Ulrich Viebahn
Technisches Freihandzeichnen Lehr- und Übungsbuch 7. Auflage
1C
Dr.-Ing. Ulrich Viebahn An der Höhe 2a 51643 Gummersbach
[email protected]
ISBN 978-3-642-02433-7 e-ISBN 978-3-642-02434-4 DOI 10.1007/978-3-642-02434-4 Springer Heidelberg Dordrecht London New York Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1993, 1996, 1999, 2002, 2004, 2007, 2009 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Einbandentwurf: eStudio Calamar S.L., Figueres/Berlin Gedruckt auf säurefreiem Papier Springer ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media (www.springer.com)
Vorwort zur siebten Auflage Ein Dokumenten-Scanner hat meine Skizzier-Arbeit vervielfacht und effizienter gemacht. Jetzt lassen sich per e-mail komplexe Sachverhalte schnell, farbig und hochauflösend mitteilen. Die Zeichnungen lassen sich für Dokumente nachbearbeiten, wiederverwenden und in CAD-Ordnern abspeichern. Das Zeichnen mit dem Füller ist wegen des einfachen Wechsels zum Schreiben und wegen des schönen Kontrastes in den Vordergrund getreten. Ein paar Empfehlungen dazu habe ich im Kap. 2 „Handwerkliche Grundlagen“ eingefügt. Dem Springer-Verlag möchte ich für seine geduldige und freundliche Betreuung meines Buches danken. Gummersbach, im Mai 2009
Ulrich Viebahn
Vorwort zur zweiten Auflage Zum Thema „Technisches Freihandzeichnen“ habe ich von den Fachkollegen viele einhellig zustimmende Zuschriften erhalten. Ich habe mich aber auch über die Reaktionen einiger gefreut, die keinen technischen Beruf haben, sondern „nur“ von der einfachen, ästhetischen und unbeschwerten Seite des Freihandzeichnens fasziniert waren. Ihnen allen möchte ich für ihre Anregungen und ihre Anerkennung herzlich danken. Die 2. Auflage gibt mir Gelegenheit, die Themenfolge der ersten Auflage, die bei nicht ganz einfachen Illustrationen plötzlich endete, doch wieder am eigentlichen Ziel des Freihandzeichnens zu orientieren: der schnellen Verständigung durch Bilder – unbelastet durch Sprache und effizient. Ein Kapitel mit den Lösungen der Übungsaufgaben soll den Leser ermuntern, aktiv zu werden und seine verborgenen Fähigkeiten zu entdecken – für alle Aufgaben zusammen braucht man etwa 50 Stunden. Fortgeschrittenen Zeichnern ist ein eigenes Kapitel gewidmet. Sie finden dort Hinweise, wie sie schwierig erscheinende Zeichnungen angehen können. Es zeigt auch, wie sich die Techniken des Freihandzeichnens weiterentwickeln lassen. Dem Springer-Verlag möchte ich für seine vorzügliche und freundliche Betreuung meines Buches danken. Gießen, im März 1996
Ulrich Viebahn
Vorwort zur ersten Auflage Der Gedanke, das Freihandzeichnen in der vorliegenden Form zu bearbeiten, ist in mehreren Etappen gereift. Am Anfang stand die Beobachtung, daß sich unerwartet viele Studenten in den Konstruktionsübungen schwertaten, ihre Ideen als Handskizzen darzustellen – aus Furcht vor krummen Linien. So ergab sich die Notwendigkeit, das Skizzieren gezielt lehren zu müssen. Dabei bin ich immer wieder auf bestimmte wirksame Angewohnheiten und Techniken gestoßen, die ich daraufhin systematisiert habe. Außerdem machte ich die Erfahrung, daß die meisten Studenten schon nach einer kurzen Einführung und wenigen grundlegenden Übungen überraschend präzise wirkende Handskizzen anfertigen konnten. Das war für mich der Hinweis, daß das Freihandzeichnen nicht Drill und lange Übung voraussetzt, sondern über die Erschließung natürlicher und in der Schule erworbener Fähigkeiten lehrbar ist. Zugleich wurde erkennbar, daß sich die Konstruktionsforschung den elementaren Techniken des Konstruierens zuwandte und dabei auf die zentrale Rolle des Zeichnens bei der Lösungssuche aufmerksam wurde. Die Aufgabe, das Freihandzeichnen einem breiteren Publikum in Form eines Lehrbuches zu erschließen, drängte sich also geradezu auf. Die vorgestellten Techniken machen es möglich, sich beim Konstruieren von den motorischen und mentalen Belastungen durch den Zeichenvorgang zu befreien. Je weniger man darüber nachdenken muß, wie man etwas darstellt, desto wirksamer kann man sich dem widmen, was man darstellen will. Zu manchen nützlichen Techniken, wie der in den USA sehr gebräuchlichen Schattierung oder auch dem Zeichnen mit Markern, habe ich leider noch keinen Zugang gefunden. Für entsprechende Hinweise und sonstige Anregungen und Verbesserungsvorschläge wäre ich dankbar. Ich danke Professor Pahl für seine immer noch fortwirkende Konstruktionsausbildung, für seine außergewöhnliche Unterstützung und für seine wertvollen Hinweise. Ich danke dem Springer-Verlag, daß er diesem Buchprojekt von Anfang an so aufgeschlossen gegenüberstand. Gießen, im Dezember 1992
Ulrich Viebahn
Inhaltsverzeichnis
1 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5
Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendungen der Freihandzeichnung Probleme lösen und Freihandzeichnen CAD und Freihandzeichnen . . . . . . . Methodische Überlegungen . . . . . . . Selbststudium. . . . . . . . . . . . . . . . .
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1 2 3 5 7 9
2 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6
Handwerkliche Grundlagen . . . . . . . . Was man zum Freihandzeichnen braucht Linienbreiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kinematik des Armes . . . . . . . . . . . . . Wie man den Stift hält . . . . . . . . . . . . . Das Sehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie man eine gerade Linie zieht . . . . . .
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11 11 15 16 17 19 20
3 3.1 3.2
Gerade durch zwei Punkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Non-Stop-Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Stützpunktmethode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
4 4.1 4.2 4.3
Rechtecke . . . . . . . . . . . . . . . . . Große Rechtecke . . . . . . . . . . . . Mittlere Rechtecke (20 bis 50 mm) Kleine Rechtecke (unter 20 mm) . .
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25 25 27 31
5 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5 5.6 5.7 5.8 5.9 5.10 5.11
Augenmaß . . . . . . . . . . . . . . . . . Abmessungen schätzen . . . . . . . . . Abmessungen ableiten . . . . . . . . . . Proportionen schätzen . . . . . . . . . . Halbieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verdoppeln . . . . . . . . . . . . . . . . . Dritteln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fünfteln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Winkel konstruieren . . . . . . . . . . . Winkel teilen . . . . . . . . . . . . . . . . Kreisumfang durch 5, 7 und 9 teilen. Trigonometrische Konstruktionen . .
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32 32 34 34 35 38 40 42 44 46 47 49
6 6.1 6.2
Technische Formen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 Formen erkennen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 Formen erzeugen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
7 7.1 7.2
Bogen und Kreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 Kreisdurchmesser 50 bis 200 mm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 Kreisdurchmesser unter 50 mm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
x
Inhaltsverzeichnis
8 8.1 8.2 8.3 8.4 8.5 8.6
Konstruieren . . . . . . . . . . . . . . . Dimensionierung . . . . . . . . . . . . . Freihändige Fertigungszeichnungen. Arbeitsfolge. . . . . . . . . . . . . . . . . Maßstäbliche Konstruktionen . . . . . Kopfrechnen . . . . . . . . . . . . . . . . Schematische Darstellungen . . . . . .
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66 68 70 72 75 76 78
9 9.1 9.2 9.3 9.4 9.5 9.6
Perspektive. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorteile der Perspektive. . . . . . . . . . . . . . . . . Projektionsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Blickrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Richtung und Länge der Achsen . . . . . . . . . . . Genaue Konstruktion des Koordinatendreibeins. Orientierung in der Perspektive . . . . . . . . . . . .
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82 84 85 86 89 94 99
10 10.1 10.2 10.3 10.4 10.5
Geometrische Konstruktionen . . Geraden . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kurven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Quader . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Durchstoßpunkte und Schnittlinien Modellierung in der Perspektive . .
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101 101 102 103 106 109
11 11.1 11.2 11.3 11.4 11.5 11.6 11.7
Ellipsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ellipsendurchmesser 100 bis 200 mm. Ellipsendurchmesser 30 bis 100 mm . Ellipsendurchmesser unter 30 mm . . . Formfehler von Ellipsen erkennen . . . Einfachheit der Isometrie . . . . . . . . . Drehteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonderprobleme mit Ellipsen . . . . . .
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12
Standardformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132
13 13.1 13.2
Perspektivische Fertigungszeichnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 Schnitte, Ausbrüche, Details. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 Bemaßung und Symbole . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143
14 14.1 14.2 14.3
Zeichnen für Fortgeschrittene Bauteile und Baugruppen . . . . . Anschaulichkeit verbessern . . . Schnell zeichnen. . . . . . . . . . .
15
Lösungen der Übungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171
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150 150 159 167
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 Sachverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205
1
Einführung
Freihandzeichnen hat etwas mit Freiheit zu tun. Wie oft befindet man sich in einer Situation, wo eine schnelle kleine Zeichnung es einem ersparen würde, zu langen vergeblichen Erklärungen auszuholen oder sich zeitraubender, teurer Hilfsmittel bedienen zu müssen. Man müht sich mit Lineal und Tusche, mit Fotografien, neuerdings auch mit Grafikprogrammen, meist mit dem Erfolg, daß die damit verbundene Mühe und Mehrarbeit hinterher nicht einmal gewürdigt wird. Die Mühe und die fehlende Anerkennung führen dann dazu, daß man, so oft es irgend geht, vor der Mitteilung eines schwer darzustellenden Zusammenhanges oder einer neuen Idee zurückschreckt. Man sollte sich darüber klarwerden, daß es gerade die vielseitigen und komplexen Dinge sind, an deren Gestaltung man als Ingenieur mitarbeitet. Wie leicht schließt man sich aber von der Entwicklung interessanter Dinge aus, wenn man seine Ideen und Arbeitsbeiträge nicht entsprechend oder zu selten mitteilt. Man fühlt sich unfrei, weil man auf dem Weg zur fertigen Lösung schon bei den Fragen „Kann ich es überhaupt darstellen?“, „Kann ich jemand anderes dafür interessieren?“ steckenbleibt. Dabei oder deswegen gibt es viele, meist erfahrene und erfolgreiche Ingenieure, die tagtäglich mit kleinen spontanen Zeichnungen und Handskizzen arbeiten: x in Verhandlungen mit Kunden x beim Konstruieren x in Besprechungen mit den eigenen Mitarbeitern x in Berichten und Studien Befragt man sie, so haben sie sich die entsprechenden Fähigkeiten erst nach dem Studium als Folge beruflicher Zwänge langsam angeeignet, man könnte fast sagen: angewöhnt. Ohne nun danach zu fragen, warum das so ist, drängen sich zwei Gedanken geradezu auf: Erstens: Es wäre effektiver, das Freihandzeichnen „richtig“, also unter Anleitung, zu lernen. Zweitens: Für jeden Ingenieurstudenten wäre die Beherrschung des Freihandzeichnens eine bedeutende Erleichterung – ganz vordergründig durch den Zeitgewinn und nicht zuletzt durch seine verbesserten Ausdrucksmöglichkeiten in Lehrveranstaltungen und Prüfungen. Dieses Buch führt den Interessierten systematisch und rasch zu seinen im Verborgenen „schlummernden“ Zeichenfähigkeiten. Darüberhinaus hat es an den Hochschulen neue und wirkungsvollere Lehrformen der Konstruktionsausbildung möglich gemacht.
2
1.1
1 Einführung
Anwendungen der Freihandzeichnung
Meistens zwingen einen die Umstände, freihändig zu zeichnen. Man kann das Freihandzeichnen aber auch bewußt pflegen, einerseits wegen „harter“ Argumente wie der Zeitersparnis und der hohen Informationsdichte, andererseits wegen „weicher“ Argumente wie der Genuß von Ästhetik, Einfachheit, Geschicklichkeit, Unabhängigkeit. Freihandzeichnungen können unterschiedlich aussehen. Das liegt an der jeweiligen Mischung von Informationsgehalt, Genauigkeit und Schnelligkeit. 1.
Skizze (Beispiel S. 167): Sie besteht aus wenigen Strichen zur Verdeutlichung einer Anordnung, eines Prinzips, einer Form; mit Füller oder Kugelschreiber; mit geringstem Aufwand übermittelt sie große Informationsmengen pro Zeit; man verwendet sie in Situationen, wo Worte ungeeignet sind oder nicht zur Verfügung stehen (Sprachbarrieren); sie begleitet ein Gespräch und dient als Gedankenstütze; mit einem Dokumentenscanner läßt sie sich an e-mails anhängen.
2.
Konstruktionsskizze (Beispiele S. 108, 170): Sie ist vollständiger und detaillierter als die Skizze und hat meistens einen technischen Bezug; persönliche Arbeitsunterlage eines Technikers, bevorzugt räumlich, um sich etwas zu verdeutlichen; sie dient als Kristallisationspunkt und Anregung für neue Ideen oder als Ausgangssituation einer systematischen Variation der Gestalt; sie kann als gewachsene Skizze ein Diskussionsergebnis darstellen; bei Maßaufnahmen dient sie der Dokumentation einer Situation: Gebäudelayout, Anschlußmaße, Versuchsaufbau, etc.
3.
Zeichnung (Beispiele S. 79, 173ff, 196ff): Sie wird freihändig und nach den Regeln des Technischen Zeichnens auf Papier DIN A4 angefertigt, wenn eine Tuschezeichnung wegen Zeitdruck, Erklärungsaufwand oder fehlendem Zeichner nicht sinnvoll ist; sie ist die typische Fertigungsunterlage für Musterbau, Entwicklung, Vorrichtungsbau, Versuchsabteilungen, bei Änderungen; sie ist der kürzeste Weg von der Idee zum fertigen Muster; perspektivische Zeichnungen werden leichter verstanden – es dürfen nur nicht zuviel Maße eingetragen werden.
4.
Illustration (Beispiele S. 152, 158, 166): Sie ist eine Freihandzeichnung, bei der der Zeitgewinn gegenüber der Tuschezeichnung nicht mehr im Vordergrund steht: Wenn der Zweck einerseits Vollkommenheit, Schönheit und Verständlichkeit erfordert, andererseits aufwendige Techniken wegen der begrenzten Auflage oder Bedeutung übertrieben wirken würden: bei Lehrunterlagen, Versuchsberichten, wissenschaftlichen Arbeiten. Man findet die freihändige Illustration oft auch in Prospekten. Verständlichkeit und Unterhaltsamkeit erfordern häufig eine räumliche Darstellung.
1.2 Probleme lösen und Freihandzeichnen
1.2
3
Probleme lösen und Freihandzeichnen
Wenn erfahrene Ingenieure mit einem technischen Problem konfrontiert werden, greifen sie unwillkürlich nach Stift und Papier. In den dann folgenden Skizzen arbeiten sie der Kern des Problems heraus, zerlegen sie das Problem in einfachere Unterprobleme und zum Schlußprobieren sie verschiedene Lösungsideen dur ch. Dieser Drang, etwas aufzumalen , wird an einem Modell des Denken s verständlich, das unt er den Kon struktionsforschern recht populär ist. Zur Informationsverarbeitung hat der Mensch ein Langzeitgedächtnis (LZG) und ein Kurzzeitgedächtnis (KZG). Die Sinnesorgane liefern Wahrnehmungen, die im KZG in ziemlich kurzen Takten (0,1 Sek. ) zu sinnvollen Informationseinheiten - nennen wir sie "Objekte" - verarbeitet werden. Die se Objekte können einerseits Daten sein (was man weiß , Fakten, Inhalte) , andererseits aber auch Methoden (wie man etwas macht, Instruk tionen, Logik). Leider ist die Speicherkapazität des KZG gering: Der durchschnittlicheMensch schafft es mit Anstrengung gerade, 7 dieser Objekte gleichzeitig im KZG zu halten - sehr ähnlich einem Jongleur.
Bild 1.1. Langzeitgedächtni s (LZG) und Kurzzeitgedächtnis (KZG)
Weil einem das Jonglieren viel Konzentration abverlangt, legt man Objekte in anderen Speichern ab. Man kann sich die Objekte z.B. im Langzeitgedächtnis merken. Die Speicherkapazität des LZG scheint unbegrenzt zu sein , hat aber ihren Preis : Das Ab speichern in einem Netz von Assoziationen und Esel sbrücken und das W iederhervorholen erfordern Intelligenz und vor allem Zeit: Man braucht man für das Erinnern 1 Sekunde (im besten Fall ), oft 10 Sekunden, manchmal auch Minuten und Stunden. Das kann ziemlich mühsam sein - sonst würden mehr Leute Schach spielen und ihre Reden frei halten .
4
1 Einführung
Weil das KZG sowohl den Transport als auch die bewußte Verarbeitung der Objekte besorgt, begrenzen sich beide gegenseitig: Großer Datenverkehr behindert den kreativen Umgang mit den Objekten und umgekehrt. Je nachdem, ob Bilder, Text oder Sprache transportiert werden, ist der für Daten zur Verfügung stehende Raum im KZG verschieden groß. Während Bilder praktisch ohne bewußte Denkvorgänge aufgenommen werden können, ist für das Lesen von Text schon ein höherer Denkaufwand nötig, und die höchste Konzentration ist wohl notwendig, um einem Gespräch folgen zu können. In der umgekehrten Richtung gilt das gleiche: Das Reden und das Formulieren von Text erfordern hohe Konzentration, weil Gedanken zu treffenden Worten und korrekten Sätzen seriell geordnet werden müssen. Beim Zeichnen und Kritzeln von technischen Dingen gibt es keine Belastung durch Formulierung, weil das „Vokabular“ aus sehr wenigen geometrischen Grundformen besteht und keine Zeichenreihenfolge organisiert werden muß. Viele Ingenieure sagen, daß ihnen Gedanken und Vorstellungen als Zeichnung oder Kritzelei „aus der Hand fließen“. Das Skizzieren ist mehr als nur ein Abspeichern auf Papier: 1.
Zur Arbeitserleichterung möchte sich der Zeichner auf das Wesentliche beschränken; weil er dabei ständig Unwesentliches wegläßt, schleppt er bei seinen Überlegungen keinen Ballast mit.
2.
Um überhaupt etwas zeichnen zu können, muß man eine persönliche Auffassung des Dinges entwickelt haben: aus welchen Grundkörpern oder Objekten man es zusammensetzt/modelliert. Diese intellektuelle Leistung ist so intensiv, daß man Dinge, die man einmal gezeichnet hat, aus dem LZG immer wieder als fertige Bilder abrufen kann: Zeichnen ist gleichzeitig ein Lernen.
3.
Eine Skizze ist ein motivierender Arbeitsfortschritt; das Gedächtnis ist entlastet und man kann sich auf den nächsten Arbeitsschritt konzentrieren.
4.
Eine Skizze wirkt auch als Kristallisationskeim, an dem sich weitere Einfälle geordnet anlagern. So wie Meinungen und Argumente erst in der Diskussion mit einem Gesprächspartner sich entwickeln und reifen, so reifen Konzepte und Gestalten in der Wechselwirkung mit einer Skizze.
5.
Eine Zeichnung zwingt den Ingenieur, sich festzulegen, Proportionen einzuhalten und Logik zu beachten. Denk- und Konstruktionsfehler und Auslassungen fallen in einer Zeichnung schneller auf als in Texten und Zahlenkolonnen. Eine Zeichnung ist kritische Instanz für Machbarkeit und Qualität.
1.3 CAD und Freihandzeichnen
1.3
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CAD und Freihandzeichnen
CAD-Programme erwarten von Beginn an die Eingabe von allen Abmessungen und Eigenschaften des zu konstruierenden Gebildes, weil sie unvollständig gefüllte Datenstrukturen nicht verarbeiten können. Durch die Bindung an vorgegebene Informationselemente und Grundfunktionen ist man außerdem gezwungen, nach einer bestimmten Generierungsstrategie vorzugehen. Um also die eigentliche Bildschirmarbeit nicht ständig durch Überlegungen unterbrechen zu müssen, muß man sich vorher über die Grobgestalt und die Modellierung des zu konstruierenden Gebildes klargeworden sein. Diese Vorarbeit kann man am sinnvollsten und schnellsten mit einer perspektivischen, teilweise bemaßten Freihandzeichnung leisten. Die Eingabe und Manipulation der Informationen, aus denen ein Gebilde im Rechner beschrieben wird, wird durch unnatürliche, rechner- und problemnahe Benutzeroberflächen (Kommandosprachen) behindert. Die Beherrschung eines CAD-Programms setzt immer noch ständige Übung und erheblichen Schulungsaufwand voraus, der aus einer einmaligen Grundausbildung und dann mehrfacher Auffrischung oder Fortbildung infolge neuer Versionen besteht. Die Zahl der potentiellen oder gelegentlichen, aber aktiven CAD-Nutzer in einem Unternehmen ist wesentlich größer als die der CAD-Zeichner. Für diese gelegentlichen Nutzer gibt es wegen der mangelnden „Intuitivität“ der Benutzeroberflächen und der natürlichen Vergeßlichkeit kein sinnvolles Schulungskonzept. Ein großer Anwenderkreis kann gar nicht in die technischen Möglichkeiten des CAD integriert werden. Selbst bei einem geübten CAD-Zeichner nehmen Kommandosprache und verschachtelte Menüs erhebliche mentale Kapazität in Beschlag. Aus der bekannten Erfahrung, daß man sich vorher genau überlegen muß, was man mit dem CADProgramm „konstruiert“, darf man ableiten, daß CAD-Programme sich für spielerischen Umgang und Versuch-und-Irrtum-Techniken, die elementare Bestandteile jeden kreativen Vorgehens sind, noch nicht eignen. Das gleiche galt bis in die 70er Jahre für die Textverarbeitung mit der Schreibmaschine: Um schneller als von Hand zu schreiben, mußte man geübt sein, und der zu schreibende Text mußte vor dem Schreiben ausformuliert sein. Die Schreibmaschine galt nicht als besonders kreativitätsfördernd und der Satz eines Textes erst recht nicht. Man erkannte als erstes bei Xerox, daß die Methode, über eine Kommandosprache mit Software zu kommunizieren, für „normale“ Büroangestellte unnatürlich und fremd ist und die Verbreitung des Computereinsatzes im Büro behindern würde. Xerox studierte in seinem PARC (Palo Alto Research Center) die typischen Elemente der Büroarbeit und setzte sie teils über direkte Entsprechungen (Schreibtisch, Dokumente, Ordner, Ablage, Ausschneiden, Kopieren, Einkleben, Verschieben, etc.) teils über nicht mehr als solche wahrgenommene Zwischenkonstrukte (Fenster, Menüs, Maus, Maustastenclicks) in die Benutzeroberfläche STAR um.
6
1 Einführung
Die Tastatur diente fast nur noch zur (unvermeidlichen) Eingabe von Text. Die Manipulation von Textblöcken und Datenstrukturen dagegen geschah wie bei konventioneller Arbeitstechnik mit der Hand: Textbruchstücke, Bilder, Dokumente, Ordner, Programme, Werkzeuge, Schreibtischzubehör konnten mit einem Cursor auf dem Bildschirm z.B. aktiviert, bewegt, kopiert, abgelegt, umbenannt werden. Der Bildschirm stellte die Schreibtischoberfläche und der Cursor die Hand mit einigen ihrer Fähigkeiten (draufdrücken, greifen, festhalten, loslassen, zeigen, zusammenraffen etc.) dar. Die Maus war lediglich der ergonomisch günstigste Manipulator für die Steuerung des Cursors. Ohne das große Verdienst derer zu schmälern, die die darauf abgestimmten Computersysteme entwickelten und gleichzeitig den heute gültigen de-facto-Standard für grafische Benutzeroberflächen schufen, ermöglichte das Prinzip einer grafischen und intuitiven Benutzeroberfläche allen, die schriftlich etwas mitzuteilen hatten, den Inhalt (Text) und sogar die Form (Satz) ihres Textes in bis dahin ungeahnter Leichtigkeit und Schnelligkeit zu gestalten und zu ändern. Mit der Verbreitung dieses sogenannten Desktop-Publishing wurde die Kreativität und Produktivität der ehemaligen Schreibmaschinenbenutzer erheblich gesteigert. Strikte Intuitivität, Einheitlichkeit der Benutzeroberfläche und die Leichtigkeit der Bedienung erschlossen darüberhinaus zwei neue und große Anwendergruppen: Die Gruppe der gelegentlichen Anwender (die Personen, deren Tätigkeiten so differenziert sind, daß nur Teiltätigkeiten von einem Computerprogramm erledigt oder unterstützt werden können) und die Gruppe der Mehrfachanwender (Personen, die abwechselnd mit verschiedenen Programmen (z.B. Textverarbeitung, Grafik, Tabellenkalkulation) arbeiten). In diesem Rahmen reiften die Programme so, daß sie auf dem Bildschirm schon nach 2 bis 3 Jahren qualitativ und quantitativ mindestens das konnten, was in der Realität auch ohne sie schon möglich war – nur viel schneller. Eine weitere Steigerung des Nutzens bestand darin, daß sie Dinge konnten, die zwar in der Realität nicht, aber in der Vorstellung des Benutzers sinnvoll möglich sind, wie z.B. das Ungeschehenmachen. Ein Durchbruch wie in der Textverarbeitung steht bei den CAD-Programmen noch aus. Zwischen dem, was CAD-Programme können und dem, was in der Realität beim problemlösenden und kreativen Konstruieren abläuft, gibt es nur geringe Überschneidungen. Die Benutzer(oberflächen) werden von der Menge der Daten und der Art der Eingabe überfordert. Wenn man das „Design“ (Konstruktion, Entwurf) in CAD unterstützen wollte, müßte man sich an den typischen Denkvorgängen eines Konstrukteurs orientieren. Die wiederum erkennt man an der Art, wie ein Konstrukteur eine komplexe Skizze aufbaut: CAD-Programme müssen dem Konstrukteur die Objekte zur Verfügung stellen, aus denen er sich seine mentalen Modelle zusammenbaut: Nicht nur geometrische Grundkörper, Flächen, Linien und Punkte, sondern auch Verfahren, Werkzeuge, Bearbeitung, Stoffeigenschaften, Montagevorgänge, Transport, Lager, Kräfte, Momente, Energie, Verformungen, etc. Als nächstes erwartet man als Konstrukteur das gewohnte Instru-
1.4 Methodische Überlegungen
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mentarium, das es einem erlaubt, diese Objekte zu kombinieren und zu verändern. In Analogie zur Schreibtischoberfläche wäre das eine Werkstatt mit der zugehörigen oder benötigten Ausstattung. Jeder Arbeitsplatz in der Werkstatt hätte seinen eigenen „Screen“. Es wäre wichtig, daß der Konstrukteur sich die Darstellung der Ausstattung (wirklichkeitsnah oder stilisiert) und die Detaillierung (Fräsvorgang – Paßfedernut – fertige Welle) selbst einstellen kann. Mit dem Cursor – dem verlängerten eigenen Arm – könnte man Objekte (Werkstücke wie Werkzeuge) hervorholen, verändern, benutzen, positionieren, spannen und vor allem wieder in ihren Ursprungszustand zurückversetzen. Keine Funktion eines Programmes hat aber einen praktischen Wert für das Konstruieren, wenn sie für den Anwender nicht intuitiv und leicht zugänglich ist. Das Zeichnen hat diese Eigenschaften des Intuitiven, des Leichten und hat einen positiven Einfluß auf das Konstruktionsergebnis. Man sollte immer wieder die Frage stellen: Wie gestaltet man eine CAD-Funktion, daß man sie so selbstverständlich beherrscht wie Papier und Bleistift? Das Verständnis des Zeichnens und der dazu notwendigen Denkleistungen ist der Schlüssel zu einer wirklichen Verbesserung der Benutzeroberflächen von CAD-Programmen.
1.4
Methodische Überlegungen
Es wird von den Studenten allgemein als Überforderung und als bremsend empfunden, gleichzeitig Wissen (Regeln des Technischen Zeichnens) und Fertigkeit (Bedienung des Computers) erwerben zu müssen. Um möglichst bald realistische Übungen machen zu können, drängt sich insbesondere am Anfang einer Lehrveranstaltung der Stoff. Das führt dazu, daß bestimmte elementare Fehler nicht mit der notwendigen Konsequenz behandelt werden. Baut man den Einstieg in die Konstruktionstechnik auf das Freihandzeichnen auf, läßt sich das Wissen gleichmäßiger und intensiver vermitteln. Es ist empfehlenswert, wechselnde Schwerpunkte zu setzen: 1.
In den ersten 4 Doppelstunden werden die Grundlagen des Freihandzeichnens vermittelt (Wie man eine gerade Linie zieht, Strecken teilen, Rechtecke, Kreise). Es genügen meist wenige Versuche, um bestimmte Körperhaltungen und Techniken zu verankern. Die Übungen nehmen leicht einen sportlichen Charakter an. Das Übungsziel ist Handfertigkeit.
2.
In weiteren 8 bis 12 Doppelstunden lassen sich die wichtigsten Regeln des Technischen Zeichnens (Projektionsmethoden, Linienarten, Zeichnungssymbolik, Darstellung, Maßeintragung, Tolerierung) und einige Normteile erklären und auf der Basis von Freihandzeichnungen üben.
8
1 Einführung
Durch die Schnelligkeit der Freihandzeichnung werden die Übungsbeispiele nicht langweilig, und Fehler können durch Neuanfertigung ganzheitlich korrigiert werden. Durch den Zeitgewinn können Sachzusammenhänge viel besser behandelt werden. Als (erwünschtes) Nebenprodukt nimmt die Zeichengeschicklichkeit rasch zu. Das Übungsziel ist Fachwissen. 3.
Nachdem die Regeln des Technischen Zeichnens beherrscht werden, kann man in den folgenden Stunden die instrumentelle Seite der Technischen Zeichnung: Computer. Übungsziel ist das Zusammenführen von Gewandheit und Fachwissen. Man kann in diesem 3. Block das Freihandzeichnen bis zur Perspektive entwickeln. Perspektivisches Freihandzeichnen ist unbedingte Voraussetzung für das Arbeiten mit 3D-CAD.
4.
In diesem Block bearbeitet man – unabhängig von der Darstellungstechnik – reale Aufgaben, wie Modellaufnahmen und einfache Konstruktionen.
Der Gedanke, Ingenieurstudenten schon zu Studienbeginn in das Freihandzeichnen einzuführen, hat folgende Konsequenzen: x Alle Lehrveranstaltungen der Konstruktionstechnik, die auf der Grundlage des Freihandzeichnens durchgeführt werden, setzen keine besondere Ausstattung oder Räumlichkeiten voraus. x Mit der zeichnerischen Ausdrucksfähigkeit steigt der Lernerfolg und die Kreativität in den konstruktiven Fächern. x Die Studenten können den Vorlesungen besser folgen, wenn sie Tafelbilder schnell und richtig übernehmen können. x Studien- und Diplomarbeiten lassen sich eindrucksvoll und vor allem zeitsparend freihändig illustrieren. x Die Studenten sind besser auf ihren Einstieg in den Beruf vorbereitet: In der Industrie werden immer mehr interdisziplinäre Teams gebildet. In dieser Umgebung müssen Ideen, Vorschläge, Sachverhalte, etc. mit Nichtingenieuren und unter widrigen Umständen schnell und bequem ausgetauscht werden. Skizzen ermöglichen bessere Kommunikation und schnellere Entscheidungen. Je höher ein Ingenieur in der betrieblichen Hierarchie angesiedelt ist, desto weniger Zeit wird er zur Gestaltung formal perfekten Bildmaterials haben. Selbst wenn er sie delegieren wollte, müßte er erst eine Skizze machen. Das Buch ist so fein gegliedert, daß je nach Bedarf kleine oder größere, einfache oder schwierigere Themeneinheiten herausgegriffen werden können. Am Anfang ist allerdings auf die richtige Reihenfolge zu achten. Es ist immer daran zu erinnern, daß man beim Freihandzeichnen auf bereits vorhandene, in der Schule entwickelte Fähigkeiten zurückgreift (Gefühl für Geradheit, Kreisform, Tangentenbedingung, Rechte Winkel, Symmetrie, etc.), und gute Ergebnisse der bewußten Vermeidung von Störeinflüssen verdankt.
1.5 Selbststudium
9
Der behandelte Stoff orientiert sich an geometrischen Grundformen und einigen typischen Formen von Maschinenelementen, aus denen dann nach Bedarf und Vorliebe Gebilde verschiedener Ingenieurdisziplinen entwickelt werden können. Die Übungsaufgaben sollten möglichst auf Illustrationsiveau bearbeitet werden, um die Formelemente und die Konstruktionsprinzipien eines Dinges gründlich zu erfassen und als fertige Form im Langzeitgedächtnis zur schnellen Wiederverwendung zu speichern. Im beruflichen Alltag ist Illustrationsniveau selten angebracht – wichtig sind Vereinfachung und Schnelligkeit. Schnelligkeit erreicht man nur zu einem kleinen Teil mit dem Verzicht auf Zirkel, Lineal und Radieren. Ob man für eine Skizze 10 Sekunden, 1 Minute oder 1 Stunde braucht, hängt davon ab, wie gut man den inneren Aufbau des Dinges kennt und wie genau man sich das Ding vorstellen kann. Bei neuen, zunächst unbekannten Teilen kommt es darauf an, wie schnell man sie aus bekannten Grundformen in der Vorstellung modellieren kann. Wer mit der Schnelligkeit unzufrieden ist, hat eigentlich Schwierigkeiten, sich das zu zeichnende Ding vorzustellen.
1.5
Selbststudium
Es gibt viele Gründe, als Schüler, Lehrling, Handwerker, Verkäufer, Ingenieurstudent oder als Ingenieur (nachträglich) richtig skizzieren zu lernen. Allerdings erschließen sich einem die grundlegenden Zeichentechniken nicht von allein. In diesem Buch sind deshalb alle wesentlichen Überlegungen und Techniken zum Freihandzeichnen zusammengefaßt, die Ingenieure im Alltag benötigen. Der behandelte Stoff ist so fein gegliedert, daß man in Einheiten von maximal 1 Stunde vorgehen kann. Die Übungsaufgaben sind kurz und dienen eigentlich nur der Entdeckung oder Bestätigung vorhandener Fähigkeiten. Die beste Übung ist, das Gelernte dann im Alltag einzusetzen. In den ersten Kapiteln erfährt man, daß man mit der vorhandenen Zeichengeschicklichkeit ziemlich genau wirkende Formen zeichnen kann, wenn man bestimmte Fehlerquellen vermeidet. Die Übungsaufgaben nehmen nicht viel Zeit in Anspruch und dienen eher dazu, den Zusammenhang zwischen Fehlervermeidung und Genauigkeit bewußt zu machen. Danach werden einzelne Techniken besprochen, die die Genauigkeit steigern. Die meisten Techniken muß man nur kennen (z.B. Winkel konstruieren) und ein paar wenige muß man üben (z.B. Kreise ziehen). Es werden häufig mehrere Alternativen vorgestellt. Die Übungsaufgaben sollen also auch zum Experimentieren anregen, bis man einen eigenen Stil gefunden hat.
10
1 Einführung
Am Ende der ersten Hälfte des Buches wird man Fertigungszeichnungen freihändig zeichnen können, die geplotteten Zeichnungen ebenbürtig sind (mit dem Unterschied, daß man freihändig viel schneller ist). Das erreichte Niveau reicht für die meisten Situationen – vor allem bei der Verständigung von Technikern untereinander – völlig aus. Übrigens: Die Bedeutung und Wirkung perfekter Bilder wird von denen, die sie produzieren, überschätzt. Häufig fragen sich nämlich die Adressaten perfekten Bildmaterials im Stillen, ob der Aufwand für die Perfektionierung nicht besser in kreative Arbeit geflossen wäre. Die zweite Hälfte des Buches behandelt die perspektivische Darstellung – für die Fälle, bei denen es auf Anschaulichkeit besonders ankommt: Bei Schweißteilen, Gußteilen, Verrohrung, Verkabelung, Transportproblemen, räumlicher Verträglichkeit, beim Modellieren im 3D-CAD. Zunächst werden die Grundlagen der Abbildung und die Konstruktion beliebiger Koordinatendreibeine (= Betrachtungsrichtungen) vorgestellt. Danach wird die perspektivische Darstellung der geometrischen Grundkörper besprochen, aus denen sich immer kompliziertere Formen und vielteilige Baugruppen modellieren lassen. Zum Schluß geht es um Zeichentechniken, die die Teile plastischer und natürlicher erscheinen lassen. Die Beispiele zeigen, daß man Kompliziertheit mit Selbstvertrauen und schrittweisem Vorgehen meistern kann.
2
Handwerkliche Grundlagen
2.1 Was man zum Freihandzeichnen braucht 1.
Bleistift mit nicht zu feiner Spitze Feinminenstift 0,7 ist genau richtig. Härtegrad HB oder H. Die Minenführung darf nicht federn und nicht wackeln. Am besten keine Clips.
2.
Weißes Schreibpapier DIN A4 ohne Karos Karos, Linien oder Millimeterteilung helfen nicht – sie schaden! Sie verleiten zu ungünstigen Einteilungen und Maßstäben, irritieren das Auge und lenken von den gedanklich projizierten Formen ab. Kopiererpapier hat den Vorteil, fast immer verfügbar zu sein. Optimal: DIN A3.
3.
Radiergummi Die Größe des Radiergummis in den Stiften sei ein Hinweis darauf, so wenig wie möglich zu radieren: Etwa bei Details von umfangreicheren, fast fertigen Zeichnungen oder bei vorgezeichneten Tinten-Zeichnungen. Radieren unterbricht störend den Ablauf des Zeichnens und kostet Zeit. Radierfussel stören auf der Arbeitsfläche.
4.
Glatte, nicht zu harte Unterlage Schreibunterlage, Reste von Bodenbelag. Freie Fläche von mindestens 500 × 700. Ellbogenfreiheit.
5.
Gute Beleuchtung Gute Allgemeinbeleuchtung und Licht von links. Bei Tischlampen unbedingt Schlagschatten vermeiden.
6.
Geduld, Konzentration, beruhigter Kreislauf, nicht fettende und trockene Zeichenhand.
7.
Großes Geodreieck Nur zum Üben. Zum Freihandzeichnen gelangt man über die ständige Bestätigung, wie genau man auch ohne die gewohnten Hilfsmittel zeichnen kann. Diese Bestätigung erhält man durch das sofortige Nachmessen und Prüfen von gezeichneten Formen.
für Fortgeschrittene: 8.
Kolbenfüller mit M-Feder und schwarzer Tinte; Patronenfüller nerven, weil sie schnell leer sind; zweiter Füller mit roter Tinte.
9.
Weißer Korrekturlack.
12
2 Handwerkliche Grundlagen
Der gelegentliche und überlegte Gebrauch von Zirkel und Lineal oder improvisierten Hilfsmitteln schadet dem Freihandzeichnen nicht. Sehr effektiv sind Kopieren, Ausschneiden und Zusammenkleben. Auf Kopien kann man weiterzeichnen. Man kann auch mehrere Skizzen auf DIN A3 kleben und danach wieder kopieren. Radieren: Der Vorteil des Freihandzeichnens liegt gerade darin, daß durch eine bewußte Rücknahme der Vollkommenheit der Form bedeutende Gewinne hinsichtlich Zeichengeschwindigkeit und Ausdrucksfähigkeit erzielt werden. Radiert man nun in einer Zeichnung, dann wendet man sich doch wieder der Vollkommenheit der Form zu und verliert unbewußt die eigentlichen Vorteile des Freihandzeichnens aus dem Blick. Hinzu kommt, daß die durch Radieren erzielbaren Verbesserungen meist in keinem Verhältnis zur Radierzeit stehen. An einer verunglückten oder verunglückenden Zeichnung sollte man – auch im fortgeschrittenen Stadium – nicht weiterarbeiten. Wenn sich Zeichenfehler häufen, ist das ein Hinweis, mehr zu üben. Warum dann nicht auf einem neuen Bogen? Man kann die guten Teile einer Zeichnung pausen (Kopiererpapier läßt Bleistiftlinien gut durchscheinen) und auf dieser Grundlage weiterarbeiten. Man kann die Zeichnung auch völlig neu beginnen. Dann hat man mehr Freiheit bei der Neuanlage der Zeichnung und kann bis dahin angesammelte Fehler bei der Blattaufteilung oder den Proportionen gleich mit korrigieren. Zeichnen mit Füller: Wolfgang Richter (s. Literaturverzeichnis) empfiehlt aus den vorgenannten Gründen, mit einem Füller zu zeichnen und kleinere Fehler mit flüssigem Tipp-Ex zu korrigieren. Der schwarze Tintenstrich hat einen überzeugenden Kontrast, mit dem die Skizzen deutlicher werden. Zusätzlich kann man einen zweiten Füller mit roter Tinte verwenden, um wichtige Details hervorzuheben. Mit dem Füller kann man bequem schreiben und übergangslos zum Skizzieren wechseln. Skizzen mit Tinte eignen sich wunderbar, um e-mails rasch mit Informationen zu ergänzen, die man schwer in Worte fassen kann. Man benötigt neben dem Rechner (oder unter dem Tisch) einen Dokumentenscanner, und man muß sich eine Ordnerstruktur für die gescannten Skizzen überlegen. Tinten-Zeichentechnik: x Mit dem Füller kann man breite Linien ziehen, indem man ihn normal hält, und schmale Linien, indem man ihn senkrecht hält:
2.1 Was man zum Freihandzeichnen braucht
13
x Beim Füller kann man nicht radieren und deshalb muß man sich eine grobe Blatteinteilung (dünn) mit Bleistift machen, die man hinterher wegradiert.
x Damit die Linien nicht verschmieren, muß man bei der Zeichenreihenfolge in eine bestimmte Richtung (von links nach rechts oder von innen nach außen) arbeiten. Wie schnell die Tinte trocknet, hängt von der Papiersorte ab. Den Füller weit aus der Hand ragen lassen (s. Bild 2.3).
x Man muß sich von vorneherein vorstellen können, welche Linien unsichtbar bleiben. Das gelingt, indem man eine Skizze mit den vorne liegenden Bauteilen beginnt und dann schichtenweise nach hinten arbeitet.
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2 Handwerkliche Grundlagen
x An das Problem der unsichtbaren Linien muß man besonders bei perspektivischen Skizzen denken. Weil man anfangs noch nicht weiß, wo sich Linien treffen, zeichnet man sie vorsichtshalber zu kurz und flickt sie hinterher aus. Zu lange Linien kann man mit frischem Tipp-Ex abdecken. Auf diesen Abdeckungen hält die Tinte nicht mehr.
2.2 Linienbreiten
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2.2 Linienbreiten Mit einem Feinminenstift 0,7 lassen sich alle Linien mit einer Breite von 0,1 bis 1 mm kontrolliert zeichnen. Ein kompletter Satz Stifte ist unnötig. Der gleichzeitige Gebrauch versch iedener Minen behindert die Entwicklung eines Gefühles für den richtigen Anpreßdruck. Ausnahme: Natürliche Formen können nicht konstruiert werden - man muß ihre Darstellung zeichnend ausprobieren. Um nicht dauernd zu radieren, müssen die probierten Linien sehr fein sein . Das gelingt am besten mit einer 0,3er Mine - weil sie durch Abbrechen daran erinnert, daß man dünn zeichnen soll. Illustrationen gehorchen den Regeln für eine Tuschezeichnung und verlangen nach deutli ch abgestuften Linienbreiten. Die Linien müssen schwarz sein. Skizzen kommen mit einer Linienbreite aus. Die Linien können dann auch grau sein. 1 mm erreicht man durch die Neigung des Stiftes und das Flachschleifen der Mine. Die Mine schleift sich flach, wenn sie nicht gedreht wird. Man sollte sie absichtlich auf einem Stück Schmierpapier abschleifen.
0,1 mm erreicht man, wenn man die Mine flachschleift und sie dann (d.h . den ganzen Stift) etwas dreht. Allerdings wird die Linie schon nach wenigen cm breiter. H-Minen halten ihre "Schärfe" etwas länger. Für kurze dünne Linien kann man auch den Stift flacher halten. Der Strich wird leicht grau, weil man nicht so stark aufdrücken darf.
Für gute Kopierbarkeit und für Faxe ist vor allem ein intensiv schwarzer Strich wichtig, den man mit betontem Druck erhält. Die Zeichenunterlage muß aber so hart sein, daß die Mine sich nicht eingräbt.
Bild 2.1. Beeinflussung der Linienbreite
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2 Handwerkliche Grundlagen
2.3 Kinematik des Armes Das Haupthindernis, mit dem Freihandzeichnen zu beginnen, ist die irrige Annahme, ohne Lineal keine gerade Linie ziehen zu können. Wenn man sich die Kinematik des Armes bewußt macht, lassen sich die Störfaktoren, die eine Gerade wellig oder krumm machen, ausschließen. Mit wenig Übung lassen sich Geradheiten von mindestens 1% erreichen (Toleranzzone von 3 mrn auf 300 mm Länge). Diese Genauigkeit ermöglicht die Verwendung als Bezugselement (Mittellinie, O-Niveau, Hilfslinie) und wird auch visuell als nicht verbesserungsbedürftig empfunden. Langweilige Richtungsänderungen werden wesentlich störender empfunden als kurzweilige Verzitterungen.
Falsch: Wenn der Unterarm geschwenkt wird, wirkt er als Zirkel.
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Richtig: Nur den Oberarm schwenken. Unterarm und Hand bleiben starr. Die Zeichenhand wird in Richtung des Körpers gezogen. (Ziehen ist mechanisch stabiler als sch ieben.) Die Beurteilung der Geradheit gelingt am leichtesten, wenn die Gerade in Richtung Nase zeigt. Bild 2.2. Falsche und richtige Armbewegung beim Ziehen langer Geraden
2.4 Wie man den Stift hält
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2.4 Wie man den Stift hält: Vorzeichnen. Beim Vorzeichnen wird die gewünscht e Form erzeugt. Es kommt also vorwiege nd auf Genauigkei t an. Die über das Papier gezogene, leicht angespannte Hand dämpft Zittern und zufällige Schwankungen der Muskelspannung . Dieser Reibung sdämpfer wirkt nur dann , wenn die Hand sauber und nicht fettig ist und mögli chst großflächig aufliegt. Die Handkante und der Kleine Finger sollten auf dem Papier aufliegen. Die anderen Finger stützen sich auf dem Kleinen Finger ab.
. Bild 2.3. Die trockene und saubere Hand muß großflächig auf dem Papier aufliegen
Der Stift muß weit (40 bis 60 mm) aus der Hand herausragen , um die Papieroberfläche überhaupt zu errei chen (wenn der Stift , wie üblich , zwischen Daumen, Mittelfinger und Zeigefing er gehalten wird ). Das Ende des Stiftes muß andererseits in der Beuge zwischen Daumen und Zeigefinger abge stützt sein. Bleistiftstummel sind also zum Zeichnen nicht geeignet. Durch den langen Hebel erreicht man einen geringeren und gleichmäßigeren Minendruck, wie er für die dünnen und grauen Linien beim Vorzeichnen erwünscht ist. Diese Handhaltung ermöglicht einen ungestörten Blick auf die Umgebung der zu zeichnenden Linie. Durch die große Spannweite zwischen Mine und Hand ist die Gefahr des Verschmierens von schon vorhandenen Linien gering. Je nach individueller Anatomie oder Angewohnheit kann die Stift- und Handhaltun g abweichen. Es ist darauf zu achten , daß die Handmuskulatur nicht längere Zeit angespannt oder verkrampft ist, da der Körper die unterbrochene Blutzirkulation durch Zittern wieder in Gang bringt.
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2 Handwerkliche Grundlagen
Bild 2.4. Diese Stifthaltung erm öglicht einen ungestörten Blick auf die Umgebung der zu zeichnenden Linie
Ausziehen. Nachdem mit dem Vorzeichnen die gewünschte Form in dünnen grauen Linien erzeugt worden ist, müssen erstens die gültigen Linien hervorgehoben und zweitens die verschiedenen Linienarten nach ihrer Bedeutung unterschieden werden. Es geht also darum, die Linien kräftig schwarz, aber unterschiedlich breit und mit verschiedenen "Mustern" nachzuziehen. Dazu wird der Stift kürzer gefaßt, steiler gehalten und kräftig aufgedrückt.
Bild 2.5. Mit dieser Stifthaltung erhält man einen kräftig schwarzen Strich .
Die Hand liegt fest auf, und die Stiftbewegung kommt nur aus den Fingern. Daß man deshalb häufiger absetzen muß, ist nicht schlimm - die Form liegt ja schon vorgezeichnet fest.
2.5 Das Sehen
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2.5 Das Sehen Das Sehen spielt die wichtigste Rolle bei der Führung der Zeichenhand. Leider gibt es auf sogenannten optischen Täuschungen beruhende Störeinflüsse. Der Sehvorgang besteht nicht nur aus der optischen Abbildung eines Gegenstandes auf der Netzhaut, vielmehr werden die empfangenen Signale noch mehrfach (und von Person zu Person verschieden) nachbearbeitet und verändert, bis sie dann zur Steuerung der Zeichenhand zur Verfügung stehen. Die Nachbearbeitung durch das Gehirn kann z.B. darin bestehen, daß eine gerade Form, die nach den Regeln der Optik im Auge selbst als gebogen abgebildet wird, hinterher wieder als gerade ausgegeben wird. Es ist z.B. auch bekannt, daß die optische Verkleinerung der Gegenstände mit der Sehentfemung teilweise vom Gehirn kompensiert wird - sonst wären die Personen auf den Urlaubsfotos nicht immer so klein. Eine andere typische Täuschungssituation: Kommt man beim Ziehen einer Geraden an einem anderen Objekt vorbei, wird der Stift unwillkürlich von diesem Objekt abgestoßen oder angezogen. Besonders kritisch sind das Überqueren oder auch nur die Nähe geneigter Geraden und Kreisbögen. Für das Freihandzeichnen bedeutet das, daß man erstens die für Täuschungen anfälligen Situationen vermeiden und zweitens kritische Seh-Operationen immer unter bestimmten ungefährlichen Standardbedingungen durchführen sollte. So läßt sich die Geradheit einer Linie zuverlässig beurteilen, wenn sie mit der Nase des Betrachters fluchtet. Dieselbe Lage ist aber ganz schlecht, wenn man Symmetrie oder Proportionen beurteilen will: Da müssen die Strecken quer vor dem Betrachter liegen. Da auch schwache Brillen das gesehene Bild am Rand stark verzerren, muß man als Brillenträger ganz genau auf das symmetrisch-quer-vor-einem-liegen und das Fluchten achten. Der Winkel, in dem das Auge etwas scharf sieht, beträgt nur etwa I bis 2°. Fixiert man nun die Spitze des Stiftes, verliert man unwillkürlich weiter weg gelegene Bezugsobjekte aus den Augen. Ein Hin- und Herpendeln des Blickes wirkt sich störend aus. Es ist deshalb beim Zeichnen von Parallelen, beim Teilen von Strecken, beim Verbinden von Punkten, etc. vorteilhaft, ohne scharfzustellen zwischen die beiden zu koordinierenden Dinge zu blicken, quasi "ins Leere zu starren". So behält man beide Dinge im Auge und kann die Zeichenhandentsprechend führen. Man sollte beim Üben unmittelbar nach jeder Schätzoperation mit dem Geodreieck nachmessen, um aufoptische Täuschungen aufmerksam zu werden und das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu stärken.
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2 Handwerkliche Grundlagen
2.6 Wie man eine gerade Linie zieht Lange Geraden werden beim Freihandzeichnen zwar relativ selten benötigt, dienen aber fast immer als Bezugselement. Es schadet also nicht, sie immer mit Bedacht und Konzentration zu ziehen. 1. Platz schaffen auf der Zeichenunterlage. 2. Auf dem Papier sollte möglichst noch nichts drauf sein. Das Auge wird irritiert durch plötzlich auftauchende Objekte. Unschädlich sind allerdings Parallelen oder Geraden im Rechten Winkel. 3. Das Papier so drehen, daß die Gerade in Richtung Nase gezogen werden kann. Die gespreizte linke Hand hält das Papier. 4. Den Stift wie empfohlen oder geübt oder erprobt fassen und an den Ausgangspunkt (oder davor; s.u.) der Geraden bringen. 5. Leicht durchatmen, Atem anhalten, die Muskulatur in eine leichte Starre versetzen. 6. mit mäßiger Geschwindigkeit (s.u.) die Gerade ohne abzusetzen von oben nach unten durchziehen. Die Bewegung darf nur aus dem Oberarm kommen. 7. Bei sehr langen Geraden (bei Plakaten) ist es vortei lhaft, zu stehen und den Gesamtweg auf Oberarm und den pendelnden Körper aufzuteilen. Das geht natürl ich nur, wenn man sich nicht aufstützt.
Bild 2.6. Die Linie sollte mit der Nase fluchten
8. Am Anfang der Geraden erhält man durch den "Anfahrvorgang" fast unweigerlich einen "Wackler". Wenn man einige cm vor dem gewünschten Punkt startet, kann man den Wackler wegradieren.
Zur Gesc hwindigkeit: Eine wichtige Einflußgröße auf die Dämpfung zwischen Hand und Papier ist die Zeichengeschwindigkeit. Als Grundlage für eigene Versuche seien folgende Richtwerte gegeben: Unter ca. 100 mm/sec erhält man eine ruckende Bewegung ("stick-slip"). Über ca. 300 mm/sec kann man nicht mehr rechtzeitig auf sich abzeichnende "Fehlentwicklungen" der Form reagieren.
21
2.6 Wie man eine gerade Linie zieht Übungsaufgabe 2.1 :
• Ziehen Sie auf etwas gedrehtem Papier (DIN A3 hoch) lange Geraden . • Abstand der Linien untereinander mindestens 40 mm. Sie müssen nicht parallel sein. • Wenn Sie merken, daß eine Linie krumm wird, fangen Sie eine neue an. • Bestimmen und notieren Sie imme r gleich die Geradheit Ihrer Geraden .
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\ Bild 2.7. Lange Geraden auf DINA3 ziehen .
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Bild 2.8. Bestimmung der Geradheit
3 Gerade durch zwei Punkte
Es ist schwierig, eine gerade Linie zu ziehen und gleichzeitig dabei einen bestimmten Punkt zu treffen. Wenn eine Gerade durch einen Punkt gelegt werden soll, dann sollte man deshalb die Gerade an diesem Punkt beginnen. Gelegentlich müssen auch zwei entfernte Punkte (Abstand ca. 100 bis 300 mm) durch eine Gerade verbunden werden. Dafür gibt es zwei Methoden:
3.1 Non-Stop-Methode Die Non-Stop-Methode ist schnell , aber nicht einfach und risikoreich . Sie erfordert ständige Übung. 1. Sich etwas zurücklehnen und das Papier so drehen , daß die zu verbindenden Punkte mit der Nase fluchten. 2. Die Verbindungsstrecke mehrfach mit den Augen abfahren, einprägen oder vorstellen. 3. Mit dem Stift (Armbewegung und Haltung wie beim Zeichnen langer Geraden) die Punkte mit einigen "Leerhüben" in der Luft verbinden, um zu sehen, ob man das Zieikreuz trifft. Die Abweichung läßt sich verringern, indem man danach das Papier mit der Linken entspechend dreht , die Ziehrichtung aber beim nächsten Versuch beibehält. 4. Mit mäßiger Geschwindigkeit die Gerade ohne abzusetzen von oben nach unten durchziehen. ü bungsa ufga be 3.1: • Zeichn en Sie auf einem Papier DIN A4 oder A3quer oben und unten in unregelm äßigen Abständ en (20 bis 30 mm) Kreuze (10 mm ). • Die Kreuze müssen deutli ch, d.h. dünn und schwarz sein. • Verb inden Sie imm er zwei Kreuze durch eine gerade Linie • Arbeiten Sie von links nach rechts fortschreitend. • Wenn Sie merken, daß Sie das Ziel verfehlen, versuchen Sie nicht , die Linie hinzub iegen - es wäre keine Gerade mehr. • Messen und not ieren Sie die Ge radheit der Linie und die Abwe ichun g vom Zie lkreuz.
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Non-Stop-Methode
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Bild 3.1. Gerade durch zwei Punkte legen mit der Non-Stop-Methode (A= Abweichung vom Zielpunkt, G=Geradheit, Werte in mm)
Weil die Non-Stop-Methode schwierig wird , wenn zwischen den zu verbindenden Punkten schon Formen liegen, die den Stift ablenken können, benötigt man eine Alternative, die einfacher zu beherrschen ist.
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3 Gerade durch zwei Punkte
3.2 Stützpunkt-Methode 1. Papier so dreh en , daß die zu ver binde nden Punkte mit der Nase fluchten . 2. Mit dem Stift (er ragt we it aus der Hand) einen "Stützpunkt", der mit den zu ve rbi nde ne n Punkten flucht et , suchen und marki eren - etwa in de r Mitte. Sorgfältig abwägen . 3. Die sich ergebenden A bsc hnitte wieder durch Stüt zpunkte halbie ren - bis die A bschnitte klein genug sind, um sie s ic her freih ändi g verbinden zu können. 4. Die Stütz punkte freihändig dur ch dünne Gerade n verbinden. Es ist überraschend , daß man mit dieser Methode durch völlig "verkrautete" Zeic hnunge n und über große Entfe rnunge n genaue Geraden zeic hnen kann:
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Bild 3.2. Ge rade durch zwei Punkte legen mit der Stützpunktmethode
Üb ungsa ufga be 3.2:
• Zeichnen Sie auf einem Papier DIN A3 einige unregelmäßige Vierecke mit geraden Kanten als störende Hinderni sse. (Sie könn en auch eine Zei tungsseite nehm en .) • Zeic hnen Sie mehrmal s zwe i Kreu ze im A bstand von ca. 100 bis 300 mm ein. • Verbin den Sie diese Punkt e mit der Stü tzpunk t-Met hode. • Bestimme n Sie die Ge radheit Ihrer Verbindungslinien .
4 Rechtecke
In den Formen technischer Gebilde kommen so häufig Rechtecke vor, daß man in der Lage sein muß, sie ohne nachzudenken einfach so hin zu zeichnen. Je nach Größe wird man verschiedene Zeichentechniken anwenden. Große Rechtecke kommen selten vor und dienen beim Vorzeichnen meisten s als Gerüst für Details. Es schadet nicht , sie mit Bedacht und Konzentration genau zu zeichnen. Kleine Rechtecke und Quadrate kommen sehr häufig vor und haben meist nur symbolische Funktion - es genügt, wenn der Betrachter erkennt: "Aha , ein Rechteck...". Sie dürfen flüchtig und vor allem schnell gezeichnet werden.
4.1 Große Rechtecke I. Die Zeichentechnik ist dieselbe wie beim Zeichnen langer Geraden 2. Kanten (Parallelen) immer paarweise zeichnen, dabei immer die linke Kante zuerst, damit sie beim Zeichnen der rechten Kante als Bezug dienen kann. 3. Papier nach jeweils einem Parallelenpaar drehen 4. Linien stehen immer etwas über die Ecken vor (begünstigt eine zügige Zeichentechnik)
2.
Bild 4.1. Zei chenreihenfolg e der Kanten für große Rechtecke
26
4 Rechtecke
übungsaufgabe 4.1: • Zeichnen Sie auf einem etwas gedrehtem Papier etwa 8 ineinander verschachtelte Rechtecke. • Beginnen Sie mit einigen großen (120 x 180) Rechtecken, und füllen Sie das Blatt mit zunehmend kleineren (40 x 60). • Achten Sie besonders bei den größeren Rechtecken auf Rechtwinkligkeit und Parallelität. • Die Rechtecke sollen auch untereinander parallel ausgerichtet sein . Die "Schnittmengen" sich überlagernder Rechtecke müssen wieder Rechtecke sein, sonst hat etwas mit der Form der großen Rechtecke nicht gestimmt. • Halten Sie unbedingt die beschriebene Strichfolge ein.
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4.2 Mittlere Rechtecke
27
4.2 Mittlere Rechtecke (20 bis SO mm) Sie rechtfertigen wegen ihrer Häufigkeit und den nicht so kritischen Genauigkeitsanforderungen nicht den Aufwand (Körperkontrolle, Papierdrehen), wie er bei großen Rechtecken getrieben werden muß . Um das Papierdrehen einschränken zu können , müssen für die unterschiedlichen Zeichenrichtungen die jeweils besten Zeichente chniken unter schieden werden. Senkrechte: 1. Die Hand ruht mit der Handkante auf dem Papier. Der Stift ragt etwa 40 mm aus der Hand.
2. Die Gerade wird allein durch das Beugen der Finger gezogen - auf den Körper
zu.
3. Es besteht die Gefahr eines leichten Bogens. 4. Die Bewegung ist gut kontrollierbar. Mit abg ewinkelter Hand können auch Diagonalen gezogen werden.
Bild 4.3. Stifthaltung zum Ziehen senkrechter Geraden
28
4 Rechtecke
Waagerechte: 1. Hand und Unterarm schwenken um das Ellbogengelenk.
2. Der sich ergebende Radius ist kaum merklich und kann auch durch das Beugen der Finger kompensiert werden. 3. Die Handkante gleitet oder schwebt über das Papier. 4. Der Stift ragt weit aus der starren Hand und zeigt vom Körper weg. 5. Die Bewegung ist während des Linienzuges nicht gut beeinflußbar. Mit der Position des Ellenbogengelenkes relati v zum Papier liegt die Lage der Geraden vorher fest. 6. Die Lage der Geraden mit einem Leerhub vorher ausprobieren.
Bild 4.4. Stifthaltung zum Ziehen waage-
rechter Gerad en
4.2 Mittlere Rechtecke
29
Wenn das Zeichenpapier nicht gedreht werden soll, muß es rechtwinklig vor dem Zeichner liegen - sonst lassen sich die Senkrechten nicht ziehen. Hat man die Vorliebe, das Papier zu drehen, kann man die "senkrechte" oder "waagerechte" Stifthaltung für alle Kanten verwenden - auch für die Diagonalen. Für die Schnelligkeit ist es am besten, beide Stifthaltungen zu beherrschen.
Bild 4.5. Lage des Zeichenpapiers
Auch bei mittleren Rechtecken ist es vorteilhaft, die empfohlene Strichfolge beim Zeichnen einzuhalten. Ob man die waagerechten oder die senkrechten Kanten zuerst zieht, ist gleichgültig.
Bild 4.6. Strichfolge beim Zeichnen von mittleren Rechtecken
30
4 Rechtecke
übungsaufgabe 4.2:
• Zeichnen Sie Rechtecke mit unterschiedlichen Proportionen mit einer Kantenlän ge von 15 bis 50 mm. Die Rechtecke leicht gegeneinander neigen • Abstand der Rechtecke voneinander ca. 30 mm. • Zeichnen Sie in jedes Rechteck die Diagonalen ein. Die Diagonalen sollen nicht über die Ecken hinausra gen. • Die Linien sollen dünn und schwarz sein.
Bild 4.7. Übung mittler e Rechtecke übungsaufgabe 4.3:
• Zeichnen Sie Quadrate mit einer Kantenl änge von 20 bis 50 mm. Die' Quadrat e sollen gegeneinander geneigt sein. • Abstand der Quadrate voneinander ca. 30 mm • Bemühen Sie sich besonders um die Quadratform. Schauen Sie möglichst senkrecht auf die Zeichenfläche und versuchen Sie, sich das Quadrat vorzustellen, bevor Sie es mit der vierten (und letzten) Kante schließen. • Messen und notieren Sie nach jedem Quadrat die beiden Kantenlängen.
Bild 4.8. Übung mittlere Quadrate.
31
4 .3 Kleine Rechtecke
4.3 Kleine Rechtecke (unter 20 mm) Sie lassen sich auch ohne Drehen des Papieres und ohne Änderung der Stifthaltung zeichnen,indem man den Stift durch Beugen und Strecken der Finger führt. Die Hand liegt dabei fest auf. Der Stift wird kurz gefaßt. Er ragt nur noch etwa 20 mm aus der Hand herau s.
Bild 4.9. Zeichnen kleiner Formen mit fest aufges etzter Hand.
Die auf einer kleinen Fläche uneingeschränkte Bewegungsmöglichkeit dieser Stifthaltung erlaubt, auch komplizierte und unregelmäßige Formen ohne abzusetzen zu ziehen, hat aber den Nachteil , daß Zitt ern kaum gedämpft wird . Das Zittern läßt sich umgehen, wenn man die gedachte Kontur punktiert vorzeichnet (Punktabsta nd ca. 1 bis 2 mm). Bild 4.10. Punktierte Form
5 Augenmaß
Gelegentlich kommt es vor, daß man sich über räumliche Verträglichkeit von Maschinenelementen Gewißheit verschaffen will. (z.B.: Schrauben auf einem Umfang verteilen, Restquerschnitt nach einer Bohrung, Montierbarkeit eines Teiles, Layout von Bedienungsflächen, Aufteilung von Fertigungsfläche, etc.) Dann ist es sinnvoll, die Situation maßstäblich, d.h. mit genauen Maßen zu zeichnen. Wenn man ein Lineal mit mm-Teilung zur Verfügung hat, kann man es auch benutzen - nur für Haupt- und Anschlußmaße. Man sollte aber nicht der Versuchung erliegen, jede Kleinigkeit genau abzumessen - es kostet zuviel Zeit. Häufig wird man kein Lineal zur Verfügung haben. Man braucht es auch nicht unbedingt, denn man kann erstens ein Gefühl für Abmessungen trainieren und zweitens Maße aus vorhandenen Dingen ableiten.
5.1 Abmessungen schätzen Man kann das Gefühl für "absolute Maße" (das "absolute Gehör" des Zeichners) trainieren , was aber auch bedeutet, daß es an stete Übung gebunden ist. Außerdem spielt die Situation und der Betrachtungsabstand eine große Rolle : Während sich auf einer Baustelle eher Meter-Beträge schätzen lassen, sind es am Schreibtisch eher Millimeter-Beträge. Für das Freihandzeichnen lassen sich 1, 2, 3,4,5,6, 8, 10, 12 mm noch ausreichend genau schätzen. Die absoluten Fehler sind gering - nicht aber die relativen Fehler. Man sollte also nicht versuchen, z.B. 60 mm aus 5 x 12 mm zu konstruieren. Es ist leichter, die Länge einer vorgegebenen Strecke zu schätzen, als eine Strecke mit vorgegebener Länge zu zeichnen. Die folgenden Übungsaufgaben haben eher einen sportlichen Wert , da man mit ihnen keine bleibenden Fähigkeiten erwirbt. Allerdings lernt man aus Fehlschätzungen wieder sehr schnell. Will man eine "genaue" Zeichnung anfertigen, ohne dauernd nach dem Maßstab greifen zu müssen, kann man sich am Anfang in einer Ecke des Zeichenpapieres abgemessene Strecken als Referenz zeichnen: z.B. 10, 20 und 40 mm. Wenn man Abmessungen gut schätzen kann, kann man sich aufwendige und ungenaue Teilungsoperationen (1/7, 1/10, 1/20) ersparen, indem man die zu teilende Strecke schätzt, kopfrechnet und die errechnete Länge zeichnet.
33
5.1 Abmessungen schätzen Übungsaufgabe 5.1: o
o
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Zeichnen Sie auf einem Papierstreifen an der oberen Kante eine Strecke mit einer Länge zwischen 2 und 50 mm. Schätzen Sie die Länge und vergleichen Sie den Schätzwert mit dem nachgemessenen Wert (in Klammem) . Notieren Sie beide Werte.
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Knicken Sie den Versuch nach hinten um (um den Lemeffekt wirklich auf das Gefühl zu beschränken) und wiederholen Sie den Versuch mit einer anderen Streckenlänge.
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Bild 5.1. Abmessungen schätzen
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Bild 5.2. Papierstreifen zum Üben
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( b,o)
übungsaufgabe 5.2: o
o
Zeichnen Sie auf einem Papierstreifen an der oberen Kante zwei kurze Striche in einem jeweils vorgegebenen Abstand von 1,2,3,4,5,6,8, 10 und 12 mm.
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Messen Sie den wirklichen Abstand sofort nach und notieren Sie beide Werte .
• Knicken Sie den Versuch nach hinten um und wiederholen Sie den Versuch mit einem anderen Abstand.
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Bild 5.3. Abmessungen erzeugen
34
5 Augenmaß
5.2 Abmessungen ableiten Abmessungen, die über ca. 40 mm hinausgehen, lassen sich nicht mehr sicher schätzen und vor allem nicht mehr aus dem Gefühl erzeugen. Dann muß man Abmessungen aus vorhandenen Dingen ableiten. Solange das Improvisieren nicht länger dauert als die Handhabung eines Maßstabes , sind der Erfindungsgabe keine Grenzen gesetzt: ·200 und 300 mm: DINA4-Papier mißt 210 x 297 mm ; 10 und 3 mm lassen sich schätzen, und man erhält 200 bzw. 300 mm. • 100 und 150 mm: Lassen sich aus 200 bzw. 300 mm durch Falten ableiten. • Spanne zwischen Daumen und einem Finger (ausprobieren, mit welchem sich ein rundes Maß ergibt): 200 bzw. 250 mm • Die Breite eines (evtl. aufgedruckten) Daumens oder Fingers mag gerade 20 oder 25 mm ergeben (ausprobieren). • Münzen umfahren (die Auswahl ist nicht mehr groß): Ein 2-Cent-Stück ergibt 0 20.
5.3 Proportionen schätzen Beim Freihandzeichnungen kommt es aber nicht so häufig auf die genauen Abmessungen oder den Abbildungsmaßstab des gezeichneten Teiles an. Dafür hat man im Falle der Fertigungszeichnungen die Möglichkeit der Bemaßung. Wichtig ist in solchen Fällen nur, daß die Verhältnisse der Abmessungen untereinander, die Proportionen, mit der Vorstellung des Konstrukteurs oder der Wirklichkeit übereinstimmen. (Der Unterschied, ob man ein Teil proportioniert oder maßstäblich darstellt, ist nur ein gradueller: Bei maßstäblicher Darstellung bildet man die Proportionen aus Vielfachen des Millimeters.) Der Gebrauch von Taschenrechner, Maßstab und Winkel wirkt sich in doppelter Weise hemmend auf die Zeichengeschwindigkeit aus: Erstens durch den inneren Drang zu Genauigkeit, der leider schon durch das Vorhandensein dieser Instrumente ausgelöst wird und zweitens durch ihrununterbrochenes Aufnehmen, Benutzen und Weglegen. Man erwirbt nur dann Vertrauen in die (vorhandene) Fähigkeit zu schätzen, wenn man konsequent ohne Hilfsmittel übt und hinterher beim Nachmessen bestätigt wird, wie gering der Genauigkeitsverlust durch das Schätzen ist.
35
5.4 Halbie ren
5.4 Halbieren Das Halbieren ist wie alle in der Folge behandelten Schätzoperationen empfindlich für optische Täuschungen. Es ist deshalb unbedingt dafür zu sorgen, daß die zu halbierende Strecke an beiden Enden deutlich und gleichartig markiert ist nicht wie das bekannte Beispiel:
> Die Umgebung sollte ausgeglich en sein: Die Symmetrie der Schwärzung, die Symmetrie des "Gewichts" der Nachbarformen. Stift und Zeichenhand stören unter Umständen (Beleuchtung, Schlagschatten) auch . Je weniger ideal die Umstände sind, desto eher muß man mit Schätzfehlern rechnen. Besonders fehIcrträchtig ist das Halbieren der Seiten von Parallelogrammen:
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Bild 5.4. Halbierun g der Seiten von Parallelogrammen ist schwierig
Die Hälften an den spitzen Winkeln werden zu lang. Das Halbieren von Parallelogrammen kommt beim perspektivischen Zeichnen so häufig vor, daß man sich mit dieser Unzulänglichkeit nicht zufrieden geben kann. (In Abschn. 10.3 wird eine Lösung des Problems gegeben.) Unter bestimmten Betr achtungswinkeln gibt es eine gewisse Unsicherheit darüber, ob eine Strecke direkt oder über die Halbie rung des Blickwinkels halbiert wird. Beides führt zu unterschiedlichen Ergebnissen. Um diesen Konflikt zu verm eiden, sollte die zu halbierende Strecke immer quer ("horizontal ") vor dem Betrachter liegen.
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l1iTTE ~ Bild 5.5. Nicht schräg auf eine Strecke sehen, die halbiert werden soll
36
5 Augenmaß
Eine gute Methode zur Herstellung von Symmetrie ist, aus der zu halbierenden Strecke und dem Zeichenstift ein "T" zu bilden. Es gibt mehrere Ansätze, um die Täuschung durch Unsymmetrie weiter zu mildern: Die Zeichenhand möglichst weit weg bringen oder sie symmetrisch halten oder sie mit der anderen symmetrisch ergänzen.
Bild 5.6. Symmetrie mit Hand und Stift herstellen
37
5.4 Halbieren
Bei langen Strecken und in den Fällen, wo es auf Genauigkeit ankommt, trägt man von beiden Enden der Strecke gleiche Beträge ab (s. Abschn. 5.5 "Verdoppeln") und halbiert dann mit Augenmaß den verbliebenen Rest:
Bild 5.7. Lange Strecken halbieren
übungsaufgabe 5.3:
• Zeichnen Sie unregelmäßig verteilte Strecken mit einer Länge von 80 - 180 mm. • Halbieren Sie die Strecken nach Augenmaß. • Die zu halbierende Strecke sollte quer ("horizontal") vor Ihnen liegen. • Messen Sie jedesmal die beiden Hälften nach und notieren Sie die Werte .
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46
Bild 5.8. Strecken halbieren
4-2.
38
5 Augenmaß
5.5 Verdoppeln Das Verdoppeln ist dem Halbieren sehr ähnlich, weil man beim Schätzen wieder zwei Hälften vergleicht. Es gibt allerdings Situationen, in denen die Genauigkeit des Verdoppelns kritisch ist. (Beim Vervielfachen akkumulieren sich die Schätzfehler.) Dann ist es angebracht, die zu vervielfachende Strecke auf einem gefalt eten Papierstreifen oder an der Kante eines Papierbogens zu markieren und auf der verlängerten Strecke abzutragen.
Bild 5.9. Papierstreifenmethode zum Verv ielfachen von Strecken
Schneller ist die Methode, den Stift zum Abgreifen einer Strecke zu verwenden. Den Stift parallel zur Strecke legen, und zwar so, daß die Spitze über der linken Begrenzung der Strecke liegt. Mit der rechten Hand greifen und an die Stelle transportieren, an der das Maß benötigt wird. Mit dem linken Daumennagel auf dem Papier mark ieren.
Bild S.10. Abgreifen und Übertragen von Strecken
39
5.5 Verdoppeln ü bungsaufgabe 5.4:
• Zeichnen Sie Strecken mit einer Länge von 30 bis 80 mm, und zwar so, daß noch genügend Platz zum Verdoppeln bleibt. • Verlängern Sie zunächst die Strecke nach einer Seite hin. Damit die Verlängerung fluchtet , muß die Strecke auf Ihre Nase zeigen (das Papier drehen). • Markieren Sie die doppelte Länge nach Augenmaß. Die zu verdoppe lnde Strecke sollte quer ("horizontal") vor Ihnen liegen (das Papier drehen). • Messen Sie die beiden Hälften nach und notieren Sie die Werte . • Was ist einfacher bzw. genauer, Halbieren oder Verdoppeln?
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Bild 5.11. Strecken verdoppeln
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5 Augenmaß
5.6 Dritteln Dritt eln ist schwieriger als Halbieren und Verdo ppeln, besond ers, wenn die Strec ken größe r als ca. 30 mm we rde n. I. Die zu drittelnde Strecke sollte quer vor dem Zeichner liegen. 2. Der Zeichenstift sollte weit aus der Hand ragen, um nichts zu verdecken und um nicht abzulenken. 3. In einer ersten Schätzung werden die Drittel mit dünnen Punkten unterhalb der Strecke markiert. 4. Die Zeichenhand wird zurückgezogen, und die Dritt el werden miteinander verglichen - das linke Drittel mit dem mittleren und das mittlere mit dem rechten - als ob man die Gen auigkeit einer Halbierung beurteilen würde. Eine andere Methode ist, ein Drittel halb so lang zu schätzen wie die sich ergebende Reststrecke. 5. Ist die Drittelung nicht zufriedenstellend. werden die Punkte ausradiert, um beim näch sten Versuch nicht abzulenken. 6. Sind die notwendigen Korrekturen klein, markiert man die endg ültige Einteilung mit kleinen Strichen auf der Strecke. ü b ungsa u fga be 5.5:
• Zeichnen Sie Strecken mit einer Länge von 60 bis 180 mm • Die Strecken sollen leicht gegeneinander geneig t sein. • Dritteln Sie die Seiten mit dem beschrie benen Verfahren. • Messen Sie die Drittel nach und notieren Sie die Werte.
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5.6 Dritteln übungsaufgabe 5.6:
• Zeichnen Sie Quadrate mit einer Kantenlänge von 30 bis 60 mm. • Die Quadrate sollen leicht gegeneinander geneigt sein. • Achten Sie auf die Quadratform. • Dritteln Sie mit dünnen Punkten die Seiten . • Teilen Sie nun das Quadrat in 9 kleine Quadrate auf.
Bild 5.13. Quadrate dritteln übungsaufgabe 5.7:
• Zeichnen Sie Quadrate mit einer Kantenlän ge von 50 bis 80 mm. • Die Quadrate sollen leicht gegeneinander geneigt sein. • Achten Sie auf die Quadratform. • Halbieren Sie mit dünnen Punkten die Seiten. • Zeichnen Sie zwei Mittelpunktlinien ein. • Halbieren Sie die halben Seiten noch einmal. • Zeichnen Sie in die Ecken kleine Quadrate ein. • Die Linien immer von den Markierungen weg ziehen - nicht auf die Markierungen zu.
Bild 5.14. Quadra te vierteln
41
42
5 Augenmaß
5.7 Fünftein Fünftein ist bei Strecken unter ca. 30 mm einfach: Man teilt die Strecke mit ganz dünnen Punkten oberhalb der Strecke in Viertel, schätzt von einem Viertel 40% und bildet dam it das mittlere Fünftel. Die Reststrecken werden halbiert.
•, Bild 5.15. Kurze Strecken fünfteIn
Wenn man bei langen Strecken nur nach Gefühl arbeitet, ist das Ergebnis meistens unbefriedigend. Dafür gibt es die Zwanzigstel-Methode: 1. Die zu fünftelnde Strecke sollte quer vor dem Zeichner liegen. 2. Der Zeichenstift sollte weit aus der Hand ragen, um nichts zu verdecken oder um nicht abzulenken. 3. Die Strecke wird durch zweimaliges Halbieren (oberhalb) geviertelt. 4. Ein an der Mitte liegendes Viertel (jetzt ist es ja klein genug) wird nach Gefühl gefünftelt - ergibt Zwanzigstel. 5. Je zwei dieser Zwanzigstel werden nach rechts und links vom Mittelpunkt abgetragen und bilden das mittlere Fünftel. 6. Die beiden äußeren Viertel werden um 1/20 gekürzt. Man kann auch die Reststrecken (es sind 8120) halbieren.
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Bild 5.16. Lange Strecken fünfteIn
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43
5.7 FünfteIn übungsaufgabe 5.8:
• Zeichnen Sie Strecken mit einer Länge von ca. 15 bis 40 mm. • Die Strecken sollen leicht gegeneinander geneigt sein. • Fünfteln Sie die Strecken mit Augenmaß. • Messen Sie bei den längeren Strecken die Fünftel nach und notieren Sie die Werte .
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Bild 5.17. Strecken fünfteln: Übungsergebnisse übungsaufgabe 5.9:
• Zeichnen Sie Strecken mit einer Länge von ca. 60 bis 180 mm. • Die Strecken sollen leicht gegeneinander geneigt sein. • FünfteIn Sie die Seiten mit dem Zwanzigstel-Verfahren. • Messen Sie die Fünftel nach und notieren Sie die Werte .
44
5 Augenmaß
5.8 Winkel konstruieren Es gibt in der Technik einige bevorzugte Winkel. Man kann sie mit Sinus oder Tangens konstruieren oder sie aus dem Rechten Winkel entwickeln , indem man halbiert und drittelt. Die 30°-Konstruktion sollte man auswendig können.
15°: 1. Durch mehrfaches Halbieren 1/16 konstruieren 2. Bei 15/16 Senkrechte mit Länge 1/4 errichten
Bild 5.18. Konstruktion von 15°
22,5°: 1. Am Ende der Strecke Senkrechte mit Länge 2/4 errichten 2. Oberes Viertel dritteln
Bild 5.19. Konstruktion von 22,5°
30°: 1. Durch mehrfaches Halbieren 1/8 konstruieren 2. Bei 7/8 Senkrechte mit Länge 1/2 errichten.
Bild 5.20. Konstruktion von 30°
45
5.8 Winkel konstruieren
Die Konstruktionen der Winkel 10, 20 und 40° sind miteinander verwandt. Sie sind abe r selten; nur der Vo llständig keit halber:
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Bild 5.21. Konstruktion von 10, 20 und 40°
Übungsaufgabe 5.10: • Konstruieren Sie (evtl. 10: 1 vergrößert) die Konturen fol gender Formen: • gleichseitiges Dreieck • Gewindeprofil, schematisch, ohne Radien • Zentrierbohrungen Form A (normal) und B (mit Schutzsenkun g) • Spitze Spiralbohrer • Senkko pf • Maßpfei l, Oberfl ächenzeic hen. Kantenzustand
46
5 Augenmaß
5.9 Winkel teilen Durch die gegeneinander geneigten Geraden und Unsymmetrie besteht die Gefahr optischer Täuschungen. 1. Gleichlange Strecken auf den Schenkeln des Winkels markieren, indem man eine Strecke willkürlich festlegt und dann diese Strecke in Gedanken um den
Winkelscheitel auf den anderen Schenkel klappt.
2. Bogen (Sehne nur bei kleinen Winkeln) zur Herstellung von Symmetrie sehr dünn zeichnen. 3. Papier so drehen, daß der Winkel symmetrisch vor einem liegt. 4. Halbieren : Mitte des Bogens markieren und Winkelhalbierende vom Scheitel aus ziehen. (Papier drehen) 5. Dritteln: Drittel dünn markieren, vergleichen, evtl. Markierungen radieren und wiederholen, Winkeldrittelnde vom Scheitel aus ziehen. (Papier drehen) 6. Bei Winkeln über 1800 den Komplementärwinkel bearbeiten.
Bild 5.22. Winkel teilen
übungsaufgabe 5.11: • Zeichnen Sie Winkel mit einer SchenkeUänge von ca. 50 mrn. • Varieren Sie die Lage der Winkel (nach unten, oben, seitwärts geöffn et) • Zeichnen Sie spitze und stumpfe Winkel (auch über 180°). • Halbieren oder dritteln Sie die Winkel.
47
5.10 Kreisumfang durch 5,7 und 9 teilen
5.10 Kreisumfang durch 5, 7 und 9 teilen Zum Zeichnen von Kreisen benutzt man häufig das einhüllende Quadrat als Zeiehengerüst. Es bietet sich also an, Kreisteilungen nicht auf dem Kreis, sondern auf dem einhüllenden Quadrat vorzunehmen. Das hat gleichzeitig den großen Vorteil, daß die entsprechenden Techniken dann auch in der Perspektive - wo Winkelmesser nicht wei terhelfen - zur Verfügung stehen. Mit den in Abschn. 5.8 vorgestellten Winkel konstruktionen lassen sich bestimmte geradzahlige Teilungen (Sechseck, Achteck, Zwölfeck ) gut bewältigen. Für die ungeradzahligen Teilungen verwendet man am besten die folgenden Rezepte. Solange man (unverzerrt) in der Ebene arbeitet , läßt sich die Konstruktion über das Verdoppeln oder Halbieren von Winkeln beschleunigen. Die Konstruktionen sind an sich nicht erklärungsbed ürftig. Das Prinzip besteht immer darin, durch einfach durchzuführende Teilungen auf den Seiten des einhüllenden Vierecks Punkte zu gewinnen, durch die man die Strahlen ziehen kann , die den Kreisumfang gleichmäßig teilen. Zeichnet man den Kreis mit ein, erhält man die Eckpunkte des Fünfecks, des Siebenecks und des Neunecks.
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Bild 5.23. Kreisumfang durch 5 teilen
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49
5.11 Trigonometrische Konstruktionen
5.11 Trigonometrische Konstruktionen Es ist manchmal notwendig, eine Strecke um einem Faktor zu verkürzen oder zu verlän gern. Diese Fakt oren sind: ../2/2, -./3/2 und rrJ2.
Bild 5.26. Zusätzlichen Kreispunkt konstruieren (.J2/2 = 0,707...)
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Bild 5.27. 2 Näherun gen für cos 30° (v3 /2 =0,866...)
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Bild 5.28. Abwicklun g des (viertel) Kreisumfanges (rrJ2 = 1,570...)
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6 Technische Formen
6.1 Formen erkennen Alle Formelemente eines techni schen Gebildes stehen (über Ihre Abmessungen) in einem festen Größenverhältnis zueinander. Wenn auch die Abbildung naturgetreu wirken soll , müssen dieselben Größenverhältnisse auch in der Abbildung beibehalten werden. Da man beim Freihandzeichnen die Zeichnung selten über Maße und einen Maßstab aufbauen wird , muß man in der Lage sein, erstens geeignete Proportionen im Gebilde zu erkennen und zweitens deren Wert zu bestimmen. Das Denken in Proportionen ist auch deshalb so wichtig, weil sie sich beim Verzerren durch perspektivische Ansichten nicht ändern. übungsaufgabe 6.1:
• Aus welchen Formelementen bestehen die folgenden technischen Formen? Suchen und markieren Sie die darin enthaltenen Proportionen .
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Bild 6.1. Proportionen von technischen Formen
51
6.1 Formen erkennen
Fast alle genormten Formen von Maschinenelementen sind innerhalb ihrer "Familie" geometrisch ähnlich. Zumindest gibt es eine stetige Veränderung der Proportionen mit der Abmessung. Freihandzeichnungen gewinnen an Realismus und an Geb rauchswert, wenn die gezeichneten Maschinenelemente in ihren Proportionen stimmen. Man sollte sich deshalb die Proportione n der Dinge , mit denen man sich im Beruf umgeht , einprägen. S W~ 0 , 8 ·-:0 ~ O,9 ·D
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Bild 6.2. Proportionen von Normteilen
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6 Technische Formen
6.2 Formen erzeugen Viele technische Gebilde bestehen aus so viel einzelnen Formelementen, daß man sie nicht aus dem Stand sofort zeichnen kann. Man braucht eine Strategie, nach der man eine Form schrittweise entwickelt. Dazu gibt es mehrere Methoden: l. "Aus dem Vollen fräsen": Der zu erzeugende Körper wird in eine ihn einhüllende Grundform (Quader, Prisma, Zylinder, Kegel, etc.) gedanklich eingebettet und dann durch Wegnehmen von Stoff (abtrennen, fräsen, schleifen, erodieren, stanzen, etc.) schrittweise herausgearbeitet.
Bild 6.3. Aus dem Vollen gearbeitete Form
2. In einem Koordinatensystem (2D, 3D) anordnen und verbinden: Grundformen werden in einem Koordinatensystem angeordnet und je nach der gewünschten Funktion miteinander verbunden. Die Verbindungen sind entweder wieder Grundformen oder ansonsten nicht weiter definierte Übergangsformen. (Hebel, Rohrleitungen, Stahlbaustrukturen)
Bild 6.4. Zwei verbundene Formen: Kettenglied , Übergangsstück
6.2 Formen erzeugen
53
3. Aneinanderreihen. stapeln: Grundformen (Quader, Prisma, Zylinder, Kegel, etc.) werden aneinandergereiht und verbunden. Bei Schweißkonstruktionen werden z.B. Bleche und Profilabschnitte aneinandergesetzt. Bei Wellen beschränkt sich die Erzeugung der Form darauf, daß Objekte wie Lagersitze, Bunde , Ringnuten, Gewinde, Freistiche, Kegelstumpfe und Wellenstücke verschiedener Oberflächenqualitäten auf die Achse "aufgefädelt" werden.
Bild 6.S. Aneinandergereihte Form: Kugelbolzen
4. Verformen: Manche Formen werden erzeugt, indem eine geometrisch definierte Ausgangsform elastisch oder plastisch verformt wird. Solche Formen können schwer zu erfassen und zu zeichnen sein. Meist begnügt man sich mit einer angenäherten oder stilisierten Darstellung. (Membranen, Seile, Segel, belastete Reifen , Glasteile. etc.)
Bild 6.6. Formen, die durch die Art der Verformung erzeugt werden.
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6 Technische Formen
Je nach Betrachtungsabstand und Zweck wird man Formen verschieden behandeln . Einen Schiffsrumpf kann man nach Met hode! und 2 beschreiben, ein Drehteil nach Methode 1 und 3, Biegeteile nach Methode! und 4, etc. Es ist eine Frage der Erfahrung und des Geschicks , jeweils die Methode zu finden , mit der sich eine Form am übersichtlichsten beschreiben oder erzeugen läßt. Beispiel: Hebe l I. Funktionsflächen an den gewünschten Orten anordnen (Methode 2). 2. An Funktionsflächen "Fleisch" (3 Grundkörper) anbringen (Methode 3). 3. Grundkörper mit Übergangsformen verbinden. 4. Hebel verformen (Methode 4) und große Bohrung verstärken (Met hode3).
Bild 6.7. Erzeugung einer Form
6.2 Formen erzeugen
55
übungsaufgabe 6.2:
• Mit weicher Methode oder Kombination von Methoden lassen sich die in Bild 6.8 dargestellten Formen am leichtesten erzeugen?
Bild 6.8. Erzeugung komplexer Formen
56
6 Beschreibung der Form
Viele formgestaltete Gegen stände, insbe sondere die des täglichen Bedarfes, weniger technische Gege nstände, bieten erhebliche Schwierigkeiten beim Zeichnen, weil sie sich nicht ohne weiteres in die einfachen Grundformen Rechteck, Kreis , T rapez, Dreieck, Ellipse , etc . zerlegen lassen. Solange auch die Funktion oder die Fertigungstechn ologie eine s Teiles keine der Methoden zur Formentwicklung nahelegt , ist es sinnvoll, komplizierte oder unübersichtliche Formen ers t einmal in einfa che geometrische Grundformen einzuhüllen. Bei flächigen Objekten bietet sich meistens ein Rechteck oder seltener ein Kreis an. Bei räumlichen Objekten ist ein Quader, ein Zylinder, oder ein "spezialisiertes" Prisma angebracht. Dann überlegt man sich, ob man nicht mit abstrakten Hilfsmitteln , wie Tangente , Verlängerung, Parallele, Symmetrie, Max imum, Minimum, Inkreis, Umk reis, eingeschmiegter Kreis, Ellipse, Sinus, Straklatte, etc. Teile der Kontur beschreiben kann .
Bild 6.9. ModelIierung eines Reifenquerschnittes
Die letzte Rettung ist ein Raster, das man über die Form legt. Die Lage der Sc hnittpunkte mit dem Raster läßt sich durch Abzähl en (... liegt auf der 5. Rasterlinie...) und Schätzen (... schneidet von der Kante des 2. Kästchens l/2 ab ...) einfach feststellen und übertragen . Die Schnittpunkte müssen dann mit Gefühl freihändig verbunden werden. Ein Raster ist natürlich nichts anderes als die punktweise Definition einer Form mit Koordinaten.
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Bild 6.10. ModelIierung mit Raster
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6.2 Formen erzeugen
Zahnräder, Gewinde, Propeller, Spiralbohrer, Fräser, etc. laden wegen ihrer komplizierten Form nicht gerade zum Zeichnen ein. Am Beispiel eines Spiralbohrers sei gezeigt, daß die Abneigung gegen diese Formen unbegründet ist wenn man nur einm al die Form bewußt analy siert: 1. Die einhüllende Grundform eines Spiralbohrers ist ein Zylinder. An der
Spitze erkennt man die beiden Schneiden und die Querschneide. 2. Wegen der 2 Schneiden muß der Bohrer 2 Spannuten haben - also "2-gängig" sein. (Es ist hier wichtig, zu wissen, daß Wendeln von der Seite gesehen sinusförmig erscheinen.) Steigung der Nuten: schätzungsweise 6-facher Durchmesser. Wegen der Zweigängigkeit wiederholt sich das Muster alle 3 Durchmesser. Form der Freifläche erfassen und zeichnen. 3. Objektweise vorgehen: Wie verlaufen die Nebenschneiden, wo sie sichtbar sind , und wie sehen sie aus? Zwischen den Punkten, wo sie auftauchen und wieder verschwinden, einen Hilfspunkt anbringen. 4. Wie verlaufen die Kanten zwischen Nebenfreifläche und Spannut? Sie folgen den Neben schneiden mit einem Abstand von einer Viertel umdrehung. 5. Fehlende Kanten lokalisieren, zuordnen und sichtbare Partien zeichnen.
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Bild 6.11. Schrittweiser Zeichnungsaufbau: Spiralbohrer
7 Bogen und Kreise
Die Technik bevorzugt die Rotat ion . Entweder sind die Teile se lbst rotationssy mmetrisch oder sie werden von rotierenden oder rota tions symmetri schen Werkzeu gen erzeugt. Man darf deshalb nicht er wart en , um das nicht gan z einfache Zeichnen von Kreisen herumzukommen. Außerdem ist man beim Konstruieren außerordentlich behindert, wenn man die Darstellung von Krei sen fürchten muß. Ingenieure bezeichnen Kreisbogen meistens als Radien , obwohl der Radius nur eine Eigen schaft des Bogens ist. Bogen sind einfach zu zeichnen, wenn sie entweder einen großen Radius haben oder kurz sind. Die Bogen können aus dem gesamten Arm , dem Unterarm oder aus der Hand kommen . Der genaue Wert des Radius spielt meistens keine Rolle. Kleine "Radien" haben oft nur symbolisc hen Charakter. Da Bogen schwierig einzuschmiegen sind (man muß sich gleichzeitig auf die Form und die Lage konzentri eren), sollte man die Bogen immer zuerst zeichnen und erst dann die Tangenten daranlegen. Beim Zeichnen eines Bogens so llte man die Kinematik des Armes bzw . der Hand berücksichtigen und das Papier so drehen , daß der Mittelpunkt des zu zeichnende n Bogens etwa unter dem benutzten Gel enk zu liegen kommt:
Bild 7.1. Günstige und ungünstige Stifthaltung beim Zei chnen von Bogen
Kreise erfordern oder erlauben je nach Größe und Situati on verschiedene Zei chcntechniken.
7.1 Kreisdurchmesser 50 bis 200 m m
59
7.1 Kreisdurchmesser 50 bis 200 mm Handzirkel. Große Kreise lassen sich mit dem "Handzirkel " ziehen . Man benutzt einen Fingernagel als Zirkel spitze und schafft in der Hand eine möglichst starre Verbindung zum Zeichenstift (verschiedene Stifthaltungen ausprobieren). Der Handzirkel ergibt fast perfekte Kreise, die sich gut als Gerüst für Details eignen.
1. Ausreichend Platz schaffe n auf einer glatten Zeichenunterlage. Die Hände müssen sauber und trocken sein. An zwei Ecken Ese lso hren andeuten.
Bild 7.2. Hand zirkel
2. Kreismittelpunkt und Radiu s dünn markieren. 3. Stift wie geze igt oder gewohnt oder erprobt fassen und Daumennagel am Mitt elpunkt aufsetzen. Es gehört Übung dazu , den Daumennagel richtig aufzusetzen, weil das Papier sich um eine Kreisfläche von ca . 2 mm Durchmesser dreht. Ein weicher Untergrund verringert das Wandern des Daumennagels, also 2-3 Bogen Papier oder weiche Pappe unterlegen. 4 . Durch Verschieben des Stiftes Radius einstellen. Handmuskulatur anspannen. 5. Stift leicht aufdrücken - wenig er als den Daumennagel. 6. Das Papier an den Eselsohren mit 2-m aligem Umgreifen mit der linken Hand unter dem "Handzirkel " gegen den Uhrzeigersinn durchdrehen. 7. Da man nur eine graue , dünne Linie erhält, muß man den Krei s evtl. mit der gewünschten Linienbreite nachfahren. Das Papier wird leicht unter dem Daumennagel zerrieben und der Kreismittelpunkt wird schmuddel ig. Konzentris che Vollkreise sind schw ierig.
60
7 Bogen lind Kreise
übungsaufgabe 7.1:
• Zeichnen Sie mit dem Handzirkel Viertelkreise (r = 25 bis 100 mm) in ein Achse nkreuz. • Messen und notieren Sie die sich ergebenden Achsenabschnitte • Versuchen Sie das Aufsetzen des Daumennagels so zu korrigieren, daß sich gleiche Achsenabschnitte ergeben.
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Bild 7.3. Viertelkre ise mit dem Handzirk el
Übungsaufgabe 7.2 :
• Zeichnen Sie um ein kleines Kreu z zwe i konzentrische Kreise. Differenz der Radien etwa 8 bis 15 mrn. • Messen und notieren Sie die breiteste und schmalste Stelle zwischen den Kreisen .
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Bild 7.4. Konzentri sche Kreise mit dem Handzirkel
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7.1 Kreisdurchmesser 50 bis 200 mm
Freihändiger Kreis. Auch große Kreise lassen sich völlig frei, nach Gefühl zeichnen. Das Gelingen läßt sich allerdings schlecht vorhersagen , so daß der Kreis als erstes gezeichnet werden sollte, um das Blatt bei Mißlingen bedenkenlos wegwerfen zu können. Die so gezeichneten Kreise machen oft einen befriedigenden Eindruck - trotz beträchtl icher objektiver Unrundheit. Sie eignen sich nicht als Gerüst für Details. I. Stifthaltung wie bei den langen Geraden. Handkante und Kleiner Finger wirken als Reibungsdämpfer. 2. Möglichst senkrecht auf den Kreis sehen (Verzerrungen vermeiden) 3. Oben ansetzen, gegen den Uhrzeigersinn zügig durchziehen. 4 . Mittelpunkt nachträglich eintragen.
Bild 7.5. Freihändiger Kreis
Papierstreifenzirkel. Man faltet einen Papierstreifen und markiert an der Faltkante den gewünschten Radius. Dann markiert man - den Papierstreifen um den Kreismittelpunkt schwenkend - alle 10 bis 20 mm Stützpunkte für den dann aus Bogenstücken zusammengesetzten Kreis. Der Aufwand lohnt sich für Kreise oder Bogen mit großen Durchmessern und wenn es auf Konzentrizität ankommt.
Bild 7.6. Papierstreifenzirkel
62
7 Bogen und Kreise
Zentralenmethode. Sie ist verwandt mit dem Papierstreifenzirkel 1. Ein Kreuz aus Mittellinien zeichnen. Etwas größer als der geplante Durchmesser. Auf der X-Ach se sorgfältig die Radien markieren; dann die Radien auf die Y-Achse durch Schwenken übertragen 2. Zwei Winkelhalbierende (oder bei großen Kreisen: vier Winkeldrittelnde) einzeichnen. 3. Die Durchmesser auf die Winkelhalbierenden übertragen . 4. Kreis stückweise aus Bogen zusammensetzen. Dabei das Papier immer so drehen , daß der Mittelpunkt des Bogens unter dem "Drehpunkt" der Hand liegt. Knicke an den Ansatzstellen der Bogen vermeiden. 5. Kreis nach Bedarf breit ausziehen. Bogenanfänge zum Ausgleich von Knicken versetzen.
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Bild 7.7. Zentralenm ethode
7.2 Kreisdurchmesser unter 50 mm
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7.2 Kreisdurchmesser unter 50 mm Quadratmethode. Diese Hilfskonstruktion läßt sich sinngemäß für das Zeichnen von Ellipsen verwenden. Es ist wichtig, ein Gefühl für die "Einmündung" der Kreisbögen in die Tan genten zu bekommmen. 1. Durch zwei Mittellinien den Kreismittelpunkt festlegen. Auf den Mittellinien den gewünschten Radius markieren - erst in X- und dann in Y-Richtung. 2. Durch die Markierungen ein Quadrat zeichnen - sehr dünn ; Parallelen immer paarweise zeichnen; erst linke, dann rechte Kante; Papier drehen . 3. Das Papier so drehen , daß der Mittelpunkt des zu ziehenden Bogens unter die Hand zu liegen kommt. In jedem Quadranten einen dünnen Bogen ziehen. Man kann den Bogen auch punktieren. Auf die Tangentenbedingung am Anfang und Ende des Bogens achten. Papier für jeden Bogen drehen . 4. Den Krei s nach Bedarf breit und schwarz ausziehen. Bögen um 45° versetzt beginnen, um nicht eingehaltene Tangentenbedingungen zu "heilen ". Konzentrische und überlappende Kreise gelingen nicht gut wegen der ineinander ver schachtelten Quadrate. Bei konzentri schen Krei sen zeichnet man den äußeren mit der Quadratmethode und den inneren danach mit konstantem Ab stand zum äußeren .
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Bild 7.8 . Kreise mit einhüllendem Quadrat
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7 Bogen und Kreise
Kreise mit einem Durchmesser von weniger als 15 mm haben meistens nur Symbolcharakter ("... aha, ein Kreis...") und sind lediglich eine ästhetische Herausfo rde rung. Sie werden um den gedachte n Mittelpunkt in der gew ünschten Breite und Schwärze frei gezeichnet. (Es hilft , sie punktiert vorzuzeic hnen.) Die Handwurzel liegt dabei fest auf, die Kreisbewegung des etwas kürzer gefaßten Stiftes (Schreibhaltung) kommt aus den Fingern. Die großzügi g überragenden dünnen Mittellinien werden möglichst erst anschließend eingezeichnet.
Schleifenlinien. Sie haben auf den ersten Blick nicht viel mit Kreisen zu tun. Sie dienen als Bruchlinie für abge brochene Drehteile, die nur in einer Ansicht dargestellt werden sollen, und haben die gleiche Sy mbolik wie ein Kreis. Man sollte sie wegen ihrer plasti schen Wirkung der ein fachen Bruchlini e vorziehen. 1. Sc hleifenlinie n münden tang ential in die Man tellinien 2. Die Bruchfl äche ragt über die Mittellinie hinaus. 3. Die Bruchfl ächen de r "Bruchstücke " liegen sich diagonal gege nüber.
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7.2 Kreisdurchmesser unter 50 mm Übungsaufgabe 7.3:
• Zeichnen Sie mit der Quadratmethode Kreise mit Durchmessern von 30 bis 50 mrn. • Nehmen Sie immer an , daß der Kreis um einen bestimmten Punkt gezogen werden muß . • Zeichnen Sie auf einem Blatt erst das Kreuz und dann das Quadrat; auf einem zweiten Blatt erst das Quadrat und dann das Kreuz . • Kreise breit und schwarz ausziehen.
übungsaufgabe 7.4:
• Zeichnen Sie mit der Quadratmethode immer zwei zusammengehörige Kreise verschiedenen Durchmessers. • Legen Sie an beide Kreise Tangenten. Die Kreise dürfen nicht vom Stift verdeckt werden . Das Papier so drehen, daß die Tangente auf die Nase zeigt. • Ziehen Sie die Linien so aus, daß sich ein "Riementrieb" ergibt.
Übungsaufgabe 7.5:
• Zeichnen Sie mit der Quadratmethode Kreise mit einem Durchmesser von 50 mm. • Zeichnen Sie einen kleineren konzentrischen Kreis . • Markieren Sie 3 Sektoren zu je 120 mit Mitte11inien. 0
• Zeichnen Sie 3 Kreise nach Art eines Planetengetriebes ein.
Bild 7.11. Übungsbeispiele zu Kreistechniken
8 Konstruieren
Das Konstruieren ist wie jeder kreative Prozeß außerordentlich komplex und in seinen Ergebnissen unvorhersagbar. Sicher ist aber, daß es ein iterativer Prozeß ist, bei dem man unweigerlich auf ergonomische, technische und kaufmännische Unverträglichkeiten stößt, die man dann durch Varianten, Alternativen oder im schlimmsten Fall durch Neudefinition zu lösen sucht. Dem einschlägig Begabten und Erfahrenen macht das Konstruieren Spaß, um so mehr , je wirkungsvoller die dabei benutzten Hilfsmittel sind. Dazu gehören auf jeden Fall die Computersimulation, das Programmieren, das Experimentieren und das Modellieren. Für die Beteiligten ist dabei sehr wichtig , daß der Konstruktionsprozeß im Fluß bleibt und nicht in einem formalen Vorgehen erstickt, sondern daß sie je nach dem aktuellen Problemstand die Methode wechseln können. Damit bleiben Elan und Kreativität erhalten. Bei diesem flexiblen Methodenwechsel ist die Skizze in ihrer Einfachheit und Flexibilität unentbehrlich. Zweiflern wird das spätestens dann einleuchten, wenn sie eine der folgenden Aufgaben ohne Papier und Bleistift lösen müßten. 1. Aufgaben und Probleme begreifen 2. Vorstellungen von Gesprächspartnern nachvollziehen 3. Ideen sammeln 4. Abläufe und logische Zusammenhänge darstellen 5. Formeln herleiten 6. Formen gestalten 7. Alternativen entwickeln 8. Lösungen variieren 9. Lösungen detaillieren Der eigentliche Vorteil der Skizze liegt darin begründet, daß das menschliche Gehirn in seinem Arbeitsspeicher, dem Kurzzeitgedächtnis, nicht mehr als 7 Objekte (Dinge, Zusammenhänge, Operationen) gleichzeitig parat halten kann und einen schnellen, nicht belastenden Zwischenspeicher benötigt. Zudem ist das Zeichnen "mode-free": Man kann völlig frei und ohne nachzudenken zwischen Bild, grafischer Funktionsdarstellung, Formeln, Rechnungen, Tabellen, Text und entspannenden Krakeln hin- und herschalten wie es gerade notwendig ist.
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8 Konstruieren
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Bild 8.1. Abläufe und logische Zusammenhänge : Synchronisation von 2 Pressen und 1 Roboter
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Bild 8.2. Physikalische Zusammenh änge: Biet-Zahl - wie groß ist der Tempera turgradient?
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Bild 8.4. Mit Gespräch spartnern diskutieren: Vorwärmung von reaktivem Kunstharzpulver
Bild 8.3. Formeln herleiten: Doppelkniehebel <, ~, ,-..~.......... ;;,---:--.'.', <,
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8.1 Dimensionierung
8.1 Dimensionierung Dimensionierung ist nicht nur das Ergebnis von Festigkeits- oder Verformungsrechnungen, sondern ist meistens ein Problem der räumlichen Verträglichkeit: Die Teile müssen montierbar und bedienbar sein und dürfen sich nicht durchdringen. Ein großer Vorteil des Zeichnens mit CAD oder Lineal ist, daß der Konstrukteur die räumliche Verträglichkeit, die Summe von Maßen, die Flächen, die Gewichte und die Proportionen und noch manches andere mehr zu jeder Zeit exakt zur Verfügung hat. Diese Daten auch in einer Handskizze fehlerfrei zu managen erfordert erhebliche Konzentration und vor allem eigene Rechenarbeit. Man wird sich deshalb auf die überschlägige Ermittlung von Platzbedarf, Gesamtabmessungen, Toleranzketten, Gewicht, Geschwindigkeiten, Kräften, Spannungen, usw. beschränken. Die Skizze ist in allen Fällen auch ein Sicherheitsfaktor dafür , daß man sich nicht täuscht oder etwas übersieht. Bild 8.5a. Dimensionierung : Platzbedarf Pressensäule
Bild 8.5b. Dimen sionierung: Plattengröße hydraulische Presse
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8.1 Dimensionierung
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Bild 8.6. Dimensionierung: Stichrnaß für Schraubenbohrung
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Bild 8.7. Dimensionierung: Toleranzkette Einbauraum 2/2- Wegeventil
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8.2 Freihändige Fertigungszeichnungen
8.2 Freihändige Fertigungszeichnungen Wer sich einmal bewußt gemacht hat, welche Zeit allein die Vorbereitung und Herstellung einer CAD-Zeichnung in Anspruch nimmt, der lernt die Einfachheit und Schnelligkeit der freihändigen Fertigungszeichnung besonders schätzen. Er muß natürlich darauf achten, daß es nicht zu komplizierte Teile sind, daß nicht das CAD-organisierte Zeichnungssystem in Unordnung gerät und daß man sich nicht um die Vorteile des CAD (Änderungen) bringt. Auf jeden Fall ist eine freihändige Fertigungszeichnung eine hervorragende Vorstufe zu einer CAD- Konstruktion. Es empfiehlt sich, die Fertigungszeichnung in 2 Phasen anzufertigen:
1. Entwurf mit Bleistift, wobei alle Linien absichtlich miteinander verwoben sind und sich nur geringfügig in ihrem Kontrast zum Papier unterscheiden. In diesem Entwurf wird durch Radieren und Durchstreichen und Ergänzen geändert, bis die endgültige Gestalt festliegt. 2. Die Linien, die nach den Normen Bedeutung tragen, werden mit einem breiten oder schmalen schwarzen Strich hervorgehoben. Dadurch treten die dünnen und grauen Linien zurück und ersparen das mühsame und schmierende Radieren. Man kann die Linien auch mit schwarzer Tinte (Füller, Filzstift) ausziehen. Mit zunehmender Übung wird man immer weniger vorzeichnen und immer mehr mit schwarzem Strich (Blei oder Tinte) arbeiten. Man kann schließlich auch ganz auf das Vorzeichnen verzichten und hinterher mit Korrektur-Fluid ausbessern. Praktische Empfehlungen: 1. Die Konturen und Hilfslinien werden mit angeschliffener Mine vorgezeichnet. Alle Linien sollten sehr dünn und schwach sein, damit falsche und überflüssige nicht radiert werden müssen. Hellgrau-breite Linien vermeiden. 2. Linien sollten möglichst in einem durchgezogen werden. In den Fällen, wo die Hand fest auf dem Papier liegt, kann man Bogen und Kurven auch punktieren. Beim Vorzeichnen könnte man auch durchgehend mit einem 0.3er Stift arbeiten. 3. Wegen des - verglichen mit einer DIN Al-Zeichnung - geringeren Informationsgehaltes müssen auch nicht alle Details vorgezeichnet (d.h.: vordem Vergessen bewahrt) werden. 4. Notizen und Rechnungen schreibt man an Stellen hin, wo man sie bequem wieder wegradieren kann.
71
8.2 Freihändige Fertigungszeichnungen
5. Die gültigen Linien werden hervorgehoben, indem man sie als breite, schwarze Linien auszieht. Es gibt das Problem, daß schmale Linien nachgezeichnet unsauber aussehen. Deshalb schmale Linien nicht vorzeichnen, sondern zum Schluß direkt einzeichnen. 6. Reihenfolge des Ausziehens: Mittellinien, Kanten, Bruchlinien, Schraffur, Symbole, Maß- und Maßhilfslinien, Maße, Text. Die Stifthaltung beim Ausziehen ist verändert. Der deutliche Druck erfordert eine steilere Haltung. Wegen des nur kurz aus der Hand ragenden Stiftes muß man häufiger absetzen. Linien nicht überlappen lassen oder ein zweites Mal nachfahren - es entstehen sonst (sehr untechnisch) schwankende Linienbreiten.
Bild 8.8a. Stifthaltung für breite schwarze Linien
Damit die Zeichenhand die schon gezeichneten Partien nicht verschmiert, deckt man sie mit einem sauberen Papierrest ab. Die Zeichenunterlage darf nicht zu weich sein (versehentlich untergelegtes Papier), sonst gräbt sich die Mine in das Papier ein.
Bild 8.8b. Unterschiedliche Linienbreiten mit dem Füller
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8.3 Arbeitsfolge bei Fertigungszeichnungen
8.3 Arbeitsfolge bei Fertigungszeichnungen I. Je größer das Papierformat, desto besser - man kann die Zeichnung immer noch auf dem Kopiererverkleinern. Großzügige Blattaufteilung mit Hilfe des einhüllenden Quaders: Im Zweifelsfall das Teil lieber etwas kleiner darstellen und dafür mehr Platz zwischen den Ansichten lassen . 2. Teil aus einzelnen Formelementen und Grundkörpern in allen Ansichten gleichzeitig konstruieren. Dabei ganz dünne und schwache Linien verwenden. Symmetrielinien kann man gleich schwarz zeichnen. 3. Schnitte und Ausbr üche festlegen. Schraffieren . 4. Konturen und Kanten breit und schwarz ausziehen. (Wer einen Kopierer in der Nähe hat, kann die Zeichnung fixieren, indem er sie kopiert, und danach auf der Kopie weiterarbeiten - Fehler bei der Bemaßung lassen sich auf der Kopie leichter radieren) 5. Allgemeine Angaben (Stoff, Oberflächengüte, Wärmebehandlung, etc .) oben auf dem Blatt vermerken. 6. Bemaßung aus dem Stehgreif: Maßhilfslinien und Maßlinien und sonstige Symbolik gleich dünn und schwarz einzeichnen. Dabei muß man objektweise vorgehen, d.h.jedes Formelement, jeden Bearbeitungsgang vollständig festlegen, bevor man zum nächsten übergeht: • Wie groß muß das Objekt sein? • An welcher Stelle muß es liegen? • Ist eine zusätzliche Tolerierung der Form oder der Lage notwendig? • Muß eine besondere Oberflächengüte angegeben werden? • Wo kann die Oberfläche beliebig / unbearbeitet sein? • Wo müssen Grate beseitigt werden? • Sind Zentrierbohrungen und Freistiche notwendig? • Hinweise für eine zeitsparende Fertigung geben. Großzügige, vereinfachte Maßhilfslinien und Maßlinien verwenden. Nichts quetschen, nichts zwingen. Daran denken, daß jedes Maß zunächst immer aus Nennmaß und Abmaßen besteht. Also für jedes Maß sicherheitshalbereinen Platz von ca. 20 mmlassen - die Maße werden erst im nächsten Schritt eingetragen. Durch die Bemaßung aus dem Stehgreifkommt es manchmal zu Platzproblemen. Dann ist Radieren unvermeidlich. 7. Jetzt erst Nennmaße und Abmaße eintragen. Wenn man ein Maschinenteil aufnimmt (abzeichnet und bemaßt), wäre es außerordentlich zeitraubend, das Zeichnen ständig durch Messen und Schreiben zu unterbrechen. Große, deutliche, schwarze Ziffern und Zeichen eintragen. Text eintragen. 8. Teilebezeichnung, Datum und Namen deutlich schreiben. Firmenstempel. Fixieren durch Kopieren.
73
8.3 Arbeitsfolge bei Fertigungszeichnungen
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Bild 8.9. Beispiel Fertigungszeichnung: Kugellager - Halterung
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8.3 Arbeitsfolge
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8.4 Maßstäbliche Konstruktionen
8.4 Maßstäbliche Konstruktionen Viele Konstruktionsaufgaben werden auf der Ebene der Gestaltung gestellt und gelöst. Eine vorhandene Gestalt - beschrieben durch Stoff, Form und Abmessung - wird zu einerneuen Gestalt weiterentwickelt. Während man also skizzi erend nach neuen Formen und Abme ssungen sucht und Alternativen vergleicht, ist man darauf angewiesen , seinem Ingenieurgefühl (für Mindestquerschnitte, Zugänglichkeit, HersteIlbarkeit, etc.) laufend Anhalt spunkte zur Beurteilung geben zu müs sen. Die sind am ehe sten bei einer maßstäblich en Darstellung gegeben, und deshalb geht man sehr bald an das Zeichenbrett oder an den Computer, die aber beide den Nachteil haben, dem Vorstellungsvermö gen nicht folgen zu können. Das untenstehende Beispiel (MI: I) zeigt , daß es möglich ist, mit einem trainierten Gefühl für Abmessungen (s. dazu auch Abschn . 5.1) einfache Konstruktionen maßstäblich auszuführen. Es handelt sich um die bekannte Aufgabe, für zwei gegebene Teile eine Schraubenverbindung M16 unter Beachtung genormter Abmessungen und der Mindest-Einschraubtiefe zu konstruieren. Die Maßabweichungen durch das Schätzen sind gering. Das Konstruktionsergebni s ist das gleiche wie unter Zuhilfenahme eines Maßstabes.
50 MIN
30
Bild 8.1]. Maßstäbliche Konstruktion
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76
8.5 Kopfrechnen
8.5 Kopfrechnen Das freihändige Zeichnen ist deshalb so schnell, weil man nur mit Papier und Bleistift hantiert und dabei keine weiteren Hilfsmittel benötigt. Auch ein Taschenrechner kann stören. Deshalb ist es oft schneller, einfache Rechnungen im Kopf zu machen oder "zu Fuß" auf dem Papier - als Gedankenstütze. Außerdem gibt es Situationen oder Rechenoperationen, bei denen man mit Kopfrechnen schneller ist als mit dem Taschenrechner, nämlich dann, wenn man Rechenergebnisse direkt sieht. Kopfrechnen verringert die Gefahr, daß man sich vertippt. Das Sehen von Rechenergebnissen praktiziert jeder von uns - wenn auch in unterschiedlichem Maße: Kein Mensch wird sich z.B. die Resultate von 2x2 oder 3 x 3 oder 10 x 57 oder 12/6 lange überlegen müssen. Jeder hat eine Vorstellung von 3 /4 oder 2 / 3. Jeder wird sofort sehen, was 6+4 oder 22+8 oder 47-17 ist. Warum soll man so etwas überhaupt noch in den Taschenrechner eingeben? Warum weiß man, warum sieht man Rechenergebnisse? Weil man sie häufig benutzt hat, oder auswendig gelernt hat und weil sie im Alltag als geometrische Muster immer wieder vorkommen. Je mehr man nun fertige Beziehungen zwischen Zahlen kennt und je eher man darauf achtet, desto öfter wird man Rechenergebnisse sofort, ohne Nachzudenken und tendenziell auch ohne Rechenfehler sehen oder wissen können.
1. Das einfachste und früheste Beziehungsgerüst zwischen den Zahlen ist das kleine und das große l xl , Je nach Übung oder früherem Drill oder persönlicher Vorliebe kann man die Ergebisse von 3 x 7 oder 5 x 6 oder 8 x 8 ohne Überlegen sofort sehen. Dasselbe gilt für die Division von 27 / 9 oder 48 / 8 oder 144 / 12 oder 72 / 36. 2. Ein anderes Beziehungsschema sind Komplemente wie: 15+5 oder 25+15 oder 55+25 oder 65+35, 25 +75 oder 55+45, ungewohnter, aber fast genauso bequem sind: 83+17 oder 54+46 oder 61+39 bzw 100-17 oder 100-46, 100-39 3. Leichte Rechenoperationen sind auch Verdoppeln und Halbieren: 13» 26, 18» 36, 79» 158, 112» 224, 831» 1662 17 »8.5, 25.4» 12.7, 28» 14, 35» 17.5, 68» 34, 670» 335 4. Multiplizieren mit 1.5 geht leicht, Multiplizieren mit 2.5 läßt sich auf Verdoppeln und Halbieren oder direkt auf Vierteln zurückführen 5. Vervierfachen und Vierteln funktieren wie vor: 4.4» 8.8» 17.6, 13» 26» 52,79» 158» 316, 0.96 » 0.48 »0.24, 45» 22.5 » 11.25, 25.4» 12.7 » 6.35,
8.5 Kopfrechnen
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6. Operationen mit 5 lassen sich durch Halbieren bzw Verdoppeln ersetzen: 86 x 5 = 860/2, 0.75 x 5 = 7.5/2, 17 x 50 = 1700/2, 112 x 5 = 1120/2 1.8/5 = 0.18 x 2, 56/5 = 5.6 x 2,79/5 = 7.9 x 2 Es gibt noch viel mehr Vereinfachungen. Bevor man aber in Gedanken nach dem passenden Verfahren sucht, ist es doch einfacher und zuverlässiger, die Rechnungen in den Taschenrechner einzutippen. Nützlich ist es, Kehrwerte und ein paar Konstanten auswendig zu wissen: 1/6, 1/7, 1/8, 1/9, ...)2, ...)2/2, rr/4 (=.785), 7.85, 3.785, 25.4, 30.5, 4.186; dazu die Normzahlreihe RIO: 1 1.25 1.6 2 2.5 3.15 4 5 6.3 8 10 Das Mischen von Kopfrechnung und "Taschenrechnung" ist sehr effektiv beim Addieren von Zahlenkolonnen (Maßketten, Kostenkalkulation): Man sucht nach 2 bis 3 Summanden, die sich zu einem einfachen Ergebnis ergänzen und tippt dann nur noch diese Zwischenergebnisse ein. Ähnliches gilt auch beim Ausrechnen von Produkten und Brüchen, wo man das Ergebnis von Faktoren im Kopf zusammenfaßt und dann erst eintippt. Die Effizienz und Sicherheit des Kopfrechnens wächst mit der Übung und der Häufigkeit der Anwendung. Es sollten sich deshalb nur diejenigen mit Kopfrechnen befassen, die wirklich täglich mit Zahlen und Berechnungen umgehen. Diese aber sollten sich angewöhnen, kleine Trainingseinheiten in die Arbeit einzubauen, um ihren Vorrat an Zahlenbeziehungen (= fertige Rechenergebnisse, die man sehen kann) zu vergrößern. Beispiele: 1. Umrechnungen von Währungen (ungefähre Äquivalente zu 1 Euro) Spanien: 166 ESP, Portugal: 200 PTE, Schweiz: 1.60 CHF, Österreich: 14 ATS, Italien: 2000 ITL, Belgien 40 BEF, Frankreich 6.6 FRF, Dänemark: 7.5 DKK, Schweden: 8.65 SEK, Tschechien: 36 CZK, 2. Berechnung von Zinsen Man versetzt das Komma in Gedanken um 2 Stellen nach links und multipliziert dann mit der Prozentziffer 3. Berechnungen von Gewichten von Maschinenelementen. Große Zahlen vermeiden und vorstellbare Größen anstreben: In Dezimetern (dm) denken, weil ein Würfel Wasser mit einer Kantenlänge von 10 cm 1 kg wiegt. Dichte Stahl = 7.85, Dichte Aluminium = 2.7 (= x 3 - 10%) 4. Berechnung von Flächen Grundflächen in der Fertigung, Flächen von Kolben, Querschnitte von Rohren, usw. 5. Interessante Trainingseinheiten lassen sich beim Autofahren einbauen: Berechnen der Durchschnittsgeschwindigkeit alle 5, 10, 15,20 Minuten, voraussichtliche Ankunftszeit, Geschwindigkeit in rn/sec, Entfernungs- und Zeitverlust durch Elefantenrennen, Berechnen des Benzinverbrauchs nach dem Tanken, usw.
78
8.6 Schematische Darstellungen
8.6 Schematische Darstellungen Wenn man Meßergebnisse nicht sofort "';S- _ in den Computer eingeben kann und ,._-_... sich trotzdem einen Überblick verschaffen will, benötigt man ein Koordi11.0 - - . - - '- _ ._-;-j. natensystem, in das man Daten eintragen kann. Eine ähnliche Anwendung I I sind break-even Diagramme, bei denen O;;~ l-----'---'-_ _ :...... i__ -,-Investition und variable Kosten über der Stückzahl aufgetragen werden, und bei denen man die Amortisationszeit l&o 2.5"0 darstellen kann. Damit man die Punkte auch präzise eintragen kann, darf man Bild 8.12a. Koordinatensystem nicht nur Achsen zeichnen, sondern man muß ein Netz in einen Kasten zeichnen. Praktisch sind 3er und 5er-Teilungen. Erst den Kasten zeichnen (S. 25) , dann die Kanten teilen (oberen Rand) und dann das Netz dünn nach unten ziehen. Achsen schwarz nachziehen und beschriften. I
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. - ~ ._ . -._ ,
Eines der wertvollsten Hilfsmittel, eine Folge von Teilfunktionen darzustellen, ist das Ablaufdiagramm: Sei es ein Programm, ein zu organisierender Vorgang, eine Maschinenfunktion. Besonders bei der Automatisierung von Maschinen führt das Fehlen eines solchen Planes unweigerlich zu Fehlern, Mißverständnissen, unsauberer Programmierung und fast aussichtsloser Fehlersuche. Ein Vorteil ist, daß diese Ablaufdiagramme von jedem erstellt und verstanden werden können. Es ist empfehlenswert, mit weißem Einwickelpapier von der Rolle zu arbeiten, damit genügend Platz ist, alle Bedinungen und Operationen festhalten zu können. Außerdem kann man falsche Pfade streichen und neue hinzufügen. Wegen der Größe der Zeichnung darf man Einzelheiten radieren. Nach dem top-down Prinzip arbeiten: Erst die groben Strukturen und dann die feinen festlegen.
Bild 8.12b. Ablaufdiagramm
79
8.6 Schematische Darstellungen
Elektrische und hydraulische Schaltungen entstehen selten in einem geradlinigen Prozeß. Meistens beginnt man mit bestimmten Elementen, die man zu einer funktionierenden Schaltung verbindet. Danach analysiert man (am besten zu zweit), ob man technisch oder kostenmäßig etwas verbessern kann und ändert Element für Element die Schaltung. Dabei ist es hilfreich, so zu zeichnen, wie man denkt und nicht unbedingt, wie es genormt ist. Es lassen sich auch bereits funktionierende Teilbereiche ausschneiden oder existierende Lösungen einkleben. Umgekehrt kann man unbefriedigende Teilbereiche ausschneiden und sich dafür bessere Teil-Lösungen einfallen lassen. Als Grundlage für die spätere Dimensionierung sollte man gleich die Funktionen,technische Daten, Querschnitte, Ströme usw. eintragen. 1<1 ,------~-------- .. ,..---..;.J"..",
90
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Bild 8.13. Arbeitsskizze Hydraulikschaltung
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8 Freihändi ge Fertigungszeichnun gen
ü bungsaufgabe 8.1: • Zeichn en Sie die Teile in Bild 8.14 bis 8.17 in ausreichender Größe und bemaßen Sie sie,
Übungsaufgabe 8.2: • Zeichnen Sie die Teile in Bild 8.18 bis 8.25 in allen erforderlichen Ansichten lind Schnitten - am besten auf DIN A3. • Bemaßen Sie die Bleistift-Originale nicht , sondern kopieren Sie sie erst. • Üben Sie das Bemaßen auf den Kopien .
1
1
Bild 8.14. Paßschraube Bild 8.15. Schraubnip pel
Bild 8.16. Nutmutter Bild 8.17. Dichtun g
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Bild 8.18. Frästeil
Bild 8.19. Führung
9 Perspektive
Technische Ge bilde wurden bis ins 19. Jahrhundert vo rwieg end wirkli chkeitsnah , näml ich perspektivisch dargestell t. Der Personenkreis, der im 18. Jahrhundert Darstellungen in senkrec hter Parallelprojektion bei der tägli chen Arbeit nutzte und sie hätte begreifen können, bestand im wesentlichen aus zivilen und militärischen "Architekt en" und war sehr klein. Um also einen größe ren Personenkreis, Geldgeber auf der einen und ausführend e Hand werker auf der and er en Seite, a nsprec hen zu könn en, wa r für die Erfinder von Maschinen die perspekt ivische Darstellun g wegen ihrer Verständlichkeit obligatorisch. Notwendige Details wurden vergrößert oder zerlegt dargestellt. Maßangaben beschränkten sich a uf Hauptmaße . Die Handwerker , die mit der An fertigung vo n Ma schinen, Vorri chtungen und Werk zeugen beauftragt wur den , besaßen umfangrei che Fachkenntnisse , so daß ihnen anhand der Bilder nur noch das Funktionsprinzi p. eine besondere Anordnung oder Gestalt ve rmitte lt we rde n mußte. Mit der Industrialisierung und der damit verbundenen Arbeits- und Wissensteilung mußten in den Fe rtig ungsdo kume nten so viele Daten untergebracht werden , daß die nat ürl iche, perspekti visc he Dars tellung dafür zu e ng wurde. Die Lösung war die se nkrec hte Parall el projektion, die das techni sche Ge bilde vo n alle n Se iten ze ige n konnte und belie big viele Sc hnitte erlaubte. Ein weiterer Vort eil war die Maß stäb lichkeit, da die Festigkeitsrechnung se hr entwic ke lt war und sic h häufig auf zeic hne risch ermittelte Werte stützte. (Kräfte, Momente, Flächen, T rägheitsm om ent e, etc.) De r deutlich gest ie gene ment ale Aufwand zum Verständnis einer "3- Ansichten-Zeichnung" wurde vo rübe rgehend durch Spezialisierung au fgefang en - für Gußspezia listen ist eine Gußze ichnung eben nicht schwierig. W ie weit man sic h mit der 3-Ansichten -Zeichnung scho n von den Mö glichkeiten eines Durchschnitts tec hnikers entfernt hatte , mag das Beis piel der U.S. - amer ika nisc hen Rüstungsin dustrie im 2.Wcltkrieg zeige n. Dor t wurden als Ne uerung große Mengen sogenannter "pictorial draw ings" eingesetzt, um die Konstruktion und Fertigungs planung insbe sondere von Schiffen und Flugzeugen zu beschl euni gen. Mit "pictori al drawings" sind bildliche, also per spektivi sche Zeichnungen gemeint. Sie wurden teils mit Hilfsm itteln ("w ith instruments") teils freihändig angefe rtigt. Ihre natürl iche Wir kung wurde häufi g durch Schattierungen verstär kt. Interessant ist, da ß diese per spe ktivische n Zeichnungen zw ar auch zur
9 Perspektive
83
Unterweisung von (i.d.R. unausgebildeten) Arbeitern benutzt wurden, in erster Lini e aber Arbeitsmittel der Ingenieure und Techniker untereinander waren. So läßt sich auch nachvollziehen, warum einige Branchen für ihre perspektivischen Zeichnungen bekannt sind: Luft- und Raumfahrt, Rüstungsindustrie, Automobilindustrie. Fest etabli ert sind perspektivische Illustrationen in Reparatur- und Wartungsanleitungen, weil sich dadurch der Schulungsaufwand für Servicepersonal (man denke an die ständigen Änderungen) deutlich reduzieren läßt. Andere Einsatzgebiete perspekti vischer Zeichnungen sind Bereiche, wo sich die extreme Arbeits- und Wissensteilung der Serienfertigung nicht durchsetzen konnte , wie Entwicklung, Versuch, Musterbau, Einzelfertigung, etc. Ausbildungsstand und Vorliebe der dort tätigen Mitarbeiter würden es erlauben, mit natürli chen, perspektivisch en Darstellungen und entsprechend reduziertem Datensätzen zu arbeiten. Den Wunsch nach Anschaulichkeit erkennt man auch im Bereich der kaufmän nisch en Softw are: Es wird viel Aufwand darauf verwendet, Daten in Dia.gramme umzusetzen. Das geht so weit, daß z.B. "bars" mit einer inhaltsleeren 3. Dim ension zu "columns" weiterentwickelt werden, oder daß Funkti onsverläufe y=f(x) als Bänd er in einem gläsernen Quader dargestellt werd en . Abgesehen von Auswü chsen, die auch nur zeigen, wie vorteilhaft Anschaulichkeit eingeschätzt wird, ist schwer vorstellbar, daß sich jemand finden würde, der die ebene Darstellung ei ner perspekti vischen vorziehe n würde. Umgekehrt: Als spontane Zeichnung beim Konstruieren und Ar gumentieren würd e je de r eine perspektivi sche Zeichnung wählen statt einer 3-An sichtenZeichnung - we nn er es hand werklich beherrsc hen würde. Gemesse n am Lernaufwand, der bis zur Beherrschung der 3-Ansi chten-Zeic hnung betrieben werden muß (falsch geklappt, falsch geschnitten, fehlende (auch umlaufende) Kanten, etc.), ist der zusätzliche Lernaufw and für die perspektivische Zeichnung nicht mehr groß. Er beschränkt sich darauf, die Richtung und die Ve rzerrung der Körp erkanten ermitteln zu können. Hinsichtlich der mentale n Belastung sind beide Darstellungsarten vergleichbar: Die ebene Darstellun g erfordert Koordinationsleistungen durch die Projektion in mehrere An sichten. Die räumliche Darsteliung erfordert eine kleine und eigentlich nicht ins Gewi cht fallende Vorarbeit (zur Ermittlung von Richtung und Verkürzung der Koo rdinatenachsen), nach der man dann weiterskizzieren und konstruieren kann wie (eher noch: besser als) in den ebenen Darstellungen.
84
9 Perspektive
9.1 Vorteile der Perspektive 1. Sie entspricht am ehesten dem räumlichen Vorstellungsvermögen. Es entfal-
len die Transferleistungen, die für 3-Ansichten-Darstellung erforderlich wären . Ebene Darstellungen, bei denen man mehrere Ans ichten im Kopf zu einem räumlichen Gebilde zusamm enfügen muß, werden von Personen ohne technische Ausbildung nicht begriffen. Au ch bei Personen, die täglich dam it umgehen , wird ein nicht unbedeutender Anteil ihrer mentalen Kapazität für den "Bildaufbau" blockiert. Dieser Anteil steht dann nicht für Kreati vität , Systematik, Logik , etc. zur Verfügung. 2. Die räumliche Darstellung ist - entsprechende Übung vorausgesetzt - ökonomischer als eine 3-Ansichten-Zeichnung (weniger Linien, weniger Koordination zwischen den Ansichten) 3. Infolge der gedrängten Darstellungswei se muß sich der Zeichner immer wieder überlegen, welche Einzelheit noch zum Verständnis des Betrachters notwendig ist. Es werden keine unnötigen und ablenkenden Einzelheiten geze ichnet. 4. Sie gewährleistet eher die Kontrolle räumliche Verträgl ichkeit, da immer 3 Seiten eines Körpers unmitt elbar mitein ander verknüpft sind. 5. Sie fö rdert das Denken in Objekten, weil ein fehlerfreier Aufbau der Zeichnung anders meist nicht geling t. 6. Gegenüber der Fotografie hat sie den Vorteil, daß sie durch Übertreibung oder Vereinfac hung leicht das Wesentliche zeigen kann (die Fotografi e muß aufwendig retuschiert we rden). Au ßerdem ist sie (als Teil eines betrieblichen oder wissenschaftlichen Dokumentes) einfacher zu vervi elfältigen. 7. Nicht zuletzt: Eine perspektivische Skizze oder Zeichnung unterstützt den Eindru ck ingenieurmäßiger Gewandtheit und Glaubwürdigkeit.
85
9.2 Projektionsarten
9.2 Projektionsarten Die Methode, einen Gegenstand in den beim Technischen Zeichnen üblichen Ansichten darzustellen, wird rechtwinklige Parallelprojektion genannt oder kurz Normalprojektion, weil die Betrachtungsrichtung jeweils der Normalen der Hauptebenen des Koordinatensystems entspricht. Die Vorteile der Normalprojektion sind, in den Ansichten wahre Längen abgreifen zu können (das gilt natürlich nicht für Körperflächen , die zu den Hauptebenen geneigt sind), und in mehreren Ansichten mehr Daten unterbringen zu können. Ein Nachteil ist der Aufwand zur Umsetzung einer räumlichen Ansicht in mehrere Ansichten und umgekehrt.
, Trimetrie:
Neigt man die Betrachtungsrichtung gegen die Hauptebenen, erhält man eine axonometrische Projektion, bei der man 2 oder 3 An sichten gleichzeitig sieht. Sie ist auch eine Parallelproj ektion. Die axonometrische Projektion wird allgemein als Parallelperspektive bezei chnet. (In der Architektur wird die Zentralperspektive ode r Fluchtpunktperspektive bevorzugt.) Durch die Neigung der Betrachtungsrichtung erhält man unterschiedliche Abbildungsmaßstäbe längs der Koordinatenachsen . Die Abmessungen eines Gegenstandes erscheinen ve rkürzt. Im allgemeinen Fall ergeben sich in jeder der 3 Koordinatenachsen 3 versc hiedene Abbildun gsmaßstäbe: Trimetrie.
Isometrie:
In bestimmten Betrachtungsrichtungen haben
2 Achsen den gleichen Abbildungsmaßstab; insgesamt gibt es also 2 verschiedene Abbildungsmaßstäbe: Dimetrie. In bestimmten Betrachtungsrichtungen ergibt sich für alle Achsen derselbe Abbildungsmaßsta b: Isometrie. Bild 9.1. Projektionsarten
86
9 Perspektive
9.3 Blickrichtung y
(Anstelle von "Blickrichtung" könnte man auch "Einstellung" sagen.) X-, Y- und ZAchse müssen in einer bestimmten Orientierung zueinander ("Rechtssystem") stehen. Eine neutrale Blickrichtung, um dieses System zu betrachten, ist wohl die auf den Ursprung zeigende Raumdiagonale eines in das System eingefügten Würfels.
Bild 9.2. X-Y-Z-Koordinatensystem
Andererseits kann man das gewohnte ebene System der Xund Y-Achse als eine Art Projektionsleinwand auffassen und die zugehörige Blickrichtung als Ausgangspunkt für die Beschreibung der Blickrichtung für eine perspektivische Darstellung annehmen. X Bild 9.3. Die Z-Koordinate kommt zum gewohnten Bild dazu
Zur Beschreibung der Blickrichtung genügen 2 Winkel: Höhenwinkel a für die Abweichung von der Horizontalen; positiv, wenn man von oben blickt, negativ , wenn man von unten blickt.
ß für die (Himmels-)Richtung, in die man schaut.
Bild 9.4. Definition der Blickrichtung
87
9.3 Blickrichtung
Die durch den Winkel ßgegebene Betrachtungsrichtung kann man nämlich plastischer durch eine Himmel srichtung beschreiben, ausgehend von der Konvention, daß auf den meisten Landkarten Norden oben liegt bzw, vom Betrachter weg weist. Es gelte also die willkürliche Vereinbarung, daß Norden immer in negati ver Z-Richtung liege:
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Ny.;
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1\10 /, O NO
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Bild 9.5. Die Himmelsrichtungen
Demn ach sieht man die Leinwand in Bild 9.3 aus Südsüdost, Höhenw inkel +30° ; oder kurz: SSO, +30°. In Bild 9.4 sieht man sie dann aus SSW , +30° , Mit solchen Angaben erhielte man dann z.B. folgende Ansichten des Koordinatendreibeines:
x
aus SW , +30°
aus NW, +30°
aus SW, -10°
aus NNW, +60°
Bild 9.6. Verschiedene Blickrichtungen auf das Koordin atendreibein
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9 Perspektive
Übungsaufgabe 9.1: • Identifizieren Sie in den folgenden Koordinatendreibeinen die X- und die Z-Achs e, wenn die Y-Ac hse immer die senkrechte ist. • Schätzen Sie die Blickrichtung (Himmelsrichtung , Höhenwinkel). Der Höhenwinkel ist positi v. Aufl ösung S. 92.
Bild 9.7. Bestimmun g der Blickrichtungen auf das Koordin atendreibein
89
9.4 Richtung und Länge der Achsen
9.4 Richtung und Länge der Achsen Das Hauptproblem der perspektivischen Darstellung ist, realistisch einzuschätzen, wie die Koordinatenachsen bei einer Veränderung des Blickwinkels ihre Richtung und ihre Länge ändern. Als Einstieg empfiehlt sich das zeichnerische Experimentieren mit dem Koordinatendreibein.
1~-->< l:.
y
L-- - - Bild 9.8. Blick auf das Koordinatendreibein
. Einfluß des Höhenwinkels auf die Länge der Achsen: Ausgehend von der Ansicht aus S, 0° konstruiert man sich das Koordinatendreibein für verschiedene Höhenwinkel. Der perspektivische Eindruck ist zunächst noch gering. Man erfahrt, daß sich je nach Höhenwinkel bestimmte Achsen überraschend stark oder überraschend wenig verk ürzen.
Übungsaufgabe 9.2:
• Konstruieren Sie ähnlich wie in Bild 9.9 eine Folge von Ansichten des Koordinatendreibeines; aber aus 0, mit den Höhenwinkeln 10, 30 , 45 , 60 , 80 und 90°. • Konstruieren Sie die Winkel durch wiedcrholtes Teilen des Rechten Winkels und überlegen Sie sich eine Konstruktion zur Ermittlung der benötigten Sinus/Cosinus. • Die unverzerrte Achsenlänge des Koordinatendreibeins betrage ca. 30 rnrn.
Bild 9.9. Wie sich die Y- und Z-Achse mit dem Höhenwinkel verändern.
90
9 Perspektive
Einfl uß des Höh en winkels a uf die Richtun g der Ac hsen: Dazu wiederholt man die Variation des Höh enwinkels; Blickrichtung ist einmal aus SW (links) und einmal aus SO (rechts) . Die Kon struktion will bedacht sein: Leid er ändert sich nicht nur die Richtung der Ach sen , sonde rn gleic hzeitig auch die Läng e .
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Bild 9.10. Blick auf das Koordinalendre ibein
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Bild 9.11. W ie sich die Richtung und Länge der Koordin atenachsen mit dem Höhenwinkel verä ndern.
91
9.4 Richtung und Länge der Achsen
Man sollte sich folgende Zusammenhänge einprägen: Je flach er man auf die X-Z- Ebene draufsieht, desto weni ger ist die Y-Ach se verkürzt und desto mehr nähert sich der Wink el zwischen Xund Y-Achse o bzw. 180° . Wenn man fast senkrecht auf die X-Z-Ebene draufsieht, ist die Y-Ac hse fast auf 0 verkürzt und desto mehr nähert sich der Winkel zwischen X- und YAchse 90° - allerdings einmal von oben und einmal von unten.
y
e.
x
y
Bild 9.12. Die Winkel zwischen den Achsen dürfen nicht genau 0,90 oder 180 betragen. 0
Übu ngsau fgab e 9.3 :
• Konstruieren Sie eine Folge von An sichten des Koordinatendreibeines aus NO, mit den Höhen winkeln 11,22,5,45, 67,5 und 90°. • Konstrui eren Sie die Winkel durch wiederholtes Teilen des Rechten Winkel s und überlegen Sie sich eine Konstruktion zur Ermittlun g der benötigten Sinu s/Cosinus. • Die unverzerrte Achsenlänge des Koord inatendreibein s betra ge ca. 30 rnrn.
Üb ungsaufga be 9.4:
• Betrachten Sie den Würfel von SO und konstruieren Sie für die Höhenwinkel 0, 15, 30 , ... , 90° die perspektivischen Ansichten. • Ermitteln Sie Sinus und Cosinus grafisc h. • Kleben Sie evtl. 2 Bogen DIN A4 untereinander, um die Bildfol ge mit ihren Änderungen von Winkeln und Längen gut verfolgen zu können. • Konstruk tion mit sehr feinen Linien. • Ziehen Sie die Würfel anschließend breit und schwarz aus. Bild 9.13. Testwürfel
92
9 Perspektive
Wenn man die vorangegangenen Übungsaufgaben durchgearbeitet hat, wird man die Richtung und die Läng e der Koordinatenach sen meistens schon aus dem Gefühl richtig schätzen. Dieses Verfahren führt zu befriedig enden Ergebnissen , wenn ledigl ich Quader dargestellt werd en . (Q uader haben ja 3 unterschiedl iche Kantenlängen und fallen deshalb bei falsch verkürzten Koordinatenachsen nicht als merkwürdi g abgebildet auf.)
Üb ungsa ufga be 9.5: • Zei chnen Sie die Körper von Bild 9.15 aus SO. • Einmal (wie den nebenstehenden geschlitzten W ürfel ) mit einem Höh enwinkel von ca . 10° und dann jeweils senkrecht darunter (die senkrechten Kanten fluchtend ) mit einem Höhen winkel von 45" . • Mittlere Kan tenl än ge der Körp er im Bereich von ca . 50 rnrn,
Bild 9.14. Körp er aus zwei verschiedenen Höhenwinkeln gese hen
Au flösung zu Übungsa ufgabe 9.1: linke Spalte: Höhenwinkel 22,5°; NNW, NW, WNW. WSW, SO ; rechte Spalte: WNW ; J 1.25°, ISO , 25°, 30°, 45°;
9.4 Richtung und Länge der Achsen
Bild 9.15. Obungskörper
93
94
9 Perspekti ve
9.5 Genaue Konstruktion des Koordinatendreibeins Zeichnet man in gefühlsmäßig erzeugte Achsens ysteme Körper mit quadrati-
schen oder kreisfiirmigen Querschnitten (Drehteile) ein, wirken die se häufig nicht kreisförmig oder quadratisch . Daran sieht man , daß die Verkürzungsfaktoren der Koordinatenachsen voneinander abhängen und einen großen Einfl uß auf den Realismus einer perspekti vischen Zeichnung haben .
Hilfskonstruktion. Mit einer einfachen Hilfskonstruktion läßt sich ein allen Ansprüchen genügendes Koordinatendreibein konstruieren. Dazu legt man (im Kopf) eine einfache Vorrichtung an: • Eine transparente quadratische Scheibe mit einem Inkrei s. • Auf dem Inkreis seien alle 22 ,5° Markierungen angebracht. (oder alle 15 oder 10°) • Die Scheibe befinde sich immer in der Waagerechten, um auf ihr die abzubildenden Objekte abstellen zu können. • Die Scheibe habe im Zentrum eine Bohrung , in der ein X-Y-Z-Koordinatensystem um die Y-Achse drehbar gelagert sei. Die in Richtung der Achsen zeigenden Pfeile seien genauso groß wie der Radius des Inkrei ses. • Weil die Scheibe sich in der Waagerechten befinde, zeige auch die Drehachse immer senkrecht.
Bild 9.16. Hilfsvorrichtung zur Konstruktion des Koordinatendreibeines
9.5 Genaue Konstrukti on des Koordinatendreibeins
Gebrauch der Hilfsvorrichtung. 1. Man fügt den dazustellenden Körper in das Koordinatendreibein ein.
Bild 9.17. Körper in das Koordinatendreibein einfügen
2. Durch Drehen des (jetzt mit dem Körp er verbundenen ) Koordinatendreibeines um die Y-Achse wählt man eine für die Darstellung günstige Himmel srichtung vor. (Norden liegt in negativer Z-Richtung.) Die durchsichtige Platte darf dabei aber nicht ged reht oder geneigt werden .
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Bild 9.18. Himmelsrichtung wählen
3. Durch Hochheben oder Absenken der durchsichtigen Platte stellt man dann einen "günstigen" Höhenwinkel ein. Die Platte muß durchsichtig sein , damit man sich negati ve Höhenwinkel vorstellen kann.
4. Himmelsrichtung und Höhenwinkel schätzen und merken
Bild 9.19. Höhenw inkel wählen
95
96
9 Perspektive
Konstruktion des Koordinatendreibeines. Man zeichnet die Ausgangsfigur: Draufsicht auf die durchsichtige quadratische Scheibe mit Kreis und Winkeleinteilung. Einheitslänge 40 bis 60 mm. Die Seitenansicht von links mit der Y-Achse dient zum Abgreifen von Strecken, die vom Höhenwinkel abhängen. I. Die gewünschte Himmelsrichtung wird festgelegt, indem man das Koordinatendreibein entsprechend dreht und die Winkellage der X- und Z-Achse markiert. 2. Sieht man nun die Scheibe aus dem gewünschten Höhenwinkel an, ist aus dem Quadrat ein Rechteck und aus dem Kreis eine Ellipse geworden. Die kleine Ellipsenachse erhält man aus der Seitenansicht (Sinus des Höhenwinkels). Die Genauigkeit der Ellipse ist nicht kritisch. Man kann evtl. auf der Diagonalen einen Hilfspunkt konstruieren. Die Winkeleinteilung hat sich verzerrt. 3. Die Richtung der X- und Z-Achse ergibt sich aus der verzerrten Winkeleinteilung und ihre verkürzte Einheitslänge aus den Schnittpunkten mit der Ellipse. Die verkürzte Einheitslänge der Y-Achse erhält man mit dem Cosinus des Höhenwinkels, den man wieder aus der Seitenansicht abgreift. EiNH€i~L.ÄNGE
} Bild 9.20. Aufriß der Hilfsvorriehtung
97
9.5 Genaue Konstruktion des Koordinatendreibeins
Die Pfeile der gedachten Hilfsvorrichtung , die die (eigentlich unendlich langen ) Achsen des Koordinatensystems darstellen sollen, haben alle die selbe Länge, nämlich die Einheitslänge. Die Länge der Pfeil e kann man (weil es so sc hnell geht) vierteln und man erhält eine Skala. Betrachtet man die Pfeile au s verschi edenen Blickrichtungen, so verkürzen sich nicht nur die Pfeillängen, sondern auch die auf ihnen angebrachten Skalene inheiten. (Man verfolge einmal die Veränderung der Z-Skaleneinheiten beim Sch wenken um die Y-Achse; oder die Veränderung der Y-Sk aleneinheiten bei der Veränderung des Höhenwinkels.) Eine verkürzte Skaleneinheit einer Achse entspricht einer unverkürzten Skaleneinheit im rechtwinklig projizierten Aufriß der Hilfsvorrichtung (Bild 9.20). Man kann längs jeder Achse durch Abzählen dimensionieren oder messen. Ein Würfel mit der Kantenlänge 3 (z.B.) w ird dann so abg ebildet, daß man längs jeder Achse 3 (jeweils verschieden lange) Skaleneinheiten abträgt.
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Bild 9.21 . Skali erung des Koordin atendreibeines
98
9 Perspektive
Üb ungsaufgabe 9.6: • Zeichnen Sie die Hilfsvorrichtung fü r verschiedene Blickwinkel. (Die darin enthaltenen Koordinatendreibein e können Sie bei den später folgenden Aufgaben weiterve rwende n.) • Kantenlänge der durch sichti gen Gru ndpla tte ca. 60 mm . a) (SO, 22,SO)
b) (SO , 110)
c) (OSO, 22,so )
d) (OSO, 45 °)
e) (NO, -22,5°)
f) (ONO, 11°)
g) (NNW, 67 ,5°)
h) (WSW, 79°)
Wenn man das Koordinatendreibein einige Male konstruiert hat, entwickelt man ein Gefühl für die sich ergebenden Verkürzungen und Winkelverzerrungen. Schnellkonstruktion. (Zeitbedarf: ca. 3 min) Man kann auch direkt ein Rechteck mit Ellipse zeichnen und die verzerrte Winkeleinteilung schätzen die Diagonalen (45°) gehen durch die Ecken des Rechtecks . 22,5 bzw , 67,5° lassen sich interpolieren bzw. konstruieren . Koordinatendreibein mit der Einheitslänge 30 mm für oso, 30°:
-1 .
2..
l. Die große Ellipsenachse ist gleich der doppelten Einheitslänge.
2. Mit dem Höhenwinkel 30° wird die kleine Ellipsenachse halb so groß wie die große (wg. sin 30°).
3.
3. Mit dem Höhenwinkel 30° wird der Y-Pfeil gleich 7/8 der Einheitslänge (wg. cos 30°::::7/8). 4. Für Himmelsrichtung aso braucht man den Winkel 22Y. Dieser Winkel läßt sich mit seinem Tangens (::::5112) auf der Kante des Rechtecks konstruieren oder mit 40 % der jeweiligen Ellipsenachse schätzen. 5. Zwischen X- und Z-Achse müssen 4 verzerrte Sektoren zu 22,5° liegen.
Lt.
Bild 9.22. Schnellkonstruktion
99
9.6 Orient ierung in der Perspektive
9.6 Orientierung in der Perspektive Das Zeichnen und Konstruieren in der Parallelperspektive erfordert am Anfang besondere Umsi cht. Während in einer Normalprojektion Abmessungen und Winkel ihren wahren Wert haben , sind in einer perspekti vischen Darstellung alle Abmessungen verkürzt und alle Winkel verzerrt. Man muß folgendes beachten: 1. Die Verkürzungsfaktoren sind nur parallel zu den Koordinatenachsen bekannt. Wenn man in einer perspektivischen Darstellung Strecken abgre ifen oder übertragen möchte, darf man das nur parallel zu den Koordinatenachsen. Um einen Punkt (hier: (2, 4 , -3)) in der perspektivischen Ansicht aufzusuchen oder zu konstruieren, muß man 2 Einheiten in X-Richtung, 4 in Y-Richtung und 3 in negativer Z-Richtung gehen.
y
x
Bild 9.23. Parallel zu den Achsen messen
2. Parallelen bleiben immer Parallelen. 3. Die Längenverhältnisse (Proportionen) auf beliebig geneigten Strecken bleiben erhalten. 4. Die Lä nge einer parallel verschobenen Strecke bleibt erhalten.
Bild 9.24. Parallelen und Proportionen bleiben erhalten
Die letzten beiden Grundsätze sind für den Übergang von einer Blickrichtung zu einer anderen (also auch beim Übergang von der Normalprojektion zur Parallelperspektive) wertvoll.
100
9 Perspektive
Um die Lage eines Punktes in einer perspektivischen Ansicht kontrollieren zu können, muß man die entsprechenden Strecken längs der Koordinatenachsen abschreiten. Man kann die absolute Lage kontrollieren, indem man den Punkt vom Ursprung aus aufsucht. Man kann die relative Lage kontrollieren, wenn man den Punkt auf zwei verschiedenen Wegen aufsucht oder von ihm weggeht und auf einem anderen Weg wieder zu ihm zurückkehrt.
_......
-
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I I
Bild 9.25. Kontrolle der Lage von Punkten.
übungsaufgabe 9.7: • Konstruieren Sie in folgenden Ansichten die folgenden Punkte: a) (SO, W)/(3, I, 4) b) (OSO, 45°)/(2, -I, 3) c) (NO , -22,so)/(2, -3, 1)
d) (NNW, 67 ,5°)/(4, 3, 2)
10 Geometrische Konstruktionen
Auch in einer perspektivischen Darstellung kann man konstruieren, wenn man die Regeln zur Orientierung in einem räumlichen Koordinatensystem befolgt. Meistens sind die Körper auch so regelmäßig, daß man sie mit nur wenigen Maßen aufbauen kann , wenn man die Besonderheit der Parallel ität mitbenutzt. (Für das perspektivische Zeichnen ist es außerordentlich zeitsparend, wenn man ein sicherer Parallelenzeichner ist.)
10.1 Geraden Eine Gerade, die schief im Raum liegt , erhält man , indem man zwei auf ihr liegende Punkte konstruiert und dann diese Punkte verbindet. (2-Punkte-Methode)
y
( 5,0 , -1 )
Bild 10.1. 2-Punkte-Methode
Geraden können aber auch mit einer Punkt-Richtungs-Gleichung beschrieben werden. Übertragen auf die Perspektivische Darstellung heißt das, daß man , wenn man die Richtung der Geraden (also eine Parallele) kennt , nur noch einen Punkt konstruieren muß und durch diesen Punkt die Parallele zieht.
(5,0 ,4-)
Bild 10.2. Punkt-Richtun gs-Methode
102
10 Geo metrisc he Konstruktion en
10.2 Kurven Kurven werden immer punktweise konstruiert. Die Punkte müssen nach Gefühl verbunde n werden. Dabei hilft es seh r zu wissen, wie Tangenten, Krümmungsradi en und Extremwert e liegen.
y
- 2.
o
2-
Bild 10.3. Ebene Kurve: Parabel
Bild 10.4. Räuml iche Kurve: Wendel
103
10.3 Quader
10.3 Quader Perspektivische Darstellungen werden vorzugsweise aus Quadern modelliert, deren Rächen als Parallelogramme erscheinen. Da die Quader immer das Gerüst für mehr oder wenig aufwendig detaillierte Körper bilden, sind Formfehler, besonders, wenn sie erst am Schluß entdeckt werden, Anlaß zu Enttäuschung und Ärger. Die Formfehler ergeben sich aus optischen Täuschungen infolge der Unsymrnetrie der Parallelogramme. Man sollte bei der Konstruktion dieser einhüllenden Quader besonders sorgfältig vorgehen. Versucht man durch Schätzen ein Parallelogramm zu zeichnen, dessen Kanten parallel zu den Koordinatenachsen liegen, sind die Kanten fa st unweigerlich verdreht:
Bild 10.5. "Verdrehte" Kanten
Insgesamt gibt es eine Tendenz zu einem zu stumpfen Parallelogramm:
Bild 10.6. "Abges tumpftes" Parallelogramm
Das Halbi eren der Kanten eines Parallelogrammes unterliegt optischen Täuschungen. Halbiert man die Kanten eines gegebenen (geometrisch korrekten) Parallelogramms, fällt nach vielen Versuchen auf, daß trotz aller Sorgfalt immer die Hälften an den spitzen Winkeln zu groß geraten und daß vor allem die Ungl eichheit bei den oberen Kanten größ er ist als bei den unteren:
Bild 10.7. "Halbieren" eines Parallelo gramm s
104
10 Geometrische Konstruktionen
Eine Systematik im Auftreten eines Fehlers ist meistens schon die halbe Lösung. Hier war es so, daß die oberen Kanten von innerhalb des Parallelogramms beurteilt wurden und die unteren Kanten von außerhalb . Tatsächlich ergibt sich aus einer Versuchsreihe, daß alle Kanten ungleich geteilt werden, wenn man sie immer von innerhalb des Parallelogramms beurteilt.
Bild 10.8. Parallelogr amm von "innen" beurteilt
Umgekehrt lassen sich die Kanten ziemlich gleichmäßig halbieren, wenn man sie immer von außerhalb des Parallelogramms beurteilt,
Bild 10.9. Parallelogramm von "außen" beurteilt
Geometrisch korrekte Parallelogramme konstruiert man, sofern sie groß sind und als Bezug dienen so llen, am besten nicht durch Schätzen, sondern durch Abtragen der Kanten . 1. Zwei Kanten, die das Parallelogramm aufspannen, zeichnen. 2. Die fehlende 4. Ecke durch Abtragen der beiden Kantenlängen konstruieren (entspricht zwei Zirkelschlägen) und Parallelogramm vervollständigen.
Bild 10.10. Konstruktion eines Parallelogramms mit abgetragenen Kanten
105
10.3 Quader
Zeichenfolge für Quader: 1. Grundfl äche (Parallelogramm) sorgfältig konstruieren
2. Eine vollständ ige Seitenfläche ansetzen. Dabei streng auf Parallelität achten. 3. Zwei weitere vollständige Seitenflächen ansetzen. Dabei streng auf Parallelität achten. 4. Mit der letzten Kante den Quader schließen. Kontrollieren, daß sie sowohl parallel zu den entsprechenden Kanten ist, als auch den Eckpunkt trifft.
1.
Bild 10.11 . Zeichenfolge für Quader
Übungsaufgabe 10.1: • Konstruie ren Sie für die folgenden Blickrichtungen folgende Quader: a) (SO, 22,5°)/(4, 2,7) b) (OSO, 45°)/(6, 3, 5) c) (ONO, l1 °)/(3,3, 7)
d) (NNW, 67Y )/(8, 6, 3)
• Verwenden Sie die Hilfsvorrichtung (s. Abschn. 9.5). • Einheitslänge = ca. 40 mm, d.h. I (unverzerrte) Längeneinheit = ca. 10 mm.
106
10 Geometrische Konstruktionen
10.4 Durchstoßpunkte und Schnittlinien Sie lassen sich wie gewohnt konstruieren, wenn man beachtet, daß man sich beim Messen nur parallel zu den Achsen bewegen darf und daß Parallelen auch Parallelen bleiben. Die Regel , daß sich Proportionen auf einer Strecke erhalten, benötigt man seltener. Wenn eine Ebene zwei parallele Ebenen schneidet, dann sind die Schnittgeraden auch parallel.
Bild 10.12. Durchstoßpunkte und Schnittl inien
108
10 Geo metrische Konstruktionen
ü bungsaufgabe 10.2: • Konstruieren Sie für die dargestellten Situationen die fehlenden Kanten. • Zeic hnen Sie die Teile etwa faustgroß - je größer, desto einfacher und übersic htlicher ist die Arbeit. • Die Hilfslinien sollen dünn und trotzdem deutlich sein . • Ziehen Sie nur dann eine Linie, wenn Sie sicher sind, daß sie korrekt ist - Radieren ist in einem Gewirr von Hilfslinie n praktisch nicht möglich. • Fangen Sie lieber noch einmal von vorne an, wenn die Zeichnun g zu entgleisen droht. Die noch brauchbaren Tei le der Zeichnung kann man pausen. • Ziehen Sie die Körperkanten breit und schwarz aus.
/
/
/
/
I
/ ~-- \
Bild 10.14. Übungsbeispiele für Schnitte und Durchdringungen
10.5 Modellierung in der Perspektive
109
10.5 Modellierung in der Perspektive Beim perspektivischen Zeich nen wird man sich den darzu stellenden Gegenstand selten in seiner ganzen Kompli ziertheit vorstellen können. Selbst in den Fällen, in denen das noch möglich wäre, könnte man die Vorstellun g nicht auf einmal darstellen (d.h. in eine Zei chnung umsetzen). Es ist des halb praktisch, den Gegenstand als Summe von Obje kten aufzufassen und ihn - sei es in der Vors tellung oder auf dem Papier (oder in einem andere n Medium) - aus den Obj ekten Schritt für Schritt zu modelli eren . Aus welchen Objekten man einen Gegenstand aufbaut, ist einem selbst überlas sen. Ein Objekt kann sein: • Ein Körper • Ein Bearbeitungsgan g (z.B. ein zer spantes Volumen) • Ein Arbeitsgang • Eine Baugruppe • Eine black box mit einer bestimmten Funktion • Eine Folge • Ein Bild • Eine Formel , etc. Objekte als Denkeinheiten haben für das Zeichnen folgende Vorteile: I. Objekte sparen Speicherplatz im Gedächtnis. Durch Fachkenntnis und Begriffsbildung werden die zur Darstellung eines Körpers ben ötigten Daten komprimi ert. Die durch "Datenkompression " verloren gegangenen Inform ationen können aus der Fachkenntnis der sich etwas merkenden Person wieder ergänzt werden. (Ein Laie, dem das Objekt "Gewindebohrung" nich t gel äufig ist, wird sich die zeichneri sche Darstellung einer Gewindebohrung kaum merken können ) 2. Objekte helfen einem, nicht s zu vergessen. Erinnerungslück en werden bei der Reproduktion von Objekten wieder geschlossen: Wer gestufte Drehteile als Reihe von Zylindern auffaßt, kann keine umlaufenden Kanten vergessen. Wer parallel zum Zeichnen im Kopf den zugehörigen Ferti gungsprozeß laufen läßt, vergißt keine Maß e. Wer die Funktion einer black box als Objekt speichert, kann daraus resultierende Erfordernisse rekon struieren. 3. Objekte entsprechen hinsichtli ch ihrer Komplexität und ihre s Informationsgehaltes immer gerade den mentalen Möglichkeiten und Erfordernissen der betreffenden Person. 4. Objekte können auch Fantasieprodukte sein. Manchm al ist es für das Vorstellun gsvermögen einfacher, sich z.B. einen (in Wirklichkeit unmöglichen) Ex trus ionsvorgang vorzustellen oder ein Maschinenelement aus Klötzen zusammenzukleben und mit dem Taschenmesser zu bearb eiten .
110
10 Geometris che Konstruktionen
Als typisches Beispiel diene ein Frästeil (Bild 10.15): 1. Einen Quader als Ausgangszustand zeichnen. 2. Ein Prisma "aufkleben". (Man hätte auch von einem höheren Quader ausgehen und ihn jetzt schräg abfräsen können.) 3. Die Symmetrielinie des folgenden Objektes (Fräsoperation) als Orientierung einzeichnen. 4. Den Fräserquerschnitt einzei chnen (Fräser einspannen und Teil ausrichten). 5. Die sichtbaren Schnittkanten einzeichnen (fräsen) . 6. Gültige Linien ausziehen - von vorne nach hinten unter ständiger Kontrolle, ob man eine Kante sieht oder nicht. Das Vorstellungsvermögen (die Kontrollinstanz) wird übrigens irritiert , wenn durch das Drehen des Papiers der dargestellte Gegenstand auf den Kopf gestellt wird .
Andere Gegenstände wird man zeichneri sch anders behandeln: • Drehteile als "aufgefädelte" Wellenstücke und Bohrungen • Drehteile erhält man ebenfalls, wenn man ebene Schnitte rotieren läßt. • Schweißkonstruktionen in der Folge der verwendeten Halbzeuge • Gußteile z.B. in Anlehnung an den Aufbau der Modelle oder die Herstellung der Gießform • Schmiedeteile in Anlehnung an Herstellung des Gesenkes • Stanzteile nach der Schnittfolge • Baugruppen nach der Montagereihenfolge oder Sichtbarkeit • prismatische Gegenstände kann man eben konstruieren und die Fläche dann extrudieren. Grundsätzlich sollte man beachten, daß man die Kontrolle über Machbarkeit und räumliche Verträglichkeit in dem Maße verliert,je mehr man sich bei der Wahl oder Neudefinition von Objekten von der Wirklichkeit entfernt.
112
10 geometrische Konstrukt ionen
übungsaufgabe 10.3: • Versuchen Sie, sich einen Gegenstand innerhalb von max. 1/2 min einzuprägen. Es ist hilfreich, ihn als Summe von Objekten zu begreifen. • Zeichnen Sie den Gegenstand aus dem Gedächtnis - aus einer anderen Himme lsrichtung, Höhenw inkel 22,5°.
Bild 10.16 . Aus dem Gedächtnis zu reprod uzierende Gegenst ände
11 Ellipsen
Beim perspektivischen Freihandzeichnen bedürfen die Ellipsen besonderer Überlegungen und Sorgfalt. Drehteile (wo viele Ellipsen zu zeichnen wären) lassen sich zum Glück ausreichend anschaulich in der üblichen Normalprojektion zeichnen. Übrig bleiben unregelmäßige Fräs- und Bohrteile, bei denen aber die gewonnene Anschaulichkeit den Mehraufwand der Perspektive rechtfertigt Hat man sich erst einmal mit den (einfachen) Zusammenhängen vertraut gemacht und auch ein bißchen geübt, empfindet man die Ellipsen nicht mehr als schwierig.
Im für das Zeichnen einfachsten Fall, der isometrischen Perspektive, verzerren sich Kreise in den drei Hauptebenen gleich. Die Achsen der Ellipsen sind gleichzeitig die Diagonalen der einhüllenden Parallelogramme.
Bild 11.1. Ellipsen in der Isometrie
Im allgemeinen Fall der trimetrisch en Perspektive verzerren sich Kreise je nach Hauptebene verschieden. Die Achsen der Ellipsen fallen nicht mit den Diagonalen der einhüllenden Parallelogramme zusammen.
Bild 11.2. Ellipsen in der Trimetrie
114
11 Ellipsen
Es wurde schon erwähnt, daß die korrekte Verkürzung in jeder Koordinatenrichtung für die realistische Wirkung der perspektivischen Zeichnung wichtig ist. Beim Zeichnen von Ellipsen muß man sich darauf einstellen, daß sie (im Gegensatz beispielsweise zu den verschiedenen Arten von Dreiecken) keine markanten Bezugspunkte, Winkel oder Proportionen aufweisen, anhand derer man ihre Form und ihre Lage erschließen könnte. Selbst die Achsen der Ellipsen helfen beim Zeichnen meistens nicht viel weiter. Das führt auf eine Zeichentechnik, iSCHE.I,EL die Ellipsen als eine Art "passive" Form aufG1
Bild 11.3. Achsen, Scheitel
Als Ellipsendurchmesser sollen im folgenden immer die beiden Seiten des einhüllenden Parallelogrammes gelten - nicht etwa die Achsenlängen der Ellipse.
Immer, wenn man nicht weiß, wie ein Kreisbogen in der Perspektive aussieht (wo der große und der kleine Scheitelkreis liegen), sollte man sich das einhüllende Parallelogramm konstruieren.
Bild 11.4. Konjugierte Durchmes ser von Ellipsen
115
11.1 Ellipsendurchmesser 100 bis 200 rnrn
11.1 Ellipsendurchmesser 100 bis 200 mm Das Problem großer Ellipsen stellt sich bei der Darstellung von Flanschen, Scheiben, Rundtischen, Rädern, Gehäusen, Behältern, Winkelbemaßung, etc.. Bei großen Durchmessern sind die Räume, die zwischen den vier Stützpunkten des einhüllenden Parallelogramm s mit der Formvorstellun g überbrü ckt werden müssen, zu groß. Große Ellipsen dienen auch oft als Bezug für die Lage weiterer Formelemente und m üssen schon desh alb genau sein . 1I16-Methode. Sie ist verwandt mit der Näherungskonstruktion für 300 (s. auch Abschn. 5.8). Es lassen sich pro Quadrant 2 zusätzliche Punkte - bei 300 und 60 0 - angeben, was für Durchmesser bis 300 mm ausreicht. Vorsicht beim Halbieren der Kanten des Parallelogramms. Als zusätzliches Hilfsmittel bei großen Ellipsen lassen sich die T angenten in den Hilfspunkten konstruieren . (Die 1I16-Methode läßt sich natürlich auch für Krei se verwenden.) "f
"1/,,,
~
3. 2.
A.
30°
Bild 11.5. II16-Methode zur Konstruktion von Hilfspunk ten be i 30° und 60 °.
116
11 Ellipsen
11.2 Ellipsendurchmesser 30 bis 100 mm Würde man auch bei den kleineren Ellipsen mit der 1/16-Methode arbeiten, würden die Hilfspunkte trotz (eigentlich aber: wegen) des konstruktiven Aufwandes zu ungenau. Eine praktische Hilfskonstruktion ist das einhüllende Achteck, das pro Quadrant einen zusätzlichen Punkt und eine Tangente liefert. Grundlage für die Konstruktion des Achteckes ist der tan 22,50. (s. auch Abschn. 5.8)
Bild 11.6. Einhüllendes Achteck
S/12-Methode. (Bild 11.8.) 5/12 liegt sehr nahe an tan 22,5 0 • Man muß zwei benachbarte halbe EIIipsendurchmesser zwei mal halbieren und die sich ergebenden Viertel dritteln. Die Gerade durch die so erhaltenen Punkte ist eine Tangente der Ellipse. Der Berührpunkt liegt auf der Mitte der Strecke. (Man kann die Tangente auch mit der entsprechenden Diagonalen des Parallelogramms schneiden.) 40%-Methode. (Bild 11 .9.) Bei kleineren Ellipsen ist die 5/12-Methode zu aufwendig und die Genauigkeit auch nicht nötig. Es geht sehr schnell, 40% (~5/12) des halben Ellipsendurchmessers zu schätzen und durch die beiden Punkte die Tangente zu legen. Den Berührpunkt erhält man wieder durch Halbieren oder durch das Schneiden mit der Diagonalen. Will man den Aufwand weiter reduzieren, kann man auch auf der Diagonale einen zusätzlichen Punkt konstruieren (s. auch Abschn. 5.11); man erhält allerdings keine Tangente. Diese Konstruktion ist besonders geeignet für Ellipsen, die sich der Kreisform nähern.
A/'tlr
Bild 11.7. Hilfspunkt auf Diagonale
117
11.2 Ellipsendurchmesser 30 bis 100 mm
Bild 11.8. Sll2-Methode
Bild 11.9. 4O%-Methode
Bei allen Ellipsen ist die Länge der großen Achse kritisch für einen natürlichen Eindruck. Für isometrische Ellipsen gibt es eine schnelle und genaue (aber geometrisch unbe gründete) Hilfskonstruktion für die entsprechenden Scheitelpunkte.
Isometrische Ellipsen erkennt man daran, daß man das einhüllende Parallelo gramm in zwei gleichseitige Dreiecke zerlegen kann .
Bild 11.10. Probe auf Isometrie
Bild 11.11. Scheitelkonstruktion für isometrische Ellipsen
118
11 Ellipsen
11.3 EHipsendurchmesser unter 30 mrn Bei kleinen Ellipsen kommt es weniger auf die Genauigkeit als vielmehr auf die Schönheit an. Schönheit heißt hier erstens richtiges Verhältnis der Durchmesser (::::: Verhältnis der Achsen) und zweitens harmonische, knickfreie Form. 1. Einhüllendes Parallelogramm und Mittellinien (immer) zeichnen. Die verkürzten Kantenlängen des Parallelogrammes müssen (leider) ziemlich genau sein, um natürlich wirkende Ellipsen zu erzielen. 2. Mit den großen Bogen beginnen. Papier in günstige Position drehen (Der "Mittelpunkt" des Bogens soll unter der Hand liegen - s. auch Kap. 7). Den Bogen etwas länger zeichnen als bis zum Berührpunkt der Tangente. Kontrolle: Die Bogen von nicht isometrischen Ellipsen liegen nicht genau gegenüber, sondern versetzt. 3. Danach die kleinen Bogen sehr dünn probieren, bis die Übergänge in die großen Bogen gelungen sind und die Länge der großen Achse natürlich wirkt. Möglichst nicht an Ellipsen, sondern an Kreise denken. Punktieren hilft gegen Zittern. Kontrolle: Die große Achse von nicht isometrischen Ellipsen zeigt an den Ecken des umbeschriebenen Parallelogrammes vorbei (auf der Seite der stärker verkürzten Kante) . 4. Ellipse breit und schwarz ausziehen. Nicht direkt auf den Übergängen zwischen großen und kleinen Bogen absetzen.
Bild 11.12. Ellipsen direkt in das einhüllende Parallelogramm einzeichnen
11.4 Formfehl er von Ellipsen erkennen
119
11.4 Formfehler von Ellipsen erkennen Auch wenn man Hilfskonstruktionen benutzt, gibt es insbesondere bei nichtisometrischen Ellipsen manchmal Unsicherheiten. Man zeichnet Formen, die irgendwie falsch wirken, und man weiß nicht , in welche Richtung man sie ändern muß. Hauptachsen. Für den realistischen Eindruck einer Ellipse spielt die Lage der Scheitel eine wichtige Rolle. Folgenden Zusammenhang kann man zur Kontrolle verwenden: Viele Ellipsen sind in Wirklichkeit Kreise. Jede Kreisfläche kann man mit einer senkrecht aus ihr herausragenden "Dreh-" und Symmetrieachse versehen. Bildet man eine solchermaßen präparierte Kreisfläche perspektivi sch ab, liegt die Große Ellipsenachse immer senkrecht zur "Drehachse". Die kleine Ellipsenachse fällt in der Darstellung mit der "Drehachse" zusammen. Da meisten s eine Achse des Koordinatendreibeines senkrecht steht (in diesem Fall die Y-Achse), liegen die großen Ellipsenachsen der "flach" (parallel zur X-Z-Ebene) liegenden Ellipsen waagerecht.
Bild 11.13. Lage der Hauptachsen bei Ellipsen
120
11 Ellipsen
Symmetrie zur Großen Ellipsenachse. Aus der Gesamtform der Ellipse schätzt man die Lage der Großen Ellipsenachse (und zeichnet sie evtl. dünn ein). Dann müssen beide Hälften zur Großen Ellipsenachse symmetri sch sein. Um von der umgebenden Hilfskonstruktion nicht abgelenkt zu werden , empfiehlt es sich, die Ellipse etwas "unscharf" anzusehen. (s.auch Abschn. 2.5) Symm etriefehler sind auffällig.
Bild 11.14. Symmetrie zur Großen Ellipsenachse
Symmetrie zu den Mittellinien. Ellipsen müssen auch relativ zu ihren Mittellinien (ursprünglich: Zentralen) symmetrisch sein. Abweichungen lassen sich wegen der unsymmetrischen Situation mit dem bloßen Auge nicht ermitteln, sondern nur nachmessen oder abgreifen. Anwendung bei großen Ellipsen.
Bild 11.15. Symmetrie zur Mittellinie
121
11.5 Einfachheit der Isometrie
11.5 Einfachheit der Isometrie Die Einfachheit des Isometrischen Koordinatensystems macht es besonders geeignet erstens für den Einstieg in das perspektivische Zeichnen und zweitens für die Fälle, in denen man mit der Entwicklung der Form schon genug zu tun hat, wie bei Federn, Gewinden , Bohrern , Pumpenrädern. Schaufeln . 1. In einer Isometrie haben die Ellipsen in jeder Hauptebene immer dieselbe Form. Man entwickelt rasch ein Gefühl für die richtigen Proportionen. 2. Die Achsen der Ellipse fallen mit den Diagonalen des einhüllenden Parallelogrammes zusammen . Es gibt eine genaue und schnelle Scheitelkonstruktion (s. Abschn. 11.2). 3. Die Diagonalen der Parallelogramme, die in Wirklichkeit unter 45° liegen, verlaufen unter den "rastbaren" Winkeln von 0, 30, 60 und 90° zur Senkrechten. 4. Die einhüllenden Parallelo gramme sind schnell konstruiert, weil zwei Ecken auf (über) der Rotationsachse liegen.
Bild 11.16. Isometrischer Würfel
5. Man muß keine Verkürzungsfaktoren berücksichtigen, da sie auf allen Achsen gleich groß sind. Bei maßstäblicher Darstellung werden alle Abmessungen parallel zu den Achsen abgetragen. 6. Die Isometrie hat einen Nachteil: Bei bestimmten Formen kann es zu Mißverständnissen kommen, weil Linien ineinander münden, die nichts miteinander zu tun haben.
Bild 11.17. Ineinander mündende Linien bei der Isometrie
122
11 Ellipsen
Bei der Konstruktion des Isometrischen Koordinatensystems sollte man besondere Sorgfalt walten lassen, um in den Genuß der erwähnten geometrischen Einfachheit zu kommen. Folgende Konstruktion ist genau und dauert höchstens eine halbe Minute: 1. Drei Punkte senkrecht übereinandersetzen,so daß sich zwei gleiche Strecken von ca. 40 mm ergeben, 2. rechts von der unteren Strecke einen Punkt schätzen, mit dem sich ein gleichseitiges Dreieck ergibt; Papier drehen, noch ein gleichseitiges Dreieck schätzen, 3. durch die Punkte die Achsen ziehen und die Achsenabschnitte vierteln.
Bild 11.18. Konstruktion des isometrischen Koordinatensystem s
Das Sch ätzen des gleichseitigen Dreiecks macht anfangs Schwierigkeiten: Man setzt den Punkt unwillkürlich zu weit nach links und zu weit nach oben. Dem läßt sich abhelfen, wenn man sich die Winkel vorstellt, die von den Kanten des Dreiecks gebildet werden. Man sieht sofort , wenn z.B. der Winkel rechts zu stumpf geraten würde.
Bild 11.19. Gleichseitiges Dreieck schätzen: auf die Winkel achten!
11.6 Drehteile
123
11.6 Drehteile In seltenen Fällen müssen auch Drehteile perspektivisch dargestellt werden: Bei Illustrationen, bei manchen (nicht ganz) rotationssymmetrischen Gußteilen und bei Drehteilen mit nachträglicher Fräsbearbeitung. Bildaufbau für Rotationskörper: 1. Rotationsachse festlegen. Mittellinien der Stirn-
flächen einzeichnen.
2. Einhüllende Parallelogramme für die kreisförmigen Stirnflächen konstruieren. 3. Stirnflächen einzeichnen. 4 . Mantellinien als Tangenten an die Ellipsen legen .
Die Schritte 2 bis 4 müssen für jedes Element des Rotationskörpers (Zapfen, Scheibe, Kegelstumpf, Gewinde, Einstich, etc.) wiederholt werden. Alle Elemente müssen danach auf die gemeinsame Rotationsachse aufgefädelt werden.
Bild 11.20. Aufbau eines Drehteiles
Bild 11.21. "Auffädeln" der Elemente
124
11 Ellipsen
Sechskante. Bei Massendrehteilen treten häufig Sechskante auf. Außerdem sind sie charakteristisch für Schrauben und Muttern und kommen als solche fast in jeder Zeichnung vor. Sie sollen deshalb hier extra behandelt werden. Sie haben meist nur symbolische Bedeutung. Es kommt also mehr auf die realistische und schöne Darstellung an als auf die genauen Abmessungen. Die Konstruktion des Sechskantes basiert auf der Konstruktion eines Winkels von 30° (s. Abschn. 5.8). 1. Man beginnt mit einer Art einhüllendem Quadrat, dessen Kantenlänge gleich der Schlüsselweite ist. 2. Man trägt auf der horizontalen Mittellinie jeweils links und rechts 118der halben Kantenlänge ab (1/7 wäre genauer, ist aber umständlicher zu konstruieren) und erhält 2 Ecken. 3. Die horizontalen Kanten des Quadrates werden geviertelt. Die beiden mittleren Viertel werden um die Hälfte des auf der Mittellinie nach links und rechts jeweils abgetragenen Betrages (1/16) verlängert und ergeben die Länge der Schlüsselflächen des Sechskantes. 4. Ecken verbi nden
Bild 11.22. Sechskant aus Schlüssel weite
In selteneren Fällen ist das Eckenmaß des Sechskantes gegeben und man sucht die Schlüsselweite oder den größtmöglichen Zylinderdurchmesser. 1. Man beginnt mit einem Quadrat, dessen Kantenlänge gleich dem Eckenmaß ist. 2. Mit sin 30°=112 und cos 30°::::; 7/8 erhält man eine weitere Ecke. 3. Die übrigen Ecken erhält man durch spiegeln an den Mittellinien Bild 11.23. Sechskant aus Ecke nmaß
125
11.6 Drehteile
Bild 1J.24. Sechskant aus Schliisselweite
Bild 11.25. Sechska nt aus Eckenmaß
Sc hra ube nkö pfe und Muttern kommen se hr häu fig vor. Es ist vo rte ilhaft, di e folgende Kon struktion nach zuvoll ziehen und sich z.B . das Au ssehen de r Fas e ei nzu präge n. Die Sc hnitt ka nte n mit den Sc hlüsse Ifläch en sind perspek tivisch a bge bilde te Hyp erbel ab schnitte, die man nach Gefühl zeic hne n muß.
Bild 11.26. Sechskantmutter
126
11 Ellipsen
Übungsau fgaben zur Isometrie : Übungsaufgabe 11.1: Zeichnen Sie in isometrischer Perspektive ein Sechskantprofil (SW 30 , I = 50 mrn), welches auf 30 mm Länge auf 0 29,8 abgedreht wurde. Übungsaufgabe 11.2: Zeichnen Sie isometrischer Perspektive einen Rundstab (0 40 mm, I = 50 mm), dem an einem Ende ein Sechskant (e e 0, 1= 20) angefräst wurde . Übungsaufgabe 11.3: Zeichnen Sie in isometrischer Perspektiv e einen Flachriementrieb mit Spannrolle (schematisch, Räder in der Luft , Achsen als Mittellin ien). Raddurchmesser 80, 30 , 15 mm, Achsabstand 100 mm, Riemenbrei te 15 mm) Übungsaufgabe 11.4: Zeichnen Sie in isometri scher Perspektive schematisch (nur Wellen und Räder, Räder ohne Zähne ) aber proporti oniert ein Kegelradgetriebe mit i = 2. Teilkrei sdurchmesser 40/80 rnrn, Zahnbreite 20 mm. Übungsaufgabe 11.5: Zeichnen Sie in isometri scher Perspektive eine Spannzange (Spanndurchmesser ca. 20mm)
Übungsaufgabe 11.6: Zeichnen Sie die Teile von Bild 11.27 in isometrischer Perspektive .
I
s
I
Bild 11.27. Übungsteile (Schelle, Hebel , Nutenstein) für die isometris cher Perspektiv e
127
11.6 Drehteile Übungsaufg aben zur Dimetrie und Trimetrie: (Die gegebenen Abmessungen sollen nur die Größenordnung angeben .) übungsaufgabe 11.7: Zeichnen Sie Würfel, auf deren Flächen Inkreise gezeichnet sind mit den folgenden Kantenlängen und Blickrichtungen: a) 50 mm, OSO, 22,5°
b) 80 mm, OSO, 45°
c) 125 mm , OSO, 11°
d) 30 mrn, 0, ONO , NO, 11,25"
Bild 11.28. Würfel mit Inkreisen übungsaufgabe 11.8: Zeichnen Sie folgende Wellenenden (040 mm) aus OSO, 45" :
Bild 11.29. Wellenenden Übungsaufgabe 11.9: Zeichnen Sie einen Kegelstumpf mit 0 Höhenwinkel 22,5°. übungsaufgabe 11.10: Zeichnen Sie eine Tellerfeder mit 0 Höhenwinkel 22,5°.
=80 mm, d =20 rnm, h =40 mm;
=70 mm, d = 35 mm, s =h =3 mm;
Übungsaufgabe 11.11: Zeichnen Sie zwei aufeinandergesetzte Kegelstümpfe mit drei verschiedenen Durchmessern; h 50 mm: Höhenwinkel 22,Y.
=
Bild 11.30. Aufeinandergesetzte Kegelstümpfe
128
11 Ellipsen
11.7 Sonderprobleme mit Ellipsen Abbildung von Kreisen in geneigten Ebenen. Es kommt vor, daß eine Ellipse von einem Kreis gezeichnet werden muß, der nicht parallel, sondern geneigt zu einer Hauptebene liegt. In folgendem Beispiel wäre die Form der Ellipsen in den Hauptebenen X-Y und Y-Z bekannt. Man kann sie durch Schwenken um die Y-Achse ineinander überführen. Dabei bleibt der Durchmesser, der parallel zur Y-Achse liegt, konstant. Wie sich der andere Durchmesser beim Schwenken verändert, ersieht man aus einer Hilfskonstruktion (man muß ein Viertel Ellipse zeichnen) in der X-Z-Hauptebene. Beim Schwenken um eine andere Achse muß man die Hilfskonstruktion in eine zur Schwenkachse senkrechte Ebene legen.
Bild 11.31. Wie Ellipsen ihre Form ändern, wenn sie von einer Hauptebene in eine andere geschwenkt werden .
Liegt eine Ellipse zu keiner Hauptebene parallel, ist die Konstruktion bedeutend unübersichtlicher (Bild 11.32) . Wegen der Übersichtlichkeit sollte man nur mit dem einhüllenden Parallelogramm arbeiten. Eine wichtige Rolle spielen Hilfsellipsen. Das Parallelogramm wird zunächst um einen bestimmten Betrag um die X-Achse geschwenkt und danach um die Y-Achse. (Der Schwenkvorgang um die Y-Achse wurde schrittweise numeriert.) Hat man erst das einhüllende Parallelogramm in die gewünschte Lage geschwenkt, kann man mit den bekannten Ellipsenkonstruktionen die Ellipse einzeichnen.
11.7 Sonderp robleme mit Ellipsen
y
Bild 11.32. Konstruktion einer um zwei Achsen geneigten Ellipse
129
130
I1 Ellipsen
Perspektivische Darstellung von Ellip sen. Manchmal tri tt der Fall auf, daß durch das schiefe Sc hneide n von Bohrungen ode r Rundstäben elliptische Flächen entstehen, die persp ekt ivisch abge bilde t werd en müssen . Unter der Vorausset zun g, daß eine Ellipse auch in anderen Blickrichtungen imme r wieder eine Ellipse ergibt, lassen sich diese Formen relativ einfach abbilden. Eine groß e Hilfe ist hier wied er das einhüllende Parallelo gramm - das diesmal auch in Wirklichkeit ein Parall elogramm ist.
Bild 11.33. Ellipsen, die wieder als Ellipsen abgebildet werden
131
11.7 Sonderprobleme mit Ellipsen Übun gsaufgaben zu geneigten Ellipsen: (Die Abmess ungen sollen nur die Größenordnung ange ben.)
übungsaufgabe 11.12: Zeichnen Sie ein pultartiges Gehäuse aus SW, 22,SO mit 3 verschiedenen Bohrun gen (0 30 bis 50 mm) für Rundinstrumente in der Pultfläche . übungsaufgabe 11.13: Zeichnen Sie (vergrößert) einen in der Pultfläche angebrachten Drehknopf aus SW,22,5°.
1':I
'.l
~
Bild 11.34. Drehknopf
Übungsaufgabe 11.14: Zeichnen Sie einen segmentierten Rohrkrümmer 0 30 mm aus OSO, 22,5° .
Bild 11.35. Segm entierter Rohrkrümmer
ü bungsaufgabe 11.15: Zeichnen Sie stilisiert ein Schrägsitzventil (2") - (Spindel und Handrad vereinfa cht, ohne Arme) aus OSO unter 22,S".
Bild 11.36. Schrägsitzventil
12 Standardformen Die Formen bestimmter Maschinenelemente wiederholen sich beim Konstruieren immer wieder. Man sollte sie bei Bedarf ein erstes Mal sorgfältig konstruieren. Dadurch prägen sich die Formen gut ein und stehen beim nächsten Mal als fertige Bilder in der Vorstellung zur Verfügung. Konzentrische Ellipsen. Zwei Ellipsen, die nahe beeinander liegen, stören sich mit ihren einhüllenden Parallelogrammen. Man sollte jeweils eine Ellipse konstruieren und die Form der zweiten aus der ersten ableiten. \. Äußere Ellipse sorgfältig konstruieren. 2. Durchmesser der inneren Ellipse markieren. Man sollte sich in Erinnerung rufen , daß die Konturen beider Ellipsen nicht in konstantem Abstand verlaufen, sondern in Richtung der großen Achsen einen großen Abstand haben und in der Richtung der kleinen Achse einen kleinen Abstand. (Wenn man diesen Zusammenhang auch nur ansatzweise beachtet, gewinnt die Form deutlich an Realismus.)
Bild 12.1. KonzentrischeEllipsen
3. Innere Ellipse aus vier Bogen ziehen. Axial versetzte Ellipsen. Wenn der axiale Versatz kleiner als etwa 10 mm ist, braucht man ebenfalls nur eine Ellipse genau zu konstruieren. Man verschiebt die Kontur der Ellipse oder Teile davon einfach parallel, indem man einige Strecken parallel zur Achse abträgt. Anwendung bei Senkungen.
Bild 12.2. Axial versetzte Ellipsen
133
12 Standa rdformen
Fasen. Fasen haben fast immer nur Symbolcharakter, d.h. ihr Winkel und ihre Größe spielen eigentlich keine Rolle. In einer isometrischen Perspektive ist die Konstruktion sehr einfach: Man legt das etwas (nach Gefühl ) kleinere einhüllende Parallelogramm der kleineren Ellipse in die stumpfe Ecke des Parallelogramms des Wellenendes. Die Seiten des kleineren Parallelogramms halbieren , um die 4 Ellipsenpunkte zu erhalten. Erst die kleine Ellipse zeichnen, dann die große. In einer Dimetrie oder Trimetrie ist eine Fase nicht so einfach zu konstruieren.
~W----
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Bild 12.3. Fasenkonstruktion
Ausrunden von Ecken. Man zeichnet für alle Ecken nur einmal eine Ellipse und übernimmt dann für jede Eckensituation den entsprechenden Bogen. Man braucht für jede Hauptebene eine eigene Ausrundungsellipse. Wo zwei Ausrundungen mit gleichem Radiu s aufeinandertreffen, ist der Au srundungshilfskörper eine Kugel.
Bild 12.4. Ausrunden
134
12 Standardforrnen
Wellenenden. Bestimmte Formen erfordern die Konstruktion von Durchdringungen. Sie werden mit Ellipsen genauso konstruiert wie mit Kreisen. Manchmal benötigt man eine Ellipse nicht als Körperkante, sondern als Hilfslinie zur Konstruktion der Punkte einer Schnittlinie.
Bild 12.5. Wellenenden
135
12 Standardfonncn
Kugel, Torus, Schlauch, gebogener Draht. Eine Kugel bleibt in allen Blickrichtungen immer eine Kugel. Der Mittelpunkt fällt mit der Ellipse zusammen Den zu zeichnenden Durchmesser der Kugel erhält man aus der großen Achse der Ellipse. "Extrudierte" Formen mit kreisförmigem Querschnitt erhält man mit der Perlenkettenkonstruktion:
Bild 12.6. Konstruktionen mit der Kugel
Schrauben, Gewinde. Durch die starke Vereinfachung der SchraubendarsteIlung ergibt sich in der Perspektive keine besonders befriedigende Darstellung. Verschraubungen und Gewinde sollte man am besten stilisiert (durch Mittellinien) darstellen. ~H O )(40 DiN ISO 40n-8.8
Bild 12.7. Schrauben und Gew inde
136
12 Standardformen
Sterne. Wenn auf einem Kreisumfang sich wiederholende Formen in radialer Richtung angeordnet sind, wie Arme von Rädern, Verzahnungen, Schlitze, Rippen etc., scheinen bei ihrer perspektivischen Abbildungen Schwierigkeiten zu drohen, weil sich die Formen je nach Winkellage auf der Ellipse verschieden und scheinbar regellos verzerren. Die Lösung des Problems gelingt mit einer Hilfsellipse. Ein Kreis hat in allen Richtungen denselben Durchmesser. Bildet man ihn perspektivisch ab, gibt die entstehende Ellipse für jede Richtung den korrekt verkürzten Durchmesser an. Mit dieser Hilfsellipse lassen sich eine Reihe schwierig erscheinender Formen elegant konstruieren.
Bild 12.8. Abbildung radial angeordneter Formen
1. In der Normalprojektion sieht man, daß alle fünf Arme des Sterns dieselbe Dicke haben wie der Hilfskreis in der Mitte. (Die Arme des Sterns sind der Deutlichkeit halber übertrieben dick.) 2. Bildet man die Konstruktion perspektivisch ab, so wird aus dem Hilfskreis die Hilfsellipse. 3. Die Tangenten an die Hilfsellipse geben die jeweilige Dicke jedes Armes an.
12 Standardformen
137
Zahnräder. Bei Zahnrädern muß man aus der Zahnteilung n*m die Zahndicke am Kopfkreis und am Fußkreis schätzen. In der Regel kann man das Verhältnis der Zahndicken mit 1:2 annehmen. Nur bei kleinen Zähnezahlen und positiver Profil verschiebung werden die Zähne etwas spitzer und man wird 1:3 annehmen. Räder stellt man nur mit einigen Zähnen dar - man kann die Abmessungen der Zähne aus der Zahnteilung entwickeln. Bei Ritzeln kann man alle Zähne darstellen - man sollte die (darzustellende) Zähne zahl aber so runden, daß man die Zähne leicht konstruieren kann: CI 0), 12, 16, (20), 24 Zähne. 1. Man zeichnet zunächst die Stirnseite des Zahnrades: Das einhüllende Parallelogramm der Ellipse des Kopfkreises , die Ellipse des Kopfkreises und die Ellipse des Fußkreises.
2. Der Umfang wird in die gewünschte Zähnezahl geteilt. 3. Man konstruiert sich die beiden Hilfsellipsen - eine für die Zahndicke am Kopfkreis und eine für die Zahndicke am Fußkreis. 4 . Man zeichnet die Hilfsellipsen aus der Vorstellung an die entsprechenden Stellen am Umfang des Zahnrades, ohne sie dabei zu drehen. 5. Es stört den Gesamteindruck nicht, die Zahnflanken eben zu zeichnen und sie aus Tangenten an die Hilfsellipsen zu entwickeln. 6. Die Breite des Zahnrades wird durch Extrusi on erzeugt.
Bild 12.9. Konstrukti on eines Zahnr ades
138
12 Standardformen
Wird Perfektion gewünscht, kann man die Kon struktion pausen und die Zahnfl anken mit leichten Bogen als Evolventen ausbilden .
Bild 12.10. Gepaustes Zahnrad
Übungsaufgaben. Höhenwinkel 22,5 oder 45°, mit Abmessungen nach Augenmaß :
Übungsa ufga be 12.1: Zeichnen Sie eine (ges tanzte) Unterlegscheibe DIN 125 - A 2l. Übungsaufgabe 12.2: Zeichnen Sie eine Senkung DIN 74 - SA 24. Obungsaufgabe 12.3: Zeichnen Sie einen dickwandigen Schlauch mit einem Außendurchmesser von ca. 30 mm und einer Länge von ca. 200 mm, dessen eine Öffnung senkrecht und die andere waagerecht zeigt. Obungsa ufga be 12.4: Zeichnen Sie einen Runddichtring (O-Ring) 8 x I im Maßstab 5:1 (l nnendurchmesser 8, Ringdicke 2 mm). Übungsa ufga be 12.5: Zeichnen Sie eine Luftspule mit 3 1/2 Windungen, 20 mm Durchmesser und 2 mm Drahtdurchmesser im Maßstab 2: 1. Übungsa ufga be 12.6: Zeichnen Sie stilisiert eine Modelleisenbahn-Drehscheibe (Durchmesser ca. 250 mm) mit 9 Gleisansc hlüssen (HO) alle 10°.
13 Perspektivische Fertigungszeichnungen
Die Perspektive hat den Vorteil großer Anschauli chkeit , aber den Nachteil, für zusätzliche Informationen nur begrenzt aufn ahmefähig zu sein. Bei der 3Ansichten-Zeichnung ist es umgekehrt: Sie dient der Vermittlung von Fertigungsinfonnationen, hat dafür aber den Naehteil , nicht anschaulich zu sein. Es gibt bestimmte Situationen , in denen man die Vorteile beider Darstellung sarten gerne kombinieren würde : Bei Präsentationen, Versuchsvorrichtungen, im Musterbau, bei Änderungen, in der Qualitätssicherung, im Kundendienst, bei der Montage, etc. In gewissen Grenzen - an die man sich allerdings selbst herantasten muß - kann man perspektivische Darstellungen vorteilhaft mit Fertigungsinformationen versehen . Die wichtigsten Ausdrucksmittel in einer Fertigungszeichnung sind Schnitte und Bemaßung. Beides muß an die perspektivische Darstellungsweise angepaßt werden. Ein Problem stellt auch die nur 2-dimensionale Symbolik (Oberflächengüte , Kantenzustände , Form- und Lagetoleran zen , Wärmebehandlung, Zentrierbohrungen, etc .) dar .
13.1 Schnitte, Ausbrüche, Details Schnitte und Ausb rüche helfen, Zeichenarbeit zu sparen und verdeckte Einzelheiten sichtbar zu machen. Darüberhinaus verleihen sie einer perspektivischen Darstellung Plastizität und Realismus . In perspekti vischen Darstellungen werden Schnitte und Ausbrüche zu natürlichen Bildbestandteil en . Das sollte man beim Zeichnen berücksichtigen.
Bild 13.1. Wenn man die Schnittfläche sehen kann, sollte man möglichst parallel zu Symmetrie- oder Hauptebenen schneiden.
140
13 Perspektivi sche Fertigungs zeichnunge n
Die Regel, nur unter 45° zu schraffieren, sollte man im übertragenen Sinn befolgen. l.\-5 0
Bild 13.2. Schraffur so legen, daß es aussieht, als würde die Schraffur in Wirklichkei t um 4SO geneigt sei n.
Die Bruchflächen vo n Ausbrüchen sollten möglichst eben sein, damit die Schraffur geradlini g bleiben kann. Ebenso sollen Bruchlini en keinen größeren Bogen aufweisen - lieber kurze Unebenheiten. Der Übergang von einer Bruchfläche zur anderen wird durch eine dünne Linie dargestellt. Sie ist auch der Ort , wo die Schraffurl inien zus ammenstoßen . Die Schraffur ist so auszuführen, als schneide man einen aus Schichten verleimten Körper.
Bild 13.3. Bruchfl ächen sollten eben sein.
141
13.1 Schnitte, Ausbruche , Details
In der 3-Ansichten-Zeichnung verlangt die Norm , daß die Bruchlinien 1 und 2
schmal zu zeichnen sind. Sieht man aber auf die Bruchfläche, müssen dieselben Kanten breit ausgezogen werden .
2
2
Bild 13.4. Sollen Bruchfl ächen mit breiten oder schmalen Linien begrenzt sein?
In der Perspektive führt das zu einem Konflikt: Linien 1 und 2 müßten entweder schmal oder breit gezeichnet werden. Vergleicht man die beiden Alternati ven, scheint die "schmale" Version die sinnfälligere zu sein. Regel: Alle Kanten, die durch Schneiden und Ausbrechen entstehen und bei denen ein Linienbreitenkonflikt entsteht, werden schmal gezeichnet.
142
13 Perspektivische Fertigungszeichnungen
Auch in der perspektivischen Darstellung werden gewisse Teile nicht (oder jedenfalls nicht ganz) geschnitten: Wellen , Schrauben, Stifte, etc.
Bild 13.5. Teile, die man nicht schneidet
Details werden vom Hauptteil abgebrochen, parallel verschoben und vergrößert dargestellt. Die Lage des Details kann man mit einem dünnen Kreis angeben:
Bild 13.6. Details
143
13.2 Bemaßung und Symbole
13.2 Bemaßung und Symbole Die Bemaßung von perspektivischen Darstellungen ist dann geboten , wenn die Verständlichkeit bei verwickelten Formen oder Anordnungen im Vordergrund steht und nur wenige Maße (Anschlußrnaße, Hauptmaße, Prüfmaße, geänderte Maße ) erforderlich sind - etwa bei Versuchsaufbauten, Reparatur- und Bedienungsanleitungen, Nacharbeiten, Änderungen, Fehlerbeschreibungen, Prüfvorschriften, etc. Eine realistische perspektivische Darstellung wird vom Betrachter nicht mehr bewußt als Zeichnung wahrgenommen, sondern verschmilzt mit der räumlichen Vorstellung des abgebildeten Gegenstandes. Um diese Illusion nicht zu stören, versucht man auch Schrift und Symbole perspektivisch abzubilden - obwohl ihnen die 3. Dimension fehlt. Man legt sie - entsprechend verzerrt parallel zu den Hauptebenen der Abbildung.
Bild 13.7. Schrift wird mit Hilfe der einhüllenden Parallelogramme verzerrt .
• Maßhilfslinien und Maßlinien liegen in einer Ebene. • Maßlinien liegen möglichst parallel zu den Achsen. • Zahlen und Maßpfeile müssen in derselben Ebene wie Maßhilfslinien und Maßlinien liegen. • Maßpfeile verzerren. • Ebenen vermeiden, in denen die Lesbarkeit leidet.
Bild 13.8. Maßlinien und Zahlen in einer Ebene
Fehler in Bild 13.9: 1. Die obere Maßlinie liegt nur scheinbar parallel zu den horizontalen Flächen; 2. Die untere Maßlinie darf nicht einfach verschwinden. Bild 13.9. Fehlerhafte Bemaßung
144
13 Perspektivische Fertigungszeichnungen
Die gebogenen Maßpfeile von Winkelangaben sind Ellipsen (schwierig):
Bild 13.10. Winkelangaben
Mit mehrfachen Maßhilfslinien Bezüge zwischen Formen herstellen, die nicht in derselben Ebene liegen.
Bild 13.11. Mehrfache Maßhilfslinien
Stark verkürzte Achsen sind schlecht für die Bemaßung. Isometrie eignet sich am besten zum Bemaßen.
Bild 13.12. Für die Bemaßung ungeeignete Ebenen
13.2 Bemaßung und Symbole
145
Es ist zu beachten, daß die Bemaßung außerhalb des dargestellten Gegenstandes liegt, weil die Perspektive schon vom Prinzip (verkürzte Seiten, alle Ansichten aneinander) sehr gedrängt ist. Zahlen und Text müssen von unten oder rechts lesbar sein. Längere Texte werden unverzerrt geschrieben - aber möglichst weit weg von der perspektivischen Darstellung.
Drehkörper sind insofern schwierig zu bemaßen, als ihnen in der perspektivischen Darstellung die "obere" bzw. "untere" Mantellinie fehlt, an der man sonst immer die Bemaßung anbringt. Man muß, um an unzugängliche Stellen zu gelangen, Symmetrielinien zur Kennzeichnung von Ebenen verwenden,. Die Rotationsachse ragt aus beiden Enden gleich weit aus den Stirnflächen heraus.
Bild 13.13. Bemaßung eines Drehkörpers
146
13 Perspektivische Fertigungszeichnungen
Die Symbolik der Fertigungszeichnungen ist nicht mit Rücksicht auf perspektivische Zeichnungen entwickelt worden. Man muß sich zu jeder Situation eine Darstellungsart ausdenken, die den räumlichen Eindruck der Zeichnung möglichst wenig stört.
Bild 13.14. Schweißangaben
Bild 13.15. Obert1ächenzeichen, Lagetoleranzen
Zentrierbohrungen zeigt man bildlich, wenn sie vorhanden sein müssen und sinnbildlich, wenn sie entfernt werden müssen. Freistiche nur mit Bezugslinie und Text angeben - ohne umlaufende Linie. Es ist vernünftig, Bezugslinien, die normalerweise mit Pfeilen an Kanten enden, in der Perspektive mit Punkten an den Flächen anzukleben. Für Schrift vorher immer eine Basislinie ziehen.
Bild 13.16. Zentrierbohrung, Freistich, Wärmebehandlung, Kantenzustand
147
13.2 Bemaßung und Symbole
C4-5
~
V€1(G,vrreN
5"0 + 4- HRc..
Bild 13.17. Beispiel für perspektivische Fertigungszeichnung (nicht vollständig bemaßt)
I
I
I
l.. ~ I ,
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',
...........
I
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Bild 13.18. Beispiel für perspektivische Fertigungszeichnung (nicht vollständig)
148
13 Perspektivische Fertigungszeichnun gen
ü bungsa ufga be 13.1: • Zeichnen Sie die Teile aus Bild 13.19 bis 13.22 perspektivisch. • Machen Sie Kopien von Ihren Zeic hnungen und versuchen Sie, die Teile zu bemaßen.
Bild 13.19. Gelenk
Bild 13.2 1. Befestigungsschelle
Bild 13.20. Verankerun g
Bild 13.22. Winkelhebel
149
13.2 Bemaßung und Symbole ü bungsa ufga be13.2 :
• Zeichnen Sie die Blechteile in Bild 13.23 bis 13.26 perspektivisch. • Stellen Sie sich die Abwicklung vor und konstru ieren Sie sie direkt in einem perspektivischen Koordinaten system.
I I
/100
Bild 13.23. Knotenblech
Bild 13.24. Haltewinkel
80 Bild 13.25. Kontaktwinkel
Bild 13.26. Schwenkbasis
14 Zeichnen für Fortgeschrittene
14.1 Bauteile und Baugruppen Je schwieriger die darzustellenden Dinge erscheinen (in Wahrheit sind sie nicht schwierig, sondern umfangreich ), desto wichtiger ist es, sie geduldig, sorgfältig und systemat isch zu konstruieren. (Auch durch Zeitdruck darf man sich nicht aus der Ruhe bringen lassen. Gerade wenn man es eilig hat, muß man besonders sorgfältig arbeiten , um das Risiko des 2. Versuches zu verringern.) Insbesondere bei der Kon struktion de s Gerüstes, in dem das Teil dargestellt wird , muß so genau wie möglich gearbeitet werden. Sind nämlich erst mal Einzelheiten eingezeichnet, läßt sich das Gerüst nicht mehr ändern. Zumindest am Anfang sollte man Formen, die durch die Perspektive ungewöhnl ich verzerrt werden, konstruieren und nicht erraten. Das Raten kostet mehr Zeit als das Konstruieren. Es hilft sehr, das Teil möglichst groß darzustellen - 50 % größer , als man spontan gedacht hätte. Auf DIN A3 hat man mehr Platz zum Konstruieren , und hinterher kann man die Zeichnung immer noch mit dem Kopierer passend verkleinern. Sie wirkt dann feiner und Formfehler fallen nicht mehr so auf. Stanz- und Biegeteile. Sie sind prädestiniert für die Perspektive. Der Winkel in Bild 14.1 wurde erst papierdünn konstruiert, und danach wurde die Dimension der Blechdicke ergänzt (Extrusion in 2 Richtungen).
Bild 14.1. Winkel
Bild 14.2. Gelenkteil
151
14.1 Bauteile und Baugruppen
Das Gelenkteil in Bild 14.2 wurde aus dem Vollen gearbeitet, weil man sowohl Unter- als auch Oberseite des Blechs sieht. Das Ergänzen der Blechdicke würde hier nur Verwirrung stiften .
Kunststoffspritzteile. Sie sind häufig so verwinkelt, daß man sogar zwei perspekti vische Ansichten zeic hnen muß. Bei der Schaltklaue in Bild 14.3 wurde erst der Querschnitt des oberen Teil s erzeugt und dann in die Tiefe extrudiert. Die restlichen Formelemente wurden angeklebt oder ausgefräst. Das Lichtschrankengehäuse in Bild 14.4 wurde durch Zusammenkleben von Grundkörpern und Ausfräsen erzeugt.
Bild 14.3. Getriebe-Schaltklaue
Bild 14.4. Lichtschrankengehäuse
152
14 Zeichnen für Fortgeschrittene
Lüfter. Ein Beispiel dafür, daß etwas schwierig erscheint, sich aber auf eine Fleißarbeit reduziert: Die Flügel werden zwischen zwei konzentrische Zylinder konstruiert. Die beiden linken Flügel sind zu dick, weil die Form nicht konstruiert, sondern erraten wurde. Eine Korrektur durch Radieren ist nicht möglich. In solch einem Fall muß man pausen: Papier drüberlegen und durchscheinende Linien dünn nachfahren; richtige Form ergänzen und ausziehen.
Bild 14.5. Lüfterrad mit Hilfslinien
Bild 14.6. Lüfterrad gepaust und korrigiert
14.1 Baute ile und Baugrup pen
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Vakuumpumpe. Die Form wurde erst in der (Dichtungs-)Ebe ne entwicke lt und anschließend nach unten (selektiv) ex trudiert.
Bild 14.7. Vakuumpumpe
Schneckengetriebe. Das Gerüst für die Zeichnun g ist das Ge häuse. Rechtze itig vereinfachen: Einze lheite n wie Wellenabsätze. Verschrau bungen , Paßfede rn. Fase n, etc. weg lasse n.
Bild 14.8. Schnec kengetriebe
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14 Zeichnen für Fortgeschrittene
Servomotor. Das Gerüst für die Zeichnung besteht aus einem quadratischen Prisma (für das zylindrische Gehäuse) und dem Klemmenkasten.
Bild 14.9. Servomotor
Spitzenlos schleifen. Einzige Schwierigkeit: geneigte Ellipse der Regelscheibe
Bild 14.10. Prinzip des spitzenlosen Schleifens
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14.1 Bauteile und Baugruppen
Apparate. Viele strömungstechnische Apparate profitieren von einer perspektivischen Darstellung, weil die Stromlinien meist auch räumlich verlaufen. Behälter mit ungewöhnlichen Formen und mehreren Anschlüssen gewinnen sehr an Anschaulichkeit.
...............
.........
Bild 14.11. Hydrozyklon
Bild 14.12. Kraftstoffbehälter
Baugruppen. Es gibt Situationen, wo es sinnvoll ist, auch kompliziertere Baugruppen und Maschinen freihändig zu skizzieren: • wenn sie noch gar nicht existieren, also nicht fotografiert werden können. • wenn eine Fotografie sich nicht zum Vervielfältigen eignet oder zu viel verwirrende Details enthält. • wenn Scannen und Bildnachbearbeitung nicht zur Verfügung stehen. • wenn der Gegenstand nicht schon in einem 3D-CAD-System vorliegt. • wenn es schnell gehen muß: Der Zeitaufwand für die folgenden Bilder liegt bei 1-2 Stunden, was mit anderen Darstellungstechniken nur selten unterboten werden dürfte . Immer abschätzen: Beansprucht die Delegation an einen Spezialisten wirklich weniger Zeit als dieser wieder einsparen kann?
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14 Zeichnen für Fortgeschrittene
Feinbohrwerkzeug. Es w urde form atfüllend auf DIN A3 konstruiert und wirkt in dieser Größe nicht wie ein Körper, sondern wie ei ne Ansammlung von Linien. Verkleinert man die Zeichnung stufe nweise ode r vergrößert man den Betrachtung sabstand, nimmt die An schaul ichkeit zu.
Bild 14.13. Verkleineru ng O.54-fach
Bild 14.14. Verkleineru ng O.28-fach
14.1 Bauteile und Baugruppen
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Fräsmaschine. Damit Darstellungen wie diese realistisch entwickelt werden können , muß man sich vorher in einer normalen 3-Ansichten-Skizze die Proportionen überlegen. Auch hier gilt, daß man mit Details sparsam umgehen muß , um den Betrachter nicht zu verwirren.
Bild 14.15. Fräsma schine
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14 Zeichnen für Fortgeschrittene
Roboter. Für eine kleine Publikation wurde ein Bild benötigt, aus dem die Freiheitsgrade, der Platz bedarf und das Aussehen eines bestimmten Montageroboters eindeutig zu erkennen waren. Die farbige Fotografie aus dem Prospekt eignete sich nicht für schwarzweißen Offsetdruck, sie enthielt zuviel (das Publikum sicher nicht interessierende) Details und das Scannen mit digit aler Bildnachbearbeitung hätte einschließlich aller Absprachen und Wege einen ganzen Arbeitstag gekostet. Der Zeit bedarf für Vorüberlegung und Vorzeichnen betrug 70 min und für das Au sziehen und Nachradieren 20 min.
Bild 14.15. SCARA-Roboter
14.2 Anschaulichkeit verbessern
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14.2 Anschaulichkeit verbessern Je größer ein Teil dargestellt wird, und je mehr Einzelheiten es enthält, desto mehr verliert eine perspektivische Darstellung wieder ihre Anschaulichkeit. Das liegt daran, daß beim Betrachten dauernd Prozesse ablaufen, die aus den Linien wieder Flächen und Körper rekonstruieren. Werden es zu viel Linien oder kommen immer wieder andere Linien ins Blickfeld, ist man gezwungen, kurz innezuhalten, um sich zu orientieren und das räumliche Bild wieder neu aufzubauen. Die Abbildung wirkt nicht anschaulich. Die Zahl der Objekte, die man verarbeiten muß, kann man verringern, indem man mit Flächen arbeitet. (Bei einem Quader z.B. reduzieren sich 9 Linien auf 3 Flächen oder 1 Körper). Am leichtesten hat es das Auge , wenn es auf den Flächen Farbe, Oberflächenstruktur, Schatten, Reflexe, Kontrast findet. Die Farben und die Grauwerte schränken die Kopierbarkeit ein, und das DesignZeichnen (z.B. mit farbigen Filzstiften) ist nichts für gelegentliche Anwender. Um Linienzeichnungen anschaulicher zu machen, empfehlen sich Licht und Schatten - wegen des noch erträglichen Mehraufwandes. Eine weitere Steigerung der Anschaulichkeit erreicht man mit der Andeutung der Oberflächenstruktur (Gußoberfläche, Drehriefen, Schleifspuren, Holzmaserung. Betonstruktur, etc.). Der Aufwand dafür ist meistens nicht zu rechtfertigen. Zunächst aber zu Licht und Schatten: Die unbeleuchteten (dunklen) Flächen eines Körpers (Eigenschatten E) und der Umgebung (Schlagschatten S) lassen sich relativ einfach bestimmen. Die dunklen Flächen müßte man eigentlich schwarz anlegen. Das wäre viel Arbeit und würde das Auge strapazieren. Zum Gliick ist ein völlig schwarzer Schatten auch selten: Meistens gibt es genügend vagabundierendes Licht, das den Schatten aufhellt.
Bild 14.16. Eigenschatten und Schlagschatten
160
14 Zeichnen für Fortgeschrit tene
Weil G rauwe rte nicht unbedingt kopi erfähig sind, muß man sie du rch Rasterung oder Schraffur nachb ilden . Um die Arbeit ger ing zu halten , legt man die Lichtquelle so , daß der Geg enstand möglichst wenig Schatten wirft: über die (linke) Schulter des Zeichners. Wir wir gleich sehen werde n, genügen scho n klein ste Andeutungen vo n Schatte n, um die Verständli chkeit einer Zeichnung de utlich zu verbessern. Das Schattieren vo n Te chnisc hen Zeichn ungen ist in Europa in Vergessenheit geraten und damit auch das zugehörige Vokabular. Im fo lgenden werden deshalb z.T. amerikani sche Begri ffe verwa ndt.
Shade-Lines. Eine Körperkante , an der eine beleuchtete Fläche an eine unbeleuchtete Fläche grenzt, wi rft einen Schatten. Diesen Übergang zum Schatten kann man andeuten, wenn man die Kante doppelt breit schwa rz auszie ht. In ebenen Darstellungen erweitert man die unteren und rechten Kanten außerhalb der eigentlichen Kontur auf die doppelte Linienbreite.
Bild 14.17. Shade-Lines
Bei räum lichen Darstellun gen zieht man alle Kanten, an denen sichtbare Flächen in unsichtbare übergehen, außerhalb der eigentlichen Kontur noch einmal nach , so daß sich eine dop pelt breite Linie ergibt.
Bild 14.18. Shade-Lines in der Perspektive
161
14.2 Anschaulichkeit verbessern
Freistellen. Wenn eine Linie hinter eine r weiter im Vordergrund liegenden Linie "versch windet" , dann unt erbricht man sie . Rad ieren ist nicht ratsam. Weißer Korrekturlack mit intaktem Pinsel funktioniert gut. Bild 14.19. Freistellen Mit den eben vorgestellten T echniken erhält man mit geringem Aufwand gefäl lige Bild er. In vielen Fällen hätte man gerne eine deutlichere Wirkung, die man nur mit "richtigen" Schatten erzielt. Der Zeichner muß wissen, welche Flächen hell oder dunkel oder verlaufend ersche ine n.
Grauwerte. Von den direkt beleuchteten Flächen erscheinem dem Betrachter diejenigen am hellsten , deren Fl ächennormale den kleinsten Winkel z ur Beleuchtungsrichtung bildet (Lichteinfa llsw inkel).
Bild 14.20. Helligkeit einer Fläche als Funktion der Beleuchtungsrichtung (horizontaler LichteinfalI)
Kommt das L icht aus einer beliebigen Richtung, erhält man eine eindeutig z u bestimmende Heiligkeitsabstufung der Flächen. Je mehr verschieden o rie ntie rte Flächen der Körper hat , desto mehr Grauwerte gibt es. Um A rbeit zu sparen, a rbeitet man am besten nur mit "weiß" (für die beleuchteten Flächen) und "d unkel" (für Bild 14.21. Helligkeitsabstufung den Schatten).
162
14 Zeichnen für Fortgeschrittene
Punktieren und Schraffieren. Grautöne müssen bei sog. Strich-Zeichnungen durch Schwarz und Weiß angedeutet werden : Entweder durch Punkte , wie bei der Rasterung für Offsetdruck oder durch mehr oder weniger feine Schraffurlinien wie beim Kupferstich. Mit Punktieren (stippling) lassen sich viele und auch verlaufende Grauwerte realisieren. Man benutzt am besten einen senkrecht gehaltenen dünnen Filzstift und arbeitet nur auf Kopien. Punktieren kostet aber viel Zeit. Schraffieren geht viel schneller, die erzielbaren Grauwerte bleiben aber recht hell. Es genügt , wenn man sich auf einen einzigen Grauwert für den Schatten beschränkt. Man kann Rächen auch nur teilweise schraffieren. Schraffur muß gegenüber den Konturlinien zurücktreten. Es ist deshalb wichtig, daß die Schraffurlinien sehr schmal bleiben: Die Mine anschärfen. Lieber zu wenig als zuviel schraffieren. Bild 14.22. Punktieren und Schraffieren
Rotationskörper. Konstruiert man sich einmal die Winkel, mit denen das parallel einfallende Licht reflektiert wird, erhält man die HeIligkeitsverteilung eines beleuchteten Rotation sköpers: Bei 1 beginnt der unbeleuchtete Teil des Zylinders, und bei 6 wird das Licht vom Betrachter weg reflektiert. Diese Zonen müssen den dunkelsten Grauwert erhalten. Bei 3 und 4 werden die einfallenden Strahlen zum Betrachter reflektiert. Hier erscheint die Oberfläche am hellsten. Zum Schatten hin wird sie stetig dunkler. Je diffuser des Licht reflektiert wird (matte und rauhe Oberflächen), desto sanfter ist der Übergang. Bei spiegelnder Oberfläche dagegen gelangen nur die an der Stelle 3 und 4 reflektierten Strahlen zum Betrachter und alle anderen Zonen erscheinen scharf abgegrenzt schwarz.
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2.
I
Bild 14.23. Helligkeitsverlauf am Zylinder
163
14.2 Anschaul ichkeit verbessern
Es gibt ein bewährtes Rezept zur Schattierung von Zylindern: Man wählt einen dem Licht zugewandten 90° -Sektor und läßt ihn weiß; die Mantelfl ächen auf beiden Sei ten sc hattiert man, indem man di e Z wischenräume fo rtlaufend halbiert.
Bild 14.24. Schattieren von Zylindern durch fortlaufendes Halbieren
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Bild 14.25. Verschiedene Beleuchtungsrichtungen . ~- -
Bild 14.26. Bohrun gen sind dunkler als Bolzen; um mehr Schraffurlinien unterbringen zu können , macht man den weißen Sektor etwas kleiner.
164
14 Zeichnen für Fortgeschrittene
Die Schattierung von Zylindern und Bohrungen mit Mantellinien hat den Vorteil, schnell und einfach zu sein. Man erzielt obendrein den Eindruck einer sehr glatten, genau bearbeiteten Oberfläche. Manchmal gibt es Situationen, wo man lieber die Drehriefen andeuten möchte: Dann schraffiert man in Umfangsrichtung mit Ellipsenstücken. Wieder läßt man zunächst einen Sektor von 90° weiß und fügt danach in den weißen Sektor ein 15° bedeckendes Band ein. Das Verfahren ist besonders bei großen Durchmessern schwierig.
Bild 14.27. Schattieren von Zylindern mit Drehriefen
Gewinde. Die aus der ebenen Darstellung entlehnte Symbolik für Gewinde wirkt in der Perspektive tot und leer (s.S. 135). Mit ein wenig Mühe, die ja vielleicht zur Routine wird, kann man in wichtigen Fällen auch die Gewindegänge andeuten: Beim Außengewinde zeichnet man eine Folge von halben Ellipsen, die man auf der Schattenseite mit einer Art Maikäfer-Muster versieht. Für die Schönheit der Ellipsen ist es wichtig, wirklich "Ellipsen" zu denken und nicht etwa "parallele Abstände zur vorhergehenden Linie" einhalten zu wollen. Ein guter Trick ist auch , sich anstelle der gezeichneten eine wirkliche Schraube vorzustellen und dann mit dem Stift die Gewindegänge der gedachten Schraube nachzufahren. Die Gewindesteigung am Umfang vorsichtig markieren und die Gewindegänge dünn vorzeichnen.
\
Bild 14.28. Außengewinde
BildI4.29.Innengewinde
Beim Innengewinde zeichnet man ebenfalls eine Folge von Ellipsen, die dem Kernlochdurchmesser entsprechen. Im Schatten füllt man die Gewindegänge bis auf die glänzende Gewindespitze schwarz auf, und gegenüber läßt man einen Streifen als Highlight frei.
14.2 Anschaulichkeit verbessern
165
Bild 14.30. Gewinde
Die Erfahrung zeigt, daß eine detailreiche Zeichnung durch Schattierung nicht unbedingt übersichtlicher wird. In den meisten Fällen des Alltags wird es sich nicht lohnen, Gewindegänge zu zeichnen oder Bilder sorgfältig zu schattieren. Schattierung hilft aber dem Auge, die geometri schen Grundformen schneller zu verstehen. Deshalb sollte man sie einsetzen , um einfache Gegenstände ästhetischer oder attraktiver aussehen zu lassen . Auf jeden Fall ist es sinnvoll, ei nmals selbst mit Schattierung experimentiert zu haben: Im Fall des Falles steht sie einem dann als Ausdrucksmittel zur Verfügung; und beim Schnell zeichnen klärt ein kleiner Schatten rasch räumliche Verhältnisse.
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14 Zeichnen für Fortgeschrittene
Oberflächen und Kanten. Es gibt viele Maschinenelemente, die nach dem Schmieden oder Gießen spanend nachbearbeitet werden. Man muß also ein Gemisch einerseits aus rauher und glatter Oberfläche und andererseits aus runden und scharfen Kanten darstellen. Die beste Gußoberfläche erhält man mit punktieren. Eine Fläche von lOOxl00mm kostet einen aber etwa 1 Stunde, was mit dem Geist des Freihandzeichnens nicht vereinbar ist. Lichtkanten werden bei kleinen Skizzen mit dünnen, regellos unterbrochenen Linien angedeutet. Bei größeren Skizzen nimmt man 2-3 parallel verlaufende unterbrochene Linien. An den Ecken, wo mehrere Kanten zusammenlaufen, bleibt ein weißer Fleck (highlight).
Bild 14.31. Spanend bearbeitete Gußteile
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14.3 Schnell zeichnen
14.3 Schnell zeichnen Obwohl Schnelligkeit das Hauptargument für das Freihandzeichnen ist, sollte man auf keinen Fall Schnelligkeit trainieren: Zeichnen ist nicht etwa Sport, für den Bewegungsabläufe optimiert werden müssen, sondern die Verarbeitung von geometrischen Grundformen zu Bauteilen (oder auch Anordnungen), die eine Funktion erfüllen müssen. . Der größte Teil der "Zeichen"arbeit besteht aus zwei abwechselnd wiederholten geistigen Aktivitäten: erstens aus der Modellierung eines Gegenstandes und zweitens aus der Simulation - dem Durchspielen und Testen - der Funktion dieses Gegenstandes. Da man bei der Simulation garnicht sorgfältig genug vorgehen kann, bleibt für das Zeit sparen nur noch das Modellieren; und das läßt sich erheblich vereinfachen und beschleunigen, wenn man in der Vorstellung über einen Vorrat fertiger Bilder verfügt: wenn man einen Kreis , die Wellenenden, ein Walzprofil, eine Senkung, eine Schraube, etc. aus allen möglichen Blickrichtungen und ohne groß zu überlegen hinzeichnen kann. Wie schafft man sich diesen Bildervorrat? Indem man Bilder in Illustrationsqualität (s.S.2) zeichnet. Dabei konzentriert man sich so auf die innere Struktur der Dinge und ihre genaue Form, so daß sie sich ohne weiteres Zutun einprägen. Aber nicht nur die Bilder prägen sich ein, sondern auch Arbeitstechniken: Man muß über das Zeichnen an sich weniger nachdenken, die Zeichnungen werden "schöner" , das Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten steigt. Weil man nur über das Zeichnen von Bildern besser wird, sollte man nur dann zeichnen, wenn man wirklich ein Bild braucht: Also nicht seitenweise Geraden, Kreise, Ellipsen, Schraffur etc. üben. Schnelligkeit hängt auch davon ab, für wen man die Zeichnung macht: Wenn sie für einen selbst ist, kann man wie bei einem Stenogramm Schnelligkeit über die Schönheit stellen. Ist die Zeichnung für einen Gesprächspartner gedacht, sollte man sich eher zu viel Mühe machen - er wird schon rechtzeitig sagen, daß er es verstanden hat. Bei einem größerem Publikum ist die Schönheit der Zeichnung wichtig: Der Mehraufwand beim Zeichnen wird durch das schnellere Begreifen ja n-fach wieder wettgemacht.
Bild 14.32. Anschlußschema: 1 min
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14 Zeichnen für Fortgeschrittene
Regeln für den Umgang mit der Schnelligkeit: • Skizzen, die hinterher schön aussehen sollen, muß man in aller Ruhe beginnen. • Man kann nur dann etwas schnell zeichnen, wenn der Gegen stand in der Vorstellung schon klar ist. • immer wenn man sich unsicher fühlt: nicht raten oder probieren, sondern die innere Struktur einer Form überlegen und dünn vorzeichnen. • Das Schwierige kennen und vermeiden, das Leichte vorziehen. • Man kann sich größere Ungenauigkeiten erlauben, wenn man auf DIN A3 zeichnet und dann auf DIN A4 verkleinert.
Frei gezeichnete Ellipsen. Nach den ersten zwanzig Ellipsen, die man in das umbeschriebene Parallelogramm eingeschmiegt hat, hat man ein gutes Formgefühl für Ellipsen. Man kann sie auch frei zeichnen. Für die Zeichenbewegung der Finger ist es günstig, das Papier so zu drehen, daß die große Achse der Ellipse senkrecht steht. Für das Formgefühl ist es wichtig, immer eine vollständige Ellipse zu zeichnen. Wenn nur einen Teil der Ellipse sichtbar ist, trotzdem die ganze Ellipse dünn vorzeichnen und dann den sichtbaren Teil ausziehen. Frei gezeichnete Ellipsen lassen sich leicht zu Zylindern ausbauen: 1. Mitte der Ellipse suchen 2. Mitte der zweiten Ellipse (die Höhe des Zylinders) markieren 3. Mantellinien zeichnen 4. kleine Halbachse der Ellipse zur zweiten Ellipse übertragen 5. zweite Ellipse frei zeichnen. Bild 14.33. Ellipsen direkt aus der Hand
Bild 14.34. Zylinder
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14.3 Schnell zeichnen
Es ist schwer, auf einen bereits gezeichneten Quader eine korrekte Ellipse, z.B. für eine Bohrung, frei zu zeichnen. Die umgekehrte Reihenfolge dagegen ist leicht: Erst die Ellipse zeichnen und danach den dazu passend verzerrten Quader: 1. Ellipse zeichnen 2. Mittelpunkt schätzen und Vertikale zeichnen 3. horizontale Tangenten an die Ellipse zeichnen 4. parallel dazu die Oberkante des Quaders zeichnen 5. vertikale Tangenten an die Ellipse zeichnen 6. parallel dazu die Seiten des Quaders zeichnen 7. Unterkante nach Gefühl 8. die große Hauptachse suchen 9. die Achse der Bohrung muß senkrecht zur großen Hauptachse liegen
Bild 14.35. Lagerbock: Quader nach der Ellipse zeichnen
10. die Achse der Bohrung legt die Richtung der 3. Koordinatenachse fest 11. die "Tiefe" des zu zeichnenden Gebildes festlegen 12. Gegenstand komplettieren, abrunden, schwarz ausziehen, etc. Konzentrische Ellipsen kommen häufig als Rohre, Ringe, Schläuche, Buchsen, Senkungen, etc. vor. Auch sie lassen sich frei zeichnen: Erstdie äußere Ellipse und danach die innere Ellipse zeichnen. Der Abstand der Linien an den großen Hauptachsem muß größer sein als an den kleinen Hauptachsen. Solange man sich noch unsicher fühlt, sollte man dünn vorzeichnen.
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Bild 14.36. konzentrische Ellipsen
170
14 Zeichnen für Fortgeschrittene
Vorstellen statt vorzeichnen. Im Gedächtnis sind nicht nur Bilder gespeichert, sondern auch die Kenntnis einfacher und komplizierter Dinge. Personen mit einem trainierten Vorstellungsvermögen können sich diese Dinge in ihrer Vorstellung aus verschiedenen Blickrichtungen ansehen oder auch einen "inneren Film" ablaufen lassen. Aus der Kenntnis eines Dinges lassen sich beliebig viele Ansichten erzeugen. An die Stelle des dünn Vorzeichnens tritt dann, daß man das darzustellende Ding in der Vorstellung dreht und wendet, bis man die deutlichste Ansicht gefunden hat. Diese Ansicht bringt man dann direkt zu Papier. Vom Vordergrund zum Hintergrund arbeiten, damit die verborgenen Linien nicht nachträglich wegradiert werden müssen.
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C Bild 14.37 . fertige Formen
15 Lösungen der Übungsaufgaben
Lösung 5.10:
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172
15 Lösungen der Übungsa ufga ben
Lösung 6.1 :
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D Lösung 6.2:
Winkelhebel: 3 Buchsen anordnen und verb inden; Welle mit Kettenrad: Kettenrad und Ku gellager anordnen und verbinden; Knotenbl ech: 3 Blech streifen anordnen (überenanderproj izieren) und verbinden; Schraubstock: aus dem Volle n fräs en; Spindel anordnen und mit Griff ver binden; auch: An einand erreihen und stapeln gekröpfter Hebel: Bu chsen und Hebel anordnen und verb inden, danach verformen; Schablone: aus dem Vollen fräsen; Geh äuse: aus dem Vollen fräsen ;
173
15 Lösungen der übungsaufgaben Lßsung 8.1:
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15 Lösungen der Übungsaufgaben
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175
15 Lösun gen der Übungsau fgaben Lösung 8.2: ~ ,
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177
15 Lösungen der Übungsaufgaben Lösung 8.2:
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15 Lösungen der übungsaufgaben
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15 Lösungen der übungsaufgaben
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15 Lösungen der Übungsaufgaben Lösung 9.6 :
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15 Lösungen der Übungsaufgaben
15 Lösungen der Übungsaufgaben
188 Lqsung 11.6:
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15 Lösungen der übungsaufgaben Lösung 11.8:
191
192
15 Lösungen der Übungsaufgaben
Lösung 11.8:
Lösung 11.9:
Lösung 11.10:
Lösung 11.11:
15 Lösungen der Übungsaufgaben
193
Lösung 11.12: In der y-z-Ebene wurde eine (halbe) Ellipse konstruiert; weil es auf Genauigkeit ankommt, im einhüllenden Achteck. Wenn man das Parallelogramm A-B- C-D um die x-Achse schwenkt, erhält ma n für beliebige Pultneigungen die Proport ionen für die Parallelogramm e, die die Kreise einhüllen, die in der Pultfläche liegen. Die Proportionen lassen sich mit der Diagonalen ~ - D auf die Pultfläche übertra gen.
Lösung 11.13: (gepaust)
194 Lösung 11.14:
Lösung 11.15:
15 Lösungen der Übungsaufga ben
195
15 Lösungen der Übungsaufgaben Lösung 12.1 :
Lösung 12.2:
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Lösung 12.3:
Lösung 12.4:
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Lösung 12.5:
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15 Lösungen der Übungsaufgaben
Lösung 12.6: Auf dem einhüllenden Parallelogramm wurden 30° und 60° konstruiert. um für die (sehr großen) Ellipsen Hilfspunkte zu erhalten. Die sich ergebenden 30°-Sektoren wurden dann nach Gefühl noch einmal gedrittelt, um die WO-Teilung der Gleisanschlüsse zu erhalten. '
Lösung 13.1 :
197
15 Lösungen der Übungsaufgaben Lösung 13.1:
Lösung 13.2:
»>:
198
15 Lösungen der übungsaufgaben
Lösung 13.2:
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