit haben und keine Differenzierung notwendig ist).1296) Hierfür stellt die Einführung des kapitalwertorientierten Supplier Lifetime Value-Ansatzes in Kapitel zwei eine erforderliche Grundlage dar. Einerseits um einen Bewertungsansatz für den statischen Lieferantenwert NSLV und einen auf dessen Wertentwicklung basierenden Beziehungsabbruch (Put) zu liefern, sofern sich der Wert der Wertschöpfungspartnerschaft wider erwarten negativ entwickelt. Andererseits stellt der SLV die Wertentwicklung nach der Lieferantenweiterentwicklung dar und dient somit als hinreichende Bedingung für die Entscheidung einer Optionsausübung (Call). Den Basistitel einer Aktienoption als derivatives Recht stellt die Aktie dar, wohingegen Basistitel einer Realoption das Investitionsobjekt ist.1297) Bei einer Wertschöpfungspartnerschaft in der hier vorgenommenen Definition stellt der Lieferant das Investitionsobjekt dar, in welches der Abnehmer sowohl bei Beziehungseinstieg als auch bei der Ausübung einer Lieferantenentwicklungsoption faktisch spezifisch investiert. Auf die Analyseebene bezogen, investiert der Abnehmer beziehungsspezifisch in die Zahlungsansprüche aus der Wertschöpfungspartnerschaft, so dass sich die Beziehung als abstrakter Basistitel bezeichnen lässt.1298) Wert bestimmend sind die beschaffungsobjektbezogenen Zahlungsströme im (N)SLV. Der NSLV bewertet als Barwert die Zahlungsüberschüsse, die Gegenstand einer Abbruchsoption zwischen t0 und tn sind sowie der SLV als Barwert die Zahlungsüberschüsse der Lieferantenentwicklungsoption von tn bis T abbildet (vgl. Tabelle 5-2). Bei der Anwendung von Optionspreismodellen auf reale Investitionsmöglichkeiten besteht die Schwierigkeit, dass die erwarteten Rückflüsse (Zahlungsüberschüsse) des Basistitels der Realoption nicht auf einem organisierten Markt gehandelt werden. Während der Aktienkurs den Marktpreis reflektiert, der die tatsächlich erwarteten Eintrittswahrscheinlichkeiten sowie Risikopräferenzen der Marktteilnehmer widerspiegelt, muss bei realen Investitionsobjekten der Barwert der erwarteten Einzahlungsüberschüsse (Quasi-‚Marktwert’) des Basistitels (exogen) ermittelt werden.1299)
1295) 1296) 1297) 1298)
1299)
228
Vgl. Hull (2006), S. 235. Vgl. Hommel/Pritsch (1999a), S. 131. Vgl. Schäfer (2005), S. 400. Die Ebene der Wertschöpfungspartnerschaft wird als abstraktes Investitionsobjekt betrachtet, ähnlich der Diskussion einer relationalen Rente, die wiederum faktisch auf der Ebene der beteiligten Akteure bzw. Unternehmen messbar sein muss. Vgl. Tomaszewski (2000), S. 109.
Finanzoption Call/Put
Realoption Investitionsmöglichkeit (Call)
Desinvestitionsmöglichkeit (Put)
Basistitel = Aktie
Basistitel = Investitionsobjekt
Basistitel = Investitionsobjekt
Aktienkurs
Barwert der erwarteten Cash Flows (Zahlungsüberschüsse) nach Durchführung der Investition (ohne Investitionsauszahlung)
Barwert der erwarteten Cash Flows (Zahlungsüberschüsse) bei Fortführung des Projekts
Basispreis
Investitionsauszahlung
Einzahlung bei Desinvestition
Laufzeit
Zeitraum, bis zu dessen Ende mit der Investitionsentscheidung gewartet werden kann
Zeitraum, bis zu dessen Ende mit der Desinvestitionsentscheidung gewartet werden kann
Tab. 5-2: Quelle:
Gegenüberstellung von Finanz- und Realoptionen Vgl. Bathe/Kramer/Müller (2002), S. 94, Cohen/Huchzermeier (1999b), S. 674, Crasselt/Tomaszewski (1999a), S. 557 und Crasselt/Tomaszewski (1999b), S. 518, Schäfer (2005), S. 400, Tomaszewski (2000), S. 92
Realoptionen lassen sich nach ihrem Bewertungsanlass unterscheiden (vgl. Tabelle 5-3). Grundsätzlich basieren die Ausprägungen von Realoptionen auf den Finanzoptionsarten Put und Call, also Verkaufs- und Kaufoptionen. Die Möglichkeit, eine Investition abzubrechen bzw. zu reduzieren lässt sich über Put-Optionen darstellen, die Option zu wechseln erfordert zunächst den Abbruch einer Investition (Put) und Neuinvestition (Call) durch eine sequentielle Ausübung der Put und Call-Optionen. Die Möglichkeit, eine Investition zu erweitern bzw. zu verschieben wird durch Call-Optionen abgebildet. Koch (1999) unterscheidet grundsätzlich in operative und strategische Realoptionen.1300) Strategische Optionen bezeichnen den Wert der Flexibilität, zukünftige (Des-) Investitionen durchführen zu können. Dagegen bezieht sich die operative Flexibilität auf den Wert der Flexibilität bestehender Vermögensgegenstände.1301) In der Literatur finden sich eine Vielzahl an Anwendungsfeldern und Realoptionsarten, basierend auf Call und Put-Optionen, die im Folgenden dargestellt werden.1302) Eine umfassende Literaturanalyse früher Arbeiten zu Realoptionen findet sich bei Trigeorgis (1995).1303)
1300) 1301) 1302)
1303)
Vgl. Koch (1999), S. 92. Vgl. Koch (1999), S. 92 f. Eine Vielzahl an Arbeiten bezieht sich auf diese Quellen, zudem führen weitere Quellen zu keinem Erkenntnisgewinn, weshalb die vorliegende Beschränkung vorgenommen wird. Vgl. Trigeorgis (1995), S. 3 f., Cucchiella/Gastaldi (2006), S. 709 f. ordnen verschiedenen Unsicherheitsquellen Realoptionsarten zu, ohne jedoch ein Kriterienraster erkennen zu lassen, wie die Zuordnung vorgenommen wurde. Lediglich einzelne Zuordnungen werden exemplarisch an Beispielen erläutert.
229
Autor
Realoptionsart
Amram/Kulatilaka (1999), S. 10-11
Copeland/Antikarov (2001), S. 12-13, S. 1520
Tab. 5-3:
230
Handlungsspielraum
Waiting-to-invest-option Möglichkeit, eine Expansion abzuwarten (Call)
Anwendungsfeld(er) Markterschließung in Abhängigkeit der Nachfrage-/Preisentwicklung
Growth option (Call)
Möglichkeit auf Erweite- Bewertung eines initialen rung einer initialen Markteintritts Investition
Flexibility option (Call/Put)
Möglichkeit, auf Änderungen der Absatzpreise, Nachfrage, Wechselkurse zu reagieren
Wechsel zwischen Produktionsstandorten in Abhängigkeit des Wechselkurses
Exit option (Put)
Möglichkeit, eine Investition rückgängig zu machen
Produktneuentwicklung in der chemischen Industrie, Abbruchsmöglichkeit bei stufenweiser Entwicklung
Learning option (Call)
Möglichkeit, verschiede- Pre-Test zur Planung von ne Alternativen zu prüWerbebudgets in der fen, um dann vollständig Filmindustrie zu investieren
Deferral Call Option (Call)
Möglichkeit, eine Investition zu verschieben
Rohstoffabbau
Option to abandon (Put)
Bewertung von Verträgen mit Abbruchsmöglichkeit
Leasingverträge (bspw. Flugzeugindustrie)
Option to contract (Put)
Möglichkeit, einen Teil einer Investition rückgängig machen zu können
Option zu expand (Call)
Möglichkeit, eine Investition zu erweitern
Option to extend (Call)
Möglichkeit, die Laufzeit einer Investition zu verlängern
Switching Options (Call/Put)
Möglichkeit der Schlie- Rohstoffabbau, Wechsel ßung und Wiedereröffzwischen Öl und Gas als nung von Produktionsan- Input für Kraftwerke lagen, Wechsel zwischen Inputfaktoren
Compound Option (Call/Call)
Möglichkeit der sequentiellen Investition
Rainbow Option (Call oder Put)
Möglichkeit der Abbildung mehrerer Unsicherheitsquellen
Realoptionsarten
Erhöhung eines Produktionsvolumens
Bau einer Produktionsanlage
5.3.1.2 Grundannahmen und Grenzen der Anwendbarkeit von Realoptionen Fischer (1996) sieht die Anwendbarkeit des Realoptionsansatzes dann, wenn „Investitionen in der Gegenwart zeitlich mit Investitionsmöglichkeiten in der Zukunft verbunden sind, die im Ermessen des Managements liegen.“1304) Für die generelle Anwendung der Realoptionspreisbewertung müssen Investitionen zunächst kumulativ (a) Irreversibilität der Investition, (b) Unsicherheit und (c) Flexibilität aufweisen (vgl. Kapitel 1.2).1305) Diese Merkmale müssen darüber hinaus ausreichend operationalisierbar und konkretisierbar sein.1306) Häufig mangelt es jedoch in der Praxis an Methodenverständnis. Zudem gestaltet sich eine Operationalisierung häufig schwierig. Hommel/Pritsch (1999a) sehen darin die Herausforderung des bislang überwiegend wissenschaftlich behandelten Themas der Realoptionen, indem Lösungsansätze gefunden werden, die problembezogen eine Operationalisierung der nötigen Parameter bzw. Determinanten ermöglichen.1307) Konstituierendes Merkmal von Wertschöpfungspartnerschaften ist das Erfordernis beziehungsspezifischer Investitionen in deren Folge die beteiligten Parteien sich aufgrund der Transformation der Beziehung in einem bilateralen Monopol befinden. Die aus der Irreversibilität der Investition folgende Lock-in-Situation wird durch die dynamische Transformation entschärft, dennoch stellt die Investitionsauszahlung bei Ausübung der Lieferantenentwicklungsoption in gleicher Weise eine irreversible Investition des Abnehmers dar (vgl. Kapitel 5-1). Ohne die Annahme der Irreversibilität verfügt die Option über einen Zeitwert von Null, womit eine sofortige Ausübung vorteilhaft wird.1308) Unsicherheit besteht sowohl hinsichtlich der exogenen Dynamik durch Umweltveränderungen (exogene Unsicherheit), als auch hinsichtlich der endogenen Dynamik der Wertschöpfungspartnerschaft hinsichtlich des Verhaltens der jeweils anderen Partei (Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft als endogene Unsicherheit). Werden Wechselmöglichkeiten in dem Maße eingeschränkt, wie spezifisch investiert wird, stellt die Möglichkeit der Lieferantenentwicklung ein Flexibilitätspotential des Abnehmers innerhalb der Wertschöpfungspartnerschaft dar, den Lieferanten bei Bedarf entsprechend anzupassen (Weiterentwicklungsoption). Amram/Kulatilaka (1999) bestätigen hierfür entsprechend den Annahmen für Lieferantenentwicklungsoptionen die Anwendung des Realoptionsansatzes, da „the value
1304) 1305)
1306) 1307) 1308)
Vgl. Fischer (1996), S. 90, Realinvestitionen mit inhaltlichem und zeitlichem Spielraum. Vgl. Baecker/Hommel/Lehmann (2003), S. 17, Dxit/Pindyck (1994), S. 3, Dixit/Pindyck (1995), S. 106, Hommel/Pritsch (1999a), S. 122, Hommel/Pritsch (1999b), S. 9, Schäfer/Schässburger (2000), S. 586, Unsicherheit und Flexibilität des Managements werden auch von Copeland/Antikarov (2001), S. 15 bestätigt. Vgl. Baecker/Hommel/Lehmann (2003), S. 17. Vgl. Hommel/Pritsch (1999a), S. 121 und S. 139. Vgl. Baecker/Hommel (2004), S. 3.
231
seems to be captured in possibilities for future [..] options rather than current cash flows.”1309) Des Weiteren gewährleistet der stufenweise Einstieg in die Geschäftsbeziehung (dynamische Transformation) eine geringere Bindungsintensität zu Beginn der Beziehung, so dass neben explizit und vertraglich regelbaren Ausstiegsmöglichkeiten eine implizite Abbruchsoption gegeben ist („option to abandon for salvage value“1310)). Die Bewertung einer stufenweisen Investitionsstrategie betrachten auch Amram/Kulatilaka (1999), „when uncertainty is large enough that it is sensible to wait […], avoiding regret for irreversible investments.”1311) Die Unsicherheit reduziert sich in dem Maße, in dem sequentielle Anpassungen möglich werden und zu Zeitpunkten weniger (beziehungsspezifisch) investiert wird, woraus sich auch die implizite Unsicherheitsreduktion einer unverbrieften Abbruchsoption der dynamischen Transformation ergibt.1312) Voraussetzungen zur generellen Anwendbarkeit eines Realoptionsansatzes lassen sich folglich bestätigen.
Der Wert einer Realoption hängt von den damit verbundenen Zahlungsüberschüssen ab.1313) Realoptionen können grundsätzlich mit denselben Bewertungsverfahren wie Finanzoptionen bewertet werden, vorausgesetzt es gelingt, einen gehandelten Vermögensgegenstand zu finden, dessen stochastischer Prozess die zu bewertende Realoption genau abbildet („be spanned by existing assets“).1314) Für die Bewertung der Option des erweiterten Lieferantenwerts bedeutet dies, dass ein gehandelter Vermögensgegenstand gefunden werden muss, der das Investitionsobjekt Lieferant exakt repliziert. Der ‚Marktpreis’ des Basistitels lässt sich mittels des korrelierten Vermögensgegenstands abschätzen.1315) Zur formal exakten Anwendung der Optionspreistheorie muss die stochastische Wertänderung von (N)SLV perfekt mit der eines beliebigen, marktlich gehandelten Vermögensgegenstandes korrelieren.1316) Bei einem solchen Ersatzvermögensgegenstand wird dann von „Zwilling“, „Twin Security“, „Spanning Asset“, „Referenz-Wertpapier“, „VergleichsPortefeuille“ oder „Replicating Asset“ gesprochen.1317) In der Regel ist eine perfekte Korrelation nicht möglich, weshalb das relaxierte Ziel eine hohe positive Korrelation des
1309) 1310) 1311) 1312) 1313) 1314) 1315) 1316) 1317)
232
Amram/Kulatilaka (1999), S. 24. Trigeorgis (1995), S. 7. Amram/Kulatilaka (1999), S. 24. Vgl. Miller/Waller (2003), S. 102, „small initial investments“. Vgl. Laux (2003), S. 370. Vgl. Dxit/Pindyck (1994), S. 147. Vgl. Tomaszewski (2000), S. 109. Vgl. Bank/Mager (2000), S. 304. Vgl. Dixit/Pindyck (1994), S. 117, Fischer (1996), S. 99, Hommel/Pritsch (1999a), S. 124, Hommel/Pritsch (1999b), S. 25, Laux (2003), S. 285, Löhr/Rams (2000), S. 1986 und Schäfer (2005), S. 397.
Werts des gehandelten Vermögensgegenstandes mit dem der Realinvestition ist.1318) Der Wert der Realinvestition wird über Multiplikatoren mit dem gehandelten Vermögensgegenstand in Beziehung gesetzt.1319) Eine Prognose der Wertentwicklung ist nicht erforderlich.1320) Es kann dann nicht nur die Risikostruktur, sondern auch die absolute Wertentwicklung des gehandelten Titels für den Wert des realen Basistitels herangezogen werden.1321) Für eine martkwertorientierte Bewertung ist eine Investition dann vorteilhaft, wenn seine initiale Investitionsauszahlung („Anschaffungsauszahlung“) kleiner ist als der Marktwert desjenigen Replikationsportfolios, mit dem die zukünftigen Projektüberschüsse repliziert werden können.1322) Pindyck (1991) sieht die Möglichkeit der Replikation („Spanning“) vor allem für Realinvestitionen, deren Realisation mit der Produktion gehandelter Titel zusammenhängt, jedoch auch die Korrelation von Industriegütern/Fertigwaren mit dem Aktienkurs eines Unternehmens.1323) Probleme der Bewertung ergeben sich generell, wenn kein gehandelter Titel mit identischer Risikostruktur identifiziert werden kann.1324) Der Barwert (Quasi-‚Marktwert’) muss dann durch Diskontierung der erwarteten Zahlungsüberschüsse mittels eines risikoadjustierten Diskontierungsfaktors bestimmt werden.1325) Bühler/Uhrig-Homburg (2003) sehen in der Prognose der bewertungsrelevanten zukünftigen Größen das „schwierigste Grundproblem“.1326) Eine Bestimmung des Erwartungswertes genügt hier nicht, da der Wert der Realoption von tatsächlichen Ausprägungen und nicht von einem „Durchschnittswert“ abhängt.1327) Grenzen des „Spanning“ treten dann auf, wenn es sich um gänzlich neue Produkte handelt, wie sie beispielsweise im Rahmen der innovationsorientierten Lieferantenentwicklung Ergebnis sein können.1328) Der Wert des Basistitels wird durch Ein- und Aus-
1318) 1319)
1320)
1321) 1322) 1323)
1324) 1325)
1326) 1327) 1328)
Vgl. Dixit/Pindyck (1994), S. 117 sowie Pindyck (1991), S. 1119. Vgl. Hommel/Pritsch (1999a), S. 131 sowie zur risikoneutralen Unternehmensbewertung mittels Multiplikatoren Kelleners (2004), Ein Beispiel, wie mittels Duplikations- und Replikationsportfolio der Marktwert berechnet werden kann, findet sich bei Copeland/Antikarov (2001), S. 88 f. Vgl. Moyen/Slade/Uppal (1996), S. 66 sowie Paddock/Siegel/Smith (1988), S. 494, „by elimninatting the need to estimate future developed [..] values“. Vgl. Amram/Kulatilaka (1999), S. 37. Vgl. Laux (2003), S. 341. Vgl. Pindyck (1991), S. 1119, Folgt man dieser Vorgehensweise, muss für eine korrekte Bewertung bei Unterstellung einer Korrelation zwischen Aktienkurs und Fertigware von der Annahme eines Einproduktunternehmens ausgegangen werden. Vgl. Meise (1998), S. 84. Vgl. Tomaszewski (2000), S. 109 sowie Müller (2004), S. 181, „Ein- und Auszahlungen werden auf der Basis von Finanzplänen ermittelt.“ Vgl. Bühler/Uhrig-Homburg (2003), S. 125. Vgl. Bühler/Uhrig-Homburg (2003), S. 125. Vgl. Gintschel (1999), S. 75 f. sowie Meise (1998), S. 85 für vollkommen neue Produkte im Rahmen von F&E-Projekten, Tomaszewski (2000), S. 245, „fehlende Erfahrungswerte“.
233
zahlungen hinsichtlich des dem Leistungsaustausch mit dem Lieferanten zugrunde liegenden Beschaffungsobjektes determiniert. Hommel/Pritsch (1999b) bezeichnen die Realoption in diesem Fall als Optionsrecht auf ein „imaginäres Basisinstrument“, das erst mit der Ausübung geschaffen wird.1329) Zur Bewertung des Lieferanten mittels (N)SLV müssen die produktbezogenen Ein- und Auszahlungsströme bekannt oder müssen zumindest im Rahmen von Target Pricing/Costing prognostizierbar sein (vgl. Abbildung 2-8, Lieferantenwertbezugsrahmen).1330) Der Wert des Basisinstruments „Lieferant“ wird dann nicht über einer Marktbewertung (Aktienkurs) bestimmt, sondern über eine Kapitalwertbewertung, wie sie der (N)SLV darstellt.1331) Auch weist Laux (2003) darauf hin, dass die Anwendung der Optionspreistheorie an Grenzen stößt, da sie davon ausgeht, dass die Entwicklung der Marktwerte der einer Replikation zugrunde liegenden Finanztitel ex ante bekannt sind.1332) Teilweise kann die zukünftige Entwicklung mittels Future-Preisen für Commodites bestimmt werden, doch bleibt häufig offen, wie Marktwerte „explizit“ erläutert werden können. Damit eine Replikation ex ante überhaupt möglich wird, müssen die jeweils erzielbaren Marktwerte der späteren Überschüsse (der Real- und Finanztitel) bekannt sein.1333) Copeland/Antikarov (2001) stellen fest, dass „[t]he frustrating part of the twin security approach is that it is practically impossible to find an priced security whose cash payouts in every state of nature over the life of the project are perfectly correlated with those of the project.”1334) Auch Smith/Nau (1995) schränken ein, dass „most ‚real’ risky projects can only be partially hedged by trading securities.“1335) Ebenso sehen Baecker/Hommel (2004) „[t]he unique individual and systemic characteristics“ vieler Realinvestitionen als Einschränkung der Replikation.1336) Auch wenn ein Spanning Asset grundsätzlich vorhanden ist, sieht Laux (2003) Grenzen des Spanning, wenn das Auffinden dieses Spanning Asset einen prohibitiv hohen Aufwand verursacht.1337) Ebenso steigt die Bewertungsprob-
1329)
1330)
1331) 1332) 1333) 1334)
1335) 1336) 1337)
234
Vgl. Hommel/Pritsch (1999b), S. 15, Mattar/Cheah (2006), S. 849, „research and development projects” sowie Sick (1995), S. 635, „[I]t may not feasible to form the replicating portfolios needed to validate the arbitrage analysis.“ Vgl. Teisberg (1995), S. 38, „to use estimates of the revenues of the completed project to estimate market value” sowie Tomaszewski (2000), S. 245 f. den Realoptionsansatz hierbei nur dann als mögliches Bewertungskonzept ansieht, wenn „zuvor umfangreiche Datenbanken“ aufgebaut werden. Vgl. Hommel/Pritsch (1999b), S. 15 und Koch (1999), S. 100. Vgl. Laux (2003), S. 372. Vgl. Laux (2003), S. 372. Copeland/Antikarov (2001), S. 94 sowie Mattar/Cheah (2006), S. 849, „The assumption about market completeness with respect to project risks is obviously a strong one.” Smith/Nau (1995), S. 796, vgl. ebenso Mattar/Cheah (2006), S. 849. Vgl. Baecker/Hommel (2004), S. 4. Vgl. Laux (2003), S. 341.
lematik je weiter zum (End-) Kunden hin in der Wertschöpfungskette die Optionsbewertung stattfindet, weil Produkte immer komplexer (und spezifischer) werden und gegenüber Rohstoffen eben nicht am Kapitalmarkt gehandelt werden.1338) Häufig finden sich daher Beispiele der Realoptionsbewertung zum Ausbau bzw. zur Schließung von Ölfeldern und Minen, so dass über das marktgehandelte Abbauprodukt der Wert der Investition- bzw. Desinvestitionsmöglichkeit ermittelt werden kann.1339) Anders ist dagegen die Situation bei spezifischen Beschaffungsobjekten mit insbesondere endogenen Unsicherheitsquellen, wenn bspw. ein Modul, das hochspezifisch nicht nur zu einem Hersteller, sondern auch nur zu einem bestimmten Modell passt, wie es regelmäßig bei Wertschöpfungspartnerschaften der Fall ist. Zudem findet im Rahmen der Lieferantenentwicklung nicht ein Wachstum der Beziehung durch die Erhöhung der Menge des Bezugsgutes (Beschaffungsobjektes) aufgrund einer gestiegenen Nachfrage statt, sondern ein Zustandswechsel hinsichtlich des Leistungspotentials des Lieferanten mit Auswirkung auf das Beschaffungsobjekt (Wechsel von NSLV zu SLV). Die endogene Unsicherheit kann nicht durch einen anderen, bereits bestehenden Leistungsaustausch des Lieferanten mit einem anderen Abnehmer ermittelt werden („spezifische Unsicherheit“). Dieser Fall liegt hinsichtlich der Wertschöpfungspartnerschaft vor, weshalb hier der Versuch unternommen wird, ein alternatives Bewertungsmodell zu entwickeln und Bewertungsparameter zu operationalisieren.1340) Nach Mattar/Cheah (2006) ist der Markt für die Realinvestition (Basisobjekt) nur dann vollständig, wenn „the risks of the project are market risks“.1341) Sind die Annahmen der Vollkommenheit und der Vollständigkeit des Kapitalmarktes verletzt, ist die Anwendung der Optionspreistheorie erschwert oder gänzlich unmöglich.1342) Insbesondere die Voll-
1338)
1339)
1340)
1341) 1342)
Vgl. Laux (1993), S. 956, Baecker/Hommel (2004), S. 5, „natural resource applications“ sowie Dixit/Pindyck (1994), S. 147, „[C]ommodities [..] are typically traded on [..] spot and futures markets.” Vgl. exemplarisch für eine Vielzahl an Beispielen Amram/Kulatilaka (1995), S. 155, Moyen/Slade/Uppal (1996), S. 66, Copeland/Antikarov (2001), S. 94 sehen auch diese Vorgehensweise kritisch, da „[u]nfortunately the volatility of gold is not the same as the volatility of a gold mine.”, Paddock/Siegel/Smith (1988), S. 483 ff. sowie Sick (1995), S. 632, der den Ausgangspunkt der Entwicklung der Realoptionsbewertung in der Verwendung von Commodities sieht. Mattar/Cheah (2006), S. 849 schränken jedoch ein, wenn es vor der Förderung bzw. Erschließung vorhandener Ölvorkommen zunächst um die Suche von Ölfeldern geht. Hierbei erfolglos zu sein, ist ein privates Risiko, das nicht über den Ölpreis gehandelt wird (vgl. ebenfalls Paddock/Siegel/Smith (1988), S. 483 f., „uncertainty […] quantity of hydrocarbons“). Copeland/Antikarov (2001), S. 94 sehen dasselbe Problem bspw. bei der Bewertung von Optionen bei einer Montagelinie bei General Motors. Vgl. Mattar/Cheah (2006), S. 849. Vgl. zu den Prämissen des vollkommenen Kapitalmarkts Laux (2003), S. 139 f. sowie zum vollständigen Kapitalmarkt S. 285, „ein vollständiger Kapitalmarkt [..], also für alle relevanten Zustände di-
235
ständigkeit des Marktes ist von entscheidender Bedeutung für die Anwendung des „Spanning“, da sie eine Aussage darüber trifft, ob ein anderer, perfekt korrelierter Vermögensgegenstand am Markt gehandelt wird.“1343) Allerdings kann der Optionswert bei relaxierten Annahmen durch eine approximative Bewertung ermittelt werden und „Bandbreitenabgaben“ des Lieferantenwerts angegeben werden (Sensitivitätsanalyse).1344) Copeland/Antikarov (2001) verfolgen einen pragmatischen Ansatz der Bewertung („Market Asset Disclaimer“), indem sie das statische Projekt mit den Erwartungswerten bei positiver und negativer Entwicklung als Grundlage zur Bildung eines Hedge-Portfolios heranziehen und behandeln es somit als wäre es ein gehandelter Titel.1345) Voraussetzung dafür ist, dass der statische Kapitalwert mittels des Diskontierungsfaktors vergleichbarer, gehandelter Vermögensgegenstände kalkuliert wird („comparables“).1346) Der Realoptionswert lässt sich für dieses Beispiel einer Wachstumsoption mit den Vereinfachungen der Contingent Claims Analysis bewerten, lediglich der statische Projektwert und der Barwert der erwarteten Cash Flows der Investition werden mittels eines risikoadjustierten Diskontierungsfaktors berechnet. Schwierigkeiten ergeben sich des Weiteren bei der Bewertung von multiplen Optionen aufgrund der Nichtadditivität der einzelnen Optionswerte. Es ist nicht möglich, den Gesamtwert als Summe der Einzelwerte zu bestimmen.1347) Allerdings weisen Hommel/ Pritsch (1999b) darauf hin, dass „man sich bei der Bewertung auf die wesentlichen Optionsrechte konzentrieren kann.“1348) In den meisten Fällen findet man eine negative Interaktion von Realoptionen vor, die ihr Maximum dann erreicht, wenn nur eine von zwei Optionen ausgeübt werden kann. Entscheidungsträger haben entweder die Möglichkeit, bei positiver Umweltentwicklung eine Investition auszuweiten, oder im ungünstigen Fall abzubrechen.1349) In diesem Fall entspricht der Gesamtwert beider Optionen dem Wert der wertvolleren Option.1350) Diese Situation findet man nach Einstieg in eine Wertschöpfungspartnerschaft für die Zeit bis zur Entscheidung der zweiten Investitionstranche wieder. Die zweite Investitionstranche zum Zeitpunkt tn stellt nach der Einstiegsinvestition
1343) 1344)
1345) 1346) 1347) 1348) 1349) 1350)
236
rekt oder indirekt Zahlungsansprüche gehandelt werden können“, „Im vollständigen Kapitalmarkt […] besteht universelle Duplizierbarkeit.“ Vgl. Meise (1998), S. 84. Vgl. Meise (1998), S. 86, „Wertuntergrenze“, Mello/Pyo (2003), S. 90, Schäfer/Schässburger (2000), S. 589 und S. 592 sowie Smith/Nau (1995), S. 805, „upper and lower bounds“. Vgl. Copeland/Antikarov (2001), S. 94. Vgl. Copeland/Antikarov (2001), S. 95. Vgl. Gintschel (1999), S. 76, Laux (1993), S. 956 sowie Trigeorgis (1995), S. 21. Vgl. Hommel/Pritsch (1999b), S. 17. Vgl. Baecker/Hommel (2004), S. 6. Vgl. Hommel/Pritsch (1999b), S. 38 f.
(erste Tranche) die Lieferantenentwicklungsmaßnahme (Call-Option) dar, die dann vernichtet wird, wenn die Beziehung zwischen t0 und tn bereits abgebrochen wird (PutOption). Sequentielle Projekte (bspw. F&E) stellen mehrstufige Realoptionen dar, deren wechselseitige Abhängigkeit in der Bewertung Berücksichtigung finden muss, wodurch sich die Bewertung erheblich komplizierter gestaltet.1351) Mehrstufige Realoptionen lassen sich danach unterscheiden, ob realisationsgradunabhängig bereits Investitionseinzahlungen generiert werden oder ob erst nach Ausübung der letzten Realoption bzw. letzten Investitionsstufe die Investition Einzahlungsüberschüsse liefert.1352) Lieferantenentwicklung resultiert zwar in einer sequentiellen Strategie,1353) sie stellt jedoch nicht eine ex ante deterministische Abfolge von Investitionen dar, wie sie bspw. für eine phasenspezifische F&E/Markteinführung von Pharmaprodukten typisch ist.1354) Bereits das Erfordernis einer einmaligen Lieferantenentwicklungsmaßnahme (zweite Investitionstranche) sowie deren zum Ausübungszeitpunkt verbundener Gegenwartswert kann schwer geschätzt und quantifiziert werden. Zur Gewährleistung der praktischen Anwendbarkeit des Bewertungsmodells soll in Anlehnung an die Systematisierung von Fischer (1996) die Lieferantenentwicklungsoption im Sinne einer einstufigen „Modernisierungsinvestition“ („project update“1355), „upgraded supplier capabilities“1356)) bewertet werden.1357) Gerwin (1993) bezeichnet die Reaktion auf geänderte Kundenanforderungen bei spezifischen Produktcharakteristika als „Modification“-Flexibilität, die schließlich in einem „update“ der Lieferantenpotentiale münden kann.1358) Finanzoptionen stehen dem Inhaber exklusiv zur Verfügung. Realoptionen mangelt es häufig an dieser Eigenschaft, da möglicherweise Wettbewerber ebenfalls die Möglichkeit haben, dieselbe Option auszuüben.1359) Die Option der Weiterentwicklung von Lieferanten
1351)
1352) 1353)
1354)
1355) 1356) 1357)
1358) 1359)
Vgl. Fischer (1996), S. 134 und S. 137 f., „Intra-Projekt-Interdependenz“ und „Inter-ProjektInterdependenz“. Vgl. Bernhard (2000), S. 28. Vgl. Sick (1995), S. 633, Realoptionen behandeln ein Investitionsprojekt in der Regel als „an infinite number of projects”. Vgl. Schäfer/Schässburger (2000), S. 587 f. am Beispiel von Biotech sowie Koch (1999), S. 146, „F&E, Prototyp, Serienfertigung, Vetrieb“ als Phasen einer mehrstufigen Investition. Amram/Kulatilaka (1999), S. 24. Wagner (2005a), S. 11. Vgl. Fischer (1996), S. 144, im Sinne von „Modernisierung“ des Leistungspotentials des Lieferanten, Meise (1998), S. 27, „Detailprognosephase“, Schäfer/Schässburger (2000), S. 589 führen ebenfalls die Bewertung eines Pharma-F&E-Projektes „in reduzierter Komplexität“ durch. Vgl. Gerwin (1993), S. 398. Vgl. Laux (1993), S. 955 sowie zur ausführlichen Diskussion von Wettbewerbseffekten Tomaszewski (2000), S. 143 ff.
237
ist solange als exklusiv zu bezeichnen, solange die Entwicklung sich auf ein Beschaffungsobjekt bezieht, das aufgrund seiner Spezifität nur an den (einen) Abnehmer geliefert wird.1360) Dagegen wird die Leverage-Option explizit nicht als exklusiv definiert, indem sie einer beliebigen Zahl an Unternehmenseinheiten des Abnehmers die Möglichkeit der Aufnahme des Leistungsaustausches offeriert (geteilte Realoption).1361) Als allgemeine Option, die sich grundsätzlich dadurch auszeichnet, dass sie Wettbewerbern (und im Fall der Leverage-Option weiteren Unternehmensbereichen) ebenfalls zur Verfügung steht (Wettbewerber steht Einführung eines neuen Produktes, Eintritt in neue Märkte ebenfalls offen),1362) muss die Leverage-Option nicht zwangsläufig dazu führen, dass der Wert der Optionen der nachfolgenden Unternehmenseinheiten sinkt.1363) Nach Laux (1993) ist der Wert einer allgemeinen Option in der Regel geringer als einer exklusiven Option sowie die allgemeine Option in der Regel früher ausgeübt wird.1364)
5.3.1.3
Gegenüberstellung von Verfahren der Optionsbewertung
5.3.1.3.1 Contingent Claims Analysis Die Contingent Claims Analysis zählt zur Optionspreistheorie und stellt einen arbitrageorientierten Ansatz dar, der einen vollkommenen Kapitalmarkt voraussetzt.1365) Als Voraussetzung deren Anwendung zur Replikation muss zudem ein vollständiger Kapitalmarkt vorliegen.1366) Zur Bewertung der Option wird ein Duplikationsportfolio aus gehandelten Titeln sowie risikofreien Titeln gebildet, das identische Zahlungsrückflüsse hat, wie die Option. Titel, die dieselben Zahlungsrückflüsse versprechen, müssen aufgrund der Arbit-
1360)
1361) 1362) 1363)
1364) 1365)
1366)
238
Effekte, die die Leistungsfähigkeit des Lieferanten insgesamt erhöhen und wovon Wettbewerber, die mit diesem Lieferanten im Leistungsaustausch stehen, ebenfalls profitieren, werden hier nicht berücksichtigt. Vgl. Fischer (1996), S. 132. Vgl. Hommel/Pritsch (1999b), S. 10. Vgl. zu Opportunitätskosten eines verzögerten Markteintritts Backhaus (2003), S. 265, Diese senken den Wert der (Warte-) Option auf Produkteinführung, wobei ebenfalls berücksichtigt werden muss, dass ein zu früher Eintritt, d.h. Ausübung der Option, die Gefahr des Misserfolgs erhöht (vgl. Backhaus (2003), S. 269, „Pionier-Strategie“ sowie in der neuen Auflage verkürzt Backhaus/Voeth (2007), S. 221 f.). Ähnlich der begrenzten Marktnachfrage und der Frage der Verteilung von Marktanteilen kann der Wert der Leverage-Option sich dadurch reduzieren, dass der Lieferant eine begrenzte Produktionskapazität hat und damit für folgende Unternehmenseinheiten die Option verfällt (vgl. Fischer (1996), S. 210, „in extremen Fällen der gesamte Wert des Investitionsprojektes [..] verloren geht.“). Vgl. Laux (1993), S. 955. Vgl. Friedl (2001), S. 30 und Schäfer/Schässburger (2000), S. 589 sowie zum Begriff „Contingent Claims Analysis“ Trigeorgis (1996), S. 152. Vgl. Laux (2003), S. 285 sowie Mattar/Cheah (2006), S. 848.
ragefreiheit auch denselben Preis haben („law of one price“).1367) Mit derselben Zielsetzung der Bildung eines risikolosen Portfolios kann der Optionspreisbewertung auch ein Hedge-Portfolio mit negativer Korrelation zwischen gekaufter (bspw. Aktien) und verkaufter Position (Call) zugrunde liegen.1368) Beide Vorgehensweisen entsprechen dann einer risikoneutralen Bewertung, da für die Bewertung keine Risikoprämie existiert bzw. notwendig wird.1369) Die Bewertung wird nicht durch individuelle (subjektive) Risikopräferenzen beeinflusst.1370) Auf diese Weise lässt sich der Marktwert der Option bestimmen. Ohne Arbitragefreiheit lassen sich risikolose Arbitragegewinne erzielen, indem die preiswertere Position gekauft und die teurere Position verkauft wird.1371) Findet sich ein Spanning Asset gehandelter Titel zur Bildung eines Duplikations- oder Hedgeportfolios, das die Risikostruktur der Realinvestition vollständig nachbildet, müssen bei Anwendung der Contingent Claims Analysis Risikopräferenzen und damit individuelle und im Zeitablauf wechselnde Diskontierungsfaktoren nicht berücksichtigt werden.1372) Der Projektüberschuss ist durch Transaktionen auf dem Kapitalmarkt replizierbar. Investitionen werden mit den von ihnen verursachten Überschüssen durch am Kapitalmarkt gehandelte Zahlungsströme ‚aufgespannt’.1373) Es handelt sich bei vollkommenem (arbitragefreien) Kapitalmarkt um eine objektivierte, marktwertorientierte, vom einzelnen Investor unabhängige Bewertung.1374) Informationen zu den Parametern des stochastischen Prozesses sowie Preise gehandelter Vermögensgegenstände werden durch Marktdaten bereitgestellt.1375) Bei Einsatz korrekter Inputparameter führen Optionspreismodelle zur exakten Bestimmung des Marktwertes der Option.1376) Der Optionswert des zur Replikation genutzten (gehandelten) Vermögensgegenstandes wird dabei zur Ermittlung des Marktwertes der Realoption genutzt.1377) Derjenige Preis der Realoption wird ermittelt, der sich ergeben würde, wenn sie auf einem Finanzmarkt gehandelt würde.1378) Am bekanntesten ist hierfür die Black-Scholes-Merton-Formel.1379)
1367) 1368) 1369) 1370) 1371) 1372) 1373) 1374) 1375) 1376) 1377) 1378) 1379)
Vgl. Amram/Kulatilaka (1999), S. 32, Mattar/Cheah (2006), S. 848 sowie Schäfer (2005), S. 369 f. Vgl. Vgl. Amram/Kulatilaka (1999), S. 33 sowie Schäfer (2005), S. 366. Vgl. Schäfer (2005), S. 246 f. Vgl. Schäfer (2005), S. 375. Vgl. Breuer (1998), S. 6. Vgl. Pindyck (1991), S. 1119 sowie Tomaszewski (2000), S. 242. Vgl. Laux (2003), S. 285. Vgl. Laux (1993), S. 937. Vgl. Sick (1995), S. 634. Vgl. Hommel/Pritsch (1999a), S. 128. Vgl. Breuer (1998), S. 5. Vgl. Koch (1999), S. 77. Vgl. Baecker/Hommel/Lehmann (2003), S. 27 sowie Hull (2006), S. 345 ff.
239
5.3.1.3.2 Dynamische Programmierung Ist die Arbitragefreiheit des Marktes, auf dem ein Spanning Asset gehandelt wird, nicht gegeben, ist eine zentrale Voraussetzung zur Übertragung der Contingent Claims Analysis auf realwirtschaftliche Fragestellungen verletzt. Die Anwendbarkeit und Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse ist nicht gegeben.1380) Lässt sich grundsätzlich kein geeignetes Spanning Asset zur Nachbildung der Risikostruktur der Realinvestition finden, kann mit Hilfe des Ansatzes der dynamischen Programmierung die Bewertung des Handlungsspielraumes der Lieferantenentwicklungsoption vorgenommen werden.1381) An die Kapitalmarktgüte werden keine besonderen Voraussetzungen gestellt (relaxierte Annahmen).1382) Wesentlicher Unterschied zur Contingent Claims Analysis ist, dass der risikoadjustierte Diskontierungsfaktor exogen bestimmt werden muss, so dass es sich um keine marktwertorientierte Bewertung handelt, sondern der Optionswert eine subjektiv ermittelte Größe darstellt („the value is not unique“1383)).1384) Trotz der genannten Einschränkungen liefert die Anwendung der Realoptionsbewertung mittels dynamischer Programmierung einen wesentlichen Nutzen in der Sensibilisierung der Entscheidungsträger für den Wertbeitrag von Flexibilität. Die Gefahr von Fehlentscheidungen sinkt dadurch.1385) Sick (1995) unterstreicht die Anwendung der Realoptionsbewertung außerhalb arbitrageorientierter Ansätze der Contingent Claims Analysis und stellt fest, dass „[u]fortunately, these difficulties lead some people to discard all of the systematic analysis […] when dealing with real options.“1386) Auch Baecker/Hommel (2004) weisen darauf hin, dass der Realoptionsansatz zumindest als „qualitative tool“ verwendet werden kann.1387) Die dynamische Programmierung ist ein Verfahren, das zur Lösung flexibler Investitionsplanungsprobleme Anwendung findet.1388) Entscheidungsbäume der flexiblen Planung führen schnell zu einem erheblichen Planungsaufwand und an die Grenzen mathematischer Handhabbarkeit.1389) Bei der dynamischen Programmierung werden, ausgehend von einer
1380) 1381)
1382) 1383)
1384)
1385) 1386) 1387) 1388) 1389)
240
Vgl. Amend (2000), S. 80. Pindyck (1991), S. 1119 schlägt die dynamische Programmierung vor, wenn die Annahmen der Contingent Claims Analysis versagen. Schäfer (2005), S. 399 weist auf das Verfahren der dynamischen Programmierung bei Dixit/Pindyck (1994) hin. Vgl. Bernhard (2000), S. 46. Cohen/Huchzermeier (1999b), S. 680, ebenso Smith/Nau (1995), S. 804, „unique option-pricing value for the project“. Vgl. Laux (1993), S. 937 und S. 940 sowie Moyen/Slade/Uppal (1996), S. 67, Paddock/Smith/Siegel (1988), S. 483, „a great deal of subjectivity and error“ und Rese/Roemer (2004), S. 510. Vgl. Kühn/Fuhrer/Jenner (2000), S. 55. Sick (1995), S. 635 sowie Baecker/Hommel (2004), S. 4, „still represents the first-best instrument“. Vgl. Baecker/Hommel (2004), S. 3. Vgl. Friedl (2001), S. 37. Vgl. Fischer (1996), S. 62 f. und Friedl (2001), S. 38.
Entscheidung, nicht sämtliche möglichen Entscheidungsalternativen betrachtet, sondern nur jene, die von dem neuen Zustand aus optimalen Fortsetzungen entsprechen. Das „Optimalitätsprinzip“ schließt unzählige, nutzlose Entscheidungsmöglichkeiten von vorne herein aus („Bellman’s Principle“1390)).1391) Ebenso wie bei optionspreistheoretischen, arbitrageorientierten Ansätzen der Contingent Claims Analysis findet man die Probleme von Entscheidungsbäumen bei der dynamischen Programmierung nicht vor. Die dynamische Programmierung stellt ein zeitkontinuierliches Verfahren dar.1392) Die grundlegende Vorgehensweise der dynamischen Programmierung ist es, eine Serie von Entscheidungen in zwei Bestandteile aufzuteilen. Der erste Teil besteht aus der heutigen Entscheidung, der zweite Term umfasst alle folgenden Zeitpunkte und Entscheidungen.1393) Der erste Bestandteil der Bellman-Gleichung wird als „immediate payoff ʌt(xt,ut)“1394) bezeichnet und umfasst die unmittelbaren Zahlungsströme (bspw. Dividende1395)) einer Periode und dem „continuation value“ als Erwartungswert 1/(1+i) · İt[Ft+1(xt+1)], der auf die Gegenwart abgezinst den Wert zukünftiger optimaler Entscheidungen widerspiegelt.1396) Die optimale Investitionsstrategie zeichnet sich darin aus, dass sie die Summe aus „immediate payoff“ und „continuation value“ maximiert.1397) Für einen unendlichen Zeithorizont wird die Bellmann-Gleichung unabhängig von der Zeit t.1398) Ein besonderer Fall der dynamischen Programmierung muss betrachtet werden, wird deren Anwendung auf die vorliegende Problemstellung der Ausübung einer Lieferantenentwicklungsoption verfolgt. Die Bellmann-Gleichung erweitert sich durch einen „termination payoff“, der den Wert der Ausübung der Lieferantenentwicklungsoption widerspiegelt („stopping corresponds to making the investment“), also den Lieferantenwert SLV, der aus der Entwicklungsmaßnahme folgt.1399) Dem gegenübergestellt wird die Summe aus „immediate payoff“ und „continuation value“, also dem aktuellen Wert des Lieferanten NSLV und Beibehaltung der Basisstrategie („continuation“). Die optimale Strategie stellt
1390) 1391) 1392) 1393) 1394)
1395) 1396) 1397) 1398)
1399)
Vgl. Dixit/Pindyck (1994), S. 100. Vgl. Bellmann (1967), S. 130. Vgl. Baecker/Hommel (2004), S. 13 und Friedl (2001), S. 38. Vgl. Dixit/Pindyck (1994), S. 97. Dixit/Pindyck (1994), S. 99, Die Variable u bezeichnet die Entscheidung einer Periode t. Diese Entscheidung kann bspw. als Binärvariable die Ausübung der Lieferantenentwicklungsoption mit u = 1 oder Abwarten mit u = 0 sein. Die Variable x bezeichnet eine Zustandgröße. Vgl. Dixit/Pindyck (1994), S. 105. Vgl. Dixit/Pindyck (1994), S. 99 f. Vgl. Dixit/Pindyck (1994), S. 100. Vgl. Dixit/Pindyck (1994), S. 101, Diese Vereinfachung wird für die Bewertung der Realoptionen herangezogen, so dass die Ausübung der Option nicht von der Zeit, sondern von einem kritischen Wert NSLV* oder SLV* abhängt (vgl. auch Dixit/Pindyck (1994), S. 139 f.). Vgl. Dixit/Pindyck (1994), S. 103.
241
das Maximum von „termination payoff“ gegenüber der Summe aus „immediate payoff“ und „continuation value“ dar.1400) Mittels dynamischer Programmierung lässt sich ein Schwellenwert x* bestimmen, für den eine Indifferenzsituation entsteht.1401) Für den „continuation“-Bereich ist der zweite Term aus der Summe von „immediate payoff“ und „continuation value“ größer als der erste Term des „termination payoff“.1402) Für die Lieferantenentwicklungsoption (Call) gilt „continuation“ (keine Ausübung) für x < x* sowie „stopping“ (Ausübung) für x > x*.1403) Für die spezielle Annahme eines Ito-Prozesses lässt sich die Bellmann-Gleichung mit Hilfe Ito’s Lemma zu einer Differentialgleichung überführen, die die Basis für das Bewertungsmodell in Kapitel 5.3.3 und 5.3.4 bildet.1404) Der „immediate profit“ stellt dabei den NSLV als gegenwärtigen Ertrag nach Beziehungseinstieg dar, der „continuation value“ schließt den Optionswert ein,1405) und der „termination value“ bezeichnet den inneren Wert der Option bei Ausübung.1406)
5.3.2
Operationalisierung der Werttreiber und Bewertungsparameter der Realoption
5.3.2.1 Stochastische Beschreibung des Beziehungswerts „Jede Variable, deren Wert sich im Laufe der Zeit in unsicherer Weise ändert, kann als stochastischer Prozess aufgefasst werden.“1407) Unsichere Parameter der Bewertung des (N)SLV stellen grundsätzlich Ein- und Auszahlungen sowie die Jahresabsatzmenge (Nachfrage) dar. Ein- und Auszahlungen werden im vorliegenden Bewertungsmodell über ein Target Pricing bzw. Target Costing operationalisiert und als Zielwerte für die Prognose der Ein- und Auszahlungen als deterministisch betrachtet. Durch die Anwendung der Conjoint-Analyse ist sichergestellt, dass sich die ermittelten Preise und Kosten am Markt orientieren. Unsicherheit verbleibt bezüglich der Entwicklung der Nachfrage x, die einer geometrischen Brown’schen Bewegung1408) mit Drift D folgen soll (vgl. Gleichung 5-
1400) 1401) 1402) 1403)
1404) 1405) 1406) 1407) 1408)
242
Vgl. Dixit/Pindyck (1994), S. 103. Vgl. Dixit/Pindyck (1994), S. 103. Vgl. Dixit/Pindyck (1994), S. 105. Die Variable x kann bspw. die Nachfrage darstellen (vgl. Call-Beispiel bei Dixit/Pindyck (1994), S. 103 f. sowie formal für eine Put-Option S. 104). Vgl. zur Überführung in eine Differentialgleichung Dixit/Pindyck (1994), S. 109. Vgl. Dixit/Pindyck (1994), S. 97. Vgl. Dixit/Pindyck (1994), S. 109. Hull (2006), S. 326. Vgl. Dixit/Pindyck (1994), S. 71 und Schäfer (2005), S. 378, Bei der geometrischen Brown’schen Bewegung handelt es sich um einen speziellen Ito-Prozess. Die Driftrate und Varianz sind nicht nur von der Zeit (Brown’sche Bewegung), sondern auch vom aktuellen Zustand abhängig.
1).1409) Unsicherheit im weiteren Sinne, die mittels eines stochastischen Prozesses dargestellt werden kann, fällt in die Unsicherheitskategorie „Risiko“.1410) Der Parameter D beschreibt die Wachstumsrate der Nachfrage x.1411) Der Optionswert resultiert aus der Möglichkeit, den Handlungsspielraum einer sequentiellen (Anpassungs-) Strategie zu besitzen sowie erst dann die Lieferantenentwicklungsoption auszuüben, wenn ausreichend Sicherheit über die Nachfrage nach der Leistung des Lieferanten oder des Endprodukts, in welches die Leistung des Lieferanten als Teilelistung eingeht, besteht.1412) Der Wert dieses Handlungsspielraums wird bei Sako (1992) nochmals verdeutlicht: „related to shorter product cycles and large part numbers is the uncertainty in market demand, which multiplies potential problems in inter-firm coordination of production.“1413)
dx D x dt V x dz
(5-1)
Das Inkrement des einfachen Wiener Prozesses (Brown’sche Bewegung) mit dz = H t dt hat einen Erwartungswert von H (dz ) = 0 und eine Varianz von H ((dz ) 2 ) = dt .1414) Die Va-
rianz wächst proportional mit der Zeit dt.1415) Unterstellt man den einfachen Wiener Prozess ohne Driftrate ist der Erwartungswert zu jedem Zeitpunkt gleich seinem aktuellen Wert.1416) Der allgemeine Wiener Prozess fügt dem stochastischen Prozess der Brown’schen Bewegung eine Driftrate D hinzu (vgl. Gleichung 5-1 sowie 5-2).1417) Die Variable Į beschreibt die Driftrate des allgemeinen Wiener Prozesses sowie V eine Varia-
1409)
1410) 1411)
1412)
1413) 1414) 1415) 1416) 1417)
Vgl. Dixit/Pindyck (1994), S. 71, S. 136 und S. 178, Roemer (2004), S. 102 setzt ebenfalls als Prämisse, dass Preise und laufende Kosten konstant sind, so dass die Unsicherheit bezüglich der Nachfrage besteht. Sie setzt ebenfalls eine geometrische Brown’sche Bewegung voraus. Ebenso verwenden Crasselt/Tomaszewski (1999a), S. 557, Schäfer/Schässburger (2000), S. 586 die Nachfrage als Unsicherheitsquelle. Myers/Majd (1983), S. 20 verwenden ebenfalls eine geometrische Brown’sche Bewegung zur Beschreibung der Wertentwicklung des Projekts. Vgl. Roemer (2004), S. 87. Neben der Brown’schen Bewegung sind alternative stochastische Prozesse denkbar. Eine steigende Nachfragekurve impliziert, dass zu diskreten Zeitpunkten eine Modifikation des Beschaffungsobjektes bzw. Endproduktes vorgenommen wird, um eine steigende Nachfragekurve aufrecht zu erhalten. Schwankungen um den langfristigen Trend sind damit nicht ausgeschlossen. Sieht man von dieser Modifikation ab, wie sie bspw. Ergebnis der innovationsorientierten Lieferantenentwicklung sein kann, ist entsprechend eines Produktlebenszyklus eine zunächst steigende, dann aber sinkende Nachfragekurve zu beobachten. Vgl. Huchzermeier (2000), S. 190, Winkler (2002), S. 71 weist darauf hin, dass die Nachfrage als mikroökonomische Größe generell operationalisiert werden kann durch mögliche Indikatoren wie Auftragseingang, Produktion, Umsatz, Kapazitätsauslastung. Sako (1992), S. 154. Vgl. Dixit/Pindyck (1994), S. 65. Vgl. Dixit/Pindyck (1994), S. 67 sowie Hull (2006), S. 330. Vgl. Hull (2006), S. 330. Mit tan D = dx/dt.
243
bilität zum Entwicklungspfad hinzufügt und als Standardabweichung die Volatilität abbildet.1418) Der Driftparameter Į beschreibt für Aktienkursverläufe den Wertzuwachs der Aktie bzw. allgemein die Veränderung des Erwartungswertes, d.h. den Wertanstieg des Vermögensgegenstandes über die Zeit dt.1419) Der allgemeine Wiener Prozess (vgl. Gleichung 5-2) hat einen Erwartungswert von H (dx ) D dt und eine Standardabweichung von
V dt .1420) dx D dt V dz
(5-2)
Die relative Veränderung einer Variablen ǻx/x (Wiener Prozess dz), die der Brown’schen Bewegung folgt, ist normalverteilt.1421) Die relative oder prozentuale Änderung von x kann damit auch negative Werte annehmen. Die Veränderung der Variablen dx (vgl. Gleichung 5-2) folgt dem natürlichen Logarithmus von x (vgl. Gleichung 5-3), so dass die absolute Veränderung ǻx (im Grenzübergang ǻx ĺ 0 folgt dx) dieser Variablen log-normalverteilt ist.1422) Eine log-normalverteilte Variable kann jeden Wert zwischen Null und Unendlich annehmen.1423) Der absolute Wert von x ist somit größer Null (mit x0 > 0).
H ( x(t ))
x 0 eD t
(5-3)
Aktienkurse folgen einer geometrischen Brown’schen Bewegung und sind zu jedem zukünftigen Zeitpunkt log-normalverteilt (vgl. Gleichung 5-1).1424) Für die Trendkomponente Į sowie für Standardabweichung V gilt eine proportionale Abhängigkeit vom aktuellen Wert des stochastischen Prozesses sowie dx keine negativen Werte annehmen kann. Die Annahme, dass Aktienkurse mit einer Log-Normalverteilung nicht negativ werden können, ist leicht nachvollziehbar.1425) Ebenso kann die Nachfrage x nicht negativ werden. Für eine kurze Periode gilt, dass die Volatilität dominiert, dagegen ist für eine langfristige Periode die Trendrate ausschlaggebend.1426)
1418) 1419) 1420) 1421) 1422) 1423) 1424) 1425) 1426)
244
Vgl. Dixit/Pindyck (1994), S. 65, Hull (2006), S. 333 und Schäfer (2005), S. 377. Vgl. Hull (2006), S. 330 und Friedl (2001), S. 32, ohne Dividende. Vgl. Dixit/Pindyck (1994), S. 65 sowie Hull (2006), S. 330. Vgl. Dixit/Pindyck (1994), S. 65. Vgl. Dixit/Pindyck (1994), S. 71. Vgl. Hull (2006), S. 347. Vgl. Amend (2000), S. 96 f. und Hull (2006), S. 338. Vgl. Dixit/Pindyck (1994), S. 64. Vgl. Dixit/Pindyck (1994), S. 67.
Unter Konstanthaltung aller übrigen Parameter (deterministische Parameter),1427) folgt auch der Wert der Wertschöpfungspartnerschaft NSLV bzw. SLV der Brown’schen Bewegung.1428) Der SLV stellt den Gegenwartswert der Ein- und Auszahlungen nach erfolgter Entwicklungsmaßnahme dar (Barwert der erwarteten Cash Flows),1429) wohingegen der NSLV den Wert bei Fortführung der Basisstrategie (Einstiegsinvestition) beschreibt.1430) Die Wertentwicklung lässt sich wie folgt beschreiben. dNSLV dSLV
D NSLV dt V NSLV dz D SLV dt V SLV dz
(5-4)
Ebenso denkbar ist ein stochastischer Prozess, der die Unsicherheit hinsichtlich des Endproduktpreises abbildet. Die Lieferantenentwicklungsoption wird dann ausgeübt, wenn als Ergebnis einer Conjoint-Anlayse die Zahlungsbereitschaft hinreichend hoch ist, so dass die Zahlungsbereitschaft einen Schwellenpreis der Optionsausübung übersteigt.1431) Des Weiteren sind alternativ Sprungprozesse denkbar. Die Ausübung der Lieferantenentwicklungsoption wird dann erforderlich, wenn ein Out-Supplier Innovationen anbietet,1432) die zu einem Bruch der Nachfrage des in der Wertschöpfungspartnerschaft erstellten Endproduktes durch eine gesunkene Kundenwahrnehmung führt.1433) Zur Sicherung der Kontinuität der Wertschöpfungspartnerschaft wird eine innovationsorientierte Lieferantenentwicklung notwendig.1434) Für einen Supply Chain-orientierten Ansatz bestätigen insbesondere Sprung-Prozesse das Erfordernis der Endkundenorientierung upstream der Supply Chain durch Lieferantenentwicklungsmaßnahmen entgegen einer rein OEM-bezogenen (Endprodukthersteller-bezogenen) Endkundenorientierung.
1427)
1428)
1429) 1430)
1431) 1432)
1433)
1434)
Obermaier/Schüler (2006), S. 30 kritisieren einen Beitrag, der die negative Korrelation von Preis und Absatzmenge nicht in die dortige Analyse aufnimmt. Der hier vorliegende Beitrag geht davon aus, dass der Absatzpreis als deterministische Größe eingeht, absatzpolitische Maßnahmen (bspw. Rabatte) werden somit ausgeblendet. Vgl. Koch (1999), S. 100, Der Wert des Basistitels Lieferant bzw. Wertschöpfungspartnerschaft hängt von der unsicheren Entwicklung der Nachfrage ab. Vgl. ähnlich Paddock/Siegel/Smith (1988), S. 488, „[v]alue of developed reserve“. Diese Unterscheidung in einen Lieferantenwert vor und nach der Entwicklungsmaßnahme wird zu einem späteren Zeitpunkt im Bewertungsmodell aufgegriffen und erläutert. Vgl. Kilka (1995), S. 90 f. Damit gemeint ist ein Lieferant, der zu einer im Wettbewerb stehenden Supply Chain gehört und deren Endnachfrage durch innovative Produkte fördert (vgl. New (1996), S. 27 „not companies, but supply chains compete“). Vgl. zu Jump-Prozessen Dixit/Pindyck (1994), S. 85-87 und Koch (1999), S. 68 f. sowie Baecker/Hommel (2004), S. 16, „The arrival of new technologies is captured by a Poisson jump process.“ Vgl. Billington/Johnson/Triantis (2003), S. 32, „Product demand is extremly difficult to predict […] changes in technology and technological standards, changes in competitors’ offerings.“
245
5.3.2.1.1 Prozessparameter der Contingent Claims Analysis Für den beschriebenen Prozess findet für Aktienkurse eine Adaption des Erwartungswertes D statt. Die konstante Driftrate berücksichtigt nicht, dass ein Anleger nicht an der absoluten Wertänderung interessiert ist, sondern unabhängig vom aktuellen Kurs an einer prozentual gleich bleibenden Rendite ȝ (vgl. Tabelle 5-4).1435)
Contingent Claims Analysis
Dynamische Programmierung
dx = ȝxdt + ıxdz
dSLV = ĮSLVdt + ıSLVdz
Į = ȝ – į bzw. ȝ = Į + į
Į = ȡ – į bzw. ȡ = Į + į
į = ȝ – Į (Dividendenrendite) mit Į < ȝ gilt į > 0
į = ȡ – Į (Objektertragsrate) mit Į < ȡ gilt į > 0
Tab. 5-4:
Zusammenfassende Gegenüberstellung der Variablen von dynamischer Programmierung und Contingent Claims Analysis
Die (Gesamt-) Renditeerwartung einer Aktie wird mit ȝ beschrieben. Sie hängt davon ab, wie riskant die Aktie ist. Je höher das Risiko, desto höher die geforderte Rendite.1436) Lässt sich die Contingent Claims Analysis auch für die Bewertung von Realoptionen anwenden, beschreibt ȝ den „expected return from owning the completed project.“1437) Der Wert der Aktienoption hängt jedoch nicht von ȝ ab, wird sie unter Zuhilfenahme des aktuellen Werts der Aktie ermittelt.1438) Im Duplikations- und Hedgeportfolio wird P durch den risikolosen Zinssatz r substituiert (ȝ = Į = r, ohne Dividende).1439) Unabhängig von der Realisation der unsicheren Preisentwicklung der Aktie nimmt das Hedgeportfolio einen konstanten Wert in der Zukunft ein.1440) Es erübrigt sich die Bestimmung eines risikoadjustierten Diskontierungsfaktors i zur Bestimmung des Gegenwartswerts.1441) Die Black-ScholesMerton Differentialgleichung basiert auf dem Prinzip der Bildung eines risikolosen Portfolios, das unabhängig von den Risikopräferenzen des Investors (risikoneutral) bewertet
1435)
1436) 1437) 1438) 1439) 1440) 1441)
246
Hull (2006), S. 332 weist darauf hin, dass eine konstante Driftrate bei der Betrachtung von Aktien durch eine konstante Rendite ȝ ersetzt wird, da Anleger unabhängig vom derzeitigen Stand der Aktie eine konstante Rendite fordern, die als Quotient aus erwarteter Driftrate und Aktienkurs gebildet wird. Vgl. Hull (2006), S. 349. Pindyck (1991), S. 1119, vgl. Kapitel 5.3.2.4. Vgl. Hull (2006), S. 349. Vgl. Hull (2006), S. 355 und S. 360 Vgl. Hommel/Pritsch (1999a), S. 129. Vgl. Laux (2003), S. 303-305.
werden kann.1442) Wird für die Investoren Risikoneutralität unterstellt, entspricht die erwartete Rendite dem risikolosen Zinssatz r, da die Investoren keine Prämie für das Risiko fordern. Die Bewertung von Derivaten vereinfacht sich erheblich (P = r),1443) weshalb viele Realoptionsbewertungen von einem Spanning Asset (Replikation und Bestimmung der Optionspreises mittels Hedge- bzw. Duplikationsportfolio) und damit der Anwendbarkeit der Optionspreistheorie ausgehen.1444) In dieser Weise geht Roemer (2004) in ihrem Bewertungsmodell der dynamischen Programmierung von einem risikoneutralen Entscheidungsträger aus, wodurch sie in der Lage ist, das Modell durch den risikolosen Diskontierungsfaktor r zu vereinfachen.1445) Mit dieser Annahme eines risikoneutralen Investors führen Contingent Claims Analysis und Verfahren der dynamischen Programmierung, die bei risikoaversen Investoren einen exogen vorgegeben risikoadjustierten Diskontierungsfaktor i zur Bestimmung des aktuellen Werts der Realinvestition verlangt, zum gleichen Ergebnis.1446) Bei į handelt es sich um Zahlungsansprüche, die mit dem Vermögensgegenstand verbunden sind (vgl. ausführlich Kapitel 5.3.2.4).1447) Mit į > 0 wird gewährleistet, dass der Dividendenentgang bzw. Ertragsentgang bei Realinvestitionen („Minderrendite“1448)) bei Halten einer Kaufoption eine vorzeitige Ausübung sinnvoll macht.1449) Meise (1998) bezeichnet den Ertragsentgang als „investitionszeitpunktgebundene Cash Flows“, die sich nicht beliebig in die Zukunft verschieben lassen, also bei einer späteren Optionsausübung in gleicher Weise realisiert werden können.1450) In ihrer Wirkung entspricht die Objektertragsrate į der kursproportionalen Dividendenzahlung eines Finanztitels.1451) Der Inhaber
1442)
1443) 1444) 1445)
1446)
1447) 1448) 1449)
1450) 1451)
Vgl. Hull (2006), S. 360, Die Variable x dupliziert den (N)SLV vollständig, so dass wie bei der Bewertung von Finanzoptionen auf Aktien ein risikoloses Hedge- bzw. Duplikationsportfolio gebildet werden kann. Diese Vorgehensweise liegt, wie bereits angemerkt, den meisten Realoptionsansätzen zugrunde (bspw. Amend (2000), S. 81, Crasselt/Tomaszewski (1999b), S. 519, Laux (1993), S. 940, Schäfer/Schässburger (2000), S. 586). Vgl. bspw. Nembhard/Shi/Aktan (2003), S. 204. Vgl. Amram/Kulatilaka (1999), S. 36, Hull (2006), S. 360 sowie Sick (1995), S. 632. Vgl. Roemer (2004), S. 102 sowie allgemein Dixit/Pindyck (1994), S. 121-124, Ebenso unterstellt Lukas (2004), S. 33 ff. eine präferenzfreie Bewertung, so dass lediglich der risikolose Zinssatz r in die Bewertung eingeht. Vgl. Friedl (2001), S. 39, Lukas (2004), S. 33, Moyen/Slade/Uppal (1996), S. 67 und Pindyck (1991), S. 1122. Vgl. Friedl (2001), S. 32. Vgl. Amend (2000), S. 76. Vgl. Dixit/Pindyck (1994), S. 138 und S. 149, „[I]f the dividend rate is positive, there is an opportunity cost to keeping the option alive rather than exercising.” sowie Meise (1998), S. 52, „entgangene Brutto-Cash-Flows“. Vgl. Meise (1998), S. 52. Vgl. Amend (2000), S. 76 sowie Paddock/Siegel/Smith (1988), S. 489.
247
einer Finanzkaufoption realisiert einen Wertzuwachs von Į, wohingegen der Inhaber der Aktie sowohl von dem Wertzuwachs Į als auch von der Dividendenrendite į profitiert (ȝ = Į + į bzw. ȝ = r + į im Hedge-/Duplikationsportfolio mit Dividende). 1452)
5.3.2.1.2 Prozessparameter der dynamischen Programmierung Copeland/Tufano (2004) schränken die Anwendungsmöglichkeit der Contingent Claims Analysis und konkret des Black-Scholes-Merton-Modells ein.1453) Findet sich kein gehandelter Vermögensgegenstand, der die Risikostruktur der Realinvestition exakt nachbildet, kann die Vereinfachung mit der Prämisse eines vollständigen und vollkommenen Kapitalmarkts nicht angewendet werden. Für die Bewertung der Realoption entfällt die Anwendung der Black-Scholes-Merton Differentialgleichung. Es wird erforderlich, die Realoptionsbewertung mittels dynamischer Programmierung und einem risikoadjustierten, exogen zu bestimmenden Diskontierungsfaktor i durchzuführen.1454) Der Diskontierungsfaktor i ist der Zinssatz, der vom Abnehmer zur Abdiskontierung künftiger unsicherer Zahlungsströme der Wertschöpfungspartnerschaft angewandt wird.1455) Der risikoadjustierte Diskontierungsfaktor i als (vom Abnehmer geforderter) Faktor der Wertsteigerung des eingesetzten Kapitals im (N)SLV ist bei Investitionen mit Dividenden kleiner als die Gesamtrendite ȡ (i < ȡ, wenn į > 0).1456) Auch Dixit/Pindyck (1994) weisen darauf hin, dass sich die Gesamtrendite aus der Dividendenrendite und dem Kapitalertrag zusammensetzt.1457) Kulatilaka (1993) bezeichnet die Objektertragsrate G als „equal to the required return given risk minus the actual drift from [..] dynamics”.1458) Für eine Realinvestition gilt demnach entsprechend für die Gesamtrendite ȡ = Į + į (vgl. Tabelle 5-4).1459) Sick (1995) schlägt für Realinvestitionen vor, deren Gesamtrendite mittels „Return on Investment“ zu ermitteln.1460) Welche Analogien zwischen Finanzoptionen mit Dividenden und
1452) 1453) 1454)
1455) 1456)
1457) 1458) 1459)
1460)
248
Vgl. Dixit/Pindyck (1994), S. 149, „expected rate of capital gain“ plus „dividend rate“. Vgl. Copeland/Tufano (2004), S. 90. Vgl. Dixit/Pindyck (1994), S. 149 sowie zur Analogie von i und r Dixit/Pindyck (1994), S. 124, Friedl (2001), S. 35-37 und Lukas (2004), S. 33. Weitere Verfahren sind bspw. numerische Verfahren, finite Differenzen-Verfahren (vgl. Kilka (1995), S. 71 und S. 75, Koch (1999), S. 83 und S. 85, Dixit/Pindyck (1994), S. 78). Vgl. Friedl (2001), S. 51. Vgl. Pindyck (1991), S. 1110, „If į > 0, the expected rate of capital gain on the project is less than ȝ [bzw. ȡ].“ Jedoch gilt die Gleichgewichtsbedingung für eine marktorientierte Bewertung Į = r nicht für i (i Į), da i, wie noch zu zeigen ist, die endogene Unsicherheit ebenfalls mit einschließt. Vgl. Dixit/Pindyck (1994), S. 149. Vgl. Kulatilaka (1993), S. 276. Vgl. Amend (2000), S. 76, Dixit/Pindyck (1994), S. 138, Friedl (2001), S. 32 und Gintschel (1999), S. 67. Vgl. Sick (1995), S. 661.
Realoptionen mit Objekterträgen bestehen sowie deren Bewertungsrelevanz und -ansatz wird in Kapitel 5.3.2.4 aufgezeigt. Ein zentraler Unterschied zwischen der Bewertung einer Aktie und einer Realinvestition liegt darin begründet, dass die Aktie bei risikoneutraler Bewertung (ohne Dividendenzahlung) mit H ( S (t )) = S 0 e r t steigt und zwar unabhängig davon, ob ein einzelner Investor die Aktie im Portfolio hält oder nicht (Wachstumsrate ȝ = Į = r im Hedgeportfolio ohne Dividende, allgemein gilt: H ( S (t )) = S 0 e P t ).1461) Andererseits hat der Inhaber einer Realoption in der Regel die Möglichkeit, den Wert des Basistitels zu beeinflussen, im Gegensatz zum Inhaber einer Aktienoption, der den Aktienkurs nicht beeinflussen kann.1462) Für die Aufrechterhaltung der Annahme einer Wachstumsrate D lassen sich drei Fälle ausmachen: (a) unspezifischer Leistungstausch, (b) spezifischer Leistungsaustausch mit Weiterentwicklungsoption sowie (c) spezifischer Leistungsaustausch mit Leverage-Option. (a) Unspezifischer Leistungsaustausch: Bei einem unspezifischen Leistungsaustausch verhält es sich entsprechend den Ausführungen, wie sie für Finanzoptionen gelten. Die Wachstumsrate D einer Aktie lässt sich empirisch beobachten, ebenso wie die Entwicklung einer vorhandenen Nachfrage nach einem bereits existierenden Produkt empirisch beobachtbar ist. Die Nachfrage steigt entsprechend der Brown’schen Bewegung durch den Leistungsaustausch des Lieferanten mit anderen Unternehmen, ohne dass der Inhaber der Option selbst im Leistungsaustausch steht. Gleichzeitig gilt, dass die erworbenen Fähigkeiten und Routinen bei ubiquitärem Charakter für den neuen Abnehmer Fähigkeiten bei Beziehungseinstieg darstellen, also jenes Potential, das Aus- und Einzahlungen determiniert. Der Einstieg in den Leistungsaustausch kann von einer beobachtbaren Nachfrageentwicklung abhängig gemacht werden. (b) Spezifischer Leistungsaustausch mit Weiterentwicklungsoption: Aufgrund des spezifischen Leistungsaustausches kann nicht davon ausgegangen werden, dass es für eine Wachstumsrate Į (Erwartungswert) genügt, dass der Lieferant Beziehungen zu anderen Abnehmern unterhält und sich daraus eine Nachfrage entwickelt. Das Abnehmerunternehmen realisiert (ein spezifisches) Į nur dann, wenn es schon einen Anteil am Investitionsobjekt „Lieferant“ hält, da erst durch die initiale Einstiegsinvestition die spezifische Wertschöpfungspartnerschaft konstituiert und ein spezifisches Beschaffungsobjekt als Teil des Endprodukts realisiert wird. Dasselbe gilt für den Zustand der
1461)
1462)
Vgl. Hull (2006), S. 361, Dies gilt in gleicher Weise für einen beliebigen, gehandelten Vermögensgegenstand, der als Spanning Asset herangezogen wird. Vgl. ebenfalls Hull (2006), S. 332. Vgl. Copeland/Antikarov (2001), S. 6 und S. 111 sowie Miller/Waller (2003), S. 97, „to enhance values of [..] real options by positively affecting the values of the underlying real resources“.
249
Wertschöpfungspartnerschaft ex post der Lieferantenentwicklung. Erst mit Realisation kann sich eine beobachtbare Nachfrage entwickeln, so dass eine Schätzung der Nachfrageentwicklung Į auf der Basis von Vergangenheitsdaten bei imaginären Basistiteln erschwert wird. Eine Schätzung des damit verbundenen SLV wird jedoch für einen imaginären Basistitel im Rahmen einer innovationsorientierten Lieferantenentwicklung notwendig.1463) (c) Spezifischer Leistungsaustausch mit Leverage-Option: Für die Leverage-Option lassen sich die Überlegungen zu (a) anwenden, sofern es sich um einen unternehmensspezifischen Leistungsaustausch handelt. Die Nachfrage entwickelt sich auf der Basis des bestehenden Leistungsaustauschs und ist für die nachfolgende Unternehmenseinheit (als Inhaber der Leverage-Option mit demselben spezifischen Bedarf) als vorhandene Nachfrage beobachtbar, ohne dass diese sich bereits im Leistungsaustausch mit dem Lieferanten befinden muss. Kogut (1991) betrachtet Kauf- und Verkaufsoptionen im Rahmen eines Joint Ventures. Neben den Zahlungsansprüchen aus dem Joint Venture für die Partner profitieren beide von gegenseitigem Lernen in Managementfähigkeiten und technologischen Fähigkeiten.1464) Dieser Ansatz scheint auf eine Wertschöpfungspartnerschaft übertragbar, die bei einer langfristigen Zusammenarbeit mit steigendem Vertrauen von sinkenden Koordinationskosten profitiert.1465) Der Wert der Beziehung wächst mit der Rate Į, wohingegen mit G die Zahlungsansprüche aus dem Leistungsaustausch hinsichtlich des Beschaffungsobjektes resultieren. Gerade bei der Leverage-Option wird dieser Zusammenhang unterstellt. Weitere Unternehmenseinheiten sollen von der gewachsenen Zusammenarbeit (bspw. Skaleneffekte bei Transaktionskosten) profitieren gegenüber der Auswahl eines völlig neuen Lieferanten. Der Abnehmer profitiert sowohl durch die unternehmensspezifische Erfahrung des Lieferanten als auch durch die Erfahrung, die der initiale Unternehmensbereich macht,1466) worin der zentrale Vorteil der Leverage-Option gegenüber einem völlig neuen Lieferanten besteht. Die Driftrate stellt die Veränderungsrate der Nachfrage dar. Um den Effekt einer gewachsenen Beziehung in den stochastischen Prozess einzubeziehen, muss ein stochastischer Prozess gefunden werden, der sowohl die Nachfrageentwicklung, als auch die endogene Unsicherheit der Wertschöpfungspartnerschaft als stochasti-
1463)
1464) 1465) 1466)
250
Im Sinne einer signifikanten Zustandsänderung (bspw. Produktänderung). Diese Situation ist vergleichbar mit einer noch nicht emittierten Aktie. Vgl. Kogut (1991), S. 26. Der Leistungsaustausch wird effizienter, „Reibungsverluste“ reduzieren sich. Darin eingeschlossen ist die Erfahrung über Verhaltensweisen des Lieferanten (Opportunismus).
schen Prozess abbildet.1467) Ein verbundener, kombinierter stochastischer Prozess lässt sich mittels Risikoanalyse und Durchführung einer Monte-Carlo-Simulation bestimmen.1468) Die Risikoanalyse versucht, aus gegebenen Verteilungen der Bewertungsparameter „auf analytischem oder simulativem Wege die statistische Verteilung der Zielgröße [(N)SLV] […] zu erzeugen bzw. zu approximieren.“1469) Es wird eine Wahrscheinlichkeitsverteilung für die betrachtete Zielgröße „in Abhängigkeit von Wahrscheinlichkeitsverteilungen der in die Zielgröße eingehenden stochastischen Größen“ erzeugt.1470) Die Risikoanalyse ist eine Methode der Risikodarstellung und nicht Risikobewertung. Die eingehenden stochastischen Prozesse müssen ex ante bekannt sein.1471) Gerade die Abbildung der endogenen Unsicherheit als stochastischer Prozess scheint aus folgenden zwei Gründen unmöglich zu sein. Einerseits liegen keine empirischen Daten zugrunde, die den Prozess beschreiben können, andererseits wird mit Beziehungseinstieg der Prozess erst geschaffen, so dass nicht einmal subjektive Daten vorhanden sind. Im Bewertungsmodell der Lieferantenentwicklungsoption wird der Effekt einer gewachsenen Beziehung über sinkende Transaktionskosten sowie ein sich im Zeitablauf ändernder Diskontierungsfaktor abgebildet. Effekte, die für eine partnerschaftliche langfristige Zusammenarbeit bei spezifischem Leistungsaustausch plädieren, werden somit explizit einbezogen, ohne eine weitere stochastische Größe (bspw. Prozess der Vertrauensbildung als stochastischer Prozess) einzuführen.1472) Wird für den Verlauf von Ein- und Auszahlungen ebenfalls ein stochastischer Prozess unterstellt, weicht der Verlauf des (N)SLV dahingehend ab, dass negative Werte möglich sind. Für Wertschöpfungspartnerschaften resultiert ein negativer Wert, wenn bereits die laufenden Auszahlungen des Abnehmers die Einzahlungen im Bruttokapitalwert (diskontierte Differenz der Ein- und Auszahlungen ohne Anfangsinvestition) übersteigen. Bei Unternehmen kann diese Situation dauerhaft zur Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung
1467)
1468)
1469) 1470) 1471) 1472)
Die endogene Unsicherheit stellt als Diskontierungsfaktor eine (zeit- und zustandsabhängige) Konstante im Bewertungsmodell dar. Der stochastische Prozess des (N)SLV folgt daher in der Driftrate der stochastischen Entwicklung der Nachfrage. Vgl. Franke/Hax (2004), S. 264-266, Hering (2003), S. 320-325, Perridon/Steiner (2003), S. 121-128 sowie Schäfer (2005), S. 264 f. Hering (2003), S. 320. Vgl. Obermaier/Schüler (2006), S. 29. Vgl. Obermaier/Schüler (2006), S. 30. Vgl. Kogut/Kulatilaka (1994), S. 126, die ebenfalls die Unsicherheitsquellen auf das Wechselkursrisiko reduzieren und alle anderen Determinanten als konstant betrachten (bspw. Materialeinstandspreis und Nachfrage).
251
und damit zur Insolvenz („Aktienkurs gleich Null“ als Untergrenze) führen.1473) Wertschöpfungspartnerschaften müssen in dieser Situation nicht zwingend abgebrochen werden, wenn auch finanzwirtschaftlich rational. Jedoch scheint es aus der Sicht des Abnehmers generell irrational zu sein, in eine Beziehung mit einem negativen erweiterten Kapitalwert (statischer Nettokapitalwert inklusive Optionswert) zum Zeitpunkt t0 einzusteigen. Wird der Wert eines Handlungsspielraums bei einem negativen Kapitalwert so gering eingeschätzt, dass auch der erweiterte Kapitalwert nicht positiv wird, ist von einem Beziehungseinstieg abzusehen.1474) Dennoch ist es möglich, dass der Bruttokapitalwert SLV (Present Value) negative Werte bei Unterstellung eines stochastischen Prozesses der laufenden Ein- und Auszahlungen annimmt.
5.3.2.2 Abbildung der Unsicherheit: Volatilität und risikoadäquater Diskontierungsfaktor 5.3.2.2.1 Volatilität Historische oder implizite Volatilitäten können herangezogen werden, wenn sich die Realinvestition vollständig mit einem Spanning Asset bewerten lässt.1475) Bathe/Kramer/Müller (2002) bewerten die Errichtung eines Blockheizkraftwerkes auf Erdgasbasis mit einem Realoptionsansatz, das die bisherige Fremdversorgung mit Energie an einem Produktionsstandort der DaimlerChrysler AG ablösen soll. Hierbei gelingt es sehr einfach, die Volatilität der Realinvestition an die Volatilität der Elektroenergiepreise zu koppeln.1476)
Gelingt eine solche Duplikation der Risikostruktur der Realinvestition mit gehandelten Vermögensgegenständen nicht, ist dessen Volatilität häufig nur mit einer Simulationsbzw. Szenarioanalyse zu bestimmen.1477) Eble/Völker (1993) empfehlen zur Abbildung der Volatilität eine Normalverteilung zu unterstellen und den Streuungsbereich bzw. die Volatilität (a) über Branchendaten abzubilden oder (b) Szenarien zugrunde zu legen.1478) Auch
1473)
1474)
1475) 1476) 1477)
1478)
252
Vgl. Eisele (2002), S. 1082 sowie Amram/Kulatilaka (1999), S. 94 und Koch (1999), S. 68, die die haftungsbeschränkende Eigenschaft von Aktien ansprechen, so dass diese auch formaljuristisch nicht unter Null fallen können („limited liability of equity“). Die Anwendung der geometrischen Brown’schen Bewegung folgt dem Ansatz von Pindyck (1991), S. 1120, der die Haupteffekte von Irreversibilität und Unsicherheit fokussiert. Vgl. Hommel/Pritsch (1999a), S. 131, ebenso Copeland/Antikarov (2001), S. 111. Vgl. Bathe/Kramer/Müller (2002), S. 95. Vgl. Copeland/Antikarov (2001), S. 111, Hommel/Pritsch (1999a), S. 131 und Hommel/Pritsch (1999b), S. 15. Vgl. Eble/Völker (1993), S. 414.
Huchzermeier (2000) unterstellt eine stochastische Nachfrage und greift dafür explizit auf eine Normaverteilung zurück.1479) (a) Auf branchentypische Werte empfiehlt es sich zurückzugreifen, sofern es sich um eine prinzipiell branchentypische Realinvestitionen handelt.1480) Reduziert sich die Volatilität des (N)SLV auf die Nachfrage als verbleibende stochastische (unsichere) Größe, kann die Volatilität der Nachfrage (als exogene Unsicherheit) des Beschaffungsobjektes mit der Volatilität der Nachfrage nach dem Endprodukt approximiert werden. Die endogene Unsicherheit kann dagegen mit Branchendaten nicht erfasst werden. (b) Sind dagegen Branchendaten nicht verfügbar oder deren Anwendung mangels Nähe zum Investitionsprojekt nicht geeignet, ist mit einem Rückgriff auf die Szenarioanalyse mittels eines optimistischen Szenarios Soptimistisch, eines pessimistischen Szenarios Spessimistisch sowie dem wahrscheinlichsten Szenario Swahrscheinlich als Mittelwert (Erwartungswert) der beiden Szenarien die Varianz und als Wurzel der Varianz die Standardabweichung zu bestimmen (vgl. Gleichung 5-5a, 5-5b und 5-c mit der subjektiven Wahrscheinlichkeit q bzw. (1 – q) als Gegenwahrscheinlichkeit).1481) Dixit/Pindyck (1995) erwähnen die Problematik der Bestimmung zukünftiger Zahlungsströme und weisen auf die Unternehmenspraxis hin, die für die Projektion den Durchschnitt von „high, medium, and low estimates“ verwenden.1482) Ebenso verwendet Huchzermeier (2000) ein „low, medium and high demand scenario“ zur Bestimmung der Volatilität der Nachfrage.1483) Die Volatilität lässt sich auch mit Hilfe einer Monte-CarloSimulation ermitteln.1484) Die Monte Carlo-Simulation ist, wie bereits angemerkt, insbesondere dann hilfreich, wenn die Wertentwicklung bzw. die Szenarien von mehreren stochastischen Unsicherheitsquellen abhängen.1485) Die Wahrscheinlichkeit q bzw. (1 – q) des optimistischen und pessimistischen Szenarios stellen bei der dynamischen Programmierung subjektive Wahrscheinlichkeiten des Investors dar.1486) Für den Fall der Anwendbarkeit eines Spanning Assets (marktwertorientierte
1479) 1480) 1481) 1482) 1483) 1484)
1485)
1486)
Vgl. Huchzermeier (2000), S. 190. Vgl. Eble/Völker (1993), S. 414. Vgl. Eble/Völker (1993), S. 417 sowie Schäfer (2005), S. 280-283. Vgl. Dixit/Pindyck (1995), S. 107. Vgl. Huchzermeier (2000), S. 190. Vgl. Copeland/Antikarov (2001), S. 239, „event tree“, Hommel/Pritsch (1999a), S. 131 und Huchzermeier (2000), S. 196. Vgl. Copeland/Antikarov (2001), S. 239, Nembhard/Shi/Aktan (2005), S. 946 und zur Schätzung der Volatilität mittels Monte-Carlo-Simulation Copeland/Antikarov (2001), S. 244-251. Vgl. Crasselt/Tomaszewski (1999a), S. 557, Diese Vorgehensweise entspricht der flexiblen Investitionsplanung, die mit tatsächlich erwarteten Eintrittswahrscheinlichkeiten arbeitet. Vgl. ebenso Fischer (1996), S. 105, „tatsächliche Wahrscheinlichkeiten“.
253
Bewertung) stellen die Wahrscheinlichkeiten q bzw. (1 – q) nicht die Eintrittswahrscheinlichkeiten der Szenarien dar, sondern die Wahrscheinlichkeit einer Auf- bzw. Abwärtsbewegung mit der der (N)SLV im Marktgleichgewicht steigt oder fällt, wenn die erwartete Rendite P dem risikolosen Zinssatz r entspricht.1487) Die Variable p ist dann die Wahrscheinlichkeit, mit der das Szenario Soptimistisch eintreten müsste, wenn alle Investoren risikoneutral wären und der Wert (N)SLV in dieser risikoneutralen Welt mit jener in der Realität übereinstimmt.1488) Es handelt sich deshalb um Pseudowahrscheinlichkeiten p bzw. (1 – p) mit der die Notwendigkeit der Ermittlung eines risikoangepassten Diskontierungsfaktors entfällt.1489) Volatilität der Rendite der Wertschöpfungspartnerschaft nach der Lieferantenentwicklung (Parameter der Call-Option):1490) var (SLV) 2
§ S optimistisch S wahrs. · §S · S ¸ (1 q) ¨ pessimistisch wahrs. ¸ q ¨¨ ¸ ¨ X X ¸¹ X X ¹ © ©
2 V SLV
2
(5-5a)
2 Volatilität V = V SLV
Volatilität der Rendite der Wertschöpfungspartnerschaft vor der Lieferantenentwicklung (Parameter der Put-Option):1491) var (NSLV) 2
2 V NSLV
§ S optimistisch S wahrs. · §S · S ¸ (1 - q) ¨ pessimistisch - wahrs. ¸ q ¨¨ ¸ ¨ I0 I0 I 0 ¸¹ I0 ¹ © ©
2
(5-5b)
2 Volatilität V = V NSLV
Ein Beispiel soll die Gleichungen 5-5 verdeutlichen, wobei der Kritik von Hering (2003) folgend durch gleichwahrscheinliche Szenarien vermieden werden soll, das Unsicher-
1487) 1488) 1489)
1490)
1491)
254
Vgl. Laux (1993), S. 939. Vgl. Laux (1993), S. 939. Vgl. Laux (1993), S. 940, Smith/Nau (1995), S. 808 verbinden in einem Entscheidungsbaum Pseudowahrscheinlichkeiten für Knoten, bei denen exogene Marktrisiken determinierend sind und subjektive Wahrscheinlichkeiten für Knoten, an denen endogene, private Risiken wirken. Zur Bewertung der Volatilität von Renditen vgl. Schäfer (2005), S. 282 sowie als Bewertungsbeispiel Paddock/Siegel/Smith (1988), S. 488, „variance of rate of change of the value of a developed reserve“. Vgl. Schäfer (2005), S. 282.
heitsproblem von dem Zahlungsstrom auf die Wahrscheinlichkeiten zu verlagern.1492) Werden SLV-Szenarien zur Bestimmung der Volatilität zugrunde gelegt, werden sowohl die exogene Nachfrageunsicherheit als auch die endogene Unsicherheit sowie weitere Werttreiber (bspw. Erfahrungskurveneffekt) in die Bewertung miteinbezogen. Eine Lieferantenentwicklung verursache einen SLV für den Abnehmer im optimistischen Szenario in Höhe von Soptimistisch = 850. Das pessimistische Szenario hat einen Wert von Spessimistisch = 450. Die Ausübung der Lieferantenentwicklungsoption erfolgt zum Ausübungspreis von X = 500. Beide Szenarien seien gleichwahrscheinlich.1493) Der Mittelwert der Szenarien ist 650. Für die Volatilität der Renditen folgt: 2 2 § 450 650 · § 850 650 · var (SLV) 0,5 ¨ ¸ = 0,16 ¸ + 0,5 ¨ © 500 500 ¹ © 500 500 ¹
V = 0,4
Ein modifiziertes, alternatives Bewertungsmodell findet sich bei Eble/Völker (1993), mit dem sich sowohl die Volatilität des NSLV für eine Abbruchsoption als auch für den SLV für eine Lieferantenentwicklungsoption bewerten lassen.1494) var ((N)SLV) 2
V (2N ) SLV
§ S optimistisch · § S pessimistisch · 1¸¸ (1 q) ¨¨ 1¸¸ q ¨¨ S S wahrs. wahrs. © ¹ © ¹
2
(5-5c)
Volatilität V = V (2N ) SLV Eine differenzierte Bewertung der Volatilität findet sich bei Copeland/Antikarov (2001), welche insbesondere dann hilfreich ist, wenn historische Wachstumsraten Į zugrunde gelegt werden können.1495) Der Ansatz kommt ohne die Angabe subjektiver Wahrscheinlichkeiten aus. Der stochastische Prozess der Wertentwicklung der Wertschöpfungspartnerschaft wird durch die Nachfrageentwicklung, die einer geometrischen Brown’schen Bewegung folgt, determiniert. Szenarien beschränken sich hierbei jedoch auf die exogene Unsicherheit der Nachfrageentwicklung. Wird streng von limitationalen Mengenverhältnissen der Einsatzgüter zur Produktion des Endprodukts ausgegangen, wird für die Herstellung eines Endprodukts eine bestimmte Menge des Beschaffungsobjektes benötigt, das
1492) 1493)
1494) 1495)
Vgl. Hering (2003), S. 268 f. Huchzermeier (2000), S. 190 verwendet dieselbe Wahrscheinlichkeit für das optimistische sowie das pessimistische Szenario (w = 0,25). Abweichend von der hier verwendeten Vorgehensweise verwendet er als drittes Szenario ein mittleres mit w = 0,5. Vgl. Eble/Völker (1993), S. 415. Vgl. Copeland/Antikarov (2001), S. 260-262.
255
Gegenstand der Wertschöpfungspartnerschaft ist.1496) Daraus resultiert, dass die Volatilität der Nachfrage des Abnehmers nach dem Beschaffungsobjekt innerhalb der Wertschöpfungspartnerschaft von der Nachfragemenge des Endproduktes abhängt. Die Analyseperspektive erweitert sich somit auf die Supply Chain mit einer konsequenten Ausrichtung der (bilateralen) Wertschöpfung auf das Endprodukt, dessen Nachfrage die Volatilität determiniert, als auch den Erwartungswert mit der Wachstumsrate Į (Driftrate) einschließt. Als Weiterentwicklung qualitativer Aussagen zur Endkundenorientierung in Supply Chains liefert dieser Ansatz einen deutlichen quantitativen Beleg des Nutzens der Endkundenorientierung.1497) Der folgende Ansatz ermöglicht die Bestimmung der Volatilität der Nachfrageentwicklung sowie in Folge die Volatilität des Lieferantenwerts bei deterministischen übrigen Bewertungsparametern. Die Wertentwicklung der Nachfrage stellt sich gemäß
xt 't
xt eD't dar. Am Ende der Betrachtungsperiode liegt der Erwartungswert (Driftra-
te) D innerhalb eines 95%igen Konfidenzintervalls (vgl. Gleichung 5-6 und Abbildung 51).
D >D 2V ,D 2V @
(5-6)
Die Varianz wächst proportional mit der Zeit, so dass die Standardabweichung ı mit der Wurzel der Zeit t bzw. der Gesamtperiode T wächst (vgl. Gleichung 5-7).
>
D D 2V T ,D 2V T
@
(5-7)
Damit lassen sich obere und untere Schranken der Entwicklung der Variable x darstellen (vgl. Gleichungen 5-8a und 5-8b). Obere Schranke xoptimistisch = x0eDT 2V T
(5-8a)
Untere Schranke xpessimistisch = x0eDT 2V T
(5-8b)
Die Gesamtwachstumsrate ĮT (Erwartungswert für x in Periode T) lässt sich als Summe der periodischen Wachstumsraten über die Zeit T darstellen, so dass Gleichungen 5-9 resultieren.
1496)
1497)
256
Vgl. Schweitzer/Küpper (1997), S. 59, Stellt das Beschaffungsobjekt eine vom Endkunden individuell bestellbare Zusatzleistung („Extra“) dar, kann der Zusammenhang zwischen Menge Endprodukt und Anzahl Bestellungen der Zusatzleistung über Vergangenheitsdaten approximiert werden. Weiterentwicklung im Sinne eines Operationalisierungsansatzes, vgl. zur Endkundenorientierung im Supply Chain Management Stölzle (1999), S. 147, Endkunde als „Fixpunkt des mit dem Supply Chain Management einhergehenden Integrationsverständnisses“.
Obere Schranke xoptimistisch = x0e¦ D t 2V T
(5-9a)
Untere Schranke xpessimistisch = x0e ¦ D t 2V T
(5-9b)
Abb. 5-1:
Volatilität der Nachfrageentwicklung
Quelle:
Vgl. Dixit/Pindyck (1994), S. 67 und Hull (2006), S. 331
Ohne eine subjektive Größe kommt jedoch auch dieser Ansatz nicht aus. In die Schätzung der Volatilität fließt als subjektive Größe die Einschätzung des Entscheidungsträgers hinsichtlich einer oberen oder unteren Schranke (Szenario) ein, so dass sich die Volatilität mittels der Gleichungen 5-10 bestimmen lässt.
V
§ xoptimistisch · T ¸¸ ¦D t ln¨¨ x0 © ¹ t 1 2 T T
§ x pessimistisch · ¸ ¸ x0 ¹ © 2 T
¦ D t ln¨¨
V
t 1
(5-10a)
(5-10b)
Ein Beispiel soll Gleichung 5-10b verdeutlichen:1498) Der Entscheidungsträger wird hinsichtlich des pessimistischen Nachfrageszenarios befragt, das in T (t = 5) mit 400 geschätzt wird. Für die Wachstumsrate gilt Į = 0,1. Zur Bewertung einer Abbruchsoption interessiert die Volatilität auf der Basis des
1498)
Ein Beispiel findet sich ebenfalls bei Copeland/Antikarov (2001), S. 309-312.
257
zum Beziehungseinstieg vorhandenen Leistungspotentials, das einen konkreten Output generiert, der Gegenstand der Nachfrage nach Beziehungseinstieg ist (NSLV). Die aktuelle Nachfrage soll in t0 bei 500 liegen. Ebenso erfolgt die Bewertung der Volatilität für den SLV der Lieferantenweiterentwicklung. Hierbei interessiert die Volatilität auf der Basis des „entwickelten“ Leistungspotentials, das einen konkreten Output generiert, der Gegenstand der Nachfrage nach Ausübung der Lieferantenentwicklungsoption ist. Der Erwartungswert des wahrscheinlichsten Szenarios auf Basis der Wachstumsrate ergibt sich aus x x eD 5 500e 0,15 824 . Die Volatilität lässt sich wie folgt be5
0
rechnen: 5
V
§ 400 ·
¦ 0,1 ln¨© 500 ¸¹
t 1
2 5
§ 400 · 5 0,1 ln¨ ¸ © 500 ¹ 2 5
0,16
Die untere Wertschranke (pessimistisches Szenario) wird bestätigt durch xpessimistisch = 500e 0,5 20,16 5
400
Die obere Wertschranke (optimistisches Szenario) ergibt sich aus xoptimistisch = 500e 0,5 20,16 5 1699
Der Wert einer Realoption steigt mit der Volatilität des Werts der zukünftigen Zahlungsströme (N)SLV. Der Anreiz für den Abnehmer, mit der Ausübung der Lieferantenentwicklungsoption zu warten, nimmt zu („keep the option alive“).1499) Die Bewertung der Lieferantenentwicklungsoption mittels SLV gewährleistet, dass die Option erst dann ausgeübt wird, wenn ein langfristiger Trend die Vorteilhaftigkeit bestätigt. Kulatilaka (1993) betrachtet eine Wechseloption, die die Möglichkeit des Betriebes eines Generators sowohl mit Öl als auch Gas bewertet. Auch wenn kurzfristig der Wechsel des Inputfaktors vorteilhaft erscheint, führen Wechselkosten (analog der Kosten der Lieferantenentwicklung) zu einem Abwarten der Optionsausübung, bis die Profitabilität des Wechsels mittel- bis langfristig gewährleistet ist.1500) Die Ausübung der Lieferantenentwicklungsoption hängt von der zukünftigen Wertentwicklung SLV des Lieferanten nach der Entwicklungsmaßnahme ab („post-expansion value“1501)), wohingegen der Wert NSLV die Entscheidungsgrundlage für den Abbruch der Wertschöpfungspartnerschaft bildet.1502) Beide Bewer-
1499)
1500)
1501) 1502)
258
Vgl. Amram/Kulatilaka (1999), S. 35, Copeland/Antikarov (2001), S. 87 und Dixit/Pindyck (1995), S. 110. Vgl. Kulatilaka (1993), S. 274, „A hysteresis band is a band of values that the state variable […] may take, even when short-term cost conditions make switching appear profitable.“ Amram/Kulatilaka (1999), S. 99. Vgl. Crasselt/Tomaszewski (1999a), S. 556, „zukünftige Wertentwicklung des zu beziehenden bzw. abzugebenden Vermögensgegenstandes”.
tungsansätze NSLV und SLV bewerten die langfristige Entwicklung der Wertschöpfungspartnerschaft entgegen einer häufig kurzfristig kostenorientierten Bewertung in der Beschaffungspraxis, die zu Fehlbeurteilungen führen kann. Die Bestimmung des (N)SLV stellt eine kritische Inputgröße bei der Bewertung der Option dar, der sowohl Erwartungswert als auch Risiko reflektiert.1503) Die Volatilität des (N)SLV wird über die Nachfrageentwicklung durch das Inkrement des Wiener Prozesses der geometrischen Brown’schen Bewegung ausgedrückt und folgt einer symmetrischen Normalverteilung.1504) Der Handlungsspielraum der Realoption impliziert eine Transformation hin zu einer rechtsschiefen Verteilung.1505) Das Risiko des Optionsinhabers ist asymmetrisch verteilt, da keine Ausübungspflicht besteht und nur dann ausgeübt wird, wenn der Abnehmer einen finanziellen Vorteil erlangt.1506) Unsicherheit mindert den Wert einer Investition a priori, versteht man diese als statische nicht-veränderbare Investition. Durch das Optionsrecht wird der Optionsinhaber asymmetrisch gegen Unsicherheit abgesichert, wodurch sich der Wert der Investition erhöht (erweiterter Lieferantenwert).1507) Unsicherheit über die Nachfrageentwicklung kann sich damit auch wertsteigernd auswirken, indem eine höhere Volatilität den positiven Bereich der ursprünglichen Normaverteilung vergrößert.1508) Der Abnehmer verfügt durch die dynamische Transformation über die Flexibilität, die Wertschöpfungspartnerschaft abhängig von später eintretenden Veränderungen anpassen zu können, wodurch der Wert der Investitionsgelegenheit „Lieferant“ in Form des Flexibilitätswertes steigt (bessere Ausnutzung der Gewinnchancen),1509) während die Verlustrisiken auf die Einstiegsinvestition – selbst ohne explizite Abbruchsoption mit einem garantierten Alternativertrag – eingegrenzt wird.1510) Der Barwert SLV der Investitionsmöglichkeit, auf dessen Basis der Optionswert in t0 kalkuliert wird, bleibt unverändert.1511) Der Handlungsspielraum der Ausnutzung der Gewinnchance ist Ausdruck des Optionswertes. Meise (1998) bezeichnet die Situation der Eröffnung von
1503) 1504) 1505) 1506) 1507) 1508)
1509) 1510)
1511)
Vgl. Teisberg (1995), S. 39. Vgl. Dixit/Pindyck (1995), S. 63. Vgl. Hommel/Pritsch (1999b), S. 11. Vgl. Crasselt/Tomaszewski (1999a), S. 556, Fischer (1996), S. 95 sowie Schäfer (2005), S. 345. Vgl. Lukas (2004), S. 17. Vgl. Baecker/Hommel (2004), S. 6, Nicht wertsteigernd wirkt sich dagegen die „implementation uncertainty” aus, die im vorliegenden Fall der Lieferantenentwicklung die Leistungsfähigkeit des Lieferanten unmittelbar vor (Basispotential) oder nach der Entwicklungsmaßnahme umfasst. Vgl. Amram/Kulatilaka (1999), S. VII, „upside potential”. Vgl. Amram/Kulatilaka (1999), S. 17, „enhance exposure to good outcomes“, Fischer (1996), S. 95, Cohen/Huchzermeier (1999a), S. 225 und Cohen/Huchzermeier (1999b), S. 673, „downside risk”, Miller/Waller (2003), S. 94 und S. 97 „downside risk”, Löhr/Rams (2000), S. 1983 sowie Rese/Roemer (2004), S. 504. Vgl. Tomaszewski (2000), S. 244.
259
Chancen als „offensiven Handlungsspielraum“ und den Schutz vor Verlusten als „defensiven Handlungsspielraum“.1512) Fälle, in denen der Rückfluss die Investitionsauszahlung unterschreitet, werden nicht mehr berücksichtigt.1513) Mit der asymmetrischen Verteilung des Risikos ergibt sich eine asymmetrische Struktur der Cash Flows. Bei günstigen Bedingungen sind die Einzahlungen (aus theoretischer Sicht) unbegrenzt positiv, die Auszahlungen bei ungünstiger Entwicklung jedoch auf das Minimum der Einstiegsinvestition begrenzt (für den Fall des Alternativertrages X = 0).1514) Der Abnehmer verfügt mit der Lieferantenentwicklungsoption über einen Schutz, die Wertschöpfungspartnerschaft an Umweltzustände anpassen zu können, wenn ein Lieferantenwechsel entweder nicht gewollt oder nicht möglich ist (Lock-in).1515) Anders dagegen, wenn eine Erhöhung der Unsicherheit zur Veränderung des Barwertes N(SLV) der Investitions- bzw. Desinvestitionsgelegenheit führt.1516) Eine Erhöhung der Unsicherheit führt dann nicht zu einer Erhöhung des erweiterten Lieferantenwerts. Optionen reduzieren nach Schäfer (2005) das systematische Risiko (exogene Unsicherheit), wenn es als einziges Risiko mit der Prämisse eines diversifizierten Portfolios idealerweise verbleibt.1517) Bei der Bewertung eines F&E-Projektes setzt Reinhardt (1997) die Diversifizierbarkeit des auf dem Technikfaktor basierenden unsystematischen Risikos (endogene Unsicherheit) des Projektes voraus, so dass für das technische Risiko keine Risikoprämie kalkuliert wird.1518) Dagegen kritisieren Baecker/Hommel (2004), dass auch bei technischen Risiken, die in der Regel als indiosynkratisch und diversifizierbar angesehen werden, nicht von einer vollständigen Diversifikation ausgegangen werden kann.1519) Betrachtet man eine Wertschöpfungspartnerschaft, verbleibt bei Diversifikation lediglich das Nachfragerisiko. Die Diversifikation ist allerdings bei tendenziell geringer Lieferan-
1512) 1513) 1514) 1515) 1516) 1517) 1518)
1519)
260
Vgl. Meise (1998), S. 18, Investitionen können auch gleichzeitig beide Formen aufweisen. Vgl. Tomaszewski (2000), S. 81. Vgl. Hommel/Pritsch (1999a), S. 124. Vgl. Fischer (1996), S. 96, Bereits getätigte Investitionen werden dann nicht zu Sunk Costs. Vgl. Tomaszewski (2000), S. 244. Vgl. Schäfer (2005), S. 360. Vgl. Reinhardt (1997), S. 168 sowie Paddock/Siegel/Smith (1988), S. 484, „risk is entirely technological […] risk is therefore nonsystematic [..] requires no risk premium.“, Diese Ansätze gehen‚ übertragen auf die vorliegende Problemstellung davon aus, dass sich der Abnehmer gesamtheitlich durch ein (Finanz- und Real-) Investitionsportfolio diversifizieren kann. Nicht berücksichtigt wird dabei, dass die im engsten Sinne unterstellte Single-Sourcing-Situation für Wertschöpfungspartnerschaften dazu führt, dass alle anderen Realinvestitionen in Lieferbeziehungen zur Erstellung des Endproduktes ebenfalls von einer Schlechtleistung des einen Lieferanten in einer integrierten Supply Chain betroffen sind. Eine Diversifikation des Abnehmers wäre dann mittels zusätzlicher Finanzanlagen zu konstruieren, deren Ertrag den im „worst Case“ Ausfall der originären Leistungserstellung des Endproduktes und den damit verbundenen Ertrag als Diversifikationseffekt kompensieren. Vgl. Baecker/Hommel (2004), S. 4.
tenzahl, bezogen auf ein Beschaffungsobjekt, bei Wertschöpfungspartnerschaften (Single und Dual Sourcing) nicht gegeben. Sowohl das Marktrisiko (exogene Unsicherheit) als auch private Risiken (endogene Unsicherheit) müssen bei Realoptionen Berücksichtigung finden.1520) Insbesondere die Verhaltensunsicherheit ist wesentlicher Bestandteil der Transaktionskostenökonomik, auf der der theoretische Ansatz dieser Arbeit basiert, so dass deren Rolle als privates Risiko der Wertschöpfungspartnerschaft ebenfalls im Bewertungsmodell geprüft werden muss. Zsidisin/Ellram (2003) kommen in einer empirischen Untersuchung zu dem Ergebnis, dass die Entscheidung zu Multiple Sourcing unabhängig vom wahrgenommenen Risiko getroffen wird.1521) Stölzle/Kirst (2006a) untersuchen dagegen Diversifikationseffekte einer Multiple Sourcing-Strategie durch die Bildung von Lieferantenportfolios je Beschaffungsobjekt und Bewertung der Risikokorrelationen.1522) Stölzle/Kirst (2006b) gehen bei ihrem Ansatz davon aus, dass das „simultane Auftreten einer Störung bei verschiedenen Lieferanten für das gleiche Beschaffungsobjekt eher unwahrscheinlich ist.“1523) Kouvelis (1999) empfiehlt im Rahmen einer Global Sourcing-Strategie eine Lieferantenentscheidung nicht preisoder performancegetrieben durchzuführen, sondern im Hinblick auf Diversifikationseffekte vielmehr auf Wechselkurskorrelationen zu achten.1524) Kritisch ist, wenn negative Effekte eines Lieferanten in einer integrierten Supply Chain die gesamte Wertschöpfung gefährden können (positive Korrelation), wohingegen sich unternehmensspezifische Ereignisse nur auf die Rendite eines Wertpapiers niederschlagen, ohne die übrigen im Portfolio in gleicher Weise zu beeinflussen. Bei positiven Korrelationen der endogenen Risiken ist eine Diversifikation nicht gegeben, weshalb eine vertikale Diversifikation über mehrere Stufen der Supply Chain nicht gegeben ist.1525) Eine Beeinflussung der gesamten Supply Chain kann dann negiert werden, stehen je Beschaffungsobjekt mehrere Lieferanten im
1520)
1521)
1522)
1523) 1524) 1525)
Vgl. Amram/Kulatilaka (1999), S. 47 f., „The real options approach extends the financial option valuation.”, Nach Mattar/Cheah (2006), S. 848 führt die endogene Unsicherheit zu einem „private risk premium”. Vgl. Zsidisin/Ellram (2003), S. 23, Die Ergebnisse der Studie basieren auf 261 verwertbaren Rückläufern. Vgl. Stölzle/Kirst (2006a), S. 256 und zum Anwendungsfall Stölzle/Kirst (2006b), S. 25 sowie Kamrad/Siddique (2004), S. 64. Kritisch anzumerken bleibt, dass selbst bei Multiple Sourcing Lieferanten derselben Branche angehören, so dass diese einen hohen Gleichlauf (exogener Unsicherheiten) aufweisen. Eine Assetklassendiversifikation, wie sie Steiner/Bruhns (2000) für Aktien beschreiben, findet dann nicht statt (vgl. Steiner/Bruhns (2000), S. 108 f.). Stölzle/Kirst (2006b), S. 25. Vgl. Kouvelis (1999), S. 627. Vgl. Breuer (2001), S. 134, Diversifikation ist dann gegeben, wenn bspw. die Renditen von Investitionsobjekten nicht vollständig positiv korreliert sind („partiell gegenläufig“). Eine Diversifikation kann nicht auf das gesamte Lieferantenportfolio upstream bezogen werden, sondern immer nur hinsichtlich des Lieferantenportfolios eines Beschaffungsobjektes.
261
Leistungsaustausch zur Verfügung (Multiple Sourcing als horizontale Diversifikation auf einer Wertschöpfungsstufe) und ist ein Wechsel der Bezugsquellen uneingeschränkt möglich. Genau diese Eigenschaft kann für Wertschöpfungspartnerschaften nicht bestätigt werden. Schäfer/Schässburger (2000) sowie Hommel/Pritsch (1999b) weisen darauf hin, dass hinsichtlich einer Projektvolatilität nicht nur das systematische Risiko ausschlaggebend ist und der Realoptionswert das gesamte (unsystematische und systematische) Risiko eines Projektes beeinflusst.1526) Das Gesamtrisiko einer Investition wird durch die Volatilität abgebildet, wobei die Volatilität als negative und positive Abweichung vom Erwartungswert definiert ist.1527) Eine Wertschöpfungspartnerschaft wird sowohl von exogener als auch endogener Unsicherheit beeinflusst, ausgedrückt durch das systematische und unsystematische Risiko. Insbesondere die Nachfrage bestätigen Smith/Nau (1995) als „a market uncertainty“ (als exogene Unsicherheit) und „private uncertainties are [..] specific uncertainties […] efficiency [und Effektivität als der Leistungsfähigkeit des Lieferanten] […] is a private uncertainty.“1528) Das unsystematische Risiko stellt das indiosynkratische bzw. spezifische Risiko dar, wohingegen das systematische Risiko das Markt- bzw. makroökonomische Risiko umfasst.1529) Das unsystematische Risiko bzw. die endogene Unsicherheit der Wertschöpfungspartnerschaft konstituiert sich aus der Spezifität.1530) Des Weiteren steigen mit der exogenen Nachfrageunsicherheit das Marktrisiko und damit die Gefährdung innerhalb der Lock-in-Situation. Entsprechend der zwei Unsicherheitsquellen „Lieferantenrisiko“ (unsystematisches Risiko) und „Marktrisiko“ (systematisches Risiko) wird die Lieferantenentwicklung nur dann realisiert, wenn einerseits der Lieferant die Quasirente des Abnehmers nicht „abschöpft“ und damit beziehungskonformes Verhalten bestätigt,1531) andererseits die Nachfrageentwicklung im betrachteten Zeitraum positiv verläuft oder in einer Detailprognose entsprechend eingeschätzt wird. Für die endogene Unsicherheit gilt, dass unabhängig von vereinbarten Target Costs der Lieferant die Lock-inSituation des Abnehmers aufgrund spezifischer Investitionen dahingehend ausnützen kann, höhere Preise für das benötigte Gut zu verlangen. „Erst bei vollständiger Abschöp-
1526)
1527) 1528) 1529) 1530)
1531)
262
Vgl. Hommel/Pritsch (1999b), S. 35 und S. 51 sowie Schäfer/Schässburger (2000), S. 589, ohne Diversifikation, ebenso Amram/Kulatilaka (1999), S. 27 und Copeland/Antikarov (2001), S. 111 f. Vgl. Amram/Kulatilaka (1999), S. 35 sowie Steiner/Bruhns (2000), S. 57. Smith/Nau (1995), S. 807. Vgl. Koch (1999), S. 28. Im Folgenden werden das finanzmathematische Risiko und der institutionenökonomisch geprägte Unsicherheitsbegriff synonym bzw. parallel verwendet, sofern die Analyse keine weitergehende Unterscheidung verlangt. Vgl. Backhaus/Voeth (2007), S. 197, Schäfer/Schässburger (2000), S. 589 heben die positive Wirkung des „Upside-Risikos“ hervor.
fung der Quasirente lohnt sich ex post die Beendigung des Vertragsverhältnisses für den ‚ausgebeuteten’ Vertragspartner.“1532) Dieses „Abschöpfen“ der Quasirente des Abnehmers durch den Lieferanten kann bis zu der (kritischen) Grenze geschehen, an welcher eine Ausübung der Abbruchsoption für den Abnehmer relevant wird.1533) Die Lieferantenentwicklungsoption ist dann wertlos. Entgegen der Diversifikationsannahme bei Finanzoptionen finden sich bei Realoptionen eine Vielzahl an insbesondere endogenen Unsicherheitsquellen, so dass die in Kapitel 4.3.2 identifizierten Unsicherheitsquellen eine wesentliche Rolle bei der Bewertung des Risikos bilden.1534) Findet keine Diversifikation statt, müssen sowohl die exogene als auch endogene Unsicherheit betrachtet werden. Optionen, die mehreren stochastischen Unsicherheitsquellen unterliegen, fallen in die Kategorie der Rainbow Options (vgl. Tabelle 53). Im Rahmen der Risikoanalyse können Verteilungen mehrerer stochastischer Bewertungsparameter zu einem kombinierten stochastischen Prozess zusammengeführt werden, um die Bewertung anhand eines (Standard-) „Plain Vanilla“-Realoptionsansatzes durchführen zu können.1535) Entgegen einer empirisch beobachtbaren, stochastischen Beschreibung der Nachfrageentwicklung, wird das unsystematische Risiko nicht als stochastische, sondern als deterministische Größe in das Modell integriert. Eine Verdichtung mehrerer stochastischer Prozesse zu einer Größe im Rahmen einer Risikoanalyse entfällt daher. Der (N)SLV folgt der Brown’schen Bewegung der Nachfrage x.
5.3.2.2.2 Diskontierungsfaktor Die Bestimmung des Diskontierungsfaktors hängt eng zusammen mit zwei Grundannahmen zur Bewertung von Realoptionen. Die mit „Spanning“ verbundene Annahme des vollständigen Kapitalmarktes stellt die erste Hauptkategorie der Annahmen der Bewertung von Realoptionen dar. Der Diskontierungsfaktor reduziert sich auf den risikolosen
1532) 1533)
1534)
1535)
Backhaus/Voeth (2007), S. 197. Wie noch zu zeigen ist, wird die Ausübungsschwelle bei Einbeziehung von Optionen nicht bei NSLV = Alternativertrag X erreicht, d.h. wenn der Ertrag (Quasirente des Abnehmers) NSLV der ersten Tranche des Beziehungseinstiegs auf den Alternativertrag fällt und somit die Quasirente Null wird, sondern erst später. Für NSLV = X wird der Zeitwert der Option ausgeblendet („Charakter einer Versicherungsprämie“, vgl. Schäfer (2005), S. 363). Für einen Alternativertrag von Null ist damit ein Abschöpfen über die Quasirente der ersten Investitionstranche des Abnehmers hinaus denkbar. Die Einbeziehung vertraglich verbriefter Alternativerträge (Pönalen) spielt dann im Modell eine besondere Rolle. Vgl. Amram/Kulatilaka (1999), S. 91-93, Eine Übersicht zu Risiko- bzw. Unsicherheitsarten im Kontext des Supply Chain Management und deren Anwendungsbezug findet sich bei Cucchiella/Gastaldi (2006), S. 704-706 sowie S. 710 f. Vgl. Baecker/Hommel (2004), S. 3, Diese Vorgehensweise folgt dem ‚consolidated approach’ von Copeland/Antikarov (2001), S. 244.
263
Zinssatz. Die zweite Kategorie folgt der Frage der Einbeziehung verschiedener Unsicherheitsquellen (systematisches und unsystematisches Risiko), wenn die erste Annahme versagt.1536) Hinzu kommt, dass sich das Investitionsrisiko im Zeitverlauf ändern kann, so dass ein zeit- und zustandsabhängiger Diskontierungsfaktor gefunden werden muss.1537) Die Optionspreistheorie ist durch die Substitution eines risikoadjustierten Diskontierungsfaktors einer kapitalwertorientierten Bewertung mittels Entscheidungsbäumen (flexible Planung) durch den risikolosen Zinssatz überlegen.1538) Versagt die Anwendung der Optionspreistheorie, ist die Bestimmung eines risikoadjustierten Diskontierungsfaktors dennoch auf die wesentlichen Risiken zu beschränken.1539) Realoptionen führen aufgrund des immanenten Handlungsspielraums („Versicherung“) zu einer asymmetrischen Verteilung des Risikos, so dass sich der risikoadjustierte Diskontierungsfaktor einer sequentiellen, flexiblen Investitionsstrategie von dem Diskontierungsfaktor einer statischen Investitionsstrategie unterscheiden muss. Gegenüber der initialen Einstiegsinvestition muss für die Investitionsgelegenheit „Lieferantenentwicklung“ ein ‚neuer’ risikoadjustierter Diskontierungsfaktor bestimmt werden.1540) Über eine arbitrageorientierte Bewertung vollständiger Kapitalmärkte wird das Problem der Bestimmung eines angemessenen Diskontierungsfaktors zur Optionsbewertung umgangen.1541) Der Wert der Investitions- bzw. Desinvestitionsgelegenheit (Optionswert) wird über das Replikationsportfolio abgebildet.1542) Für den Fall, dass ein Spanning Asset nicht möglich ist und die Risikostruktur nicht über einen vollständigen Kapitalmarkt abbildbar ist, versagt auch das CAPM zur Bestimmung eines risikoadjustierten „correct value for the discount rate“ i.1543) Der Beta-Faktor des CAPM ist nach Hommel/Pritsch (1999a) in diesem Zusammenhang wenig hilfreich, da dieser lediglich das systematische Risiko bewertet, Optionswerte aber vom Gesamtrisiko abhängen.1544) Friedl (2001) weist darauf hin, dass damit eine subjektive Risikobewertung in das Modell der dynamischen Programmierung einfließt.1545) Können keine Marktdaten zur Bestimmung des Marktwertes der Realinvesti-
1536) 1537)
1538) 1539)
1540) 1541) 1542) 1543) 1544) 1545)
264
Vgl. Mattar/Cheah (2006), S. 848. Vgl. Mattar/Cheah (2006), S. 848, Paddock/Siegel/Smith (1988), S. 482, „a set of risk-adjusted discount rates“ sowie Trigeorgis (1996), S. 35, „different risk premium in each period”. Vgl. Laux (2003), S. 371. Amram/Kulatilaka (1999), S. 95 empfehlen ebenfalls „picking out these sources of private risk most important“, ebenso Fischer/Schmitz (1998), S. 206. Vgl. Tomaszewski (2000), S. 83 sowie Löhr/Rams (2000), S. 1984. Vgl. Löhr/Rams (2000), S. 1986. Vgl. Tomaszewski (2000), S. 84. Vgl. Pindyck (1991), S. 1122. Vgl. Hommel/Pritsch (1999a), S. 131. Vgl. Friedl (2001), S. 39.
tion herangezogen werden, sieht auch Pindyck (1991) nur noch die Anwendung individueller Nutzenfunktionen des Entscheidungsträgers.1546) Kulatilaka (1993) dagegen sieht keine Alternative „to avoid the reliance on an equilibrium model of risk and return such as the CAPM.”1547) Ebenso befürwortet Sick (1995) die Anwendung des „capital asset pricing model (CAPM) and all of its variations and extensions“, wenn ein Diskontierungsfaktor exogen bestimmt werden muss.1548) Fischer/Hahnenstein/Heitzer (1999) wenden das CAPM zur Bestimmung eines „praxisorientierten“ Risikozuschlags an, schränken gleichzeitig aber ein, dass dieses „Vorgehen aus theoretischer Sicht zweifelhaft“ ist.1549) Dennoch liefert der CAPM-Ansatz nach Breuer (2001) einen „Anhaltspunkt für den adäquaten Ansatz dieses Risikozuschlags.“1550) Auch Baecker/Hommel (2004) stimmen überein, dass „valuing non-traded assets […] requires the use of an equilibrium asset pricing model.”1551) Eine Beschränkung auf das CAPM unter Einschränkung (Prämissen der Exante-Version) versagt, wenn das unsystematische Risiko ebenfalls bewertet werden soll.1552) Hering (2003) betrachtet die Risikozuschlagsmethode sehr kritisch aufgrund der strengen Prämissen sowie der Einperiodigkeit des CAPM.1553) Auch Hinz/Behringer (2000) sehen das Problem der Bemessung eines korrekten Kalkulationszinsfußes nicht hinreichend gelöst.1554) Private Risiken können der Grund für Grenzen des Spanning sein, wenn durch private Risiken die Bewertung mit dem Realoptionsansatz mit einem ‚Tracking Error’ („imperfect tracking“1555)) verbunden ist.1556) Die endogene Unsicherheit der Wertschöpfungspartnerschaft kann bei der Anwendung eines Spanning Asset dazu führen, dass die Risikostruktur der Realinvestition nur unvollständig mit dem des Hedge-Portfolios bzw. Duplikationsportfolios korreliert, da die Einflussfaktoren der endogenen Unsicherheit außerhalb des
1546) 1547)
1548) 1549) 1550) 1551) 1552)
1553)
1554) 1555)
1556)
Vgl. Pindyck (1991), S. 1122. Kulatilaka (1993), S. 276, ebenso empfehlen Moyen/Slade/Uppal (1996), S. 67 die Anwendung des CAPM. Vgl. Sick (1995), S. 635. Vgl. Fischer/Hahnenstein/Heitzer (1999), S. 1212. Breuer (2001), S. 348. Baecker/Hommel (2004), S. 2. Vgl. Schäfer (2005), S. 321-324, Die Ex-post-Version des CAPM erfasst dagegen mit einer Störvariable das unsystematische Risiko („unternehmensspezifische Ereignisse auf die Rendite“). Vgl. Hering (2003), S. 289-296, Insbesondere die Anwendung des CAPM bzw. eines Betafaktors auf Sachinvestitionen schließt er aus. Vgl. Hinz/Behringer (2000), S. 26 f. Amram/Kulatilaka (1999), S. 53, Unvollständiges Tracking kann auch dann folgen, wenn das Duplikationsportfolio nicht dynamisch angepasst wird (Hedge-Ratio), so dass der Wert dessen und der Optionswert auseinander laufen. Vgl. Schäfer/Schässburger (2000), S. 589, Mello/Pyo (2003), S. 89 sowie Reinhardt (1997), S. 166 f.
265
Preispfades (Risikostruktur) des Spanning Asset liegen.1557) Eine Bewertung des privaten Risikos kann nicht auf der Basis von Marktinformationen erfolgen.1558) Amram/Kulatilaka (1995) weisen darauf hin, dass das private, unsystematische Risiko zwar quantifiziert, jedoch nicht über gehandelte Titel abgebildet werden kann.1559) Schätzungen basieren auf Vergangenheitsdaten oder es werden subjektive Schätzungen der Entscheidungsträger vorgenommen.1560) So finden sich auch in den dort angegebenen Beispielen zwar private Risiken wieder, jedoch kein Hinweis, wie diese konkret operationalisiert werden können.1561) Nach Hommel/Pritsch (1999a) steht der Anwender vor einer schwer lösbaren Aufgabe, den korrekten Kapitalkostensatz zu identifizieren.1562) Ebenfalls stellt Teisberg (1995) in Frage, wie viel Aufwendung in die Schätzung des Diskontierungsfaktors gesteckt werden soll und wie viele verschiedene Diskontierungsfaktoren über die Zeit notwendig werden.1563) Nach Mello/Pyo (2003) wird das unsystematische Risiko aus diesen Gründen auch häufig ignoriert.1564) Fischer (1996) versucht, als ähnlich geartetes Problem, den Einfluss von politischen Risiken (Verhaltensunsicherheit ausländischer Regierungen) bei Auslandsinvestitionen zu berücksichtigen, kommt jedoch zu dem Ergebnis, dass sich dieses nur qualitativ über seine Auswirkungen auf bspw. die Laufzeit berücksichtigen lässt (nominaler bzw. positiver/negativer Einfluss).1565) Als Lösungsansatz weisen Schäfer/Schässburger (2000) darauf hin, dass regulatorische und politische Risiken dem unsystematischen Risiko zugeordnet werden müssen, sich aber bspw. auf eine gesamte Branche auswirken und damit als systematisches Risiko exogenisiert werden können.1566) Winkler (2002) untersucht die Eignung der Unsicherheitsquelle der Arbeitsproduktivität zur Bewertung von Beschäftigungsentscheidungen von Unternehmen (Ein- und Ausstellungsbarrieren) und stellt endogene Unsicherheitsquellen generell für die Anwendung des
1557)
1558) 1559)
1560) 1561) 1562)
1563) 1564) 1565)
1566)
266
Vgl. Schäfer/Schässburger (2000), S. 589 sowie Mattar/Cheah (2006), S. 849, „project-specific risks that are not contained in the set of traded securities”. Vgl. Friedl (2003), S. 380. Vgl. Amram/Kulatilaka (1999), S. 54, Matter/Cheah (2006), S. 849, ‚zero-priced risks’, ‚unpriced risks’ sowie Mello/Pyo (2003), S. 90. Amram/Kulatilaka (1999), S. 100. Vgl. bspw. Amram/Kulatilaka (1999), S. 150 und S. 166. Vgl. Hommel/Pritsch (1999a), S. 128 sowie Paddock/Smith/Siegel (1988), S. 494, „[T]his is nearly an impossible task.“ Vgl. Teisberg (1995), S. 36, „Unfortunately there is no simple answer to these questions.“ Vgl. Mello/Pyo (2003), S. 90. Fischer (1996), S. 181-183 kommt zu dem Ergebnis, dass der Einfluss des politischen Risikos auf die Volatilität zwar nicht exakt zu bestimmen ist, das Problem bei der Bestimmung des Diskontierungsfaktors nicht berücksichtigt werden muss, da ein optionspreistheoretischer Realoptionsansatz eines risikoadjustierten Diskontierungsfaktors nicht bedarf. Vgl. Schäfer/Schässburger (2000), S. 589.
Realoptionsansatzes in Frage.1567) Analog der endogenen Verhaltensunsicherheit hinsichtlich der Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft besteht für das Unternehmen Unsicherheit über die Produktivität eines individuellen Arbeitnehmers, die aus der Informationsasymmetrie vor der Einstellung und während der Beschäftigung resultiert.1568) Die Verhaltensunsicherheit einer Wertschöpfungspartnerschaft folgt als ein zyklischer Prozess exogenen Veränderungen (Nachfrageänderung), wenn gerade die daraus notwendig werdende Veränderung der Beziehung (bspw. Neuverhandlungen) Möglichkeiten des Opportunismus in Folge eröffnet (endogene Verhaltensunsicherheit im Sinne der Transaktionskostentheorie). Andererseits hat der Abnehmer institutionelle Möglichkeiten, die Verhaltensunsicherheit zu beeinflussen, wie es Winkler (2002) für die Arbeitsproduktivität sieht, weshalb er sich auf die Nachfrageunsicherheit als exogene Größe beschränkt.1569) In Kapitel drei wird bereits darauf hingewiesen, dass die Quasirente gegen „Abschöpfen“ unter Inkaufnahme von Transaktionskosten abgesichert ist sowie das Verhalten des Transaktionspartners durch geeignete Maßnahmen beeinflusst werden kann. Diese Aussagen unterstützen die Vorgehensweise von Winkler (2002), entsprechend die Verhaltensunsicherheit in der Analyse auszublenden. Nachdem die Diversifikation des unsystematischen Risikos negiert wurde, wird im Folgenden fallweise geprüft, wie es in Form der endogenen Unsicherheit durch institutionale Maßnahmen eliminiert werden kann.1570) Im Rahmen dieser Arbeit wird die endogene Unsicherheit bzw. Verhaltensunsicherheit auf Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft/-wille bezogen. Für die Bestimmung des Einflusses der Leistungsbereitschaft kann ein spieltheoretischer Ansatz hilfreich sein.1571) Rese/Roemer (2004) unterscheiden in einem spieltheoretischen Ansatz verschiedene Fälle der Aufteilung der Quasirente. Bei Kooperation erhält jeder Akteur die Hälfte der relatio-
1567) 1568) 1569)
1570)
1571)
Vgl. Winkler (2002), S. 65 und S. 64-72. Vgl. Winkler (2002), S. 65. Vgl. Winkler (2002), S. 72 sowie bereits S. 69, Die Arbeitsproduktivität hängt entscheidend von der Frage der Hortung von Arbeitskräften ab, die durch Transaktionskosten in Form von Einstellungsund Trainingskosten sowie Ausstellungskosten determiniert wird. In gleicher Weise lässt sich für die Verhaltensunsicherheit eine negative Korrelation zwischen Transaktionskosten der Absicherung und der Verhaltensunsicherheit darstellen (vgl. Kapital 3.1, Absicherung der Quasirente gegen „Abschöpfen“). Billington/Johnson/Triantis (2003), S. 33 f. weisen darauf hin, dass verbriefte „contractual options“ in Lieferantenverträge mit aufgenommen werden sollen. Ziel ist dabei „to neutralize the uncertainty associated with a specific project” (Mello/Pyo (2003), S. 90). Hommel/Pritsch (1999b), S. 19 schränken Realoptionsmodelle auf die Bewertung des exogenen Risikos ein, liefern jedoch den Ausblick auf eine Integration spieltheoretischer Ansätze. Deren Relevanz jedoch an der Operationalisierbarkeit scheitert, weshalb hier nicht näher darauf eingegangen wird. Ebenso weist Treptow (2004), S. 6-9 auf einen spieltheoretischen Ansatz für endogene Unsicherheit hin, schränkt jedoch ebenfalls die Anwendbarkeit ein. Laux (1993), S. 955 schlägt einen spieltheoretischen Ansatz für die Einbeziehung von Wettbewerberverhalten vor. Ebenfalls weisen Copeland/Antikarov (2001), S. 343 darauf hin.
267
nalen Rente, wohingegen bei vollständigem Abschöpfen nur ein Akteur die relationale Rente als Quasirente erhält.1572) Zur Überwindung der endogenen Unsicherheit werden von Rese/Roemer (2004) Pönalen eingeführt (Absicherung mittels Put-Option durch garantierten Alternativertrag), die für beide Transaktionspartner den Wert der Beziehung (der Aufrechterhaltung aus beiden Perspektiven) gegenüber einem einseitigen und beiderseitigen Defekt steigen lässt.1573) Endogene Unsicherheit wird im Modell von Rese/Roemer (2004) eliminiert, indem ein garantierter Alternativertrag (Pönalen) in das Modell integriert wird, der beziehungskonformes Verhalten fördert. In der Folge wird dort die endogene Unsicherheit als Einflussparameter ausgeblendet, so dass lediglich eine exogene Unsicherheit verbleibt, die mittels risikoneutraler Optionsbewertung vereinfacht werden kann. Eine Nichtberücksichtigung der endogenen Unsicherheit widerspricht dem Gesamtrisiko der Realinvestition aus systematischem und unsystematischem Risiko.1574) Dennoch wird die endogene Unsicherheit der Wertschöpfungspartnerschaft aus folgenden Gründen auf die Leistungsfähigkeit des Lieferanten als Unsicherheitsquelle hinsichtlich der Bestimmung der Risikoprämie reduziert („residual risk“1575), vgl. zur Unterscheidung von Leistungsfähigkeit und -bereitschaft Kapitel 4.3.2). Folgt man Fischer (1996), der für die Verhaltensunsicherheit lediglich einen nominalen Einfluss sieht,1576) scheint zur Objektivierung der Parameterschätzung eine Konzentration auf die Leistungsfähigkeit des Lieferanten als Quelle der endogenen Unsicherheit notwendig zu sein. Im Gegensatz zur Leistungsbereitschaft kann diese im Rahmen einer Lieferantenbewertung ex ante hinsichtlich der verbleibenden Unsicherheit (der Indikatorausprägung im Scoring-Verfahren) beurteilt werden („supplier risk evaluation and validation“1577)).1578) Die endogene Unsicherheit der Leistungsfähigkeit besteht darin, dass der Lieferant trotz sorgfältiger Bewertung das geforderte Leistungspotential/Basispotential (Leistungsfähigkeit) nicht erreicht (aufgrund
1572) 1573) 1574)
1575) 1576) 1577) 1578)
268
Vgl. Rese/Roemer (2004), S. 506-509. Vgl. Rese/Roemer (2004), S. 508. Es sei denn, es findet eine risikoneutrale Bewertung statt. Auch findet sich keine Übereinstimmung in der Wirkung des unsystematischen, privaten Risikos auf den Optionswert (vgl. Mello/Pyo (2003), S. 90). Nach Mello/Pyo (2003), S. 91 muss das unsystematische Risiko dann bewertet werden, wenn sich durch die Einbeziehung der Realoptionswert ändert. Mattar/Cheah (2006), S. 849. Vgl. Fischer (1996), S. 181-183. Vgl. ten Hoevel (2007), S. 26 bei der DaimlerChrysler Truck Group. Vgl. Burger/Buchart (2002), S. 156-162 zur Bewertung von Risiken mittels Scoring-Modellen (insbesondere der Hinweis S. 159 „Risikoadjustierung von Kapitalkosten“).
eines hohen Anteils an Erfahrungs- und Vertrauenseigenschaften ex ante) und bspw. die Entwicklung neuer Technologien oder Rationalisierungseffekte nicht erbringt.1579) Die Leistungsbereitschaft kann dagegen mangels Erfahrung mit dem Lieferanten zum Beziehungseinstieg lediglich in einer ex post Perspektive bewertet werden, so dass der Effekt der „gewachsenen Beziehung“ in der Beurteilung des Diskontierungsfaktors – insbesondere für die Leistungsbereitschaft – erst für die folgende(n) Investitionstranche(n) als Vergleichsmaßstab Berücksichtigung finden kann.1580) Van de Vrande/Lemmens/Vanhaverbeke (2006) betonen, dass endogene Unsicherheit durch Lernen bei sequentiellen Investitionen gelöst werden kann.1581) Für den initialen Leistungsaustausch gilt daher die Prämisse (die Forderung) der institutionellen Absicherung der Leistungsbereitschaft durch geeignete Anreizsysteme.1582) Diese gehen als Transaktionskosten (Beschaffungsleistungskosten des Abnehmers, im weitesten Sinne vergleichbar mit Sicherheitsäquivalenten1583)) in den NSLV ein und reduzieren sich für die Bewertung des Kapitalwerts SLV nach der Lieferantenentwicklungsmaßnahme in dem Maße, wie die Leistungsbereitschaft des Lieferanten im initialen Leistungsaustausch zwischen t0 und tn bestätigt wird. Die Leistungsbereitschaft wird zudem durch die Dynamisierung des Target Costing mit der Vorgabe von Rationalisierungspotentialen erreicht. Im folgenden Modell wird daher die Leistungsbereitschaft zur Bestimmung des Diskontierungsfaktors als sicher betrachtet. Diese Prämisse erhöht die Objektivität des Modells, indem die mit einer hohen Subjektivität verbundene Bewertung der Leistungsbereitschaft ausgeblendet wird. Mit der Betrachtung einer Risikoprämie in Form eines adjustierten Diskontierungsfaktors wurde bisher nur eine Möglichkeit der Risikobewertung einbezogen. Grundsätzlich bestehen mit der „Korrektur des Kalkulationszinsfußes“ (Risikozuschlag) sowie „Korrektur der Einzahlungsüberschüsse“ (Sicherheitsäquivalente) zwei Möglichkeiten, Risikopräferenzen in die Bewertung mit aufzunehmen.1584) Das Sicherheitsäquivalent weist dieselbe Standardabweichung auf, wie die ursprüngliche Zufallsvariable. Lediglich der Erwartungswert
1579)
1580)
1581)
1582)
1583) 1584)
Vgl. zu Beispielen Amram/Kulatilaka (1999), S. 54 sowie Friedl (2003), S. 380 f., vgl. Definition Wertschöpfungspartnerschaft (Kapitel 2.1.2). Vor einem initialen Leistungsaustausch kann auch kein Lieferantenzufriedenheitsindex als Informatiossurrogat der Leistungsbereitschaft ermittelt werden (vgl. Kapitel 4.3.2). Vgl. van de Vrande/Lemmens/Vanhaverbeke (2006), S. 348 sowie Paddock/Siegel/Smith (1988), S. 483 f. „[U]ncertainty is resolved by exploring.“ Institutionelle Absicherungsmaßnahmen stellen somit einen Teil der Anfangsinvestition I0 dar. Die endogene Verhaltensunsicherheit, die nach Vertragsabschluss eintritt, ist Gegenstand von Strategien zur Unsicherheitsreduktion der Prinzipal-Agent-Theorie (vgl. Backhaus/Aufderheide/Späth (1994), S. 22-27 und Weiber/Adler (1995), S. 48). Vgl. Schäfer (2005), S. 244, Sicherheitsäquivalent als Risikoprämie. Vgl. Schäfer (2005), S. 223-225 und Steiner/Bruhns (2000), S. 228.
269
ändert sich.1585) Einerseits können folglich unsichere künftige Zahlungsströme mit ihren Sicherheitsäquivalenten bewertetet und anschließend mit dem risikolosen Zinssatz diskontiert werden. Zur Bestimmung der Sicherheitsäquivalente wird jedoch die Nutzenfunktion des Entscheidungsträgers vorausgesetzt (entscheidungstheoretischer Ansatz) oder es findet eine kapitalmarkttheoretische Bewertung von Sicherheitsäquivalenten statt, bei der mittels CAPM lediglich das systematische Risiko erfasst wird.1586) Andererseits besteht die Möglichkeit, den Erwartungswert mit einem Zinssatz zu diskontieren, der eine Risikoprämie einschließt. Dazu muss ein risikoangepasster Diskontierungsfaktor bestimmt werden.1587) Die Risikoprämie RP besteht aus einer endogenen und exogenen Unsicherheitskomponente (RP = RPendogen + RPexogen).1588) Breuer/Gürtler/Schuhmacher (1999) weisen darauf hin, dass man sich bei Versagen der Replikation (Spanning) häufig mit dem durchschnittlichen Kapitalkostensatz des Unternehmens (Abnehmers) als Ganzes auch als Diskontierungsfaktor für das Investitionsprojekt behilft (Kapitalkosten der Finanzierung der Investition „Wertschöpfungspartnerschaft“ bzw. „Lieferant“). Diese Schätzung ist einfacher zu bewältigen, als die exakte Schätzung des projektspezifischen Risikos.1589) Copeland/Antikarov (2001) kritisieren diese Vorgehensweise, weil intra-organisationale Diversifikationseffekte verschiedener Investitionsprojekte nicht berücksichtigt werden.1590) Aus Beschaffungssicht spricht in gleicher Weise gegen diese Vorgehensweise, dass alle Lieferanten mit demselben Risiko bewertet werden würden. Da sich das Lieferantenrisiko nicht nur auf ein finanzielles Risiko, sondern insbesondere dessen Leistungsfähigkeit beinhaltet (Risiko der Lieferpünktlichkeit, Risiko der Qualitätsmängel usw.), würde mit einer Gleichbehandlung der Lieferanten
1585) 1586)
1587)
1588) 1589) 1590)
270
Vgl. Tomaszewski (2000), S. 191. Vgl. Tomaszewski (2000), S. 61 und S. 64 f. sowie Laux (2003), S. 27-29, Kulatilaka (1995), S. 96 verwendet eine sicherheitsäquivalente Driftrate, die zu geringeren zukünftigen Cash Flows führt, indem ein Risikoabschlag (Risikoprämie) mit einkalkuliert wird. Mello/Pyo (2003), S. 90 sprechen der Methode der Sicherheitsäquivalente eine höhere Bewertungspräzision zu, die jedoch eine präzise Erfassung der Nutzenfunktion des Entscheidungsträgers voraussetzt, dagegen zur Kritik an der Methode der Sicherheitsäquivalente Kürsten (2002), S. 137-143, dessen Fazit die Anwendung der Sicherheitsäquivalenzmethode nur „für den Trivialfall risikoneutraler Wirtschaftssubjekte [im Original kursiv]“ und ohne „empirischen Gehalt“ sieht. Ebenfalls kritisiert Klingelhöfer (2003), S. 282 die exakte Erfassung einer Nutzenfunktion als nicht „praktikabel“. Auch Bühler/Uhrig-Homburg (2003), S. 144 sehen eine praktische Umsetzbarkeit nur unter „stark vereinfachten Annahmen“. Beide Ansätze finden sich im Bewertungsmodell in Kapitel 5.3.3 wieder. Vgl. Friedl (2003), S. 382 sowie Schäfer (2005), S. 244, „Das Sicherheitsäquivalent […] ist die sichere Einzahlung, die der Entscheider als gleichwertig mit der unsicheren Zahlung einschätzt.“, Isik (2005), S. 731 f. verwendet zur Risikoadjustierung im Rahmen eines Modells der dynamischen Programmierung Sicherheitsäquivalente. Vgl. Fisch (2006), S. 78. Vgl. Breuer/Gürtler/Schuhmacher (1999), S. 216. Vgl. Copeland/Antikarov (2001), S. 236 sowie Schäfer (2005), S. 227 f., Diversifikation im Investitionsprogramm.
hinsichtlich deren Risiko eine Lieferantenbewertung grundsätzlich in Frage gestellt. Koch (1999) verwendet zur Bewertung von Unternehmensakquisitionsoptionen ebenfalls den WACC-Ansatz zur Bestimmung des Diskontierungsfaktors.1591) Copeland/Antikarov (2001) verwenden „comparables“ sowohl zur Bestimmung der Fremdkapitalkosten („dept with the same risk“) sowie „equities that [..] have the same beta […] to estimate our own cost of equity.“1592) Nach Schäfer (2005) kann der WACC-Ansatz dann angewendet werden, wenn sich das Investitionsrisiko während der „Nutzungsdauer des Investitionsobjektes“ nicht ändert.1593) Nachdem für Wertschöpfungspartnerschaften eine Diversifikation des unsystematischen Risikos nicht möglich erscheint, fordert der Abnehmer neben dem systematischen Risiko indessen eine Risikoprämie für das unsystematische Risiko der Investition (spezifisches Investitionsprojektrisiko), die er mit Einstieg in die Wertschöpfungspartnerschaft tätigt (vergleichbar der Situation einer Kredit gebenden Institution). Der risikoadjustierte Diskontierungsfaktor reflektiert demnach nicht den Kapitalkostensatz des Abnehmers für Fremd- und Eigenkapital (WACC) zur Finanzierung der Investition „Lieferant“,1594) sondern das Risiko der Investition „Lieferant“, ausgedrückt durch eine lieferantenspezifische Risikoprämie. In Abbildung 5-2 liegt eine Risikoeinstufung des Lieferanten als Basis der Bewertung der Risikoprämie des Lieferanten (Investitionsobjekt im engeren Sinne) bzw. der Wertschöpfungspartnerschaft (Investitionsobjekt im weiteren Sinne) zugrunde (unternehmensspezifisches Risiko als unsystematisches Risiko1595) sowie bspw. Länder- und Branchenrisiko als systematisches Risiko1596)).1597) Ziel ist es, mittels eines Ratingsystems individuelle Risikozuschläge bzw. Abschläge für einzelne Lieferanten zu ermitteln.1598) In Analogie zu Risikoprämien bei der Kreditvergabe sind öffentliche Anleihen höchster Bonität risikolos und vereinfacht jederzeit veräußerbar, wohingegen Unternehmensanleihen ein Geschäftsrisiko sowie finanzielles Risiko bergen,1599) so dass für das Bonitätsrisiko
1591)
1592) 1593) 1594)
1595) 1596) 1597)
1598) 1599)
Vgl. Koch (1999), S. 36, Weighted-Average-Cost-of-Capital bzw. gewichteter Kapitalkostensatz als gewichtetes Mittel der Eigen- und Fremdkapitalkosten, die Grundlage der Finanzierung der Investition sind. Copeland/Antikarov (2001), S. 67. Vgl. Schäfer (2005), S. 344. Vgl. Schäfer (2005), S. 331, Es wird davon ausgegangen, dass die Investition in die Wertschöpfungspartnerschaft eigenfinanziert ist. Vgl. Steiner/Bruhns (2000), S. 177 sowie Perridon/Steiner (2003), S. 198. Vgl. Perridon/Steiner (2003), S. 198. Vgl. Schäfer (2002), S. 292, Bonitätsbeurteilung für eine „risikoadäquate Zuordnung von Risikoprämien“. Vgl. Fischer/Schmitz (1998), S. 211 für kundenspezifische Risiken. Das finanzielle Risiko wird hier ausgeblendet, da es als Rückzahlungsrisiko bei der Überlassung von Geldmitteln im Rahmen der Kreditvergabe von Interesse ist, für die vorliegende Arbeit jedoch nur
271
eine Risikoprämie gefordert wird.1600) Perridon/Steiner (2003) verstehen unter dem Geschäftsrisiko die Technologie (Effektivität) sowie die Effizienz des zu bewertenden Unternehmens und schließen damit direkt an die Zielsetzung der Lieferantenbewertung an.1601) Die endogene Risikoprämie eines Lieferanten konstituiert sich als Geschäftsrisiko aus der Lieferantenbewertung hinsichtlich der Effektivität und Effizienz (Leistungsfähigkeit). Der Analogieschluss zur Transaktionskostentheorie lässt sich herstellen, da mit der Höhe der Spezifität die Reversibilität der Investition (in den Lieferanten bzw. die Beziehung) sinkt und damit das Risiko einer Fehlinvestition steigt. Die Verhaltensunsicherheit sowie Erfahrungs- und Vertrauenseigenschaften schränken eine ex ante Prüfung der tatsächlichen Leistungsbereitschaft (eher qualitative Kriterien) sowie -fähigkeit (eher quantitative Kriterien) des Lieferanten ein.1602) Dies führt ebenfalls dazu, dass sich im NSLV die Absicherung der Leistungsbereitschaft in höheren Transaktionskosten niederschlägt sowie die verbleibende Unsicherheit der Leistungsfähigkeit als Risikoprämie im Diskontierungsfaktor berücksichtigt werden muss. Dies deckt sich zudem mit den Renditeerwartungen einer spezifischen Lösung, deren Ertrag als Quasirente mit Zunahme der Spezifität steigt.1603) Perridon/Steiner (2003) weisen darauf hin, dass die hohe Subjektivitätskomponente bei einem Rating zu unterschiedlichen Ergebnissen für dasselbe Unternehmen führen kann.1604) Dasselbe Problem wurde für die Potentialbewertung bereits identifiziert.
1600)
1601)
1602)
1603) 1604)
272
der Ansatz der Erfassung des unsystematischen Risikos für investitionsspezifische Risikoaufschläge adaptiert wird. Dieses Risiko lässt sich nicht über kapitalmarkttheoretische Ansätze erfassen, da diese lediglich das systematische Risiko erfassen. Vgl. Perridon/Steiner (2003), S. 198 und S. 196 sowie Copeland/Antikarov (2001), S. 237, „business risk“ und „financial risk“. Perridon/Steiner (2003), S. 198 verwenden ebenfalls ein Scoring-Verfahren zur Bewertung des Geschäftsrisikos. Die Effektivität fokussiert ebenfalls das notwendige Basispotential zur Gewährleistung der Entwicklungsfähigkeit. Vgl. Steiner/Bruhns (2000), S. 177, Ein qualitativer Aspekt ist die Managementqualität sowie quantitative Aspekte über Kennzahlen in die Beurteilung einfließen. Die Problemstellung gleicht der Lieferantenbewertung in Kapitel 2.3. Renditeforderung als Ausdruck des Diskontierungsfaktors. Vgl. Perridon/Steiner (2003), S. 199 sowie Fischer/Schmitz (1998), S. 211.
Abb. 5-2:
Zusammenhang zwischen Risikoprämie und Spezifität
Wenn keine am Kapitalmarkt gehandelten und vergleichbaren Titel vorhanden sind, bleibt offen, wie das systematische Investitionsrisiko ermittelt werden kann.1605) Wie bereits erwähnt, gehen Copeland/Antikarov (2001) sowie auch Smith/Nau (1995) davon aus, dass ein Spanning Asset in der Regel nicht gefunden werden kann.1606) Wird angenommen, dass ein Spanning versagt, weil ein nicht-diversifizierbares unsystematisches, privates Risiko im Leistungsaustausch verbleibt (Tracking Error), kann zumindest zur Bestimmung des systematischen Risikos mit Hilfe der Risikozuschlagsmethode über Ähnlichkeitskriterien ein Zusammenhang mit einem marktnotierten Unternehmen hergestellt werden.1607) Voraussetzung ist allerdings, dass die Spezifität der Leistung (Beschaffungsobjekt) eine Vergleichbarkeit zulässt. So kann es sich trotz Spezifität um ein Beschaffungsobjekt handeln, das in ähnlicher Bauart und Verwendung redundant vorkommt und daher eine Bewertung mehrerer Lieferanten über Ähnlichkeitskriterien erfolgen kann (bspw. spezifische Leuchteinheiten für einen PKW von diversen Lieferanten bei denen sich die Spezifität auf konstruktive Anforderungen beschränkt, ansonsten die Beschaffungsobjekte nach Art und Verwendung dennoch gleich sind). Smith/Nau (1995) nehmen hierbei an, dass „the market is ‚partially complete’“.1608) Lässt sich ein Unternehmen finden, das Zahlungsströme aus möglichst ähnlichen Aktivitäten generiert, als der betrachtete Lieferant im spezifischen Leistungsaustausch mit dem Abnehmer, kann über einen „Pure-Play-Ansatz“ indirekt ein Betafaktor des zu bewerten-
1605) 1606) 1607) 1608)
Vgl. Kühn/Fuhrer/Jenner (2000), S. 44. Vgl. Copeland/Antikarov (2001), S. 94 sowie Smith/Nau (1995), S. 796. Vgl. Reinhardt (1997), S. 214. Smith/Nau (1995), S. 806.
273
den Unternehmens bestimmt werden.1609) Ziel ist die Bestimmung eines lieferantenspezifischen Betafaktors analog der Bestimmung eines projektspezifischen Betafaktors.1610) Existiert ein börsennotiertes Unternehmen, dessen Geschäftstätigkeit mit der Investition (Lieferant bzw. Wertschöpfungspartnerschaft) vergleichbar ist, kann auf dessen Beta-Werte zurückgegriffen werden.1611) Der Abnehmer berechnet demnach mittels CAPM eine Risikoprämie des Lieferanten, die sich zum risikolosen Zinssatz r addiert und aus der Differenz der Marktportfoliorendite PM und dem risikolosen Zinssatz sowie dem Betafaktor als Gewichtungsfaktor dieser Risikoprämie besteht (i = r + (PM – r) • Betafaktor).1612) Der risikolose Zinssatz im CAPM lässt sich mittels der Renditen öffentlicher Anleihen (gleicher Laufzeit) bestimmen.1613) Die Risikoprämie bildet das systematische Risiko der risikobehafteten Realinvestition „Lieferant“ ab.1614) Damit einhergehend ist eine erhebliche Objektivierung des Optionswertes,1615) da implizit der Wert der Investition hinsichtlich des systematischen Risikos als Marktwert ermittelt wird.1616) Laux (2003) empfiehlt zur weiteren Objektivierung die Schätzung des Beta-Faktors an Vergangenheitswerten zu orientieren, wobei die Zahl der zugrunde liegenden Perioden ‚hinreichend’ groß ist.1617) Ähnlichkeitskriterien sind Produktlinie, Produktmarkt, Branche, Umsatzvolumen und die Kapitalstruktur, die mittels Korrekturverfahren einen Rückschluss auf den Betafaktor der Wertschöpfungspartnerschaft bzw. des Lieferanten als Investitionsobjekt ermöglichen.1618) Die Eigenschaft der Additivität von Betafaktoren erlaubt die Verwendung einzelner, vergleichbarer Geschäftsbereiche größerer diversifizierter Unternehmen,1619) so dass die Wahrscheinlichkeit ein marktnotiertes Unternehmen zu finden, zunimmt.1620) Die Bestimmung eines exakten Betafaktors für den Lieferanten setzt beim Entscheidungsträger finanzwirt-
1609)
1610) 1611) 1612) 1613) 1614) 1615)
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1620)
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Vgl. Reinhardt (1997), S. 214 und Burger/Buchart (2002), S. 222 sowie S. 226 f., ‚Pure-PlayTechnique’. Vgl. Schäfer (2005), S. 335. Vgl. Meise (1998), S. 30. Vgl. Burger/Buchart (2002), S. 223. Vgl. Hinz/Behringer (2000), S. 26 sowie Reinhardt (1997), S. 211. Vgl. Burger/Buchart (2002), S. 223. Es verbleibt der Teil der Risikoprämie als subjektive Schätzung, der auf den endogenen Unsicherheitsanteil bzw. das unsystematische Risiko zurückzuführen ist. Vgl. Meise (1998), S. 88. Vgl. Laux (2003), S. 381 f., Fischer/Hahnenstein/Heitzer (1999), S. 1212 sehen diese Vorgehensweise gerade kritisch. Vgl. Reinhardt (1997), S. 214. Vgl. Reinhardt (1997), S. 214 f., Der Gesamtbetafaktor stellt die Summe der Geschäftsbereichsbetafaktoren, gewichtet mit deren Anteil am Marktwert des Unternehmens, dar (approximativ auch Gewichtung durch Umsatzanteile). Vgl. Weber/Schäffer (2006), S. 176-179, Fallbeispiel zur Bestimmung von Geschäftsfeldbetafaktoren bei der Lufthansa AG.
schaftliche bzw. -mathematische Kenntnisse voraus. Diese Anforderungen können an das Beschaffungsmanagement des Abnehmers nicht gestellt werden. Informationen über einen geeigneten Betafaktor sind deshalb interdisziplinär mit dem Finanzmanagement abzustimmen oder liegen dem Beschaffer als exogene Information aus dem Finanzmanagement vor.1621) Die verbleibende endogene Unsicherheit bzw. das unsystematische Risiko, die sich nicht über den Kapitalmarkt abbilden lassen, kann nach Fischer/Schmitz (1998) als lieferantenspezifischer Risikozuschlag bzw. -abschlag zur Abbildung der projektspezifischen Risiken zum mittels CAPM ermittelten Kapitalkostensatz addiert bzw. subtrahiert werden. Das Ausmaß lieferantenspezifischer Risiken wird dabei über ein qualitatives Modell erfasst, das analog der Profilanalyse bzw. Scoring-Methode der Lieferantenbewertung unterschiedliche Risikozuschläge bzw. -abschläge mit Merkmalsausprägungen verbindet.1622) In dieser Weise findet auch bei der DaimlerChrysler Truck Group mit Hilfe einer qualitativen und quantitativen Lieferantenbewertung eine „Risk Classification“ statt.1623) Der gesamte Risikoauf- bzw. -abschlag ergibt sich in Abbildung 5-3 durch die Summe aus Aufund Abschlag.1624)
1621)
1622)
1623) 1624)
Diese Einschätzung teilt auch Reinhardt (1997), S. 217, Bewertungsparameter eines F&E-Projektes sind in Zusammenarbeit der F&E-Abteilung, des Marketings (Absatzmarktforschung) zu bestimmen sowie die Kapitalmarktparameter von der Finanzabteilung zu ermitteln sind (vgl. auch die Übersicht bei Reinhardt (1997), S. 218). Bereits die Bestimmung der Zahlungsströme im (N)SLV bedarf der Einbeziehung des Controllings. Fischer/Schmitz (1998), S. 210 f. unterscheiden in „unterdurchschnittlich riskanter Kunde“ (Risikozuschlag zum CAPM-Diskontierungsfaktor), „durchschnittlich riskanter Kunde“ (kein Zu- bzw. Abschlag zum mittels CAPM ermittelten Geschäftsbereichsrisiko) sowie „überdurchschnittlich riskanter Kunde“ (Zuschlag zum CAPM-Diskontierungsfaktor). Vgl. ten Hoevel (2007), S. 26. Vgl. zum Supplier Risk Management Conte (2007), S. 197 ff., insbesondere zur Risikoberechnung S. 215 (Rating).
275
Abb. 5-3: Quelle:
Qualitative Bewertung des lieferantenspezifischen Risikos Vgl. Fischer/Schmitz (1998), S. 211
Ein weiteres Problem der Bestimmung eines adäquaten Diskontierungsfaktors der zukünftigen Zahlungsströme des SLV besteht darin, dass sich das Risiko in der Zeit zwischen der Anfangsinvestition I0 und der Ausübung der Lieferantenentwicklungsoption als zweite Investition (zweite Tranche) durch neu gewonnene Informationen durch zwischenzeitlich eingetretene Umweltzustände (qualitative und quantitative Nachfrageentwicklung) und Verhaltensweisen des Lieferanten geändert hat.1625) Bei der Bewertung der Lieferantenentwicklung unterscheiden sich grundsätzlich die Phasen vor und nach der Entwicklungsmaßnahme, so dass die Analyse mit einem Diskontierungsfaktor iNSLV (ex ante) und iSLV (ex post) auskommt.1626) Für den endogenen Anteil gilt iNSLV endogen > iSLV endogen.1627)
1625)
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276
Vgl. Schäfer/Schässburger (2000), S. 586 sowie Kulatilaka (1993), S. 276, „the appropriate discount rate [..] changes“ und Baecker/Hommel (2004), S. 12 „Nor does the uniform discount rate […] reflect how the risk profile is altered.“, Die Diskussion eines einheitlichen Diskontierungsfaktors über alle Perioden hinweg findet sich ebenfalls bei Tomaszewski (2000), S. 71-74. Selbst diese Zweiteilung stellt eine Vereinfachung dar, da streng genommen für jede Periode t ein neuer Diskontierungsfaktor zu bestimmen ist.
Insbesondere hierbei zeigt sich die Wirkung der stufenweisen Investitionsstrategie, da durch die Zusammenarbeit mit dem Lieferanten die endogene Unsicherheit reduziert wird.1628) Ohne Einstiegsinvestition findet keine Reduzierung des privaten Risikos statt.1629) Der Effekt der Zeit- und Zustandsabhängigkeit des Diskontierungsfaktors muss Berücksichtigung finden.1630) Laux (2003) weist daher darauf hin, dass dynamisch zustandsabhängige risikoangepasste Zinssätze auf der Basis des einperiodigen CAPM bestimmt werden müssen, weshalb die Methode der Sicherheitsäquivalente vorzuziehen ist.1631) Sick (1995) schlägt ebenfalls vor, anstatt einer Risikoprämie (Betafaktor) im Diskontierungsfaktor die exogene Unsicherheit über Sicherheitsäquivalente zu integrieren.1632) Des Weiteren muss der für den NSLV verwendete Diskontierungsfaktor an die neue Risikostruktur nach der Lieferantenentwicklung angepasst werden. Für eine optionspreistheoretische Bewertung entfällt diese Anpassung.1633) Es lässt sich bspw. feststellen, dass für die Leverage-Option, wie auch die Weiterentwicklungsoption, neben neuer Information über die tatsächliche Nachfrageentwicklung (systematisches Risiko) die endogene Unsicherheit bzw. das unsystematische Risiko sinkt. Fischer (1996) weist auf die Problematik eines konstanten Diskontierungsfaktors in verschiedenen Stufen eines F&E-Projektes hin, behilft sich jedoch ebenfalls durch die Anwendung risikoneutraler Bewertung der Optionspreistheorie.1634) Mattar/Cheah (2006), aufbauend auf dem „integrated valuation procedure“ von Smith/Nau (1995), verwenden einen geteilten Ansatz der Bewertung. Das systematische Risiko wird über ein Spanning Asset abgebildet, weshalb eine risikoneutrale Bewertung der Realopti-
1627)
1628) 1629) 1630)
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Tomaszewski (2000), S. 241 kommt insgesamt zu dem Ergebnis, dass strategische Flexibilität dazu führt, dass sich das Risiko der Investitionsmöglichkeit „gravierend“ von demjenigen der initialen Investition unterscheidet. Vgl. Mattar/Cheah (2006), S. 847. Vgl. Amram/Kulatilaka (1999), S. 95. Vgl. Löhr/Rams (2000), S. 1984, Teisberg (1995), S. 34 und Bernhard (2000), S. 46, Bei der Contigent Claims Analysis handelt es sich um ein zeit- und zustandsstetiges Verfahren. Vgl. Laux (2003), S. 346 und S. 368, „[M]ehrperiodige Investitionsobjekte [können] in relativ einfacher Weise bewertet werden, indem die Sicherheitsäquivalente ihrer zukünftigen Überschüsse mit dem risikolosen Zinssatz r diskontiert werden.“ sowie Laux (2003), S. 349 f., der ebenfalls darauf hinweist, dass „[i]n der Praxis über diese Problematik [der Übertragung des für den Einperioden-Fall maßgeblichen Zinssatzes auf den Mehrperioden-Fall] hinweggesehen wird“. Vgl. Sick (1995), S. 634, Sick (1995), S. 634 ff. bewertet ausschließlich das systematische Risiko und geht somit implizit von einem diversifizierten Entscheidungsträger aus. Vgl. Crasselt/Tomaszewski (1999a), S. 557, Fischer (1996), S. 64 sowie Tomaszewski (2000), S. 242. Vgl. Fischer (1996), S. 63 f. sowie Tomaszewski (2000), S. 117-119 zum Problem periodenspezifischer Diskontierungsfaktoren bei der flexiblen Planung.
277
on möglich ist.1635) Gleichzeitig wird das unsystematische Risiko über Sicherheitsäquivalente erfasst.1636) Im Rahmen der Modellbildung einer Lieferantenentwicklungsoption sind Möglichkeiten der Verwendung dieses Ansatzes denkbar.
5.3.2.3 Ausübungspreis Der Ausübungspreis X stellt generell jene Ein- oder Auszahlung dar, die dem Inhaber der Verkaufs- bzw. Kaufoption zugeht bzw. die er zu leisten hat.1637) Er ist jener Preis, den der Stillhalter dem Inhaber verbindlich für verbriefte Optionen zusichert.1638) Eine vorzeitige Beendigung von langfristigen Liefer- und Abnahmeverträgen mündet ohne verbriefte Abbruchsoption nicht in einer Einzahlung des von einem Stillhalter („Verkäufer“ der Option) garantierten Ausübungspreises, sondern in der Regel in einer Pönalen(aus)zahlung für diejenige Partei, die die Beziehung vorzeitig abbricht.1639) Eine verbriefte Abbruchsoption kann für den Abnehmer dagegen dann entstehen, wenn der Lieferant die geforderte Leistung (Leistungspotential als Determinante von Ein- und Auszahlungen) entsprechend der Nachfrageentwicklung nicht erbringt und der Abnehmer als Optionsinhaber das Recht hat, die Wertschöpfungspartnerschaft abzubrechen, indem vom Lieferanten vertraglich zugesicherte Pönalen K zu bezahlen sind. Die Option schließt für diesen Fall eine Absicherung der endogenen Unsicherheit ein. Die Beziehung ist dann vollständig gegen endogene Unsicherheit abgesichert, wenn der Lieferant als Stillhalter verpflichtet wird, bei verschuldetem Scheitern der Beziehung einen Ausübungspreis aus der Summe der Höhe des geplanten Beziehungsertrags NSLV (Quasirente des Abnehmers) sowie der initialen Investitionsauszahlung zu zahlen.1640) Die Leistungsfähigkeit des Lieferanten hat nicht nur Auswirkungen auf den laufenden Leistungsaustausch, sondern determiniert auch im besonderen Maße die Höhe des Ausübungspreises X einer Lieferantenentwicklungsoption. Der Lieferant ist in der Lage, den Ausübungspreis zu beeinflussen.1641) Die Situation eines reduzierten Basispotentials kann dann entstehen, wenn das zu Beginn der Beziehung vorhandene Basispotential vom Liefe-
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Vgl. Smith/Nau (1995), S. 807, „[M]arket uncertainties are those that can be perfectly hedged by trading securities and private uncertainties are project-specific uncertainties that cannot be hedged.” Vgl. Mattar/Cheah (2006), S. 850 sowie S. 855-858 und Smith/Nau (1995), S. 808-810. Vgl. Copeland/Antikarov (2001), S. 6. Ballwieser (2002), S. 185 bezeichnet eine verbriefte Option als „rechtliche Option“, im Original kursiv. Vgl. Gintschel (1999), S. 72. Vgl. Roemer (2004), S. 101. Vgl. Kamrad/Siddique (2004), S. 66.
ranten nicht gepflegt oder gar bewusst reduziert wird (Holdup und Moral Hazard1642)), um aktuell Kosten einsparen zu können.1643) Damit wird jedoch die Entwicklungsfähigkeit des Lieferanten gefährdet, da bei Ausübung der Lieferantenentwicklungsoption das evaluierte Basispotential nicht mehr verfügbar ist oder das Entwicklungsdelta derart vergrößert wird, dass eine Entwicklung ökonomisch nicht mehr sinnvoll ist (Option ist „out-of-themoney“). Die Androhung des Beziehungsabbruchs, als Alternative zur Aufrechterhaltung der Beziehung mit Ausübung der Lieferantenentwicklungsoption, reduziert durch vertraglich vereinbarte Pönalen für die (ex post bewertbare) Situation des Holdup die endogene Unsicherheit,1644) sofern eine bewusste Reduzierung des Basispotentials gegenüber der Bewertung in t0 durch den Abnehmer nachgewiesen werden kann. Holdup bezieht sich auf jenes Basispotential, das mangels objektiver, abschließender Bewertbarkeit in t0 zwar erwartet, jedoch nur mit unvollständiger Vertragsformulierung formal berücksichtigt werden kann und erst zum Zeitpunkt der geplanten Ausübung der Lieferantenentwicklungsoption offenkundig wird. Die Informationsökonomik widerspricht bei Situation des Holdup physischen und juristischen Einflussmöglichkeiten des Abnehmers im bestehenden Leistungsaustausch.1645) Die vorgeschlagene ex ante Verbriefung einer Abbruchsoption zur Lösung von Holdup scheint nicht möglich zu sein. Die dynamische Transformation führt in diesem Fall zu einer impliziten Abbruchsoption, bei der dem Abnehmer als Alternativertrag lediglich X verbleibt, da Pönalen formal nicht gefordert werden können. Neben dem Ausübungspreis (bspw. Alternativertrag der zweitbesten Verwendung) können für Abbruchsoptionen Pönalen für eine nachweisbare Nichteinhaltung bzw. Reduzierung der Leistungsfähigkeit vom Lieferanten gefordert werden. Pönalen stellen einen Teil des (Gesamt-) Alternativertrages der Abbruchsoption neben dem Ausübungspreis X dar. Bleibt trotz opportunistischem Verhalten die Lieferantenentwicklungsoption im Kalkül des Abnehmers bestehen, variiert als Folge des Absenkens des Basispotentials der Ausübungspreis (Lieferantenentwicklungsauszahlung), der zu einer stochastischen Größe wird.1646) Im vorliegenden Bewertungsmodell wird die Prämisse eines deterministischen
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Vgl. Spremann (1990), S. 566 f. Situationen des Moral Hazard gestalten einen ex ante Nachweis der bewussten Potentialreduzierung des Lieferanten schwierig, so dass eine mögliche Minderung der Leistungsfähigkeit als endogene Unsicherheit im Diskontierungsfaktor berücksichtigt wird. Vgl. Ebers/Gotsch (2006), S. 264, Der Abnehmer kann entgegen einer Situation des Holdup bei Moral Hazard nicht darauf Rückschlüsse ziehen, inwiefern ein reduziertes Basispotential auf die Leistung des Lieferanten oder exogene Umwelteinflüsse zurückzuführen ist. Vgl. Spremann (1990), S. 569. Vgl. Tomaszewski (2000), S. 96 und S. 180-182.
279
Ausübungspreises aufrechterhalten.1647) Zur Lösung des Problems lassen sich die Überlegungen zum Ausübungspreis einer Lieferantenentwicklungsoption erweitern und folgende zwei Fälle der Berücksichtung der endogenen Unsicherheit ausmachen. (a) Einbeziehung der endogenen Unsicherheit: Die Unsicherheit der bewussten Potentialreduzierung durch den Lieferanten, folglich eine Reduzierung der Leistungsfähigkeit und Erhöhung des Entwicklungsdeltas, wird in die Optionsbewertung als Teil der endogenen Unsicherheit (unsystematisches Risiko) eingeschlossen. Die Leistungsbereitschaft wird gleichermaßen angesprochen, wenn ein vorhandenes Basispotential zur Aufrechterhaltung der Entwicklungsfähigkeit vom Lieferanten gepflegt werden muss. Mangels Leistungsbereitschaft kann eine Potentialreduzierung die Leistungsfähigkeit beeinflussen, die dann zum Zeitpunkt der Ausübung der Lieferantenentwicklungsoption offenkundig wird. Einerseits kann durch eine höhere Diskontierung (Risikozuschlag) und somit eine Reduzierung des SLV dieselbe Wirkung im Bewertungsmodell erzielt werden, wie andererseits eine Erhöhung des Ausübungspreises X aufgrund eines reduzierten Basispotentials. Der Ausübungspreis kann mit einem Aufschlag in Höhe des Sicherheitsäquivalents versehen werden und geht als sichere Größe SÄ(X) in das Bewertungsmodell ein.1648) (b) Ausschluss der endogenen Unsicherheit: Werden Zielvereinbarungen des Target Costing (Auszahlungspotential) sowie (technische und innovationsbezogene) Leistungsfähigkeitsansprüche (Einzahlungspotential) zur Einhaltung eines Target SLV (als idealer Beziehungsverlauf) auch langfristig durch Maßnahmen der Lieferantenentwicklung vom Lieferanten nicht erreicht, wird für den Entscheidungsträger ein Abbruch der Beziehung relevant. Die Androhung des Beziehungsabbruchs durch einen verbrieften Alternativertrag in Form von Pönalen hält den Lieferanten dazu an, beziehungskonform zu agieren. Die Absicherungsstrategie schließt an den Ausschluss der Unsicherheit der Leistungsbereitschaft an.
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280
Vgl. Sick (1995), S. 633, „The development cost of a project tends to be fixed, while the benefits tend to be random.”, ebenso Cohen/Huchzermeier (1999b), S. 674, „Fixed Investment“, Mattar/Cheah (2006), S. 854 f. bilden das systematische Risiko eines stochastischen Projektwerts über ein Spanning Asset ab, weshalb die Realoption mittels risikoneutraler Bewertung ermittelt werden kann. Der Ausübungspreis geht aufgrund eines unsystematischen Risikos als Sicherheitsäquivalent in die Bewertung ein, das subjektiv auf der Nutzenfunktion des Entscheidungsträgers basiert. Vgl. bspw. Perridon/Steiner (2003), S. 15 sowie zum stochastischen Ausübungspreis als Sicherheitsäquivalent Mattar/Cheah (2006), S. 855.
Beschränkt sich die endogene Unsicherheit auf den Ausübungspreis und findet sich ein Spanning Asset,1649) das die Risikostruktur und den Wert der Wertschöpfungspartnerschaft bzw. des Lieferanten (N)SLV abbildet, kann die Realoption mittels risikoneutraler Bewertung vereinfacht werden, indem sich das unsystematische Risiko auf eine Berücksichtigung im Sicherheitsäquivalent des Ausübungspreises SÄ(X) reduziert.
Für unverbriefte, implizite Abbruchsoptionen kann der Ausübungspreis auch den (deterministischen oder stochastischen) Preis der Investition am Sekundärmarkt darstellen, der als deterministische Größe ex ante aufgrund von Marktdaten geschätzt werden kann.1650) Fischer (1996) verwendet als Ausübungspreis einer Verkaufsoption die Summe der noch nicht geleisteten (‚geretteten’) Zahlungen einer sequentiellen Investition.1651) Für den Abbruch der Wertschöpfungspartnerschaft lassen sich die nicht entstandenen, erwarteten Verluste als Ausübungspreis bezeichnen. Probleme ergeben sich bei der ex ante Quantifizierung des Ausübungspreises der Lieferantenentwicklungsoption, die als Projektbudget häufig schwer kalkulierbar sind.1652) Da Realoptionen in der Regel keine verbrieften Rechte, sondern Handlungsmöglichkeiten darstellen, muss der Ausübungspreis häufig auf der Basis ökonomisch plausibler Annahmen bestimmt werden.1653) Handelt es sich um den Einsatz von Mitarbeitern des Abnehmers beim Lieferanten, lässt sich bspw. das Projektbudget entsprechend bei Beratungsprojekten über die Anzahl Manntage kalkulieren. Für die Auszahlung des Ausübungspreises X wird zur Modellierung des Bewertungsmodells – wie überwiegend bei Realoptionsmodellen – vereinfacht von der Prämisse ausgegangen, dass dieser nicht nur bekannt (determiniert) ist, sondern auch zu einem Zeitpunkt t = n stattfindet.1654) Je kürzer die Lieferantenentwicklungsmaßnahme dauert, desto exakter
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Ein- und Auszahlungen werden dann im originären Sinne des Target Costing/Target Prcing als deterministische Größen verstanden. Der (N)SLV hängt lediglich von der exogenen Unsicherheit der Nachfrageentwicklung ab. Vgl. zu einem stochastischen Ausübungspreis Myers/Majd (1983), S. 20-22. Vgl. Fischer (1996), S. 130, „zukünftige Einsparungen“, S. 200. Vgl. Fischer (1996), S. 206, Der Wert des Ausübungspreises von Realoptionen ist häufig ex ante nicht exakt bestimmt. Vgl. Koch (1999), S. 71. Vgl. zu einem Phasenmodell mit der Einbeziehung einer „Bauphase“ Friedl (2001), S. 40 ff. sowie Paddock/Siegel/Smith (1988), S. 488, „development lag“.
281
entspricht die Projektauszahlung X einem diskontierten Zeitwert.1655) Der Gegenwartswert der Lieferantenentwicklungsauszahlung wird unter der Annahme festgesetzt, dass die Maßnahme schnellstmöglich implementiert wird.1656) Der innere Wert der Option variiert mit dem Ausübungspreis. Für die Abbruchsoption (Put) ohne garantierten Alternativertrag variiert der Ausübungspreis mit der Spezifität der ersten Investitionstranche. Der Alternativertrag ist dann umso höher (niedriger), je niedriger (höher) die Spezifität der geleisteten Investitionsauszahlung in t0 ist.1657) Der innere Wert der Option steigt mit dem Alternativertrag. Für die Situation einer vollständig spezifischen Lösung und der Vermeidung versunkener Kosten werden die beziehungsinterne Lösung der Lieferantenentwicklung sowie vertraglich vereinbarte Ausstiegslösungen (verbriefte Verkaufsoption) bedeutsam.1658) Für die Lieferantenentwicklungsoption (Call) gilt, dass ein niedriger (hoher) Ausübungspreis den Wert der Option erhöht (senkt). Je näher die Ausprägung des Leistungspotentials des Lieferanten an den zukünftig geforderten Anforderungen liegt (geringes Entwicklungsdelta), desto geringer ist der Entwicklungsaufwand (ausgedrückt durch X). Der innere Wert der Option steigt.1659)
5.3.2.4 Berücksichtigung von Beziehungserträgen Mit dem Verzögern der Ausübung der Lieferantenentwicklungsoption können Beziehungserträge verloren gehen, die aus dem Leistungsaustausch nach der Investition in die Entwicklungsmaßnahme zu erwarten sind. Bei Aktien entspricht dies der Dividende auf die der Inhaber einer Finanzoption keinen Anspruch hat, sondern nur derjenige, der in die Aktien eines Unternehmens investiert hat (Aktieninhaber).1660) Ihre absolute Größe entwickelt sich proportional zum Wert des Basistitels.1661) Die Objektertragsrate G bei Realinvestitionen bezieht sich für eine Kaufoption auf eine annualisierte Rendite (Beziehungsertrag) der Wertschöpfungspartnerschaft nach der Ausübung der Lieferantenentwicklungs-
Ti
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1659)
1660) 1661)
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Xt X für Ti n ൺ 0 ( 1 i) t n t n mit (Ti - n) als Dauer der Lieferantenentwicklungsmaßnahme Vgl. Hommel/Pritsch (1999b), S. 34 sowie Nembhard/Shi/Aktan (2005), S. 945. Frage des optimalen Spezifitätsgrades. Vertragliche Anpassungslösungen, wie bspw. lediglich Preisgleitklauseln, werden ausgeblendet, da die potentialorientierte Beurteilung des Lieferanten die Basis der direkten Lieferantenentwicklung bildet. Vgl. Amend (2000), S. 88 sowie Copeland/Antikarov (2001), S. 7, „A higher investment cost will […] reduce ROA.“ Vgl. Laux (1993), S. 942. Vgl. Koch (1999), S. 102 sowie Copeland/Antikarov (2001), S. 125 und Hull (2006), S. 485. lim
option, die dem Optionsinhaber (Abnehmer) entgeht, sollte dieser die Option nicht ausüben.1662) Paddock/Siegel/Smith (1988) bezeichnen den Objektertrag als „net production revenue“.1663) Ebenso bezeichnet Sick (1995) den Objektertrag als „annual rental rate earned by the owner.“1664) Der Objektertrag bzw. Beziehungsertrag stellt den Zahlungsüberschuss (Nettoertrag) dar, der dem Besitzer des Vermögensgegenstandes, der der Option zugrunde liegt, zukommt.1665) Sie stellt eine Renditegröße (relativer Ertrag) der Cash Flows (absoluter Ertrag, „current cash outflow“1666)) nach Ausübung der Lieferantenentwicklungsoption dar,1667) wobei gilt, dass diese Cash Flows nicht wieder in das Investitionsobjekt investiert werden.1668) Für den Entscheidungsträger beinhaltet die Ausübung ein Entscheidungsproblem dahingehend, dass mit der Ausübung spezifisch investiert wird, wodurch eine Lock-in-Situation entsteht. Andererseits geht der Beziehungsertrag aus der Lieferantenentwicklung verloren, wenn die Investition nicht realisiert wird. Der Wert des Abwartens der Ausübung muss daher mit dem Wert der zwischenzeitlichen Rückflüsse abgewogen werden.1669) Wird durch die Ausübung der Option das Objekt erst geschaffen, wird diesbezüglich kein Beziehungsertrag realisiert, solange die Option nicht ausgeübt wird.1670) Der Beziehungsertrag G ist Teil der relationalen Rente bzw. als Investitionsertrag die Quasirente des Abnehmers und damit abhängig von der Spezifität. Die Objektertragsrate G bei Realinvestitionen bzw. Dividendenrendite G bei Aktien hat eine signifikante Auswirkung auf die Frage einer vorzeitigen Ausübung von Kaufoptionen.1671) Für einen Call auf eine dividendenlose Aktie gilt, dass eine vorzeitige Ausübung keine Vorteile bringt (wenn die Aktie bis zum Ende der Laufzeit gehalten wird), da der dafür aufzubringende Betrag bis zum Ende der Laufzeit der Option zum risikolosen Zinssatz investiert werden kann.1672) Gegenüber einer Kaufoption auf Aktien ohne Dividenden-
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Vgl. Kogut (1991), S. 23, „If the investment […] is not made in a period, the cash flows are lost.“, sowie Müller (2004), S. 95, „annualisierte Rate der Rückflüsse”, vgl. zur Annualisierung Steiner/Bruhns (2000), S. 58. Vgl. Paddock/Siegel/Smith (1988), S. 488, die davon noch die Abschreibung auf die Investition abziehen. Vgl. Sick (1995), S. 656. Vgl. Koch (1999), S. 59 und Laux (1993), S. 942 sowie Müller (2004), S. 95, „aus dem Investitionsobjekt resultierende Rückflüsse“. Amram/Kulatilaka (1999), S. 128. Vgl. Pindyck (1991), S. 1120 und Hommel/Pritsch (1999a), S. 124 sowie Koch (1999), S. 59. Vgl. Koch (1999), S. 59, Damit ist eine alternative Wiederanlage nicht ausgeschlossen. Vgl. Tomaszewski (2000), S. 243. Vgl. Laux (1993), S. 942, Bei der innovationsorientierten Lieferantenentwicklung kann dies ein neues Produkt darstellen. Vgl. Bernhard (2000), S. 63. Vgl. Hull (2006), S. 267.
283
zahlung kann die vorzeitige Ausübung der Lieferantenentwicklungsoption dann sinnvoll sein, wenn der verbundene Ertrag analog einer Aktie mit entsprechender Dividendenzahlung realisiert werden soll. Zudem erfolgt die Ausübung der Lieferantenentwicklungsoption mit der Zielsetzung der Aufrechterhaltung der Wettbewerbsfähigkeit des Abnehmers. Die Ausübung hat insofern eine indirekte und langfristige Renditewirkung („strategic considerations“1673)). Um Wettbewerbern bei neuen Marktanforderungen zuvor zu kommen, kann eine vorzeitige Ausübung der Option vorteilhaft sein.1674) Hull (2006) weist darauf hin, dass in den meisten Fällen der einzige Zeitpunkt der vorzeitigen Ausübung einer Finanzkaufoption der letzte Ex-Dividende-Tag ist.1675) Insofern spielt die Objektertragsrate G eine besondere Rolle für eine frühzeitige Ausübung der Lieferantenentwicklungsoption, indem G > 0 angenommen wird.1676) Berücksichtigt werden muss hierbei jedoch, dass die Ausübung der Lieferantenentwicklungsoption nicht systemisch zu einem Zeitpunkt erfolgt, sondern die Implementierung der Maßnahmen und deren Erfolgs-/Einzahlungswirkung zeitverzögert greifen. Dies wird über die Betrachtung des zeitlichen Anfalls der Einzahlungen im SLV gewährleistet.1677) Für G < 0 übt der Abnehmer nicht oder so spät wie möglich aus, um den Stillhalter der Option die negativen Objekterträge begleichen zu lassen.1678) Dies kann bspw. dann der Fall sein, wenn der Lieferant einen F&E-Overhead vorhält,1679) um dem geforderten Basispotential zu genügen, eine Ausübung der Option und Nutzung des Leistungspotentials im konkreten Leistungsaustausch mangels Nachfrage aber noch nicht stattfindet. Die Ausprägung G = 0 hat zur Folge, dass der Abnehmer die Lieferantenentwicklungsoption bei unbegrenzter Laufzeit nie ausübt, da keine Opportunitätskosten der Nichtausübung entstehen.1680) Alle Beziehungserträge akkumulieren sich für diesen Fall in der Wachstumsrate D, die der Optionsinhaber auch dann realisiert, wenn er die Option nicht ausübt. Dieser Fall ist für eine Realinvestition mit periodischen Zahlungsüberschüssen nicht halt-
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Dixit/Pindyck (1995), S. 110. Vgl. Laux (1993), S. 995. Vgl. Hull (2006), S. 371 sowie Laux (1993), S. 948. Vgl. Dixit/Pindyck (1994), S. 138, ebenso Bernhard (2000), S. 63 und Pindyck (1991), S. 1119. Vgl. Nembhard/Shi/Aktan (2005), S. 945 f. und S. 947 „a one period time lag“, was dazu führen kann, dass in der ersten Periode nach der Entscheidung für eine Lieferantenentwicklungsmaßnahme noch keine Einzahlungen im SLV berücksichtigt werden können. Für den Ausübungspreis X sollen weiterhin die bereits genannten Prämissen gelten. Vgl. Gintschel (1999), S. 68. Vgl. Amram/Kulatilaka (1999), S. 129, „must be paid regardless whether the product is launched, overhead for R&D“. Vgl. Pindyck (1991), S. 1120.
bar. Für den Fall G ĺ f sind die Opportunitätskosten des Wartens sehr hoch,1681) so dass der Abnehmer die Lieferantenentwicklungsoption sofort ausübt und der Optionswert gegen Null strebt. Für diesen Fall gleichen sich erweiterter Kapitalwert und statischer Kapitalwert an und der NSLV wird zur alleinigen Entscheidungsgröße, der für diesen Fall die Lieferantenentwicklungsmaßnahme zum Zeitpunkt t0 einschließt („now-or-never“Entscheidung als Optimum).1682) Für den Fall einer Verkaufsoption gilt, dass mit G > 0 der Abnehmer mit der Ausübung wartet, da ihm die Objekterträge zufließen.1683) Für eine Realoption ohne festgelegten Ausübungszeitpunkt besteht kein Erfordernis der Ausübung, folglich ein Beziehungsabbruch. Auch wird eine Verkaufsoption mit G > 0 nur zu einem Zeitpunkt direkt nach der Realisation dieses Ertrages ausgeübt, sofern dieser zeitdiskret erfolgt.1684) Die Objektertragsrate resultiert aus den Zahlungsansprüchen, die mit der Wertschöpfungspartnerschaft verbunden sind.1685) Zu ihrer Berechnung finden sich kaum Hinweise in der Realoptionsliteratur, da sie bei einer marktwertorientierten Bewertung unmittelbar aus Marktdaten abgeleitet wird.1686) Mit der in Kapitel 5.3.2.1.2 ansetzenden Problematik (Punkt (b) spezifischer Leistungsaustausch mit Weiterentwicklungsoption) wächst der Wert des Basisobjekts in Abhängigkeit der Nachfrage xt nur dann, wenn der Leistungsaustausch tatsächlich stattfindet.1687) Eine Wertsteigerung des Basisobjekts „Wertschöpfungspartnerschaft nach Lieferantenentwicklung“ erfährt der Abnehmer nur dann, wenn er die Option ausübt, da der Wert SLV einer Periode n bis T nur dann größer als der SLV einer Periode n + ¨t bis T ist, wenn zwischen n und T der Leistungsaustausch tatsächlich stattfindet. Dies resultiert aus der Bewertung des SLV in T als die kumulierten realisierten Barwerte der Perioden n bis T.1688) Eine implizite Berechnung von į aus Į und ȡ wird für die Bewertung der Wertschöpfungspartnerschaft möglich, indem der Ansatz der Bewertung der Gesamtrendite ȡ in Anlehnung an die von Sick (1995) vorgeschlagene Verwen-
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1682) 1683) 1684) 1685) 1686)
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Pindyck (1991), S. 1124 weist darauf hin, dass es für diesen Fall teurer wird zu warten, als durch die Ausübung den Wert der Option zu verlieren. Vgl. Pindyck (1991), S. 1120 sowie Miller/Waller (2003), S. 97, „go/no go commitments”. Vgl. Gintschel (1999), S. 69. Vgl. Laux (1993), S. 948 f. Vgl. Friedl (2001), S. 32. Vgl. bspw. Trigeorgis (1996), S. 118. „The ‚dividend’ yield į may represent an explicit dividend payout […] in the case of a nontraded state variable, the rate-of-return shortfall between its expected growth rate (Į) and the total return [ȝ] expected in equilibrium from an equivalent-risk traded financial security (Į*).” Vgl. hierzu nochmals den Hinweis von Meise (1998), S. 52 zur Zeitpunktgebundenheit von Investitionen, die sich nicht in Zukunft in gleicher Weise realisieren lassen. Anders dagegen eine Finanzoption auf eine Aktie, deren Wert im Gleichgewicht mit dem risikolosen Zinssatz r wächst, ohne dass ein bestimmter Investor die Aktie im Portfolio hält.
285
dung des „Return on Investment“ erfolgt.1689) Der folgende Ansatz schließt an die vorherigen Aussagen zur Objektertragsrate an (insbesondere die Verwendung einer Renditegröße) und geht der Frage nach, welche Gesamtrendite ȡ sowie Objektertragsrate/-rendite į dem Abnehmer entgeht, wenn er die Lieferantenentwicklungsoption nicht ausübt. Zur Bewertung der Gesamtrendite unter Berücksichtigung des zeitlichen Anfalls der aus der Ausübung der Lieferantenentwicklungsoption hervorgehenden Zahlungsüberschüsse wird die Methode des internen Zinsfußes angewandt. Der interne Zinsfuß wird auch als „Rendite“ bezeichnet und stellt einen Lösungsansatz zur Ermittlung der entgangenen Gesamtrendite ȡ bei Nicht-Ausübung dar.1690) Die Kritik von Drukarczyk (2003), dass die Methode einen Mangel an Vergleichbarkeit unterschiedlicher Investitionsobjekte mit unterschiedlichen Anfangsinvestitionen aufweist, kommt hier nicht zum Tragen.1691) Es wird auf der Basis des identifizierten Entwicklungsdeltas lediglich ein Entwicklungspfad zu einem SLV betrachtet. Es erfolgt nicht der Vergleich alternativer Lieferantenentwicklungs(investitions-)projekte hinsichtlich eines Lieferanten. Auf weitere Kritik zur internen Zinsfußmethode, insbesondere der Kontroverse der Wiederanlageprämisse frei werdender Mittel, wird an dieser Stelle nicht eingegangen.1692) Der interne Zinsfuß ist derjenige (hypothetische) Kalkulationszinsfuß, bei dem (a) der (Netto-) Kapitalwert einer Zahlungsreihe Null wird und (b) der Barwert der Einzahlungsreihe mit dem Barwert der Auszahlungsreihe betraglich identisch ist.1693) Ist der Diskontierungsfaktor kleiner (größer) als der interne Zinsfuß, so ist der Kapitalwert positiv (negativ).1694) Der Definitionsbereich des internen Zinsfußes erstreckt sich von ] –1; + [, d.h. der Zinsfaktor (1 + ȡ) kann als positiv vorausgesetzt werden.1695) Voraussetzung für genau einen internen Zinsfuß ist, dass die Investition nur einen Vorzeichenwechsel bzw. eine Nullstelle der (Netto-) Kapitalwertfunktion aufweist (hinreichende Bedingung für eine eindeutige Lösung).1696) Die Kapitalwertfunktion ist dann streng monoton fallend.1697) Über die Operationalisierung der
1689) 1690) 1691)
1692)
1693) 1694) 1695) 1696) 1697)
286
Vgl. Sick (1995), S. 661. Vgl. Franke/Hax (2004), S. 172. Vgl. Drukarczyk (2003), S. 133 sowie zur Diskussion der Dominanz einer Investitionsalternative Franke/Hax (2004), S. 193-196. Vgl. zur Diskussion Hering (2003), S. 97 f. sowie Schäfer (2005), S. 159, Kapitalwertmethode als ‚anspruchslose Wiederanlageprämisse’ zum Kapitalmarktzinssatz sowie interner Zinsfuß als ‚anspruchsvolle Investitionsmöglichkeit’, bei der frei werdende Mittel zum selben internen Zinsfuß anzulegen sind. Vgl. Schäfer (2005), S. 150 und Hering (2003), S. 99. Vgl. Franke/Hax (2004), S. 174. Vgl. Hering (2003), S. 99. Vgl. Drukarczyk (2003), S. 130, Hering (2003), S. 100 und Schäfer (2005), S. 153. Vgl. Hering (2003), S. 102 und Franke/Hax (2004), S. 173, Die Kapitalwertfunktion ist eine Funktion in Abhängigkeit des Zinsfußes und nicht in Abhängigkeit der Zeit.
Ein- und Auszahlungen über das Target Pricing/Costing ist jederzeit gewährleistet, dass et > at, so dass die Anfangsinvestition durch positive Periodenzahlungsüberschüsse von einer positiven Kapitalbindung zu einer negativen Kapitalbindung zwischen tn und T (Lieferantenentwicklungsoption) wechselt.1698) Zwischen t0 und tn (Abbruchsoption) muss die Analyse differenzierter erfolgen, geht man davon aus, dass der Grund der Ausübung der Abbruchsoption in einem zweiten Vorzeichenwechsel aufgrund tatsächlich eingetretener negativer Periodenüberschüsse zu finden ist.1699) Gintschel (1999) dividiert für G die Dividende D1 in t1 durch die Anschaffungsauszahlung I0 zum Erwerb der Aktie in t0 (einperiodige Betrachtung).1700) Mit der Methode des internen Zinsfußes ergibt sich ein einfaches einperiodiges Beispiel. Die Einstiegsinvestition sei I0 = –1000, der Objektertrag aus der Beziehung D1 = e1 – a1 = 100 sowie die Wertsteigerung des eingesetzten Kapitals als Kapitalertrag = 100.1701) Wird angenommen, dass die Einstiegsinvestition vollständig reversibel ist oder vom Lieferanten zum gleichen Zeitpunkt wie der Kapitalertrag sowie der Zahlungsüberschuss in t1 abgegolten wird, erhält der Abnehmer folgenden internen Zinsfuß: –1000 + (100 + 100 + 1000) x (1 + ȡ)–1 = 0, ĺ ȡ = 0,2 (wobei Į = 0,1 sowie į = 0,1).1702) Die Lieferantenentwicklungsmaßnahme stellt demgegenüber eine irreversible, spezifische Investition dar, deren Amortisation (Vorzeichenwechsel der Kapitalbindung) über eine Detailplanung der Nachfrageentwicklung zum Zeitpunkt der Ausübung sichergestellt sein muss.1703) Die Investition muss so definiert sein, dass sie anfangs Kapital bindet und später freisetzt.1704) Genau diese Annahme wird für Wertschöpfungspartnerschaften mit spezifischen Investitionen und deren Quasirente(n) unterstellt. Die Ausübung der Option hängt nicht von der Zeit t ab, weshalb Sick (1995) darauf hinweist, dass „dividends […] do not vary with time“, so dass im Bewertungsmodell von einer konstanten Objektertragsrate ausgegangen wird.1705) Die Option ist als amerikanische Option fortlaufend auf die Vorteilhaftigkeit der Ausübung zu prüfen (vgl. folgendes Kapitel 5.3.2.5). Die Gleichungen 5-11a bis 5-11d werden lediglich hinsichtlich der Variablen von Put und Call entsprechend den Zeitpunkten t, n bzw. T angepasst. Die Beziehungs-
1698) 1699) 1700)
1701) 1702) 1703)
1704) 1705)
Vgl. zur positiven und negativen Kapitalbindung Schäfer (2005), S. 153. Vgl. zur Problematik Schäfer (2005), S. 153. Vgl. Gintschel (1999), S. 67 sowie Schäfer (2005), S. 164, Dieser Ansatz wird als „Initialverzinsung“ bezeichnet. Vgl. Sick (1995), S. 661, „dividend + capital appreciation = return on investment“. Vgl. zum Beispiel Hering (2003), S. 100. Pohl/Thielen (2006), S. 17 ziehen hierzu zusätzlich „branchenspezifische externe Datenquellen (z.B. Produktions- und Absatzzahlen für Fahrzeugmodelle)“ heran. Vgl. Franke/Hax (2004), S. 175. Vgl. Sick (1995), S. 657.
287
dauer T bezieht sich auf die Periode von Beziehungseinstieg in t0 bis zum geplanten Beziehungsende T > n. Der Abnehmer geht von zwei Optionen aus. Entweder die Wertschöpfungspartnerschaft wird im Zeitraum t0 bis tn abgebrochen oder muss abgebrochen werden (sekundärer Handlungsspielraum). Vorrangig kann zu einem Zeitpunkt n die Primärstrategie der Lieferantenentwicklungsoption verfolgt werden, sofern die Nachfrage ausreichend hoch ist (Option ist „in-the-money“). Diese Vorgehensweise setzt die Prämisse voraus, dass sich Zahlungsüberschüsse nicht ausschließlich in der Wachstumsrate D akkumulieren, sondern Ausdruck von G sind und dem Abnehmer die Zahlungsüberschüsse entgehen, wenn die Option nicht ausgeübt wird.1706) Eine einfache Lösung der internen Zinsfußmethode ist dann möglich, wenn zwischen t0, tn und T keine zwischenzeitlichen Zahlungsüberschüsse ausgeschüttet werden und sich der Wert zu einem Endwert in n bzw. T akkumuliert, der erst dann ausgeschüttet wird (ohne zwischenzeitliche Wiederanlage). Für Perioden t > 1 gilt dann:1707) Gesamtertrag einer Abbruchsoption
U
n
Endwert –1 mit ȡ = Į + į folgt: į = ȡ – Į I0
(5-11a)
Gesamtertrag einer Lieferantenentwicklungsoption
U
T n
Endwert –1 mit ȡ = Į + į folgt: į = ȡ – Į X
(5-11b)
Eine Modifikation des internen Zinsfußes stellt die „Baldwin-Methode“ dar, bei der die Periodeneinzahlungsüberschüsse bis zum Ende des Planungszeitraumes zum Diskontierungsfaktor i angelegt werden (Wiederanlageprämisse zum Diskontierungsfaktor i).1708) Der „Baldwin-Verzinsungssatz“ wird realer Zinsfuß genannt, basiert auf dem Endwert der Einzahlungsüberschüsse und stellt ebenfalls eine Vereinfachung dar.1709) Ein zentraler Vorteil von Gleichungen 5-11c und 5-11d ist, dass diese mit demselben Datenmaterial auskommen, welches bereits zur Berechnung des (N)SLV herangezogen wird. Mit den genannten Prämissen eines Vorzeichenwechsels bzw. einer Nullstelle der Kapitalwertfunktion in Abhängigkeit des Diskontierungsfaktors i gilt:1710)
1706) 1707)
1708) 1709) 1710)
288
Vgl. Bank/Mager (2000), S. 304. Vgl. Schäfer (2005), S. 156, analog der Bewertung einer Nullkuponanleihe sowie weitere Bewertungsbeispiele bei Drukarczyk (2003), S. 130 und Hering (2003), S. 102 zu finden sind. Vgl. Schäfer (2005), S. 165 f. Vgl. Schäfer (2005), S. 166. Vgl. Schäfer (2005), S. 166.
Gesamtertrag einer Abbruchsoption n
(et at )(1 i) n t
U
nt 1
(5-11c)
–1
I0
mit ȡ = Į + į folgt: į = ȡ - Į Gesamtertrag einer Lieferantenentwicklungsoption T
U
T n
(et at )(1 i )T t t n
X
(5-11d)
-1
mit ȡ = Į + į folgt: į = ȡ – Į Für die Schätzung einer kontinuierlichen Wachstumsrate Į mittels Szenarien S für eine Abbruchsoption gilt:1711)
D
§S · ln¨¨ n ¸¸ © S 0 ¹ bzw. in Abhängigkeit der Nachfrage x folgt: D n
§x · ln¨¨ n ¸¸ © x1 ¹ n 1
(5-12a)
Für die Schätzung einer kontinuierlichen Wachstumsrate Į mittels Szenarien S für eine Lieferantenentwicklungsoption gilt:
D
§S · ln¨¨ T ¸¸ © S n ¹ bzw. in Abhängigkeit der Nachfrage x folgt:1712) D T n
§ x · ln¨¨ T ¸¸ © x n 1 ¹ T n 1
(5-12b)
Investiert ein Abnehmer in einen Leistungsaustausch mit einem Lieferanten, besteht neben der akquisitorischen Dimension der Verfügbarmachung einer für die Herstellung des Endprodukts benötigten Komponente oder eines Moduls eine dem Risiko der Investition entsprechende Risikoprämie, die im Diskontierungsfaktor i berücksichtigt ist. Als zweiten Ertragsbestandteil erhält der Abnehmer periodische Zahlungsüberschüsse aus der Differenz zwischen den Einzahlungen (anteilig für eine Komponente oder ein Modul aus dem Verkauf des Endprodukts) sowie den Auszahlungen an den Lieferanten. Beide Ertragsbestandteile führen zum Gesamtertrag der Wertschöpfungspartnerschaft, die ins Verhältnis zur dafür erforderlichen Investition (I0 bzw. X) eine relative Ertragsgröße bilden.
1711) 1712)
Vgl. Trigeorgis (1996), S. 118. Der Nenner ist Ausdruck der Anzahl diskreter Perioden zu denen ein positives oder negatives Wachstum stattfindet.
289
5.3.2.5 Laufzeit Kann die Ausübung der Option jederzeit während der Laufzeit vom Optionsinhaber vorgenommen werden, handelt es sich um eine Option amerikanischen Typs. Kann dagegen die Option nur am Verfalltag ausgeübt werden, bezeichnet man dieses Recht als Option europäischen Typs.1713) Realoptionen haben im Gegensatz zu Finanzoptionen häufig keinen festgelegten Ausübungszeitpunkt (Laufzeit der Option).1714) In der Praxis sind Situationen denkbar, in denen ein Unternehmen nicht die Möglichkeit hat, die Realinvestition zu verschieben.1715) Allgemein können zeitlich begrenzte Patente, Lizenzen oder Verträge eine zeitliche Limitierung einer Realoption begründen.1716) Endliche Laufzeiten können sich ergeben, wenn der Eintritt von Wettbewerbern eine neue Technologie erforderlich macht, so dass die Lieferantenentwicklung stattfinden muss, weil das derzeitige Potential des Lieferanten für die Wettbewerbsfähigkeit nicht mehr ausreicht. Die Laufzeit von Realoptionen wird damit wesentlich durch Technologietrends beeinflusst und steht in enger Verbindung mit den Leistungspotentialen des Lieferanten in einer Wertschöpfungspartnerschaft.1717) Wird eine Wertschöpfungspartnerschaft als Life-Cycle-Beziehung hinsichtlich des Endprodukts betrachtet, determiniert sich ein frühzeitiger Ausübungszeitpunkt durch den Zeitpunkt des notwendigen Modellwechsels bzw. zeitlich um die Zeitperiode der Implementierung der Lieferantenentwicklungsmaßnahme vorgelagert, so dass der Zeitpunkt n bei geplanten Modellzyklen ex ante bekannt sein kann (vgl. Anhang C). Dies ist dann der Fall, wenn die Leistungspotentiale des Lieferanten dem neuen Zyklus nicht genügen. Eine Lieferantenentwicklung im Rahmen des Modellwechsels findet nur dann statt, wenn der Lieferant neue Anforderungen nicht erfüllt. Voraussetzung ist, dass die Nachfrage ausreichend groß ist, da nur dann ausgeübt wird, wenn die Option „in-the-money“ ist.1718) Für den Ansatz der dynamischen Programmierung gilt, dass dieser (grundsätzlich) von einer unendlichen Laufzeit ausgeht,1719) der Optionspreis von der Zeit unabhängig ist und nicht nach dem temporalen Zeitpunkt der Ausübung gesucht wird, sondern nach einem
1713) 1714) 1715) 1716) 1717) 1718)
1719)
290
Vgl. Schäfer (2005), S. 348. Vgl. Pindyck (1991), S. 1118 sowie Sick (1995), S. 361. Vgl. Dixit/Pindyck (1995), S. 110. Vgl. Gintschel (1999), S. 71. Vgl. Hommel/Pritsch (1999b), S. 34 sowie Miller/Waller (2003), S. 97. Die folgenden Bewertungsmodelle betrachten nicht den optimalen Zeitpunkt der Ausübung, sondern einen optimalen Schwellenwert, abhängig von der Nachfrageentwicklung, folglich dem Wert (N)SLV der Wertschöpfungspartnerschaft. Wagner (2005a), S. 14 bestätigt in einer empirischen Untersuchung Beziehungslebenszyklen bis zu 50 Jahren.
Schwellenwert des Realinvestitionswertes. Ein wesentlicher Vorteil dieser Vorgehensweise ist, dass der Ausübungszeitpunkt ex ante nicht bekannt sein muss.
5.3.2.6 Stillhalter der Realoption Die Parteien eines verbrieften Optionsgeschäftes umfassen den Optionsinhaber, der die Option vom Stillhalter gegen Zahlung einer Optionsprämie erhält. Der Stillhalter ist gegenüber dem Wahlrecht des Optionsinhabers verpflichtet, die mit dem Recht verbundenen Ansprüche zum Ausübungszeitpunkt zu liefern.1720) Ein verbriefter Anspruch auf die Erfüllung der Ansprüche fehlt jedoch in der Regel bei Realoptionen.1721) Es sind zwei alternative Ansätze zu prüfen.
(1) Markt als Stillhalter Zwar müssen bei der Lieferantenentwicklung Target Costs vom Lieferanten eingehalten werden, als auch ein marktorientierter Target Price durch eine Conjoint-Analyse sichergestellt ist.1722) Dennoch gewährleistet nicht der Lieferant den Verkauf der kritischen Menge (Nachfrage x), ab deren Wert die Lieferantenentwicklungsoption ausgeübt wird, sondern der Markt. Amend (2000) bezeichnet daher den Markt als „nicht personifizierbaren“ Stillhalter einer Realoption, da der eigentliche Wert für das Unternehmen erst aus dem Verkauf des (End-) Produktes resultiert.1723) Der Abnehmer übt die Realoption nur dann aus, wenn die Marktnachfrage nach dem Endprodukt ausreichend hoch ist und damit der Present Value SLV des Basistitels Lieferant über dem Ausübungspreis liegt.1724) Die Einschränkung auf eine singuläre Betrachtungsweise, dass der Abnehmer die Lieferantenentwicklungsauszahlungen trägt, jedoch auch die Einzahlungen der Entwicklungsmaßnahme erhält, wird in Kapitel 2.2.4 bereits vorausgesetzt. Bei der Darstellung des Marktes als Stillhalter fällt eine unmittelbare Optionsprämie nicht an,1725) womit die Einstiegsinvestition nicht als Optionsprämie interpretiert werden kann. Sie ist dann im ursprünglichen Verständnis als statischer Kapitalwert einer Basisstrategie zu verstehen. Die Option der Lieferantenentwicklung wird implizit mit der Einstiegsinvestition erworben.
1720) 1721) 1722) 1723) 1724)
1725)
Vgl. Steiner/Bruhns (2000), S. 294. Vgl. Amend (2000), S. 84. Vgl. Zsidisin/Ellram (2003), S. 24. Vgl. Amend (2000), S. 84 f. Koch (1999), S. 98 formuliert die Bedingung allgemeiner. Die Option wird ausgeübt, wenn sich die „Rahmenbedingungen“ positiv entwickeln. Vgl. Amend (2000), S. 85.
291
(2) Lieferant als Stillhalter Ein zweiter Ansatz, welcher zu diskutieren ist, ist jener, ob nicht der Lieferant Stillhalter der Realoption ist und der Basistitel die Beziehung (Wertschöpfungspartnerschaft) darstellt, in welche beziehungsspezifisch investiert wird.1726) Die Einstiegsinvestition beinhaltet dann die Optionsprämie in der eingangs diskutierten Weise, die vom Optionsinhaber „Abnehmer“ bezahlt werden muss.1727) Damit der Lieferant In-Supplier bleibt, muss er zunächst das ermittelte Basispotential über den Beziehungszyklus garantieren sowie die mit der Lieferantenentwicklungsmaßnahme kalkulierten Target Costs vertraglich zusichern. Für den Abnehmer wird gewährleistet, dass die Einzahlungen die Auszahlungen übersteigen, so dass bei Ausübung der Option deren (positive) Differenz feststeht. Der Abnehmer erwirbt den Anspruch auf Einhaltung der kalkulierten Target Costs, wenn er die Lieferantenentwicklungsauszahlungen tätigt. Der Stillhalter erhält generell die Optionsprämie (Zeitwert) als Vergütung für die Übernahme des Volatilitätsrisikos.1728) Das ermittelte Basispotential als notwendige Bedingung der Entwicklungsfähigkeit stellt in der Regel einen Leistungsüberschuss gegenüber den derzeitigen Anforderungen des Abnehmers in t0 dar, der für den Lieferanten nicht kostenlos aufgebaut werden kann. Des Weiteren wird dieses Basispotential auf der Grundlage einer Szenarioanalyse mit zum Teil subjektiven Erwartungen gebildet, so dass Unsicherheit darüber vorliegt, ob dieses Basispotential dem geforderten (effektivsten) bei Eintritt neuer Umweltsituationen tatsächlich entspricht (Verlustrisiko des Lieferanten). Der Lieferant trägt das Risiko, dass sich ex post herausstellt, dass das vorgehaltene Basispotential entweder nicht benötigt wird, oder in den falschen Potentialkategorien vorgehalten wird. Der Abnehmer übt die Option schließlich dann aus, wenn ausreichend Sicherheit hinsichtlich der Nachfrage nach dem Endprodukt besteht.1729) Eine besondere Rolle spielt der Lieferant als Stillhalter insofern bei der Frage, welche Partei die Optionsprämie bezahlt, als dass diese bei Finanzoptionen vom Optionsinhaber
1726)
1727)
1728) 1729)
292
Der Lieferant kann nicht gleichzeitig Stillhalter und Basistitel sein. Nach diesem Verständnis wäre auch denkbar, als Investitionsobjekt, d.h. Basistitel das Beschaffungsobjekt zu wählen und der Frage nachzugehen, welcher Rückfluss bzw. welcher Wert mit dem Beschaffungsobjekt verbunden sind, in dessen Verfügbarmachung der Abnehmer spezifisch investiert. Hibbard/Hogan/Smith (2003), S. 381 betrachten die sequentielle Einführung eines EDI-Systems als Realoption, indem zunächst ein System bei einem Lieferanten installiert wird (Einstiegsinvestition) und bei erfolgreicher Implementierung das System bei weiteren Lieferanten anschließend eingeführt werden kann. Auf die Frage der Bestimmung der Bewertungsparameter soll hier nicht eingegangen werden, vielmehr zeigt dieses Beispiel, wie mit einer Einstiegsinvestition eine Option verbunden wird. Sollte die Implementierung nicht erfolgreich sein, verliert das Unternehmen die Auszahlungen, die für das Testsystem getätigt werden – mithin die Optionsprämie. Vgl. Schäfer (2005), S. 365. Dieses Ziel wird in der Regel mit einer Warteoption verfolgt und bewertet.
zu entrichten ist. Der Mitteleinsatz für Flexibilität wird bei Finanzoptionen durch ihren ökonomischen Wert der Optionsprämie abgegolten.1730) Für den Einstieg in die Wertschöpfungspartnerschaft kann diese Überlegung zwei Situationen in der Beschaffungspraxis implizieren: (a) Der Lieferant kann aufgrund seines Potentials eine starke Position gegenüber dem Abnehmer bereits ex ante Vertragsabschluss geltend machen (bspw. in Form von Patenten), so dass eine Vertragsklausel sowohl ein Entgelt für das Recht des Abnehmers einer vorzeitigen Beendigung der Beziehung, als auch für das Vorhalten des Leistungsüberschusses zur Gewährleistung des Basispotentials durch einen Preisaufschlag vorsehen kann.1731) Dieser Zuschlag entspricht der Optionsprämie und wird durch erhöhte Auszahlungen im NSLV vom Optionsinhaber „Abnehmer“ getragen (zu Lasten der Marge des Abnehmers).1732) Nach Billington/Johnson/Triantis (2003) liegt das Entgelt für die Option „somewhere between the supplier’s effective cost of providing flexibility and the value that the purchaser places on this flexibility.”1733) Auch ein negativer Nettokapitalwert (statischer Lieferantenwert) kann vom Abnehmer in Kauf genommen werden, wenn der Wertbeitrag der Flexibilität zu einem positiven erweiterten Lieferantenwert führt. In diesem Fall bezahlt der Abnehmer dem Lieferanten bspw. einen höheren Preis (laufende Auszahlungen) für das Beschaffungsobjekt nach Aufnahme des initialen Leistungsaustauschs oder tätigt höhere Einstiegsinvestitionen als Gegenwert für das Vorhalten eines entwicklungsfähigen Basispotentials seitens des Lieferanten.1734) Betrachtet man den Ausübungspreis in Abhängigkeit des vorhandenen Basispotentials des Lieferanten, so gilt, dass dieser umso geringer ist, je geringer das Entwicklungsdelta beim Lieferanten ist. (b) Das Vorhalten eines Leistungsüberschusses seitens des Lieferanten gegenüber den derzeitigen Anforderungen des Abnehmers kann beim Lieferanten zusätzliche Kosten verursachen, die er häufig gerade nicht an den Abnehmer, zu Lasten seiner Marge,
1730) 1731)
1732) 1733) 1734)
Vgl. Crasselt/Tomaszewski (1999b), S. 518. Vgl. Amend (2000), S. 85 sowie Amram/Kulatilaka (1999), S. 80, „Options are not free. Capital equipment with built-in options is more expensive.“, Bartelt (2002), S. 41 bezeichnet „Reservenbildung” als Strategie der Unsicherheitsreduktion. Amend (2000), S. 85 diskutiert einen Zuschlag auf den Lieferpreis. Vgl. Billington/Johnson/Triantis (2003), S. 37. Ein ähnliches Beispiel einer strategischen Akquisition liefern Crasselt/Tomaszewski (1999b), S. 520, die den Flexibilitätswert als jenen Wert berechnen, den der Kaufpreis einer ersten Investitionstranche den kalkulierten statischen DCF-Wert als derzeitigen Unternehmenswert übersteigen darf, bis auch der erweiterte Kapitalwert Null bzw. negativ wird. Der Flexibilitätswert, weitere Akquisitionen von der Wertentwicklung abhängig machen zu können, rechtfertigt einen Preis für die Einstiegsinvestition, der über dem derzeitigen Kapitalwert des zu akquirierenden Unternehmens liegt.
293
weitergeben kann.1735) Die Optionsprämie der aus der Entwicklungsfähigkeit des Lieferanten für den Abnehmer entstehenden Option wird für diesen Fall vom Lieferanten im NSLV bezahlt (zu Lasten der Marge des Lieferanten). Der Lieferant geht hierbei ähnlich einem Konzeptwettbewerb in Vorleistung im Ausblick auf zukünftiges Geschäft. Der Lieferant als jene Partei, die die Ausübung der Option durch den Optionsinhaber abwartet (Stillhalter), lässt sich dennoch bestätigen durch die Annahme der direkten Lieferantenentwicklung. Der Lieferant hat selbst nicht die nötigen Mittel, die Entwicklungsmaßnahme durchzuführen und ist somit auch nicht in der Lage, eine „Eigenentwicklungsoption“ auszuüben. Behr-Karla/Jahn (2003) bewerten Flexibilität in einem Netzwerk hinsichtlich eines Reservierungspreismodells,1736) bei dem vom Kunden (Optionsinhaber) lediglich die Option auf bspw. Kauf eines Tickets erworben wird (Lieferant als Stillhalter). Die Ausübung erfolgt dann, wenn das Ticket benötigt wird. Der Kunde meldet seinen Bedarf frühzeitig, woraus sich eine vereinfachte Bedarfsplanung beim Lieferanten ergibt.1737) Ebenso signalisiert ein Abnehmer dem Lieferanten in einer Wertschöpfungspartnerschaft mit dem Erwerb der Entwicklungsoption die Aussicht auf zukünftiges Geschäft, so dass der Lieferant Leistungspotentialreserven (ein-) planen kann oder muss.
5.3.3
Value Partnering: Modellierung der dynamischen Transformation als Weiterentwicklungsoption mit Hilfe der dynamischen Programmierung
Arnold (2005) beschreibt mit Supplier Valuing nicht nur die Bewertung des Lieferanten als „Momentaufnahme“, sondern Möglichkeiten der Wertsteigerung durch gezielte Maßnahmen im Rahmen des Supplier Relationship Managements.1738) Lieferantenentwicklungsoptionen bzw. Lieferantenentwicklungsmaßnahmen als Ausübung einer Option schließen im nachfolgenden Modell an den Ansatz des Supplier Valuing an.1739) Value Partnering verweist auf das Erkenntnisobjekt der Wertschöpfungspartnerschaft mit dem
1735)
1736)
1737) 1738)
1739)
294
Vgl. Studie IRN (2003) zur Kostenreduzierung/Kostendruck von Lieferanten. Die Studie erfasst Materialeinstandspreisreduktionsforderungen von OEMs in der Automobilindustrie und realisierte Senkungen der Lieferanten per Annum sowie damit verbundene differenzierte Fragestellungen, bspw. inwiefern OEMs Lieferanten bei Kostensenkungsmaßnahmen unterstützt haben. Gegenüber einem Stornopreismodell, bei dem bspw. ein Ticket sofort gekauft und gegebenenfalls gegen Gebühr storniert wird, sieht das Reservierungspreismodell lediglich die Reservierung eines Tickets gegen Gebühr vor, das einen begünstigten Bezug des Tickets bei tatsächlichem Bedarf erlaubt. Behr-Karla/Jahn (2003), S. 146-148. Vgl. Arnold (2005), S. 400 f., Wertsteigernde Maßnahmen werden mit der Zielsetzung der Schließung einer potentiellen Lücke zwischen NSLV und einem geplanten Target SLV verfolgt. Arnold (2005), S. 401 betrachtet lediglich die Maßnahme des Lieferantenwechsels ohne nähere Erläuterung.
Ziel, nicht nur der wertschöpfenden, sondern auch der wertsteigernden Zusammenarbeit.1740) Myers (1977) beschreibt allgemein die Wachstumsmöglichkeit eines Unternehmens als die Summe aus „the present value of assets already in place“ und „the present value of future growth opportunities.“1741) Er unterteilt den Wert eines Unternehmens in bereits bestehende Vermögenswerte und den Gegenwartswert zukünftiger Wachstumsmöglichkeiten (Wertsteigerung, vgl. Gleichung 5-13a).1742) Es handelt sich demnach um Vermögenspositionen, deren Rückflüsse nicht von zukünftigen Investitionen abhängen und solchen, deren Rückflüsse erst in Abhängigkeit zukünftiger Investitionsauszahlungen realisiert werden.1743) V
Vt Vt 0
n
(5-13a)
Kilka (1995) verwendet diesen Ansatz und unterteilt den Wert eines Unternehmens in einen passiven und aktiven Wert (vgl. Gleichung 5-13b).1744) Geht man davon aus, dass es sich beim Wert der Handlungsspielräume um einen potentiellen Wert handelt, der erst dann realisiert wird, wenn die Option ausgeübt wird, folgt eine Adaption der Variablen in Gleichung 5-13b. Selbst dann, wenn das Unternehmen die Realisation der zukünftigen Investition nicht in Betracht zieht, wird der Wertbeitrag als Option (Opportunitätskosten) ins Bewertungskalkül mit aufgenommen.1745) V ' V passiv V ' aktiv
(5-13b)
Vpassiv
= Wert des Unternehmens ohne weiteres Eingreifen bei Durchführung einer feststehenden Basisstrategie (realisierter Wert)
V’aktiv
= Wert von Handlungsspielräumen und Wahlmöglichkeiten (potentieller Wert)1746)
1740)
1741) 1742)
1743) 1744) 1745) 1746)
Bogaschewsky (1994), S. 109 bezeichnet die Wertorientierung in der Entwicklungsphase als „Value Engineering“. Boddy u.a. (1998), S. 144 sehen Partnering als „the aim [..] to secure the best possible commercial advantage“ und folgen somit der Zielsetzung der Lieferantenentwicklung, die Wettbewerbsfähigkeit des Abnehmers dauerhaft zu gewährleisten. Myers (1977), S. 150. Vgl. ebenfalls Kogut (1991), S. 21, „value of the assets in their current use“ und „valuation of the future growth opportunities“. Vgl. Tomaszewski (2000), S. 229 f. Vgl. Kilka (1995), S. 35. Myers (1977), S. 150. Tomaszewski (2000), S. 123 unterteilt den aktiven Wert (Flexibilitätswert) in den „reinen Wert des Abwartens“ und den Wertverlust (Opportunitätskosten) durch zwischenzeitlich entgehende Erträge.
295
Diese Unterscheidung fügt sich in die vorgenommene Unterteilung in statischer bzw. passiver Lieferantenwert sowie dem Wertbeitrag der aktiven Lieferantenentwicklung ein. Eine Übertragung der Arbeit von Myers (1977) auf die vorliegende Problemstellung lässt den erweiterten Lieferantenwert als die Summe aus dem Nettokapitalwert einer Basisstrategie zum Zeitpunkt des Beziehungseinstiegs sowie dem Wert der Entwicklung der Beziehung durch die Leverage- und Weiterentwicklungsoptionen darstellen (vgl. Gleichung 5-13c), bzw. analog für eine Abbruchsoption (vgl. Gleichung 5-13d). NSLVexpanded = SLVex ante + Call - Option = NSLV + Call - Option
(5-13c)
NSLVexpanded = SLVex ante + Put - Option = NSLV + Put - Option
(5-13d)
Der erste Summand beschreibt den Wert des Lieferanten bei einer statischen Basisstrategie, ausgedrückt durch den Nettokapitalwert NSLV zum Zeitpunkt t0 (vgl. Gleichung 514a), wohingegen der zweite Summand Ausdruck des aktiven Optionswerts der Lieferantenentwicklung ist, der zum Zeitpunkt der Ausübung in tn durch den inneren Wert wiedergegeben wird. Der Optionswert zum Zeitpunkt der Ausübung reduziert sich auf deren inneren Wert SLV – X bzw. X – NSLV.1747) Zur Bewertung des erweiterten Lieferantenwerts in t0 stellt der SLV den zu bestimmenden Gegenwartswert der Ein- und Auszahlungen („Quasi-Marktwert“ der Zahlungsüberschüsse) der Entwicklungsmaßnahme dar (Barwert der erwarteten Cash Flows, vgl. Gleichung 5-14b),1748) wohingegen der NSLV den Wert bei Fortführung der Basisstrategie beschreibt.1749) Eine differenzierte Analyse des erweiterten Kapitalwertes erfolgt im Anschluss. Verfügt der Abnehmer nicht über die strategische Flexibilität der Lieferantenentwicklung, weil der Lieferant nicht entwicklungsfähig ist, liefern Realoptionsansatz und (statische) Kapitalwertmethode dasselbe Ergebnis.1750) Dixit/Pindyck (1994) bezeichnen den Wert des aktiven Unternehmens bzw. in der vorliegenden Analyse der aktiven Wertschöpfungspartnerschaft als „current operating profit flow“ bzw. „value of the live project“.1751) Der NSLV beschreibt diesen Wert der Wertschöpfungspartnerschaft zum Zeitpunkt des Beziehungseinstiegs (vor der Ausübung der
1747) 1748)
1749) 1750) 1751)
296
Vgl. Crasselt/Tomaszewski (1999a), S. 557. Vgl. Koch (1999), S. 139, Wert des Lieferanten bzw. der Wertschöpfungspartnerschaft „nach Tätigung der Investition“ (erzielbare Cash Flows). Vgl. Dixit/Pindyck (1994), S. 217, „keep it operating“. Vgl. Fischer (1996), S. 105. Vgl. Dixit/Pindyck (1994), S. 110 und S. 217.
Lieferantenentwicklungsoption). I0 zum Zeitpunkt t0 beschreibt die Anfangsinvestition (erste Tranche der dynamischen Transformation) des Abnehmers mit der implizit oder explizit die Option der Lieferantenentwicklung Leverage oder Weiterentwicklung oder gegebenenfalls die Option des Beziehungsabbruchs vom Abnehmer erlangt wird.1752) Dagegen beschreibt der SLV den Barwert zukünftig erwarteter Zahlungen aus der Entwicklungsmaßnahme, wie er bereits in Kapitel 2.3.1.2.2 beschrieben wird. Die Option amerikanischen Typs ist jederzeit ausübbar, weshalb im Kalkül des Entscheidungsträgers der SLV zu jedem Zeitpunkt tn (0 < n < T) mit dem Schwellenwert SLV* abgeglichen wird. Die Optionsausübung und der Optionswert sind bei dem adaptierten Modell der dynamischen Programmierung von der Zeit t unabhängig.1753) Diese zeitinvariante Definition des Optionswertes folgt der strengen Bedingung der jederzeitigen Ausübbarkeit der Option ab t0 (also auch eine mögliche Ausübung in t0, wobei dann gilt (0 n < T). Der NSLV geht als zeitinvariante Größe in die Optionsbewertung ein.1754) Der Wert der Basisinvestition wird somit als konstant betrachtet. Eine Modifikation des folgenden Bewertungsmodells als zeitvariantes bzw. zeitabhängiges Modell findet sich in Anhang C, bei der der Optionswert sowie die Ausübungsschwelle in Abhängigkeit der Restlaufzeit der Basisstrategie variieren, also vom Ausübungszeitpunkt tn abhängig sind. Der Ausübungszeitpunkt muss dafür ex ante bekannt sein (in t0). Der Ausübungszeitpunkt ist im folgenden Modell entgegen einer europäischen Option ex ante nicht (sicher) bekannt, so dass der SLV auf den (vermuteten) Ausübungszeitpunkt tn abdiskontiert wird (nicht auf t0) und der Optionswert zeitunabhängig bewertet wird. Dixit/Pindyck (1994) führen hierzu an, dass „[w]hen the firm invests, it gets the project value V [SLV].“1755) Es interessiert zur Berechnung eines Schwellenwertes der Barwert der Zahlungsströme zum Ausübungszeitpunkt, die mit Bezahlung des Ausübungspreises erworben werden.1756) Dennoch wird sowohl beim NSLV als auch SLV der zeitliche An-
1752)
1753)
1754)
1755) 1756)
Die Option des Beziehungsabbruchs soll für den Fall ins Kalkül des Abnehmers aufgenommen werden, wenn der Lieferant zum Zeitpunkt t0 die Anforderungen erfüllt, eine Alternative nicht gegeben ist, jedoch seine Entwicklungsmöglichkeit fraglich ist. Vgl. Sick (1995), S. 657, die Zeitunabhängigkeit ist eine zentrale Eigenschaft der Optionsbewertung mittels dynamischer Programmierung. Die statische Basisstrategie, die additiv zum Optionswert den erweiterten Lieferantenwert bildet, ist sowohl bei einer zeitvarianten als auch zeitinvarianten Bewertung derselbe statische Nettokapitalwert wie er in Gleichung 5-14a für t0 bis zum geplantem Ende des Zustandes ex ante Lieferantenentwicklung berechnet wird. Im Originalmodell verwendet Sick (1995), S. 656 ff. die ewige Rente für die Basisstrategie, deren Eigenschaft als zeitinvarianter, konstanter Wert zur Vereinfachung übernommen, jedoch in Anhang C weiterentwickelt wird. Dixit/Pindyck (1994), S. 141. Sick (1995), S. 657 bezeichnet den Wert, der im vorliegenden Modell durch den SLV abgebildet wird, als „net present value of conversion“, der zum Bewertungszeitpunkt in t0 die Differenz zwischen dem erwarteten Barwert SLV zum Ausübungszeitpunkt tn sowie dem dann erforderlichen
297
fall der Zahlungsströme im Sinne einer dynamischen Investitionsrechnung ab Investitionsbzw. Ausübungszeitpunkt berücksichtigt. Der NSLV berechnet sich aus einem Zeitraum bis zu einem mittels Szenarioanalyse lediglich erwarteten Ausübungszeitpunkt tn. Die Ausübung findet unabhängig davon dann statt, wenn der SLV einen Schwellenwert erreicht.
NSLV
n e at IA0 t t t 1 (1 i )
(5-14a)
n = in t0 erwarteter Zeitpunkt der Ausübung der Option T
SLV
et at t n t n (1 i )
(5-14b)
n = Zeitpunkt der Ausübung der Option
Der Hinweis auf die Einordnung der Lieferantenentwicklung als Wachstumsoption aus Kapitel 2.2.3 muss dahingehend korrigiert werden, dass die Option der Lieferantenentwicklung nicht bedeuten muss, dass dadurch die Menge der ausgetauschten Güter steigt,1757) sondern vielmehr ein qualitativer Wechsel des Zustandes (Leistungspotentialniveau) mit dem Wert NSLV in einen neuen Zustand erreicht wird, der mit einem neuen Wert SLV als Wert der Wertschöpfungspartnerschaft einhergeht.1758) Der Zustandswechsel von einer Wertschöpfungspartnerschaft vor der Lieferantenentwicklung und einer Wertschöpfungspartnerschaft nach der Lieferantenentwicklung findet zum Zeitpunkt der Ausübung der Option statt. Gleichzeitig steigt der Grad der Integration zwischen Abnehmer und Lieferant im Sinne der dynamischen Transformation durch spezifische Investitionen des Abnehmers bei der Ausübung der direkten Lieferantenentwicklung (stufenweise Invesitionsstrategie). Die Beziehung „wächst“ über die Zeit. Die dynamische Transformation
1757)
1758)
298
Ausübungspreis X darstellt. Die Ausübung findet dann statt, wenn aus dem erwarteten SLV (Prognose mittels Szenarioanalyse) ein tatsächlich realisierbarer SLV wird, so dass die Bedingung des noch zu zeigenden Schwellenwertes erfüllt wird. In der Literatur findet sich oftmals das Beispiel der Erschließung von Ölfeldern. Mit jeder Investitionstranche (sequentielle Investition) steigt die Fördermenge an. Jede Investitionstranche wird vom Marktpreis des Rohöls als stochastischem Prozess abhängig gemacht (vgl. Dixit/Pindyck (1995), S. 113-114). Aus diesem Grund findet im Folgenden der Ansatz einer Wechseloption bei Roemer (2004), S. 100107 modifiziert Anwendung. Roemer (2004) bewertet jedoch die Wechseloption aus der Perspektive des Lieferanten, wodurch eine Nähe zum CLV deutlich wird. Sie verzichtet auf eine Operationalisierung der Bewertungsparameter und beschränkt sich auf eine formale Darstellung einer risikoneutralen Bewertung . Der Ansatz von Roemer (2004) geht auf Sick (1995) zurück.
reduziert den Lock-in-Effekt, so dass auch der Ausstieg aus der Beziehung zu wesentlich geringeren verlorenen Kosten als bei der fundamentalen Transformation möglich ist. Es entsteht der Handlungsspielraum der dynamischen Transformation ǻh wie er bereits in Kapitel 3.2.2 dargestellt wird (vgl. Abbildung 3-6). Eine Strategie des Abnehmers bei Ausübung der Lieferantenentwicklungsoption kann der Aufbau einer zweiten Lieferquelle sein oder es bestehen technologische Abhängigkeiten, wie sie bereits erläutert wurden. Ein Beispiel einer Realoption aus der Perspektive eines Lieferanten liefern Eble/Völker (1993).1759) „Ein Beispiel aus der Zulieferindustrie: Dort ist es oft so, dass zur Erstellung von herstellerspezifischen Teilen erst Investitionen getätigt werden müssen, die dann über einen Life-time-Vertrag eines bestimmten Modells mit gewissen Abnahmegarantien einen bestimmten Ertrag erwarten lassen. Solch ein Projekt wäre für sich genommen sicher rentabel, wenn der Kapitalwert größer Null ist. Ist er es jedoch nicht oder nur knapp positiv, und andere Investitionsalternativen wären potentiell besser zu bewerten, so heißt das nicht, dass das Projekt auf jeden Fall abzulehnen ist. Denn normalerweise schafft sich ein Zulieferer durch die gemeinsame Arbeit mit dem Kunden die Möglichkeit zur weiteren Zusammenarbeit, sprich ein unter Umständen lukrativer Folgeauftrag kann folgen.“
Das nachfolgende Bewertungs- und Entscheidungsmodell dient der Objektivierung von Führungsentscheidungen zur Wertsteigerung im Rahmen des Value Partnering.1760) Bei der Frage der Weiterentwicklung der Wertschöpfungspartnerschaft interessiert die Wertentwicklung SLV nach der Durchführung der Lieferantenentwicklungsmaßnahme zum Ausübungspreis X zum Zeitpunkt tn.1761) Formal handelt es sich um eine Kaufoption (Call) amerikanischen Typs, die jederzeit ausgeübt werden kann.1762) Der Wert F der Option stellt sich gemäß Gleichung 5-15a zum Ausübungszeitpunkt dar.1763) F
max>0 ; SLV X @
(5-15a)
Eine Investition kann theoretisch dann sinnvoll sein, wenn der SLV über den Ausübungspreis X (strenge Bedingung SLV t X) steigt und damit die Quasirente der Entwicklungsmaßnahme positiv wird. Für einen SLV ĺ 0 sinkt der Call Wert auf Null, da es immer unwahrscheinlicher wird, dass er „in-the-money“ kommt. Der Schwellenwert SLV* der Ausübung sowie der Wert der Lieferantenentwicklungsoption lassen sich mit Hilfe der
1759) 1760) 1761)
1762) 1763)
Eble/Völker (1993), S. 409. Vgl. Eßig (2007), S. 605, „Supplier Value Management“. Hommel/Pritsch (1999b), S. 10 bewerten den inneren Wert der Option als max[Present Value der Cash Flows – X; 0]. Vgl. Sick (1995), S. 631. Vgl. allgemein Schäfer (2005), S. 358, Der innere Wert konstituiert sich aus dem Barwert SLV zu diesem Zeitpunkt sowie dem Ausübungspreis X.
299
dynamischen Programmierung ermitteln.1764) Die Realoptionsbewertung erfolgt anhand eines amerikanischen Call mit jederzeitiger Ausübbarkeit und vereinfacht mit unbegrenzter Laufzeit. Die Regel „Invest when the value of a project is at least as great as its costs“ muss hinsichtlich der Opportunitätskosten der sofortigen Ausübung, einhergehend mit dem Verlust der Option, modifiziert werden.1765) Bank/Mager (2000) bezeichnen den Schwellenwert als jenen Punkt, bei dem sich „die erwarteten irreversiblen Kosten und die Opportunitätskosten des Wartens ausgleichen.“1766) Der Wert der Lieferantenentwicklungsoption mit dem Schwellenwert SLV* der Ausübung stellt sich gemäß den Gleichungen 5-15b, 5-15c und 5-15d dar.1767) Der Abnehmer realisiert bei Fortführung der Basisstrategie den NSLV, wohingegen mit Ausübung der Lieferantenentwicklungsoption der Wert der Option SLV* – X resultiert.1768) Somit wählt der Abnehmer jenen Zustand, der einen höheren (positiven) Zahlungsstrom ermöglicht.1769) In Kapitel 5.3.2.2.2 werden Ansätze der Einbeziehung sowohl des systematischen als auch des unsystematischen Risikos diskutiert. Für die Bewertung der Lieferantenentwicklungsoption lassen sich finanzwirtschaftlich geprägte Ansätze sowie ein institutionenökonomisch geprägter Ansatz unterscheiden. Letzterer greift auf Ansätze der institutionellen Absicherung der endogenen Unsicherheit der Ein- und Auszahlungen im Leistungsaustausch sowie der Nutzung von Sicherheitsäquivalenten SÄ zurück, erstere verwenden kapitalmarktorientierte Risikozuschlagsmethoden sowie entweder subjektive Risikoneigungen der Entscheidungsträger (Nutzenfunktionen) zur Bestimmung von Sicherheitsäquivalenten SÄ oder kapitalmarkttheoretische Ansätze zur Bestimmung des Sicherheitsäquivalents SÄ als Ausdruck des systematischen Risikos.1770)
1764)
1765) 1766)
1767) 1768)
1769) 1770)
300
Vgl. Dixit (1989), S. 622, Dieser Schwellenwert liegt aufgrund der Optionswertbetrachtung über der Schwelle X = SLV, ist somit aufgrund des Zeitwerts nicht vergleichbar mit der klassischen Betrachtung Erlöse = variable Kosten, d.h. solange der Deckungsbeitrag positiv ist, wird produziert bzw. die Beziehung aufrechterhalten. Vgl. Pindyck (1991), S. 1123. Vgl. Bank/Mager (2000), S. 304 sowie Moyen/Slade/Uppal (1996), S. 65, die die Investitionsregel der klassischen NPV-Bewertung modifizieren und pauschal für den Quotient NPV/Anfangsinvestition > 1,5 fordern. Opportunitätskosten werden hierbei als Risikoaufschlag einer sofortigen Investition betrachtet. Eine derartige pauschale, undifferenzierte Betrachtung scheint nicht zielführend für eine situationsspezifische Bewertung. Vgl. Sick (1995), S. 657. Vgl. Bewertungsbeispiel bei Sick (1995), S. 656-658, Zum Zeitpunkt der Ausübung stellt der Wert SLV* die kritische Schwelle dar, so dass bei der Betrachtung der Ausübungsschwelle der innere Wert durch SLV* – X dargestellt wird. Vgl. Sick (1995), S. 657. Die hier vorliegenden Ansätze der Bewertung greifen auf vorhandene Bewertungsansätze der Investitionsbewertung zurück. Für eine weitere Operationalisierung mittels subjektiver Nutzenfunktionen des Entscheidungsträgers sowie der Ableitung geeigneter Beta-Faktoren wird auf die einschlägige Literatur verwiesen (bspw. Mello/Pyo (2003), S. 94-97 zur Einbeziehung von SÄ in die Realopti-
(a) Ansatz mit Sicherheitsäquivalenten1771) F ( SLV ) max>SÄ ( NSLV ) ; SÄ ( SLV *) SÄ ( X ) @ mit ( N ) SLV
(5-15b)
SÄ (et at ) (1 r ) t
SÄ((N)SLV)t = İ(et – at) – RAt SÄ(X) = İ(X) + RA mit Risikoabschlag/-aufschlag RA Für einen kapitalmarktorientierten Ansatz des SÄ (systematisches Risiko) gilt:
mit K t NSLV
mit K t
SLV
n
SÄt folgt NSLV H (et at ) SÄt folgt SLV H (et at )
IA0
Kt
NSLV
t 1 T
n
H (et at )
(1 r ) t
K t H (et at ) SLV
(1 r ) t n
Der Sicherheitsäquivalentkoeffizient Șt lässt sich als proportionaler Bestandteil des erwarteten Periodenrückflusses (et – at) ausdrücken. Damit wird unterstellt, dass das periodenspezifische Risiko innerhalb der Zustände „NSLV“ bzw. „SLV“ konstant ist. Der proportionale (systematische) Risikobestandteil erhöht sich über die Zeit mit Șt.1772) Die Bewertung der Realoption vereinfacht sich durch Sicherheitsäquivalente zu einem risikoneutralen Ansatz. Die Diskontierung erfolgt mit dem risikolosen Zinssatz r. Wird das Risiko nicht über Nutzenfunktionen des Entscheidungsträgers, sondern lediglich das systematische Risiko im risikoadjustierten Diskontierungsfaktor i über das CAPM erfasst, lässt sich der Risikoabschlag der Cash Flows wie folgt berechnen:1773)
1771)
1772)
1773)
onsbewertung). In einer Replik von Obermaier/Schüler (2006), S. 30 kritisieren diese, dass ein angesprochenes Konzept der risikoadäquaten Bewertung ausbleibt und die Bewertung des Risikos der „Intuition“ überlassen wird. Der vorliegende Systematisierungsansatz der risikoadäquaten Bewertung soll diesem Kritikpunkt entgegenwirken. Dieser Ansatz beruht modifiziert auf Mattar/Cheah (2006), S. 855-857 sowie Smith/Nau (1995), S. 808-810. Vgl. Trigeorgis (1996), S. 35, Mit zunehmendem Zeithorizont erhöht sich das Risiko. Trigeorgis (1996), S. 35 betrachtet ausschließlich das systematische Risiko, für welches dieser Zusammenhang gilt. Wird das unsystematische Risiko miteinbezogen, lässt sich ein steigendes Gesamtrisiko nicht pauschalisieren, sondern erfordert eine differenzierte Bewertung der Wirkung der Abnahme der endogenen Unsicherheit mit dem Beginn des Leistungsaustauschs auf das Gesamtrisiko. Vgl. Laux (2003), S. 349 f.
301
t ª § 1 r ·t º §1 r · ) RAt = İ(et – at) «1 ¨ ¸ » , wobei ¨ ¸ = Șt1774 © 1 i ¹ «¬ © 1 i ¹ »¼
(b) Kapitalmarktorientierter Ansatz mit Risikozuschlagsmethode F ( SLV ) max>NSLV ; SLV * X @ mit ( N ) SLV
(5-15c)
et at (1 i ) t
RPsystematisch = r + (PM – r) • Betafaktor RPunsystematisch = subjektive Risikobewertung1775) i = RPsystematisch + RPunsystematisch Für diesen Fall wird angenommen, dass ein Spanning aufgrund der endogenen Unsicherheit versagt (Tracking Error), jedoch das systematische Risiko über Ähnlichkeitskriterien mittels eines Betafaktors eines Vergleichsunternehmens erfasst werden kann. Das unsystematische Risiko wird über eine subjektive Risikobewertung der Leistungsfähigkeit des Lieferanten erfasst und berücksichtigt auch die Unsicherheit hinsichtlich X. Das nachfolgende Bewertungsmodell folgt dem Ansatz (b) mit einem risikoadjustierten Diskontierungsfaktor i. Zur Vereinfachung wird im Anwendungsbeispiel in Kapitel 5.4 von zwei zustandsabhängigen Diskontierungsfaktoren iNSLV und iSLV ausgegangen.1776) Nach einer Studie, zitiert von Horváth (2006), verwenden 70 Prozent der Unternehmen die Risikozuschlagsmethode.1777) Zur Orientierung an der Unternehmenspraxis und Unterstützung der Anwendbarkeit des Modells folgt das weitere Modell dem Ansatz des Risikozuschlags.
(c) Institutionenökonomischer Ansatz und Sicherheitsäquivalent F ( SLV ) max>NSLV ; SLV * SÄ ( X ) @
1774) 1775)
1776)
1777)
302
(5-15d)
Vgl. Trigeorgis (1996), S. 37. Vgl. hierzu den Ansatz der Bestimmung der endogenen Risikoprämie (unsystematisches Risiko) in Kapitel 5.3.2.2.2. Bühler/Uhrig-Homburg (2003), S. 143 separieren für diesen Fall den Kapitalwert in einen absicherbaren Teil (systematisches Risiko) und einen nicht-absicherbaren Teil (unsystematisches Risiko). Entgegen der hier gewählten Vorgehensweise gehen sie davon aus, dass das systematische Risiko über ein Spanning erfasst werden kann. Vgl. Horváth (2006), S. 53, Die Ergebnisse der Studie basieren auf 59 Rückläufern aus den Dax 100 Unternehmen.
mit ( N ) SLV
et at (1 r ) t
SÄ(X) = İ(X) + RA mit Risikoaufschlag RA Die endogene Unsicherheit im (N)SLV wird hierbei über institutionelle Absicherungsmaßnahmen eliminiert. Dennoch kann eine endogene Unsicherheit im Ausübungspreis X verbleiben, da ein Basispotential lediglich auf der Basis subjektiver Erwartungen geschätzt wird und demgemäß die endogene Unsicherheit des „richtigen“ Basispotentials (mit Auswirkung auf das Entwicklungsdelta) hinsichtlich der Leistungsfähigkeit des Lieferanten verbleibt. Wird angenommen, dass das systematische Risiko idealerweise über einen ähnlichen, gehandelten Vermögensgegenstand repliziert werden kann und wird mit der Lieferantenentwicklung kein neues, ex ante unbekanntes Produkt (Beschaffungsobjekt) verbunden, wird ein Spanning möglich.1778) Die Diskontierung erfolgt mit dem risikolosen Zinssatz r.
Die Wertentwicklung der Lieferantenentwicklungsoption ist in Abbildung 5-4 dargestellt.1779) Der innere Wert ist eine lineare Funktion und schneidet die Abszisse bei SLV = X.1780) Für den Fall, dass SLV* > SLV und somit F > SLV – X1781) geht der Zeitwert der Option verloren. Eine Ausübung ist nicht optimal („Continuation“1782)). Steigt dagegen der aus der Entwicklungsmaßnahme erwartete SLV auf SLV t SLV* ist eine Ausübung der Verkaufsoption, die Durchführung der Lieferantenentwicklungsmaßnahme („Stopping“) sinnvoll. Der kritische Wert SLV* wird im Tangentialpunkt der Kurve des Wertverlaufs der Option mit dem inneren Wert SLV – X erreicht.1783) Paddock/Siegel/Smith (1988) bezeichnen den Schwellenwert so: „begin development […] the first time the [..] [SLV]
1778)
1779)
1780) 1781) 1782)
1783)
Vgl. Smith/Nau (1995), S. 808, „By substituting effective certainty equivalents for private risks, we reduce a problem with incomplete marktes [vgl. Fall (b)] to an equivalent one in which markets are complete.” Abbildung 5-4 bildet lediglich den Optionswert ab. Für eine Abbildung des erweiterten Lieferantenwerts muss die Kurve des Wertverlaufs um den Betrag NSLV (Achsenabschnitt) nach oben verschoben werden. Vgl. Bank/Mager (2000), S. 304. Der Optionswert übersteigt durch den Zeitwert den inneren Wert der Option Dixit/Pindyck (1994), S. 103 betrachten „stopping” und „continuation” im Zusammenhang mit der Möglichkeit, eine Investition zu verzögern (Kaufoption bzw. Call). „Continuation“ bezeichnet die Fortführung einer bereits gewählten Strategie, wohingegen „Stopping“ den Abbruch im Sinne des Wechsels der Strategie bezeichnet. Vgl. Schäfer (2005), S. 400 f.
303
hits [..] [SLV*] from below.“1784) Hierbei handelt es sich lediglich um einen tangentialen Zusammenhang, da der Call-Wert den inneren Wert um die Opportunitätskosten der Verzinsung des zur Ausübung (Kauf) benötigten Kapitals übersteigt.1785) Erst an diesem tangentialen Berührpunkt sollte die Investition durchgeführt werden. Dieses Optimalitätskriterium wird als ‚smooth pasting’ bezeichnet.1786)
Abb. 5-4: Quelle:
Wertentwicklung der Call-Realoption (Optionswert) Vgl. Hull (2006), S. 268, Schäfer (2005), S. 401, Seydel (2004), S. 126
Der SLV folgt über die bereits aufgestellte Prämisse der stochastischen Nachfrageentwicklung x unter Konstanthaltung aller übrigen Variablen selbst dem stochastischen Prozess der Brown’schen Bewegung (vgl. Gleichung 5-16).1787) Lässt sich der Nutzenbeitrag des einzelnen Lieferanten (bspw. aus dem Target Pricing und Target Costing) zum Endprodukt (Zielpreis) ermitteln und werden limitationale Einsatzgüterverhältnisse unterstellt, wird, wie bereits erwähnt, eine Kopplung des Lieferantenwertes an die Nachfragentwicklung des Endproduktes möglich. dSLV
D SLV dt V SLV dz
(5-16)
Für die Indifferenzsituation SLV* („free boundary“1788)) gilt, dass die erwartete Rendite aus der Wertschöpfungspartnerschaft nach der Lieferantenentwicklungsmaßnahme (linke Seite von Gleichung 5-17) der erwarteten Wertsteigerung des in der Lieferantenentwicklung einzusetzenden Kapitals (Wertentwicklung des SLVex post) und des aktuellen, bereits
1784) 1785) 1786)
1787)
1788)
304
Paddock/Siegel/Smith (1988), S. 492. Vgl. Hull (2006), S. 267 f. Vgl. Bank/Mager (2000), S. 305 und Sick (1995), S. 656, „smooth-pasting-” oder „high-contactcondition”, im Original kursiv. Vgl. Roemer (2004), S. 102, Die Konstanthaltung schließt eine ex ante deterministische Dynamisierung der Target Costs mit ein. Vgl. Dixit/Pindyck (1994), S. 109.
realisierbaren Werts der Wertschöpfungspartnerschaft NSLV entsprechen muss.1789) Gleichung 5-17 stellt die Bellmann-Gleichung dar.1790)
U F dt H (dF ) NSLV
(5-17)
Die rechte Seite der Gleichung beschreibt die erwartete Gesamtrendite der Realinvestition, so dass sich Gleichung 5-17 als Arbitrage- bzw. Gleichgewichtsbedingung interpretieren lässt.1791) Die Wertänderung dF bezieht sich auf den Status der Wertschöpfungspartnerschaft nach der Lieferantenentwicklungsmaßnahme und lässt sich mit Hilfe Ito’s Lemma erweitern zu Gleichung 5-18.1792) Ausschlaggebend für die Ausübung der Lieferantenentwicklungsoption ist die Wahl zwischen zwei Zuständen unterschiedlicher Ertragserwartungen. Der NSLV stellt die Ertragserwartung vor der Weiterentwicklungsmaßnahme dar, wohingegen mit der Option das Recht auf den Wechsel in den Zustand nach der Lieferantenentwicklungsmaßnahme verbunden ist. Die Ausübung hängt von der Indifferenzsituation der obigen Gleichgewichtsbedingung ab. 1 dF F ' ( SLV ) dSLV F ' ' ( SLV ) (dSLV ) 2 2
(5-18)
Mit der Brown’schen Bewegung aus Gleichung 5-16 für dSLV ergibt sich Gleichung 519.1793) 1 2
H (dF ) D SLV F ' ( SLV ) dt V 2 ( SLV ) 2 F ' ' ( SLV ) dt
(5-19)
Die Gleichungen 5-20a und 5-20b ergeben sich durch Division durch dt. Als Option mit unendlicher Laufzeit („perpetual“) und jederzeitigen Ausübbarkeit (amerikanische Option) hängt der Optionswert nach Sick (1995) nicht von der Zeit t ab.1794) Die Trendrate D lässt sich durch D = ȡ – G ausdrücken, wobei į die im Modell konstante Objektertragsrate darstellt, also Opportunitätskosten im Falle der Nicht-Ausübung des Calls (entgangener Ertrag aus der Lieferantenentwicklungsmaßnahme). Nach Division durch dt und Durchführung des Grenzübergangs dt ĺ 0 (Wegfall von dt) ergibt sich folgende inhomogene Differentialgleichung zweiter Ordnung.1795) Der inhomogene Teil der Gleichung wird
1789) 1790) 1791) 1792) 1793) 1794) 1795)
Vgl. Roemer (2004), S. 103. Vgl. Dixit/Pindyck (1994), S. 140 sowie Pindyck (1991), S. 1122 und Kulatilaka (1993), S. 274. Vgl. Lukas (2004), S. 32 sowie Dixit/Pindyck (1994), S. 105. Vgl. Dixit/Pindyck (1994), S. 79 f. und 140 sowie Sick (1995), S. 650 f. Vgl. Dixit/Pindyck (1994), S. 140. Vgl. Sick (1995), S. 657 sowie Dixit/Pindyck (1994), S. 101, „infinite horizon“. Vgl. Dixit/Pindyck (1994), S. 185, Friedl (2001), S. 68 sowie Roemer (2004), S. 104.
305
durch den NSLV gebildet,1796) der homogene Teil durch die ersten beiden Summanden der rechten Seite. Der homogene Teil stellt den Handlungsspielraum dar.1797) Die BellmannGleichung wird nach Division durch dt unabhängig von der Zeit t.1798) F U
1 ( U G ) SLV F ' ( SLV ) V 2 ( SLV ) 2 F ' ' ( SLV ) NSLV 2
1 ( U G ) SLV F ' ( SLV ) V 2 ( SLV ) 2 F ' ' ( SLV ) NSLV F U 0 2
(5-20a)
(5-20b)
Roemer (2004) verwendet in ihrem Modellansatz den risikolosen Zinssatz r, wodurch obige Gleichung risikoneutral wird.1799) Es gilt dann r – G, so dass anstatt der mittels risikoadjustierten Diskontierungsfaktors i gewonnenen Gesamtrendite ȡ (vgl. Gleichung 5-11a bis 5-11d) der risikolose Zinssatz r verwendet werden kann (ȝ = r = ȡ).1800) Für die Lösung der Differentialgleichung müssen folgende Randbedingungen erfüllt sein (Gleichungen 5-21a, 5-21b und 5-21c):1801) F ( SLV = 0) = NSLV (mit Optionswert = 0)1802)
(5-21a)
F ( SLV *) SLV * X
(5-21b)
(Value-Matching Condition)
F ' ( SLV *) = 1
(5-21c)
(High-Contact Condition, Smooth-Pasting Condition) Die allgemeine Lösung des homogenen Teils der quadratischen Gleichungen 5-20 ergibt sich aus Gleichung 5-22a. Sie besitzt für E 1 ! 1 und E 2 0 zwei Lösungen.1803)
1796) 1797) 1798) 1799) 1800)
1801) 1802)
1803)
306
Amend (2000), S. 138 bezeichnet den inhomogenen Teil als „Gewinnrate des Unternehmens”. Vgl. Amend (2000), S. 138 und Sick (1995), S. 657. Vgl. Dixit/Pindyck (1994), S. 101 f. und S. 140. Vgl. Roemer (2004), S. 104. Genrell gilt Į < į oder į > 0, ansonsten wird eine Ausübung nie optimal. Die Wachstumsrate Į ist sonst größer als die Objektertragsrate, weswegen nicht ausgeübt wird (vgl. Dixit/Pindyck (1994), S. 141). Der Zusammenhang ȝ = r = ȡ zeigt sich bei Dixit/Pindyck (1994), S. 138 sowie S. 152, wobei ȝ = r für die marktorientierte Bewertung mittels Spanning Asset gilt. Vgl. zu den Randbedingungen für die Bewertung eines Calls Dixit/Pindyck (1994), S. 141. Für SLV ĺ 0 beträgt der Optionswert ebenfalls 0, da der innere Wert der Option negativ wird und die Option verfällt. Es verbleibt der statische Lieferantenwert NSLV des Beziehungseinstiegs (vgl. Müller (2004), S. 119). Vgl. Dixit/Pindyck (1994), S. 143.
F ( SLV ) = A1SLV E 1 + A2 SLV E 2
(5-22a)
Die Wahrscheinlichkeit der Ausübung der Lieferantenentwicklungsoption ist in einer endlichen Periode für SLV ĺ 0 sehr gering (SLV << SLV*), so dass der Wert der CallOption gegen Null strebt.1804) Für den Abnehmer ist eine Ausübung der Option weit unter dem Schwellenwert SLV* nicht mehr rational. Der negative Ast der quadratischen Gleichung muss daher Null sein, d.h. A2 = 0 (Randbedingung Gleichung 5-21a). Die Lösung von Gleichung 5-22a für den Fall einer Weiterentwicklungsoption beschränkt sich auf den positiven Ast A1 (Gleichung 5-22b).1805) Optionswert F ( SLV ) A1SLV E 1
(5-22b) 2
mit E1
ª(U G ) 1 º 1 (U G ) 2U !1 « » 2 2 2 2 V V2 ¼ ¬ V
(5-23)
Der erweiterte Kapitalwert (NSLVexpanded) umfasst sowohl den Optionswert aus Gleichung 5-22b (homogener Teil), als auch den statischen Kapitalwert des Lieferanten (inhomogener Teil), ausgedrückt durch den NSLV (vgl. Gleichung 5-24).1806) F ( SLV ) A1SLV E 1 NSLV mit E1 > 1
(5-24)
Der Abnehmer entscheidet sich für die Ausübung der Weiterentwicklungsoption, wenn der aus der Lieferantenentwicklung realisierbare Wert SLV (von unten) gegen den Schwellenwert SLV* strebt bzw. den SLV* übersteigt. Mit der Randbedingung Gleichung 5-21b gilt (gleichgesetzt mit Gleichung 5-24):
A1SLV *E NSLV 1
A1
SLV * X
SLV * ( X NSLV ) SLV * E
(5-25)
1
Solange die Wahrscheinlichkeit (Unsicherheit) gegeben ist, dass die Ausübung der Option in einem Verlust (auch des Optionswertes) endet, wird die Option aufrechterhalten.1807)
1804)
1805)
1806)
Übrig bleibt der NSLV. Für diese Entwicklung kommen exogene Unsicherheiten der Nachfrageentwicklung in Frage, aber auch die endogene Unsicherheit des „Abschöpfens“ durch den Lieferanten, wird diese nicht ex ante ausgeschlossen. Vgl. Dixit/Pindyck (1994), S. 217 f. und zur Erläuterung von ȕ1 S. 142-144, ȕ1 stellt die Wurzel der Differentialgleichung dar, Kilka (1995), S. 86 und S. 91 sowie Dixit (1989), S. 626. Vgl. Dixit (1989), S. 626.
307
Mit der Lieferantenentwicklungsoption hat der Abnehmer die Möglichkeit zu warten, bis der Erfolg der Maßnahme gewährleistet ist. Es stellt sich die Frage des optimalen Ausübungszeitpunktes, der dann erreicht ist, wenn der realisierbare Wert SLV gleich der Ausübungsschwelle SLV* bzw. größer als dieser ist.1808) Die einfache Entscheidungsregel SLV* = X gilt nicht, vielmehr wird die Ausübung solange verschoben, bis „the present value of going ahead is large enough to offset the loss of the value of the option“, der hier eine Kompensation des NSLV einschließt.1809) Gleichung 5-24 abgeleitet, mit Gleichung 5-21c gleichgesetzt (für SLV = SLV*) und in A1 (Gleichung 5-25) eingesetzt, ergibt den Schwellenwert SLV* (zur Berechnung siehe Anhang A1).
E1 A1SLV *E
F '(SLV*) SLV *
1
1
E1 ( X NSLV ) E1 1
(5-26)
Der Schwellenwert zeigt, dass Lieferantenentwicklungsoptionen für einen geringen Ausübungspreis schneller ausgeübt werden.1810) Den Schwellenwert SLV* in den Zähler von Gleichung 5-25 eingesetzt, ergibt (zur Berechnung siehe Anhang A2):
A1
E1 ( X NSLV ) ( X NSLV ) E1 1 SLV *E 1 1
A1
1807) 1808) 1809)
1810)
308
E1 1
( X NSLV )
(5-27)
SLV *E 1
Vgl. Dixit/Pindyck (1995), S. 110. Vgl. Dixit/Pindyck (1995), S. 110. Vgl. Dixit/Pindyck (1995), S. 112, vgl. dazu auch Anhang C für die Kompensation eines vom Ausübungszeitpunkt abhängigen NSLVt. Vgl. ebenfalls Paddock/Siegel/Smith (1988), S. 492.
Durch Einsetzen der Gleichung 5-27 in die Ausgangsgleichung 5-24 erhält man den erweiterten Kapitalwert des Lieferanten.
F ( SLV )
1 § SLV · ( X NSLV )¨ ¸ E1 1 © SLV * ¹
E1
NSLV
(5-28)
für alle ȕ1 > 1 positiv Erweiterter Lieferantenwert1811) = Optionswert1812) + passiver Kapitalwert Der passive (Netto-) Kapitalwert NSLV erfasst den Wert der statischen Einstiegsinvestition (erste Tranche) zum Zeitpunkt t0 des Beziehungseinstiegs. Hinzu kommt der Wert des Handlungsspielraums der Weiterentwicklung des Abnehmers, ausgedrückt durch den ersten Term von Gleichung 5-28, so dass insgesamt ein erweiterter Lieferantenwert entsteht wie er konzeptionell und grundlegend in Kapitel 2.2.3.2 hergeleitet wird. Als Ergebnis liefert Gleichung 5-28 einen umfassenden, insbesondere operationalisierbaren erweiterten Lieferantenwert, der alle wesentlichen Werttreiber der Wertschöpfungspartnerschaft einschließt und über das in Kapitel 2.3.2 aufgezeigte Beispiel zu den Grenzen der Kapitalwertmethode hinausgeht. Mit dem Bewertungsansatz liegt ein Instrument für das Lieferantenmanagement vor, das faktisch die Quantifizierbarkeit einer Lieferanten- bzw. Beschaffungsstrategie ermöglicht und die in Kapitel 1 in Anlehnung an Wagner (2005a) erwähnte Forschungslücke, welchen „impact [..] firms’ supplier development efforts“ mit sich bringen, tatsächlich schließt.1813) Der zunächst qualitativ konzeptionelle Ansatz der Lieferantenentwicklungsoptionen und der Herleitung des erweiterten Lieferantenwerts in Kapitel 2.2.3.2 erfährt mit Hilfe des quantitativen Bewertungsmodells einen substantiellen Mehrwert für strategische Lieferantenentscheidungen, indem deren Erfolg (-sbeitrag) messbar wird.
1811)
1812)
1813)
Vgl. zur Zusammensetzung des Ergebnisses aus „Wert Option“ und „Wert Assets-in-Place“ Schäfer/Schässburger (2003), S. 309. Vgl. Friedl (2001), S. 76, Die Differenz zwischen F(SLV) und dem Kapitalwert NSLV stellt den Optionswert dar (vgl. auch Sick (1995), S. 659). Für eine unendliche Laufzeit wird aus dem Kapitalwert SLV vereinfacht die ewige Rente (et – at)/i (vgl. dazu auch Sick (1995), S. 659 sowie Roemer (2004), S. 103). Vgl. Wagner (2005a), S. 4.
309
5.3.4
Modellierung der Option auf Beziehungsabbruch als Alternative zur Lieferantenentwicklung mit Hilfe der dynamischen Programmierung
Abbruchsoptionen sind in dem Maße eingeschränkt, in dem spezifisch investiert wird. Folgt man dem Zusammenhang zwischen Spezifität und Alternativertrag, sind bei einem Alternativertrag von Null Abbruchsoptionen per se nicht gegeben. Selbst bei einer stufenweisen dynamischen Transformation entstehen dann Sunk Costs, wenn auch in geringerem Umfang. Anders dagegen, wenn vertraglich verbriefte Optionen tatsächlich das Recht für den Abnehmer darstellen, zu einem vereinbarten Alternativertrag die Beziehung abzubrechen.1814) Bei der Frage des Beziehungsabbruchs interessiert die Wertentwicklung der Beziehung nach Beziehungseinstieg. Dieser Wert der Wertschöpfungspartnerschaft des bereits existenten Leistungsaustauschs vor einer Lieferantenentwicklungsmaßnahme wird mit dem NSLV bewertet. Die Wertschöpfungspartnerschaft ist zunächst nicht auf Beziehungsabbruch und Lieferantenwechsel ausgelegt, sondern wird als Partnerschaft als langfristiger Leistungsaustausch initiiert. Die Einbeziehung einer Abbruchsoption in das Kalkül des Abnehmers wird dann relevant, wenn die Potentialanalyse zum Zeitpunkt des Beziehungseinstiegs eine Weiterentwicklung ausschließt oder zumindest in Frage stellt. Die Option, eine Lieferantenpartnerschaft bei einer negativen Entwicklung vor dem Ende der Laufzeit T durch den Abnehmer zu einem Zeitpunkt tn abzubrechen, stellt formal eine amerikanische Verkaufsoption (Put) mit dem Wert F dar (Gleichung 5-29a).1815) Das Äquivalent zum Basispreis X ist die Einzahlung (Alternativertrag der spezifischen Investition) in Abhängigkeit des Spezifitätsgrades (Grad der Wiederverwendbarkeit) sowie bei vertraglich verbrieften und exklusiven Optionen noch Pönalen K (als vereinbarter Alternativertrag, siehe oben), bezahlbar durch den Lieferanten, hinzukommen können. Zunächst wird nur ein Alternativertrag X betrachtet. Der Alternativertrag wird als bekannt und konstant angenommen. Der aktuelle Wert der Lieferantenpartnerschaft wird durch den NSLV ausgedrückt.1816) Eine Desinvestition wird (theoretisch) dann sinnvoll, wenn der NSLV unter den Alternativertrag X (strenge Bedingung NSLV X) fällt und damit der Ertrag der Beziehung unter dem Ertrag der Verwendung der eingesetzten Mittel in einer Alternative liegt.
1814)
1815) 1816)
310
Denkbar ist bspw. ein Ausstieg zu einem Alternativertrag, der sich aus dem NSLV der vereinbarten Target Costs (einschließlich der Rahmenvertragsmenge) ergibt, sollte der Lieferant diese Zielkosten tatsächlich nicht einhalten können. Dann liegt der tatsächliche NSLV unter dem auf Basis der kalkulierten Zielkosten „vereinbarten“ NSLV. Dieser stellt dann den Alternativertrag dar, d.h. die Differenz ist vom Lieferanten als Vertragsstrafe zu bezahlen (Stillhalter der Option). Das Bewertungsmodell folgt einer früheren Arbeit von Eßig/Batran (2006b), S. 282-287. Vgl. allgemein zur Analogie realwirtschaftlicher Optionen als Verkaufsoption amerikanischen Typs Gintschel (1999), S. 73, Der Barwert der erwarteten Cash Flows bei Fortführung des Projekts entspricht dem Aktienkurs der Finanzoption.
F
max>0 ; X NSLV @
(5-29a)
Der Schwellenwert NSLV* der Ausübung sowie der Wert der Abbruchsoption lassen sich ebenfalls mit Hilfe der dynamischen Programmierung ermitteln.1817) Die Realoptionsbewertung erfolgt ebenfalls anhand eines amerikanischen Put mit jederzeitiger Ausübbarkeit und vereinfacht mit unbegrenzter Laufzeit.1818) Unter der Annahme, dass der risikolose Zins r > 0 ist, ist es immer optimal, eine amerikanische Verkaufsoption auszuüben, wenn der Wert des Lieferanten ausreichend klein ist (in-the-money). Wenn eine vorzeitige Ausübung optimal ist, erhält der Put-Inhaber den inneren Wert der Option X – NSLV*. Für den Wert NSLV* verschmilzt die Kurve, die den Wertverlauf F der Verkaufsoption darstellt mit dem inneren Wert X – NSLV.1819) Für den Fall, dass NSLV* < NSLV und somit F > X – NSLV1820) geht der Zeitwert der Option verloren. Eine Ausübung ist nicht optimal („Continuation“). Sinkt dagegen der NSLV auf NSLV NSLV* ist eine Ausübung der Verkaufsoption, d.h. ein Abbruch der Lieferantenbeziehung zum Alternativertrag optimal („Stopping“). Dadurch erhält der Abnehmer (Long Put-Position) den Alternativertrag, der zum risikolosen Zinssatz r investiert werden kann.1821)
Abb. 5-5: Quelle:
1817)
1818) 1819) 1820) 1821)
Wertentwicklung der Put-Realoption (Optionswert) Vgl. Hull (2006), S. 270, Oehler/Unser (2001), S. 77, Seydel (2004), S. 126
Vgl. Dixit (1989), S. 622, Dieser Schwellenwert liegt aufgrund der Optionswertbetrachtung unter der Schwelle X = NSLV, die vergleichbar ist mit der klassischen Betrachtung Erlöse = variable Kosten, d.h. solange der Deckungsbeitrag positiv ist, wird produziert bzw. die Beziehung aufrechterhalten. Myers/Majd (1983), S. 3. Vgl. Hull (2006), S. 269 f. für den Fall einer amerikanischen Verkaufsoption. Der Optionswert übersteigt durch den Zeitwert den inneren Wert der Option Vgl. Seydel (2004), S. 128
311
Der Wert der Abbruchoption stellt sich gemäß Gleichung 5-29b dar.1822) Zusätzlich zum Alternativertrag X sollen noch vertraglich festgelegte Pönalen K berücksichtigt werden, die vom Lieferanten bei vorzeitigem Beziehungsabbruch aufgrund mangelhafter Leistungsfähigkeit zu bezahlen sind.1823) Der Abnehmer realisiert bei Fortführung der Basisstrategie den NSLV, wohingegen mit Ausübung der Abbruchsoption der Wert der Option (X + K) – NSLV* resultiert. F ( NSLV ) max>NSLV ; ( X K ) NSLV * @
(5-29b)
Der NSLV folgt über die bereits aufgestellte Prämisse der stochastischen Nachfrageentwicklung x selbst dem stochastischen Prozess der Brown’schen Bewegung (vgl. Gleichung 5-30).1824) dNSLV
D NSLV dt V NSLV dz
(5-30) 1825)
Für die Indifferenzsituation NSLV* („free boundary“ ) gilt, dass die erwartete Rendite aus der Lieferantenbeziehung (linke Seite von Gleichung 5-31) der erwarteten Wertsteigerung des eingesetzten Kapitals und des aktuellen Werts der Wertschöpfungspartnerschaft entsprechen muss.1826) Gleichung 5-31 stellt erneut die Bellmann-Gleichung dar.1827)
U F dt H (dF ) NSLV
(5-31)
Die rechte Seite der Gleichung beschreibt die erwartete Gesamtrendite der Realinvestition, so dass sich Gleichung 5-31 als Arbitrage- bzw. Gleichgewichtsbedingung interpretieren lässt.1828) Die Wertänderung dF bezieht sich auf den aktuellen Status der Wertschöpfungspartnerschaft vor der Lieferantenentwicklungsmaßnahme und lässt sich mit Hilfe Ito’s Lemma erweitern zu Gleichung 5-32.1829) 1 dF = F ' ( NSLV ) dNSLV + F ' ' ( NSLV ) ( dNSLV ) 2 2
1822) 1823) 1824) 1825) 1826)
1827) 1828) 1829)
312
(5-32)
Vgl. dazu auch Myers/Majd (1983), S. 1 sowie allgemein Schäfer (2005), S. 358. In Abbildung 5-5 wird entsprechend der Darstellung einer Finanzverkaufsoption nur X betrachtet. Vgl. dazu auch Roemer (2004), S. 102. Vgl. Dixit/Pindyck (1994), S. 109. Dixit/Pindyck (1994), S. 110-112 berücksichtigen mit NSLV (übertragen) den „current operating profit flow“, Amend (2000), S. 138 bezeichnet den Summand als „Gewinnrate des produzierenden Unternehmens“. Vgl. Dixit/Pindyck (1994), S. 140 sowie Pindyck (1991), S. 1122. Vgl. Lukas (2004), S. 32. Vgl. Dixit/Pindyck (1994), S. 79 f. und 140.
Mit der Brown’schen Bewegung aus Gleichung 5-30 für dNSLV ergibt sich Gleichung 533.1830) 1 2
H (dF ) = D NSLV F ' ( NSLV ) dt + V 2 ( NSLV ) 2 F ' ' ( NSLV ) dt
(5-33)
Die Gleichungen 5-34a und 5-34b ergeben sich durch Division durch dt (vgl. vorheriges Modell zur Begründung der Unabhängigkeit von der Zeit t). Die Trendrate D lässt sich durch D = ȡ – G ausdrücken, wobei į die im Modell konstante Objektertragsrate darstellt, also Opportunitätskosten im Falle der Ausübung des Put (Beziehungsabbruch). Nach Division durch dt und Durchführung des Grenzübergangs dt ĺ 0 (Wegfall von dt) ergibt sich wiederum folgende inhomogene Differentialgleichung zweiter Ordnung.1831) Der inhomogene Teil der Gleichung wird durch den NSLV gebildet,1832) der homogene Teil durch die ersten beiden Summanden der rechten Seite. F U
1 ( U G ) NSLV F ' ( NSLV ) V 2 ( NSLV ) 2 F ' ' ( NSLV ) NSLV 2
1 ( U G ) NSLV F ' ( NSLV ) V 2 ( NSLV ) 2 F ' ' ( NSLV ) NSLV F U 0 2
(5-34a)
(5-34b)
Für die Lösung der Differentialgleichung müssen folgende Randbedingungen erfüllt sein (Gleichungen 5-35a, 5-35b und 5-35c):1833) F ( NSLV = 0) = X + K und F ( NSLV ൺ ) = NSLV (mit Optionswert = 0)1834)
(5-35a)
F ( NSLV *) ( X K ) SLV * (Value-Matching Condition)
(5-35b)
F ' ( NSLV *) 1 (High-Contact Condition, Smooth-Pasting Condition)
(5-35c)
Die allgemeine Lösung des homogenen Teils der quadratischen Gleichung 5-34 ergibt sich aus Gleichung 5-36a. Sie besitzt für E 1 ! 1 und E 2 0 zwei Lösungen.1835)
1830) 1831) 1832)
1833) 1834)
Vgl. Dixit/Pindyck (1994), S. 217. Vgl. Dixit/Pindyck (1994), S. 185 sowie Friedl (2001), S. 68. Vgl. Amend (2000), S. 139, Der inhomogene Teil stellt eine spezielle Lösung der erwarteten Erträge bis zum Zeitpunkt des Abbruchs dar. Vgl. zu den Randbedingungen für die Bewertung eines Put Myers/Majd (1983), S. 27. Vgl. Myers/Majd (1983), S. 11, Für einen NSLV ĺ wird der innere Wert negativ, so dass die Option verfällt (Optionswert = 0). Für einen beliebig hohen NSLV besteht kein Anlass der PutAusübung.
313
F ( NSLV ) A1 NSLV E 1 A2 NSLV E 2
(5-36a)
Für einen NSLV ĺ f wird es immer unwahrscheinlicher, dass die Put-Option „in-themoney“ kommt. Die Wahrscheinlichkeit des Beziehungsabbruchs (Ausübung der Option) ist in einer endlichen Periode für NSLV ĺ f sehr gering (NSLV >> NSLV*), so dass der Put-Optionswert gegen Null strebt. Der positive Ast der quadratischen Gleichung muss daher Null sein, d.h. A1 = 0 (Randbedingung Gleichung 5-35a). Die Lösung von Gleichung 5-36a für den Fall einer Abbruchsoption beschränkt sich auf den negativen Ast A2 (Gleichung 5-36b).1836) Optionswert F ( NSLV ) A2 NSLV E 2
(5-36b) 2
mit E 2
ª (U G ) 1 º 1 (U G ) 2U « » 0 2 2¼ V2 V2 ¬ V2
(5-37)
Der erweiterte Kapitalwert (NSLVexpanded) umfasst sowohl den Optionswert aus Gleichung 5-36b (homogener Teil), als auch den aktuellen Kapitalwert des Lieferanten (inhomogener Teil), ausgedrückt durch den NSLV (vgl .Gleichung 5-38).1837) Myers/Majd (1983) führen hierzu an, dass „the abandonment value […] is added to the present value of the cash flows (without any salvage) to obtain the total project value.“1838)
F ( NSLV ) A2 NSLV E NSLV mit E 2 0 2
(5-38)
Gleichung 5-38 mit der Randbedingung Gleichung 5-35b gleichgesetzt ergibt: A2 NSLV * E 2 NSLV * ( X K ) NSLV * A2
( X K ) 2 NSLV *
(5-39)
NSLV * E 2
Die Ableitung von Gleichung 5-38 für NSLV = NSLV* gleichgesetzt mit der Randbedingung Gleichung 5-35c ergibt: F ' ( NSLV *) E 2 A2 NSLV * E 1 1 2
1835) 1836) 1837) 1838)
314
1
Vgl. Dixit/Pindyck (1994), S. 143. Vgl. Dixit/Pindyck (1994), S. 217 f., Kilka (1995), S. 86, S. 91 sowie Dixit (1989), S. 626. Vgl. Dixit (1989), S. 626. Myers/Majd (1983), S. 17.
(5-40)
Mit A2, Gleichung 5-39, eingesetzt in Gleichung 5-40 ergibt den Schwellenwert der Ausübung NSLV* (zur Berechnung siehe Anhang B1).
E2
( X K ) 2 NSLV * NSLV *E 2
NSLV *
E2 2( E 2 1)
NSLV *E 2 1 1
1
(X K)
(5-41)
Die Substitution von Gleichung 5-41 in den Zähler von Gleichung 5-39 (zur Berechnung siehe Anhang B2) ergibt:
ª E2 º ( X K ) 2« ( X K )» E 2 ( 1 ) 2 ¬ ¼ A2 NSLV *E 2
A2
ª 1 º « »( X K ) ¬ E 2 1¼ NSLV * E
(5-42)
2
Durch Einsetzen der Gleichung 5-42 in die Ausgangsgleichung 5-38 erhält man den erweiterten Kapitalwert des Lieferanten.
F ( NSLV )
1 § NSLV · ( X K )¨ ¸ E2 1 © NSLV * ¹
E2
NSLV
(5-43)
für alle ȕ2 < 0 positiv1839) Erweiterter Lieferantenwert = Optionswert1840) + passiver Kapitalwert Der passive (Netto-) Kapitalwert NSLV erfasst erneut den Wert der statischen Einstiegsinvestition (erste Tranche) zum Zeitpunkt t0 des Beziehungseinstiegs. Hinzu kommt der Wert des Handlungsspielraums des Abbruchs des Abnehmers, ausgedrückt durch den ersten Term von Gleichung 5-43, so dass insgesamt ein erweiterter Lieferantenwert entsteht. Für Lieferantenentscheidungen wird mit dem Bewertungsmodell der Abbruchsoption eine mögliche Pönalenzahlung durch den Lieferanten sowie der Alternativertrag in den erwei-
1839) 1840)
Für ȕ2 < 0 wird der erste Quotient positiv. Vgl. Friedl (2001), S. 76, Die Differenz zwischen F(NSLV) und dem Kapitalwert NSLV stellt den Optionswert dar. Für eine unendliche Laufzeit wird aus dem Kapitalwert NSLV vereinfacht die ewige Rente (et – at)/i (vgl. dazu auch Sick (1995), S. 659 sowie Roemer (2004), S. 103).
315
terten Lieferantenwert integriert. Auf diese Weise wirken sich Garantien in Form von vereinbarten Pönalen für den Lieferanten in der Bewertung des Abnehmers wertsteigernd aus. Pönalen und ein möglicher Alternativertrag rücken nicht erst dann ins Bewusstsein des Abnehmers, wenn es sich um eine aktuelle Schlechtleistung des Lieferanten handelt bzw. dieser Lieferverpflichtungen nicht vereinbarungsgemäß nachkommt (juristische Frage), sondern bereits zum Zeitpunkt der Lieferantenentscheidung (Beziehungseinstieg) als Teil eines ökonomisch getriebenen Entscheidungskalkül. Somit interessiert nicht nur der Wert der statischen Basisstrategie, sondern ebenfalls der Alternativertrag sowie vereinbarte Pönalen bei Beziehungsabbruch. Auch hierbei gilt, dass sich der Abnehmer für den Lieferanten mit dem höchsten erweiterten Lieferantenwert entscheidet. Out-Supplier erhöhen demgemäß die Chance In-Supplier zu werden, indem Garantien ihrerseits in Form von Pönalen ihren Wert für den Abnehmer steigern, der dann eine Abbruchsoption besitzt.
5.4
Anwendungsbeispiel einer Lieferantenentwicklungsoption
5.4.1
Weiterentwicklungsoption
Das folgende Anwendungsbeispiel soll die konzeptionellen Überlegungen der Arbeit aufgreifen und anhand fiktiver Daten die Bewertung eines Lieferanten bzw. einer Wertschöpfungspartnerschaft als statische Lieferantenbewertung mittels NSLV sowie komparativ bzw. additiv die Bewertung einer inhärenten Realoption der Lieferantenentwicklung (dynamischer Lieferantenwert) zum erweiterten Lieferantenwert veranschaulichen. Der Bewertungsprozess erfolgt wie in Abbildung 5-6 beschrieben. Ziel ist es, die wesentlichen Bewertungsschritte aufzuzeigen, wobei auf (Lieferantenentwicklungs-) Konzept- sowie auf (Lieferantenbewertungs-) Modellbausteine zurückgegriffen wird. Wesentliche Prämissen werden prozessschrittspezifisch ergänzt.
316
Abb. 5-6:
Realoptionsbewertungsprozess
(a) Lieferantenpotentialanalyse und Ableitung des Basispotentials: Die Lieferantenpotentialanalyse ist eng verbunden mit einem konkreten empirischen Anwendungsfall, weswegen die Entwicklungsfähigkeit (Erfüllung Basispotential) des Lieferanten als gegeben vorausgesetzt wird. Die Quantifizierung des Entwicklungsdeltas ist ebenfalls determiniert (Pfad 1). Pfad 1 weist die Besonderheit auf, dass die Situation eines negativen NSLV zum Zeitpunkt des Beziehungseinstiegs nicht ausgeschlossen wird (Nicht-Erfüllung aktuelle Anforderungen). Wird der negative NSLV durch den Optionswert im erweiterten Lieferantenwert überkompensiert, erfolgt die von Koppelmann (2004) erwähnte dynamische Lieferantenauswahl, die eine dynamische Heilung des
317
Beziehungswerts durch die Entwicklungsfähigkeit des Lieferanten beinhaltet (vgl. Kapitel 2.2.3.1).1841) Ist der Lieferant dagegen nicht entwicklungsfähig, interessieren zwei mögliche Zustände. Wird der NSLV negativ (NSLV–), wird der Beziehungseinstieg ausgeschlossen (Pfad 2). Wird der NSLV positiv (NSLV+), misst sich der nicht-entwicklungsfähige Lieferant mit dessen statischem Lieferantenwert NSLV zum Zeitpunkt des Beziehungseinstiegs (Pfad 3) mit entwicklungsfähigen Lieferanten (Pfad 1) zum erweiterten Lieferantenwert.1842) Die Ermittlung des notwendigen Basispotentials, um entwicklungsfähig zu sein, setzt eine binäre Erwartung bei der Szenarioanalyse voraus. Die Berechnung der Realoption mittels Erwartungswert ist nicht zielführend. Ein „gemitteltes“ Soll-Leistungspotential im Erwartungswert erlaubt keine Rückschlüsse auf die Entwicklungslücke in den jeweiligen Potentialkategorien. Es wird unterstellt, dass der Abnehmer vom konkreten positiven Szenario der Nachfrageentwicklung und daraus ableitbaren qualitativen Potentialanforderungen zur Bewertung der Realoption ausgeht, woraus sich auch eine konkrete Basispotentialanforderung sowie das Entwicklungsdelta und daraus abgeleitet der Ausübungspreis (Entwicklungsbudget) ergeben. Für ein negatives Nachfrageszenario wird die Lieferantenentwicklung ausgeschlossen. Der Abnehmer geht im folgenden Modell von einem Entwicklungsbudget (Ausübungspreis) in Höhe von X = 20.000,00 Euro als Sicherheitsäquivalent aus.
(b) Bestimmung der Zielkosten/Zielpreis: Der Endproduktpreis in Höhe von 20.000,00 Euro für den NSLV sowie 21.000,00 Euro für den SLV wird als exogene Größe aus dem Marketing und als zustandsabhängig angenommen. Der Zielpreis ZPNSLV des Endprodukts und somit über das Komponentengewicht des Zielpreisanteils ZPA auch des Beschaffungsobjektes variiert vom Zielpreis ZPSLV. Die Komponentengewichtung im NSLV folgt dem Beispiel K4 in Tabelle 2-12. Im Beispiel wird angenommen, dass im NSLV das Komponentengewicht 5,2% am Endprodukt ausmacht und sich nach der Lieferantenentwicklung auf ein Komponentengewicht im SLV von 6,0% erhöht, womit eine möglicherweise technologische Bedeutung des Lieferanten, die neben dem investitionstheoretischen Lock-in-Effekt eine wesentliche Rolle spielt und zur Liefe-
1841)
1842)
318
Vgl. Koppelmann (2004), S. 247, Im weitesten Sinne deshalb, weil sich die „dynamische Heilung“ originär auf das Leistungspotential/die Leistungsfähigkeit des Lieferanten bezieht, nicht aber auf dessen Wert. Dieser hängt jedoch mittelbar mit der Potentialausprägung zusammen, weshalb an dieser Stelle die Übertragung der „dynamischen Heilung“ vorgenommen wird. Dieser Vergleich knüpft an die Arbeitshypothese in Kapitel 1.1 an.
rantenentwicklung führt, berücksichtigt wird. Der Zielpreis der Lieferantenkomponenten ZPLK ergibt im NSLV somit 1.040,00 Euro sowie im SLV 1.260,00 Euro. Die Zielkosten leiten sich über eine Gewinnmarge (vgl. Abbildung 2-11, Bruttogewinnspanne) des Abnehmers ab, die als 5,0% angenommen wird (vgl. Tabellen 5-5, 56 und 5-7), so dass sich Zielkosten des Endprodukts im NSLV in Höhe von 19.000,00 Euro bzw. mit ZKA (= ZPA) Zielkosten der Lieferantenkomponenten ZKLK in Höhe von 988,00 Euro und im SLV in Höhe von 19.950,00 Euro sowie 1.197,00 Euro ergeben (vgl. Abbildung 2-11). Die Differenzierung zwischen Materialeinstandspreis und (Perioden-) Transaktionskosten und deren Anteil z bzw. (1 – z) an den Zielkosten der Lieferantenkomponente wird im Bewertungsmodell ausgeblendet. Eine fiktive Konstruktion sowohl des Anteils z als auch der Prozesskostenrechnung liefert aufgrund hoher Subjektivität einer fiktiv konstruierten Datenbasis keinen Erkenntnisgewinn.1843) Transaktionskosten des Beziehungsaufbaus werden in die Anfangsinvestitionsauszahlung I0 integriert. Mit der Aufgabe der Differenzierung zwischen Materialeinstandspreis (Beschaffungsobjektkosten) und Transaktionskosten (Beschaffungsleistungskosten) im laufenden Leistungsaustausch wird angenommen, dass ohne aktiven Leistungsaustausch keine Transaktionskosten anfallen bzw. diese proportional zu der Anzahl gelieferter Beschaffungsobjekte sind sowie der Erfahrungskurveneffekt sich auch auf die Beschaffungsleistungskosten des Abnehmers auswirkt bzw. auswirken muss.1844)
(c) Prognose der Absatzmengen xNSLV und xSLV und Bestimmung von et und at: Die Umsatzplanung teilt sich für den NSLV in einen Detailplan sowie für den SLV nach (potentieller) Lieferantenentwicklung in einer Trendentwicklung auf (vgl. Kapitel 2.3.1.2.1), die mittels einer Szenarioanalyse ermittelt wird.1845) Die Lieferantenentwicklungsoption wird dann in tn ausgeübt, wenn die prognostizierte Umsatzplanung eine tatsächlich eingetretene Entwicklung (Detailplan) darstellt.1846) Zunächst werden
1843)
1844)
1845)
1846)
Mit dem Bewertungsmodell soll die grundsätzliche Anwendbarkeit des entwickelten Konzepts der Lieferantenentwicklungsoption und des Bewertungsmodells aufgezeigt werden. Dies geschieht nicht ohne den Hinweis, dass aufgrund hoher Subjektivität fiktiver Daten das Modell als Grundlegung, auch einer möglichen empirischen Untersuchung, zu verstehen ist. Dieser Ansatz stellt eine idealisierte Vereinfachung dar, die der Prozesskostenrechnung mit der Aktivität als Werttreiber widerspricht, jedoch einen deutlichen Beitrag zum Verständnis der Realoptionsbewertung liefert. Vgl. Copeland/Koller/Murrin (2002), S. 285-287, „detaillierte Prognose” für die nähere Zukunft, „höher aggregierte Prognose” für die langfristige Zukunft sowie zur Prognose mit Hilfe von Szenarien Copeland/Koller/Murrin (2002), S. 297 ff. Vgl. Franke/Hax (2004), S. 252.
319
die Zahlungsströme des NSLV auf der Basis einer Detailplanung von t0 bis tn vorgenommen (vgl. Tabelle 5-5) sowie anschließend mittels Szenarioanalyse die erwarteten Absatzmengen im SLV von tn bis T prognostiziert werden (vgl. Tabellen 5-6 sowie 57). Der NSLV wird für die Phase t0 bis t = 5 kalkuliert, wobei die Ausübung der Lieferantenentwicklungsoption grundsätzlich jederzeit zum Zeitpunkt 0 < tn < T möglich ist. Für die Phase nach der (potentiellen) Lieferantenentwicklung werden t = 5 Perioden angenommen, so dass T = n+5 resultiert.1847) Entsprechend der Definition einer Wertschöpfungspartnerschaft wird die enge Fassung einer Single-Sourcing-Situation gewählt, so dass m = 1 (vgl. Gleichungen 2-6 und 2-7) zur Bestimmung der Einzahlungs- sowie Auszahlungshöhe je Lieferant angenommen wird. Entsprechend Gleichungen 2-10 und 2-11 werden Auszahlungen nicht als statisch betrachtet, sondern unterliegen einem dynamischen Erfahrungskurveneffekt (Erfahrungskurvenfaktor E = 0,95). Die statischen Auszahlungen bilden dabei die Obergrenze sowie die Dynamisierung als „Managed Costs“ zu verstehen ist (vgl. Kapitel 2.3.1.4.1 und Abbildung 211). Erwartete Szenarien stellen sich gemäß Abbildung 5-7 dar. Des Weiteren wird unterstellt, dass Produktion und Absatz in derselben Periode erfolgen (ohne Lagerhaltung). Abbildung 5-7 stellt einen Zustandsbaum dar, bei dem die jeweils äußersten Äste als optimistisches und pessimistisches (binäres) Szenario in die Bewertung eingehen (S(tn+5) > S(tn+4), S(tn+4) > S(tn+3), …). Des Weiteren wird im Modell angenommen, dass die Implementierung der Lieferantenentwicklung nach der Ausübung der Option nach dem Zeitpunkt n bereits in Periode n+1 abgeschlossen wird, so dass in n+1 Einzahlungen generiert werden.
Abb. 5-7:
1847)
320
Nachfrageentwicklung und Volatilität im SLV
Vgl. Pohl/Thielen (2006), S. 13, Die Geschäftsbeziehung orientiert sich am Lebenszyklus des Endproduktes und umfasst in der Regel 5-7 Jahre. Für das vorliegende Beispiel bezeichnet der Zustand NSLV eine Geschäftsbeziehung über t = 5 Jahre (geplant) und einen Zustand SLV als „quasi-neue“ Geschäftsbeziehung nach Ausübung der Option.
1
Periode
2
3
4
5
100
200
300
400
200
1040,00
1040,00
1040,00
1040,00
1040,00
104.000,00
208.000,00
312.000,00
416.000,00
208.000,00
988,00
988,00
988,00
988,00
988,00
at statisch
98.800,00
197.600,00
296.400,00
395.200,00
197.600,00
at dynamisch
98.800,00
182.171,19
281.580,00
380.539,72
194.951,90
Absatzmenge xt ZPLK et ZKLK
Tab. 5-5:
Zahlungsströme im NSLV
n+1
Periode
n+2
n+3
n+4
n+5
300
400
450
500
700
1260,00
1260,00
1260,00
1260,00
1260,00
378.000,00
504.000,00
567.000,00
630.000,00
882.000,00
1197,00
1197,00
1197,00
1197,00
1197,00
at statisch
359.100,00
478.800,00
538.650,00
598.500,00
837.900,00
at dynamisch
359.100,00
449.700,78
519.220,89
582.722,64
816.256,95
Absatzmenge xt ZPLK et ZKLK
Tab. 5-6:
Zahlungsströme im SLV (optimistisches Szenario)
n+1
Periode
n+2
n+3
n+4
n+5
300
250
200
175
100
1260,00
1260,00
1260,00
1260,00
1260,00
378.000,00
315.000,00
252.000,00
220.500,00
126.000,00
1197,00
1197,00
1197,00
1197,00
1197,00
at statisch
359.100,00
299.250,00
239.400,00
209.475,00
119.700,00
at dynamisch
359.100,00
286.123,90
233.967,95
206.249,16
118.794,15
Absatzmenge xt ZPLK et ZKLK
Tab. 5-7:
Zahlungsströme im SLV (pessimistisches Szenario)
(d) Risikobewertung: In Kapitel 5.3.1.2 wird darauf hingewiesen, dass spezifische Beschaffungsobjekte nicht Gegenstand einer Replikation sein können. Für die endogene Unsicherheit hat sich dies bestätigt, jedoch wird im Folgenden der Ansatz (b) aus Kapitel 5.3.3 verfolgt, der eine Bewertung des Marktrisikos mittels CAPM erlaubt.1848)
1848)
Bspw. stellen sowohl die Continental AG als auch die Robert Bosch GmbH ein elektronisches Stabilitätssystem für Kraftfahrzeuge her. Die Continental AG ist börsennotiert, womit die Ableitung von Geschäftsbereichs-Betafaktoren (Geschäftbereich „elektronische Brems- und Sicherheitssysteme“)
321
Der Diskontierungsfaktor wird als exogene und interdisziplinär gewonnene Größe angenommen. Ansonsten gilt die bereits getroffene Annahme für die endogene Risikoprämie RPNSLV > RPSLV. Wird unterstellt, dass sich das Marktrisiko nicht wesentlich ändert, da abgewartet wird, bis sich Detailpläne entwickeln lassen, so dass die Situation der Nachfrageunsicherheit in tn mit der in t0 vergleichbar wird, gilt iNSLV > iSLV. Die zeit- und zustandsabhängige Diskontierungsfaktoren sollen iNSLV = 0,20 sowie iSLV = 0,15 betragen. Die Nachfrage folgt einer Brown’schen Bewegung mit Mittelwert (Erwartungswert) Į und einer Standardabweichung (Volatilität) V. Die Volatilität wird anhand des erwarteten optimistischen Szenarios („Base Case“) durch den Entscheidungsträger geschätzt. Der Erwartungswert İ(xT) in Abbildung 5-7 basiert auf einer gleichwahrscheinlichen Gewichtung der subjektiv prognostizierten Nachfragemengen für das optimistische sowie pessimistische Szenario. Zur Berücksichtigung der Risikoadjustierung durch den Diskontierungsfaktor i sowie des Erfahrungskurveneffekts auf die Periodenüberschüsse und deren zeitlicher Anfall wird die Volatilität mittels des optimistischen sowie pessimistischen SLV-Szenarios geschätzt (vgl. Tabelle 5-9 und 510).1849) Die Abhängigkeit der Wertentwicklung von der Brown’schen Bewegung der Nachfrageentwicklung bleibt bestehen. Nach Gleichung 5-5c ergibt die Volatilität unter Verwendung der optimistischen und pessimistischen SLV-Szenarien sowie des Erwartungswerts İ(SLV) des SLV (tn bis T) V = 0,4122.
(e) Bestimmung NSLV und SLV sowie Objektertragsrate į: Der NSLV und SLV ergibt sich aus der Addition der Periodenbarwerte (vgl. Gleichungen 5-14a und 5-14b). Zur Bestimmung des NSLV wird von der Summe der Periodenbarwerte die Anfangsinvestition I0 = 10.000,00 Euro abgezogen (vgl. Tabellen 5-8, 5-9 und 5-10).
Periode
1
Periodenbarwert
4.333,33
2 17.936,68
3 17.604,17
4 17.100,83
5 5.243,74
NSLV = 52.218,74
Tab. 5-8:
1849)
322
Periodenbarwerte im NSLV
für das Marktrisiko und eine Übertragung mittels Korrekturverfahren auf das nicht-börsennotierte Unternehmen Bosch (Geschäftsbereich „Chassis Systems Control“) ermöglicht wird (vgl. Kapitel 5.3.2.2.2, vgl. www.continental.de sowie www.bosch.de). Für die Anwendung notwendiger Korrekturverfahren wird auf die einschlägige Literatur verwiesen. Vgl. Kapitel 5.3.2.2.1, Einbeziehung von Erwartungswert und Risiko.
Periode
n+1
n+2
n+3
n+4
n+5
Periodenbarwert
16.434,78
41.058,01
31.415,54
27.030,98
32.685,92
SLVoptimistisches Szenario = 148.625,23
Tab. 5-9:
Periodenbarwerte im SLV (optimistisches Szenario)
Periode
n+1
n+2
n+3
Periodenbarwert
16.434,78
21.834,48
11.856,36
n+4
n+5
8.147,96
3.582,58
SLVpessimistisches Szenario = 61.856,17
Tab. 5-10:
Periodenbarwerte im SLV (pessimistisches Szenario)
Die Gesamtrendite ȡ berechnet sich als Baldwin-Verzinsungssatz (realer Zinsfuß) aus Gleichung 5-11d zu ȡ = 0,7176 mit Į = 0,2118 aus Gleichung 5-12b (Nachfrageentwicklung von xn+1 bis xT). Es ergibt sich į = ȡ – Į = 0,5057.
n+1
Periode T-t Periodenendwert Endwert in T
Tab. 5-11:
n+2
n+3
n+4
n+5
4
3
2
1
0
33.056,22
82.582,32
63.187,88
54.368,96
65.743,05
298.938,43
Berechnung Gesamtrendite (optimistisches Szenario)
(f) Bewertung der Realoption: Die Wurzel E1 ergibt sich gemäß Gleichung 5-23 zu E1 = 2,2539. Der Schwellenwert der Optionsausübung beträgt nach Gleichung 5-26 SLV* = 129.815,87 Euro und liegt somit unter dem erwarteten SLVoptimistisches Szenario in Höhe von SLV = 148.625,23 Euro (vgl. Tabelle 5-9, „Stopping“, vgl. Abbildung 5-4). Für das zeitvariante Modell (Anhang C) ergeben sich in Abhängigkeit des Ausübungszeitpunktes alternative Schwellenwerte. Der Schwellenwert sinkt demnach, je später die Optionsausübung angenommen wird. Die hier formulierte Ausübungsschwelle stellt eine strenge Bedingung dar und ermöglicht eine Aussage über die Ausübungswahrscheinlichkeit ab t0. Erfüllt der Lieferant diese Schwelle (SLV > SLV*) ist er auch zu allen anderen Zeitpunkten entwicklungsfähig (SLV*t0 > SLV*t1 > SLV*t2, …). Sobald das prognostizierte Szenario eintritt, wird die Lieferantenentwicklungsoption ausgeübt. Der Wert der Realoption kompensiert den NSLV (vgl. Gleichung 5-26 zum Schwellenwert SLV* der Ausübung). Der erweiterte Lieferantenwert ergibt sich ge323
mäß Gleichung 5-28 (als erwartetes Szenario). Für die Bewertungsparameter müssen im Folgenden Unter- und Obergrenzen definiert werden, so dass eine Bandbreite des Realoptionswertes angegeben werden kann. Die Grundhypothese aus Kapitel 1.1 lässt sich für das vorliegende Bewertungsbeispiel bestätigen. Ein nicht-entwicklungsfähiger Lieferant, der die aktuellen Anforderungen in t0 erfüllt, wird demnach mit einem Wert in Höhe von 52.218,74 Euro bewertet, wohingegen der entwicklungsfähige Lieferant dem Abnehmer einen Handlungsspielraum eröffnet, der über den Optionswert zu einem signifikant höheren Wert des erweiterten Lieferantenwerts in Höhe von 130.354,24 Euro führt.
erweiterter Lieferantenwert = NSLV = 52.218,74
5.4.2
+ Optionswert + 78.135,50 = 130.354,24
Evaluierung des Ergebnisses mittels Sensitivitätsanalyse
An die in Kapitel 4.3.3.2 gemachten Aussagen anknüpfend, wird die Sensitivitätsanalyse einerseits als eindimensionale, ceteris paribus-Analyse angelegt, andererseits mittels einer mehrdimensionalen Sensitivitätsanalyse die Multikausalität bzw. Korrelationen der Bewertungsparameter Berücksichtigung findet.1850) Für die Variation der unabhängigen Variablen wird die mehrdimensionale Sensitivitätsanalyse angewandt, da nur durch die Variation aller abhängigen Parameter bei Veränderung eines unabhängigen Parameters („authentische“) Aussagen in Übereinstimmung mit dem Bewertungsmodell möglich sind. Für die Veränderung der abhängigen Parameter der Volatilität (abhängig von den Szenarien des SLV) sowie der Objektertragsrate (abhängig von dem Endwert in T sowie des Ausübungspreises X) wird für einen Vergleich der Variation eine eindimensionale, ceteris paribus Sensitivitätsanalyse angewandt. Nur mittels einer isolierten Veränderung wird im Sinne der Kritik an der multidimensionalen Sensitivitätsanalyse ein Wirkungszusammenhang feststellbar. Auf die Angabe eines Datenblattes wird hierbei verzichtet zu Gunsten der Übersichtlichkeit im Sinne einer Fokussierung auf die Datenänderung einer multidimensionalen Analyse, die Optionswerte entsprechend der Parameterkorrelationen liefert. Die eindimensionale Analyse ist als „ceteris paribus“ explizit gekennzeichnet.
1850)
324
Als Beispiel kann die Gesamtrendite ȡ = Į + į genannt werden, die sich ändert, wird Į geändert. Gleichzeitig wirkt sich ȡ über Gleichung 5-23 auf E1 aus.
Zusammenfassend stellen folgende Parameter die unabhängigen Variablen des Bewertungsmodells dar: Unabhängige Variablen im NSLV: Endproduktpreis, Komponentengewicht ZPA, Gewinnmarge des Abnehmers, Absatzmengen xt, Erfahrungskurvenfaktor, Diskontierungsfaktor i sowie die Einstiegsinvestitionsauszahlung I0. Unabhängige Variablen im SLV: Endproduktpreis, Komponentengewicht ZPA, Gewinnmarge des Abnehmers, Absatzmengen xt, Erfahrungskurvenfaktor, Diskontierungsfaktor i sowie der Ausübungspreis X.
(1) Sensitivität des Ausübungspreises X Grundlage der Sensitivitätsanalyse ist obiges optimistisches SLV-Szenario. Bei der Entscheidung des Beziehungseinstiegs wird im vorliegenden Fall das optimistische Szenario zugrunde gelegt. Es wird vom Entscheidungsträger nicht erwartet, dass der SLV von n bis T größer wird als dieses Szenario (vgl. Abbildung 5-7). Für die Frage der (potentiellen) Ausübung der Option gilt, dass ab der Bedingung SLV > SLV* in tn eine Ausübung optimal ist. Für die Anwendung des Modells bedeutet diese Schwelle die Entscheidung über „entwicklungsfähig“ versus „nicht-entwicklungsfähig“ bei der Prüfung ex ante des Beziehungseinstiegs. Sinkt der SLV unter SLV* wird die Option nicht ausgeübt, so dass die Prognose des SLV als Kriterium der Ausübungswahrscheinlichkeit herangezogen wird. Aus Abnehmersicht ist es rational, nur jene Lieferanten als entwicklungsfähig einzustufen, deren erwarteter SLV größer ist als der Schwellenwert SLV* (vgl. dazu Punkt f oben sowie Anhang C). Der Abnehmer berechnet vor Beziehungseinstieg sowohl den SLV aufgrund der prognostizierten Zahlungsflüsse sowie sonstiger Werttreiber (auf der Basis der Szenarioanalyse) sowie ebenfalls den Schwellenwert SLV* entsprechend Gleichung 5-26. Wird zu diesem Zeitpunkt t0 bereits deutlich, dass die prognostizierten Rückflüsse (ausgedrückt im SLV) aus der Entwicklung eines konkreten Lieferanten auch für ein optimistisches Szenario den Schwellenwert SLV* nicht übersteigen, ist der Lieferant als nichtentwicklungsfähig einzustufen. Wie Tabelle 5-12 und Abbildung 5-8 zeigen, steigt der Schwellenwert SLV* streng monoton mit einem steigenden Ausübungspreis X. Alle Ausübungspreise X > X (SLV = SLV*), also jene Ausübungspreise, bei denen der zugehörige Schwellenwert SLV* nach Gleichung 5-26 größer wird als der prognostizierte SLV (bzw. der SLV kleiner als SLV*, vgl. oben), werden nicht berücksichtigt. Dies ist unmittelbar nachvollziehbar, da beim SLV von einem (optimistischen) Extremszenario ausgegangen wird, so dass der Entscheidungsträger im Sinne einer Obergrenze SLVoptimistisch einen tatsäch325
lich eintretenden SLV von n bis T mit SLV < SLVoptimistisch ins Kalkül mit einbeziehen muss. Der erweiterte Lieferantenwert (e LW) sinkt streng monoton mit einem steigenden Ausübungspreis (vgl. Abbildung 5-9) in dem Definitionsbereich der Entwicklungsfähigkeit X < X (SLV = SLV*). Der Ausübungspreis X, der für die Entwicklung eines Lieferanten notwendig wird, muss als Bedingung kleiner sein, als der Ausübungspreis, für den die Ausübungsschwelle aus einer ex ante Abschätzung in t0 gerade noch erreicht wird. Alle Lieferanten, deren Entwicklungsdelta (Ausübungspreis X) größer als der Ausübungspreis X des Schwellenwerts SLV* = SLV ist, werden als nicht-entwicklungsfähige Lieferanten vom Evoked Set des Abnehmers ausgeschlossen.1851) Für ein gegebenes Szenario SLV = 148.625,23 Euro sinkt damit die Entwicklungsfähigkeit des Lieferanten mit einem steigenden Schwellenwert (mit dem Ausübungspreis X als ein wesentlicher Werttreiber dessen). Für das vorliegende Beispiel bedeutet dies unmittelbar, dass für Lieferanten, deren Entwicklung einen Ausübungspreis von bspw. 30.000 Euro (vgl. Tabelle 5-12) erfordert, der Entwicklungsertrag in Folge einen Schwellenwert (bei konstantem NSLV) in Höhe von 166.204,12 Euro erreichen muss. Tatsächlich liegt der prognostizierte (maximale) Entwicklungsertrag bei SLV = 148.625,23 Euro. Aus Sicht des Abnehmers wird daher der Schwellenwert nicht über-, sondern unterschritten, weshalb der Lieferant als nicht entwicklungsfähig einzustufen ist. Aus Tabelle 5-12 folgt, dass Lieferanten mit Entwicklungsdeltas, mit denen ein Entwicklungsbudget (Ausübungspreis) in Höhe von maximal ca. 25.000,00 Euro zusammenhängt, als entwicklungsfähig angesehen werden (SLV* (X = 25.000,00 Euro) < SLVoptimistisch in Höhe von 148.625,23 Euro). Folgende Werte bleiben konstant:
iNSLV NSLV iSLV SLV Volatilität V Endwert in Periode T Į mit Nachfrage x
1851)
326
Vgl. Backhaus/Voeth (2007), S. 98.
0,20 52.218,74 0,15 148.625,23 0,4122 298.938,43 0,2118
X
5.000,00
10.000,00
15.000,00
20.000,00
25.000,00
30.000,00
35.000,00
ȡ
1,2663
0,9730
0,8193
0,7176
0,6426
0,5838
0,5357
į
1,0545
0,7611
0,6074
0,5057
0,4308
0,3719
0,3239
ȕ
3,1857
2,7189
2,4473
2,2540
2,1031
1,9790
1,8731
SLV*
83.397,22
98.415,35 113.663,86 129.810,44 147.217,59 166.204,12 187.116,48
Optionswert
164.957,18 111.028,30
e LW
217.175,92 163.247,04 141.749,90 130.355,49 123.632,66 119.536,00 117.113,72
Entwicklungsfähigkeit
Tab. 5-12:
Ja
89.531,16
Ja
78.136,75
Ja
71.413,92
Ja
67.317,26
Ja
Nein
64.894,98
Nein
Sensitivität des Ausübungspreises X
SLV* 1.800.000,00 1.600.000,00 1.400.000,00 1.200.000,00 1.000.000,00 800.000,00 600.000,00 400.000,00
95.000
100.000
90.000
85.000
80.000
75.000
70.000
65.000
60.000
55.000
50.000
45.000
40.000
35.000
30.000
25.000
20.000
15.000
5.000
0,00
10.000
200.000,00
X
Abb. 5-8:
Entwicklung des Schwellenwerts SLV* bei steigendem X
327
erweiterter Lieferantenwert 250.000,00
200.000,00
150.000,00
100.000,00
50.000,00
0,00 5.000
10.000
15.000
20.000
25.000
30.000
35.000
40.000
X
Abb. 5-9:
Entwicklung des erweiterten Lieferantenwerts bei steigendem X (X < X (SLV = SLV*))
(2) Sensitivität der Volatilität In Kapitel 5.3.2.2.1 wird bereits darauf hingewiesen, dass sich eine steigende Volatilität wertsteigernd auswirken kann, wenn sich eine Erhöhung der exogenen Unsicherheit (der Nachfrage) aufgrund des Ausübungswahlrechts nicht über einen höheren Risikoaufschlag im Diskontierungsfaktor auf den SLV wertsenkend auswirkt. Steigt die Volatilität der Nachfrage, vergrößert sich deren Streuungsbereich. Folgt man der Normalverteilung bedeutet dies, dass zwar einerseits die Nachfrage stark sinken kann (linker Verteilungsflügel der Normalverteilung, vgl. gedreht Abbildung 5-7), andererseits jedoch auch der rechte Verteilungsflügel der Normalverteilung zunimmt. Die Besonderheit der Lieferantenentwicklungsoption (Optionscharakter) besteht darin, dass sich der Abnehmer des Nachfragerisikos entledigt, indem er die Option nur dann ausübt, wenn sich die Nachfrage und in Folge der SLV positiv (rechter Verteilungsflügel der Normalverteilung) entwickeln. Mit einem steigenden Streuungsbereich steigt auch der rechte Verteilungsbereich der Normalverteilung an, so dass der SLV potentiell ebenfalls steigt und demgemäß der Optionswert sowie der erweiterte Lieferantenwert positiv beeinflusst werden.
328
Tabelle 5-13 sowie Abbildung 5-10 bestätigen diesen Zusammenhang.1852) Folgende Werte können als konstant betrachtet werden:
iNSLV
0,20
NSLV
52.218,74
iSLV
0,1500
SLV
148.625,23
U
0,7176
į
0,5057
X
20.000,00
V
0,05
SLV
0,10
0,15
0,20
0,25
0,30
0,35
110.502,74 115.764,77 121.026,81 126.288,84 131.550,88 136.812,91 142.074,95
E
3,34
SLV*
3,22
3,05
2,88
2,71
2,55
2,41
103.069,85 104.771,63 107.379,93 110.691,17 114.549,97 118.852,16 123.531,40
Optionswert
38.931,73
44.880,34
e LW
91.150,46
97.099,08 102.887,61 108.436,37 113.777,59 118.971,72 124.072,89
V
0,40
SLV
50.668,87
0,45
0,50
56.217,63
0,55
61.558,85
0,60
66.752,98
0,65
0,70
147.336,98 152.599,02 157.861,05 163.123,09 168.385,12 173.647,16 178.909,19
E
2,28
SLV*
2,17
2,07
1,99
1,91
1,84
1,78
128.546,17 133.870,66 139.488,99 145.391,66 151.573,32 158.031,36 164.765,01
Optionswert e LW
76.902,73
81.926,78
86.945,28
91.970,93
97.012,15 102.074,44 107.161,30
129.121,47 134.145,52 139.164,02 144.189,67 149.230,89 154.293,18 159.380,04
V
0,75
SLV
0,80
0,85
0,90
0,95
1,00
184.171,23 189.433,26 194.695,30 199.957,33 205.219,37 210.481,40
E
1,73
SLV*
1,68
1,63
1,59
1,55
1,52
171.774,75 179.061,93 186.628,44 194.476,58 202.608,91 211.028,12
Optionswert
112.274,87 117.416,30 122.586,03 127.784,04 133.009,93 138.263,03
e LW
164.493,61 169.635,04 174.804,77 180.002,78 185.228,67 190.481,77
Tab. 5-13:
Sensitivität der Volatilität V
1852)
71.854,15
Ein steigender Optionswert kann auch unter Konstanthaltung von SLV bestätigt werden.
329
erweiterter Lieferantenwert 250.000,00
200.000,00
150.000,00
100.000,00
50.000,00
0,00 0,05 0,10 0,15 0,20 0,25 0,30 0,35 0,40 0,45 0,50 0,55 0,60 0,65 0,70 0,75 0,80 0,85 0,90 0,95 1,00 Volatilität
Abb. 5-10:
Entwicklung des erweiterten Lieferantenwerts bei steigender Volatilität V
(3) Sensitivität des risikoadjustierten Diskontierungsfaktors iSLV Im Folgenden wird die Sensitivität des erweiterten Lieferantenwerts hinsichtlich der Risikobewertung des Basisobjekts der Lieferantenentwicklungsoption, der Wertschöpfungspartnerschaft bzw. des Lieferanten, geprüft. Tabelle 5-14 sowie Abbildung 5-12 zeigen, dass sich der erweiterte Lieferantenwert dem statischen Lieferantenwert annähert für iSLV ĺ . Für diesen Fall strebt der Optionswert gegen Null (vgl. Abbildung 5-11). Es kann somit eine Aussage dahingehend getroffen werden, dass der Lieferantenwert mit Zunahme des Risikos bzw. der Unsicherheit sinkt, sofern sich ein erhöhtes Risiko, wie bereits in Kapitel 5.3.2.2.2 erläutert, auf den Kapitalwert auswirkt. Der risikoadjustierte Diskontierungsfaktor hat demnach als unabhängiger, exogen zu bestimmender Parameter einen wesentlichen Einfluss auf den Optionswert und somit auf den erweiterten Lieferantenwert. Umso bedeutsamer wird die Bewertung des Risikos eines Investitionsobjekts „Lieferant“ bzw. „Wertschöpfungspartnerschaft“. Das Lieferantenrisiko wird demnach nicht auf eine operative Größe bspw. Termintreue im laufenden Leistungsaustausch reduziert, sondern findet Eingang in die strategische Lieferantenentscheidung. An die bereits geäußerte Kritik anschließend, führt eine Bewertung zum WACC des Abnehmers, als dessen Finanzierungskosten, hierbei zu einer Gleichbewertung aller möglichen Lieferanten.1853) Folgende Parameter werden konstant gesetzt:
1853)
330
Andererseits setzt genau hier die Kritik eines exogen zu bestimmenden risikoadjustierten Diskontsatzes außerhalb geschlossener Modelle der Optionspreistheorie an, indem der objektiv zu ermitteln-
iNSLV
0,20
NSLV
52.218,74
X
20.000
Į mit Nachfrage x
0,2118
iSLV
0,05
SLV optimistisch SLV pessimistisch
0,20
0,25
0,30
0,35
198.930,99 171.066,69 148.625,23 130.328,05
115.241,89
102.675,24
92.108,55
68.801,89
0,15
61.856,17
56.006,44
51.031,47
46.762,85
43.070,68
Erwartungswert 138.034,70 119.934,29 105.240,70
93.167,24
83.136,68
74.719,05
67.589,62
253.891,95 275.504,62 298.938,43 324.297,89
351.690,35
Endwert in T
77.138,41
0,10
381.225,99 413.017,82
ȡ
0,6624
0,6897
0,7176
0,7458
0,7743
0,8031
0,8323
į
0,4505
0,4779
0,5057
0,5339
0,5625
0,5913
0,6204
ı
0,4412
0,4263
0,4122
0,3989
0,3862
0,3742
0,3628
ȕ
2,0861
2,1687
2,2539
2,3413
2,4309
2,5225
2,6159
138.714,43 134.011,67 129.815,87 126.060,61
122.689,13
SLV* Optionswert
141.068,95 104.923,52
58.206,57
43.343,73
32.244,21
23.951,76
e LW
193.287,69 157.142,25 130.354,24 110.425,31
95.562,47
84.462,95
76.170,49
iSLV
78.135,50
119.652,86 116.910,16
0,40
0,45
0,50
0,55
0,60
0,65
0,70
SLV optimistisch
83.146,48
75.484,62
68.886,02
63.164,34
58.171,65
53.789,48
49.922,14
SLV pessimistisch
39.853,58
37.031,48
34.540,55
32.329,40
30.356,29
28.587,03
26.993,41
Erwartungswert
61.500,03
56.258,05
51.713,28
47.746,87
44.263,97
41.188,25
38.457,77
447.181,71 483.836,32 523.103,20 565.106,69
609.973,98
Endwert in T ȡ
0,8616
0,8912
0,9209
0,9508
0,9809
657.835,11 708.822,94 1,0110
1,0413
į
0,6498
0,6794
0,7091
0,7390
0,7690
0,7992
0,8295
ı
0,3520
0,3418
0,3321
0,3229
0,3142
0,3059
0,2981
2,7111
2,8078
2,9059
3,0054
3,1061
3,2080
3,3109
114.425,28 112.167,44 110.110,12 108.230,37
106.508,33
ȕ SLV*
104.926,73 103.470,53
Optionswert
17.758,75
13.138,32
9.696,42
7.137,43
5.239,20
3.834,71
2.798,39
e LW
69.977,49
65.357,06
61.915,16
59.356,17
57.457,94
56.053,45
55.017,13
de risikolose Zinssatz durch einen zumindest für die endogene Unsicherheit subjektiv bestimmten Diskontierungsfaktor ersetzt wird.
331
iSLV
0,75
0,80
0,85
0,90
0,95
1,00
SLV optimistisch
46.491,75
43.434,49
40.697,66
38.237,47
36.017,34
34.006,50
SLV pessimistisch
25.552,00
24.243,17
23.050,43
21.959,78
20.959,33
20.038,89
Erwartungswert
36.021,88
33.838,83
31.874,04
30.098,63
28.488,34
27.022,69
Endwert in T
763.073,15 820.724,29 881.917,72 946.797,64 1.015.511,10 1.088.207,95
ȡ
1,0716
1,1020
1,1325
1,1629
1,1935
1,2240
į
0,8598
0,8902
0,9206
0,9511
0,9816
1,0122
ı
0,2907
0,2836
0,2768
0,2704
0,2643
0,2584
ȕ
3,4147
3,5194
3,6250
3,7312
3,8382
3,9458
102.126,61 100.883,48
99.731,06
98.660,47
97.663,88
96.734,39
SLV* Optionswert e LW
Tab. 5-14:
2.035,94
1.476,69
1.067,75
769,68
553,10
396,25
54.254,68
53.695,43
53.286,49
52.988,42
52.771,84
52.614,99
Sensitivität des risikoadjustierten Diskontierungsfaktors iSLV
Optionswert 160.000,00 140.000,00 120.000,00 100.000,00 80.000,00 60.000,00 40.000,00 20.000,00 0,00 0,05 0,10 0,15 0,20 0,25 0,30 0,35 0,40 0,45 0,50 0,55 0,60 0,65 0,70 0,75 0,80 0,85 0,90 0,95 1,00 Diskontierungsfaktor iSLV
Abb. 5-11:
332
Entwicklung des Optionswertes bei steigendem Diskontierungsfaktor iSLV
erweiterter Lieferantenwert 250.000,00
200.000,00
150.000,00
100.000,00
50.000,00
0,00 0,05 0,10 0,15 0,20 0,25 0,30 0,35 0,40 0,45 0,50 0,55 0,60 0,65 0,70 0,75 0,80 0,85 0,90 0,95 1,00 Diskontierungsfaktor iSLV
Abb. 5-12:
Entwicklung des erweiterten Lieferantenwerts bei steigendem Diskontierungsfaktor iSLV
Die Wirkung der Objektertragsrate erfolgt, wie eingangs beschrieben, ceteris paribus unter Konstanthaltung aller anderen Parameter. Es lässt sich zeigen, dass mit Zunahme der Opportunitätskosten des Wartens der Optionswert sinkt (e LW(0,2) > e LW(0,6)) und der erweiterte Lieferantenwert somit gegen NSLV als Untergrenze strebt. Abbildung 5-13 vergleicht zwei Ausprägungen der Objektertragsrate į (ohne Datenblatt). Für die Entscheidung des Abnehmers, die Option auszuüben bedeutet eine steigende Objektertragsrate, dass zunehmend Erträge entgehen, wenn die Option nicht ausgeübt wird. Für Aktienoptionen ist dies die Dividende, die nur der Aktieninhaber, nicht aber der Optionsinhaber erhält. Als Handlungsempfehlung ergibt sich folglich eine Ausübung der Option, um die mit der Lieferantenentwicklung verbundenen positiven Erträge zu realisieren.
333
erweiterter Lieferantenwert 400.000,00 350.000,00 300.000,00 250.000,00 e LW (0,2)
200.000,00
e LW (0,6)
150.000,00 100.000,00
1,00
0,95
0,90
0,85
0,80
0,75
0,70
0,65
0,60
0,55
0,50
0,45
0,40
0,35
0,30
0,25
0,20
0,15
0,10
0,00
0,05
50.000,00
Diskontierungsfaktor iSLV
Abb. 5-13:
Entwicklung des erweiterten Lieferantenwerts bei steigendem Diskontierungsfaktor iSLV und alternativen Objektertragsraten (ceteris paribus)
(4) Sensitivität des prognostizierten Lieferantenwerts SLV nach Lieferantenentwicklung Der Lieferantenwert SLV stellt lediglich eine (ex ante) Prognose (zum Zeitpunkt der Lieferantenentscheidung bzw. des Beziehungseinstiegs) mittels der Szenarioanalyse dar. In Tabelle 5-15 und Abbildung 5-14 sowie Abbildung 5-15 wird der Zusammenhang zwischen SLV und dem Optionswert sowie dem erweiterten Lieferantenwert dargestellt. Der Optionswert und der erweiterte Lieferantenwert hängen entscheidend von dem durch die Lieferantenentwicklungsmaßnahme erwarten Lieferantenwert SLV ab. Unmittelbar verbunden mit dem SLV ist die Risikobewertung (Diskontierung), deren Wirkung bereits in Abbildung 5-11 isoliert betrachtet wird. Grundsätzlich gilt, je höher der SLV prognostiziert bzw. vom Abnehmer für eine Lieferantenpartnerschaft eingeschätzt wird, desto attraktiver ist dessen Entwicklung. Für die Lieferantenentscheidung in t0 impliziert dies unmittelbar einen höheren erweiterten Lieferantenwert, so dass sich eine Entscheidung für einen Lieferanten tatsächlich auf strategisch langfristigen Überlegungen in methodisch konsistenter Weise stützt. Abbildung 5-14 bestätigt für das vorliegende Beispiel den grundsätzlichen Verlauf einer Call-Option, wie er in Abbildung 5-4 dargestellt wird und auch für die vorliegende Lieferantenentwicklungsoption gilt. Folgende Parameter werden als konstant betrachtet:
334
iNSLV
0,20
NSLV
52.218,74
X
20.000,00
Į
0,2118
SLV optimistisch
34.006,50
36.017,34
38.237,47
40.697,66
43.434,49
46.491,75
49.922,14
SLV pessimistisch
20.038,89
20.959,33
21.959,78
23.050,43
24.243,17
25.552,00
26.993,41
27.022,69
28.488,34
30.098,63
31.874,04
33.838,83
36.021,88
38.457,77
Erwartungswert Endwert in T
1.088.207,95 1.015.511,10 946.797,64 881.917,72 820.724,29 763.073,15 708.822,94
ȡ
1,2240
1,1935
1,1629
1,1325
1,1020
1,0716
1,0413
į
1,0122
0,9817
0,9511
0,9207
0,8902
0,8598
0,8295
ı
0,2584
0,2643
0,2704
0,2768
0,2836
0,2907
0,2981
E
3,9460
3,8384
3,7314
3,6252
3,5196
3,4149
3,3110
96.732,58
97.661,99
98.658,49
SLV* Optionswert
99.729,00 100.881,33 102.124,35 103.468,16
396,16
552,99
769,53
1.067,57
1.476,45
2.035,65
2.798,03
e LW
52.614,90
52.771,73
52.988,27
53.286,31
53.695,19
54.254,39
55.016,77
SLV optimistisch
53.789,48
58.171,65
63.164,34
68.886,02
75.484,62
83.146,48
92.108,55
SLV pessimistisch
28.587,03
30.356,29
32.329,40
34.540,55
37.031,48
39.853,58
43.070,68
44.263,97
47.746,87
51.713,28
56.258,05
61.500,03
67.589,62
Erwartungswert Endwert in T
41.188,25 657.835,11
609.973,98 565.106,69 523.103,20 483.836,32 447.181,71 413.017,82
ȡ
1,0110
0,9809
0,9508
0,9209
0,8912
0,8616
0,8323
į
0,7992
0,7691
0,7390
0,7091
0,6794
0,6498
0,6205
ı
0,3059
0,3142
0,3229
0,3321
0,3418
0,3520
0,3628
3,1063
3,0056
2,9061
2,8079
2,7112
2,6161
E SLV* Optionswert e LW
3,2082 104.924,23
106.505,69 108.227,58 110.107,16 112.164,29 114.421,91 116.906,55
3.834,28
5.238,69
7.136,83
9.695,74
13.137,58
17.757,97
23.951,01
56.053,02
57.457,43
59.355,57
61.914,48
65.356,32
69.976,71
76.169,75
335
SLV optimistisch
102.675,24
SLV pessimistisch
46.762,85
51.031,47
56.006,44
Erwartungswert
74.719,05
83.136,68
93.167,24 105.240,70 119.934,29 138.034,70
Endwert in T
381.225,99
ȡ
115.241,89 130.328,05 148.625,23 171.066,69 198.930,99 61.856,17
68.801,89
77.138,41
351.690,35 324.297,89 298.938,43 275.504,62 253.891,95
0,8031
0,7743
0,7458
0,7176
0,6897
0,6624
į
0,5913
0,5625
0,5340
0,5058
0,4779
0,4506
ı
0,3742
0,3862
0,3989
0,4122
0,4263
0,4412
2,4310
2,3414
2,2540
2,1688
2,0862
E
2,5226
SLV*
119.648,98
122.684,93 126.056,05 129.810,90 134.006,23 138.708,43
Optionswert
32.243,60
43.343,41
e LW
84.462,34
95.562,15 110.425,53 130.355,38 157.144,89 193.292,68
Tab. 5-15:
58.206,79
78.136,64 104.926,15 141.073,94
Sensitivität des prognostizierten SLV
Optionswert 160.000,00 140.000,00 120.000,00 100.000,00 80.000,00 60.000,00 40.000,00
198.930,99
171.066,69
148.625,23
130.328,05
115.241,89
92.108,55
102.675,24
83.146,48
75.484,62
68.886,02
63.164,34
58.171,65
53.789,48
49.922,14
46.491,75
43.434,49
40.697,66
38.237,47
36.017,34
0,00
34.006,50
20.000,00
SLV
Abb. 5-14:
Entwicklung des Optionswertes bei steigendem SLV
In Kapitel 5.3.3 wird bei Abbildung 5-4 bereits darauf hingewiesen, dass für den erweiterten Lieferantenwert die Kurve des Optionswertes um den y-Achsenabstand NSLV nach oben verschoben sein muss. Abbildung 5-15 bestätigt diesen Hinweis mit dem NSLV als Untergrenze des erweiterten Lieferantenwerts für einen Optionswert ĺ 0 mit SLV ĺ 0.
336
erweiterter Lieferantenwert 250.000,00 200.000,00 150.000,00 100.000,00
198.930,99
171.066,69
148.625,23
130.328,05
115.241,89
92.108,55
102.675,24
83.146,48
75.484,62
68.886,02
63.164,34
58.171,65
53.789,48
49.922,14
46.491,75
43.434,49
40.697,66
38.237,47
36.017,34
0,00
34.006,50
50.000,00
SLV
Abb. 5-15:
Entwicklung des erweiterten Lieferantenwerts bei steigendem SLV
Tabelle 5-16 stellt den prozentualen Anteil des Optionswertes am erweiterten Lieferantenwert dar und zeigt in dieser Weise, dass die Höhe des SLV wesentlicher Werttreiber des Optionswertes ist. Für die Beziehungseinstiegsentscheidung bedeutet dies unmittelbar, dass nicht nur die aktuelle Leistungsfähigkeit, ausgedrückt durch den NSLV für eine mittelfristige Beziehungsdauer, sondern auch der langfristige Beziehungswert mit einer Lieferantenentwicklungsmaßnahme, ausgedrückt durch den SLV, entscheidend ist. Neben der Minimierung der endogenen Unsicherheit (als Treiber des Diskontierungsfaktors i) sind für die Wertschöpfungspartnerschaft zwei Handlungsimplikationen dadurch verbunden. Um den SLV zu erhöhen, kann die Lieferantenentwicklung sowohl auf der Leistungsseite (Einzahlungspotential) ansetzen, als auch auf der Kostenseite (Auszahlungspotential), um den Saldo aus Ein- und Auszahlungen (je Periode) zu maximieren. Einerseits muss zur Reduzierung der Auszahlungsseite eine effizienzorientierte Lieferantenentwicklung betrieben werden (Kostenfokus im weitesten Sinne), andererseits muss die Lieferantenentwicklung effektivitätsorientiert erfolgen, um die Einzahlungsseite positiv zu beeinflussen (Umsatzfokus im weitesten Sinne).
SLV Optionswert e LW Anteil in %
34.006,50
36.017,34
38.237,47
40.697,66
43.434,49
46.491,75
49.922,14
396,16
552,99
769,53
1.067,57
1.476,45
2.035,65
2.798,03
52.614,90
52.771,73
52.988,27
53.286,31
53.695,19
54.254,39
55.016,77
0,75
1,05
1,45
2,00
2,75
3,75
5,09
337
SLV Optionswert e LW Anteil in %
SLV
53.789,48
58.171,65
63.164,34
68.886,02
75.484,62
83.146,48
92.108,55
3.834,28
5.238,69
7.136,83
9.695,74
13.137,58
17.757,97
23.951,01
56.053,02
57.457,43
59.355,57
61.914,48
65.356,32
69.976,71
76.169,75
6,84
9,12
12,02
15,66
20,10
25,38
31,44
102.675,24 115.241,89 130.328,05 148.625,23 171.066,69 198.930,99
Optionswert
32.243,60
43.343,41
e LW
84.462,34
95.562,15 110.425,53 130.355,38 157.144,89 193.292,68
Anteil in %
Tab. 5-16:
38,18
45,36
58.206,79
78.136,64 104.926,15 141.073,94
52,71
59,94
66,77
72,98
Prozentualer Anteil des Optionswertes am erweiterten Lieferantenwert in Abhängigkeit des SLV
Wiederum als ceteris paribus Betrachtung stellen Abbildung 5-16 und Abbildung 5-17 die Wirkung der Objektertragsrate auf den Optionswert und den erweiterten Lieferantenwert dar. Es gilt, dass der Optionswert für į ĺ sinkt (e LW(0,6) < e LW (0,4) sowie Optionswert (0,6) < Optionswert (0,4), ohne Datenblatt).
1.200.000,00 1.000.000,00 800.000,00 Optionswert (0,6)
600.000,00
Optionswert (0,4)
400.000,00
0,00
34.006,50 36.017,34 38.237,47 40.697,66 43.434,49 46.491,75 49.922,14 53.789,48 58.171,65 63.164,34 68.886,02 75.484,62 83.146,48 92.108,55 102.675,24 115.241,89 130.328,05 148.625,23 171.066,69 198.930,99
200.000,00
SLV
Abb. 5-16:
Entwicklung des Optionswertes bei steigendem SLV und alternativer Objektertragsrate į (ceteris paribus)
338
1.200.000,00 1.000.000,00 800.000,00 e LW(0,6) e LW(0,4)
600.000,00 400.000,00
198.930,99
171.066,69
148.625,23
130.328,05
115.241,89
92.108,55
102.675,24
83.146,48
75.484,62
68.886,02
63.164,34
58.171,65
53.789,48
49.922,14
46.491,75
43.434,49
40.697,66
38.237,47
36.017,34
0,00
34.006,50
200.000,00
SLV
Abb. 5-17:
Entwicklung des erweiterten Lieferantenwerts bei steigendem SLV und alternativer Objektertragsrate į (ceteris paribus)
Abbildung 5-18 knüpft an die obige Aussage zur Wirkung der Volatilität an und zeigt alternative Wertverläufe des erweiterten Lieferantenwerts bei unterschiedlichen Volatilitäten (für gleiche SLV-Szenarien). Eine höhere Volatilität bzw. exogene Unsicherheit der Nachfrage erhöht den erweiterten Lieferantenwert zunächst bis dieser ausgeübt wird und der Zeitwert Null wird.1854) Der Grenzwert ist jeweils die Tangente an die Gerade SLV – X des inneren Werts der Option (vgl. idealisiert Abbildung 5-19 in Anlehnung an Dixit/Pindyck (1994)).1855) Eine noch höhere Unsicherheit reduziert den Optionswert. Für den Abnehmer bleibt die Handlungsempfehlung aufrecht erhalten, mit dem Erreichen des Schwellenwertes (Grenzwert, vgl. oben) die Option auszuüben und den SLV aus der Lieferantenentwicklungsmaßnahme zu realisieren. Punkte oberhalb der Ausübungsschwelle (vgl. Abbildung 5-19) werden bei dieser Betrachtung nicht berücksichtigt, so dass die Aussage, dass der Optionswert mit der Volatilität potentiell steigt, aufrechterhalten werden kann.
1854)
1855)
Roemer (2004), S. 109 f. kommt zu demselben Ergebnis. Der Optionswert steigt bis zur Ausübungsschwelle an. Für größere Werte von SLV hat eine zunehmende Volatilität jedoch einen negativen Effekt auf den Optionswert. Die Geraden e LW(0,4) und e LW(0,6) schneiden sich für SLV > SLV*. Vgl. Dixit/Pindyck (1994), S. 154.
339
300.000,00 250.000,00 200.000,00 e LW(0,2) e LW(0,4)
150.000,00 100.000,00 50.000,00 34.006,50 36.017,34 38.237,47 40.697,66 43.434,49 46.491,75 49.922,14 53.789,48 58.171,65 63.164,34 68.886,02 75.484,62 83.146,48 92.108,55 102.675,24 115.241,89 130.328,05 148.625,23 171.066,69 198.930,99
0,00
SLV
Abb. 5-18:
Entwicklung des erweiterten Lieferantenwerts bei steigendem SLV und alternativer Volatilität ı (ceteris paribus)
Abb. 5-19:
Entwicklung des erweiterten Lieferantenwerts bei steigendem SLV und alternativer Volatilität ı (idealisiert)
(5) Sensitivität der Objektertragsrate į Der Einfluss von Objekterträgen auf das Ausübungsverhalten des Entscheidungsträgers wird in Kapitel 5.3.2.4 erläutert. Tabelle 5-17 sowie Abbildung 5-20 zeigen, wie mit Zunahme der Objektertragsrate der kritische Wert SLV* (Ausübungsschwelle) streng monoton sinkt, so dass eine Ausübung zunehmend früher hinsichtlich der Schätzung des SLV optimal wird. Der Schwellenwert SLV* nähert sich für į ĺ an die Summe (X + NSLV) an. Die Summe aus passivem Nettokapitalwert des Lieferanten sowie dem Ausübungspreis bildet die Untergrenze für einen Optionswert, der ge340
gen Null strebt. Die Erläuterung findet sich in Kapitel 5.3.2.4. Zunehmend hohe Opportunitätskosten des Wartens führen dazu, dass bei einer hohen Objektertragsrate eine sofortige Ausübung vorteilhaft wird. Mit einem konstanten Gesamtertrag wird die Wachstumsrate Į zu einer variablen Größe bei Variation der Objektertragsrate über Į = ȡ – į. Folgende Parameter werden als konstant betrachtet:
ı
0,1470
iNSLV
0,20
NSLV
52.218,74
iSLV
0,15
SLV
148.625,23
Endwert in Periode T
298.938,43 20.000,00
X ȡ
0,7176
į
0,0500
0,1000
0,1500
0,2000
0,2500
0,3000
0,3500
Į
0,6676
0,6176
0,5676
0,5176
0,4676
0,4176
0,3676
E SLV*
1,0795
1,1885
1,3471
1,5973
2,0431
2,9998
5,5269
981.110,37
455.296,83
280.283,20
193.133,74
141.454,69
108.330,95
88.171,96
į
0,4000
0,4500
0,5000
0,5500
0,6000
0,6500
0,7000
Į
0,3176
0,2676
0,2176
0,1676
0,1176
0,0676
0,0176
E SLV*
11,2414
19,1736
27,8601
36,8140
45,8853
55,0172
64,1842
79.270,41
76.192,57
74.907,44
74.235,23
73.827,70
73.555,70
73.361,73
0,7500
0,8000
0,8500
0,9000
0,9500
1,0000
į Į
-0,0324
-0,0824
-0,1324
-0,1824
-0,2324
-0,2824
E
73,3734
82,5773
91,7916
101,0134
110,2408
119,4725
73.216,60
73.104,02
73.014,17
72.940,83
72.879,84
72.828,32
SLV*
Tab. 5-17:
Sensitivität der Objektertragsrate į
341
SLV* 1.200.000,00 1.000.000,00 800.000,00 600.000,00 400.000,00
1,0000
0,9500
0,9000
0,8500
0,8000
0,7500
0,7000
0,6500
0,6000
0,5500
0,5000
0,4500
0,4000
0,3500
0,3000
0,2500
0,2000
0,1500
0,1000
0,00
0,0500
200.000,00
Objektertragsrate
Abb. 5-20:
Entwicklung des Schwellenwerts SLV* bei steigender Objektertragsrate į
Die Sensitivitätsanalyse hat gezeigt, wie sich wesentliche Werttreiber auf den Optionswert und den erweiterten Lieferantenwert auswirken. Daraus lassen sich für die Beschaffungspraxis im Rahmen einer tatsächlich strategisch langfristigen Lieferantenentscheidung Handlungsempfehlungen ableiten, die deutlich über ein operativ kurzfristig orientiertes Lieferantenmanagement hinausgehen.
342
6.
Zusammenfassung und Ausblick
Die praktische Anwendung des Realoptionsansatzes zur Unternehmensbewertung leidet unter dem geringen Kenntnisstand der Praxis.1856) Eine Studie von Peemöller/Beckmann/Kronmüller (2002) hat ergeben, dass 17 Prozent den Realoptionsansatz überhaupt nicht kennen, 25 Prozent den Begriff schon einmal gehört haben, 36 Prozent sich zumindest mit der Theorie beschäftigt und 22 Prozent den Ansatz tatsächlich schon angewendet haben.1857) Schon der geringe Implementierungsgrad des Realoptionsansatzes auf Unternehmensebene zeigt, welches Umdenken sowie welche Anstrengungen erforderlich werden, den Realoptionsansatz in Bereichen wie Einkauf und Beschaffung (Fachbereichsebene) umzusetzen. Umso mehr wird der bereits empfohlene interdisziplinäre Ansatz des Beschaffungs- und Finanzmanagements bedeutsam. Gründe, die aus Sicht der Praxis gegen den Realoptionsansatz sprechen, sind die Komplexität (52 Prozent) sowie das Fehlen praktischer Erfahrungen (43 Prozent).1858) Die Studie identifiziert zwei wesentliche Zwecke des Realoptionsansatzes: (1) als strategischer Denkansatz und (2) zur Wertbestimmung konkreter Investitionsprojekte. Der Realoptionsansatz wird nach dieser Studie überwiegend als strategischer Denkansatz verwendet.1859) Die Berücksichtigung von Handlungsspielräumen in Wertschöpfungspartnerschaften erfordert in einem ersten Schritt (als Ausdruck eines strategischen Denkansatzes), bei Beziehung zum Lieferanten, die als langfristiges Engagement angelegt sind, die Lieferantenauswahl unter der Bedingung zu treffen, dass der Lieferant entwicklungsfähig ist. Strategische Überlegungen zur Potentialabschätzung spielen im vorliegenden Realoptionsansatz als notwendige Bedingung (Mindestanforderungen an ein Basispotential) eine besondere Rolle. Für die Beschaffungspraxis ist der entwickelte Ansatz optionsorientierter Wertschöpfungspartnerschaften in zweierlei Hinsicht bedeutsam. In einem ersten Schritt zeigt die vorliegende Arbeit, welchen strategischen Wertbeitrag die Berücksichtung der Lieferantenentwicklung bzw. Handlungsspielräumen allgemein bereits für eine Lieferantenentscheidung (Beziehungseinstieg) liefert, noch ohne die Implementierung des quantitativen Bewertungsmodells (vgl. oben, Lieferantenentwicklungsoptionen als strategischer Denkansatz). Gelingt die Aufnahme der im Rahmen der Potentialanalyse gestellten Frage der Entwicklungsfähigkeit in im Unternehmen vorhandene Lieferantenbewertungstools,
1856)
1857) 1858) 1859)
Peemöller/Beckmann/Kronmüller (2002), S. 561 haben Unternehmen zum aktuellen Stand der praktischen Anwendung des Realoptionsansatzes zur Unternehmensbewertung, also der Bewertung von Handlungsspielräumen von Unternehmen, befragt. Die Studie basiert auf 36 verwertbaren Rückläufern, wodurch deren Repräsentativität eingeschränkt wird. Vgl. Peemöller/Beckmann/Kronmüller (2002), S. 562. Vgl. Peemöller/Beckmann/Kronmüller (2002), S. 563. Vgl. Peemöller/Beckmann/Kronmüller (2002), S. 563.
343
kann als zweiter Implementierungsschritt das vorliegende Realoptionsbewertungsmodell eingeschlossen werden (vgl. oben, Wertbestimmung). Insbesondere für Beschaffungsorganisationen, die sich noch in der Entwicklung von einer rein operativen zu einer strategisch orientierten Unternehmensfunktion befinden, stellt diese Zweitteilung der Implementierung eine wesentliche Komplexitätsreduktion dar. Grundsätzlich gilt die systematische Prüfung der Entwicklungsfähigkeit als wesentliche, notwendige Bedingung für die Entstehung eines tatsächlichen Handlungsspielraums des Abnehmers hinsichtlich der Weiterentwicklung des Lieferanten. Der Realoptionsansatz ist demnach bereits als strategischer Denkansatz bedeutsam für das Lieferantenmanagement.1860) Der Abnehmer entscheidet sich für jenen Lieferanten, der aufgrund seiner Entwicklungsfähigkeit höher zu bewerten ist. Stehen mehrere entwicklungsfähige Lieferanten zur Verfügung, ist jener Lieferant auszuwählen, der mit dem größten erweiterten Lieferantenwert bewertet werden kann. Daran schließt Punkt (2) an. Punkt (2) umfasst den Realoptionsansatz als Bewertungsmodell für Investitionsprojekte. Eine Vielzahl an Bewertungsmodellen (vgl. Tabelle 5-1) und projektspezifischen Besonderheiten führen zu einer komplexen Bewertung, so dass die Wertbestimmung konkreter Investitionsprojekte mittels des Realoptionsansatzes in der Anwendung gegenüber Punkt (1) zurückfällt.1861) Die vorliegende Arbeit soll hierfür als Grundlegung verstanden werden, wie der Realoptionsansatz einerseits mittels eines Bewertungsmodells im Beschaffungskontext und auf Beziehungsebene (Dyade) Anwendung finden kann, andererseits aber abseits strenger Prämissen der Kapitalmarktgüte eine Operationalisierung der benötigten Bewertungsparameter erfolgen kann.1862) Gerade die Möglichkeit der Operationalisierung ist ein bedeutender Schritt hin zur Anwendbarkeit und tatsächlichem „Rationalitätsfortschritt“ für (Investitions-) Entscheidungen durch das Instrument des Realoptionsansatzes.1863) Außerhalb geschlossener Kapitalmarktmodelle kann eine subjektive Bewertung projektinhärenter, nicht diversifizierbarer Risiken nicht vermieden werden. Hierin sehen Unternehmen mitunter einen Kritikpunkt des Realoptionsansatzes, der zur Nichtanwendung führt (26 Prozent).1864) Die Prognostizierbarkeit von Szenarien ist eine wesentliche Voraussetzung für die Genauigkeit des Ergebnisses. Des Weiteren ist die Anwendung der Sensitivitätsanalyse hierbei ein wichtiges Instrument der Aufdeckung von Wertreibern der Realoption. Andererseits wird auch der hohe Bewertungsaufwand gescheut (17 Prozent).
1860)
1861) 1862) 1863) 1864)
344
Vgl. auch o.V. (2007), S. 6, „Supplier Management Improvements“ stehen in einer 14-PunkteAgenda von Einkaufsmanagern für 2007 an vierter Stelle. Vgl. Peemöller/Beckmann/Kronmüller (2002), S. 563. Vgl. zu dieser Frage auch Pritsch/Weber (2003), S. 155 ff. Vgl. Weber/Schäffer (2006), S. 320 f. Vgl. Peemöller/Beckmann/Kronmüller (2002), S. 563.
Der hohe Bewertungsaufwand ist für die vorliegende Problemstellung insofern zu rechtfertigen, da die optionsorientierte Bewertung auf langfristige Wertschöpfungspartnerschaften ausgerichtet ist, die zwar ein hohen Anteil des Einkaufsvolumen (hoher Wertanteil) des Abnehmers ausmachen, zahlenmäßig sich aber auf wenige Lieferanten (-beziehungen) beschränken (geringer Mengenanteil).1865) Trotz einiger Kritikpunkte planen 72 Prozent der befragten Unternehmen, den Realoptionsansatz in Zukunft häufiger zu verwenden.1866) Praktische Studien werden hierbei als Treiber der Entwicklung betrachtet.1867) Einerseits erfüllt die vorliegende Arbeit diesen Anspruch mittels eines numerischen Anwendungsbeispiels in Kapitel 5.4, welches anhand eines Bewertungsprozessmodells (vgl. Abbildung 5-6) transparent und chronologisch die erforderlichen Bewertungsschritte operationalisiert und die Bestimmung des erweiterten Lieferantenwerts konsistent abbildet. Andererseits kann dieses Bewertungsmodell als Grundlage einer empirischen Validierung mittels Fallstudien dienen, um individuelle, divergierende Lieferantenbewertungssituationen ebenfalls abzubilden. Lassen sich in der Praxis verschiedene Bewertungsfälle identifizieren, ist zu untersuchen, ob diese im Sinne einer empirisch induktiven Vorgehensweise auf wenige generische „Hauptfälle“ hinsichtlich des Bewertungsmodells und Operationalisierung der Parameter verdichtet werden können.1868) Ausgangspunkt der Arbeit sind jene Zulieferer-Abnehmer-Beziehungen, die von spezifischen Investitionen und einem spezifischen Leistungsaustausch geprägt sind und zu Lockin-Situationen führen. Lock-in-Situationen aufgrund einer fundamentalen Transformation sind aus theoretischer Sicht sowie insbesondere auch der Praxissicht nicht zu vernachlässigen. Ein Beispiel aus der Automobilbranche zeigt, zu welcher Bedeutung Abhängigkeiten von Zulieferern führen können.1869) „Große Autohersteller arbeiten […] an einem Rettungsplan für den […] Zulieferer Schefenacker. Das Unternehmen […] produziere weltweit fast jeden dritten Rückspiegel, eine Insolvenz würde deshalb die Produktion der Massenhersteller empfindlich treffen […]. Ein Vertreter der Fahrzeughersteller verhandele […] über ein tragfähiges Sanierungskonzept.“
Zeigen sich bei diesem Beispiel letztendlich finanzielle Probleme als Ursache, wird dennoch deutlich, welche Rolle die langfristige Leistungsfähigkeit des Lieferanten in Abhän-
1865)
1866) 1867) 1868) 1869)
Im Rahmen einer ABC-Analyse machen Wertschöpfungspartnerschaften die Gruppe der ALieferanten aus. Vgl. Peemöller/Beckmann/Kronmüller (2002), S. 565. Vgl. Peemöller/Beckmann/Kronmüller (2002), S. 564. Vgl. bspw. Pritsch/Weber (2003), S. 156-159 für die Situation von Pharmaunternehmen. Vgl. o.V. (2006), S. 38.
345
gigkeitspositionen im Kalkül des Abnehmers bei Vertragsabschluss spielen muss.1870) Proaktive Strategien der direkten Lieferantenentwicklung dienen der gemeinsamen Erreichung von Kosten- und Erlöszielen zur Sicherung eines langfristigen effizienten und effektiven Leistungsaustauschs mit dem Lieferanten innerhalb der Wertschöpfungspartnerschaft. Anpassungen sind hierbei Ausdruck einer dynamischen Transformation. Die einseitige Kostenfokussierung im Einkauf (klassisches Spend Management1871)) widerspricht der Anwendung der in der vorliegenden Arbeit verfolgten Betrachtung sowohl der Kosten- als auch der Erlösseite (Aus- und Einzahlungen im (N)SLV). Insbesondere dann, wenn Erfolgsziele von Einkäufern an jährlichen Kostensenkungsraten gemessen werden, wird die einem Lieferanten zuzuordnende Einzahlung ausgeblendet und somit strukturell die Implementierung einer kapital- und realoptionswertbasierten Bewertung des Lieferanten erheblich erschwert. Der vorliegende Ansatz der Operationalisierung des SLV greift die Beschaffungspraxis auf und schließt jährliche Kostensenkungsraten über den Erfahrungskurveneffekt mit ein. Andererseits werden mit Hilfe des Realoptionsansatzes Handlungsspielräume bei Investitionen des Abnehmers explizit und konsistent erfasst. Diese steigern nicht nur den Wert der Investitionsgelegenheit, sondern auch den Unternehmenswert des Optionsinhabers.1872) Nach Billington/Johnston/Triantis (2003) wird der Shareholder Value „directly enhanced“.1873) Eine optionsorientierte Betrachtung der Investition Lieferant trägt somit als Erfolgsgröße zum Unternehmenswert bei und kann in dieser Weise in erfolgsabhängige, wertorientierte (versus rein kostenorientierte) Entlohnungsund Anreizstrukturen übernommen werden. Zur Sicherung der Objektivität sind Modellentwicklung und -validierung personell zu trennen.1874) Der Realoptionsansatz unterstützt trotz der genannten Einschränkungen außerhalb kapitalmarkttheoretisch geschlossener Bewertungsansätze eine rationale Entscheidung der Lieferantenauswahl, indem gemäß der Anfangshypothese entwicklungsfähigen Lieferanten ein höherer Wert für den Abnehmer beigemessen wird. Entscheidungen begrenzen den Veränderungsrahmen des Abnehmers, der in einem dynamischen Umfeld proaktiv durch den Aufbau von Handlungsspielräumen zu gestalten ist.1875) Im Rahmen der Bewertung der Entwicklungsfähigkeit als Determinante des Veränderungsrahmens kann die Überer-
1870)
1871)
1872) 1873) 1874) 1875)
346
Vgl. die Studie von Bartelt (2002), S. 146 f. zur Abhängigkeit und Spezifität, Die Studie basiert auf 260 verwertbaren Rückläufern. Vgl. Eßig (2004c), S. 45, Kostenerfassung und Gestaltung von Kostenstrukturen, Nach Eßig (2004c), S. 44 muss eine Weiterentwicklung zu einer Wertorientierung stattfinden. Vgl. Copeland/Koller/Murrin (2002), S. 466 f. Vgl. Billington/Johnston/Triantis (2003), S. 34. Vgl. Pritsch/Weber (2003), S. 164. Vgl. Specht (1996), S. 150 f.
füllung aktueller Anforderungen durch den Lieferanten wertsteigernd wirken, indem eine Übererfüllung das Entwicklungsdelta positiv beeinflusst sowie andererseits ein negativer statischer Lieferantenwert durch den Handlungsspielraum dennoch als vorteilhaft beurteilt werden kann (positiver erweiterter Lieferantenwert).1876) Pritsch/Weber (2003) warnen aber vor einer „Scheinrationalität“, die dann entsteht, wenn der Entscheidungsträger das Bewertungsverfahren falsch anwendet („Modell-Risiko“1877)) oder erhebliche Datenunschärfen (der Bewertungsparameter) vorliegen („Rationalitätsdefekt“1878)).1879) Auch zur Modellierung ist konsequent auf die Expertise des Finanzmanagements zurückzugreifen. Hinsichtlich der Bewertungsparameter ist insbesondere die Prognose des Entwicklungsdeltas sowie des damit verbundenen Entwicklungsbudgets (Ausübungspreis) als Ergebnis der Sensitivitätsanalyse ein wesentlicher Wertreiber der Realoption. Die Planung der Entwicklungsmaßnahme auf der Basis verlässlicher Prognosen (Szenarien) ist daher bedeutsam für die Identifikation des „richtigen“ Lieferantenwerts. Die Prognose von Auszahlung und Erfolgswirkung (Einzahlung) ist insofern schwierig, da lediglich ein mittelbarer Zusammenhang zwischen Aus- und Einzahlungen gilt. Hierbei ist einerseits auf qualitative Arbeiten zur Lieferantenentwicklung zurückzugreifen, andererseits herrscht auch hier eine Forschungslücke hinsichtlich des Detaillierungsgrades bestehender Arbeiten zur strategischen, direkten Lieferantenentwicklung hinsichtlich der Umsetzung und der Erfolgswirkung. Daneben stellt die Einschätzung des risikoadjustierten Diskontierungsfaktors als Ergebnis der Sensitivitätsanalyse einen erheblichen Werttreiber der Realoption dar, weshalb eine Objektivierung mittels CAPM für das Marktrisiko und Scoringmodellen für das spezifische Risiko einen erheblichen Rationalitätsbeitrag liefert. Des Weiteren ist eine perfekte Modellierung ebenso wenig zielführend wie die permanente Anwendung des Black-Scholes-Merton-Modells.1880) Die Entwicklung weniger, generischer Modelle im Beschaffungskontext, auf die der Entscheidungsträger mit geringer Adaption zurückgreifen kann, ist der Anspruch an eine weitere Forschung zum Realoptionsansatz. Wie Tabelle 5-1 (vgl. Kapitel 5.1) zeigt, mangelt es an Modellen
1876)
1877) 1878) 1879)
1880)
Vgl. Dixit/Pindyck (1995), S. 105, „thinking of investments as options […] changes the practice of decision making“. Pritsch/Weber (2003), S. 163. Pritsch/Weber (2003), S. 167. Vgl. Copeland/Tufano (2004), S. 92-93 und Pritsch/Weber (2003), S. 146, Dieser Kritik ist insbesondere dann zuzustimmen, wenn der Entscheidungsträger den Ausübungszeitpunkt lieferantenindividuell subjektiv bestimmen kann und somit aufgrund unterschiedlicher Restlaufzeiten der Basisstrategie unterschiedliche Schwellenwerte resultieren. Je später die Ausübung stattfindet, desto geringer wird der Schwellenwert bei einem zeitabhängigen NSLVt im Optionsbewertungsmodell und damit die Einschätzung der Entwicklungsfähigkeit positiv beeinflusst (vgl. Anhang C). Vgl. Pritsch/Weber (2003), S. 164.
347
zur Bewertung von Handlungsspielräumen auf bilateraler Ebene, insbesondere bei Versagen einer marktorientierten Bewertung. Die Umsetzung des Realoptionsansatzes im Beschaffungsmanagement hat demnach mehrere Herausforderungen zu bewältigen. Einerseits zeigt der Bewertungsansatz, dass Datenmaterial cross-funktional bzw. interdisziplinär zu generieren ist und eine enge Abstimmung und Zusammenarbeit mehrerer Funktionsbereiche eines Unternehmens bedarf, andererseits das Methodenverständnis bereits auf Unternehmensebene häufig noch nicht vorhanden und in Bewertungsprozessen verankert ist. Eine Diffusion in das Beschaffungsmanagement wird ohne ein top-down Implementierungsmanagement erschwert.1881) Innerhalb des Beschaffungsmanagements bzw. des Einkaufs ist die Transformation von einem reinen Kostendenken hin zu einer Wertorientierung, zumindest für partnerschaftliche Arrangements, zu bewältigen, um kapitalwertorientierte und realoptionswertorientierte Verfahren einsetzen zu können. Dennoch liefert der Realoptionsansatz im Beschaffungskontext in einem ersten Schritt als Denkansatz eine Sensibilisierung dahingehend, den Lieferanten nicht nur hinsichtlich seiner aktuellen Leistungsfähigkeit zu bewerten, sondern den Handlungsspielraum einer strategischen Lieferantenentwicklung zur dynamischen Adaption an zukünftige Anforderungen ins Bewertungskalkül mit einzubeziehen. Die Implementierung des Realoptionsansatzes zur quantitativen Bewertung von Lieferanten wird wesentlich von Best-Practice-Fallstudien abhängen, die nachvollziehbar die Ermittlung des erweiterten Lieferantenwerts in der hier dargestellten Weise für die Praxis in konkreten Anwendungsfällen aufzeigen.
„[P]ractice will follow academic theory and empirical study.“1882)
1881) 1882)
348
Vgl. Pritsch/Weber (2003), S. 162. Sick (1995), S. 632.
Anhang (A1) Berechnung von Gleichung 5-26
350
(A2) Berechnung von Gleichung 5-27
350
(B1) Berechnung von Gleichung 5-41
351
(B2) Berechnung von Gleichung 5-42
351
(C) Anmerkungen zur Zeitinvarianz des Optionswertes in Kapitel 5.3.3
352
(D) Excel-Datenblätter zur Bewertung der Realoption
357
349
(A1) Berechnung von Gleichung 5-26:
E1 A1SLV * E
F '(SLV*)
E1 A1SLV * E A1
1
1
1
1
E1SLV * E
1
1
SLV * ( X NSLV )
1
E1SLV *
E 1 1
SLV * E
1
SLV * ( X NSLV )
1
E1SLV * E 1
1
1
1
SLV * E
1
SLV * ( X NSLV ) SLV * E
1
E1SLV * E
1
1
(zu 5-26)
1
SLV * E 1 1
SLV *E 1
1 SLV * SLV * E 1 SLV * SLV * SLV * ( X NSLV ) E1 1 SLV * E1 SLV * ( X NSLV ) SLV * E1
E1 ( X NSLV )
SLV * E1SLV * | (-1)
E1 ( X NSLV ) SLV * ( E1´1) E1 SLV * ( X NSLV ) E1 1
(A2) Berechnung von Gleichung 5-27:
A1
A1
A1
E1 ( X NSLV ) ( X NSLV ) E1 1 SLV * E 1 ª E1 º 1» ( X NSLV ) « 1 E ¬ 1 ¼ SLV * E 1 ª E1 E 1º 1 » ( X NSLV ) « 1 E E ¬ 1 1 1¼ SLV * E 1
A1
350
E1 1
1
( X NSLV )
SLV * E
1
(zu 5-27)
(B1) Berechnung von Gleichung 5-41: ( X + K ) - 2 NSLV *
NSLV *E 2 -1 +1 = - 1 NSLV *E 2 (X K) 2 NSLV * - E2 E2 -2 NSLV * NSLV * (X K) E2 - 2E 2 - 2 NSLV * ( X K ) 2E 2 - 2 E2 NSLV *
E2
(X K)
2E 2 - 2
(zu 5-41)
NSLV *
E2 E2 NSLV * (X K) 2( E 2 - 1)
(B2) Berechnung von Gleichung 5-42: ª E2 º ( X K ) 2« ( X K )» 2( E 2 1) ¬ ¼ A2 E NSLV * 2
(X K) A2
A2
E2 (X K) E2 1
NSLV * E
2
ª E2 º «1 »( X K ) ¬ E 2 1¼ NSLV * E
(zu 5-42)
2
A2
ª E2 1 E2 º « »(X K) ¬ E2 1 ¼ NSLV * E 2
A2
ª 1 º « »( X K ) E 2 1¼ ¬ NSLV * E 2
351
(C) Anmerkungen zur Zeitinvarianz des Optionswertes in Kapitel 5.3.3 Die Realoptionsbewertung basiert auf einem Modell von Sick (1995).1883) Der „immediate profit“ (vgl. Kapitel 5.3.1.3.2) NSLV wird im Modell von Sick (1995) als ewige Rente D/r dargestellt und ist somit wie der Optionswert zeitinvariant. Dieser Ansatz der ewigen Rente mit gleich bleibenden Zahlungsrückflüssen je Periode ist im vorliegenden Modell nicht haltbar, da zwar ein offener Beziehungshorizont für Wertschöpfungspartnerschaften denkbar ist, jedoch die Periodenrückflüsse voneinander per Definition verschieden sind. Selbst bei konstant gleich bleibender Nachfrage erhöhen sich die (Perioden-) Zahlungsrückflüsse et – at bei Dynamisierung der Auszahlungen aufgrund des Erfahrungskurveneffekts. Im vorliegenden Modell wird der NSLV als zeitinvariant vom Zeitpunkt der Ausübung angenommen. Die Bewertung der Option (nicht die Bewertung des zu addierenden statischen (passiven) Kapitalwerts der Basisstrategie) in Kapitel 5.3.3 erfasst jeweils den „gesamten“ NSLV (vgl. ersten Summand von Gleichung 5-28, Kapitel 5.3.3), d.h. den Nettobarwert wie er für die gesamte Detailplanungsperiode, bspw. t0 bis t5 (vgl. Kapitel 5.4.1), berechnet wird – insbesondere auch zur Bewertung des Schwellenwertes SLV*. Formal wird bei dieser Vorgehensweise mit den Aussagen zur Ausübbarkeit einer amerikanischen Option davon ausgegangen, dass die Option bereits ab t0 ausgeübt werden kann bzw. wird, sofern der (prognostizierte) SLV den Schwellenwert übertrifft und eine Ausübung optimal ist. Nur bei dieser strengen Bedingung für den Schwellenwert SLV* mit Einbeziehung des „gesamten“ NSLV (im Beispiel von t0 bis t5) ist gewährleistet, dass der Abnehmer die Option jederzeit ausüben kann (wenn exogene und/oder endogene Dynamik eine Ausübung erfordern), d.h. bereits ab t0, da im Bewertungskalkül von der Kompensation des „gesamten“ NSLV bei Ausübung der Option ausgegangen wird. Übersteigt das SLV-Szenario den SLV*maximal (maximal, da er den „gesamten“ NSLV der Periode t0 bis t5 im Beispiel (Kapitel 5.4.1) bei Ausübung kompensieren muss) und ist der Lieferant demnach als entwicklungsfähig einzustufen, ist er auch für NSLVt+1 < NSLVt usw. entwicklungsfähig (sinkender Schwellenwert SLV*, vgl. Tabelle A-2). Wird nicht von dieser strengen Bedingung ausgegangen und ist der Ausübungszeitpunkt (Periode tn) ex ante bekannt, muss analytisch korrekt der NSLV zeitvariant in das Modell integriert werden (NSLVt). Im Bewertungsmodell in Kapitel 5.3.3 wird von dieser Erweiterung aufgrund der bereits erwähnten strengen Ausübungsbedingung der Kompensation des gesamten NSLV abgesehen, an dieser Stelle jedoch weiterführend eine zeitvariante Modifikation des Bewertungsmodells aufgezeigt. Der NSLV ist zeitvariant als NSLVt bzw. konkret zum Ausübungszeitpunkt tn als NSLVtn (mit tn > t0) in Abhängigkeit der verbleibenden Perioden (geplante Restlaufzeit der Basisstrategie) in das Bewertungsmodell zu integrieren. Wird dieser im Beispiel als „gesamter“ NSLV von Periode t0 bis t5
1883)
352
Vgl. Sick (1995), S. 656-660.
berechnet, die Option jedoch in Periode t3 ausgeübt, verbleibt lediglich der NSLV von Periode t3 (Rückflüsse der Perioden t3 bis t5 auf t3 abdiskontiert), der in dieser Höhe in die Optionsbewertung und Bewertung der Ausübungsschwelle eingeht. Nach der Entscheidung zum Beziehungseinstieg ist der (fortgeschriebene) Kapitalwert nur noch unter Berücksichtigung der laufenden Ein- und Auszahlungen zu ermitteln.1884) Die Anfangsinvestition wird linear abgeschrieben und ist gleichverteilt auf die Perioden t0 bis t5. Der Ausübungszeitpunkt muss jedoch ex ante bekannt sein, da sich sowohl eine Veränderung des Optionswertes als auch eine Veränderung des Schwellenwertes in Abhängigkeit eines zeitabhängigen NSLVt (Restlaufzeit der Basisstrategie) ergeben (vgl. Abbildung A-1). Der erweiterte Lieferantenwert sowie der Schwellenwert werden bei Zeitvarianz wie folgt modifiziert (für die Bewertung einer Lieferantenentwicklungsoption, vgl. Kapitel 5.3.3, vgl. Gleichungen A-1 und A-2). Der zweite Summand in Gleichung A-2, der statische NSLV (einer statischen Basisstrategie), stellt weiterhin den statischen (passiven) Lieferantenwert in t0 für die Perioden t0 bis t5 dar (Wert der Beziehung in t0 ohne Option). SLV *t
F ( SLV ) t
E1 ( X NSLVt n ) E1 1 1 § SLV · ( X NSLVt n )¨ ¸ E1 1 © SLV * ¹
(A-1) E1
NSLV
(A-2)
Folgende Tabelle A-1 stellt die Veränderung des Schwellenwertes sowie des erweiterten Lieferantenwertes für das Beispiel in Kapitel 5.4.1 schematisch in Abhängigkeit des Ausübungszeitpunktes dar. Dabei fällt auf, dass der NSLV in Periode 5 wegfällt, da ab Periode 6 keine Zahlungsrückflüsse aus dem Zustand NSLV erwartet werden. Es wird davon ausgegangen, dass die Beziehung an dieser Stelle entweder weiterentwickelt zum Zustand SLV oder abgebrochen wird. Die folgende Sensitivitätsanalyse zeigt den Einfluss der Zeitabhängigkeit auf.
1884)
Vgl. Reichmann (2001), S. 324.
353
Zeitpunkt tn
Schwellenwert SLV*
erweiterter Lieferantenwert
SLV *0
E1 ( X NSLV0 ) E1 1
F ( SLV ) 0
1
SLV *1
E1 ( X NSLV1 ) E1 1
F ( SLV )1
2
SLV * 2
E1 ( X NSLV 2 ) E1 1
F ( SLV ) 2
1 § SLV · ( X NSLV2 )¨ ¸ E1 1 © SLV * ¹
3
SLV *3
E1 ( X NSLV3 ) E1 1
F ( SLV ) 3
E 1 § SLV · 1 ( X NSLV3 )¨ ¸ NSLV E1 1 © SLV * ¹
4
SLV * 4
E1 ( X NSLV 4 ) E1 1
F ( SLV ) 4
SLV *5
E1 X E1 1
F ( SLV ) 5
5
mit NSLV5 = 0
Tab. A-1:
1
E1 1
E § SLV · 1 ( X NSLV1 )¨ ¸ NSLV © SLV * ¹
1
E1 1 1
E1 NSLV
E § SLV · 1 ( X NSLV4 )¨ ¸ NSLV © SLV * ¹ § SLV · X¨ ¸
E1 1 © SLV * ¹
E1 NSLV
mit NSLV5 = 0
Veränderung des Schwellenwertes und des erweiterten Lieferantenwertes in Abhängigkeit des Ausübungszeitpunktes tn (im konkreten Beispiel)
Folgende Werte werden als konstant betrachtet.
354
E 1 § SLV · 1 ( X NSLV0 )¨ ¸ NSLV E1 1 © SLV * ¹
0
iNSLV
0,20
NSLV (zeitinvariante Basisstrategie)
52.218,74
X
20.000,00
iSLV
0,15
SLVoptimistisch
148.625,23
SLVpessimistisch
61.856,17
Erwartungswert
105.240,70
Endwert in Periode T
298.938,43
ȡ
0,7176
Objektertragsrate į
0,5057
Dmit Nachfrage x (konstant)
0,2118
Volatilität ı
0,4122
E
2,2539
Zeitpunkt (Ausübung) Barwert SLV (Periode tn bis t5, mit 0 < tn < t5) Lineare Abschreibung von I0
0
1
2
3
62.218,74
57.885,41
39.948,73
22.344,56
2.000,00
2.000,00
2.000,00
2.000,00
NSLVt
60.218,74
55.885,41
37.948,73
20.344,56
SLV*t
144.196,16
136.406,84
104.165,00
72.520,85
68.492,00
73.431,08
102.973,37
162.145,75
120.710,74
125.649,82
155.192,11
214.364,49
4
5
Optionswert erweiterter Lieferantenwert
Zeitpunkt (Ausübung) Barwert SLV (Periode tn bis t5, mit 0 < tn < t5)
5.243,74
0,00
Lineare Abschreibung von I0
2.000,00
0,00
NSLVt
3.243,74
0,00
SLV*t
41.781,48
35.950,74
Optionswert
323.726,94
390.864,08
erweiterter Lieferantenwert
375.945,68
443.082,82
Tab. A-2:
Sensitivität des NSLVt (zeitabhängig)
500.000,00 450.000,00 400.000,00 350.000,00 300.000,00 Optionswert
250.000,00
erweiterter Lieferantenwert
200.000,00 150.000,00 100.000,00 50.000,00 0,00 60.218,74 55.885,41 37.948,73 20.344,56 3.243,74
0,00
NSLVt
Abb. A-1: Entwicklung des Optionswertes und des erweiterten Lieferantenwertes bei sinkendem NSLVt (aufgrund sinkender Restlaufzeit der Basisstrategie)
355
Kritisch für die Vergleichbarkeit von Lieferanten, bewertet mit dem erweiterten Lieferantenwert, ist die Annahme, dass die Lieferantenentwicklung für alle möglichen Lieferanten jeweils zum selben Zeitpunkt tn angenommen wird (0 tn t5 im Beispiel). Ansonsten muss als weitere Einflussgröße, neben dem Entwicklungsdelta (Ausübungspreis X) und der individuellen Risikobeurteilung als zentrale Werttreiber, der Ausübungszeitpunkt ebenfalls mit ins Kalkül als Werttreiber aufgenommen werden. Für einen lieferantenunabhängigen Ausübungszeitpunkt wird dann unterstellt, dass das Ausübungserfordernis auf die exogene Dynamik zurückzuführen ist (bspw. qualitative Nachfrageveränderung), daher für alle möglichen Lieferanten gleichermaßen zu einem Zeitpunkt gilt (innovationsorientierte Lieferantenentwicklung) und der Zeitpunkt ex ante bekannt ist. Insbesondere dann, wenn der Ausübungszeitpunkt und auf diese Weise als ein zeitabhängiger NSLVt in die individuelle Optionsbewertung (Flexibilitätswert eines Lieferanten) eingeht, muss der Ausübungszeitpunkt (objektiv) ex ante bekannt sein. Ansonsten ist es durch einen im Zeitablauf abnehmenden NSLVt möglich, durch eine subjektive Einschätzung des Ausübungszeitpunktes durch den Entscheidungsträger, das Ergebnis der Lieferantenbewertung zu manipulieren, indem bei einem späteren angenommenem Ausübungszeitpunkt die Ausübungsschwelle SLV* abnimmt und somit Lieferanten bis zu einem höheren Ausübungspreis X als entwicklungsfähig eingestuft werden können. Werden individuelle Ausübungszeitpunkte betrachtet, leiden die Vergleichbarkeit und damit der originäre Zweck der Lieferantenbewertung erheblich, da die Ausübungsschwelle SLV* in Abhängigkeit des NLSVt variiert und damit die Ausübungswahrscheinlichkeit bei einem festen SLV-Szenario (Barwert aus der Entwicklungsmaßnahme ex post) variiert. Die Entwicklungsfähigkeit von Lieferanten lässt sich nicht mehr vergleichbar beurteilen (vgl. Kapitel 5.4.2, Punkt 1, Sensitivität des Ausübungspreises X und die Frage der Entwicklungsfähigkeit). Der Optionswert steigt zwar, je später die Ausübung angenommen wird (vgl. Tabelle A-2 sowie Abbildung A-1), ist jedoch dann als alleinige Größe nicht aussagekräftig. Diese Überlegungen stützen die strenge Bedingung eines zeitinvarianten NSLV, wie er in Kapitel 5.3.3 integriert wird, da er für alle Lieferanten in gleicher Höhe angenommen wird. Eine analoge Vorgehensweise wird gewährleistet bei Annahme eines für alle möglichen Lieferanten gleichen Ausübungszeitpunkts einer zeitabhängigen Lösung, so dass bei allen zu bewertenden Lieferanten von derselben Restlaufzeit NSLVt in der Bewertung des Flexibilitätswertes (Optionswertes) ausgegangen wird.
356
(D) Excel-Datenblätter zur Bewertung der Realoption
Abb. A-2: Excel-Datenblatt zur Bewertung NSLV
Abb. A-3: Excel-Datenblatt zur Bewertung SLV (optimistisches Szenario) 357
Abb. A-4: Excel-Datenblatt zur Bewertung SLV (pessimistisches Szenario)
Abb. A-5: Excel-Datenblatt zur Realoptionsbewertung
358
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