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Theodor H. Schiebler (Hrsg.) Anatomie Histologie, Entwicklungsgeschichte, makroskopische und mikroskopische Anatomie,Topographie Unter Berücksichtigung des Gegenstandskatalogs 9., vollständig überarbeitete Auflage
Theodor H. Schiebler (Herausgeber)
Anatomie Histologie, Entwicklungsgeschichte, makroskopische und mikroskopische Anatomie,Topographie Unter Berücksichtigung des Gegenstandskatalogs
9., vollständig überarbeitete Auflage Mit 544 Abbildungen in 856 Einzeldarstellungen und 100 Tabellen
Professor Dr. med. Dr. h. c. (Nancy) Theodor Heinrich Schiebler Friedrich-Ebert-Straße 6 D-97209 Veitshöchheim
ISBN 3-540-21966-8 ISBN 3-540-65824-6
Springer Berlin Heidelberg New York 8. Auflage Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York
Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer Medizin Verlag. Ein Unternehmen von Springer Science+Business Media springer.de © Springer Medizin Verlag Heidelberg 1977, 1981, 1983, 1987, 1991, 1995, 1997, 1999, 2005 Printed in Germany Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutzgesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Produkthaftung: Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Programmplanung: Simone Spägele, Heidelberg Projektmanagement: Ellen Blasig, Heidelberg Copyediting: Dr. Uta Blaich, Würzburg Herstellung: Ingrid Haas, Heidelberg Umschlaggestaltung: deblik, Berlin Titelbild: Tillmann, Atlas der Anatomie des Menschen Zeichnerin: Claudia Sperlich, Kiel Layout: deblik, Berlin Zeichnungen: Rüdiger Himmelhan/Reinhold Henkel, Heidelberg SPIN 10859003 Satz, Druck- und Bindearbeiten: Appl, Wemding Gedruckt auf säurefreiem Papier.
15/3150 ih – 5 4 3 2 1 0
V
Inhaltsverzeichnis 1 1.1 1.2
Einführung in die Anatomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gestalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bauplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 2 3
2 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 2.8
Histologie, Gewebelehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Epithelgewebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Drüsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Binde- und Stützgewebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Knorpel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Knochen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muskelgewebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nervengewebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundzüge histologischer Techniken . . . . . . . . . . .
5 8 22 33 46 49 57 69 87
3 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6 3.7 3.8 3.9 3.10
Allgemeine Entwicklungsgeschichte . . . . . . . . . . Befruchtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entwicklung des Keims vor der Implantation . . . . Implantation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Plazenta und Eihäute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Frühentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Embryonalperiode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fetalperiode . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Neugeborenes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mehrlinge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fehlbildungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
91 92 93 95 97 105 110 118 119 120 121
4 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5
123 124 130 132 144
4.6 4.7
Blut und Abwehrsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Blut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Blutbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Immunität und Immunzellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prinzipien der Lymphzirkulation . . . . . . . . . . . . . . . . Grundlagen der mikroskopischen Anatomie der lymphatischen Organe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Lymphknoten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Systematik der Lymphgefäße . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5 5.1 5.2 5.3 5.4
Haut und Hautanhangsorgane . . . . . . . . . . . . . . . Epidermis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dermis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tela subcutanea, Unterhaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Blut- und Lymphgefäße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
153 154 157 159 159
146 148 151
5.5 5.6 5.7 5.8
Nerven und Rezeptororgane . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Drüsen der Haut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pili, Haare . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ungues, Nägel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
160 162 164 166
6 6.1
Bewegungsapparat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Anatomie des Bewegungsapparates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rumpf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Extremitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
167
Kopf und Hals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Caput, Kopf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Collum, Hals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Leitungsbahnen an Kopf und Hals, systematische Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
375 376 423
8 8.1 8.2 8.3 8.4
Leibeshöhlen und ihre Organe . . . . . . . . . . . . . . . Entwicklung der Leibeshöhlen . . . . . . . . . . . . . . . . . Serosa, Mukosa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thorax und seine Organe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe . . . . . .
471 472 475 475 530
9 9.1
649
9.2 9.3
Sinnesorgane . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Organe der somatischen und viszeralen Sensibilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sehorgan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gehör- und Gleichgewichtsorgan . . . . . . . . . . . . . .
10 10.1 10.2 10.3 10.4 10.5
Nervensystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Anatomie des Nervensystems . . . . . . Peripheres Nervensystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zentralnervensystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktionelle Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hüllen des ZNS, Liquorräume, Blutgefäße . . . . . . .
685 687 692 704 778 816
6.2 6.3
7 7.1 7.2 7.3
168 189 241
447
650 651 670
Quellenangaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 827 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 829
Nur Wissen bleibt haften, das wirklich verstanden wird und sich mit neuen Einsichten verknüpft.
VII
Vorwort zur 9. Auflage Anatomie soll Spaß machen! Ein Paradoxon? Keineswegs. Spaß macht es, Zusammenhänge zu erkennen und zu verstehen, innerhalb der Anatomie selbst – warum es so ist, wie es ist – und bei der Anwendung, z. B. auf den Lebenden, in der Klinik – welche anatomischen Grundlagen hat sie – oder in den Beziehungen zu den Natur- ja Geisteswissenschaften. Gewiss, ohne ein gerüttelt Maß an Wissen geht es nicht. Wir haben aber ausgewählt und nur das dargestellt, was Ihnen nützlich ist. Dabei haben wir natürlich auch an die Examina gedacht. Alles, was im Gegenstandskatalog aufgeführt ist, haben wir berücksichtigt, kurz aber verständlich, denn Ihre Lernzeit ist kostbar. Aber allein auf Examina zu lernen ist zu wenig. Es kommt darauf an, zu erfahren, wie erarbeitetes Wissen innerhalb eines Fachs aber auch zu anderen Fächern in Beziehung steht – so wird man zum Könner –, um schließlich bei sich selbst ein Gedanken- und Wissensgefüge entstehen zu lassen, in das Neues eingebaut werden kann. Alles soll dem Patienten dienen, und Sie selbst sollen die Fähigkeit erwerben, mit sich dauernd ändernden Umständen fertig zu werden.
Dank an meine Frau Ursula Schiebler, die in übermäßigem Einsatz alle logistischen Arbeiten einschließlich der gesamten Computerarbeit durchgeführt hat. Herzlichen Dank ferner an Frau Dr. Uta Blaich, die eine exzellente Copy-Editorin mit großer Aufmerksamkeit und vielen Anregungen war, und an Frau Dr. Ursula OsterkampBaust, die im Auftrag des Verlages das Sachverzeichnis angefertigt hat. Schließlich wäre es ohne das Mitlesen und die Anregungen vieler Freunde, Kollegen und Studenten nicht gegangen. Stellvertretend für alle seien genannt Prof. Dr. W. Schmidt, Innsbruck, Privat-Dozent Dr. T. Beck, Rostock, Privat-Dozentin Dr. K. Punkt, Leipzig, Annika Böhm, Medizinstudentin der Universität Würzburg. Insgesamt waren es sehr viel mehr, nicht zuletzt Herr M. Christof, der half, alle Computerprobleme zu lösen. Auf der Seite des Verlags waren die Helfer Frau S. Spägele als Planerin, Frau E. Blasig als Redakteurin, Frau I. Haas als Herstellerin, Herr H. Schwaninger als Hersteller. Ihnen und vielen weiteren, u. a. den Mitarbeitern der Druckerei Appl großen Dank.
Anatomie soll Spaß machen! Das ist das Leitmotiv für die 9. Auflage der ANATOMIE.
Mein größtes Anliegen ist es nun, dass Ihnen, liebe Leserin und lieber Leser, dieses Buch hilft, gute Ärzte zu werden. Für Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Ein herzlicher Dank geht an alle, die im Hintergrund diese Auflage möglich gemacht haben. Vor allem geht mein
T.H. Schiebler Würzburg, September 2004
IX
Hinweise zur Benutzung dieses Lehrbuchs Liebe Leserin, lieber Leser, beim Schreiben dieses Buchs habe ich an meine eigenen Mühen während meiner Studentenzeit gedacht, Kenntnisse und Überblick in der Anatomie zu erwerben. Auf dieser Basis sind der Text und seine Strukturierung entstanden. Im Vordergrund stand dabei eine Gewichtung des schier unbegrenzten Stoffs. Das Ziel ist eine examensorientierte Darstellung der Anatomie, die zu einem Gerüst führt, in das Zukünftiges eingefügt werden kann. Beachten Sie bei der Benutzung des Lehrbuchs nun Folgendes: Es handelt sich um ein Kurzlehrbuch. Kenntnisse werden nicht vorausgesetzt. Das Buch erfordert jedoch Mitdenken. Jedes Kapitel kann einzeln bearbeitet und bei der Vorbereitung auf Seminare und zu gegebener Zeit beim problemorientierten oder organzentrierten Lernen als anatomische Basis benutzt werden. Die Darstellung des Stoffs erfolgt nicht erzählend sondern didaktisch. Deswegen sind alle Kapitel stark strukturiert. Der Stoff ist im Sinne einer Lernspirale gegliedert in Kernaussagen, in Unerlässliches, Ergänzendes, aber deswegen nicht Unwichtiges, und in Zusatzinformationen. Die Kernaussagen erscheinen unter den Bezeichnungen WICHTIG am Kapitelanfang und IN KÜRZE am Kapitelende. Für diejenigen, die sich den Stoff neu erarbeiten, wird empfohlen, zunächst diese Stellen zu lesen,da sie ein Gerüst geben.Für den Wiederholer ist es gleichfalls empfehlenswert, sich zunächst mit diesen Aussagen zu beschäftigen und zu versuchen, den Stoff selbständig zu reproduzieren. Zum Unerlässlichen gehören Text, Tabellen und Abbildungen. Jedes Kompartiment enthält wichtige Teile des Stoffs, d. h. Aussagen, die in der Regel nur an einer Stelle aufgeführt werden. Alles muss zusammen benutzt werden.
Hervorhebungen sind für den Anfänger Leitfäden sowie beim Wiederholen, z. B. für Examina, Markierungen, sodass auf das Lesen des Ganzen verzichtet werden kann. Das Ergänzende erscheint im Kleindruck. Es kann bei der ersten Bearbeitung übergangen werden. Dennoch ist es wichtig, insbesondere während der Präparierübungen. Die Zusatzinformationen, unter der Bezeichnung INFOBOX, geben Ausblicke in verschiedene Richtungen u. a. zur Evolution, Physiologie und Biochemie. Die KLINISCHEN HINWEISE sind Ergänzungen für die Anwendung der Anatomie in der Praxis. Sie haben aber auch für das Erarbeiten der Anatomie selbst Sinn. Vielfach kann erst durch eine Veränderung/ Störung/Erkrankung die Bedeutung eines anatomischen Details erkannt werden. Besondere Bedeutung kommt den Abschnitten Topographische und Angewandte Anatomie zu. Sie sind die Brücke von der Anatomie zur Klinik. Aber darüber hinaus haben sie Bedeutung für den Präparierkurs, bei dem regionenbezogen vorgegangen wird, vor allem aber bei der Selbstüberprüfung des erarbeiteten Wissens. Wer mühelos diese Kapitel versteht und reproduzieren kann, ist in der Anatomie fit. Die Abbildungen sind in diesem Buch abstrahierende Skizzen mit dem Ziel, das Lerngerüst zu ergänzen. Die Benutzung eines Atlas und – vor allem – die Anschauungen auf dem Präpariersaal sind unerlässlich. Jedes Lehrbuch der Anatomie ist lediglich eine Ergänzung der Anschauung. Nicht minder wichtig ist die Freude am Lernen. Nützlich ist dabei die Kommunikation der Gleichgesinnten. Gehen Sie mit Zuversicht an die Arbeit. Ihr Scriptor
Einleitung: Kurze Einführung und Übersicht des Kapitelinhalts
2
Kapitel 7 · Kopf und Hals
>
Einleitung
Kopf und Hals sind entwicklungsgeschichtlich untrennbar, da Teile des Kopfes und des Halses gleichen Ursprungs sind. Ferner beherbergen Kopf und Hals gemeinsam Anteile des Verdauungssystems, des respiratorischen Systems und des Zentralnervensystems.Topographisch sind Kopf und Hals jedoch eigene Entitäten, die durch Kopfgelenke zwischen Wirbelsäule und Schädel sowie durch Muskulatur verbunden sind.
7.1.
Farbiges Leitsystem führt durch die Sektionen
7
Aufzählungen: Wichtige Fakten werden übersichtlich dargestellt Inhaltliche Struktur: Klare Gliederung durch alle Kapitel Wichtig-Boxen: Zentrale Informationen auf einen Blick
Verweise auf Tabellen, Abbildungen und Kapitelseiten zur Quervernetzung der Information
Caput, Kopf
Zum Kopf gehören Cranium, Schädel, Mandibula, Unterkiefer, mit Articulatio temporomandibularis, Kiefergelenk, Kopfmuskulatur, Anteile des Verdauungssystems: Mundhöhle mit ihren Organen und Anteile des respiratorischen Systems: Nase, Nasennebenhöhlen.
7.1.1
⊡ Tabelle 7.17. Äste der A. subclavia Hauptast
Verästelung
1. A. thoracica interna:
Rr. mediastinales Rr. thymici A. pericardiacophrenica Rr. mammarii Rr. intercostales anteriores A. musculophrenica A. epigastrica superior
2. A. vertebralis:
Rr. spinales R. meningeus Aa. spinales posteriores A. spinalis anterior A. inferior posterior cerebelli A. basilaris – A. inferior anterior cerebelli – Rr. ad pontem – A. superior cerebelli – A. cerebri posterior
3.Truncus thyrocervicalis:
A. thyroidea A. cervicalis ascendens A. cervicalis superficialis A. suprascapularis
4.Truncus costocervicalis:
A. cervicalis profunda A. intercostalis suprema
5. A. transversa cervicis:
R. superficialis R. profundus (A. dorsalis scapulae)
Cranium, Schädel
Wichtig
Der Schädel ist der knöcherne Anteil des Kopfes. Er schützt Gehirn, Auge und Ohr und beherbergt im Gesichtsschädel Nasen- und – zusammen mit Weichteilen – die Mundhöhle. Bis zum postnatalen Verschluss der Nähte zwischen den Einzelknochen passt sich der Schädel den Raumanforderungen seines Inhalts an.
Der Schädel besteht aus 17 Einzelknochen (⊡ Tabelle 7.1), die durch mehr oder weniger deutliche Nähte, Suturae, verbunden sind. Nach ihrer Lage und ihrer Beziehung zu den Organen, die sie umfassen, lassen sich die Schädelknochen zusammenfassen zum Neurocranium, Gehirnschädel, und Viszerocranium, Splanchnocranium, Gesichtsschädel. Die Grenze folgt einer Linie von der Nasenwurzel zum Oberrand der Augenhöhle bis zum äußeren Gehörgang. Die Schädelknochen gehören in die Gruppe der platten bzw. der pneumatisierten Knochen (S. 169). Bei den platten Schädelknochen befindet sich zwischen einer La-
Tabellen: Kurze Übersicht der wichtigsten Fakten
Über 856 aussagekräftige Abbildungen veranschaulichen komplizierte Sachverhalte
Navigation: Sektion, Seitenzahl und Kapitelnummer für die schnelle Orientierung
39
7
7.1 · Caput, Kopf
Mikroskopische Anatomie (⊡ Abb. 7.27). Die Höhe der
Geschmacksknospen entspricht der des Epithels, in der sie liegen. Sie bestehen aus Stütz- und Geschmackszellen, die wie die Lamellen einer Zwiebel aneinander gelagert sind. Zur Mundhöhle hin zeigt jede Geschmacksknospe einen Porus gustatorius, in den Mikrovilli mit Chemorezeptoren hineinragen. Die Geschmackszellen sind sekundäre Sinneszellen. Sie werden korbgeflechtartig von Nervenfasern umhüllt. Die Lebensdauer der Geschmackszellen beträgt Stunden bis wenige Tage. Neue Geschmackszellen gehen aus Epithelzellen der Mundschleimhaut hervor, die durch Nervenfasern induziert werden. ⊡ Abb. 7.49. Schilddrüse mit Blutgefäßen von vorne. Rechts Arterien, links Venen
d. h. ihre Oberfläche ist breiter als ihre Basis. Der Bindegewebsstock der Papillae fungiformes trägt seitlich Sekundärpapillen (Differenzialdiagnose zur Papilla vallata). Das mehrschichtige Plattenepithel der Papillenoberfläche enthält Geschmacksknospen (s. unten). Papillae foliatae sind nur undeutlich ausgebildet. Sie liegen im hinteren Abschnitt des Margo linguae. In die seitlichen Wandungen der Papillen sind zahlreiche Geschmacksknospen eingelagert. In den Graben, der benachbarte Papillae foliatae trennt, münden Ausführungsgänge seröser Spüldrüsen. Papillae vallatae (⊡ Abb. 7.26). Die 6–12 Papillae vallatae liegen unmittelbar vor dem Sulcus terminalis und sind mit 1–3 mm Durchmesser die größten Zungenpapillen. In den Boden der tiefen Gräben der Wallpapillen münden Ausführungsgänge seröser Spüldrüsen, Glandulae gustatoriae. In der seitlichen Papillenwand fehlen Sekundärpapillen. Im Epithel beiderseits des Papillengrabens befinden sich zahlreiche Geschmacksknospen.
Wenn Sie sich über das gustatorische System des Gehirns informieren wollen, lesen Sie S. 794. Radix linguae. Am Zungengrund ist die Oberfläche sehr höckrig. Dies wird durch die Tonsilla lingualis hervorgeⓘ Infobox Parathormon ist lebenswichtig. Es aktiviert die Osteoklasten und mobilisiert dadurch Kalzium und Phosphat aus dem Knochen. Ferner steigert Parathormon die Kalziumresorption im Dünndarm in Gegenwart von Vitamin D und die Kalziumreabsorption in der Niere. Insgesamt wird durch Parathyrin der Kalziumspiegel im Blutplasma erhöht,die Phosphationenkonzentration durch Stimulierung der Phosphatausscheidung in der Niere erniedrigt.Antagonist des Parathyrins ist hinsichtlich des Blutkalziumspiegels das Kalzitonin der Schilddrüse (s. oben).
> Klinischer Hinweis Eine Hypofunktion der Epithelkörperchen führt durch Absinken des Kalziumspiegels im Blut zu einer Übererregbarkeit des Nervensystems bis zur Tetanie. Bei Hyperfunktion treten Knochenerweichungsherde durch vermehrte Mobilisation von Kalzium aus dem Knochen sowie Kalkabscheidungen im Nierenparenchym auf.
Geschmacksknospen. In der Gesamtheit bilden sie zu-
Die Gefäßversorgung der Nebenschilddrüsen erfolgt
sammen mit freien Nervenendigungen in der Zungenschleimhaut das Organum gustus, Geschmacksorgan. Geschmacksknospen kommen gehäuft im Epithel der Papillae vallatae und foliatae im hinteren Drittel der Zunge
durch Äste der A. thyroidea inferior.
>
In Kürze
In der Regel sind 4 Epithelkörperchen vorhanden, die auf der Rückseite der Schilddrüse unter der äußeren Schilddrüsenkapsel liegen. Die Epithelkörperchen bilden in Hauptzellen Parathormon. Außerdem kommen mitochondrienreiche oxyphile Zellen vor.
Hervorhebungen der wichtigsten Schlüsselbegriffe erleichtern das Lernen
Infoboxen: Nützliche Informationen, die über die reine Anatomie hinausgehen
In Kürze: Kernaussagen werden wiederholt
Klinik-Boxen: Klinische Zusammenhänge auf einen Blick
XIII
Autoren Alle Beiträge zur 9. Auflage der ANATOMIE wurden neu geschrieben. Die Texte über die PLAZENTA, BLUT UND ABWEHRORGANE, ALLGEMEINE ANATOMIE DES BEWEGUNGSAPPARATES stammen von P. Kaufmann, Aachen, der Text über die SINNESORGANE von J. Winckler (†), Frankfurt, alle übrigen Texte von T.H. Schiebler, Würzburg. Die Bearbeitung der Abbildungen erfolgte durch W. Schmidt, Innsbruck. Basal wurden Texte verwendet, die in früheren Auflagen der ANATOMIE gemeinsam verfasst wurden von em. Prof. Dr. med. Gottfried Arnold ehemals Institut für Topographische Anatomie und Biomechanik der Universität Düsseldorf D-40225 Düsseldorf
em. Prof. Dr. med. Dr. med. h.c. mult. Wolfgang Kühnel ehemals Institut für Anatomie Medizinische Universität zu Lübeck D-23538 Lübeck
Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Henning M. Beier Institut für Anatomie Lehrstuhl für Anatomie und Reproduktionsbiologie Medizinische Fakultät der RWTH Aachen Wendlingweg 2 D-52057 Aachen
em. Prof. Dr. med. Dr. h.c. Theodor H. Schiebler ehemals Anatomisches Institut der Universität Würzburg D-97070 Würzburg
em. Prof. Dr. med. Martin Herrmann ehemals Abteilung Anatomie der Universität Ulm D-89069 Ulm Prof. Dr. med. Peter Kaufmann Institut für Anatomie Medizinische Fakultät der RWTH Aachen Wendlingweg 2 D-52057 Aachen em. Prof. Dr. med. Hans-Joachim Kretschmann ehemals Abteilung Neuroanatomie Medizinische Hochschule Hannover D-30623 Hannover
em. Prof. Dr. med. Walter Schmidt ehemals Institut für Histologie und Embryologie der Universität Innsbruck A-6020 Innsbruck Prof. Dr. med. Jürgen Winckler (†) Zentrum der Morphologie der Universität Frankfurt/Main Theodor-Stern-Kai 7 D-60590 Frankfurt/Main em. Prof. Dr. med. Eugen van der Zypen ehemals Anatomisches Institut der Universität Bern CH-3000 Bern
XV
Allgemeine Begriffe Alle Bezeichnungen erfolgen nach den Terminologia Anatomica (1998) Körperabschnitte Caput, Kopf Collum, Cervix, Hals Truncus, Stamm, Rumpf Thorax, Brust Abdomen, Bauch Pelvis, Becken Dorsum, Rücken Cavitas, (Körper-) Höhle Membrum superius, obere Extremität Brachium, Arm Cubitus, Ellenbogen Antebrachium, Unterarm Manus, Hand Membrum inferius, untere Extremität Coxa, Hüfte Femur, Oberschenkel Genu, Knie Crus, Unterschenkel Pes, Fuß Richtungsbezeichnungen Alle Richtungsbezeichnungen sind unabhängig von der Stellung des Körpers im Raum: cranial, kopfwärts caudal, schwanz-/steißbeinwärts ventral, bauchwärts dorsal, rückenwärts axial, in der Längsachse peripher, zur Peripherie hin dexter, rechts, der rechte... sinister, links, der linke... anterior, weiter vorne, der vordere ... posterior, weiter hinten, der hintere ... superior, weiter oben, der obere ... inferior, unten, weiter unten, der untere ... lateral, seitlich, von der Mittelebene weg medial, zur Mittelebene hin median, in der Mittelebene gelegen medius, der mittlere (von dreien) proximal, näher zum Rumpf distal, entfernter vom Rumpf internus, der innere ... externus, der äußere ... profundus, tief, der tiefer gelegene ... superficialis, oberflächlich, der oberflächlicher gelegene ...
Richtungsbezeichnungen von Bewegungen der Gliedmaßen Extension, Streckung Flexion, Beugung Abduktion, Wegführen in der Frontalebene Adduktion, Heranführen in der Frontalebene Anteversion, nach ventral führen Retroversion, nach dorsal führen Elevation, über die Horizontale erheben Rotation, Innen- bzw. Außendrehung Zirkumduktion, kreiseln Am Schädel werden noch verwendet frontal, in Richtung Stirn nasal, in Richtung Nase okzipital, in Richtung Hinterhaupt basal, in Richtung Schädelbasis Am Gehirn bedeutet rostral, stirnwärts In der Histologie meint apikal, zur freien Oberfläche hin basal, zur Epithelbasis hin
⊡ Abb. Richtungs- und Lagebezeichnungen. Richtungsbezeichnungen (schwarze Pfeile), Ebenen und Achsen (rote Linien) in bezug auf den Menschen in Normalstellung. Achsen und Ebenen (nicht die Medianebene) können in beliebiger Zahl durch den Körper gelegt werden
XVI
Allgemeine Begriffe · Abkürzungen
Körperachsen (Abb.) Es stehen senkrecht aufeinander Sagittalachsen Transversalachsen Longitudinal- = Vertikalachsen
Frontalebenen (parallel zur Stirn) Ein Sonderfall der Sagittalebene ist die Medianebene = Mittelebene. Sie zerlegt den Körper in 2 bilateral symmetrische Hälften
Körperebenen (Abb. A) sind Horizontalebenen = Transversalebenen Sagittalebenen
Abkürzungen Im Text, in den Abbildungen und Tabellen werden folgende Abkürzungen gebraucht: ant., anterior, -ius-, iores, -iora; A., Arteria; a., z.B. Sulcus a(rteriae) vertebralis; Aa.,Arteriae; caud., caudalis, -e, -es, -ia; cran., cranialis, -e, -es, -ia; dex., dexter, -tra, -trum, -tri, -trae, tra; dist., distalis, -e, -es, -ia; dors., dorsalis, -e, -es, -ia; ext., externus, -a, -um, -i, -ae, -a; For., Foramen; Ggl., Ganglion; Ggll., Ganglia; Gl., Glandula; Gll., Glandulae; inf., inferior, -ius, -iores, -iora; lat., lateralis, -e, -es, -ia; Lig., Ligamentum; Ligg., Ligamenta; maj., major, -us, -ores, -ora; med., medialis, -e, -es, -ia; min., minor, -us,
-ores, -ora; M., Musculus; Mm., Musculi; N., Nervus; n., z.B. Rr. buccales n(ervi) facialis; Nn., Nervi; Nd., Nodus lymphaticus; Ndd., Nodi lymphatici; Nucl., Nucleus; post., posterior, -ius, -iores, -iora; prof., profundus, -a, -um, -i, -ae, -a; prox., proximalis, -e, -es, -ia; R., Ramus; Rr., Rami; Reg., Regio; sin., sinister, -tra, -trum, -tri,-trae, tra; superf., superficialis, -e, -es, -ia; sup., superior, -ius, -iores, -iora; Tr., Tractus; V., Vena; v., z.B. Bulbus v(enae) jugularis; Vv.,Venae; vent., ventralis, -e, -es, -ia.
XVII
Grammatikalische Hinweise Die Anwendung der Terminologia Anatomica erfolgt nach den Regeln der lateinischen Sprache. Dies bedeutet: Das Eigenschaftswort (Adjektiv) richtet sich in seiner Endigung nach dem Geschlecht (Genus), nach der Anzahl (Einzahl = Singular bzw: Mehrzahl
= Plural) sowie nach dem Fall (Kasus) des Hauptwortes (Substantiv). Zu berücksichtigen ist dabei, dass es im Lateinischen verschiedene Beugungsformen (Deklinationen) gibt. Vier von ihnen sind mit Ziffern in den folgenden Beispielen aufgeführt:
Die tiefe Vene
V. profunda
Die tiefen Venen
Vv. profundae
(1)
Der tiefe Ring
Anulus profundus
Die tiefen Ringe
Anuli profundi
(2)
Das tiefe Band
Ligamentum profundum
Die tiefen Bänder
Ligamenta profunda
(2)
Der oberflächliche Kanal
Canalis superficialis
Die oberflächlichen Kanäle
Canales superficiales
(3)
Der quer verlaufende Fortsatz
Processus transversus
Die quer verlaufenden Fortsätze
Processus transversi
(4)
Achtung bei Worten wie anterior (vorne, der vordere), z. B. Processus anterior – Processus anteriores, Ligamentum anterius – Ligamenta anteriora
Beispiele: die Arterie für die Lippe: A. labialis (Mehrzahl: Aa. labiales), der Nerv für das Hinterhaupt: N. occipitalis (Mehrzahl: Nn. occipitales), das Seitenband: Ligamentum collaterale (Mehrzahl: Ligamenta collateralia).
In der Terminologia Anatomica wird zu einer genauen Bezeichnung einer Struktur zu einem übergeordneten Begriff eine Bezeichnung adjektivisch angefügt.
Schreibweisen Alle Schreibweisen sind nach dem Duden ausgeführt: Die deutsche Rechtschreibung, 22. Auflage, 2001, und Das Wörterbuch medizinischer Fachausdrücke, 7. Auflage, 2003. Fachworte werden, wenn sie als Termini verwendet werden, in lateinischer bzw. neulateinischer Form ge-
schrieben, z. B. Caecum, Cervix dentis, Fascia lata, Oesophagus. Sofern die Fachbezeichnungen aber eingedeutscht verwendet werden, wird die deutsche Schreibweise benutzt: also k/z statt c oder ä, ö statt ae oder oe, z. B. Zäkum, Zervix, Faszie, Ösophagus.
Einführung in die Anatomie
1
1
Histologie, Gewebelehre
5
2
Allgemeine Entwicklungsgeschichte
91
3
Blut und Abwehrsystem
123
4
Haut und Hautanhangsorgane
153
5
Bewegungsapparat
167
6
Kopf und Hals
375
7
Leibeshöhlen und ihre Organe
471
8
Sinnesorgane
649
9
Nervensystem
685
10
Quellenangaben
827
Sachverzeichnis
829
1
Einführung in die Anatomie 1.1
Gestalt – 2
1.2
Bauplan – 3
2
Kapitel 1 · Einführung in die Anatomie
Wichtig
1
In diesem Kapitel werden Sie lernen, dass die Gestalt des Menschen uneinheitlich ist, ein Gestaltwechsel jedoch nur innerhalb einer genetisch festgelegten Variationsbreite erfolgen kann, der Bauplan des Menschen überindividuell ist und sich bis in den molekularen Bereich fortsetzt, die Fortschritte in der Medizin von der Molekularbiologie getragen werden, und hierbei das morphologische Konzept von der Ordnung aller Strukturen Voraussetzung für das Verständnis der lebendigen Materie ist.
Seit je her ist es ein Grundbedürfnis der Menschen mehr über sich selbst zu erfahren. Deswegen ist die Anatomie die älteste medizinische Wissenschaft. Gesteigert ist das Grundbedürfnis nach anatomischem Wissen im Krankheitsfall. Kein anderes Thema steht dann mehr im Vordergrund. Aber noch mehr. Bei jeder Kommunikation von Menschen untereinander spielt die Gestalt des jeweiligen Gegenüber, seine ihr gegebenen Bewegungseigentümlichkeiten und die in der Haltung ausgedrückte Körpersprache eine kaum zu überschätzende Rolle. Für den Arzt kommt Weiteres hinzu. Er muss die Zusammenhänge zwischen der individuellen körperlichen (und psychischen) Erscheinung des Patienten und den evtl. durch Krankheit bedingten Veränderungen erfassen. Dies erfordert vom Anbeginn der Begegnung mit dem Patienten Wissen und Können in der Anatomie (des Gesunden) als zuverlässige Basis. Wie sollen sonst Veränderungen erfasst, gar verstanden werden.Völlig unerlässlich werden Kenntnisse in der Anatomie jedoch bei Untersuchungen und Behandlungen (nicht nur in der Chirurgie). Am Anfang des Studiums der Anatomie steht die Beschäftigung mit der Gestalt und dem Bauplan des menschlichen Körpers.
1.1
Gestalt
Leonardo da Vinci (1453–1519) hatte sich für sein anatomisches Werk zur Aufgabe gemacht, den Menschen so zu erfassen »wie er dir gegenübersteht«. Gemeint ist damit das Erfassen der räumlichen Erscheinung des Menschen, aber auch der inneren Zusammenhänge zwischen allen
Bestandteilen des Körpers, die das Ganze ausmachen. Hieraus hat sich die Lehre von der Gestalt, die Morphologie, entwickelt. Die Erfahrung lehrt, dass alle Menschen einen gemeinsamen Bauplan haben, dass aber die Erscheinungsform der Gestalt variabel ist, denn in der Natur ist nicht die Norm das Normale, sondern die Variabilität. Die Variationsbreite ist dabei genetisch festgelegt. Sie kann nicht überschritten werden. Auf dieser Basis erfolgt auch während des Lebens ein Gestaltwandel, z. B. während des Wachstums oder beim Altern. Nach der körperlichen Beschaffenheit, aber auch nach Art und Ablauf von Funktionen und Reaktionen lässt sich trotz aller Zwischenformen, die die Regel sind, unterscheiden zwischen leptosom, pyknisch und athletisch gebauten Menschen. Hinzu kommt der Geschlechtsdimorphismus. Der Leptosome ist schlankwüchsig, oft schmalbrüstig und langbeinig. Als asthenisch wird die Extremform des Leptosomen bezeichnet. Der Pykniker ist gedrungen, eher kurzbeinig; er neigt zum Fettansatz. Athletische Menschen sind muskulös, verfügen über einen groben Knochenbau und straffes Hautbindegewebe. Geschlechtsdimorphismus. Er betrifft die primären Geschlechtsmerkmale (innere und äußere Geschlechtsorgane) sowie die sekundären Geschlechtsmerkmale, die sich während der Pubertät ausbilden. Hervorstechend sind Unterschiede in der Behaarung, der Brustbildung, den Proportionen, der Größe des Kehlkopfs, der Verteilung des Fettpolsters und der Ausbildung des Beckens. Dimorph ist auch der psychische Status. ⓘ Infobox Der Begriff der Gestalt spielt auch in der Philosophie und Psychologie eine eminente Rolle. In der Philosophie wird die Gestalt als Erscheinungsform des Geistes aufgefasst, in der Psychologie als Einheit von (Sinnes-) Empfindungen und Leistungen der empfangenden und ausführenden Organe, z. B. des Bewegungsapparats. Dies bedingt die »Körpersprache«.
Gestaltwandel. Evident ist ein Gestaltwandel während der Entwicklung. Dabei verschieben sich die Größenverhältnisse der einzelnen Körperteile. Als Maßeinheit gilt die Kopfhöhe. Während beim Neugeborenen der Körper
3 1.2 · Bauplan
4 Kopfhöhen entspricht, sind es beim Erwachsenen 8 (⊡ Abb. 3.18). Die Schamfuge bildet die Mitte. Abweichungen von diesem Schema ergeben sich in Abhängigkeit von Geschlecht und von Rasseeigentümlichkeiten. Außerdem können zahlreiche Faktoren modulierend auf die Gestalt Einfluss nehmen. So führt z. B. Nichtgebrauch der Muskulatur zur Atrophie, Überbeanspruchung zur Hypertrophie (Bodybuilding). Der Organismus als Ganzes ist nämlich ein kypernetisches System, also in der Lage, sich innerhalb seiner Variationsbreite veränderten Bedingungen optimal anzupassen.
1.2
Bauplan
Beim Bauplan geht es um das Generelle, Überindividuelle, das, was unabhängig vom Körperbautyp, dem psychischen Status, von Hautfarbe und Rasse den Menschen gemeinsam ist. Hierauf baut die Medizin auf, sodass »Ärzte ohne Grenzen« tätig werden können. Charakteristisch für den Menschen sind seine bilaterale Symmetrie, kraniokaudale und dorsoventrale Ordnung und segmentale Gliederung. Bilaterale Symmetrie. Sie besteht primär nicht nur als Symmetrie der äußeren Körperform, sondern auch als innere, d. h. symmetrische Anlage der Organe und Systeme. Sie wird später durch die definitive Lage der Organe verwischt. Nur äußerlich bleibt die bilaterale Symmetrie erhalten, wenn sich auch die beiden Körperhälften niemals spiegelbildlich gleichen. Dies äußert sich außerdem in der Seitigkeit, z. B. verfügt der Rechtshänder nicht nur über eine größere Geschicklichkeit auf dieser Seite, sondern auch über eine kräftiger ausgebildete Muskulatur. Kraniokaudale Ordnung. Sie ergibt sich aus dem auf-
rechten Gang des Menschen. Der kranial, »oben« liegende Körperabschnitt mit den umweltorientierten Sinnesorganen und dem Gehirn ist der Schädel, Caput bzw. Cranium. Er trägt Öffnungen für Nahrungsaufnahme und Luftzufuhr. Der Schädel wird vom Hals, Collum bzw. Cervix, beweglich gehalten. Die Hauptmasse des Körpers bildet der Rumpf, Truncus. Er besteht aus dem knochenbewehrten Thorax, aus dem Bauch, Abdomen bzw. Venter, aus dem Rücken, Dorsum, und aus dem Becken, Pelvis. Kopf, Hals und Rumpf werden auch unter der Bezeichnung Stamm zusammengefasst. Am Rumpf sind die
primär für die Lokomotion ausgebildeten Gliedmaßen, Extremitäten, befestigt. Die dorsal gelegene Wirbelsäule ist das wichtige, bewegliche Achsenskelett. Es läuft in den Schwanz, Cauda, aus. Die dorsoventrale Ordnung ist allen Vertebraten und den Menschen gemeinsam. Dorsal liegt die Wirbelsäule, Columna vertebralis, mit dem Rückenmark, Medulla spinalis. Segmentale Gliederung, Metamerie. Die verschiedenen
Körperabschnitte lassen einen unterschiedlichen Bauplan erkennen. Die Rumpfwand zeigt das Phänomen der Metamerie. Hierunter versteht man eine Folge gleichartiger Bauteile, Segmente. Die metamere Gliederung ist beim Fisch noch sehr auffällig. Sie tritt beim Menschen nur in der Embryonalperiode deutlich in Erscheinung (⊡ Abb. 3.13). Reste der Metamerie beim Erwachsenen sind die segmental angeordneten Wirbel und Rippen, die Muskeln zwischen den Rippen und einige Muskelgruppen am Rücken. Auch die Innervationsfelder der Haut lassen noch die ursprüngliche Metamerie erkennen (S. 114). Unsegmentiert, d. h. nicht metamer angelegt, ist der Kopf, Cranium, mit dem von Weichteilen umgebenen Gehirnschädel, Neurocranium, und Gesichtsschädel, Viscerocranium, der den Schlunddarm umschließt. Unsegmentiert sind auch Gehirn und Rückenmark. Auch den Eingeweiden und der Leibeshöhle, Zölom, fehlt jegliche segmentale Gliederung. Das Zölom findet sich nur im Rumpf. Es fehlt im Kopf-, Hals- und Schwanzbereich. ⓘ Infobox Das Spektrum der Methoden, alle Einzelheiten des menschlichen Körpers und evtl. Veränderungen zu erfassen, ist groß. Unerlässlich ist in der ärztlichen Praxis die visuelle Inspektion ohne jedes weitere Hilfsmittel. In der Anatomie bzw. Pathologie wird sie durch die Präparation bzw. Sektion weitergeführt. Für die ärztliche Praxis haben jedoch die bildgebenden Verfahren die denkbar größte Bedeutung. Sie reichen von der Anwendung der Röntgenstrahlen (X-Strahlen) – auch in Form der Computertomographie – bis zur Magnetresonanztomographie, Emissionstomographie und Sonographie.
Der Bauplan setzt sich aber weit über das Geschilderte hinaus fort. Stationen auf diesem Weg sind in absteigender Größenordnung Organe und Organsysteme, Gewebe, Zellen mit ihren Bestandteilen und der molekulare Bereich.
1
4
1
Kapitel 1 · Einführung in die Anatomie
Organe sind geschlossene Funktionseinheiten mit be-
stimmten Leistungen, z. B. der Harnbildung der Niere. Jedes Organ besteht aus mehreren Geweben und hat eine charakteristische innere Organisation. Untereinander stehen die einzelnen Organe des Körpers in enger Wechselbeziehung. Dort, wo sie zusammenwirken, bilden sie Organsysteme, z. B. das Nervensystem, Verdauungssystem, Urogenitalsystem, Gefäßsystem, endokrine System usw. Gewebe sind Verbände von Zellen, die einer gemeinsa-
men Aufgabe dienen. Die Lehre von den Geweben ist die Histologie (S. 7). Die Grundgewebe sind das Epithelgewebe, Binde- und Stützgewebe, Muskelgewebe und Nervengewebe. Erkrankungen stehen in enger Bezie-
hung zu Gewebeveränderungen. Die Zelle ist nach Rudolf Virchow (Pathologe, 1821–1902)
»das wirklich letzte Formelement aller lebendigen Erscheinungen, sowohl im Gesunden als auch im Kranken«. Koelliker (Anatom, 1817–1905) ergänzte dies durch die Aussage, dass »auch die Zwischensubstanzen aller Art, mögen sie nun geformte Teilchen enthalten oder nicht, ihr Recht haben. Erst aus der Ermittlung der Leistungen aller Bestandteile des Körpers und ihrer mannigfaltigen Wechselwirkungen wird am Ende eine volle Erkenntnis der Lebensvorgänge und ihrer Störungen entstehen«. Aufgrund dieser Erkenntnisse wurde die heute gültige Lehre von der dynamischen Bauweise der lebendigen Materie entwickelt. Sie geht davon aus, dass sich alle Teile der Zellen und Gewebe nie in einem stationären, sondern
immer in einem höchst dynamischen, einem dauernden Wechsel unterworfenen, äußert labilen Zustand befinden. Dabei ist abgesichert, dass größere Einheiten, z. B. Membranen erhalten bleiben, obgleich ihre Bausteine laufend ausgetauscht werden. Ermöglicht wird dies dadurch, dass jeder Umbau geregelt erfolgt. Ein lebender Organismus mit all seinen Teilen bildet ein sich selbst regulierendes System. Intravital sind Strukturen daher nie unverrückbar, sondern ein Vorgang: »Funktion ist Geschehen im Molekulargefüge, d. h. Strukturwandel« (Bargmann, Anatom 1906–1978). Damit ist die Brücke von der Struktur zur Funktion geschlagen. Die Anatomie bringt dabei den morphologischen Aspekt in die Ganzheit des Geschehens ein. Molekularer Bereich. Er wird von der Molekularbiologie
abgedeckt. Hierbei handelt es sich um einen Grenzbereich zwischen Morphologie, Biochemie und Physiologie. Die Molekularbiologie bemüht sich, den molekularen Bau des Organismus in allen seinen Teilen und seiner Dynamik zu erfassen. Hier liegt der gegenwärtige Fortschritt in der Medizin. Die Molekularbiologie mit ihren enormen Auswirkungen auf die Klinik, vor allem auf die Therapie von Erkrankungen ist Forschungsschwerpunkt. Dabei spielt die Erkenntnis der Morphologie eine wesentliche Rolle, dass alle Systeme einschließlich des molekularen Bereiches geordnet sind. Die Verankerung dieser Erkenntnis, der morphologische Gedanke, ist ein Leitfaden für das Studium der Anatomie.
2
Histologie, Gewebelehre 2.1
Epithelgewebe – 8
2.1.1
Oberflächenepithel – 8
2.2
Drüsen – 22
2.2.1
Exokrine Drüsen – 23
2.2.2
Endokrine Drüsen – 31
2.3
Binde- und Stützgewebe – 33
2.3.1
Fixe Bindegewebszellen – 34
2.3.2
Freie Bindegewebszellen – 35
2.3.3
Interzellularsubstanzen – 35
2.3.4
Formen des Bindegewebes – 41
2.3.5
Fettgewebe – 44
2.4
Knorpel – 46
2.4.1
Knorpelarten – 47
2.5
Knochen – 49
2.5.1
Osteozyten und Interzellularsubstanzen – 50
2.5.2
Lamellenknochen, Geflechtknochen – 50
2.5.3
Periost, Endost – 51
2.5.4
Knochenumbau, Knochenbruchheilung – 52
2.5.5
Knochenentwicklung – 53
2.6
Muskelgewebe – 57
2.6.1
Glatte Muskulatur – 58
2.6.2
Skelettmuskulatur – 60
2.6.3
Herzmuskulatur – 67
2.6.4
Myoepithelzellen – 69
2.6.5
Myofibroblasten – 69
2.6.6
Perizyten – 69
2.7
Nervengewebe – 69
2.7.1
Neuron, Nervenzelle – 70 ▼
▼
2
2.7.2
Klassifizierung von Nervenzellen – 72
2.7.3
Synapsen – 74
2.7.4
Nervenfasern und Nerven – 78
2.7.5
Neuroglia – 84
2.8
Grundzüge histologischer Techniken – 87
2.8.1
Untersuchungen an lebenden Zellen und Geweben – 87
2.8.2
Untersuchungen an toten oder abgetöteten Zellen und Geweben – 87
2.8.3
Zytochemie, Histochemie – 89
2.8.4
Verfahren zur Gewinnung räumlicher Bilder – 90
7 2 · Einleitung
>
Einleitung
Die Histologie ist die Lehre von den Geweben des Körpers. Die Gewebe sind das Baumaterial der Organe und fügen sie zur Gesamtheit des Körpers zusammen. In den Geweben sind jeweils Zellen mit gleichen morphologischen und auch funktionellen Eigenschaften zu einem gemeinsamen Leistungsverbund zusammengefasst. Dies bedeutet jedoch nicht, dass alle Zellen eines Gewebes identisch sind.Vielmehr gibt es zwischen den Zellen, die zu einem Gewebe gehören, erhebliche z. T. organspezifische Unterschiede. Dies hängt einerseits vom genetischen Programm der Zelle, andererseits von Faktoren der Zellumgebung ab.
Gewebe sind dynamische Verbände von Zellen mit häufig gleichen morphologischen und funktionellen Eigenschaften. Sofern ein Gewebe in einem Organ die organspezifische Leistung erbringt, wird es als Parenchym bezeichnet. Sofern es vor allem Stützfunktionen hat, bildet es das Stroma des Organs. Oft sind Parenchym und Stroma nicht voneinander zu trennen. In ihrem Aufbau und ihrer Funktion befinden sich unter normalen Umständen alle Bestandteile eines Gewebes in einem Gleichgewicht zwischen Erneuerung und Verbrauch ihrer Zellen und ihrer Interzellularsubstanzen. Sie sind den Anforderungen angepasst. Jedoch sind Gewebe auch zu Anpassungsreaktionen im Sinne einer Leistungssteigerung, Hypertrophie bzw. Hyperplasie, oder einer Leistungsminderung, Atrophie bzw. Hypoplasie, fähig. Auch ist ein Zellersatz, Regeneration, durch Zellvermehrung, Proliferation, möglich. Als Anpassung ist auch eine Änderung einer Gewebsdifferenzierung nach wiederholten Reizen aufzufassen, Metaplasie. Im Einzelnen Hypertrophie, Atrophie. Bei der Hypertrophie kommt es ohne Zellvermehrung zu einer Vergrößerung der Zellen
mit oder ohne Zunahme der Interzellularsubstanz (z. B. Aktivitätshypertrophie der Muskulatur durch Training). – Das Gegenteil heißt Atrophie. Bei gleich bleibender Zellzahl nehmen Zellvolumen und Interzellularsubstanz ab = einfache Atrophie, z. B. Inaktivitätsatrophie der Muskulatur nach längerer Ruhigstellung. Eine numerische Atrophie liegt vor, wenn die Zellzahl abgenommen hat, z. B. durch Zelluntergang. Hyperplasie bedeutet, dass es durch einen Reiz zu einer reaktiven Vermehrung der Zellzahl kommt. – Das Gegenteil davon ist die Involution, z. B. Involution der Brustdrüsen nach Einstellung der Milchabsonderung.
Hypoplasie und Aplasie haben wenig mit den reaktiven Leistungen eines Gewebes auf erhöhten oder verminderten Stimulus zu tun. Sie beziehen sich vielmehr auf Vorgänge während der Entwicklung. Wird während der Entwicklung ein Organ unvollständig ausgebildet, liegt eine Hypoplasie vor; wird es nicht ausgebildet, handelt es sich um eine Aplasie. Wird es überhaupt nicht angelegt, spricht man von einer Agenesie. Regeneration ist ein Vorgang, bei dem Gewebsverluste durch Gewebsneubildung ersetzt werden. So werden z. B. Zellen, die im Rahmen der normalen Zellalterung zugrunde gehen, durch neue Zellen ersetzt, die sich von Stammzellen ableiten. Dieser Vorgang wird als physiologische Regeneration bezeichnet. Die Regenerationsfähigkeit der Gewebe nach Defekten ist unterschiedlich groß. Vielfach entsteht nach Verletzung eine bindegewebige Narbe, d. h. zugrunde gegangenes Gewebe wird durch regenerationsfreudiges Bindegewebe ersetzt. Metaplasie. Bei der Regeneration können noch nicht differenzierte Zellen eine Differenzierungsrichtung nehmen, die nicht der des Ausgangsgewebes entspricht; dadurch kann in gewissen Grenzen ein Gewebe Gestalt, Struktur und Verhalten ändern.Als Ursachen spielen u. a. andauernde mechanische, chemische oder entzündliche Reize eine Rolle. Durch Metaplasie passt sich ein Gewebe veränderten Umständen an. Ein Beispiel ist die Umwandlung des respiratorischen Epithels in Plattenepithel bei chronischer Entzündung der Schleimhaut der Luftwege. – Metaplasie ist z. T. reversibel. Degeneration. Charakteristisch ist eine Schädigung der spezifischen Zellleistung mit Untergang der Zelle.
Unter Berücksichtigung morphologischer und funktioneller Gesichtspunkte werden vier Grundgewebe unterschieden: Epithelgewebe, Binde- und Stützgewebe,
2
8
Kapitel 2 · Histologie, Gewebelehre
Muskelgewebe und Nervengewebe.
2
2.1.1
Oberflächenepithel
Wichtig
2.1
Epithelgewebe Wichtig
Sie werden lernen, dass Epithelgewebe (kurz: Epithel) ein Verband von Zellen ohne nennenswerte Interzellularsubstanz ist, innere und äußere Oberflächen bedeckt, fähig ist zu absorbieren, zu resorbieren, zu transportieren, zu sezernieren, einen Gasaustausch zulässt.
Sie werden lernen, dass Oberflächenepithel aus eng verbundenen Epithelzellen verschiedener Art besteht, über Strukturen verfügt, die einen Stoffaustausch nach allen Seiten hin ermöglichen, an einer Basallamina befestigt ist, durch ein Zytoskelett seiner Zellen versteift und verspannt wird, einer dauernden physiologischen Regeneration unterliegt.
Sowohl morphologisch als auch funktionell ist Epithel ein sehr dynamisches aber heterogenes Gewebe. Es geht aus Ektoderm, Mesoderm und Entoderm hervor (s. Entwicklungsgeschichte). Nach Vorkommen und Funktion unterscheiden sich Oberflächenepithel und Drüsenepithel (s. Kapitel 2.2 Drüsen). Hinzu kommt Myoepithel. Es geht wie anderes Epithel aus dem Ektoderm hervor, ist aber durch das Vorkommen von Aktin und Myosin zur Kontraktion befähigt (S. 63).
Das Oberflächenepithel bildet einen engen Verbund von Epithelzellen an inneren und äußeren Oberflächen des Körpers. Die Epithelzellen selbst weisen nach Form und Anordnung große Unterschiede auf. Dadurch entstehen verschiedene Epithelformen. Außerdem sind die Oberflächen der Epithelzellen differenziert gestaltet. Gesichert ist der Epithelverband durch Haftungen zwischen benachbarten Epithelzellen, die intrazellulär mit einem zytoplasmatischen Zytoskelett in Verbindung stehen, sowie durch Anknüpfung an eine Basallamina. Die Beanspruchung jedes Oberflächenepithels macht einen fortlaufenden Ersatz verbrauchter Zellen durch Regeneration erforderlich.
Ortsabhängig dient Epithel dem Schutz durch Bildung innerer und äußerer Oberflächen. Außerdem kann Epithel resorbieren, transportieren, absorbieren und sezernieren.
Form, Anordnung und Oberflächen von Epithelzelllen
ⓘ Infobox Eine Zuordnung von bestimmten Funktionen zu bestimmten Epithelien ist nur unter Berücksichtigung aller im jeweiligen Epithelverband vorhandenen Zellen möglich; so kommen z. B. im Oberflächenepithel Drüsenzellen und/oder Zellen des Abwehrsystems vor, in Drüsen Drüsenzellen und Myoepithelzellen, und Transport erfolgt sowohl in resorbierenden als auch in sezernierenden Epithelzellen.
Form der Epithelzelle. Räumlich gesehen sind die meis-
ten Epithelzellen polyedrisch (vielflächig), in der Aufsicht vieleckig. Nach der Form lassen sich unterscheiden (⊡ Abb.2.1): platte Epithelzellen, isoprismatische Epithelzellen und hochprismatische Epithelzellen. Platte Epithelzellen sind im Schnitt niedrig und breit. Isoprismatische Epithelzellen sind annähernd gleich
hoch und breit. Sie werden auch als kubisch bezeichnet. Hochprismatische Epithelzellen sind höher als breit; für sie wird auch die Bezeichnung zylindrisch verwendet. ⊡ Abb. 2.1 a–h. Epithelarten. Jedes Epithel steht mit einer Basal- lamina in Verbindung und erreicht apikal das Lumen bzw. die Oberfläche
9 2.1 · Epithelgewebe
2
10
Kapitel 2 · Histologie, Gewebelehre
ⓘ Infobox
2
Beim mehrschichtigen Epithel liegt eine Schicht über
Lichtmikroskopisch ist häufig die Zellform nicht zu beurteilen, da die Zellgrenzen ungefärbt bleiben. Jedoch kann (mit Vorbehalten) von der Form der Zellkerne auf die Epithelform geschlossen werden: z. B.querovale Zellkerne bei platten Epithelzellen, runde Zellkerne bei isoprismatischen Epithelzellen, längsovale Zellkerne bei hochprismatischen Epithelzellen.
Art und Anordnung von Epithelzellen. Nach Zahl der
Zellschichten sowie nach Form und Eigenschaft der oberflächlichen Zellen lassen sich unterscheiden (⊡ Abb. 2.1, ⊡ Tabelle 2.1) ein- bzw. mehrschichtiges, zwei- bzw. mehrreihiges und verhorntes bzw. unverhorntes Oberflächenepithel. Einschichtiges Epithel besteht nur aus einer Zelllage.
der anderen. Beim zwei- und mehrreihigen Epithel berühren alle Zel-
len die Basalmembran, aber nicht alle erreichen die Oberfläche. Die Zellkerne liegen in Reihen übereinander. Verhornt ist ein Epithel, das an der Oberfläche eines mehrschichtigen Epithels eine Hornschicht bildet. Im Einzelnen Einschichtiges Plattenepithel (⊡ Abb. 2.1 a) kommt an
Oberflächen mit besonders hoher Durchlässigkeit vor. Die Zellen sind flach ausgebreitet und oft durch Ausläufer miteinander verzahnt. Beispiele sind das Alveolarepithel in der Lunge, das Epithel der Bowman-Kapsel des Nierenkörperchens, des häutigen Labyrinths des Gehörorgans, das Horn-
⊡ Tabelle 2.1. Einteilung des Oberflächenepithels Nach der Zahl der Zellschichten
Nach der Zellform
Vorkommen (Beispiele)
Funktion (Beispiele)
Einschichtig
Platt
Alveolarepithel, Auskleidung von Gefäßen (Endothel), seröses Epithel zur Auskleidung von Hohlräumen: Perikard, Pleura, Peritoneum (Mesothel)
Durchlässigkeit, aktiver Transport durch Transzytose, Erleichterung von Gleitbewegungen der Eingeweide gegeneinander
Isoprismatisch (= kubisch)
An der Oberfläche des Ovars, in Drüsenausführungsgängen, Linsenepithel
Bedeckung, Sekretion
Hochprismatisch
Dünndarm, Gallenblase
Schutz, Resorption, Sekretion
Mehrreihig (alle Zellen erreichen die Basalmembran, aber nicht alle die Oberfläche; die Kerne der Zellen liegen in verschiedenen Ebenen)
Auskleidung von Trachea, Bronchen, Nasenhöhle
Schutz, Partikeltransport, Sekretion
Mehrschichtig (2 oder mehr Lagen)
Verhornt, platt
Haut
Schutz, verhindert Wasserverlust
Unverhornt, platt
Mund, Ösophagus, Vagina, Analkanal
Schutz
Unverhornt, hochprismatisch
Fornix conjunctivae
Schutz
Übergangsepithel
Nierenbecken, Ureter, Harnblase
Schutz
11 2.1 · Epithelgewebe
hautepithel an der Innenseite des Auges. Als Auskleidung von Blut- und Lymphgefäßen sowie im Herzen wird es als Endothel bezeichnet. Das einschichtige Plattenepithel an der Oberfläche der serösen Häute (Peritoneum, Pleura, Perikard) wird auch Mesothel genannt. Sowohl Endothel als auch Mesothel leiten sich vom Mesoderm ab. Einschichtiges iso- bzw. hochprismatisches Epithel (⊡ Abb. 2.1 a, b, c) kommt vor allem an Oberflächen vor, die Austauschvorgängen dienen.Als einschichtiges isoprismatisches Epithel liegt es in Drüsenausführungsgängen, in Tei-
len des Nephrons, in Sammelrohren, als Pigmentepithel des Auges, als Linsenepithel und an der Oberfläche des Plexus choroideus vor. Einschichtig hochprismatisch ist das Epithel des Verdauungskanal – vom Magen bis zum Rektum –, in der Gallenblase, in einigen Drüsenausführungsgängen, in den Ductus papillares der Niere, im Eileiter und Uterus. Apikal zeigen diese Epithelzellen häufig als besondere Differenzierung zur Oberflächenvergrößerung Mikrovilli (S. 12), die mit denen der Nachbarzellen einen Bürstensaum bilden können. Mehrschichtiges unverhorntes Epithel (⊡ Abb. 2.1 e) ist das Schutzepithel innerer Oberflächen, z. B. der Mundhöhle, des Ösophagus, der Vagina. Seltener kommt es als mehrschichtiges unverhorntes hochprismatisches Epithel vor: Fornix conjunctivae, hinteres Ende des Nasenvorhofs. Bei allen mehrschichtigen Epithelien geht der Zellersatz von der basalen Schicht aus, Stratum basale. Hier sind die Zellen meist prismatisch. Die Zellen wandern dann zur Oberfläche, wobei sie ihre Form verändern und schließlich in den obersten Lagen abgeplattet sind. Auch in der oberflächlichsten Schicht haben die Zellen noch Zellkerne. Mehrschichtiges verhorntes Plattenepithel (⊡ Abb. 2.1 f) bildet die Epidermis (S. 154), das ist die oberflächlichste Schicht der Haut. Mehrschichtiges verhorntes isoprismatisches bzw. hochprismatisches Epithel gibt es nicht. Zwei- und mehrreihiges Epithel (⊡ Abb. 2.1 d) ist auf die Luftwege, Teile des Urogenitalsystems und einige Drüsenausführungsgänge beschränkt. Zweireihig ist es im Nebenhodengang (mit Stereozilien), Samenleiter, Ductus parotideus. Häufig weisen die an der freien Oberfläche gelegenen Zellen besondere apikale Differenzierungen auf, z. B. Stereozilien beim zweireihigen Epithel des Nebenhodens, Kinozilien beim mehrreihigen hochprismatischen Epithel der Atemwege (dort respiratorisches Epithel). Übergangsepithel, Urothel. Übergangsepithel ist überwiegend mehrschichtig, partiell mehrreihig (⊡ Abb. 2.1 g). Es kleidet die ableitenden Harnwege aus, z. B. Harnleiter, Harnblase (S. 608). Charakteristisch für das Übergangsepithel ist die Fähigkeit seiner Zellen, sich in Abhängigkeit vom Dehnungszustand zu verändern. Insbesondere werden bei starker Füllung der Harnwege die an der Oberfläche gelegenen Deck-
zellen abgeplattet. In mittleren Schichten werden die Zellen dann auseinander gezogen, sodass die Schichtenfolge vermindert erscheint. Oberflächendifferenzierung. Epithelzellen sind polar
gegliedert. Hierauf geht die Gestaltung ihrer Oberfläche zurück. Dort lassen sich unterscheiden (⊡ Abb. 2.2) eine apikale Domäne und eine basolaterale Domäne. Am deutlichsten ist diese Gliederung bei einschichtigem Epithel. Die Grenze zwischen den Domänen bildet die Zonula occludens (s. unten). Zur Zelloberfläche Die Oberfläche aller Zellen wird von einer Plasmamembran (auch Plasmalemm genannt) gebildet (⊡ Abb. 2.3). Sie besteht aus Lipiden und Proteinen und ist dreischichtig. Bedeckt wird die Oberfläche von einer Glykokalix. Lipide. Die Dreischichtigkeit der Plasmamembran geht auf die Anordnung von Phospholipiden zurück, die eine äußere und innere Schicht bilden (⊡ Abb. 2.3) Zwischen den Schichten befindet sich ein für wasserlösliche Moleküle undurchlässiger Bereich. Diese Zwischenschicht entsteht dadurch, dass die lipophilen Pole der Phospholipide der äußeren und inneren Schicht einander zugekehrt sind. Die hydrophilen Pole weisen dagegen nach außen. Gase und kleine lipophile Moleküle passieren die Plasmamembran ohne Behinderung.
⊡ Abb. 2.2. Domänengliederung der Zelloberfläche
2
12
Kapitel 2 · Histologie, Gewebelehre
2
⊡ Abb. 2.3. Plasmamembran. Die Phospholipidschichten sind durch Cholesterinmoleküle (rot) versteift. In die Phospholipidlamellen sind Proteine eingelagert (integrale, periphere Proteine). Dazu gehören auch Ionenkanäle (rechts). Die Glykokalix besteht aus Zuckerketten, die an Proteine und Lipide gebunden sind. An der Membraninnenseite liegen membranassoziierte Proteine, an die Filamente des Zytoskeletts befestigt sind
Die Lipidfilme der Plasmamembran befinden sich in einem halbflüssigen Zustand. Hierauf nehmen Cholesterolmoleküle Einfluss, die sich zwischen den Phospholipiden der Membranschichten befinden. Insbesondere gibt stark erhöhter Cholesterolbestand der Membran vermehrte Rigidität. Dieser Aggregatzustand gibt den Bestandteilen der Plasmamembran im Bereich von Oberflächendomänen die Möglichkeit einer fließenden Verlagerung im Sinne einer Lateralverschiebung. Hinzu kommt die prinzipielle Möglichkeit eines Wechsels von Lipidmolekülen aus einer Lamelle in die andere (»Flip-flop-Bewegung«) und (vielleicht damit in Zusammenhang) eine Herein- und Herausnahme einzelner Membranmoleküle. Dieses Konzept vom Aufbau der Zytomembranen wird als Fluid-mosaic-Modell bezeichnet. Proteine. Die Proteinkomponenten der Plasmamembran sind mosaikartig in die bipolaren Lipidfilme eingelagert (⊡ Abb. 2.3). Einige der Proteinmoleküle durchsetzen die ganze Dicke der Membran, integrale Proteine, andere liegen nur in der äußeren, wieder andere nur in der dem Innenraum zugewandten Lamelle. Die nur einer Lamelle zugeordneten Proteine werden als periphere Proteine bezeichnet. Im Einzelnen ist die Struktur der Membranproteine vielfältig. Sie können als Tunnelproteine für die Aufnahme von Stoffen in die Zelle verantwortlich sein, z. B. als Kalziumkanal, Chloridkanal, Aquaporine usw. (⊡ Abb. 2.3). Sie können als Carrierproteine dem Stofftransport durch die Plasmamembran dienen. Ferner kann es sich um Enzymproteine, Rezeptorproteine, Zelladhäsionsmoleküle oder um memb-
ranassoziierte Ansatzproteine für das Zytoskelett handeln. Rezeptorproteine sind für die Weitergabe von Signalen verantwortlich, die die Zelle z. B. durch bestimmte Wirkstoffe, u. a. Hormone, Neurotransmitter (Überträgerstoffe im Nervensystem) und auch durch manche Medikamente erhält. Glykokalix (⊡ Abb. 2.3). Bei einem Teil der Membranproteine handelt es sich um Glykoproteine. Sie liegen in der dem extrazellulären Raum zugewandten Schicht der Plasmamembran und werden durch Glykolipide ergänzt. Glykoproteine und Glykolipide besitzen Kohlenhydratseitenketten, die in die äußere Umgebung ragen und dort einen Oberflächenmantel, Glykokalix, bilden. Die Glykokalix hat in ihrer chemischen Zusammensetzung außerordentliche Unterschiede und dadurch eine hohe Spezifität. Dies ist eine der Voraussetzungen für die Bildung von Geweben. Gleichartig differenzierte Zellen mit gleichartig differenzierten Glykoproteinen/Glykolipiden erkennen nämlich einander und schließen sich zu Verbänden zusammen. Dabei können auch Anteile der Glykokalix, die abgestoßen wurden, infolge ihrer Spezifität chemotaktisch auf gleichartig differenzierte Zellen wirken und auf sie eine Signalwirkung ausüben. Lichtmikroskopie. Die lichtmikroskopisch bei üblichen Färbungen sichtbare »Zellmembran« ist das Äquivalent des Komplexes aus Plasmamembran + Glykokalix + artifiziell angelagerten Zytoplasmabestandteilen, vergröbert durch optische Phänomene. Sie ist also ein Artefakt. Apikale Domäne. Apikal können bei Epithelzellen auftre-
ten Mikrofalten, Mikrovilli, Stereozilien, Kinozilien und Geißeln. Mikrofalten sind nicht sehr häufig. Sie kommen an Oberflächen mit Flüssigkeitsfilm vor, z. B. an der Hornhaut des Auges. Grundlage ist ein unverhorntes mehrschichtiges Plattenepithel. Mikrovilli (⊡ Abb. 2.4) sind typisch für Epithel mit starker Resorption, z. B. des Dünndarms oder des Hauptstücks der Niere. Jedoch sind fast alle Zellen imstande, bei Bedarf kurze Mikrovilli zu bilden, die dann wieder verschwinden. Im Einzelnen Mikrovilli sind fingerförmige Ausstülpungen der Zelloberfläche. Sie sind im Dünndarm etwa 100 nm dick und können bis zu 2 mm lang werden. In ihrem Inneren verlaufen längs
13 2.1 · Epithelgewebe
⊡ Abb. 2.4 a–c. Mikrovilli. a Elektronenmikroskopisch, b molekularbiologisch, c lichtmikroskopisch
orientierte Aktinfilamente, die basal in die Mikrofilamente des Zellkortex (Terminalgespinst) einstrahlen (⊡ Abb. 2.4 a, S. 572). Die Aktinfilamente sind untereinander durch Fimbrin- und Villinbrücken und durch laterale Verankerungsproteine mit der Plasmamembran verbunden (⊡ Abb. 2.4 b). Mikrovilli vergrößern die Zelloberfläche erheblich (S. 571, Enterozyt). Gemeinsam mit ihren Nachbarzellen können Mikrovilli einen dichten Rasen bilden, der lichtmikroskopisch als Bürstensaum wahrnehmbar ist (⊡ Abb. 2.4 c). Bürstensäume sind im Gegensatz zu den einzeln stehenden mikrovillösen Bildungen stationäre Strukturen. Stereozilien gleichen in ihrem Aufbau Mikrovilli, einschließlich der Aktinfilamente.Allerdings sind Stereozilien häufig über dünne Zytoplasmabrücken untereinander verbunden. Bei einer Länge von 4–8 mm verkleben sie bei der histotechnischen Bearbeitung des Gewebes und vereinigen sich zu Büscheln. Sie stehen wahrscheinlich mit Resorptions- oder auch mit Sekretionsvorgängen im Zusammenhang. Stereozilien kommen z. B. im Epithel des Ductus epididymidis vor (S. 621). Kinozilien (⊡ Abb. 2.5) sind ungefähr 6–12 mm lang und haben einen Durchmesser von etwa 0,3 mm. Sie sind also länger und dicker als Mikrovilli. Vor allem sind sie aktiv beweglich und können dadurch Flüssigkeiten und Partikel weitertransportieren. Kinozilien kommen z. B. im respiratorischen Epithel der Trachea vor, wo sie Schutzfunktion haben, oder in der Tuba uterina.
⊡ Abb. 2.5 a–d. Zilien. a Elektronenmikroskopisch, b lichtmikroskopisch, c Kinetosom, elektronenmikroskopisch, d Zilienquerschnitt, elektronenmikroskopisch
Jede Kinozilie ist in einem Basalkörperchen, Kinetosom (⊡ Abb. 2.5 a, b, c) verankert, das sich aus 9 Mikrotubulustripletten zusammensetzt. In zilienreichen Flimmerepithelzellen stehen sie so eng nebeneinander, dass sie lichtmikroskopisch als Basalkörperchensaum (⊡ Abb. 2.5 b) imponieren. Im Einzelnen In dem Abschnitt der Zilie, der über die Zelloberfläche hinausragt, dem Zilienschaft, gruppieren sich 9 Mikrotubuluspaare (Dubletten) ringförmig um ein zentrales Tubuluspaar (⊡ Abb. 2.5 d). Sie bilden zusammen das Axonema, Achsenfaden. Der Querschnitt einer Zilie zeigt somit ein typisches 9×2+2-Muster. Die peripheren Tubulusdubletten sind so angeordnet, dass sie an der Kontaktstelle eine gemeinsame Wandung besitzen (A+B-Tubulus).Vom A-Tubulus gehen Armfortsätze aus, die aus dem Protein Dynein und ATPase bestehen.
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Bei der Bewegung der Kinozilie treten in Anwesenheit von ATP die Dyneinarme des einen Tubuluspaares mit dem benachbarten Paar in Verbindung. Gleichzeitig bewegen sich auf der einen Seite der Zilie die zu den beiden zentralen Tubuli radiär ausgerichteten »Speichen« auf deren Oberfläche entlang. Dadurch wird auf dieser Seite der Zilienschaft gekrümmt. Geißeln, Flagella, sind bis zu 5 mm lange, stets in der Ein-
zahl vorhandene zytoplasmatische Oberflächendifferenzierungen, die in ihrem Feinbau den Kinozilien gleichen. Sie erzeugen einen Flüssigkeitsstrom oder dienen der Fortbewegung, z. B. als Flagellum des Spermiums (S. 618). Basolaterale Domänen zeichnen sich durch das Vorkom-
men von Zelladhäsionsmolekülen und Zellverbindungen, Cell junctions, aus. Hinzu kommen Nexus, Gap junctions, die der Zellkommunikation dienen, und basale Zelleinfaltungen. Zelladhäsionsmoleküle sind diffus über die basolaterale
Zellmembran verteilt. Sie dienen der Haftung von zusammengehörigen Zellen. Zelladhäsionsmoleküle sind transmembranöse Proteine, die jeweils zu Proteinfamilien mit zahlreichen, z. T. zellspezifischen Untergruppen gehören. Zelladhäsionsmolekülfamilien sind Ca++-abhängig – Cadherine, – Selektine, Ca++-unabhängig – Immunglobuline (S. 132), – Integrine. Cadherine und Integrine stehen gleichzeitig mit Strukturen der Zellumgebung und mit dem intrazellulären Zytoskelett in Verbindung (s. unten). ⓘ Infobox Zelladhäsionsmoleküle sind nicht auf Epithelzellen beschränkt. Sie kommen bei allen Zellen jedoch in unterschiedlicher Form vor.
Im Einzelnen Cadherine sind eine Familie integraler Membranproteine. Als E-Cadherine liegen sie an der lateralen Oberfläche von Epithelzellen. E steht für epithelial. Dort finden sie jeweils an gleichartige E-Cadherine der gegenüberliegenden Zelle Anschluss. Auf der zytoplasmatischen Seite binden an
E-Cadherine unter Vermittlung von Cateninen Aktinfilamente. E-Cadherine sind die wichtigsten Adhäsionsmoleküle für die Aufrechterhaltung eines epithelialen Zellverbundes. Selektine sind Lektine. Sie sind Proteine, die spezifische Kohlenhydratstrukturen erkennen und binden. Durch diese Fähigkeit verknüpfen sie entsprechend ausgestattete Zellen. Immunglobulinadhäsionsmoleküle enthalten Domänen, die denen von Immunglobulinen ähnlich sind. Sie halten adhäsive Kontakte mit gleichartigen Zellen aufrecht. Integrine befinden sich bevorzugt im basalen Zellbereich. Es handelt sich um Heterodimere. Ihre b-Einheit bindet auf der zytoplasmatischen Seite unter Vermittlung von Verbindungsproteinen an Aktin, ihre a-Einheit extrazellulär an Laminin und Fibronektin (in Basalmembranen), die ihrerseits mit verschiedenen Kollagentypen interagieren. Die Bindungen an Laminin und Fibronektin können durch Desintegrine gelöst werden, sodass Zellbewegungen möglich werden. Zellverbindungen, Cell junctions. Es handelt sich um lokalisierte Zellverbindungen im basolateralen Bereich
von Epithelzellen. Teilweise sind an ihrem Aufbau Cadherine beteiligt. Die Zellverbindungen (⊡ Tabelle 2.2) dienen der Zellhaftung und der Zellkommunikation. Zellhaftung. Sie wird durch die Zellverbindungen stabilisiert. Es handelt sich um (⊡ Abb. 2.6) Zonula occludens, Tight junction, Zonula adhaerens, Gürteldesmosom, Macula adhaerens, Punktdesmosom, und Hemidesmosom.
Mit Ausnahme der Hemidesmosomen bekommen die Zellhaftungen ihre charakteristische Struktur dadurch, dass sich gleichartig gebaute Abschnitte der Zelloberfläche benachbarter Zellen gegenüberliegen.Alle Zellhaftungen sind dadurch ausgezeichnet, dass sich unter der Plasmamembran Proteinplaques befinden. Zonula occludens, Tight junction. Sie verläuft gürtelförmig um den apikalen Bereich der zugehörigen Zelle herum und trennt die apikale von der basolateralen Oberflächendomäne (s. oben). Eine Zonula occludens besteht aus einem Netzwerk von leistenförmigen Erhebungen der Plasmamembran, deren Spitze mit den Erhebungen der Nachbarzelle durch das transmembranöse Protein Occludin verbunden ist. Eine Vierergruppe von Occlu-
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⊡ Tabelle 2.2. Zellverbindungen Kontakte
Interzellulär
Intrazellulär
Funktion
Zonula occludens (Tight junction)
Zelle-Zelle
Occludin, Claudin
Submembranöse Verdichtung
Verschluss des Interzellularraums, Unterbrechung von Lateralverschiebungen in der Plasmamembran
Zonula adhaerens, Fascia adhaerens
Zelle-Zelle
Transmembranöses Verbindungsprotein: Cadherin
Submembranöse Verdichtungen: Vinkulin, Aktinfilamente
Mechanische Kopplung
Punctum adhaerens
Zelle-extrazelluläre Matrix
Fibronektin
Submembranöse Verdichtung: a-Aktinin, Vinkulin, Talin, Aktinfilamente
Mechanische Kopplung
Fleckdesmosom (Macula adhaerens)
Zelle-Zelle
Transmembranöse Verbindungsglykoproteine: Desmogleine
Haftplatten: Desmoplakin, Zytokeratin (intermediäre Filamente)
Mechanische Kopplung
Hemidesmosom
Zelle-Basallamina
Nexus (Gap junction)
Zelle-Zelle
Zellanheftung Poren (Connexon)
dinmolekülen umgreift jeweils transmembranöse Claudine, die selektiv für Wasser und bestimmte Ionen durchlässig sind. Dadurch sind Tight junctions zwar eine Diffusionsbarriere, aber mit begrenzter Wirksamkeit. Unterlagert sind die Verbindungsproteine durch Proteinplaques. Zonula adhaerens, Gürteldesmosom. Sie folgt in der
Regel der Zonula occludens und verläuft gleich dieser gürtelförmig um die Zelle. Sie stabilisiert die Zonula occludens und hat vor allem mechanische Funktionen. Intrazellulär steht sie mit Aktinfilamenten in Verbindung. Tragender Molekularanteil der Zonula adhaerens sind Cadherine, die mit denen der Gegenzelle verbunden sind. Die intrazelluläre Verbindung mit Aktinfilamenten wird durch Catenine vermittelt und befindet sich in Proteinplaques unter der Plasmamembran. Die
Metabolische u. ionale Kopplung
Aktinfilamente verlaufen parallel zu den Gürteldesmosomen. Den Zonulae adhaerentes vergleichbar sind leistenförmige Fasciae adhaerentes, z. B. in der Herzmuskulatur (S. 68). Maculae adhaerentes, Fleckdesmosomen, Desmosomen im engeren Sinne. Sie sind punktförmig, zahlreich und auffällig (Durchmesser 0,3 mm). Auch sie sind mechanische Haftverbindungen vermittels E-Cadherinen (Desmocolline und Desmogleine). Fleckdesmosomen treten ubiquitär zwischen gleichen, aber auch verschiedenartigen Zellen auf. In ihrem Bereich ist der Interzellularspalt auf 30–50 nm erweitert (üblich sind 20 nm). Die Spaltmitte weist elektronenmikroskopisch Verdichtungen auf. Der parazelluläre Transport wird durch Desmosomen nicht behindert (s. unten). Verankert sind die Cadherine der Fleckdesmosomen in Proteinplaques unter der Plas-
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⊡ Abb. 2.6. Zellhaftungen. PM Plasmamembran
mamembran. Dort wird durch die Proteine Desmoplakin und Plakoglobin die Verbindung zu den intrazellulären Intermediärfilamenten des Zytoskeletts hergestellt (S. 19). > Klinischer Hinweis Beim Pemphigus entwickelt der Körper Antikörper gegen die transmembranösen Verbindungsproteine (Cadherine) der Desmosomen. Die Folgen sind durch Auflösung der Zellhaftung Blasenbildungen in der Haut und in Schleimhäuten.
Haftkomplex, Junctional complex. Als Haftkomplex wird
die unmittelbare Aufeinanderfolge von Zonula occludens (am weitesten oben), Zonula adhaerens und Desmosom im oberen Teil der Seitenfläche von kubischen oder hochprismatischen Oberflächenepithelzellen bezeichnet. Lichtmikroskopisch erscheinen z B. bei Versilberung die Haftkomplexe an Tangentialschnitten als sog. Schlussleistennetz.
17 2.1 · Epithelgewebe
Hemidesmosomen befinden sich im basalen Zellbereich.
Sie dienen der Verbindung mit der Basallamina (s. unten). In ihrer Struktur gleichen sie einer asymmetrischen Macula adhaerens,nicht jedoch biochemisch.Sie gliedern sich in intrazelluläre Platten, die zytoplasmaseits mit Intermediärfilamenten des Zytoskeletts (S. 19),andererseits mit transmembranösem Integrin und Immunglobulin in Verbindung stehen.An diesen sowie an einer Verdichtung der Plasmamembran befestigen sich Ankerfilamente, die die Verbindung zur Basallamina herstellen (s. unten). Nexus, Gap junctions. Hierbei handelt es sich um kanäl-
chenartige Verbindungen zwischen benachbarten Zellen. Sie dienen der Zellkommunikation. Nexus werden von transmembranösen Proteinen, Connexinen, gebildet. Jeweils 6 Connexine umgeben einen Halbkanal, Connexon, der sich mit dem der gegenüberliegenden Zelle trifft und verbindet. Das Lumen eines Nexus hat einen Durchmesser von 1–1,5 nm und ist hydrophil. Nexus befinden sich überwiegend im unteren Bereich der seitlichen Zelloberfläche und bilden Gruppen mit einem Durchmesser von 0,3 mm. In ihrem Bereich ist der Interzellularspalt auf 2–4 nm vermindert. Dies behindert den parazellulären Transport nicht. Nexus schließen Zellen zu größeren Funktionseinheiten zusammen. Sie ermöglichen einen interzellulären Austausch niedermolekularer Substanzen, z. B. von Glukose, Steroidhormonen und Aminosäuren, metabolische Kopplung, und die Passage von Ionen, ionale, elektrische Kopplung. Basale Zelleinfaltungen. Eine Besonderheit von Epithelzellen mit hohem Flüssigkeits- und Elektrolytdurchgang sind starke Einfaltungen der basalen Zellmembran (⊡ Abb. 2.7). Sie vergrößern die Zelloberfläche erheblich und zeichnen sich durch das Vorkommen von Na+- und K+-ATPase aus. Zwischen den Einfaltungen (basales Labyrinth) befinden sich schmale Zytoplasmaabschnitte mit hintereinander gereihten Mitochondrien. Lichtmikroskopisch erscheint dies als basale Streifung. Vielfach sind Einfaltungen mit denen von Nachbarzellen verzahnt. Typisch sind basale Einfaltungen für die Epithelzellen des Nierenhauptstücks und für die Streifenstücke der Speicheldrüsen. ⓘ Infobox Zwischen den Epithelzellen befinden sich Interzellularräume. Sie sind in der Regel spaltförmig (Durchschnittswert 20 nm)
⊡ Abb. 2.7. Basales Labyrinth. Es besteht aus Einfaltungen des basalen Plasmalemms und ist mit Zellausläufern benachbarter Zellen verschränkt und dienen dem parazellulären Transport, vor allem von Ionen und Wasser. Erreicht werden Interzellularspalten durch Öffnungen in den Claudinen der Tight junctions, vor allem aber transzellulär. Beim transzellulären Transport erfolgt die Membranpassage ionenvermittelt aktiv gegen Gradienten durch Transportkanälchen in den basolateralen Plasmamembranen unter Mitwirkung von Transport-ATPasen. Der Zustrom von Ionen ins Zytoplasma ist ein passiver Vorgang an den apikalen Plasmamembranen durch zugehörige Kanälchen.Wasser folgt dieser Ionenbewegung und passiert dabei Aquaporine. Epithelien mit diesem Mechanismus, der auch im Sinne einer Sekretion in entgegengesetzter Richtung verlaufen kann, werden als transportierende Epithelien bezeichnet.
Basallamina Die Basallamina gehört an der Basis eines Epithelverbandes zu einer Schichtenfolge (⊡ Abb. 2.6.4) aus Lamina rara externa, auch Lamina lucida, die dem Epithel zugewandt ist und als typisches Protein Laminin aufweist, Lamina densa, auch Basallamina (20–100 nm dick). Sie weist vor allem Typ-IV-Kollagen, Laminin sowie eingelagerte Proteoglykane und weitere Proteine auf und ist elektronenmikroskopisch dicht (daher der Name), Lamina rara interna (inkonstant) und
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Lamina fibroreticularis, die dicker ist als die übrigen Schichten. Sie enthält vor allem Typ-III-Kollagen (retikuläre Fasern). ⓘ Infobox Aus der Lichtmikroskopie stammt der Begriff Basalmembran. Gemeint ist damit eine Verdichtung an einer Epithelbasis. Sie ist bei der histotechnischen Gewebsvorbereitung artefiziell aus allen dort vorhandenen Schichten entstanden.
Die Basallamina, Lamina densa, ist dabei die tragende Schicht. An ihr befestigt sich einerseits das Epithel, andererseits steht sie mit den Fasersystemen der Lamina fibroreticularis in Verbindung. Die Befestigung des Epithels an der Basallamina erfolgt durch Laminine, die mit Integrinen der Plasmamembran in Verbindung stehen. Im Bereich der Hemidesmosomen bildet Laminin zusammen mit dem Transmembranprotein BP 180 Ankerfilamente. Die Verbindung zu den Kollagenfibrillen der Lamina fibroreticularis stellen Ankerfibrillen her (⊡ Abb. 2.6).
Zytoskelett Das Zytoskelett ist ein veränderungsfähiges, dynamisches Verspannungs- und Versteifungssystem, das die charakteristische Gestalt einer Zelle trotz der solartigen Konsistenz des Zytoplasmas und des halbflüssigen Zustands der Plasmamembran sichert. Das Zytoskelett wirkt bei allen Vorgängen zur Formveränderung der Zelle, bei Zytoplasmabewegungen und beim Transport von Zellorganellen mit. Im Epithel trägt das Zytoskelett zur Aufrechterhaltung des Zellverbandes und seiner Form bei. Das Zytoskelett besteht aus Strukturproteinen unterschiedlicher Zusammensetzung. Zum Zytoskelett gehören Mikrotubuli, Mikrofilamente und intermediäre Filamente. Mikrotubuli (⊡ Abb. 2.8) sind gestreckt verlaufende
Röhrchen unterschiedlicher Länge, die einzeln liegen oder Bündel bilden. Der Durchmesser der Mikrotubuli beträgt 24 nm, ihre lichte Weite 15 nm. Sie bestehen aus globulären Proteinen, Tubulinen, die sich zu Tubulinprotofilamenten zusammenfügen. Jeweils 13 Tubulinprotofilamente bilden die Wand eines Tubulus.
⊡ Abb. 2.8. Mikrotubulus und Zentriol. Ein Mikrotubulus besteht aus perlschnurartig angeordneten globulären Proteinen (oben links)
Im Einzelnen Mikrotubuli haben ein Plus-Ende und ein Minus-Ende. Am Plus-Ende können Mikrotubuli durch Einfügen oder Ausgliedern von Untereinheiten relativ schnell auf- bzw. abgebaut werden. Am Minus-Ende sind die Tubuli im Mikrotubulus-Organisationszentrum (MTOC) verankert. MTOC bildet zusammen mit einem Zentriolenpaar einen Komplex, der als Zentrosom bezeichnet wird. Hier erfolgt eine sehr viel langsamere Neubildung von Mikrotubuli. Zentriolen, Zentralkörperchen, sind lichtmikroskopisch rundliche Körperchen mit einem Durchmesser von 0,2 mm. Sie bestehen aus 9 zylinderförmig angeordneten Dreiergruppen (Tripletten) von Mikrotubuli, die untereinander durch Proteinbrücken verbunden sind (⊡ Abb. 2.8). Die beiden Zentriolen eines Zentrosoms stehen senkrecht aufeinander.
Mikrotubuli dienen vor allem der dynamischen Stabilisierung des Zytoplasmas. Dies ist möglich, weil sie einerseits relativ starr sind und weil sie andererseits bei Formveränderungen von Zellen und bei Zellbewegungen laufend umgebaut werden. Dabei werden Mikrotubuli dort aufgebaut, wo an der Zelloberfläche Vorwölbungen und Fortsätze (Pseudopodien) ausgebildet werden, bzw. abgebaut, wo Einziehungen entstehen. Damit sind Mikrotubuli an den Ordnungsprozessen in der Zelle beteiligt. Bei diesen Vorgängen wirken mikrotubuliassoziierte Proteine (MAP) mit, die gleichzeitig die Mikrotubuli stabilisieren und der Interaktion mit anderen Zellbestandteilen dienen.
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Ferner spielen die Mikrotubuli für den intrazellulären Transport von Partikeln oder Mitochondrien sowie als Leitstrukturen für den transzellulären Transport, z. B. von Bläschen, eine wichtige Rolle. Sowohl die Partikel als auch die Transportvakuolen bewegen sich entlang der Tubulusoberfläche. Dabei ist die Transportrichtung unterschiedlich. Für den Kontakt zwischen Organellen und Mikrotubulusoberfläche sorgen Proteinkomplexe. Kinesin sorgt für einen Transport zum Plus-Ende, Dynein Richtung Minus-Ende. Bei Dynein und Kinesin handelt es sich um ATPasen. Schließlich sind Mikrotubuli charakteristische Bestandteile von Zilien und Geißeln (s. oben). Mikrofilamente entstehen durch Polymerisation von Aktin, einem globulären Protein. Aktinfilamente haben ei-
nen Durchmesser von 25 nm. Auch sie haben ein Plusund Minusende. Am Plusende erfolgt durch rasche Polymerisation eine Verlängerung, am Minusende ein eher langsamer Zerfall. Dadurch ist die Länger der Mikrofilamente variabel. Durch ihre große Variabilität sind Mikrofilamente sowohl an Zellbewegungen als auch an der Stabilisierung von Zellstrukturen beteiligt. Durch Begleitproteine können Filamentbündel- oder netze entstehen. Zu unterscheiden sind Aktinfilamente, die mit Myosin assoziiert sind, und Aktinfilamente ohne oder mit nur wenig Myosin. Aktinfilamente mit Myosin kommen vor allem in der
Muskulatur vor, wo es durch das Zusammenwirken beider Proteine zu Zellkontraktionen kommt (S. 61). Aktinfilamente ohne oder mit wenig Myosin bilden den Zellkortex, Ringstrukturen und sind im Zytoplasma verteilt. Zellkortex. Es handelt sich um eine Schicht dünner schichtvernetzter Aktinfilamente, die durch Filamin verknüpft sind. Verspannt sind sie durch geringe Mengen Myosin. Dies ermöglicht in begrenztem Umfang Zellkontraktionen. Die Aktinfilamente des Zellkortex sind durch Proteine an der Zellmembran befestigt (u. a. durch Spektrin, Dystrophin), z. T. an Transmembranproteinen (u. a. durch a-Aktinin,Vinculin). Eine Sonderrolle kommt den Vernetzungen von Aktinfilamenten in Mikrovilli zu, die dadurch versteift werden. Sie sind durch laterale Verankerungsproteine an der Plasmamembran befestigt (S. 13).
Ringförmige Aktinfilamente wirken bei der Durchschnürung von Zellen mit, z. B. bei der Mitose. Verlauf im Zytoplasma. Aktinfilamente erstrecken sich auch ins Zellinnere und können dort mit Zonulae adhaerentes (s. oben) und mit der Kernmembran in Verbindung stehen. Intermediäre Filamente sind die stabilsten Komponen-
ten des Zytoskeletts. Sie bestehen aus helikalen Polypeptidketten, die durch nichthelikale Abschnitte miteinander verbunden sind. Der Durchmesser der intermediären Filamente liegt mit 8–10 nm zwischen dem der Mikrofilamente und dem der Mikrotubuli. Die Länge der intermediären Filamente kann mehrere Mikrometer betragen. Intermediäre Filamente bilden um den Zellkern, mit dem sie verknüpft sind, ein Netzwerk, das sich von hier aus über die Zelle hinweg erstreckt und in der Peripherie an Desmosomen und Hemidesmosomen herantritt. Intermediäre Filamente lassen aufgrund ihrer Aminosäurefrequenzen mehrere Gruppen unterscheiden, von denen in Epithelzellen vorkommen Zytokeratine und Vimentine. Zytokeratin. Zytokeratinfilamente können in Epithelzel-
len bis zu 50 % des Zytoplasmaproteins ausmachen. Sie bilden eine komplexe Klasse mit einem Molekulargewicht zwischen 40 000 und 68 000 Dalton. Im Groben ist eine Gliederung in saures Keratin und neutrales bzw. basisches Keratin möglich. Eine weitere Unterteilung mit Zuordnung zu jeweils bestimmten Epithelien, Haaren und Nägeln ist möglich. In allen Fällen dienen Zytokeratine der mechanischen Stabilisierung der Epithelien, sowie dem Schutz vor Wasserverlust und Hitze. Zytokeratinfilamente bilden die Tonofibrillen der Lichtmikroskopie. Sie verlaufen abhängig von der mechanischen Beanspruchung trajektoriell. Vimentinfilamente sind vor allem für Zellen mesenchy-
malen Ursprungs einschließlich der zugehörigen Epithelzellen, besonders für Endothelzellen der Blutgefäße charakteristisch. Häufig haben Vimentinfilamente Verbindung zu Zellkernen oder zu Desmosomen. Vermutlich spielen sie eine strukturerhaltende Rolle. Weitere intermediäre Filamente, die jedoch nicht im Epithel vorkommen, sind Desmin, Glial fibrillary acidic protein (GFAP), neurofilamentäres Triplettprotein, nukleäres Lamin.
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Kapitel 2 · Histologie, Gewebelehre
Regeneration
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Die Zellen des Epithels unterliegen einer permanenten physiologischen Regeneration durch Zellersatz, Zellmauserung, da die Lebensdauer der einzelnen Zelle begrenzt ist. Der Zellersatz erfolgt durch Vermehrung, Proliferation. Sie geht von den jeweils basal gelegenen Zellen aus. Dort kommt es unter dem Einfluss von Wachstumsfaktoren, u. a. EGF = Epidermal growth factor, zur Zellteilung, Mitose. Einzelheiten zur Mitose einschließlich der Beschreibung der Struktur und Funktion des Zellkerns und seines Inhalts, insbesondere der Chromosomen, finden Sie in den Lehrbüchern der Zellbiologie. Zusammenfassungen zum Thema Zellzyklus, Zellwachstum, Zelltod Zellzyklus (⊡ Abb. 2.9). Jede Zelle mit Teilungsfähigkeit durchläuft eine Interphase und eine Mitosephase. Die Interphase umfasst den Zeitraum zwischen 2 Mitosen und dauert wesentlich länger als die Mitosephase. Der Intermitosezyklus besteht aus der G1-Phase. G steht für »gap« und meint das 1. Intervall zwischen 2 Mitosen, S-Phase. S steht für DNA-Synthese und G2-Phase. Dies ist das 2. Intervall vor der Mitose. In der G1-Phase wächst die durch die Mitose neu entstandene Zelle zur festgelegten Größe heran, differenziert sich und erbringt die jeweiligen spezifischen Zellleistungen
⊡ Abb. 2.9. Zellzyklus
(Arbeitsphase der Zelle). Die Dauer der G1-Phase ist bei verschiedenen Zellarten sehr unterschiedlich, aber stets relativ lang. Die Voraussetzung für die Beendigung der G1-Phase ist, dass in Zellen vorhandene Proteinkinasen durch Cycline aktiviert werden, die zeitspezifisch unter dem Einfluss von extrazellulären Wachstumsfaktoren exprimiert werden. Vor Eintritt in die folgende Phase muss dabei ein »Restriktionspunkt« und ein Kontrollpunkt für DNA-Schäden (unter Mitwirkung von P53, Tumor-suppressing-protein) überschritten werden. Danach ist der Eintritt in die folgende Phase unwiderruflich. Wird der Kontrollpunkt nicht überschritten, verweilt die Zelle langfristig in einer als G0 bezeichneten Phase oder es kommt zur Apoptose (s. unten). Extrazelluläre Faktoren können den Wiedereintritt einer Zelle aus der G0-Phase in den Zellzyklus bewirken. In der S-Phase wird durch Replikation das genetische Material in jedem Chromosom verdoppelt. Die DNA-Synthese nimmt ungefähr 8 h in Anspruch. In dieser Zeit teilt sich das Zentriol (s. oben) unter Neubildung von Mikrotubuli zu einem Diplosom. In manchen Zellen wird der Zellzyklus nach der S-Phase abgebrochen. Dann ist es zwar zu einer Verdopplung der DNA (und der Chromatiden) gekommen, aber die anschließende Ausbildung von Chromosomen, die Kern- und Zellteilung unterbleiben. Dieser Vorgang wird Endomitose genannt. Er kann sich wiederholen, sodass schließlich Zellen entstehen, deren Kerne das Vielfache des üblichen Chromosomensatzes enthalten. Diese Zellen sind polyploid. Häufig haben polyploide Zellkerne eine erhöhte Nukleolenzahl. – Polyploide Zellen kommen nur in den Epithelzellen der Leber, in der Herzmuskulatur, in der Samenblase und im Hypophysenvorderlappen vor. G2-Phase. Sie dauert etwa 1–3 h und leitet zur Mitose (M-Phase) über. In dieser Phase wird Cyclin B synthetisiert, das an die vorhandene Proteincyclase CDK 1 bindet. Es entsteht ein Komplex, der nach dem Kontrollpunkt 2 (DNAdamage checkpoint) durch Dephosphorylierung zum M-Phase-Promotingfaktor (MPF) wird, durch den die Mitose ausgelöst wird. Mitosephase. Ziel der Mitose ist die erbgleiche Verteilung des Genmaterials auf 2 Tochterzellen. Dazu werden zu Beginn der Mitose die Chromosomen durch Kondensation und Spiralisation in eine Transportform gebracht und die Zentrosomen mit ihren Zentriolen verdoppelt. Danach werden folgende Stadien durchlaufen: Prophase. Die Arbeitsstrukturen der Zelle werden weitgehend aufgelöst und im Kern werden die Chromosomen sichtbar. Es entsteht ein Chromosomenknäuel, das Spirem. Der Nukleolus verschwindet. Während sich die Chromosomen weiter verdichten, trennen sich die verdoppelten Zentrosomen und gelangen an entgegengesetzte Kernpole. Durch die Polbildung ist die Teilungs-
21 2.1 · Epithelgewebe
richtung der Zelle festgelegt. Gleichzeitig bilden sich neue Mikrotubuli und es entstehen einerseits die Astrosphäre, die die getrennten Zentrosomen verbindet, andererseits solche Mikrotubuli, die dem Zellkortex zustreben. Dauer der Prophase: 30 min–4 h. Prometaphase. Die Kernhülle löst sich auf. Weitere Mikrotubuli bekommen Zugang zu den nun sichtbar gewordenen Chromosomen und befestigen sich dort am jeweiligen Zentromer, einer Einziehung an den Chromosomen, an der die Chromatiden verknüpft sind. Es entsteht die Mitosespindel. Metaphase. Die Chromosomen ordnen sich in der Äquatorialebene an und bilden die Metaphaseplatte. Die Chromosomenarme sind nach außen gerichtet. Dadurch entsteht das Bild des Monasters. Sofern auch nur eine Chromatide nicht von der Mitosespindel erreicht wird, arretiert die Mitose (Kontrollpunkt der Mitose). Die Dauer der Metaphase beträgt ungefähr 10 min. Anaphase. Die Chromosomenhälften (Chromatiden, s. oben) strecken und trennen sich (Anaphase A) und werden von den sich verkürzenden Mikrotubuli (Chromosomenfasern) zu den Polen gezogen (Anaphase B). Es entsteht das Bild des Diasters. Dauer ungefähr 3 min. Telophase. An den Polen angekommen, entspiralisieren sich die Chromosomen wieder. Aus dem sich neu formierenden endoplasmatischen Retikulum bildet sich die Kernhülle. Am Nukleolusorganisator der Chromosomen bilden sich wieder die Nukleolen. Zytokinese. Hierunter versteht man die Durchschnürung des Zellleibs durch einen Aktinring, der sich um den Zelläquator bildet und sich zunehmend kontrahiert. Restitutionsphase. Die Zelle gliedert sich wieder in den Verband ein, tritt in die G1-Phase ein und bildet ihre spezifischen Strukturen aus. Unterbleibt die Zytokinese, dann entsteht ein Plasmodium; erfolgt eine nur unvollständige Durchschnürung, dann resultiert das Symplasma (z. B. während der Spermatogenese, S. 617), bei dem die beiden Tochterzellen durch eine Zytoplasmabrücke verbunden bleiben. Und schließlich kann es zur Verschmelzung des Zytoplasmas mehrerer gleichartiger Zellen kommen. Dann entsteht ein Synzytium, z. B. als Synzytiotrophoblast der Plazenta. Als differenzielle Zellteilung wird ein Vorgang bezeichnet, bei dem die eine der beiden Tochterzellen im undifferenzierten Zustand als Stammzelle für weitere Mitosen zurückbleibt, z. B. Spermatogonien, Hämozytoblasten. Die 2. Tochterzelle wird dagegen zu einer sich vermehrenden, differenzierenden Zellgeneration.Würde es diesen Modus der Zellvermehrung nicht geben, würde der Zellnachschub bald erschöpft sein. Die Stammzellen haben also Blastemcharakter (Blastem s. Allgemeine Entwicklungsgeschichte, S. 109).
Zellwachstum. Das Zellwachstum erfolgt unter dem Einfluss extrazellulärer Faktoren. Hierzu gehören Hormone, Wachstumsfaktoren und Zytokine. Wird beim Zellwachstum ein für die jeweilige Zellart genetisch festgelegter Grenzwert überschritten, kommt es zur Mitose oder zur Polyploidisierung des Kerns (s. oben). Die Zellgröße selbst ist ein Wert, der von der Kern-Plasma-Volumenrelation bestimmt wird. Die Steuerung geht offenbar von der Plasmamembran aus. Zelltod. Zum Zelltod kommt es durch irreversible Zellschädigungen. Unabhängig voneinander sind zu unterscheiden (⊡ Abb. 2.10) Nekrose, provozierter Zelltod, und Apoptose, programmierter Zelltod. Ein provozierter Zelltod wird durch exogene oder endogene Schädigungen (Noxen) verursacht, z. B. exogen durch Strahleneinwirkungen, endogen durch mangelhafte Blutversorgung (ischämische Nekrose). Geschädigt werden die Zytomembranen, vor allem die Plasmamembran, und der Zellkern. Zerfallen dabei die Membranen der Lysosomen (S. 30), gelangen abbauende Enzyme ins Zytoplasma und bewirken eine Autolyse. Im Zellkern kommt es zu einer Verdichtung des Chromatins, insbesondere unter der Kernhülle, Kernpyknose. Dann zerfällt der Kern in einzelne Stücke, Karyorrhexis, und löst sich schließlich auf, Karyolyse. Der programmierte Zelltod, Apoptose, betrifft immer nur einzelne Zellen. Bei der Apoptose handelt es sich um einen aktiven Vorgang, der durch Bildung letaler Proteine
⊡ Abb. 2.10. Zelltod. Provozierter Zelltod und programmierter Zelltod (Apoptose)
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Kapitel 2 · Histologie, Gewebelehre
(z. B. P53, s. oben) von der Zelle selbst ausgelöst, oder von der Umgebung, u. a. durch Hormonentzug, Mangel an Wachstumsfaktoren, Tumor-Nekrose-Faktor, induziert wird. Dabei kommt es u. a. zu einer Aktivierung intrazellulärer Proteasen, Caspasen (Cystein-abhängige-Aspartat-spezifischeProteasen), die ihrerseits Endonukleasen aktivieren. Bei der
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Apoptose bleibt die Plasmamembran erhalten. Jedoch zerfallen die geschrumpften Zellkerne. Die Zelle wird dürr und ihre Teile werden von benachbarten phagozytierenden Zellen, Makrophagen, aufgenommen und abgebaut. Apoptose ist während der Embryonalentwicklung formbildend.
In Kürze
Oberflächenepithel ist ein dynamischer, dennoch fest gefügter Zellverband an inneren und äußeren Oberflächen des Körpers. Durch Unterschiede zwischen den Formen und der Anordnung der Epithelzellen lassen sich ein- und mehrschichtiges, zwei- und mehrreihiges sowie verhorntes und unverhorntes Epithel unterscheiden. Eine spezielle Form ist das Übergangsepithel. An den Epithelzellen sind eine apikale und eine basolaterale Oberflächendomäne gegeneinander abgesetzt. Apikal kommen Falten, Zotten, Zilien und Geißeln vor, basolateral vor allem Strukturen, die der Zelladhäsion dienen: Zonula occludens (Tight junction), Zonula adhaerens (Gürteldesmosom), Macula adhaerens (Punktdesmosom), Hemidesmosom. Der metabolischen und elektrischen Kopplung dienen Nexus, Gap junctions. Stabilisiert werden die Epithelzellen durch das Zytoskelett: Mikrotubuli, Mikrofilamente, intermediäre Filamente. Der basalen Befestigung des Epithels dient die Basallamina. Das Epithel wird fortlaufend durch Zellersatz regeneriert.
2.2
Drüsen Wichtig
Sie werden lernen, dass Drüsen Zellkomplexe (oder Einzelzellen) des Epithels sind, die Sekrete bilden, der Vorgang der Stoffbildung- und abgabe als Sekretion bezeichnet wird.
Es werden unterschieden exokrine Drüsen und endokrine Drüsen. Exokrine Drüsen haben einen Ausführungsgang, durch den sie ihr Sekret an innere oder äußere Körperoberflächen abgeben. Das Sekret hat daher überwiegend lokale Wirkung. Endokrine Drüsen (Drüsen mit innerer Sekretion, inkretorische Drüsen) sezernieren ihre Produkte (Inkrete, Hormone) in die Blut- bzw. Lymphbahn (ohne Ausführungsgänge) oder in den Interzellularraum (parakrine Sekretion). Sie haben also keine Ausführungsgänge. Die Hormone gelangen auf humoralem Weg zu allen Zellen und Geweben des Körpers.
ⓘ Infobox Zur Sekretion sind jedoch auch Epithelzellen befähigt, die nicht zu einer Drüse gehören, z. B. das Epithel der Gallenblase. Außerdem kommt Sekretion bei nichtepithelialen Mesenchymabkömmlingen vor, z. B. Fibroblasten, Chondroblasten, Osteoblasten. Diese Zellen geben u. a. das zur Bildung von Bindegewebsfasern und amorpher Grundsubstanz erforderliche Material in den Interzellularraum ab.
Zur Entwicklung Drüsen bzw. Drüsenzellen sind überwiegend epithelialer Herkunft (Ausnahme: Nebennierenmark, S. 597). Sie entstehen durch lokale Proliferation von Oberflächenepithel (⊡ Abb. 2.11). Es bilden sich zunächst Epithelzapfen, die sich in das unter dem Epithel gelegene Bindegewebe einsenken. Anschließend entwickeln die Zellen an der Spitze der Epithelzapfen die Fähigkeit zur Sekretion: Sie werden zur Anlage der Drüsenendstücke. Bleibt auch später die Verbindung zwischen der Anlage des Drüsenendstücks und dem Oberflächenepithel erhalten, entstehen exokrine Drüsen. Aus der Verbindung zwischen Oberfläche und Drüsenendstück wird der Drüsenausführungsgang. Geht die Beziehung zwischen Oberflächenepithel und Endstückanlage dagegen verloren, z. B. durch Abbau der Zellen, die den Ausführungsgang bilden sollen, entstehen endokrine Drüsen (⊡ Abb. 3.5). Eine andere Entstehungsart der endokrinen Drüsen ist die Abspaltung der inkretorischen
23 2.2 · Drüsen
⊡ Abb. 2.11. Drüsenentwicklung von exokrinen und endokrinen Drüsen
Zellen aus den Anlagen von Endstücken exokriner Drüsen, z. B. Inselapparat des Pankreas. – Ein Sonderfall ist die Schilddrüse. Hier entstehen Follikel (⊡ Abb. 3.5), die das von den Follikelepithelzellen gebildete Inkret speichern. 2.2.1
Exokrine Drüsen
Wichtig
Sie werden lernen, dass exokrine Drüsen nach Art ihrer Sekrete und Sekretabgabe aus den Drüsenendstückzellen klassifiziert werden können, ihr Sekret in den Ausführungsgängen verändern können.
Sie liegen vor als einzellige Drüsen und mehrzellige Drüsen. Einzellige Drüsen. Typische einzellige Drüsen sind die Becherzellen (⊡ Abb. 2.12). Sie kommen in allen Ab-
schnitten des Darms und in den Luftwegen vor. Ihr Sekret ist ein regional etwas unterschiedlich zusammengesetzter Schleim (Hauptbestandteil sind Glykoproteine), der apikal unter Eröffnung der Zelloberfläche abgegeben wird. Die Form der Becherzellen ist charakteristisch: Sie verjüngen sich nach basal; hier liegen Zellkern und raues endoplasmatisches Retikulum (RER, s. unten). Über
⊡ Abb. 2.12. Becherzelle
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Kapitel 2 · Histologie, Gewebelehre
dem Kern befindet sich ein stark entwickelter Golgi-Apparat, der bei der Schleimbildung eine Rolle spielt (s. unten). Nach apikal erweitern sich die Becherzellen kelchförmig. Der Kelch enthält die von einer zarten Membran umgebenen Sekret-(Muzin-)granula (Schleimtröpfchen). Die apikale Oberfläche der Becherzellen hat Mikrovilli. Weitere einzellige exokrine Drüsen sind die PanethKörnerzellen des Dünndarms (S. 572).
Mehrzellige Drüsen liegen vor als endoepitheliale Drüsen und extraepitheliale Drüsen. Endoepitheliale mehrzellige Drüsen gibt es nur an we-
nigen Stellen, z. B. in der Nasenschleimhaut und in der Harnröhre. Extraepitheliale mehrzellige Drüsen sind in der Regel eigenständige Organe mit einer Bindegewebskapsel und einer Septierung durch Bindegewebe in Lappen und Läppchen, z. B. bei den Mundspeicheldrüsen, der Tränenoder Bauchspeicheldrüse. Extraepitheliale Drüsen bestehen in der Regel aus einem Drüsenkörper, der sich aus – sekretbildenden Drüsenendstücken, – Teilen des Ausführungsgangsystems und – Bindegewebe mit Gefäßen und Nerven zusammensetzt, und einem oder mehreren Drüsenausführungsgängen. Klassifizierung mehrzelliger Drüsen Zur Klassifizierung mehrzelliger Drüsen werden die Formen der sezernierenden Abschnitte und das Ausführungsgangsystem herangezogen (⊡ Abb. 2.13). Es kommen vor einfach-tubulöse Drüsen. Die sezernierenden Abschnitte sind schlauchförmig gestreckt und das Drüsenlumen
öffnet sich an der Epitheloberfläche. Beispiele: Glandulae intestinales (S. 570), Krypten im Kolon (S. 578), gewunden-tubulöse Drüsen. Sie haben einen gestreckten Ausführungsgang und ein gewundenes schlauchförmiges Endstück, z. B. Schweißdrüsen (S. 162), verzweigt-tubulöse Drüsen mit einem kurzen Ausführungsgang, z. B. in der Mundschleimhaut, der Zunge und dem Ösophagus oder ohne Ausführungsgang in der Schleimhaut von Magen und Uterus, einfach-azinöse und einfach-alveoläre Drüsen. Ihre Endstücke sind kugelförmig: Beim Azinus sind die Drüsenzellen hoch und das Drüsenlumen ist schmal, beim Alveolus sind die Drüsenzellen abgeflacht und das Lumen ist weit, zusammengesetzte Drüsen. Die sezernierenden Endstücke setzen sich zusammen aus unregelmäßig verzweigten tubulösen, aus azinösen oder gemischten tubuloazinösen Endstücken. Die Ausführungsgänge sind verzweigt. Zu diesem Typ gehören die meisten großen Drüsen.
Drüsenendstücke Drüsenendstücke bestehen aus Drüsenzellen und werden von einer Basallamina umgeben. Außerdem befinden sich bei zahlreichen Drüsen zwischen Basallamina und Drüsenzellen Myoepithelzellen, deren Zytoplasma kontraktile Myofilamente enthält. Möglicherweise wirken die Myoepithelzellen bei der Sekretentleerung mit. Drüsenzellen sind auf Bildung und Ausschüttung von Sekreten spezialisiert (⊡ Abb. 2.14). Sie sind polar gegliedert. Basal beginnt nach Art eines Fließbandes die Synthese der Produkte, wird aufsteigend fortgesetzt und apikal vollendet. Apikal erfolgt dann auch die Sekretfreisetzung. Entsprechend sind die zugehörigen Strukturen angeordnet.
⊡ Abb. 2.13. Drüsenformen. Die sezernierenden Abschnitte sind verstärkt gezeichnet
25 2.2 · Drüsen
⊡ Abb. 2.14. Sekretbildung. Zugehörige Organellen sind das raue endoplasmatische Retikulum mit angelagerten Ribosomen zur Proteinbiosynthese, das glatte endoplasmatische Retikulum zur Synthese von Membranphospholipiden und Steroidhormonen, Ribosomen (molekularer Bau rechts oben), Golgi-Apparat zur Glykosylierung, sekretorische Granula, Vakuolen zum Membrantransport. Rote Pfeile Aminosäureinput; t Transfer-RNA, an die Aminosäuren binden; m Messenger-RNA mit genetischer Information
Basal liegen der Zellkern und die für die Sekretbildung erforderlichen Zellorganellen. Es handelt sich um Ribosomen, an denen aus dem Blut aufgenommene Aminosäuren zu den Vorläufern der Sekretproteine zusammengefügt werden. Diese gelangen ins Lumen der Membransysteme des endoplasmatischen Retikulums und von dort durch Vesikeltransport zu dem supranukleär gelegenen Golgi-Apparat. Dort werden die Produkte verdichtet und so modifiziert, dass das fertige Sekret entsteht. Ferner erfolgt im Golgi-Apparat die »Verpackung« des Sekrets. Anschließend lösen sich die Sekretgranula vom Golgi-Apparat, gelangen in den apikalen Zellbereich und werden zur Abgabe an die Zelloberfläche transportiert. Sekretgranula sind meist rund, von einer glatten Membran umgeben und haben einen dichten Inhalt. Die Sekretabgabe erfolgt überwiegend durch Exozytose. Einzelheiten über die Biosynthese von Proteinen, Glykoproteinen und Sekreten anderer Art finden Sie in den Lehrbüchern der Zellbiologie.
Zusammenfassende Darstellung der an der Sekretbereitung beteiligten Zellorganellen und ihrer Funktionen An der Sekretbildung in Drüsenzellen wirken mit Ribosomen, endoplasmatisches Retikulum, Golgi-Apparat, Mitochondrien. Ribosomen dienen der Biosynthese von Proteinen. Mor-
phologisch handelt es sich um etwa 20 nm große Partikel, die als freie Ribosomen oder in einem spiralig-rosettenförmigen Verband als Polyribosomen (= Polysomen) oder als membrangebundene Ribosomen vorliegen. Ribosomen bestehen aus 2 unterschiedlich großen Einheiten (⊡ Abb. 2.14, oben), die eine mit einer Sedimentationskonstanten von 40 S, die andere von 60 S (S = SvedbergEinheiten). Beide Untereinheiten werden im Zellkern gebildet und getrennt ins Zytoplasma abgegeben und dort zusammengefügt. An den Ribosomen werden vermittels Transfer-RNA (tRNA) herangeschaffte Aminosäuren an Messenger-RNA (mRNA), die die Information für die Aminosäurefrequenz des späteren Produktes trägt, in festgeleg-
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2
Kapitel 2 · Histologie, Gewebelehre
ter Reihenfolge gebunden und zu einer jeweils spezifischen Peptidkette zusammengefügt. Für die Sekretbildung werden unter Fortsetzung der Proteinbiosynthese die Ribosomen an die Membranen des endoplasmatischen Retikulums gebunden. Von dort lösen sie sich wieder, sobald die Peptidketten in die Zisternen des endoplasmatischen Retikulums gelangt sind. Endoplasmatisches Retikulum (ER, ⊡ Abb. 2.14). Es handelt
sich überwiegend um flache, abgeplattete Säckchen, aber auch um Tubuli oder Sacculi. Das Lumen des ER ist durchschnittlich 30–50 nm breit, jedoch zu Zisternen erweiterungsfähig. Das ER liegt vor als raues (granuliertes) endoplasmatisches Retikulum (RER) und als glattes (ungranuliertes) endoplasmatisches Retikulum (GER). Beide Formen können in ein und derselben Zelle vorkommen und ineinander übergehen. Raues endoplasmatisches Retikulum (⊡ Abb. 2.14). Die Membranen des RER sind an der Außenseite mit Ribosomen besetzt. Es nimmt in Zellen mit umfangreicher Proteinsynthese als Ergastoplasma große Teile des Zytoplasmas ein. Färberisch-lichtmikroskopisch ist es basophil. Im RER werden die während der Proteinsynthese gesammelten Proteine durch Helferproteine in eine transportable Form gebracht, gesammelt, weitergeleitet und schließlich an ribosomenfreien Abschnitten Transportvakuolen übergeben, die sich unter Bildung eines Hüllproteins, Coatomer, abschnüren. Die Transportvakuolen bringen die Proteine zum Golgi-Apparat (⊡ Abb. 2.14). Glattes endoplasmatisches Retikulum (GER) tritt bevorzugt in tubulärer Form auf (⊡ Abb. 2.14). Das GER dient vor allem der Synthese von Membranphospholipiden und Steroidhormonen, der Glukoneogenese und der Speicherung von Ionen, z. B. Ca++ in Muskelzellen, sowie dem Fremdstoffmetabolismus. Besonders reichlich kommt es in den Zellen der Nebennierenrinde und in den Zwischenzellen des Hodens (dort als gestapelte Membransäckchen, Lamellae anulatae) vor. Der Golgi-Apparat liegt supranukleär und besteht aus gestapelten abgeplatteten Membransäckchen hoher Aktivität (⊡ Abb. 2.14). Im Golgi-Apparat werden aus dem ER antransportierte Proteine in eine exportable Form gebracht, kondensiert und zum Weitertransport auf Bläschen verteilt. Der Golgi-Apparat ist schüsselförmig. Er hat eine konvex-konkave Gestalt und gliedert sich in einen konvexen cis-, einen mittleren und einen konkaven trans-Bereich. An die konvexe cis-Seite treten Vesikel heran, die vom ER abgeschnürt wurden. Sie werden in den Membranstapel des Golgi-Apparates inkorporiert (Bildungs- oder Aufnahmeseite).
In der mittleren und trans-Zone erfolgt die Sortierung der zur Sekretion vorgesehenen Proteine und ihre Reifung durch Abspaltung von Seitenketten. Auch kann es zur Glykosylierung kommen, da ausschließlich der Golgi-Apparat die Kohlenhydratanteile von Glykoproteinen und Glykolipiden bildet. An der trans-Seite bilden dann die Golgi-Säckchen ein Netzwerk und es schnüren sich unter Bildung eines Clathrinmantels Vesikel zur Weitergabe der exportablen Sekrete an die Umgebung ab. Die Sekretgranula können Durchmesser bis zu mehreren mm erreichen. Beim Vesikeltransport wird das Sekret konzentriert. Die Freisetzung der Sekrete erfolgt schließlich apikal durch Exozytose (s. unten).Im Überschuss gebildete Sekrete können zuvor von Lysosomen abgebaut werden, Krinophagie. Außer sekretorischen Bläschen bildet der Golgi-Apparat auch Lysosomen (s. unten). Ungeklärt ist, ob der Transport der Produkte innerhalb des Golgi-Apparates durch eigene Vesikel oder durch Vorrücken der Membransäckchen erfolgt. Mitochondrien (⊡ Abb. 2.15) sind nicht direkt an der Sekre-
tion beteiligt. Sie liefern jedoch die erforderliche Energie, die durch den oxidativen Abbau von Glukose und Fettsäure frei und durch die Synthese von ATP (Adenosintriphosphat) konserviert wird. Mitochondrien sind unterschiedlich lang, formvariabel und in der Zelle nicht stationär. Als mittlere Maße gelten eine Länge von 0,5–5 mm und ein Durchmesser von 0,2 mm. Mitochondrien sind von einer äußeren Membran und einer inneren Membran umschlossen. Die äußere Membran wird als Hüllmembran bezeichnet. Sie ist für Moleküle bis zu 10 kDa ungehindert permeabel und weist als spezielles Kanalprotein Porin für die Passage von organischen und anorganischen Anionen und Wasser auf. Die innere Membran ist dagegen wenig permeabel. Sie verfügt über Cardiolipin als spezielles Phospholipid, das die Permeabilität mindert. Gleichzeitig ist die innere Membran der Sitz der Enzyme der Atmungskette und der oxidativen Phosphorylierung im Dienst der ATP-Bildung. Die innere Membran bildet Aufwerfungen: Cristae mitochondriales (Falten, Cristatyp, ⊡ Abb. 2.15 a, b), Tubuli mitochondriales (röhrenförmige Bildungen, Tubulustyp, ⊡ Abb. 2.15 c; er findet sich in Zellen, die Steroidhormone bilden) und Sacculi mitochondriales (bläschenförmige Erweiterungen, Sacculustyp). Die Cristae sind mit 8 nm großen Elementarpartikeln (⊡ Abb. 2.15 b) besetzt, die Träger von Enzymen, insbesondere der ATP-Synthetase sind. An den Elementarpartikeln findet die ATP-Synthese statt.
27 2.2 · Drüsen
⊡ Abb. 2.15 a–c. Mitochondrien. a Cristatyp, räumlich. b Cristatyp, Schnitt. Rot DNA-Ringstrukturen; kleine Granula RNA-haltige, ribosomenähnliche Gebilde; große Granula Granula mitochondrialia. Daneben: Crista mit Elementarpartikeln. c Mitochondrium vom Tubulustyp
Durch das innere Membransystem werden innerhalb jedes Mitochondriums 2 voneinander getrennte Räume geschaffen (⊡ Abb. 2.15): äußerer Stoffwechselraum zwischen äußerer und innerer Membran (Hüllenkompartiment). Hier befindet sich ATP zusammen mit den Substraten für die verschiedenen Stoffwechselzyklen der Mitochondrien und innerer Stoffwechselraum mit der Matrixmitochondrialis. Im Matrixraum finden die Fettsäureoxidation und der Zitratzyklus statt.Er enthält alle hierfür erforderlichen Enzyme. Außerdem befinden sich in der Matrix noch Desoxyribonukleinsäure (mtDNA) in ringförmiger Anordnung und Ribonukleinsäure (mtRNA) in Form ribosomenähnlicher Granula. Offenbar verfügen die Mitochondrien über einen eigenen genetischen Apparat und sind zur Proteinsynthese befähigt. Schließlich sind in der Matrix 30–50 nm große Granula mitochondrialia eingebettet (⊡ Abb. 2.15 a), die reich an Ca++ sind und möglicherweise der Regulation des inneren Milieus des Mitochondriums dienen. Erhöhung des Energiebedarfs einer Zelle, z. B. durch eine Leistungssteigerung, führt zu einer reversiblen Aufweitung des Spaltraums in den Cristae mitochondriales oder wird mit Vermehrung der Cristae beantwortet. Auch kann es zu einer Vermehrung der Mitochondrien durch Querteilung kommen. Mitochondrien sollen 10–20 Tage funktionstüchtig bleiben, dann aber abgebaut werden. Gliederung der exokrinen Drüsen nach Art ihres Sekrets. Es können unterschieden werden: seröse Drüsen, muköse Drüsen und gemischte Drüsen. Seröse Drüsen bilden ein proteinreiches, dünnflüssiges
Sekret. Das Lumen ihrer Endstücke ist in der Regel rela-
⊡ Abb. 2.16. Gemischte Drüse. Rechts Einzeldarstellungen von Querschnitten durch ein seröses Endstück, muköses Endstück, Schaltstück, Streifenstück
tiv eng (⊡ Abb. 2.16). Für die Drüsenzellen ist ein großer runder Zellkern etwa in der Zellmitte charakteristisch. Basal befindet sich häufig ein umfangreiches RER. Dadurch ist das Zytoplasma hier färberisch-lichtmikroskopisch kräftig basophil. Perinukleär liegt ein großer Golgi-Apparat und apikal füllen Zymogengranula die Zelle. Rein seröse Drüsen sind die Gl. parotis, Gl. lacrimalis, einige Zungen- und Nasendrüsen, die Bauchspeicheldrüse.
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Kapitel 2 · Histologie, Gewebelehre
Muköse Drüsen. In den mukösen Drüsen wird ein zähflüs-
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siger, enzymarmer Schleim gebildet. Die Lumina ihrer Endstücke sind meist relativ weit (⊡ Abb. 2.16).In den Endstücken liegt der Zellkern basal und ist abgeplattet.Apikal befindet sich muzinhaltiger Schleim. Lichtmikroskopisch sieht das Zytoplasma wabig aus. – Rein muköse Drüsen sind selten,z. B.hintere Zungendrüsen,Gll. palatinae. Oft bereitet die Unterscheidung von mukösen und serösen Drüsenzellen Schwierigkeiten, insofern bei manchen Zellen muköse und seröse Sekretion ineinander übergehen. Aus Drüsenzellen dieser Art bestehen z. B. die Gll. oesophageae, die Drüsen am Mageneingang und -ausgang und die Gll. bulbourethrales. Sie bilden ein Sekret, das reich an Glykokonjugaten und Proteinen ist. Die Drüsenzellen dieser Art haben in der Regel einen runden Zellkern. Das Zytoplasma ist nur schwach basophil. Gemischte Drüsen (⊡ Abb. 2.16). In gemischten Drüsen
kommen in den Endstücken sowohl seröse als auch muköse Drüsenzellen vor, deswegen Gl. seromucosa. Jede dieser Zellen hat den für ihre Art charakteristischen Feinbau und produziert das entsprechende Sekret, das in das Drüsenlumen abgegeben wird. Das Sekret dieser Drüsen ist dann gemischt. Typische gemischte Drüsen sind die Speicheldrüsen des Mundbodens. Hier sitzen die serösen Drüsenzellen den mukösen Endstücken kappenförmig auf (Gianuzzioder Ebner-Halbmonde). Hinsichtlich der relativen Anteile der serösen und mukösen Endstücke bestehen jedoch zwischen gemischten Speicheldrüsen Unterschiede: In der Gl. submandibularis ist der Anteil der serösen Endstückzellen hoch, in der Gl. sublingualis niedrig. Gliederung nach Art der Sekretabgabe aus Drüsenendstückzellen. Zu unterscheiden sind (⊡ Abb. 2.17) merokrine Sekretion, apokrine Sekretion und holokrine Sekretion. Merokrine (ekkrine) Sekretion (⊡ Abb. 2.17 a). Bei der
merokrinen Sekretion erfolgt die Sekretabgabe aus zuvor angesammelten Sekretgranula durch Exozytose. Ausgelöst wird die Sekretabgabe durch Erhöhung der Ca++Konzentration im Zytosol aufgrund nervöser oder hormonaler Signale aus der Umgebung: regulierte Sekretion (⊡ Abb. 2.14). Sie liegt vor allem in Drüsen mit hoher Sekretionsleistung vor, z. B. in den Speicheldrüsen, in Drüsen des Geschlechtsapparats, in allen endokrinen Drüsen.
Der regulierten Sekretion steht die konstitutive (kontinuierliche) Sekretion gegenüber, z. B. bei der Freisetzung von Matrixmaterial (S. 33).Sie erfolgt kontinuierlich. Zur Exozytose und Endozytose Bei der Exozytose verbinden sich die Membranen der Sekretgranula mit der Plasmamembran, öffnen sich und das Sekret wird in die Umgebung abgegeben. Bei der Fusion der Membranen wirken spezielle Proteine mit, SNARE-Proteine (s. Biochemie). Nach der Freisetzung des Sekrets wird die Membran des Sekretgranulums in die Plasmamembran eingefügt. Vesikel des Golgi-Apparats dienen aber nicht immer dem Sekrettransport. Sie können auch für den Plasmalemmersatz sorgen und dabei Membranproteine verschiedener Art mitbringen. Endozytose (⊡ Abb. 2.18) ist ein Vorgang, der der Exozytose entgegengesetzt ist. Dabei werden Teile der Plasmamembran zytoplasmawärts abgeschnürt. Es entstehen Bläschen, die der Stoffaufnahme ins Zytosol der Zelle dienen. Dabei werden unterschieden Pinozytose und Phagozytose. Beide Vorgänge beginnen mit Einsenkungen des Plasmalemms. Bei der Pinozytose (⊡ Abb. 2.18) lagert sich im Bereich der Einsenkung auf der zytoplasmatischen Seite der Plasmamembran das Protein Clathrin an. Aus diesen als »Coated pits« bezeichneten Abschnitten entstehen durch Abschnürung flüssigkeitsgefüllte Bläschen mit Durchmesser von 50–150 nm. Wegen ihres Clathrinmantels werden solche Bläschen »Coated vesicles« genannt. Das Hüllprotein löst sich jedoch bereits nach der Vesikelbildung wieder ab. Die Stoffaufnahme bei der Pinozytose erfolgt an jeweils festgelegten Domänen des Plasmalemms. Dabei können spezifische Membranrezeptoren wirksam werden, rezeptormediierte Resorption, oder die Stoffaufnahme ist unspezifisch, Fluid-phase-Resorption. Phagozytose. Dabei fehlt ein Clathrinmantel. Es entstehen als Abschnürungen des Plasmalemms Bläschen mit einem Durchmesser bis zu mehr als 1 mm. Dabei kommt es zu einer Bindung zwischen Proteinen an der Oberfläche der zu resorbierenden Produkte und der resorbierenden Zelle, z. B. bei der Substanzaufnahme in Makrophagen (S. 35). Materialverarbeitung in der Zelle (⊡ Abb. 2.19). Die entstandenen Bläschen werden an der Oberfläche von Mikrotubuli weitergeleitet. Doch ihr Schicksal ist verschieden. Löst sich die Bläschenmembran auf, wird der Bläscheninhalt dem Zytoplasma einverleibt. Meist jedoch vereinigen sich endozytotische Bläschen mit vorhandenen unregelmäßigen Membransystemen zu Endosomen, an die primäre Lysosomen herantreten.
29 2.2 · Drüsen
⊡ Abb. 2.17 a–c. Merokrine, apokrine und holokrine Sekretion
⊡ Abb. 2.18 a–d. Endozytose. b–d Pinozytose
⊡ Abb. 2.19. Lysosomenzyklus
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Kapitel 2 · Histologie, Gewebelehre
Lysosomen sind katabole Strukturen. Sie sind in der Regel rund und haben einen Durchmesser von 0,5 mm. Lysosomen gehen aus dem Golgi-Apparat hervor und beinhalten in großer Zahl hydrolytische Enzyme für den Abbau von Protein, Lipoiden, Glykogen u. a. Durch die Vereinigung von primären Lysosomen mit Endosomen entstehen Heterophagosomen und in Fortsetzung sekundäre Lysosomen. Die Bläschen können aber auch durch die Zelle hindurch transportiert und das Material an einer anderen Stelle der Zelloberfläche wieder abgegeben werden. Dieser Vorgang des Durchtransportes wird als Transzytose bezeichnet.
Apokrine Sekretion (⊡ Abb. 2.17 b). Hierbei kommt es
zur Abschnürung eines umschriebenen Bereichs des Plasmalemms mit spezifischen Produkten des Zytosols zur Abgabe in die Zellumgebung, Apozytose. Ein charakteristisches Beispiel ist die Abgabe von Fetttropfen durch Drüsenzellen der Brustdrüse (S. 223). Fetttropfen sind dabei von einem Zytoplasmasaum umgeben, spezifische Apozytose. Eine unspezifische Apozytose liegt vor, wenn Matrixvesikel mit Zytosol abgegeben werden. Holokrine Sekretion (⊡ Abb. 2.17 c). Hierbei geht die Drüsenzelle zugrunde. Das Sekret füllt die Zelle, der Zellkern
wird pyknotisch, die Zelle zerfällt. Holokrine Sekretion finden in den Talgdrüsen der Haut statt (S. 163).
Ausführungsgänge Alle Ausführungsgänge exokriner Drüsen münden an Epitheloberflächen. Während des Transports durch die Ausführungsgänge werden die Sekrete verändert, insbesondere in ihrer Elektrolytzusammensetzung. Das Ausführungsgangsystem (Beispiel Speicheldrüse) besteht aus (⊡ Abb. 2.16)
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Schaltstück, das dem Endstück folgt, Streifenstück (Sekret-, Speichelrohr) und Ausführungsgang im engeren Sinne, Ductus excretorius. Zwischen den verschiedenen Drüsen bestehen hinsichtlich des Vorkommens, der Größe und der Verzweigungen der verschiedenen Abschnitte des Ausführungsgangsystems z. T. erhebliche Unterschiede. So fehlen z. B. in der Tränendrüse Schalt- und Streifenstücke und in der Bauchspeicheldrüse Streifenstücke. Die meisten Drüsen haben nur einen,in der Regel verzweigten Ductus excretorius.Jedoch gibt es Ausnahmen,z. B.bei der Milchdrüse. Schaltstücke sind in der Regel kurz und werden von ei-
nem platten bis kubischen Epithel ausgekleidet. Sie sind meist englumig. Differenzialdiagnostisch müssen sie von Kapillaren unterschieden werden. Sie nehmen keinen Einfluss auf die Sekretzusammensetzung. Streifenstücke haben ein einschichtiges iso- bis hochprismatisches Epithel. Die Zellen besitzen eine basale Streifung, die durch Einfaltung der basalen Zellmembran und Mitochondrien in Palisadenstellung zustande kommt. Die Streifenstücke liegen in der Regel innerhalb der Drüsenläppchen. Sie sind der Ort, an dem die Sekretzusammensetzung verändert wird. In den Mundspeicheldrüsen werden z. B. Natrium-(und Chlorid-)ionen reabsorbiert und in geringem Ausmaß Kalium, Jod und andere Ionen abgegeben. Die Wasserdurchlässigkeit der Streifenstücke ist gering. Dadurch ändert sich die Osmolalität des Speichels. Ferner kommt es zu einer aktiven HCO3–-Sekretion, die bei Stimulation ansteigt und den pH-Wert verändert. Der Ductus excretorius beginnt interlobulär. Er wird von einem zweireihigen kubisch bis hochprismatischen Epithel mit deutlichen Schlussleisten begrenzt.
In Kürze
Einzellige exokrine Drüsen sind die intraepithelialen Becherzellen. Die Mehrzahl der exokrinen Drüsen ist jedoch mehrzellig. Sie haben sehr unterschiedliche Formen: einfach-, gewunden- oder verzweigt-tubulös. Ihre Endstücke können azinös oder alveolär sein. Die Sekretion erfolgt in den Drüsenendstücken. Die Drüsenzellen selbst bilden in serösen Endstücken ein proteinreiches, dünnflüssiges, in mukösen Endstücken ein schleimiges zähflüssiges, enzymarmes Sekret. Drüsenendstückzellen sind typische Orte der Protein- aber auch Muzinbiosynthese. Die Sekretabgabe kann merokrin, apokrin oder holokrin sein. Bei der merokrinen erfolgt sie durch Exozytose. Die Drüsenausführungsgänge bestehen aus Schalt- und Streifenstücken, die sich in den Ductus excretorius fortsetzen.Während des Durchflusses wird das Sekret verändert.
31 2.2 · Drüsen
2.2.2
Endokrine Drüsen
Wichtig
Sie werden lernen, dass endokrine Drüsen keinen Ausführungsgang haben, Hormone bilden, die als Botenstoffe mit den Flüssigkeiten des Körpers (humoral) an den Ort ihrer Wirkung gelangen, Teile des endokrinen Systems sind, das über den ganzen Körper verteilt ist.
die hormonproduzierende Zelle selbst, autokrine Sekretion (⊡ Abb. 2.20 c). Eine Besonderheit stellen die im Abwehrsystem wirksamen Botenstoffe dar, z. B. die Zytokine (S. 134). Auch Nervenzellen können Hormone bilden. Wenn diese Hormone ihr Ziel auf dem Blutweg erreichen, werden sie als Neurohormone bezeichnet. Anders verhält es sich mit parakrin auf die Aktivität benachbarter Nervenzellen wirkenden Substanzen. Sie werden als Neurotransmitter bezeichnet (S. 76). ⓘ Infobox
Endokrine Drüsen sind selbständige Organe. Jedoch haben sie anders als exokrine Drüsen keinen Ausführungsgang. Die Sekrete der endokrinen Drüsen werden als glanduläre Hormone bezeichnet. Sie werden in endokrinen Drüsenzellen gebildet und gelangen von dort ins Gefäßsystem (Blut- und Lymphgefäße, ⊡ Abb. 2.20 a). Auf diesem Weg werden sie im ganzen Körper verteilt, endokrine Sekretion. Endokrine Drüsenzellen können aber auch in Form von Zellgruppen oder einzeln vorliegen. Auch sie bilden
Hormone. Die von den in verschiedenen Geweben zerstreuten Einzelzellen gebildeten Hormone werden als Gewebshormone bezeichnet. Dazu gehören insbesondere Zytokine, die Differenzierung oder Wachstum unterschiedlichster Zellen beeinflussen. Die Sekretabgabe aus den endokrinen Zellgruppen und Einzelzellen kann wie bei den endokrinen Drüsen in die Blut- und Lymphbahn erfolgen, jedoch auch ins interstitielle Gewebe, parakrine Sekretion (⊡ Abb. 2.20 b). Transportiert werden die Hormone dann mit der interstitiellen Flüssigkeit. Die Hormonwirkung ist lokal, evtl. auf
Hormone sind Botenstoffe, die chemische Signale auf humoralem Weg weitergeben. Zur Entfaltung ihrer Wirkung müssen am Zielort spezifische Rezeptoren vorhanden sein. Diese liegen als Membranrezeptoren oder als intrazelluläre Rezeptoren im Zytosol oder Zellkern vor. Die Hormonwirkung ist stets sehr spezifisch. Dies schließt nicht aus, dass Hormone auch gleichzeitig auf mehrere Organe wirken können. Hormone wirken stets in kleiner Menge. Sie nehmen an den Reaktionen, die sie anregen, selbst nicht teil. Im Vergleich zum Nervensystem, das wie das endokrine System der Informationsübertragung dient, arbeitet das endokrine System langsam. Zwischen Reiz und Erfolg können Minuten bis Stunden vergehen.
Endokrine Drüsen sind Hypophyse, Zirbeldrüse, Schild-
drüse, Nebenschilddrüsen und Nebennieren. Endokrine Zellgruppen kommen u. a. als Langerhans-In-
seln im Pankreas, als Leydig-Zwischenzellen im Hoden, als Follikelepithelzellen und als Corpus-luteum-Zellen im Ovar sowie in Paraganglien vor. Endokrine Einzelzellen treten an vielen Stellen auf,
gehäuft im Gastrointestinaltrakt,aber auch anderen Ortes.
⊡ Abb. 2.20 a–c. Endokrine Drüsenzellen. a Endokrine Sekretion, b parakrine Sekretion, c autokrine Sekretion
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32
Kapitel 2 · Histologie, Gewebelehre
Nervenzellen, die Neurohormone bilden, befinden sich im Hypothalamus.
2
Zur Biosynthese von Hormonen Verglichen mit exokrinen Drüsenzellen wird in den meisten inkretorischen Drüsenzellen nur verhältnismäßig wenig, dafür aber hochwirksames Sekret gebildet. Dadurch sind in den endokrinen Zellen die entsprechenden Organellen verhältnismäßig klein, z. B. das RER und der Golgi-Apparat. Das Ergebnis der intrazellulären Hormonbildung sind Sekretgranula, in denen die Hormone, teilweise an Trägersubstanzen gebunden, gespeichert werden. Die Hormonabgabe erfolgt durch Exozytose. Endokrine Drüsenzellen sind in der Regel nicht polar gegliedert. Schilddrüse. Unter den proteohormonbildenden Drüsenzellen nimmt die Schilddrüse eine Sonderstellung ein. Die Drüsenzellen haben ein relativ stark entwickeltes RER und einen vergleichsweise großen Golgi-Apparat. Die Speicherung des Hormons erfolgt extrazellulär in einer Follikelhöhle. Von hier aus erfolgt bei Bedarf die Mobilisierung des Hormons (Einzelheiten S. 442). Die in der Schilddrüse gespeicherte Hormonmenge ist auffällig groß. Steroidhormonbildende Zellen, z. B. in der Nebennierenrinde und im Ovar nehmen gleichfalls eine Sonderstellung ein. Diese Zellen haben wenig RER und wenig freie Ribosomen. Dafür ist das glatte endoplasmatische Retikulum und der Golgi-Komplex relativ groß und es kommen zahlreiche Lysosomen und Peroxisomen vor. Auffällig sind ferner Mitochondrien vom tubulären Typ. Die Zellen speichern nur wenig Hormon, enthalten aber Vorstufen in größerer Menge, z. B. Cholesterol. Die Synthese der steroidbildenden Zellen passt sich den jeweiligen Anforderungen an. APUD-Zellen. Hierbei handelt es sich um disseminierte endokrine Zellen, deren Gemeinsamkeit darin besteht, dass sie Polypeptide mit hormonaler Aktivität bilden und gleichzeitig die Vorläufer von biogenen Aminen aufnehmen und verarbeiten (Amin Precursor Uptake and Decarboxilation = APUD). Zytologisch zeichnen sich diese Zellen durch wenig entwickeltes RER und einen kleinen Golgi-Apparat sowie kleine runde Sekretgranula aus. Die Zellen liegen mehr oder weniger verstreut in vielen Organen, teilweise isoliert, teilweise in Gruppen. Da die Zellen Proteine exprimieren, die gleichzeitig für Nervenzellen typisch sind, werden sie zum diffusen neuroendokrinen System zusammengefasst. Regulation der Tätigkeit endokriner Drüsen. Endokrine Drüsen hängen in ihrer Funktion voneinander ab. Sie sind durch Regelkreise miteinander verbunden
⊡ Abb. 2.21. Endokrines System, Regelkreise. Durchgezogene Linien Wirkungsrichtung auf Zielorgane; unterbrochene Linien rückkoppelnde Wirkung der Hormone peripherer endokriner Organe auf Hypothalamus und Adenohypophyse
(⊡ Abb. 2.21). Regelgrößen sind dabei die Hormonkonzentrationen. Diese haben überwiegend einen hemmenden Einfluss auf die im Regelkreis folgende Drüse: Steigt die Hormonproduktion an einer Stelle und damit die Hormonkonzentration im Blut an, bewirkt dies in der folgenden Drüse eine Hemmung der dortigen Hormonproduktion. Dies führt rückkoppelnd zu einer Senkung der Hormonproduktion in der Ausgangsdrüse (negative Rückkopplung). Dies ruft dann wieder eine Enthemmung (Steigerung) der Tätigkeit der Folgedrüse hervor, u.s.w. Im Rahmen der endokrinen Regelkreise haben Hypothalamus und Adenohypophyse eine übergeordnete Stellung. Hormonale Regelkreise wirken eng mit nervalen Regelkreisen zusammen. Insbesondere unterliegt das übergeordnete Zentrum im Hypothalamus der Kontrolle sowohl durch Hormone als auch durch das Zentralnervensystem. Es wird deswegen von einer neuroendokrinen Regulation gesprochen.
33 2.3 · Binde- und Stützgewebe
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In Kürze
Endokrine Drüsenzellen kommen in endokrinen Drüsen, als endokrine Zellgruppen oder als Einzelzellen vor. Hinzu kommen Nervenzellen mit endokriner Sekretion. Die Sekrete dieser Zellen sind glanduläre Hormone, Gewebshormone, Neurohormone. Die Sekretabgabe erfolgt ins Gefäßsystem (endokrine Sekretion) oder ins Interstitium (parakrine Sekretion). Mit Rückwirkung auf die hormonbildenden Zellen selbst handelt es sich um autokrine Sekretion. Bei der Hormonsynthese entstehen Sekretgranula, die bei Bedarf durch Exozytose abgegeben werden. Hormonproduktion und -sekretion erfolgen im Rahmen geschlossener Regelkreise.
2.3
Binde- und Stützgewebe
freien Bindegewebszellen, die beweglich sind und wandern können.
Wichtig
Sie werden lernen, dass Bindegewebe im Körper ubiquitär und sehr heterogen ist, fixe und freie Bindegewebszellen sowie extrazelluläre Matrix mit Fasern und ungeformten Interzellularsubstanzen vorkommen, kollagene Fasern gegenüber retikulären und elastischen überwiegen, die kollagenen Bindegewebsfasern aus Tropokollagenmolekülen bestehen, deren Vorstufen in fixen Bindegewebszellen, den Fibroblasten gebildet werden, bei den ungeformten Interzellularsubstanzen Proteoglykane überwiegen, Bindegewebe mechanische aber auch metabolische Aufgaben hat.
Bindegewebe ist vielgestaltig. Sein Aufbau ist den lokalen Anforderungen angepasst. Da einige Arten des Bindegewebes vor allem stützende Aufgaben haben (Knorpel, Knochen), wird zusammenfassend von Binde- und Stützgewebe gesprochen. Gemeinsam ist allen Formen des Bindegewebes das Vorkommen von Bindegewebszellen und Interzellularsubstanzen. Bindegewebszellen treten in vielen Formen auf (⊡ Abb. 2.22, ⊡ Tabelle 2.3). Jede hat eigene morphologische Charakteristika. Sie lassen sich zusammenfassen zu fixen Bindegewebszellen, die am Ort verweilen, und zu und
Interzellularsubstanzen werden unter der Bezeichnung Matrix zusammengefasst. Sie bestehen aus geformten und ungeformten Anteilen.
Alle Interzellularsubstanzen werden von Bindegewebszellen gebildet. ⓘ Infobox Bindegewebe hat mechanische Aufgaben, dient dem Stofftransport und der Speicherung, dem Schutz und der Abwehr und ist auch an der Wundheilung beteiligt. Mechanische Aufgaben stehen im Vordergrund. Einerseits gibt Bindegewebe, z. B. als Organkapsel oder als Bindegewebsgerüst, Organen Halt. Andererseits dient es als Verschiebeschicht, z. B. zwischen Muskeln oder zwischen Organen. Bindegewebe ist aber auch eine Begleitstruktur, durch die z. B. Nerven und Gefäße in den Verbund des Körpers eingefügt werden. Stofftransport und Speicherung. Der gesamte Stofftransport von den Gefäßen zu den Zellen und umgekehrt erfolgt durch die Matrix des Interzellularraums. Dabei werden die Stoffwechselprodukte in der interstitiellen Flüssigkeit gelöst. Zur Bindung und Speicherung von Wasser kommt es vor allem durch die Hydrophilie der Glykosaminoglykane der Interzellularsubstanz. Eine Wasserbewegung erfolgt durch die im Gewebe herrschenden Druckverhältnisse. Schutz und Abwehr. Amorphe Interzellularsubstanzen bilden durch ihre Viskosität einen Schutz gegen die Ausbreitung fremder Partikel im Gewebe. Vor allem dienen aber die freien Bindegewebszellen, soweit sie zum Immunsystem gehören, der Abwehr. Wundheilung. Hieran ist das Bindegewebe in allen Phasen beteiligt. Durch Vermehrung des Bindegewebes an verletzten Stellen kann es zur Narbenbildung kommen.
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34
Kapitel 2 · Histologie, Gewebelehre
⊡ Tabelle 2.3. Bindegewebszellen und ihre Funktionen
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Zelltyp
Produkte
Funktion
Fixe Bindegewebszellen: Fibroblasten, Fibrozyten, Retikulumzellen, Chondrozyten, Osteozyten, Odontoblasten
Fasern und Grundsubstanz
Sekretion, mechanische Stabilität
Fettzellen
Fettspeicher: Energiereserve, Wärmeisolierung
Freie Bindegewebszellen: Neutrophile Granulozyten Eosinophile Granulozyten
Faktoren, die Krankheitserreger und Fremdzellen abtöten
Zytotoxizität, Phagozytose
Basophile Granulozyten Mastzellen
Steuernde Faktoren für die Entzündungsreaktion
Parakrine Entzündungssteuerung, Gerinnungshemmung
Monozyten ➘ Makrophagen
Steuernde Faktoren für die Entzündungsreaktion, Wachstumsfaktoren
Phagozytose, Entzündungssteuerung, Steuerung des Zellwachstums
Lymphozyten ➘ Plasmazellen
Antikörper
Immunabwehr, Bindung von Fremdproteinen
2.3.1
Fixe Bindegewebszellen
Fixe Bindegewebszellen (⊡ Tabelle 2.3) dienen vor allem der Faser- und Grundsubstanzbildung. Sie treten in aktiver Form auf (dann als »-blasten« bezeichnet) oder befinden sich in einer Ruhephase (dann als »-zyten« bezeichnet). Typische ortsständige Bindegewebszellen sind Fibrozyten und Fibroblasten. Fibrozyten (⊡ Abb. 2.22) sind flach, in Seitenansicht spin-
delförmig und haben lange, membranartig ausgezogenene, äußerst dünne Enden, die verzweigt sein können. Der Zellkern ist abgeplattet und erscheint in der Aufsicht el-
lipsoid, im Profil spindelförmig. Im Zytoplasma kommen nur wenig RER, wenige Mitochondrien und ein kleiner Golgi-Apparat vor. ⓘ Infobox In der Gewebekultur sind Fibrozyten außerordentlich teilungsfreudig, in vivo werden dagegen selten Zellteilungen gefunden (Ausnahme:Wundheilung).
Fibroblasten sind auch spindelförmig, jedoch meist
plump mit gröberen Fortsätzen.Fibroblasten sind Zellen mit hoher Syntheseleistung. Sie haben deswegen ein umfangreiches RER und einen auffälligen Golgi-Apparat. Fibroblasten bilden die Interzellularsubstanzen: Fasern und Grundsubstanzen.
⊡ Abb. 2.22 a, b. Bindegewebszellen. a Fixe Bindegewebszelle: oben in Aufsicht, unten im Längsschnitt. b Freie Bindegewebszellen
35 2.3 · Binde- und Stützgewebe
ⓘ Infobox Die Begriffe Fibrozyt und Fibroblast werden häufig synonym gebraucht. Tatsächlich kann wegen der fließenden Übergänge zwischen beiden Formen (Stadien) eine Unterscheidung schwierig sein.
Weitere ortsständige Zellen des Binde- und Stützgewebes sind Mesenchymzellen (S. 41), Retikulumzellen (im retikulären Bindegewebe, S. 42), Fettzellen (Fettgewebe, S. 44), Chondrozyten (Knorpelgewebe, S. 47) und Osteozyten (Knochengewebe, S. 50). Übergangsformen zu glatten Muskelzellen sind Myofibroblasten (S. 69). Besonderer Erwähnung bedürfen die Mesothelzellen. Es handelt sich um transformierte Bindegewebszel-
len, die an der Oberfläche seröser Häute (z. B. Peritoneum, Pleura, S. 475) eine epithelartige Bedeckung bilden.
2.3.2
Freie Bindegewebszellen
Freie Bindegewebszellen (⊡ Tabelle 2.3) sind mobil. Sie dienen vor allem der Abwehr. Freie Bindegewebszellen sind z. T. aus den Blutgefäßen ins Bindegewebe eingewandert und können es wieder verlassen. Freie Bindegewebszellen beteiligen sich nicht an der Bildung von Interzellularsubstanzen, sind aber zur Stoffabgabe befähigt. Sie dienen der Abwehr. Als freie Zellen kommen im Bindegewebe vor (⊡ Abb. 2.22) Leukozyten, Plasmazellen, Makrophagen, Fremdkörperriesenzellen und Mastzellen. Einzelheiten zu den freien Bindegewebszellen Leukozyten und Plasmazellen halten sich nur temporär im Bindegewebe auf. Ihre Besprechung erfolgt in Kapitel 4 (Blut und Abwehrorgane). Makrophagen, Fremdkörperriesenzellen und Mastzellen verweilen dagegen im Gewebe. Makrophagen gehen aus den Monozyten hervor, die die Blutbahn verlassen haben. Sie können vorliegen als ortsständige Makrophagen oder als Wanderzellen. Ortsständige Makrophagen kommen in zahlreichen Organen vor und haben jeweils eigene Namen (S. 137). Im lockeren Bindegewebe werden sie auch als Histiozyten, ruhende Wanderzellen, bezeichnet. Liegen sie in der Nähe kleiner Blutgefäße, handelt es sich um Adventitiazellen.
Ortsständige Makrophagen des Bindegewebes können abgerundet, aber auch spindel- oder sternförmig sein. Sie haben einen mittleren Durchmesser von 10–20 mm. Ihr Kern ist etwas kleiner und dichter als der von Fibrozyten. Das Zytoplasma enthält zahlreiche Granula und Vakuolen. Sie sind schwer von Fibrozyten zu unterscheiden. Sie phagozytieren und sezernieren. Einzelheiten hierzu S. 137. Fremdkörperriesenzellen. In der Umgebung von Fremdkörpern, die zu groß sind, um von Zellen aufgenommen und abgebaut zu werden, kann es dazu kommen, dass Makrophagen fusionieren. Es entstehen dann Fremdkörperriesenzellen mit 100 oder mehr Zellkernen. Wanderzellen. Aus der ruhenden Wanderzelle kann eine bewegliche Wanderzelle werden. Dann bekommen die Zellen kurze, pseudopodienartige Fortsätze und eine irreguläre Form. Im Zytoplasma kommen zahlreiche Einschlüsse vor, insbesondere Lysosomen und sehr häufig Fetttropfen. Mononukleäres-Phagozytose-System (MPS). Monozytenvorläufer (im Knochenmark), Monozyten und Makrophagen sind Zellen einer Zelllinie. Da sie außerdem gemeinsame Eigenschaften haben, vor allem der Phagozytose und der parakrinen Sekretion, wurden sie zum MononukleärenPhagozytose-System (MPS) zusammengefasst. Mastzellen. Sie sind im lockeren Bindegewebe weit verbreitet und liegen besonders in der Nähe kleiner Blutgefäße. Sie gehören zu den Hilfszellen des Abwehrsystems (S. 139). Charakteristisch für die relativ großen Mastzellen sind dicht liegende, basophile Granula im Zytoplasma. Die Granula enthalten Heparin und Chondroitinsulfat; beides sind stark saure Proteoglykane (S. 41). Heparin wirkt der Blutgerinnung entgegen. Außerdem enthalten Mastzellen Histamin, das die Gefäße erweitert, die Gefäßpermeabilität erhöht, und z. B. bei Entzündungen und allergischen Erkrankungen freigesetzt wird. ⓘ Infobox Häufig kommen im Bindegewebe Pigmentzellen vor. Herkunftsmäßig gehören sie nicht zum Bindegewebe, da sie aus der Neuralleiste stammen (S. 112). Ihre Pigmentbildung unterliegt einer hormonalen Steuerung, möglicherweise durch das Melatonin der Epiphyse (S. 728).
2.3.3
Interzellularsubstanzen
Die Interzellularsubstanz des Bindegewebes besteht hauptsächlich aus Fasern, amorpher Grundsubstanz und Gewebeflüssigkeit (meist gebunden). Das Verhältnis von geformter zu amorpher (ungeformter) Interzellularsubstanz ist bei den Bindegeweben sehr
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36
Kapitel 2 · Histologie, Gewebelehre
unterschiedlich. Das Verhältnis bestimmt u. a. die mechanischen Eigenschaften des Bindegewebes.
2
Bindegewebsfasern Bindegewebsfasern liegen immer extrazellulär. Sie haben unterschiedliche Strukturen mit unterschiedlichen physikalischen Eigenschaften. Zu unterscheiden sind (⊡ Tabelle 2.4) kollagene Fasern, retikuläre Fasern und elastische Fasern.
Kollagene Fasern Kollagene Fasern sind die häufigsten Bindegewebsfasern. Sie kommen praktisch überall im Körper vor. Sie sind die wichtigsten Bestandteile des lockeren und dichten Bindegewebes sowie der Sehnen. Kollagene Fasern und ihre Anordnung bestimmen die mechanischen Eigenschaften des Bindegewebes.
Bei Betrachtung mit bloßem Auge erscheint Bindegewebe mit überwiegend kollagenen Fasern weiß. Chemisch bestehen kollagene Fasern aus Kollagen und Polysacchariden. Die Bezeichnung Kollagen geht darauf zurück, dass Kollagenfasern beim Kochen quellen und Leim geben (Kolla = Leim). Dabei gehen das Kollagen und die polysaccharidhaltigen Kittsubstanzen in Lösung. Aus dem Leim können wieder Fibrillen ausgefällt werden (Gelatine). Einzelheiten zum Kollagen Kollagen ist das häufigste Protein des Körpers, etwa 30 % der Gesamtmenge des Körperproteins. Gegenwärtig sind mehr als 20 Kollagene bekannt. Gemeinsam bestehen sie aus Tropokollagenmolekülen. Die Unterschiede zwischen den Kollagenen gehen auf die Primärstruktur und auf den Aufbau der Tropokollagenmoleküle zurück. Die Kollagene lassen sich zu Hauptgruppen zusammenfassen, zu fibrillären Kollagenen mit kettenförmig angeordneten Tropokollagenmolekülen (Typ I, II, III,V, XI), zu Kolla-
⊡ Tabelle 2.4. Bindegewebsfasern Kollagenfasern
Retikuläre Fasern
Elastische Fasern
Eigenfarbe
Weiß-opak
Mechanische Eigenschaften
Zugfest (5 % dehnbar)
Zugfest
Zugelastisch 100–150 %
Lichtmikroskopie
Unverzweigt, Durchmesser 1–20 mm, wenig lichtbrechend
Feinste netzartig angeordnete Fäserchen
Gestreckt, nicht in Fibrillen auflösbar, stark lichtbrechend
Anordnungsweise
Gewellte Bündel, Geflechte
Netze, »Gitter«
Netze, gefensterte Membranen
Elektronenmikroskopie
Aufgliederung in quergestreifte Kollagenfibrillen (Durchmesser 0,2–0,5 mm)
Verhalten in kochendem Wasser und in verdünnten Säuren
Quellen, löslich, leimbildend
Unlöslich
Unlöslich
Blau Rot Ungefärbt Rot Hellbraun
Blau Rosa Ungefärbt Rot Schwarz
Schwach rot bis violett Ungefärbt Rotbraun, violett Indifferent Ungefärbt
Färbungen: Azan HE Elastika-Färbungen Van-Gieson Versilberung
Gelb
Grundsubstanz mit randständigen Mikrofibrillen
Vorkommen
Dermis, Faszien, Sehnen, Sklera, Organkapseln, Faserknorpel, Dentin, Knochen
Hyaliner und elastischer Knorpel, Nucleus pulposus, Glaskörper
Als retikuläre Fasern
Basallaminae
Kollagentyp
I
II
III
IV
⊡ Tabelle 2.5. Kollagentypen I–IV
Netzförmig, dünn, argyrophil (Durchmesser 50 mm)
Nur polarisationsmikroskopisch sichtbar
Typische Kollagenfasern, dick, dicht gepackt und in Bündeln, nicht argyrophil
Lichtmikroskop
Dünne Filamente
Eher einheitlicher Durchmesser, Querstreifung der Mikrofibrillen
Sehr dünne Fibrillen (Durchmesser 10–20 mm) in viel Grundsubstanz
Unterschiede im Durchmesser, Querstreifung der Mikrofibrillen
Elektronenmikroskop
Endothel, Epithel, Muskelzellen
Fibroblasten, retikuläre Zellen, glatte Muskelzellen, Schwann-Zellen, Hepatozyten
Chondroblasten
Fibroblasten, Chondroblasten, Osteoblasten, Odontoblasten
Syntheseort
Mit Heparansulfat
Mittelmäßig, hauptsächlich mit Heparansulfat
Intensiv, hauptsächlich mit Chondroitinsulfat
Gering, hauptsächlich mit Dermatansulfat
Interaktion mit Glykosaminoglykanen
Stützend
Strukturerhaltung in Organen, die sich ausdehnen
Widerstandsfähig gegen intermittierende Drücke
Zugfest
Funktion
2.3 · Binde- und Stützgewebe 37
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Kapitel 2 · Histologie, Gewebelehre
genen, die Netzwerke bilden (Typ IV, VIII) und zu Kollagenen, die Verbindung zu anderen Kollagenen herstellen
2
(Typ VI,VII, XII, XIV). Hervorzuheben sind (⊡ Tabelle 2.5) Typ I. Er kommt am häufigsten vor (90 %) und ist für lockeres und dichtes Bindegewebe typisch (s. unten). Typ II bildet meist dünne Netze und ist für den hyalinen Knorpel charakteristisch. Typ III ist wesentlicher Bestandteil der retikulären Fasern (s. unten). Er kann mit anderen Kollagentypen kopolymerisieren. Typ IV kommt in der Basallamina vor. Seine Tropokollagenmoleküle sind weder zu Fibrillen noch zu Fasern zusammengefügt. Sie liegen als Filamente vor und bilden zweidimensionale Netze. Außerdem wird Typ-IV-Kollagen nicht von Fibroblasten, sondern u. a. von Epithelund Muskelzellen gebildet. Strukturell lassen sich beim Typ-I-Kollagen licht- bzw. elektronenmikroskopisch in hierarchischer Folge unterscheiden kollagene Faserbündel, kollagene Fasern, kollagene Fibrillen und in Fortsetzung wie bei allen Kollagentypen Tropokollagenmoleküle. Kollagenfaserbündel entstehen dadurch, dass kollagene Fasern Bündel bilden. Kollagene Fasern liegen selten einzeln. Im lockeren Bindegewebe verlaufen die Kollagenfasern oft gewellt (haarlockenförmig).
Kollagene Fasern haben einen durchschnittlichen Durchmesser zwischen 1 und 10 mm. Sie sind unverzweigt. Ihre Länge hängt wesentlich von ihrem Spannungszustand ab.Wird längere Zeit die Spannung erhöht, werden die Kollagenfasern länger, wird die Spannung vermindert, verkürzen sie sich. > Klinischer Hinweis Längere Ruhigstellung von Gelenken führt durch Verkürzung der kollagenen Fasern des Bandapparats zu einer vorübergehenden Versteifung. Durch Übung kann der vorherige Zustand wieder hergestellt werden. Auch eine Überdehnung ist möglich.
Im Lichtmikroskop sind die einzelnen frischen Kollagenfasern farblos. Sie lassen sich jedoch anfärben, u. a. mit sauren Farbstoffen: mit Eosin rot (HE-Färbung), mit Anilinblau blau (Azan-Färbung), mit Lichtgrün grün (Trichrom-Färbung nach Goldner bzw. Masson). Kollagene Fibrillen (⊡ Abb. 2.23). Kollagene Fasern bestehen aus kollagenen Fibrillen (durchschnittlicher Durchmesser 0,2–0,5 mm). Im Elektronenmikroskop fallen kollagene Fibrillen durch dunkle und helle Querstreifen mit einer sich wiederholenden Periodizität von durchschnittlich 64 nm auf. Die dunklen Streifen entstehen nach entsprechender Vorbehandlung des Gewebes dort, wo Schwermetallionen vermehrt gebunden bzw. in die Fibrillen eingelagert werden.
⊡ Abb. 2.23. Fibrillogenese. Kollagenfaserbildung. Intrazellulär entsteht nach Aufnahme von Aminosäuren (1) Prokollagen (2). Im Golgi-Apparat werden außerdem saure Proteoglykane gebildet. Prokollagen und saure Proteoglykane werden durch Exozytose in die Umgebung der Zelle abgegeben. Extrazellulär wird Prokollagen in Tropokollagen (3) umgewandelt. Durch Aggregation entstehen kollagene Fibrillen (4) mit charakteristischer Querstreifung (5). Kollagene Fibrillen lagern sich zu kollagenen Fasern (6) und diese zu Kollagenfaserbündel (7) zusammen
39 2.3 · Binde- und Stützgewebe
Tropokollagenmoleküle (⊡ Abb. 2.23) sind die Grundeinheiten des Kollagens. Tropokollagenmoleküle sind gestreckt. Sie sind 300 nm lang und 1,5 nm breit. Tropokollagenmoleküle setzen sich aus je 3 helixartig umeinander gewundenen Polypeptidketten mit charakteristischer Aminosäuresequenz zusammen. Vor allem kommen die Aminosäuren Glycin, Prolin und Hydroxyprolin vor. Die Polypeptidketten sind durch Querbrücken miteinander verbunden. Zu Kollagenfibrillen fügen sich die Tropokollagenmoleküle extrazellulär dadurch zusammen, dass sie in Reihen liegen und von Ende zu Ende und von Seite zu Seite verknüpft sind. Von Reihe zu Reihe sind die Tropokollagenmoleküle jeweils um ein Viertel ihrer Länge versetzt. Die Verknüpfung zwischen den Tropokollagenmolekülen und ihre Querbrücken rufen die hohe Zugfestigkeit der Kollagenfasern hervor (bis zu 50–100 Newton/ mm2). Biegungskräften setzen Kollagenfasern dagegen keinen Widerstand entgegen. Reversibel dehnbar sind die Kollagenfasern etwa um 5 %. Tritt akut eine stärkere Dehnung auf, kommt es vor dem Zerreißen zu einer irreversiblen Längsdehnung (»fließen«). Zur Fibrillogenese Die Fibrillogenese erfolgt teilweise intrazellulär in Fibroblasten, teilweise extrazellulär. Intrazellulär wird im RER der Fibroblasten als Vorstufe Prokollagen synthetisiert (⊡ Abb. 2.23). Dabei erfolgt eine unterschiedliche Glykolysierung. Die Abgabe von Prokollagen aus der Zelle erfolgt durch konstitutive Exozytose entweder direkt aus den Zisternen des RER in die Zellumgebung oder via Golgi-Apparat. Die Fibroblasten produzieren außer den Peptiden noch Glykokonjugate, die gleichfalls in die Zellumgebung gelangen (s. unten). Extrazellulär wird in unmittelbarer Nähe der Zelloberfläche Prokollagen enzymatisch (durch Prokollagenpeptidase) in Tropokollagen umgewandelt. Hierbei wird insbesondere an den nichthelikal gewundenen Enden des Prokollagens ein schützendes Registerprotein abgespalten, sodass die Verknüpfung der Tropokollagenmoleküle zu Mikrofibrillen (Durchmesser 0,03–0,2 mm) und dann zu Kollagenfibrillen möglich wird.
Retikuläre Fasern Retikuläre Fasern bestehen überwiegend aus Typ-IIIKollagen, schließen aber Typ-I-Kollagen ein. Dadurch lässt sich in retikulären Fasern eine Querstreifung nachweisen. Retikuläre Fasern werden in den lymphatischen Organen von Ausläufern der Retikulumzellen allseits umschlossen (S. 42).
Retikuläre Fasern sind sehr fein (Durchmesser 0,2–1,0 mm) und reich an Glykoproteinen (bis 12 %, gegenüber 1 % in kollagenen Fasern). Dies führt dazu, dass retikuläre Fasern durch Silberimprägnation darstellbar sind (Argyrophilie, argyrophile Fasern). Die Silbersalze legen sich auf die Faseroberfläche. Retikuläre Fasern bilden Fasergerüste, z. B. in den hämatopoetischen Organen (rotes Knochenmark, Milz, Lymphknoten) und im Bindegewebe (Stroma) zahlreicher anderer Organe. Außerdem kommen sie an der Oberfläche von Nervenfasern (S. 82), Muskelzellen, Kapillaren und manchen Epithelzellen vor. Retikuläre Fasern sind wesentlicher Bestandteil der Lamina fibroreticularis in Nachbarschaft der Basallamina (S. 18). Gebildet werden retikuläre Fasern sowohl von Retikulumzellen als auch von Fibroblasten (S. 34). Retikuläre Fasern sind geringfügig dehnbar und biegungselastisch; sie geben dem Gewebe eine gewisse Festigkeit.
Elastische Fasern Elastische Fasern sind verzweigt und bilden dreidimensionale Netze (⊡ Abb. 2.24 a). Der Durchmesser der Fasern schwankt stark: Dünnere haben Durchmesser von 0,2–1,0 mm, elastische Fasern im Nackenband von 4–5 mm (⊡ Abb. 2.24 c). Elastische Fasern sind homogen und bestehen aus einer amorphen glykoproteinreichen Grundsubstanz, Elastin, in die Mikrofibrillen (Durchmesser 10 nm) aus Fibrillin eingelagert sind. Elastin ist ein Protein, das sich in seiner Aminosäurezusammensetzung vom Kollagen unterscheidet. Elastische Fasern werden nur von embryonalen oder juvenilen Fibroblasten und glatten Muskelzellen gebildet. Die färberische Darstellung von elastischen Fasern gelingt nur mit speziellen Farbstoffen, z. B. Orzein, Resorzinfuchsin, Aldehydfuchsin. Die wichtigste physikalische Eigenschaft der elastischen Faser ist ihre reversible Dehnbarkeit. Wird jedoch ein Grenzwert überschritten, zerreißen auch sie. Im Alter nimmt die Elastizität der elastischen Fasern ab. Vorkommen. In der Regel kommen elastische Fasern und Netze (⊡ Abb. 2.24 a) zusammen mit kollagenen Fasern vor, z. B. in der Kapsel und im Stroma von Organen. Der Bestand an elastischen Fasern wechselt jedoch regional stark. Besonders viele elastische Fasern besitzt die Lunge. Außer elastischen Fasern kommen elastische gefensterte Membranen vor (⊡ Abb. 2.24 b), z. B. in der Aorta.
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Kapitel 2 · Histologie, Gewebelehre
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⊡ Abb. 2.24 a–c. Elastisches Material. Es kann a als elastisches Netz, b als elastische Membran, c als elastisches Band vorliegen. In der oberen Reihe sind die Gebilde in Längsrichtung, in der unteren im Querschnitt dargestellt
Nur ausnahmsweise bilden elastische Fasern Bänder (⊡ Abb. 2.24 c), beim Menschen z. B. zwischen den Wirbelbögen. Sie wirken energiesparend und ersetzen dort Muskeln.Aufgrund der Eigenfarbe der elastischen Fasern erscheinen sie gelb, Ligg. flava. Die Eigenfarbe der elastischen Fasern (Membranen) ruft auch die Gelbtönung der Aortenwand hervor.
Ungeformte Interzellularsubstanzen Ungeformte, amorphe Interzellularsubstanzen werden auch als Grundsubstanzen, matrix, bezeichnet. Sie kommen bei allen Bindegeweben vor. Auf sie geht der Verbund des Bindegewebes zurück, da sie mit den geformten Bestandteilen, u. a. den Kollagenfibrillen verknüpft sind (⊡ Abb. 2.25). Grundsubstanzen besitzen je nach ihrer chemischen Zusammensetzung und ihrem physikochemischen Verhalten unterschiedliche Konsistenz. Ergänzt werden sie durch interstitielle Flüssigkeit. Grundsubstanzen und interstitielle Flüssigkeit sind morphologisch nur schwer zu erfassen, da sie in der Regel bei der üblichen histotechnischen Vorbehandlung der Gewebe herausgelöst werden. Eine Ausnahme besteht dort, wo Grundsubstanzen geformt sind, z. B. im Knorpel und Knochen (s. unten). Zum molekularen Aufbau von Interzellularsubstanzen (⊡ Abb. 2.25) Hauptbestandteile von Grundsubstanzen sind Glykosaminoglykane, Proteoglykane und Glykoproteine.
⊡ Abb. 2.25. Interzellularsubstanz. Proteoglykane sind durch ihren Proteinanteil (CP Core protein) einerseits an Hyaluronsäurestränge (HA), andererseits an Kollagenfibrillen gebunden. PS Polysaccharidseitenketten (Glykosaminoglykane)
Glykosaminoglykane bestehen aus langen Polysaccharidketten aus repetitiven Disaccharideinheiten. Durch Karboxyl- und Sulfatgruppen sind die Disaccharideinheiten negativ geladen und die Glykosaminoglykane der Grundsubstanz deshalb stark sauer. In Abhängigkeit vom Aufbau der Disaccharideinheiten lassen sich sulfatierte und nichtsulfatierte Glykosaminogly-
41 2.3 · Binde- und Stützgewebe
kane unterscheiden.Die Glykosaminoglykane sind in der Regel an Proteine gebunden, mit denen sie Proteoglykane bilden (s. unten). Das im Körper am häufigsten vorkommende nichtsulfatierte Glykosaminoglykan ist die Hyaluronsäure. Sie ist nicht an Protein gebunden,vermag aber Proteoglykane miteinander zu verknüpfen (⊡ Abb. 2.25). Hyaluronsäure kommt u. a. in der Dermis, Nabelschnur, im Glaskörper und Nucleus pulposus der Zwischenwirbelscheiben vor. Proteoglykane machen den Hauptteil des interstitiellen Gewebes aus. Es handelt sich um sehr große Moleküle, die ein Molekulargewicht bis zu 106 erreichen können. Der Proteinanteil besteht aus einem langen fadenförmigen, zentralen »Kern« (Core-Protein). Dieser ist mit unterschiedlich gebauten Glykosaminoglykanketten besetzt. Die Proteoglykane geben der Interzellularsubstanz eine gewisse Festigkeit, zu der der Polymerisationsgrad der Glykosaminoglykane in direkter Beziehung steht. Wichtige Proteoglykane sind u. a. Aggrecan mit Chondroitinsulfat als Glykosaminoglykanseitenkette (im Knorpel), Perlecan mit Heparansulfat als Seitenkette (in der Basallamina), Vesican mit Chondroitin- und Dermatansulfat (in der Gefäßwand), Decorin mit nur einer Chondroitinund Dermatanseitenkette (ubiquitär im kollagenen Bindegewebe). Einige Proteoglykane, z. B. Syndecan, sind an Zelloberflächen gebunden. Ihr Core-Protein durchspannt die Plasmamembran und enthält eine kurze zytosolische und eine lange extrazelluläre Domäne. Extrazellulär sind Proteoglykane über elektrostatische und Wasserstoffbrückenbindungen mit Kollagenfibrillen verbunden. Glykoproteine. Im Gegensatz zu den Proteoglykanen bestehen hier die Kohlenhydratseitenketten aus Monosacchariden. Dadurch überwiegt der Proteinanteil gegenüber dem Kohlenhydratanteil. Außerdem sind Glykoproteine nicht sulfatiert. Glykoproteine im Gewebe werden auch als Strukturglykoproteine bezeichnet. Sie kommen vor u. a. in der Aorta, in Sehnen, Knorpel und Knochen, der Kornea, der Dermis, Basallamina. Wichtige Strukturglykoproteine sind u. a. Fibronektin, Laminin (S. 17), Vitronektin, Tenascin, Osteonektin. In allen Fällen dienen sie der Zellhaftung (adhäsive Glykoproteine), da sie mit Adhäsionsrezeptoren (Integrine) in der Plasmamembran verbunden sind. Fibronektin kommt auch dort vor, wo eine Basallamina fehlt, z. B. bei Fibroblasten.
den und bildet dort einen Hydratationsmantel. Sofern freie Gewebsflüssigkeit auftritt, ist sie in ihrer Zusammensetzung dem Blutplasma ähnlich. Sie wird von Lymphkapillaren abgeleitet. > Klinischer Hinweis Vom Umfang der Wasserspeicherung im Bindegewebe hängt die Gewebespannung, Turgor, ab. Eine Vermehrung der Wassereinlagerung nennt man Ödem.
2.3.4
Formen des Bindegewebes
Bindegewebe liegt in verschiedenen Formen vor. Unter Berücksichtigung der Unterschiede im Bestand und der Anordnung seiner Anteile lassen sich unterscheiden Mesenchym, gallertiges Bindegewebe, spinozelluläres Bindegewebe, retikuläres Bindegewebe, lockeres Bindegewebe, dichtes, straffes Bindegewebe und Sehnen und Bänder. Mesenchym kommt nur während der Entwicklung vor (deswegen auch »embryonales Bindegewebe«). Es ist ein pluripotentes Grundgewebe, aus dem sich alle Bindeund Stützgewebe sowie einige andere Gewebe, z. B. Teile der Muskulatur, entwickeln. Mesenchymzellen (⊡ Abb. 2.26) sind fortsatzreich und amöboid beweglich. Sie haben einen ovalen Kern mit deutlichem Nukleolus. Mesenchymzellen bilden ein
Die Synthese von Proteoglykanen und Glykoproteinen
erfolgt in den Zellen, in deren Umgebung sie vorkommen. Grundsätzlich entstehen die Proteineinheiten an den Ribosomen. Die ersten Zuckermoleküle werden im endoplasmatischen Retikulum angeknüpft und weitere Zuckermoleküle im Golgi-Apparat. Die Abgabe erfolgt durch Exozytose. Interstitielle Flüssigkeit. Von den etwa 11 Litern interstitieller Flüssigkeit des menschlichen Körpers kommen nur sehr geringe Mengen im Gewebe frei vor. Überwiegend ist die interstitielle Flüssigkeit an die Grundsubstanzen gebun-
⊡ Abb. 2.26. Mesenchym
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Kapitel 2 · Histologie, Gewebelehre
lockeres dreidimensionales Netzwerk. Die Zellfortsätze stehen durch veränderliche Haftungen miteinander in Verbindung. Die Interzellularsubstanz ist amorph und solartig. Sie besteht im Wesentlichen aus Hyaluronsäure. Ihr Turgor ist für die Aufrechterhaltung der Gestalt des frühen Embryos entscheidend. Fasern fehlen. Gallertiges Bindegewebe. Die Zellen des gallertigen Bin-
degewebes sind flach und besitzen lang gestreckte verzweigte Ausläufer, die mit denen der Nachbarzellen in Berührung stehen. Die Interzellularsubstanz wird von einer Gallerte gebildet, die reich an Proteoglykanen ist und zarte, locker gebündelte Kollagenfasern sowie einzelne retikuläre Fasern enthält. Obgleich gallertiges Bindegewebe embryonalem Bindegewebe ähnlich ist, vermag es nicht, sich weiter zu differenzieren. – Das gallertige Bindegewebe der Nabelschnur wird Wharton-Sulze genannt (S. 117).
⊡ Abb. 2.27. Spinozelluläres Bindegewebe
Spinozelluläres Bindegewebe kommt nur im Ovar (S.630) und in der Uterusschleimhaut (S. 638) vor. Es be-
steht aus dicht gepackten spindelförmigen Zellen und hat nur wenig Interzellularsubstanz (⊡ Abb. 2.27). Das spinozelluläre Bindegewebe ist pluripotent. Es steht dem Mesenchym nahe. Im Ovar gehen die hormonproduzierenden Zellen der Theca folliculi und in der Uterusschleimhaut die des mütterlichen Anteils der Dezidua aus ihm hervor. Außerdem regeneriert spinozelluläres Bindegewebe sehr schnell, z. B. in der Proliferationsphase des Zyklus (S. 639). Retikuläres Bindegewebe kommt nur in lymphatischen Organen und im Knochenmark vor. Lymphatische Organe sind Lymphknoten, Milz, Thymus und Tonsillen. Sie gehören zum Abwehrsystem (S. 146). Das retikuläre Bindegewebe (⊡ Abb. 2.28) besteht aus Retikulumzellen und retikulären Fasern. Retikulumzellen bilden einen weitmaschigen dreidimen-
sionalen Zellverband: Ihre langen Ausläufer stehen untereinander in Verbindung. Sie dürfen nicht mit »histiozytären Retikulumzellen« (= interstitielle Makrophagen) verwechselt werden (S. 137). Retikuläre Fasern werden von den Retikulumzellen gebildet und von ihren Ausläufern umschlossen. Sie bestehen aus Typ-III-Kollagen (s. oben). Sie bilden ein feines, lichtmikroskopisch gerade erkennbares Gitterwerk.
⊡ Abb. 2.28. Retikuläres Bindegewebe
Retikuläre Fasern kommen aber auch zellunabhängig vor. Dann werden sie von Fibrozyten gebildet. Lockeres Bindegewebe. Charakteristisch sind weite In-
terzellularräume mit viel amorpher Grundsubstanz (deswegen die Fähigkeit des lockeren Bindegewebes,Wasser zu speichern) und vielen Bindegewebszellen (⊡ Abb. 2.29). Die Kollagenfasern treten im lockeren Bindegewebe gegenüber der Grundsubstanz zurück, sind aber doch
43 2.3 · Binde- und Stützgewebe
⊡ Abb. 2.30. Kollagenfaserbündel in Scherengitteranordnung ⊡ Abb. 2.29. Lockeres Bindegewebe
vorhanden. Sie bilden in der Regel locker angeordnete Bündel, die häufig im Scherengitter angeordnet sind (⊡ Abb. 2.30). Dies bedeutet, dass bei Zug der Bindegewebsverband durch Änderung des Winkels zwischen den einzelnen Faserbündeln nachgeben kann, obgleich die Kollagenfasern selbst zugfest sind. Regelmäßig kommen im lockeren Bindegewebe auch elastische Fasern vor. Sie stellen, wenn der Zug nachlässt, die Ausgangsstellung wieder her. Das lockere Bindegewebe füllt Lücken, ermöglicht die Verschiebung benachbarter Organe (Verschiebeschicht), kann als Hüllgewebe (interstitielles Bindegewebe) Gefäße u. a. umgeben und bildet im Omentum majus ein netzförmiges Bindegewebe. Verbindet es in einem Organ dessen spezifische Anteile, wird es als Stroma bezeichnet. – Lockeres Bindegewebe ist sehr regenerationsfreudig.
⊡ Abb. 3.31. Sehne
Dichtes, straffes Bindegewebe ist im Gegensatz zum
lockeren Bindegewebe faserreich, aber relativ zellarm. Es besitzt wenig amorphe Interzellularsubstanz. Es hat einen vergleichsweise geringen Stoffwechsel. Es ist mechanisch sehr widerstandsfähig. Geflecht- oder filzartig ist das dichte Bindegewebe z. B. in den Kapseln vieler Organe, um Sehnen und in Nerven, im Corium der Haut und in der Submukosa des Darmtraktes. Die Faserbündel bilden ein dreidimensionales Netzwerk, sodass den Zugbeanspruchungen aus allen Richtungen Widerstand geleistet werden kann.
Schichtweise verlaufen die Kollagenfasern in Muskelfaszien, lamelläres Bindegewebe. Sehnen und Bänder. Sie bestehen aus parallelfaserigem
dichten Bindegewebe und setzen Zugkräften großen Widerstand entgegen. In Sehnen (⊡ Abb. 2.31) verlaufen die Kollagenfasern parallel, in großen Sehnen häufig in leichten Spiralen. In ungedehntem Zustand sind die Kollagenfaserbündel leicht gewellt.
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Kapitel 2 · Histologie, Gewebelehre
Zwischen den Kollagenfasern, nun Sehnenfasern, liegen die Fibrozyten als Sehnenzellen in Reihenstellung hintereinander.Diese Zellen haben lang gestreckte Kerne und wenig Zytoplasma. Sie passen sich in ihrer Form der Umgebung dadurch an, dass ihr schmal ausgezogener Zelleib »flügelartig« den Sehnenfasern anliegt, Flügelzellen. Sehnen werden von lockerem Bindegewebe umhüllt, Peritendineum externum, das in das Innere der Sehne eindringt, Peritendineum internum, und kleine Bündel, primäre Bündel, und größere Bündel, sekundäre Bündel, zusammenfasst. Mit dem lockeren Bindegewebe dringen Nerven und Blutgefäße in die Sehne ein. – Sehnen haben eine gute Regenerationsfähigkeit. Bänder. In Bändern, Faszien und Aponeurosen verlaufen die Kollagenfaserbündel nach einem festgelegten
>
Muster, das der Zugbeanspruchung angepasst ist. In der Sklera des Auges (S. 653), die zu dieser Gruppe von Bindegewebsstrukturen gehört, beträgt der Winkel zwischen den einzelnen Faserbündeln nahezu 90 °. Elastische Bänder. Ein elastisches Band (⊡ Abb. 2.24 c) besteht aus Bündeln dicker, parallel angeordneter elastischer Fasern (s. oben). Jedes Bündel wird von geringen Mengen lockeren Bindegewebes mit abgeplatteten Fibrozyten umfasst. Die elastischen Fasern rufen in frischem Gewebe eine gelbe Farbe hervor. – Beim Menschen kommen geschlossene elastische Bündel in den Ligg. flava der Wirbelsäule und im Lig. suspensorium penis vor.
In Kürze
Bindegewebszellen im engeren Sinne sind die Fibrozyten bzw. Fibroblasten. Sie bilden die Bindegewebsmatrix: Fasern und Interzellularsubstanz. Außerdem beherbergt Bindegewebe freie Zellen, die zum Abwehrsystem gehören und mobil sind (Leukozyten, Plasmazellen, Makrophagen, Fremdkörperriesenzellen, Mastzellen). Interzellulär überwiegen teilweise Bindegewebsfasern (im dichten, straffen Bindegewebe), teilweise amorphe Grundsubstanzen (im lockeren Bindegewebe). Fasern fehlen nur im Mesenchym. Unter den Bindegewebsfasern sind die kollagenen Fasern beherrschend und unter diesen wieder die, die aus Typ-I-Kollagen bestehen. Kollagene Fasern setzen sich aus kollagenen Fibrillen zusammen, die elektronenmikroskopisch eine durch die Gewebevorbehandlung hervorgerufene Querstreifung aufweisen. Molekularer Baustein aller kollagenen Bindegewebsfasern sind Tropokollagenmoleküle. Den kollagenen Fasern stehen retikuläre und elastische Fasern zur Seite. Bindegewebe liegt in verschiedenen Formen vor: als Mesenchym, gallertiges, spinozelluläres, retikuläres, lockeres und dichtes Bindegewebe sowie als Sehnen und Bänder. 2.3.5
Fettgewebe
Wichtig
Sie werden lernen, dass Fettgewebe in Fettzellen Fetttropfen bildet Fett einem dauernden metabolischen Umsatz unterliegt.
Fettgewebe ist eine Sonderform des Bindegewebes. Das Fett befindet sich dort im Zytoplasma der Fettzellen. Histologisch nachweisbar ist Fett jedoch nur an Gefrierschnitten bzw. elektronenmikroskopisch nach Osmiumfixierung. Bei der üblichen histologischen Technik wird Fett herausgelöst (S. 88), sodass Fettgewebe dann ein wabiges Aussehen hat (⊡ Abb. 2.32).
Fettgewebe kommt fast überall im Körper vor; es fehlt jedoch u. a. im Augenlid und Penis. Die Fettzellen können einzeln liegen, z. B. in Organen; meist jedoch bilden sie kleinere oder größere Gruppen im Bindegewebe oder bilden Fettläppchen (Fettorgane), die von einer Bindegewebskapsel umgeben sind; Bindegewebszüge können Fettgewebsfelder steppkissenartig unterteilen. Das Fettgewebe beträgt durchschnittlich 10–20 % des Körpergewichts. ⓘ Infobox Fettgewebe hat mechanische Aufgaben, z. B. als Druckpolster an Hand- und Fußsohle oder als Fettkapsel zur Lagebefestigung von Organen und Leitungsbahnen. Fettgewebe trägt dazu bei, die Körperform zu modellieren. Fettgewebe ist ein schlechter Wärmeleiter und schützt deswegen vor Wärmeverlust. Fettgewebe dient außerdem der Energiespeicherung.
45 2.3 · Binde- und Stützgewebe
Weißes Fettgewebe besteht aus univakuolären Fettzellen (Durchmesser bis zu 100 mm, ⊡ Abb. 2.32). Sie enthal-
⊡ Abb. 2.32 a, b. Fettgewebe. a Weißes Fettgewebe mit univakuolären Fettzellen. b Braunes Fettgewebe mit plurivakuolären Fettzellen
ten jeweils einen großen membranlosen Fetttropfen, der von Vimentinfilamenten umgeben wird. Kern und Zytoplasma sind an den Rand gedrängt (Siegelringform der Fettzelle nach Herauslösung des Fettes). Auffällig sind im randständigen Zytoplasma Caveolae, die die Oberfläche der Plasmamembran vergrößern. Umgeben wird jede Fettzelle von einer Basallamina mit retikulären Fasern. – Fettzellen sind verformbar. Fettgewebe ist reichlich vaskularisiert und innerviert. Rechnerisch kommt auf jede Fettzelle eine Kapillare. Bei den Nerven handelt es sich um postganglionäre sympathische Fasern. Sie setzen an Varikositäten als Transmitter Adrenalin und Noradrenalin frei, die an Rezeptoren im Plasmalemm der Fettzellen binden. ⓘ Infobox
Ferner bilden Fettzellen das Hormon Leptin, das bei zunehmender Fettspeicherung durch Wirkung auf den Hypothalamus (S. 730) die Nahrungsaufnahme vermindert und peripher zur Lipolyse führt. Schließlich bilden Fettzellen in geringer Menge Östrogene, was im Klimakterium Bedeutung bekommen kann.
Es lassen sich unterscheiden: Baufett, das schwer mobilisierbar ist, z. B. an der Ferse, in der Nierenkapsel und Wange (Bichat-Fettpfropfen), Speicherfett, das leicht mobilisiert werden kann. Bevorzugte Lokalisationen sind das Unterhautbindegewebe sowie das Bauchfell. Histologisch und funktionell liegt Fettgewebe vor als weißes, univakuoläres Fettgewebe bzw. braunes, plurivakuoläres Fettgewebe. Alle Fettzellen, vor allem die des braunen Fettgewebes, haben einen hohen Stoffumsatz. Die biologische Halbwertzeit für Depotfett beträgt 15–20 Tage. Zur Entwicklung Fettzellen entstehen ab der 30. Entwicklungswoche sowie postnatal in den ersten 2 Lebensjahren und präpubertal. Grundsätzlich ist jedoch eine Neubildung von Fettzellen während des ganzen Lebens möglich. Die Herkunft der Fettzellen geht auf pluripotente mesenchymale Stammzellen, Adipoblasten, zurück. Ihre Differenzierung erfolgt unter dem Einfluss von Fibroblastenwachstumsfaktoren und Glukokortikoiden sowie von Insulin und Trijodthyronin.
Das univakuoläre Fettgewebe ist metabolisch aktiv. Bei einer Halbwertzeit für den Fettumsatz im Depotfett von 2–3 Wochen erfolgt laufende Speicherung und Mobilisierung von Fett. Fettspeicherung. Sie geht auf die Veresterung von Fettsäuren mit a-Glyzerolphosphat, einem Produkt des Glukosestoffwechsels, zu Triazylglyzerol (Neutralfett) im Zytoplasma der Fettzelle zurück. Die Fettsäuren stammen aus der verdauten Nahrung, werden auf dem Blutweg in Chylomikronen transportiert, an der Oberfläche der Fettzelle durch Lipoproteinlipasen wieder freigesetzt und dann durch Fettsäuretransporter in die Zelle aufgenommen. Fettsäuren stammen aber auch aus der Leber.Von dort gelangen sie auf dem Blutweg als Very low density lipoprotein (VLDL) zum Fettgewebe. Schließlich werden Fettsäuren in geringer Menge in der Fettzelle selbst synthetisiert. Gefördert wird die Lipogenese durch Insulin und Östrogen. Die Fettmobilisierung erfolgt durch hormonsensitive Lipasen in den Fettzellen unter dem Einfluss von Adrenalin und Noradrenalin sowie der Hypophysenvorderlappenhormone ACTH und TSH sowie des Schilddrüsenhormons Thyroxin. Es bilden sich in den Fettzellen 60–100 nm große Bläschen, die verschmelzen können und freigesetzte Fettsäuren ausschleusen. Bei Nahrungsentzug kommt es zu einer Steigerung der Durchblutung und des Stoffwechsels des Fettgewebes. Die Zahl der mikropinozytotischen Bläschen in den Fettzellen nimmt zu und der Fetttropfen verkleinert sich. Bei stärkerer Abmagerung entstehen sog. »seröse Fettzellen«.
Die Fettverteilung ist alters- und geschlechtsabhängig. Bei Kindern findet sich Fett gleichmäßig verteilt im subkutanen Bindegewebe, bei Frauen überwiegt das Vor-
2
46
Kapitel 2 · Histologie, Gewebelehre
kommen an der Brust und am Gesäß, bei Männern im Nacken und am Bauch.
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Braunes Fettgewebe setzt sich aus plurivakuolären Fettzellen (⊡ Abb. 2.32) zusammen, die vielgestaltig und klei-
ner als die univakuolären Fettzellen sind. Sie enthalten stets mehrere kleinere Fetttropfen,die zahlreich und dicht gepackt sind. Charakteristisch sind zahlreiche Mitochondrien. Die braune Farbe entsteht durch Lipochrome. Plurivakuoläres Fettgewebe kommt beim Säugling an Hals und Brust und im Retroperitonealraum vor. Später wird es nur noch an wenigen Stellen angetroffen, z. B. in der Fettkapsel der Niere.
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Charakteristisch für braunes Fettgewebe ist das Vorkommen zahlreicher vegetativer Nerven, die sich den Zellen anlegen und synapsenähnliche Strukturen bilden. Braunes Fettgewebe kann rasch eingeschmolzen werden. Die Lipolyse erfolgt auf vegetativ-nervösen Reiz hin. ⓘ Infobox Braunes Fettgewebe dient vor allem der chemischen Thermogenese. Sie erfolgt dadurch, dass die durch Oxidation der Fettsäuren freigesetzte Energie nicht zur Synthese von ATP verwendet wird, sondern als Wärme frei wird und durch Erhöhung der Bluttemperatur die Körpertemperatur steigert.
In Kürze
Fettgewebe liegt als Baufett mit mechanischen Aufgaben und als Speicherfett als Energiereserve vor. Das Fett selbst befindet sich als Triazylglyzerol im Zytoplasma der Fettzellen. Bei univakuolären Fettzellen sammelt sich das Fett in einem einzigen großen, membranlosen Fetttropfen. Braune Fettzellen sind dagegen plurivakuolär. Fettgewebe ist reich vaskularisiert und innerviert.
2.4
Knorpel Wichtig
Sie werden lernen, dass Knorpel gekennzeichnet ist durch Knorpelzellen, z. T. in Form von isogenen Zellgruppen, interzelluläre Fibrillen aus Typ-II-Kollagen und amorphe glykosaminoglykanreiche Interzellularsubstanzen mit hohem Wasserbindungsvermögen, hohe Druck- und Biegungselastizität, das Vorkommen mehrerer Arten.
Zur Entwicklung Die Knorpelentwicklung beginnt mit der Entstehung von prächondralem Gewebe, Vorknorpel, im Mesenchym. Sie erfolgt in Gebieten, in denen Zug- und Scherkräfte wirken. Eingeleitet wird die Knorpelbildung durch Zusammenrücken von Mesenchymzellen, die ihre Fortsätze einziehen. Gleichzeitig vermehrt sich in diesen Zellen das RER und es entsteht ein großer Golgi-Apparat. Die Mitochondrien nehmen zu. Die Zellen beginnen, Tropokollagen und große
Knorpel gehört zu den geformten Bindegeweben und ist durch die feste Konsistenz seiner Interzellularsubstanz ein Stützgewebe. Die wesentlichen Bestandteile des Knorpels sind (⊡ Abb. 2.33) Chondrozyten, Knorpelzellen, und Interzellularsubstanzen, extrazelluläre Matrix. ⊡ Abb. 2.33 a–c. Knorpel. a Hyaliner Knorpel. b Elastischer Knorpel. c Faserknorpel
47 2.4 · Knorpel
Mengen proteoglykanhaltige Matrix zu bilden; sie werden jetzt als Chondroblasten, Knorpelbildner, bezeichnet. Die Chondroblasten geben die von ihnen synthetisierten Substanzen nach allen Seiten ab: »Sie mauern sich ein«. Die Abgabe wird vom Transkriptionsfaktor Sox 9 kontrolliert. Aus Chondroblasten sind Chondrozyten geworden. Durch die Teilung von Chondrozyten entstehen kleine Zellgruppen. In der Folgezeit rücken die Zellen bzw. Zellgruppen durch das Ausscheiden von weiteren Interzellularsubstanzen auseinander, der Knorpel wächst. Diese Art des Knorpelwachstums wird als interstitiell bezeichnet; sie findet nur z. Z. der Knorpelbildung statt. Später wächst der Knorpel appositionell, d. h. von der Knorpeloberfläche aus. Chondrozyten können einzeln liegen, bilden aber häufig Gruppen. Da es sich jeweils um Tochterzellen eines Chondrozyten handelt, wird von einer isogenen Zellgruppe gesprochen. Umgeben werden die Knorpelzellen von verdichteter basophiler Interzellularsubstanz, einem Knorpelhof, Territorium. Knorpelzellen und Knorpelhof bilden ein Chondron. Werden die Knorpelzellen aus der umgebenden Interzellularsubstanz herausgelöst, entsteht der Eindruck von Knorpelhöhlen, deren Wand als Knorpelkapsel bezeichnet wird. Knorpel unterliegt während des ganzen Lebens einem langsamen Umbau. In diesem Rahmen sind die Chondrozyten sowohl resorptiv als auch sekretorisch durch Abgabe von Knorpelgrundsubstanz tätig. Entsprechend ist die Ausstattung der Knorpelzellen mit Lysosomen und einem umfangreichen RER, Golgi-Apparat und vielen Mitochondrien. Zusätzlich sind Knorpelzellen glykogenreich. Eine Neubildung von Knorpel (Knorpelwachstum) beim Erwachsenen findet nur subperichondral statt. Hier sind die Knorpelzellen flach. Im Knorpelinneren sind sie dagegen in der Regel voluminös und oft hypertrophiert. Die Tätigkeit der Chondrozyten wird durch Thyroxin und Testosteron gesteigert, durch Kortison, Hydrokortison und Östradiol gehemmt. Interzellularsubstanzen (s. auch S. 40). Es handelt sich
vor allem um Proteoglykane und Kollagene. Proteoglykane bestehen aus einem gestreckten zentralen Protein (Core-Protein), von dem zahlreiche unverzweigte Glykosaminoglykanketten verschiedener Zusammensetzung ausgehen. Das Core-Protein bindet einerseits an gestreckte Hyaluronsäuremoleküle, andererseits an Kollagenfibrillen (⊡ Abb. 2.25, S. 41). Das wichtigste Proteogly-
kan des Knorpels ist Aggrecan (zu 90 % aus Chondroitinsulfat). Kollagene. Knorpelspezifisch ist Typ-II-Kollagen, das durch Typen IX und XI ergänzt wird. Die Kollagene bilden feine Fibrillennetze. Eine Sonderstellung nehmen die Knorpelhöfe ein. Sie sind besonders reich an Aggrecan, enthalten aber nur wenig Kollagen. Außerdem weisen sie das Glykoprotein Chondronektin auf, das die Knorpelzellen am Kollagen der Grundsubstanz befestigt. Färberisch fällt der Knorpelhof durch eine zur weiteren Umgebung hin abnehmende Basophilie auf. Perichondrium. Hierbei handelt es sich um das den Knorpel umgebende Bindegewebe. An der Knorpeloberfläche ist das Perichondrium sehr zellreich, Stratum cellulare, weiter außen faserreich, Stratum fibrosum. Vom Perichondrium aus kann Knorpel neu gebildet werden. Das Perichondrium ist gefäß- und nervenreich. Da Knorpel gefäß- und nervenfrei ist, erfolgt die Ernährung des Knorpels nur langsam durch Diffusion vom Perichondrium aus. Ein Perichondrium fehlt am Gelenkknorpel, der deswegen nicht neu gebildet werden kann. Die Ernährung des Gelenkknorpels erfolgt durch die Gelenkflüssigkeit.
2.4.1
Knorpelarten
Es lassen sich unterscheiden (⊡ Abb. 2.33, ⊡ Tabelle 2.6): hyaliner Knorpel, elastischer Knorpel und Faserknorpel. Hyaliner Knorpel ist die häufigste Knorpelart. Sein Wassergehalt beträgt 60–70 %. Da anorganische Substanzen fehlen, ist hyaliner Knorpel schneidbar. Makroskopisch hat hyaliner Knorpel ein bläulich- milchglasartiges Aussehen. Histologisch ist für hyalinen Knorpel die Gliederung in mehr oder weniger weit voneinander entfernte Chondrone und in lichtmikroskopisch homogene Matrix charakteristisch. Die Matrix (Interzellularsubstanz) ihrerseits gliedert sich in Territorien (Knorpelhöfe, s. oben) und Interterritorien. Lichtmikroskopisch erscheint die Matrix homogen, weil das Kollagen im hyalinen Knorpel in Form von Fibrillen vorliegt, aber keine Fasern bildet. Die Fibrillen können jedoch polarisationsmikroskopisch und elektronenmikroskopisch nachgewiesen werden.
2
48
Kapitel 2 · Histologie, Gewebelehre
⊡ Tabelle 2.6. Knorpelarten
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Hyaliner Knorpel
Elastischer Knorpel
Faserknorpel
Lage der Chondrozyten
Isogene Gruppen (bis zu 10 Zellen)
Einzeln oder in kleinen Gruppen
Kleine Gruppen
Grundsubstanz
Reichlich Matrix, überwiegend Typ-II-Kollagen
Reichlich Matrix, elastische Fasern, Typ-II-Kollagen
Wenig Matrix, sehr viele Kollagenfasern, Kollagentyp I u.Typ II
Eigenschaften
Druckelastisch
Elastisch
Wenig elastisch
Ort des Vorkommens, Beispiele
Rippenknorpel, Gelenkknorpel, Trachealknorpel, Nasenknorpel, Kehlkopf: Cartilago thyroidea Cartilago cricoidea
Ohrknorpel
Symphysis pubica, Discus intervertebralis, Gelenkknorpel: Kiefergelenk
Kehlkopf: Cartilago epiglottica
Die Kollagenfibrillen des hyalinen Knorpels haben einen jeweils charakteristischen, trajektoriellen Verlauf (vgl. S. 169). Er wird von der funktionellen Beanspruchung bestimmt. So verlaufen z. B. die Kollagenfibrillen im Rippenknorpel (⊡ Abb. 2.34 a), der vor allem durch Biegung beansprucht wird, S-förmig, oder im Gelenkknorpel, der vor allem Druck ausgesetzt ist, arkadenförmig zur freien Oberfläche hin (⊡ Abb. 2.34 b). In allen Fällen umgreifen die Kollagenfibrillen die Chondrone und bilden unter der Knorpeloberfläche eine Tangentialfaserschicht, die eigentliche Druckschicht des Knorpels. ⓘ Infobox Charakteristisch für Knorpel sind seine Druck- und Biegungselastizität. Sie gehen auf das Zusammenwirken der Proteoglykane der Interzellularsubstanz mit dem Kollagen zurück. Zentral ist dabei die Fähigkeit der Proteoglykane, in großer Menge Wasser zu binden. Dadurch entsteht innerhalb des hyalinen Knorpels ein hoher Quelldruck. Lässt nach Kompression des Knorpels der Druck wieder nach, wird sofort wieder der Ausgangszustand hergestellt.
Altersveränderungen. Der Wassergehalt des Knorpels
nimmt im Alter ab. Dadurch lässt die Druckelastizität ⊡ Abb. 2.34 a, b. Hyaliner Knorpel, Anordnung der Knorpelzel- len und Verlauf der Kollagenfasern. a Rippenknorpel: Die Kollagenfasern verlaufen S-förmig. b Gelenkknorpel: Die Kollagenfasern bilden Arkaden. Die Pfeile geben die Richtungen der möglichen Krafteinwirkung an
49 2.5 · Knochen
nach. Gleichzeitig können sich die Proteoglykane vermindern und es entstehen Kollagenfaserbündel: Es tritt eine sog. Asbestfaserung auf. Ferner kann es zu einer Höhlenbildung im Knorpel bzw. zu Verkalkungen kommen. Vorkommen von hyalinem Knorpel: u. a. während der Knochenentwicklung, als Rippenknorpel, als Gelenkknorpel, in den Luftwegen als Nasenknorpel, als Knorpelspangen in der Trachea, als Knorpelstückchen in den Bronchen. Elastischer Knorpel tritt nur an wenigen Stellen auf, z. B.
in der Ohrmuschel und im äußeren Gehörgang, in der Tuba auditiva und im Kehlkopfskelett (S. 436). Elastischer Knorpel ähnelt dem hyalinen Knorpel. Jedoch sind die Chondrone kleiner und enthalten nur wenige Zellen. Interterritorial kommen zusätzlich zu Kollagenfibrillen elastische Fasern vor, die Netze bilden. Sie umfassen die Chondrone und strahlen ins Perichondrium ein. Färberisch-histologisch können die elastischen Fasern mit Elastika-Färbungen dargestellt werden.
>
Faserknorpel unterscheidet sich von den anderen Knorpelarten dadurch, dass in den Interterritorien Typ-I-Kollagen vorliegt, das Fasergeflechte bildet, Proteoglykane nur in geringer Konzentration vorkommen und ein Perichondrium fehlt.
Vorhanden sind jedoch Chondrone mit schmalen Territorien. Die Chondrone des Faserknorpels sind in der Regel klein, spärlich und enthalten nur einen oder wenige Chondrozyten; oft liegen die Chondrone des Faserknorpels in Reihen. Faserknorpel ist gegen Zug sehr widerstandsfähig. Vorkommen: in Zwischenwirbelscheiben (die Kollagenfasern sind hier nach Art eines Fischgrätenmusters angeordnet), als Gelenkzwischenscheiben, z. B. Meniski des Kniegelenks, als Symphysis pubica, als Sesambeine in Bändern. Außerdem wird bei der Regeneration von Knorpel zunächst unter dem Perichondrium Faserknorpel gebildet, der sich dann jedoch in hyalinen Knorpel umwandelt.
In Kürze
Die häufigste Knorpelart ist hyaliner Knorpel. Seine Matrix ist lichtmikroskopisch homogen – gegliedert in Territorien und Interterritorien – und schließt isogene Zellgruppen ein. Die Matrix ist ein Verbund aus Fibrillen vom Typ-II-Kollagen und Proteoglykan-Hyaluronsäure-Aggregaten. Das wichtigste Proteoglykan ist Aggrecan. Elastischer Knorpel hat zusätzlich zum Kollagen elastische Fasern, Faserknorpel Typ-I-Kollagen und Proteoglykane in geringer Konzentration. Knorpel ist gefäß- und nervenfrei. Seine Ernährung erfolgt durch Diffusion vom Perichondrium aus.
2.5
Knochen Wichtig
Sie werden lernen, dass Knochenzellen in Knochenzellhöhlen liegen, in der Interzellularsubstanz des Knochens Kollagenfasern durch anorganische Hydroxylapatitkristalle verfilzt sind, nach der inneren Organisation Lamellen- und Geflechtknochen zu unterscheiden sind, Periost und Endost den Knochen umgeben.
Knochen besteht aus Osteozyten, Knochenzellen, und Interzellularsubstanzen. Gleichzeitig besteht eine innere Gliederung, die auf die Anordnung der Knochenzellen und Interzellularsubstanzen zurückgeht. Unter diesem Gesichtspunkt lassen sich unterscheiden Lamellenknochen und Geflechtknochen. Lamellenknochen überwiegt. Die Lamellen entstehen durch den Wechsel des Steigungswinkels von Kollagenfa-
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50
Kapitel 2 · Histologie, Gewebelehre
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⊡ Abb. 2.36. Osteozyten. Sie befinden sich in Knochenhöhlen und deren Ausläufern. Zwischen den Fortsätzen der Osteozyten bestehen Gap juntions/Nexus. Die Fortsätze der jeweils innersten Osteozyten erreichen den Havers-Kanal. Pfeile geben die Richtungen des Stoffaustauschs an ⊡ Abb. 2.35. Lamellenknochen. Zu unterscheiden sind Osteonlamellen, Schaltlamellen, Generallamellen. Die Verlaufsrichtung und der Steigungswinkel der Kollagenfasern wechseln von Lamelle zu Lamelle
serbündeln von Lamelle zu Lamelle (⊡ Abb. 2.35). Die Kollagenfaserbündel liegen in der Interzellularsubstanz. An den Lamellengrenzen liegen die Osteozyten. Im Geflechtknochen ist dagegen der Faserverlauf orien-
tierungslos. Periost, Endost. Ergänzt wird der Knochenaufbau durch Periost und Endost. Sie bekleiden die äußere und innere Knochenoberfläche. Von hier aus erfolgt die Ernährung und die Neubildung von Knochen.
2.5.1
Osteozyten und Interzellularsubstanzen
zum Lumen der Knochenkanälchen hin gelegenen Knochenzellen ragen über die Knochenkanälchen hinaus und treten an Gefäße heran, wo sie aufnehmen und abgeben, was ihr Stoffwechsel erfordert. Ein Stofftransport im Knochen dürfte allerdings auch in schmalen perizellulären Räumen erfolgen, die dadurch entstehen, dass Knochenzellen die Knochenhöhlen unvollständig füllen. Interzellularsubstanzen setzen sich aus organischen Bestandteilen und anorganischen Bestandteilen zusammen. Organische Bestandteile. Zu 95 % handelt es sich um
Kollagenfasern (Typ-I-Kollagen). Der Rest sind amorphe Interzellularsubstanzen, vor allem Glykosaminoglykane und spezielle Proteine, z. B. Osteonektin und Osteokalzin. Anorganische Bestandteile (etwa 50 % des Trockengewichts) liegen als intra- und interfibrilläre Kristalle vor, vor allem aus Hydroxylapatit (Ca10[PO4]6[OH]2), die die Kollagenfasern zu einem Kristallfilz vernetzen.
Osteozyten (⊡ Abb. 2.36) sind flache Zellen mit allseitig
langen Fortsätzen. Der Zellleib jedes einzelnen Osteozyten liegt in einer kleinen Lacuna ossea, Knochenzellhöhle, die von Interzellularsubstanz umgeben ist.Von den Lacunae osseae gehen feine Canaliculi ossei, Knochenkanälchen, aus, in die Fortsätze der Knochenzellen hineinragen. Die Knochenkanälchen stehen untereinander in Verbindung. Sie bilden ein Labyrinth, das sich zu einer Oberfläche hin öffnet. Aber auch die Fortsätze der Knochenzellen stehen untereinander in Verbindung. Sie bilden Nexus. Hier erfolgt offenbar ein Stoffaustausch zwischen den Knochenzellen. Die Fortsätze der am weitesten
2.5.2
Lamellenknochen, Geflechtknochen
Lamellenknochen ist das typische Knochengewebe des
Erwachsenen. Zu unterscheiden sind Osteonlamellen, Lamellen in einem Osteon, Schaltlamellen, Lamellen zwischen den Osteonen, flach liegende Lamellen in Knochenbälkchen und Generallamellen an der äußeren und inneren Knochenoberfläche eines Knochenschaftes.
51 2.5 · Knochen
Bitte informieren Sie sich jetzt über die Gliederung der Knochen auf S. 168, da im Folgenden dort erklärte Begriffe verwendet werden. Osteone, Osteonlamellen (⊡ Abb. 2.35, 2.37). Osteone
(Durchmesser um 300 mm) sind Komplexe aus 4–20 konzentrisch um einen Kanal, Canalis centralis, Zentralkanal, Havers-Kanal, gelegenen Osteonlamellen. Gegeneinander sind Osteone durch Kittsubstanzen abgesetzt. Osteone kommen nur in der Kompakta von langen Knochen vor (S. 168). Sie können mehrere Zentimeter lang sein (durchschnittlich 0,5–1 cm). Gewöhnlich verlaufen sie in der Knochenlängsachse, sind verzweigt und kommunizieren untereinander. Sie bilden ein verschachteltes System. Osteone sind jedoch keine stationären Strukturen, sondern unterliegen einem dauernden, wenn auch langsamen Umbau, vor allem bei Änderung der Statik. Der Zentralkanal enthält Blutgefäße, Nerven und lockeres Bindegewebe sowie Zellen des Endosts. Die Durchmesser der Zentralkanäle schwanken erheblich (20–100 mm); meistens sind sie in jüngeren Knochen größer als in älteren. Vom Zentralkanal aus erfolgt die Ernährung der Knochenzellen durch Diffusion (s. oben). Schaltlamellen, Lamellae interstitiales (⊡ Abb. 2.37), sind Lamellenbruchstücke, die in der Kompakta der Diaphyse von Röhrenknochen die Räume zwischen den Osteonen füllen. Es handelt sich um Reste von Osteonen, die während des Lebens dem Umbau anheim gefallen sind. Flach ausgebreitete Lamellen kommen überall dort vor, wo Osteone fehlen, z. B. in der Spongiosa der Epiphysen oder der kurzen Knochen sowie in der Diploë des Schädeldachs. Generallamellen (⊡ Abb. 2.35). Es handelt sich um jeweils mehrere Lamellen, die an der äußeren und inneren Oberfläche von Diaphysen den Knochen als Ganzes umfassen. Die äußeren Generallamellen liegen unter dem Periost. Die inneren Generallamellen liegen im Röhrenknochen zur Knochenhöhle hin, sind nicht sehr zahlreich und an vielen Stellen unterbrochen. Geflechtknochen tritt vor allem während der Knochenbildung auf, aber auch bei der Knochenbruchheilung (s. unten). Geflechtknochen zeichnet sich durch einen zufälligen, orientierungslosen Verlauf der Kollagenfasern aus, die teils grobe, teils feine Bündel bilden. Lamellen fehlen. Der Bestand an Osteozyten ist beim Geflechtknochen
⊡ Abb. 2.37. Osteon mit Osteonlamellen. Zwischen den Osteonen befinden sich Schaltlamellen
höher, der an Mineralien geringer als beim Lamellenknochen. Insgesamt ist Geflechtknochen mechanisch weniger belastbar als Lamellenknochen. In der Regel wird Geflechtknochen in Lamellenknochen umgebaut. Dadurch kommt Geflechtknochen beim Erwachsenen nur an wenigen Stellen vor, z. B. Pars petrosa des Felsenbeins, in der Umgebung der Schädelnähte oder an der Insertion einzelner Sehnen.
2.5.3
Periost, Endost
Die Oberflächen des Knochens werden von Bindegewebe bedeckt: Periost bzw. Endost. Das Periost befindet sich an der äußeren Knochenoberfläche und gliedert sich in ein Stratum fibrosum und Stratum osteogenicum (S. 171). Es führt Nerven und Gefäße. Größere Äste der Arterien treten als Aa. nutritiae auf. Sie gelangen durch Foramina nutritia in den Knochen und erreichen durch Canales nutritii das Knochenmark. In umgekehrter Richtung verlaufen die Vv. nutritiae. Kleinere Äste der Aa. periostales verlaufen in Canales perforantes, Volkmann-Kanäle, die senkrecht zur Knochenoberfläche orientiert und lamellenunabhängig sind. Sie werden nicht von Osteonlamellen umgeben (diagnos-
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2
Kapitel 2 · Histologie, Gewebelehre
tisch wichtig). Die Gefäße der Canales perforantes geben längs verlaufende Havers-Gefäße (Kapillaren) ab, die in den Zentralkanälchen der Osteone (s. oben) verlaufen. Sie werden gelegentlich von einzelnen Nervenfasern begleitet. Das Endost bekleidet die der äußeren Oberfläche entge-
gengesetzten Seiten des Knochens (zur Knochenhöhle bzw. zum intertrabekulären Raum hin), aber auch die Wände der Zentralkanälchen im Knochen. Es besteht aus einer dünnen Faserschicht und flachen Zellen (mesenchymale Stammzellen und ruhende Osteoblasten).
2.5.4
Knochenumbau, Knochenbruchheilung
> Klinischer Hinweis Ausgenutzt wird die Plastizität des Knochens bei der Zahnregulierung. Dort, wo durch kieferorthopädische Maßnahmen ein dauernder starker Druck auf den Knochen ausgeübt wird, wird Knochen abgebaut; dort, wo der Druck nachlässt, wird Knochen aufgebaut. Auf diese Weise ändern die Zähne im Laufe der Zeit ihre Stellung.
Verlauf des Knochenumbaus (⊡ Abb. 2.38). Eingeleitet
wird der Knochenumbau durch Abbau. Dabei kommt es im Bereich von Knochenbälkchen zur Buchtenbildung, in kompakten Knochenabschnitten mit Osteonen zur Kanalbildung. In beiden Fällen werden neue Knochenlamellen gebildet, die sich in kompakten Knochenabschnitten zu Osteonen zusammenfügen. Tätig werden beim Knochenumbau Osteoblasten und Osteoklasten.
Wichtig
Sie werden lernen, dass zum Knochenumbau und bei der Knochenbruchheilung Osteoblasten die Bildung von Osteoklasten induzieren, Osteoklasten Knochen abbauen und Osteoblasten Knochengrundsubstanz bilden und zu Osteozyten werden.
Charakteristisch für den Knochen ist sein permanenter Umbau. Hierbei handelt es sich um einen ausbalancierten, nahezu gleichzeitig verlaufenden Knochenab- und aufbau. Durchschnittlich werden jährlich 10 % der Knochensubstanz ersetzt. Gesteigert ist der Umbau, wenn sich Knochen neuen Bedingungen anpassen muss (funktionelle Anpassung), z. B. bei Veränderung der Belastung oder des Stoffwechsels im Organismus, u. a. durch Änderung der Ernährung oder bei Kalziumbedarf. ⓘ Infobox Knochen ist ein Speicherorgan für Kalzium. Obgleich sich 99 % des Kalziums im Knochen und nur 1 % im Blut und Gewebe befinden, besteht ein lebhafter Austausch zwischen Blut- und Knochenkalzium. Benötigt wird Kalzium zur Knochenstabilisierung, in gleicher Weise aber auch bei Muskelkontraktionen, der Blutgerinnung, der Zellhaftung und zahlreichen enzymatischen Vorgängen. Bei erhöhtem Kalziumbedarf erfolgt eine Freisetzung aus dem Hydroxylapatit der Interzellularsubstanz des Knochens, bei Erhöhung des Kalziumspiegels wird Kalzium im Knochen abgelagert.
Durch die Fähigkeit zum Umbau ist Knochen plastisch.
⊡ Abb. 2.38. Knochenumbau. Osteoklasten entstehen unter dem Einfluss von Osteoblasten aus Osteoklastenvorläufern (Makrophagen). Osteoklasten liegen dann in Lakunen und bauen Knochen ab
53 2.5 · Knochen
Osteoblasten (⊡ Abb. 2.39) entstehen während des ganzen Lebens – von der Embryonalzeit bis zum Lebensende. Sie gehen durch differenzielle Zellteilung aus Vorläuferzellen (osteogene Stammzellen) des pluripotenten embryonalen Bindegewebes hervor. Im postnatalen und reifen Knochen befinden sich derartige Zellen im osteogenen Gewebe des Periosts und der Havers-Kanälchen. Osteoblasten haben die Fähigkeit, die Bildung von Osteoklasten zu bewirken und Knochenmatrix zu bilden. Bildung von Osteoklasten. Osteoklasten gehen aus hämatopoetischen Stammzellen via Monozyten, Makrophagen und Osteoklastenvorläufern hervor. Hierbei wirken parakrine Faktoren mit, die von Osteoblasten gebildet werden (M-CSF = Monocyte-Colony Stimulating Factor und RANKL = Receptor for Activation of Nuclear Kappa B Ligand sowie mit hemmender Funktion OPG = Osteoprotegerin, ⊡ Abb. 2.38). Osteoklastenvorläufer werden zu aktiven Osteoklasten, wenn sie Zelladhäsionsmoleküle (Integrine) exprimieren und sich an die Knochenoberfläche binden.
sind vielkernige Riesenzellen (⊡ Abb. 2.38). Sie bewirken den Abbau der anorganischen Bestandteile des Knochens durch Ansäuerung und der organischen Bestandteile durch Lyse. Osteoklasten liegen in der Regel in Knochenvertiefungen, Howship-Lakunen. Osteoklasten
ⓘ Infobox Osteoklasten zeichnen sich durch zahlreiche kleine Falten an der dem Knochen zugewandten Seite aus. Dort haften sie mit Zelladhäsionsmolekülen an der Knochenoberfläche. Hier erfolgt die Auflösung des Knochens. Die Ansäuerung kommt durch Freisetzung von H+-Ionen in das Mikromilieu zwischen Osteoklasten und Knochenoberfläche zustande. H+-Ionen werden zusammen mit HCO3–-Ionen durch Carboanhydrasen aus H2CO3 im Zytoplasma der Osteoklasten gebildet. Die Lyse der organischen Bestandteile erfolgt durch lysosomale und nichtlysosomale Enzyme, u. a. Kathepsin K und Metalloproteinasen. Bruchstücke von Kollagenfibrillen und Knochenkristallen werden von Osteoklasten in heterophage Vakuolen aufgenommen und abgebaut. – Gesteigert wird die Tätigkeit der Osteoklasten durch Parathormon der Nebenschilddrüse, gemindert durch Kalzitonin der C-Zellen der Schilddrüse.
Matrixbildung durch Osteoblasten. Sie erfolgt dort, wo Osteoklasten Knochensubstanz abgebaut haben. Im ersten Schritt werden die Buchten mit Osteoid gefüllt. Es folgen Vorgänge wie bei der Knochenentwicklung (s. unten).
Knochenbruchheilung. Sie geht vom Periost bzw. Endost
aus. Bei Knochenbrüchen ist eine Dislokation der Bruchenden üblich. Dabei kommt es zum Bluterguss. Gleichzeitig räumen Makrophagen das an den Bruchenden zugrundegegangene Gewebe ab. Anschließend füllt faserreiches Bindegewebe die Spalten aus und Osteoblasten bilden Geflechtknochen oder es kommt zur Knorpelbildung mit folgender Ossifikation. Das neu gebildete Gewebe wird als Kallus bezeichnet. Schließlich entsteht durch Umbau Lamellenknochen. Der Vorgang dauert mehrere Wochen und ist mit Bildung überschüssigen Kallus verbunden. Die Rückbildung des Kallus dauert sehr viel länger.
2.5.5
Knochenentwicklung
Wichtig
Sie werden lernen, dass die Knochenentwicklung desmal oder chondral stattfinden kann, überwiegend jedoch chondral auf Basis einer Knorpelmatrize erfolgt, beim Röhrenknochen am Schaft perichondral, am Schaftende enchondral verläuft.
Zu unterscheiden sind eine desmale Ossifikation, direkte Knochenbildung, bei der Knochen direkt im Mesenchym entsteht, und eine chondrale Ossifikation, indirekte Knochenbildung. Hierbei geht die Knochenbildung von einer Knorpelmatrize aus, die schrittweise abgebaut und durch Knochen ersetzt wird. In beiden Fällen wird zunächst Geflechtknochen gebildet, der mit wenigen Ausnahmen (s. oben) während der weiteren Entwicklung durch Lamellenknochen ersetzt wird. Die desmale Ossifikation (⊡ Abb. 2.39) beginnt mit einer Verdichtung und einer starken Kapillarisierung des Mesenchyms an den für die Knochenbildung vorgesehenen Stellen. Die Mesenchymzellen wandeln sich durch Vergrößerung in Knochenvorläuferzellen mit großem ovalen Kern und relativ viel Zytoplasma um. Durch weitere Vergrößerung der Zellen und Vermehrung der Ausstattung mit Zellorganellen (RER, Golgi-Apparat, Mitochondrien) und Ausbildung von Fortsätzen entstehen schließlich Osteoblasten.
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54
Kapitel 2 · Histologie, Gewebelehre
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⊡ Abb. 2.39 a, b. Knochenbildung durch Osteoblasten
Die Knochenbildung selbst beginnt mit der Abgabe einer homogenen Grundsubstanz, Osteoid, in die Kollagenfibrillen eingelagert sind. Die mineralischen Bestandteile verlassen den Osteoblasten als Matrixvesikel, die Kalzium in Komplexbindung mit basischen Proteinen oder Phospholipiden enthalten. Die Matrixvesikel lagern sich auf den Kollagenfasern auf, ihr Inhalt kristallisiert und vernetzt sich zu einem Kristallfilz (s. oben). Der so entstandene Knochen entspricht einem verkalkten faserreichen Bindegewebe und ist Geflechtknochen. Diese Art der Knochenbildung erfolgt bei einigen Schädelknochen, bzw. bei Teilen davon (Os frontale, Os parietale, Teile der Ossa temporalia, des Os occipitale, des Os mandibulare, des Os maxillare, S. 376) sowie von anderen platten Knochen. Sie geht jeweils von isoliert gelegenen Zentren aus, die in der Folgezeit verschmelzen, Knochenbälkchen und schließlich eine Spongiosa bilden (bei den Schädelknochen als Diploë bezeichnet). Als letztes entsteht die äußere und innere Knochenschale. Die chondrale Ossifikation (⊡ Abb. 2.40) ist typisch für
die Entwicklung langer und kurzer Knochen. Sie geht von einer Knorpelmatrize aus. Der hyaline Knochenvorläufer ist verglichen mit dem späteren Knochen plump und weist keine Oberflächendetails auf. Erkennbar sind jedoch bei den Anlagen von Röhrenknochen die beiden Epiphysen und die Diaphyse.
Bei der chondralen Ossifikation von langen und kurzen Knochen spielen sich zwei Teilvorgänge ab, die perichondrale Ossifikation und die enchondrale Ossifikation. Die perichondrale Ossifikation (⊡ Abb. 2.40 a) beginnt in der Mitte des Knochenschafts und schreitet von dort bis zum Übergangsbereich zu den Epiphysen fort. Dabei entsteht um die Knorpelmatrize ein Mantel aus Geflechtknochen, perichondrale Knochenmanschette. Sie wird von Osteoblasten gebildet, die aus dem Mesenchym des Perichondriums hervorgehen. Später wird der Geflechtknochen in Lamellenknochen umgewandelt. Der unter der Manschette liegende Knorpel wird abgebaut. Zunächst jedoch hypertrophieren die Knorpelzellen, die Interzellularsubstanz vermindert sich und beginnt zu verkalken. Es ist Blasenknorpel entstanden. Dann wird die Knochenmanschette von Osteoklasten perforiert. Blutgefäße dringen ein und erreichen den Knorpel. Miteingedrungene Mesenchymzellen bauen als Chondroklasten den Knorpel teilweise ab. Teilweise füllen sie die ehemaligen Knorpellakunen aus. Es ist eine Einbruchzone entstanden. Viele der Mesenchymzellen werden zu Osteoblasten, die an der Oberfläche der Knorpelreste Geflechtknochen bilden. Es resultiert ein Bälkchenwerk aus Geflechtknochen, primäres Ossifikationszentrum.
55 2.5 · Knochen
⊡ Abb. 2.40 a, b. Knochenentwicklung, Röhrenknochen. a Perichondrale Knochenbildung. b Enchondrale Knochenbildung
Die Räume zwischen den Bälkchen werden von Blutgefäßen und Mesenchym ausgefüllt, primäres Knochenmark. Etwa ab 5. Entwicklungsmonat wandeln sich Mesenchymzellen in Retikulumzellen und Blutvorläuferzellen um. Zu diesem Zeitpunkt beginnt die Blutbildung und es wird von sekundärem Knochenmark gesprochen. Die Knochenbälkchen unter der Knochenmanschette werden im Laufe der Zeit durch Osteoklasten abgebaut; dadurch erweitert sich die Knochenmarkhöhle bis zu einer Umbauzone zwischen Diaphyse und Epiphyse. Hier erfolgt die enchondrale Ossifikation. Enchondrale Ossifikation (⊡ Abb. 2.40 b). Die Umbauzo-
ne zwischen Epiphyse und Diaphyse bleibt erhalten, solange der Knochen wächst, auch wenn Epiphyse und Diaphyse bereits weitgehend verknöchert sind. Die Umbau-
zone wird dann als Wachstumsfuge (Metaphyse, Epiphysenplatte) bezeichnet. Die Umbauzone lässt eine Zonengliederung erkennen. Jede Zone entspricht einem Entwicklungsschritt. Von der Epiphyse her folgen aufeinander: Reservezone. Sie besteht aus hyalinem Knorpel. In frühen Entwicklungsstadien handelt es sich um die ganze Epiphyse; später, wenn in der Epiphyse die Verknöcherung beginnt (s. unten), handelt es sich um einen breiten Streifen aus hyalinem Knorpel. Proliferationszone. In dieser Zone teilen sich die Knorpelzellen lebhaft und ordnen sich säulenartig in der Längsachse des Knochens an; deswegen wird auch von Säulenknorpel gesprochen. Die Interzellularsubstanzen werden kaum noch gebildet. Sie haben abgenommen.
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Kapitel 2 · Histologie, Gewebelehre
Resorptionszone. Diaphysenwärts werden die Knorpelzellen (und damit die Knorpelhöhlen) immer größer; die Knorpelzellen enthalten viel Glykogen. Es liegt Blasenknorpel vor. Interzellularsubstanz beschränkt sich auf schmale Septen, die Kalkeinlagerungen aufweisen. Verknöcherungszone. Die Knorpelzellen gehen entweder zugrunde oder werden aus ihren Knorpelhöhlen durch Chondroklasten freigesetzt – deswegen auch Eröffnungszone. In der Knorpelgrundsubstanz kommt es zu Kalkablagerungen.Vor allem lagern sich aber den verbliebenen, z. T. verkalkten Knorpelspangen Osteoblasten auf, die Geflechtknochen bilden. Dadurch entsteht ein Netzwerk aus Knochenbälkchen, das mit der perichondralen Knochenmanschette in Verbindung steht. Verknöcherung der Epiphyse. Sehr viel später als in den Diaphysen bildet sich im Inneren der Epiphysen Blasenknorpel.Aus der Umgebung wachsen in dieses Gebiet Gefäße und Mesenchymzellen ein. Es folgen Umbauvorgänge, die denen in den Diaphysen z. Z. der Verknöcherung entsprechen (s. oben). Die Ausbildung der Knochenbälkchen schreitet vom Epiphysenzentrum zur Peripherie hin fort. An der Oberfläche der Epiphysen bildet sich eine Knochenschale. Ausgenommen bleibt der Gelenkbereich (Gelenkknorpel) und – solange der Knochen wächst – die Grenze zwischen Epi- und Diaphyse (Metaphyse, Wachstumsfuge, s. oben). Die Knochenkerne in den Epiphysen bilden sich in jedem einzelnen Knochen zu festgelegter Zeit, meist postnatal. Zur Zeit der Geburt besitzen lediglich die distalen Femurepiphysen und proximalen Tibiaepiphysen Knochenkerne. Anhand der bereits gebildeten epiphysären Knochenkerne kann das Alter eines Kindes bestimmt werden (Reifezeichen S. 120).
Knochenwachstum. Beim Dickenwachstum wird im Wesentlichen Knochen an der äußeren Oberfläche appositionell angelagert, während von der inneren Oberfläche her Knochen abgebaut wird. Das Längenwachstum kommt dadurch zustande, dass das Gebiet der enchondralen Verknöcherung im Bereich der späteren Epiphysenplatte unter Beibehaltung der Dicke der Wachstumsfuge langsam epiphysenwärts rückt. ⓘ Infobox Entwicklung und Erhaltung der Knochensubstanz unterliegen humoralen (hormonalen) und mechanischen Einflüssen. Zu den Hormonen, die die Knochenentwicklung beeinflussen, gehört das Wachstumshormon der Hypophyse. Mangel an diesen Hormonen im Kindesalter bedingt Zwergwuchs, überschüssige Bildung Gigantismus, beim Erwachsenen Akromegalie (Wachstum der »Akren«: Hände, Füße, Nase, Kinn). Ferner haben Geschlechtshormone Einfluss auf das Knochenwachstum und die Erhaltung des Knochens. Bei Mangel an Geschlechtshormonen kommt es zum vermehrten Knochenabbau, z. B. bei der Frau mit Beginn des Klimakteriums. Vitamine. Einen direkten Einfluss auf die Ossifikation hat Vitamin D. Bei Vitamin-D-Mangel tritt eine ungenügende Kalzifizierung des Knochens ein. Dadurch kann es zur Rachitis mit Knochenverformungen kommen. Vitamin A steuert die reguläre Verteilung und Aktivität von Osteoblasten und Osteoklasten. Bei Vitamin-A-Mangel wird nicht genug amorphe Interzellularsubstanz synthetisiert. Mechanische Einflüsse. Für die Aufrechterhaltung des Kalziumbestandes ist eine Beanspruchung des Knochens erforderlich. Bei Patienten, die lange bettlägerig sind, kommt es zu einer Verminderung der anorganischen Bestandteile im Knochen. Außerdem wirkt die Belastung strukturerhaltend auf den Knochen: Kalziumverlust bei Aufenthalt im schwerelosen Raum.
57 2.6 · Muskelgewebe
>
In Kürze
Stabilität, Plastizität sowie Knochenbruchheilung sind an eine permanente Aktivität von Osteozyten gebunden. Alle Vorgänge unterliegen regelnden Einflüssen, vor allem von Hormonen und Vitaminen. – Jugendformen von Osteozyten sind Osteoblasten. Als solche gehen sie aus dem Mesenchym hervor und können auch noch im reifen Knochen aus osteogenen Stammzellen entstehen. Osteoblasten bilden die organischen und anorganischen Interzellularsubstanzen des Knochens und beim Knochenumbau induzieren sie zuvor die Entstehung von Osteoklasten aus Monozyten bzw. Makrophagen. Osteozyten liegen im reifen Knochen in Knochenzellhöhlen, die vermittels feiner Kanälchen ein Labyrinth bilden. Untereinander stehen die Osteozyten über ihre Fortsätze in Verbindung und treten letztlich zu Kapillaren in Beziehung. Im Lamellenknochen liegen die Osteozyten an den Lamellengrenzen. Die Lamellen ihrerseits können als Osteonlamellen um einen Zentralkanal, Havers-Kanal, angeordnet sein, aber auch als Schaltlamellen, flache Lamellen oder Generallamellen vorliegen. Im Geflechtknochen bestehen keine Lamellen. – Die Knochenentwicklung kann direkt im Mesenchym vermittels desmaler Ossifikation oder indirekt unter Vermittlung einer Knorpelmatrize erfolgen, chondrale Ossifikation. Die chondrale Ossifikation spielt sich perichondral durch Bildung einer Knochenmanschette oder enchondral in einer Umbauzone zwischen Dia- und Epiphyse ab, die tätig bleibt, solange der Knochen wächst,Wachstumsfuge. Die Umbauzone gliedert sich in verschiedene Zonen, die den Entwicklungsschritten entsprechen.
2.6
Muskelgewebe Wichtig
Sie werden lernen, dass Muskelgewebe aus hochdifferenzierten, lang gestreckten Muskelzellen besteht, Muskelzellen als Substrat ihrer Fähigkeit, sich unter ATP-Verbrauch zu verkürzen und Spannung zu erzeugen, die Proteine Aktin und Myosin aufweisen, Muskelgewebe heterogen ist.
Unter Berücksichtigung morphologischer und funktioneller Gesichtspunkte lassen sich unterscheiden (⊡ Abb. 2.41, ⊡ Tabelle 2.7): glatte Muskulatur, quer gestreifte Muskulatur: – Skelettmuskulatur und – Herzmuskulatur. Gemeinsam sind allen Arten der Muskulatur Myofibrillen. Sie charakterisieren die Muskelzellen, die sie weitgehend ausfüllen. Myofibrillen bestehen aus den Proteinen Aktin und Myosin, die jedoch bei der glatten Muskulatur
anders angeordnet sind als bei der quer gestreiften Muskulatur inkl. Herzmuskulatur. In allen Fällen ist aber die Fähigkeit der Muskelzellen zur Kontraktion an das Zusammenwirken von Aktin und Myosin gebunden. ⓘ Infobox Kontraktile Zellen kommen nicht nur im Verband der Muskulatur vor, sondern auch als Myoepithelzellen in exokrinen Drüsen, Myofibroblasten, z. B. in den Alveolarsepten der Lunge und Perizyten in Kapillarwänden.
Zur Entwicklung Die Muskulatur entwickelt sich überwiegend aus dem Mesoderm: die Skelettmuskulatur aus Myoblasten des segmentierten Mesoderms der Somiten und des paraxialen Kopfmesoderms (S. 113), die glatte Muskulatur und die Herzmuskulatur dagegen hauptsächlich aus dem unsegmentierten viszeralen Mesoderm (Splanchnopleura, S. 114) und der Kutisplatte (s. unten). Eine Sonderstellung nehmen die Kopfmuskulatur und die aus den Branchialbögen hervorgegangenen Muskeln (z. B. M. trapezius, M. sternocleidomastoideus) ein. Obgleich es sich um quer gestreifte Skelettmuskulatur handelt, entstehen sie wie die glatte Muskulatur aus unsegmentiertem Me-
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58
Kapitel 2 · Histologie, Gewebelehre
2.6.1
Glatte Muskulatur
Wichtig
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Sie werden lernen, dass in glatten Muskelzellen die Aktin- und Myosinfilamente unregelmäßig angeordnet sind, eine Querstreifung fehlt, Kontraktionen auf einen Gleitmechanismus zwischen Aktin und Myosin zurückgehen.
⊡ Abb. 2.41 a–c. Muskelzellen. a Glatte Muskelzellen. b Quer gestreifte Skelettmuskelzellen. c Herzmuskelzellen
soderm. Gleiches gilt für die quer gestreifte Muskulatur des
Ösophagus. Eine weitere Ausnahme machen innere Augenmuskelzellen (S. 656) und Myoepithelzellen. Sie gehen aus dem Ektoderm hervor. Während der Muskeldifferenzierung treten im Zytoplasma der Myoblasten als erstes dünne, noch unregelmäßig angeordnete Aktinfilamente auf. Später folgen dickere Filamente aus Myosin. Beim Skelett- und Herzmuskel ordnen sich dünne und dicke Filamente zu den für die reife Muskelfaser charakteristischen Myofibrillen. Die Vermehrung der Myofibrillen erfolgt durch Längsteilung, nachdem durch Anlagerung von neu gebildeten Myofilamenten eine bestimmte Größe überschritten ist. Skelettmuskelzellen entstehen schließlich durch Verschmelzung von Myoblasten und sind deswegen vielkernige Synzytien. Ihre Zellkerne liegen zunächst in der Fasermitte, wandern später jedoch unter die Zelloberfläche.
Glatte Muskulatur kommt dort vor, wo ohne großen Energieaufwand ein Tonus gehalten werden muss, z. B. in Gefäßwänden oder in der Wand der Eingeweide, z. B. des Magen-Darm-Kanals. Damit steht im Zusammenhang, dass glatte Muskulatur nicht ermüdet. Verharrt glatte Muskulatur in einem Kontraktionszustand, entstehen Spasmen oder Koliken. – Innerviert wird die glatte Muskulatur vom vegetativen Nervensystem. Häufig bilden glatte Muskelzellen Bündel, die durch Bindegewebe zusammengehalten werden und in denen sich die Muskelzellen überlappen. Die Verlaufsrichtung der glatten Muskelzellen kann lagenweise wechseln. In manchen Organen liegen glatte Muskelzellen jedoch einzeln und sind locker im Bindegewebe verteilt (z. B. Prostata, Samenblase). Schließlich können glatte Muskelzellen kleine Muskeln bilden, z. B. die Mm. arrectores pilorum der Haut (S. 164). Glatte Muskelzellen (⊡ Abb. 2.41, 2.42) sind meist spindelförmig und selten verzweigt. Ihre Länge beträgt 50–400 mm, ihr Durchmesser 2–10 mm. Besonders lang sind die glatten Muskelzellen des Uterus (in der Schwangerschaft bis zu 500 mm). Glatte Muskelzellen können sich mitotisch teilen und sind zur Hypertrophie befähigt. Glatte Muskelzellen sind an ihrer gesamten Oberfläche von einer Basallamina umgeben. Der Kern der glatten Muskelzellen ist zigarrenförmig und hat abgerundete Enden. Er liegt in der Mitte der Zellen und fältelt sich bei Kontraktion. Das Zytoplasma der glatten Muskelzellen weist in der Umgebung des Kerns wenige Mitochondrien, wenig GER und einen kleinen Golgi-Apparat auf. Glatte Muskelzellen sind aber sehr glykogenreich. An der Plasmamembran befinden sich zahlreiche Caveolae, die wohl Orte des Einstroms von Ca++-Ionen sind. Außerdem kommen im Zytoplasma glatter Muskelzellen Sekretgranula vor, da glatte Muskelzellen Kollagen, Elastin und Glykosaminoglykane sezernieren können.
59 2.6 · Muskelgewebe
⊡ Tabelle 2.7. Vergleich zwischen den Muskelgeweben Glatte Muskulatur
Skelettmuskulatur
Herzmuskulatur
Kleinstes Bauelement
Spindelige Muskelzelle
Muskelfaser
Verzweigte Muskelzelle
Anordnung der Bauelemente
Bündelung, Überlappung
Parallele Bündelung
Raumnetz
Zellkern
1, zentral, stäbchenförmig
Viele, randständig, ovoid-linsenförmig
1–2, zentral, ovoid-abgestumpft
Kontraktile Struktur
Myofilament
Quer gestreifte Myofibrille
Quer gestreifte Myofibrille
Verbindung der Muskelzellen untereinander
Tight und Gap junctions, argyrophile Fasern
Endomysium, Sarkolemm
Disci intercalares
Innervation
Vegetatives Nervensystem
Animales Nervensystem
Erregungsleitungssystem, vegetative Nerven
Strukturen der Erregungsübertragung
Synapsen en distance
Motorische Endplatten
Gap junctions, Synapsen en distance
Vor allem wird aber der größte Teil des Zytoplasmas der glatten Muskelzellen außerhalb der Kernzone von dünnen Aktinfilamenten eingenommen, die in manchen glatten Muskelzellen parallel zur Längsachse, in anderen gitterwerkähnlich angeordnet sind. Sie befestigen sich an lokalen Verdichtungen des Zytoplasmas und des Plasmalemms, Plaques. Zwischen den Aktinfilamenten liegen relativ wenige Myosinfilamente, die mit den Aktinfilamenten kooperieren. ⓘ Infobox Durch die Kooperation von Aktin und Myosin kommt es zur Verkürzung (Kontraktion) der glatten Muskelzelle. Sie erfolgt, wenn im Zytoplasma der Zelle befindliches Ca++ an Kalmodulin (kalziumbindendes Protein) bindet, Myosin aktiviert wird und ein Gleitmechanismus zwischen Aktin und Myosin ähnlich dem der Skelettmuskulatur zustande kommt (s. unten).Jedoch sind die Kontraktionen der glatten Muskulatur sehr viel langsamer (wurmartig), aber ausdauernder als bei der Skelettmuskulatur.
Außer Myofilamenten kommen in glatten Muskelzellen intermediäre Filamente aus Desmin bzw. Vimentin vor, die kreuz und quer durch das Zytoplasma verlaufen und zusammen mit Aktinfilamenten an den zytoplasmatischen Verdichtungen und an Plaques der Plasmamembran befestigt sind.
Verbindungen zwischen glatten Muskelzellen. Glatte Muskelzellen sind, sofern sie nicht einzeln liegen, durch Zelladhäsionen (bei stets vorhandener Basallamina) verbunden. Hinzu kommen Nexus, Gap junctions. Zahlreich sind sie bei Verbänden glatter Muskelzellen, die sich zu Einheiten zusammenschließen können und zu Eigenkontraktionen fähig sind, z. B. die Muskulatur der Darmwand. Immer sind glatte Muskelzellen von argyrophilen Fasernetzen umsponnen und in umgebende Bindegewebsstrukturen eingebunden, die die von Kontraktionen erzeugten Spannungen weitergeben. Die Innervation der glatten Muskulatur erfolgt durch das vegetative Nervensystem, in der Regel durch Synapsen en passant (S. 78). An manchen glatten Muskelzellen, z. B. im Ductus deferens, bestehen jedoch auch direkte Membrankontakte zwischen Nervenendigungen und dem Plasmalemm der Muskelzelle. An den zu Eigenkontraktionen fähigen Verbänden glatter Muskelzellen hat das vegetative Nervensystem lediglich modulierenden Einfluss.
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Kapitel 2 · Histologie, Gewebelehre
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⊡ Abb. 2.42 a, b. Glatte Muskelzellen. a Elektronenmikroskopisch, b molekular
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In Kürze
Glatte Muskelzellen können einzeln liegen, Bündel oder kleine Muskeln bilden. Die Zellkerne befinden sich in der Muskelzellmitte und Aktin bildet in der Regel ein zytoplasmatisches Netzwerk. Eingelagert ist Myosin. Dort, wo zwischen benachbarten glatten Muskelzellen zahlreiche Nexus vorkommen, entsteht ein funktionelles Synzytium, das zu autonomen Kontraktionen fähig ist. Glatte Muskelzellen werden vom vegetativen Nervensystem innerviert.
2.6.2
Skelettmuskulatur
Wichtig
Sie werden lernen, dass Skelettmuskulatur aus quer gestreiften Muskelzellen (synonym Muskelfasern) besteht, die Querstreifung auf die Anordnung von Aktinund Myosinfilamenten zurückgeht, die gemeinsam Myofibrillen bilden, bei Muskelkontraktionen eine teleskopartige Verschiebung der Aktin- und Myosinfilamente erfolgt, Kontraktionen durch Freisetzung von Ca++-Ionen aus dem endoplasmatischen (sarkoplasmatischen) Retikulum der Muskelzelle ausgelöst wird,
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verschiedene Muskelfasertypen bestehen, die Innervation der Skelettmuskulatur durch motorische Endplatten und Muskelspindeln erfolgt.
Skelettmuskulatur ist die Muskulatur des Bewegungsapparats. Sie besteht aus quer gestreiften Muskelzellen, die auch als Muskelfasern bezeichnet werden (⊡ Abb. 2.43 a). Skelettmuskulatur wird sie genannt, weil die meisten ihrer Muskeln am Skelett entspringen und ansetzen. Es gibt jedoch Ausnahmen, z. B. in der Zunge, im Pharynx, Larynx und im oberen Ösophagus. Dort steht quer gestreifte Muskulatur nicht mit dem Skelett in Verbindung. Quer gestreifte Muskelzellen können bis zu 15 cm lang und zwischen 10 und 100 mm dick sein. Sie sind vielkernig, bis zu 100 Zellkerne, die randständig unter dem
61 2.6 · Muskelgewebe
⊡ Abb. 2.43 a–g. Skelettmuskulatur. a Quer gestreifte Skelettmuskelzelle. N Nukleus; I helle, A dunkle Streifen einer Myofibrille. b Myofibrille mit I-, A-, H- und Z-Streifen. c Sarkomere von Z- zu Z-Streifen mit ihrer Gliederung. Dünne Aktinfilamente und dicke Myosinfilamente sind miteinander verzahnt. d Querschnitte durch die verschiedenen Segmente (I, M, H, A). e Molekularer Bau von Aktin- und Myosinfilamenten. f Sarkomere in Ruhestellung, g bei Kontraktion
Plasmalemm liegen. Umgeben werden die Muskelzellen von einer Basallamina. Weitere Charakteristika der Muskelfasern der Skelettmuskulatur sind quer gestreifte Myofibrillen, sarkoplasmatisches Retikulum, Sarkosomen und Myoglobin. ⓘ Infobox
Die Myofibrillen der Skelettmuskulatur sind quer gestreift. Dadurch, dass bei allen in einer Muskelfaser vorhandenen Myofibrillen die jeweils gleichen Streifen in gleicher Höhe nebeneinander liegen, sind auch die Muskelfasern der Skelettmuskulatur als Ganzes quer gestreift. Ultrastrukturell bestehen Myofibrillen aus Myofilamenten, die sich aus – dünnen Aktinfilamenten und – dicken Myosinfilamenten zusammensetzen.
Sarkoplasmatisches Retikulum ist das glatte endoplasmatische Retikulum und Sarkosomen sind die Mitochondrien der Skelettmuskelzelle. Es handelt sich hierbei jedoch lediglich um spezielle Begriffe für Skelettmuskelzellen, nicht mehr. Außerdem wird das Zytoplasma der Muskelzellen (ohne Myofibrillen) als Sarkoplasma und das Plasmalemm = Zellmembran der Muskelzelle ausschließlich der umgebenden Basallamina und anliegender retikulärer Fasern als Sarkolemm bezeichnet.
Durch Zusammenwirken von Aktin- und Myosinfilamenten kommt es zu Kontraktionen. Die Myofilamente sind die Struktur- und Funktionsträger der quer gestreiften Muskulatur.
Myofibrillen (⊡ Abb. 2.43 b) haben einen Durchmesser von 1–2 mm. Sie sind lichtmikroskopisch eben sichtbar. Myofibrillen liegen in der Längsachse der Muskelzellen und sind untereinander durch das Protein Desmin verknüpft. Sie bilden Gruppen. Unter dem Einfluss der Fixierung entsteht dadurch auf Querschnitten das Bild einer Myofibrillenfelderung, Conheim-Felderung.
ein globuläres Protein. Die einzelnen Partikel (Durchmesser 5,5 nm) legen sich zu 2 verdrillten Strängen zusammen (⊡ Abb. 2.43 e). In den Rinnen zwischen den Aktinketten liegen lange, starre Tropomyosinmoleküle, die ihrerseits in regelmäßigen Abständen mit Troponin verbunden sind. An Troponin binden während der Kontraktion Kalziumionen (s. unten).
Aktinfilamente sind etwa 1 mm lang und 5–6 nm dick. Sie bestehen aus Aktin, Tropomyosin und Troponin. Aktin ist
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Kapitel 2 · Histologie, Gewebelehre
Myosinfilamente sind dicker als Aktinfilamente: etwa 1,5 mm lang, 10–15 nm dick. Sie bestehen aus Myosin (⊡ Abb. 2.43 e), einem Faserprotein von etwa 150 nm Länge. Die Myosinmoleküle haben einen dünnen, stäbchenförmigen Schaftteil (leichtes Meromyosin) und einen kugelförmigen Kopf (schweres Meromyosin). Der Kopf besteht aus einem Myosin-ADP-Komplex und hat hohe ATPase-Aktivität. Er befindet sich seitlich am Ende des Schaftes, mit dem er durch einen spiraligen, beweglichen Hals verbunden ist. Bei Kontraktionen bindet der Kopf kurzfristig an Aktin. Anordnung der Aktin- und Myosinfilamente (⊡ Abb. 2.43 c, d). Aktin- und Myosinfilamente liegen in einer Reihe und sind miteinander verzahnt. Es ragt jeweils von
beiden Seiten her ein Ende der Aktinfilamente zwischen die Myosinfilamente. Das andere Ende des Aktinfilaments liegt dagegen frei. Daraus ergibt sich die Querstreifung der Myofibrillen. Querstreifung. Licht- und elektronenmikroskopisch lassen sich unterscheiden (⊡ Abb. 2.43 a, b): A-Streifen. A bedeutet anisotrop, d. h. im polarisierten Licht doppelbrechend. I-Streifen. I bedeutet isotrop, im polarisierten Licht einfach brechend. Z-Streifen. Z bedeutet Zwischenstreifen. Ergänzt wird der A-Streifen durch die H-Zone, Hensen-Zone, und den M-Streifen, Mesophragma. A-Streifen erscheinen bei Färbungen dunkel. Sie werden
von dicken (Myosin-) Filamenten mit zwischengelagerten Aktinfilamenten gebildet. Jedoch befindet sich in der Mitte des A-Streifens ein Bereich, der frei von Aktin ist, H-Zone. Er entsteht dadurch, dass die Aktinfilamente nicht ganz die Mitte von A erreichen. Im Bereich der H-Zone sind die Myosinfilamente besonders dick.Außerdem befindet sich in der Mitte der H-Zone ein feiner dunkler Streifen, M-Streifen. Hier sind die dicken Filamente quer verbunden. Im Überlappungsbereich von Myosin und Aktin liegen jeweils um ein dickes Myosinfilament 6 dünne Aktinfilamente, sodass bei Querschnitten eine hexagonale Struktur entsteht. I-Streifen erscheint bei Färbungen hell. Er befindet sich zwischen den A-Streifen. Der I-Streifen besteht aus den Anteilen dünner Aktinfilamente, die außerhalb der A-Streifen liegen.
Z-Streifen. Er erscheint als dunkle Querlinie in der Mitte des I-Streifens. Im Z-Streifen sind die dünnen Aktinfilamente untereinander durch ein quer orientiertes Gitter aus Desmin- und Vimentin(10 nm)-Filamenten verbunden. Außerdem sind periphere Myofibrillen durch Vinkulin, einem aktinbindenden Protein, mit der Plasmamembran verknüpft. Vinkulin bildet zusammen mit anderen Anteilen eines subplasmalemmalen Zytoskeletts als Costamere bezeichnete Verdichtungen unter dem Plasmalemm. Sarkomer. Hierunter wird der Teil einer Myofibrille verstanden, der sich zwischen zwei Z-Streifen befindet. Die Streifenfolge in einem Sarkomer ist Z-I-A-H-M-H-A-I-Z. Die Länge eines Sarkomers im erschlafften Muskel beträgt 2 mm. Durch die Proteinfilamente Titin und Nebulin, die an den Z-Scheiben und von beiden Seiten her an M befestigt sind, wird eine Überdehnung der Sarkomeren verhindert. Titin hat einen gefalteten Abschnitt im Bereich des I-Streifens, der wie eine Feder wirkt. Zytomembranen. Es handelt sich um die Membranen des/der sarkoplasmatischen Retikulums, transversalen Tubuli, Triaden und Sarkolemms. Sarkoplasmatisches Retikulum (⊡ Abb. 2.44). Das sarkoplasmatische Retikulum ist das glatte endoplasmatische Retikulum der Skelettmuskelfaser (s. oben). Es umgibt jede Myofibrille netzförmig.Wegen seiner longitudinalen Orientierung wird es auch als L-System bezeichnet. Das sarkoplasmatische Retikulum speichert die für die Auslösung von Kontraktionen erforderlichen Kalziumionen. Transversale (T-) Tubuli sind quer liegende, schlauchför-
mige Invaginationen des Sarkolemms. Sie legen sich den Myofibrillen an der Grenze zwischen I- und A-Streifen an. Die T-Tubuli sind für eine einheitliche Kontraktion aller Myofibrillen in einer Skelettmuskelfaser verantwortlich (s. unten). Triaden (⊡ Abb. 2.44) entstehen dadurch, dass zwei sich
gegenüberliegende Erweiterungen des sarkoplasmatischen Retikulums, sog. Zisternen, an einen transversalen Tubulus herantreten. Gelegentlich kommen auch Diaden vor; dann legt sich nur eine Zisterne des sarkoplasmatischen Retikulums einem Tubulus an. Verbindungen zwi-
63 2.6 · Muskelgewebe
des Myosins und den Aktinfilamenten zustandekommt, sich die Myosinköpfchen umlegen und dünne Filamente durch eine Art Ruderbewegung zwischen die dicken gezogen werden. Die erforderliche Energie wird in den Myosinköpfchen durch ATP-Spaltung gewonnen. Flaut die nervöse Erregung ab, wird die Freisetzung von Kalziumionen aus dem sarkoplasmatischen Retikulum unterbrochen und es setzt ein aktiver Rücktransport von Kalziumionen in das sarkoplasmatische Retikulum ein. An den Membranen des sarkoplasmatischen Retikulums kommt es zu einer Repolarisation. Isometrische Kontraktion. Die Länge der Sarkomere und die Breite der Querstreifen ändert sich bei der isometrischen Kontraktion nicht. Zur Kraftentfaltung kommt es dadurch, dass die beweglichen Myosinköpfchen zyklisch an immer dieselbe Stelle der Aktinfilamente herantreten und die durch die Drehbewegung des Myosinköpfchens entstandene Spannung nach außen abgegeben wird.
Sarkosomen und weitere Bestandteile des Sarkoplasmas. Sarkosomen sind die Mitochondrien der Muskel⊡ Abb. 2.44. Quer gestreifte Muskelzelle. T transversales System; L longitudinales System (sarkoplasmatisches Retikulum)
schen Zysternen und T-Tubuli werden durch Proteinbrücken hergestellt. ⓘ Infobox Myofibrillen, T-Tubuli und sarkoplasmatisches Retikulum wirken bei Kontraktionen und Erschlaffung von Muskelfasern eng zusammen. Entscheidend ist die Bewegung von Ca++-Ionen, die nach nervöser Erregung durch eine Permeabilitätsänderung (Depolarisation) der Membranen der Tubuli und des sarkoplasmatischen Retikulums ins Sarkoplasma gelangen. Dann binden sie an die Myosinköpfchen der Myofibrillen und induzieren deren Bewegung. Hieraus resultieren Muskelkontraktionen. Zu unterscheiden sind isotonische Kontraktionen, bei denen sich der Muskel verkürzt, und isometrische Kontraktionen, bei denen es auch ohne Verkürzung des Muskels zur Kraftentfaltung kommt. Bei isotonischer Kontraktion (⊡ Abb. 2.43 g) ändert sich das Ausmaß der Überlappung zwischen dünnen und dicken Filamenten. Es werden in Abhängigkeit von der Stärke der Kontraktion die Aktinfilamente mehr oder weniger weit zwischen die Myosinfilamente gezogen. Dadurch werden die Sarkomere kürzer und I und H schmaler oder können verschwinden. Die Verschiebung der dünnen Filamente kommt nach der Sliding-Filament-Theorie dadurch zustande, dass induziert durch Ca++-Ionen eine Verbindung zwischen den Köpfchen
zelle. Sie liegen in einer Reihe zwischen den Myofibrillen und tragen dadurch zur Längsstreifung der Muskelzellen bei. Sie dienen der Energiegewinnung. Ferner kommt in größerer Menge Glykogen vor. Es ist das Energiedepot der Muskelzelle, das während der Muskelarbeit mobilisiert werden kann. Schließlich befindet sich im Sarkoplasma noch Myoglobin. Es ist für die rote Farbe der Muskulatur verantwortlich. Myoglobin bindet Sauerstoff und ist besonders reichlich in Muskelfasern vorhanden, die lang dauernde Kontraktionen auszuführen haben. Weniger entwickelt sind dagegen RER und Ribosomen. Auch der Golgi-Apparat ist klein. Entsprechend gering ist die Proteinsynthese der Skelettmuskulatur. Plasmamembran, Basallamina, Sehnenverbindungen.
Dem Sarkolemm ist an der zytoplasmatischen Seite ein Membranskelett aus fadenförmigen Proteinen (vor allem Dystrophin) angelagert, das über Zelladhäsionsmoleküle mit der Basallamina verbunden ist. Die Basallamina ihrerseits steht in Verbindung mit kollagenen Fasern, die sich den Sehnenansätzen der Skelettmuskelfaser anschließen. Die Verbindung zwischen Muskelzellen und Sehnen ist sehr stabil, da die Muskelfasern am Ort der Sehnenbefestigung fingerförmige Einstülpungen aufweisen, in die sich Sehnenfasern hineinschieben (⊡ Abb. 2.45). Dort kommen Hemidesmosomen vor. Die Sehnenfasern dienen der Befestigung der Muskeln am Knochen (S. 181).
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Kapitel 2 · Histologie, Gewebelehre
sind zu Ausdauerleistungen befähigt und ermüden langsam. Fast-Fasern enthalten die Myosinisoformen MHC IIA, IIB, IIX und entsprechen den Typ-II-Fasern. Sie können schnell viel Kraft entwickeln, ermüden aber auch schnell. Nach der Stoffwechselleistung kann man Slow- und Fast-Fasern typisieren in SO-Fasern, bei denen der oxidative Metabolismus überwiegt (slow-oxidative). Sie entsprechen den Typ-I-Fasern, FG- mit bevorzugt glykolytischem Metabolismus (fastglycolytic) und FOG-Fasern, Fast-Fasern mit sowohl oxidativem als
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auch glykolytischem Metabolismus (fast-oxidative-glykolytic).
FG- und FOG-Fasern gehören zu Typ-II-Fasern. ⊡ Abb. 2.45. Sehnenansatz an einer Skelettmuskelzelle
Reparaturvorgänge. Eine Neubildung von Muskelzellen erfolgt beim Erwachsenen nicht. Jedoch spielen sich Reparaturvorgänge ab. Sie gehen von lichtmikroskopisch kaum abgrenzbaren Satellitenzellen aus, die sich an der Oberfläche von quer gestreiften Muskelzellen befinden. Es handelt sich um verbliebene Myoblasten, die sich zu Muskelfasern differenzieren können. Nicht alle Skelettmuskelfasern sind gleich. Vielmehr gibt es mehrere Fasertypen, die sich physiologisch, meta-
bolisch und morphologisch unterscheiden, z. B. nach Kontraktionsgeschwindigkeit, Stoffwechselleistung und Zellorganellen. In einem Skelettmuskel als Einheit kommen jedoch alle Fasertypen gleichzeitig vor, wenn auch in unterschiedlichem Verhältnis. Hieraus ergibt sich die Leistung des Muskels. So bestehen Ausdauermuskeln, z. B. Zwerchfell oder die langen Rückenmuskeln hauptsächlich aus Slow-Fasern mit hohem oxidativen Stoffwechsel. In Schnellkraftmuskeln, z. B. dem M. extensor digitorum longus, überwiegen dagegen Fast-Fasern mit hohem glykolytischen Stoffwechsel. Unterschiede zwischen den Muskelfasertypen im Einzelnen Kontraktionsgeschwindigkeit. Sie hängt von den verschiedenen Isoformen der schweren Myosinketten (Myosin heavy chains,MHCs) ab,die ATP langsam oder schnell spalten. Unterscheiden lassen sich langsam kontrahierende Slow-Fasern und schnell kontrahierende Fast-Fasern. Slow-Fasern enthalten die Myosinisoformen MHC I und werden dementsprechend auch Typ-I-Fasern genannt. Sie
Morphologische Unterschiede finden sich hauptsächlich zwischen oxidativen und glykolytischen Fasern. Oxidative SO-Fasern haben viele Mitochondrien, sind reich kapillarisiert und enthalten viel Myoglobin. Sie wurden deshalb früher als »rote Fasern« bezeichnet. Ihr Durchmesser (etwa 50 mm) ist kleiner als der von glykolytischen (FG-) Fasern (etwa 100 mm). FG-Fasern haben weniger Mitochondrien, weniger Kapillaren, weniger Myoglobin. Sie wurden deshalb früher als »weiße Fasern« bezeichnet. FOG- Fasern ähneln morphologisch den SO-Fasern. ⓘ Infobox Muskelfasern können sich durch Veränderung ihres Metabolismus und ihrer molekularen Zusammensetzung funktionellen Beanspruchungen anpassen, z. B. Training, Krankheit, Altern. Das kann zur Umwandlung eines Fasertyps in einen anderen führen.
Innervation. Zu unterscheiden sind motorische Endplatten und Muskelspindeln. Hinzu kommen Golgi-Sehnenorgane und Gelenkkapselorgane. Motorische Endplatten (⊡ Abb. 2.46) sind Kontaktstellen zwischen dem Ende einer Nervenfaser und einer quer gestreiften Muskelfaser. Es handelt sich um neuromuskuläre Synapsen (S. 78). Sie vermitteln Signale aus dem Zentralnervensystem, sei es im Sinne einer willkürlichen, sei es einer unwillkürlichen Innervation. Motorische Endplatten bestehen aus dem Endkolben einer efferenten Nervenfaser und der subsynaptischen
65 2.6 · Muskelgewebe
⊡ Abb. 2.46 a, b. Motorische Endplatte, elektronenmikroskopisch. a Starke Vergrößerung. b Übersicht
Membran der Muskelfaser. Der Endkolben ist wannenförmig in die Muskelzelle eingebuchtet. Die Plasmamembran der Muskelzelle bildet in diesem Bereich tiefe parallele Falten, das subneurale Faltenfeld. Zwischen den sich gegenüberliegenden Membranen befindet sich ein Spalt von 30–50 nm, der ein Material enthält, das kontinuierlich mit der Basallamina der Muskelfaser in Verbindung steht. Der Transmitter myoneuraler Synapsen ist Azetylcholin, das bei Bedarf aus synaptischen Bläschen freigesetzt wird (S. 77). ⓘ Infobox An den motorischen Endplatten kommt es durch Freisetzung von Azetylcholin zur Depolarisation des dem Endkolben der Nervenfaser gegenüberliegenden Teils des Sarkolemms. Von hier breitet sich die Depolarisation über die gesamte Oberfläche der Muskelzelle einschließlich des transversalen Systems aus.Von dort wird die Kontraktion veranlasst (s. oben).
Motorische Einheit. Sie besteht aus einer Nervenfaser
und allen von ihr innervierten Muskelfasern. Die Anzahl der innervierten Muskelfasern variiert erheblich. Einzelheiten S. 185. Muskelspindeln (⊡ Abb. 2.47) sind eigene Organe inner-
halb eines Muskels. Sie befinden sich im Muskelbindegewebe. Muskelspindeln werden von afferenten und efferenten Nervenfasern erreicht, sind Dehnungsrezeptoren. Sie ermitteln die Länge eines Muskels und dienen der Regulation der Spannung des jeweiligen Muskels.
⊡ Abb. 2.47. Muskelspindel
Muskelspindeln sind bis zu 8 mm lang und etwa 0,2 mm dick. Sie werden von einer Bindegewebskapsel (mit elastischen Netzen) umgeben. Muskelspindeln sind an ihren beiden Enden mit sehnenartigen Bindegewebszügen am Perimysium der sie umgebenden Skelettmuskelfasern befestigt, die in diesem Zusammenhang als extrafusale Fasern bezeichnet werden.
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Kapitel 2 · Histologie, Gewebelehre
Im Inneren der Muskelspindel liegen 4–10 quer gestreifte Muskelfasern, die als intrafusale Fasern bezeichnet werden. Sie stehen durch Bindegewebe untereinander in Verbindung. Die intrafusalen Fasern verlaufen parallel zu den extrafusalen Muskelfasern ihrer Umgebung. Jede intrafusale Faser hat in der Mitte einen nichtkontraktilen Bereich, während an den Enden der Fasern quer gestreifte Myofibrillen vorkommen. Nach der Form der Fasern und Anordnung der Zellkerne werden unterschieden: Kernsackfasern, 1–2 pro Muskelspindel, und Kernkettenfasern. Kernsackfasern. Der zentrale Abschnitt ist sackartig er-
weitert und enthält bis zu 50 Zellkerne. Kernkettenfasern sind dünn und ihre Zellkerne sind reihenförmig hintereinander angeordnet. Die intrafusalen Fasern haben enge Beziehungen zum Nervensystem: Die mittelständigen Abschnitte werden von anulospiraligen Endigungen afferenter Nervenfasern vom Typ Ia (s. unten) umwickelt. Bei Dehnung des Muskels werden diese rezeptorischen anulospiraligen Endigungen verformt und damit erregt. Bei Entspannung des mittelständigen Anteils der intrafusalen Fasern, z. B. bei Kontraktion der Arbeitsmuskulatur, erlischt die Erregung in den anulospiraligen Endigungen. Beiderseits der anulospiraligen Endigungen – vorwiegend an Kernkettenfasern – liegen blütendoldenförmige Endigungen von afferenten Typ-II-Fasern. Diese Endigungen ermitteln nur konstante Dehnungen der intrafusalen Fasern.
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Die dünnen kontraktilen Enden der Kernsackfasern tragen kleine neuromuskuläre Synapsen, motorische Endplatten, die Kernkettenfasern Endnetze von efferenten Ag-Fasern aus dem Rückenmark. Diese Nervenfasern können eine isolierte Kontraktion der Enden der intrafusalen Fasern bewirken und damit die Spannung in den zentralen Faserabschnitten verändern. Dies beeinflusst die anulospiraligen Endigungen (s. oben). Insgesamt können die Ag-Fasern die Empfindlichkeit der Muskelspindeln steuern und sie unterschiedlichen Kontraktionszuständen des Muskels anpassen. Viele Bewegungen werden durch eine primäre Aktivierung der Ag-Fasern eingeleitet (Starterfunktion des g-Systems). Golgi-Sehnenorgane informieren über die Muskelspannung. Die Golgi-Sehnenorgane (Tendorezeptoren) liegen
im muskelnahen Anfang von Kollagenfaserbündeln der Sehne, ein Golgi-Organ auf 5–25 Muskelfaserinsertionen. Das geringfügig aufgetriebene Organ (»Sehnenspindel«) besteht aus zahlreichen Zweigen der dendritischen Anfänge von Ib-Nervenfasern, die zwischen den Kollagenfasern enden. Diese Rezeptoren werden bei Dehnung der Sehne, z. B. bei Kontraktion des Muskels, erregt. Gelenkkapselorgane sind Propriozeptoren (S. 651). Sie tragen dazu bei, über die Lage des Körpers im Raum zu informieren. Bei den Gelenkkapselorganen handelt es sich um verzweigte dendritische Endigungen afferenter Neurone, die frei oder von einer dünnen Bindegewebshülle umgeben in der Gelenkkapsel liegen sowie um lamellenförmige, den Vater-Pacini-Körpern (S. 161) ähnliche Gebilde.
In Kürze
Die Myofibrillen quer gestreifter Muskelzellen bestehen aus einer Aufeinanderfolge von Sarkomeren (von Z bis Z). Sarkomere gliedern sich in »helle« I- und einem »dunklen« A-Streifen. Im A-Streifen verzahnen sich dicke Myosinfilamente und dünne Aktinfilamente, lassen jedoch einen H-Streifen mit einem M-Streifen frei. I-Streifen bestehen nur aus Anteilen von Aktinfilamenten. Ca++-Ionen, die eine teleskopartige Verschiebung zwischen Aktin- und Myosinfilamenten auslösen, stammen aus dem sarkoplasmatischen Retikulum. An Trioder Diaden treten Membranen des sarkoplasmatischen Retikulums an Membranen transversaler Tubuli heran. Aufgrund morphologischer, physiologischer und metabolischer Eigenschaften lassen sich Typ-Iund Typ-II-Muskelfasern unterscheiden. Quer gestreifte Muskelzellen werden durch motorische Endplatten innerviert. Muskelspindeln stehen im Dienst der Spannungsregulierung von Muskeln. Sie sind Dehnungsrezeptoren.
67 2.6 · Muskelgewebe
2.6.3
Herzmuskulatur
Wichtig
Sie werden lernen, dass die Herzmuskulatur aus quer gestreiften Muskelzellen besteht, ein Netzwerk aus Muskelzellen bildet, die durch End-zu-End-Verbindungen, Disci intercalares, verknüpft sind, durch das vegetative Nervensystem innerviert wird, durch ein eigenes spezifisches Muskelsystem gesteuert wird.
Der Herzmuskel besteht aus Arbeitsmuskulatur und Muskulatur des Erregungsbildungs- und Leitungssystems.
Bei beiden handelt es sich um quer gestreifte Muskulatur, die sich jedoch deutlich von der Skelettmuskulatur unterscheidet. ⊡ Abb. 2.48. Herzmuskelzelle mit Discus intercalaris
Besonderheiten der Arbeitsmuskulatur (⊡ Abb. 2.41, 2.48). Die Herzmuskelzellen sind unregelmäßig verzweigt
und etwa 100 mm lang. Ihr Durchmesser beträgt 10–20 mm. Die Herzmuskelzellen sind hintereinander angeordnet und haben eine gemeinsame Basallamina. Herzmuskelzellen bilden durch ihre Verzweigungen ein Netzwerk. Zwischen den Herzmuskelzellen befinden sich Endzu-End-Verbindungen mit Interzellularspalten und Zelladhäsionen. Unter Berücksichtigung ihrer Räumlichkeit werden sie als Disci intercalares, Glanzstreifen, bezeichnet. Der Kern der Herzmuskelzelle liegt zentral. Gelegentlich kommen 2 bis 3 Kerne in einer Herzmuskelzelle vor. An den oberen und unteren Polen der Zellkerne ist Sarkoplasma angereichert. Außer den Zellorganellen kommt braunes Pigment (Lipofuszin) vor, das mit fortschreitendem Alter zunimmt. Im Sarkoplasma kommen neuroendokrine Granula vor: in den Kardiomyozyten des Vorhofs mit Cardionatrin (Atrial natriuretic factor, ANF, mit diuretischer und natriuretischer Wirkung) und Cardiodilatin (Angriffspunkt ist die glatte Gefäßmuskulatur), in der Ventrikelmuskulatur vorwiegend mit BNP
(Brain natriuretic peptide). Bei starker Vorhofdehnung werden dort Cardionatrin und Cardiodilatin abgegeben. > Klinischer Hinweis Für BNP steht ein Schnelltest zur Verfügung. BNP im Blut steigt bei Vorliegen einer Herzinsuffizienz stark an und korreliert mit der Schwere der Insuffizienz.
Der Feinbau der Myofibrillen des Herzmuskels entspricht dem des Skelettmuskels (s. oben). Jedoch bilden die Myofibrillen größere Gruppen. Zwischen den Myofibrillen und unter der Zelloberfläche liegen sehr viele Mitochondrien in Reihenstellung. Das transversale System ist im Herzmuskel kräftiger entwickelt als im Skelettmuskel. Es liegt in Höhe der Z-Streifen, reicht aber auch mit längs orientierten Ausläufern zwischen die Myofibrillen. Im Herzmuskel dient es als Speicher für Kalziumionen (nicht das L-System). Das L-System (sarkoplasmatisches Retikulum) ist vergleichsweise gering entwickelt. Es bilden sich lediglich Diaden mit den T-Tubuli. Satellitenzellen fehlen. Dadurch ist eine Regeneration von Herzmuskulatur nicht möglich. Herzmuskelzellen können aber hypertrophieren.
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Kapitel 2 · Histologie, Gewebelehre
> Klinischer Hinweis
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In experimentellen Studien wird versucht, die Regeneration von Herzmuskelgewebe nach Herzinfarkten durch Injektion von Stammzellen aus dem Knochenmark zu induzieren, die sich dann zu Herzmuskelzellen differenzieren sollen.
Jede Herzmuskelzelle wird von einer Kapillare begleitet. Die Innervation der Herzmuskulatur erfolgt durch das vegetative Nervensystem. Einzelheiten S. 508. Disci intercalares (⊡ Abb. 2.48, 2.49) verzahnen die Herzmuskelzellen. Sie können gerade oder stufenförmig zwischen den Herzmuskelzellen verlaufen. In den Disci intercalares treten auf Maculae adhaerentes, Desmosomen, Fasciae adhaerentes und Nexus, Gap junctions. Maculae adhaerentes dienen vor allem der Kraftübertragung zwischen den Herzmuskelzellen. Sie stehen mit intermediären Vimentinfilamenten des Sarkoplasmas der Herzmuskelzelle in Verbindung. An den Fasciae adhaerentes befestigen sich Aktinfilamente der Myofibrillen. Die Myofibrillen überschreiten die Zellgrenzen nicht. Aber Fasciae adhaerentes aufeinander folgender Herzmuskelzellen liegen sich gegenüber und sind durch Zelladhäsionsmoleküle verbunden. Die Nexus, Gap junctions, befinden sich vor allem am Rand der Disci intercalares. Sie dienen der Erregungsübertragung von einer Zelle zur anderen. Sie vermitteln die Synchronisation der Kontraktion der Herzmuskelzellen.
>
⊡ Abb. 2.49. Discus intercalaris. Z Z-Streifen der Myofibrillen
Muskulatur des Erregungsbildungs- und -leitungssystems. Die Muskelzellen sind in der Regel größer als die
der Arbeitsmuskulatur. Sie sind sarkoplasmareich aber myofibrillenarm. Die Myofibrillen liegen überwiegend randständig. In der Fasermitte kommen in der Regel mehrere Zellkerne vor. Die Muskelzellen des Erregungsleitungssystems sind glykogenreich und haben einen geringen oxidativen Stoffwechsel. Die Zellgrenzen sind kaum miteinander verzahnt. Die Einzelheiten über dieses System finden Sie auf S. 507.
In Kürze
Die Muskelzellen der Arbeitsmuskulatur des Herzens stehen an Disci intercalares (mit Gap junctions) miteinander in Verbindung und bilden ein Netzwerk. Herzmuskelzellen sind quer gestreift, haben in der Regel einen zentral gelegenen Zellkern. Die transversalen Tubuli liegen in Höhe von Z und haben längs orientierte Anteile. Die Muskelzellen des Erregungsbildungs- und Leitungssystems sind relativ myofibrillenarm und haben einen verminderten oxidativen Stoffwechsel.
69 2.7 · Nervengewebe
2.6.4
Myoepithelzellen
Myoepithelzellen sind lang gestreckt oder sternförmig mit einem zentral gelegenen Zellkern und langen Zytoplasmafortsätzen. Sie verfügen über Aktin- und Myosinfilamente und ähneln glatten Muskelzellen. Myoepithelzellen kommen an den Endstücken einiger Drüsen vor, z. B. Speicheldrüsen, Schweißdrüsen, Brustdrüse. Dort liegen sie zwischen der Basallamina und dem basalen Pol der Drüsenzellen, mit dem sie durch Desmosomen verbunden sind. Es wird angenommen, dass Myoepithelzellen die Sekretion der Drüsenzellen durch Zusammendrücken der sezernierenden Abschnitte beeinflussen können. Myoepithelzellen werden vom autonomen Nervensystem innerviert.
2.6.5
Myofibroblasten
Myofibroblasten sind spindelförmige Zellen mit langen Fortsätzen, einem länglichen Zellkern mit dunklem Nukleolus. In der Kernumgebung kommen viele Mitochondrien, ein deutlicher Golgi-Apparat, viel RER und viele freie Ribosomen vor. Außerdem verfü-
>
gen sie über viel Aktin und Desmin. Untereinander sind Myofibroblasten durch zahlreiche Nexus verbunden. Myofibroblasten kommen u. a. in der Lamina propria der Hodenkanälchen, wo sie durch rhythmische Kontraktionen den Spermientransport unterstützen sollen, in der Theca externa der Ovarialfollikel und in den Zotten des Darms vor. Insgesamt handelt es sich um eine unauffällige Zellpopulation, die aber bei der Wundheilung und auch bei Erkrankungen (Leberzirrhose, Lungenfibrose) aktiv wird und dann in großer Menge Kollagen bilden kann.
2.6.6
Perizyten
Perizyten befinden sich in den Wänden von Kapillaren und Venulen, sind sternförmig und durch Nexus mit den Endothelzellen verbunden. Sie sind organellenarm und ihr Zellkern ist relativ groß. Auffällig ist das Vorkommen von Aktin und Myosin sowie von Desmin in ihrem Zytoplasma. Sie können als mesenchymale Stammzellen fungieren. Nach Gewebeverletzungen sprossen Perizyten aus und können sich zu Myofibroblasten differenzieren.
In Kürze
Myoepithelzellen, Myofibroblasten und Perizyten sind Übergangsformen glatter Muskelzellen. Myoepithelzellen befinden sich am basalen Pol von Drüsenzellen, Myofibroblasten an Hodenkanälchen und an Ovarialfollikeln, Perizyten an Gefäßen.
2.7
Nervengewebe Wichtig
Sie werden lernen, dass Nervengewebe ubiquitär im Körper vorhanden ist, aus einem Netzwerk von Nervenzellen besteht, die durch Synapsen untereinander und mit ihren Erfolgsorganen verbunden sind, durch Glia ergänzt wird.
Das Nervengewebe besteht aus Nervenzellen mit ihren Fortsätzen und Neuroglia.
Hinzu kommen Nervenfasern und Nerven. Zur Entwicklung Alle Nervenzellen stammen aus dem Ektoderm. Die Neuroglia ist teilweise neuroektodermaler, teilweise mesenchymaler Herkunft. Einzelheiten S. 689.
2
70
Kapitel 2 · Histologie, Gewebelehre
2.7.1
2
Neuron, Nervenzelle
Wichtig
Sie werden lernen, dass Nervenzellen eigene Entitäten sind, ihr trophisches Zentrum im Zellleib, Perikaryon, haben, mit Dendriten und einem Axon ausgestattet sind, die der Erregungsleitung und dem Stofftransport dienen, eine uneinheitliche Zellpopulation sind, die sich klassifizieren lässt.
Im menschlichen Gehirn kommen etwa 1010 bis 1012 Nervenzellen vor. Jede dieser Nervenzellen ist eine genetische, morphologische, funktionelle und trophische Einheit. Nervenzellen können durch Veränderungen in ihrer Umgebung erregt werden (als Reiz bezeichnet), Erregungen über sehr weite Strecken leiten, die durch Erregungen übermittelten Informationen »verarbeiten« und Erregungen auf andere Nervenzellen bzw. Erfolgsorgane, z. B. Muskeln, Drüsenzellen, übertragen. Nervenzellen bestehen aus (⊡ Abb. 2.50) Perikaryon, Zellleib, der den Zellkern enthält, und Fortsätzen, nämlich – Dendriten, in der Regel mehrere, und – einem Axon. Untereinander stehen Nervenzellen durch Synapsen in Verbindung, die der Erregungsübertragung dienen. > Methodischer Hinweis Zur histologischen Darstellung von Nervenzellen in ihrer Gesamtheit sind Silberverfahren geeignet, z. B. nach Golgi, nach Cajal. Mit anderen Methoden werden Teilstrukturen erfasst, z. B. die Nissl-Substanz (s. unten), Markscheiden (s. unten) oder Synapsen. Schließlich gibt es experimentelle Verfahren, die mit markierenden Stoffen arbeiten.
Perikaryon Sehr auffällig ist im Perikaryon der Zellkern (⊡ Abb. 2.50). Er ist in der Regel groß, besitzt einen deutlichen Nukleolus und liegt zentral im Zellleib.
⊡ Abb. 2.50. Multipolare Nervenzelle mit Synapsen. 1 axodendritische Synapse; 2 axosomatische Synapse; 3 axoaxonale Synapse
ⓘ Infobox Nervenzellen befinden sich in der G0-Phase des Zellzyklus. Offen ist, ob es Umstände gibt, unter denen sie wieder mitotisch aktiv werden können. Experimentell gesichert ist eine (begrenzte) Neubildung aus Stammzellen, die subventrikulär vorkommen. Von dort können Vorläuferzellen in umschriebene Zielgebiete wandern, z. B. den Bulbus olfactorius, Gyrus dentatus des Hippocampus, den Lobus frontalis des Gehirns.
Für das Zytoplasma sind charakteristisch die Nissl-Substanz, (benannt nach ihrem Entdecker, dem Psychiater Nissl, geb. 1860), ein auffälliger Golgi-Apparat (benannt nach dem italienischen Histologen Golgi, Nobelpreis 1906) und Neurofibrillen. Bei der Nissl-Substanz (⊡ Abb. 2.50) handelt es sich um basophile Schollen, die sich elektronenmikroskopisch als lokale Anhäufungen von RER und freien Ribosomen
erweisen. Größe und Anzahl der Nissl-Schollen sind funktionsabhängig. – Die Nissl-Substanz ist der Ort der Synthese von Struktur- und Transportproteinen.
71 2.7 · Nervengewebe
Golgi-Apparat und Nissl-Substanz arbeiten bei der Proteinsynthese eng zusammen (S. 27). Ein Golgi-Apparat ist in jeder Nervenzelle vorhanden und in manchen besonders stark entwickelt. Dann erscheint er netzförmig in der Umgebung des Kerns. ⓘ Infobox Nach übermäßiger Beanspruchung einer Nervenzelle, z. B. durch gesteigerte Muskeltätigkeit oder in der Regenerationsphase nach Durchtrennung von Fortsätzen (S. 82), kommt es zu Veränderungen der Nissl-Substanz und des Golgi-Apparats. Insbesondere vermindert sich die Anzahl der Nissl-Schollen, sie diversifiziert sich. Dieser Vorgang wird als Chromatolyse bezeichnet (s. unten). Gleichzeitig vergrößert sich der Golgi-Apparat. Verbunden sind diese Veränderungen mit stark erhöhtem Proteinumsatz in der Nervenzelle.
Neurofilamente und Neurotubuli. Beide Strukturen gehören zum Zytoskelett (S. 18). Neurofilamente sind intermediäre Filamente (S. 19). Sie bilden entweder Bündel, die lichtmikroskopisch sichtbar sein können und dann als Neurofibrillen bezeichnet werden, oder sie sind so angeordnet, dass sie die basophilen Strukturen zu NisslSchollen zusammenfassen. – Mikrotubuli (hier Neurotubuli) kommen vor allem in Axonen vor und stehen im Dienst des Vesikeltransports. Weitere Bestandteile des Neuroplasmas. Mitochondrien sind in der Regel zahlreich,da der Energiebedarf der
Nervenzellen hoch ist. Er wird fast ausschließlich durch Glukose gedeckt. Zahlreich sind auch Lysosomen, die dem Abbau, z. B. des aus dem Axon herangeführten Materials dienen. Schließlich besitzen viele Nervenzellen Pigment, sodass z. B. im Gehirn eine charakteristische Pigmentarchitektonik entsteht. Besonders auffällig ist in der Substantia nigra (S. 741) das Vorkommen von Melanin, einem dunkelbraunen bzw. schwarzen Pigment oder im Nucleus ruber des Mittelhirns eines eisenhaltigen roten Pigments.
Dendriten Dendriten sind baumartig verzweigte Fortsätze der Nervenzellen. In der Regel hat jedes Perikaryon zahlreiche Dendriten, die jedoch meist kürzer sind als das Axon (s. unten). Ein Sonderfall liegt bei Spinalganglienzellen vor: pseudounipolare Nervenzellen (s. unten): Diese Nervenzellen haben nur 1 Dendrit, der so lang sein kann wie das Axon. Dendriten enthalten Zytoplasma mit einem Feinbau ähnlich dem des Perikaryons. Nissl-Schollen werden je-
doch nur perikaryonnah gefunden. Mit jeder Aufzweigung wird der Durchmesser der Dendriten kleiner. In sehr dünnen Dendriten fehlen Mitochondrien. Dendriten und Perikaryon haben eine sehr niedrige Reizschwelle; dadurch können hier Signale leicht aufgenommen werden. Zu diesem Zweck stehen an der Oberfläche der Dendriten tausende kleiner dorn- oder knospenförmiger Fortsätze zur Verfügung. Diese Fortsätze sind polysomenreich, haben viele Aktinfilamente und einen Dornenapparat aus tubulären Zisternen. An der Oberfläche befinden sich Synapsen, die Signale von einer anderen Nervenzelle aufnehmen und zur Weiterleitung in Richtung auf das Perikaryon an die Dendriten abgeben. Jenseits des Perikaryons steht dann das Axon zur Signalleitung zur Verfügung.
Axon Das Axon dient der efferenten Erregungsleitung. Jede Nervenzelle besitzt nur 1 Axon. Es kann bis zu 1 m lang sein. Die meisten Axone sind von einer Hülle umgeben (s. unten, Nervenfaser). Folgende Abschnitte lassen sich unterscheiden: Ursprungskegel, Initialsegment, Hauptverlaufsstrecke und Endverzweigung. Ursprungskegel.
Der
Ursprungskegel
(Axonhügel,
⊡ Abb. 2.50) gehört zum Perikaryon. Er befindet sich
dort, wo das Axon das Perikaryon verlässt, und ist frei von Nissl-Substanz. Initialsegment (⊡ Abb. 2.50). Das kurze Initialsegment des Axons ist stets ohne Hülle. Da die Erregungsschwelle des Plasmalemms des Anfangssegments extrem niedrig ist, nimmt hier die Fortleitung der Erregung ihren Ausgang. Hauptverlaufsstrecke (s. unten). Die Hauptverlaufsstrecke des Axons kann Abzweigungen aufweisen, die als Kollaterale bezeichnet werden. Sofern es sich um Kollaterale von markhaltigen Nervenfasern handelt, erfolgt die Abzweigung an einem Ranvier-Schnürring (S. 80). Kollaterale können das Axon begleiten und das gleiche Ziel wie das Axon erreichen oder an andere, auch weit entfernt gelegene Nervenzellen – evtl. der Gegenseite –, oder rückläufig an das eigene Perikaryon herantreten, dann rekurrente Kollaterale. Endverzweigungen. Sie werden als Telodendron bezeichnet. Durch sie kann eine Nervenzelle mit mehreren
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72
2
Kapitel 2 · Histologie, Gewebelehre
anderen Nervenzellen bzw. Effektoren, z. B. Muskelzellen, in Verbindung stehen. An den Kontaktstellen mit der Folgestruktur sind die Axonenden häufig leicht aufgetrieben; sie bilden ein Bouton. Feinbau des Axons. Die Oberflächenmembran des Axons wird als Axolemm bezeichnet. Das Zytoplasma in den Axonen, Axoplasma, ist organellenarm (nur wenige Mi-
tochondrien und wenig GER). Hauptbestandteile sind Neurofilamente und Neurotubuli. Außerdem kommen zahlreiche Bläschen vor. Das Axoplasma ist dauernd im Fluss, axoplasmatischer Fluss. Überwiegend ist die Strömung nach distal gerichtet, anterograd, in geringerem Umfang zum Perikaryon hin, retrograd. Anterograd erfolgen ein schneller Transport, 50–400 mm/Tag, und ein langsamer Transport, 0,2–8 mm/Tag. Der schnelle Transport findet im Zentrum des Axons statt, der langsame oberflächennah. Schnell transportiert wird alles, was im Axon benötigt wird, z. B. Membranproteine oder Vesikel mit Neuropeptiden. Dabei dienen die Mikrotubuli als Leitstrukturen. Langsamer wird transportiert, was dem Axoplasmaaustausch dient. Er ist unabhängig von Mikrotubuli. Der retrograde Transport ist relativ langsam. Er bringt Produkte aus der Peripherie des Axons zum Abbau durch Lysosomen ins Perikaryon.
2.7.2
Klassifizierung von Nervenzellen
Zwischen Nervenzellen bestehen hinsichtlich Größe, Form und Feinbau der Perikarya sowie hinsichtlich Zahl und Art der Verzweigungen der Fortsätze und auch in funktioneller Hinsicht Unterschiede. Die größten Perikarya haben Durchmesser bis zu 120 mm (Motoneurone des Rückenmarks), die kleinsten von 4–5 mm (Körnerzellen des Kleinhirns). Dadurch, dass viele Nervenzellen gleichen Aussehens zusammenliegen und sich von denen der Nachbarschaft unterscheiden, entsteht im Gehirn und Rückenmark eine zytoarchitektonische Gliederung. Klassifizierung unter Berücksichtigung der Fortsätze.
Es lassen sich unterscheiden (⊡ Abb. 2.51) unipolare Nervenzellen, pseudounipolare Nervenzellen, bipolare Nervenzellen und multipolare Nervenzellen. Eine Sonderform sind anaxonische Nervenzellen. Unipolare Nervenzellen. Sie haben nur ein Axon, aber keine Dendriten, z. B. modifizierte Nervenzellen in der Netzhaut des Auges (S. 658). Pseudounipolare Nervenzellen (⊡ Abb. 2.51 b). Bei pseudounipolaren Nervenzellen, z. B. im Spinalganglion (S. 691), waren ursprünglich 2 Fortsätze vorhanden, die sich dann aber perikaryonnah zu einem Fortsatz vereinigt haben. Der Fortsatz teilt sich nach kurzem Verlauf T-förmig, wobei der eine Ast in die Peripherie, der ande-
⊡ Abb. 2.51 a–g. Nervenzelltypen. *Axon; K Kollaterale. a Bipolare Nervenzelle. b Pseudounipolare Nervenzelle. c,d Multipolare Nervenzellen: c multipolare Vorderhornzelle, d multipolare Nervenzelle vom Golgi-Typ II. e,f Nervenzellen vom Golgi-Typ I: e Pyramidenzellen der Hirnrinde, f Purkinje-Zellen des Kleinhirns. g Amakrine Zelle
73 2.7 · Nervengewebe
re zum Zentralnervensystem zieht. Beide Fortsätze sind von einer Myelinscheide (s. unten) umgeben. Der in die Peripherie gerichtete Fortsatz entspricht einem Dendriten (Richtung der Erregungsleitung von peripher zum Perikaryon) und wird als dendritisches Axon bezeichnet. Der andere Fortsatz ist das Axon sui generis (⊡ Abb. 2.51 a). Bipolare Nervenzellen (⊡ Abb. 2.51 a). Bipolar ist eine Nervenzelle dann, wenn außer dem Axon noch 1 Dendrit vorhanden ist, z. B. im Ganglion spirale des Gehörorgans (S. 681). Multipolare Nervenzellen (⊡ Abb. 2.51 c–f). Die meisten Nervenzellen sind multipolar, d. h. sie haben viele Fortsätze. Ein typisches Beispiel sind die motorischen Vorderhornzellen des Rückenmarks (Motoneurone, ⊡ Abb. 2.51 c, S. 769). Diese Nervenzellen haben zahlreiche Dendriten, die sich in der Umgebung des Perikaryons verzweigen, und ein langes Axon, das in die Peripherie zieht. Im Einzelnen Es lassen sich verschiedene Typen von multipolaren Nervenzellen unterscheiden. Auffällig sind Golgi-Typ-I-Nervenzellen und Golgi-Typ-II-Nervenzellen. Golgi-Typ-I-Nervenzellen. Diese multipolaren Nervenzellen haben ein langes Axon und nur 1–2 dicke Dendriten, die sich stark verzweigen. Besonders auffällige Beispiele sind die Pyramidenzellen der Großhirnrinde (⊡ Abb. 2.51 e, S. 719) sowie die Sternzellen und die Purkinje-Zellen des Kleinhirns (⊡ Abb. 2.51 f, S. 762). Die Dendriten der Purkinje-Zellen verzweigen sich wie Spalierobst in einer Ebene. Golgi-Typ-II-Nervenzellen. Sie treten in zahlreichen Unterformen auf. Gemeinsam ist allen Golgi-Typ-II-Nervenzel-
>
len ein kurzes Axon, das in unmittelbarer Nachbarschaft des Perikaryons bleibt (⊡ Abb. 2.51 d). Sowohl die Axone als auch die Dendriten können sich stark verzweigen. GolgiTyp-II-Nervenzellen sind Interneurone (s. unten, Relaiszellen) und dienen der Integration von Signalen. Anaxonische Nervenzellen kommen nur an wenigen Stellen vor: in der Netzhaut des Auges als amakrine Zellen (⊡ Abb. 2.51 g, S. 661) und im Bulbus olfactorius. Funktionelle Klassifizierung. Hierbei wird die Richtung
der Erregungsleitung berücksichtigt. Es liegen vor efferente Neurone (S. 691), die die Erregung vom Zentralnervensystem weg in die Peripherie, z. B. zu quer gestreifter oder glatter Muskulatur leiten, afferente Neurone (S. 690), die zur Erregungsleitung von Reizen aus der inneren und äußeren Körperperipherie zum Zentralnervensystem dienen, und Interneurone (S. 690), die Zwischenglieder neuronaler Ketten oder Kreise sind. Neuroendokrine Zellen. Neuroendokrine Zellen sind Nervenzellen, die zur Synthese und Abgabe von Hormonen bzw. von endokrin wirksamen Stoffen befähigt sind. Ein charakteristisches Beispiel sind spezielle multipolare Nervenzellen im Zwischenhirn, die die Proteohormone Oxytozin und Vasopressin bilden (S. 731). Außerdem treten im Gehirn Nervenzellen auf, die Peptide bilden, die auch außerhalb des Nervensystems als Hormone vorkommen (⊡ Tabelle 10.11, S. 813). Sie werden dort in endokrinen Zellen synthetisiert und abgegeben, die unter der Bezeichnung disseminiertes neuroendokrines System zusammengefasst sind.
In Kürze
Das Perikaryon ist das trophische Zentrum der Nervenzelle. Charakteristisch sind vor allem der große Zellkern, die Nissl-Substanz, der auffällige Golgi-Apparat. Die Dendriten sind überwiegend rezeptiv. Die Signale werden vor allem an dornartigen Fortsätzen aufgenommen. Der Signalleitung vom Perikaryon weg dient das stets in Einzahl vorhandene Axon. Im Axon erfolgt aber auch gleichzeitig eine Zytoplasmaströmung, die bidirektional, aber überwiegend distal gerichtet ist. Dem Vesikeltransport dienen dabei vor allem Neurotubuli. Nervenzellen lassen sich unter Berücksichtigung ihrer Fortsätze klassifizieren.
2
74
Kapitel 2 · Histologie, Gewebelehre
2.7.3
2
Synapsen
Wichtig
Sie werden lernen, dass Synapsen Orte der Signaltransduktion sind, an chemischen Synapsen Signale vermittels Überträgerstoffen,Transmitter, weitergegeben werden, chemische Synapsen aus spezifisch gebauten Abschnitten des Plasmalemms bestehen, an elektrischen Synapsen die Signalweitergabe an Gap junctions erfolgt.
An Synapsen werden Signale von einem Neuron auf das nächste oder auf ein Erfolgsgewebe (Muskulatur, Drüsenzellen u. andere) übertragen. Es handelt sich um umschriebene Kontaktstellen zwischen den beteiligten Zellen. ⓘ Infobox Lichtmikroskopisch können Synapsen durch Versilberung nach Golgi (im »Golgi-Präparat«) als knopfförmige Verdickung an der Oberfläche von Nervenzellen und Dendriten dargestellt werden. Immunhistochemisch lassen sich Synapsen durch Darstellung der Transmitter, enzymhistochemisch durch Nachweis von Enzymen, die die Transmitter auf- bzw. abbauen, erfassen. Die strukturellen Einzelheiten der Synapse zeigen sich im Elektronenmikroskop.
Nach Art der Erregungsübertragung lassen sich unter-
scheiden chemische Synapsen und elektrische Synapsen. Chemische Synapsen bedienen sich zur Weitergabe Überträgerstoffen, Transmitter. Beim Menschen kommt überwiegend dieser Synapsentyp vor. Bei elektrischen Synapsen wird die Erregung durch Gap junctions von einer Nervenzelle auf die Folgezelle weitergeleitet.Die Erregungsrichtung kann auch rückläufig sein. Verwirklicht ist dieser Synapsentyp bei einigen Sinneszellen,z. B.zwischen den Rezeptorzellen der Retina. Funktionell lassen sich unterscheiden: erregende, exzitatorische Synapsen und hemmende, inhibitorische Synapsen. Zur Entwicklung Die meisten Synapsen des Zentralnervensystems bilden sich erst nach der Geburt. Ihre Entstehung wird erheblich
durch Sinneseindrücke und Aktivierung des Bewegungsapparats gefördert. Synapsen können sich aber auch noch im Nervensystem Erwachsener bilden. Synapsen können sich auch wieder lösen. Bau chemischer Synapsen. Eine Synapse besteht aus einer präsynaptischen Membran, einem synaptischen Spalt und einer subsynaptischen Membran.
Präsynaptische und subsynaptische Membran liegen sich gegenüber und sind durch den synaptischen Spalt voneinander getrennt (⊡ Abb. 2.52). Sofern eine Axonscheide (s. unten) vorhanden ist, gibt diese im Bereich der Synapse das Axonende frei. Präsynaptische Membran. Sie ist ein Teil des Plasmalemms des innervierenden Axons und befindet sich in der Regel im Bereich eines aufgetriebenen Axonendes (Synapsenkolben, Bouton, s. oben, Durchmesser etwa 0,5 mm). Zu erkennen ist die präsynaptische Membran an einer Verdichtung aus proteinreichem Material an der Innenseite der Plasmamembran. Die Verdichtung lässt hexagonale Räume frei, in die synaptische Bläschen (s. unten) eintreten und mit der Oberfläche Kontakt aufnehmen können. Hier werden Transmitter freigesetzt. Synaptischer Spalt. Der Synapsenspalt, etwa 20 nm breit, trennt die präsynaptische Membran von der subsynaptischen Membran. Er kommuniziert mit dem extrazellulären Raum. Subsynaptische Membran. Sie gehört zum Plasmalemm der innervierten Nervenzelle. Die subsynaptische Membran ist der Teil der postsynaptischen Membran, der der präsynaptischen Membran gegenüberliegt. Die subsynaptische Membran weist in großer Zahl Rezeptoren für präsynaptisch freigesetzte Neurotransmitter auf. Außerdem ist die postsynaptische Membran meist durch Substanzanlagerungen verdickt, in die Aktinfilamente einstrahlen. ⓘ Infobox Transmitter können nach Freisetzung auch auf den präsynaptischen Bereich wirken, da sich auch hier Rezeptoren befinden. Dabei handelt es sich um Autorezeptoren, wenn sie die eigenen, im Bouton gebildeten Transmitter binden, um Heterorezeptoren, wenn sie mit anderen Wirkstoffen z. B. Transmittervorläufern oder Pharmaka, reagieren.
Einzelheiten zu Synapsenformen Morphologisch werden nach der Breite des synaptischen Spalts und dem Aussehen der Verdichtungszonen an den
75 2.7 · Nervengewebe
⊡ Abb. 2.52 a–d. Synapsen. a Axodendritische, axosomatische und axoaxonale Synapsen. b Feinbau einer Typ-I-Synapse. c Feinbau einer Typ-II-Synapse. d Transportmechanismus und Abbau des Überträgerstoffes Azetylcholin
gegenüberliegenden Synapsenmembranen in der Großhirnrinde die Synapsentypen I und II (nach Gray, 1959) unterschieden. Außerdem gibt es Zwischentypen. Beim Typ I (⊡ Abb. 2.51 b) ist der synaptische Spalt etwas breiter (30 nm) und die prä- und subsynaptischen Membranverdichtungen sind an den ganzen Synapsenflächen vorhanden, jedoch subsynaptisch dicker als präsynaptisch (deswegen asymmetrische Synapse). Die synaptischen Bläschen sind rund und hell. Dieser Synapsentyp (I) soll erregende Funktionen haben. Beim Typ II (⊡ Abb. 2.51 c) ist der Synapsenspalt schmaler (20 nm) und die Membranverdichtungen sind nur stellenweise vorhanden, dann aber symmetrisch. Dieser Synapsentyp (II) soll hemmend wirken.
Weitere Unterscheidungen betreffen die Synapsenformen. Von einer Dornsynapse wird gesprochen, wenn eine Synapse an einer dornartigen Vorwölbung eines Dendriten sitzt (s. oben). Ist der Dorn unterteilt und trägt er mehrere Synapsen, handelt es sich um eine komplexe Synapse. Schließen sich mehrere Axone und Dendriten zu einem Komplex mit vielen Synapsen zusammen, liegen synaptische Glomeruli vor (z. B. in der Kleinhirnrinde, S. 763). Schließlich gibt es noch reziproke Synapsen, an denen die Signalübermittlung teils axodendritisch, teils in umgekehrter Richtung erfolgt. Synapsen en distance S. 78.
2
76
Kapitel 2 · Histologie, Gewebelehre
ⓘ Infobox zur Synapsenfunktion
2
Transmitter gibt es in reicher Zahl. ⊡ Tabelle 2.8 fasst Neu-
Bei der Weitergabe der Signale von einer Nervenzelle an die nächste entsteht bei chemischen Synapsen postsynaptisch ein Aktionspotenzial, das zum Erfolgsorgan weitergeleitet wird. Eingeleitet wird die Signalübermittlung durch Transmitterfreisetzung aus synaptischen Bläschen. Von der Art des Transmitters und der Empfänglichkeit der postsynaptischen Membran hängt ab, ob eine Nervenzelle auf die folgende erregend oder hemmend wirkt.
rotransmitter zusammen, die histochemisch nachgewiesen werden können. Der wichtigste exzitatorische Neurotransmitter ist Glutamat. Transmitter geben auch gleichzeitig den Synapsen, an denen sie vorkommen, den Namen,z. B.cholinerge Synapse,glutaminerge Synapse usw. Gemeinsam ist allen Transmittern, dass sie in den jeweiligen Nervenzellen synthetisiert, gespeichert und bei
⊡ Tabelle 2.8. Histochemisch nachweisbare Transmitter, ihre Wirkung, ihr Vorkommen und ihre Nachweise Überträgerstoffe/Wirkung
Vorkommen
Nachweise
Azetylcholin überwiegend exzitatorisch
Motorische Endplatten, vegetatives Nervensystem, in zahlreichen Neuronen der ZNS, cholinerges System
Cholinazetyltransferase (CAT, immunhistochemisch), Azetylcholinesterase (AChE, enzymhistochemisch)
Aminosäuren g-Aminobuttersäure (GABA) inhibitorisch
In zahlreichen Neuronen, v. a. im Großund Kleinhirn
Immunhistochemisch, Glutamat decarboxylase (GAD, immunhistochemisch)
Glycin inhibitorisch
Hirnstamm, Rückenmark
Lektinhistochemisch
Glutamat exzitatorisch
Ubiquitär
Glutamatdehydrogenase (immunhistochemisch)
Monoamine Histamin exzitatorisch inhibitorisch
Hypothalamus (Nucl. tuberomammillaris)
Immunhistochemisch Histidindecarboxylase (immunhistochemisch)
Dopamin inhibitorisch
ZNS, z. B. Hirnstamm, Hypothalamus, Corpus striatum, dopaminerges System
Tyrosinhydroxylase (immunhistochemisch)
Noradrenalin teils exzitatorisch teils inhibitorisch
2. Neuron im efferenten Teil des Sympathikus; ZNS, z. B. noradrenerges System, Hypothalamus
Dopamin-b-Hydroxylase (immunhistochemisch)
Adrenalin
ZNS, z. B. Hirnstamm
Phenylethanolamin-N-methyltransferase (immunhistochemisch)
Serotonin inhibitorisch
ZNS, z. B. Hirnstamm, serotoninerges System
Tryptophanhydroxylase (immunhistochemisch)
ZNS, z. B. Zerebellum PNS, z. B. Plexus myentericus ZNS, z. B. Hippocampus PNS, z. B. Plexus myentericus, Ganglien
Stickoxidsynthase (immunzytochemisch) Hämoxygenase-2 (immunzytochemisch)
ZNS und PNS
Immunhistochemisch
Gasförmige Transmitter Stickoxid (NO) Kohlenmonoxid (CO)
Neuropeptide (S. 813)
77 2.7 · Nervengewebe
Bedarf sezerniert werden können. Ein Unterschied ist jedoch, dass Azetylcholin, Transmitteraminosäuren und Monoamine präsynaptisch synthetisiert und dort in synaptischen Bläschen gespeichert werden,während Neuropeptide im Perikaryon entstehen und von dort in Bläschen mit dem axoplasmatischen Fluss zur Synapse gelangen. ⓘ Infobox Was die Zuordnung der Transmitter und neuroaktiven Substanzen zu den Synapsen angeht, so scheinen mehrere Möglichkeiten zu bestehen, nämlich dass Synapsen nur einen Transmitter enthalten, über mehr als einen Neurotransmitter bzw. Neuromodulator verfügen und ihre Transmitter ändern. Bei gleichzeitigem Vorkommen mehrerer Transmitter kann der eine Transmitter die Wirkung des anderen modifizieren. Modifizierend wirken insbesondere Neuropeptide. Änderung des Transmittergehaltes. Möglicherweise spielen extrazelluläre Faktoren eine Rolle. Dies wird als Plastizität der Neurotransmitter bezeichnet.
Transmitterorganellen. Es handelt sich um synaptische Bläschen. Sie speichern die Transmitter, geben sie aber
bei Bedarf frei. Synaptische Bläschen sind jedoch keine einheitliche Population. Sie unterscheiden sich nach Größe, Form und Inhalt. Gemeinsam ist ihnen, dass ihre Membran spezielle Glykoproteine aufweist, u. a. Synaptophysin, die ein Andocken an das Plasmalemm der präsynaptischen Membran ermöglichen. Einzelheiten zu synaptischen Bläschen Synaptische Bläschen können rund oder abgeflacht, hell oder mit dichtem Zentrum sein. Diese Unterschiede stehen zu dem jeweilig gespeicherten Transmitter in Beziehung. So führen helle runde Transmitterbläschen (Durchmesser 40–60 nm) Azetylcholin und bestimmte Aminosäuren als Transmitter und treten in exzitatorischen Synapsen auf. Solche mit »dunklem Kern«, der einen hellen Hof zur Bläschenmembran freilässt, enthalten dagegen Amine, z. B. Noradrenalin, Adrenalin oder Dopamin. Synaptische Bläschen mit »dichtem Kern« (Durchmesser 60–150 nm) führen Peptide (Neuropeptide) als Transmitter. ⓘ Infobox zur Transmitterfreisetzung und Wirkung Eingeleitet wird der Transmittermechanismus nach Eintreffen eines Aktionspotenzials durch Öffnung von Ca++-Kanälen an der präsynaptischen Membran und dem Einstrom von Kalzium. Es folgt die Fusion synaptischer Bläschen mit der präsynaptischen Membran und eine Exozytose des Transmitters (⊡ Abb. 2.52 d).
An der subsynaptischen Membran wird das chemische Signal wieder in ein elektrisches Signal verwandelt. Erreicht wird dies dadurch, dass die Transmitter an Rezeptoren der synaptischen Membran binden und hier im Fall einer Exzitation Kanäle für den Transport von Na+ und K+ durchgängig machen. Eine Permeabilitätszunahme v. a. für Na+ führt zu einer Depolarisation der subsynaptischen Membran (Zunahme der positiven Ladungen auf der Innenseite der Membran) und damit zur Ausbildung eines exzitatorischen postsynaptischen Potenzials (EPSP). Durch Summation mehrerer EPSP kann ein fortleitbares Aktionspotenzial entstehen. Es gibt aber auch hemmende und modulierende Transmitter. Die hemmenden Transmitter verhindern eine Hyperpolarisation und führen zur Ausbildung eines inhibitorischen postsynaptischen Signals (IPSP). Die modulierenden Transmitter binden an Rezeptoren der subsynaptischen Membran, die mit einem Second messenger arbeiten,der auf die Empfindlichkeit der Zelle gegenüber einer Depolarisation Einfluss nimmt. Der Abbau der Neurotransmitter findet extrazellulär statt. Er kann sehr schnell, aber auch sehr langsam erfolgen. Schnell, d. h. innerhalb von Millisekunden, erfolgt er z. B. bei Azetylcholin (enzymatisch durch Azetylcholinesterase) und Noradrenalin, langsam dagegen bei Neuropeptiden, die bis zu Minuten im Interzellularraum verweilen können.Teile der schnell abgebauten Transmitter bzw. ihre Metaboliten werden vom Nervenfaserende resorbiert und zur Synthese neuer Transmitter wiederverwendet. Neuropeptide dagegen werden extrazellulär abgebaut und ihre Spaltprodukte von der Glia durch Phagozytose beseitigt.
Synapsen verbinden verschiedene Partner. Nach Loka-
lisation der Synapsen können u. a. unterschieden werden: interneuronale Synapsen, neuromuskuläre Synapsen, Synapsen en distance, Synapsen en passant und neuroglanduläre Synapsen Interneuronale Synapsen (⊡ Abb. 2.52 a). Es gibt axodendritische Synapsen: Dies ist die häufigste Form der interneuronalen Synapse, axosomatische Synapsen: Sie befinden sich zwischen Axon und Perikaryon und axoaxonale Synapsen: häufig am Initialsegment des Axons (Anfangssegmentsynapse) oder am Axonende. Sie sind symmetrisch und wirken hemmend.
An jeder Nervenzelle sind praktisch alle Synapsentypen vorhanden (Ausnahme: Perikaryon der Spinalganglienzellen; hier fehlen axosomatische Synapsen). Die Zahl der Synapsen an einem Neuron schwankt stark, von einzel-
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78
Kapitel 2 · Histologie, Gewebelehre
nen bis zu vielen tausenden (etwa 200 000 bei PurkinjeZellen des Kleinhirns, S. 763).
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ⓘ Infobox In der Regel bildet ein Neuron mit Axonen verschiedener Neurone Synapsen. Dadurch kommt es zur Konvergenz der Erregungsleitung. Es kann aber auch das Axon eines Neurons durch Kollateralen und durch Endaufzweigungen mit zahlreichen verschiedenen Neuronen Synapsen bilden; dann kommt es zur Divergenz der Erregungsleitung.
Synapsen en distance treten vor allem zwischen Axonen vegetativer Nerven und glatten Muskelzellen, z. B. in der Gefäßwand, aber auch an Herzmuskelzellen auf. In der Regel sind sie gleichzeitig Synapsen en passant. Die Axone der vegetativen Nerven bilden nämlich perlschnurartig angeordnete, spindelförmige Verdickungen, Varikositäten, in denen gehäuft Transmitterorganellen vorkommen. An den Varikositäten wird Transmitter (typisch ist Noradrenalin) abgegeben. Der synaptische Spalt beträgt bis zu 500 nm.
Neuromuskuläre (myoneurale) Synapsen (⊡ Abb. 2.46)
befinden sich zwischen Axonende und dem Plasmalemm quer gestreifter Muskelfasern. Sie dienen der Signalgebung zur Muskelzellkontraktion. Einzelheiten S. 64).
>
Neuroglanduläre Synapsen bestehen zwischen Axonen-
de und der Plasmamembran exokriner und endokriner Drüsenzellen.
In Kürze
Überwiegend kommen chemische Synapsen vor mit Transmittern als Überträgersubstanz. Präsynaptisch befinden sich die Transmitter in synaptischen Bläschen, die nach Eintreffen eines Signals an die präsynaptische Membran binden und ihren Inhalt in den synaptischen Spalt (Durchmesser 20 nm) freisetzen. Postsynaptisch werden an subsynaptischen Membranen durch Transmitter Ionenkanäle geöffnet (oder geschlossen) und Aktionspotenziale ausgelöst (oder inhibiert).
2.7.4
Nervenfasern und Nerven
im peripheren Nervensystem aus Schwann-Zellen, Neurolemmnozyten.
Wichtig
Sie werden lernen, dass Nervenfasern eine Einheit aus Axon und Hüllzellen sind, periphere Nervenfasern große Unterschiede hinsichtlich ihrer Axonscheide aufweisen, Ranvier-Schnürringe bei Nervenfasern mit Markscheide eine saltatorische Erregungsleitung hervorrufen, Nerven eine gegliederte Bindegewebshülle haben.
Nervenfasern bestehen aus einem Axon und seiner Axonscheide. Das Axon ist der efferent leitende Fortsatz der Nervenzel-
le. Die Besprechung ist oben erfolgt. Die Axonscheide besteht aus Hüllzellen (⊡ Abb. 2.53): im Zentralnervensystem (Gehirn und Rückenmark) aus Oligodendrozyten,
Oligodendrozyten und Schwann-Zellen gehören zur Neuroglia (s. unten). Sie sind neuroektodermaler Herkunft und in der Lage Lamellen zu bilden, die als Markscheide das Axon umhüllen (⊡ Abb. 2.56). Die Markscheide besteht aus »Myelin«. Die Anzahl der Lamellen variiert stark. Danach lassen sich unterscheiden markhaltige Nervenfasern (⊡ Abb. 2.54), die – markreich oder – markarm sein können, marklose Nervenfasern und markscheidenfreie Nervenfasern ohne jede Hülle (nur in der grauen Substanz des Nervensystems). ⓘ Infobox Myelin hat einen sehr hohen Lipidanteil. Daher sind zur färberisch-histologischen Darstellung markhaltiger Nervenfasern Gefrierschnitte und Fettfarbstoffe besonders (⊡ Abb. 2.54), aber auch die Markscheidenfärbung nach Weigert (mit Osmiumsäure) geeignet.
79 2.7 · Nervengewebe
⊡ Abb. 2.53. Nervenfaser, zentral und peripher. Dazu eine multipolare Nervenzelle
⊡ Abb. 2.54. Nervenfaserbündel mit markreichen und markarmen Nervenfasern. a Die Markscheiden sind ungefärbt (z. B. bei Hämatoxylin-Eosin-Färbung). Im Zentrum jeder Nervenfaser ist der Querschnitt durch das Axon deutlich zu erkennen. b Die Markscheiden sind mit einem Fettfarbstoff (z. B. Sudanschwarz) intensiv angefärbt
Markscheiden im Zentralnervensystem bestehen aus
Lamellen, die aus Plasmamembranen von Zellfortsätzen der Oligodendrozyten (S. 86) hervorgegangen sind (⊡ Abb. 2.55). Da der einzelne Oligodendrozyt nur einen Abschnitt eines Axons umgreift, ist die Axonhülle eine Aufeinanderfolge von Myelinsegmenten. Eine Basallamina fehlt.
⊡ Abb. 2.55. Ein Oligodendrozyt bildet die Markscheide von mehreren Axonen
Markhaltige Nervenfasern des peripheren Nervensystems. Zu besprechen sind die Markscheide, der zytoplasmatische Anteil der umhüllenden Schwann-Zellen, Neurolemmocyt und Ranvier-Schnürringe. Markscheide. Auch hier handelt es sich um Lipidlamel-
len, die ringförmig um das Axon angeordnet sind. Sie
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80
Kapitel 2 · Histologie, Gewebelehre
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⊡ Abb. 2.56. Markscheidenentwicklung eines peripheren Nerven
sind im peripheren Nervensystem aus dem Plasmalemm der Schwann-Zellen hervorgegangen. Zur Entwicklung Markhaltige Nervenfasern entstehen dadurch, dass sich während der Entwicklung das Axon in eine flache Einbuchtung einer Schwann-Zelle legt. Durch Vertiefung der Einbuchtung entsteht eine Einfaltung, in deren Bereich sich die Membranen der Schwann-Zelle aneinander legen und das Mesaxon bilden (⊡ Abb. 2.56). In der Folgezeit verlängern sich die Berührungsstellen zwischen den Oberflächenmembranen der Schwann-Zelle und wickeln sich um das Axon, Myelogenese. Dabei verschmelzen die Außenschichten der gegenüberliegenden Membranen und bilden zusammen mit ihrer Glykokalix die Intermediärlinie der späteren Axonscheide. Durch die Zusammenlagerung der inneren Blätter der trilaminären Oberflächenmembran entstehen die dichten Hauptlinien (⊡ Abb. 2.56). Von der Anzahl der entstandenen Lamellen hängt ab, ob die Nervenfaser markreich oder markarm ist. Abgeschlossen wird die Myelogenese erst im 2. Lebensjahrzehnt. Zytoplasmatische Gebiete der Schwann-Zellen (⊡ Abb. 2.57) befinden sich
unter dem Plasmalemm als schmale oberflächliche und tiefe Zytoplasmaschicht, als Zytoplasmabrücken zwischen oberflächlicher und tiefer Zytoplasmaschicht – früher aufgrund des färberisch-lichtmikroskopischen Erscheinungsbilds als Schmidt-Lanterman-Einkerbung bezeichnet, in der paranodalen Region am Ranvier-Schnürring. Ranvier-Schnürringe sind Unterbrechungen der Markscheide. Es handelt sich um erweiterte Interzellularräume zwischen aufeinander folgenden Schwann-Zellen,
⊡ Abb. 2.57. Ranvier-Schnürring. Oben rechts lichtmikroskopisch, sonst elektronenmikroskopisch
von denen jede ein Axon maximal auf einer Länge von 0,08 bis 1 mm umhüllt. Der Abschnitt einer Nervenfaser von einem Ranvier-Schnürring zum nächsten wird als Internodium bezeichnet. Den Aufbau eines Ranvier-Schnürringes zeigt die ⊡ Abb. 2.57. Zu erkennen ist, dass die Enden der Schwann-Zellen feine Ausläufer haben, die locker miteinander verzahnt sind bzw. füßchenförmig an das Axolemm herantreten. Im Bereich des Schnürrings ist das Axon leicht erweitert. ⓘ Infobox Das Plasmalemm des Axons, Axolemm, ist im Bereich des Ranvier-Schnürrings durch viele Na+-gesteuerte Ionenkanäle ge-
81 2.7 · Nervengewebe
kennzeichnet. Öffnen sie sich, kann es zu einer Depolarisation kommen. Die übrigen Abschnitte des Axons (Internodien) haben keine entsprechenden Kanäle und sind außerdem durch die Myelinscheide isoliert. Die Folge ist, dass die Depolarisation von einem Ranvier-Schnürring zum anderen springt, saltatorische Erregungsleitung.
Durchmesser von Axon und Myelinscheide beeinflussen
die Geschwindigkeit der axonalen Erregungsleitung. Sie ist umso größer, je größer der Durchmesser des Axons, je dicker die Markscheide und je länger die Internodien sind. ⊡ Tabelle 2.9 zeigt, dass sich Nervenfasern entsprechend klassifizieren lassen. Marklose Nervenfasern (⊡ Abb. 2.58). Marklos sind sie dadurch, dass während der Entwicklung die auch bei ihnen vorhandenen Mesaxone von Hüllzellen nicht auswachsen und sich dadurch keine Myelinscheiden bilden. Gleichzeitig fehlen Ranvier-Schnürringe. Dadurch gibt es keine saltatorische Erregungsleitung. Vielmehr wird die Erregung wegen einer kontinuierlich fortschreitenden Änderung der Membranpermeabilität wie eine sich ausbreitende Welle fortgeleitet. Da außerdem
⊡ Abb. 2.58. Marklose Nervenfaser. Mehrere Axone werden von einer Schwann-Zelle umhüllt. Der Pfeil weist auf das Gebiet einer Synapse en distance
die Axone sehr dünn sind, ist die Leitungsgeschwindigkeit gering. Im peripheren Nervensystem gehören marklose Nervenfasern meist zum vegetativen Nervensystem (S. 698).
⊡ Tabelle 2.9. Nervenfasergruppen nach Faserdurchmessern Gruppe
Nervenfaserdurchmesser
Leitungsgeschwindigkeit (Warmblüter)
Beispiele
Markhaltige Nervenfasern Ia Aa
10–20 mm
60–120 m/sec
Efferenzen zu quer gestreiften Muskelfasern (Skelettmuskulatur S. 60), Afferenzen aus Muskelspindeln (S. 65)
Ib Ab
6–12 mm
30–70 m/sec
Sehnenorgan
II
9 mm
25–70 m/sec
Afferenzen aus der Haut und von Haarfollikeln (Berührungsempfindungen, Vibration)
Ag
4–8 mm
15–30 m/sec
Ad
3–5 mm
12–30 m/sec
Efferenzen zu intrafusalen Muskelfasern von Muskelspindeln (S. 65), Afferenzen aus der Haut (freie Nervenendigungen, Wärme-, Kälte-, Schmerzleitung S. 161)
1–3 mm
3–15 m/sec
Präganglionäre vegetative Nervenfasern
0,5–2 m/sec
Postganglionäre vegetative Nervenfasern (S. 698), Schmerz- und Temperaturleitung
III
B
Markfreie Nervenfasern IV C
0,3–1 mm
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Kapitel 2 · Histologie, Gewebelehre
Häufig werden dort mehrere Axone von einer Hüllzelle umfasst (⊡ Abb. 2.58). Sie bilden Leitstränge. Dabei können häufig einzelne Axone aus einem Leitstrang in einen anderen überwechseln; dadurch können Vernetzungen entstehen. Nie verlieren dabei die einzelnen Axone ihre Integrität. Nerven befinden sich außerhalb des Zentralnervensys-
tems. Sie bestehen aus Bündeln von Nervenfasern, die durch Bindegewebe zusammengehalten werden. Hinsichtlich Zahl und Kaliber der Nervenfasern bestehen zwischen Nerven große Unterschiede. Die Nervenfasern verlaufen im Bindegewebe eines Nerven gewellt. Dies verschafft den Nervenfasern eine Reservelänge, sodass bei Bewegungen Überdehnungen verhindert werden. Das Bindegewebe eines Nerven gliedert sich in
(⊡ Abb. 2.59): Endoneurium, Perineurium und Epineurium. Endoneurium nennt man das zarte kollagene und retikuläre Fasern führende Bindegewebe, das jede einzelne Nervenfaser umgibt. Die Fasern sind an der Basallamina der Schwann-Zellen befestigt und stehen mit denen benachbarter Nervenfasern im Austausch. Das Endoneurium führt Blut- und Lymphkapillaren. Zwischen Endoneurium und Perineurium befindet sich der mit wenig Flüssigkeit gefüllte Endoneuralraum. Im Endoneuralraum soll Flüssigkeit von proximal nach distal strömen.
Perineurium besteht aus mehreren Schichten epithelial
angeordneter Zellen. Dadurch bildet es eine Diffusionsbarriere zwischen Endoneuralraum und epineuralem Bindegewebe. Zwischen den Zellen des Perineuriums liegen viele Kollagenfasern, die spiralig verlaufen und dadurch eine geringe Verlängerung des Nerven zulassen. Das Perineurium fasst jeweils wenige bis zu einigen 100 Nervenfasern mit dem dazugehörigen Endoneurium zu Nervenfaserbündeln zusammen. Es begleitet den Nerven bis zu seinen feinsten Ausläufern und setzt sich an der Grenze zum Zentralnervensystem in das subdurale Neurothel fort. Das Epineurium ist die äußere Bindegewebshülle des Nerven. Es besteht aus lockerem Bindegewebe und fasst die von Perineurium umgebenen Nervenfaserbündel zum Nerven zusammen. Gleichzeitig dient es mit seiner äußersten Schicht, dem Paraneurium, dem beweglichen Einbau des Nerven in das umgebende Gewebe. Auch lässt es eine gegenseitige Verschiebung der Nervenfaserbündel zu. Durch längs verlaufende Kollagenfaserzüge verhindert es eine Überdehnung des Nerven.
Regeneration von Nervenfasern Wichtig
Sie werden lernen, dass Nervenfasern im peripheren Nervensystem regenerieren können, die Regeneration an der Durchtrennungsstelle vom Axonstumpf ausgeht und das auswachsende Axon Zellsäulen aus verbliebenen Schwann-Zellen als Leitschiene benutzt.
Nach einer Nervenfaserdurchtrennung (⊡ Abb. 2.60) treten sowohl proximal als auch distal der Durchtrennungsstelle Veränderungen auf. Die Veränderungen des proximalen Segments
⊡ Abb. 2.59. Nerv mit seinen Bindegewebshüllen
(⊡ Abb. 2.60 b) werden als aufsteigende (retrograde) Degeneration bezeichnet. Sie wirken sich auch am zugehörigen Perikaryon aus. Es rundet sich ab, schwillt an, der Kern tritt an den Rand der Zelle, die Nissl-Substanz verschwindet weitgehend, Chromatolyse. Veränderungen am distalen Segment (⊡ Abb. 2.60 b) nennt man absteigende (sekundäre, Waller-) Degeneration. Dabei geht das distale Axonfragment
83 2.7 · Nervengewebe
⊡ Abb. 2.60 a–e. Regeneration einer Nervenfaser nach Durchtrennung. a Normale Verhältnisse. b Aufsteigende und absteigende Degeneration. c Etwa nach 3 Wochen Ausbildung einer Leitschiene durch Proliferation von Schwann-Zellen und Beginn des Aussprossens des Axons. d Erfolgreiche Regeneration. e Amputationsneurom, Muskelzelldegeneration
einschließlich seiner Synapsenkolben zugrunde. Die Axonscheide, sofern sie markhaltig ist, zerfällt in Markballen. Diese können in den ersten 2 Wochen mit Osmiumsäure geschwärzt, Marchi-Stadium, später nach Abbau der Lipide zu Neutralfetten mit Scharlachrot angefärbt werden, Scharlachrot-Stadium. Das zerfallende Material wird durch Makrophagen abgeräumt. Regeneration (⊡ Abb. 2.60 c–e). In nennenswertem Umfang erfolgt sie nur bei Nervenfasern des peripheren Nervensystems. Eingeleitet wird sie durch eine vermehrte Proteinsynthese im Perikaryon. Dort kommt es zu einer Zunahme der Nissl-Substanz und Vergrößerung des Golgi-Apparats. Außerdem gewinnt der Zellkern seine zentrale Lage im Perikaryon zurück. Das Wachstum selbst geht vom proximalen Axonstumpf aus, dessen Ende sich zu einem Wachstumskolben erweitert. Er entsteht durch das aus dem Perikaryon axoplasmatisch antransportierte Zellmaterial. Distal der Durchtrennungsstelle bildet sich durch Proliferation verbliebener Schwann-Zellen eine Leit-
schiene für das auswachsende Axon. Bei der Leitschiene handelt es sich um eine geschlossene Zellsäule, Büngner-Bänder, mit zusammenhängender Basallamina. Den Anreiz zum Aussprossen erhalten die Axone durch Wachstumsfaktoren, die u. a. von den SchwannZellen (NGF = Nerve growth factor) sowie von den umliegenden Bindegewebszellen (FGF = Fibroblast growth factor) gebildet werden. Ferner wirkt von den SchwannZellen abgegebenes Laminin mit. Das tägliche Wachstum eines aussprossenden Axons beträgt 0,5–3 mm. Ist das Erfolgsorgan erreicht, entstehen dort wieder Synapsenkolben. Schließlich bilden die Schwann-Zellen um das regenerierte Axon erneut eine – wenn auch dünnere – Axonscheide. ⓘ Infobox Der Erfolg einer Regeneration, d. h. die Reinnervation des Erfolgsgewebes, hängt hauptsächlich von der Ausbildung der Leitschienen ab. Entstehen dagegen an der Durchtrennungsstelle des Nerven durch zwischengelagertes Bindegewebe Narben oder sind die Abstände zum distalen Segment zu groß, verirrt sich das auswachsende Axon und bildet am proxi-
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84
2
Kapitel 2 · Histologie, Gewebelehre
malen Axonende einen makroskopisch sichtbaren Knoten, Neurom (⊡ Abb. 2.60 e). Problematisch wird der Erfolg außerdem, wenn in die Leitschiene ehemals motorischer Nerven sensible Nervenfasern
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einwachsen. Dann wird die Muskelfunktion nicht oder nur ungenügend wiederhergestellt. In jedem Fall ist eine Reinnervation ein sehr langsamer Vorgang. Ein Erfolg lässt oft mehr als ein Jahr auf sich warten.
In Kürze
Axone außerhalb des Zentralnervensystems werden von Schwann-Zellen, Neurolemmozyten, umhüllt. Gemeinsam bilden Axon und Schwann-Zelle eine Nervenfaser. Aus dem Plasmalemm der Schwann-Zelle geht während der Entwicklung die lamellenförmige Myelinscheide hervor.Von der Anzahl der Lamellen hängt ab, ob die Nervenfaser markreich oder markarm ist. Unterbrochen wird die Myelinscheide durch Ranvier-Schnürringe, die Internodien begrenzen. Nervenfasern werden durch ein Bindegewebssystem aus Endoneurium, Perineurium und Epineurium zum Nerven zusammengefasst. Zum Perineurium gehören mehrere Schichten epithelartig angeordneter Zellen. Nervenfaserdurchtrennung führt zu einer aufsteigenden (retrograden) und einer absteigenden (sekundären) Degeneration. Eine Regeneration der Nervenfasern geht von einem Wachstumskolben des proximalen Faserstumpfes aus. Das auswachsende Axon bedient sich einer Leitschiene aus verbliebenen Schwann-Zellen.
2.7.5
Neuroglia
Wichtig
Sie werden lernen, dass die Neuroglia für die Funktion des Nervensystems unverzichtbar ist, metabolische Aufgaben hat, proliferieren kann, eine Population sehr unterschiedlicher Zellen ist.
Die Glia ist der zweitwichtigste Bestandteil des Nervensystems. Sie wirkt eng mit Nervenzellen zusammen. Vor allem behalten Gliazellen ihre Teilungsfähigkeit. Dadurch können sie nach Reizungen und nach Verletzungen proliferieren und Narben bilden. ⓘ Infobox Gliazellen haben vor allem metabolische Aufgaben. Sie resorbieren, transportieren, sezernieren, dienen der Abwehr, der Isolierung und damit der Ausrichtung der Erregungsleitung. Sie haben auch mechanische Aufgaben. Keine unmittelbare Bedeutung haben sie für die Erregungsleitung.
Zu unterscheiden sind die Glia des Zentralnervensystems und Glia des peripheren Nervensystems.
Glia des Zentralnervensystems. Sie füllt die Räume zwi-
schen den Nervenzellen und ihren Fortsätzen, sodass dort nur schmale, etwa 20 nm breite Interzellularspalten übrig bleiben, die in ihrer Gesamtheit 5–7 % – nach Berechnungen von Physiologen 14–15 % – des Hirnvolumens einnehmen. Obgleich etwa 10 Gliazellen auf 1 Nervenzelle kommen, beansprucht die Glia nur die Hälfte des Gesamtvolumens des Nervensystems, da Gliazellen viel kleiner sind als Nervenzellen. Zur Entwicklung Die Neuroglia des Zentralnervensystems geht überwiegend aus den Matrixzellen der Neuralanlage hervor (s. Entwicklung des Nervensystems, S. 689), ist also wie Nervenzellen ektodermaler Herkunft. Eine Ausnahme macht die Mikroglia, die ab dem 5. Entwicklungsmonat aus dem Mesenchym hervorgeht, also mesodermaler Herkunft ist.
Zu unterscheiden sind (⊡ Abb. 2.61) Astrozyten, Oligodendrozyten und Mikroglia. In umschriebenen Gebieten des Gehirns kommen als spezielle Formen hinzu Ependymzellen des Plexus choroideus und Pituizyten der Neurohypophyse (S. 733).
85 2.7 · Nervengewebe
⊡ Abb. 2.61 a–d. Gliazellen. a Faserastrozyten. b Protoplasmatische Astrozyten. c Oligodendrozyten. d Mikroglia Weitere Aufgaben der Astrozyten sind Kontrolle des extrazellulären Milieus, z. B. der Kaliumkonzentration durch Aufnahme von K+-Ionen, Aufnahme von Glukose und Abbau zu Laktat, das zur Energiegewinnung an Nervenzellen weitergegeben wird, Bildung von Wachstumsfaktoren, Bildung von gasförmigem Stickoxid, das die Neurone aktiviert, Ausbildung von »Kanälen« für Nervenzellen und deren Isolierung und Proliferation und Narbenbildung bei Verletzungen.
⊡ Abb. 2.62. Astrozyt. Nach links Astrozytfüßchen an der Oberfläche einer Gehirnkapillare. Die Pfeile geben die Richtung eines transzellulären Stofftransports an
Astrozyten sind die größten Gliazellen. Sie haben viele, z. T. sehr lange Fortsätze, die einerseits enge Beziehungen zu den Kapillaren, andererseits zu Nervenzellen haben, insbesondere zur Umgebung der Synapsen. An der Oberfläche der Kapillaren enden Astrozytenfortsätze mit Verbreiterungen, sog. Füßchen, und bilden perikapillär eine dichte Membrana limitans gliae vascularis (⊡ Abb. 2.62). Eine ähnliche Grenzmembran besteht auch unter der äußeren Oberfläche von Gehirn und Rückenmark, Membrana limitans gliae superficialis. ⓘ Infobox In der Umgebung der Synapsen nehmen Astrozytenausläufer überschüssig freigesetzte Aminosäuretransmitter (Glutamat, GABA, ⊡ Tabelle 2.8) sowie Abbauprodukte von Neuropeptiden auf. Glutamat und GABA werden in den Astrozyten abgebaut und die Stoffwechselprodukte Glutamin und Ketoglutarat zur Aufnahme durch Nervenfaserenden freigesetzt. Dort werden wieder Glutamat und GABA gebildet.– Die Abbauprodukte von Neuropeptiden dagegen finden keine Wiederverwendung.
Nach ihrer Form lassen sich mehrere Astrozytenarten unterscheiden: Faserastrozyten, protoplasmatische Astrozyten und radiäre Glia. Faserastrozyten (⊡ Abb. 2.61 a). Sie haben lange dünne, sehr schmale Fortsätze. Ihr Zytoplasma enthält Bündel spezieller intermediärer Filamente mit einem sauren Protein, GFAP, Glial fibrillary acidic protein. Faserastrozyten kommen vor allem in der weißen Substanz von Gehirn und Rückenmark vor (S. 688). Protoplasmatische Astrozyten (⊡ Abb. 2.61 b). Sie sind sehr viel stärker verzweigt, haben relativ dicke, aber kürzere Fortsätze. Protoplasmatische Astrozyten sind vor allem in der grauen Substanz des Nervensystems (S. 688) zu finden und können sich der Oberfläche der Nervenzellkörper anlegen. Zur Diagnostik Im Gegensatz zu Nervenzellen haben Gliazellen keine NisslSubstanz. Außerdem ist bei den Astrozyten das Zytoplasma verhältnismäßig schmal und der Kern teilweise sehr chromatinreich. Schwieriger ist es, die beiden Astrozytentypen voneinander zu unterscheiden, da es zahlreiche Übergangsformen gibt.
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86
Kapitel 2 · Histologie, Gewebelehre
Radiäre Glia. Hierbei handelt es sich um eine Frühform
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der Glia, die jedoch auch noch in Teilen des reifen Gehirns (z. B. Kleinhirn) vorkommt. Die Zellen haben sehr lange Fortsätze, an denen junge Nervenzellen aus ihrer Bildungszone an ihren endgültigen Platz wandern können. Oligodendrozyten (⊡ Abb. 2.55, 2.61 c) sind kleiner als
Astrozyten, haben meist ein dunkles, sehr schmales Zytoplasma mit vielen Ribosomen und Mitochondrien und einen kleinen, runden, dichten Zellkern. Ihre Fortsätze sind weniger zahlreich und kürzer als die von Astrozyten. Sie kommen in der grauen und weißen Substanz von Gehirn und Rückenmark vor. Oligodendrozyten bilden die Markscheiden der Axone des Zentralnervensystems (s. oben). Dabei kann ein Oligodendrozyt mehrere Nervenfasern umfassen. Bei Reizung bewegen sich die Oligodendrozyten und umschließen die Nervenzellen; sie erscheinen dann als Satellitenzellen. Die Mikroglia (⊡ Abb. 2.61 d) wird auch als Mesoglia be-
zeichnet. Zellen der Mikroglia sind mesenchymaler Herkunft. Sie kommen in der grauen und weißen Substanz von Gehirn und Rückenmark vor und sind nicht sehr zahlreich. Die Zellen sind klein, ihr Zellkörper ist schmal und dicht, der Zellkern lang gestreckt und dunkel gefärbt – dadurch unterscheidet er sich deutlich von den runden Zellkernen der anderen Gliazellen. Die Mikroglia hat zahlreiche verzweigte, wie mit Dornen besetzte Fortsätze. – Mikrogliazellen sind wahrscheinlich umgewandelte Makrophagen und gehören damit zu den Abwehrzellen.
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Die Ependymzellen bilden die Oberflächen der Ventrikel des Gehirns (S. 821) bzw. des Zentralkanals im Rückenmark (S. 769). Sie sind epithelial angeordnet. Apikal haben sie Mikrovilli und stellenweise Kinozilien. Ependymzellen stehen durch Nexus und Desmosomen miteinander in Verbindung. Ein Stoffaustausch zwischen dem Liquor cerebrospinalis und dem Nervengewebe durch das Ependym hindurch wird diskutiert. Zwischen den Ependymzellen der verschiedenen Regionen bestehen Unterschiede: z. B. isoprismatisch in den Seitenventrikeln, hochprismatisch mit langen Fortsätzen, die weit ins Nervengewebe hineinragen, am Boden des 3. Ventrikels, Tanyzyten. Die Plexus choroidei sind Auffaltungen in der Wand des 3. und 4. Hirnventrikels (S. 822, 823). Sie bilden den Liquor cerebrospinalis. Die die Plexus choroidei bekleidenden Zellen haben apikal zahlreiche, an ihren Enden aufgetriebene Mikrovilli sowie Kinozilien. Das Zytoplasma ist mitochondrienreich und basolateral ist die Zellmembran stark eingefaltet. Subepithelial liegt ein zellreiches lockeres Bindegewebe und zahlreiche Kapillaren. Glia des peripheren Nervensystems. Es handelt sich um Schwann-Zellen (S. 80), Mantelzellen der Ganglien (S. 691) und Lemnozyten (= Schwann-Zellen) in Nervenendkörperchen (S. 161).
Die Besprechung dieser Zellen erfolgt auf den jeweils angegebenen Seiten.
In Kürze
Die Neuroglia des Zentralnervensystems besteht aus Astrozyten, Oligodendrozyten und Mikroglia. Astrozyten sind die größten Gliazellen und je nach Astrozytentyp unterschiedlich fortsatzreich. Sie bilden unter Verbreiterung ihrer Fortsatzenden perikapillär und unter der Oberfläche des Gehirns Grenzmembranen. Faserastrozyten zeichnen sich durch intermediäre Filamene aus. Sie liegen vor allem in der weißen Substanz des Zentralnervensystems. Protoplasmatische Astrozyten kommen vor allem in der grauen Substanz und dort an Oberflächen von Perikarya vor. Oligodendrozyten sind bewegliche Zellen. Einige bilden Markscheiden um Axone im ZNS. Mikroglia gehört zum Abwehrsystem. Sonderformen der Glia des ZNS sind Ependymzelle und Zellen des Plexus choroideus. Gliazellen des peripheren Nervensystems sind die Schwann-Zellen, Mantelzellen in Ganglien und Lemmnozyten in Nervenendkörperchen.
87 2.8 · Grundzüge histologischer Techniken
Grundzüge histologischer Techniken
2.8
Wichtig
Sie werden lernen, dass histologische Techniken für die Untersuchung vitaler Zellen und Gewebe angewendet werden können, überwiegend der Untersuchung des Feinbaus toter Zellen und Gewebe mit hochauflösenden Instrumenten dienen, versuchen, durch Fixierung einen lebensnahen Zustand zu erhalten, die Anfertigung dünnster anfärbbarer Schnitte zum Ziel haben, die im Licht- bzw. Elektronenmikroskop untersuchbar sind, mittels zyto- und histochemischer Methoden ermöglichen, kleinste Substanzmengen bzw. Enzymaktivitäten ortsrichtig nachzuweisen.
Standardinstrumente für histologische Untersuchungen sind das Lichtmikroskop, Fluoreszenzmikroskop, konfokale Mikroskop und Elektronenmikroskop. Im Lichtmikroskop können Strukturen im Mikrometerbereich (mm) beurteilt werden (1 mm = 10–3 mm). Die Auflösungsgrenze des Lichtmikroskops liegt bei 0,5 mm. Das Elektronenmikroskop gestattet Aussagen im Nanometerbereich (nm, 1 nm = 10–3 mm). Die Auflösungsgrenze eines Elektronenmikroskops liegt etwa bei 0,3 nm; die meisten elektronenmikroskopischen Untersuchungen werden jedoch bei einer weit geringeren Auflösung (2–3 nm) durchgeführt.
2.8.1
Untersuchungen an lebenden Zellen und Geweben
Zur Untersuchung lebender Zellen und Gewebe sind Gewebekulturen geeignet. Hinzu kommen Verfahren, bei denen Intravitalbehandlungen vorgenommen werden, die Untersuchungen aber postmortal erfolgen. Es handelt sich um Vitalfärbungen und Autoradiographie.
Gewebekulturen. Um sie herzustellen werden kleine Gewebsstückchen oder Zellen nach der Entnahme aus dem lebenden Organismus in einem speziellen Milieu aus Blutplasma und zahlreichen Zusätzen gezüchtet. Hierbei ist zu bedenken, dass kultivierte Gewebe durch Wegfall ihrer intravitalen Umgebung ihre spezifischen Strukturen verlieren können. Eingesetzt werden Gewebekulturen besonders bei zytogenetischen Untersuchungen, z. B. bei der Chromosomenanalyse in gezüchteten Fetalzellen zum Erkennen genetischer Störungen. Vitalfärbungen. Vor der Gewebeentnahme werden in-
travital Farbstoffe oder Substanzen injiziert, die im lebenden Organismus spezifisch gebunden werden. Es handelt sich also um Markierungsverfahren. Nach der Gewebeentnahme wird dann die vitale Substanz- bzw. Farbstoffbindung, aber auch das Verhalten der markierten Strukturen untersucht. Es kann aber auch auf eine Gewebeentnahme verzichtet werden und die Untersuchung intravital mit bildanalytischen Verfahren (u. a. Magnetresonanztomographie, Emissionstomographien) durchgeführt werden. Jedoch erreicht die Bildauflösung gegenwärtig noch nicht die der Mikroskope. Autoradiographie dient vor allem dem Studium von Stoffumsätzen. Hierzu werden intravital radioaktiv
markierte Substanzen injiziert, die von den Zellen im Laufe ihres normalen Stoffwechsels eingebaut werden, z. B. markierte Aminosäuren in Membranrezeptoren. Nach der Gewebeentnahme und Herstellung von Gewebeschnitten (s. unten) können unter Verwendung von Photoemulsionen die Orte der radioaktiven Strahlung mikroskopisch nachgewiesen werden.
2.8.2
Untersuchungen an toten oder abgetöteten Zellen und Geweben
Hierbei handelt es sich um die am häufigsten gebrauchten Methoden zur histologischen Untersuchung von Zellund Gewebsstrukturen. ⓘ Infobox Anwendung finden diese Verfahren vor allem an Biopsien, d. h. an Gewebestückchen, die Patienten zur Diagnosestellung (z. B. bei Krebs) intravital entnommen wurden.
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Kapitel 2 · Histologie, Gewebelehre
Alle einschlägigen Verfahren haben die Herstellung von Schnitten, d. h. von dünnen Gewebsscheiben, und deren
2
Anfärbung zum Ziel. Folgende Schritte sind zur Präparatherstellung erforderlich: Fixierung, Weiterbehandlung, Herstellung von Schnitten, Anfärben und Nachbehandlung. Ergänzend gibt es optische Verfahren, die an ungefärbten Schnitten anwendbar sind. Fixierung. Sie dient der Konservierung und Härtung des Gewebes Beide Vorgänge sind miteinander verknüpft. Konservierung. Sie kann durch Kältefixierung und chemische Fixierung erfolgen. Zur Kältefixierung werden in der Regel flüssiger Stickstoff oder Kohlensäureschnee verwendet. Die Kältefixie-
rung geht schnell. Sie ist daher für sog. Schnellschnitte, z. B. zur Gewebebeurteilung während einer Operation, und zur Untersuchung des Vorkommens leicht löslicher und solcher Substanzen geeignet, die gegen jede andere Vorbehandlung empfindlich sind. Chemische Fixierung. Sie erfolgt durch Einbringen von Gewebe in eine Fixierungsflüssigkeit, Immersionsfixierung, oder durch Injektion eines Fixierungsmittels in ein Blutgefäß, Perfusionsfixierung.
Das bekannteste jedoch nicht einzige Fixierungsmittel ist Formalin. ⓘ Infobox Jede Fixierung ist ein erheblicher Eingriff in das Gefüge der Zell- und Gewebsstrukturen und führt oft zu groben Artefaktbildungen. So können z. B. Bestandteile bei der Fixierung herausgelöst werden, u. a. Fette und Lipide durch Alkohol. Außerdem verhalten sich die Strukturen unterschiedlich gegenüber Fixierungsmittel. Es gibt Strukturen, die sehr fixationslabil sind, und solche, die in gewissen Grenzen die Naturtreue von Zell- und Gewebsstrukturen bewahren, sie sind fixationsstabil.
Fixierungsmittel im Einzelnen Schnell wirken Proteinkoagulatoren, u. a. Alkohol, Sublimat, Essigsäure, Pikrinsäure. Sie werden jedoch nur in Ausnahmefällen als alleiniges Fixierungsmittel verwendet, da sie strukturzerstörend wirken. Besser werden Strukturen durch Lipoidstabilisatoren erhalten, z. B. Osmiumsäure, Chromsäure, Kaliumbichromat und in gewissen Grenzen auch durch das vielbenutzte Formalin. In der Regel werden daher zur Fixierung Fixierungsgemische verwendet. Besonders kritisch ist die Fixierung in der Elektronenmikroskopie, da sie jede Gewebsveränderung sofort sichtbar macht. Deswegen werden in der Elektronenmikroskopie nur Lipoidstabilisatoren verwendet, bevorzugt Osmiumsäure oder Glutaraldehyd. Weiterbehandlung. Für die Herstellung üblicher lichtmikroskopischer Dauerpräparate wird das fixierte Gewebe in der Regel durch Alkohol entwässert und gehärtet. Es folgt eine Einbettung in erstarrende Massen, z. B.
Paraffin, Celloidin, Kunstharz (speziell in der Elektronenmikroskopie). Herstellung von Gewebeschnitten. Für die Lichtmikro-
skopie müssen die Schnittdicken um 10 mm, in der Elektronenmikroskopie um 20 nm liegen. Verwendet werden zur Schnittherstellung Mikrotome (Feinhobel), die in der Elektronenmikroskopie mit Diamantmessern arbeiten. Der Schnittherstellung aus unfixierten eingefrorenen Geweben dienen Kryostaten (Kältekammern) bzw. aus Gewebsblöcken, die nach der Fixierung eingefroren wurden (zur Vermeidung einer Alkoholentwicklung), Gefriermikrotome. Anfärben. Zur Färbung wird das Einbettmittel entfernt.
Danach erfolgt die Behandlung der Schnitte mit den Farblösungen. Die Färbung selbst hat zum Prinzip, dass gleichartige Zell- und Gewebsbestandteile gleich, unterschiedliche jedoch verschieden gefärbt werden. Der Farbton selbst, ob blau, rot oder grün, ist ohne Belang. ⓘ Infobox Auf das Ergebnis der Färbungen nehmen die submikroskopischen Strukturen und der chemische Aufbau der Gewebsbestandteile sowie die physikochemischen Eigenschaften der Farblösungen Einfluss. Nach der chemischen Theorie der Färbung von Paul Ehrlich kommt es zu einer salzartigen, also physikochemischen Bindung der Farbstoffe an die jeweiligen Gewebsstrukturen. Danach werden azidophile, basophile und
89 2.8 · Grundzüge histologischer Techniken
neutrophile Strukturen unterschieden, je nachdem, ob ein saurer oder ein basischer Farbstoff oder beide zugleich gebunden werden. Zusätzlich spielen bei der Färbung aber auch andere Umstände eine Rolle, z. B. die Lipidlöslichkeit und Teilchengröße des Farbstoffs oder die Strukturdichte des Gewebes.
Basische Farbstoffe, die in der Histologie viel verwendet werden, sind Methylenblau, Toluidinblau, Hämatoxylinund Karmin-Lacke,Azokarmin. Einige basische Farbstoffe, z. B. Toluidinblau, haben unter bestimmten Bedingungen die Fähigkeit, ihre Farbe zu wechseln; sie sind metachromatisch. Der Farbwechsel selbst wird als Metachromasie bezeichnet. Saure Farbstoffe sind u. a. Eosin, Anilinblau, Säurefuchsin, Pikrinsäure. Färbevorschriften gibt es in großer Zahl. Am bekanntesten ist die Hämatoxylin-Eosin (HE-) Färbung. Hierbei
treten basophile Zell- und Gewebsstrukturen (z. B. das Chromatin der Zellkerne, manche Zytoplasmabestandteile, Knorpelgrundsubstanz) blau hervor. Das Eosin wird zur Gegenfärbung für die im fixierten Präparat azidophilen Zell- und Gewebebestandteile (Zytoplasma, die meisten Interzellularsubstanzen) verwendet. Andere Methoden benutzen die Erfahrung, dass einzelne Gewebsteile nach Vorbehandlung (Beizung) mit Schwermetallsalzen oder Phosphorwolfram- bzw. Phosphormolybdänsäure mit bestimmten Farbstoffen färberisch hervorgehoben werden können, z. B. Bindegewebsfasern mit Azokarmin-Anilinblau: Azan-Färbung oder mit Hämatoxylin-Säurefuchsin-Pikrinsäure: Van-Gieson-Färbung usw. Nachbehandlung. Nach der Färbung werden die Schnitte gewöhnlich mit Alkohol entwässert, in Xylol aufgehellt und mit Harz (Kanadabalsam oder Kunstharze) sowie einem dünnen Deckglas eingedeckt. In der Elektronenmikroskopie werden keine im lichtmikroskopischen Sinne gefärbten Präparate benutzt. Durch Anlagerung von Schwermetallionen an bestimmte Strukturen wird jedoch deren Elektronendichte erhöht. Dies bedeutet, dass die auf das Präparat auftreffenden Elektronen hier verstärkt gestreut werden und diese Strukturen auf dem Bildschirm dunkler erscheinen. Ungefärbte Präparate. Ihre Untersuchung ist mit speziellen optischen Verfahren möglich, z. B. der Phasenkontrastmikroskopie (Hervorheben von Brechungsunter-
schieden), Polarisationsmikroskopie (Bestimmung der Doppelbrechung), Fluoreszenzmikroskopie (Nachweis einer Eigenfluoreszenz), Ultrarot-, Ultraviolett- und Röntgenmikroskopie.
2.8.3
Zytochemie, Histochemie
Das Ziel dieser Methoden ist der topographisch einwandfreie, also ortsrichtige Nachweis kleinster Substanzmengen bzw. von Enzymen in Zellen und Geweben. Sie überträgt chemisch-analytische Verfahren auf Mikrotomschnitte. Es werden hierbei höchste Anforderungen an die Empfindlichkeit und Spezifität der Methoden gestellt, da die in Mikrotomschnitten nachzuweisenden Substanzmengen sehr klein sind. Zyto- und histochemische Methoden (für Licht- und
Elektronenmikroskopie) stehen für alle wichtigen Stoffklassen (Baustoffhistochemie) sowie für den Nachweis von etwa 80 Enzymen (Enzymhistochemie) zur Verfügung. Sehr große Bedeutung haben die Feulgen-Reaktion zum DNA-Nachweis, immunhistochemische Verfahren zur Darstellung spezifischer Proteine und Lektinmethoden, mit denen bestimmte Zuckerreste erfasst werden können. Histochemische Verfahren im Einzelnen Bei immunhistochemischen Verfahren wird das kon-
ventionell vorbereitete Präparat mit einer Lösung beschichtet, die einen Antikörper gegen ein im Gewebe vorhandenes Protein enthält. Der am Ort des Proteins entstehende Antigen-Antikörper-Komplex wird anschließend visualisiert. Die Perjodsäure-Schiff-(PAS-) Reaktion ist eine sehr häufig gebrauchte histochemische Methode zum Nachweis von 1,2-Diolen, die unter den Bedingungen des Paraffinschnitts vor allem in Kohlenhydraten vorkommen. In-Situ-Hybridisation. Hierbei werden durch entsprechende Gewebevorbehandlung getrennte DNA-Stränge mit einer eingeführten markierten Nukleotidsequenz (sog. Sonden) gekoppelt. Der Nachweis erfolgt je nach Art der Markierung autoradiographisch oder immunhistochemisch. Erfasst werden damit einzelne Gene oder Gensequenzen.
2
90
Kapitel 2 · Histologie, Gewebelehre
2.8.4
2
Verfahren zur Gewinnung räumlicher Bilder
Licht- und Elektronenmikroskopie liefern zweidimensionale Bilder. Zusätzliche Aussagen über räumliche Verhältnisse in Zellen und Geweben ermöglichen die Stereologie, konfokale Lasermikroskopie und Rasterelektronenmikroskopie. Bei der Stereologie wird unter Verwendung von For-
den, die räumlichen Oberflächen von Organellen aus der Länge ihrer Konturen auf dem Schnitt, oder ihr Volumen aus ihrer Anschnittsfläche berechnet. Bei der konfokalen Lasermikroskopie entsteht ein räumliches Bild dadurch, dass durch feinst fokussiertes Laserlicht Signale aus verschiedenen Schichten eines Präparats aufgenommen und im Computer zu einem dreidimensionalen Bild zusammengefügt werden. Die Raster- (Scanning-) elektronenmikroskopie liefert unmittelbar räumliche Bilder von Oberflächen.
meln, die aus der geometrischen Statistik abgeleitet wer-
>
In Kürze
Alle histologischen Techniken zielen auf eine lebensnahe Erhaltung der Zell- und Gewebsstrukturen. Obgleich auch lebende oder intravital markierte Gewebe untersucht werden können, werden in der Regel fixierte (konservierte) Gewebe verwendet. Die Fixierung kann durch Einfrieren oder chemisch erfolgen. Das bekannteste Fixierungsmittel ist Formalin. Nach der Fixierung wird das Gewebe eingebettet, dann geschnitten (für die Lichtmikroskopie etwa 10 mm, für die Elektronenmikroskopie etwa 20 nm dick) und anschließend gefärbt. Dabei sollen jeweils gleiche Strukturen in gleicher Farbe erscheinen. Unter den vielen Färbungen sind die HE-, Azan- und Van-Gieson-Färbung die gebräuchlichsten. Spezifisch sind histochemische Verfahren zum ortsrichtigen Substanznachweis (Baustoffe, Enzyme).
3
Allgemeine Entwicklungsgeschichte 3.1
Befruchtung – 92
3.2
Entwicklung des Keims vor der Implantation – 93
3.2.1
Furchung und Blastozystenentwicklung – 94
3.2.2
Tuben- und Uteruswanderung – 95
3.3
Implantation – 95
3.4
Plazenta und Eihäute – 97
3.4.1
Entwicklung – 97
3.4.2
Reife Plazenta und Eihäute, Amnion – 100
3.5
Frühentwicklung – 105
3.6
Embryonalperiode – 110
3.6.1
Ektoderm – 110
3.6.2
Mesoderm – 113
3.6.3
Entoderm – 115
3.6.4
Ausbildung der Körperform – 115
3.7
Fetalperiode – 118
3.8
Neugeborenes – 119
3.9
Mehrlinge – 120
3.10
Fehlbildungen – 121
92
Kapitel 3 · Allgemeine Entwicklungsgeschichte
>
3
Einleitung
Die Entwicklungsgeschichte, Embryologie, beschäftigt sich mit allen Vorgängen von der Befruchtung bis zur Bildung eines ausgewachsenen Organismus. Die Entwicklung ist also keineswegs mit der Geburt abgeschlossen. Der Zeitpunkt der Geburt wird daher nicht vom Entwicklungszustand des Feten, sondern durch die Umstände bei der Mutter bestimmt. Alle Vorgänge der Entwicklung basieren auf einer zeitlich abgestuften Umsetzung genetischer Informationen. Dabei finden Grundvorgänge in den ersten zwei Entwicklungsmonaten statt, der Embryonalperiode. In dieser Zeit werden alle Organe und Organsysteme angelegt. Es folgt die Fetalperiode (bis zur Geburt), in der die Differenzierung weiter fortschreitet und sich spezielle Funktionen herauszubilden beginnen. Die Entstehung der verschiedenen Körpergewebe wird als Histogenese, die der Organe als Organogenese und die der Gestalt als Morphogenese bezeichnet. Sie erfolgen bei jeder Art nach gleichem Muster – die Entstehung der Art ist die Phylogenese – aber bei jedem Individuum in individueller Form, Ontogenese. Bei aller Konstanz der Entwicklung sind jedoch Störungen möglich. Dadurch kann es zu Fehlbildungen kommen. Mit der Entstehung von Fehlbildungen beschäftigt sich die Teratologie. In diesem Beitrag werden vordergründig Entwicklungsabläufe geschildert. Die zu Grunde liegenden genetischen und molekularen Mechanismen sind dagegen Gegenstand der Entwicklungsbiologie, eine Domäne der Molekularbiologie.
3.1
Befruchtung
Die Entwicklung beginnt mit der Befruchtung. Sie erfolgt unter natürlichen Umständen in der Ampulla tubae uterinae. Voraussetzung hierfür sind befruchtungsfähige Keimzellen, Oozyten (S. 633) und Spermatozoen (S. 618). Die Befruchtung selbst besteht aus zahlreichen Teilprozessen, die in ihrer Gesamtheit als Befruchtungskaskade bezeichnet werden. Herausragende Ereignisse sind (⊡ Abb. 3.1) Imprägnation sowie Auftreten und Vereinigung der Vorkerne. Imprägnation nennt man das Eindringen von Spermien
in eine Oozyte. Sie findet nach der Insemination statt, d. h. nachdem männliche Keimzellen in den weiblichen Genitaltrakt gelangt sind. Die Vorgänge bei der Insemination und Imprägnation sind auf S. 643 dargestellt.
> Klinischer Hinweis Etwa 15–20 % verheirateter Paare stehen vor ungewollter Kinderlosigkeit. Die am häufigsten eingesetzte Infertilitätstherapie ist gegenwärtig die In-vitro-Fertilisation (IVF).Hierzu werden durch Punktion des Ovars gewonnene Oozyten (nach Hormonstimulation) und Spermatozoen in vitro kultiviert. Dort erfolgt eine Spontanfertilisation.Es ist aber auch eine assistierte Fertilisation durch Mikroinjektion eines Spermatozoon in die Eizelle möglich,intrazytoplasmatische Spermieninjektion,ICSI.Im 4- bis 8-Zellstadium wird dann der Keim ins Cavum uteri übertragen, wo es zur Implantation in die Uterusschleimhaut kommt bzw. kommen kann. Den rechtlichen Rahmen zur Durchführung einer IVF gibt das Embryonenschutzgesetz vom 13. 12.1990.
Vorkerne und ihre Vereinigung. Vorkerne sind die nach
der Imprägnation in der Oozyte gleichzeitig vorhandenen Kerne der Oozyte und des Spermienkopfes. Jeder Kern ist haploid, d. h. er hat einen halben Chromosomensatz. Der Vorkern der Oozyte ist erst nach der Imprägnation entstanden, da erst zu dieser Zeit ihre 2. Reifeteilung vollendet wurde. Nach der Imprägnation durchläuft jeder Vorkern getrennt eine S-Phase und verdoppelt damit seine DNAMenge. Danach bilden sich die Chromosomen. Es folgt
93 3.2 · Entwicklung des Keims vor der Implantation
⊡ Abb. 3.1. Synoptische Darstellung von Follikelsprung, Befruchtung, Furchung und Nidation der Blastozyste. Die Keimstadien sind in einem wesentlich größeren Maßstab gezeichnet als Tube und Uterus. Die Tube ist ebenso wie der Uterus mit einer stark proliferierten Schleimhaut ausgekleidet, welche hier nur schematisch angedeutet ist Eine ungeschlechtliche Befruchtung findet beim Klonieren statt. Sie ist nur experimentell (extrakorporal) möglich. Unter »Klon« wird eine identische Kopie eines Organismus verstanden. Zu diesem Zweck wird durch Mikromanipulation der Zellkern einer befruchteten Eizelle durch den Kern einer somatischen Zelle des zu klonierenden Organismus ersetzt. Dabei müssen die zu transplantierenden Zellkerne aus Zellen in der G0-Phase stammen. Anschließend wird die hybride Zygote in den Uterus eines weiblichen Organismus implantiert, um sich dort zu entwickeln.
die Auflösung der Kernmembran der Vorkerne und die homologen Chromosomen von Ei- und Samenzellen vereinigen sich zu Paaren, Karyogamie oder Syngamie. Damit ist die Konzeption erfolgt und die Befruchtungskaskade abgeschlossen. Die neue Zelle ist die Zygote. Sobald die Zygote entstanden ist, kommt es zu einer normalen Mitose. Damit ist die 1. Zellteilung des neuen Organismus eingeleitet. Gleichzeitig beginnen die transkriptorischen Tätigkeiten der neu entstandenen Zellen. ⓘ Infobox Durch geschlechtliche Befruchtung, d. h. durch Vereinigung geschlechtsdifferenter Keimzellen entsteht ein Individuum mit einem Genotyp, der durch die Vermischung der halbierten mütterlichen und väterlichen Chromosomensätze unberechenbar ist. Auch unter Geschwistern – eineiige Zwillinge weitgehend ausgenommen – gleicht kein Individuum dem anderen (Variabilität). Bei der geschlechtlichen Befruchtung wird auch das Geschlecht des neuen Lebewesens festgelegt, genetisches (chromosomales) Geschlecht. Die Geschlechtsfestlegung ist zufällig und hängt von der Chromosomenausstattung des befruchtenden Spermatozoons mit einem X- oder einem Y-Chromosom ab. Die Oozyten verfügen stets über ein X-Chromosom, sodass die Kombination entweder XX (weiblich) oder XY (männlich) ist.
3.2
Entwicklung des Keims vor der Implantation Wichtig
Nach der Befruchtung verweilt der Keim 2 bis 3 Tage in der Tuba uterina. In dieser Zeit entwickelt er sich zur Blastozyste und wandert ohne unmittelbaren Kontakt mit dem mütterlichen Organismus im Flüssigkeitsstrom der Tube zum Uterus.
3
94
Kapitel 3 · Allgemeine Entwicklungsgeschichte
3.2.1
3
Furchung und Blastozystenentwicklung
Die ersten Zellteilungen der Zygote, Furchungen, laufen in schneller Folge ab. Die Tochterzellen erreichen jedoch nicht die Größe der Mutterzelle. Sie werden vielmehr bei jeder Zellteilung kleiner, da die Zona pellucida (S. 632), solange sie erhalten bleibt (bis zum 5. Tag), jede Vergrößerung des Keims verhindert (⊡ Abb. 3.1). Die frühen Entwicklungsstadien werden Furchungsstadien oder, wenn sie ab dem 8-Zellenstadium wie eine Maulbeere aussehen, Morula genannt (Durchmesser 150 mm). Die einzelnen Zellen, die durch die Furchungsteilungen entstehen, heißen Blastomeren. Die Blastomeren der frühen Furchungsstadien gleichen einander morphologisch und offenbar auch funktionell völlig. Eine jede dieser Blastomeren hat bis zum 3. Teilungsschritt die Fähigkeit wie die befruchtete Eizelle einen ganzen Embryo samt Fruchthüllen zu bilden. Die Zellen sind totipotent. Das 2-Zellenstadium wird beim Menschen in der Regel etwa 30 h nach der Befruchtung erreicht, das 4-Zellenstadium nach 40–50 h. Die weiteren Zellteilungen verlaufen nicht synchron, sodass häufig Furchungsstadien mit ungeraden Zellzahlen gefunden werden. Nach dem 16-Zellenstadium ordnen sich die Blastomeren so an, dass eine Gruppe »innen« und eine andere »außen« liegt. Hiermit ist die zukünftige Entwicklung festgelegt, d. h. determiniert. Die Zellen sind nun nicht mehr totipotent, sondern pluripotent. Die inneren Zellen bilden den Embryo. Sie fügen sich zum Embryoblast zusammen. Die äußeren Zellen dagegen liefern das Ernährungsorgan des Kindes, die Plazenta, und einen
Teil der Fruchthüllen. Sie werden als Trophoblast bezeichnet (⊡ Abb. 3.2). Etwa am 4. Tag entsteht im Inneren der Morula eine flüssigkeitsgefüllte Höhle. Ihre Wand ist der Trophoblast. Ihm liegt als Vorwölbung der Embryoblast an. Der Trophoblast ist zunächst einschichtig, bekommt aber bald eine weitere Zelllage. Aus der Morula ist eine Blastozyste mit der Blastozystenhöhle geworden (⊡ Abb. 3.2). Die Flüssigkeit stammt aus dem Eileiter und dem Uteruslumen. Trophoblast. Bei der Flüssigkeitsaufnahme wirkt der
Trophoblast als selektives Stoffwechselorgan. Er regelt den Flüssigkeits- und Stoffaustausch vom und zum mütterlichen Milieu. Deswegen sind die Zellen des Trophoblasten früher differenziert als die des Embryoblasten. Aufgenommen werden in die Blastozystenhöhle aus dem mütterlichen Organismus Sauerstoff, Ionen, Aminosäuren, Kohlenhydrate und Proteine. Außerdem vermag der Trophoblast Hormone zu bilden, speziell hCG (»human chorionic gonadotropin«, humanes Chorion-Gonadotropin), das dem Organismus das Vorliegen einer Schwangerschaft signalisiert. Morphologisch zeichnen sich die Trophoblastzellen durch Mikrovilli, durch zahlreiche Zellhaften (tight and gap junctions) und Verzahnungen (Interdigitationen) aus. Embryoblast. Die Zellen des Embryoblasten sind morphologisch wenig differenziert; Zellkontakte fehlen. Dadurch lassen sie sich zur Durchführung zytogenetischer Untersuchungen (Präimplantationsdiagnostik, PID) bei Verdacht auf genetische Defekte relativ einfach gewinnen (in Deutschland verboten).
⊡ Abb. 3.2. Halbschematische Darstellung der Furchungsteilungen und Blastozystenentwicklung des Menschen. Nach der Befruchtung wird ungefähr 30 h später das 2-Zellstadium erreicht. Die Blastomeren teilen sich asynchron weiter, sodass ein Zellhaufen, die Morula, entsteht. Im Alter von 3–4 Tagen beginnt sich die Blastozystenhöhle durch Konfluieren von Interzellularräumen zu bilden. Während die Zona pellucida sich ausdünnt (ihr Material wird aufgelöst), vergrößert sich die Blastozyste langsam und hat 5 Tage nach der Befruchtung meist mehr als 100 Zellen
95 3.3 · Implantation
ⓘ Infobox
3.2.2
Die Zellen des Embryoblasten werden auch als embryonale Stammzellen bezeichnet. Aus ihnen gehen durch fortschreitende Differenzierung die etwa 300 Zellarten des neuen Organismus hervor. Embryonale Stammzellen sind im Gegensatz zu den früheren Blastomeren der ersten Furchungsstadien nicht mehr totipotent, sondern pluripotent.
>
Tuben- und Uteruswanderung
Der Transport der Blastozyste durch die Tube dauert 2 bis 3 Tage. Dabei gehen etwa 25 % der Blastozysten zugrunde. Für den Transport sorgen der Zilienschlag der Flimmerzellen des Tubenepithels, der Flüssigkeitsstrom in der Tube und möglicherweise Kontraktionen der Tubenmuskulatur. Erreicht wird das Uteruslumen in der Regel am 4. Tag nach der Befruchtung. Zu dieser Zeit hat die Blastozyste einen Durchmesser von 2–3 mm. Am 6. Tag nach der Befruchtung kommt es zur Einnistung (Implantation) in die Uterusschleimhaut.
In Kürze
Die Befruchtung erfolgt in der Ampulla tubae uterinae. Es entsteht die Zygote. Durch Furchungen wird hieraus die Morula.Während der Tubenwanderung, die 2 bis 3 Tage dauert, entwickelt sich der Keim zur Blastozyste, die aus dem umhüllenden Trophoblast, aus dem die Plazenta hervorgeht, dem Embryoblast mit wenig differenzierten Zellen ohne Zellkontakte und der Blastozystenhöhle besteht.
3.3
Implantation Wichtig
Bei der Implantation dringt die Blastozyste invasiv unter Zerstörung mütterlicher Gewebe in die Uterusschleimhaut ein.
Die Implantation, Nidation, Einnistung, beginnt um den 6. Tag nach der Befruchtung, meist im oberen Drittel der Hinterwand oder gelegentlich auch der Vorderwand des Uterus. Zu diesem Zeitpunkt befindet sich das Endometrium in der Sekretionsphase (Lutealphase, S. 639). > Klinischer Hinweis Nur die ausgewogene Östrogen- und Progesteronsekretion des Ovars macht den Uterus während der Sekretionsphase »reif« für die Implantation. Daher ist die Erhöhung des Östrogen- und Progesteronblutspiegels, z. B. durch »Pilleneinnahme«, ebenso implantationshemmend wie die drastische Erniedrigung oder der Entzug der Ovarialhormone, z. B. nach Ovarektomie oder bei Corpus-luteum-Insuffizienz.
Die Implantation verläuft in drei Schritten: Apposition. Die Blastozyste »schlüpft« aus der sich auflösenden Zona pellucida und lagert sich dem Uterusepithel an.
▬ Adhäsion. Die Blastozyste bindet am Implantationspol fest an die Epithelzellen der Uterusschleimhaut. Die dafür erforderlichen Adhäsionsmoleküle (Integrine und deren Liganden) werden nur in einer etwa 24-stündigen rezeptiven Phase des Zyklus (»Implantationsfenster«) vom Epithel der Uterusschleimhaut exprimiert. Diese rezeptive Phase muss auch bei Invitro-Fertilisationen getroffen werden, um eine Implantation gelingen zu lassen. Invasion. Die Trophoblastzellen am Implantationspol verdrängen und zerstören durch Freisetzung proteolytischer Enzyme das Uterusepithel. Die Blastozyste gelangt dadurch ins Stroma des Endometriums. Es kommt zur interstitiellen Implantation (⊡ Abb. 3.1), die in der Regel am 11. Tag nach der Konzeption abgeschlossen ist. Der Epitheldefekt am Eintrittsort der Blastozyste wird durch ein Fibringerinnsel verschlossen. Dort zeigt die Uterusschleimhaut einen Implantationskegel. Während der Invasion verlieren die oberflächlichen Trophoblastzellen ihre Zellgrenzen und verschmelzen synzytial zum Synzytiotrophoblast. Sie verlieren dabei auch ihre Fähigkeit zur DNA-Synthese und damit zur Teilung. Die Trophoblastzellen, die den Synzytiotrophoblast als zweite Schicht unterlagern,verschmelzen jedoch nicht.
3
96
Kapitel 3 · Allgemeine Entwicklungsgeschichte
3
⊡ Abb. 3.3 a, b. Implantation und Invasion. a 8 Tage alter Keim während der Implantation. Aus dem Zytotrophoblast entsteht durch Auflösung der Zellgrenzen der Synzytiotrophoblast. Ferner entsteht die Amnionhöhle und der primäre Dottersack. Der Anschluss an die mütterlichen Blutgefäße beginnt. b 13 Tage alter menschlicher Keim. Synzytiotrophoblast dunkel. In einige Trabekel, oben, ist Zytotrophoblast eingedrungen (Primärzotten). Unten primäre Trophoblastschale
Sie werden als Zytotrophoblast bezeichnet (⊡ Abb. 3.3). Zytotrophoblastzellen sind weiterhin in der Lage, sich zu teilen. Sie können mit dem Synzytiotrophoblast verschmelzen. Die Zellen des Zytotrophoblastes sind daher Stammzellen für den Synzytiotrophoblast. Mit der Implantation beginnt sich die Uterusschleimhaut unter Volumenzunahme ihrer Stromazellen in die Decidua graviditatis umzuwandeln. ⓘ Infobox Deziduazellen sezernieren Prolaktin und Prostaglandine. Außerdem tragen sie durch Hemmung der mütterlichen Lymphozyten dazu bei, dass das mütterliche Immunsystem die genetisch unterschiedliche Frucht toleriert. Gleichzeitig kontrollieren die Deziduazellen die Trophoblastinvasion. Implantation in deziduafreien Zonen, z. B. intrauterin über Narben in der Uteruswand (nach Kaiserschnitt) oder extrauterin in der Tubenschleimhaut, führt zu überschießender, ungebremster Trophoblastinvasion mit destruktiver Wirkung (Blutungen, Rupturen). Mit der Implantation kommt der Gelbkörper im mütterlichen Ovar unter den Einfluss von hCG, das der Trophoblast sezerniert. Der Gelbkörper wird zum Corpus luteum graviditatis (S. 633). Dadurch werden weitere Eireifungen und Menstruationen verhindert.
> Klinischer Hinweis Blastozysten können sich grundsätzlich an allen epithelialen Oberflächen implantieren. Fehlimplantationen sind deswegen auch außerhalb des Uterus, Extrauteringravidität oder ektopische Schwangerschaft, sowie an weniger geeigneten Stellen im Uterus möglich. Eine Ovarialgravidität liegt vor, wenn die Eizelle während der Ovulation die Follikelhöhle nicht verlässt und es dort zur Befruchtung und Embryonalentwicklung kommt. Eine Tubenschwangerschaft kann eintreten, wenn der Transport des befruchteten Keims durch hormonelle Störungen oder durch Verwachsungen der Tubenschleimhaut nach entzündlichen Erkrankungen gestört ist. Eine Bauchhöhlenschwangerschaft entsteht, wenn die befruchtete Eizelle aus dem Infundibulum der Tube herausgespült wird und der Keim an der Oberfläche der Bauchorgane implantiert. Zu einer Placenta praevia kommt es, wenn sich die Blastozyste in der Nähe des inneren Muttermundes einnistet. Dabei verlegt die Plazenta bei der Geburt den Weg des Kindes durch den inneren Muttermund und führt so zu schwangerschafts- oder geburtsgefährdenden Blutungen.
97 3.4 · Plazenta und Eihäute
>
In Kürze
Die Implantation der Blastozyste in die Uterusschleimhaut ist nur in einer etwa 24-stündigen Phase um den 6. Tag nach der Befruchtung möglich.Beendet ist sie um den 11. Tag.Während der Implantation wird das Endometrium proteolytisch aufgelöst.Der Trophoblast gliedert sich in Synzytiotrophoblast und Zytotrophoblast.
Plazenta und Eihäute
3.4
Wichtig
Plazenta und Eihäute gehen aus der Trophoblasthülle der Blastozyste hervor.Die Plazenta dient dem Stoffaustausch zwischen Mutter und Kind.Jeder Stoffaustausch erfolgt durch die Plazentabarriere,die allein vom Kind gebildet wird.Außerdem übernimmt die Plazenta während der Schwangerschaft die Funktion vieler fetaler Organe,bis diese selbst funktionstüchtig werden.
3.4.1
Entwicklung
Die Entwicklung der Plazenta erfolgt schrittweise. Sie durchläuft mehrere sich überlappende Stadien und ist eng mit der Umgestaltung der Dezidua verbunden. Im Vordergrund der Veränderungen steht eine Vergrößerung der fetomaternen Austauschfläche, sodass die Versorgung des wachsenden Kindes den jeweiligen Bedürfnissen optimal angepasst ist. Bei der Plazentaentwicklung (⊡ Abb. 3.4) folgen aufeinander Trabekelstadium, Tag 8–13 p. c. (post conceptionem), Zottenstadien: – Primärzottenstadium, Tag 12–15 p. c., – Sekundärzottenstadium, Tag 15–21 p. c., – Tertiärzottenstadium, Tag 18 p. c. bis zur Geburt. Trabekelstadium. Die Entwicklung der Plazenta beginnt
an der gesamten Oberfläche des Trophoblasten, hat jedoch im Bereich des Implantationspols einen Vorsprung. Im ersten Schritt kommt es zu einer Verdickung des Synzytiotrophoblasten. Dann folgen aufeinander ab 8. Tag p. c. die Entstehung von Hohlräumen, Lakunen, innerhalb der zunächst kompakten Synzytiotrophoblasthülle,
fast gleichzeitig eine Vergrößerung und Verschmelzung der Lakunen, sodass ein zusammenhängendes Lakunensystem entsteht (⊡ Abb. 3.3, 3.4). Die Lakunen sind zunächst mit Absonderungen des Synzytiotrophoblasten gefüllt, Sichtbarwerden von radiär orientierten Trabekeln. Die Trabekel sind die zwischen den Lakunen verbliebenen Anteile des Synzytiotrophoblasten. Durch die Entwicklung des Lakunensystems hat sich die Synzytiotrophoblasthülle des Keims gespalten. Der fetalwärts gerichtete Teil wird als primäre Chorionplatte bezeichnet.Er ist vom Zytotrophoblast unterlagert.Der zum Endometrium hin gerichtete Teil wird zur Basalplatte. In dieser Phase der Entwicklung erfolgt die Ernährung des Embryos ausschließlich durch Diffusion. Der Diffusionsweg ist lang: von der Dezidua durch die Plazentaanlage, durch die Frucht(/Blastozysten)höhle zur Anlage des Keims. Verwendet wird zur Ernährung u. a. das während der Implantation durch den Gewebsabbau freigewordene Material, deswegen wird dieser Zeitraum als histiotrophe Phase (⊡ Abb. 3.4 a) bezeichnet. Es folgt die hämatotrophe Phase, die bis zur Geburt des Kindes währt. Eingeleitet wird diese Phase dadurch, dass an der Invasionsfront des Keims durch die proteolytische Aktivität des Trophoblasten endometriale Gefäße arrodiert werden (⊡ Abb. 3.3, 3.4 b). Dieser Vorgang ist bis zum 12. Tag p. c. soweit fortgeschritten, dass mütterliches Blut aus den Gefäßen austritt und durch Öffnungen in der Basalplatte in das Lakunensystem zwischen die Trabekeln gelangt. Dort werden nun die zur Ernährung des Embryos erforderlichen Stoffe direkt von der kindlichen Oberfläche aus dem zirkulierenden mütterlichen Blut aufgenommen. Der Abfluss des Blutes aus den Lakunen erfolgt durch gleichzeitig eröffnete Venen. Dadurch entsteht ein uteroplazentarer Kreislauf, dessen Stromrichtung sich aus der arteriovenösen Druckdifferenz ergibt.
3
98
Kapitel 3 · Allgemeine Entwicklungsgeschichte
ⓘ Infobox Eine Plazenta, in der die Oberfläche des Synzytiotrophoblasten unmittelbar von mütterlichem Blut bespült wird, wird als hämochorial bezeichnet. Sie existiert nur beim Menschen, bei höheren Primaten und Nagetieren.
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Zottenstadien. Sie sind durch seitliches Aussprossen von
fingerförmigen Zotten aus den Trabekeln gekennzeichnet. Primärzotten. Etwa am 12. Tag beginnt, ausgehend von der primären Chorionplatte, Zytotrophoblast in die Trabekel einzudringen. Dort erreicht der Zytotrophoblast am 13. Tag den äußeren Teil der Basalplatte (⊡ Abb. 3.4 b). Ferner kommt es durch Proliferation des Zytotrophoblasten zu Ausprossungen der Trabekel in die Lakunen hinein (⊡ Abb. 3.4 c). Diese Aussprossungen sind Primärzotten. Sie sind teilweise noch synzytial, teilweise enthalten sie Zytotrophoblast. Sekundärzotten. Ab dem 15. Tag p. c. dringt extraembryonales Bindegewebe in das sprossende Zottensystem ein. Dadurch bekommen alle Anteile des Systems einen Bindegewebskern und sind zu Sekundärzotten geworden (⊡ Abb. 3.4 d). Das Bindegewebe stammt aus der primären Chorionplatte, der sich ab dem 14. Tag p. c. extraembryonales Mesenchym angelagert hat. Tertiärzotten (⊡ Abb. 3.4 e). Ihre Entwicklung beginnt am 18. Tag p. c. mit der Entstehung zunächst noch blinder Kapillaren im Zottenkern. In der Folgezeit bekommen die Zottengefäße jedoch Anschluss an Gefäße in der Chorionplatte, die mit Nabelschnurgefäßen in Verbindung stehen. Mit der Umwandlung des ehemaligen Trabekelsystems in Tertiärzotten ist ein starkes Wachstum und die Entfaltung von Zottenbäumen verbunden. Das Wachstum verläuft zunächst stürmisch, verlangsamt sich dann aber ohne jedoch aufzuhören.Auch in der reifen Plazenta wachsen die Zottenbäume noch weiter. Bis zur 4. Woche p. c. ist die gesamte Oberfläche der Fruchtblase – hervorgegangen aus der Blastozyste – recht einheitlich mit Tertiärzotten besetzt. Dann jedoch werden Unterschiede sichtbar: Am ehemaligen Implantati⊡ Abb. 3.4 a–e. Stadien der Plazentabildung. a, b Stadien mit La- kunen und Trabekel im primären Chorion. c Primärzotten. d Sekundärzotten; die Haftzotten bestehen noch aus Zellsäulen. e Tertiärzotten mit Blutgefäßen und zunehmender Verzweigung der Zottenbäume
99 3.4 · Plazenta und Eihäute
⊡ Abb. 3.5 a–d. Plazentation, Eihautbildung und Ausweitung der Amnionhöhle. a Fruchtblase gegen Ende des 1. Monats. Zu unterscheiden sind das zottentragende Chorion frondosum und das zottenarme Chorion laeve. b Uterus zu Beginn des 2., c am Ende des 2. und d des 4. Schwangerschaftsmonats mit Obliteration des Uteruslumens. Das extraembryonale Zölom ist durch die Verwachsung des Amnions mit dem Chorion bereits obliteriert. Rot Entoderm, Chorion und Derivate
onspol wachsen die Zotten stärker und werden gefäßreicher, während sich die Plazentazotten in den übrigen Gebieten zurückbilden (⊡ Abb. 3.5 a). Abgeschlossen ist die Umgestaltung Ende der 12. Woche p. c. Nun wird die ehemalige Trophoblasthülle, verstärkt durch Mesenchym, als Chorion bezeichnet. Das Chorion besteht zu dieser Zeit aus Synzytiotrophoblast, Zytotrophoblast und extraembryonalem Mesenchym. Hinzu kommt auf der der Keimblase zugewandten Seite das Amnionepithel als äußere Begrenzung der Amnionhöhle (S. 107). Nach der teilweisen Rückbildung der Zotten gliedert sich das Chorion in einen villösen Abschnitt (etwa 30 %). Dieser Teil des Chorions wird als Chorion frondosum bezeichnet. In diesem Bereich entsteht die definitive Plazenta; extravillösen Abschnitt (etwa 70 %), das Chorion laeve. Hieraus werden die Eihäute. Villöser Abschnitt, Chorion frondosum. Im Vordergrund stehen hier Wachstum, Differenzierung und Entfaltung der Zottenbäume. Dabei vergrößert sich die Zottenoberfläche – das ist die fetomaterne Austauschfläche –, sodass
sie zum Geburtstermin etwa 14 m2 beträgt. Die Zottenoberfläche selbst verändert sich dadurch, dass der unter dem Synzytiotrophoblast gelegene Zytotrophoblast lückenhaft wird ohne jedoch zu verschwinden. Ferner expandiert das Kapillarnetz in den Zotten und es entsteht ein Mikrozirkulationssystem. Im Zottenstroma treten in großer Zahl Makrophagen (Hofbauer-Zellen) auf. Veränderungen erfahren auch die den Zottenbereich umgebenden Strukturen. Aus der primären Chorionplatte wird die definitive Chorionplatte und basal entsteht eine Durchdringungszone, in der sich Gewebeanteile kindlicher und mütterlicher Herkunft vermischen. Extravillöser Abschnitt des Chorions, Chorion laeve. Die Rückbildung der Zotten steht im Zusammenhang mit dem Wachstum des Keims, der sich zunehmend in das Uteruslumen vorwölbt, der Umgestaltung des Chorions dieses Bereiches und der Dezidua. Im Bereich des Chorion laeve verliert das Chorion seinen Synzytiotrophoblast. Erhalten bleibt jedoch Zytotrophoblast. Verstärkt wird dagegen das Bindegewebe, das teilweise zum Chorion, teilweise zum Amnion gehört.
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100
Kapitel 3 · Allgemeine Entwicklungsgeschichte
Dezidua. Mit der Implantation und der Entwicklung des
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Keims verändert sich die Schleimhaut im Corpus uteri, jedoch kaum die der Cervix uteri. Im Corpus uteri kommt es durch die Vergrößerung des Keims zu einer Gliederung der Dezidua. Sie wird ab dem 4. Monat nach der Befruchtung evident, wenn der Keim einen Durchmesser von etwa 90 mm erreicht hat. Der Embryo hat dann eine Scheitel-Steiß-Länge (SSL) von 80 mm. Zu dieser Zeit lassen sich unterscheiden (⊡ Abb. 3.5) Decidua basalis, die Uterusschleimhaut, die basal von der Plazenta liegt,
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Decidua capsularis, die die sich vorwölbende Fruchtblase bedeckt und von der Uterushöhle trennt und Decidua parietalis, die Dezidua im übrigen Teil des Uterus, seitlich und gegenüber dem Implantationsort. Durch die weitere Vergrößerung des Keims bekommt die Decidua capsularis Kontakt mit der Decidua parietalis der gegenüberliegenden Uteruswand (⊡ Abb. 3.5 d). Dabei verschmelzen Decidua capsularis und parietalis ab Mitte der Schwangerschaft unter weitgehender Verödung der Gebärmutterlichtung.
In Kürze
Die Plazentaentwicklung beginnt an der gesamten Oberfläche des Keims. Zunächst entstehen Trabekel und ein Lakunensystem, das ab dem 12. Tag p. c. von mütterlichem Blut durchströmt wird. Aus den Trabekeln entwickeln sich Zottenbäume, die ab dem 18. Tag p. c. kapillarisiert sind (Tertiärzotten). Die Zottenoberfläche besteht aus Synzytiotrophoblast, der von Zytotrophoblast (Langhans-Zellen) unterlagert ist. Bis zur 12. Woche p. c. werden die Zotten im Bereich des Chorion laeve zurückgebildet. Es verbleiben die Eihäute. Der Teil, der seine Zotten behält, Chorion frondosum, wird zur definitiven Plazenta – die Schleimhaut im Corpus uteri wird zur Dezidua. Decidua capsularis und parietalis verschmelzen. Damit verödet in der Mitte der Schwangerschaft das Uteruslumen.
3.4.2
Reife Plazenta und Eihäute, Amnion
Die reife menschliche Plazenta (⊡ Abb. 3.6) ist ein scheibenförmiges Organ. Sie hat einen Durchmesser von etwa 20 cm, ist etwa 3 cm dick und wiegt um 500 g.An der dem Kind zugewandten Oberfläche inseriert die Nabelschnur (⊡ Abb. 3.6 a). In der Regel liegt der Nabelschnuransatz etwa in der Mitte der Plazenta, gelegentlich, ohne funktionelle Beeinträchtigung, exzentrisch. Bei der geborenen Plazenta sind auf der Seite, die dem Endometrium zugewandt ist, unterschiedlich tiefe, unregelmäßig angeordnete Furchen zu erkennen (⊡ Abb. 3.6 b). Sie markieren undeutlich die Grenzen von Plazentalappen (maternale Kotyledonen).
den Zottenbäumen (fetale Kotyledonen), die von der Chorionplatte aus in den Raum zwischen Chorionund Basalplatte hinein hängen und fetale Gefäße führen, Sonderstrukturen und dem intervillösen Raum mit mütterlichem Blut. Er befindet sich zwischen den Verzweigungen der Zottenbäume. Chorionplatte und Basalplatte verschmelzen am Rand der Plazenta miteinander. Ihre Fortsetzung sind die Eihäute, die die Frucht und das Fruchtwasser umgeben. Die Chorionplatte ist der Teil des Chorions (Fruchthül-
Die Plazenta besteht aus (⊡ Abb. 3.6 c) der Chorionplatte, die zum Fetus weist und eine glänzende Oberfläche hat, der Basalplatte, die zur Mutter zeigt, bei der Plazentalösung entsteht und deren Oberfläche dann matt erscheint,
len), der zur Plazenta gehört. Sie besteht aus (⊡ Abb. 3.7) einschichtigem prismatischem Amnionepithel mit einer dünnen Schicht Amnionbindegewebe, Chorionbindegewebe, das dem Amnionbindegewebe locker anhaftet und die Choriongefäße führt, die Äste der Nabelschnurgefäße sind,
101 3.4 · Plazenta und Eihäute
⊡ Abb. 3.6 a–c. Oberflächenbeschaffenheit und Feinbau der Plazenta am Ende der Schwangerschaft. a Fetale Seite der Plazenta mit Nabelschnurgefäßen und deren Verzweigungen. b Maternale Seite mit unregelmäßig angeordneten Furchen. c Schematische Darstellung des Feinbaus der Plazenta mit Zottenbäumen, Plazentasepten, Dezidua basalis und Blutgefäßen. Im linken Sektor ist das Fibrinoid rot markiert
eine am Plazentarand meist mehrschichtige, zentralwärts sich auflockernde Lage aus Zytotrophoblast; im Zentrum kann Zytotrophoblast fehlen und eine unterschiedlich dicke Schicht aus Langhans-Fibrinoid, das den intervillösen Raum begrenzt. Die Basalplatte ist der Boden des intervillösen Raums.
Sie ist ein Teil der während der Entwicklung entstandenen Durchdringungszone aus fetalem und maternem Gewebe (s. oben). Sichtbar wird die Basalplatte erst nach der postnatalen Plazentalösung, wenn sie sich vom basalen Teil der Durchdringungszone, dem Plazentabett, trennt. Die Basalplatte ist nur wenige 100 mm dick und besteht aus einer bunten Mischung verschiedener Komponenten: invasiven Trophoblastzellen, die durch Größe, polygonale Form und basophile Anfärbbarkeit auffallen, Deziduazellen, ovale, blass angefärbte Zellleiber, die meist in Gruppen liegen, vielkernigen trophoblastischen Riesenzellen, die durch Fusion von invasiven Trophoblastzellen entstehen, Fibrinoid (s. unten), eine dichte extrazelluläre Matrix, die diese bunte Zellpopulation einbettet und uteroplazentaren Arterien und Venen, die das mütterliche Gefäßsystem mit dem intervillösen Raum verbinden.
Das Plazentabett (⊡ Abb. 3.7) ist der Teil der maternofe-
talen Durchdringungszone, der nach der Geburt im Uterus bleibt. Es ähnelt im Aufbau der Basalplatte und wird in den der Geburt folgenden Tagen durch Blutungen (Lochien) ausgestoßen. > Klinischer Hinweis Die Rechtsmedizin kann bei der Beurteilung von Abrasionsmaterial (durch Ausschabung gewonnene Uterusschleimhaut) vor der Frage stehen, ob eine Schwangerschaft vorgelegen hat.Kommen Deziduazellen oder invasive Trophoblastzellen vor, ist die Frage zu bejahen.
Zottenbäume. Die reife menschliche Plazenta hat 60 bis
70 Zottenbäume (⊡ Abb. 3.6 c). Sie sind die funktionstragenden Strukturen der Plazenta. Ihre Oberfläche, durch die der Stoffaustausch zwischen Mutter und Kind erfolgt, beträgt zur Zeit der Geburt 10–14 m2. Jeder Zottenbaum besteht aus Stammzotten, stark fibrosierten großkalibrigen Zotten mit fetalen Arterien und Venen. Sie dienen u. a. dem mechanischen Halt des jeweiligen Zottenbaums. Einem Baum mit seinen Verzweigungen vergleichbar folgen aufeinander – ein Truncus chorii (Durchmesser 1–2 mm), – mehrere Rami chorii (Durchmesser 0,5–1 mm) und – viele Ramuli chorii (Durchmesser 100–500 mm);
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3
Kapitel 3 · Allgemeine Entwicklungsgeschichte
peripheren Zottenästen mit vielen fetalen Kapillaren. Hier erfolgt der Gas- und der größere Teil des Stoffaustausches zwischen Mutter und Kind. Zu unterscheiden sind – Intermediärzotten (Durchmesser 70–200 mm) und – Endzotten, Terminalzotten (Durchmesser 60– 80 mm). Die Endzotten machen am Geburtstermin 40–50 % des Zottenvolumens von insgesamt 250–300 cm3 aus. Der Truncus chorii ist etwa 1–5 mm lang und teilt sich wie jeder folgende Abschnitt – mit Ausnahme der Endzotten – mehrfach dichotomisch. Insgesamt finden sich zwischen Truncus chorii und Endzotten 15 bis 25 Aufzweigungen. Bei jeder Aufteilung verlieren die Zotten an Durchmesser. In Analogie zu einem Baum entsprechen die Stammzotten dem Stamm, die Rami und Ramuli chorii seinen verholzten Ästen, die Intermediärzotten den Grünholzästen und die Endzotten den Blättern. Die Verankerung der Zottenbäume erfolgt jeweils durch den Truncus chorii an der Chorionplatte, Haftzotten an der Basalplatte (⊡ Abb. 3.4 e, 3.6 c) Hierbei handelt es sich um Ramuli chorii, nachträglich entstandene, durch Fibrinoid vermittelte Verklebungen zwischen peripheren Zottenästen und Chorionplatte, Inseln (s. unten), Septen (s. unten) und Basalplatte.
Insgesamt haben die Zottenbäume ein festes Gefüge. Erhalten bleibt jedoch eine gewisse Beweglichkeit der Endzotten im mütterlichen Blutstrom. Bauplan der Zotten. Alle Zottentypen haben den glei-
chen Bauplan (⊡ Abb. 3.8). Am deutlichsten ist er an den Endzotten zu erkennen. Beteiligt sind Synzytiotrophoblast mit – Epithelplatten, – dickeren Zonen, – Synzytialknoten, Zytotrophoblast (Langhans-Zellen), Bindegewebe mit fetalen Makrophagen (HofbauerZellen) und fetale Blutgefäße. Synzytiotrophoblast. Er bildet eine kontinuierliche, vielkernige, synzytiale, nicht durch laterale Zellgrenzen un-
⊡ Abb. 3.7. Schnitt durch eine reife Plazenta
terbrochene Epithellage, die mütterlichen und kindlichen Kreislauf voneinander trennt. Er lässt jedoch einen Stoffaustausch zwischen Mutter und Kind zu. Dabei vermag das Synzytium aktiv zu selektieren und in den Transport einzugreifen. Epithelplatten sind 0,5–1 mm dicke Abschnitte des Syn-
zytiums, die in der Regel über sinusoidal erweiterten Kapillaren liegen. Je nach Zottentyp nehmen sie bis zu 40 % der Zottenoberfläche ein. Sie dienen vorwiegend der Diffusion von Atemgasen (O2, CO2), Wasser und dem Carriertransport von Glukose. Dickeres Synzytium. Es ist 2–6 mm dick, organellenreich und hat viele Mikrovilli. Es kommen kernfreie aber auch kernhaltige Abschnitte vor. Im dicken Synzytiotrophoblast finden bevorzugt energieverbrauchende Transportvorgänge (aktiver Transport) mit Ab- und Umbauvor-
103 3.4 · Plazenta und Eihäute
Der Zytotrophoblast ist bis zur Beendigung der Schwangerschaft mitotisch aktiv und kann mit Synzytiotrophoblast fusionieren. Dadurch wird kompensiert, dass der Synzytiotrophoblast die Fähigkeit zur DNA-Reduplikation und damit zu eigenem Wachstum und zur Transkription seiner Gene verloren hat. Dies übernehmen die Zytotrophoblastzellen, die nach ihrer synzytialen Fusion kontinuierlich mRNA und Proteine von Enzymen, Rezeptoren und Transportermoleküle ins Synzytium einbringen. ⓘ Infobox ⊡ Abb. 3.8. Querschnitt durch eine Plazentazotte am Ende der Schwangerschaft. Der Pfeil symbolisiert den Weg des Stoff- und Gasaustausches
gängen sowie endokrine und metabolische Syntheseleistungen statt. Vor allem werden folgende Hormone in der Plazenta gebildet: humanes Chorion-Gonadotropin (hCG) zum Erhalt des Gelbkörpers im Ovar, Plazenta-Laktogen (hPL), ein wachstum- und brustdrüsenstimulierendes Hormon, Progesteron und Östrogene, die den Gesamtorganismus, speziell den Uterus an die Schwangerschaft adaptieren und weitere Eireifung blockieren. Hinzu kommt Somatostatin, das die Hormonsekretion reguliert. > Klinischer Hinweis Das humane Chorion-Gonadotropin (hCG) wird in größerer Menge mit dem Harn ausgeschieden.Wird hCG im Harn nachgewiesen, liegt eine Schwangerschaft vor (Schwangerschaftsnachweis).
Synzytialknoten sind Ansammlungen alter, genetisch to-
ter Kerne des Synzytiotrophoblast. Sie sind von Plasmalemm umgeben, können abgeschnürt und von mütterlichem Blut weggeschwemmt werden, im letzten Schwangerschaftsmonat täglich bis zu 3 g. Abgebaut und phagozytiert werden die Synzytialknoten in der Lunge. Zytotrophoblast, Langhans-Zellen, sind auch noch zum Geburtstermin vorhanden. Die Zellen unterlagern an 20–25 % der Zottenoberfläche den Synzytiotrophoblast. Synzytiotrophoblast und Zytotrophoblast sind gemeinsam durch eine Basalmembran vom Zottenbindegewebe getrennt.
Um ausreichend mRNA in das Synzytium zu transferieren, wird kontinuierlich mehr Zytotrophoblast in den Synzytiotrophoblast einbezogen als für sein Wachstum erforderlich ist. Dadurch entsteht überschüssiges Synzytium, das laufend in Form von Synzytialknoten in das mütterliche Blut abgegeben wird.Unterbleibt jedoch die Fusion von Zyto- und Synzytiotrophoblast auch nur wenige Tage, wird der Synzytiotrophoblast durch Fehlen von mRNA und Proteinen wichtiger Enzyme sowie Rezeptoren nekrotisch.
> Klinischer Hinweis Gelangen größere Mengen von nekrotischem Trophoblast ins mütterliche Blut, kann es in mütterlichen Gefäßen zu Entzündungsreaktionen kommen. Hiermit wird die Präeklampsie in Zusammenhang gebracht, die verbunden mit Ödemen, Proteinurie und Hypertonie bei etwa 5–10 % der Schwangerschaften auftritt.
Zottenbindegewebe. Das Zottenbindegewebe besteht aus einem Netzwerk ortständiger Bindegewebszellen (Mesenchymzellen, Fibroblasten, Myofibroblasten), aus ungeformter Interzellularsubstanz sowie aus retikulären Fasern und Kollagenfasern. Außerdem kommen Makrophagen, Hofbauer-Zellen, vor. Das Zottenbindegewebe ist in den Stammzotten dicht und kollagenreich, in den Endzotten locker gepackt. ⓘ Infobox Die Hofbauer-Zellen sind für den Proteinaustausch zwischen Mutter und Kind eine zweite,dem Synzytiotrophoblast folgende, mobile Barriere. Außerdem produzieren sie viele Wachstumsfaktoren,die Zottenwachstum und Zottendifferenzierung steuern. Die Aktivität der Hofbauer-Zellen wird durch Umgebungsbedingungen,z. B.den Sauerstoffpartialdruck reguliert.
Zottengefäße. Die Zottengefäße gehören zum fetopla-
zentaren Gefäßsystem. Es besteht aus Nabelschnurgefäßen (S. 117), Arterien und Venen der Chorionplatte und Stammzotten und dem
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104
Kapitel 3 · Allgemeine Entwicklungsgeschichte
Mikrozirkulationssystem in den peripheren Zottenästen.
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Das Mikrozirkulationssystem setzt sich aus Arteriolen bzw. Venulen sowie Kapillaren mit sinusoidal dilatierten Kapillarabschnitten zusammen. Die Sinusoide befinden sich vor allem in den Endzotten und können Durchmesser von 20–40 mm erreichen. Dort, wo sie sich dem Trophoblast unmittelbar anlegen, verschmelzen die Basalmembranen von Trophoblast und Kapillaren miteinander (⊡ Abb. 3.8). Dadurch sind die Diffusionsstrecken zwischen mütterlichem und kindlichem Blut kurz (minimal 1–2 mm). Sonderstrukturen der Plazenta sind Plazentasepten, Zellsäulen, Zellinseln und Fibrinoid.
Plazentasepten (⊡ Abb. 3.6 c). Hierbei handelt es sich um säulen-, platten- und segelförmige Auffaltungen der Basalplatte in den intervillösen Raum. Sie beginnen sich im
Verlauf des 4. Monats p. c. zu entwickeln. Bei der geborenen Plazenta liegen Plazentasepten in der Regel dort, wo an der Unterseite Furchen zu erkennen sind. Histologisch gleichen sie der Basalplatte. Plazentasepten sind rudimentäre Strukturen ohne Giederungsfunktionen für den intervillösen Raum. Zellsäulen befinden sich an den Anheftungsstellen der
großen Stammzotten an der Basalplatte. Es handelt sich um die Endabschnitte der Haftzotten (s. oben), die weder Bindegewebe noch Gefäße enthalten. Sie gehen auf die trophoblastischen Primärzotten zurück (s. oben) und enthalten die Stammzellen von invasiven Trophoblastzellen in Basalplatte und Plazentabett (s. oben). Zellinseln. Auch die Zellinseln stehen mit der Frühent-
wicklung der Plazenta in Zusammenhang. Es sind persistierende Endabschnitte frei endender Primärzotten. Sie hängen als kugelförmige Ansammlungen von Zytotrophoblast peripher am Zottenbaum und sind in große Mengen Fibrinoid eingebettet, das an den meisten Stellen die ursprüngliche Bedeckung von Synzytiotrophoblast ersetzt hat. Fibrinoid (⊡ Abb. 3.6 c, 3.7). Es entsteht als Sekretionspro-
dukt des Trophoblasten und durch Blutgerinnung an der
intervillösen Oberfäche des Synzytiums. Das Fibrinoid hat eine mechanisch sehr derbe, intensiv anfärbbare Matrix, die im Laufe der Schwangerschaft zu einem internen Stützskelett der Plazenta wird. Nach ihrer Lokalisation werden unterschieden: Langhans-Fibrinoid an der intervillösen Oberfläche der Chorionplatte, Rohr-Fibrinoid an der intervillösen Oberfläche von Zotten und Basalplatte, dort wo bedeckender Synzytiotrophoblast verloren gegangen ist und Nitabuch-Fibrinoid im Bereich der maternofetalen Durchdringungszone, das als eine Art »Klebstoff« die mütterlichen und fetalen Gewebe miteinander verankert. ⓘ Infobox zur Barrierefunktion der Plazenta Unter normalen Bedingungen ist Immunglobulin G das einzige Protein, das die gemeinsam von Synzytiotrophoblast und Makrophagen gebildete Plazentabarriere von der Mutter zum Kind passieren kann. Dadurch wird dem Kind eine mehrmonatige Immunität gegen alle Keime verliehen, gegen die die Mutter immun ist. Die Plazentaschranke ist aber auch für manche Medikamente, lipidlösliche Stoffe, u. a. Alkohol, durchlässig. Für Blutzellen dagegen ist die Plazentaschranke im Prinzip undurchlässig. Jedoch kann während der Geburt oder bei einer Fehlgeburt die Zottenoberfläche einreißen und dadurch kindliches Blut in den mütterlichen Kreislauf gelangen. Dann bildet die Mutter bei Blutgruppenunterschieden (Rh-positives Kind, rh-negative Mutter) gegen das kindliche Blut Antikörper. Diese können bei einer erneuten Schwangerschaft durch die Zottenoberfläche hindurch in den neuen kindlichen Organismus gelangen und dort bei entsprechender Blutgruppenkonstellation das Krankheitsbild der Rh-Inkompatibilität, Erythroblastose, hervorrufen.
Intervillöser Raum. Der intervillöse Raum wird von müt-
terlichem Blut durchströmt. Er befindet sich zwischen den Zotten – seine Spaltbreite entspricht dort vielfach einem Erythrozytendurchmesser – und wird von der Chorion- und Basalplatte begrenzt. Im intervillösen Raum tritt mütterliches Blut direkt an die fetalen Austauschflächen heran. Bei der reifen Plazenta enthält der intervillöse Raum etwa 150 ml Blut. Die Durchblutungsrate beträgt etwa 150 ml/min/kg Fetus. Der intervillöse Raum kann hämodynamisch in Strömungseinheiten unterteilt werden. Die Strömungseinheiten, bei der reifen Plazenta etwa 40 bis 70, entstehen dadurch, dass mütterliches Blut an der Oberfläche der Basalplatte aus Spiralarterien (uteroplazentare Arterien) unter Druck in den intervillösen Raum eintritt, in einem
105 3.5 · Frühentwicklung
eiförmigen zottenarmen Bereich (zentrale Kavität) zwischen den Verzweigungen eines Zottenbaums sehr schnell zur Chorionplatte aufsteigt und von dort langsam durch die engen Spalträume zwischen den umgebenden, dichtgepackten Zotten zur Basalplatte zurückfließt. Dort wird es von uteroplazentaren Venen der Mutter aufgenommen. Eine derartige Strömungseinheit wird als Plazenton bezeichnet. Eihäute. Sie befestigen sich allseitig an der Plazenta und
sind aus dem Chorion frondosum zusammen mit dem Amnion hervorgegangen (S. 107). Die Eihäute, auch Fruchthüllen, sind weniger als 1 mm dick aber derb, sodass sie den Feten einschließlich der Fruchtblase (Amnionhöhle) mechanisch schützen. Die Eihäute bestehen aus Amnionepithel, Bindegewebe und
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verbliebenen Zytotrophoblastzellen in lockerer Verbindung mit der Decidua parietalis. Die Eihäute zerreißen bei Geburtsbeginn, sog. Blasensprung, und werden zusammen mit der Plazenta nach der Geburt ausgestoßen. Plazentalösung. Sie wird bereits pränatal vorbereitet.
Durch Apoptose von Trophoblastzellen und durch Abbau dezidualer Kollagenfasern entsteht in der maternofetalen Durchdringungszone ein Demarkationsbereich. Unter der Geburt kommt es dort durch die Wehen zu Gefäßverletzungen und es entwickelt sich ein retroplazentäres Hämatom. Schließlich löst sich die Plazenta zusammen mit der Basalplatte und den Eihäuten, Nachgeburt. Einzelheiten zum Wochenbett mit ihren Lochien S. 647.
In Kürze
Die reife Plazenta besteht aus der Chorionplatte, 60–70 Zottenbäumen, dem intervillösen Raum und der Basalplatte.Die Zottenbäume sind an der Chorionplatte und durch Haftzotten an der Basalplatte befestigt. Die Endzotten flottieren im vorbeiströmenden mütterlichen Blut. Die Zottenoberfläche besteht aus dünnen Epithelplatten – vor allem für den Gasaustausch sowie Glukosetransport –, dicken Abschnitten mit metabolischen Leistungen und Synzytialknoten mit toten Zellkernen. Zytotrophoblast unter dem Synzytium ist auch in der reifen Plazenta vorhanden. Er fusioniert laufend mit dem Synzytium. Im Zottenkern stellen Makrophagen (Hofbauer-Zellen) eine 2. Barriere zur Verhinderung eines schädigenden Proteinaustausches dar. – Eihäute haben weitgehend mechanische Aufgaben. Sie werden mit der Nachgeburt ausgestoßen.
3.5
Frühentwicklung Wichtig
Während der Frühentwicklung (bis zum Ende der 3. Entwicklungswoche) entstehen die wichtigsten Primitivorgane, vor allem die Keimscheibe mit Primitivstreifen, Primitivrinne, Primitivknoten, intraembryonalem Mesoderm, Chordafortsatz, sowie die Embryonalanhänge: Amnion, Dottersack, Allantois, extraembryonales Mesoderm. Die Entstehung dieser Strukturen ist die Voraussetzung für den geregelten Ablauf der anschließenden Organentwicklung.
Ausgangspunkt der Entwicklung sowohl des Embryos als auch der Embryonalanhänge ist der Embryoblast (s. oben). Dort beginnen sich die Zellen kurz vor bzw. während der Implantation – um den 7. Tag p.c. – in 2 Lagen anzuordnen. Die Zellen, die auf der der Blastozystenhöhle zugewandten Seite liegen, flachen sich ab und formieren den Hypoblast (⊡ Abb. 3.3 a). Darüber entsteht eine Schicht aus etwas größeren prismatischen Zellen, der Epiblast. Beide Zelllagen zusammen bilden die runde Keimscheibe. Zu den Grundlagen der Entwicklung Alle Entwicklungsvorgänge sind komplex. Sie basieren auf einem Zusammenwirken von genetischen, intra- und extrazellulären Faktoren. Der Start erfolgt durch Induktion.
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3
Kapitel 3 · Allgemeine Entwicklungsgeschichte
Die genetischen Faktoren sind bereits in der DNA der Zygote kodiert. Sie bewirken, dass zu einem gegebenen Zeitpunkt Entwicklungskontroll-(Regulator-)gene aktiviert werden und exprimieren. Sie können später auch wieder blockiert (»abgeschaltet«) werden. Die Regulatorgene kodieren Transkriptionsfaktoren, die sich an Zielgene anlagern und diese wirksam werden lassen. Ein Regulatorgen steuert dabei jeweils eine Gruppe von Zielgenen, die ein Operon bilden. Zu den Regulatorgenen, die während der Frühentwicklung tätig werden, gehören insbesondere homeotische Gene (Homeobox, HOX). Sie kodieren jeweils für eine homologe Region von ungefähr 60 zusammenhängenden Aminosäuren. Durch HOX wird der Grundriss des Organismus mit seinen Hauptabschnitten (Kopf, Rumpf, Extremitäten) festgelegt. Bei Mutationen der Homeobox können Körperregionen fehlen oder ineinander umgewandelt sein (homeotische Transformation). Zurzeit sind mehr als 30 HOX-Gene bekannt. Ihre Genorte befinden sich beim Menschen in 4 Clustern (HOX A – HOX D) auf den Chromosomen 7, 17, 12, 2. HOX-Gene sind phylogenetisch sehr konstant, sodass innerhalb einer Klasse, hier der Wirbeltiere, bei allen zugehörigen Organismen gleichartige Grundstrukturen entstehen. Danach erfolgt dann die artspezifische Differenzierung. Hierbei wirken für die Organogenese als weitere Regulatorgene »paired-box«-Gene (PAX) sowie Zinkfingergene mit. Bisher sind 8 PAX-Gene beim Menschen identifiziert. Eine fehlerfreie Entwicklung hängt aber auch vom richtigen Zeitpunkt des Einsetzens der verschiedenen Entwicklungsschritte und deren Koordination ab. Nach gegenwärtigem Wissen spielt hierbei der Methylierungsgrad der DNA eine entscheidende Rolle. Methylierung der DNA führt nämlich zu einer Blockade der Genorte. Nicht benötigte Genorte bleiben permanent blockiert, andere werden nach Bedarf freigegeben bzw. wieder besetzt. Intra- und extrazelluläre Signalketten. Die Regulatorgene ihrerseits stehen unter dem Einfluss intra- und extrazellulärer Signalketten. Extrazelluläre Signale gehen z. B. von der ionalen Zusammensetzung des äußeren Milieus, aber auch von parakrinen oder endokrinen Faktoren aus, z.B. Wachstumsfaktoren (u. a. »fibroblast-growth-factors«, »transforming-growth-factors«), Hormonen (u. a. Thyroxin, Androgene) und anderen Peptidfraktionen (Zytokine). Ferner können Signalmoleküle aus Nachbarzellen stammen, die vermittels Konnexinen an Gap junctions übertragen werden. Alle Signale wirken über Rezeptoren, die sich an der Zelloberfläche oder intrazellulär befinden. Da sehr viele extrazelluläre Faktoren und unterschiedliche Rezeptoren existieren, hängt die Richtung einer Zelldifferenzierung sehr von der Kombination der beteiligten Substrate ab.Auch spielen die quantitativen Verhältnisse eine Rolle. Schließlich können Signalmoleküle auch mehrere Genaktivitäten auslösen.
Für die Signalübertragung selbst stehen teils antagonistisch wirkende intrazelluläre Mechanismen zur Verfügung, deren Balance das Hintanhalten bzw. die Freigabe der Tätigkeit der Regulatorgene bewirkt. Induktion. Das Auslösen von Entwicklungs- bzw. Differenzierungsvorgängen wird als Induktion bezeichnet. Gemeint ist damit die Freisetzung von Entwicklungspotenzen, die auf Grund des genetischen Programms in den Zellen zur Verfügung stehen. Die Induktion selbst geht von primären Induktoren, Organisatoren, durch Freisetzung von Induktionsstoffen aus. So induziert z. B. Chordagewebe die Ausbildung des Neuralrohrs (s. unten). Jede Induktion leitet eine Kettenreaktion aufeinander folgender Induktionsschritte ein. Induktionen werden jedoch nur innerhalb einer bestimmten Periode wirksam, der Determinationsperiode. In dieser Zeit wird der Rahmen festgelegt, in dem sich die Zelle bzw. Zellgruppe differenzieren kann. Determination bedeutet aber auch gleichzeitig irreversible Einschränkung ursprünglicher Entwicklungsmöglichkeiten, der prospektiven Potenzen. In Fortführung der Determination entwickeln sich schließlich in den jeweiligen Zellen spezifische strukturelle und funktionell-biochemische Merkmale, die unter normalen Umständen zu einem stabilen Differenzierungszustand führen. Bei weiteren Zellteilungen entstehen dann nur noch Zellen gleicher Art. Die Zellen haben ihre Pluripotenz verloren. Allerdings sind Modulationen möglich, jedoch nur innerhalb einer Zelllinie.So können sich Abkömmlinge mesenchymaler Stammzellen in Abhängigkeit von den Umständen in bestimmte Zellen des Zentralnervensystems, der Leber, in Osteoblasten oder quer gestreifte Muskelzellen verwandeln. Stammzellen. Hierunter werden Zellen verstanden, die ihre Entwicklungspotenz noch nicht bzw. noch nicht vollständig verloren haben. Je nachdem sind sie totipotent, z. B. die Furchungszellen der Morula, bzw. pluripotent, z. B. die Zellen des Embryoblastes. Bei Stammzellen kann also das genetische Programm noch mehr oder weniger uneingeschränkt abgerufen werden. Gekennzeichnet sind Stammzellen dadurch, dass sie langfristig in der Ruhephase des Zellzyklus, also der G0-Phase, verweilen können, dass sie sich unbegrenzt teilen können, ohne sich sofort zu differenzieren – dadurch entstehen Zelllinien –, dass sie sich, wenn sie zur Differenzierung anstehen, differentiell teilen, d. h. ungleichmäßig. Von den Tochterzellen bleibt eine als Stammzelle im Zellzyklus, die andere schert aus und differenziert sich. Stammzellen gibt es in jeder Phase des Lebens und in allen Geweben (Organen) des Organismus, sowohl beim Embryo (embryonale Stammzellen) als auch später (adulte Stammzellen). Während aus der embryonalen Stammzelle alle etwa 300 Gewebearten des neuen Organismus hervorgehen können, ist der Umfang der Differenzierungsmöglichkeiten bei adulten Stammzellen begrenzt.
107 3.5 · Frühentwicklung
> Klinischer Hinweis Von den Differenzierungsmöglichkeiten, die auch noch adulte Stammzellen haben, wird in der Klinik bereits bei der Behandlung der Leukämie Gebrauch gemacht, einer bösartigen Tumorerkrankung der Leukozyten, vor allem im Knochenmark. Nach vollständiger chemotherapeutischer Zerstörung des erkrankten Knochenmarks werden dem Patienten suspendierte Blutstammzellen injiziert, die zur Neubesiedlung des Knochenmarks und damit zur tumorfreien Blutbildung führen.
Zweite Entwicklungswoche. In der 2. Entwicklungswo-
che werden die zukünftige Kranialregion markiert, die Embryonalanhänge angelegt: – Amnionhöhle, – Dottersack und – extraembryonales Mesenchym. Die Markierung der Kranialregion erfolgt durch Ausbildung eines Randbogens. Sie geht auf eine Verdichtung der Hypoblastzellen im späteren vorderen Bereich des Embryos zurück. Amnionhöhle. Sie entsteht über der Keimscheibe. Dort bilden sich zwischen Epiblast und Zytotrophoblast Spalträume, die zur primären Amnionhöhle konfluieren. Sie enthält Interzellularflüssigkeit. In der Folgezeit vergrößert sich der Raum und wird bis zum 9. Entwicklungstag von einer Schicht flacher polygonaler Zellen, Amnioblasten, ausgekleidet, die aus dem Epiblast der Keimscheibe auswandern. Dann ist aus der primären die definitive Amnionhöhle geworden (⊡ Abb. 3.3). Die Amnionhöhle wird sich weiter um den Embryo herum vergrößern und Fruchtwasser enthalten (s. unten). Der Dottersack ist ein temporäres Gebilde mit induktiven Funktionen (s. unten). Der Dottersack entsteht durch Auswandern von Hypoblastzellen der Keimscheibe, die entlang der Innenwand der Blastozyste wachsen und die Heuser-Membran bilden. Hierdurch entsteht als zweite Höhle des Embryoblastes der primäre Dottersack. In der Folgezeit zerfällt der primäre Dottersack in kleine bläschenförmige Teilabschnitte. Der Rest davon wird auch als sekundärer Dottersack bezeichnet (⊡ Abb. 3.3). Extraembryonales Zölom, extraembryonales Mesenchym (⊡ Abb. 3.3). Zwischen Dottersackepithel und Tro-
phoblast befindet sich zunächst ein schmaler Spaltraum, der sich durch verstärktes Wachstum der Trophoblasthülle der Blastozyste vergrößert. Er wird von verzweigten Zellen gefüllt, die vom Hypoblast auswandern. Zwischen diesen Zellen verbleiben weite Räume mit einer sol- bis gelartigen Grundsubstanz. Bei dem neu entstandenen Gewebe handelt es sich um extraembryonales Mesenchym (s. unten). Es drängt sich auch zwischen Amnionepithel und Trophoblast. Mit fortschreitender Entwicklung fließen die Interzellularräume des extraembryonalen Mesenchyms zusammen und es entsteht das extraembryonale Zölom (auch Chorionhöhle). Neben Amnion und Dottersack ist die Chorionhöhle die 3. Höhle des Keims. Mit Erweiterung der Interzellularräume im extraembryonalen Zölom wird das extraembryonale Mesenchym an den Rand gedrängt. Dort liegt es vor als extraembryonales Splanchnopleuramesenchym (extraembryonales viszerales Mesenchym), das dem Dottersack anliegt,und extraembryonales Somatopleuramesenchym (extraembryonales parietales Mesenchym), das dem Zytotrophoblast anliegt (⊡ Abb. 3.3 b). Haftmesenchym. Zwischen Trophoblast und Amnion
unterbleibt die Ausbildung des extraembryonalen Zöloms. Dadurch entsteht der Haftstiel als mesenchymale Befestigung der Embryonalanlage (mit Amnionhöhle) am Chorion (⊡ Abb. 3.3 b). Der Haftstiel ist der Vorläufer der Nabelschnur. Dritte Embryonalwoche. In der 3. Embryonalwoche werden als Primitivorgane angelegt Primitivstreifen, Primitivrinne, Primitivknoten, intraembryonales Mesoderm, Chorda dorsalis und Allantoisdivertikel.
Die Entwicklung der Primitivorgane bewirkt die Ausbildung von drei Keimblättern, Ektoderm, Mesoderm und Entoderm, aus denen alle Gewebe und Organe des Embryos entstehen (s. unten). Schließlich ändert sich in der 3. Entwicklungswoche Länge und Form der Embryonalanlage. Primitivstreifen, Primitivrinne, Primitivknoten. Anfang
der 3. Entwicklungswoche erscheint im Epiblast ein un-
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108
Kapitel 3 · Allgemeine Entwicklungsgeschichte
scharf konturierter Streifen, der vom spitz-oval gewordenen kaudalen Ende der Keimscheibe bis fast zur Mitte reicht; es handelt sich um den Primitivstreifen, der sehr bald eine rinnenförmige Einsenkung, die Primitivrinne, bekommt (⊡ Abb. 3.9, 3.10 a). An seinem vorderen Ende
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bildet sich durch Verlängerung und Verdickung der Primitivknoten, Hensen-Knoten.
Primitivstreifen und Primitivknoten sind Verdickungen im Epiblast. Sie entstehen durch Proliferation und Umwandlung der hier gelegenen Zellen. Mit der Ausbildung des Primitivstreifens beginnen lateral gelegene Epiblastzellen nach medial zu wandern (⊡ Abb. 3.9). Sie bewegen sich auf den Primitivstreifen zu, runden sich ab, »versinken« in der Primitivrinne und wandern aus. Dabei verlieren sie ihre Zellhaftungen und bekommen Fortsätze. Sie verändern ihre Form und werden zu Mesenchymzellen. Die so veränderten Zellen schieben sich zwischen Epiblast und Hypoblast und bilden eine neue Zelllage, das zunächst ungegliederte primäre Mesoderm. Dieser Vorgang wird in Anlehnung an ähnliche bei niederen Tieren als Gastrulation bezeichnet. Am Rand der Keimscheibe gehen intra- und extraembryonales Mesenchym ineinander über. > Klinischer Hinweis In der Regel degeneriert der Primitivstreifen vollständig. Aus Resten des Primitivstreifens können jedoch Tumoren hervorgehen, sog. Teratome, am häufigsten sakrokokzygeale Teratome bei Neugeborenen.
⊡ Abb. 3.9. Weg der Zellen (Pfeilrichtung), die im Epiblast in die Primitivrinne einwandern und dann zwischen Epiblast und Hypoblast gelangen. Vor dem Transversalschnitt Zellen, die im Bereich des Primitivknotens in die Primitivgrube einwandern und den Chordafortsatz bilden
ⓘ Infobox Die Begriffe »Mesoderm« und »Mesenchym« sind nicht gleichbedeutend. Mesoderm ist ein entwicklungsgeschichtlicher Begriff und bezeichnet das mittlere Keimblatt. Mesenchym dagegen ist ein histologischer Begriff. Es bezeichnet ein primitives,
⊡ Abb. 3.10 a–d. 17 Tage alter menschlicher Keim. a Ansicht von oben (nach Wegnahme des Amnions, Schnittrand). b Medianschnitt. c Querschnitt im Bereich des Chordafortsatzes. d Schnitt im Bereich des Primitivstreifens. Rot Entoderm; schraffiert Ektoderm; punktiert Mesoderm
109 3.5 · Frühentwicklung
pluripotentes Bindegewebe, aus dem das Mesoderm besteht. Das Mesenchym ist das frühe nichtepitheliale Gewebe des Keims. Es formiert sich zum embryonalen Bindegewebe (⊡ Abb. 2.26). Verdichtungen von Mesenchymzellen, die als erste Anlage von Organen entstehen, werden als Blasteme bezeichnet.
Anders als beim Primitivstreifen verhält sich die Gewebsinvagination im Bereich des Primitivknotens. Dort entsteht zunächst eine seichte Einsenkung, Primitivgrube, die sich zunehmend vertieft. Dann erfolgt auch hier eine Invagination von Epiblastzellen. Jedoch bilden sie einen in sich geschlossenen epithelialen Zellstrang, der sich zwischen die Zellen des Hypoblastes drängt und zunächst als Chordaplatte, dann als Chordafortsatz bezeichnet wird (⊡ Abb. 3.10). Der am weitesten vorne gelegene Abschnitt ist der Kopffortsatz; der kaudal folgende Teil wird zur Chorda dorsalis. Gelegentlich kann der Chordafortsatz röhrenförmig sein, sodass eine offene Verbindung zwischen Amnionhöhle und Dottersack entsteht, Canalis neurentericus (⊡ Abb. 3.11).Vor dem Kopffortsatz befindet sich ein umgrenzter Bezirk von Mesodermzellen, die vor Beginn der Entstehung des Chordafortsatzes aus dem Primitivknoten ausgewandert sind, prächordales Mesoderm. Es wird ins Entoderm integriert und bildet die Prächordalplatte.
In der Folgezeit vermehren sich die lateralen Zellen des Chordafortsatzes stark und verdrängen die Hypoblastzellen. Sie bilden das Entoderm. Aber auch der verbliebene Epiblast verändert sich. Unter dem Einfluss von Wachstumsfaktoren aus benachbarten Zellverbänden entsteht hier das Ektoderm. Ektoderm und Entoderm sind durch das Mesoderm voneinander getrennt. Jedoch sind sowohl am kranialen als auch am kaudalen Pol umschriebene Bezirke von der Trennung ausgespart. Kranial – vor der Prächordalplatte – handelt es sich um die Rachenmembran, kaudal um die Kloakenmembran (⊡ Abb. 3.11 a). Beide Gebiete sind mesodermfrei, weil Ektoderm und Entoderm miteinander verklebt sind und das Einwandern von Mesenchymzellen verhindern. Mit der Entwicklung des Primitivstreifens sind die Richtungen im zukünftigen Körper abschließend festgelegt. Es lassen sich eine ventrale und dorsale Seite, ein kranialer und kaudaler Pol und eine rechte und linke Körperseite unterscheiden. Gleichzeitig kommt es in der 3. Embryonalwoche zu einem verstärkten Wachstum des vorderen Teils der Keimscheibe mit starker Verlängerung des Chordafortsatzes. Dadurch scheint sich der Primitivstreifen, der im kaudalen Teil liegt, zu verkürzen. Aus der Keimscheibe ist nun ein länglich-ovaler Keimschild geworden.
⊡ Abb. 3.11 a, b. Entwicklung der Chorda (massiv schwarz) und Differenzierung des Mesoderms (punktiert). a Der Chordafortsatz wird in den Hypoblast integriert. b Ausbildung der Chorda dorsalis. Inzwischen hat sich das Entoderm (rot) als geschlossene Schicht gebildet. – Am kranialen Pol des Keims beginnt die Abfaltung. Dabei ändert sich die Stellung der Rachenmembran. – Die roten Pfeile zeigen an, an welcher Stelle die Querschnitte (rechts im Bild) gelegt wurden. * Extraembryonales Zölom
3
110
Kapitel 3 · Allgemeine Entwicklungsgeschichte
Infolge des starken Wachstums des vorderen Teils der Keimscheibe verlagert sich der Haftstiel in den kaudalen Bereich der Anlage. Damit wird programmiert, dass sich die zukünftige Kopfregion im Uterus nach unten wendet und bei der Geburt der Kopf vorausgeht.
3
Allantois. Am kaudalen Embryonalpol entsteht eine Aus-
sackung des Dottersacks, die von Hypoblastzellen ausgekleidet ist. Sie ragt in den Haftstiel hinein und wird als Allantois bezeichnet (⊡ Abb. 3.10 b, 3.11 a). Die Rückbildung erfolgt nach kurzer Zeit. Die Allantois induziert jedoch die extraembryonale Gefäßentwicklung und Blutbildung (S. 492).
>
ⓘ Infobox Besonders bei der Frühentwicklung spielt die Wanderung von Zellen, Zellmigration, eine große Rolle. Die zur Wanderung befähigten Zellen lösen sich aus ihrem Verband,verlieren ihre Zellhaftungen, bilden Pseudopodien und bewegen sich zum Ort ihrer späteren Bestimmung.Für die Wanderung spielen Wachstumsfaktoren eine Rolle,die von den Zellen des Zielgebietes exprimiert werden, sowie spezifische Rezeptoren an der Spitze der Pseudopodien,die die Zielgebiete und auch gleichartig differenzierte Zellen erkennen. Die Wanderung der Zellen selbst kommt durch Interaktionen von Aktin- und Myosinfilamenten in den Pseudopodien zustande. Leitstrukturen für die Wanderung sind Fibronektinstraßen. Am Ziel treten gleichartig differenzierte Zellen in Kontakt und bilden Kontaktstrukturen, Desmosomen. Durch sie kommt es zur Kontaktinhibition und Einstellung der Pseudopodienbildung. Auf diese Weise entsteht ein Gewebe als Verband gleichartig differenzierter Zellen.
In Kürze
Am Ende der 1. Entwicklungswoche ist der Embryoblast in Epiblast und Hypoblast gegliedert. In der 2. Entwicklungswoche wird die Kranialregion durch eine Randleiste im Hypoblast markiert. Es entsteht die Amnionhöhle zwischen Epiblast und Trophoblast, der Dottersack durch Auswachsen von Zellen des Hypoblastes und das extraembryonale Zölom als 3. Höhle zwischen Dottersack und Trophoblast. Das extraembryonale Zölom geht auf Erweiterungen von Interzellularräumen im extraembryonalen Mesenchym zurück. Der Haftstiel ist ein extraembryonaler Mesenchymsockel zwischen Amnionhöhle und Trophoblast. In der 3. Entwicklungswoche entstehen die Primitivorgane. Führend ist der Epiblast, aus dem durch aufeinander folgende Induktionen alle 3 Keimblätter entstehen: Ektoderm, Mesoderm, Entoderm. Gleichzeitig werden die Körperrichtungen festgelegt.
3.6
Embryonalperiode Wichtig
In der Embryonalperiode (4.–8. Embryonalwoche) entstehen die Anlagen aller bleibenden Organe und Organsysteme sowie die der zukünftigen Gestalt.
stets der Differenzierungsgrad im kranialen Bereich des Keims weiter fortgeschritten als im kaudalen. Kaudal verbleibt als Rest des Primitivstreifens noch einige Zeit ein pluripotentes Gewebsareal, die Rumpfschwanzknospe.
3.6.1
Zwischen der 4. und 8. Entwicklungswoche kommt es zur Differenzierung (⊡ Tabelle 3.1) von – Ektoderm, – Mesoderm, – Entoderm und es bildet sich die Körperform. Alle Differenzierungs- und Wachstumsvorgänge verlaufen in kraniokaudaler Richtung. Infolgedessen ist
Ektoderm
Das Ektoderm ist kein einheitliches Keimblatt. Es gliedert sich vielmehr (⊡ Abb. 3.11 b, c) in neurales Ektoderm und epidermales Ektoderm. Die Gliederung geht auf Inhibitoren zurück, die die Chorda dorsalis während der Differenzierung des Epiblastes exprimiert. Sie behindern die Wirkung von Wachstums-
111 3.6 · Embryonalperiode
⊡ Tabelle 3.1. Übersicht über die wichtigsten Abkömmlinge der Keimblätter Ektoderm
Mesoderm
Entoderm
Zentrales und peripheres Nervensystem
Bindegewebe
Epitheliale Bestandteile des Verdauungskanals und seiner Anhangsdrüsen
Augenlinse
Stützgewebe
Thymus
Sinnesepithel (Innenohr, Riechorgan)
Muskelgewebe
Nebenschilddrüsen
Hypophysenvorderlappen
Blut- und Abwehrapparat
Schilddrüse
Zahnschmelz
Blut- und Lymphgefäßsystem
Epithel des Respirationstraktes
Epidermis mit Anhangsgebilden
Nebennierenrinde und Auskleidung seröser Höhlen
Epitheliale Bildungen der harnableitenden Wege
Nebennierenmark
Große Teile des Urogenitalsystem
Prostata Distaler Teil der Vagina
faktoren, die die Entstehung des epidermalen Ektoderms bewirken. Neurales Ektoderm. Aufeinander folgend entwickeln
sich die/das (⊡ Abb. 3.12) Neuralplatte, Neuralrinne, Neuralfalten (Neuralwülste) und Neuralrohr. Hinzu kommt die Neuralleiste. Die Neuralplatte befindet sich in der Mittellinie dorsal
der Chorda dorsalis. Sie ist scharf vom epidermalen Ektoderm der Umgebung abgesetzt und besteht aus einem mehrreihigen, verdickten, sich lebhaft teilenden Epithel. Am 18. Tag beginnen sich dann die Mitte der Neuralplatte zur Neuralrinne abzusenken und die Ränder beidseitig zu Neuralfalten aufzuwulsten (⊡ Abb. 3.12). Anschließend entsteht das Neuralrohr durch Verschmelzung der Neuralfalten zunächst in Höhe einer taillenförmigen Einziehung des Embryos. Von dort schreitet die Verschmelzung nach kranial und kaudal fort. Gleichzeitig wird das Neuralrohr in die Tiefe verlagert und das epidermale Ektoderm schließt sich über ihm. Jedoch verbleiben am Kopf- und Schwanzende für kurze Zeit Öffnungen des Neuralrohrs, der Neuroporus rostralis und Neuroporus caudalis (⊡ Abb. 3.13 d, e).
Der Neuroporus rostralis schließt sich am 25., der Neuroporus caudalis am 27. Embryonaltag. > Klinischer Hinweis Bei Störungen der induktiven Wirkung des Chordagewebes kann der Verschluss der Neuralrinne beeinträchtigt werden. Es entstehen Dysraphien, u. a. eine Spina bifida (Wirbelsäulenspaltung, S. 192, 707).
Bereits am 20. Embryonaltag wird die Neuralplatte im vorderen Bereich breiter und markiert damit die Gehirnanlage (⊡ Abb. 3.13, 3.14). Nach dem Verschluss des Neuroporus rostralis weitet sich dieser Bereich zu 2 primären Gehirnbläschen aus und gliedert sich in Prosencephalon, Vorderhirn, Rhombencephalon, Rautenhirn, sowie einen Zwischenbereich, das Mesencephalon. Weitere Differenzierungen folgen, wobei im Bereich des Prosenzephalon die Anlage des Telencephalons, Großhirn, und des Diencephalons, Zwischenhirn, entstehen. Am Ende der Embryonalperiode sind bereits die meisten Strukturmerkmale des zukünftigen Gehirns vorhanden (S. 708). Der sehr viel längere Teil des Neuralrohrs dagegen wird zum Rückenmark, das gleich dem rostralen Abschnitt bis zur 8. Entwicklungswoche seine Formentwicklung abgeschlossen und seine innere Gliederung entworfen hat (S. 705).
3
112
Kapitel 3 · Allgemeine Entwicklungsgeschichte
bis zum kaudalen Spinalbereich an. Sie bilden kranial gesonderte Zellgruppen und anschließend eine zusammenhängende Leiste, zusammen als Neuralleiste bezeichnet. Neuralleistenzellen zeichnen sich durch ihre Fähigkeit zur Wanderschaft aus. Ihr Schicksal ist vielfältig (⊡ Abb. 3.14 a). Neuralleistenzellen tragen zum Aufbau des peripheren Nervensystems bei. Sie differenzieren sich zu – Neuronen der Spinalganglienzellen, – Neuronen der Ganglien des III., V., VII., IX. und X. Hirnnerven, – Neuronen vegetativer Ganglien, – chromaffinen Zellen des Nebennierenmarks, – Glia des peripheren Nervensystems (Mantelzellen, Schwann-Zellen), werden zu Melanozyten des gesamten Organismus (mit Ausnahme der Pigmentzellen der Retina und des Zentralnervensystems) und ausgewählten endobzw. parakrinen Zellen und bilden das Mesektoderm des Kopfbereichs. Die Ausführungen über die aus der Neuralleiste hervorgehenden Strukturen finden Sie bei den jeweiligen Organen (Zugang über das Sachregister).
3
Epidermales Ektoderm. Hieraus gehen die Epidermis
⊡ Abb. 3.12 a–d. Entwicklungsreihe verschieden alter Embryonen im Querschnitt. (Nach Langman 1985) a–c entsprechen einem Querschnitt in den korrespondierenden Entwicklungsstadien der Abb. 4.13 a–c (18., 20. und 22. Tag) und der Querschnitt in d einer Schnittführung durch das Stadium der Abb. 4.13 e (25. Tag). Bearbeiten Sie nacheinander: 1. Die Entstehung des Neuralrohrs, 2. die Bildung der Neuralleiste (schwarz Neuralleistenzellen, zunächst im Ektoderm), 3. die Differenzierung des Mesoderms: in a treten in den Seitenplatten Spalten auf, die in b–d zum intraembryonalen Zölom konfluiert sind, in c wandern erste Sklerotomzellen aus und es treten 2 Aorten auf, die in d konfluiert sind. Rot Entoderm
Neuralleiste. Die Neuralleiste ist ein Abkömmling der Neuralanlage. Am Anfang der 4. Embryonalwoche wandern vom Rand der Neuralfalten Zellen aus und ordnen sich über oder beiderseits der Neuralanlage vom Mesencephalon
und ihre Anhangsgebilde hervor (S. 154). Außerdem kommt es an umschriebenen Stellen zur Plakodenbildung. Gemeint sind hiermit Verdickungen im Ektoderm. Nach ihrer Lage und Herkunft werden unterschieden dorsolaterale Plakoden für die Anlagen von Sinnesorganen: – Linsenplakoden, – Ohrplakoden, – Riechplakoden, epipharyngeale Plakoden für die Ausbildung von – Geschmacksknospen. Die Linsenplakoden entstehen dort, wo sich die Augenbläschen als Ausstülpungen des Prosenzephalons dem Oberflächenektoderm nähern. Sie liefern die Epithelzellen der Augenlinse. Die Ohrplakoden (⊡ Abb. 3.13 f) senken sich als Ohrbläschen in die Tiefe und verliert den Zusammenhang mit der Epidermis. Aus den Ohrund Riechplakoden gehen die Sinneszellen für das Hör- und Gleichgewichtsorgan sowie das Geruchsorgan hervor.
113 3.6 · Embryonalperiode
⊡ Abb. 3.13 a–f. Verschiedene Stadien der Embryonalentwicklung. a–d In Dorsalansicht; Amnion abgeschnitten. * Schnittrand. a Am 18., b am 20., c am 22. und d am 23. Tag. e, f Seitenansicht des Keims am 25. und am 28. Tag der Entwicklung nach der kraniokaudalen Krümmung. Rot Schnittführungen durch den Embryo, die den Querschnitten in Abb. 3.12a–d entsprechen
⊡ Abb. 3.14 a, b. Darstellung ektodermaler und entodermaler Bildungen eines ungefähr 1 Monat alten Embryos. a Ektodermale Bildungen: Neuralrohr, Neuralleiste, Spinalganglien, Augenund Ohrbläschen. (Nach Forssmann u. Heym 1985) b Entodermale Bildungen (rot): Darmrohr, Schlundtaschen, Leber- und Pankreasanlagen. Allantois und Dottersack sind aus dem Hypoblast hervorgegangen. Zwischen Herz- und Leberanlage liegt das Septum transversum, unterhalb der 4. Schlundtasche die Anlage des Thymus und des oberen Epithelkörperchens. – Nicht berücksichtigt sind die mesodermalen Bildungen; s. hierzu Abb. 8.18, Blutgefäße und Herz beim Embryo
Die Geschmacksknospen werden von Neuronen induziert, die aus den epipharyngealen Plakoden hervorgehen. Gemeinsam ist allen Plakoden, dass sie Potenzen wie die Neuralleisten haben. Sie können auch Mesenchym bilden.
3.6.2
Mesoderm
Das Mesoderm wird zuerst als unsegmentierte Zellschicht zwischen Ektoderm und Entoderm angelegt. Aus dieser Stammplatte, primäres Mesoderm, entstehen durch Induktion seitens der Chorda dorsalis (⊡ Abb. 3.12 a) das paraxiale Mesoderm, das intermediäre Mesoderm und die Seitenplatten. Paraxiales Mesoderm. Das seitlich der Chorda dorsalis
gelegene paraxiale Mesoderm formiert sich unter den Neuralfalten zu blockförmigen Zellaggregaten, den Somiten (⊡ Abb. 3.12)
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114
3
Kapitel 3 · Allgemeine Entwicklungsgeschichte
Somiten sind paarig. Die Somitenbildung beginnt dort, wo die Neuralfalten anfangen sich zum Neuralrohr zu vereinigen.Von dort aus bilden sich mit fortschreitendem Längenwachstum des Embryos sowohl nach kranial als auch nach kaudal weitere Somitenpaare. Insgesamt entstehen 42–44 Somitenpaare: 4 okzipitale, 8 zervikale, 12 thorakale, 5 lumbale, 5 sakrale und 8–10 kokzygeale. Allerdings sind nie alle Somiten gleichzeitig vorhanden. Während die Letzten angelegt werden, lösen sich die Ersten bereits wieder auf. Durch die Somitenbildung kommt es zu einer segmentalen Gliederung, Metamerie, des Embryos. Die Somiten wölben das Ektoderm etwas vor und schimmern durch die Oberfläche des Embryonalkörpers durch (⊡ Abb. 3.13). Dadurch sind die Somiten leicht zu erkennen, und es ist üblich, zwischen dem 20. und 30. Tag der Entwicklung das Alter des Keims nach der Zahl der Somiten anzugeben. Auf Querschnitten erscheinen Somiten dreieckig, wobei die Basis der Neuralanlage zugewandt ist (⊡ Abb. 3.12 a, b). Seitlich haben sie an das intermediäre Mesoderm Anschluss gefunden. Anfangs sind die Somiten zelldicht, dann jedoch entstehen im Inneren größere Interzellularräume.
In der Folgezeit kommt es unter dem Einfluss von Signalmolekülen und Wachstumsfaktoren aus der Umgebung zu einem Gestaltwandel und zu einer Umstrukturierung der Somiten (⊡ Abb. 3.12 c, d). Sie betreffen die ventromedialen Abschnitte und die dorsolateralen Abschnitte. Der ventromediale Abschnitt verliert seine epitheliale Struktur. Der Zellverband löst sich auf und es entsteht ein Verband von Mesenchymzellen, Sklerotom, der zusammen mit dem der Gegenseite die Chorda dorsalis umgibt. Hieraus gehen die Hartsubstanzen des Achsenskeletts hervor. Der dorsolaterale Abschnitt bleibt zunächst epithelial. Er
bekommt eine zweite epitheliale Schicht. Beide Schichten zusammen werden als Dermomyotom bezeichnet. Aus der zum Oberfächenektoderm hin gelegenen Schicht geht das Bindegewebe der Haut hervor, deswegen Dermatom, aus der zum Sklerotom hin gelegenen Seiten die Skelettmuskulatur, deswegen Myotom. Myotom. Bei Weiterdifferenzierung unterteilt sich das
Myotom
in einen dorsalen Anteil, Epimer, und in einen ventralen Anteil, Hypomer. Die Zellen des Epimer bleiben am Ort ihrer Entstehung und liefern das Material für die autochthone Rückenmuskulatur. Die Zellen des Hypomer bilden die seitliche und vordere Rumpfwand. Dort, wo später Extremitätenknospen entstehen, verlassen myogene Zellen das Hypomer und bilden die Muskulatur der Gliedmaßen. Kopfmesoderm. Eine Sonderstellung hat die zukünftige Kopfregion. Hier entstehen keine Somiten. Das Mesenchym geht hier vielmehr überwiegend aus der Neuralleiste hervor. Es wird als Mesektoderm bezeichnet. Zusätzlich wandern Mesenchymzellen aus der Prächordalplatte in die Kopfregion ein. Aus dem Mesektoderm gehen Bindegewebszellen, die sich auch an der Bildung der weichen und harten Hirnhäute beteiligen, Knorpel- bzw. Knochenzellen für das Viszeralskelett und die Deckknochen des Schädels sowie Odontoblasten für das Zahndentin und auch Muskulatur hervor. Intermediäres Mesoderm (⊡ Abb. 3.12 a).Es verbindet die
Somiten nach lateral mit den Seitenplatten. Sie liefern das Material für große Teile des Urogenitalsystems (S. 550). Seitenplattenmesoderm (⊡ Abb. 3.12). Dies ist der am
weitesten lateral gelegene Teil des Mesoderms. Es stammt aus dem mittleren Abschnitt des Primitivstreifens. Die Seitenplatten sind unsegmentiert. Sie setzen sich ohne scharfe Grenze am Rand des Embryonalschildes in das extraembryonale Splanchnopleura- und Somatopleuramesenchym fort. In den Seitenplatten treten bereits gegen Ende der 3. Entwicklungswoche erweiterte Interzellularräume auf. Sie konfluieren zu einem gemeinsamen Spalt, dem intraembryonalen Zölom (⊡ Abb. 3.12 c), das zunächst in offener Verbindung mit dem extraembryonalen Zölom steht. Erst später, wenn es zur Abfaltung des Keimschildes kommt (s. unten), wird das intraembryonale Zölom zur Leibeshöhle. Bei der Entstehung des intraembryonalen Zöloms wird das Mesenchym des Seitenplattenmesoderms zum Entoderm bzw. Ektoderm hin randständig. Dadurch lassen sich unterscheiden das dem Entoderm anliegende viszerale Mesoderm: Splanchnopleura und das
115 3.6 · Embryonalperiode
dem Ektoderm anliegende parietale Mesoderm: Somatopleura. Aus der Splanchnopleura gehen das Bindegewebe und die Muskulatur des Magen-Darm-Kanals und außerdem intraembryonale Blut- und Gefäßanlagen hervor. Die intraembryonalen Gefäßanlagen bekommen Anschluss an die extraembryonalen Dottersackgefäße. Kranial bildet sich in der Splanchnopleura die Herzanlage. Sie wird durch eine Mesenchymplatte,die Splanchnopleura und Somatopleura verbindet, Septum transversum, vom distalen Teil des intraembryonalen Zöloms getrennt (S. 473). Aus der Somatopleura gehen Anteile der Leibeswand hervor. Somato- und Splanchnopleura gemeinsam bilden die serösen Häute der Leibeshöhlen (S. 472).
3.6.3
Entoderm
Das Entoderm (hervorgegangen aus dem Hypoblast) unterfüttert zunächst die ektodermale Schicht der Embryonalanlage und steht mit dem mit Hypoblastzellen ausgekleideten Dottersack in Verbindung. Die weitere Entwicklung des Entoderms – im Wesentlichen in Zusammenhang mit der Bildung des Darmrohres – erfolgt erst mit der Abfaltung des Keims (s. unten). Von speziellem Interesse sind die Urkeimzellen. Sie können im Verlauf der Entwicklung erstmals Ende der 3. Woche in der Dottersackwand geortet werden.Vermutlich entstehen sie im hinteren Bereich des Primitivstreifens.Von dort gelangen sie zur Darmanlage und wandern dann in die Anlagen der Gonaden ein.
3.6.4
Ausbildung der Körperform
Grundvorgänge zur Ausbildung der Körperform sind Abfaltung und kraniokaudale Krümmung, Schädel- und Kopfentwicklung und Entstehung der Extremitätenanlagen. Verbunden damit sind die Bildung der Nabelschnur und Ausweitung der Amnionhöhle zur Fruchtwasserhöhle. Abfaltung und kraniokaudale Krümmung. Die Keimscheibe ist zunächst flach. Zu Beginn der 4. Woche vergrößern sich die rostralen Abschnitte des Neuralrohrs (Anlage des Gehirns) stark und überwachsen die vor ih-
⊡ Abb. 3.15 a–d. Entwicklungsreihe. Längsschnitte: a am 19., b am 25., c am 28. und d am 35. Tag. Dargestellt ist die Abfaltung des Embryos (Pfeilrichtung), die Bildung des Ductus vitellinus und die Hereinnahme der Herzanlage, die Bildung der Nabelschnur nach einer Drehung des Keims, verbunden mit der Aneinanderlagerung von Haftstiel und Dottersackstiel, sowie die Bildung des Amnionüberzugs. * Extraembryonales Zölom
nen gelegene Herzanlage und die Rachenmembran (Oropharyngealmembran). Gleichzeitig erfolgt ein starkes Längenwachstum des Keims. Dies führt zu einer starken kraniokaudalen Krümmung des frühembryonalen Körpers, sodass er in der Seitenansicht C-Form hat (⊡ Abb. 3.13 f, 3.15). Dabei gelangen kranial Herzanlage und Rachenmembran und kaudal die Kloakenmembran nach ventral. Zu ähnlichen Faltenbildungen kommt es lateral, vor allem durch verstärktes Wachstum der Somatopleura. Wegen dieser allseitigen Faltenbildung am
3
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3
Kapitel 3 · Allgemeine Entwicklungsgeschichte
Rand der Keimscheibe, die einem Einrollen ihrer Ränder gleicht, werden diese Vorgänge als Abfaltung bezeichnet. Durch die Abfaltung des Keims wird das zunächst nur leicht gewölbte Entoderm in den Embryonalkörper einbezogen. Im vorderen Rumpfabschnitt entsteht die vordere Darmbucht, später Vorderdarm (⊡ Abb. 3.15), und im hinteren Körperabschnitt die hintere Darmbucht, später der End- oder Schwanzdarmabschnitt. Das Verbindungsstück zwischen Anlage des Vorderdarms und Hinterdarms ist der Mitteldarm. Die vordere Darmbucht wird durch die Rachenmembran begrenzt, die hintere Darmbucht durch die Kloakenmembran. Durch die Ventralverlagerung und das fortschreitend starke Wachstum der Gehirnanlage vertieft sich von der Oberfläche her die Einsenkung des Ektoderms über der Rachenmembran; es entsteht die Mundbucht, Stomatodeum (⊡ Abb. 3.15 d unterer Pfeil). In der 3. Woche wird die Rachenmembran, da sie keine mesenchymale Unterlage enthält, dehiszent und die Mundbucht tritt mit dem Vorderdarm in offene Verbindung. Kaudal kommt es durch Mesenchymproliferationen in der Umgebung der Kloakenmembran gleichfalls zu einer Einsenkung der Körperoberfläche. Dort entsteht die Afterbucht, Proktodeum. Mitteldarm und Vorderdarm gehen unscharf an der vorderen Darmpforte, Mitteldarm und Hinterdarm an der hinteren Darmpforte ineinander über.
Kopfmesenchym liefert das Material für die Bildung der Schädelknochen und der Umhüllungen der Gehirnanlage, Meninx primitiva. Extremitätenanlagen. Die Entwicklung der Extremitä-
ten beginnt mit der Ausbildung von paddelförmigen Extremitätenknospen an der seitlichen Rumpfwand in der 4. Entwicklungswoche. Die Anlagen befinden sich in Höhe der unteren Halssomiten bzw. der Lumbal- und oberen Sakralsomiten. Sie werden vom paraxialen Mesoderm induziert. Weitere Einzelheiten s. S. 241. Nabelschnur, Funiculus umbilicalis. Die Nabelschnur
entsteht (⊡ Abb. 3.15, 3.16) nach der Abfaltung durch Vereinigung von Haftstiel mit Gefäßen, Dottersackstiel und Resten des Zöloms. Der Haftstiel ist die ursprüngliche, mesenchymale Verbindung zwischen extraembryonalem Splanchnopleuraund Somatopleuramesenchym (s. oben, ⊡ Abb. 3.15 b). Vor der Abfaltung befindet sich der Haftstiel am kaudalen Pol der Keimscheibe und umschließt die Allantois sowie Gefäßanlagen. Dann gelangt er jedoch durch die Faltenbildung am kaudalen Abschnitt der Keimscheibe auf die ventrale Seite des Embryonalkörpers. Dort kommt er in unmittelbarer Nachbarschaft zum Dottergang.
Schädel- und Kopfentwicklung. Sie geht in der Umge-
bung der Gehirnanlage vom Mesektoderm der Neuralleiste und dem Mesoderm der Prächordalplatte aus. Das
Auch der Dottersackstiel entsteht durch die Abfaltung. Er beinhaltet den Dottergang, Ductus omphaloentericus,
⊡ Abb. 3.16 a–d. Querschnitt durch die Nabelschnur und ihre Gefäße. a Unten Haftstiel mit den Allantois-Begleitgefäßen; die 2. Vene in Rückbildung und nicht bezeichnet. Darüber Dottersackstiel mit dem Ductus omphaloentericus (= Ductus vitellinus) und den Vasa vitellina (2 Arterien, 2 Venen). b Frühe Nabelschnur; c Nabelschnur in späteren Stadien; d nach der Geburt. Blutgefäße kontrahiert
117 3.6 · Embryonalperiode
und begleitende Gefäße. Beim Dottergang handelt sich um einen englumigen Gang, der den Teil des Dottersacks, der zur Darmanlage geworden ist, und den extraembryonalen Dottersackrest verbindet. Der Dottersackrest, der zunächst noch als Bläschen neben dem Nabelstrang im extraembryonalen Zölom liegt, bildet sich sehr bald zurück. Reste des Zöloms. Vor der Abfaltung besteht eine breite
Verbindung zwischen intra- und extraembryonalem Zölom (s. oben). Diese Verbindung bleibt auch bei der Abfaltung erhalten, wird jedoch stark eingeengt. Am Embryonalkörper kommt sie in unmittelbarer Nachbarschaft zum Haftstiel und zum Dottergang zu liegen. Dadurch wird die vordere Bauchwand gemeinsam vom ehemaligen Haftstiel, Dottergang und den Zölomresten erreicht. Dort bildet sich der Nabelring. Durch die Bauchwand hindurch treten die Gefäße des ehemaligen Haftstiels, der Dottersack und die Zölomreste. Die Zölomreste im Bereich des Nabelringes werden bei der Darmentwicklung wichtig, da sie in der Lage sind, vorübergehend Darmschlingen aufzunehmen, die in der Leibeshöhle keinen Platz finden. Am Nabelring entsteht der physiologische Nabelbruch. Die Nabelschnur am Ende der Schwangerschaft ist un-
gefähr 50–70 cm lang und 12 mm dick. Da die Gefäße stärker gewachsen sind als die Nabelschnur selbst und da die Umbilikalvene kürzer als die Arterien ist, sind die Nabelschnurgefäße umeinander verdrillt und bilden häufig Krümmungen oder Verschlingungen. Derartige Gefäßschlingen werden als »falsche Knoten« bezeichnet; sie sind funktionell belanglos. Die Aa. umbilicales führen kohlensäurehaltiges und schlackenreiches Blut (Mischblut) vom Embryo zur Plazenta, die Vene sauerstoff- und nährstoffreiches Blut von der Plazenta zum Keim. Die Nabelschnur hat durch das mukosubstanzreiche Bindegewebe, das die Gefäße umgibt, ein weißliches Aussehen. Histologisch (⊡ Abb. 3.16 c, d) ist für die reife Nabelschnur das Bindegewebe in der Gefäßumgebung charakteristisch. Es besteht aus Fibroblasten mit langen Fortsätzen. Sie bilden ein dreidimensionales Netzwerk. Die Interzellularsubstanz ist weitgehend amorph und besteht aus sauren Glykosaminoglykanen, die das gallertige Aussehen der Nabelschnur hervorrufen (Gallertgewebe, Warthon-Sulze). Vereinzelt kommen Kollagen-
fasern vor. Die Nabelarterien haben eine dicke, muskelreiche Media aus sich kreuzenden, in Spiraltouren verlaufenden Fasern. Eine Elastica interna fehlt. Die Vene hat dagegen dünne Muskelschichten, aber eine kräftige Elastica interna. Bedeckt wird die Nabelschnur von Amnionepithel. ⓘ Infobox Nach der Geburt führt die Abkühlung zur Kontraktion der Muskulatur der Nabelschnurgefäße und damit zur Unterbrechung des Blutzu- und -abflusses zur Plazenta. Dadurch wird ein größerer Blutverlust nach dem »Abnabeln« verhindert. Auch nach dem Abbinden der Nabelschnur befindet sich in den Vasa umbilicalia noch kindliches Blut mit fetalen Stammzellen. Auf sie wird zur Stammzelltherapie zurückgegriffen.
Amnionhöhle. Das Amnion wölbt sich wie eine Kuppel
über den Embryo. Bei der Abfaltung vergrößert sich die Amnionhöhle dadurch, dass sie auch auf die ventrale Seite des Embryonalkörpers gelangt. Dort schlägt das Amnion auf die Nabelschnur über (⊡ Abb. 3.15 d). Von diesem Zeitpunkt an »schwimmt« der Embryo im Fruchtwasser, dem Inhalt der Amnionhöhle. Dies sichert die ungehemmte Entwicklung des Keims und schützt ihn vor Austrocknung und Schäden von außen. Durch die Vergrößerung der Amnionhöhle wird das extraembryonale Zölom mehr und mehr eingeengt, bis schließlich Splanchnopleuramesenchym und Somatopleuramesenchym miteinander verkleben. Schließlich bilden Amnion und Chorion mit ihrem Mesenchym gemeinsam wichtige Anteile der Eihäute (S. 105). Fruchtwasser, Liquor amnii. Am Ende der Schwangerschaft beinhaltet die Amnionhöhle 800–1000 ml Fruchtwasser. Es entsteht vor allem durch Flüssigkeitsabgabe aus der Harnblase des Feten. Das Fruchtwasser wird alle 2–3 h erneuert. An dem Austausch beteiligt sich außer dem Amnionepithel der Fetus, indem er, besonders im letzten Drittel der Schwangerschaft, Fruchtwasser »trinkt«. Epidermiszellen und Zellen der Mundschleimhaut werden in das Fruchtwasser abgestoßen. > Klinischer Hinweis Bei Verdacht auf Chromosomenschäden des Keims kann durch Punktion der Amnionhöhle, Amniozentese, Fruchtwasser gewonnen und untersucht werden. Bei schweren Entwicklungsschäden des ZNS ist die Konzentration von a-Fetoprotein, einem speziellen Fruchtwasserprotein, erhöht.
3
118
Kapitel 3 · Allgemeine Entwicklungsgeschichte
>
3
In Kürze
Das Ektoderm gliedert sich in ein neurales und epidermales Ektoderm. Aus dem neuralen Ektoderm entsteht über Zwischenschritte (Neuralplatte, Neuralrinne, Neuralfalten) das Neuralrohr als Vorläufer von Gehirn und Rückenmark. Ein weiterer Abkömmling ist die Neuralleiste als Muttergewebe für große Teile des peripheren Nervensystems sowie der Melanozyten und des Mesektoderms zur Schädelbildung. Aus dem epidermalen Ektoderm geht die Epidermis hervor. Außerdem bilden sich Plakoden für Anteile von Sinnesorgane. Das Mesoderm gliedert sich in Somiten, intermediäres Mesoderm, Seitenplatten. Aus den Somiten gehen Sklerotome für die Bildung des Achsenskeletts, Myotome und Dermatome hervor. Das intermediäre Mesoderm liefert Anteile des Urogenitalsystems und in den Seitenplatten entwickelt sich das intraembryonale Zölom sowie die Splanchnopleura und Somatopleura. Das Entoderm liefert das Epithel des Darmrohrs. – Die Körperform entsteht durch Faltenbildung an allen Rändern der Embryonalanlage. Am kranialen Pol kommt es durch starkes Wachstum und Differenzierung zur Kopf- und Schädelbildung, lateral entstehen die Extremitätenanlagen.Ventral bildet sich die Nabelschnur aus Haftstiel, Dottersackstiel und Zölomresten. Die Amnionhöhle umgreift den ganzen Embryo.
3.7
Fetalperiode Wichtig
Die Fetalperiode umfasst die Zeit vom 3. Entwicklungsmonat bis zur Geburt. Sie ist vor allem durch Wachstumsvorgänge und Gewichtszunahme gekennzeichnet. Histologische und organogenetische Differenzierungsprozesse setzen sich über die Zeit der Geburt hinaus fort.
Längen- und Gewichtsentwicklung. ⊡ Abbildung 3.17
gibt einen Überblick über die intrauterine Längen- und Gewichtszunahme des heranwachsenden Kindes.Sie zeigt einen starken Anstieg besonders in der Fetalperiode. Als Längenmaße werden dabei die Scheitel-Steiß-Länge, SSL, und die Scheitel-Fersen-Länge, SFL,verwendet. Die SSL gibt die Körperlänge von der Scheitelbeuge bis zur Schwanzkrümmung an. Da die Krümmungen sehr verschieden sind, können die SSL-Maße nur ungefähre Anhaltspunkte liefern. Die SFL dagegen bezieht sich auf die Gesamtlänge des Fetus. Sie gilt besonders für die Zeit nach dem 3. Entwicklungsmonat, wenn sich der Fetus gestreckt hat und die untere Extremität weiter entwickelt ist. Rückschluss auf das Alter des Feten. Als Faustregel für
den Rückschluss von der Scheitel-Fersen-Länge (SFL) auf
das Alter gilt: Im 3. bis 5. Lunarmonat lässt sich durch Quadrieren der Anzahl der Monate die SFL in cm errechnen; sie beträgt z. B. im 4. Monat 4 × 4 = 16 cm. Ab dem 6. Monat erfolgt die Bestimmung durch Multiplikation der Zahl der Monate mit dem Faktor 5; sie beträgt z. B. im 7. Monat 7 × 5 = 35 cm. Um aus der SFL den Monat zu errechnen, müsste man die Wurzel ziehen bzw. den Wert durch den Faktor 5 dividieren. Erheblichen Veränderungen unterliegen in der Fetalperiode auch die Körperproportionen (⊡ Abb. 3.18). Dies geht auf ein heterogenes Wachstum der einzelnen Teile des Organismus zurück. So nimmt zu Beginn des 3. Monats der Kopf etwa die Hälfte der SSL ein, zu Beginn des 5. Monats ein Drittel, kurz vor der Geburt aber nur noch ein Viertel. Durch seine Größe ist der Kopf bei der Geburt der Wegbereiter, dem alle übrigen Körperteile relativ leicht durch den Geburtskanal folgen können. Weitere Proportionsveränderungen erfolgen während des postnatalen Wachstums (S. 2). Abgesehen von der Länge kann auch aus dem äußerlich erkennbaren Differenzierungszustand des Embryos und dem Entwicklungsstand einiger Organe auf das Alter geschlossen werden. So haben z. B. gegen Ende der Fetalzeit die Gliedmaßen typische Stellungen. Es stehen Unterarm und Hände in Pronationsstellung, Daumen in Opposition, Füße in Supination und Großzehe in Abduktion.
119 3.8 · Neugeborenes
⊡ Abb. 3.17. Wachstumskurven in der Fetalzeit. (Nach Drews 1993)
Organentwicklung. Sie beginnt mit Ausbildung der Organanlage, in der Regel während der Embryonalperiode, und ist meist erst postnatal beendet. Sie verläuft organspezifisch und ist mit einer bereits pränatal begin-
>
nenden Funktionsaufnahme verbunden. Aus diesem Grund erfolgt die Besprechung der Entwicklung der Organe im Rahmen der einzelnen Kapitel.
In Kürze
In der Fetalperiode verändern sich die Körperproportionen, da das Wachstum zwar stark aber heterogen ist. Von der Körpergröße kann auf das Alter geschlossen werden. Die Organogenese ist bis zur 28. Entwicklungswoche soweit fortgeschritten, dass prinzipielle Lebensfähigkeit besteht.
3.8
Neugeborenes Wichtig
Die Geburt findet in der Regel etwa 38 Wochen nach der Konzeption statt. Dabei zeigt das Neugeborene zwar sog. Reifezeichen, ist aber nur unter Pflege lebensfähig. Das Neugeborene ist noch nicht ausgereift.
Die Geburt eines Kindes erfolgt in der Regel zwischen dem 240. und 335. Tag nach dem 1. Tag der letzten Regelblutung der Mutter. 280 Tage = 40 Wochen p.m. (post menstruationem) sind die Norm. Das tatsächliche Alter des Kindes ist jedoch geringer. Es ergibt sich aus dem Termin der Ovulation (p.o.) durch Abzug von 14 Tagen vom P.-m.-Termin. Es liegt bei ungefähr 266 Tagen = 38 Wochen.
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120
Kapitel 3 · Allgemeine Entwicklungsgeschichte
Reifezeichen. Das Gewicht des reifen Neugeborenen be-
3
trägt 3000–3500 g, die Scheitel-Fersen-Länge ungefähr 50–52 cm, der Schulterumfang 33–35 cm, der frontookzipitale Kopfumfang 35 cm. Finger- und Zehennägel überragen die Kuppen der Finger und Zehen. Die Hoden haben den Deszensus ins Skrotum vollzogen. Bei Mädchen bedecken die großen Labien die kleinen. Proximale Tibia- und distale Femurepiphyse haben einen röntgenolo-
>
gisch nachweisbaren Knochenkern. Durch die Ausbildung des subkutanen Fettgewebes erscheint die Haut rosig (bei einer Frühgeburt »krebsrot«). Sie trägt Härchen, die Lanugobehaarung, und ist mit einer weißen fettigen »Schmiere«,Vernix caseosa, überzogen. Es handelt sich um das Sekret der Talgdrüsen, das sich mit Lipiden des Fruchtwassers und mit abgestoßenen Epidermiszellen vermischt hat.
In Kürze
Das Neugeborene befindet sich etwa in der 38. Entwicklungswoche. Es ist zwar lebensfähig, aber nicht reif. Sog. Reifezeichen markieren lediglich einen Entwicklungszustand.
Mehrlinge
3.9
Wichtig
Mehrlinge können aus mehreren befruchteten Oozyten hervorgegangen sein oder durch atypische Trennung während der Frühentwicklung.
Zwillingsgeburten kommen in 1 %, Drillingsgeburten in 0,01 % und Vierlingsgeburten in 0,0001 % vor. Auch über Fünf- bis Siebenlinge wird berichtet. Zweieiige Zwillinge machen 75 % aller Zwillingsgeburten aus. Sie entstehen aus 2 verschiedenen Eizellen, die annähernd gleichzeitig aus 2 verschiedenen Follikeln freigesetzt und befruchtet wurden. Bisweilen enthält ein Follikel auch 2 Oozyten. Die beiden Blastozysten implantieren sich getrennt. Jede bildet ihre eigene Plazenta, ihr eigenes Amnion und ihr eigenes Chorion. Liegen die Implantationsstellen dicht
>
beieinander, können die Plazenten und anscheinend auch die Chorionhöhlen konfluieren. Die Amnionhöhlen bleiben jedoch stets getrennt. Die Ähnlichkeit zwischen zweieiigen Zwillingen ist nicht größer als unter Geschwistern. Sie können also auch verschiedengeschlechtlich sein. Eineiige Zwillinge entstehen aus einer Zygote. Dadurch sind eineiige Zwillinge genetisch identisch. Die Trennung in 2 Individuen erfolgt meist im frühen Blastozystenstadium oder bei der Bildung des Primitivknotens. Im Übrigen kann auf die verschiedenen Möglichkeiten der Entstehung eineiiger Zwillinge aus Eihautbefunden geschlossen werden (⊡ Abb. 3.19). Eineiige Drillinge kommen wohl dadurch zustande, dass sich die Embryonalanlage im 3-Zellstadium in die 3 Blastomeren geteilt hat.
In Kürze
Mehrlinge sind selten. Sie können eineiig – hervorgegangen aus einer Zygote – oder zweieiig sein – durch Befruchtung von 2 Eizellen.
121 3.10 · Fehlbildungen
⊡ Abb. 3.18. Gestalt, Gestaltänderung und Proportionsverschiebungen in der Embryonal- und Fetalperiode. Zum Vergleich Proportionen des Erwachsenen
3.10
Fehlbildungen
Wichtig
Viele Fehlbildungen werden oft nicht gleich nach der Geburt bemerkt, sondern manifestieren sich erst gegen Ende des 1. Lebensjahres.
Etwa 2–3 % aller Lebendgeborenen weisen eine, oft mehrere Fehlbildungen auf. Manche Fehlbildungen sind mit dem Leben unvereinbar, andere sind unauffällige Anomalien. Bemerkenswert ist, dass 50–60 % aller Frühaborte Chromosomenstörungen aufweisen. Fehlbildungen können hervorgerufen werden durch endogene Faktoren und exogene Faktoren. Sonderfälle sind Mehrfachbildungen und Situs inversus. Endogene Faktoren sind vor allem Chromosomenstörungen, Chromosomenaberrationen. Sie können nummerisch oder strukturell sein. Nummerische Störungen gehen auf eine fehlerhafte Ver-
teilung von Chromosomen während der Meiose zurück.
⊡ Abb. 3.19. Entstehung eineiiger Zwillinge. Die beiden Blastomeren haben sich voneinander getrennt und bilden 2 Blastozysten (A). In der Blastozyste hat sich der Embryoblast geteilt (B). Im Blastozystenstadium (C) zeigt das Ektoderm der Keimscheibe eine Längsspaltenbildung
Durch »non-disjunction« gelangen jeweils 2 homologe Chromosomen in eine Keimzelle. Bei der Befruchtung entsteht dadurch eine Zygote, bei der statt eines Chromosomenpaares 3 Chromosomen vorhanden sind, Trisomie. Andererseits gibt es nummerische Störungen, bei denen einem Chromosomenpaar ein Chromosom fehlt, Monosomie. Nummerische Störungen können auftreten bei der Verteilung der Autosomen (Autosomen sind die 22 Chromosomenpaare, die beiden Geschlechtern gemeinsam sind) und Gonosomen (Geschlechtschromosomen). Autosomal-bedingte Fehlbildungen. Am häufigsten ist die Trisomie von Chromosom 21. Sie führt zum Mongolismus (Down-Syndrom). Hierbei kommt es zu erheblichen Intelligenzdefekten. Die Fehlbildung entsteht vermehrt bei Kindern von Eltern höheren Lebensalters.
3
122
3
Kapitel 3 · Allgemeine Entwicklungsgeschichte
Gonosomal-bedingte Fehlbildungen. Eine gonosomale Trisomie oder Polysomie liegt beim Klinefelter-Syndrom
nen sensiblen Phase, in der teratogenetischen Determinationsperiode, befindet. Diese liegt zeitlich vor der Ma-
vor.Die Chromosomenkombination lautet 44 + XXY oder 44 + XXXY. Sie führt zu einem Individuum männlichen Geschlechts mit weiblichem Habitus. Beim »doublemale-syndrom« liegt die Kombination 44 + XXYY vor. Die häufigste gonosomale Chromosomenaberration beim weiblichen Geschlecht ist das »triple-x-syndrom« (»super-femal-syndrom«) mit der Chromosomenkombination 44 + XXX. Ein Beispiel für eine gonosomale Monosomie ist das Ullrich-Turner-Syndrom. Hier ist nur das mütterliche XChromosom vorhanden. Es kommt zu einer Dysplasie der Gonaden und Minderwuchs. Ein wesentlich erhöhtes Risiko für weitere Fehlbildungen besteht jedoch nicht. Es treten auch keine Intelligenzdefekte auf.
nifestation der Fehlbildung, überwiegend in der Embryonalperiode. Deswegen werden die Missbildungen, die durch exogene Teratogene bis zur 12. Woche der Embryonalentwicklung hervorgerufen werden, auch als Embryopathien bezeichnet. Fehlbildungen, die durch Teratogene hervorgerufen werden, die in der Fetalzeit wirken (z. B. am Gehirn), sind Fetopathien.
Strukturelle Chromosomenaberrationen. Sie können zu
vielfältigen Fehlbildungen mit schweren Krankheitsbildern führen.Auch hierbei können Autosomen und Gonosomen betroffen sein. Einzelheiten s. in Lehrbüchern der Humangenetik. Exogene Schäden. Die Liste exogener Faktoren – als Teratogene bezeichnet –, die Fehlbildungen hervorrufen,
ist lang. Hierzu gehören der Alkohol (zur Zeit in Deutschland das häufigste Teratogen), körpereigene und körperfremde Giftstoffe (z. B. manche Medikamente), Erreger von Infektionskrankheiten (z. B. Rötelviren), Röntgenstrahlen und manches andere. Vielfach spielt die Art der Teratogene für die Entstehung der Fehlbildung eine nachgeordnete Rolle. Wichtig ist in jedem Fall, dass sich die betroffene Organanlage in einer gegenüber Teratoge-
>
Mehrfachbildungen entstehen bei eineiigen Zwillingen
durch unvollständige Trennung der Individuen während der Entwicklung. Das Ausmaß der Gewebebrücken zwischen den Zwillingen ist sehr unterschiedlich. Es kommen vor Kraniopagus (Verbindung im Kopfbereich), Thorakopagus (Verbindung im Brustbereich, Siamesische Zwillinge), Pygopagus (Verbindung im Kreuz-/Steißbeinbereich), Dizephalus, ein Individuum mit 2 Köpfen; eine Spaltbildung, die nur den Kopf betrifft, Teratom: Es handelt sich um einen völlig unförmigen »inkorporierten Zwilling«, der nur aus einigen Knochenanlagen, Muskeln, Haaren, Zähnen und Epidermis besteht. Als Situs inversus wird die spiegelbildliche Verlagerung von Eingeweiden bezeichnet. Er entsteht durch eine genetisch bedingte Störung bei der Festlegung der Lateralität. Ein Situs inversus tritt gelegentlich bei einem von den beiden eineiigen Zwillingen, aber auch bei Einzelkindern auf.
In Kürze
Die Mehrzahl fehlgebildeter Kinder wird nicht lebend geboren.Von allen lebendgeborenen Kindern haben aber 2–3 % Fehlbildungen. Fehlbildungen entstehen durch Chromosomenaberrationen, aber auch durch exogene Faktoren. Chromosomenaberrationen können autosomal oder gonosomal bedingt sein. Manche rufen schwere Krankheitsbilder hervor, u. a. Mongolismus, Klinefelter-Syndrom, Ullrich-Turner-Syndrom. Andere führen lediglich zu Anomalien. – Mehrfachbildungen betreffen eineiige Zwillinge. Ein Situs inversus kann sowohl bei eineiigen Zwillingen als auch bei Einzelkindern auftreten.
4
Blut und Abwehrsystem 4.1
Blut – 124
4.1.1
Blutplasma – 124
4.1.2
Erythrozyten – 125
4.1.3
Leukozyten – 127
4.1.4
Thrombozyten – 129
4.2
Blutbildung – 130
4.2.1
Pränatale Blutbildung – 130
4.2.2
Postnatale Blutbildung im Knochenmark – 130
4.3
Immunität und Immunzellen – 132
4.3.1
Angeborene und erworbene Immunität – 132
4.3.2
Einteilung der Immunzellen – 134
4.3.3
Polymorphkernige Granulozyten – 134
4.3.4
Natürliche Killerzellen (Unspezifische Bekämpfung von Tumorzellen und virusinfizierten Zellen) – 137
4.3.5
Antigenpräsentierende Zellen (Aufräumen eines Entzündungsherdes und Übergang zur spezifischen Entzündung) – 137
4.3.6
Hilfszellen – 139
4.3.7
B- und T-Lymphozyten (Spezifische Immunabwehr) – 139
4.3.8
Entzündungsreaktion – 143
4.4
Prinzipien der Lymphzirkulation – 144
4.5
Grundlagen der mikroskopischen Anatomie der lymphatischen Organe – 146
4.6
Lymphknoten – 148
4.7
Systematik der Lymphgefäße – 151
124
Kapitel 4 · Blut und Abwehrsystem
>
4
Einleitung
Der menschliche Körper wird kontinuierlich von krankmachenden Keimen, z. B. Bakterien, Viren, Pilzen, Einzellern und Parasiten in seiner Existenz bedroht. Zudem wird er mit körperfremden Proteinen, z. B. durch Insektenstiche, mit körperfremden Zellen, z. B.Transplantationen, oder mit veränderten körpereigenen Zellen, z. B.Tumorzellen, konfrontiert. Seine Fähigkeit, sich dagegen aus eigener Kraft zu wehren, wird als Immunität bezeichnet. Sie ist die Aufgabe seines Abwehrsystems. Dieses Abwehrsystem besteht aus verschiedenen Proteinen (Komplementsystem und Antikörper), aus einer komplexen Population von Zellen (Leukozyten sowie deren Abkömmlinge) und aus einer ganzen Reihe von Abwehrorganen, den lymphatischen Organen. Das Blut ist das zentrale Transport- und Verteilersystem unseres Körpers, das Nährstoffe, Atemgase und Hormone vom Aufnahme- bzw. Produktionsort zur Wirkungs- bzw.Verbrauchsstätte transportiert und Abfallstoffe den Ausscheidungsorganen zuführt. Da das Blut auch dem Transport von Leukozyten dient, kann man es auch als Teil der Abwehrorgane auffassen. Blut und Abwehrorgane werden aus diesem Grund gemeinsam besprochen.
4.1
Blut
Blut ist ein Abkömmling der Bindegewebe. Es strömt von wenigen Ausnahmen abgesehen (Milz, Plazenta) in den geschlossenen Gefäßen des Blutkreislaufs und dient dem Transport von Nährstoffen und Sauerstoff zur Versorgung der Körperzellen, Kohlendioxid und anderen Stoffwechselprodukten zum Abtransport aus den Geweben, Produkten der endokrinen Drüsen (Hormone) zu ihren Zielorganen, Zellen und Molekülen des Immunsystems von den Produktionsstätten zu den Wirkorten und Körperwärme von wärmeproduzierenden Organen zur Haut, wo sie an die Umgebung abgestrahlt wird. Blut besteht aus (⊡ Abb. 4.1) Blutplasma, dem Analogon der Interzellularsubstanz, Blutkörperchen, den Abkömmlingen der Bindegewebszellen. Blutplasma. Das Blut hat flüssigen Charakter, da die Blutkörperchen bei ihrer Differenzierung die für ihre bindegewebigen Vorläufer typischen Zellausläufer verloren haben, keine Bindegewebsfasern mehr bilden und in reichlich flüssigem Blutplasma suspendiert werden.
Blutkörperchen (geformte Bestandteile des Blutes) set-
zen sich zusammen aus kernhaltigen Blutzellen: – Leukozyten, weiße Blutkörperchen, membranumgebenen Derivaten von Knochenmarkszellen: – Erythrozyten, rote Blutkörperchen, – Thrombozyten, Blutplättchen. Die Gesamtblutmenge beträgt etwa ein Zwölftel des Körpergewichts, bei Erwachsenen also 5 Liter. Blutkörperchen machen normalerweise etwa 45 % (Hämatokrit), flüssige Bestandteile (Blutplasma) etwa 55 % des Blutvolumens aus. 4.1.1
Blutplasma
Blutplasma enthält 8 % Proteine. Etwa 60 % davon sind Albumine, feindisperse Eiweißkörper, die im Wesentlichen den kolloidosmotischen Druck des Blutplasmas bestimmen, und schwer lösliche Substanzen, die z. B. Lipiden oder Pharmaka als Transportmedium dienen. Die restlichen 40 % bestehen aus verschiedenen Globulinen, u. a. Immunglobuline (s. unten) und Fibrinogen.
125 4.1 · Blut
⊡ Abb. 4.1. Bestandteile des Blutes. Die absoluten Zahlen der Blutkörperchen beziehen sich jeweils auf 1 Liter Blut; die Prozentangaben der einzelnen Leukozytenarten beziehen sich auf die Gesamtzahl der Leukozyten
> Klinischer Hinweis Das Mengenverhältnis von Albuminen zu Globulinen bestimmt die Stabilität der Suspension der Blutkörperchen im Blutplasma. Sie wird als Blutsenkungsgeschwindigkeit, BSG, ermittelt, indem man nach 1 und 2 Stunden das Absinken der Blutkörperchen in ungerinnbar gemachtem Blut in graduierten Glasröhrchen misst. Eine Abnahme der Albumine, z. B. bei schwerem Hunger oder bei proteinverbrauchenden Tumorerkrankungen, sowie eine Zunahme der Globuline, z. B. bei Entzündungen und Allergien, reduzieren die Stabilität der Suspension und erhöhen die Senkungsgeschwindigkeit der Blutkörperchen in vitro.
Fibrinogen ist die lösliche, monomere Vorstufe des polymeren Fibrins, das bei der Blutgerinnung entsteht (⊡ Abb. 4.2). Bei der Gerinnung werden Fibrinogen und andere Gerinnungsfaktoren verbraucht und Thrombozyteninhaltsstoffe freigesetzt. Die nach der Gerinnung übrig bleibende Flüssigkeit heißt Blutserum. Diese spontan ungerinnbare und damit besser haltbare Flüssigkeit kann auch künstlich durch Defibrinieren erzeugt werden.
4.1.2
Erythrozyten
Wichtig
Erythrozyten, rote Blutkörperchen, sind kernlos und organellenfrei. Sie sind auf den Sauerstofftransport spezialisiert.
1 mm3 (ml) Blut enthält beim erwachsenen Mann 5–6 Mio., bei der Frau etwa 4,5 Mio. Erythrozyten (4,5–5,0 × 1012/l). Geringe Abweichungen fallen in die normale Variationsbreite, stärkere Vermehrung, Polyzythämie, oder Verminderung, Anämie, ist pathologisch. Bei einer Gesamtblutmenge von 5 Litern verfügt der menschliche Körper über 25 Billionen (25 × 1012) Erythrozyten, die eine Gesamtoberfläche von 3000– 4000 m2 haben. Diese erhebliche Oberfläche hat für den Transport von Atemgasen große Bedeutung. Mikroskopische Anatomie. Die roten Blutkörperchen des Menschen sind kernlose, runde, bikonkave Scheiben (⊡ Abb. 4.1). Ihre starke elastische Verformbarkeit ermöglicht ihre Passage auch durch sehr enge Kapillaren. Der mittlere Durchmesser eines menschlichen Erythro-
4
126
Kapitel 4 · Blut und Abwehrsystem
tigt wird, ist die Erythrozytenzahl erniedrigt, aber der Hb-Gehalt des einzelnen Erythrozyten sogar erhöht, hyperchrome Anämie. In hypotonen Lösungen schwellen die roten Blutkörperchen durch osmotische Wasseraufnahme. Sie platzen und geben das Hämoglobin an das Medium ab, Hämolyse. In hypertonen Lösungen schrumpfen die Erythrozyten zur »Stechapfelform«.
4
Die Lebensdauer der menschlichen Erythrozyten be⊡ Abb. 4.2. Schema der grundlegenden Faktoren der Blutgerinnungskaskade. Die mit Raster unterlegten Faktoren sind stets gelöst im Blutplasma vorhanden. Die anderen werden primär oder sekundär durch Thrombozytenzerfall freigesetzt
zyten beträgt 7,5 mm. Stärkere Größenabweichungen, Poikilozytose, sind krankhaft. Am Rand ist der Erythrozyt etwa 2,5 mm, im Zentrum etwa 1 mm hoch. Daher erscheint in der Aufsicht das Zentrum heller als der Rand. Der ausgereifte Erythrozyt enthält keine Zellorganellen, sondern ist ein membranumgebener Tropfen von Zytoplasma. Die Glykokalix der Plasmamembran beherbergt die Blutgruppenantigene, die die Blutgruppe (ABO-System, Rhesusfaktor, etc.) bestimmen. Der Inhalt des Erythrozyten besteht, bezogen auf das Trockengewicht, zu 95 % aus dem eisenhaltigen Blutfarbstoff, Hämoglobin (Hb), der dem Sauerstofftransport dient. 100 ml Blut enthalten normalerweise 12–17 g Hb, im Mittel 16 g/100 ml (= Hb-Wert). Dies ergibt 30–32 pg Hb je Erythrozyt (= normaler MCH-Wert, Mean Corpuscular Hemoglobin). Im ungefärbten Präparat hat der Erythrozyt eine gelblich grüne Farbe. In dickerer Schicht dagegen ruft das Hämoglobin die Rotfärbung des Blutes hervor. Dabei gibt sauerstoffreiches Hämoglobin (Oxyhämoglobin) dem Blut eine hellrote, sauerstoffarmes (desoxygeniertes) Hämoglobin eine dunkle blaurote Farbe. > Klinischer Hinweis Bei Anämien, Blutarmut, ist der Hb-Wert (Hämoglobin in 100 ml Blut) erniedrigt. Nach Blutverlusten ist der Hämoglobingehalt jedes einzelnen Erythrozyten normal, aber deren Anzahl reduziert, normochrome Anämie. Bei Eisenmangel, der zu einer reduzierten Hämoglobinsynthese bei normaler Proliferation der Knochenmarkstammzellen führt, ist der Hb-Gehalt der Erythrozyten reduziert, hypochrome Anämie. Bei Vitamin-B12-Mangel, durch den die Proliferation von Blutstammzellen bei normaler Hämoglobinsynthese beeinträch-
trägt 100 bis 120 Tage. Jeden Tag werden somit etwa 1 % aller Erythrozyten ersetzt. Dies bedeutet, dass im roten Knochenmark täglich 200 bis 250 Mrd. Erythrozyten neu gebildet und in Milz und Knochenmark die gleiche Zahl gealterter Erythrozyten abgebaut werden, »Blutmauserung«. Dies entspricht dem Erythrozytenanteil von 45 ml Blut. Der Abbau der Erythrozyten erfolgt durch Makrophagen in der roten Pulpa der Milz, in der Leber und im Knochenmark. Aus den Abbauprodukten des Hämoglobins wird in der Leber Gallenfarbstoff gebildet; das Eisen wird für die Neubildung von Erythrozyten im Knochenmark verwendet. Erythropoese. Undifferenzierte Stammzellen des roten Knochenmarks (S. 130) differenzieren zu schnell proliferierenden Proerythroblasten, die über Erythroblasten durch Einlagerung von viel Hämoglobin und durch Verlust der Ribosomen (Verlust der Basophilie) zu Normoblasten werden. Diese stoßen durch Zytoplasmakontraktion den apoptotischen Zellkern aus. Dieser Prozess dauert 2–3 Tage. Die resultierenden kernlosen Scheiben, Retikulozyten, werden in das Blut abgegeben; sie enthalten noch mit Spezialfärbungen darstellbare Reste von Zellorganellen. Voll ausgereift und organellenfrei sind die Erythrozyten nach 1–2 Tagen. Im peripheren Blut findet man normalerweise 0,5–1,5 % Retikulozyten. Eine Vermehrung weist auf eine verstärkte Erythropoese hin. Die Erythropoese steht unter dem Einfluss des Hormons Erythropoetin, das in der Niere gebildet wird. Chronischer Sauerstoffmangel stimuliert die Erythropoese. Bei größeren Blutverlusten kann sie maximal auf das 7-fache gesteigert werden, sodass ein Blutverlust von etwa 300 ml in etwa 1 Tag kompensiert werden kann.
127 4.1 · Blut
4.1.3
Leukozyten
Wichtig
Leukozyten, weiße Blutkörperchen, sind Blutzellen im Dienst der Infekt- und Fremdkörperabwehr.
Die im Folgenden verwendete Einteilung der Leukozyten ist in der Klinik bei der hämatologischen Beurteilung des sog. Blutbildes üblich. Sie benutzt strukturelle und färberische Gegebenheiten. In der Immunologie werden bestimmte Leukozyten, die Lymphozyten, nach funktionellen und immunzytologischen Kriterien noch weiter unterteilt (S. 134). Die Zahl der Leukozyten beträgt 5000–10 000 je mm3
(ml) Blut des Erwachsenen (5–10 × 109/l). Die Zahl variiert innerhalb dieser physiologischen Breite unter den Einflüssen von Tageszeit, Verdauungstätigkeit, körperlicher Arbeit, Gravidität u. a. > Klinischer Hinweis Bei zahlreichen Erkrankungen findet man eine Vermehrung, Leukozytose, oder Verminderung, Leukopenie, der Leukozytenzahl bzw. Fehlen von Leukozyten, Agranulozytose. Eine Leukozytose tritt z. B. bei akuten Entzündungen und bei Leukämien, einer Tumorerkrankung des Knochenmarks auf, eine Leukopenie z. B. als Folge von radioaktiven Strahlen, Zytostatika und als Nebenwirkung einiger Medikamente.
Die Lebensdauer der weißen Blutkörperchen beträgt je
nach Art und Funktion einige Tage bis zu mehreren Jahren. Die Leukozyten zeigen amöboide Beweglichkeit. Sie können die Wand postkapillärer Venulen durchwandern, sich im Gewebe fortbewegen oder im Fall von Lymphozyten auch wieder ins Blut zurückkehren. Nur ein kleiner Teil hält sich vorübergehend im strömenden Blut auf. Die meisten Leukozyten befinden sich außerhalb der Blutbahn in den Geweben. Lymphozyten sammeln sich vor allem in lymphatischen Organen. Im Blutausstrich lassen sich lichtmikroskopisch folgende Leukozyten unterscheiden (⊡ Abb. 4.1): Granulozyten, Lymphozyten, Monozyten. Ihr jeweiliger prozentualer Anteil an der Gesamtzahl der Leukozyten ist trotz physiologischer Schwankungen
⊡ Tabelle 4.1. Normalwerte des weißen Differentialblutbildes in Prozent* Granulozyten neutrophile eosinophile basophile
60 % 3,4 % 0,5 %
(55–65 %) (2–4 %) (0,5–1 %)
Lymphozyten
30 %
(20–40 %)
Monozyten
6%
(4–7 %)
* Mittelwert und Streuung.
recht charakteristisch (⊡ Tabelle 4.1). Bei Erkrankungen können allerdings erhebliche Verschiebungen im Zahlenverhältnis auftreten.
Granulozyten Granulozyten sind runde Zellen mit einem Durchmesser von 10–15 mm. Ihr Zellkern ist je nach Alter stabförmig bis stark gelappt. Eine oder mehrere Einschnürungen gliedern die Kerne reifer Granulozyten in einzelne Segmente, segmentkernige Granulozyten. Die Segmentierung fehlt bei noch nicht ausgereiften Jugendformen, stabkernige Granulozyten. Normalerweise findet man etwa 2–3 % stabkernige Granulozyten unter den Leukozyten. > Klinischer Hinweis Bei Erkrankungen kann sich das Mengenverhältnis von unreifen zu reifen Granulozyten ändern. Treten mehr Stabkernige auf, z. B. bei Infektionskrankheiten, spricht man von Linksverschiebung; treten mehr Hypersegmentierte auf von Rechtsverschiebung.
Das Zytoplasma der Granulozyten enthält typische Granula, die sich in ausgereiften Granulozyten nach ihrer Affinität zu sauren oder basischen Farbstoffen unterscheiden. Zur Darstellung dieser färberischen Unterschiede eignet sich am besten eine Farbmischung aus Methylenblau und Eosin bzw. Azur. Von ihren verschiedenen Modifikationen wird in der Hämatologie am häufigsten die von Pappenheim eingeführte Kombination der May-Grünwald- mit der Giemsa-Färbung verwendet. Nach der Art der Anfärbung der Granula unterscheidet man neutrophile Granulozyten, eosinophile Granulozyten, basophile Granulozyten.
4
128
Kapitel 4 · Blut und Abwehrsystem
Neutrophile Granulozyten machen im Blutbild 55–65 % aller Leukozyten aus. Die zytoplasmatischen Granula sind sehr fein und färben sich mit den üblichen Farbstoffgemischen leicht violett an. Der kräftig gefärbte Zellkern zeigt 2–4 miteinander verbundene Segmente. Die Neutrophilen phagozytieren in den Körper eingedrungene Keime und Fremdkörper (S. 136).
4
Eosinophile Granulozyten machen 2–4 % der Leuko-
zyten im peripheren Blut aus. Sie sind etwas größer als die Neutrophilen und enthalten grobe Zytoplasmagranula, die sich mit dem sauren Farbstoff Eosin intensiv rot anfärben. Die Granula liegen in der Regel sehr dicht und verdecken teilweise den Kern, der meist aus zwei Segmenten besteht. Ultrastrukturell zeigen die von einer Membran umgebenen, ovalen Granula zahlreiche längsorientierte elektronendichte Kristalloide. Eosinophile Granulozyten beteiligen sich an allergischen Reaktionen und vermitteln die Abwehr von Parasiten (S. 136). Basophile Granulozyten sind selten, < 1 % der Leuko-
zyten. Ihre sehr groben Granula färben sich mit basischen Farbstoffen tief blauschwarz. Sie enthalten z. B. Heparin (zur lokalen Verhinderung der Blutgerinnung und zur Bindung von Histamin), Histamin (zur Gefäßerweiterung) und chemotaktische Faktoren, die im Falle von Entzündungen andere Leukozyten anlocken. Der Zellkern ist plump, kaum gelappt und meist von den massiven Granulationen verdeckt. Sie ähneln morphologisch und funktionell einer Untergruppe der freien Bindegewebszellen, den Mastzellen (S. 134). Granulopoese. Die Vorläufer der Granulozyten (Promy-
elozyt, Myelozyt, Metamyelozyt) entstehen im Knochenmark aus ortsständigen basophilen Stammzellen. Der anfangs rundliche Kern streckt sich allmählich. Es entstehen die zunächst noch einheitlichen stabkernigen oder jugendlichen Granulozyten, die in diesem Stadium in das Blut ausgeschüttet werden und dort 2–3 % aller Leukozyten ausmachen. Pro Tag gelangen etwa 12 × 109 Granulozyten aus dem Knochenmark in die Blutbahn. Sie leben dort in der Regel nur 2 bis 3 Tage.
Lymphozyten Täglich werden etwa 109 Lymphozyten gebildet. Die meisten sind Tochterzellen von proliferierenden Lymphoblasten der peripheren lymphatischen Organe, die ihrerseits von Knochenmarkstammzellen abstammen. Im peripheren Blut machen sie 20–40 % der Leukozyten aus.
Nach ihrem Erscheinungsbild im Blutausstrich unterscheidet man kleine Lymphozyten und große Lymphozyten. Kleine Lymphozyten sind kaum größer als Erythrozyten und erscheinen lichtmikroskopisch ungranuliert. Der runde, blauviolette Zellkern (Färbung nach Pappenheim) ist von einem nur sehr dünnen Saum basophilen Zytoplasmas umgeben, sodass lichtmikroskopisch der Eindruck nackter Kerne entstehen kann. Große Lymphozyten haben einen Durchmesser von
8–12 mm. Ihr Zellkern ist oval oder leicht eingebuchtet. Bei bestimmten großen Lymphozyten können sehr feine azurophile Granula (primäre Lysosomen) im Zytoplasma vorkommen. Die Größe von Lymphozyten hängt von ihrer immunologischen Aktivität und ihrer Zellzyklusphase ab. Kleine und große Lymphozyten lassen sich mit speziellen Methoden weiter in B- und T-Lymphozyten sowie »Natural Killer« (NK)-Zellen unterteilen (S. 137).
Monozyten Die Monozyten sind mit 10–18 mm Durchmesser die größten unter den weißen Blutkörperchen. Sie haben ein schwach basophiles Zytoplasma mit feinsten Azurgranula. Der mäßig chromatinreiche, häufig exzentrisch gelegene Zellkern ist oval bis nierenförmig, seltener gelappt. Im Zytoplasma finden sich neben Mitochondrien, ER, Ribosomen und einem umfangreichen Golgi-Apparat zahlreiche Lysosomen. Die Monozyten werden im Knochenmark gebildet. Nach ihrer Ausschleusung halten sie sich nur wenige Stunden im strömenden Blut auf. Dank ihrer guten amöboiden Beweglichkeit wandern sie durch die Wände der postkapillären Venulen ins Gewebe und differenzieren sich in Abhängigkeit von ihrer Umgebung zu verschiedenen Typen von Makrophagen (S. 137).
129 4.1 · Blut
4.1.4
Thrombozyten
Wichtig
Die Thrombozyten, Blutplättchen, spielen bei der Blutgerinnung eine wichtige Rolle.
Thrombozyten sind sehr kleine, im Blutausstrich meist gruppenförmig gelagerte Scheibchen, Durchmesser etwa 2 mm, die sich mit konventionellen Methoden kaum anfärben.Ihre Menge wird mit 200 000–300 000 je mm3 Blut (2–3 × 1011/l) angegeben. Sie sind kernlos, von einer Plasmamembran umgeben und äußerst fragil. Bei geeigneter Vorbehandlung zeigen sie ein granuliertes Zentrum, Granulomer, und eine lichtmikroskopisch helle, elektronenmikroskopisch mit Tubuli und Filamenten ausgestattete Außenzone, Hyalomer. Die zentralen Granula sind teils kleine Mitochondrien, teils Vakuolen und Vesikel. Das Granulomer enthält zahlreiche Signalmoleküle, u. a. Serotonin und das Enzym Thrombokinase, die beim Plättchenzerfall freigesetzt werden. Die Thrombokinase aktiviert in Gegenwart weiterer Gerinnungsfaktoren, z. B. Faktor VIII und Kalziumionen, das in der Leber gebildete Prothrombin zum Thrombin. Letzteres wandelt das im Blutplasma gelöste Fibrinogen (S. 125) in das fibrilläre Polymerisat Fibrin um (⊡ Abb. 4.2). Fibrinnetze verfestigen das Blut zu einem Blutgerinnsel.
>
Thrombopoese. Pro Tag werden etwa 500 × 109 Throm-
bozyten im Knochenmark gebildet. Sie schnüren sich von den Pseudopodien der Megakaryozyten ab, die durch ihre Größe, Durchmesser 50–100 mm, und ihren unregelmäßig gelappten, polyploiden Zellkern im Knochenmarkspräparat auffallen. Nach kurzer Zirkulation im Blut, 5–10 Tage, werden die Thrombozyten hauptsächlich in der Milz phagozytiert. > Klinischer Hinweis Jede Schädigung oder Verletzung des Gefäßendothels, aber auch eine längerfristige Stase (Stillstand) von Blut führt zum Verklumpen und Zerfall der Blutplättchen. Mit der dadurch eingeleiteten Gerinnung des Blutplasmas kann eine Blutung aus kleinen Gefäßen zum Stehen gebracht werden. Da die Thrombozyten außerdem große Mengen Serotonin enthalten, das glatte Muskelzellen zur Kontraktion veranlasst, fördert ihr Zerfall die Stillung der Blutung durch Gefäßverengung. Es kann aber auch ohne Gefäßverletzung zur Bildung von Blutgerinnseln kommen,Thrombose. Mangel an Gerinnungsfaktoren, z. B. genetisch bedingter Mangel an Faktor VIII, als Hämophilie A bezeichnet, Leberschäden mit mangelhafter Produktion von Prothrombin und Fibrinogen, oder Leukämien mit gestörter Produktion von Thrombozyten führen zu einer gesteigerten, z. T. fatalen Blutungsneigung.
In Kürze
Blut ist eine Suspension von Blutkörperchen in Blutplasma. Die Blutkörperchen bestehen aus Erythrozyten für den Sauerstofftransport,Thrombozyten für die Einleitung der Blutgerinnung und Leukozyten für Abwehraufgaben. Nach strukturellen und funktionellen Kriterien werden die Leukozyten weiter unterteilt in neutrophile, eosinophile und basophile Granulozyten, in große und kleine Lymphozyten sowie in Monozyten. Jede dieser Zellarten spielt eine spezielle Rolle bei der Bekämpfung von Fremdorganismen. Das Blutplasma dient vor allem als Transportvehikel für Nährstoffe vom Darm zu den Zielorganen, für Kohlendioxid und andere Abfallprodukte zu den Ausscheidungsorganen und für Hormone von den Bildungs- zu den Wirkstätten. Daneben enthält das Plasma Antikörper für Abwehrfunktionen und Fibrinogen zur Blutgerinnung.
4
130
Kapitel 4 · Blut und Abwehrsystem
4.2
Blutbildung
4.2.1
Pränatale Blutbildung
4.2.2
Postnatale Blutbildung im Knochenmark
Wichtig Wichtig
4
Pränatal findet die Blutbildung in drei aufeinander folgenden Phasen in jeweils anderen Organen statt, der megaloblastischen, der hepatolienalen und der medullären Periode.
Megaloblastische Periode. Im 1. Entwicklungsmonat be-
ginnt die Blutbildung in der mesenchymalen Hülle des Dottersacks und in der Plazenta (S. 107). Aus kompakten Mesenchyminseln differenzieren sich Zellstränge, die sich oberflächlich zu einem Endothelschlauch aus Angioblastin zusammenlagern. Sie bilden die ersten Gefäßanlagen (S. 492). Die zentral gelegenen Zellen, Hämozytoblasten, differenzieren sich zu auffallend großen, kernhaltigen Erythrozytenvorstufen, die als Megaloblasten bezeichnet werden. Hepatolienale Periode. Im 3. Entwicklungsmonat wird
das Mesenchym der Leberanlage zur wichtigsten Blutbildungsstätte. Etwas später und in geringem Umfang beteiligt sich auch die Milz. In dieser Phase erscheinen erstmalig weiße Blutkörperchen. Die Erythrozyten dieser Periode sind bereits überwiegend kernlos und normal groß; nur noch vereinzelt, meist als Zeichen eines Sauerstoffmangels, gelangen kernhaltige Erythrozyten, Normoblasten, in das periphere Blut. Medulläre Periode. Während Leber und Milz bis zur Ge-
burt zunehmend an Bedeutung verlieren, übernimmt mit dem 6. Entwicklungsmonat das Knochenmark die Bildung der Erythrozyten und der myeloischen Leukozyten, Granulozyten und Monozyten. Auch lymphatische Stammzellen proliferieren hier und produzieren Vorläuferzellen von B- und T-Lymphozyten, die entweder im Knochenmark selbst Funktionsreife erlangen, B-Lymphozyten, oder über die Blutbahn in den Thymus wandern, T-Lymphozyten, wo sie vermehrt und selektioniert werden (S. 517).
Postnatal und während des weiteren Lebens ist das rote Knochenmark der fast ausschließliche Ort der Blutbildung.
Während zur Zeit der Geburt in den Knochen noch das rote Knochenmark überwiegt, wandelt es sich beim weiteren Knochenwachstum in den Diaphysen der langen Knochen in fettzellhaltiges gelbes Knochenmark um. Nach Abschluss des Körperwachstums findet sich Blut bildendes rotes Mark nur noch in kurzen und platten Knochen sowie in den Epiphysen langer Knochen. Dabei entspricht die Menge des roten Knochenmarks etwa der des gelben.Wenn diese Blutbildungsstätten, z. B. bei chronischen Blutverlusten, nicht mehr ausreichen, kann sich das gelbe Knochenmark beim Erwachsenen wieder in Blut bildendes Mark zurückverwandeln. Das Gesamtgewicht des roten, Blut bildenden Knochenmarks der kurzen und platten Knochen entspricht beim Erwachsenen mit 1400 g etwa dem Gewicht der Leber. Wichtig
Die Stammzellen der Blutbildung liegen in den Maschen des retikulären Bindegewebes des roten Knochenmarks.
Von den verschiedenen Blutzellen werden Erythrozyten, Granulozyten, Monozyten und Thrombozyten ausschließlich im roten Knochenmark gebildet. Von den Bund T-Lymphozyten entstehen nur die Vorläuferzellen im Knochenmark. Ihre Proliferation und Reifung erfolgt anschließend in den primären und sekundären lymphatischen Organen. Typische Strukturen des roten Knochenmarks sind Knochenmarkstroma, Kapillaren und Sinusoide und Zellen der Blutbildung. Knochenmarkstroma. Es liegt zwischen den knöchernen Spongiosabälkchen und ist ein retikuläres Bindegewebe mit reich entwickelten retikulären Fasergespinsten, Fibroblasten, Makrophagen und vielen Fettzellen. In den Maschen des Bindegewebes liegen die Blut bildenden Zellen (⊡ Abb. 4.3).
131 4.2 · Blutbildung
Erythropoese (Proerythroblasten), die Granulozytopoese (Myeloblasten), die Monozytopoese (Monoblasten), die Lymphozytopoese (Lymphoblasten) und die Thrombozytopoese (Megakaryozyten). Zellen aller Entwicklungsreihen und Differenzierungsstadien sind ohne erkennbare Ordnung im Maschenwerk des Knochenmarkstromas zwischen den Sinus zu finden. > Klinischer Hinweis
⊡ Abb. 4.3. Blutzellbildung im Knochenmark
Kapillaren und Sinusoide. Das aus den Aa. nutriciae der Knochen (S. 172) gespeiste Gefäßsystem zweigt sich im retikulären Markgewebe in Kapillaren auf, die in ein Geflecht aus 50–70 mm weiten venösen Sinus übergehen. Die Sinusoide nehmen die reifen Blutzellen auf, um sie – in der Regel schubweise – in die folgenden Gefäßabschnitte abzugeben.
Die pluripotenten Stammzellen aller roten und weißen Blutkörperchen sind die Hämozytoblasten. Mit ihren dichten, runden Zellkernen und dem basophilen Zytoplasma ähneln sie strukturell kleinen Lymphozyten. Aus diesen pluripotenten Stammzellen gehen durch differentielle Zellteilung Vorläuferzellen für die jeweilige spezielle Bildungsreihe der Blutkörperchen hervor (s. oben), nämlich für die
Stammzellen der Blutbildung.
>
Eine heute bei manchen Formen der Leukämie (bösartige Tumorerkrankung der weißen Blutstammzellen) eingesetzte Therapie besteht in der vollständigen medikamentösen Tötung aller Knochenmarkstammzellen durch Chemotherapie. Danach wird das Knochenmark durch Injektion von gesunden Knochenmarkstammzellen von geeigneten Spendern wiederbesiedelt. Diese Knochenmarktransplantation ist die älteste und am besten etablierte Form der sogenannten Stammzelltherapie.
Reife Erythrozyten und Monozyten werden im Kno-
chenmark nicht gespeichert sondern jeweils nach Fertigstellung in die Sinusoide abgegeben. Im Gegensatz dazu werden stabkernige Granulozyten auf Vorrat gebildet und zunächst in den Maschen des retikulären Knochenmarkbindegewebes eingelagert, bevor sie durch die Sinuswände ins Blut gelangen. Dieser Knochenmarkspeicher steht bei erhöhtem Bedarf, z. B. akute Entzündungen, unmittelbar zur Verfügung. Erst wenn er entleert wurde, werden weitere Blutkörperchen aus ihren Vorstufen neu gebildet.
In Kürze
Blutbildung, Hämatopoese, findet in verschiedenen Stadien des vor- und nachgeburtlichen Lebens in verschiedenen Organen statt. In den ersten beiden Schwangerschaftsmonaten, megaloblastische Phase, werden Erythrozytenvorstufen in Dottersack und Plazenta gebildet. In der folgenden hepatolienalen Phase verlagert sich die Bildung von roten und ersten weißen Blutkörperchen in Leber und Milz. Ab dem letzten Schwangerschaftsdrittel übernimmt das rote Knochenmark die Hämatopoese, medulläre Periode. Im roten, Blut bildenden Knochenmark werden die Stammzellen aller Blutkörperchen aus mesenchymalen Vorläufern gebildet. Nach der Geburt verfettet das Knochenmark zunehmend. Rotes Knochenmark bleibt nur in platten und kurzen Knochen sowie in den Epiphysen der Röhrenknochen erhalten.
4
132
Kapitel 4 · Blut und Abwehrsystem
Immunität und Immunzellen
4.3
4
Die Fähigkeit unseres Körpers, sich aus eigener Kraft gegen krankmachende (pathogene) Keime, wie Bakterien, Viren, Pilzen, Einzellern und Parasiten, aber auch gegen fremde Eiweiße, Zellen und Organe sowie veränderte körpereigene Zellen (Tumorzellen) zu wehren, wird als Immunität bezeichnet.
4.3.1
Angeborene und erworbene Immunität
Wichtig
Abwehrreaktionen gegen Keime, Fremdkörper, Fremdeiweiße, aber auch andere Moleküle, werden durch angeborene, unspezifische Immunität und erworbene, spezifische Immunität ermöglicht.
Die angeborene oder unspezifische Immunität umfasst alle unspezifischen Entzündungsreaktionen
(⊡ Abb. 4.4), bei denen spontan, ohne vorausgegangene Immunisierung als fremd erkannte Zellen mit angeborenen Mechanismen, z. B. Zytolyse oder Phagozytose, im Rahmen einer meist krankmachenden Entzündung vernichtet werden. Die Hauptbeteiligten sind (s. unten) Komplementsystem, Granulozyten und Mastzellen, natürliche Killerzellen und Makrophagen. Erworbene oder spezifische Immunität ermöglicht spezifische Entzündungsreaktionen und ist an Lympho-
zyten gebunden. Sie ist das Ergebnis eines langwierigen Selektionsprozesses, bei dem aus einem großen Pool von Lymphozyten mit verschiedensten spezifischen Rezeptoren (Zellmembranglykoproteinen) für Antigene gerade die Lymphozyten durch Zellteilung vermehrt werden, mit deren Antigenen der Körper sich in einer vorausgegangenen unspezifischen Entzündungsreaktion auseinander gesetzt hat. Bei diesem Prozess gibt es zwei verschiedene Möglichkeiten: Humorale Immunität. B-Lymphozyten reifen zu Plasmazellen und geben ihre »Antigenrezeptoren« als Antikörper (Immunglobuline) in das Blutplasma ab. Zelluläre Immunität. T-Lymphozyten bauen ihre Antigenrezeptoren als T-Zellrezeptoren in ihr Plasmalemm ein.
Beide Formen von Immunität ermöglichen eine schnelle Fremdkörperbekämpfung ohne Entzündungsreaktion. ⓘ Infobox Als Antigene werden alle Substanzen bezeichnet, die spezifisch von der Bindungsgrube eines auf diese Substanz spezialisierten Antikörpers oder T-Zellrezeptors erkannt und gebunden werden. Meistens handelt es sich dabei um Proteine oder Peptide, seltener um Zucker oder Lipide. Gelegentlich können auch anorganische Substanzen wie Metalle antigen wirken.
Die an der Immunreaktion beteiligten Zellen sind überwiegend Mesenchymderivate. Sie kommen diffus verteilt in Blut und Bindegeweben vor. Lymphozyten sammeln sich in speziellen lymphatischen Organen. Zwei Gruppen lymphatischer Organe werden beim Erwachsenen unterschieden Primäre (zentrale) lymphatische Organe: – Knochenmark und – Thymus. In diesen Organen proliferieren und differenzieren unreife Vorläuferzellen zu reifen Lymphozyten und erwerben ihre Immunkompetenz. Dabei werden sie mit spezifischen Antigenrezeptoren ausgestattet, die sie befähigen, sich mit Antigenen auseinander zu setzen. Die Lymphozyten werden dabei so selektioniert, dass sie möglichst gut zwischen körpereigenen und körperfremden Antigenen unterscheiden können. Sekundäre (periphere) lymphatische Organe: – Lymphknoten mit Lymphgefäßen, – Waldeyer-Rachenring mit Tonsilla palatina, Tonsilla pharyngealis und Tonsilla lingualis, – Milz, – Peyer-Plaques des unteren Dünndarms und – mukosaassoziierte solitäre Lymphfollikel des Magen-Darm-Kanals. Diese Organe sind Speicherorgane für reife, immunkompetente Zellen und zugleich Hauptort ihrer funktionellen Interaktionen. Bei entsprechendem funktionellen Reiz können die verschiedenen Lymphozyten in diesen Organen proliferieren, bevor sie in die Blut- bzw. Lymphbahn freigesetzt werden (Lymphozytenrezirkulation). Sekundäre lymphatische Organe überwachen die Lymphbahn (Lymphknoten), die Blutbahn (Milz), den Rachenraum (Waldeyer-Rachenring), den Magen-Darm-Kanal (PeyerPlaques und solitäre Lymphfollikel) sowie den Respirationstrakt (solitäre Lymphfollikel) auf pathogene Keime und Fremdeiweiße.
133 4.3 · Immunität und Immunzellen
⊡ Abb. 4.4. Schematische Zusammenfassung der unspezifischen Entzündungsreaktionen bei Infektionen mit Bakterien, Viren oder Parasiten. Pilzinfektionen werden wahrscheinlich ähnlich wie bakterielle Infektionen bekämpft. — Produktion von Faktoren; - - - Wirkung von Zellen oder Faktoren. Spezifische Entzündungsreaktion s. Abb.4.5
4
134
Kapitel 4 · Blut und Abwehrsystem
4.3.2
Einteilung der Immunzellen
Wichtig
Die Zellen des Immunsystems stammen von pluripotenten Stammzellen des Knochenmarks ab.
4
Zwei Differenzierungswege werden unterschieden: myeloische Differenzierungsreihe und lymphatische Differenzierungsreihe. Myeloische Differenzierungsreihe. Die entsprechenden Stammzellen proliferieren im Normalfall im Knochenmark.Von dort gelangt zellulärer Nachschub für die Tage bis Monate lebenden Zellen über die Blutbahn in die Peripherie des Körpers. Hierzu gehören polymorphkernige Granulozyten (alle angeborene Immunität): – basophile Granulozyten, – neutrophile Granulozyten, – eosinophile Granulozyten, mononukleäre Phagozyten: – Monozyten und ihre aktive Form, Makrophagen (angeborene und Übergang zur erworbenen Immunität), – wahrscheinlich gehören auch die funktionell nahe verwandten knochenmarkabhängigen dendritischen Zellen und die interdigitierenden dendritischen Zellen in diese Gruppe (erworbene Immunität), Hilfszellen: – Mastzellen (angeborene Immunität), – weitere antigenpräsentierende Zellen (erworbene Immunität), – Thrombozyten (angeborene Immunität). Differenzierungsreihe. Auch deren Stammzellen entstammen dem Knochenmark. Die z. T. langlebigen Tochterzellen siedeln sich nach Erwerb der Immunkompetenz in sekundären lymphatischen Organen an, die sie häufig wechseln. Auch dort können sie bei Stimulation proliferieren. Hierzu gehören B-Lymphozyten (erworbene Immunität), T-Lymphozyten (erworbene Immunität) und natürliche Killerzellen (angeborene Immunität). Lymphatische
Die Zellen des Immunsystems werden im Folgenden nicht nach ihrer strukturellen und entwicklungsgeschichtlichen Zugehörigkeit, sondern in der Reihenfolge
besprochen, in der sie bei der angeborenen, unspezifischen und erworbenen, spezifischen Entzündungsreaktion zum Einsatz kommen (⊡ Abb. 4.4, 4.5).
4.3.3
Polymorphkernige Granulozyten
Die Granulozyten sind bereits bei der Beschreibung der Blutzellen strukturell charakterisiert worden (S. 127). Trotz einer vordergründigen Ähnlichkeit bezüglich Kernsegmentierung und Zytoplasmagranulierung handelt es sich bei basophilen, eosinophilen und neutrophilen Granulozyten um funktionell grundsätzlich unterschiedliche Zellen.
Basophile Granulozyten (Einleitung unspezifischer Entzündungen) Wichtig
Basophile Granulozyten und die ihnen nahe verwandten Mastzellen können auf entsprechende Reize hin durch Sekretion parakrin aktiver Botenstoffe eine unspezifische Entzündungsreaktion auslösen.
Obwohl die Verwandtschaft zwischen basophilen Granulozyten (im Blut, ⊡ Abb. 4.1) und Mastzellen (im Bindegewebe) nicht geklärt ist, entsprechen sich beide Zellen strukturell und funktionell in vielen Punkten. Die basophilen Granula enthalten parakrin aktive Substanzen, die in der Umgebung der Zellen eine Entzündungsreaktion auslösen. Die Ausschüttung dieser Entzündungsmediatoren kann auf verschiedene Weise stimuliert werden: durch Komplementproteine (s. unten), die z. B. aus bakteriell oder mechanisch geschädigten Zellen freigesetzt werden, durch Bindung von Fremdeiweißen an Antikörper der Klasse Immunglobulin E (IgE, s. unten) und durch Bindung der resultierenden Antigen-Antikörperkomplexe an IgE-Rezeptoren an der Oberfläche von basophilen Granulozyten/Mastzellen und durch Zytokine, Botenstoffe, die lokal von anderen Abwehrzellen, z. B. Lymphozyten sezerniert werden. ⓘ Infobox Das Komplementsystem ist ein phylogenetisch sehr altes Abwehrsystem, das früher allein tätig war, inzwischen aber weitgehend in das unspezifische und das spezifische Abwehrsystem integriert ist. Die Proteine des Komplementsystems werden bei einer Entzündung oder bei Gewebezerfall aktiviert.
135 4.3 · Immunität und Immunzellen
⊡ Abb. 4.5. Schematische Zusammenfassung der spezifischen Entzündungsreaktionen (Immunreaktionen) bei Infektionen mit Bakterien oder Viren. Die effektivste Virusabwehr erfolgt allerdings meist bereits vor dem Zellbefall durch präexistente Antikörper. — Umwandlung von Zellen oder Produktion von Faktoren; - - - Wirkung von Zellen oder Faktoren
Sie verstärken sich bei Aktivierung kaskadenartig, steuern die Entzündungsreaktion und führen sie in Teilen sogar alleine durch. Die aktivierten Proteine des Komplementsystems aktivieren Mastzellen und myeloische Zellen, steigern die lokale Gewebsdurchblutung und die Kapillarpermeabilität und opsonieren (umhüllen) in einigen Fällen Mikroorganismen, um deren Phagozytose zu erleichtern. Ein Teil der Komplementkaskade kann durch Antigen-Antikörperkomplexe an der Oberfläche von Zellen aktiviert werden und führt zu einer zytotoxischen Wirkung: Endprodukte der Kaskadenreaktion bil-
den Poren in der Zellmembran und lösen einen unkontrollierten Wassereinstrom in die antikörperbesetzte Zielzelle aus bis diese platzt. Neben vielen anderen Aufgaben ist das Komplementsystem in Zusammenarbeit mit Makrophagen und mit den von Plasmazellen produzierten Antikörpern das entscheidende System bei der Bakterienabwehr.
Die in den Granula von Basophilen/Mastzellen enthaltenen, und bei Reizung ausgeschütteten Mediatoren lösen die lokalen Zeichen einer Entzündung aus:
4
136
4
Kapitel 4 · Blut und Abwehrsystem
Leukotriene und Prostaglandine erweitern durch Muskelerschlaffung die zuführenden Gefäße und sorgen für eine lokale Mehrdurchblutung, Histamin erhöht die Kapillarpermeabilität im Entzündungsgebiet und steigert den Austritt von Blutplasma und Leukozyten (gleich Lymphe, S. 144) in das Interstitium und Heparin verhindert lokal die Blutgerinnung; es bindet Histamin und garantiert damit dessen lokale Wirkung. > Klinischer Hinweis Typische Zeichen einer Entzündung sind Rötung und lokaler Temperaturanstieg durch die gesteigerte Durchblutung, Schwellung durch den gesteigerten Lymphaustritt (interstitielles Ödem) und Schmerzen durch Kompression sensibler Nervenendigungen sowie durch Reizung von Nerven durch Entzündungsmediatoren.
Weiter werden von aktivierten Basophilen und Mastzellen chemotaktische Faktoren ausgeschüttet, die die aus den Gefäßen austretenden Granulozyten und Makrophagen gezielt anlocken und aktivieren. Die aufgeführten parakrinen Sekrete können mit Ausnahme von Histamin und Heparin auch von Makrophagen sezerniert werden, die damit auch die ersten Schritte der unspezifischen Entzündungsreaktion auslösen können.
Neutrophile Granulozyten (Unspezifische Bekämpfung von Bakterien) Wichtig
Neutrophile Granulozyten sind unspezifisch phagozytierende Zellen, die sich vorwiegend gegen in den Körper eingedrungene Bakterien richten.
Neutrophile Granulozyten sind die häufigste Leukozytenpopulation im Blut. Chemotaktische Faktoren steigern in der Region einer Entzündung ihre Anheftung an die Kapillarwand. Anschließend passieren die Neutrophilen, z. T. unter dem Einfluss weiterer Entzündungsmediatoren, das Endothel (Diapedese) und durchwandern das entzündete Gewebe amöboid. Die Granula der Neutrophilen enthalten Lysozym, das Bakterienwände andaut. Ein weiteres Produkt der Granula, Laktoferrin, bindet freies Eisen, das Bakterien zum Wachstum benötigen. Außerdem enthalten sie Proteasen, Myeloperoxidase und verschiedene Phosphatasen. Die in das Gewebe eingedrungenen Bakterien werden somit durch die von Neu-
trophilen freigesetzten Produkte im Wachstum behindert, abgetötet und schließlich von den Neutrophilen phagozytiert (⊡ Abb. 4.4). Danach gehen die Neutrophilen zugrunde und setzen dabei proteolytische Enzyme frei, die Gewebetrümmer, Kollagenfasern usw. abbauen und damit einen Einschmelzungsherd schaffen, der mit dem Zerfallsprodukt aus toten Neutrophilen und Geweberesten (= Eiter) gefüllt wird, z. B. Furunkelbildung. > Klinischer Hinweis Erhöhte Zahlen von neutrophilen Granulozyten im Blut (> 9000 je mm3 Blut) sind in der Regel Anzeichen einer akuten bakteriellen Entzündung.
Eosinophile Granulozyten (Unspezifische Bekämpfung von Parasiten) Wichtig
Eosinophile Granulozyten sezernieren Substanzen wie Major Basic Protein, die für Parasiten zytotoxisch sind. Außerdem beteiligen sie sich an allergischen Reaktionen.
Die Granula eosinophiler Granulozyten enthalten verschiedene kationische Proteine, die sich mit dem sauren Farbstoff Eosin anfärben, Azidophilie (⊡ Abb. 4.1). Sie werden vor allem bei Befall mit vielzelligen Parasiten, z. B.Würmern, aktiviert. Das von ihnen sezernierte Major Basic Protein ist eines unter verschiedenen zytotoxischen Produkten, das Fremdzellen und Parasiten abtöten kann (⊡ Abb. 4.4, 4.5). Außerdem können eosinophile Granulozyten zusammen mit Neutrophilen und Makrophagen Antigen-Antikörperkomplexe binden und phagozytieren. Letztere veranlassen die Eosinophilen dazu, eine Vielzahl von Zytokinen zu sezernieren, die vor allem bei allergischen Reaktionen eine Rolle spielen. > Klinischer Hinweis Die Zahl der Eosinophilen im Blut ist bei Überempfindlichkeitsreaktionen, Allergien, wie z. B. Heuschnupfen, aber auch bei chronischem Parasitenbefall, z. B. Würmer, bis auf einen Anteil von 10 % der Leukozytenzahl gesteigert (normal 2–4 %).
137 4.3 · Immunität und Immunzellen
4.3.4
Natürliche Killerzellen (Unspezifische Bekämpfung von Tumorzellen und virusinfizierten Zellen)
Wichtig
Natürliche Killerzellen, NK-Zellen, sind zwar nach ihrer Morphologie Lymphozyten, gehören aber dennoch zur angeborenen, unspezifischen Immunität. Sie besitzen unspezifische zytotoxische Aktivitäten gegen Tumorzellen und virusinfizierte Zellen.
Diese Zellen weisen weder die spezifischen Oberflächenrezeptoren der T-Lymphozyten auf, noch bilden sie Antikörper wie die B-Lymphozyten. Manchmal treten sie als große granulierte Lymphozyten im Blut auf (S. 128). Wie Granulozyten und Makrophagen werden NKZellen spontan, ohne vorherige Immunisierung aktiv. Sie sind in der Lage, Tumorzellen und virusinfizierte Zellen durch Zytolyse zu töten (⊡ Abb. 4.4). Zusätzlich produzieren sie Zytokine, z. B. Interferon, das neben anderen immunregulatorischen Wirkungen die Expression von MHC-Klasse-II-Molekülen auf verschiedenen Körperzellen stimuliert.
4.3.5
Antigenpräsentierende Zellen (Aufräumen eines Entzündungsherdes und Übergang zur spezifischen Entzündung)
Die Überleitung von der unspezifischen zur spezifischen Entzündungsreaktion sowie die unmittelbare Einleitung der spezifischen Entzündungsreaktion erfolgt durch die Präsentation von Peptiden aus aufgenommenen und abgebauten Antigenen an den Zelloberflächen von speziellen antigenpräsentierenden Zellen. Dort werden die Antigenpeptide von den antigenspezifischen Rezeptoren von T-Lymphozyten wahrgenommen. Die T-Lymphozyten werden aktiviert, wenn zusätzlich zur Besetzung ihrer Antigenrezeptoren weitere Signale hinzukommen. Zwei verschiedene Arten von »professionell« antigenpräsentierenden Zellen sind vor allem für die Antigenpräsentation gegenüber T-Lymphozyten zuständig, Makrophagen und knochenmarkabhängige dendritische Zellen. B-Lymphozyten benötigen dagegen eine andere Form von Antigenpräsentation, um zu Plasmazellen aus-
zureifen. Hierfür ist eine eigenständige Zellart notwendig, die follikulären dendritischen Zellen.
Monozyten – Makrophagen Wichtig
Makrophagen sind die aktive Gewebsform ihrer im Blut zirkulierenden inaktiven Vorstufe, der Monozyten. Sie weisen viele gewebsspezifische Subtypen auf. Sie phagozytieren im Rahmen von Entzündungen Fremdkörper und körpereigene zelluläre Zerfallsprodukte und regulieren später durch Wachstumsfaktoren die Reparaturprozesse.
Monozyten (⊡ Abb. 4.1) verlassen die Blutbahn ständig, um die subepithelialen, subserösen und perivaskulären Bindegewebe mit einer Sicherheitsreserve von Makrophagen zu versorgen. Bei Entzündungen werden sie vermehrt durch verschiedene chemotaktische Substanzen angelockt, u. a. auch durch aktivierte Komplementkomponenten (S. 134) und durch Produkte von Mastzellen. Zu unterscheiden sind Makrophagen des lockeren Bindegewebes, in der älteren Literatur auch Histiozyten genannt, Makrophagen der Milz, der Lymphknoten und des Knochenmarks, Makrophagen der serösen Häute, Serosamakrophagen des Peritoneums, der Pleura, usw., Kupffer-Sternzellen, die die Lebersinusoide säumen Alveolarmakrophagen in der Alveolarwand der Lunge, Mikroglia, im Gehirn, Hofbauerzellen, in der Plazenta und Chondroklasten und Osteoklasten, im Skelett. Die Lebensdauer der Makrophagen beträgt Tage bis Monate. Sie werden meist durch nachrückende Blutmonozyten ersetzt. In einzelnen Organen können sie sich aber auch durch Mitose vermehren und sind dann mehr oder weniger unabhängig vom Pool der Blutmonozyten. Phagozytose. Makrophagen erscheinen als zweite Welle
nach den Neutrophilen in einem bakteriellen Entzündungsherd und phagozytieren die verbliebenen Bakterien, die Trümmer abgestorbener Neutrophiler (Eiter) sowie angefallene Gewebstrümmer.Sie können sich mit Hilfe verschiedener Rezeptoren an Mikroorganismen und an
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Kapitel 4 · Blut und Abwehrsystem
Tumorzellen anlagern und diese phagozytieren. Da Makrophagen spezifische Rezeptoren für Komplementproteine und für die Fc-Region (S. 142) der Antikörper haben, wird die Phagozytose erleichtert, wenn die betreffenden Zellen durch Proteine des Komplementsystems (S. 134) oder Antikörper (S. 141) eingehüllt, opsoniert, sind. Makrophagen phagozytieren nicht nur in Entzündungsgebieten, sondern nehmen auch überalterte oder degenerierende körpereigene Zellen auf, z. B. Erythrozyten, sowie Gewebstrümmer in Wunden und anorganische Partikel, die Epithelien passiert haben, Kohlenstaub, Eisenoxid, usw. Sekretion von Zytokinen. Makrophagen produzieren viele der Komplementkomponenten (S. 134) selbst. Daneben bilden sie viele Zytokine, die die Entzündungsreaktion und spätere Reparaturvorgänge steuern. Makrophagen sezernieren überdies Prostaglandine und Leukotriene zur Regulation der Durchblutung, Hydrolasen und Proteasen, z. B. Plasminogenaktivator, für den Zell- und Matrixabbau, sowie Wachstumsfaktoren für die Kapillarisierung und Wundheilung in ihrer Umgebung (⊡ Abb. 4.4). Wegen der gleichen Aktivitäten spielen Makrophagen auch bei Auf- und Umbauprozessen in der Embryogenese eine zentrale Rolle. Wichtig
Makrophagen präsentieren den T-Lymphozyten die von ihnen phagozytierten Antigene. Sie schlagen damit die Brücke zwischen unspezifischer und spezifischer Entzündungsreaktion und ermöglichen dem Körper den Erwerb spezifischer Immunität gegen ihm bis dahin unbekannte Fremdeiweiße.
Histocompatibility Complex (MHC-II gekoppelt und extrazellulär an der Zelloberfläche präsentiert. Nur in Verbindung mit den MHC-Klasse-II-Proteinen aktivieren die Antigenfragmente sog. T-Helferlymphozyten zur Proliferation und lösen eine spezifische Immunreaktion aus (S. 143, ⊡ Abb. 4.5). ⓘ Infobox Proteine des Major Histocompatibility Complex, MHC, sind Glykoproteine der Zelloberfläche, die für die Unterscheidung von fremden und körpereigenen Zellen und die Bindung antigener Peptide entscheidend sind. Sie werden beim Menschen auf Chromosom 6 in einem Abschnitt kodiert, der als HLAGenkomplex bezeichnet wird (s. Lehrbücher der Biologie). MHC-Klasse I-Proteine kommen an den Oberflächen aller Körperzellen vor und sind innerhalb eines Individuums und bei eineiigen Zwillingen identisch. Sie dienen als Kennung für die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Individuum. Zudem binden MHC-Klasse-I-Moleküle kurze Peptide aus intrazellulär synthetisierten Proteinen und präsentieren diese an der Zelloberfläche. Sind die MHC-Klasse-I-Moleküle (wie bei transplantierten Zellen) oder das gebundene Peptid (wie bei Tumorzellen oder virusinfizierten Zellen) körperfremd, binden die Antigenrezeptoren von T-Killerzellen (zytotoxischen T-Zellen, CD8-positive T-Zellen) an sie und die Zellen werden vernichtet. Sind das MHC-Klasse-I-Molekül und die präsentierten intrazellulären Peptide körpereigen, existieren entsprechend sensibilisierte T-Killerzellen entweder nicht oder sie tolerieren die Zelle. MHC-Klasse-II-Proteine werden im Immunsystem nur an den Oberflächen von Monozyten, Makrophagen, knochenmarkabhängigen dendritischen Zellen und B-Lymphozyten exprimiert. Nur MHC-II tragende Zellen präsentieren den T-Helferzellen (CD4-positiven T-Zellen) Peptide.
Dendritische Zellen Wichtig
Mit der Vernichtung von Bakterien und Fremdeiweißen durch Neutrophile und Makrophagen könnte die Entzündungsreaktion für den Körper erfolgreich abgeschlossen sein. Um jedoch eine spezifische Immunität zu erreichen, die schneller wirkt und für das betroffene Gewebe schonender ist, werden Fragmente des eingedrungenen Antigens den dafür zuständigen T-Lymphozyten angeboten. Dieser Prozess wird Antigenpräsentation genannt. Sie wird außer von Makrophagen vor allem auch von knochenmarkabhängigen dendritischen Zellen, z. B. in sekundären lymphatischen Organen, durchgeführt (⊡ Abb. 4.5). Zu diesem Zweck werden 8 bis 24 Aminosäuren umfassende Fragmente der phagozytierten und abgebauten Fremdproteine an Klasse-II-Proteine des Major
Häufiger werden Antigene direkt, unter Umgehung einer unspezifischen Entzündungsreaktion, den Lymphozyten präsentiert. Die knochenmarkabhängigen dendritischen Zellen sind die wichtigsten Zellen für die direkte Antigenpräsentation gegenüber T-Lymphozyten. Hierzu gehören vor allem die interdigitierenden dendritischen Zellen der lymphatischen Organe.
Diese antigenpräsentierenden Zellen sind nicht nur funktionell, sondern zum Teil auch bezüglich ihrer Herkunft sehr nahe mit den Makrophagen verwandt. Als Langerhans-Zellen, die im Stratum spinosum der Epi-
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dermis liegen (S. 156), nehmen unreife dendritische Zellen transepithelial eindringende Antigene auf. Danach wandern sie über die Lymphbahn in die Lymphknoten (S. 148) und werden dort zu interdigitierenden dendritischen Zellen. Sie präsentieren den T-Lymphozyten der Parakortikalzone ihre an MHC-Klasse-II-Moleküle gebundenen Antigenfragmente. Interessanterweise sind B-Lymphozyten stets MHCKlasse-II-positiv. Aus diesem Grund sind auch sie in der Lage, Antigene zu präsentieren, die sie mit Hilfe ihres Oberflächenimmunglobulins aufgenommen haben. BLymphozyten sind jedoch bei der Aktivierung von TLymphozyten weniger effektiv als Makrophagen und dendritische Zellen. Wichtig
B-Lymphozyten werden durch eigenständige antigenpräsentierende Zellen, die follikulären dendritischen Zellen, zur Ausreifung zu Plasmazellen mit Sekretion eines sehr gut bindenden Immunglobulins stimuliert. Diese Zellen stammen nicht aus dem Knochenmark.
In den Primär- und Sekundärfollikeln der Lymphknoten, B-Zellareale (S. 150) sowie der Milz und der Tonsillen liegen die follikulären dendritischen Zellen, die den BLymphozyten Antigen in Form von Antigen-Antikörperkomplexen präsentieren. Diese dendritischen Zellen sind nicht mit Makrophagen verwandt, die den T-Lymphozyten Antigene präsentieren. Sie entwickeln sich vermutlich aus dem ortsständigen Bindegewebe. Sie tragen keine Klasse-II-MHC-Moleküle. Der Kontakt zwischen voraktivierten B-Lymphozyten und follikulären dendritischen Zellen ist die Voraussetzung für die Entstehung von Keimzentren (S. 146).
Mastzellen sind zwar nicht identisch mit den basophilen
Granulozyten, aber funktionell und strukturell so nahe mit diesen verwandt, dass sie bereits zusammen mit diesen (s. oben) abgehandelt worden sind. »Nichtprofessionelle« antigenpräsentierende Zellen.
Neben den dendritischen Zellen, Makrophagen und BLymphozyten können auch andere Zellen wie Endothelzellen, Epithelzellen und Astroglia bei Infekten vor Ort durch Zytokine wie Interferon und Tumor-Nekrose-Faktor (TNF) stimuliert werden, MHC-II-Proteine zu exprimieren und den Lymphozyten Antigene zu präsentieren. Diese Präsentation ist nicht so effektiv wie bei »professionellen« antigenpräsentierenden Zellen. Sie wird z. T. im Zusammenhang mit der Entstehung von Autoimmunerkrankungen gesehen. > Klinischer Hinweis Bei Autoimmunerkrankungen schafft das Immunsystem es nicht, diejenigen Lymphozyten durch »negative Selektion« zu eliminieren, die sich gegen körpereigene Peptide richten. Es produziert damit Antikörper und T-Killerzellen gegen eigene Peptide und bekämpft die Gewebe, die diese Peptide enthalten, dauerhaft, z. B. Gelenkrheumatismus, Dermatomyositis, Sklerodermie.
Thrombozyten stehen primär im Dienst der Blutgerinnung (S. 129). Bei Endothelläsionen und Thrombozytenaggregation können sie aber vasoaktive Substanzen, z. B. Serotonin, und kapillarpermeabilitäts-steigernde sowie chemotaktische Faktoren freisetzen, die Leukozyten anlocken und damit eine Entzündungsreaktion unterstützen.
4.3.7 4.3.6
Hilfszellen
Hilfszellen sind eine heterogene Gruppe von Zellen, die zur angeborenen oder erworbenen Immunreaktion beitragen, aber nicht zu den drei großen Klassen von Abwehrzellen, polymorphkernigen Granulozyten, antigenpräsentierende Zellen oder Lymphozyten gehören. Zu den Hilfszellen werden gerechnet: Mastzellen, »nichtprofessionelle« antigenpräsentierende Zellen,Zellen, die nach Stimulation Antigen präsentieren und Thrombozyten.
B- und T-Lymphozyten (Spezifische Immunabwehr)
Die große Familie der Lymphozyten umfasst Zellen, die vor allem der spezifischen Entzündungsreaktion dienen (⊡ Abb. 4.5). Alle Lymphozyten stammen von lymphatischen Stammzellen des Knochenmarks ab, nachdem Vorläuferzellen aus dem Dottersack oder der Aorta-Gonaden-Mesonephros-Region die fetale Leber und anschließend das Knochenmark besiedelt haben. Die Stammzellen produzieren zunächst immuninkompetente Lymphozyten, die erst im Laufe der Fetalzeit und der ersten Lebensjahre während einer Ausbildungsphase in primären lymphatischen Organen ihre spezifischen Im-
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Kapitel 4 · Blut und Abwehrsystem
munfunktionen, Immunkompetenz, erlernen. Je nach Ausbildungsort führt die Prägung von immunkompetenten Lymphozyten zu zwei funktionell unterschiedlichen Arten von Lymphozyten: B-Lymphozyten werden in der fetalen Leber und im Knochenmark geprägt, T-Lymphozyten dagegen im Thymus. Beide Lymphozytenarten sind nur durch Darstellung ihrer Oberflächenrezeptoren zu unterscheiden. Eine dritte Population von Lymphozyten weist weder B- noch T-Zellcharakteristika auf und wird als natürliche Killerzellen (NK-Zellen) bezeichnet (S. 137). Sie entsprechen zum Teil den »großen granulierten Lymphozyten« des Blutbildes (⊡ Abb. 4.1). ⓘ Infobox T-Lymphozyten sind nach dem Thymus benannt, B-Lymphozyten nach der Bursa Fabricii, ihrer Prägungsstelle im Vogelenddarm; bei Säugetieren sind das Knochenmark (bone marrow) und die fetale Leber die Bursaäquivalente.
B-Lymphozyten Wichtig
B-Lymphozyten erkennen Antigene durch monospezifische membranständige Rezeptoren, und bekämpfen sie nach Umwandlung in Plasmazellen durch sezernierte Antikörper, Immunglobuline. Antikörper binden nur an einen begrenzten Abschnitt von etwa 20 Aminosäuren auf einem Antigen.
B-Lymphozyten machen nur 5–10 % der im Blut zirkulierenden Lymphozyten aus. Überwiegend befinden sie sich im Knochenmark und in den B-Zellarealen der peripheren lymphatischen Organe: In den kortikalen Lymphfollikeln der Lymphknoten, in den Lymphfollikeln der Milz, sowie in den mukosaassoziierten Lymphfollikeln. In der Ruhephase tragen B-Lymphozyten spezifische, z. B. gegen Fremdproteine gerichtete Rezeptoren an der Zelloberfläche, die auf den Kontakt mit dem zugehörigen Antigen warten. Nach Aktivierung durch das entsprechende Antigen und durch zusätzliche Stimuli von follikulären dendritischen Zellen und T-Helferzellen proliferieren die BLymphozyten. Dies geschieht nach einiger Zeit vor allem in den Keimzentren der Sekundärfollikel, in denen antigenspezifische B-Lymphozyten proliferieren und ein höher affines Oberflächen-Immunglobulin bilden. Die proliferierenden B-Zellen im Keimzentrum werden Zentroblasten genannt. Nach Ausscheren aus dem Zellzyklus werden die Tochterzellen als Zentrozyten bezeichnet
(S. 147). Sie verlassen nach einer weiteren Reifungszeit das Keimzentrum und haben zwei verschiedene Differenzierungsmöglichkeiten zu B-Gedächtniszellen und Plasmazellen. B-Gedächtniszellen sind Tochterzellen der verbliebenen Zentroblasten. Diese Zellen kommen im Blut und vor allem in lymphatischen Organen, z. B. in der Marginalzone der Milz (S. 593) vor. Sie warten als eine Art Reserve auf den nächsten Kontakt mit dem gleichen Antigen. Bei jedem erneuten Antigenkontakt mit einem bereits bekannten Antigen, der sog. Sekundärreaktion, werden die antigenspezifischen B-Lymphozyten in den Keimzentren der Lymphfollikel erneut zur Proliferation angeregt (⊡ Abb. 4.5, 4.6). Die Menge der gegen ein bestimmtes Antigen gerichteten B-Gedächtniszellen steigt damit mit jedem Antigenkontakt an. Jede erneute Immunreaktion kann schneller und effektiver erfolgen. ⓘ Infobox Die Selektion der Lymphozyten zur Selbst-Fremd-Unterscheidung läuft im Rahmen der Prägung in Knochenmark und Thymus ab. Die Information über den Bau der Antikörper ist in der DNA der B-Lymphozyten verankert. Bei Milliarden verschiedener Antigene, mit denen unser Körper in Kontakt kommen kann, bedeutet dieses entsprechend viele verschiedene Lymphozytenklone mit unterschiedlichen DNA-Codes. Die Entstehung dieser Vielfalt von Antikörpergenen läuft wie folgt ab: Die lymphatischen Stammzellen weisen einen homogenen DNA-Bestand aus einigen hundert sehr kurzen Genen für verschiedene Teile des antigenbindenden Bereichs von Immunglobulinen auf. Im Laufe der Stammzellproliferation und Prägung zu B-Zellen werden die einzelnen Gene bei der Zellteilung in immer neuer Weise kombiniert, somatische Rekombination, sodass Millionen von »jungfräulichen« Lymphozytenklonen mit unterschiedlicher DNA-Kodierung für Antikörper im Knochenmark entstehen. Jeder Klon besteht dabei aus nur wenigen Zellen. Bei den ersten Antigenkontakten, Primärreaktion, fangen z. B. in den sekundären lymphatischen Organen diejenigen Klone an zu proliferieren, deren Antikörper am besten zum Antigen passen und die am meisten durch T-Helferzellen stimuliert werden. Im weiteren Verlauf der Immunreaktion treten dann gehäuft Mutationen gerade der DNA-Sequenzen auf, die die antigenbindenden variablen Abschnitte der Antikörpermoleküle kodieren.Vor allem die Tochterzellen, deren mutierte Antikörper gut zum Antigen passen, proliferieren im Gegensatz zu den schlechter passenden Mutanten weiter. Somit werden durch Genrekombination bei der B-Zellreifung im Knochenmark und anschließende Mutation in den Keimzentren der sekundären lymphatischen Organe nicht nur unzählige Antikörpervarianten entworfen, sondern
141 4.3 · Immunität und Immunzellen
⊡ Abb. 4.6. Schematische Darstellung der Lymphozytenvermehrung im Rahmen der Immunantwort nach Antigenkontakt. Die »regulatorischen T-Zellen« als Untergruppe der T-Helferzellen sind Gegenstand der aktuellen Forschung
auch jeweils diejenigen B-Lymphozytenklone mit den am besten passenden Antikörpern zahlenmäßig verstärkt, klonale Selektion. Entstehen dabei B-Lymphozytenklone, die gegen körpereigene Antigene gerichtet sind, werden entweder diese B-Zellen oder die sie stimulierenden T-Helferzellen (s. unten) durch noch weitgehend unklare Mechanismen eliminiert, negative Selektion. Auf diese Weise entwickelt sich eine Immuntoleranz gegen körpereigene Antigene. Für T-Lymphozyten läuft die somatische Rekombination der Antigenrezeptoren und der größte Teil der Selektion im Thymus ab. In den sekundären lymphatischen Organen folgt die weitere klonale Selektion. Eine hochgradige Mutation der Antigenrezeptoren findet bei T-Lymphozyten jedoch nicht statt.
Plasmazellen. Die Mehrzahl der Zentroblasten wandeln
sich zu Plasmazellen um, die ihre spezifisch gegen das aktivierende Antigen gerichteten Antikörper in das Blutplasma, in die Lymphe oder in die interstitielle Flüssigkeit abgeben (s. unten). Die Plasmazellen bewirken die humorale Immunität (S. 132). Plasmazellen sind kugelig bis oval, Durchmesser 10–15 mm. Ihr Zytoplasma ist auf Grund eines reich entwickelten RER zur Proteinsynthese stark basophil. Der Kern liegt in der Regel exzentrisch und weist eine radiäre Anordnung des Chromatins auf, Radspeichenstruktur. Plasmazellen sind meist kurzlebig, ihre Lebensdauer kann jedoch in unterschiedlichen Lokalisationen variieren. Ausgereifte Plasmazellen kommen in der Regel nicht in der Blutbahn vor, sondern im Mark der Lymphknoten, in der roten Pulpa der Milz, im Knochenmark, in
Schleimhäuten, exokrinen Drüsen und in chronischen Entzündungsherden. Die von den Plasmazellen sezernierten Antikörper, Immunglobuline, stellen die Antigenrezeptoren der BLymphozyten dar, die nun ohne Transmembranabschnitt produziert werden. Sie binden in den Körperflüssigkeiten an gelöste oder auch an zellgebundene Antigene, die eine genau zum Antikörper passende Struktur aufweisen. Der von einem Antikörper für Erkennung und Bindung genutzte Abschnitt, Epitop, z. B. eines Proteins umfasst nie das ganze Protein, sondern nur wenige räumlich mehr oder weniger eng benachbarte Aminosäuren (im Mittel 20). Der aus der Bindung eines Antikörpers an ein gelöstes Zielprotein resultierende Antigen-Antikörperkomplex wird von eosinophilen und neutrophilen Granulozyten, Mikrophagen, sowie von Makrophagen durch Phagozytose eliminiert (⊡ Abb. 4.5). Antigentragende Zellen werden durch die Bindung der Antikörper für die Phagozytose durch Makrophagen markiert. ⓘ Infobox Antikörper sind die sezernierten Antigenrezeptoren der B-Lymphozyten.Sie binden an eine bestimmte Aminosäuresequenz in einem antigenen Protein oder auch an eine antigene Struktur anderer Zusammensetzung. Antikörper werden von Plasmazellen hergestellt und in Körperflüssigkeiten sezerniert. Sie binden sowohl an gelöstes als auch an zellständiges Antigen. Struktur. Antikörper sind Y-förmige Proteine,die aus zwei kovalent verbundenen schweren und zwei leichten Ketten be-
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Kapitel 4 · Blut und Abwehrsystem
stehen. Die beiden Schenkel des Y bestehen jeweils aus einer leichten und einem Teil der schweren Kette (Fab-Region). Sie können Antigen binden. Der Stamm des Y (Fc-Region) besteht aus den restlichen Anteilen der beiden schweren Ketten.Er ist in der Lage, an das Effektorsystem, z. B. Granulozyten, Monozyten/Makrophagen oder Komplementkomponenten zu binden. Die Fc-Region und ein großer Teil der Fab-Region sind bei den Antikörpern eines Individuums weitgehend identisch (konstante Domänen). Die freien Enden der Fab-Region variieren dagegen zwischen den einzelnen Lymphozytenklonen sehr stark (variable Domäne). Sie sind so strukturiert, dass sie jeweils nur ein einziges ganz bestimmtes Epitop eines Proteins (im Mittel 20 Aminosäuren Länge) binden können. Je nach Molekülgröße, Funktion und Ort des Vorkommens werden verschiedene Antikörper (Immunglobuline) unterschieden: IgA, IgD, IgE, IgG und IgM.
T-Lymphozyten Wichtig
T-Lymphozyten produzieren spezifische Oberflächenrezeptoren, die antigene Peptide an der Oberfläche körpereigener Zellen (z. B. virusinfizierter Zellen, antigenpräsentierender Zellen) erkennen.
Die T-Lymphozyten sind die Träger der zellulären Immunität (S. 132). Ihre antigenspezifischen Rezeptoren, T-Zellrezeptoren, weisen eine ähnliche Vielfalt wie die Immunglobuline, Antikörper, der B-Lymphozyten auf. Für jedes aus einem Protein zu erzeugende präsentierbare antigene Peptid ist durch somatische Rekombination auch ein antigenspezifischer T-Lymphozytenklon entstanden. Die TLymphozyten werden wie bereits oben besprochen je nach Bindungsstärke ihrer Rezeptoren im Thymus positiv (durch Proliferation) oder negativ selektioniert (Zelltod bei starker Bindung an körpereigene Peptide). ⓘ Infobox Alle Arten von T-Lymphozyten tragen antigenspezifische T-Zellrezeptoren an der Außenseite ihrer Plasmamembran. TZellrezeptoren sind einfacher aber ähnlich wie Antikörper aufgebaut und diesen auch funktionell verwandt. Ihr freies, variables, Ende erkennt und bindet Peptide von fremden und prinzipiell auch körpereigenen Proteinen; sie binden allerdings stets an andere Teile eines Proteins als die, gegen die die Antikörper gerichtet sind. Dadurch müssen T-Zelle und Antikörper nicht am gleichen Epitop miteinander konkurrieren, sondern können sich in der Wirkung ergänzen.T-Zellrezeptoren erkennen antigenes Protein nur, wenn es als Peptid an MHC-Moleküle der Klassen I oder II auf der Membran einer Zelle gebunden ist. Dabei wird der MHC/Peptidkomplex in seiner Gesamt-
heit erkannt. Im Unterschied zu Antikörpern binden T-Zellrezeptoren nie gelöste Antigene sondern sind auf die Erkennung von »veränderten« Zellmembranen spezialisiert. T-Killerzellen (zytotoxische T-Zellen, CD8-positive T-Zellen) binden an Komplexe aus MHC-Klasse-I-Molekülen mit »fremden« Peptiden auf einer Zielzelle und lysieren diese oder lösen in ihr ein Selbstmordprogramm (Apoptose) aus. T-Helferzellen (CD4-positive T-Zellen) erkennen im Gegensatz dazu nur an MHC-Klasse-II-Moleküle gebundene Fremdpeptide und stimulieren daraufhin die Proliferation von T-Killerzellen, B-Lymphozyten und Makrophagen.
T-Zellen zirkulieren nach Erwerb ihrer Immunkompetenz im Thymus jeweils für kurze Zeit in der Blutbahn. Dort machen sie 65–75 % der Lymphozyten aus. Meist halten sie sich jedoch in den lymphatischen Organen und Geweben auf. Gehäuft sind sie in der Parakortikalzone der Lymphknoten und in der unmittelbaren Umgebung der Zentralarterien der Lymphscheiden in der Milz zu finden. Zum Zeitpunkt der Pubertät sind genügend immunkompetente T-Lymphozyten geprägt worden; dann setzt die Rückbildung (Involution) des Thymus ein. Es werden 4 verschiedene Formen von T-Lymphozyten unterschieden (⊡ Abb. 4.5, 4.6) T-Gedächtniszellen, T-Helferzellen, CD4-positive T-Zellen, regulatorische T-Zellen und T-Killerzellen, zytotoxische T-Zellen, CD8-positive TZellen. T-Gedächtniszellen stellen eine proliferationsfähige Reserve von T-Zellklonen dar, von denen jeder bereits über die DNA für spezifische Rezeptoren für einen bestimmten MHC/Peptidkomplex verfügt. Bei entsprechendem Antigenangebot durch antigenpräsentierende Zellen wandeln sie sich besonders schnell in proliferierende TLymphoblasten um. Einige Tochterzellen bleiben im Gedächtniszellpool, die anderen differenzieren zu den entsprechenden Effektorzellen (T-Helferzellen, regulatorische T-Zellen oder T-Killerzellen). T-Helferzellen unterstützen andere T-Zellen und B-Lym-
phozyten durch sezernierte Botenstoffe und direkten Membrankontakt. Sie erkennen nur Antigene, die ihnen zusammen mit MHC-II-Proteinen (s. unten) an der Oberfläche von antigenpräsentierenden Zellen, u. a. BLymphozyten angeboten werden. Hierdurch werden sie aktiviert und stimulieren ihrerseits die entsprechend antigenspezifischen B- und T-Lymphozyten.
143 4.3 · Immunität und Immunzellen
Regulatorische T-Zellen (früher T-Suppressorzellen)
wirken auf die gleichen Teile des Immunsystems wie die T-Helferzellen, aber jeweils hemmend. Sie sorgen damit für die negative Rückkoppelung im System und verhindern eine Endlosstimulation. Zurzeit wird darüber spekuliert, ob es sich um spezielle T-Helferzellen handelt, die hemmende Zytokine sezernieren oder andere hemmende Prinzipien nutzen. T-Killerzellen, zytotoxische T-Zellen, sind die eigentlichen Effektorzellen der T-Zellreihe. Ihr T-Zellrezeptor erkennt auf der Zielzelle einen Komplex aus einem körpereigenen MHC-Klasse-I-Molekül und einem Fremdpeptid (z. B. virusinfizierte Körperzellen, die vom Virus gezwungen werden,Virusproteine zu produzieren), ein fremdes MHC-Klasse-I-Molekül, z. B. nach Organtransplantation einen Komplex aus einem allogenen MHC-Klasse-I-Molekül (d.h. von einem anderen Individuum der gleichen Spezies stammend) mit einem von der transplantierten Zelle stammenden Peptid.
Stimulierte T-Killerzellen binden mit ihren Rezeptoren an diese beiden Zellgruppen und vernichten sie u. a. durch Proteasen und zytotoxische Substanzen, z. B. Perforin, oder durch Besetzung bestimmter »Todesrezeptoren«, die danach eine Apoptose der Zielzelle auslösen. TKillerzellen spielen somit bei der Abstoßung von Organtransplantaten sowie bei Infektionen mit Viren, Pilzen, Einzellern und Parasiten eine Rolle. > Klinischer Hinweis Bei HIV-Infektion, AIDS, bindet das HIV-Virus u. a. an einen für T-Helferzellen typischen Membranrezeptor (CD4), der den Viren den Eintritt in die Zelle ermöglicht. Diese werden dadurch infiziert und schließlich vernichtet. Die dadurch fehlende Stimulation von T-Killerzellen und B-Lymphozyten und ihren Antikörpern bedingt die HIV-typische Immunschwäche.
4.3.8
Entzündungsreaktion
Entzündungsreaktionen sind meist Abwehrreaktionen gegen Antigene. Zu unterscheiden sind die phylogenetisch ältere angeborene, unspezifische Immunreaktion (⊡ Abb. 4.4) und die phylogenetisch jüngere erworbene, spezifische Immunreaktion (⊡ Abb. 4.5). Beide folgen bei Kindern in der Regel unmittelbar aufeinander und zeigen viele Wechselwirkungen auf allen
Ebenen. Mit zunehmender Reife des spezifischen Immunsystems können immer mehr Abwehrreaktionen ohne vorausgegangene unspezifische Entzündung direkt durch spezifische Immunität geleistet werden. Bei Primärkontakt mit einem Antigen spielt die unspezifische Entzündungsreaktion ein wichtige Rolle, da nur wenige spezifische Lymphozyten reagieren (Primärreaktion) und es Tage dauert, bis die Proliferation der entsprechend antigenspezifischen B- und T-Zellklone für ausreichende Mengen beider Zellarten gesorgt hat, um eine spezifische Immunität zu erzeugen. Bei einem Sekundärkontakt mit dem gleichen Erreger kommt es unmittelbar zu einer spezifischen Entzündungsreaktion. Dann existieren bereits so viele spezifische B- und T-Gedächtniszellen, dass schneller ausreichende Mengen an Antikörpern bzw. T-Killerzellen für eine effektive Keimvernichtung produziert werden können, Sekundärreaktion, bevor die Keime eine Chance haben, sich im Körper zu vermehren und eine Krankheit auszulösen. Der Körper ist immun. > Klinischer Hinweis Die Inkubationszeit bei Infektionskrankheiten entspricht der Periode, in der sich die Erreger vermehren und die unspezifische Entzündungsreaktion in Gang setzen, aber noch keine Symptome wie Fieber, Schwellung, Rötung der betroffenen Region auftreten. Eine aktive Immunisierung wird durchgeführt, um dem Körper spezifische Immunität gegen bestimmte Keime zu vermitteln, ohne dass er die unspezifische Entzündungsreaktion für die entsprechende Infektionskrankheit mit allen Symptomen selbst durchlaufen muss. Bei der entsprechenden Impfung werden künstlich abgeschwächte Erreger oder deren Toxine verabreicht, die nicht mehr das Vollbild der Krankheit auslösen. Gegen ihre Antigenstrukturen bildet der Körper aber im Laufe von Tagen bis Wochen spezifische Antikörper bzw. THelfer- und T-Killerzellen. Jede Wiederholung der Impfung erhöht (»boostert«) die Menge der Antikörper und der spezifischen T-Lymphozyten und verbessert den Schutz. Im Falle einer späteren echten Infektion liegt dann meist eine ausreichende Immunität vor, um eindringende Erreger vor der Krankheitsauslösung zu eliminieren. Bei der passiven Immunisierung werden dem Körper direkt die spezifischen Antikörper zugeführt. Hierbei entsteht der Impfschutz zwar unmittelbar, wirkt aber nur für Wochen oder Monate, da die fremden Antikörper im Laufe der Zeit wieder eliminiert werden. Immunsuppression. Unerwünschte Immunreaktionen, z. B. nach Organtransplantation, können durch Hemmung der Zellteilung (Zytostatika), durch Antikörper gegen T-Zellen oder durch Hemmung der parakrinen Steuerung der Immunregulation unterdrückt werden.
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Kapitel 4 · Blut und Abwehrsystem
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In Kürze
Das Abwehrsystem ermöglicht eine angeborene, unspezifische Immunität, in deren Rahmen Granulozyten, natürliche Killerzellen und Makrophagen in einer aufwendigen und krankmachenden Entzündungsreaktion spontan und ohne vorherige Immunisierung Fremdeiweiße, Fremdzellen und auch anders definierte Fremdkörper durch Zytolyse und Phagozytose eliminieren können. Demgegenüber steht die erworbene,spezifische Immunität,bei der in einer langen Prägungsphase in Knochenmark bzw.Thymus Abermillionen von B- und T-Lymphozytenklonen entstehen,von denen jeder gegen ein spezifisches Antigen (häufig ein Fremdeiweiß) gerichtete Antikörper bzw.T-Zellrezeptoren besitzt. Die entsprechenden Klone werden im Rahmen einer Primärreaktion,z. B.nach Impfung,zahlenmäßig so verstärkt,dass sie bei späteren erneuten Antigenkontakten die Fremdeiweiße/die Erreger ohne weitere Entzündungszeichen für den Patienten unbemerkt bekämpfen können.
4.4
Prinzipien der Lymphzirkulation Wichtig
Lymphe ist ein Filtrat des Blutes aus den Kapillaren in das Bindegewebe. Sie entspricht damit der interstitiellen Flüssigkeit der Bindegewebe und wird kontinuierlich gegen diese ausgetauscht.
Etwa 10 % des jeweils gerade passierenden Blutplasmas werden im arteriellen Teil der Kapillaren des Körperkreislaufs in die umgebenden Bindegewebe abfiltriert. Die Lymphe enthält die meisten Komponenten des Blutplasmas, jedoch in geänderter Konzentration; insbesondere bleiben größere Proteine im Kapillarlumen zurück. Dadurch hat Lymphe einen niedrigeren kolloidosmotischen Druck als das Blutplasma. > Klinischer Hinweis Wegen ihres Gehaltes an Fibrinogen und Gerinnungsfaktoren kann Lymphe gerinnen und bei oberflächlichen Schürfwunden, bei denen keine Gefäße eröffnet wurden, Wundschorf bilden.
Im Interstitium des Bindegewebes zirkuliert die Lymphe dann als Gewebeflüssigkeit. Sie ist damit ein Teil der Grundsubstanz des Bindegewebes und bringt Nährstoffe, Zellen und Immunglobuline auch in kapillarferne Bereiche. In den venösen Kapillarschenkeln, die einen niedrigeren hydrostatischen Druck und einen höheren kolloi-
dosmotischen Druck aufweisen, wird ein Teil der Gewebeflüssigkeit wieder in das Blutgefäßsystem aufgenommen. Der verbleibende Überschuss wird von Lymphkapillaren abgeleitet. An Zellen enthält Lymphe vor allem Lymphozyten und – in Abhängigkeit von der Lokalisation – unreife dendritische Zellen und Makrophagen. > Klinischer Hinweis Störungen des Proteingehaltes im Körper, z. B. bei Hunger, oder hydrostatische Druckanstiege in der Peripherie (Blockade der Lymphgefäße durch Kompression,Verlegung durch Parasiten oder Zerstörung bei Tumoroperationen) können das Gleichgewicht zwischen Lymphproduktion und Lymphdrainage beeinträchtigen und zur Lymphstauung im Gewebe führen, Lymphödem. Wichtig
Lymphgefäße sind Parallelwege zu den Venen des Körperkreislaufs. Sie leiten die Lymphe herznah in den Blutkreislauf zurück.
Das Lymphgefäßsystem (⊡ Abb. 4.7) beginnt blind mit den Lymphkapillaren im interstitiellen Raum aller Bindegewebe, in denen Lymphe filtriert wird. Es handelt sich um Endothelrohre, denen eine Basalmembran fehlt; das Endothel ist nicht fenestriert. Passagere Spalten zwischen den Endothelzellen ermöglichen den Durchtritt von Gewebeflüssigkeit und auch von Blutkörperchen usw. in das Lumen. Die anschließenden Lymphgefäße, Vasa lymphatica, anastomosieren vielfach untereinander. Sie sind dünnwandig und weitlumig. Schließlich vereinigen sie sich zu
145 4.4 · Prinzipien der Lymphzirkulation
⊡ Abb. 4.8. Längsschnitt durch ein Lymphgefäß. Schematische Darstellung von 3 Segmenten mit Klappen
Die zwischen je zwei Klappen liegenden Gefäßabschnitte kontrahieren sich nacheinander,metachron,und pumpen die Lymphe von Segment zu Segment weiter. In ihrem Feinbau ist die Wand der Lymphgefäße der Venenwand vergleichbar,jedoch schwächer. Da die meisten Keime und Fremdkörper über Haut und Schleimhäute in den Körper eindringen, stellt die Lymphzirkulation in den Bindegeweben unter den Epithelien mit der nachfolgenden Filterung der Lymphe in Lymphknoten eine effektive Infektionsbarriere dar. > Klinischer Hinweis
⊡ Abb. 4.7. Schematisierte Darstellung der Lymphfiltration (rote Pfeile) aus subkutanen Kapillaren des Blutgefäßsystems (schwarz) und Lymphrückfluss über Lymphgefäße (rot) und mehrere Lymphknoten als Filterstationen in den linken Venenwinkel. Vgl. ⊡ Abb.4.10 und Blutkreislauf ⊡ Abb. 8.17
größeren Stämmen, in die in gewissen Abständen Lymphknoten als Filterstationen eingeschaltet sind. In ihnen werden Fremdkörper, z. B. Pigmente von Tätowierungen, verschleppte Tumorzellen, Keime, herausfiltriert und Lymphozyten in die Lymphe abgeben.Dabei treten jeweils mehrere Lymphgefäße in einen Lymphknoten ein,Vasa afferentia, während nur ein einziges größeres Vas efferens das Hilum des Lymphknotens verlässt.Nach Passage mehrerer Lymphknoten entstehen größere Lymphstämme,die in ihrer Wandung glatte Muskelzellen sowie zahlreiche Klappen, den Venenklappen vergleichbar, aufweisen. Dies ermöglicht einen gerichteten Lymphstrom (⊡ Abb. 4.8).
Bakterien, die durch Wunden im Epithel in das darunter gelegene Bindegewebe gelangt sind, werden über die Lymphe in die Lymphbahn geschwemmt und führen zu einer Entzündung der Lymphgefäße, Lymphangitis, im Volksmund fälschlich auch Blutvergiftung genannt. Das entzündete Lymphgefäß schimmert oft als schmerzhafter, roter Strich proximal der Wunde durch die Haut. Die Keime werden in der Regel in der nächsten Lymphknotenstation aus der Lymphe gefiltert und damit die Ausbreitung der Entzündung bekämpft.
Zur Systematik der Lymphgefäße lesen Sie (S. 151).
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146
Kapitel 4 · Blut und Abwehrsystem
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4
In Kürze
In den Kapillaren der meisten Bindegewebe des Körpers wird Blutplasma als Lymphe abfiltriert. Sie zirkuliert dann als interstitielle Flüssigkeit, ungeformte Bindegewebsgrundsubstanz, im Bindegewebe. Ein Teil wird von den venösen Kapillarschenkeln wieder aufgenommen. Der Rest der Lymphe wird von Lymphkapillaren gesammelt und über das Lymphgefäßsystem in die großen herznahen Venen zurückgeleitet. Im Lymphgefäßsystem passiert die Lymphe Filterstationen, Lymphknoten, in denen aus dem Bindegewebe mitgeschwemmte Keime, Fremdeiweiße,Tumorzellen und sonstige Fremdkörper herausgefiltert und soweit möglich durch Phagozytose eliminiert werden.
4.5
Grundlagen der mikroskopischen Anatomie der lymphatischen Organe Wichtig
Das Grundgewebe aller lymphatischen Organe besteht aus retikulärem Bindegewebe,das durch das Vorkommen von massenhaft Lymphozyten gekennzeichnet ist.
Lymphoretikuläres Bindegewebe ist aus mesenchyma-
lem Bindegewebe hervorgegangen. Nur das Grundgewebe des Thymus, das aus dem Epithel des Kiemendarms (3. Schlundtasche) und aus dem Ektoderm des Sinus cervicalis stammt, ist ein Retikulum epithelialer Herkunft. Die ortsständigen, »fixen« Zellen dieses Gewebes werden als Fibroblasten oder Fibrozyten (früher Retikulumzellen) bezeichnet und den mobilen »freien« Zellen (s. unten) gegenübergestellt. Bei den freien Zellen des lymphoretikulären Bindegewebes handelt es sich ganz überwiegend um die verschiedenen Arten von Lymphozyten. Sie sind stellenweise so dicht gelagert, dass histologisch die Fibroblasten nicht mehr zu erkennen sind. Außerdem kommen aus Monozyten entstandene Makrophagen und Gruppen von Plasmazellen vor. Granulozyten sind selten. Wichtig
Sekundärfollikel sind hochorganisierte, rundliche Lymphozytenhaufen, in denen Proliferation und Differenzierung von B-Lymphozyten stattfindet.
Lymphfollikel, Folliculi lymphatici, sind für die sekundären lymphatischen Organe charakteristisch. Es han-
delt sich um Ansammlungen von wandernden B-Lymphozyten im lymphoretikulären Gewebe (⊡ Tabelle 4.2). Lymphfollikel können auch als Einzelgebilde auftreten, Solitärfollikel, z. B. in der Schleimhaut des MagenDarm-Kanals oder der Atemwege oder gehäuft zusammenliegen, Folliculi lymphatici aggregati, z. B. im unteren Dünndarm oder Wurmfortsatz. Es sind Gebilde, die bei Bedarf entstehen und dann wieder verschwinden können. Zwei Formen werden histologisch beschrieben: Primärfollikel, in denen gleichförmige kleine Lymphozyten gleich dicht verteilt liegen. Sie finden sich bei Feten und Neugeborenen sowie in der Milz auch bei Erwachsenen und zeigen durch Abwesenheit von Proliferation, dass der Follikel zurzeit nicht mit Antigenen in Berührung kommt, Sekundärfollikel mit – Keimzentren, Reaktionszentren, als zentrale Aufhellung und – Randzonen, die reich an kleinen Lymphozyten sind. Keimzentren mit reicher Lymphozytenproliferation ent-
stehen als Ausdruck von Abwehrreaktionen gegen Antigene. In den Keimzentren finden sich mit konventionellen Färbungen schwer zu unterscheidende große, blass angefärbte Zellen. Dabei handelt es sich um ein Grundgewebe aus follikulären dendritischen Zellen (antigenpräsentierenden Zellen, S. 139), in das Makrophagen, T-Helferzellen und vor allem B-Lymphozyten eingelagert sind. Die follikulären dendritischen Zellen sind untereinander durch Desmosomen verknüpft und bilden einen netzartigen Verband. Sie präsentieren aus der Lymphe oder dem Blut aufgenommene Antigen-Antikörper-Komplexe. Bereits vorstimulierte B-Zellen, die für das präsentier-
147 4.5 · Grundlagen der mikroskopischen Anatomie der lymphatischen Organe
⊡ Tabelle 4.2. Histologische Unterschiede zwischen lymphatischen Organen Oberfläche
Parenchym
Weitere Kennzeichen
Lymphknoten S. 148
Bindegewebskapsel (von hier ziehen Bindegewebstrabekel ins Parenchym)
Rinde mit Follikeln, Parakortex, Mark
Für den Lymphdurchfluss: Randsinus unter der Kapsel, Intermediärsinus, Marksinus
Milz S. 593
Bindegewebskapsel (von hier ziehen gefäßführende Trabekel in das Parenchym)
Weiße Pulpa mit Milzfollikeln und periarteriolären lymphatischen Scheiden um Zentralarteriolen; rote Pulpa
Für den Blutdurchfluss:Balkenarterien,Pulpaarterien,Zentralarteriolen,Pinselarteriolen, Hülsenkapillaren,Milzsinus, Pulpa- und Trabekelvenen
Tonsilla palatina S. 408
Zur Mundhöhle hin: mehrschichtiges, unverhorntes Plattenepithel; basal: Bindegewebskapsel
Mit mehrschichtigem Plattenepithel ausgekleidete Krypten; Lymphfollikel, interfollikuläre Region
Volumenabnahme mit zunehmendem Alter
Tonsilla pharyngealis S. 431
Zum Pharynx hin: mehrreihiges Flimmerepithel; basal: zarte Bindegewebskapsel
Mit Zylinderepithel ausgekleidete Krypten; sonst wie Tonsilla palatina
Starke Volumenabnahme nach dem 6. Lebensjahr
Thymus S. 517
Bindegewebskapsel, von der Septen in das Parenchym ziehen; Grundgerüst aus »retikulären« Epithelzellen
Lymphozytenreiche Rinde, locker gebautes Mark mit Hassall-Körperchen
Involution nach der Pubertät; es verbleibt ein Fettkörper mit Resten von Parenchym
te Antigen spezifisch sind, werden bei ihrer Wanderung im Follikel angehalten und beginnen im Keimzentrum zu proliferieren. Dabei zeigen sie gehäufte Mutationen ihrer Immunglobulingene. Passt die Antikörperbindungsstelle nach einer Mutation besser zum präsentierten Antigen, proliferiert die Zelle weiter; passt sie schlechter, scheidet die Zelle aus dem Zellzyklus aus. Diese proliferierenden und ihre Bindungseigenschaften verbessernden Zellen im Keimzentrum werden als Zentroblasten bezeichnet und bilden die dunkle Zone des Keimzentrums. Die durch Proliferation entstehenden Tochterzellen, Zentrozyten, sammeln sich benachbart in einer zur Oberfläche des lymphatischen Organs weisenden hellen Zone des Keimzentrums. Zentrozyten machen mit Unterstützung von antigenspezifischen T-Helferzellen Reifungs- und Auswahlprozesse im Keimzentrum durch, und entscheiden sich, entweder zu B-Gedächtniszellen oder zu Plasmazellen zu werden. Sie wandern vor der endgültigen Differenzierung zu Plasmazellen aus dem Keimzentrum aus und verteilen sich im Körper.
Randzone. Das Keimzentrum wird außen von einer sehr dunklen Randzone umgeben, die als Mantelzone oder Korona bezeichnet wird. Sie entspricht dem zur Periphe-
rie verdrängten Rest des Primärfollikels und enthält vor allem wandernde B-Zellen, die im Follikel kein passendes Antigen finden. Wichtig
T-Gedächtniszellen,T-Helferzellen und T-Killerzellen siedeln sich bei ihren wiederkehrenden Aufenthalten in lymphatischen Organen überwiegend in speziellen T-Zellarealen an. Geringere Mengen von T-Helferzellen kommen auch in den B-Zellarealen vor.
Die Lagerung von T-Gedächtniszellen, ihre Proliferation bei Antigenstimulation und die Differenzierung der Tochterzellen zu T-Killerzellen, T-Helferzellen, regulatorischen T-Zellen oder wieder zu T-Gedächtniszellen findet in allen sekundären lymphatischen Organen in speziellen T-Zell-Arealen statt. Im retikulären Bindegewebe
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148
4
Kapitel 4 · Blut und Abwehrsystem
finden sich dort interdigitierende dendritische Zellen, die mit Antigenfragmenten beladen eingewandert sind. Im Falle der Lymphknoten kommen die dendritischen Zellen z. B. aus den vorgeschalteten, lymphdrainierten Regionen der Haut. Sie präsentieren die Antigenfragmente hier den T-Helfer- und T-Gedächtniszellen und stimulieren sie zur Proliferation. Die T-Zellareale sind in unterschiedlichen lymphatischen Organen unterschiedlich strukturiert und benannt, aber stets den Lymphfollikeln eng benachbart. In den Lymphknoten liegen die T-Zellareale zentral der Lymphfollikel im sog. Parakortex, in den Tonsillen diffus zwischen und um die Lymphfollikel. In den Peyer-Plaques kommt der schleimhautnahen interfollikulären Region die gleiche Rolle zu, während in der Milz die periarteriolären lymphatischen Scheiden T-Zellareale darstellen. In Lymphknoten, Tonsillen und Peyer-Plaques treten B- und T-Lymphozyten in den T-Zellarealen durch spezielle hochendotheliale Venulen aus der Blutbahn in
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das lymphatische Gewebe ein. In der Milz kommen die wandernden Lymphozyten jedoch aus einem offenen Kreislaufsystem, sodass keine hochendothelialen Venulen erforderlich sind. Für die Funktion von B-Zellen und T-Zellen und ihr Überleben sind regelmäßig wiederkehrende Aufenthalte in den betreffenden B- bzw. T-Zellregionen mit intensiven Kontakten der für das gleiche Antigen spezifischen Bund T-Zellen essentiell. T- und B-Zellen kommen zwar in der Regel in verschiedenen, aber stets dicht benachbarten Arealen der peripheren lymphatischen Organe vor. Sie sind dort nicht stationär angesiedelt sondern rezirkulieren kontinuierlich über die Blutbahn. B-Zellen verlassen die Blutbahn in den hochendothelialen Venulen, die in T-Zell-Arealen liegen und wandern von dort in die B-Zell-Areale. Die Wanderung ermöglicht intensive Kontakte beider Lymphozytenarten.
In Kürze
Lymphatische Organe bestehen aus einem lymphoretikulären Grundgewebe, in das als freie Bindegewebszellen überwiegend Lymphozyten eingelagert sind. Dabei zeigen die Lymphozyten eine hochorganisierte Anordnung. Mit Ausnahme des Thymus bilden die B-Lymphozyten kugelige Haufen, die Lymphfollikel. Sekundärfollikel besitzen eine Mantelzone oder Korona aus kleinen wandernden B-Lymphozyten und ein Keimzentrum, das aus einer dunklen Zone mit proliferierenden Zentroblasten und einer hellen Zone mit ausreifenden Zentrozyten besteht. Lagerung der T-Gedächtniszellen, Proliferation der T-Lymphoblasten und abschließende Differenzierung der T-Zellen zu T-Killerzellen,T-Helferzellen, regulatorischen T-Zellen oder T-Gedächtniszellen findet in T-Zell-Arealen statt, die den Lymphfollikeln stets eng benachbart sind, aber sich von Organ zu Organ leicht unterscheiden.
4.6
Lymphknoten Wichtig
Lymphknoten, Nodi lymphoidei, sind Speicher und Vermehrungsorte für B- und T-Lymphozyten. Gleichzeitig fungieren sie als Filterstationen des Lymphgefäßsystems.
Makroskopie. In den Verlauf der Lymphgefäße, vor allem
dort, wo sie konfluieren, sind zahlreiche unterschiedlich
große, meist bohnenförmige Lymphknoten eingeschaltet, Durchmesser 2–20 mm (⊡ Abb. 4.7). Sie filtern und reinigen die Lymphe und sind beim Erwachsenen Speicher- und Proliferationsorte für B- und T-Lymphozyten sowie Orte der Antikörperproduktion. Die Lymphabflüsse einer bestimmten Körperregion oder eines Organs sammeln sich stets in einer Gruppe von Lymphknoten, die als regionäre Lymphknoten bezeichnet werden. So bekommen z. B. die Achsellymphknoten Zuflüsse aus dem Arm sowie von der vorderen, seitlichen und hinteren Brustwand. Den regionären
149 4.6 · Lymphknoten
Lymphknoten eines Organs sind stets weitere, zentralere Lymphknotenstationen nachgeordnet, bevor die Lymphe in die Venen eingeleitet wird (⊡ Abb. 4.7). > Klinischer Hinweis Bei Entzündungen innerhalb ihres Einzugsgebietes schwellen die regionären Lymphknoten an, sind tastbar und schmerzhaft. Auch bösartige Tumoren können über die Lymphgefäße Tumorzellen in ihre regionären Lymphknoten abgeben, wo sie zur Entstehung von Lymphknotenmetastasen führen. Wichtig
Histologisch bestehen Lymphknoten aus einer Rindenzone mit Sekundärfollikeln (B-Zellareal), dem Parakortex (T-Zellareal) und dem Mark mit Marksträngen (überwiegend Plasmazellen und Makrophagen). Das lymphatische Gewebe aller drei Zonen wird von einem System aus Lymphsinus durchzogen (Rand-, Intermediär- und Marksinus), das die Lymphe auf dem Weg von den Vasa afferentia zum Vas efferens passiert.
Sinussystem. Die Lymphknoten sind von einer bindegewebigen Kapsel umgeben (⊡ Abb. 4.9 a). Von ihr strahlen Bindegewebsbalken, Trabekel,ins Innere.Kapsel und Trabekel bilden ein grobes Bindegewebsgerüst. In den Trabekeln verlaufen Äste von Blutgefäßen, die am Hilum, einer konkaven Einbuchtung, in den Lymphknoten eintreten. Das Hilum ist gleichzeitig der Ort,an dem das abführende Lymphgefäß, Vas efferens, den Lymphknoten verlässt,
während die zuführenden Lymphgefäße, Vasa afferentia, an der konvexen Oberfläche die Kapsel durchbrechen. Das Parenchym der Lymphknoten besteht aus lymphatischem Gewebe das von einem System weitmaschiger Lymphsinus durchsetzt ist. Der Randsinus ist eine lockere, weitmaschige Zone aus lymphoretikulärem Gewebe direkt unter der Kapsel. In ihn münden die dem Lymphknoten Lymphe zuführenden Vasa afferentia (⊡ Abb. 4.9 b). Die Intermediärsinus zweigen radiär vom Randsinus ab und passieren die Rinde und Parakortikalzone. Sie vereinigen sich im Mark zu weitlumigen Marksinus, die die Lymphe am Hilum des Lymphknotens in das Vas efferens entlassen. Am Übergang zum Vas efferens können Klappen die Flussrichtung definieren. Die verschiedenen Lymphsinus werden von Fibroblasten umgeben und auch durchquert, die retikuläre Fasern bilden. Sinuswandzellen (Uferzellen oder Lymphendothelzellen) begrenzen die Lymphsinus (⊡ Abb. 4.9 b). Diese Zellen bilden eine poren- und spaltenreiche Auskleidung, durch die Lymphozyten und Makrophagen leicht zwischen Lymphe und Lymphknotengewebe hin und herwechseln können. Bei der Lymphzirkulation durch die Lymphknoten strömen etwa 99 % der Lymphe von den Vasa afferentia direkt durch das Sinussystem zum Vas efferens. Auf dem Weg unterliegt die Lymphe der Kontrolle phagozytierender Makrophagen. Nur etwa 1 % der Lymphe verlässt die
⊡ Abb. 4.9 a, b. Lymphknoten (Schema). b Vergrößerter Ausschnitt von a. Im Randsinus, der von endothelähnlichen Sinuswandzellen (Uferzellen) ausgekleidet ist, sind mehrere dieser Zellen mit angelagerten retikulären Fasern sowie einzelne Lymphozyten und ein Makrophage dargestellt
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150
Kapitel 4 · Blut und Abwehrsystem
Sinus und passiert die Sekundärfollikel und/oder die parakortikalen Lymphozytenansammlungen. Das in diesen kleinen, aber repräsentativen Lymphmengen enthaltene Antigen reicht für die Aktivierung der B- und T-Lymphozyten aus.
4
Lymphatisches Gewebe. Von außen nach innen werden unterschieden Rinde, Kortex, eine Ansammlung von Sekundärfollikeln, das B-Zellareal Parakortikalzone, das T-Zellareal und Mark aus lymphozytenreichen Bändern, den Marksträngen, zwischen weitmaschigen Marksinus. Rinde. Die kortikalen Lymphfollikel sind meist Sekun-
därfollikel. Die B-Lymphoblasten oder Zentroblasten im Keimzentrum proliferieren stark und bilden in großer Zahl Zentrozyten (Details, Kapitel 4.5), die sich zum Teil zu Plasmazellen weiterentwickeln und als solche in die Markregion wandern, um dort Antikörper zu produzieren. Die Parakortikalzone zentral der kortikalen Follikel ist diffus und nicht follikulär strukturiert. In ihr lagern, proliferieren und differenzieren T-Zellen nach entsprechender Antigenpräsentation. Dass die Lymphe des Vas efferens mindestens 5-mal mehr Lymphozyten als die der Vasa afferentia enthält, ist allerdings nur zum geringsten Teil auf die lokale Proliferation spezifischer Lymphozyten zurückzuführen. In der Parakortikalzone der Lymphknoten verlassen nämlich stets große Mengen an Lymphozyten durch die Wand der sogenannten hochendothelialen Venulen die Blutbahn und treten direkt oder indirekt in die Lymphe über,»Lymphozytenrezirkulation«. Die Markstränge weisen in einer Matrix aus Fibroblasten vor allem B-Lymphozyten und Plasmazellen auf. In ihrer Umgebung, angrenzend an die Marksinus, gibt es besonders viele Makrophagen.
Wichtig
Die Lymphknoten filtern nicht nur Krankheitserreger, Tumorzellen und Fremdkörper aus der Lymphe, sondern sind auch eine Quelle für Antikörper und wandernde T- und B-Lymphozyten
Funktionen der Lymphknoten sind vor allem: Unspezifische Phagozytose von Fremdkörpern und Fremdstoffen durch Makrophagen. Hierzu gehören über die Atemwege oder Wunden aufgenommene anorganische Partikel wie Ruß und auch Farbstoffe aus Tätowierungen. Abfangen von Tumorzellen.Aus Tumoren in das umgebende Bindegewebe abgewanderte bösartige Tumorzellen werden von der Lymphe in die regionären Lymphknoten geschwemmt, wo sie von NK-Zellen, Makrophagen und zytotoxischen T-Lymphozyten eliminiert werden. Jedoch können Tumorzellen auch unbehelligt im Grundgewebe der Lymphknoten hängen bleiben, proliferieren und Lymphknotenmetastasen bilden. Vermehrung von spezifisch aktivierten B-Lymphozyten und deren Umwandlung in Plasmazellen. Freisetzung von Antikörpern durch Plasmazellen in die Lymph- und danach in die Blutbahn. Die entsprechenden Antigene können u. a. auf dem Lymphweg in die Lymphknoten gelangen und die dort ansässigen B-Lymphozyten aktivieren. Vermehrung von spezifischen T-Killerzellen und THelferzellen. Die T-Zellen gelangen in die Lymphgefäße und von dort in die Blutbahn. > Klinischer Hinweis Es gehört zu den Grundregeln der Tumorchirurgie, nicht nur das von Krebs befallene Organ operativ zu beseitigen, sondern auch die zugehörigen regionären Lymphknoten, da nie auszuschließen ist, dass vom Primärtumor gestreute Tumorzellen über die Lymphe in sie verschleppt wurden. Bösartige Tumoren, bei denen die regionären Lymphknoten operativ leicht entfernbar sind, haben meist eine bessere Prognose als Tumoren mit unzugänglichen regionären Lymphknoten.
151 4.7 · Systematik der Lymphgefäße
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In Kürze
Lymphknoten entstehen an Stellen, an denen Lymphgefäße konfluieren, durch kapselartige Verstärkung der Wand und Einlagerung von retikulärem Bindegewebe in die erweiterte Lichtung. Sie wirken als Filterstationen für die Lymphe. Die Lymphe passiert die Lymphknoten in Zonen, die von lymphatischem Gewebe freigeblieben sind: Rand-, Intermediär- und Marksinus. Sie steht dabei unter Kontrolle von Makrophagen in den Marksträngen und Wänden der Lymphsinus. Über die Lymphe angebotene Antigene stimulieren in den BZellarealen (kortikale Lymphfollikel), und T-Zellarealen (Parakortikalzone) Proliferation und Differenzierung spezifischer B- und T-Zellen. Zahlreiche Plasmazellen (Markstränge) reichern die Lymphe mit Antikörpern an.
4.7
Systematik der Lymphgefäße
Die großen Lymphgefäße der Extremitäten und des Halses laufen meist oberflächlich unter der Haut. Erst in Rumpfnähe begleiten sie die Blutgefäße zentralwärts. Die Lymphgefäße der unteren Extremitäten, des Beckens und der Beckenorgane bilden (⊡ Abb. 4.10) die paarigen Trunci lumbales, die prävertebral in Höhe des 1. oder 2. Lendenwirbels in einen erweiterten Sammelraum, die Cisterna chyli, münden. In die Cisterna münden außerdem weitere Lymphgefäßstämme, die Trunci intestinales. Hierbei handelt es sich um Lymphgefäße, die die Lymphe aus den Versorgungsgebieten der Aa. mesentericae sup. et inf. in die Cisterna chyli bringen.
ⓘ Infobox Die intestinalen Lymphgefäße werden auch als Chylusgefäße bezeichnet. Chylus ist die nach einer fettreichen Nahrung durch Chylomikronen milchig getrübte Lymphe. Da Chylus auch im Ductus thoracicus vorkommt, wurde im Mittelalter angenommen, dass Milch vom Darm zur Brustdrüse gelangt. Daraus ergab sich die immer noch gebräuchliche Bezeichnung »Milchbrustgang« für den Ductus thoracicus.
Die Lymphstämme der rechten oberen Körperregion vereinigen sich zum
Aus der Cisterna chyli wird die Lymphe durch den Ductus thoracicus abgeleitet. Dieser große Lymphstamm zieht zusammen mit der Aorta vor den Wirbelkörpern durch die obere Thoraxapertur und mündet nach bogenförmigem Verlauf in den linken Venenwinkel, Angulus venosus sinister (Vereinigung von V. subclavia und V. jugularis interna, S. 523). Kurz vor seiner Mündung nimmt der Ductus thoracicus durch den – Truncus subclavius sinister Lymphstämme aus dem linken Arm, durch den – Truncus jugularis sinister Lymphe aus der linken Hälfte von Kopf und Hals und den – Truncus bronchomediastinalis sinister Lymphe aus der linken Hälfte des Brustraums auf. Der Ductus thoracicus sammelt somit die Lymphe aus der gesamten unteren Körperhälfte und der linken oberen Körperregion.
⊡ Abb. 4.10. Übersicht über das Lymphgefäßsystem
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152
Kapitel 4 · Blut und Abwehrsystem
Ductus lymphaticus dexter, der in den rechten Venenwinkel mündet. Er nimmt nur Lymphe aus dem rechten Oberkörper, Hals und Kopf auf:
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4
– Truncus subclavius dexter, – Truncus jugularis dexter und – Truncus bronchomediastinalis dexter.
In Kürze
Die Lymphe aller Lymphgefäße wird herznahe im linken bzw. rechten Venenwinkel (Vereinigung von Vv. subclaviae mit Vv. jugulares int. zu den Vv. brachiocephalicae) in die Blutbahn zurückgeleitet. Der linke Venenwinkel nimmt Lymphe aus der linken oberen Körperhälfte und durch den Ductus thoracicus aus dem Unterkörper auf. Im rechten Venenwinkel vereinigen sich Lymphgefäße aus der rechten oberen Körperhälfte.
5
Haut und Hautanhangsorgane 5.1
Epidermis – 154
5.2
Dermis – 157
5.3
Tela subcutanea, Unterhaut – 159
5.4
Blut- und Lymphgefäße – 159
5.5
Nerven und Rezeptororgane – 160
5.6
Drüsen der Haut – 162
5.7
Pili, Haare – 164
5.8
Ungues, Nägel – 166
154
Kapitel 5 · Haut und Hautanhangsorgane
>
Einleitung
Die Haut ist der Spiegel der Gesundheit. So lassen z. B. Farbveränderungen Rückschlüsse auf Erkrankungen zu. Durch ihren Aufbau gewährt die Haut u. a mechanischen, thermischen und immunologischen Schutz. Ferner hat die Haut Barrierefunktion und beherbergt Sinnesorgane.
5
Die Haut ist das größte Organ des Menschen. Ihre Oberfläche beträgt in Abhängigkeit von der Körpergröße bis zu 2 m2, ihr Gewicht etwa 3 kg (mit Subkutis bis zu 20 kg). Die Haut besteht aus (⊡ Abb. 5.1) Epidermis, Oberhaut, Dermis, Corium, Lederhaut, und Subkutis, Unterhaut. Hinzu kommen Hautanhangsgebilde.
Zur Entwicklung Die Epidermis ist ein Abkömmling des äußeren Keimblatts und damit ektodermaler Herkunft. Aus dem einschichtigen Epithel entwickelt sich eine Lage abgeplatteter Zellen (Periderm), unter der sich die Zellen vermehren und ein mehrschichtiges Epithel bilden. Dermis und Subkutis entstammen dagegen dem mittleren Keimblatt und sind damit mesodermaler Herkunft (Dermatome der Somiten, S. 114).
5.1
Epidermis und Dermis sind fest verzahnt. Die Subkutis ist ein Druckpolster und eine Verschiebeschicht aus lockerem Bindegewebe. Die Haut ist je nach Beanspruchung an verschiedenen Körperstellen unterschiedlich beschaffen.
Epidermis Wichtig
Die Epidermis besteht aus Keratinozyten, die in unterschiedlicher Differenzierung mehrere Schichten bilden. Hinzu kommen Melanozyten für die Pigmentbildung, Langerhans-Zellen, die zum Abwehrsystem gehören, und Merkel-Zellen als Mechanorezeptoren.
Die Epidermis, Oberhaut (⊡ Abb. 5.2), ist durchschnittlich 50 mm, stellenweise jedoch 0,2 mm und am Handteller und an der Fußsohle etwa 1 mm dick. Schwielen sind Epidermisverdickungen infolge erhöhter Beanspruchung. Dort kann der Durchmesser 2 mm und mehr betragen. Die Epidermis besteht aus mehrschichtigem verhorntem Plattenepithel mit großem Regenerationsvermögen. Sie gliedert sich in mehrere Schichten, die den Differenzierungsstadien ihrer Epithelzellen, den Keratinozyten, entsprechen.
⊡ Abb. 5.1. Querschnitt durch die Haut
Schichten der Epidermis sind Stratum basale, Basalzellschicht, Stratum spinosum, Stachelzellschicht, Stratum granulosum, Körnerzellschicht, Stratum lucidum (inkonstant) und Stratum corneum, Hornhaut.
155 5.1 · Epidermis
Stratum lucidum und Stratum corneum. Das Stratum lu-
cidum ist nur in dicker Epidermis vorhanden (Handfläche und Fußsohle). Es erscheint lichtmikroskopisch homogen. Das Stratum corneum, Hornschicht, besteht dagegen aus 10–20 Lagen fest zusammenhängender, kernloser polygonaler Platten – bis zu 30 mm lang –, die Säulen mit Überlappungen und Verzahnungen bilden. Oberflächlich kommt es durch Abbau von Dichtungssubstanzen zu einer Abschilferung von Einzelplatten und Plattenaggregaten. Zellen der Epidermis sind Keratinozyten, Melanozyten, Langerhans-Zellen und Merkel-Zellen.
Keratinozyten. Die Keratinozyten der Epidermis, etwa
⊡ Abb. 5.2. Epidermis. Schichtenfolge. Inset: Abgabe von Barrierelipiden aus Keratinozyten des Stratum granulosum in den Interzellularraum (ICR)
Stratum basale. Das Stratum basale ist einschichtig und besteht aus hochprismatischen Epithelzellen. Es kommen viele Mitosen vor. Deswegen wird diese Schicht auch als Stratum germinativum bezeichnet. Stratum spinosum. Die Zellen dieser Schicht sind in der
Regel groß, polyedrisch, horizontal orientiert und hängen durch viele Desmosomen zusammen. Die Schicht besteht in der Regel aus 2–5 Zelllagen. ⓘ Infobox Die Bezeichnung Stachelzellschicht geht auf die Schrumpfung der Keratinozyten während der histotechnischen Gewebevorbereitung und die dadurch dornartig hervortretenden Abschnitte des Plasmalemms mit Desmosomen zurück.
Stratum granulosum. Sofern es aus mehreren Zelllagen
besteht (bis zu 3) geht die regellose Anordnung der Epithelzellen in eine regelmäßigere Säulenstruktur über. Die Zellen dieser Schicht enthalten basophile Granula, Keratohyalinkörner. Sie sind Vorboten der im oberen Stratum granulosum fast schlagartig ablaufenden Verhornungsvorgänge.
90 % der Epidermiszellen, sind eine sich kontinuierlich erneuernde Zellpopulation. Sie geht von Stammzellen im Stratum basale aus. Nach differenzieller Zellteilung der Stammzellen entstehen jeweils aus einer der Tochterzellen Amplifikationszellen, von denen sich ein Teil in 3–4 folgenden Mitosen in basale Keratinozyten umwandelt. Kennzeichnend für Keratinozyten sind Keratin- und Aktinfilamente, die zwei unabhängige Fasernetze bilden und sich an unterschiedlichen Adhäsionsstellen der Zellmembran befestigen, die Keratinfilamente an Desmosomen, die Aktinfilamente an Cadherinen (S. 14). Außerdem bestehen zwischen Keratinozyten Gap junctions (S. 17). Die Fasernetze haben in den Keratinozyten einen von der Belastung abhängigen trajektoriellen Verlauf. Durch Migration gelangen basale Keratinozyten in das Stratum spinosum. Dort werden die niedermolekularen basalen Zytokeratine durch hochmolekulare Keratine ersetzt. Die Wanderung der Keratinozyten erfolgt einzeln, wobei die Zelladhäsionen jeweils gelöst und neu gebildet werden. Die Transitzeit eines Keratinozyten durch das Stratum spinosum beträgt etwa 14 Tage. Dann wird das Stratum granulosum erreicht. ⓘ Infobox Die Proliferation der Keratinozyten steht unter dem Einfluss von Wachstumsstimulatoren.Die Induktion geht dabei u. a.von Traumen, UV-Licht aber auch von Zytokinen der Keratinozyten selbst aus, die autokrin und parakrin wirken. Darüber hinaus produzieren Keratinozyten viele biologisch aktive Moleküle.
Stratum granulosum. Hier erfolgt die terminale Diffe-
renzierung der Keratinozyten. Gleichzeitig endet ihre In-
5
156
Kapitel 5 · Haut und Hautanhangsorgane
dividualität. Die terminale Differenzierung und der weitere Aufstieg erfolgt in Verbänden. Die terminale Differenzierung der Keratinozyten setzt die Synthese von Filaggrin, Cornified envelope und Barrierlipids voraus. Ihre Synthese beginnt teilweise im Stratum spinosum.
5
Filaggrine sind eine Gruppe basischer Proteine, die mit Keratinfilamenten Keratohyalingranula bilden. Ferner
vernetzen sich bei der Enddifferenzierung der Keratinozyten die Keratinfilamente unter dem Einfluss von hochreaktivem Filaggrin und es entstehen unlösliche filamentäre Komplexe. Cornified envelope. Es handelt sich um ein unlösliches Protein, das sich an der Innenseite der Zellmembran ablagert und für die Versteifung der Zelle sorgt. Barrierlipids. Sie entstehen in Form paralleler Plättchen in speziellen Zellorganellen und werden durch Exozytose in den Interzellularraum abgegeben (⊡ Abb. 5.2, Inset). Sie sorgen für einen wasserunlöslichen Verschluss des Interzellularraums. Stratum corneum. Mit dem Ende der epidermalen Diffe-
renzierung verlieren die Keratinozyten sämtliche Zellorganellen und es bildet sich die Hornschicht. Sie besteht aus Bausteinen, Keratozyten, die mit hochmolekularem Keratin in einer dichten Filaggrinmatrix sowie versteifendem Cornified envelope gefüllt sind. Untereinander sind die Bausteine durch Lipide verbunden. Im Stratum corneum rücken die Keratinozyten innerhalb von 2 Wochen an die Oberfläche, wo sie abschilfern. ⓘ Infobox Das Stratum corneum ist für Wasser und wasserlösliche Substanzen fast undurchlässig. Dennoch lässt es einen minimalen Flüssigkeits- und Stoffaustausch zwischen Organismus und Umwelt zu, Perspiratio insensibilis. Außerdem kann fast jeder niedermolekulare Stoff in geringem Umfang durch die Haut eindringen, wobei es regionale Unterschiede gibt. Beeinträchtigt wird die Barrierefunktion bei längerer Wasserexposition und durch organische Lösungsmittel (Grundlage der Wirkung von sog. »Okklusionsverbände« z. B. zur Hormonbehandlung).
> Klinischer Hinweis Bei Verletzungen des Epithels alleine, Erosion, heilt die Haut spurenlos. Sind jedoch Dermis und Subkutis mit verletzt, entsteht eine Narbe. Zunächst bildet sich im Wundbereich ein sehr zellreiches Bindegewebe, das zahlreiche Gefäßsprossen
enthält, Granulationsgewebe.Vom Wundrand wächst dann das Stratum germinativum vor. Später setzt die Verhornung ein. Zunächst hat die Narbe wegen der starken Kapillarisierung des Bindegewebes eine rötliche Farbe. Mit zunehmender Ausbildung von Kollagenfasern in der Dermis der Narbe wird die Narbe weißlich. In der Hautnarbe entstehen in der Regel keine Hautanhangsgebilde mehr. Die Regenerationsfähigkeit nimmt im Alter ab.
Melanozyten (1100–1500/mm2, ⊡ Abb. 5.2). Sie liegen im
Stratum basale in Kontakt mit der Basalmembran: etwa 1 Melanozyt auf etwa 35 Keratinozyten. Melanozyten sind stark verzweigt und nur mit Spezialfärbungen darstellbar. Sie produzieren das braun-schwarze Pigment Melanin. Zur Entwicklung Melanozyten stammen aus der Neuralleiste (S. 112) und dringen etwa in der 12. Entwicklungswoche in die basale Lage der Epidermis ein. Die regionale Verteilung der Melanozyten erfolgt nach der Geburt.
Die Melaninsynthese ist an das Enzym Tyrosinase gebunden, das in den als Melanosomen bezeichneten spezifischen Granula dieser Zellen reichlich vorkommt. Die Melanosomen werden von den Melanozyten abgegeben und von den umgebenden Keratinozyten durch Endozytose aufgenommen. Das von den Keratinozyten gespeicherte Melanin bewirkt die Hautfarbe. Letztlich werden die Melanosomen im Stratum spinosum abgebaut. ⓘ Infobox zur Hautfarbe Die Hautfarbe hängt weitgehend von der Melaninpigmentierung, allerdings auch von der Hautdurchblutung ab. Dabei ist auch bei dunkler Haut die Zahl der Melanozyten nicht erhöht, wohl aber die Melaninproduktion. Dies hat zur Folge, dass bei dunkler Haut alle Schichten der Epidermis viele Melaningranula aufweisen. Auch Bräunung der Haut durch vermehrte UV-Strahlen führt zu einer temporären Zunahme der Melaninproduktion. Die Melaninverteilung weist jedoch regionale Unterschiede auf. So sind bei Farbigen Palma manus und Planta pedis weniger pigmentiert als die übrige Haut. Dagegen ist bei »Weißen« die Haut des Gesichts, der Achselhöhle, die Genitalhaut, die Haut der Leistenbeuge, die perianale Haut, die Haut an der Innenseite der Oberschenkel und vor allem der Brustwarze mit Warzenhof verstärkt pigmentiert. Bei Albinos dagegen ist die Haut pigmentlos, obgleich auch dort Melanozyten vorhanden sind. Jedoch ist wegen eines Gendefekts die Melaninsynthese gestört.
Langerhans-Zellen (durchschnittlich 700/mm2, ⊡ Abb. 5.2) gehören zum Immunsystem (S. 138). Es handelt sich
157 5.2 · Dermis
um professionell antigenpräsentierende Zellen, die im Rahmen ihrer Wanderschaft in die Haut gelangen und sie auch wieder verlassen. Sie können sich in der Haut teilen. Langhans-Zellen liegen als verzweigte Zellen über dem Stratum basale (suprabasal). Sie können mit histochemischen und immunhistologischen Methoden sowie elektronenmikroskopisch identifiziert werden. Langhans-Zellen haben ein helles fibrillenarmes Zytoplasma, einen deutlichen Golgi-Apparat und meist eine spezielle Art von Organellen, die tennisschlägerförmigen Birbeck-Granula. Sie stehen mit der Endozytose von
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Fremdmaterial im Zusammenhang. Desmosomen kommen nicht vor. Außer Langhans-Zellen kommen in der Epidermis dermale dendritische Zellen vor, die gleichfalls zum Immunsystem gehören. Merkel-Zellen (20–300/mm2) liegen im Stratum basale.
Sie gelten als Mechanorezeptoren (s. unten). Merkel-Zellen gehen aus den Stammzellen der Haut hervor. Vor allem kommen sie in der Haut der Handflächen und Fußsohlen vor.
In Kürze
Das Stratum basale enthält Stammzellen, aus denen Keratinozyten hervorgehen. In den Keratinozyten des Stratum spinosum wird niedermolekulares durch hochmolekulares Keratin ersetzt. Ferner beginnt die Filaggrinsynthese und es bilden sich lipidhaltige Körperchen. Im Stratum granulosum werden Keratohyalinkörner sichtbar und es erfolgt die terminale Differenzierung der Keratinozyten. Das Stratum corneum besteht aus organellenlosen geschichteten, verzahnten Platten, die durch Lipide verbunden sind. – Die Melanozyten bilden Melanosomen, die in die Keratinozyten gelangen und zur Hautfärbung beitragen. – Langhans-Zellen verweilen nur temporär in der Epidermis. – An Merkel-Zellen treten Axone afferenter Neurone heran.
5.2
Dermis Wichtig
Die Dermis ist fast unzerreißbar mit der Epidermis verbunden. Sie gliedert sich in ein lockeres kapillarreiches Stratum papillare und ein sehr viel festeres Stratum reticulare.
Die Dermis, Corium, Lederhaut (⊡ Abb. 5.1), ist das bindegewebige Gerüst der Haut und Versorgungsteil. Sie ist gefäß- und nervenfaserreich. Mit der Epidermis ist die Dermis durch die dermoepidermale Verbindungszone verbunden. Dermoepidermale Verbindung. Der Befestigung der Epidermis an der Dermis dient die Basallamina, die dicht unter den basalen Epithelzellen liegt (S. 17). Auf der Seite der Epidermis geht die Befestigung von Adhäsionsmolekülen der basalen Plasmamembran der Epithelzellen aus. Die Adhäsionsmoleküle stehen mit Laminin bzw. im Bereich von Hemidesmosomen mit Ankerfilamenten in Verbindung. Laminin und Ankerfilamente befestigen
sich in der Basallamina an Typ-IV-Kollagen und anderen adhäsiven Proteinen. Von der der Dermis zugewandten Seite der Basallamina gehen dann Ankerfibrillen aus, die entweder rückläufig Schleifen bilden oder mit Ankerplatten in Verbindung stehen. Ankerfibrillen bestehen aus Kollagen Typ VII. Durch die Maschen der Ankerfibrillen verlaufen dann Kollagenfasern der Dermis. Außerdem befestigen sich an den Basallaminae noch Oxytalanfasern, die die Verbindung zum Netzwerk der elastischen Fasern der Dermis herstellen. Insgesamt ist die Verbindung der Epidermiszellen mit ihrer Unterlage so fest, dass es bei Abhebungsversuchen eher zu Zerreißungen innerhalb des Epithels kommt, als dass sich die Zellen des Stratum basale von ihrer Unterlage lösen. Gliederung der Dermis. Die Dermis gliedert sich in 2
nach Dichte und Anordnung der Fasern unterscheidbare Schichten (⊡ Abb. 5.1): Stratum papillare und Stratum reticulare. Beide Schichten bestehen aus Kollagenfaserbündeln,
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158
Kapitel 5 · Haut und Hautanhangsorgane
elastischen Fasern und Grundsubstanzen. Hinzu kommen die Zellen der Dermis.
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Kollagenfaserbündel. Beim Kollagen der Dermis überwiegt Typ I. Er bildet mit Kollagen III und VI lange Fasern, die sich ihrerseits bündeln und lose miteinander vernetzt sind. Die Kollagenfaserbündel verlaufen nicht regellos, sondern in örtlich unterschiedlicher Ausrichtung. Dadurch ruft ein Einstich in die Haut kein rundes Loch, sondern einen Spalt hervor. Spalten ordnen sich in Spaltlinien an. Hierauf wird bei Operationen aus kosmetischen Gründen Rücksicht genommen. Werden Hautschnitte nämlich senkrecht zur Verlaufsrichtung der Spaltlinien gelegt, klafft die Haut. ⓘ Infobox Dehnung und Straffung der Haut gehen vor allem auf die Ausrichtung der Kollagenfaserbündel zurück. Je stärker der Zug, umso mehr Faserbündel werden betroffen, bis ein Maximum erreicht ist. Danach wird die Haut überdehnt, z. B. die Bauchhaut in der Schwangerschaft, und es entstehen durch die Epidermis hindurch erkennbare Streifen, Striae distensae.
Die elastischen Fasern bringen nach Dehnung der Haut
die Kollagenfasergeflechte wieder in die Ausgangsstellung zurück. Lässt die Elastizität nach, wird die Haut schlaff, z. B. im Alter. Die Grundsubstanzen bestehen aus Proteoglykanen und Glykosaminoglykanen, in die die Fasersysteme und die Zellen der Dermis eingelagert sind. Durch ihr hohes Wasserbindungsvermögen spielen die Interzellularsubstanzen für die Regulierung des Hautturgors eine wichtige Rolle. Zellen der Dermis. Vor allem handelt es sich um Fibroblasten. Sie sind wie in allen Bindegeweben an der Kollagensynthese beteiligt. Sie nehmen jedoch durch ihre Wachstumsfaktoren auch Einfluss auf das Haar- und Melanozytenwachstum. Außerdem wird in den Fibroblasten der Dermis unter Mitwirkung von 5a-Reduktase aus Testosteron 5a-Dehydrotestosteron, die effektivste Form der Androgene, gebildet. Weiter kommen in der Dermis in großer Zahl Abwehrzellen vor, z. B. Granulozyten, Lymphozyten, Monozyten, Plasmazellen und Mastzellen. Stratum papillare. Der Papillarkörper liegt unmittelbar unter der Epidermis. Er bildet Zapfen, die senkrecht in
Vertiefungen der Epidermis hineinragen. Das Stratum papillare ist kapillarreich und enthält zahlreiche Rezeptororgane sowie Melanozyten und auffällig viele Mastzellen. Der Papillarkörper dient vor allem der Oberflächenvergrößerung zur Ernährung der Epidermis, weniger der Befestigung. Er ist sehr kapillarreich. Der Umfang der Verzapfungen zwischen Epidermis und Dermis wechselt regional. Dadurch bilden sich typische Muster, die an der Oberfläche der Haut in Form von Aufwerfungen bzw. Einsenkungen der Epidermis in Erscheinung treten. Unterschieden werden Felderhaut und Leistenhaut. Einzelheiten zu Felderhaut und Leistenhaut Felderhaut. Sie macht den weitaus größten Teil der Haut aus. Felderhaut zeichnet sich durch feine Rinnen aus, die die Haut in polygonale Felder teilen. In den Rinnen liegen Haare und Talgdrüsen, auf der Höhe münden Schweiß- und in einigen Gebieten Duftdrüsen. Die Felderhaut hat unterschiedliche Epidermisverzahnungen. Am höchsten und zahlreichsten sind die Bindegewebspapillen in Gebieten starker mechanischer Beanspruchung, z. B. über Knie und Ellenbogen, am schwächsten in der Haut des Augenlids. Stellenweise können Papillen ganz fehlen. Bei der Leistenhaut ragen jeweils 2 Reihen hoher Bindegewebspapillen in eine Epidermisleiste hinein. Auf jeder 2. Leiste münden Ausführungsgänge von Schweißdrüsen. Haare, Talg- und Duftdrüsen fehlen. Besonders deutliche Leisten kommen an den Fingerund Zehenspitzen sowie Anhandflächen und Fußsohlen vor. Dort bilden sie Schleifen, Bögen, Wirbel oder Kombinationen davon. Sie sind genetisch festgelegt und so typisch, dass jedes Individuum hieran erkannt werden kann, Fingerabdruck. Das Stratum reticulare ist die tiefere und dickere Dermisschicht. Sie besteht vor allem aus kräftigen fest gewebten Kollagenfaserbündeln. Dadurch hat das Stratum reticulare der Haut eine hohe Zerreißfestigkeit. ⓘ Infobox Im Alter verändern sich alle Schichten der Haut. Die Epidermis wird atrophisch und gewinnt ein »papierartiges« Aussehen. Es kommt zu unregelmäßiger Pigmentierung. In der Dermis wird der Papillarkörper flacher. Die Proteoglykane vermindern sich und der Hautturgor lässt nach. Gleichzeitig wird das Bindegewebe atrophisch und die elastischen Fasern büßen ihre Elastizität ein. – Beschleunigt werden die Altersveränderungen, insbesondere der Verlust der Elastizität, durch jahrelange Sonnenbestrahlung.
159 5.4 · Blut- und Lymphgefäße
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In Kürze
Die desmoepithelialen Verbindungen gehen auf Verknüpfungen der Basallamina durch Ankerfilamente mit Hemidesmosomen der basalen Epithelzellen und Ankerfibrillen mit dem Stratum papillare der Dermis zurück. Das Stratum papillare selbst ist vor allem kapillarreich und vergrößert durch Zapfen die ernährende innere Oberfläche der Epidermis. Sehr viel bindegewebsreicher ist das Stratum reticulare der Dermis.
Tela subcutanea, Unterhaut
5.3
Wichtig
Die Tela subcutanea ist eine lockere Verschiebeschicht mit unterschiedlicher Einlagerung von Fettgewebe.
Die Tela subcutanea, Subcutis, Unterhaut (⊡ Abb. 5.1), ist eine Schicht meist lockeren Bindegewebes. Sie verbindet die Haut durch bindegewebige Scheidewände, Retinacula, mit den unter ihr liegenden Strukturen (Faszien, Knochenhaut). Im Wesentlichen ist die Subkutis jedoch eine Verschiebeschicht. In der Subkutis liegen Nerven, Gefäße, Haarwurzeln, Drüsen und stellenweise glatte Muskelzellen (Tunica dartos des Skrotums, große Schamlippen, Brustwarze). Außerdem ist die Subkutis ein Fettspeicher und wirkt dadurch als Wärmeisolator.
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Fettgewebe der Subkutis. Es handelt sich um Baufett, z. B. an der Fußsohle, oder Depotfett, Panniculus adiposus, z. B. in der Bauch-
haut. Das Fettgewebe wird durch die Retinacula steppkissenartig unterteilt. Baufett. Die Bedeutung des Baufetts wird besonders am Fersenpolster deutlich. Dort fängt es beim Aufsetzen des Fußes in Kombination mit einem Fachwerk aus Kollagenfasermatten den Druck des gesamten Körpergewichts auf. Depotfett. Die Einlagerung erfolgt in bevorzugten Regionen geschlechtsspezifisch, beim Mann vor allem in der Bauchhaut, bei der Frau an Hüften, am Gesäß und im Brustbereich. Verzögert ist sie im Bereich der mimischen Muskulatur und der Kopfschwarte. Besonders arm an Fettgewebe sind Augenlid, Lippe, Penis und Skrotum.
In Kürze
Die Tela subcutanea ist durch Retinacula steppkissenartig unterteilt. Sie ist ein großes Fettreservoir, wobei Depotfett mobilisierbar ist, Baufett aber Struktureigenschaften hat.
5.4
Blut- und Lymphgefäße
oberflächlichen horizontalen Plexus an der Grenze zwischen Stratum papillare und reticulare.
Wichtig
Subepithelial bestehen drei Gefäßplexus, von denen der oberflächliche funktionstragend ist.
In der Haut lassen sich drei Gefäßbereiche unterscheiden (⊡ Abb. 5.3), der Bereich des Zu- und Ableitungssystems in der Subkutis nahe der Grenze zur Dermis, des tiefen horizontalen Plexus im Stratum reticulare nahe der Grenze zur Subkutis und des
Das Zu- und Ableitungssystem verfügt über größere Arterien (Durchmesser bis zu 100 mm) mit Muskulatur und Sammelvenen mit Venenklappen. Die Arterien versorgen jeweils kreisrunde Hautbezirke. Der tiefe horizontale Plexus besitzt größere Arteriolen (Durchmesser 20–30 mm), die sich in vertikale Verbindungsgefäße zum oberflächlichen Plexus fortsetzen. Sie werden von entsprechenden Venen begleitet. Hier wird die Durchblutungsgröße der Haut reguliert.
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160
Kapitel 5 · Haut und Hautanhangsorgane
Lücken- und Ödembildung kommen, z. B. bei Entzündungen. ⓘ Infobox Die Gefäße der Haut haben ernährende Funktion, dienen aber auch der Regulation der Körpertemperatur. Während im »Körperkern« (zentrale Anteile von Rumpf und Kopf ) die hauptsächlich in der Muskulatur und Leber erzeugte Temperatur konstant ist (das Leberblut hat 40 °–42 °), ändert sie sich in der »Körperschale« (periphere und distale Anteile von Rumpf und Extremitäten) in Abhängigkeit vom Ausmaß der Wärmeabgabe durch die Haut. Für das Ausmaß der Wärmeabgabe spielt die Durchblutungssteuerung der Haut die entscheidende Rolle. Sie erfolgt im Wesentlichen mittels der Muskulatur der Arteriolen im tiefen horizontalen Plexus (Widerstandsgefäße, S. 513).
5
> Klinischer Hinweis
⊡ Abb. 5.3. Gefäßplexus der Haut
Der oberflächliche horizontale Plexus ist am dichtesten. Von hier entspringen Kapillarschlingen, die in die Papillen der Dermis gelangen. Sie entsprechen arteriellen Kapillaren. Im Plexus selbst überwiegen postkapilläre Venulen (Durchmesser 20–30 mm), die den größten kummulativen Querschnitt der Hautgefäße haben. Sie können als Blutreservoir fungieren. Außerdem erfolgt hier die Wärmeabstrahlung. Da die Wände der Venulen dünn sind, kann es hier leicht zur
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Kurz dauernder Verschluss der Hautkapillaren hat keine Folgen. Länger dauernder Verschluss, z. B. beim bewegungslosen Liegen, führt zum Dekubitus. – Verletzungen von Hautgefäßen führen zu »blauen Flecken«, Blutergüssen, Hämatomen, die sich in der Dermis und Subkutis ausbreiten können.Besonders umfangreich werden sie an Stellen mit lockerer Subkutis.
Lymphgefäße. Auch Lymphgefäße bilden Netze in den Schichten der Haut und Unterhaut. Sie gehen aus Lymphspalten im Stratum papillare hervor. Die Lymphe fließt größtenteils über subkutane Lymphbahnen ab. > Klinischer Hinweis Verletzungen von Lymphgefäßen der oberen Dermis, z. B. durch Abscherbewegungen, erzeugen »Wasserblasen« der Haut. Die Lymphe hebt die Epidermis ab.
In Kürze
Vom oberflächlichen horizontalen Gefäßplexus steigen arterielle Kapillaren in die Zapfen des Stratum papillare auf und ernähren die Epidermis. Es folgen postkapilläre Venulen vor allem zur Wärmeabstrahlung. Für die Verbindung zum tiefen horizontalen Gefäßplexus für die Regulierung der Hautdurchblutung sorgen vertikale Verbindungsgefäße. Schließlich gibt es in der Subkutis einen Plexus zu- und ableitender großer Arterien und Venen. – Lymphgefäße beginnen mit Lymphspalten im Stratum papillare.
5.5
Nerven und Rezeptororgane Wichtig
Die Haut ist auch ein Sinnesorgan. Sie weist freie Nervenendigungen und außerdem Rezeptororgane auf.
Die Haut ist reich innerviert und zwar von afferenten sensorischen Nerven und autonomen efferenten Nerven. Sensorische Fasern beginnen als freie Nervenendigungen oder haben Verbindung mit Rezeptororganen (Endkörperchen).
161 5.5 · Nerven und Rezeptororgane
Freie Nervenendigungen kommen im Stratum papillare
der Dermis sowie intraepithelial vor. Sie bestehen aus blind endenden Axonen (meist C- oder Ad-Fasern, S. 81), die von einer oft durchbrochenen Hülle aus SchwannZellen umgeben sind. In der Dermis erhalten die Nervenfasern dann eine Markscheide. – Freie Nervenendigungen vermitteln mechanische, thermische und Schmerzempfindungen. Freie Nervenendigungen kommen ferner an den Haaren vor, deren Wurzelscheide sie mit zirkulären und longitudinalen Fasern (Ad-Fasern) umgeben. Die Nervenendigungen wirken hierbei als Mechanorezeptoren, weil sich bei Abwinklung des Haares die Bewegung hebelartig auf die Wurzelscheide überträgt. Nervenfasern in Verbindung mit Rezeptororganen.
Hierbei handelt es sich um Ab-Fasern (⊡ Tabelle 2.9, S. 81). Die Faserendigungen können sich aufteilen und in mehrere Rezeptororgane eindringen, aber immer nur in solche des gleichen Typs.
⊡ Abb. 5.4. Meißner-Tastkörperchen. Im Stratum papillare der Dermis gelegen
Rezeptororgane treten in der Haut in verschiedenen For-
men auf. Gemeinsam bestehen sie aus einem neuronalen und aus einem nichtneuronalen Anteil. Die wichtigsten Endkörperchen der Haut sind: Merkel-Zellen, Meißner-Tastkörperchen, Vater-Pacini-Lamellenkörperchen und Ruffini-Körperchen. Merkel-Zellen (s. oben) sind Druckrezeptoren. Sie liegen einzeln oder in Gruppen im Stratum basale der Epidermis. An sie treten basal plattenartige Ausläufer afferenter Neurone heran. Die mechanischen Reize selbst werden von den Merkel-Zellen wahrgenommen und an das afferente Neuron transduziert. Histologisch fallen die Merkel-Zellen durch ihre geringe Anfärbbarkeit auf. Meißner-Tastkörperchen (⊡ Abb. 5.4) sind Berührungsrezeptoren (häufigstes Vorkommen: Finger- und Zehenspitzen). Sie liegen im Bindegewebe des Stratum papillare unmittelbar unter der Epidermis, mit deren Basalmembran sie durch Kollagenfibrillen verbunden sind. Sie sind etwa 100 mm lang, 40 mm dick, und bestehen aus mehreren epithelähnlich geschichteten Schwann-Zellen, zwischen denen bis zu 7 marklos gewordene Nervenfasern spiralig gewunden verlaufen. Im basalen Drittel werden die Meißner-Tastkörperchen von einer Perineuralkapsel umgeben. Erregt werden die Meißner-Tastkörperchen durch Bewegungen der epidermalen Basalmem-
⊡ Abb. 5.5. Vater-Pacini-Körperchen
bran, die durch die Kollagenfibrillen auf die SchwannZellen bzw. Axonenden übertragen werden. Vater-Pacini-Lamellenkörperchen (⊡ Abb. 5.5) dienen der Vibrationsempfindung. Sie sind knorpelharte, makroskopisch sichtbare, bis zu 4 mm lange birnenför-
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162
5
Kapitel 5 · Haut und Hautanhangsorgane
mige Gebilde. Die Körperchen bestehen aus zahlreichen (50 oder mehr) zwiebelschalenförmig angeordneten Schichten aus Bindegewebszellen (Lamellen), die einen zentralen Innenkolben umgeben. Die Innenkolben entsprechen den Nervenendigungen (Rezeptorterminal), die dicht von Schwann-Zellen und Perineuralzellen umwickelt sind. Die Vater-Pacini-Körperchen liegen in der Subkutis hauptsächlich des Handtellers und der Fußsohle, kommen aber auch außerhalb der Haut an zahlreichen Stellen vor (Faszien, Periost, Sehnen, Blutgefäßen, Mesenterien, Pankreas). Ruffini-Körperchen liegen im Stratum reticulare der Dermis unbehaarter Haut sowie an Haaren. Ruffini-Körperchen sind etwa 0,5–2 mm lang und flach. Sie haben eine perineurale Kapsel und beinhalten Kollagenfaserbündel. Zwischen den Kollagenfasern liegen büschelartige Aufzweigungen von Nervenfasern mit ihren
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Schwann-Zellen. Die Faserenden sind kolbenförmig aufgetrieben und unbedeckt. Sie nehmen Signale aus den perineuralen Rezeptorzellen auf. Die Ruffini-Körperchen gelten als langsam adaptierende Dehnungsrezeptoren. Die efferenten Nervenfasern der Haut gehören zum ve-
getativen Nervensystem. Sie treten an die Wand von Blutgefäßen, an Drüsen und an den Mm. arrectores pilorum (s. unten) mit für das vegetative Nervensystem charakteristischen Synapsen heran. Die efferenten Fasern für Schweißdrüsen sind cholinerg, die für die Gefäße und Haarmuskeln überwiegend adrenerg. Die efferenten Fasern bewirken u. a. das Erröten, Erblassen, Haarsträuben, den Angstschweiß und stehen damit im Dienst vitaler Funktionen (z. B. Wärmeregulation) und der zwischenmenschlichen Kommunikation.
In Kürze
Freie Nervenendigungen, meist C- oder Ad-Fasern, liegen vor allem im Stratum papillare, aber auch infraepithelial. An Rezeptororgane gebundene Nervenendigungen finden sich an Merkel-Zellen (im Stratum basale der Epidermis), in Meißner-Tastkörperchen (im Stratum papillare der Dermis), im Innenkolben von VaterPacini-Lamellenkörperchen, in Ruffini-Körperchen (im Stratum reticulare der Dermis) zwischen Kollagenfaserbündeln. – Autonome efferente Nervenfasern erreichen Hautmuskeln, Drüsen und Gefäße der Haut.
5.6
Drüsen der Haut Wichtig
Drüsen der Haut sezernieren Schweiß, Duftstoffe und Talg. Ihre Sekrete bilden an der Hautoberfläche einen Schutzmantel.
Die Drüsen der Haut sind Abkömmlinge der Epidermis. Jede von ihnen bildet ein spezifisches Sekret. Hautdrüsen sind (⊡ Abb. 5.6): Gll. sudoriferae eccrinae, Schweißdrüsen, Gll. sudoriferae apocrinae, Duftdrüsen, Gll. sebaceae, Talgdrüsen, und Gll. mammariae, Brustdrüsen (S. 222). Gll. sudoriferae eccrinae, Schweißdrüsen (⊡ Abb. 5.6).
Ihre Gesamtzahl beträgt etwa 2–4 Mio. Sie kommen in unterschiedlicher Dichte in allen Hautbezirken vor, vermehrt in der Haut der Stirn, des Handtellers und der Fuß-
sohle (600/cm2). Schweißdrüsen fehlen im Lippenrot und im inneren Blatt des Preputium penis. Mikroskopische Anatomie. Die Schweißdrüsen sind unverzweigte tubulöse Drüsen, die bis an die Grenze von Dermis und Subkutis reichen und deren Enden zu einem etwa 0,4 mm großen Knäuel aufgewickelt sind (»Knäueldrüse«, ⊡ Abb. 5.1). Ihr Lumen ist eng, die Epithelien sind im Knäuel einschichtig isoprismatisch. Zwischen Basalmembran und Drüsenzellen liegen Myoepithelzellen. In den Endstücken kommen 2 Arten von Zellen vor: dunkle Zellen, ekkriner Sekretionsmodus, und helle Zellen, vor allem für den Ionen- und Wassertransport. Ihre Zellmembran ist stark gefaltet. Die Wand der Ausführungsgänge besteht aus einem zweischichtigen kubischen Epithel mit intensiv färbbaren Zellen, die im Dienst der Natriumrückresorption stehen. Die an das sehr enge Lumen grenzenden Zellen sind an ihrer Oberfläche mit einer Kutikula versehen. Die End-
163 5.6 · Drüsen der Haut
des Warzenhofs (S. 223). Sonderformen der Duftdrüsen sind die Glandulae ceruminosae im äußeren Gehörgang (S. 671) und die Glandulae ciliares, Moll-Drüsen, im Augenlid (S. 664). Mikroskopische Anatomie. Die Duftdrüsen sind verzweigt. Ihre Endstücke sind weitlumig und haben ein einschichtiges Epithel unterschiedlicher Höhe. Häufig finden sich an der luminalen Zelloberfläche kuppenförmige Vorstülpungen. Die Sekretabgabe erfolgt jedoch durch Exozytose. Der Ausführungsgang mündet in einen Haartrichter. Die Innervation der Duftdrüsen ist adrenerg. Das Sekret der Duftdrüsen ist leicht alkalisch. Dadurch fehlt im Absonderungsgebiet der Duftdrüsen der Säureschutzmantel und es kann leicht zu Infektionen mit Abszessen kommen. ⓘ Infobox Die Sekretion beider Typen der Gll. sudoriferae wird zentralnervös gesteuert (S. 754). Dadurch kann es sofort nach Flüssigkeitsaufnahme oder bei Erregungen zum Schwitzen und auch zur Duftdrüsensekretion kommen. ⊡ Abb. 5.6. Haut mit Hautanhangsorganen: Haare, Talgdrüsen, Schweißdrüsen, Duftdrüsen
strecke des Ausführungsganges in der Epidermis ist korkenzieherartig geschlängelt und ohne eigene Wandzellen. Die Innervation der Schweißdrüsen ist cholinerg, obgleich sie durch den Sympathikus erfolgt. ⓘ Infobox In den Endstücken wird der Primärschweiß als Ultrafiltrat des Blutes gebildet. Er ist daher gegenüber dem Plasma isoton. Nach Passage durch den Ausführungsgang wird der Schweiß dann jedoch hypoton und sauer (pH 4,5). Er enthält gelöste Substanzen mit einem Kochsalzgehalt von etwa 0,4 %. Auf der Oberfläche des Körpers bildet Schweiß einen bakteriziden »Säureschutzmantel« und dient durch Verdunstung der Wärmeregulation. Unter Extrembedingungen können bis zu 10 Liter Schweiß pro Tag abgesondert werden.
Gll. sudoriferae apocrinae, Duftdrüsen (⊡ Abb. 5.6), treten nur an wenigen Stellen, meist zusammen mit Haaren auf (Achselhöhle, Genitalbereich, perianale Haut = Gll. circumanales). Ihre alveolären Endstücke liegen in der Subkutis. Die Sekretion der Duftdrüsen setzt mit der Pubertät ein. Sie kann bei der Frau zyklusabhängigen Schwankungen unterliegen. – Zum Typ der Duftdrüsen zählen auch die Glandulae mammariae und die Glandulae areolares
Gll. sebaceae, Talgdrüsen (⊡ Abb. 5.6), sind in der Regel an Haarbälge gebunden, Gll. sebaceae pilorum. Ausnahmen sind Gll. sebaceae liberae im Lippenrot, im Augen-
lid (Gll. tarsales S. 664), an der Brustwarze, in den Labia minora und am Anus. Das Sekret der Talgdrüsen, Sebum, Haartalg, macht Haut und Haare geschmeidig. Dadurch trägt es zum Glanz der Haare bei. Talg ist aber auch am Säureschutzmantel der Haut beteiligt, da durch bakterielle Spaltung von Triglyzeriden des Haartalgs Fettsäuren entstehen. Die Talgproduktion wird durch Wärme gesteigert. »Raue Haut« kommt im Sommer selten vor. Mikroskopische Anatomie. Die Talgdrüsen sind beeren- oder knollenförmige mehrlappige Einzeldrüsen (100–1000/cm2) sehr unterschiedlicher Größe. Sie bestehen aus vielschichtigem Epithel. Es wird laufend durch neue Zellen, Sebozyten, von der Peripherie der Drüsenbeere aus ersetzt. Dabei wirken Androgene stimulierend. Die neu gebildeten Zellen gelangen zum Drüsenzentrum und wandeln sich hier und zum Haarschaft hin in Talg um: holokrine Sekretion (S. 30). Der Talg wird dann in den Haartrichter abgeschoben (s. unten). > Klinischer Hinweis Durch Retension von Talg entstehen sog. »Mitesser«, Comedones. Vermehrte Talgproduktion führt zur Seborrhö. Wird ein veränderter Talg produziert, die Talgabgabe behindert und kommt es gleichzeitig zu einer bakteriellen Besiedlung sowie zu einer Entzündung in der Umgebung, entsteht eine Akne.
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164
Kapitel 5 · Haut und Hautanhangsorgane
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In Kürze
Schweißdrüsen kommen nahezu ubiquitär vor. Ihre englumigen, aufgeknäuelten Endstücke liegen an der Grenze von Dermis und Subkutis. An der Bildung von Primärschweiß sind helle und dunkle Zellen beteiligt. Durch Rückresorption im Ausführungsgang entsteht der hypotone saure Sekundärschweiß. – Duftdrüsen treten nur lokalisiert auf. Ihre Endstücke sind weitlumig. Ihre Sekretion erfolgt durch Exozytose. – Talgdrüsen sind überwiegend an Haare gebunden. Ihre Sekretion ist holokrin.
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5.7
Pili, Haare Wichtig
Haare treten nahezu ubiquitär auf. Sie liegen lokalisiert als Terminalhaare, sonst aber als Vellus vor. Haare gliedern sich in einen vielschichtigen Abschnitt in der Tiefe der Haut und einen Abschnitt, der über die Epidermis hinausragt. Gemeinsam ist beiden Abschnitten der Haarschaft.
Nur wenige Bezirke der Hautoberfläche sind unbehaart: Handflächen, Fußsohlen, Lippenrot, Teile der Genitalien. Ansonsten ist die Körperoberfläche mit Haaren versehen, jedoch in unterschiedlichem Ausmaß. So beträgt z. B. der Haarbestand am Scheitel etwa 300/cm2, am Kinn etwa 45/cm2, am Mons pubis etwa 30/cm2 und am Unterschenkel etwa 9/cm2. Nach Art des Haares lassen sich unterscheiden Terminalhaare und Vellus. Terminalhaare sind lang, dick und pigmentiert. Es han-
delt sich um die Kopfhaare und die Barthaare des Mannes. Vellus, Wollhaar, ist kurz, dünn und marklos. Es ersetzt ab 6. postnatalen Monat die Lanugo, Flaumhaar, die ab 4. Entwicklungsmonat gebildet wird.Vellus lässt regionale, dispositionelle und auch geschlechtsspezifische Unterschiede erkennen. Regionenspezifisch kommen Kräuselhaare als Achselhaare, Hirci, und Schamhaare, Pubes, sowie Borstenhaare als Wimpern, Cilia, Haare der Augenbrauen, Supercilia, Nasenhaare, Vibrissae, und Haare des äußeren Gehörgangs, Tragi,vor. Geschlechtsspezifisch ist der horizontale Abschluss der Schambehaarung bei der Frau, ihr rautenförmiger
Aufstieg zum Nabel beim Mann. Hinzu kommen beim Mann eine Behaarung an der Innenfläche der Oberschenkel und eine starke Behaarung an der Brust. Anordnung der Haare. Die Haare sind regelmäßig in Linien und Dreiergruppen angeordnet. Sie stecken schräg in der Hautoberfläche. Haarstrich und Haarwirbel entstehen dadurch, dass Gruppen von Haaren eine gleichartige Schrägstellung haben, die sich von der der Umgebung unterscheidet. Aufbau der Haare. Ein Haar besteht aus (⊡ Abb. 5.6) ei-
nem Abschnitt, der über die Epidermis hinausragt, und einem Abschnitt in der Haut. Die Grenze zwischen beiden Abschnitten entspricht dem Boden einer trichterförmigen Einsenkung der Epidermis am Ort des Haarvorkommens, Infundibulum. Die Gesamtheit der Oberflächeneinsenkung mit der Befestigung des Haares wird als Haarfollikel bezeichnet. Im Bodenbereich des Infundibulums münden Ausführungsgänge von Talgdrüsen und darüber gelegen eventuell von Schweißdrüsen. Unmittelbar unter dem Infundibulum setzt der glatte M. arrector pili an, der das Haar aufrichten kann, Haarsträuben, z. B. bei Emotionen. Auch können die Mm. arrectores pilorum die Haut dort einziehen, wo sie am Stratum papillare ansetzen, »Gänsehaut« bei Kälte. Gemeinsam ist beiden Abschnitten des Haares der Haarschaft. Der Haarschaft ist der vollständig verhornte Teil des Haares. Bei langen Haaren hat er eine zentrale fadenförmige Medulla, Mark, mit Hohlräumen. Im Wesentlichen besteht der Haarschaft jedoch aus einem Cortex, Rinde,
165 5.7 · Pili, Haare
der aus langen verhornten Zellen mit dicht gepackten Keratinfilamenten aufgebaut ist. In der Haut folgt dem vollständig verhornten Teil des
Haarschafts eine keratogene Zone, die sich bis in die Haarwurzel mit dem Haarbulbus fortsetzt.
das Haarwachstum aus. Induziert wird es von den Fibroblasten der Haarpapille. > Klinischer Hinweis Eine Zerstörung des Haarbulbus, z. B. durch Elektrokoagulation, verhindert jede Neubildung von Haaren.
Im Einzelnen Der Haarbulbus besteht aus Matrixzellen, die aus Stamm-
Umgeben wird der Haarschaft innerhalb der Haut (⊡ Abb. 5.7) von einer Cuticula, inneren epithelialen Wurzelscheide, äußeren epithelialen Wurzelscheide und bindegewebigen Wurzelscheide. Haarschaft, Kutikula und epitheliale Wurzelscheide sind aus den Zellen des Haarbulbus (Haarzwiebel) hervorgegangen. Der Haarbulbus, Bulbus pili, ist glockenförmig und umfasst die bindegewebige Haarpapille. Vom Bulbus geht
zellen hervorgegangen sind. Die Matrixzellen ihrerseits entwickeln sich zu undifferenzierten und kaum geordneten Keratinozyten, die nach oben geschoben werden, sich ordnen und zu den Zellen aller Haaranteile werden. Zwischen den Matrixzellen des Haarbulbus liegen Melanozyten, die ihre Melanosomen an die umgebenen Keratinozyten abgeben und die Haarfarbe hervorrufen. Grauen Haaren fehlt das Pigment, weil die Melaninproduktion erloschen ist oder die Melanozyten zugrundegegangen sind. Meistens besteht eine Erbanlage hierfür. Ergrauen dicker Haare kann auch durch Einlagerung von Luftbläschen ins Haarmark zustandekommen. Die Kutikula ist eine Schicht dachziegelförmig angeordneter Hornzellen. Sie verzahnen sich mit gegen sie gerichteten Hornzellen der inneren epithelialen Wurzelscheide. Dadurch ist die Kutikula für die Befestigung des Haares im Haarfollikel verantwortlich. Die innere Haarwurzelscheide ist zweischichtig (Huxley-Schicht, Henle-Schicht). Sie reicht bis zur Einmündung der Talgdrüse. Dort werden ihre Zellen abgestoßen. Die äußere epitheliale Wurzelscheide setzt sich nach oben hin kontinuierlich in die Epidermis fort. In der äußeren epithelialen Wurzelscheide befindet sich ein Wulst, an dem der zugehörige M. arrector pili ansetzt. Der Wulst enthält Stammzellen, die während des Haarwechsels die Matrixzellen liefern. Die bindegewebige Wurzelscheide wird als Haarbalg bezeichnet. Sie ist durch eine dicke Basalmembran von der epithelialen Wurzelscheide getrennt. Haarbalg und Haarpapille sind gefäß- und nervenreich. Sie tragen zur Versorgung des Haares bei. Haarwechsel. Haare haben eine begrenzte Lebensdauer
(Kopfhaare 2–6 Jahre, Wimpern 3–6 Monate). Den größten Teil der Zeit wachsen die Haare (Anagenphase), durchschnittlich 1 cm pro Monat. Der Wachstumsphase folgen eine kurze Übergangsphase (Katagenphase) und die Ruhepause (Telogenphase, bei Kopfhaaren 2–4 Monate). Der Haarwechsel erfolgt dadurch, dass ein neu gebildetes Haar das von der ernährenden bindegewebigen Papille abgelöste alte »Kolbenhaar« (wegen des besenförmigen Wurzelkolbens) herausschiebt. ⊡ Abb. 5.7. Haar im Wuzelbereich
5
166
Kapitel 5 · Haut und Hautanhangsorgane
>
5
In Kürze
Terminalhaare sind die Kopfhaare und beim Mann die Barthaare. Alle übrigen Haare sind Wollhaare. Die Haarbildung geht von Matrixzellen im Haarbulbus aus.Von hier rücken verhornende Keratinozyten in alle Haarschichten vor: Haarschaft, Kutikula, innere und äußere epitheliale Wurzelscheide. Der Haarschaft überragt auch die Epidermis. Die Kutikula reicht bis zum Boden des Infundibulums des Haarfollikels. Sie dient vor allem der Haarbefestigung. Die innere Wurzelscheide löst sich in der Tiefe des Infundibulums auf. Die äußere Wurzelscheide setzt sich dagegen nahtlos in die Epidermis fort. Die Stammzellen für die Matrixzellen des Haarbulbus befinden sich im Wulst, der zur äußeren epithelialen Wurzelscheide gehört. Dort setzt auch der M. arrector pili an. Die Versorgung des Haares erfolgt von der bindegewebigen Wurzelscheide aus. In das Infundibulum münden die Talgdrüsen. Der Haarwechsel erfolgt in mehreren Stufen sehr unterschiedlicher Dauer.
Ungues, Nägel
5.8
Wichtig
Fuß- und Zehennägel gehen aus einer keratogenen Matrixzone des Nagelbettes hervor. Die Nagelplatte selbst ist eine dicke Hornplatte aus dachziegelartig verklebten Hornschuppen.
Die Nägel sind Schutzeinrichtungen für die Endglieder der Finger und Zehen. Sie bilden gleichzeitig ein Widerlager für den Druck auf den Tastballen des Nagelglieds. Geht ein Nagel verloren, ist die Tastempfindung in dem betroffenen Endglied eingeschränkt. Nagelplatte. Es handelt sich um eine etwa 0,5 mm dicke Hornplatte der Epidermis, die mit dem Nagelbett verbacken ist. Der Nagel wird aus polygonalen, dachziegelartig verklebten Hornschuppen (Keratozyten) aufgebaut. Die Festigkeit des Nagels geht auf Zytokeratine zurück, die wie im Stratum corneum die Hornschuppen versteifen.
>
Nagelwall. Der Nagel wird seitlich und hinten vom Nagelwall, einer Hautfalte, umrahmt. Im Bereich der Nagelwurzel bildet der Nagelwall die etwa 0,5 cm tiefe Nageltasche. Vom vorderen Rand der Nageltasche wächst ein epitheliales Häutchen, das Eponychium, auf die Ober-
fläche des Nagels. Es kann ohne Schaden bei der Nagelkosmetik entfernt werden. Nagelbett, Lectulus, ist der Hautbereich unter der Nagelplatte. Dort hat die Dermis, Hyponychium, längs gestellte Leisten. Die Blutkapillaren dieser Leisten schimmern durch die Nagelplatte hindurch und verursachen die natürliche Nagelfarbe. Das Epithel besteht nur aus Stratum basale und Stratum spinosum. Jedoch befindet sich proximal, z. T. vom Nagelwall bedeckt, eine keratogene Zone, Nagelmatrix. Sie schimmert halbmondförmig, hell durch den Nagel hindurch, Lunula. Sie ist nach vorne konvex begrenzt. Ist die Nagelmatrix zerstört, kann kein Nagel mehr gebildet werden. Wachstum. Die Fingernägel wachsen in der Größenordnung von 1,5 mm pro Woche, sodass in etwa 3 Monaten ein Fingernagel ersetzt ist. Zehennägel wachsen wesentlich langsamer.
In Kürze
Die Nagelplatte besteht aus dachziegelartig verklebten Hornschuppen. Sie werden in einer keratogenen, hell durchschimmernden Matrixzone des Nagelbettes, Lunula, gebildet. Die Nagelplatte ist mit der darunter gelegenen Epidermis verbacken. Die Dermis bildet hier längs gestellte, stark kapillarisierte Leisten (Nagelfarbe).
6
Bewegungsapparat 6.1
Allgemeine Anatomie des Bewegungsapparates – 168
6.1.1
Allgemeine Morphologie und Biologie der Knochen – 168
6.1.2
Allgemeine Gelenklehre – 173
6.1.3
Allgemeine Muskellehre – 178
6.1.4
Allgemeine Aspekte der Biomechanik – 187
6.2
Rumpf – 189
6.2.1
Hintere Rumpfwand – 189
6.2.2
Vordere Rumpfwand – 211
6.2.3
Leitungsbahnen des Rumpfes – 236
6.3
Extremitäten – 241
6.3.1
Entwicklung der Extremitäten – 241
6.3.2
Schultergürtel und obere Extremität – 245
6.3.3
Becken und untere Extremität – 304
168
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
>
6
Einleitung
Der Bewegungsapparat ist ein System aus Knochen, Gelenken, Bändern und Skelettmuskeln. Eine wichtige Teilaufgabe ist die Ausführung von Bewegungen. Nicht minder wichtig ist die Haltefunktion. Der Bewegungsapparat setzt sich aus einem passiven und einem aktiven Anteil zusammen. Zum passiven Bewegungsapparat gehören die Knochen, die zum Skelett zusammengefasst und durch Gelenke und Bänder miteinander verbunden sind. Der aktive Bewegungsapparat umfasst die Skelettmuskulatur, die die einzelnen Skeletteile gegeneinander bewegt oder in einer bestimmten Stellung fixiert. Bau und Funktion des Bewegungsapparates des Menschen ermöglichen den aufrechten Gang.Während bei Landwirbeltieren zwei Drittel des Körpergewichtes auf den vorderen Extremitäten ruhen und die hinteren Extremitäten vor allem dem Antrieb dienen, ist beim Menschen beides in der unteren Extremität vereinigt. Dadurch ist die obere Extremität für Erkundungen und Gestaltungen frei geworden. Andererseits befindet sich der Mensch in einer Dauerauseinandersetzung mit der Schwerkraft. Paradoxerweise ist er dafür schlecht ausgestattet, denn der Schwerpunkt des menschlichen Körpers liegt hoch – vor den unteren Lendenwirbeln. Ausgeglichen wird dieses drohende Gleichgewichtsproblem durch permanente sensomotorische Regulationen des Muskeltonus durch das Nervensystem.
6.1
Allgemeine Anatomie des Bewegungsapparates
6.1.1
Allgemeine Morphologie und Biologie der Knochen
Wichtig
Knochen haben unterschiedliche Formen. Damit verbunden sind Unterschiede in ihrer Struktur und Entwicklung und in der Funktion des Knochenmarks.
Allen Knochen gemeinsam ist eine dünne oberflächliche Schicht kompakten Knochens, Substantia corticalis. Das Innere füllt ein Schwammwerk aus feinen Knochenbälkchen, Substantia spongiosa. In den Spongiosamaschen befindet sich Knochenmark. Nach der äußeren Form lassen sich unterscheiden lange Knochen, kurze Knochen und platte Knochen.
am deutlichsten den Aufbau aus funktionell unterschiedlichen Abschnitten (⊡ Abb. 6.1): Die Diaphyse, der Schaft, ist das meist röhrenförmige Mittelstück. In ihm ist die Kortikalis massiv ausgebildet, Substantia compacta. Sie umschließt einen mit Knochenmark erfüllten Hohlraum, Markhöhle, Cavitas medullaris. 2 Epiphysen, die meist verdickten Endstücke, bilden die Gelenkenden. Sie besitzen ähnlich wie die kurzen Knochen eine Spongiosa, die von einer relativ zarten Kortikalis überzogen ist und Knochenmark enthält. 2 Epiphysenfugen, die zwischen Epiphyse und Diaphyse gelegenen knorpeligen Abschnitte des noch wachsenden Knochens. Sie entsprechen der Zone des Längenwachstums (S. 55). Sie verschwinden mit Abschluss des Wachstums, sind aber noch geraume Zeit als Epiphysenlinie erkennbar (⊡ Abb. 6.6). 2 Metaphysen, die an die Epiphysen angrenzenden verdickten Anteile der Diaphyse. Apophysen sind Knochenvorsprünge für den Ansatz von Muskeln und Bändern. Kurze Knochen (Hand- und Fußwurzelknochen, Wirbel-
Lange Knochen oder Röhrenknochen sind die langen
Knochen der Extremitäten. Sie zeigen von allen Knochen
körper) sind vielgestaltig und haben keine allgemeingültige Gliederung.
169 6.1 · Allgemeine Anatomie des Bewegungsapparates
Leichtbau meint, dass bei einem Minimum an Material-
⊡ Abb. 6.1. Schematische Darstellung der Bauelemente eines Röhrenknochens (Humerus). Der distale Knochenabschnitt ist längs halbiert, um Kompakta, Kortikalis und Spongiosa zu veranschaulichen
Platte Knochen (Brustbein, Rippen, Schulterblatt, viele
Schädelknochen) bestehen aus 2 Schichten kompakten Knochens, die eine mehr oder weniger dicke Spongiosa zwischen sich fassen. Die Spongiosa kann bei sehr flachen Knochen fehlen, z. B. im dünnen Teil des Schulterblatts. In den Knochen des Schädeldachs wird sie als Diplo6e bezeichnet. Nicht alle Knochen sind in dieses Schema einzuordnen. Einige vereinigen nämlich Strukturmerkmale verschiedener Knochenformen in unterschiedlicher Mischung. Dazu gehören z. B. die pneumatisierten Knochen des Schädels. Sie enthalten luftgefüllte, mit Schleimhaut ausgekleidete Hohlräume.
aufwand ein Maximum an Stabilität erreicht wird. Dies führt beim Knochen zu einer Absenkung des Energiebedarfs und ermöglicht eine relativ grazile Skelettmuskulatur, beides ein Selektionsvorteil. Beim Menschen entfallen nur etwa 10 % des Körpergewichts – etwa 7 kg – auf das Skelett und 30 % auf die Muskulatur. Der Leichtbau wird beim Knochen realisiert durch Verwendung von Lamellenknochen (S. 50), einem Baumaterial mit hochwertigen mechanischen Eigenschaften. Es hat eine höhere Druck-, Zug- und Biegefestigkeit als Geflechtknochen (S. 51), trajektorielle Bauweise, d. h. durch Anordnung des Baumaterials jeweils in Richtung der größten Druckund Zugspannungen sowie der Biegebeanspruchung – bei gleichzeitiger Einsparung von Material an weniger belasteten Stellen. Trajektorien sind in der Technik Linien, die die Richtung des größten Drucks oder Zuges bzw. der Biegung angeben, z. B. die Verstrebungen eines Baukrans. Sichtbar wird dies beim Knochen am Verlauf der Spongiosa (⊡ Abb. 6.2, 6.3 e). Beispiele für trajektorielle Bauweisen des Knochens Beim Wirbelkörper verlaufen die Spongiosabälkchen entsprechend der Druckbelastung durch das Körpergewicht senkrecht von der oberen zur unteren Deckplatte. Gleichzeitig treten in allen Richtungen senkrecht zur Druckrichtung Zugspannungen auf. Entsprechend durchziehen die Wirbelkörper zusätzliche Bälkchen von vorn nach hinten und von rechts nach links (⊡ Abb. 6.2). Proximales Femurende. Infolge der abgewinkelten Form des Oberschenkelknochens (S. 312) werden die Druckkräfte, die durch das Körpergewicht entstehen, von Biegeund Scherkräften überlagert. Daher nehmen die Spongiosabälkchen hier einen bogenförmigen Verlauf, wobei sich die Bogensysteme entsprechend den Druck- und Zugspannungstrajektorien rechtwinklig kreuzen (⊡ Abb. 6.3 e). Am Ober- und Unterarm lässt sich zeigen,dass Diaphysen langer Knochen vornehmlich einer Biegebeanspruchung
Funktioneller Bau der Knochen Wichtig
Wesentliches Merkmal des menschlichen Skeletts ist seine Leichtbauweise bei voll erhaltener Stabilität. Dabei passen sich die Knochenstrukturen Druck-, Zug- und Biegebeanspruchungen an.
⊡ Abb. 6.2. Spongiosaarchitektur eines Wirbelkörpers. Die Pfeile bezeichnen die Richtung der Druck- und Zugspannungen
6
170
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
6 ⊡ Abb. 6.3 a–e. Materialeinsparung durch Leichtbauweise am Beispiel eines Krans. Die exzentrisch angreifende Kraft P erzeugt außer Druckbelastung Biegebeanspruchung. a Massivbauweise. Verteilung der Druck- und Zugspannungen (Pfeile). b Leichtbauweise durch Anordnung des Materials in Richtung der Druck- und Zugspannungen. c Zuggurte vermindern die Biegebeanspruchung und führen zu weiterer Materialeinsparung. d Bei Biegebeanspruchung in verschiedenen Richtungen (Kräfte P1–P7) ist die Rohrform am günstigsten. e Leichtbauweise des proximalen Femurendes. Die schwarzen Striche innerhalb des Knochens symbolisieren die Verteilung und Orientierung von Knochensubstanz als Spongiosabälkchen und als Kortikalis analog den Verstrebungen des Krans in b und c. Die roten Striche außerhalb des Knochens zeigen die Zuggurtung durch Muskeln und Faszien analog Abb. c
⊡ Abb. 6.4 a–c. Schema der Biegebeanspruchung bei gleicher Gewichtsbelastung. Bei zwei verschiedenen Muskelanordnungen (schwarze Bänder) wird a einmal vorwiegend der Unterarmknochen, b das andere Mal vorwiegend der Oberarmknochen auf Biegung beansprucht. c Das gleichzeitige Vorkommen beider Muskeln reduziert die auf beide Knochen einwirkenden Biegekräfte auf ein Minimum.
unterliegen und die Rohrform hier am besten für den Leichtbau geeignet ist. ⊡ Abbildung 6.4 a macht dies am Unterarm deutlich,der durch einen Muskel am Oberarm fixiert und mit einem Gewicht belastet ist.Gleiches gilt für den Oberarmknochen, wenn die Beugestellung durch einen Unterarm fixiert wird (⊡ Abb. 6.4 b). Minimiert wird die Belastung erst durch den gleichzeitigen Einsatz beider Muskeln (⊡ Abb. 6.4 c). Wichtig
Die Biegung ist die vorherrschende Beanspruchungsform der langen Knochen. Ihre Diaphysen haben deswegen Rohrform. Sie unterliegen gleichzeitig hohen Zugspannungen.
ⓘ Infobox Wird ein massiver Rundstab (⊡ Abb. 6.5) durch eine äußere Kraft gebogen, so treten an der Konkavität Druckspannungen und an der Konvexität Zugspannungen auf, wie Runzel- und Rissbildung beim Biegen einer Grünholzgerte zeigen. Sowohl die Druckspannungen als auch die Zugspannungen sind an der äußersten Zone des Rundstabs am größten und nehmen nach innen ab (Länge der Pfeile in ⊡ Abb. 6.5). In der Mitte des Stabs herrschen weder Druck- noch Zugspannung (sog. neutrale Zone). Bei einer solchen Spannungsverteilung ist es ohne größere Einbuße an Biegefestigkeit möglich, das wenig beanspruchte Material im Zentrum des Stabs einzusparen (Röhrenform).
171 6.1 · Allgemeine Anatomie des Bewegungsapparates
⊡ Abb. 6.5. Verteilung der Zug- und Druckspannungen bei Biegung eines Rundstabes
Festigkeitsuntersuchungen der Knochenkompakta haben ergeben, dass ihre Zugfestigkeit (bis zur Reißgrenze) erheblich geringer ist als ihre Druckfestigkeit. Infolgedessen ist die Biegebeanspruchung für den Röhrenknochen am gefährlichsten. Sie erreicht bei dynamischer Belastung (Sprung, Sturz) hohe Werte und würde viel häufiger zu Frakturen führen, wenn sie nicht erheblich durch Muskelzug reduziert würde. Die Muskeln wirken als Zuggurte (⊡ Abb. 6.4). Zuggurtung (ein Begriff aus der Statik; ⊡ Abb. 6.3 c) be-
deutet, dass durch Muskelzug bei einer Biegebeanspruchung die Zugspannung im Knochen auf einer Seite aufgefangen wird. Das Prinzip der Zuggurtung ist bei den Extremitäten überall verwirklicht (⊡ Abb. 6.4). So besteht z. B. die wesentliche Funktion des Tractus iliotibialis (⊡ Abb. 6.3 e, S. 339) in Verbindung mit den ihn straffenden Muskeln in der Herabsetzung der Biegespannungen des Femurs während der Standbeinphase. > Klinischer Hinweis Knochen unterliegt bei äußerer Gewalteinwirkung infolge seiner Leichtbauweise erhöhter Bruchgefahr. So kann es an der Diaphyse der Röhrenknochen bei Stauchung oder seitlicher Gewalteinwirkung (Zugspannungen) zu Biegungsbrüchen mit querer oder schräger Rissfläche kommen. Zugspannungen bei gewaltsamer Torsion des Knochens führen zu Frakturen mit schraubiger Rissfläche (Skiunfälle). Im Bereich spongiöser Knochen mit dünner Kortikalis (kurze Knochen, Gelenkenden der Röhrenknochen) kommt es bei Kompression zu einem meist irreversiblen Einbruch der Bälkchenstruktur (Wirbelkörper, Femurkopf ). Übermäßige Zugbeanspruchung kräftiger Gelenkbänder hat vielfach einen Ausriss der spongiösen gelenknahen Knochenvorsprünge zur Folge, in denen die Bänder verankert sind.
Periost Wichtig
Die Knochen des Skeletts werden von einer gemeinsamen strumpfartigen Hülle aus Bindegewebe überzogen. Sie wird dort, wo sie dem Knochen aufliegt und
▼
mit ihm verwachsen ist, als Knochenhaut oder Periost bezeichnet. An den Gelenkenden löst sich diese Bindegewebshülle vom Knochen und springt als Gelenkkapsel zum Nachbarknochen über, wo sie sich in dessen Periost fortsetzt (S. 174).
Das Periost (⊡ Abb. 6.1) besteht aus zwei funktionell un-
terschiedlichen Schichten: Stratum fibrosum, eine vorwiegend aus Kollagenfasern bestehende derbe äußere Schicht und Stratum osteogenicum, Kambiumschicht, eine zell-, gefäß- und nervenreiche innere Schicht. Das Stratum fibrosum ist durch Kollagenfaserbündel, den Sharpey-Fasern, die in die Hartsubstanz einstrahlen,
teils fest, teils lockerer mit dem Knochen verbunden. Im Bereich der Sehnen- und Bandansätze wird eine lokale Zugbeanspruchung des Knochens dadurch vermieden, dass die Kollagenfasern der Sehnen nur zum Teil direkt in die Knochensubstanz eindringen, zum anderen Teil breit in das Stratum fibrosum ausstrahlen und damit die Zugkräfte auf eine möglichst große Fläche verteilen. Das Stratum osteogenicum stellt die Wachstumszone des Periosts dar und wird deswegen auch als Kambiumschicht bezeichnet. Es enthält zahlreiche kleine Gefäße
und Kapillaren, die die Volkmann- und Havers-Gefäße in der Substantia compacta (S. 168) speisen und damit die Ernährung der Knochensubstanz sicherstellen. Ferner enthält die Schicht viele sensible Nerven, die die Schmerzempfindlichkeit des Periosts erklären. Vor allem geht jedoch vom Stratum osteogenicum Knochenneubildung aus (S. 51). ⓘ Infobox An Stellen besonderer Beanspruchung wird die Gelenkkapsel durch kollagene Verstärkungszüge, die Gelenkbänder, gesichert (S. 174). Auch sie sind unmittelbare Fortsetzungen des Periosts. Über das Periost gehen diese Kollagenfaserbündel zentralwärts in die Sharpey-Fasern des Knochens über. Sie setzen sich aber auch an den Muskelansätzen vermittels Sehnen in die bindegewebigen Hüllsysteme der Muskeln fort (S. 180). Alle Skelettmuskeln und alle Knochen stehen damit durch ein einheitliches Kollagenfasersystem in Verbindung, das in Sehnen, Periost, Gelenkkapseln und Gelenkbändern als stark belastete Verbindungsstrukturen besondere lokale Kollagenfaserkonzentrationen aufweist.
6
172
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
Funktionelle Anpassung des Knochens Wichtig
Knochen reagiert auf Druck- oder Zugbelastung mit verstärkter Bildung von Knochenhartsubstanz. Dies ermöglicht ihm funktionelle Anpassung an die mechanischen Erfordernisse.
6
Die Tatsache, dass das Knochengewebe als widerstandsfähige Hartsubstanz erscheint, schließt nicht aus, dass es selbst beim Erwachsenen – unter Aufrechterhaltung der äußeren Knochenform – einem ständigen inneren Umbau unterliegt, insbesondere bei veränderter funktioneller Beanspruchung. Dieses Verhalten wird als funktionelle Anpassung bezeichnet. Möglich wird dies, weil Knochengewebe im Gegensatz zu Knorpelgewebe ausgezeichnet durchblutet und damit der Stoffwechsel vergleichsweise hoch ist. Verstärkte systemgerechte, d. h. über die Gelenkenden wirkende Belastung führt z. B. bei den Röhrenknochen zu einer Verdickung der Kompakta und der Spongiosabälkchen: Aktivitätshypertrophie. Umgekehrt schwindet Knochenmaterial bei Muskellähmung oder längerer Ruhigstellung (Gipsverband): Inaktivitätsatrophie. Sie ist im Röntgenbild an zarter Spongiosazeichnung zu erkennen. Knochenatrophie ist im Übrigen eine typische Altersveränderung, die eine erhöhte Bruchgefährdung zur Folge hat. Zum Knochenabbau kommt es auch, wenn konstanter lokaler Druck auf Knochen ausgeübt wird, z. B. durch Geschwülste. Die funktionelle Anpassung der Spongiosaarchitektur zeigt sich besonders deutlich, wenn sich bei einer
>
winklig verheilten Fraktur eines Röhrenknochens neue Spannungsverteilungen ergeben. In Richtung der geänderten Druck- und Zugspannungstrajektorien werden neue Spongiosabälkchen aufgebaut und an nunmehr unbelasteten Stellen alte abgebaut. > Klinischer Hinweis Die Fähigkeit des Knochens zur funktionellen Anpassung ist die Voraussetzung der häufig durchgeführten Knochentransplantation zur Überbrückung von Knochendefekten oder zur Unterfütterung von frakturierten Gelenkenden.
Knochen als Organ Knochen hat nicht nur mechanische Aufgaben. Knochen mit seinen Bindegewebshüllen und dem Knochenmark hat vielmehr Organcharakter. So ist Knochen z. B. der wichtigste Kalziumspeicher des Körpers und das Knochenmark dient der Blutbildung (S. 130). Knochenmark. Beim Neugeborenen sind alle Knochen mit rotem, blutbildendem Knochenmark gefüllt. In den Diaphysen der Röhrenknochen wird es nach und nach durch gelbes, verfettetes Knochenmark ersetzt. Beim Erwachsenen findet sich blutbildendes Mark nur noch in den platten und kurzen Knochen sowie in einigen Epiphysen der Röhrenknochen. Die Gefäßversorgung des Knochenmarks erfolgt durch Vasa nutricia, die über das Periost durch Foramina nutricia in den Knochen eintreten (⊡ Abb. 6.1). Weitere Informationen über das Knochenmark erhalten sie auf S. 130.
In Kürze
Zu unterscheiden sind lange, kurze und platte Knochen. Lange Knochen gliedern sich in Epiphysen, Metaphysen und Diaphysen. Apophysen sind Knochenvorsprünge. Knochen haben einen Leichtbau. Sie sind trajektoriell gebaut und im Bereich der größten Druck- und Zugspannungen sowie der Biegebeanspruchung verstärkt: Kompakta, Spongiosa. An ihrer Oberfläche tragen Knochen Periost, von dem Versorgung und Knochenbruchheilung ausgeht. Knochen passt sich funktionellen Ansprüchen an und kann umgebaut werden. Knochen hat Organfunktion.
173 6.1 · Allgemeine Anatomie des Bewegungsapparates
6.1.2
Allgemeine Gelenklehre
Wichtig
An Gelenken sind Knochen entweder direkt durch eine bindegewebige oder knorpelige Brücke oder diskontinuierlich durch Zwischenschaltung eines Gelenkspaltes untereinander verbunden.
Es werden unterschieden: Synarthrosen (ohne Gelenkspalt) und Diarthrosen (mit Gelenkspalt, ⊡ Abb. 6.6).
Hemiarthrose. Eine Hemiarthrose liegt vor, wenn in
einer Synarthrose ein flüssigkeitsgefüllter Spalt vorhanden ist. Dies kann z. B. in der Symphysis pubica, Schambeinfuge, in der Regel eine Synchondrose, der Fall sein.
Diarthrosen Wichtig
Diarthrosen sind echte Gelenke, in denen knorpelüberzogene Gelenkenden der Knochen durch Zwischenschaltung eines Gelenkspaltes meist ausgiebig gegeneinander bewegt werden können.
Synarthrosen
Synarthrosen liegen vor, wenn ein Gelenkspalt fehlt. Sie treten auf als Syndesmose, Bandhaft, Synchondrose, Knorpelhaft und Synostose, Knochenhaft.
Der Bewegungsspielraum von Diarthrosen variiert je nach Konstruktion erheblich. Gemeinsam sind jedoch allen Diarthrosen zwei miteinander in Zusammenhang stehende Funktionen: Vermittlung der Beweglichkeit und Aufnahme des Drucks bei der Kraftübertragung. Diarthrosen mit stark eingeschränktem Bewegungsumfang, z. B. kleine Fußwurzelgelenke, heißen straffe Gelenke, Amphiarthrosen. Nach der Zahl der in einem Gelenk verbundenen Skelettteile unterscheidet man eine Articulatio simplex, wenn nur zwei Skelettteile artikulieren, und eine Articulatio composita, wenn mehr als zwei Skelettteile artikulieren, z. B. Ellenbogengelenk.
Eine Zwischenform zur Diarthrose ist die Hemiarthrose.
Eine Diarthrose besteht aus (⊡ Abb. 6.6) Gelenkflächen und dem sie überziehenden Gelenk-
Syndesmose. Die Knochenverbindung wird durch straf-
Gelenkkapsel, Gelenkbändern und Gelenkhöhle.
Wichtig
In Synarthrosen (Fugen, Haften) ist die Beweglichkeit von Knochen gegeneinander durch das Fehlen eines Gelenkspaltes in der Regel sehr gering. Im Übrigen sind Synarthrosen durch zunehmende Verknöcherung des zwischengeschalteten Knorpels oder Bindegewebes häufig Zuwachszonen der Knochen.
knorpel,
fes kollagenes Bindegewebe hergestellt, z. B. Membrana interossea, Lig. stylohyoideum. Eine besondere Form der Syndesmose ist die Naht, Sutura, zwischen den Schädelknochen (⊡ Abb. 7.1, S. 377). Synchondrose. Das die Knochen verbindende Gewebe besteht aus hyalinem oder Faserknorpel. Beispiele: Zwischenwirbelscheiben, Synchondrosis sternalis, Symphysis pubica und Knochenverbindungen der kindlichen Schädelbasis, die später synostosieren. Synostose. Wird das Zwischengewebe einer Synarthrose durch Knochengewebe ersetzt, so entsteht unter Verlust aller Beweglichkeit eine Synostose, z. B. Verknöcherung der Schädelsuturen, der Epiphysenfugen.
Gelenkknorpel, Cartilago articularis. Gelenkknorpel überzieht die Gelenkflächen, Facies articulares, die je
nach Bewegungserfordernissen unterschiedlich geformt sind. Bei knorpelig präformierten Knochen ist der Gelenkknorpel der nicht verknöcherte Rest des embryonalen Knorpels und besteht aus hyalinem Knorpel. Wo Deckknochen gelenkig verbunden sind, z. B. im Kiefergelenk, findet sich als Überzug Faserknorpel. Dem Gelenkknorpel fehlt ein faseriges Perichondrium. Seine Oberfläche ist spiegelnd glatt. Gelenkknorpel wird durch Druck, z. B. in vielen Gelenken beim Stehen, aber auch durch Dreh-Gleit-Bewe-
6
174
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
verzweigten Fibrozyten flächenhaft ausgebreitet und bieten somit histologisch das Bild eines einschichtigen, zuweilen auch mehrschichtigen Epithels. Die Membrana synovialis bildet gefäßreiche Falten, Plicae synoviales, und fettzellhaltige, auch vaskularisierte Zotten, Villi synoviales. Sie enthält zahlreiche Nervenfasern und Rezeptoren; sie ist deswegen äußerst schmerzempfindlich.
6 ⊡ Abb. 6.6. Schema eines echten Gelenks (Diarthrose, Articulatio synovialis). Zu beachten ist die Ausdehnung der Gelenkhöhle und deren Begrenzung durch Gelenkknorpel und durch die Membrana synovialis
gungen, z. B. im Kniegelenk beim Laufen, belastet. Stark druckbelastete Gelenkflächen haben einen besonders dicken Knorpelbelag, Kniegelenk bis 5 mm. Bei inkongruenten Gelenkflächen spielt die Verformbarkeit des Knorpels eine wichtige Rolle: Die Kontaktfläche der Gelenkenden wird mit steigendem Druck ständig größer und die Druckverteilung entsprechend besser. Entsprechend verhält sich der Feinbau der Gelenkknorpel (S. 48). Gelenkkapsel, Capsula articularis. Die Gelenkkapsel um-
schließt das Gelenk allseitig und kann als Fortsetzung des Periostschlauchs betrachtet werden (⊡ Abb. 6.6, s. oben). Dementsprechend besteht die Gelenkkapsel aus einer äußeren Faserschicht, Membrana fibrosa und einer inneren Schicht, die als Membrana synovialis das Stratum osteogenicum des Periosts ersetzt. Die Membrana fibrosa ist bei den einzelnen Gelenken von sehr unterschiedlicher Dicke. Kräftige Bündel oder Züge von Kollagenfasern, an denen auch einstrahlende Sehnenausläufer beteiligt sein können, werden als Gelenkbänder gesondert beschrieben, obwohl sie integraler Teil der Gelenkkapsel sein können. Die Membrana synovialis stellt die Gelenkinnenhaut
dar und besteht aus lockerem Bindegewebe mit einzelnen Fettzellen. An der inneren Oberfläche sind die sonst
Gelenkbänder. Gelenkbänder sind ein wichtiger Bestandteil sämtlicher Gelenke. Sie zeigen wie die Sehnen eine straffe Textur aus weitgehend parallel orientierten Kollagenfasern. Meist sind sie als Verstärkungsbänder in die Membrana fibrosa der Gelenkkapsel eingewebt, können aber auch ohne engere Beziehung zur Kapsel die artikulierenden Knochen miteinander verbinden. Gelenkbänder haben zwei Aufgaben: Sie sichern die Führung der Gelenke während einer Bewegung, verhindern also Bewegungen in unerwünschten Richtungen. Sie begrenzen die Gelenkexkursionen, hemmen also übermäßige Gelenkausschläge in bestimmte Richtungen. Wichtig
Der Zusammenschluss der Gelenkflächen erfolgt durch äußere Kräfte, z. B. das Körpergewicht oder Zugkräfte der über das Gelenk ziehenden Muskeln, nicht durch Bänder.
Gelenkhöhle, Cavitas articularis. Die Gelenkhöhle ist im eigentlichen Sinn keine Höhle, sondern ein kapillarer Spalt. Sie enthält lediglich eine geringe Menge Synovia. Synovia ist ein Gleitmittel und dient der Ernährung des gefäßlosen Gelenkknorpels. An der Bildung dieser proteoglykanhaltigen, hyaluronsäurereichen, schleimartigen Flüssigkeit sind die Fibrozyten der Membrana synovialis beteiligt. In der Nachbarschaft vieler Gelenke kommen Schleimbeutel vor. Viele stehen als Ausstülpungen der Gelenkkapsel mit der Gelenkhöhle in Verbindung.
175 6.1 · Allgemeine Anatomie des Bewegungsapparates
Sonderstrukturen und Hilfseinrichtungen
Bewegungsführung von Gelenken
Wichtig
Wichtig
Sonderstrukturen und Hilfseinrichtungen der Gelenke dienen dazu, bei allen Gelenkstellungen eine gleichmäßige Belastung herbeizuführen, obgleich biologische Gelenke im Gegensatz zu technischen Gelenken keinen optimalen Gelenkschluss haben. Dafür kann ein biologisches Gelenk in unterschiedlichen Stellungen unterschiedliche Freiheitsgrade haben.
Die Bewegungsmöglichkeiten eines Gelenks werden durch Kombination aus Form der Gelenkflächen, Anordnung der Bänder, Zugrichtung der Muskeln und Verteilung der umgebenden Weichteile bestimmt.
Hilfseinrichtungen bei Gelenken bestehen aus straffem kollagenem Bindegewebe oder Faserknorpel: Disci articulares, Zwischenscheiben, Menisci articulares als spezielle Formen der Disci articulares und Labra glenoidalia, Pfannenlippen. Ein Discus articularis findet sich u. a. im Kiefergelenk. Er
ist an seiner Zirkumferenz mit der Gelenkkapsel verwachsen und teilt somit das Gelenk in 2 Abteilungen. Er dient als Druckverteiler und hat eine Polsterfunktion, da er inkongruente Gelenkflächen ausgleicht.
Für die Funktionstüchtigkeit eines Gelenks sind eine geordnete Bewegungsführung und eine Hemmung in bestimmten Extremstellungen unerlässlich. Ein Schlottergelenk, mit einem zu schlaffen Bandapparat, ist funktionell minderwertig. Führung sowie Hemmung eines Gelenks können erfolgen durch: Knochenführung – Knochenhemmung, Bänderführung – Bänderhemmung, Muskelführung – Muskelhemmung und Weichteil- oder Massenhemmung. Das Ausmaß der Führung bzw. Hemmung ist bei den einzelnen Gelenken sehr unterschiedlich.
Menisci articulares sind eine unvollständige Sonderform des Discus articularis, die nur im Kniegelenk vorkom-
Knochenführung ist nur bei einigen Gelenken mit be-
men. Wegen ihrer C-förmigen Gestalt unterteilen sie das Gelenk unvollständig.
sonders geformten Gelenkflächen gegeben, z. B. Humeroulnargelenk (S. 263).
Labra glenoidalia kommen im Schulter- und Hüftgelenk vor. Sie vergrößern als verformbare Ringwülste den äußeren Umfang der Gelenkpfanne und damit die Kontaktfläche der artikulierenden Skelettteile. Außerdem setzen sie den am Pfannenrand entstehenden Druck herab.
Knochenhemmung kommt bei gewaltsamer Über-
Gefäßversorgung und Innervation Gelenke werden reichlich mit Blut versorgt, insbesondere die stark kapillarisierte Synovialmembran. Außerdem sind Gelenke schmerzempfindlich. Die Blutversorgung der Gelenke erfolgt durch Gefäßringe am Übergang vom Periost zur Gelenkkapsel. Zur Innervation erreichen zahlreiche afferente Nervenfasern zur Wahrnehmung von Tiefensensibilität und Schmerz das Stratum fibrosum der Gelenkkapsel und ihre Nachbarschaft.
streckung im Ellenbogengelenk vor. Bänderführung hat große Bedeutung bei Gelenken mit stark inkongruenten Gelenkflächen, z. B. Kniegelenk, mit planen Gelenkflächen, z. B. Hand- und Fußwurzelgelenke, und bei Scharniergelenken. An die Stelle der fehlenden Knochenführung tritt der Bandapparat, der Gelenkbewegungen nur in bestimmte Richtungen freigibt. Bänderhemmung ist funktionell wichtig. In vielen Gelenken wird die Streckung ausschließlich durch Bänder gehemmt, z. B. Hüft-, Knie- und Ellenbogengelenk, Finger- und Zehengelenke. Muskelführung ist bei Gelenken erforderlich, deren aus-
giebige Bewegungen weder durch Knochen- noch durch Bänderführung gesichert sind, z. B. Schultergelenk. Die Muskeln wirken hierbei als »verstellbare Bänder«. Sie unterliegen der Regelung durch das Nervensystem.
6
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Kapitel 6 · Bewegungsapparat
Muskelhemmung liegt vor, wenn bei bestimmten Gelenkstellungen die Dehnbarkeit eines mehrgelenkigen Muskels bzw. einer Muskelgruppe erschöpft ist, z. B. Vorbeugung im Hüftgelenk bei gestrecktem Kniegelenk. Weichteil- oder Massenhemmung tritt z. B. beim Kiefer-
gelenk und bei extremer Beugung im Ellenbogen- oder Kniegelenk in Erscheinung.
Gelenktypen
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Der aus der Physik übernommene Begriff Freiheitsgrad definiert die Bewegungsmöglichkeiten zweier Körper in den drei Richtungen des Raumes zueinander. In der Gelenkmechanik werden dabei die Bewegungsachsen (Hauptachsen) beschrieben. Ihre Kenntnis für jedes einzelne Gelenk erleichtert daher das Verständnis der Gelenkexkursionen und der Muskelwirkungen. Entscheidenden Einfluss auf die Bewegungsmöglichkeiten hat dabei jeweils die Form der Gelenkflächen.
Wichtig
Zu unterscheiden sind (⊡ Abb. 6.7) dreiachsige Gelenke mit drei Freiheitsgraden:
Nach Zahl und Art der Freiheitsgrade bei Bewegungen werden mehrere Gelenktypen unterschieden.
zweiachsige Gelenke mit zwei Freiheitsgraden:
Kugelgelenk, Eigelenk, Sattelgelenk,
⊡ Abb. 6.7 a–e. Gelenkformen. a Prinzip eines dreiachsigen Gelenks: Kugelgelenk oder Nussgelenk. b Zweiachsiges Gelenk: Eigelenk. c Zweiachsiges Gelenk: Sattelgelenk. d Einachsiges Gelenk: Scharniergelenk mit quer liegender Achse. e Einachsiges Gelenk: Scharniergelenk mit längs verlaufender Achse (Radgelenk). Die Pfeile zeigen die Bewegungsmöglichkeiten an
177 6.1 · Allgemeine Anatomie des Bewegungsapparates
einachsige Gelenke mit einem Freiheitsgrad: Scharniergelenk, Radgelenk und ebene Gelenke: flaches Gelenk. Articulatio sphaeroidea (⊡ Abb. 6.7 a). Dreiachsige Gelenke besitzen einen kugelförmigen Gelenkkopf, der mit einer entsprechend gehöhlten Gelenkpfanne artikuliert, z. B. Schultergelenk, Hüftgelenk. Das Gelenk erlaubt Bewegungen in beliebig viele Richtungen, die aber im Prinzip auf drei Hauptrichtungen, Freiheitsgrade, reduziert werden können. Die Hauptbewegungen erfolgen um drei Hauptachsen, die senkrecht aufeinander stehen und sich alle im Kugelmittelpunkt kreuzen: Innenrotation – Außenrotation: Drehung um die Längsachse des Knochens (1. Hauptachse). Flexion, Beugung – Extension, Streckung. Die Längsachse des einen Knochens wird gegenüber der Längsachse des anderen Knochens um eine transversale Achse (quer gelegen, 2. Hauptachse) gebeugt. Abduktion, Abspreizen – Adduktion, Heranführen. Auch hier werden die Längsachsen der artikulierenden Knochen gegeneinander gebeugt, aber um eine sagittale (dorsoventrale) 3. Hauptachse. Zirkumduktion ist eine kombinierte Bewegung um die 2. und 3. Hauptachse, z. B das Zeichnen einer Kreisfigur mit der Zeigefingerspitze. Kugelgelenk,
ⓘ Infobox Das Ausmaß der Bewegungen in Kugelgelenken ist unterschiedlich. Wenn die Gelenkpfanne den Gelenkkopf um mehr als die Hälfte umfasst, wie beim Hüftgelenk, ist die Beweglichkeit eingeschränkt. Diese Gelenkform wird auch als Nussgelenk bezeichnet.
Beim Eigelenk, Articulatio ellipsoidea, verhindern im
Unterschied zum Kugelgelenk der quer liegende eiförmige Gelenkkopf und die entsprechend geformte Pfanne eine Rotation um die Längsachse. Bewegungen um die beiden anderen Achsen sind frei, z. B. proximales Handgelenk (⊡ Abb. 6.7 b). Beim Sattelgelenk, Articulatio sellaris, besitzen die
Gelenkflächen jeweils die Form eines Reitsattels (⊡ Abb. 6.7 c). Die Rotation um die Längsachse ist bei dieser Gelenkart eingeschränkt, die Bewegung um die beiden anderen Achsen (Beugung und Streckung; Ab- und Adduktion) ist möglich, z. B. Karpometakarpalgelenk des Daumens. Die Kombination beider erlaubt eine Zirkumduktion.
Scharniergelenk. Die meisten einachsigen Gelenke sind Scharniergelenke. Sie haben eine quer liegende Achse (⊡ Abb. 6.7 d). Der Zwangslauf ihrer Bewegungen wird stets durch Seitenbänder, Kollateralbänder, gesichert. Die Bewegungen bestehen in Beugung und Streckung, z. B. Humeroulnargelenk,Mittel- und Endgelenke der Finger. Das Radgelenk, Articulatio trochoidea, hat eine in der
Längsrichtung der artikulierenden Knochen verlaufende Achse (⊡ Abb. 6.7 e), z. B. Gelenk zwischen Atlas und Axiszahn, Articulatio atlantoaxialis mediana. Ebenes Gelenk, Articulatio plana. Ein ebenes Gelenk mit
planen Gelenkflächen erlaubt seitliche Verschiebungen, z. B. Articulationes intervertebrales. Die Bewegungsmöglichkeiten sind in der Regel durch straffe Bänder stark eingeengt, z. B. in der oberen Brustwirbelsäule, können bei lockerem Bandapparat aber auch erheblich sein, z. B. Hals- und Lendenwirbelsäule. ⓘ Infobox Gemessen (in Grad) werden die Gelenkbewegungen mit der Neutral-Null-Methode. Ausgangspunkt (Null- oder Neutralstellung) ist der aufrecht stehende Mensch mit parallel stehenden Füßen und gerade herabhängenden Armen, Daumen nach vorn. Ein Beispiel ist das Ellenbogengelenk: Flexion 150 °, Extension 10 °.
Funktionelle Anpassung und Alterung Wichtig
Die Beweglichkeit eines Gelenks ist trainingsabhängig; traumatische und altersbedingte Schäden sind nur begrenzt reparabel.
Funktionelle Anpassung. Die Grundform der Gelenke ist genetisch festgelegt. Trotzdem wird sie durch die Funktion in gewissem Ausmaß modifiziert. Durch Training kann man den Bewegungsumfang steigern. Dabei verbreitern sich die überknorpelten Gelenkflächen. Gleichzeitig werden Gelenkkapselabschnitte ausgeweitet und Hemmungsbänder verlängert. Längerdauernde Ruhigstellung führt zu einer Schrumpfung von Kapsel und Bandapparat und dadurch zur Bewegungseinschränkung. Sofern größere Reservefalten der Gelenkkapsel existieren, verklebt deren Synovialmembran. Die verklebenden Oberflächen bestehen aus Fibrozyten, die sich aus ihrem epithelartigen Verband lösen und unter Neubildung von Kollagenfibrillen eine Verschmelzung der synovialen Oberflächen herbeiführen.
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Kapitel 6 · Bewegungsapparat
Eine Regeneration des hyalinen Gelenkknorpels ist nicht möglich, da das Perichondrium fehlt. Knorpeldefekte werden durch Bildung von Faserknorpel repariert. Gelenkbänder, fibröse Kapsel, Disken und Menisken sind bradytrophe Gewebe. Ihre Wiederherstellung nach Verletzungen dauert oft Monate.
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Alterung. Als Folge mangelnder Übung wird im Alter der Bewegungsumfang von Gelenken eingeschränkt. Regressive Veränderungen des gefäßfreien Gelenkknorpels führen zu einer Abflachung und zur Asbestdegeneration (S. 49). An den Randpartien des Gelenkknorpels kommt es zuweilen zu Knorpelproliferationen, die verkalken und später durch Knochengewebe ersetzt werden können, Arthrose. Diese arthrotischen Veränderungen können bei ständiger Überbelastung oder Fehlbelastung der Gelenke selbst in jüngerem Lebensalter auftreten. > Klinischer Hinweis Kapselverletzungen. Bei Verstauchung und Zerrung, Distorsion, oder bei Prellung, Kontusion, ist vorwiegend die Gelenkkapsel betroffen. Je nach Stärke der Gewalteinwir-
>
kung reagiert sie mit Schwellung, mit vermehrter Flüssigkeitsabsonderung in die Gelenkhöhle, Erguss, oder, falls Kapselgefäße zerreißen, mit Blutaustritt in die Gelenkhöhle, Bluterguss. Bänderverletzungen. An den genannten Traumen sind häufig die Gelenkbänder beteiligt, da sie bei den meisten Gelenken in die Kapsel eingelassen sind. Eine Bänderläsion entsteht vor allem dann, wenn äußere Kräfte eine durch Bänder gehemmte Gelenkbewegung forcieren, z. B. Überstreckung im Finger- oder Kniegelenk. Es resultieren verschiedene Verletzungsgrade von der einfachen Zerrung bis zum kompletten Riss. Knochenverletzungen. Wegen der großen Zugfestigkeit der Kollagenfasern kann die Kontinuität kräftiger Bänder erhalten bleiben und statt dessen ein Abriss des Knochenabschnitts erfolgen, an dem das Band inseriert, z. B. Abrissfraktur der Knöchel oder des Wadenbeinköpfchens. Beim Schultergelenk, einem Gelenk mit Muskelführung, kann es z. B. durch Insuffizienz der Haltemuskeln oder infolge Unterentwicklung der Pfannenlippe zur habituellen Luxation, Verrenkung, Auskugelung, kommen. Bei den Gelenken mit Bänderführung haben Luxationen gewöhnlich Kapsel- und Bänderrisse zur Folge.
In Kürze
In Synarthrosen sind Knochen bindegewebig (Syndesmose), knorpelig (Synchondrose) oder knöchern (Synostose) ohne zwischengeschalteten Gelenkspalt miteinander verbunden. Ihre Beweglichkeit ist stark eingeschränkt oder fehlt. Dementsprechend sind Diarthrosen echte Gelenke, die durch Knorpelüberzug der artikulierenden Gelenkflächen mit einem zwischengeschalteten Gelenkspalt und eine umgebende Gelenkkapsel optimale Bewegungsmöglichkeiten aufweisen. Je nach der Form der Gelenkflächen und der Struktur der umgebenden Gelenkkapsel resultieren verschiedene Gelenktypen mit unterschiedlichen Freiheitsgraden: Das Kugelgelenk ermöglicht Extension/Flexion, Abduktion/Adduktion sowie Innen-/Außenrotation. Eigelenk und Sattelgelenk lassen nur Extension/Flexion sowie Abduktion/Adduktion zu. Im Radgelenk ist Innen-/Außenrotation möglich und im Scharniergelenk Extension/Flexion. Flache Gelenke erlauben nur leichte Verschiebebewegungen.
6.1.3
Allgemeine Muskellehre
Wichtig
Alle Muskeln des Bewegungsapparates bestehen histologisch aus Skelettmuskulatur, der am schnellsten und kraftvollsten kontrahierenden Art von Muskelgewebe. Neben ihrer mechanischen Bedeutung ist die Skelettmuskulatur als größter Wärmeproduzent (Muskelzittern bei Kälte) für den Organismus wichtig.
Die Skelettmuskulatur bildet mit dem passiven Bewegungsapparat eine funktionelle Einheit. Die einzelnen Muskeln lassen sich zwar anatomisch gewöhnlich gut voneinander abgrenzen und werden deswegen einzeln benannt. Doch wirken sie meist nicht als Individuen, sondern im Verbund mit anderen Muskeln als funktionelle Muskelgruppen.
179 6.1 · Allgemeine Anatomie des Bewegungsapparates
Muskelgruppen Übereinkunftsgemäß bezeichnet man die Anheftungsstelle eines Muskels an dem Skelettteil, der weniger beweglich ist – bei den Extremitäten proximal gelegen –, als Ursprung, Origo. Die Befestigungsstelle am stärker beweglichen Skelettteil – bei Extremitäten meist distal – ist derAnsatz, Insertio. Die Begriffe Ursprung und Ansatz sind für deskriptive Zwecke notwendig. Jedoch kann je nach Körperhaltung der normalerweise bewegte Teil (»Punctum mobile«) auch zum Fixpunkt einer Bewegung (»Punctum fixum«) werden, sodass sich Ansatz und Ursprung umkehren, z. B. Bewegung der Beine gegenüber dem Rumpf beim Gehen im Vergleich zur Rumpfbeugung im Stand oder Bewegung der Arme im Stand im Vergleich zum Klimmzug. Am Muskel unterscheidet man einen aus kontraktilen Muskelfasern bestehenden Mittelteil, Muskelbauch, Venter, von den endständigen, sehr verschieden langen Sehnen, Tendines (Einzahl: Tendo), mit denen die Kontraktionskraft auf das Skelett übertragen wird.
fasern, wird die Kontraktionskraft verdoppelt, der Hub aber halbiert (s. Innere Mechanik des Skelettmuskels). Einfach gefiederte Muskeln, Mm. unipennati (⊡ Abb. 6.8 f). Die Muskelfasern gehen unter spitzen Fiederungswinkeln einseitig in die Ansatzsehne über. Diese Anordnung erlaubt die Insertion zahlreicher Muskelfasern an der Sehne, z. B. M. extensor hallucis longus. Doppelt gefiederte Muskeln, Mm. bipennati (⊡ Abb. 6.8 e). Die Muskelfasern erreichen unter verschiedenen Fiederungswinkeln von 2 Seiten die Ansatzsehne. Die Ursprungssehne ist meist als Sehnenblatt ausgebildet, z. B. M. flexor hallucis longus. Mehrfach gefiederte Muskeln. Eine sich fächerförmig in Einzelbündel aufzweigende Sehne bietet zahlreichen Muskelbündeln Ansatz, z. B. M. deltoideus. Platte Muskeln, Mm. plani (⊡ Abb. 6.8 h). Diese flächig ausgebreiteten Muskeln kommen in der Bauchwand und am Rücken vor. Die Muskelfasern verlaufen entweder parallel oder konvergierend.
Einteilung der Muskeln nach äußerlich sichtbarer Anordnung der Muskelfasern (⊡ Abb. 6.8): Spindelförmige Muskeln, Mm. fusiformes (⊡ Abb.
Einteilung der Muskeln nach Zahl, Form und Verzweigung der Muskelbäuche (⊡ Abb. 6.8): Mehrköpfige Muskeln (⊡ Abb. 6.8 d). Muskeln dieser
6.8 a). Der Muskelbauch geht beiderseits unter Verjüngung in die Sehnen über. Die Muskelfasern verlaufen fast parallel in Längsrichtung, z. B. M. biceps. Dieses äußere Bild bedeutet nicht, dass die Muskelfasern genauso lang sind wie der ganze Muskelbauch. Vielmehr sind sie oft deutlich kürzer und stehen nur über lange Bindegewebszüge mit den Sehnen in Verbindung (»interne Fiederung«). Gilt dies für alle Muskel-
Art haben mehrere selbständige Ursprungsanteile, Köpfe, die in eine gemeinsame Endstrecke, Ansatzsehne, auslaufen: M. biceps, M. triceps, M. quadriceps. Mehrbäuchige Muskeln (⊡ Abb. 6.8 d, i). Mehrere Muskelbäuche liegen hintereinander, die durch Zwischensehnen verbunden sind; zweibäuchiger Muskel: M. digastricus; mehrbäuchiger Muskel: M. rectus abdominis.
⊡ Abb. 6.8 a–i. Verschiedene Muskelformen. a Spindelförmiger Muskel, M. fusiformis; b ringförmiger Muskel, M. orbicularis; c ringförmiger glatter Muskel als Schließmuskel, M. sphincter; d zweiköpfiger Muskel, M. biceps; e doppelt gefiederter Muskel, M. bipennatus; f einfach gefiederter Muskel, M. unipennatus; g zweibäuchiger Muskel, M. digastricus; h platter Muskel, M. planus, dessen platte Sehne als Aponeurose bezeichnet wird; i mehrbäuchiger Muskel, z. B. M. rectus abdominis
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180
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
Ringförmige Muskeln, Mm. orbiculares (⊡ Abb. 6.8 b, c). Die Muskelfasern umkreisen eine Öffnung und dienen zu deren Verschluss, M. orbicularis oculi, M. orbicularis oris, M. sphincter ani externus. Zwischensehnen unterteilen sie mehr oder weniger deutlich in 2 muskuläre Halbringe.
Bindegewebige Hüllsysteme, Enkapsis Wichtig
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Skelettmuskelfasern werden durch ineinander geschachtelte bindegewebige Hüllsysteme zu Faserbündeln steigender Größenordnung zusammengefasst.
Zum besseren Verständnis dieses Kapitels empfiehlt es sich, sich zunächst mit der Histologie der Skelettmuskulatur zu beschäftigen (S. 60). Das kontraktile Element des Skelettmuskels ist die Skelettmuskelfaser (Muskelzelle der Skelettmuskulatur S. 60).Sie ist von einer Basallamina und einem gitterfaserhaltigen Fibrillenstrumpf, Sarkolemm, überzogen und gleichzeitig durch Bindegewebe aus überwiegend kollagenen Fasern in die Gesamtheit des Muskels eingefügt. Die Bindegewebsstrukturen ihrerseits sind hierarchisch gegliedert und fassen die Skelettmuskelfasern zu Bündeln steigender Größenordnung zusammen. Das bindegewebige Hüllsystem gewährleistet die Verschieblichkeit von Muskelfasern und Muskelfaserbündel gegeneinander, ist Leitstruktur für die intramuskulären Gefäße und Nerven und enthält Muskelspindeln als Registriereinrichtungen für den Dehnungsgrad der Muskelfasern (S. 65). Das Hüllsystem eines Muskels (⊡ Abb. 6.9) besteht aus – die Nomenklatur wird nicht einheitlich verwendet – Sarkolemm, der Fibrillenstrumpf, der jede individuelle Faser einhüllt.
⊡ Abb. 6.9. Muskelquerschnitt mit bindegewebigen Hüllsystemen
Endomysium, das zarte Bindegewebe, das das Sarkolemm benachbarter Muskelfasern locker miteinander verbindet. Im Endomysium verlaufen die Blutkapillaren in Form eines dichten, längs gerichteten Netzwerks. Perimysium internum, das jeweils ein Primärbündel von 10–20 Muskelfasern umhüllt und zugleich eine Verschiebeschicht zwischen den Primärbündeln darstellt. Perimysium externum, ein etwas kräftigeres Bindegewebsseptum, das mehrere Primärbündel gruppenweise zu Sekundärbündeln, sog. Fleischfasern mit 1–2 mm Durchmesser zusammenfasst. Epimysium, das eine lockere Hülle um mehrere Sekundärbündel bildet und sie zu einem größeren Bündel eines Muskels oder zu einem kleinen eigenständigen Muskel zusammenfasst und ihn verschieblich von der Umgebung abgrenzt. In diesem Fall ist das Epimysium mit der Faszie (s. unten) des Muskels identisch. Faszie, die äußerste Hülle eines Muskels oder auch einer Muskelgruppe. Sie besteht aus einer faserreichen, derben Bindegewebslage (s. unten). Eine derartig geschachtelte bindegewebige Umhüllung wird als Enkapsis bezeichnet. Sie kommt in ähnlicher Form und mit vergleichbarer Nomenklatur auch bei Sehnen und Nerven vor.
Sehnen Wichtig
Sehnen sind strangartige Fortsetzungen der verschiedenen bindegewebigen Hüllsysteme des Muskels über das äußerste Ende der Muskelfasern hinaus. Sie verankern den Muskel unter Vermittlung des Periosts im Knochen.
Eine Sehne, Tendo, ist damit der zentrale Abschnitt eines kontinuierlichen Kollagenfasersystems, das von den bindegewebigen Muskelhüllen über die Sehne bis zum Periost und zu den Kollagenfasern der Knochenhartsubstanz reicht. Sie besteht aus parallel gebündelten, in Zugrichtung angeordneten Kollagenfasern. Sie verleihen der Sehne eine beachtliche Zugfestigkeit von 50–100 N/mm2. Die Fasern besitzen aufgrund ihrer Molekularstruktur eine natürliche Wellung, die beim Einsetzen des Muskelzuges ausgeglichen wird. Dadurch
181 6.1 · Allgemeine Anatomie des Bewegungsapparates
greift die Kontraktionskraft leicht federnd am Knochen an. Die Faserbündel sind in kurzen Sehnen parallel orientiert, in langen Sehnen können sie auch schraubig verlaufen. Wenn Sie den mikroskopischen Aufbau einer Sehne kennenlernen wollen, lesen Sie S. 43. Bindegewebiges Hüllsystem. Ähnlich wie der Muskel besitzt auch die Sehne ineinander geschachtelte bindegewebige Hüllen, die Faserbündel verschiedener Ordnung umschließen, Peritendineum. Zu unterscheiden sind: Peritendineum externum, eine äußere lockere Bindegewebshülle und Peritendineum internum, das aus Bindegewebssepten besteht, die in die Sehne eindringen und dort größere und kleinere Sehnenbündel umfassen. Die Gefäßversorgung von Sehnen ist spärlich. Nervenfasern verlaufen im Peritendineum zu Spannungsrezeptoren, den Sehnenorganen (S.66). Sehnenformen. Länge und Kaliber der Sehnen wechseln stark. Die Kraft eines Muskels und die Dicke und Form seiner Sehne sind so aufeinander abgestimmt, dass der Muskel auch bei ruckartiger Kontraktion seiner Sehne nicht zerreißen kann. Sehnen können im Querschnitt rundlich, flachoval oder flächenförmig sein. Flächenhaft ausgebreitete Sehnen heißen Aponeurosen (⊡ Abb. 6.8 h). Sie kommen entweder als Sehnen platter Muskeln vor, z. B. Bauchmuskeln, oder auch als Ursprungssehnen bauchiger Muskeln, z. B. M. gluteus medius. Die Verbindung der Sehne mit dem Knochen erfolgt durch Sehnenfasern, die sich pinselförmig aufspalten und als Sharpey-Fasern in das Periost und in den Knochen einstrahlen (S. 171). Im Knochen gehen sie ohne Unterbrechung in die Kollagenfaserbündel der General- und der Speziallamellen über, in deren verkalkte Grundsubstanz sie eingemauert werden. > Klinischer Hinweis Durch die Kontinuität dieses Fasersystems reißt auch bei Überlastung die Sehne nicht vom Muskel oder vom Knochen ab. Die Kontinuitätstrennung erfolgt vielmehr innerhalb eines der drei Glieder der Kette: durch Muskelfaserriss, durch Sehnenriss (seltener, meist bei vorgeschädigter Sehne) oder durch Knochenbruch.
Hilfseinrichtungen von Muskeln und Sehnen Wichtig
Muskeln und ihre Sehnen benötigen Gleitstrukturen, die ihnen einerseits ungehinderte, widerstandsarme Verschieblichkeit gegenüber der Umgebung ermöglichen, und andererseits der Umgebung mechanischen Schutz vor den intensiven Bewegungen gewähren.
Hierzu gehören: Faszien, Schleimbeutel und Sehnenscheiden. Faszien sind Lamellen aus straffem Bindegewebe und damit Teile des bindegewebigen Hüllsystems der Muskeln. Sie umschließen einzelne Muskeln oder Muskelgruppen. Zusätzlich bilden sie auch Ursprungs- oder Ansatzfelder von Muskelfasern und erhalten damit auch Aponeurosenfunktion. Im Gegensatz zum Epi- und Perimysium sind sie von der Längenänderung der Muskeln weitgehend ausgeschlossen. Oft sind Faszien auch nur Grenzschichten lockeren Bindegewebes. Nur die mimischen Gesichtsmuskeln haben keine Faszien, sie sind direkt in die Subkutis eingelagert. Zu unterscheiden sind Einzelfaszien, auch Führungsschläuche für längere Muskeln mit nichtlinearem Verlauf, z. B. M. sartorius, M. sternocleidomastoideus, M. rectus abdominis. Derartige Faszienscheiden sichern Form und Lage des Muskels. Gruppenfaszien. Sie umgeben Muskeln mit gleicher Funktion. An den Extremitäten senken sie sich zwischen Muskelgruppen in die Tiefe und sind am Periost der Knochen befestigt. Als Septa intermuscularia trennen sie gegensinnig wirkende Muskelgruppen (⊡ Abb. 6.10) und bilden gemeinsam mit der oberflächlichen Extremitätenfaszie eigene Muskellogen, z. B. Beuger- und Streckerloge am Oberarm. Oberflächliche Körperfaszie. Sie überzieht alle Muskeln des Rumpfes und der Gliedmaßen. Sie grenzt die Subkutis gegen die Muskulatur ab. Schleimbeutel, Bursae synoviales, sind Spalträume im Bindegewebe. Sie sind von einer Synovialmembran aus-
gekleidet und enthalten wie Gelenke Synovia. Vielfach kommunizieren sie mit nahe gelegenen Gelenkhöhlen. In anderen Fällen treten Schleimbeutel auf, wo Muskeln
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Kapitel 6 · Bewegungsapparat
Zwischen den beiden Blättern der Sehnenscheide bestehen Verbindungen, Mesotendineum, die Gefäße und Nerven zur Sehne leiten. Außerdem befindet sich zwischen den beiden Blättern Synovia, die das Gleiten der Sehne ermöglicht. Das Auslaufen der Synovia wird durch Faltenbildungen am Ende der Sehnenscheide verhindert. Sehnenscheiden dienen der Reibungsminderung und kommen an allen Stellen vor, an denen Sehnen durch vorspringende Knochen oder Haltebänder, Retinacula, umgelenkt werden oder nahe Knochen und Gelenken durch »osteofibröse Kanäle« geführt werden. Dieses ist bei den langen Sehnen der Hand und des Fußes der Fall.
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Innere Mechanik des Skelettmuskels ⊡ Abb. 6.10. Faszienverhältnisse am Oberarm (Muskellogen). Der N. radialis ist in der Zeichnung nicht berücksichtigt
Wichtig
Blutversorgung und Leistung eines Muskels während seiner Tätigkeit unterliegen einer mechanischen Selbststeuerung. Dies führt zu einer Änderung des Fiederungswinkels bei Kontraktion. Das Maß für die Muskelleistung sind seine Hubkraft und Hubhöhe.
Mechanische Selbststeuerung. Sie kann wirksam wer-
den, weil praktisch alle Muskeln gefiedert sind, auch die, denen es nicht anzusehen ist. Kontraktion führt zu einer Vergrößerung des Fiederungswinkels, hervorgerufen durch Verkürzung der Muskelfasern und damit einhergehende Verdickung, weil ihr Volumen gleich bleibt. Durch die Änderung des Fiederungswinkels wird der Abstand zwischen den Muskelfasern größer und eine Verengung der Blutkapillaren vermieden. Es kommt sogar zu einer Verbesserung der Blutversorgung. ⊡ Abb. 6.11 a, b. Schema einer Sehnenscheide
bzw. Sehnen über einen vorspringenden Knochen hinwegziehen. In allen Fällen erleichtern Schleimbeutel die Verschieblichkeit von Muskeln und Sehnen und dienen der Druckverteilung. Sehnenscheiden, Vaginae tendines (⊡ Abb. 6.11), sind bindegewebige Führungsröhren langer Extremitätensehnen. Sie sind analog zu Gelenkkapseln und Bursen aufgebaut und bestehen aus zwei Schichten: Stratum fibrosum, das außen liegt, faserstark und in der Umgebung fest verankert ist. Es hält die Sehne in ihrer Lage. Stratum synoviale, das der Sehne fest anliegt.
Hubkraft (⊡ Abb. 6.12). Die Hubkraft eines Muskels, auch Sehnenkraft genannt, ist die bei maximaler Innervation aller seiner Muskelfasern an der gemeinsamen Endsehne entwickelte Kraft. Sie hängt vom physiologischen Querschnitt und vom Fiederungswinkel ab. Als physiologischer Querschnitt des Muskels wird die Summe der Querschnittsflächen aller Muskelfasern bezeichnet. Er verläuft quer zur Längsachse jeder einzelnen Muskelfaser. Der physiologische Querschnitt ist bei gefiederten Muskeln größer als bei spindelförmigen Muskeln. Andererseits ist bei gefiederten Muskeln wegen der geringen mittleren Länge der individuellen Muskelfasern der Hub geringer als bei spindelförmigen Muskeln. Muskelfasern entfalten pro Quadratzentimeter Faserquerschnitt eine Kraft von etwa 60 N. Diese Kraft wird
183 6.1 · Allgemeine Anatomie des Bewegungsapparates
Wichtig
Nach den Hebelgesetzen nimmt die Muskelwirkung (Drehmoment) auf einen zu bewegenden Knochen mit zunehmender Entfernung seines Ansatzes vom Gelenk zu. Die Gelenkexkursion nimmt in gleichem Umfang ab.
⊡ Abb. 6.12. Verlauf der Muskelfasern eines doppelt gefiederten Muskels in gedehntem Zustand und bei maximaler Kontraktion der Fasern auf die Hälfte der Ausgangslänge (gestrichelt). Die dabei erzielte Hubhöhe ist mit h bezeichnet. Die Kontraktionskraft einer Muskelfaser (K) wird infolge der Fiederung in die Komponenten H und a zerlegt. H ist die Komponente, die zur Hubkraft in Sehnenrichtung beiträgt; die Teilkraft a wird durch eine gleichgroße Teilkraft kompensiert, die bei Kontraktion der entsprechenden gegenüberstehenden Muskelfaser (a) auftritt
nicht voll an der Endsehne wirksam, da die Fasern und somit die Richtung ihrer Kontraktionskraft zumindest zum Teil schräg zur Endsehne verlaufen. Je größer der Fiederungswinkel, desto geringer ist die Komponente, die an der Sehne zur Hubkraft beiträgt.Andererseits kann im gleichen Muskelvolumen bei größerem Fiederungswinkel eine höhere Zahl von Muskelfasern an der Sehne inserieren, wodurch der Verlust an Hubkraft wieder kompensiert wird.
Die Wirkung eines Muskels auf das Hebelsystem der gelenkig verbundenen Skelettelemente bezeichnet man als äußere Mechanik. In Bezug auf Hubkraft, Hubhöhe und Hebelarm sind die Muskeln auf den Bewegungsumfang des übersprungenen Gelenks abgestimmt und bilden mit ihm ein funktionelles System. Ein Muskel kann über ein oder mehrere Gelenke hinwegziehen. Dementsprechend unterscheidet man ein-, zwei- und mehrgelenkige Muskeln. Für die Beschreibung der Muskelwirkung gilt dabei, dass ein Muskel potenziell in allen Gelenken wirkt, die er überspringt. Ob ein mehrgelenkiger Muskel in einem speziellen Gelenk eine kleine oder große Wirkung entfaltet, richtet sich u. a. nach der Stellung der übrigen übersprungenen Gelenke. Hebelwirkung des Muskels (⊡ Abb. 6.13). Das Ausmaß
der Muskelwirkung auf die Skelettteile, das Drehmoment, wird von der Hubkraft des Muskels und dem wirksamen Hebelarm bestimmt. Am Beispiel eines Scharniergelenks gelten folgende Beziehungen:
wirksamer Hebelarm
Hubhöhe (⊡ Abb. 6.12). Die Hubhöhe, der Hub, d. h. die
absolute Verkürzungsgröße des gesamten Muskels, richtet sich in erster Linie nach der Länge der Muskelfasern. Liegen die Muskelfasern (Primärbündel) in Richtung der Endsehne, »gerade Fasern«, so entspricht die Hubhöhe direkt der Faserverkürzung. Sie beträgt aus der gedehnten Stellung heraus maximal 50 % der Faserlänge.
I
⊡ Abb. 6.13. Hebelarm. Knochenpaar in Streck- und Beugestellung zur Erläuterung des wirksamen Hebelarms, der je nach Gelenkstellung kleiner ist als der Insertionsabstand (I) des Muskels von der Gelenkachse
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Kapitel 6 · Bewegungsapparat
Bei gleicher Hubkraft ist die Muskelwirkung umso höher, je größer der Insertionsabstand des Muskels von der Gelenkachse (Hebelarm) ist. Je größer der Hebelarm, desto größer muss die Hubhöhe des Muskels (längere Muskelfasern) sein, um maximale Gelenkexkursionen zu erzielen. Der wirksame Hebelarm (Lot vom Drehzentrum auf den Muskel) ändert sich mit der Gelenkstellung. Minimal ist er in Streckhaltung. Die Hubkraft des Muskels wirkt dabei im Wesentlichen als Druckkraft, die Gelenkflächen werden aufeinander gepresst. Mit zunehmender Beugung wird der wirksame Hebelarm größer. Das Maximum ist erreicht, wenn die Richtung der Hubkraft senkrecht zum bewegten Skelettteil steht. Bei weiterer Beugung wird der wirksame Hebelarm wieder kleiner. Muskelwirkung bei umgelenkter Sehne. Wird eine Sehne durch ein Hypomochlion, Knochenvorsprung, und/oder von Rückhaltebändern, Retinacula, aus dem geraden Verlauf umgelenkt, gilt Folgendes: Die Richtung des Muskelzuges wird durch die wirksame Endstrecke (Richtung der Sehnenstrecke zwischen Hypomochlion und Ansatzstelle) bestimmt (⊡ Abb. 6.14). Wird die Sehne durch das Hypomochlion um ein Gelenk geleitet, so wird der wirksame Hebelarm durch den senkrechten Abstand der Sehne von der Gelenkachse auf Höhe des Hypomochlions bestimmt. Je höher das Hypomochlion, desto wirksamer der Hebelarm. Entsprechende Verhältnisse liegen z. B. beim langen Beuger der Großzehe, M. flexor hallucis longus, hinter dem Innenknöchel vor (S. 349) oder bei den Oberschenkelstreckern, M. quadriceps femoris, über dem Kniegelenk (S. 337). Sesambeine, Ossa sesamoidea. In Sehnen, die über ein
Gelenk geleitet werden, ist am Umlenkpunkt häufig ein erbsen- oder scheibenförmiger Knochen, Sesambein, eingelagert. Mit seiner überknorpelten Kontaktfläche gleitet er auf der Unterlage, z. B. der Kniescheibe. Hierdurch erfolgt eine Verminderung der Reibung und eine Vergrößerung des Abstands vom Drehpunkt des Gelenks; das Drehmoment wird verbessert. Aktive und passive Insuffizienz. Bei mehrgelenkigen Muskeln reicht meist die Hubhöhe nicht aus, um in allen übersprungenen Gelenken maximale Ausschläge zu erzielen, aktive Insuffizienz.
⊡ Abb. 6.14. Umlenkung einer Sehne durch ein Hypomochlion, das zum Schutz der Sehne durch eine Bursa synovialis gepolstert wird. Die Zugrichtung des Muskels entspricht der wirksamen Sehnenstrecke zwischen Hypomochlion und knöcherner Ansatzstelle der Sehne (Pfeilkopf)
Beispiel Die zweigelenkigen Beuger am Oberschenkel, ischiokrurale Muskeln, beugen im Kniegelenk und strecken im Hüftgelenk. Wenn sie mit einem Teil ihrer größtmöglichen Verkürzung eine maximale Streckung im Hüftgelenk erzielt haben, reicht der restliche Teil ihrer Verkürzungsmöglichkeit nicht aus, um im Kniegelenk maximal zu beugen, d. h. die Ferse kann das Gesäß nicht berühren.
Andererseits reicht bei mehrgelenkigen Muskeln die physiologisch noch tolerable Dehnungsfähigkeit häufig nicht aus, um in den übersprungenen Gelenken Extremstellungen zuzulassen, passive Insuffizienz. Beispiel Die Dehnungsfähigkeit der ischiokruralen Muskeln ist meist nicht groß genug, um im Stand bei gestreckten Kniegelenken – Teildehnung der Muskeln – durch starke Rumpfbeugung in den Hüftgelenken – Volldehnung der Muskeln – mit den Handflächen den Boden berühren zu können (Muskelhemmung S. 337).
Der Muskel als Effektor des Nervensystems Wichtig
Muskeln werden von einem oder mehreren Nerven versorgt, die motorische (efferente) und sensible (afferente) Fasern enthalten. Jedes motorische Neuron versorgt durch Aufzweigung eine Gruppe von funktionell zusammenwirkenden Muskelfasern, die motorische Einheit.
Eine motorische Nervenfaser, deren Zellleib im Vorderhorn des Rückenmarks liegt, a-Motoneuron (S. 771), zweigt sich nach Eintritt in den Muskel vielfach auf und tritt über motorische Endplatten (S. 64) mit mehreren Muskelfasern in Kontakt. Die motorische Vorderhornzelle, die zugehörige Nervenfaser und die von ihren Ver-
185 6.1 · Allgemeine Anatomie des Bewegungsapparates
zweigungen innervierten Muskelfasern werden als motorische Einheit bezeichnet. Alle zu einer motorischen Einheit gehörenden Muskelfasern treten stets gleichzeitig in Aktion, da sie von derselben Nervenzelle innerviert werden. Die Muskelfasern einer motorischen Einheit liegen nicht gebündelt nebeneinander, sondern sind diffus über den Muskelbauch verteilt. Die Zahl der Muskelfasern einer motorischen Einheit ist verschieden groß. In Muskeln mit präzise dosierbarer Kontraktion, z. B. den äußeren Augenmuskeln, gehören 5–10 Muskelfasern zu einer Einheit, in gröber arbeitenden Haltemuskeln des Rückens und der Extremitäten 500–2000. Muskeln sind nicht nur Effektoren des Nervensystems. Sie verfügen auch über Rezeptoren, die Rückenmark und Gehirn über den jeweiligen Spannungszustand der Muskulatur informieren. Hierbei handelt es sich vor allem um Dehnungsrezeptoren (Muskelspindeln ⊡ Abb. 2.47, S. 65) und Spannungsrezeptoren (Sehnenorgane). Wichtig
Wird ein Muskel über seinen Ruhetonus hinaus erregt, steigt seine Spannung und/oder er verkürzt sich.
Auch in Ruhe erhalten Muskeln ständig Nervenimpulse. Dadurch besteht eine reflektorische Dauererregung und die Muskeln stehen unter Spannung, die als Tonus bezeichnet wird. Der Tonus ist individuell verschieden, variiert bei den einzelnen Muskeln und Muskelgruppen und kann bei bestimmten Erkrankungen des Nervensystems abgeschwächt oder gesteigert sein. Wird der den Muskel versorgende Nerv durchtrennt, erlischt der Tonus, schlaffe Lähmung. Verstärkt einlaufende Nervenimpulse führen zu einer Verkürzung und/oder Spannungszunahme des Muskels. In der Regel sind beide Komponenten in verschiedenem Ausmaß an der Kontraktion beteiligt. Experimentell lassen sich 2 Grenzfälle ermitteln: Kann sich ein Muskel ungehindert verkürzen, so bleibt seine Spannung weitgehend konstant: isotonische Kontraktion. Wird der Muskel durch Fixierung seiner Ursprungs- und Ansatzpunkte an einer Verkürzung gehindert, so steigt seine Spannung bei konstanter Länge: isometrische Kontraktion. Wie beide Kontraktionsformen quantitativ und zeitlich bei der Muskeltätigkeit zusammenwirken, wird deutlich, wenn ein Gewicht gehoben werden soll. Zunächst spannt sich der Muskel ohne Verkürzung an, isometrische Phase. Sobald die Kontraktionskraft so stark gestie-
gen ist, dass sie das Gewicht anhebt, verkürzt sich der Muskel, ohne dass die Spannung weiter zunimmt, isotonische Phase. Gerade umgekehrt heben die Kaumuskeln beim Schließen des Mundes den Unterkiefer zunächst isotonisch, bis sich die Zahnreihen berühren, und erst die weitere Kontraktion ist isometrisch und verstärkt den Kaudruck. Auch die Dehnung eines Muskels führt zu erhöhter Spannung: Durch Vorneigung des Rumpfes im Stand werden die Rückenmuskeln gedehnt und wirken damit durch Spannungserhöhung der beugenden Schwerkraft entgegen. Bei der Beschreibung der Muskelwirkung wird gewöhnlich die Bewegungsfunktion in den Vordergrund gestellt. Doch ist zu bedenken, dass dieselben Muskeln und Muskelgruppen infolge einer isometrischen Kontraktion wichtige Haltefunktionen ausüben können, z. B. die Sicherung der aufrechten Haltung der Wirbelsäule, die Verspannung des Fußgewölbes, die Führung der Bewegungen im Schultergelenk. Außerdem kommt den Muskeln auch noch eine bremsende Funktion in der Endphase einer Bewegung zu. Wichtig
Koordinierte, exakt dosierte Bewegungen erfordern synergistisches und antagonistisches Zusammenwirken von Muskeln.
Die um ein Gelenk gruppierten Muskeln wirken nicht als Individuen, sondern werden durch das Nervensystem zu gemeinsamer Tätigkeit veranlasst. Muskeln mit gleichsinniger Funktion werden Synergisten genannt, z. B. M. biceps brachii und M. brachialis als Beuger im Ellenbogengelenk. Während des Bewegungsablaufs werden aber auch die gegensinnig wirkenden Muskeln, Antagonisten, innerviert, z. B. M. triceps brachii als Strecker im Ellenbogengelenk. Die Antagonisten sorgen durch abgestufte kontrollierte Verringerung ihrer Spannung dafür, dass die von den Synergisten ausgeführte Bewegung nicht überschießend, sondern gezügelt, genau dosiert und damit harmonisch abläuft. Beim einachsigen Gelenk erlaubt die anatomische Anordnung der Muskeln eine eindeutige Gliederung in Synergisten und Antagonisten. Der Bewegungsablauf erscheint entsprechend einfach. Wegen des fehlenden Zwangslaufs ist beim Kugelgelenk der Bewegungsaufbau komplexer. Im Prinzip bewirkt jeder Muskel Bewegungen in allen 3 Hauptrichtungen zugleich, wenn auch mit unterschiedlichem Drehmo-
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186
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Kapitel 6 · Bewegungsapparat
ment. So bewirkt z. B. der M. pectoralis major bei herabhängendem Arm eine Innenrotation, Adduktion und Anteversion. Um eine reine Anteversion des Arms zu erzielen, muss die Innenrotations- und Adduktionswirkung dieses Muskels durch entsprechende Antagonisten verhindert werden. Wenn ein Muskel das Gelenk kegelmantelartig umgreift, z. B. M. deltoideus, ist er bei bestimmten Bewegungen nur mit einzelnen Portionen beteiligt, während andere Portionen zugleich antagonistisch wirken. Synergisten und Antagonisten müssen also nicht zwangsläufig getrennte Muskelindividuen sein. Bei mehrachsigen Gelenken werden Muskeln oder Muskelportionen jeweils für eine bestimmte Bewegung funktionell gruppiert. Die Auswahl und Koordination leistet das Nervensystem. Nach vorgegebenen Bewegungsmustern, die vielfältig abstufbar und variierbar sind, startet und kontrolliert es den Bewegungsablauf. Derartige funktionelle Muskelgruppen müssen klar von genetischen Muskelgruppen unterschieden werden, da letztere zwar gemeinsamer entwicklungsgeschichtlicher Herkunft sind und vielfach auch eine gemeinsame Nervenversorgung haben, aber nicht zwangsläufig synergistisch wirken müssen.
Biologisches Verhalten der Muskeln Wichtig
Muskeln passen sich funktionellen Anforderungen je nach deren Art durch Hypertrophie der Muskelfasern und bessere Kapillarisierung oder durch Faserverkürzung bzw. Atrophie an.
Krafttraining. Durch Krafttraining unter kurzzeitigem
Einsatz der maximalen Muskelkraft (Klimmzüge) entwickelt der Muskel eine Aktivitätshypertrophie. Dabei verdickt sich jede einzelne Muskelfaser, behält jedoch ihre ursprüngliche Länge bei. Entsprechend gewinnt der
Muskelbauch an Volumen. Eine Aktivitätshypertrophie entsteht auch durch Übungen, bei denen sich der Muskel nur isometrisch kontrahiert; z. B. führt kraftvolles rhythmisches Umspannen einer Kugel zur Hypertrophie der Fingerbeuger. Dauerarbeit eines Muskels, bei der nicht die maximale Muskelkraft gefordert wird, führt nicht zur Hypertrophie. Vielmehr wird durch Expansion des Kapillarsystems die Durchblutung und damit die Stoffwechselleistung gesteigert (Langstreckenläufer). Mangelnde Betätigung eines Muskels, längere Ruhigstellung (Gipsverband) oder Ausfall seiner Nervenversorgung haben eine Inaktivitätsatrophie zur Folge. Die einzelnen Muskelfasern werden dünner und der Muskelbauch insgesamt schlanker. Dehnungsübungen führen zunächst zu einer besseren Nachgiebigkeit des bindegewebigen Hüllsystems des Muskels, dann auch zu einer Verlängerung der Muskelfasern und damit zu einer größere Hubhöhe. Bewegungseinschränkung in einem Gelenk führt umgekehrt zur Faserverkürzung in den entsprechenden Muskeln. Dabei werden die Enden der Muskelfasern teilweise sehnig umgewandelt. Intensives, vielseitiges Bewegungstraining führt über Effekte wie Hypertrophie, bessere Durchblutung und Verlängerung der Muskelfasern hinaus durch verbesserte zentralnervöse Verschaltung auch zu einer besseren Abstimmung von Synergisten und Antagonisten. Die resultierenden Bewegungen werden dadurch geschmeidiger, ökonomischer und ggf. eleganter (Spitzensportler, Baletttänzer). Skelettmuskeln besitzen beim Menschen eine geringe Regenerationsfähigkeit. Nach Muskelrissen bildet sich meist eine bindegewebige Narbe. Wenn der Narbenkomplex nicht zu ausgedehnt ist, brauchen Hubhöhe und Hubkraft nicht wesentlich beeinträchtigt zu sein. Auch Sehnen reagieren in Anpassung an geänderte Beanspruchung mit Hypertrophie oder Atrophie.Als Bindegewebsformation regenerieren sie relativ gut.
187 6.1 · Allgemeine Anatomie des Bewegungsapparates
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In Kürze
Die Muskeln des Bewegungsapparates bestehen histologisch ausschließlich aus Skelettmuskulatur. Jede Skelettmuskelfaser wird von einem bindegewebigen Hüllstrumpf, dem Sarkolemm, umgeben; Bündel von Fasern werden durch ein ineinander geschachteltes System aus Bindegewebssepten (Endomysium, Perimysium internum und externum, Epimysium und Faszie) zusammengehalten. Am Ende der Muskelfasern vereinigt sich dieses bindegewebige Hüllsystem zur Sehne, deren Kollagenfasern sich über das Periost in das Kollagenfasergrundgerüst des Knochens und der Gelenkkapseln fortsetzen. Muskel, Sehne, Periost, Knochen und Gelenkkapsel sind damit Teile eines kontinuierlichen Kollagenfasersystems. Hilfseinrichtungen von Muskeln und Sehnen, wie Faszien, Bursen und Sehnenscheiden erhöhen deren Verschieblichkeit gegenüber der Umgebung. Muskeln arbeiten selten als Individuen, sondern in der Regel als funktionelle Muskelgruppen gleicher Wirkung, Synergisten, bzw. sich gegenseitig aufhebender Wirkung, Antagonisten. Gruppen von Skelettmuskelfasern werden als motorische Einheit von Verzweigungen des gleichen Motoneurons innerviert. Feinmotorik ist durch kleine, Haltemuskulatur durch große motorische Einheiten charakterisiert. Die mittlere Länge der einzelnen Muskelfasern, nicht des ganzen Muskels, bestimmt dessen Hubhöhe bei der Kontraktion, da jede Muskelfaser sich maximal auf die Hälfte verkürzen kann. Die Zahl der parallelen Skelettmuskelfasern und ihr Durchmesser (Gehalt an Myofibrillen) bestimmen die Muskelkraft.
6.1.4
Allgemeine Aspekte der Biomechanik
Wichtig
Die Differenzierung von Mesenchym zu Bindegewebe, Knorpel und Knochen ist nicht genetisch determiniert, sondern wird vor allem durch die Art der Belastung während der Entwicklung, aber auch später bestimmt.
Die Biomechanik beschreibt die Wechselbeziehungen zwischen mechanischer Belastung der Binde- und Stützgewebe und ihrer Struktur. Hierauf geht während der Entwicklung die Entstehung der verschiedenen Bindeund Stützgewebe zurück. Später spielen mechanische Kräfte vor allem beim spezifischen Ersatz bzw. bei Abund Umbauvorgängen im Binde- und Stützgewebe eine entscheidende Rolle. Während der Entwicklung wirken sich nach der Theorie der kausalen Histogenese von Pauwels mechanische Kräfte aus, die die Frucht selbst erzeugt, z. B. Wachstumsdruck, Zug durch Eigenbewegungen, oder die ihr von der Umgebung aufgezwungen werden, z. B. Schwerkraft, Lage im Uterus.
Dehnungskräfte stimulieren im Mesenchym die Genese von Bindegewebsfasern. Dehnung wird jedoch nicht nur durch Zug erzeugt. Auch Druck quer zur Längs- und Zugrichtung führt zur Dehnung von Gewebe, solange es sich nicht um allseitige Kompression handelt.Auch Schub (exzentrischer Druck auf einen Teil der Oberfläche) hat durch Scherbewegungen schräg zur Schubrichtung eine Dehnungskomponente. Kompressionskräfte (allseitiger Druck) induzieren im Mesenchym die Bildung von Knorpelgrundsubstanz. Kombinationen von Dehnung und Kompression unterschiedlichen Ausmaßes erklären die Entstehung der verschiedenen Bindegewebe- und Knorpelarten.Es führen schwache Dehnungskräfte zu faserarmem Bindegewebe, starke Dehnungskräfte zu faserreichem Bindegewebe; Sehnen, Gelenkkapseln, Organkapseln, Dehnungskräfte kombiniert mit Kompression je nach Wechselhaftigkeit oder Konstanz der Kräfte zu elastischem oder Faserknorpel und überwiegende Kompression zu hyalinem Knorpel. Bewegungsruhe in dehnungsbelastetem Gewebe ist
für die Entstehung von Knochen durch desmale Ossifikation erforderlich.
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188
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
Bewegungsruhe in kompressionsbelastetem Gewebe führt zur Knochenbildung durch enchondrale Ossifi-
kation (vgl. S. 55; klinischer Hinweis). Zusätzlich sind in den beiden letzten Fällen genetische Faktoren wirksam. > Klinischer Hinweis
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Wie bei der Histogenese findet auch bei der Knochenbruchheilung Neubildung von Knochen statt. Sie erfordert Bewegungsruhe. Anderenfalls wird der Bruchspalt von Bindegewebe überbrückt, Pseudarthrose. Unterstützt wird die Knochenbruchheilung durch Kompressionsbelastung des Bruchspaltes, durch Muskelzug oder durch statische Belastung – bei strikter Vermeidung von Scher- und Biegekräften. Dabei erfolgt eine Umwandlung des Bindegewebes in Knorpel und danach in knöchernen Kallus. Bewegungsruhe bei erhaltener Druckbelastung wird auch durch Marknagelung langer Röhrenknochen erreicht.
Während des postnatalen Lebens kommen weitere Umstände hinzu. Binde- und Stützgewebe unterliegt nämlich ausgeprägten Ab- und Umbauvorgängen. Dabei kommt es als Ersatz für untergegangenes Gewebe zu Zellteilungen bzw. De-novo-Synthese von Fasern und nichtflüssigen Anteilen der Grundsubstanz. Die flüssigen Anteile der Grundsubstanz werden durch offene Kommunikation mit dem Gefäßsystem gegen Bestandteile des Blutplasmas ausgetauscht. Bei all diesen Vorgängen befinden sich Binde- und Stützgewebe solange in einem Fließgleichgewicht, solange sich Auf- und Abbau die Waage halten. Dabei wirken die Faktoren der kausalen Histogenese weiter: Dehnung fördert Fibrillogenese, Kompression die Bildung von Knorpelgrundsubstanz, Bewegungsruhe bei mäßiger Belastung Knochenbildung. Die Binde- und Stützgewebe können sich dadurch quantitativ ändernden Bedingungen strukturell anpassen. Auch qualitative Veränderungen der Belastung wirken sich im Rahmen der funktionellen Anpassung aus. Nach Lähmungen werden Gelenkflächen im Verlaufe von Jahren im Sinne der verbliebenen Bewegungsmöglichkeiten umgebaut. Knorpelige Rippenanteile verknöchern im Alter, wenn die atmungsbedingten Biegebewegungen geringer werden. Bei einseitigen Lähmungen, z. B. Kinderlähmung, bleiben die vermindert belasteten Extremitäten der gelähmten Seite im Dicken- und Längen-
wachstum zurück. Die Extremitäten der vermehrt belasteten gesunden Seite zeigen gesteigertes Dickenwachstum. Als Anpassung an eine veränderte Körperhaltung werden die Spongiosabälkchen und ggf. die gesamte Knochenform, z. B. beim Femur, so umgebaut, dass sie der neuen Körperstatik optimal entsprechen. Nach Knochenbrüchen überschießend gebildeter Knochen, Kallus, wird im Laufe der Zeit nur dort wieder abgebaut, wo er nicht benötigt wird, weil er nicht in der Belastungsachse liegt. Und schräg zusammengewachsene Knochenbruchenden bauen die verbleibenden Stufen oder den Knick perfekt um, bis eine neue, optimale Belastungsachse entstanden ist. Eine weitere Komponente der Biomechanik ist die Viskoelastizität der Binde- und Stützgewebe. Es handelt sich um ein komplexes Verformungsverhalten unter Belastung. Viskoelastizität besteht aus einer vollreversiblen elastischen Komponente und aus einer aus eigener Kraft nur begrenzt reversiblen viskösen Komponente. Mit welcher der beiden Komponenten ein Gewebe auf Druck oder Zug reagiert, hängt weniger vom Ausmaß der Kraft als vielmehr von der Dauer ihrer Einwirkung ab. Bei kurzfristiger Einwirkung kommt es zu einer Gestaltänderung, die nach Belastungsende innerhalb von Sekunden elastisch voll reversibel ist, z. B. Abheben einer Hautfalte vom Handrücken. Entscheidender Effektor dieses Verhaltens ist das Bindegewebsfasergerüst durch seine Faseranordnung und den gezielten Einbau elastischer Fasern. Längerfristige Belastung bedingt eine Verformung unter plastischem Fließverhalten des Gewebes, die erst im Verlaufe von Minuten oder Stunden reversibel ist, z. B. Schnürfurchen in der Haut durch zu engen Gummibund. Entscheidend für diese visköse Komponente der Viskoelastizität ist die Fließfähigkeit der Bindegewebsgrundsubstanz. Viskosität ist die geschwindigkeitsabhängige Verformung eines Körpers oder einer Flüssigkeit. Bei Überschreitung bestimmter Grenzwerte kann eine visköse Verformung irreversibel werden; das Gewebe hat sich plastisch verformt. Ein überdehntes Band oder eine überdehnte Sehne verbleiben in diesem verlängerten und verdünnten Zustand und sind künftig vermehrt rissgefährdet.
189 6.2 · Rumpf
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In Kürze
Mechanische Belastungen führen sowohl während der Entwicklung als auch später zu gerichteten Differenzierungsvorgängen im Binde- und Stützgewebe.Während der Entwicklung ist dies die Voraussetzung zur Histogenese. Später, wenn die Binde- und Stützgewebe des passiven Bewegungsapparates kontinuierlichen Auf- und Abbauvorgängen ihrer einzelnen Gewebskomponenten unterworfen sind, werden die untergegangenen Gewebe in Abhängigkeit von biomechanischen Kräften spezifisch ersetzt, z. B. führt wechselnder Druck zur Bildung von Knorpel, konstanter Druck bei Bewegungsruhe zu Ersatzknochen. Qualitative Änderungen können zu einem strukturellen Umbau von Gelenkflächen und Knochenformen führen. Demgegenüber sind kurzfristige, mechanisch bedingte Formveränderungen, vor allem von Bindegewebe, durch seine Viskoelastizität umkehrbar.
6.2
Rumpf
Wirbelsäule, allgemeiner Teil Wichtig
Der Rumpf besteht aus Rücken, Dorsum, Brustkorb, Thorax, und Bauch, Abdomen. Der Rücken bildet die hintere Rumpfwand, Brustkorb und Bauch zusammen bilden die vordere Rumpfwand. Die Aufgliederung des Rumpfes in Einzelabschnitte weist auf unterschiedliche Aufgabenstellungen hin. Dennoch ist der Rumpf eine funktionelle Einheit, in der alle Teile zusammenwirken und aufeinander Einfluss nehmen.
6.2.1
Hintere Rumpfwand
Der Aufbau des menschlichen Rückens steht in engem Zusammenhang mit dem aufrechten Gang. Er fordert vom Rücken gleichzeitig Stabilität und Beweglichkeit. Erreicht wird dies durch Zusammenwirken der beiden wesentlichen Bauelemente des Rückens, der Wirbelsäule, Columna vertebralis, und der Rückenmuskulatur, Mm. dorsi. Die Wirbelsäule mit ihren Wirbeln und einem umfangreichen Bandapparat, der bewegungseinschränkend wirkt, dient der Stabilisierung des Rückens, wesentlich vom Tonus der Muskulatur unterstützt.Andererseits werden durch die Muskulatur die Bewegungsmöglichkeiten der Wirbelsäule ausgenutzt. Die Anpassung an die jeweiligen Erfordernisse erfolgt durch eine ausbalancierte Innervation der Rückenmuskeln.
Die Wirbelsäule besteht in der Regel aus 33 Wirbeln, die durch zahlreiche Gelenke und Bänder miteinander verbunden sind und Wirbelgruppen bilden. Zwischen den Wirbeln befinden sich Foramina intervertebralia. Die Länge der Wirbelsäule beträgt etwa zwei Drittel der Körperlänge.
Osteologie der Wirbel Zu jedem Wirbel gehören (⊡ Abb. 6.15) Corpus vertebrae, Wirbelkörper (Ausnahme: 1. Halswirbel), Arcus vertebrae, Wirbelbogen, der das Foramen vertebrale umschließt, Processus vertebrae, Wirbelfortsätze,
⊡ Abb. 6.15. Brustwirbel in der Ansicht von oben
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190
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
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⊡ Abb. 6.16 a–e. Wirbelformen. a Atlas von oben; b Axis von schräg vorne; c 5. Halswirbel von der rechten Seite; d 2. Brustwirbel von der rechten Seite; e 2. Lendenwirbel von der rechten Seite
nach hinten Processus spinosus, Dornfortsatz, zur Seite Processus transversi, Querfortsätze, nach oben Processus articulares superiores, obere Gelenkfortsätze und nach unten Processus articulares inferiores, untere Gelenkfortsätze. Jeder Wirbelkörper hat eine sehr dünne obere und untere Deck- bzw. Grundplatte mit verdickten Randleisten, die Epiphysen entsprechen, Epiphysis anularis. > Klinischer Hinweis Altersbedingt kann es an den Deckplatten zu Sklerosierungen kommen, Osteochondrose, bei gleichzeitiger Bandscheibenverschmälerung und Verdickung der Randleisten.
Die Spongiosabälkchen der Wirbelkörper haben einen charakteristischen senkrechten und horizontalen Verlauf, der dem Belastungsdruck entspricht (⊡ Abb. 6.2). > Klinischer Hinweis Ist der Bestand der Spongiosa vermindert und ihre Anordnung gestört, wie bei der Osteoporose, können die Wirbelkörper einbrechen und es kann zur »Buckelbildung« kommen, besonders im Bereich der unteren Brustwirbelsäule.
Die Gelenkfortsätze benachbarter Wirbel bilden mit
ihren Facies articulares jeweils die Zwischenwirbelgelenke, sog. »kleine« Wirbelgelenke (S. 194).
191 6.2 · Rumpf
> Klinischer Hinweis Durch mechanische Überlastungen im Entwicklungsalter (Leistungssport) können in Gelenkfortsätzen der unteren Lendenwirbelsäule Spalten auftreten, Spondylolyse, in deren Folge es zu einem Gleiten der Wirbelkörper, Spondylolisthesis, mit Nervenkompressionen kommen kann.
Die Foramina vertebralia der Wirbelsäule fügen sich zum Wirbelkanal, Canalis vertebralis, zusammen, der
das Rückenmark mit seinen Hüllen, die Wurzeln der Spinalnerven und Blutgefäße, eingebettet in Fettgewebe, enthält. Der Canalis vertebralis ist unterschiedlich weit. Die Spinalnerven verlassen den Wirbelkanal durch die Foramina intervertebralia. Am deutlichsten ist dieser allgemeine Aufbau der Wirbel an den mittleren Brustwirbeln zu erkennen: ⊡ Abb. 6.15, 6.16 c, dort weitere osteologische Einzelheiten.
Wirbelgruppen Wichtig
Wirbel haben eine gemeinsame Grundstruktur, unterscheiden sich aber in ihrer Form und bilden Wirbelgruppen.
Das allgemeine Bauprinzip der Wirbel ist bei den einzelnen Wirbeln bzw. Wirbelgruppen unterschiedlich umgesetzt. Dies steht mit den jeweiligen Aufgabenstellungen im Zusammenhang. So werden nach unten hin die Wirbel fortlaufend massiver, da die zu tragende Last größer wird. Durch ihre unterschiedliche Gestaltung kann letztlich jeder einzelne Wirbel identifiziert und einer Wirbelgruppe zugeordnet werden (⊡ Abb. 6.16). Es lassen sich 5 Wirbelgruppen unterscheiden. Zusammengefasst werden 7 Halswirbel, Vertebrae cervicales (C1–C7), zur Halswirbelsäule, HWS, 12 Brustwirbel, Vertebrae thoracicae (Th1–Th12), zur Brustwirbelsäule, BWS, 5 Lendenwirbel, Vertebrae lumbales (L1–L5), zur Lendenwirbelsäule, LWS, 5 Kreuzbeinwirbel, Vertebrae sacrales, die miteinander verschmolzen sind zum Kreuzbein, KB, Os sacrum und 4 rudimentäre Steißwirbel, Vertebrae coccygeae, zum Steißbein, SB, Os coccygis.
Die Zahl von 24 präsakralen Wirbeln ist relativ konstant, die Gesamtzahl unterliegt jedoch Schwankungen (vgl. hierzu Lumbalisation, Sakralisation usw., s. unten) Zur Entwicklung der Wirbelsäule Die Wirbelsäule entwickelt sich aus einer Mesenchymscheide um die Chorda dorsalis. Wirbel, Zwischenwirbelscheiben. Etwa in der 4. Embryonalwoche entsteht um die Chorda dorsalis (S. 109) durch Auswandern von Mesenchymzellen aus den Sklerotomen (mediale Somitenabschnitte, S. 114), eine Mesenchymscheide, die, wenn auch nicht deutlich erkennbar, segmental (metamer, S. 114) in Somiten gegliedert ist. Sehr bald lässt jedes Mesenchymsegment einen kranialen Abschnitt mit locker angeordneten und einen kaudalen Abschnitt mit dicht zusammenliegenden Zellen unterscheiden. Zwischen den Segmenten liegen Intersegmentalarterien (⊡ Abb. 6.17 a). Während der weiteren Entwicklung verbindet sich jeweils ein kaudaler (dichterer) Segmentabschnitt mit einem lockerer gebauten kranialen Abschnitt des folgenden Segmentes; beide Abschnitte gemeinsam liefern das Ausgangsmaterial für den jeweiligen Wirbelkörper. Durch diese Umlagerung wird bei den Wirbeln die ursprüngliche Metamerie der Sklerotome um eine Segmenthälfte verschoben (⊡ Abb. 6.17 a, b). Das Material für die spätere Zwischenwirbelscheibe (S. 193) geht aus dem dichteren, jetzt oberen Segmentabschnitt hervor. Im Bereich des jeweiligen neuen Grenzgebietes zwischen den Wirbelanlagen entsteht auch ein Foramen intervertebrale (s. oben), durch das die Spinalnerven (S. 691) die ihnen zugeordnete Muskelanlage erreichen (⊡ Abb. 6.17). Die Wirbelbögen gehen aus dorsal gerichteten Neuralfortsätzen der Wirbelanlage hervor (⊡ Abb. 6.17 d). Noch im blastomatösen Stadium vereinen sich die Neuralfortsätze beider Seiten und umschließen die Anlagen des Rückenmarks. Schließlich wächst die laterale, myotomnahe, nach ventral gerichtete »Ecke« der Wirbelanlage zum Rippenfortsatz aus (⊡ Abb. 6.17 d). Alle Anteile der Wirbelsäule sind bis zur 2. Hälfte des 3. Entwicklungsmonats (SSL 5 cm) angelegt. Sie bestehen aus hyalinem Knorpel. Rückenmuskulatur. Im Gegensatz zu den Wirbeln bleibt die segmentale Anordnung der Rückenmuskulatur, die aus den lateralen Anteilen der Somiten, den Myotomen, hervorgeht (S. 114), während der Entwicklung erhalten. Dadurch setzt jeder Segmentmuskel an Querfortsätzen von 2 aufeinander folgenden Wirbeln an (⊡ Abb. 6.17 b). Dies schafft die Voraussetzungen für die Bewegungen der Wirbelsäule. Besonderheiten. Das aus den obersten 4 Somiten hervorgegangene Sklerotommaterial wird nicht in die Wirbelsäule einbezogen. Dieses wird vielmehr bei der Anlage der
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192
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
Verknorpelung und Verknöcherung der Wirbelsäule
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⊡ Abb. 6.17 a–d. Frühentwicklung der Wirbelsäule und der Rückenmuskulatur. a Um die Chorda dorsalis ist die Mesenchymscheide segmental gegliedert (Metamerie der Myotome). b Nach Verschiebung der Segmentabschnitte der Wirbelsäulenanlage überbrücken die Muskeln das Gebiet der Anlage des Discus intervertebralis; sie setzen an aufeinander folgenden Wirbeln an. Jeder Wirbel ist um eine Segmenthälfte gegenüber der Muskulatur verschoben. c, d Querschnitte durch Teile der Rückenanlage. Die Myotome sind in Epimer und Hypomer gegliedert. Die Pfeile in d deuten die Wachstumsrichtung der Anlage der Wirbelfortsätze bzw. der ventralen Myotomabschnitte und der Rami anteriores der Spinalnerven an
Pars basilaris ossis occipitalis verwendet (⊡ Abb. 7.2). Ferner wird Sklerotommaterial für den 1. Halswirbel (Atlas) an den 2. Halswirbel (Axis) zur Bildung des Dens axis (S. 196) abgegeben. Die Chorda dorsalis wird im Bereich der Bandscheiben bis auf Reste abgebaut. Dort dienen diese als Platzhalter für das gallertige Bindegewebe der Nuclei pulposi (S. 193). Auch das Lig. apicis dentis (S. 198) kann als Rest der Chorda aufgefasst werden.
(⊡ Tabelle 6.1). Sie erfolgen in kraniokaudaler Richtung. Dabei entwickeln sich im 3. Monat in jeder Wirbelanlage 3 Ossifikationszentren: ein unpaares enchondrales im Wirbelkörper und ein paariges perichondrales am Wirbelbogen. Jedoch bleiben auch noch lange nach der Geburt – etwa bis zum 20. Lebensjahr – an der oberen und unteren Oberfläche der Wirbelkörper knorpelige Deckplatten als Wachstumszonen erhalten. Noch länger zieht sich der Abschluss der Verknöcherung hin. Zwar ist der knöcherne Schluss des Wirbelbogens schon nach dem 1. Lebensjahr erreicht, aber die knöchernen Randleisten (S. 190) an der Ober- und Unterseite der Wirbelkörper treten erst um das 10. Lebensjahr auf. Zu gleicher Zeit bilden sich auch an den Spitzen der Querfortsätze und des Dornfortsatzes sekundäre Ossifikationszentren. Erst um das 25. Lebensjahr entsteht ein einheitlicher Knochen. Das Os sacrum entsteht durch Verschmelzung von 5 Wirbelanlagen mit allen Anteilen. Die Knochenkerne (jeweils 3) treten in den 5 Wirbelkörperanteilen im 4., in den Rippenanlagen (später Partes laterales) im 5.–7. Entwicklungsmonat auf. Die Verschmelzung der verschiedenen Verknöcherungszentren zu einem gemeinsamen Knochen erfolgt im 4.–5. Lebensjahr. Die Lineae transversae werden erst ab dem 20. Lebensjahr ossifiziert. Entwicklungsstörungen. Sie können zu Variabilitäten der Wirbelsäule und Spaltbildungen führen, zur Bildung eines 6. Lendenwirbels, als Beispiel für eine Vermehrung der Wirbelzahl, Atlasassimilation in Fortsetzung der Verschmelzung des Sklerotommaterials der 4 oberen Somiten (s. oben). Atlas und Os occipitale sind mehr oder weniger verwachsen. Sakralisation. Der 5. Lendenwirbel wird ins Kreuzbein aufgenommen. Lumbosakraler Übergangswirbel: einseitige Verschmelzung des 5. Lendenwirbels mit dem Kreuzbein. Diese Asymmetrie kann eine Skoliose (S. 202) bedingen. Lumbalisation. Der oberste Sakralwirbel ist in die Lendenwirbelsäule eingegliedert. Spaltbildungen. Wirbelbogenspalten entstehen durch mangelhaften Verschluss der Neuralfortsätze. Spina bifida, Rhachischisis. Das Schlussstück (Lamina) des Os sacrum oder der Wirbel fehlt; dadurch verschmelzen die beiden Bogenhälften nicht. Diese Fehlbildung kann mit schweren Missbildungen des Rückenmarks und seiner Hüllen einhergehen (⊡ Abb. 10.16, S. 707). Blockwirbelbildung infolge unterschiedlicher Trennung der Sklerotome. Es resultieren miteinander verschmolzene Wirbelkörper. Chordome. Dies sind Geschwülste an der Schädelbasis aus Resten der Chorda dorsalis.
193 6.2 · Rumpf
⊡ Tabelle 6.1. Ossifikationstermine des Rumpfskeletts Beginn der Ossifikation
Abschluss der Ossifikation
Wirbelkörper
3. Fetalmonat
16.–25. Lebensjahr
Randleisten
Ab 12. Lebensjahr
Arcus
3. Fetalmonat
1. Lebensjahr
Os sacrum
Ab 4. Fetalmonat
20.–25. Lebensjahr
Rippen
Ende 2. Fetalmonat
4. Fetalmonat*
Sternum
Ab 4. Fetalmonat
20.–25. Lebensjahr
*
Zu diesem Zeitpunkt stoppt die Ossifikation. Die sternumnahen knorpeligen Abschnitte bleiben als spätere Cartilago costalis erhalten. Es folgen aber die üblichen Vorgänge für das Längen- und Dickenwachstum.
Verbund der Wirbelsäule Wichtig
Die Wirbel sind durch Disci intervertebrales, Gelenke und Bänder miteinander verbunden.
Disci intervertebrales, Zwischenwirbelscheiben, Bandscheiben
Bandscheiben befinden sich zwischen den Wirbelkörpern, mit deren Deckplatten sie verwachsen sind. Sie machen ein Viertel der Gesamtlänge der Wirbelsäule aus. Die Form der Bandscheiben ist abschnittsweise verschieden. Insbesondere nehmen die Bandscheiben in kraniokaudaler Richtung an Umfang und Höhe zu und in den Krümmungen der Wirbelsäule haben sie Keilform. Die Bandscheiben tragen wesentlich zur Eigenform und durch ihre Komprimierbarkeit zur Federung der Wirbelsäule bei. Immer stehen die Bandscheiben unter Belastungsdruck, der im Liegen etwa 70 N beträgt, aber beim Stehen, Sitzen, Heben und Tragen erheblich zunimmt. Bandscheiben bestehen aus einem festen Faserring, Anulus fibrosus, und einem druckfesten Gallertkern im Zentrum, Nucleus pulposus. Der Anulus fibrosus ist ein Ring aus straffem Bindegewebe mit eingelagerten Knorpelzellen (Faserknorpel, S. 49). Seine Kollagenfasern strahlen in die Randleisten und Deckplatten der Wirbelkörper ein.
Der Nucleus pulposus ist ein Relikt der Chorda dorsalis
(S. 109), wobei Chordagewebe durch gallertiges Bindegewebe ersetzt wurde. Die Chorda dorsalis ist durch ihren Wassergehalt nicht komprimierbar. Jedoch ändert sich der Wassergehalt in Abhängigkeit von der Belastung. Die Bandscheiben sind nämlich ab dem 4. Lebensjahr gefäßfrei und werden durch Diffusion ernährt. Bei nachlassendem Druck, z. B. beim Liegen, kommt es zu einem Einstrom von Wasser und Nährstoffen. Dabei erhöht sich der Wassergehalt vor allem in den Nuclei pulposi und die Bandscheiben werden höher. Bei Belastung wird Flüssigkeit mit Stoffwechselendprodukten aus den Bandscheiben abgegeben, die Nuclei pulposi verlieren Wasser und die Bandscheiben werden niedriger. > Kinischer Hinweis Bandscheibenveränderungen beginnen bereits in frühen Lebensjahren, zunächst ohne Auswirkungen. Übermäßiger Druck sowie mangelnde Bewegungen führen jedoch zur Beschleunigung degenerativer Veränderungen mit Rissen und evtl. Spaltbildungen im Anulus fibrosus, der dadurch dem Druck des Nucleus pulposus nachgibt. In der Folge kann es zu einer begrenzten, evtl. reversiblen Vorwölbung, Protrusion, oder einem irreversiblen Vorfall, Prolaps, von Bandscheibenmaterial mit örtlicher Zerstörung der Faserstruktur kommen. Klinisch bedeutungsvoll sind Verlagerungen von Bandscheibengewebe nach dorsal und dorsolateral, da es dabei neben Spannung und Schmerz in der Muskulatur zu Reizungen der Nervenwurzeln mit Taubheitsgefühl und auch Lähmungen kommen kann. Noch stärker als Protrusionen oder Prolaps fallen Bandscheibenlockerungen ins Gewicht, da es
6
194
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
dabei zu Verschiebungen in den Wirbelgelenken, ja der Wirbel kommen kann. Bevorzugt sind der Hals- und Lendenbereich.
Zwischenwirbelgelenke Articulationes zygapophysiales, Zwischenwirbelgelenke, auch kleine Wirbelgelenke oder, da sie die Wirbelbögen
6
verbinden, Wirbelbogengelenke. Sie befinden sich jeweils zwischen einem oberen und einem unteren Gelenkfortsatz (Processus articularis superior et inferior, s. oben). Sie sind Anteile der Bewegungssegmente (s. unten). Die Bewegungen in den Einzelgelenken sind relativ gering. Sie wirken durch Summation. Die Bewegungsrichtung hängt von der Stellung der Gelenke ab (s. unten, ⊡ Abb. 6.16). > Klinischer Hinweis Beim Morbus Bechterew, Spondylarthritis ankylopoetica, kommt es zur Verknöcherung der kleinen Wirbelgelenke und der Zwischenwirbelscheiben mit schmerzhafter Versteifung der Wirbelsäule.
Bewegungssegmente Wichtig
Die Bewegungssegmente sind die Funktionseinheiten der Wirbelsäule. Sie bestehen jeweils aus 2 benachbarten Wirbeln mit der dazugehörigen Bandscheibe (ventral gelegen) und den dazugehörigen Wirbelbogengelenken (dorsal gelegen).
Die Wirbelsäule hat 25 Bewegungssegmente,nämlich zwischen den 24 präsakralen Wirbeln und dem Os sacrum.
ⓘ Infobox Die Bewegungssegmente gehen auf die Somiten des paraxialen Mesoderms zurück (S. 114). ⊡ Abbildung 6.18 erläutert die Zusammenhänge.Sie zeigt, dass der untere Teil des oberen und der obere Teil des unteren Wirbels einschließlich der Bandscheibe ursprünglich Anteil eines Somiten sind. Die Umlagerungen haben dann aber die Wirbelkörper hälftig aus benachbarten Somiten entstehen lassen.
Die Bewegungen in den Segmenten erfolgen jeweils um den Nucleus pulposus der Bandscheibe als Drehpunkt (⊡ Abb. 6.19). Dabei wird ein Abgleiten der Wirbel nach vorne durch das zugehörige Wirbelbogengelenk verhindert. Unterstützend wirken die Bänder zwischen den Dornfortsätzen (s. unten). Ein Bewegungssegment ist jedoch keine isolierte Einheit. Stets wirken benachbarte Bewegungssegmente zusammen. Dies geht darauf zurück, dass der einzelne Wirbel sowohl Bestandteil des nach oben als auch nach unten benachbarten Bewegungssegmentes ist. Bandapparat Wichtig
Erst durch den Bandapparat wird die Wirbelsäule zu einer in sich geschlossenen Einheit. Er verbindet die Wirbel untereinander, schränkt aber auch gleichzeitig ihre Bewegungsmöglichkeiten ein.
Der Bandapparat (⊡ Abb. 6.20) besteht aus Längsbändern an der Vorder- und Rückseite der Wirbelkörper, elastischen Bändern zwischen benachbarten Wirbelbögen, wegen ihrer Farbe als Ligamenta flava bezeichnet, Einzelbändern zwischen den verschiedenen Fortsätzen der Wirbel. Eine Sonderstellung nimmt der Bandapparat zwischen der Wirbelsäule und dem Schädel ein (S. 198). Längsbänder. Im Einzelnen handelt es sich um Lig. longitudinale posterius. Es ist mit der dorsalen
⊡ Abb. 6.18 a, b. Wirbelentwicklung. a Jeder Wirbel einschließlich der kranialen Zwischenwirbelscheibe geht aus Anteilen von zwei Somiten hervor. b Die aus einem Somiten hervorgegangen Wirbelanteile sind die Grundlage eines Bewegungssegmentes
oberen und unteren Kante der Wirbelkörper, hauptsächlich aber mit den Bandscheiben verwachsen und liegt somit an der Vorderwand des Wirbelkanals. Das Band beginnt am Clivus (S. 385) und endet im Canalis sacralis. Es hemmt eine übermäßige Beugung und sichert die Zwischenwirbelscheiben. Lig. longitudinale anterius. Es beginnt an der Pars basilaris des Os occipitale (S. 386), befestigt sich am
195 6.2 · Rumpf
⊡ Abb. 6.19 a–c. An den Bewegungen in den Bewegungssegmenten sind die Zwischenwirbelscheiben und die kleinen Wirbelgelenke beteiligt. Der Drehpunkt ist der Nucleus pulposus der Bandscheibe. a Ruhestellung; b Kippung nach vorne; c Kippung nach dorsal
Tuberculum anterius des Atlas, dann an der Vorderfläche der Wirbelkörper, setzt sich auf die Facies pelvica des Os sacrum fort und endet als Lig. sacrococcygeum anterius vorne am Steißbein. Das sehr kräftige Band verhindert eine übermäßige Dorsalflexion. Die beiden Longitudinalbänder stehen mit dem Quellungsdruck der Bandscheiben im Gleichgewicht und dienen der Erhaltung der Eigenform des Wirbelkörpers. Elastische Bänder. Zwischen den Wirbelbögen spannen
sich die Ligg. flava aus. Da sie hinter der Flexions-ExtensionsAchse liegen, sind sie in jeder Stellung der Wirbelsäule gespannt, insbesondere bei der Beugung nach vorne. Ihre elastische Rückstellkraft wirkt streckend und damit der nach vorne beugenden Schwerkraft des Rumpfes entgegen. > Klinischer Hinweis Die Wand des Wirbelkanals wird also ventral vom Lig. longitudinale posterius, dorsal und lateral von den Ligg. flava und den dorsalen Flächen der Bandscheiben gebildet.
Einzelbänder. Es befinden sich Ligg. intertransversaria zwischen den Querfortsät⊡ Abb. 6.20. Bänder der Brustwirbelsäule. Die beiden oberen Wirbel der Zeichnung sind median-sagittal geschnitten. Eingetragen sind die Bänder zwischen Wirbelbögen und Dornfortsätzen. Die unteren Wirbel sind in Oberflächenansicht von lateral gezeichnet. In einem Fall ist eine Rippe und deren Bandapparat zur Befestigung an der Wirbelsäule dargestellt
zen, Ligg. interspinalia zwischen den Dornfortsätzen, Ligg. supraspinalia zwischen den Spitzen der Dornfortsätze. Sie laufen über die Ligg. interspinalia hinweg. Alle Bandzüge zwischen Quer- und Dornfortsätzen wirken einer übermäßigen Ventralflexion der Wirbelsäule entgegen. Lig. nuchae. Das Nackenband verbindet das Hinterhaupt (Protuberantia und Crista occipitalis externa) mit dem Lig. supraspinale der Halswirbel. Es steht mediansagittal und besteht aus Kollagenfasern und
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Kapitel 6 · Bewegungsapparat
elastischen Fasern. Mit ihm sind Muskeln des Nackens verwachsen. Ligg. sacrococcygea. Sie verbinden das Kreuzbein mit dem Steißbein. Foramina intervertebralia Wichtig
Foramina intervertebralia liegen zwischen benachbarten Wirbeln und sind Öffnungen der Wirbelsäule für Nerven vom und zum Rückenmark.
6
Die Foramina intervertebralia (⊡ Abb. 6.20) befinden sich zwischen den Incisurae vertebralis superior et inferior benachbarter Wirbel und werden durch hintere Anteile der Wirbelkörper und Bandscheiben, den Pediculi arcus vertebrae, den Processus articularis superior et inferior sowie den Gelenkkapseln der kleinen Wirbelgelenke und den Ligg. flava begrenzt. Jedoch variiert die Lage der Foramina intervertebralia: In der Brustwirbelsäule befinden sie sich mehr in Höhe der Wirbelkörper – dadurch wirken sich Bandscheibenschäden hier weniger aus –, in der Lendenwirbelsäule vor allem in Höhe der Bandscheiben. Die Foramina intervertebralia sind im Halswirbelbereich besonders eng, im Lendenwirbelbereich besonders weit. Durch die Foramina – eher kleine Kanäle – verlaufen Nervenfasern. Sie gehören zur vorderen und hinteren Wurzel des Rückenmarks. Außerdem liegen in jedem Foramen intervertebrale ein Ganglion spinale, Fett- und Bindegewebe, Lymphgefäße, eine Arterie (S. 777) und Venengeflechte für das Rückenmark und seine Hüllen sowie ein R. meningeus mit sensiblen und vegetativen Fasern für die Rückenmarkhüllen. > Klinischer Hinweis An den Foramina intervertebralia kann es durch Exostosen, Wirbelverschiebungen oder im Alter durch degenerative Veränderungen der Wirbel mit Verkalkung der Bänder, besonders der Ligg. flava in der Halswirbelsäule, zu Nervenläsionen kommen. Die Folge können Schmerzen und Lähmungen sein.
Wirbelsäule, spezieller Teil Halswirbelsäule Wichtig
Die Halswirbelsäule ist der beweglichste Teil der Wirbelsäule. Sie verbindet Kopf und Rumpf.
> Klinischer Hinweis Durch Bandscheibenprotrusion bzw. -prolaps, Wirbelverschiebungen oder überschießende Knochenbildung kann es in der Halswirbelsäule zu Gefäßeinengungen und Durchblutungsstörungen mit Kopfschmerzen und Schwindelerscheinungen sowie schmerzhaften Nervenreizungen (Schulter- und Nackenschmerzen, Muskelverspannungen, sogar Lähmungen) kommen. Die Symptome werden unter der Bezeichnung Zervikalsyndrom zusammengefasst.
Osteologie der Halswirbel
Gemeinsames Kennzeichen aller 7 Halswirbel (HW) sind Foramina transversaria (⊡ Abb. 6.16 a, 6.21 c, dargestellt am Beispiel des 1. HW). > Klinischer Hinweis Durch die Foramina transversaria des 1.–6. HW verläuft die A. vertebralis (S. 447), umsponnen von sympathischen Nervenfasern (Plexus vertebralis) und begleitet von 2 Vv. vertebrales. Durch das sehr kleine Foramen transversarium des 7. HW ziehen nur Vv. vertebrales.
1. Halswirbel, Atlas (⊡ Abb. 6.16 a). Der Atlas hat keinen
Wirbelkörper. Er ist der Träger des Kopfes, mit dem er durch die Articulatio atlantooccipitalis verbunden ist. Die Gelenkflächen des Atlas liegen jeweils auf einer Massa lateralis. Dorsal benachbart befindet sich der Sulcus arteriae vertebralis (Verlauf der A. vertebralis ⊡ Abb. 6.21 c und S. 447) – Statt eines Dornfortsatzes hat der Atlas lediglich ein Tuberculum posterius. 2. Halswirbel, Axis (⊡ Abb. 6.16 b). Er ist durch einen Zapfen, Dens axis, gekennzeichnet, der nach oben in den Ring des Atlas ragt. Dort ist er mit dessen Arcus anterior gelenkig verbunden, Fovea dentis axis. Halswirbel 3–7 (⊡ Abb. 6.16 c). Ihre Foramina vertebralia
sind dreieckig. Die Deckplatten ihrer Wirbelkörper haben hinten und seitlich Erhabenheiten, Uncus corporis vertebrae, die fortsatzartig ausgezogen sein können. Sie können bei Bandscheibendegenerationen mit denen der Nachbarwirbel in Kontakt treten (fälschlich Unkovertebralgelenk). Die Querfortsätze dieser Halswirbel enden mit einem Tuberculum anterius (Rippenrudiment) und mit einem Tuberculum posterius (Rest des eigentlichen Processus transversus). Zwischen beiden liegt eine Rinne, Sulcus nervi spinalis, für den entsprechenden Spinalnerven. 7. Halswirbel, auch als Vertebra prominens bezeichnet, weil der Dornfortsatz häufig von außen gut tastbar ist. Er
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projiziert sich auf den unteren Rand des eigenen Wirbelkörpers bzw. auf das obere Drittel des 1. Brustwirbels.Von der Vertebra prominens aus können beim Lebenden die Wirbel bis zum 5. Lendenwirbel abgezählt werden. Allerdings können auch der Processus spinosus des 6. Halsoder des 1. Brustwirbels deutlich tastbar vorspringen. Der Dornfortsatz des 7. Halswirbels ist ungespalten, im Gegensatz zu denen der anderen Halswirbel. Das Tuberculum anterius kann gelegentlich zu einer Halsrippe ausgewachsen sein, die auch gelenkig mit dem Wirbel verbunden sein kann. ⊡ Abbildung 6.16 a–c zeigen weitere osteologische Einzelheiten der Halswirbel. Gelenke der Halswirbelsäule
Gemeinsam ermöglichen sie die Bewegungen des Kopfes: beugen nach vorne = Flexion (auch als Ventralflexion bezeichnet), seitwärts neigen = Lateralflexion, rückwärts neigen = Dorsalflexion (auch Strecken, Dorsalextension, genannt), drehen = Rotation oder Torsion. Diese Bewegungsbezeichnungen gelten auch für die Wirbelsäule als Ganzes. Die Gelenke befinden sich jeweils zwischen den Gelenkflächen der Processus articulares. Sie stehen im Wesentlichen horizontal (⊡ Tabelle 6.2). Dadurch sind in der Halswirbelsäule die Ventral- und Dorsalflexionen am ausgiebigsten. Eine Sonderstellung nehmen die Kopfgelenke ein, die Articulatio atlantooccipitalis, die Wirbelsäule und Schädel verbindet, und die Articulationes atlantoaxiales zwischen 1. und 2. Halswirbel. Es handelt sich um 6 Gelenke, die eine funktionelle Einheit bilden und der Kopfbewegung dienen (⊡ Tabelle 6.2).
⊡ Abb. 6.21 a–c. Bandapparate der Articulatio atlantooccipitalis (a, b) und der Articulatio atlantoaxialis mediana (c). a Ansicht von dorsal. Der Arcus posterior des Atlas ist teilweise abgetragen, das Rückenmark entfernt und die Membrana tectoria unterbrochen. Dadurch liegt das Lig. cruciforme atlantis frei. In der Tiefe sind die Ligg. alaria sichtbar. b Ansicht von lateral (Median-SagittalSchnitt). c Aufsicht auf den Atlas, in der Tiefe der Axis. Der Dens axis wird durch das Lig. transversum atlantis in der Lage gehalten. a-a Achse für Beuge- und Streckbewegungen im Atlantookzipitalgelenk. Die A. vertebralis verlässt das Foramen transversarium des Atlas und legt sich in den Sulcus arteriae vertebralis
Articulatio atlantooccipitalis (⊡ Abb. 6.21). Sie ist ein Eigelenk (S. 177) mit einer schlaffen Gelenkkapsel, die seitlich durch das Lig. atlantooccipitale laterale verstärkt wird. Das Gelenk lässt relativ ausgedehnte Bewegungen zu um eine transversale Achse (= Nicken): Beugung (20 °) und Streckung (30 °) des Kopfes und um eine sagittale Achse: Seitwärtsneigung des Kopfes (10 °–15 °). Articulationes atlantoaxiales. Sie bestehen aus Articulatio atlantoaxialis mediana und Articulatio atlantoaxialis lateralis.
6
198
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
⊡ Tabelle 6.2. Beweglichkeit der Wirbelsäule
6
Abschnitt
Ventralflexion
Dorsalflexion
Lateralflexion
Rotation
Atlantookzipitalgelenk
++
++
+
–
Atlantoaxialgelenke
–
–
–
+++
Halswirbelsäule
+++
+++
+
++
Brustwirbelsäule
+
+
+
++
Lendenwirbelsäule
+
++
+
(+)
+ gering; ++ mittelmäßig; +++ ausgiebig.
Articulatio atlantoaxialis mediana (⊡ Abb. 6.21). Das Ge-
lenk entsteht dadurch, dass der Dens axis in den Atlasbogen eingefügt ist. Die Gelenkflächen befinden sich zwischen Dens axis und Fovea dentis axis (Abstand 1–2, höchstens 5 mm) einerseits und Knorpelanteilen des Lig. transversum (s. unten) andererseits. Dadurch entsteht ein Radgelenk. Die Drehbewegung beträgt aus der Mittelstellung nach jeder Seite 20 °–30 °. Dabei drehen sich Kopf und Atlas gemeinsam. > Klinischer Hinweis Werden die Drehbewegungen übersteigert, kann es zu Durchflussstörungen in der A. vertebralis und dadurch zu Schwindelerscheinungen und Kopfschmerzen kommen.
Das Lig. transversum atlantis ist sehr kräftig, spannt sich zwischen rechter und linker Massa lateralis aus und hält den Dens in seiner Lage. > Klinischer Hinweis Beim Schleudertrauma (Autounfall) kann es zum Einriss im Lig. transversum atlantis kommen. Beim Erhängen reißt das Band durch das Körpergewicht aus, sodass sich der Dens axis tödlich in die Medulla oblongata des Gehirns eingräbt.
ⓘ Infobox Ein entwicklungsgeschichtlicher Rest der Chorda dorsalis ist das Lig. apicis dentis von der Spitze des Dens zum Vorderrand des Foramen magnum.
Articulatio atlantoaxialis lateralis hat ergänzende FunkZur Führung und Befestigung des Axis dienen Ligg. alaria und Lig. cruciforme atlantis.
tion. Es befindet sich zwischen den lateralen Gelenkflächen des 1. und 2. Halswirbels (⊡ Abb. 6.16 b). Zum Bandapparat der Kopfgelenke gehören schließlich
Ligg. alaria. Sie sind paarig, entspringen seitlich am
Dens, weichen nach oben auseinander und inserieren seitlich vorne am Foramen magnum des Hinterhauptbeins (S. 385). Sie verhindern eine extreme Dorsalflexion, Rotation und Lateralflexion in den Kopfgelenken. Lig. cruciforme atlantis (⊡ Abb. 6.21 a). Es besteht aus
Fasciculi longitudinales und Lig. transversum atlantis. Die Fasciculi longitudinales ziehen vom 2. Halswirbelkörper zum Vorderrand des Foramen magnum. Sie hemmen die Überstreckung im Atlantookzipitalgelenk und schützen dadurch die Medulla oblongata vor Läsionen durch den Dens.
(⊡ Abb. 6.21) Membrana atlantooccipitalis anterior, Membrana atlantooccipitalis posterior und Membrana tectoria. Die Membrana atlantooccipitalis anterior entspringt vor dem Foramen magnum an der Pars basilaris des Os occipitale. Sie setzt am vorderen Atlasbogen an und verhindert eine übermäßige Dorsalflexion. Die Membrana atlantooccipitalis posterior erstreckt sich vom dorsalen Rand des Foramen magnum zum dorsalen Atlasbogen. Sie wird von der A. vertebralis mit ihren Begleitvenen und dem 1. Spinalnerv durchbrochen.
199 6.2 · Rumpf
Die Membrana tectoria (⊡ Abb. 6.21 a, b), ein derbfaseriger Sehnenstreifen, entspringt an der dorsalen Fläche des 2. Halswirbelkörpers und zieht zum Vorderrand des Foramen magnum. Sie setzt sich nach unten in das hintere Längsband fort (s. unten). Die Membrana tectoria liegt also »innen«, d. h. auf der dem Wirbelkanal zugewandten Seite. Sie dient der Sicherung der Medulla oblongata vor Verletzungen durch den Dens bei zunehmenden Gelenkexkursionen. Ihr aufgelagert ist innen die harte Hirnhaut, Dura mater. Subokzipitalpunktion S. 210.
Brustwirbelsäule Wichtig
Die Brustwirbelsäule lässt vor allem Rotationsbewegungen zu. Sie hat gelenkige Verbindungen mit den Rippen.
Jedoch sind in der Brustwirbelsäule auch Ventral-, Dorsal- und Lateralflexion möglich (⊡ Tabelle 6.2).
⊡ Abb. 6.22. Rippenwirbelgelenke (Articulationes costovertebrales). Sie setzen sich aus der Articulatio costotransversaria und der Articulatio capitis costae zusammen. In den meisten Rippenwirbelgelenken finden Drehbewegungen der Rippen um die eingezeichnete Achse statt
Osteologie der Brustwirbel (⊡ Abb. 6.15, 6.16 d)
Zu erkennen sind die oberen Brustwirbel (BW) an den nach unten gerichteten Spitzen der Dornfortsätze. Die des 11. und 12. BW sind dagegen kurz und fast horizontal gestellt. Besonders der 12. BW ähnelt bereits weitgehend den Lendenwirbeln. Die Processus articulares der Brustwirbel stehen fast senkrecht frontal. Schließlich kommen Gelenkflächen an den Querfortsätzen und an den Wirbelkörpern zur Verbindung mit den Rippen vor, Foveae costales. Das Foramen vertebrale der Brustwirbel ist fast rund. Articulationes costovertebrales (⊡ Abb. 6.22)
Die Rippenwirbelverbindungen sind das Spezifikum der Brustwirbelsäule. Sie bestehen aus 2 Gelenken: Articulatio capitis costae und Articulatio costotransversaria. Einzelheiten zu den Rippenwirbelgelenken Articulatio capitis costae. Das Caput costae der 2.–10. Rippe ist zweigeteilt (S. 212) und bildet jeweils mit der Fovea costalis superior und derFovea costalis inferior der benachbarten Wirbelkörper sowie dem Discus intervertebralis das Rippenkopfgelenk.Es ist zweikammerig,da es durch das Lig. capitis costae intraarticulare unterteilt ist. Die Verbindungen der 1.,11.und 12. Rippe mit dem Wirbelkörper haben dagegen nur eine Gelenkpfanne; diese Gelenke sind einkammerig.
Osteologisch ergibt sich daraus, dass der 1. Brustwirbel eine vollständige obere Gelenkfläche und eine halbe untere, der 10. Brustwirbel nur eine halbe obere und der 11. und 12. jeweils eine vollständige haben. Articulatio costotransversaria zwischen Tuberculum costae und Querfortsatz. Befestigt werden diese Gelenke durch Ligg. costotransversaria (⊡ Abb. 6.22) und das Lig. lumbocostale, einem bandartigen Streifen der Fascia thoracolumbalis (S. 209), der sich an der 12. Rippe anheftet. Bewegungen in den Kostovertebralgelenken. Beide
Kostovertebralgelenke sind für die 2.–5./6. Rippe Drehgelenke. Die Achse verläuft durch den Rippenhals (⊡ Abb. 6.22). Die Bewegungen in diesen Gelenken führen infolge der Rippenkrümmungzur Hebung und Senkung der ventralen Abschnitte der Rippen (S. 221). Ab der 7. Rippe erfolgen in den Articulationes costotransversariae auf planen Gelenkflächen kraniokaudale Verschiebungen.
Lendenwirbelsäule Wichtig
Die Lendenwirbelsäule hat vor allem tragende Funktion. Den relativ größten Freiheitsgrad ihrer Bewegungen hat die Ventral-/Dorsalflexion.
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200
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
Osteologie der Lendenwirbel (⊡ Abb. 6.16 e). Die Wirbel-
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körper der Lendenwirbel sind deutlich größer als die der Brustwirbel. Die seitlichen Fortsätze heißen hier Processus costales,da es sich um Rippenrudimente handelt.Von den Processus transversi bleiben nur noch die kleinen Processus accessorii übrig. Der Processus articularis superior wird durch den Processus mamillaris verstärkt.Die Processus spinosi sind plattenförmig und fast horizontal nach hinten gerichtet, sodass sich z. B. die Dornfortsatzspitze des 4. Lendenwirbels auf den unteren Rand des eigenen Wirbelkörpers projiziert. Die Gelenkflächen der Processus articulares superiores stehen nahezu sagittal. Das Foramen vertebrale ist dreieckig und weit.
Tuberositas ossis sacri
Crista sacralis medialis
> Klinischer Hinweis Zwei Drittel aller Rückenbeschwerden gehen von der Lendenwirbelsäule aus, Lumbalsyndrome. Ausgangspunkt der Beschwerden (»Kreuzschmerzen« durch Verspannung der lumbalen Rückenmuskeln) sind Schäden in den unteren lumbalen Bewegungssegmenten: an den Bandscheiben, an den Wirbelgelenken, an den Wirbeln. Durch sie werden die in und an den Foramina intervertebralia verlaufenden Nerven beeinträchtigt. Werden dabei die Wurzelfasern des Rückenmarks (S. 691) betroffen (z. B. Einengung ihrer Verlaufsstrecken, Stenosen, z. B. durch Protrusion oder Prolaps der Bandscheiben), kommt es zu Beschwerden in den Versorgungsgebieten der ventralen Spinalnervenäste (radikuläre Symptome, z. B. Ischias). Werden dagegen die Rr. posteriores der Spinalnerven (S. 696), betroffen, die an den benachbarten Gelenkkapseln verlaufen, ist deren Innervationsgebiet betroffen (Facettensyndrom oder pseudoradikuläres Lumbalsyndrom), insbesondere die lumbale Rückenmuskulatur (Verspannungen, Kreuzschmerzen).
Lumbalpunktion S. 210.
Os sacrum, Kreuzbein Wichtig
Das Os sacrum ist ein Teil der Wirbelsäule und des Beckenrings. Es ist gegenüber der Lendenwirbelsäule um 50 °–70 ° gekippt.
Das Os sacrum ist, obgleich es aus 5 Kreuzbeinwirbeln hervorgegangen ist, ein einheitlicher Knochen (⊡ Abb. 6.23). In der Ansicht von vorne ist es dreieckig schaufelförmig. Basis ossis sacri. Sie liegt kranial und ist durch eine keilförmige Bandscheibe sowie gelenkig durch die Processus articulares superiores mit dem 5. Lendenwirbel verbunden.
⊡ Abb. 6.23. Kreuzbein (männlich). Facies dorsalis
Apex ossis sacri. Die nach kaudal gerichtete Kreuzbeinspitze trägt entweder eine kleine Bandscheibe zur Verbindung mit dem Steißbein oder ist mit diesem synostosiert. Facies pelvica ist die Vorderfläche des Os sacrum. Sie dient Muskeln zum Ursprung. Zu erkennen sind Lineae transversae, Reste der Verschmelzungszonen zwischen den Sakralwirbeln (S. 192), und seitlich davon Foramina sacralia anteriora. Facies dorsalis. Auch hier entspringen Muskeln. Ihre Crista sacralis mediana entspricht den Processus spinosi, ihre Crista sacralis medialis den Processus articulares und ihre Crista sacralis lateralis den Processus transversi.
Zwischen Crista sacralis medialis und Crista sacralis lateralis liegen die Foramina sacralia posteriora. Seitlich der Crista sacralis lateralis befindet sich die Tuberositas ossis sacri, an der die kräftigen Verstärkungsbänder für die Articulatio sacroiliaca (S. 306) entspringen. Pars lateralis. Sie ist aus Rippenanlagen hervorgegangen und wird im Bereich der Basis auch als Ala ossis sacri be-
zeichnet. Die auffälligste Struktur der Pars lateralis ist die Facies auricularis, die mit der gleichnamigen Gelenk-
fläche des Darmbeins (Teil des Os coxae, Hüftbein, S. 304) die Articulatio sacroiliaca bildet. Canalis sacralis ist der Wirbelkanal im Bereich des Os sacrum. Osteologisch öffnet er sich als Hiatus sacralis
201 6.2 · Rumpf
meist in Höhe des 3. oder 4. Kreuzbeinwirbels nach unten und wird beiderseits von den Cornua sacralia flankiert. Jedoch wird die Öffnung durch Bänder verschlossen, sodass hier der Wirbelkanal endet (Beginn des Wirbelkanals am Foramen magnum des Schädels, S. 385). Dem Austritt sakraler Spinalnerven aus dem Wirbelkanal dienen Foramina intervertebralia, die jedoch nur auf Querschnitten durch den Knochen zu erkennen sind. Ihre vorderen Äste verlassen den Knochen durch die Foramina sacralia anteriora, die hinteren durch die Foramina sacralia posteriora. Promontorium ist der besonders weit in den Beckenring
vorspringende Vorderrand des 1. Kreuzbeinwirbelkörpers. Das Promontorium ist ein Bezugspunkt zur Bestimmung der Beckenmaße (S. 307). Geschlechtsunterschiede. Das Os sacrum ist bei der Frau breiter, kürzer und weniger stark gekrümmt als beim Mann.
Os coccygis, Steißbein Das Steißbein ist durch Synostosierung aus 4 (3–5) rudimentären Vertebrae coccygiae entstanden. Nach oben läuft das Steißbein in die Cornua coccygea aus.
Eigenform und Beweglichkeit der Wirbelsäule Wichtig
Durch ihre doppelt gekrümmte Eigenform federt die Wirbelsäule.
Am stehenden Erwachsenen erkennt man, dass die Wirbelsäule Krümmungen hat, die teils nach vorne, teils nach hinten gerichtet sind (⊡ Abb. 6.24). Sie werden durch die Form der Wirbelkörper, der Bandscheiben und durch den Bandapparat bedingt. Es handelt sich um Lordosen: im Hals- und Lendenbereich; die Krümmung ist nach vorne gerichtet: ventral konvex vom 1.–6. Halswirbel und vom 9.–5. Lendenwirbel, und Kyphosen: im Brust- und Sakralbereich; die Krümmung ist nach hinten gerichtet: ventral konkav vom 6. Hals- bis 9. Brustwirbel, beim Kreuz- und Steißbein. Dadurch hat die Wirbelsäule doppelte S-Form und kann im Zusammenwirken mit den Disci intervertebrales Stöße abfangen.
⊡ Abb. 6.24. Darstellung der Abschnitte und Krümmungen der Wirbelsäule mit in der Klinik üblichen Abkürzungen
ⓘ Infobox Krümmungen der Wirbelsäule können innerhalb der Norm verstärkt oder verringert sein. Dies führt zu unterschiedlichen Haltungstypen, dem Flachrücken mit verminderten Krümmungen, dem Hohlrücken bei verstärkter Brustkyphose und Lendenlordose, dem Rundrücken bei verstärkter Brustkyphose. Krankhaft werden die Krümmungen der Wirbelsäule durch Wachstumsstörungen. Beim Morbus Scheuermann kommt es durch Erniedrigung der Ventralseite der Wirbelkörper im unteren Brust- oder oberen Lendenwirbelsäulenbereich zur Keilwirbelbildung und zu verstärkter Kyphose (Adoleszentenkyphose).
Anders als der Erwachsene hat das Neugeborene nur eine einheitlich nach hinten gerichtete Krümmung der Wirbelsäule, sie ist kyphosiert. Sobald das Kind aber anfängt zu sitzen, zu stehen und zu laufen, beginnen sich durch enges Zusammenwirken von Wirbelsäule, Gelenken, Bandapparat und Muskulatur die bleibenden Wirbelsäulenkrümmungen herauszubilden: zuerst die Halslordose, wenn das Kind lernt den Kopf zu heben, und dann am Ende des 1. Lebensjahres die Lendenlordose, wenn das Kind beginnt zu laufen und aufrecht zu sitzen. Das volle Ausmaß der Brustkyphose ist mit dem 6. Lebensjahr erreicht.
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202
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
> Klinischer Hinweis Es kann zu seitlichen Abweichungen der Wirbelsäule kommen, die als Skoliosen bezeichnet werden.Während fast jeder Mensch eine geringe Skoliose hat, rufen stärkere Skoliosen eine Rückgratverkrümmung (»Buckel«) hervor; er ist behandlungsbedürftig.
Beweglichkeit der Wirbelsäule. Sie ändert sich im Laufe des Lebens oder kankheitsbedingt.
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Methoden zur Ermittlung der Beweglichkeit der Wirbelsäule Die Beweglichkeit der Wirbelsäule ist regelhaft, wenn sich bei Rumpfbeugung eine 30 cm lange Messstrecke über dem Brustwirbel um 3 cm verlängert (Methode nach Schober). – Eine weitere Methode zur Bestimmung der Beweglichkeit der Wirbelsäule ist das Messen des Fingerspitzen-Bodenabstandes beim Beugen nach vorne bei gestreckten Knien.
Rückenmuskeln Bereits das Oberflächenrelief des Rückens gibt Hinweise auf die Gliederung der Rückenmuskulatur (⊡ Abb. 6.25). Beim Stehenden treten nämlich im mittleren Rückenbereich neben einer Rinne über den Dornfortsätzen der Wirbel Muskelwülste hervor – hervorgerufen durch den M. erector spinae (s. unten) –, die jedoch im oberen Rückenbereich vom Schulterblatt und seiner Muskulatur verdeckt sind. Ferner tritt im unteren Rückenbereich – besonders bei der Frau – ein rautenförmiges Gebiet zwischen den Hauteinziehungen über dem 5. Lendenwirbeldornfortsatz, beiderseitig über der Spina iliaca posterior
superior des Hüftbeins (S. 304) und über dem letzten Steißbeinwirbel hervor, Michaelis-Raute. Es ist von Teilen des oberflächlichen Blattes der Fascia thoracolumbalis (S. 209) unterlagert. Die Rückenmuskulatur gliedert sich in oberflächliche Muskeln und paravertebrale Muskeln. Die oberflächliche Rückenmuskulatur (⊡ Abb. 6.53, S. 257) besteht aus platten Muskeln. Am auffälligsten sind der M. trapezius und der M. latissimus dorsi. > Klinischer Hinweis Die oberflächliche Rückenmuskulatur ist der Physiotherapie gut zugängig, die z. B. bei Muskelverspannungen, bei Bandscheibenveränderungen oder beim Halswirbelsyndrom erforderlich ist. Wichtig
Die oberflächliche Rückenmuskulatur ist während der Evolution eingewandert.
Die oberflächliche Rückenmuskulatur ist zusammen mit einigen weiteren Muskeln nicht ortsständig entstanden. Sie ist vielmehr während der stammesgeschichtlichen Entwicklung der oberen Extremität durch Umgestaltung des Schultergürtels auf den Rücken gelangt. Darauf weist noch die Innervation der oberflächlichen Rückenmuskeln durch Rr. anteriores der Nn. spinales bzw. den von ihnen gebildeten Plexus (S. 696) hin. ⓘ Infobox Genetisch stammen die oberflächlichen Rückenmuskeln z. T. aus dem Branchialbogenbereich (M. trapezius), z. T. aus dem Blastem der seitlichen Leibeswand.
Die nach dorsal gewanderten Muskeln wirken nur mittelbar auf den Rücken. Sie verknüpfen Wirbelsäule und Thorax, deswegen spinokostale Muskeln (⊡ Tabelle 6.8, S. 216) und Wirbelsäule und Schultergürtel bzw. Oberarm, deswegen spinoskapuläre bzw. spinohumerale Muskeln.
⊡ Abb. 6.25. Körperoberfläche von dorsal. Links Oberflächenrelief und tastbare Knochenpunkte. Rechts Regionengliederung; die Regio sacralis entspricht der Michaelis-Raute
Sonderstellung kleiner Musklen Eine Sonderstellung nehmen kleine Muskeln ein, die sich dort befinden, wo Rippenanlagen in andere Strukturen, z. B. Wirbel einbezogen wurden. Sie können als modifizierte Interkostalmuskulatur aufgefasst werden: Mm. intertransversarii anteriores cervicis zwischen den Tubercula anteriora der Querfortsätze der HWS,
203 6.2 · Rumpf
Mm. intertransversarii laterales lumborum zwischen den Processus costales der LWS und M. rectus capitis lateralis zwischen dem vorderen Anteil des Querfortsatzes des Atlas und der Schädelbasis seitlich vom Condylus occipitalis.
Da alle auf den Rücken gewanderten Muskeln ihre Wirkung im Wesentlichen dort entfalten, wo sie ansetzen, werden sie im Zusammenhang mit dem Thorax bzw. dem Schultergürtel besprochen. Die paravertebralen Muskeln entspringen im Wesentli-
chen an der Facies dorsalis des Os sacrum und an der Crista iliaca des Hüftbeins und erstrecken sich bis zum Hinterhaupt.
Wichtig
Die paravertebralen Rückenmuskeln sind die eigentlichen, ortsständigen Muskeln. Sie haben vor allem haltende Funktionen.
Unter Berücksichtigung ihrer Aufgaben werden die paravertebralen Muskeln auch unter der Bezeichnung M. erector spinae zusammengefasst. ⓘ Infobox Eine weitere Benennung für ortsständige Rückenmuskeln ist autochthone Rückenmuskulatur. Damit wird ausgedrückt, dass sich diese Muskeln ortsständig entwickelt haben. Sie gehen aus den dorsalen Anteilen der Myotome (Epimer, S. 114) hervor. Diese gliedern sich in einen medialen und lateralen Ab-
⊡ Abb. 6.26. Systeme der autochthonen Rückenmuskulatur. Rot lateraler Trakt (Longissimusgruppe, Iliokostalisgruppe und M. splenius); schwarz medialer Trakt. Die Zeichnung stellt nur das Prinzip der einzelnen Systeme dar, jedoch nicht alle Muskeln
6
204
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
⊡ Tabelle 6.3. Autochthone Rückenmuskeln, interspinales und spinales System
6
Muskel
Ursprung
Ansatz
Funktion
Innervation
Mm. interspinales lumborum
Dornfortsätze der Lendenwirbel
Dornfortsätze der Lendenwirbel
Streckung der LWS, äußerst geringe Wirkung
Rr. posteriores der lumbalen Spinalnerven
Mm. interspinales thoracis (fehlen oft)
Dornfortsätze der Brustwirbel
Dornfortsätze der Brustwirbel
Streckung der BWS, äußerst geringe Wirkung
Rr. posteriores der thorakalen Spinalnerven
Mm. interspinales cervicis
Dornfortsätze der Halswirbel, doppelt
Dornfortsätze der Halswirbel, doppelt
Streckung der HWS
Rr. posteriores der zervikalen Spinalnerven
M. spinalis thoracis
Dornfortsätze der unteren Brustwirbel, 1. u. 2. Lendenwirbel
Dornfortsätze der oberen Brustwirbel
Streckung der BWS
Rr. posteriores der thorakalen Spinalnerven
M. spinalis cervicis
Dornfortsätze des 4.–7. Halswirbels
Dornfortsätze des 2. und 3. Halswirbels
Streckung der HWS
Rr. posteriores der zervikalen Spinalnerven
M. spinalis capitis (fehlt meistens)
Dornfortsätze der unteren Halsund oberen Brustwirbelsäule
Zwischen Lineae nuchales superior et inferior zusammen mit dem M. semispinalis capitis
Einseitig: Drehung des Kopfes zur Gegenseite Doppelseitig: Dorsalflexion im Atlantookzipitalgelenk und in der HWS
Rr. posteriores der zervikalen Spinalnerven
M. rectus capitis posterior major
Processus spinosus des Axis
Mittleres Drittel der Linea nuchalis inferior
Einseitig: Drehung und Neigung des Kopfes zur selben Seite Doppelseitig: Dorsalflexion im Atlantookzipitalgelenk
Äste aus dem N. suboccipitalis
M. rectus capitis posterior minor
Tuberculum posterius des Arcus posterior des Atlas
Medial unterhalb der Linea nuchalis inferior
Einseitig: Neigung des Kopfes zur selben Seite Doppelseitig: Dorsalflexion im Atlantookzipitalgelenk
Äste aus dem N. suboccipitalis
schnitt (⊡ Abb. 3.12). Hierauf geht die unterschiedliche Innervation der beiden Anteile der paravertebralen Rückenmuskulatur zurück: Sie erfolgt für den späteren medialen Trakt durch mediale Äste der Rr. posteriores der Spinalnerven, für den lateralen Trakt durch laterale Äste. – Die ursprünglich segmentale Gliederung der autochthonen Rückenmuskulatur bleibt jedoch nur in der tiefer gelegenen Muskelschicht erhalten, z. B. bei den Mm. interspinales, Mm. intertransversarii, Mm. rotato-
res und den tiefen Nackenmuskeln. In den oberflächlichen Schichten verschmelzen die Myotomanteile zu langen plurisegmentalen Systemen, z. B. M. longissimus.
Die paravertebrale, autochthone Rückenmuskulatur (⊡ Abb. 6.26) besteht aus einem in der Tiefe gelegenen medialen Trakt, der sich in die Rinne zwischen den Procc. spinosi und den
205 6.2 · Rumpf
⊡ Tabelle 6.4. Autochthone Rückenmuskeln, transversospinales System Muskel
Ursprung
Ansatz
Funktion
Innervation
M. semispinalis thoracis (seine Fasern überspringen 4–7 Wirbel)
Querfortsätze des 6.–12. Brustwirbels
Dornfortsätze des 6. Hals- bis 3. Brustwirbels
Einseitig: Drehung der Wirbelsäule zur Gegenseite Doppelseitig: Streckung
Rr. posteriores der Spinalnerven
M. semispinalis cervicis (seine Fasern überspringen 4–6 Wirbel)
Querfortsätze des 1.–6. Brustwirbels
Dornfortsätze des 2.–7. Halswirbels
Ähnlich wie der M. semispinalis thoracis
Rr. posteriores der Spinalnerven
M. semispinalis capitis (seine Fasern überspringen 4–6 Wirbel)
Querfortsätze des 3. Hals- bis 6. Brustwirbels
Zwischen Linea nuchalis superior und Linea nuchalis inferior am Hinterhaupt
Einseitig: Drehung des Kopfes zur Gegenseite, Neigung des Kopfes zur gleichen Seite Doppelseitig: Streckung im Atlantookzipitalgelenk und der HWS
Rr. posteriores der Spinalnerven
Mm. multifidi (ihre Fasern überspringen 2–3 Wirbel)
Facies dorsalis des Os sacrum, Processus mamillares der Lendenwirbel, Querfortsätze der Brustwirbel, Processus articulares der 4 unteren Halswirbel
Dornfortsätze der Lendenund Brustwirbel sowie des 2.–7. Halswirbels
Einseitig: Drehung der Wirbelsäule zur Gegenseite (nicht in der LWS) Doppelseitig: Streckung
Rr. posteriores der Spinalnerven
Mm. rotatores lumborum (ziehen zum nächsthöheren Wirbel)
Processus mamillares der Lendenwirbel
Basis der Dornfortsätze, Wirbelbögen
Streckung in der LWS; sehr geringe Wirkung. (In der LWS sind kaum Drehungen möglich)
Rr. posteriores der lumbalen Spinalnerven
Mm.rotatores thoracis (ziehen zum nächst- oder übernächsthöheren Wirbel)
Querfortsätze der Brustwirbel
Basis der Dornfortsätze, Wirbelbögen
Streckung der Rotation der BWS;sehr geringe Wirkung
Rr.posteriores der thorakalen Spinalnerven
Mm. rotatores cervicis (ziehen zum nächsthöheren Wirbel)
Quer- und Gelenkfortsätze der Halswirbel
Basis der Dornfortsätze, Wirbelbögen
Streckung und Rotation der HWS; sehr geringe Wirkung
Rr. posteriores der zervikalen Spinalnerven
Querfortsätzen einfügt (Sulcus dorsalis). Er hat mehrere Anteile, die eigene Systeme bilden, ein – interspinales und spinales System (⊡ Tabelle 6.3) sowie ein – transversospinales System (⊡ Tabelle 6.4), einem oberflächlich gelegenen lateralen Trakt seitlich der Dornfortsätze. Seine Anteile sind ein
– spinotransversales System (⊡ Tabelle 6.5), – intertransversales System (⊡ Tabelle 6.6) und ein – sakrospinales System (⊡ Tabelle 6.7). Jedes der aufgeführten Systeme besteht aus einzelnen Muskeln (⊡ Tabelle 6.3 bis 6.7), die teils kürzere Muskelzüge haben, die die Fortsätze benachbarter Wirbel
6
206
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
⊡ Tabelle 6.5. Autochthone Rückenmuskeln, spinotransversales System Muskel
Ursprung
Ansatz
Funktion
Innervation
M. splenius cervicis
Processus spinosus des 3.–6. Brustwirbels und Lig. supraspinale
Tuberculum posterius des 1.–3. Halswirbels
Einseitig: Drehung der HWS zur selben Seite Doppelseitig: Dorsalflexion in der HWS
Rr. posteriores der Spinalnerven
M. splenius capitis
Processus spinosus des 3. Hals- bis 3. Brustwirbels
Laterale Hälfte der Linea nuchalis superior bis zum Processus mastoideus
Einseitig: Drehung und Neigung zur selben Seite im Atlantookzipitalgelenk und der HWS Doppelseitig: Dorsalflexion im Atlantookzipitalgelenk und der HWS
Rr. posteriores der Spinalnerven
M. obliquus capitis inferior
Processus spinosus des Axis
Processus transversus des Atlas
Drehung in der Articulatio atlantoaxialis mediana et lateralis
Äste aus dem N. suboccipitalis
6
⊡ Tabelle 6.6. Autochthone Rückenmuskeln, intertransversales System Muskel
Ursprung
Ansatz
Funktion
Innervation
Mm. intertransversarii mediales lumborum
Processus mamillares und Processus accessorii der Lendenwirbel
Processus mamillares und Processus accessorii der Lendenwirbel
Lateralflexion der LWS
Rr. posteriores der lumbalen Spinalnerven
Mm. intertransversarii thoracis (inkonstant)
Processus transversus der Brustwirbel
Processus transversus der Brustwirbel
Lateralflexion der BWS
Rr. posteriores der thorakalen Spinalnerven
Mm. intertransversarii posteriores mediales cervicis
Tubercula posteriora der Querfortsätze der Halswirbel
Tubercula posteriora der Querfortsätze der Halswirbel
Lateralflexion der HWS
Rr. posteriores der zervikalen Spinalnerven
M. obliquus capitis superior
Processus transversus des Atlas
Seitlich an der Linea nuchalis inferior
Dorsalflexion und Lateralflexion des Kopfes im Atlantookzipitalgelenk, Drehung des Kopfes zur Gegenseite
N. suboccipitalis
verbinden, teils längere, die mehrere Wirbel überspringen und im Wesentlichen gerade aufwärts ziehen. Letztlich wirken aber alle paravertebralen Muskeln – direkt oder indirekt – auf die Zwischenwirbelgelenke, die
sie entweder durch einen ausgewogenen Tonus in Ruhelage halten und damit die Wirbelsäule bzw. den Rücken stabilisieren oder bei einer Änderung des Tonus (Kontraktion, Erschlaffung) bewegen.
207 6.2 · Rumpf
⊡ Tabelle 6.7. Autochthone Rückenmuskeln, sakrospinales System und Mm. levatores costarum Muskel
Ursprung
Ansatz
Funktion
Innervation
M. iliocostalis lumborum
Labium externum der Crista iliaca, Facies dorsalis des Os sacrum u. Fascia thoracolumbalis
Angulus costae der 5. oder 6.–12. Rippe
Streckung und Seitwärtsneigung der BWS und LWS; Exspiration
Rr. posteriores der Spinalnerven
M. iliocostalis thoracis
Angulus costae der 6 kaudalen Rippen
Angulus costae der 6 kranialen Rippen
Streckung und Seitwärtsneigung der BWS; Exspiration
Rr. posteriores der thorakalen Spinalnerven
M. iliocostalis cervicis
Angulus costae der 3.–6. Rippe
Tuberculum posterius des 3.–6. Halswirbels
Dorsalflexion und Lateralflexion der HWS; Inspiration
Rr. posteriores der Spinalnerven
M. longissimus thoracis
Facies dorsalis des Os sacrum, Dornfortsätze der Lendenwirbel, Querfortsätze der unteren BWS
Querfortsätze der Brust- und Lendenwirbel an der zwischen 2.–12. Rippe Angulus costae und Tuberculum costae
Streckung und Seitwärtsneigung in der BWS und LWS; Exspiration
Rr. posteriores der Spinalnerven
M. longissimus cervicis
Querfortsätze des 1.–6. Brustwirbels
Tubercula posteriora des 2.–7. Halswirbels
Streckung und Seitwärtsneigung in der HWS und oberen BWS
Rr. posteriores der Spinalnerven
M. longissimus capitis
Querfortsätze des 3. Hals- bis 3. Brustwirbels
Processus mastoideus
Streckung, Seitwärtsneigung und Drehung des Kopfes und der HWS
Rr. posteriores der Spinalnerven
Mm. levatores costarum breves et longi
Querfortsätze des 7. Hals- bis 11. Brustwirbels
»breves« nächst tiefere Rippe; »longi« übernächst tiefere Rippe
Streckung und Seitwärtsneigung der Wirbelsäule, geringfügige Drehwirkung in der unteren BWS
Rr. posteriores der Spinalnerven
> Klinischer Hinweis Häufig wird die autochthone Rückenmuskulatur mit den Seilzügen einer Schiffstakelage verglichen,bei der jede Veränderung an einer Stelle an einer anderen ausgeglichen werden muss.
Auf die Beschreibung der einzelnen autochthonen Rückenmuskeln wird verzichtet. Jedoch geben die ⊡ Tabellen 6.3 bis 6.7 Auskunft über die Ursprünge, Ansätze und Funktionen aller einschlägigen Muskeln einschließlich ihrer Innervation. Im Folgenden werden die Zusammenhänge dargestellt.
Medialer Trakt. Die größte Muskelmasse findet sich im
Bereich der Lendenwirbelsäule. Sie besteht aus den in der Tiefe gelegenen Anteilen des M. multifidus (⊡ Tabelle 6.4), der in mehreren Schichten schräg von der Seite nach medial verläuft. Weitere Anteile des M. multifidus finden sich im Brust- und Halsbereich des Rückens, sind jedoch weniger kräftig. Die Muskulatur im Lendenbereich dient vor allem der Sicherung des aufrechten Gangs beim Stehen und beim Gehen. Sie gleicht auch kleinste Schwankungen aus.
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208
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
> Klinischer Hinweis
6
> Klinischer Hinweis
Antagonistisch wirken dabei der M. iliopsoas und der M. quadratus lumborum. Der sehr kräftige M. iliopsoas (S. 325, ⊡ Abb. 6.99) gehört zu den inneren Hüftmuskeln. Durch ihn wird der Verbund zwischen Wirbelsäule, Becken und oberer Extremität hergestellt.
Obgleich die Kopfgelenke (zwischen Hinterhaupt und den oberen zwei Halswirbeln) so angeordnet sind, dass das Kopfgewicht auf die Wirbelsäule übertragen wird, sinkt der Kopf doch beim Nachlassen des Tonus der Nackenmuskulatur nach vorne, z. B. beim Einschlafen im Sitzen.
Zum medialen Trakt gehören ferner die kürzesten und am tiefsten gelegenen Muskeln des Rückens, die Drehmuskeln, Mm. rotatores (⊡ Tabelle 6.4), die besonders im Brustwirbelbereich ausgebildet sind, wo stärkere Drehbewegungen möglich sind. Im Lendenwirbelbereich ist dagegen die Rotation durch das Fehlen eines gemeinsamen Krümmungsradius der Gelenkflächen der beiden Processus articulares sehr stark eingeschränkt.
Charakteristisch für die Nackenmuskulatur ist ein angedeuteter Schichtenbau, wobei die Schichten jedoch nicht in sich geschlossen sind.
Lateraler Trakt. Er hat die längsten Muskelzüge. Vom
Becken ausgehend erreichen sie die Querfortsätze der Wirbel bzw. die Rippen. Sie wirken vor allem bei Streckung und tragen bei einseitiger Innervation zur Seitenneigung der Wirbelsäule (des Rumpfes) bei. Wichtig
Sofern die autochthonen Rückenmuskeln für Bewegungen des Rumpfes eingesetzt werden, wirken sie stets mit Bauchmuskeln zusammen.
Da autochthone Rücken- und Bauchmuskulatur zu einem funktionellen System zusammengefasst sind, erfolgt die Besprechung der Rumpfbewegungen für Bauch- und Rückenmuskeln gemeinsam auf S. 230. > Klinischer Hinweis Erkankungen der Wirbelsäule führen häufig zu Fehlhaltungen und schmerzhaften Verspannungen der Rückenmuskulatur. Dem kann physiotherapeutisch durch Muskeldehnungen, die die Wirbelgelenke entlasten, sowie durch Erlernen einer richtigen Körperhaltung und von zweckmäßigen Bewegungsabläufen entgegengewirkt werden, die die erkrankten Bewegungssegmente in einer Mittelstellung belastbar machen, Rückenschule.
Nackenmuskeln Die Nackenmuskulatur bedarf der besonderen Besprechung, da sie wesentlich dazu beiträgt, den Kopf in einer gewünschten Stellung zu halten. Ihre Muskelmasse ist groß.
Schichten der Nackenmuskulatur Oberflächlich M. trapezius (eingewanderter sekundärer Rückenmuskel, ⊡ Tabelle 6.16, S. 255) dann folgen Mm. splenius cervicis et capitis (⊡ Tabelle 6.5), M. semispinalis capitis (⊡ Tabelle 6.4), der teilweise den M. semispinalis cervicis überlagert, M. iliocostalis cervicis (⊡ Tabelle 6.7), Mm. longissimus cervicis et capitis (⊡ Tabelle 6.7) und kurze Nackenmuskulatur (s. unten). Außerdem finden sich in der Tiefe des Nackens obere Anteile des M. multifidus (⊡ Tabelle 6.4) sowie der Mm. rotatores cervicis (⊡ Tabelle 6.4) und Mm. spinalis cervicis et capitis (⊡ Tabelle 6.3). Kurze Nackenmuskeln (⊡ Abb. 6.27). Folgende 4 Muskeln, die alle zur autochthonen Rückenmuskulatur gehören, bilden eine Funktionsgruppe: M. rectus capitis posterior minor (⊡ Tabelle 6.3), M. rectus capitis posterior major (⊡ Tabelle 6.3), M. obliquus capitis superior (⊡ Tabelle 6.6) und M. obliquus capitis inferior (⊡ Tabelle 6.5). Funktionell kommen noch der M. rectus capitis lateralis (S. 203) und der prävertebrale M. rectus capitis anterior hinzu. Die kurzen Nackenmuskeln dienen vor allem der Feinsteuerung der Bewegungen in den Kopfgelenken: beim Rückwärtsneigen, beim Seitneigen und bei der Drehung des Kopfes. Gemeinsam wirken sie bei der Dorsalflexion mit, da sie hinter der Beuge- und Streckachse der Kopfgelenke liegen. Im Übrigen beteiligen sie sich an den Drehbewegungen des Kopfes. Die Wirkung ist umso kräftiger, je weiter sie von der Rotationsachse durch den Dens axis entfernt sind. Bei der Seitwärtsneigung des Kopfes im Atlantookzipitalgelenk wirken sie mit Antagonisten zusammen.
209 6.2 · Rumpf
⊡ Abb. 6.27 a, b. Kurze Nackenmuskeln und Nerven des Nackens. a Ansicht von dorsal. Das Trigonum suboccipitale ist im rechten Teil der Zeichnung durch eine dünne Schraffur gekennzeichnet. b Ansicht von lateral. Transversale Achse für das Atlantookzipitalgelenk
Faszien des Rückens Wichtig
Die Faszien des Rückens umhüllen die autochthone Muskulatur und führen sie.
Das paravertebrale Muskelsystem setzt sich deutlich von seiner Umgebung ab, im Brust- und Lendenbereich durch die Fascia thoracolumbalis und im Halsbereich durch die Fascia nuchae. Dadurch befindet sich die paravertebrale Muskulatur in einer eigenen Loge. Aufgelagert sind den Faszien die sekundär eingewanderten Muskeln (M. trapezius, Mm. rhomboidei, M. latissimus dorsi). Fascia thoracolumbalis. Sie befestigt sich mit ihrem tiefen Blatt an der 12. Rippe, an den Processus costales der Lendenwirbel und an der Crista iliaca, mit ihrem oberflächlichen Blatt an den Dornfortsätzen. Beide Blätter
vereinigen sich lateral vom M. iliocostalis. Das oberflächliche Blatt dient außerdem als Ursprungsaponeurose für den M. latissimus dorsi (⊡ Tabelle 6.17) und für den M. serratus posterior inferior (⊡ Tabelle 6.8). Am tiefen Blatt entspringt der M. obliquus internus abdominis (S. 227) und teilweise der M. transversus abdominis (S. 227). Die Festigkeit der Fascia thoracolumbalis nimmt von unten nach oben ab; im Brustbereich ist sie nur noch sehr dünn. > Klinischer Hinweis Durch die Fascia thoracolumbalis wird ein Verbund zwischen Rücken- und Bauchmuskulatur hergestellt, dem große physiotherapeutische Bedeutung zukommt. So wirkt z. B. eine kräfti-
ge Bauchmuskulatur einer übermäßigen Lendenlordose und damit einer zu starken Beckenkippung entgegen und kann dadurch eine »schlechte Haltung« und »Rückenschmerzen« verhindern. Ferner steigert eine trainierte Bauchmuskulatur den intraabdominalen Druck und wirkt dadurch stabilisierend und entlastend auf die Wirbelsäule.
Fascia nuchae. Sie ist die kraniale Fortsetzung der Fascia thoracolumbalis. Medial ist sie mit dem Lig. nuchae verwachsen und nach lateral durch die Faszie des M. levator scapulae (⊡ Tabelle 6.16) mit der Lamina superficialis der Halsfaszie verbunden.
Topographie und angewandte Anatomie der Wirbelsäule und des Rückens Taststellen. Protuberantia occipitalis externa, Processus
spinosus des 7. Halswirbels (S. 197) und Processus spinosi von Brust- und Lendenwirbeln, Crista sacralis mediana bis Os coccygis. Hinzu kommen die Taststellen am Schulterblatt (S. 247) und am Becken (S. 305). Trigonum suboccipitale. Es liegt in der Tiefe der Regio
cervicalis posterior. Begrenzt wird das Trigonum durch den M. rectus capitis posterior major, M. obliquus capitis superior und M. obliquus capitis inferior (⊡ Abb. 6.27). Seinen Boden bilden die Membrana atlantooccipitalis posterior und der hintere Atlasbogen. Im Trigonum suboccipitale liegen die A. vertebralis (S. 447), die Vv. vertebrales, der N. suboccipitalis und ein Teil des Plexus venosus suboccipitalis, der mit den Vv. vertebrales und mit dem Plexus venosus vertebralis externus in Verbindung steht.
6
210
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
Wichtig
Die 3 ersten Spinalnerven zeigen ein besonderes topographisches Verhalten (⊡ Abb. 6.27 a). Sie gehören zu den Rr. dorsales der Halsnerven.
Der 1. Zervikalnerv verlässt zwischen Hinterhaupt und
6
Arcus posterior des Atlas den Wirbelkanal. Er verläuft dann gemeinsam mit der A. vertebralis und ihren Begleitvenen im Sulcus arteriae vertebralis. Am hinteren Rand des Wirbelbogens teilt er sich in einen R. anterior und R. posterior. Der R. anterior beteiligt sich an der Bildung des Plexus cervicalis. Der R. posterior wird N. suboccipitalis genannt. Er ist motorisch und versorgt die kurzen Nackenmuskeln und gibt Äste an den M. semispinalis capitis und den M. longissimus capitis ab. Der R. posterior des 2. Zervikalnerven ist der überwiegend sensible N. occipitalis major. Er schlingt sich unten um den M. obliquus capitis inferior. Dann durchbohrt er den M. semispinalis capitis, den er innerviert, und anschließend durchbohrt er den M. trapezius. Seine Endverzweigungen versorgen sensibel die Haut der Nackenund Hinterhauptsgegend.
Subokzipitalpunktion (selten ausgeführt). Sie dient der Gewinnung von Liquor cerebrospinalis aus der Cisterna cerebellomedullaris (S. 820). Zwischen Arcus atlantis posterior und hinterem Rand des Os occipitale wird in der Medianebene die Membrana atlantooccipitalis posterior durchstochen, die hier mit der Dura mater verwachsen ist und der von innen die Arachnoidea mater direkt anliegt. Damit ist die Cisterna cerebellomedullaris erreicht. Die Stichtiefe beträgt nie mehr als 5 cm, davon 4 cm bis zur Membrana atlantooccipitalis. Lumbalpunktion. Dabei wird die Punktionsnadel in den Subarachnoidalraum unterhalb des Rückenmarks eingeführt. Bei gekrümmtem Rücken wird in der Medianebene oberhalb des Wirbelbogens von L4 (L5) eingestochen. Die Nadel durchdringt das Lig. supraspinale und Lig. interspinale. Die Ligg. flava lassen dagegen in der Medianebene einen 2–3 mm breiten Spalt frei. Dann gelangt die Nadel in den mit Fettgewebe und Plexus venosus vertebralis internus gefüllten spaltförmigen Epiduralraum und anschließend nach Durchstoßen der Dura mater und der Arachnoidea in den Liquorraum. Durch Liquorentnahme sinkt der Druck im gesamten Liquorraum (S. 820), was zu Kopfschmerzen und Übelkeit führen kann.
Der R. posterior des 3. Zervikalnerven heißt N. occipitalis tertius. Er ist sensibel und durchbricht den M. se-
Epiduralanästhesie. Sie wird als Leitungsanästhesie für
mispinalis capitis und den M. trapezius. Anschließend versorgt er einen kleinen Teil der Nackenhaut nahe der Mittellinie. Mit dem N. occipitalis bildet er Anastomosen.
die Plexus lumbalis et sacralis (S. 363) an gleicher Stelle wie die Lumbalpunktion durchgeführt. Die Nadel durchdringt dabei das äußere Blatt der Dura (= Periost), nicht jedoch das innere Blatt (S. 816). Trigonum lumbale. Es liegt im Bereich der hinteren
Bauchwand (S. 231).
>
In Kürze
Angelpunkt für das Verständnis der Wirbelsäule und die Funktion des Rückens sind die Bewegungssegmente. Sie haben ihren Drehpunkt in den Nuclei pulposi der Disci intervertebrales. Die Bewegungen selbst werden in den »kleinen« Wirbelgelenken zwischen den Processus articulares ausgeführt. Durch die Stellung der Gelenkflächen werden die in den verschiedenen Wirbelsäulenabschnitten unterschiedlichen Bewegungsrichtungen und durch den Bandapparat der Wirbelsäule der Bewegungsumfang festgelegt. Am umfangreichsten sind die Bewegungen in der Halswirbelsäule. – Die Rückenmuskulatur gehört z. T. zum Schultergürtel (oberflächliche Rückenmuskeln). Sie ist eingewandert. Die eigentlichen, autochthonen Rückenmuskeln sind ortsständig entstanden. Sie sind überwiegend Haltemuskeln, nur zum kleineren Teil Bewegungsmuskeln (Mm. rotatores).
211 6.2 · Rumpf
⊡ Abb. 6.28. Knöcherner Thorax mit Interkostalmuskeln und Membrana intercostalis externa
6.2.2
Vordere Rumpfwand
Die vordere Rumpfwand wird gebildet von den Wänden des Thorax und des Abdomens. Als Grenze zwischen beiden Abschnitten wird eine Linie angenommen, die sich aus der Projektion des Zwerchfells auf die vordere Rumpfwand ergibt,d. h.sie läuft quer über den Brustkorb. Nach oben reicht die vordere Rumpfwand (die Brustregion) bis zu den beiden Schlüsselbeinen und der Incisura jugularis des Brustbeins. Die untere Begrenzung der vorderen Leibeswand (der Bauchwand) folgt dem Oberrand der Symphysis pubica, der Leistenfurche, der Spina iliaca anterior superior und der Crista iliaca.
Thorax, Brustkorb Wichtig
Der Thorax ist der Schutzraum seiner Organe, insbesondere für Herz und Lungen, und steht im Dienst der Atmung. Er verfügt sowohl über eine beträchtliche Festigkeit als auch über hohe Viskoelastizität.
Thorax meint im strikten Sinne den Brustkorb (⊡ Abb. 6.28). Die Umgangssprache schließt jedoch den Brustraum, Cavitas thoracis, und seinen Inhalt mit ein. Seine kraniale Begrenzung ist die Apertura thoracis superior. Der Thorax besteht aus Anteilen des passiven Bewegungsapparates unter der Bezeichnung Bänderthorax und des aktiven Bewegungsapparates, nämlich der Atemmuskulatur.
Bänderthorax Der Bänderthorax besteht aus 12 Rippenpaaren, Costae, Brustbein, Sternum, Brustwirbeln, Vertebrae thoracicae (S. 199) und zugehörigem Bandapparat.
Alle Teile sind durch Gelenke miteinander verbunden: die Rippen mit den Brustwirbeln durch Articulationes costovertebrales (S. 199) und die Rippen mit dem Brustbein durch straffe Articulationes sternocostales.
Der Thorax als Ganzes ist beweglich.
6
212
6
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
Zur Entwicklung der Rippen und des Sternums Die Rippen entwickeln sich aus den Kostalfortsätzen der Wirbelanlagen. Dabei schieben sich ihre Anlagen ausgehend von den Wirbelkörpern in der seitlichen Leibeswand nach ventral vor (⊡ Abb. 6.17 d). Im Hals-, Lenden- und Sakralbereich wird dieser Vorgang bald beendet. Nicht so im Bereich der Thorakalanlage.Dort bilden sich lange Knorpelspangen, deren ventrale Enden aus dem Mesenchym zweier aufeinander folgender Somiten hervorgehen. Ferner bilden sich zwischen der Anlage der Wirbelkörper und den Rippenfortsätzen Spalten,die zu Wirbelrippengelenken werden. Gegen Ende des 2. Monats sind vom Knorpelmodell nur noch die Rippenknorpel, Cartilagines costales, übrig geblieben. Die übrigen Teile beginnen von dorsal nach ventral zu verknöchern, sodass auch schon beim Neugeborenen Teile der Rippen verknöchert sind. In der Folgezeit verschiebt sich die Knorpel-Knochen-Grenze immer weiter sternalwärts (s. unten).
den vorderen Rippenabschnitt. Die Knorpel-KnochenGrenze verläuft beim Erwachsenen etwa 6 cm vom Sternalrand, beim Kleinkind weiter lateral. In den Rippenknorpeln lagern sich etwa ab dem 30. Lebensjahr Kalksalze ab. Dadurch nimmt ihre viskoelastische Verformbarkeit ab. > Klinischer Hinweis Im Alter führt die Verknöcherung des Thorax mit verminderter Beweglichkeit zu einer merklichen Herabsetzung der Vitalkapazität der Lunge: »Die Luft geht im Alter eher aus« als in der Jugend.
Zwischen aufeinander folgenden Rippen liegt jeweils ein Interkostalraum, ICR, Spatium intercostale. Man unterscheidet: Costae verae, 7 Paare, Rippen 1–7 und Costae spuriae, 5 Paare, Rippen 8–12.
> Klinischer Hinweis Rudimente der Kostalfortsätze der Hals-, Lenden- und Kreuzbeinwirbel sind die Tubercula anteriora der Processus transversi der Halswirbel, der Processus costales der Lendenwirbel (S. 200) und ein wesentlicher Anteil der Partes laterales des Os sacrum (S. 200). Es können aber auch überzählige Rippen entstehen, an den Halswirbeln, besonders dem 7., Halsrippe, oder am 1. Lendenwirbel, Lendenrippe. Andererseits kann die 12. Rippe fehlen (Sakralisation der Lendenwirbel, S. 192).
Das Sternum geht an den ventralen Enden der Rippenanlagen aus der Somatopleura hervor. Dort verdichtet sich beiderseits das Mesenchym der Somatopleura zu zwei Sternalleisten, die alsbald in kraniokaudaler Richtung zur knorpeligen Anlage des Sternums verschmelzen. Bei unvollständiger Vereinigung verbleiben ein Spalt, Fissura sterni congenita, Löcher und/oder ein gespaltener Processus xiphoideus. Die ersten Knochenkerne treten im 4. Entwicklungsmonat im Manubrium sterni und dann weitere (5–7) im Corpus sterni auf. Abgeschlossen ist die Verknöcherung im 20.–25. Lebensjahr. – Die Sternokostalgelenke entstehen durch Dehiszenz der Gewebe.
Costae, Rippen Wichtig
Die 2.–11. Rippe weisen eine Flächenkrümmung, eine Kantenkrümmung und eine Torsion um ihre Längsachse auf.
Jede Rippe besteht aus einem knöchernen Teil, Os costale, und einem knorpeligen, Cartilago costalis (⊡ Abb. 6.28). Der knorpelige Teil ist kürzer als der knöcherne und bildet
Costae verae. Die »echten« Rippen (1–7) haben direkte gelenkige Verbindungen mit den Incisurae costales sterni (⊡ Abb. 6.14). Costae spuriae. Die Costae spuriae haben keine gelenkige Verbindung mit dem Sternum. Vielmehr befestigt sich der knorpelige Abschnitt der 8.–10. Rippe an dem der jeweils darüber gelegenen Rippe, Costae affixae. Dadurch kommt der Rippenbogen, Arcus costalis (⊡ Abb. 6.14), zustande. Die Rippen 11 und 12 – gelegentlich schon die 10. Rippe – haben diesen Anschluss nicht; sie enden frei in der Bauchmuskulatur, Costae fluctuantes. Bau der Rippen. Die Rippen sind gekrümmt. Der Knick liegt im dorsalen Teil, Angulus costae. Der Rippenkopf, Caput costae, steht mit den Brustwirbelkörpern in gelenkiger Verbindung (S. 199). Seine Facies articularis capitis costae ist bei der 2.–10. Rippe durch eine Crista capitis costae in 2 Flächen geteilt, die jeweils mit 2 benachbarten Wirbeln artikulieren. Einem kurzen Halsabschnitt, Collum costae – Oberkante Crista colli costae –, folgt vom Rippenhöcker an, Tuberculum costae, der Rippenkörper, Corpus costae. Das Tuberculum costae trägt dieFacies articularis tuberculi costae, die mit dem Brustwirbelquerfortsatz die Articulatio costotransversaria bildet (S. 199). An der Innenseite des unteren Randes der Rippen befindet sich im hinteren Bereich eine Rinne, Sulcus costae. In ihr verlaufen von oben nach unten aufeinander folgend V. intercostalis, A. intercostalis und N. intercostalis (⊡ Abb. 6.29, S. 236, 240).
213 6.2 · Rumpf
werden seitlich zwischen den Ansätzen des M. erector spinae getastet. Sternum, Brustbein Wichtig
Das Brustbein ist ein platter Knochen. Es liegt unmittelbar unter der Haut und ist besonders in seinem oberen Bereich einer Knochenmarkspunktion gut zugängig.
Das Sternum besteht aus (⊡ Abb. 6.28) Manubrium sterni, Brustbeinhandgriff, Corpus sterni, Brustbeinkörper und Processus xiphoideus, Schwertfortsatz. Manubrium sterni. Das Manubrium sterni ist der ver⊡ Abb. 6.29. Interkostalmuskeln. Topographische Anordnung der Leitungsbahnen im Interkostalraum
> Klinischer Hinweis Wegen der Lage der Gefäße und Nerven ist bei Punktionen des Thorax die Nadel jeweils am oberen Rippenrand einzuführen.
Der Rippenknorpel (hyaliner Knorpel) ist in der Kante gebogen oder abgewinkelt (⊡ Abb. 6.28). > Klinischer Hinweis Bei der Rachitis kommt es durch Störungen der enchondralen Ossifikation an den Knorpel-Knochen-Grenzen der Rippen zu perlschnurartigen Auftreibungen (rachitischer Rosenkranz).
Einzelheiten zu den Rippen 1. Rippe. Sie ist kurz, von allen Rippen am stärksten über die Kante gekrümmt und steht fast horizontal. Ihr Kopf artikuliert nur mit dem 1.Thorakalwirbel. Die Cartilago costalis ist kurz. Am Tuberculum musculi scaleni anterioris setzt der M. scalenus anterior an. Vor dem Tuberculum läuft an der Oberseite der Rippe im Sulcus venae subclaviae die V. subclavia, dorsolateral von ihr im Sulcus arteriae subclaviae die A. subclavia. 2. Rippe. An derTuberositas musculi serrati anterioris – an der Rippenoberseite gelegen – inseriert der gleichnamige Muskel. 7. Rippe. Sie ist die längste Rippe. 11. und 12. Rippe. Ein Tuberculum costae fehlt. Die Cartilago costalis ist bis auf einen Rest reduziert. Taststellen. Nur die 1. Rippe ist schwer tastbar, da ihr sterna-
les Ende unter dem Schlüsselbein verborgen ist. Sonst sind alle Rippenknorpel leicht erreichbar. Die Corpora costarum
breiterte obere Teil des Sternums. Der obere Rand ist eingebuchtet, Incisura jugularis. Oberhalb davon liegt die Drosselgrube. Seitliche Einkerbungen, Incisura clavicularis, Incisura costalis I, dienen der Verbindung mit dem Schlüsselbein und der 1. Rippe. Manubrium sterni und Brustbeinkörper sind durch eine Knorpelhaft, Synchondrosis (Symphysis) manubriosternalis, verbunden. Sie besteht aus Faserknorpel. Der Übergang ist abgewinkelt und vorne zu einer tastbaren Querleiste verdickt, Angulus sterni. Corpus sterni. Am Brustbeinkörper befinden sich seitlich die Incisurae costales für die 3.–7. Rippe. Die Incisura costalis für die 2. Rippe liegt am Übergang vom Manubrium zum Corpus sterni. Processus xiphoideus. Der Schwertfortsatz ist durch eine Fuge mit dem Brustbeinkörper verbunden und kann gegabelt oder perforiert sein. Taststellen(⊡ Abb. 6.30). Vorderfläche des Sternums, Inci-
sura jugularis, Angulus sterni, Processus xiphoideus. Da seitlich vom Angulus die 2. Rippe ansetzt, können von hier aus die Rippen gezählt und die Zwischenrippenräume bestimmt werden (s. Herzprojektion, S. 502). Gelenke und Bänder des Thorax Wichtig
Die Bewegungen des Thorax werden überwiegend in den Kostovertebralgelenken ausgeführt. Sie ermöglichen die Atmung.
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214
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
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⊡ Abb. 6.30. Körperoberfläche von ventral. Links Projektionen von Muskeln, Knochenpunkten u. a. auf die Oberfläche. Rechts Regionengliederung. A Medianlinie; B Medioklavikularlinie; C vordere Axillarlinie
Articulationes costovertebrales. Durch Drehbewegungen in diesen Gelenken können die Rippenenden nach oben und unten schwenken, sodass sich der Rippenbogen und das Sternum heben und senken können (S. 220). Die Besprechung der Gelenke erfolgt auf S. 199.
Articulatio interchondralis. Zwischen den Cartilagines costales der 6. und 7. (gelegentlich zwischen 7. und 8.) Rippe befindet sich ein Gelenk mit schmalem Gelenkspalt und dünner Kapsel.
Thorax als Ganzes Articulationes sternocostales befinden sich zwischen der
2.–7. Rippe und dem Sternum. Es handelt sich um straffe, wenig bewegliche Gelenke. Dadurch führen die Stellungsänderungen der Rippen bei den Atembewegungen zu einem Verwinden (Torsion) der Cartilagines costales. Die 1. Rippe ist in der Incisura costalis I mit dem Manubrium sterni durch eine Knorpelhaft, Synchondrosis costae primae, verbunden. Sie befindet sich etwa in Höhe des 3. Brustwirbels. Bänder der Articulationes sternocostales und der Articulatio interchondralis Innerhalb der Articulationes sternocostales liegen Ligg.
sternocostalia intraarticularia. Die Gelenkkapsel wird durch die Ligg. sternocostalia radiata verstärkt, die fächerförmig von den Rippen auf das Brustbein übergreifen und dort die Membrana sterni bilden. Von der 6. und 7. Rippe ziehen zum Schwertfortsatz die Ligg. costoxiphoidea.
Wichtig
Der Thorax gleicht einem Kegel mit abgetragener Spitze. Sein Durchmesser ist transversal größer als sagittal. Die Rippen verlaufen schräg abwärts.
Der Thorax (⊡ Abb. 6.28) öffnet sich nach oben und unten, Apertura thoracis superior bzw. Apertura thoracis inferior. Apertura thoracis superior. Sie ist die kleinere Öffnung
und wird von der Incisura jugularis sterni, den beiden 1. Rippen und dem 1. Brustwirbel begrenzt. Die Eingangsebene steht schräg. Durch die Öffnung treten große Gefäße und Nerven zum und vom Hals bzw. Kopf sowie Luft- und Speiseröhre (S. 527).
215 6.2 · Rumpf
Apertura thoracis inferior. Sie ist sehr viel weiter und
queroval. Sie wird durch das Zwerchfell verschlossen. Die Apertur wird vorn in der Mitte vom Processus xiphoideus, seitlich davon von den Arcus costales (Rippenbögen),den freien Enden der 11. und 12. Rippen (⊡ Abb. 6.28) und hinten vom 12. Brustwirbel begrenzt. Durch das Zwerchfell treten große Gefäße,Nerven und der Ösophagus (⊡ Tabelle 6.9). Oberflächenrelief (⊡ Abb. 6.30). Bestimmend sind beim
Mann die Kontur des M. pectoralis major, bei der Frau die Brustdrüse (S. 222) und bei beiden Geschlechtern die vordere Axillarfalte sowie bei Trainierten die Zackenlinie des M. serratus anterior. Ferner sind zu erkennen: Fossa infraclavicularis, als Einsenkung unterhalb der Klavikula. Sie wird durch das Trigonum clavipectorale (S. 299) hervorgerufen, Interkostalräume im unteren Brustbereich und Angulus infrasternalis, im klinischen Sprachgebrauch epigastrischer Winkel. Er wird vom Arcus costalis und Processus xiphoideus gebildet. Hilfslinien (⊡ Abb. 6.30). Sie dienen in der Klinik zusam-
men mit den Interkostalräumen der Ortsangabe von Projektionen des Körperinneren auf die Körperoberfläche. Die Linea medioclavicularis verläuft vertikal durch die Mitte der Klavikula. Sie ist beim Mann ungefähr mit der Mamillarlinie identisch, einer Linie senkrecht durch die Mamille. Die Linea sternalis verläuft parallel mit dem Sternalrand. Die Linea axillaris media läuft zur tiefsten Stelle der Axilla. Parallel dazu befinden sich auf den Falten der Achselhöhle die vordere und hintere Axillarlinie. Sulcus pulmonalis. In die Cavitas thoracis ragt von hinten
die Wirbelsäule hinein. Zu beiden Seiten liegt eine Rinne, Sulcus pulmonalis, der von Muskulatur unterlegt ist. Größe, Form und Elastizität des Brustkorbs hängen vom Alter, vom Geschlecht und auch von der Konstitution ab. Beim Kind ist der Thorax in der Ansicht von vorne glockenförmig. Im Gegensatz zum Erwachsenen ist der sagittale Durchmesser größer als der transversale. Dies geht auf die fehlende Brustkyphose zurück. Dadurch stehen beim Kind die Rippen annähernd horizontal; die Zwerchfellatmung überwiegt. Erst durch das Längenwachstum des Rumpfes kommt es zur Steilerstellung der Rippen und der effektiveren thorakalen Atmung (S. 220).
Beim Greis dagegen sind die Rippen noch steiler abwärts gerichtet und nur gering beweglich. Frauen haben meist einen schmäleren Thorax als Männer. Der Thorax des Pyknikers ist fassförmig, der des Leptosomen flach und schmal (»schmalbrüstig«). > Klinischer Hinweis Auch Erkrankungen können die Form des Thorax verändern. So ist bei der Rachitis der Thorax unten übermäßig erweitert. Beim Emphysematiker (Emphysem: krankhafte Erweiterung des respiratorischen Anteils der Lunge) wird der Thorax fassförmig. Die Rippen stehen permanent in Inspirationsstellung (⊡ Abb. 6.32 b, S. 220).
Variabilitäten Die Trichterbrust ist eine angeborene Anomalie unbekann-
ter Ursache, bei der Corpus sterni und Rippenknorpel muldenförmig nach innen eingesunken sind. Bei der Kielbrust, Hühnerbrust, springen das Brustbein und vordere Anteile der Rippen kielartig vor, z. B. bei Rachitis.
Muskulatur und Faszien des Thorax Wichtig
Auch der Thorax hat oberflächliche und tiefe Muskeln. Sie dienen der Atmung.
Oberflächliche Thoraxmuskulatur. Ähnlich wie beim
Rücken ist die oberflächliche Brustmuskulatur eingewandert. Sie geht aus dem Extremitätenblastem hervor. Oberflächliche Thoraxmuskeln sind M. pectoralis major (⊡ Tabelle 6.17, S. 256), M. pectoralis minor (⊡ Tabelle 6.16, S. 255), M. serratus anterior (⊡ Tabelle 6.16, S. 255) und M. subclavius (⊡ Tabelle 6.16, S. 255). Funktionell und hinsichtlich ihrer Innervation (durch Äste aus dem Plexus brachialis) gehören sie jedoch zur Muskulatur des Schultergürtels und werden in diesem Zusammenhang besprochen (S. 257).Auf den Thorax wirken die oberflächlichen Brustmuskeln als Atemhilfsmuskeln. > Klinischer Hinweis Ein inkonstanter Thoraxmuskel ist der M. sternalis, der vorne oberflächlich longitudinal auf dem Thorax verläuft. Es handelt sich um einen atavistischen Rest der Hautmuskulatur, wie sie bei Säugetieren vorkommt.
Primäre, autochthone, tiefe Thoraxmuskulatur (⊡ Tabelle 6.8). Sie entwickelt sich ortsständig aus den ventralen
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216
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
⊡ Tabelle 6.8. Autochthone Thorax- und spinokostale Muskeln Muskel
Ursprung
Ansatz
Funktion
Innervation
Autochthone Thoraxmuskeln
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Mm. intercostales externi
Unten am äußeren Rand des Sulcus costae (Crista costae)
Oberer Rand der nächst tieferen Rippe
Verspannen die Interkostalräume, verhindern Einziehungen der Interkostalräume; Inspiration
Rr. anteriores (Nn. intercostales) der Nn. thoracici (thorakale Spinalnerven)
Mm. intercostales interni
Oberer Rand der Rippen
Unterer Rand der nächsthöheren Rippe (im Sulcus costae)
Verspannen die Interkostalräume; Exspiration
Rr. anteriores (Nn. intercostales) der thorakalen Spinalnerven
Mm. intercostales intimi (inkonstant)
Oberer Rand der Rippen
Unten am inneren Rand der nächsthöheren Rippe (hinterer Rand des Sulcus costae)
Verspannen die Interkostalräume
(Nn. intercostales) der thorakalen Spinalnerven
Mm. subcostales
Sehnig am oberen Rand der kaudalen Rippen zwischen Tuberculum und Angulus costae
Dorsale Fläche der übernächsten oder höherer Rippen
Verspannen die Thoraxwand, exspiratorische Wirkung
Rr. anteriores (Nn. intercostales) der thorakalen Spinalnerven
M. transversus thoracis
Dorsal am Processus xiphoideus und unteren Bereich des Corpus sterni
Mit 5 Zacken am unteren Rand des 2.–6. Rippenknorpels
Verspannt die Thoraxwand, exspiratorische Wirkung
Rr. anteriores (Nn. intercostales) der thorakalen Spinalnerven
Spinokostale Muskeln M. serratus posterior superior
Dornfortsätze der beiden untersten Hals- und beiden obersten Brustwirbeln
2. oder 3.–5. Rippe jeweils lateral vom Angulus costae
Mitwirkung bei der Inspiration
Rr. anteriores der Spinalnerven
M. serratus posterior inferior
Dornfortsätze der unteren Brust- und oberen Lendenwirbel; mit der Fascia thoracolumbalis verwachsen
Untere Ränder der 9.–12. Rippe
Mitwirken bei der Inspiration (vgl. S. 220)
Rr. anteriores der Spinalnerven
Teilen der Myotome (Hypomer, S. 114). Die Muskeln lassen unverändert ihre metamere Gliederung erkennen. Ihre Ursprünge und Ansätze bleiben auf den Thorax beschränkt. Sie werden von Rr. anteriores der thorakalen Spinalnerven (Nn. intercostales) innerviert. Autochthone Thoraxmuskeln sind Mm. intercostales externi,
Mm. intercostales interni, Mm. intercostales intimi, Mm. subcostales und M. transversus thoracis.
Ihre Ursprünge, Ansätze, Funktionen und ihre Innervation ist in ⊡ Tabelle 6.8 zusammengestellt. Sie sind Atemmuskeln.
217 6.2 · Rumpf
Einzelheiten zur tiefen Thoraxmuskulatur Mm. intercostales externi et interni verspannen die Zwischenrippenräume nicht vollständig (⊡ Abb. 6.28). Die Externi werden parasternal bis zur Knorpel-Knochen-Grenze der Rippen von der Membrana intercostalis externa, die Interni ab Angulus costae bis zum Rippenkopf von der Membrana intercostalis interna ersetzt. Ferner ist die Verlaufsrichtung und die Funktion der beiden Muskeln gegensinnig (⊡ Abb. 6.28): Die Externi verlaufen von außen oben nach innen unten – sie bewirken die Inspiration –, die Interni von innen oben nach außen unten und unterstützen die Exspiration (S. 221). Mm. intercostales externi. In ihrer Gesamtheit bilden sie auf jeder Seite zusammen mit den eingelagerten Rippen ein breites Muskelband.Durch den schrägen Verlauf der Muskelfasern in jedem Interkostalraum – Ursprung dorsokranial jeweils an der höher gelegenen Rippe, Ansatz ventrokaudal an der folgenden Rippe – ist der Ansatz der Muskelfasern (an der unteren Rippe) weiter vom Drehpunkt seiner Rippe entfernt (in den Kostovertebralgelenken) als der Ursprung der Muskelfasern von dem seiner zugehörigen (oberen) Rippe. Hieraus resultiert,dass sich bei Muskelkontraktion die Drehwirkung auf die jeweils untere Rippe auswirkt. Da sich aber stets alle Externi gleichzeitig kontrahieren, summieren sich ihre Wirkungen und der Thorax wird in seiner Gesamtheit bewegt: Rippenbögen und Sternum heben sich. Dadurch erweitert sich das Cavum thoracis, besonders im unteren Thoraxbereich (S. 221). – Eine Fortsetzung in den Hals finden die Mm. intercostales externi durch die Mm. scaleni. Mm. intercostales interni haben einen entgegengesetzten Verlauf. Sie unterstützen die Exspiration, die normalerweise passiv erfolgt (S. 221). Mm. intercostales intimi sind Abspaltungen der Mm. intercostales interni – beginnend am Angulus costae. Durch die Abspaltung entsteht ein Gefäß-Nerven-Kanal (S. 212, ⊡ Abb. 6.29). Zwischen Wirbelsäule und Angulus costae verlaufen die Leitungsbahnen in der Fascia endothoracica.
Auf die modifizierte Interkostalmuskulatur finden Sie Hinweise auf S. 226.
Diaphragma, Zwerchfell Wichtig
Das Diaphragma ist der wichtigste Atemmuskel.
Das Zwerchfell (⊡ Abb. 6.31) liegt im Bereich der unteren Thoraxapertur. Es ist gewölbt, trennt Brust- und Bauchhöhle, besteht aus quer gestreifter Muskulatur und im Scheitel aus einer Sehnenplatte, Centrum tendineum. Das Zwerchfell ist 3–5 mm dick und wirkt bei der Atmung, aber auch bei der Bauchpresse (S. 230). Aber das Zwerchfell trennt nicht nur Brust- und Bauchhöhle, sondern verbindet sie auch, da es zahlreiche Öffnungen für Gefäße, Nerven und den Ösophagus hat (⊡ Tabelle 6.9). ⓘ Infobox Das Zwerchfell entwickelt sich aus den Myoblasten des 3.–5. Zervikalsegmentes. Hierauf geht seine Innervation durch den N. phrenicus aus dem Plexus cervicalis (hauptsächlich C4) zurück. Da die Entwicklung des Zwerchfells in engem Zusammenhang mit der der Körperhöhlen steht, wird sie dort besprochen (S. 474).
Die Gewölbeform des Zwerchfells steht mit der Anordnung seiner Teile im Zusammenhang, die sich wie »Pfeiler« zum Centrum tendineum hin erheben. Seine Teile sind (⊡ Abb. 6.31) Pars sternalis, Pars costalis und Pars lumbalis. Zwischen jedem der »Pfeiler« des Zwerchfells befinden sich mit wenig Bindegewebe gefüllte muskelfreie Dreiecke: Trigonum sternocostale (verallgemeinernd LarreySpalte) und Trigonum lumbocostale (Bochdalek-Dreieck). Pars sternalis. Sie entspringt an der Rückseite des Proces-
sus xiphoideus und der Rektusscheide (S. 229).
Faszien. Die Fascia endothoracica besteht aus lockerem subpleuralem Bindegewebe. Sie setzt sich als Membrana suprapleuralis über der Pleurakuppel und als Fascia phrenicopleuralis über dem Zwerchfell fort. Die Fascia thoracica externa ist die äußere Brust-
Pars costalis. Sie beginnt auf beiden Seiten zackenförmig
wandfaszie. Sie bedeckt die Mm. intercostales externi und die Rippen. Sie ist jedoch nicht mit der Fascia pectoralis identisch, die zur oberflächlichen Körperfaszie gehört.
Pars lumbalis. Sie besteht aus einem rechten und linken
an den Knorpeln der 6 unteren Rippen, verzahnt mit Ursprüngen des M. transversus abdominis (S. 227).
Schenkel, Crus dextrum und Crus sinistrum. Jeder der beiden Schenkel hat wiederum 2 Anteile, das Crus mediale und das Crus laterale (⊡ Abb. 6.31).
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Kapitel 6 · Bewegungsapparat
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⊡ Abb. 6.31. Zwerchfell in der Ansicht von vorne unten. Der Pfeil unter dem Lig. arcuatum laterale dextrum bezeichnet die Verlaufsrichtung des M. quadratus lumborum, der Pfeil unter dem Lig. arcuatum mediale dextrum die Verlaufsrichtung des M. psoas
Crura medialia. Sie entspringen mit Sehnen rechts in Höhe des 1.–4., links des 1.–3. Lendenwirbels am Lig. longitudinale anterius. Unmittelbar vor dem 1. Lendenwirbel werden die Ursprünge des rechten und linken Crus mediale durch einen Sehnenbogen, Lig. arcuatum medianum, verbunden, der die Aorta überspannt, die hier durch einen Zwerchfellschlitz, Hiatus aorticus (⊡ Abb. 6.31), aus der Brust- in die Bauchhöhle gelangt. Der Sehnenbogen verhindert eine Einengung der Aorta bei Zwerchfellkontraktionen. Ventral davon überkreuzen sich die Teile der steil aufsteigenden Muskelfasern des Crus mediale dextrum und sinistrum und lassen dabei zwischen sich den Hiatus oesophageus für den Ösophagus mit begleitenden Trunci vagales frei. Im Hiatus oesophageus ist die Speiseröhre durch lockeres Bindegewebe mit vielen elastischen Fasern, Membrana phrenicooesophagea, am umgebenden schlingenförmigen Muskelrahmen des Zwerchfells verankert. Sie ist auch an dieser Stelle verschieblich, kann aber durch Zwerchfellkontraktion eingeengt werden. Abgedichtet wird der Hiatus oesophage-
us kranial durch Pleura und kaudal durch Peritoneum. Beide setzen sich auf die Oberfläche des Ösophagus fort. Crura lateralia. Diese entspringen seitlich an den ersten beiden Lendenwirbelkörpern und an 2 arkadenförmigen Verstärkungen der Muskelfaszie ventraler Rückenmuskeln. Der mittlere Bogen, Lig. arcuatum mediale, überspannt den M. psoas und reicht bis zum Processus costarius des 2. Lendenwirbels. Von hier zieht der seitliche Bogen, Lig. arcuatum laterale, über den M. quadratus lumborum zur 12. Rippe. Die beiden Bögen werden auch Psoas- und Quadratusarkade oder Haller-Bögen genannt. Centrum tendineum. Seine Ausdehnung ist dorsoventral geringer als transversal. Außerdem ist das Centrum tendineum etwas nach vorne verschoben. Da zusätzlich dem Zwerchfell das Herz sattelförmig aufliegt, Herzsattel, entsteht eine rechte und linke (meist etwas niedrigere) Zwerchfellkuppel (⊡ Abb. 6.31). Schließlich hat das Zwerchfell eine deutlich nach rechts verlagerte Öffnung, Foramen venae cavae, für den
219 6.2 · Rumpf
⊡ Tabelle 6.9. Zwerchfellöffnungen Öffnung
Lage
Durchtritt
Foramen venae cavae
Centrum tendineum
V. cava inf., R. phrenicoabdominalis des rechten N. phrenicus
Hiatus oesophageus
Überwiegend umgeben von Fasern des Crus mediale dextrum
Ösophagus,Trunci vagales, linker N. phrenicus
Hiatus aortae
Zwischen Crus mediale dextrum et sinistrum in Höhe des 1. LW
Pars descendens aortae, davor rechts Ductus thoracicus
Im Crus mediale
Beiderseits
N. splanchnicus rechts mit der V. azygos, links mit der V. hemiazygos
Zwischen Crus mediale et laterale
Beiderseits
Truncus sympathicus mit N. splanchnicus minor
Trigonum sternocostale oder seitlich davon
Beiderseits
A./V. epigastrica sup. als Fortsetzung der A./V. thoracica interna
Durchtritt der V. cava inferior und den Endast des rechten N. phrenicus. Da die Sehnenfasern des Centrum tendineum im Gegensatz zur beweglichen, elastischen Aufhängung des Ösophagus mit der Wand der V. cava inferior fest verwachsen sind, kollabiert das Gefäß trotz der Saugwirkung des Herzens nicht. > Klinischer Hinweis Die Trigona des Zwerchfells und der Hiatus oesophageus sind Schwachstellen im Diaphragma, durch die Baucheingeweide, umhüllt von Peritoneum, in den Brustraum verlagert werden können, Zwerchfellhernien. Angeborene Zwerchfelldefekte (hierzu Entwicklung des Zwerchfells, S. 474) befinden sich meist im Trigonum lumbocostale (Bochdalek-Hernie), links häufiger als rechts, seltener im Trigonum sternocostale (rechts Morgagni-Hernie, links Larrey-Hernie). Erworbene Zwerchfellhernien entstehen z. B. durch Erhöhung des intraabdominalen Drucks. Sie befinden sich im Hiatus oesophageus. Dabei entstehen Bauchfelltaschen, die mit Teilen des Magens ins Mediastinum ragen. Zwerchfellrupturen können nach grober Gewalteinwirkung entstehen. Schließlich können Abszesse durch Zwerchfellöffnungen treten.
Faszien. An der Oberseite des Zwerchfells befinden sich die Fascia phrenicopleuralis (Teil der Fascia endothoracica, S. 217), der sich die Pleura diaphragmatica auflagert. Die Unterseite bedeckt die innere Bauchfaszie (S. 230)
und das Peritoneum parietale mit Ausnahme der Anheftungsstelle der Leber. Innervation. Das Zwerchfell wird motorisch durch den N. phrenicus und Nebenphrenicus (aus C3–C5, S. 525) innerviert. Die Rr. phrenicoabdominales führen sensible
Fasern. Sie gelangen zum Peritoneum der Organe des Oberbauchs. > Klinischer Hinweis Bei Erkrankungen von Leber und Gallenblase können durch Reizung des N. phrenicus Schmerzen in der rechten Schulter auftreten.
Gefäßversorgung. Arteriell durch
Äste der A. thoracica interna: A. pericardiacophrenica und A. musculophrenica, durch kleinere Äste aus der Brustaorta: A. phrenica superior, und aus der oberen Bauchaorta: A. phrenica inferior. Venöser Abfluss des Blutes durch gleichnamige Begleitvenen. Topographie. Im Stehen und bei mittlerer Respirationslage projiziert sich die rechte Zwerchfellkuppel in der Medioklavikularlinie auf den 4. Interkostalraum. Die linke Zwerchfellkuppel steht in der Regel um einen halben Interkostalraum tiefer. Das Centrum tendineum projiziert sich auf die Grenze zwischen Processus xiphoideus und Corpus sterni.
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Kapitel 6 · Bewegungsapparat
Aber stets steht das Zwerchfell im Spiel der Kräfte. So wirkt im Stehen das Gewicht der Eingeweide abflachend. Beim Sitzen dagegen unterstützt der Zug der Eingeweide die Kontraktionskraft des Zwerchfells: Deswegen fällt im Sitzen das Atmen leichter als im Liegen. Drückt der Eingeweidezylinder die Zwerchfellkuppel nach oben, z. B. bei der Bauchpresse, kommt es zu einer verstärkten Exspiration. Bei Luftansammlungen im Magen oder nach Überfüllung kann die linke Zwerchfellkuppel nach oben gedrängt werden und dadurch »aufs Herz drücken«. Auch wird das Zwerchfell nach oben gezogen, wenn seine Muskulatur erschlafft und die Retraktionskraft der Lunge wirksam wird. Andererseits kann das Zwerchfell Druck von der Brusthöhle auf die Bauchhöhle übertragen. Wird z. B. nach Inspiration durch Glottisschluss der Atem angehalten, dann dienen die mit Luft gefüllten Lungen durch Einsatz der Bauchpresse als Widerlager und die Druckerhöhung im Bauchraum wirkt auf die Hohlorgane, z. B. bei Darm- oder Blasenentleerung. Besonders auffällig ändert sich der Zwerchfellstand bei verstärkter Atmung (⊡ Abb. 8. z). Es steht die rechte Zwerchfellkuppel bei tiefster Inspiration in Höhe der 7. Rippe (= 10. Brustwirbel) und bei tiefster Exspiration in Höhe der 4. Rippe (= 8. Brustwirbel). Die Verschiebung beträgt dabei 6–7 cm. Schließlich gibt es Abweichungen des Zwerchfellstandes, die von der Konstitution, vom Alter (beim Kleinkind steht die rechte Zwerchfellkuppel im 3., beim Greis im 5. Interkostalraum), vom Geschlecht (bei Frauen tiefer) und von der Füllung der Baucheingeweide (Gravidität, Meteorismus) abhängen.
Atemmechanik Wichtig
Bänderthorax, autochthone Atemmuskulatur und Zwerchfell wirken bei der Atmung zusammen. Hinzu kommen Atemhilfsmuskeln.
Zu unterscheiden sind Brustatmung, thorakale Atmung und Bauchatmung, abdominale Atmung. Brustatmung. Die Bewegungen finden fast ausschließlich
in den Articulationes costovertebrales (S. 199) statt. Sie erfolgen um eine Rotationsachse, die jeweils Articulatio capitis costae und Articulatio costotransversaria verbindet. Die straffen Articulationes costosternales haben dagegen nachgeordnete Bedeutung. Da sie kaum Bewegungen zulassen, werden bei der Einatmung die Rippenknorpel verwunden. Ferner spielen bei der Thoraxverstellung Form und Länge der einzelnen Rippen sowie ihre Stellung eine Rolle. Je stärker die Rippen gekrümmt und je länger sie sind und je steiler sie stehen, umso größer sind ihre Schwenkbewegungen. Die Thoraxbewegungen (⊡ Abb. 6.32) dienen der Inspiration und Exspiration. Inspiration (⊡ Tabelle 6.10). Zunächst muss die Federkraft des Bänderthorax überwunden werden. Hierbei steht die Wirkung der Mm. scaleni (⊡ Tabelle 7.14, S. 428) im Vordergrund. Dann jedoch treten die Mm. intercosta-
Nachbarschaftsbeziehungen. Unter der rechten Zwerch-
fellkuppel befindet sich die Leber, die mit der Area nuda dorsal am Centrum tendineum befestigt ist.Auf der rechten Kuppel liegt der Lobus inferior der rechten Lunge. Ferner grenzen an die Unterseite der linken Zwerchfellkuppel hinter dem linken Leberlappen der Magenfundus und die Milz. Aufgelagert ist dem Zwerchfell dort der Lobus inferior der linken Lunge. Auf dem Herzsattel liegt das Herz, dessen Pericardium fibrosum mit dem Centrum tendineum verwachsen ist (S. 511). Dadurch wirken sich Lageveränderungen des Zwerchfells auf die Herzlage aus (S. 503). Schließlich erreicht im Trigonum lumbocostale die Niere mit ihrem oberen Pol das Diaphragma (S. 546).
⊡ Abb. 6.32 a, b. Verstellung des Thorax. a Bei Exspiration und b bei Inspiration. + Drehachse der 1. und * der 7. Rippe. Bei Inspiration kommt es zum Höhertreten des Sternums, zur Vergrößerung des Abstands Sternum-Wirbelsäule, zur transversalen Erweiterung der unteren Thoraxapertur und zur Veränderung der Angulus costalis. Schraffiert Rippenknorpel
221 6.2 · Rumpf
⊡ Tabelle 6.10. Atem- und Atemhilfsmuskeln
Schließlich wirkt die Kontraktion exspiratorischer Muskeln mit (⊡ Tabelle 6.10).
Inspiratorisch wirkende Muskeln
Bauchatmung. Hierbei steht inspiratorisch die KontrakAtemmuskeln Zwerchfell Mm. intercostales externi Atemhilfsmuskeln Mm. scaleni M. serratus posterior superior M. serratus posterior inferior M. serratus anterior bei festgestellter Skapula M. sternocleidomastoideus M. pectoralis major et minor bei aufgestütztem Arm Exspiratorisch wirkende Muskeln Mm. intercostales interni Mm. subcostales M. transversus thoracis Bauchmuskeln (M. latissimus dorsi)
les externi in Kraft (S. 217). Sie führen zu einem Schwenken der ventralen Rippenspitzen (⊡ Abb. 6.32 b). Sie laden im Bereich der 7., der längsten Rippe mit dem größten Krümmungsradius am weitesten nach vorne und oben aus. Der Rippenbogen wird mitgezogen. Ferner kommt es zu einer Verschiebung des Brustbeins nach vorne oben. Durch diese Bewegungen vergrößert sich der Thoraxraum, vorwiegend in seinem unteren Bereich. Vergrößert wird sowohl der dorsoventrale als auch der transversale Durchmesser. Vergrößert wird der Thoraxraum auch durch die Kontraktion des Zwerchfells durch Absenken seiner Kuppel. Exspiration (⊡ Abb. 6.32 a). Die Exspiration erfolgt vor-
wiegend passiv, da der Thorax beim Nachlassen der Muskelwirkung die Tendenz hat, in seine Mittelstellung zurückzufedern. Hinzu kommt die Rückstellkraft der inspiratorisch gedehnten elastischen Anteile der Lunge (S. 484). Verkleinert wird der Brustraum außerdem, besonders sein unterer Abschnitt, durch das Höhertreten der Zwerchfellkuppel.
tion des Zwerchfells und seine Abflachung im Vordergrund. Gleichzeitig erschlafft die Bauchmuskulatur reflektorisch. Gemischte Atmung. Sie ist die Regel. Dabei ergänzen sich Brust- und Bauchatmung. Die Thoraxbewegungen sind geringer als bei der Brustatmung und das Zwerchfell flacht sich weniger ab als bei der Bauchatmung. Forcierte Inspiration. Bei vertiefter Inspiration wirkt zu-
sätzlich die Atemhilfsmuskulatur mit (⊡ Tabelle 6.10). Durch Streckung der Halswirbelsäule (Rücknahme des Kopfes bei tiefer Inspiration), bekommen die Mm. sternocleidomastoidei (S. 429, Halsmuskulatur) eine günstigere Vorspannung. Die Mm. serrati posteriores inferiores vermögen die unteren Abschnitte des Thorax zu erweitern. Die Atemhilfsmuskulatur des Schultergürtels (Mm. pectorales) kann allerdings nur dann mitwirken, wenn der Schultergürtel z. B. durch Aufstützen der Arme festgestellt wird. Forcierte Exspiration. Hierbei wird die Bauchpresse ein-
gesetzt. Sie lässt sich durch Zusammenpressen der Bauchwand mit den Armen und Zusammenkrümmung des Rumpfes wirkungsvoll verstärken. Im Stehen beteiligt sich an der forcierten Exspiration auch der M. latissimus dorsi (Hustenmuskel). ⓘ Infobox Die Atmung unterliegt einer unwillkürlichen Steuerung, ist aber willkürlich beeinflussbar. Bei der unwillkürlichen Atmung wirken zusammen: 1. das »Atemzentrum« in der Formatio reticularis des Stammhirns (S. 754), 2. Chemorezeptoren (Karotissinus → N. glossopharyngeus, Aorta → N. vagus) und 3. Dehnungsrezeptoren der Lunge (afferente Anteile des N. vagus). Die Dehnungsrezeptoren bewirken auf der Höhe einer Inspiration eine reflektorische Hemmung und leiten damit die Exspiration ein. Willkürliche Beeinflussung der Atmung, z. B. Anhalten des Atems oder Hyperventilation, erfolgt über die Pyramidenbahn (S. 778).
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222
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
>
6
In Kürze
Der Thorax ist eine Einheit aus Rippen, Brustbein und Interkostalmuskulatur. Er ist durch Rippengelenke an den Brustwirbeln befestigt. Der Thorax umfasst das Cavum thoracis, das unten durch das Diaphragma verschlossen ist. Er ist ein Schutzraum für seine Organe, besonders Herz und Lungen und dient der Atmung. Durch die Bogenform der Rippen, ihre bis zur 7. Rippe zunehmende Länge, die Rippenbögen sowie durch die Schrägstellung aller Rippen ist der Durchmesser der Brusthöhle im unteren Bereich sowohl transversal als auch sagittal am größten. Zu einer Erweiterung des Brustraums (bei der Einatmung) kommt es durch Drehbewegungen in den Rippen-Wirbel-Gelenken, hervorgerufen durch gleichzeitige Kontraktion aller Mm. intercostales externi, evtl. unter Mitwirkung von Atemhilfsmuskulatur (sekundäre, eingewanderte, oberflächliche Brustmuskulatur). Dadurch heben sich die Rippenbögen und das Brustbein wandert schräg nach oben. Außerdem senkt sich das Zwerchfell. Die Lunge kann sich entfalten. Die Ausatmung ist ein überwiegend passiver Vorgang, da bei Nachlassen der Spannung der Atemmuskulatur die Federkraft des Thorax überwiegt, evtl. unterstützt durch die Bauchmuskulatur, die dann Atemhilfsmuskulatur ist.
Mamma, Brustdrüse > Klinischer Hinweis Das Mammakarzinom ist der häufigste Tumor der Frau. Er manifestiert sich meist in der 5. Lebensdekade. Wichtig
Die Mamma ist eine modifizierte Hautdrüse. Ihr Sekret ist die Milch.
renzierung der Ductus lactiferi (⊡ Abb. 6.33) und Vermehrung des umgebenden Binde- und Fettgewebes vergrößert sich die Mamma. Gleichzeitig entwickeln sich vorstehende Papillae mammariae, Brustwarzen. Form der weiblichen Brust. Sie verändert sich während des Lebens. In der Pubertät entsteht eine Knospenbrust, die kegelförmig hervortritt. Später vergrößert sich die Mamma, wobei sich die untere Hälfte stärker rundet als die obere. Da-
Die Brustdrüse, Glandula mammaria, bestimmt bei der Frau das Relief der Brustwand. Dies schließt jedoch die Existenz einer Brustdrüse beim Mann nicht aus. Nur ist sie hier rudimentär und nicht profilbestimmend. Sie kann jedoch bei Änderung des Hormonstatus aktiviert werden, Gynäkomastie. Zur Entwicklung der Brustdrüse Die Brustdrüse geht aus dem nicht zurückgebildeten Rest einer auch beim Menschen angelegten Milchleiste (zwischen den Abgangsstellen der Extremitäten, ⊡ Abb. 6.33) hervor. Bei unvollkommener Rückbildung der Milchleiste kann eine Polymastie (überzählige Brustdrüsen) und/oder Polythelie (überzählige Brustwarzen) entstehen. Die Brustdrüse entwickelt sich aus einer umschriebenen Epithelverdickung, von der bis zu 25 sich verzweigende Epithelzapfen in die Subkutis vorwachsen. Die geschlechtsspezifische Entwicklung der weiblichen Brustdrüse beginnt in der Pubertät unter dem Einfluss zunehmender Ovarialhormone. Durch Proliferation und Diffe-
⊡ Abb. 6.33. Verschiedene Stadien der Brustdrüsenentwicklung. Die beidseitig angelegten Milchleisten werden bis auf eine Brustdrüse jederseits zurückgebildet. Ist die Rückbildung unvollkommen, können auch an anderen umschriebenen Stellen der Milchleiste Drüsenanlagen und akzessorische Mammae entstehen
223 6.2 · Rumpf
Lobus Lobulus
schen Fasern und glatter Muskulatur Nerven, Blut- und Lymphgefäße, apokrine Drüsen, Gll. areolares, Schweißdrüsen, sehr feine Härchen und einige kleine Talgdrüsen enthält. Bei Kontraktion der glatten Muskulatur, z. B. bei sexueller Erregung, kommt es zur Erektion der Papille und die Drüsen des Warzenhofes springen knötchenförmig vor, Tubercula Montgomery.
Ductus lactifer Sinus lactifer
Retinaculum
Papillae mammae
M.pectoralis maior Fascia pectoralis
Mikroskopische Anatomie. Jede Einzeldrüse der Mamma gliedert sich (⊡ Abb. 6.34) in Ductus lactiferi, Milchgänge, und einen Ductus lactifer colligens, Ausführungsgang, der in seinem Endabschnitt zum Sinus lactifer erweitert ist. Ductus lactiferi. Sie sind vielfach verzweigt und am Ende
Areola mammae
Septum interlobulare
zu Azini verdickt. Sie haben ein- bis zweischichtiges Epithel und sind von Myoepithelzellen umgeben. Ductus lactifer colligens. In jeden Ductus lactifer col-
⊡ Abb. 6.34. Weibliche Brustdrüse
ligens münden zahlreiche Ductus lactiferi. Sie sind 2–4,5 cm lang und mit zweischichtigem kubischem bis hochprismatischem Epithel ausgekleidet. Sie erweitern sich kurz vor der Mündung zu einem Sinus lactifer, der etwa in Höhe der Warzenbasis liegt und bei der ruhenden Mamma einen Durchmesser von 1–2 mm hat.
durch tritt die Brustwarze deutlicher hervor. Bestimmt wird die Brustform vor allem vom Bindegewebsapparat. Sobald die Bindegewebsspannung nachlässt, senkt sich die Mamma.
> Klinischer Hinweis
Die Mamma (⊡ Abb. 6.34) besteht aus 15–25 einzelnen tubuloalveolären Drüsen mit jeweils eigenem Ausführungsgang, Ductus lactifer. Zwischen den Drüsen liegen dichtes Binde- und viel Fettgewebe, die die Drüse in irreguläre Lappen, Lobi, aufteilen. Eine weitere Untergliederung in Drüsenläppchen, Lobuli (⊡ Abb. 6.35), erfolgt durch bindegewebige Septa interlobularia. Das Bindegewebe steht durch straffe Kollagenfaserzüge, Retinacula, mit der Fascia pectoralis in Verbindung, die eine begrenzte Verschiebung der Brustdrüse zulassen.
Prämenstruell kommt es zur Sprossung und zum Längenwachstum der Ductus lactiferi, die sich wieder zurückbilden. Tritt jedoch eine Schwangerschaft ein, kommt es zu weiteren Sprossungen und aus den Azini werden alveoläre Endstücke mit einschichtigem kubischem Epithel (⊡ Abb. 6.35, Funktionsstadien der Mamma). Außerdem erweitern sich die Sinus lactiferi (Durchmesser bis zu 8 mm). Gleichzeitig nimmt der Bindegewebsapparat ab.
> Klinischer Hinweis
Die Milchsekretion der Brustdrüse beginnt gegen Ende der Schwangerschaft. Zunächst wird eine fettarme, eiweißreiche Vormilch, Colostrum, abgesondert. Etwa am 3. Tag nach der Geburt »schießt Milch ein«. Dann werden von den inzwischen hochprismatischen Drüsenzellen Proteingranula und nach Art der apokrinen Sekretion Fetttröpfchen mit umgebendem schmalem Zytoplasmasaum abgesondert (⊡ Abb. 6.36). Dadurch sind die Lipidtröpfchen extrazellulär von einer Plasmamembran umgeben.
Im Spätstadium eines invasiven Mammakarzinoms ist eine Verschiebung der Drüse auf ihrer Unterlage nicht mehr möglich.
Papilla mammaria, Brustwarze, und Areola mammae, Warzenhof. Letztlich münden alle Ausführungsgänge der Brustdrüse an der Spitze der zylindrisch konischen Brustwarze. Ihre Haut ist stark pigmentiert. Umgeben ist die Brustwarze von einem gleichfalls (hellbraun) pigmentierten Warzenhof, der in einem System aus elasti-
Mammakarzinome können sowohl vom Epithel der Ductus lactiferi (überwiegend) als auch von dem der Azini ausgehen.
6
224
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
6 ⊡ Abb. 6.35 a–d. Weibliche Brustdrüse in verschiedenen Funktionsstadien, lichtmikroskopisch. a Ruhende Mamma; b Mamma lactans, schwache Vergrößerung: die Ausführungsgänge und Endstücke sind deutlich vergrößert; c Mamma lactans, starke Vergrößerung: Milchtröpfchen werden ins Drüsenlumen abgegeben, M Myoepithelzellen; d Brustdrüse nach Herauslösung der Lipide
Lipidtröpfchen Proteingranula
Im Alter werden alle Anteile der Mamma zurückgebildet
und atrophisch (Involution der Mamma). ⓘ Infobox
Golgi-Feld
rauhes endoplasmatisches Retikulum Myoepithelzelle ⊡ Abb. 6.36. Milchsekretion elektronenmikroskopisch. Die verschiedenen Stadien sind in einem Bild zusammengezogen
Beim Abstillen des Kindes kommt es zu einem Sekretstau in den Alveolen, deren Wände einreißen können. Der Abbau der Milchreste erfolgt durch Phagozyten. Durch Rückbildung der Brustdrüse wird wieder annähernd der Zustand der ruhenden Mamma erreicht.
Die Tätigkeit der Milchdrüse wird hormonal gesteuert, vor allem durch Östrogene, Progesteron und Prolaktin. Führend ist Prolaktin, das die Milchproduktion nach der Geburt in Gang setzt. Vorher wird die Milchsekretion durch Östrogene und Progesteron gehemmt. Jedoch fördern Östrogene und Progesteron vorgeburtlich die Entfaltung der Brustdrüse. Gefördert wird die Milchsekretion auch durch neuroendokrine Reflexe (ausgelöst durch Saugen an der Brustwarze), durch die u. a. im Hypothalamus Oxytozin freigesetzt wird, das eine Kontraktion der Myoepithelzellen an der Außenseite der Milchgänge und damit die Milchabgabe fördert.
Gefäßversorgung. Die arterielle Versorgung
des medialen Anteils der Mamma erfolgt durch die Rr. mammarii mediales aus Rr. perforantes der A. thoracica interna (S. 237), des lateralen Anteils durch Äste der A. axillaris (S. 288): Rr. mammarii laterales der A. thoracica lateralis sowie Rr. pectorales der A. thoracoacromialis, der fasziennahen Anteile des Corpus mammae durch kurze Rr. mammarii der A. intercostalis posterior. Der venöse Abfluss erfolgt in die Vv. thoracicae internae et laterales. Auf diesem Weg kann es beim Mammakarzi-
225 6.2 · Rumpf
Ndd. inter pectorales
⊡ Abb. 6.37. Regionale Lymphknoten der Brustdrüse und des Arms. Strömungsrichtung durch Pfeile markiert. (Nach Töndury 1970)
nom zu hämatogenen Metastasen kommen (zu etwa 70 % im Knochen und etwa 15 % in der Lunge). Lymphgefäße. In der Mamma bestehen 2 Lymphgefäß-
netze, nämlich ein oberflächliches in der Brustwarze, im Warzenhof und in der Haut sowie ein tiefes im Drüsenparenchym. Beide Netze haben einen lateralen Abflussweg (überwiegend) und einen medialen Abflussweg. Auf beiden Abflusswegen gelangt die Lymphe zum Truncus subclavius, der rechts in den Ductus lymphaticus dexter und links in den Ductus thoracicus oder direkt in den Venenwinkel (S. 453) mündet. Lateraler Abflussweg (⊡ Abb. 6.37). Durch den lateralen
Abflussweg gelangt Lymphe zu
>
Nodi lymphatici paramammarii am lateralen Rand der Brustdrüse, Nodi lymphatici pectorales am Unterrand des M. pectoralis major in Höhe des 2. und 3. Interkostalraums (auf den oberen Zacken des M. serratus anterior), Nodi lymphatici centrales auf der Unterfläche des M. pectoralis minor und Nodi lymphatici apicales auf dem Ansatz des M. pectoralis minor. Mit Ausnahme der Ndd. paramammarii gehören die Lymphknoten zu den Ndd. axillares (S. 293). Medialer Abflussweg (⊡ Abb. 6.37). Zum medialen Abflussweg gehören Nodi lymphatici interpectorales, Nodi lymphatici infraclaviculares, Nodi lymphatici supraclaviculares, Nodi lymphatici parasternales, die im Brustraum entlang der Vasa thoracica interna liegen. Sie stehen in Verbindung mit Nodi lymphatici intercostales, die sich paravertebral vor den Rippenköpfchen befinden. Lymphe aus der Mamma erreicht schließlich auch die Lymphstraßen im Oberbauch und die Lymphabflusswege der Mamma der Gegenseite. > Klinischer Hinweis Auf dem Lymphweg können beim Mammakarzinom lymphogene Metastasen entstehen. Ihre Absiedlungen in Lymphknoten hängen von der Lokalisation des Tumors in der Brust und den zugehörigen Lymphabflusswegen ab. Chirurgisch am besten zugängig sind Metastasen in den axillären Lymphknoten von Tumoren aus dem lateralen oberen Quadranten der Mamma.
In Kürze
Die Mamma ist eine modifizierte Hautdrüse. Ihr Sekret ist die Milch. 15–20 tubuloalveoläre Drüsen sind durch viel Binde- und Fettgewebe voneinander getrennt. Sie bilden Lappen und Läppchen. Die Drüsenausführungsgänge sind zu Sinus lactiferi erweitert und enden auf der Brustwarze. Hormone regeln die Entfaltung der Drüse und steuern die Sekretion während des Stillens und ihre Involution danach.
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226
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
6
⊡ Abb. 6.38 a, b. Bauchmuskeln. Ansicht a von vorne und b von der Seite
Bauchwand Wichtig
Die Bauchwand ist frei von Anteilen des Skeletts. Sie kann sich dadurch dem Füllungszustand des Bauchinhalts anpassen. Gleichzeitig nimmt die Bauchmuskulatur Einfluss auf die Rumpfbewegungen, die Atmung und den Beckenstand.
Die Bauchwand besteht aus einer Muskel-Sehnen-Platte, die an einem knöchernen Rahmen befestigt ist, an den Rippen, dem Becken und mittels Faszien an der Wirbelsäule. Sie hat 3 Schichten: Haut mit Unterhautbindegewebe und oberflächlicher Bauchfaszie, Bauchmuskulatur mit ausgedehnten Sehnenfeldern und innere Bauchfaszie mit Bauchfell. Gemeinsam umschließen sie das Cavum abdominis. Bauchhöhle und Bauchwand zusammen bilden das Abdomen.
Bauchmuskeln, Mm. abdomini Die Bauchmuskeln mit ihren Sehnenfeldern (⊡ Abb. 6.38, 6.39) fügen sich aufgrund ihrer Muskelfaseranordnung zu einem außerordentlich anpassungsfähigen Verspannungssystem zusammen.
ⓘ Infobox Die Bauchmuskeln gehen aus dem ventralen Anteil der Myotome, Hypomer (S. 114), hervor. Dementsprechend werden sie von Rr. anteriores der Spinalnerven innerviert. Jedoch hat sich die ursprüngliche metamere Gliederung weitgehend zurückgebildet.
Die Beschreibung der einzelnen Bauchmuskeln mit ihren Ursprüngen, Ansätzen, Funktionen und Innervationen erfolgt in ⊡ Tabelle 6.11. Einzelheiten zu den Bauchmuskeln (⊡ Abb. 6.38, 6.39) M. rectus abdominis (⊡ Abb. 6.38 b). Er besitzt meist 3–4 unvollständige Zwischensehnen, Intersectiones tendineae. Da diese mit dem vorderen Blatt der Rektusscheide (s. unten) verwachsen sind, sind sie bei athletischen Menschen im Oberflächenrelief erkennbar (⊡ Abb. 6.16). In der Regel befindet sich die 3. Intersectio in Höhe des Nabels. – Durch ihren Verlauf bedingen M. rectus abdominis und M. quadratus lumborum eine Längsgurtung der Leibeswand. M. obliquus externus abdominis (oberflächliche Schicht der Bauchmuskulatur, ⊡ Abb. 6.39). Seine Verlaufsrichtung entspricht der der Mm. intercostales externi. Die Ursprungszacken an den Rippen verzahnen sich mit den Ursprüngen des M. serratus anterior und M. latissimus dorsi (Linea serrata). Im oberen Teil wirkt der Muskel über die Linea alba mit dem M. obliquus internus der Gegenseite zusammen (Schräggurtung, ⊡ Abb. 6.40), im unteren über das Tuberculum pubicum des Beckens mit den Adduktoren (Obliquusexternus-Adduktorenschlinge, ⊡ Abb. 6.40).
227 6.2 · Rumpf
TRANSVERSO – SPINALES SYSTEM SAKROSPINALES SYSTEM
Peritoneum parietale
Fascia abdominis superf.
⊡ Abb. 6.39 a–c. Aufbau der Bauchwand.a Querschnitt durch den Stamm etwa in Höhe des 1. Lendenwirbels.Der M. rectus abdominis liegt in der Rektusscheide.b, c Ausschnitte aus der vorderen Bauchwand.b oberhalb,c unterhalb der Linea arcuata
M. obliquus internus abdominis (mittlere Schicht, ⊡ Abb. 6.39). Seine Fasern verlaufen fächerförmig in drei
Hauptrichtungen. Die dorsalen mit Ursprung an der Crista iliaca ziehen steil aufwärts bis zu den 4 unteren Rippen – ihre Verlaufsrichtung setzt sich in die der Mm. intercostales interni fort –, die von der Spina iliaca anterior superior ausgehenden verlaufen fast horizontal und die am Leistenband entspringen schräg nach unten. Die unteren Partien sind nicht vom M. transversus abdominis zu trennen. – Die Faseranteile, die an der Spina iliaca anterior superior befestigt sind, sind an der Obliquus-internus-Gluteus-medius-Schlinge beteiligt (⊡ Abb. 6.40). M. cremaster. Er ist eine Abspaltung der Mm. obliquus internus et transversus abdominis. Seine Muskelfasern gehören zu den Hüllen des Samenstranges und des Hodens (S. 626). Der Kremasterreflex erfolgt nach Berührung der inneren Oberfläche des Oberschenkels (⊡ Tabelle 10.9, S. 774). M. transversus abdominis (tiefste Schicht der Bauchmuskulatur, ⊡ Abb. 6.39 b). Seine Muskelfasern laufen annähernd horizontal. Gemeinsam mit dem der Gegenseite bedingt er die Quergurtung der Bauchwand. Die Fortsetzung des M. transversus abdominis im Thorax ist der M. transversus thoracis. M. quadratus lumborum. Er ist der einzige dorsal gelegene Bauchmuskel. Von der Rückenmuskulatur (⊡ Abb. 6.39 a) wird er durch das tiefe Blatt der Fascia thoracolumbalis getrennt. M. psoas major (⊡ Abb. 6.39 a).Er liegt vor dem M. quadratus lumborum, gehört aber zu den Hüftmuskeln (⊡ Tabelle 6.31, S. 325).
⊡ Abb. 6.40. Gurtungen und Schlingen durch die Bauchmuskulatur
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Kapitel 6 · Bewegungsapparat
⊡ Tabelle 6.11. Bauchmuskeln
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Muskel
Ursprung
Ansatz
Funktion
Innervation
M. rectus abdominis
Vorderfläche des 5.–7. Rippenknorpels, Processus xiphoideus, Ligg. costoxiphoidea
Symphysis pubica, Ramus superior ossis pubis bis zum Tuberculum pubicum
Vorwärtsbeugung des Rumpfes, Hebung des vorderen Beckenrandes (bei fixiertem Oberkörper)
Spinalnerven Th7–Th12 (Th5, Th6, L1)
M. pyramidalis (inkonstant)
Ramus superior ossis pubis, Symphysis pubica, liegt vor dem M. rectus abdominis
Linea alba
Spannt die Linea alba
Spinalnerven Th12 (L1, L2)
M. obliquus externus abdominis
Außenfläche der 5. oder 6.–12. Rippe
Vorderes Blatt der Rektusscheide und Linea alba, Labium exter num der Crista iliaca, im Lig. inguinale an der Spina iliaca anterior superior und dem Tuberculum pubicum
Einseitig: Drehung des Rumpfes zur Gegenseite (obere Fasern); nähert Thorax und Becken einander auf derselben Seite (seitliche Fasern); Doppelseitig: Beugung der BWS und LWS, Exspiration, Bauchpresse
Spinalnerven Th5–Th12 (L1)
M. obliquus internus abdominis
Laterale Hälfte des Lig. inguinale, Spina iliaca anterior superior, Linea intermedia der Crista iliaca, tiefes Blatt der Fascia thoracolumbalis
Unterer Rand der 9.–12. Rippe, vorderes und hinteres Blatt der Rektusscheide, Linea alba (unterhalb der Linea arcuata liegen beide Blätter vor dem M. rectus abdominis)
Einseitig: dreht den Rumpf zur selben Seite, die dorsalen Muskelfasern nähern Thorax und Becken einander, Seitwärtsneigung der Wirbelsäule; Doppelseitig: beugt in der BWS und LWS, Exspiration, Bauchpresse
Spinalnerven Th8–L1 (L2), N. iliohypogastricus, N. ilioinguinalis, N. genitofemoralis
M. transversus abdominis
Innenfläche der 6 kaudalen Rippenknorpel, am tiefen Blatt der Fascia thoracolumbalis und den Processus costarii, Labium internum der Crista iliaca, Spina iliaca anterior superior, laterale Hälfte des Lig. inguinale
Hinteres Blatt der Rektusscheide, unterhalb der Linea arcuata vorderes Blatt der Rektusscheide, Linea alba
»Einziehen« des Bauches, Steigerung des intraabdominalen Druckes, Bauchpresse
Spinalnerven Th5–Th12, N. iliohypogastricus, N. ilioinguinalis (N. genitofemoralis)
M. cremaster
Abspaltung aus dem M. obliquus internus abdominis und M. transversus abdominis
Umgreift den Hoden, bei Frauen schließen sich die Fasern dem Lig. teres uteri an
Hebt den Hoden, bildet eine der Hüllen des Samenstrangs und Hodens
R. genitalis des N. genitofemoralis
M. quadratus lumborum
Labium internum der Crista iliaca, Lig. iliolumbale
12. Rippe, Processus costales des 1.–4. Lendenwirbels
Seitwärtsneigen der LWS Plexus lumbalis L1–L3
N. subcostalis Th12,
229 6.2 · Rumpf
Die Aponeurosen der Bauchwand sind die Sehnenspiegel
der schrägen Bauchmuskeln und des queren. Sie beginnen weit von der Mittellinie entfernt an der Linea semilunaris und streben dem lateralen Randdes M. rectus abdominis zu. Dadurch bilden sie gemeinsam die Rektusscheide. Die Aponeurosen verknüpfen die Bauchmuskeln zu gemeinsamer Wirkung. Herausgehoben ist der verstärkte untere Rand der Aponeurose des M. obliquus externus abdominis, der sich zwischen Spina iliaca anterior superior und Tuberculum pubicum des Beckens ausspannt. Er wird als Lig. inguinale (Pouparti, ⊡ Abb. 6.41, 6.43) bezeichnet, obgleich es sich im strikten Sinne nicht um ein Ligamentum handelt. In das Lig. inguinale strahlt von lateral die Fascia iliopsoas (S. 325) ein. Außerdem verbindet sich mit ihm die oberflächliche Bauchfaszie, die sich unterhalb des Leistenbandes in die Fascia lata fortsetzt. Durch eine feste Verbindung mit der Bauchhaut entsteht über dem Lig. inguinale die Leistenfurche. Rektusscheide,
Vagina
musculi
recti
abdominis
(⊡ Abb. 6.39 b, c). Sie umhüllt und führt den M. rectus abdominis. Die Rektusscheide besteht aus einem vorderen Blatt, Lamina anterior, und im kranialen Teil aus einem hinteren Blatt, Lamina posterior.
Zur Rektusscheide Das vordere Blatt der Rektusscheide sammelt alle Sehnenfasern des M. obliquus externus abdominis, die vorderen Teile der Internusaponeurose und in einem kaudalen Abschnitt zusätzlich die der Transversusaponeurose. Die Transversusaponeurose wechselt also die Lage: Kranial bis etwa in Nabelhöhe liegt sie im hinteren Blatt, kaudal im vorderen Blatt der Rektusscheide. Durch diese Anordnung der Sehnenfasern gibt es ein hinteres Blatt der Rektusscheide nur kranial. Die Grenze ist die Linea arcuata. Unterhalb dieser Linie wird der M. rectus abdominis nur von der Fascia transversalis bedeckt (⊡ Abb. 6.39 c, S. 230).
Am medialen Rand des M. rectus abdominis kreuzen und durchflechten sich dann die Sehnenfasern aller 3 Bauchmuskeln mit denen der Gegenseite und lassen in der Mittellinie die Linea alba entstehen. Linea alba (⊡ Abb. 6.38 a, 6.39). Sie reicht vom Processus xiphoideus bis zum Oberrand der Symphyse. Die kaudale Fortsetzung der Linea alba ist das Lig. suspensorium penis (bzw. clitoridis, S. 629, 642), das an der Symphyse entspringt. Ungefähr in der Mitte zwischen Schwertfortsatz und Symphyse befindet sich der Nabel. Dort hat die Linea
⊡ Abb. 6.41. Vordere Bauchwand. Ansicht von innen; das Peritoneum ist nicht dargestellt. »Corona mortis« S. 238
6
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Kapitel 6 · Bewegungsapparat
alba eine Aussparung, deren Rand als Nabelring, Anulus umbilicalis, zu tasten ist. Durch den Nabelring verlaufen intrauterin die Nabelschnurgefäße. Sie veröden nach der Geburt und Bindegewebe füllt den Raum; es bildet sich die Papilla umbilicalis. Oberflächlich kommt es zu einer tiefen Einziehung der Bauchhaut. > Klinischer Hinweis
6
Die Bauchwand hat Stellen verminderten Widerstandes, Loci minores resistentiae, insbesondere wo Muskulatur fehlt und nur Bindegewebe vorhanden ist. Dort kann es bei abdominaler Druckerhöhung (u. a. durch Bauchpresse bei schwerem Heben) zu Hernien, umgangssprachlich Brüchen, kommen. Dabei kann Peritoneum mit Bauchinhalt, z. B. Anteilen des Darms, vorgewölbt werden. Man unterscheidet innere Hernien, z. B. am Zwerchfell (S. 219) und äußere Hernien, u. a. – epigastrische Hernien, wenn sich in der Linea alba Lücken bilden, z. B. während der Schwangerschaft durch Nachgeben des Bindegewebes, Rektusdiastase, – Nabelhernien, wenn der Verschluss des Nabelringes unvollständig ist und – Leistenhernien (S. 234). Nicht zu verwechseln ist der nachgeburtliche Nabelbruch mit dem (embryonalen) physiologischen Nabelbruch (S. 117), der sich bis zur Geburt zurückgebildet haben muss. Sofern dies nicht geschieht, liegt als Hemmungsmissbildung eine Omphalozele vor.
Aufgaben der Bauchwand Die Bauchwand erfüllt Aufgaben, die sowohl den Bauch betreffen als auch darüber hinaus gehen. Für den Bauch trägt die Bauchmuskulatur dazu bei, den
Bauchinhalt in seiner Lage zu halten und bis zu einem gewissen Grad Schläge aufzufangen. Hierbei wirken alle Bauchmuskeln zusammen. Der Tonus der Bauchmuskulatur wird dabei reflektorisch gesteuert; z. B erhöht er sich bei vermehrter Füllung der Baucheingeweide (Gasentwicklung u. a.) oder in der Schwangerschaft. Aber auch willkürlich kann der Tonus der Bauchmuskulatur erhöht werden, z. B. bei der Bauchpresse. Bauchpresse. Sie wird u. a. bei der Darm- und Blasenentleerung, beim Erbrechen, beim Husten und bei der Geburt eingesetzt. Dabei wirken die Kontraktionen der Bauchmuskeln und des Zwerchfells zusammen. Durch tiefe Inspiration tritt das Zwerchfell tiefer, wird angespannt und die Stimmritze bleibt geschlossen, sodass die Luft aus der Lunge nicht entweichen kann. Das Zwerchfell und die luftgefüllten Lungen dienen dann als Widerlager. Der durch die Muskelkontraktion erhöhte intraabdominelle Druck wird auf die Baucheingeweide übertragen. Nach Öffnung der Verschlüsse, z. B. an Blase und Darm, wird deren Inhalt ausgepresst.– Durch Ventralflexion in der Wirbelsäule und durch Druck von außen, z. B. durch die Arme, kann die Wirkung der muskulären Bauchpresse erhöht werden.
Faszien der Bauchwand Fascia abdominis superficialis. Sie ist ein Teil der Kör-
Bei der Wirkung über den Bauch hinaus ist die
perfaszie. Nach oben setzt sie sich in die Fascia pectoralis, nach unten in die Oberschenkelfaszie fort. Die Grenze ist das Lig. inquinale (s. oben).
Bauchmuskulatur synergistisch-antagonistisch mit der Rückenmuskulatur verbunden. Die Ventralflexion des Rumpfes erfolgt überwiegend in der Lendenwirbelsäule. Sie kommt vor allem unter dem Einfluss der Schwerkraft mit zügelndem Nachgeben des M. erector spinae zustande. M. rectus abdominis und M. obliquus externus abdominis zusammen mit dem M. iliopsoas werden dann eingesetzt, wenn der Rumpf gegen Widerstand gebeugt oder aus der Rückenlage aufgerichtet bzw. das Becken gehoben werden soll. Die Dorsalextension wird durch den M. erector spinae eingeleitet und unter zügelndem Nachgeben der Mm. recti abdomines durchgeführt. Bei der Lateralflexion des Rumpfes wirken auf der jeweiligen Seite der M. erector spinae mit den schrägen Bauchmuskeln, dem M. quadratus lumborum und dem M. iliocostalis zusammen. Bei der Rotation des Rumpfes – fast ausschließlich in der Brustwirbelsäule – sind die schrägen Bauchmuskeln
Fascia transversalis, innere Bauchfaszie (⊡ Abb. 6.39). Sie
bekleidet die gesamte innere Wand des Bauchraums einschließlich des M. quadratus lumborum und M. iliopsoas – dort als Fascia iliopsoas – sowie die abdominale Oberfläche des Zwerchfells und die Wand des Beckens – dort Fascia pelvis parietalis und Fascia superior diaphragmatis pelvis (S. 549). Kaudal ist sie mit dem Leistenband verwachsen. Durch den Descensus testis (S. 615, ⊡ Abb. 8.126) ist sie im Bereich des inneren Leistenringes zur Fascia spermatica interna ausgezogen. Mit der Fascia transversalis ist das Peritoneum parietale (wandständiges Bauchfell, S. 530) fest verbunden.
231 6.2 · Rumpf
beider Seiten synergistisch miteinander verknüpft (⊡ Abb. 6.40). So bilden bei einer Drehung des Rumpfes nach rechts die absteigenden Fasern des M. obliquus externus abdominis sinister und die aufsteigenden Fasern des M. obliquus internus abdominis dexter eine Wirkkette, die sich auf dem Rücken zu den spinotransversalen und transversospinalen Muskelsystemen (⊡ Tabelle 6.4) fortsetzt. Weit über die Bauchwand hinaus geht die Wirkung der Bauchmuskeln dadurch, dass sie zu Muskelschlingen gehören, die die vordere Rumpfwand mit den Extremitäten verbindet (⊡ Abb. 6.40).
Topographie und angewandte Anatomie der Bauchwand Regionale Einteilung (⊡ Abb. 6.30). Eine Querlinie durch den Nabel unterteilt die Bauchwand in Ober- und Unterbauch. Genauer ist die Einteilung, wenn eine quere Verbindungslinie durch den tiefsten Punkt des rechten und linken Rippenbogens und eine 2. Verbindungslinie zwischen rechtem und linkem Darmbeinkamm gezogen wird. Hierdurch lassen sich die Gebiete Oberbauch, Epigastrium, Mittelbauch, Mesogastrium, und Unterbauch, Hypogastrium, unterscheiden. Zieht man die Medioklavikularlinie (s. oben) bis zur Leistenfurche weiter, dann ergeben sich in der Mitte von oben nach unten Regio epigastrica, Regio umbilicalis, Regio pubica und beiderseits davon Regio hypochondriaca (früher Hypochondrium), Regio lateralis (abdominis), Regio inguinalis. Die Regio epigastrica hat wegen der engen Lagebeziehung zum Magen und zur Leber klinische Bedeutung. Taststellen. Spina iliaca anterior superior und Crista iliaca; Oberkante des Schambeins mit Tuberculum pubicum und Symphysis pubis. Druckpunkte. Der McBurney-Punkt gilt als Projektionsstelle der Basis der Appendix vermiformis. Er liegt zwischen lateralem und mittlerem Drittel einer Verbindungslinie zwischen Spina iliaca anterior superior und Nabel. Der Lanz-Punkt entspricht der Spitze des Wurmfortsatzes beim absteigenden Typ (S. 539) und ist der rechte Drittelpunkt einer Verbindungslinie zwischen den beiden Spinae iliacae anteriores superiores.
> Klinischer Hinweis Die Druckpunkte der Bauchoberfläche können für die Diagnose einer Appendizitis wichtig sein.
Trigonum lumbale. Es liegt im Bereich der hinteren
Bauchwand zwischen den Rändern des M. obliquus externus abdominis, M. latissimus dorsi und dem Darmbeinkamm. Das Trigonum lumbale inferius (Petit) ist ein muskelschwaches Feld unterschiedlicher Ausdehnung, in dem der muskulöse Anteil der Leibeswand nur aus M. obliquus internus und M. transversus abdominis besteht. > Klinischer Hinweis Selten entstehen hier Hernien oder brechen Abszesse des Bauchraums nach außen durch.
Falten und Gruben auf der Innenseite der vorderen Bauchwand Wichtig
In der Regio inguinalis entstehen zwischen innerer Bauchwand und Peritoneum durch Gefäße und Bindegewebsstränge Falten und Gruben.
Plica umbilicalis mediana (⊡ Abb. 6.41, 6.42). Sie zieht vom Scheitel der Harnblase zum Nabel, hervorgerufen durch das Lig. umbilicale medianum, einem bindegewebigen Rest des Urachus/Allantois (S. 552). Plica umbilicalis medialis. Unter dieser Bauchfellfalte verbirgt sich beiderseits das Lig. umbilicale mediale,
ein strangartiger, obliterierter Rest der Nabelarterie (S. 494). Plica umbilicalis lateralis. Sie wird durch die A. epigastrica inferior mit ihren Begleitvenen aufgeworfen. Das Gefäß liegt auf dem Lig. interfoveolare, einer zum Bauchraum hin gerichteten Verstärkung der Fascia transversalis. Ihre Verlaufsrichtung ist annähernd parallel zum M. rectus abdominis. Fossa supravesicalis. Sie liegt oberhalb der Harnblase zwischen Plica umbilicalis mediana und medialis (Ausgangsstelle der seltenen Hernia supravesicalis). Fossa inguinalis medialis. Die Fossa inguinalis medialis ist eine grubenförmige Vertiefung zwischen Plica umbilicalis medialis und lateralis. Sie projiziert sich auf den Anulus inguinalis superficialis.
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232
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
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⊡ Abb. 6.42 a–d. Regio inguinalis. Schematische Darstellung der a Leistengegend und b–d Leistenbrüche: b Hernia inguinalis lateralis congenita; c Hernia inguinalis lateralis acquisita; d Hernia inguinalis medialis
Wichtig
Im Bereich der Fossa inguinalis medialis besteht die Bauchwand nur aus der Fascia transversalis mit Peritoneum. Muskulatur fehlt. Deswegen befindet sich hier die schwächste Stelle der Bauchwand. Es ist der Ort der medialen (= direkten) Leistenbrüche.
Der mediale Rand der Fossa inguinalis medialis wird durch die Falx inguinalis verstärkt. Ihre Fasern spalten sich von der Rektusscheide und von der Fascia transversalis ab. Fossa inguinalis lateralis. Diese seichte Grube liegt seitlich von der Plica umbilicalis lateralis und entspricht dem inneren Leistenring (s. unten, laterale = indirekte Leistenhernie, S. 234).
233 6.2 · Rumpf
Leistenkanal, Canalis inguinalis Wichtig
Der Leistenkanal befindet sich oberhalb des Leistenbandes und verläuft schräg von dorsolaterokranial nach ventromediokaudal. Er entsteht beim Mann durch Verlagerung des Hodens aus der Bauchhöhle ins Skrotum.
Der Leistenkanal (⊡ Abb. 6.42 a) ist 4–6 cm lang. Seine innere Öffnung ist der Anulus inguinalis profundus, innerer Leistenring – er liegt lateral –, seine äußere Öffnung ist der Anulus inguinalis superficialis, äußerer Leistenring – er liegt medial. Durch den Leistenkanal verlaufen beim Mann der Samenstrang, Funiculus spermaticus (S. 626), begleitet von N. ilioinguinalis (S. 240) und R. genitalis des N. genitofemoralis (S. 240), bei der Frau das Lig. teres uteri (S. 550). Anulus inguinalis profundus. Die innere Öffnung des
Leistenkanals liegt ungefähr 1,5 cm oberhalb der Mitte des Leistenbandes und deckt sich somit nicht mit dem äußeren Leistenring. Der Anulus inguinalis profundus befindet sich in der Fossa inguinalis lateralis der inneren Bauchwand. Anulus inguinalis superficialis. Er entsteht durch eine
Aufspaltung der Externusaponeurose am Leistenband. Die Lücke wird von einem Crus mediale, einem Crus laterale und im oberen Bereich durch Fibrae intercrurales begrenzt (⊡ Abb. 6.43). Vom Crus laterale ziehen Fasern als Lig. reflexum zur Linea alba. Die Fasern bilden M. obliquus ext. abdominis
Lig. pectineum
⊡ Abb. 6.43. Bänder und Aponeurosen der Regio inguinalis
eine Rinne am Oberrand des Leistenbandes, in der der Samenstrang verläuft. Topographisch liegt der Anulus inguinalis superficialis lateral vom Tuberculum pubicum. > Klinischer Hinweis Der Anulus inguinalis superficialis ist tastbar, wenn man mit dem kleinen Finger die Haut neben dem Samenstrang etwas einstülpt.
Dem äußeren Leistenring entspricht auf der Innenseite der Bauchwand die Fossa inguinalis medialis. Die Wände und Begrenzungen des Leistenkanals sind in ⊡ Tabelle 6.12 zusammengestellt. Zur Entwicklung des Leistenkanals Aus der Entwicklung des Leistenkanals ergibt sich das Verständnis für die verschiedenen Formen der Leistenbrüche. Ausgangspunkt ist der Descensus testis. Die Hoden werden in der Lendenregion an der dorsalen Leibeswand in der von Peritoneum überzogenen Genitalleiste (S. 552) angelegt. Beginnend im 3. Monat wandern sie hinter dem Peritoneum in 2 Schritten kaudalwärts, geführt von einem Leitband,Gubernaculum testis (S. 615). Diese Verlagerung, Descensus testis, beruht vor allem auf dem zu dieser Zeit schnellen Wachstum der unteren Körperhälfte und wird hormonal kontrolliert (Schritt 1 transabdominal durch Wachstumsfaktoren, Schritt 2 inguinoskrotal durch Androgene). Das Gubernaculum testis durchsetzt die vordere Bauchwand und endet in der Skrotalanlage, Tuber labioscrotalium. Um das gallertige Band formieren sich Bindegewebszellen und bilden die begrenzenden Wände des ⊡ Tabelle 6.12. Wände des Leistenkanals Wände
Die wichtigsten Begrenzungen
Dach
Untere Ränder des M. obliquus internus abdominis und M. transversus abdominis
Boden
Nach innen umgebogener kaudaler Teil des Lig. inguinale, Lig. reflexum (nur medial)
Vordere Wand (breit)
Aponeurose des M. obliquus externus abdominis, Fibrae intercrurales
Hintere Wand (breit)
Peritoneum parietale, Fascia transversalis, Lig. reflexum (nur medial), Lig. interfoveolare, Plica umbilicalis lateralis mit Inhalt
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Kapitel 6 · Bewegungsapparat
Leistenkanals. Am Gubernaculum testis entlang schiebt sich Anfang des 3. Monats durch den primitiven Leistenkanal eine handschuhfingerförmige Ausstülpung des Peritoneum parietale, der Processus vaginalis peritonei, bis in die Skrotalwülste hinein. Im 7. Entwicklungsmonat beginnen dann die Hoden die Wanderung durch den Leistenkanal, außerhalb des Processus vaginalis, geführt vom Gubernaculum testis. Kurz vor der Geburt sind die Hoden dann im Skrotum angekommen. Beim Deszensus nehmen die Hoden die Samenleiter, Blutgefäße, Nerven, Muskulatur und Faszien mit, die dann gemeinsam den Samenstrang bilden (⊡ Tabelle 6.13). Nach Abschluss des Deszensus verödet der Processus vaginalis peritonei im Bereich des Samenstrangs. Es verbleibt jedoch ein nicht verödeter Abschnitt in der Umgebung des Hodens, Vestigium processus vaginalis testis mit der Tunica vaginalis testis (S. 626). Bei der Frau unterbleibt die Bildung des Processus vaginalis peritonei. Der sehr enge Kanal enthält ein homologes Gebilde, das aus dem unteren Keimdrüsenligament hervorging, das Lig. teres uteri. > Klinischer Hinweis Bei jedem neugeborenen Knaben ist zu prüfen, ob die Testes im Skrotum angekommen sind. Ist dies nicht der Fall, liegen die Hoden an atypischer Stelle. Man spricht von Kryptorchismus, je nach Lage von Bauchhoden, Leistenhoden usw. Auch völlig atypische Lagen (Dysplasien) kommen vor, z. B. im subkutanen Bindegewebe des Oberschenkels oder des Dammes. Kommt es zu einer vermehrten Flüssigkeitsbildung im nicht verödeten Rest des Processus vaginalis peritonei, dem Vestigium processus vaginalis testis, liegt eine angeborene Hydrozele,Wasserbruch, vor.
Leistenbrüche, Herniae inguinales Wichtig
Alle Leistenbrüche treten am äußeren Leistenring in Erscheinung und können sich beim Mann bis ins Skrotum absenken.
Unterschieden werden (⊡ Abb. 6.42 b–c, Tabelle 6.14) ein lateraler (indirekter, schräger) Leistenbruch, der – angeboren, Hernia inguinalis lateralis congenita, oder – erworben, Hernia inguinalis lateralis acquisita, sein kann, sowie ein medialer (direkter, gerader) Leistenbruch, Hernia inguinalis medialis. In allen Fällen handelt es sich um die Ausstülpungen des parietalen Peritoneums. ⓘ Infobox Die Bezeichnungen lateraler Leistenbruch bzw. medialer Leistenbruch beziehen sich auf die innere Bruchpforte, entweder im Bereich der Fossa inguinalis lateralis oder der Fossa inguinalis medialis (⊡ Abb. 6.42 a, s. oben).
Angeborene Leistenhernie. Alle angeborenen Leistenbrüche sind laterale Leistenbrüche. Ihre Ursache ist ein offen gebliebener Processus vaginalis peritonei (s. oben).
⊡ Tabelle 6.13. Homologe Schichten der Bauchwand, des Funiculus spermaticus und des Skrotums Bauchwand
Funiculus spermaticus und Skrotum
Cutis (Bauchhaut)
Cutis (Skrotalhaut)
Tela subcutanea
Tunica dartos
Fascia abdominalis superficialis (und Aponeurose des M. obliquus externus abdominis)
Fascia spermatica externa
M. obliquus internus abdominis und M. transversus abdominis mit Faszien
M. cremaster und Fascia cremasterica
Fascia transversalis
Fascia spermatica interna (Tunica vaginalis communis)
Peritoneum parietale
Tunica vaginalis testis (Cavum serosum testis, Rest des Processus vaginalis peritonei) Lamina parietalis (Periorchium) Lamina visceralis (Epiorchium)
235 6.2 · Rumpf
⊡ Tabelle 6.14. Leistenhernien und typische Schenkelhernien Kennzeichen
Hernia inguinalis lateralis congenita
Hernia inguinalis lateralis acquisita
Hernia inguinalis medialis (directa)
Hernia femoralis medialis (typica)
Ausgangsstelle der Hernie
Fossa inguinalis lateralis
Fossa inguinalis lateralis
Fossa inguinalis medialis
Innen medial von der V. femoralis
Bruchkanal
Leistenkanal (schräg)
Leistenkanal (schräg)
Bauchwand (gerade)
Schenkelkanal (gerade)
Bruchpforte
Anulus inguinalis profundus
Anulus inguinalis profundus
Fossa inguinalis medialis
Anulus femoralis (Schenkelring)
Austrittsstelle
Anulus inguinalis superficialis oberhalb des Leistenbandes
Anulus inguinalis superficialis oberhalb des Leistenbandes
Anulus inguinalis superficialis oberhalb des Leistenbandes
Unterhalb des Leistenbandes
Bruchsack
Offener Processus vaginalis peritonei
Es bildet sich eine Peritonealausstülpung
Er besteht aus Peritoneum und Fascia transversalis
Er besteht aus Peritoneum und Fascia lata
Beziehung zu Leitungsbahnen
Beginnt lateral von den Vasa epigastrica inferiora
Beginnt lateral von den Vasa epigastrica inferiora
Medial von den Vasa epigastrica inferiora
Medial von der V. femoralis, lateral vom Lig. lacunare
Lage des Bruchsacks im Endstadium
Innerhalb des Processus vaginalis peritonei im Skrotum
Innerhalb der Fascia spermatica interna im Skrotum
Außerhalb der Fascia spermatica interna, meistens vor dem äußeren Leistenring
Vor dem Hiatus saphenus im subkutanen Gewebe
Erworbene laterale Leistenhernie, z. B. als Folge einer (angeborenen) »Bindegewebsschwäche«. Je nachdem wie weit sich Peritoneum vorwölbt, besteht eine Hernia interstitialis, die Peritonealvorwölbung verbleibt im Leistenkanal, Hernia completa, die Vorwölbung erreicht den äußeren Leistenring oder Hernia scrotalis, Hodenbruch, die Vorwölbung gelangt in den Hodensack. Erworbene mediale Leistenhernie. Sie ist die übliche Form eines Leistenbruchs. Die innere Bruchpforte liegt in
der Fossa inguinalis medialis (⊡ Tabelle 6.14). Die Bruchhüllen bestehen aus Peritoneum und Fascia transversalis. Sie kann Anteile des Bauchinhaltes enthalten und sich in den Hodensack absenken. > Klinischer Hinweis Das Risiko aller Leistenbrüche ist, dass Bauchhöhleninhalt, z. B. Darmschlingen in den Bruchsack gelangen und durch Kontraktionen der Bauchwandmuskulatur abgeschnürt werden. Deswegen muss die Bruchpforte operativ verschlossen werden. Dabei wird das Leistenband dauerhaft mit dem M. obliquus internus abdominis, M. transversus und der Fascia transversalis vernäht (Operation nach Bassini).
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236
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
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In Kürze
Die Bauchwand besteht aus einer Muskel-Sehnen-Platte, die durch unterschiedliche Verlaufsrichtung ihrer Fasern (M. rectus abdominis, Mm. obliquus externus et internus abdominis, M. transversus) ein dynamisches Verspannungssystem bilden. Dabei kreuzen sich die Muskelfasern der schrägen und des queren Bauchmuskels, die oberhalb der Spina iliaca superior liegen. Unterhalb davon verlaufen die Fasern des M. obliquus internus und M. transversus parallel. Getrennt von den übrigen Bauchmuskeln befindet sich der M. rectus abdominis in der Rektusscheide, begleitet von Aa. epigastrica superior et inferior sowie Endästen des N. intercostalis XI und N. subcostalis. Kreuzungsstelle der Sehnenfasern der seitlichen Bauchmuskeln beider Seiten ist die Linea alba. Sie verknüpft die seitliche Bauchmuskulatur beider Seiten zu gemeinsamer Wirkung. Die Bauchmuskulatur ist auch an Rumpfbewegungen beteiligt und in Muskelketten integriert, die Rumpf und Extremitäten verbinden. Die Bauchwand hat Schwachstellen, besonders den Leistenkanal, der embryonal durch Verlagerung des Hodens aus dem Bauchraum in das Skrotum entstanden ist. An allen Schwachstellen der Bauchwand können Hernien, sog. Brüche entstehen.
6.2.3
Leitungsbahnen des Rumpfes
Arterien Wichtig
Die arterielle Versorgung der Rumpfwand erfolgt weitgehend durch Aa. intercostales, Aa. lumbales und ventral zusätzlich durch längs verlaufende Gefäße.
Interkostalgefäße Die Interkostalgefäße (⊡ Abb. 6.44) sind segmental angeordnet. Es handelt sich um Aa. intercostales posteriores und Rr. intercostales anteriores. Aa. intercostales posteriores. Die Aa. intercostales pos-
teriores I et II entspringen aus der A. intercostalis suprema (aus dem Truncus costocervicalis, S. 448), die Aa. intercostales posteriores III–XI und als 12. Interkostalarterie die A. subcostalis aus der dorsalen Wand der Brustaorta. Verläufe der Interkostalgefäße Jede A. intercostalis posterior der rechten Seite zieht über die vordere und seitliche Fläche des zugehörigen Wirbelkörpers hinweg (⊡ Abb. 6.30) und unterkreuzt in ihrem Verlauf den Ductus thoracicus, den Ösophagus, die V. azygos und den rechten Grenzstrang, jede der linken Seite verläuft unter der V. hemiazygos bzw.V. azygos accessoria und dem linken Grenzstrang (s. Topographie des Mediastinums S. 527).
Im weiteren Verlauf schließt sich jede A. intercostalis posterior der Unterseite der nächst höher gelegenen Rippe an und liegt dort (mit N. und V.) im Sulcus costae (⊡ Abb. 6.15, S. 212). Zwischen den Interkostalmuskeln, die durch die Gefäß-Nerven-Bahn in den M. intercostalis intimus und internus gespalten werden, zieht sie bogenförmig nach ventral. Die A. subcostalis wird so bezeichnet, weil sie am Unterrand der 12. Rippe zwischen M. obliquus internus und M. transversus abdominis verläuft. Ihre Endäste verzweigen sich seitlich in der Rektusscheide und anastomosieren mit den Aa. epigastrica superior et inferior (s. unten).
Kurz nachdem die jeweilige A. intercostalis posterior die Aorta verlassen hat, gibt sie einen R. dorsalis zur Versorgung der autochthonen Rückenmuskulatur (Rr. musculares) und der Rückenhaut (Rr. cutanei medialis et lateralis) ab. Den R. dorsalis verlässt kurz nach seinem Ursprung ein R. spinalis, der rückläufig durch das zugehörige Foramen intervertebrale zum Rückenmark gelangt. Weitere Äste erreichen durch die Foramina nutricia die Spongiosa der Wirbelkörper. > Klinischer Hinweis Bei Operationen an der thorakalen Aorta kann es bei Beeinträchtigung der Rr. spinales zu Rückenmarkschädigungen mit Querschnittslähmungen kommen.
Rr. intercostales anteriores. Sie gehen ventral aus der paarig angelegten A. thoracica interna (s. unten) bzw. aus der A. musculophrenica, einem der beiden Endäste der
237 6.2 · Rumpf
⊡ Abb. 6.44. A. intercostalis mit Verzweigungen in Höhe der Brustdrüse
A. thoracica interna (s. unten), hervor, meist zwei pro Interkostalraum (ICR). Im ICR anastomosieren sie mit der entsprechenden A. intercostalis posterior. Äste der Interkostalarterien versorgen die seitliche Brustwand einschließlich des lateralen Teils der Brustdrüse (Rr. mammarii). > Klinischer Hinweis Bei der Aortenisthmusstenose (S. 522) erweitern sich die Interkostalarterien, da ein Teil des Blutes auf dem Weg über die A. subclavia, A. thoracica interna, Interkostalarterien, Brustaorta den Engpass umgeht.
Aa. lumbales (4) sind paarig-segmentale Äste der Pars abdominalis aortae (S. 555); das 5. Paar geht von der A. sacralis mediana aus. Dorsale Äste der Aa. lumbales versorgen die Rückenmuskulatur, vordere Äste gelangen zwischen M. quadratus lumborum und M. iliopsoas in die seitliche Bauchmuskulatur, wo sie mit ventralen Gefäßen anastomosieren.
Längs verlaufende Gefäße an der ventralen Rumpfwand Die wichtigsten Gefäße sind die A. thoracica interna, zur Versorgung des vorderen Brustbereichs, A. epigastrica superior als Fortsetzung der A. thoracica interna und
A. epigastrica inferior und weitere Gefäße aus der A. iliaca externa bzw. A. femoralis. > Klinischer Hinweis Während die A. thoracica interna und die A. epigastrica superior von kranial nach kaudal (absteigend) verlaufen, sind die A. epigastrica inferior und die weiteren Gefäße von kaudal nach kranial (aufsteigend) orientiert.
A. thoracica interna (früher und in der Herzchirurgie auch heute noch A. mammaria interna = IMA, »internal mammary artery«; ⊡ Abb. 6.32). Die A. thoracica interna entspringt an der konkaven Seite der A. subclavia (S. 447). Sie verläuft zunächst hinter der V. subclavia und der Klavikula, dann 1–2 cm seitlich vom Brustbeinrand, zunächst hinter den Rippenknorpeln und den Interkostalmuskeln. Ab dem 3. Interkostalraum schiebt sich dann der M. transversus thoracis zwischen Gefäß und Pleura. Versorgungsgebiete. Die wichtigsten Versorgungsgebiete der A. thoracica interna bzw. ihrer Äste sind der vordere Bereich der Brustwand einschließlich des medialen Teils der Brustdrüse (S. 224), die Muskulatur des 1.–6. ICR (s. oben), das vordere Mediastinum mit seinem Inhalt (S. 517), sowie durch die A. pericardiacophrenica, die unter der Pleura mediastinalis den N. phrenicus begleitet, Teile des Perikards, der Pleura und des Zwerchfells.
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238
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Kapitel 6 · Bewegungsapparat
Endäste. Im 6. Interkostalraum teilt sich die A. thoracica interna in ihre beiden Endäste, die A. musculophrenica, die Rr. intercostales anteriores VII–IX abgibt und Teile des Zwerchfells und der Bauchmuskeln versorgt, sowie die A. epigastrica superior.
den Bauchraum in Höhe des 6. bzw. 7. Rippenknorpels durch eine Lücke im Trigonum sternocostale oder seitlich davon und tritt in die Rektusscheide ein. Dort verläuft sie auf der Rückseite des M. rectus abdominis und anastomosiert in Nabelhöhe mit der A. epigastrica inferior.
A. epigastrica superior. Sie ist die direkte Fortsetzung der A. thoracica interna. Die A. epigastrica superior verlässt
A. epigastrica inferior (⊡ Abb. 6.45). Sie entspringt aus der A. iliaca externa (S. 555), verläuft auf dem Lig. interfoveolare, durchbricht die Rektusscheide und zieht auf der Rückseite des M. rectus abdominis nach oben. Ihr R. pubicus zieht zum Os pubis und gibt den R. obturatorius ab. Dieser anastomosiert mit dem R. pubicus aus der A. obturatoria (⊡ Abb. 6.28).
A. intercostalis suprema
> Klinischer Hinweis Bei Operationen von Schenkelhernien ist zu beachten, dass diese Anastomose sehr kräftig ausgebildet sein kann – früher wegen Schwierigkeiten bei der Blutstillung Corona mortis (⊡ Abb. 6.41) genannt.
Aus der A. epigastrica inferior zweigt außerdem die A. cremasterica zum Samenstrang ab. Bei der Frau entspricht ihr die A. ligamenti teretis uteri.
Weitere Gefäße der unteren Bauchwand A. circumflexa ilium profunda aus der A. iliaca externa. Sie verläuft an der inneren Bauchwand hinter dem Leistenband, dann am Beckenkamm entlang mit Ästen für die Bauchmuskeln. Ihr R. ascendens anastomosiert mit dem R. iliacus aus der A. iliolumbalis. A. epigastrica superficialis. Sie entspringt aus der A. fe-
moralis, überquert das Leistenband und verzweigt sich im subkutanen Gewebe der vorderen Bauchwand und versorgt die Haut. Es kommen Anastomosen mit der A. epigastrica superior vor. A. circumflexa ilium superficialis. Sie kommt aus der
A. femoralis, läuft subkutan auf dem Leistenband zum Beckenkamm und versorgt die Haut in der Leistengegend. A. circumflexa ilium prof.
Venen Wichtig
Die Venen folgen als meist gleichnamige Begleitvenen den Arterien. A. circumflexa ilium superf.
⊡ Abb. 6.45. Arterielle Versorgung der vorderen Brust- und Bauchwand
Der Abfluss des venösen Blutes aus dem Stamm erfolgt teils zur V. cava superior teils zur V. cava inferior.
239 6.2 · Rumpf
Zur V. cava superior (S. 523) gelangt das venöse Blut der dorsalen Rumpfwand durch das Azygossystem
(⊡ Abb. 8.43, S. 524), der oberen ventralen Rumpfwand (⊡ Abb. 8.73) – durch die Vv. thoracoepigastricae (S. 292), anschließend V. axillaris, V. subclavia, V. brachiocephalica und – durch die Vv. thoracicae internae, anschließend V. brachiocephalica. Zur V. cava inferior (S. 557) gelangt das venöse Blut der unteren ventralen Rumpfwand – durch die V. epigastrica superficialis via V. saphe-
na magna bzw.V. femoralis und – durch die V. epigastrica inferior via V. iliaca externa. > Hinweis An der vorderen Rumpfwand entspricht die Grenze zwischen dem Zuflussgebiet zur V. cava superior und dem zur V. cava inferior einer Linie quer durch den Nabel.
Zwischen den ableitenden Venen aus den oberen und denen aus den unteren vorderen Rumpfabschnitten bestehen Anastomosen (S. 558, ⊡ Abb. 8.73). Sie verbinden die V. epigastrica superficialis mit den Vv. thoracoepigastricae sowie die V. epigastrica inferior mit der V. epigastrica superior (als Beginn der V. thoracica interna). > Klinischer Hinweis Die Anastomosen können als Kava-Kava-Anastomosen (S. 558) bei Stauungen in der unteren Hohlvene klinisch wichtig werden. Ferner können oberflächliche Venen um den Nabel, Vv. paraumbilicales, Bedeutung bekommen. Sie schwellen bei Stauungen in der Pfortader (portokavale Anastomosen, S. 559) an und lassen das Caput medusae entstehen (heute eher selten wegen frühzeitiger Therapie der Grunderkrankung).
Das Blut aus der Spongiosa der Wirbelkörper erreicht durch weitlumige Vv. basivertebrales den im Wirbelkanal auf der Rückseite der Wirbelkörper gelegenen Plexus venosus vertebralis internus. Außerdem fließt venöses Blut zu dem auf der Vorderseite der Wirbelkörper gelegenen Plexus venosus vertebralis externus anterior. Zwischen diesem und dem Plexus venosus vertebralis externus posterior, der an der Rückseite des Arcus vertebrae liegt, bestehen zahlreiche Anastomosen. Das Blut aus der Nackenregion fließt auf beiden Seiten aus oberflächlichen Gefäßen in die V. jugularis externa
(S. 453), und aus der Tiefe über V. vertebralis und V. cervicalis profunda in die V. brachiocephalica (S. 523). Die V. vertebralis erhält außerdem aus dem Wirbelkanal segmentale Zuflüsse.
Lymphgefäße Wichtig
Die peripheren Lymphgefäße laufen gemeinsam mit den Venen.
Dorsale Rumpfwand. Aus der Nackenregion ziehen die Lymphgefäße zu den Nodi lymphatici occipitales und Nodi lymphatici cervicales superficiales (⊡ Abb. 7.54, S. 455), aus der kranialen dorsalen Rumpfwand zu den axillären, aus der kaudalen zu den Leistenlymphknoten. Ventrale Rumpfwand, oberflächliche Schichten (Haut
und Subkutis). Hier bestehen zwei deutlich voneinander getrennte Abflussgebiete: Oberhalb des Nabels wird die Lymphe zu den Nodi lymphatici axillares in den Truncus subclavius sinister oder dexter geleitet (Mamma S. 225). Unterhalb des Nabels führen die Lymphgefäße die Lymphe in die Nodi lymphatici inguinales superficiales (auch Zuflüsse aus der unteren Extremität und dem Genitale) und dann über die Nodi lymphatici inguinales profundi und Nodi lymphatici iliaci externi in den Truncus lumbalis sinister oder dexter. Ventrale Rumpfwand, tiefe Schichten. Die in der Tiefe
gelegenen Lymphgefäße und -knoten begleiten überwiegend die Blutgefäße. Aus den vorderen Teilen der Rumpfwand gelangt die Lymphe in die Nodi lymphatici parasternales (Abfluss in den Truncus subclavius), aus der seitlichen und hinteren Bauchwand in die Nodi lymphatici lumbales. Sie liegen neben den Vasa lumbalia. Ferner bestehen hier Lymphbahnen, die in Begleitung der Vasa epigastrica inferiora und den Vasa circumflexa ilium profunda die Nodi lymphatici iliaci communes erreichen. Aus beiden Lymphknotengruppen fließt die Lymphe in den Truncus lumbalis ab.
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Kapitel 6 · Bewegungsapparat
Nerven Wichtig
Die den Rumpf versorgenden Nerven lassen eine metamere Gliederung erkennen.
Dorsale Rumpfwand. Die autochthone Rückenmuskulatur und die Rückenhaut werden von Rr. posteriores der Spinalnerven (S. 695) mit medialen und lateralen Ästen
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innerviert. Dabei spiegelt sich bei der Haut die segmentale Innervation wider (⊡ Abb. 10.53, S. 768), für die Nacken- und Schulterregion durch Rr. posteriores der Zervikalnerven C2–C4, Thorax- und Lendenregion durch die aus C4–L2 und für die Sakralregion durch Sakralnerven (Nn. clunei medii). Eigene Namen haben die Rr. posteriores der 3 ersten zervikalen Spinalnerven. Sie versorgen die Nackenregion (S. 210): N. suboccipitalis, N. occipitalis major, N. occipitalis tertius.
Äste der Nn. intercostales Während ihres bogenförmigen Verlaufes in Richtung Sternum geben die Nn. intercostales ab Rr. musculares für alle Mm. intercostales, M. transversus thoracis, Mm. levatores costarum, M. serratus posterior superior et inferior, R. cutaneus lateralis. Er durchbricht seitlich die Ursprungszacken des M. serratus anterior und versorgt die Haut des Thorax einschließlich der lateralen Teile der Brustdrüse (Rr. mammarii laterales) und Nn. intercostobrachiales. Sie sind die Rr. cutanei laterales der beiden ersten Interkostalnerven (aus Th2 und Th3). Sie ziehen durch die Achselhöhle und verbinden sich mit sensiblen Armnerven (meist mit dem N. cutaneus brachii medialis). R. cutaneus anterior u. a. zur Brustdrüse (Rr. mammarii mediales).
Die Haut über dem Schlüsselbein wird von den Rr. cutanei der Nn. supraclaviculares mediales et intermedii (aus dem Plexus cervicalis) versorgt.
> Klinischer Hinweis Anders als die autochthonen werden die sekundär eingewanderten Rückenmuskeln entweder von Rr. anteriores der Spinalnerven (⊡ Tabelle 6.16, S. 695) innerviert oder, sofern es sich um Muskeln handelt, die zum Schultergürtel gehören, durch Äste des Plexus brachialis (⊡ Tabelle 6.16, 6.17, S. 293). An der Innervation der aus dem Branchialbereich eingewanderten sekundären Rückenmuskeln beteiligt sich der N. accessorius (⊡ Tabelle 6.16).
Ventrale Rumpfwand. Die Innervation erfolgt durch Äste der Rr. anteriores der Spinalnerven. Beteiligt sind die der 12 Nn. thoracici, die wegen ihrer Lage als Nn. intercostales bezeichnet werden; der 12. Thorakalnerv, der am Unterrand der 12. Rippe verläuft, heißt N. subcostalis und des 1. Lumbalnerven: N. iliohypogastricus und N. ilioinguinalis (beide aus L1, Plexus lumbalis, ⊡ Abb. 6.125, S. 363). > Klinischer Hinweis Die sensible Innervation der vorderen Rumpfwand lässt ähnlich der der dorsalen Rumpfwand eine segmentale Anordnung erkennen (⊡ Abb. 10.53, S. 695). Als Bezug kann dabei ein Hautstreifen in Höhe der Mamillen gelten, der zu Th4 gehört.
Nn. intercostales I–VI. Sie verlaufen zunächst in der Fas-
cia endothoracica, dann zwischen den Interkostalmuskeln (⊡ Abb. 6.29, S. 217).
Nn. intercostales VII–XI und N. subcostalis. Sie versorgen große Teile der Bauchwand sowohl motorisch als auch sensibel. – Über die topographischen Beziehungen des N. subcostalis zur Niere S. 546. N. iliohypogastricus. Er verläuft durch den M. psoas major, dann auf der Vorderfläche des M. quadratus lumborum (hinter der Niere) und zieht anschließend zwischen M. transversus abdominis und M. obliquus internus abdominis nach ventral. Auf seinem Weg gibt er Rr. musculares ab. Den M. obliquus internus abdominis durchbohrt er medial der Spina iliaca anterior superior und erreicht schließlich zwischen M. obliquus internus abdominis und Aponeurose des M. obliquus externus abdominis, etwa 1 cm oberhalb des Leistenbands die Haut um den äußeren Leistenring, die er versorgt (R. cutaneus anterior). Ein R. cutaneus lateralis verlässt den N. iliohypogastricus bereits über der Crista iliaca und versorgt die Haut distal des Darmbeinkamms. N. ilioinguinalis. Der N. ilioinguinalis verläuft im Wesent-
lichen parallel zum N. iliohypogastricus, jedoch etwas weiter kaudal. Beim Durchtritt durch die Bauchwand ändert er abrupt seine Richtung. In der Gegend der Spina iliaca anterior superior dringt er zwischen den M. obliquus internus und M. obliquus externus abdominis ein, verläuft dann ventralwärts und gibt Äste zu den Muskeln ab. Ein Ast zieht von medial an den Funiculus spermati-
241 6.3 · Extremitäten
cus und erreicht durch den Anulus inguinalis superficialis die Subkutis. Er versorgt die Haut in der Umgebung des Leistenringes und durch periphere Äste – Nn. scrotales anteriores bzw. Nn. labiales anteriores – die entsprechenden Hautgebiete.
>
> Klinischer Hinweis Engpass-Syndrom: Leistenschmerzen können durch Kompression des N. ilioinguinalis entstehen. Die Schmerzen vermindern sich bei Hüftbeugung und verstärken sich bei Hüftstreckung durch Anspannung der Bauchmuskulatur.
In Kürze
Arterien,Venen und Lymphgefäße verlaufen am Rumpf weitgehend gemeinsam.Die Arterien für die Dorsalseite des Rumpfes entstammen der thorakalen bzw.abdominalen Aorta,die für die Ventralseite steigen im oberen Bereich von kranial nach kaudal ab (A. thoracica interna aus der A. subclavia),die des unteren Bereichs von kaudal nach kranial als Äste der A. iliaca externa bzw.A. femoralis auf.– Der venöse Abfluss aus der dorsalen sowie der oberen ventralen Rumpfwand erfolgt zur V. cava superior,der der unteren Rumpfwand zur V. cava inferior. Zwischen den Abflussgebieten bestehen Anastomosen.– Innerviert wird die dorsale Rumpfwand durch Rr. posteriores,die ventrale durch Rr. anteriores der Spinalnerven.Beteiligt sind die Rückenmarksegmente C2–L1.
6.3
>
Extremitäten
Einleitung
Die Extremitäten sind mit dem Rumpf durch Gelenke, Bänder und Muskeln verbunden. Hergestellt wird die Verbindung durch den Schultergürtel bzw. den Beckenring. Die morphologischen und funktionellen Unterschiede zwischen oberer und unterer Extremität und ihren Gürteln sind groß: Es steht freie Beweglichkeit gegen tragende Funktion. Aber es gibt auch Gemeinsamkeiten. Mit zunehmendem Abstand vom Rumpf nimmt bei beiden Extremitäten die Muskelmasse ab, dafür aber die Differenzierung der Gelenke zu. Die Endabschnitte der Gliedmaßen werden über lange Sehnen bewegt, die bandzugartig über mehrere Gelenke hinwegziehen. Ferner bestehen Ähnlichkeiten in der Entwicklung der Extremitäten.
6.3.1
Entwicklung der Extremitäten
Die Entwicklung der Extremitäten beginnt mit der Ausbildung einer falten-, dann paddelförmigen Extremitätenknospe an der seitlichen Rumpfwand. Sie wird vom paraxialen Mesoderm induziert. Die Anlage der oberen Extremität erscheint am 26./27. Entwicklungstag (4. Woche, Scheitel-Steiß-Länge 4 mm) in Höhe der unteren Halssomiten, die der unteren Extremität 1 bis 2 Tage später in Höhe der Lumbal- und oberen Sakralsomiten. In beiden Fällen besteht die Anlage zunächst aus einem mesenchymalen Kern, der im Wesentlichen aus der Somatopleura hervorgeht, und einem Überzug aus Ober-
flächenektoderm. Am distalen Ende der Knospe verdickt sich das Ektoderm zur Randleiste. Zwischen dem mesenchymalen Kern und dem Randleistenektoderm bestehen enge Wechselwirkungen. Während zunächst das Mesenchym die Information zur Extremitätenbildung an das Ektoderm weitergibt, induziert dann das Ektoderm der Randleiste vermittels Wachstumsfaktoren (»fibroblast growth factor«, FGF 8) das darunter liegende Mesenchym zum appositionellen Längenwachstum und zur Differenzierung. Aufrechterhalten wird die Aktivität des Randleistenektoderms durch Mesenchymzellen in einer »zone of polarizing activity« (ZPA). Mit dem Fortschreiten der Entwicklung kommt es zu einer Gliederung der Extremitätenknospen jeweils in ei-
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242
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
nen proximalen Abschnitt – für Schulter- bzw. Beckenring – und einen distalen für die freie Extremität selbst. In jedem der beiden Abschnitte verdichtet sich das Mesenchym zu einem Blastem für die Entwicklung der jeweiligen Skelettteile. Bis zur 6.Woche haben die Längen der Extremitätenanlagen deutlich zugenommen und es sind zu erkennen Hand- und Fußplatten, die Unterteilung in Ober- und Unterarm bzw. Oberund Unterschenkel und die Skelettanlagen.
6
Hand- und Fußplatte. Sie entwickeln sich durch das Auf-
treten von interdigitalen Nekrosezonen (INZ) weiter, in denen Ektodermzellen durch Apoptose zugrunde gehen. Dadurch sind am 48. bzw. 50. Embryonaltag die Anlagen der 5 Finger- bzw. Zehenstrahlen zu erkennen. Die verbliebenen Randleistenanteile bewirken das weitere Längenwachstum der Phalangen sowie die Entstehung von Blastemen. Unterteilungen der Extremitätenanlagen. Sie führen zur Formentwicklung der Extremitäten. Zunächst sitzen die Hand- und Fußplatten auf stielförmigen Anlagen, die sich dann jedoch durch Abwinkelung in Unter- und Oberarm bzw. Unter- und Oberschenkel gliedern. An den Knickstellen entstehen der Ellenbogen bzw. das Knie. Außerdem drehen sich die Anlagen und zwar so, dass die Hand aus ihrer ursprünglichen Stellung (Daumen nach oben) in Pronationsstellung (S. 248) kommt. Der Fuß bleibt jedoch in Supinationsstellung (S. 342). Sie ändert sich erst beim Laufenlernen. Skelettanlagen. Während der Formentwicklung entste-
hen im Mesenchym der Extremitätenanlagen in chondrogenen Zonen Vorknorpelblasteme. Jedoch verbleibt unter der oberflächlichen Ektodermschicht eine knorpelfreie Zone, in die Myoblasten einwandern. Im Vorknorpelblastem treten zunächst proximal, dann nach distal fortschreitend Chondroblasten auf, aus denen schrittweise die Knorpelmatrizen der Knochen entstehen. Abgeschlossen ist mit Ausnahme der Endphalangen die Ausbildung des Hyalinskeletts am Ende der 8. Entwicklungswoche. Zu dieser Zeit beginnt bereits bei einigen Knochen die Ossifikation (s. unten). Gelenke gehen aus Mesenchymverdichtungen zwischen den knorpeligen Skelettanlagen hervor. Die Gelenkspalten entstehen durch Apoptose in einer Zone zwi-
schen der Anlage der Gelenkknorpel und des Bandapparates der Gelenke. Ossifikation der Knochenanlagen. Sie erstreckt sich über einen langen Zeitraum und ist knochenspezifisch. In der ⊡ Tabelle 6.15 ist das Auftreten der Knochenkerne in den Epiphysen der einzelnen Knochen und der Abschluss der Ossifikation durch Schluss der Epiphysenfugen zusammengestellt. Wichtig
Bei Feten, Kindern und auch bei Jugendlichen ist eine Altersbestimmung anhand vorhandener Knochenkerne bzw. der bereits erfolgten Verknöcherungen möglich. Dies kann forensische Bedeutung haben.
Zum Zeitplan der Entwicklung Für die obere Extremität ist hervorzuheben, dass der 1. Knochen, bei dem in der 6.–7. Entwicklungswoche die Ossifikation beginnt, die Klavikula ist. Ungewöhnlich ist hier, dass der Schaft desmal ohne vorherige Ausbildung einer Knorpelmatrize entsteht. Das sternale und akromiale Ende der Klavikula wird wie alle übrigen Skelettteile des Schultergürtels und der Extremitäten chondral angelegt. Dagegen sind die Ossa carpi die Knochen, in denen Knochenkerne am spätesten, erst zwischen dem 1. und 12. Lebensjahr auftreten. Für den Beckengürtel ist charakteristisch, dass die Verknöcherung im Bereich der Hüftgelenkpfanne mit Bildung einer breiten Y-förmigen Knorpelfuge stehen bleibt. In ihr treten im 10.–13. Lebensjahr und zu gleicher Zeit auch in der knorpeligen Crista iliaca sowie in den Apophysen (14.– 16. Lebensjahr) Nebenkerne auf. Erst kurz vor oder zum Zeitpunkt der Pubertät vereinigen sich Os ilium, Os pubis und Os ischii zu einem einheitlichen Knochen. Bei der unteren Extremität ist bemerkenswert, dass z. Z. der Geburt je 1 Knochenkern in der distalen Femurepiphyse und (meist) in der proximalen Tibiaepiphyse vorhanden ist. Das Auftreten dieser Knochenkerne ist so konstant, dass sie als Reifezeichen (S. 120) gewertet werden. Entwicklung der Extremitätenmuskulatur. Sie beginnt in
der 7. bzw. 8. Entwicklungswoche und geht bei beiden Extremitäten von Myoblasten der lateralen Dermatomyotomkante der jeweiligen Somiten aus (⊡ Abb. 2.14 d): für die obere Extremität von denen der Halssomiten, für die untere Extremität von denen der Lendensomiten. Von hier aus wandern Myoblasten unter dem Einfluss verschiedener Wachstumsfaktoren, die der Weg- und Zielfindung dienen, in die oberflächlichen Schichten der Extremitätenanlagen. Sie ziehen die Fortsätze der zugehörigen Nervenzellen mit, sodass für jeden Muskel ein Bezug zu
243 6.3 · Extremitäten
⊡ Tabelle 6.15. Ossifikationstemine Beginn der Ossifikation
Schluss der Epiphysenfugen
Obere Extremität Klavikula
Diaphyse 6.–7. Embr. Wo.
Epiphyse 16.–18. Leb. Jahr
20.–24. Leb. Jahr
Skapula
Kollum-Knochenkern Proc.-coracoideus-Kern Akzessorische Knochenkerne
8. Embr. Wo. 1. Leb. Jahr 12.–18. Leb. Jahr
19.–21. Leb. Jahr
Humerus
Diaphyse 7.–8. Embr. Wo.
Epiphysen 2. Leb. Wo.– 12. Leb. Jahr
20.–25. Leb. Jahr (prox.) 15.–18. Leb. Jahr (dist)
Radius
Diaphyse 7.–8. Embr. Wo.
Epiphysen 1.–2. Leb. Jahr Processus styloideus 12. Leb. Jahr
15.–20. Leb. Jahr 20.–25. Leb. Jahr
Ulna
Diaphyse 7.–8. Embr. Wo.
Epiphysen 8.–12. Leb. Jahr 5.–7. Leb. Jahr
14.–18. Leb. Jahr 20.–24. Leb. Jahr
Ossa carpi
Knochenkerne zwischen 1.–12. Leb. Jahr
Ossa metacarpi
Diaphyse 9.–10. Embr. Wo.
Epiphysen 2.–3. Leb. Jahr
15.–20. Leb. Jahr
Grundphalanx
Diaphyse 9. Embr. Wo.
Mittelphalanx
Diaphyse 11.–12. Embr. Wo.
Epiphysen 2.–3. Leb. Jahr
20.–24. Leb. Jahr
Endphalanx
Diaphyse 7.–8. Embr. Wo.
Nebenkerne 10.–13. Leb. Jahr
14.–18. Leb. Jahr Nebenkerne 20.–24. Leb. Jahr
Untere Extremität Os coxae
Os ilium 2.–3. Entw. Mo. Os ischii 4. Entw. Mo. Os pubis 5.–6. Entw. Mo.
Femur
Diaphyse 7.–8. Entw. Wo.
Epiphysen 1. Leb. Jahr 10. Entw. Mo.
17.–19. Leb. Jahr 19.–20. Leb. Jahr
Tibia
Diaphyse 7.–8. Entw. Wo.
Epiphysen 10. Entw. Mo. 2. Leb. Jahr
19.–21. Leb. Jahr 17.–20. Leb. Jahr
Fibula
Diaphyse 8. Entw. Wo.
Epiphysen 4.–5. Leb. Jahr 2. Leb. Jahr
17.–20. Leb. Jahr
Ossa tarsi
Knochenkerne im Talus, Kalkaneus, Os cuboideum 5.–7. Entw. Mo. Naviculare und Cuneiformia 2.–3. Leb. Jahr
Ossa metatarsi
Diaphyse 2.–3. Entw. Mo.
Epiphysen 3.–4. Leb. Jahr
15.–20. Leb. Jahr
Grundphalanx
Diaphyse 5. Entw. Mo.
Mittelphalanx
Diaphyse 8. Entw. Mo.
Epiphysen 1.–5. Leb. Jahr
15.–20. Leb. Jahr
Endphalanx
Diaphyse 9. Entw. Mo.
Entw. Wo. und Entw. Mo., Entwicklungswoche oder -monat; Leb. Jahr, Lebensjahr; Leb. Wo., Lebenswoche nach der Geburt. Bei den Terminangaben zum Schluss der Epiphysenfugen beziehen sich die ersten beiden Zahlenwerte auf die proximale, die folgenden auf die distale Epiphyse. Durch die zeitliche Differenz zwischen Schluss der proximalen und distalen Epiphysenlinie wächst der Humerus vor allem proximal. Der Radius dagegen wächst mehr distal.
6
244
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
einem Rückenmarksegment vorgegeben ist. In der Peripherie fügen sich die Myoblasten zu einer Vormuskelmasse zusammen, aus der unter dem Einfluss von myogenen Determinationsfaktoren (MDF) über mehrere Zwischenstufen Muskelfasern und Satellitenzellen entstehen. Demgegenüber entsteht der Bindegewebsapparat der Muskeln einschließlich der Sehnen örtlich. Obere Extremität. Bei der Einwanderung ordnen sich die myogenen Zellen sogleich auf der Beuge- und Streckseite an. An den Schultergürtel bekommen außerdem Muskelblasteme aus dem Branchialbereich Anschluss.
6
Fehlbildungen. Folgende Fehlbildungen treten sowohl
bei den oberen als auch bei den unteren Extremitäten auf: Amelie, völliges Fehlen einer oder mehrerer Extremitäten. Sie ist die schwerste Form der angeborenen Fehlbildungen der Extremitäten. Meromelie, auch Peromelie. Einzelne Skelettteile fehlen. Syndaktylie. Einzelne Finger bzw. Zehen sind unvollständig getrennt. Polydaktylie, überzählige Finger bzw. Zehen. Spalthand (Hummerscherenhand) bzw. Spaltfuß, Spaltbildungen zwischen den Hand- bzw. Fußwurzelknochen.
Untere Extremität. Die Muskelblasteme gliedern sich
frühzeitig in Flexoren, Adduktoren und Extensoren. Am Oberschenkel spaltet sich von den Streckern die Glutealmuskulatur und am Unterschenkel die Peronäusgruppe ab. > Hinweis Bei beiden Extremitäten ist primär die Beugeseite der Leibeswand zugekehrt. Dann drehen sich jedoch die Extremitäten. Bei der oberen Extremität kommt die Beugeseite ventral und die Streckseite mit den Extensoren dorsal zu liegen. Entsprechend ist die Beugung im Ellenbogengelenk nach ventral gerichtet.Bei der unteren Extremität ist die Drehung invers.Dadurch kommt es zu verwirrenden Bezeichnungen. Es gelangt nämlich die Streckseite nach vorne und die Beugeseite nach hinten.Dadurch ist die Beugung im Knie nach hinten gerichtet.
Die mit dem Auswandern der Muskelanlagen in die Anlagen der Extremitäten mitgezogenen Rr. anteriores der Segmentnerven verflechten sich an der jeweiligen Basis der Anlage zum Plexus brachialis bzw. Plexus lumbosacralis. Dadurch wird der Segmentbezug undeutlich. Erhalten bleibt er jedoch bei der sensiblen Hautinnervation. Postnatale Entwicklung der unteren Extremität. Das
Kleinkind kann die Kniegelenke nicht durchdrücken,weil die proximale Gelenkfläche der Tibia noch stark nach hinten geneigt ist.Auch ist die Torsion von Femur und Tibia noch nicht erfolgt. Dadurch sind die Füße gerade nach vorne gerichtet. Erst allmählich stellt sich eine Auswärtsrichtung der Fußspitzen ein. Schließlich sind bis zum 2. Lebensjahr ein leichtes O-Bein und etwa bis zum 6. Lebensjahr ein leichtes X-Bein physiologisch. Beides korrigiert sich in der Regel zum Abschluss des Wachstums.
Sonderformen von Fehlbildungen an der oberen Extremität: Phokomelie, eine Sonderform der Meromelie. Die Hand sitzt direkt am Rumpf oder an einem kurzen Extremitätenstummel. Dysostosis cleidocranialis. Infolge einer Verknöcherungsstörung fehlt das Corpus claviculae (meist verbunden mit Schädeldefekten und Fehlentwicklungen der Zähne). > Klinischer Hinweis Amelie, Meromelie oder Phokomelie wurden bei Kindern beobachtet, deren Mütter während des 1. Trimenons der Schwangerschaft das Schlafmittel Thalidomid eingenommen hatten, Thalidomid-Embryopathien.
Sonderformen von Fehlbildungen an der unteren Extremität: Sympodie, Sirenenbildung. Durch eine Blastem-
störung am kaudalen Ende des Embryos (sog. Rumpfschwanzknospe) sind die unteren Extremitäten miteinander verwachsen. Angeborene Hüftgelenkluxation, beim weiblichen Geschlecht 6-mal häufiger als beim männlichen. Sie entwickelt sich in den ersten Lebensmonaten. Die Hüftgelenkpfanne ist zu flach und steht zu steil. Dadurch verschiebt sich der Femurkopf nach oben. Unbehandelt tritt er beim Stehen- und Laufenlernen des Kindes vollends aus der Pfanne. Angeborener Klumpfuß, Pes equinovarus, bevorzugt beim männlichen Geschlecht. Er geht auf eine Deformation der Tarsalknochen zurück, die eine normale Pronation des Fußes verhindert. Das Kind läuft auf der lateralen Fußkante.
245 6.3 · Extremitäten
>
In Kürze
Die Entwicklung der Extremitäten verläuft über die Stufen einer Extremitätenknospe, der Aufgliederung der Anlage in verschiedene Abschnitte, der lokalen Ausbildung eines Knorpelskeletts und des Einwanderns von Myoblasten bis zur Ausbildung der Muskulatur. Die Vorgänge sind terminiert, sodass insbesondere am Auftreten von Knochenkernen der Reifegrad des Fetus bzw. Neugeborenen bestimmt werden kann.
6.3.2
Schultergürtel und obere Extremität
Wichtig
Schultergürtel und obere Extremität sind eine Einheit. Sie ist im Wesentlichen durch Muskulatur am Rumpf befestigt. Die einzige gelenkige Verbindung zum Rumpf befindet sich zwischen Brust- und Schlüsselbein, Articulatio sternoclavicularis.
Osteologie Zum Schultergürtel gehören Clavicula, Schlüsselbein und Scapula, Schulterblatt und zur oberen Extremität, Membrum superius, Humerus, Oberarmknochen, als Skelettanteil des
Brachium, Oberarms, Ulna, Elle, und Radius, Speiche, für das Antebrachium, Unterarm sowie
⊡ Abb. 6.46 a, b. Skapula und Klavikula. a Rechte Skapula in der Ansicht von dorsal; b rechte Klavikula, kraniale Fläche. Rot wichtige Muskelursprünge und -ansätze
6
246
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
6
⊡ Abb. 6.47 a, b. Schultergürtel und obere Extremität. a Von ventral; b von dorsal. In die Umrisse sind die oberflächlich gelegenen Regionen sowie die Knochen eingezeichnet. Die dunkel gehaltenen Skelettabschnitte sind unter der Haut tastbar; hinzu kommt bei herabhängendem Arm der Proc. coracoideus. A Eminentia carpalis radialis; B Eminentia carpalis ulnaris
Carpi, Handwurzelknochen, Metacarpi, Mittelhandknochen, und Digiti manus, Finger, als Teile der Manus,Hand.
Clavicula, Schlüsselbein Wichtig
Die Klavikula ist die Führungsstange für alle Bewegungen des Schultergürtels.
Die Klavikula ist leicht S-förmig gebogen (⊡ Abb. 6.46 b). Sie hat ein sternales und ein abgeplattetes akromiales Ende, Extremitas sternalis und Extremitas acromialis, mit je einer Gelenkfläche.
Die Extremitas acromialis ist in situ nach dorsolateral gerichtet. An der Unterseite des Knochens dienen die Linea trapezoidea, medial von ihr das Tuberculum conoideum und nahe dem sternalen Ende die Impressio ligamenti costoclavicularis der Befestigung gleichnamiger Bänder. An der Unterseite befindet sich im Bereich des Mittelstücks, Corpus claviculae, eine Rinne, Sulcus musculi subclavii. Taststellen (⊡ Abb. 6.47). Vorderer Rand und obere Fläche des Corpus claviculae, Extremitas sternalis, Extremitas acromialis. Die Konvexität des Schlüsselbeins liegt medial.
247 6.3 · Extremitäten
Scapula, Schulterblatt Wichtig
Die Skapula bietet allen Gruppen der Schultermuskeln breite Ansatzflächen und ist das Stellglied für die Bewegungen des Arms im Schultergelenk.
Die Skapula (⊡ Abb. 6.46 a) ist ein dreieckiger platter Knochen, an dessen Flächen und rahmenartig verdickten Kanten Muskeln entspringen bzw. ansetzen. Markante Strukturen sind am lateralen Winkel, Angulus lateralis, das Collum scapulae mit der verbreiterten ovalen Schultergelenkpfanne, Cavitas glenoidalis. Das oberhalb der Pfanne gelegene Tuberculum supraglenoidale ist die Ursprungsstelle für den langen Bizepskopf, das Tuberculum infraglenoidale für den langen Trizepskopf (S. 266), an der dorsalen Seite die Spina scapulae, Schulterblattgräte, die lateral mit dem Acromion, Schulterblatthöhe, endet, am Oberrand die Incisura scapulae, die vom bisweilen verknöcherten Lig. transversum scapulae überbrückt wird. Unter dem Band verläuft der N. suprascapularis, über dem Band die A. und V. suprascapularis. Die Fortsetzung des Oberrandes der Skapula nach lateral ist der Processus coracoideus. Zwischen Processus coracoideus und Akromion spannt sich das Lig. coracoacromiale aus, das in beiden knöchernen Fortsätzen der Skapula über dem Schultergelenk ein Dach bildet, Schultergelenkdach. an der ventralen Fläche, Facies costalis, die seichte Fossa scapularis, als Ursprungsfläche für den M. subscapularis. Weitere osteologische Einzelheiten und die jeweiligen Muskelursprünge bzw. -ansätze an der Skapula finden Sie in ⊡ Abb. 6.46.
Der Humerus (⊡ Abb. 6.48) besteht aus dem Corpus humeri und der Extremitas proximalis et distalis. An den halbkugelförmigen Oberarmkopf, Caput humeri, schließt sich das Collum anatomicum an. Das unterhalb von ihm liegende Tuberculum majus ist nach lateral, das Tuberculum minus nach ventral gerichtet. Beide Tubercula setzen sich distalwärts in Leisten fort, Crista tuberculi majoris und Crista tuberculi minoris. Zwischen beiden liegt eine Rinne,Sulcus intertubercularis,in der die Sehne des langen Bizepskopfs gleitet. Knapp unterhalb von Tuberculum majus et minus liegt eine besonders bruchgefährdete Stelle, das Collum chirurgicum. An der Diaphyse, Corpus humeri, Humerusschaft, ist der Knochen seitlich in Höhe der Crista tuberculi majoris zur Tuberositas deltoidea aufgeraut (Ansatz des M. deltoideus, S. 260).Auf der Rückseite des Schaftes befindet sich eine flache, schräg verlaufende Rinne, Sulcus nervi radialis, der sich der N. radialis und die A. und V. profunda brachii anlagern. Der distale Abschnitt des Humerus ist abgeplattet und die Ränder des Schaftes gehen in die Cristae supracondylares über. Das distale Ende des Condylus humeri bilden die Trochlea humeri (Gelenkfläche für die Ulna) und lateral von ihr das Capitulum humeri (Gelenkfläche für den Radius). Die Vertiefung auf der Vorderseite oberhalb des Capitulums ist die Fossa radialis,oberhalb der Trochlea die Fossa coronoidea. Ihr entspricht auf der Rückseite die Fossa olecrani. Die Crista supracondylaris lateralis läuft distal unter Verbreiterung des Schaftendes in den Epicondylus lateralis aus und die Crista supracondylaris medialis in den weiter vorspringenden Epicondylus medialis. An seiner Unterseite liegt der Sulcus nervi ulnaris für den N. ulnaris. Der Winkel zwischen der Schaftachse und der Mittelachse durch das Caput humeri beträgt ungefähr 130 °. In sich hat der Humerus von proximal nach distal eine Außendrehung von ungefähr 20 °.
lis, Margo medialis, Angulus inferior und Spina scapulae. Der Processus coracoideus ist bei abduziertem Arm in der Tiefe des Trigonum clavipectorale zu tasten.
Taststellen (⊡ Abb. 6.47). Tuberculum majus und ggf. bei Rotationsbewegungen Tuberculum minus, Caput von der Achselhöhle aus bei abduziertem Arm, Seitenfläche des Humerusschaftes, Margo und Crista supracondylaris medialis et lateralis, Epicondylus medialis et lateralis, Sulcus nervi ulnaris.
Humerus, Oberarmknochen
Ossa antebrachii, Unterarmknochen
Taststellen (⊡ Abb. 6.47). Akromion mit Angulus acromia-
Wichtig
Wichtig
Der Humerus ist das Schulbeispiel eines geraden Röhrenknochens.
Es gibt 2 Unterarmknochen, die Ulna, Elle, und den Radius, Speiche.
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248
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
6
⊡ Abb. 6.48 a, b. Rechter Humerus. a Ansicht von ventral; b von dorsal. Rot Ursprünge und Ansätze von Muskeln
Ulna und Radius liegen parallel – die Ulna medial, der Radius lateral –, wenn die Hand so gedreht ist, dass der Daumen nach lateral weist, Supinationsstellung. Jedoch überkreuzt der Radius – als der bewegliche Knochen – die Ulna, wenn der Daumen medial liegt, Pronationsstellung. Ulna, Elle (⊡ Abb. 6.49). Proximal ist die Ulna verbreitert. Sie umfasst mit der Incisura trochlearis die Trochlea humeri wie ein Zange. Die Spitze der vorderen Zangenbacke bildet der Processus coronoideus, die hintere verdickt sich zu dem nach dorsal vorspringenden Olecranon, beides Muskelansätze. Seitlich des Processus coronoideus befindet sich die Incisura radialis als Gelenkfläche für das proximale Radioulnargelenk. An der Tuberositas ulnae setzt der M. brachialis an. Die an die Incisura radialis angrenzende Crista musculi supinatoris ist eine der Ursprungsstellen für den M. supinator. Corpus ulnae. Der Schaft der Ulna hat einen dreieckigen Querschnitt und dementsprechend 3 Flächen und 3 Kanten. In Supinationsstellung steht der scharfkantige
Margo interosseus dem entsprechenden des Radius gegenüber. An das distale Ende des Schaftes schließt sich das Caput ulnae an. Seine Circumferentia articularis bildet mit der Incisura ulnaris (radii) das distale Radioulnargelenk. Der kegelförmige Knochenfortsatz an der Dorsalseite des Ellenkopfes ist der Griffelfortsatz, Processus styloideus. Taststellen (⊡ Abb. 6.47).Von dorsal: Olekranon, Margo po-
sterior bis Processus styloideus (ulnae) – also die Ulna über ihre ganze Länge –, ein Teil des Caput ulnae. Radius, Speiche (⊡ Abb. 6.49). Proximal befindet sich das Caput radii mit der Fovea articularis zur Artikulation mit
dem Capitulum humeri. Seitlich liegt die Circumferentia articularis radii, die sich in der Incisura radialis (ulnae) dreht (proximales Radioulnargelenk). Dem Speichenkopf folgt das Collum radii, das sich im Bereich der Tuberositas radii (Ansatzstelle für die Sehne des M. biceps brachii) in den Speichenschaft, Corpus radii, fortsetzt. Auch das Corpus des Radius ist im Querschnitt dreieckig.
249 6.3 · Extremitäten
> Klinischer Hinweis Ellenbogen. Zur Beurteilung einer Luxation oder Fraktur im Ellenbogen wird davon ausgegangen, dass beim Unverletzten bei gestrecktem Ellenbogen Olekranon, Epicondylus lateralis und medialis auf einer Linie liegen, bei Ellenbogenbeugung um 90 ° jedoch zwischen diesen Knochenpunkten ein gleichseitiges Dreieck entsteht, Hueter-Dreieck. Distale Radiusfraktur. Sie ist die häufigste Fraktur überhaupt. Sie entsteht beim Sturz mit gestreckter Hand und befindet sich knapp vor dem Handgelenk. Die Hand weicht dann nach radial ab. Bei schlechter Heilung kann es zur Kompression des N. medianus im Karpaltunnel kommen, Karpaltunnelsyndrom (S. 270, 295).
Ossa carpi, Handwurzelknochen Wichtig
Die Handwurzelknochen, Carpalia, bilden eine proximale und eine distale Reihe. Jede besteht aus 4 Knochen. Überzählige Handwurzelknochen kommen vor.
⊡ Abb. 6.49. Ulna und Radius des linken Arms. Ansicht von ventral
Distal verbreitert sich der Radius zur knorpelüberzogenen Facies articularis carpalis zum Kontakt mit dem Handwurzelskelett. Ihre laterale Begrenzung bildet der Processus styloideus. An ihrer medialen Begrenzung senkt sich die Incisura ulnaris (radii) als Gelenkfläche für die Circumferentia articularis ulnae ein (distales Radioulnargelenk). Auf der Dorsalseite des Knochens erhebt sich am distalen Ende das Tuberculum dorsale, eine Knochenleiste, die die Sehnen des M. extensor pollicis longus und des M. extensor carpi radialis longus et brevis trennt. Taststellen (⊡ Abb. 6.47). Caput radii (von dorsal), Processus styloideus (radii) und von ihm aus nach proximal die Facies lateralis und ein Teil der Facies anterior.
Proximale Reihe (⊡ Abb. 6.50): Os scaphoideum, Kahnbein. Es liegt am weitesten lateral in Verlängerung des Radius.Auf seiner palmaren Seite erhebt sich das Tuberculum ossis scaphoidei. Os lunatum, Mondbein, Os triquetrum, Dreiecksbein und Os pisiforme, Erbsenbein. Das Os pisiforme ist ein Sesambein in der Sehne des M. flexor carpi ulnaris und ist mit der palmaren Fläche des Os triquetrum gelenkig verbunden. Es beteiligt sich also nicht am proximalen Handgelenk. > Klinischer Hinweis Alle kleinen Handwurzelknochen sind gegen Zirkulationsstörungen sehr empfindlich, da sie ringsum knorpelige Gelenkflächen tragen. Besonders betroffen sind Os scaphoideum und Os lunatum. Dort kann es bei Überlastung, z. B. Arbeit mit Pressluftbohrern, zu aseptischen Knochennekrosen kommen.
Distale Reihe (⊡ Abb. 6.50): Os trapezium, großes Vieleckbein mit einem nach
palmar gerichteten Tuberculum ossis trapezii und einer distalen sattelförmigen Gelenkfläche für die Basis des Os metacarpale I. Os trapezoideum, kleines Vieleckbein, Os capitatum, Kopfbein. Es bildet das Zentrum der Handwurzel, ist der größte Handwurzelknochen und grenzt distal an das Os metacarpale III.
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250
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
6 ⊡ Abb. 6.50. Handwurzelknochen. Ansicht von volar
Os hamatum, Hakenbein. Kennzeichnend ist der hakenförmige, palmar gelegene Fortsatz, Hamulus ossis hamati. Die Knochen sind so angeordnet, dass die proximale Reihe eine ovoide (ellipsoide) Gelenkfläche bildet, die mit der Facies articularis carpi des Radius korrespondiert, während die Grenzfläche zwischen ihr und der distalen Reihe wellenförmig verläuft (⊡ Abb. 6.50). Den »Wellenberg« bilden Os capitatum und Os hamatum. Auch liegen die Knochen nicht in einer Ebene, sondern bilden eine nach palmar konkave Wölbung. Dadurch entsteht eine tiefe Rinne, Sulcus carpi, der durch ein Querband zum Karpaltunnel wird. Die radiale Begrenzung bilden Tuberculum ossis scaphoidei und Tuberculum ossis trapezii, die ulnare der Hamulus ossis hamati. Taststellen (⊡ Abb. 6.47). Tuberculum ossis scaphoidei palmar, dorsolateral Fläche des Os scaphoideum in der Tiefe der Foveola radialis (anatomische Tabatière, S. 303), Eminentia carpalis ulnaris, Os pisiforme.
Ossa metacarpi, Mittelhandknochen
Os trapezium ein. Regelmäßig liegen am Kopf des 1. Mittelhandknochens ein radiales und ein ulnares Sesambein. Weitere Einzelheiten der Mittelhand in ⊡ Abb. 6.50.
Ossa digitorum (manus), Fingerknochen, auch Phalanges Der Daumen, Pollex, besitzt 2, jeder der übrigen Finger 3 Phalanges (⊡ Abb. 6.67). Die jeweils distale Phalanx wird auch Nagelphalanx genannt. Palmar verbinden sich straffe Bindegewebszüge mit der Haut. Sie verhindern eine zu starke Hautverschiebung an den Fingerbeeren beim Tasten und Greifen. Taststellen (⊡ Abb. 6.47).Von den Metakarpal- und Phalangealknochen sind die Dorsalflächen über die ganze Länge tastbar, von der Palmarseite nur die Köpfe und Basen der Ossa metacarpi und bei den Phalangen auch noch die Ränder.
Schultergürtel und Schulter
Wichtig
Wichtig
Es gibt 5 Mittelhandknochen, Metacarpalia.
Schultergürtel und Schulter mit ihren Gelenken und Muskeln gehören funktionell zusammen und sind deswegen in der Regel gleichzeitig tätig. Sie dienen der Befestigung der oberen Extremität am Rumpf – überwiegend durch Muskulatur – und gewähren dem Arm größtmögliche Beweglichkeit.
Von den 5 Mittelhandknochen (⊡ Abb. 6.50) ist der 1. der kürzeste und der 2. der längste. Die Basis des Os metacarpale I ist sattelförmig und fügt sich in die entsprechend gestaltete Gelenkfläche des
251 6.3 · Extremitäten
Gelenke Die Gelenke des Schultergürtels und des Oberarms sind die Articulatio sternoclavicularis, mediales Schlüsselbeingelenk, Articulatio acromioclavicularis, laterales Schlüsselbeingelenk und Articulatio humeri, Schultergelenk. Hinzu kommen Gleitschichten, die zwar keine Gelenke, aber für die Bewegungen von Schultergürtel und Schulter unerlässlich sind: skapulothorakale Gleitschicht zwischen Skapula und Thoraxwand und akromiohumerale Gleitschicht, auch als Schulternebengelenk bezeichnet. Alle Bewegungsorte wirken bei Bewegungen in der Articulatio humeri mit. Schlüsselbeingelenke Wichtig
Das einzige Gelenk zwischen Rumpf und Schultergürtel ist die Articulatio sternoclavicularis. Die Articulatio acromioclavicularis dagegen dient der Einstellung der Skapula für die Bewegungen im Schultergelenk.
Articulatio sternoclavicularis. Es verbindet das sternale Ende des Schlüsselbeins (Gelenkkopf) mit der Incisura clavicularis des Manubrium sterni (und einem Teil des 1. Rippenknorpels) als Gelenkpfanne. Die Gelenkflächen sind annähernd sattelförmig. Sie bestehen aus Faserknorpel. Außerdem teilt ein Discus articularis die Gelenkhöhle. Die Gelenkkapsel ist schlaff. Bänder mit Einfluss auf die Bewegungen im Schlüsselbein Lig. sternoclaviculare anterius und posterius, Verstärkung der Gelenkkapsel, verhindern bei seitlichem Zug eine Distraktion des Gelenks und begrenzen die Vorund Rückwärtsbewegungen des Schlüsselbeins. Lig. interclaviculare, das die sternalen Enden beider Schlüsselbeine verbindet. Das Band hemmt die Absenkung des distalen Schlüsselbeinendes. Lig. costoclaviculare zwischen dem Knorpelteil der 1. Rippe und dem Schlüsselbein. Es wird bei Aufwärtsbewegung und Hebung der Klavikula angespannt. Gelenkmechanik. Das Sternoklavikulargelenk verhält sich funktionell wie ein Kugelgelenk mit eingeschränkter Drehbewegung. Es erlaubt eine Vor- und Rückwärts-
führung des distalen Klavikulaendes um je 30 °, eine Senkung um 5 ° und eine Hebung um 55 °. Kreiselbewegungen um die longitudinale Achse der Klavikula,Voraussetzung für die Schwenkung des Schulterblatts, sind um etwa 35 ° möglich. Bei der Zirkumduktion bewegt sich das Schlüsselbein auf einem Kegelmantel. Sein akromiales Ende beschreibt eine Ellipse. Articulatio acromioclavicularis, Schultereckgelenk, zwi-
schen Akromion und Schlüsselbein. Bisweilen kommt ein Diskus aus Faserknorpel vor. Die ovalen Gelenkflächen sind annähernd plan und mit Faserknorpel überzogen. Die Gelenkkapsel wird durch das Lig. acromioclaviculare verstärkt. Gelenkmechanik. Funktionell verhält sich auch das Akromioklavikulargelenk wie ein Kugelgelenk mit eingeschränkter Drehbewegung. In ihm dreht sich die Skapula gegen die Klavikula. Die Einschränkung der Drehbewegung wird vor allem durch das Lig. coracoclaviculare bewirkt, das Schulterblatt und Schlüsselbein zusammenhält und Luxationen in diesem Gelenk entgegenwirkt. Das Lig. coracoacromiale besteht aus einem lateralen, vorderen Teil, Lig. trapezoideum, vom Processus coracoideus zur Linea trapezoidea des Schlüsselbeins, und einem medialen, hinteren Teil, Lig. conoideum, vom Processus coracoideus zum Tuberculum conoideum des Schlüsselbeins. > Klinischer Hinweis Kommt es z. B. durch einen Sturz auf die Schulter zur Luxation oder Subluxation im lateralen Schlüsselbeingelenk, evtl. mit Riss des Lig. acromioclaviculare, so kann das äußere Schlüsselbeinende durch den M. sternocleidomastoideus und M. trapezius gegenüber dem übrigen Schultergürtel nach oben gezogen werden. Dann ändert sich die Kontur der Schulter.
Skapulothorakale Gleitschicht. Sie besteht aus lockerem
Bindegewebe und befindet sich zwischen M. subscapularis und M. serratus anterior. Sie ermöglicht die Bewegungen des Schulterblatts beim Heben und Senken, beim Vor- und Zurücknehmen der Schulter sowie bei den Drehungen der Skapula. Articulatio humeri, Schultergelenk Wichtig
Das Schultergelenk ist das beweglichste Kugelgelenk des menschlichen Körpers und sehr anfällig gegen Störungen. Es wird von einem Muskel-Sehnen-Mantel
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Kapitel 6 · Bewegungsapparat
6
⊡ Abb. 6.51. Frontalschnitt durch das rechte Schultergelenk. Ansicht der dorsalen Hälfte von vorne
geführt. Das Ausmaß der Bewegungen im Schultergelenk hängt jedoch weitgehend von der Stellung der Skapula ab.
Das Schultergelenk (⊡ Abb. 6.51) zeichnet sich durch einen großen Gelenkkopf, Caput humeri, bei einer wesentlich kleineren Gelenkpfanne, Cavitas glenoidalis, der Skapula aus. Sie verhalten sich wie 4:1. Jedoch wird die Kontaktfläche durch eine Gelenklippe, Labrum glenoidale, aus Faserknorpel vergrößert, die den Rand der Cavitas glenoidalis umfasst. > Klinischer Hinweis Bei Luxation durch grobe Gewalteinwirkung, z. B. auf den abduzierten oder abduzierten, außenrotierten Arm kann der ventrale Pfannenrand zerbrechen und die Gelenkkapsel zerreißen.
medial unterhalb des Labrum glenoidale eine Reservefalte, Recessus axillaris. Die in die Gelenkkapsel eingefügten Bänder befinden sich ventral.Sie wirken dem Herausgleiten des Humeruskopfes sowie einer Außenrotation entgegen.Es handelt sich um Lig. coracohumerale von der Basis des Processus coracoideus zur Oberkante des Tuberculum majus et minus und Ligg. glenohumeralia superius, medium, inferius (⊡ Abb. 6.38 a) vom Labrum glenoidale zum Collum anatomicum.
Innerhalb der Gelenkkapsel verläuft die Sehne des langen Bizepskopfes (⊡ Abb. 6.51). Sie entspringt am Tuberculum supraglenoidale und am Labrum glenoidale, zieht dann frei durch die Gelenkhöhle über das Caput humeri hinweg und verlässt sie im Bereich des Sulcus intertubercularis umhüllt von der Vagina tendinis intertubercularis. Wichtig
Gelenkkapsel. Die Gelenkkapsel des Schultergelenks ist
weit und dünn. Sie wird von einstrahlenden Sehnen benachbarter Muskeln verstärkt. Ihre Sicherung durch Bänder ist dagegen gering. Einzelheiten zur Gelenkkapsel und den Bändern des Schultergelenks Befestigt ist die Gelenkkapsel am Collum scapulae und am Labrum glenoidale und distal am Collum anatomicum humeri. Dadurch bleiben Tuberculum majus und Tuberculum minus extrakapsulär, wogegen die Epiphysenfuge intrakapsulär liegt. Bei herabhängendem Arm hat die Gelenkkapsel
Die Sicherheit des Schultergelenks garantieren in die Gelenkkapsel einstrahlende Sehnen. Sie sind die gelenknächsten Führungsstrukturen. Sie bilden die Rotatorenmanschette. Außerdem sichern Gleitschichten reibungsfreie Bewegungen.
Rotatorenmanschette (⊡ Abb. 6.52). Sie besteht aus den Sehnen des M. teres minor (dorsal), M. infraspinatus (dorsal), M. supraspinatus (kranial) und M. subscapularis (ventral), die mit der Gelenkkapsel des Schultergelenks
253 6.3 · Extremitäten
⊡ Abb. 6.52 a, b. Rotatorenmanschette. Muskeln, Bänder und Schleimbeutel des Schultergelenks. a Querschnitt; b Längsschnitt
am Tuberculum majus bzw. minus humeri ansetzen (⊡ Tabelle 6.17). Die Rotatorenmanschette wirkt bei allen Bewegungen des Schultergelenks mit, besonders bei der Rotation. Akromiohumerale Gleitschicht. Zwischen dem Schulterdach – gebildet vom Processus coracoideus, Lig. coraco-
acromiale und Akromion und dem Humeruskopf – befindet sich ein nur sehr schmaler subakromialer Raum. In ihm befinden sich Anteile der Rotatorenmanschette, die bei jeder Bewegung des Schultergelenks Gleitbewegungen ausführen. Für die Reibungslosigkeit sorgen Schleimbeutel. Folgende Schleimbeutel umgeben das Schultergelenk:
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Kapitel 6 · Bewegungsapparat
Bursa subacromialis zwischen Schulterdach und der Sehne des M. supraspinatus (⊡ Abb. 6.51, 6.52), Bursa subdeltoidea zwischen M. deltoideus und der Gelenkkapsel und Bursa subtendinea musculi subscapularis zwischen Ansatzsehne des M. subscapularis und Gelenkkapsel. Bursa subacromialis und Bursa subdeltoidea stehen in der Regel miteinander in Verbindung und werden auch als Schulternebengelenk (akromiohumerale Gleitschiene) bezeichnet, da sie bei allen Bewegungen im Schultergelenk beansprucht werden. – Die Bursa subtendinea musculi subscapularis kommuniziert meistens mit der Gelenkhöhle. > Klinischer Hinweis Schmerzhafte degenerative Veränderungen im subakromialen Raum sind häufig, Periarthropathia humeroscapularis, PHS. Sie können durch Einklemmungen, Impingement, der Sehnen der Rotatorenmanschette unter dem Schulterdach, besonders der des M. supraspinatus, zustande kommen und reichen von entzündlichen Erkrankungen an den Schleimbeuteln und Sehnen bis zu Verkalkungen und Rupturen.
ⓘ Infobox Trotz der Verstärkung der Gelenkkapsel durch die Rotatorenmanschette und ventrale Bänder verbleiben »schwache Stellen«. Sie befinden sich insbesondere zwischen Lig. coracohumerale und Oberrand des M. subscapularis und am unteren muskelfreien Teil der Gelenkkapsel.
kopfes, um die Vor- und Rückwärtsbewegungen des Arms ausgeführt werden. Als weitere Bewegung kommt die Zirkumduktion hinzu,eine kreisförmige Bewegung des Arms als eine Kombination aller Bewegungen im Schultergelenk. Hierbei beschreibt die freie Extremität einen Kegelmantel und die Fingerspitzen annähernd eine Kreisfigur. Deshalb wird die Bewegung auch »Armkreisen« genannt (nicht zu verwechseln mit »Armkreiseln«; identisch mit der Rotation). Letztlich sind alle Bewegungen im Schultergelenk Mischbewegungen. Am deutlichsten wird dies, wenn der Arm auf den Rücken geführt wird oder vom abduzierten, retrovertierten und außenrotierten Arm durch gleichzeitige Adduktion,Anteversion und Innenrotation ein kraftvoller Wurf ausgeführt wird. Bewegungswinkel des Schultergelenks Folgende Bewegungswinkel lassen sich für das Schultergelenk mit der Neutral-Null-Methode ermitteln (S. 177): bei festgestellter Skapula – Abduktion-Adduktion: 90 °–0 °–10 °, – Anteversion-Retroversion: 90 °–0 °–90 °, – Außenrotation-Innenrotation: 7 °–0 °–70 °, bei beweglicher Skapula (Gesamtbewegungen von Schultergelenk und beiden Schlüsselbeingelenken) – Abduktion-Adduktion: 180 °–0 °–40 °, – Anteversion-Retroversion: 180 °–0 °–40 °, – Außenrotation-Innenrotation: 90 °–0 °–90 °.
Muskulatur Gelenkmechanik. Das Schultergelenk hat als typisches
Kugelgelenk 3 Freiheitsgrade. Daher lassen sich bei herabhängendem Arm 3 senkrecht aufeinander stehende Hauptbewegungsachsen beschreiben: Rotationsachse. Sie verläuft vertikal durch das Zentrum des Humeruskopfes parallel mit der Schaftachse, Longitudinalachse. Um diese Achse erfolgen Innenund Außenrotationen. Abduktions- und Adduktionsachse. Sie verläuft sagittal durch das Zentrum des Humeruskopfes. Auf sie beziehen sich das Abspreizen – bis etwa 90 ° möglich (aktiver Teil der Elevation) – und das Heranführen des Arms. Ein Heben des Arms über die Horizontale erfordert das Drehen der Skapula mit Stellungsänderung der Cavitas glenoidalis, das allerdings schon bei einer Abduktion von 60 ° beginnt. Einer Abduktion im Schultergelenk über 90 ° steht das Dach des Schultergelenks im Wege. Gleiches gilt für die Anteversion. Anteversions- und Retroversionsachse. Eine transversale Achse durch den Mittelpunkt des Humerus-
Ohne funktionell getrennt zu sein, sind bezogen auf ihre Lage zu unterscheiden Schultergürtelmuskulatur (⊡ Tabelle 6.16) – dorsale Gruppe (⊡ Abb. 6.53), Ursprünge am Os occipitale des Schädels, an den Hals- und Brustwirbeln sowie seitlich an den Rippen, Ansätze fast ausschließlich an der Skapula, – ventrale Gruppe, Ursprünge mit wenigen Ausnahmen an den Rippen, Ansätze im Bereich der Schulterhöhe teils an der Klavikula, teils an der Skapula, Schultermuskulatur (⊡ Tabelle 6.17), Ursprünge überwiegend an der Skapula und nur zum geringen Teil an der Klavikula, Ansätze allein im proximalen Bereich des Humerus – dorsale Gruppe und – ventrale Gruppe. Skapula und Klavikula sind also Verbindungsglieder zwischen Rumpfgürtelmuskulatur und Schultermuskulatur. Ein Sonderfall ist der M. latissimus dorsi.
255 6.3 · Extremitäten
⊡ Tabelle 6.16. Schultergürtelmuskeln Muskel
Ursprung
Ansatz
Funktion
Pars descendens
Protuberantia occipitalis externa zwischen Linea nuchalis superior und suprema
Laterales Drittel der Klavikula und des Akromions
Zieht das Schulterblatt nach oben medial
Pars transversa
Von einem rautenförmigen Sehnenspiegel um den 7. HW
Mittleres Drittel der Spina scapulae
Zieht das Schulterblatt nach medial
Spina scapulae am weitesten medial
Zieht das Schulterblatt nach unten medial Gemeinsam mit anderen Muskeln dreht er das Schulterblatt oder hält es fest; Drehung des Kopfes und der Wirbelsäule; Dorsalflexion des Kopfes und der HWS
Innervation
Dorsale Gruppe M. trapezius
Pars ascendens
Hauptsächlich N. accessorius, außerdem Zweige aus den Rr. anteriores der zervikalen Spinalnerven (Plexus cervicalis)
M. levator scapulae
Tubercula posteriora der 4 oberen Halswirbelquerfortsätze
Angulus superior des Schulterblatts und oben am Margo medialis
Zieht das Schulterblatt nach medial oben
N. dorsalis scapulae (Plexus brachialis), zusätzlich Plexus cervicalis
M. rhomboideus minor
Processus spinosi des 6. und 7. Halswirbels
Margo medialis des Schulterblatts oberhalb der Spina scapulae
Zieht das Schulterblatt nach mediokranial, hält das Schulterblatt am Rumpf fest
N. dorsalis scapulae (Plexus brachialis)
M. rhomboideus major
Processus spinosi der 4 oberen Brustwirbel
Margo medialis des Schulterblatts unterhalb der Spina scapulae
Zieht das Schulterblatt nach mediokranial, hält das Schulterblatt am Rumpf fest
N. dorsalis scapulae (Plexus brachialis)
M. serratus anterior
Seitlich mit Ursprungszacken von der 1.–9. Rippe
Margo medialis, Angulus superior, Angulus inferior scapulae
Sein unterer Teil dreht die Skapula beim Erheben des Arms über die Horizontale, hält die Skapula am Thorax; seine unteren Teile wirken als Atemhilfsmuskeln
N. thoracicus longus (Plexus brachialis)
M. subclavius
Vordere Fläche der 1. Rippe an der Knorpel-Knochen-Grenze
Untere Fläche der Extremitas acromialis der Klavikula
Hält die Klavikula im Sternoklavikulargelenk, polstert die Vasa subclavia
N. subclavius (Plexus brachialis)
M. pectoralis minor
2. oder 3.–5. Rippe 1–2 cm seitlich der Knorpel-KnochenGrenze
Processus coracoideus scapulae
Zieht das Schulterblatt nach vorn unten, bei aufgestützten Armen wirkt er inspiratorisch
N. pectoralis medialis und N. pectoralis lateralis
Ventrale Gruppe
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Kapitel 6 · Bewegungsapparat
⊡ Tabelle 6.17. Schultermuskeln Muskel
Ursprung
Ansatz
Funktion
Innervation
M. supraspinatus
Fossa supraspinata, Fascia supraspinata
Obere Facette des Tuberculum majus, Gelenkkapsel
Abduktion (Außenrotation)
N. suprascapularis aus dem Plexus brachialis (Pars supraclavi cularis)
M. infraspinatus
Fossa infraspinata, Fascia infraspinata
Mittlere Facette des Tuberculum majus, Gelenkkapsel
Wichtigster Außenrotator
N. suprascapularis
M. teres minor
Margo lateralis der Skapula
Untere Facette des Tuberculum majus
Außenrotation, Adduktion
N. axillaris aus dem Fasciculus posterior
M. teres major
Angulus inferior der Skapula
Crista tuberculi minoris
Innenrotation,Adduktion,Retroversion nach medial
N. thoracodorsalis (oder ein Ast des N. subscapularis)
M. subscapularis
Fossa subscapularis
Tuberculum minus, Gelenkkapsel
Innenrotation
N. subscapularis (meistens 2)
M. deltoideus
Laterales Drittel der Klavikula
Tuberositas deltoidea
Innenrotation,Adduktion, Anteversion (Abduktion bei über 60 ° Stellung)
N. axillaris aus dem Fasciculus posterior
Akromion
Tuberositas deltoidea
Abduktion, Anteversion
Spina scapulae
Tuberositas deltoidea
Außenrotation,Adduktion, Retroversion,(Abduktion bei über 60 ° Stellung)
Processus spinosi der 6 unteren Brustwirbel und aller Lendenwirbel,Facies dorsalis des Os sacrum,Labium externum der Crista iliaca,9.– 12. Rippe und meistens auch vom Angulus inferior der Skapula.Ursprungsaponeurose:Oberflächliches Blatt der Fascia thoracolumbalis
An der Crista tuberculi minoris vor dem Ansatz des M. teres major
Innenrotation,Adduktion und Retroversion des Arms,zieht den erhobenen Arm herab, spannt sich beim Aufschwung am Reck und bei Klimmzügen,wirkt exspiratorisch (»Hustenmuskel«)
N. thoracodorsalis (Plexus brachialis)
Pars clavicularis
Mediale Hälfte der Klavikula
Crista tuberculi majoris humeri
Innenrotation,Adduktion, Anteversion,Inspiration bei aufgestützten Armen
N. pectoralis medialis und N. pectoralis lateralis
Pars sternocostalis
Manubrium sterni,Corpus sterni,2.–7. Rippenknorpel
Pars abdominalis
Vorderes Blatt der Rektusscheide
Dorsale Gruppe
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M. latissimus dorsi
Ventrale Gruppe M. pectoralis major
Senkung der Schulter
257 6.3 · Extremitäten
⊡ Abb. 6.53 a, b. Rückenmuskeln. a Sekundäre Rückenmuskeln und ihre Beziehungen zur Skapula; b M. serratus anterior
> Klinischer Hinweis Phylogenetisch ist es möglich, zwischen autochthonen Muskeln und solchen zu unterscheiden, die während der stammesgeschichtlichen Entwicklung der oberen Extremität aus dem Branchialbogenbereich und aus der ventrolateralen Leibeswand eingewandert sind und so das »Aufhängen« der oberen Extremität am Rumpf bewirkt haben.
Von diesen Muskeln erreichen M. sternocleidomastoideus und M. omohyoideus die Klavikula. Sie werden bei der Halsmuskulatur besprochen (⊡ Tabelle 7. 14). Die übrigen Muskeln befestigen sich mit Ausnahme des M. subclavius an der Skapula. Sie bilden dort Muskelschlingen, deren Mittelpunkt die Skapula ist. Wichtig
Muskeln des Schultergürtels Wichtig
Die Schultergürtelmuskeln befestigen die obere Extremität am Rumpf. Der größte Teil dieser Muskeln umrahmt die Skapula und bringt sie in die jeweils geeignete Stellung für die Haltung und Bewegung des Arms. Nur wenige Muskeln haben Verbindung mit der Klavikula.
Schultergürtelmuskeln sind (⊡ Tabelle 6.16, ⊡ Abb. 6.53) M. trapezius, M. levator scapulae, Mm. rhomboidei major et minor, M. serratus anterior, M. subclavius, M. pectoralis minor, M. sternocleidomastoideus und M. omohyoideus.
Die Ruhehaltung des Schultergürtels ist ein dynamischer Vorgang.
Das Verharren des Schultergürtels in Ruhe setzt einen ausgewogenen, sich gegenseitig kompensierenden Tonus aller beteiligten Muskeln voraus. Dabei muss auch das Eigengewicht der Extremität kompensiert werden. Auch vermögen die Muskeln zusätzliche Belastungen beim Tragen von Lasten auf der Schulter oder in der Hand auszugleichen, vor allem durch den M. levator scapulae und die Pars descendens des M. trapezius. Ferner sorgt die Schultergürtelmuskulatur dafür, dass die Skapula dem Rumpf (verschieblich) anliegt. Erreicht wird dies vor allem durch Synergismus von M. serratus anterior und den Mm. rhomboidei (⊡ Abb. 6.53). Zusätzlich wirken Teile des M. latissimus dorsi mit.
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Kapitel 6 · Bewegungsapparat
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⊡ Abb. 6.54. Wirkungen von Muskeln zur Bewegung der Skapula
> Klinischer Hinweis Bei Lähmungen des M. serratus anterior hebt sich der mediale Rand der Skapula flügelartig ab, Scapula alata. Wichtig
Die Bewegungen im Schultergürtel werden nie von einzelnen Muskeln, sondern stets durch Muskelgruppen ausgeführt, die Schlingen bilden.
⊡ Abbildung 6.54 zeigt, welche Muskeln bzw. Muskelteile
auf die jeweilige Bewegungsrichtung der Skapula Einfluss nehmen und ⊡ Abb. 6.53 a, b den Verlauf eines Teils dieser Muskeln. Im Wesentlichen bewegt sich die Skapula, der das akromiale Ende der Klavikula folgt, in
kraniokaudaler Richtung: Heben und Senken der Schulter, transversaler Richtung: Vor- und Rückwärtsführen der Schulter und führt Drehbewegungen aus. Funktionell führt jede Bewegung im Schultergürtel zu einer Stellungsänderung der Gelenkpfanne der Articulatio humeri und schafft dadurch die Voraussetzungen für die Bewegungen des Arms, besonders für die Elevation über die Horizontale durch Drehung des Schulterblatts (s. oben, ⊡ Abb. 6.55). Bei der Drehung des Schulterblatts schwenkt der Angulus inferior der Skapula nach lateral und die Cavitas glenoidalis richtet sich nach oben.
259 6.3 · Extremitäten
⊡ Tabelle 6.18. Bewegungen im Schultergelenk. Herausgehoben sind jeweils die Muskeln, die bei den einzelnen Bewegungen führend sind Bewegung
Muskel oder Teil eines Muskels
Abduktion
Pars acromialis des M. deltoideus M. supraspinatus Caput longum des M. biceps brachii Pars clavicularis und Pars spinalis des M. deltoideus, wenn die Abduktionsstellung größer als 60 ° ist
Adduktion
M. pectoralis major M. latissimus dorsi M. coracobrachialis M. teres major Pars clavicularis und Pars spinalis des M. deltoideus, wenn Abduktionsstellung kleiner als 60 ° M. teres minor Caput longum des M. triceps brachii
Anteversion
Pars clavicularis des M. deltoideus Pars clavicularis des M. pectoralis major M. coracobrachialis M. biceps brachii
Retroversion
M. latissimus dorsi Pars spinalis des M. deltoideus M. teres major
Innenrotation
M. subscapularis M. pectoralis major Pars clavicularis des M. deltoideus M. latissimus dorsi M. teres major M. coracobrachialis
Außenrotation
M. infraspinatus M. teres minor Pars spinalis des M. deltoideus M. supraspinatus
⊡ Abb. 6.55. Elevation des Arms über die Horizontale (rechte Seite) und Serratus-Rhomboideus-Schlinge (linke Seite)
> Klinischer Hinweis Bei Drehung des Schulterblatts kontrahieren sich synergistisch die oberen Abschnitte der Mm. rhomboidei und die unteren des M. serratus anterior sowie die Pars descendens und Pars ascendens des M. trapezius unter Mitwirkung des M. levator scapulae.
Muskeln des Schultergelenks Wichtig
Die Muskeln des Schultergelenks entspringen am Schultergürtel – der M. latissimus dorsi zusätzlich am Rücken – und setzen am Humerus an. Selten bewirkt ein Muskel allein eine bestimmte Bewegung, vielmehr wirken in der Regel Teile der Muskeln bald agonistisch, bald antagonistisch zusammen. Eine große Rolle spielt die Ausgangsstellung des Humerus, d. h. ob er außenoder innenrotiert ist.
Muskeln des Schultergelenks dorsal gelegen (⊡ Abb. 6.56) – M. deltoideus; er bestimmt die Kontur der Schulter, – M. supraspinatus, – M. infraspinatus, – M. teres minor, – M. teres major, – M. subscapularis, – M. latissimus dorsi, ventral gelegen (⊡ Abb. 6.57) – M. pectoralis major.
Einzelheiten über Ursprung, Ansatz und Innervation der aufgeführten Muskeln sind in ⊡ Tabelle 6.17 zusammengestellt. Zu den aufgeführten Muskeln kommen die hinzu, die, obgleich sie über das Schultergelenk hinwegziehen, dort nur eine geringe Wirkung haben: M. biceps brachii, M. coracobrachialis, Caput longum musculi tricipitis brachii.
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260
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
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⊡ Abb. 6.56 a, b. Muskeln des Schultergelenks, dorsale Gruppe. a Ansicht von ventral (Muskeln auf der Innenseite der Skapula); b Ansicht von dorsal (Muskeln auf der Außenseite der Skapula)
In ⊡ Tabelle 6.18 ist zusammengestellt, welche Muskeln bei welchen Bewegungen wirksam werden. Einzelheiten zu den Muskeln des Schultergelenks Die Erläuterungen betreffen vor allem die Muskelfunktionen, die wesentlich von ihrer bzw. der Lage ihrer Teile zu den Hauptbewegungsachsen abhängen. M. deltoideus. Er ist jeweils mit Teilen an allen Bewegungen des Schultergelenks beteiligt. Die Pars acromialis abduziert, weil sie über die sagittale Achse des Schultergelenks hinwegzieht (wichtigster Abduktor). Die Pars clavicularis dreht den Humerus nach innen und antevertiert ihn, da sie sich vor der Rotationsachse und vor der transversalen Achse befindet. Die Pars spinalis läuft hinter der Rotationsachse und hinter der Transversalachse. Sie rotiert nach außen und retrovertiert den Arm.
Die Pars clavicularis und Pars spinalis gemeinsam abduzieren den Arm bis zu einer Abduktionsstellung von 60 °. Wird dieser Winkel überschritten, dann abduzieren sie weiter, jedoch mit geringer Kraft. > Klinischer Hinweis Bei Oberarmbrüchen verlagert der M. deltoideus als stärkster Abduktor die Bruchstücke entsprechend der Lage des Bruchs. Bei einem Bruch proximal der Tuberositas deltoidea wird das distale Bruchstück nach lateral verlagert, beim Bruch distal der Tuberositas deltoidea wird umgekehrt das proximale Fragment nach lateral und ventral gezogen.
M. supraspinatus. Der Muskelbauch verläuft oberhalb der
sagittalen und je nach Stellung des Humerus hinter der longitudinalen Bewegungsachse des Schultergelenks. Er vermag zu abduzieren und bei adduziertem und retrovertiertem Arm auch nach außen zu rotieren.
261 6.3 · Extremitäten
⊡ Abb. 6.57. Ventrale Schultermuskulatur mit Ursprüngen und Ansatzfeldern,dazu Ursprungsfelder des M. brachialis (Oberarmmuskel)
M. infraspinatus. Der Muskel liegt unterhalb der sagittalen und dorsal von der longitudinalen Achse. Er ist der wichtigste Außenrotator und wirkt als Kapselspanner. M. teres minor. Er verläuft unterhalb der Sagittal- und dorsal der Longitudinalachse. Dadurch wirkt er bei der Adduktion und Außenrotation mit. M. teres major. Der Muskelansatz liegt vor der Longitudinal- und unterhalb der Sagittalachse des Schultergelenks. Deswegen beteiligt er sich an der Innenrotation, der Adduktion und Rückführung des Arms. M. subscapularis. Die Endstrecke des Muskels liegt vor der Rotationsachse. Er ist ein Innenrotator. M. latissimus dorsi. Die größte Wirkung entfaltet der Muskel bei eleviertem Arm (Ausholen zum Hieb), weil er, wie auch der M. pectoralis major in einem großen Abstand vom Drehpunkt des Humerus ansetzt. Dadurch wird ein günstigeres Drehmoment erreicht.
> Klinischer Hinweis Bei Lähmungen des M. deltoideus (N. axillaris) kann der Arm nicht mehr vollständig oder gegen einen größeren Widerstand abduziert werden. Eine Kompensation durch die gleichsinnig wirkenden M. supraspinatus und das Caput longum des M. biceps brachii (s. unten) ist nicht möglich, weil die Kraft dieser Muskeln nur ausreicht,den Arm gegen die Schwerkraft und in einem geringeren Umfang abzuspreizen. Ist mit dem M. del-
toideus auch noch der M. supraspinatus gelähmt (N. suprascapularis), hat das Caput humeri die Tendenz zur Subluxation. In einem solchen Fall wird eine Arthrodese (Schultergelenksversteifung) herbeigeführt, weil dann durch Drehung des Schulterblatts der Arm doch wieder gehoben werden kann.
Räumliche Anordnung der Muskulatur des Schulterge-
lenks. Sie lässt die Achselhöhle, Fossa axillaris, und Achsellücken entstehen. Die Ausführungen hierzu finden Sie auf S. 301.
Faszien des Schultergürtels und der Schulter Die Faszien des Schultergürtels und der Schulter hängen untrennbar zusammen. Jedoch lassen sich nach ihrer Lage beschreiben Fascia pectoralis, oberflächliche Brustfaszie, Fascia clavipectoralis, tiefe Brustfaszie und Fascia axillaris. Fascia pectoralis. Sie ist mit der Oberfläche des M. pectoralis major, der Klavikula und dem Sternum fest verwachsen, jedoch verschieblich mit der Haut bzw. bei der Frau mit der Brustdrüse (S. 223) verbunden. Die Fascia
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262
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
pectoralis setzt sich in die Lamina superficialis der Fascia colli, die Fascia abdominis superficialis und Fascia axillaris fort und steht lateral mit der Fascia clavipectoralis in Verbindung, sodass sich der M. pectoralis major in einer Faszienloge befindet.
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Fascia clavipectoralis. Sie ist das tiefe Blatt der Fascia pectoralis und umfasst ihrerseits den M. pectoralis minor und M. subclavius. Oben ist die Fascia clavipectoralis mit dem Periost der Klavikula und dem Processus coracoideus verwachsen, wo sie eine Lücke zwischen dem Oberrand des M. pectoralis minor, dem Schlüsselbeinanteil des M. deltoideus und der Klavikula abdeckt, Trigonum clavipectorale.Über den Inhalt des Trigonum clavipectorale S. 299.
>
Fascia axillaris. Sie spannt sich zwischen den Rändern des M. pectoralis major und des M. latissimus dorsi aus. Vorne geht sie in die Fascia pectoralis, hinten in die Rückenfaszie, unten in die Fascia abdominis superficialis und lateral in die Fascia brachii über. Medial oben in der Tiefe steht die Fascia axillaris mit der Fascia clavipectoralis in Verbindung. Die Fascia axillaris hat zahlreiche kleine Öffnungen für den Durchtritt von Lymph- und Blutgefäßen sowie Nerven. Bogenförmige Bindegewebszüge verstärken sie (sog. Achselbögen). Bei Abduktion des Arms ist die Faszie gespannt, bei Adduktion entspannt. Sie lässt dann die palpatorische Untersuchung des Inhalts der Achselhöhle zu (S. 300).
In Kürze
Bau und Funktion von Schultergürtel und Schulter sind auf freie Beweglichkeit des Arms hin gerichtet. Dabei ist die Muskelführung sowohl für die Befestigung der oberen Extremität am Rumpf als auch für das Schultergelenk ausschlaggebend. Zur Verfügung stehen dabei Muskeln der ventrolateralen Leibeswand, die überwiegend zum Schultergürtel gehören und die autochthonen Schultermuskeln. Beide Systeme wirken zusammen, sodass die Schulter gehoben und gesenkt, vor- und zurückgenommen, das Schulterblatt gedreht, der Arm ab- und adduziert, ante- und retrovertiert, rotiert und zirkumduziert werden kann.
Oberarm und Ellenbogen
Articulatio cubiti, Ellenbogengelenk
Wichtig
Wichtig
Oberarm und Ellenbogen gehören zusammen.Bezogen auf die Regioneneinteilung handelt es sich um die Regio brachialis,distal der Regio deltoidea gelegen,und die Regio cubitalis,die den proximalen Abschnitt des Unterarms einschließt.Für die Bewegungen des Arms ist der Ellenbogen mit dem Ellenbogengelenk,Articulatio cubiti,der wichtigste Teilabschnitt dieses Gebietes.
Das Ellenbogengelenk besteht aus 3 Einzelgelenken. Sie lassen Beugung und Streckung sowie Rotation zu. Gegen seitliche Bewegungen ist das Ellenbogengelenk gesichert.
Cubitus, Ellenbogen
Im Ellenbogengelenk (⊡ Abb. 6.58) artikuliert der Humerus mit Ulna und Radius. Dabei weist bei gestrecktem Arm die Humerusschaftachse gegenüber den Unterarmknochen einen nach außen offenen Winkel von ungefähr 170 ° auf (Armaußenwinkel).
Zum Ellenbogen gehören die distalen Teile des Humerus und die proximalen von Radius und Ulna. Auf der Vorderseite wird das Relief des Ellenbogens durch die Fossa cubitalis bestimmt, deswegen Regio cubitalis anterior, auf der Rückseite durch das Olecranon, Regio cubitalis posterior. Lateral und medial sind am Ellenbogen die Epikondylen tastbar. Inhalt der Fossa cubiti S. 301. In der Tiefe befindet sich das Ellenbogengelenk.
Die 3 Einzelgelenke des Ellenbogengelenks, die jedoch eine gemeinsame Gelenkkapsel besitzen, sind Articulatio humeroulnaris, Humeroulnargelenk, Articulatio humeroradialis, Humeroradialgelenk und Articulatio radioulnaris proximalis, proximales Radioulnargelenk.
263 6.3 · Extremitäten
Die Scharnierbewegungen (Beugung und Streckung) im Ellenbogengelenk werden um eine Achse ausgeführt, die quer durch Capitulum und Trochlea humeri verläuft. Sie beträgt von einer NeutralNull-Stellung aus (Ober- und Unterarm entsprechen einer Geraden = 0 °) 150 °. Die Bewegung erfolgt jedoch nicht genau in einer Ebene; die Bahnkurve der Unterarmknochen weicht geringfügig zur Seite ab (Schraubung). – Alle Muskeln, deren Sehnen vor der Querachse des Ellenbogengelenks liegen, sind Flexoren, alle dahinter, Extensoren.
Scharnierbewegungen.
ⓘ Infobox
⊡ Abb. 6.58. Rechtes Ellenbogengelenk. Ansicht von vorne, ohne Gelenkkapsel
Ausgeführt werden in diesen Gelenken Scharnierbewegungen zwischen Humerus und beiden Unterarmknochen und Drehbewegungen zwischen Radius und Ulna sowie zwischen Radius und Humerus. Deswegen ist das Ellenbogengelenk ein Drehscharniergelenk (Trochoginglymus).
Frauen und Kinder können im Ellenbogengelenk oft um 5 °–10 ° überstrecken (10 °–0 °–150 °). Bei weiterer Streckung drückt die Spitze des Olekranons in die Fossa olecrani. Dabei werden die in die Kapsel eingewebten Kollagenfaserzüge bremsend angespannt. Einer zu ausgedehnten Beugung im Ellenbogengelenk wirkt die Weichteilhemmung entgegen bis bei weiterer, gewaltsamer Beugung der Processus coronoideus in die Fossa coronoidea hineingedrückt und abgesprengt werden kann.
Articulatio humeroulnaris. In diesem Gelenk gleitet die Hohlkehlung der Incisura trochlearis (ulnae) um die Trochlea humeri (⊡ Abb. 6.48, 6.49). Dadurch handelt es sich um ein Scharniergelenk mit Knochenführung. Es lässt nur Beugung und Streckung zu.
Gelenkkapsel. Sie entspringt am Humerus vorne oberhalb der Fossa coronoidea und der Fossa radialis, hinten im obersten Bereich der Fossa olecrani. Epicondylus medialis und lateralis liegen als Ursprungsfelder für Unterarmmuskeln extrakapsulär. An der Elle heftet sich die Kapsel am Rand der Incisura trochlearis und an der Speiche am Collum radii an. Die Gelenkkapsel ist relativ weit und dünn. Sie wird jedoch gesichert durch Bänder und muskuläre Kapselspanner.
Articulatio humeroradialis. Das Capitulum humeri bil-
Bänder. In die weite und relativ dünne Gelenkkapsel sind
det den Gelenkkopf und die Fovea articularis (radii) die Gelenkpfanne. Der Form nach handelt es sich um ein Kugelgelenk, jedoch fehlt ein Freiheitsgrad (Abduktion/Adduktion). Der Radius ist nämlich mit dem Ringband, Lig. anulare radii, und einer straffen Bindegewebsmembran, Membrana interossea antebrachii, an der Elle befestigt und wird zwangsläufig von ihr mitgeführt. In der Articulatio humeroradialis sind Beugung und Streckung sowie Rotation möglich.
zur Verstärkung kräftige Bänder eingefügt: Lig. collaterale ulnare (⊡ Abb. 6.58). Es entspringt am Epicondylus medialis (humeri). Nach distal verbreitert sich das Band fächerförmig und befestigt sich an der Elle. In jeder Gelenkstellung sind Teile des Bandes gespannt. Lig. collaterale radiale. Es kommt vom Epicondylus lateralis (humeri) und strahlt in das Lig. anulare radii ein. Es behindert die Drehbewegung des Radius nicht. Lig. anulare radii (⊡ Abb. 6.58). Es entspringt vorne an der Ulna, umfasst die Circumferentia articularis des Caput radii ringförmig und heftet sich hinten an der Ulna an. Es gehört zur Gelenkkapsel und bildet einen innen mit Knorpel versehenen osteofibrösen
Articulatio radioulnaris proximalis. Die Circumferentia
articularis des Speichenkopfes bildet mit der Incisura radialis der Elle ein Drehgelenk. Der Zusammenhalt erfolgt durch das Lig.anulare radii (s. unten).Dieses Gelenk ist an den Wendebewegungen des Unterarms beteiligt (s. unten).
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264
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
Ring, in dem sich der Radiuskopf dreht. Unterhalb des Lig. anulare ist die Gelenkkapsel dünn und weitet sich zum Recessus sacciformis. > Klinischer Hinweis Bei Kleinkindern ist der Speichenkopf klein. Er kann durch ruckartiges Hochziehen des Arms aus dem Lig. anulare radii herausrutschen, radioanuläre Luxation, wenn z. B. das Hinfallen des Kindes verhindert werden soll.
Muskuläre Kapselspanner. Auf der Vorderseite verhindern Faserzüge des M. brachialis, dass sich bei der Beu-
6
gung Teile der hier weiten Gelenkkapsel einklemmen. Auf der Rückseite zweigen Fasern als M. articularis cubiti vom M. triceps brachii ab. Durch Bänder- und Kapselspanner ist das Gelenk zuverlässig gesichert und abgedichtet. Gleichzeitig sind ausgiebige Drehbewegungen der Speiche möglich. Bursen am Ellenbogen. Sie ermöglichen der Muskulatur reibungsfreies Gleiten und schützen dadurch das Gelenk: Bursa subtendinea musculi tricipitis brachii zwischen Trizepssehne und Olekranon, Bursa bicipitoradialis zwischen Bizepssehne und Speiche, wo sie bei Bewegungen auftretende Scherspannungen herabsetzt und Bursa subcutanea olecrani zwischen Haut und Olekranon. > Klinischer Hinweis Die Bursen können sich bei chronischer Entzündung mit gallertiger Flüssigkeit füllen. Außerdem können schmerzhafte Überlastungsschäden der Sehnen und Muskelansätze am Ellenbogen auftreten, insbesondere an den Epikondylen, Epikondylopathien, z. B. als sog. Tennisellenbogen am Epicondylus lateralis humeri.
Oberarmmuskeln Wichtig
Alle Oberarmmuskeln wirken auf das Ellenbogengelenk, einige jedoch auch als zweigelenkige Muskeln auf das Schultergelenk: dann Ursprung an der Skapula.
Die Oberarmmuskeln bestimmen das Profil des Oberarms, besonders bei athletischen Menschen.Auf der ventral gelegenen Beugerseite des Oberarms ist es der M. biceps brachii, dorsal auf der Streckerseite der M. triceps
⊡ Abb. 6.59. Muskeln der Schulter und des Oberarms. Rechte Seite; Ansicht von vorne
brachii. Medial vom Bizeps ist die Haut als Sulcus bicipitalis medialis eingezogen.Weniger deutlich ist der Sulcus bicipitalis lateralis. Topographisch gliedern sich die Oberarmmuskeln in eine ventral und eine dorsal gelegene Gruppe (⊡ Tabelle 6.19, ⊡ Abb. 6.59). Die Trennung erfolgt durch ein Septum intermusculare (s. unten). Der topographischen Gliederung entspricht eine funktionelle Gliederung insofern die ventrale Gruppe beugend, die dorsale Gruppe streckend auf das Ellenbogengelenk. Jedoch beteiligen sich einige Oberarmmuskeln auch an den Wendebewegungen des Unterarms. Oberarmmuskeln der ventralen Gruppe sind Flexoren: M. biceps brachii, zweigelenkig mit geringer Wirkung
auf das Schultergelenk aber kräftiger Wirkung auf das Ellenbogengelenk. Dort wirkt der Bizeps auch bei der Supination mit (⊡ Abb. 6.62 c), M. coracobrachialis, eingelenkig mit alleiniger Wirkung auf das Schultergelenk, M. brachialis, eingelenkig. Er wirkt als Beuger im Ellenbogengelenk.
265 6.3 · Extremitäten
⊡ Tabelle 6.19. Oberarmmuskeln Muskel
Ursprung
Ansatz
Funktion
Innervation
Tuberositas radii; mit der Aponeurosis musculi bicipitis brachii an der Fascia antebrachii
Schultergelenk: Abduktion, Anteversion Ellenbogengelenk: Flexion und Supination
N. musculocutaneus aus dem Fasciculus lateralis des Plexus brachialis (Der M. biceps brachii kann zusätzliche Äste aus dem N. medianus erhalten)
Ventrale Gruppe, Flexoren M. biceps brachii Caput longum
Tuberculum supraglenoidale
Caput breve
Processus coracoideus
M. coracobrachialis
Processus coracoideus
Anteromedial am mittleren Humerusdrittel
Anteversion, Adduktion, Innenrotation, Haltefunktion
N. musculocutaneus
M. brachialis
Distale Hälfte bis distale zwei Drittel der Vorderfläche des Humerus; Septumintermusculare brachii mediale et laterale
Tuberositas ulnae, mit wenigen Fasern an der Gelenkkapsel
Beugt im Ellenbogengelenk, spannt die Gelenkkapsel
N. musculocutaneus
Schultergelenk: Adduktion, Anteversion, Innenrotation Ellenbogengelenk: Flexion und Supination
Dorsale Gruppe, Extensoren M. triceps brachii Caput longum
Tuberculum infraglenoidale
Olekranon
Schultergelenk: Adduktion, Retroversion Ellenbogengelenk: Streckung
N. radialis
Caput laterale
Dorsale Fläche des Humerus proximal und lateral des Sulcus nervi radialis, proximale zwei Drittel des Septum intermusculare brachii laterale
Olekranon
Streckung im Ellenbogengelenk
N. radialis
Caput mediale
Dorsale Fläche des Humerus distal und medial vom Sulcus nervi radialis, ganze Länge des Septum intermusculare brachii mediale, distales Drittel des Septum intermusculare brachii laterale
M. articularis cubiti
Dorsale Fläche des Humerus
Dorsal an der Gelenkkapsel der Articulatio humeri
Kapselspanner
N. radialis
M. anconeus
Dorsal vom Epicondylus lateralis
Olekranon, Facies posterior der Elle
Streckung im Ellenbogengelenk
N. radialis
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266
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
Oberarmmuskeln der dorsalen Gruppe sind Extensoren: M. triceps. Mit seinem Caput longum ist er zweige-
⊡ Tabelle 6.20. Beugung und Streckung im Ellenbogengelenk (Auswahl)
lenkig, sonst aber eingelenkig. Er ist mit Abstand der wichtigste Strecker im Ellenbogengelenk, M. articularis cubiti, mit Sehnenfasern der Mm. brachialis und triceps, M. anconeus, eine Abspaltung vom medialen Kopf des M. triceps.
Beugung
Streckung
M. biceps brachii M. brachialis M. brachioradialis
M. triceps brachii M. anconeus
ⓘ Infobox
6
Die physiologischen Querschnitte der Flexoren verhalten sich zu denen der Extensoren wie 3:2. Dies macht verständlich, dass in Ruhe die Wirkung der Flexoren etwas überwiegt und der Arm leicht gebeugt ist.
Einzelheiten zu den Oberarmmuskeln (⊡ Abb. 6.59, ⊡ Tabelle 6.19) M. biceps. Die Sehne des Caput longum musculi bicipitis
läuft durch die Gelenkhöhle des Schultergelenks über das Caput humeri, das die Sehne wie ein Hypomochlion ablenkt, und weiter in der Vagina tendinis intertubercularis im Sulcus intertubercularis. Kurzer und langer Kopf des Bizeps vereinigen sich im proximalen Drittel des Oberarms zu einem einheitlichen Muskelbauch. Die Insertion der Bizepssehne an der Tuberositas radii ist gut tastbar. Außerdem befestigt sich der Bizeps mit der Aponeurosis musculi bicipitis brachii (auch Lacertus fibrosus) an der Fascia antebrachii. Durch seine Ansätze ist der M. biceps nicht nur ein wichtiger Beuger, sondern bei gebeugtem Unterarm der stärkste Supinator. Seine Beugekraft nimmt dagegen bei Pronation ab. M. coracobrachialis. Bei abduziertem Arm ist der längs verlaufende Muskel in der Axilla tastbar. M. brachialis (⊡ Abb. 6.48 a, 6.59). Zu beachten ist seine ausgedehnte Ursprungsfläche. Der eingelenkige Muskel wirkt mit dem Bizeps zusammen, dem er ein günstigeres Drehmoment dadurch verschafft, dass er die Beugung einleitet. Dadurch wird der wirksame Hebelarm des Bizeps größer. Die Flexoren arbeiten also wirkungsvoller, wenn der Arm bereits gebeugt ist. M. triceps brachii, dorsal gelegen. Durch sein Caput longum wirkt er auf das Schultergelenk adduzierend, auf das Ellenbogengelenk aber streckend. Zwischen den Ursprungsfeldern des Caput laterale und Caput mediale befindet sich der Sulcus nervi radialis (⊡ Abb. 6.34). Am Muskelansatz, der durch eine breite kräftige Sehnenplatte erfolgt, spalten sich medial Muskelfasern ab, die als M. articularis cubiti in die
In geringem Umfang: M. flexor carpi radialis M. palmaris longus M. pronator teres; Caput humerale Aus der Flexionsstellung: M. extensor carpi radialis longus Unerheblich: M. extensor carpi radialis brevis
Gelenkkapsel einstrahlen. Ferner spalten sich einige Sehnenfasern von der Endsehne ab, laufen am Olekranon vorbei und strahlen in die Unterarmfaszie ein. Sie bilden einen Reservestreckapparat.
Alle an der Beugung und Streckung im Ellenbogengelenk beteiligten Muskeln sind in der ⊡ Tabelle 6.20 zusammengestellt. Dabei zeigt sich, dass auch Unterarmmuskeln mitwirken, die jedoch im Zusammenhang mit dem Unterarm besprochen werden (S. 272). Gleiches gilt für die Muskeln, die die Rotation des Radius bei den Wendebewegungen des Unterarms bewirken: vor allem M. brachioradialis, M. pronator teres, M. supinator.
Faszien des Oberarms Die gesamte Oberarmmuskulatur wird von der gemeinsamen Fascia brachii, Oberarmfaszie, umhüllt. Von ihr zieht zur medialen und lateralen Kante des Humerus das Septum intermusculare brachii mediale et laterale. Im Bindegewebe am medialen Septum verlaufen periphere Leitungsbahnen (S. 301). Die Verbindungsstellen der Septen mit der Oberarmfaszie bilden die Sulci bicipitalis medialis et lateralis (s. oben).
267 6.3 · Extremitäten
>
In Kürze
Oberarm und Ellenbogen sind in der Gliederkette des Arms der mittlere Bereich. Funktionell wirken sie auf die Hand, nämlich durch Beugung und Streckung sowie durch Wendebewegungen im Ellenbogengelenk, die die umfassenden Bewegungen des Schultergelenks spezialisieren. Im Ellenbogengelenk wirken Muskeln des Oberarms mit denen des Unterarms zusammen. Da die Muskeln des Oberarms ihren längeren Hebel am Oberarm haben, wirken sie bevorzugt auf Beugung und Streckung des Unterarms. Die Unterarmmuskeln haben dort den kürzeren Hebel, sie wirken deswegen bevorzugt auf die Wendebewegungen des Unterarms. Letztlich wirken alle Muskeln zusammen, deren Sehnen über das Ellenbogengelenk hinwegziehen.
Unterarm und Hand Wichtig
Im Bereich von Unterarm und Hand nimmt die Präzisierung der Bewegungen weiter zu, besonders bei der Hand. Erreicht wird dies durch eine nach distal zunehmende Gelenkanzahl und ein fein reguliertes Muskelspiel.
Das Profil des Unterarms wird proximal durch Muskel-
gruppen, distal durch Elle und Speiche sowie durch die langen Sehnen der Unterarmmuskeln bestimmt.Proximal radial handelt es sich um Muskelbäuche von Extensoren (S. 279),proximal ulnar um die von Flexoren (S. 274).Distal volar ist in der Längsachse des Unterarms die Sehne des M. palmaris longus zu erkennen und radial benachbart bei leicht gebeugter Hand die des M. flexor carpi radialis, in dessen Nachbarschaft der Radialispuls tastbar ist.
nen der Mm. extensores pollicis longus und brevis – zwischen beiden liegt die anatomische Tabatière – sowie am weitesten lateral die des M. abductor pollicis longus (⊡ Tabelle 6.24). Auf die Gestalt der Hände als Ganzes nehmen zahlreiche Umstände Einfluss, insbesondere die Arbeit. Darüber hinaus gibt es große individuelle Unterschiede: schmale Hände, plumpe Hände, schlanke Finger usw. Die Hand ist aber auch ein Sinnesorgan. Insbesondere dienen die Fingerspitzen der taktilen Gnosis (Fingerspitzengefühl). Vermehrt taktil sind außerdem volare und seitliche Flächen der Finger. ⓘ Infobox Das differenzierte Fingerspitzengefühl und die Feinmotorik der Hand finden ihre Repräsentation in der Ausdehnung der zugehörigen sensiblen und motorischen Rindenfelder im Großhirn. Dies gilt besonders für die des Daumens.
Gelenke Das Profil der Hand bestimmt ihr Gewölbe mit einem
Quer- und einem Längsbogen. Ihre Anteile sind die Hohlhand, Palmar manus, der Daumenballen, Thenar, der Kleinfingerballen, Hypothenar, sowie der Handrücken, Dorsum manus, und die Finger, Digiti. Der Scheitel des Gewölbes liegt im Bereich der Metakarpalköpfe II und III. > Klinischer Hinweis Knickt das Gewölbe ein, wie etwa bei einer Polyarthritis, nach einer Verletzung oder einer Ulnarislähmung, wird die Hand weitgehend unbrauchbar.
Für die Hohlhand sind Handlinien charakteristisch. Es handelt sich um Hautfalten, die besonders beim Faustschluss hervortreten. Auf dem Handrücken sind bei starker Streckung die 4 Sehnen der langen Fingerstrecker zu erkennen. Auf der Daumenseite sind es bei maximaler Streckung die Seh-
Zu besprechen sind die Gelenke des Unterarms, Articulationes radioulnares, Handgelenke, Articulationes manus und Fingergelenke. Articulationes radioulnares, Radioulnargelenke Wichtig
Radius und Ulna artikulieren im proximalen und distalen Radioulnargelenk. Beide Gelenke wirken zusammen und ermöglichen Pronation und Supination der Hand.
Die charakteristische Bewegung des Unterarms ist die Wendebewegung, bei der sich der Radius um die Ulna dreht. Stehen Ulna und Radius parallel, weist die Handfläche je nach Stellung des Unterarms – ob gebeugt oder
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Kapitel 6 · Bewegungsapparat
gestreckt – nach oben oder vorne: Supination. Überkreuzt der Radius die Ulna, sieht die Handfläche nach unten oder hinten: Pronation. In Ruhestellung allerdings, z. B. bei herabhängendem Arm, stellt sich eine Mittelstellung ein: leichte Pronation, der Daumen weist nach vorne oder oben. Dies entspricht der Gebrauchsstellung der Hand, bei der die meisten handwerklichen Arbeiten durchgeführt werden. An den Wendebewegungen des Unterarms beteiligen sich als funktionell zusammengehörige Gelenke proximal die Articulatio radioulnaris proximalis einschließlich der Articulatio humeroradialis, distal die Articulatio radioulnaris distalis und die Membrana interossea antebrachii als Führungsmittel. ⓘ Infobox Wendebewegungen im Unterarm werden vor allem beim Schrauben sowie beim Drehen von Schlüsseln oder Türknöpfen ausgeführt.
Articulatio radioulnaris proximalis s. Ellenbogengelenk
S. 263. Articulatio radioulnaris distalis. In der Articulatio ra-
dioulnaris distalis artikulieren die Circumferentia articularis des Caput ulnae mit der Incisura ulnaris des Radius (⊡ Abb. 6.49).Die Gelenkkapsel ist schlaff und weit.Proximal ist sie zu einem Recessus sacciformis (distalis) erweitert.Verbunden ist die Gelenkkapsel mit einem Discus articularis,der am Processus styloideus ulnae einerseits und am Radius andererseits befestigt ist.Er ist unverschieblich und füllt den Spalt zwischen Caput ulnae und dem Os triquetrum und einem Teil des Os lunatum, sodass die Ulna keinen direkten Anteil am Handgelenk hat. Membrana interossea antebrachii. Sie spannt sich zwi-
schen den Margines interossei von Ulna und Radius aus. Ihre Fasern verlaufen vorwiegend vom Radius schräg nach distal medial zur Ulna. Sie sind gespannt, wenn beide Unterarmknochen parallel stehen. Die Membrana verhindert vor allem Längsverschiebungen der beiden Unterarmknochen gegeneinander und dient außerdem Unterarmmuskeln als Ursprungsfläche. Ergänzt wird die Membrana interossea durch ein strangförmiges Band, Chorda obliqua, das an der Tuberositas ulnae entspringt (⊡ Abb. 6.58) und nach distal zum Radius zieht. Das Band bremst übermäßige Supination. Durch eine Aussparung zwischen Membrana interossea und Chorda obliqua ziehen Leitungsbahnen (S. 291).
Gelenkmechanik. Die Bewegungen in den Articulationes radioulnaris proximalis und distalis sind gekoppelt. Sie ermöglichen das Wenden der Hand. Die Achse für diese Bewegung verläuft schräg vom Mittelpunkt des Caput radii zum Caput ulnae in die Gegend der Basis des Processus styloideus. Der Bewegungsumfang beträgt aus der Mittelstellung heraus (s. oben, Neutral-Null-Stellung) 90 ° für die Supination und 85 ° für die Pronation, insgesamt annähernd 180 ° (90 °–0 °–90 °). Sie kann durch zusätzliche Rotation des Humerus bis auf 360 ° erweitert werden. Articulationes manus, Handgelenke Wichtig
Die Handgelenke bestehen aus den Handwurzelgelenken und den Gelenken der Mittelhand.
Am Aufbau der Handgelenke sind 15 Knochen beteiligt (⊡ Abb. 6.60). Bei den Gelenken handelt es sich um Articulatio radiocarpalis, proximales Handgelenk, Articulatio mediocarpalis, distales Handgelenk, Articulationes intercarpales, Articulationes carpometacarpales und Articulationes intermetacarpales. > Klinischer Hinweis Articulatio mediocarpalis und Articulationes intercarpales heißen zusammen auch Articulationes carpi.
Die Beweglichkeitist in den verschiedenen Handgelenken unterschiedlich, am größten in der Articulatio radiocarpalis. Gleichfalls groß ist sie im Sattelgelenk der Articulatio carpometacarpalis pollicis, gering jedoch in den Articulationes intercarpales. Unterschiedlich sind die Bewegungsmöglichkeiten in den Karpometakarpalgelenken. In den mittleren Gelenken (II und III) sind sie gering – dadurch wird die Hand stabilisiert – werden aber zur Seite hin zunehmend größer. Durch das Zusammenwirken aller Gelenke, besonders mit dem Daumengrundgelenk, wird die Hand zu einem Greifwerkzeug. Im täglichen Leben werden jedoch nur 40 % der Bewegungsmöglichkeiten der Handgelenke ausgenutzt. Articulatio radiocarpalis, proximales Handgelenk. Die Facies articularis carpalis des Radius und der dem Ulnakopf aufliegende Discus articularis bilden die Gelenkpfanne, die proximale Reihe der Handwurzelknochen den Gelenkkopf (Os scaphoideum, Os lunatum, Os triquetrum, nicht das Os pisiforme). Durch die bogenförmi-
269 6.3 · Extremitäten
⊡ Abb. 6.60 a, b. Bänder der Handwurzelknochen und Umgebung. a Palmare Seite; b dorsale Seite (vgl. ⊡ Tabelle 6.21). Die rote Linie entspricht dem Verlauf des distalen Handgelenks, das an der Beugung und Streckung der Handgelenke beteiligt ist. Der Punkt in a kennzeichnet die dorsopalmare Achse für Radial- und Ulnarabduktion
ge Anordnung der proximalen Reihe der Handwurzelknochen handelt es sich um ein Ellipsoidgelenk mit 2 Freiheitsgraden (s. unten). Die Gelenkkapsel ist an der Knorpelgrenze der beteiligten Knochen befestigt und mit dem Diskus verwachsen. Sie wird durch straffe Bänder an der palmaren, dorsalen, ulnaren und radialen Seite verstärkt (⊡ Abb. 6.60). Articulatio mediocarpalis, distales Handgelenk. Es liegt
zwischen der proximalen und der distalen Reihe der Handwurzelknochen. Der Gelenkspalt verläuft wellenförmig (S. 250, ⊡ Abb. 6.50) und steht mit dem der Interkarpalgelenke in Verbindung. Die Gelenkkapsel ist auf der Palmarseite straff, auf der Dorsalseite weit. Man kann ein solches Gelenk auch als verzahntes Scharniergelenk bezeichnen. Seine Bewegungsachse verläuft quer durch das Zentrum des Os capitatum. Um diese Achse werden als mögliche Bewegungen Dorsalextension und Palmarflexion ausgeführt. Articulationes intercarpales. Diese Bezeichnung führen
die Gelenke zwischen den Handwurzelknochen der proximalen und der distalen Reihe (mit Ausnahme des Os pisiforme). Alle Gelenkspalten kommunizieren. Gesichert werden die Verbindungen durch Ligg. intercarpalia interossea. Besonders straff sind sie in der distalen Reihe
(Amphiarthrosen), weniger straff in der proximalen Reihe, sodass sich dort die Knochen etwas gegeneinander verschieben können. – Ein eigenes Gelenk bildet die Articulatio ossis pisiformis zwischen Os triquetrum und Os pisiforme. Articulationes carpometacarpales. Die Reihe der distalen Handwurzelknochen 2–5 bildet mit den Basen der Ossa metacarpi II–V Amphiarthrosen mit einem straffen Bandapparat. Die Gelenkhöhlen dieser Gelenke kommunizieren untereinander und mit denen der benachbarten Interkarpal- und Intermetakarpalgelenke. Articulatio carpometacarpalis pollicis, Karpometakar-
palgelenk I. Es handelt sichum ein eigenes Gelenk. Es nimmt unter allen Gelenken der Hand eine Sonderstellung ein, da es den Daumen frei beweglich und durch Kombination seiner Bewegungsmöglichkeiten die Hand zu einer Greifzange macht. Es rückt den Daumen aus der Ebene der übrigen Finger heraus. Im Karpometakarpalgelenk I artikulieren das Os trapezium mit der Basis des Os metacarpale I. Dem Bau nach handelt es sich um ein Sattelgelenk, das eine feste Gelenkführung hat, sodass es nicht abgleitet. Möglich sind: Abduktion und Adduktion um eine Achse durch die Basis des Os metacarpale I, die von radiodorsal nach
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270
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
6
palmoulnar verläuft (⊡ Abb. 6.68). Sie steht in einem Winkel von etwa 45 ° zur Ebene der gestreckten Hand. Flexion und Extension. Die Achse für diese Bewegung geht durch das Os trapezium von radiopalmar nach ulnodorsal. Projiziert man diese Achse auf die Abduktions-Adduktions-Achse, dann stehen beide in einem Winkel von 90 ° aufeinander. Rotation. Sie ist nur bei Aufhebung des Gelenkflächenkontakts und nur geringfügig möglich. Die Rotation ist zwangsläufig mit den anderen Bewegungen gekoppelt. Opposition und Reposition sind die typischen Daumenbewegungen. Bei der Oppositionsbewegung wird der Daumen und mit ihm der 1. Mittelhandknochen den anderen Fingern gegenübergestellt. Die Rückbewegung ist die Reposition. Beide Bewegungen sind als Kombination der vorher genannten zu verstehen. Zirkumduktion als Kombination von Adduktion-Opposition und Abduktion-Reposition. Hierbei beschreiben 1. Mittelhandknochen und Daumen einen Kegelmantel, dessen Spitze im Sattelgelenk liegt.
> Klinischer Hinweis Das Sattelgelenk des Daumens ist sehr störanfällig. Starke Stöße, z. B. beim Boxen, können zu Brüchen an der Basis des Os metacarpale I führen. Im Alter kommt es häufig zu einer Arthrose in diesem Gelenk, Rhizarthrose. Dann ist die Funktion der Hand als Greifwerkzeug erheblich eingeschränkt.
Articulationes intermetacarpales sind die Gelenke zwischen den Mittelhandknochen (⊡ Abb. 6.60). Die Basen der einander zugekehrten Gelenkflächen des (2.) 3.–5. Mittelhandknochens bilden Amphiarthrosen. Bänder der Hand (⊡ Tabelle 6.21, ⊡ Abb. 6.60 a, b). Die
einzelnen Bänder der Hand sind z. T. nur durch gezielte Präparation zu isolieren. Es lassen sich 4 Hauptgruppen unterscheiden: von den Ossa antebrachii zu den Ossa carpi, zwischen den Ossa carpi, zwischen Ossa carpi und Ossa metacarpi und zwischen den Ossa metacarpi. Bei den Bändern handelt es sich jeweils um beidseitige Kollateralbänder und um palmare und dorsale die Gelenkkapsel verstärkende Bandzüge, von denen die palmaren stärker sind als die dorsalen. Hinzu kommen die derben Faserzüge des Retinaculum musculorum flexorum, die den Sulcus carpi zum Canalis carpi (S. 295) ergänzen.
Bewegungen in den Handgelenken Wichtig
Durch Zusammenwirken aller Handgelenke kann die Hand als Ganzes gebeugt und gestreckt, nach radial und ulnar abduziert und zirkumduziert werden.
Beugung und Streckung. Die Beugung der Hand aus der Mittelstellung (Neutral-Null-Stellung) nennt man Palmarflexion, oft auch nur Flexion, die Streckung Dorsalextension oder nur Extension. An der Palmarflexion ist vorwiegend das proximale, an der Dorsalextension das distale Handgelenk beteiligt. Da die Bewegungen in den beiden Gelenken erfolgen, kann man vereinfachend eine kombinierte Achse (Summationsachse) annehmen, die transversal durch das Zentrum des Os capitatum verläuft. Bei Beteiligung beider Gelenke beträgt die Dorsalextension 70 °, die Palmarflexion ungefähr 80 °. Radial- und Ulnarabduktion, auch Radial- und Ulnardeviation, ist die Bewegung der Hand aus der Mittelstellung zu der entsprechenden Seite des Unterarms. Sie erfolgt um eine dorsopalmare Achse, die gleichfalls durch das Zentrum des Os capitatum verläuft. Die Radial-/Ulnarbewegung erfolgt überwiegend in der Articulatio radiocarpalis. Aus der Mittelstellung (Unterarmachse und Längsachse des Mittelfingers bilden eine Gerade) beträgt der Umfang der Ulnarabduktion 40 °, der Umfang der Radialabduktion nur 15 °. Zirkumduktion. Durch die Kombination der 4 Bewegungen ist die Zirkumduktion der Hand möglich. Zu diesen Bewegungen kommen die Wendebewegungen hinzu, Supination und Pronation (s. oben). > Klinischer Hinweis Die geschilderten »reinen« Bewegungsvorgänge, die sich auf Achsen beziehen lassen, gehen von der Annahme einer starren Knochenkette aus. Röntgenaufnahmen zeigen jedoch, dass die Bewegungen im Handgelenk sehr komplex sind und durch Zusammendrängen der einzelnen Knochen und durch Kippbewegungen vor sich gehen. Bei der Ulnar-/Radialabduktion finden in nicht geringem Ausmaß Verschiebungen der Ossa carpi gegeneinander statt, die auch eine Seitbiegung der Hand in sich zulassen. Die Dorsalextension geht mit einer Kippbewegung der proximalen Reihe der Handwurzelknochen nach palmar einher. Dadurch wird die Tuberositas ossis scaphoidei deutlich tastbar.
271 6.3 · Extremitäten
⊡ Tabelle 6.21. Bänder der Handwurzelknochen Gruppe
Band
Ursprung
Ansatz
Von den Ossa antebrachii zu den Ossa carpi
Lig. collaterale carpi radiale
Processus styloideus (radii)
Os scaphoideum
Lig. collaterale carpi ulnare
Processus styloideus (ulnae)
Os triquetrum und Os pisiforme
Lig. radiocarpale palmare
Radius
Os lunatum und Os capitatum
Lig. radiocarpale dorsale
Radius
Os lunatum und Os triquetrum
Lig. ulnocarpale palmare
Ulna
Os capitatum
Ligg. intercarpalia dorsalia
Verbinden auf der Streckseite benachbarte Ossa carpi (Lig. arcuatum)
Ligg. intercarpalia palmaria
Verbinden palmar benachbarte Ossa carpi
Ligg. intercarpalia interossea
Verbinden einander zugewandte Flächen der Ossa carpi derselben Reihe
Lig. carpi radiatum
Palmar am Caput ossis capitati
Strahlenförmig an den benachbarten Ossa carpi
Lig. pisohamatum
Os pisiforme
Hamulus ossis hamati
Ligg. carpometacarpalia palmaria
Ossa carpi der distalen Reihe
Palmar an den Basen der Ossa metacarpi
Ligg. carpometacarpalia dorsalia
Ossa carpi der distalen Reihe
Dorsal an den Basen der Ossa metacarpi
Lig. pisometacarpale
Os pisiforme
Palmar an der Basis ossis metacarpi V
Ligg. metacarpalia palmaria
Verbinden palmar die Basen der Ossa metacarpi II–V
Ligg. metacarpalia dorsalia
Verbinden dorsal die Basen der Ossa metacarpi II–V
Ligg. metacarpalia interossea
Verbinden die einander zugewandten Flächen der Basen II–V
Zwischen den Ossa carpi
Zwischen Ossa carpi und Ossa metacarpi
Zwischen den Basen der Ossa metacarpi
6
272
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
Fingergelenke Wichtig
Fingergelenke sind die Articulationes metacarpophalangeae und die Articulationes interphalangeae manus.
Articulationes metacarpophalangeae, Fingergrundgelenke (⊡ Abb. 6.67, 6.69). An den Articulationes metacar-
6
pophalangeae II–V sind die Köpfe der Mittelhandknochen und die Basen der Phalangen beteiligt. Es sind Kugelgelenke (der Form nach Ellipsoidgelenke), deren Bewegungsumfang durch die Ligg. collateralia begrenzt wird. Die relativ weiten Gelenkkapseln sind an der Knorpel-Knochen-Grenze befestigt. Auf der Palmarseite werden sie durch Platten derber Faserzüge, Ligg. palmaria, verstärkt. Die Köpfe der einzelnen Knochen verbindet das Lig. metacarpale transversum profundum. Gelenkmechanik. In den Metakarpophalangealgelenken ist eine Beugung der Finger um 80 °–90 ° und eine Streckung um 10 °–30 ° möglich. Das Spreizen der Finger, das man Abduktion nennt, erfolgt wie die Adduktion um eine dorsopalmare Achse. Bezogen wird der Vorgang auf den Mittelfinger, d. h. man adduziert zum Mittelfinger hin und spreizt vom Mittelfinger weg. Spreizen ist nur bei gestreckten Fingern möglich. Die Zirkumduktion ist mit dem Zeigefinger besonders gut ausführbar. Die Rotation kann aktiv in den Fingergrundgelenken nicht ausgeführt werden. In gestrecktem Zustand besteht jedoch die Möglichkeit, die Finger passiv in einem geringen Umfang zu beiden Seiten um ihre Längsachse zu drehen. Dies misslingt aber am gebeugten Finger, da die Ligg. collateralia dorsal von der transversal verlaufenden Bewegungsachse liegen. Sie sind deshalb, und weil sich außerdem der Krümmungsradius des Kopfes nach palmar vergrößert, in Beugestellung gespannt. Dadurch ist die Hand bei Greifbewegungen stabilisiert (»intrinsic-plus« Stellung). In Streckstellung sind die Seitenbänder dagegen relativ locker. Articulatio metacarpophalangea pollicis. Das Daumengrundgelenk – nicht zu verwechseln mit der Articulatio carpometacarpalis I – ist im Gegensatz zu den 4 anderen Fingergrundgelenken ein reines Scharniergelenk mit kräftigen Kollateralbändern. In die Gelenkkapsel ist medial und lateral je ein Sesambein eingelagert, an dem Thenarmuskeln inserieren. Das Lig. palmare ist eine verstärkende Faserplatte der Membrana fibrosa der Gelenkkapsel.
Articulationes interphalangeae manus, Mittel- und Endgelenke der Finger (⊡ Abb. 6.67). Das Caput phalangis bildet den Gelenkkopf. Er besitzt die Form einer Rolle mit einer in der Mitte gelegenen Führungsnut. Die Basis phalangis bildet die Gelenkpfanne. Sie ist in der Mitte zu einer Knorpelleiste verdickt, die sich in der Führungsnut des Kopfes bewegt. Infolge dieser Konstruktion handelt es sich um reine Scharniergelenke. Ihre Achse verläuft quer (⊡ Abb. 6.68) durch den Gelenkkopf. In die Gelenkkapsel sind auch hier auf der Palmarseite Ligg. palmaria eingebaut. Die Ligg. collateralia verlaufen z. T. dorsal, z. T. palmar von der Bewegungsachse. Infolgedessen sind bei Beugung (bis 90 °) die dorsalen Anteile und bei Streckung der Fingerglieder die palmaren gespannt. Dadurch bekommen die Fingergelenke in jeder Stellung eine beträchtliche Bewegungssicherheit. Die Sesambeine sind an den Kontaktflächen mit Knorpel überzogen. Es handelt sich somit um echte Gelenke, Articulationes sesamoideae.
Muskeln und Faszien Wichtig
Die Muskulatur des Unterarms und der Hand dienen gemeinsam den Hand- und Fingerbewegungen. Die Unterarmmuskeln wirken dabei über lange Sehnentransmissionen.Viele der Unterarmmuskeln sind daher mehrgelenkig. Durch Zusammenwirken aller Bauelemente ist die Hand das am höchsten differenzierte Bewegungsorgan.
Unterarmmuskeln
Die Unterarmmuskeln lassen sich nach verschiedenen Gesichtspunkten zusammenfassen (⊡ Tabelle 6.22): nach ihrer Lage am Unterarm und der ihrer Sehnen an den Gelenken und/oder nach ihrer Insertion. In beiden Fällen ergeben sich Aussagen über die Muskelfunktionen. Nach der Lage am Unterarm und an den Gelenken sind
zu unterscheiden (⊡ Tabelle 6.22) ventral gelegene Flexoren und dorsal gelegene Extensoren. Beide weisen eine tiefe und eine oberflächliche Schicht auf, wobei sich von der oberflächlichen Schicht der Extensoren eine radiale Gruppe abgrenzt.
273 6.3 · Extremitäten
⊡ Tabelle 6.22 a. Unterarmmuskeln, Gliederung nach Lage
Oberflächliche Schicht (O)
Flexoren (F)
Extensoren (E)
Radiale Gruppe (R)
M. flexor carpi radialis
M. extensor digitorum
M. palmaris longus
M. extensor digiti minimi
M. extensor carpi radialis longus
M. flexor digitorum superficialis
M. extensor carpi ulnaris
M. extensor carpi radialis brevis
Keine Unterteilung in Schichten
M. brachioradialis
M. pronator teres M. flexor carpi ulnaris Tiefe Schicht (T)
M. flexor pollicis longus
M. supinator
M. flexor digitorum profundus
M. abductor pollicis longus
M. pronator quadratus
M. extensor pollicis brevis M. extensor pollicis longus M. extensor indicis
⊡ Tabelle 6.22 b. Unterarmmuskeln, Insertionen und Lage Insertion am Radius
Lage
Insertion an den Ossa metacarpi
Lage
Insertion am Finger
Lage
M. brachioradialis
R
M. flexor carpi radialis
FO
M. flexor digitorum superficialis
FO
M. supinator
ET
M. palmaris longus
FO
M. flexor digitorum profundus
FT
M. pronator teres
FO
M. flexor carpi ulnaris
FO
M. flexor pollicis longus
FT
M. pronator quadratus
FT
M. extensor carpi radialis longus
R
M. extensor pollicis brevis
ET
M. extensor carpi radialis brevis
R
M. extensor pollicis longus
ET
M. abductor pollicis longus
ET
M. extensor digitorum
EO
M. extensor carpi ulnaris
EO
M. extensor indicis
ET
M. extensor digiti minimi
E
6
274
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
6
⊡ Abb. 6.61. Querschnitt durch den Unterarm
Die dargestellte Gliederung lässt sich am einfachsten an einem Querschnittsschema durch den Unterarm erkennen (⊡ Abb. 6.61). Die Grenze zwischen Beugern und Streckern des Unterarms sind die Ossa antebrachii und die Membrana interossea antebrachii. Der Gliederung in Flexoren und Extensoren entspricht auch das Innervationsschema der Unterarmmuskulatur, das sich aus der Embryonalentwicklung ergibt, unbeschadet späterer Muskelfunktionen: Die Flexoren werden vom N. medianus und vom N. ulnaris, die Extensoren und die von ihnen abgeleitete radiale Gruppe werden vom N. radialis innerviert. Nach den Ansätzen der Unterarmmuskeln lassen sich die unterscheiden (⊡ Tabelle 6.22), die am Radius inserieren und als Pronatoren und Supinatoren wirken, an den Ossa metacarpi ansetzen und Beugung und Streckung sowie Radial- und Ulnarabduktion in den Handgelenken ermöglichen und die an den Fingern befestigt sind und sie bewegen.
Ursprung, Ansatz, Funktion und Innervation der Unterarmmuskeln sind in ⊡ Tabelle 6.23, 6.24, 6.25 zusammengestellt.
Unterarmmuskeln zur Supination und Pronation. Gesondert sind in ⊡ Tabelle 6.26 die Muskeln aufgeführt, die der Supination und Pronation dienen. ⊡ Abbildung 6.62 zeigt, dass bei Pronation und Supination der Hand sowohl Muskeln aus der Gruppe der Flexoren als auch der Extensoren des Unterarms beteiligt sind. Wesentlich wirkt bei der Bewegung außer den Mm. pronatores teres et quadratus der M. biceps brachii mit, dessen Endsehne bei der Pronation um den Hals des Radius gewickelt wird. Bei Kontraktion des Muskels wickelt sie sich wieder ab und dreht dabei den Knochen zurück. Bei rechtwinklig gebeugtem Ellenbogengelenk ist der M. biceps brachii der stärkste Supinator. Auf gleichem Prinzip beruht die Wirkung des M. supinator, der gleichfalls bei der Pronation um den Schaft des Radius gewickelt, sich bei Kontraktion wieder abwickelt und dabei den Radius in die Supinationsstellung dreht. Einzelheiten zu den Unterarmmuskeln Flexoren, oberflächliche Schicht (⊡ Tabelle 6.23, ⊡ Abb. 6.63 a). Sie entspringen überwiegend am Epicondylus medialis (humeri). Dadurch wirken sie beugend auf den Unterarm. Weitere Wirkungen hängen von ihrem Verlauf und ihren Ansätzen ab. M. pronator teres (⊡ Abb. 6.62 a). Er überquert schräg die Längs- und damit die Pronations- und Supinationsachse des Unterarms und ist dadurch ein kräftiger Pronator.
275 6.3 · Extremitäten
⊡ Tabelle 6.23. Unterarmmuskeln, Flexoren Muskel
Ursprung
Ansatz
Funktion
Innervation
Caput humerale
Epicondylus medialis (humeri)
Laterale und dorsale Fläche des mittleren Radiusdrittels
Beugung im Ellenbogengelenk, Pronation
N. medianus
Caput ulnare
Processus coronoideus der Ulna
Laterale und dorsale Fläche des mittleren Radiusdrittels
Pronation
N. medianus
M. flexor carpi radialis
Epicondylus medialis (humeri) mit Unterarmfaszie
Palmar an der Basis des Os metacarpale II
Beugung in den Handgelenken, Pronation aus extremer Supination, Radialabduktion
N. medianus
M. palmaris longus
Epicondylus medialis (humeri)
Aponeurosis palmaris, Corium der Hohlhand
Beugt im Handgelenk, spannt die Palmaraponeurose
N. medianus
Os pisiforme
Beugung in den Handgelenken; Ulnarabduktion zusammen mit dem M. extensor carpi ulnaris
N. ulnaris
Beugung in den Handgelenken sowie den Grund- und Mittelgelenken des 2.–5. Fingers
N. medianus
Oberflächliche Schicht M. pronator teres
M. flexor carpi ulnaris
Caput humerale
Epicondylus medialis, Olekranon und
Hamulus ossis hamati
Caput ulnare
proximale zwei Drittel der Ulna, Unterarmfaszie
Basis des Os metacarpale V
M. flexor digitorum superficialis
Seitlich an den Mittelphalangen des 2.–5. Fingers
Caput humeroulnare
Epicondylus medialis, Processus coronoideus ulnae
Caput radiale
Vorderfläche des Radius
Humeraler Anteil: geringfügige Beugung im Ellenbogengelenk
6
276
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
⊡ Tabelle 6.23. Fortsetzung Muskel
Ursprung
Ansatz
Funktion
Innervation
Ulnarer Teil
Vorderfläche der Elle
Palmar an der Basis der Endphalangen des 2.–5. Fingers
Beugung in den Handgelenken und allen Fingergelenken des 2.–5. Fingers; der ulnare Teil ist an der Ulnarabduktion beteiligt
N. ulnaris
Radialer Teil (interossärer Teil)
antebrachii
Membrana interossea
M. flexor pollicis longus
Vorderfläche des Radius, Membrana interossea antebrachii
Palmar an Basis der Endphalanx des Daumens
Beugung in den Handund Daumengelenken, Beugung und Adduktion im Sattelgelenk, geringe Radialabduktion im proximalen Handgelenk
N. interosseus antebrachii anterior aus dem N. medianus
M. pronator quadratus
Distal an der Vorderfläche der Ulna
Distal an der Vorderkante des Radius
Pronation
Tiefe Schicht M. flexor digitorum profundus
6
Zwischen Caput humerale und ulnare verläuft der N. medianus. M. flexor carpi radialis ist mehrgelenkig. Er wirkt auf das Ellenbogengelenk, auf die Radioulnargelenke, da er gleichfalls die Pro- und Supinationsachse überquert, und die Handgelenke. Kurz vor seinem Ansatz bekommt er eine eigene Sehnenscheide. M. palmaris longus. Er fehlt in 20 % der Fälle. Sofern er vorhanden ist, verläuft er in der Längsachse des Unterarms, zieht dann über das Retinaculum flexorum hinweg und verbreitert sich in der Hohlhand fächerförmig zur Aponeurosis palmaris. Fehlt er, so ist dennoch eine Palmaraponeurose vorhanden. M. flexor carpi ulnaris. Der Muskel liegt von allen Beugern am weitesten medial. Er ist mehrgelenkig und wirkt auf das Ellenbogengelenk (nicht das Caput ulnare) und auf die Karpalgelenke. Zwischen Caput ulnare und Caput humerale spannt sich ein Sehnenbogen aus, unter dem der N. ulnaris in die Tiefe zieht. M. flexor digitorum superficialis. Er ist vielgelenkig und verläuft an allen betroffenen Gelenken ventral der Beugeachsen. Sein Caput humeroulnare und sein Caput radiale verbindet ein arkadenförmiger Sehnenstreifen, unter dem
der N. medianus und die A. ulnaris mit ihren Begleitvenen in die Tiefe treten. Seine Endsehnen ziehen in Sehnenscheiden durch den Karpalkanal und inserieren an der palmaren Seite der Mittelphalangen – wiederum in Sehnenscheiden –, nachdem sich ihre Enden gespalten haben. Flexoren, tiefe Schicht (⊡ Abb. 6.63 b, ⊡ Tabelle 6.23). Die Muskeln entspringen an der Vorderseite der Ulna und an der Membrana interossea antebrachii. Sie haben keinen Einfluss auf das Ellenbogengelenk. M. flexor digitorum profundus. Ein vielgelenkiger Muskel. Seine Sehnen verlaufen im Canalis carpi und an den Fingern in einer gemeinsamen Sehnenscheide mit den 4 Endsehnen der oberflächlichen Fingerbeuger. An den Fingern durchbrechen die Sehnen der tiefen Fingerbeuger im Bereich der Grundphalanx die der oberflächlichen, um am 2.–5. Finger die Basis der Endphalanx zu erreichen. M. flexor pollicis longus (⊡ Abb. 6.63 b). Er wirkt auf den Daumen beugend und beteiligt sich an der Oppositionsbewegung. – Am Unterarm liegt der M. flexor pollicis longus lateral vom M. flexor digitorum profundus. An der Hand befindet sich seine Sehne nach Verlassen des Canalis carpi im Bereich des 1. Mittelhandknochens zwischen oberflächlichem und tiefem Kopf des M. flexor pollicis brevis. Schließ-
277 6.3 · Extremitäten
⊡ Tabelle 6.24. Unterarmmuskeln, Extensoren Muskel
Ursprung
Ansatz
Funktion
Innervation
M. extensor digitorum (communis)
Epicondylus lateralis (humeri) und Fascia antebrachii
Dorsalaponeurose des 2.–5. Fingers
Streckung in den Handgelenken und den Fingergelenken des 2.–5. Fingers, Spreizung des 2., 4. und 5. Fingers
R. profundus des N. radialis
M. extensor digiti minimi (proprius)
Epicondylus lateralis (humeri) und Fascia antebrachii
Dorsalaponeurose des 5. Fingers
Streckung in den Handgelenken und den Gelenken des 5. Fingers. Ulnarabduktion, Abspreizen des 5. Fingers
R. profundus des N. radialis
Dorsal an der Basis des Os metacarpale V
Streckung und Ulnarabduktion im Handgelenk
R. profundus des N. radialis
Oberflächliche Schicht
M. extensor carpi ulnaris
Caput humerale
Epicondylus lateralis (humeri)
Caput ulnare
Olekranon sowie proximal der Facies posterior und am Margo posterior der Ulna
Tiefe Schicht M. supinator
Epicondylus lateralis (humeri), Lig. collaterale radiale, Lig. anulare radii, Crista musculi supinatoris
Proximal an der Vorder- und Seitenfläche des Radius
Supination
R. profundus des N. radialis
M. abductor pollicis longus
Membrana interossea antebrachii, dorsale Fläche von Ulna und Radius
Radial an der Basis des Os metacarpale I und Os trapezium
Abspreizung des 1. Mittelhandknochens, Radialabduktion im proximalen Handgelenk
R. profundus des N. radialis
M. extensor pollicis brevis
Dorsale Fläche des Radius distal des Vorigen, Membrana interossea antebrachii
Dorsal an der Basis der Grundphalanx des Daumens
Streckung um Daumengrundgelenk, Radialabduktion im proximalen Handgelenk und 1. Karpometakarpalgelenk
R. profundus des N. radialis
M. extensor pollicis longus
Facies posterior der Ulna, Membrana interossea antebrachii
Dorsal an der Basis der Endphalanx des Daumens
Streckung im Grund- und Endgelenk des Daumens, Adduktion und Reposition im Sattelgelenk, Streckung in den Handgelenken
R. profundus des N. radialis
M. extensor indicis
Distal an der dorsalen Fläche der Ulna und der Membrana interossea antebrachii
Dorsalaponeurose des 2. Fingers
Streckung in den Zeigefingergelenken, Adduktionsbewegung des Zeigefingers an den Mittelfinger, Streckung in den Handgelenken
R. profundus des N. radialis
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278
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
6
⊡ Abb. 6.62 a–d. Supination und Pronation des Unterarms. a Supinationsstellung des Unterarms: Ulna und Radius liegen nebeneinander. Eingezeichnet sind die quere Achse durch das Humeroulnar- und Humeroradialgelenk, um die die Flexion und Extension im Ellenbogengelenk erfolgen, und die Pronations-/Supinationsachse, die durch das Caput radii zum Caput ulnae verläuft, sowie die der Pronation dienenden Beuger der Unterarmmuskeln. b Pronationsstellung. Der Radius überkreuzt die Ulna. c Supinationsbewegung (Pfeilrichtung). Eingezeichnet sind bei der Supination aus der Pronationsstellung mitwirkende Muskeln. d Der Pfeil gibt die Richtung an, in der sich der Radius beim Wechsel von der Pronationsstellung in die Supinationsstellung dreht. Dabei wirken der M. supinator (links) und M. biceps brachii (rechts) mit
⊡ Tabelle 6.25. Unterarmmuskeln, radiale Muskelgruppe Muskel
Ursprung
Ansatz
Funktion
Innervation
M. brachioradialis
Crista supracondylaris lateralis und am Margo lateralis des Humerus, Septum intermusculare brachii laterale
Distal an der seitlichen Fläche des Radius, proximal von der Basis des Processus styloideus
Beugung im Ellenbogengelenk, je nach Stellung Pro- oder Supination
N. radialis
M. extensor carpi radialis longus
Crista supracondylaris lateralis am Übergang zum Epicondylus lateralis
Dorsal an der Basis des Os metacarpale II
Beugung im Ellenbogengelenk, Streckung in den Handgelenken, zusammen mit dem M. flexor carpi radialis Radialabduktion, Pronation aus extremer Supination
N. radialis
M. extensor carpi radialis brevis
Epicondylus lateralis (humeri)
Dorsal an der Basis des Os metacarpale III
Streckung in den Handgelenken
R. profundus des N. radialis
279 6.3 · Extremitäten
⊡ Tabelle 6.26. Muskeln mit pro- und supinatorischer Wirkung Supination aus extremer Pronation
Pronation aus extremer Supination
M. biceps brachii
M. pronator teres
M. supinator
M. pronator quadratus
M. brachioradialis
M. brachioradialis
M. extensor indicis
M. flexor carpi radialis
M. extensor pollicis longus
M. palmaris longus
M. extensor pollicis brevis
M. extensor carpi radialis longus
M. abductor pollicis longus Bemerkung: Der M. brachioradialis wirkt je nach Ausgangsstellung sowohl bei Pronation als auch bei Supination mit.
lich inseriert der Muskel an der Basis der Endphalanx des Daumens. Die Sehne des Muskels liegt in ihrer ganzen Länge in einer eigenen Sehnenscheide. M. pronator quadratus (⊡ Abb. 6.62). Er verbindet im distalen Abschnitt des Unterarms Elle und Speiche auf der Facies anterior. Extensoren des Unterarms. Viele entspringen am Epicondylus lateralis (humeri) und seiner Umgebung, andere am Unterarm. Viele wirken streckend auf das Handgelenk – dort auch dorsalflexierend – und streckend auf die Finger, sofern sie sie erreichen. Oberflächliche Schicht (⊡ Tabelle 6.24, ⊡ Abb. 6.64 a). Alle Muskeln sind mehrgelenkig. M. extensor digitorum. Er ist der wichtigste Fingerstrecker. Seine Sehnen ziehen durch das 4. Sehnenfach unter dem Retinaculum musculorum extensorum zu den Dorsalaponeurosen des 2.–4. Fingers. Auf dem Handrücken sind sie durch sehnige Querzüge, Connexus intertendinei, verbunden, die die unabhängige Beweglichkeit der einzelnen Finger einschränken. > Klinischer Hinweis Die Faust kann mit Gewalt geöffnet werden, wenn man die Handgelenke in eine maximale Beugestellung drückt, da in
⊡ Abb. 6.63 a, b. Flexoren des Unterarms. a Oberflächliche und b tiefe Flexoren am Unterarm. Ansicht der palmaren (volaren) Fläche des rechten Unterarms
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280
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
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⊡ Abb. 6.64 a–c. Unterarmmuskeln. a Extensoren, oberflächliche Schicht; b Extensoren, tiefe Schicht; c radiale Gruppe. Ansicht von dorsal, rechter Arm dieser Stellung die Sehnen des Fingerstreckers »zu kurz« sind, passive Insuffizienz. Sie verhindern deshalb einen wirkungsvollen Faustschluss, da sie die Finger etwas strecken. Andererseits ist in Dorsalextension der Hand ein kräftiger Faustschluss möglich, weil die in Dorsalextension bestehende Vordehnung der langen Fingerbeuger ihre aktive Insuffizienz verhindert (S. 184).
M. extensor digiti minimi. Seine Sehne zieht durch das 5. Fach des Retinaculum musculorum extensorum und erreicht dann gemeinsam mit der 4. Sehne des M. extensor digitorum die Dorsalaponeurose des kleinen Fingers. M. extensor carpi ulnaris. Von den Muskeln der oberflächlichen Schicht liegt er am weitesten medial. Vor allem bewirkt er Dorsalextension und Ulnarabduktion der Hand. Seine Sehne zieht durch das 6. Fach des Retinaculum musculorum extensorum und inseriert dorsal an der Basis ossis metacarpalis V. Tiefe Schicht (⊡ Abb. 6.64 b, ⊡ Tabelle 6.24) M. supinator. Er liegt versteckt in der Tiefe auf der Kapsel des Ellenbogengelenks. Der platte Muskel windet sich von lateral dorsal um den Radius und setzt mittels einer kurzen Endsehne an der Vorder- und Seitenfläche des Radius zwischen Tuberositas radii und dem Ansatz
des M. pronator teres an. Zwischen einer oberflächlichen und tiefen Portion durchsetzt der R. profundus des N. radialis den Muskel (Supinatorenschlitz). Muskelfunktionen s. oben. M. abductor pollicis longus und M. extensor pollicis brevis. Oft sind die Muskeln miteinander verwachsen.
Die Sehnen beider Muskeln überkreuzen die Sehnen des M. extensor carpi radialis brevis et longus sowie die A. radialis mit ihren Begleitvenen und ziehen durch das 1. Fach unter dem Retinaculum musculorum extensorum. M. extensor pollicis longus. Der Muskel verläuft von der ulnaren Seite des Unterarms auf die radiale. Seine Sehne zieht durch das 3. Fach, überkreuzt dann die Sehnen der Mm. extensor carpi radialis brevis et longus und zieht zur Endphalanx I. M. extensor indicis. Die Sehne verläuft durch das 4. Fach unter dem Retinaculum musculorum extensorum und dann gemeinsam mit der 1. Sehne des M. extensorum digitorum zur Dorsalaponeurose des Zeigefingers. Radiale Muskelgruppe (⊡ Tabelle 6.25, ⊡ Abb. 6.64 c). Sie ist eine Abspaltung der oberflächlichen Schicht der dorsalen Unterarmmuskeln und während der Entwicklung so verlagert, dass die Muskeln vor der Flexions-/Ex-
281 6.3 · Extremitäten
tensionsachse des Ellenbogengelenks nach distal ziehen. Dadurch wurden sie dort zu Flexoren. Auf das Handgelenk, sofern sie es erreichen, wirken sie jedoch als Extensoren. M. brachioradialis. Der Muskel ist eingelenkig. Er ist Leitmuskel für die unter ihm gelegene Gefäß-Nerven-Straße (S. 302). Seine wichtigste Aufgabe ist die Flexion im Ellenbogengelenk. Dabei entwickelt er seine größte Beugekraft in Supinationsstellung. Bei gebeugtem Arm vermag er aus der Supinationsstellung zu pronieren. M. extensor carpi radialis longus und M. extensor carpi radialis brevis. Beide Muskeln wirken auf die Handgelenke. Ihre Endsehnen verlaufen unter dem Retinaculum musculorum extensorum im 2. Sehnenfach und inserieren dorsal an der Basis ossis metacarpalis II (longus) bzw. des 3. Mittelhandknochens (brevis). Wichtig
Die Bewegungen im Handgelenk gehen stets auf ein ausgewogenes Zusammenspiel der Muskeln zurück, die an der Handwurzel und an den Mittelhandknochen ansetzen.
Bei der Palmarflexion wirken gleichsinnig der M. flexor carpi ulnaris und radialis, der M. palmaris longus, die Mm. flexores digitorum superficialis et profundus und der M. flexor pollicis longus. An der Dorsalextension sind synergistisch beteiligt der M. extensor carpi ulnaris und die Mm. extensores carpi radialis longus et brevis, der M. extensor digitorum mit dem M. extensor digiti minimi und der M. extensor indicis. Über das Zusammenspiel der Muskeln bei der Ulnar-/Radialabduktion der Hand gibt ⊡ Abb. 6.65 und das Diagramm Auskunft. Im entspannten Zustand steht die Hand leicht ulnar abduziert. Faszien und Sehnenscheiden des Unterarms Faszien. Für die Führung der Unterarmmuskeln spielen die Faszien eine große Rolle. Gemeinsam werden alle Unterarmmuskeln von der Fascia antebrachii umhüllt, die vielen oberflächlich gelegenen Beugern und Streckern als zusätzlicher Ursprung dient. Proximal ist die Fascia antebrachii an den Epikondylen des Humerus und am Olekranon befestigt, weiter distal am Margo posterior der Ulna. Von der Fascia antebrachii gehen im proximalen Bereich des Unterarms Bindegewebssepten aus, die die Muskelgruppen (Beuger, Strecker und radiale Gruppe) jeweils in eigenen Muskellogen führen. Sie bilden Gruppenfaszien. Im Bindegewebe zwischen den Muskeln ver-
⊡ Abb. 6.65. Unterarmmuskeln mit Ansätzen an den Handwurzel- und Mittelhandknochen
laufen Gefäß-Nerven-Straßen. Weiter distal fehlt die bindegewebige Trennung der Muskelgruppen. Verstärkungen. An den Handgelenken ist die Fascia antebrachii verstärkt, sowohl dorsal als auch volar: dorsal durch das Retinaculum musculorum extensorum (⊡ Abb. 6.66 a). Durch das Retinaculum musculorum extensorum verlaufen die Sehnen der Extensoren in 6 Fächer (S. 283), volar durch das Retinaculum musculorum flexorum (⊡ Abb. 6.66 b), das den Sulcus carpi überdacht und zum Canalis carpi, Karpaltunnel, ergänzt (S. 250). Durch den Kanal verlaufen die Sehnen der langen Fingerbeuger und der N. medianus.
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282
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
6
⊡ Abb. 6.66 a, b. Sehnenscheiden der Hand. a Streck- und b Beugeseite
> Klinischer Hinweis Ist oder wird der Karpaltunnel eingeengt, z. B. durch Sehnenscheidenentzündungen, kann es zur Schädigung des N. medianus mit entsprechenden Ausfallserscheinungen kommen, Karpaltunnelsyndrom, S. 285. Wichtig
An den Hand- und Fingergelenken wird das reibungsfreie Gleiten der Sehnen durch Sehnenscheiden ermöglicht.Volar befinden sich im Bereich der Handwurzel karpale Sehnenscheiden, an den Fingern digitale Sehnenscheiden. Karpale und digitale Sehnenscheiden für den 2.–4. Finger sind getrennt, für den Daumen und den kleinen Finger häufig verbunden.
> Klinischer Hinweis Vereiternde Entzündungen der Sehnenscheiden des kleinen Fingers können sich über die karpalen Sehnenscheiden bis zu der des Daumens bzw. vom Daumen bis zum kleinen Finger ausbreiten, V-Phlegmone.
Sehnenscheiden auf der volaren Seite der Hand
(⊡ Abb. 6.66 b) Vagina communis tendinum musculorum flexorum. Eine gemeinsame Sehnenscheide für die Sehnen des tiefen und des oberflächlichen Fingerbeugers. Die Sehnenscheide umhüllt nur eine Strecke weit die Sehnen für den 2., 3. und 4. Finger, jedoch vollständig die für den 5. Finger.
Vagina tendinis musculi flexoris pollicis longi. Sie umhüllt die Sehne des langen Daumenbeugers und verläuft ohne Unterbrechung durch den Karpalkanal bis zur Anheftungsstelle der Sehne an der Basis des Daumenendgliedes. Vagina tendinum digitorum manus. Sehnenscheiden am 2., 3. und 4. Finger für die Endstrecken der zugehörigen oberflächlichen und tiefen Fingerbeuger. Vagina tendinis musculi flexoris carpi radialis. Eine kurze Sehnenscheide für den Endabschnitt der Sehne des M. flexor carpi radialis. > Klinischer Hinweis Die Sehnenscheiden bestehen jeweils aus einer fibrösen Führungsröhre, Stratum fibrosum vaginae tendinis, an den Fingern auch als osteofibröser Kanal bezeichnet, und einer inneren Stratum synovia vaginae tendinis (S. 182). Befestigt ist die Vagina fibrosa an den Fingergelenken durch kreuzförmige Kollagenfasern,Pars cruciformis, an den Diaphysen durch halbringförmige Fasern, Pars anularis.
> Klinischer Hinweis Bei degenerativen Verdickungen der Befestigungsfasern der Sehnenscheiden an den Fingergrundgelenken kann das Gleiten der Sehnen behindert sein. Wird die Behinderung durch starken Sehnenzug überwunden, schnellt der Finger plötzlich vor, schnellender Finger, Tendovaginitis stenosa, besonders am Daumen.
283 6.3 · Extremitäten
Es werden 6 Sehnenfächer unterschieden (⊡ Abb. 6.66 a): 1. Fach: M. abductor pollicis longus, M. extensor pollicis brevis in einer gemeinsamen Vagina tendinis.
2. Fach: M. extensor carpi radialis longus, M. extensor carpi radialis brevis in der Vagina tendinis musculorum extensorum carpi radialium. 3. Fach: M. extensor pollicis longus in der Vagina tendinis musculi extensoris pollicis longi. 4. Fach: M. extensor digitorum (4 Sehnen) und M. extensor indicis in der gemeinsamen Vagina tendinis musculi extensoris digitorum et extensoris indicis. 5. Fach: M. extensor digiti minimi in der Vagina tendinis musculi extensoris digiti minimi. 6. Fach: M. extensor carpi ulnaris in der Vagina tendinis musculi extensoris carpi ulnaris.
> Klinischer Hinweis
> Klinischer Hinweis
Wichtig
Auch auf dem Handrücken gibt es Sehnenscheiden. Sie verlaufen durch das Retinaculum musculorum extensorum. Anders als auf der Volarseite sind die Sehnenscheiden für die Sehnen der Extensoren jedoch getrennt, sie bilden Sehnenfächer.
Sehr häufig ist das 1. Sehnenfach unterteilt und noch häufiger hat der M. abductor pollicis longus mehr als eine Sehne.
Bei einer Sehnenscheidenentzündung der Strecksehnen kann es über dem Retinaculum musculorum extensorum zum Knirschen und Reiben kommen.
⊡ Tabelle 6.27. Handmuskeln, Thenargruppe Muskel
Ursprung
Ansatz
Funktion
Innervation
M. abductor pollicis brevis
Retinaculum flexorum,Tuberculum ossis scaphoidei
Grundphalanx des Daumens, laterales Sesambein
Abduktion, Innenkreiselung während der Oppositionsbewegung
N. medianus
Caput superficiale
Retinaculum flexorum
Grundphalanx des Daumens, laterales Sesambein
Abduktion, Innenkreiselung während der Oppositionsbewegung
N. medianus
Caput profundum
Os trapezium, Os trapezoideum, Os capitatum
Grundphalanx des Daumens, laterales Sesambein
Beugung im Grundgelenk, Adduktion, Opposition
N. ulnaris (R. profundus)
Retinaculum flexorum, Tuberculum ossis trapezii
Vorderfläche und radiale Kante des Os metacarpale I
Beugung, Opposition und Einwärtskreiselung im Sattelgelenk
N. medianus
Caput obliquum
Basis des Os metacarpale II, Os capitatum, Os hamatum
Mediales Sesambein, Grundphalanx des Daumens
Adduktion, Opposition, Beugung im Daumengrundgelenk
N. ulnaris (R. profundus)
Caput transversum
Palmare Fläche des Os metacarpale III
Mediales Sesambein, Grundphalanx des Daumens
Adduktion, Opposition
N. ulnaris (R. profundus)
M. flexor pollicis brevis
M. opponens pollicis
M. adductor pollicis
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284
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
6
⊡ Abb. 6.67. Handmuskeln der rechten Hand von palmar. Die Ansatzsehnen der 3 Mm. interossei palmares laufen vor dem Lig. metacarpeum transversum profundum
Muskeln der Hand Wichtig
Die Muskeln der Hand bilden 3 Gruppen: Muskeln des Daumenballens, tiefe Hohlhandmuskeln, Muskeln des Kleinfingerballens. Entwicklungsgeschichtlicher Hinweis. Alle kurzen Handmuskeln stammen von ventralen Muskeln der oberen Extremität ab, auch wenn sie an der Streckung beteiligt sind. Sie werden infolgedessen sämtlich vom N. medianus und vom N. ulnaris versorgt.
Thenargruppe, Muskeln des Daumenballens. Sie stehen
im Dienst einer abgestuft-feinen Oppositionsbewegung des 1. Mittelhandknochens mit dem Daumen (⊡ Tabelle 6.27, ⊡ Abb. 6.67, 6.68). Jedoch beteiligen sich an der Oppositionsbewegung des Daumens auch der M. flexor pollicis longus. Die Reposition wird durch die Mm. exten-
sores pollicis longus et brevis und durch den M. abductor pollicis longus ausgeführt. Die Bewegungen finden im 1. Karpometakarpalgelenk statt. Einzelheiten zu den Muskeln des Daumenballens (⊡ Abb. 6.68) M. abductor pollicis brevis. Er ist der oberflächlich gelegene Daumenballenmuskel. Er hat mit dem M. flexor pollicis brevis eine gemeinsame Endsehne. M. flexor pollicis brevis. Zwischen seinem oberflächlichen und seinem tiefen Kopf verläuft die Sehne des M. flexor pollicis longus. Die beiden Köpfe sind verschiedener Herkunft, daher weisen sie unterschiedliche Innervationen auf (⊡ Tabelle 6.27). M. opponens pollicis. Er liegt unter dem M. abductor pollicis brevis in der Tiefe des Daumenballens. M. adductor pollicis. Er entspringt unter der Palmaraponeurose mit einem Caput transversum und einem Caput obliquum.
285 6.3 · Extremitäten
⊡ Abb. 6.70. Linke Hand von dorsal. Eingetragen sind die Mm. interossei dorsales und die Dorsalaponeurosen. Die Mm. interossei dorsales sind zweiköpfig und entspringen an den einander zugewandten Flächen der Mittelhandknochen ⊡ Abb. 6.68. Verlauf der Thenarmuskeln zu den Achsen der Daumengelenke der rechten Hand. Ansätze der Extensoren nicht sichtbar; sie liegen auf der Dorsalseite
> Klinischer Hinweis Beim Karpaltunnelsyndrom – Läsion des N. medianus im Canalis carpi, z. B. durch Einengung – kann es zu Atrophien des M. abductor pollicis brevis (besonders) und des M. opponens pollicis im Daumenballen kommen, Daumenballenatrophie.
Tiefe Hohlhandmuskeln, mittlere Muskelgruppe (⊡ Tabelle 6.28). Alle Muskeln dieser Gruppe beugen die Finger
im Grundgelenk und strecken sie in den Mittel- und Endgelenken. Hinzu kommt ein Adduzieren auf den Mittelfinger und das Fingerspreizen. Die Muskeln wirken mit denen des Unterarms zusammen.
⊡ Abb. 6.69. Mm. lumbricales, Mm. interossei dorsales und Mm. interossei palmares. Die Achsen der Fingergelenke stehen senkrecht auf der Papierebene. Sie sind durch einen Punkt mit Kreis gekennzeichnet
Einzelheiten zu den Muskeln der Hand Mm. lumbricales. Sie entspringen breit gefächert an der lateralen Seite der Sehnen des M. flexor digitorum profundus. Dann verlaufen ihre Sehnen palmar der Flexions-/Extensionsachse der Metakarpophalangealgelenke (⊡ Abb. 6.69) und gelangen von der Seite her in die Dorsalaponeurose des 2.–5. Fingers. Dies erklärt, dass die Lumbrikales im Grundgelenk beugen und mittels der Dorsalaponeurose im Mittelund Endgelenk strecken können. Ihre vielen Muskelspindeln machen verständlich, dass die Mm. lumbricales der Feineinstellung bei der Fingerbewegung dienen. Mm. interossei palmares (⊡ Abb. 6.67). Ihr Verlauf und ihre Wirkung entsprechen denen der Mm. lumbricales. Außerdem können sie gespreizte Finger adduzieren.
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286
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
⊡ Tabelle 6.28. Handmuskeln, mittlere Gruppe und Hypothenargruppe Muskel
Ursprung
Ansatz
Funktion
Innervation
Mm. lumbricales I–IV (Nr. I und II einköpfig, Nr. III u. IV zweiköpfig)
Radial an den Sehnen des M. flexor digitorum profundus
Dorsalaponeurose des 2.–5. Fingers
Beugen in den Grundgelenken Strecken in den Mittel- und Endgelenken der Langfinger
I und II vom N. medianus, III und IV vom N. ulanaris (R. profundus)
Mm. interossei palmares I–III (einköpfig)
Ulnare Seite des Os metacarpale II sowie radiale Seite der Ossa metacarpalia IV et V
Dorsalaponeurose des 2., 4. und 5. Fingers
Beugen in den Grundgelenken Strecken in den Mittel- und Endgelenken der entsprechenden Finger Adduzieren in Richtung auf den Mittelfinger
N. ulnaris (R. profundus)
Mm. interossei dorsales I–IV (zweiköpfig)
Einander zugekehrte Flächen der Ossa metacarpalia I–V
Dorsalaponeurose des 2., 3. und 4. Fingers
Beugen in den Grundgelenken Strecken in den Mittel- und Endgelenken des 2., 3. und 4. Fingers Abduzieren des Zeigefingers nach radial, des Ringfingers nach ulnar, des Mittelfingers nach radial und ulnar
N. ulnaris (R. profundus)
M. abductor digiti minimi
Retinaculum flexorum, Os pisiforme
Ulnarer Rand der Basis der Grundphalanx des 5. Fingers
Abduktion im Grundgelenk des 5. Fingers
R. profundus des N. ulnaris
M. flexor digiti minimi brevis
Retinaculum flexorum, Hamulus ossis hamati
Basis der Grundphalanx des 5. Fingers
Beugt im Grundgelenk des Kleinfingers
R. profundus des N. ulnaris
M. opponens digiti minimi
Retinaculum flexorum, Hamulus ossis hamati
Ulnarer Rand des Os metacarpale V
Zieht den 5. Mittelhandknochen nach vorn (palmar)
R. profundus des N. ulnaris
M. palmaris brevis
Palmaraponeurose
Haut über dem Kleinfingerballen
Schützt die ulnaren Leitungsbahnen, spannt die Haut
R. superficialis des N. ulnaris
Mittlere Gruppe
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Hypothenargruppe
Mm. interossei dorsales (⊡ Abb. 6.70). Die Muskeln sind zweiköpfig. Zusätzlich zum Beugen im Grund- bzw. Strecken im Mittel- und Endgelenk der Finger vermögen sie den 2. und 4. Finger abzuspreizen. Für den kleinen Finger ist hierfür der M. abductor digiti minimi verantwortlich.
> Klinischer Hinweis Bei einer als Geburtsschaden vorkommenden Lähmung durch Schädigung des unteren Anteils des Plexus brachialis (aus den Segmenten C8 und Th1, Klumpke-Lähmung) sind die Muskeln des Daumens und die Mittelhand betroffen.
287 6.3 · Extremitäten
Hypothenargruppe, Muskeln des Kleinfingerballens
(⊡ Abb. 6.67, ⊡ Tabelle 6.27). Sie ermöglichen eigene Bewegungen des kleinen Fingers. Einzelheiten zu den Muskeln des Kleinfingerballens M. abductor digiti minimi. Er liegt oberflächlich im palmoulnaren Bereich des Kleinfingerballens. M. flexor digiti minimi brevis. Er ist an seinem Ursprung mit dem M. abductor digiti minimi verwachsen. M. opponens digiti minimi. Er liegt in der Tiefe des Kleinfingerballens. M. palmaris brevis. Einzelne Muskelbündel strahlen seitlich am Kleinfingerballen in das Corium der Haut.Dort rufen sie bei Ulnarabduktion der Hand Runzeln hervor. Faszien und Aponeurosen der Hand Wichtig
Die Hand ist durch Faszien und Septen in Bindegewebslogen gekammert.
> Klinischer Hinweis Entzündungen und Infektionen der Mittelloge können sich zum Karpaltunnel hin und entlang von Gefäßen auf den Handrücken ausbreiten. Dort kann es dann zu Schwellungen kommen. Der Handteller selbst bleibt durch die straffe Aponeurosis palmaris frei davon.
Oberflächenfaszien. Die Fascia dorsum manus und die oberflächliche Hohlhandfaszie, die am Os metacarpale I befestigt ist, sind miteinander verbunden. Aponeurosis manus. Sie gibt dem Handteller ein festes Widerlager. Sie ist deltaförmig. Proximal ist die Palmaraponeurose mit dem Retinaculum musculorum flexorum verbunden. Dann strahlt sie mit longitudinalen Bindegewebsfasern, Fibrae longitudinales, fächerförmig zu den Köpfen des 2.–5. Os metacarpale. Hinzu kommen Fibrae transversae, die distal Grundlage der interdigitalen Hautfalten (Schwimmhäute) sind. > Klinischer Hinweis
Zu unterscheiden sind oberflächliche Faszien, die die Hand umfassen, Aponeurosis palmaris, eine Verstärkung der Hohlhandfaszie, Bindegewebssepten für die Muskelgruppen des Thenars und Hypothenars sowie tiefe Faszien. Durch die Faszien und Septen entstehen die Thenarloge, mittlere Loge und Hypothenarloge.
>
Eine fortschreitende Schrumpfung der Palmaraponeurose führt zur Dupuytren-Beugekontraktur der Finger. Betroffen ist besonders der 4. und 5. Finger.
Bindegewebssepten sind Fortsetzungen der Oberflä-
chenfaszie in die Tiefe. Sie erreichen das Os metacarpale I bzw.V. Tiefe Hohlhandfaszien. Die tiefe Hohlhand- und die tiefe Handrückenfaszie, die sich beide an den Ossa metacarpi befestigen, fassen die Mm. interossei zwischen sich.
In Kürze
Aufbau und Funktion der oberen Extremität sind auf die Hand hin gerichtet, sodass sie schwerste und subtilste Arbeiten im Raum ausführen kann. Außerdem ist die Hand ein Ausdrucksmittel. Erreicht wird dies durch die während der stammesgeschichtlichen Entwicklung entstandene Beweglichkeit des Schultergürtels und durch die Schaffung einer vielfachen Gliederkette mit umfangreichen Bewegungsmöglichkeiten. Die Bewegungen finden in variabler Kombination in allen beteiligten Gelenken statt. Die obere Extremität spielt aber auch bei der Gleichgewichtssteuerung eine wichtige Rolle. Sie wird beim Gehen pendelnd mitbewegt. Für das Verständnis der Funktion von Schultergürtel und oberer Extremität hat die Muskulatur eminente Bedeutung. Auf sie geht der große Bewegungsumfang des Arms und die Subtilität der Bewegungen der Hand zurück.
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288
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
Leitungsbahnen im Schulter-/Armbereich Möchten Sie sich zunächst einen Überblick über die Organisation der Leitungsbahnen des menschlichen Körpers verschaffen, lesen Sie für die Blutgefäße S. 489, für die Lymphbahnen S. 151, für die Nerven S. 691. Im Folgenden werden Äste der großen Leitungsbahnen mit herausragender Bedeutung mit einem + gekennzeichnet. Arterien Wichtig
6
Arteriell werden Schulter und Arm von der A. subclavia, A. axillaris, A. brachialis, A. radialis, A. ulnaris und ihren Ästen versorgt.
A. subclavia. Die A. subclavia ist an der arteriellen Ver-
sorgung von Brustwand, Schultergürtel, Nackenmuskulatur, Hals und okzipitalen Teilen des Gehirns sowie des zervikalen und thorakalen Rückenmarks beteiligt. Einen Überblick über die Äste der A. subclavia gibt ⊡ Abb. 6.71. Weitere Einzelheiten S. 447. A. axillaris. Die Fortsetzung der A. subclavia wird vom
Unterrand der Klavikula bis zum Unterrand des M. pectoralis major als A. axillaris bezeichnet (⊡ Abb. 6.71). Die A. axillaris verläuft entlang dem M. coracobrachialis unter den Mm. pectorales vorn in der Achselhöhle. Dabei fügt sie sich zwischen die beiden Zinken der Medianus-
gabel (⊡ Abb. 6.75) ein. Der Puls der A. axillaris kann im distalen Teil der Achselhöhle gefühlt werden. Äste der A. axillaris Rr. subscapulares. Sie versorgen den M. subscapularis. A. thoracica superior, ein variables Gefäß zu Muskeln der vorderen Thoraxwand. A. thoracoacromialis. Sie entspringt unter dem M. pectoralis minor und verzweigt sich im Trigonum clavipectorale. Ihre Äste versorgen den M. subclavius, M. deltoideus, die Mm. pectoralis major et minor und erreichen das Rete acromiale auf dem Akromion. A. thoracica lateralis. Sie läuft am Seitenrand des M. pectoralis minor im Bereich der vorderen Achsellinie auf dem M. serratus anterior, den sie versorgt, nach unten. Ihre Rr. mammarii laterales ziehen zur Brustdrüse. A. subscapularis +. Das kurze, starke Gefäß läuft hinter der V. axillaris und spaltet sich in die A. thoracodorsalis, die die Richtung der A. subscapularis fortsetzt und sich zur Versorgung des M. latissimus dorsi, M. teres major und M. serratus anterior verzweigt. Die A. thoracodorsalis liegt dorsal vom N. thoracicus longus. Ihre distalen Zweige können den Nerv begleiten. A. circumflexa scapulae, die durch die mediale Achsellücke zusammen mit begleitenden Venen zur Fossa infraspinata zieht. Sie bildet eine wichtige Anastomose mit der A. suprascapularis. A. circumflexa humeri anterior, ein dünnes Gefäß, das vorn um das Collum chirurgicum zum Schultergelenk und zum M. deltoideus zieht. A. circumflexa humeri posterior +. Gemeinsam mit den begleitenden Vv. circumflexae posteriores humeri und dem N. axillaris läuft sie durch die laterale Achsellücke. Sie ent-
A. circumflexa humeri post. A. circumflexa humeri ant.
⊡ Abb. 6.71. A. subclavia dextra und A. axillaris mit ihren Ästen.Nicht bezeichnet A. thoracica superior (entspringt hinter der Klavikula)
289 6.3 · Extremitäten
sendet Zweige an den M. deltoideus, zum Caput longum des M. triceps brachii und zur Gelenkkapsel. Anastomosen im Bereich der Schulter bestehen über das Rete acromiale zwischen A. suprascapularis und R. profundus der A. transversa cervicis, zwischen der A. circumflexa scapulae und A. suprascapularis, zwischen A. thoracoacromialis und A. suprascapularis sowie zwischen A. circumflexa anterior humeri und zwischen A. circumflexa posterior humeri. A. brachialis. Als A. brachialis (⊡ Abb. 6.72) wird die Gefäßstrecke vom unteren Rand des M. pectoralis major bis zur Aufzweigung in A. radialis und A. ulnaris in der Ellenbeuge bezeichnet. Die A. brachialis läuft unter der Oberarmfaszie im Sulcus bicipitalis medialis – hier kann ihr Puls gefühlt werden – und wird vom N. medianus, von den Vv. brachiales und Lymphgefäßen begleitet. Knapp oberhalb der Ellenbeuge liegt sie oberflächlich direkt unter der Oberarmfaszie. Varianten der A. brachialis In der Achselhöhle und am Oberarm gibt es zahlreiche Varianten der Arterien. Davon sind wichtig eine persistierende A. brachialis superficialis, eine embryonal angelegte, in der Regel zurückgebildete oberflächliche Gabel der A. brachialis. Sofern dies Gefäß vorhanden ist, liegt es vor der Medianusgabel, am Oberarm ventral vom N. medianus und mündet meistens in die A. radialis. Da die Arterie in der Ellenbeuge oberflächlich liegt, kann sie bei einer Venenpunktion versehentlich getroffen werden, eine hohe Teilung der A. brachialis, ein Sonderfall der erstgenannten Variante. Dabei zweigt die A. radialis bereits am Oberarm ab (hohe Abzweigung der A. radialis). Entwicklungsgeschichtlich ist dabei der distale Abschnitt der A. brachialis superficialis erhalten geblieben. > Klinischer Hinweis Bei distalen Verletzungen des Arms mit starken Blutungen kann kurzfristig die A. brachialis durch Anpressen an den Humerus im Sulcus bicipitalis medialis unterbunden werden.
Äste der A. brachialis A. profunda brachii +. Sie läuft gemeinsam mit dem N. ra-
dialis und Begleitvenen zwischen Caput mediale et laterale des M. triceps brachii dorsal um den Humerusschaft (⊡ Abb. 6.72) am Sulcus nervi radialis. Ihre Äste versorgen den Humerus, den M. deltoideus und erreichen das Rete articulare cubiti, ein arterielles Gefäßnetz am Olekranon. A. collateralis radialis. Sie ist der Endast der A. profunda brachii. Sie teilt sich in einen R. anterior und R. posteri-
⊡ Abb. 6.72. Arterien am Oberarm und Anastomosen in der Ellenbogengegend
or. Der R. anterior durchbricht das Septum intermusculare brachii laterale und verbindet sich mit der A. recurrens radialis. Der R. posterior anastomosiert mit der A. interossea recurrens. A. collateralis ulnaris superior. Sie entspringt distal vom Abgang der A. profunda brachii aus der A. brachialis, begleitet den N. ulnaris, anastomosiert mit dem R. posterior der A. recurrens ulnaris und steht mit dem Rete articulare cubiti in Verbindung. A. collateralis ulnaris inferior. Sie bildet eine Anastomose mit dem R. anterior der A. recurrens ulnaris (⊡ Abb. 6.72). Ein dorsaler Ast durchbricht das Septum intermusculare brachii mediale und nimmt Verbindung mit dem Rete articulare cubiti auf. A. radialis. Die A. brachialis teilt sich in der Ellenbeuge
unter der Aponeurosis musculi bicipitis in die A. radialis und A. ulnaris. Die A. radialis setzt die Verlaufsrichtung der A. brachialis fort (⊡ Abb. 6.72). Sie zieht zunächst über den M. pronator teres hinweg und gelangt dann in den Raum zwischen M. flexor carpi radia-
6
290
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
lis und M. brachioradialis (radiale Gefäß-Nerven-Straße, ⊡ Tabelle 6.29). Zwischen den Endsehnen der beiden Muskeln unmittelbar oberhalb des Radiokarpalgelenks liegt sie dann so oberflächlich, dass hier der Puls getastet werden kann. Dann biegt sie von der radialen Seite
>
der Handwurzel nach dorsal in die Tabatière und gelangt unter der Sehne des M. extensor pollicis longus zwischen 1. und 2. Mittelhandknochen wieder auf die Palmarseite der Hand, wo sie in den tiefen Hohlhandbogen übergeht.
In Kürze
Versorgungsgebiete der A. radialis sind die radiale Muskelgruppe des Unterarms, die radial gelegenen Flexoren, der Daumenballen und Handrücken sowie über die Hohlhandbögen die Finger.
6
Äste der A. radialis (⊡ Abb. 6.72, 6.73) A. recurrens radialis. Das rückläufige Gefäß bildet eine Ana-
stomose mit dem R. anterior der A. collateralis radialis und gibt Muskeläste und Äste zum Rete articulare cubiti ab. R. carpalis palmaris zum Rete carpale palmare, einem Gefäßnetz vorn auf den Handwurzelknochen. R. palmaris superficialis zum oberflächlichen Hohlhandbogen, indem der Ast durch die Thenarmuskulatur hindurchzieht. R. carpalis dorsalis zum Rete carpale dorsale, einem Gefäßnetz dorsal auf der Handwurzel unter den Extensorsehnen, Aa. metacarpales dorsales. Nr. I zweigt dorsal aus der A. radialis ab, Nr. II–V aus dem Rete carpale dorsale.
Aa. digitales dorsales. Sie gehen aus den Aa. metacarpales hervor, am Daumen aus der A. radialis. A. princeps pollicis. Sie kommt als kurzer Ast aus der A. radialis zwischen M. interosseus dorsalis I und M. adductor pollicis und spaltet sich in die beiden Aa. digitales palmares für die mediale und laterale Seite des Daumens. A. radialis indicis. Sie stammt aus der A. princeps pollicis oder aus dem tiefen Hohlhandbogen und geht zur radialen Seite des Zeigefingers. Arcus palmaris profundus + (⊡ Abb. 6.73), tiefer Hohlhandbogen. Er entsteht aus der Fortsetzung der A. radialis, die ihn überwiegend speist, und der Anastomose mit dem schwächeren R. palmaris profundus aus der A. ulnaris. Der tiefe Hohlhandbogen liegt in Begleitung des tiefen Astes des N. ulnaris unter den langen Flexorsehnen auf den Basen der Ossa metacarpalia.Von ihm gehen ab die Aa. metacarpales palmares, 3–4 dünne Gefäße aus dem tiefen Hohlhandbogen zur Muskulatur zwischen den Mittelhandknochen und die Rr. perforantes,Verbindung der Aa. metacarpales palmares mit den Aa. metacarpales dorsales. A. ulnaris. Leitmuskel der A. ulnaris (⊡ Abb. 6.72, 6.73) ist der M. flexor carpi ulnaris, unter dem sie gemeinsam mit Begleitvenen und dem N. ulnaris verläuft. Der Puls der A. ulnaris kann in der Nähe der Handwurzel neben der Sehne des M. flexor carpi ulnaris gefühlt werden. Dann überquert die A. ulnaris das Retinaculum flexorum. Unter der Palmaraponeurose setzt sie sich in den oberflächlichen Hohlhandbogen fort, der durch eine Anastomose mit dem R. palmaris superficialis der A. radialis entsteht.
⊡ Abb. 6.73. Arterien der Hand, palmare Seite
291 6.3 · Extremitäten
>
In Kürze
Versorgungsgebiete der A. ulnaris sind die ulnare Seite der oberflächlichen Beuger, die tiefen Beuger und über die A. interossea posterior die Strecker des Kleinfingerballens und über den Hohlhandbogen die Finger.
Äste der A. ulnaris A. recurrens ulnaris. Sie spaltet sich unter dem M. pronator
teres in einen vorderen und in einen hinteren Zweig: R. anterior. Er bildet eine Anastomose mit der A. collateralis ulnaris inferior. R. posterior. Dieser Ast gewinnt Anschluss an das Rete articulare cubiti und die A. collateralis ulnaris superior. A. interossea communis. Das kurze Gefäß teilt sich in die A. interossea anterior et posterior: A. interossea anterior. Sie läuft auf der Membrana interossea antebrachii zwischen M. flexor digitorum profundus und M. flexor pollicis longus nach distal und versorgt den M. pronator quadratus. Ihr Endast zieht zum Rete carpale palmare. Ein anderer distaler Ast durchbricht die Membrana interossea antebrachii und gelangt zum Rete carpale dorsale. Ein längerer dünner Seitenast begleitet den N. medianus (A. comitans nervi mediani). A. interossea posterior. Dieses Gefäß läuft durch eine proximale Lücke zwischen der Membrana interossea antebrachii und der Chorda obliqua, dann zwischen oberflächlicher und tiefer Streckerschicht, die sie auch mit Blut versorgt, bis zum Rete carpale dorsale. Ein rückläufiger Seitenast, die A. interossea recurrens, zieht unter dem M. anconeus nach oben zum Rete articulare cubiti. R. carpalis palmaris ist ein Ast der A. ulnaris zum Rete carpale palmare,einem Gefäßnetz auf den Handwurzelknochen. R. carpalis dorsalis. Er erreicht das Rete carpale dorsale. R. palmaris profundus setzt sich in den tiefen Hohlhandbogen (Arcus palmaris profundus) fort. Arcus palmaris superficialis + (⊡ Abb. 6.73). Der oberflächliche Hohlhandbogen wird überwiegend von der A. ulnaris gespeist, aus der er hervorgeht. Er bildet eine (inkonstante) Anastomose mit dem R. palmaris superficialis aus der A. radialis. Der unterschiedlich ausgebildete oberflächliche Hohlhandbogen liegt zwischen Palmaraponeurose und den langen Flexorsehnen auf den Nn. digitales palmares communes etwas weiter distal als der tiefe Bogen. Der Arcus palmaris superficialis gibt folgende Äste ab: A. digitalis propria für die ulnopalmare Kante des 5. Fingers, 3 Aa. digitales palmares communes, Aa. digitales palmares propriae. Sie gabeln sich und laufen zu den radialen und ulnaren Kanten der palmaren Fingerflächen. Der 2.–5. Finger werden letztlich von 4 Aa. digitales versorgt.
> Klinischer Hinweis Die Funktion eines ausreichend kollateralisierten Palmarkreislaufs wird vor dem Legen eines Dialyseshunts für die Blutentnahme bei der Hämodialyse oder vor der Punktion der A. radialis zur kontinuierlichen direkten Blutdruckmessung geprüft (Allen-Test). Hierbei werden zuerst die Aa. radialis und ulnaris unter Faustschluss bis zum Abblassen der Hand manuell komprimiert. Nach Freigabe der A. ulnaris muss die Wiederdurchblutung der Hand in weniger als 15 Sekunden erfolgen. Sonst ist keine ausreichende Ausbildung des Arcus palmaris anzunehmen. Die A. radialis kann dann nicht vom Palmarkreislauf abgekoppelt werden.
Rete articulare cubiti. Es handelt sich um ein arterielles Gefäßnetz an der Dorsalseite des Ellenbogengelenks. Hier besteht die Möglichkeit der Ausbildung von Kollateralkreisläufen, die nach einer Notfallunterbindung der A. brachialis distal vom Abgang der A. profunda brachii wichtig werden. Das Netz wird gebildet von absteigenden Ästen: A. collateralis radialis, A. collateralis media,A. collateralis ulnaris superior und inferior und rückläufig aufsteigenden Ästen: A. recurrens radialis, A. recurrens ulnaris und A. interossea recurrens. Rete carpale dorsale. Es liegt auf der Dorsalseite des Kar-
pus. Kollateralkreisläufe sind möglich durch die Zuflüsse aus der A. interossea anterior und posterior, aus dem R. carpalis dorsalis (aus der A. radialis) und dem R. carpalis dorsalis (aus der A. ulnaris). Die Unterbindung einer der beiden Unterarmarterien bleibt deshalb meist ohne Folgen. > Klinischer Hinweis Sowohl die Hohlhandbögen als auch die Gefäßnetze sind sehr variabel. Dargestellt ist hier der Regelfall.
Venen Wichtig
Der venöse Blutabfluss aus dem Arm erfolgt getrennt nach Dränagegebiet durch oberflächliche und durch tiefe Venen.
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292
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
Die oberflächlichen Venen (Hautvenen) liegen vorwiegend epifaszial, d. h. über den Armfaszien im subkutanen Bindegewebe. Sie verlaufen unabhängig von den Arterien, bilden Netze und stehen mit den tiefen Venen durch zahlreiche Anastomosen in Verbindung. Im Gegensatz zu den oberflächlichen Venen laufen die tiefen Venen zusammen mit den Arterien (Vv. comitantes, Begleitvenen). Größere Arterien werden von 2 Venen flankiert. Die beiden Begleitvenen stehen untereinander durch quere oder schräge Anastomosen in Verbindung. Der Zufluss erfolgt aus Muskeln, Bindegewebe und aus Skelettteilen.
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Oberflächliche Venen (⊡ Abb. 6.74) Rete venosum dorsale manus, venöses Netz auf der Streck-
seite des Handrückens mit zahlreichen Verbindungen zu tiefen und anderen oberflächlichen Armvenen, insbesondere zur V. cephalica und V. basilica. In einem Arcus venosus palmaris superficialis wird das Blut aus der Hohlhand gesammelt. V. cephalica +. Sie beginnt an der Dorsalfläche des Daumens, gelangt dann auf die radiale Seite des Unterarms, durchläuft die Ellenbeuge auf der lateralen Seite, zieht im Sulcus bicipitalis lateralis und anschließend im Sulcus deltoideopectoralis zum Trigonum clavipectorale, wo sie in die V. axillaris mündet. Die V. cephalica steht mit tiefen Armvenen sowie mit anderen oberflächlichen Venen und venösen Netzen an vielen Stellen in Verbindung. Eine inkonstante V. cephalica accessoria kann vom Rete venosum über die Streckseite des Unterarms proximal Anschluss an die V. cephalica gewinnen. V. basilica +. Sie beginnt in der ulnaren Gegend des Handrückens, läuft auf der medialen Beugeseite des Unterarms zur Ellenbeuge, durchbricht am Hiatus basilicus die Fascia brachii etwa am Übergang vom distalen zum mittleren Oberarmdrittel und mündet in die mediale V. brachialis. V. mediana antebrachii, eine inkonstante Vene am Unterarm zwischen V. cephalica und V. basilica. V. mediana cubiti. Sie verbindet die V. cephalica mit der V. basilica in der Ellenbeuge. V. mediana basilica, inkonstante Vene in der Ellenbeuge. V. mediana cephalica, inkonstanter Zufluss zur V. cephalica in der Ellenbeuge. Tiefe Venen (Begleitvenen) Ihr Verlauf und ihre Bezeichnungen entsprechen den Arterien. Dem oberflächlichen und tiefen arteriellen Hohlhandbogen entspricht ein Arcus venosus palmaris superficialis und profundus. Die Vv. radiales und die Vv. ulnares sind im Vergleich zu den Arterien auffallend dünne Gefäße. Sie münden in die Vv. brachiales +, die sich weiter proximal in unterschiedlicher Höhe zur V. axillaris vereinigen.
⊡ Abb. 6.74. Oberflächliche Venen am Handrücken und an der Vorderseite von Unter- und Oberarm. Die schraffierten Verlaufsstrecken liegen subfaszial. Sterne Anschlussstellen der V. cephalica. Am Oberarm sind die wichtigsten Lymphknotengruppen dargestellt
In die V. axillaris + mündet außer den Begleitvenen die V. thoracoepigastrica. Sie steht netzartig mit den epigastrischen Venen in Verbindung. Hierdurch bestehen Anastomosen zwischen oberer und unterer Hohlvene. Bei portaler Hypertension können sie sich zu einem Umgehungskreislauf ausbilden (⊡ Abb. 8. 73). Die V. subclavia + läuft als Fortsetzung der V. axillaris unter der Klavikula und dem M. subclavius auf der 1. Rippe vor dem M. scalenus anterior. Hier ist sie mit der Fascia clavipectoralis fest verbunden.
293 6.3 · Extremitäten
> Klinischer Hinweis Die oberflächlichen Armvenen eignen sich zur Venenpunktion und Venensektion. Hierbei ist zu beachten, dass Stärke, Verlauf und Anordnung der oberflächlichen Venen sehr variabel sind. Bei Injektionen in der Ellenbogengegend ist an den »hohen Abgang« der A. brachialis und eine oberflächliche Lage der A. brachialis superficialis bzw. A. radialis an atypischer Stelle auf der Aponeurosis musculi bicipitis brachii zu achten. Bei einer Verletzung der V. subclavia besteht Gefahr einer Luftembolie.
Lymphsystem Wichtig
Lymphbahnen und Lymphknoten lassen ähnlich wie die Venen ein oberflächliches und ein tiefes System unterscheiden.
Nerven Wichtig
Schulter und Arm werden vom Plexus brachialis innerviert.
Der Plexus brachialis, Armgeflecht (⊡ Abb. 6.75), wird von den Rr. anteriores der Spinalnerven aus den Segmenten C5 bis Th1, mit kleineren Bündeln aus C4 und Th2 gebildet. Nach kurzem Verlauf formieren sich die Rr. anteriores der Spinalnerven zu 3 Trunci, zum Truncus superior mit Fasern aus C5 und C6 mit kleinen Bündeln aus C4, Truncus medius aus C7 und Truncus inferior aus C8 und Th1 mit kleinen Bündeln aus Th2.
Die oberflächlichen Lymphbahnen laufen vorwiegend in Begleitung der oberflächlichen Venen (V. cephalica,V. basilica) und die tiefen befinden sich in den tiefen Gefäßstraßen. Zwischen beiden Anteilen bestehen Verbindungen. In beide Lymphbahnen sind Lymphknoten eingeschaltet. Einige sind auffällig (⊡ Abb. 6.74). Sie werden z. B. bei einer Lymphangitis tastbar, einer Lymphgefäßentzündung nach Eindringen von Erregern in Lymphkapillaren.
Die Trunci gelangen durch die Skalenuslücke (S. 299) zusammen mit der A. subclavia in den Bereich der Klavikula. Dort schließen sie sich zu 3 Fasciculi zusammen, dem Fasciculus lateralis aus dem Truncus superior und Truncus medius, Fasciculus medialis aus dem Truncus inferior und Fasciculus posterior aus den dorsalen Anteilen aller 3 Trunci.
Oberflächliche Lymphknoten
Topographisch wird die Verlaufsstrecke aller Anteile des Plexus brachialis zwischen der Wirbelsäule und der unteren Fläche der Klavikula als Pars supraclavicularis, der folgende Abschnitt bis zur Achselhöhle als Pars infraclavicularis bezeichnet. Aus beiden Abschnitten gehen Nerven für Schulter und Arm hervor.
Nodi lymphatici cubitales et supratrochleares, Zuflüsse aus
dem Unter- und z. T. dem Oberarm, Nodi lymphatici axillares laterales (⊡ Abb. 6.61), epifaszial in der Axilla gelegen. Einzugsgebiet: Arm. Tiefe Lymphknoten (⊡ Abb. 6.74) Nodi lymphatici brachiales. Sie liegen der A. brachialis an.
Zufluss aus dem Arm, Nodi lymphatici axillares centrales an der Rückseite des
M. pectoralis minor. Zufluss aus oberflächlichen Lymphknoten, Nodi lymphatici deltopectorales, unter dem M. deltoideus, Nodi lymphatici axillares apicales, oberhalb des Ansatzes des M. pectoralis minor und hinter der Klavikula. Sie haben Verbindung zu supraklavikulären Lymphknoten. Zufluss aus dem Arm und der Mamma. Nodi lymphatici subscapulares. Zufluss aus der Schulterregion und der dorsalen Thoraxwand. Die Lymphe gelangt schließlich in den Truncus subclavius (S. 151).
Pars supraclavicularis. Aus der Pars supraclavicularis
zweigen ab: N. dorsalis scapulae (C4–5). Er durchbohrt den M. scalenus medius und versorgt den M. levator scapulae, M. rhomboideus major und M. rhomboideus minor. N. thoracicus longus (C5–7). Er durchsetzt den M. scalenus medius unterhalb vom N. dorsalis scapulae, läuft dann in der mittleren Achsellinie auf dem M. serratus anterior, den er auch innerviert, nach distal. N. subclavius (C5–6). Er zieht zum M. subclavius. Gelegentlich gibt er einen Ast an den N. phrenicus ab (Nebenphrenicus).
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Kapitel 6 · Bewegungsapparat
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⊡ Abb. 6.75. Der Plexus brachialis bildet sich aus den vorderen Ästen von C5–Th1. Aus dem Truncus superior und medius entsteht der Fasciculus lateralis, aus dem Truncus inferior der Fasciculus medialis. Der Fasciculus posterior erhält Zugänge aus allen 3 Trunci. (In Anlehnung an Feneis 1982)
N. suprascapularis. Er läuft durch die Incisura scapulae unterhalb des Lig. transversum scapulae zum M. supraspinatus und M. infraspinatus. N. pectoralis medialis und N. pectoralis lateralis. Sie laufen ventralwärts und versorgen den M. pectoralis major et minor. N. subscapularis. Er besteht meistens aus mehreren Ästen und versorgt den M. subscapularis, gelegentlich auch den M. teres major. N. thoracodorsalis. Er geht bisweilen auch aus dem Fasciculus posterior hervor. In seinem weiteren Verlauf zieht er am seitlichen Rand der Skapula entlang und versorgt den M. latissimus dorsi und den M. teres major (der M. teres major wird gelegentlich auch vom N. subscapularis innerviert). Pars infraclavicularis. Sie besteht nun bereits aus den 3 Faszikeln, die Teile der Schulter und den Arm versorgen. Am Arm innervieren der Fasciculus posterior die Strecker, Fasciculi medialis et lateralis die Beuger.
Übersicht über die Hauptäste der Fasciculi plexus brachialis Fasciculus lateralis (⊡ Abb. 6.75)
N. musculocutaneus, Radix lateralis des N. medianus. Fasciculus medialis (⊡ Abb. 6.75) N. cutaneus brachii medialis, N. cutaneus antebrachii medialis, N. ulnaris, Radix medialis des N. medianus. Fasciculus posterior (⊡ Abb. 6.75) N. axillaris, N. radialis. Fasciculus lateralis
N. musculocutaneus (aus C5 und C7). Er durchbohrt den M. coracobrachialis. Mit seinen – Rr.musculares innerviert er alle Flexoren des Oberarms. Sein Endast, – N. cutaneus antebrachii lateralis, läuft zwischen M. biceps brachii und M. brachialis nach distola-
295 6.3 · Extremitäten
teral, erscheint dann oberhalb des Ellenbogengelenks an den seitlichen Rändern beider Muskeln und versorgt die radiale Unterarmgegend sensibel (⊡ Abb. 6.79). > Klinischer Hinweis Lähmungen. Nach Ausfall des N. musculocutaneus ist die Beugefähigkeit im Ellenbogengelenk merklich eingeschränkt, aber nicht vollständig aufgehoben, da der M. brachialis auch einige Fasern vom N. radialis erhält und eine Reihe von Unterarmmuskeln im Ellenbogengelenk beugen können.
N. medianus (aus C6–Th1, ⊡ Abb. 6.75, 6.76). Er entsteht mit einer lateralen Wurzel, Radix lateralis, aus dem Fasciculus lateralis, und einer medialen Wurzel, Radix medialis, aus dem Fasciculus medialis. Die beiden Wurzeln liegen jeweils lateral bzw. medial der A. axillaris an. Im weiteren Verlauf vereinigen sich die Wurzeln vor der A. axillaris und bilden die Medianusgabel. Variationen. Sie sind zahlreich, sei es, dass die Wurzeln des Medianus gespalten sind und dadurch die Medianusgabel gedoppelt ist oder überhaupt fehlt, sei es, dass sich Medianusfasern dem N. musculocutaneus anschließen bevor sie in der Oberarmmitte zum N. medianus zurückkehren.
Verlauf. In der Regel verläuft der N. medianus mit der
A. brachialis medial am Septum intermusculare brachii (mediale Gefäß-Nerven-Straße, ⊡ Abb. 6.80) zur Ellenbeuge. Dann gelangt er unter der Aponeurosis musculi bicipitis brachii zum Unterarm. Hier durchbohrt er den M. pronator teres und erreicht zwischen oberflächlichen und tiefen Flexoren und medial der Sehne des M. flexor carpi radialis gelegen den Canalis carpi und zieht dann zur Hohlhand. Äste des N. medianus Rr. musculares. Sie innervieren die Muskeln der Beugergruppen am Unterarm mit Ausnahme des M. flexor carpi ulnaris. N. interosseus antebrachii anterior. Er läuft auf der Membrana interossea antebrachii und versorgt die M. flexor pollicis longus, M. flexor digitorum profundus (radialer Anteil), M. pronator quadratus. Weitere Äste ziehen zu tiefen Schichten der Beuger sowie sensible Äste zum Periost und zu den Handgelenken. R. palmaris nervi mediani, kleiner sensibler Ast aus dem unteren Drittel des N. medianus zur Haut über der Handwurzel und dem Daumenballen (⊡ Abb. 6.79). R. communicans cum nervo ulnari. Er verbindet den N. medianus oder seine Zweige mit dem R. superficialis des N. ulnaris auf den langen Beugesehnen in der Hohlhand.
⊡ Abb. 6.76. N. medianus und sein motorisches Innervationsgebiet
Nn. digitales palmares communes I–III +. Aus dem N. medianus oder dem ersten (radialen) N. digitalis palmaris communis zweigen motorische Äste ab für die Mm. lumbricales I et II und für die Daumenballenmuskulatur (ausgenommen den M. adductor pollicis und Caput profundum des M. flexor pollicis brevis). Die Nn. digitales palmares communes spalten sich in die sensiblen Fingernerven auf: Nn. digitales palmares proprii +. Sie versorgen palmar die Haut der radialen dreieinhalb Finger und dorsal die Haut der Endglieder dieser Finger (⊡ Abb. 6.79).
Sensible Autonomgebiete des N. medianus an der Hand
sind die Endglieder des Zeige- und Mittelfingers (⊡ Abb. 6.79 a, b). Der N. medianus wird von vielen vegetativen Nerven begleitet.
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Kapitel 6 · Bewegungsapparat
>
In Kürze
Am Unterarm versorgt der N. medianus alle Flexoren mit Ausnahme des M. flexor carpi ulnaris und des ulnaren Teils des M. flexor digitorum profundus, an der Hand die Mm. lumbricales I et II sowie von den Thenarmuskeln den M. abductor pollicis brevis, M. opponens pollicis und den oberflächlichen Kopf des M. flexor pollicis brevis.
> Klinischer Hinweis
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Lähmungen. Schädigungen des N. medianus unterschiedlichen Grades kommen u. a. nach suprakondylären Humerusfrakturen (dann auch Lähmung des M. pronator teres und des M. pronator quadratus), Schnittverletzungen oberhalb des Handgelenks und am häufigsten durch Kompression im Canalis carpi (vgl. Karpaltunnelsyndrom, S. 285) vor. Symptome. Infolge des Ausfalls der oben aufgeführten Muskeln ist der Faustschluss unvollständig; Zeigefinger und zum Teil auch der Mittelfinger können im Mittel- und Endgelenk nicht mehr gebeugt werden; die Beugefähigkeit des Daumens im Grund- und Endgelenk ist aufgehoben (»Schwurhand«). Hingegen besteht noch die Möglichkeit, Ring- und Kleinfinger zu beugen, da die Sehnen dieser Finger aus dem ulnaren Teil des M. flexor digitorum profundus hervorgehen, der vom N. ulnaris versorgt wird). Der Daumen steht in Adduktionsstellung (»Affenhand«, da der M. adductor pollicis vom N. ulnaris motorisch innerviert wird). Die Daumengelenke sind überstreckt, weil die Extensoren vom N. radialis versorgt werden und die Beuger, insbesondere der M. flexor pollicis longus, gelähmt sind. Da der M. opponens pollicis ausfällt, können Daumen- und Kleinfingerkuppe nicht zur Berührung gebracht werden (Daumen-Kleinfinger-Probe nicht möglich). Die Thenarmuskeln atrophieren. Sensible Ausfälle (⊡ Abb. 6.79). Die Sensibilität ist in den sensiblen Autonomgebieten herabgesetzt oder aufgehoben.
tum intermusculare brachii mediale zum Sulcus nervi ulnaris an der Unterseite des Epicondylus medialis, wo er dicht unter der Haut liegt (sog. Musikantenknochen). Im Oberarm gibt der N. ulnaris keine Äste ab. Anschließend dringt er zwischen Caput humerale und Caput ulnare des M. flexor carpi ulnaris zur Beugeseite des Unterarms vor und zieht unter diesem Muskel mit der A. ulnaris (ulnare Gefäß-NervenStraße) über das Retinaculum musculorum flexorum hinweg zur Hand.
Fasciculus medialis
N. cutaneus brachii medialis (⊡ Abb. 6.75). Er zieht mit den Vv. brachiales nach distal, durchbricht die Oberarmfaszie und versorgt sensibel die Haut an der medialen Seite des Oberarms (⊡ Abb. 6.79). Er bildet Anastomosen mit den Nn. intercostobrachiales aus dem 2. und 3. Interkostalnerven. N. cutaneus antebrachii medialis. Er schließt sich der V. basilica an und teilt sich am Hiatus basilicus in 2 Äste. Der R. anterior versorgt sensibel die mediale Hälfte der Beugeseite des Unterarms, der R. ulnaris die ventroulnare Hautzone des Unterarms (⊡ Abb. 6.79). Radix medialis des N. medianus (s. oben). N. ulnaris (aus C8 und Th1, ⊡ Abb. 6.75, 6.77). Er läuft auf der medialen Seite des Oberarms hinter dem Sep-
⊡ Abb. 6.77. N. ulnaris und sein motorisches Innervationsgebiet
297 6.3 · Extremitäten
Äste des N. ulnaris zum Unterarm Rr. musculares für den M. flexor carpi ulnaris und den ulnaren Teil des M. flexor digitorum profundus. R. dorsalis nervi ulnaris. Er zweigt etwa am Übergang vom mittleren zum distalen Unterarmdrittel ab, läuft unter dem M. flexor carpi ulnaris zum Handrücken, anastomosiert mit dem R. superficialis des N. radialis und gibt die Nn. digitales dorsales + zur sensiblen Innervation der ulnaren zweieinhalb Finger im Bereich des jeweiligen Grund- und Mittelgliedes ab; die Endglieder werden von palmar aus versorgt (⊡ Abb. 6.66). R. palmaris nervi ulnaris +. Er zweigt am Unterarm ab und versorgt die Haut an der ulnaren Seite der Hohlhand (Kleinfingerballen). R. superficialis. Er liegt unter der Palmaraponeurose, anastomosiert mit dem N. medianus, gibt einen Ast für den
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M. palmaris brevis ab und spaltet sich in die folgenden Nerven: Nn. digitales palmares communes, aus dem N. ulnaris, meistens nur in der Einzahl, und Nn. digitales palmares proprii + für die Haut der ulnaren anderthalb Finger einschließlich der der Dorsalseite der Endglieder. R. profundus +. Er ist der motorische Ast für alle Hypothenarmuskeln (M. flexor digiti minimi brevis, M. abductor digiti minimi, M. opponens digiti minimi), für alle Mm. interossei palmares et dorsales, die Mm. lumbricales III et IV sowie für den M. adductor pollicis und das Caput profundum des M. flexor pollicis brevis. Das Autonomgebiet des N. ulnaris liegt am Endglied des
Kleinfingers.
In Kürze
Der N. ulnaris versorgt motorisch den M. flexor carpi ulnaris und den ulnaren Teil des M. flexor digitorum profundus, der R. profundus alle Hypothenarmuskeln, einen Teil der Thenarmuskeln, alle Mm. interossei und die Mm. lumbricales III et IV (⊡ Abb. 6.77), sensibel palmar anderthalb, dorsal zweieinhalb Finger (⊡ Abb. 6.79 a, b).
> Klinischer Hinweis Lähmungen des N. ulnaris entstehen z. B. durch Druckschädigung am Sulcus nervi ulnaris am Epicondylus medialis des Humerus (z. B. unzureichende Polsterung des Arms, wenn der Patient in Narkose auf dem Operationstisch liegt) sowie bei Schnittverletzungen und Brüchen des Epicondylus medialis. Symptome. Kennzeichnend ist die »Krallenhand«, d. h. Überstreckung in den Fingergrundgelenken bei gleichzeitiger Beugung in den Mittel- und Endgelenken, insbesondere des 4. und 5. Fingers. Dies kommt durch Lähmung der Mm. lumbricales und Mm. interossei zustande. Die Muskeln beugen in der Grundphalanx und strecken in der Mittel- und Endphalanx des 2.–5. Fingers. Außerdem ist weitgehend die Fähigkeit aufgehoben, die Finger in den Grundgelenken zu abduzieren und zu adduzieren. Ferner atrophiert die Muskulatur des Daumenund Kleinfingerballens und die Zwischenräume zwischen den Ossa metacarpalia sinken ein. Darüber hinaus ist die Ulnarabduktion der Hand eingeschränkt und der Faustschluss unvollständig, weil durch Ausfall des ulnaren Teils des M. flexor digitorum profundus der 4. und 5. Finger kaum gebeugt werden kann. Schließlich kann der Daumen nicht mehr adduziert werden, da auch das Caput transversum des M. adductor pollicis ausfällt. Damit ist auch die Daumen-Kleinfinger-Probe negativ, bei der versucht wird, mit dem Daumen das Endglied des kleinen Fingers zu erreichen.
Fasciculus posterior (⊡ Abb. 6.75)
N. axillaris. Er läuft durch die laterale Achsellücke, dann unter dem M. deltoideus um das Collum chirurgicum des Humerus begleitet von der A. circumflexa humeri posterior und 2 gleichnamigen Venen. Äste des N. axillaris Rr. musculares für den M. deltoideus und M. teres minor und N. cutaneus brachii lateralis superior. Dieser Endast erscheint am hinteren Rand des Deltamuskels,versorgt sensibel die oberen seitlichen und dorsalen Hautgebiete des Oberarms. > Klinischer Hinweis Lähmungen des N. axillaris. Ursache für motorische Lähmungen des N. axillaris s. Topographie S. 301. Symptome. Die Abduktionsfähigkeit im Schultergelenk ist herabgesetzt. Wenn auch der sensible Ast des N. axillaris betroffen ist, dann entstehen Sensibilitätsstörungen seitlich über dem Deltamuskel.
N. radialis (aus C5–Th1, ⊡ Abb. 6.78). Er läuft dorsal am Humerus in einer steilen Schraubentour im Sulcus nervi radialis mit der A. profunda brachii zwischen Caput mediale et laterale des M. triceps brachii nach unten. Zwischen Nerv und Knochen befindet sich nur eine 1–3 mm dicke Bindegewebsschicht. Distal durchbricht er das Septum intermusculare brachii
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298
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
laterale und gelangt in der Tiefe zwischen M. brachioradialis und M. brachialis in die Ellenbeuge. Hier spaltet er sich vor dem Speichenkopf in einen oberflächlichen und einen tiefen Ast. Äste des N. radialis N. cutaneus brachii posterior zur Haut der Dorsalseite des
Oberarms (⊡ Abb. 6.79 a, b).
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⊡ Abb. 6.78. N. radialis und sein motorisches Innervationsgebiet
>
N. cutaneus brachii lateralis inferior für den unteren seitlichen Hautbezirk am Oberarm (⊡ Abb. 6.79). N. cutaneus antebrachii posterior zur Haut der Unterarmstreckseite. Rr. musculares +zum M. triceps brachii, M. anconeus, M. articularis cubiti. M. brachioradialis und zum M. extensor carpi radialis longus. R. profundus +. Er durchbohrt den M. supinator, läuft dann zwischen oberflächlicher und tiefer Schicht der Streckergruppe und versorgt die Streckergruppe des Unterarms. N. interosseus antebrachii posterior. Als Endast des R. profundus erreicht er auf der Membrana interossea antebrachii die Handgelenke, die er sensibel versorgt. R. superficialis. Er begleitet die A. radialis (radiale Gefäß-Nerven-Straße), läuft am Übergang des mittleren zum unteren Radiusdrittel unter dem M. brachioradialis zur Streckseite und zum Handrücken und innerviert dort die Haut (⊡ Abb. 6.66). R. communicans cum nervo ulnari. Er verbindet den R. superficialis mit dem R. dorsalis nervi ulnaris. Nn. digitales dorsales + sind sensible Endäste des R. superficialis für die Grund- und Mittelglieder der radialen zweieinhalb Finger im dorsalen Bereich (⊡ Abb. 6.79 a, b). Die Endglieder werden von palmar aus erreicht.
In Kürze
Der N. radialis versorgt motorisch die Streckergruppe des Ober- und Unterarms, sensibel die Haut über der Streckseite des Ober- und Unterarms sowie dorsal die Haut der Grund- und Mittelglieder der radialen zweieinhalb Finger.
> Klinischer Hinweis Lähmungen des N. radialis können auftreten bei Nervenunterbrechung im Bereich der Axilla (Krückenlähmung),bei Oberarmschaftbrüchen, Frakturen und Luxationen des proximalen Speichenendes,auch nach chronischen Bleivergiftungen. Symptome.Wenn die Streckergruppe des Unterarms ausfällt,kann die Dorsalextension im Handgelenk nicht mehr aktiv ausgeführt werden. Es entsteht durch das Überwiegen der Flexoren eine »Fallhand«. Dadurch ist ein Faustschluss nicht
mehr in voller Stärke möglich, da die volle Kraft hierfür nur bei gestreckter oder dorsalflektierter Hand entfaltet werden kann. Beim Ausfall des M. triceps brachii ist der Patient nicht mehr in der Lage, im Ellenbogengelenk aktiv zu strecken. Bei gestrecktem Arm kann infolge der Lähmung des M. supinator nicht mehr supiniert werden (der M. biceps brachii kann nur bei gebeugtem Ellenbogengelenk supinieren). Schließlich sind auch der Trizeps-Brachii-Reflex und der Brachioradialis-Reflex abgeschwächt.
299 6.3 · Extremitäten
⊡ Abb. 6.79 a, b. Sensible Innervation des Arms. a Beugeseite; b Streckseite. Sensible Autonomgebiete dunkel
Segmentzuordnung. Über die Zuordnung der Dermato-
me S. 768.
Topographie und angewandte Anatomie Das vorliegende Kapitel über die Topographie des Schultergürtels und der oberen Extremität gibt Ihnen Gelegenheit, Ihr bereits erworbenes Wissen zu überprüfen und auf in der Praxis relevante Gebiete zu fokussieren. Schultergürtel
arteriae subclaviae). Im Gegensatz zur A. subclavia verläuft die V. subclavia vor dem M. scalenus anterior und hinter dem M. sternocleidomastoideus. > Klinischer Hinweis In der Skalenuslücke kann durch Muskelwirkung oder Bindegewebsstränge Druck auf den Plexus brachialis ausgeübt werden und zu Schmerzen im Arm führen: Skalenussyndrom. Ähnliche Beschwerden können durch eine Halsrippe ausgelöst werden. Dann wird nämlich beim Tragen von Lasten der Plexus auf die Halsrippe gedrückt, auf der er liegt.
Skalenuslücke. Sie gehört topographisch zum Hals, wird
jedoch hier besprochen, da die Leitungsbahnen hindurchtreten, die den Schultergürtel und die obere Extremität versorgen. Die dreieckige Skalenuslücke wird vom M. scalenus medius, M. scalenus anterior (⊡ Tabelle 7.14, S. 428) und der 1. Rippe begrenzt. Durch den oberen Teil der Lücke tritt der Plexus brachialis und durch den unteren die A. subclavia (sie überquert die 1. Rippe im Sulcus
Trigonum clavipectorale (hierzu S. 215). Das Trigonum
clavipectorale wird vom M. deltoideus, M. pectoralis major und von der Klavikula begrenzt. Oberflächlich besteht eine kleine Grube, Fossa infraclavicularis (MohrenheimGrube). Unter der Haut befindet sich die V. cephalica, die hier die Fascia clavipectoralis durchbricht und in die Tiefe zieht. Die V. cephalica ist an der unteren Spitze des
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Kapitel 6 · Bewegungsapparat
Dreiecks, das sich in den Sulcus deltoideopectoralis fortsetzt, leicht aufzufinden. Gleichfalls wird hier die Fascia clavipectoralis von Leitungsbahnen durchbrochen, die unter ihr liegen (mittlere Schicht): Nn. pectorales für die Mm. pectorales. In der tiefen Schicht (4–5 cm unter der Haut) findet man von medial nach lateral die V. axillaris, die A. axillaris und den Plexus brachialis. Alle Leitungsbahnen werden bei ihrem Verlauf unter der Klavikula so gut vom M. subclavius gepolstert, dass sie bei Schlüsselbeinbrüchen nur sehr selten verletzt werden.
nen und des Plexus brachialis bis in den Hals, nach unten medial in das gefäßbegleitende Bindegewebe des Sulcus bicipitalis medialis und in das der vorderen und seitlichen Brustwand. Durch die seitliche Achsellücke besteht eine Verbindung zum Spatium subdeltoideum und durch die mediale Achsellücke zum Bindegewebsraum unter der Skapula. Auf diesen Wegen können sich Blutungen und eitrige Entzündungen ausbreiten. Die Haut der Axilla ist behaart und enthält an der Grenze zur Subkutis kleine und große Schweißdrüsen.
> Klinischer Hinweis
Gefäß-Nerven-Strang. Er besteht aus der A. axillaris, V. axillaris mit begleitenden Lymphgefäßen und dem infraklavikulären Abschnitt des Plexus brachialis mit den abzweigenden großen Nerven. Leitmuskel ist der M. coracobrachialis. Die A. axillaris, die am weitesten lateral liegt, gibt in der Fossa axillaris ab (vgl. S. 288): A. thoracica superior, A. thoracoacromialis, A. thoracica lateralis, A. subscapularis, A. circumflexa anterior humeri und A. circumflexa posterior humeri. Die V. axillaris befindet sich ventromedial. In sie münden die beiden Vv. brachiales ein. Offen gehalten werden alle Venen durch verspannende Bindegewebsfasern. Der infraklavikuläre Anteil des Plexus brachialis (vgl. S. 294) besteht aus den 3 Faszikeln des Plexus brachialis, die sich der Arterie anlagern und weiter distal die Medianusgabel bilden. Aus ihnen gehen noch in der Fossa axillaris die Armnerven hervor, wobei bereits eine Zuordnung zu den ventralen und dorsalen Muskelgruppen erfolgt. Äste: Nn. pectorales, N. subscapularis, N. thoracodorsalis, N. musculocutaneus, N. cutaneus brachii medialis und N. cutaneus antebrachii medialis.
Auch bei einem Kreislaufkollaps kann die A. subclavia im Trigonum subclaviculare punktiert bzw. infundiert werden, weil sie am Periost der Klavikula befestigt ist und nicht kollabiert. Andererseits droht bei Verletzungen der A. subclavia an dieser Stelle die Gefahr der Luftembolie (Die Saugwirkung des Herzens reicht bis hierher).
Schulter Spatium subdeltoideum. Es befindet sich unter dem M. deltoideus und wird im Wesentlichen von der Bursa subdeltoidea gefüllt. Die seitlich davon gelegenen Bindegewebsräume stehen mit der Axilla und entlang den Sehnen der Muskeln mit der Fossa supraspinata und Fossa infraspinata in Verbindung. Im Bindegewebe des Spatium subdeltoideum liegen die A. circumflexa posterior humeri und der N. axillaris. Fossa axillaris, Axilla, Achselhöhle. Die Achselhöhle wird durch die Achselfalten, Plicae axillares, begrenzt. Den Rand der vorderen Achselseite bildet der M. pectoralis major, den der hinteren der M. latissimus dorsi. Die Fossa axillaris selbst wird begrenzt ventral vom M. pectoralis major und minor sowie von der Fascia clavipectoralis, kranial vom Schultergelenk, medial vom M. serratus anterior, lateral vom Humerus, M. coracobrachialis und dem kurzen Bizepskopf, dorsal vom M. latissimus dorsi, M. teres minor und am weitesten medial vom M. subscapularis. Ihren Abschluss findet die Achselhöhle durch die Fascia axillaris. Die Fossa axillaris ist von einem pyramidenförmigen, plastisch verformbaren Bindegewebsfettkörper gefüllt und enthält einen Gefäß-Nerven-Strang, der sich zum Oberarm fortsetzt sowie Lymphknoten. Das Bindegewebe der Fossa axillaris setzt sich nach oben entlang der Ve-
> Klinischer Hinweis Die Faszikel lassen sich präparatorisch am leichtesten aufsuchen, wenn man den Anteilen der Medianusgabel (⊡ Abb. 6.50) oder dem N. musculocutaneus folgt, der den M. coracobrachialis durchbohrt. Nach oben hin gelangt man zum Fasciculus lateralis.
Nodi lymphatici axillares (S. 293, ⊡ Abb. 6.74). Oberfläch-
lich liegen die Gruppen der Nodi lymphatici axillares laterales, in der Tiefe die der Nodi lymphatici axillares centrales und apicales. > Klinischer Hinweis Zu jeder gründlichen klinischen Untersuchung gehört eine Tastkontrolle der Achselhöhle, insbesondere der Lymphknoten.
301 6.3 · Extremitäten
Achsellücken. Sie befinden sich zwischen M. teres minor und M. teres major (hierzu ⊡ Tabelle 6.17, Ursprünge und Ansätze der Muskeln). Dadurch, dass der lange Kopf des M. triceps brachii auf- bzw. absteigend vor dem M. teres minor und hinter dem M. teres major verläuft, wird der Spalt in eine dreieckige mediale und eine mehr viereckige laterale Achsellücke geteilt. Während sich die mediale Achsellücke lediglich zwischen Muskeln befindet, ist die laterale Achsellücke zusätzlich lateral vom Collum chirurgicum des Humerus begrenzt. Durch die laterale Achsellücke verlaufen der N. axillaris, die A. und die Vv. circumflexae posteriores humeri. Die mehr dreieckige mediale Achsellücke dient der A. und den Vv. circumflexae scapulae als Durchtrittsstelle. > Klinischer Hinweis Von klinischem Interesse ist die Beziehung des Schultergelenks zur A. circumflexa posterior humeri und zum N. axillaris, der sich nach Verlassen der Achsellücke um das Collum chirurgicum des Humerus schlingt. Bei Frakturen mit Verschiebungen der Knochenbruchstücke oder bei Luxationen im Schultergelenk kann es zur Schädigung der Gefäße und/oder des Nerven kommen, die beide hinter und etwas unterhalb der Gelenkkapsel liegen. Anhaltspunkte über eine Schädigung des Nerven gibt die Prüfung seines Autonomgebiets mit Sensibilitätsausfall seines Hautastes (N. cutaneus brachii lateralis superior) über dem M. deltoideus (⊡ Abb. 6.54).
Oberarm und Ellenbogen Oberarm. Epifaszial am Oberarm liegen: N. cutaneus brachii medialis (Ast des medialen Faszikels), N. cutaneus brachii posterior (aus dem N. radialis), N. cutaneus brachii lateralis superior (aus dem N. axillaris) und N. cutaneus brachii lateralis inferior (aus dem M. radialis) sowie lateral die V. cephalica. Vor dem Septum intermusculare brachii mediale befinden sich in Fett und lockeres Bindegewebe eingebettet in einer gemeinsamen Gefäß-Nerven-Straße die A. brachialis mit den Vv. brachiales (medialis und lateralis), der N. medianus, der proximale Abschnitt des N. musculocutaneus und der N. cutaneus antebrachii medialis (⊡ Abb. 6.80). In ihrem Verlauf kommt es zu Umlagerungen: Im oberen Abschnitt der Gefäß-Nerven-Straße liegt der N. medianus vor der Arterie, überkreuzt sie und liegt dann weiter distal an ihrer ulnaren Seite. Oberflächlich befindet sich die V. basilica. Dorsal vom Septum intermusculare brachii mediale
verlaufen der N. ulnaris und die A. collateralis ulnaris superior mit Begleitvenen. Leitmuskel ist das Caput mediale des M. triceps brachii.
⊡ Abb. 6.80. Querschnitt durch den rechten Oberarm im mittleren Drittel, Ansicht von distal. Oben Flexorenloge, unten Extensorenloge. Beachte die Gefäß-Nerven-Straßen. Die Abbildung entspricht der Standardansicht im Computertomogramm bzw. Kernspintomogramm
An der Dorsalseite des Humerus zwischen Caput mediale und laterale des M. triceps brachii am Sulcus nervi radialis verläuft schraubig der N. radialis mit der A. profunda brachii begleitet von der A. collateralis radialis und ihrem R. anterior; dazu Begleitvenen. > Klinischer Hinweis Bei Humerusschaftbrüchen kann es wegen der engen Lagebeziehung von N. radialis und Knochen zu Verletzungen des Nerven und auch der Gefäße kommen.
Ellenbogen. Fossa cubitalis. Siewird proximal vom M. bi-
ceps brachii, lateral vom M. brachioradialis und medial vom M. pronator teres begrenzt. Den Boden bilden der M. brachialis und weiter distal der M. supinator. Bedeckt wird die Grube von der Fascia brachii/antebrachii, die durch die Aponeurosis musculi bicipitis verstärkt wird. Dieser derbe Sehnenstreifen ist durch die Haut palpabel und kann u. U. mit einer Vene verwechselt werden. Epifaszial liegen die Hautvenen (⊡ Abb. 6.74), der R. anterior und der R. ulnaris des N. cutaneus antebrachii medialis sowie der N. cutaneus antebrachii lateralis gemeinsam mit Lymphgefäßen.
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302
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
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⊡ Abb. 6.81. Querschnitt durch den rechten Unterarm, mittleres Drittel, Ansicht von distal (s. auch ⊡ Abb. 6.61). Anordnung der Flexoren, der Extensoren und der radialen Muskelgruppe mit den 5 Gefäß-Nerven-Straßen (vgl. hierzu ⊡ Tabelle 6.29)
In der Fossa cubitalis ordnen sich die peripheren Leitungsbahnen aus der Oberarmgefäß-Nerven-Straße zu 5 Strängen für den Unterarm um. Sie liegen im Bindegewebe so zwischen Muskeln, dass die Leitungsbahnen bei normalen Bewegungen im Ellenbogengelenk keinen Schaden nehmen. Dennoch wird bei einer maximalen Flexion die A. radialis zusammengedrückt, sodass der Radialispuls verschwindet. Einzelheiten zum Verlauf der Gefäße und Nerven A. brachialis. Sie verläuft nach Eintritt in die Fossa cubitalis schräg zur Mitte der Grube und teilt sich unter der Aponeurosis musculi bicipitalis in die A. radialis und A. ulnaris. A. radialis. Sie liegt dicht unter der Faszie, gibt die A. recurrens radialis ab, zieht dann über den M. pronator teres hinweg und gelangt in die radiale Gefäß-Nerven-Straße unter dem M. brachioradialis. A. ulnaris. Sie gibt die A. recurrens ulnaris ab und zieht unter dem M. pronator teres in die ulnare Gefäß-NervenStraße. Die gleichnamigen Begleitvenen vereinigen sich in der Grube zu den Vv. brachiales. N. medianus. Er liegt zunächst medial der A. brachialis und A. ulnaris, senkt sich dann meist zwischen humeralen und ulnaren Kopf des M. pronator teres in die Tiefe und erreicht dann am Unterarm die mittlere Gefäß-Nerven-Straße. N. radialis. Er befindet sich in der Bindegewebsschicht zwischen M. brachioradialis und M. brachialis. Etwas weiter distal teilt er sich in R. superficialis und R. profundus.
Unterarm und Hand Unterarm (⊡ Abb. 6.81). Epifaszial verlaufen Lymphbah-
nen und in der Reihenfolge von radial nach ulnar: V. cephalica, V. mediana antebrachii und V. basilica (antebrachii). Hautnerven sind N. cutaneus antebrachii lateralis, R. superficialis des N. radialis, N. cutaneus antebrachii medialis. Gefäß-Nerven-Straßen. Nach Verlassen der Fossa cubitalis verlaufen Gefäße und Nerven in 5 Gefäß-NervenStraßen, die in ⊡ Tabelle 6.29 zusammengestellt und in ⊡ Abb. 6.68 in ihrer Lokalisation im mittleren Drittel des Unterarms zu erkennen sind. > Klinischer Hinweis Im distalen Bereich der Regio antebrachii anterior ist an der lateralen Seite der Endsehne des M. flexor carpi radialis auf der Vorderfläche der Radialispuls zu tasten. – Zwischen der Sehne des M. flexor carpi radialis und der Sehne des M. palmaris longus liegt knapp oberhalb des Handgelenks in nur geringer Tiefe der N. medianus, der hier bei Schnittverletzungen leicht getroffen werden kann.
Hand. Die markanteste Struktur der Handwurzel ist der Canalis carpi. Den Boden des Canalis carpi bilden die Handwurzelknochen, die seitlichen Wände die Eminentia carpi ulnaris (medialis) und die Eminentia carpi radialis (lateralis).
303 6.3 · Extremitäten
⊡ Tabelle 6.29. Gefäß-Nerven-Straßen des Unterarms Gefäß-Nerven-Straßen
Leitmuskeln
Leitungsbahnen
Radiale GefäßNerven-Straße
M. brachioradialis
R. superficialis des N. radialis (proximale zwei Drittel des Unterarms) A. radialis Vv. radiales
Ulnare GefäßNerven-Straße
M. flexor carpi ulnaris
N. ulnaris A. ulnaris Vv. ulnares
Mittlere GefäßNerven-Straße
Zwischen oberflächlicher und tiefer Beugerschicht; am distalen Unterarmende zwischen den Sehnen des M. flexor carpi radialis und M. palmaris longus bzw. M. flexor digitorum superficialis
N. medianus
A. comitans nervi mediani und Begleitvene Interossäre GefäßNerven-Straße
Auf der Membrana interossea antebrachii zwischen M. flexor digitorum profundus und M. flexor pollicis longus
N. interosseus antebrachii anterior
A. interossea antebrachii anterior Vv. interosseae antebrachii anteriores Dorsale GefäßNerven-Straße
Zwischen oberflächlicher und tiefer Schicht der Streckergruppe; distal auf der Membrana interossea antebrachii
R. profundus des N. radialis, distaler Endast
N. interosseus antebrachii posterior A. interossea antebrachii posterior Vv. interosseae antebrachii posteriores
Bedeckt wird der Canalis carpi vom Retinaculum musculorum flexorum. Auf engstem Raum liegen im Canalis carpi der N. medianus, in einer gemeinsamen Sehnenscheide die Sehnen der Mm. flexores digitorum superficiales et profundi und in eigenen Sehnenscheiden die Sehne des M. flexor pollicis longus und des M. flexor carpi radialis. Über das Retinaculum musculorum flexorum hinweg, jedoch unter einer eigenen Bindegewebsbrücke, ziehen der N. ulnaris und die A. ulnaris mit ihren Begleitvenen (sog. Ulnariskanal, Guyon-Loge). Außerdem liegen über dem Retinaculum die Sehne des M. palmaris longus, der R. palmaris des N. medianus und der R. palmaris des N. ulnaris.
nen Sehne des M. extensor pollicis brevis ein Grübchen, Foveola radialis (anatomische Tabatière), das proximal vom Retinaculum extensorum begrenzt wird. In der Foveola radialis verläuft die A. radialis mit ihren Begleitvenen. Hier zweigt der R. carpalis dorsalis von der Arterie ab. Die Endverzweigungen des R. superficialis des N. radialis überqueren hier die beiden das Grübchen flankierenden Sehnen.
Foveola radialis. Ist der Daumen maximal gestreckt, entsteht zwischen der auffällig vorspringenden Sehne des M. extensor pollicis longus und der lateral von ihr gelege-
A. ulnaris und der R. palmaris superficialis der A. radialis liegen auf den Sehnen der langen Fingerbeuger. Lateral von der A. ulnaris verläuft der R. superficialis nervi ulna-
> Klinischer Hinweis Den Boden der Foveola radialis bildet das Os scaphoideum und Os trapezium. Bei einer Fraktur des Os scaphoideum lässt sich an dieser Stelle gezielt ein Druckschmerz auslösen.
Palma manus. Unter der Palmaraponeurose befindet sich der Arcus palmaris superficialis. Die ihn versorgende
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304
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
ris mit seinen Aufzweigungen und direkt unter dem Arcus superficialis der N. medianus mit den Nn. digitales palmares communes. Tiefer und unmittelbar unter den kurzen Fingermuskeln und mehr proximal, liegt der Arcus palmaris profundus (versorgt aus A. radialis und R. palmaris profundus der A. ulnaris). Muskeln und Leitungsbahnen befinden sich in der mittleren Loge.
und einer Vene. Die beiden palmar zu beiden Seiten der Finger gelegenen Stränge erreichen die Nagelphalanx und versorgen auch deren Dorsalseite. Die beiden dorsalen Gefäß-Nerven-Bündel enden bereits an der Mittelphalanx. > Klinischer Hinweis Bei einer Anästhesie der Finger injiziert man das Anästhetikum im Bereich der Grundphalanx, sodass sowohl der palmare als auch der dorsale Strang umflossen werden.
Finger. Jeder Finger hat 2 palmare und 2 dorsale Gefäß-
Nerven-Stränge jeweils mit einer Arterie, einem Nerv
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6.3.3
Becken und untere Extremität
>
Einleitung
Becken und untere Extremität tragen den Körper. Entsprechend kräftig ist hier der Bewegungsapparat (etwa 18 % der Körpermasse). Außerdem dient die untere Extremität der Fortbewegung. Ihren größten Ausschlag hat sie in Fortbewegungsrichtung.
Becken Wichtig
Das Becken besteht aus den paarigen, ventral durch eine Symphyse verbundenen Hüftbeinen, Ossa coxae, die zusammen mit dem Os sacrum der Wirbelsäule den nahezu unbeweglichen Beckenring bilden. Ergänzt durch Muskeln umschließt das Becken den nach oben weit offenen,trichterförmigen Beckenraum. Zur Gegenseite ist der Beckenraum durch den muskulären Beckenboden verschlossen, durch den bei der Geburt der kindliche Körper hindurchtritt. Mit dem Bein ist das Becken durch das Hüftgelenk verbunden.
Os coxae, Hüftbein Das Hüftbein (⊡ Abb. 6.82) besteht aus 3 untrennbaren Anteilen: Os ilium, Darmbein, Os ischii, Sitzbein und Os pubis, Schambein. Os ilium. Kennzeichnend ist die breite Ala ossis ilii, Darmbeinschaufel, deren Innenfläche, Fossa iliaca, vom Corpus ossis ilii durch die wulstförmige Linea arcuata abgegrenzt ist. Dorsal der Darmbeinschaufel befindet sich
die Facies auricularisals Gelenkfläche für das Iliosakralgelenk (s. unten). Der kraniale Rand der Darmbeinschaufel ist zur Crista iliaca verdickt. Sie endet ventral an der Spina iliaca anterior superior, der in Fortsetzung des Knochenrandes nach einer leichten Einziehung die Spina iliaca anterior inferior folgt. Dorsal befindet sich entsprechend die Spina iliaca posterior superior und die Spina iliaca posterior inferior, gefolgt von der Incisura ischiadica major. Weitere Einzelheiten in ⊡ Abb. 6.67. Os ischii. Markierende Randstrukturen sind der Sitzbeinhöcker, Tuber ischiadicum, und die Spina ischiadica, die von der tiefen Incisura ischiadica major und der seichteren Incisura ischiadica minor getrennt werden. Os pubis. Es trägt die Facies symphysialis zur Verbindung
mit dem Os pubis der Gegenseite. Seitlich lateral von ihr liegt das Tuberculum pubicum, von dem eine scharfe Kante, Pecten ossis pubis, zur Eminentia iliopubica verläuft. Gemeinsam sind alle 3 Knochen des Hüftbeins am Aufbau des Acetabulum und Sitz- und Schambein an der Begrenzung des Foramen obturatum beteiligt (⊡ Abb. 6.82).
305 6.3 · Extremitäten
⊡ Abb. 6.82 a, b. Hüftbein. Rechtes Hüftbein von a innen und b außen. Das Kreuzbein ist median geschnitten. Die roten Linien deuten die Begrenzungen von Os ilium, Os pubis und Os ischii an. Sie treffen sich in der Fossa acetabuli
Acetabulum (⊡ Abb. 6.82 b). Das Azetabulum ist die
knöcherne Hüftgelenkpfanne. Den Rand bildet ein fast ringförmiger Knochenwulst, Limbus acetabuli. In der Tiefe der Pfanne liegt die Fossa acetabuli, die sich nach unten-vorn in der Incisura acetabuli öffnet, die jedoch in situ durch das Lig. transversum acetabuli verschlossen ist. In der Fossa acetabuli befindet sich die sichelförmige, mit hyalinem Knorpel bedeckte Facies lunata, die dem Femurkopf als führende Gelenkfläche dient. Hier werden beim Stehen Druckkräfte des Körpergewichtes auf den Oberschenkelknochen übertragen. Der Boden der Fossa acetabuli dagegen ist dünnwandig und wird von Fettgewebe ausgefüllt. ⓘ Infobox Das Azetabulum verändert sich während der Entwicklung und während des Wachstums. Zur Zeit der Geburt ist das Azetabulum verhältnismäßig flach: Es besteht die Gefahr einer Luxation. Später vertieft sich das Azetabulum wieder und unterliegt einer Stellungsänderung. Zur Beurteilung einer evtl. Störung wird im Röntgenbild der sog. Azetabulum(AC-)winkel bestimmt: zwischen Pfannendachtangente und querer Beckenachse. Er vermindert sich von maximal 35 ° beim Säugling bis auf maximal 25 ° beim Kleinkind.
Foramen obturatum. Es entspricht dem Gebiet der geringsten Druckbeanspruchung des Hüftbeins. Es wird von Ästen des Os pubis und Os ischii umfasst und von der Membrana obturatoria verschlossen, einer Fortsetzung des Periosts der umgebenden Knochen. Ventrokranial hat die Membrana obturatoria eine Öffnung, Canalis obturatorius, der sich außen in den Sulcus obturatorius des Os pubis fortsetzt. Hier verlaufen die Vasa obturatoria, der N. obturatorius und Lymphgefäße. Taststellen des Hüftbeins. Crista iliaca, Spina iliaca anterior superior und Spina iliaca posterior superior, Tuberculum pubicum, Tuber ischiadicum, Spina ischiadica (nur vaginal oder rektal zu tasten). Symphysis pubica (⊡ Abb. 6.99). Die Symphysis pubica
ist eine Synarthrose, die durch eine Faserknorpelplatte, Discus interpubicus, verschlossen – gelegentlich mit einem Spalt – und durch straffes Bindegewebe gesichert ist: Lig. pubicum superius am Oberrand und Lig. pubicum inferius am Unterrand. Der Diskus kompensiert die Druckund Zugkräfte, die beim Gehen und Stehen auf die Symphyse wirken.
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306
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
> Klinischer Hinweis Während der Schwangerschaft kommt es zu einer hormonabhängigen Lockerung der Symphyse, sodass sie sich unter der Geburt dehnen kann. Durch Überdehnung kann es zur Symphysensprengung kommen.
Articulatio sacroiliaca Wichtig
Die Articulationes sacroiliacae sind Amphiarthrosen, die Os sacrum und Ossa coxae zum Beckenring zusammenfassen.
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Die geringe Beweglichkeit (Federung) der Articulationes sacroiliacae beruht auf der keilförmigen Verzahnung von Os sacrum mit den beiden Ossa iliaca. Außerdem ist die Gelenkkapsel straff und das Gelenk durch kräftige extraund intraartikuläre Bänder gesichert (⊡ Abb. 6.83): Lig. sacroiliacum anterius an der Vorderseite, Lig. sacroiliacum interosseum von der Tuberositas sacralis zur Tuberositas iliaca, Lig. sacroiliacum posterius auf der Rückseite des Beckens von der Seitenfläche des Os sacrum zur Spina iliaca posterior superior und inferior und Lig. iliolumbale vom 4. und 5. Lendenwirbel zum Os ilium.
Durch die vom Os sacrum zum Os ilium aufsteigenden Ligg. sacroiliaca posteriora et interossea werden bei Druck auf den kranialen Teil des Kreuzbeins die beiden Hüftbeine zum Os sacrum hingezogen. Dadurch wird das Os sacrum zwischen die beiden Hüftbeine wie zwischen die Branchen eines Nussknackers geklemmt. Weitere Bänder zur Stabilisierung des Beckenringes sind: Lig. sacrospinale, eine fast dreieckige Faserplatte vom Os sacrum und Os coccygis zur Spina ischiadica und Lig. sacrotuberale zwischen Os sacrum und Tuber ischiadicum. Das Lig. sacrotuberale überdeckt von außen teilweise das Lig. sacrospinale und ist mit diesem verwoben. Beide Bänder verhindern Drehbewegungen in der Articulatio sacroiliaca und ein Ventralkippen des Os sacrum. Außerdem ergänzen sie die Incisura ischiadica major zum Foramen ischiadicum majus und die Incisura ischiadica minor zum Foramen ischiadicum minus.
Beckenstellung Wichtig
Das Becken als Ganzes ist nach vorne geneigt. Die Neigung ändert sich beim Wechsel vom Stehen zum Sitzen.
Die Beckenneigung geht auf die Stellung des Os sacrum im Verbund der Wirbelsäule zurück: Sakralkyphose S. 201. Der Neigungsumfang hängt von der Körperhaltung ab und ist in der Regel bei Frauen größer als bei Männern. Als Maß der Beckenneigung gilt der Beckenneigungswinkel. Er befindet sich zwischen der Beckeneingangsebene (s. unten) und der Horizontalen. Er beträgt beim Stehen durchschnittlich 60 °. Dabei liegen die beiden Spinae iliacae anteriores superiores und die Tubercula pubica annähernd in einer Frontalebene. ⓘ Infobox Durch die Beckenneigung drückt beim Stehen die Last der Baucheingeweide im Wesentlichen auf die Rückseite der Symphyse und die Körperlast auf den Femurkopf. Dies ändert sich beim Sitzen, da sich das Becken nun so stellt, dass die Körperlast vermehrt auf den Iliosakralgelenken ruht und von den Tubera ischiadica aufgefangen wird. ⊡ Abb. 6.83. Bandapparat des rechten Sakroiliakalgelenks von dorsal. Rot umrandet Foramen ischiadicum majus und Foramen ischiadicum minus
307 6.3 · Extremitäten
Beckenformen Wichtig
Die Form des Beckens ist variabel. Auch bestehen Geschlechtsunterschiede.
Die Differenzierung der Beckenformen beginnt mit der Pubertät. Betroffen ist vor allem der Beckeneingang: bei der Geburt die Eintrittsstelle des kindlichen Kopfes ins kleine Becken (S. 646).
Weitere Unterschiede der Beckenformen betreffen den Arcus pubis, Schambogenwinkel, zwischen den Rami inferiores beider Schambeine: bei der Frau bogenförmig, beim Mann winkelförmig, den Abstand zwischen den beiden Tubera ischiadica: bei der Frau größer als beim Mann und die Darmbeinschaufeln: bei der Frau ausladender als beim Mann.
Beckenraum und Beckenmaße
Beckeneingang(⊡ Abb. 6.84). Er trennt das große Be-
Wichtig
cken, Pelvis major, vom kleinen Becken, Pelvis minor. Den Rahmen bildet die Linea terminalis, die am Oberrand der Symphyse beginnt, sich zum Pecten ossis pubis fortsetzt, dann in die Linea arcuata des Os ischii übergeht und schließlich das Promontorium erreicht. Beim Mann ist der Beckeneingang kartenherzförmig, da das Promontorium weit in den Beckenraum vorspringt. Bei der Frau ist die Form des Beckenrings konstitutionsabhängig. Der Beckeneingang kann sein leicht queroval (50–65 % der Menschen), der Querdurchmesser überwiegt, herzförmig oder dreieckig (15–20 %) sowie längsoval mit großem anterior/posterioren Abstand (15–20 %).
Der Beckenraum hat Weiten und Engen, die während der Geburt zu Drehungen des Kindes führen. Kritisch ist vor allem der Beckeneingang.
> Klinischer Hinweis Die Beckenform beeinflusst die Einstellung des kindlichen Kopfes bei Geburtsbeginn.
Beim kleinen Becken sind zu unterscheiden (⊡ Abb. 6.84) der Beckeneingangsraum, die Beckenmitte, Beckenhöhle und der Beckenausgangsraum. Beckeneingangsraum. Er befindet sich zwischen Be-
ckeneingangsebene (auch obere Schoßfugenrandebene), die vom Oberrand der Symphyse zum Promontorium verläuft, und einer etwa 1 cm darunter gelegenen Terminalebene des Beckeneingangs, die an der am weitesten nach innen vorspringenden Stelle der Symphyse beginnt. Der kleinste sagittale Durchmesser, Conjugata vera, befindet sich zwischen Hinterrand der Symphyse und Promontorium; er beträgt 11 cm (⊡ Abb. 6.85). Der Querdurchmesser, Diameter transversa, der der weitesten Distanz der Lineae terminales entspricht, beträgt 13,5 cm (Regelform des Beckeneingangs bei der Frau). ⓘ Infobox Die Conjugata vera ist für die Passage des kindlichen Kopfes bei der Geburt kritisch. Als Faustregel gilt, dass bei vaginaler Untersuchung das Promontorium digital nicht erreichbar sein soll. Hierbei wird allerdings die Conjugata diagonalis (vom Unterrand der Symphyse zum Promontorium) untersucht, die etwa 1,5 cm länger ist als die Conjugata vera. Exakte Messungen der Conjugata vera sind sonographisch und tomographisch möglich. Unter der Geburt kann es durch Auflockerung des Beckenrings zu einer Erweiterung der Conjugata vera um 0,5–1 cm kommen.
⊡ Abb. 6.84. Beckenräume
Weitere Durchmesser verlaufen schräg, Diameter obliqua, 12,5 cm, zwischen der Eminentia iliopubica und der Articulatio sacroiliaca der Gegenseite: von links vor-
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308
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
(⊡ Abb. 6.84, Führungslinie durch das Becken). Das Knie befindet sich zwischen unterer Schoßfugenrandebene und Interspinalebene. > Klinischer Hinweis Alle Angaben über den Beckenraum gelten cum grano salis auch für das männliche Becken.
Muskulatur Wichtig
Muskeln, die dem Schultergürtel vergleichbar wären, existieren am Becken nicht.
6 ⊡ Abb. 6.85. Beckenmaße
ne nach rechts hinten I. schräger Durchmesser und von rechts nach links II. schräger Durchmesser (⊡ Abb. 6.85). Beckenmitte. Die Beckenmitte oder Beckenhöhle befindet sich zwischen der Terminalebene des Beckeneingangs und der Beckenausgangsebene: vom Unterrand der Symphyse zur Steißbeinspitze. Der Raum ist weit (Beckenweite, ⊡ Abb. 6.84), verjüngt sich aber kaudalwärts bis zu einer knöchernen Engstelle in Höhe der Spinae ischiadicae (Beckenenge, ⊡ Abb. 6.84). Die dort quer verlaufende Interspinallinie beträgt 10,5 cm. Beckenausgangsraum (⊡ Abb. 6.84). Der Beckenaus-
gangsraum schließt sich der Beckenhöhle an und wird kaudal seitlich durch die Tubera ischiadica und die Ligg. sacrotuberalia, hinten durch die Steißbeinspitze und vorne durch den Schambogen begrenzt. Der Form nach entspricht die kaudale Öffnung des Beckenraums 2 Dreiecken, deren gemeinsame Basis eine Verbindungslinie zwischen den Tubera ischiadica ist und deren vordere Spitze den unteren Symphysenrand und deren hintere die Steißbeinspitze erreicht. Die Distanz zwischen dem Unterrand der Symphyse und der Steißbeinspitze beträgt 9 cm, ist jedoch unter der Geburt durch Bewegung im Sakrokokzygealgelenk auf 11,5 cm erweiterbar (⊡ Abb. 6.84). Abgeschlossen wird der Beckenausgangsraum durch die Beckenbodenmuskulatur. Der Beckenraum ist gleichzeitig der Geburtskanal. Es folgt dort einem gestreckten Abschnitt ein gebogener
Als Verbindungsglied zwischen Rumpf und unterer Extremität ist das Becken Ort von Muskelursprüngen, insbesondere für Muskeln, die auf die untere Extremität wirken, und von Muskelansätzen, insbesondere von Rumpfmuskeln. Die Muskeln polstern das Becken sowohl nach außen, äußere Hüftmuskeln, insbesondere die Gesäßmuskeln, als auch nach innen, innere Hüftmuskeln. Ihre Besprechung erfolgt im Rahmen der Hüfte (S. 323). Darüber hinaus hat das Becken eine eigene Muskulatur, die den Beckenboden bildet. Beckenboden Wichtig
Der Beckenboden ist trichterförmig, M. levator ani, und mehrschichtig.
Der Beckenboden verschließt die Beckenhöhle nach unten, lässt aber Öffnungen für den Enddarm und das Urogenitalsystem frei. Muskeln des Beckenbodens
Bestandteile des Beckenbodens (⊡ Abb. 6.86, 6.87) sind Diaphragma pelvis, tiefe Schicht, M. transversus perinei profundus, mittlere Schicht, jedoch nur im ventralen Bereich zwischen den Schambeinästen vorhanden, Regio urogenitalis, und Dammmuskulatur, oberflächliche Schicht. Zu allen Schichten gehören umhüllende Faszien. > Klinischer Hinweis Vormals wurden Teile des Beckenbodens im Bereich der Regio urogenitalis (M. transversus perineus profundus, Lig. transversum perinei, Membrana perinei) unter der Bezeichnung Diaphragma urogenitale zusammengefasst.
309 6.3 · Extremitäten
Diaphragma pelvis. Tragend ist der M. levator ani, seitlich ergänzt durch den M. coccygeus (inkonstant). Der M. levator ani (⊡ Abb. 6.86, 6.87) bildet einen nach kaudal gerichteten, ventral geschlitzten Trichter. In der Tülle umfasst er schlingenförmig die Darmöffnung und gesondert die Urogenitalöffnungen (beim Mann den Beginn der Harnröhre, bei der Frau Harnröhre gemeinsam mit der Vagina). Der Bereich der Urogenitalöffnung(en) ist spaltförmig, Levatortor, bei der Frau weiter als beim Mann. Der Ursprung des M. levator ani – oberer Trichterrand – verläuft an der Beckenwand vom Os pubis, entlang einem Verstärkungsstreifen der Faszie des M. obturatorius internus (S. 325), Arcus tendineus musculi levatoris ani, zur Spina ischiadica. Der M. levator ani hat einen medialen und einen lateralen Teil. Der mediale Teil besteht aus dem M. puborectalis, dessen Fasern das Levatortor umschließen. Einige Fasern bilden als Fibrae praerectales den M. puboperinealis, der die Darmöffnung von der Urogenitalöffnung trennt. Der laterale Teil besteht aus M. pubococcygeus und M. iliococcygeus. Beide setzen am Lig. anococcygeum an. > Klinischer Hinweis Verletzungen des M. levator ani unter der Geburt können zu Beckenbodenhernien mit Deszensus bzw. Prolaps des Uterus führen.
M. transversus perinei profundus (⊡ Abb. 6.86, 6.87). In
Wirklichkeit handelt es sich um eine derbe Bindegewebsplatte mit Faserzügen glatter Muskelzellen zwischen Ramus ossis ischii und Ramus inferior ossis pubis beider Seiten. Die Platte wird hinter der Symphyse durch das Lig. transversum perinei ergänzt.
Dammmuskulatur (⊡ Abb. 6.86). Hierzu gehören die Muskeln, die sich im Damm, Perineum, treffen: M. sphincter ani externus, M. bulbospongiosus und M. transversus perinei superficialis (rudimentär).
Das Perineum ist das auch äußerlich erkennbare Gebiet zwischen Anus und Genitale, das vom Centrum tendineum perinei, einer straffen Bindegewebsstruktur mit einzelnen glatten Muskelzellen unterlegt wird. M. sphincter ani externus. Er umgreift die Darmöffnung und ist besonders mit seiner tiefen Schicht am Verschlussapparat des Anus beteiligt. Seine Besprechung erfolgt auf S. 581. Seine oberflächlichen Fasern verbinden sich im Centrum tendineum mit denen des M. bulbospongiosus, sodass beide Muskeln gemeinsam eine 8 bilden. M. bulbospongiosus. Seine Fasern umgreifen beim Mann den Schwellkörper (S. 628) und erreichen teilweise den Penisrücken. Durch reflektorische Kontraktion komprimieren sie den Bulbus penis und wirken auf die Harnröhre. Bei der Frau umgreift der Muskel den Bulbus vestibuli und bildet die Begrenzung des Vestibulum vaginae. Seine Fasern befestigen sich an der Klitoris. M. ischiocavernosus. Er ist kein Dammmuskel, befindet sich aber seitlich des M. bulbospongiosus in der Regio urogenitalis. Er verläuft vom Ramus ossis ischii über das Crus penis/clitoridis auf den Rücken des Penis bzw. der Klitoris, wo er sich mit dem Muskel der Gegenseite trifft. Er wirkt auf die Schwellkörper.
⊡ Abb. 6.86 a, b. Beckenboden. Ansichten von kaudal: a männlich; b weiblich
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310
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
Faszien des Beckenbodens Die Muskulatur des Beckenbodens wird an ihrer Oberund Unterseite von Faszien bedeckt (⊡ Abb. 6.87): im Bereich des Diaphragma pelvis – Fascia superior diaphragmatis pelvis, – Fascia inferior diaphragmatis pelvis, im Bereich des M. transversus perinei profundus – Membrana perinei, unter der Haut – Fascia perinei superficialis. Fascia superior diaphragmatis pelvis. Sie bedeckt zur
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Beckenhöhle hin den M. levator ani mit allenseinen Teilen. Die Fascia superior diaphragmatis pelvis ist die Fortsetzung des Teils der Fascia obturatoria, der den M. obturatorius der Beckenwand bis zum Arcus tendineus musculi levatoris ani bekleidet. Beide Faszien zusammen bilden die Fascia pelvis parietalis (S. 230). Fascia inferior diaphragmatis pelvis (⊡ Abb. 6.87). Sie
liegt auf der Außenseite des M. levator ani einschließlich des M. sphincter ani externus. Lateral erreicht sie den Teil der Fascia obturatoria, der kaudal (unterhalb) des Arcus tendineus musculi levatoris ani liegt. Unterhalb beider Faszien befindet sich ein Bindegewebsraum, der bis zur Haut reicht. Er wird als Fossa ischioanalis bezeichnet und ist mit dem Corpus adiposum fossae analis gefüllt (⊡ Abb. 6.87). Die Fossa ischioanalis mit Fettkörper erreicht medial die Muskulatur des Anus. Nach vorne bildet die Fossa ischioanalis unter dem M. transversus perinei profundus eine Tasche. An der lateralen Wand der Fossa ischioanalis verlaufen in einer Duplikatur der Fascia ob-
turatoria, Canalis pudendalis, der N. pudendus internus sowie die A. und V. pudenda interna zur Versorgung der Regio analis. Membrana perinei. Sie befindet sich an der Unterseite des M. transversus perinei profundus. Zwischen dem Muskel und der Membrana perinei befindet sich ein Bindegewebsraum, das Spatium profundum perinei. Bei beiden Geschlechtern verlaufen durch das Spatium perinei profundum die Urethra, beim Mann begleitet von den Gll. bulbourethrales. Bei der Frau befinden sich hier außerdem die Vagina sowie die Gll. vestibulares majores. Ferner werden angetroffen die A. urethralis, die A. bulbi penis bzw. clitoridis, die A. profunda penis bzw. clitoridis und die A. dorsalis penis bzw. clitoridis. Fascia perinei superficialis. Sie ist die Fortsetzung der
oberflächlichen Körperfaszie und begrenzt den Bindegewebsraum unter der Membrana perinei, das Spatium superficiale perinei. Im Spatium superficiale perinei beginnt der M. ischiocavernosus und der M. bulbospongiosus in geschlechtsspezifischer Anordnung sowie beim Mann der Bulbus penis und die Crura penis, bei der Frau die Venengeflechte des Bulbus vestibuli, die Corpora cavernosa clitoridis und die Crura clitoridis. Ferner verlaufen im Spatium perinei superficiale die Gefäße und Nerven für Skrotum, Labien und Perineum. > Klinischer Hinweis Abszesse in der Umgebung des Anus treten oberhalb des M. levator ani, innerhalb des M. sphincter ani und nach Durchbruch in der Fossa ischioanalis auf.
⊡ Abb. 6.87. Schichten, Faszien und Räume im Bereich des männlichen Beckenbodens
311 6.3 · Extremitäten
Leitungsbahnen des Beckens Sie werden im Zusammenhang der Leitungsbahnen der Leibeshöhle und ihrer Organe besprochen (S. 553).
Oberflächenrelief An der Körperoberfläche befindet sich zwischen der Symphyse und den Schambeinästen, den Tubera ischiadica, den Ligg. sacrotuberalia und dem Os coccygis die rautenförmige Regio perinealis. Der zwischen Anus und Genitale gelegene Teil ist das Perineum, Damm. Die Regio perinealis unterteilt sich in Regio analis und Regio urogenitalis. Die Regio analis ist das Gebiet um den Anus und reicht von der Steißbeinspitze bis zu einer Querlinie zwischen beiden Sitzbeinhöckern. Die Haut in dieser Region ist zart und weich und kann pigmentiert sein. In der Umgebung des Anus kommen Schweißdrüsen sowie apokrine Drüsen vor, Gll. circumanales (S. 581). Geschlechtsunterschiede bestehen nicht. Die arterielle Versorgung übernehmen Äste der A. pudenda interna und A. glutea inferior. Dem venösen Abfluss des Blutes dienen Vv. rectales inferiores (zur V. pudenda interna) und innere und äußere Venenplexus des Canalis analis und des Rektums (zur V. rectalis superior). Die Innervation der Regio analis erfolgt durch Äste des N. pudendus (S. 561).
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Regio urogenitalis. Sie befindet sich vor der Regio analis zwischen Symphyse und Schambeinschenkeln. Zu ihr gehören die äußeren Geschlechtsorgane: beim Mann Skrotum und Penis, bei der Frau große und kleine Schamlippen, Klitoris,Vestibulum vaginae mit Anhangsdrüsen. Gegenüberstellung des männlichen und weiblichen Beckenbodens unter Berücksichtigung der äußeren Geschlechtsorgane Durch den Levatorspalt treten beim Mann die Urethra, bei der Frau Urethra und Vagina. Den Mm. transversi perinei liegen kaudal an beim Mann der Bulbus penis und die beiden Crura penis, bei der Frau die Venengeflechte des Bulbus vestibuli und die Corpora cavernosa clitoridis, die mit den Crura clitoridis am Schambein angeheftet sind. Durch die Mm. ischiocavernosi werden am Schambein und Diaphragma urogenitale befestigt beim Mann die Crura penis, bei der Frau die Crura clitoridis. Durch die Mm. bulbospongiosi werden am Diaphragma urogenitale befestigt beim Mann der Bulbus penis, bei der Frau die Venenplexus des Bulbus vestibuli. Die genannten Muskeln umschlingen beim Mann den Penis, bei der Frau die Klitoris; sie fixieren beide Strukturen an der Schambeinfuge. Bei der Frau legen sich die Labia minora von medial her den Mm. bulbospongiosi an. Die Fasern der Mm. bulbospongiosi setzen sich in die Fasern des M. sphincter ani externus fort.
In Kürze
Das Becken besteht aus den beiden Ossa coxae, die jeweils untrennbar aus Os ilium, Os ischii und Os pubis zusammengesetzt sind. Untereinander sind die Ossa coxae durch die Symphysis pubica verbunden. Die Verbindung mit dem Os sacrum erfolgt durch die Amphiarthrose der Articulatio sacroiliaca. Das Becken ist um etwa 60 ° gegenüber der Körperachse nach vorne unten geneigt. Dadurch lastet der größere Teil des Drucks des Bauchinhaltes auf der Rückseite der Symphyse. Der Binnenraum des Beckens gliedert sich in Beckeneingangsraum (Conjugata vera 11 cm), Beckenmitte und Beckenausgang und ist durch den trichterförmigen muskulären Beckenboden verschlossen: M. levator ani (Diaphragma pelvis) und ventral durch den M. transversus perinei profundus sowie Faszien. Die Öffnungen im Beckenboden sind durch Muskelringe gesichert: M. sphincter ani externus, M. bulbocavernosus.
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Kapitel 6 · Bewegungsapparat
Untere Extremität Wichtig
In der Gliederkette der unteren Extremität stehen die Gelenkfunktionen im Vordergrund. Durch ihre Belastung sind Hüft-, Knie- und Sprunggelenke besonders störempfindlich.
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Zur freien unteren Extremität, Membrum inferius, gehören Os femoris, Oberschenkelknochen, als Skelettteil des Femur, Oberschenkel, Patella, Kniescheibe, als Teil des Genu, Knie, Tibia, Schienbein, Fibula, Wadenbein, als Teile des Crus, Unterschenkel, Ossa tarsi, Fußwurzelknochen, Ossa metatarsi, Mittelfußknochen, Ossa digitorum pedis, Zehenknochen, als Teile des Pes, Fuß.
Osteologie, untere Extremität Os femoris, Oberschenkelknochen Wichtig
Das Os femoris, kurz Femur, ist der längste Knochen des Körpers. Seine Länge bestimmt weitgehend die Körpergröße. Das Femur ist in sich torquiert und mehrfach gewinkelt. Nur bei optimalem Bau und optimaler Stellung im Körper wird der Femur den statischen Anforderungen des Beins gerecht.
Corpus und Collum femoris sind abgewinkelt, Kollum-Korpus-Winkel (⊡ Abb. 6.89). > Klinischer Hinweis Statt Kollum-Korpus-Winkel wird häufig von Kollodiaphysenwinkel gesprochen. Die Bezeichnung ist jedoch unrichtig, weil das Kollum zur Diaphyse gehört. In der Röntgenologie wird die Bezeichnung CCD (Centrum-Collum-Diaphysenwinkel) verwendet. Mit Centrum ist das Zentrum des Femurkopfes gemeint.
Der Kollum-Korpus-Winkel befindet sich zwischen der Achse des Schenkelhalses und der Femurschaftachse. Durchschnittlich beträgt der Winkel 127 ° (⊡ Abb. 6.89 a) mit Abweichungen zwischen maximal 120 ° und 140 °. Er ändert sich jedoch während des Lebens von 150 ° am Ende des 2. Lebensjahres bis 120 ° im hohen Lebensalter. In Abhängigkeit vom Korpus-Kollum-Diaphysenwinkel werden Hüftgelenk und Schenkelhals unterschiedlich belastet. Je steiler der Schenkelhals steht, umso größer ist die Gelenkbelastung, aber die des Schenkelhalses geringer. Umgekehrt ist es bei einem flachen Korpus-KollumWinkel (⊡ Abb. 6.89). > Klinischer Hinweis Übersteigerungen des Kollum-Korpus-Winkels führen zu pathologischen Veränderungen sowohl im Hüftgelenk als auch im Kniegelenk. Ist der Kollum-Korpus-Winkel über die Grenzwerte erhöht (Steilstellung des Kollums), liegt eine Coxa valga, ist er vermindert, eine Coxa vara vor (⊡ Abb. 6.89 b, c). Je geringer der Kollum-Korpus-Winkel ist, umso größer ist die Gefahr von Schenkelhalsbrüchen, besonders im Alter.
Das Femur (⊡ Abb. 6.88) besteht aus Caput, Kopf, Collum, Hals, Corpus, Schaft und Condyli, Gelenkknorren.
Das Collum femoris ist gegenüber dem Schaft aber auch nach ventral gerichtet, Antetorsion. Der Winkel beträgt etwa 12 °, wenn auch mit großer Streubreite. Er beträgt bei der Geburt 30 °–50 °. Der Winkel ergibt sich, wenn die Querachse durch die (distalen) Femurkondylen auf die Kollumachse projiziert wird.
Das Caput femoris ist kugelförmig. An seiner Kuppe befestigt sich in der Fovea capitis femoris das Lig. capitis femoris. Am Rand des Caput liegt die proximale Epiphysenfuge des Femurs.
> Klinischer Hinweis
> Klinischer Hinweis Ist das Caput femoris deformiert, ist das Bein verkürzt.
Das Collum femoris ist ein Teil der Diaphyse des Femurs. Vom Korpus setzt sich das Kollum durch den Trochanter major mit der Fossa trochanterica, ventral durch die Li-
nea intertrochanterica, dorsal durch die Crista intertrochanterica und den Trochanter minor ab.
Bei falscher Torsion des Schenkelhalses sind Rotation und Flexion im Hüftgelenk gestört. Die Antetorsion ermöglicht nämlich die Beugung im Hüftgelenk, z. B. beim Sitzen, ohne dass der Schenkelhals an den Rand des Azetabulums stößt, das seinerseits nach ventral gerichtet ist.
Das Corpus femoris zeigt breite Ansatzflächen für Muskeln (⊡ Abb. 6.88 a, b),an der Dorsalseite z. T.an Knochenleisten, Linea aspera mit Labium mediale et laterale, die distal die Facies poplitea zwischen sich fassen. Proximal verbreitert sich das Labium laterale zur Tuberositas glutea.
313 6.3 · Extremitäten
⊡ Abb. 6.88 a, b. Rechtes Femur. a Ansicht von vorne; b Ansicht von hinten. Rot Muskelursprünge und Ansätze
Der Femurschaft ist als Ganzes leicht nach vorne gebogen. Seine Achse verläuft in situ nach distomedial. Der Femurschaft steht also schräg im Körper. Der Winkel zwischen der Femurschaftachse und einer Linie, die von der Mitte des Femurkopfes zur Eminentia intercondylaris der Tibia und damit zur Mitte des Kniegelenks verläuft und ein Teil der Traglinie des Beins ist, beträgt etwa 8 °. Condyli. Durch die Schrägstellung des Femurschaftes be⊡ Abb. 6.89 a–c. Kollum-Korpus-Winkel. a Normal; b Coxa valga, die Belastung ist auf den Pfannenerker konzentriert; c Coxa vara, die Belastung liegt auf dem Schenkelhals
finden sich im Körper die Kondylen des Femurs in der Horizontalen. Die Kondylen des Femurs, der breitere Condylus lateralis und der schmälere Condylus medialis, tragen eine gemeinsame vordere Gelenkfläche zur Artikulation mit der Patella, Facies patellaris, und getrennte hintere für die mit den Kondylen der Tibia.
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Kapitel 6 · Bewegungsapparat
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⊡ Abb. 6.90 a, b. Rechtes Hüftbein und untere Extremität. a Ansicht von vorne; b Ansicht von hinten. In die Umrisse sind die oberflächlich gelegenen Regionen sowie die Knochen eingezeichnet. Die dunkel gehaltenen Skelettteile sind unter der Haut tastbar: Becken: Crista iliaca mit Spina iliaca anterior superior und posterior superior,Tuberculum pubicum,Tuber ischiadicum von dorsal (besonders im Sitzen), Spina ischiadica (nur vaginal*) Oberschenkel und Knie: seitlich der Trochanter major; im Bereich der Regio genus Vorderfläche, Seiten- und Oberkante der Patella; Epicondylus medialis und lateralis von Tibia und Femur; medial und lateral die Grenzen des Gelenkspaltes Unterschenkel: am Tibiakopf Tuberositas tibiae, Facies medialis und Margo anterior tibiae bis zum Malleolus medialis; Caput fibulae und Malleolus lateralis Fuß: Tuber calcanei; auf der Dorsalseite des Fußes Caput tali; Dorsalseiten der Ossa metatarsi; Tuberositas ossis navicularis; Dorsalseiten der Phalangen
Auf der Rückseite liegt zwischen den Kondylen des Femurs die Fossa intercondylaris, die nach oben durch die Linea intercondylaris begrenzt ist. Die Gelenkflächen beider Kondylen sind hinten stärker gekrümmt als vorne.
Oberhalb der Kondylen befinden sich weit vorspringend der Epicondylus medialis bzw. lateralis. Als Variante kann der Epicondylus medialis ein Tuberculum adductorium ausbilden.
315 6.3 · Extremitäten
> Klinischer Hinweis Weichen Bau oder Stellung des Femurs im Körper von der Norm und ihren Schwankungen ab, treten Veränderungen im Knochen selbst – Änderung des Widerstands gegen Druck-, Zug- und Biegungsbeanspruchungen – sowie Fehlbelastungen in den zugehörigen Gelenken mit degenerativen Veränderungen auf. Ursächlich kann es sich bei den Abweichungen um angeborene Fehlbildungen, Wachstumsdeformitäten oder Knochenerkrankungen handeln.
Taststellen des Femurs (⊡ Abb. 6.90). Trochanter major, Epicondylus medialis und lateralis, Knochenkanten medial und lateral am Kniegelenkspalt. Beim Stehen in Normalstellung sind die Trochanter beider Seiten in gleicher Höhe tastbar.
Patella, Kniescheibe
Die Patella ist das größte Sesambein des Körpers. Der dreiseitige Knochen ist so in die Quadrizepssehne eingefügt, dass die Basis patellae nach oben, der Apex patellae nach unten gerichtet sind. Die dorsale Seite, Facies articularis, ist mit hyalinem Knorpel überzogen und artikuliert mit den Femurkondylen. Taststellen (⊡ Abb. 6.90). Vorderfläche, seitlicher Rand und
z. T. die Basis patellae sind gut tastbar. – Sind die Oberschenkelmuskeln entspannt, lässt sich die Kniescheibe etwas nach medial und lateral verschieben. Ossa cruris, Unterschenkelknochen Wichtig
Es gibt 2 Unterschenkelknochen, die Tibia, Schienbein, und die Fibula,Wadenbein, die lateral der Tibia angelagert ist. Nur die Tibia artikuliert mit dem Femur. Sie allein hat tragende Funktion. Distal bilden jedoch beide Unterschenkelknochen eine Gelenkgabel für die Aufnahme der Sprungbeinrolle.
Tibia (⊡ Abb. 6.91). Proximal weist die Tibia 2 getrennte Gelenkknorren auf, Condylus medialis und Condylus lateralis. Sie sind nach dorsal verschoben und nach hinten
geneigt, Retroversio tibiae. Zwischen den Kondylen erhebt sich die nicht überknorpelte Eminentia intercondylaris mit einem Tuberculum intercondylare mediale et laterale. Vor den Tubercula liegt die Area intercondylaris anterior, hinter ihnen die Area intercondylaris posterior. Laterodorsal am Tibiakopf befindet sich die Facies articularis fibularis. Das Corpus tibiae ist im Querschnitt dreieckig. Die vordere, scharfe Schienbeinkante, Margo anterior, ver-
breitert sich proximal zu der dicht unter dem Tibiakopf gelegenen Tuberositas tibiae als Ansatz des Lig. patellae. An der Facies posterior befindet sich die Linea musculi solei, für den Ursprung des gleichnamigen Muskels. Am Margo interosseus befestigt sich die Membrana interossea. Distal ist die Tibia zum Malleolus mediale, medialer Knöchel, verlängert, der an seiner Innenseite die Facies articularis malleoli trägt. Sie verbindet sich mit der Facies articularis inferior. Beide Gelenkflächen beteiligen sich an der Bildung des oberen Sprunggelenks. Distolateral liegt die rinnenförmige Incisura fibularis zur Anlagerung der Fibula. An der Dorsalseite des medialen Knöchels befindet sich der Sulcus malleolaris, eine Furche zur Führung der Sehne des M. tibialis posterior und M. flexor digitorum longus. Die Achse der Malleolengabel ist um etwa 15–20 ° gegen die Transversalachse des Kniegelenks nach außen gedreht, Tibiatorsion. Taststellen (⊡ Abb. 6.90). Margo anterior bis zur Tuberosi-
tas tibiae; Facies medialis und Malleolus medialis; Seitenflächen der Condyli lateralis et medialis. Bei gestrecktem Knie ist die Tuberositas tibiae leicht nach lateral gerichtet (»Tibiatorsion«). Fibula (⊡ Abb. 6.90). Ihr Kopf legt sich lateral mit der Facies articularis capitis fibulae der Tibea an. Apikal befindet sich die Apex capitis fibulae. Das Corpus fibulae ist drei-, distal vierkantig, wobei sich am Margo interosseus die Membrana interossea befestigt. Das distale Ende der Fibula verbreitert sich zum Malleolus lateralis, Außenknöchel. An seiner Unterseite liegt der Sulcus malleolaris, für die Sehnen der Peronäusmuskeln. Der medial gelegenen Facies articularis malleoli fügt sich die Sprungbeinrolle ein und dorsal liegt die Fossa malleoli lateralis zur Befestigung des Lig. talofibulare posterius. Taststellen. Caput fibulae und Malleolus lateralis. Der Mal-
leolus lateralis steht tiefer als der Malleolus medialis. Das Corpus fibulae ist unter der Muskulatur der Wade verborgen. Ossa pedis, Fußknochen
Der Fuß gliedert sich in Fußwurzel mit 7 Fußwurzelknochen, Rückfuß mit den Fußwurzelknochen Talus und Calcaneus, distale Reihe der Fußwurzelknochen,
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Kapitel 6 · Bewegungsapparat
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⊡ Abb. 6.91 a, b. Rechte Tibia. a Ansicht von vorne; b Ansicht von hinten. Rot Muskelursprünge und Ansätze
Mittelfuß mit den Mittelfußknochen, Zehen mit den Zehenknochen und Vorfuß aus Mittelfuß und Zehen.
Im Gegensatz zur Hand übernimmt nur ein Knochen, der Talus, die gelenkige Verbindung mit den proximalen Skelettteilen.
Ossa tarsi (Tarsalia), Fußwurzelknochen
ⓘ Infobox
Wichtig
Die Fußwurzelknochen beteiligen sich durch ihre Anordnung an der Übertragung des Körpergewichts auf den Fuß.
Fußwurzelknochen sind (⊡ Abb. 6.92) Talus, Sprungbein, Calcaneus, Fersenbein, Os naviculare, Kahnbein, Ossa cuneiformia, 3 Keilbeine und Os cuboideum, Würfelbein
Die Fußwurzelknochen sind Teile der Gewölbestruktur des Fußskeletts. Unter statischem Gesichtspunkt gehören zum hinteren Tragstrahl: Talus – Calcaneus, zum medialen Tragstrahl (tibiale Hauptstrecke): Calcaneus – Os naviculare – Os cuneiforme – Ossa cuneiformia I, II, III – Ossa metatarsalia I, II, III – Digiti I, II, III und zum lateralen Tragstrahl (fibulare Nebenstrecke): Calcaneus – Os cuboideum – Ossa cuneiformia IV,V – Ossa metatarsalia IV, V – Digiti IV, V. Auf den Tragstrahlen ruht das Körpergewicht.
Talus (⊡ Abb. 6.92, 6.93). Der Talus ist der Schlussstein der Fußgewölbe. Er fügt sich mit der Trochlea tali in die Maleolengabel von Tibia und Fibula ein.
317 6.3 · Extremitäten
⊡ Abb. 6.92. Fußskelett, rechter Fuß. Ansicht von dorsal. Die tibiale Hauptstrebe ist durch hellgrauen Raster hervorgehoben
Die Trochlea tali ist fast vollständig mit hyalinem Knorpel überzogen und hinten schmäler als vorne. Weitere 3 Gelenkflächen befinden sich an der Unterseite des Talus zur Artikulation mit dem Kalkaneus, Facies articularis calcanea anterior, media und posterior sowie eine weitere am Kopf als Facies articularis navicularis zur Verbindung mit dem Os naviculare und dem Lig. calcaneonaviculare plantare. Zwischen hinterer und mittlerer Gelenkfläche befindet sich der Sulcus tali. Er bildet zusammen mit dem Sulcus calcanei den schräg zwischen Sprung- und Fersenbein verlaufenden Canalis tarsi. Seine seitliche trichterförmige Öffnung nennt man Sinus tarsi. Am Rand der Trochlea befinden sich der Processus lateralis tali und Processus posterior tali mit einer Rinne, Sulcus tendinis musculi flexoris hallucis longi, für die Sehne des langen großen Zehenbeugers. Sie wird vom Tuberculum mediale et laterale begrenzt.
Taststellen (⊡ Abb. 6.90). Ränder des Sinus tarsi, bei Plantarflexion Teile des Caput tali, Collum tali und Trochlea tali.
Calcaneus (⊡ Abb. 6.92, 6.93). Der Kalkaneus steht als Teil des Rückfußes mit der Unterfläche des Tuber calcanei, Fersenbeinhöcker,einem der 3 Stützpunkte des Fußes,auf dem Boden (s. unten). Am Tuber calcanei befestigen sich außerdem die Achillessehne und an der Unterseite das Lig. calcaneocuboideum. Der Verbindung mit den Nachbarknochen dienen die dem Talus korrespondierenden Gelenkflächen,Facies articularis talaris posterior,media und anterior, sowie ventral die Facies articularis cuboidea. An der medialen Seite des Kalkaneus befindet sich unter einem breiten Knochenvorsprung, Sustentaculum tali, der Sulcus tendinis musculi flexoris hallucis longi.An der lateralen Seite dient ein kleiner Knochenvorsprung, Trochlea peronealis mit dem Sulcus tendinis musculi peronei longi, der Sehne des M. peroneus longus als Hypomochlion.
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Kapitel 6 · Bewegungsapparat
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⊡ Abb. 6.93. Fußwurzelknochen. Gelenkflächen und Bewegungsachsen des unteren Sprunggelenks
⊡ Abb. 6.94 a–d. Fußskelett. a Ansicht von plantar; b Fußgewölbe von medial; c Senk- und Plattfuß, das mediale Längsgewölbe ist abgeflacht und eingeknickt; d Hohlfuß, das mediale Längsgewölbe ist überhöht. Das Os metatarsale I steht steil, sein Köpfchen ist überlastet
319 6.3 · Extremitäten
Talus und Kalkaneus grenzen sich gemeinsam von den ventral von ihnen gelegenen Fußwurzelknochen durch die Chopart-Gelenklinie ab. Taststellen (⊡ Abb. 6.90). Tuber calcanei, medialer Rand des Sustentaculum tali, Trochlea peronealis.
Os naviculare (⊡ Abb. 6.92). Proximal befindet sich die
Gelenkpfanne für den Taluskopf und distal liegen die 3 Gelenkflächen für die Ossa cuneiformia. Medial springt deutlich die Tuberositas ossis navicularis vor. Taststellen. Tuberositas ossis navicularis.
Os cuboideum (⊡ Abb. 6.92, 6.93). Es trägt Gelenkflächen
zur Verbindung mit den Ossa metatarsalia IV und V sowie zum benachbarten Os cuneiforme laterale und gelegentlich zum Os naviculare.An seiner Unterseite befindet sich der Sulcus tendinis musculi peronei longi. Ossa cuneiforme mediale, intermedium, laterale. Alle 3 Keilbeine haben proximal Gelenkflächen zur Verbindung mit dem Os naviculare und distal mit dem Metatarsalknochen (⊡ Abb. 6.92). Gemeinsam setzen sich die Ossa cuneiformia und das Os cuboideum durch die Lisfranc-Gelenklinie von den Mittelfußknochen ab.
⊡ Abb. 6.95. Querschnitt durch das Fußskelett im Bereich der distalen Fußwurzelknochen. Eingetragen ist der Verlauf und die Wirkungsrichtung von Muskeln
Caput ossis metatarsi I und IV (⊡ Abb. 6.95). Die beiden Metatarsalköpfchen sind die vorderen Stützpunkte des Fußes beim Stehen und Gehen (S. 356). Die Mittelfußknochen I und V zeigen jeweils an ihrer Außenseite eine Tuberositas ossis metatarsi I bzw. V zur Insertion von Sehnen. Taststellen. Teilbereiche aller Mittelfußknochen, insbeson-
dere die Tuberositas ossis metatarsalis V, Dorsalflächen und Caput ossis metatarsalis I.
Ossa metatarsi I–V (Metatarsalia), Mittelfußknochen
Die Mittelfußknochen liegen zwar parallel nebeneinander, jedoch nicht in einer Ebene. Vielmehr besteht eine Verwindungsstruktur, da der mediale (tibiale) Tragstrahl über den lateralen geschoben ist. Dadurch zeigt das Fußskelett 2 Längsbögen (⊡ Abb. 6.94), von denen der mediale erhöht ist, mediale Längswölbung. Sie ist die eigentliche Lastträgerin des Fußes. Außerdem zeigt das Fußskelett einen Querbogen zwischen den Metatarsalköpfchen,
>
Ossa digitorum (pedis), Zehenknochen
Die Zehen 2–5 haben eine Phalanx proximalis, media et distalis (⊡ Abb. 6.92), die Großzehe, Hallux, jedoch nur 2. Alle Zehenendglieder werden im Normalfall beim Laufen aufgesetzt, wobei die Großzehe als letzte vom Boden abgehoben wird. Taststellen. Dorsal- und Seitenflächen der Phalangen.
In Kürze
Das Femur ist im Kollumbereich gewinkelt und steht schräg im Körper. Dadurch überträgt sich die Last des Rumpfes zunächst auf den Schenkelhals, wird dann aber im Knie auf die Tragachse des Beins weitergeleitet. Im Unterschenkel ist allein die Tibia der Lastträger. Der eigentliche Lastempfänger ist aber der Talus, der die Last auf ein bodenberührendes Dreieck überträgt, das aus Kalkaneus und den Metatarsalköpfchen I und V besteht.
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Kapitel 6 · Bewegungsapparat
Coxa, Hüfte
Labrum acetabuli
Wichtig
Die Hüfte mit ihrem Gelenk und ihren Muskeln gehört durch den aufrechten Gang zu den mechanisch am meisten belasteten Regionen des menschlichen Körpers. Dementsprechend kräftig ist die Sicherung des Gelenks. Andererseits führt die Beanspruchung der Hüfte leicht zum Verschleiß und damit zu degenerativen Erkrankungen.
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Im Sprachgebrauch werden unter Hüfte,Coxa,das Hüftgelenk, Articulatio coxae,und die auf das Hüftgelenk wirkende Muskulatur verstanden, innere und äußere Hüftmuskeln,sowie die Adduktorengruppe.Hinzu kommen zweigelenkige Muskeln, die gleichzeitig das Kniegelenk bewegen.Sie gehören zu den Oberschenkelmuskeln (⊡ Tabelle 6.35,S. 338).
Labrum acetabuli
⊡ Abb. 6.96. Frontalschnitt durch das rechte Hüftgelenk
Articulatio coxae, Hüftgelenk Wichtig
Das Hüftgelenk ist ein Kugelgelenk mit eingeschränkter Beweglichkeit.
Das Hüftgelenk dient der Bewegung der unteren Extremität gegenüber dem Rumpf. Beim Gehen und Stehen trägt dabei das Hüftgelenk des Standbeins die ganze Körperlast, während das Spielbein der Bewegung dient (S. 357). Das Hüftgelenk ist tief in Weichteile eingebettet und dadurch einer Inspektion unzugänglich. Gelenkkörper (⊡ Abb. 6.96). Er besteht aus dem kugelförmigen Caput femoris als Gelenkkopf und dem Azetabulum mit dem Lig. transversum acetabuli als Gelenkpfanne. Ergänzt wird das Azetabulum durch eine ringförmige Gelenklippe aus Faserknorpel, Labrum acetabuli. Dadurch liegt mehr als die Hälfte des Oberschenkelkopfes innerhalb der knöchern-bindegewebigen Pfanne. Der Femurkopf ist konzentrisch in das Azetabulum eingepasst. Die artikulierende Gelenkfläche ist jedoch allein die knorpelbedeckte Facies lunata. Hier erfolgt die Kraftübertragung. Das Lig. capitis femoris (S. 312), das zur Incisura acetabuli zieht, leitet – zumindest in der Jugend – Blutgefäße zum Oberschenkelkopf (R. acetabularis aus der A. circumflexa femoris medialis und A. obturatoria), hat aber keine mechanischen Aufgaben. Das Hüftgelenk ist ein Nussgelenk, eine Sonderform des Kugelgelenks (S. 177). Der Drehpunkt liegt im Zentrum des Caput femoris.
⊡ Abb. 6.97. Bandapparat des rechten Hüftgelenks; Ansicht von vorne
Gelenkkapsel und Gelenkbänder (⊡ Abb. 6.97, ⊡ Tabelle 6.30). Die Gelenkkapsel entspringt am Pfannenrand.
Am Femur ist sie vorn an der Linea intertrochanterica, hinten etwa 1,5 cm proximal von der Crista intertrochanterica am Schenkelhals befestigt (⊡ Abb. 6.88). Die Epiphysenfuge liegt also intrakapsulär, wichtig z. B. bei der Behandlung einer jugendlichen Hüftkopf-Epiphysenlösung und beim Morbus Perthes (spontane aseptische Osteonekrose des Hüftkopfes). Bänder des Hüftgelenks sind Lig. iliofemorale, Lig. ischiofemorale und Lig. pubofemorale.
321 6.3 · Extremitäten
⊡ Tabelle 6.30. Bänder des Hüftgelenks Band
Ursprung
Verlauf
Ansatz
Funktion
Lig. iliofemorale
Spina iliaca anterior inferior
Fächerförmig mit verstärkten Flanken; Pars medialis et lateralis (umgekehrtes »V«), schraubenförmiger Verlauf
Linea intertrochanterica, Trochanter major
Verhindert die Überstreckung bzw. das Zurückkippen des Beckens über 10–15 ° hinaus; der starke laterale Teil hemmt die Außenrotation und Adduktion, der mediale Teil die übermäßige Innenrotation
Lig. ischiofemorale
Corpus ossis ischii
Schraubenförmig dorsal und kranial um Caput et Collum femoris
Seitlich oben an der Linea intertrochanterica, Fossa trochanterica, Zona orbicularis
Verstärkt die dorsale Kapselwand, hemmt die Innenrotation und Streckung sowie geringfügig die Adduktion
Lig. pubofemorale
Ramus superiorossis pubis
Ventromedial
Zona orbicularis, unten medial an der Linea intertrochanterica und dem Trochanter minor
Verstärkt die mediale Kapselwand, hemmt eine zu ausgedehnte Abduktion und Außenrotation
Zona orbicularis
Bindegewebsfasern, die aus den 3 erstgenannten Bändern abzweigen
Zirkulär die Gelenkkapsel verstärkend um den Schenkelhals und -kopf
In sich geschlossener Faserring
Hält den Kopf in der Pfanne; ist mit der Gelenkkapsel verwachsen
Lig. capitis femoris
Rand der Incisura acetabuli, Lig. transversum acetabuli
Läuft intraartikulär, Anfangsteil eingebettet in das Fett- u. Bindegewebe der Fossa acetabuli
Fovea capitis femoris
Enthält den R. acetabularis aus der A. obturatoria. Angespannt nur bei extremer Adduktion und Außenrotation
Lig. transversum acetabuli
Rand der Incisura acetabuli
In der Incisura acetabuli
Rand der Incisura acetabuli
Verschließt die Incisura acetabuli bis auf Lücken für Gefäße; Mitbeteiligung an der Gelenkfläche
Labrum acetabulare
Rand des Acetabulums und Lig. transversum acetabuli
Kreisförmig, mit der Gelenkkapsel größtenteils nicht verwachsen
–
Vergrößert die Gelenkfläche
6
322
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
6
⊡ Abb. 6.98. Adduktoren und Mm. gluteus maximus
Sie sind die widerstandsfähigsten Bänder des Körpers. Sie entspringen an den durch die Namen gekennzeichneten Anteilen des Os coxae und befestigen sich an der Linea intertrochanterica. Die Bänder sind in die Gelenkkapsel eingewebt: Ligg. iliofemorale et pubofemorale in die Kapselvorderseite, das Lig. ischiofemorale in die Kapselhinterseite. Die Bänder umfassen den Femurkopf und -hals (⊡ Abb. 6.83, 6.97) in einer mehr oder weniger deutlichen, gleichsinnigen Spirale. Sie wird vor allem bei der Streckung, Retroversion, im Hüftgelenk wirksam. Je ausgedehnter das Bein retrovertiert wird, desto mehr presst die Bänderschraube den Oberschenkelkopf in das Azetabulum. Zusammengehalten werden die Bänder durch die ringförmig um den Schenkelhals gelegene Zona orbicularis, mit der sie fest verwachsen sind. Einzelheiten ⊡ Tabelle 6.30. Schwache Stellen der Gelenkkapsel liegen zwischen dem Lig. pubofemorale und Lig. iliofemorale. Hier liegt der Kapselwand die von der Sehne des M. iliopsoas unterlagerte Bursa iliopectinea, die an dieser Stelle gelegentlich mit dem Gelenkraum kommuniziert.
> Klinischer Hinweis Die Gelenkkapsel ist entspannt, wenn der Oberschenkel leicht gebeugt, geringfügig abduziert und etwas außenrotiert ist. Entsprechend wird das Bein bei Ergüssen im Hüftgelenk gehalten.
Bewegungen im Hüftgelenk. Sie werden vor allem vom Bandapparat geführt, aber auch eingeschränkt. Möglich sind folgende Bewegungen: Ante- und Retroversion, auch als Beugung, Flexion, und Streckung, Extension, des Beins bezeichnet. Sie erfolgt um eine Transversalachse, quere Hüftgelenkachse (⊡ Abb. 6.98). Im Stand, also bei festgestelltem Femur, kann um diese Achse aber auch der Rumpf nach vorne und hinten gebeugt werden, z. B. um etwas vom Boden aufzuheben. Die Anteversion entspricht der Fortbewegungsrichtung. Sie ist lediglich durch Weichteile (bei gebeugtem Knie) oder bei passiver Insuffizienz der dorsal gelegenen Muskeln (bei gestrecktem Knie) eingeschränkt. Bei der Retroversion sind dagegen alle 3 Bänder durch Spiralisierung gespannt. Sie wickeln sich um den Femurhals, besonders der vordere Anteil des Lig. iliofemorale, der fast vertikal verläuft. Die Bänder verhindern eine
323 6.3 · Extremitäten
Überstreckung im Hüftgelenk und damit im Stehen ein Kippen des Beckens nach hinten. Abduktion und Adduktion um eine Sagittalachse. Um diese Achse kann außerdem auf der Seite des Standbeins im geringen Umfang eine Seitneigung des Rumpfes erfolgen. Einzelheiten zur Adduktion und Abduktion Bei der Adduktion wird der obere horizontale Anteil des Lig. iliofemorale deutlich, der mittlere und untere Anteil gering angespannt; das Lig. pubofemorale ist entspannt. Bei der Abduktion spannt sich umgekehrt das Lig. pubofemorale an, das Lig. iliofemorale entspannt sich. Das Lig. ischiofemorale wird durch Adduktion entspannt, durch Abduktion gespannt. Dadurch sind die Abduktion vor allem durch das Lig. pubofemorale und die Adduktion, z. B. beim Überkreuzen der Beine, durch den lateralen Anteil des Lig. iliofemorale und durch das Lig. ischiofemorale begrenzt.
Innen- und Außenrotation um eine Vertikalachse. Die Achse geht senkrecht durch den Mittelpunkt des Femurkopfes und durch die Eminentia intercondylaris des Schienbeinkopfes. Sie ist identisch mit der Traglinie des Beins (⊡ Abb. 6.98). Bei der Innenrotation sind das Lig. ischiofemorale und der mediale Anteil des Lig. iliofemorale gespannt. Bei der Außenrotation ist es umgekehrt. Vergrößert werden können Rotation und Abduktiondurch Flexion im Hüftgelenk durch Entspannung des Lig. iliofemorale, dann ist ein Spreizen beider Beine bis zu 180 ° möglich. Der Bewegungsumfang im Hüftgelenk beträgt nach der Neutral-Null-Methode (S. 177) somit für Strecken-Beugen 10 °–0 °–130 °, Abduktion-Adduktion 40 °–0 °–30 °, Außenrotation-Innenrotation 50 °–0 °–40 °. Als Bewegungskombination ergibt sich eine Zirkumduktion, die eine Ellipse beschreibt. Durch Training lässt sich der physiologische Bewegungsumfang beträchtlich erweitern (Artisten).
> Klinischer Hinweis Hüftgelenkserkrankungen sind häufig. Sie treten in allen Lebensphasen auf. Beispiele sind Luxatio congenita, angeborene Hüftgelenksluxation. Die Gelenkpfanne ist unzureichend tief, sodass das Caput femoris heraustritt, Hüftgelenksdysplasien im Wachstumsalter durch Störungen im Gestaltwandel des Hüftgelenks, schmerzhafte Koxarthrosen mit Bewegungseinschränkungen als degenerative Erkrankung im späteren Lebens-
alter, z. B. durch pathologische Überbeanspruchungen nach Frakturen, Entzündungen u. a. Dabei kann es zu unregelmäßigen Druckverteilungen im Gelenk mit Knorpelverschleiß, Nekrosen und Verlagerungen des Hüftgelenks kommen. Der Behandlung dienen Hüftgelenkendoprothesen, bei der eine Schale als künstliche Pfanne im Azetabulum verankert und ein künstlicher Hüftkopf mit einem Stiel im proximalen Femurende fixiert werden.
Hüftmuskulatur und Adduktoren Wichtig
Auf das Hüftgelenk wirken Muskeln, die am Becken sowie der Wirbelsäule entspringen und mit wenigen Ausnahmen am proximalen Ende des Femurs ansetzen. Hinzu kommen zweigelenkige Oberschenkelmuskeln, die jedoch am Hüftgelenk den kürzeren Hebelarm haben.
Hüftmuskeln und Adduktoren stabilisieren das Hüftgelenk und bewegen es. Sie bewirken aber auch bei feststehendem Bein Stellungsänderungen des Beckens und damit Haltungsänderungen des Rumpfes. Die Funktion der einzelnen Muskeln hängt dabei von ihrer Lage zu den 3 Hauptbewegungsachsen des Hüftgelenks ab: Vor der Transversalachse gelegene Muskeln beugen im Hüftgelenk (antevertieren das Bein). Dorsal von der Transversalachse gelegene Muskeln strecken (retrovertieren) das Bein. Lateral von der Sagittalachse gelegene Muskeln abduzieren. Medial von der Sagittalachse gelegene adduzieren das Bein. Vor der Rotationsachse gelegene Muskeln drehen das Bein nach innen. Hinter der Rotationsachse gelegene Muskeln drehen nach außen. Die Funktion der einzelnen Muskeln hängt aber auch von der Ausgangsstellung des Beins ab. Dadurch wirken sie sehr unterschiedlich. Hinzu kommt, dass innerhalb eines Muskels Teile antagonistisch tätig werden können. Nach topographischen Gesichtspunkten lassen sich un-
terscheiden: innere Hüftmuskeln. Ursprung an der Wirbelsäule, vor allem aber an der inneren Beckenwand, äußere Hüftmuskeln. Ursprung an der äußeren Beckenwand, mediale Muskeln, Adduktoren. Ursprung am Knochenrahmen des Foramen obturatum.
6
324
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
⊡ Tabelle 6.31. Hüftmuskeln Muskel
Ursprung
Ansatz
Funktion
Innervation
Ventrale Schicht: 12. Brust- und 1.–4. LWK sowie den zugehörigen Zwischenwirbelscheiben
Trochanter minor
Lateralflexion der LWS, Beugung im Hüftgelenk, Innenrotation aus Normalstellung, sonst Außenrotation
Plexus lumbalis (N. femoralis)
Innere Hüftmuskel M. psoas major
Dorsale Schicht: Processus costales d. LW
6 M. psoas minor (inkonstant)
12. BWK und 1. LWK
Fascia iliaca, Arcus iliopectineus
Lateralflexion der Wirbelsäule
Plexus lumbalis
M. iliacus
Fossa iliaca
Trochanter minor
Beugung und Rotation im Hüftgelenk; Innenrotation aus Normalstellung, sonst Außenrotation, Abduktion
Plexus lumbalis (N. femoralis)
M. piriformis
Facies pelvica des Os sacrum
Spitze des Trochanter major
Abduktion, Außenrotation
Plexus sacralis (N. piriformis)
M. obturatorius internus
Membrana obturatoria, Rand des Foramen obturatum
Fossa trochanterica
Außenrotation
Plexus sacralis
M. gluteus maximus
Dorsale Fläche des Kreuzbeins; Darmbein dorsal der Linea glutea posterior; Fascia thoracolumbalis, Lig. sacrotuberale
Tuberositas glutea, Fascia lata, Septum intermusculare femoris laterale, Tractus iliotibialis
Streckung, Außenrotation; der obere Teil abduziert, der untere adduziert. Verhindert das Kippen des Beckens beim Gehen
N. gluteus inferior
M. gluteus medius
Dreieckiges Feld zwischen Labium externum der Crista iliaca, Linea glutea anterior und Linea glutea posterior
Lateraler Umfang des Trochanter major
Abduktion, Innenrotation, Außenrotation, Beugung und Streckung. Verhindert das Kippen des Beckens beim Gehen
N. gluteus superior
M. gluteus minimus
Zwischen Linea glutea anterior et inferior
Innen an der Spitze des Trochanter major
Wie M. gluteus medius
N. gluteus superior
Äußere Hüftmuskel
325 6.3 · Extremitäten
⊡ Tabelle 6.31. Fortsetzung Muskel
Ursprung
Ansatz
Funktion
Innervation
M. tensor fasciae latae
Spina iliaca anterior superior
Tractus iliotibialis
Beugung und Innenrotation im Hüftgelenk, spannt die Fascia lata
N. gluteus superior
M. gemellus superior
Spina ischiadica
Sehne des M. obturatorius internus
Außenrotation
Plexus sacralis
M. gemellus inferior
Tuber ischiadicum
Sehne des M. obturatorius internus
Außenrotation
Plexus sacralis
M. quadratus femoris
Tuber ischiadicum
Crista intertrochanterica
Außenrotation, Adduktion
N.musculi quadrati femoris oder N. ischiadicus
M. obturatorius externus
Membrana obturatoria, Rand des Foramen obturatum
Fossa trochanterica
Außenrotation, Adduktion
N. obturatorius
Innere Hüftmuskeln (⊡ Tabelle 6.31) M. iliopsoas (⊡ Abb. 6.99) mit seinen Anteilen, die unterhalb des Leistenbandes vereinigt sind: – M. iliacus, – M. psoas major, – M. psoas minor, M. piriformis und M. obturatorius internus. Einzelheiten zu den inneren Hüftmuskeln Der M. iliopsoas zieht unter dem Leistenband durch die Lacuna musculorum (⊡ Abb. 6.99). Danach liegt er vor dem Hüftgelenk und dessen Transversalachse. Er ist (mit dem M. rectus femoris) der effizienteste Beuger, da die langfaserige Psoaskomponente mit großer Hubhöhe gemeinsam mit der breitflächigen Iliakuskomponente mit ihrem großen physiologischen Querschnitt einen optimalen Wirkungsgrad ermöglicht. Ist das Bein so eingestellt, dass die Fußspitze nach vorne gerichtet ist (die Füße also parallel stehen), dann verläuft die wirksame Endstrecke zu dem dorsal gelegenen Trochanter minor, dreht bei Kontraktion diesen nach vorne und rotiert damit das Bein nach außen. In Normalstellung läuft die wirksame Endstrecke dagegen lateral von der Rotationsachse. Infolgedessen kann aus dieser Ausgangsstellung das Bein nach innen rotiert werden. Da der M. psoas an der Wirbelsäule entspringt, wirkt er auf der Seite des Standbeins auf die Lendenwirbelsäule im Sinne einer Lateral-Ventral-Flexion. – Die Bursa iliopectinea (s. dort) ermöglicht ein reibungsloses Gleiten des Muskels auf dem Lig. iliofemorale und über dem knöchernen Beckenrand.
Faszien des M. iliopsoas. Sie sind im distalen Abschnitt des M. psoas besonders derb, über dem M. iliacus, Fascia iliaca, hingegen dünn. Die Fascia iliopsoas beteiligt sich am Aufbau des Arcus iliopectineus zur Abgrenzung der Lacuna musculorum.
> Klinischer Hinweis Retroperitoneale Abszesse z. B. durch Pyelonephritis oder retrozäkale Appendizitis können im Schlauch der Fascia iliopsoica bis zur Leistenregion absteigen. Dabei kann es zu einer Reizung des M. iliopsoas kommen. Zu seiner Entlastung wird dann das Bein gebeugt und außenrotiert.
M. piriformis. Er verlässt das kleine Becken durch das Foramen ischiadicum majus und unterteilt es in das Foramen suprapiriforme und infrapiriforme. M. obturatorius internus (⊡ Abb. 6.87). Er verlässt das kleine Becken durch das Foramen ischiadicum minus, biegt dann am Sitzbeinkörper als Hypomochlion scharf um – dort eine Bursa – und setzt gemeinsam mit dem M. obturatorius externus in der Fossa trochanterica an.Innerhalb des kleinen Beckens wird der Muskel von der Fascia obturatoria bedeckt, die sich nach hinten auf das Lig. sacrotuberale fortsetzt. Äußere Hüftmuskeln (⊡ Tabelle 6.31). Zu dieser Gruppe gehören Mm. glutei maximus, medius et minimus, Mm. gemelli superior et inferior, M. quadratus femoris und M. obturatorius externus (⊡ Abb. 6.130).
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326
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
6
⊡ Abb. 6.99. Beckenwand. Einsicht ins Becken von vorne. In die rechte Beckenhälfte sind der M. quadratus lumborum, die parietalen Beckenmuskeln und das Diaphragma pelvis eingezeichnet, in die linke die durch Bandzüge begrenzten Öffnungen. Die Pfeile geben die Verlaufsrichtung der Strukturen an, die durch die Öffnungen der Beckenwand treten
Die Muskulatur gruppiert sich insgesamt fächerartig in Schichten hinten und seitlich um das Hüftgelenk. Sie inseriert am Trochanter major und seiner Umgebung. Einzelheiten der äußeren Hüftmuskeln M. gluteus maximus (⊡ Abb. 6.98). Der große und außerordentlich kräftige Muskel bestimmt die Kontur des Gesäßes. Zwischen denen der beiden Seiten liegt die Crena (Rima) interglutealis (ani). Der untere Muskelrand verläuft auf jeder Seite im Stehen schräg nach lateral unten und bedeckt das Tuber ischiadicum. Im Sitzen rutscht der Rand nach oben und der Sitzbeinhöcker liegt nur von subkutanem Fettgewebe gepolstert direkt unter der Haut. Zwischen dem Muskelfleisch und dem Tuber ischiadicum liegt die Bursa ischiadica musculi glutei maximi und zwischen seiner Endsehne und dem Trochanter major die Bursa trochanterica musculi glutei maximi. Die Bursa subcutanea trochanterica befindet sich zwischen der Sehne und der Haut über dem Trochanter major. Der M. gluteus maximus ist der kräftigste Strecker im Hüftgelenk. Er entfaltet seinen höchsten Wirkungsgrad,
wenn das Hüftgelenk etwas gebeugt ist (z. B. beim Aufstehen aus dem Sitzen). Vorwiegend hat er jedoch Haltefunktion, indem er das Vornüberkippen des Beckens im Stehen verhindert. > Klinischer Hinweis Bei doppelseitiger Lähmung des M. gluteus maximus wird durch Verlagerung des Körperschwerpunktes nach hinten die Lendenlordose verstärkt, um das Vornüberkippen zu vermeiden.Treppensteigen ist unmöglich.
Mm. glutei medius et minimus (⊡ Abb. 6.98, 6.100). Sie liegen unter dem M. gluteus maximus und teilweise bedeckt der Medius den Minimus. Gemeinsam verhindern sie beim Gehen das Absinken des Beckens zur Seite des Spielbeins. Auf der Spielbeinseite ergeben sich je nach innervierten Anteilen und deren Lage zu den Bewegungsachsen unterschiedliche Funktionen (⊡ Tabelle 6.31): Die dorsal gelegenen Partien strecken und rotieren nach außen, die ventralen beugen und rotieren nach innen; die mittleren abduzieren das Spielbein.
327 6.3 · Extremitäten
⊡ Abb. 6.100. Muskeln, die am Becken entspringen
> Klinischer Hinweis Sind nach Schädigung des N. gluteus superior (S. 365), z. B. nach fehlerhafter intramuskulärer Injektion, die beiden Muskeln insuffizient, tritt das Phänomen des »Watschelgangs« auf, d. h. das Becken kippt bei jedem Schritt auf die Seite des Spielbeins, Trendelenburg-Zeichen.
Adduktoren (⊡ Tabelle 6.32, ⊡ Abb. 6.98, 6.100). Sie ent-
springen in der Reihenfolge der Aufzählung am Knochenrahmen um das Foramen obturatum (⊡ Abb. 6.117): M. pectineus, M. adductor longus, M. gracilis, M. adductor brevis, M. adductor magnus und M. adductor minimus. Mit Ausnahme des M. gracilis, der zweigelenkig ist und an der Tibia ansetzt, befestigen sie sich an der Rückseite des Femurs. Dabei liegt der M. adductor longus oberflächlich und der M. adductor magnus am weitesten hinten (⊡ Abb. 6.98). Dazwischen schieben sich die anderen Adduktoren. Dabei bildet der M. pectineus, M. adductor longus und M. gracilis die Hinterwand des Trigonum femorale (S. 370). Ferner sind die Adduktoren am Canalis adductorius und Hiatus adductorius beteiligt (s. unten). > Klinischer Hinweis Bei starkem Spreizen der Beine ist die Ursprungssehne des M. adductor longus von medial her tastbar.
Adduktoren wirken stabilisierend auf das Becken und beteiligen sich damit an der Aufrechterhaltung des Körpergleichgewichts. So verhindern sie beim Stand auf beiden Beinen das Kippen des Beckens nach vorne, beim Stand auf einem Bein zur Seite. Ferner halten die Adduktoren die Beine zusammen und verhindern, dass das Spielbein beim Aufsetzen auf den Boden nach außen rutscht. Darüber hinaus beteiligen sich die Muskeln einzeln je nach Bewegungsablauf und ihrer Lage zur Longitudinal- bzw. Transversalachse des Hüftgelenks unterschiedlich an Flexion, Extension und Rotation des Beins (vgl. hierzu ⊡ Tabelle 6.33). Schließlich wirken sie einer Verbiegung des Femurschaftes nach außen entgegen. ⓘ Infobox Wichtiger als die Wirkung der einzelnen Adduktoren ist ihr Zusammenwirken, z. T. mit Oberschenkelmuskeln (⊡ Tabelle 6.33).
Canalis adductorius, Adduktorenkanal, Hiatus adductorius, Adduktorenschlitz. M. adductor longus, M. adductor
magnus und M. vastus medialis begrenzen den Canalis adductorius mit seinen Leitungsbahnen (S. 371). Die vordere Wand des Kanals wird von einer bindegewebigen Membran gebildet, die sich zwischen M. vastus medialis und M. adductor magnus ausspannt, Septum intermusculare vastoadductorium. Die distale Öffnung des Canalis adductorius ist der Hiatus adductorius. Er befindet sich zwischen den beiden Anteilen der Endsehne des M. adductor longus und dem Femur. Der Hiatus adductorius führt in die Kniekehle.
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328
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
⊡ Tabelle 6.32. Adduktoren
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Muskel
Ursprung
Ansatz
Funktion
Innervation
M. pectineus
Pecten ossis pubis
Linea pectinea
Beugung, Außenrotation, Adduktion
N. femoralis und N. obturatorius (Doppelinnervation)
M. adductor longus
Corpus ossis pubis, Symphysis pubica
Labium mediale der Linea aspera des mittleren Femurdrittels
Adduktion, Außenrotation und je nach Ausgangsstellung Beugung und Innenrotation
N. obturatorius
M. gracilis
Ramus inferior ossis pubis
Mittels Pes anserinus am Condylus medialis der Tibia
Hüftgelenk: Adduktion
N. obturatorius
Kniegelenk: Beugung und Innenrotation
M. adductor brevis
Ramus inferiorossis pubis
Labium mediale der Linea aspera des oberen Femurdrittels
Adduktion, Außenrotation
N. obturatorius
M. adductor magnus
Ramus ossis ischii, Ramus inferiorossis pubis, Tuber ischiadicum
Labium mediale der Linea aspera des oberen und mittleren Femurdrittels, Epicondylus medialis des Femurs und Septum intermusculare vastoadductorium
Adduktion, Außenrotation, Innenrotation des nach außen rotierten Beins (über Septum intermusculare vastoadductorium, Epicondylus medialis), Streckung
N. obturatorius und N. tibialis oder N.-tibialis-Anteil des N. ischiadicus (Doppelinnervation)
329 6.3 · Extremitäten
⊡ Tabelle 6.33. Muskelwirkung auf das Hüftgelenk aus der Normalstellung. Muskeln mit hohem Drehmoment stehen jeweils am Anfang Anteversion (Flexion) (120 °)
Retroversion (Extension) (12 °)
M. rectus femoris M. iliopsoas M. tensor fasciae latae M. sartorius M. gluteus medius, vorderer Teil M. gluteus minimus, vorderer Teil M. pectineus M. adductor longus
M. gluteus maximus M. adductor magnus M. semimembranosus M. gluteus medius, dorsaler Teil M. semitendinosus M. biceps femoris, Caput longum M. quadratus femoris M. gluteus minimus, dorsaler Teil
Abduktion (40–50 °)
Adduktion (-15 °)
M. gluteus medius M. tensor fasciae latae M. gluteus maximus, oberer Teil M. rectus femoris M. gluteus minimus M. piriformis M. sartorius
M. adductor magnus M. gluteus maximus, unterer Teil M. adductor longus M. adductor brevis M. semimembranosus M. iliopsoas M. biceps femoris, Caput longum M. semitendinosus M. pectineus M. obturatorius externus M. gracilis
Innenrotation (35 °)
Außenrotation (15 °)
M. tensor fasciae latae M. gluteus minimus, vorderer Teil M. gluteus medius, vorderer Teil M. adductor magnus, am Epicondylus medialis und am Septum intermusculare vastoadductorium ansetzender Teil M. iliopsoas (s.Text)
M. gluteus maximus M. gluteus medius, dorsaler Teil M. obturatorius internus gemeinsam mit Mm. gemelli M. iliopsoas (siehe Text)* M. gluteus minimus, dorsaler Teil M. piriformis M. rectus femoris M. obturatorius externus M. adductor brevis M. pectineus M. biceps femoris, Caput longum M. quadratus femoris M. adductor longus, M. adductor magnus M. sartorius
*
Funktion stellungsabhängig.
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330
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
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In Kürze
Das Hüftgelenk, Articulatio coxae,ist ein Kugelgelenk mit eingeschränkter Beweglichkeit,ein Nussgelenk.Die Ausführung der Bewegungen hängt jedoch von einem vielfältigen Zusammenwirken von Bandapparat,der vor allem der Gelenksicherung dient,und der in unterschiedlichen Kombinationen tätig werdenden Muskeln ab.Schwerpunktmäßig lässt sich herausstellen, dass die Bewegung des Hüftgelenks in Fortbewegungsrichtung am weitesten freigegeben ist (Anteversion, Flexion, Beugung 130 °).Dagegen ist die Streckung (Retroversion) durch Festziehen der Bänderschraube,die aus den Lig.iliofemorale,Lig.ischiofemorale,Lig.pubofemorale besteht,am stärksten eingeschränkt (10 °).Dabei wird unter Mitwirken des M. gluteus maximus als Haltemuskel das Kippen des Beckens nach hinten verhindert.Dem Kippen nach vorne wirken vor allem die Adduktoren entgegen.Der M. gluteus maximus ist aber gleichzeitig bei gebeugter Hüfte der stärkste Strecker (beim Aufstehen).Der kräftigste Beuger im Hüftgelenk ist der M. iliopsoas im Zusammenwirken mit ischiocruralen Muskeln.Bei der Abduktion (40 °) stehen die Wirkungen der Mm. glutei medius et minimus sowie des M. piriformis im Vordergrund.Adduzierend (30 °) wirken vor allem der M. adductor longus.Von den Rotationsbewegungen ist die Außenrotation (50 °) deutlich kräftiger als die Innenrotation (40 °).
Oberschenkel und Knie Oberschenkel und Knie sind profilbestimmend für das Bein. Dabei kommt es vor allem auf die Stellung des Knies zur Tragachse an. Ein gerades Bein liegt dann vor, wenn die Tragachse in der Frontalebene durch das Zentrum des Femurkopfes, des Knie- und oberen Sprunggelenks verläuft (Mikulicz-Linie, ⊡ Abb. 6.101, 102 a). Im Stand bei nach vorne gerichteten Füßen berühren sich dabei die medialen Femurkondylen. Beim X-Bein befindet sich die Mitte des Kniegelenks medial der Traglinie, Genu valgum (⊡ Abb. 6.102 b); das Knie ist nach innen gebogen. So stehen die Beine nach dem 2. Lebensjahr, hervorgerufen durch die Stellungsänderung in der Hüfte während des Wachstums (S. 312). Zwischenzeitlich, in einer Übergangsphase, stehen die Beine gerade. Endgültig wird die Geradestellung der Beine im 2. Lebensjahrzehnt erreicht. Beim O-Bein liegt die Mitte des Kniegelenks lateral der Traglinie, Genu varum (⊡ Abb. 6.102 c); das Bein ist nach außen gebogen. Diese Abweichung steht mit der Stellung des Collum femoris in Zusammenhang (S. 312). Sie ist für das Neugeborene charakteristisch. > Klinischer Hinweis Bei gestörtem Wachstum, z. B. bei Rachitis oder nach Verletzungen, können sowohl ein Genu varum als auch ein Genu valgum lebenslang erhalten bleiben. Beim Erwachsenen können O- oder X-Bein Folge von Frakturen oder Arthrosen sein.
Der Oberschenkel selbst gleicht einem nach distal gerichteten Kegel. Seine Basis ist dorsal die Gefäßfalte, Sulcus glutealis, die jedoch nicht dem unteren Rand des M. gluteus maximus entspricht, sondern ihn überquert. Auf der Vorderseite des Oberschenkels liegt die Grenze im Sulcus inguinalis, gleichzeitig die Grenze zum Unterbauch. Der Oberschenkel beherbergt vor allem die Muskulatur für das Kniegelenk und ist ein Durchgangsgebiet für Leitungsbahnen. Auf seiner Oberfläche, Regio femoris anterior und posterior, zeichnen sich deutlich Muskel- und Sehnenfelder ab. Seine Innenseite, Mm. adductorii, ist leicht eingezogen. Genu, Knie
Das Knie umfasst die Regiones genu anterior et posterior. Im Oberflächenrelief heben sich ventral die Patella, das Lig. patellae und die Tuberositas tibiae und dorsal die Fossa poplitea, Kniekehle, ab. Die die Kniekehle seitlich begrenzenden Sehnen sind besonders bei gebeugtem Knie deutlich tastbar. Beiderseits lateral ist der Gelenkspalt des Kniegelenks palpierbar. Articulatio genu, Kniegelenk Wichtig
Das Kniegelenk ist das größte und verletzungsempfindlichste Gelenk des Körpers.Es lässt durch Roll- und Gleitbewegungen Beugung und Streckung sowie bei gebeugtem Knie begrenzte Innen- und Außenrotation zu.
331 6.3 · Extremitäten
⊡ Abb. 6.102 a–c. Traglinie des Beins. a Normal; b bei Genu valgum; c bei Genu varum. Die Traglinie ist mit der mechanischen Achse = Rotationsachse des Beins identisch. Um die Rotationsachse erfolgt die Drehung des Beins im Hüftgelenk. (Nach Frick et al. 1980)
⊡ Abb. 6.101. Beinachsen. Schwarz Oberschenkelschaftachse; rot Traglinie (Rotationsachse, in der Orthopädie Mikulicz-Linie)
Im Kniegelenk artikulieren Femur, Tibia und Patella. Bei gestrecktem Bein bilden dabei im Normalfall durch die Schrägstellung des Femurs die Längsachse des Femurschaftes mit der des Tibiaschaftes einen Winkel von ungefähr 174 ° (Knieaußenwinkel, ⊡ Abb. 6.101). Wichtiger ist jedoch, dass die Traglinie des Beins – Verbindungslinie zwischen dem Zentrum des Caput femoris und Mitte des Kalkaneus – senkrecht durch die Mitte des Kniegelenks verläuft, da so der Druck im Kniegelenk gleichmäßig verteilt wird. > Klinischer Hinweis Achsenfehlstellungen führen zu asymmetrischer Druckverteilung im Kniegelenk und dadurch zu Gonarthrosen, wie aber auch asymmetrische Gonarthrosen Achsenabweichungen hervorrufen und damit die Gonarthrose verstärken können, ein häufiger, schmerzhafter Circulus vitiosus.
Das Kniegelenk unterteilt sich bei gemeinsamer Gelenkkapsel in einen tibiofemuralen Anteil und einen patellofemuralen Anteil. Tibiofemuraler Anteil, Kniegelenk im engeren Sinne. Kennzeichnend sind ein lateraler und ein medialer Meniskus, Meniscus lateralis, Meniscus medialis (⊡ Abb. 6.103 a). Sie umfassen beiderseits halbmondförmig die Gelenkflächen und vergrößern dadurch die Kontaktfläche zwischen den stark gekrümmten Femurkondylen und der flachen Gelenkpfanne des Tibiakopfes. Im Querschnitt sind die Menisken keilförmig. Sie bestehen aus Faserknorpel und sind (nur) an ihrem äußeren Rand mit der Membrana synovialis der Gelenkkapsel verwachsen. Von hier aus werden sie mit Blut versorgt. Untereinander sind die Menisken durch ein Lig. transversum genus verbunden. Insgesamt sind die Menisken verschieblich und gelten als transportable Gelenkflächen. Sie fangen unter Normalbedingungen 30–35 % der Druckbelastung im Kniegelenk auf.
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332
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
6 ⊡ Abb. 6.103 a, b. Facies articularis superior der rechten Tibia. a Menisken angedeutet. Rot und schwarz umrandet Befestigungsstellen der Kreuzbänder; Punkt inmitten des Kreises markiert die Rotationsachse. b Verschiebungen des lateralen Meniskus bei Rotationsbewegungen im Kniegelenk
Der Meniscus medialis sieht in der Flächenansicht Cförmig aus. Sein vorderer Anteil ist dünner als sein hinterer und dadurch leichter verletzlich (Abriss ist möglich). Der Meniscus medialis ist mit dem medialen Kollateralband verwachsen. Außerdem ist er im Bereich der Area intercondylaris anterior und posterior befestigt und dadurch nur wenig verschieblich. Der Meniscus lateralis gleicht einem Dreiviertelring. Seine medialen Befestigungen liegen nahe beieinander. Eine Bandbefestigung fehlt. Der laterale Meniskus ist beweglicher als der mediale und kann Belastungen leichter ausweichen (⊡ Abb. 6.103 b) > Klinischer Hinweis Meniskusverletzungen sind häufig, vor allem durch eine zu starke Drehbewegung nach innen unter Belastung, z. B. beim Fußball, Skilaufen. Bei einem Abriss von Teilen, besonders des medialen Meniskus, kommt es zu einer federnden Bewegungssperre im Kniegelenk in leichter Beugestellung.
Gelenkkapsel. Sie lässt die Epikondylen extrakapsulär. Kennzeichnend ist eine bemerkenswerte Oberflächenvergrößerung ihrer Membrana synovialis. Sie dient einem verbesserten Stoffaustausch mit der Synovia und füllt bei Bewegungen die unterschiedlich weiten Gelenkräume. Es handelt sich um Faltenbildungen: Plicae alares – sie ragen vorne seitlich in den Raum zwischen den beiden Kondylen – und die dünne in der Medialebene gelegene Plica synovialis infrapatellaris. Sie liegen über einem Fettkörper, der sich zwischen Membrana fibrosa und Membrana synovialis der Gelenkkapsel befindet, Corpus adiposum infrapatellare.
Recessus. Die Gelenkhöhle hat Aussackungen: Recessus superior (Recessus suprapatellaris), der oberhalb der Kniescheibe zwischen Quadrizepssehne und Femur liegt. In Streckstellung ragt er meist 5–6 cm über die Basis der Patella hinaus. Recessus subpopliteus, der klein ist und sich an der Rückseite des Kniegelenks befindet. Er steht mit der Bursa musculi poplitei in Verbindung und kann auch mit der Articulatio tibiofibularis (s. unten) kommunizieren. Patellofemuraler Gelenkanteil. Er befindet sich zwischen Patella und den Femurkondylen. Die Patella ist in die Membrana fibrosa der Gelenkkapsel eingelagert und liegt gleichzeitig als Sesambein in der Sehne des M. quadriceps femoris und dessen Fortsetzung, dem Lig. patellae. Bei Bewegungen im Kniegelenk gleiten die Femurkondylen bis zu 10 cm an der Patella vorbei. Dabei steigert sich bei Beugung der Druck der Patella auf das Gelenk, sodass nach langem Sitzen Gelenkschmerzen auftreten können, Patellarsyndrom. Bei gestrecktem Knie liegt die Patella auf dem Recessus suprapatellaris und lässt sich verschieben. > Klinischer Hinweis Zum »Tanzen« der Patella, d. h. zur lateralen Verschieblichkeit der Patella auf Fingerdruck bei gestrecktem Knie kommt es bei vermehrter Flüssigkeitim Kniegelenk. Zu Luxationen der Patella kommt es häufiger beim X-Bein. Die Patella verschiebt sich nach lateral.
333 6.3 · Extremitäten
⊡ Abb. 6.104 a, b. Bänder des Kniegelenks. a Ansicht von vorne; b Ansicht von hinten
Gelenkbänder (⊡ Abb. 6.104) sichern die Gelenkfunktion. Es bestehen Außenbänder und Binnenbänder. Außenbänder. Sie liegen außerhalb der Gelenkkapsel: Lig. collaterale tibiale zwischen Epicondylus medialis (femoris) und Condylus medialis (tibiae). Die Befestigungsstelle am Femur liegt oberhalb und hinter dem Krümmungsmittelpunkt des Gelenks. Von dort verläuft es schräg nach vorne unten. Das Band ist breit und mit der Gelenkkapsel sowie dem Meniscus medialis verwachsen. Es hat einen vorderen und hinteren Anteil. Lig. collaterale fibulare. Es verbindet Epicondylus lateralis und Caput fibulae. Das Band hat einen runden Querschnitt und ist nicht mit der Gelenkkapsel verwachsen. Beide Bänder gemeinsam verhindern eine Ab- und Adduktion im Kniegelenk. Außerdem sind sie in Streckstellung gespannt.Bei gebeugtem Knie ist nur die hintere Portion des medialen Kollateralbandes gespannt. Dadurch ist bei Beugung eine begrenzte Außenrotation möglich. > Klinischer Hinweis Sind die Kollateralbänder (häufiger das mediale als das laterale) gerissen (Sportverletzungen), dann lässt sich bei gestrecktem Kniegelenk der Unterschenkel schmerzhaft gegen den Oberschenkel zur unverletzten Seite hin ad- oder abduzieren.
Bei einem unbehandelten Kollateralbandschaden kommt es zum »Wackelknie«.
Lig. patellae von der Patella zur Tuberositas tibiae. Retinaculum patellae mediale und Retinaculum patellae laterale liegen beiderseits der Patella und strahlen in das Periost des Tibiakopfes ein. Sie verstärken die Kniegelenkkapsel und werden als Reservestreckapparat bezeichnet, da bei quer gebrochener Patella das Kniegelenk noch gestreckt werden kann. Lig. popliteum obliquum. Das Band ist eine Abspaltung der Sehne des M. semimembranosus (S. 339). Es verstärkt die Rückseite der Kapselwand. Seine Verlaufsrichtung ist ähnlich wie die des Lig. cruciatum anterius (s. unten). Lig. popliteum arcuatum. Das Band überbrückt bogenförmig den M. popliteus. Es verstärkt ebenfalls die rückseitige Kapselwand. Binnenbänder (⊡ Abb. 6.104, 6.105). Sie befinden sich in-
nerhalb der Gelenkkapsel, aber außerhalb der von der Membrana synovialis ausgekleideten Gelenkhöhle. Es handelt sich um die Kreuzbänder, Ligg. cruciata genus. Lig. cruciatum anterius. Das vordere Kreuzband zieht von der medialen Fläche des Condylus lateralis (⊡ Abb. 6.104) zur Area intercondylaris anterior der Tibia (Verlaufsrichtung gleich den Mm. intercostales externi). Der vordere mediale Teil des Bandes spannt
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334
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
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⊡ Abb. 6.105 a–d. Bänder des rechten Kniegelenks bei Streckung und Beugung. a,b Ansicht von vorne. Rot die in der jeweiligen Stellung gespannten Bänder bzw. Bandanteile. c,d Ansicht von lateral. a Streckstellung: gespannt sind die beiden Kollateralbänder, der vordere mediale Teil des Lig. cruciatum laterale und des Lig. cruciatum posterius. b Beugestellung: gespannt sind der laterale Teil des Lig. cruciatum laterale und der mediale Teil des Lig. cruciatum posterius. c, d Veranschaulichung der Gleitbewegungen der Patella auf den Femurkondylen und die Verschiebung des Meniscus lateralis bei Beugung des Kniegelenks. (Nach v. Lanz u. Wachsmuth 1972)
sich bei Streckung und Innenrotation (⊡ Abb. 6.105 a), der hintere laterale bei Beugung im Kniegelenk (⊡ Abb. 6.105 b). Lig. cruciatum posterius. Das hintere Kreuzband nimmt einen entgegengesetzten Verlauf, nämlich von der lateralen Fläche des Condylus medialis zur Area intercondylaris posterior. Der hintere mediale Teil des Bandes spannt sich bei maximaler Beugung und extremer Streckung. Beide Teile des hinteren Kreuzbandes stehen bei Innenrotation unter Spannung (⊡ Abb. 6.105 a, b). Die Kreuzbänder dienen dem Zusammenhalt der Gelenkkörper. Sie verhindern das Abgleiten der Oberschenkelkondylen von den flachen Gelenkpfannen des Schienbeinkopfes.Bei Außenrotation haben sie die Tendenz,sich voneinander abzuwickeln. Bei Innenrotation wickeln sie sich umeinander und begrenzen dadurch diese Bewegung. Neben mechanischen Funktionen haben die Kreuzbänder wichtige Sinnesfunktionen (Propriozeption).
> Klinischer Hinweis Bei Verletzungen der Kreuzbänder, Dehnung, Riss, kann bei rechtwinklig gebeugtem Knie der Unterschenkel in dorsoventraler Richtung passiv verschoben werden, Schubladenphänomen.
Lig. transversum genus. Das Band verbindet vorne den medialen mit dem lateralen Meniskus (s. oben). Lig. meniscofemurale anterius (inkonstant) von der Rückseite des Meniscus lateralis zum vorderen Kreuzband. Lig. meniscofemorale posterius dorsal vom Meniscus lateralis zur Innenfläche des Condylus medialis (femoris). Bursae. In der Umgebung des Kniegelenks kommen bis zu 30 Bursen vor. Einige sind von klinischer Bedeutung, z. B. Bursa suprapatellaris. Sie kommuniziert mit dem Kniegelenk (s. oben),
335 6.3 · Extremitäten
⊡ Abb. 6.106. Stabilisierung des Kniegelenks durch Muskeln und Bänder
Bursae pre- und infrapatellares, sowohl im subkutanen Bindegewebe als auch in tieferen Schichten, Bursa subcutanea tuberositatis tibiae unter der Haut vor der Tuberositas tibiae, Bursae musculi poplitei unter dem Muskel in Verbindung mit der Gelenkhöhle (s. oben), Bursae subtendineae musculi gastrocnemii medialis et lateralis zwischen Gelenkkapsel und den beiden Köpfen des M. gastrocnemius. Gelenksicherung und Gelenkbewegungen. In Streckstellung ist das Kniegelenk gesichert durch: ventral: Quadrizepsgruppe mit Patella und Lig. patellae (⊡ Abb. 6.106), dorsal: Lig. popliteum obliquum et arcuatum, Caput mediale und laterale des M. gastrocnemius, M. popliteus (⊡ Abb. 6.106), medial: Lig. collaterale tibiale, Retinaculum patellae mediale, Sehnen des M. semitendinosus, M. gracilis und M. sartorius (Pes anserinus, S. 339) und Sehne des M. semimembranosus (⊡ Abb. 6.106), lateral: Tractus iliotibialis, Lig. collaterale fibulare, Retinaculum patellae laterale, Sehne des M. biceps femoris (⊡ Abb. 6.106), zentral: Ligg. cruciata (⊡ Abb. 6.106). Die Stabilität des Kniegelenks ist in Beugestellung durch Nachlassen von Bänderspannungen (s. oben) geringer als in Streckstellung.
Gelenkbewegungen. Möglich sind Streckung und Beugung und Innen- und Außenrotation, jedoch nur in Beugestel-
lung. Die Bewegungen im Kniegelenk erfolgen um keine starren Achsen, da die Femurkondylen auf der tibialen Gelenkfläche Roll-Gleit-Bewegungen ausführen. Dadurch wandern Drehzentrum und Achsen während der Bewegungen auf Bahnkurven. Außerdem verschieben sich die Menisken. Dennoch wird als »Kompromissachse« für Beugung und Streckung eine quer durch die Femurkondylen verlaufende Linie angenommen. Demgegenüber steht die Rotationsachse senkrecht auf der medialen Gelenkfläche des Schienbeinkopfes am Abhang des Tuberculum intercondylare mediale (⊡ Abb. 6.101). Sie ist mit der Tragachse des Beins identisch. Streckung (⊡ Abb. 6.105 c). In Streckstellung sind die Kontaktflächen zwischen Gelenkpfanne und Kondylenfläche am größten. Gleichzeitig sind die Lig. collateralia maximal gespannt. Gestreckt werden kann das Kniegelenk bis zu 180 ° (0 ° in der Neutral-Null-Methode). Die letzten 10 ° der Streckung – von 170 ° auf 180 ° – sind nur bei gleichzeitiger und zwangsläufiger Außenrotation des Unterschenkels um 5 ° möglich. Dieser als Schlussrotation bezeichnete Mechanismus wird dadurch hervorgerufen, dass das vordere Kreuzband bereits angespannt ist, bevor alle Seitenbänder ihre maximale Spannung erreicht haben.
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336
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
Durch Abwicklung der Kreuzbänder (s. oben) wird der Vorgang beendet. Dann sind die Bänder maximal angespannt. Eine Überstreckung im Kniegelenk verhindern die Bänder der hinteren Kapselwand, die Ligg. collateralia und das hintere Kreuzband. > Klinischer Hinweis
⊡ Tabelle 6.34. Wirkung von Muskeln auf das Kniegelenk, geordnet nach Bewegungsrichtung und Kraft (Größe ihres Drehmomentes). (Nach v. Lanz u. Wachsmuth 1972) Bewegung
Muskel
Streckung (Extension)
M. quadriceps femoris (Quadrizepsgruppe) M. tensor fasciae latae
Beugung (Flexion)
M. semimembranosus M. semitendinosus M. biceps femoris Caput longum Caput breve M. gracilis M. sartorius M. gastrocnemius M. popliteus M. plantaris
Innenrotation (nur bei gebeugtem Kniegelenk möglich)
M. semimembranosus M. semitendinosus M. popliteus M. sartorius M. gastrocnemius Caput laterale M. gracilis
Außenrotation (nur bei gebeugtem Kniegelenk möglich)
M. biceps femoris Caput longum Caput breve M. gastrocnemius Caput mediale M. tensor fasciae latae
Wenn das Kniegelenk mehr als 10 ° überstreckbar ist, spricht man von Genu recurvatum.
Beugung. Sie beginnt mit einem Abrollvorgang zwischen
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Femurkondylen und Tibiakopf (20 °), dem eine Gleitbewegung folgt. Dabei werden die Kontaktflächen zwischen den Kondylen des Femurs und der Tibia kleiner. Die Stabilität des Gelenks nimmt ab. Dies schafft die Voraussetzung für die Rotation. Die Menisken werden passiv nach hinten mitverschoben (⊡ Abb. 6.105 d). Aktiv kann man (bei gestrecktem Hüftgelenk) das Kniegelenk bis ungefähr 130 ° beugen. Dann werden die Beugemuskeln (aktiv) insuffizient. Unter Zuhilfenahme der Hände gelingt es jedoch, das Kniegelenk bis zum Anschlag der Ferse am Gesäß um weitere 30 ° zu beugen. Rotation. Bei rechtwinklig gebeugtem Kniegelenk lässt der Bandapparat eine Außenrotation bis etwa zu 30 ° und eine Innenrotation von 10 ° zu. Sie erfolgt vorwiegend durch Verschiebung der Menisken auf dem Tibiakopf. Die Innenrotation wird vor allem durch die Kreuzbänder, die Außenrotation durch die Kollateralbänder begrenzt. > Klinischer Hinweis Nach der Neutral-Null-Methode ergibt sich für das Kniegelenk: Strecken-Beugen: 0 °–0 °–150 °, Außenrotation-Innenrotation: 30 °–0 °–10 °.
Oberschenkelmuskulatur 2 Wichtig Oberschenkelmuskeln haben Ursprungsfelder am Beckengürtel und am Femur. Sie nehmen daher Einfluss auf Bewegungen im Hüft- und Kniegelenk.
Topographisch und funktionell gliedert sich die Oberschenkelmuskulatur in eine vordere Muskelgruppe, Extensoren und hintere Muskelgruppe, Flexoren. Gemeinsam wirken sie auf das Kniegelenk, wenn auch in unterschiedlicher Weise, z. T. in Abhängigkeit von
der Stellung des Kniegelenks. Sie wirken mit dem M. gastrocnemius des Unterschenkels zusammen, der am Femur ansetzt. In ⊡ Tabelle 6.34 ist die Wirkung aller Kniegelenksmuskeln zusammengestellt. (⊡ Tabelle 6.35, ⊡ Abb. 6.107). Die vordere Muskelgruppe des OberschenVordere Muskelgruppe, Extensoren
kels besteht aus M. sartorius, M. quadriceps femoris, der sich zusammensetzt aus – M. rectus femoris, – M. vastus lateralis, – M. vastus intermedius und – M. vastus medialis.
337 6.3 · Extremitäten
⊡ Abb. 6.108. Muskeln an der Rückseite von Hüfte und Oberschenkel
⊡ Abb. 6.107. Oberschenkelmuskulatur (Vorderseite)
Die Muskeln werden gemeinsam vom N. femoralis innerviert und sind durch das Septum intermusculare femoralis mediale et laterale von den dorsal gelegenen Muskeln getrennt (⊡ Abb. 6.131). Die Extensoren sind kräftiger als die Flexoren. Beim Stehen stabilisieren die Extensoren das Kniegelenk. Einzelheiten zu den Extensoren M. sartorius. Er läuft in einer eigenen Loge der Fascia lata diagonal über die Oberschenkelmuskeln hinweg. Da er zweigelenkig ist, wirkt er sowohl auf das Hüft- als auch auf das Kniegelenk. Er ist der einzige Muskel der Gruppe, der im Kniegelenk beugt. M. rectus femoris. Er ist der einzige zweigelenkige Muskel der Quadrizepsgruppe und wirkt auf Hüft- und Kniegelenk. M. vastus lateralis und medialis machen die Hauptmasse der Oberschenkelmuskulatur aus. M. vastus intermedius (Ursprungsfeld ⊡ Abb. 6.88). Er ist ventral vom M. rectus femoris bedeckt. Dorsal hüllen die Mm. vasti den Femurschaft bis auf das Gebiet um die Linea aspera ein.
M. quadriceps femoris. Er entsteht dadurch, dass sich der M. rectus femoris und die Mm. vasti in einer gemeinsamen Endsehne treffen. In diese Sehne ist als Sesambein die Patella eingefügt. Vom Unterrand des Apex patellae bis zur Befestigungsstelle an der Tuberositas tibiae heißt die Fortsetzung der Quadrizepssehne Lig. patellae. Vermittels dieser Endstrecke, die vor der Transversalachse des Kniegelenks liegt, wird die Muskelkraft auf die Tibia übertragen. > Hinweis auf die Funktion der Patella Sie dient der Führung der Quadrizepssehne, der Reibungsminderung zwischen Quadrizepssehne und Knochen sowie durch Wirkung als Umlenkrolle der Steigerung des Drehmoments des M. quadriceps femoris.
Anatomie am Lebenden. Bei trainierten Sportlern, beson-
ders Fußballspielern, wird das Relief des Oberschenkels von den Extensoren bis auf den M. vastus intermedius bestimmt. Hintere Muskelgruppe, Flexoren (⊡ Tabelle 6.35, ⊡ Abb. 6.108). Die Muskeln entspringen mit Ausnahme des Caput breve des M. biceps femoris am Tuber ischiadicum. Ausnahmslos inserieren sie an den Ossa cruris. Sie werden auch als ischiokrurale Muskelgruppe bezeichnet. Zu ihr gehören
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Kapitel 6 · Bewegungsapparat
⊡ Tabelle 6.35. Oberschenkelmuskeln Muskel
Ursprung
Ansatz
Funktion
Innervation
M. sartorius
Spina iliaca anterior superior
Pes anserinus, Condylus medialis der Tibia, proximaler Teil der medialen Tibiafläche
Hüftgelenk: Beugung, Außenrotation und Abduktion Kniegelenk: Je nach Stellung, Beugung und Innenrotation
N. femoralis
M. rectus femoris
Spina iliaca anterior inferior und oben am Acetabulum
Patella, Lig. patellae,Tuberositas tibiae
Beugt im Hüftgelenk, streckt im Kniegelenk
N. femoralis
M. vastus lateralis
Basis des Trochanter major, Labium laterale der Linea aspera
Patella, Lig. patellae,Tuberositas tibiae
Streckt im Kniegelenk
N. femoralis
M. vastus intermedius
Vorderseite Femurschaft
Patella, Lig. patellae,Tuberositas tibiae
Streckt im Kniegelenk
N. femoralis
M. vastus medialis
Labium mediale der Linea aspera
Patella, Lig. patellae,Tuberositas tibiae
Streckt im Kniegelenk
N. femoralis
M. articularis genus
Distal an der Vorderfläche des Femur
Kniegelenkkapsel
Spannt die Kniegelenkkapsel
N. femoralis
Tuber ischiadicum
Caput fibulae
Hüftgelenk: Streckung, Außenrotation, Adduktion
N. tibialis oder N.-tibialis-Anteil des N. ischiadicus
Extensoren
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Flexoren M. biceps femoris Caput longum (zweigelenkig)
Kniegelenk: Beugung, Außenrotation Caput breve (eingelenkig)
Labium laterale der Linea aspera des mittleren Femurdrittels
Caput fibulae
Kniegelenk: Beugung, Außenrotation
N. fibularis communis oder N.-peroneusAnteil des N. ischiadicus
339 6.3 · Extremitäten
⊡ Tabelle 6.35. Fortsetzung Muskel
Ursprung
Ansatz
Funktion
Innervation
M. semitendinosus
Tuber ischiadicum
Mittels des Pes anserinus am Condylus medialis der Tibia
Hüftgelenk: Streckung, Adduktion
N. tibialis
M. semimembranosus
Tuber ischiadicum
Condylus medialis der Tibia, Lig. popliteum obliquum, Faszie des M. popliteus
M. biceps femoris, Caput longum, M. semitendinosus und M. semimembranosus. Die Muskeln sind zweigelenkig und wirken auf Hüft- und Kniegelenk. Da sie an beiden Gelenken hinter der Transversalachse verlaufen, können sie im Hüftgelenk strecken und im Kniegelenk beugen. Hinzu kommt, dass Muskeln dieser Gruppe, die mit ihren Sehnen medial an der Tibia ansetzen, bei gebeugtem Knie nach innen, die lateral ansetzen, nach außen rotieren können (⊡ Tabelle 6.34). Einzelheiten zu den Flexoren der Oberschenkelmuskulatur M. biceps femoris (⊡ Abb. 6.108). Er liegt am weitesten lateral und beginnt mit einem Caput longum und im distalen Femurdrittel mit einem Caput breve. Distal begrenzen er und seine Ansatzsehne den seitlichen Rand der Kniekehle. M. semitendinosus (⊡ Abb. 6.108). Der oberflächlich medial gelegene Muskel verfügt über eine sehr lange Endsehne, die in den Pes anserinus einstrahlt. Bei gebeugtem Knie tritt sie als medialer Rand der Kniekehle hervor. > Klinischer Hinweis Unter Pes anserinus, Gänsefuß, wird eine flächenhafte, fächerförmig divergierende Sehnenplatte am Condylus medialis tibiae verstanden. In ihr vereinigen sich die Endsehnen des M. sartorius, M. semitendinosus und M. gracilis, bevor sie in die Tibia einstrahlen.
M. semimembranosus (⊡ Abb. 6.108). Er liegt unter dem M. semitendinosus und bildet für ihn ein Gleitlager. Seine Ansatzsehne gabelt sich in 3 Zinken, von denen eine am Condylus medialis tibiae, eine am Lig. popliteum obliquum (seine Fortsetzung) und eine an der Faszie des M. popliteus befestigt ist.
Kniegelenk: Beugung, Innenrotation Hüftgelenk: Streckung, Adduktion
N. tibialis
Kniegelenk: Beugung, Innenrotation
> Klinischer Hinweis Zwischen vorderer und hinterer Muskelgruppe des Oberschenkels schiebt sich von der Seite her die Adduktorengruppe ein. Sie ist von der vorderen Gruppe durch das Septum intermusculare mediale, von der hinteren Gruppe durch eine Schicht lockeren Bindegewebes getrennt. Die Adduktoren gehören zu den Muskeln des Hüftgelenks (S. 327).
Faszien des Oberschenkels
Die Oberschenkelmuskulatur ist von der derben Fascia lata umgeben, die am Leistenband und am Labium externum der Crista iliaca befestigt ist. Distal heftet sie sich am Condylus lateralis femoris, an der Patella und am Caput fibulae an und setzt sich in die Fascia cruris fort. Von der Fascia lata ziehen das Septum intermusculare femoris laterale, mediale und posterius in die Tiefe, wo sie entlang der Linea aspera ansetzen. Die Faszien unterteilen den Oberschenkel in getrennte Kammern. Während die vordere Kammer für die Extensoren weitgehend abgeschlossen ist, stehen die hintere Kammer (mit den Flexoren) durch das Foramen infrapiriforme und der Adduktorenraum durch das Foramen obturatum mit dem Bindegewebsraum des kleinen Beckens in Verbindung. Die hintere Kammer setzt sich in die Kniekehle fort. Ferner begrenzt das Septum intermusculare femoris mediale die Bindegewebsstraße für die Vasa femoralia und den N. saphenus (⊡ Abb. 6.131). Über eigene Faszienlogen verfügen der M. sartorius, M. gracilis und der M. tensor fasciae latae. Tractus iliotibialis. Es handelt sich um eine seitliche Verstärkung der Fascia lata. Oben strahlen in den Tractus
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340
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
Sehnenfasern des M. gluteus maximus und des M. tensor fasciae latae – während der Evolution von der kleinen Glutealmuskulatur abgespalten – ein. Insbesondere der M. tensor fasciae latae spannt den Tractus iliotibialis.
Belastbarkeit des Femurs, da er die bei Belastung lateral am Femurschaft auftretende Zugspannung herabsetzt (Zuggurtung, S. 171).
> Klinischer Hinweis
Hiatus saphenus. In der Fascia lata liegt knapp unterhalb des Leistenbandes eine große Öffnung für die V. saphena magna, Lymphgefäße und kleine Nerven. Der laterale Rand des Hiatus ist durch Kollagenfaserzüge scharf begrenzt, Margo falciformis. An der Oberfläche ist der Hiatus saphenus durch eine dünne Bindegewebsplatte, Fascia cribrosa, verschlossen.
Da der Muskel bei Leichtathleten oft hypertrophiert, wird er auch als »Sprintermuskel« bezeichnet.
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Distal befestigt sich der Tractus iliotibialis am Condylus lateralis tibiae. Mit einigen Faserzügen setzt er sich in das Retinaculum patellae laterale fort. Der Tractus iliotibialis sichert das Kniegelenk, dem eine Knochensicherung fast völlig fehlt, und erhöht die
>
In Kürze
Das Kniegelenk als größtes und störanfälligstes Gelenk des Körpers ist vor allem durch Kreuzbänder, Ligg. cruciata anterius et posterius, und Kollateralbänder, Ligg. collateralia tibiale et fibulare, aber auch durch die Sehnen der Oberschenkelmuskulatur gesichert. Alle sind bei gestrecktem Knie, also beim Stehen, gespannt. Die Sicherung lässt bei Beugung nach.Weitere Bewegungen: begrenzte Außenrotation, stark eingeschränkte Innenrotation, keine Ab- und Adduktion. Bei den Bewegungen im Kniegelenk finden Roll-Gleit-Bewegungen zwischen den artikulierenden Gelenkflächen von Femur und Tibia statt. Dabei bewegen sich auch die Menisken, vor allem der laterale. Bei Beugung haben die Kreuzbänder die Tendenz sich abzuwickeln. Da dann nur der hintere Teil des medialen Kreuzbandes gespannt ist, ist eine begrenzte Außenrotation möglich. Gefährlich ist gewaltsame Innenrotation, da es zu Verletzungen des medialen Meniskus kommen kann. Bei Streckung im Kniegelenk erfolgt eine Schlussrotation. Das Kniegelenk hat Recessus und in seiner Umgebung zahlreiche Schleimbeutel. Beim Kniegelenkerguss kann die Patella durch Druck auf den Recessus superior zum »Tanzen« gebracht werden. Von der Oberschenkelmuskulatur wirken die vordere Gruppe streckend, die hintere, ischiokrurale Muskelgruppe beugend auf das Kniegelenk. Bei gebeugtem Knie rotieren die medial an der Tibia ansetzenden Beuger nach innen, die lateralen nach außen. Unterschenkel und Fuß Wichtig
Unterschenkel und Fuß sind für die Fortbewegung wesentlich.Treten in ihrem Bereich gravierende Störungen auf, wird eine hohe Minderung der Erwerbstätigkeit anerkannt. Möglich wird die Fortbewegung, weil der Fuß durch die Sprunggelenke wie ein beweglicher Hebel mit dem Unterschenkel verbunden ist. Die Anpassung an die jeweiligen Anforderungen beim Stehen und Laufen sowie an die Unebenheiten des Bodens erfolgt durch die Unterschenkelmuskulatur, die Feineinstellung durch die Fußmuskulatur.
Das Profil des Unterschenkels wird durch die exzentri-
sche Lage von Tibia und Fibula und dadurch bestimmt, dass die Sehnen der Unterschenkelmuskulatur zu großen Teilen weit proximal beginnen. Dadurch ist die Schienbeinkante, Margo anterior tibiae, und die Facies medialis tibiae auf ganzer Länge tastbar und die Muskelbäuche, insbesondere die des mächtigen M. gastrocnemius, lassen die Wade, Sura, entstehen. Sie macht einen Teil der Regio cruris posterior aus. Gemeinsam setzt sich diese mit der Regio cruris anterior in die Regiones malleolaris lateralis et medialis fort, die durch die Malleolus lateralis und Malleolus medialis gekennzeichnet sind, beides Hypomochlia für Unterschenkelmuskeln.
341 6.3 · Extremitäten
Das Profil des Fußes zeigt auf der Dorsalseite, Dorsum pedis, über den distalen Fußwurzel- und den Mittelfußknochen die Sehnen der Zehenstrecker. Der mediale und laterale Fußrand leiten zum Planum pedis, Fußsohle, über, das unterpolstert von Fußmuskulatur das Längsund Quergewölbe erkennen lässt. Aufgesetzt wird der Fuß beim Stehen und Gehen auf der Ferse, Regio calcanea, und die beiden Metatarsalköpfchen I und V. Von den Zehen, Digiti pedes, ragt bei erhaltenen Fußgewölben der 2. am weitesten vor. Gelenke
Zu besprechen sind Gelenke des Unterschenkels, Fußgelenke, Articulationes pedis – im Bereich der Fußwurzel, – im Bereich des Mittelfußes und Zehengelenke. Gelenke des Unterschenkels Wichtig
Schien- und Wadenbein sind durch eine proximale Amphiarthrose, eine Membrana interossea und eine distale Syndesmose unbeweglich miteinander verbunden.
Die Articulatio tibiofibularis ist eine Amphiarthrose zwischen Condylus lateralis tibiae und Caput fibulae. Die straffe Gelenkkapsel wird durch die Ligg. capitis fibulae anterius et posterius verstärkt. Die Membrana interossea cruris ist eine straffe Verbindung zwischen den Margines interosseae beider Unterschenkelknochen. Proximal und distal bestehen Lücken für Blutgefäße. Die Syndesmosis tibiofibularis wird durch Ligg. tibiofibularia anterius et posterius verstärkt und lässt die Malleolengabel entstehen. Malleolengabel. Ihre Gelenkflächen bilden den proximalen Anteil des oberen Sprunggelenks. Sie bestehen aus der Facies articularis medialis malleoli, der Facies articularis inferior tibiae und der Facies articularis malleoli fibulae.
Articulationes pedis, Fußgelenke Wichtig
Überwiegend handelt es sich um straffe, durch zahlreiche Bänder gesicherte Gelenke, die den Fuß zu einer Einheit zusammenfügen. Die Beweglichkeit des Fußes ermöglichen jedoch das obere und untere Sprunggelenk.
Oberes Sprunggelenk, Articulatio talocruralis. Es dient
dem Heben und Senken der Fußspitze (Dorsalextension 20 °–30 °), Plantarflexion (30 °–50 °), bzw. dem Abrollen des Fußes beim Laufen. Es handelt sich um ein Scharniergelenk mit 1 Freiheitsgrad. Im oberen Sprunggelenk artikulieren die Rolle des Talus und die Gelenkflächen der Malleolengabel, die von beiden Seiten und von oben die Trochlea tali umfasst. Die Gelenkachse verläuft quer durch Malleolengabel und Sprungbeinrolle (⊡ Abb. 6.116). Besonders fest ist der Gelenkschluss bei maximaler Dorsalextension, weil die Trochlea tali – vorne breiter als hinten – in die Gabel hineingepresst wird. Gelenkkapsel und Bänder (⊡ Abb. 6.109). Die Gelenk-
kapsel lässt Innen- und Außenknöchel außerhalb und wird zur Sicherung der Gelenkführung durch kräftige Kollateralbänder verstärkt. Die Bänder verhindern u. a. beim Gehen den Rückschub der Tibia gegen den Talus. Außerdem verhüten sie ein seitliches Verkanten des Fußes. Es handelt sich um Lig. collaterale mediale (deltoideum). Es ist etwa dreieckig.Vom Innenknöchel aus strahlt es mit 4 Anteilen fächerförmig zum Talus, zum Os naviculare und Kalkaneus: Pars tibionavicularis, Partes tibiotalaris anterior et posterior, Pars tibiocalcanea zum Sustentaculum tali. Lig. collaterale laterale mit Ligg. talofibulare anterius et posterius und Lig. calcaneofibulare. > Klinischer Hinweis Beim Umknicken des Fußes, sei es nach medial (häufiger), sei es nach lateral, kann es zu Bänderrissen oder durch die Hebelwirkung zur Absprengung der Malleolen kommen. Für die Fibula spielt eine Rolle, ob ein Bruch oberhalb oder unterhalb der Syndesmosis tibiofibularis erfolgt.
Unteres Sprunggelenk (⊡ Abb. 6.93). Es besteht aus 2
durch das Lig. talocalcaneum interosseum (s. unten) getrennten Anteilen, die jedoch funktionell miteinander gekoppelt sind:
6
342
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
6
⊡ Abb. 6.109. Bänder der Fußgelenke. Ansicht von lateral
Articulatio subtalaris, hintere Kammer und Articulatio talocalcaneonavicularis, vordere Kammer. Wichtigster Bestandtteil ist das Lig. calcaneonaviculare plantare, Pfannenband. Im unteren Sprunggelenk kann der Fuß proniert und supiniert werden. Die Pronation, Heben des lateralen Fußrandes, ist mit einer Abduktion des Fußes, die Supination, Heben des medialen Fußrandes, mit einer Adduktion verbunden. An diesen Bewegungen sind in unterschiedlichem Ausmaß auch die übrigen Fußgelenke (s. unten) beteiligt. Das untere Sprunggelenk wird als atypisches einachsiges Drehgelenk aufgefasst. Da sich seine Achse während der Bewegungen verändert, hat man sich vereinfachend auf eine mittlere Pro- und Supinationsachse geeinigt. Sie verläuft schräg von medial vorne oben (medial-obere Kante des Caput tali) nach lateral hinten unten (seitliche Fläche des Tuber calcanei, ⊡ Abb. 6.93, ⊡ Abb. 6.116). Der Bewegungsumfang von Pronation und Supination des Fußes ist letztlich ein Summationseffekt. Er beträgt in Abhängigkeit von Alter und Übung für die Pronation bis zu 30 °, für die Supination 50 °–60 ° (Neutral-NullMethode: Gesamtbewegungsumfang Pronation-Supination 30 °–0 °–60 °).
> Klinischer Hinweis Der Gesamtbewegungsumfang kann aufgegliedert werden in Pronation-Supination des unteren Sprunggelenks selbst: 10 °–0 °–40 °; zur Ermittlung wird bei festgehaltenem Unterschenkel das Fersenbein hin-und herbewegt. Pronation-Supination der Nebengelenke des Fußes: 20 °–0 °–40 °; zu ermitteln durch Festhalten des Fersenbeins und Rotieren des Vorfußes.
Oberes und unteres Sprunggelenk gemeinsam sorgen für die Einstellung des Fußes beim Gehen in unwegsamem Gelände oder auf abschüssigem Untergrund sowie für das Ausbalancieren des Körpers, wenn der Fuß auf den Boden aufgesetzt ist. Dann resultiert als Kombination der Bewegungen im oberen und unteren Sprunggelenk eine Zirkumduktion des Fußes. Dabei beschreibt die Fußspitze eine kreis- bis ellipsenförmige Bahn, Fußkreisen. Einzelheiten zum unteren Sprunggelenk Articulatio subtalaris zwischen Facies articularis talaris posterior des Kalkaneus und Facies articularis calcanea posterior des Talus. Die Gelenkkapsel ist an den Rändern der Gelenkfläche befestigt und wird verstärkt durch: Ligg. talocalcanea mediale et laterale, Lig. talocalcaneum interosseum. Dieses kräftige, schräg gestellte Band befindet sich im Sinus und Canalis tarsi und trennt die beiden Kammern des unteren Sprunggelenks.
343 6.3 · Extremitäten
Lig. calcaneofibulare, Pars tibiocalcanea als Teil des Lig. collaterale mediale (s. unten). Es sichert somit das obere sowie das untere Sprunggelenk (⊡ Abb. 6.74). Articulatio talocalcaneonavicularis (⊡ Abb. 6.93) ist die vordere Kammer des unteren Sprunggelenks. Es verbindet den Talus sowie das Os naviculare mit dem Kalkaneus. Die Lücke zwischen Os naviculare und Kalkaneus füllt das Lig. calcaneonaviculare plantare, Pfannenband. Lig. calcaneonaviculare plantare (⊡ Abb. 6.110). Es ist das wichtigste Band der Fußwurzelknochen, weil es wesentlich zur Aufrechterhaltung des Fußlängsgewölbes beiträgt (S. 355). Das Band zieht vom Sustentaculum tali des Kalkaneus und dem Corpus tali zur plantaren und medialen Fläche des Kahnbeins, wo es einen Teil der Gelenkpfanne für den Taluskopf bildet. Es verhindert, dass der Talus nach medial unten abgleitet. Beansprucht wird das Band beim Stehen und Abrollen des Fußes auf Zug und auch auf Druck von oben durch den Taluskopf. Unterfangen wird es von der Sehne des M. tibialis posterior (s. unten). Lig. talonaviculare. Es verstärkt die Gelenkkapsel dorsal.
Alle Fußwurzelgelenke außer den Sprunggelenken sind Amphiarthrosen. Es handelt sich um
Weitere Fußwurzelgelenke.
Articulatio calcaneocuboidea, Articulatio tarsi transversa, auch Chopart-Gelenklinie (S. 319, ⊡ Abb. 6.92), Articulatio cuneonavicularis, Articulatio cuneocuboidea und Articulationes intercuneiformes. Bänder dieser Gelenke sind in ⊡ Abb. 6.109 dargestellt. Hervorzuheben ist das Lig. plantare longum (⊡ Abb. 6.110). Es ist die 2. große Stütze für die Aufrechterhaltung des Fußlängsgewölbes (S. 319). Das Band zieht von der plantaren Fläche des Kalkaneus zur Tuberositas ossis cuboidei und zu den Basen der Ossa metatarsi II–V. Gelenke der Mittelfußknochen. Der Mittelfuß ist durch
straffe Gelenke in den Fuß eingebunden: Articulationes tarsometatarsales und Articulationes intermetatarsales. tarsometatarsales, Fußwurzelmittelfußgelenke. Sie sind durch straffe Bänder verstärkt (⊡ Abb. 6.109). Nur die beiden lateralen Tarsometatarsalgelenke verfügen über eine geringfügige Beweglichkeit.
Articulationes
⊡ Abb. 6.110. Fuß, Ansicht von medial. Bänder und Muskeln (Endsehnen) sind Verspannungseinrichtung für den Fußlängsbogen
6
344
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
> Klinischer Hinweis Die Reihe der Gelenkspalten der Tarsometatarsalgelenke bildet die Lisfranc-Gelenklinie. Zum Aufsuchen dieser Linie orientiert man sich an der Tuberositas ossis metatarsalis V.
Articulationes intermetatarsales, Amphiarthrosen zwischen den Basen der 2.–5. Mittelfußknochen. Sie sind gleichfalls durch straffe Bänder gesichert. Zwischen den Köpfen der Mittelfußknochen befindet sich das Lig. metatarsale transversum profundum.
6
Zehengelenke. Es handelt sich um Diarthrosen. Articulationes metatarsophalangeae, Zehengrundgelenke, zwischen Mittelfuß und Zehen und Articulationes interphalangeae pedis, zwischen Mittel- und Endgelenken der Zehen. Articulationes metatarsophalangeae. Die Zehengrund-
gelenke sind Kugelgelenke, deren Bewegungsspielraum durch konzentrisch angeordnete Kollateralbänder auf 2 Freiheitsgrade eingeschränkt ist. In den Zehengrundgelenken sind Plantarflexion und vor allem Dorsalextension, jedoch Abduktions- und Adduktionsbewegungen nur in geringem Ausmaß möglich. Unten verstärken die Ligg. plantaria die Gelenkkapsel. Am Großzehengrundgelenk sind in das Lig. plantare medial und lateral je 1 Sesambein eingebaut, die mit dem Kopf des 1. Mittelfußknochens eigene Gelenke bilden. > Klinischer Hinweis Wenn der Kopf des 1. Mittelfußknochens und die Basis der Grundphalanx nach medial verlagert sind, liegt ein Hallux valgus vor. Die Abweichung wird durch Zug der Sehnen zur Großzehe verstärkt.
Articulationes interphalangeae sind Scharniergelenke. > Klinischer Hinweis Bei der Hammerzehe, einer erworbenen Deformität, steht das Zehengrundgelenk in Dorsalextension, Mittel- und Endgelenk befinden sich in fixierter Beugestellung.
Unterschenkelmuskulatur Wichtig
Die Muskulatur des Unterschenkels wirkt auf die Sprunggelenke. Die Art der Wirkung hängt von ihrer Lage zu den Gelenkachsen ab.
Die Unterschenkelmuskulatur (⊡ Abb. 6.111) gliedert sich in eine
⊡ Abb. 6.111. Querschnitt durch den rechten Unterschenkel. Durch unterschiedliche Markierung sind zu unterscheiden:Extensoren,Peronäusgruppe,tiefe Flexoren,oberflächliche Flexoren
vordere Gruppe, Extensoren, hintere Gruppe, Flexoren – oberflächliche Schicht, – tiefe Schicht, seitliche Gruppe, Peronäusgruppe. ⓘ Infobox Genetisch gehört die Peronäusgruppe zu den Extensoren, wie die gemeinsame Innervation durch den N. fibularis (N. peroneus) erkennen lässt: Extensoren durch den N. fibularis profundus, Peronäusgruppe durch den N. fibularis superficialis. Die Flexoren versorgt der N. tibialis.
Die Muskelgruppen des Unterschenkels liegen jeweils in eigenen Muskellogen, die durch Septen getrennt werden (⊡ Abb. 6.111): Septum intermusculare cruris anterius zwischen Extensoren und Peronäusgruppe, Septum intermusculare cruris posterius zwischen Peronäusgruppe und Flexoren und tiefes Blatt der Fascia cruris zwischen oberflächlichen und tiefen Flexoren als Abspaltung der Fascia cruris (S. 350).
345 6.3 · Extremitäten
⊡ Abb. 6.113. Unterschenkelmuskulatur, oberflächliche Schicht der Flexoren und Mm. peronei
⊡ Abb. 6.112. Unterschenkelmuskulatur, Extensoren
> Klinischer Hinweis In den Faszienlogen können sich Entzündungen, Blutungen oder ödematöse Schwellungen ausbreiten, Kompartment-Syndrom. Dabei kann durch erhöhten Druck in den Logen Blutversorgung und Innervation der Muskulatur gestört werden, sodass es zu Muskelnekrosen kommt, insbesondere beim M. tibialis anterior (Tibialis-anterior-Syndrom).
Extensoren, vordere Muskelgruppe S. 348, ⊡ Abb. 6.112) M. tibialis anterior, M. extensor hallucis longus, M. extensor digitorum longus und M. peroneus tertius.
(⊡ Tabelle 6.36,
Flexoren, hintere Muskelgruppe, oberflächliche Schicht
(⊡ Tabelle 6.37, S. 349, ⊡ Abb. 6.113)
M. triceps surae mit seinen beiden Anteilen, M. gastrocnemius, M. soleus und M. plantaris.
Flexoren, tiefe Schicht (⊡ Tabelle 6.37, S. 349, ⊡ Abb. 6.114)
M. flexor digitorum longus, M. tibialis posterior, M. flexor hallucis longus und M. popliteus.
Peronäusgruppe (⊡ Tabelle 6.38, S. 349, ⊡ Abb. 6.113) M. peroneus longus (M. fibularis longus) und M. peroneus brevis (M. fibularis brevis).
Die Wirkung der Unterschenkelmuskeln auf die Sprunggelenke ist in ⊡ Tabelle 6.39 zusammengestellt. Sie zeigt, dass Muskeln aus verschiedenen gegensätzlichen Gruppen auch synergistisch zusammenwirken können.
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346
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
⊡ Tabelle 6.36. Unterschenkelmuskeln: Extensorengruppe Muskel
Ursprung
Ansatz
Funktion
Innervation
M. tibialis anterior
Condylus lateralis und Facies lateralis der Tibia, Membrana interossea cruris, Fascia cruris
Mediale und plantare Fläche des Os cuneiforme mediale und Basis des Os metatarsale I
Dorsalextension; Supination, hebt den medialen Fußrand; aus pronierter Stellung geringe Pronation
N. fibularis profundus
M. extensor hallucis longus
Facies medialis der Fibula, Membrana interossea cruris
Dorsal an der Basis der Phalanx distalis hallucis
Dorsalextension im oberen Sprunggelenk sowie dem Grundund Endgelenk der Großzehe, geringe Pronationswirkung
N. fibularis profundus
M. extensor digitorum longus
Condylus lateralis der Tibia, Margo anterior der Fibula, Membrana interossea cruris, Fascia cruris
Dorsalaponeurose der 2.–5. Zehe
Dorsalextension im oberen Sprunggelenk sowie in den Gelenken der 2.–5. Zehe; Pronation
N. fibularis profundus
M. peroneus tertius (variabel)
Margo anterior der Fibula
Basis und seitliche Fläche des Os metatarsale V
Dorsalextension im oberen Sprunggelenk; Pronation, hebt den seitlichen Fußrand
N. fibularis profundus
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⊡ Tabelle 6.37. Unterschenkelmuskeln; oberflächliche und tiefe Flexorengruppe Muskel
Ursprung
Ansatz
Funktion
Innervation
Oberflächliche Flexoren M. gastrocnemius Caput mediale
Oben medial vom Condylus medialis (femoris)
Mit der Achillessehne am Tuber calcanei
Beugung im Kniegelenk, Plantarflexion im oberen Sprunggelenk, Supination im unteren Sprunggelenk
N. tibialis
Caput laterale
Seitlich vom Condylus lateralis (femoris)
Mit der Achillessehne am Tuber calcanei
Beugung im Kniegelenk, Plantarflexion im oberen Sprunggelenk, Supination im unteren Sprunggelenk
N. tibialis
Caput et Collum fibulae, Linea musculi solei tibiae
Mit der Achillessehne am Tuber calcanei
Plantarflexion im oberen Sprunggelenk, Supination im unteren Sprunggelenk
N. tibialis
M. soleus
347 6.3 · Extremitäten
⊡ Tabelle 6.37. Fortsetzung Muskel
Ursprung
Ansatz
Funktion
Innervation
M. plantaris (inkonstant)
Proximaler Bereich des Condylus lateralis (femoris)
Medial am Tuber calcanei meistens zusammen mit der Achillessehne
Innenrotation und Beugung im Kniegelenk, Plantarflexion im oberen Sprunggelenk, Supination im unteren Sprunggelenk
N. tibialis
M. flexor digitorum longus
Facies posterior der Tibia und mit einem Sehnenbogen von der Fibula
Basis der Endphalangen II–V
Plantarflexion im oberen Sprunggelenk, Supination im unteren Sprunggelenk, Verspannung des Fußlängsbogens, Beugung in den Zehengelenken 2–5
N. tibialis
M. tibialis posterior
Tibia, Fibula, Membrana interossea cruris
Tuberositas ossis navicularis, zusätzlich plantar an den Ossa cuneiformia und den Ossa metatarsalia II–III
Plantarflexion im oberen Sprunggelenk, Supination im unteren Sprunggelenk, Verspannung des Fußlängsund Querbogens, Antivalguswirkung
N. tibialis
M. flexor hallucis longus
Distale zwei Drittel der Facies posterior der Fibula, Membrana interossea cruris
Endphalanx der Großzehe, über abzweigende Faserbündel zu Sehnen des M. flexor digitorum longus an den Endphalangen der 2. und 3. Zehe
Plantarflexion im oberen Sprunggelenk, Supination im unteren Sprunggelenk, Verspanung des Fußlängsbogens, Beugung in den Großzehengelenken, zusätzlich Beugung der 2. und 3. Zehe
N. tibialis
M. popliteus
Am Übergang des Condylus lateralis femoris und Hinterhorn des Außenmeniskus sowie der Kniegelenkkapsel
An der Tibia oberhalb der Linea musculi solei
Beugung und Innenrotation im Kniegelenk, verhindert die Einklemmung der Kniegelenkkapsel bei Beugung, zieht das Hinterhorn des Meniscus lateralis bei der Beugung im Kniegelenk nach hinten
N. tibialis
Tiefe Flexoren
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348
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
Verallgemeinernd gilt,dass die Muskeln der oberflächlichen und tiefen Beugergruppe des Unterschenkels supinieren,die Muskeln der Extensoren- und Peroneusgruppe pronieren. Der M. tibialis anterior nimmt eine Sonderstellung ein. In Abhängigkeit von der Stellung der unteren Sprunggelenke kann er supinieren oder pronieren. Seine Supinationswirkung überwiegt, da insgesamt die Wirkung der Supinatoren größer ist als die der Pronatoren. Einzelheiten zu den Unterschenkelmuskeln Extensoren M. tibialis anterior (⊡ Abb. 6.112, 6.116, 6.117). Der Mus-
kelbauch liegt lateral der vorderen Schienbeinkante und ist dort zu tasten. Der Muskel bewirkt im oberen Sprunggelenk, da er vor der Bewegungsachse liegt, eine Dorsalextension des Fußes,z. B.beim Laufen.Im unteren Sprunggelenk vermag er, da er die Pro- und Supinationsachse überquert,aus der Mittelstellung und aus geringer Supinationsstellung heraus zu supinieren,aus der Pronationsstellung heraus etwas zu pronieren. M. extensor hallucis longus. Sein Ursprung liegt in der Tiefe zwischen M. tibialis anterior und M. extensor digitorum longus. M. extensor digitorum longus. Da die Sehnen der Zehenstrecker vor der Achse des oberen Sprunggelenks und seitlich oberhalb der Achse des unteren Sprunggelenks liegen, bewirken sie im oberen Sprunggelenk Dorsalextension, im unteren Sprunggelenk Pronation.
6
⊡ Abb. 6.114. Unterschenkelmuskulatur, tiefe Schicht der Flexoren
Anatomie am Lebenden. Von den Extensoren sind auf der
Vorderseite des Unterschenkels der M. tibialis anterior sowie im Bereich des oberen Sprunggelenks die Sehnen des
⊡ Tabelle 6.38. Unterschenkelmuskeln; Peronäusgruppe Muskel
Ursprung
Ansatz
Funktion
Innervation
M. peroneus longus
Oberes (und mittleres) Drittel der Seitenfläche der Fibula, Caput fibulae, Septum intermusculare anterius et posterius cruris, Fascia cruris
Os cuneiforme mediale, Basis des Os metatarsale I
Plantarflexion, Pronation, Verspannung des Fußlängs- und Querbogens
N. fibularis superficialis
M. peroneus brevis
Mittleres und unteres Drittel (untere Hälfte) der seitlichen Fläche des Wadenbeins, Septum intermusculare anterius et posterius cruris
Tuberositas ossis metatarsalis V
Plantarflexion, Pronation
N. fibularis superficialis
349 6.3 · Extremitäten
⊡ Tabelle 6.39. Wirkung der wichtigsten Muskeln auf die Sprunggelenke Bewegung
Muskel
Oberes Sprunggelenk: Plantarflexion
M. gastrocnemius M. soleus M. flexor hallucis longus M. tibialis posterior M. flexor digitorum longus M. peroneus longus M. peroneus brevis
Oberes Sprunggelenk: Dorsalextension
M. tibialis anterior M. extensor digitorum longus M. extensor hallucis longus M. peroneus tertius
Untere Sprunggelenke: Supination
M. gastrocnemius M. soleus M. tibialis posterior M. tibialis anterior M. flexor digitorum longus M. flexor hallucis longus
Untere Sprunggelenke: Pronation
*
M. peroneus longus M. peroneus brevis M. extensor digitorum longus M. peroneus tertius M. tibialis anterior* M. extensor hallucis longus
Der M. tibialis anterior kann in Abhängigkeit von der Stellung supinieren und pronieren. Seine Supinationswirkung überwiegt.
M. tibialis anterior, des M. extensor hallucis longus und des M. extensor digitorum bei Dorsalflexion des Fußes tastbar. Flexoren oberflächliche Schicht (⊡ Tabelle 6.37, ⊡ Abb. 6.113) M. triceps surae. Er besteht aus dem M. gastrocnemius,
der zweiköpfig und zweigelenkig ist, und dem unter ihm gelegenen flachen M. soleus. Zwischen den beiden Ursprüngen des M. soleus befindet sich ein bogenförmiger Sehnenstrei-
fen, Arcus tendineus, als Durchtrittsstelle für Leitungsbahnen. Die Endsehne des Trizeps surae ist die Achillessehne, Tendo calcaneus, die am Tuber calcanei befestigt ist. Ihr Verlauf ist oberflächlich sichtbar. Der M. triceps surae wirkt auf das obere Sprunggelenk als Plantarflektor, da er hinter der Bewegungsachse verläuft, und als Supinator auf das untere Sprunggelenk, da die Achillessehne medial von der Pro- und Supinationsachse ansetzt (⊡ Abb. 6.84). Auf der Seite des Standbeins verhindert er das Einknicken im oberen Sprunggelenk beim Gehen. > Klinischer Hinweis Plötzliche maximale Anspannung des M. triceps surae kann zu einem Riss der Achillessehne etwa 3–5 cm oberhalb ihrer Befestigung am Tuber calcanei führen. Degenerative Vorschädigungen der Sehne sind fast immer vorhanden.
Flexoren tiefe Schicht (⊡ Tabelle 6.37, ⊡ Abb. 6.114). Ihre
Sehnen verlaufen hinter der Bewegungsachse des oberen Sprunggelenks und medial der Pronations-/Supinationsachse des unteren Sprunggelenks (⊡ Abb. 6.116). Hieraus erklären sich ihre Funktionen (⊡ Tabelle 6.37). Außerdem tragen sie zur Verspannung des Fußlängsgewölbes (s. unten) bei. M. flexor digitorum longus. An seinem Ursprung (⊡ Abb. 6.91) bildet er eine kleine Sehnenarkade, unter der der N. tibialis posterior verläuft. Seine Sehne überkreuzt (Ansicht von dorsal) am Unterschenkel die des M. tibialis posterior im Chiasma crurale (⊡ Abb. 6.114), auf der plantaren Seite des Fußes die des M. flexor hallucis longus, Chiasma plantare (S. 352, ⊡ Abb. 6.102). Seine 4 Endsehnen durchdringen im Bereich der Zehen in Schlitzen die der Mm. flexores digitorum breves. M. tibialis posterior (⊡ Abb. 6.114). Im proximalen und mittleren Drittel des Unterschenkels liegt er zwischen M. flexor digitorum longus und M. flexor hallucis longus. Dann gelangt seine Sehne um den medialen Knöchel herum auf die Planta pedis. Dort unterfängt sie das Lig. calcaneonaviculare plantare (s. oben) und trägt dadurch dazu bei, das Fußlängsgewölbe zu stabilisieren. M. flexor hallucis longus. Innerhalb der tiefen Flexorengruppe liegt er am weitesten lateral, gelangt aber im weiteren Verlauf ganz nach medial. Auf die Plantarseite des Fußes zieht er im Sulcus tendinis musculi flexoris hallucis longi des Sustentaculum tali und setzt sich zur Endphalanx der Großzehe fort. Der Muskel trägt zur Aufrechterhaltung des Fußlängsbogens bei und ist maßgeblich am Abrollvorgang beim Gehen (S. 357) beteiligt. M. popliteus. Er liegt in der Tiefe der Kniekehle und wirkt nur leicht streckend auf das Kniegelenk. Peronäus- oder Fibularisgruppe (⊡ Tabelle 6.38, ⊡ Abb. 6.113). Die beiden Muskeln dieser Gruppe liegen in der
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350
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
6 ⊡ Abb. 6.115 a, b. Retinacula und Sehnenscheiden im Bereich der Sprunggelenke. a Ansicht von lateral; b Ansicht von medial
Wade lateral und verlaufen zunächst gemeinsam um das distale Ende des Malleolus lateralis herum. Dann trennen sie sich an der Seite des Kalkaneus. Sie wirken plantarflektierend, weil sie hinter der transversalen Achse des oberen Sprunggelenks liegen, und pronierend, weil sie die Pro- und Supinationsachse des unteren Sprunggelenks schneiden. M. peroneus longus. Seine Sehne biegt um den seitlichen Fußrand nach medial (⊡ Abb. 6.116), läuft dann in einer Knochenrinne des Würfelbeins (Sulcus tendinis musculi peronei longi) schräg durch die Tiefe der Fußsohle und erreicht den medialen Fußrand. Hier inseriert sie an der Basis des Os metatarsale I und dem Os cuneiforme mediale (⊡ Abb. 6.117).An der gleichen Stelle setzt der M. tibialis anterior an, mit dem er zusammen eine Art Steigbügel bildet. Der M. peroneus longus trägt wesentlich zur Verspannung der Querwölbung des Fußes bei. M. peroneus brevis. Er setzt am 5. Mittelfußknochen an der weit vorspringenden Tuberositas ossis metatarsi V an. Hierdurch verfügt er über ein günstiges Drehmoment für die Pronation. > Klinischer Hinweis Bei einer Lähmung der Mm. peronei überwiegen die Supinatoren, außerdem fällt die unterstützende Wirkung für das Fußgewölbe weg (vgl. hierzu Symptome der Fibularis-Lähmung S. 366).
Faszien und Sehnenscheiden des Unterschenkels Fascia cruris. Sie ist die Fortsetzung der Fascia lata
(S. 339). Am Übergang vom Unterschenkel zum Fuß ist die Fascia cruris durch Faserzüge verstärkt, unter denen in Gruppen aufgegliedert die Sehnen der Unterschenkelmuskeln verlaufen (⊡ Abb. 6.115): Retinaculum musculorum extensorum superius und inferius für die Extenso-
ren, Retinaculum musculorum peroneorum superius und inferius für die Peronei, Retinaculum musculorum flexorum für die Flexoren. Die Retinacula führen die Sehnen um die Sprunggelenke herum und verhindern eine Dislokation. Im Bereich der Retinacula sind die Sehnen durch Sehnenscheiden geschützt. Sie liegen jeweils nebeneinander (Sehnenfächer). Fußmuskulatur Wichtig
Die Fußmuskeln dienen den Zehenbewegungen, die der Fußsohle haben vor allem Haltefunktionen.
Am Fuß lassen sich unterscheiden Muskeln des Fußrückens, schwächer und Muskeln der Fußsohle, sehr kräftig. Muskeln und Sehnen des Fußrückens, Extensoren
(S. 348, ⊡ Abb. 6.116, ⊡ Tabelle 6.40) M. extensor hallucis brevis und M. extensor digitorum brevis. Muskeln der Fußsohle. Gemeinsam mit Bändern und Sehnen der Flexoren des Unterschenkels verspannen sie den Längs- und Querbogen des Fußes. Bei Belastung erhöhen sie ihren Tonus und verhindern dadurch die Abflachung des Fußgewölbes. Einzelheiten zu den Muskeln der Fußsohle Die Muskeln der Fußsohle bilden 3 Gruppen und 4 Schichten: Mediale Gruppe,Muskeln der Großzehe (⊡ Tabelle 6.41)
351 6.3 · Extremitäten
⊡ Abb. 6.116. Fuß mit Sehnen, Ansicht von dorsal. Eingezeichnet sind die Mm. interossei dorsales
⊡ Tabelle 6.40. Muskeln des Fußrückens Muskel
Ursprung
Ansatz
Funktion
Innervation
M. extensor hallucis brevis
Dorsale Fläche des Kalkaneus, Lig. talocalcaneum interosseum
Grundphalanx der Großzehe
Dorsalextension im Großzehengrundgelenk
N. fibularis profundus
M. extensor digitorum brevis
Dorsale Fläche des Kalkaneus
Dorsalaponeurose der 2.–4. Zehe
Dorsalextension der 2.–4. Zehe
N. fibularis profundus
6
352
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
⊡ Tabelle 6.41. Muskeln der Fußsohle, mediale Gruppe Muskel
Ursprung
Ansatz
Funktion
Innervation
M. abductor hallucis
Processus medialis tuberis calcanei, Aponeurosis plantaris
Mediales Sesambein, Gelenkkapsel des Großzehengrundgelenks, Grundphalanx I
Plantarflexion und Abduktion im Großzehengrundgelenk, Verspannung des medialen Fußlängsbogens
N. plantaris medialis
M. flexor hallucis brevis
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Caput mediale
Ossa cuneiformia, Lig. calcaneocuboideum plantare
Über das mediale Sesambein an der Grundphalanx der Großzehe
Beugt im Großzehengrundgelenk
N. plantaris medialis
Caput laterale
Ossa cuneiformia, Lig. calcaneocuboideum plantare
Über das laterale Sesambein an der Grundphalanx der Großzehe
Beugt im Großzehengrundgelenk
N. plantaris lateralis
Caput obliquum
Os cuneiforme laterale, Os cuboideum, plantare Bänder
Laterales Sesambein, Großzehengrundphalanx
Adduktion und Beugung im Großzehengrundgelenk, verspannt den Fußlängsbogen
N. plantaris lateralis
Caput transversum
Gelenkkapseln des 2.–5. Zehengrundgelenks, Lig. metatarsale transversum profundum
Laterales Sesambein und Großzehengrundphalanx
Adduktion im Großzehengrundgelenk, verspannt den Fußquerbogen
N. plantaris lateralis
M. adductor hallucis
M. abductor hallucis, M. flexor hallucis brevis, der sich nach gemeinsamem Ursprung spaltet in: – Caput mediale und – Caput laterale, M. adductor hallucis. Er hat 2 Ursprünge: – Caput obliquum und – Caput transversum. Mittlere Gruppe (⊡ Tabelle 6.42) M. flexor digitorum brevis (M. perforatus). Er wird von der Sehne des langen Beugers durchbohrt. M. quadratus plantae. Er korrigiert die Verlaufsrichtung der Sehne des langen Zehenbeugers. Mm. lumbricales (4 Muskeln), Mm. interossei plantares (3 Muskeln) und Mm. interossei dorsales (4 Muskeln, ⊡ Abb. 6.116). Laterale Gruppe, Muskeln der Kleinzehe (⊡ Tabelle 6.42)
M. abductor digiti minimi, M. flexor digiti minimi brevis und M. opponens digiti minimi (inkonstant). Schichten: oberflächliche Schicht: M. abductor hallucis, M. flexorum digitorum brevis und M. abductor digiti minimi. 2. Schicht: Sehne des M. flexor hallucis longus, die von der Sehne des M. flexor digitorum longus mit den Mm. lumbricales und M. quadratus plantae überkreuzt wird: Chiasma plantare (⊡ Abb. 6.117). 3. Schicht: M. flexor hallucis brevis, M. adductor hallucis, M. flexor digiti minimi brevis und M. opponens digiti. 4. Schicht: Mm. interossei plantare et dorsale, Sehnen des M. tibialis posterior und M. peroneus longus; im Hinterfuß kommen dazu Lig. plantare longum und darunter das Lig. calcaneocuboideum plantare und Lig. calcaneonaviculare plantare.
353 6.3 · Extremitäten
⊡ Tabelle 6.42. Muskeln der Fußsohle, mittlere und laterale Gruppe Muskel
Ursprung
Ansatz
Funktion
Innervation
M. flexor digitorum brevis
Tuber calcanei, proximal an der Aponeurosis plantaris
Plantare Basis der Mittelphalanx der 2.–5. Zehe
Plantarflexion in den Grund- und Mittelgelenken der 2.–5. Zehe, Verspannung des Fußlängsbogens
N. plantaris medialis
M. quadratus plantae
Kalkaneus, Lig. plantare longum
Seitlich an der Sehne des M. flexor digitorum longus
Spannt die Sehne des M. flexor digitorum longus
N. plantaris lateralis
Mm. lumbricales (4 Muskeln)
Sehnen des M. flexor digitorum longus, M. lumbricalis I einköpfig, II–IV zweiköpfig
Ziehen von medial her zur medialen Fläche der Grundphalangen II–V bzw. zur Dorsalaponeurose der 2.–5. Zehe
Beugung im Grundgelenk der 2.–5. Zehe bzw. Streckung im Mittel- und Endgelenk der 2.–5. Zehe, Medialadduktion der 2.–5. Zehe
I u. II vom N. plant. medialis, III u. IV vom N. plantaris lateralis
Mm. interossei plantares (3 Muskeln, einköpfig)
Medioplantare Fläche des 3.–5. Mittelfußknochens, Lig. plantare longum
Mediale Fläche der Grundphalangen III–V bzw. Dorsalaponeurosen III–V
Beugung im Grundgelenk der 3.–5. Zehe bzw. Streckung im Mittelund Endgelenk der 3.–5. Zehe, Medialadduktion im Grundgelenk der 3.–5. Zehe
N. plantaris lateralis
Mm. interossei dorsales (4 Muskeln, zweiköpfig)
Einander zugekehrte Flächen der Ossa metatarsalia I–V
I inseriert medial an der Grundphalanx bzw. Dorsalaponeurose der 2. Zehe, II, III und IV lat. an der Grundphalanx bzw. Dorsalaponeurose der 2., 3. und 4. Zehe
Beugung im Grundgelenk sowie Streckung im Mittel- und Endgelenk der 2.–4. Zehe, je nach Verlauf Lateralabduktion (II, III u. IV) oder Medialadduktion (I)
N. plantaris lateralis
M. abductor digiti minimi
Processus lateralis tuberis calcanei, Plantaraponeurose
Tuberositas ossis metatarsalis V, Grundphalanx der Kleinzehe
Beugung und Abduktion im Grundgelenk der Kleinzehe, Verspannung des Fußlängsbogens
N. plantaris lateralis
M. flexor digiti minimi brevis
Basis des Os metatarsale V, Lig. plantare longum
Plantare Basis der Grundphalanx der Kleinzehe
Beugung im Grundgelenk der Kleinzehe, Verspannung des Fußlängsbogens
N. plantaris lateralis
M. opponens digiti minimi (inkonstant)
Lig. plantare longum, am Ursprung mit dem Vorigen verwachsen
Plantare und seitliche Fläche des Os metatarsale V
Verspannung des Fußlängsbogens
N. plantaris lateralis
Mittlere Gruppe
Laterale Gruppe
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354
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
6
⊡ Abb. 6.117. Fuß, Ansicht von plantar mit Sehnen (schwarz) und Insertionsstellen (rot). Zu beachten ist das Chiasma plantare
Faszien und Sehnenscheiden des Fußes Die Faszien des Fußes sind die Fortsetzung der Unter-
schenkelfaszie. Sie bestehen aus einem dorsalen über dem Fußrücken gelegenen Blatt, Fascia dorsalis pedis, und einem plantaren an der Fußsohle gelegenen Blatt. Im dorsalen ist der distale Anteil des Retinaculum musculorum extensorum eingefügt. Das plantare Blatt wird zur Aponeurosis plantaris verstärkt. (⊡ Abb. 6.94 b, 6.110). Es handelt sich um eine derbe Bindege-
Aponeurosis plantaris, Plantaraponeurose
websplatte, die am Kalkaneus und distal mit 5 Zipfeln an den Kapseln der Zehengrundgelenke I–V befestigt ist.
Wichtig
Die Aponeurosis plantaris ist das oberste der 3 großen Bänder, die das Fußgewölbe halten: Lig. calcaneonaviculare, Lig. plantare longum, Aponeurosis plantaris.
Von der Plantaraponeurose strahlen Retinacula cutis in das Corium ein. Sie verhindern Verschiebungen zwischen Haut und Aponeurose beim Gehen. Zwischen den Retinacula liegt Fettgewebe, das als viskoelastisches Druckpolster beim Abrollen des Fußes wirkt. Von der anderen Seite der Bindegewebsplatte senken sich Bindegewebssepten, Septa plantaria mediale et laterale, bis zu den Skelettteilen ein, heften sich dort an und grenzen getrennte Räume (Muskellogen) für die 3 Muskelgruppen ab.
355 6.3 · Extremitäten
Sehnenscheiden auf der Planta pedis. Die langen Seh-
nen des M. flexor hallucis longus und M. flexor digitorum longus verlaufen im Bereich des Chiasma plantare und distal im Bereich ihrer digitalen Abschnitte in Sehnenscheiden. Im Zehenbereich liegen die Endsehnen des M. flexor digitorum longus in einer gemeinsamen Sehnenscheide mit den Endsehnen des M. flexor digitorum brevis. Eine eigene Sehnenscheide umhüllt die Endsehne des M. peroneus longus. Fuß als Ganzes
Während der Evolution ist der Greiffuß zum Gehfuß geworden. Er besteht aus einer komplizierten federnddämpfend wirkenden Gewölbekonstruktion aus den Ossa tarsi und Ossa metatarsi mit ihren Knorpelüberzügen und Bändern. Die Kuppel bildet der Talus. Die Gewölbe bestehen aus einem Längsbogen und einem Querbogen, die von den straffen, in 3 Etagen angeordneten Lig. calcaneonaviculare plantare, Lig. plantare longum und der Aponeurosis plantaris getragen werden. Gemeinsam fangen Knochen und Bänder die Last des Körpers auf, die zunächst von der Tibia auf den Talus übertragen wird. Von hier pflanzt sich die Last dann einerseits zum Kalkaneus (Tuber calcanei), andererseits über die tibiale Hauptstrecke, nämlich das mediale Längsgewölbe, und die fibulare Nebenstrecke, die beim Podogramm einen Abdruck hinterlässt, auf die Metatarsalköpfchen I und V fort. Zwischen den beiden Metatarsalköpfchen befindet sich das Quergewölbe des Fußes. Durch diese Lastverteilung stützt sich der Fuß beim Stehen auf nur 3 Punkte, das Tuber calcanei und die 2 Metatarsalköpfchen. An allen 3 Stützpunkten zeigt der Fuß dicke Druckpolster aus Baufett und es kann zu Schwielenbildung kommen. Knochen und Bänder reichen jedoch nicht aus, die Gewölbekonstruktion aufrechtzuerhalten. Bänder geben nämlich bei Dauerbelastung nach. Wesentlich ist daher ein aktives Verspannungssystem, das aus langen und kurzen Fußmuskeln besteht. Sie wirken der Abflachung beider Bögen entgegen. Beim Längsbogen werden wirksam als passive Verspannung durch Bänder: – Lig. plantare longum, – Lig. calcaneonaviculare plantare (Pfannenband), – Lig. calcaneocuboideum plantare, – interossäre Bänder,
aktive Verspannung durch Sehnen des/der – M. flexor hallucis longus, – M. flexor digitorum longus, – M. tibialis posterior, – kurzen Muskeln der Fußsohle, – M. abductor hallucis und – Aponeurosis plantaris. Der Querbogen wird verspannt durch die Sehne des
M. peroneus longus, M. tibialis anterior (⊡ Abb. 6.95) und durch kurze Muskeln der Fußsohle (M. adductor hallucis, Mm. interossei), außerdem durch das Lig. metatarsale transversum profundum und durch andere plantare Bänder. > Klinischer Hinweis Zu Fehlstellungen des Fußes kommt es, wenn sich die Verspannung durch erhöhte Belastung ändert, z. B. nach Lähmungen oder aus anderen Ursachen. Pes calcaneus, Hackenfuß. Wenn die oberflächliche und tiefe Flexorengruppe des Unterschenkels ausfällt, überwiegen die Extensoren. Die Ferse ist nach unten, die Fußspitze nach oben gerichtet. Zehenstand ist nicht möglich. Pes valgus, Knickfuß. Der Talus verschiebt sich gegen den Kalkaneus nach medial und das Fersenbein steht in Valgusstellung, übersteigerte Pronationsstellung. Beim Kind, das Laufen lernt, ist eine Valgusstellung physiologisch. Pes equinus, Spitzfuß. Der Fuß steht in Plantarflexion und kann nicht in die Mittelstellung bewegt werden. Ursache ist oft eine spastische Lähmung des N. fibularis profundus (s. dort). Pes planus, Plattfuß. Der Fußlängsbogen flacht ab, weil die Bänder nachgeben oder der M. tibialis posterior gelähmt ist. Pes planovalgus, Knick-Platt-Fuß. Er ist die Folge einer Kombination des Pes valgus mit einer Abflachung des Fußlängsbogens unter Belastung. Os naviculare und Taluskopf treten nach medial und plantar vor. Die Ferse ist nach außen geknickt. Pes equinovarus, Klumpfuß. Der Fuß befindet sich in Varusstellung, d. h. in extremer Supinationsstellung, die seitliche Fußkante sieht nach unten, die mediale nach oben (Pes equinovarus excavatus et adductus). Ein Klumpfuß kann angeboren oder erworben sein. Pes transversus, Spreizfuß. Der Querbogen des Fußgewölbes flacht sich ab. Dadurch vergrößern sich die Abstände zwischen den Mittelfußköpfen. Oft ist er mit einem Hallux valgus kombiniert. Pes excavatus, Hohlfuß. Das Fußlängsgewölbe ist übermäßig hoch.
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356
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
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In Kürze
Bewegungsmittelpunkt von Unterschenkel und Fuß sind die Sprunggelenke. Das obere Sprunggelenk befindet sich zwischen Tibia und Fibula einerseits, Malleolengabel und Talus andererseits, das untere Sprunggelenk zwischen Talus, Kalkaneus und Os naviculare. Beide Gelenke haben starke Bändersicherungen. Bewegt werden die Gelenke durch Unterschenkelmuskeln, die in Gruppen zusammenliegen: Extensoren ventrolateral, Peronäusgruppe lateral, Flexoren, oberflächliche und tiefe Schicht, dorsal. Jede Gruppe liegt in einer Faszienloge. Im oberen Sprunggelenk bewirken die Muskeln Plantarflexion bzw. Dorsalextension, im unteren Sprunggelenk in verschiedenen Kombinationen Supination und Pronation. Außerdem beugen und strecken die Unterschenkelmuskeln vermittels langer Sehnen die Zehen. Der Aufrechterhaltung des Fußgewölbes dienen die in 3 Schichten angeordneten Bänder Lig. calcaneonaviculare plantare, Lig. plantare longum, Aponeurosis plantare sowie in 4 Schichten angeordnete 3 Gruppen der Fußmuskeln. Durch die starke Belastung oder durch Ermüdung des Stützapparates des Fußes kann es zum Nachgeben der Fußgewölbe und zu Fehlstellungen kommen.
Stehen und Gehen Wichtig
Die Gliederkette der unteren Extremität dient der Vorwärtsbewegung. Ausgangspunkt ist dabei der aufrechte Stand auf 2 Beinen. In allen Phasen der Fortbewegung geht es um die Aufrechterhaltung des immer labilen Gleichgewichts des Körpers.
Stehen, Normalstellung. Beide Beine sind gleichmäßig belastet. Ihre Bänder sind überall gespannt. Die Knie sind »durchgedrückt«. Das Körpergewicht wirkt als statische Kraft. Das Lot (»Traglinie«) durch den Schwerpunkt des Körpers schneidet die Mitte der transversalen Achse des Hüft-, Knie- und oberen Sprunggelenks. Gleichzeitig ist aber die Muskulatur entlastet. Sie ist nur mäßig gespannt (»amuskulärer Stand«). Jedoch ist sie bereit, bei geringster Änderung der Gleichgewichtslage regulierend einzuspringen, vor allem der M. gluteus maximus (⊡ Abb. 6.118). Entspannte Haltung. Der Körperschwerpunkt ist nach hinten verlagert und der Beckengürtel etwas nach hinten gekippt. Das Lot durch den Körperschwerpunkt verläuft nun hinter der Transversalachse des Hüftgelenks. Die Muskulatur der unteren Extremität ist völlig entspannt. Sie ermüdet weniger als in anderen Körperhaltungen. Angespannt sind jedoch die Bänder, u. a. Lig. iliofemorale, Kollateral- und Kreuzbänder des Kniegelenks. Trotz der lässigen, bequemen Haltung hat der Körper aber hohe Standfestigkeit.
⊡ Abb. 6.118 a, b. Bedeutung der Muskulatur für die Statik und Dynamik der unteren Extremität. a Normalstellung. b Muskelgruppen, die das Vornüberkippen (M. gluteus maximus), das Einknicken im Kniegelenk (Quadrizepsgruppe) und das Einknicken im oberen Sprunggelenk (M. triceps surae) verhindern
357 6.3 · Extremitäten
Straffe Haltung. Der Körperschwerpunkt ist jetzt nach vorne verlagert. Das Lot durch den Schwerpunkt verläuft vor der Transversalachse von Hüft- und Kniegelenk. Der M. gluteus maximus und die anderen im Hüftgelenk streckenden Muskeln, die oberflächlichen und die tiefen Flexoren des Unterschenkels sowie die Rückenmuskeln sind angespannt (»stramme Haltung«), um ein Vornüberfallen des Körpers zu verhindern. Kontrapoststellung, zwangloses Stehen. Das Körpergewicht ist mehr oder weniger auf ein Bein verlagert, Standbein. Dort erhöht sich die Belastung in der Facies lunata des Hüftgelenks punktuell bis auf das 3-fache des Körpergewichtes. Gleichzeitig kontrahiert sich auf der belasteten Seite die äußere Hüftmuskulatur reflektorisch, Mm. glutei medius et minimus und M. tensor fasciae latae, und verhindert das Abkippen des Körpers zur Gegenseite, zur Spielbeinseite. Ferner ist auf der Seite des Standbeins das Kniegelenk maximal gestreckt; die Bänder sind gespannt; die Quadrizepsgruppe verhindert ein Einknicken. Gehen. Beim Gehen wird abwechselnd jedes Bein einmal zum Standbein, einmal zum Spiel- oder Schwungbein. Dabei entsteht ein Schrittzyklus, der sich aus 2 Standpha-
sen (des einen, dann des anderen Beins) und aus 2 Schwungphasen zusammensetzt (⊡ Abb. 6.119). In der Standphase ist bzw. wird das Körpergewicht vollständig auf das Standbein verlagert (s. oben). Dabei wird zur Wahrung des Gleichgewichts der Rumpf geringfügig zur Seite des Standbeins geneigt. Beim Übergang zur Spielbeinphase werden dann die Adduktoren tätig. Sie verhindern auf der Standbeinseite, dass das Bein zur Seite wegrutscht. Menschen mit einer Lähmung der Adduktoren gehen deshalb sehr unsicher. In der Schwungphase wird das Spielbein nach vorne bewegt, M. rectus femoris, die Fußspitze leicht gehoben, M. tibialis anterior, und das Kniegelenk etwas gebeugt, damit der Boden nicht gestreift wird, M. semitendinosus, M. semimembranosus, Caput longum des M. biceps. Das Spielbein sucht einen neuen Stand. Es setzt bei nun gestrecktem Knie, M. quadriceps femoris, und bei gehobener Fußspitze mit der Ferse auf – dies ist für das Hüftgelenk der Moment der größten Belastung – und wird zum Standbein. Ermüdet der M. tibialis anterior, z. B. nach langen Märschen, kommt es zu häufigem Stolpern, da die Fußspitze nicht mehr ausreichend gehoben wird. Während der Schwungphase wird der Schwerpunkt des Körpers nach vorne verlagert. Anschließend rollt dann
⊡ Abb. 6.119. Gehphasen für das rechte Bein: 1 Beide Beine am Boden, Gewichtsverlagerung von rechts nach links; 2 Abstoßen mit dem rechten Bein; 3 Beginn der rechten Schwungphase; 4 Durchschwingen; 5 Aufsetzen der rechten Ferse und damit Beginn der rechten Standphase; 6 Aufsetzen des rechten Fußes und Gewichtsverlagerung auf das rechte Bein. Beide Beine noch am Boden; 7 Das rechte Bein trägt den nach vorne beschleunigten Körper. Mitte der Standphase; 8 Linkes Bein wird vorgeschwungen. – Zusätzlich sind die Dauer der Stand- bzw. Schwungphase des linken und rechten Beins eingezeichnet
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358
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Kapitel 6 · Bewegungsapparat
der Fuß über den seitlichen Fußrand und über die große Zehe ab. Dabei wird das Einknicken im oberen Sprunggelenk durch den M. triceps surae verhindert, der mittels der Achillessehne an dem relativ langen Hebelarm des Kalkaneus ansetzt. Beim Abrollen leistet der kräftig ausgebildete M. flexor hallucis longus Widerstand und verhindert ein passives Überstrecken der großen Zehe. Beim schnellen Laufen, Rennen, verändert sich der Bewegungsablauf dadurch, dass Phasen ohne Bodenberührung zwischengeschaltet sind. Beim Treppensteigen oder beim Aufstehen aus dem Sitzen werden fast ausschließlich der M. quadriceps und der M. gluteus maximus eingesetzt, um die Körperlast in die Höhe zu stemmen. Menschen mit einer Lähmung dieser Muskeln sind ohne Zuhilfenahme der oberen Extremität dazu nicht mehr in der Lage. > Klinischer Hinweis Menschen haben einen charakteristischen Gang. In nicht geringem Umfang ist dies wie die Körperhaltung Ausdruck der Persönlichkeit und der Emotion. Dies geht darauf zurück, dass jede Bewegung unwillkürliche, automatische und halbautomatische Komponenten hat. Dazu gehört auch die pendelnde Mitbewegung der Arme. Welch hoher Grad an Spezialisierung andererseits durch Übung erreicht werden kann, beweisen Tänzer und Akrobaten.
> Klinischer Hinweis Hinken, z. B. wegen einer Koxarthrose (S. 233), dient der Herabsetzung der Gelenkbelastung auf der kranken Seite. Dazu wird das Hüftgelenk der kranken Seite unter den Schwerpunkt des Körpers gebracht, sodass sich das Becken beim Gehen zur kranken Seite neigt. Gleichzeitig kommt es im Knie zur X-BeinStellung.
Leitungsbahnen der unteren Extremität Arterien Wichtig
Arteriell wird das Bein von der A. femoralis und ihren Ästen sowie die Adduktorengruppe von der A. obturatoria versorgt.
A. femoralis (⊡ Abb. 6.120). Sie versorgt das Bein sowie Hüft- und Genitalregion und tiefe Schichten der Gefäßregion. Die A. femoralis ist die Fortsetzung der A. iliaca externa. Sie erreicht den Oberschenkel durch die Lacuna vasorum unter dem Leistenband (S. 229, ⊡ Abb. 6.130). Anschließend läuft sie medial am Hüftgelenk vorbei in
A. circumflexa ilium prof. A. circumflexa ilium superf.
A. descendens genus
⊡ Abb. 6.120. A. femoralis mit Ästen. Der R. profundus der A. circumflexa femoris medialis, der in ihrer Fortsetzung hinter dem Schenkelhals verläuft, ist in der Abbildung nicht bezeichnet
die Fossa iliopectinea (S. 370). Hinter dem M. sartorius tritt sie in den Adduktorenkanal (S. 371) ein und gelangt durch den Hiatus adductorius in die Fossa poplitea, wo sie als A. poplitea bezeichnet wird. – Die Taststelle für den Puls der A. femoralis liegt unter der Mitte des Leistenbandes. Äste der A. femoralis Kleinere Äste zur Versorgung der Haut des Unterbauchs
einschließlich der Leistenregion und des Skrotums bzw. der Labia majora: A. epigastrica superficialis, A. circumflexa ilium superficialis, Aa. pudendae externae. A. profunda femoris + als stärksten Ast 3–6 cm unterhalb des Leistenbandes nach laterodorsal zur Versorgung der Oberschenkelmuskulatur. Abgang und Verzweigungen sind variabel. Ihre Äste sind A. circumflexa femoris lateralis zum Hüftgelenk einschließlich Caput femoris und zur Quadrizepsgruppe (R. descendens). A. circumflexa femoris medialis, die sich zunächst nach medial, dann nach dorsal wendet. Von ihr zweigen (4) Äste zur Adduktorengruppe, zur ischiokruralen Muskulatur und zum Caput femoris ab. Sie hat Anastomosen mit der A. circumflexa femoris lateralis, mit Ästen der A. obturatoria und der A. perforans I. Dadurch ent-
359 6.3 · Extremitäten
steht ein Arteriennetz zur Versorgung von Femurkopf und Hüftgelenk. 3–5 Aa. perforantes, die die Adduktoren durchdringen, sie versorgen und zu den dorsalen Oberschenkelmuskeln gelangen. > Klinischer Hinweis Nach intraartikulären Schenkelhalsfrakturen, bei denen die im Periost verlaufenden Gefäße durchgerissen sind, oder nach Epiphysenlösung des koxalen Femurendes im Kindesalter kann es infolge mangelhafter Blutversorgung zur Nekrose des Femurkopfes kommen.
A. poplitea (⊡ Abb. 6.121).Sie befindet sich als Fortsetzung
der A. femoralis in der Tiefe der Fossa poplitea (S. 372) in unmittelbarer Nähe der Gelenkkapsel. Ihre Versorgungsgebiete sind das Kniegelenk und die umliegenden Muskeln. Vor allem liefert sie Zuflüsse zum Rete articulare genus,einem feinen arteriellen Gefäßnetz auf der Vorderseite des Kniegelenks. Die Äste der A. poplitea sind A. superior lateralis genus, A. superior medialis genus, A. media genus, A. inferior lateralis genus, A. inferior medialis genus.Weitere
Zuflüsse zum Rete articulare genus kommen aus der A. femoralis,A. tibialis anterior und A. tibialis posterior. > Klinischer Hinweis Trotz der zahlreichen Zuflüsse reicht das Rete articulare genus bei plötzlicher Unterbrechung der A. poplitea nicht aus, um als Kollateralkreislauf den Unterschenkel mit Blut zu versorgen. Deswegen darf die A. poplitea nicht unterbunden werden.
Am Unterrand des M. popliteus, meist oberhalb des Arcus tendineus musculi solei, setzt sich die A. poplitea durch Aufteilung fort in die A. tibialis anterior und die A. tibialis posterior, die etwas weiter distal die A. fibularis als 3. großes Gefäß am Unterschenkel abgibt. A. tibialis anterior (⊡ Abb. 6.122 a). Sie gelangt gemeinsam mit ihren beiden Begleitvenen durch eine proximal gelegene Öffnung der Membrana interossea cruris in die Extensorenloge, wo sie an der lateralen Seite des M. tibialis anterior verläuft. Sie versorgt die Extensoren am Unterschenkel, gibt proximal rückläufige Äste zum Rete articulare genus und distal Äste zu Gefäßnetzen am medialen und lateralen Knöchel ab. Äste der A. tibialis anterior A. dorsalis pedis+ (⊡ Abb. 6.123 a). Sie ist die Fortsetzung
der A. tibialis anterior auf den Fußrücken, wo sie zwischen der Sehne des M. extensor hallucis longus und M. extensor digitorum longus proximal zu tasten ist, Arterienpuls. Sie liegt subfaszial. Über den Basen des 2.–5. Mittelfußknochens – unter den Sehnen der Zehenstrecker – bildet sie die bogenförmige A. arcuata für die Aa. metatarsales dorsales und deren Fortsetzung als Aa. digitales dorsales. Die Aa. metatarsales haben Äste, die als Rr. perforantes durch die Metatarsalräume auf die Plantarseite gelangen. Der stärkste Ast ist dieA. plantaris profunda im 1. Metatarsalraum zum Arcus plantaris. A. tibialis posterior (⊡ Abb. 6.122 b). Sie gelangt in direk-
ter Fortsetzung der A. poplitea durch den Arcus tendineus musculi solei zusammen mit den beiden Begleitvenen und dem N. tibialis in die tiefe Flexorenloge. Ihr Puls kann dorsokaudal am Malleolus medialis getastet werden. Sie versorgt die Flexoren des Unterschenkels und steht mit dem Rete articulare genus sowie den Gefäßnetzen an den Malleolen in Verbindung.Aus ihr geht die A. fibularis hervor. A. fibularis (⊡ Abb. 6.122 b). Die A. fibularis zweigt dicht
⊡ Abb. 6.121. A. poplitea mit Ästen
unterhalb des Arcus tendineus musculi solei aus der A. tibialis posterior ab und läuft an der medialen Kante der Fibula auf der Rückseite der Membrana interossea cruris in Nachbarschaft des M. flexor hallucis longus abwärts zum lateralen Knöchel. Sie versorgt durch Rr. musculares die tiefen Flexoren und die Mm. peronei. Ferner steht sie mit den Gefäßnetzen an den Malleolen und Kalkaneus
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360
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
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⊡ Abb. 6.122 a, b. A. tibialis. a Verlauf der A. tibialis anterior; b Verlauf der A. tibialis posterior. (Nach Lippert 1975)
⊡ Abb. 6.123 a, b. Arterien des Fußes. a Dorsal; b plantar
361 6.3 · Extremitäten
und durch einen R. communicans mit der A. tibialis posterior in Verbindung. R. perforans gelangt als Ast der A. fibularis oberhalb des oberen Sprunggelenks durch eine Öffnung in der Membrana interossea cruris zum Fußrücken. Als Variante kann die A. dorsalis pedis aus ihr hervorgehen. Plantare Aufteilung der A. tibialis posterior
Auf der Fußsohle oder bereits unterhalb des Innenknöchels teilt sich die A. tibialis posterior in die A. plantaris medialis und die A. plantaris lateralis (⊡ Abb. 6.110 b). A. plantaris medialis. Sie ist das schwächere der beiden großen Plantargefäße und läuft zwischen M. abductor hallu-
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cis und M. flexor digitorum brevis zum medialen Fußrand. Dort teilt sie sich in den R. profundus, der meist distal mit dem Arcus plantaris profundus anastomosiert, und den R. superficialis, der oberflächlich verläuft und sich distal mit einem oberflächlichen Ast der A. plantaris lateralis zum Arcus plantaris superficialis + verbinden kann (nur 25 % der Fälle). A. plantaris lateralis. Sie verläuft zwischen M. flexor digitorum brevis und M. quadratus plantae in die Tiefe der seitlichen Fußregion und bildet den Arcus plantaris profundus + (⊡ Abb. 6.123 b), von dem Aa. metatarsales plantares I–IV abzweigen, die sich in Aa. digitales plantares communes und Aa. digitales plantares propriae fortsetzen.
In Kürze
Die A. femoralis ist ventral in der Fossa iliopectinea erreichbar, z. B. für Punktionen oder die Einführung eines Herzkatheters. Auf der Dorsalseite gelangt sie durch den Adduktorenkanal. Am Unterrand der Kniekehle teilt sich ihre Fortsetzung, A. poplitea, in die A. tibialis anterior, die durch die Membrana interossea in die Extensorenloge gelangt, und A. tibialis posterior, die ihrerseits die A. fibularis abgibt. Venen Wichtig
V. circumflexa ilium superf.
Der venöse Abfluss aus dem Bein erfolgt durch ein oberflächliches Venensystem und durch tiefe Beinvenen.
Zu unterscheiden sind oberflächliche Beinvenen und tiefe Beinvenen. Die oberflächlichen Beinvenen laufen unabhängig von Arterien epifaszial im subkutanen Fettgewebe. Sie bestehen aus einigen großen Stämmen und flächenhaft ausgebreiteten venösen Netzen. Ihr Zuflussgebiet ist die Haut.
Es handelt sich um (⊡ Abb. 6.124) V. saphena magna, V. saphena accessoria und V. saphena parva. Einzelheiten zu den oberflächlichen Beinvenen V. saphena magna. Sie beginnt am medialen Rand des Fußrückens mit Zuflüssen aus der Fußsohle, aus dem dichten Rete venosum dorsale und aus dem Arcus venosus dorsalis pedis. Die V. saphena magna läuft dann vor dem Innenknöchel zur medialen Seite des Unterschenkels. Hier steht sie durch Anastomosen mit der V. saphena parva und durch
⊡ Abb. 6.124. Oberflächliche Venen und oberflächliche Lymphknoten der unteren Extremität
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Kapitel 6 · Bewegungsapparat
Seitenäste, die die Fascia cruris durchbrechen, mit den tiefen Beinvenen in Verbindung. Dann gelangt sie mit dem N. saphenus hinter dem medialen Kondylus zur Vorderseitenfläche des Oberschenkels. Dort tritt sie proximal durch den Hiatus saphenus in die Fossa iliopectinea ein und mündet in die V. femoralis. In der Gegend des Hiatus saphenus entsteht ein Venenstern durch Zuflüsse zur V. saphena magna bzw. zur V. femoralis aus dem Genitalbereich, Vv. pudendae externae, sowie der Haut um das Leistenband. V. saphena accessoria. Ein inkonstanter Seitenast der V. saphena magna an der Vorderseitenfläche des Oberschenkels, der gelegentlich mit der V. saphena parva anastomosiert. V. saphena parva. Die Vene beginnt am lateralen Fußrand. Ihr Zuflussgebiet entspricht dem der V. saphena magna, jedoch ist sie schwächer. Die V. saphena parva läuft hinter dem Außenknöchel zur Beugeseite des Unterschenkels, durchbricht in der Kniekehle die Faszie und mündet zwischen den beiden Ursprungsköpfen des M. gastrocnemius in die V. poplitea. Die V. saphena parva steht am Unterschenkel mit tiefen Beinvenen in Verbindung. Sie bildet oberflächliche netzartige Anastomosen mit der V. saphena magna. > Klinischer Hinweis Durch ungenügenden Schluss der Venenklappen, insbesondere in den Vv. saphenae magna et parva kann es zu einer Umkehr der Blutstromrichtung und infolge der Rückstauung zu Erweiterungen und Verlagerungen der oberflächlichen und tiefen Beinvenen kommen, Varikosen, Krampfadern. Dabei können Thrombosen entstehen, wandständige Blutgerinnsel. Durch eine Störung im venösen Reflux kann außerdem am Innenknöchel ein Ulcus cruris entstehen. Bei einer operativen Entfernung der oberflächlichen Beinvenen (Stripping-Operation) muss der Chirurg auf die zahlreichen Anastomosen achten. Die wichtigsten sind die Vv. perforantes zwischen V. saphena magna und V. tibialis posterior und zwischen V. saphena accessoria und V. femoralis.
Die tiefen Beinvenen laufen gemeinsam mit den Arterien in einer gemeinsamen Bindesgewebshülle als Begleit-
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venen, Vv. comitantes, zwischen der Muskulatur. In der Regel werden die Arterien von 2 Vv. comitantes begleitet, die oft durch Querbrücken strickleiterartig verbunden oder geflechtartig um die Arterie angeordnet sind. Ausnahmen machen die A. femoralis und A. poplitea, die nur 1 Begleitvene haben. Tiefe Beinvenen sind tiefe Unterschenkelvenen, V. poplitea und V. femoralis. Einzelheiten zu den tiefen Beinvenen Zuflussgebiet der tiefen Beinvenen sind Muskulatur, Knochen und Gelenke. Tiefe Unterschenkelvenen sind Vv. tibiales anteriores, Vv. tibiales posteriores,Vv. fibulares. V. poplitea. Sie ist das Sammelgefäß aller Venen aus dem Unterschenkel einschließlichder V. saphena parva und aus dem Bereich des Kniegelenks. Die V. poplitea liegt in der Tiefe der Kniekehle und gelangt dann in den Adduktorenkanal. V. femoralis. Sie ist die Fortsetzung der A. poplitea. Kurz vor dem Hiatus adductorius nimmt sie die V. profunda femoris mit Blut aus der ischiokruralen Muskulatur auf. Letztlich sammelt die V. femoralis das venöse Blut aus dem Bein. Sie verläuft durch die Lacuna vasorum (S. 369), wo sie unter dem Leistenband zur V. iliaca externa wird. ⓘ Infobox Oberflächliche und tiefe Beinvenen stehen durch zahlreiche Anastomosen untereinander in Verbindung. Sie befinden sich 7,14 und 18 cm oberhalb der Fußsohle, unterhalb des Kniegelenks und in Höhe des Adduktorenkanals. Der Blutstrom geht dabei von den oberflächlichen zu den tiefen Venen.
> Klinischer Hinweis In den tiefen Beinvenen können Thrombosen entstehen, besonders wenn strenge Bettruhe eingehalten werden muss. Dabei können sich Thromben lösen und zu Lungenembolien führen.
In Kürze
Die oberflächliche V. saphena magna mündet in der Fossa iliopectinea des Oberschenkels in die V. femoralis, die oberflächliche V. saphena parva in der Kniekehle in die V. poplitea. Beide Gefäße stehen mit tiefen Beinvenen in enger Verbindung, sodass Varikosen beide Systeme betreffen können.
363 6.3 · Extremitäten
Lymphsystem Wichtig
Lymphbahnen und Lymphknoten lassen ähnlich wie die Venen ein oberflächliches und ein tiefes System unterscheiden.
Der Plexus lumbosacralis entsteht aus den Rr. anteriores
der Nn. lumbales, Nn. sacrales und Nn. coccygei. Nn. lumbales aus den Segmenten L1–L5 teilen sich wie
Oberflächliches und tiefes Lymphgefäßsystem stehen miteinander in Verbindung. Die oberflächlichen Lymphbahnen verlaufen im subkutanen Fettgewebe, insbesondere in Begleitung der Vv. saphenae magna et parva, die tiefen Bahnen gemeinsam mit den tiefen Beinvenen. In die Lymphbahnen sind regionäre Lymphknoten eingeschaltet (⊡ Abb. 6.124) Nodi lymphatici poplitei in der Fossa poplitea. Nodi lymphatici poplitei superficiales erhalten ihre Zuflüsse aus den oberflächlichen Lymphbahnen entlang der V. saphena parva und aus tiefen Bahnen in Begleitung der Unterschenkelvenen. Ihr Abfluss erfolgt zu Nodi lymphatici poplitei profundi (neben der A. poplitea) und von hier weiter in die tiefen Leistenlymphknoten. Nodi lymphatici inguinales, Leistenlymphknoten. Sie setzen sich aus einer oberflächlichen und einer tiefen Gruppe zusammen: – Nodi lymphatici inguinales superficiales. Sie liegen epifaszial, sowohl oberhalb als auch unterhalb des Leistenbandes. Ihr Einzugsgebiet ist die vordere Bauchwand, der Damm, das äußere Genitale und die Oberfläche des Beins. Der Abfluss erfolgt in die Nodi lymphatici iliaci externi. – Nodi lymphatici inguinales profundi. Sie breiten sich entlang der V. femoralis im Hiatus saphenus der Fascia lata aus. Zu ihnen wird auch der Rosenmüller-Lymphknoten (Nodus lymphaticus anuli femoralis) im Canalis femoralis gerechnet. Einzugsgebiet: tiefe Lymphbahnen der unteren Extremität. Abfluss in die Nodi lymphatici iliaci externi. > Klinischer Hinweis Bei entzündlichen Prozessen am Bein oder Genitale kann es zur Lymphangitis (rötlicher Streifen) und Schwellung der regionalen Lymphknoten kommen.
Nerven Wichtig
Die untere Extremität wird vom Plexus lumbosacralis innerviert.
alle Spinalnerven in einen R. posterior und in einen R. anterior. Die Rr. posteriores spalten sich in einen motorischen R. medialis für die autochthone Rückenmuskulatur (S. 203) und einen überwiegend sensiblen R. lateralis für die Rückenhaut. Einige der Rr. laterales (aus L1 bis L3) ziehen als sensible Rr. clunium superiores über die Crista iliaca hinweg zur Gesäßhaut (⊡ Abb. 6.128 b). Die Rr. anteriores beteiligen sich am Plexus lumbosacralis. Nn. sacrales aus den S1 bis S3. Bei gleicher Aufteilung wie die Nn. lumbales durchdringen einige Fasern des R. lateralis den M. gluteus maximus und versorgen sensibel als Rr. clunium medii die Haut der medialen Gesäßgegend (⊡ Abb. 6.128 b). Die Rr. anteriores gelangen zum Plexus lumbosacralis. Nn. coccygei. Sie sind vorwiegend sensibel und geben Zweige an den Plexus coccygeus ab. Der Plexus lumbosacralis (⊡ Abb. 6.125) gliedert sich in Plexus lumbalis aus Rr. anteriores von L1 bis L3 mit
kleinen Bündeln aus Th12 und L4, Plexus sacralis, Rr. anteriores aus L5–S3 mit Zuflüssen aus L4 (mittels des Truncus lumbosacralis) und S4. Der Plexus lumbalis liegt vorwiegend zwischen der
ventralen und dorsalen Ursprungsschicht des M. psoas major. Von L4 und L5 zieht ein kräftiger Stamm, Truncus lumbosacralis, zu S1 und stellt die Verbindung zum Plexus sacralis her. Aus dem Plexus lumbalis gehen hervor: Rr. musculares (sie können auch direkt aus den Rr. anteriores abzweigen) zur Versorgung des M. quadratus lumborum, Mm. psoas major et minor, N. iliohypogastricus (S. 240), N. ilioinguinalis (S. 240), N. genitofemoralis. Er durchbohrt den M. psoas major, läuft auf seiner Vorderfläche nach unten und spaltet sich in 2 Äste. Der Stamm oder die Äste unterkreuzen den Ureter (Schmerzausstrahlungen bei Uretersteinkoliken). Der eine Ast, – R. genitalis, läuft im Funiculus spermaticus durch den Leistenkanal, versorgt motorisch den M. cremaster,die Tunica dartos und sensibel die Haut des Skrotums bzw.der Labia majora.Der andere Ast,
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Kapitel 6 · Bewegungsapparat
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⊡ Abb. 6.125. Plexus lumbosacralis. Nicht eingezeichnet Rr. musculares und N. gluteus inferior
– R. femoralis, zieht lateral von der A. femoralis durch die Lacuna vasorum (⊡ Abb. 6.130) und versorgt die Oberschenkelhaut in der Umgebung des Hiatus saphenus. N. cutaneus femoris lateralis (⊡ Abb. 6.128 a, 6.130). Er liegt in der Fossa iliaca auf dem M. iliacus, zieht dann etwa 1 cm medial von der Spina iliaca anterior superior durch die Lacuna musculorum zur Haut seitlich am Oberschenkel. > Klinischer Hinweis Beim Inguinaltunnelsyndrom (Kompression unter dem Leistenband) wird der N. cutaneus femoris lateralis isoliert geschädigt. Es treten Empfindungsstörungen an der Außenseite des Oberschenkels auf, Meralgia paraesthetica.
N. obturatorius (aus L2–L4, ⊡ Abb. 6.126). Er verläuft am medialen Rand des M. psoas major seitlich vom Ureter nach unten, unterkreuzt die Vasa iliaca communes und gelangt dann durch den Canalis obturatorius zur medialen Gruppe der Oberschenkelmuskeln. Oberhalb des M. adductor brevis teilt er sich in einen R. anterior und R. posterior. Beide haben motorische und sensible Anteile.
⊡ Abb. 6.126. Motorische Innervationsgebiete des N. femoralis, N. obturatorius und N. fibularis communis
Motorisch versorgt der N. obturatorius die Adduktoren (⊡ Tabelle 6.32), jedoch wird der M. pectineus gleichzeitig vom N. femoralis und der M. adductor magnus gleichzeitig vom N. ischiadicus versorgt, Doppelinnervationen. Sensibel versorgt der R. anterior die Haut der Innenfläche des Oberschenkels und das Kniegelenk (⊡ Abb. 6.128; Schmerzausstrahlungen bei Prozessen am Ovar und bei Obturatoriushernien), der R. posterior die Kniegelenkkapsel. Autonomgebiet: medial oberhalb des Kniegelenks. Lähmungen. Bei einer Schädigung des N. obturatorius fallen die Adduktoren aus (S. 327). Auf der medialen Seite des
365 6.3 · Extremitäten
Oberschenkels und medial am Knie treten Sensibilitätsstörungen auf, z. B. bei entzündlichen Prozessen im kleinen Becken (Ovar).
N. femoralis (aus L1–L4, ⊡ Abb. 6.126). Er ist der stärkste Nerv des Plexus lumbalis. Seine retroperitoneale Verlaufsstrecke befindet sich zwischen M. psoas major und M. iliacus unter der Fascia iliopsoica. Dann gelangt er durch die Lacuna musculorum (⊡ Abb. 10. 117) lateral der Vasa femoralia in die Fossa iliopectinea. Hier oder schon etwas höher spaltet er sich fächerförmig auf. Äste des N. femoralis Rr. musculares. Obere Teile ziehen retroperitoneal zum M. psoas major und M. iliacus (evtl. auch direkt aus dem Plexus lumbalis), unterhalb des Leistenbandes zum M. quadriceps femoris und M. sartorius. Den M. pectineus versorgen sie gemeinsam mit dem N. obturatorius (Doppelinnervation). Rr. cutanei anteriores (⊡ Abb. 6.128 a). Sie durchbrechen die Fascia lata, versorgen die Haut des Oberschenkels vorne medial und die Haut des Knies. N. saphenus +. Der einzige Unterschenkelast ist rein sensibel. Vor der A. femoralis gelegen, zieht er mit den Femoralgefäßen in den Adduktorenkanal, verlässt ihn durch das Septum intermusculare vastoadductorium und gelangt dann zwischen M. sartorius und M. vastus medialis zur medialen Gegend des Kniegelenks. In Begleitung der V. saphena magna erreicht er den medialen Rand des Fußes. Der R. infrapatellaris des N. saphenus durchsetzt den M. sartorius, läuft dann bogenförmig unterhalb der Kniescheibe (⊡ Abb. 6.128 a) und versorgt hier die Haut. Weitere Äste des N. saphenus sind die Rr. cutanei cruris mediales zur medialen Fläche des Unterschenkels und Fußes. Lähmungen. Bei Schädigungen des N. femoralis entstehen auf der Beugeseite des Oberschenkels und Innenseite des Unterschenkels Sensibilitätsstörungen. Im Kniegelenk kann nicht mehr aktiv gestreckt werden, da die Extensoren ausfallen. Dadurch ist das Aufstehen aus dem Sitzen oder beim Steigen das Heben des Beins erschwert. Der Patellarsehnenreflex fehlt. Der Plexus sacralis liegt bedeckt von der Fascia pelvis auf dem M. piriformis im kleinen Becken. Die Äste, die aus dem Plexus sacralis hervorgehen, wenden sich konvergierend zum Foramen ischiadicum majus und seinen beiden durch den M. piriformis unterteilten Durchtrittsöffnungen, Foramen suprapiriforme und Foramen infrapiriforme.Zum Plexus sacralis gehören
N. gluteus superior. Er zieht durch das Foramen suprapiriforme zwischen Mm. glutei medius et minimus zum M. tensor fasciae latae und innerviert diese 3 Muskeln. – Folgen einer Nervenschädigung S.327. N. gluteus inferior. Durch das Foramen infrapiriforme gelangt er zum M. gluteus maximus, den er motorisch versorgt. – Folgen einer Nervenschädigung S. 326. N. cutaneus femoris posterior (⊡ Abb. 6.128 b, 6.129). Gemeinsam mit dem N. ischiadicus und anderen Leitungsbahnen läuft er durch das Foramen infrapiriforme. Am Unterrand des M. gluteus maximus tritt er wieder zutage.Der Stamm des N. cutaneus femoris posterior läuft weiter unter der Fascia lata. Seine Äste durchbrechen sie dann und versorgen die Haut auf der Rückseite des Oberschenkels und in der Kniekehle. Weitere Äste des N. cutaneus femoris posterior sind: – Nn. clunium inferiores (⊡ Abb. 128 b), die um den kaudalen Rand des N. gluteus maximus zur Gesäßhaut ziehen, und – Rr. perineales, die die Haut der Dammgegend innervieren. > Klinischer Hinweis Von einigen Autoren wird vom Plexus sacralis der Plexus pudendus (aus S2–S4) und der Plexus coccygeus (aus S4–Co) abgetrennt.
N. ischiadicus (⊡ Abb. 6.127). Der stärkste Nerv des Organismus (aus L4–S3). Er fasst Faserbündel zusammen, die zum N. fibularis bzw. N. tibialis gehören. Der N. ischiadicus verlässt das kleine Becken durch das Foramen infrapiriforme und läuft anschließend bedeckt vom M. gluteus maximus über den M. obturatorius internus, über die Mm. gemelli und über den M. quadratus femoris hinweg. Zwischen den tibialen und den fibularen Flexoren des Oberschenkels unter dem langen Kopf des M. biceps femoris zieht er distalwärts. Er versorgt – meist aus seinem Tibialisteil – an der Hüfte Mm. gemelli superior et inferior, M. quadratus femoris und M. obturatorius internus sowie am Oberschenkel die hintere Muskelgruppe mit Ausnahme des Caput breve des M. biceps femoris (N. fibularis communis) und gemeinsam mit dem N. obturatorius den M. adductor magnus. > Klinischer Hinweis Der Druckpunkt des N. ischiadicus liegt etwas medial vom Mittelpunkt der Verbindungslinie zwischen Trochanter major und Tuber ischiadicum.
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Kapitel 6 · Bewegungsapparat
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⊡ Abb. 6.127. Motorische Innervationsgebiete des N. ischiadicus und N. tibialis Lähmungen. Das gesamte Bein ist mit Ausnahme der Adduktoren (N. obturatorius) und der Strecker (N. femoralis) bei Unterbrechung des N. ischiadicus gelähmt. Die Berührungsempfindlichkeit fehlt auf der Rückseite des Unterschenkels und an der Fußsohle.
Aufteilung des N. ischiadicus. Am Übergang vom mittleren zum distalen Drittel des Oberschenkels teilen sich die Fasergruppen des N. ischiadicus zum N. fibularis communis bzw. N. tibialis. Die Höhe der Teilungsstelle unterliegt großen Schwankungen. N. fibularis (synonym peroneus) communis (⊡ Abb. 6.126). Am Oberschenkel liegt er lateral vom N. tibialis unter dem M. biceps femoris. In der Kniekehle befindet er sich an der medialen Seite der Bizepssehne. Nachdem er das Caput laterale des M. gastrocnemius überkreuzt hat,
wendet er sich um das Wadenbein knapp unterhalb oder in Höhe des Caput fibulae nach vorne und tritt in die Peronäusloge ein. Hier teilt er sich in den N. fibularis superficialis und in den N. fibularis profundus. Der N. fibularis communis gibt in seinem Verlauf motorische Äste zum Caput breve des M. biceps femoris, sensible zu den proximalen zwei Dritteln der Haut der dorsolateralen Seite am Unterschenkel (⊡ Abb. 6.128 b) sowie den R. communicans fibularis zur Verbindung mit einem sensiblen Ast des N. tibialis ab. Aus dieser Verbindung geht der sensible N. suralis hervor (s. unten). N. fibularis superficialis. Der Stamm des Nerven liegt in der Peronäusloge. Distal durchbricht er die Fascia cruris. Motorische Äste versorgen die Mm. peronei longus et brevis, sensible die fibulare Seite am distalen Unterschenkel sowie mit Nn. cutanei dorsalis medialis et dorsalis intermedius die Haut des Fußrückens und des medialen Fußrandes. Sensible Endäste sind die Nn. digitales dorsales für die einander zugekehrten Seiten der 2.–5. Zehe (⊡ Abb. 6.128 a). N. fibularis profundus. Dieser Ast des N. fibularis communis durchbricht das Septum intermusculare cruris anterius und gelangt in die Extensorenloge, wo er unmittelbar lateral vom M. tibialis anterior zu finden ist. Motorische Äste versorgen die Extensorengruppe und die Muskeln des Fußrückens, sensible die einander zugekehrten Seiten der 1. und 2. Zehe. > Klinischer Hinweis Lähmungen. Der N. fibularis communis ist besonders im Bereich des Caput und Collum fibulae gefährdet, denn hier liegt er tastbar dicht unter der Haut. Frakturen oder unsachgemäß angelegte Gipsverbände können die Ursache einer Schädigung, einer Peronäuslähmung sein. Symptome. Bei einem vollständigen Ausfall des N. fibularis communis ist die Dorsalextension des Fußes unmöglich; die Fußspitze kann also nicht mehr gehoben werden. Außerdem ist der Patient nicht mehr in der Lage, die Zehen zu strecken. Der Fuß gerät in Plantarflexion und Supinationsstellung. Es entwickelt sich ein Spitzfuß in Varusstellung, Pes equinovarus. Beim Gehen schleift die Fußspitze am Boden, was der Patient durch übermäßiges Anheben des Fußes beim Gehen auszugleichen sucht, Steppergang. Die Haut des Unterschenkels und des Fußrückens sind unempfindlich, ausgenommen äußerer Fußrand (versorgt vom N. suralis) und der medialen Seite des Unterschenkels (N. saphenus). Ist nur der N. fibularis superficialis betroffen, fallen die Mm. peronei longus et brevis aus.Der Fuß steht in Supinationsstellung. Die Extensoren sind noch funktionsfähig, da sie vom N. fibularis profundus versorgt werden.
367 6.3 · Extremitäten
⊡ Abb. 6.128 a, b. Hautinnervation des Beins. a Vorderseite; b Rückseite. Sensible Autonomgebiete dunkel
Eine isolierte Schädigung des N. fibularis profundus hat den Ausfall der Extensoren zur Folge. In der Haut der einander zugekehrten Seiten der 1. und 2. Zehe treten Sensibilitätsausfälle auf. Sie sind ein zuverlässiges Unterscheidungsmerkmal zur Diagnostik, ob der N. fibularis profundus oder der N. fibularis superficialis (medialer Anteil der Haut zwischen 2. und 3. Zehe, lateraler Anteil der einander zugekehrten Seiten der 3.–5. Zehe) betroffen ist.
N. tibialis (⊡ Abb. 6.127). Er setzt den Verlauf des
N. ischiadicus fort. Aus der Kniekehle gelangt er unter dem Arcus musculi solei zwischen die oberflächliche und tiefe Flexorengruppe des Unterschenkels. Dann zieht er hinter dem Malleolus medialis und unter dem Retinaculum Musculorum flexorum im Malleolarkanal (S. 372) auf die Fußsohle. Hier oder etwas oberhalb teilt er sich in den
N. plantaris medialis und in den N. plantaris lateralis. Motorische Äste des N. tibialis erreichen den M. gastrocnemius, M. plantaris, M. soleus, M. popliteus, M. tibialis posterior, M. flexor digitorum longus, M. flexor hallucis longus, sensible Äste das Periost der Ossa cruris, die Syndesmosis tibiofibularis, das obere Sprunggelenk und die mediale Fersengegend. Die laterale Unterschenkelseite einschließlich der lateralen Knöchelregion und in Fortsetzung die laterale Fußseite versorgen Nervenfasern, die aus dem N. tibialis (als N. cutaneus surae medialis) und N. fibularis communis (als R. communicans fibularis) stammen und den N. suralis bilden.
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Kapitel 6 · Bewegungsapparat
Endäste des N. tibialis N. plantaris medialis (⊡ Abb. 6.127) ist der mediale Endast des N. tibialis auf der Fußsohle und teilt sich auf in Rr. musculares für den M. abductor hallucis, das Caput mediale des M. flexor hallucis brevis, den M. flexor digitorum brevis und die Mm. lumbricales I et II und Nn. digitales plantares communes et plantares proprii, sensible Äste für die medialen dreieinhalb Zehen. Sie versorgen die plantaren Flächen dieser Zehen und die Dorsalseite ihrer Endglieder. N. plantaris lateralis (⊡ Abb. 6.127). Er ist der schwächere fibulare Endast des N. tibialis. Seine Endverzweigungen sind R. superficialis. Dieser Ast spaltet sich in die Nn. digitales plantares communes und dann in die Nn. digitales plantares proprii für die sensible Versorgung der lateralen anderthalb Zehen (kleine Zehe und laterale Seite der 4. Zehe) und R. profundus. Er innerviert die Mm. interossei, Mm. lumbricales III und IV und den M. adductor hallucis. > Klinischer Hinweis
Symptome. Der Zehenstand ist nicht mehr möglich. Es entwickelt sich ein Krallen- und Hackenfuß, d. h. der Fuß ist stark dorsal extendiert. Die Sensibilität fehlt auf der Innenseite des Unterschenkels und an der Fußsohle.
N. pudendus (aus S2–S4). Er gehört systematisch zum Plexus sacralis. Seine Innervationsgebiete liegen jedoch im Bereich des Beckenbodens: Anus, äußere männliche und weibliche Geschlechtsorgane. Er wird in diesem Zusammenhang besprochen (S. 561). Plexus coccygeus. Er entsteht aus den Rr. ventrales von S4 und S5 sowie aus den vorderen Ästen einer variablen Anzahl von Kokzygealnerven (meist nur 1 Kokzygealsegment). Er versorgt die Haut über dem Steißbein bis zum Anus.
Zusammenfassend ist die Hautsensibilität der unteren Extremitäten in ⊡ Abb. 6.128 a, b dargestellt. Auskunft über die segmentale Zuordnung der sensiblen Hautgebiete (Dermatome) gibt die ⊡ Abb. 10.53.
Lähmungen. Bei einer Schädigung des N. tibialis fallen die Wadenmuskeln – Ausfall des Achillessehnenreflexes – und Zehenbeuger aus.
>
In Kürze
Die Innervation des Beins erfolgt durch Äste der Plexus lumbalis und sacralis. Die Hauptäste des Plexus lumbalis sind der N. obturatorius (für die Adduktorengruppe und die Haut der medialen Seite des Oberschenkels) und der N. femoralis (für die Extensoren des Oberschenkels, die Haut auf der Beugeseite des Oberschenkels sowie der Innenseite des Unterschenkels). Der Plexus sacralis entlässt als größten Nerven den N. ischiadicus, auf der Flexorenseite des Oberschenkels gelegen, mit Anteilen für den N. fibularis und N. tibialis. Alle nicht vom N. obturatorius und N. femoralis versorgten Anteile des Beins werden vom Plexus sacralis innerviert.
Topographie und angewandte Anatomie Regio glutealis. Subkutan liegen die Rr. clunium superiores, mediales et inferiores und die Rr. cutanei des N. iliohypogastricus, subfaszial der M. gluteus maximus. In der Tiefe befindet sich das Foramen ischiadicum majus (⊡ Abb. 6.129). Es wird vom hindurchtretenden M. piriformis unterteilt in: – Foramen suprapiriforme, durch das A. und V. glutealis superior und N. gluteus superior aus dem Becken zur Glutealmuskulatur gelangen und
– Foramen infrapiriforme für N. ischiadicus mit A. comitans nervi ischiadici, A. und V. glutealis inferior, N. gluteus inferior, N. cutaneus femoris posterior, Rr. musculares aus dem Plexus sacralis sowie der N. pudendus und die A. und V. pudenda interna, Foramen ischiadicum minus (⊡ Abb. 6.129), durch das, auf einem Schleimbeutel gleitend, der M. obturatorius internus hindurchtritt. Durch den freibleibenden Spalt zwischen Lig. sacrospinale und Lig. sacrotuberale ziehen A. und V. pudenda interna mit dem
369 6.3 · Extremitäten
> Klinischer Hinweis Bei einer Obturatoriushernie schiebt sich der Bruchsack neben den Vasa obturatoria im Canalis obturatorius vor. Durch Druck auf den N. obturatorius können Sensibilitätsstörungen und Schmerzen medial am Oberschenkel und am Knie auftreten (sensibles Endgebiet des N. obturatorius). Reithosenanästhesie. Druck auf den Conus medullaris des Rückenmarks oder raumfordernde Prozesse im Bereich von S4, S5 und Co1 können zu Sensibilitätsausfällen der zugehörigen Dermatome am Oberschenkel führen.
Regio subinguinalis. In ihr liegen der M. iliopsoas und
Leitungsbahnen, die an dieser Stelle aus der Tiefe des Rumpfes an die Oberfläche gelangen und das Bein erreichen. Sie benützen hierzu Öffnungen unterhalb des Leistenbandes, die Lacuna musculorum, lateral, und die Lacuna vasorum, medial. Lacuna musculorum. Ihre Begrenzungen sind das Leis⊡ Abb. 6.129. Regio glutealis. Tiefe Schicht, in der die Leitungsbahnen das Foramen suprapiriforme und das Foramen infrapiriforme verlassen
N. pudendus wieder ins Becken (Fossa ischioanalis). Sie schlingen sich dabei um das Lig. sacrospinale. > Klinischer Hinweis Intramuskuläre Injektionen in die Gesäßmuskulatur erfolgen am sichersten in den M. gluteus medius. Sie werden aber auch in den oberen äußeren Quadranten des M. gluteus maximus im lateralen Drittelpunkt einer Linie zwischen Spina iliaca anterior superior und Os coccygis vorgenommen. Bei unsachgemäßem Vorgehen können der N. gluteus superior oder bei Varianten sogar der N. ischiadicus geschädigt werden.
Canalis obturatorius und mediale Gefäß-NervenStraße. Der nur 2–3 cm lange Kanal liegt im Sulcus obtu-
ratorius und reicht bis zu der ovalen Öffnung in der Membrana obturatoria. Er stellt die Verbindung zwischen dem Spatium subperitoneale des kleinen Beckens und den Bindegewebsräumen zwischen der medialen Oberschenkelmuskulatur her. Durch den Kanal laufen die A. obturatoria, die Vv. obturatoriae mit Lymphgefäßen und der N. obturatorius. Im Canalis obturatorius teilt sich die A. obturatoria in einen R. anterior, der zu den Mm. adductorii und zur Haut in der Genitalregion zieht und in einen R. posterior (s. Versorgung Hüftgelenk).
tenband, der Arcus iliopectineus und der Oberrand des Beckens (⊡ Abb. 6.130). Durch die Lacuna musculorum ziehen am weitesten lateral neben der Spina iliaca anterior superior der N. cutaneus femoris lateralis und getrennt durch Bindegewebe weiter medial der M. iliopsoas mit dem N. femoralis. Gelegentlich durchsetzt der N. cutaneus femoris lateralis auch direkt das Leistenband. Lacuna vasorum und Anulus femoralis. Die Begrenzungen der Lacuna vasorum sind das Leistenband, das Lig. lacunare, der Pecten ossis pubis mit dem Lig. pectineum und der Arcus iliopectineus. Das Lig. lacunare begrenzt bogenförmig den medialen Winkel der Lacuna vasorum zwischen Leistenband und oberem Schambeinast, wo es in das Lig. pectineum einstrahlt (⊡ Abb. 6.130). Die Lacuna vasorum verlassen die A. femoralis und medial von ihr die V. femoralis. Beide Gefäße sind von einer gemeinsamen bindegewebigen Gefäßscheide umhüllt. Zwischen A. femoralis und Arcus iliopectineus zieht der R. femoralis des N. genitofemoralis durch die Lacuna vasorum zum Oberschenkel und versorgt, nachdem er den Hiatus saphenus durchsetzt hat, die Haut am Oberschenkel. Zwischen V. femoralis und dem Lig. lacunare befindet sich ein Bereich der Lakune mit geringer Widerstandsfähigkeit. Er ist mit Fettgewebe ausgefüllt und an der Vorderseite durch das bindegewebige Septum femorale verschlossen. Die Stelle entspricht nach dem Auftreten einer Schenkelhernie (s. unten) dem Anulus femoralis, Schenkelring. Seine Begrenzungen sind medial das Lig. lacunare, lateral die V. femoralis, oben das Leistenband und unten der Ramus superior ossis pubis.
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Kapitel 6 · Bewegungsapparat
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Ursprungsfeld des M. obturatorius ext.
⊡ Abb. 6.130. Os coxae. Rechts mit Bändern. Ansicht vorn seitlich. Rot Muskelquerschnitte und Muskelursprünge
> Klinischer Hinweis Im Bereich der Leistenbeuge können die A. und V. femoralis punktiert werden. Außerdem kann hier in die A. femoralis ein Herzkatheter für die linke Herzkammer eingeführt werden. Dem Auffinden der richtigen Stelle dient der Femoralispuls. Er fehlt jedoch bei Gefäßverschluss, z. B. infolge einer arteriellen Embolie oder arteriellen Verschlusskrankheit. Bei lebensbedrohlichen Blutungen aus der A. femoralis muss man mit dem Daumen oder der Faust mit großer Kraft die A. femoralis gegen den oberen Schambeinast drücken.
Canalis femoralis, Schenkelkanal. Ein Kanal im engeren
Sinne bildet sich erst bei einer Schenkelhernie, indem der Bruchsack Fett- und Bindegewebe in der Lacuna vasorum beiseite drängt. Er erstreckt sich je nach Ausmaß der Hernie von der Innenfläche der vorderen Bauchwand unterhalb des Leistenbandes bis in die Fossa iliopectinea (s. unten). > Klinischer Hinweis Die typische Schenkelhernie, Hernia femoralis, ist eine Bauchfellausstülpung mit großem Netz oder Darmschlingen als Bruchinhalt, die in den Schenkelkanal vordringt. Der (innere) Bruchring ist der Anulus femoralis (s. oben). Je nach Ausmaß erscheint die Hernie unterhalb des Leistenbandes, dann in der Fossa iliopectinea. Schließlich kann sie durch den Hiatus saphenus in das subkutane Gewebe des Oberschenkels vordrin-
gen und eine sichtbare Vorwölbung hervorrufen. Der kritische Engpass liegt zwischen dem Rand des Lig. lacunare und der V. femoralis. Hier besteht die Gefahr der Brucheinklemmung. Schenkelhernien sind im Gegensatz zu Leistenbrüchen bei Frauen häufiger als bei Männern. Senkungsabszesse. Unter der derben Fascia iliaca (S. 325) können Abszesse (meist bei Wirbelsäulentuberkulose) nach unten wandern und in der Lacuna musculorum zutage treten.
Trigonum femorale. Es wird vom Lig. inguinale und den einander zugewandten Rändern des M. sartorius und des M. gracilis begrenzt. Direkt unterhalb des Leistenbandes liegt im proximalen Abschnitt des Trigonum femorale die Fossa iliopectinea. Fossa iliopectinea (Fossa subinguinalis) und ventrale Gefäß-Nerven-Straße. M. iliopsoas und M. pectineus bil-
den die Hinterwand der Grube, der M. adductor longus die mediale Begrenzung. Bedeckt wird sie von der Fascia lata. In der Fossa iliopectinea liegen in Fett- und Bindegewebe eingebettet in der Reihenfolge von medial nach lateral: V. femoralis, A. femoralis und der sich hier fächerartig aufzweigende N. femoralis; außerdem Lymphknoten und Lymphgefäße.
371 6.3 · Extremitäten
⊡ Tabelle 6.43. Gefäß-Nerven-Straßen des Oberschenkels (Auswahl) Gefäß-Nerven-Straße
Leitmuskeln
Leitungsbahnen
A. femoralis
M. iliopsoas M. pectineus Vordere Muskelgruppe Mediale Muskelgruppe
A. femoralis V. femoralis N. saphenus R. muscularis des N. femoralis zum M. vastus medialis Tiefe Lymphgefäße
A. profunda femoris
Hintere Muskelgruppe Mediale Muskelgruppe
A. profunda femoris V. profunda femoris Lymphgefäße
A. obturatoria
Mediale Muskelgruppe
A. obturatoria V. obturatoria N. obturatorius Lymphgefäße
N. ischiadicus
Caput longum musculi bicipitis femoris M. adductor magnus
N. ischiadicus A. comitans nervi ischiadici Lymphgefäße
Hiatus saphenus, eine ovale dünne Stelle in der Fascia lata (S. 339). Sie liegt über der Fossa iliopectinea. Durch die zahlreichen kleinen Öffnungen in der dünnen Fascia cribrosa laufen Lymphgefäße und Hautnerven. Durch den Hiatus saphenus tritt die V. saphena magna aus ihrer epifaszialen Verlaufsstrecke in die Tiefe, wo sie in die V. femoralis einmündet. Canalis adductorius, Adduktorenkanal. Zwischen M. vastus medialis (lateral), M. adductor magnus (medial) und M. adductor longus (dorsal) spannt sich das Septum intermusculare vastoadductorium aus. Es begrenzt vorne gemeinsam mit den 3 genannten Muskeln den etwa 7 cm langen Adduktorenkanal. Sein distales Ende ist der Hiatus adductorius. Durch den Adduktorenkanal gelangen A. und V. femoralis aus der Fossa iliopectinea von der Vorderseite des Oberschenkels auf seine Rückseite in die Kniekehle. Im oberen Drittel begleitet der N. saphenus die beiden Gefäße, durchbricht jedoch bald gemeinsam mit der A. descendens genus das Septum intermusculare vastoadductorium und verlässt damit den Kanal.
Wenn Sie sich jetzt zusammenhängend über die GefäßNerven-Straßen am Oberschenkel informieren wollen, benutzen Sie ⊡ Tabelle 6.43 und ⊡ Abb. 6.131.
⊡ Abb. 6.131. Querschnitt durch den rechten Oberschenkel, Ansicht von distal. Durch die Septa intermuscularia femoris werden die Extensorenloge (oben), die Flexorenloge (unten) und die Adduktorenloge (rechts unten im Bild) abgegrenzt. Zu beachten sind die Gefäß-Nerven-Straßen
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Kapitel 6 · Bewegungsapparat
Regio genus anterior. Von hier aus kann das Kniegelenk untersucht werden (S. 330). Regio genus posterior, Fossa poplitea. Als Fossa poplitea wird ein rhombenförmiges Feld der Regio genus posterior, Kniekehle, bezeichnet, das oben medial durch den M. semimembranosus und M. semitendinosus und oben lateral durch den M. biceps femoris, unten medial durch das Caput mediale und unten lateral durch das Caput laterale des M. gastrocnemius begrenzt wird. Bedeckt wird die Fossa durch die Fascia poplitea, wie der Abschnitt zwischen Fascia lata und Fascia cruris heißt. Alle wichtigen Leitungsbahnen, die vom Oberschenkel zum Unterschenkel ziehen, durchlaufen diesen Raum. Sie sind hier in einen verformbaren Bindegewebsfettkörper in typischer Reihenfolge eingebaut. A. und V. femoralis gelangen aus dem Canalis adductorius in die Fossa poplitea, wo sie als A. und V. poplitea bezeichnet werden. Der N. tibialis zieht entlang seinem Leitmuskel, Caput longum musculi bicipitis femoris, in die Kniekehle. Er verlässt sie gemeinsam mit der A. und V. poplitea zwischen Caput mediale und laterale des M. gastrocnemius und gelangt mit ihnen unter dem Arcus tendineus musculi solei in die Beugerloge. Der N. fibularis communis tritt am posteromedialen Rand des Caput longum musculi bicipitis femoris in die Kniekehle ein, verlässt sie am Caput fibulae und senkt sich dann in die Peronäusloge ein. In der Fossa poplitea haben Nerven und Gefäße folgende Lagebeziehungen zueinander: Der N. fibularis communis läuft am dorsomedialen Rand des M. biceps femoris und seiner Endsehne.Es folgen nach medial und etwas tiefer gelegen der N. tibialis, dann die V. poplitea und schließlich am tiefsten und am weitesten medial in unmittelbarer Nachbarschaft der Kniegelenkkapsel die A. poplitea. Sie ist in der Tiefe der Kniekehle zu tasten. Zwischen den beiden Ursprungsköpfen des M. gastrocnemius mündet außerdem die V. saphena parva in die V. poplitea. > Klinischer Hinweis Entlang den Leitungsbahnen können sich entzündliche Prozesse aus der Kniekehle in den Ober- oder Unterschenkel ausbreiten. Bei Frakturen des distalen Femurendes ist die A. poplitea besonders gefährdet.
Regio cruralis anterior. Leitmuskel für die Gefäße ist der
M. tibialis anterior. Im proximalen Drittel des Unterschenkels liegt die A. tibialis anterior mit ihren Begleitvenen zwischen M. tibialis anterior und M. extensor digitorum longus auf der Membrana interossea cruris. Im distalen Drittel gelangen die Gefäße und der Endast des
N. fibularis profundus allmählich in die oberflächliche Schicht. Zur Darstellung des Gefäß-Nerven-Stranges geht man zwischen M. tibialis anterior und M. extensor hallucis longus ein (⊡ Tabelle 6.44). Regio cruralis posterior. Epifaszial liegen die V. saphena parva und die Nn. cutanei surae medialis et lateralis. Der subfasziale Bereich wird nach den in 2 Muskellogen verlaufenden Flexoren in eine oberflächliche und eine tiefe Schicht unterteilt. A. tibialis posterior mit Begleitvenen, N. tibialis und die Vasa lymphatica tibialia posteriora bilden das starke Gefäß-Nerven-Bündel des Unterschenkels (⊡ Tabelle 6.44, ⊡ Abb. 6.132). Es liegt in einer Rinne zwischen den tiefen Flexoren unter dem tiefen Blatt der Unterschenkelfaszie bedeckt vom M. triceps surae. Distal läuft das Gefäß-Nerven-Bündel hinter und unterhalb des Innenknöchels zur Fußsohle. Die A. fibularis zieht in der tiefen Flexorenloge zwischen M. tibialis posterior und M. flexor hallucis longus distalwärts. Regio malleolaris medialis. Vorn am Innenknöchel liegen subkutan die Endverzweigungen des N. saphenus und die V. saphena magna. Hinter dem Knöchel sind Leitungsbahnen und Sehnen in einer bestimmten Schichten- und Reihenfolge angeordnet: Das Retinaculum musculorum flexorum überbrückt in einem oberflächlich gelegenen Fach die A. tibialis posterior – flankiert von ihren beiden Begleitvenen – und dorsal davon den N. tibialis. Unter der tiefen Schicht des Retinaculums (früher Lig. laciniatum) liegen in einem gemeinsamen Raum (früher Canalis malleolaris, Malleolarkanal) in je einer eigenen Sehnenscheide die Sehne des M. tibialis posterior (vorne), dann die Sehne des M. flexor digitorum longus und am weitesten dorsal die Sehne des M. flexor hallucis longus. Der Puls der A. tibialis posterior ist etwa 2 cm dorsokaudal des Malleolus medialis zu tasten. Hier teilt sich die Arterie in die Ae. plantares medialis et lateralis. Regio malleolaris lateralis. Hinter dem Außenknöchel läuft bogenförmig auf der Faszie die V. saphena parva in Begleitung des N. cutaneus dorsalis lateralis (Endstrecke des N. suralis). Unter dem Retinaculum musculorum peroneorum superius et inferius liegen in einer gemeinsamen Sehnenscheide die Sehnen beider Mm. peronei. Dorsum pedis, Fußrücken. Epifaszial liegen das Rete venosum dorsale pedis und der Arcus venosus dorsalis pedis, die durch die Haut durchschimmern. Unter dem Venengeflecht breiten sich die Endverzweigungen des N. cutaneus dorsalis medialis, intermedius und lateralis aus. In der nächst tieferen Schicht folgen die Sehnen der
373 6.3 · Extremitäten
⊡ Tabelle 6.44. Gefäß-Nerven-Straßen des Unterschenkels Gefäß-Nerven-Straße
Topographie
Leitungsbahnen
A. tibialis posterior
Zwischen oberflächlicher und tiefer Flexorengruppe innerhalb der Fascia cruris profunda
A. tibialis posterior Vv. tibiales posteriores N. tibialis
A. tibialis anterior
In der Extensorenloge
A. tibialis anterior Vv. tibiales anteriores N. fibularis profundus N. interosseus cruris
A. fibularis
Zwischen den Muskeln der tiefen Flexorengruppe der distalen zwei Drittel des Unterschenkels
A. fibularis Vv. fibulares
N. fibularis superficialis
In der Peronäusgruppe
N. fibularis superficialis
V. saphena magna
Epifaszial (außerhalb der Muskellogen)
V. saphena magna N. saphenus
V. saphena parva
Hinten und lateral epifaszial (außerhalb der Muskellogen)
V. saphena parva N. cutaneus surae medialis bzw. N. suralis
⊡ Abb. 6.132. Querschnitt durch den rechten Unterschenkel, Ansicht von distal. Durch die Septa intermuscularia cruris werden die Extensorenloge (oben), die Peronäusloge (links von der Fibula) und die tiefe und oberflächliche Flexorenloge abgegrenzt. Zu beachten sind die Gefäß-Nerven-Straßen (hierzu ⊡ Tabelle 6.45)
6
374
Kapitel 6 · Bewegungsapparat
⊡ Tabelle 6.45. Gefäß-Nerven-Straßen am Fuß
6
Gefäß-Nerven-Straße
Leitungsbahnen
Lage, Verlauf
Dorsale Gefäß-Nerven-Straße
A. dorsalis pedis Vv. dorsales pedis N. fibularis profundus Lymphgefäße
Meistens unmittelbar seitlich neben der Sehne des M. extensor hallucis longus am Fußrücken, subfaszial
Medioplantare Gefäß-Nerven-Straße
A. plantaris medialis Vv. plantares mediales N. plantaris medialis Lymphgefäße
Anfangs zwischen M. abductor hallucis brevis und M. flexor digitorum brevis, später trennt sich der Nerv von den Gefäßen
Lateroplantare Gefäß-Nerven-Straße
A. plantaris lateralis Vv. plantares laterales N. plantaris lateralis Lymphgefäße
Das Gefäß-Nerven-Bündel läuft anfangs zwischen M. flexor digitorum brevis und M. quadratus plantae, später begleitet der R. prof. des Nerven den Arcus plantaris, beide liegen zwischen dem Caput obliquum des M. adductor hallucis und den Mm. interossei
Extensoren des Unterschenkels und die Muskeln des Fußrückens, die das Oberflächenrelief mitbestimmen. Die A. dorsalis pedis liegt lateral von der Sehne des M. extensor hallucis longus. Ihr Puls ist hier zu tasten. Gleichfalls getastet werden kann der Puls der A. metatarsalis dorsalis I zwischen dem 1. und 2. Mittelfußknochen.
> Klinischer Hinweis Bei arteriellen Verschlusskrankheiten der A. femoralis fehlt der Arterienpuls an den genannten Stellen.
Planta pedis, Fußsohle. Die unter der Aponeurosis plan-
taris gelegenen Gefäße und Nerven teilen sich in einen medialen und in einen lateralen Strang. Über die beiden Gefäß-Nerven-Straßen gibt ⊡ Tabelle 6.45 Auskunft.
7
Kopf und Hals 7.1
Caput, Kopf – 376
7.1.1
Cranium, Schädel – 376
7.1.2
Gesicht – 393
7.1.3
Mundhöhle und Kauapparat – 397
7.1.4
Nase, Nasenhöhle und Nasennebenhöhlen – 418
7.1.5
Topographie des Kopfes – 420
7.2
Collum, Hals – 423
7.2.1
Gliederung – 423
7.2.2
Zungenbein, Zungenbeinmuskulatur, weitere Halsmuskeln – 427
7.2.3
Fascia cervicalis, Spatien – 429
7.2.4
Organe des Halses – 431
7.2.5
Topographie des Halses – 445
7.3
Leitungsbahnen an Kopf und Hals, systematische Darstellung – 447
7.3.1
Arterien – 447
7.3.2
Venen – 452
7.3.3
Lymphgefäßsystem – 454
7.3.4
Nerven – 455
376
Kapitel 7 · Kopf und Hals
>
Einleitung
Kopf und Hals sind entwicklungsgeschichtlich untrennbar, da Teile des Kopfes und des Halses gleichen Ursprungs sind. Ferner beherbergen Kopf und Hals gemeinsam Anteile des Verdauungssystems, des respiratorischen Systems und des Zentralnervensystems.Topographisch sind Kopf und Hals jedoch eigene Entitäten, die durch Kopfgelenke zwischen Wirbelsäule und Schädel sowie durch Muskulatur verbunden sind.
7.1.
7
Caput, Kopf
Zum Kopf gehören Cranium, Schädel, Mandibula, Unterkiefer, mit Articulatio temporomandibularis, Kiefergelenk, Kopfmuskulatur, Anteile des Verdauungssystems: Mundhöhle mit ihren Organen und Anteile des respiratorischen Systems: Nase, Nasennebenhöhlen.
7.1.1
Cranium, Schädel
Wichtig
Der Schädel ist der knöcherne Anteil des Kopfes. Er schützt Gehirn, Auge und Ohr und beherbergt im Gesichtsschädel Nasen- und – zusammen mit Weichteilen – die Mundhöhle. Bis zum postnatalen Verschluss der Nähte zwischen den Einzelknochen passt sich der Schädel den Raumanforderungen seines Inhalts an.
Der Schädel besteht aus 17 Einzelknochen (⊡ Tabelle 7.1), die durch mehr oder weniger deutliche Nähte, Suturae, verbunden sind. Nach ihrer Lage und ihrer Beziehung zu den Organen, die sie umfassen, lassen sich die Schädelknochen zusammenfassen zum Neurocranium, Gehirnschädel, und Viszerocranium, Splanchnocranium, Gesichtsschädel. Die Grenze folgt einer Linie von der Nasenwurzel zum Oberrand der Augenhöhle bis zum äußeren Gehörgang. Die Schädelknochen gehören in die Gruppe der platten bzw. der pneumatisierten Knochen (S. 169). Bei den platten Schädelknochen befindet sich zwischen einer La-
mina externa und einer Lamina interna die Diploë mit Knochenmark. Die Lamina externa ist von Periost, Pericranium, bedeckt. An der Lamina interna übernimmt die harte Hirnhaut (Dura mater cranialis, S. 816) Periostfunktion. Die pneumatisierten Knochen beinhalten mit Schleimhaut ausgekleidete Hohlräume. Das Neurokranium besteht aus der Calvaria, Schädeldach, und Basis cranii, Schädelbasis.
Sie umschließen das Gehirn mit den Meningen, Gehirnhäute. Das Viszerokranium bildet die knöcherne Grundlage des
Gesichtes. Im Viszerokranium befinden sich die Augenhöhlen, die Nasen- und mehrere Nasennebenhöhlen. Außerdem bildet es das Dach der Mundhöhle. Zur Entwicklung des knöchernen Schädels Die Schädelknochen entwickeln sich im Mesenchym um die Neuralanlage. Dabei entstehen (⊡ Tabelle 7.1) auf knorpeliger Grundlage durch chondrale Ossifikati-
on Ersatzknochen, auf bindegewebiger Grundlage durch desmale Ossifikation Deckknochen. Hierzu gehören die meisten Knochen des Viszerokraniums, aber auch einige des Neurokraniums, teils auf knorpeliger, teils auf bindegewebiger Grundlage Mischknochen. Die Entwicklung des Schädels steht in enger Beziehung zur Entwicklung des Gehirns und der Hirnhäute. Dabei wirkt die Entwicklung des Gehirns formprägend auf die Entwicklung des Schädels. Die Entwicklung des Schädels beginnt in der 7. Entwicklungswoche mit der Anlage der Schädelbasis. Die Entwicklung des Schädeldaches erfolgt später und ist erst weit nach der Geburt abgeschlossen. Auch ändern sich die Proportionen des Schädels während der Entwicklung. Zunächst steht das Wachstum des
377 7.1 · Caput, Kopf
⊡ Tabelle 7.1. Schädelknochen Neurokranium Os frontale Os sphenoidale Os temporale Os parietale Os occipitale Os ethmoidale
Viszerokranium Stirnbein Keilbein, Wespenbein Schläfenbein Scheitelbein Hauptscheitelbein Siebbein
D M M D M E
Maxilla Os palatinum Os zygomaticum Os lacrimale Os nasale Concha nasalis inferior Vomer Mandibula 3 Ossicula auditiva Malleus Incus Stapes
Oberkiefer Gaumenbein Jochbein Tränenbein Nasenbein Untere Nasenmuschel Pflugscharbein Unterkiefer Gehörknöchelchen Hammer Amboss Steigbügel
D D D D D E D D E E E
E Ersatzknochen; D Deckknochen; M Mischknochen.
Neurokraniums im Vordergrund; das Viszerokranium, Gesichtsschädel, bleibt zurück. Mit der postnatalen Entwicklung des Kauapparates ändern sich jedoch die Verhältnisse, bis schließlich die bleibenden Proportionen zwischen Neuro- und Viszerokranium entstehen (⊡ Abb. 3.18). Auch verändern sich die Proportionen zwischen Gesamtschädel und Körper. Durch das starke pränatale Wachstum des Gehirns ist auch noch beim Neugeborenen der Kopf überproportional groß.
Calvaria, Schädeldach Eine scharfe oder festgelegte Grenze zwischen Schädeldach und Schädelbasis besteht nicht. Dennoch werden beide Anteile unterschieden. Die Trennlinie entspricht etwa einer Horizontalen durch die Squama frontalis, den unteren Teil des Os parietale und der Squama occipitalis (vgl. ⊡ Abb. 7.7). Dementsprechend sind Os occipitale, die beiden Ossa parietalia und das Os frontale sowohl am Aufbau der Schädelkalotte als auch der Schädelbasis beteiligt. Zur Entwicklung des Schädeldachs Die Knochen des Schädeldachs entstehen rein desmal. An den Stellen, an denen 2 benachbarte Knochenanlagen aneinander stoßen, entstehen Knochennähte, Suturae (⊡ Abb. 7.1) und an den Stellen, an denen mehrere Knochen zusammentreffen, zunächst größere, von bindegewebigen Membranen bedeckte Lücken, die als Fonticuli cranii, Fontanellen, bezeichnet werden und auch noch beim Kleinkind vorhanden sind. Der Verschluss geht von randständigen Proliferationszonen der benachbarten Knochen aus.
Die Verknöcherung von Suturae und Fontanellen erfolgt nach Abschluss des Wachstums. Größere Fontanellen sind (⊡ Abb. 7.1) Fonticulus anterior. Sie ist groß, viereckig und befindet sich zwischen den noch nicht verschmolzenen Ossa frontalia und den beiden Ossa parietalia. Der Verschluss erfolgt im 2. Lebensjahr. Fonticulus posterior, kleine dreieckige Fontanelle. Sie liegt zwischen den Ossa parietalia und dem unpaaren Os occipitale. Der Verschluss erfolgt im 3. Lebensmonat. Fonticulus sphenoidalis zwischen Stirnbein, Scheitelbein, Schläfenbein und Keilbein, Fonticulus mastoideus zwischen Scheitelbein, Hinterhauptsbein und Schläfenbein. Die Fonticuli sphenoidalis et mastoideus schließen sich bald nach der Geburt. Bei der Geburt können sich die Schädelknochen in Nähten und Fontanellen zusammenschieben, sodass sich der Kopf bis zu einem gewissen Grade den Raumverhältnissen des Geburtskanals anpassen kann. Fehlbildungen. Die ausgedehnteste Fehlbildung ist die Akranie. Hierbei fehlen die Schädelkalotte und gelegentlich Teile der Schädelbasisknochen. In der Regel sind damit schwere Missbildungen des Gehirns verbunden, Anenzephalie. Weitere Fehlentwicklungen entstehen, wenn sich Schädelnähte vorzeitig schließen, Kraniosynostosen. Einzelheiten am Schädeldach Zwischen den Knochen der Calvaria sind auch noch beim Erwachsenen zu erkennen (⊡ Abb. 7.7). Sutura coronalis, Kranznaht. Sie liegt zwischen dem einheitlichen Os frontale und den beiden Ossa parietalia. Sutura sagittalis, Pfeilnaht. Die Pfeilnaht liegt median zwischen den beiden Ossa parietalia. Sie kann sich bei
7
378
7
Kapitel 7 · Kopf und Hals
⊡ Abb. 7.1 a, b. Fontanellen des kindlichen Schädels. a Ansicht von der linken Seite; b Ansicht von oben
ausgebliebener Synostose des Os frontale bis in das Nasenbein erstrecken (Sutura frontalis persistens oder Sutura metopica). Sutura lambdoidea, Lambdanaht. Diese Naht bildet sich zwischen dem einheitlichen Os occipitale und den beiden Ossa parietalia aus. Ferner sind am Schädeldach zu erkennen von außen – am Os frontale: Tubera frontalia, – am Os parietale: Tuber parietale, Lineae temporales superior et inferior (⊡ Abb. 7.7), von innen – am Os frontale: Crista frontalis, – am Os parietale und Os occipitale: Sulci arteriosi, Foveolae granulares für Granulationes arachnoidales (S. 818).
Basis cranii, Schädelbasis Wichtig
Zum Verständnis der Schädelbasis und ihrer räumlichen Verhältnisse ist das Studium am Objekt unerlässlich. Beschreibungen und Abbildungen können nur der Einführung und Ergänzung dienen.
Die Schädelbasis erscheint in der Ansicht von innen anders als in der von außen. Hervorgerufen wird dies dadurch, dass nur ein Teil der Innenseite des Schädels eine unmittelbare Korrespondenz zur Außenseite hat, nämlich in der hinteren Hälfte. In der vorderen Hälfte entspricht die Innenseite der Schädelbasis einem Dach über dem Viszerokranium mit seinen Augen-, Nasen- und Na-
sennebenhöhlen. Die Unterseite wird dann vom Boden der Nasen- sowie der Kieferhöhlen gebildet. Zur Entwicklung der Schädelbasis Die Entwicklung der Schädelbasis geht von Zentren mit Knorpelbildung aus. Sie liegen (⊡ Abb. 7.2) parachordal, in enger Beziehung zum Kopfanteil der Chorda dorsalis (S. 109), prächordal in einer trabekulären Region vor der Chorda dorsalis und lateral und rostral als knorpelige Sinnesorgankapseln, für Hörorgan, Geruchsorgan und Sehorgan. Parachordales Gebiet. Um den kranialen Abschnitt der Chorda dorsalis entsteht im Kopfmesenchym ein unpaarer plattenartiger Knorpel, Cartilago parachordalis, Basalplatte. Unmittelbar kaudal befinden sich die 4 am weitesten kranial gelegenen okzipitalen Somiten. Von diesen verschwindet der oberste, die restlichen bleiben erhalten, verlieren jedoch ihre Segmentierung. Ihr Sklerotomanteil verschmilzt mit dem parachordalen Zentrum und verknorpelt, sodass ein einheitliches Knorpelgebiet entsteht, das von der Spitze der Chorda dorsalis, die etwa dem Hinterrand der späteren Hypophysengrube entspricht, bis an das spätere Foramen magnum reicht. Es ist dies die Anlage der Pars basilaris ossis occipitalis.Von der Basalplatte gehen 2 Fortsätze aus, die das obere Ende der Rückenmarkanlage umwachsen und das Foramen magnum bilden. Durch die Knorpelbildung werden die kranialen Spinalnerven zum N. hypoglossus vereinigt, der, jetzt in die Schädelkapsel einbezogen, zu einem Hirnnerven wird. Er verlässt den Schädel durch den Canalis nervi hypoglossi des Os occipitale (S. 464). Prächordales Gebiet. Vor dem vorderen Ende der Chorda dorsalis entstehen 2 Paare von später ossifizierenden Zentren: die Cartilagines hypophyseales und davor die Cartilagines trabeculares. Diese 4 Anlagen verschmelzen
379 7.1 · Caput, Kopf
⊡ Abb. 7.2 a, b. Entwicklung der Schädelbasis. a Anfang des 2. Entwicklungsmonats (nach Langman 1985); b Mitte des 2. Entwicklungsmonats
während der Entwicklung und bilden die Körper von Keilbein und Siebbein. Jedoch verbleibt median ein breiter Spalt, die spätere Hypophysengrube.Auch verschmelzen die prächordalen und parachordalen Knorpel, sodass eine längliche, bizzar geformte Knorpelplatte entsteht, die von der Vorderseite des Schädels bis zum vorderen Rand des Foramen magnum reicht. Auf dieser Knorpelplatte ruht das sich entwickelnde Gehirn wie in einer Mulde. In der Folgezeit treten in der Umgebung des vorderen Teils der Gehirnanlage 2 Knorpel in Erscheinung, Ala orbitalis und Ala temporalis (⊡ Abb. 7.2 a); sie verschmelzen bald mit der basalen Knorpelplatte. Die Ala orbitalis umgreift dabei den N. opticus und es entsteht das Foramen opticum (⊡ Abb. 7.2 b). Aus der Ala orbitalis wird letztlich der kleine Keilbeinflügel. Aus der Ala temporalis geht der große Keilbeinflügel hervor, der mehrere Gehirnnerven umwächst und dadurch Öffnungen aufweist (z. B. Foramen rotundum, Foramen ovale, ⊡ Abb. 7.2 b). Zwischen großem und kleinem Keilbeinflügel bleibt bei der späteren Verknöcherung die Fissura orbitalis superior für Gefäße und Nerven frei. Kapseln für Sinnesorgane. Beiderseits der Basalplatte entstehen als eigenständiges Gebilde die knorpeligen Ohrkapseln (S. 678, ⊡ Abb. 7.2), die später mit dem lateralen Rand der Basalplatte verschmelzen. Diese Verschmelzung ist jedoch unvollständig; dadurch entsteht das Foramen jugulare.Aber auch die Ohrkapsel selbst weist Öffnungen für Hirnnerven auf (Porus acusticus internus für N. VII, VIII, ⊡ Abb. 7.2 b). – Ferner bildet sich eine Knorpelkapsel um jede Riechgrube, Capsula nasalis (⊡ Abb. 7.2 b). Auch hier verschmelzen die Knorpelkapseln miteinander und später mit den Cartilagines trabeculares. Die Umwandlung der knorpeligen Anlage der Schädelbasis in Knochen. Sie beginnt mit dem Auftreten von Kno-
chenkernen in der Knorpelplatte (Bildung von Ersatzknochen).Es folgen seitlich davon desmale Ossifikationen (Deckknochenbildung),sodass letztlich Mischknochen entstehen. Die Basis cranii interna (⊡ Abb. 7.3) lässt drei Schädel-
gruben unterscheiden, die von vorn nach hinten stufenförmig abgesetzt sind: Fossa cranii anterior, Fossa cranii media und Fossa cranii posterior.
⊡ Abb. 7.3. Schädelbasis, Ansicht von innen. Darstellung der Knochen
7
380
Kapitel 7 · Kopf und Hals
⊡ Tabelle 7.2. Foramina des Schädels
7
Foramen
Lokalisation
Verbindung zwischen
Hindurchtretende Strukturen
Lamina cribrosa
Os ethmoidale
Vordere Schädelgrube – Nasenhöhle
Fila olfactoria (N. I), A. u. N. ethmoidalis ant.
Canalis opticus
Os sphenoidale
Mittlere Schädelgrube – Orbita
N. opticus (N. II), A. ophthalmica (aus A. carotis int.)
Fissura orbitalis superior
Zwischen Ala major und minor ossis sphenoidalis
Mittlere Schädelgrube – Orbita
N. oculomotorius (N. III), N. trochlearis (N. IV), N. ophthalmicus (N. V1), N. abducens (N. VI), V. ophthalmica superior
For. rotundum
Ala major ossis sphenoidalis
Mittlere Schädelgrube – Fossa pterygopalatina
N. maxillaris (N. V2)
For. ovale
Ala major ossis sphenoidalis
Mittlere Schädelgrube – Fossa infratemporalis
N. mandibularis (N.V3), Plexus venosus foraminis ovalis
For. spinosum
Ala major ossis sphenoidalis
Mittlere Schädelgrube – Fossa infratemporalis
A. meningea media (aus A. maxillaris), R. meningeus nervi mandibularis (N. V3)
For. lacerum
Spalte zwischen Ala major ossis sphenoidalis und Spitze der Pars petrosa ossis temporalis
Das mit Faserknorpel verschlossene Foramen in der mittleren Schädelgrube gewährt den Zugang zum Canalis pterygoideus
N. petrosus major und N. petrosus prof. durchziehen den Faserknorpel und gelangen in den Canalis pterygoideus
Canalis caroticus
Gebogener Kanal durch die Pars petrosa ossis temporalis
Apertura externa vor der Fossa jugularis – Apertura interna an der Spitze der Pars petrosa
A. carotis interna, Plexus caroticus
Canaliculi caroticotympanici
Pars petrosa ossis temporalis
Vom Genu des Canalis caroticus zum Cavum tympani
Sympathische Nn. caroticotympanici
Porus acusticus internus – Meatus acusticus internus
Facies posterior partis petrosae ossis temporalis
Hintere Schädelgrube – Innenohr bzw. For. stylomastoideum
N. facialis (N. VII), N. vestibulocochlearis (N. VIII), A. u. V. labyrinthi
Apertura canaliculi vestibuli
Lateral des Porus acusticus internus unter einem knöchernen Dach
Hintere Schädelgrube – Innenohr
Unter dem Dach liegt der Saccus endolymphaticus, das subdurale Ende des Ductus endolymphaticus
381 7.1 · Caput, Kopf
⊡ Tabelle 7.2. (Fortsetzung) Foramen
Lokalisation
Verbindung zwischen
Hindurchtretende Strukturen
For. jugulare
Spalte zwischen Pars petrosa ossis temporalis und der Pars lateralis ossis occipitalis
Hintere Schädelgrube – Fossa jugularis
Im vorderen, kleinen Abschnitt: Sinus petrosus inf. und N. glossopharyngeus (N. IX); im hinteren, größeren Abschnitt: V. jugularis interna, N. vagus (N. X) und N. accessorius (N. XI), A. pharyngea ascendens
Canaliculus mastoideus
Am Boden der Fossa jugularis in der Pars petrosa ossis temporalis
Fossa jugularis – Meatus acusticus externus
R. auricularis nervi vagi (sensibler Ast des N. X)
Canaliculus tympanicus
Beginnt in der Fossa petrosa am lateralen Rand der Knochenleiste zwischen Fossa jugularis und Apertura externa canalis carotici
Äußere Schädelbasis – Cavum tympani
N. tympanicus (sekretorischer Ast des N. glosso pharyngeus, s. Jacobson-Anastomose ⊡ Abb. 7.29, S. 462)
Apertura canaliculi cochleae
Am medialen Rand der Knochenleiste zwischen Fossa jugularis und äußerer Öffnung des Canalis caroticus
Äußere Schädelbasis – Innenohr
Aqueductus cochleae
Canalis musculotubarius
Horizontal verlaufender Kanal, dessen knöcherne Anteil vor der Apertura externa canalis carotici beginnt
Pharynx – Cavitas tympanica
M. tensor tympani im kranial gelegenen Semicanalis musculi tensoris tympani, Tuba auditiva im kaudal gelegenen Semicanalis tubae auditivae
Canalis nervi hypoglossi
Durchzieht die Basis der Kondylen
Hintere Schädelgrube – äußere Schädelbasis
N. hypoglossus (N. XII)
For. magnum
Os occipitale
Hintere Schädelgrube – Rückenmarkskanal
Medulla oblongata, Radix spinalis nervi. accessorii (N. XI), Aa. vertebrales, A. spinalis ant., A. spinalis post. R. meningeus der A. vertebralis
Formina incisiva
Zw. Os incisivum und Proc. palatinus maxillae
Nasenhöhle – Gaumen
Nn. nasopalatini (aus N. maxillaris = N. V2)
For. palatinum majus (et minus)
Zw. Proc. palatinus maxillae und Lamina horizontalis ossis palatini
Flügelgaumengrube – Gaumen
N. palatinus major et minor (aus N. maxillaris = N. V2) und gleichnamige Gefäße
7
382
Kapitel 7 · Kopf und Hals
⊡ Tabelle 7.2. (Fortsetzung)
7
Foramen
Lokalisation
Verbindung zwischen
Hindurchtretende Strukturen
Canalis pterygoideus
Zieht horizontal durch die Wurzeln des Proc. pterygoideus
Foramen lacerum – Fossa pterygopalatina
N. petrosus major (sekret. Nerv des N. intermedius) N. petrosus profundus (sympathische Fasern aus dem Plexus caroticus)
For. stylomastoideum
Os temporale zw. Proc. mastoideus und Proc. styloideus
Äußere Öffnung des Canalis nervi facialis, der am Porus acusticus internus beginnt
N. facialis (N. VII) A. stylomastoidea
For. sphenopalatinum
Zwischen Lamina perpendicularis ossis palatini und Os sphenoidale
Fossa pterygopalatina – Nasenhöhle
Aa. nasales post. (aus maxillaris), Rr. nasales post. sup. et inf. (aus N. V2)
Fissura orbitalis inf.
Zwischen Ala major ossis sphenoidalis und Pars orbitalis maxillae
Fossa pterygopalatina – Orbita
A. u. V. infraorbitalis (aus A. maxillaris), V. ophthalmica inf., N. infraorbitalis, N. zygomaticus (beide aus N. V2)
For. (Canalis) infraorbitale
Corpus maxillae
Orbita – Haut über der Maxilla
A. u. V. infraorbitalis, N. infraorbitalis
Sulcus lacrimalis (Canalis nasolacrimalis)
Os lacrimale
Orbita – Meatus nasi inferior
Tränenkanal
Fissura sphenopetrosa
Am hinteren Rand des For. lacerum, mediale Fortsetzung der Fissura petrosquamosa
Mittlere Schädelgrube – Fossa infratemporalis
N. petrosus minor (sekretorischer Ast des N. glossopharyngeus s. Jacobson-Anastomose ⊡ Abb. 7.29, S. 462
Fissura petrotympanica
Am Hinterrand der Fossa mandibularis
Cavum tympani – Regio infratemporalis
Chorda tympani (sekretorischer Ast des N. intermedius zur Innervation der Gll. submandibularis et sublingualis, Geschmacksfasern der vorderen zwei Drittel der Zunge
For. ethmoidale ant.
Zwischen Facies orbitalis ossis frontalis und Lamina orbitalis ossis ethmoidalis
Orbita – vordere Schädelgrube
N. ethmoidalis ant. (aus N. V1) zieht extradural durch vordere Schädelgrube und durch Lamina cribrosa zur Nasenhöhle
For. ethmoidale post.
Zwischen Facies orbitalis ossis frontalis und Lamina orbitalis ossis ethmoidalis
Orbita – hintere Siebbeinzellen und Sinus sphenoidalis
N. ethmoidalis post. (aus N. V1) zieht zu hinteren Siebbeinzellen und Sinus sphenoidalis
383 7.1 · Caput, Kopf
⊡ Tabelle 7.2. (Fortsetzung) Foramen
Lokalisation
Verbindung zwischen
Hindurchtretende Strukturen
For. zygomaticofaciale
Os zygomaticum
Laterale Orbitalwand – äußere Gesichtsregion
zygomaticofacialis des N. zygomaticus (aus N. V2)
For. zygomaticotemporale
Os zygomaticum
Laterale Orbitalwand – Schläfengegend
R. zygomaticotemporalis des N. zygomaticus (aus N. V2)
Forr. (Canales) alveolaria
Facies infratemporalis maxillae
Fossa infratemporalis – hintere Oberkieferzähne
Rr. alveolares supp. postt. aus N. infraorbitalis (Ast des N. V2), Vasa alveolaria sup. post.
For. (Canalis) mandibulae
Unterkiefer
Von Mitte des Ramus mandibulae bis zur Öffnung außen an der Mandibula
N. alveolaris inf. (aus N. V3) für Unterkieferzähne und Haut des Unterkiefers,
For. mentale
Unterkiefer
Fissura pterygomaxillaris
Zwischen Proc. pterygoideus ossis sphenoidalis und Tuber maxillae
Fossa infratemporalis – Fossa pterygopalatina
A. maxillaris; Nn. alveolares supp. postt. treten aus der Fissur in die Canales alveolares maxillae ein
Hiatus semilunaris
Meatus nasi med.
Sinus maxillaris – Meatus nasi medius
Verbindung der Kieferhöhle mit der Nasenhöhle
Fossa cranii anterior. Ihr liegt der Lobus frontalis des
Großhirns auf. Gebildet wird die vordere Schädelgrube durch Partes orbitales ossis frontalis, Lamina cribrosa ossis ethmoidalis, Corpus ossis sphenoidalis und Alae minores ossis sphenoidalis.
Die Fossa cranii anterior weist wie alle Schädelgruben Öffnungen zur Passage von Gefäßen und Nerven auf. Eine Zusammenstellung aller Öffnungen der Schädelbasis finden Sie in ⊡ Tabelle 7.2. Im Einzelnen (⊡ Abb. 7.4) Die Partes orbitales ossis frontalis bilden das Dach der Augenhöhle. Sie sind durch Impressiones gyrorum modelliert,
die durch Auffaltungen (Gyri) des Gehirns hervorgerufen werden. Lamina cribrosa ossis ethmoidalis befindet sich zwischen den Partes orbitales ossis frontalis. Sie bedeckt die Nasenhöhle. In der Mitte der Lamina cribrosa steht als solide
Vasa alveolaria inf.
Leiste die Crista galli, an der sich die Durasichel, Falx cerebri, befestigt. Die Crista galli des Os ethmoidale setzt sich als Crista frontalis auf das Os frontale fort. Am Übergang der Crista galli zur Crista frontalis liegt das kleine Foramen caecum mit einem Durazapfen. Corpus ossis sphenoidalis, Alae minores ossis sphenoidalis. Sie bilden die Grenze zur mittleren Schädelgrube.
Beiderseits seitlich des Corpus ossis sphenoidalis liegt die Öffnung des Canalis opticus für den N. opticus und die A. ophthalmica. Die Öffnungen sind durch den Sulcus prechiasmaticus verbunden. Die Alae minores ossis sphenoidalis laufen medial in den Processus clinoideus anterior aus. Fossa cranii media (⊡ Abb. 7.3, 7.4). Sie ist paarig. Auf jeder Seite sind an ihrem Aufbau beteiligt Os sphenoidale mit – Corpus ossis sphenoidalis, – Ala minor, – Ala major,
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384
Kapitel 7 · Kopf und Hals
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⊡ Abb. 7.4. Schädelbasis von innen mit ihren Foramina
Os temporale mit – Vorderfläche der Pars petrosa und – Pars squamosa. Die Grenze zur vorderen Schädelgrube bildet jeweils die Ala minor ossis sphenoidalis, zur hinteren Schädelgrube die Oberkante der Pars petrosa ossis temporalis. Getrennt sind die beiden Schädelgruben durch das Corpus ossis sphenoidalis. Den Boden der Schädelgrube bilden die Ala major ossis sphenoidalis und die Pars squamosa ossis temporalis. Im Einzelnen (⊡ Abb. 7.4) Corpus ossis sphenoidalis. In der Mitte liegt die Sella turcica mit der Fossa hypophysealis und seitlich der Sulcus caroticus. Die Fossa hypophysealis wird vorne durch das Tuberculum sellae, hinten durch das Dorsum sellae begrenzt. Das Dorsum sellae läuft auf jeder Seite in einen Processus clinoideus posterior aus.
Unten seitlich vom Sulcus caroticus befindet sich die Lingula sphenoidalis als spitzer Knochenfortsatz.
Das Corpus sphenoidalis enthält als Hohlraum den Sinus sphenoidalis. Zwischen Ala minor und Ala major ossis sphenoidalis befindet sich als breiter Spalt die Fissura orbitalis superior
zur Passage der Hirnnerven III, IV, V1, VI sowie der V. ophthalmica superior. Ala major ossis sphenoidalis zeigt aufeinander folgend von medial nach lateral Foramen rotundum zur Verbindung mit der Flügelgaumengrube, Fossa pterygopalatina. Hindurch treten der N. maxillaris (V2) sowie kleinere Blutgefäße. Foramen ovale. Es dient dem Durchtritt des N. mandibularis (V3). Foramen spinosum. Hindurch treten die A. und V. meningea media. Zwischen Ala major und Pars petrosa ossis temporalis
liegt als Spalte das Foramen lacerum. Es ist unvollständig mit Faserknorpel gefüllt und wird vom N. petrosus major und N. petrosus profundus durchzogen. An der Spitze der Pars petrosa ossis temporalis zum Corpus ossis sphenoidalis hin öffnet sich der Canalis caroticus für die A. carotis interna. Vorderseite der Pars petrosa ossis temporalis. Sie lässt als kleine Vorwölbung die Eminentia arcuata erkennen, die durch den oberen Bogengang des Gehörorgans hervorgerufen wird. Seitlich davon befindet sich das Dach der Paukenhöhle, Tegmen tympani. Als Impressio trigeminalis liegt nahe der Apex partis petrosae eine kleine Vertiefung für das Ganglion trigeminale. Im vorderen Teil der Facies anterior partis petrosae öffnen sich der
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Hiatus canalis nervi petrosi majoris mit Fortsetzung in den Sulcus nervi petrosi majoris für den N. petrosus major (S. 467, 676) sowie der Hiatus canalis nervi petrosi minoris mit Fortsetzung in den Sulcus nervi petrosi minoris mit sekretorischen Fasern aus dem Plexus tympanicus (N. IX). Die Oberkante der Pars petrosa bildet der Margo superior partis petrosae. In diesem Bereich liegt der Sulcus sinus petrosi superioris, der einen gleichnamigen venösen Blutleiter enthält. Fossa cranii posterior (⊡ Abb. 7.3, 7.4). Am Aufbau der
hinteren Schädelgrube sind beteiligt: Os occipitale mit Pars basilaris, Pars lateralis und Squama occipitalis, Os sphenoidale mit Corpus ossis sphenoidalis und Os temporale mit der Facies posterior partis petrosae. Beherrschend sind das Foramen magnum des Os occipitale und die von dort zum Dorsum sellae turcicae aufsteigende Knochenfläche, Clivus. Der Clivus gehört zur Pars basilaris des Os occipitale. Im Einzelnen (⊡ Abb. 7.4) Os occipitale. Auf der Innenseite der Squama occipitalis befindet sich die Protuberantia occipitalis interna, an der von
beiden Seiten her ein Sulcus sinus transversus sowie der senkrechte Sulcus sinus sagittalis superior zusammentreffen. Die Sulci enthalten venöse Blutleiter (S. 824). Zwischen Partes laterales ossis occipitalis und Facies posteriorossis temporalis liegt als Aussparung das Foramen jugulare, das gelegentlich durch einen Processus intrajugularis in einen vorderen und hinteren Teil untergliedert ist. Von der Seite her verläuft der Sulcus sinus sigmoideus zum
Foramen jugulare. Facies posterior des Felsenbeins. In der Mitte der hinteren Pyramidenfläche fällt der Porus acusticus internus als Eingang in den Meatus acusticus internus auf. Lateral oben davon befindet sich unter der Pyramidenoberkante eine kleine Fossa subarcuata sowie lateral von ihr, unter einem kleinen Knochenvorsprung, die Apertura canaliculi vestibuli, die Öffnung des Aqueductus vestibuli.
Basis cranii externa (⊡ Abb. 7.5). Sie gliedert sich in einen viszeralen, vorderen Anteil und einen neuralen, hinteren Anteil. Viszeraler, vorderer Anteil. Er ist stufenförmig vom hinteren Anteil abgesetzt. Die Stufe entsteht durch die hinteren Öffnungen, Choanen, der paarigen Nasenhöhle. Von basal her liegen im Bereich der vorderen Schädelunterfläche Anteile der
⊡ Abb. 7.5. Schädelbasis, Ansicht von unten. Die linke Schädelhälfte ist weggelassen, die Suturen sind nicht bezeichnet
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Kapitel 7 · Kopf und Hals
Maxilla: Processus palatinus, Processus alveolaris, des Os palatinum: Lamina horizontalis, und des Vomer. Beherrschend sind der knöcherne Gaumen und der Zahnbogen. Im Einzelnen Der knöcherne Gaumen besteht aus den beidseitigen Processus palatini maxillae und Laminae horizontales des Os
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palatinum. Sie stehen durch Nähte in Verbindung. Am vorderen Ende der Sutura palatina mediana zwischen den Processus palatini maxillae liegt die Fossa incisiva mit der Öffnung des paarigen Canalis incisivus. Die Lamina horizontalis des Os palatinum weist hinten seitlich das Foramen palatinum majus und Foramina palatini minora auf und endet hinten mit der Spina nasalis posterior. Hier ist der Vomer verzapft. Die Processus alveolares maxillae tragen auf jeder Seite 8 Alveoli dentales für die Zähne des Oberkiefers. Neuraler, hinterer Anteil. Am Aufbau sind beteiligt Anteile des Os sphenoidale mit Corpus, Processus pterygoidei, Alae majores, Os temporale mit Facies inferior partis petrosae, Processus mastoideus, Pars squamosa und Os occipitale mit Pars basilaris, Partes laterales, Squama occipitalis.
springt. Die Sehne dieses Muskels läuft um einen kleinen, hakenförmigen Fortsatz der Lamina medialis, Hamulus pterygoideus, herum. Die Ala major weist als Grenze ihrer horizontalen Unterfläche die Crista infratemporalis auf. Sie läuft in die Spina ossis sphenoidalis mit Foramen spinosum aus. Medial davon befindet sich das Foramen ovale, sowie zwischen Ala major und Spitze des Felsenbeins das Foramen lacerum (vgl. mittlere Schädelgrube, s. oben). Os temporale. Die Facies inferior partis petrosae ist unregelmäßig gestaltet (⊡ Abb. 7.6). Am lateralen Rand ragt der Processus styloideus nach kaudal. Unmittelbar dorsal liegt das Foramen stylomastoideum für den N. facialis (N. VII) und Gefäße. Ventromedial vom Processus styloideus befindet sich die Fossa jugularis, die den Bulbus superior venae jugularis internae beherbergt. Sie setzt sich nach ventral in das Foramen jugulare fort. Am Boden der Fossa jugularis liegt der kleine Canaliculus mastoideus. Ventromedial der Fossa jugularis liegt der Eingang in den bogenförmigen Canalis caroticus für die A. carotis interna, der sich nahe der Spitze der Pars petrosa in die mittlere Schädelgrube öffnet (s. oben). Vom Canalis caroticus ziehen die kleinen Canaliculi caroticotympanici zur Paukenhöhle (S. 673). Zwischen Fossa jugularis und äußerer Öffnung des Canalis caroticus befinden sich die Fossula petrosa und daneben die Apertura canaliculi cochleae (S. 678). In der Tiefe
Kennzeichnend für den hinteren Bereich der Schädelunterseite sind die Processus pterygoidei des Keilbeins als vordere Begrenzung, die Condyli occipitales neben dem Foramen magnum und die Facies inferior des Felsenbeins, u. a. mit dem Processus styloideus auf jeder Seite. Im Einzelnen Os sphenoidale. In der Mitte befindet sich das Corpus mit dem Tuberculum pterygoideum zur Befestigung der Raphe pharyngis (S. 433). Auf jeder Seite gehen vom Corpus der Processus pterygoideus und die Ala major aus. Die Processus pterygoidei ragen nach unten und begrenzen die Choanen lateral. Jeder Fortsatz wird an seiner Wurzel von einem horizontal verlaufenden Kanal, Canalis pterygoideus, durchbohrt. Ferner besteht jeder Processus pterygoideus aus 2 spitzwinkelig abstehenden Knochenplatten, Lamina lateralis und Lamina medialis. Zwischen beiden Laminae liegt die Fossa pterygoidea. Die Lamina medialis weist an der Wurzel die längliche Fossa scaphoidea auf, in der der M. tensor veli palatini ent-
⊡ Abb. 7.6. Os temporale. Blick von kaudal auf den isolierten Knochen
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der Fossula petrosa öffnet sich der Canaliculus tympanicus, der zur Paukenhöhle zieht. Lateral vom Canalis caroticus liegt der Canalis musculotubarius, der den Pharynx mit dem vorderen Teil der Paukenhöhle verbindet (S. 673). Zur Seite hin ist die Unterseite des Felsenbeins durch die Incisura mastoidea vom Processus mastoideus abgesetzt (s. unten). Os occipitale. Die Partes laterales tragen auf der Außenseite die kräftigen Condyli occipitales als Gelenkflächen für das Atlantookzipitalgelenk (S. 197). Hinter den Kondylen liegt die Fossa condylaris mit dem inkonstanten Canalis condylaris. In Höhe der Kondylen werden die Partes laterales vom Canalis nervi hypoglossi (für den XII. Hirnnerv) durchbohrt. Darüber liegt auf der Innenseite das Tuberculum jugulare. Squama occipitalis. An der Außenseite der Squama befindet sich die tastbare Protuberantia occipitalis externa. Von ihrem oberen Rand zieht nach beiden Seiten die Linea nuchalis suprema über die Außenfläche der Squama occipitalis. Sie dient dem Ansatz des M. trapezius. Parallel zu dieser Linie verläuft etwas tiefer die Linea nuchalis superior (Ansatz des M. semispinalis capitis). Die unterste Querleiste, Linea nuchalis inferior, liegt zwischen Linea nuchalis superior und Foramen magnum und dient dem Ansatz der tiefen Nackenmuskeln.
Schädel von der Seite Die Seitenwand des Schädels wird gebildet von Anteilen des (⊡ Abb. 7.7) Os parietale, Os frontale: Facies temporalis, Os temporale: Pars squamosa, Processus mastoideus, Os sphenoidale: Facies temporalis alae majoris, Processus pterygoideus und Os zygomaticum. Die auffälligsten Strukturen an der Seitenfläche des Schädels sind der Arcus zygomaticus, Jochbogen, und in der Tiefe medial des Jochbogens die Fossa temporalis, Fossa infratemporalis und Fossa pterygopalatina. Die Besprechung der Gruben erfolgt auf S. 420. Im Einzelnen Der Arcus zygomaticus wird von den Processus zygomatici des Os frontale und der Maxilla, dem Processus temporalis
⊡ Abb. 7.7. Schädel von lateral
des Os zygomaticum sowie dem langen Processus zygomaticus des Os temporale gebildet. Der Processus zygomaticus des Os temporale trägt an seiner Unterseite die Fossa mandibularis mit der Facies articularis für das Kiefergelenk (s. unten). Nach vorne wird die Fossa mandibularis vom Tuberculum articulare begrenzt. In der Fossa mandibularis verbindet sich die Pars squamosa mit der Pars petrosa ossis temporalis. Dadurch sind die Fissura petrosquamosa und Fissura petrotympanica (Glaser-Spalte, s. unten) entstanden. Durch letztere verlässt die Chorda tympani den Schädel (S. 468). Unterhalb der hinteren Wurzel des Jochbogens befindet sich der Porus acusticus externus, der in den Meatus acusticus externus führt. Hinter dem äußeren Gehörgang liegt der Processus mastoideus. An der Oberfläche von Os parietale und Facies temporalis ossis frontalis verlaufen die Linea temporalis superior und Linea temporalis inferior. Oberhalb der Linea temporalis superior befindet sich das Tuber parietale.
Vorderfläche des Schädels, Viszerokranium Die Vorderfläche des Schädels gehört zum Viszerokranium. An ihrem Aufbau sind beteiligt Anteile des/der (⊡ Abb. 7.8) Os frontale: Squama frontalis, Pars nasalis, Maxilla: Corpus maxillae, Processus frontalis, Processus zygomaticus, Os nasale und
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Kapitel 7 · Kopf und Hals
7 ⊡ Abb. 7.8. Schädel von vorne
Os zygomaticum: Facies lateralis, Processus temporalis, Processus frontalis. Ferner umschließen Knochen des Viszerokraniums die (⊡ Abb. 7.9) Orbita, Augenhöhle, Cavitas nasalis, Nasenhöhle, und Cavitates paranasales, Nasennebenhöhlen. Als gesonderter Knochen gehört zum Gesichtsschädel die Mandibula (S. 391) Die auffälligsten Strukturen der Vorderfläche des Gesichtsschädels sind die Öffnungen zur Augenhöhle, Aditus orbitalis, und zur Nasenhöhle, Apertura periformis. Im Einzelnen Os frontale. Beherrschend ist die Squama frontalis. Sie lässt beiderseits je einen Stirnbeinhöcker, Tuber frontale, und unterhalb davon einen Arcus superciliaris, Augenbrauenbogen, erkennen. Zwischen beiden Augenbrauenbögen liegt die Glabella, Stirnglatze, ein abgeflachtes Knochenfeld. Die Grenze zur Augenhöhle bildet der Margo supraorbitalis. In der medialen Hälfte dieses Randes befinden sich das Foramen supraorbitale bzw. die Incisura supraorbitalis und medial davon das Foramen frontale bzw. die Incisura frontalis. Dem Arcus superciliaris folgt nach lateral der Processus zygomaticus ossis frontalis. Dieser steht in syndesmalem Kontakt mit dem Os zygomaticum. Maxilla. Der zentrale Teil ist das Corpus maxillae. In seiner Facies anterior liegt etwa 0,5 cm unter dem unteren
⊡ Abb. 7.9. Nasennebenhöhlen. Das Dach der Mundhöhle ist Boden der Kieferhöhle, das Dach der Kieferhöhle ist Boden der Orbita, das Dach der Orbita ist Boden der Stirnbeinhöhle, das Dach der Stirnbeinhöhle ist z. T. Boden der vorderen Schädelgrube
Rand der Orbita das Foramen infraorbitale. Unterhalb davon befindet sich die Fossa canina. Medial davon bildet die Incisura nasalis den Rand der knöchernen Nasenöffnung. Sie läuft nach vorne unten in die Spina nasalis anterior aus. Vom Corpus maxillae geht der Processus frontalis aus. Er verbindet sich vorne mit dem Os nasale, hinten mit dem Os lacrimale und oben mit der Pars nasalis des Os frontale. Am lateralen Rand des Processus frontalis liegt der Sulcus lacrimalis, der nach vorne durch die Crista lacrimalis anterior begrenzt wird. Der Sulcus lacrimalis wird durch das Os lacrimale zum Canalis nasolacrimalis ergänzt (S. 666). Ferner entlässt das Corpus maxillae den Processus zygomaticus zur Verbindung mit dem Jochbein und den Processus alveolaris maxillae mit den Alveoli dentales für die Oberkieferzähne. Die Zahnwurzeln rufen kleine Aufwulstungen auf der Außenseite des Kiefers hervor, Juga alveolaria. Das Os zygomaticum, Jochbein, ergänzt den Processus zygomaticus maxillae und Processus zygomaticus ossis temporalis zum Arcus zygomaticus. Auf der Facies lateralis des Jochbeins öffnet sich das Foramen zygomaticofaciale. Orbita, Augenhöhle (⊡ Abb. 7.10). Sie hat etwa die Form einer Pyramide, deren Basis vom Aditus orbitalis gebil-
det wird und dessen Spitze nach hinten medial weist. Den Oberrand des Aditus orbitalis bildet der Margo supraorbitalis, der sich nach medial zur Crista lacrimalis
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⊡ Abb. 7.10. Rechte Orbita. 1 Fissura orbitalis superior; 2 Canalis opticus; 3 Fissura orbitalis inferior; 4 Canalis infraorbitalis; 5 Foramen infraorbitale; 6 Foramen ethmoidale ant. et post.; 7 Foramen zygomaticoorbitale; 8 Foramen zygomaticotemporale; 9 Eingang zum Canalis nasolacrimalis
anterior des Processus frontalis maxillae fortsetzt. Der Unterrand ist der Margo infraorbitalis der Maxilla und des Os zygomaticum. Am Aufbau der Orbitawände sind beteiligt (⊡ Abb. 7.10) Os frontale: Dach der Orbita, Os zygomaticum: laterale Wand, Os zygomaticum und Maxilla: Boden der Orbita, Os lacrimale und Os ethmoidale: mediale Wand, Os palatinum und Os sphenoidale (mit großem und kleinem Keilbeinflügel): die stumpfe Spitze der Orbitapyramide. Öffnungen verbinden die Orbita mit der (dem, den) mittleren Schädelgrube: – Canalis opticus. Er durchbohrt die Ala minor ossis sphenoidalis. – Fissura orbitalis superior. Sie liegt zwischen Ala major und Ala minor ossis sphenoidalis. Fossa infratemporalis und Fossa pterygopalatina: – Fissura orbitalis inferior zwischen Maxilla und großem Keilbeinflügel am Boden der Orbita.
Nasenhöhle: – Canalis nasolacrimalis. Er beginnt an der medialen Seite der Fossa sacci lacrimalis der Augenhöhle. Begrenzt wird die Fossa lacrimalis von der Crista lacrimalis anterior des Os frontale und der Crista lacrimalis posterior des Os lacrimale. Gesicht: – Foramen frontale und Foramen supraorbitale des Os frontale. – Foramina zygomaticoorbitale, zygomaticotemporale et zygomaticofaciale des Os zygomaticum. – Sulcus und Canalis infraorbitalis der Facies orbitalis des Corpus maxillae, vorderen Schädelgrube: – Foramen ethmoidale anterius des Os frontale, mediale Wand der Orbita, hinteren Siebbeinzellen: – Foramen ethmoidale posterius zwischen Os frontale und Os ethmoidale an der medialen Wand der Orbita.
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Kapitel 7 · Kopf und Hals
⊡ Tabelle 7.3. Knöcherne Nasenwände Dach:
Boden (= Gaumen):
Lamina cribrosa ossis ethmoidalis Os nasale Pars nasalis ossis frontalis Teil des Corpus ossis sphenoidalis
Proc. palatinus maxillae Lamina horizontalis ossis palatini
Laterale Wand
Mediale Wand (= Nasenseptum)
Processus frontalis maxillae Os lacrimale Labyrinth des Os ethmoidale Lamina perpendicularis ossis palatini Concha nasalis inf.
Lamina perpendicularis ossis ethmoidalis Vomer Crista nasalis des Proc. palatinus maxillae Crista nasalis der Lamina horizontalis ossis palatini
7 Cavitas nasalis ossea. Die Nasenhöhlen (⊡ Abb. 7.9) sind paarig. Sie sind durch das Septum nasi, Nasenscheidewand, getrennt. Gemeinsam ist jedoch der Zugang von vorne durch die Apertura piriformis, die die beiden Maxillahälften und Ossa nasalia begrenzen. Die hinteren Öffnungen, Choanae, zwischen Nasenhöhle und Rachenraum, sind dagegen wieder getrennt.
In ⊡ Tabelle 7.3 sind die am Aufbau der Nasenwände beteiligten Knochen bzw. Knochenabschnitte zusammengestellt. Im Einzelnen Septum nasi, Nasenscheidewand. Beherrschend sind das Vomer, die Lamina perpendicularis ossis ethmoidalis und der Cartilago septi nasi. Der Vomer ist am Boden der Nasenhöhle mit der Crista nasalis des Processus palatinus der Maxilla und der Lamina horizontalis des Os palatinum verbunden. Dach. Das Dach der Nasenhöhle bilden die Lamina cribrosa des Siebbeins sowie vorne die Pars nasalis des Stirnbeins und des Nasenbeins und hinten die abfallende Vorderfläche des Corpus ossis sphenoidalis. Boden. Der Boden der Nasenhöhle besteht vorne aus den Processus palatini der Maxilla, hinten aus den Laminae horizontales der Gaumenbeine. Vorne durchbricht der Canalis incisivus (meist mehrere Kanäle) den Boden der Nasenhöhle (N. nasopalatinus, S. 459). Seitenwand (⊡ Abb. 7.11). Die knöcherne Seitenwand jeder Nasenhöhle wird von der medialen Wand des Labyrinthus ethmoidalis mit der oberen und mittleren Nasenmuschel aufgebaut. Außerdem beteiligen sich die Facies nasalis der Maxilla und die Lamina perpendicularis des Os palatinum sowie das Tränenbein und als eigener Knochen die untere Nasenmuschel daran. Oberhalb der oberen Nasenmu-
schel befindet sich der spaltförmige Recessus sphenoethmoidalis.
Unter jeder Nasenmuschel liegt ein Meatus nasi Meatus nasi superior, oberer Nasengang, unter der oberen Nasenmuschel, Meatus nasi medius, mittlerer Nasengang, unter der mittleren Muschel, Meatus nasi inferior, unterer Nasengang, unter der unteren Nasenmuschel und Meatus nasi communis, zwischen Nasenseptum und Nasenmuscheln. Das Gebiet vom Hinterrand der Nasenmuscheln bis zu den Choanen wird als Meatus nasopharyngeus bezeichnet. In
⊡ Abb. 7.11. Laterale Nasenwand. Die Concha nasalis media ist z. T. abgetragen, ihre natürliche Grenze mit einer roten Linie markiert
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seinem oberen Bereich, hinter der mittleren Nasenmuschel, liegt das Foramen sphenopalatinum, eine Öffnung zwischen Nasenhöhle und Flügelgaumengrube (s. oben). Unter der mittleren Nasenmuschel stellt der Hiatus semilunaris die Verbindung zum Sinus frontalis, Sinus maxillaris und zu den Cellulae ethmoidales anteriores her. Der Hiatus semilunaris wird durch den Processus uncinatus des Os ethmoidale, der mit dem Processus ethmoidalis der unteren Nasenmuschel verbunden ist, sowie durch die Knochenwand der Bulla ethmoidalis eingeengt (s. unten). Unter dem Processus uncinatus befindet sich die Verbindung von Os lacrimale, Maxilla und Processus lacrimalis ossis conchae nasalis inferioris zum Tränennasengang, der unter der unteren Nasenmuschel mündet. Sinus paranasales. Die Nasennebenhöhlen sind (⊡ Abb. 7.9):
Sinus maxillaris, Kieferhöhle, in der Maxilla, Sinus sphenoidalis,Keilbeinhöhle,im Os sphenoidale, Sinus frontalis, Stirnhöhle, im Os frontale, Sinus ethmoidales im Os ethmoidale – anteriores, vordere Siebbeinzellen, – medii, mittlere Siebbeinzellen, und – posteriores, hintere Siebbeinzellen.
Alle Nasennebenhöhlen sind paarig und stehen mit der Nasenhöhle in Verbindung. Die Ausdehnung der Nebenhöhlen unterliegt starken individuellen Schwankungen und ist oft seitenungleich. Zur Entwicklung Die Entwicklung der am Ende der Fetalzeit angelegten Nebenhöhlen vollzieht sich durch Ausstülpung des Epithels der Nasenschleimhaut nach der Geburt. Ein stärkeres Wachstum setzt im Anschluss an das Durchbrechen der bleibenden Zähne ein. Die endgültige Ausdehnung erreichen die Nebenhöhlen jedoch erst nach der Pubertät. Im Einzelnen Sinus maxillaris. Die Kieferhöhle ist die geräumigste Nebenhöhle der Nase. Sie grenzt, nur durch eine dünne Knochenlamelle getrennt, oben an die Orbita, medial an die Nasenhöhle, unten an die Oberkieferzähne bzw. an den harten Gaumen und dorsal an die Fossa pterygopalatina. Der tiefste Punkt der Kieferhöhle liegt über dem 2. Prämolaren und 1. Molaren, jedoch unter dem Niveau des Nasenbodens. Die Öffnung der Kieferhöhle zur Nasenhöhle liegt nahe ihrem Dach und befindet sich im mittleren Nasengang im sichelförmigen Hiatus semilunaris (s. oben). Durch diese Anordnung kann Eiter aus der Kieferhöhle nicht abfließen. Sinus ethmoidales, Cellulae ethmoidales. Die Siebbeinzellen grenzen medial an die Nasenhöhle, lateral an die
Augenhöhle, kaudal an die Kieferhöhle, kranial an die vordere Schädelgrube bzw. die Stirnbeinhöhle. Bei den Siebbeinzellen handelt es sich um ein differenziertes System unvollständig getrennter Kammern, die sich nach ihrer Lage in vordere, mittlere und hintere Sinus unterteilen. Die größte Siebbeinzelle ist die Bulla ethmoidalis. Ihre Wand bildet den hinteren Abschluss des Hiatus semilunaris (⊡ Abb. 7.11). Die vorderen und mittleren Siebbeinzellen münden in den Hiatus semilunaris des mittleren Nasengangs, die hinteren Siebbeinzellen in den Meatus nasi superior. Sinus frontalis (⊡ Abb. 7.11). Er ist nur durch eine dünne Knochenlamelle von der Orbita getrennt. Zwischen den Sinus frontales beider Seiten liegt das Septum sinuum frontalium, in der Regel paramedian. Der Sinus frontalis mündet im Bereich des Hiatus semilunaris in den mittleren Nasengang. Sinus sphenoidalis (⊡ Abb. 7.11). Die Keilbeinhöhle liegt im Corpus ossis sphenoidalis. Das Septum sinuum sphenoidalium trennt paramedian 2 ungleich große Höhlen voneinander. Der knöcherne Boden der Keilbeinhöhle bildet das Dach des Meatus nasopharyngeus. Das Dach der Keilbeinhöhle erscheint durch Ausbildung der Fossa hypophysealis konvex. Die Seitenwand hat topographische Beziehung zum Sinus cavernosus und der A. carotis interna, die Vorderwand zu den hinteren Siebbeinzellen sowie dem hinteren Abschnitt der medialen Orbitalwand und zum N. opticus. Die Keilbeinhöhle öffnet sich in den Recessus sphenoethmoidalis. > Klinischer Hinweis Infolge der engen Nachbarschaft können einerseits die Nasennebenhöhlen von Erkrankungen der Umgebung in Mitleidenschaft gezogen werden, andererseits Erkrankungen der Nebenhöhle auf die Umgebung übergreifen so können Entzündungen der Nasenschleimhaut zu einer Nasennebenhöhlenvereiterung, Sinusitis führen. Oder ein Granulom an der Wurzel des 2. Prämolaren und 1. Molaren kann leicht eine Entzündung der Kieferhöhle hervorrufen. Eine Entzündung der Kieferhöhle kann sich über die Cellulae ethmoidales bis zum Sinus frontalis ausbreiten. Entzündungen der Siebbeinzellen können zu retrobulbären Abszessen und zur Meningitis führen.
Mandibula. Der Unterkiefer (⊡ Abb. 7.8) gliedert sich in: Corpus mandibulae und Ramus mandibulae.
Corpus und Ramus sind durch den Angulus mandibulae gegeneinander abgeknickt. Der Winkel beträgt beim Erwachsenen etwa 120 °; beim Neugeborenen ist er größer (150 °) und nähert sich diesem Wert wieder im Greisenalter.
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Kapitel 7 · Kopf und Hals
Zur Entwicklung Angelegt wird der Unterkiefer als paariger Belegknochen. Er liegt den Resten des 1. Branchialbogens, dem MeckelKnorpel, lateral auf (S. 424). Die beiden Unterkieferkörper verschmelzen im Kinnbereich und bilden eine Symphyse. Diese synostosiert am Ende des 1. Lebensjahres. Die Verschmelzungsstelle, Symphysis mentalis, bildet den Kinnvorsprung, die Protuberantia mentalis. Hierbei handelt es sich um ein dreieckiges Feld, dessen untere Ecken jederseits ein Tuberculum mentale bilden.
Ferner befindet sich an der Innenseite des Ramus der Sulcus mylohyoideus für den gleichnamigen Nerven. Am kranialen Ende des Ramus befindet sich der Processus condylaris, ein Gelenkfortsatz. Er trägt auf dem Collum mandibulae den walzenförmigen Gelenkkopf, Caput mandibulae. Medial am Collum mandibulae liegt die Fovea pterygoidea. Getrennt durch die Incisura mandibulae folgt dem Processus condylaris der Processus coronoideus für den Ansatz
des M. temporalis.
> Klinischer Hinweis
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Eine Vergrößerung des Unterkiefers mit Vortreten des Kinns, Progenie, ist ein Kardinalsymptom der Akromegalie. Bei dieser Erkrankung wird trotz Abschluss der Wachstumsperiode vermehrt Wachstumshormon gebildet, z. B. bei einem Hypophysenvorderlappentumor.
Auffällige Strukturen am Corpus mandibulae sind die Alveoli dentales, Zahnfächer, außen das Foramen mentale, innen die aufsteigende Linea mylohyoidea, am Ramus mandibulae außen die Tuberositas masseterica, innen das Foramen mandibulae mit der Lingula mandibulae, kranial der Processus coronoideus und Processus condylaris sowie dazwischen die Incisura mandibulae. Im Einzelnen Corpus mandibulae. Die Alveolen sind bogenförmig angeordnet und bilden den Arcus alveolaris. Die Septa interalveolaria werden im Alter abgebaut, sodass sich die Zähne lockern. An der Außenfläche befindet sich unter den Alveoli des 1. oder 2. Prämolaren das Foramen mentale (für N. und A. mentalis). Vom Corpus zieht die Linea obliqua zum Ramus mandibulae. An der Innenfläche des Corpus mandibulae befinden sich zur Muskelbefestigung in der Mitte die Spinae mentales und die Fossa digastrica sowie seitlich schräg aufsteigend die Linea mylohyoidea. Oberhalb der Linea mylohyoidea befindet sich vorn die Fovea sublingualis für die Gl. sublingualis und unterhalb der Linea weiter hinten die Fovea submandibularis für die Gl. submandibularis. Der Ramus mandibulae weist an seinem Angulus als Muskelansätze außen die Tuberositas masseterica und korrespondierend innen die Tuberositas pterygoidea auf. In der Mitte des Ramus befindet sich auf der Innenseite das Foramen mandibulae (Eingang in den Canalis mandibulae für den N. alveolaris inferior, der die Unterkieferzähne innerviert) mit der Lingula mandibulae. Das Foramen mandibulae liegt ca. 2 cm hinter und 1 cm oberhalb der Krone des 3. Dens molaris. Der Canalis mandibulae zieht von medial nach lateral durch Ramus und Corpus mandibulae.
Schädel als Ganzes Der Schädel kann sehr unterschiedliche Formen haben, von lang bis kurz, von niedrig bis hoch. Hinzu kommen Unterschiede des Gesichtsschädels: von breit bis schmal. Diese Unterschiede sind zum Teil genetisch bedingt, andererseits passt sich der Schädel bis zur Verknöcherung der Schädelnähte den Raumanforderungen seines Inhalts an, insbesondere denen des Gehirns. Bei gestörter Schädelentwicklung kann allerdings auch die Entwicklung des Gehirns beeinträchtigt werden, z. B. bei vorzeitiger Nahtverknöcherung. Einfluss auf die Schädelform hat auch der Kauapparat (Zähne und Kaumuskulatur). Und schließlich ist die Schädelform geschlechtsabhängig: Frauen haben in der Regel eine grazilere Schädelform. Trotz aller Elastizität und trotz vieler Öffnungen und Hohlräume im Viszerokranium hat der Schädel eine hohe Stabilität. Sie geht auf Verstrebungen sowohl im Gesichtsschädel als auch an der Schädelbasis zurück. Hinzu kommt eine innere Verspannung durch die Falx cerebri und das Tentorium cerebelli (S. 818). Verstrebungen im Gesichtsschädel sind der Stirnnasenpfeiler für die Ableitung des Kaudrucks von den Schneide- und Eckzähnen über den Processus frontalis maxillae zur Glabella des Os frontale; der senkrechte Jochpfeiler für die Ableitung des Kaudrucks der Prämolaren über den Processus zygomaticus des Os frontale in die seitliche Stirnregion und der horizontale Jochpfeiler für die Ableitung des Kaudrucks von den Molaren über das Corpus maxillae und den Processus zygomaticus maxillae. Verstrebungen an der Schädelbasis sind Längsverstrebungen von der Wurzel der Ala minor ossis sphenoidalis durch das Corpus ossis sphenoidalis und den Clivus zu den Partes laterales des Os occipitale um das Foramen magnum herum, und
393 7.1 · Caput, Kopf
Querverstrebungen an den Begrenzungen der Schädelgruben: im Bereich der Ala minor ossis sphenoidalis und der Pars petrosa ossis temporalis. Schwachstellen hat der Schädel vor allem an den Squa-
mae: Squama occipitalis, Pars squamosa ossis temporalis. Hier kann es bei umschriebenen Gewalteinwirkungen leicht zu Impressionsfrakturen kommen > Klinischer Hinweis Brüche der Schädelbasis entstehen in der Regel bei breitflächigen Gewalteinwirkungen (Sturz auf den Kopf ), Bers-
>
tungsbrüche. Sie können je nach Richtung der Gewalteinwirkung die Schädelgruben einzeln oder in Mehrzahl betreffen. Brüche im Bereich der vorderen Schädelgrube können Liquor- und Blutaustritte aus der Nasenhöhle, sowie Blutungen in die Orbita mit Brillenhämatom hervorrufen. Die mittlere Schädelgrube ist besonders bei sehr starken Gewalteinwirkungen betroffen. Dabei bersten die Verstrebepfeiler der Ala minor ossis sphenoidalis.Einbezogen sind dann auch die Foramina der mittleren Schädelgrube, sodass durchtretende Nerven verletzt werden. Bei Frakturen in der hinteren Schädelgrube kann es oft zu subkutanen Blutungen im Bereich des Processus mastoideus kommen.
In Kürze
Mit Ausnahme der Mandibula sind alle anderen (14) Schädelknochen durch Nähte untrennbar verbunden.Die Ossa parietalia und Teile des Os occipitale,der Ossa temporalia und des Os frontale bilden die Schädelkalotte. Die Schädelbasis gehört zum Neurokranium.Das Viszerokranium bildet die knöcherne Grundlage des Gesichts. Die Schädelbasis lässt auf ihrer Innenseite drei stufenförmig angeordnete Schädelgruben erkennen.Größter Knochen der vorderen Schädelgrube ist das Os frontale.Die mittlere Schädelgrube besteht aus Teilen des Os sphenoidale und Os temporale und die hintere Schädelgrube vor allem aus dem Os occipitale.Die auffälligsten Knochen des Viszerokraniums sind die Maxilla und die Ossa zygomatica.Zum Viszerokranium gehören die Orbita,die Nasen- und Nasennebenhöhlen mit ihren begrenzenden Knochen.Die Stabilität des Schädels beruht auf Verstrebungen,zwischen denen sich zahlreiche Öffnungen für Gefäße und Nerven befinden.
7.1.2
Gesicht
Wichtig
Das Gesicht wird wesentlich von der Kopfform, der Gesichtsmuskulatur und dem subkutanen Fett- und Bindegewebe gestaltet.
Das Gesicht ist der ausdrucksstärkste Teil des Körpers. Dies geht auf die mimische Muskulatur und ihre Innervation zurück. Sie umgreift die großen Öffnungen des Gesichts: die der Augen- und Nasenhöhle sowie den Mund. Zur Entwicklung Die Gesichtsentwicklung beginnt im 10-Somitenstadium (Anfang des 2. Monats nach der Befruchtung) durch Ausbildung des Stomatodeum, Mundbucht (S. 116). Hierbei handelt es sich um eine Einsenkung des Ektoderms zwischen den Vorwölbungen der kranialen Anteile der Hirnanlage,
der Herzanlage und dem 1. der sich seitlich entwickelnden Branchialbögen (s. unten). Das Stomatodeum wird von verschiedenen Mesenchymverdichtungen begrenzt (⊡ Abb. 7.12), nämlich vom Stirnwulst (eher eine Konkavität) kranial, von den paarigen Oberkieferwülsten lateral und von den paarigen Unterkieferwülsten kaudal. In der Tiefe des Stomatodeums befindet sich die Rachenmembran (S. 109, 116). Weiter spielt für die Entwicklung dieser Region die Ausbildung der Riechplakoden an beiden Seiten des Stirnfortsatzes eine wichtige Rolle.Bei den Riechplakoden handelt es sich um Epithelverdickungen, aus denen in der Folgezeit in jeder Nasenhöhle die Regio olfactoria (S. 418) hervorgeht. Die Riechplakoden werden von Mesenchymverdickungen umschlossen,die schnell proliferieren.Aus ihnen entstehen die medialen Nasenwülste und die lateralen Nasenwülste. Die Wulstbildungen in der Umgebung der Riechplakoden und unterschiedliche Wachstumsvorgänge führen dazu, dass die Riechplakoden im Laufe der Entwicklung von der Oberfläche abgesenkt werden und Riechgruben entstehen.
7
394
Kapitel 7 · Kopf und Hals
⊡ Abb. 7.12. Gesichtsentwicklung. 4.–5. Entwicklungswoche
7
Ferner nimmt das außerordentlich schnelle Wachstum der Hirnanlage, insbesondere des Endhirns, Einfluss auf die Gesichtsentwicklung. Lippen und Wangen. Der Eingang ins Stomatodeum wird unten vom Unterkieferwulst und oben seitlich von Oberkieferwülsten begrenzt.Mit fortschreitender Entwicklung kommen unter Zusammenrücken der Riechgruben die medialen Nasenwülste zwischen die beiden Oberkieferwülste zu liegen. Später stoßen die medialen Nasenwülste aneinander und bilden, nachdem die Einsenkung zwischen ihnen durch Mesenchymproliferation ausgeglichen wurde, das Philtrum. Die seitlichen Nasenwülste sind dagegen nicht unmittelbar an der Begrenzung des Eingangs ins Stomatodeum beteiligt; sie setzen sich jedoch vom Oberrand des Oberkieferwulstes durch eine Furche, Tränennasenfurche,ab (⊡ Abb. 7.12). Bewegung kommt in die Gesichtsentwicklung durch weiteres starkes Proliferieren des Mesenchyms; dadurch werden vorhandene Furchen nivelliert und die Grenzen zwischen den Wülsten verwischt. Für das Verständnis von Hemmungsmissbildungen ist es aber ein wichtiges Faktum, dass die Oberlippe aus Anteilen der Oberkiefer- und mittleren Nasenwülsten entstanden ist. Zur seitlichen Einengung des Stomatodeums kommt es durch eine beiderseits nach medial fortschreitende Verschmelzung von Oberkiefer- und Unterkieferwulst (⊡ Abb. 7.12). Dabei bleibt die Mundspalte (relativ) im Wachstum zurück. Lippen und Wangen entstehen schließlich dadurch, dass vor den sich ausbildenden Alveolarfortsätzen Epithelleisten in das daruntergelegene Mesenchym einwachsen und durch Auseinanderweichen der Zellen einen Spaltraum, das Vestibulum oris (S. 407), bilden. Nase. Die Ausbildung der Nase, die eng mit der Entstehung der Nasenhöhle (s. unten) verknüpft ist, nimmt längere Zeit in Anspruch. Folgende Vorgänge sind dabei wichtig: Die Orte der durch unterschiedliche Wachstumsvorgänge in die Tiefe verlagerten Riechplakoden entsprechen den äußeren Nasenöffnungen. Sie rücken im Laufe der Entwicklung aus einer mehr seitlichen Position zur Mitte hin zusammen. Die Nasenwülste sind so angeordnet, dass sie zwar gemeinsam die Riechplakode umgeben, dass aber der me-
diale Nasenwulst weiter nach unten reicht. An ihn tritt von der Seite her der laterale Nasenwulst heran.Am Unterrand der Riechgrube verkleben die Epithelzellen des lateralen und medialen Nasenwulstes und bilden eine Epithelmauer, die sich vom Boden der Riechgrübchen bis zum Dach des Stomatodeums erstreckt. Die Epithelmauer wird später durch Bindegewebe ersetzt. Im Mesenchym der Nasenwülste bilden sich Knochen und Knorpel und gestalten die äußere Nase. Die Furche zwischen dem seitlichen Nasenwulst und dem Oberkieferwulst vertieft sich. Dabei löst sich das Epithel der Furchentiefe von der Oberfläche ab, kanalisiert und wird zum Ductus nasolacrimalis. Augen, Ohren. Die Entwicklung dieser Organe wird im Kap. Sinnesorgane ausführlich besprochen. Sie spielt aber auch für die Gestaltung des Gesichts eine große Rolle. Die beiden Organanlagen werden im Laufe der Zeit erheblich verlagert: die Augenanlage mehr nach medial, die des äußeren Gehörgangs, der im Bereich der 1. Kiemenfurche entsteht (s. unten), nach lateral oben. Fehlbildungen kommen im Bereich der Oberkiefer- und Nasenwülste nicht selten vor. Sie sind vielfach mit Spaltbildungen im Kiefer- und Gaumenbereich verbunden und werden deshalb im Zusammenhang der Kiefer- und Gaumenentwicklung besprochen (S. 398).
Die mimische Muskulatur inseriert anders als alle übrige Skelettmuskulatur direkt in der Haut. Dadurch kommt es bei ihrer Kontraktion zu Hautverschiebungen oder es entstehen Hautfalten. Hierauf beruht die menschliche Mimik. Einzelheiten sind der ⊡ Tabelle 7.4 und der ⊡ Abb. 7.13 zu entnehmen. Ergänzt wird die mimische Muskulatur durch die Mm. epicranii, die gemeinsam an der Galea aponeurotica, einem Sehnenspiegel über der Schädelkalotte, ansetzen. Innervation (hierzu auch Kapitel 7.3, S. 460). Die mimische Muskulatur wird einheitlich vom N. facialis (N. VII)
innerviert, da sie dem 2. Branchialbogen entstammt (⊡ Tabelle 7.13). Die Gesichtshaut und Teile der Kopfhaut werden vom N. trigeminus (N. V) innerviert. Dabei versorgen die einzelnen Trigeminusäste jeweils scharf begrenzte Hautgebiete (⊡ Abb. 7.14). Ergänzt wird die Gesichtsinnervation durch Endäste des N. auricularis magnus für die Haut über dem Kieferwinkel. Die Haut der Regio retroauricularis wird vom N. occipitalis minor (S. 465) und die der Regio occipitalis vom N. occipitalis major (S. 210) versorgt. An der Gesichtsinnervation sind beteiligt vom
395 7.1 · Caput, Kopf
⊡ Abb. 7.13. Gesichtsmuskulatur. (Nach Feneis 1982)
⊡ Abb. 7.14. Innervationsfelder der Kopf- und Gesichtshaut (grau unterlegt). Versorgungsgebiet des N. trigeminus (von oben nach unten 1., 2., 3. Ast)
N. ophthalmicus (N. V1): – N. supraorbitalis (aus dem N. frontalis) mit einem R. lateralis und R. medialis für die Haut der Stirn und etwa die Hälfte des Schädeldachs,
>
– N. supratrochlearis (aus dem N. frontalis) und N. infratrochlearis (aus dem N. nasociliaris) zum medialen Augenwinkel, – R. nasalis externus des N. ethmoidalis anterior für den Nasenrücken, – N. lacrimalis für den lateralen Augenwinkel und das Oberlid, N. maxillaris (N. V2): – N. infraorbitalis für das Unterlid, die Außenseite der Nasenflügel (Rr. nasales externi) und die Oberlippe (Rr. labiales superiores), – R. zygomaticofacialis und R. zygomaticotemporalis aus dem N. zygomaticus, N. mandibularis (N. V3): – N. auriculotemporalis für die Haut vor dem Ohr und die Schläfe (Rr. temporales superficiales), – N. buccalis für die Haut über der Wange, – N. mentalis für die Haut am Kinn und an der Unterlippe und N. auricularis magnus aus dem Plexus cervicalis am Kieferwinkel.
In Kürze
Die Entwicklung des Gesichts geht von Stirn-, Nasen-, Oberkiefer- und Unterkieferwülsten aus. Nach Verlagerung von Riechplakoden in die Tiefe und der Augenanlagen nach ventral vereinigen sich die Wülste. Sie lassen die Mundöffnung frei. – Die Gestaltung des Gesichtsausdrucks ermöglicht die mimische Muskulatur. Sie inseriert direkt in der Haut. Ihre Innervation erfolgt durch den N. facialis. Die Gesichtshaut wird von sensorischen Ästen des N. trigeminus versorgt.
7
396
Kapitel 7 · Kopf und Hals
⊡ Tabelle 7.4. Gesichtsmuskulatur Muskel
Ursprung
Ansatz
Funktion
Mm. epicranii, Muskeln des Schädeldachs
7
Venter frontalis musculi occipitofrontalis
Haut der Augenbraue
Galea aponeurotica
Stirnrunzeln »Erstaunen«, zieht Augenbraue aufwärts
Venter occipitalis musculi occipitofrontalis
Linea nuchalis suprema
Galea aponeurotica
Zieht Galea aponeurotica nach dorsal
M. temporoparietalis
Kraniale Wurzel d. Ohrmuschel
Galea aponeurotica
Hochziehen d. Ohren (bedeutungslos)
M. corrugator supercilii
Pars nasalis d. Os frontale
Haut über d. Glabella
Senkrechte Stirnfalten (Zornesfalten)
M. orbicularis oculi, Muskeln der Lidspalte Pars palpebralis
Lig. palpebrale mediale
Lig. palpebrale laterale
Lidschlag u. Lidschluss
Pars orbitalis
Crista lacrimalis anterior
Konzentrisch um Orbitalrand
»Zukneifen« des Auges
Pars lacrimalis
Crista lacrimalis posterior, Saccus lacrimalis
Pars palpebralis
Erweiterung des Tränensacks
M. levator palpebrae superioris
Ala minor ossis sphenoidalis Canalis opticus
Bindegewebe d. Tarsus (S. 664)
Lidheben
Mm. tarsales sup. et. inf. (glatte Muskeln)
Sehnen der großen Augenmuskeln
Tarsus sup. Tarsus inf.
Erweiterung der Lidspalte
Os nasale
Haut zwischen Augenbrauen
Querfalte des Nasenrückens »Nasenrümpfen«
Pars transversa
Haut über Eckzahn
Nasenrücken
Verengung des Nasenloches
Pars alaris
Haut über Schneidezahn
Nasenflügelrand
Verengung des Nasenloches
Muskeln der Nase M. procerus
M. nasalis
Muskeln des Munds M. obicularis oris Pars marginalis Pars labialis
Umschließt ringförmig die Mundöffnung
Schließen, Zuspitzen d. Mundes
397 7.1 · Caput, Kopf
⊡ Tabelle 7.4. (Fortsetzung) Muskel
Ursprung
Ansatz
Funktion
M. levator labii superioris
Über For. infraorbitale
M. orbicularis oris
Heben d. Mundwinkels
M. levator labii superioris alaeque nasi
Medial d. Orbitalwand
Nasenflügel und Unterlippe
Heben d. Mundwinkels, Erweiterung der Nasenöffnung (»Nasenflügelatmen« b. Pneumonie)
M. zygomaticus major M. zygomaticus minor
Außenseite d. Os zygomaticum
Mundwinkel
Heben von Oberlippe u. Mundwinkel »Lachmuskeln«
M. levator anguli oris
Fossa canina corporis maxillae
Mundwinkel
Zieht Mundwinkel aufwärts
M. risorius
Fascia parotidea
Mundwinkel
Zieht Mundwinkel zur Seite »Lächeln«
M. buccinator
Raphe pterygomandibularis, Maxilla, Mandibula
M. orbicularis oris
»Backenblaser« »Trompetenmuskel« »Saugmuskel«
M. depressor anguli oris
Unterrand der Mandibula
Mundwinkel
Zieht Mundwinkel nach abwärts »Trauermuskel«
M. depressor labii inferioris
Unterrand der Mandibula, Platysma
Unterlippe
Zieht Unterlippe abwärts »Trinkmuskel«
M. mentalis
Alveolenwand d. Unterkieferschneidezähne
Haut des Kinns
Runzeln der Kinnhaut
Muskeln des äußeren Ohrs (beim Menschen rudimentär) M. auricularis anterior
Fascia temporalis
Spina helicis
Zieht Ohr nach vorne
M. auricularis superior
Galea aponeurotica
Ohrmuschelwurzel
Zieht Ohr nach aufwärts
M. auricularis posterior
Proc. mastoideus
Ohrmuschelwurzel
Zieht Ohr nach hinten
7.1.3
Mundhöhle und Kauapparat
Wichtig
Mit der Mundhöhle beginnt das Verdauungssystem. In der Mundhöhle erfolgt eine Zerkleinerung der Nahrung durch den Kauapparat, die Geschmackskontrolle der Nahrung durch die Geschmacksorgane und die Einspeichelung der Nahrung verbunden mit dem Beginn der Verdauung durch die Sekrete der Kopfdrüsen. Die Zunge wirkt bei der Durchmischung der zerkleinerten Nahrung, beim Schlucken und außerdem beim Sprechen mit.
Begrenzung und Gliederung Begrenzungen. Die Mundhöhle wird vom Mundboden, den Labia oris, Lippen, und Buccae, Wangen, sowie vom Palatum, Gaumen, begrenzt. Den Abschluss bilden der Isthmus faucium als Eingang in den mittleren Bereich des Pharynx. Gliederung. Die Mundhöhle gliedert sich in das Vestibulum oris und die Cavitas oris propria.
Die Grenze bilden die Zahnreihen des Ober- und Unterkiefers als Teil des Kauapparates.
7
398
Kapitel 7 · Kopf und Hals
⊡ Abb. 7.15. Entwicklung von Mund- und Nasenhöhle. 5. Entwicklungswoche. Paramedianschnitt
7
Zur Entwicklung von Mundhöhle, Nasenhöhle und Gaumen. Die Entwicklung von Mundhöhle, Nasenhöhle und Gaumen sind untrennbar miteinander verbunden. Sie beginnt mit der Entstehung des Stomatodeum (s. oben) und der Riechgruben (s. oben). Dabei erreichen die beiden Riechgruben das Dach der primären Mundhöhle, von der sie jedoch zunächst durch die Membrana oronasalis getrennt bleiben (⊡ Abb. 7.15). Zwischen den beiden Riechgruben befinden sich die medialen Nasenwülste (s. oben), die sich in der Tiefe in einen mesenchymalen Gewebssockel fortsetzen. Er liefert den Bereich des Oberkiefers, der die 4 Schneidezähne enthält, und einen unmittelbar anschließenden dreieckigen Gaumenabschnitt, den primären Gaumen. Beide Abschnitte zusammen bilden das Zwischenkiefersegment (⊡ Abb. 7.16). In der Folgezeit beginnt sich hinter dem primären Gaumen die Membrana oronasalis aufzulösen, sodass eine Verbindung zwischen primärer Mundhöhle und den aus den Riechgruben hervorgegangenen primären Nasengängen entsteht. Die Verbindungen werden als primäre Choanen und die so entstandene gemeinsame Höhle als Mund-NasenHöhle bezeichnet. Die Umgestaltung der primären Mundhöhle in die definitive Mundhöhle und die beiden bleibenden Nasenhöhlen beginnt mit der Gaumenbildung (⊡ Abb. 7.16). Dabei wachsen zunächst von der Innenseite der Oberkieferwülste Gaumenfortsätze nach unten und umfassen beiderseits den Zungenwulst (⊡ Abb. 7.17). Mit der Ausweitung der Mundhöhle und einem Absenken der Zungenanlage (s. unten) erfolgt eine Umlagerung der Gaumenfortsätze in die Horizontale. Die beiden Gaumenfortsätze verschmelzen dann miteinander zur Gaumenplatte sowie rostral mit dem dreieckigen primären Gaumen – an dieser Stelle entsteht der Canalis incisivus (S. 386) – und an der entgegengesetzten Seite mit dem sich nach dorsal unten verlängernden Nasenseptum, das aus dem Stirnfortsatz (s. oben) hervorgegangen ist. Damit ist der sekundäre Gaumen entstanden.
⊡ Abb. 7.16 a–c. Gaumenbildung. a 7. Entwicklungswoche; b Ende der 8. Woche; c 10. Woche
Fehlbildungen im Gesichts- und Gaumenbereich
(s. hierzu die Wulstbildungen bei der Gesichtsentwicklung, S. 393). Fehlbildungen gehen auf das Unterbleiben von Mesenchymeinwanderungen in den Bereich der Epithelmauer zwischen den verschiedenen Oberflächenwülsten während der Gesichtsentwicklung bzw. der Verschmelzung von Fortsätzen zurück. Dadurch entstehen Spalten sehr unterschiedlicher Ausdehnung und Tiefe. Die häufigsten Spaltbildungen sind (⊡ Abb. 7.18) laterale Lippenspalte, Cheiloschisis, Hasenscharte (⊡ Abb. 7.18 a). Sie liegt oberflächlich zwischen medialen Nasenwülsten und Oberkieferwulst. In der Regel tritt sie einseitig auf, kann aber auch beidseitig vorliegen. Im Extremfall reicht sie bis in die Nasenöffnung. Lippen-Kiefer-Spalte, Cheilognathoschisis (⊡ Abb. 7.18 b). Im Bereich der Lippe entspricht die Dehiszenz der lateralen Lippenspalte. Im Oberkieferbereich liegt die Spalte zwischen der Anlage des primären und sekundären Gaumens. Dadurch befindet sie sich zwischen lateralem Schneidezahn und Eckzahn. Ist sie
399 7.1 · Caput, Kopf
⊡ Abb. 7.17 a–c. Gaumenentwicklung. Bereich hinter dem primären Gaumen. a 7. Entwicklungswoche; b Ende der 8. Woche; c 10. Woche
⊡ Abb. 7.18 a–d. Fehlbildungen im Gesichts- und Gaumenbereich. a Cheiloschisis = Lippenspalte (Hasenscharte), kann einseitig oder doppelseitig auftreten. b Cheilognathoschisis = Lippen-Kiefer-Spalte. Diese ein- oder doppelseitige Spalte reicht bis zum Foramen incisivum. c Palatoschisis = Gaumenspalte, tritt auf, wenn die beiden Gaumenfortsätze nicht miteinander verschmelzen. d Cheilognathopalatoschisis = Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte. Doppelseitig wird diese Missbildung Wolfsrachen genannt
sehr tief, erreicht sie das Foramen incisivum am Hinterrand des primären Gaumens. Gaumenspalte, Palatoschisis (⊡ Abb. 7.18 c). Sie kann bis zur Uvula fortgeführt werden, die dann gespalten ist. Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte, Cheilognathopalatoschisis, Wolfsrachen (⊡ Abb. 7.18 d), ist eine Kombination von mehreren Spalten. Seltenere Missbildungen sind die mediane Oberlippenspalte durch unvollständige Vereinigung der beiden medialen Nasenwülste in der Mittellinie oder ungenügende Mesenchymunterfütterung, schräge Gesichtsspalte durch ungenügende Vereinigung des Oberkieferwulstes mit dem lateralen Nasenwulst oder Störung bei der Bildung des Ductus nasolacrimalis und Makro- bzw. Mikrostomie infolge ungenügender oder zu weit fortgeschrittener Vereinigung von Oberkiefer- und Unterkieferwulst.
Kauapparat Zum Kauapparat gehören die Dentes, Zähne, Articulatio temporomandibularis, Kiefergelenk, und Kaumuskulatur. Das Kiefergelenk ermöglicht Schneide- und Mahlbewegungen der Zähne.
Dentes, Zähne Wichtig
Zähne dienen der Zerkleinerung geformter Nahrung. Sie bestehen aus Hartsubstanzen, die eine versorgende Pulpahöhle mit Gefäßen und Nerven umschließen. Die Befestigung der Zähne erfolgt durch den Zahnhalteapparat.
Das menschliche Gebiss ist heterodont (verschiedene Zahnformen) und diphydont (einmaliger Zahnwechsel). Die Zähne vor dem Zahnwechsel, der etwa im 5. Lebens-
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400
Kapitel 7 · Kopf und Hals
jahr beginnt, werden als Dentes decidui, Milchzähne, die späteren als Dentes permanentes, bleibende Zähne, bezeichnet. In beiden Fällen bilden die Zähne Zahnbögen, nämlich je einen in der Maxilla und einen in der Mandibula. Der Zahnbogen in der Maxilla verläuft beim Erwachsenen wie eine halbe Ellipse, der der Mandibula wie eine Parabel. Dadurch überragen bei Okklusion die Frontzähne des Oberkiefers etwas die des Unterkiefers, Überbiss. Außerdem sind die Oberkieferzähne gegen die Unterkieferzähne in der Regel um eine halbe Zahnbreite verschoben, sodass beim Kauen stets 3 Zähne zusammenarbeiten.
7
Dentes decidui. Das Milchgebiss besteht aus 20 Zähnen: in jeder Kieferhälfte 2 Schneidezähne, 1 Eckzahn und 2 Milchmolaren.
Die Formel für das Milchgebiss lautet: 212_ _5 __ 212 = 5 · 2 = 20 Zähne Dentes permanentes. Das Gebiss des Erwachsenen besteht aus 32 Zähnen: in jeder Hälfte 2 Dentes incisivi, Schneidezähne, 1 Dens caninus, Eckzahn, 2 Dentes premolares, Backenzähne, und 3 Dentes molares, Mahlzäh-
ne. Die Zahnformel lautet: 2123_ _8 ___ 2123 = 8 · 2 = 32 Zähne Die Zähne im Einzelnen Dentes incisivi sind meißelförmig und haben eine einfache konische Wurzel. Dentes canini tragen eine abgewinkelte dreikantige Schneidekrone. Die Zahnwurzel ist länger als die aller übrigen Zähne.
Dentes premolares haben an ihrer Krone 2 Höcker (Wangen- und Zungenhöcker). Die Wurzel der oberen Prämolaren ist gefurcht. Die unteren Prämolaren sind einwurzelig. Dentes molares. Ihre Kronen zeigen 4–5 Höcker. Die ersten beiden Molaren des Oberkiefers besitzen 3 divergierende Wurzeln, die des Unterkiefers haben nur 2 Wurzeln. Die Wurzeln der 3. Mahlzähne, Dentes serotini, Weisheitszähne, sind sehr variabel.
Der Durchbruch der Milchzähne (⊡ Tabelle 7.5) beginnt etwa zwischen dem 6. und 8. Lebensmonat mit den
Schneidezähnen. Es folgen der 1. Milchmolar, der Eckzahn, der 2. Milchmolar. Bei der 1. Dentition entsteht nie eine Wunde. Der Zahnwechsel (⊡ Tabelle 7.5) beginnt etwa ab 5. Lebensjahr mit dem Durchbruch des 1. Molars. Dann folgen der 1. Schneidezahn, 2. Schneidezahn, 1. Prämolar, Eckzahn, 2. Prämolar, 2. und 3. Molar. Der Zahnwechsel wird dadurch eingeleitet, dass die Zahnwurzeln der Milchzähne weitgehend resorbiert werden, sodass die bleibenden Zähne die Kronen der Milchzähne mit evtl. Wurzelresten hinausschieben. Alle Zähne haben drei Abschnitte (⊡ Abb. 7.19) Corona dentis, Zahnkrone; das ist der sichtbare Teil des Zahns mit Schneidekante bzw. Kaufläche, Collum dentis, Zahnhals. Er ist von Saumepithel bedeckt (s. unten) und Radix dentis, Zahnwurzel. Sie befindet sich in der zugehörigen Alveole und ist durch den Zahnhalteapparat mit dem Kiefer verbunden. Jede Zahnkrone hat mehrere Flächen: Facies occlusialis, Kaufläche, Facies vestibularis (buccalis, labialis), Außenfläche, Facies lingualis, Innenfläche,
⊡ Tabelle 7.5. Zahndurchbruch und Zahnwechsel Zahn
Milchgebiss (Monate)
Definitives Gebiss (Jahre)
Dens incisivus 1 Dens incisivus 2 Dens caninus Dens premolaris 1 Dens premolaris 2 Dens molaris 1 Dens molaris 2 Dens molaris 3
6–8 8–12 16–20 12–16 = 1. Milchmolar 20–24 = 2. Milchmolar – – –
7–8 8–9 11–13 9–11 11–13 6–7 12–14 17–40
401 7.1 · Caput, Kopf
Facies contactus, die dem Nachbarzahn zugekehrte Fläche, unterteilt in: – Facies mesialis, vordere vertikale Kontaktfläche und – Facies distalis, hintere vertikale Kontaktfläche.
Im Inneren des Zahns befindet sich die Cavitas dentis, Pulpahöhle, die sich in den Canalis radicis dentis, Wurzelkanal, fortsetzt. Beide beinhalten Pulpa dentis (s. unten). Der Wurzelkanal öffnet sich an der Apex radicis dentis
mit dem Foramen apicis dentis, durch das Nerven und Gefäße ins Zahninnere gelangen. Umschlossen wird die Zahnpulpa von 3 mineralisierten Anteilen: Schmelz, Enamelum, nur im Bereich der Zahnkrone vorhanden, Dentin, Dentinum, und Zement, Cementum, nur an der Zahnwurzel vorhanden.
⊡ Abb. 7.19. Zahn und Zahnhalteapparat. Eckzahn
Zur Entwicklung Die Zahnentwicklung beginnt im 2. Entwicklungsmonat. Beteiligt sich das ektodermale Epithel der Mundbucht, das den Schmelz liefert, und das Mesektoderm des Kopfes (S. 114), aus dem Dentin und Zement hervorgehen. Verlauf der Zahnentwicklung (⊡ Abb. 7.20). Im Bereich des zukünftigen Ober- und Unterkiefers entstehen aus dem mehrschichtigen unverhornten Plattenepithel der Mundbucht als Absenkung bogenförmige primäre Zahnleisten. Wenig später bilden sich an der labialen Fläche jeder Leiste 10 knotenförmige epitheliale Verdichtungen, Zahnknospen (⊡ Abb. 7.20 a). Es handelt sich um die Anlage der Schmelzorgane. Durch schnelleres Wachstum der Ränder bekommen die Zahnknospen Kappenform, dann Glockenform (⊡ Abb. 7.20 b). Die Höhlung der Zahnkappe bzw. Zahnglocke enthält verdichtetes Mesenchym, das zur Zahnpapille, dem Vorläufer der Zahnpulpa wird. Der Innenraum der Zahnglocke ist zunächst lippenwärts gerichtet, kippt
⊡ Abb. 7.20 a–d. Zahnentwicklung. a Zahnleiste. Mitte des 2. Entwicklungsmonats. b,c Zahnglocke. b 3. Entwicklungsmonat. c 4. Entwicklungsmonat. Das Rechteck gibt einen Ausschnitt an, der in d stärker vergrößert dargestellt ist. d Bildung der Hartsubstanzen
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Kapitel 7 · Kopf und Hals
aber mit Vergrößerung des Schmelzorgans mundbodenwärts um, sodass die Achse der Zahnanlage später parallel zur Zahnleiste verläuft. Die Verbindung zur Zahnleiste geht etwa Mitte des 4. Entwicklungsmonats verloren. In der Umgebung des Schmelzorgans verdichtet sich das Mesenchym zum Zahnsäckchen (⊡ Abb. 7.20 b). Die Zahnleiste bildet sich allmählich zurück. Nur ihr unterer Rand bleibt als Ersatzleiste erhalten, von der die Bildung der Dentes permanentes ausgeht. Reste der Zahnleiste werden gelegentlich als Malassez-Epithelreste beim Erwachsenen gefunden. Schmelzorgan. Das Schmelzorgan erfährt durch Ansammlung proteinreicher Interzellularflüssigkeit im Inneren eine Gliederung in (⊡ Abb. 7.20 c) äußeres Schmelzepithel, das die Grenze zum Zahnsäckchen bildet, Schmelzpulpa, in der die Zellen durch Ansammlung der Interzellularflüssigkeit sternförmig sind und inneres Schmelzepithel, das der Zahnpapille zugewandt ist. An der Grenze zwischen innerem Schmelzepithel und Zahnpapille entsteht eine dicke Basalmembran mit retikulären Fasern, Membrana preformativa. Durch weitere Induktionsvorgänge wandeln sich die Zellen des inneren Schmelzepithels in Präameloblasten und die Zellen, die der Membrana praeformativa auf der Seite der Zahnpulpa anliegen, zu Odontoblasten, Dentinbildnern, um. Die Odontoblasten beginnen mit der Sekretion der Dentinmatrix und aus den Präameloblasten werden, etwas verzögert, Ameloblasten, Schmelzbildner, die anfangen, Schmelzmatrix abzuscheiden. Schmelzbildung (⊡ Abb. 7.20 d). Sie ist an die Tätigkeit der Ameloblasten gebunden. Ameloblasten sind schmale 60–70 mm hohe Zellen, die zunächst organische Schmelzmatrix und dann auch Kalzium und Phosphat sezernieren. Sehr bald bekommen die Ameloblasten lange apikale Fortsätze, Tomes-Fortsätze, unter deren Mitwirkung sich Schmelzprismen (Apatitkristalle) bilden. Diese gewinnen im Laufe der Zeit eine charakteristische Anordnung. Die Schmelzbildung beginnt im Bereich der späteren Kaufläche des Zahns und schreitet langsam seitlich bis in das Gebiet des zukünftigen Zahnhalses fort. Das Schmelzorgan selbst wächst aber weiter und bildet eine Epithelscheide, Vagina radicularis epithelialis, die bis in den Bereich der späteren Zahnwurzel nach unten reicht. Im Laufe der weiteren Entwicklung wird das Schmelzorgan nahezu vollständig zurückgebildet. Lediglich das innere Schmelzepithel bleibt als Saumepithel im Bereich des Zahnhalses erhalten. Es setzt sich kontinuierlich in das Epithel der Gingiva fort (s. unten). Da auch die zugehörigen Basalmembranen erhalten bleiben, wird erklärlich, dass der Zahndurchbruch der Milchzähne unblutig ist (s. oben). Dentinbildung (⊡ Abb. 7.20 d). Die Dentinbildung beginnt am Ende des 4. Entwicklungsmonats. Verantwortlich
sind die Odontoblasten (s. oben). Sie können während des ganzen Lebens unverkalktes Prädentin bilden. Dentin geht durch Mineralisation aus Prädentin hervor. Eingeleitet wird die Dentinbildung durch Sekretion von Dentingrundsubstanz an dem dem inneren Schmelzepithel zugewandten apikalen Pol junger Odontoblasten. Charakteristisch für die weitere Entwicklung ist die Ausbildung eines langen apikalen, sich begrenzt verzweigenden Odontoblastenfortsatzes, Tomes-Faser, sowie eine fortschreitende Prädentinsekretion. Dabei bleibt aber der Zellleib der Odontoblasten stets außerhalb des Dentins; lediglich die Odontoblastenfortsätze werden von Dentin umgeben. Das zunächst gebildete, dem Schmelz anliegende Dentin wird als Manteldentin – es zeichnet sich durch das Vorkommen dicker Kollagenbündel, Korff-Fasern, aus –, die Hauptmasse als zirkumpulpäres Dentin bezeichnet. Entwicklung von Zement, Periodontium und Alveolarknochen. Diese Strukturen zusammen bilden den Zahnhalteapparat. Sie befinden sich im Bereich der Zahnwurzel. Ge-
meinsam gehen sie aus dem Zahnsäckchen (s. oben) hervor. Beendet wird die Entwicklung des Zahnhalteapparates erst nach Abschluss des Zahndurchbruchs. Die Bildung von Zement erfolgt in der der Zahnanlage zugewandten Schicht des Zahnsäckchens nach Art der desmalen Ossifikation. Die zementbildenden Zellen sind die Zementoblasten; sie werden von Zement umschlossen und liegen daher im Zement. Für die Entstehung des Alveolarknochens ist die äußere Schicht des Zahnsäckchens verantwortlich; die Ossifikation erfolgt desmal. Der verbleibende intermediäre Teil des Zahnsäckchens schließlich wird zum Periodontium (Desmodont), das aus Kollagenfaserbündeln besteht.
Mikroskopische Anatomie der bleibenden Zähne. Der Schmelz ist die härteste Substanz des menschlichen Kör-
pers und enthält über 97 % anorganische Substanzen, vorwiegend Hydroxylapatit. Schmelz ist zellfrei und besteht aus Schmelzprismen, die durch interprismatische Kittsubstanz zusammengefügt sind. Ihr Verlauf ruft vor allem polarisationsmikroskopisch nachweisbare Schräger-Hunter-Streifen hervor. Quer hierzu lassen sich das Dentin zirkulär umgreifende Linien, Retzius-Streifen, erkennen, die auf rhythmisches Verkalken des Schmelzes während der Entwicklung zurückgehen. Dentin. Dentin ist härter als Knochen, aber weniger hart als Schmelz; es besteht zu etwa 70 % aus anorganischen Bestandteilen, 20 % organischer Matrix, 10 % Wasser. Unter den anorganischen Bestandteilen überwiegen Hydroxylapatitkristalle.
403 7.1 · Caput, Kopf
Charakteristisch für das Dentin sind Dentinkanälchen. Sie verlaufen radiär und enthalten Odontoblastenfortsätze. Der Zellleib der Odontoblasten selbst liegt aber außerhalb des Dentins an der Pulpa-Dentin-Grenze (s. Zahnentwicklung). Umgeben werden die Dentinkanälchen von peritubulärem Dentin, das sehr dicht und fest ist. Dazwischen liegt weniger dichtes intertubuläres Dentin mit Kollagenfibrillen, die vorwiegend in Längsrichtung des Zahns angeordnet sind. Die dem Schmelz zugewandte Oberfläche des Dentins besteht aus relativ wenig stark mineralisiertem Manteldentin. Zement gleicht Geflechtknochen. Wichtigste Bestandteile sind Zementozyten, die Osteozyten gleichen, Kollagenfibrillen und verkalkte Grundsubstanz. Die Pulpa dentis füllt das Cavum dentis einschließlich der Wurzelkanäle und besteht aus lockerem Bindegewebe. Außer Fibrozyten kommen undifferenzierte Mesenchymzellen und freie Bindegewebszellen vor. An der Dentingrenze liegen die palisadenförmig ineinander verschachtelten Odontoblasten (s. oben). Die Pulpa ist reich vaskularisiert und innerviert. Vereinzelt können marklose Nervenfasern in Dentinkanälchen eindringen. Zum Zahnhalteapparat (⊡ Abb. 7.19) gehören:
Zement (s. oben), Periodontium und Alveolarknochen. Das Periodontium ist der Bindegewebsapparat, der die
Zähne befestigt und den Kaudruck auffängt. Es füllt den Raum zwischen der Oberfläche des Zements und den umgebenden Alveolarfortsätzen. Die Kollagenfasern, Sharpey-Fasern, verlaufen von der Alveolarwand zum Zement hin absteigend, im Bereich des Zahnhalses jedoch horizontal bzw. aufsteigend. Zwischen den Kollagenfaserbündeln liegen zahlreiche knäuelartige Gefäßschlingen
>
und mit Flüssigkeit gefüllte Gewebespalten, die bei Belastung des Zahns eine Art hydraulische Pufferwirkung ausüben. Alveolarknochen. Es handelt sich um die Processus alveolares maxillae bzw. mandibulae. Sie bestehen aus Lamellenknochen und dienen der Befestigung der SharpeyFasern. Gefäße und Nerven der Zähne (hierzu auch Kapitel 7.3,
Leitungsbahnen). Die arterielle Versorgung der oberen Mahlzähne erfolgt über die Rr. dentales der A. alveolaris superior posterior; die entsprechenden Äste für die übrigen Oberkieferzähne stammen aus den Aa. alveolares superiores anteriores, die aus der A. infraorbitalis abzweigen. Beide Versorgungsäste haben als Stammgefäß die A. maxillaris (S. 450). Die Unterkieferzähne werden von den Rr. dentales der A. alveolaris inferior versorgt, die ebenfalls aus der A. maxillaris entspringt. Lymphgefäße. Die Zahnpulpa enthält zarte Lymphgefäße. Die Lymphe der Unterkieferzähne gelangt über ein zentrales Gefäß im Canalis mandibulae in die Nodi lymphatici cervicales profundi. Die dentalen Lymphgefäße des Oberkiefers laufen in den Canales alveolares superiores bzw. im Canalis infraorbitalis zu den Nodi lymphatici submandibulares. Die Innervation der Oberkieferzähne erfolgt durch einen Plexus dentalis,der Fasern aus den Nn.alveolares superiores posteriores, medii und anteriores erhält. Letztlich kommen die Fasern aus dem (aus dem N. maxillaris,N. V2, S. 459). Der vordere Teil des Plexus erhält auch Fasern aus den Nn. nasales laterales (Äste des N. ethmoidalis anterior aus dem N. nasociliaris des N. ophthalmicus,V1,S. 459). Unterkieferzähne. Die Rr. dentales inferiores der Unterkieferzähne entstammen dem N. alveolaris inferior (stärkster Ast des N. mandibularis, N. V3).
In Kürze
Schmelz bildet die Zahnkrone. Er geht aus dem ektodermalen Schmelzorgan hervor. Schmelz hat weder Gefäße noch Nerven. Dentin und Zement sind mesodermaler Herkunft. Im Dentin befinden sich Dentinkanälchen mit Odontoblastenfortsätzen. Die Zellleiber der Odontoblasten liegen dagegen außerhalb des Dentins am Rand der Zahnpulpa. Die Zahnpulpa ist gefäß- und nervenreich. Das Zement der Zahnwurzel gleicht Geflechtknochen. Es gehört zum Zahnhalteapparat. Zement erreicht die Zahnkrone im Zahnhals. – Die Dentitionen (Milchgebiss mit 20 Zähnen, Dauergebiss mit 32 Zähnen) verlaufen in festgelegter Reihenfolge.
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404
Kapitel 7 · Kopf und Hals
Articulatio temporomandibularis, Kiefergelenk Wichtig
Das Kiefergelenk befindet sich zwischen Mandibula und Os temporale und ist ein Schiebe- und Scharniergelenk für Bewegungen des Unterkiefers. Führend ist der Discus articularis. Ausgeführt werden die Bewegungen durch die Kaumuskulatur.
7
Im Kiefergelenk (⊡ Abb. 7.21) artikulieren das Caput mandibulae des Processus condylaris mit der Facies articularis der Fossa mandibularis und dem Tuberculum articulare des Os temporale (S. 387). Außerdem weist das Gelenk einen Discus articularis auf, der ringsum mit der Gelenkkapsel verwachsen ist. Dadurch wird das Kiefergelenk in zwei getrennte Kammern unterteilt: obere diskotemporale Kammer und untere diskomandibulare Kammer. Die obere Kammer kann isoliert als Schiebegelenk oder gemeinsam mit der unteren benutzt werden. Dann wirkt das Kiefergelenk als Scharniergelenk. Der Discus articularis ist der funktionell wichtigste Teil des Kiefergelenks. Er besteht aus Faserknorpel. Der Discus ermöglicht, dass bei Bewegungen im Kiefergelenk das Caput mandibulae ein- oder beidseitig aus der Fossa mandibularis auf das Tuberculum articulare vorverlagert wird (s. unten). Die Gelenkkapsel ist relativ weit und trichterförmig. Sie entspringt in der Fossa mandibularis vor der Fissura petrotympanica und schließt ventral das Tuberculum articulare ein. Sie setzt oberhalb der Fovea pterygoidea am Collum mandibulae an. Bänder im Zusammenhang des Kiefergelenks Bänder am Kiefergelenk sind Lig. laterale (⊡ Abb. 7.21 a) vom Processus zygomaticus zum Collum mandibulae. Es hemmt die Verschiebung des Caput mandibulae nach dorsal und lateral. Teile des Bandes gehören zur Gelenkkapsel. Lig. stylomandibulare vom Processus styloideus zum Angulus mandibulae. Dieses und die folgenden Bänder haben keine Verbindung zur Gelenkkapsel. Lig. sphenomandibulare von der Spina ossis sphenoidalis (lateral des Foramen spinosum) zur Innenseite des Ramus mandibulae. Es liegt zwischen M. pterygoideus lateralis und M. pterygoideus medialis. Raphe pterygomandibularis. Sie zieht vom Hamulus des Processus pterygoideus zum Ramus mandibulae. An der Naht inseriert von lateral der M. buccinator; die Naht ist
⊡ Abb. 7.21 a–c. Rechtes Kiefergelenk. a Kapsel und Bandapparat. b Bei Kieferschluss liegen Caput mandibulae und der Discus articularis in der Fossa mandibularis. Der Pfeil gibt die Bewegungsrichtung bei einer zukünftigen Mundöffnung an. c Verschiebung des Discus articularis bei beginnender Mundöffnung
gleichzeitig Ursprung des M. constrictor pharyngis superior. Beide Muskeln bilden mit der Raphe die ventrale Begrenzung des Spatium retro- und lateropharyngeum (⊡ Abb. 7.40, S. 430).
Kaumuskulatur und Bewegungen im Kiefergelenk Kaumuskeln sind (⊡ Abb. 7.22, ⊡ Tabelle 7.6) M. temporalis, M. masseter, M. pterygoideus medialis und M. pterygoideus lateralis. Im Einzelnen M. temporalis. Der Muskel verläuft wie ein Fächer (Tempo-
ralisfächer). Er füllt die Schläfengrube und gestaltet damit die Oberfläche des Kopfes. Der M. temporalis ist der Kaumuskel mit der größten Kraftentfaltung. Beim festen Zubeißen wölbt sich der Muskelbauch kräftig vor. Seine hinteren Fasern dienen nur dem Zurückziehen des Unterkiefers. Fascia temporalis. Die Fascia temporalis bedeckt mit 2 Blättern den M. temporalis. Beide Blätter liegen an der obe-
405 7.1 · Caput, Kopf
mandibulae geht die Lamina superficialis in die Lamina profunda über, die die mediale Fläche des M. pterygoideus medialis bedeckt. Kranial erreicht sie die Schädelbasis. M. pterygoideus medialis. Er liegt dem Ramus mandibulae von innen an und bildet zusammen mit dem M. masseter (dem Ramus mandibulae von außen angelagert) eine Muskelschlinge, die den Kieferwinkel umgreift. Die Kontraktionskraft von M. temporalis, M. masseter und M. pterygoideus medialis zusammen ist gewaltig, sodass Kauleistungen mit einem Druck von mehreren Zentnern erbracht werden können. M. pterygoideus lateralis. Er befindet sich in der Fossa infratemporalis. Zwischen seinen Köpfen verläuft der N. buccalis. Dagegen verlaufen zwischen dem M. pterygoideus lateralis und medialis der N. lingualis und N. alveolaris inferior. Der M. pterygoideus lateralis schafft dadurch, dass er den Unterkiefer nach vorne zieht, die Voraussetzung für das Öffnen des Mundes. Außerdem bewirkt er die Mahlbewegungen. Außer den Kaumuskeln im engeren Sinne wirken weitere Muskeln beim Kauen mit, insbesondere die Muskeln von Zunge (S. 411), Lippen und Wangen.
⊡ Abb. 7.22 a, b. Kaumuskulatur und Muskeln des Lippen-Wangen-Bereichs. a Oberflächliche Kaumuskulatur; b tiefe Kaumuskulatur und Lippen- und Wangenmuskulatur. Der Proc. coronoideus ist entfernt
ren Anheftungsstelle, der Linea temporalis superior, dicht aneinander, weichen jedoch kaudal auseinander. Die Lamina superficialis befestigt sich an der Außenseite des Arcus zygomaticus, die Lamina profunda an der Innenseite des Jochbogens. Zwischen beiden Blättern findet sich lockeres Bindegewebe und Fettgewebe, ferner die A. und V. temporalis media. M. masseter. Er ist der auffälligste Kaumuskel. Er besteht aus 2 Portionen, einer oberflächlich schrägen und einer tiefen, senkrecht absteigenden. Er wirkt stets mit M. temporalis und M. pterygoideus medialis zusammen. Fascia masseterica. Auch die Fascia masseterica lässt eine Lamina superficialis und eine Lamina profunda erkennen. Die Lamina superficialis bedeckt den M. masseter bis zum Arcus zygomaticus und gelangt dorsal mit dem M. masseter unter die Gl. parotidea. Um den dorsalen Rand des Ramus mandibulae und um den unteren Rand des Angulus
Bewegungen im Kiefergelenk hängen von der Gelenkkonstruktion und der Kaumuskulatur ab. Öffnungs- und Schließbewegung (⊡ Abb. 7.21 b, c). Beim Öffnen treten die beiden Gelenkköpfe mit dem Discus articularis nach ventrokaudal auf das Tuberculum articulare. Die Scharnierbewegung ist also mit einer Gleitbewegung kombiniert. Die Achse dieser kombinierten Bewegung verläuft durch die Foramina mandibulae. Mitwirkende Muskeln sind beim Heben des Unterkiefers: M. temporalis, M. masseter, M. pterygoideus medialis und beim Senken des Unterkiefers die Mundbodenmuskulatur: M. digastricus, M. mylohyoideus, M. geniohyoideus. Vor allem ermöglicht aber das Nachlassen des Tonus der Kaumuskulatur das Senken des Unterkiefers. > Klinischer Hinweis Bei übermäßigem Öffnen des Mundes, z. B. beim Gähnen, Singen oder beim Zahnarzt kann das Caput mandibulae vor das Tuberculum articulare gelangen und dort von der Kaumuskulatur in eine Grube hineingepresst werden, Maulsperre.
Schiebebewegung vor- und rückwärts. Führend sind die Zahnreihen. Die Bewegung findet ausschließlich im oberen, diskotemporalen Gelenk statt und ist stets mit einer geringgradigen Senkung der Mandibula und einem Gleiten des Discus articularis verbunden: nach vorne auf das Tuberculum articulare, zurück in die Fossa mandibularis.
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406
Kapitel 7 · Kopf und Hals
⊡ Tabelle 7.6. Kaumuskulatur. Alle Kaumuskeln bis auf den M. pterygoideus lat. sind Schließmuskeln. Die motorische Innervation aller Kaumuskeln erfolgt durch Äste der Radix motoria nervi trigemini.
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Muskel
Ursprung
Ansatz
Funktion
Nerv (Radix motoria nervi trigemini)
M. masseter
Arcus zygomaticus
Tuberositas masseterica am Angulus mandibulae
Kieferschluss
N. massetericus
M. temporalis
Linea temporalis der Squama ossis temporalis u. des Os parietale
Proc. coronoideus mandibulae
Kieferschluss, der dorsale Teil zieht vorgeschobenen Unterkiefer zurück
Nn. temporales prof.
M. pterygoideus med.
Fossa pterygoidea
Tuberositas pterygoidea am Angulus mandibulae
Kieferschluss
N. pterygoideus med.
Pars superior
Crista infratemporalis ossis sphenoidalis
Discus articularis
Zieht Discus articularis nach vorn, leitet damit Kieferöffnung ein
N. pterygoideus lat.
Pars inferior
Lamina lat. des Proc. pterygoideus
Proc. condylaris mandibulae
Einseitig: Verschieben des Unterkiefers zur Gegenseite Doppelseitig: Vorschieben des Unterkiefers
N. pterygoideus lat.
M. pterygoideus lat.
Mitwirkende Muskeln beim Vorschieben des Unterkiefers: M. pterygoideus lateralis, vorderer Anteil des M. masseter und beim Rückschieben des Unterkiefers: hinterer Anteil des M. temporalis. Mahlbewegung. Hierbei kommt es zu einer Seitwärtsverschiebung der Mandibula. Da die Capita mandibulae
>
bei Mahlbewegungen nie zu gleicher Zeit in gleicher Höhe stehen, kommt bei seitlicher Verschiebung zu einer Schräglagerung des Unterkiefers. Das Caput der Seite, zu der der Unterkiefer verschoben wird, dreht sich dabei um die vertikale Achse, während das Köpfchen der Gegenseite gleichzeitig eine Bewegung nach ventrokaudal macht und dabei auf das Tuberculum articulare rückt.
In Kürze
Der Discus articularis teilt das Kiefergelenk in eine obere und untere Kammer. An vor- und rückwärts gerichteten Schiebebewegungen des Unterkiefers ist nur die obere Kammer beteiligt. Dabei gleitet der Discus articularis auf das Tuberculum articulare und wieder zurück. Bei Heben und Senken des Unterkiefers, z. B. beim Öffnen des Mundes, wird diese Bewegung mit einer Scharnierbewegung kombiniert, bei der auch die untere Kammer mitwirkt. Mahlbewegungen sind Seitwärtsverschiebungen der Mandibula. Die Kaumuskulatur ist an allen Bewegungen des Kiefergelenks in unterschiedlichem Umfang beteiligt.
407 7.1 · Caput, Kopf
Vestibulum oris Wichtig
Vorhof und eigentliche Mundhöhle sind zwar durch die Zahnbögen voneinander getrennt, erfüllen aber ihre Aufgaben gemeinsam. Sie sind von Schleimhaut mit mehrschichtigem unverhorntem Plattenepithel ausgekleidet, das durch kleine Speicheldrüsen feucht gehalten wird.
Der Vorhof der Mundhöhle ist der Raum zwischen Lippen, Wangen und Zahnbögen. Er vermag Luft, Flüssigkeit oder Nahrung aufzunehmen (Backentaschen), die durch die Backenmuskulatur in die Cavitas oris propria befördert werden können. Das Vestibulum oris wird von mehrschichtigem unverhorntem Plattenepithel der Mundschleimhaut mit gemischten Speicheldrüsen, Gll. labiales und Gll. buccales, ausgekleidet. Ins Vestibulum oris mündet in Höhe des 2. oberen Molaren auf einer kleinen Papille der Ductus parotideus (S. 415). Das Lippenrot bildet an der Rima oris den Übergang von Oberhaut zur Schleimhaut. Hier fehlen Pigmentzellen und Pigmenteinlagerungen und die sehr kapillarreichen Bindegewebspapillen sind so tief, dass die Farbe des Blutes durchschimmert. Gingiva, Zahnfleisch. Die Schleimhaut von Wange und Lippe schlägt in einer oberen und unteren Aussackung, Fornix vestibuli, auf die Alveolarfortsätze des Ober- und Unterkiefers um und bildet dort die Gingiva. Zwischen Zahnfleisch und Ober- bzw. Unterlippe befindet sich jeweils eine mediane Schleimhautfalte, Frenulum labii superioris bzw. inferioris. An jedem Zahn weist die Gingiva einen bis zu 0,5 mm tiefen, rinnenförmigen Sulcus gingivalis auf. Hier setzt sich das mehrschichtige unverhornte Plattenepithel der Mund- und Alveolarschleimhaut in papillenfreies Saumepithel (s. Entwicklungsgeschichte) fort, das bis zum Oberrand des Zements reicht und sich am Zahnschmelz befestigt (⊡ Abb. 7.19). > Klinischer Hinweis Durch Schwund des Saumepithels kann es am Zahnhals zur Taschenbildung und in den Taschen zur Ansammlung von Speiseresten und Bakterien mit folgender Entzündung kommen, Parodontose.
Innervation der Gingiva (hierzu auch Kapitel 7.3, S. 454). Sie erfolgt durch die Nerven, die die Zähne innervieren. Außerdem wird die linguale Gingiva des Unter-
kiefers von Endästen des N. lingualis erreicht. Die palatine Schleimhaut der oberen Schneidezähne innervieren Endäste des N. nasopalatinus, diejenige der oberen Prämolaren und Molaren solche des N. palatinus major.
Cavitas oris propria Zur Cavitas oris propria gehören Palatum, Gaumen, Fauces, Schlund, mit Isthmus faucium, Schlundenge, Tonsilla palatina, Gaumenmandel, Mundboden und Lingua, Zunge.
Palatum, Gaumen Der Gaumen gliedert sich in Palatum durum und Palatum molle. Palatum durum. Der harte Gaumen nimmt die vorderen
zwei Drittel des Gaumens ein. Seine knöcherne Grundlage sind die beidseitigen Processus palatini maxillae und die Lamina horizontalis der Ossa palatina (⊡ Abb. 7.5). Palatum molle. Der weiche Gaumen ist das hintere, bewegliche Drittel des Gaumens, auch als Velum palatinum, Gaumensegel, bezeichnet. Die Grundlage ist eine derbe Bindegewebsplatte, Aponeurosis palatina, die am hinteren Rand des Palatum durum ansetzt und sich seitlich bis zu den Hamuli pterygoidei ausspannt. Nach hinten läuft das Gaumensegel in die Uvula, Zäpfchen, aus. In die Aponeurosis palatina strahlen Sehnen von vier paarigen Muskeln und einem unpaaren Muskel ein (⊡ Abb. 7.23, ⊡ Tabelle 7.7): M. levator veli palatini. Er wirkt beim Spannen des weichen Gaumens mit. Sein distaler Teil, der sich beidseitig an den Hamuli pterygoidei befestigt, zieht den weichen Gaumen nach oben. M. tensor veli palatini. Er verläuft um den Hamulus pterygoideus herum, der als Hypomochlion wirkt. Dadurch strahlt der Muskel horizontal in die Aponeurose ein und spannt sie. M. levator veli palatini und M. tensor veli palatini wirken außerdem auf die Tuba auditiva (S. 673). M. palatoglossus, M. palatopharyngeus und M. uvulae (unpaar).
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408
Kapitel 7 · Kopf und Hals
Fauces und Isthmus faucium Als Fauces, Schlund, wird das Gebiet zwischen Gaumensegel, Zäpfchen und Zungenrücken bezeichnet. Der Isthmus faucium, Schlundenge, befindet sich zwischen den Gaumenbögen: Arcus palatoglossus und Arcus palatopharyngeus. Der Isthmus faucium wird von 3 Muskeln umrahmt. Der M. uvulae ist die wichtigste Grundlage der Uvula. Der M. palatoglossus wirft am Isthmus faucium den Arcus palatoglossus, der weiter dorsal gelegene M. palatopharyngeus den Arcus palatopharyngeus auf. Zwischen den beiden Gaumenbögen befindet sich die Fossa tonsillaris. Ihre muskuläre Grundlage bilden Teile des M. con-
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⊡ Abb. 7.23. Muskeln des weichen Gaumens
Mikroskopische Anatomie. Am harten Gaumen ist die
Schleimhaut unverschieblich mit dem Periost verbunden. Ihr mehrschichtiges Epithel hat ein Stratum corneum. Velum palatinum und Uvula werden dagegen oral von mehrschichtigem unverhorntem Plattenepithel, pharyngeal von mehrreihigem Flimmerepithel (respiratorisches Epithel) bedeckt. Die Grenze zwischen den beiden Epithelien ist scharf. In der Schleimhaut des Gaumens einschließlich des Zäpfchens kommen zahlreiche muköse bzw. auf der pharyngealen Seite des Gaumensegels seromuköse Gll. palatinae vor.
strictor pharyngis superior sowie der M. styloglossus und M. stylopharyngeus. Schlundbogen und Uvula gemeinsam verschließen die Mundhöhle nach hinten,z. B.bei der Nasenatmung.Bei der Mundatmung und beim Schlucken öffnet sich der Isthmus faucium jedoch, wobei die Uvula verkürzt (Kontraktion des M. uvulae) und nach oben geschlagen wird und das Gaumensegel mit der vorgewölbten hinteren Pharynxwand (Passavant-Wulst,S. 433) in Kontakt kommt. Zu einer fast gewaltsamen Öffnung des Isthmus faucium kommt es beim Würgen.Verbunden ist dies mit einer seitlichen Erweiterung des Pharynx (Wirkung des M. palatopharyngeus und M. stylopharyngeus, ⊡ Tabelle 7.15). > Klinischer Hinweis Die Entzündung der Schleimhaut des Schlundbogens führt in der Regel zu starken Schluckbeschwerden.
Gefäße und Nerven des Gaumens (hierzu auch Kapi-
Tonsilla palatina
tel 7.3, Leitungsbahnen).
Die Gaumenmandel liegt in der Fossa tonsillaris, (s. oben). Oberhalb befindet sich eine kleine Fossa supratonsillaris.
Die arterielle Versorgung des Gaumens erfolgt
durch: A. palatina ascendens aus der A. facialis, A. palatina descendens aus der A. maxillaris und A. pharyngea ascendens aus der A. carotis externa. Das venöse Blut wird in den Plexus pterygoideus abgelei-
tet. Regionale Lymphknoten sind die Nodi lymphatici submandibulares. Überregionale Lymphknoten sind die Nodi lymphatici cervicales profundi (auch für die Gingiva). Die Innervation der Gaumenschleimhaut, sensibel und sekretorisch, erfolgt durch die Nn. palatini major et minor (aus N. maxillaris, N. V2) und Äste des N. glossopharyngeus (N. IX).
Zur Entwicklung Das Gewebe der Gaumenmandel ist teilweise entodermaler, teilweise mesodermaler Herkunft. Die entodermalen Anteile leiten sich vom Epithel der 2. Schlundtasche ab (S. 426). Sekundär wandern Lymphozyten in das aus dem Mesenchym hervorgegangene retikuläre Bindegewebe ein. Mikroskopische Anatomie (⊡ Abb. 7.24). Die Tonsilla pa-
latina setzt sich durch eine zarte Bindegewebskapsel vom Gewebe der Umgebung ab. Die dem Isthmus faucium zugewandte Oberfläche zeigt zahlreiche Öffnungen, Fossulae tonsillae, von denen tiefe, verzweigte, mit mehrschichtigem unverhorntem Plattenepithel ausgekleidete
409 7.1 · Caput, Kopf
⊡ Tabelle 7.7. Muskeln des weichen Gaumens Muskel
Ursprung
Ansatz
Funktion
Innervation
M. levator veli palatini
Knorpel der Tuba auditiva, Facies inferior partis petrosae
Sehnen der Muskeln beider Seiten durchflechten sich u. bilden Muskelschlingen zur Aponeurosis palatina
Hebt Gaumensegel und drückt es gegen hintere Pharynxwand, öffnet das Ostium pharyngeum tubae auditivae
Plexus pharyngealis (N. IX, N. X, möglicher weise auch N. VII und Truncus sympathicus)
M. tensor veli palatini
Fossa scaphoidea der Ala major ossis sphenoidalis u. Lamina membranacea tubae auditivae
Zieht um Hamulus pterygoideus herum zur Aponeurosis palatina
Spannt Gaumensegel, öffnet Tuba auditiva
N. musculi tensoris veli palatini (aus N. V3)
M. uvulae
Aponeurosis palatina
Spitze der Uvula
Abschluss des Isthmus faucium
Plexus pharyngealis
M. palatoglossus
Aponeurosis palatina
Seitenrand der Radix linguae
Verengung des Isthmus faucium
N. IX
M. palatopharyngeus
Aponeurosis palatina, Hamulus pterygoideus, Lam. med. processi pterygoidei
Seitliche Pharynxwand u. Seitenfläche der Cartilago thyroidea
Verengung des Isthmus faucium
N. IX
Cryptae palatini ausgehen. Unter dem Epithel und um die Krypten liegt lymphoretikuläres Bindegewebe mit zahlreichen Folliculi lymphatici mit Reaktionszentren (Primär- und Sekundärfollikel). Sekundärfollikel zeigen auf der dem Oberflächenepithel zugewandten Seite eine kappenartige Verstärkung des Lymphozytenwalls, Lymphozytenkappen. Das Epithel über den Folliculi lymphatici ist durch Abbau der Desmosomen netzartig aufgelockert. Außerdem besitzt es M-Zellen (S. 573). In die Maschen des »entdifferenzierten« Epithelverbandes sind aus den Lymphozytenkappen Lymphozyten und Makrophagen eingewandert. Die Makrophagen gelangen im Bereich dieser Durchdringungszone mit Bakterienantigenen in Kontakt und geben ihre Antigeninformation an antigen-sensitive T- oder B-Lymphozyten weiter. Derart stimulierte Lymphozyten wandern in die Reaktionszentren der Lymphfollikel zurück, teilen sich und werden zu immunologisch kompetenten Lymphozyten, Lymphozyten mit immunologischem Gedächtnis bzw. antikörperproduzie-
⊡ Abb. 7.24. Tonsilla palatina
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410
Kapitel 7 · Kopf und Hals
⊡ Tabelle 7.8. Differenzialdiagnose der Tonsillen
7
Zu beachten
Tonsilla lingualis
Tonsilla palatina
Tonsilla pharyngea
Epithel
Mehrschichtiges unverhorntes Plattenepithel
Mehrschichtiges unverhorntes Plattenepithel
Mehrreihiges Flimmerepithel mit Becherzellen
Epitheleinsenkungen
Flache Krypten
Tiefe verzweigte Krypten
Rinnen und Buchten
Drüsen
Am Boden der Krypten münden die Ausführungsgänge rein muköser Drüsen
Keine
Am Boden der Buchten münden die Ausführungsgänge seromuköser Drüsen
Detritus
Keiner
Regelmäßig
Selten
Bindegewebskapsel
Keine
Gut ausgeprägt
Schwach ausgeprägt
renden Plasmazellen. Zur Differenzialdiagnose der Tonsillen ⊡ Tabelle 7.8. > Klinischer Hinweis Im Lumen der verzweigten Krypten befindet sich regelmäßig Detritus, der aus abgeschilferten Epithelzellen, Bakterien und Lymphozyten besteht. Bei übermäßigem Keimbefall kann es von hier aus zur Tonsillitis kommen.
Die arterielle Gefäßversorgung der Tonsilla palatina ist
variabel (hierzu auch Kapitel 7.3, Leitungsbahnen). Am konstantesten und stärksten ist der Blutzufluss durch den R. tonsillaris, einem Ast der A. palatina ascendens, der gelegentlich direkt aus der A. facialis hervorgehen kann. Das Gefäß tritt meist kaudal, seltener lateral an die Tonsille heran und kann sich schon vor der Kapsel in zahlreiche Äste aufspalten. Weitere kleinere an der Gefäßversorgung der Tonsille beteiligte Äste stammen aus der A. lingualis und der A. pharyngea ascendens. Die Venen leiten ihr Blut in den Plexus pharyngeus. Die Lymphgefäße fließen zu den Nodi lymphatici submandibulares, von dort in die Nodi lymphatici cervi-
>
cales profundi ab, von denen der oberste, Nodus jugulodigastricus, bei Entzündungen der Tonsille von außen getastet werden kann.
Mundboden Der Boden der Mundhöhle ist muskulär (⊡ Tabelle 7.9). Tragend ist der M. mylohyoideus (⊡ Abb. 7.39), der zusammen mit dem der Gegenseite eine Muskelplatte bildet, die jeweils an der Linea mylohyoidea der Mandibula entspringt. Sie bildet das Diaphragma oris. Ferner gehören zu den Mundbodenmuskeln: M. geniohyoideus, der mundhöhlenwärts vom M. mylohyoideus liegt, M. digastricus (⊡ Abb. 7.39), der durch die gespaltene Ansatzsehne des M. stylohyoideus verläuft und an dieser Stelle in enge Nachbarschaft zum Zungenbein kommt. Innervation s. ⊡ Tabelle 7.9
In Kürze
In das Vestibulum oris mündet gegenüber dem 2. Molaren des Oberkiefers die Gl. parotidea. Relevant sind ferner die Sulci gingivales an den Zahnhälsen. In der Cavitas oris propria folgt dem Palatum durum das Palatum molle (auch als Velum palatinum bezeichnet), dessen Grundlage die Aponeurosis palatina ist. Sie wird von Muskeln gespannt. Das Palatum molle läuft in die Uvula aus, die zum Isthmus faucium gehört. Seitlich wird der Isthmus von den Gaumenbögen begrenzt: Arcus palatoglossus, Arcus palatopharyngeus. Die Gaumenbögen fassen die Tonsilla palatina zwischen sich. Die Tonsilla palatina ist ein lymphatisches Organ.
411 7.1 · Caput, Kopf
⊡ Tabelle 7.9. Mundbodenmuskulatur (suprahyale Muskulatur) Muskel
Ursprung
Ansatz
Funktion
Nerv
M. mylohyoideus (bildet Diaphragma oris)
Linea mylohyoidea der Mandibula
Raphe mylohyoidea u. Os hyoideum
Kieferöffnung, Heben des Zungenbeins beim Schluckakt
N. mylohyoideus (aus N. V3)
M. geniohyoideus
Spina mentalis der Mandibula (oberhalb M. mylohyoideus)
Corpus ossis hyoidei
Zieht Zungenbein nach vorne
Rr. anteriores aus C1,2
Venter posterior
Incisura mastoidea ossis temporalis
Zwischensehne zum Venter anterior
Hebung des Zungenbeins beim Schluckakt
N. VII
Venter anterior
Zwischensehne ist mit dem Cornu min. ossis hyoidei verbunden
Fossa digastrica
Kieferöffnung
N. mylohyoideus (aus N. V3)
Proc. styloideus
Cornu min. ossis hyoidei (der gespaltene Muskelbauch umfasst die Sehne des M. digastricus)
Hebung des Zungenbeins beim Schluckakt
N. VII
M. digastricus
M. stylohyoideus
Lingua, Zunge Wichtig
Die Zunge ist ein von Schleimhaut bedeckter Muskelkörper. Ihre Oberfläche ist durch Zungenpapillen aufgeworfen, deren Epithel Geschmacksknospen enthält.
Die Zunge gliedert sich in Corpus linguae, Zungenkörper, mit Apex linguae, Zungenspitze, und Radix linguae, Zungenwurzel. Zur Entwicklung Die Gliederung der Zunge in Corpus und Radix geht auf Unterschiede in der Herkunft beider Abschnitte zurück. Das Corpus linguae geht auf den 1. Branchialbogen (Mandibularbogen), die Radix auf den 2. und 3. sowie teilweise den 4. zurück. Alle Abschnitte verschmelzen dann, wobei die Verschmelzungsgrenze als Sulcus terminalis erhalten bleibt. Ihre endgültige Lage erhält die Zunge erst durch ein relatives Absenken ihrer Anlage während des starken Schä-
delwachstums. Weitere Einzelheiten S. 425, Entwicklung der Branchialbögen. Zungenmuskulatur. Gemeinsame Grundlage aller Antei-
le der Zunge ist die Zungenmuskulatur. Sie besteht aus Skelettmuskulatur, die teilweise aus der Umgebung in die Zunge einstrahlt, Außenmuskulatur, und solche, die auf die Zunge beschränkt ist, Binnenmuskulatur. Gemeinsam bewirken sie eine außerordentliche Beweglichkeit und Verformbarkeit der Zunge. Die Zungenmuskulatur inseriert überwiegend an der Aponeurosis linguae, einer derben Bindegewebsplatte unter der Schleimhaut des Zungenrückens. In der Medianebene trennt das Septum linguale die Zunge unvollständig in zwei Hälften. Außenmuskulatur (⊡ Tabelle 7.10): M. genioglossus. Er entspringt an der Spina mentalis mandibulae und verläuft fächerförmig. Die vorderen Fasern ziehen nahezu senkrecht in die Zungenspitze, die hinteren nahezu horizontal zum Zungengrund.
7
412
Kapitel 7 · Kopf und Hals
⊡ Tabelle 7.10. Außenmuskulatur der Zunge Muskel
Ursprung
Ansatz
Funktion
Nerv
M. genioglossus
Spina mentalis mandibulae
Aponeurosis linguae
Zieht die Zunge nach vorne u. unten
N. XII
M. hyoglossus
Cornu majus et Corpus ossis hyoidei
Aponeurosis linguae am Zungenrand
Zieht Zunge nach hinten u. unten, senkt Zunge zur gleichen Seite bei einseitiger Kontraktion
N. XII
M. styloglossus
Proc. styloideus
Am Zungenrand bis zur Spitze
Zieht Zunge nach hinten, oben und zur gleichen Seite bei einseitiger Kontraktion
N. XII
7 M. hyoglossus. Er strahlt vor allem in den seitlichen hinteren Zungenrand ein. M. styloglossus. Er verläuft im Wesentlichen am Zungenrand bis zur Zungenspitze.
Binnenmuskulatur: M. verticalis linguae, M. longitudinalis superior, M. longitudinalis inferior und M. transversus linguae.
Die Fasern der Binnenmuskeln stehen in den 3 Raumebenen senkrecht aufeinander und durchflechten sich. Sie bewirken die starke Verformung der Zunge beim Kauen, Saugen, Singen, Sprechen und Pfeifen. Lang und schmal wird die Zunge bei Kontraktion der transversalen und vertikalen Muskelbündel, kurz und dick der longitudinalen und transversalen, kurz, breit und niedrig der longitudinalen und vertikalen. > Klinischer Hinweis Außen- und Binnenmuskulatur der Zunge werden vom N. hypoglossus (N. XII) innerviert. Wird dieser Nerv einseitig gelähmt, weicht die Zunge beim Herausstrecken zur gelähmten Seite ab.
Corpus linguae. An der Oberfläche, Dorsum linguae, Zungenrücken, bildet der Sulcus terminalis die Grenze gegenüber der Radix linguae. Der Sulcus ist V-förmig, mit nach hinten gerichteter Spitze. Dorsal an der Spitze liegt als kleine Einsenkung das Foramen caecum. Es kennzeichnet den Ort, an dem sich die Gl. thyroidea aus dem ektodermalen Mundboden abgesenkt hat (S. 441). Das
Dorsum linguae ist durch die Zungenpapillen aufgeraut (s. unten). Am Margo linguae, Zungenrand, geht der Zungenrücken in die glatte Unterfläche der Zunge über. Dort befindet sich eine mediale Schleimhautfalte, Frenulum linguae. In den Zungengrund münden Ausführungsgänge der gemischten, teils serösen, teils mukösen Glandula lingualis anterior, Nuhn-Drüse, die zwischen der Zungenmuskulatur in der Apex linguae liegt. Die Schleimhaut des Dorsum linguae bzw. des Margo linguae kennzeichnen die Zungenpapillen, Papillae linguales. Zu unterscheiden sind 5 verschiedene Arten: Papillae filiformes (⊡ Abb. 7.25). Sie sind zahlenmäßig am häufigsten und bedecken den ganzen Zungenrücken. Grundlage der Papille ist eine Aufwerfung der Lamina propria zur Primärpapille, Papillenstock, die sich in Sekundärpapillen aufteilt. Das Papillenepithel zeigt lokalisierte Verhornungsprozesse, wobei die Spitzen der Papillen mit ihren Hornschuppen rachenwärts geneigt sind. Papillae filiformes haben mechanische und taktile Aufgaben. Ihr Nervenapparat vermittelt eine um den Faktor 1,6 vergrößerte Wahrnehmung ertasteter Gegenstände. Papillae conicae sind eine größere und längere Sonderform der Papillae filiformes. Papillae fungiformes (⊡ Abb. 7.25) liegen ebenfalls am Dorsum linguae, vermehrt an Zungenspitze und -rand. Sie sind viel spärlicher als die Papillae filiformes. Die Papillae fungiformes sind pilzartig geformt,
413 7.1 · Caput, Kopf
⊡ Abb. 7.25. Zungenrücken bei Lupenbetrachtung. Die Zungenspitze würde sich links, der Zungengrund rechts befinden
⊡ Abb. 7.26. Papilla vallata und Umgebung
d. h. ihre Oberfläche ist breiter als ihre Basis. Der Bindegewebsstock der Papillae fungiformes trägt seitlich Sekundärpapillen (Differenzialdiagnose zur Papilla vallata). Das mehrschichtige Plattenepithel der Papillenoberfläche enthält Geschmacksknospen (s. unten). Papillae foliatae sind nur undeutlich ausgebildet. Sie liegen im hinteren Abschnitt des Margo linguae. In die seitlichen Wandungen der Papillen sind zahlreiche Geschmacksknospen eingelagert. In den Graben, der benachbarte Papillae foliatae trennt, münden Ausführungsgänge seröser Spüldrüsen. Papillae vallatae (⊡ Abb. 7.26). Die 6–12 Papillae vallatae liegen unmittelbar vor dem Sulcus terminalis und sind mit 1–3 mm Durchmesser die größten Zungenpapillen. In den Boden der tiefen Gräben der Wallpapillen münden Ausführungsgänge seröser Spüldrüsen, Glandulae gustatoriae. In der seitlichen Papillenwand fehlen Sekundärpapillen. Im Epithel beiderseits des Papillengrabens befinden sich zahlreiche Geschmacksknospen.
vor. – Geschmacksknospen sind bei Kleinkindern besonders zahlreich und nehmen mit dem Alter ab.
Geschmacksknospen. In der Gesamtheit bilden sie zusammen mit freien Nervenendigungen in der Zungenschleimhaut das Organum gustus, Geschmacksorgan. Geschmacksknospen kommen gehäuft im Epithel der Papillae vallatae und foliatae im hinteren Drittel der Zunge
ⓘ Infobox In der Regel ist jede Geschmacksknospe für alle vier Grundqualitäten des Geschmacks empfindlich: süß, sauer, salzig, bitter. Eine gewisse Bevorzugung für den Bittergeschmack findet sich am Zungengrund (Papillae vallatae).
Mikroskopische Anatomie (⊡ Abb. 7.27). Die Höhe der
Geschmacksknospen entspricht der des Epithels, in der sie liegen. Sie bestehen aus Stütz- und Geschmackszellen, die wie die Lamellen einer Zwiebel aneinander gelagert sind. Zur Mundhöhle hin zeigt jede Geschmacksknospe einen Porus gustatorius, in den Mikrovilli mit Chemorezeptoren hineinragen. Die Geschmackszellen sind sekundäre Sinneszellen. Sie werden korbgeflechtartig von Nervenfasern umhüllt. Die Lebensdauer der Geschmackszellen beträgt Stunden bis wenige Tage. Neue Geschmackszellen gehen aus Epithelzellen der Mundschleimhaut hervor, die durch Nervenfasern induziert werden. Wenn Sie sich über das gustatorische System des Gehirns informieren wollen, lesen Sie S. 794. Radix linguae. Am Zungengrund ist die Oberfläche sehr höckrig. Dies wird durch die Tonsilla lingualis hervorge-
7
414
Kapitel 7 · Kopf und Hals
Die arterielle Versorgung der Zunge erfolgt durch die A. lingualis, dem 2. Ast der A. carotis externa. Dem Blutabfluss dient die V. lingualis, die dem M. hyoglossus außen aufliegt und das Blut der Zunge in die V. jugularis interna leitet. – In der Schleimhaut unter der Zunge liegt ein Venenplexus, sodass hier z. B. Medikamente erleichtert resorbiert werden. Regionale Lymphknoten der Zunge sind die Nodi lymphatici submandibulares, überregionale Lymphknoten die Nodi lymphatici cervicales profundi. Die motorische Innervation erfolgt einheitlich durch den N. hypoglossus (N. XII). Sensorisch wird die Schleimhaut im vorderen Bereich der Zunge durch den N. lingualis (Ast des N. mandibularis = N. V3), beiderseits des Sulcus terminalis vom N. glossopharyngeus (N. IX) und am Zungengrund vom N. vagus (N. X) innerviert.
7
⊡ Abb. 7.27. Geschmacksknospe
rufen (⊡ Abb. 7.26). Sie hat zahlreiche flache, weit auseinander liegende Krypten, die von lymphoretikulärem Bindegewebe mit vielen Folliculi lymphatici umgeben sind (⊡ Tabelle 7.8, Differenzialdiagnose der Tonsillen). In die Krypten münden Ausführungsgänge von rein mukösen Gll. linguales. – Die Tonsilla lingualis ist ein Teil des Waldeyer-Rachenrings. Gefäße und Nerven der Zunge (hierzu auch Kapitel 7.3,
Geschmacksfasern leiten Signale von den Geschmacksknospen der (des) Papillae fungiformes über die Chorda tympani und den N. intermedius (afferenter Teil des N. facialis, N. VII) zum oberen Teil des Tractus solitarius; die Perikarya dieser Nerven liegen im Ganglion geniculi. Papillae vallatae et foliatae über den N. glossopharyngeus (N. IX) zum unteren Teil des Tractus solitarius; die Perikarya dieser Nerven befinden sich im Ganglion inferius des N. glossopharyngeus (⊡ Abb. 7.57). Zungengrundes und Pharynx im N. vagus (N. X) zum unteren Abschnitt des Tractus solitarius; die Perikarya dieser Nervenbahnen liegen im Ganglion inferius des N. vagus (⊡ Abb. 7.58).
Leitungsbahnen).
>
In Kürze
Die Zungenmuskulatur setzt überwiegend an der Aponeurosis linguae an. Die Zungenaußenmuskulatur ist vor allem für Strecken und Zurückziehen sowie für das Heben und Senken der Zunge verantwortlich. Die Zungenbinnenmuskulatur verbreitert, verschmälert, verkürzt und verdickt sie. Der Zungenrücken trägt Zungenpapillen, von denen die Papillae filiformes vor allem mechanische und taktile, die Papillae fungiformes, foliatae und vallatae durch ihre Geschmacksknospen rezeptive Aufgaben haben. Die Radix linguae trägt die Tonsilla lingualis.
415 7.1 · Caput, Kopf
Glandulae salivariae, Speicheldrüsen Wichtig
Große und kleine Speicheldrüsen dienen der Befeuchtung der Mundschleimhaut. Außerdem sezernieren sie Makromoleküle, u. a. Enzyme für den Beginn der Verdauung und Immunglobuline.
In der Umgebung der Mundhöhle befinden sich zahlreiche Speicheldrüsen: Glandulae salivariae minores, kleine Mundspeicheldrüsen, die in der Mundschleimhaut liegen: – Glandulae labiales in der Schleimhaut der Lippen, seromukös, – Glandulae buccales in der Wangenschleimhaut, seromukös, – Glandulae palatinae in der Schleimhaut des Gaumens (S. 408), vorwiegend mukös, Glandulae salivariae majores, große Speicheldrüsen: – Glandula parotidea, – Glandula sublingualis und – Glandula submandibularis. Große Mundspeicheldrüsen. Jede der großen Mundspeicheldrüsen wird von einer Bindegewebskapsel umgeben, von der Bindegewebssepten ins Innere ziehen und das Drüsenparenchym in Lappen und Läppchen untergliedern. Gemeinsam ist den großen Mundspeicheldrüsen ferner ihr Aufbau aus Endstücken mit sezernierenden Drüsenzellen, in denen Primärspeichel gebildet wird, und ableitenden Drüsengängen: intralobulär gelegenen Schaltstücken und Streifenstücken, sowie interlobulär Ductus interlobulares und interlobares, die sich schließlich in einen Ductus excretorius fortsetzen. Während des Transports durch die Ausführungsgänge wird der in den Endstücken gebildete Primärspeichel verändert, insbesondere in seiner Elektrolytzusammensetzung im Streifenstück.
> Klinischer Hinweis Abszesse der Parotis können im Bereich der Pars profunda ins Spatium lateropharyngeum einbrechen (S. 430, ⊡ Abb. 7.40).
Der größte Teil der Drüse wird kapselartig von der derben, undehnbaren Fascia parotidea umhüllt, einer Fortsetzung der Lamina superficialis fasciae cervicalis. Auf der Unterseite der Drüse sind Fascia parotidea und Fascia masseterica identisch. Im Drüsenkörper verzweigt sich der N. facialis (N. VII) zum Plexus intraparotideus (S. 460). Außerdem durchziehen die Gl. parotidea die V. retromandibularis (S. 452) und im oberen Drüsenteil (oberhalb des Lig. stylomandibulare) die A. carotis externa mit dem Beginn ihrer Endäste (A. maxillaris, A. temporalis superficialis, S. 451) sowie der N. auriculotemporalis (S. 460). Nirgends kommen dagegen die A. carotis interna und V. jugularis interna mit der Drüse in Kontakt. Der Ausführungsgang der Gl. parotidea ist der Ductus parotideus. Er überquert den M. masseter, durchbohrt den M. buccinator und mündet in der Papilla parotidea seitlich des 2. oberen Molaren in das Vestibulum oris. Mikroskopische Anatomie (⊡ Abb. 7.28, ⊡ Tabelle 7.11) und Histophysiologie. Die Glandula parotidea ist eine rein seröse, azinöse Drüse. Dementsprechend ist der Feinbau der Drüsenzellen gestaltet (S. 25). Das Ausführungsgangsystem zeigt alle oben aufgeführten Abschnitte.
Glandula parotidea, Ohrspeicheldrüse. Die Drüse breitet sich auf dem M. masseter aus, reicht kranial fast bis an den Arcus zygomaticus und dorsal bis an den Meatus acusticus externus. Kaudal überschreitet sie mit dem Lobus colli den Unterkieferrand und setzt sich mit ihrem größten Teil, einem faszienlosen Fortsatz, Pars profunda, tief in die Fossa retromandibularis fort; dort bildet sie die laterale Begrenzung des Spatium lateropharyngeum. ⊡ Abb. 7.28. Glandula parotidea
7
416
Kapitel 7 · Kopf und Hals
⊡ Tabelle 7.11. Differenzialdiagnose der Speicheldrüsen Drüse
Endstück
Schaltstück
Sekretrohr
Gl. parotidea Gl. submandibularis Gl. sublingualis
Rein serös (azinös) Überwiegend serös (tubuloazinös) Überwiegend mukös (tubuloazinös)
+++ ++ (+)
+++ + (+)–∅
7
⊡ Abb. 7.29. Sekretorische Innervation der Kopfdrüsen. Innervation der Gl. lacrimalis: Nucl. salivatorius sup. – Pars intermedia nervi facialis – N. petrosus major – Ggl. pterygopalatinum – N. zygomaticofacialis – N. lacrimalis – Gl. lacrimalis. Innervation der Gl. parotidea (Parotis): Nucl. salivatorius inf. – N. glossopharyngeus – N. tympanicus – Plexus tympanicus – N. petrosus minor – Ggl. oticum – N. auriculotemporalis – Gl. parotidea. Innervation der Gl. submandibularis und Gl. sublingualis: Nucl. salivatorius sup. – N. intermedius nervi facialis – Chorda tympani – N. lingualis – Ggl. submandibulare – Gl. submandibularis und Gl. sublingualis
Der Speichel der Gl. parotidea ist dünnflüssig, protein- und enzymreich.Außerdem enthält er Immunglobuline, die von Plasmazellen im interstitiellen Bindegewebe gebildet und als Immunglobulin-Sekret-Komplexe von den Drüsenzellen sezerniert werden; sie dienen der immunologischen Abwehr von Keimen in der Mundhöhle. Gefäße und Nerven der Gl. parotidea (hierzu auch Kapi-
tel 7.3, Leitungsbahnen). Die arterielle Versorgung erfolgt durch die A. transversa faciei und andere Äste der A. temporalis superficialis. Dem venösen Abfluss dient die V. retromandibularis. Die Lymphe gelangt über die Nodi lymphatici parotidei superficiales et profundi in die Nodi lymphatici cervicales superficiales. Parasympathische Innervation (⊡ Abb. 7.29). Die präganglionären Fasern nehmen ihren Ursprung im Nucleus salivarius inferior (S. 749) und gelangen über
den N. glossopharyngeus (N. IX), N. tympanicus, Plexus tympanicus, N. petrosus minor zum Ganglion oticum. Hier beginnen die postganglionären Fasern, die sich dem N. auriculotemporalis anschließen und zur Glandula parotidea ziehen. Sympathische Fasern. Sie stammen aus dem Ganglion cervicale superius, verlaufen im Plexus der A. carotis externa und der A. maxillaris und verbinden sich mit den parasympathischen Fasern dort, wo der N. auriculotemporalis die A. meningea beiderseits umgreift. > Klinischer Hinweis Bei Mumps, Parotitis epidemica, kommt es zur Schwellung der Drüse, die zu heftigen Schmerzen durch Spannung der undehnbaren Bindegewebskapsel der Gl. parotidea und dadurch Reizung des N. auriculotemporalis führt.
Glandula submandibularis, Unterkieferdrüse. Die Gl. submandibularis liegt in einer Loge zwischen Innenseite der Mandibula (oben lateral), M. mylohyoideus, dem
417 7.1 · Caput, Kopf
sie von unten anliegt, M. hyoglossus (oben medial) und Lamina superficialis fasciae cervicalis (unten lateral) in enger Nachbarschaft zur A. und V. facialis und V. lingualis sowie zum N. hypoglossus. Mit einem hakenförmigen Fortsatz umgreift die Gl. submandibularis den hinteren Rand des M. mylohyoideus und setzt sich oberhalb des Muskels in den Ductus submandibularis fort. Dieser vereinigt sich auf dem M. hyoglossus mit dem Ductus sublingualis major (s. unten) und mündet auf der Caruncula sublingualis unmittelbar neben dem Frenulum linguae in das Cavitas oris. Mikroskopische Anatomie (⊡ Abb. 7.30, S. 28, ⊡ Tabelle 7.11). Die Glandula submandibularis ist eine gemischte, mukoseröse Drüse, mit überwiegend serösen Endstücken. Sofern muköse Tubuli vorliegen, sitzen diesen halbmondförmige, seröse Endstücke auf. Glandula sublingualis, Unterzungendrüse. Die Drüse liegt lateral vom M. genioglossus auf dem M. mylohyoideus. Sie ist nicht selten in zahlreiche kleinere Drüsen aufgeteilt. Der Drüsenkörper wölbt die Schleimhaut des Mundbodens als Plica sublingualis vor, auf der mehrere Ductus sublingualis minores eigene Öffnungen besitzen. Der Hauptausführungsgang ist der Ductus sublingualis major, der gemeinsam mit dem Ductus submandibularis auf der Caruncula sublingualis mündet (s. oben). Mikroskopische Anatomie (⊡ Tabelle 7.11). Die Gl. sublingualis ist eine gemischte, tubuloazinöse Drüse. Es überwiegen tubulöse Endstücke mit mukösen Zellen (Gleitspeichel). Seröse Zellen kommen fast nur als seröse Halbmonde vor. Schalt- und Streifenstücke fehlen fast vollständig. Gefäße und Nerven der Glandula submandibularis und Glandula sublingualis (hierzu auch Kapitel 7.3, Leitungs-
⊡ Abb. 7.30. Glandula submandibularis
Die arterielle Versorgung beider Drüsen übernehmen die A. facialis und A. submentalis, die beide durch das Drüsengewebe der Gl. submandibularis ziehen. Das venöse Blut fließt über die V. sublingualis und V. submentalis in die V. facialis oder direkt in die V. jugularis interna ab. Regionale Lymphknoten sind die Nodi lymphatici submentales et submandibulares. Die Innervation (⊡ Abb. 7.29) erfolgt für beide Drüsen gleichartig: Die parasympathische Bahn zieht vom Nucleus salivarius superior über den N. intermedius (parasympathischer Anteil des N. facialis, N. VII), Chorda tympani, N. lingualis (Ast des N. mandibularis, N. V3) zum Ganglion submandibulare, wo die Umschaltung auf die nur kurze postganglionäre Strecke erfolgt. Die sympathischen Fasern stammen aus dem Plexus der A. facialis bzw. der A. lingualis.
bahnen).
>
In Kürze
Die Glandula parotidea liegt auf dem M. masseter und reicht tief in die Fossa retromandibularis. Sie wird von der Fascia parotidea umhüllt. Der Ductus parotideus mündet gegenüber dem 2. oberen Molaren ins Vestibulum oris. Die Parotis ist eine rein seröse Drüse. Ihr Sekret ist dünnflüssig und reich an Makromolekülen. Die Glandula submandibularis liegt auf der Innenseite der Mandibula unter dem M. mylohoideus. Ihr Ausführungsgang vereinigt sich mit dem der Glandula sublingualis und mündet unter der Zunge. Beide Drüsen sind gemischt.
7
418
Kapitel 7 · Kopf und Hals
7.1.4
Nase, Nasenhöhle und Nasennebenhöhlen
Wichtig
Nasen- und Nasennebenhöhlen sind ein luftgefülltes kommunizierendes System von Hohlräumen im Dienst der Atmung. Hinzu kommt die begrenzte Regio olfactoria zur Geruchswahrnehmung.
Äußere Nase. An der äußeren Nase lassen sich Radix nasi, Nasenwurzel, Dorsum nasi, Nasenrücken, Apex nasi, Nasenspitze und Alae nasi, Nasenflügel, unterscheiden.
7
Die Nasenwurzel (⊡ Abb. 7.8) wird von Knochen gebildet (Os nasale, Pars nasalis ossis frontalis, Processus frontalis maxillae), die übrigen Teile von einer Reihe kleiner hyaliner Knorpel, Cartilagines nasi, die verformbar und gegeneinander verschieblich sind. Ein- und Ausgänge der Nasenhöhle. Der Zugang zu den paarigen Nasenhöhlen erfolgt von außen durch die Nares, Nasenlöcher. Nach hinten öffnet sich die Nasenhöhle mit den Choanae in die Pars nasalis des Pharynx. Getrennt werden die beiden Nasenhöhlen durch das Septum nasi, Nasenscheidewand (S. 390),mit einem knöchernen,knorpeligen und ganz vorne einem häutigen Anteil. Wenn Sie sich jetzt über die Osteologie der Nase und der Nasenhöhle, insbesondere deren Wandgestaltung, sowie über die Mündungen der Nasennebenhöhlen und des Ductus nasolacrimalis informieren wollen, lesen Sie S. 388 und 666.
chenden Abschnitte der Nasenscheidewand. Unter dem typischen respiratorischen Epithel (S. 11) liegen mukoseröse Gll. nasales (vermehrte Sekretabsonderung bei Schnupfen), sowie ein weitlumiger Venenplexus, Plexus cavernosus concharum, der im Bereich des knorpeligen Nasenseptums besonders dicht ist. Hier kann es zu starkem Nasenbluten kommen. Regio olfactoria. Die Regio olfactoria besteht aus 4 getrennten Feldern, die im mittleren Teil der oberen Nasenmuschel und in den gegenüberliegenden Abschnitten des Septum nasi liegen. Sie nehmen gemeinsam eine Fläche von 4–6 cm2 ein und sind durch Einlagerung eines gelb-braunen Pigments gegen das respiratorische Epithel der Nasenschleimhaut abgegrenzt. Die Regio olfactoria beherbergt das Organum olfactum, Riechorgan. Mikroskopische Anatomie der Regio olfactoria. Histologisch lassen sich primäre Sinneszellen, Stützzellen und undifferenzierte Basal- oder Ersatzzellen unterscheiden (⊡ Abb. 7.31). Die Sinneszellen haben einen gedrungenen Zellleib, mit einem langen, kolbenartig aufgetriebenen Fortsatz zur Oberfläche hin. Dort endet er mit einem Kölbchen, von dem einige Sinneshaare (Zilien mit Rezeptoren für Geruchsstoffe) ihren Ursprung nehmen. Diese liegen in einer Schleimschicht, dem Produkt alveolärer Drüsen in der Lamina propria der Regio olfactoria (Gll. olfactoriae). Wahrscheinlich sind die im Schleim durch Bin-
Gliederung. Die Nasenhöhle gliedert sich in: Regio cutanea, Regio respiratoria und Regio olfactoria. Regio cutanea. Sie umfasst im Wesentlichen das Vestibulum nasi, Nasenvorhof. Seitlich befindet sich eine Epithelleiste, Limen nasi, die etwa dem Übergang in die eigentli-
che Nasenhöhle entspricht. In der Pars cutanea finden sich besonders dicke Haare, Vibrissen, sowie zahlreiche, z. T. freie Talgdrüsen und apokrine Knäueldrüsen. Im hinteren Teil des Vestibulums verliert das Epithel der äußeren Haut seine Hornschicht und geht in respiratorisches Epithel über. Regio respiratoria. Den größten Teil der Nasenhöhle nimmt die Regio respiratoria ein. Sie bedeckt vor allem die mittlere und untere Nasenmuschel und die entspre-
⊡ Abb. 7.31. Riechepithel mit primärer Sinnesepithelzelle
419 7.1 · Caput, Kopf
⊡ Tabelle 7.12. Innervation der Nasenschleimhaut Bezeichnung
Herkunft
Stammnerv
Funktion
Rr. nasales interni laterales et mediales
N. ethmoidalis ant.
N. nasociliaris aus N. ophthalmicus (N. V1)
Sensibel, vordere laterale u. mediale Nasenwand
Rr. nasales anteriores laterales
N. infraorbitalis
N. maxillaris (N. V2)
Sensibel u. sekretorisch, vordere laterale Nasenwand
Rr. nasales posteriores sup. lat. et med.
Ggl. pterygopalatinum
N. maxillaris (N. V2)
Sensibel u. sekretorisch, hintere lat. u. med. Nasenwand
Rr. nasales posteriores inf. lat.
N. palatinus major
N. maxillaris (N. V2)
Sensibel u. sekretorisch, hintere lat. Nasenwand
Rr. septales nasi
N. nasopalatinus
N. maxillaris (N. V2)
Sensibel, hinterer Anteil Nasenseptum
dungsproteine festgehaltenen Duftstoffe der adäquate Reiz für die Sinnesepithelzellen. Eine weitere Funktion der Drüsen der Regio olfactoria dürfte die von Spüldrüsen sein. Jede Sinneszelle hat ein zentripetales Axon, das durch die Lamina cribrosa des Siebbeins hindurch den Bulbus olfactorius, das primäre Riechzentrum, erreicht. Die Axone der Sinneszellen zusammen bilden die Nn. olfactorii. Im Bulbus olfactorius erfolgt die Umschaltung auf das 2. Neuron.
cavernosus, als auch über den Plexus pterygoideus in die äußeren Gesichtsvenen. Die Lymphe der vorderen Nasenabschnitte wird in die Nodi lymphatici submandibulares, die der hinteren Nasenabschnitte in die Nodi lymphatici retropharyngeales drainiert. Überregionale Lymphknoten von allen Nasenabschnitten sind die Nodi lymphatici cervicales profundi. Die Innervation der Nasenschleimhaut ist der ⊡ Tabelle 7.12 zu entnehmen.
Wenn Sie sich über das olfaktorische System des Gehirns informieren wollen, lesen Sie S. 793.
Nasennebenhöhlen. Die Osteologie und Topographie
ⓘ Infobox In der Nasenhöhle wird eingeatmete Luft gereinigt, angefeuchtet, angewärmt und auf das Vorkommen von Riechstoffen geprüft. Die Reinigung erfolgt teilweise mechanisch durch die Vibrissen, teilweise durch Bindung von Partikeln an den Oberflächenschleim. Die Zilien des respiratorischen Epithels schlagen pharynxwärts. Der Schwellungszustand der Nasenschleimhaut beeinflusst den Luftdurchlass.
Gefäße und Nerven der Nasenschleimhaut (hierzu auch
Kapitel 7.3, Leitungsbahnen). An der arteriellen Versorgung der Nasenschleimhaut beteiligen sich 3 Arterien: A. ethmoidalis anterior und A. ethmoidalis posterior, beides Äste der A. ophthalmica, sowie die A. nasalis posterior lateralis et septi, aus der A. sphenopalatina, einem Ast der A. maxillaris (S. 451). Die venösen Abflüsse erfolgen sowohl über die Vv. ethmoidales und V. ophthalmica superior in den Sinus
der Nasennebenhöhlen ist auf S. 391 beschrieben. Ausgekleidet sind die Nasennebenhöhlen mit respiratorischem Epithel, das die Oberflächen der Nasenhöhle vergrößert und in deren Funktion einbezogen ist. Die arterielle Versorgung der Schleimhaut des Sinus maxillaris erfolgt durch Äste der A. maxillaris, die der Sinus ethmoidales, der Sinus frontalis und sphenoidalis überwiegend durch Äste der A. ophthalmica. Die Innervation übernehmen bei der Schleimhaut des Sinus maxillaris Äste des N. maxillaris (N. V2) vermittels des Plexus dentalis superior, die der übrigen Nasennebenhöhlen Äste des N. nasociliaris aus dem N. ophthalmicus (N. V1). Die Lymphe aus allen Sinus paranasales wird in die Nodi lymphatici submandibulares, retropharyngeales und schließlich in die Nodi lymphatici cervicales profundi abgeleitet.
7
420
Kapitel 7 · Kopf und Hals
>
In Kürze
Der größte Teil der Nasenhöhle und alle Nasennebenhöhlen werden von respiratorischem Epithel ausgekleidet.Vermittels mukoseröser Glandulae nasales wird die Atemluft angefeuchtet. Die Regio olfactoria liegt im mittleren Teil der oberen Nasenmuschel und ist vergleichsweise klein. Sie ist mit primären Sinneszellen ausgestattet. Die Sinneszellen werden von Duftstoffen erregt, die durch Bindungsproteine im Nasenschleim gebunden werden. 7.1.5
Topographie des Kopfes
Wichtig
7
Zur Bearbeitung der Topographie des Kopfes sind auch die Ausführungen über die Leitungsbahnen des Kopfes heranzuziehen.
Topographische Regionen des Kopfes sind Fossa temporalis, Fossa infratemporalis, Fossa pterygopalatina, Parotisloge, Fossa retromandibularis und Regio sublingualis. Fossa temporalis. Die Fossa temporalis ist eine osteofibröse Kammer, die sich zur Fossa infratemporalis hin öffnet. Wände der Fossa temporalis:
lateral: Fascia temporalis (S. 404), medial: Pars squamosa ossis temporalis, Ala major ossis sphenoidalis, Os parietale, Os frontale, unten: Übergang in die Fossa infratemporalis an der Crista infratemporalis, vorne: Processus zygomaticus ossis frontalis, Processus frontalis ossis zygomatici, oben und hinten: Ansatz der Fascia temporalis an dem Periost der Schädelkalotte in Höhe der Linea temporalis superior. Inhalt. Die Fossa temporalis enthält den M. temporalis
mit seinen Faszien, seiner Gefäß- und Nervenversorgung sowie Fettgewebe. Subkutan, über der Fascia temporalis superficialis, verläuft die A. temporalis superficialis (Endast der A. carotis externa; Äste: A. temporalis media zum M. temporalis, R. frontalis, R. parietalis für die Kopfschwarte), V. temporalis superficialis und N. auriculotemporalis. Die V. temporalis media verläuft zwischen
den beiden Blättern der Fascia temporalis (S. 405) und kreuzt hier den N. zygomaticotemporalis. > Klinischer Hinweis Vereiterungen in der Fossa temporalis können sich in die Fossa infratemporalis ausdehnen und kommen erst am Vorderrand des M. masseter in die Subkutis. Vereiterungen der Kopfschwarte dringen jedoch nicht in die Fossa temporalis ein.
Fossa infratemporalis (⊡ Abb. 7.32). Die Fossa infratemporalis ist die Fortsetzung der Fossa temporalis. Sie dehnt sich kaudal bis an die mediale Seite des Ramus mandibulae aus und kommt damit in der Tiefe der Regio parotideomasseterica zu liegen; dadurch stellt sie den Hauptraum der tiefen lateralen Gesichtsregion dar. Wände:
lateral: Arcus zygomaticus und Ramus mandibulae, medial: Lamina lateralis processus pterygoidei, Eingang in die Fossa pterygopalatina, unten: Ansatz des M. pterygoideus medialis und tiefes Blatt der Fascia masseterica, oben: Planum infratemporale der Ala major ossis sphenoidalis, Öffnung in die Fossa temporalis, vorne: Corpus maxillae, hinten: Übergang in die Fossa retromandibularis. Zugänge. Die Fossa infratemporalis besitzt Zugang zu al-
len übrigen Räumen der tiefen lateralen Gesichtsregion: nach oben in die Fossa temporalis, nach medial in die Fossa pterygopalatina (über diese in die Orbita, Nasenhöhle, mittlere Schädelgrube), nach hinten in die Fossa retromandibularis, nach ventrolateral stößt sie am vorderen Rand des M. masseter bis in die Subkutis der Regio buccalis vor. Inhalt. Der Raum wird im Wesentlichen vom M. pterygoideus lateralis ausgefüllt.Außerdem beherbergt er den M. pterygoideus medialis und das Corpus adiposum buccae (Bichat-Fettpfropf,in der Tasche zwischen M. buccina-
tor und Ramus mandibulae).Von der Fossa retromandibu-
421 7.1 · Caput, Kopf
⊡ Abb. 7.32. Fossa infratemporalis. M. temporalis und Arcus zygomaticus sind z. T., Proc. coronoideus und M. pterygoideus lat. vollständig abgetragen. 1 Aa. temporales proff; 2 N. pterygoideus med. u. Rr. pterygoidei
laris her tritt die A. maxillaris in den Hauptraum der Fossa infratemporalis ein und durchzieht sie (⊡ Abb. 7.32). Sie verläuft zwischen M. pterygoideus lateralis und M. pterygoideus medialis. Nicht selten tritt die A. maxillaris zwischen beiden Köpfen des M. pterygoideus lateralis hindurch. Über die Fossa infratemporalis, wo sie zahlreiche Äste abgibt, gelangt die A. maxillaris in die Fossa pterygopalatina,wo sie sich in ihre 3 Endäste aufzweigt (S. 451). Medial und lateral des M. pterygoideus lateralis dehnt sich der Plexus pterygoideus aus, ein Venengeflecht, das nach vorne und unten Verbindungen mit der V. facialis, nach dorsal einen Abfluss zur V. maxillaris und V. retromandibularis, von oben einen Zufluss aus der V. meningea media und V. ophthalmica inferior hat. In der Fossa infratemporalis verzweigt sich auch der N. mandibularis (N. V3; ⊡ Abb. 7.44). Von den Ästen des N. mandibularis verlaufen der N. buccalis, N. lingualis und N. alveolaris inferior in dieser Reihenfolge von ventral nach dorsal auf dem M. pterygoideus medialis abwärts. Die Nerven werden in der Regel lateral von der A. maxillaris überkreuzt. Medial hinter dem N. alveolaris inferior zieht die Chorda tympani, von der Fissura petrotympanica her, zum N. lingualis, mit dem sie in einer gemeinsamen Bindegewebsscheide in die Regio sublingualis gelangt. Von der Fossa infratemporalis aus tritt der N. auriculotemporalis (aus N. V3) dorsal in die Fossa retromandi-
bularis ein und umschlingt dabei mit seinen beiden Ursprungsarmen die A. meningea media. Über die Crista infratemporalis der Ala major ossis sphenoidalis ziehen die beiden Nn. temporales profundi und die Aa. und Vv. temporales profundae zum M. temporalis. Der N. massetericus gelangt durch die Incisura mandibulae aus der Fossa infratemporalis in den M. masseter. Das Ganglion oticum (S. 467) liegt in der Fossa infratemporalis medial des Hauptstammes des N. mandibularis, unmittelbar unter dem Foramen ovale. Fossa pterygopalatina, Flügelgaumengrube (⊡ Abb. 7.33). Sie kann als ein Teil der Fossa infratemporalis aufgefasst werden, mit der sie durch die Fissura pterygomaxillaris in offener Verbindung steht.
Die Wände der knöchernen Flügelgaumengrube sind: Dach: Corpus ossis sphenoidalis, mediale Wand: Lamina perpendicularis des Os pala-
tinum, hintere Wand: Processus pterygoideus des Os sphenoidale, die Facies maxillaris alae majoris ossis sphenoidalis, vordere Wand: Processus orbitalis ossis palatini, Corpus maxillae.
7
422
Kapitel 7 · Kopf und Hals
Öffnungen der Fossa pterygopalatina: Foramen rotundum in der Ala major des Os sphenoi-
7
dale zur mittleren Schädelgrube. Canalis pterygoideus in der Wurzel des Processus pterygoideus. Foramen sphenopalatinum, eine Lücke zwischen Lamina perpendicularis des Os palatinum und Os sphenoidale. Sie verbindet die Fossa pterygopalatina mit der Nasenhöhle. Canalis palatinus major, ein abwärts gerichteter Kanal, der sich am Foramen palatinum majus des Gaumens öffnet. Fissura orbitalis inferior, eine Spalte zwischen Ala major des Os sphenoidale und Pars orbitalis maxillae (S. 389). Fissura pterygomaxillaris, eine breite Spalte zwischen Tuber maxillae und Lamina lateralis des Processus pterygoideus. Durch die Spalte gelangt die A. maxillaris aus der Fossa infratemporalis in die Flügelgaumengrube.
⊡ Abb. 7.33. Fossa pterygopalatina. Arcus zygomaticus z. T. entfernt
Inhalt. Die Parotisloge enthält neben der Gl. parotidea Inhalt. Ganglion pterygopalatinum (S. 467), Endäste der
A. und V. maxillaris (S. 451). Parotisloge. Diese Loge besteht aus einem Fasziensack, der teils auf der Fascia masseterica liegt und sich in die Fossa retromandibularis fortsetzt. Der Fasziensack ist bis auf einen Zugang zum Spatium lateropharyngeum allseitig geschlossen. Er beinhaltet die Glandula parotidea. Der Fasziensack besteht aus einem oberflächlichen Blatt und einem tiefen Blatt. Das oberflächliche Blatt ist eine Fortsetzung der Lamina superficialis fasciae cervicalis (s. unten). Es ist unten am Angulus mandibulae und oben am Arcus zygomaticus befestigt, ventral vereinigt es sich mit der Fascia masseterica. Dorsal heftet sich die Fascia parotidea an der ventralen Wand des Meatus acusticus externus an und geht hier, indem sie die Fossa retromandibularis auskleidet, in das tiefe Blatt über. Das tiefe Blatt der Fascia parotidea überzieht ventral den Processus styloideus mit den hier entspringenden Muskeln (M. stylohyoideus, M. styloglossus, M. stylopharyngeus) und geht dann mit der derben, annähernd frontal gestellten Aponeurosis stylopharyngea in die Fascia pharyngobasilaris über. Die Fascia pharyngobasilaris befestigt sich an der Schädelbasis.
den Plexus intraparotideus des N. facialis (N. VII), Äste des N. auriculotemporalis (aus N. V3), die V. retromandibularis, A. carotis externa und die Nodi lymphatici parotidei. Von der A. carotis interna und der V. jugularis interna ist die Parotisloge durch das tiefe Blatt der Fascia parotidea und die Aponeurosis stylopharyngea getrennt. Fossa retromandibularis. Sie liegt zwischen Ramus man-
dibulae und Meatus acusticus externus. Im Wesentlichen wird sie von der Gl. parotidea ausgefüllt, die hier die A. carotis externa, V. retromandibularis und den N. facialis umgreift. Die Regio sublingualis befindet sich zwischen den Unterkieferbögen oberhalb des M. mylohyoideus. Dem Muskel aufgelagert ist der M. genioglossus. In der Regio sublingualis liegen die Gl. sublingualis, der hintere Teil der Gl. submandibularis mit dem Ductus submandibularis sowie Nerven und Gefäße. Dazu gehört der N. lingualis (aus V3), der in seinem Verlauf den Ductus submandibularis unterkreuzt. Dem N. lingualis ist das parasympathische Ganglion submandibulare angelagert. Ferner liegt in der Regio sublingualis der N. hypoglossus (N. XII), der am Hinterrand des M. mylohyoideus in die Region eintritt. Er liegt kaudal der Gl. sublingualis und spaltet sich in seine Endäste auf. In seinem Verlauf überquert der N. hypoglossus die V. lingualis
423 7.2 · Collum, Hals
sowie A. und V. sublingualis. Die A. lingualis läuft dagegen nicht durch die Regio sublingualis, sondern dringt medial des M. hypoglossus in die Zungenmuskulatur ein.
Collum, Hals
7.2
Wichtig
Die große Beweglichkeit von Hals und Kopf ist an die Halswirbelsäule und die Kopfgelenke sowie die Halsmuskulatur gebunden.Verschieblich sind auch die Organe und Leitungsbahnen des Halses. Sie verlaufen in lockerem, von Faszien zusammengehaltenem Bindegewebe.
Der Hals verbindet Kopf und Rumpf. Als obere Grenze gilt eine Linie, die vom Unterkieferwinkel zur Spitze des Processus mastoideus, dann entlang der Linea nuchalis superior zur Protuberantia occipitalis externa verläuft. Die untere Halsgrenze folgt der Klavikula zum Akromion und dann der Spina scapulae zum Processus spinosus des 7. Halswirbels.
7.2.1
Gliederung
Der Hals gliedert sich in (⊡ Abb. 7.34) das Gebiet der Halswirbelsäule mit den dazugehörigen Muskeln (⊡ Tabelle 7.14) und einen prävertebralen Bereich, Hals im engeren Sinne.
⊡ Abb. 7.34. Halsfaszien
Der prävertebrale Bereich lässt unterscheiden einen Eingeweideraum und mehrere Schichten. Der Eingeweideraum befindet sich in der Halsmitte und wird von Muskeln umgeben. Er beinhaltet die Organe des Halses: Pharynx, Larynx, Glandula thyroidea und Glandulae parathyroideae mit begleitenden und versorgenden Gefäßen und Nerven. Außerdem liegt dorsal ein Gefäß-Nerven-Strang mit großen Leitungsbahnen (A. carotis communis, V. jugularis interna, N. vagus), der von einer Hülle, Vagina carotica, umgeben ist. Schichten. Sie werden durch Faszienblätter abgegrenzt
(s. unten). Es lassen sich unterscheiden eine oberflächliche Schicht. Leitstruktur ist beiderseitig der M. sternocleidomastoideus. Seitlich davon befindet sich jeweils in gleicher Höhe der Vorderrand des M. trapezius, mittlere Schicht mit infrahyalen Muskeln. Sie befestigen sich an dem einzigen Knochen des ventralen Halsbereichs, dem Os hyoideum, Zungenbein (⊡ Abb. 7.46), tiefe Schicht. Hierzu gehören die langen prävertebralen Kopf- und Halsmuskeln sowie seitlich die Mm. scaleni. Ergänzt wird die Gliederung des Halses durch Spatien. Hierbei handelt es sich um Bindegewebsräume, die die Organe und Leitungsbahnen des Halses umgeben und sie einerseits von den Bewegungen des Halses unabhängig
7
424
Kapitel 7 · Kopf und Hals
machen, andererseits Eigenbewegungen der Organe und Leitungsbahnen des Halses, z. B. beim Schluckakt ermöglichen. Die Spatien befinden sich zwischen den Blättern der Halsfaszien.
7
Zur Entwicklung Im Bereich zwischen Anlage von Kopf und Rumpf kommt es in der 4. Entwicklungswoche zu regionalen Mesenchymverdichtungen. Es entstehen 4 Wülste, Branchialbögen, auch Schlundbögen genannt, denen kaudal 2 weitere, jedoch rudimentäre folgen (⊡ Abb. 7.35, 7.37 a). Die Branchialbögen werden außen von Ektoderm und innen von Entoderm bedeckt. Sie werden durch Einbuchtungen voneinander abgegrenzt: von außen durch Schlundfurchen, von innen durch Schlundtaschen. Im Mesenchym der Branchialbögen – hervorgegangen aus Kopfmesoderm und Neuralleistenzellen – bilden sich Knorpel, die auf jeder Seite halbbogenförmig von vorne
nach hinten verlaufen, sowie Muskulatur (⊡ Tabelle 7.13). Außerdem wachsen Nerven (Branchialnerven, ⊡ Tabelle 7.13) ein und es bilden sich Blutgefäße (Branchialgefäße, Aortenbögen, S. 495). 1. Branchialbogen, häufig auch als Mandibularbogen bezeichnet. In seinem Bereich entstehen Oberkiefer- und Unterkieferwulst (s. Gesichtsentwicklung, S. 393) sowie Mandibula, Maxilla, Os palatinum, Squama ossis temporalis und von den Gehörknöchelchen Amboss, Incus und Hammer, Malleus. Hinzu kommen als zugehörige Gelenke das Kiefer- und Hammer-Amboss-Gelenk. Die Entwicklung der Knochen und Gelenke steht zu den knorpeligen Anteilen des Kiemenbogens in Beziehung: nämlich die Mandibula und der Hammer zu einem vorderen Anteil, dem Meckel-Knorpel (⊡ Abb. 7.36), die übrigen Knochen zu einem hinteren Anteil. Mit Ausnahme der Gehörknöchelchen ist die Entwicklung der Knochen jedoch desmal. Im Fall der Mandibula erfolgt sie auf der Oberfläche des
⊡ Abb. 7.35 a, b. Branchialbögen. 4. Entwicklungswoche. a Seitenansicht; b Querschnitt mit Branchialbogennerven, Knorpel (schwarz) und Arterien (rot)
⊡ Tabelle 7.13. Entwicklung der Branchialbögen Branchialbögen
Skelettanteil
Muskulatur
Nerv (efferent)
1. Branchialbogen, Mandibularbogen
Meckel-Knorpel, Malleus, Incus
Kaumuskulatur, M. tensor tympani, M. tensor veli palatini, Venter ant. musculi digastrici
N. mandibularis (N. V3)
2. Branchialbogen, Hyoidbogen
Stapes, Proc. styloideus, Cornu minus ossis hyoidei, Lig. stylohyoideum
Gesichtsmuskulatur, M. stapedius, M. stylohyoideus, Venter post. musculi digastrici
N. facialis (N. VII)
3. Branchialbogen, Pharyngobranchialbogen
Corpus ossis hyoidei, Cornu majus ossis hyoidei
Pharynxmuskulatur
N. glossopharyngeus (N. IX)
4.–6. Branchialbogen
Cartilagines laryngis
Larynxmuskulatur
N. vagus (N. X)
425 7.2 · Collum, Hals
⊡ Abb. 7.36. Entwicklung der Branchialbögen. Die Abkömmlinge des 1. Branchialbogens sind rot, die des 2. Branchialbogens transparent, die des 3. Branchialbogens rot punktiert, die des 4. und 5. Branchialbogens rot schraffiert, die des 6. Branchialbogens transparent gezeichnet
⊡ Abb. 7.37 a, b. Zungenentwicklung. a Boden der primitiven Mundhöhle und des Kiemendarms mit den Branchialbögen 1–4; b Zunge, frühes Stadium
Meckel-Knorpels, bei den anderen Knochen nach Knorpelrückbildung. Aus dem ventralen Anteil des 1. Branchialbogens gehen außerdem ein unpaarer Zungenwulst, Tuberculum impar, und 2 seitliche Zungenwülste hervor (⊡ Abb. 7.37). Die 3 Zungenwülste verschmelzen während der weiteren Entwicklung und bilden das Corpus linguae. 2. Branchialbogen, Hyoidbogen. Sein dorsaler knorpeliger Anteil bildet die Anlage des 3. Gehörknöchelchens, Stapes, Steigbügel (⊡ Abb. 7.36), sowie den Knorpelring der Fenestra vestibuli (S. 673). Der ventrale knorpelige Anteil des Hyoidbogens wird im Wesentlichen zum Processus styloideus, der mit dem Os temporale verschmilzt, ferner zum Lig. stylohyoideum und Cornu minus ossis hyoidei. Beteiligt ist der vordere Anteil des 2. Branchialbogens ferner an der Entwicklung der Radix linguae. Der Zungengrund erhält sein Material allerdings auch aus dem 3. sowie teilweise aus dem 4. Branchialbogen. Sie bilden gemeinsam einen 2. medialen Zungenwulst, Copula (⊡ Abb. 7.37). – Spä-
ter verschmelzen die verschiedenen Zungenanteile zu einem einheitlichen Organ. 3. bis 6. Branchialbogen (⊡ Abb. 7.36). Vom 3. Branchialbogen bleibt nur der vordere Abschnitt erhalten und liefert das Cornu majus ossis hyoidei. Die Verschmelzungsbrücke zwischen 2. und 3. Branchialbogen wird zum Corpus ossis hyoidei. Der 4. und 5. Branchialbogen werden nicht mehr als Knorpelspangen angelegt. Der 4. Branchialbogen liefert aber Material für die Anlage der Epiglottis, Kehldeckel (⊡ Abb. 7.37), sowie der 4. und 5. Branchialbogen für die der Cartilago thyroidea, Schildknorpel. Seitlich hinter der Epiglottisanlage befinden sich die Arytänoidwülste, die die Anlage des Aditus laryngis zwischen sich fassen (⊡ Abb. 7.37). Aus dem 6. Branchialbogen entsteht wahrscheinlich die Cartilago cricoidea, Ringknorpel.
7
426
7
Kapitel 7 · Kopf und Hals
⊡ Abb. 7.38. Entwicklung der Schlundtaschen und Schlundfurchen. Aus der 1. Schlundfurche (a) entsteht der Meatus acusticus externus. Die folgenden Schlundfurchen (b–d) vereinigen sich zum Sinus cervicalis. Die 1. Schlundtasche vertieft sich zur Tuba auditiva. An der Bildung der übrigen Schlundtaschenabkömmlinge ist vor allem das Epithel der entsprechenden Tasche beteiligt
Die 1. Schlundtasche (⊡ Abb. 7.38) bewahrt den Charakter einer Tasche, Recessus tubotympanicus. Sie bildet sich zur Tuba auditiva sowie ihr lateraler Endabschnitt zur Cavitas tympanica, Paukenhöhle, des Mittelohrs um (S. 673). Die 2. Schlundtasche wird zum größeren Teil zurückgebildet. Der verbleibende Rest wird zur Fossa supratonsillaris
(S. 408). Ein Teil des Entoderms proliferiert jedoch und liefert Oberflächen- und Kryptenepithel der Tonsilla palatina (S. 409). Das tonsilläre Lymphgewebe entsteht durch Differenzierung des umgebenden Mesenchyms und durch einwandernde Lymphozyten. Die 3. Schlundtasche lässt eine ventrale und eine dorsale Ausstülpung erkennen. Aus dem Entoderm der ventralen Anlage entsteht durch Zellproliferation der epitheliale Anteil des Thymus (S. 517), aus dem der dorsalen Anlage die Gll. parathyroideae inferiores. Beide Anlagen wandern in mediokaudaler Richtung abwärts und verlieren dabei ihre Verbindung zum Mutterboden. Die Gll. parathyroideae inferiores finden ihren endgültigen Platz an der Hinterfläche der Gl. thyroidea, nahe dem unteren Pol der beiden Schilddrüsenlappen (S. 441). Die Thymusanlage zieht sich dagegen lang aus. Die Schwanzanteile bilden sich in der Regel zurück. Reste können in der Gl. thyroidea persistieren. Der übrige Teil verschmilzt mit dem der Gegenseite zu einem einheitlichen Organ, das im oberen Mediastinum seine endgültige Lage findet (S. 517).
Die 4. Schlundtasche lässt auch eine ventrale und eine dorsale Ausstülpung erkennen. Aus dem Epithel der dorsalen Ausstülpung gehen die Gll. parathyroideae superiores hervor. Sie wandert zum dorsalen oberen Pol der Schilddrüsenlappen. 5. Schlundtasche. Ihr Epithel liefert den ultimobranchialen Körper. Dieser wandert in die Gl. thyroidea ein und bildet vermutlich die parafollikulären C-Zellen. Die 1. Schlundfurche wird zum Meatus acusticus externus (⊡ Abb. 7.38). Die übrigen Schlundfurchen (2.–4.) bilden sich im Lau-
fe der Entwicklung zurück. Zunächst kommt es jedoch zur Ausbildung einer Halsbucht, Sinus cervicalis, in die hinein sich die 2.–4. Schlundfurche öffnen. In der weiteren Entwicklung schiebt sich der untere Rand des 2. Branchialbogens wie ein Operculum über den Sinus cervicalis und engt den Eingang zum Ductus cervicalis ein. Der Ductus wird schließlich verschlossen und es entsteht ein von ektodermalem Epithel ausgekleidetes Halsbläschen, Vesicula cervicalis. Auch die Vesicula cervicalis wird im Laufe der Entwicklung vollständig abgebaut. Fehlbildungen. Reste des Sinus cervicalis können als seitliche branchiogene Halsfistel bestehen bleiben. Verbleibt eine Vesicula cervicalis, so ist diese häufig zystisch erweitert, laterale branchiogene Halszyste. Sie kann sich bis zur Aufteilungsstelle der A. carotis communis erstrecken.
427 7.2 · Collum, Hals
>
In Kürze
Der Hals gliedert sich in einen mittleren Eingeweideraum und in Schichten, die durch die Blätter der Halsfaszie abgesetzt sind. Entwicklungsgeschichtlich geht das Übergangsgebiet zwischen Kopf und Rumpf aus 6, im Wesentlichen aber aus den Branchialbögen 1–4 hervor. Sie liefern Material für die Mandibula (an der Oberfläche des Meckel-Knorpels), Maxilla, Os palatinum, Squama ossis temporalis, Gehörknöchelchen, Zunge, Kehlkopfskelett. Zwischen den Branchialbögen befinden sich 5 Schlundtaschen (von innen) und Schlundfurchen (von außen). Aus den Schlundtaschen gehen die Tuba auditiva und Paukenhöhle sowie aus ihrem Epithel Anteile des Thymus, der Gll. parathyroideae und des Ultimobranchialkörpers hervor.Von der 1. Schlundfurche verbleibt der Meatus acusticus externus.
7.2.2
Zungenbein, Zungenbeinmuskulatur, weitere Halsmuskeln
Wichtig
Das Zungenbein ist ein Stellglied für Bewegungen des Kehlkopfs. Es hat keine gelenkigen Verbindungen.
Das Os hyoideum ist hufeisenförmig und besteht aus einem vorderen unpaaren Abschnitt, Corpus, und auf jeder Seite einem großen und einem kleinen Zungenbeinhorn, Cornu majus, Cornu minus. Gelenkflächen fehlen. Zungenbeinmuskulatur. Am Zungenbein befestigen sich zahlreiche Muskeln und Bindegewebsstrukturen:
⊡ Abb. 7.39. Halsmuskulatur
nach oben die suprahyale Muskulatur, Mundbodenmuskulatur (⊡ Tabelle 7.9, ⊡ Abb. 7.39), und das Lig. stylohyoideum zum Processus styloideus (S. 386), nach unten die infrahyale Muskulatur (⊡ Tabelle 7.14) sowie die Membrana thyrohyoidea (S. 439). Die Zungenbeinmuskulatur bewegt das Zungenbein und gleichzeitig den Kehlkopf. Dies ist möglich, weil der Kehlkopf durch die Membrana thyrohyoidea mit dem Zungenbein verbunden ist. Weitere Halsmuskeln (⊡ Abb. 7.39,⊡ Tabelle 7.14) sind oberflächliche Halsmuskeln: – Platysma, – M. sternocleidomastoideus, Muskeln der Skalenusgruppe und prävertebrale Muskeln.
7
428
Kapitel 7 · Kopf und Hals
⊡ Tabelle 7.14. Muskeln des Halses Muskeln
Ursprung
Ansatz
Funktion
Nerv
Platysma
Basis mandibulae, Fascia parotidea
Fascia pectoralis
Spannt die Haut des Halses
R. colli nervi facialis (N. VII)
M. sternocleidomastoideus
Caput med.: Manubrium sterni, Caput lat.: Klavikula
Proc. mastoideus, Linea nuchalis sup.
Einseitig: Beugung der HWS zur gleichen Seite, Drehung des Gesichts zur Gegenseite, Hebung des Gesichts Doppelseitig: Beugung der HWS nach vorne, Hebung des Gesichts, Atemhilfsmuskulatur
N. accessorius (N. XI), Plexus cervicalis
Oberflächliche Halsmuskeln
7
Infrahyale Muskulatur (untere Zungenbeinmuskulatur) M. sternohyoideus
Manubrium sterni
Corpus ossis hyoidei
Senkung des Zungenbeins
Ansa cervicalis (Nervenschlinge C1–C3)
M. sternothyroideus
Manubrium sterni, 1. Rippe
Linea obliqua der Cartilago thyroidea
Senkung des Kehlkopfs
Ansa cervicalis
M. thyrohyoideus
Linea obliqua der Cartilago thyroidea
Corpus ossis hyoidei
Senkung des Zungenbeins, Hebung des Kehlkopfs
C2
M. omohyoideus
Venter sup.: Corpus ossis hyoidei Venter inf.: Lig. transversum scapulae
Über eine Zwischensehne sind beide Bäuche vereinigt, diese ist über die mittlere Halsfaszie mit der Vagina carotica verbunden
Senkung des Zungenbeins, Anspannen der Lamina pretrachealis
Ansa cervicalis
Procc. transversus 3.–6. HW
Tuberculum mus culi scaleni der 1. Rippe
Skalenusgruppe M. scalenus ant.
M. scalenus med. M. scalenus post.
Procc. transversus 1.–7. HW Procc. transversus 5.–6. HW
1. Rippe 2. Rippe
⎫ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎬ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎭
Hebung der 1. bzw. 2. Rippe (Atemhilfsmuskeln), Neigung der HWS nach lateral
⎫ ⎪ ⎪ Rr. ventrales der ⎬ ⎪ Nn. cervicales ⎪ ⎭
429 7.2 · Collum, Hals
⊡ Tabelle 7.14. (Fortsetzung) Muskeln
Ursprung
Ansatz
Funktion
Körper der unteren Halsund oberen Brustwirbel, Tuberculum ant. proc. transversi der oberen Halswirbel
Körper der oberen Halswirbel, Tuberculum ant. atlantis, Querfortsätze der unteren Halswirbel
Nerv
Prävertebrale Muskulatur M. longus colli (sive cervicis)
M. longus capitis
Tuberculum ant. proc. transversi des 3.–6. Halswirbels
M. rectus capitis ant.
Procc. transversus atlantis
⎫ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ Pars basilaris ossis ⎬ ⎪ occipitalis ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎭
Im Einzelnen Das Platysma ist ein platter, dünner Hautmuskel. Er liegt
der Halsfaszie auf und bedeckt die V. jugularis externa (S. 453). Im Bereich des Kinns durchflechten sich Platysma und mimische Muskulatur. Nach unten breitet sich das Platysma bis zu den oberen Rippen aus.
>
⎫ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎬ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎭
Beugung der Halswirbelsäule bzw. des Kopfs nach ventral; einseitig: Neigen und Drehen des Kopfes zur gleichen Seite
⎫ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ Rr. ventrales der ⎬ ⎪ Nn. cervicales ⎪ ⎪ ⎪ ⎭
Der M. sternocleidomastoideus bestimmt das Halsprofil (S. 423). Er wird von der Lamina superficialis fasciae cervicalis umhüllt und nimmt Einfluss auf die Kopfhaltung. Zwischen seinen beiden Ursprüngen liegt die kleine Fossa supraclavicularis minor.
In Kürze
Supra- und infrahyale Muskulatur sorgen für die Bewegungen des Zungenbeins, das seine Bewegungen an den Kehlkopf weitergibt. Der äußerlich auffälligste Halsmuskel ist der M. sternocleidomastoideus. Er wirkt bei Kopfbewegungen mit. Die tiefe Halsmuskulatur ist an den Bewegungen des Halses und die Skalenusgruppe zusätzlich an Atembewegungen beteiligt.
7.2.3
Fascia cervicalis, Spatien
Wichtig
Die Halsfaszien bestehen aus mehreren Blättern, die Bindegewebsräume, Spatien, zwischen sich fassen.
Die Fascia cervicalis (⊡ Abb. 7.34), auch Fascia colli ge-
nannt, besteht aus der
Lamina superficialis. Sie liegt unter dem Platysma, umhüllt den M. sternocleidomastoideus und bedeckt als Fascia nuchae die dorsale Oberfläche des M. trapezius. Die Lamina superficialis ist an der Unterkante der Mandibula befestigt, setzt sich in die Fascia masseterica des Kopfes fort (S. 405) und bildet eine Faszientasche für die Gl. submandibularis und Gl. parotidea (S. 415). Ferner befestigt sie sich am Zungenbein. Kaudal verbindet sie sich mit der Klavikula und der Fascia pectoralis.
7
430
7
Kapitel 7 · Kopf und Hals
Lamina pretrachealis zwischen den kranialen Bäuchen der beiden Mm. omohyoidei. Sie hat dadurch die Form eines Dreiecks, dessen Spitze sich am Corpus ossis hyoidei und dessen Basis sich an der Klavikula und Innenseite des Sternums befindet. Die Lamina pretrachealis umschließt die infrahyale Muskulatur und ist außerdem mit der Vagina carotica verbunden, einem Bindegewebsstrumpf um den Gefäß-Nerven-Strang des Halses. Kontraktionen der Mm. omohyoidei spannen die Faszie und üben einen Zug auf die Vaginae caroticae aus. Dadurch wird beidseitig das Lumen der V. jugularis interna offengehalten, in der als herznahe Vene der Venendruck abnimmt. Lamina prevertebralis. Dieses Blatt überlagert die Mm. scaleni, den M. longus capitis und M. longus colli. Sie ist am Lig. longitudinale anterius der Wirbelsäule fixiert. Die prävertebrale Halsfaszie erstreckt sich von der Schädelbasis bis in den Brustkorb, wo sie sich in die Fascia endothoracica fortsetzt. Sie bedeckt den Truncus sympathicus, den Plexus brachialis und die A. subclavia. Spatien. Zwischen den Blättern der Halsfaszie verbleiben
Gebiete lockeren Bindegewebes, Spatia, die teilweise mit Bindegewebsräumen des Kopfes bzw. des Thorax in Verbindung stehen. Besonders benannt sind
Spatium peripharyngeum, Spatium retropharyngeum und Spatium lateropharyngeum. Im Einzelnen Das Spatium peripharyngeum liegt vor der Lamina prever-
tebralis fasciae cervicalis und umgibt den Pharynx (⊡ Abb. 7.40). Es setzt sich kaudal ins hintere Mediastinum fort und dehnt sich kranial bis an die Schädelbasis aus. – Senkungsabszesse können deswegen aus dem Spatium peripharyngeum ins Mediastinum, aber auch entlang der Mm. scaleni in die Achselhöhle gelangen. Im oberen Bereich wird das Spatium peripharyngeum rechts und links durch ein derbes sagittal stehendes Septum unterteilt in: Spatium retropharyngeum und Spatia lateropharyngea. Das Spatium retropharyngeum ist unpaar. Es liegt unmittelbar hinter dem Pharynx. Das Spatium lateropharyngeum, auch Spatium parapharyngeum genannt, ist paarig, d. h. rechts und links vorhanden. Es steht nach lateral mit der Parotisloge in offener Verbindung. Zusätzlich wird das Spatium lateropharyngeum durch eine Bindegewebsplatte, die vom Processus styloideus ausgeht, unterteilt in einen dorsalen Abschnitt mit A. carotis interna,V. jugularis interna, N. glossopharyngeus (N. IX), N. vagus (N. X), N. accessorius (N. XI) und N. hypoglossus (N. XII) und einen
⊡ Abb. 7.40. Spatium retro- und lateropharyngeum. Horizontalschnitt in Höhe des Axis. Spatien: I Spatium retropharyngeum; II Spatium lateropharyngeum. Faszien: a Fascia masseterica; b Fascia parotidea; c Fascia buccopharyngea; d Lamina prevertebralis fasciae cervicalis; e Septum sagittale; f Aponeurosis stylopharyngea
431 7.2 · Collum, Hals
ventralen Abschnitt mit N. lingualis, N. alveolaris inferior, N. auriculotemporalis (alle aus N. V3) und der Chorda tympani.
>
Ausführungen zu den Gefäßen und Nerven finden Sie im Kapitel 7.3.
In Kürze
Die Lamina superficialis und Lamina prevertebralis der Fascia cervicalis treffen sich dorsal in der Fascia nuchae. Die Lamina pretrachealis umschließt die infrahyale Muskulatur und ist mit der Vagina carotica verbunden. Die bindegewebigen Verschiebeschichten des Halses (»Spatien«) befinden sich zwischen den Blättern der Halsfaszie, Spatium peripharyngeum. Es erreicht die Schädelbasis und steht mit dem Mediastinum in offener Verbindung. Das Spatium peripharyngeum gliedert sich durch ein sagittales Septum in das Spatium retropharyngeum und Spatium lateropharyngeum. In den Spatien verlaufen z. T. in eigenen Hüllen Gefäße, Nerven sowie die Halsmuskulatur.
7.2.4
Organe des Halses
Organe des Halses sind Pharynx, Rachen, Larynx, Kehlkopf, Glandula thyroidea, Schilddrüse, Glandulae parathyroideae, Nebenschilddrüsen, und Glomus caroticum (S. 448).
Pharynx Wichtig
Der Pharynx verbindet Mundhöhle und Ösophagus – Weg für die Speise – sowie Nasenhöhle und Kehlkopf – Weg für die Atemluft. Im mittleren Bereich des Pharynx überschneiden sich die Wege. Der Pharynx ist am Schluckakt beteiligt und hat gleichzeitig durch lymphatisches Gewebe Schutzfunktion.
Der Pharynx (⊡ Abb. 7.41) ist ein 12–15 cm langer fibromuskulärer Schlauch, der sich von der Schädelbasis bis zum Beginn des Ösophagus in Höhe des Ringknorpels (6. Halswirbel) erstreckt. Er dient der Passage von Atemluft und Speise. Der Pharynx gliedert sich in: Pars nasalis pharyngis, Epipharynx, durch die Choanen in Verbindung mit der Nasenhöhle, Pars oralis pharyngis, Mesopharynx, durch den Isthmus faucium in Verbindung mit der Cavitas oris und Pars laryngea pharyngis, Hypopharynx, nach ventral durch den Aditus laryngis in Verbindung mit dem
Kehlkopf und nach kaudal durch den Ösophagusmund mit der Speiseröhre. Die Pars nasalis pharyngis endet kranial mit dem Fornix pharyngis, Dach des Pharynx. Hier liegt die unpaare Tonsilla pharyngea. Sie ist bei Kindern und Jugendlichen
groß und kann bei Hypertrophie die Atmung behindern. Nach der Pubertät verkleinert sie sich. An der lateralen Kante der Vorderwand der Pars nasalis pharyngis findet sich etwa in Verlängerung der unteren Nasenmuschel das Ostium pharyngeum tubae auditivae, die Öffnung der Ohrtrompete, die den Pharynx mit der Cavitas tympani verbindet (S. 673). Der obere und hintere Rand des Ostium ist durch den freien Rand des Tubenknorpels (S. 673) zum Torus tubarius, Tubenwulst, aufgeworfen.Von hier setzt sich die Plica salpingopharyngea, die über dem M. salpingopharyngeus liegt, nach unten fort. Hinter dem Torus tubarius liegt als Nische der Recessus pharyngeus. Als Torus levatorius, Levatorwulst, wird ein Schleimhautwulst am unteren Rand des Ostium pharyngeum bezeichnet, der durch den M. levator veli palatini hervorgerufen wird. Umgeben wird die Tubenöffnung insgesamt von der Tonsilla tubaria, die sich nach unten in die »Seitenstränge« fortsetzt. > Klinischer Hinweis Bei Entzündung der Tonsilla tubaria und Schleimhautschwellung kann die Tubenöffnung verschlossen werden, sodass die Ventilation des Cavum tympani blockiert ist.
Mikroskopische Anatomie. Die Oberfläche der Pars na-
salis pharyngis, einschließlich der der Tonsillen wird von mehrreihigem respiratorischem Epithel bedeckt. Zusätz-
7
432
Kapitel 7 · Kopf und Hals
7
⊡ Abb. 7.41. Pharynx und seine topographischen Beziehungen. Medianer Sagittalschnitt. Die roten Pfeile markieren die Kreuzung von Luft- und Speisewegen
lich kommen im Bereich der Tonsillen zahlreiche Lymphfollikel und flache Buchten vor, in die gemischte Drüsen münden. Pars oralis pharyngis. Dieser Abschnitt wird gemeinsam von Speise und Atemluft benutzt (⊡ Abb. 7.41). Eine deutliche Grenze gegenüber den beiden benachbarten Pharynxteilen besteht nicht. In die Pars oralis mündet die Mundhöhle. Den Eingang umgibt der Isthmus faucium mit der Tonsilla palatina und der Zungengrund. Dem Unterrand des Zungengrundes folgt der Oberrand des Kehldeckels. Hier liegt eine Grube, Vallecula epiglottica, die durch die Plica glossoepiglottica mediana unterteilt und seitlich von der Plica glossoepiglottica lateralis begrenzt wird. Pars laryngea pharyngis. Hier trennen sich Atem- und
Speiseweg. Ventral befindet sich der Aditus laryngis. Er wird vom oberen Rand der Epiglottis, Kehldeckel, von den Plicae aryepiglotticae und der Incisura interarytaenoidea umfasst.
Der Kehlkopfeingang und Rückseite des Kehlkopfs wölben sich ins Pharynxlumen vor. Dadurch entstehen seitliche Schleimhauttaschen, Recessus piriformes (⊡ Abb. 7.43). Sie lassen eine kleine Falte, Plica nervi laryngei superioris, erkennen, die durch den R. internus des N. laryngeus superior (aus dem N. vagus, N. X) hervorgerufen wird. > Klinischer Hinweis Fremdkörper, die in den Recessus piriformis geraten, können den sensorischen N. laryngeus superior reizen und damit heftige Würgereflexe auslösen.
Mikroskopische Anatomie. Die Schleimhautoberfläche der Pars oralis und Pars laryngea besteht aus mehrschichtigem unverhorntem Plattenepithel. Die Lamina propria weist reichlich lymphoretikuläres Gewebe auf, das zusammen mit den zu Tonsillen verdichteten Abschnitten den sog. Waldeyer-Rachenring bildet. In der Schleimhaut kommen zahlreiche muköse Glandulae pharyngeales vor.
433 7.2 · Collum, Hals
ⓘ Infobox In der Regel ist der Luftweg offen, der Eingang in den Ösophagus dagegen verschlossen. Dies ändert sich beim Schluckakt. Dann wird der Luftweg kurzfristig verschlossen.
Faszien und Muskeln des Pharynx. Die hintere Pharynxwand wird oben von der Fascia pharyngobasilaris, einem muskelfreien Abschnitt, im Übrigen von Muskeln gebildet. Befestigt ist der Pharynx an der Schädelbasis. Auffällig ist an der Hinterwand des Pharynx die Raphe pharyngis, eine Bindegewebsnaht, an der die Schlundschnürer ansetzen und die sich ihrerseits am Tuberculum pharyngeum des Os occipitale befestigt. Die Muskulatur des Pharynx (⊡ Abb. 7.42, ⊡ Tabelle 7.15) besteht aus Skelettmuskulatur. Sie gliedert sich in Schlundschnürer: – M. constrictor pharyngis superior, – M. constrictor pharyngis medius und – M. constrictor pharyngis inferior, Schlundheber: – M. palatopharyngeus und – M. stylopharyngeus. Schlundschnürer. Bei Kontraktion verengen die Muskeln dieser Gruppe den Schlund, heben und verkürzen ihn aber auch. Im Einzelnen Die Schlundschnürer verlaufen als Ganzes halbringartig von vorne (Ursprung) nach hinten (Ansatz an der Raphe pharyn-
⊡ Abb. 7.42. Schlundmuskulatur
gis). Jeder einzelne Konstriktor ist jedoch fächerförmig angeordnet.Dadurch hat jeder Konstriktor in sich verschiedene Verlaufsrichtungen. Außerdem überlagern sich die Konstriktoren dachziegelförmig. Dies erklärt ihre Funktion als Schlundschnürer.Zusätzlich führen die zur Raphe pharyngis aufwärtsstrebenden Fasern der unteren Schlundschnürer bei Kontraktion zu einer Verkürzung des Pharynx und beteiligen sich am Heben von Zungenbein und Kehlkopf.
Besondere Bedeutung kommt dem oberen Konstriktor beim Schlucken zu. Er wölbt bei Kontraktion die Schleimhaut gegen das Rachenlumen vor, sodass ein Ringwulst, Passavant-Wulst, entsteht, der dem Gaumensegel zum Verschluss des Nasenrachenraums als Widerlager dient. Schlundheber. Diese Muskeln sind ausschließlich Verkürzer und Heber des Schlundes. Der M. palatopharyngeus ruft eine Schleimhautfalte, Plica palatopharyngea, hervor. Beide Schlundheber befestigen sich am Kehlkopf und wirken deswegen auch als Kehlkopfheber. ⓘ Infobox Der Schluckakt ist ein kontinuierlicher Vorgang, bei dem zusammenwirken Heben des Gaumensegels; dabei öffnen sich die Tubae auditivae. Kontraktion der Pars pterygopharyngea des M. constrictor pharyngis superior ; hierdurch entsteht der PassavantRingwulst, an den das hintere Gaumensegel gepresst wird. Dadurch wird die Pars nasalis pharyngis von den übrigen Pharynxabschnitten abgeschlossen.
7
434
Kapitel 7 · Kopf und Hals
⊡ Tabelle 7.15. Muskulatur des Pharynx Muskel
Ursprung
Ansatz
Funktion
Nerv
Pars pterygopharyngea
Lamina med. proc. pterygoidei u. Hamulus pterygoideus
Raphe pharyngis
Pars buccopharyngea
Raphe pterygomandibularis
Raphe pharyngis
Pars mylopharyngea
Linea mylohyoidea mandibulae
Raphe pharyngis
Pars mylopharyngea
Linea mylohyoidea mandibulae
Raphe pharyngis
Pars glossopharyngea
Radix linguae
Raphe pharyngis
Pars chondropharyngea
Cornu min. ossis hyoidei
Raphe pharyngis
Pars ceratopharyngea
Cornu. maj. ossis hyoidei
Raphe pharyngis
Pars thyropharyngea
Seitenfläche der Cartilago thyroidea
Durchflechten sich gegenseitig
Pars cricopharyngea
Cartilago cricoidea
Durchflechten sich gegenseitig
M. palatopharyngeus
Aponeurosis palatina, Hamulus pterygoideus
Cartilago thyroidea, Raphe pharyngis
Heben des Pharynx
N. IX
M. stylopharyngeus
Proc. styloideus
Cartilago thyroidea, Tunica submucosa pharyngis
Heben des Pharynx
N. IX
Schlundschnürer M. constrictor pharyngis sup.
7
⎫ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ Verengung des Pha⎪ ⎬ rynx beim Schluck⎪ akt ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎭
⎫ ⎪ ⎬ N. IX ⎪ ⎭
M. constrictor pharyngis med. ⎫ ⎪ ⎪ ⎪ Verengung des Pharynx ⎬ beim Schluckakt ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎭
Plexus ⎫ pharyngeus ⎪ ⎬ (N. IX u. N. X, ⎪ Truncus sym⎭ pathicus)
M. constrictor pharyngis inf. ⎫ ⎪ ⎪ Verengung des Pharynx ⎪ ⎬ beim Schluckakt ⎪ ⎪ ⎪ ⎭
⎫ ⎪ N. X ⎬ ⎪ ⎭
Schlundheber
435 7.2 · Collum, Hals
Kontraktion der Mundbodenmuskulatur. Dadurch wird der Larynx angehoben und nach vorne gezogen, sodass sich die Epiglottis über den Aditus laryngis legt. Damit ist der Kehlkopfeingang und der Zugang zu den unteren Luftwegen verschlossen. Kontraktion der Mm. styloglossi und Mm. hyoglossi. Dies führt die Zunge nach hinten und drückt die Speise von der Mundhöhle in die Pars oralis pharyngis und dann in den Ösophagus. Kontraktion der hinteren Pharynxmuskulatur. Nun verstärkt sich der Druck auf die zu transportierende Speise, wobei sich durch Kontraktion des M. constrictor pharyngis inferior die Rachenwand verkürzt und über die Speise kranialwärts hinweggezogen wird. Hinter dem Isthmus faucium unterliegt der Weitertransport der Speise einer reflektorischen Peristaltik.
> Klinischer Hinweis Verschlucken bedeutet, dass feste oder flüssige Bestandteile in den Larynx gelangt sind. Dies geschieht z. B. beim gleichzeitigen Atmen und Schlucken, besonders wenn gleichzeitig gelacht wird. In der Folge kommt es zum Husten oder Würgen.
>
Gefäße und Nerven des Pharynx (hierzu auch Kapitel 7.3., Leitungsbahnen). Arterien. Die arterielle Versorgung des Pharynx erfolgt durch die A. pharyngea ascendens, dem einzigen medialen Ast der A. carotis externa, sowie durch Rr. pharyngei der A. thyroidea inferior. Venen. Das venöse Blut fließt in den dorsal der Mm. constrictores pharyngis gelegenen Plexus pharyngeus ab. Lymphbahnen. Zwischen dem venösen Plexus pharyngeus liegen die regionalen Lymphknoten des Pharynx, Nodi lymphatici retropharyngei, von dem die Lymphe in die Nodi lymphatici cervicales laterales profundi weitergeleitet wird, Nerven. Die Innervation erfolgt durch einen nervösen Plexus pharyngeus, der von Ästen des N. glossopharyngeus (N. IX), N. vagus (N. X), Truncus sympathicus und möglicherweise auch des N. facialis (N. VII) gebildet wird. Der Plexus enthält motorische, sensorische, sekretorische und sympathische Fasern.
In Kürze
Der Pharynx besteht aus Epipharynx, Mesopharynx und Hypopharynx. Der Mesopharynx ist gleichzeitig Speise- und Luftweg. Jedoch steht in der Regel der ganze Pharynx der Passage der Atemluft zur Verfügung; der Ösophagus ist dann verschlossen. Beim Schluckakt werden dann Epipharynx und Mesopharynx durch Zusammenwirken von Gaumensegel und hinterer Pharynxwand (Schlundschnürer) getrennt. Gleichzeitig öffnet sich das Ostium pharyngeum tubae auditivae. Ferner wird der Eingang des Larynx durch Zusammenwirken von Schlundschnürern und Schlundhebern des Pharynx durch die Epiglottis verschlossen. Umgeben wird der Pharynx von lymphatischem Gewebe, z. T. in Form von Tonsillen:Tonsilla pharyngea,Tonsilla tubaria.
Larynx, Kehlkopf Wichtig
Der Kehlkopf schützt die unteren Atemwege und dient der Tonbildung.
Lage. Der Kehlkopf befindet sich am Ein- bzw. Ausgang der dem Pharynx folgenden Luftwege. Er projiziert sich beim Erwachsenen mit seinem Oberrand auf den Oberrand des 5. Halswirbels. Seine untere Grenze liegt vor dem unteren Rand des 6. Halswirbels. Beim Schlucken, Sprechen usw., aber auch bei Bewegungen der Halswirbelsäule verschiebt sich der Kehlkopf nach oben bzw. unten, maximal in jede Richtung bis zu 2 cm.
Beim Neugeborenen steht der Kehlkopf höher (Oberrand 2., Unterrand 4. Halswirbel), im Alter tiefer als in mittleren Lebensjahren. Gliederung. Der Kehlkopf gliedert sich in (⊡ Abb. 7.43) Aditus laryngis, Vestibulum laryngis, bis zu den Plicae vestibulares,
Taschenbändern. Der Abstand zwischen Aditus laryngis und Plicae vestibulares beträgt 4–5 cm. Die Plicae vestibulares fassen die Rima vestibuli zwischen sich. Ventriculus laryngis, eine seitliche Aussackung mit Blindsack, Sacculus laryngis, hinter der Plica vestibularis. Das Vestibulum gehört zur Glottis, deren untere Begrenzung die Plicae vocales, Stimmbänder, sind.
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Kapitel 7 · Kopf und Hals
7 ⊡ Abb. 7.43. Kehlkopf. Blick von dorsal. Frontalschnitt
Zwischen den Plicae vocales liegt die Rima glottidis, Stimmritze. Der Abstand zwischen Plicae vestibulares und Plicae vocales beträgt 0,5–1 cm. Cavitas infraglottica. Bestandteile des Kehlkopfes sind Kehlkopfskelett mit Gelenken, Bandapparat, der stabilisierend wirkt, Kehlkopfmuskulatur und Schleimhaut. Zur Entwicklung Der Kehlkopf entsteht aus 2 Anteilen, dem mesenchymalen Anteil für Skelett, Muskeln und Gefäße. Sie stammen aus dem 4. und den folgenden Branchialbögen (S. 425, ⊡ Abb. 7.36). Durch Mesenchymproliferation werden um den Y-förmigen Aditus laryngis ein Epiglottiswulst und zwei Arytänoidwülste aufgeworfen (⊡ Abb. 7.37) und dem entodermal-epithelialen Anteil, der die Schleimhaut bildet. Dieser Anteil leitet sich von der Laryngotrachealrinne ab, die sich von der Ventralseite des Vorderdarms vorbuchtet (S. 479). Das Kehlkopfskelett besteht aus (⊡ Abb. 7.44) Cartilago epiglottica, Epiglottis, Kehldeckel, Cartilago thyroidea, Schildknorpel, Cartilago cricoidea, Ringknorpel, und Cartilagines arytenoideae, Aryknorpel.
⊡ Abb. 7.44 a, b. Kehlkopfskelett mit Zungenbein und Bandapparat. a Die Cartilago thyroidea ist transparent gezeichnet; b Lig. vocale und Conus elasticus von oben
Im Einzelnen Die Epiglottis ist ein elastischer Knorpel und hat die Form eines Tischtennisschlägers, dessen »Stiel«, Petiolus, nach
unten gerichtet ist. Die Epiglottis hat keine gelenkigen Verbindungen, der Petiolus ist aber durch das Lig. thyroepiglotticum am Schildknorpel befestigt.An der rückwärtigen Schleimhaut des Kehldeckels ist beim Spiegeln des Kehlkopfs über dem Petiolus ein Höckerchen, Tuberculum epiglotticum, sichtbar. Die Cartilago thyroidea (⊡ Abb. 7.44) setzt sich aus zwei großen Platten zusammen, die winkelig in der Medianebene zusammentreffen. Zwischen beiden Platten besteht kranial ein tiefer Einschnitt, Incisura thyroidea superior, der bis zu dem am weitesten vorspringenden Teil des Kehlkopfs, der Prominentia laryngis, Adamsapfel, reicht. Unten besteht nur
437 7.2 · Collum, Hals
eine kleine Einkerbung, Incisura thyroidea inferior. Der dorsale Rand beider Platten lässt je ein oberes und ein unteres Horn erkennen: Cornu superius zur Befestigung des Lig. thyrohyoideum laterale und Cornu inferius. Die Cartilago cricoidea hat Siegelringform. Die dorsale »Siegelplatte«, Lamina cartilaginis cricoideae, liegt in der dorsalen Öffnung des Schildknorpels. Der Bogen, Arcus cartilaginis cricoideae, befindet sich unter der Schildplatte der Cartilago thyroidea. Am Übergang von Lamina in Arcus cartilaginis cricoideae liegt beiderseits eine Gelenkpfanne, Facies articularis thyroidea, für die Artikulation mit dem Cornu inferius des Schildknorpels. Am seitlichen Rand der Lamina cartilaginis cricoideae findet sich ebenfalls auf beiden Seiten eine Gelenkfläche für die Artikulation mit der Basis der beiden Stellknorpel, Facies articulares arytenoideae. Cartilagines arytenoideae. Die beiden Stell- oder Giesbeckenknorpel reiten und bewegen sich auf dem Oberrand des Ringknorpels. Ihre Form ähnelt einer dreikantigen Pyramide. Die mediane, plane Fläche steht sagittal. Sie bildet mit einer unteren Kante den Processus vocalis, an dem das Lig. vocale, Stimmband, ansetzt. Nach lateral ragt von der Basis der Processus muscularis vor (Ansatz des M. cricoarytenoideus lateralis und M. cricoarytenoideus posterior). Kleinere Knorpel. Weitere sehr kleine Knorpel sind die Cartilagines cuneiformes (in den Plicae aryepiglottica, inkonstant) und die Cartilagines triticeae, beiderseits im Lig. thyrohyoideum. Kehlkopfgelenke sind Articulatio cricothyroidea und Articulatio cricoarytenoidea. Die Achsen dieser beiden Gelenke stehen senkrecht aufeinander. Die Articulatio cricothyroidea befindet sich zwischen der Innenseite jedes Cornu inferius der Cartilago thyroidea und der jeweilig korrespondierenden Facies articularis thyroidea der Cartilago cricoidea. In diesem Gebiet können um eine horizontal-transversale Achse Scharnierbewegungen und um eine sagittale Achse geringe Schiebebewegungen ausgeführt werden. Dadurch kann die Einheit der Cartilago cricoidea und Cartilagines arytenoideae gegen die Cartilago thyroidea (als Fixpunkt) bewegt werden und es kommt zu einer Anspannung bzw. Erschlaffung des Lig. vocale. Articulatio cricoarytenoidea. Sie liegt zwischen der Facies articularis cricoidea beider Aryknorpel und den beiden Facies articulares arytenoideae der Lamina cartilaginis cricoideae. – Verstärkt wird die Gelenkkapsel durch das elastische Lig. cricoarytenoideum.
Die Articulatio cricoarytenoidea ist ein Drehgelenk, dessen Achse vertikal durch die Gelenkfläche zieht. In diesem Gelenk erfolgen gleichzeitig Scharnier- und Gleitbewegungen. Dabei können sich die beiden Aryknorpel aufeinander zu bewegen oder voneinander wegrücken. Dies ermöglicht eine Erweiterung bzw. Verengung der Stimmritze sowie eine Spannung der Stimmfalten. Rima glottidis, Stimmritze. Sie gliedert sich in Pars intermembranacea, vorderer Anteil der Stimm-
ritze zwischen den Ligg. vocalia, auch als Rima phonetica bezeichnet, und Pars intercartilaginea, hinterer Anteil zwischen beiden Processus vocales der Aryknorpel, Rima respiratoria. Bandapparat des Kehlkopfs. Es lassen sich unterschei-
den innere Kehlkopfbänder und Membranen und äußere Kehlkopfbänder. Innere Kehlkopfbänder und Membranen sind zur Membrana fibroelastica laryngis zusammengefasst.
Sie untergliedern sich in Conus elasticus (⊡ Abb. 7.44), der an der Innenseite des Ringknorpels beginnt, sich dann als – Lig. cricothyroideum medianum zwischen Arcus cartilaginis cricoideae und unterer Kante des Schildknorpels ausspannt und hier befestigt ist.Es setzt sich dann nach oben fort und verengt sich derart,dass nur ein sagittal stehender Schlitz übrig bleibt.Die freien Ränder des Schlitzes bilden die – Ligg. vocalia (⊡ Abb. 7.44 b), die sich zwischen den Processus vocales der Aryknorpel und der Innenfläche der Cartilago thyroidea ausspannen. Die Ligg. vocalia begrenzen zusammen mit dem M. vocalis und der bedeckenden Schleimhaut die Stimmritze und beteiligen sich an der Tonerzeugung. Membrana quadrangularis. Sie entspricht dem oberen Teil der Membrana fibroelastica laryngis im Bereich des Vestibulum laryngis. Die Verstärkung der Membran in der Plica vestibularis ist das – Lig. vestibulare, Taschenband. Äußere Kehlkopfbänder. Die äußeren Kehlkopfbänder
dienen der Befestigung des Kehlkopfs am Zungenbein bzw. am oberen Trachealknorpel:
7
438
Kapitel 7 · Kopf und Hals
⊡ Tabelle 7.16. Muskeln des Larynx. Die Innervation der äußerenKehlkopfmuskeln erfolgt durch den Ramus externus nervi laryngei sup. (aus N. X) bzw. C2, die aller inneren Kehlkopfmuskeln durch den N. laryngeus inf. (aus N. X) Muskel
Ursprung (U) Ansatz (A)
Funktion
Wirkung auf Stimmritze
Wirkung auf Stimmbänder
Äußere Kehlkopfmuskeln M. cricothyroideus
U: Arcus cartilaginis cricoideae A: Lamina cartilaginis thyroideae
Kippt Lamina cartilaginis cricoideae nach hinten
–
Anspannung
M. thyrohyoideus
U: Linea obliqua der Cartilago thyroidea A: Corpus ossis hyoidei
Gegenspieler des M. cricothyroideus, Innerv. C2
–
Entspannung
7
Innere Kehlkopfmuskeln M. cricoarytenoideus (»Posticus«)
U: Lamina cartilaginis cricoideae A: Proc. muscularis cartilaginis arytenoideae
Zieht Proc. muscularis nach dorsal und damit Proc. vocalis nach lateral
Erweiterung
Anspannung
M. cricoarytenoideus
U: Arcus cartilaginis cricoideae A: Proc. muscularis cartilaginis arytenoideae
Zieht Proc. muscularis nach ventral und kaudal
Verschluss der Pars intermembranacea, Erweiterung der Pars intercartilaginea = Phonationsmuskel
Entspannung
M. thyroarytenoideus
U: Innenfläche der Cartilago thyroidea A: Fovea oblonga der Cartilago arytenoidea
Gegenspieler des »Posticus«
Verschluss der Pars intermembranacea
Anspannung
M. vocalis
U: Innenfläche der Cartilago thyroidea A: Proc. vocalis der Cartilago arytenoidea
Nähert Cart. thyroidea dem Proc. vocalis des Aryknorpels
Vollständiger Verschluss
Feinregulation der Spannung, isometrische Kontraktion
M. arytenoideus transversus
U: Proc. muscularis der Cartilago arytenoidea einer Seite A: Proc. muscularis der Cartilago arytenoidea der anderen Seite
Bringt beide Aryknorpel aneinander
Verschluss der Pars intercartilaginea
Anspannung
439 7.2 · Collum, Hals
⊡ Tabelle 7.16. (Fortsetzung) Muskel
Ursprung (U) Ansatz (A)
Funktion
Wirkung auf Stimmritze
Wirkung auf Stimmbänder
M. arytenoideus obliquus
U: Proc. muscularis der Cartilago arytenoidea einer Seite A: Apex der Cartilago arytenoidea der anderen Seite
Kippt Aryknorpel, sodass sie auf die abfallende Kante der Lamina cricoidea gelangen
Verschluss der Pars intercartilaginea
Anspannung
M. aryepiglotticus
U: Apex der Cartil ago arytenoidea A: Seitenrand der Epiglottis
Verengt Aditus laryngis und zieht Epiglottis nach dorsal
–
–
M. thyroepiglotticus
U: Innenseite der Cartilago thyroidea A: Seitenrand der Epiglottis
Erweitert den Aditus laryngis und zieht Epglottis nach ventral
–
–
Membrana thyrohyoidea (⊡ Abb. 7.46). Es handelt sich um ein flächenhaftes Band, das den oberen Rand der Cartilago thyroidea in seiner ganzen Ausdehnung mit dem Zungenbein verbindet. Es zeigt Verstärkungen in der Mitte, Lig. thyrohyoideum medianum, und an den freien lateralen Rändern, Ligg. thyrohyoidea lateralia. – Mit der Membrana thyrohyoidea ist der Kehlkopf am Zungenbein aufgehängt. Sie überträgt alle Verschiebungen des Zungenbeins auf den Larynx, z. B. beim Schlucken (S. 433). – Die Membrana thyrohyoidea besitzt auf jeder Seite eine Öffnung für die A. und V. laryngea superior und den R. internus des N. laryngeus superior (aus dem N. vagus, N. X). Lig. cricopharyngeum. Es befindet sich auf der Rückseite der Cartilago cricoidea und zieht zur Pharynxwand.
⊡ Abb. 7.45 a, b. Wirkungsrichtung der Kehlkopfmuskeln, Pfeile. a Blick von rechts, die Cartilago thyroidea ist teilweise entfernt. b Blick von oben auf das Kehlkopfskelett
Muskulatur des Kehlkopfs. Zu unterscheiden sind: Muskeln, die den Kehlkopf als Ganzes bewegen. Infra- und suprahyale Muskeln einschließlich der Muskeln, die am Kehlkopf selbst ansetzen (M. sternothyroideus, M. thyrohyoideus, M. constrictor pharyngis inferior) und Kehlkopfmuskeln im engeren Sinne: – äußere Kehlkopfmuskeln,M. cricothyroideus,und – innere Kehlkopfmuskeln.
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Kapitel 7 · Kopf und Hals
Die Kehlkopfmuskeln im engeren Sinne (⊡ Tabelle 7.16) dienen den Bewegungen der Kehlkopfknorpel gegeneinander und beeinflussen Spannung und Stellung der Stimmbänder.
7
Einzelheiten zu den Kehlkopfmuskeln Funktionell kommt es beim Kehlkopf auf das Öffnen und Schließen der Stimmritze sowie das Einstellen der Stimmlippenspannung an (⊡ Abb. 7.45). Hierzu dienen der Stellapparat und der Spannapparat. Der Stellapparat umfasst passive Anteile: Conus elasticus einschließlich Ligg. vocalia als verstärkter oberer Rand, sowie Lig. cricoarytenoideum (⊡ Abb. 7.44), aktive Anteile: – M. cricoarytenoideus posterior, »Posticus« der Kliniker, den einzigen Öffner der Stimmritze, – M. cricoarytenoideus lateralis, M. thyroarytenoideus, M. arytenoideus transversus und obliquus als Schließer, die beiden letzten wirken auch auf die Pars intercartilaginea (s. unten). Die Muskeln insgesamt bewirken Phonationsbewegungen. Spannapparat. Wichtigste Bestandteile sind: M. cricothyroideus, der den Ringknorpel gegen den durch die vorderen Halsmuskeln festgestellten Schildknorpel bewegt und M. vocalis, der für die zur jeweiligen Tonerzeugung erforderlichen Spannungen sorgt. > Klinischer Hinweis Bei Schädigung des N. laryngeus inferior (früher N. recurrens), kann es zur Lähmung des M. cricoarytenoideus posterior kommen, dem einzigen Öffner der Rima glottidis. Dadurch können Atmung und Stimmbildung beeinträchtigt sein. Ursächlich kommen Druckschädigungen bei Kropf oder Operationsfolgen in Frage. Das Krankheitsbild wird als Rekurrensparese bezeichnet.
Schleimhaut des Kehlkopfs. Ausgekleidet sind die Bin-
nenräume des Kehlkopfs mit mehrreihigem respiratorischem Flimmerepithel, das zu einer auf der Unterlage verschieblichen Schleimhaut mit überwiegend gemischten Glandulae laryngeales gehört. Im Bereich der Stimmbänder, Plicae vocales, ist die Schleimhaut jedoch unverschieblich mit der Unterlage verwachsen und zeigt ein mehrschichtiges, stellenweise verhorntes Plattenepithel. ⓘ Infobox Die wichtigste Aufgabe des Larynx ist der Schutz der Atemwege. Ihm dienen der Kehldeckel, der beim Schlucken den Aditus
laryngis verschließt, und die Einengung der Atemwege durch die Rima glottidis. Bei ruhiger Atmung ist von der Rima vocalis nur die Pars intercartilaginea geöffnet. Bei Forcierung der Atmung öffnen sich auch die vorderen Teile der Stimmritze. Beim Eindringen reizender Gase, kleiner Partikel, Flüssigkeiten oder fester Bestandteile in den Kehlkopf kommt es zu einem reflektorischen Glottisverschluss. Es folgt häufig reflektorisches Husten. Dabei öffnen sich die Stimmritzen explosionsartig. Eine weitere Aufgabe ist die Phonation, Tonerzeugung (nicht die Bildung von Sprachlauten). Bei der Tonerzeugung kommt es zu Schwingungen der Stimmlippen als Ganzes. Die Tonerzeugung wird dadurch eingeleitet, dass nach vorangehender Inspiration die Stimmritzen verschlossen werden und dann der Verschluss durch Exspiration gesprengt wird. Die Tonerzeugung selbst beginnt, sobald die Stimmlippen in Schwingung geraten. Ändert sich die Spannung des Stimmbandes – dadurch, dass sich die Innervation der Mm. vocales und Mm. cricothyroidei ändert –, ändert sich auch die Schwingungszahl (Tonhöhe). Eine Sonderstellung nimmt das Flüstern ein. Die Sprache wird dann durch das Ansatzrohr, d. h. durch den dem Kehlkopf folgenden Teil gestaltet.
Gefäße und Nerven des Kehlkopfs (auch Kapitel 7.3). Die arterielle Versorgung des Larynx erfolgt durch die A. laryngea superior (aus der A. thyroidea superior) und die A. laryngea inferior (aus der A. thyroidea inferi-
or). Die obere Arterie durchbohrt in Begleitung des R. internus des N. laryngeus superior die Membrana thyrohyoidea. Die A. thyroidea inferior zieht dorsal der Trachea aufwärts und erreicht den Larynx, nachdem sie den M. constrictor pharyngis inferior durchbrochen hat. Beide Arterien anastomosieren untereinander. Venen. Die V. laryngea superior leitet das Blut des kranialen Larynxanteils in die V. thyroidea superior ab. Das Blut der V. laryngea inferior ergießt sich in den Plexus thyroideus impar. Lymphgefäße. Die Lymphe aus dem Larynx wird in die Nodi lymphatici cervicales anteriores profundi drainiert. Motorische Innervation. Der einzige »äußere« Kehlkopfmuskel, M. cricothyroideus, wird vom R. externus des N. laryngeus superior, alle übrigen, »innere« Kehlkopfmuskeln, werden vom N. laryngeus inferior aus dem N. laryngeus recurrens innerviert. Beide Nn. laryngeales (superior und inferior) sind Äste des N. vagus (N. X) und führen neben motorischen auch sensorische und sekretorische Fasern. Die sensorische Innervation erfolgt bis zur Stimmritze durch den N. laryngeus superior, unterhalb der Stimmritze durch den N. laryngeus inferior.
441 7.2 · Collum, Hals
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In Kürze
Der Kehlkopf besteht aus dem Kehlkopfskelett, dessen Einzelteile (Cartilago thyroidea, Cartilago cricoidea, Cartilagines aritenoidea) durch Gelenke miteinander verbunden sind und durch Muskeln gegeneinander bewegt werden können, sowie aus Bindegewebsstrukturen, die u. a. Grundlage der Stimmlippen sind. Die Stimmlippen dienen der Tonerzeugung. Durch die Bewegungen in den Kehlkopfgelenken kann die Rima glottidis erweitert bzw. verengt und die Stimmlippenspannung eingestellt werden. Bei den Bewegungen handelt es sich in der Articulatio cricothyroidea um Scharnier- und geringe Schiebebewegungen und in der Articulatio cricoarytenoidea um Scharnier- und Gleitbewegungen.Von den Kehlkopfmuskeln ist der M. cricoarytenoideus posterior der einzige Öffner der Stimmritze. Eine weitere Einengung des Kehlkopfs erfolgt durch das Lig. vestibulare.
Glandula thyroidea, Schilddrüse Wichtig
Die Gl. thyroidea bildet die Hormone Thyroxin, Trijodthyronin und Kalzitonin.Thyroxin und Trijodthyronin werden im Kolloid von Schilddrüsenfollikeln gespeichert und nach Bedarf freigesetzt.
Die Glandula thyroidea (⊡ Abb. 7.46) besteht aus einem Lobus dexter und einem Lobus sinister sowie einem verbindenden Isthmus. Nicht selten ist ein Lobus pyramidalis vorhanden (S. 442). Der Isthmus bedeckt den 2.–4. Trachealknorpel. Die beiden Seitenlappen legen sich der Cartilago cricoidea und Cartilago thyroidea an. Die Schilddrüse wiegt 25–30 g. Umgeben wird die Schilddrüse von zwei Bindegewebskapseln: Die innere Kapsel ist äußerst zart und fest mit dem Bindegewebe der Drüse selbst verbunden. Die äußere Kapsel liegt der Lamina pretrachealis fasciae cervicalis an und steht vorn mit infrahyalen Muskeln und deren Faszien, dorsolateral mit der GefäßNerven-Scheide und hinten mit der Trachea in Verbindung. Durch die Verbindung mit dem Gefäß-NervenStrang legt sich die A. carotis communis der Schilddrüse an.Außerdem steht der hintere mediokaudale Anteil der Drüse in Beziehung zum N. laryngealis recurrens. Zwischen den Kapseln befindet sich lockeres Bindegewebe mit zu- und abführenden Blutgefäßen sowie dorsal den Epithelkörperchen (s. unten). > Klinischer Hinweis Vergrößert sich die Schilddrüse, dehnt sie sich wegen der engen Faszienräume vorwiegend nach kaudal aus, Senkkropf,
⊡ Abb. 7.46. Glandula thyroidea von ventral und kann die Trachea einengen, Säbelscheidentrachea. Ein Kropf, Struma, kann ferner den N. laryngeus recurrens schädigen, sodass es zur Heiserkeit kommt, im Extremfall zur Stimmbandlähmung.
Zur Entwicklung Die Anlage der Schilddrüse geht auf eine Epithelknospe zwischen Tuberculum impar und Copula der Zungenanlage zurück (S. 425). Der Anlageort entspricht dem auch später erkennbaren Foramen caecum. Von hier aus wächst ein Epithelstrang in das daruntergelegene Mesenchym ein. Bald wird aus dem Strang ein Schlauch, Ductus thyroglossalis. Das solide Ende des Ductus entwickelt sich zur
7
442
Kapitel 7 · Kopf und Hals
Schilddrüse. Wenn schließlich die Schilddrüsenanlage in der 7. Embryonalwoche ihre endgültige Position vor dem 3. Luftröhrenknorpel erreicht hat, bildet sich der Ductus thyroglossalis zurück. Als Rest kann der Lobus pyramidalis verbleiben. Mikroskopische Anatomie (⊡ Abb. 7.47). Charakteris-
7
tisch für den Feinbau der Schilddrüse sind rundliche oder langgestreckte Schilddrüsenfollikel, die erhebliche Größenunterschiede aufweisen (Durchmesser bis zu 0,9 mm). Sie werden von einem einschichtigen, in Abhängigkeit von der Funktion unterschiedlich hohen Epithel begrenzt (s. unten) und enthalten ein homogenes, bald eosinophiles, bald basophiles Kolloid. Follikelepithelzellen. Sie zeigen elektronenmikroskopisch alle Charakteristika von Zellen, die synthetisieren, reabsorbieren und Protein abbauen können. Die Epithelzellen sind bei einer den Bedarf des Körpers deckenden Hormonproduktion niedrig, bei Steigerung der Schilddrüsenaktivität höher. Kolloid. Es besteht chemisch hauptsächlich aus Thyroglobulin, einem hochmolekulare Glykoprotein, an das die Hormone Thyroxin und Trijodthyronin in inaktiver Form gebunden sind. Die Schilddrüse kann dadurch in großer Menge Hormon extrazellulär speichern (Stapeloder Speicherdrüse). C-Zellen. Zwischen den Follikelepithelzellen und interfollikulär kommen vereinzelt oder in Haufen helle parafollikuläre C-Zellen, Clear cells, vor. Diese Zellen produzieren Kalzitonin. Sie können durch Silberimprägnation selektiv dargestellt werden. Die C-Zellen stammen aus
der Neuralleiste und sind aus dem Ultimobranchialkörper in die Schilddrüse eingewandert. Das Bindegewebe der Schilddrüse ist sehr gefäßreich und führt Nerven. Die Kapillaren haben ein gefenstertes Endothel. ⓘ Infobox Thyroxin und Trijodthyronin wirken bei der Regulierung von Stoffwechselprozessen mit; u. a. steigern sie bei stoffwechselaktiven Organen O2-Aufnahme und O2-Verbrauch – messbar am Grundumsatz – und die Erregbarkeit des vegetativen Nervensystems. Kalzitonin hemmt die Kalziumfreisetzung aus Knochen und senkt dadurch die Kalziumkonzentration des Blutplasmas.
Schilddrüsenfollikel unterliegen einem zyklischen Ge-
schehen. Es folgen aufeinander (⊡ Abb. 7.48) Sekretionsphase, Jodierung, Speicherphase und Resorptionsphase. Sekretionsphase. Im RER und Golgi-Apparat der prismatischen Follikelepithelzellen wird das Thyroglobulin synthetisiert und durch Sekretgranula ins Follikellumen abgegeben. Jodierung. Parallel dazu wird von den Follikelepithelzellen aus dem Blut Jodid aufgenommen und durch eine Peroxidase zu J2 oxidiert. J2 wird zur extrazellulären Jodierung von Tyrosinresten des Thyroglobulins verwendet, vermutlich an der apikalen Zellmembran der Follikelepithelzellen. Bei der Fortsetzung der Synthese kommt es zur Bildung von Thyroxin und Trijodthyronin, die an Thyroglobulin gebunden in der Follikelhöhle gespeichert werden. Speicherphase. Das Epithel flacht in der Regel ab. Durch Wasserresorption findet eine Eindickung des Sekrets statt. Resorptionsphase. Durch Endozytose erfolgt – gesteuert durch das Hypophysenvorderlappenhormon Thyrotropin – Reabsorption des Hormon-Thyroglobulin-Komplexes durch die Follikelepithelzellen. Nach Fusion der endozytotischen Bläschen mit Lysosomen werden Thyroxin und Trijodthyronin proteolytisch vom Thyroglobulin abgespalten, durch die basale Plasmamembran ausgeschieden und in postkapilläre Venulen abgegeben. ⓘ Infobox
⊡ Abb. 7.47. Schilddrüsenfollikel mit parafollikulären C-Zellen
Bei der Regulation der Schilddrüsentätigkeit wirken Schilddrüse, Hypothalamus und Adenohypophyse eng zusammen
443 7.2 · Collum, Hals
⊡ Abb. 7.48. Drüsenzelle der Gl. thyroidea. Links Sekretionsphase, rechts Resorptionsphase
(⊡ Tabelle 10.2). Dabei hat das Schilddrüsenhormon hemmende Wirkung auf die zentralen Steuerorgane, die ihrerseits die Schilddrüsentätigkeit fördern. Ferner wirken die Geschlechtshormone über das Hypothalamus-Hypophysen-System auf die Schilddrüse und nervöse Reize können die Schilddrüsenfunktion direkt beeinflussen.
> Klinischer Hinweis Überfunktion der Gl. thyroidea kann zum Morbus Basedow führen, der durch die Merseburger Trias (Struma, Exophthalmus, Tachykardie) gekennzeichnet ist. Angeborene Unterfunktion der Schilddrüse kann hypothyreoten Zwergwuchs, Kretinismus, hervorrufen. Unterfunktion im Erwachsenenalter erzeugt eine teigige Schwellung der Haut, Myxödem, bei geistiger und körperlicher Trägheit.
⊡ Abb. 7.49. Schilddrüse mit Blutgefäßen von vorne. Rechts Arterien, links Venen
Gefäße und Nerven der Schilddrüse (hierzu auch Kapi-
tel 7.3, Leitungsbahnen).
V. thyroidea inferior in die V. brachiocephalica sinistra
Die arterielle Blutversorgung der Gl. thyroidea (⊡ Abb. 7.49) erfolgt durch die A. thyroidea superior aus der A. carotis externa, und die A. thyroidea inferior aus
ab.
dem Truncus thyrocervicalis. Zu 10 % besteht eine unpaare A. thyroidea ima, die entweder direkt aus der Aorta oder aus dem Truncus brachiocephalicus entspringt. Venen. Das venöse Blut fließt über die V. thyroidea superior und Vv. thyroideae mediae in die V. jugularis interna sowie über den Plexus thyroideus impar und die
Lymphbahnen. Regionale Lymphknoten sind die Nodi lymphatici thyroideae, überregionale die Nodi lymphatici cervicales profundi. Nerven. Die Innervation erfolgt parasympathisch und sensorisch durch Äste des N. laryngeus superior und N. laryngeus inferior (Äste des N. vagus, N. X), sympa-
thisch durch ein Geflecht, das die zuführenden Gefäße begleitet.
7
444
Kapitel 7 · Kopf und Hals
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In Kürze
Der Isthmus der Schilddrüse liegt vor dem 2.–4.Trachealknorpel, die Lobi jeweils seitlich von Ring- und Schildknorpel des Kehlkopfs. Umgeben wird die Schilddrüse von einer inneren und einer äußeren Kapsel. Funktionstragender Anteil der Schilddrüse sind die Schilddrüsenfollikel. Ihre Epithelzellen sezernieren Thyroglobulin, dessen Tyrosinreste extrazellulär jodiert und zu Thyroxin und Trijodthyronin umgebaut und als Hormon-Thyroglobulin-Komplex gespeichert werden. Die Hormonfreisetzung erfolgt nach Endozytose durch die Follikelepithelzellen. – Parafollikulär liegen C-Zellen, die Kalzitonin bilden.
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Glandulae parathyroideae, Epithelkörperchen, Nebenschilddrüsen Wichtig
Die Glandulae parathyroideae, Epithelkörperchen, bilden Parathormon, Parathyrin, das bei der Kontrolle des Kalzium- und Phosphatspiegels mitwirkt.
In der Regel handelt es sich bei den Nebenschilddrüsen um 4 etwa linsengroße Organe auf der dorsalen Seite der Schilddrüse zwischen den Bindegewebskapseln. Ihre Lage ist variabel, jedoch liegen häufig die Gll. parathyroideae superiores in Höhe des Unterrandes der Cartilago cricoidea, die Gll. parathyroideae inferiores in Höhe des 3.–4. Trachealknorpels. Zur Entwicklungsgeschichte s. S. 426. Mikroskopische Anatomie. Die Drüsenkörper sind von einer lockeren Bindegewebskapsel umgeben und bestehen aus Epithelsträngen. Es lassen sich unterscheiden Hauptzellen und oxyphile Zellen. Die Hauptzellen gelten als Bildner des Parathormons. Sie enthalten basophile Granula, die häufig in der Zellperipherie angereichert sind. Je nach Funktionszustand erscheinen die Hauptzellen histologisch dunkel (aktiv) oder hell (glykogenreich, weniger aktiv).
Die oxyphilen Zellen sind weniger zahlreich. Sie enthalten nur wenig Glykogen, sind aber oft prall mit Mitochondrien gefüllt. Ihre Funktion ist bisher unbekannt. Selten kommen in der Glandula parathyroidea kolloidhaltige Follikel vor. Beginnend im mittleren Lebensalter treten im Drüsengewebe vermehrt Fettzellen auf. ⓘ Infobox Parathormon ist lebenswichtig. Es aktiviert die Osteoklasten und mobilisiert dadurch Kalzium und Phosphat aus dem Knochen. Ferner steigert Parathormon die Kalziumresorption im Dünndarm in Gegenwart von Vitamin D und die Kalziumreabsorption in der Niere. Insgesamt wird durch Parathyrin der Kalziumspiegel im Blutplasma erhöht,die Phosphationenkonzentration durch Stimulierung der Phosphatausscheidung in der Niere erniedrigt.Antagonist des Parathyrins ist hinsichtlich des Blutkalziumspiegels das Kalzitonin der Schilddrüse (s. oben).
> Klinischer Hinweis Eine Hypofunktion der Epithelkörperchen führt durch Absinken des Kalziumspiegels im Blut zu einer Übererregbarkeit des Nervensystems bis zur Tetanie. Bei Hyperfunktion treten Knochenerweichungsherde durch vermehrte Mobilisation von Kalzium aus dem Knochen sowie Kalkabscheidungen im Nierenparenchym auf.
Die Gefäßversorgung der Nebenschilddrüsen erfolgt durch Äste der A. thyroidea inferior.
445 7.2 · Collum, Hals
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In Kürze
In der Regel sind 4 Epithelkörperchen vorhanden, die auf der Rückseite der Schilddrüse unter der äußeren Schilddrüsenkapsel liegen. Die Epithelkörperchen bilden in Hauptzellen Parathormon. Außerdem kommen mitochondrienreiche oxyphile Zellen vor.
7.2.5
Topographie des Halses
Wichtig
Es empfiehlt sich, bei der Bearbeitung der Topographie des Halses die Ausführungen über die Leitungsbahnen von Kopf und Hals mit heranzuziehen (ab S. 447). Dort sind Herkunft,Verlauf und Zielgebiete der großen Gefäße und Nerven dargestellt, die im vorliegenden Kapitel nur punktuell erwähnt sind. Ferner ist für die Erarbeitung der Topographie des Halses die Anschauung unersetzbar (Präpariersaal, anatomische Sammlung).
Die Oberfläche des Halses lässt sich topographisch durch den schräg von lateral oben nach medial unten verlaufenden M. sternocleidomastoideus, der bei mageren Personen und bei Drehungen des Kopfes mehr oder weniger deutlich hervortritt, unterteilen in eine unpaare Regio cervicalis anterior, mittleres Halsdreieck, Regio sternocleidomastoidea über dem Muskel und eine Regio cervicalis lateralis, seitliches Halsdreieck, mit Trigonum omoclaviculare. Hinzu kommt die Regio cervicalis posterior als Nackenregion (⊡ Abb. 6.25).
Ferner befindet sich kranial am Vorderrand des M. sternocleidomastoideus unmittelbar unter dem Ramus mandibulae die V. retromandibularis, die sich am unteren Rand der Gl. parotidea mit der V. facialis verbunden hat. Sie setzt sich in die V. jugularis externa fort, die den M. sternocleidomastoideus überquert. Schließlich verläuft epifaszial der N. transversus colli. Im Einzelnen ist die Regio cervicalis anterior unterteilt in Trigonum submandibulare, Trigonum submentale, Trigonum caroticum und Trigonum musculare sive omotracheale. Trigonum submandibulare und Trigonum submentale gehen ineinander über.Sie befinden sich zwischen Mandibula und Os hyoideum. Das Trigonum submentale enthält vor allem die Gl. submandibularis. Sie liegt zusammen mit Nodi lymphatici submandibulares in einer Tasche der Lamina superficialis der Halsfaszie. Außerdem verlaufen durch das Trigonum submandibulare die A. und V. facialis (teilweise durch die Gl. submandibularis hindurch), der N. mylohyoideus (motorischer Ast aus N. V3) und eine kurze Strecke der N. hypoglossus unter dem M. stylohyoideus und Venter posterior musculi digastrici. Das Trigonum submentale beinhaltet die vorderen Digastrikusbäuche. Das Trigonum caroticum umfasst ein Gebiet medial des
Regio cervicalis anterior. Oberflächlich tritt beim Mann die Prominentia laryngis, Adamsapfel, deutlicher hervor als bei der Frau. Unterhalb des Larynx liegt die Schilddrüse. Sie wölbt sich jedoch nur bei Vergrößerung, Struma, vor. Oberhalb des Sternums liegt die Drosselgrube
mit eingesunkener Haut. Epi- bzw. intrafaszial befindet sich die in ihrem Verlauf variable V. jugularis anterior. Sie ist durch Vereinigung kleiner Kopfvenen evtl. mit der V. facialis entstanden. Distal in der Regio cervicalis anterior bildet sie mit der der Gegenseite den Arcus venosus jugularis.
M. sternocleidomastoideus. Gekennzeichnet ist es durch die Aufteilung der A. carotis communis in die A. carotis interna und A. carotis externa. Die Teilungsstelle entspricht etwa dem Oberrand des Schildknorpels in Höhe des 4.–5. Halswirbels. Die A. carotis interna liegt zunächst lateral, schiebt sich aber bald nach medial hinter die A. carotis externa,um dann auf der Lamina prävertebralis im Spatium parapharyngeum aufwärts zu ziehen. Sie wird kranial von der A. carotis externa durch den M. styloglossus, M. stylopharyngeus und den N. glossopharyngeus getrennt. Be-
7
446
Kapitel 7 · Kopf und Hals
gleitet wird die A. carotis interna von der V. jugularis interna. Zwischen den beiden Ästen der A. carotis liegt der N. vagus (s. unten). Die A. carotis externa gibt noch im Trigonum caroticum vordere,mediale und dorsale Äste ab. Weitere Leitungsbahnen im Trigonum caroticum sind am Oberrand für ein kurzes Stück der N. hypoglossus, der die Radix superior der Ansa cervicalis entlässt, der N. accessorius unter dem hinteren Bauch des M. digastricus und ganz in der Tiefe an der lateralen Seite der A. carotis interna der N. glossopharyngeus sowie am tiefsten der Truncus sympathicus.
7
Im Trigonum musculare befinden sich der Larynx, die Gl. thyroidea, die Gll. parathyroideae und in der Tiefe der Pharynx. In deren Umgebung liegt mehr oberflächlich die A. thyroidea superior, deren Äste innerhalb der Schilddrüsenkapsel Verbindung mit Ästen der A. thyroidea inferior eingehen, die von hinten die Schilddrüse er-
reicht. Hinzu kommt ein kräftiger Venenplexus. Von der Seite treten an die Membrana thyrohyoidea der N. laryngeus superior und die A. laryngea superior heran, deren Äste in den Kehlkopf eindringen. Von kaudal wird der Kehlkopf durch den N. laryngeus inferior erreicht, der in einer Rinne zwischen Trachea und Ösophagus verläuft. An die Schilddrüse legt sich hinten die A. carotis communis und an die Seitenwand des Pharynx die A. pharyngea ascendens an. > Klinischer Hinweis Im Trigonum musculare können Tracheotomien durchgeführt werden, sei es bei mechanischer Atembehinderung durch Entzündungen, Tumoren, Allergien oder zur künstlichen Dauerbeatmung. Immer wird dabei der Luftweg unterhalb der Rima glottidis eröffnet. Eine relativ leichte und rasch durchführbare »Nottracheotomie« ist die Koniotomie. Hierbei wird das Lig. cricothyroideum medianum durchtrennt. Größere Gefäße können bei diesem Eingriff nicht verletzt werden.
Die Regio sternocleidomastoidea entspricht der Ausdehnung des M. sternocleidomastoideus. Der Muskel bedeckt weitgehend den großen Gefäß-Nerven-Strang des Halses, der von der Vagina carotica umfasst wird. Im Gefäß-Nerven-Strang liegen die A. carotis communis medial, die V. jugularis interna lateral – sie legt sich jedoch kaudal etwas vor die A. carotis communis – und zwischen beiden Gefäßen, eher dorsolateral der Arterien, der N.vagus (N. X). In der bindegewebigen Hülle der Vagina carotica verläuft die Radix superior ansae cervicalis (Nervenschlinge aus C1–C3). Sie legt sich der A. carotis communis ventral auf. Begleitet wird der Gefäß-Nerven-
Strang von Nodi lymphatici cervicales anteriores et laterales profundi. > Klinischer Hinweis In der Mitte des medialen Randes des M. sternocleidomastoideus ist der Puls der A. carotis communis tastbar: wichtig für Notfälle.
Die Regio cervicalis lateralis befindet sich zwischen
dem hinteren Rand des M. sternocleidomastoideus und dem vorderen Rand des M. trapezius. Markant ist am Hinterrand des M. sternocleidomastoideus 3 cm oberhalb des Schlüsselbeins das Punctum nervosum, ErbPunkt. Von hier kann der obere Teil des Plexus brachialis elektrisch gereizt werden (Einzelheiten S. 464, ⊡ Abb. 7.50). Auf der tiefen Halsfaszie, über dem M. levator scapulae quert der N. accessorius (N. XI) die Regio cervicalis lateralis und zieht zum M. trapezius. auch die A. und V. cervicalis superficialis verzweigen sich in dieser Region. Das Trigonum omoclaviculare (⊡ Abb. 7.51) wird laterokranial vom Venter inferior musculi omohyoidei, kaudal von der Klavikula und medial vom hinteren Rand des M. sternocleidomastoideus begrenzt.
Oberflächlich ist das Trigonum omoclaviculare an der Fossa supraclavicularis erkennbar. In der Fossa supraclavicularis major liegen die Nodi lymphatici supraclaviculares (⊡ Tabelle 7.21). Linksseitig sind sie ein bevorzugter
⊡ Abb. 7.50. Oberflächliche Halsnerven mit Punctum nervosum und Halsvenen
447 7.3 · Leitungsbahnen an Kopf und Hals, systematische Darstellung
7.3.1
Arterien
Die großen, Kopf und Hals Blut zuführenden Gefäße sind die A. subclavia, A. carotis communis mit ihren beiden Ästen – A. carotis externa und – A. carotis interna.
⊡ Abb. 7.51. Trigonum omoclaviculare
Absiedlungsort von Frühmetastasen aus dem MagenDarm-Kanal. Das Trigonum omoclaviculare ist durch eine Bindegewebsmembran, Fascia omoclavicularis, in 2 Etagen geteilt: Die oberflächliche Etage zwischen Lamina superficialis fasciae cervicalis und Fascia omoclavicularis enthält neben Fett- und Bindegewebe vordere Äste der Nn. supraclaviculares und am medialen Rand die V. jugularis externa. In der tiefen Etage, zwischen Fascia omoclavicularis und Lamina prevertebralis fasciae cervicalis, liegen die A. subclavia, die A. und V. cervicalis superficialis, der Ductus thoracicus, der N. phrenicus und am laterodorsalen Rand Teile des Plexus brachialis. – Die V. subclavia bleibt hinter der Klavikula verborgen.
7.3
Leitungsbahnen an Kopf und Hals, systematische Darstellung Wichtig
Die systematische Darstellung der Leitungsbahnen in Kopf und Hals dient dem Aufzeigen von Zusammenhängen zwischen ihrem Ursprung, ihrem Verlauf und ihren Zielgebieten. Die Ausführungen sind detailliert und vor allem zum Nachschlagen gedacht. Die Angaben über die großen Stämme und Äste müssen jedoch im Gedächtnis bleiben. Sie sind durch + gekennzeichnet.
Die A. subclavia + ist an der arteriellen Versorgung von Brustwand, Schultergürtel, Nackenmuskulatur, Hals und okzipitalen Teilen des Gehirns sowie des zervikalen und thorakalen Rückenmarks beteiligt. Die A. subclavia sinistra + entspringt aus dem Arcus aortae, die A. subclavia dextra +geht hinter dem Sternoklavikulargelenk aus dem Truncus brachiocephalicus hervor.Auf beiden Seiten zieht die A. subclavia bogenförmig über die Pleurakuppel.Dann tritt sie zwischen M. scalenus anterior und M. scalenus medius (»hintere« Skalenuslücke) in den Bereich des Halses ein.Hier liegt die A. subclavia ventrokaudal der Wurzel des Plexus brachialis. Dann zieht die Arterie bogenförmig zwischen Klavikula und 1. Rippe in die Tiefe des Trigonum clavipectorale (S. 299) weiter.Sie hinterlässt an der 1. Rippe eine flache Rinne, Sulcus arteriae subclaviae. Jenseits des Sulcus setzt sich die A. subclavia in die A. axillaris fort. > Klinischer Hinweis Durch kräftigen Zug am Arm nach hinten unten kann die A. subclavia zwischen 1. Rippe und Klavikula bei lebensbedrohlichen Blutungen komprimiert werden.
Äste der A. subclavia (⊡ Abb. 6.71, ⊡ Tabelle 7.17): A. thoracica interna +. Die A. thoracica interna ent-
springt an der konkaven Seite des Subklaviabogens und gelangt dann in den Thorax. Einzelheiten S. 237. A. vertebralis +. Sie beteiligt sich an der Blutversorgung des Gehirns. Die A. vertebralis ist der 1. Ast der A. subclavia auf der konvexen Seite. Ihr 1. Abschnitt ist die Pars prevertebralis. Dann tritt sie in das Foramen transversarium des 6. Halswirbels ein und zieht durch die gleichnamigen Foramina der übrigen kranialen Halswirbel (Pars transversaria). Hinter der Massa lateralis des Atlas beschreibt sie einen Bogen (Pars atlantis, ⊡ Abb. 6.21 c), dringt durch die Membrana atlantooccipitalis posterior in das Cavum subarachnoidale ein und gelangt durch das Foramen magnum in die hintere Schädelgrube (Pars intracranialis). Auf dem Clivus, in Höhe des unteren Randes der Pons, vereinigen sich die Aa. vertebrales beider Seiten zur A. basilaris (⊡ Abb. 10.27, S. 723).
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448
Kapitel 7 · Kopf und Hals
⊡ Tabelle 7.17. Äste der A. subclavia Hauptast
Verästelung
1. A. thoracica interna:
Rr. mediastinales Rr. thymici A. pericardiacophrenica Rr. mammarii Rr. intercostales anteriores A. musculophrenica A. epigastrica superior
2. A. vertebralis:
Rr. spinales R. meningeus Aa. spinales posteriores A. spinalis anterior A. inferior posterior cerebelli A. basilaris – A. inferior anterior cerebelli – Rr. ad pontem – A. superior cerebelli – A. cerebri posterior
3.Truncus thyrocervicalis:
A. thyroidea A. cervicalis ascendens A. cervicalis superficialis A. suprascapularis
4.Truncus costocervicalis:
A. cervicalis profunda A. intercostalis suprema
5. A. transversa cervicis:
R. superficialis R. profundus (A. dorsalis scapulae)
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Teile des Rückenmarks (Eintritt in den Wirbelkanal durch Foramina intervertebralia). – A. suprascapularis zur Versorgung von Schlüsselbein- und Schultergelenk sowie umgebender Muskeln. Direkt hinter der Klavikula entsendet sie einen R. acromialis zum Rete acromiale. Sie zieht dann über dem Lig. transversum scapulae weiter in die Fossa supraspinata und bildet am seitlichen Rand der Spina scapulae eine Anastomose mit der A. circumflexa scapulae aus der A. subscapularis. – Die A. suprascapularis kann auch direkt aus der A. subclavia entspringen. A. transversa cervicis/colli (evtl. auch direkt aus der A. subclavia). Sie verläuft zwischen den Wurzeln des Plexus brachialis und teilt sich dann in einen R. superficialis zur Versorgung des M. trapezius und der Nackenmuskeln sowie einen R. profundus (wenn dieser Ast direkt aus der A. subclavia hervorgeht, wird er als A. dorsalis scapulae bezeichnet) zur Versorgung der Mm. rhomboidei und des M. latissimus dorsi. Sie entsendet außerdem Äste zum Rete scapulae. Truncus costocervicalis. Der Truncus costocervicalis entspringt hinter dem M. scalenus anterior aus der dorsalen Wand der A. subclavia und teilt sich in 2 Äste auf: – A. cervicalis profunda. Sie läuft zwischen den Querfortsätzen des 7. Halswirbels und des 1. Brustwirbels zur tiefen Nackenmuskulatur; sie gibt Rr. spinales zu den Rückenmarkhäuten ab. – A. intercostalis suprema. Das Gefäß teilt sich auf in die beiden 1. Interkostalarterien, A. intercostalis posterior I und II. A. carotis communis + (⊡ Abb. 8.16). Sie entspringt rechts
Truncus thyrocervicalis (⊡ Abb. 6.71). Der Truncus thyrocervicalis entspringt am medialen Rand des M. scalenus anterior aus der A. subclavia und teilt sich in 4 Äste: – A. thyroidea inferior + kreuzt unter der Lamina pretrachealis fasciae cervicalis die Gefäß-NervenStraße des Halses und durchbohrt am unteren Pol die Schilddrüsenkapsel. Sie versorgt die Schilddrüse sowie Teile des Pharynx, des Ösophagus und der Trachea mit gleichnamigen Ästen und gibt die A. laryngea inferior + zum Kehlkopf ab. – A. cervicalis ascendens zieht medial vom N. phrenicus auf dem M. scalenus anterior kranialwärts und versorgt mit Rr. musculares die Mm. scaleni sowie die tiefe Nackenmuskulatur, mit Rr. spinales
aus dem Truncus brachiocephalicus, links aus dem Aortenbogen. Sie ist der Gefäßstamm für die A. carotis externa und die A. carotis interna. Die A. carotis communis läuft bedeckt vom M. sternocleidomastoideus in der Gefäß-Nerven-Straße des Halses medial der V. jugularis interna und des N. vagus. Dann tritt sie in das Trigonum caroticum ein (S. 445), wo sie sich in die A. carotis externa und A. carotis interna teilt. Sinus caroticus +, Glomus caroticum +. An der Teilungsstelle ist die A. carotis zum Sinus caroticus erweitert. In
der Wand des Sinus caroticus liegen Pressorezeptoren. In der dorsalen Wand der Aufteilungsstelle findet sich ferner das Glomus caroticum, ein Chemorezeptor, der
449 7.3 · Leitungsbahnen an Kopf und Hals, systematische Darstellung
durch Verminderung des O2-Gehaltes des Blutes erregt wird. Die pressorezeptiven und chemorezeptiven Reize werden über die Rr. sinus carotici des N. glossopharyngeus (N. IX), N. laryngeus superior und Truncus sympathicus dem Kreislauf- und Atemzentrum der Formatio reticularis myelencephali zugeleitet. Die A. carotis externa + versorgt den größten Teil der
Kopfweichteile und der Dura mater. Die A. carotis externa (⊡ Abb. 7.52, ⊡ Tabelle 7.18) liegt in ihrem Anfangsteil im oberen Abschnitt des Trigonum caroticum ventral der A. carotis interna. Dann zieht sie unter dem Venter posterior des M. digastricus und dem M. stylohyoideus auf dem M. stylopharyngeus in die Fossa retromandibularis. Sie wird vom N. hypoglossus überkreuzt, vom N. laryngeus superior und N. glossopharyngeus unterkreuzt. Sie läuft durch das Drüsengewebe der Gl. parotidea, wo der Plexus intraparotideus des N. facialis (N. VII) über sie hinwegzieht. In Höhe des Collum mandibulae teilt sich die A. carotis externa in ihre beiden Endäste Insgesamt gibt die A. carotis externa 8 Äste (1–8) ab. Diese bilden eine vordere Gruppe (1–3), mediale Gruppe (4), hintere Gruppe (5 und 6) und Endäste (7 und 8). Vordere Gruppe der A. carotis externa: 1. Die A. thyroidea superior + entspringt im Trigo-
num caroticum. Ihre Äste sind die – A. laryngea superior +, die gemeinsam mit dem R. internus des N. laryngeus superior durch die Membrana thyrohyoidea tritt. Sie versorgt den Larynx bis zur Rima glottidis. – R. sternocleidomastoideus zur Innenfläche des M. sternocleidomastoideus, nachdem er den Arcus nervi hypoglossi überkreuzt hat. – R. cricothyroideus. Er zieht zum M. cricothyroideus. – Rr. glandulares zur Schilddrüse. 2. Die A. lingualis + versorgt mit ihren Ästen die Zunge und Gl. sublingualis. Sie entspringt im Trigonum caroticum, zieht kraniomedial zwischen M. hyoglossus und M. genioglossus bis zur Zungenspitze. Dabei hat sie einen stark geschlängelten Verlauf, sodass sie sich den Zungenbewegungen anpassen kann. 3. Die A. facialis + entspringt auch noch im Bereich des Trigonum caroticum. Bedeckt vom M. stylohyoideus und vom Venter posterior des M. digastricus so-
⊡ Tabelle 7.18. Äste der A. carotis externa Hauptast
Verästelung
1. A. thyroidea superior:
A. laryngea superior R. cricothyroideus R. sternocleidomastoideus
2. A. lingualis:
A. sublingualis Rr. dorsales linguae A. profunda linguae
3. A. facialis:
A. palatina ascendens Rr. tonsillares A. submentalis A. labialis inferior et superior A. angularis
4. A. pharyngea ascendens:
Rr. pharyngei A. meningea posterior A. tympanica inferior Rr. sternocleidomastoidei
5. A. occipitalis 6. A. auricularis posterior:
A. stylomastoidea A. tympanica posterior R. auricularis Rr. occipitales
7. A. maxillaris:
A. auricularis profunda A. tympanica anterior A. alveolaris inferior – R. mylohyoideus – A. mentalis A. meningea media A. masseterica Rr. pterygoidei Aa. temporales profundae A. buccalis A. alveolaris superior posterior A. palatina descendens A. canalis pterygoidei A. sphenopalatina A. infraorbitalis – Aa. alveolares superiores medii et anteriores
8. A. temporalis superficialis:
A. transversa faciei Rr. parotidei A. zygomaticoorbitalis A. temporalis media Rr. auriculares anteriores R. frontalis R. parietalis
7
450
Kapitel 7 · Kopf und Hals
Mediale Gruppe der A. carotis externa: 4. Die A. pharyngea ascendens + liegt zunächst zwi-
schen A. carotis externa und interna, verläuft dann an der Seitenwand des Pharynx im Spatium lateropharyngeum und gibt ab: – Rr. pharyngeales in die Pharynxmuskulatur, – A. tympanica inferior durch den Canaliculus tympanicus in die Paukenhöhle, – einen Endast, der durch das Foramen jugulare in die hintere Schädelgrube zieht und dort die A. meningea posterior bildet; sie versorgt die Dura mater der hinteren Schädelgrube.
7
⊡ Abb. 7.52. A. carotis externa mit Ästen. Der R. sternocleidomastoideus kann auch aus der A. thyroidea hervorgehen
wie der Gl. submandibularis erreicht sie den Unterkiefer an der Insertionsstelle des M. masseter. Im Bereich des Gesichts ist sie von Ausläufern des Platysmas sowie dem M. zygomaticus major bedeckt, zieht dicht am Mundwinkel und Nasenflügel vorbei und reicht mit ihrem Endast, A. angularis, in die Gegend des medialen Augenwinkels. Die A. facialis hat 6 Äste. Die Versorgungsgebiete ergeben sich aus den Gefäßbezeichnungen: – A. palatina ascendens, die an der Seitenwand des Pharynx nach kranial zieht; ihr Leitmuskel ist der M. stylopharyngeus. Es besteht eine Anastomose dieser Arterie mit der A. palatina descendens aus der A. maxillaris. – Rr. tonsillares zur Gaumenmandel. – A. submentalis zur Gl. submandibularis und den suprahyalen Muskeln. Sie verläuft an der Außenfläche des M. mylohyoideus und wird von der V. submentalis und dem N. mylohyoideus begleitet. – A. labialis inferior und A. labialis superior zur Versorgung von Unter- und Oberlippe. Beide Arterien anastomosieren im M. orbicularis oris mit Endästen der A. lingualis bzw. A. maxillaris, sowie mit den gleichnamigen Ästen der Gegenseite. – A. angularis als Endast der A. facialis. Sie anastomosiert mit der A. dorsalis nasi, einem Endast der A. ophthalmica (aus der A. carotis interna).
Hintere Gruppe der A. carotis externa: 5. A. occipitalis. Sie versorgt die seitliche und hintere
Kopfoberfläche und außerdem mit Ästen, die die Schädelknochen durchbrechen, die Dura mater der hinteren Schädelgrube. Die A. occipitalis verläuft hinter dem Venter posterior des M. digastricus über die V. jugularis interna, dann in einem Sulcus arteriae occipitalis des Os temporale, bedeckt vom M. sternocleidomastoideus, nach dorsal. Sie durchbohrt den Ursprung des M. trapezius lateral von der Protuberantia occipitalis externa und erstreckt sich mit ihren Endästen, begleitet von der gleichnamigen Vene und dem N. occipitalis major, bis in die Gegend der Sutura coronalis. 6. Die A. auricularis posterior zieht über den M. stylohyoideus und teilt sich vor dem Processus mastoideus in die Rr. auriculares für die Ohrmuschel, die A. stylomastoidea zum Mittel- und Innenohr und die Rr. occipitales. Die Rr. occipitales treten in das Arteriennetz der Kopfschwarte ein. Weitere Äste erreichen die Paukenhöhle (A. tympanica posterior), die Cellulae mastoideae und M. stapedius. Endäste: 7. Die A. maxillaris + (⊡ Abb. 7.53) versorgt als stärke-
rer Endast der A. carotis externa die tiefe Gesichtsregion. Sie entsteht innerhalb der Gl. parotidea, läuft zwischen dem Collum mandibulae und dem Lig. sphenomandibulare und dann zwischen den beiden Köpfen des M. pterygoideus lateralis zur Fossa pterygopalatina. Die 13 Äste der A. maxillaris lassen sich zu 4 Gruppen zusammenfassen: – Die 1. Gruppe versorgt die Dura mater der mittleren Schädelgrube und den Unterkiefer. – Die 2. Gruppe sendet Äste in sämtliche Kaumuskeln.
451 7.3 · Leitungsbahnen an Kopf und Hals, systematische Darstellung
⊡ Abb. 7.53. A. maxillaris mit Ästen. Die A. maxillaris verzweigt sich in der Fossa infratemporalis
– Die 3. Gruppe versorgt Wange und Oberkiefer. – Die 4. Gruppe versorgt Gaumen und Nasenhöhle. 8. Die A. temporalis superficialis ist der schwächere Endast der A. carotis externa. Sie zieht zwischen Unterkieferköpfchen und äußerem Gehörgang über die Fascia temporalis in die Regio temporalis. Äste der A. maxillaris im Einzelnen sind A. auricularis profunda zum Kiefergelenk, äußeren
Gehörgang und Cavum tympani. A. tympanica anterior, die gleichfalls einen Ast an das Kiefergelenk abgibt und durch die Fissura petrotympanica in die Paukenhöhle gelangt, wo sie mit der A. tympanica posterior anastomosiert. A. alveolaris inferior zu Zähnen und Zahnfleisch des Unterkiefers. Sie läuft gemeinsam mit dem N. alveolaris inferior durch den Canalis mandibulae.Vor dem Eintritt in den Canalis mandibulae gibt sie einen R. mylohyoideus zum gleichnamigen Muskel ab. Ihr Endast ist die A. mentalis, die durch das Foramen mentale zu Kinn und Unterlippe zieht. A. meningea media +. Sie gelangt, begleitet vom R. meningeus des N. mandibularis, durch das Foramen spinosum in die mittlere Schädelgrube und versorgt mit einem vorderen und einem hinteren Ast die Dura mater dieser Schädelgrube. Im Os parietale hinterlässt sie tiefe Sulci arteriosi. In ihrem Anfangsteil wird die Arterie von den beiden Wurzeln des N. auriculotemporalis umschlungen. Ein kleines Ästchen, das durch den Porus acusticus internus zieht, versorgt den M. tensor tympani. A. masseterica, die durch die Incisura mandibulae zum M. masseter zieht. Aa. temporales profundae, die auf dem Planum temporale zum M. temporalis gelangen.
Rr. pterygoidei zu den beiden Mm. pterygoidei. A. buccalis, die mit dem N. buccalis auf dem M. buccinator verläuft und Muskeln, Schleimhaut und äußere Haut der Wange versorgt. Sie anastomosiert mit Ästen der A. facialis. A. alveolaris superior posterior, die vor Eintritt in den Canalis infraorbitalis abzweigt und zu den Molaren und Prämolaren, zur Gingiva des Oberkiefers und zur Schleimhaut der Kieferhöhlen zieht. A. palatina descendens zur Versorgung des Gaumens. Das Gefäß tritt von der Fossa pterygopalatina aus in den Canalis palatinus major ein und teilt sich hier in eine A. palatina major, die durch das Foramen palatinum majus zum harten Gaumen zieht, und die Aa. palatinae minores, die die Foramina palatina minora zum weichen Gaumen hin verlassen. Die Arterie bildet Anastomosen mit der A. palatina ascendens und der A. pharyngea ascendens. A. canalis pterygoidei nach Verlauf im Canalis pterygoideus zu den kranialen Abschnitten des Pharynx. A. sphenopalatina, die durch das Foramen sphenopalatinum in den hinteren Teil der Nasenhöhle gelangt und sich dort in Gefäße für die Schleimhaut der Nasenhöhle und Nasennebenhöhlen verzweigt: Aa. nasales posteriores mediales et laterales. A. infraorbitalis. Sie geht in der Fossa pterygopalatina aus der A. maxillaris hervor, verläuft durch die Fissura orbitalis inferior in den Canalis infraorbitalis und gelangt durch das Foramen infraorbitale in die Weichteile der Oberkieferregion. – Innerhalb des Canalis infraorbitalis gibt die A. infraorbitalis die Aa. alveolares superiores medii et anteriores ab, die die vorderen Zähne und die Gingiva des Oberkiefers versorgen.
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452
Kapitel 7 · Kopf und Hals
Äste der A. temporalis superficialis im Einzelnen sind Rr. auriculares anteriores zur Versorgung der Ohrmu-
schel und des äußeren Gehörgangs. A. transversa faciei +,ein relativ starker Ast.Er zieht durch die Gl. parotidea quer über den M. masseter und versorgt einen großen Teil der mimischen Gesichtsmuskulatur. A. zygomaticoorbitalis zum lateralen Augenwinkel. A. temporalis media zum M. temporalis. Rr. parotidei zur Ohrspeicheldrüse. R. frontalis und R. parietalis, die sich an der Bildung des Arteriennetzes der Kopfschwarte beteiligen. Die A. carotis interna + versorgt den größten Teil des Ge-
7
hirns, der Orbita, der Schleimhäute der Siebbeinzellen, der Stirnhöhle und z. T. der Nasenhöhle. Die A. carotis interna ist an der Bildung des Circulus arteriosus cerebri (Willisi) beteiligt (S. 723). Mit der A. vertebralis übernimmt sie die Versorgung des Gehirns und der Orbita. Die A. carotis interna geht im Trigonum caroticum aus der A. carotis communis hervor (S. 448) und gliedert sich in: Pars cervicalis, Pars petrosa, Pars cavernosa und Pars cerebralis. Pars cervicalis,Verlauf S. 448. Pars petrosa. In den Schädel tritt die A. carotis inter-
na durch den Canalis caroticus der Pars petrosa ossis temporalis ein. Im Kanal beschreibt sie einen nach frontomedial gerichteten Bogen. Innerhalb dieses Bogens gibt sie die Rr. caroticotympanici zur Paukenhöhle ab. Pars cavernosa. Über die Fibrocartilago des Foramen lacerum hinweg gelangt die A. carotis interna im Schädelinneren in den Sulcus caroticus an der Seitenfläche des Corpus ossis sphenoidalis und zieht hier durch den Sinus cavernosus hindurch (S. 825). Pars cerebralis zur Blutversorgung des Gehirns (S. 723).
7.3.2
Venen
Die Venen von Kopf und Hals nehmen Blut auf aus dem Schädelinneren und aus den Weichteilen von Kopf und Hals. Das Blut aus dem Schädelinneren (S. 824) gelangt zum größten Teil in die V. jugularis interna (s. unten). Hinzu
kommen als kleinere Abflüsse aus dem Schädelinneren die Vv. diploicae und Vv.emissariae. Die Vv. diploicae sind dünnwandige Venen in der Spongiosa des Schädeldachs. Sie stehen mit den Sinus durae matris (S. 825, ⊡ Tabelle 7.19) in Verbindung und leiten Blut zu den oberen Kopfvenen ab. Sie nehmen auch Blut aus den Vv. diploicae der Knochen des Schädeldachs sowie der Dura mater selbst auf. Die Vv. emissariae (⊡ Tabelle 7.20) sind etwas größere Venen, die durch Öffnungen der Schädelknochen hindurchtreten. Auch sie verbinden venöse Sinus durae matris des Schädelinneren mit oberflächlichen Kopfvenen. Es wird angenommen, dass sie einen Überdruck in den Sinus verhindern. Venen der Schädelweichteile und des Halses. Das venöse Blut der äußeren Schädelweichteile sammelt sich in der V. facialis, V. retromandibularis und V. jugularis externa.Von dort wird es in die V. jugularis interna oder direkt in die V. subclavia abgeleitet. Kopfvenen sind V. facialis +. Die V. facialis beginnt am medialen Augenwinkel als V. angularis. Dann zieht die V. facialis unter der mimischen Gesichtsmuskulatur schräg über die Wange zur Mitte der Unterkante des Corpus mandibulae (⊡ Abb. 7.50). – Die V. angularis + hat eine Anastomose zur V. ophthalmica superior und über die V. supraorbitalis zur V. diploica frontalis. > Klinischer Hinweis Beide Anastomosen können Entzündungen der äußeren Haut in die Sinus durae matris (Sinus-cavernosus-Thrombose) und in die Meningen (Meningitis) fortleiten.Voraussetzung ist, dass es zu einer Umkehr der Blutströmung kommt: In der Regel strömt es zur V. facialis, bei Umkehr aber zentripetal.
– Zuflüsse zur V. facialis sind Vv. palpebrales superiores et inferiores, Vv. nasales externae, Vv. labiales superiores et inferiores, V. profunda facialis, Rr. parotidei, V. palatina externa, V. submentalis (⊡ Abb. 7.50), V. thyroidea superior. V. retromandibularis. Sie entsteht durch Zusammenfluss der Vv. temporales superficiales, V. temporalis media und V. transversa faciei. Außerdem erhält sie Blut aus dem Plexus venosus pterygoideus (s. unten). Die V. retromandibularis verläuft vor dem Meatus
453 7.3 · Leitungsbahnen an Kopf und Hals, systematische Darstellung
⊡ Tabelle 7.19. Verbindung der Diploëvenen zu intra- und extrakraniellen Abflüssen V. diploica
Verbindung nach innen zum Sinus
Verbindung nach außen zur
V. diploica frontalis V. diploica temporalis anterior V. diploica temporalis posterior V. diploica occipitalis
S. sagittalis sup. S. sphenoparietalis S. transversus S. transversus
V. supraorbitalis V. temporalis prof. V. auricularis post. V. occipitalis
⊡ Tabelle 7.20. Verbindungen der Vv. emissariae zu intra- und extrakraniellen Abflüssen V. emissaria
Innere Verbindung zum Sinus
Durchtrittsstelle
Äußere Verbindung zur/zum
V. emissaria parietalis
S. sagittalis sup.
For. parietale
V. temporalis superf.
V. emissaria mastoidea
S. sigmoideus
For. mastoideum
V. occipitalis
V. emissaria occipitalis
Confluens sinuum
Durch die Squama occipitalis
V. occipitalis
V. emissaria condylaris
S. sigmoideus
Canalis condylaris
Plexus venosus vertebralis ext.
acusticus externus, durchquert oft die Gl. parotidea und mündet entweder direkt, oder nach Vereinigung mit der V. facialis zur V. jugularis anterior in die V. jugularis interna. Häufig zieht ein kräftiger Ast über den M. sternocleidomastoideus zur V. auricularis posterior bzw. zur V. jugularis externa. Plexus venosus pterygoideus. Er breitet sich als Venengeflecht in der Fossa infratemporalis, vorwiegend unter dem M. pterygoideus lateralis,aus.Er hat Zuflüsse aus den Vv. meningeae mediae, den Vv. auriculares anteriores, Vv. tympanicae aus der Paukenhöhle, den Vv. parotideae aus der Gl. parotidea und den Vv. articulares temporomandibulares vom Kiefergelenk. V. jugularis externa +. Sie entsteht durch Zusammenfluss der V. occipitalis und V. auricularis posterior. Sie läuft am Hinterrand des M. sternocleidomastoideus und mündet gemeinsam mit der V. transversa colli/ cervicis in die V. subclavia. V. jugularis anterior +. Sie entsteht aus der Vereinigung der V. facialis mit der V. retromandibularis und sammelt das Blut aus dem vorderen Halsabschnitt. Rechte und linke V. jugularis anterior können durch den Arcus venosus jugularis im Bereich des Spatium suprasternale in Verbindung stehen.
V. jugularis interna +. Sie geht aus dem Sinus sigmoideus (S. 825), nach dessen Durchtritt durch das Foramen jugulare, hervor. Ihr Beginn ist durch eine Auftreibung, Bulbus superior venae jugularis, gekennzeichnet, der die Fossa jugularis des Os temporale ausfüllt. Der Bulbus soll strömungsmechanisch eine Wirbelbildung des Blutes erzeugen und damit verhindern, dass die in ihrer Weite nicht veränderbaren Sinus durae matris leer laufen. Im Anfangsteil liegt die V. jugularis dorsal, dann lateral der A. carotis interna bzw. der A. carotis communis im Gefäß-NervenStrang des Halses. Zwischen beiden Gefäßen verläuft der N. vagus (N. X). Hinter der Articulatio sternoclavicularis vereinigt sich die V. jugularis interna im Angulus venosus mit der V. subclavia zur V. brachiocephalica. Kurz vor der Einmündung findet sich eine weitere Erweiterung, der Bulbus inferior venae jugularis, an dessen kranialem Ende die einzigen Klappen der V. jugularis interna liegen. Die Adventitia der V. jugularis interna ist über die Vagina carotica mit der Lamina prevertebralis fasciae cervicalis verbunden (S. 430).
7
454
Kapitel 7 · Kopf und Hals
7.3.3
Lymphgefäßsystem
Lymphknoten des Kopfs Die Lymphgefäße der Kopfschwarte und der vorderen Gesichtsregion sammeln sich in 4 Gruppen von Lymphknoten, die dicht oberhalb des Ramus mandibulae liegen (⊡ Abb. 7.54, ⊡ Tabelle 7.21): Nodi lymphatici buccinatorii auf dem M. buccinator. Ihr Einzugsgebiet ist das Gesicht. Nodi lymphatici parotidei superficiales et profundi, größtenteils unter der derben Fascia parotidea gele-
gen. Eine Anschwellung dieser Lymphknoten ist daher sehr schmerzhaft (Druck auf den N. auriculotemporalis). Ihr Einzugsgebiet liegt im Bereich der Wange und der vorderen Kopfschwarte bis in die Gegend des Ohres. Nodi lymphatici mastoidei auf dem Processus mastoideus. Ihr Einzugsgebiet ist der hintere Teil der Kopfschwarte und die Haut hinter dem Ohr. Nodi lymphatici occipitales, die die Lymphe aus dem hinteren Bereich der Kopfschwarte sammeln.
⊡ Tabelle 7.21. Lymphknoten des Kopf- und Halsbereichs
7
Nodi lymphatici (Ndd.)
Lokalisation
Zuflussregion
Abfluss
Ndd. occipitales (2–4)
In Höhe der Linea nuchalis inf.
Kopfschwarte
Ndd. cervicales prof.
Ndd. mastoidei
Auf dem Proc. mastoideus
Kopfschwarte, Mandibularregion
Ndd. cervicales prof.
Ndd. parotidei superf. et prof.
Vor dem äußeren Gehörgang
Wange, Parotis, Augenlider
Ndd. submandibulares
Ndd. buccales
Auf dem M. buccinator
Regio faciei
Ndd. submandibulares
Ndd. mandibulares
Um die V. facialis
Wange
Ndd. cervicales prof.
Ndd. submentales
Unter dem Kinn
Kinn und Unterlippe, Gingiva
Ndd. cervicales prof.
Ndd. submandibulares
Im Bereich der Gl. submandibularis
Gesicht, Zunge,Tonsillen, Zähne
Ndd. cervicales prof.
Ndd. cervicales superf.
Entlang der V. jugularis ant.
Oberfläche des Halses, Parotis
Ndd. cervicales prof.
Ndd. tracheales, oesophagei, retropharyngeales, thyroideae, linguales
Regionale Ndd. der entsprechenden Organe
Ndd. cervicales prof.
Entlang der V. jugularis int.
Nd. jugulodigastricus
Unter dem M. digastricus
Nd. juguloomohyoideus
In der Kreuzung des M. omohyoideus und der V. jugularis int.
Ndd. supraclaviculares
In der Fossa supraclavicularis
⎫ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ Überregionale ⎪ ⎬ Lymphknotenkette der ⎪ ⎪ regionalen Ndd. ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎭
Ndd. cervicales prof.
⎫ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎬ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎭
Die gesammelte Lymphe fließt über den Truncus jugularis in den Ductus lymphaticus dext. bzw. Ductus thoracicus und von dort in den Angulus venosus
455 7.3 · Leitungsbahnen an Kopf und Hals, systematische Darstellung
⊡ Abb. 7.54. Lymphgefäße und Lymphknoten von Kopf und Hals. Dargestellt ist die linke Seite, auf der der Truncus jugularis in den Ductus thoracicus einmündet
Lymphknoten des Halses (⊡ Tabelle 7.21)
Nn. craniales, Hirnnerven
Ein Drittel aller Lymphknoten des Körpers liegt im Halsbereich. Zum einen sind es entlang der V. jugularis anterior die regionalen Lymphknoten aller im Hals- und Mundbodenbereich gelegenen Organe, Nodi lymphatici cervicales anteriores et laterales superficiales, zum anderen handelt es sich um die überregionalen Lymphknoten von Kopf und Hals, die sich um die V. jugularis interna gruppieren, Nodi lymphatici cervicales anteriores et laterales profundi. Zu den Nodi lymphatici cervicales laterales profundi zählen der Nodus lymphaticus jugulodigastricus und Nodus lymphaticus juguloomohyoideus. Beide sind nach ihrer topographischen Lage benannt und sind wichtige überregionale Lymphknoten der Zunge. Die Lymphe aus den überregionalen Lymphknoten des Halsbereichs fließt in den Truncus jugularis, der sich vor Einmündung in den Venenwinkel auf der linken Seite mit dem Ductus thoracicus, auf der rechten Seite mit dem Ductus lymphaticus dexter vereint.
Die 12 Hirnnerven sind (⊡ Tabelle 7.22)
7.3.4
Nerven
Die Innervation von Kopf und Hals erfolgt durch Nn. craniales, Hirnnerven und durch den Plexus cervicalis. Einer gesonderten Besprechung bedarf die vegetative Innervation.
N. olfactorius
N. I
N. facialis
N. VII
N. opticus
N. II
N. vestibulocochlearis
N. VIII
N. oculomotorius
N. III N. glossopharyngeus
N. IX
N. trochlearis
N. IV N. vagus
N. X
N. trigeminus
N. V
N. XI
N. abducens
N. VI N. hypoglossus N. XII
N. accessorius
Zur Nomenklatur Die Hirnnerven führen unterschiedliche Faserqualitäten. Lesen Sie hierzu S. 692. Entsprechend werden unter Berücksichtigung des klinischen Sprachgebrauches folgende Bezeichnungen verwendet (auch in ⊡ Tabelle 7.22) somatomotorisch;
synonym:
motorisch, somatoefferent
somatoafferent;
synonym:
sensorisch
parasympathisch;
synonym:
viszeroefferent, sekretorisch
präganglionär sekretorisch postganglionär sympathisch
7
456
Kapitel 7 · Kopf und Hals
⊡ Tabelle 7.22. Hirnnerven und ihr Versorgungsgebiet
7
Hirnnerven
Versorgungsgebiet
N. I
N. olfactorius
Regio olfactoria (Riechschleimhaut)
N. II
N. ophthalmicus
Retina
N. III
N. oculomotorius
Äußere Augenmuskeln
R. superior
M. levator palpebrae sup., M. rectus bulbi sup.
R. inferior
M. obliquus bulbi inf., M. rectus bulbi inf., M. rectus bulbi med.
N. IV
N. trochlearis
M. obliquus bulbi sup.
N. V
N. trigeminus
Vorwiegend sensibel für Gesichtshaut, Auge, Schleimhäute von Nase, Mundhöhle, motorisch: Kaumuskulatur
R. meningeus recurrens (tentorius) N. V1
N. V2
N. ophthalmicus
Falx cerebri, Tentorium cerebelli, Dura Auge, Gesichtshaut im Orbitalbereich, Nasenschleimhaut
N. lacrimalis
Oberlid, lateraler Augenwinkel, Konjunktiva, Tränendrüse
N. frontalis
Stirnhaut, Oberlid, Konjunktiva, Sinus frontalis
N. nasociliaris
Kornea, Uvea, Stirnhaut, Schleimhaut von Nase, Sinus sphenoidalis, Cellulae ethmoidales post.
N. maxillaris
Oberkieferbereich, Haut, Schleimhaut, Zähne
R. meningeus
Dura mater mittlere Schädelgrube
Radix sensoria ganglii pterygopalatini
Ganglion pterygopalatium
Rr. nasales post. sup. med. et lat.
Nasenschleimhaut
R. pharyngeus
Tonsilla palatina, Rachenschleimhaut
N. palatinus major et minor
Schleimhaut des harten und weichen Gaumens
N. zygomaticus
Haut im Bereich Arcus zygomaticus
Nn. alveolares superiores post., med., ant.
Oberkieferzähne und zugehörige Gingiva, Kieferhöhle
N. infraorbitalis
Haut im Bereich Oberkiefer, Nasenflügel, Unterlid
N. V3
N. mandibularis
Sens.: Haut und Schleimhaut Unterkieferbereich, Unterkieferzähne, Zunge, mot.: Kaumuskulatur
R. meningeus
Dura mater mittlere Schädelgrube
N. masticatorius
M. temporalis, M. masseter, M. pterygoideus lat., M. pterygoideus med., M. tensor tympani, M. tensor veli palatini, M. mylohyoideus, Venter ant. musculi digastrici
N. buccalis
Haut, Schleimhaut Wange, Gingiva
N. lingualis
Sens.: Zunge, Gingiva, Schlundenge,Tonsilla palatina
N. alveolaris inferior
Unterkieferzähne, Gingiva, Haut von Kinn, Unterlippe (Verbindung zur Chorda tympani)
N. auriculotemporalis
Haut Schläfengegend, Ohrmuschel, äußerer Gehörgang,Trommelfell
457 7.3 · Leitungsbahnen an Kopf und Hals, systematische Darstellung
⊡ Tabelle 7.22. (Fortsetzung) Hirnnerven
Versorgungsgebiet
N. VI
N. abducens
M. rectus lat.
N. VII
N. facialis
Gesichtsmuskulatur, Geschmack, Kopfdrüsensekretion
N. VIII
N. IX
N. X
Pars motorica
Mimische Gesichtsmuskulatur, Venter post. musculi digastrici, M. stylohyoideus
Pars intermedia
Geschmack vordere zwei Drittel der Zunge, Sekretion: Gll. submandibularis, sublingualis, lacrimalis nasales, palatini
N. vestibulocochlearis
Gleichgewichts- und Gehörgang
N. vestibularis
Labyrinthorgan
N. cochlearis
Corti-Organ
N. glossopharyngeus
Schlundmuskeln, sens.: hinteres Zungendrittel, Mandeln, Geschmack, Paukenhöhle und Tuba auditiva
Rr. pharyngei
M. stylopharyngeus, M. constrictor pharyngis sup.
Rr. tonsillares
Tonsilla palatina
R. sinus carotici
Sinus caroticus und Glomus caroticum
Rr. linguales
Papillae vallatae, Schleimhaut hinteres Zungendrittel
N. tympanicus
Schleimhaut d. Paukenhöhle, Sekretion: Gl. parotis
N. vagus
Eingeweidenerv
R. meningeus
Dura mater hintere Schädelgrube
R. auricularis
Sens.: Ohrmuschel, äußerer Gehörgang
Rr. pharyngei
M. uvulae, M. levator veli palatini, M. levator pharyngis, Mm. constrictores pharyngis med. et inf.
N. laryngeus superior
M. cricothyroideus (R. ext.), Kehlkopfschleimhaut oberhalb Stimmritze, (R. int.)
R. cardiacus cervicalis sup.
Plexus cardiacus
N. laryngeus inferior
Innere Kehlkopfmuskeln, Schleimhaut unterhalb Stimmritze
R. cardiacus cervicalis inf.
Plexus cardiacus
Rr. oesophageales,
Ösophagus, Bronchen, Magen-Darm-Kanal bis Cannon-BöhmPunkt (Flexura coli sinistra)
Plexus oesophagealis Trunci vagalis ant. et post. N. XI
N. accessorius
M. sternocleidomastoideus, M. trapezius
N. XII
N. hypoglossus
M. genioglossus, M. hyoglossus, M. styloglossus, Binnenmuskulatur der Zunge
7
458
Kapitel 7 · Kopf und Hals
Außerdem lassen sich die Hirnnerven zu Gruppen zusammenfassen (S. 697): Sinnesnerven, somatoefferente Nerven, gemischte Nerven, Branchialnerven.
Im Folgenden wird der Verlauf der N. III–N. VII sowie der N. IX–N. XII nach Verlassen des Schädels besprochen. Sie innervieren die Weichteile des Kopfes bzw. sind an der Innervation des Halses beteiligt (N. XI, N. XII). Die Hirnnerven I, II und VIII sind Sinnesnerven und werden an anderer Stelle behandelt (S. 663, 750, 793). Die Beschreibung des intrakraniellen Verlaufs aller Hirnnerven finden Sie auf S. 750.
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Der N. oculomotorius + (N. III) führt somatomotorische und parasympathische Fasern. Hinzu kommen afferente Fasern aus den Muskelspindeln der zugehörigen Augen-
muskeln. Der N. oculomotorius verlässt die mittlere Schädelgrube durch die Fissura orbitalis superior und gelangt in die Orbita. Verlauf, Äste und Innervationen S. 668. Der N. trochlearis + (N. IV) ist somatomotorisch. Er gelangt durch die Fissura orbitalis superior in die Orbita. (Einzelheiten S. 669). Der N. trigeminus + (N. V, ⊡ Abb. 7.55) hat somatoaffe-
rente (sensorische) und relativ wenige somatomotorische (somatoefferente) Anteile. Die sensorischen Fasern (Portio major), die intrakraniell im Ganglion trigeminale ihre Perikarya haben, verlaufen in allen 3 Ästen des N. trigeminus: N. ophthalmicus (N. V1), der in die Orbita eintritt,
⊡ Abb. 7.55. N. trigeminus und Äste. Die motorischen Anteile des Nerven sind rot gezeichnet. Sie ziehen ohne Umschaltung am Ganglion oticum vorbei. Markiert sind die Durchtrittsforamina der 3 großen Nervenäste durch die Schädelbasis. Es ist ebenfalls eingezeichnet, an welcher Stelle der N. infraorbitalis in den gleichnamigen Kanal eintritt und ihn verlässt, ebenso die Stelle, an der der N. alveolaris inf. in den Canalis mandibulae eintritt und ihn verlässt x, xx. Der N. auriculotemporalis umgibt mit einer Schlinge die rot gezeichnete A. meningea media
459 7.3 · Leitungsbahnen an Kopf und Hals, systematische Darstellung
N. maxillaris (N. V2), der sich in der Fossa pterygopalatina aufzweigt und N. mandibularis (N. V3), der in die Fossa infratemporalis gelangt. Der motorische Anteil schließt sich dem N. mandibularis als Portio minor an. N. ophthalmicus + (N. V1, ⊡ Abb. 7.55). Der rein somatoafferente (sensorische) N. ophthalmicus gelangt durch die Fissura orbitalis superior in die Orbita, wo er sich in 4 Äste teilt. Die Besprechung erfolgt im Zusammenhang der Orbita (S. 669). ⓘ Infobox Bei der Beschreibung des Verlaufs somatoafferenter Äste der Gehirnnerven wird von den Verhältnissen im Präpariersaal ausgegangen: Aufteilung der Äste von proximal nach distal. Die Erregungsleitung erfolgt jedoch in entgegengesetzter Richtung.
N. maxillaris + (N. V2, ⊡ Abb. 7.55). Auch der N. maxillaris
ist ein rein somatoafferenter (sensorischer) Nerv. Er tritt durch das Foramen rotundum aus der mittleren Schädelgrube in die Fossa pterygopalatina, wo er sich in seine Endäste aufteilt. In der Fossa pterygopalatina lagert sich dem N. maxillaris mediokaudal das parasympathische Ganglion pterygopalatinum des N. facialis (s. unten) an. Die sekretorischen postganglionären Fasern des Ganglion begleiten dann die Äste des N. maxillaris zu Teilen der Gesichtshaut (⊡ Abb. 7.14), zur Tränendrüse, Nasenschleimhaut, Mundschleimhaut und zu den Oberkieferzähnen. Die Äste des N. maxillaris sind: R. meningeus, der vor dem Durchtritt durch das Foramen rotundum zur Dura mater der mittleren Schädelgrube abgegeben wird. N. zygomaticus; er tritt durch die Fissura orbitalis inferior in die Orbita ein.An der lateralen Wand der Orbita spaltet sich der Nerv in: – R. zygomaticofacialis, der durch das Foramen zygomaticofaciale des Os zygomaticum zur Haut über dem Jochbogen zieht. Ihm lagern sich postganglionäre parasympathische Fasern aus dem Ganglion pterygopalatinum an, die über eine Anastomose mit dem N. lacrimalis (aus N. V1) zur Tränendrüse gelangen. – R. zygomaticotemporalis, der das Foramen zygomaticotemporale des Os temporale durchläuft und die Haut der Schläfengegend versorgt.
– Rr. ganglionares ad ganglion pterygopalatinum. Sie stellen die sensorische Wurzel des parasympathischen Ganglions dar. N. palatinus major, der die Rr. nasales posteriores inferiores abgibt, und Nn. palatini minores mit den Rr. tonsillares. Die Nerven führen sensorische und postganglionäre sekretorische Fasern für Schleimhaut und Drüsen der Nasenhöhle und des Gaumens. Nn. alveolares superiores +. Sie spalten sich in Rr. alveolares superiores posteriores, R. alveolaris medius und Rr. alveolares superiores anteriores. Über den Plexus dentalis superior versorgen sie die oberen Molaren, Prämolaren und die zugehörige Gingiva. Rr. nasales posteriores superiores mediales et laterales; sie ziehen durch das Foramen sphenopalatinum und leiten sensorische und postganglionäre sekretorische Fasern für die Schleimhaut und die Drüsen der oberen lateralen und septalen Nasenwand. N. nasopalatinus. Er gelangt zwischen Periost und Schleimhaut des Nasenseptums in den Canalis incisivus und versorgt die vordere Gaumenschleimhaut sowie die oberen Schneidezähne mit ihrer Gingiva. N. infraorbitalis +. Der Hauptstamm des N. maxillaris tritt als N. infraorbitalis mit den zugehörigen Gefäßen durch die Fissura orbitalis inferior, dann in den Canalis infraorbitalis ein und gelangt durch das Foramen infraorbitale zur Gesichtshaut seitlich der Nasenflügel. Innerhalb des Canalis infraorbitalis zweigen Äste zu den Rr. alveolares superiores posteriores et anteriores und dem R. alveolaris superior medius ab und ergänzen damit den Plexus dentalis superior. > Klinischer Hinweis Der Canalis infraorbitalis ist nur durch eine dünne Knochenlamelle von der Oberkieferhöhle getrennt. Eine Entzündung der Oberkieferhöhle kann daher zu einer schmerzhaften Reizung des N. infraorbitalis führen.
N. mandibularis + (N. V3, ⊡ Abb. 7.55). Dem somatoafferenten (sensorischen) N. mandibularis schließt sich die motorische Portio minor des N. trigeminus an. Beide verlassen die mittlere Schädelgrube durch das Foramen ovale. Unmittelbar unter dem Foramen ovale legt sich dem Nerv das parasympathische Ganglion oticum des N. glossopharyngeus (S. 467) medial an.
Die somatoafferente, sensorische Portio major +, Radix sensoria, hat 5 Äste zu Teilen der Gesichtshaut, zu den Unterkieferzähnen, zu Mund- und Zugenschleimhaut (Ausnahme harter Gaumen):
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Kapitel 7 · Kopf und Hals
R. meningeus; er geht unmittelbar unter dem Foramen ovale aus dem Stamm des N. mandibularis hervor. Er zieht in Begleitung der A. meningea media durch das Foramen spinosum und innerviert sensibel die Dura mater der mittleren Schädelgrube, die Schleimhaut des Sinus sphenoidalis und der Cellulae mastoideae. N. buccalis; er zieht zwischen den beiden Köpfen des M. pterygoideus lateralis und dann auf der Außenfläche des M. buccinator zur äußeren Wangenhaut. Er gibt auch Äste zur Wangenschleimhaut und zur buccalen Gingiva des Unterkiefers ab. N. auriculotemporalis; er umschließt mit seinen beiden Wurzeln die A. meningea media, trifft hinter dem Collum mandibulae auf die A. temporalis superficialis, der er sich im weiteren Verlauf anlagert und die Haut in der Schläfengegend versorgt. Kleinere Äste des N. auriculotemporalis dienen der sensorischen Versorgung der Gl. parotidea, Rr. parotidei, ferner des äußeren Gehörgangs, N. meatus acustici externi, sowie des Trommelfells, Rr. membranae tympani, und des Kiefergelenks, Rr. articulares. Endäste sind die Rr. temporales superficiales. N. alveolaris inferior +; er verläuft zwischen den Mm. pterygoidei medialis et lateralis und tritt mit gleichnamigen Gefäßen durch das Foramen mandibulae in den Canalis mandibulae ein. Im Mandibularkanal zweigen aus dem Nerven Rr. dentales inferiores und Rr. gingivales inferiores für die Unterkieferzähne und die Gingiva des Unterkiefers ab. Die Äste für Zähne und Gingiva sind über den Plexus dentalis inferior miteinander verbunden. Die Endäste des N. alveolaris inferior gelangen als N. mentalis aus dem Foramen mentale zur Haut des Kinns und der Unterlippe. > Klinischer Hinweis Bei operativen Eingriffen an den Unterkieferzähnen kann der N. alveolaris inferior kurz vor Eintritt in den Canalis mandibulae horizontal über und hinter den Unterkiefermolaren anästhesiert werden.
N. lingualis +; er zieht bogenförmig ventral vor dem N. alveolaris inferior, zwischen M. pterygoideus medialis und lateralis, nach kaudal. Am Mundboden liegt er oberhalb der Gl. submandibularis unmittelbar unter der Mundbodenschleimhaut, unterkreuzt lateral den Ductus submandibularis und dringt unterhalb des Zungenseitenrands in den Zungenkörper ein. In seinem Verlauf gibt der Nerv Äste zum weichen Gaumen, Rr. isthmi faucium und zur Schleim-
haut des Mundbodens, N. sublingualis, ab. Der N. lingualis versorgt sensibel die vorderen zwei Drittel des Zungenrückens. Während seines Verlaufs zwischen M. pterygoideus medialis und M. pterygoideus lateralis lagert sich dem N. lingualis die Chorda tympani von dorsal kommend an. Sie enthält sekretorische Fasern und Geschmacksfasern (s. unten). Die motorische Portio minor +, Radix motoria, innerviert sämtliche Kaumuskeln (⊡ Tabelle 7.6). Sie führt auch propriozeptive Fasern. Die Äste der Portio minor sind: N. massetericus, Nn. temporales profundi, N. pterygoideus lateralis, N. pterygoideus medialis. Der N. pterygoideus medialis versorgt mit entsprechenden Ästen auch den M. tensor veli palatini und den M. tensor tympani, da sich beide Muskeln aus dem M. pterygoideus medialis abgespalten haben. N. mylohyoideus. Er innerviert den M. mylohyoideus und den Venter anterior des M. digastricus. In seinem Verlauf lagert sich der Nerv streckenweise dem N. alveolaris inferior (s. oben) an.Vor dem Foramen mandibulae verlässt er diesen Leitnerven und liegt dann im Sulcus mylohyoideus mandibulae. N. abducens + (N. VI, ⊡ Abb. 9.14). Der N. abducens ist ein
Augenmuskelnerv. Er gelangt durch die Fissura orbitalis superior in die Orbita, wo er den M. rectus lateralis innerviert (⊡ Tabelle 9.1). Einzelheiten S. 669, 750. > Klinischer Hinweis Der N. abducens kann bei einer Commotio cerebri, Gehirnerschütterung, schon am Duraeintritt geschädigt werden. Dadurch kann es zum Strabismus convergens, Einwärtsschielen, kommen.
N. facialis + (N. VII, ⊡ Abb. 7.56). Der N. facialis ist ein gemischter Nerv; er führt somatoefferente (motorische), so-
matoafferente (sensorische), viszeroefferente (sekretorische) Fasern und Geschmacksfasern. Die viszeroefferenten Fasern bilden zusammen mit den Geschmacksfasern einen eigenen Teil des N. facialis, den N. intermedius. Der N. facialis tritt (mit dem N. vestibulocochlearis) durch den Porus und Meatus acusticus internus in das Os temporale ein. Der Verlauf des N. facialis im Os temporale ist auf S. 676 geschildert. Schließlich verlässt der VII. Hirnnerv das Os temporale am Foramen stylomastoideum und tritt dann bogenförmig in die Gl. parotidea ein. Innerhalb der Gl. parotidea bildet er den Plexus intraparot-
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⊡ Abb. 7.56. N. facialis mit Ästen. Intrakranialer Verlauf transparent gezeichnet. Die bei 1–6 lokalisierten Schädigungen des Nerven führen zu charakteristischen Symptomen: 1 Periphere Fazialislähmung. Ausfall der gesamten mimischen Muskulatur der betroffenen Seite; 2 einseitige Lähmung der mimischen Gesichtsmuskulatur sowie Geschmacks- und Speichelsekretionsstörung; 3 zusätzlich zu den unter (2) genannten Störungen eine Hyperakusis; 4 zusätzlich zu den unter (3) genannten Störungen eine Verminderung der Tränendrüsensekretion; 5 Kleinhirnbrückenwinkelläsion, meist Akustikusneurinom, daher auch Störung des VIII. Hirnnerven; 6 zentrale Fazialisschädigung (vgl. S. 781): Ausfall der Fibrae corticonucleares (Tractus corticobulbaris); in der Regel mit einer Hemiplegie verbunden. Der obere Fazialisast bleibt wegen der Versorgung seines Ursprungsgebiets aus beiden Hemisphären von der Lähmung verschont (Augenschluss, Stirnrunzeln intakt)
ideus. Seine Äste strahlen vom vorderen Rand der Drüse
fächerförmig in die mimische Gesichtsmuskulatur aus. Motorischer Teil +. Seine Äste sind: N. stapedius; er verlässt den N. facialis noch innerhalb des Canalis nervi facialis und innerviert den M. stapedius. N. auricularis posterior; er zweigt kurz nach Austritt des N. facialis aus dem Foramen stylomastoideum ab und zieht zwischen Processus mastoideus und Ohrmuschel zu den Muskeln der Ohrmuschel und zum Venter occipitalis des M. occipitofrontalis. R. digastricus zum hinteren Bauch des M. digastricus. R. stylohyoideus zum M. stylohyoideus. Plexus intraparotideus + mit Ästen zur mimischen Gesichtsmuskulatur: Rr. temporales, Rr. zygomatici, Rr. buccales, R. marginalis mandibulae. R. colli; der am weitesten kaudal gelegene Ast bildet mit einem Ast des N. transversus colli aus dem Plexus cervicalis eine Anastomose, über die er das Platysma versorgt. Somatoafferenter (sensorischer) Teil. Bei den somatoafferenten Anteilen handelt es sich um 2 kleine Rr. commu-
nicantes, die sensible Afferenzen aus dem R. auricularis cum nervo vago (s. unten) und aus dem Plexus tympanicus des N. glossopharyngeus (s. unten) übernehmen. Durch diese Äste ist der N. facialis an der sensiblen Innervation der Haut des äußeren Gehörgangs und der Schleimhaut des Tympanons beteiligt. Schließlich scheint auch die Zungenspitze sensible Fasern des N. facialis zu enthalten. Die Perikarya dieser somatoafferenten Fasern liegen im Ganglion geniculi. Ungeklärt ist noch, ob der N. facialis auch propriozeptive Fasern besitzt. N. intermedius +. Der N. intermedius ist der nichtmotorische Teil des N. facialis. Er besteht aus sekretorisch-parasympathischen (viszeroefferenten) Ästen und Geschmacksfasern. Die Aufteilung in seine beiden Endäste erfolgt im Geniculum nervi facialis. N. petrosus major (⊡ Abb. 7.61). Er erreicht als präganglionärer parasympathischer Ast das Ganglion pterygopalatinum +: Einzelheiten dazu S. 467. Chorda tympani +. Sie enthält parasympathische Fasern, Geschmacksfasern und somatoafferente (sensorische) Fasern. – Verlauf der Chorda tympani S. 468. – Parasympathische Fasern. Hierbei handelt es sich um präganglionäre Fasern. Sie verlaufen am
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Kapitel 7 · Kopf und Hals
Ganglion geniculi vorbei, gelangen in die Chorda tympani und ziehen dann mit dem N. lingualis zum Ganglion submandibulare +, das über klei-
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ne Nervenbrücken dem N. lingualis an seinem kaudalen Punkt anhängt. Die postganglionären parasympathischen Fasern erreichen die Gl. submandibularis, Gl. sublingualis und Gll. linguales anteriores. – Geschmacksfasern +. Sie sind afferent und leiten die Empfindungen aus den Geschmacksknospen der vorderen zwei Drittel des Zungenrückens über den N. lingualis der Chorda tympani zu. Sie besitzen im Bereich des Geniculum nervi facialis ein Ganglion, Ganglion geniculi +, das funktionell einem Spinalganglion vergleichbar ist. Zentral gelangen die Fasern zum Tractus solitarius. – Somatoafferente Fasern. Sie stammen von der Schleimhaut der Paukenhöhle und gelangen (vermutlich) zum Ganglion geniculi. N. glossopharyngeus + (N. IX, ⊡ Abb. 7.57). Der N. glossopharyngeus führt motorische, viszeroefferente (sekretorische), somatoafferente (sensorische) Fasern und Geschmacksfasern. Am Hirnstamm tritt er gemeinsam mit dem N. vagus (N. X) und N. accessorius (N. XI) im Sulcus posterolateralis (Sulcus retroolivaris) aus (⊡ Abb. 7.38, S. 750). Die hintere Schädelgrube verlässt er durch den vorderen Teil des Foramen jugulare. Im Foramen jugulare bildet der N. glossopharyngeus das Ganglion superius, unmittelbar unter dem Foramen das Ganglion inferius (⊡ Abb. 7.57, 7.61). In beiden Ganglien liegen die pseudounipolaren Perikarya viszerosensorischer Fasern und von Geschmacksfasern. Der Nerv verläuft zwischen A. ca-
⊡ Abb. 7.57. N. glossopharyngeus. Verlauf und Aufzweigungen. Leitmuskel ist der M. stylopharyngeus
rotis interna und V. jugularis interna und zieht zwischen M. stylopharyngeus und A. carotis interna weiter nach kaudal. Schließlich gelangt er zwischen M. stylopharyngeus und M. styloglossus zum Seitenrand der Radix linguae und zur lateralen Pharynxwand. Seine Äste sind: N. tympanicus + (⊡ Abb. 7.61) mit somatoafferenten (sensorische) Fasern für die Paukenhöhle und mit parasympathischen (sekretorischen) Fasern für die Gl. parotidea. Er verlässt den Stamm des N. glossopharyngeus unmittelbar unter dem Ganglion inferius, gelangt über den Canaliculus tympanicus, der in der Fossula petrosa an der basalen Fläche der Pars petrosa ossis temporalis beginnt, in die Cavitas (cavum) tympanica. – Sensorische Fasern. Sie bilden auf dem Promontorium der Paukenhöhle dicht unter der Schleimhaut gemeinsam mit den sympathischen Nn. caroticotympanici den Plexus tympanicus (⊡ Abb. 7.61). Aus dem Plexus tympanicus zweigt ein R. tubarius ab, der sensorisch und sekretorisch die Schleimhaut der Tuba auditiva proximal innerviert. – Sekretorische Fasern für die Gl. parotidea. Diese Fasern ziehen nach Passieren des Plexus tympanicus als N. petrosus minor zum Ganglion oticum (Jacobson-Anastomose; ⊡ Abb. 7.29).Weitere Einzelheiten dort (S. 467). Rr. pharyngei. Sie innervieren motorisch den M. constrictor pharyngis superior und Teile der Muskulatur des weichen Gaumens (⊡ Tabelle 7.9). Sie versorgen ferner sensorisch die Pharynxschleimhaut und sekretorisch die Gll. pharyngei. – Die Rr. pharyngei bilden mit den gleichnamigen Ästen des N. vagus (N. X) und des Truncus sympathicus den Plexus pharyngeus, der den M. constrictor pharyngis medius innerviert. R. musculi stylopharyngei (⊡ Abb. 7.57) innerviert den M. stylopharyngeus. R. tubarius versorgt sensorisch die Tuba auditiva. Rr. tonsillares (⊡ Abb. 7.57) versorgen sensorisch Tonsilla palatina und das Palatum molle. Parasympathische und afferente Fasern ziehen als R. sinus carotici begleitet von sympathischen Fasern aus dem Plexus sympathicus der A. carotis interna (⊡ Abb. 7.61) sowie von Fasern aus dem N. laryngeus superior (aus N. X) zum Glomus caroticum (Chemorezeptoren) und zum Sinus caroticus (Pressorezeptoren).
463 7.3 · Leitungsbahnen an Kopf und Hals, systematische Darstellung
Rr. linguales (⊡ Abb. 7.57) enthalten sensorische und Geschmacksfasern des hinteren Zungendrittels. Die Neurone beider Faserqualitäten haben im Ganglion inferius bzw. superius nervi glossopharyngei ihre Perikarya. N. vagus + (N. X, ⊡ Abb. 7.58). Der N. vagus führt somatoefferente (motorische), viszeroefferente (sekretorische) und somatoafferente (sensorische) Fasern sowie Geschmacksfasern. Er tritt durch den hinteren Abschnitt des Foramen jugulare aus der hinteren Schädelgrube aus. Im Foramen jugulare bildet er ein kleines, sensibles Ganglion superius + (jugulare), unterhalb des Foramen ein spindelförmiges Ganglion inferius + (nodosum). Der Nerv verläuft am Hals im Gefäß-Nerven-Strang zwischen A. carotis interna und V. jugularis interna. Er besitzt Rr. communicantes zu allen großen Hirnnerven (N. VII, IX, XI, XII und Truncus sympathicus). Auf der linken Seite + verläuft er, nach Eintritt durch die obere Thoraxapertur, vor dem Arcus aortae und hinter dem Bronchus principalis sinister, um dann zur ventralen Fläche des Ösophagus zu gelangen, auf der er mit dem rechten N. vagus den Plexus oesophageus bildet. Durch den Hiatus oesophageus des Zwerchfells gelangt er als Truncus vagalis anterior auf die Vorderfläche des Magens und gibt Äste in das linke Ganglion coeliacum ab. Auf der rechten Seite + zieht der N. vagus über die A. subclavia dextra durch die obere Thoraxapertur, dann zwischen V. brachiocephalica dextra und Truncus brachiocephalicus, dicht an der Trachea hinter dem Bronchus principalis dexter zur dorsalen Fläche des Ösopha-
⊡ Abb. 7.58. N. vagus dexter mit Ästen im Halsbereich. Der Nerv läuft mit der A. carotis communis und der V. jugularis interna (nicht dargestellt) in der Vagina carotica
gus. Nach dem Durchtritt durch den Hiatus oesophageus des Zwerchfells gelangt er als Truncus vagalis posterior auf die dorsale Magenfläche und gibt Äste in das Ganglion coeliacum dextrum ab (zum Verlauf des N. vagus im Thorax vgl. S. 525). Seine Äste sind: R. meningeus; er zieht durch das Foramen jugulare zurück und übernimmt die sensorische Innervation der Dura mater der hinteren Schädelgrube. R. auricularis; er zweigt als sensorischer Nerv vom Hauptstamm innerhalb des Ganglion superius ab. Er durchzieht den Canaliculus mastoideus, den er an der Fissura tympanomastoidea verlässt, um den inneren Teil des äußeren Gehörgangs und einen Teil des Trommelfells zu innervieren. > Klinischer Hinweis Berühren der Haut des Gehörgangs kann durch Reizung des R. auricularis nervi vagi Hustenreflexe auslösen. Das Spülen des äußeren Gehörgangs mit kaltem Wasser kann zu einer vagotonen Reaktion führen.
Rr. pharyngei. Sie führen sensorische, sekretorische und motorische Fasern. Mit gleichnamigen Ästen des N. glossopharyngeus (N. IX), des Truncus sympathicus und möglicherweise des N. facialis (N. VII) bilden sie den Plexus pharyngeus. Über diesen Plexus werden motorisch der M. levator veli palatini, M. uvulae und M. constrictor pharyngis medius innerviert. R. lingualis; er enthält Geschmacksfasern aus der Radix linguae und der Regio epiglottica. N. laryngeus superior; er zweigt unmittelbar unterhalb des Ganglion inferius nervi vagi ab und verläuft medial der A. carotis interna und den Verästelungen der A. carotis externa. Schon bald danach teilt er sich in einen motorischen R. externus und einen sensiblen und sekretorischen R. internus. – R. externus; er zieht mediokaudal der A. thyroidea superior zum M. cricothyroideus, den er innerviert. Kleinere Äste gehen an den M. constrictor pharyngis inferior ab. – R. internus, er ist stärker und verläuft kraniomedial der A. thyroidea superior und durchbricht mit der A. laryngea superior die Membrana thyrohyoidea, um sensibel die Kehlkopfschleimhaut oberhalb der Rima glottidis zu versorgen. Am Boden des Recessus piriformis ruft der R. internus die Plica nervi laryngei hervor. Rr. cardiaci cervicales superiores +. Sie sind parasympathisch und ziehen zum Plexus cardiacus auf
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dem Arcus aortae. Sie werden als N. depressor bezeichnet, weil sie eine negative (hemmende) chronotrope und inotrope Wirkung auf das Herz ausüben. N. laryngeus recurrens +. Dieser umschlingt links den Aortenbogen lateral vom Lig. arteriosum, rechts die A. subclavia. Er zieht zwischen Trachea und Ösophagus, die er in seinem Verlauf innerviert, aufwärts und liegt dorsal der Schilddrüse. Mit seinem Endast innerviert er motorisch die inneren Kehlkopfmuskeln, sensibel und sekretorisch die Kehlkopfschleimhaut unterhalb der Rima glottidis. Rr. cardiaci cervicales inferiores +, parasympathische Fasern zum Plexus cardiacus, die teilweise vom N. laryngeus recurrens abgehen. Rr. tracheales, Rr. bronchiales und Rr. oesophagei enthalten für die genannten Organe sensible, viszeromotorische und sekretorische Fasern. Die Rr. tracheales und Rr. bronchiales bilden den Plexus pulmonalis. Plexus oesophageus +. Unterhalb der Bifurcatio tracheae löst sich der N. vagus beider Seiten in den Plexus oesophageus auf. Im unteren Abschnitt des Ösophagus gruppiert sich der Plexus oesophageus in einen stärkeren – Truncus vagalis posterior auf der Rückseite der Speiseröhre und einen schwächeren – Truncus vagalis anterior auf der Vorderseite des Ösophagus (s. oben). Die beiden letztgenannten Stämme führen sensible, viszeromotorische und sekretorische Fasern. Rr. gastrici anteriores + werden vom Truncus vagalis anterior, die Rr. gastrici posteriores + vom Truncus vagalis posterior gebildet. Über die Ganglia coeliaca und das Ganglion mesentericum superius reichen die Fasern des N. vagus im Eingeweidesystem bis zum CannonBöhm-Punkt, der an der Grenze zum linken Drittel des Colon transversum (an der primären Kolonflexur) zu suchen ist. Rr. hepatici ziehen zur Leber.
N. accessorius + (N. XI). Der N. accessorius führt motori-
sche Fasern (S. 749). Er hat Radices spinales und Radices craniales. Diese verlassen die Medulla spinalis (⊡ Abb. 10.38, S. 751) bzw. Medulla oblongata im Sulcus posterolateralis. Die Radices spinales ziehen, in Höhe von C6 beginnend,durch das Foramen magnum in die hintere Schädelgrube, um sich dort mit den Radices craniales zu vereinen. Der vereinigte Nerv verlässt die Schädelhöhle durch das Foramen jugulare, um dann im Halsbereich ein
kurzes Stück gemeinsam mit dem N. vagus und dem N. hypoglossus zu verlaufen (⊡ Abb. 7.40). Anschließend tritt der N. accessorius in die mediale Fläche des oberen Drittels des M. sternocleidomastoideus ein, den er mit Rr. musculares versorgt. In seinem weiteren Verlauf durchzieht der N. accessorius auf dem M. levator scapulae das seitliche Halsdreieck und gelangt an die Innenfläche des M. trapezius, den er gemeinsam mit Ästen des Plexus cervicalis motorisch innerviert (⊡ Tabelle 7.22). N. hypoglossus + (N. XII). Der somatomotorische N. hy-
poglossus ist ein zerebralisierter Spinalnerv, dessen Radices posteriores (sensorische Wurzeln) sich zurückgebildet haben. Er verlässt die Schädelhöhle durch den Canalis nervi hypoglossi, verläuft lateral über die A. carotis interna und externa sowie über die V. jugularis interna, zieht bogenförmig unter den Venter posterior musculi. digastrici in eine Spalte zwischen M. mylohyoideus und M. hyoglossus zur Binnenmuskulatur der Zunge, die er innerviert. Von den äußeren Zungenmuskeln innerviert er über Rr. linguales die Mm. styloglossus, hyoglossus und genioglossus. Der N. hypoglossus dient streckenweise als Leitbahn für Fasern aus C1 und C2 (⊡ Abb. 7.59).
Plexus cervicalis (⊡ Abb. 7.59) Der Hals wird zu großen Teilen von Ästen des Plexus cervicalis innerviert. Dabei handelt es sich um Rr. ventrales der Nn. spinales C1–C4. Die Nerven treten zwischen dem M. scalenus anterior und M. scalenus medius in das seitliche Halsdreieck ein. Der Plexus cervicalis hat eine Radix sensoria und eine Radix motoria. Radix sensoria. Die Radix sensoria des Plexus cervicalis
versorgt sensibel die Haut hinter dem Ohr, die Gegend des Kieferwinkels, ferner die Haut des vorderen und seitlichen Halsdreiecks bis unterhalb der Klavikula. Sie tritt in der Mitte des hinteren Randes des M. sternocleidomastoideus aus den tiefen Muskelschichten in die Subkutis. Von diesem Punctum nervosum + (Erb-Punkt) aus streben die 4 sensiblen Hauptstämme fächerförmig in ihr Versorgungsgebiet (⊡ Abb. 7.50). Es handelt sich um: N. occipitalis minor (C2,3); er steigt am hinteren Rand des M. sternocleidomastoideus auf dem M. splenius capitis aufwärts und versorgt die Haut der seitlichen Hinterhauptgegend. Seine Endzweige
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⊡ Abb. 7.59. Plexus cervicalis. Er wird von den Rr. ventrales des 1.–4. Spinalnerven gebildet. Schwarz motorische Nerven; transparent sensorische Nerven
stehen mit dem N. occipitalis major (dorsaler Ast aus C2,3) und dem N. auricularis magnus in Verbindung. N. auricularis magnus (C3); dies ist der stärkste Ast des Plexus cervicalis. Er steigt, anfangs vom Platysma bedeckt, auf dem M. sternocleidomastoideus aufwärts und überquert den Muskel. In Nähe des Kieferwinkels teilt er sich in einen R. anterior für die Haut der unteren, lateralen Gesichtshälfte, des Ohrläppchens und einen Teil der Ohrmuschel und einen R. posterior für den hinteren Teil der Ohrmuschel. N. transversus colli (C2,3). Nach Überquerung des M. sternocleidomastoideus zieht er in die vordere Halsregion. Noch unter dem Platysma teilt er sich in seine zahlreichen Endäste auf. Sein Versorgungsgebiet reicht vom Unterkieferrand bis zum Oberrand des Sternums. Der R. colli nervi facialis benutzt Aufsplitterungen des N. transversus colli, um in einer gemeinsamen Perineuralscheide mit diesen Ästen die unteren Abschnitte des Platysmas zu innervieren.
Nn. supraclaviculares (C3,4). Hierbei handelt es sich um zahlreiche kräftige Äste, die, bedeckt vom Platysma, abwärts in das seitliche Halsdreieck ziehen. Sie überkreuzen den Plexus brachialis und den M. omohyoideus. Die Endzweige überschreiten teilweise die Grenze des Halses und versorgen in 3 Gruppen, Nn. supraclaviculares mediales, intermedii, laterales, die Haut über der Pars clavicularis des M. pectoralis, die Gegend des Schlüsselbeins und der Schulter. Radix motoria +. Die Radix motoria des Plexus cervicalis innerviert die prävertebrale Halsmuskulatur, die Mm. scaleni, die untere Zungenbeinmuskulatur, das Zwerchfell und einen Teil des M. trapezius (zusätzlich N. accessorius), des M. sternocleidomastoideus (zusätzlich N. accessorius) und des M. levator scapulae (zusätzlich N. dorsalis scapulae). Sie verfügt über kurze und lange Äste. Kurze Äste. Sie dienen der Innervation des M. rectus capitis anterior (C1,2), M. longus capitis (C1–4), M. longus
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Kapitel 7 · Kopf und Hals
colli (C3,4), Mm. scaleni (C3,4) und M. levator scapulae (C3). Lange Äste:
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Ansa cervicalis (⊡ Abb. 7.59). Mit dieser Nervenbrücke verbinden sich Fasern aus C1, die sich streckenweise dem N. hypoglossus (XII. Hirnnerv) anlagern, mit Fasern aus C2–4 zur Innervation der unteren Zungenbeinmuskeln. Die Ansa läuft streckenweise innerhalb der Vagina carotica (S. 430). R. sternocleidomastoideus (C2,3), R. trapezius (C3,4), N. phrenicus + (C4, außerdem als »Nebenphrenikus« Fasern aus C5, die zunächst mit dem N. subclavius verlaufen). Der N. phrenicus zieht auf dem M. scalenus anterior vor der Lamina prevertebralis fasciae cervicalis zwischen A. und V. subclavia ins Mediastinum. Weiterer Verlauf und Innervationsgebiete S. 525. ⓘ Infobox Anders als die Rr. ventrales bilden die Rr. dorsales der Halsnerven Einzelnerven. Sie ziehen um die Processus articulares der Halswirbel nach dorsal und spalten sich in überwiegend sensible Rr. mediales, die die Nackenhaut und Hinterhauptregion versorgen, und in die vorwiegend motorischen Rr. laterales, für die Innervation der Nackenmuskulatur (S. 208). Besonders benannt sind N. suboccipitalis (C1), N. occipitalis major (C2) und N. occipitalis tertius (C3). Einzelheiten S. 210.
Vegetative Innervation Die vegetative Innervation ist prinzipiell bineural. Dies bedeutet, dass die präganglionären Fasern vor Erreichen des Erfolgsorgans in Ganglien außerhalb des ZNS auf postganglionäre Neurone umgeschaltet werden. Lesen Sie hierzu S. 698. Kopfganglien. Alle Kopfganglien besitzen 3 Wurzeln,
nämlich je 1 parasympathische, 1 sympathische und 1 sensorische. Im Gegensatz zur parasympathischen Afferenz werden die Fasern der sympathischen und sensorischen Wurzeln in den Kopfganglien nicht umgeschaltet. Dennoch kann die Funktion des postganglionären parasympathischen Neurons über Synapsen mit Kollateralen von Nervenfasern der sensorischen und sympathischen Wurzeln beeinflusst werden. Kopfganglien sind Ganglion ciliare +. Das Ganglion ciliare liegt im hinteren Teil der Orbita dem N. opticus lateral an. Die präganglionären parasympathischen Fasern stam-
men aus den Nuclei accessorii nervi oculomotori (Westphal-Edinger-Kern S. 749) und gelangen über den N. oculomotorius und die Radix oculomotoria (Radix parasympathica) zum Ganglion ciliare. Mit der Radix nasociliaris (Radix sensoria) durchlaufen sensorische Fasern das Ganglion. Die Radix sympathica geht aus dem postganglionären, sympathischen Plexus ophthalmicus hervor. Die aus dem Ganglion heraustretenden Nn. ciliares breves führen neben postganglionären parasympathischen Fasern auch sensorische und sympathische Axone. Sie durchbrechen die Sklera in Nähe der Austrittsstelle des N. opticus. Die postganglionären parasympathischen Fasern innervieren den M. ciliaris und M. sphincter pupillae, die sympathischen Fasern den M. dilatator pupillae. Ganglion pterygopalatinum + (⊡ Abb. 7.60). Das Ganglion pterygopalatinum legt sich dem N. maxillaris (N. V2) kurz nach seinem Durchtritt durch das Foramen rotundum an und liegt damit in der Fossa pterygopalatina. Der N. maxillaris liefert auch die sensorische Wurzel für das Ganglion, Rr. ganglionares der Radix sensoria. Die präganglionäre parasympathische Wurzel, N. petrosus major, ist ein Ast des N. intermedius (Teil des N. VII). Der N. petrosus major zweigt am Ganglion geniculi aus dem N. facialis ab und zieht dann im Sulcus nervi petrosi majoris des Os temporale auf das Foramen lacerum zu. In der Vorderwand des Foramen lacerum erreicht der Nerv den Canalis pterygoideus, den er durchzieht, um als Radix facialis im Ganglion pterygopalatinum zu enden. Durch den Canalis pterygoideus zieht auch der N. petrosus profundus, der postganglionäre Sympathikusfasern aus dem Plexus caroticus internus zum Ganglion pterygopalatinum führt. Die postganglionären parasympathischen Fasern dienen der Innervation der Tränendrüse (über N. zygomaticus, N. zygomaticofacialis, R. communicans cum nervo lacrimali), der Nasendrüsen (über die Rr. nasales posteriores superiores laterales et mediales und die Rr. nasales posteriores inferiores) sowie der Gaumendrüsen (über N. nasopalatinus, N. palatinus major, Nn. palatini minores). Sympathische Fasern innervieren über Rr. orbitales den glatten M. orbitalis. Ganglion oticum +. Das Ganglion oticum liegt unterhalb des Foramen ovale dem N. mandibularis (N. V3) medial an. Der dritte Trigeminusast liefert dann auch die sensorische Wurzel, Radix sensoria, für das Ganglion. Die parasympathische Wurzel beschreibt den langen Weg der Jacobson-Anastomose (⊡ Abb. 7.29,
467 7.3 · Leitungsbahnen an Kopf und Hals, systematische Darstellung
⊡ Abb. 7.60. Ganglion pterygopalatinum mit seinen Verbindungen
⊡ Abb. 7.61. Plexus tympanicus auf dem Promontorium der Paukenhöhle. Der Plexus erhält sekretorische Fasern über den N. tympanicus aus dem N. glossopharyngeus und sympathische Fasern über die Nn. caroticotympanici aus dem Plexus caroticus. Präganglionäre sekretorische Fasern durchlaufen den Plexus und ziehen als N. petrosus minor zum Ganglion oticum (Jacobson-Anastomose zur Innervation der Gl. parotidea)
vom N. glossopharyngeus, N. IX, zum N. mandibularis, N. V3): Vom N. glossopharyngeus (N. IX) zweigt der N. tympanicus ab. Er zieht durch den Canaliculus tympanicus und löst sich im Plexus tympanicus auf dem Promontorium ossis temporalis auf (⊡ Abb. 7.61). Ein Teil der präganglionären Fasern durchzieht den Plexus tympanicus und formiert sich zum N. petrosus minor, der im Sulcus nervi petrosi minoris der Pars petrosa ossis temporalis durch die mittlere Schädelgrube verläuft. Das Ganglion oticum erreicht er nach Durchtritt durch die Fissura sphenopetrosa. Die sympathische Wurzel für das Ganglion
oticum entstammt dem postganglionären sympathischen Plexus der A. meningea media. Die postganglionären parasympathischen Fasern sind vor allem für die Gl. parotidea bestimmt. Sie erreichen diese über die Rr. parotidei des N. auriculotemporalis (N. III), dem sie sich über den R. communicans cum nervo auriculotemporalis anschließen. Ganglion submandibulare + (et sublinguale). Das Ganglion submandibulare liegt am oberen Rand der Glandula submandibularis und ist über kleine Rr. communicantes mit dem N. lingualis (Ast des N. mandibularis, N. V3) verbunden. Der N. lingualis
7
468
7
Kapitel 7 · Kopf und Hals
liefert sowohl die sensorische Wurzel, als auch die parasympathische präganglionäre Wurzel für das Ganglion. Die parasympathischen Fasern stammen aus dem N. intermedius (Teil des N. VII). Sie verlassen als Chorda tympani den N. facialis im Canalis facialis, ziehen unter der Schleimhaut der Paukenhöhle durch die Fissura petrotympanica mediodorsal des Kiefergelenks. Nach Austritt aus dieser Spalte lagert sich die Chorda tympani dem N. lingualis an. (Die Chorda tympani führt neben parasympathischen Fasern auch Geschmacksfasern, S. 794). Die sympathische postganglionäre Wurzel entstammt dem sympathischen Plexus der A. facialis. Die postganglionären parasympathischen Fasern erreichen über Rr. glandulares vorwiegend die Glandula submandibularis und Glandula sublingualis. Halsganglien. Führend ist die Pars cervicalis des Truncus sympathicus. Hinzu kommt der Plexus pharyngealis für
die parasympathische Innervation der Halsorgane. Pars cervicalis des Truncus sympathicus + (⊡ Abb. 7.62).
Der Halssympathicus erstreckt sich von der Schädelbasis bis zum 1. Brustwirbel. Er liegt eingeschlossen zwischen den Bindegewebslamellen in der Lamina prevertebralis fasciae cervicalis vor den Processus transversi der Halswirbel. In der Regel bilden sich 3 Ganglien aus, Ganglion cervicale superius, medium und inferioris. Nicht selten fehlt das Ganglion cervicale medium; oft ist das Ganglion cervicale inferius mit dem 1. Brustganglion zum Ganglion cervicothoracicum, synonym Ganglion stellatum verschmolzen. Die Rami interganglionares zwischen den Ganglien sind oft kein einheitlicher Strang, sondern Geflechte, die die A. thyroidea inferior in Form der Ansa thyroidea und die A. subclavia in Form der Ansa subclavia umgeben (⊡ Abb. 7.62). Ganglion cervicale superius +; es liegt in Höhe des 2. und 3. Halswirbels und wird ventral von A. carotis interna und V. jugularis interna bedeckt.Ventrolateral verläuft der N. vagus (N. X). Vom Ganglion cervicale superius aus wird der gesamte Kopf mit postganglionären sympathischen Nervenfasern versorgt. Das Ganglion verlassen efferente Nervenfasern: – N. jugularis; er ist dem R. communicans griseus der thorakalen Ganglien vergleichbar. Er leitet postganglionäre Sympathikusfasern, die sich dem N. vagus und N. glossopharyngeus anschließen. – N. caroticus internus, dessen Fasern um die A. carotis interna den Plexus caroticus internus bilden,
⊡ Abb. 7.62. Truncus sympathicus dexter, Pars cervicalis
von dem aus u. a. das Auge, die Tränendrüse und die Nasenschleimhaut mit Sympathikusfasern versorgt werden. Die Fasern verlaufen, nachdem sie den Plexus caroticus internus verlassen haben, als N. petrosus profundus durch den Canalis pterygoideus (S. 422). – Nn. carotici externi, die absteigend einen Plexus caroticus externus um die A. carotis externa bilden. Von hier aus erreichen sympathische Fasern u. a. die großen Mundspeicheldrüsen und die Mundschleimhaut. – Rr. laryngopharyngei zum Plexus pharyngeus. – N. cardiacus cervicalis superior. Dieser Nerv enthält neben postganglionären auch präganglionäre Sympathikusfasern, die erst im Plexus cardiacus umgeschaltet werden.
469 7.3 · Leitungsbahnen an Kopf und Hals, systematische Darstellung
Ganglion cervicale medium +. Dieses Ganglion kann entweder ganz fehlen oder in mehrere kleine Ganglienzellgruppen aufgeteilt sein. Es liegt in Höhe des 6. Halswirbels in unmittelbarer Nachbarschaft zur A. thyroidea inferior. Dieses Ganglion entlässt den N. cardiacus cervicalis medius. Ganglion cervicothoracicum bzw. Ganglion stellatum + (S. 699). Es liegt auf dem Köpfchen der 1. Rippe und hat Kontakt zur Pleurakuppel. Es liegt in der Nähe der Abzweigung der A. vertebralis aus der A. subclavia.Außer dem N. cardiacus cervicalis inferior geht aus diesem Ganglion auch der N. vertebralis hervor, der postganglionäre Sympathikusfasern zur A. vertebralis und über den Plexus vertebralis zu den Gefäßen der Hirnbasis bringt.
Plexus pharyngealis. Er befindet sich dorsal in der Wand
des Pharynx. Erreicht wird der Plexus pharyngealis vor allem von präganglionären parasympathischen Fasern des N. glossopharyngeus (N. IX) und N. vagus (NX). Im Plexus pharyngealis selbst erfolgt dann die Umschaltung auf die postganglionäre Strecke. Innerviert werden alle Halsorgane, u. a. die Glandulae pharyngeales, Glandulae laryngeales. Zum Plexus pharyngealis gelangen außerdem efferente Fasern aus dem oberen Sympathikusgrenzstrang sowie motorische Fasern für den Pharynx, die z. T. den Schluck- und Würgereflex steuern.
7
8
Leibeshöhlen und ihre Organe 8.1
Entwicklung der Leibeshöhlen – 472
8.2
Serosa, Mukosa – 475
8.3
Thorax und seine Organe – 475
8.3.1
Brustsitus – 475
8.3.2
Atmungsorgane – 476
8.3.3
Organe des Blutkreislaufs – 489
8.3.4
Mediastinum – 517
8.3.5
Topographie – 526
8.4
Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe – 530
8.4.1
Peritoneum – 530
8.4.2
In Situ – 532
8.4.3
Leitungsbahnen – 553
8.4.4
Organe des Verdauungssystems – 562
8.4.5
Milz, Lien, Splen – 593
8.4.6
Nebenniere, Glandula suprarenalis – 596
8.4.7
Harnorgane – 598
8.4.8
Geschlechtsorgane – 614
472
Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
>
Einleitung
Die Leibeshöhlen beherbergen lebenswichtige Organe, geschützt durch osteomuskuläre bzw. muskuläre Wände. Die Organe füllen die Leibeshöhlen vollständig aus, aber so, dass Volumenänderungen, z. T. Lageverschiebungen möglich sind. Erreicht wird dies durch seröse Häute und lockeres Bindegewebe. Höhlen, Cavitates, im eigentlichen Sinn existieren nicht.
8
Leibeshöhlen sind Cavitas thoracis, Brusthöhle, Cavitas abdominis, Bauchhöhle und Cavitas pelvis, Beckenraum. Ausgekleidet werden Brust- und Bauchhöhle von der Tunica serosa, kurz Serosa, die von Bindegewebe unterlegt ist. Die Beckenhöhle dagegen ist zu größeren Teilen ein Bindegewebsraum mit eingelagerten Organen außerhalb der Serosa. Die Serosa lässt nach ihrer Lage unterscheiden Serosa parietalis, die der Wand der Brust- und Bauchhöhle anliegt und Serosa visceralis, die die dazugehörigen Organe überzieht. Die Organe der Leibeshöhle selbst sind teilweise in stielhaft ausgezogene Bindegewebs-Serosa-Platten, Gekröse, in die Leibeshöhle hinein verlagert (⊡ Abb. 8.1) oder befinden sich im Bindegewebsraum unter der Serosa. Dann sind nur Teile ihrer Oberfläche von Serosa bedeckt. Die Bindegewebs-Serosa-Platten der Leibeshöhlen werden mit der Vorsilbe »Mes«- oder »Meso«- und dem
Namen des entsprechenden Abschnitts des Organsystems versehen, z. B. Mesenterium für den Dünndarm, Mesokolon, Mesovar. Seit alters ist auch noch die Bezeichnung »Ligamentum« für einige »Mesos« gebräuchlich, z. B. Lig. pulmonale, Lig. hepatoduodenale. Da diese Platten beiderseits von Serosa überzogen sind, wird auch von Duplikaturen gesprochen. Die Stelle, an der die Duplikatur jeweils an der Rumpfwand befestigt ist, also der Umschlag vom parietalen auf das viszerale Blatt der Serosa, ist die Radix. Dort treten Gefäße und Nerven zur Versorgung der in den Mesos gelegenen Organe ein. Die Serosa – jeweils mit einem parietalen und viszeralen Blatt – hat in den verschiedenen Leibeshöhlen unterschiedliche Namen: Pleura, Brustfell, für die Auskleidung der Pleurahöhlen über den Lungen, Pericard, für die Auskleidung des Herzbeutels und Peritoneum, Bauchfell, in der Bauch- und Beckenhöhle. Das parietale Blatt der Serosa ist sensibel gut versorgt und deshalb schmerzempfindlich, das viszerale dagegen frei von sensiblen Nervenendigungen.
8.1
Entwicklung der Leibeshöhlen Wichtig
Die Leibeshöhlen gehen aus einer gemeinsamen Höhle, dem Zölom hervor.
⊡ Abb. 8.1. Schema der Serosa jedoch ohne Bindegewebe; dargestellt ist das epitheliale Hohlorgan. Rot arterielle Gefäßstrecke; längs schraffiert venöse Gefäßstrecke. Pfeil bezeichnet die Umschlagstelle vom parietalen Blatt auf die Duplikatur
Die ersten Vorläufer des Zöloms werden in der 2. Entwicklungswoche, zur Zeit der Keimscheibe, in Form von Spaltbildungen in den am weitesten lateral gelegenen Abschnitten des Mesoderms sichtbar (⊡ Abb. 3.12, S. 114).
473 8.1 · Entwicklung der Leibeshöhlen
Zum intraembryonalen Zölom werden diese Spaltbildungen,wenn sich der Embryo von seiner Umgebung abfaltet. Die Spaltbildungen im intraembryonalen Mesoderm beginnen mit der Entstehung einer Perikardialspalte über der Herzanlage. Die Perikardialspalte steht durch 2 seitliche Zölomkanäle, Canales pericardioperitoneales, mit den Spalten in Verbindung, die zur Peritonealhöhle werden. Mit Erweiterung der Spalten in seinem Mesenchym bekommt das Mesoderm eine randständige Lage. Es gliedert sich in ein Blatt, das dem Ektoderm anliegt, Somatopleura, auch somatisches Mesoderm, und ein Blatt, das den aus dem Entoderm hervorgegangenen Organen, im wesentlichen am Darmrohr anliegt, Splanchnopleura, auch viszerales Mesoderm. Die der Anlage der Leibeshöhle zugewandten Seiten der Mesodermblätter werden zur Tunica serosa umgestaltet. Perikardialspalte und Zölomkanäle liegen weit kranial. Dort entwickeln sich auch die Lungen, die sich vorwölben und in die Zölomkanäle eindringen. In der Folgezeit kommt es durch Wachstum aller Organanlagen – Herz, Lungen und der verschiedenen Anteile des Verdauungssystems – zur Umgestaltung des
Zöloms in die primitiven Leibeshöhlen. Durch Entstehung von Falten, die mit der Somatopleura in Verbindung stehen, erfährt das Zölom eine Kompartimentierung. Wichtige Schritte sind dabei Entstehung einer Mesenchymplatte, Septum transversum, zwischen Herzanlage und Organanlagen des Verdauungssystems (der Leber). Sie geht von der vorderen Leibeswand aus. – Durch Ausbildung des Septum transversum werden die beiden Perikardioperitonealkanäle nach dorsal verlagert, eingeengt und in der Folgezeit verschlossen. Unterbleibt der Verschluss, liegt als Hemmungsmissbildung eine angeborene Zwerchfellhernie vor. Ausweitung der Lumina der Zölomkanäle oberhalb des Septum transversum zur Anlage der Pleurahöhle und Vergrößerung der Lungenanlagen. Alles liegt retroperikardial (⊡ Abb. 8.2 a). Auffaltungen zwischen den Anlagen der Pleurahöhlen und der Perikardhöhle unter Rückbildung des Bindegewebsstiels der Herzanlage, Plicae pleuropericardiales. Die Leisten begrenzen eine offene Verbindung zwischen der Anlage der Höhlen, Hiatus pleuropericardialis (⊡ Abb. 8.2 a).
⊡ Abb. 8.2 a, b. Entwicklung der Perikard- und Pleurahöhle. a Embryo der 5. Woche. Die Lungenanlage ist noch klein. Sie wölbt sich in die Canales pericardioperitoneales vor. Von der Seite sind Pleuroperikardialfalten vorgewachsen. Sie enthalten den Stamm der Kardinalvenen und den N. phrenicus. Die Verbindung zur Anlage der Perikardhöhle ist offen, Hiatus pleuropericardialis. b Es hat sich eine Pleuroperikardialmembran gebildet und ist mit der Lungenwurzel verschmolzen, sodass die Anlagen von Pleura- und Perikardhöhle getrennt sind. Die Lungenanlage ist stark proliferiert. Im Mesenchym der dorsalen Leibeswand sind die Anlagen von Aorta, Ösophagus und V. cava superior zu erkennen, (Abbildung freundlichst überlassen von PD. Dr.T. Beck, Rostock, Zeichnung R. Ritschel)
8
474
Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
8
In den Pleuroperikardialfalten verlaufen die Vv. cardinales, aus denen die großen Körper- und Herzvenen hervorgehen, und der N. phrenicus, der das Zwerchfell innerviert. Ausbildung einer Membrana pleuropericardialis durch Vereinigung der Plicae pleuropericardiales. Dadurch werden Perikard- und Pleurahöhlen getrennt und die beiden Pleurahöhlen separiert (⊡ Abb. 8.2 b). Wachstum der Lungen mit Ausweitung der Pleurahöhlen, sodass Herz und Perikardhöhle weitgehend von der vorderen Thoraxwand abgedrängt werden. Im Bereich des Septum transversum entstehen durch Zellproliferation an der seitlichen und dorsalen Rumpfwand Leisten, von denen die Bildung von 2 sichelförmigen Falten ausgeht, Plicae pleuroperitoneales. In sie wandern myogene Stammzellen ein, die die Muskulatur des Zwerchfells bilden. Sie stammen aus dem Zervikalsegment C4. Die Muskulatur der Zwerchfellschenkel geht aus der Splanchnopleura um die Anlage des unteren Ösophagus und aus perivaskulärem Bindegewebe hervor. In der Folgezeit vereinigen sich die verschiedenen Anteile des Zwerchfells, wodurch die Hiatus pleuroperitoneales verschlossen werden (⊡ Abb. 8.3.). Gleichzeitig kommt es mit fortschreitendem Wachstum zu einem Deszensus des Zwerchfells. Dabei werden die Rr. ventrales der Spinalnerven aus C4 mit nach unten gezogen und formieren sich zum N. phrenicus. Unterhalb des Septum transversum Bildung des Mesenterium primitivums und bei der weiteren Entwicklung für die oberen Teile des Verdauungskanals (unterer Ösophagus, Magen, oberes Duodenum) ein Mesenterium dorsale und ein Mesenterium ventrale. Die
>
⊡ Abb. 8.3. Herkunft der verschiedenen Komponenten des Zwerchfells. Helle Anteile, die aus dem Septum transversum und der Pleuroperitonealmembran hervorgehen. Die Grenze liegt nicht eindeutig fest. Von manchen Autoren wird sie an der hier punktierten Linie vermutet; A1 der ventrale Teil, der aus dem Septum transversum; A2 der Anteil, der aus der Pleuroperitonealmembran stammt. B und C Anteile, die aus der seitlichen (B) und dorsalen (C) Rumpfwand hervorgehen. Dunkler Anteil in der Mitte, der aus der Splanchnopleura des Ösophagus (und aus perivaskulärem Bindegewebe) stammt
folgenden Darmabschnitte haben nur ein Mesenterium dorsale, aus dem als Teil für den Dünndarm das Mesenterium im engeren Sinne wird. Die Entstehung der Mesenterien geht auf die stielhafte Verschmälerung der zunächst breiten Verbindung der Anlage des Verdauungskanals mit der Leibeswand zurück, Bildung der Gekröse.
In Kürze
Die Trennung von Perikardhöhle und Pleura erfolgt durch Entwicklung der Membrana pleuropericardialis, die von Brust- und Bauchhöhle durch die Entwicklung des Zwerchfells.
475 8.3 · Thorax und seine Organe
8.2
Serosa, Mukosa
band lösen und mit Abwehrzellen des Blutes in den Erguss übertreten.
Wichtig
Alle inneren Oberflächen des Körpers sind mit transportierendem Epithel bedeckt. Es gehört zur Tunica serosa. Die Oberflächen, die mit der Außenwelt in Verbindung stehen, z. B. des Verdauungskanals oder der Atemwege bekleidet die Mukosa, Schleimhaut.
Tunica serosa. Sie besteht aus Lamina epithelialis und Lamina propria. Unterlagert wird die Tunica serosa von der Tela subserosa.
Tunica mucosa, kurz Mukosa, Schleimhaut. Ihr Name
geht auf den Schleimfilm zurück, der ihre Oberfläche bedeckt. Der Schleim, Mucus, wird von Schleimzellen im Epithel und/oder mukösen bzw. seromukösen Drüsen gebildet. Trotz organspezifischer Unterschiede bestehen alle Schleimhäute aus einer Lamina epithelialis aus unverhorntem Epithel und einer Lamina propria mucosae aus Bindegewebe. Im Verdauungskanal kommt eine Lamina muscularis mucosae hinzu (S. 520)
Lamina epithelialis. Die Zellen sind stark verzahnt und
unterliegen in Abhängigkeit von der Organfunktion einem Gestaltwechsel. Zwischen den Epithelzellen treten zeitweise Lücken, Stomata, auf, durch die Zellen hindurchwandern können. Da das Epithel durch Differenzierung aus dem Mesenchym hervorgeht, wird es auch Mesothel genannt. Lamina propria. Sie folgt der Basalmembran und besteht
aus verdichtetem Bindegewebe mit Gefäßen und Nerven. Tela subserosa. Das subseröse Bindegewebe ist die Unterlage der Tunica serosa. Stellenweise ist das Bindegewebe der Lamina propria und der Tela subserosa fest, stellenweise nur locker verbunden. Verschieben können sie sich, wenn die Tela subserosa nur wenige kollagene Fasern und elastische Netze enthält. Seröse Flüssigkeit. Ausgefüllt werden die serösen Höhlen
mit seröser Flüssigkeit, die das Gleiten der serösen Häute ermöglicht. Seröse Flüssigkeit ist ein Transsudat, d. h. ein Filtrat aus Blutgefäßen. Daher enthält sie weniger Proteine als das Blutplasma. Der Abgabe der serösen Füssigkeit steht eine Resorption gegenüber. > Klinischer Hinweis Wird die Serosa verletzt, kommt es zu Verwachsungen, Adhäsionen, die eine Beeinträchtigung der Organfunktion zur Folge haben können. Die Serosa kann aber auch Luft, z. B.beim Pneumothorax, oder Giftstoffe, z. B. Toxine von Erregern, resorbieren. Darin liegt die große Gefahr einer Bauchfellentzündung, Peritonitis. Eine Vermehrung seröser Flüssigkeit nennt man Erguss, Vermehrung speziell der Peritonealflüssigkeit, Aszites. Mesothelzellen können sich bei Entzündungen aus dem Ver-
Thorax und seine Organe
8.3
Wichtig
Der Thorax umschließt Teile der Atemwege sowie die Lungen als Organe für den Atemgasaustausch mit dem Blut, das Herz als Umwälzpumpe im Blutkreislauf, den Thymus als Teil des Abwehrsystems, den Ösophagus, Speiseröhre, sowie große und kleine Leitungsbahnen.
8.3.1
Brustsitus
Bei Beschreibung des Brustsitus geht es um die Lage der Organe und Strukturen im Brustraum zueinander (⊡ Abb. 8.4). Die kraniale Begrenzung der Cavitas thoracis ist die Apertura thoracis superior in Höhe der 1. Rippe (S. 214). Kaudal begrenzt das Zwerchfell, Diaphragma (S. 217), den Brustraum. In der Projektion auf die Oberfläche befindet sich in Ruhelage die Zwerchfellkuppel in Höhe des 4. ICR. Die Ursprungslinie des Zwerchfells folgt der 7.–12. Rippe und liegt vor dem 1.–3. Lendenwirbelkörper. Den größeren Teil des Brustraums nehmen die beiden voneinander getrennten Lungen, Pulmones (Singular: Pulmo) ein. Sowohl die rechte als auch die linke Lunge sind jeweils von einer Cavitas pleuralis, Pleurahöhle, umschlossen, die lediglich das Hilum pulmonis für die Bronchen zur Zu- bzw. Ableitung der Atemluft sowie für Gefäße und Nerven freilässt. Die Cavitas pleuralis ist eine seröse Höhle mit einem der Brustwand als Pleura pa-
8
476
Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
Trachea und Bronchen Trachea (⊡ Abb. 8.5). Die Trachea ist 10–12 cm lang und
hat einen mittleren Durchmesser von 12 mm. Sie gliedert sich in Pars cervicalis und Pars thoracica.
8
⊡ Abb. 8.4. Schematische Übersicht über die großen serösen Höhlen im Thorax
Die Pars cervicalis beginnt in Höhe des 6./7. Halswirbels
rietalis und einem der Lunge als Pleura visceralis anlie-
Die Pars thoracica erstreckt sich bis zur Bifurcatio tracheae in Höhe des 4. Brustwirbels. Dort teilt sie sich in die beiden Hauptbronchen, Bronchus principalis sinister et dexter. Ins Lumen der Bifurcatio ragt eine knorpelunterlegte Leiste hinein, Carina tracheae.
genden Blatt. Beide Blätter sind mehr oder weniger fest mit ihrer Unterlage verwachsen. Zwischen den beiden Lungen und ihren Pleurahöhlen befindet sich ein Bindegewebsraum, Mediastinum. Es ersteckt sich vom vorderen Umfang der Wirbelkörper bis zum Sternum, im kaudalen Bereich bis unter die Rippenknorpel.Auf jeder Seite wird das Mediastinum vom medialen Teil der Pleura parietalis begrenzt, die sich als Pleura mediastinalis von der Wirbelsäule bis zur ventralen Wand des Thorax ausspannt. Im Mediastinum liegen das vom Perikard umgebene Herz, als weiteres Organ der Thymus sowie die Trachea, Luftröhre, Ösophagus, Speiseröhre, und die großen längs orientierten Leitungsbahnen mit den vom Herz kommenden und zum Herz ziehenden Blutgefäßen, mit Lymphgefäßen sowie Nerven.
8.3.2
am Ringknorpel des Kehlkopfs (S. 436) und reicht bis zur Apertura thoracica superior.
Charakteristisch für die Wände der Trachea sind 10–20 hufeisenförmige, nach hinten offene Cartilagines
Atmungsorgane
Wichtig
Von den Atmungsorganen liegen die unteren Luftwege im Thorax:Trachea, Bronchen und Lungen. Zusammen mit den oberen Luftwegen, Nasenhöhle, Pharynx und Kehlkopf bilden sie ein Konvektionssystem, in dem ein Gasgemisch rasch und in großen Mengen transportiert wird sowie mit den Atemgasen des Blutes im Austausch steht.
⊡ Abb. 8.5. Trachea,Haupt-,Lappen- und Segmentbronchen.Der mittlere Abschnitt der Trachea ist entfernt, um den Paries membranaceus darzustellen. Die arabischen Ziffern kennzeichnen die zugehörigen bronchopulmonalen Segmente,vgl.⊡ Abb. 8.8
477 8.3 · Thorax und seine Organe
tracheales aus hyalinem Knorpel, die durch Kollagenfasern, Ligg. anularia, sowie elastische Geflechte miteinander verbunden sind. Dorsalwärts sind die Knorpelspangen offen. Dort bildet eine Muskel-Sehnen-Platte, Paries membranaceus, die Rückwand der Trachea. > Klinischer Hinweis Im oberen Drittel der Trachea, zwischen 3. und 4. Trachealring, kann bei einer Stenose im Kehlkopf oder der Trachea die Vorderwand der Trachea eröffnet werden, um eine Kanüle einzuführen, Tracheotomie.
Bronchen. Der rechte Bronchus principalis ist weitlumiger, steht steiler und setzt damit die Verlaufsrichtung der Trachea fort. Er gibt bereits nach einem Verlauf von 1–2 cm, noch vor Erreichen der Lungenpforte den Bronchus lobaris für den rechen Lungenoberlappen ab (⊡ Abb. 8.5). Der linke ist mit 4–5 cm doppelt so lang und verläuft mehr horizontal. Beide bilden einen Winkel von ungefähr 70°. Der Wandknorpel besteht nur teilweise aus Halbringen, teilweise aus Knorpelplatten. Ausführungen zur Topographie und zu den Nachbarschaftsbeziehungen von Trachea und Bronchen sowie über ihre Gefäßversorgung und Innervation finden Sie auf S. 526. > Klinischer Hinweis Durch die Stellung der beiden Bronchen gelangen Fremdkörper häufiger in den rechten als in den linken Bronchus. Auch treten Bronchopneumonien häufiger in der rechten Lunge auf.
Wandbau. Die Wände der Trachea und Bronchen lassen einen Schichtenbau erkennen (⊡ Abb. 8.6) Tunica mucosa: – Lamina epithelialis aus »respiratorischem Epithel«, – Lamina propria mucosae mit seromukösen Drüsen, Tunica fibromusculocartilaginea: – M. trachealis bzw. – Tunica fibrocartilaginea, Tunica adventitia.
Durch den Wandbau ist gesichert, dass die Atemwege offengehalten werden. Dabei geben glatte Muskelzellen, elastische Fasern und Knorpel den Wänden sowohl Festigkeit als auch Flexibilität und Dehnbarkeit. Außerdem wird die einströmende Luft angewärmt sowie durch Sekrete von vielen seromukösen Glandulae tracheales, besonders in den Paries membranaceus gele-
⊡ Abb. 8.6. Querschnitt durch die Trachea. (In Anlehnung an eine freundlichst überlassene Abbildung von PD. Dr. T. Beck, Rostock)
gen, und Glandulae bronchales angefeuchtet und gereinigt. Histologische und histophysiologische Einzelheiten (⊡ Tabelle 8.1, ⊡ Abb. 8.6) Die Lamina epithelialis besteht aus mehrreihigem Flimmer-
epithel, in den Bronchen mit Becherzellen. Ihre Oberfläche ist mit Schleim bedeckt, der von den Wanddrüsen und Becherzellen abgegeben wird. Der Schlag der Kinozilien ist rachenwärts gerichtet. Er verteilt den Schleim und befördert anheftende Partikel oralwärts (15 mm/min). Zusätzlich kommen im Epithel Basalzellen, Sinneszellen und Zellen des diffusen endokrinen Systems vor. Die Carina tracheae ist mit mehrschichtigem unverhorntem Plattenepithel bedeckt. Nirgends findet hier ein Atemgaswechsel statt; die eingebürgerte Bezeichnung »respiratorisches Epithel« ist daher irreführend. Die Lamina propria ist eine kollagenfaserige Bindegewebsschicht mit elastischen Fasernetzen. Sie beherbergt seromuköse Glandulae tracheales bzw. bronchiales sowie kleine Lymphfollikel. Die Tunica fibromusculocartilaginea enthält die Cartilagines tracheales bzw. die Knorpelplatten der Bronchen, sowie die Ligg. anularia aus kollagenen und elastischen Geflechten zwischen den Knorpeln und in der Paries membranaceus glatte Muskelzellgeflechte, M. trachealis. Die Tunica adventitia besteht aus lockerem Bindegewebe, das die Verbindung zum Mediastinum herstellt. Sie ermöglicht die Verschiebungen der Trachea beim Schlucken oder Husten. ⓘ Infobox Die Wände der Trachea und der Bronchen stehen ständig unter Spannung.Außerdem können Durchmesser und Länge der Trachea geändert werden.
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
⊡ Tabelle 8.1. Wandbau der luftleitenden Abschnitte der unteren Atemwege
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Trachea und Hauptbronchen
Große Bronchen, Segmentbronchen
Bronchiolen und Bronchioli terminales
Bronchioli respiratorii
Epithel
Mehrreihiges Flimmerepithel, Becherzellen
Mehrreihiges Flimmerepithel, Becherzellen
Einschichtiges prismatisches Flimmerepithel, spärlich Becherzellen. Sie fehlen im Bronchiolus terminalis
Kubisches Epithel, distal ohne Zilien, Becherzellen fehlen
Knorpel
Hufeisenförmige Knorpelspangen
Einzelne Knorpelplättchen
Fehlt
Fehlt
Muskulatur
Nur im Paries membranaceus
Konzentrisch angeordnet
Schraubig, Scherengitterartig
Scherengitterartig
Drüsen
Glandulae tracheales u. bronchiales
Glandulae bronchiales in der Tunica fibrocartilaginea
Fehlen
Fehlen
Die Querspannung entsteht durch den Tonus des M. trachealis. Er vermag die Enden der Knorpelringe einander zu nähern und dadurch den Durchmesser der Trachea zu verändern. Dies ruft in der Schleimhaut längs orientierte Reservefalten über dem Paries membranaceus hervor, die beim Schlucken größerer Bisse ausgeglichen werden. Die Längsspannung geht auf die elastischen Fasernetze in den Ligg. anularia zurück. Sie führen den Kehlkopf, der während des Schluckens gehoben wird, wieder in seine Ausgangslage zurück. Längenänderung der Trachea. Das kaudale Ende der Trachea ist durch die Membrana bronchopericardiaca (S. 511) mit Perikard und Zwerchfell verbunden. Bei tiefer Inspiration wird durch diese Verbindung die Trachea um ungefähr 1,5 cm gedehnt. Eine Verlängerung der Trachea bis zu 2,5 cm erfolgt, wenn der Kopf zur Vorspannung der Atemhilfsmuskulatur des Halses in den Nacken genommen wird. Husten. Beim Hustenstoß wird die Trachea durch die tiefe Inspiration zuerst ausgiebig gedehnt.Bei der folgenden, durch Atemhilfsmuskulatur unterstützten Exspiration verkürzt sie sich. Durch die Dehnung wird der anhaftende Schleim gelockert und durch den Luftstrom glottiswärts befördert.
Pulmo, Lunge Wichtig
Den volumenmäßig größten Anteil der Lungen nehmen die Alveolen ein, die dem Atemgasaustausch dienen und Endabschnitte der unteren Atemwege sind. Sie gehen aus den intrapulmonalen Aufzweigungen der Bronchen hervor. Durch Bindegewebssepten gliedert sich die Lunge in Lappen, Segmente und Läppchen.
Beide Lungen, Pulmo dexter, Pulmo sinister, haben grundsätzlich gleiche Gestalt und gleichen Aufbau. Sie lassen eine Basis und eine Apex unterscheiden (⊡ Abb. 8.7). Die Basis liegt mit der Facies diaphragmatica der Zwerchfellkuppe auf. Die Apex, Lungenspitze, setzt sich durch den Sulcus arteriae subclaviae ab. Die weiteren Oberflächen der Lungen sind die Facies costalis zur Brustwand hin und die Facies mediastinalis zum Mittelfell hin. An der Facies mediastinalis treten im Hilum pulmonis Bronchen, Arterien und Nerven in das Organ ein, Venen und Lymphgefäße aus. Die Gesamtheit dieser Gebilde wird als Radix pulmonis bezeichnet. Überkleidet wird die Lunge von der Pleura, deren viszerales Blatt am Hilum auf das parietale Blatt umschlägt (⊡ Abb. 8.13). Unten ist der Übergang zu einer Duplikatur ausgezogen, Lig. pulmonale.
479 8.3 · Thorax und seine Organe
⊡ Abb. 8.7 a, b. Lungen. a Rechte (R) und linke (L) Lunge von lateral: Facies costalis. Segmentgrenzen rot, Lungensegmente durch Ziffern gekennzeichnet (vgl. hierzu ⊡ Abb. 8.5). Segment 7 ist nur auf der mediastinalen Seite (b) der rechten Lunge zu sehen. *Impression, die durch die Aorta hervorgerufen wird. Die Felderung der Lungenoberfläche entspricht Lungenlobuli. b Rechte (R) und linke (L) Lunge von medial: Facies mediastinalis. Dargestellt ist das Lungenhilum mit Arterien (schwarz), Venen (rot) und Bronchen (Bronchus principalis sinister nicht bezeichnet). Die Lobi sind durch unterschiedliche Tönung voneinander abgegrenzt
Zur Entwicklung der unteren Atemwege (⊡ Abb. 8.8)
Die unteren Atemwege, zu denen die Lungen gehören, entwickeln sich aus einem ventralen Divertikel des Verdauungsapparates. Sie haben einen entodermalen und einen mesodermalen Anteil. Der entodermale Anteil der Anlage liefert das Epithel der Trachea, Bronchen und Alveolen sowie die zugehörigen Drüsen. Die Entwicklung geht dabei von einer Laryngotrachealrinne aus, die beim 3 Wochen alten Embryo hinter dem Kiemendarm entsteht (⊡ Abb. 8.8 a). Endständig entwickeln sich paarige Lungenknospen, die in das umgebende Mesoderm einsprossen und sich später zum Bronchialbaum diffe-
renzieren (⊡ Abb. 8.8 b). Die Lungenknospen lassen bald auf der rechten Seite 3, auf der linken 2 Vorläufer der Lungenlappen erkennen (⊡ Abb. 8.8 c, d). Der Bronchialbaum entsteht durch dichotome Teilungen, d. h. Teilung in jeweils 2 Äste. Bis zur Geburt sind 17 Teilungschritte durchlaufen, danach finden 6 weitere statt. Die Trennung zwischen den Anlagen des vorderen Darmabschnitts und des späteren Atemtraktes erfolgt durch Entwicklung einer beiderseits nach innen vorspringenden Leiste, Crista oesophagotrachealis (⊡ Abb. 8.8 b). Ihr entspricht außen die Ösophagotrachealrinne, die zum Septum oesophagotracheale wird. Eine Verbindung zum Verdauungskanal bleibt jedoch im Bereich des späteren Kehlkopfs,Larynx.
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
⊡ Abb. 8.8 a–d. Entwicklung der Lungenanlage. a Bildung der Laryngotrachealrinne. b Zustand der Abschnürung vom Verdauungsrohr. 5 mm SSL. c Die Abschnürung ist erfolgt; Trachea und Ösophagus sind getrennt. Rechts sind 3 Lungenknospen, links 2 entstanden. Sie beginnen sich bereits wieder zu teilen. 9 mm SSL. d Entodermaler und mesenchymaler Anteil der Lunge (Embryo von 14 mm SSL); Lappenbildung bereits erkennbar; bronchopulmonale Segmente angelegt (arabische Ziffern), Segment 6 z. T. verdeckt. Pfeile weisen auf die Stellen, an denen der Splanchnopleuramantel vom Mediastinum abgetrennt wurde, also die Stellen des Umschlags vom viszeralen auf das parietale Blatt der Pleura. Aa. pulmonales nicht eingezeichnet
> Klinischer Hinweis Bei unvollständiger Trennung von Ösophagus und Trachea entsteht eine Ösophagotrachealfistel, durch die das Neugeborene beim Trinken Milch aspiriert. Andererseits kommt es nach Abtrennung des Ösophagus von der Trachea im Ösophagus zu einer Epithelwucherung, die, falls sie sich nicht zurückbildet, zu einer Ösophagusatresie führt.
Der mesodermale Anteil der Lungenanlage geht aus der
Splanchnopleura hervor und entwickelt die Gefäßnetze der Lungen, die Binde- und Stützgewebe, die glatte Muskulatur und die Pleura. Dabei erfolgen Interaktionen zwischen Mesenchym und Epithel,wobei Wachstumsfaktoren teils fördernd, teils hemmend die Vorgänge steuern. Die Gefäße des Lungenkreislaufs gehen aus dem 6. Aortenbogen hervor (S. 495, ⊡ Abb. 8.21). Sekundär wandern in die Lungenanlagen Anteile des vegetativen Nervensystems ein. Morphogenese. Der frühembryonalen Entwicklungsphase folgen weitere 3 Phasen: Pseudoglanduläres Stadium (bis zum 4. Monat). In dieser Phase werden die Bronchi und Bronchioli terminales angelegt. Histologisch gleicht die Lungenanlage jetzt einer tubuloazinösen Drüse. Kanalikuläres Stadium (4.–6. Monat). Es ist durch die Aufweitung der Bronchioli respiratorii charakterisiert, Kanalisierung. Im Epithel lassen sich 2 Zelltypen unterscheiden, später Alveolarepithelzellen Typ I und II. Außerdem beginnt in der 24. Entwicklungswoche die Produktion des »surfactant«, eines Stoffes, der die Spannungen an der Epitheloberfläche herabsetzt. Alveoläres Stadium (ab 6. Monat). An den Enden der Canaliculi werden durch Abflachung des Epithels Saccu-
li alveolares, Terminalsäckchen, sichtbar, an die Blutkapillaren herantreten. Vom 7. Entwicklungsmonat an sind sie bereits so zahlreich und zu Alveolen entwickelt, dass eine Frühgeburt überleben kann. ⓘ Infobox Während der Geburt müssen sich die noch mit Fruchtwasser gefüllten Alveolen entfalten. Hierzu wird das Fruchtwasser z. T. vom Epithel resorbiert, z. T. durch Druck abgepresst, der während der Geburt auf den Thorax wirkt. Ferner spielt für die Aufweitung der Alveolen während der ersten Atemzüge der »surfactant« eine wichtige Rolle. Dann wird unter der Geburt der Lungenkreislauf eingeschaltet (S. 499) und die Zwerchfellatmung beginnt.
> Klinischer Hinweis Durch mangelhafte Ausbildung des »surfactant« kann die vollständige Entfaltung der Lunge unterbleiben, Atelektase. Dies führt bei Frühgeborenen zum Atemnotsyndrom Neugeborener.
Die Lungen gliedern sich in (⊡ Abb. 8.7) Lobi pulmonis, Lungenlappen, Segmenta bronchopulmonalia, Lungensegmente, Lobuli pulmonis und Azini. Lobi pulmonis, Lungenlappen (⊡ Abb. 8.7). Die linke Lun-
ge hat 2 Lappen, die rechte 3. Die Lungenlappen sind durch Fissurae interlobares voneinander getrennt. Sie schneiden bis zum Hilum ein (⊡ Abb. 8.38).
481 8.3 · Thorax und seine Organe
Die linke Lunge besteht aus Lobus superior und Lobus inferior. Ihr Volumen beträgt zusammen etwa 1400 cm3. Die Trennung der Lappen erfolgt durch die Fissura obliqua. Medial befinden sich die Impressio cardiaca sowie
Impressionen von Ösophagus und Aorta. Der vordere mediale Rand des Lobus superior ist zur Incisura cardiaca eingezogen. Unterhalb befindet sich die Lingula pulmonis sinistri . Im Hilum der linken Lunge liegen vorne unten die Vv. pulmonales, oben die A. pulmonalis und in der Mitte hinten die Bronchi. Die rechte Lunge hat mit etwa 1500 cm3 das größere Volumen. Ihre 3 Lappen sind der Lobus superior, Lobus inferior und Lobus medius. Während von dorsal nur Lobus
superior und inferior sichtbar sind, schiebt sich seitlich der Lobus medius dazwischen. Die Trennung der Lappen erfolgt durch die Fissura obliqua und Fissura horizontalis (⊡ Abb. 8.7). Die Fissura obliqua liegt hinten zwischen Ober- und Unterlappen, seitlich und vorne zwischen Mittel- und Unterlappen, die Fissura horizontalis seitlich und vorne zwischen Ober- und Mittellappen. An der mediastinalen Fläche hinterlassen die V. cava superior, die V. azygos und der Ösophagus Impressionen. Im Hilum der rechten Lunge liegen vorne unten die Vv. pulmonales, etwa in der Mitte die A. pulmonalis und hinten oben die Bronchi; der Bronchus lobaris zum Oberlappen liegt »eparteriell«.
⊡ Abb. 8.9 a, b. Gliederung der Lungen. a Bronchopulmonales Segment. Die Segmente haben Keilform. Ihre Spitze zeigt hilumwärts. Die Segmentarterien (schwarz) und der Bronchus segmentalis treten an der Kante ins Segment ein; sie begleiten einander. Intersegmental verläuft die Vene mit O2-haltigem Blut (rot). Durch Kohlenstaubeinlagerung sind die Lobuli scharf abgegrenzt. b Schematische Darstellung eines Lobulus. Farbgebung wie in a. B1 kleiner Bronchus, B2 Bronchiolus
> Klinischer Hinweis Lungenentzündungen, Pneumonien, können beidseitig, einseitig oder auch nur in einem Lappen, Lobärpneumonie, oder Läppchen, Lobulär- oder Bronchopneumonie, auftreten.
Segmenta bronchopulmonalia (⊡ Abb. 8.7 a, 8.9 a). Lun-
gensegmente entstehen durch (unvollständige) Bindegewebssepten, die das Ausbreitungsgebiet eines großen Bronchus (Segmentbronchus) und der zugehörigen Verzweigungen der A. pulmonalis begrenzen. Die Segmente werden deswegen auch als bronchoarterielle Segmente bezeichnet. An der äußeren Oberfläche sind die Segmente jedoch nicht zu erkennen. In ⊡ Abb. 8.7 ist die Projektion der Segmentgrenzen auf die Lungenoberfläche eingezeichnet und durch Ziffern markiert. Rechts sind es 10, links 9 Segmente, da das 7. fehlt (Impressio cardiaca). Lobuli pulmonis (⊡ Abb. 8.9 b). Auch die Lungenläpp-
chen sind durch lockeres Bindegewebe, Septa interlobularia, voneinander abgegrenzt. Allerdings sind Lobuli nur in der Mantelzone der Lungenlappen zu erkennen, wo sie an der Oberfläche eine polygonale Felderung hervorrufen. Der Durchmesser der Felder beträgt 1–4 cm. Im Lappenkern fehlt die lobuläre Unterteilung.
Azini. Ein Azinus ist eine Alveolengruppe, die zu einem Bronchiolus terminalis gehört. Eine bindegewebige Abgrenzung der einzelnen Azini besteht nicht.
Bronchialbaum und respiratorische Abschnitte Der Bronchialbaum (⊡ Abb. 8.5, 8.10) besteht aus luftleitenden Abschnitten und respiratorischen Abschnitten. Luftleitende Abschnitte sind Bronchus principalis sinister et dexter (S. 476), Bronchi lobares, Bronchi segmentales, Bronchioli und Bronchioli terminales. Bronchi lobares (⊡ Abb. 8.5). Ihre Anzahl entspricht der der Lappen, also rechts 3, links 2. Rechts verlässt der Ast für den Oberlappen den Hauptbronchus noch außerhalb
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
der Lunge. Links ist die Teilung des Hauptbronchus dichotom und liegt vor oder im Lungenhilum. Bronchi segmentales. Ihre Anzahl entspricht der der
Lungensegmente. Histologisch (⊡ Tabelle 8.1, ⊡ Abb. 8.11) gleicht der Wandbau der Bronchi lobares und segmentales dem der Trachea und der Hauptbronchen. Jedoch werden die Knorpelanteile mit abnehmender Größe kleiner; zum Schluss sind es nur noch Knorpelstückchen oder -platten aus elastischem Knorpel. Ferner bildet die glatte Muskulatur eine geschlossene Tunica muscularis mit ringförmigem, in kleineren Bronchen mit schraubenförmigem Verlauf. Nach distal lockert sich die Muskulatur auf. In der Lamina propria befinden sich viele seromuköse Glandulae bronchiales sowie für die Abwehr wichtige Folliculi lymphatici solitarii und Venenplexus.
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> Klinischer Hinweis 70 % der Bronchialkarzinome, in der Umgangssprache Lungenkrebs, nehmen ihren Ausgang vom Epithel der Segmentbronchen.
⊡ Abb. 8.10. Abschnitte der unteren Atmungsorgane. Die natürlichen Proportionen sind nicht berücksichtigt. T Teilung
Bronchioli entstehen durch jeweils dichotome Teilung aus vorhergehenden Bronchen. Ihr Durchmesser liegt über 1 mm. Insgesamt kommt es zu 6–12 Teilungen. Histologie (⊡ Tabelle 8.1, ⊡ Abb. 8.11). In der Wand der Bronchioli fehlen sowohl Knorpel als auch Drüsen. Ferner wird nach distal das Flimmerepithel niedriger, schließlich mehrreihig kubisch und die Anzahl der Becherzellen nimmt ab. Dagegen nimmt die in Spiraltouren
⊡ Abb. 8.11. Zur Histologie der Lunge: Bronchus, Bronchiolus, Bronchiolus respiratorius, Ductus alveolares und Alveolen. Zu beachten sind die Lagebeziehungen zwischen Bronchen und Gefäßen (A. pulmonalis, R. bronchialis, V. pulmonalis)
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angeordnete glatte Muskulatur zu. Da sie sich postmortal kontrahiert, ist das Lumen im Präparat sternförmig. Bronchioli terminales haben einen Durchmesser von 0,5–0,8 mm. Sie haben ein einschichtiges, kubisches Flimmerepithel mit eingestreuten sezernierenden Zellen, nach dem Entdecker als Clara-Zellen bezeichnet. ⓘ Infobox Wichtig ist der Schleimfilm auf der inneren Oberfläche der unteren Atemwege. Er vermag bis zu 5 mm große, mit der Atemluft aufgenommene Partikel abzufangen. Sie werden durch Zilienschlag zusammen mit Schleim rachenwärts transportiert und ausgehustet. Häufig ist bei starken Rauchern die Schleimbildung vermehrt, aber die Zahl der kinozilientragenden Zellen vermindert. Dadurch kann es besonders in den Abschnitten mit geringer Lumenweite zu Schleimansammlungen kommen.
> Klinischer Hinweis Mittels Bronchoskopie können die Lichtungen und die Oberfläche des Bronchialbaums untersucht und es können mit Spezialinstrumenten diagnostische und therapeutische Eingriffe durchgeführt werden.
Respiratorische Abschnitte. Sie folgen den Bronchioli
terminales und dienen dem Atemgaswechsel. Es handelt sich um (⊡ Abb. 8.12) Bronchioli respiratorii, Ductus alveolares und Alveolen. Wichtig
Der Austausch der Atemgase zwischen Luftraum und Blut erfolgt in den Alveolarwänden, Blut-Luft-Schranke.
⊡ Abb. 8.12 a–c. Lunge, respiratorischer Abschnitt. a Ein Bronchiolus respiratorius setzt sich in 2 Ductus alveolares fort. Von hier gehen Sacculi alveolares und Alveolen aus. Gepunktete Kreise Basalringe am Eingang in Atria alveolaria. b Interalveolarseptum. Im Bindegewebe 3 Kapillarquerschnitte. Die Basallaminae (rot) von Kapillaren und Alveolarepithelzellen verschmelzen an der Kontaktstelle zu einer gemeinsamen Membran. Die Pfeile zeigen den Weg des Gasaustausches. c Blut-Luft-Schranke. E Erythrozyt
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
Bronchioli respiratorii (⊡ Tabelle 8.1). Ihr Durchmesser
Alveolarepithelzellen Typ II, große Alveolarzellen. Sie lie-
beträgt etwa 0,4 mm. Der Wandbau entspricht im Wesentlichen dem der Bronchioli terminales, jedoch nimmt nach distal die Zahl der Zilien ab. Schließlich fehlen sie. Unter dem Epithel liegen längs verlaufende elastische Fasern und spiralförmig angeordnete Bündel glatter Muskelzellen. Außerdem kommen zunächst einzelne, dann immer mehr Alveolen vor.
gen häufig einzeln, können jedoch in den Ecken der Alveolarwände (Nischen) kleine Gruppen bilden, deswegen auch Nischenzellen. Sie teilen sich lebhaft und liefern den Nachschub von zugrundegegangenen Typ-I-Zellen. TypII-Zellen sezernieren. Ihre Sekretgranula sind auffällige multilamelläre Körperchen. Das Sekret bedeckt als monomolekularer Protein-Phospholipid-Flüssigkeitsfilm, »surfactant«, die gesamte Oberfläche der Alveolen. Er setzt die Oberflächenspannung der Alveolarwände herab. Der »surfactant« wird laufend von Alveolarepithelzellen Typ I und Makrophagen resorbiert und entsprechend von Typ-II-Zellen neu gebildet.
> Klinischer Hinweis Bei Allergien kann es anfallsweise zur Verengung der Endabschnitte der Atemwege mit Atemnot durch Verkrampfung der glatten Muskulatur, Vermehrung der Schleimsekretion und entzündlichen Reaktionen kommen, Asthma bronchiale. – Ähnliche Symptome kann eine genetisch bedingte allgemeine Fehlentwicklung der Schleimbildung verursachen, Mukoviszidose.
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Ductus alveolares. Jeder Bronchiolus respiratorius ent-
lässt 2–10 Ductus alveolares (⊡ Abb. 8.12 a). Sie beginnen, wo Alveolen so dicht aneinander liegen, dass von den Wänden nur noch Eingänge in Alveolen bzw. in Atria alveolaria, Vorhöfe, zu Alveolengruppen, Sacculi alveolares, übrig bleiben. An den Eingängen liegt unter einem kubischen Epithel ein Netzwerk aus Kollagenfasern, retikulären und zahlreichen elastischen Fasern sowie glatten Muskelzellen. Sie bilden verdickte Basalringe. Alveolen. Sie haben einen Durchmesser von 250–300 mm und gleichen sechskantigen Pyramidenstümpfen. Benachbarte Alveolen sind durch ein Septum interalveolare getrennt (⊡ Abb. 8.12 b), das einzelne Poren aufweist (Durchmesser 10–15 mm). Jede Lunge enthält etwa 300 Mio. Alveoli. Sie rufen das im Mikroskop wabige Schnittbild durch eine Lunge hervor. Die Alveolen vergrößern die innere Oberfläche der Lunge auf etwa 140 m2 bei mittlerer Atemtiefe . Ausgekleidet werden die Alveolen vom Alveolarepithel mit Alveolarepithelzellen (Pneumozyten) Typ I und Alveolarepithelzellen (Pneumozyten) Typ II. Alveolarepithelzellen Typ I, kleine Alveolarzellen. Sie
überwiegen, sind flach ausgezogen, dünn (50–150 nm) und bilden eine kontinuierliche Lage; sie werden deswegen auch als Deckzellen bezeichnet. Ihre Oberfläche zeigt zahlreiche Einsenkungen, die im Dienst einer Transzytose (Mikropinozytose) stehen. Untereinander sind die Zellen durch Zonulae occludentes verbunden.
Septa interalveolaria. Sie weisen ein dichtes elastisches Fasernetz auf, das für die Elastizität des Lungengewebes
verantwortlich ist, außerdem kollagene und retikuläre Bindegewebsfasern. Weiter kommen Fibroblasten sowie als Abwehrzellen Makrophagen, Mastzellen und Leukozyten vor. Die Septen sind kapillarreich. Die Kapillaren sind die Endverzweigungen der A. pulmonalis. > Klinischer Hinweis Lungenerkrankungen, die sich im Lungeninterstitium abspielen, können zu Bindegewebsveränderungen führen, Lungenfibrose, in deren Folge es zu einer Erschwerung des Blutrückflusses zum Herzen, Stauungslunge, mit Übertritt von Flüssigkeit aus den Kapillaren ins Alveolarlumen, Lungenödem, kommen kann.
Blut-Luft-Schranke. Sie befindet sich dort, wo die Kapillaren dem Alveolarepithel anliegen. An dieser Stelle verschmilzt die Basalmembran des Alveolarepithels mit der der Kapillare, sodass die Entfernung zwischen Alveolarlichtung und Kapillarlumen, also die Diffusionsstrecke für die Atemgase auf durchschnittlich 0,5 mm reduziert ist. Die Blut-Luft-Schranke besteht aus (⊡ Abb. 8.12 c) Zytoplasma der Endothelzellen, miteinander verschmolzenen Basalmembranen der Kapillarwand und des Alveolarepithels, Zytoplasma der Alveolarepithelzellen Typ I und »surfactant«. ⓘ Infobox Bei der Inspiration werden die Volumina der Alveolen vergrößert, besonders im Mantel der Lungenlappen. Die Vergrößerung erfolgt gegen die Retraktionskraft der elastischen Fasernetze der Alveolarwände und die Oberflächenspannung in den Alveolen. Durch die Alveolarerweiterung entsteht ein Unterdruck im Alveolarraum, der bis zum Druckausgleich für
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den Lufteinstrom in die Lungen sorgt. Die Alveolaroberflächen vergrößern sich von etwa 140 m2 auf etwa 160 m2. Die Zunahme des Lungenvolumens ist möglich, weil sich die Lungen in die entfalteten Komplementärräume ausdehnen können.
Alveolarmakrophagen (⊡ Abb. 8.12 b). Schwebeteilchen, die bis in die Alveolen gelangen, werden von Alveolarmakrophagen aufgenommen und gespeichert. Alveolarmakrophagen, auch als Staubzellen bezeichnet, sind Blutmonozyten, die aus den Kapillaren durch das Alveolarepithel hindurch ins Alveolarlumen gelangt sind. Sie wandern von dort ins Bronchialsystem und werden schließlich ausgehustet (Clearance-Funktion der Lunge). Ein weiterer Teil des eingeatmeten Staubs gelangt transzellulär in das Bindegewebe der Alveolarwände.Von hier erfolgt der Abtransport in das peribronchiale, subpleurale und vor allem interlobuläre Bindegewebe. Dort phagozytieren ihn Histiozyten und lagern ihn ab. Dies ruft die graue Verfärbung der Lungen, die beim Neugeborenen noch rosig aussehen, und die Dunkelfärbung der Läppchengrenzen hervor. Ein Teil des aufgenommenen Staubs, u. a. Rußpartikel, können über Lymphgefäße in die regionären Lymphknoten gelangen, die sich dadurch im Laufe des Lebens schwarz färben. Die Rußpartikel werden hier in histiozytären Retikulumzellen gespeichert.
Leitungsbahnen Wichtig
In den Lungen stehen zwei Gefäßsysteme nebeneinander: Das eine im Dienst des Organismus als Ganzes,Vasa publica, das andere zur Versorgung des Lungengewebes selbst,Vasa privata.
Vasa publica transportieren CO2-reiches Blut aus dem Körperkreislauf in die Lunge, Aa. pulmonales, und nach Oxigenierung zum Herzen zurück, Vv. pulmonales. Aa. und Vv. pulmonales bilden mit ihren Kapillaren den kleinen Kreislauf. Aa. pulmonales. Die beiden weitlumigen Gefäße gehen
aus dem gemeinsamen Stamm des Truncus pulmonalis hervor (⊡ Abb. 8.15, 8.23). Beiderseits gelangen sie durch das Hilum pulmonis in die Lungen, teilen sich und verlaufen angelehnt an Bronchen und Bronchiolen im peribronchialen Bindegewebe (diagnostisch wichtig,
⊡ Abb. 8.11). Bis zur kapillären Austauschstrecke in der Wand der Alveolen geben sie keine Äste ab. Die Aa. pulmonalis sind daher funktionelle Endarterien.
> Klinischer Hinweis Verschließt ein verschleppter Blutpfropf, Embolus, ein Lungengefäß, so wird das zugehörige Segment bzw.der Lobulus nicht mehr mit Blut versorgt und geht zugrunde, Lungeninfarkt.
Aa. pulmonales sind Arterien vom elastischen Typ. Erst die Endverzweigungen sind muskulären Typs. Da die Pulmonalarterien Teile des Niederdrucksystems sind (20 mm Hg, s. Physiologie), ist ihre Wand dünner als bei entsprechenden Arterien des großen Kreislaufs. Kapillaren. Sie umspinnen die Alveolen (s. oben). Die Lungenkapillaren sind nicht fenestriert. Ihre Endothelzellen vermögen enzymatisch (»angiotensin-convertingenzyme«)Angiotensin I in vasokonstriktorisches Angiotensin II umzuwandeln. Vv. pulmonales. Der Abfluss des im Alveolarbereich mit O2 angereicherten Blutes erfolgt zu den Venen in den Septa interlobularia und in Fortsetzung zu den großen intersegmental gelegenen Venen (⊡ Abb. 8.9, 8.11), aus denen schließlich 2 große Venenstämme, Vv. pulmonales, entstehen, die das Hilum pulmonis verlassen (⊡ Abb. 8.7 b). Lungenvenen haben keine Klappen. Vasa privata sind Gefäße des großen Kreislaufs. Ihre Arterien entspringen als 1–2 Rr. bronchiales aus der Aorta thoracica bzw. für die rechte Lunge aus der 3. Interkostalarterie. Die Rr. bronchiales verlaufen mit den Ästen der Aa. pulmonales im peribronchialen Bindegewebe (⊡ Abb. 8.11). Die Septa interalveolaria erreichen die Rr. bronchiales jedoch nicht, da hier die O2-Versorgung direkt aus der Atemluft erfolgt. Es folgt ein Venenplexus, aus dem Vv. bronchiales hervorgehen, die in die V. azygos und V. hemiazygos münden. Anastomosen. Zwischen den Aufzweigungen der A. pulmonalis und den Rr. bronchiales sowie zwischen den Rr. bronchiales und den Vv. bronchiales bestehen Anastomosen. Durch Sperreinrichtungen können sie bei Bedarf geöffnet oder geschlossen werden. Lymphgefäße und Lymphknoten. Der Lymphabfluss erfolgt durch 2 voneinander getrennte Strombahnen. Sie beginnen im subpleuralen Bindegewebe und verlaufen im interlobulären und intersegmentalen Bindegewebe, bzw. im peribronchialen Bindegewebe und schließen sich dann den Bronchen an.
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
Eingeschaltet in diese Strombahnen sind Nodi lymphatici intrapulmonales und weiter hilumwärts Nodi lymphatici bronchopulmonales (⊡ Abb. 8.42 c). Am Hilum vereinigen sich beide Strombahnen und führen die Lymphe zu den Nodi lymphatici tracheobronchiales superiores an der Oberseite der beiden Hauptbronchen und den Nodi lymphatici tracheobronchiales inferiores im Bifurkationswinkel. Von diesen Stationen aus ziehen Lymphgefäße zu den Nodi lymphatici paratracheales. Sie, aber auch Nodi lymphatici mediastinales anteriores et posteriores erhalten Lymphe aus der Lunge unter Umgehung der vorherigen Lymphknoten. Letztlich wird die Lymphe beiderseits über den Truncus bronchomediastinalis abgeleitet. (S. 525).
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>
> Klinischer Hinweis Im Primärstadium der Lungentuberkulose kommt es zu Lymphknotenschwellungen, Lymphadenitis, zunächt in den Hiluslymphknoten, später in den nachgeschalteten Lymphknoten.
Nerven. Die Lungeninnervation geht vom Plexus pulmonalis aus, einem vor und hinter dem Lungenhilum gelegenen Nervengeflecht. Er erhält parasympathische Fasern aus dem N. vagus und sympathische aus dem Brustgrenzstrang (S. 526). Die Endäste verlaufen im peribronchialen Bindegewebe zur Muskulatur, zu Blutgefäßen und Drüsen. Der Sympathikus erweitert, der Parasympathikus verengt die Bronchen. Die Äste des N. vagus führen außerdem afferente Fasern von Dehnungs- und Chemorezeptoren der Lunge. Sie dienen dem Lungendehnungsreflex, Hering-Breuer.
In Kürze
Die Lungen sind in Lappen gegliedert – rechts 3, links 2. Jeder Lappen besteht aus Segmenten und Lobuli. Das Hilum der Lunge ist die Austritts- bzw. Eintrittspforte für Bronchen, Arterien,Venen, Nerven und Lymphgefäße. Der Bronchialbaum hat 23 Aufzweigungen. Der Gasaustausch erfolgt in den Alveolen, den Endabschnitten der Luftwege. Hier ist die Barriere zwischen Alveolarlumen und Kapillarnetz auf 0,5 mm reduziert, Blut-Luft-Schranke. Das in Aa. pulmonales zugeführte Blut wird mit O2 angereichert und in Vv. pulmonales wieder dem Herzen zugeführt. Diese Gefäße werden als Vasa publica bezeichnet. Außerdem existieren dem Körperkreislauf angeschlossene Vasa privata zur Ernährung und O2-Versorgung des Lungengewebes selbst. Dem Schutz der Luftwege dient ein differenziertes Abwehrsystem, zu dem der Schleim auf der Epitheloberfläche, die Alveolarmakrophagen und Lymphozytenansammlungen in den Wänden gehören. Das vegetative Nervensystem reguliert die Tätigkeit der glatten Muskulatur der Atemwege und ihrer Drüsen.
Pleura und Pleurahöhlen Wichtig
Die Pleura gehört zu den serösen Häuten. Sie umschließt auf jeder Seite eine mit geringen Mengen seröser Flüssigkeit gefüllte Pleurahöhle. Die Pleurahöhlen haben keine Verbindung zur Außenwelt.
Es werden unterschieden Pleura parietalis, Brustfell und Pleura visceralis, Lungenfell. Zwischen den beiden Blättern der Pleura befindet sich die Pleurahöhle, Cavitas pleuralis.
Die Pleura parietalis liegt wandständig. Über dem
Zwerchfell wird sie als Pars diaphragmatica, über dem Mediastinum als Pars mediastinalis, über Rippen, Wirbelsäule und Sternum als Pars costalis, Rippenfell, bezeichnet (⊡ Abb. 8.38). Im Grenzbereich zwischen den verschiedenen Abschnitten der Pleura parietalis befinden sich tiefe Buchten, die als Reserve- bzw. Komplementärräume bezeichnet werden (s. unten). Die Pleura parietalis ist durch straffes Bindegewebe fest mit ihrer Unterlage bzw. Umgebung verbunden. Im Rippenbereich bildet ihre Tela subserosa die Fascia endothoracica, über dem Zwerchfell die Fascia phrenicopleuralis. Die Fascia endothoracica setzt sich an der Pleurakuppe in die Membrana suprapleuralis fort, die sich an der 1. Rippe und dem tiefen Blatt der Halsfaszie befestigt.
487 8.3 · Thorax und seine Organe
Die Pleura visceralis bekleidet die Lungen mit Ausnahme des Hilum. Ihre Tela subserosa besteht aus lockerem Bindegewebe. Deswegen kann die Pleura visceralis leicht von ihrer Unterlage abgezogen werden. Beide Pleurablätter weisen in ihrer Lamina propria viele elastische Fasern auf, die es der Pleura ermöglichen, sich den Volumenveränderungen der Lungen und der Pleurahöhle anzupassen.
> Klinischer Hinweis Gelangt Luft in den Pleuraraum, z. B. Messerstich, wird die Kapillarattraktion aufgehoben und die Lunge kollabiert durch ihre Retraktionskraft auf ein Drittel ihres ursprünglichen Volumens, Pneumothorax.
Lungengrenzen, Pleuragrenzen Wichtig
Innervation. Nur die Pleura parietalis ist schmerzemp-
findlich, z. B. bei Pleuritis, da nur sie sensibel versorgt wird. Die Schmerzleitung aus der Pleura costalis erfolgt über die Nn. intercostales, aus der Pleura mediastinalis und diaphragmatica über den N. phrenicus. Die Pleurahöhle ist ein kapillärer Spalt. Er enthält 5 ml
seröse Flüssigkeit, die vom Mesothel der Pleura abgesondert, aber auch resorbiert wird. > Klinischer Hinweis Oft gehen Lungenerkrankungen mit einer Pleuritis einher. Dabei kann es zu einer reaktiven Vermehrung der serösen Flüssigkeit kommen, feuchte Rippenfellentzündung. – Häufig siedeln sich in der Pleura Tumormetastasen an. Außerdem gibt es pleuraeigene Tumoren, Mesotheliome.
Reserve- bzw. Komplementärräume (⊡ Abb. 8.14). Sie erweitern sich bei tiefer Einatmung und ermöglichen die Ausdehnung der Lungen. Jedoch werden sie nie ganz ausgefüllt. Wichtig sind Recessus costodiaphragmaticus (Sinus phrenicocostalis). Er ist in der Axillarlinie 6–7 cm tief, Recessus costomediastinalis. Besonders ist er im Bereich der Incisura cardiaca ausgebildet und Recessus phrenicomediastinalis. Er liegt dorsal zwischen Zwerchfell und Mediastinum. ⓘ Infobox In der Pleurahöhle herrscht ein Unterdruck. Er beträgt bei Einatmung –0,8 kPa, bei der Ausatmung –0,5 kPa. Bewirkt wird der Unterdruck durch die Retraktionskräfte der Lunge, hervorgerufen durch die elastischen Netze im interalveolären und septalen Bindegewebe sowie durch die Oberflächenspannung der Alveolen. Durch den Unterdruck im Pleuraraum wird die Lunge an die parietale Wand der Pleurahöhle gezogen, sodass sie den Bewegungen der Brustwand bei der Ein- und Ausatmung folgen kann. Hinzu kommt die Kapillarattraktion durch die seröse Flüssigkeit im Pleuraraum. Die seröse Flüssigkeit ermöglicht außerdem das Gleiten der Pleurablätter während der Atmung.
Zu jeder ärztlichen Untersuchung gehört die Auskultation der Lungen. Dies setzt die Kenntnis der Projektion der Lungen- und Lungenlappengrenzen auf die Körperoberfläche und deren Verschiebung während der Atmung voraus. Demgegenüber sind die Grenzen der Pleura parietalis in der Projektion auf die Körperoberfläche fix.
Die Lungen- und Pleuragrenzen ergeben sich aus Schnittpunkten zwischen Lungen- bzw. Pleurarand, Rippen und folgenden über die Brustwand gelegten Linien (⊡ Abb. 8.13): Linea sternalis, Linea medioclavicularis, Linea axillaris media, Linea scapularis und Linea paravertebralis. Lungengrenzen bei respiratorischer Mittelstellung
(⊡ Abb. 8.13, ⊡ Tabelle 8.2): Rechte Lunge. Die Lungenspitze befindet sich 3–5 cm über der Klavikula in Höhe des 1. Brustwirbels: hier Auskultation der Lungenspitze. Von dieser Stelle aus verläuft die Lungengrenze hinter dem Manubrium und Corpus sterni abwärts. In der Sternallinie schneidet sie die 6. Rippe und folgt ihr bis zur Medioklavikularlinie. In der mittleren Axillarlinie kreuzt sie die 8., in der Skapularlinie die 10. und in der Paravertebrallinie die 11. Rippe. Linke Lunge. Die Grenzen verlaufen ähnlich wie rechts; sie weichen nur in der Incisura cardiaca ab. Die Lungengrenzen links folgen der Sternallinie bis zur 4. Rippe, dann ziehen sie bogenförmig nach unten, um in der Medioklavikularlinie die 6. Rippe zu erreichen. Der weitere Verlauf entspricht dem der rechten Seite. Lungenlappengrenzen. Die Lage der Fissurae interlobares ist variabel. Folgendes sind Richtwerte: Von hinten betrachtet, beginnt auf beiden Seiten die Fissura obliqua in Höhe des 4./5. Brustwirbels, folgt der 4. Rippe, verläuft dann schräg abwärts bis zur 6. Rippe, die sie in der Medioklavikularlinie im Bereich der
8
488
8
Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
⊡ Abb. 8.13. Lungengrenzen und Pleuragrenzen (rot) in der Ansicht von vorne (links) und von hinten (rechts). Außerdem sind eingetragen: Sternal- (a), Medioklavikular- (b), Axillar- (c), Skapular- (d), Paravertebral- (e) und Interspinallinie (f). Pfeil, Verschiebung der Lungengrenze bei forcierter Atmung. Parallel zur 4. Rippe die Fissura horizontalis. Zwischen Lungen- und Pleuragrenzen die Komplementärräume ⊡ Tabelle 8.2. Lungen- und Pleuragrenzen, Schnittpunkte Grenze der
In der Sternallinie
Medioklavikularlinie
Mittleren Axillarlinie
Skapularlinie
Paravertebrallinie
Rechten Lunge Pleura parietalis
+ 6. Rippe + 7. Rippe
= 6. Rippe = 7. Rippe
+ 8. Rippe + 9. Rippe
+ 10. Rippe + 11. Rippe
+ 11. Rippe → 12. Brustwirbel
Linken Lunge Pleura parietalis
+ 4. Rippe + 4. Rippe
+ 6. Rippe + 7. Rippe
+ 8. Rippe + 9. Rippe
+ 10. Rippe + 11. Rippe
+ 11. Rippe → 12. Brustwirbel
Symbole: + schneidet; = läuft parallel; → erreicht.
Knorpelknochengrenze erreicht. Auf der rechten Seite kommt die Fissura horizontalis hinzu. Sie kann nur von vorne und seitlich erfasst werden, wo sie der 4. Rippe bis zur Axillarlinie folgt. Veränderungen der Lungengrenzen während der Atmung (⊡ Abb. 8.14). Wenig verändern sich die Lage der
Lungenspitzen und der dorsomedialen Abschnitte, denn hier fehlen Komplementärräume. Auch das Hilum und der Lappenkern mit den relativ starren Bronchen und den blutgefüllten Gefäßen bleiben bei Ruheatmung fast unverändert. Jedoch gleitet bei tiefer und tiefster Inspiration der Oberlappen in der Fissura obliqua mit seinem
vorderen Rand schraubig nach vorne medioventral und der Unterlappen schiebt sich in den erweiterten Recessus costodiaphragmaticus. Er dehnt sich also nach unten, und wegen der Weiterstellung der unteren Thoraxapertur auch seitlich aus. In der Projektion auf die Oberfläche tritt die untere Lungengrenze bei tiefer Einatmung aus der mittleren Respirationsstellung (⊡ Tabelle 8.2) vorne 2–3 cm, seitlich und hinten 4 cm nach unten und um den gleichen Wert bei tiefer Ausatmung nach oben. Dies sind beim gesunden Erwachsenen insgesamt bis zu 8 cm oder 4 Querfinger, eine Maßeinheit, die bei der Perkussion allgemein benutzt wird. Dennoch erreicht die untere Lungengrenze
489 8.3 · Thorax und seine Organe
Topographie und Nachbarschaftsbeziehungen der Lun-
gen S. 526. Pleuragrenzen (⊡ Tabelle 8.2). Die Lage der Pleurakuppe
entspricht der der Lungenspitze.Von hier aus lässt sich die Pleuragrenze an der Hinterfläche des Manubrium sterni bis zum Ansatz der 4. Rippe verfolgen. In der rechten Sternallinie liegt sie in Höhe der 7. Rippe,der sie bis zur Medioklavikularlinie folgt.In der Axillarlinie schneidet sie die 10. (9.),in der Skapularlinie die 11. Rippe und zieht dann mehr oder weniger steil zum 12. Brustwirbel. In der Axillarlinie ist durch den Recessus costodiaphragmaticus die Differenz zwischen Lungen- und Pleuragrenze am größten. Sie beträgt in mittlerer Respirationsstellung etwa 4 cm. Links besteht im Bereich der Incisura cardiaca ab der 5. Rippe eine unterschiedlich stark gebogene Ausbuchtung. Pleurafreie Dreiecke. Hinter dem Sternum weichen die ⊡ Abb. 8.14. Ein- und Ausatmung. Veränderungen des Zwerchfellstandes, der Lungengrenzen und der Herzlage
Pleurasäcke an 2 Stellen auseinander (⊡ Abb. 8.13). Dadurch entsteht ein oberer Raum, in dem der Thymus liegt, und ein unterer, in dessen Bereich der Herzbeutel direkt der vorderen Brustwand innen anliegt.
selbst bei tiefster Inspiration nicht die Pleuragrenze (in der Skapularlinie die 12. Rippe). Oft steht die untere Grenze der linken Lunge tiefer als die der rechten.
Mechanik der Atmung und ihre Steuerung
>
Die Ausführungen hierzu finden Sie auf S. 220.
In Kürze
Die Lungengrenzen sind atemvariabel. In Mittelstellung liegt die Lungenspitze vorne 3–4 cm oberhalb des Schlüsselbeins, hinten in Höhe des Dornfortsatzes von C7. Die untere Grenze der Lunge projiziert sich parasternal auf die 6. Rippe, medioklavikular am Unterrand der 6. Rippe, in der vorderen Axillarlinie auf den Unterrand der 7. Rippe und in der Skapularlinie auf den Oberrand der 10. Rippe. Paravertebral befindet sie sich in Höhe des Dornfortsatzes von Th12 (links etwa 1–2 cm tiefer).
8.3.3
Organe des Blutkreislaufs
Wichtig
Der Blutkreislauf ist ein geschlossenes System mit Öffnungen an nur wenigen Stellen. Jedoch sind in der Peripherie die Gefäßwände für Nährstoffe und Atemgase und auch für korpuskuläre Bestandteile durchlässig. Aufrechterhalten wird die Blutzirkulation durch das Herz.
Überblick Der Blutkreislauf besteht aus Herz, Arterien, Schlagadern, Venen und Kapillaren. Arterien, Venen und Kapillaren werden zusammenfassend als Blutgefäße bezeichnet.
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490
Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
Das Herz ist der Motor der Blutbewegung. Es ist ein mus-
kuläres Hohlorgan. Durch Kontraktionen pumpt es das Blut in die Gefäße. Gleichzeitig legt es die Blutstromrichtung fest. Arterien heißen alle Gefäße,die das Blut vom Herzen fortleiten. Ihre Endabschnitte werden Arteriolen genannt. Venen heißen alle Gefäße, die das Blut zum Herzen
zurückführen. Die kleinsten Venen, aus denen größere Venen hervorgehen, sind die Venulen (Venulae). Kapillaren sind die kleinsten Gefäße. Sie verbinden Arte-
rien und Venen und dienen dem Stoff- und Gasaustausch zwischen Blut und Gewebe bzw. Atemluft. ⓘ Infobox
8
Die Bezeichnungen Arterien und Venen hängen ausschließlich von der Richtung des Blutstroms vom und zum Herzen ab. Welches Atemgas (O2, CO2) im jeweiligen Blut dominiert, spielt dabei keine Rolle. Dennoch wird das Blut, das sauerstoffreich ist, als arterielles Blut und sauerstoffarmes Blut als venöses Blut bezeichnet.
Der Blutkreislauf der Säugetiere und des Menschen ist ein einheitliches System, das aus 2 getrennten Strombahnen mit jeweils eigenem Pumpwerk besteht (⊡ Abb. 8.15). Beide »Pumpen« zusammen machen das Herz aus. Zu unterscheiden sind der kleine oder Lungenkreislauf und der große oder Körperkreislauf. Der Lungenkreislauf ist der sauerstoffaufnehmende Teil
des Blutkreislaufs. Mit CO2 angereichertes Blut gelangt von der rechten Herzhälfte in die Lunge. Hier gibt das Blut CO2 ab und nimmt O2 auf. Das sauerstoffreiche Blut fließt aus der Lunge zur linken Herzhälfte. Der Körperkreislauf ist der sauerstoffverbrauchende Teil des Blutkreislaufs. Sauerstoffreiches Blut gelangt aus der linken Herzhälfte in die großen Körpergefäße und von dort in die verschiedensten Kapillargebiete, in denen u. a. O2 abgegeben und CO2 aufgenommen wird. Schließlich gelangt das Blut zur rechten Herzhälfte zurück. Das Herz besteht jedoch nicht nur aus 2 getrennten Hälf-
ten, sondern jede Hälfte gliedert sich in einen Vorhof, Atrium, in den Blut einströmt – rechts aus dem großen
Kreislauf, links aus dem kleinen Kreislauf – und in eine
⊡ Abb. 8.15. Vereinfachtes Schema des Kreislaufs mit Darstellung der großen Gefäßstämme. Sauerstoffreiches Blut rot; sauerstoffarmes Blut grau. a Rechter Vorhof; b rechte Kammer; c linker Vorhof; d linke Kammer; 1 rechte Atrioventrikularklappe; 2 Pulmonalklappe; 3 Aortenklappe; 4 linke Atrioventrikularklappe
491 8.3 · Thorax und seine Organe
⊡ Abb. 8.16. Übersicht über das Arteriensystem. 1 Aorta, Pars ascendens; 2 Arcus aortae; 3 A. subclavia sinistra; 4 A. carotis communis sinistra; 5 Truncus brachiocephalicus. Die A. carotis communis teilt sich in 6 A. carotis interna und 7 A. carotis externa. Aus dem Truncus brachiocephalicus entspringen A. carotis communis dextra und A. subclavia dextra. Fortsetzungen der A. subclavia: 8 A. axillaris; 9 A. brachialis; 10 A. radialis; 11 A. ulnaris; 12 Pars thoracica aortae. 13 Pars abdominalis aortae mit unpaaren Ästen: 14 Truncus coeliacus; 15 A. mesenterica superior; 16 A. mesenterica inferior und paarigen Ästen: 17 A. renalis, 18 A. testicularis (ovarica); 19 A. iliaca communis; 20 A. iliaca interna; 21 A. iliaca externa; 22 A. femoralis; 23 A. poplitea; 24 A. tibialis anterior; 25 A. tibialis posterior
⊡ Abb. 8.17. Übersicht über das Venensystem. Die 1 V. cava superior sammelt das Blut aus der 2 V. jugularis interna (beider Seiten); 3 V. subclavia; 4 V. brachiocephalica sinistra; 5 V. subclavia sinistra; 6 V. azygos; 7 V. hemiazygos. – Die 8 V. cava inferior sammelt das Blut aus 9 Vv. hepaticae; 10 V. renalis; 11 V. iliaca communis (beider Seiten); 12 V. iliaca interna; 13 V. iliaca externa; 14 V. femoralis; 15 V. tibialis anterior; 16 V. tibialis posterior
Kammer, Ventrikel, die Blut auswirft. In jeder Herzhälfte befinden sich am Ventrikeleingang und am Ventrikelausgang Klappen: Jeweils eine Vorhof-Kammer-Klappe, Valva atrioventricularis, und jeweils eine Kammer-GefäßKlappe, Valvula semilunaris. Die Herzklappen bewirken, dass bei den rhythmischen Herzaktionen das Blut nur in eine Richtung weiter-
8
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
transportiert wird. Sie öffnen und schließen sich. Bei den Herzaktionen wechseln Erschlaffung des Herzmuskels, Diastole, und Kontraktion, Systole. Die Diastole führt zur Füllung der Vorhöfe, dann der Kammern, die Systole zur Blutentleerung. Einzelheiten des Blutkreislaufs (⊡ Abb. 8.16, 8.17)
8
Aus der Körperperipherie wird das venöse Blut über die obere und untere Hohlvene, V. cava superior, V. cava inferior dem rechten Vorhof zugeleitet.Von dort gelangt es bei geöffnetem Ventil (rechte Vorhof-Kammer-Klappe = rechte Atrioventrikularklappe) in die rechte Kammer. Die Kontraktion der Kammermuskulatur befördert das Blut nach Schluss der rechten Atrioventrikularklappe durch die Lungenarterien, Aa. pulmonales, in die Lungen. Den Rückstrom des Blutes nach Beendigung der Kammerkontraktion aus den Lungenarterien in den rechten Ventrikel verhindert an der Kammer-Arterien-Grenze die Pulmonalklappe. In den Lungenkapillaren gibt das Blut Kohlendioxyd an die Atemluft ab und nimmt Sauerstoff auf. Das sauerstoffreiche, »arterielle«, besser »arterialisierte« Blut wird über die Lungenvenen, Vv. pulmonales, dem linken Vorhof zugeleitet und gelangt von dort durch die linke Atrioventrikularklappe in die linke Kammer. Diese pumpt das Blut nach Klappenschluss in die Hauptschlagader, Aorta. Linke Kammer und Aorta sind durch die Aortenklappe getrennt, die nur während der Kammerkontraktion durch den Blutdruck geöffnet wird. Am Ende der Kammerkontraktion schließt sie sich wieder und verhindert damit den Blutrückstrom ins Herz. Die Aorta verteilt das Blut mittels Arterien auf die verschiedenen Regionen und Organe des Körperkreislaufs
>
(⊡ Abb. 8.16). Funktionell kommt dabei den Endabschnitten der Arterien, den Arteriolen, besondere Bedeutung zu. Sie regulieren durch Kontraktion oder Weitstellung den Durchströmungswiderstand in der Peripherie und die Blutverteilung zu verschiedenen Organen. Körpervenen. Nachdem anschließend in den Kapillaren des Körperkreislaufs das Blut Sauerstoff und Nährstoffe an die Gewebe abgegeben und Kohlendioxyd und Stoffwechselprodukte aufgenommen hat, fließt es durch die Körpervenen, die sich schließlich zur oberen und unteren Hohlvene vereinigen, wieder zum rechten Vorhof zurück. Kleiner Kreislauf. Da im kleinen Kreislauf (⊡ Abb. 8.15) als einziges Organ die Lunge liegt, wird sie vom gesamten zirkulierenden Blut durchströmt. Dagegen sind im großen Kreislauf die Gefäßsysteme der einzelnen Körperregionen und Organe parallel geschaltet. Dadurch wird das zirkulierende Blut prozentual unterschiedlich auf die Organe verteilt und die Durchblutung kann organspezifisch reguliert werden. Pfortadersystem. Eine Ausnahme von diesem allgemeinen Prinzip bilden die Pfortadersysteme. Ein Beispiel ist das des Verdauungssystems. Das venöse Blut aus den Kapillaren des Magen-Darm-Kanals, der Bauchspeicheldrüse und der Milz wird über die Pfortader, V. portae, zunächst einem weiteren Kapillarsystem in der Leber zugeführt, bevor es in die untere Hohlvene gelangt. Hier sind also 2 Kapillarbezirke hintereinander geschaltet (⊡ Abb. 8.15).
Einen Überblick über die Systematik der großen Arterien und Venen des Körperkreislaufs geben die ⊡ Abb. 8.16 und 8.17.
In Kürze
Der große Körperkreislauf und der kleine Lungenkreislauf sind 2 getrennte Strombahnen eines einheitlichen Systems. Es dient der Blutzirkulation zur Versorgung des Körpers mit Atemgasen und Nährstoffen. Sie wird durch rhythmische Kontraktionen des Herzens aufrechterhalten.
Entwicklung des Blutkreislaufs Wichtig
Die Entwicklung des Blutkreislaufs erfolgt in mehreren den jeweiligen Stadien angepassten Stufen, die sich jedoch zeitlich überschneiden.
Während der Entwicklung folgen aufeinander Dottersackkreislauf und Plazentakreislauf
sowie intraembryonaler Kreislauf und fetaler Kreislauf. Dottersackkreislauf. Die Entwicklung des Kreislaufs beginnt extraembryonal. Mit der 3. Entwicklungswoche bilden sich im Chorion-, Dottersack- und Haftstielmesoderm Gewebsverdichtungen aus angiogenetischem Material, Blutinsel (⊡ Abb. 8.18). Dort differenzieren sich Angioblasten für das Gefäßendothel und im Inneren Hä-
493 8.3 · Thorax und seine Organe
⊡ Abb. 8.18. Blutinseln im Dottersackmesenchym mit Angioblasten und Hämozytoblasten
mozytoblasten für Blutzellen. Unter dem Einfluss von Wachstumsfaktoren des Entoderms, u. a. »vascular endothelial growth factor«, VEGF, und im Zusammenwirken mit Rezeptorkinasen der Angioblasten entsteht innerhalb kürzester Zeit durch Ausprossungen und Migrationen von Angioblasten ein extraembryonales Gefäßnetz. Intraembryonal entwickeln sich Mitte der 3. Woche in der kardiogenen Zone der Splanchnopleura, also mesodermal, von Angioblasten begrenzte Bläschen als Vorläufer der Herzanlage. Sie befinden sich prächordal seitlich der Bukkopharyngealmembran. Ferner entstehen paraxial als paarig angelegte Strombahnen die Aorten: Eine rechte und linke Aorta ventralis und eine rechte und linke Aorta dorsalis. – Jedoch anders als in den Dottersackgefäßen erfolgt die intraembryonale Blutbildung außerhalb der Gefäßanlage. Ende der 3. bzw. zu Beginn der 4. Woche haben alle bis zu diesem Zeitpunkt entwickelten größeren Gefäßabschnitte Verbindung mit der Herzanlage und diese bekommt einen Muskelmantel; sie beginnt zu schlagen. Der Dottersackkreislauf ist entstanden (⊡ Abb. 8.19 A). Die Verbindungen zwischen dem Kapillarsystem des Dottersacks und dem intraembryonalen Teil des Kreislaufs stellen Aa. und Vv. vitellinae her. Die Aa. vitellinae sind mit den dorsalen Aorten, die Vv. vitellinae mit der Einströmungsbahn in die Herzanlage verbunden. Die Strukturen der Gefäßwände gehen aus dem Mesenchym in der Nachbarschaft des Gefäßendothels hervor sowie die Gefäßmedia im Hals- und Kopfbereich aus Neuralleistenzellen. Bewirkt wird die Differenzierung durch Induktion zwischen allen beteiligten Strukturen, Endothel, Mesenchym, bereits gebildeten Muskelzellen. Eine Rolle spielen auch die Kontraktionen der embryonalen Herzanlage, durch die bestimmte Gefäßabschnitte Dominanz bekommen. Sehr bald werden jedoch die im Dottersack gelegenen Gefäßabschnitte zurückgebildet. Intraembryonal verbleiben weiterhin
⊡ Abb. 8.19. Synopsis von Dottersackkreislauf (A) und Plazentakreislauf (B). In situ sind diese Kreisläufe in diesem Umfang nie gleichzeitig vorhanden. Seitenansicht von links. Die Farbintensität entspricht dem Sauerstoffgehalt (rot) des Blutes und kennzeichnet nicht (!) Arterien oder Venen. Aortenbogen 1 und 2 in Rückbildung, 5 und 6 im Entstehen,Verbindungen noch nicht geschlossen, Gefäßplexus am Ende des 6. Bogens nur angedeutet, vgl. ⊡ Abb. 8.21
das Kapillarnetz, das sich zwischen den beiden Vv. vitellinae unterhalb des Septum transversum ausbildet. Es wird in die Leberanlage einbezogen, bildet dort die intrahepatische Strombahn einschließlich der ableitenden Vv. hepaticae und einen kleinen Abschnitt der V. cava inferior, ein Anastomosenring um das Duodenum zwischen den Vv. vitellinae. Hieraus entsteht die V. portae (S. 558) und Teile der Aa. vitellinae. Sie werden zu den großen unpaaren Aortenästen: Truncus coeliacus, A. mesenterica superior, A. mesenterica inferior (S. 554).
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494
Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
Plazentakreislauf (⊡ Abb. 8.19 B). Er löst den Dottersack-
kreislauf ab. Seine Entwicklung beginnt gleichzeitig mit der des Dottersackkreislaufs im Haftstielmesoderm. Die dort angelegten Gefäße finden Anschluss an die Gefäße der Chorionzotten der Plazenta (S. 98), aber auch an intraembryonale Gefäße. Die zum Embryo hinziehenden Gefäße sind die Vv. umbilicales. Sie erreichen die Herzanlage im Sinus venosus (S. 497). Allerdings bleibt von den zunächst paarig angelegten Venen nur die linke als V. umbilicalis, Nabelvene, erhalten. Sie bringt das mit Sauerstoff und Nährstoffen angereicherte Blut aus der Plazenta zum Embryo. Demgegenüber werden beide Aa. umbilicales fortgeführt. Sie leiten CO2-angereichertes
Blut aus Gefäßen des embryonalen bzw. fetalen Körperkreislaufs zum Gasaustausch in die Plazenta. Intraembryonaler Kreislauf. Im Mittelpunkt steht hierbei die Entstehung der Gefäßstrecken im Anschluss an die Herzanlage. Die kardiogene Zone mit der Herzanlage ist inzwischen im Rahmen der Abfaltung des Embryos in den Embryonalkörper einbezogen und unter den Vorderdarmabschnitt verlagert.
An der Herzanlage sind zu unterscheiden der Einströmungsteil und der Ausströmungsteil.
8
⊡ Abb. 8.20 a–h. Herzentwicklung nach Vereinigung der Endokardschläuche zum 4-kammrigen Herz. Sv Sinus venosus (fein punktiert); A Atrium primitivum; V Ventriculus primitivus; B Bulbus cordis primitivus; C Conus arteriosus; Tr Truncus arteriosus. a,b,d Ansicht von vorne. c Ansicht von der Seite. e, g Ansicht von hinten. f, h Frontalschnitte. Beachte die Stellungsänderung der Einmündung des Sinus venosus in das Atrium (rote Kontur). b–d Die Doppelkontur quer über dem Truncus arteriosus ist die kraniale Begrenzung des Herzbeutels (durch eine Doppellinie markiert), die kaudale fällt mit dem Septum transversum zusammen (durch eine Doppellinie markiert). g Tr. art.Truncus arteriosus mit Septum aorticopulmonale. h Zustand nach der Septierung: Der Sinus venosus ist unterteilt in die Mündung der V. cava superior und inferior. Außerdem entstand die Öffnung für den Sinus coronarius. Öffnungen im Septum I und Septum II bilden das Foramen ovale, Septum I die Klappe. Roter Pfeilkopf in c kennzeichnet die Stelle, die nach Verlängerung des Ausflussteils zum Sulcus interventricularis wird
495 8.3 · Thorax und seine Organe
Im Einströmungsbereich (⊡ Abb. 8.19, 8.20 a–c)
treffen auf jeder Seite zusammen V. cardinalis anterior aus der Kopfanlage; aus ihr geht die V. jugularis interna hervor, V. cardinalis posterior aus der unteren Körperhälfte, Vv. cardinales anterior und posterior verbinden sich auf jeder Seite zur V. cardinalis communis, V. umbilicalis, V. vitellina und verbinden sich die Gefäße beider Seiten zum Sinus venosus des Herzens. Während die Vv. cardinales CO2-angereichertes Blut aus dem Körperkreislauf führen, ist das Blut der V. umbilicalis in der Plazenta mit Nährstoffen und Sauerstoff versehen worden. Dadurch ist das Blut im embryonalen und fetalen Herzen gemischt. Der Ausströmungsbereich (⊡ Abb. 8.19, 8.20 a–d) besteht
aus dem Truncus arteriosus, der sich in den Saccus aorti-
cus – entspricht dem unpaar gewordenen Anteil der ventralen Aorten – und von dort in eine rechte und eine linke ventrale Aorta fortsetzt. Von diesen gelangt das Blut durch die Aortenbögen in die dorsalen Aorten. ⓘ Infobox Insgesamt werden 6 Aortenbögen, Arcus aortae, angelegt, die jedoch nie gleichzeitig vorhanden sind (⊡ Abb. 8.21). Letztlich verbleiben im fetalen Kreislauf lediglich der 3. Aortenbogen auf beiden Seiten als A. carotis communis, der 4. Aortenbogen links als definitiver Aortenbogen, rechts als A. subclavia dextra. Der 6. Aortenbogen ist der Pulmonalbogen. Dabei besteht links durch den Ductus arteriosus (Botalli) eine vorgeburtliche Verbindung zwischen linker Lungenarterie und Aortenbogen.
Aber auch an anderer Stelle beginnen sich die Strombahnen zu entfalten, insbesondere dort, wo Organe und Körperteile neu angelegt werden, z. B. die Nieren, das Becken, die Gonaden und Extremitäten. In ⊡ Tabelle 8.3 ist zusammengestellt, welche Gefäße embryonal angelegt werden und welche Gefäße sich daraus entwickeln.
⊡ Abb. 8.21 a–c. Branchialarterie und ihre Derivate (Ventralansicht). a Ausgangssituation. Auf jeder Seite verbinden 6 Aortenbögen die ventrale und dorsale Aorta, ohne jemals gleichzeitig vorhanden zu sein. b Umbildung.Von den 6 Aortenbögen entstehen aus dem 3. Aortenbogen die A. carotis communis und Anfangsteile der A. carotis interna, aus dem 4. Aortenbogen links ein Teil des Arcus aortae, rechts der Anfang der A. subclavia dextra, aus dem 6. Aortenbogen, sog. Pulmonalbogen, die Anfangsteile der Pulmonalarterien. Die distalen Teile des 6. Aortenbogen bilden sich zurück. Ein Rest ist links der Ductus arteriosus. c Zustand nach der Geburt
>
In Kürze
Der Blutkreislauf entsteht durch Verknüpfung von extra- und intraembryonalen Gefäßanlagen mit der Herzanlage.Vom Dottersackkreislauf verbleiben Abschnitte der Aa. und Vv. vitellinae und vom Plazentakreislauf die V. und Aa. umbilicales. An der Herzanlage entsteht eine Einströmungs- und Ausströmungsbahn.
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
⊡ Tabelle 8.3. Zusammenstellung embryonal angelegter Gefäße und ihrer späteren Strecken
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Embryonal angelegt als
Wird/Werden beim Feten/Neugeborenen
Arcus aorticus I Arcus aorticus II Arcus aorticus III Arcus aorticus IV Arcus aorticus V Arcus aorticus VI
Ein kleiner Abschnitt der A. maxillaris; sonst Rückbildung Aus dem dorsalen Abschnitt die A. stapedia; sonst Rückbildung Aa. carotis communes, Anfangsteil der Aa. carotis internae Links Arcus aortae, rechts Anfangsteil der A. subclavia dextra Zurückgebildet; oft nicht angelegt Truncus pulmonalis, Anfangsteil der A. pulmonalis dextra, links Ductus arteriosus (Lig. arteriosum)
Saccus aorticus Aortae ventrales
Truncus brachiocephalicus,Aorta ascendens,Truncus pulmonalis (z. T.) Aa. carotis externae (?)
Aortae dorsales
Aa. carotis internae (?), nach Fusion der paarigen Anlage und Obliteration der rechten Seite Aorta descendens
Aa. intersegmentales
Aa. intercostales
Aa. vitellinae
Truncus coeliacus, Aa. mesenterica superior et inferior
Aa. umbilicales
Aa. iliacae internae (Stamm), A. vesicalis superior (Lig. umbilicale mediale)
Aa. segmentales laterales (hier Arterien der Urniere)
Aa. testiculares, Aa. suprarenales, Aa. renales
Vv. vitellinae
V. portae, Lebersinusoide, Vv. hepaticae, hepatisches Teilstück der V. cava inferior
V. umbilicalis
Ductus venosus (Lig. teres hepatis und Lig. venosum)
Vv. cardinales anteriores Vv. cardinales communes Vv. cardinales posteriores
Vv. jugulares internae, Vv. brachiocephalicae, Vv. subclaviae, V. cava superior, V. obliqua atrii sinistri V. cava superior, links Sinus coronarius Unterster Abschnitt der V. cava inferior und Vv. iliacae
Vv. subcardinales
Mittlerer Abschnitt der V. cava inferior, Vv. renales, Vv. gonadales
Vv. supracardinales
V. azygos et hemiazygos, unterer Abschnitt der V. cava inferior
Herzentwicklung Die Herzentwicklung ist in die Entwicklung des Blutkreislaufs integriert. Wichtig
Die Entwicklung des Herzens ist durch starkes Längenwachstum der Anlage in begrenztem Raum, durch lokale Ausweitungen, Septierungen und Änderungen in der Durchströmungsrichtung des Blutes gekennzeichnet.
Die Entwicklung des Herzens (⊡ Abb. 8.20) nimmt in der 3. Entwicklungswoche ihren Ausgang vom Herzschlauch, der aus Bläschen in der prächordalen kardiogenen Platte hervorgegangen ist (s. oben). Bereits zu dieser Zeit entwickelt sich unter dem Einfluss von Signalmolekülen in der Umgebung des Herzschlauchs das Prämyokard, das durch eine membranartige Gallerte vom Endokard getrennt ist. Sehr frühzeitig treten unter den Zellen der Myokardanlage modifizierte Muskelzellen als Vorläufer des Erregungsleitungssystems auf. Am 23.–24. Tag beginnt die Herzmuskulatur sich rhythmisch zu kontrahieren.
497 8.3 · Thorax und seine Organe
Zu dieser Zeit beginnt ein Deszensus des Herzens, Descensus cordis, von der Halsregion (am 24. Tag) in den
Thorax (ab 44. Tag), um erst nachgeburtlich zur endgültigen Lage des Herzens zu führen. Der Herzschlauch ist anfangs annähernd gestreckt. Er ist zwischen dem kaudal gelegenen Septum transversum und kranial der Anlage des Perikards ausgespannt (⊡ Abb. 8.20 b). Er lässt eine Gliederung in den kaudal gelegenen Sinus venosus, Einströmungsbahn, den dann kranial folgenden Atrium primitivum, Ventriculus primitivus, Bulbus cordis primitivus und als Ausströmungsteil den Truncus arteriosus unterscheiden, der sich in den Saccus aorticus fortsetzt. Peristaltische Wellen, die am Sinus venosus beginnen, treiben das Blut Richtung Ausströmungsbahn. Die nun folgende Entwicklung ist gekennzeichnet durch die Entstehung einer Herzschleife, Cor sigmoideum, durch Umgestaltungen und Septierungen – an der zukünftigen Vorhof-Kammer-Grenze, – im Bereich des Vorhofs, – im Kammerbereich, – in der Ausströmungsbahn und durch eine Teilung des Blutstroms in 2 Bahnen mit morphogenetischer Wirksamkeit. Alle Vorgänge zur Umgestaltung und Septierung des Herzens finden mit geringen zeitlichen Verschiebungen parallel zueinander statt. Dabei entstehen aus dem Sinus venosus und dem Atrium primitivum der rechte und linke Vorhof, aus dem Bulbus cordis primitivus, das ist der aufsteigende Abschnitt des Herzschlauches, der rechte Ventrikel, aus dem Ventriculus primitivus, das ist der absteigende Abschnitt der Herzschleife, der linke Ventrikel und aus dem Truncus arteriosus der Truncus pulmonalis und die Aorta. Zur Entwicklung der Herzabschnitte Cor sigmoideum. Am 21. Entwicklungstag erfährt der Herzschlauch durch schnelles Längenwachstum in begrenztem Raum eine nach rechts gerichtete S-förmige Biegung (⊡ Abb. 8.20 c). Dabei werden Sinus venosus und Atrium primitivum nach links hinter den Ventrikel und dann der Sinus venosus hinter das Atrium primitivum gezogen (⊡ Abb. 8.20 d). Die Einmündungsstellen der Gefäße in den Sinus venosus werden in die Rückwand des Atrium primitivum integriert (⊡ Abb. 8.21 c).
Das Ergebnis der Umgestaltung ist, dass die Einströmungsbahn des Blutes ins Herz nun dorsal der Ausströmungsbahn liegt. Die Spitze der Herzanlage – Schleifenscheitel – wird vom Ventriculus primitivus und einem Teil des Bulbus cordis gebildet (⊡ Abb. 8.20 d) – beide Teile des zukünftigen rechten Ventrikels. Während der weiteren Entwicklung vergrößert sich der Teil des Bulbus cordis erheblich, der zum linken Ventrikel wird. Er gelangt in der Folgezeit durch eine Drehung des Herzens zu großen Teilen auf die Rückseite, bildet aber gleichzeitig die nach links weisende Herzspitze. ⓘ Infobox Als Induktoren für die Bildung der Herzschleife gelten Proteine, die von Zellen links und rechts des Primitivknotens gebildet werden. Der Zilienschlag der Zellen des Primitivknotens bewirkt, also noch vor Bildung der Herzschleife, dass die Induktoren jeweils auf der richtigen Seite gehalten werden. Gelangen sie bei Störung des Zilienschlages, z. B. beim Kartagener-Syndrom, auf die falsche Seite, kann es zur Dextrokardie, Situs inversus, kommen.
Septierungen an der Vorhof-Kammer-Grenze (⊡ Abb. 8.20 f). An der Oberfläche der Herzanlage entsteht an der Grenze zwischen Vorhof- und Kammerbereich ein Sulcus atrioventricularis. Dem entsprechen im Innenrelief Endokardkissen, die durch endotheliomesenchymale Transfor-
mationen in dieser Region entstehen. Möglich ist dies, weil das Endokard hier anderer Herkunft ist als das der übrigen Herzabschnitte. Die Endokardkissen wachsen von vorne und hinten sowie von beiden Seiten aufeinander zu und engen die Verbindung zwischen Atrium primitivum und Ventriculus primitivus zu einem H-förmigen Lumen ein. Schließlich nähern sich dorsales und ventrales Endokardpolster und verwachsen in der Mitte. Der Atrioventrikularkanal wird damit in einen rechten und linken Abschnitt unterteilt; es verbleiben 2 Öffnungen, Ostien. Rings um die Ostien bilden sich durch Umgestaltung des Muskelschwammwerks (⊡ Abb. 8.21 h) und durch Einwandern endothelialer Mesenchymzellen aus der Neuralleiste als Ventile wirkende Segelklappen. Das Ostium atrioventriculare dextrum erhält eine dreizipfelige Segelklappe, das Ostium atrioventriculare sinistrum eine zweizipfelige. Im Bereich des Sulcus atrioventricularis wird später die Muskulatur durch straffes Bindegewebe ersetzt, das das Herzskelett bildet. Zwischen Vorhof und Kammer verbleibt lediglich ein Verbindungsbündel der Erregungsleitungsmuskulatur, His-Bündel. Umgestaltungen und Septierungen im Vorhofbereich.
Sie gehen davon aus, dass Sinus venosus und Atrium zusammengeschlossen werden, und dass von den Einmündungen der Einströmungsbahn lediglich die der rechten Seite erhalten bleiben. Dort bildet sich das rechte Sinushorn, aus dem nicht unerhebliche Teile des definitiven rechten Vorhofs ent-
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
stehen. Die Grenze zwischen beiden Vorhofteilen bildet später die Crista terminalis. Trabekulär wird der Teil des Vorhofs, der vom Atrium primitivum abstammt – später die Herzohren – glattwandig der um die Gefäßeinmündungen. Die Gefäßeinmündungen trennen sich. Aus dem Sinushorn entsteht der Anfangsteil der V. cava inferior, aus Teilen der Vv. cardinales dextrae die V. cava superior und aus dem zentralen, quer verlaufenden Abschnitt des Sinus venosus der Sinus coronarius (S. 509). An der Einmündung der V. cava inferior bleiben von ursprünglich 2 Venenklappen die Valvula venae cavae inferioris, die während der Entwicklung das Blut aus der V. cava inferior durch das Foramen ovale in den linken Vorhof leitet, und eine Klappe an der Einmündung des Sinus coronarius, Valvula sinus coronarii. Auch auf der linken Seite verbleibt vom Sinus venosus ein Sinushorn, aus dem der Sinus coronarius und ein distaler Abschnitt der V. obliqua atrii sinistri hervorgehen. Unabhängig davon sprosst auf der dorsalen Seite des ursprünglichen Anteils des Atrium primitivum ein Gefäß aus, aus dem nach Vereinigung mit den Venenanlagen der Lungenknospe die Vv. pulmonales mit getrennten Einmündungen in den linken Vorhof hervorgehen (⊡ Abb. 8.20 g). Die Unterteilung des primitiven Vorhofs in das definitive Atrium dextrum und sinistrum beginnt mit der Bildung von 2 sichelförmigen Falten (⊡ Abb. 8.20 f), die sich zu 2 Septen, Septum primum und secundum, verbreitern und von oben her mit den Endokardpolstern verwachsen. Dabei wird ein Schlitz ausgespart, Foramen ovale, in dessen Bereich sich bei der Umstellung vom fetalen auf den bleibenden Kreislauf der untere Teil des Septum secundum klappenartig über den unteren Rand des Septum primum legen wird (⊡ Abb. 8.22). Dadurch wird das Foramen ovale verschlossen und die beiden Vorhöfe sind getrennt.
Umgestaltungen und Septierungen im Kammerbereich. Die Herzkammern gehen aus dem Ventriculus primiti-
vus (Vorläufer der rechten Kammer) und dem Bulbus cordis (für die rechte und linke Kammer) hervor. Zwischen beiden Teilen besteht ein weites Ostium bulboventriculare. An der Oberfläche wird bei Ausweitung beider Anlagen ein Sulcus interventricularis sichtbar. Dem entspricht, bei gleichzeitiger Aufweitung der Ventrikelwand durch Proliferation der Herzmuskulatur, die Anlage des Septum interventriculare (⊡ Abb. 8.20 f, h). In der Folgezeit verwächst das Septum mit dem Endokardkissen, lässt aber ein Foramen interventriculare frei. Der Verschluss erfolgt in der 7. Entwicklungswoche, wenn die Ausströmungsbahn für den Lungen- und Körperkreislauf getrennt sind.Am Verschluss beteiligt sich Material aus dem hinteren Endokardpolster sowie den Konuswülsten (s. unten).Die Vereinigungsstelle ist membranös und am fertigen Herzen die Pars membranacea septi interventricularis. In der 5. Woche treten an der Innenseite der Ventrikelwände Trabekel auf, die eher durch Einbuchtungen des Endokards als durch Auffaltungen entstehen. Umgestaltungen und Septierungen der Ausströmungsbahn. Auch die Ausströmungsbahn muss unterteilt
werden. Zunächst besteht sie aus dem Conus arteriosus, das ist der distale Abschnitt des Bulbus cordis, und dem Truncus arteriosus (⊡ Abb. 8.20 d). Zur Unterteilung entsteht eine schraubig verlaufende Scheidewand aus zwei einander leistenförmig gegenüberliegenden Strukturen, Cristae aorticopulmonales, die den Endokardpolstern vergleichbar sind. Sie wachsen aufeinander zu und vereinigen sich zum Septum aorticopulmonale. Nach vollständiger Ausbildung der Trennwand sind die spiralig umeinander gewundenen Aorta ascendens und Truncus pulmonalis entstanden. Der Septierungsvorgang ist an dieser Stelle mit der Bildung von Ausströmungsventilen, Taschenklappen, verbunden, den Aorten- und Pulmonalklappen. Sie verhindern den Rückstrom des Blutes. Ihr Material geht an der Grenze zwischen Conus und Truncus arteriosus aus dem Septum aorticopulmonale sowie aus endotheliomesenchymalen Transformationen hervor. Bei der Gestaltung der Taschen wirkt die Hämodynamik des Blutstroms mit. ⓘ Infobox
⊡ Abb. 8.22. Foramen ovale. Das Foramen ovale der Vorhofscheidewand befindet sich zwischen dem unteren Rand des Septum secundum und dem oberen Rand des unteren Teils des Septum primum.Bei der Umstellung auf den bleibenden Kreislauf schließt sich das Foramen ovale durch Überlappung der Ränder. Der Pfeil gibt die Richtung des intraembryonalen Blutstroms an, durch den der untere Abschnitt des Septums zur Seite gebogen wird
Während bis zur Bildung der Herzschleife das Blut in einer einheitlichen Strombahn die Herzanlage durchströmt, entstehen bereits vor der Septierung durch Asymmetrien in der Herzentwicklung 2 unvollständig getrennte Hauptblutströme. Die Herzsepten entwickeln sich zwischen den Strombahnen. Gemeinsam ist beiden Strombahnen, dass sie »gemischtes« Blut enthalten, unterschiedlich jedoch ihre Zielrichtung: Die Aa. pulmonales für den kleinen Kreislauf mit dem Ausstrom aus dem linken Vorhof, die Aorta für den großen Kreislauf mit dem Ausstrom aus den linken Ventrikel. Die Blutversorgung des Herzmuskels selbst beginnt mit der Entwicklung herzeigener Gefäße in der 6. Embryonalwoche.
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In Kürze
Am 21. Entwicklungstag entsteht durch Längenwachstum in begrenztem Raum aus dem Herzschlauch die Herzschleife. Dabei verlagert sich die Einströmungsbahn, Sinus venosus, Atrium primitivum, auf die Rückseite der Ausströmungsbahn,Truncus arteriosus, Saccus arteriosus. Es folgen Umgestaltungen und Septierungen. Zwischen den Anlagen von Vorhof und Kammer gehen aus Endokardkissen Vorhof- und Kammerostien mit Klappen hervor. Die Vorhofscheidewand lässt zunächst ein Foramen ovale zwischen Septum primum und secundum offen. Die Kammerscheidewand ist gleichfalls zunächst unvollständig. In der Ausströmungsbahn trennt das Septum aorticopulmonale Aorta und A. pulmonalis. Fetaler Kreislauf und seine Umstellung auf den bleibenden Kreislauf Wichtig
Der fetale Kreislauf stimmt bereits grundsätzlich mit dem des Neugeborenen überein. Jedoch bestehen durch die plazentare Ernährung und durch Kurzschlüsse im kleinen Kreislauf Unterschiede.
Im fetalen Kreislauf (⊡ Abb. 8.23) gelangt mit O2 angereichertes Blut aus der Plazenta durch die V. umbilicalis und dann zum Teil durch den Ductus venosus, zum Teil durch die Leber hindurch in die V. cava inferior. Dort mischt sich das O2-haltige Blut aus der Plazenta mit dem CO2haltigen Blut aus der unteren Körperhälfte und gelangt in den rechten Vorhof. Hier wird es durch die Valvula venae cavae inferioris zum offen Foramen ovale und damit in den linken Vorhof gebracht. Danach erreicht das Blut durch das Ostium atrioventriculare sinistrum die linke Kammer und wird von dort in die Aorta descendens gepumpt. Einen anderen Weg nimmt das Blut aus dem Hals-/ Kopfbereich. Es ist CO2-haltig, nicht gemischt. Das Blut erreicht den rechten Vorhof durch die V. cava superior und durch das Ostium atrioventriculare dextrum die rechte Kammer. Von dort wird es in den Truncus pulmonalis und in die Aa. pulmonales ausgeworfen. Da die Lungen noch nicht funktionieren, wird es durch einen Kurzschluss, den Ductus arteriosus (⊡ Tabelle 8.3, 8.21 c), zur Aorta geleitet. Der O2-Gehalt des dort vorhandenen Blutes mindert sich dadurch. Nach Endaufteilung der Aorta zweigen am Ende der Aa. iliacae communes die Aa. umbilicales nach ventral ab und erreichen durch die
Nabelschnur die Plazenta. Die Aa. umbilicales leiten so das CO2-reiche Blut des Fetus zum Gasaustausch zur Plazenta. ⓘ Infobox Aus der Anordnung des fetalen Kreislaufs ergibt sich, dass die obere Körperhälfte einschließlich des Gehirns besser mit Sauerstoff versorgt wird als die untere Körperhälfte.
Der bleibende Kreislauf setzt mit der Unterbrechung des
Plazentakreislaufs bei der Geburt und dem Beginn der Lungenatmung ein. Die Lungen und der kleine Kreislauf entfalten sich. Dies führt zum Verschluss des Ductus arteriosus, des Kurzschlusses zwischen Pulmonalarterie und Aorta; es verbleibt als Rest das Lig. arteriosum, zum zunächst nur funktionellen Verschluss des Foramen ovale durch Druckerhöhung im linken Vorhof infolge des aus den Lungen zurückströmenden Blutes; später verwachsen in der Regel die Anteile des Foramen ovale; es verbleibt im rechten Ventrikel eine Fossa ovalis, zur Unterbrechung des Ductus venosus an der Leber und Umwandlung in das Lig. venosum, zur Umwandlung der intraabdominale Verlaufsstrecke der V. umbilicalis in das Lig. teres hepatis. Ihr prähepatischer Abschnitt bleibt meist zeitlebens durchgängig, zur Umwandlung des proximalen Abschnitts der Nabelarterie jeder Seite zur A. iliaca interna und A. vesicalis superior. Aus den Aa. umbilicales leiten sich
die Ligg. umbilicalia medialia ab.
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
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In Kürze
Fetaler und bleibender Kreislauf entsprechen sich grundsätzlich. Jedoch werden bei der Geburt das Foramen ovale im Vorhof, der Ductus arteriosus zwischen Pulmonalarterie und Aorta, der Ductus venosus an der Leber und bis auf Reste die Nabelarterien und die Nabelvene verschlossen.
Fehlbildungen am Herzen und im Kreislauf
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⊡ Abb. 8.23. Fetaler Kreislauf. Farbe wie in ⊡ Abb. 8.19. Erklärung siehe Text. *Stelle, an der die A. vesicalis superior abzweigt
Am Herzen können auftreten: Vorhofscheidewanddefekte mit offenem Foramen ovale bei Entwicklungsstörungen im Endokardkissen, Ostium-primum-Defekt, oder bei der Bildung des Septum secundum. Bei einer Aplasie der Scheidewand kommt es zu einem Atrium commune, Kammerscheidewanddefekt infolge eines unvollständigen Verschlusses des Foramen interventriculare, häufigste Herzfehlbildung, Fehlbildungen der Semilunarklappen. Dabei kann es durch ungenügende Ausweitung des Ostiums zur Pulmonalstenose kommen. Das angestaute venöse Blut gelangt dann rückläufig in den rechten Ventrikel, durch ein persistierendes Foramen ovale in den linken Vorhof und durch den Ductus arteriosus, der gleichfalls offen bleibt, in die Lunge. – Auch Aortenstenosen kommen vor, Truncus-Konus-Defekte. Unterbleibt die Torsion des Septum aorticopulmonale, dann entspringt die Aorta aus dem rechten Ventrikel und der Truncus pulmonalis aus dem linken. Eine derartige Missbildung wird als Transposition der großen Gefäße bezeichnet. Sie ist oft mit einem Kammerscheidewanddefekt und offenen Ductus venosus vergesellschaftet. Dadurch hat das Neugeborene eine kurzzeitige Überlebenschance. – Vereinigen sich die Leisten an den Wänden des Konus und Truncus überhaupt nicht oder nur im oberen Bereich, resultiert ein persistierender Truncus arteriosus: Aorta und Truncus pulmonalis haben einen gemeinsamen Gefäßstamm. Er geht mit einem Kammerscheidewanddefekt einher, weil der untere, im Bulbus cordis gelegene Anteil des Septum aorticopulmonale zum Verschluss des Foramen interventriculare fehlt. Fallot-Tetralogie. Vier Phänomene bestimmen das relativ häufige Syndrom: Pulmonalstenose, Ventrikelseptumdefekt, »reitende« Aorta und Hypertrophie des rechten Ventrikels. Die Fehlbildung beruht vermutlich auf einer Verschiebung des Septum aorti-
501 8.3 · Thorax und seine Organe
copulmonale nach ventrolateral. Dadurch unterbleibt der Anschluss an das Ventrikelseptum (Septumdefekt). Die Verschiebung nach rechts führt außerdem zur Ausbildung eines zu gering kalibrierten Truncus pulmonalis (Pulmonalstenose). Die Strömungsbeeinträchtigung zieht eine Aktivitätshypertrophie der Muskulatur des rechten Ventrikels nach sich. Die relativ weite Aorta liegt über dem Septum interventriculare (»reitet auf ihm«) und erhält Blut aus beiden Kammern.
In situ In situ wird als Erstes die Vorderseite des Herzens, Facies
sternocostalis (⊡ Abb. 8.24 a), wahrgenommen. Sie wird überwiegend von der Vorderseite des rechten Ventrikels und einem kleinen Teil der Wand des linken Ventrikels gebildet,der die Herzspitze und gleichzeitig den linken Herz-
Im Kreislauf kommen vor ein offener Ductus arteriosus (Botalli), häufig, vorwiegend beim weiblichen Geschlecht. Es entsteht ein Links-rechts-Shunt, da im Pulmonalkreislauf ein niedriger Druck herrscht, rechtsseitiger Arcus aortae, wenn sich der linke 4. Aortenbogen zurückbildet, ein doppelter Aortenbogen infolge einer mangelhaften Rückbildung der rechten dorsalen Aorta. Die Aorten umschließen Trachea und Ösophagus ringförmig, Aortenisthmusstenose. Die Aorta ist oberhalb oder unterhalb der Mündung des Ductus arteriosus eingeengt, abnormer Gefäßabgang der A. subclavia dextra. Sie zweigt direkt aus der Aorta ab, oft nach der A. subclavia sinistra. Sie zieht meist hinter dem Ösophagus zur rechten Extremität und führt damit zur Kompression der Speiseröhre mit Schluckbeschwerden und eine linke V. cava superior oder eine Verdoppelung dieses Gefäßes infolge einer irregulären Rückbildung der Kardinalvenen.
Cor, Herz Wichtig
Das Herz hat in situ eine Neigung von etwa 40° gegen Frontal-, Sagittal- und Horizontalebene. Außerdem ist das Herz in sich gedreht. Dadurch wird die Herzspitze von der linken Kammer gebildet und ist der Thoraxwand am nächsten. Sie kann durch den Herzspitzenstoß im 5. ICR in der Medioklavikularlinie von außen wahrgenommen werden. Durch Auskultation sind die von der Herzbasis auf die Thoraxoberfläche fortgeleiteten Geräusche der Herzklappen zu erfassen.
⊡ Abb. 8.24 a, b. Herzoberflächen. a Facies sternocostalis mit den großen Gefäßstämmen. b Facies diaphragmatica. Die linke Herzhälfte mit zugehörigen Gefäßen ist durch hellen Raster hervorgehoben. In der unteren Abbildung ist das Lig. arteriosum nicht gezeichnet
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
rand ausmacht. Zwischen rechtem und linkem Ventrikel verläuft fast senkrecht der Sulcus interventricularis anterior, der mit reichlich subendokardialem Fett gefüllt ist und die A. interventricularis anterior führt. Ferner ist die Herzvorderseite – auch am herausgenommenen Herzen – im Bereich der Herzbasis, das ist die der Herzspitze entgegengesetzte Seite, durch Herzohren, Auriculae cordis, gekennzeichnet. Diese gehören zu den Vorhöfen und umgreifen die Ursprünge der Aorta und des Truncus pulmonalis nach vorne. Dabei liegt der Austritt des Truncus pulmonalis am Herzen ventral und links von dem der Aorta. Die Vorhof-Kammer-Grenze repräsentiert sich oberflächlich durch den Sulcus coronarius für die Koronargefäße. Die Rückseite des Herzens ist die Facies pulmonalis und die basale Seite die Facies diaphragmatica
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(⊡ Abb. 8.24 b). Sie werden zum größeren Teil von der Oberfläche der linken Kammer und des linken Vorhofs eingenommen. Zwischen der linken und rechten Kammer befindet sich der Sulcus interventricularis posterior und zwischen linkem Vorhof und linker Kammer auch dorsal der Sulcus coronarius. An der Oberfläche des linken Vorhofs sind dorsobasal die Einmündungen von 4 Vv. pulmonales sichtbar. Am rechten Vorhof ist als leichte Furche, als Abgrenzung des rechten Herzohrs, der Sulcus terminalis zu erkennen. Über dem rechten Vorhof verlaufen fast senkrecht die Endstrecken der Vv. cavae superior
et inferior. Mit der Facies diaphragmatica liegt das Herz dem Zwerchfell auf. Das Herzgewicht beträgt etwa 300 g, das Volumen des
Herzens wird mit der geschlossenen Faust eines Menschen verglichen. Projektion des Herzens auf die Körperoberfläche. Zwei
Drittel des Herzens projizieren sich links der Medianebene auf die Körperoberfläche, ein Drittel rechts (⊡ Abb. 8.25). Der rechte Herzrand wird vom rechten Vorhof und von der V. cava superior gebildet. Er verläuft 2 cm vom rechten Sternalrand (rechte Parasternallinie) und erstreckt sich vom 3. bis zum 6. Rippenknorpel. Der linke Herzrand entsteht durch Aortenbogen, Pulmonalisbogen, den Bogen des linken Vorhofs (oft nur angedeutet) und vor allem durch die linke Kammer. Die Projektion des linken Herzrandes verläuft vom 2. linken Interkostalraum parasternal in einem Bogen zum 5. Interkostalraum etwa 1 cm medial der Medioklavikularlinie, wo der Herzspitzenstoß wahrgenommen werden kann. Der Herzspitzenstoß entsteht durch den Anprall des rechten Ventrikels an die vordere Brustwand. Der untere Herzrand bildet einen schmalen, konvexen Bogen vom Projektionspunkt der Herzspitze bis zum Ansatz der 6. Rippe rechts.
⊡ Abb. 8.25. Projektion der Herzränder auf die Körperoberfläche. Die Projektion des rechten Herzrandes (rechter Vorhof ) verläuft 2 cm vom rechten Sternalrand. Der linke Herzrand projiziert sich als Bogen vom 2. linken ICR parasternal zum 5. ICR 1 cm medial der Medioklavikularlinie und wird vom Aortenbogen, Pulmonalisbogen und von der linken Kammer gebildet
503 8.3 · Thorax und seine Organe
Der obere Herzrand ergibt sich aus der Projektion der großen Gefäße. Er liegt etwa zwischen dem Oberrand des 3. Rippenknorpels rechts und dem 2. Interkostalraum links. Die Herzränder entsprechen röntgenologisch den Rändern des Herzschattens bei sagittalem Strahlengang. ⓘ Infobox Die Projektionen des Herzens auf die vordere Brustwand unterliegen jedoch starken Schwankungen, weil u. a. Körperlage, Stellung des Zwerchfells, Konstitution und Lebensalter darauf Einfluss nehmen. So steht z. B. das Herz des Asthenikers mit seiner Längsachse mehr senkrecht (Tropfenherz) als das Herz des Pyknikers (quer gestelltes Herz).Oder es liegt der Herzspitzenstoß beim Kind im 4., beim Greis infolge altersbedingter Senkung der Organe im 6. Interkostalraum.
Nachbarschaftsbeziehungen. Sie sind für die klinische Untersuchung, insbesondere bei der Überprüfung der Herzgröße wichtig. Dadurch, dass das Herz in der Incisura cardiaca der linken Lunge liegt, ist es nämlich auf der Vorderseite teilweise von lufthaltigem Lungengewebe mit dazugehöriger Pleura bedeckt. In diesem Gebiet lässt sich bei der Perkussion zwar das überlagernde, lufthaltige Lungengewebe akustisch »durchschlagen«, aber es liegt doch nur eine »relative Herzdämpfung« vor. Dagegen besteht dort, wo Herz und Herzbeutel, nur durch die beiden aufeinander liegenden Pleurablätter getrennt, der vorderen Brustwand unmittelbar anliegen, eine »absolute Herzdämpfung«. Das Gebiet der absoluten Herzdämpfung wird von den Lungenrändern begrenzt und liegt im Wesentlichen über der Vorderwand des rechten Ventrikels. Die absolute Herzdämpfung geht kontinuierlich in die Leberdämpfung über. Wichtig ist ferner, dass der Ösophagus dem linken Vorhof von hinten anliegt, nur durch den Herzbeutel getrennt.
Innenrelief Wichtig
Das Herz ist ein muskuläres Hohlorgan, das der Blutförderung dient. Sein Innenrelief wird vor allem von den Herzklappen bestimmt. Sie wirken wie Ventile, die sich bei den rhythmischen Kontraktionen des Herzmuskels öffnen und schließen. Sie bestimmen die Blutstromrichtung.
Das Atrium dextrum cordis (⊡ Abb. 8.26 b) nimmt die
beiden Hohlvenen und die herzeigenen Venen auf. An der Mündung der V. cava inferior, Ostium venae cavae inferioris, befindet sich an der vorderen Zirkumferenz die sichelförmige Valvula venae cavae inferioris (Valvula Eustachii), an der Mündung des Sinus coronarius, der das venöse Blut aus der Wand des Herzens in den Vorhof leitet, die Valvula sinus coronarii (Valvula Thebesii). Die Vorhofwand zwischen den Ostien der beiden Hohlvenen ist glatt. Hier mischt sich das Blut aus den beiden Hohlvenen. Nach ventral setzt sich das Atrium dextrum in das rechte Herzohr, Auricula dextra, fort. An seiner Grenze liegt die Crista terminalis. Von hier aus verlaufen zur Spitze des Herzohres kammförmige Muskelbälkchen, Mm. pectinati. Die mediale Wand des Atriums ist das Septum interatriale mit einer seichten Fossa ovalis. Ostium atrioventriculare dextrum und Valva atrioventricularis dextra. Sie bilden die Grenze zur rechten Kammer. Die Valva atrioventricularis dextra ist eine Segelklappe, Valva cuspidalis. Die Segel bestehen aus dünnen,
sehr widerstandsfähigen Membranen, die von Sehnenfäden, Chordae tendineae, gehalten werden (⊡ Abb. 8.26). Die rechte Atrioventrikularklappe hat 3 Segel: Cuspis septalis, Cuspis anterior, Cuspis posterior (⊡ Abb. 8.27 a), deswegen Trikuspidalklappe. Die Cuspis septalis entspringt z. T. an der Pars membranacea des Septum interventriculare. Durch das Ostium atrioventriculare gelangt bei geöffneter Segelklappe Blut aus dem rechten Vorhof in die rechte Kammer. Ventriculus dexter cordis. Seine Wand ist erheblich dün-
ner als die des Ventriculus sinister (⊡ Abb. 8.27 b). Innen besteht sie aus einem Schwammwerk einzelner Muskelbälkchen, Trabeculae carneae, und 3 Papillarmuskeln, M. papillaris anterior, M. papillaris posterior und Mm. papillares septales. An den Papillarmuskeln sind die Sehnenfäden der Segelklappen befestigt (⊡ Abb. 8.26 a). Die Kammerscheidewand, Septum interventriculare, buchtet sich in das Ventrikellumen vor. Als Teil der Kammerscheidewand und Relikt des embryonalen Herzens befindet sich am Ostium atrioventriculare die Pars membranacea septi interventricularis. Am Ostium atrioventriculare beginnt die Einströmungsbahn des Blutes in die rechte Kammer. Sie biegt spitzwinklig an der Herzspitze in die glattwandige Ausströmungsbahn um, Conus arteriosus, und setzt sich in den Truncus pulmonalis fort (⊡ Abb. 8.26 a).
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
⊡ Abb. 8.26 a, b. Binnenräume des Herzens und Richtung des Blutstroms. a Durch einen Frontalschnitt ist die rechte Kammer bis zum Truncus pulmonalis eröffnet. b Durch einen weiter dorsal geführten Schnitt liegen zusätzlich der rechte Vorhof, die linke Kammer und der linke Vorhof offen. Außerdem sind die linke Ausströmungsbahn und der Anfangsteil der Aorta (Pars ascendens) freigelegt und das Herz so gedreht, dass die Aortenklappe sichtbar wird. Beachte, dass die Vorhof- und Kammermuskulatur (roter Raster) getrennt sind
8 Einströmungs- und Ausströmungsbahn haben eine torartige Verbindung. Das Dach bildet ein kräftiger Muskelbalken, Crista supraventricularis. Ihr gegenüber zieht von der Scheidewand die Trabecula septomarginalis (Modoratorband) zum M. papillaris anterior am Boden des Ventrikels. Valva trunci pulmonalis, Pulmonalklappe. Sie befindet
⊡ Abb. 8.27 a, b. Herzquerschnitte. a Ventilebene mit Herzskelett, Klappen und Koronargefäßen; Vorhofmuskulatur abpräpariert, Ansicht von oben. Valva atrioventricularis dextra (Trikuspidalklappe) mit 1 Cuspis posterior; 2 Cuspis septalis; 3 Cuspis anterior. Valva atrioventricularis sinistra (Trikuspidalklappe) mit 4 Cuspis posterior; 5 Cuspis anterior. b Querschnitt durch die beiden Kammern. Die Ziffern bezeichnen die Papillarmuskeln, die zu den in a benannten Klappen gehören. Wenn a auf b projiziert wird, wird die innere Torsion des Herzens sichtbar
sich am Übergang des rechten Ventrikels in den Truncus pulmonalis und regelt den Durchfluss des Blutes in den Truncus pulmonalis, von wo es durch die beiden Aa. pulmonales in die Lunge gelangt. Es handelt sich um eine Taschen- oder Semilunarklappe, Valvula semilunaris. Taschenklappen bestehen aus 3 halbmondförmigen, membranartigen Bildungen, die ähnlich Schwalbennestern ins Lumen vorragen. Die freien Ränder sehen nach oben und sind durch Kollagenfasern verstärkt, Lunulae valvularum semilunarium. Ihre Mitte ist knötchenförmig verdickt, Nodulus valvulae semilunaris. Die Taschen der Pulmonalklappe befestigen sich an der Wand des Truncus pulmonalis. Die Pulmonalklappe besteht aus den Valvulae semilunares anterior, dextra und sinistra. Atrium sinistrum cordis. In den linken Vorhof münden rechts und links an den Ostia venarum pulmonalium jeweils 2 Vv. pulmonales. Die Vorhofwand ist relativ dünn und glattwandig. Nur das Innenrelief des Herzohres, Auricula sinistra, ist mit Mm. pectinati versehen. – Als Valvula foraminis ovalis wird am Vorhofseptum ein Rest des Septum primum bezeichnet.
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Valva atrioventricularis sinistra. Sie gleicht dem Bau nach der Valva atrioventricularis dextra, besteht jedoch nur aus 2 Segeln, weshalb sie als Valva bicuspidalis oder Mitralklappe bezeichnet wird. Die Stellung der Cuspis anterior und posterior ist aus ⊡ Abb. 8.26 a ersichtlich. Durch das Ostium atrioventriculare sinistrum strömt bei geöffneter Mitralklappe das in der Lunge mit O2 angereicherte Blut in den linken Ventrikel. Ventriculus sinister cordis (⊡ Abb. 8.26 b, 27 b). Die linke
Kammer ist muskelstark. Das Innenrelief bilden Trabeculae carneae und die Mm. papillares anterior et posterior. An beiden befestigen sich die Chordae tendineae der Mitralklappe. Die Einströmungsbahn (⊡ Abb. 8.26 b) biegt an der Herzspitze in die Ausströmungsbahn um und leitet das Blut zum Ostium aortae. Valva aortae. Am Übergang zur Aorta befindet sich im Ostium aortae die Aortenklappe, Valva aortae. Es handelt sich um eine Taschenklappe mit kräftigen Valvulae semilunares dextra, sinistra et posterior (⊡ Abb. 8.26 b). Kurz oberhalb der Anheftungsstelle der Taschenklappen buchtet sich die Aortenwand zu den Sinus aortae (Valsalvae) aus. Hier entspringen die Aa. coronariae (S. 508). Dem Sinus entspricht von außen eine Anschwellung der Aorta, Bulbus aortae. Ihm schließt sich die Pars ascendens aortae an, durch die das Blut in den Körperkreislauf gelangt.
Herzwand Wichtig
le abgeplattet werden. Getragen wird das Endokard von subendokardialem Bindegewebe, das elastische Netze und verzweigte glatte Muskelzellen enthält. Sie bilden ein elastisch-muskulöses System zur Anpassung des Endokards an die Volumenänderungen des Herzens. In das subendokardiale Bindegewebe sind die Verzweigungen des Erregungsleitungssystems eingebaut. Blutgefäße fehlen. Herzklappen sind Duplikaturen des Endokards, die von straffem kollagenen Bindegewebe getragen werden. Blutgefäße fehlen wiederum, dafür sind sie nervenfaserreich. > Klinischer Hinweis Die gefäßlosen, bradytrophen Herzklappen sind gegenüber bakteriellen Infektionen sehr anfällig, Endokarditis. Es kann dabei zu Klappenzerstörungen kommen.
Myokard. Es besteht aus Kardiomyozyten. Sie bilden die Arbeitsmuskulatur des Herzens. Im Bereich der beiden Vorhöfe befinden sich Herzmuskelzellen, die biologisch aktive Peptide speichern, Cardiodilatin und Cardionatrin. In den Kammerwänden aggregieren die Herzmuskelzellen zu netzartig verbundenen Muskelzellsträngen, die einen schraubigen Verlauf nehmen (⊡ Abb. 8.28): Von einer äußeren, beide Kammern umgebenden Schicht scheren Muskelfaserbündel aus, die fast zirkulär jede Herzhälfte getrennt umfassen. Sie bilden die mittlere Schicht der Kammermuskulatur, die bei der Systole bevorzugt tätig wird. Dann ziehen die Fasern als innere Schicht steil aufwärts und enden z. T. in den Papillarmuskeln und den Trabeculae carneae. An der Herzspitze bil-
Obgleich alle Herzwände gleichartig gebaut sind, bestehen regionale Unterschiede. Hierauf geht die Störanfälligkeit der Muskulatur der linken Kammer zurück.
Die Herzwände bestehen aus Endokard, Myokard und Epikard. An den Vorhof-Kammer-Grenzen sind die Herzwände durch straffes Bindegewebe stabilisiert, Herzskelett. Endokard. Es kleidet die Hohlräume des Herzens voll-
ständig aus, einschließlich der Sehnenfäden. Das Endokard besteht aus einer einschichtigen Lage von Endothelzellen, die in der Systole kubisch gestaucht, in der Diasto-
⊡ Abb. 8.28. Verlaufsrichtung der Herzmuskulatur. Die Schichtenbildung entsteht durch den unterschiedlichen Steigungswinkel spiralig verlaufender Bündel der Herzmuskelzellen. Rot Erregungsleitungssystem. Sinusknoten nicht gezeichnet
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
den oberflächlich sehr steil verlaufende Fasern, die direkt in die entgegengesetzte Richtung umbiegen und in die Tiefe ziehen, den Vortex cordis. Die Schichtenbildung ist am linken Ventrikel am deutlichsten. Die Schichten sind durch lockeres Bindegewebe voneinander getrennt. ⓘ Infobox Die Packungsdichte der Muskulatur ist in der Wand des linken Ventrikels sehr viel enger als in der des rechten. Dadurch ist die Relation der Oberfläche der Kapillaren zur Oberfläche der Kardiomyozyten links ungünstiger (1 : 2,9) als rechts (1 : 2). Dies hat zur Folge, dass die Muskulatur der rechten Kammer bei der Anflutung von O2 etwa um ein Drittel besser gestellt ist als die linke. Auch Medikamente erreichen die Muskulatur rechts besser als links. Andererseits treten Infarkte wegen der ungünstigen O2-Versorgung häufiger links auf.
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Herzskelett. Es besteht im Wesentlichen aus straffem Bindegewebe. Das Herzskelett befindet sich als Anulus fibrosus dexter zwischen rechtem Vorhof und rechter Kammer und als Anulus fibrosus sinister zwischen lin-
kem Vorhof und linker Kammer. Sie trennen die Arbeitsmuskulatur von Vorhof und Kammer vollständig. Andererseits werden sie von dem Bindegewebe erreicht, das sich zwischen den Schichten des Myokards befindet. Räumlich sind die beiden Faserringe gegeneinander versetzt. Dadurch wird die Scheidewand zwischen dem rechten und linken Herzen in ein Septum atrioventriculare und Septum interventriculare geteilt (⊡ Abb. 8.29). Weitere Faserringe umgreifen die Wurzeln des Truncus pulmonalis und der Aorta. Die Zwickel zwischen den beiden Anuli fibrosi einerseits, und dem Anulus fibrosus sinister und dem Faserring um die Aortenwurzel andererseits werden von Faserknorpel gebildet und als Trigona fibrosa bezeichnet (⊡ Abb. 8.27 a). Sie versteifen und verbinden die Faserringe. Den Zwickel zwischen den bei-
⊡ Abb. 8.29. Anordnung der bindegewebigen Trennstrukturen zwischen den Herzabschnitten
den Anuli fibrosi, Trigonum fibrosum dextrum, durchbricht das Atrioventrikularbündel des Erregungsleitungssystems, His-Bündel. Am Herzskelett befestigen sich alle Herzklappen. Dadurch entspricht das Herzskelett der Ventilebene. Sie projiziert sich am Herzen auf den Sulcus coronarius, der in situ nahezu senkrecht steht (s. oben). Die Stellung der einzelnen Klappen zueinander ist der ⊡ Abb. 8.27 a zu entnehmen: Die Atrioventrikularklappen liegen in einer vorderen Reihe, dahinter befinden sich gestaffelt die Aorten- und Pulmonalklappen. Die Projektion der Ventilebene und der einzelnen Klappen auf die Brustwand sind in ⊡ Tabelle 8.4 und ⊡ Abb. 8.30 angegeben. Praktisch wichtiger sind jedoch die Auskultationsstellen. Sie befinden sich an den Fortleitungsstellen der Klappengeräusche, die beim Blutdurchfluss entstehen. Epikard, Lamina visceralis pericardii serosi. Es bedeckt die gesamte Oberfläche des Herzens und auch die Stämme der großen Gefäße (s. unten).
⊡ Tabelle 8.4. Projektion der Herzklappen auf die vordere Rumpfwand Herzklappe
Projektion auf
Auskultationsstellen
Rechte Atrioventrikularklappe
Sternum in Höhe des 5. Rippenknorpels
5. ICRa rechts/5. Rippenknorpel
Linke Atrioventrikularklappe
4./5. Rippenknorpel
5. ICRa links/Herzspitze
Pulmonalklappe
Linker Sternalrand in Höhe der 3. Rippe
2. ICRa links
Aortenklappe
Linker Sternalrand in Höhe des 3. ICR
2. ICRa rechts
a
ICR Abkürzung für Interkostalraum.
507 8.3 · Thorax und seine Organe
mit der Verlagerung der Ventilebene in Richtung zur Herzspitze vergrößert sich das Volumen der Vorhöfe; Blut strömt aus den Venen ein.Durch den systolischen Druck in der Kammer bleiben aber die Atrioventrikularklappen geschlossen. Sie öffnen sich, sobald das Blut die Kammern verlässt, weil der Kammerdruck nachlässt und sich die Ventilebene wieder hebt. Es kommt zur diastolischen Erweiterung und Füllung des Herzens mit Blut.
Erregungsleitungssystem und Herznerven Wichtig
⊡ Abb. 8.30. Topographischer Bezug des Herzens und der großen Gefäßstämme (dünne Linien) zur vorderen Thoraxwand in mittlerer Respirationslage. Zu beachten ist die Stellung der Herzklappen. Rot punktiert Auskultationsstellen. Die rot punktierte Linie begrenzt das Feld der absoluten Herzdämpfung
Die Funktion des Herzens ist mehrfach gesichert: Durch das Erregungsleitungssystem, durch das vegetative Nervensystem und durch den Eigenrhythmus der Kardiomyozyten.
Das Herz wird automatisch den jeweiligen Erfordernissen der Körpertätigkeit angepasst.Verantwortlich hierfür sind Erregungsleitungssystem und Herznerven. Hinzu kommt, dass auch die Arbeitsmuskulatur zur Erregungsbildung befähigt ist. Das Erregungsleitungssystem induziert und steuert die
⊡ Abb. 8.31 a, b. Schema der Herzaktion. Abschnitte in der Systole sind dunkel, in der Diastole hell. V Ventilebene. a In der Vorhofsystole strömt das Blut durch das Ostium zwischen den Segelklappen in die Kammer. b In der Kammersystole wird durch Tiefertreten der Ventilebene, Verschluss des Atrioventrikularostiums und Kontraktion der Kammermuskulatur das Blut in die Schlagader ausgeworfen, deren elastische Wand sich dehnt. Das in die Schlagader ausgeworfene Blut schließt die Taschenklappen und wird dadurch am Rückstrom in den Ventrikel gehindert. In die Vorhöfe strömt Blut nach
ⓘ Infobox Herzmuskulatur und Herzklappen sind koordiniert und rhythmisch tätig (⊡ Abb. 8.31). Dabei verändert sich die Lage der Ventilebene und die Klappen öffnen und schließen sich.Die Verlagerung der Ventilebene ist das Ergebnis eines zur Herzspitze gerichteten Kontraktionsablaufs der Herzmuskulatur, Systole, die in der Kammer am rechten vorderen Papillarmuskel beginnt.Dadurch steigt der intraventrikuläre Druck, das Blut wird zur Ausströmungsbahn gedrängt und die Taschenklappen öffnen sich. Die Ventrikel entleeren sich weitgehend. Gleichzeitig
rhythmischen Kontraktionen der Arbeitsmuskulatur des Herzens. Es arbeitet autonom. Das System setzt sich aus einem Zentrum für die Erregungsbildung und aus schnell leitenden Bahnen für die Erregungsausbreitung zusammen. Aufgebaut ist das Erregungsleitungssystem aus modifiziertem, sog. spezifischem Herzmuskelgewebe. Das System besteht aus (⊡ Abb. 8.28) Sinusknoten, Atrioventrikularknoten und Atrioventrikularsystem. Der Sinusknoten, Nodus sinuatrialis, Keith-Flack-Kno-
ten, gibt den Anstoß zur Erregungsbildung; er steuert den Eigenrhythmus der Herztätigkeit, 60–90 Schläge/min. Der Sinusknoten liegt in der Wand des rechten Vorhofs im Sulcus terminalis, im Winkel zwischen rechtem Herzohr und V. cava superior. Seine Fasern sind mit denen der Arbeitsmuskulatur des Vorhofs verbunden. Sicher nachweisbare Bahnen zwischen Sinusknoten und dem folgenden Abschnitt des Erregungsleitungssystems, dem Atrioventrikularknoten, bestehen nicht. Gefäßversorgung des Sinusknotens: R. nodi sinuatrialis aus der A. coronaria dextra. Der Atrioventrikularknoten, Nodus atrioventricularis, Aschoff-Tawara-Knoten, liegt am Boden des rechten Vor-
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
hofs dicht neben der Mündung des Sinus coronarius. Im AV-Knoten erfolgt eine Verzögerung der Erregungsleitung um 0,1 s. Anschließend wird die Erregung im AVSystem beschleunigt weitergeleitet (etwa 2 m/s). Bei Ausfall des Sinusknotens kann der AV-Knoten Schrittmacherfunktion übernehmen, jedoch nur mit einer Frequenz von 40–60 Schlägen/min. Fällt auch der AV-Knoten aus, senkt sich die Schlagfrequenz auf 20/min, Eigenrhythmus der Arbeitsmuskulatur. Gefäßversorgung: R. nodi atrioventricularis aus der A. coronaria dextra über den R. interventricularis posterior. Atrioventrikularsystem, AV-System. Das spezifische Gewebe des AV-Knotens setzt sich kontinuierlich in den Fasciculus atrioventricularis, His-Bündel, fort, das das Trigo-
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num fibrosum dextrum durchbricht. Gefäßversorgung: R. interventricularis septalis der A. coronaria dextra. Hinter der Membrana septi teilt sich das His-Bündel in die Kammerschenkel, Crus dextrum, Crus sinistrum. Die Crura ziehen zu beiden Seiten des Septum interventriculare herzspitzenwärts und zweigen sich in Rr. subendocardiales auf. Einige biegen in Richtung Herzbasis um. Diese und die Endverzweigungen des Kammerschenkels bilden das Netz der Purkinje-Fasern, die in der Arbeitsmuskulatur, bevorzugt in den Papillarmuskeln, enden. Einzelne Purkinje-Fasern können als sog. falsche Sehnenfäden den Ventrikelraum durchqueren.
beim N. vagus um die – Rr. cardiaci cervicales superiores et inferiores und – Rr. cardiaci thoracici. Die Herzäste beider Anteile des vegetativen Nervensystems bilden zwischen Aorta und Truncus pulmonalis, also noch außerhalb des Herzbeutels, den Plexus cardiacus. Hier vermischen sie sich. Während die Nerven des Sympathikus bereits postganglionäre Fasern führen, erfolgt die Umschaltung des N. vagus auf die postganglionäre Strecke durch Nervenzellen, die im Gebiet der Herzbasis und der Vorhöfe in den Ganglia cardiaca liegen. Die Endverzweigungen des Plexus erreichen die Arbeitsmuskulatur, v. a. aber den Sinus- und AV-Knoten. Sie schließen sich in ihrem Verlauf den Herzkranzgefäßen an, die gleichfalls von ihnen innerviert werden. Die Beeinflussung des Sinusknotens besteht in einer Beschleunigung oder Verlangsamung der Signalbildung, die Beeinflussung des AV-Knotens dagegen in einer Veränderung der Verzögerungsdauer der Signalübertragung. Andere Verzweigungen des Plexus cardiacus erreichen das Epikard. Sie führen afferente sensible Fasern für die Schmerzleitung, z. B. beim Herzinfarkt.
Herzgefäße Wichtig
Das Herz wird als ein den momentanen Ansprüchen anpassbares Dauerleistungsorgan von einem engmaschigen Blutgefäßsystem versorgt.
> Klinischer Hinweis In der Regel ist das His-Bündel die einzige muskuläre Verbindung zwischen Vorhof und Kammer, gelegentlich kommen jedoch Nebenverbindungen vor, die das Herzskelett an verschiedenen Stellen durchbrechen. Dies kann zu Doppelerregungen der Kammermuskulatur und damit zu Rhythmusstörungen führen, Wolff-Parkinson-White-Syndrom. – Herzrhythmusstörungen können durch Schrittmacher behoben werden.
Herznerven. Die Herznerven passen die Herztätigkeit der Körpertätigkeit an. Sie gehören zum vegetativen Nervensystem. Die Nn. cardiaci des Sympathikus wirken dabei beschleunigend, die Rr. cardiaci des Parasympathikus (N. vagus) verlangsamend. Im Einzelnen handelt es sich beim Sympathikus um die – Nn. cardiaci cervicales superiores, medii et inferiores, – Nn. cardiaci thoracici,
Die Gefäßversorgung des Herzens erfolgt in der Regel gleichwertig (50 %) durch die A. coronaria sinistra und A. coronaria dextra. Sie und die zurückführenden Venenstämme verlaufen im Fettgewebe der Sulci der Herzoberfläche und werden von Epikard bedeckt. A. coronaria sinistra (⊡ Abb. 8.32). Sie entspringt im Sinus aortae sinister oberhalb des freien Randes der linken Aortenklappe, zieht zwischen linkem Herzohr und Truncus pulmonalis nach vorn und links und teilt sich in den R. circumflexus, der im Sulcus coronarius sinister bis zur Facies diaphragmatica verläuft. Er gibt ab: – R. atrialis anastomoticus an den Vorhof, der mit einem entsprechenden Ast der rechten Koronararterie anastomosiert,
509 8.3 · Thorax und seine Organe
⊡ Abb. 8.33 a–c. Versorgungsgebiet der A. coronaria sinistra (hell) und der A. coronaria dextra (dunkel) im Bereich der Ventrikel. a Versorgungsgebiet beim ausgeglichenen Typ. b Rechtstyp beim Überwiegen der A. coronaria dextra. c Linkstyp beim Überwiegen der A. coronaria sinistra. R rechter Ventrikel; L linker Ventrikel
⊡ Abb. 8.32. Äste der Aa. coronaria sinistra et dextra. Anastomosen nicht gezeichnet, z. B. zwischen den Rr. septales des R. interventricularis anterior und posterior, zwischen dem R. circumflexus und der A. coronaria dextra
– Rr. atrioventriculares zu Vorhof und Kammer, – R. marginalis sinister zur Kammer, – R. atrialis intermedius an der Rückseite zum Vorhof, R. interventricularis anterior, der im Sulcus interventricularis anterior bis zur Herzspitze zieht. Er gibt ab: – R. coni arteriosi, – R. lateralis zur Vorderwand der linken Kammer und – Rr. interventriculares septales für die vorderen zwei Drittel der Kammerscheidewand. Versorgungsgebiete (⊡ Abb. 8.33 a): linker Vorhof, Wand des linken Ventrikels einschließlich eines Großteils des Septum interventriculare und eines kleinen Anteils der Vorderwand der rechten Kammer. A. coronaria dextra (⊡ Abb. 8.32). Sie entspringt im Sinus
aortae dexter, verläuft zunächst auf der Vorderseite unter dem rechten Herzohr im Sulcus coronarius dexter bis auf die Facies diaphragmatica und biegt in den Sulcus interventricularis posterior ab, dem sie als R. interventricularis posterior bis zur Herzspitze folgt. Auf der Facies sternocostalis gibt die A. coronaria dextra ab: R. coni arteriosi, R. nodi sinuatrialis, Rr. atriales, Rr. ventriculares und R. marginalis dexter (kräftiger Ast) zur Versorgung der Vorder- und Seitenwand der Kammer. Auf der Facies diaphragmatica werden abgegeben: R. nodi atrioventricularis und
Rr. interventriculares septales zur Kammerscheidewand Versorgungsgebiete (⊡ Abb. 8.33 a): rechter Vorhof, rechte Kammer, hinterer Abschnitt des Septum interventriculare, Sinus- und AV-Knoten. Abweichungen vom üblichen Versorgungstyp. Die Blut-
versorgung erfolgt überwiegend beim Rechtstyp durch die A. coronaria dextra (⊡ Abb. 8.33 b) und Linkstyp durch die A. coronaria sinistra (⊡ Abb. 8.33 c). Anastomosen. Obwohl zwischen den Endverzweigungen
der beiden Koronararterien Anastomosen bestehen, reichen sie in der Regel für einen funktionierenden Kollateralkreislauf nicht aus. Deswegen sind die Koronarien funktionelle Endarterien. > Klinischer Hinweis Durch Einengung oder Verlegung der Lumina der Koronararterien kann es zu einer Mangeldurchblutung der Herzmuskulatur kommen, Angina pectoris. Kommt es zu einem Missverhältnis zwischen Sauerstoffbedarf und -angebot entsteht ein Myokardinfarkt. Dem folgt ein Untergang von Herzmuskelgewebe in den nicht versorgten Gebieten und Narbenbildung.
Herzvenen (⊡ Abb. 8.34). Sammelgefäß für den überwie-
genden Anteil des venösen Blutes aus dem Herzmuskel ist der Sinus coronarius. Er hat, bevor er in den rechten Vorhof mündet, folgende Zuflüsse: – V. cardiaca magna (auch V. cordis magna). Im Sulcus coronarius neben dem R. circumflexus gelegen, sammelt sich das Blut aus dem Myokard der Herzvorderwand. Sie beginnt als V. interventricularis anterior.
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
– V. ventriculi sinistri posterior. Sie nimmt das Blut aus der Seiten- und Hinterwand des linken Ventrikels auf. – V. interventricularis posterior. Sie liegt im Sulcus interventricularis posterior und erhält Blut aus dem Myokard der Hinterwand beider Ventrikel und dem Ventrikelseptum. – V. cardiaca parva, ein variables kleines Gefäß, bekommt Blut aus dem Myokard des rechten Vorhofs und der rechten Kammer. Direkt in den rechten Vorhof, aber auch in andere Räume des Herzens, münden zahlreiche Vv. cardiacae parvae und Vv. cardiacae minimae durch Foramina venarum minimarum. Sie dränieren die subendothelialen Schichten der Herzbinnenräume.
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⊡ Abb. 8.34. Facies diaphragmatica des Herzens mit den großen Venen und den an der Herzbasis gelegenen vegetativen Ganglien (rot)
>
Lymphgefäße. Aus einem subendokardialen, myokardialen und subepikardialen Netz wird die Lymphe den Nodi lymphatici mediastinales anteriores und Nodi lymphatici tracheobronchiales zugeleitet.
In Kürze
Das Herz projiziert sich vom linken Sternalrand im 2. ICR bis zum 5. ICR in der Medioklavikularlinie (Herzspitze) bis zum Ansatz der 6. Rippe rechts bis zum Oberrand des 3. Rippenknorpels. Dieses Gebiet wird durch überlagerndes Lungengewebe zur absoluten Herzdämpfung über der Vorderwand des rechten Ventrikels eingeengt. Die Innenräume des Herzens werden durch Segelklappen in Vorhöfe und Kammern geteilt,Trikuspidalklappe rechts, Mitralklappe links. Die Taschenklappen begrenzen die Ausströmungsbahnen. Die Klappen öffnen und schließen sich im Rhythmus von Systole und Diastole. Den Antrieb des Herzens bewirkt das Erregungsleitungssystem, die Anpassung an die Körpertätigkeit steuern vegetative Herznerven. Die Blutversorgung des Herzmuskels erfolgt durch Aa. coronariae. Sie ist rechts günstiger als links.
Perikard, Herzbeutel Wichtig
Der Herzbeutel umgibt das Herz und begrenzt einen eigenen Serosaraum, der eine reibungslose Herztätigkeit ermöglicht.
Der Herzbeutel besteht aus Pericardium fibrosum, das die äußere, dem Herzen abgewandte Oberfläche des Herzbeutels bedeckt. Es besteht aus derben Kollagenfasern in scherengitterar-
tiger Anordnung mit eingelagerten elastischen Fasernetzen. Die Faserbündel verhindern eine extreme Dilatation des Herzens, lassen aber eine Dehnung bis zu 30 % zu. Pericardium serosum. Es verfügt über 2 Blätter, zwischen denen sich ein mit seröser Flüssigkeit gefüllter Spaltraum, Cavitas pericardialis, befindet. Die einander zugewandten Oberflächen sind mit einschichtigem Plattenepithel bedeckt. Zu unterscheiden sind: – Lamina visceralis. Synonym ist die Bezeichnung Epikard. Sie liegt dem Myokard faltenlos auf und
511 8.3 · Thorax und seine Organe
überzieht die in Fettgewebe eingebetteten Koronargefäße, – Lamina parietalis. Sie liegt dem bindegewebigen Pericardium fibrosum innen fest an. Der Übergang vom viszeralen auf das parietale Blatt des Pericardium serosum erfolgt auf der Oberfläche der Aorta am Anfang des Arcus und am Truncus pulmonalis sowie an der V. cava superior etwa 1 cm nach Gefäßbeginn (⊡ Abb. 8.42 a). Diese Gefäße haben daher eine intraperikardiale Verlaufsstrecke. Diese fehlt bei den Vv. pulmonales, da der Überschlag hier an ihrer Einmündung in den Vorhof liegt.
Verbindung des Perikards mit der Umgebung. Perikard
und Pleura mediastinalis sind durch lockeres Bindegewebe verbunden. Fest verwachsen ist das Perikard dagegen mit dem Zwerchfell einschließlich der dort gelegenen Pforte der V. cava inferior durch das Centrum tendineum. Vorne befestigen straffe Faserzüge das Perikard an der Rückseite des Sternums, Ligg. sternopericardiaca. Nach oben verbindet die Membrana bronchopericardiaca den Herzbeutel mit den Atemwegen. Innervation des Perikards. R. pericardiacus der Nn.
phrenici. A. pericardiacophrenica aus der A. thoracica interna. Das gleichlautende venöse Gefäß mündet in die V. brachiocephalica.
Gefäßversorgung. Sinus transversus pericardii, Sinus obliquus pericardii.
Der Sinus transversus pericardii ist ein schmaler Gang der Perikardhöhle hinter Aorta und Truncus pulmonalis einerseits und den venösen Ostien andererseits (⊡ Abb. 8.42 b). Er befindet sich dort, wo während der Entwicklung die aus dem Sinus venosus entstandenen Gefäße an die der Ausströmungsbahn herangetreten sind. – Der Sinus obliquus pericardii ist der Raum zwischen den linken und rechten Vv. pulmonales.
>
> Klinische Hinweise Bei einer Perikarditis kann die Herzfunktion durch Verwachsungen im Herzbeutel beeinträchtigt sein. Blutergüsse in den Herzbeutel, z. B. nach Stichverletzungen, führen zu einer Herzbeuteltamponade.
In Kürze
Das Pericardium serosum umhüllt das Herz. Es besteht aus einer Lamina visceralis (= Epikard) und einer Lamina parietalis. Dazwischen befindet sich ein kapillärer Spalt mit Flüssigkeit. Der Lamina parietalis liegt das Pericardium fibrosum auf.
Blutgefäße
Bauplan
Mit dem Herzen sind zu- und ableitende Blutgefäße verbunden. Sie verknüpfen das Herz mit dem Körper- und dem Lungenkreislauf. Wichtig
Alle Gefäße haben einen gemeinsamen Bauplan, der sich jedoch in Anpassung an unterschiedliche Aufgaben in den verschiedenen Gefäßabschnitten modifiziert. Arterien und Venen sind Blutleiter, Kapillaren dienen Austauschprozessen.
Herz und Gefäße sind eine untrennbare Einheit. Gemeinsam halten sie die Blutzirkulation in allen Teilen der Strombahn aufrecht und passen sie den Aufgaben des jeweiligen Abschnitts an. Funktionell beeinflussen sich Herz und Gefäße gegenseitig.
Arterien und Venen haben 3 Wandschichten (⊡ Abb. 8.35) Tunica intima, kurz: Intima, Tunica media, kurz: Media und Tunica externa, kurz: Adventitia. Intima. Die Intima besteht aus dem Endothel, einem geschlossenen einschichtigen Verband flacher Zellen, die in der Regel auf einer Basalmembran ruhen, und aus sub-
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
anspruchung und ist für die einzelnen Gefäßabschnitte charakteristisch. Die Media nimmt die Ring- und Längsspannungen elastisch auf, die durch den Blutdruck und die Pulswelle in der Gefäßwand verursacht werden. Sie reguliert die Gefäßweite durch Muskelkontraktion. Adventitia. Die Adventitia ist ein Geflecht aus Kollagenfasern mit unterschiedlich umfangreichen elastischen Netzen. Die Geflechte verankern die Gefäße in ihrer Umgebung. Da die Fasern im Wesentlichen in Längsrichtung orientiert sind, kann die Adventitia äußere Längsdehnungskräfte aufnehmen, z. B. bei Extremitäten- und Eingeweidegefäßen.
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⊡ Abb. 8.35 a–c. Querschnitte durch Gefäßwände. a Arterie vom elastischen Typ (Aorta). b Arterie vom muskulären Typ. c Mittelgroße Vene. I Tunica intima; M Tunica media; A Tunica adventitia; rot glatte Muskelzellen; schwarz elastische Netze
endothelialem Bindegewebe mit zarten Kollagenfasern und feinen elastischen Netzen. Die Faserzüge und die länglichen Endothelzellen verlaufen vornehmlich in Richtung des Blutstroms. Die Intima kontrolliert den Stoff- und Gasaustausch zwischen Blut und Gefäßwand, sie hat Barrierefunktion. Eine unversehrte Endothelschicht ist eine wesentliche Voraussetzung zur Verhinderung einer intravasalen Blutgerinnung (Thrombusbildung). Für das Zytoplasma der Endothelzellen sind neben Aktinfilamenten Vimentinfilamente und etwa 0,6 mm große Weibel-Palade-Körper u. a. mit Endothelin, einem vasokonstriktorischen Peptid und dem Willebrand-Faktor charakteristisch, der an das Blut abgegeben wird und bei Gefäßwanddefekten mitwirkt, einen Verschluss durch Pfropfbildung herbeizuführen. Freigesetzt wird von den Endothelzellen außerdem das gasförmige Signalmolekül Stickstoffmonoxid (NO), das über Zwischenstoffe eine Relaxation der glatten Gefäßmuskulatur herbeiführt. Außerdem sondern Endothelzellen Selektine, d. h. Adhäsionsmoleküle ab, die an der Oberfläche abbremsend auf den Blutstrom wirken. Auch beteiligen sich die Endothelzellen an der Bildung der Basalmembran. Endothelzellen können proliferieren und vermögen Kapillarsprossen zu bilden. Media. Diese Wandschicht besteht aus glatten Muskelzel-
len, Kollagenfasern und elastischen Fasern in überwiegend ringförmiger Anordnung. Der Mengenanteil der einzelnen Gewebskomponenten richtet sich nach der Be-
Ernährung der Gefäße. Die Wand kleiner Gefäße wird durch Diffusion vom Gefäßlumen her ernährt. Bei größeren Arterien und Venen dringen zusätzlich eigene Versorgungsgefäße, Vasa vasorum, aus der Adventitia in das äußere Drittel der Media vor. Innervation. Die Gefäßmuskulatur wird durch Fasern des vegetativen Nervensystems, Vasomotoren, innerviert, die die Weitenstellung und die Wandspannung regulieren. Spannungsrezeptoren liegen in der Adventitia.
Arterien Wichtig
Die Arterien lassen nach Wandbau, Funktion und Lage herznahe Arterien vom elastischen Typ und periphere Arterien vom muskulären Typ unterscheiden.
Arterien des elastischen Typs (⊡ Abb. 8.35 a). Zu ihnen gehören die großen herznahen Gefäße: Aorta, A. carotis communis, A. subclavia, A. iliaca communis, ferner Truncus pulmonalis und Aa. pulmonales. Intima. Die Intima ist entsprechend der mechanischen Beanspruchung relativ dick. Unter dem Endothel kommen neben Kollagenfasern und elastischen Fasern in Längsrichtung orientierte glatte Muskelzellen vor. Media. Die Media ist unscharf gegen Intima und Adventitia abgegrenzt und zeichnet sich durch eine Vielzahl konzentrisch angeordneter elastischer Membranen aus, die untereinander anastomosieren und für den Stoffdurchtritt gefenstert sind. Zwischen benachbarten Membranen sind verzweigte glatte Muskelzellen ausgespannt, die den Dehnungswiderstand der Gefäßwand beeinflussen. Die Bindegewebegrundsubstanz zwischen
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den Membranen enthält größere Mengen von Proteoglykanen, in die spärliche Kollagenfasern eingelagert sind. Adventitia. In der Adventitia verlaufen Vasa vasorum und Nervenfasern. ⓘ Infobox Die Arterien des elastischen Typs,vor allem der Anfangsteil der Aorta, besitzen eine sog. Windkesselfunktion. Das in der Systole des Herzens schubweise ausgeworfene Blutvolumen wird von den elastischen Arterien unter Wanddehnung aufgenommen und in der Diastole durch die elastischen Rückstellkräfte der Arterienwand weiterbefördert. Dadurch wird der wegen der rhythmischen Herztätigkeit diskontinuierliche Blutstrom zunehmend in einen kontinuierlichen Strom umgewandelt. Druckspitzen in der Systole und Druckeinbrüche während der Diastole werden von Arterien elastischen Typs abgefangen.
Arterien des muskulären Typs (⊡ Abb. 8.35 b). Zu ihnen zählen die mittleren und kleinen Arterien des großen Kreislaufs. Sie zeigen den Dreischichtenbau am deutlichsten. Intima. Die Intima bildet an der Grenze zur Media eine Membrana elastica interna, die aus stark vernetzten elastischen Strukturen besteht. Im histologischen Präparat erscheint sie gefältelt; intravital ist sie in der durch den Blutdruck gedehnten Arterienwand glatt. Media. Die Media besteht aus Schichten zirkulär oder flach-schraubenförmig angeordneter glatter Muskelzellen. Zwischen ihnen finden sich zarte elastische Membranen. An der Grenze zur Adventitia verdichten sich die elastischen Strukturen zu einer Membrana elastica externa, die häufig nur schwach entwickelt ist. Unabhängig von der Menge des elastischen Materials ist die MediaAdventitia-Grenze der Arterien, im Gegensatz zu der der Venen, durch eine scharfe Grenze zwischen der Schicht der glatten Muskelzellen und der bindegewebigen Adventitia gekennzeichnet. > Klinischer Hinweis Eine typische Veränderung der Arterienwand ist die Arteriosklerose. Durch vermehrte Bildung von kollagenen Fasern und Proteoglykanen, begleitet von zunehmenden Kalksalz- und Lipidablagerungen, kommt es zu Verhärtungen und Veränderungen in der Intima und Media.
Arteriolen. Sie befinden sich am Ende der arteriellen Strombahn. Sie zeigen prinzipiell eine gleiche, aber schwächere Wandschichtung wie die Arterien vom muskulären Typ. Intima. Die Endothelzellen der Arteriolen liegen einer sehr feinen Elastica interna unmittelbar auf. Sub-
endotheliales Bindegewebe fehlt. Fortsätze von Endothelzellen stehen durch feine Öffnungen in der Elastica interna mit den Muskelzellen der Media in Kontakt. Media. Die Media der Arteriolen ist durch 1 bis 4 zirkuläre Schichten glatter Muskelzellen charakterisiert. ⓘ Infobox Die Arteriolen regeln die Durchblutung des jeweils nachgeschalteten Kapillargebietes, aber auch den Blutdruck. Möglich wird dies, weil sich mit den Arteriolen die arterielle Strombahn stark aufzweigt und durch Zunahme der inneren Oberfläche die Reibungswiderstände zwischen Blut und Gefäßwand erheblich ansteigen. Deswegen werden Arteriolen auch als Widerstandsgefäße bezeichnet.
> Klinischer Hinweis Generelle Erweiterung der Arteriolen bewirkt starken Abfall des Blutdrucks, z. B. bei allergischen Reaktionen. Das Blut »versackt« in der Peripherie und es kann zum Kollaps kommen. Andererseits kommt es bei genereller Kontraktion der Arteriolen zum Bluthochdruck. Das Herz wird zu erhöhter Pumpleistung gezwungen, um die Durchblutung in der Peripherie sicherzustellen.
Kapillaren Wichtig
Kapillaren sind muskelfreie Endothelrohre, deren Wand meist durch eine Basalmembran und durch einzelne Perizyten verstärkt wird.
Organe und Gewebe besitzen ein für sie typisches Kapillarmuster: flächenhafte oder raumförmige Netze bzw. Schlingen. Von Ausnahmen abgesehen, sind die Kapillaren 0,5–1 mm lang. Ihr Durchmesser schwankt je nach Organ und Durchblutung zwischen 5 und 15 mm. Einige Organe, z. B. die Leber, die Plazenta oder inkretorische Drüsen, haben sehr weite Kapillaren. Sie werden Sinusoide genannt. Der Wandbau der Kapillaren ist organspezifisch und damit funktionsbezogen. Dennoch sind den meisten Kapillaren 3 Komponenten gemeinsam (⊡ Abb. 8.36): Endothel, Basalmembran und Perizyten. Endothel. Zu unterscheiden sind Kapillaren mit dünnen Endothelzellen (0,1–0,2 mm) von solchen mit dicken Endothelzellen (0,3–1,0 mm), dann meist mit vielen Mikropinozytosebläschen. In allen Fällen wölbt der Zell-
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30–60 nm dick. Ausnahmen kommen vor, z. B. in den Lebersinusoiden (S. 589) und den Nierenglomeruli (S. 600). Basalmembranen sind in hohem Maße reversibel dehnbar und beeinflussen die Stoffpassage. Perizyten. Sie beteiligen sich am Wandbau der meisten Kapillaren. Die flachen Zellen haben stark verzweigte Fortsätze, die fingerartig das Endothelrohr umgreifen. Perizyten werden von der Basalmembran umschlossen. Ihre Beteiligung an der Weiteregulation der Kapillaren oder von Kapillarporen und damit an der Kapillarpermeabilität wird diskutiert. ⓘ Infobox
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⊡ Abb. 8.36 a–c. Bautypen der Kapillarwand, nach elektronenmikroskopischen Befunden schematisiert. Die Basalmembran ist punktiert. a Geschlossene Endothelschicht; die Basalmembran ist nicht unterbrochen und umschließt einen Zytoplasmafortsatz eines Perizyten, z. B. im Skelettmuskel. b Links Endothelzelle mit intrazellulärer Fenestrierung; die Fenster sind durch Diaphragmen geschlossen, z. B. Niere, Darmzotten. Rechts Endothelzelle mit intrazellulären Poren, z. B. im Nierenglomerulus. c Endothelzellen mit interzellulären Lücken (Stomata); die Basalmembran ist unterbrochen, z. B. Milzsinus, Lebersinus
kern die Endothelzelloberfläche ins Kapillarlumen vor. Untereinander sind die Endothelzellen durch Zonulae occludentes und Nexus verbunden (⊡ Abb. 8.36 a). Die Verbindungen können sich jedoch lösen und insbesondere den Durchtritt von weißen Blutkörperchen gestatten, Diapedese. In einigen Organen ist das Endothel der Kapillaren stellenweise so verdünnt, dass Fenestrationen entstehen, bei denen der Zellleib unter Verdrängung des Zytoplasmas nur noch aus zwei oder gar einer Plasmamembran, als Diaphragma bezeichnet, besteht (⊡ Abb. 8.36 b). Außerdem kommen rundliche Durchbrechungen des Endothels ohne Diaphragma vor (⊡ Abb. 8.36 b), Poren, z. B. in den Glomeruluskapillaren der Niere. Fenestrationen und Poren erleichtern den transendothelialen Stofftransport. In der Leber bildet das Endothel der Sinusoide keinen geschlossenen Belag; es weist interzelluläre Lücken oder Spalten auf, Stomata (⊡ Abb. 8.36 b). Basalmembran. Die Basalmembran erscheint bei den
meisten Kapillaren als rings geschlossene Schicht und ist
Die Kapillaren verhalten sich wie druckpassive Schläuche. Ihre Durchblutung und der in ihnen herrschende Druck werden daher von den Arteriolen bestimmt (s. oben). Wegen der ausgedehnten Verzweigungen des Kapillarnetzes (großer Gesamtquerschnitt) ist die Strömungsgeschwindigkeit in ihrem Bereich gering. Dies ermöglicht in den Kapillaren einen intensiven Stoff- und Gasaustausch zwischen Blut und Gewebe, der zum Umfang der Kapillargebiete in Beziehung steht. Morphologisch fassbar sind nur funktionsabhängige Membranvesikulationen im Dienst eines Flüssigkeitstransports.
Venulen. Das Blut, das die Kapillaren verlässt, wird von den Venulen, Venulae, aufgenommen. Der Blutdruck entspricht dem der Kapillargebiete, da der Durchmesser der Venulen kaum größer ist als der der Kapillaren. Allerdings treten in der Wand bereits vereinzelt glatte Muskelzellen auf, die das Gefäßlumen verändern können. Stellenweise können diese venösen Gefäßstrecken auch zu venösen Sinus erweitert sein.
Venen Wichtig
Venen sind Blutleiter mit großem Lumen, schwacher Wand und histologisch unscharfer Media-AdventitiaGrenze. Sie leiten im großen Kreislauf das Blut zum Herzen zurück.
Der Aufbau der Venenwand variiert je nach Kaliber und Körperregion erheblich. Im Allgemeinen sind die Venen weitlumiger und dünnwandiger als die entsprechenden Arterien. Im Unterschied zur kompakten muskulären Media der Arterien finden sich in der Media mittelgroßer Venen viele Kollagenfaserbündel (⊡ Abb. 8.35 c). Die Intima entspricht im Wesentlichen der der Arterien. Nur kann bei kleinen Venen das subendotheliale Bin-
515 8.3 · Thorax und seine Organe
degewebe fehlen. Die Elastica interna ist unvollständig ausgebildet, erscheint aber in großen Venen so kräftig wie bei Arterien. Die Media enthält flach-schraubig verlaufende Züge glatter Muskelzellen und elastische Netze. Typisch ist die Auflockerung der Muskulatur durch kollagenes Bindegewebe. Dieses steht wegen fehlender Elastica externa mit den meist kräftig entwickelten Faserbündeln der Adventitia in Verbindung. Eine ausgeprägte Media-AdventitiaGrenze, wie sie in den Arterien vorliegt, fehlt. Vielmehr verdämmert die Muskelwand allmählich in die Adventitia. Die Adventitia besitzt neben Geflechten aus Kollagenfasern vornehmlich längs gerichtete elastische Netze und Muskelbündel, deren Stärke mit dem Gefäßkaliber zunimmt. Venenklappen sind endothelbedeckte Intimafalten, die taschenartig ins Lumen vorspringen und sich paarweise gegenüberliegen. Sie kommen in den Venen der Rumpfwand und der Extremitäten vor, besonders zahlreich am Bein. Sie verhindern durch Klappenschluss den Rückfluss des Blutes. Bei übermäßiger Dehnung der Venenwand können die Klappen jedoch insuffizient werden. Das Blut stagniert und weitet die Venen aus, Krampfadern, Varizen. Durch Verlangsamung des Blutflusses in diesen Gebieten kann es zur Blutgerinnung kommen, Thrombose. Varizen kommen vor allem bei epifaszialen Venen der unteren Extremität vor.
schlossen, z. B. durch ein Blutgerinnsel, kommt es zur Nekrose des nachgeschalteten Organgebiets, z. B. nach einem Herzinfarkt. Funktionelle Endarterien liegen dann vor, wenn z. B. bei den Koronararterien des Herzens Anastomosen zu anderen Arterien zwar bestehen, aber unzureichend sind. Sperrarterien und Drosselvenen sind kleine Gefäße, die kräftige Intimapolster aus glatten Muskelzellen oder epitheloiden Zellen besitzen. Wenn sich die Muskelzellen ihrer Media kontrahieren, kann das Gefäßlumen infolge der zusammengestauchten Polster vollständig verschlossen werden. Kapillargebiete können durch Sperrarterien von der Durchblutung ausgeschlossen bzw. durch Drosselvenen aufgestaut werden. Das Vorkommen solcher Gefäße ist auf einige endokrine Drüsen und auf die Schwellkörper der Genitalien beschränkt. Arteriovenöse (AV) Anastomosen (⊡ Abb. 8.37) sind Kurzschlussverbindungen zwischen Arteriolen und postkapillären Venen. Sie besitzen als Sperrvorrichtungen Intimapolster. Bei Verschluss der AV-Anastomosen wird das nachgeschaltete Kapillargebiet durchströmt, bei Öffnung des Kurzschlussweges wird es in unterschiedlichem Maß umgangen. Die AV-Anastomosen finden sich vor allem in gipfelnden Körperteilen, Akren, an Händen, Füßen, Nase, aber auch in den genitalen Schwellkörpern.
Arterielle Kollateralen und Anastomosen. Anastomosie-
Arteriovenöse Anastomosen im Einzelnen Brückenanastomosen (⊡ Abb. 8.37 a) sind direkte Kurzschlüsse durch ein gestrecktes Gefäß zwischen einem arteriellen und venösen Gefäßabschnitt. Knäuelanastomosen (⊡ Abb. 8.37 b) bestehen aus einer langen, teils aufgeknäulten, teils verzweigten Gefäßstrecke, die von einer Bindegewebskapsel umgeben ist. Es handelt sich um kleine Organe, Glomusorgane. Sie sind Spezialeinrichtungen bestimmter Regionen, z. B. der Finger- und Zehenspitzen, Hoyer-Grosser-Organe. Typisch sind helle epitheloide Zellen in ihrer Media, möglicherweise umgewandelte glatte Muskelzellen.
rende Gefäßverzweigungen meist kleineren Kalibers, die parallel zu großen Gefäßen deren Versorgungsgebiet erreichen, werden Kollateralen genannt. Bei Verschluss der Hauptgefäße können sie z. T. beträchtlich erweitert werden und die Blutversorgung des betroffenen Gebiets sicherstellen, Umgehungs- oder Kollateralkreislauf. – Anastomosen sind direkte arterielle Verbindungen kleinen und mittleren Kalibers zwischen benachbarten arteriellen Versorgungsgebieten. Endarterien sind Arterien, denen Kollateralen oder Anastomosen zu Nachbararterien fehlen. Werden sie ver-
⊡ Abb. 8.37 a, b. Arteriovenöse Anastomosen. a Einfache Gefäßbrücke zwischen einer Arteriole und einer kleinen Vene. b Knäuelanastomose mit verzweigten Gefäßen, die vegetativ innerviert sind
ⓘ Infobox Zur Förderung des venösen Blutstroms in Richtung zum Herzen tragen der Venendruck und wohl auch Kontraktionen der benachbarten Skelettmuskeln, Muskelpumpe, bei. Zusätzlich wirken bei den herznahen Hohlvenen ein Sog während der Kammerkontraktion und der Lungenzug bei der Einatmung.
Sonderstrukturen
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
Venöse Kollateralwege entstehen durch venöse Plexus, Plexus venosi, im Verlauf peripherer Venen. Dadurch ist der venöse Abfluss aus peripheren Gebieten auch bei Unterbrechung einzelner Venen in der Regel gesichert.
Regulation der Durchblutung Die Regulation der Gefäßdurchmesser erfolgt durch Gefäßnerven und gefäßwirksame Substanzen.
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Efferente Nervenfasern. Blutgefäße, in deren Wand glatte Muskelzellen vorkommen, werden von sympathischadrenergen vasokonstriktorischen Nervenfasern erreicht. Eine besonders dichte Nervenversorgung haben die Arteriolen. Die synaptischen Kontakte zwischen marklosen Nervenfasern und den glatten Muskelzellen der Gefäße ähneln »Synapsen en distance« (S. 78). Außerdem besteht eine sympathisch-cholinerge vasodilatatorische Innervation präkapillärer Gefäße der Skelettmuskulatur, die bei psychischen bzw. emotionalen Reaktionen aktiviert wird. Parasympathische-cholinerge vasodilatatorische Fasern innervieren die Gefäße der äußeren Genitalorgane und die Koronararterien (S. 508). Afferente parasympathische (vagale) Nervenfasern
stammen aus umschriebenen Rezeptorenfeldern im Herz-Kreislauf-System. Sie dienen der Regulation von Blutdruck, Blutvolumen und Atmung. Die Rezeptoren liegen in der Adventitia des Arcus aortae und der Abzweigung der A. carotis interna aus der A. carotis commu-
>
nis, Sinus caroticus. Sie sind Dehnungsrezeptoren und informieren das Kreislaufzentrum über die Druckverhältnisse im arteriellen System, im Glomus caroticum und Glomus aorticum. Dies sind Chemorezeptoren, die durch niedrigen Sauerstoffpartialdruck, hohen CO2-Partialdruck bzw. durch erhöhte Wasserstoffionenkonzentration des Blutes erregt werden, in den Vorhöfen bzw. im linken Ventrikel. Es sind Dehnungs(B)- und Spannungs(A)rezeptoren. Sie bewirken depressorische Reaktionen bzw. Änderungen des Blutvolumens. Afferente sympathische Nervenfasern leiten vor allem Schmerzimpulse, die bei mangelhafter Myokarddurchblutung ausgelöst werden. Spezifische sympathische Kreislaufreflexe sind nicht bekannt. Gefäßwirksame Substanzen. Diese zirkulieren entweder
im Blut und wirken damit allgemein auf die Gefäße, oder ihre Wirkung ist auf die Gefäße am Ort ihrer Entstehung beschränkt. Zirkulierendes Noradrenalin und Angiotensin II wirken gefäßverengend,Adrenalin (in niedriger Konzentration) und Histamin gefäßerweiternd. Zur Vasodilatation führen örtlich: Histamin, Stickoxyd (NO), verringerter Sauerstoffdruck und erhöhter CO2-Druck im Gewebe, verminderte H-Ionenkonzentration und Stoffwechselprodukte wie z. B. Milchsäure bei der Muskeltätigkeit. Lokal vasokonstriktorisch sind Endotheline. Gefäßerweiternd wirkt ferner lokale Temperaturerhöhung, verengend in gewissen Grenzen Temperaturerniedrigung.
In Kürze
Gefäßwände bestehen aus Intima, Media und Adventitia. Zum Blutstrom hin sind Gefäße von biologisch hoch aktivem Endothel bedeckt. In der Media befindet sich je nach Gefäßtyp unterschiedlich angeordnete glatte Muskulatur: bei Arterien dichter als bei Venen. Arterien vom elastischen Typ haben außerdem in der Media wesentlich mehr elastisches Material – bei der Aorta elastische Membranen – als Arterien vom muskulären Typ. Arteriolen sind Widerstandsgefäße. Die Wände von Kapillaren sind muskelfrei und haben außerdem stellenweise Diaphragmen, Fenestrationen oder Poren.Venen haben Venenklappen. Sonderstrukturen von Gefäßen sind Endarterien, Sperrarterien, arteriovenöse Anastomosen, Drosselvenen.
517 8.3 · Thorax und seine Organe
8.3.4
Mediastinum
Wichtig
Das Mediastinum ist vor allem eine Durchgangsregion im Thorax für Anteile der Atem- und Speisewege,des Blutkreislaufs,des Lymphsystems und des peripheren Nervensystems.Als Organe beherbergt es das Herz und Reste des Thymus.Alle Anteile des Mediastinums sind in Bindegewebe eingebettet,das sie in ihrer Lage hält und ihnen gleichzeitig Bewegungsmöglichkeiten gibt.
Das Mediastinum befindet sich zwischen der Pleura mediastinalis beider Seiten, dem Zwerchfell und dem Sternum (⊡ Abb. 8.4, 8.38). Es steht in offener Verbindung mit den Bindegewebsräumen des Halses. Das Mediastinum beinhaltet in Bindegewebe eingebettet als Organe: – Herz mit Herzbeutel (S. 501, 510), – Thymus bzw. Thymusrestkörper, Verbindungswege: – Trachea (S. 476), – Ösophagus, Leitungsbahnen mit ihren Verzweigungen und Ästen:
– große Arterien: Aorta, Aa. pulmonales, – große Venen: V. cava superior,Vv. pulmonales, – große Lymphbahnen: Ductus thoracicus, und Lymphknoten und – Nerven. Das Mediastinum erfährt bei jeder Atem- und Eigenbewegung seines Inhalts Veränderungen. Der Verbund aus den Wänden des Mediastinums, dem Bindegewebe und den Strukturen des Mediastinums wirkt jedoch stabilisierend.
Thymus Wichtig
Der Thymus gehört zu den lymphatischen Organen. Im Thymus erfolgt die Differenzierung und Reifung der T-Lymphozyten.
Der Thymus, Bries, befindet sich im ventralen Bereich des oberen Mediastinums. Beim Erwachsenen handelt es sich jedoch um einen Restkörper, da sich der Thymus durch
Truncus vagalis post.
Pars mediastinalis pleurae Cavitas pericardiaca Pericardium fibrosum
⊡ Abb. 8.38. Schematisierter Horizontalschnitt durch das untere Mediastinum. Herz entfernt. Rot Pleura visceralis; Lungenparenchym nicht gezeichnet. Zwischen den beiden Hauptbronchen vor dem Ösophagus Ndd. tracheobronchiales inferiores; seitlich des Wirbelkörpers links hinter der Aorta die V. hemiazygos. Pfeile Strömungsrichtung in den Vv. pulmonales. Gestrichelte Linie Herzachse. Vor dem N. phrenicus die A. pericardiacophrenica. *Recessus costomediastinalis
Involution nach der Pubertät zurückbildet. Zur Entwicklung des Thymus S. 426. Die größte Ausdehnung hat der Thymus beim Jugendlichen, Gewicht 40 g. Dann erstreckt sich das Organ von den oberen Abschnitten des Herzbeutels über die Incisura jugularis hinaus unter der Lamina prätrachealis bis zur Schilddrüse. Der Thymus liegt direkt hinter dem Manubrium sterni in einem Raum zwischen den beiden Pleurasäcken, Trigonum thymicum (⊡ Abb. 8.13). Histologisch ist beim Jugendlichen eine zellreiche Rinde und ein zellarmes Mark zu erkennen (⊡ Abb. 8.39 a). Hinzu kommt eine oberflächliche Läppchengliederung durch Bindegewebssepten, die von einer zarten Organkapsel ausgehen, aber nicht sehr weit in die Tiefe reichen. Daraus ergibt sich eine strauchartige Bauweise des Organs: Das Mark verzweigt sich und wird kappenartig von Rinde überlagert. > Hinweis Im histologischen Einzelschnitt kann der Eindruck getrennter Lappen entstehen, Serienschnitte zeigen aber den Zusammenhang aller Organteile.
Aufgebaut ist der Thymus aus epithelialen Retikulumzellen, Thymusepithelzellen, und T-Lymphozyten.
8
518
Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
⊡ Abb. 8.39 a–c. Feinbau des Thymus. a Beim Neugeborenen. c Beim Erwachsenen mit Reduktion vor allem der Rindenzone (dunkel) und Ersatz durch Fettgewebe. b Hassall-Körperchen bei stärkerer Vergrößerung
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Hinzu kommen im Mark dendritische Zellen und Makrophagen. Die Retikulumzellen stammen teilweise aus dem Entoderm der 3.–4. Schlundtasche, möglicherweise z. T. auch aus dem Ektoderm der 3.–4. Kiemenfurche. Retikulumzellen umschließen in der Thymusrinde Gruppen von unreifen T-Lymphozyten, die aus dem Knochenmark eingewendert sind. Außerdem bildet das Retikulum um die Blutgefäße der Thymusrinde eine geschlossene Zellscheide, die zusammen mit einer dicken Basalmembran die Blut-Thymus-Schranke ausmacht. Sie schützt die T-Lymphozyten vor zirkulierenden Antigenen. Retikulumzellen gehören zu den professionell antigenpräsentierenden Zellen. Ihre Proteinfragmente bewirken Signale zur Differenzierung bzw. Apoptose der heranreifenden T-Lymphozyten. Außerdem sind sie es wohl, die sog. Thymushormone, u. a. Thymopoetin, bilden, die gleichfalls Einfluss auf die Reifung der T-Lymphozyten nehmen. Die T-Lymphozyten sind mesenchymaler Herkunft. Un-
reif erreichen sie auf dem Blutweg die äußersten Rindenschichten, durchwandern sie dann und gelangen ins
>
Mark. Auf diesem Weg differenzieren sie sich und reifen. Der größere Teil geht jedoch durch einen Selektionsprozess zugrunde. Es überleben nur diejenigen, die MHCKomplexe tragen und gleichzeitig zur Toleranz gegenüber körpereigenen Proteinen fähig sind. Die zugrunde gegangenen Zellen werden von Makrophagen abgeräumt. Insgesamt ist das Thymusmark wesentlich zellärmer und erscheint heller. Im Mark kommen außerdem mesenchymale dendritische Zellen vor. Im Mark gelangen die T-Lymphozyten schließlich durch Diapedese in die Kapillaren und werden durch Markvenen abtransportiert. Im Mark fehlt eine Blut-Thymus-Schranke. Charakteristisch und differenzialdiagnostisch wichtig sind für das Thymusmark die Hassall-Körperchen (⊡ Abb. 8.39 b), kugelige, azidophile Gebilde beträchtlicher Größe aus konzentrisch zusammengelagerten Epithelzellen. Sie beinhalten einen Detritus aus zugrundegegangenen Zellen. Involution. Der Thymus bildet sich nach der Pubertät
zurück, ohne jedoch ganz abgebaut zu werden (⊡ Abb. 8.39 c). Die Rückbildung betrifft vor allem die Rinde, weniger das Mark. Reste sind jedoch auch noch beim Erwachsenen vorhanden. Anstelle des abgebauten Gewebes tritt Fettgewebe auf.
In Kürze
Im Thymus werden beim Jugendlichen T-Lymphozyten unter dem Einfluss der antigenpräsentierenden Retikulumzellen zu reifen Zellen bzw. selektioniert.
519 8.3 · Thorax und seine Organe
Ösophagus, Speiseröhre Wichtig
Der Ösophagus ist ein 25 cm langer Muskelschlauch, der dem Transport aufgenommener Nahrung vom Pharynx zum Magen dient, unterstützt von peristaltischen Wellen. Das Prinzip seines Wandbaus gilt für den gesamten Verdauungskanal, ist jedoch örtlich den funktionellen Bedingungen angepasst.
Der Ösophagus beginnt hinter dem Ringknorpel in Höhe des 6.–7. Halswirbels und mündet mit dem Ostium cardiacum 1–4 cm unterhalb des Zwerchfells in den Magen. Für eine Sonde beträgt der Abstand zwischen Schneidezähnen und dem Magen 40 cm. In seinem Verlauf hat der Ösophagus mehrere Einengungen (⊡ Abb. 8.40), an denen bevorzugt Verletzungen durch Fremdkörper in der Nahrung sowie bei therapeutischen Maßnahmen, aber auch Tumoren auftreten können: 1. Enge. Die engste und am wenigsten erweiterungsfähige Stelle des Ösophagus liegt hinter der Cartilago cricoidea (Durchmesser 13 mm). Die Einengung geht auf den Tonus der Ringmuskulatur im Ösophagusmund und der Pars cricopharyngea des M. constrictor pharyngis inferior zurück. Die Öffnung ist ein
⊡ Abb. 8.40. Ösophagus mit benachbarten Gefäßen und Nerven. Die römischen Ziffern kennzeichnen die Engen. Zur übersichtlicheren Darstellung sind im oberen Bereich die beiden Nn. vagi zur Seite gezogen
quer gestellter Spalt.Venenpolster dienen einer besseren Abdichtung. 2. Enge, auch Aortenenge. Sie liegt in Höhe des 4. Brustwirbels und wird durch den Aortenbogen hervorgerufen, der mit dem Bronchus sinister den Ösophagus komprimiert. 3. Enge. Sie entspricht der Zwerchfellpassage des Ösophagus durch den Hiatus oesophageus (S. 218). Sie geht auf den Tonus der hier in zwei schräg, fast längs orientierten, gegenläufigen Spiraltouren verlaufenden inneren Muskelschicht zurück, Wringverschluss. Die vollständige Abdichtung wird auch hier durch ausgedehnte Venenplexus in der Schleimhaut hervorgerufen. Geöffnet wird der Verschluss reflektorisch, wenn sich beim Schlucken die Längsmuskulatur der Ösophaguswand kontrahiert. – Oberhalb der 3. Enge wird der Ösophagus durch den Unterdruck im Pleuraraum in der Regel offengehalten. > Klinischer Hinweis Ist die Peristaltik im unteren Ösophagusdrittel gestört, sodass der Öffnungsreflex an der 3. Enge unterbleibt, Kardiospasmus, kommt es zu einer Ösophagusdilatation, Achalasie. Ist andererseits der Verschluss unvollständig, entsteht durch abnormen Reflux von Magensaft eine Refluxösophagitis.
Wandbau. Wie alle folgenden Abschnitte des Verdauungskanals besteht die Wand des Ösophagus aus (⊡ Abb. 8.41, ⊡ Tabelle 8.5) Tunica mucosa, Tela submucosa, Tunica muscularis und Adventitia.
⊡ Abb. 8.41. Wandbau des Ösophagus in kontrahiertem (links) und dilatiertem Zustand (rechts). Der Faltenausgleich erfolgt durch die Tela submucosa. Schwarz Lamina epithelialis (nicht bezeichnet)
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520
Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
⊡ Tabelle 8.5. Schichtenfolge des Verdauungsrohres von innen nach außen
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Tunica mucosa
Lamina epithelialis mucosae (indifferent, resorbierend oder sezernierend) Lamina propria mucosae, eine Bindegewebsschicht Lamina muscularis mucosae, eine zirkulärschraubig angeordnete Schicht glatter Muskulatur zur Feinanpassung an den Inhalt
Tela submucosa
Eine locker gebaute Bindegewebsverschiebeschicht, die Blutgefäße und Nervengeflechte (Plexus submucosus) enthält
Tunica muscularis
Dient der Motorik, aus 2 Schichten aufgebaut: ringförmig verlaufende innere Schicht: Stratum circulare in Bündeln längs verlaufende äußere Schicht: Stratum longitudinale. Zwischen beiden eine Bindegewebslamelle mit Nervengeflecht (Plexus myentericus)
Tunica adventitia Tunica serosa
Bindegewebe zum Einbau oder Serosaüberzug mit subserösem Bindegewebe an frei in der Bauchhöhle liegenden Abschnitten
Diagnostisch wichtig ist die Lamina muscularis mucosae, die muskuläre Unterschicht der Tunica mucosa.
Durch diese Schicht unterscheidet sich die Wand des Verdauungskanals von der aller Hohlorgane, von den Gefäßen bis zum Samenleiter. Wichtig
Für den Ösophagus sind mehrschichtiges unverhorntes Plattenepithel und muköse Drüsen charakteristisch.
Tunica mucosa (⊡ Abb. 8.41). Die Speiseröhre ist von ho-
hem mehrschichtigen unverhornten Plattenepithel ausgekleidet, das an seiner Oberfläche von einem Schleimfilm bedeckt ist. Der Schleim wird von mukösen Glandulae oesophageae propriae der Submukosa und in der Nähe des Magens durch Glandulae oesophageae cardiacae in der Lamina propria mucosae gebildet. Die Grenze zwischen dem Epithel des Ösophagus und des Magens ist in der Regel scharf, wenn auch im unteren Abschnitt des Ösophagus Einsprengsel von Magenschleimhaut vorkommen können. Dem Epithel folgt die Lamina propria aus lockerem Bindegewebe und dann die Lamina muscularis mucosae. Durch sie wird das Schleimhautrelief jeweils dem Inhalt des Verdauungsrohres angepasst. Die Tela submucosa ist eine Schicht aus lockerem Binde-
gewebe. Charakteristisch sind dichte Venenplexus, die sich bis in die Lamina propria mucosae fortsetzen.
Tunica muscularis. Die Tunica muscularis besteht in den
oberen zwei Dritteln aus quer gestreifter Muskulatur – sie kontrahiert sich schnell –, im unteren Drittel aus glatter Muskulatur – sie kontrahiert sich langsam. Im mittleren Drittel des Ösophagus kommen beide Muskelgewebe miteinander vor. Die Tunica muscularis gliedert sich in ein inneres Stratum circulare mit schraubig angeordneten Muskelbündeln, die sich wellenförmig kontrahieren und dadurch dazu beitragen, Bissen aktiv in den Magen zu befördern, äußeres Stratum longitudinale, das durch Tonusänderungen für die Längsspannung und die abschnittsweise Verkürzung des Ösophagus bis zu 10 cm sorgt. Adventitia. Sie stellt die Verbindung zum mediastinalen Bindegewebe her. Durch das lockere Bindegewebe dieser Schicht sind uneingeschränkte Erweiterungen des Ösophagus bei der Nahrungspassage oder während der Peristaltik möglich. > Klinischer Hinweis In der Ösophaguswand können angeborene oder erworbene Ausbuchtungen auftreten, Divertikel.Sie liegen bevorzugt proximal, wo an der Rückseite in einem dreieckigen Gebiet längs verlaufende Muskulatur fehlt, Laimer-Dreieck, oder oberhalb des Zwerchfells. – Ösophagustrachealfistel S. 480.
Innervation. Sie erfolgt durch das vegetative Nervensystem, Sympathikus und Parasympathikus sowie das autonome, intramurale Nervensystem.
521 8.3 · Thorax und seine Organe
Beide Anteile zusammen bilden Geflechte, Plexus, die untereinander verbunden sind und Nervenzellen enthalten. Sie koordinieren die Motorik. Im Ösophagus wie im gesamten Verdauungskanal sind anzutreffen Plexus myentericus, Auerbach-Plexus, der sich flächenhaft in der Bindegewebslamelle zwischen Ring- und Längsmuskellage der Tunica muscularis ausbreitet und diese innerviert und Plexus submucosus, Meißner-Plexus, in der Tela submucosa. Von hier aus erfolgt die Innervation der Lamina muscularis mucosae und der Drüsen. Die parasympathischen Anteile (N. vagus) für die Innervation des Ösophagus kommen für den proximalen Abschnitt als Rr. oesophageales aus dem N. laryngeus recurrens, für die übrigen Teile des Ösophagus aus dem Plexus oesophageus. Die Sympathikusfasern kommen aus dem Ganglion cervicothoracicum des Grenzstranges und aus dem Plexus aorticus thoracicus. Der N. vagus beschleunigt, der Truncus sympathicus hemmt die Peristaltik.
>
Gefäße. Die arterielle Versorgung der Pars cervicalis er-
folgt durch Rr. oesophageales aus der A. thyroidea inferior und aus der A. subclavia, die Versorgung der Pars thoracica aus 4–5 Rr. oesophageales der Pars thoracica aortae und die Versorgung der Pars abdominalis aus der A. phrenica inferior und A. gastrica sinistra. Das venöse Blut aus der Pars cervicalis fließt durch die Vv. thyroideae inferiores ab, das Blut aus der Pars thoracica und der Pars abdominalis durch die V. azygos und V. hemiazygos. Auf diesem Weg werden vor allem die Venenplexus drainiert. > Klinischer Hinweis Bei Pfortaderstauung erweitern sich die Venenplexus des Ösophagus zu Ösophagusvarizen vor allem im unteren Abschnitt (s. portokavale Anastomosen, S. 559).
Lymphgefäße. Die Lymphe aus der Pars cervicalis ge-
langt in die Nodi lymphatici cervicales profundi, die aus der Pars thoracica in die Nodi lymphatici paratracheales und Nodi tracheobronchiales et bronchopulmonales.
In Kürze
Der Ösophagus hat ein mehrschichtiges unverhorntes Plattenepithel und in der Tela submucosa Glandulae oesophageae propriae,Venenplexus und den nervösen Plexus submucosus. Im Übrigen entspricht sein Wandbau dem aller Abschnitte des Verdauungskanals. Die 3. Ösophagusenge befindet sich in der Zwerchfellpassage und öffnet sich reflektorisch durch Stellungsänderung der Ösophagusmuskulatur.
Gefäße des Mediastinums Wichtig
Im Mediastinum befinden sich alle großen, mit dem Herzen verbundenen Gefäßstämme. Die des großen Kreislaufs versorgen mit ihren Ästen alle Teile des Körpers mit Blut, Arterien, bzw. sammeln es zur Oxygenierung in den Lungen,Venen. Die Gefäße des kleinen Kreislaufs sind die Aa. bzw.Vv. pulmonales.
Arterien Es handelt sich um (⊡ Abb. 8.42) Aorta und Truncus pulmonalis. Aorta. Der thorakale Abschnitt ist krückstockartig gebo-
gen. Er besteht aus
Pars ascendens aortae, Arcus aortae und Pas thoracica aortae descendentis. Pars ascendens aortae. Die Aorta verlässt das Herz zentral in der Ventilebene. Der Anfangsteil ist zum Bulbus aortae erweitert (⊡ Abb. 8.42 d). Ihm entspricht an der Innenseite der oberhalb der Taschenklappen gelegene Sinus aortae. Hier entspringen die Aa. coronariae (S. 508). Die Aorta ascendens liegt noch innerhalb des Herzbeutels. Arcus aortae. Der Arcus aortae steht senkrecht bis leicht schräg im Körper. Er beginnt in Höhe der 2. Rippe hinter dem Manubrium sterni und erreicht die Wirbelsäule am linken Umfang des 4. Brustwirbelkörpers. Damit be-
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522
Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
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⊡ Abb. 8.42 a–d. Schichtenweise Darstellung der Organe, Gefäße und Leitungsbahnen des Mediastinums und ihre Lagebeziehungen. a Herzbeutel eröffnet; Lunge am Lungenstiel abgetrennt; Zwerchfell nicht gezeichnet. Rot punktiert der vom viszeralen Blatt überzogene Abschnitt der Pars ascendens aortae. b Das Herz wurde an seinem Gefäßstiel abgetrennt, um Einblick in die Hinterwand des Herzbeutels zu geben. Roter Pfeil liegt im Sinus transversus pericardii. V. cava superior nur als Stumpf, V. brachiocephalica entfernt. Dargestellt sind die großen Stämme der Bronchen und Pulmonalarterien. *Sinus obliquus pericardii. c Herzbeutel,V. cava superior und A. pulmonalis sind entfernt, um die Trachea mit großen Bronchen einschließlich der wichtigsten Lymphknoten und die Lungenvenen zu zeigen. d Lagebeziehung zwischen Aorta, Trachea mit Bronchen und Ösophagus. Aus dem Bulbus aortae entspringen die beiden Stümpfe der Koronararterien
findet sich die Aorta im hinteren Mediastinum. Der Scheitel des Arcus aortae reicht bis in die Höhe des 2. Brustwirbelkörpers. Durch seinen Verlauf drängt der Aortenbogen den unteren Teil der Trachea etwas nach rechts. Unter dem Aortenbogen liegt der linke Hauptbronchus. In Höhe des 3. Wirbels berührt die Aorta den linken Umfang des Ösophagus (mittlere Ösophagusenge). In seiner Konkavität befestigt sich am Aortenbogen das Lig. arteriosum, durch das er mit der A. pulmonalis sinistra verbunden ist. Etwa gegenüber dem Ansatz des Lig. arteriosum befindet sich der Abgang der A. subclavia sinistra. An der Befestigungsstelle des Lig. arteriosum ist das Aortenlumen geringfügig eingezogen, Isthmus aortae.
> Klinischer Hinweis Kommt es an Stelle einer leichten Einziehung der Aorta zu einer merklichen Einengung, resultiert das Krankheitsbild der Aortenisthmusstenose.
Äste. Aus dem Aortenbogen zweigen in der Reihenfolge von rechts vorne nach links hinten ab (⊡ Abb. 8.16, 8.42 b, d) Truncus brachiocephalicus. Er ist etwa 3 cm lang,verläuft zunächst hinter der gleichnamigen Vene und teilt sich hinter dem rechten Sternoklavikulargelenk in die – A. subclavia dextra. Ihr Versorgungsgebiet: rechter Schultergürtel, rechte obere Extremität, Teile der rechten vorderen Brustwand und des Halses,
523 8.3 · Thorax und seine Organe
– A. carotis communis dextra. Ihr Versorgungsgebiet: rechte Hälfte von Hals und Kopf, A. carotis communis sinistra. Ihr Versorgungsgebiet: linke Hälfte von Hals und Kopf, A. subclavia sinistra. Ihr Versorgungsgebiet: linker Schultergürtel, linke obere Extremität, Teile der linken vorderen Brustwand und des Halses und A. thyroidea ima, ein inkonstantes Gefäß, das in seltenen Fällen zwischen Truncus brachiocephalicus und A. carotis communis sinistra entspringt. Pars thoracica aortae. Sie beginnt in Höhe des 4. Brust-
wirbels und setzt sich im Hiatus aorticus des Zwerchfells in Höhe des 11. bis 12. Brustwirbels in die Pars abdominalis aortae fort. Im oberen Brustbereich liegt die Aorta zunächst links seitlich der Wirbelsäule, gelangt dann immer mehr vor die Wirbelkörper und schiebt sich dabei hinter den Ösophagus. Sie hat außerdem enge Lagebeziehungen zum Ductus thoracicus und zur linken Lunge. Äste. Zu unterscheiden sind paarige (segmentale) parietale und unpaare viszerale Äste: Paarige parietale Äste: – Aa. intercostales posteriores III–XI. Die für die rechte Seite ziehen wegen des linksseitigen Verlaufs der Aorta über die Wirbelsäule hinweg, – A. subcostalis an der Unterseite der 12. Rippe und – Aa. phrenicae superiores. Sie versorgen die Oberseite der Pars lumbalis des Zwerchfells. Unpaare viszerale Äste: – Rr. bronchiales für den nutritiven Kreislauf der Lunge (S. 485), – Rr. oesophageales, – Rr. pericardiaci für die Hinterwand des Herzbeutels und – Rr. mediastinales versorgen die Organe des hinteren Mediastinums. Truncus pulmonalis. Er geht aus dem Conus arteriosus
des rechten Ventrikels hervor. Es handelt sich also um ein Gefäß, das venöses, d. h. CO2-reiches Blut führt. Unter dem Aortenbogen (⊡ Abb. 8.42 b), wenig unterhalb der Bifurcatio tracheae, also außerhalb des Herzbeutels, teilt es sich in der Bifurcatio trunci pulmonalis in A. pulmonalis dextra und A. pulmonalis sinistra. Die A. pulmonalis dextra besitzt wegen der größeren Kapazität der rechten Lunge ein weiteres Lumen. Sie biegt
nach der Teilungsstelle rechtwinklig nach rechts ab und erreicht hinter der Pars ascendens aortae und hinter der V. cava superior das Lungenhilum. Die A. pulmonalis sinistra ist kürzer, ihr Lumen enger. Sie
setzt die Verlaufsrichtung des Truncus pulmonalis fort. Sie ist durch das Lig. arteriosum mit dem Arcus aortae verbunden (s. oben).
Venen Es handelt sich um Vv. pulmonales, Vv. brachiocephalicae, V. cava superior, V. cava inferior und V. azygos und V. hemiazygos. Vv. pulmonales. Sie bringen mit O2 angereichertes Blut
aus den Lungen zum linken Vorhof, auf jeder Seite 2 (⊡ Abb. 8.24 b, 8.42): V. pulmonalis dextra superior, V. pulmonalis dextra inferior, V. pulmonalis sinistra superior, V. pulmonalis sinistra inferior. Vv. brachiocephalicae (⊡ Abb. 8.42 a). Sie entstehen auf beiden Seiten durch Vereinigung der V. jugularis interna mit der V. subclavia. Auf jeder Seite bilden die Vereinigungsstellen einen Venenwinkel, Angulus venosus. Die V. brachiocephalica sinistra ist länger als die V. brachiocephalica dextra. Sie verläuft zunächst über dem Scheitel des Aortenbogens, dann hinter dem Manubrium sterni schräg abwärts, nimmt den Plexus thyroideus impar über die V. thyroidea inferior und die V. thoracica interna auf und vereinigt sich im Bereich des 1. Interkostalraumes mit der V. brachiocephalica dextra. Die V. cava superior (⊡ Abb. 8.42 a) sammelt das Blut aus
Kopf und Hals, der oberen Extremität, der Brustwand und dem Mediastinum. Die V. cava superior geht aus der Vereinigung der beiden Vv. brachiocephalicae hinter dem Knorpel der rechten 1. Rippe hervor. Das 4–5 cm lange Gefäß projiziert sich in seinem Verlauf auf den rechten Sternalrand. Vor Eintritt in den Herzbeutel nimmt die V. cava superior die V. azygos auf und mündet dann in Höhe des 3. Rippenknorpels im Ostium venae cavae superioris in den rechten Vorhof des Herzens. Die herznahen Venen sind ohne Klappen. Der Blutstrom unterliegt der Saugwirkung des Herzens, die Wand der V. cava superior dem Unterdruck im Pleuraraum.
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
V. cava inferior (⊡ Abb. 8.42 b). Die Länge der Verlaufs-
strecke der V. cava inferior im mittleren Mediastinum beträgt nicht mehr als 1 cm. Nach Durchtritt durch das Zwerchfell (im Foramen venae cavae) legen sich der Vorderseite des Gefäßes Perikard sowie seitlich und dorsal Pleura mediastinalis an. Dann mündet die V. cava inferior im Ostium venae cavae inferioris in den rechten Vorhof (⊡ Abb. 8.26 b). V. azygos und V. hemiazygos (⊡ Abb. 8.43). Beide Venen
8
kommen aus dem Bauchraum, passieren das Zwerchfell und liegen dann der Brustwirbelsäule an. Die V. azygos zieht als Hauptstamm rechts der Brustwirbelsäule nach oben, biegt dann als Arcus v. azygos nach vorne um, überquert den Bronchus principalis dexter und mündet in die V. cava superior. Die V. hemiazygos verläuft an der linken Seitenfläche der Brustwirbelsäule und gibt ihr Blut dann durch 1, manchmal 2 Anastomosen in Höhe des 7., 8. oder 9. Brustwirbels in die V. azygos ab (⊡ Abb. 8.43). Hauptsächliche Zuflüsse zur V. azygos: Vv. mediastinales mit Blut aus den Vv. oesophageales, Vv. bronchiales,Vv. pericardiacae, Vv. intercostales posteriores. Sie nehmen die Rr. spinales (Blut von Rückenmark und Dura) sowie Zuflüsse aus den Plexus venosi vertebrales internus et externus und V. lumbalis ascendens sinistra und dextra mit Blut aus den Venen des Retroperitonealraumes auf.
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⊡ Abb. 8.43. V. azygos und V. hemiazygos mit Abflüssen. Ductus thoracicus und große Lymphstämme punktiert. Die rot gestrichelte Linie markiert die Grenze des Zuflussgebietes des Ductus thoracicus (links) und des Ductus lymphaticus dexter (rechts)
> Klinischer Hinweis Bei Verlegung oder Einengung der V. portae, z. B. bei Lebererkrankung, kann Blut über die V. azygos und V. hemiazygos aus dem Bauchraum zur V. cava superior abgeleitet werden, s. portokavale Anastomosen (⊡ Abb. 8.73, S. 559).
In Kürze
Die Aorta beginnt mit der Pars ascendens (wichtigste Äste: Aa. coronariae) und setzt sich mit dem Aortenbogen (Abzweigungen:Truncus brachiocephalicus, A. carotis communis sinistra, A. subclavia sinistra) und der Pars descendens fort. Der Truncus pulmonalis teilt sich in A. pulmonalis dextra et sinistra. – Das Herz erreichen 4 Vv. pulmonales, die V. cava superior (entstanden aus Vv. brachiocephalicae dextra et sinistra) und V. cava inferior. Die V. azygos mündet in die V. cava inferior, die V. hemiazygos in die V. azygos.
Lymphsystem Wichtig
Die Lymphe aller Körperregionen sammelt sich im Ductus thoracicus und Ductus lymphaticus dexter.
Ductus thoracicus, Milchbrustgang (⊡ Abb. 4.10, 8.43).
Der etwa 7 mm dicke Gang entsteht im Abdomen durch Vereinigung der beiden Trunci lumbales mit den Trunci
intestinales etwas unterhalb des Hiatus aorticus (in Höhe von Th12, L1 oder L2). Die Vereinigungsstelle ist bisweilen zur Cisterna chyli erweitert. Gemeinsam mit der Aorta tritt er durch das Zwerchfell. Im Mediastinum verläuft der Ductus thoracicus rechts der Aorta und hinter dem Ösophagus vor den Wirbelkörpern über die Aa. intercostales posteriores dextrae hinweg. Er legt sich der A. carotis communis sinistra an, mit der er den Thorax durch die obere Thoraxapertur verlässt. Nach kurzem, bogen-
525 8.3 · Thorax und seine Organe
förmig gekrümmten Verlauf über der Pleurakuppel, Arcus ductus thoracici, vereinigt er sich mit dem Truncus bronchomediastinalis sinister, Truncus jugularis sinister und Truncus subclavius sinister. Er mündet dann hinter der Klavikula von hinten in den linken Venenwinkel. Im gesamten Verlauf sind Klappen vorhanden. Histologisch ähnelt die Wand des Ductus thoracicus der großer Venen.
(S. 467, ⊡ Abb. 7.59). Nach seinem Verlauf im Halsbereich gelangt er rechts zwischen V. brachiocephalica dextra und Truncus brachiocephalicus, links zwischen V. brachiocephalica und A. subclavia sinistra in die obere Thoraxapertur und zieht am Vorderrand der Pleurakuppel vorbei in das Mediastinum. Dort wird er von der A. pericardiacophrenica begleitet.
Ductus lymphaticus dexter. Der kurze Stamm des Ductus lymphaticus dexter entsteht durch die Vereinigung der Trunci bronchomediastinalis, subclavius et jugularis der rechten oberen Körperhälfte. Er mündet in den rechten Angulus venosus.
Verläufe im Mediastinum (⊡ Abb. 8.44 a): Der rechte N. phrenicus läuft lateral der V. brachiocephalica dextra und der V. cava superior, vor der Lungenwurzel, zwischen Pleura mediastinalis und Perikard entlang der Herzkontur zum Zwerchfell und tritt nahe dem Foramen venae cavae in die Bauchhöhle (S. 218). Der linke N. phrenicus unterkreuzt die V. subclavia sinistra und die Einmündungsstelle des Ductus thoracicus in den linken Venenwinkel, überkreuzt den N. vagus vor dem Lungenhilum und zieht in der Nähe der Herzspitze durch das Zwerchfell (⊡ Tabelle 6.9, S. 219).
Regionäre Lymphknoten Im Mediastinum sind wichtig Nodi lymphatici parasternales. Sie liegen als Kette parallel zu den Vasa thoracica interna. Ihre Zuflüsse kommen u. a. aus den medialen Abschnitten der Mamma (S. 225) und aus den Interkostalräumen. Abgeleitet wird die Lymphe durch den Truncus parasternalis, der entweder in den Truncus subclavius oder direkt in den Venenwinkel mündet, Nodi lymphatici pericardiaci laterales, Lymphe aus Perikard und Zwerchfell, Nodi lymphatici paratracheales (⊡ Abb. 8.42 c) beiderseits der Trachea gelegen. Sie erhalten Lymphe aus den tracheobronchialen Lymphknoten, aus der Trachea, aus Ösophagus und Perikard, Nodi lymphatici bronchopulmonales. Die Lymphe kommt bevorzugt aus der Lunge, Nodi lymphatici tracheobronchiales inferiores im Bifurkationswinkel. Zusammen mit den Nodi tracheobronchiales superiores erhalten sie Lymphe aus den bronchopulmonalen Lymphknoten und aus dem Ösophagus und Nodi lymphatici phrenici superiores zwischen V. cava inferior und Aorta für Lymphe aus Zwerchfell und Leber.
Nerven des Mediastinums Die großen Nerven des Mediastinums sind N. phrenicus, N. vagus und Truncus sympathicus, Pars thoracalis. Der N. phrenicus (⊡ Abb. 8.44 a) entspringt als gemischter Nerv aus dem Plexus cervicalis, im Wesentlichen aus C4
Die Endverzweigungen des N. phrenicus, Rr. phrenicoabdominales, erreichen die Zwerchfellunterseite. Der N. phrenicus enthält etwa zur Hälfte sensible Fasern für Perikard, R. pericardiacus, für die Pleurae mediastinalis et diaphragmatica, für das Peritoneum parietale am Zwerchfell, an der Leber und Gallenblase, Rr. phrenicoabdominales, und den Plexus coeliacus. Der motorische Teil innerviert das Zwerchfell. Der N. vagus, N. X, dexter und sinister gelangt nach zervikalem Verlauf an gleicher Stelle wie der N. phrenicus, jedoch etwas medial davon, ins Mediastinum, verläuft dann hinter dem Lungenstiel und schließt sich dem Ösophagus an (⊡ Abb. 8.40, Einzelheiten S. 463). Dort bildet er in der Tunica adventitia oesophagi ein Geflecht aus Fasern der linken und rechten Seite. Aus dem Plexus oesophageus entstehen die beiden Trunci vagales. Sie folgen dem Ösophagus durch den Hiatus oesophageus diaphragmatis. Infolge der Magendrehung und der dadurch bedingten Torquierung des Ösophagus während der Entwicklung liegt der Truncus vagalis posterior weiter dorsal als der Truncus vagalis anterior. Auf seiner mediastinalen Verlaufsstrecke gibt der N. vagus Äste zum Kehlkopf, zur Trachea, zum Ösophagus, zum Herzen und zu den Lungen ab.
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
Truncus sympathicus, Pars thoracica. Es ist der Teil des Grenzstranges, der im Thorax liegt. Der Sympathikus wird als Ganzes auf S. 698 besprochen. Zu erwähnen ist lediglich, dass sich seine Rr. viscerales am Plexus oesophageus, Plexus pulmonalis und Plexus aorticus beteiligen und Trachea, Lunge, Ösophagus und Herz innervieren.
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Zu den Baucheingeweiden ziehen N. splanchnicus major vom Brustganglion 5–9. Er ge-
langt mit der V. azygos bzw. hemiazygos durchs Zwerchfell und erreicht die Ganglia coeliaca und das Ganglion mesentericum superius. N. splanchnicus minor vom Brustganglion 10 und 11 zieht gleichfalls zu den prävertebralen Ganglien.
In Kürze
Der N. phrenicus innerviert das Zwerchfell motorisch, Perikard, Pleurae mediastinalis et diaphragmatica, Peritoneum parietale am Zwerchfell sensibel. Beiderseits verläuft er vor der Lungenwurzel, rechts lateral der oberen Hohlvene und des rechten Vorhofs, links zur Herzspitze. – Der N. vagus verläuft hinter dem Lungenhilus zum Ösophagus, Plexus oesophageus und bildet dann die Trunci vagales. Der Truncus sympathicus, Pars thoracica hat Rr. viscerales für die Thoraxorgane und Nn. splanchnici major et minor zum Ganglion coeliacum und Ganglion mesentericum superius in der Bauchhöhle.
8.3.5
Topographie
Trachea Die Trachea entfernt sich nach Eintritt in den Thorax immer weiter von der vorderen Thoraxwand; ihre Längsachse ist also schräg nach hinten gerichtet. Links an ihr zieht der Aortenbogen vorbei (⊡ Abb. 8.42 d) und drängt sie etwas nach rechts. Die Pulsationen der Aorta sind im Bronchoskop an dieser Stelle sichtbar.Vorne wird die Trachea vom Truncus brachiocephalicus gekreuzt. In der Rinne zwischen Trachea und Ösophagus zieht auf beiden Seiten der N. laryngeus recurrens nach oben. Nodi lymphatici paratracheales liegen der Trachea seitlich an. Größere Lymphknotenpakete, Nodi lymphatici tracheobronchiales inferiores (⊡ Abb. 8.42 c), befinden sich im Bifurkationswinkel. Die Bifurcatio tracheae projiziert sich auf den 4. Brustwirbel (Interspinallinie) und vorne auf die Verbindungslinie zwischen linker und rechter 3. Rippe. Abweichungen kommen vor. Gefäßversorgung: Rr. tracheales aus der A. thyroidea inferior. Venöser Abfluss in den Plexus thyroideus impar. Lymphabflüsse in den Truncus bronchomediastinalis. Innervation: Rr. tracheales aus dem N. laryngeus recurrens und Äste aus dem Brustgrenzstrang.
Lungen Der Apex pulmonis liegt unter der Pleurakuppel in Höhe des 1. Brustwirbels, also oberhalb der oberen Thoraxapertur (s. unten). In direktem Kontakt mit der Ventralseite der Kuppel stehen rechts der Truncus brachiocephalicus und beiderseits V. und A. subclavia. Außerdem ziehen an der Vorderseite die A. und V. thoracica interna nach unten. Der N. phrenicus tangiert die Pleura an der Stelle seines Eintritts in den Thorax. Über die Pleurakuppel hinweg zieht in geringem Abstand der Ductus thoracicus bzw. der Ductus lymphaticus dexter und der Plexus brachialis. An der Kuppelrückseite befindet sich das Ganglion cervicothoracicum des Grenzstranges und der N. thoracicus I. Facies mediastinalis pulmonis und Pars mediastinalis pleurae. An der rechten Lunge grenzt die Facies media-
stinalis – getrennt durch Pleura – oben an die V. cava superior mit dem N. phrenicus dexter und an den Bogen der V. azygos. Weiter unten bestehen Lagebeziehungen zum Atrium dextrum des Herzens sowie zur Aorta ascendens mit der abzweigenden A. subclavia dextra. Dorsal vom Hilum befinden sich in enger Nachbarschaft der Ösophagus mit dem Plexus oesophageus. An der linken Lunge grenzt die Facies mediastinalis in der Impressio cardiaca an den linken Vorhof und an den linken Ventrikel des Herzens – nur durch Pleura und Perikard getrennt. Über eine längere Strecke besteht hier
527 8.3 · Thorax und seine Organe
Kontakt zum N. phrenicus sinister mit der begleitenden A. pericardiacophrenica, die beide zwischen Pleura mediastinalis und Perikard nach unten ziehen. Oberhalb und dorsal vom Hilum bestehen Lagebeziehungen zum Arcus aortae, zur A. subclavia sinistra und zur Pars thoracica aortae. Facies diaphragmatica pulmonis und Pleura diaphragmatica. Unter der Facies diaphragmatica pulmonis, ge-
trennt durch Pleura, Zwerchfell und Peritoneum, liegen der rechte Leberlappen und auf der linken Seite der linke Leberlappen, der Magen und die Milz. Die Nieren geraten auf beiden Seiten bei tiefer Inspiration, wenn sich der Unterlappen in den Recessus costodiaphragmaticus hineinschiebt, in die Nähe der Facies diaphragmatica pulmonis.
Herz (S. 501)
Ösophagus Vor dem Ösophagus liegt im Halsbereich und auch nach dem Eintritt in das obere Mediastinum die Trachea. Ein geringer Abstand trennt ihn hier von der Wirbelsäule, mit der er durch lockeres Bindegewebe verbunden ist, Spatium retrooesophageum. In Höhe der Bifurcatio tracheae – vor dem 4. Brustwirbel – weicht er dann etwas nach links aus und entfernt sich in seinem weiteren Verlauf von der Wirbelsäule in gleichem Maße, wie die Aorta etwa in Höhe des 7.–8. Brustwirbels beginnt, sich von links her hinter den Ösophagus zu schieben. Im Hiatus oesophageus (S. 218) beträgt der Abstand von der Wirbelsäule bereits 4 cm. Der untere Abschnitt der Pars thoracica oesophagi wölbt die dorsale Wand des Herzbeutels etwas vor und hat dort enge Lagebeziehung zum linken Vorhof des Herzens. Außerdem hat der Ösophagus auf seinem ganzen Verlauf durch das hintere Mediastinum (⊡ Abb. 8.38) engen Kontakt zur Pleura mediastinalis dextra und oberhalb des Zwerchfells zur Pleura mediastinalis sinistra.
Querschnitte
ganverbindungen, die vom Hals zum Brustraum ziehen, zu ihrer mediastinalen Verlaufsstrecke zusammengefasst. Außerdem verlassen die Öffnung Blutgefäße, die unter der Klavikula hindurch zum Arm ziehen oder von ihm kommen. Lockeres Bindegewebe begleitet und verbindet alle diese Gebilde untereinander. Pleurakuppel und Lungenspitzen überragen die obere Thoraxapertur um 2 Fingerbreiten. Trachea und Ösophagus senken sich ungefähr in der Mitte der Apertur in den Brustraum ein. Die V. brachiocephalica dextra und die V. brachiocephalica sinistra passieren die obere Thoraxapertur, nachdem kurz zuvor die entsprechenden Vv. jugulares internae und Vv. subclaviae in sie mündeten. Der Truncus brachiocephalicus verlässt auf der rechten Seite die Apertur, auf der linken die A. carotis communis sinistra und dorsolateral von ihr die A. subclavia sinistra. Die A. subclavia dextra verläuft nach ihrer Abzweigung vor der Pleurakuppel und nimmt dann ihren subklavikulären Verlauf. Die A. thoracica interna dextra und sinistra ziehen nach ihrem Abgang an der konkaven Seite der A. subclavia mit der begleitenden Vene vor der Pleurakuppel im vorderen Bereich der Apertur nach unten. Der rechte N. phrenicus tritt zwischen V. brachiocephalica dextra und Truncus brachiocephalicus in den Thorax ein, der linke zwischen V. brachiocephalica sinistra und A. subclavia. Etwas weiter medial verlaufen beidseitig der N. vagus und die Rr. cardiaci cervicales nach unten. Die Nn. laryngei recurrentes steigen hingegen in der Ösophagotrachealrinne zum Kehlkopf auf. Der Truncus sympathicus mit seinen Ganglien liegt am weitesten dorsal in der Apertura thoracis superior vor der prävertebralen Muskulatur, das Ganglion cervicothoracicum direkt auf dem Köpfchen der 1. Rippe. Die Nn. cardiaci aus dem Grenzstrang schließen sich mit den Rr. cardiaci nervi vagi den großen Gefäßen an, um mit der Aorta das Herz zu erreichen. Der Ductus thoracicus verlässt hinter der A. carotis communis sinistra und dem N. vagus die obere Thoraxapertur, läuft dann gleich dem Ductus lymphaticus dexter über die Pleurakuppel hinweg und mündet in den linken, der Ductus lymphaticus dexter in den rechten Venenwinkel.
Obere Thoraxapertur. Die obere Thoraxapertur wird ge-
bildet vom 1. Brustwirbel, von der 1. Rippe und vom Manubrium sterni. Die Skelettteile begrenzen die nach vorne geneigte Ebene des Verkehrsraumes zwischen Hals und Thorax. Hier werden die Leitungsbahnen und Or-
Oberes Mediastinum. Im oberen Mediastinum werden
angetroffen: große Gefäße mit ihren Aufteilungen, die Trachea einschließlich der Bifurcatio tracheae, der Ösophagus sowie verschiedene Nerven und Anteile des
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
8
⊡ Abb. 8.44 a, b. Computertomographische Abbildung des Thorax. a In Höhe des 3. Brustwirbels und b in Höhe des 7. Brustwirbels. (Nach Takahashi 1983) Das Auflösungsvermögen eines Computertomographen bei einer Übersicht reicht nicht aus, um alle im Text aufgeführten kleinen Elemente, z. B. kleinste Nerven oder Gefäße darzustellen
529 8.3 · Thorax und seine Organe
Lymphsystems. Unmittelbar unter dem Manubrium sterni liegt der Thymus bzw. der Thymusrestkörper. Die Inhalte des oberen Mediastinums ändern in den verschiedenen Höhen ihre Lage zueinander. In Höhe des 3. Brustwirbels (⊡ Abb. 8.44 a) – dies entspricht dem Ansatz der 2. Rippe am Sternum – liegt beim Erwachsenen in einem relativ kleinen dreieckigen Feld der Thymusrestkörper dem Manubrium sterni an. Seitlich kommt der Thymus mit der Pleura (Recessus costomediastinalis) in Berührung. Hinter dem Thymus befinden sich die beiden Vv. brachiocephalicae, wobei die kurze V. brachiocephalica dextra fast senkrecht an der medialen Seite der rechten Pleurakuppel, die viel längere V. brachiocephalica sinistra in der Medianebene vor dem Truncus brachiocephalicus verläuft. Der Truncus brachiocephalicus seinerseits zieht ventral über die Trachea hinweg. Hinter der Trachea befindet sich der Ösophagus, der nur durch lockeres Bindegewebe von der Wirbelsäule getrennt ist. Links neben der Trachea steht in Höhe des 3.–4. Brustwirbels der Aortenbogen fast senkrecht im Körper. Er entlässt, nachdem der Truncus brachiocephalicus abgezweigt ist, die A. carotis communis sinistra und ganz dorsal die A. subclavia sinistra. Rechts neben der Trachea geht parasternal hinter dem 1. Interkostalraum aus der V. brachiocephalica sinistra und V. brachiocephalica dextra die V. cava superior hervor. In Höhe des 4. Brustwirbels liegt vor der Trachea die Pars ascendens aortae und rechts neben ihr, unterhalb des Knorpels der rechten 2. Rippe, die V. cava superior mit der Einmündung der V. azygos; die Pars thoracica der Aorta descendens liegt links neben dem Ösophagus. In Höhe des 4. bis 5. Brustwirbels befindet sich die Bifur-
catio tracheae. Sie projiziert sich auf das Brustbein in Höhe des Sternalansatzes der rechten 3. Rippe.Vor ihr liegen die höchste Stelle des linken Vorhofs des Herzens und die großen kranialen Herzgefäße, nämlich der Truncus pulmonalis, der von den 3 großen, an der Basis cordis austretenden Gefäßen am weitesten ventral und nach links liegt, die Pars ascendens aortae und V. cava superior, hinter ihr etwas nach links verschoben der Ösophagus. Links neben und hinter dem Ösophagus verläuft die Pars thoracica aortae. Durch die Lage des Ösophagus zwischen Trachea, Bronchus und Aorta entsteht die 2. Ösophagusenge. An weiteren, z. T. den großen Gebilden des oberen Mediastinums zugeordneten Strukturen sind zu erwähnen
Vasa thoracica interna (S. 237); sie verlaufen parasternal zwischen vorderer Thoraxwand und Pleura costalis bis zum Durchtritt durchs Zwerchfell, N. phrenicus mit begleitenden Vasa pericardiacophrenica. Rechter und linker N. phrenicus legen sich zusammen mit den Vasa pericardiacophrenica der Pleura mediastinalis an, N. vagus; er zieht, nachdem er den N. laryngeus recurrens abgegeben hat, links vor die Pars thoracica aortae und dann ebenso wie rechts neben den Ösophagus (S. 463); – der rechte N. laryngeus recurrens verläuft unter der A. subclavia, – der linke N. laryngeus recurrens unter dem Aortenbogen nach dorsal, Rr. cardiaci des N. vagus und Nn. cardiaci des Truncus sympathicus, die entlang dem Aortenbogen zum Herzen gelangen und den Plexus cardiacus bilden. Dem Wirbelkörper schmiegen sich an ventral der Ductus thoracicus (S. 524), rechts die V. azygos (S. 524), links die V. hemiazygos (S. 524), beiderseits vor den Rippenköpfchen die Grenzstrangganglien (S. 699), die in gleicher Position auch im unteren Mediastinum angetroffen werden, die Aa. intercostales posteriores unterkreuzen die genannten Leitungsbahnen. Unteres Mediastinum. Dominierender Bestandteil des unteren Mediastinums ist das Herz mit Herzbeutel. Hinzu kommen die Gebilde, die in die Lungenhila ein- bzw. austreten (in Höhe des 5.–7. Brustwirbels), sowie Ösophagus, Pars thoracica aortae descendentis und weitere Leitungsbahnen, die vor allem im hinteren Mediastinum verlaufen. In Höhe des 7. Brustwirbels (⊡ Abb. 8.44 b) – dies entspricht dem Oberrand des Ansatzes der 5. Rippe am Sternum – wird das Herz ventral weitgehend von Lunge überdeckt. Im Bindegewebe zwischen Perikard und Pleura mediastinalis verlaufen seitlich am Herzen der N. phrenicus mit begleitenden Vasa pericardiacophrenica. Sie befinden sich vor dem Lungenhilum. Der Ösophagus ist – verglichen mit weiter oben – von der Vorderseite des Wirbelkörpers abgerückt und liegt breit dem linken Vorhof an. Begleitet wird der Ösophagus von dem Plexus oesophageus. Nach rechts hat der Ösophagus Beziehungen zur Pleura mediastinalis. Zwischen Ösophagus und Wir-
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
In Höhe des 9. Brustwirbels – dies entspricht etwa dem
Ventrikel füllt im Wesentlichen die Incisura cardiaca pulmonis, und der linke Vorhof liegt hauptsächlich dorsal. An ihn grenzt dorsal der Ösophagus, nur getrennt durch das Perikard und die Cavitas pericardialis. Der Ösophagus ist weit vom Wirbelkörper abgerückt und etwas nach rechts verschoben. Er wird vom Truncus vagalis anterior und posterior begleitet. Hinter ihm liegt die Aorta (Pars thoracica), die vom Ductus thoracicus begleitet wird, und rechts davon die V. azygos.
Ansatz der 6. Rippe am Sternum – liegt die Wand der rechten Herzkammer der Thoraxwand breit an. Der linke
Untere Thoraxapertur s. Zwerchfell (S. 217).
belkörper verlaufen V. hemiazygos (links), V. azygos (rechts) und dazwischen der Ductus thoracicus. Links und hinter dem Ösophagus befindet sich die Pars thoracica aortae descendentis. Die Vv. pulmonales, die kaudal von den Aa. pulmonales verlaufen, liegen auf der rechten Seite hinter der V. cava superior, auf der linken Seite vor der Pars thoracica aortae.
Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
8.4
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Einleitung
Bauch- und Beckenhöhle sind eine untrennbare Einheit. Ausgekleidet werden sie vom Bauchfell, Peritoneum, das Bauch- und Beckenraum in einen intra- und extraperitonealen Bereich teilt. Bauch- und Beckenraum werden kranial vom Zwerchfell, dorsal von der Wirbelsäule und den hinteren Bauchmuskeln, ventral und lateral von seitlichen und vorderen Bauchmuskeln mit ihren Sehnenplatten begrenzt. Der kaudale Abschluss erfolgt durch das Diaphragma pelvis. Durch die kuppelförmige Wölbung des Zwerchfells nach oben kommt ein Teil der Bauchorgane in den Schutz der Thoraxflanken. Unten dienen die Darmbeinschaufeln dem Schutz der dort gelegenen Organe. 8.4.1
Peritoneum
Wichtig
Das Peritoneum ermöglicht Verschiebungen der Organe der Bauchhöhle, trägt aber gleichzeitig zu ihrer Befestigung bei. Außerdem hat das Peritoneum Schutzfunktion.
Anordnung und Funktion des Peritoneums sind der Schlüssel zum Verständnis der Gliederung des Bauchund Beckenraums und des Miteinander der dort gelegenen Organe. Das Peritoneum gliedert den Bauch- und Beckenraum in Cavitas peritonealis und Spatium extraperitoneale.
Die Cavitas peritonealis ist ein System kapillärer Spalten zwischen intraperitoneal gelegenen Anteilen des MagenDarm-Kanals. Ausgekleidet wird die Cavitas peritonealis von Peritoneum, dessen wandständige Anteile als Peritoneum parietale,die an der Oberfläche der intraperitonealen Organe als Peritoneum viscerale bezeichnet werden. Spatium extraperitoneale. Der Extraperitonealraum ist ein ausgedehnter, mit Bindegewebe gefüllter Bereich. Er befindet sich zwischen dem dorsalen Peritoneum parietale und der hinteren Bauchwand von der Zwerchfellunterfläche bis zum Promontorium und der Linea terminalis, Spatium retroperitoneale, und setzt sich kontinuierlich in den subperitonealen Bindegewebsraum des Beckens fort. Im Retroperitonealraum liegen die Nieren, Nebennieren, Harnleiter, die großen Gefäßstämme und der Truncus sympathicus, sowie im extraperitonealen Beckenraum mit Ausnahme der Niere alle Organe des Urogenitalsystems. Die Oberfläche des Peritoneums ist spiegelnd, glatt und feucht. Sie beträgt etwa 2 m2 und wird von einem transportierenden Epithel aus flachen Mesothelzellen bedeckt. Das Mesothel (S. 11) lässt den Austausch von Flüssigkeit und Elektrolyten zu. Die abgegebene Flüssigkeit ist ein Transsudat der Blutgefäße. Es gelangt in die Cavi-
531 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
tas peritonealis und ermöglicht die Verschiebung der intraperitoneal gelegenen Baucheingeweide. Bei vermehrter Transsudation kann es zu erheblichen Flüssigkeitsansammlungen im Peritonealraum kommen, Aszites. Gleichzeitig ist das Oberflächenepithel des Peritoneums zur Resorption befähigt. Dadurch können Substanzen aus der Bauchhöhle schnell den Kreislauf erreichen, besonders das Lymphsystem, dessen Sammelpunkt die Cysterna chyli ist (S. 151). Andere Abflusswege bestehen nicht, da der Bauchraum luftdicht abgeschlossen ist, auch bei der Frau (S. 635). Unter dem Peritonealepithel liegt eine dünne Lamina propria, die sich parietal in die Fascia transversalis der Bauchwand fortsetzt.In der Lamina propria befinden sich regelmäßig Zellen des Abwehrsystems,die im großen Netz, Omentum majus, Ansammlungen aus Lymphozyten, Granulozyten, Makrophagen und Mastzellen bilden, Milchflecken, Maculae lacteae. Abwehrzellen gelangen auch durch das Peritonealepithel in die Peritonealhöhle. > Klinischer Hinweis Jeder Keimbefall der Bauchhöhle ist wegen der hohen Resorptionsfähigkeit des Peritoneums gefürchtet. Er führt zu einer Peritonitis. Als Folge kann es zu Verklebungen und Verwachsungen der Peritonealblätter kommen, die bei Darmbewegungen Schmerzen hervorrufen, sogar den Darm abschnüren können, Ileus.
Die Organe des Bauchraums haben unterschiedliche Beziehung zum Peritoneum. Sie können sich intraperitoneal, retroperitoneal,
sekundär retroperitoneal oder extraperitoneal befinden. Intraperitoneal (⊡ Abb. 8.45 a) liegen die Organe, die
während der Entwicklung von der hinteren Leibeswand abgerückt sind. Ihr Peritoneum ist zu plattenförmigen Mesos, Gekröse, ausgezogen (S. 472). Betroffen sind große Teile des Verdauungssystems. Gekröse bestehen aus Bindegewebe mit elastischen Fasernetzen und Fettgeweben. Sie beinhalten Lymphknoten, Blut- und Lymphgefäße sowie Nerven. Gekröse werden wie die zugehörigen Organe von Peritoneum viscerale bekleidet. Retroperitoneal befinden sich die Bauchorgane, deren
Oberfläche nur teilweise von Peritoneum parietale bedeckt ist. Sie sind in der Regel durch verdichtetes Bindegewebe mit der hinteren Bauchwand verbunden. Als sekundär retroperitoneal gelegen werden Organe bezeichnet, die während der Entwicklung in eine intraperitoneale Lage gekommen, dann aber durch Umlagerungen und durch Abbau des Gekröses wieder in eine retroperitoneale Position gelangt sind (⊡ Abb. 8.45 b). Extraperitoneal befinden sich Organe der Bauch- bzw. Beckenhöhle, die keine Beziehung zum Peritoneum haben, z. B. die Prostata. Innervation. Parietales und viszerales Peritoneum wer-
den unterschiedlich innerviert, das
⊡ Abb. 8.45 a, b. Lageentwicklung von Bauchspeicheldrüse und Duodenum. Bauchspeicheldrüse und Duodenum sind während der Entwicklung aus a einer intraperitonealen Lage im Mesoduodenum dorsale in b eine sekundär retroperitoneale Lage gelangt. Sie liegen dann hinter dem Peritoneum parietale. (Nach Langman 1985)
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532
Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
parietale Peritoneum sensibel von Spinalnerven, Ästen der Nn. intercostales, des N. iliohypogastricus und N. ilioinguinalis, viszerale Peritoneum lediglich von vegetativen Eingeweidenerven. Dadurch ist das parietale Blatt des Bauchfells außerordentlich schmerzempfindlich, das viszerale Blatt dagegen kaum. > Klinischer Hinweis Wegen dieser Innervationsverhältnisse ist das parietale Peritoneum ein feiner Indikator für entzündliche Prozesse in der Bauchhöhle. Dabei können Schmerzen ziemlich genau lokalisiert werden. Außerdem führt die Reizung der sensiblen Nerven zur unwillkürlichen Dauerkontraktion der Bauchmuskulatur in der Umgebung der peritonealen Reizung.
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8.4.2
Regiones inguinales dextra et sinistra. Diese Gebiete befinden sich seitlich der Regio pubica. Der Nabel liegt in Höhe von L3.
Bauchsitus Beim Eröffnen der Bauchhöhle, Cavitas peritonealis, wird als Erstes das Omentum majus als Bedeckung aller Darmteile sichtbar (⊡ Abb. 8.47). Es handelt sich um eine frei herabhängende Bauchfellschürze, die an der Curvatura major des Magens und am Querkolon, Colon transversum, befestigt ist.
In Situ
Das Kapitel ist besonders für die Benutzung auf dem Präpariersaal gedacht. Gleichzeitig hat es hohe ärztliche Priorität, da Kenntnisse über die Lage der Organe im Bauch- und Beckenraum Voraussetzung für jede Diagnostik in diesem Bereich sind. Die Ausführungen stehen in engem Zusammenhang mit denen über die Organe. Die Bauchoberfläche lässt sich gliedern in (⊡ Abb. 8.46) Regio epigastrica, Epigastrium. Dieses Gebiet ent-
⊡ Abb. 8.46. Regiones abdominales. Im epigastrischen Winkel sind das Leber- und Magenfeld eingetragen, in die Regio lateralis der McBurney-Punkt
spricht den mittleren Abschnitten des Oberbauchs, Regio abdominalis superior. Die Regio epigastrica liegt zwischen den beiden Medioklavikularlinien unter den Rippenbögen. In dieses Gebiet projizieren sich – Teile des Magens, die beim Stehen der vorderen Bauchwand anliegen, Magenfeld, – ein Teil des linken Leberlappens, der unter dem Angulus infrasternalis liegt, Leberfeld, – Fundus der Gallenblase unter der Spitze der 9. Rippe; Regiones hypochondriacae, Hypochondrium. Die Gebiete schließen sich rechts und links der Regio epigastrica an, Regio umbilicalis, Mesogastrium. Sie befindet sich in der Regio abdominalis media und setzt sich nach unten in die Regio pubica, Hypogastrium, fort, Regiones laterales dextra et sinistra. Sie liegen seitlich der Regio umbilicalis,
⊡ Abb. 8.47. Eröffnete Bauchhöhle. Man blickt auf das schürzenförmige Omentum majus
533 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
Das Colon transversum, mit seinem Mesocolon transversum, ist ein Teil des Dickdarms, der in Höhe des 2. Lendenwirbels quer durch die Bauchhöhle verläuft (⊡ Abb. 8.48), und die Cavitas peritonealis gliedert in Oberbauch, auch Drüsenbauch, Pars supracolica und Unterbauch, auch Darmbauch, Pars infracolica. Oberbauch. Der Oberbauch beherbergt Leber mit Gallenblase, Magen, Milz, Zwölffingerdarm und Bauchspeicheldrüse.
Diese Organe haben enge topographische Beziehungen zueinander. Sofern sie mit dem Zwerchfell in direkter oder indirekter Verbindung stehen – Leber, Magen, Milz – sind sie mehr oder weniger atemverschieblich. Leber, Hepar. Die Leber füllt die rechte Regio hypochon-
driaca vollständig aus und reicht nach links bis in die Regio hypochondriaca sinistra. Sie überdeckt einen Teil des Magens (⊡ Abb. 8.48). Nach oben legt sich die Leber mit ihrer Facies diaphragmatica in die rechte Zwerchfellkuppel. Dadurch entspricht der Oberrand der Leber der Projektion der Zwerchfellkuppel auf die Körperoberfläche: je nach Stand der Atmung zwischen 4. und 7. Rippe (S. 220). Der untere Rand der Leber folgt bis zur rechten Medioklavikularlinie dem rechten Rippenbogen, quert dann die Regio epigastrica und erreicht etwa die linke Parasternallinie. Der größte Teil der Leber liegt also im Schutz des rechten Rippenbogens. Wenn die Leber bei Inspiration den rechten Rippenbogen überragt und tastbar wird, ist sie vergrößert. Anders ist es beim Kind, dort ist die Leber größer und überragt den rechten Rippenbogen normalerweise um mehrere Zentimeter. Die Unterseite der Leber, Eingeweidefläche, Facies visceralis, verläuft nach hinten schräg aufwärts und besitzt zahlreiche Berührungsgebiete mit Nachbarorganen, nämlich Impressiones oesophagea, gastrica, duodenalis, colica, renalis und suprarenalis. Außerdem befindet sich an der viszeralen Seite der Leber die Leberpforte, Porta hepatis, mit ein- und austretenden Leitungsbahnen und dem Gallengang. Peritonealverhältnisse der Leber. Die Oberfläche der Leber wird bis auf die Area nuda (⊡ Abb. 8.49) von Peri-
⊡ Abb. 8.48. Die Cavitas abdominalis ist durch das Colon transversum in eine Pars supracolica (Oberbauch) und eine Pars infracolica (Unterbauch) gegliedert. Das Omentum majus ist entfernt. Die Dünndarmschlingen sind teilweise nach rechts verlagert, sie überdecken das Colon ascendens. Zu beachten ist die Lage des Colon descendens, Colon sigmoideum und des Rektums
toneum bedeckt. Dort ist die Leber am Zwerchfell befestigt. Am Rand der Area nuda schlägt das Peritoneum viscerale Facies diaphragmatica der Leber auf das Peritoneum parietale der Zwerchfellunterseite und der vorderen Bauchwand um. Den Umschlag bildet das Lig. coronarium. Nach ventral setzt sich der Umschlag in das Lig. falciforme fort, das einerseits über die Facies diaphragmatica der Leber verläuft und dort die Oberfläche in eine rechte und linke Hälfte teilt, andererseits als Bauchfellduplikatur die Zwerchfellunterseite und die innere Bauchwand bis zum Nabelring erreicht. Den Unterrand des Lig. falciforme bildet das Lig. teres hepatis mit der weitgehend obliterierten Nabelvene (S. 494). Das Lig. teres hepatis zieht zur Leberpforte an der viszeralen Leberseite. Nach rechts und links setzt sich das Lig. coronarium in die Ligg. triangulare dextrum et sinistrum fort. Das Lig. triangulare sinistrum läuft in die Appendix fibrosa hepatis aus. Das Lig. triangulare dextrum setzt sich zur rechten Niere als Lig. hepatorenale fort. Die Spalten des Peritonealraums zwischen Leberoberfläche und Zwerchfell sind die Recessus subphrenici.
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
lorus, vom Lobus sinister hepatis und der Fundus gastricus, eine Aussackung des Magens nach oben, vom linken
Rippenbogen. Der Magenfundus befindet sich z. T. im Bereich des Centrum tendineum des Zwerchfells und liegt unter dem Herzen. Weitere Ausführungen über den Magen finden Sie auf S. 562.
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⊡ Abb. 8.49. Facies diaphragmatica der Leber mit der Area nuda, die vom Lig. coronarium umfasst wird.Fortsetzung nach ventral ins Lig. falciforme.Der freie Rand wird vom Lig. teres hepatis gebildet
An der Facies visceralis der Leber befestigt sich im Bereich der Leberpforte das Omentum minus, das andererseits die kleine Kurvatur des Magens und den Bulbus duodeni erreicht (s. unten, ⊡ Abb. 8.51). Weitere Ausführungen über die Leber finden Sie auf S. 586. Gallenblase, Vesica fellea. Der Unterfläche der Leber liegt die Gallenblase in der Fossa vesicae felleae an. Der Fundus der Gallenblase überragt, nur wenige Zentimeter rechts vom Lig. falciforme, den vorderen Leberrand und projiziert sich auf die Spitze der rechten 9. Rippe. Ferner ruht der Fundus auf der Flexura coli dextra, wo es nach Entzündungen zu Verwachsungen beider Organe kommen kann. Der Gallenblasenhals weist jedoch nach dorsal oben und steht mit der Pars superior duodeni in Verbindung. Unter der Leber, d. h. zwischen Leber und Colon transversum, finden sich schließlich noch als Peritonealspalten die Recessus subhepatici, die sich nach hinten in den Recessus hepatorenalis fortsetzen. Weitere Ausführungen über die Gallenblase und die Gallengänge finden Sie auf S. 591, 592. Magen, Gaster. Vom Magen sind bei eröffneter Bauchhöhle (⊡ Abb. 8.47, 8.48) nur ein Teil der Vorderwand und die Curvatura major sichtbar, an der das Lig. gastrocolicum als Teil des Omentum majus befestigt ist. Bedeckt sind dagegen große Teile des rechten Magenrandes, Curvatura minor, einschließlich des Magenausgangs, Py-
Milz, Splen, Lien. Die Milz liegt in der linken Regio hypochondriaca hinter dem Magen und projiziert sich zwischen der 9. und 11. Rippe auf die Oberfläche der linken Körperseite. Dabei folgt die Milzachse etwa dem Verlauf der 10. Rippe.Ventral überragt die gesunde Milz den Rippenbogen nicht. Ihr vorderer Pol befindet sich etwa am Schnittpunkt des 10. Interkostalraums mit der mittleren Axillarlinie. Ihr hinterer Rand entspricht der hinteren Axillarlinie. Die Milz liegt mit ihrer Facies diaphragmatica dem Zwerchfell an. Dort kommt sie in Nachbarschaft zur linken Pleurahöhle. Ihre Facies visceralis hat Kontakt mit dem Magenfundus, Facies gastrica, dem Colon transversum bzw. der Flexura coli sinistra, Facies colica, sowie der linken Niere, Facies renalis (⊡ Abb. 8.63 b). Ferner erreicht die Cauda pancreatis das Hilum splenicum. Die Milz liegt intraperitoneal. Am Hilum der Milz auf der viszeralen Milzseite befestigen sich das Lig. gastrosplenicum und das Lig. splenorenale. Die Milz befindet sich in der sog. Milznische, die vom Lig. phrenicocolicum, einer Bauchfellduplikatur zwischen Zwerchfell und Colon descendens, gebildet und lateral und dorsal vom Zwerchfell begrenzt wird. Weitere Ausführungen über die Milz finden Sie auf S. 593. Peritonealverhältnisse im Oberbauch. Sie werden durch Bauchfellduplikaturen bestimmt, die aus dem Mesogastrium dorsale und ventrale hervorgegangen sind (S. 541). Es handelt sich um das Lig. gastrophrenicum, Lig. gastrosplenicum/gastrolienale, Lig. splenorenale,
Omentum majus, Omentum minus. Hinzu kommt die Bursa omentalis. Lig. gastrophrenicum, Lig. gastrosplenicum, Lig. splenorenale, Omentum majus. Sie sind gemeinsam Ab-
kömmlinge des Mesogastrium dorsale. Das Lig. gastrophrenicum befindet sich zwischen Magenfundus und
535 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
Zwerchfell. Es setzt sich ohne Grenzen in das Lig. gastrosplenicum fort. Beide Bänder befestigen sich einerseits an der großen Magenkurvatur, andererseits am Milzhilum. Die Fortsetzung nach dorsal zur Rückseite der Bauchwand ist das Lig. lienorenale. Die Milz hat sich im Mesogastrium dorsale entwickelt und dieses in einen gastrolienalen und lienorenalen Abschnitt gegliedert. Das ehemalige Mesogastrium dorsale hat aber auch eine ventrale Fortsetzung, das Omentum majus (⊡ Abb. 8.47, 8.50), das von der Curvatura major des Magens ausgeht. Dieser ventrale Teil des Mesogastrium dorsale ist breitflächig abwärts gewachsen, dann umgeschlagen und hat sich rückläufig am Colon transversum und seinem Meso befestigt. Das Omentum majus ist also ein Meso mit einem vorderen und hinteren Anteil (Blatt), von dem jeder 2 Oberflächen hat. Jedoch verkleben/verwachsen in der Regel die Oberflächen miteinander. Teilweise ist das Omentum majus durchlöchert. Auch verwächst das vordere Blatt des Omentum majus in der Regel mit dem Colon transversum. Der Abschnitt des Omentum majus zwischen Magen und Colon transversum wird auch als Lig. gastrocolicum bezeichnet. Omentum minus, kleines Netz (⊡ Abb. 8.51). Es ist aus dem Mesogastrium ventrale hervorgegangen. Das Omentum minus ist eine Peritonealduplikatur, die nahezu frontal steht und einerseits an der Eingeweidefläche der Leber, andererseits an der kleinen Kurvatur des Magens und dem Anfangsteil des Duodenums befestigt ist. Es ist nur sichtbar, wenn der Leberrand angehoben wird.
Das Omentum minus gliedert sich in: Lig. hepatogastricum und Lig. hepatoduodenale. Lig. hepatogastricum. Der obere Teil enthält kräftige Faserzüge, Portio densa, der untere ist dünn und zerreißlich, Portio flaccida. Dort, wo sich das Bauchfell des Lig. hepatogastricum auf die Magenoberflächen fortsetzt, verlaufen größere Magengefäße: A. gastrica dextra et sinistra (S. 567). Das Lig. hepatoduodenale endet rechts mit einem nach
rechts gerichteten, verstärkten freien Rand, der vom Ductus choledochus, Gallenausführungsgang (S. 591), gebildet wird. Etwas nach links versetzt verläuft im Lig. hepatoduodenale ferner die V. portae hepatis und die A. hepatica propria. Bursa omentalis, Netzbeutel (⊡ Abb. 8.52). Die Bursa omentalis ist ein spaltförmiger Nebenraum der Cavitas peritonealis. Sie ist während der Entwicklung durch Spaltbildungen im Mesogastrium dorsale entstanden, die sich bei den Umlagerungen der Bauchorgane und ihrer Mesenterien ausgedehnt haben.
Die Bursa omentalis lässt unterscheiden Foramen omentale, Vestibulum bursae omentalis, Hauptraum und Recessus.
⊡ Abb. 8.50 a, b. Bildung von Omentum majus und Bursa omentalis. a Pankreas und Duodenum befinden sich in retroperitonealer Position. Das Mesogastrium dorsale wölbt sich zur Bildung des Omentum majus vor. b Das Omentum majus ist ausgewachsen und liegt schürzenförmig vor den Dünndarmschlingen. Das rücklaufende Blatt des Omentum majus ist mit dem Querkolon und mit dem Mesocolon transversum verwachsen
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
8 ⊡ Abb. 8.51. Magen, Omentum minus und Leber von vorne. Leber und Magen sind auseinandergedrängt. Durch einen Schnitt in der gestrichelten Linie des Omentum majus wird die Darstellung der ⊡ Abb. 8.52 ermöglicht. Roter Pfeil Zugang zur Bursa omentalis durch das Foramen omentale
⊡ Abb. 8.52. Blick in die Bursa omentalis nach Durchtrennung des Omentum majus und Hochschlagen des Magens. Massiver roter Pfeil in der Bursa omentalis; kleiner heller roter Pfeil weist in den Recessus superior omentalis
Das Foramen omentale ist für etwa 2 Finger durchgängig und wird vom freien rechten Rand des Lig. hepatoduodenale des Omentum minus (⊡ Abb. 8.53), kaudal von der Pars superior duodeni, dorsal von der V. cava inferior und kranial von der Leber umgeben.
Das Vestibulum bursae omentalis hat oben den Lobus caudatus der Leber, unten die Bauchspeicheldrüse, dorsal V. cava inferior und Aorta, ventral das Omentum minus zur Nachbarschaft. Ferner steht mit dem Vorraum der Recessus superior bursae omentalis in Verbindung, der
537 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
⊡ Abb. 8.53. Dorsale Wand der Bauchhöhle mit den Haftlinien der Mesenterien nach Entnahme der intraperitonealen Organe. Der Pfeil verläuft durch das Foramen omentale (epiploicum) in die Bursa omentalis. Ihre Rückwand ist durch hellgrauen Raster gekennzeichnet
eine Nische zwischen V. cava inferior und Ösophagus bzw. Kardia bildet. Der Übergang vom Vor- zum Hauptraum wird von dorsal durch die Plicae gastropancreaticae (mit der A. gastrica sinistra und A. hepatica communis) eingeengt. Hauptraum der Bursa omentalis. Ein Überblick ist erst nach Durchtrennung des Lig. gastrocolicum zu gewinnen (⊡ Abb. 8.52). Der Hauptraum liegt hinter dem Magen und dem Omentum minus. Die dorsale Wand bildet im Wesentlichen das Peritoneum am Zwerchfell, über der linken Nebenniere und dem Pankreas. Die Bursa omentalis endet nach links im Recessus splenicus (lienalis), der durch die Milzbänder begrenzt wird. Nach unten richtet sich ein Recessus inferior bursae omentalis zwischen Magen und Colon transversum; gelegentlich kann sich der Recessus inferior zwischen die beiden Blätter des Omentum majus fortsetzen. > Klinischer Hinweis Operativ ist das Vestibulum bursae omentalis leicht suprakolisch durch das Omentum minus hindurch zu erreichen. Damit wird der Truncus coeliacus zugängig (S. 553). Für eine breite Eröffnung der Bursa omentalis mit Zugang zum Pankreas ist die Durchtrennung des Lig. gastrocolicum erforderlich, wobei auf die Gefäße an der Curvatura ventriculi major zu achten ist. Ein infrakolischer Zugang ist durch das Mesocolon transversum möglich. Hierbei müssen die leicht verletzbaren Dickdarmgefäße geschont werden.
Duodenum, Zwölffingerdarm. Das Duodenum ist der An-
fangsteil des Dünndarms. Die folgenden Teile sind das Jejunum und Ileum, die jedoch ausschließlich im Unterbauch liegen. Das Duodenum ist 25–30 cm lang und erstreckt sich vom 1. bis 3./4. Lendenwirbel. Es umkreist hufeisenförmig mit einer nach rechts gerichteten Schleife den 2. Lendenwirbel. Die Teilabschnitte des Duodenums sind Pars superior, Pars descendens, Pars horizontalis, Pars ascendens und die Flexura duodenojejunalis. An dieser Krümmung setzt sich das Duodenum in das Jejunum fort. Die Pars superior liegt intraperitoneal und ist beweglich. Die übrigen Abschnitte befinden sich retroperitoneal und sind an der hinteren Bauchwand befestigt. Sie sind nur an der Vorderseite von Peritoneum bedeckt.Über die Pars descendens verläuft die Radix des Mesocolon transversum. Einzelheiten zum Verlauf und zur Nachbarschaft des Duodenums finden Sie auf S. 569. An der Flexura duodenojejunalis verlässt das Duodenum die retroperitoneale Lage. Dort entstehen durch Plicae duodenalis superior et inferior jeweils kleine Bauchfelltaschen, Recessus duodenalis superior et inferior. In diese Recessus können Dünndarmschlingen gelangen, Treitz-Hernie.
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
Pankreas, Bauchspeicheldrüse. Der Kopf der Bauchspei-
cheldrüse liegt in der Konkavität des Duodenums. Dann überquert die Drüse den 2. Lendenwirbel und wölbt sich dabei vor,Tuber omentalis.Nach unten zeigt ein hakenförmiger Processus uncinatus. Mit ihrem Schwanz erreicht die Bauchspeicheldrüse das Milzhilum. Insgesamt ist die Achse der Bauchspeicheldrüse nach links oben gerichtet. Die Bauchspeicheldrüse liegt sekundär retroperitoneal. Ihr bedeckendes Peritoneum bildet die Rückwand der Bursa omentalis (s. oben). Nach dorsal hat die Bauchspeicheldrüse enge Beziehung zu den großen Gefäßen des Retroperitonealraums (S. 553). Insgesamt befindet sich die Bauchspeicheldrüse weit von der ventralen Oberfläche des Körpers entfernt. Weitere Ausführungen über das Pankreas finden Sie auf S. 583.
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Unterbauch. Der Unterbauch beherbergt Jejunum und Ileum des Dünndarms, Dickdarm und Enddarm.
Die Eingeweide des Unterbauchs liegen zwischen dem Mesocolon transversum und der Eingangsebene in das kleine Becken (S. 307). Sie werden vom Omentum majus bedeckt (s. oben). Der Dickdarm rahmt die Dünndarmschlingen ein (⊡ Abb. 8.50). Jejunum und Ileum gemeinsam bilden das Dünndarmkonvolut. Es liegt intraperitoneal und ist zusammen bis
zu 5 m lang. Ihre Fortsetzung ist das Colon, Dickdarm. > Hinweis Die Länge des Dünndarms hängt wesentlich vom Kontraktionszustand der glatten Darmwandmuskulatur ab. Post mortem, wenn die Muskulatur entspannt ist, sind Jejunum und Ileum länger als in vivo oder nach Konservierung der Leiche.
Das Jejunum nimmt etwa zwei Fünftel der Gesamtlänge des Dünndarms ein, ohne dass eine deutlich erkennbare Grenze zum Ileum besteht. Die Schlingen des Jejunums liegen im Wesentlichen im oberen und linken Teil des Unterbauchs,die des Ileums im rechten und unteren.Die Einmündung des Dünndarms in den Dickdarm befindet sich in der Fossa iliaca dextra. Absteigen können Dünndarmschlingen bis ins Cavum peritoneale der Beckenhöhle. Gemeinsam sind Jejunum und Ileum durch das Mesenterium, Dünndarmgekröse, an der hinteren Bauchwand befestigt (⊡ Abb. 8.53, 8.54). Die Radix mesenterii ist 15–18 cm lang.
⊡ Abb. 8.54. Magen und Colon transversum sind in die Höhe geschlagen, der Dünndarm ist am Mesenterium abgeschnitten
Sie beginnt in der Flexura duodenojejunalis und endet in der Fossa iliaca dextra mit der Mündung des Ileums in den Dickdarm. Am Anfang und am Ende des Dünndarms ist das Mesenterium sehr kurz, sodass diese Stellen Fixierungspunkten gleichen. Andererseits ist der Ansatz des Mesenteriums am Darm so lang wie der Dünndarm. Die größte Entfernung von der Radix zum Darm beträgt etwa 15 cm. Insgesamt sind Jejunum und Ileum gut verschieblich. Bei Verkürzung des Dünndarms legt sich das Mesenterium in halskrausenartige Falten (»Gekröse«). An der Einmündung des Ileums in den Dickdarm treten kleine Bauchfellfalten und -taschen auf. Die Plica caecalis vascularis, die einen Ast der A. ileocaecalis einschließt, bedingt den Recessus ileocaecalis superior, die Plica ileocaecalis zwischen Ileum und Appendix vermiformis den Recessus ileocaecalis inferior. Weitere Ausführungen über Jejunum und Ileum finden Sie auf S. 570. Der Dickdarm, Intestinum crassum (⊡ Abb. 8.54, 8.55), ist 1,3–1,5 m lang und besteht aus Caecum, Blinddarm, mit – Appendix vermiformis, Wurmfortsatz, Colon, Grimmdarm, mit seinen Teilen – Colon ascendens, – Colon transversum, – Colon descendens und – Colon sigmoideum.
539 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
⊡ Abb. 8.55. Verlauf des Dickdarms von vorne gesehen. Die Flexura coli dexter liegt ventral, die Flexura coli sinister mit Colon descendens dorsal im Oberbauch. Darstellung nach Röntgenbild
Die folgenden Darmabschnitte, Rectum (Mastdarm) und Canalis analis (Analkanal) befinden sich im subperitonealen Bindegewebe (s. unten). Caecum. Es liegt in der Fossa iliaca dextra unterhalb der Einmündungsstelle des Dünndarms in den Dickdarm auf dem M. iliacus. Es ist etwa 7 cm lang. Das Zäkum weist unterschiedliche Peritonealverhältnisse auf. Es kann vorliegen als Caecum fixum, wenn es breit mit der Rückwand des Bauchraums verwachsen ist (sekundär retroperitoneale Lage), Caecum mobile, wenn eine Verbindung zwischen Peritoneum viscerale des Zäkums und dem Peritoneum parietale gering oder unvollständig ist oder Caecum liberum, wenn ein Gekröse (Mesocaecum) ausgebildet ist. > Klinischer Hinweis In seltenen Fällen liegt das Zäkum unter der Leber, Hochstand des Zäkums. Dann ist das Zäkum während der Entwicklung nicht nach kaudal gewandert (S. 544).
Sowohl beim Caecum mobile als auch beim Caecum liberum befindet sich hinter dem Blinddarm ein Recessus retrocaecalis, in den sich die Appendix vermiformis hineinlegen kann. Appendix vermiformis, Wurmfortsatz. Die Appendix vermiformis ist durchschnittlich 8–9 cm lang und immer frei beweglich. Sie hat ein eigenes Mesenterium, Mesoappendix. Durch ihre Beweglichkeit kann die Appendix verschiedene Positionen einnehmen.
Lagevarianten der Appendix vermiformis Kaudalposition in etwa 30 % der Fälle: Der Wurmfortsatz ragt in das kleine Becken hinein: absteigender Typ (Lanz-Punkt). Dabei kann er bei der Frau in enge Nachbarschaft mit dem Ovar geraten, Medialposition: Die Appendix ist nach medial verlagert und liegt zwischen den Dünndarmschlingen, Lateralposition: Die Appendix liegt zwischen der lateralen Bauchwand und dem Zäkum, retrozäkale Kranialposition: Sie kommt in 65 % vor. Die Appendix ist hinter dem Zäkum nach oben geschlagen und liegt im Recessus retrocaecalis, anterozäkale Kranialposition: Die Appendix ist vor dem Zäkum nach oben geschlagen. Bei Projektionen auf die Körperoberflächen für die Diagnose von Erkrankungen der Appendix vermiformis, z. B. Appendizitis, spielen Druckpunkte auf der Oberfläche der vorderen Bauchwand eine Rolle. Der McBurney-Punkt gilt als Projektionsstelle der Basis der Appendix auf die Bauchwand (⊡ Abb. 8.48). Er liegt auf der Verbindungslinie zwischen Spina iliaca anterior superior und Nabel zwischen lateralem und mittlerem Drittel. Der Lanz-Punkt entspricht der Spitze der Appendix beim absteigenden Typ. Er befindet sich im rechten Drittel einer Verbindungslinie zwischen den beiden Spinae iliacae anteriores superiores. Es bestehen jedoch große Variabilitäten. Colon ascendens. Es schließt kontinuierlich an das Zäkum an, liegt sekundär retroperitoneal und verläuft seitlich auf dem M. quadratus lumborum bzw. M. transversus abdominis bis zur Unterfläche des rechten Leberlappens. Dort ruft es die Impressio colica hervor.Vor dem unteren Pol bzw. dem Hilum der rechten Niere befindet sich die Flexura coli dextra, der Übergang ins Colon transversum. Vorn wird das Colon ascendens von Dünndarmschlingen überlagert. Colon transversum. Das Colon transversum liegt intra-
peritoneal und ist durch ein unterschiedlich langes Mesocolon transversum beweglich befestigt. Dadurch ist die Lage des Colon transversum variabel; im Extremfall kann das Colon transversum bis ins kleine Becken durchhängen. In der Regel jedoch legt sich das Colon transversum der Facies visceralis der Leber, der Gallenblase, bei größerer Füllung dem Magen und der Facies visceralis der Milz an. Peritoneale Verbindungen des Colon transversum
(⊡ Abb. 8.51) sind das Lig. hepatocolicum mit der Leber, das Lig. gastrocolicum mit dem Magen, der schürzenförmige Teil des Omentum majus sowie das Mesocolon transversum mit der hinteren Bauchwand. Das Mesoco-
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540
Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
lon transversum setzt sich von der Flexura coli sinistra und dem Anfangsteil des Colon descendens als Lig. phrenicocolicum zum Zwerchfell fort, Milznische (s. oben). Die Haftlinie des Mesocolon transversum (⊡ Abb. 8.53) an der hinteren Bauchwand verläuft leicht schräg aufsteigend von der Flexura coli dextra zur Flexura coli sinistra. Sie beginnt über der Pars descendens duodeni, folgt dem Unterrand des Pankreas und erreicht in unterschiedlicher Höhe die linke Niere, an deren Fascia praerenalis das Kolon ohne Bauchfellduplikatur fixiert ist.
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Colon descendens. Es beginnt an der Flexura coli sinistra, die stets höher liegt als die rechte Flexur und bis zum Zwerchfell aufsteigen kann.Im Extremfall kann die Flexura coli sinistra einen aufsteigenden und einen absteigenden Schenkel besitzen, Doppelflintenform. Das Colon descendens liegt sekundär retroperitoneal und ist mit der hinteren Bauchwand verwachsen. Es verläuft lateral der linken Niere bis in die Fossa iliaca sinistra, wo es sich in das Colon sigmoideum fortsetzt. Häufig befinden sich kleine Sulci (Recessus) paracolici seitlich an der Befestigung des Colon descendens,besonders wenn diese weniger breit ist. Colon sigmoideum. Dieser Kolonteil liegt wieder intraperitoneal und besitzt ein unterschiedlich langes Mesocolon sigmoideum. Das Colon sigmoideum ist etwa
45 cm lang und verläuft S-förmig. Durch seine Schleife gelangt es vor den 2.–3. Sakralwirbel. Dort setzt es sich in
den Mastdarm, Rectum, fort. Durch den gebogenen Verlauf der Haftlinie des Mesosigmoideums (⊡ Abb. 8.53) entsteht ein Recessus intersigmoideus, in dessen Bereich retroperitoneal der Ureter verläuft. Ferner überquert die Wurzel des Mesocolon sigmoideum den M. psoas und die Vasa iliaca. Rectum, Enddarm. Der Endabschnitt des Darms befindet
sich bereits außerhalb der Cavitas peritonealis im subperitonealen Bindegewebsraum der Beckenhöhle (S. 548). Weitere Ausführungen über das Kolon finden Sie auf S. 579 und das Rektum S. 580. > Klinischer Hinweis Überblick über die Bauchhöhle ohne Eingriffe von außen verschaffen bildgebende Verfahren. Den gewohnten anatomischen Querschnittsbildern am Nächsten kommen dabei Computertomogramme. ⊡ Abbildung 8.56 ist ein Computertomogramm (CT) in Höhe des 2. Lendenwirbels.
Zur Entwicklung von Magen und Darm sowie der Anhangsdrüsen (⊡ Abb. 8.57)
Durch Kenntnis der Entwicklung werden die Lage der Eingeweide und ihre Peritonealverhältnisse verständlich. Im Frühstadium besteht die Magen-Darm-Anlage aus einem annähernd gestreckten Rohr in der Medianebene des Körpers. Sie hat einen entodermalen Anteil und eine mesodermale Hüllschicht, die der Splanchnopleura entstammt (S. 115). Die Verbindung mit der dorsalen Leibeswand ist breit (⊡ Abb. 8.57 a), wird aber durch Abrücken der Anlage –
⊡ Abb. 8.56. Computertomogramm der Bauchhöhle in Höhe des Pankreas; dies entspricht dem 2. Lendenwirbel
541 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
⊡ Abb. 8.57 a–e. Erläuterung der Form- und Lageentwicklung des menschlichen Darmkanals. a Der Darmkanal wird in seiner ganzen Länge mit der hinteren Rumpfwand durch ein Mesenterium dorsale verbunden. Bildung der primären Nabelschleife. Die A. mesenterica superior bildet die Achse der Darmschleife. b Die Nabelschleife ist zu einer langen, sagittal gestellten Schlinge ausgewachsen. Am Scheitel der Nabelschleife befindet sich der Ductus vitellinus (omphaloentericus). Ungleiche Wachstumsprozesse führen nun zu Lageveränderungen des gesamten Magen-Darm-Traktes. Der gebogene Pfeil gibt die Richtung der Darmdrehung an. c Starkes Längenwachstum des Dünndarms, die Schlingenbildung ist angedeutet. d Zustand nach Drehung der Nabelschleife. Das Zäkum hat einen Deszensus durchgeführt und seine endgültige Lage in der Fossa iliaca dextra erreicht. Rot unterlegt sind die Abschnitte des Mesokolons, die mit der dorsalen Bauchwand verkleben. e Situs nach Fixierung bestimmter Darmteile an der hinteren Bauchwand. Von der großen Kurvatur des Magens breitet sich das Omentum majus aus und bedeckt die Dünndarmschlingen. (c–e nach Langman 1985)
als Abfaltung bezeichnet – fortlaufend schmäler und es entstehen die Gekröse (⊡ Abb. 8.57 d). Wichtig
Der Magen entwickelt sich aus einer spindelförmigen Erweiterung des Darmrohrs im Anschluss an das kaudale Ende der Speiseröhre.
Die Entwicklung des Magens beginnt in der 5. Embryonalwoche. Es kommt im Anlagebereich zu einer spindelförmigen Erweiterung. In der Folgezeit wächstdie dorsal gelegene Wand schneller und extensiver als die ventrale. Dadurch entsteht eine große dorsale und eine kleinere ventrale Kurvatur. Die dorsale ist durch ein Mesogastrium dorsale mit der hinteren, die ventrale durch ein Mesogastrium ventrale mit der vorderen Leibeswand verbunden (⊡ Abb. 8.57 a).
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
Magendrehung. Während seines Wachstums dreht sich der Magen um seine Längsachse im Uhrzeigersinn um 90 °. Dadurch kommt die linke Magenseite nach ventral, die rechte Seite nach hinten zu liegen (⊡ Abb. 8.58). Bei dieser Drehung, die mit einer Verlagerung des Magens aus der Medianebene nach links und der Leber nach rechts einhergeht, wird das Mesogastrium ventrale nach rechts ausgezogen. Gleichzeitig erfolgt eine Biegung und Kippung des Magens, wodurch die Kardia nach links und der Pylorus nach rechts oben wandern. Auf diese Weise bekommt der Magen seine endgültige Gestalt. Die Curvatura major ist dann nach unten, die Curvatura minor nach oben und rechts gerichtet.
bindet die Milz mit der hinteren Bauchwand, Lig. splenorenale, der andere stellt die Verbindung zwischen Magen und Milz her, Lig. gastrosplenicum. Vom 3.–6. Embryonalmonat ist die Milz an der Blutbildung beteiligt (hepatolienale Phase der Blutbildung S. 130). In der 15. Woche beginnt die Besiedlung mit Lymphozyten, die ab der 24. Woche Lymphfollikel bilden. Omentum majus. Schließlich unterliegt das dorsale Mesogastrium an seinem Ansatz an der großen Kurvatur des Magens einem starken Wachstum und es entsteht das Omentum majus (S. 535, ⊡ Abb. 8.50). Wichtig
Wichtig
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Im dorsalen Mesogastrium entwickeln sich die Bursa omentalis und die Milz. Ferner entsteht durch Aussackung des Mesenterium dorsale nach ventral das Omentum majus.
Bursa omentalis. Bereits in der 5. Embryonalwoche treten im Mesenterium hinter dem Magen Spalten auf, die miteinander verschmelzen und zur Bildung einer Höhle führen. Diese wird durch die Magendrehung zu einer nach links gerichteten Aussackung, die als Bursa omentalis bezeichnet wird (⊡ Abb. 8.58 b). Milz. Im dorsalen Mesogastrium entwickelt sich ferner als Mesenchymproliferation die Milz (⊡ Abb. 8.57 b, 8.58 b). Sie zerlegt das Magengekröse in 2 Abschnitte. Der eine ver-
Das Duodenum geht aus dem Endabschnitt des Vorderdarms und dem oberen Teil des Mitteldarms hervor und bildet im Bereich eines hepatopankreatischen Ringes zwei Pankreasanlagen sowie die Leberbucht. Duodenum. Mit der Drehung des Magens wird das Duodenum in Form einer C-förmigen Schlinge aus der Median-
ebene heraus nach rechts gezogen und rückt an die hintere Bauchwand (⊡ Abb. 8.45). Die konvexe Biegung der Duodenalschleife schaut nach rechts. Pankreas. Zwischenzeitlich haben sich aus dem Epithel des Duodenums zwei Pankreasanlagen entwickelt (⊡ Abb. 8.59), zunächst eine dorsale ins dorsale Mesenterium, kurz darauf eine ventrale. Durch die Bewegungen von Magen und Duodenum verschmelzen gegen Ende des 2. Ent-
⊡ Abb. 8.58 a, b. Erläuterung der Bauchfell- und Mesenterialverhältnisse im Oberbauch. a Querschnitt durch den Rumpf eines menschlichen Embryos oberhalb der Nabelschleife. Das in der Längsachse des Rumpfes gelegene und gerade gestreckte Darmrohr wird durch ein Mesenterium dorsale und ein Mesenterium ventrale mit der Rumpfwand verbunden. Der Darm liegt intraperitoneal. b Im Stadium 18 mm Scheitel-Steiß-Länge ist die Leber bereits entstanden. Sie steht über das Mesohepaticum ventrale mit der vorderen Bauchwand in Verbindung. Der Magen ist nach links verlagert. Er ist mit der Leber durch das Mesogastrium ventrale (Lig. hepatogastricum des Omentum minus) verbunden. Im Mesogastrium dorsale sind Pankreas und Milz eingelagert. Der mesenteriale Spalt hinter dem Pankreas (schraffiert) bildet sich zurück. Damit kommt die Bauchspeicheldrüse in eine sekundär retroperitoneale Lage
543 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
⊡ Abb. 8.59 a–d. Erläuterungen zur Entwicklung von Leber und Pankreas. a Embryo vom 30.Tag, b vom 35. Tag. Die ventrale Pankreasknospe liegt neben dem Leberdivertikel und wandert anschließend um das Duodenum herum nach dorsal auf die dorsale Pankreasanlage zu. c Embryo vom 40.Tag, d vom 45.Tag. Die ventrale Pankreasanlage liegt nun dicht neben der dorsalen. Der dorsale Pankreasgang mündet auf der Papilla minor in das Duodenum ein, der ventrale auf der Papilla major. In d ist die Verschmelzung der Pankreasgänge dargestellt
wicklungsmonats beide Anlagen. Sie gelangen hinter den Magen und an die dorsale Leibeswand und kommen mit dem Duodenum in eine sekundär retroperitoneale Lage. Der Ductus pancreaticus major entsteht durch Verschmelzung des Ausführungsganges im Körper und Schwanz der dorsalen Anlage mit dem der ventralen. Die Mündung befindet sich auf der Papilla duodeni major. Die ursprünglich selbständige Mündung des dorsalen Ganges ins Duodenum bildet sich zurück. Bleibt sie erhalten, liegt sie auf der Papilla duodeni minor, die sich kranial der Papilla duodeni major befindet. Langerhans-Inseln. Die Endabschnitte der Ausführungsgänge des Pankreas differenzieren sich zu Drüsenazini. Aussprossungen der Azini und der Ausführungsgänge werden zu den endokrinen Langerhans-Inseln (S. 584), die mit fortschreitender Entwicklung größtenteils die Verbindung mit ihrem Muttergewebe verlieren. Wichtig
Ins ventrale Mesogastrium hinein und ins Septum transversum entwickelt sich die Leber. Die Leberentwicklung (⊡ Abb. 8.59) beginnt in der 3. Embryonalwoche. Im Bereich des späteren Duodenums entsteht eine entodermale Leberbucht, die sich in eine Pars hepatis, oberes Leberdivertikel, und eine Pars cystica, unteres Leberdivertikel, teilt. Pars hepatis (⊡ Abb. 8.59).Aus dem kranialen Divertikel gehen Epithelzellen hervor, die sich zu Zellsträngen und dann zu Zellplatten formieren. Diese gelangen ins Mesenchym des ventralen Mesenteriums und ins Septum transversum, das dadurch zunehmend auftreibt. Zwischen der Auftreibung durch die Leberanlage und der vorderen Leibeswand besteht dann nur noch eine schmale Bindegewebsverbindung, das Mesohepaticum ventrale, später Lig. falciforme.
Die Verbindung mit dem Magen ist das Mesohepaticum dorsale (identisch mit Mesogastrium ventrale). Hieraus geht das Omentum minus hervor. In der Leberanlage selbst vermehren sich die Zellplatten. Sie vermischen sich mit dem Mesenchym des Septum transversum, das das Wachstum und die Differenzierung der Leberzellen durch Bildung des »hepathocyte growth factor« (HGF) stimuliert. Aus dem Mesenchym gehen außerdem Kupffer-Zellen (S. 589) und proliferierende Zellen hervor, die während der hepatolienalen Phase der Hämatopoese (S. 130) rote und weiße Blutzellen produzieren. Schließlich werden aus dem Mesenchym die bindegewebigen Anteile der Leber. Sehr frühzeitig geraten die aussprossenden Leberzellen in enge Beziehungen zu Ästen der Vv. vitellinae. Hieraus ergibt sich, dass die Hepatozyten aus dem Entoderm, das Bindegewebe aus dem Septum transversum und Lebersinusoide aus den Verzweigungen der Dottersackvenen hervorgehen. Zur Entwicklung der Lebergefäße (⊡ Abb. 8.60, lesen Sie hierzu auch die Entwicklung des Blutkreislaufes S. 493). Sie gehen auf die Verzweigungen der Dottervenen, Vv. vitellinae im Septum transversum zurück. Sie werden von Leberzellbalken umwachsen. Die in die Leberanlage hineinführenden Abschnitte der Dottervenen werden als Vv. advehentes, die das Blut abführenden Gefäße als Vv. revehentes bezeichnet. Die Vv. vitellinae beider Seiten stehen im Bereich der Vv. advehentes untereinander in Verbindung. Außerdem bilden die Nabelvenen um das Duodenum einen Plexus. Alles im Bereich der Vv. advehentes wird bis auf einen einheitlichen Gefäßstamm zurückgebildet, der zur V. portae hepatis wird. Die aus den Vv. revehentes entstehende Strombahn führt das Blut dem Herzen zu. An die Dottervenen der Leber finden auch die paarig angelegten Nabelvenen, Vv. umbilicales, Anschluss. Während sich die rechte Nabelvene frühzeitig zurückbildet, bleibt die linke erhalten und gibt ihr Blut mit in die Lebersinusoide ab. Damit erreicht arterialisiertes Plazentablut die Leber. Infolge
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
> Klinischer Hinweis Die unvollständige Rückbildung dieser Darm-Dottersack-Verbindung führt zum Meckel-Divertikel.
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⊡ Abb. 8.60. Entwicklung der Lebergefäße. Die V. umbilicalis sinistra wird im oberen Teil zurückgebildet. Aus der V. vitellina sinistra wird die V. lienalis. Aus der V. vitellina dextra wird die V. portae. Die V. umbilicalis dextra wird zurückgebildet
des enormen Blutzuflusses zur Leber und des intrahepatischen Strömungswiderstandes kommt es zur Ausbildung einer Umgehungsstrombahn zwischen V. umbilicalis und V. cava inferior durch den Ductus venosus (Arantius). Durch diese Verbindung kann Plazentablut unter Umgehung der Leber direkt zum Herzen gelangen. Nach der Geburt obliterieren sowohl die Nabelvene (ausgenommen eine kurze prähepatische Wegstrecke) als auch der Ductus venosus. Beim Erwachsenen finden sich Reste der V. umbilicalis im Lig. teres hepatis und die des Ductus venosus im Lig. venosum. Pars cystica, unteres Leberdivertikel. Von der Pars cystica wächst ein solider Epithelspross in das ventrale Mesogastrium ein. Aus ihm geht der epitheliale Anteil der Gallenblase und des Ductus cysticus hervor. Die bindegewebigen und muskulären Anteile der Gallenblasenwand stammen aus dem Mesenchym des Mesogastrium ventrale. Wichtig
Das starke Längenwachstum des Darms ist mit einer Darmdrehung verbunden.
Der auf das Duodenum folgende Darmabschnitt steht in der Sagittalebene und zeichnet sich durch rasches Längenwachstum aus: Bildung der Nabelschleife. Der Scheitelpunkt der Schleife bleibt zunächst durch den Ductus vitellinus (Ductus omphaloentericus, ⊡ Abb. 8.57 a, b) mit dem Dottersack in Verbindung.
Mit der Verlängerung der Nabelschleife wird das Mesenterium lang ausgezogen. In ihm verläuft die A. mesenterica superior. Sie führt Blut, das direkt aus der Aorta stammt. Die Arterie stellt gleichsam die Achse der Schleife dar, die einen oberen zuführenden und einen unteren abführenden Schenkel erkennen lässt. Aus dem kranialen Schenkel der Nabelschleife gehen der distale Anteil des Duodenums, das Jejunum und der größte Teil des Ileums hervor, während der untere Schenkel den distalen Abschnitt des Ileums, das Zäkum mit der Appendix vermiformis, das Colon ascendens und das Colon transversum liefert. Die übrigen Dickdarmabschnitte entstehen aus dem Enddarm. Die folgenden Entwicklungsvorgänge in der Folgezeit sind durch Längenwachstum des Darms und durch asymmetrische Verlagerungen der einzelnen Darmabschnitte gekennzeichnet, die mit der Darmdrehung ihren Abschluss finden (⊡ Abb. 8.57 b–d). Die Wachstumsbewegungen des Dünndarms beginnen im oberen Schenkel der Nabelschleife und führen zu einer vielfachen Schlingenbildung, die schließlich auch den unteren Schenkel ergreift (⊡ Abb. 8.57 b–c). Gleichzeitig vollführt die Nabelschleife um die A. mesenterica superior als Achse, von ventral gesehen, eine Drehung gegen den Uhrzeigersinn um 270 °. Dabei wird der untere Schenkel der Nabelschleife angehoben, schwenkt dann nach rechts, sodass die Anlage des Zäkums an die Unterseite der Leber gelangt. Das Colon transversum kreuzt dann von ventral das Duodenum. Durch weiteres Längenwachstum gelangt das Zäkum in die rechte Fossa iliaca, und es bildet sich das Colon ascendens aus, dessen Mesenterium schließlich mit der hinteren Bauchwand verwächst. Durch den Deszensus des Zäkums entsteht zwischen Colon transversum und Colon ascendens die Flexura coli dextra. Schließlich verlötet auch das Mesocolon descendens in ganzer Ausdehnung mit der hinteren Bauchwand, während das Colon transversum, verbunden mit dem über ihm liegenden großen Netz, durch ein »Meso« frei beweglich bleibt. Das Wachstum der Dünndarmschlingen erfolgt so schnell, dass das Volumen der Bauchhöhle nicht ausreicht und sich deshalb Dünndarmschlingen durch den Nabelring in den Zölomrest innerhalb der Nabelschnur vorschieben, physiologischer Nabelbruch. Ende des 3. Monats werden die Schlingen in die Leibeshöhle zurückgezogen. Bleiben die Schlingen jedoch im extraembryonalen Zölom, dann rufen sie eine Auftreibung der Nabelschnur und eine Ausweitung des Nabelringes hervor: Omphalozele.
545 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
>
In Kürze
In der Cavitas abdominalis sind zu unterscheiden Lig. falciforme – als ventrale Bauchfellduplikatur – mit seinem am Unterrand gelegenen Lig. teres hepatis, Lig. coronarium als Umschlag des Peritoneum viscerale der Leber auf das Peritoneum parietale in der Umgebung der Area nuda, und dessen seitliche Fortsetzung als Lig. triangulare dextrum und Lig. triangulare sinistrum, Lig. hepatorenale, Recessus subphrenici, Recessus subhepatici, Recessus hepatorenalis, am Omentum minus Lig. hepatogastricum, Lig. hepatoduodenale, in dessen freiem Rand Ductus choledochus,V. portae hepatis und A. hepatica propria verlaufen, Lig. hepatocolicum (inkonstant), am Magen Teile des Omentum minus (s. oben), Lig. gastrosplenicum und Lig. gastrocolicum als Teile des Omentum majus, an der Milz Lig. gastrosplenicum, Lig. phrenicosplenicum, Lig. splenorenale (synonym Lig. lienorenale), Lig. pancreaticosplenicum, am Omentum majus, hervorgegangen aus dem Mesogastrium dorsale Lig. gastrocolicum, Lig. gastrosplenicum, freier schürzenförmiger Teil, die Bursa omentalis Vestibulum mit Recessus superior bursae omentalis,
Hauptraum und Recessus splenicus, Recessus inferior bursae omentalis,
an der Flexura duodenojejunalis Plica duodenalis superior, Plica duodenalis inferior, Recessus duodenalis superior, Recessus duodenalis inferior, Recessus paraduodenalis, am Jejunum und Ileum Mesenterium mit der Radix mesenterii, an der Verbindung zwischen Ileum und Colon Plica caecalis vascularis, Recessus ileocaecalis superior, Plica ileocaecalis, Recessus ileocaecalis inferior, am Caecum Recessus retrocaecalis, an der Appendix vermiformis Mesoappendix, am Colon transversum Mesocolon transversum, dessen Radix schräg aufwärts über die Pars descendens duodeni verläuft; die Fortsetzung an der Flexura coli sinistra bzw. dem oberen Abschnitt des Colon descendens ist das Lig. phrenicocolicum, Lig. hepatocolicum, Lig. gastrocolicum, freier Teil des Omentum majus, am Colon descendens Sulci paracolici, am Colon sigmoideum Mesocolon sigmoideum und Recessus intersigmoideus.
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
Spatium retroperitoneale Das Spatium retroperitoneale hat beiderseits der Wirbelsäule eine tiefe Rinne. Der Boden wird von M. psoas mit seiner Faszie gebildet, die sich seitlich in die Fascia transversalis fortsetzt.
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In jeder Rinne liegen Niere, Ren, Nebenniere, Glandula suprarenalis und Harnleiter, Ureter. Außerdem befinden sich im Spatium retroperitoneale die Teile des Verdauungskanals, die während der Entwicklung in eine sekundär retroperitoneale Lage gekommen sind: Pankreas, Teile des Duodenums und des Kolons. Ferner liegen retroperitoneal große Gefäßstämme auf der Wirbelsäule, die einen Kamm zwischen den beiden paravertebralen Rinnen bilden und Leitungsbahnen an der seitlichen Bauch- und Beckenwand. Die Organe der paravertebralen Rinne sind in Fettgewebe und lockeres Bindegewebe eingebettet, das sich zu Faszien verdichtet. Dadurch und durch die Gefäßverbindungen werden sie in ihrer Lage gehalten, insbesondere Niere und Nebenniere. Dennoch sind Verschiebungen möglich. So steht der untere Nierenpol während der Einatmung und bei aufrechter Körperhaltung bis zu 3 cm tiefer als bei der Ausatmung und im Liegen (⊡ Abb. 8.61). Corpus adiposum (⊡ Abb. 8.62). Das Corpus adiposum
umrahmt die Niere, vor allem seitlich. Dabei füllt es am medialen Nierenrand die Lücken zwischen den dort einbzw. austretenden Gefäßen und dem Ureter. Das Fettlager wechselt mit dem Ernährungszustand. Der Fasziensack umgibt Niere und Nebenniere ein-
schließlich des Fettgewebes (⊡ Abb. 8.62). Er besteht aus 2 Blättern, der prärenalen und der retrorenalen Faszie. Die Fascia retrorenalis ist derb, die Fascia prerenalis vergleichsweise zart. Beide Faszien reichen nach oben bis ans Diaphragma und nach unten bis an den Darmbeinkamm. Nach medial erstrecken sich die Faszien bis an die Wirbelsäule. Lateral und oben ist der Fasziensack geschlossen, nach medial und unten spaltförmig offen. Dadurch haben Gefäße und Nerven freien Zutritt zur Niere.
⊡ Abb. 8.61. Verlagerung beider Nieren (Pfeile) bei tiefer Inspiration und Exspiration im Liegen, hervorgerufen durch Zwerchfellbewegungen
> Klinischer Hinweis Bei Schwund der Capsula adiposa kann sich die Niere zur Beckenhöhle hin verlagern, Senkniere, häufiger rechts als links und häufiger bei der Frau als beim Mann. Bei der Nierensenkung kann der Harnleiter abknicken und der Harn ins Nierenbecken zurückgestaut werden.
Die Niere ist etwa 12 cm lang und reicht links vom Oberrand des 12. Brustwirbels, rechts eine halbe Wirbelkörperhöhe tiefer, bis in die Höhe des 3. Lendenwirbels. Auf beiden Seiten überquert die 12. Rippe die Niere im oberen Drittel bzw. darunter. In ihrem Verlauf schmiegen sich die Nieren den M. psoas und M. quadratus lumborum sowie kranial dem Zwerchfell an. Dadurch konvergieren die Längsachsen der Nieren nach oben, die Querachsen nach vorne medial. Auf der Nierenrückseite verlaufen dorsal der Fascia retrorenalis schräg abwärts gerichtet der N. subcostalis (12. Interkostalnerv), der N. iliohypogastricus und der N. ilioinguinalis. Die Oberfläche der Niere ist glatt, jedoch medial am Hilum renale eingezogen. Er liegt in Höhe des 2. Lendenwirbels. Dort treten die Nierengefäße ein bzw. aus und der Harnleiter verlässt die Niere. Topographisch eng mit der Niere verbunden ist die Nebenniere. Die weiteren Berührungsfelder der Niere durch Nachbarorgane sind in ⊡ Abb. 8.63 dargestellt. Weitere Ausführungen über die Niere finden Sie auf S. 599.
547 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
⊡ Abb. 8.62. Querschnitt durch die dorsale Rumpfwand in Höhe der linken Niere mit Darstellung der Nierenfaszien und des Corpus adiposus. Am lateralen Umfang der Rumpfwand ist nur der innerste Bauchmuskel gezeichnet
Die Nebenniere ist eine endokrine Drüse. Sie liegt beiderseits kapuzenförmig auf dem oberen Pol der Niere (⊡ Abb. 8.63). Die rechte Nebenniere ist abgeplattet und dreieckig. Sie berührt außerdem die Facies visceralis der Leber und hat Kontakt mit dem Duodenum (aber nicht mit der Aorta abdominalis). Die linke Nebenniere ist abgerundet. Beide Nebennieren legen sich nach oben der Pars lumbalis des Zwerchfells an. Weitere Ausführungen über die Nebenniere finden Sie auf S. 596. Der Ureter verläuft mit seiner Pars abdominalis auf
der Psoasfaszie und wird vom Peritoneum parietale bedeckt. In seinem Verlauf hat der Ureter nach dorsal enge topographische Beziehung zum N. genitofemoralis. Über dem Ureter (ventral von ihm) verlaufen auf beiden Seiten die A. und V. testicularis bzw. ovarica. Hinzu kommen auf der rechten Seite im Anfangsteil das Duodenum und weiter unten die A. ileocolica und die Radix mesenterii sowie links die A. mesenterica inferior und die Anheftung des Mesosigmoideums an der hinteren Bauchwand. Vor dem Ileosakralgelenk tritt der Ureter mit seiner Pars pelvica ins kleine Becken ein.
Beckensitus Wichtig
Der Beckensitus ist geschlechtsspezifisch.
Zum Beckensitus gehören die im kleinen Becken befindlichen Teile der Bauchhöhle,
⊡ Abb. 8.63 a, b. Berührungsfelder der ventralen Fläche der Niere. a Rechte und b linke Niere. Berührungsfeld 1 mit der Leber; 2 mit der Pars descendens duodeni; 3 mit dem Kolon (rechts Colon ascendens, links Colon descendens); 4 mit dem Magen; 5 mit der Milz; 6 mit der Cauda pancreatis
der subperitoneale Raum mit seinen Organen und Bindegewebsstrukturen und der Beckenboden (S. 308). Peritonealraum im Becken. Er wird vom Peritoneum urogenitale begrenzt. Seine Oberfläche ist durch Vor-
wölbungen der Beckenorgane ins Cavum peritoneale und Einsenkungen dazwischen zerklüftet (⊡ Abb. 8.64 a, b) Excavatio rectovesicalis beim Mann, Excavatio vesicouterina und Excavatio rectouterina bei der Frau und Mesosalpinx und Mesovar bei der Frau.
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
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⊡ Abb. 8.64 a, b. Übersicht über die Beckenorgane und die Peritonealverhältnisse. a Männliches Becken. b Weibliches Becken. Medianer Sagittalschnitt
> Hinweis Entstanden ist der bizarre Verlauf des Peritoneum urogenitale durch das Wachstum extraperitoneal angelegter Organe. Dabei sind Teile der inneren Geschlechtsorgane der Frau in eine intraperitoneale Lage gelangt und haben Bindegewebe und Bauchfell zu »Mesos« ausgezogen.
Das Spatium subperitoneale ist der mit lockerem bzw.
straffem Bindegewebe gefüllte Raum unterhalb des Perito-
neums.Er verengt sich nach kaudal trichterförmig (S. 309). Durch das Foramen ischiadicum majus und Foramen obturatum hat der subperitoneale Bindegewebsraum Verbindung mit den Bindegewebsräumen des Oberschenkels. Das Spatium subperitoneale wird von der Fascia pelvis parietalis zur Beckenwand und zum Beckenboden hin und der Fascia pelvis visceralis an der Oberfläche der Beckeneingeweide begrenzt.
549 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
> Hinweis Die Fascia pelvis parietalis ist ein Teil der inneren Faszie der Leibeswand. Zu ihr gehören Fascia obturatoria bis zum Arcus tendineus M. levatoris ani (S. 325) und Fascia superior diaphragmatis pelvis des M. levator ani (S. 230). Die Fascia pelvis visceralis ist die Fortsetzung der Fascia pelvis parietalis auf die Beckenorgane.
Höhe der Einmündung der Ureteren. Zwischen Harnblase und Rektum befindet sich die spaltförmige Excavatio rectovesicalis. Der Ductus deferens, Samenleiter, erreicht das Spatium subperitoneale nach Überquerung der Linea terminalis des kleinen Beckens. Er tritt dann von dorsolateral an die Rückseite der Harnblase heran, unterkreuzt die Ureteren und mündet im Bereich der Prostata in die Harnröhre.
Beckenorgane sind Harnblase, Rektum, innere Geschlechtsorgane – beim Mann: Teile des Ductus deferens, Samenleiter, Prostata, – bei der Frau: Vagina, Uterus, Tuba ovarii, Ovar.
Die Glandulae vesiculosae befinden sich lateral der Samenleiter an der Blasenrückseite. Obgleich die Rückwand der Harnblase das Rektum berührt, sind die Samenbläschen von dort nur bei Vergrößerung tastbar. Nach kranial erreichen die Spitzen der Samenbläschen das Peritoneum urogenitale.
Die Harnblase befindet sich hinter der Symphyse. Beim
Die Prostata liegt unter der Harnblase auf dem Becken-
Neugeborenen ragt sie jedoch aus dem Becken heraus. Getrennt ist die Harnblase von der Symphyse durch das Spatium retropubicum. Das Spatium reicht nach kranial bis zum Nabel, nach kaudal bis zum Blasenhals. Es ist mit lockerem Bindegewebe gefüllt, das zusammen mit dem der Blasenumgebung, dem Paracystium, die Ausdehnung der Blase bei Füllung ermöglicht. Hierzu weitere Ausführungen S. 609. Erreicht wird die Harnblase an ihrer Rückseite von den Ureteren, Harnleitern, die nach Überquerung der Linea terminalis ins kleine Becken gelangen.
boden. Sie umgreift die Harnröhre, Urethra. Dorsal berührt die Prostata die Flexura perinealis des Rektums. Dort kann sie getastet werden. Die Urethra verlässt nach kurzem Verlauf den Beckenraum durch das Levatortor. Weitere Einzelheiten S. 623.
Das Rektum liegt mit seiner Flexura sacralis in der Kon-
vexität des Os sacrum, wendet sich dann mit der nach ventral konvexen Flexura perinealis dem Beckenboden zu, um mit dem Canalis analis, durch das Diaphragma pelvis den Beckenraum zu verlassen. Die Flexura sacralis ist noch teilweise von Peritoneum bedeckt; dieser Teil liegt retroperitoneal. Alle übrigen Abschnitte des Rektums befinden sich extraperitoneal und sind von der Fascia pelvis visceralis umfasst. Zwischen Rückwand des Rektums und der Facies pelvica des Beckens sowie seitlich befindet sich lockeres Bindegewebe, Paraproctium, das bei Kotfüllung eine erhebliche Ausdehnung des Mastdarms zulässt. Innere Geschlechtsorgane. Beim Mann (⊡ Abb. 8.64 a) legen sie sich, soweit sie sich im Spatium subperitoneale befinden, der Harnblase an. Dadurch schlägt das Peritoneum urogenitale beim Mann direkt von der Flexura sacralis recti auf die Harnblase über, an der Harnblase auf
Subperitoneales Bindegewebe. Überwiegend handelt es sich um lockeres Bindegewebe. Jedoch ist es am Blasenausgang, an der Prostata und am Endteil des Rektums verdichtet. Dadurch entsteht in sagittaler Richtung zur Rückseite der Symphyse hin das Lig. puboprostaticum, das glatte Muskelzellen enthält, M. puboprostaticus. Frontal steht das Septum rectovesicale. Es steht mit dem Centrum tendineum perinei in Verbindung. Außerdem werden der Blasenhals und der proximale Abschnitt der Harnröhre von glatten Muskelzellen erreicht, die aus der Längsmuskulatur des Rektums ausscheren, M. rectovesicalis und M. rectourethralis. Bei der Frau (⊡ Abb. 8.64 b) befinden sich zwischen Harnblase und Rektum die inneren weiblichen Geschlechtsorgane, Vagina und Uterus sowie beiderseits Tuba uterina und Ovar. Uterus und Adnexe (Tuba ovarii, Ovar) werfen gemeinsam eine Peritonealfalte auf, die aus einem bindegewebsreichen Teil, Lig. latum, und einem kranialen, bindegewebsarmen Teil besteht. Beide Anteile setzen sich zur seitlichen Beckenwand hin fort. Das seitlich am Uterus gelegene subperitoneale Bindegewebe des Lig. latum wird als Parametrium bezeichnet. Das bedeckende Bauchfell ist das Mesometrium. Der bindegewebsarme Teil auf der Vorder- und Rückseite des Uterus
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
ist das Perimetrium. Es bedeckt auch den Fundus uteri und ist unverschieblich mit dem Uterus verwachsen. Der bindegewebsarme Teil der Peritonealfalte beiderseits des Uterus umschließt an der oberen Kante jeweils die Tuba uterina, Eileiter. Dieser Abschnitt wird als Mesosalpinx bezeichnet. Das laterale Ende des Eileiters ist frei beweglich und greift nach hinten auf das Ovar. An der Grenze zwischen den beiden Abschnitten der Peritonealauffaltung befindet sich auf der dorsalen Seite als weitere Peritonealfalte das Mesovarium, das das Ovar umschließt und die seitliche Beckenwand erreicht. Das Ovar selbst liegt in der Fossa ovarica der lateralen Beckenwand in der Gabelung der Vasa iliaca. Im Mesovar verläuft als Bindegewebsverdichtung mit elastischen Fasern und glatten Muskelzellen das Lig. ovarii proprium. Es verbindet den unteren Pol des Ovars mit der Einmündungsstelle der Tuben in den Uterus, Tubenwinkel. Am oberen Pol des Ovars bildet das Bindegewebe das Lig. suspensorium ovarii. Es leitet die Gefäße und Nerven zum und vom Ovar. Eine weitere Verdichtung im subperitonealen Bindegewebe befindet sich auf der ventralen Seite der Plica lata als Lig. teres uteri, das vom Tubenwinkel des Uterus zum Leistenkanal und dann weiter zu den großen Schamlippen zieht. Die Auffaltung der Plica lata mit dem Uterus lässt Bauchfelltaschen entstehen, Excavatio vesicouterina und Excavatio rectouterina. Die Excavatio vesicouterina kommt dadurch zustande, dass der Uterus ventral geneigt ist und mit seiner Vorderseite auf der Harnblasenkuppel liegt. An der Uterusvorderseite reicht die Excavatio vesicouterina bis zum Isthmus uteri. Die Excavatio rectouterina (in der Klinik: Douglas-Raum) zwischen Uterusrückwand und Rektum wird von Plicae rectouterinae begrenzt. Da das Bauchfell hier die Dorsalseite des Uterus in ganzer Länge bedeckt, erreicht der Boden der Excavatio rectouterina das Scheidengewölbe, das nur aus einer dünnen muskelschwachen Wand besteht.Am Scheidengewölbe schlägt das Peritoneum auf die Oberfläche des Rektums über. Dadurch kann sowohl das Scheidengewölbe als auch der Muttermund, das ist die Öffnung des Uterus in die Scheide unterhalb des Scheidengewölbes, von rektal ertastet werden. > Klinischer Hinweis Punktionen des Douglas-Raums können vom hinteren Scheidengewölbe aus durchgeführt werden, z. B. bei Abszessen oder zur Gewinnung von Eizellen für eine In-vitro-Fertilisation.
Das subperitoneale Bindegewebe der Plica lata ist relativ locker. Es gibt dem Uteruskörper Spielraum für Bewe-
gungen und sein Wachstum während der Schwangerschaft. Züge straffen Bindegewebes finden sich dagegen zwischen Symphyse, Harnröhre, Uterushals, Vagina und Flexura perinealis des Rektums. Als Lig. pubovesicale verbinden sie den unteren Blasenpol und die Urethra mit dem Hinterrand der Symphyse. Untrennbar ist dagegen das Bindegewebe zwischen Urethra und Vagina, etwas lockerer zwischen hinterer Scheidewand und Rektum, Septum rectovaginale. Das straffe Bindegewebe hält zwar die Organe am Beckengrund in ihrer Lage, getragen werden sie jedoch vom Beckenboden. Das Bindegewebe neben der Scheide wird auch als Paracolpium bezeichnet. Zur Entwicklung der extraperitoneal gelegenen Organe der Bauch- und Beckenhöhle Nur die Entwicklungsgeschichte macht den Zusammenhang zwischen den Organen des extraperitonealen Raums klar. Harn- und Geschlechtsorgane gehen nämlich aus einer gemeinsamen mesodermalen Leiste hervor. Sie besteht aus einer Urogenitalfalte, der sich seitlich die Genitalleiste anlagert. In der Urogenitalfalte entstehen die frühen Nierenanlagen und ihre Ausführungsgänge, die beim Mann zu den ableitenden Geschlechtswegen werden. Bei der Frau geht aus einem gesondert angelegten Gangsystem ein großer Teil ihrer inneren Geschlechtsorgane hervor. In der Genitalleiste entwickeln sich die keimzellenbildenden Organe, Hoden und Ovar. Die Harnblase mit den distalen Harnwegen nimmt ihren Ursprung von der Kloake, aus der auch der Enddarm entsteht. Wichtig
Wegen der entwicklungsgeschichtlichen Zusammenhänge werden Harn- und Geschlechtsorgane unter der Bezeichnung Urogenitalsystem zusammengefasst.
Nierenentwicklung. Der Bildungsort der embryonalen Nierenanlage ist der an der dorsalen Leibeswand gelegene nephrogene Strang, ein Teil der Urogenitalfalte. Es handelt sich um eine Mesodermvorwölbung, als intermediäres Mesoderm bezeichnet, in Nachbarschaft der Mesenterialwurzel. Dort bilden sich von kranial nach kaudal fortschreitend in zeitlicher Überlappung drei Nierengenerationen (⊡ Abb. 8.65), die jedoch niemals gleichzeitig vorhanden sind: Pronephros, Vorniere, in den Halsabschnitten des intermediären Mesoderms, Mesonephros, Urniere, in Höhe der 8. bis 14. Somiten und Metanephros, Nachniere, im Bereich der 13. bis 27./28. Somiten.
551 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
produzierenden Anteile der Niere, während sich aus der Ureterknospe die harnableitenden Anteile entwickeln: die Sammelrohre im Nierenparenchym, Nierenkelche und Harnleiter (Ureter). Gleichzeitig induziert das Mesenchym das Einsprossen von Blutgefäßen in die hakenförmigen Endabschnitte der Nierenkanälchen. Dort entstehen die Glomeruli, in denen die Harnfiltration aus dem Blut erfolgt. Aus der Spitze der Ureterknospe entsteht die Anlage des Nierenbeckens, Pelvis renalis. Durch Unterteilung gehen hieraus 4 Nierenkelche hervor, Calices renales majores. Die weiteren Aussprossungen teilen sich jeweils dichotom (2fach) bis zur 12. Generation. Davon werden 8 ins spätere Nierenparenchym einbezogen. Die ersten bilden Calices renales minores. Insgesamt entstehen bis zu 3 Mio. Sammelkanälchen mit ebenso vielen Nierenkanälchen und Glomeruli. Lageveränderungen der Niere. Durch Wachstum der fetalen Lumbal- und Sakralregion verschieben sich die Nieren aus diesem Gebiet in ihre endgültige Position. Dieser Vorgang wird als Aszensus bezeichnet. ⊡ Abb. 8.65. Schematische Darstellung der Nierenentwicklung. Sagittalschnitt
Fehlbildungen. Es können auftreten eine/ein Nierenagenesie, wenn durch Wegfall der induzierenden
Die Vorniere bleibt funktionslos und wird zurückgebildet. Jedoch findet der Vornierengang seine Fortsetzung im Urnierengang, Wolff-Gang, der am Ende der 4. Embryonalwoche nach kaudal Anschluss an die Kloake bekommt. Aus dem Urnierengang gehen beim Mann der Ductus epididymidis, der Ductus deferens und die Glandula vesiculosa hervor. Durch Wechselwirkung und gegenseitige Induktion entstehen in dem verdichteten Mesoderm unter dem Urnierengang Anlagen von harnproduzierenden Urnierenkanälchen, Mesonephros, die in den Urnierengang münden und Harn abgeben. Er gelangt ins Fruchtwasser. Die Urniere bildet sich jedoch bis auf Kanälchenabschnitte zurück, die beim Mann zu Ausführungsgängen des Hodens in den Nebenhoden werden, Ductuli efferentes. Bei der Frau findet das Urnierensystem keine Verwendung. Bei ihr werden die Urnieren bis auf einen unbedeutenden Rest (Gartner-Gang) zurückgebildet. Es entsteht vielmehr als Einfaltung des Zölomepithels, induziert vom WolffGang, ein paralleles Gangsystem, Müller-Gang, das gleich dem Wolff-Gang in die Kloake mündet. Aus dem MüllerGang gehen die Tuba ovarii und der Uterus hervor. Entwicklung der bleibenden Nachniere. Kurz vor Einmündung in die Kloake bekommt der Urnierengang (bei beiden Geschlechtern) eine epitheliale Knospe, Ureterknospe. Sie entsteht unter dem Einfluss von Botenstoffen aus dem umgebenden Mesenchym. Die vorwachsende Ureterknospe induziert die Differenzierung des zum Nachnierenblastem verdichteten Mesenchyms, dem metanephrogenen Gewebe. Das Nachnierenblastem ist das Muttergewebe für die harn-
Entwicklung von Harnblase und Harnröhre, Kloake. Harnblase und Harnröhre gehen aus dem Sinus urogenitalis hervor, dem ventralen Abschnitt der Kloake. Die Kloake ist der im Frühstadium gemeinsame Endab-
Wirkung des Mesenchyms die Entstehung der Ureterknospe unterbleibt. Diese Fehlbildung ist nicht mit dem Leben vereinbar, zystische Nierendysplasie bei Störungen der induktiven Wechselwirkung zwischen Ureterknospe und Mesenchym während der Bildung der Nierenkanälchen, Nephroblastome, Wilms-Tumoren, können auf postnatale Reste metanephrogenen Blastems zurückgehen, das in der Regel bei der Geburt verbraucht ist, Beckenniere, Hufeisenniere liegen vor, wenn der Aszensus der Niere durch die Gefäße der Umgebung behindert wird. Bei der Hufeisenniere sind die beiden Nieren an ihren unteren Polen verwachsen.
schnitt von Darmkanal und Urogenitalsystem. Sie ist nach außen durch die Kloakenmembran abgeschlossen, in deren Bereich sich Entoderm und Ektoderm berühren (S. 109, ⊡ Abb. 3.11, 8.66 a). Zwischen der 4. und 7. Embryonalwoche wird die Kloake durch eine transversale, mesenchymunterfütterte Falte, Septum urorectale, in einen ventralen primitiven Sinus urogenitalis und einen dorsalen Canalis analis unterteilt (⊡ Abb. 8.66). Aus dem Canalis analis gehen der obere Abschnitt des Analkanals und das Rektum hervor. Dabei reißt der zugehörige Teil der Kloakenmembran, die Analmembran, ein. Das Rektum bekommt eine offene Verbindung nach außen, d. h. zur Fruchtwasserhöhle.
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
> Klinischer Hinweis Unterbleibt das Einreißen der Analmembran, liegt eine Atresia ani vor. Fehlt der Endabschnitt des Rektums, Atresia recti, können Analfisteln zur Harnblase, zur Harnröhre oder Vagina entstehen.
Der Sinus urogenitalis (⊡ Abb. 8.66) erfährt bald nach sei-
ner Entstehung eine Streckung und eine Gliederung in 3 Teile. Der obere Teil wird bei beiden Geschlechtern zur Harnblase. Eine zunächst offene Verbindung zur Allantois (S. 110) wird zu einem dicken fibrösen Strang, Urachus. Der mittlere Teil, Pars pelvica, wird beim Mann zum proximalen Abschnitt der Harnröhre (bis zum Colliculus seminalis, S. 612), bei der Frau zur Harnröhre insge-
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⊡ Abb. 8.66 a–c. Trennung der Kloake in Sinus urogenitalis und Rektum. Aussprossen der Ureterknospe aus dem Wolff-Gang. Trennung von Wolff-Gang und Ureter. Aszensus der Niere. Differenzierung des Wolff-Ganges zum Ausführungsgang der Gonade, Deszensus der Gonade. Sagittalschnitte. a Ende der 5. Woche. b 7. Woche. c 8. Woche
samt. Beim Mann geht aus Knospen dieses Teils der Urethra die Prostata hervor. Der untere Teil, Pars phallica, bleibt zunächst als definitiver Sinus urogenitalis erhalten. Aus ihm gehen beim Mann der distale Abschnitt der Urethra, bei der Frau das Vestibulum vaginae und bei beiden Geschlechtern aus den begrenzenden Falten die äußeren Geschlechtsteile hervor. Eingeleitet wird die Entwicklung dadurch, dass der Urnierengang im Grenzbereich zwischen mittlerem und oberem Abschnitt Anschluss an den Sinus urogenitalis bekommt und dass am Urnierengang nahe seiner Einmündung die Ureterknospe entsteht (s. oben). In der Folgezeit trennt sich die aus der Ureterknospe hervorgehende Ureteranlage vom Urnierengang. Dadurch münden beide Gänge gesondert in den Sinus urogenitalis ein und zwar kranial der Urnierengang und weiter kaudal der Ureter. Anschließend wandert die Ureteröffnung nach oben in den zukünftigen Harnblasenbereich, der Urnierengang, der nur beim Mann erhalten bleibt und aus dem der Samenleiter entsteht, gelangt dagegen nach unten in den Bereich der zukünftigen Urethra. Aus den Knospen der Samenleiter beider Seiten werden beim Mann die Glandulae vesiculosae. Gonadenentwicklung. Sie beginnt in der Genitalleiste (⊡ Abb. 8.67) und ist zunächst geschlechtsunspezifisch. Sie wird jedoch nur dann eingeleitet, wenn eine Urniere vorhanden ist. Im ersten Schritt kommt es in der Genitalleiste zu einer Mesenchymverdichtung und zu einer Proliferation des bedeckenden Epithels (Zölomepithel). Es entstehen Epithelzapfen, die in das Mesenchym eindringen. Sie werden als primäre Keimstränge bezeichnet und behalten die Verbindung zum Oberflächenepithel. Keimzellen sind vor der 6. Embryonalwoche nicht zu finden. Erst danach wandern Urkeimzellen (embryonale Stammzellen, S. 106), angezogen durch einen chemotaktischen Faktor des Zölomepithels in das vorbereitete Gonadengewebe ein. Dort werden sie zu Bestandteilen der Keimstränge. Urkeimzellen, die aus embryonalen Stammzellen hervorgegangen sind, treten zuerst im Ektoderm auf und zwar in der Wand des Dottersacks über dem Allantoisgang (⊡ Abb. 8.68).Von hier wandern sie über das dorsale Mesenterium in das Epithel des Enddarms und von dort in der 6. Entwicklungswoche in die Genitalleiste, wo sie die Gonadenentwicklung induzieren. Erreichen die Urkeimzellen die Genitalleisten nicht, unterbleibt die Entwicklung von Hoden und Ovar. ⓘ Infobox Obgleich die Anlagen von Hoden und Ovar zunächst nicht unterscheidbar sind, ist doch das Geschlecht bereits genetisch festgelegt: genetisches Geschlecht. Sobald Hoden und Ovar als solche erkennbar werden (Ende der 7. Woche), wird von gonadalem Geschlecht gesprochen. Treten schließlich während der
553 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
Pubertät die sekundären Geschlechtsmerkmale in Erscheinung und wird der Körperbau geschlechtsspezifisch, liegt das körperliche Geschlecht vor. Verbunden ist damit die Ausbildung des psychischen Geschlechtes als Ausdruck der Geschlechtsunterschiede des Gehirns.
Die Schilderung der weiteren Entwicklung der männlichen und weiblichen Geschlechtsorgane erfolgt im Zusammenhang mit der Besprechung des männlichen (S. 614) und des weiblichen Genitalsystems (S. 630, 637, 646).
8.4.3
Leitungsbahnen
Arterien Wichtig
Die beherrschenden Arterien der Bauch- und Beckenhöhle sind die Pars abdominalis aortae und die paarigen Aa. iliacae.
Die Pars abdominalis aortae setzt die Pars thoracica aor⊡ Abb. 8.67. Die Urogenitalfalte beinhaltet einen nephrogenen Anteil (Nierenleiste), eine Genitalleiste und eine Nebennierenleiste. Innerhalb dieser Gebiete besteht eine »steroidogene« Zone, in der sich die steroidbildenden Gonaden und die Nebenniere entwickeln
tae fort. Die Pars abdominalis aortae beginnt in Höhe von Th12 nach Durchtritt der Aorta durch das Zwerchfell. Sie verläuft vor der Wirbelsäule. Ihr Anfangsteil wird vom Pankreas und von der Pars ascendens duodeni überlagert. Am unteren Rand des 4. Lumbalwirbels teilt sich die Aorta in die beiden Aa. iliacae communes. Während ihres Verlaufes entlässt die Bauchaorta (⊡ Abb. 8.69) unpaare Äste, die in die Mesenterien eintreten, und paarige Äste, die in die seitlichen Bindegewebsräume des Spatium retroperitoneale gelangen. Nach der Teilung der Bauchaorta in die gemeinsamen Beckenarterien setzt sie sich in die A. sacralis mediana, kleine Schwanzarterie, fort, deren Ende in das Steißknötchen, Corpus coccygeum, übergeht. Unpaare Aortenäste (⊡ Abb. 8.69). Die unpaaren ventra-
⊡ Abb. 8.68. Schematische Darstellung der Einwanderung von Urgeschlechtszellen in die Gonadenleiste über die Keimbahn. Etwa 6. Embryonalwoche
len viszeralen Aortenäste sind der Truncus coeliacus, Tripus Halleri, der unmittelbar unter dem Hiatus aorticus des Zwerchfells aus der Aorta hervorgeht, 1–2 cm lang ist und vom Peritoneum parietale der dorsalen Wand der Bursa omentalis bedeckt wird. Der Truncus coeliacus teilt sich in – A. gastrica sinistra (S. 567) zur Pars cardiaca des Magens. Dort gehen die Rr. oesophageales zu den abdominalen Ösophagusabschnitten ab.
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
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⊡ Abb. 8.69. Pars abdominalis aortae mit ihren Ästen
– A. hepatica communis. Im Bereich des Pylorus setzt sie sich in die A. hepatica propria fort und dort geht die A. gastroduodenalis ab. Äste der A. hepatica propria A. gastrica dextra (S. 567), Ramus dexter mit der A. cystica (S. 593), Ramus sinister zum linken Leberlappen, Ramus intermedius zum Lobus quadratus. Die wichtigsten Äste der A. gastroduodenalis (S. 585) A. pancreaticoduodenalis superior posterior Rr. pancreatici und Rr. duodenales, Aa. retroduodenales, A. pancreaticoduodenalis superior anterior, A. gastroomentalis dextra (S. 567).
– Rami pancreatici (S. 585) und andere Pankreasgefäße, – A. gastroomentalis sinistra zur großen Kurvatur des Magens (S. 567) und – Aa. gastricae breves zum Magenfundus (S. 568). A. mesenterica superior. Sie ist das Gefäß der Nabelschleife (S. 544). Ihr Versorgungsgebiet reicht vom Duodenum bis zur linken Kolonflexur. Die A. mesenterica superior entspringt in Höhe von Th12–L1 unterhalb des Truncus coeliacus aus der Aorta, verläuft hinter dem Pankreas abwärts und tritt zwischen dessen unterem Rand und der Pars horizontalis duodeni in das Mesenterium ein, wo sie sich aufteilt. Ihre Äste sind – A. pancreaticoduodenalis inferior (S. 585), die hinter der Bauchspeicheldrüse beginnt und mit der A. pancreaticoduodenalis superior einen Gefäßkranz bildet, – Aa. jejunales (S. 576), – Aa. ileales (S. 576), – A. ileocolica (S. 579) mit Aa. caecalis anterior et posterior und A. appendicularis, – A. colica dextra (S. 579), – A. colica media (S. 579), die die A. mesenterica superior in ihrem Anfangsteil verlässt, im Mesocolon transversum zum Colon transversum verläuft und mit der A. colica sinistra (s. unten) in Verbindung steht. A. mesenterica inferior. Sie entspringt aus der Aorta, etwa 5 cm oberhalb ihrer Bifurkation in Höhe des 3. Lendenwirbelkörpers und liegt völlig retroperitoneal. Die Äste der A. mesenterica inferior sind (S. 579) A. colica sinistra, Aa. sigmoideae und A. rectalis superior. Paarige Aortenäste. Die paarigen Aortenäste ziehen zu
mit
A. splenica (lienalis). Sie verläuft hinter dem Oberrand des Pankreas durch das Lig. splenorenale zum Milzhilum. Ihre Äste sind
den paarigen Eingeweiden (Nebennieren, Nieren, Keimdrüsen) sowie als paarige dorsale Äste zur Bauchwand. Die A. phrenica inferior entspringt beiderseits dicht unter dem Zwerchfell und versorgt dessen Unterfläche. Sie gibt die A. suprarenalis superior zur Nebenniere ab. Die A. suprarenalis media geht tiefer aus der Bauchaorta hervor und verläuft lateralwärts zur Nebenniere. Die A. renalis entspringt zwischen dem 1. und 2. Lendenwirbel unterhalb der A. mesenterica superior
555 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
rechtwinklig aus der Bauchaorta. Jede A. renalis gibt eine – A. suprarenalis inferior (S. 598) ab. Die A. testicularis bzw. ovarica entspringt unterhalb der Nierenarterien aus dem vorderen Umfang der Bauchaorta. Bei beiden Geschlechtern zieht die Arterie auf dem M. psoas abwärts und überkreuzt den Ureter. Beim Mann tritt sie an den inneren Leistenring heran und zieht dann als Bestandteil des Samenstrangs (⊡ Tabelle 8.8, S. 626) zum Mediastinum des Hodens. Bei der Frau tritt sie am Rand des kleinen Beckens in das Lig. suspensorium ovarii ein (S. 550). Die Aa. lumbales sind paarige dorsale Äste der Bauchaorta und entsprechen den Interkostalarterien. Beiderseits entspringen 4 Lumbalarterien zur Versorgung der Bauchwand. Sie geben Äste zur Rückenmuskulatur und feine Zweige zur arteriellen Versorgung des Wirbelkanals ab. Sie anastomosieren mit anderen Bauchwandarterien, nämlich mit den Aa. epigastricae superiores et inferiores, den Aa. iliolumbales und mit den Aa. circumflexae ilium profundae. A. iliaca communis (⊡ Abb. 8.70). Sie ist 4–6 cm lang, verläuft medial am M. psoas major und teilt sich vor der Articulatio sacroiliaca in A. iliaca externa und A. iliaca interna.
Die A. iliaca externa gelangt im lockeren retroperitonea-
len Bindegewebe parallel zur Linea terminalis zur Lacuna vasorum (S. 369). Hier unterkreuzt sie das Leistenband und wird zur A. femoralis. Zuvor gibt sie im Beckenbereich ab die A. circumflexa ilium profunda und A. epigastrica inferior (⊡ Abb. 6.45, S. 238). Die A. iliaca interna dient der Gefäßversorgung des Beckens. Sie folgt der Gelenklinie der Articulatio sacroiliaca ins kleine Becken. Sie hat dort parietale dorsale Äste, einen parietalen ventralen Ast und viszerale Äste. Parietale dorsale Äste (⊡ Abb. 8.70): A. iliolumbalis. Sie gelangt nach einem Verlauf hinter
der A. iliaca interna und unter dem M. psoas major in die Fossa iliaca. Äste sind der – R. lumbalis zum M. psoas und M. quadratus lumborum und der – R. iliacus in der Fossa iliaca. Aa. sacrales laterales (gelegentlich aus der A. glutea superior). Sie ziehen zu den Foramina sacralia pelvina und in den Sakralkanal. A. glutea superior (⊡ Abb. 6.129). Das Gefäß verlässt den Beckenraum durch das Foramen suprapiriforme (S. 368). Dann versorgt es mit einem
⊡ Abb. 8.70. Arterien im subperitonealen Bindegewebe des Beckens. Die roten Felder zeigen die terminalen Gefäßnetze an
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556
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
– R. superficialis den M. gluteus maximus und den M. gluteus medius (oberer Teil) sowie mit einem – R. profundus die Mm. gluteus medius (unterer Teil) et minimus. A. glutea inferior (⊡ Abb. 6.129). Sie verlässt den Beckenraum durch das Foramen infrapiriforme (S. 368). Sie beteiligt sich an der Versorgung des M. gluteus maximus und der kleinen Hüftmuskeln. Sie bildet zahlreiche Anastomosen mit der A. glutea superior, A. obturatoria und A. circumflexa femoris. A. pudenda interna. Sie verlässt den Beckenraum durch das Foramen infrapiriforme, schlingt sich um das Lig. sacrospinosum und gelangt so durch das Foramen ischiadicum minus in die Fossa ischioanalis. Dort legt sich das Gefäß eng dem unteren Schambeinast an und verläuft im Canalis pudendalis (Alcock-Kanal), einer Duplikatur der Faszie des M. obturatorius internus, zur Regio urogenitalis. Ihre wichtigsten Äste sind – A. rectalis inferior zum Canalis analis, – tiefere Äste (Verlauf im Spatium perinei profundum) versorgen beim Mann als A. bulbi penis, A. urethralis, A. dorsalis penis und A. profunda penis Penis und Harnröhre, bei der Frau als A. bulbi vestibuli, A. dorsalis clitoridis und A. profunda clitoridis die Vulva und – oberflächliche Äste (im Spatium perinei superficiale): A. perinealis, die den M. bulbospongiosus und den M. ischiocavernosus versorgt, und Rr. scrotales/labiales.
und in der Nabelschnur zur Plazenta ziehenden A. umbilicalis (S. 117). Äste sind – A. ductus deferentis und – Aa. vesicales superiores zu den oberen und mittleren Teilen der Harnblase. A. vesicalis inferior zum Harnblasengrund. Sie gibt beim Mann Rami zur Prostata und zur Vesicula seminalis, bei der Frau zur Vagina ab. A. rectalis media zum Rektum, wo sie mit der A. rectalis superior und A. rectalis inferior anastomosiert. Sie gibt beim Mann Äste zur Prostata und zur Vesicula seminalis, bei der Frau zum unteren Scheidenabschnitt ab. A. uterina. Sie entspricht der A. ductus deferentis des Mannes. Das Gefäß verläuft im Ligamentum latum über den Ureter hinweg zur Cervix uteri und dann geschlängelt seitlich am Uterus aufwärts. Äste sind die – Rr. vaginales absteigend zur Scheide (⊡ Abb. 8.136), – R. ovaricus im Lig. ovarii proprium (s. unten) zum Ovar; dieser bildet eine Anastomose mit der A. ovarica und der – R. tubarius zur Tuba uterina. A. vaginalis zum oberen Scheidenabschnitt.
> Hinweis Folge und Verlauf der von den Hauptstämmen abzweigenden Arterien variieren erheblich. Die hier geschilderten Verhältnisse treffen in 60 % der Fälle zu.
Venen Parietaler ventraler Ast (⊡ Abb. 8.70): A. obturatoria. Dieses Gefäß läuft nach ventral und
gibt Äste an den M. obturatorius internus und den M. iliopsoas ab. Sie verlässt das kleine Becken durch den Canalis obturatorius.Vorher gibt sie den – R. pubicus ab, der mit dem R. pubicus der A. epigastrica inferior anastomosiert (S. 238); danach einen – R. anterior, im Wesentlichen für die Adduktorengruppe, – R. posterior für die tieferen äußeren Hüftmuskeln und – R. acetabularis, der im Lig. capitis femoris zum Oberschenkelkopf verläuft (oft verödet). Viszerale Äste (⊡ Abb. 8.70): A. umbilicalis. Es handelt sich um den proximalen Rest einer ursprünglich im Lig. umbilicale mediale
Wichtig
Die sammelnde Vene des Blutes aus den Beinen, dem Becken und den Beckenorganen, der Bauchwand und den paarigen Organen der Bauchhöhle ist die V. cava inferior. Das Blut aus den unpaaren Bauchorganen gelangt in die V. portae hepatis.
Der venöse Abfluss aus der Dammregion erfolgt im Wesentlichen durch Venen, die den Arterien gleichnamig sind, zur V. pudenda interna.Außerdem bilden oberflächliche Venen dieser Gegend durch ausgiebige Anastomosen einen Plexus, der über die Vv. pudendae externae zur V. femoralis abfließt und auch noch Verbindungen zur V. obturatoria hat. Besonderheiten liegen insofern vor, als der Blutrückfluss aus den Vv. dorsales superficiales penis/clitoridis zu den Vv. pudendae externae und dann in die V. saphena magna (S. 361), der V. dorsalis profunda pe-
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⊡ Abb. 8.71. Venen im subperitonealen Bindegewebe des Beckens. Die roten Felder zeigen die peripheren Gefäßnetze an
nis zum Plexus prostaticus, der V. dorsalis profunda clitoridis teilweise zum Plexus vesicalis und dann in die V. pudenda interna erfolgt. Für den Blutabfluss aus dem Becken stehen viszerale
und parietale Äste zur Verfügung (⊡ Abb. 8.71), die entsprechende Arterien begleiten. Die viszeralen Äste gehen von ausgedehnten Geflechten, Plexus venosi, um die Beckenorgane aus: Plexus venosus sacralis, rectalis, vesicalis, prostaticus, uterinus, vaginalis. > Klinischer Hinweis Lungenembolien gehen häufig auf ausgeschwemmte Thromben der Beckenvenen zurück, z. B. bei längerer Bettruhe.
Schließlich sammeln sich alle Venen in der V. iliaca interna, die dorsal von der A. iliaca interna und näher an der Beckenwand als diese liegt. V. iliaca interna und V. iliaca externa, die aus der V. femoralis hervorgeht, bilden die V. iliaca communis.
⊡ Abb. 8.72. V. cava inferior mit ihren Zuflüssen
V. cava inferior (⊡ Abb. 8.72). Sie entsteht rechts von der Wirbelsäule zwischen dem 4. und 5. Lendenwirbel durch Vereinigung der beiden Vv. iliacae communes. Der Zusammenfluss wird von der A. iliaca communis dextra überdeckt.Der Stamm steigt dann rechts von der Aorta an der hinteren Bauchwand aufwärts zum Centrum tendineum des Zwerchfells, um durch das Foramen venae cavae zum rechten Vorhof des Herzens zu gelangen. Im sehni-
gen Anteil des Zwerchfells ist sie fest fixiert und hat einen Durchmesser von 3 cm. Die Vorderfläche der V. cava inferior wird im kaudalen Bereich von Peritoneum bedeckt, kranial ist sie von der Radix mesenterii,von der Pars horizontalis duodeni und vom Pankreaskopf überlagert. Dicht unterhalb des Zwerchfells nimmt die V. cava inferior die Vv. phrenicae inferiores und die Vv. hepaticae
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
auf. Im Übrigen entsprechen ihre paarigen Wurzeln den paarigen Ästen der Aorta. Cava-Cava-Anastomosen. Zwischen V. cava inferior und V. cava superior bestehen zahlreiche Verbindungen (relevant bei Stauungen in der V. cava inferior, z. B. bei Leberzirrhose) durch die V. lumbalis ascendens (s. unten) und Anastomosen zwischen V. epigastrica inferior und Vv. epigastricae superiores (S. 239), Anastomosen zwischen V. epigastrica superficialis und Vv. thoracoepigastricae (⊡ Abb. 8.73). Besonderheiten. Die Vv. lumbales sind vor den Rippenfortsätzen der
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Lumbalwirbel durch Längsanastomosen, V. lumbalis ascendens, verbunden. Diese die V. iliaca communis und die Vv. lumbales verbindende Anastomose mündet rechts in die V. azygos, links in die V. hemiazygos (S. 524). Da die V. azygos in die V. cava superior mündet, ist durch diese Anastomose eine seitlich von der Wirbelsäule gelegene Verbindung zwischen oberer
V. axillaris dex. V. brachiocephalica dex. Vv. thoracicae int. Vv. oesophageales Vv. thoracoepigastricae Vv. paraumbilicales
V. cava inf.
und unterer Hohlvene hergestellt, ein Parallelkreislauf, der bei Obstruktionen der V. cava inferior Bedeutung erlangt. Die Vv. testiculares gehen aus dem jederseitigen Plexus pampiniformis hervor. Die rechte V. testicularis mündet in die V. cava inferior, die linke gelangt unter dem Sigmoid zur V. renalis sinistra. Die Vv. ovaricae verhalten sich in ihrem Verlauf wie die Vv. testiculares. Die Vv. renales liegen vor den gleichnamigen Arterien und münden unterhalb des Ursprungs der A. mesenterica superior in die V. cava inferior. Die rechte ist nur kurz und wird von der Pars descendens duodeni bedeckt. Die linke ist länger und sehr viel dicker, verläuft ventral von der Bauchaorta nach rechts und ist vom Pankreas verdeckt. Vena portae hepatis, Pfortader (⊡ Abb. 8.74, S. 587). Die V. portae hepatis sammelt das mit Nährstoffen angereicherte Blut aus den unpaaren Bauchorganen und transportiert es zur Leber. Die Pfortader entsteht hinter dem Pankreaskopf (in Höhe des 2. Lendenwirbels) durch Zusammenfluss der V. splenica (lienalis) und der V. mesenterica superior. V. splenica. Sie bildet sich aus 5–6 Ästen am Milzhilum und verläuft kaudal der A. splenica an der Hinterfläche des Pankreas. Sie nimmt auf die Vv. pancreaticae aus der Bauchspeicheldrüse, Vv. gastricae breves vom Magenfundus (Verlauf im Lig. gastrosplenicum) und die V. gastroomentalis sinistra von der großen Kurvatur des Magens. V. mesenterica inferior. Sie mündet in der Regel in die V. splenica. Zuvor nimmt sie auf V. colica sinistra vom Colon descendens, Vv. sigmoideae vom Colon sigmoideum und V. rectalis superior vom oberen Rektum. V. mesenterica superior. Sie verläuft lateral von der
⊡ Abb. 8.73. Pfortader und portokavale Anastomosen. Die Pfeile geben die Strömungsrichtung des Pfortaderbluts bei einer Stauung in der V. portae an. A zu den Ösophagusvenen; B zu den Venen des Rektums; C zu den Beckenvenen und zur V. subclavia
gleichnamigen Arterie im Mesenterium und dann hinter dem Pankreaskopf. Sie erhält Zuflüsse durch: Vv. jejunales et ileales vom Jejunum und Ileum, V. gastroomentalis dextra von der großen Kurvatur des Magens, Vv. pancreaticae aus der Bauchspeicheldrüse,
559 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
⊡ Abb. 8.74. V. portae hepatis mit ihren Zuflüssen
Vv. pancreaticoduodenales von Pankreaskopf und Duodenum, V. ileocolica vom Dünndarm-Dickdarm-Übergang, die die V. appendicularis aufnimmt, V. colica dextra vom Colon ascendens und V. colica media vom Colon transversum. Die Pfortader verläuft hinter der Pars superior duodeni dorsal im Lig. hepatoduodenale zwischen Ductus choledochus (rechts) und A. hepatica propria (links) und zieht zur Leberpforte. Während dieses Verlaufes treten in die V. portae ein V. praepylorica von der Vorderseite des Pylorus, Vv. gastricae sinistra et dextra von der kleinen Kurvatur des Magens, Vv. paraumbilicales, kleine Venen, die mit dem Lig. teres hepatis verlaufen und Verbindungen zu oberflächlichen Bauchwandvenen herstellen und V. cystica von der Gallenblase. Wichtig
Vv. paraumbilicales zu den Venen der Bauchwand, V. coronaria gastri (=V. gastrica dextra et sinistra, V. praepylorica) und die Vv. gastricae breves zu Ösophagusvenen, Venen des Rektums und retroperitoneale Anastomosen. > Klinischer Hinweis In den Kapillargebieten bzw. in kleineren Venen der portokavalen Anastomosen kann es bei portaler Hypertension zu Varizenbildungen und durch Gefäßrupturen zu Blutungen kommen. Besonders gefährlich und häufig sind bei portaler Hypertension Ösophagusvarizen. – Füllen sich die Venen der vorderen Bauchwand durch Erweiterung und Umkehr der Blutstromrichtung in den Vv. paraumbilicales (S. 239), entsteht im Umkreis des Nabels das Caput medusae. – Schließlich kann es zu Varizenbildungen im Gebiet des Plexus venosus rectalis (S. 582) kommen.
Lymphgefäße Wichtig
Zwischen Pfortader und V. cava inferior bestehen portokavale Anastomosen.
Die portokavalen Anastomosen können bei Stauungen
in der V. portae hepatis bis zu einem gewissen Grad das Blut von dort in die untere Hohlvene ableiten. Portokavale Anastomosen (Umgehungskreisläufe, ⊡ Abb. 8.73) bestehen über
Im Spatium retroperitoneale sammeln sich die größeren ableitenden Lymphgefäße der unteren Extremitäten, der Beckeneingeweide, der Bauchhöhle und der Bauchwand. Eingeschaltet sind zahlreiche Lymphknoten.
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
8 ⊡ Abb. 8.75. Regionale Lymphknoten und Lymphbahnen im subperitonealen Bindegewebe des Beckens
Die Lymphgefäße des kleinen Beckens verlaufen im Wesentlichen in Begleitung der Venen (⊡ Abb. 8.75). Eingeschaltete Lymphknoten liegen vor allem an den großen Beckengefäßen: Nodi lymphatici iliaci externi, interni et communes und präsakral die Nodi lymphatici sacrales. Der weitere Abfluss erfolgt zum Truncus lumbalis. Die Lymphgefäße der Baucheingeweide nehmen ihren Ausgang in den jeweiligen Organen. Mit jedem eingeschalteten Lymphknoten vermindert sich jedoch die Zahl der Lymphgefäße. Schließlich sammeln sie sich zum Truncus intestinalis, der die gesamte Darmlymphe der Cysterna chyli zuführt (S. 151). Lymphknoten der Bauchhöhle (⊡ Abb. 8.76). Sie sind
zahlreich und bilden in der Regel Gruppen bzw. Ketten. Wichtig sind Nodi lymphatici iliaci externi entlang der Vasa iliaca externa. Ihre Vasa efferentia ziehen zu den Nodi lymphatici lumbales, die links und rechts von den großen Gefäßen kettenartig angeordnet sind und außerdem die Lymphe der paarigen Organe aufnehmen. Nodi lymphatici mesenterici, etwa 200–300 Lymphknoten, im Mesenterium. Nodi lymphatici mesenterici inferiores, ileocolici, colici dextri, colici medii et colici sinistri in den mit dem Dickdarm verbundenen Bauchfellfalten.
⊡ Abb. 8.76. Lymphabfluss aus dem Darmkanal
Nodi lymphatici gastrici dextri et sinistri für den Lymphabfluss des Magens. Nodi lymphatici pancreaticolienales, die eine Lymphknotenkette bilden, die am Hilum der Milz beginnt und am Rand des oberen Pankreas die Vasa splenicae begleitet. Nodi lymphatici hepatici im Lig. hepatoduodenale des Omentum minus. Sie stehen mit Lymphknoten der Brusthöhle in Verbindung.
561 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
Nerven Wichtig
Im Bauch- und Beckenraum stehen für die sensorische Innervation Spinalnerven und für die ihrer Organe das vegetative Nervensystem zur Verfügung. Der Beckenraum dient der Passage somatischer Nerven zur Hüfte und zur unteren Extremität.
Spinalnerven. Erreicht wird die Bauchhöhle von Rr. phre-
nicoabdominales der Nn. phrenici. Sie verlaufen rechts durch das Foramen venae cavae, links ventrolateral der Herzspitze durch eine eigene Spalte im Diaphragma. Sie versorgen das Peritoneum an der Unterfläche des Zwerchfells, auf der Facies visceralis der Leber, auf dem Duodenum und auf dem Pankreaskopf. Im retro- und subperitonealen Bindegewebe befinden sich (⊡ Abb. 6.125, S. 364) Plexus lumbalis (L1–L4), Plexus sacralis (L4–S5) – beide gemeinsam bilden den Plexus lumbosacralis (⊡ Abb. 8.79) – und der Plexus coccygeus (S4–Co). Plexus lumbalis (S. 363). Die in ventraler Richtung ver-
laufenden Nerven des Plexus lumbalis liegen im Wesentlichen der Rumpfwand und der Wand des großen Beckens an. Nur der N. obturatorius (L2–L4) gelangt ins kleine Becken. Er läuft parallel zur Linea terminalis, am medialen Rand des M. psoas entlang zum Canalis obturatorius. Plexus sacralis (S. 365). Die Wurzeln des Plexus sacralis
und der Truncus lumbosacralis befinden sich im subperitonealen Bindegewebe vor dem M. piriformis. Die Fasern liegen der Beckenwand an. Die Äste verlassen das kleine Becken überwiegend in dorsaler Richtung (⊡ Abb. 6.129, S. 369) und zwar durch das Foramen suprapiriforme des Foramen ischiadicum majus der N. gluteus superior und durch das Foramen infrapiriforme des Foramen ischiadicum majus die N. gluteus inferior, N. cutaneus femoris posterior, N. ischiadicus sowie der N. pudendus (S2–S4, S. 368). Der N. pudendus (S2–S4) zieht in Begleitung der Vasa pudenda interna durch das Foramen infrapiriforme, dann bogenförmig um die Spina ischiadica und das Lig. sacrospinale durch das Foramen ischiadicum minus
hindurch in die Fossa ischioanalis. Hier liegt das GefäßNerven-Bündel in einer Duplikatur der Fascia obturatoria auf dem M. obturatorius internus. Die Faszienduplikatur begrenzt den Canalis pudendalis oder Alcock-Kanal. Äste des N. pudendus sind Nn. anales inferiores. Sie versorgen sensibel die Haut um den Anus und motorisch den quer gestreiften M. sphincter ani externus. Nn. perineales. Sie versorgen Haut und Muskulatur des Damms (nicht M. levator ani). Von ihnen zweigen ab – Nn. scrotales posteriores zur sensiblen Innervation der Skrotalhaut von dorsal bzw. Nn. labiales posteriores zur Innervation der Labia majora von dorsal. N. dorsalis penis/clitoridis als Endast des N. pudendus, nachdem er den M. transversus perinei profundus dicht unter der Symphyse durchbohrt hat. Der Nerv versorgt die dorsalen Abschnitte der Haut des Penis bzw. der Clitoris. Vegetative Nerven. Sie innervieren alle Eingeweide der
Bauch- und Beckenhöhle. Zuvor bilden die vegetativen Nerven ausgedehnte Geflechte, Plexus, meist in Anlehnung an Blutgefäße. Eingeschlossen sind vegetative Ganglien. Die Innervation der Eingeweide erfolgt sowohl durch Anteile des Sympathikus als auch des Parasympathikus. Zum Sympathikus gehört der Truncus sympathicus, Grenzstrang (⊡ Abb. 10.10, S. 699). Sein Bauchteil beginnt nach seiner Passage zwischen dem lateralen und medialen Schenkel des Zwerchfells. Er besteht auf jeder Seite aus einer Kette von etwa 4 Ganglien, die jeweils am ventrolateralen Umfang der Lendenwirbelkörper liegen. Sie besitzen lange Rr. communicantes, die unter den sehnigen Ursprüngen des M. psoas hindurchziehen und den Spinalnerven Fasern zuführen. Die Grenzstrangganglien stehen ferner durch Rr. communicantes sowohl untereinander als auch mit prävertebralen Ganglien in Verbindung. Diese liegen auf der ventralen Fläche der Aorta und sind durch ein schwer entwirrbares Nervenfasergeflecht, Plexus aorticus abdominalis, miteinander verbunden. Plexus coeliacus und praevertebrale vegetative Ganglien. Der Plexus coeliacus ist ein mächtiges Geflecht vegeta-
tiver Nerven,das die Ursprünge des Truncus coeliacus,der A. mesenterica superior und der Nierenarterien umgibt.
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
Nach kaudal setzt sich das Geflecht in den Plexus aorticus abdominalis auf der ventralen Fläche der Aorta fort. Zu diesen Geflechten gehören in der Umgebung der großen Bauchgefäße die Ganglia coeliaca, im Einzelnen sind dies: Ganglion coeliacum dextrum hinter der V. cava inferior und dem Pankreaskopf, Ganglion coeliacum sinistrum oberhalb des Pankreaskörpers in der Hinterwand der Bursa omentalis, Ganglion mesentericum superius an der Wurzel der A. mesenterica superior, Ganglia aorticorenalia jederseits auf der Aorta an der Abgangsstelle der Nierenarterien und Ganglion mesentericum inferius um den Anfang der A. mesenterica inferior. Diese prävertebralen sympathischen Ganglien empfangen präganglionäre Fasern aus den Brustsegmenten 5 bis 11 des Rückenmarks in Gestalt der Nn. splanchnici major et minor. Diese durchdringen das Zwerchfell, spalten sich in mehrere Äste auf und gelangen in die prävertebralen Ganglien. Das Ganglion mesentericum inferius erhält zusätzlich Signale über den lumbalen Teil des Grenzstranges. Die postganglionären Fasern sind für die Bauchorgane bestimmt und erreichen ihre Versorgungsgebiete unter weiterer Geflechtbildung in Begleitung der Arterien, z. B. als Plexus suprarenalis, Plexus renalis, Plexus hepaticus, Plexus lienalis, Plexus gastricus. Aus ihnen gehen weitere Organgeflechte hervor. Der Plexus aorticus abdominalis teilt sich am Ende der Bauchaorta in 3 Geflechte auf: 2 Plexus iliaci, die mit den Aa. iliacae communes verlaufen und Plexus hypogastricus superior. Dieser setzt sich als breites Geflecht in das kleine Becken hinein fort, wo er sich in die paarigen Nn. hypogastrici (eigentlich langgezogene Plexus) teilt. Sie strahlen beiderseits in den Plexus hypogastricus inferior (Plexus pelvicus) ein. In den Plexus sind zahlreiche Ganglien, Ganglia pelvica, eingestreut. Vom Plexus hypogastricus inferior aus werden weitere, nicht an den Verlauf der Blutgefäße gebundene sekundäre Gangliengeflechte um die von ihnen versorgten Organe (Rektum, Harnblase, Prostata, Uterus,Vagina) gebildet. Zum Parasympathikus gehören die Nn. vagi. Sie bilden am thorakalen Ösophagus den Plexus oesophageus
(S. 521). Dieser setzt sich als Truncus vagalis anterior et posterior in die Bauchhöhle hinein fort. Der dorsale Truncus führt seine Fasern zum Plexus coeliacus, der vordere endet im Plexus gastricus. Die parasympathischen Fasern für die Bauchorgane stammen aus S2–S5. Sie verlaufen z. T. im N. pudendus. Alle parasympathischen Fasern erreichen den Plexus hypogastricus inferior.
8.4.4
Organe des Verdauungssystems
Wichtig
Die Organe des Verdauungssystems stehen im Dienst des Stoffwechsels.Verdauung ist ein Teil davon. Sie setzt die Bildung von Verdauungssekreten voraus (durch Drüsen und Drüsenzellen).Weitere Strukturen ermöglichen das begrenzte Verweilen und den Transport aufgenommener bzw. in Verdauung befindlicher Nahrung (Muskulatur) sowie Resorption (durch transportierendes Epithel) und Metabolisierung (in der Leber). Ferner sind Anteile des Abwehrsystems und schließlich endokrine und nervale Strukturen zur Autoregulation des Systems vorhanden.
Im Cavum peritoneale befinden sich Magen, Gaster, Dünndarm, Intestinum tenue, mit – Duodenum, – Jejunum, – Ileum, und als Anhangsdrüsen – Bauchspeicheldrüse, Pancreas, – Leber, Hepar, Dickdarm, Intestinum crassum. Hinzu kommen Rectum und Anus, die zu größeren Teilen subperitoneal liegen.
Magen, Gaster, Ventriculus Wichtig
Der Magen ist ein muskulöses Hohlorgan. Seine Muskulatur nimmt Einfluss auf die Nahrungsspeicherung und Durchmischung sowie die Magenentleerung. Der Beginn der chemischen Aufschließung der in den Magen gelangten Rohbissen erfolgt durch den von der Magenschleimhaut sezernierten Magensaft.
563 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
Form und Größe des Magens hängen vom Füllungszustand, vom Tonus der Magenmuskulatur, vom Lebensalter, vom Konstitutionstyp und von der Körperlage ab. Die mittlere Länge des Magens beträgt bei mäßiger Füllung 25–30 cm; er fasst etwa 1200–1600 cm3. In seiner Form ist der Magen mit einem Stierhorn oder Angelhaken vergleichbar (⊡ Abb. 8.77). Dem entspricht ein randständiger kürzerer innerer Bogen, Curvatura minor, und ein längerer äußerer Bogen, Curvatura major. Hinzu kommen eine Vorder- und eine Hinterfläche, Paries anterior und posterior. Magenabschnitte (⊡ Abb. 8.78). Es lassen sich unterscheiden Cardia, Fundus gastricus, Corpus gastricus und Pars pylorica.
Die Kardia befindet sich am Mageneingang, Ostium cardiacum. Sie umfasst einen 1–3 cm breiten, ringförmigen Schleimhautstreifen, deswegen auch Pars cardiaca, die
sich histologisch und gastroskopisch scharf von der Pars abdominalis oesophagi absetzt. Der Fundus gastricus erhebt sich kuppelförmig links von
der Kardia. Er lässt zusammen mit einem Teil der Pars gastrica den Fornix gastricus entstehen. Zwischen Fornix und Ösophagus befindet sich die Incisura cardialis, der innen eine Falte, Plica cardiaca, entspricht. Hier beginnt die große Kurvatur. Im Fundus als der höchsten Stelle des Magens sammelt sich verschluckte Luft und bildet die Magenblase. Sie liegt dicht unter der linken Zwerchfellkuppel und ist bei Röntgenuntersuchungen auch ohne Anwendung eines Kontrastmittels sichtbar. Das Corpus gastricum ist der Hauptteil des Magens. Hier
ist das Magenlumen am weitesten. Die Pars pylorica beginnt an einem Knick des inneren Magenbogens, Incisura angularis, der am äußeren Bogen das Genu gastrici, Magenknie, entspricht. Hier beginnt
⊡ Abb. 8.77 a–d. Magenformen im Stehen. a Hakenmagen. b Langmagen. c Stierhornmagen. d Hypotonischer Langmagen. 1 Fundus gastricus; 2 Corpus gastricus; 3 Pars pylorica; 4 Pylorus; 5 Pars superior duodeni (Bulbus duodeni);Pfeil Incisura angularis
Incisura cardialis
Curvatura minor gastricae
Curvatura major gastricae
⊡ Abb. 8.78. Magen. Nomenklatur der verschiedenen Magenabschnitte
sich das Magenlumen zu verengen. Es folgen aufeinander das Antrum pyloricum und der enge Canalis pyloricus, der sich mit dem Ostium pyloricum in das Duodenum öffnet. Im Bereich des Canalis pyloricus besteht die Magenwand aus kräftiger Ringmuskulatur. Sie bildet den Pylorus. Zur Lage des Magens (hierzu auch S. 541, Entwicklung der Magenlage). Auf das Skelett bezogen liegt die Kardia in Höhe des 10. Brustwirbels, der Pylorus vor dem 1.–2. Lendenwirbel. Der tiefste Punkt des Magens wird jedoch vom Antrum pyloricum gebildet. Hier kann der Magen in Abhängigkeit von seiner Füllung, der Körperhaltung u. a. bis in Höhe des 3.–4. Lendenwirbels absinken. Nachbarschaftsbeziehungen. Die Vorderwand des Magens liegt mit der kleinen Kurvatur unter dem linken Leberlappen (S. 533). Der übrige Teil berührt die Brust- und Bauchwand. Von hier aus ist der Magen auf der linken Seite neben dem knorpeligen Ende der 8. Rippe chirurgisch zugängig. Die Hinterwand des Magens hat, getrennt durch die Bursa omentalis, ein Berührungsfeld mit dem Pankreas. Von der kleinen Kurvatur entspringt das kleine Netz, Omentum minus (S. 535, ⊡ Abb. 8.51).
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
Incisura cardialis
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⊡ Abb. 8.79 a–c. Magen. a Schematische Darstellung der Magenmuskulatur mit Fibrae obliquae. b Schleimhautrelief des Magens. c Magenarterien. *Truncus coeliacus
Die große Kurvatur hat ein wechselnd großes Berührungsfeld mit dem Colon transversum und links schiebt sich die Milz zwischen Magen und Zwerchfell.Ferner befestigt sich an der großen Kurvatur das Lig. gastrosplenicum und am Fundus das Lig. gastrophrenicum sowie als Teil des Omentum majus das Lig. gastrocolicum. Innenrelief der Magenwand. Es wird gebildet von Plicae gastricae, Areae gastricae, Plicae villosae und Foveolae gastricae.
Plicae gastricae sind grobe Falten. Sie bilden das Hochrelief des Magens. Die Falten sind an der Curvatura minor
am deutlichsten. Hier verlaufen sie in Längsrichtung und bilden die Magenstraße. In den übrigen Anteilen des Magens sind sie unregelmäßig angeordnet (⊡ Abb. 8.79 b). Die Plicae gastricae entstehen durch Aufwerfung der Lamina muscularis mucosae und Tela submucosa. Areae gastricae (⊡ Abb. 8.80) machen das Flachrelief der Magenoberfläche aus. Es handelt sich um millimetergroße beetartige Felder, die der Schleimhautoberfläche ein feinhöckriges Aussehen verleihen. Plicae villosae (⊡ Abb. 8.80) sind nur bei Lupenvergrößerung als kleine gewundene Leisten innerhalb der Areae gastricae zu erkennen. Sie rufen das Mikrorelief hervor.
⊡ Abb. 8.80. Schleimhautrelief und Schichtung der Magenwand im Korpusbereich. Nicht berücksichtigt sind die Plicae gastricae
Foveolae gastricae, Magengrübchen (⊡ Abb. 8.80), sind rundliche oder rinnenförmige Öffnungen der Magendrüsen zwischen den Plicae villosae. Bau der Magenwand. Die Magenwand besteht wie alle Abschnitte des Verdauungskanals aus Tunica mucosa, Tela submucosa,
565 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
⊡ Abb. 8.81 a–d. Drüsen des menschlichen Magens. a Senkrechter Schnitt durch die Magenschleimhaut im Fundusgebiet. Die Belegzellen sind schwarz dargestellt. b Senkrechter Schnitt durch die Schleimhaut der Regio pylorica. c Querschnitte durch Fundusdrüsen. d Querschnitte durch Pylorusdrüsen
Tunica muscularis, Tela subserosa und Tunica serosa. Tunica mucosa (⊡ Abb. 8.80, 8.81). Die Tunica mucosa ga-
strica gliedert sich histologisch in Lamina epithelialis mucosae, Lamina propria mucosae mit Magendrüsen und Lamina muscularis mucosae. Lamina epithelialis mucosae. Die Oberfläche der Schleimhaut aller Magenabschnitte, einschließlich der Foveolae gastricae, wird von einem einschichtigen hochprismatischen Epithel ohne Bürstensaum gebildet. Sezerniert wird ein hochvisköser neutraler Schleim, der reich an Glykanen, Proteinen und Mukoitinschwefelsäure ist und nicht von der Magensalzsäure aufgelöst werden kann. Überlagert wird der Schleim der Epithelzellen von löslichem Schleim aus den Magendrüsen. Der Schleim schützt die Magenwand vor mechanischen, thermischen und enzymatischen Schädigungen.
> Klinischer Hinweis Werden Schutzfilm und Schleimhaut geschädigt, z. B. durch Alkoholabusus, entzündungshemmende Arzneimittel oder durch Helicobacter-pylori-Infektion, entstehen peptische Geschwüre, Ulcera ventriculi. Ihre Prädilektionsstellen liegen entlang der Magenstraße im Bereich der Curvatura gastrica minor und an der Hinterwand des Magens.
Lamina propria mucosae. Sie beherbergt die Magendrüsen (s. unten). Sie werden von Bindegewebe umfasst, in
dessen Maschen sich Zellen des Immunsystems befinden: Lymphozyten, Plasmazellen, eosinophile Granulozyten, Makrophagen. An einzelnen Stellen, bevorzugt im Pylorusbereich, kommen Lymphfollikel mit Reaktionszentren vor. Ferner enthält das Bindegewebe der Lamina propria ein Kapillarnetz, das von Arteriolen eines submukösen Netzes gespeist wird,sowie Lymphgefäße und Nerven. Lamina muscularis mucosae. Sie grenzt die Mukosa von der Submukosa ab. Einzelne glatte Muskelzellen gelangen in das Bindegewebe der Schleimhaut. Die Muskelzellen der Lamina muscularis mucosae können das Relief der Magenoberfläche verändern.
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
Tela submucosa. Der Magenschleimhaut folgt eine breite Tela submucosa, die aus lockerem Bindegewebe besteht. Sie ist eine Gefäß- und Verschiebeschicht. Außer Blutund Lymphgefäßen kommen Nervenfaserbündel und kleine Gruppen von Nervenzellen vor, Plexus submucosus (Meißner-Plexus). Tunica muscularis. Sie besteht aus 3 Schichten glatter Muskelzellen (⊡ Abb. 8.79 a) Stratum longitudinale, Stratum circulare und Fibrae obliquae.
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Das Stratum longitudinale ist die äußere Schicht, die mit der Längsfaserschicht der Speiseröhre zusammenhängt. Sie ist an den beiden Kurvaturen des Magens besonders kräftig. Im Bereich der Incisura angularis ist sie unterbrochen und beginnt erst wieder in der Pars pylorica. Das Stratum circulare hängt gleichfalls mit dem Ösophagus zusammen. Sie ist die kräftigste Schicht der Magenwand. Im Bereich des Canalis pyloricus bildet sie den M. sphincter pyloricus. Zwischen Ring- und Längsmuskulatur befindet sich eine dünne Bindegewebsschicht mit dem vegetativen Plexus myentericus (Auerbach-Plexus, s. unten). Fibrae obliquae. Die glatten Muskelzellen der innersten Schicht verlaufen schräg. Diese Schicht ist auf das Corpus gastricum beschränkt, lässt aber die kleine Kurvatur frei und setzt sich in die Ringmuskelschicht fort. ⓘ Infobox Die Tätigkeit der Magenmuskulatur unterliegt nervöser und hormonaler Steuerung. Zur Erschlaffung der Muskulatur kommt es noch bevor Bissen den Magen erreicht haben und nach deren Eintreffen. Sobald aber eine Dehnungsschwelle überschritten ist, beginnen rhythmische, zum Magenausgang hin gerichtete Kontraktionen. Solange der Pylorus geschlossen bleibt, wird der Mageninhalt zurückgeworfen und durch Fortführung der Peristaltik gemischt. Die Magenentleerung erfolgt, sobald der Pylorus unter nervösem und dem Einfluss gastrointestinaler Hormone erschlafft.
Magendrüsen. Zu unterscheiden sind Glandulae gastricae propriae, Glandulae cardiacae und Glandulae pyloricae. Glandulae gastricae propriae (⊡ Abb. 8.81). Sie befinden
sich in der Schleimhaut von Fundus und Korpus, etwa 100 pro mm2 Schleimhautoberfläche. Ihre Drüsenschläu-
che sind etwa 6 mm lang, dann verzweigen sie sich in 2–3 kurze Endabschnitte. Mehrere Drüsen münden gemeinsam mit schmalen Halsstücken in die etwa 1,5 mm tiefen Foveolae gastricae. Die Wand der Drüsenschläuche besteht aus Schleimzellen, Nebenzellen, Hauptzellen, Belegzellen und gastrointestinalen endokrinen Zellen. Die Zellen treten gebündelt auf und sind wie folgt auf die Drüsenabschnitte verteilt: der Isthmus enthält nur Schleimzellen, die Zervix, grübchennaher Drüsenhals, vorzugsweise Nebenzellen und Belegzellen, die Pars principalis im Mittelstück viele Beleg- und Hauptzellen, im Drüsengrund vor allem Hauptzellen und enterochromaffine Zellen. Schleimzellen, Isthmuszellen. Sie produzieren wie die
Zellen der Schleimhautoberfläche einen neutralen Schleim. Wahrscheinlich gehen die Isthmuszellen durch Mitose aus undifferenzierten Zellen der Halsregion hervor. Nebenzellen ähneln morphologisch den Zellen des Oberflächenepithels und denen der Pylorus- und Kardiadrüsen (s. unten). Sie produzieren jedoch saure Mukosubstanzen. Die Schleimgranula liegen in den stark ausgebildeten apikalen Zytoplasmaabschnitten, ihre Kerne sind an die Basis gedrängt und vielfach gebuchtet. Nebenzellen weisen häufig Mitosen auf. Von ihnen geht sowohl der Nachschub von Oberflächenepithel als auch von Hauptzellen aus. Nebenzellen reagieren PAS-positiv. Hauptzellen sind reich an basal angehäuftem, basophilem Ergastoplasma. Die Hauptzellen produzieren das Proenzym Pepsinogen, das bei einem pH-Optimum von 1,5–2,0 durch Abspaltung eines Polypeptids in das aktive Enzym Pepsin überführt wird.Als weitere Proteinase enthalten sie Kathepsin. > Klinischer Hinweis Bei Magenerkrankungen, Gastritis, Ulkus, Karzinom, können sich Hauptzellen in schleimproduzierende Nebenzellen umwandeln.
Belegzellen sind groß, hell, von rundlicher oder eckiger Gestalt, dabei häufig vom Lumen abgedrängt und so geformt, dass sie mit einem Teil ihres Zellleibs den Hauptzellen außen aufliegen (»Belegzellen«). Sie sind mito-
567 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
chondrienreich (Cristatyp) und färben sich mit sauren Farbstoffen (Eosin, Kongorot) kräftig an. Charakteristisch sind tiefe Einstülpungen der apikalen Plasmamembran, intrazelluläre Sekretkanälchen, die mit dem Drüsenlumen in Verbindung stehen (⊡ Abb. 8.82). Die Belegzellen sondern Wasserstoffionen ab, ein energetisch aufwendiger Prozess, der das Vorkommen der zahlreichen Mitochondrien erklärt. Wasserstoffionen sind zur Bildung der im Magensaft vorhandenen Salzsäure notwendig. Die freie Salzsäure entsteht jedoch nicht intrazellulär, sondern erst an der Schleimhautoberfläche. Außerdem wird in den Belegzellen der »intrinsic factor« gebildet, der die Resorption von Vitamin B12 ermöglicht. Vitamin B12 ist für die Blutbildung unentbehrlich. Enteroendokrine Zellen (S. 572). In den Glandulae gastricae propriae treten vor allem enterochromaffine Zellen (EC-Zellen) auf, die zwischen den Hauptzellen in den basalen Drüsenabschnitten liegen, und D-Zellen. Glandulae cardiacae, Kardiadrüsen (⊡ Abb. 8.81), sind wie die anderen Magendrüsen schlauchförmig, aber stärker verzweigt als die Glandulae gastricae propriae und
unregelmäßig gestaltet. Sie kommen nur in der Pars cardiaca der Magenwand vor.Vielfach haben die Kardiadrüsen zystische Erweiterungen. Die Zellen der Glandulae cardiacae produzieren Schleim und vermutlich das Enzym Lysozym. Glandulae pyloricae, Pylorusdrüsen (⊡ Abb. 8.81 b). Es handelt sich um kurze tubulöse Drüsen in der Regio pylorica, die sich in der Tiefe der Schleimhaut verzweigen und aufknäueln. Die Drüsen münden in langen Foveolae gastricae. Die Drüsenschläuche bestehen aus prismatischen Drüsenzellen, die einen neutralen Schleim bilden.Außerdem kommen endokrine G-Zellen, gastrinbildende Zellen, vor (S. 573). ⓘ Infobox Angeregt wird die Gastrinsekretion durch lokale Reize (Magendehnung, aber auch durch Inhaltsstoffe der Nahrung) sowie durch Azetylcholin, das in der Magenwand an Nervenendigungen freigesetzt wird. Gehemmt wird die Gastrinsekretion, wenn im Antrum des Magens der pH-Wert unter 2,5 liegt.
Leitungsbahnen. Die Arterien des Magens (⊡ Abb. 8.79 c)
stammen aus dem Truncus coeliacus und bilden an den Kurvaturen einen Gefäßkranz. An der Curvatura minor liegen die A. gastrica sinistra aus dem Truncus coeliacus (S. 553) und die A. gastrica dextra aus der A. hepatica propria (S. 554). Die A. gastrica sinistra tritt in der Plica gastropancreatica in Höhe der Kardia an den Magen heran, biegt nach abwärts um und folgt dann der kleinen Kurvatur, wobei sie Äste an die Vorder- und Hinterfläche des Magens abgibt. Sie anastomosiert mit der A. gastrica dextra, die vom Pylorus her der A. gastrica sinistra entgegenkommt (Arterienbogen der kleinen Kurvatur). An der Curvatura major verlaufen die A. gastroomentalis dextra aus der A. gastroduodena-
⊡ Abb. 8.82. Belegzelle. Schema nach elektronenmikroskopischen Befunden. Zu beachten sind der Mitochondrienreichtum und die intrazellulären Sekretkanälchen
lis und die A. gastroomentalis sinistra aus der A. splenica (A. lienalis). Beide Gefäße verlaufen etwa fingerbreit von der großen Kurvatur des Magens entfernt im großen Netz. Sie anastomosieren und bilden an der großen Kurvatur einen Arterienbogen. Sie geben Rr. gastrici zur Vorder- und Hinterfläche des Magens sowie Rr. omentales zum Omentum majus ab.
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
Der Magenfundus wird außerdem von mehreren Aa. gastricae breves, Ästen der A. splenica, versorgt. Venen. Die Venen des Magens fließen in die V. portae hepatis. Sie begleiten die Magenarterien.
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Lymphgefäße. Die Lymphgefäße beginnen in der Tunica propria der Magenwand. Der größte Lymphgefäßplexus befindet sich jedoch in der Tiefe der Submukosa. Von dort gelangt die Lymphe in ein dichtes Lymphgefäßnetz an der Magenoberfläche. Die größeren abführenden Lymphgefäße folgen in der Regel den großen Blutgefäßen, verlaufen also an den Kurvaturen, wo sich auch die regionären Lymphknoten befinden. Folgende 3 Lymphabflussgebiete der Magenwand lassen sich unterscheiden, das der Pars cardiaca und großer Teile der Vorder- und Rückseite des Magens an der Curvatura minor; die Lymphe gelangt zu den Nodi lymphatici gastrici an der kleinen Kurvatur, der milznahen Gebiete der großen Kurvatur einschließlich der Fundusteile; der Abfluss erfolgt zu den Nodi lymphatici splenici, der Pars pylorica und des Pylorus; die regionalen Lymphknoten sind die Nodi lymphatici pylorici et gastroomentales. Alle genannten Lymphknoten sind mit den Nodi lymphatici coeliaci als 2. Filterstation verbunden. Von hier aus gelangt die Lymphe in die Trunci intestinales und schließlich in den Ductus thoracicus (S. 524).
>
Nerven. Der Magen wird extrinsisch vom Sympathikus
und Parasympathikus innerviert. Beide führen sowohl efferente als auch afferente sensorische (Schmerz-) Fasern. Außerdem hat die Magenwand ein intrinsisches Nervensystem. Die sympathischen Fasern entstammen dem Plexus coeliacus (S. 561) und gelangen mit den Arterien zum Magen. Der Sympathikus hemmt die Peristaltik des Magens. Die parasympathischen Fasern sind Äste der Nn. vagi. Sie gelangen mit dem Ösophagus in die Bauchhöhle. Die Fasern des linken N. vagus, die im Truncus vagalis anterior die Bauchhöhle erreichen, bilden auf der Vorderfläche des Magens den ventralen Anteil des Plexus gastricus (einige Fasern ziehen weiter zum Plexus hepaticus). Fasern des rechten N. vagus im Truncus vagalis posterior versorgen vorwiegend die Rückseite des Magens (einige Fasern ziehen weiter zum Plexus coeliacus). In beide Geflechte strahlen auch sympathische Fasern ein. Der N. vagus beschleunigt die Magenmotorik und fördert die Sekretion (Sekretomotorik). Intrinsisches Nervensystem. Das intrinsische Nervensystem besteht aus Nervenfasergeflechten mit Nervenzellen in der Tunica muscularis, Plexus myentericus (Auerbach), und in der Tela submucosa, Plexus submucosus (Meißner). Das intrinsische System arbeitet autonom, wird aber von präganglionären Axonen des parasympathischen und postganglionären des sympathischen Systems erreicht. Dadurch vermag der Magen sowohl auf lokale als auch auf extrinsische Signale zu reagieren.
In Kürze
Die Magenabschnitte sind: Kardia, Fundus, Korpus, Pars pylorica. Die Magenkontur entsteht durch die Curvatura major et minor, an denen die versorgenden Gefäße verlaufen. Die Innenwände des Magens zeigen Falten, die ein Hochrelief und an der Curvatura minor die Magenstraße bilden. Areae gastricae sorgen für ein Flachrelief und Plicae villosae für ein Mikrorelief. Glandulae gastricae liegen in der Lamina propria mucosae. Sie bestehen aus Schleimzellen, Neben-, Haupt- und Belegzellen sowie endokrinen Zellen. Die Zellen sind in den Drüsen der verschiedenen Magenregionen (Kardia-, Fundus- und Pylorusdrüsen) unterschiedlich angeordnet. Die Muskulatur der Magenwand ist im Stratum circulare am kräftigsten und am Pylorus verstärkt.
569 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
Dünndarm, Intestinum tenue Wichtig
Die Strukturen des Dünndarms ermöglichen alle die dem Darm zugeschriebenen Aufgaben:Verdauung, Resorption,Transport, Abwehr, Regulation.
Der Dünndarm erstreckt sich vom Pylorus bis zur Einmündung in den Dickdarm in der Fossa iliaca dextra. Insgesamt ist der Dünndarm je nach Kontraktionszustand seiner Muskulatur bis zu 5 m lang. Ausführungen zur Entwicklung des Dünndarms, die seine Lage erklärlich machen, finden Sie auf S. 544. Zum Dünndarm gehören Duodenum, Zwölffingerdarm, Jejunum, Leerdarm und Ileum, Krummdarm. Das Duodenum (⊡ Abb. 8.83) gliedert sich in Pars superior, Pars descendens, Pars horizontalis und Pars ascendens. Pars superior duodeni. Sie ist 4–5 cm lang, beginnt am
Pylorus, liegt in Höhe des 1. Lendenwirbels, ist nach dor-
⊡ Abb. 8.83. Duodenum und Pankreas. Das Duodenum ist gefenstert. Blick auf die Schleimhautfalten und auf die Papilla duodeni major et minor. *Pars descendens. Vom Pankreas wurde zur Darstellung des Ductus pancreaticus Drüsengewebe teilweise entfernt
solateral gerichtet und verläuft leicht ansteigend. Dadurch gelangt das Duodenum in die rechte Paravertebralrinne. Der Anfangsteil ist beweglich (intraperitoneale Lage) und kann sich den Exkursionen des Pylorus anpassen. Dann jedoch, unmittelbar bevor sich die Pars superior in die Flexura duodeni superior fortsetzt, wird sie an der hinteren Leibeswand fixiert.Außerdem ist die Pars superior des Duodenums durch das Lig. hepatoduodenale (Teil des Omentum minus) mit der Leber verbunden. Dieser erste Duodenalabschnitt ist etwas erweitert und wird deshalb auch Ampulla, im klinischen Sprachgebrauch Bulbus duodeni, genannt. Nach Kontrastfüllung stellt sich die Pars superior im Röntgenbild haubenförmig dar. Die Pars superior wird vom rechten Leberlappen überlagert und berührt den Lobus quadratus der Leber und den Gallenblasenhals. Hinter der Pars superior duodeni zieht der Ductus choledochus abwärts, ihm folgen links die V. portae hepatis und pylorusnahe die A. gastroduodenalis. Die Pars descendens ist etwa 10 cm lang, beginnt mit der Flexura duodeni superior und verläuft rechts neben der Wirbelsäule bis in Höhe des 3. oder 4. Lendenwirbels abwärts. Sie ist der direkten Sicht entzogen, weil sie sekundär retroperitoneal liegt und von dem mit der hinteren Bauchwand verbundenen Anfangsteil des Mesocolon transversum überquert wird. Die ventrale Seite der Pars descendens duodeni wird seitlich von der rechten Kolonflexur bedeckt. Die Pars descendens berührt dorsal die rechte Nebenniere und bedeckt die medialen Teile der rechten Niere einschließlich Nierenbecken und Anfang des Ureters. Außerdem hat die Pars descendens enge Beziehungen zum Pankreas, das in der Konkavität des Duodenums liegt. In die Pars descendens münden die vereinten Ausführungsgänge der Leber, Ductus choledochus, und des Pankreas, Ductus pancreaticus major. Sie durchsetzen von hinten oben die Wand des Duodenums. Dadurch wird in der Schleimhaut der Pars descendens eine etwa 2 cm lange Längsfalte, Plica longitudinalis duodeni, aufgeworfen, die mit einer ringförmigen warzenartigen Erhebung, der Mündung der Drüsenausführungsgänge, endet. Diese Mündung heißt Papilla duodeni major (Papilla Vateri, ⊡ Abb. 8.83). Wenig oberhalb davon liegt die Papilla duodeni minor, die Mündung des evtl. vorhandenen Ductus pancreaticus minor. > Klinischer Hinweis Die Pars descendens duodeni wird besonders bei Pankreaskopftumoren und bei Verschluss des Ductus choledochus in Mitleidenschaft gezogen.
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
Pars horizontalis. Dieser kurze Dünndarmteil beginnt mit der Flexura duodeni inferior und verläuft quer von rechts nach links über die Wirbelsäule. Er lagert sich dem Pankreaskopf von unten her an. Unter dem Pankreaskopf erscheinen die A. und V. mesenterica superior, die in der Radix mesenterii über die Vorderfläche der Pars horizontalis abwärts ziehen. Hinter der Pars horizontalis verläuft die V. cava inferior. Pars ascendens. Sie geht ohne scharfe Grenze aus der Pars horizontalis hervor. Die Pars ascendens steigt nach kranial an und erreicht etwa 5 cm links des 2. Lendenwirbels die Flexura duodenojejunalis, eine scharfe Biegung, an der das Jejunum beginnt. Die Pars ascendens ist durch den glatten M. suspensorius duodeni mit der A. mesenterica superior verbunden. Nach kranial legt sich die Pars ascendens dem Pankreas an. Dorsal von ihr liegt die Aorta.
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Jejunum und Ileum sind im Gegensatz zum Duodenum gut verschieblich. Sie liegen intraperitoneal und haben ein lang ausgezogenes Mesenterium, das mit der Radix mesenterii an der dorsalen Leibeswand befestigt ist (S. 538). Die Dünndarmabschnitte mit dem längsten Gekröse erreichen die vordere Bauchwand, jene mit einer kürzeren Fesselung liegen in der Tiefe. Im Mesenterium verlaufen alle Leitungsbahnen zum und vom Dünndarm (s. unten). Dünndarmschleimhaut. Ihre Schichtenfolge entspricht der aller Abschnitte des Verdauungskanals (⊡ Tabelle 8.5). Jedoch ist sie den speziellen Aufgaben des Dünndarms angepasst. Im Vordergrund stehen dabei Abschluss der bereits in der Mundhöhle begonnenen Verdauung einschließlich der Durchmischung des Darminhaltes und seinen Transport, Resorption der aufgeschlossenen Nahrung und immunologische Schadstoffabwehr.
Plicae circulares, Kerckring-Falten (⊡ Abb. 8.84, 8.85). Es handelt sich um Ringfalten, die in die Darmlichtung vorspringen und ein Grobrelief hervorrufen. Sie vergrößern die Dünndarmoberfläche um das 1,5fache. Plicae circulares entstehen durch Auffaltung der Tunica mucosa gemeinsam mit der Tela submucosa. Die höchsten Plicae ragen etwa 1 cm in die Darmlichtung vor und verstreichen auch bei starker Darmfüllung nie vollständig. Die Falten beginnen 2–5 cm vom Pylorus entfernt, stehen im Duodenum und im Anfangsteil des Jejunums sehr eng, rücken dann weiter auseinander, werden allmählich niedriger und fehlen etwa ab der Mitte des Ileums. Villi intestinales, Dünndarmzotten (⊡ Abb. 8.85, 8.86 a). In allen Abschnitten des Dünndarms zeigt die Schleimhaut 0,5–1,5 mm hohe, finger- oder blattförmige Fortsätze, Villi intestinales, die ihr ein samtartiges Aussehen verleihen. Die Dünndarmzotten bilden das Feinrelief der Schleimhautoberfläche und vergrößern die Resorptionsfläche um das 5fache. Strukturell sind die Dünndarmzotten Ausfaltungen der Lamina epithelialis und der Lamina propria der Schleimhaut. Das Zottenstroma enthält einzelne glatte Muskelzellen. Die Zotten stehen dicht wie ein Rasen, sind jedoch in den einzelnen Darmabschnitten unterschiedlich geformt. In den Tälern zwischen den Zotten öffnen sich schlauchförmige Kanälchen, Glandulae intestinales, Lieberkühn-Krypten (⊡ Abb. 8.86 b), die bis zur Lamina muscularis reichen (s. unten). Als Besonderheit des Duodenums finden sich an der Schleimhautoberfläche Ausmündungen von Glandulae
Erfüllt werden können diese Aufgaben durch Vergrößerung der Oberfläche der Darmschleimhaut auf 100 m2 durch Plicae circulares, Villi intestinales und Mikrovilli. ⓘ Infobox Zur Einschätzung der Resorption ist zu beachten, dass nur die obere Hälfte jeder Zotte resorptionsbereit ist, und dass die Resorption nicht in allen Dünndarmabschnitten zu gleicher Zeit erfolgt.
⊡ Abb. 8.84. Hohe Plicae circulares im oberen Jejunum
571 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
⊡ Abb. 8.85 a–d. Darmwand in Längsschnitten. a Duodenum, breite Plica circularis mit charakteristischen Glandulae duodenales. b Jejunum, schlanke Ringfalte mit fingerförmigen Zotten. c Ileum, niedrige und flache Ringfalten. d Kolon, Zotten fehlen
⊡ Abb. 8.86 a, b. Feinbau Dünndarmzotte. a Längsschnitt durch eine Dünndarmzotte. b Lieberkühn-Krypte mit Paneth-Körnerzellen und gelben, basalgekörnten Zellen (enterochromaffine Zellen)
duodenales, Brunner-Drüsen, deren Drüsenkörper sich
in der Tela submucosa befinden (s. unten). Mikrovilli des Dünndarmepithels. Sie bilden ein Mikrorelief und vergrößern die Oberfläche um das 10fache.
Oberflächenepithel. Das Oberflächenepithel der Dünndarmschleimhaut weist auf Enterozyten, Becherzellen, Paneth-Zellen,
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
enteroendokrine Zellen und M-Zellen. Enterozyten, Saumzellen. Diese Zellen überwiegen im
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Oberflächenepithel des Dünndarms (⊡ Abb. 8.86). Sie sind etwa 20–25 mm hoch und dienen der Resorption. Untereinander sind die Enterozyten durch Schlussleisten verbunden, sodass der subepitheliale Raum abgedichtet ist. Die apikale Oberfläche der Enterozyten besteht aus vielen dicht stehenden Mikrovilli (etwa 3000 pro Zelloberfläche), die in ihrer Gesamtheit einen Bürstensaum bilden. Die Mikrovilli sind eine besondere Resorptionseinrichtung. Sie sind von einer Glykokalix bedeckt, die PAS-positiv reagiert. Die Mikrovilli des Dünndarms haben eine mittlere Länge von 1,2–1,5 mm und einen Durchmesser von 0,1 mm. Sie werden von längs gerichteten Aktinfilamenten durchzogen, die untereinander und mit der Plasmamembran durch spezielle Proteine verbunden sind (S. 13). Verankert sind die Aktinfilamente im sog. »terminal web«, Terminal, gespinst, des Zytoskeletts des Enterozyten, das außer Aktin auch Myosin enthält. Übertragene Verkürzungen des »terminal webs« können zu geringen Kontraktionsbewegungen der Mikrovilli führen. Die Oberfläche der Mikrovilli ist reich an hydrolytischen Enzymen (Bürstensaumenzymen), die zur Verdauung beitragen und der Resorption dienen. Enzyme mit hoher Aktivität sind u. a. Disaccharidasen und Peptidasen. > Klinischer Hinweis Mangel an Bürstensaumenzymen führt zu Resorptionsstörungen, z. B. ist das Malabsorptions-Syndrom Folge eines Disaccharidasenmangels.
Die von Enterozyten aufgenommenen, in niedermolekulare Bausteine zerlegten Resorbate werden z. T. in der Zelle resynthetisiert, z. B. Fettstoffe, in den Interzellularraum und weiter ins Zottenstroma abgegeben, wo sie in Lymph- bzw. Blutkapillaren gelangen. Becherzellen. Zwischen den Saumzellen sind Becherzellen eingestreut (⊡ Abb. 8.86), die analwärts häufiger werden. Das Sekret der Becherzellen überzieht die Darmoberfläche mit einer schützenden Schleimschicht, erhöht die Gleitfähigkeit des Darminhalts und stellt das Bindemittel des Kots dar. > Klinischer Hinweis Bei entzündlichen Reizungen der Darmschleimhaut können die Becherzellen große Mengen Schleim bilden, Schleimstühle.
Paneth-Zellen. Am Grunde der Darmkrypten, besonders reichlich im Jejunum und Ileum, treten Zellen mit einer Lebensdauer von 20 Tagen auf, die apikal große azidophile proteinreiche Granula aufweisen (⊡ Abb. 8.86 b). Paneth-Zellen sezernieren zahlreiche Faktoren, die die Oberfläche des Dünndarms vor pathogenen Mikroorganismen schützen. Enteroendokrine Zellen. Es handelt sich um eine Population verschiedener hormonbildender Zellen, die in der Regel einzeln, gelegentlich in kleinen Gruppen vorkommen und lichtmikroskopisch durch ein helles Zytoplasma auffallen (helle Zellen). Teilweise erreichen sie das Darmlumen. Diese Zellen haben basal gelegene Sekretgranula, die sich mit Chromsilbersalzen färben lassen. Die enteroendokrinen Zellen geben ihre Sekrete (überwiegend) basal ab. Die Sekrete wirken teilweise parakrin, teilweise endokrin. Die hormonbildenden Epithelzellen des Dünndarms gehören zusammen mit entsprechenden Zellen des Magens (S. 567), der Langerhans-Inseln (S. 584) und des Kolons zum gastroenteropankreatischen-endokrinen System. Dies besteht beim Menschen aus etwa 20 verschiedenen Zelltypen, die 19 Peptidhormone und Serotonin bilden. ⓘ Infobox Zahlreiche in den endokrinen Zellen des Darms gebildete Hormone werden auch an anderen Orten des Organismus gefunden, vor allem im Zentralnervensystem. Dort wirken sie teilweise als Neurotransmitter oder Neuromodulatoren (S. 811).
Endokrine Zellen des Dünndarms, die hervorzuheben sind Enterochromaffine (EC-) Zellen. Sie sind hochprismatisch,
teils dreieckig und haben chromatinarme, rundliche Kerne, deren apikales Zytoplasma hell erscheint. Basal enthalten sie eine feine chromaffine Granulierung (⊡ Abb. 8.86 b). Die Sekretgranula enthalten Serotonin (5-Hydroxytryptamin), das u. a. die glatte Muskulatur der Blutgefäße und der Darmwand zur Kontraktion anregt. Sie kommen vor allem am Grund der Krypten des Dünn- und Dickdarms vor, am zahlreichsten im Duodenum und in der Appendix vermiformis. > Klinischer Hinweis Serotonin gehört zu den biogenen Aminen und wirkt u. a. auf die glatte Muskulatur des Darms und der Blutgefäße kontrahierend. Aus den basal gekörnten Zellen können spezifische Tumoren, Karzinoide, entstehen.
573 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
Polypeptidhormonbildende Zellen. Sie gehören zum diffusen neuroendokrinen System (DNES, S. 812). Zu erwähnen sind Gastrin(G-)-Zellen. Gastrinzellen, G-Zellen, sind verschieden geformt. Sie kommen in der Schleimhaut von Duodenum und Jejunum sowie der Pars pylorica des Magens und im Pankreas vor. – Gastrin ist ein Polypeptidhormon, das in der Fundus- und Korpusregion des Magens die Magensaftsekretion anregt, wahrscheinlich auch die Sekretion der Duodenalschleimhaut und die der Bauchspeicheldrüse. Gastrin wirkt hemmend auf die Wasserresorption im gesamten Dünndarm. Entero-Glukagon(A)-Zellen. Sie kommen in der gesamten Magen-Darm-Schleimhaut vor. Ursprünglich wurden sie im Pankreas als glukagonbildende Zellen beschrieben. Glukagon hat im Gegensatz zu Insulin blutzuckersteigernde Wirkung. Sekretin(S)-Zellen. Sie sind besonders zahlreich im Duodenum, sind aber auch im Jejunum und im Dickdarm zu finden. Gelangt der saure Speisebrei aus dem Magen in das Duodenum, löst er dort die Freisetzung von Sekretin aus. Sekretin gelangt dann auf dem Blutweg zum Pankreas und fördert die Ausscheidung von Pankreassaft (Bauchspeichel). Außerdem stimuliert Sekretin die Abgabe von Pepsin bzw. Pepsinogen aus den Hauptzellen der Magenschleimhaut und von Gallensekret. Cholezystokininbildende(I)-Zellen. Cholezystokinin ist ein Wirkstoff, der in der Darmschleimhaut freigesetzt wird und die Gallenblase zur rhythmischen Kontraktion anregt. Dabei kommt es zu einer maximalen Ausschüttung von Galle. Gleichzeitig wird die Gallensekretion der Leber angeregt. Im Pankreas stimuliert dieses Hormon die Abgabe eines enzymreichen Bauchspeichels und hemmt die gastrale Phase der Magensekretion. Cholezystokinin ist mit Pankreozymin identisch. Deshalb wird dieses Hormon auch als Cholezystokinin-Pankreozymin (CCK-PZ) bezeichnet. K-Zellen. K-Zellen kommen im gesamten Dünndarm vor und bilden das gastroinhibitorische Peptid (GIP), ein Hormon, das hemmend auf Motilität und Sekretion des Magens wirkt. Motilin-Zellen sind zahlreich im Duodenum und Jejunum. Sie werden durch niedrigen pH-Wert und durch Fettsäuren aktiviert. Motilin stimuliert die Motilität von Magen und Dünndarm.
M-Zellen gehören zum darmassoziierten lymphatischen System, das der immunologischen Abwehr dient (s. un-
ten). M-Zellen kommen nur über subepithelialen Lymphozytenansammlungen vor, z. B. über Peyer-Plaques (s. unten) und sind antigentransportierende Zellen. Sie haben nur wenige Mikrovilli und eine verdünnte Glykokalix, vor
allem aber in ihrer Nähe viele intraepitheliale Lymphozyten (überwiegend T-Lymphozyten) und Makrophagen. Glandulae intestinales. Es handelt sich um 200–400 mm tiefe Krypten zwischen den Darmzellen, die von Oberflächenepithel ausgekleidet sind (⊡ Abb. 8.86 b). Basalwärts flacht sich das Epithel ab und der Mikrovillisaum wird niedriger. In der Tiefe der Krypten kommen viele Mitosen vor. Sie dienen dem Zellersatz. Die neu gebildeten Zellen wandern innerhalb von 36 Stunden von der Kryptentiefe an die Zottenspitze, wo sie nach 48 Stunden abgestoßen werden. Sie machen einen großen Teil des Kotes aus. Alle Zelltypen werden von den gleichen Stammzellen regeneriert. Lamina propria mucosae. Sie trägt das Oberflächenepithel und bildet das Zottenstroma. Sie besteht aus retikulärem Bindegewebe. Im Zottenstroma werden angetroffen glatte Muskelzellen, ein engmaschiges Blut- und Lymphkapillarnetz und Zellen des Abwehrsystems, die zum darmassoziierten lymphatischen System gehören. Die glatten Muskelzellen zweigen von der Lamina muscularis mucosae ab und ziehen kuppenwärts. Sie bewirken durch ihre Kontraktion eine rhythmische Verkürzung der Zotten, Zottenpumpe. Die folgende Zottenstreckung kommt durch arterielle Blutfüllung der Zottenkapillaren zustande. Blutkapillaren. Sie werden von 1 oder 2 Arteriolen gespeist, die von der Zottenbasis ohne Astabgabe zur Zottenspitze verlaufen (⊡ Abb. 8.87). Dort werden vor allem resorbierte Bausteine von Kohlenhydraten und Proteinen ins Blut aufgenommen. Die Kapillardichte an der Zottenspitze ist der Resorptionsleistung jedes Abschnitts angepasst. Der Blutabfluss erfolgt dann durch eine in der Regel zentral gelegene Vene. Von dort gelangt das Blut zur Pfortader und dann in die Leber. Die zuführenden Arteriolen treten aber auch direkt mit der ableitenden Vene in Verbindung, sodass bei Resorptionsruhe arterielles Blut unmittelbar in die Vene gelangt. Lymphkapillaren nehmen 60 % der resorbierten Fette auf. Von hier fließt die Darmlymphe in ein submuköses Lymphgefäßnetz, das mit den mesenterialen Chylusgefäßen in Verbindung steht. Darmassoziiertes lymphatisches System, GALT. Auffälligster Anteil des darmassoziierten lymphatischen Systems sind Lymphfollikel (S. 146), die als Solitärfollikel
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
steht aus mehreren Lagen glatter Muskelzellen, die in Links- und Rechtsspiralen das Darmrohr umkreisen. Sie bilden ein Muskelgitter, dessen Maschenweite mit dem Kontraktionszustand des Darms wechselt. Bei Dehnung des Darms sorgt die Muscularis mucosae für eine gleichmäßige Entfaltung der Schleimhaut.
⊡ Abb. 8.87. Gefäßsystem in einer Dünndarmzotte. Die Arterien ziehen bis zur Zottenspitze empor und stehen über die sog. Randschlingen mit der Venenwurzel in direkter Verbindung
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meist in der Lamina propria mucosae liegen oder als aggregierte Lymphfollikel (Peyer-Plaques) bis in die Tela submucosa reichen (⊡ Abb. 8.85 c, d). Hinzu kommen diffus verteilte Lymphozyten und Makrophagen in der Lamina propria und intraepitheliale Lymphozyten sowie die M-Zellen (s. oben) im Epithel über den Peyer-Plaques und über den Solitärfollikeln.Alle Anteile wirken zusammen. ⓘ Infobox Die Antigene aus dem Darm erreichen nach transepithelialem Transport (durch die M-Zellen) das spezialisierte darmassoziierte lymphatische Gewebe, wo die primäre Immunreaktion beginnt. Bei dieser Reaktion entstehen Antikörper, die mit dem Antigen Immunkomplexe bilden. Die Immunkomplexe werden anschließend in den Peyer-Plaques und Solitärfollikeln von follikulären dendritischen Zellen in den Keimzentren gebunden. Bei einer Sekundärreaktion, d. h. nach erneutem Eindringen von Antigen oder anhaltendem Antigenkontakt, helfen die gebundenen Antigen-Antikörper-Komplexe auf den follikulären dendritischen Zellen, antigenspezifische BLymphozyten zu stimulieren. Die stimulierten B-Lymphozyten teilen sich und reifen weiter, verlassen dann das Keimzentrum und werden im ganzen Körper verteilt. Ein großer Teil der stimulierten B-Lymphozyten kehrt in die Lamina propria des Darms zurück. Dort proliferieren sie und wandeln sich zu Immunglobulin-sezernierenden Plasmazellen um. Diese setzen IgA frei, das von Enterozyten gebunden und schließlich als sekretorisches IgA (SIgA) an der Darmoberfläche abgegeben wird. Dort nimmt SIgA Einfluss auf die Agglutination großmolekularer Antigene und beeinträchtigt die Adhärenz von Bakterien und die Aufnahme antigener Nahrungsanteile.
Lamina muscularis mucosae. Sie bewirkt die Motorik der Schleimhaut. Die Lamina muscularis mucosae be-
Tela submucosa (⊡ Abb. 8.85 b). Schleimhaut und Muskelmantel sind in der Tela submucosa gegeneinander verschieblich. Die Submukosa besteht aus scherengitterartig angeordneten Kollagenfaserbündeln und elastischen Netzen. In den Lücken befinden sich zahlreiche Lymphozyten, Blutgefäße, Lymphgefäße und das Nervengeflecht des Plexus submucosus. Als Besonderheit weist die Tela submucosa des Duodenums Glandulae duodenales, Brunner-Drüsen, auf (s. unten). Tunica muscularis (⊡ Abb. 8.85). Sie stabilisiert das
Darmrohr und bewegt es gleichzeitig. Die Tunica muscularis hat eine innere Ring- und eine äußere Längsschicht glatter Muskelzellen, Stratum circulare, Stratum longitudinale. Dazwischen liegt dünnes Bindegewebe mit Gefäßen und dem Plexus myentericus. Das Stratum longitudinale ist wesentlich schwächer als das Stratum circulare. Bei Kontraktion der Ringschicht wird die Darmlichtung enger, während eine Kontraktion des Stratum longitudinale zur Verkürzung und Erweiterung des Darmrohrs führt. ⓘ Infobox Stratum circulare und longitudinale gemeinsam bewirken peristaltische Bewegungen des Darms.Die peristaltischen Kontraktionswellen, die mit einer Geschwindigkeit von 2–15 cm/sec analwärts laufen,treiben den Darminhalt vorwärts. Daneben treten rhythmische Pendel- und Segmentationsbewegungen auf. Sie führen zur Durchmischung des Darminhalts. Bei den Pendelbewegungen ändert sich die Länge einzelner Darmabschnitte, bei den Segmentationsbewegungen durch rhythmische Kontraktionen oder Dilatationen die Weite einzelner Darmabschnitte.
Tela subserosa und Tunica serosa. Der Tunica muscula-
ris folgt die Tunica subserosa aus kollagenem Bindegewebe, die das Peritoneum viscerale, Tunica serosa, mit der Tunica muscularis verbindet. Unterschiede im Wandbau verschiedener Dünndarmabschnitte (⊡ Tabelle 8.6) Duodenum. Der Zwölffingerdarm besitzt sehr hohe Plicae circulares,von denen sich plumpe,teilweise blattförmige Zot-
575 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
⊡ Tabelle 8.6. Merkmale von Magen, Dünn- und Dickdarm für die histologische Diagnostik Tunica mucosa
Magen Pars cardiaca
Tunica mucosa und Tela submucosa
Tela submucosa
Tunica muscularis
Drei Schichten: Fibrae obliquae, Stratum circulare, Stratum longitudinale (außen)
Unregelmäßige Foveolae gastricae, gewundene Tubuli, Schleimzellen
Fundus
Langgestreckte, wenig verzweigte Tubuli, Hauptzellen, Belegzellen, Nebenzellen, Schleimzellen, endokrine Zellen
Pars pylorica
Tiefe Foveolae gastricae, kurze, am Ende verzweigte Tubuli, Schleimzellen, endokrine Zellen
Dünndarm Duodenum
Zotten und Krypten Plumpe, blattförmige Zotten, Folliculi lymphatici
Falten Hohe Plicae circulares
Jejunum
Lange, fingerförmige Zotten, Folliculi lymphatici
Plicae circulares
Ileum
Kürzer werdende Zotten
Niedrige Plicae circulares, Folliculi lymphatici
Dickdarm
Krypten
Folliculi lymphatici
ten erheben. Das kennzeichnende Merkmal jedoch sind die Glandulae duodenales, Brunner-Drüsen (⊡ Abb. 8.85 a). Sie bestehen aus gewundenen und verzweigten Schläuchen, die mit einer beeren-, teils bläschenförmigen Auftreibung enden. Sie münden entweder in Darmkrypten oder zwischen den Zotten. Die Drüsenschläuche durchbrechen die Lamina muscularis mucosae und nehmen in dichter Packung ausgedehnte Areale der Submukosa ein.Die Glandulae duodenales gehören zur Gruppe der mukösen Drüsen und beteiligen sich an der Bildung des Darmsaftes. Ihr schleimiges Sekret enthält proteolytische Enzyme,ferner Maltase und Amylase.
Gll. duodenales
Zwei Schichten: Stratum circulare, Stratum longitudinale (außen)
Zwei Schichten: Stratum circulare, Stratum longitudinale als Taenien (außen)
Jejunum. Im Jejunum werden die Plicae circulares etwa von der Mitte dieses Darmabschnitts an niedriger und stehen weiter auseinander. Die Zotten sind lang und fingerförmig, ihre Dichte nimmt ileumwärts ab.Brunner-Drüsen fehlen. Ileum. Das Ileum unterscheidet sich von den oberen Dünndarmabschnitten durch sehr niedrige Plicae circulares, die in weiten Abständen voneinander auftreten und im unteren Ileum sogar ganz fehlen. Auch die Zotten werden allmählich kürzer, ihre Dichte nimmt weiter ab. Die Krypten vertiefen sich gegen Ende des Ileums und die Anzahl der Becherzellen nimmt deutlich zu.
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
Die Lamina propria des Dünndarms ist auffallend lymphozytenreich. Stellenweise sammeln sich die Lymphozyten zu Solitärfollikeln, Folliculi lymphatici solitarii, die unterschiedlich große, eiförmige oder kugelige Knötchen in der Schleimhaut bilden. Sie treiben die Zottenoberfläche buckelförmig vor, können aber auch die Lamina muscularis mucosae durchbrechen. Wenn mehrere Solitärfollikel nebeneinander liegen oder durch ihre Vereinigung große lymphoretikuläre Organe entstehen, spricht man von Folliculi lymphatici aggregati, Peyer-Platten. Diese können bis zu 400 Follikel enthalten, liegen stets gegenüber dem Mesenterialansatz und erreichen eine Länge von 2–12 cm bei einer Breite von etwa 1 cm. Die Platten kommen überwiegend im Ileum vor. Sie bewirken eine Verdickung und Verkürzung der Zotten, sowie eine Unterbrechung der Muscularis mucosae. Die Follikel liegen dann z. T. in der Submukosa.
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Leitungsbahnen des Dünndarms. Bei den Arterien ist die Pars descendens duodeni die Grenze zwischen dem Versorgungsgebiet des Truncus coeliacus (S. 553) und der A. mesenterica superior (S. 554). An der arteriellen Versorgung des Dünndarms sind beteiligt Rr. duodenales (⊡ Abb. 8.95) aus der A. pancreaticoduodenalis superior posterior und superior anterior. Beide Arterien gehen aus der A. gastroduodenalis, einem Ast der A. hepatica communis hervor, die ihr Blut aus dem Truncus coeliacus erhält. Aa. retroduodenales zur Rückfläche des Duodenums als Äste der A. gastroduodenalis. A. pancreaticoduodenalis inferior, die hinter dem Pankreas als 1. Ast die A. mesenterica superior verlässt. Sie versorgt mit ihren Ästen den Pankreaskopf einschließlich Processus uncinatus und die unteren Duodenalabschnitte. Sie steht mit der A. pancreaticoduodenalis superior anterior und superior posterior in Verbindung. Aa. jejunales et ileales. Sie entspringen auf der linken Seite aus dem Stamm der A. mesenterica superior, aus dem die Endzweige an den Darm herantreten. Dort bilden sie Arkaden, die notwendig sind, damit bei wechselnder Lage und Länge des Dünndarms die Gefäße nicht gestaucht oder gedehnt werden. Die Darmarterien, die alle Schichten der Darmwand versorgen, sind funktionelle Endarterien. Venen. Die Venen des Dünndarms verhalten sich wie die Arterien. Der Stamm der V. mesenterica superior liegt rechts von der Arterie und vereinigt sich hinter dem
Pankreaskopf mit der V. mesenterica inferior und der V. splenica zur V. portae hepatis (S. 558). Lymphgefäße. Die Lymphgefäße des Dünndarms, die ihren Anfang als Lymphkapillaren der Darmzotten nehmen, verlaufen mit den Arterien und erreichen zahlreiche Lymphknoten, die teils direkt am Mesenterialansatz, teils in der Nähe der Radix mesenterii liegen, Nodi lymphatici mesenterici superiores, ileocolici, colici dextri und colici medii. Die folgenden Lymphgefäße vereinigen sich meist zu einem Truncus intestinalis,der in den Truncus lumbalis sinister oder direkt in die Cisterna chyli (S. 151) mündet. Nerven (hierzu auch S. 703). An der Innervation des
Dünndarms sind beteiligt Anteile des sympathischen Nervensystems, N. vagus und intrinsischen Nervensystems. Die sympathischen Nervenfasern (2. efferentes Sympathikusneuron) stammen aus dem Ganglion coeliacum superius bzw. dem Ganglion mesentericum superius. Sie gelangen als periarterielle Geflechte an den Darm und hemmen seine Bewegungen. Der parasympathische N. vagus (Truncus vagalis poste-
rior, Fasern vorwiegend aus dem rechten N. vagus) reicht bis zur Flexura coli sinistra. Er beschleunigt die Darmbewegungen. Die Perikarya des 2. efferenten Parasympathikusneurons liegen teils im Ganglion coeliacum, teils in der Darmwand. Intrinsisches (intramurales) Nervensystem. Das intra-
murale Nervensystem des Darms, das aus autonomen Nervenfasern und Ganglienzellen besteht, wird in seiner Gesamtheit als Plexus entericus bezeichnet. Er ist aus Neuroblasten hervorgegangen, die aus der Neuralleiste eingewandert sind. Subserös befindet sich der Plexus subserosus. Zwischen Ring- und Längsmuskelschicht liegt der Plexus myentericus, Auerbach-Plexus. Dieser steht mit dem mehrschichtigen, etagenförmigen Plexus submucosus, Meißner-Plexus, durch zahlreiche Fasern in Verbindung. An das intramurale Nervensystem treten sympathische und parasympathische Nervenäste heran. Dabei wirken sich die sympathischen Fasern hemmend, die parasympathischen fördernd auf die Tätigkeit der Tunica muscularis aus. Der Plexus submucosus reguliert offenbar die Bewegungen der Schleimhaut und die Sekretion der Darmdrüsen.
577 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
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In Kürze
Die Struktur der drei Dünndarmabschnitte, Duodenum, Jejunum und Ileum ändert sich in dem Maß des Fortschreitens der Aufschlüsselung ihrer Inhalte während der Verdauung und der Resorption. Im Duodenum stehen die Sekretion der Verdauungssekrete (Glandulae intestinales, Brunner-Drüsen) bzw. ihrer Zuführung aus den Anhangsdrüsen und das Vorkommen von enteroendokrinen Zellen zur Regulation der Tätigkeit der oberen Teile des Verdauungskanals im Vordergrund. Gleichzeitig sind wie in allen Abschnitten des Dünndarms resorptive Strukturen vorhanden, die im Jejunum, dem längsten Abschnitt des Dünndarms, vorherrschen.Vorhanden sind überall Anteile des GALT, die jedoch im Ileum kumulieren. Die Oberfläche des Dünndarms wird durch Plicae,Villi und Mikrovilli erheblich vergrößert.
Dickdarm, Intestinum crassum Wichtig
Histologisch sind für die Schleimhaut des Dickdarms tiefe Krypten und viele Becherzellen kennzeichnend. Funktionell steht jedoch die Resorption von Wasser und Elektrolyten im Vordergrund.
Das Ileum mündet in der Fossa iliaca dextra ins Caecum, Blinddarm. Die Öffnung ist das schlitzförmige, quer gestellte Ostium ileocaecale (⊡ Abb. 8.88). Hervorgerufen wird der Schlitz durch 2 Schleimhautfalten, Valvae ileocaecales, die sich seitlich in ein Frenulum valvae ileocaecalis fortsetzen. Durch diese Falten wird ein Reflux von Dickdarminhalt in den Dünndarm verhindert. Informationen über die Abschnitte, die Lage, den Verlauf, die Peritonealverhältnisse und Nachbarschaftsbeziehungen des Dickdarms und seiner Abschnitte finden Sie auf S. 538. Gemeinsame Kennzeichen aller Dickdarmabschnitte sind drei Taenien, Haustra coli und Appendices epiploicae. Taenien sind etwa 1 cm breite Bündel der äußeren Längs-
muskulatur der Darmwand. Zwischen den Taenien ist die übrige äußere Längsmuskulatur sehr schwach. Von den 3 Taenien ist an Kolonabschnitten nur die vordere sichtbar, Taenia libera, am Colon ascendens sind die beiden anderen dem Verwachsungsfeld mit der hinteren Bauchwand zugekehrt. Am Colon transversum ist eine Taenie mit dem Mesokolon verwachsen, Taenia mesocolica, die 2. mit dem großen Netz verbunden, Taenia omentalis.
⊡ Abb. 8.88. Ileum, Zäkum und Colon ascendens sind eröffnet. Zu beachten ist die Abgangsstelle des Wurmfortsatzes
Haustra coli sind Aussackungen der Dickdarmwand, die durch quer gestellte Einschnürungen der Darmwand zustande kommen. Es handelt sich um Kontraktionsfalten, die wandern und auch verstreichen können. Ihnen entsprechen Plicae semilunares coli auf der Innenseite der Dickdarmwand (⊡ Abb. 8.88). Sie springen ins Lumen vor und sehen halbmondförmig aus, weil die Einschnürungen durch die längs verlaufenden Taenien unterbrochen werden.An den Aufwerfungen der Dickdarmfalten ist die gesamte Darmwand beteiligt. Appendices epiploicae. Es handelt sich um zipfelförmige Anhängsel des subserösen Bindegewebes, vorwiegend
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
entlang der Taenia libera. Sie bestehen im Wesentlichen aus Fettgewebe. Dickdarmwand. Die Schleimhaut des Dickdarms ist ein-
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heitlicher gebaut als die des Dünndarms.Vor allem ist sie zottenlos. Dafür ist die Dickdarmwand kryptenreich. Die Krypten sind etwa 0,5 mm lang und stehen dicht nebeneinander (⊡ Abb. 8.89). Im Übrigen entspricht im Prinzip der Wandbau dem der anderen Teile des Verdauungskanals (⊡ Tabelle 8.5, S. 520, ⊡ Abb. 8.85). Lamina epithelialis mucosae. Im hochprismatischen Epithel kommen viele Becherzellen vor, besonders in der Tiefe der Krypten. Die Saumzellen selbst tragen längere Mikrovilli als die des Mitteldarms (⊡ Abb. 8.89). Lamina propria mucosae. Sie enthält zahlreiche Lymphozyten und stellenweise Lymphfollikel. Lamina muscularis mucosae. Sie ist kräftig entwickelt und besteht im Allgemeinen aus mehreren Muskelzelllagen unterschiedlicher Verlaufsrichtungen.
Tela submucosa. In der breiten Submukosa kommen reichlich Fettzellen und Fettgewebsläppchen vor. Stellenweise sind Lymphfollikel ausgebildet. Tunica muscularis. Die Ringmuskelschicht ist überall gleichmäßig stark. Ihre umschriebenen Kontraktionen führen zu quer gestellten Falten, Plicae semilunares (s. oben). Sie wandern (fließend) beim Transport des Dickdarminhalts. Die Längsmuskelschicht ist auf Taenien zusammengedrängt (s. oben). Die Verkürzung der Taenien dient der Raffung des Darmrohrs. Insgesamt ist der Transport des Inhalts im Dickdarm gegenüber dem im Dünndarm verlangsamt. Appendix vermiformis (hierzu auch S. 539). Der Wurm-
fortsatz (⊡ Abb. 8.90) unterscheidet sich von den übrigen Dickdarmteilen durch kurze und unregelmäßig verteilte Krypten. Vor allem kommen aber in der Schleimhaut massive Lymphozytenansammlungen vor, die vielfach die Schleimhautmuskulatur durchbrechen und große Teile der Submukosa einnehmen (⊡ Abb. 8.90). Der Wurmfortsatz ist ein wichtiger Teil des Immunsystems. Leitungsbahnen des Dickdarms. Die versorgenden Arterien (⊡ Abb. 8.91) sind unpaare Äste der Aorta abdomina-
lis (S. 553).
⊡ Abb. 8.89. Längsschnitt durch eine Dickdarmkrypte mit Saumzellen und zahlreichen Becherzellen
⊡ Abb. 8.90. Appendix vermiformis. Querschnitt. Die Lymphfollikel liegen in der Submukosa
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⊡ Abb. 8.91. Gefäßversorgung des Dickdarms. Das Querkolon ist nach oben geschlagen
Wichtig
Bis etwa zur Flexura coli sinistra wird der Dickdarm arteriell von Ästen der A. mesenterica superior, die anschließenden Abschnitte werden von Ästen der A. mesenterica inferior versorgt.
Zäkum und Appendix vermiformis. Beide Darmab-
schnitte werden von der A. ileocolica aus der A. mesenterica superior versorgt. Für den Wurmfortsatz entlässt die A. ileocolica einen besonderen Ast, die – A. appendicularis, welche im Mesoappendix verläuft und bei einer Appendektomie unterbunden werden muss. Die – A. caecalis anterior versorgt die vordere Wand des Blinddarms; sie wirft das Bauchfell zur Plica caecalis vascularis auf, die sich über den Recessus ileocaecalis spannt. Die – A. caecalis posterior breitet sich an der hinteren Wand des Zäkums aus. – Aa. ileales laufen zum terminalen Ileum. Colon ascendens und Colon transversum. Sie werden versorgt durch: A. ileocolica (s. oben), A. colica dextra, die in der Regel ein eigener Ast der A. mesenterica superior ist; sie kann aber auch als Ast der A. colica media auftreten (⊡ Abb. 8.91). Am Kolon
teilt sie sich in einen auf- und einen absteigenden Ast; und die A. colica media. Die A. colica media entspringt aus der A. mesenterica superior oberhalb der A. colica dextra, breitet sich innerhalb des Mesocolon transversum aus und verbindet sich nach rechts mit einem Ast der A. colica dextra und nach links mit einem Ast der A. colica sinistra (s. unten). Colon descendens und Colon sigmoideum und der
größte Teil des Rektums erhalten ihr arterielles Blut durch Äste der A. mesenterica inferior: A. colica sinistra, die auch aus einem Ast hervorgehen kann, der die Arterien für das Colon sigmoideum entlässt, Aa. sigmoideae, 2 oder mehr Äste, die in das Mesosigmoideum eintreten und durch breite Arkaden mit dem Gefäßgebiet des linken Kolonschenkels in Verbindung stehen, A. rectalis superior, Endast der A. mesenterica inferior, die in der Tiefe der Beckenhöhle hinter dem Rektum mit der A. rectalis inferior anastomosiert, die aus der A. pudenda interna entspringt (S. 556). Venen. Die Venen verhalten sich in ihren peripheren Ab-
schnitten wie die Arterien. Ihr Blut gelangt zur V. portae hepatis (S. 558).
8
580
Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
Lymphgefäße. Die Lymphe aus Appendix vermiformis und Zäkum fließt zu Lymphknoten, die unmittelbar neben und hinter dem Zäkum liegen, und von hier aus zu den Nodi lymphatici ileocolici im Winkel zwischen Ileum und Kolon. Die Lymphgefäße des Kolons ziehen zu Lymphknoten, die den einzelnen Kolonabschnitten angelagert sind (⊡ Abb. 8.76). Von hier aus gelangt die Lymphe über die Mesenteriallymphknoten entlang der V. mesenterica inferior in die Trunci intestinales.
>
8
Nerven. Die nervöse Versorgung erfolgt durch den Ple-
xus mesentericus superior, der sympathische Fasern aus den Nn. splanchnici und parasympathische Fasern des N. vagus erhält. Das Versorgungsgebiet des N. vagus reicht etwa bis zum letzten Drittel des Colon transversum (Cannon-Böhm-Punkt). Colon descendens et sigmoideum beziehen ihre sympathischen Nervenfasern aus dem Plexus mesentericus inferior, die parasympathischen Fasern stammen aus dem Plexus hypogastricus inferior. Intramural gliedert sich das Nervensystem wie bei den anderen Darmabschnitten in Plexus myentericus und Plexus submucosus.
In Kürze
Das Kolon ist durch Taenien und Haustren gekennzeichnet. Seine Schleimhaut ist krypten- und becherzellreich. Die Wand des Appendix vermiformis wird von Lymphozytenansammlungen beherrscht.
Rectum mit Canalis analis Wichtig
Die Muskulatur in der Wand des Rektums lässt zur Kotansammlung Erweiterungen zu und bewirkt gleichzeitig im Zusammenwirken mit Muskeln des Beckenbodens einen Verschluss.
Das Rectum, Mastdarm, ist der Endabschnitt des Darms (⊡ Abb. 8.92). Er beginnt als Fortsetzung des Colon sigmoideum in Höhe des Oberrandes des 3. Sakralwirbels und endet mit dem Analkanal, Canalis analis, dessen Abschluss der Anus ist. Das Rektum ist 15–19 cm lang. Es liegt extraperitoneal (hierzu auch S. 530, 540, 549). Das Rektum ist mehrfach gekrümmt. Sein kranialer Anteil legt sich in die Konkavität des Os sacrum, Flexura sacralis. Dann krümmt er sich nach ventral, Flexura perinealis. Hinzu kommt zwischen beiden Flexuren eine Ausbiegung nach links. Dem entsprechen im Lumen des Rektums die Plicae transversae recti, Kohlrausch-Falte, etwa 6 cm vom Anus entfernt, die durch mehrere kleine Falten ergänzt wird. Im Bereich der Kohlrausch-Falte ist das Rektum erweiterungsfähig, Ampulla recti. Das Rektum verliert sehr bald die typischen Merkmale des Kolons (Haustren, Taenien, Appendices epiploicae). Die Längsmuskulatur bildet wieder eine geschlossene Muskellage.
∗
⊡ Abb. 8.92. Rektum und Analkanal mit Peritonealverhältnissen. * Gebiet des Septum rectovesicale
Der Canalis analis ist 3–4 cm lang. Er tritt durch den
Beckenboden und endet mit dem Anus. Der Canalis analis gliedert sich in Zona columnaris, Pecten analis und Zona cutanea. Zona columnaris. Die Schleimhaut zeigt 6–10 Längsfalten, Columnae anales (⊡ Abb. 8.93), die durch Bündel glatter Muskulatur, Venenkonvolute und Lymphgefäße
581 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
Glomera rectalia
⊡ Abb. 8.93. Innenansicht von Rektum und Analkanal sowie Gliederung der Sphinkteren, den venösen Geflechten und der A. rectalis sup. (rot). Rechts ist die Zonierung der Analschleimhaut dargestellt
aufgeworfen werden. Zwischen den Columnae anales finden sich Vertiefungen, Sinus anales, die kaudal durch kleine Querfalten, Valvulae anales abgeschlossen werden. Dadurch haben die Sinus anales flache Taschen, Analkrypten, die in der Tiefe der seitlichen Rektumwand den M. sphincter ani internus durchdringen. Die Columnae anales tragen Plattenepithel, die Sinus anales haben einschichtiges hochprismatisches Epithel. Pecten analis. Dieses Gebiet ist sehr schmerzempfindlich. Die Schleimhautoberfläche ist glatt und mit nicht verhornendem Plattenepithel bedeckt. Die kaudale Grenze bildet eine helle Linie, Linea anocutanea. Hier strahlen longitudinale Muskelfasern, die die Ringmuskelschicht durchbrochen haben, in die Darmschleimhaut ein. Zona cutanea. Sie umgreift den Anus und weist das verhornte Plattenepithel der Haut auf. Hinzu kommen Schweißdrüsen und apokrine Gll. circumanales. Durch Bindegewebsfasern wird die Haut in feine radiäre Falten gelegt. Die Zona cutanea ist stark pigmentiert und gleichfalls schmerzempfindlich. Verschlussapparat des Anus. Er befindet sich in einem
Dauertonus.
Wichtig
Am Verschlussapparat des Anus beteiligen sich Muskulatur, Bindegewebe und Venenplexus.
Muskulatur. Den muskulären Verschluss bilden M. sphincter ani internus, M. puborectalis und M. sphincter ani externus. Der M. sphincter ani internus ist eine Verstärkung der glatten Ringmuskulatur der Tunica muscularis der Wand des Analkanals. Der M. puborectalis ist der randbildende Teil des quer gestreiften M. levator ani (S. 309), der den Darm beim Durchtritt durch das Diaphragma pelvis schlingenförmig umgreift. Er verschließt den oberen Teil des Analkanals dadurch, dass er das Analrohr nach vorne zieht. Der M. sphincter ani externus liegt dem Trichter des M. levator ani außen auf. Er ist mehrschichtig und bildet eine Manschette um den Analkanal: Die Pars profunda ist der funktionell wichtigste Teil des Muskels. Er wirkt mit dem M. puborectalis zusammen. Die Pars superficialis besteht aus Muskelfasern, die vom Lig. anococcygeum zum Centrum tendineum
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582
Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
perinei ziehen und die Analöffnung von der Seite her abklemmen. Die Pars subcutanea ist ein Ringmuskel dicht unter der Haut. Bindegewebsfasern und submuköser Venenplexus. Un-
terstützt wird der Verschluss des Canalis analis passiv durch Bindegewebsfasern, die den M. sphincter ani externus durchsetzen, in die perianale Haut einstrahlen und bei forcierter Kontraktion die Haut in den Analkanal hineinziehen. Ferner wirken der Plexus venosus rectalis der Schleimhaut des Analkanals und der subkutane Plexus im Bereich der Zona cutanea mit (⊡ Abb. 8.93). ⓘ Infobox
8
Die Defäkation erfolgt reflektorisch, kann aber willkürlich beherrscht werden. Ausgelöst wird der Reflex durch Dehnung der Rektumwand durch große Kotmassen. Die Dehnung löst viszeroefferente Impulse aus, die sympathische (Th11–L3) und parasympathische (S2–S5) Reflexzentren im Rückenmark erreichen. Die Viszeroefferenzen bewirken Kontraktion der glatten Muskulatur des Rektums. Gleichzeitig führen sie zu einer Erschlaffung des quer gestreiften M. sphincter ani internus, der jedoch auch über den N. pudendus willkürlich innerviert wird und dadurch auch bei Kotfüllung der Ampulla recti den Anus geschlossen hält. Die Entleerung erfolgt dann unterstützt von der Bauchpresse durch peristaltische Wellen, die über das Rektum hinweglaufen und den Kot austreiben.
> Klinischer Hinweis Eine willkürliche Beherrschung der Stuhlentleerung entfällt, wenn die Sphinktermuskulatur ausfällt, Incontinentia alvi.
Leitungsbahnen des Rektums. Die versorgenden Arterien sind A. rectalis superior (⊡ Abb. 8.94), ein unpaarer Ast
der A. mesenterica inferior. Die A. rectalis superior gibt eine Anastomose zu den Aa. sigmoidei ab. Distal dieser Abzweigung (Sudeck-Punkt) ist die A. rectalis superior als Endarterie anzusehen. A. rectalis media aus der A. iliaca interna, A. rectalis inferior aus der A. pudenda interna. Aa. rectalis media et inferior sind paarig und versorgen die Muskulatur des kaudalen Rektumabschnitts. Venen. Aus dem Plexus venosus rectalis sammelt sich das Blut in der unpaaren V. rectalis superior, den paarigen Vv. rectales mediae et inferiores. Die erste führt ihr Blut dem Pfortaderkreislauf zu, mit den letzteren gelangt das Blut über die Vv. iliacae interni zur V. cava inferior (vgl. S. 559, portokavale Anastomosen, ⊡ Abb. 8.73).
⊡ Abb. 8.94. Arterielle Gefäßversorgung des Rektums von dorsal
Lymphgefäße. Der Lymphabfluss der Ampulla recti erfolgt (⊡ Abb. 8.76) zu den Nodi lymphatici pararectales sowie zu den Nodi lymphatici sacrales, Nodi lymphatici colici sinistri, Nodi lymphatici mesenterici inferiores und dann über weitere Zwischenstationen zur Cysterna chyli. Aus dem Canalis analis erreicht die Lymphe die Nodi lymphatici iliaci interni, aus dem Bereich des Afters die Nodi lymphatici inguinales superficiales. Nerven. Die viszeroefferenten Fasern für das Rektum gelangen aus dem sakralen Anteil des Parasympathikus (S2– S5) zu den Beckengeflechten. Die Umschaltung auf postganglionäre Neurone erfolgt in den intramuralen Ganglien. Sympathische Zuflüsse stammen aus dem Plexus hypogastricus und dem sympathischen Reflexzentrum (Th11–L3). Die Umschaltung auf postganglionäre Neurone erfolgt im Ganglion mesentericum inferius. Viszeroafferente (sensible) Fasern gelangen durch Nn. splanchnici sacrales ins Sakralmark. Somatische Innervation. Der M. sphincter ani externus erhält Fasern aus S2–S4 durch den N. pudendus.
583 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
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In Kürze
Das Rektum befindet sich extraperitoneal. Es ist mehrfach gekrümmt und im Bereich der Kohlrausch-Falte erweiterungsfähig, Ampulla recti. Der Endabschnitt des Rektums ist der Canalis analis. Hier erfolgt der Verschluss durch glatte Muskulatur der Darmwand (M. sphincter ani internus), quer gestreifte Muskulatur des Beckenbodens (M. puborectalis, M. sphincter ani externus) und Venenplexus. Der Verschluss wird sowohl unwillkürlich (Reflexzentren in Th11–S3) als auch willkürlich (N. pudendus) geregelt.
Pancreas, Bauchspeicheldrüse Wichtig
Die Bauchspeicheldrüse ist eine exokrine und gleichzeitig eine endokrine Drüse. Sie ist Teil umfassender Regelkreise im Dienst der Verdauung und des Glukosestoffwechsels.
Die Bauchspeicheldrüse ist eingeschlossen mit ihrem exokrinen Anteil in den gastroenteropankreatischen Regelkreis und mit ihrem endokrinen Anteil in den Regelkreis des Glukosestoffwechsels. Im Rahmen des gastroenteropankreatischen Systems produziert der exokrine Anteil der Bauchspeicheldrüse täglich bis zu 2 l Sekret mit Verdauungsenzymen: Endopeptidasen, Exopeptidasen, lipidspaltende Enzyme, kohlenhydratspaltende Enzyme, Ribonuklease. Im Dienst des Glukosestoffwechsels steht der endokrine Anteil der Bauchspeicheldrüse. Er besteht aus 1–2 Mio. Langerhans-Inseln, die hauptsächlich Insulin, Glukagon und Somatostatin bilden.
Nachbarschaft. Das Pankreas hat enge topographische Beziehungen zu den großen Gefäßstämmen des Oberbauchs (⊡ Abb. 8.95). Hinter dem Pankreaskopf entsteht aus dem Zusammenfluss der V. mesenterica superior, der V. mesenterica inferior und der V. splenica die V. portae hepatis (⊡ Abb. 8.96). Ferner verläuft hinter dem Pankreaskopf die A. mesenterica superior kaudalwärts, überquert die Pars ascendens duodeni und tritt in die Wurzel des Mesenteriums ein. Weiterhin befindet sich hinter dem Pankreaskopf der Ductus choledochus, der häufig in einem eigenen Kanal aus Pankreasgewebe liegt. Am Oberrand der Drüse verläuft die A. splenica, ein Ast des Truncus coeliacus. Die V. splenica befindet sich kaudal davon in einer Rinne hinter dem Pankreas. Exokriner Anteil der Bauchspeicheldrüse. Die Bauch-
speicheldrüse ist eine tubuloazinöse Drüse. Sie ist rein serös. Ähnlich der Gl. parotidea gliedert sich das Pankreas in viele, schon äußerlich sichtbare Läppchen, die von spärlichem lockeren interlobulären Bindegewebe mit
Makroskopie. Das Pankreas ist 13–18 cm lang, wiegt
70–90 g, erstreckt sich leicht S-förmig von der Konkavität des Duodenums nach links aufsteigend bis zur Milz und liegt retroperitoneal. Sie wird von einer dünnen Bindegewebskapsel umgeben. Die Bauchspeicheldrüse gliedert sich in Caput, Corpus und Cauda pancreatis. Weitere Einzelheiten S. 538 und zur Entwicklung S. 542. Durch die ganze Länge der Bauchspeicheldrüse verläuft der 2 mm dicke Ductus pancreaticus major (⊡ Abb. 8.83), der der Hinterfläche des Pankreas näher liegt als der Vorderfläche. Er sammelt kleinere Zuflüsse und mündet schließlich zusammen mit dem Ductus choledochus auf der Papilla duodeni major der Pars descendens duodeni (S. 569).
⊡ Abb. 8.95. Arterielle Gefäßversorgung des Pankreas sowie der Aorta mit Truncus coeliacus (Tripus Halleri). Die A. gastroomentalis dextra (*) und die A. gastroomentalis sinistra (**) sind durchtrennt. Links der beiden Sternsymbole die A. caudae pancreatis. A Anastomose zwischen A. pancreaticoduodenalis superior anterior und A. pancreatica dorsalis (aus der A. splenica)
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
Die Schaltstücke sind lang und eng. Sie werden von einem einschichtigen platten bis isoprismatischen Epithel ausgekleidet. Ihre Fortsetzung sind interlobuläre Abschnitte mit hochprismatischem Epithel, Becherzellen und vereinzelten enterochromaffinen Zellen. Die Gangepithelzellen geben Bikarbonationen ab, die dazu beitragen, im Duodenum den aus dem Magen eingetroffenen saueren Speisebrei zu neutralisieren und die Pankreasenzyme zu aktivieren. Schließlich münden alle Ausführungsgänge in den Hauptausführungsgang, der in seinem Aufbau weitgehend den interlobulären Gangabschnitten gleicht. Streifenstücke fehlen. ⊡ Abb. 8.96. Zusammenfluss von V. splenica, V. pancreaticoduodenalis und Vv. mesentericae zur V. portae hepatis an der Hinterseite des Caput pancreatis
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⊡ Abb. 8.97. Pankreas. Endverzweigung eines Schaltstücks mit serösen Azini und zentroazinären Zellen. (Nach Neubert 1927)
Blutgefäßen, Lymphgefäßen und Nerven umhüllt werden. Jedes Drüsenläppchen besteht aus zahlreichen unregelmäßig geformten Drüsenendstücken, Azini, die den Beginn der Ausführungsgänge, Schaltstücke, umfassen (⊡ Abb. 8.97). Dabei schieben sich Schaltstückzellen in die Lumina der Azini vor und werden dort als zentroazinäre Zellen bezeichnet. Die Drüsenzellen selbst sind prismatisch oder pyramidenförmig. Sie sind polar differenziert: Im basalen Zytoplasma liegen der kugelige Zellkern mit deutlichem Nukleolus und einem umfangreichen RER (basophiles Ergastoplasma). Der apikale Zellteil ist reich an stark lichtbrechenden, azidophilen Zymogengranula. Diese enthalten Vorstufen von Enzymen (Prosekret), die erst im Darm aktiviert werden.
ⓘ Infobox Die Bauchspeicheldrüse bildet zusammen mit Magen und Dünndarm einen Funktionskreis. Dabei wird, ausgehend von den endokrinen Zellen im Magen, im Dünndarm und in den Langerhans-Inseln und außerdem nervös die Tätigkeit des exokrinen Anteils des Pankreas gesteuert. Die stärksten Sekretogene sind das Cholezystokinin und das Sekretin der Dünndarmschleimhaut, aber auch Insulin. Hemmend wirken verschiedene Neuropeptide, aber auch Glukagon, Somatostatin und pankreatisches Polypeptid der Langerhans-Inseln, die jedoch die Sekretion der Bauchspeicheldrüse nicht vollständig unterbrechen. Die Sekrete der Bauchspeicheldrüse ihrerseits sind für die Verdauung unerlässlich. Sezerniert werden inaktive Vorläufer proteolytischer Enzyme, die dann im Dünndarm aktiviert werden.
Endokriner Anteil des Pankreas. Er besteht aus der Gesamtheit der Langerhans-Inseln, dem Inselorgan. Die Langerhans-Inseln, Insulae pancreaticae (⊡ Abb. 8.98), sind rundliche, seltener längliche Epithelkomplexe, die sich im Schnittpräparat als hell gefärbte Bezirke (Inseln) sehr deutlich vom exokrinen Pankreasgewebe abheben. Sie liegen inmitten der Drüsenläppchen, seltener im interlobulären Bindegewebe, gelegentlich auch in unmittelbarer Umgebung von Ausführungsgängen. Ihre Zahl ist im Schwanz der Bauchspeicheldrüse am größten. Die Durchmesser der Inseln schwanken zwischen 50 und 500 mm. Wichtig
Die Langerhans-Inseln bestehen aus unregelmäßig angeordneten Zellen verschiedenen morphologischen und funktionellen Verhaltens, den A-, B-, D- und PP-Zellen.
B-Zellen sind die häufigsten Insel-Zellen (80 %). Sie produzieren Insulin, das den Blutzuckerspiegel reguliert.
585 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
des exokrinen Pankreas. Ferner schränkt es die durch Gastrin stimulierte Magensäureproduktion ein.
⊡ Abb. 8.98. Langerhans-Insel, umgeben von serösen Azini des exokrinen Pankreas. Die Relation der A-Zellen zu B-Zellen beträgt etwa 1 : 4. Zu beachten ist die starke Kapillarisierung der Insel
Lichtmikroskopisch sind B-Zellen an rundlichen, locker gebauten Zellkernen und an einem zart gekörnten Zytoplasma zu erkennen. Elektronenmikroskopisch fallen zahlreiche stäbchenförmige Mitochondrien und Granula auf, die einen breiten hellen Saum zwischen ihrer Matrix und ihrer Membran aufweisen. > Klinischer Hinweis Bei gestörter Funktion der B-Zellen kann es zu einer Erhöhung des Blutzuckerspiegels durch Insulinmangel kommen (Diabetes Typ I). Aber auch eine Verminderung von Insulinrezeptoren an den Zellen in den Zielgebieten kann zum Diabetes führen (Diabetes Typ II).
A-Zellen. Sie liegen vor allem am Inselrand.A-Zellen produzieren Glukagon,das durch Glykogenolyse in der Leber den Blutzucker erhöht. Die oft zipfelartig ausgezogenen A-Zellen enthalten azidophile Granula,die sich mit Silbersalzen schwärzen und sich deshalb selektiv darstellen lassen. Elektronenmikroskopisch erweist sich die Matrix der Granula als dicht strukturiert. Sie ist durch einen schmalen hellen Randsaum von der Hüllmembran getrennt. D-Zellen. Sie bilden Somatostatin, das die Insulinund Glukagonsekretion hemmt. D-Zellen haben einen dichten Zellkern und ein fein granuliertes Zytoplasma. Die Körnelung des Zellleibs lässt sich färberisch mit Anilinblau hervorheben. Die Granula der D-Zellen sind homogen und von geringer Elektronendichte. Sie haben keinen hellen Hof. PP-Zellen. Die das pankreatische Polypeptid-bildenden Zellen enthalten kleine, runde oder ovale Granula von unterschiedlicher Osmiophilie. Pankreatisches Polypeptid hemmt die durch Sekretin stimulierte Sekretion
Gefäß- und Nervenversorgung der Inseln. Jede Insel wird von einem dichten Kapillarnetz umgeben, das vermutlich von mehreren Arteriolen gespeist wird. In den Inseln entfalten sich die Blutkapillaren zu Sinusoiden und haben engen Kontakt mit den endokrinen Zellen. Die Hormone der Langerhans-Inseln gelangen über die Venen des Pankreas in den Pfortaderkreislauf und in die Leber.Von hier aus erreichen sie ihre Zielgebiete. Eine Sonderstellung nehmen die exokrinen Anteile des Pankreas ein, da sie von Venen aus den Inseln erreicht werden, die sich erneut kapillarisieren (Typ eines »Pfortaderkreislaufs«). Dadurch können Inselhormone direkt auf die Azini des exokrinen Pankreas wirken. Auch marklose Nervenfasern dringen in die Inseln ein und enden mit Verdickungen an den Epithelzellen. Ihre Wirkungsweise ist noch nicht hinlänglich aufgeklärt. Leitungsbahnen. Die Bauchspeicheldrüse wird von folgenden Arterien versorgt (⊡ Abb. 8.95): Ästen aus der A. splenica: A. pancreatica dorsalis, die
sich in die A. pancreatica inferior fortsetzt, Rr. pancreatici, A. pancreatica magna, A. caudae pancreatis, Ästen aus der A. gastroduodenalis: – A. pancreaticoduodenalis superior posterior, – Aa. retroduodenales. Die A. pancreaticoduodenalis superior posterior und die Aa. retroduodenales verlaufen hinter dem Pankreaskopf und stehen mit dem R. posterior der A. pancreatica inferior in Verbindung. – A. pancreaticoduodenalis superior anterior auf der Vorderseite des Pankreaskopfes; sie anastomosiert mit dem R. anterior der A. pancreaticoduodenalis inferior sowie mit der A. pancreatica dorsalis, Ästen aus der A. mesenterica superior: – A. pancreaticoduodenalis inferior (S. 576) mit einem R. anterior und einem R. posterior. Insgesamt bilden die Arterien des Pankreas durch ihre Anastomosen untereinander Gefäßkränze, insbesondere um den Pankreaskopf. Venen. Das venöse Blut des Pankreas gelangt in die
V. portae hepatis und damit zur Leber (⊡ Abb. 8.100). Lymphgefäße. Die Lymphgefäße verlassen die Drüse an
verschiedenen Stellen ihrer Oberfläche und münden in
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
benachbarte Lymphknoten: Nodi lymphatici pancreaticoduodenales, Nodi lymphatici hepatici, Nodi lymphatici mesenterici superiores, Nodi lymphatici aortici laterales und Nodi lymphatici preaortici. Klinisch bedeutsam sind Verbindungen zwischen den Lymphgefäßen von Pankreas und Duodenum.
>
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Nerven. Die Innervation erfolgt durch Äste des N. vagus und des Sympathikus. Die Nervenfasern gelangen
teils direkt aus dem Plexus coeliacus in das Drüsengewebe, teils über periarterielle Geflechte (Plexus pancreaticus).
In Kürze
Das Pankreas ist gleichzeitig eine exokrine und eine endokrine Drüse. Der sehr viel größere exokrine Anteil besteht aus Drüsenazini, deren Drüsenzellen Zymogengranula mit Vorstufen von Verdauungsenzymen enthalten. Die Ausführungsgänge beginnen mit zentroazinären Zellen in den Drüsenazini und münden ins Duodenum. Sie geben neutralisierende, durch Erhöhung des pH im Duodenum enzymaktivierende Bikarbonationen ab. Die endokrinen Anteile des Pankreas (etwa 2 % des Organvolumens) sind Langerhans-Inseln. Ihre B-Zellen bilden Insulin, ihre A-Zellen Glukagon, ihre D-Zellen Somatostatin. Diese Hormone stehen im Dienst der Regulation des Kohlenhydratstoffwechsels. Eine Direktwirkung des Inselapparates auf das exokrine Pankreas ermöglicht der insuloazinäre Pfortaderkreislauf.
Leber, Hepar Wichtig
Die Leber ist das größte Stoffwechselorgan des Körpers. Sie nimmt alle Stoffe auf, die ihr mit dem Pfortaderblut zugeleitet werden, verarbeitet oder speichert oder gibt sie entweder in Ausführungsgänge oder in Blutgefäße ab. In der Fetalzeit ist die Leber an der Blutbildung beteiligt.
Die Leber erreicht als größte Drüse des Körpers ein Gewicht von 1500–2000 g. Beim Gesunden hat sie eine dunkelrotbraune Farbe. Die Oberfläche der Leber ist von Peritoneum viscerale bekleidet und spiegelnd glatt. Lebensfrisch ist die Leber weich, verformbar und passt sich den Nachbarorganen an. Wenn Sie sich über die Lage der Leber und ihre Peritonealverhältnisse informieren wollen, lesen Sie S. 533. Die Leber besteht aus 4 Lappen, Lobus dexter, Lobus sinister, Lobus quadratus, Lobus caudatus
(⊡ Abb. 8.99 a). Diese Gliederung kommt durch Bindegewebssepten zustande, die von einer oberflächlichen Bindegewebskapsel, Tunica fibrosa, Glisson-Kapsel ausgehen. Hinzu kommt eine Gliederung in 8 keilförmige Segmente (⊡ Abb. 8.99 b), die jedoch weder an der Oberfläche erkennbar sind noch makroskopisch sichtbare Grenzen aufweisen. Es handelt sich vielmehr um unter-
schiedliche Versorgungsgebiete durch Lebergefäße. – Lebersegmente können einzeln reseziert werden. Die Lappengliederung ist deutlich an der Facies visceralis durch furchenartige Einschnitte der Leberoberfläche zu erkennen. Die Furchen gleichen einem H. Einer quer verlaufenden Furche schließt sich an jeder Seite eine sagittale Furche an. Der quere Schenkel bildet die Leberpforte, Porta hepatis (⊡ Abb. 8.99 a). Hier treten die V. portae hepatis, 2 Äste der A. hepatica propria und Nerven in die Leber ein und die Ductus hepaticus dexter und sinister aus, die sich noch im Bereich der Pforte zum Ductus hepaticus communis vereinigen. In der Regel liegt die V. portae hepatis an der Leberpforte am weitesten dorsal. Ferner befestigt sich im Bereich der Leberpforte das kleine Netz, das mit der kleinen Kurvatur des Magens und dem Bulbus duodeni verbunden ist (⊡ Abb. 8.51). Ventral der Leberpforte wölbt sich der Lobus quadratus, dorsal der Lobus caudatus hervor. Der linke sagittale Einschnitt an der viszeralen Leberoberfläche, Fissura ligamenti teretis, trennt den Lobus sinister von den übrigen Lappen. An dieser Fissur befestigt sich ventral das Lig. teres hepatis (Reste der Nabelvene) und dorsal das Lig. venosum (obliterierter Ductus venosus Arantii). In der rechten sagittalen Furche liegt vorne die Gallenblase, hinten die V. cava inferior. Rechts davon befindet sich der Lobus dexter.
587 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
⊡ Abb. 8.99 a, b. Leber. a Facies visceralis der Leber mit ihren 4 Lappen: Lobus dexter, Lobus sinister, Lobus quadratus, Lobus caudatus, sowie der Leberpforte und der Gallenblase. Zu beachten sind von den Nachbarorganen hervorgerufene Impressionen. b Lebersegmente in der Ansicht von der Facies diaphragmatica
Die Lebergliederung steht zu den Verzweigungen der V. portae hepatis, der A. hepatica propria und der Gallengänge in Beziehung. Alle drei Gebilde verlaufen ge-
meinsam. Sie bilden eine Trias (⊡ Abb. 8.100 c). Die Vena portae hepatis (S. 558) ist ein Vas publicum; es
steht im Dienst des Gesamtorganismus. Die V. portae hepatis bringt nährstoffreiches Blut aus dem Verdauungskanal in die Leber. In der Leberpforte teilt sich die Pfortader in Ramus dexter für den rechten Leberlappen und Ramus sinister für den linken Leberlappen und die Lobi caudatus et quadratus. Jeder Ast teilt sich in weitere Rami, die schließlich zu Vv. interlobulares werden. Deren Äste erreichen die Sinus hepatici (s. unten). ⓘ Infobox Das Besondere an der V. portae hepatis ist die Kapillarisierung einer Vene.Dadurch liegen zwei venöse Kapillargebiete hintereinander, das eine in den Organen des Verdauungskanals, das andere in der Leber. Ähnliches kommt an anderen Stellen vor, z. B.der Bauchspeicheldrüse (S. 585),der Hypophyse (S. 733).Alles wird unter dem Begriff »Pfortaderkreislauf« subsummiert.
A. hepatica propria (S. 554). Sie ist das Vas privatum der
Leber und versorgt das Organ vor allem mit sauerstoffreichem Blut. Ihre Äste sind stets kleiner als die der V. portae hepatis. Sie öffnen sich in die Lebersinusoide (s. unten).
Gallengänge. Es handelt sich um Drüsenausführungsgänge. Sie leiten das von den Leberzellen produzierte Lebersekret, Galle, ab. Die Gallengänge, Canaliculi biliferi, beginnen zwischen den Leberzellen und erreichen über Zwischenabschnitte Ductuli interlobulares biliferi, die jeweils in den periportalen Feldern liegen (s. unten). Vv. hepaticae. Sie verlaufen unabhängig von der Trias. Ihr Blut kommt aus den Vv. centrales der Leberläppchen (s. unten) und deren Fortsetzung, den sublobulären Sammelvenen, die die Leber in sagittaler Richtung durchziehen. Sie vereinigen sich in Nähe der Area nuda zu Vv. hepaticae, die in die untere Hohlvene einmünden. Meist handelt es sich um drei Vv. hepaticae aus dem Lobus dexter und sinister hepatis und eine Vene aus dem Lobus caudatus. Wichtig
Die strukturellen und funktionellen Einheiten der Leber sind die Leberläppchen.
Je nach Betrachtungsweise werden unterschieden (⊡ Abb. 8.100) Lobulus hepatis, klassisches Läppchen, portales Läppchen und Leberazinus.
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
⊡ Abb. 8.100 a–c. Schematische Darstellung von Leberläppchen. a Die polygonalen Felder stellen die Zentralvenenläppchen, die schwarz eingezeichneten Dreiecke die Portalläppchen und der rot eingezeichnete Rhombus einen Leberazinus dar. Der Mittelpunkt des klassischen Leberläppchens ist die Zentralvene, der Mittelpunkt des portalen Leberläppchens das Periportalfeld. PF Periportalfeld; Bindegewebszwickel mit Trias; ZV Zentralvene. b Im Leberläppchen links oben sind die Leberzellplatten eingezeichnet, rechts oben die Gallenkapillaren, wie sie sich nach Silberimprägnation darstellen. Im Leberläppchen unten sind die Gefäße (Sinusoide) durch eine Farbstoffinjektion hervorgehoben. c Periportales Feld, Bindegewebszwickel mit Trias
Lobulus hepatis (⊡ Abb. 8.100 b, 8.101, 8.102). Beim Lobulus hepatis liegt die V. centralis im Läppchenmittelpunkt. Die Läppchen sind unregelmäßig geformte, meist längliche Gebilde mit Kanten und Flächen; ihr Durchmesser beträgt etwa 1 mm, ihre Höhe 1,5–2 mm. Benachbarte Läppchen sind durch spärliche Bindegewebszüge voneinander getrennt. Nur dort, wo mehrere Läppchen mit ihren Kanten zusammenstoßen, verdichtet sich das Bindegewebe und bildet Bindegewebszwickel, periportale Felder (⊡ Abb. 8.100 c). Hier liegen die feineren Äste der zuführenden Blutgefäße – die Vv. interlobulares (V. portae) und die kleinen Aa. interlobulares (A. hepatica) – sowie die ableitenden Gallengänge, Ductuli interlobulares. Sie bilden zusammen die Glisson-Trias. Portales Läppchen. Beim portalen Läppchen befindet
sich das periportale Feld im Mittelpunkt eines im Schnitt dreieckigen Gebietes. Die Ecken des portalen Läppchens bilden die Vv. centrales (⊡ Abb. 8.100 a). In einem portalen Leberläppchen fließt die Galle in den zentral gelegenen Gallenausführungsgang. An der Bildung eines portalen Läppchens sind Teile von drei angrenzenden »klassischen« Leberläppchen beteiligt. Leberazinus. Ein Leberazinus hat die Form eines Rhom-
bus, bei dem die Ecken jeweils von 2 gegenüberliegenden
⊡ Abb. 8.101. Mikroskopischer Feinbau der Leber. 2 Läppchen hervorgehoben. Bindegewebe dunkel
Zentralvenen und 2 gegenüberliegenden periportalen Feldern gebildet werden (⊡ Abb. 8.100 a, rote Markierung). Die Achse bilden Endäste der A. und V. interlobularis, die gleichzeitig die Grenze zwischen zwei benachbarten »klassischen« Leberläppchen markieren. An einem
589 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
⊡ Abb. 8.102. Plastische Darstellung eines klassischen Leberläppchens mit umgebenden Gefäßen. Im Inneren des Läppchens befinden sich die Gallenkapillaren und Blutkapillaren (Sinusoide)
Leberazinus sind Teile von zwei benachbarten »klassischen« Läppchen beteiligt. ⓘ Infobox Bei jeder Gliederung der Leber ist zu berücksichtigen, dass innerhalb eines Läppchens verschiedene Stoffwechselzonen bestehen, die unterschiedlich auf Schädigungen reagieren. Immer ist die Sauerstoffkonzentration in der Umgebung der Äste der A. interlobularis am höchsten und nimmt zur Zentralvene hin ab. Wichtig
Die Tätigkeit der Leber ist an das Zusammenwirken der Leberzellen mit den Lebersinusoiden und ihrer Umgebung sowie den Gallengängen gebunden.
Die Lebersinusoide sind erweiterte Kapillargebiete zwischen Leberzellplatten. Sie führen Mischblut aus den Endästen der Pfortader, das mit resorbierten Nährstoffen aus dem Magen-Darm-Kanal angereichert, aber so gut wie ohne O2 ist und sauerstoffreiches Blut aus der A. hepatica. Die Lebersinusoide verlaufen radiär auf ihre zugehörige V. centralis hin. Sie begleiten die Leberzellplat-
ten. Durchschnittlich sind Lebersinusoide 0,5 mm lang. Ihre lichte Weite variiert zwischen 5 und 16 mm. Ausgekleidet sind die Lebersinusoide (⊡ Abb. 8.103 a) von einem sehr dünnen und lückenhaften Endothel mit interzellulären Öffnungen (Durchmesser 0,2–0,6 mm) und etwa 100 nm großen Poren (Porenendothel). Das Endothel der Lebersinusoide hat keine Basalmembran. Im Endothelverband liegen in das Lumen der Sinus hineinragende Kupffer-Zellen, antigenpräsentierende Makrophagen, die Fremdkörper (Zelltrümmer, Bakterien,Vitalfarbstoffe) speichern und vermutlich beim Abbau von Blutfarbstoff beteiligt sind. Sie können sich abrunden, aus dem Verband lösen und vom Blutstrom fortgetragen werden. Ferner kommen intravasal leberspezifische Lymphozyten vor, die an den Wandzellen haften und dort bis zu 2 Wochen verweilen können. Es handelt sich um natürliche Killerzellen (S. 137), die als Pit-Zellen bezeichnet werden. Um die Lebersinusoide herum befindet sich ein schmaler perikapillärer (perisinusoider) Raum, DisseRaum (Durchmesser 0,5–3 mm), der an die freie Oberfläche der Leberzellen grenzt. Der Disse-Raum wird von Gitterfasern durchzogen und enthält Blutplasma, das aus den Lebersinusoiden stammt. Außerdem kommen Sternzellen vor, die mit zytoplasmatischen Ausläufern das Endothel umfassen. Kennzeichnend sind Vitamin-A-haltige Fetttropfen. Die Zellen exprimieren zahlreich Zytokine, Wachstumsfaktoren u. a. Substanzen. Unter pathologischen Bedingungen proliferieren sie. Alle Zellen der Lebersinusoide stehen im Dienst der Abwehr. Leberzellen, Hepatozyten, (⊡ Abb. 8.103 b) sind polyedrisch. Sie bilden lückenhafte, einschichtige, gelegentlich mehrschichtige untereinander verbundene Platten, die in jedem Läppchen strahlenförmig auf die V. centralis zulaufen. Um das periportale Bindegewebe herum fügen sich die Leberzellen zu Grenzplatten zusammen, die von Zugangsgefäßen zu den Lebersinusoiden und von Gallenkanälchen durchbrochen werden. Leberzellen sind sehr organellenreich und enthalten einen, häufig auch zwei locker strukturierte Kerne mit deutlichen Nukleoli. Im Leberzellzytoplasma kommen viele Mitochondrien vom Cristatyp und viel rauhes und glattes endoplasmatisches Retikulum sowie freie Ribosomen vor. Während das glatte endoplasmatische Retikulum diffus in der Leberzelle verteilt ist, tritt das rauhe endoplasmatische Retikulum eher schollenförmig auf. Der
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
8 ⊡ Abb. 8.103 a, b. Zellen der Leber. a Wand eines Lebersinusoids mit Endothelzellen, Kupffer-Zellen, Pit-Zellen und Sternzellen. H Hepatozyt. b Feinstruktur einer Leberzelle. Zu beachten ist der Organellenreichtum. Mikrovilli an der dem Disse-Raum zugewandten Oberfläche
Golgi-Apparat, an der Produktion der Galle beteiligt, liegt stets zwischen Zellkern und Gallenkapillare. Unmittelbar benachbart befinden sich Lysosomen. Die vielseitige Tätigkeit der Leberzelle spiegelt sich auch an zahlreichen Einschlüssen wider: Glykogen, Lipide, Proteingranula und Pigmente. Die Leberzellen stehen in lebhaftem Stoffaustausch mit dem langsam die Lebersinusoide durchströmenden Blut bzw. mit dem Blutplasma im perisinusoidalen Raum. Untereinander sind die Leberzellen durch Nexus, die 4 % der Zelloberfläche einnehmen können, sowie durch Desmosomen und Zonulae occludentes (Tight junctions) verbunden. Zwischen den Leberzellen bestehen rinnenförmige Spalträume, mit denen die Gallenausführungsgänge beginnen. Leberzellen regenerieren leicht. ⓘ Infobox Die wichtigsten von Leberzellen abgegebenen Substanzen sind Plasmaproteine,Glukose,Lipoproteine und Galle.Während Plasmaproteine, Glykogen und Lipoproteine ins Blut gelangen,wird Galle in die exkretorischen Gallengänge abgegeben. Bei den Plasmaproteinen handelt es sich vor allem um Plasmaalbumin, Globuline und Enzyme sowie an der Blutge-
rinnung beteiligte Proteine. Der wichtigste Syntheseort hierfür sind das RER und der Golgi-Apparat der Leberzellen. Glykogen und Lipide können in der Leber gespeichert werden.Glykogen wird unter dem Einfluss von Inselhormonen in der Leberzelle sowohl aufgebaut als auch bei Bedarf wieder abgebaut und als Glukose freigesetzt. Beim Abbau wirken Enzyme des GER mit. Lipide werden im Golgi-Apparat der Leberzelle zu Lipoproteinen umgesetzt und ins Blut abgegeben. Bei der Bildung der Galle wirkt das GER der Hepatozyten mit. Dort werden Gallensäuren gebildet und mit Taurin und Glycin zu Gallensalzen konjugiert. Dort wird auch das der Leberzelle zugeführte, an Albumin gebundene Bilirubin in eine wasserlösliche Form gebracht. Die Galle wirkt bei der Fettverdauung mit. Schließlich vermag die Leberzelle Substanzen verschiedener Art zu metabolisieren, z. B. durch Desaminierung von Aminosäuren Harnstoff zu bilden, und zu entgiften, z. B. Arzneimittel.
Gallengänge. Zu unterscheiden sind intrahepatische Gallenwege und extrahepatische Gallenwege. Intrahepatische Gallenwege. Sie beginnen als Canaliculi biliferi, Gallenkanälchen, zwischen benachbarten Leber-
591 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
epithelzellen (s. oben). Sie besitzen kein eigenes Epithel (⊡ Abb. 8.103 b). Die Fortsetzung der Gallenkanälchen am Rand der Leberläppchen sind kurze, von einschichtigem Epithel ausgekleidete Schalt- oder Zwischenstücke, HeringKanälchen (Durchmesser 15–25 mm). Sie durchbrechen die Grenzplatte und münden in die interlobulären Gallengänge, Ductuli interlobulares biliferi, die zur Lebertrias gehören. Sie haben ein einschichtiges isoprismatisches Epithel. Die folgenden Abschnitte der intrahepatischen Gallenwege sind die Ductus biliferi, die schließlich die Ductus hepaticus dexter bzw. sinister bilden. Extrahepatische Gallenwege. In der Leberpforte vereinigen sich die beiden Ductus hepatici zum Ductus hepaticus communis.Von hier gelangt die Galle durch den Ductus choledochus zum Duodenum. Im Nebenschluss liegt
die Gallenblase, die Galle speichert (s. unten). Verbindung hat die Gallenblase mit dem Ductus hepaticus durch den Ductus cysticus (⊡ Abb. 8.104). Der Ductus choledochus – so nach Zusammentreffen von Ductus hepaticus und Ductus cysticus genannt – liegt im Lig. hepatoduodenale (s. oben). Er ist 6–8 cm lang und verläuft dorsal der Pars superior duodeni, dann zwischen Pankreaskopf und Duodenalschlinge und mündet auf der Papilla duodeni major ins Duodenum (S. 569). Am duodenalen Ende hat er einen eigenen Verschlussapparat, den M. sphincter ductus choledochi, der aus verstärkter Ringmuskulatur vor der Einmündung des Ductus pancreaticus major in den Ductus choledochus besteht. Hinzu kommt der M. sphincter ampullae hepaticopancreaticae, Sphincter Oddi, der aus kräftigen, zirkulär angeordneten Bündeln glatter Muskulatur besteht. Kontrahiert sich diese Muskulatur, erfolgt ein Rückstau der Galle, die dadurch in die Gallenblase gelangt. ⓘ Infobox Die periodische Tätigkeit des Sphinkters reicht aus, um auch nach operativer Entfernung der Gallenblase den Abfluss der Lebergalle zu regulieren.
Die Schleimhaut der extrahepatischen Gallengänge hat nur wenige Falten. Eine Ausnahme macht die 1. Hälfte des Ductus cysticus, wo Plicae spirales (⊡ Abb. 8.104) als Verschlussapparat dienen. Insbesondere verhindern sie eine Entleerung der Gallenblase bei plötzlichem Druckanstieg im Bauchraum, z. B. durch Husten. Jedoch nehmen die
⊡ Abb. 8.104. Gallenblase und Gallengänge, durch einen Längsschnitt eröffnet
Plicae spirales keinen Einfluss auf den Einstrom der Galle in die Gallenblase. Histologisch gleichen die Wände der extrahepatischen Gallengänge weitgehend denen der Gallenblase (s. unten). > Klinischer Hinweis Sind die Gallenabflusswege an irgendeiner Stelle verstopft, z. B. durch einen Stein, staut sich die Galle auf und die Sekretion von Galle in die Gallenkanälchen wird unterbrochen. Stattdessen wird Galle in die Lebersinusoide, also ins Blut abgegeben. Dadurch kommt es zu einer Gelbfärbung aller Organe, Stauungsikterus.
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
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In Kürze
Die Leber besteht aus 4 Lappen bzw. 8 chirurgisch trennbaren Segmenten (Versorgungsgebiete von Gefäßen). Histologisch lassen sich Leberläppchen abgrenzen, in deren Mittelpunkt je nach Betrachtungsweise eine V. centralis, ein periportales Feld oder eine Achse um die Äste der A. und V. interlobularis liegen. Die Leberzellen bilden Platten, die von Lebersinusoiden mit gemischtem Blut (aus der V. portae hepatis und der A. hepatica) begleitet werden. Ihre Wände weisen Endothelzellen, Kupffer-Zellen und leberspezifische Lymphozyten auf. Zwischen den Sinus und den Leberzellen befindet sich ein perisinusoidaler Raum mit Sternzellen. Leberzellen sind exokrin (Bildung von Galle) und endokrin tätig (Abgabe von synthetisierten Proteinen) und geben Lipide und Glukose ins Blut ab. Die Galle wird durch Gallenkapillaren abgeleitet, die erst in den Grenzplatten der Leberzellen um die periportalen Felder ein Endothel bekommen. Es folgen dann intra- und extrahepatische Gallenwege.
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Gallenblase, Vesica fellea Wichtig
Die Gallenblase vermag durch ihren Wandbau Galle zu speichern, zu entleeren und einzudicken.
Lamina propria, Tunica muscularis und Tunica serosa: Peritonealepithel mit Lamina subserosa. Tunica mucosa. Die Schleimhaut bildet hohe Falten, die
Die Gallenblase ist ein birnenförmiger, etwa 8–12 cm langer und 4–5 cm breiter, dünnwandiger Sack, der 40–50 ml Flüssigkeit fasst. Es lassen sich ein Hals, Collum, ein Körper, Corpus, und ein Gallenblasengrund, Fundus (⊡ Abb. 8.104) unterscheiden. Die Gallenblase liegt in einer Mulde der viszeralen Leberfläche und ist mit ihr durch feine Bindegewebszüge verbunden. Nachbarbeziehungen S. 534. Mikroskopische Anatomie. Die Gallenblasenwand (⊡ Abb. 8.105) besteht aus Tunica mucosa: Epithel und subepitheliale Bindegewebsschicht,
⊡ Abb. 8.105. Querschnitt durch die Gallenblasenwand mit typischer Schleimhautfaltung
an ihren Kämmen häufig miteinander in Verbindung stehen. Dadurch entstehen Schleimhautnischen und tunnelartige Aushöhlungen. Die Oberfläche besteht aus einem einschichtigen Epithel, das auf den Falten hochprismatisch, in den Nischen und Buchten meistens kubisch ist. Stellenweise dringt es bis in die Tunica propria vor und bildet unterschiedlich lange Schläuche, Schleimhautkrypten. Die Epithelzellen besitzen einen niedrigen Mikrovillisaum, einen basalständigen längsovalen Kern und ein lockeres oder leicht granuliertes Zytoplasma. Die apikalen Abschnitte der seitlichen Zellmembranen werden durch Schlussleisten miteinander verbunden. Der Mikrovillisaum dürfte der Resorption dienen, denn die Blasengalle kann 20–30 mal konzentrierter als die Lebergalle sein. Das Gallenblasenepithel ist ferner sekretorisch tätig; das Sekret ist ein Glykoprotein, das die Epitheloberfläche möglicherweise vor der mazerierenden Wirkung der Galle schützt. In der Nähe des Gallenblasenhalses kommen Becherzellen und muköse Drüsen vor. Lamina propria. Die subepitheliale feinfaserige Bindegewebsschicht enthält neben Fibrozyten viele freie Zellen (Lymphozyten, Histiozyten und Mastzellen), elastische Fasern, zahlreiche sympathische und parasympathische Nervenfasern und ein dichtes Gefäßnetz. Tunica muscularis. Eine oberflächliche Muskelschicht ist scherengitterartig angeordnet. Die Steighöhe
593 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
der Schrauben ist am Blasenhals flach und wird zum Blasengrund hin steiler. Tunica serosa. Die bindegewebsreiche Lamina subserosa verankert die Gallenblase an der Leber mit der Glisson-Kapsel. Auf der der Bauchhöhle zugewandten Seite ist die Gallenblase von Peritonealepithel (Serosa, Mesothel) bedeckt. ⓘ Infobox Zur Entleerung der Gallenblase kommt es durch Kontraktion der Muskulatur der Gallenblasenwand, die durch Cholezystokinin, einem Hormon der Dünndarmschleimhaut, ausgelöst wird. Gleichzeitig erweitern sich Ductus cysticus und Ductus choledochus und der Sphinkter am Duodenum öffnet sich.
> Klinischer Hinweis Überdehnungen der Gallenblasenwand oder Spasmen der glatten Muskulatur führen zu heftigen krampfartigen Schmerzen im rechten Oberbauch, Kolik der Gallenblase.
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Leitungsbahnen. Die zuführende Arterie ist die A. cysti-
ca, die aus dem R. dexter der A. hepatica propria entspringt. Venen. Die Venen, meist mehrere Vv. cysticae, münden
im Lig. hepatoduodenale direkt in die Pfortader. Lymphgefäße. Die Lymphgefäße der Gallenblasenwand gelangen über die Leberpforte zu Lymphknoten in unmittelbarer Umgebung des Truncus coeliacus. Nerven. Die vegetativen Nervenfasern (Plexus hepaticus) stammen vom Plexus coeliacus und erreichen die Gallenblase mit den Blutgefäßen. Der Bauchfellüberzug der Gallenblase und der Leber wird außerdem von sensiblen Zweigen des N. phrenicus versorgt.
In Kürze
Das Epithel der Gallenblase ist sowohl resorptiv als auch sekretorisch tätig. Die Muskulatur ist schraubenförmig angeordnet und kann weiter und enger gestellt werden, sodass sich das Lumen der Gallenblase verändert.
8.4.5
Milz, Lien, Splen
Wichtig
Die Milz dient der immunologischen Überwachung des Blutes.
Die lebensfrische Milz ist blaurot und weich und deswegen formveränderlich (⊡ Abb. 8.106). Außerdem hängen Größe und Gewicht vom Bestand gespeicherten Blutes ab. Durchschnittlich ist die Milz 10–12 cm lang, 6–8 cm breit, 3–4 cm dick und wiegt 150–200 g. Wenn Sie sich über die Lage, die Projektion der Milz auf die Körperoberfläche und die Peritonealverhältnisse der Milz informieren wollen, lesen Sie S. 534. Über die Entwicklung der Milz wird auf S. 542 berichtet. Milzkapsel und Milztrabekel. Die Milz umhüllt eine
dehnungsfähige, von Peritonealepithel bedeckte Kapsel. Sie besteht aus einem Kollagenfasergeflecht mit wenigen glatten Muskelzellen und einem dichten Netz elasti-
⊡ Abb. 8.106. Milz mit Nebenmilz. Facies visceralis mit Hilum lienale und Berührungsfeldern von Nachbarorganen. Am Milzhilum sind nur die Verästelungen der A. splenica dargestellt
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
scher Fasern. Von der Kapsel ziehen Trabeculae splenicae , Milzbalken, mit größeren Blutgefäßen ins Organinnere. Gliederung der Milz (⊡ Abb. 8.107). Die Milz gliedert sich in rote Milzpulpa und weiße Milzpulpa. Die rote Milzpulpa besteht aus einer weichen, dunkelro-
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ten, bei unfixierter Milz mit dem Messer abstreifbaren Masse. Die rote Milzpulpa enthält alle Bestandteile des strömenden Blutes. Sie befinden sich im Kapillarsystem der Milz, vor allem in ihren erweiterten Anteilen, den Milzsinus, und in den Milzsträngen, die aus retikulärem Bindegewebe bestehen. Außerdem kommen in der roten Pulpa Makrophagen und Plasmazellen vor. In der roten Milzpulpa wird das Blut gefiltert. Die weiße Pulpa ist in die rote Pulpa eingebettet. Sie be-
steht aus einer Summe strangförmiger und stecknadelkopfgroßer Lymphozytenansammlungen um Milzgefäße herum. Die weiße Pulpa übt die Funktion eines Immunorgans aus.
Anteile der weißen Milzpulpa sind periarterioläre lymphatische Scheiden (PALS), T-Zellareale und Milzfollikel, Ansammlungen von B-Lymphozyten. Funktionell sind rote und weiße Pulpa eine untrennbare Einheit. Die lymphatischen Anteile sind in der Milz nämlich den Blutgefäßen zugeordnet. Eine Besonderheit der Milz ist, dass der Blutdurchfluss im Gegensatz zu nahezu allen anderen Organen gleichzeitig und parallel zueinander in einem geschlossenen Kreislauf und in einem offenen Kreislauf erfolgt. Das geschlossene System wird von Gefäßen mit einer
Endothelauskleidung gebildet: Trabekelarterien, Zentralarterien (Pulpaarterien) und -arteriolen, Pinselarteriolen, Hülsenkapillaren, Milzsinus und Pulpavenen, Trabekelvenen. Das offene System besteht aus einem Labyrinth blutgefüllter Räume in den retikulären Milzsträngen der roten Pulpa. Der Zufluss erfolgt direkt aus offenen Arteriolen, der Abfluss entweder in die Milzsinus mit durchlässigen Wänden oder direkt in die Pulpavenen. Im offenen System der Milz kommt das Blut in unmittelbaren Kontakt mit Makrophagen, die Fremdkörper sowie antikörperbesetzte Bakterien und Viren sowie veränderte bzw. überalterte Erythrozyten phagozytieren und abbauen. Geschlossenes System (⊡ Abb. 8.108). Trabekelarterien
⊡ Abb. 8.107. Feinbau der Milz, Übersicht. Anteile der weißen Milz fallen durch ihren Zellreichtum (Lymphozyten) auf
gehen aus den Ästen der A. splenica hervor, haben eine relativ dicke Muskelwand und verlaufen in den Milzbalken. Die Äste der A. splenica sind Endarterien ohne Anastomosen. Zentralarterien und -arteriolen sind Äste der Trabekelarterien. Sie werden, sobald sie die Trabekel verlassen haben, von Lymphozytenansammlungen umgeben, den periarteriolären lymphatischen Scheiden (PALS, ⊡ Abb. 8.108), in deren Mitte sie verlaufen – deswegen Zentralarterie bzw. -arteriole. Die PALS bestehen überwiegend aus T-Helferzellen. Hinzu kommen antigenpräsentierende interdigitierende dendritische Zellen, die aus dem Blut eingewandert sind, sowie wenige zytotoxische T-Zellen. Randständig befinden sich wandernde B-Lym-
595 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
⊡ Abb. 8.108. Milzgefäße mit ihren verschiedenen Abschnitten und der periarteriolären lymphatischen Scheide (PALS) und Milzfollikel
phozyten. Sie bilden eine Schicht, die mit einer inneren Marginalzone in den Follikeln in Verbindung steht. Angeheftet an die PALS oder in der PALS befinden sich stellenweise Ansammlungen von B-Lymphozyten. Diese werden als Milzfollikel bezeichnet. In den Milzfollikeln verlaufen die Zentralarterien häufig exzentrisch. Sie geben radiär Arteriolen ab, die den Follikelrand erreichen. Milzfollikel können aber auch um Seitenäste der Zentralarterie liegen. Milzfollikel können als Primärfollikel ohne spezielle Innenstruktur oder als Sekundärfollikel auftreten. Die Sekundärfollikel der Milz (⊡ Abb. 8.108) haben wie die anderer lymphatischer Organe ein helles Keimzentrum und eine umgebende Korona mit allen jeweils typischen Zellen (S. 146). Jedoch anders als bei den Follikeln der Lymphknoten erreichen die Antigene die Milzfollikel auf dem Blut- und nicht auf dem Lymphweg. Umgeben wird die Korona von einer Marginalzone, der eine perifollikuläre Zone folgt. Die Marginalzone beherbergt wandernde B-Lymphozyten und B-Gedächtniszellen. Beide Zonen stellen die Verbindung zur roten Milzpulpa her, wobei sich in der perifollikulären Zone bereits extravasale Blutzellen befinden. Pinselarteriolen. Am Follikelrand oder kurz danach können sich Zentralarteriolen pinselartig aufzweigen. Hieraus gehen Kapillaren hervor. Hülsenkapillaren. Die Kapillaren werden von einer ein- bis zweischichtigen Hülle aus Makrophagen umgeben, auch als Schweigger-Seidel-Hülsen bezeichnet. Für
⊡ Abb. 8.109. Gefensterter Milzsinus, der von Ringfasern umgeben ist (oben räumliche Darstellung). Im Milzretikulum (rechte Bildhälfte) liegen Blutzellen
die menschliche Milz ist noch nicht abschließend geklärt, wie das Blut aus den Hülsenkapillaren in die Milzsinus bzw. in das Stroma der roten Milzpulpa gelangt. Die Milzsinus (⊡ Abb. 8.109) bilden ein ausgedehntes Netz teils langer und weiter, teils kurzer und enger buchtenreicher Röhrchen, die miteinander kommunizieren (histologisch nur in der blutleer-gespülten Milz sichtbar). Die Wände der Sinus bestehen aus langgestreckten spezialisierten Endothelzellen, die in der Regel nicht phagozytieren. Ihre Kerne buckeln sich in die Lichtung der Sinus vor. Die Sinusendothelzellen stehen durch quer verlaufende Zytoplasmafortsätze in Verbindung und lassen
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
längliche Schlitze zwischen sich für die Passage von Blutplasma und Blutzellen frei, z. B. von Erythrozyen in die Sinus. Milzsinus haben keine durchgehende Basalmembran. Die Endothelzellen befestigen sich vielmehr an quer verlaufenden Streifen eines basalmembranartigen Materials, die auch als Reifenfasern bezeichnet werden. Die Streifen werden von retikulären Fasern umsponnen, die mit dem retikulären Bindegewebe der Milzstränge in Verbindung stehen (⊡ Abb. 8.109). Umgeben werden die Milzsinus von einer Ansammlung von Makrophagen und Plasmazellen. Pulpavenen, Trabekelvenen. Die Sinus setzen sich in wahrscheinlich nur kurze Pulpavenen fort, die schließlich in die Milztrabekel gelangen und zu Balkenvenen zusammenfließen. Sie streben dem Milzhilum zu.
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den oberen Rand des Pankreas und gelangt im Lig. splenorenale des Mesogastrium dorsale in die Nähe des Milzhilums, wo sie sich in mehrere Rr. splenici aufteilt (⊡ Abb. 8.106). Vene. Der Blutabfluss erfolgt durch die V. splenica. Sie
entsteht in Hilumnähe aus mehreren Wurzelvenen, verläuft anfangs mit der Arterie, liegt dann aber hinter dem Pankreas (⊡ Abb. 8.95), nimmt die V. mesenterica inferior auf und bildet mit der V. mesenterica superior die V. portae hepatis. Die Lymphgefäße der Milz stammen aus dem Paren-
chym und der Peritonealumhüllung. Sie erreichen Lymphknoten, die am oberen Rand des Pankreas liegen. Von hier aus gelangt die Lymphe zu den Nodi lymphatici coeliaci.
Leitungsbahnen der Milz. Die zuführende Arterie ist die A. splenica (lienalis), der voluminöse linke Ast des Trun-
Nerven. Die Milz wird sympathisch und parasympa-
cus coeliacus (S. 553). Die A. splenica hält sich in ihrem auffällig geschlängelten Verlauf von rechts nach links an
thisch innerviert. Die vegetativen Fasern, Plexus splenicus, erreichen die Milz mit den Gefäßen.
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In Kürze
Die Milz besteht aus einer weißen und einer roten Pulpa. Die weiße Pulpa ist die Summe der periarteriolären Lymphozytenscheiden (PALS) und der Milzfollikel. Die rote Pulpa besteht aus einem Maschenwerk retikulärer Fasern, in die aus den Blutgefäßen alle Anteile des Blutes gelangen. Dort kommen sie mit antigenpräsentierenden Zellen in Berührung und alternde Erythrozyten werden abgebaut. Außerdem durchqueren Blutgefäße die rote Pulpa: Pinselarteriolen, Hülsenkapillaren, Milzsinus, Pulpavenen. 8.4.6
Nebenniere, Glandula suprarenalis
Wichtig
Die Nebenniere ist ein lebenswichtiges endokrines Organ. Ihre Rinde ist mesodermalen Ursprungs und bildet Steroidhormone, ihr Mark stammt aus dem Neuroektoderm und bildet Katecholamine.
Die paarigen Nebennieren liegen, von Fettgewebe umgeben, am oberen Pol der Niere (⊡ Abb. 8.63) Die rechte Nebenniere ist abgeplattet und dreieckig. Sie berührt die Facies visceralis der Leber und hat Kontakt mit dem Duodenum (aber nicht mit der Aorta abdominalis). Die linke Nebenniere ist abgerundet. Beide Nebennieren legen sich nach oben der Pars lumbalis des Zwerchfells an. Im Übrigen entspricht die Topographie der Nebennieren der der
oberen Nierenpole (S. 547). Die Organe sind 4–6 cm lang, 1–2 cm breit und 4–6 cm dick. Jede Nebenniere ist von einer zellreichen, gefäßführenden Kapsel umgeben, mit der ein zartes retikuläres Bindegewebsstroma im Organ zusammenhängt. Werden die Nebennieren aufgeschnitten, ist bereits makroskopisch eine Gliederung zu erkennen: Rinde, Cortex glandulae suprarenalis und Mark, Medulla glandulae suprarenalis. Zur Entwicklung der Nebenniere Sie erklärt die Gliederung der Nebenniere in Rinde und Mark. Rinde. Früher als das Mark entsteht die Rinde aus einer Verdickung des Zölomepithels beiderseits der Radix mesenterii in Nachbarschaft der Gonadenanlage. Die Rindenanlage löst sich frühzeitig von der Zölomwand und gelangt in das retroperitoneale Bindegewebe. Schließlich entsteht dort
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ein kompaktes Organ aus großen azidophilen Zellen. Die definitiven Rindenschichten beginnen sich im 7. Entwicklungsmonat zu bilden. Mark. In die Anlage der Nebennierenrinde wandern aus der benachbarten Sympathikusanlage (Neuralleistenderivat) ektodermale Sympathikoblasten ein. Aus ihnen geht das Mark der Nebenniere hervor. Etwa ab 3. Embryonalmonat entwickeln sich hier aus Sympathikoblasten spezifische Markzellen und sympathische Nervenzellen.
Nebennierenrinde (⊡ Abb. 8.110). Ihr Parenchym besteht
aus soliden, miteinander zusammenhängenden Epithelsträngen, die infolge ihres Lipidgehalts makroskopisch eine gelbliche Farbe haben. Zu unterscheiden sind Zona glomerulosa, Zona fasciculata und Zona reticularis. Zona glomerulosa. In der unter der Kapsel gelegenen
schmalen Zona glomerulosa sind die Epithelzellstränge knäuelartig gewunden oder zu unregelmäßigen, von zartem Bindegewebe umfassten Nestern oder Ballen zusammengefasst, deren azidophile Zellen chromatinreiche Kerne besitzen. In der Zona glomerulosa wird hauptsächlich das Mineralokortikoid, Aldosteron, gebildet, das bei der Steuerung des Elektrolyt- und Wasserhaushalts mitwirkt. Zona fasciculata. Diese Zone ist breit. Sie besteht aus parallel zueinander verlaufenden Zellsäulen, die senkrecht zur Organoberfläche orientiert sind. Meistens sind 2–3 Zellstränge zusammengeschlossen. Die großen polygonalen Zellen dieser Schicht besitzen locker strukturierte Kerne. Ihr helles Zytoplasma ist reich an Lipoiden. Da bei der histologischen Technik die Lipoide herausgelöst werden,kommt die typische Wabenstruktur des Zytoplasmas der Faszikulatazellen zustande (»Spongiozyten«). Die Faszikulatazellen sind mitochondrienreich (Tubulustyp) und haben viel glattes endoplasmatisches Retikulum. In der Zona fasciculata sowie der folgenden Zona reticularis werden Glukokortikoide (u. a. Kortison, Kortisol) sowie geringe Mengen weiblicher und männlicher Geschlechtshormone,Östrogene und Androgene,gebildet. Zona reticularis. In der Zona reticularis sind schmale Zellstränge netzartig miteinander verbunden. Ihre azidophilen Epithelzellen sind kleiner als die der Zona fasciculata und enthalten häufig Pigmentgranula, die mit dem Alter zunehmen.
⊡ Abb. 8.110 a, b. Nebenniere. a Senkrechter Schnitt durch die Nebenniere. b Darstellung des Gefäßsystems
Lebensgeschichte der Nebennierenrinde Die zonale Gliederung der Nebennierenrinde ist nicht konstant, vielmehr führt die wechselnde funktionelle Beanspruchung zur Verbreiterung oder Verschmälerung der Zona fasciculata. In der äußeren und inneren Schicht der Rinde spielen sich bei solchen Anpassungsvorgängen Entfaltungsund Rückbildungsprozesse ab. Deshalb bezeichnet man diese Rindenbezirke als äußeres und inneres Transformationsfeld. Auch ändern sich die Breiten der Rindenzonen während des Lebens. Insgesamt ist fetal die Nebennierenrinde breiter als später. Nach der Geburt erfolgt eine umfangreiche Rindeninvolution. Bis zur Pubertät überwiegt die Zona fasciculata. Danach verbreitern sich, etwa bis zum 50. Lebensjahr, Zona glomerulosa und Zona reticularis, die sich später wieder verkleinern. ⓘ Infobox Funktionell steht die Zona glomerulosa unter dem Einfluss von Angiotensin II (S. 602), die Zona fasciculata und Zona glomerulosa gemeinsam unter dem des adrenokortikotropen Hormons (ACTH) des Hypophysenvorderlappens. Zwischen Hypophysenvorderlappen und Nebennierenrinde besteht ein Rückkopplungsmechanismus, in den der Hypothalamus mit seinem Corticoliberin (CRF,⊡ Tabelle 10.2) eingeschaltet ist. In die Tätigkeit der Rinde greifen aber auch sympathische Nerven ein, die mit Rindenzellen in Kontakt treten. Die Nerven
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
entstammen den Ganglia coeliaca, dem Plexus renalis und suprarenalis.
Das Nebennierenmark besteht aus Nestern und Strängen polygonaler Zellen mit unterschiedlich großen chromatinarmen Kernen. Sie werden von weiten gefensterten Kapillaren umgeben. Die Mehrzahl der Zellen (80 %) besitzt in ihrem Zytoplasma kleine Granula, die Adrenalin enthalten (A-Zellen). Die anderen Zellen (N-Zellen) verfügen über Granula mit Noradrenalin. Einige Granula enthalten beide Hormone. > Hinweis
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Die Unterscheidung zwischen den beiden Zellarten des Nebennierenmarks ist nur fluoreszenzmikroskopisch, histochemisch oder elektronenmikroskopisch möglich. Das gesamte Nebennierenmark nimmt aber nach Behandlung mit Kaliumbichromat eine braune Farbe an. Deshalb werden die Markzellen auch chromaffine oder phäochrome Zellen genannt.
Im Nebennierenmark kommen multipolare sympathische Ganglienzellen vor, an denen präganglionäre cholinerge Fasern des N. splanchnicus enden.
A. suprarenalis superior aus der A. phrenica inferior, A. suprarenalis media aus der Aorta abdominalis und A. suprarenalis inferior aus der A. renalis. Die Arterien treten von verschiedenen Seiten an das Organ heran und bilden subkapsulär einen Gefäßplexus. Von hier aus ziehen Äste in die Nebennierenrinde und bilden Kapillaren mit vergrößertem Durchmesser, Sinusoide. Es folgt ein Kapillarnetzwerk an der Grenze zum Mark, das sich ins Mark fortsetzt. Andere Äste des subkapsulären Plexus erreichen astlos das Mark. Dadurch hat das Nebennierenmark eine doppelte Blutversorgung (⊡ Abb. 8.110 b), einerseits durch Blut, das mit den Hormonen der Nebennierenrinde angereichert ist, andererseits eine direkte für eine beschleunigte Stressantwort. Venen gibt es in der Nebennierenrinde nicht. Sie begin-
nen erst im Nebennierenmark und sammeln sich zu größeren muskelstarken Venen, Drosselvenen, aus denen schließlich die V. suprarenalis hervorgeht. Die linke V. suprarenalis mündet in die linke V. renalis, die rechte zieht zur V. cava inferior. Nerven. Die Nebenniere erhält zahlreiche Nerven, die
Leitungsbahnen. Die arterielle Versorgung der Neben-
nieren erfolgt durch 3 Gefäße (⊡ Abb. 8.69)
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vom N. splanchnicus major, N. phrenicus und vom N. vagus stammen.
In Kürze
Charakteristisch für die Nebenniere ist die Schichtung der Rinde. Dort ist die breiteste Zone die Zona fasciculata (Kortisolbildung), die mit der innen gelegenen Zona reticularis (Androgenbildung) eine funktionelle Einheit bildet. Beide Zonen stehen unter dem Einfluss von ACTH. In der oberflächlichen Zona glomerulosa wird Aldosteron gebildet. Sie ist Angiotensin-II-abhängig. Im Nebennierenmark werden Katecholamine gebildet: in A-Zellen Adrenalin, in N-Zellen Noradrenalin. Das Nebennierenmark hat eine doppelte Gefäßversorgung: direkt und aus Kapillaren der Rinde. Die Nebennierenrinde ist frei von Venen.
8.4.7
Harnorgane
Niere, Ren Wichtig
Harnorgane sind Niere, Ren und ableitende Harnwege. Die Darstellung der Entwicklung erfolgt auf S. 550 f.
Die Niere ist ein Exkretionsorgan, insbesondere für organisch gebundenen Stickstoff und andere Abfallprodukte. Sie bildet in einem dafür vorgesehenen Filtrations-, Sekretions- und Reabsorptionssystem, den Nephronen, und den Sammelrohren den Harn.Verbunden ist hiermit die Ausbalancierung der Elektrolytkonzentration im Blut und den Geweben sowie des
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599 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
Wasserhaushalts. Ferner verfügt die Niere über Strukturen im Dienst der Blutdruckregulierung und bildet Hormone.
Makroskopie, Gliederung Die Niere hat einen oberen und einen unteren Pol, Extremitas superior, Extremitas inferior, eine vordere und eine hintere Fläche, Facies anterior, Facies posterior, und einen medialen und einen lateralen Rand, Margo medialis, Margo lateralis ⊡ Abb. 8.111). Der mediale Rand ist im Bereich des Hilum renale eingezogen, die Ein- bzw. Austrittspforte für die Nierengefäße (A. und V. renalis) und das Nierenbecken. Das Hilum renale setzt sich in den Sinus renalis fort, den das Nierenbecken, Pelvis renalis, eingebettet in Fettgewebe, füllt. Die Niere des Erwachsenen wiegt 120–200 g, ist 10–12 cm lang, 5–6 cm breit und etwa 4 cm dick. Die rechte Niere ist im Allgemeinen kleiner und leichter als die linke Niere. Die Niere wird von einer derben bindegewebigen Organkapsel, Capsula fibrosa, überzogen, die sich vom gesunden Organ leicht abziehen lässt. Eine subkapsuläre dünne Faserschicht, Capsula subfibrosa, setzt sich in das Gitterfasergerüst des Parenchyms fort. Ausführungen zur Lage der Niere und ihre Nachbarschaftsbeziehungen finden Sie auf S. 546. Gliederung der Niere (⊡ Abb. 8.112). Die Niere gliedert sich in Nierenmark, Medulla renalis, Nierenrinde, Cortex renalis, Nierenlappen, Lobus renalis, Renculus und Nierenläppchen, Lobulus corticalis. Medulla renalis. Das Nierenmark besteht aus 12–18 kegelförmigen Pyramiden, Pyramides renales, die keilartig um den Nierensinus angeordnet sind. Die Basis der Pyramiden richtet sich gegen die Nierenoberfläche, während ihre zugespitzten Enden, die Markpapillen, Papillae renales, in das Nierenbecken hineinragen (s. unten). Das Nierenmark zeigt eine feine Längsstreifung. Sie wird durch parallel angeordnete Kanälchen hervorgerufen. Auf Längsschnitten sind im Nierenmark eine rötlich gefärbte Außenzone und eine helle Innenzone zu erkennen. Die Außenzone gliedert sich in einen Außen- und einen Innenstreifen (⊡ Abb. 8.114). Die Papillen der Nierenpyramiden sind stumpf kegelförmig oder, wenn mehrere Markpyramiden verwachsen sind, leistenförmig. Die Pa-
⊡ Abb. 8.111. Ventrale Fläche der rechten Niere
⊡ Abb. 8.112. Frontalschnitt durch eine Niere mit Rinden- und Markzone, Lobus, Nierenkelchen, Nierenbecken und Ureter. Der Sinus renalis ist mit Fettgewebe gefüllt (graues Raster), in das sich die Aa. interlobares einlagern, bevor sie in die Columnae renales eintreten
pillen haben zahlreiche Öffnungen, Foramina papillaria, durch die der Harn aus Ductus papillares in die Nierenkelche gelangt. Die wie eine Siebplatte gelochte Oberfläche der Papillenspitze ist eine Area cribrosa. Cortex renalis. Die Rindensubstanz gleicht einer Kappe über den Pyramiden. Sie befindet sich nicht nur zwischen Pyramidenbasis und Capsula fibrosa, sondern auch an den Seitenflächen der Pyramiden, wo sie bis zum Nierenhilum reicht. Auf Längsschnitten durch die Niere erscheint die seitlich der Pyramiden gelegene Rindensubstanz säulenförmig, Columnae renales, Bertini-Säulen.
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
Lobus renalis. Jede Markpyramide mit der mantelförmi-
gen Rindenschicht stellt eine Einheit dar, Lobus renalis oder Renculus, auch wenn keine Grenzen zwischen benachbarten Lobi zu erkennen sind. Von der Pyramidenbasis gehen Büschel von Längsstreifen aus, Markstrahlen, die als radiäre Fortsetzung der Marksubstanz kapselwärts durch die Rindenzone verlaufen. Die Markstrahlen bestehen aus den geraden Anteilen proximaler und distaler Tubuli sowie Sammelrohren (s. unten). Die zwischen den Markstrahlen gelegene Rindensubstanz bildet das Rindenlabyrinth, Pars convoluta. Lobulus corticalis. Sie sind schwer abzugrenzen. Es han-
delt sich um die Gebiete des Rindenlabyrinths, die jeweils um einen Markstrahl gruppiert sind und deren Grenzen gedachten Linien zwischen den Aa. interlobulares (s. unten) entsprechen.
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Beide Nieren zusammen enthalten etwa 2–2,5 Mio. Nephrone. Jedes Nephron besteht aus Corpusculum renale, Nierenkörperchen, und Tubulus renalis, Nierenkanälchen, mit verschiedenen Abschnitten. Sammelrohre gehören aus entwicklungsgeschichtlicher
Sicht nicht zu den Nephronen; sie sind Abkömmlinge der Ureterknospe. Nephrone und Sammelrohre dienen aber gemeinsam der Harnbereitung. Das den Nephronen und Sammelrohren zugeordnete Interstitium sowie die Gefäße sind gleichfalls an der Harnbereitung beteiligt.
Nephrone, Sammelrohre, Interstitium, Gefäße
Das Corpusculum renale besteht aus Glomerulus und Capsula glomeruli, Bowman-Kapsel.
Die Nephrone (⊡ Tabelle 8.7) werden als die architektonische Grundeinheit der Niere aufgefasst. Sie sind aus dem metanephrogenen Gewebe hervorgegangen (S. 551).
Der Glomerulus ist ein arterieller Kapillarknäuel zwischen einem Vas afferens und einem Vas efferens
⊡ Tabelle 8.7. Gliederung eines Nephrons Lokalisation Corpusculum renale, Nierenkörperchen, besteht aus: • Glomerulus, Gefäßknäuel • Capsula glomeruli, Bowman-Kapsel Tubulus nephroni, Nierenkanälchen, besteht aus: • Tubulus proximalis, proximaler Tubulus – Pars convoluta proximalis – Pars recta proximalis, dicker absteigender Schleifenschenkel • Tubulus intermedius, intermediärer Tubulus – Pars descendens, dünner absteigender Schleifenschenkel – Pars ascendens, dünner aufsteigender Schleifenschenkel • Tubulus distalis, distaler Tubulus – Pars recta distalis, dicker aufsteigender Schleifenschenkel – Pars convoluta distalis • Tubulus reuniens, Verbindungstubulus* *
Rindenlabyrinth
Rindenlabyrinth
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Außenstreifen Innenstreifen und Innenzone Henle-Schleife
Die Verbindungstubuli schließen die Nephrone an die Sammelrohre an.
Außenzone, Markstrahl
Rindenlabyrinth
601 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
⊡ Abb. 8.113 a–c. Nierenkörperchen. a Plastische Rekonstruktion. b Wand eines Glomerulus nach elektronenmikroskopischen Aufnahmen. c Räumliche Darstellung der Füßchen von Podozyten mit Schlitzporenmembran
(⊡ Abb. 8.113). Zu- und abführende Arteriole liegen in der Regel dicht zusammen und bilden den Gefäßpol des Nierenkörperchens. Umschlossen wird der Glomerulus von einer Kapsel, deren inneres (viszerales) Blatt den Kapillaren aufliegt, und deren äußeres (parietales) Blatt, Bowman-Kapsel, das Nierenkörperchen von der Umgebung absetzt. In den Raum zwischen den beiden Blättern der Glomeruluskapsel wird der Primärharn als proteinfreies Ultrafiltrat des Blutplasmas abgegeben. Von hier gelangt der Primärharn am Harnpol, der dem Gefäßpol gegenüberliegt, in das Kanälchensystem. Nach Eintritt der Arteriola afferens am Gefäßpol des Nierenkörperchens teilt sich das Gefäß in 2–5 Äste, aus denen jeweils etwa 30–40 anastomosierende Kapillarschlingen hervorgehen. Die Wand der Glomeruluskapillaren besteht aus einem dünnen Endothel mit 70–90 nm großen Poren ohne Diaphragmen, Fenestrationen , und einer geschlossenen, relativ dicken (0,24–0,34 mm) Basalmembran. Ihre effektive Porenweite beträgt ungefähr 2–3 nm und entspricht
damit Molekülgrößen von 20–30 kD. Größere Moleküle, z. B. Plasmaalbumin (69 kD) werden zurückgehalten. Der Basalmembran liegen außen, gefäßabgewandt Deckzellen, Podozyten, auf. Die glomeruläre Basalmembran ist dreischichtig; sie besteht aus einer Lamina densa, die auf jeder Seite von einer Lamina rara flankiert wird. Die Lamina densa enthält Kollagen Typ IV, Laminin und Fibronektin. Sie soll als mechanischer Filter wirken. Die elektronenoptisch hellen Laminae rarae dagegen weisen negativ geladenes Heparansulfat auf, das polyanionische Plasmaproteine abstößt und damit eine Blockade des Filters verhindert. Die Podozyten, Füßchenzellen (⊡ Abb. 8.113 b) sind stark verzweigte und fortsatzreiche Deckzellen, die das viszerale Blatt des Corpusculum renale bilden (s. oben). Die Podozyten besitzen primäre Fortsätze, von denen zahlreiche sekundäre Fortsätze ausgehen.Diese erreichen mit verbreiterten Füßchen die Basalmembran, wo sie in der Lamina rara externa verankert sind. Zwischen den Fußfortsätzen bestehen Lücken, Schlitze, deren Weite of-
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
fenbar funktionsbedingt wechselt, im Mittel aber etwa 40 nm beträgt, Filtrationsschlitze. Diese Schlitzporen, die die letzte Barriere für den Durchtritt harnpflichtiger Substanzen darstellen,werden von etwa 6 nm dünnen Membranen, Schlitzmembranen, überbrückt (⊡ Abb. 8.113 c); sie ähneln den Diaphragmen von gefensterten Kapillaren. Zwischen Kapillaren, die unmittelbar benachbart liegen, kommen Zellen vor, Mesangiumzellen. Sie bilden das intraglomeruläre Mesangium. Es handelt sich um fortsatzreiche Zellen, die von der Basalmembran der Kapillaren eingeschlossen sind. Sie sind zur Phagozytose befähigt. Sie sollen das von den Podozyten laufend neugebildete Basalmembranmaterial sowie Makromoleküle abbauen, die an der Innenseite aus den Kapillaren austreten. Außerdem werden ihnen mechanische Aufgaben zum Ausgleich des hohen hydrostatischen Drucks in den Glomeruluskapillaren und durch ihre Kontraktionsfähigkeit eine Beeinflussung der glomerulären Filtrationsrate zugeschrieben. Capsula glomeruli, Bowman-Kapsel. Am Gefäßpol gehen
die Podozyten in das einschichtige Plattenepithel des äußeren Blatts der Bowman-Kapsel über. Außen wird das Nierenkörperchen von einer Gitterfaserhülle umgeben, die mit den retikulären Fasern der benachbarten Harnkanälchen in Verbindung steht. Am Harnpol wird das parietale Kapselepithel durch das Epithel des anschließenden Tubulus proximalis abgelöst. ⓘ Infobox Im Glomerulus werden harnpflichtige Substanzen aus dem Blut abfiltriert. Die glomeruläre Filtrationsrate beträgt etwa 120–125 ml/min aus 1,2–1,3 l Blut. Pro Tag entstehen auf diese Weise etwa 180 l Primärharn, von denen etwa 178 l wieder reabsorbiert werden, sodass die Endharnmenge etwa 1,5–2 l pro Tag beträgt.
Juxtaglomerulärer Apparat (⊡ Abb. 8.113). Es handelt sich um Strukturen am Gefäßpol der Niere. Der juxtaglomeruläre Apparat dient der Autoregulation der Niere, steuert aber auch extrarenale Vorgänge. Der juxtaglomeruläre Apparat ist reich innerviert. Zum juxtaglomerulären Apparat gehören Macula densa, epitheloide, juxtaglomeruläre Zellen, Polkissen und extraglomeruläre Mesangiumzellen. Macula densa. In der Gefäßgabel zwischen Vas afferens und Vas efferens legt sich die Pars recta distalis des Nierentubulus (s. unten) dem Nierenkörperchen unmittel-
bar an. An der Berührungsstelle, Macula densa, ist das Tubulusepithel höher und die Kerne stehen dichter. Die Zellen enthalten nur wenige kurze Mitochondrien, der Golgi-Apparat liegt basal. In der Macula densa wird die Kochsalzkonzentration des Tubulusharns ermittelt. Polkissen. Im präglomerulären Abschnitt des Vas afferens sind die glatten Muskelzellen der Tunica media teilweise durch relativ große, epitheloide juxtaglomeruläre Myoepithelzellen ersetzt. Diese Zellen sind schwach basophil und enthalten Speichergranula, aus denen das Enzym Renin, eine Protease, freigesetzt und ins Blut abgegeben werden kann. Die Reninabgabe wird bei Abfall der Na+-Konzentration im Harn des distalen Tubulus aktiviert. Renin setzt den Angiotensinmechanismus in Gang, der u. a. für die Blutdruckregulierung herausragende Bedeutung hat. Extraglomeruläre Mesangiumzellen. Zwischen Macula densa und der Gefäßgabel liegen etwa 30 fortsatzreiche extraglomeruläre Mesangiumzellen, die mit den Endothelzellen der Arteriola afferens in Verbindung stehen und sich ins intraglomeruläre Mesangium fortsetzen. Möglicherweise sind sie an der Regulation der Nierendurchblutung beteiligt. Tubulussystem (⊡ Abb. 8.114). Das Tubulussystem der Niere besteht aus mehreren Abschnitten, die sich morphologisch und funktionell unterscheiden. Sie dienen dazu, den Primärharn zu verändern. Die Tubulusabschnitte werden bezeichnet als proximaler Tubulus, Hauptstück, mit – gewundenem Teil, Pars convoluta proximalis, und – gestrecktem Teil, Pars recta proximalis (dicker absteigender Schleifenschenkel), intermediärer Tubulus, Überleitungsstück, mit – Pars descendens (dünner absteigender Schleifenschenkel) und – Pars ascendens (dünner aufsteigender Schleifenschenkel), distaler Tubulus, Mittelstück, mit – gestrecktem Teil, Pars recta distalis (dicker aufsteigender Schleifenschenkel) und – gewundenem Teil, Pars convoluta distalis, Tubulus reuniens, Verbindungstubulus, mit Mündung in ein Sammelrohr.
Aus der Aufstellung wird ersichtlich, dass jeder Tubulusteil aus gewundenen und gestreckten Abschnitten besteht.
603 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
Die Glomeruli der medullären Nephrone liegen midkortikal oder in der juxtamedullären Rindenzone. Ihre Henle-Schleifen sind lang, gelangen ins Mark, bestehen nur aus dünnen Schleifenteilen, deren ab- und aufsteigende Schenkel eng benachbart sind und von Vasa recta (s. unten) begleitet werden. Proximaler Tubulus. Am Harnpol beginnt der je nach
⊡ Abb. 8.114. Nierentubuli und Sammelrohr. Zuordnungen eines juxtamedullären und eines midkortikalen Nephrons zu den verschiedenen Nierenzonen. Nicht berücksichtigt sind die kortikalen Nephrone
Hinzu kommt, dass alle 3 Tubulusteile an einer mehr oder weniger langen Schleife beteiligt sind, deren Scheitel zum Mark gerichtet ist bzw.ins Mark reicht, Henle-Schleife. Lage der Nephrone Die Nephrone als Ganzes liegen in unterschiedlichen Nierenbereichen. Dies ruft in Mark und Rinde eine Feingliederung hervor, die durch die jeweils abrupten Übergänge zwischen den Tubulusabschnitten entsteht (⊡ Abb. 8.114).
Es werden unterschieden kortikale Nephrone und medulläre Nephrone.
Bei den kortikalen Nephronen liegen die Glomeruli in der äußeren Rindenzone. Ihre Henle-Schleifen sind kurz und bleiben in der Rinde. Die Schleifenscheitel werden von dicken absteigenden Schleifenschenkeln gebildet.
Lage des Nephrons bis zu 14 mm lange proximale Tubulus, Hauptstück, des Nierenkanälchens. Die Pars convoluta proximalis befindet sich in Nachbarschaft des Glomerulus und ist stark geschlängelt. Ausgekleidet wird dieser Kanälchenabschnitt von isoprismatischem bis hochprismatischem Epithel (⊡ Abb. 8.115 a), das sowohl apikal als auch basal erhebliche Oberflächenvergrößerungen aufweist. Sie dienen umfangreichen Transportvorgängen. Apikal handelt es sich um Mikrovilli, die einen Bürstensaum bilden und von einer PAS-positiven Glykokalix bedeckt sind. Hier kommen zahlreiche Bürstensaumenzyme vor, u. a. Peptidasen, Gamma-Glutamyltransferase und alkalische Phosphatase. Basal erfolgt die Oberflächenvergrößerung durch Einfaltungen der Plasmamembran, die ein basales Labyrinth hervorrufen. An den basolateralen Zellmembranen ist histochemisch Na+-K+-ATPase nachzuweisen, die im Dienst eines energieaufwendigen Ionenaustauschs für Reabsorptionen aus dem Primärharn steht. Begleitet werden die Einfaltungen von Mitochondriensäulen für die Energiebereitstellung. Einfaltungen und Mitochondrien rufen eine basale Streifung hervor. – Im apikalen Teil des Zytoplasmas kommen zahlreiche Resorptionsvakuolen und Lysosomen vor, der sog. tubulovakuoläre Apparat. Hier spielen sich metabolische Vorgänge ab. – Untereinander sind die Epithelzellen durch passierbare Zonulae occludentes und basolateral durch zahlreiche interdigitierende Zellfortsätze verbunden. Die Pars recta proximalis gehört bereits zur HenleSchleife. Die Epithelzellen sind niedriger, die Mikrovilli dagegen häufig länger als in der Pars convoluta proximalis. ⓘ Infobox Im proximalen Tubulus werden etwa 70 % des Wassers des Primärharns reabsorbiert. Dieser Tubulusabschnitt ist auch eine Schlüsselstelle bei der Rückresorption von Bikarbonat und damit bei der Regulation des Säure-Basen-Haushalts. Die treibende Kraft ist dabei der von der Na+-K+-ATPase in den Tubuluszellen aufgebaute Na+-K+-Gradient. Er ist Voraussetzung für den Einstrom von Na+ in die Tubuluszelle und damit für den Antrieb des Na+-Symporters, über den Glukose, Aminosäuren, Laktat oder niedermolekulare Proteine in die Tubuluszelle
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
⊡ Abb. 8.115 a–d. Tubuluszellen der Niere. a Tubulus proximalis, Pars convoluta. b Tubulus intermedius. c Tubulus distalis, Pars recta. d Sammelrohr, helle Zelle
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rückresorbiert werden. Der Gradient treibt auch den Na+-H+Antiporter an, der die Abgabe von H+-Ionen im Austausch für Na+-Ionen vermittelt. Im Tubuluslumen verbinden sich H+-Ionen mit Bikarbonationen zu undissoziierter Kohlensäure, die durch Diffusion in die Tubuluszellen gelangt und dort durch das Enzym Karboanhydrase wieder in Bikarbonat und H+-Ionen zerlegt wird. Der Rückresorption steht eine Sekretion von Anionen gegenüber,die in der Zelle akkumuliert sind.
Intermediärer Tubulus. Die Fortsetzung der Pars recta proximalis ist der Tubulus intermedius, zu dem die dünnen Teile der ab- und aufsteigenden Schenkel der HenleSchleife gehören (⊡ Tabelle 8.7, ⊡ Abb. 8.114). Die Epithelzellen des Tubulus intermedius (⊡ Abb. 8.115 b) sind stark abgeflacht. Die kernhaltigen Bezirke buckeln sich in die relativ weite Lichtung (Durchmesser etwa 10–12 mm) vor. Die abgeplatteten Epithelzellen sind mitochondrienarm. Ein Bürstensaum fehlt. Es kommen lediglich vereinzelt kurze Mikrovilli vor. ⓘ Infobox Intermediäre Tubuli sind wasserpermeabel, sodass Wasser das Tubuluslumen – angetrieben durch eine viel höhere Osmolalität des umgebenden Interstitiums – verlassen kann, besonders in den langen Henle-Schleifen im Nierenmark. Die Osmolalität des Harns steigt dadurch.
Distaler Tubulus. Die Pars recta des distalen Tubulus bil-
det den dicken aufsteigenden Schenkel der Henle-Schleife (⊡ Abb. 8.114). Dieser zieht aufwärts in die Nierenrinde, wo er am Gefäßpol des eigenen Nierenkörperchens die Macula densa bildet (s. oben). Die Epithelzellen der Pars recta (⊡ Abb. 8.115 c) zeichnen sich wieder durch apikale und basale Oberflächenvergrößerungen und hohe Mitochondriendichte aus. Apikal kommen Mikrovilli und Mikrofalten – jedoch kein Bürstensaum – sowie basal Membraneinfaltungen (basale Streifung) vor.
ⓘ Infobox Im dicken Teil der Henle-Schleifen werden Na+- und Cl-–Ionen aktiv ins Interstitium transportiert, ohne dass Wasser folgt.Dieser Tubulusabschnitt ist wasserundurchlässig. Der Leittransporter ist hierbei der Na+-K+-2Cl-–Transporter. Durch die Zurückhaltung des Wassers vermindert sich die Osmolalität des Harns, die des Interstitiums ist aber erhöht (mit Auswirkungen auf die Wasserbewegungen im dünnen Teil der HenleSchleife, s. oben, in der Pars convoluta des distalen Tubulus sowie im Sammelrohr, s. unten).
> Klinischer Hinweis Die am stärksten wirkenden Diuretika hemmen den Na+-K+-Cl–Transporter. Prototyp dieser Verbindungen ist das Furosemid (Lasix®).
Die Pars convoluta des Tubulus distalis setzt sich deutlich von der Pars recta ab. Es handelt sich um einen verhältnismäßig kurzen Nephronabschnitt mit Tubuluszellen, die weniger Mitochondrien und geringere Oberflächenvergrößerungen haben. ⓘ Infobox Die Pars convoluta des distalen Tubulus ist bei Na+- und Cl-–Ionenresorption wieder wasserpermeabel, sodass die Osmolalität des Harns erneut steigt. Die Reabsorption von Na+Cl- im distalen Tubulus wird durch Aldosteron stimuliert.
Verbindungstubulus. Der Verbindungstubulus ist der Endabschnitt des Nephrons – allerdings wird auch die Möglichkeit seiner Herkunft aus der Ureterknospe diskutiert. Der Verbindungstubulus ist geschlängelt und hat eine sehr unterschiedliche Länge. Er kann mehrere distale Tubuli aufnehmen und arkaden-(bogen-)förmig in die Sammelrohre einmünden. Das Epithel des Verbindungstubulus ähnelt dem Sammelrohrepithel.
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Sammelrohr. Die Sammelrohre sind aus den Endverzweigungen der Ureterknospe hervorgegangen (S. 551). In der Rinde tragen sie zur Bildung der Markstrahlen bei. Ihre längeren Teilabschnitte liegen jedoch in den Markpyramiden. Die Sammelrohre sind verzweigte Epithelkanälchen (Länge etwa 20 mm, Durchmesser etwa 40 mm). Ihr Epithel besteht aus hellen Hauptzellen mit deutlichen Zellgrenzen (⊡ Abb. 8.115 d) und dunkler gefärbten Schaltzellen mit besonderer Enzymausstattung. Charakteristisch für das Sammelrohrepithel sind funktionsbedingte, unterschiedlich weite Interzellularspalten. Die Epithelhöhe nimmt papillenwärts zu. Die Sammelrohre münden in die Ductus papillares (Durchmesser bis zu 200 mm), deren Epithel sich in das der Nierenpapille fortsetzt. Auf jeder Papille münden etwa 15–20 Ductus papillares, aus denen sich der Endharn in die Nierenkelche ergießt. ⓘ Infobox Im Sammelrohr erfolgt die Feineinstellung der Harnzusammensetzung. Dazu wird von den Hauptzellen Na+ und Wasser resorbiert, von den Schaltzellen HCO3-– und H+-Ionen sezerniert. Die Na+-Resorption wird verzögert durch Aldosteron, aber rasch durch Vasopressin reguliert, die Durchlässigkeit der Sammelrohrzellen für Wasser (und für Harnstoff ) allein durch das antidiuretische Hormon des Hypothalamus (ADH).
> Klinischer Hinweise Mangelnde hypophysäre ADH-Freisetzung oder Mutation des ADH-Rezeptors in den Sammelrohren der Niere führen zum seltenen Krankheitsbild des Diabetes insipidus centralis bzw. renalis. Die Patienten scheiden täglich bis zu 25 l eines hypoosmolaren Urins aus.
Gefäßen und Sammelrohren abspielen, ist die enge Nachbarschaft der beteiligten Strukturen Voraussetzung. Die Vorgänge selbst haben kein morphologisches Korrelat. Schlüssel für die Vorgänge ist die Wasserundurchlässigkeit der Pars recta des distalen Tubulus. Dort gelangen Na+- und Cl-–Ionen ins Interstitium, ohne von Wasser begleitet zu sein. Dadurch erhöht sich die Osmolalität im Interstitium. Sie nimmt in Richtung auf den Scheitel der Henle-Schleifen zu. Dies führt dazu, dass Wasser aus den dünnen absteigenden Teilen des intermediären Tubulus und aus den benachbarten Sammelrohren, die beide wasserdurchlässig sind, ins Interstitium gelangt, ein passiver Vorgang. Das ins Interstitium gelangte Wasser wird durch die den Nierenkanälchen benachbarten Vasa recta abtransportiert. Beim Wasserentzug aus dem Tubulusharn wirkt auch Harnstoff mit, der durch Harnstofftransporter aus den medullären Sammelrohrabschnitten stammt.
Das Interstitium besteht aus lockerem Bindegewebe. Außer Fibrozyten kommen Zellen spezifischer Funktion vor, vor allem in der Innenzone des Nierenmarks. Es handelt sich um lipidhaltige interstitielle Zellen, die wie die Sprossen einer Leiter zwischen den zur Papillenspitze hin verlaufenden Tubuli und Gefäßen ausgespannt sind. Sie sollen zur Bildung von Prostaglandinen und von Mediatoren befähigt sein, die u. a. bei der Blutdruckregulierung (antihypertensiv) mitwirken. Möglicherweise haben die Zellen auch eine Bedeutung für die Erschwerung der Diffusionsprozesse im Interstitium. Die Fibroblasten in der Nierenrinde und im äußeren Mark dürften für die Bildung von Erythropoetin verantwortlich sein, das im Knochenmark die Erythropoese stimuliert, sowie von Thrombopoetin.
Leitungsbahnen Interstitium. Das Interstitium ist ein Passageraum für Io-
nen und Wasser,enthält die intrarenalen Gefäße und weist Zellen spezifischer Funktion auf. Dabei kommt es besonders auf das Interstitium im Nierenmark an. Dort befinden sich jeweils die auf- und absteigenden Abschnitte der Henle-Schleifen, die Vasa recta der Gefäße und die Sammelrohre in unmittelbarer Nachbarschaft.In jedem dieser Gebilde besteht ein Gegenstrom: gegengerichteter Harnfluss im absteigenden und aufsteigenden Schenkel der Henle-Schleife sowie Sammelrohr, gegengerichteter Blutfluss im arteriellen und venösen Schenkel der Vasa recta. ⓘ Infobox Für die Vorgänge, die sich bei der Bereitung des endgültigen Harns im Zusammenwirken von Henle-Schleife, Interstitium,
Jede Niere wird in der Regel von einer A. renalis, die aus der Aorta entspringt, und einer V. renalis erreicht, die in die V. cava inferior mündet (⊡ Abb. 8.69, 8.72). Im typischen Fall entspringen die Aa. renalis dextra et sinistra in Höhe von L2 aus der Aorta, die rechte in der Regel etwas tiefer als die linke. Der direkte Blutzufluss aus der Aorta und -abfluss in die V. cava inferior führt dazu, dass die gesamte zirkulierende Blutmenge des Körpers die Nieren alle 4–5 Minuten durchströmt. Die A. renalis dextra ist 3–5 cm lang und zieht hinter der V. cava inferior zum Nierenhilum. Die sie begleitende V. renalis dextra liegt vor und etwas unterhalb der Arterie. Beide Gefäße werden ventral vom Caput pancreatis und der Pars descendens duodeni überlagert.
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
Die A. renalis sinistra ist nur 1–3 cm lang, ihre topogra-
phischen Beziehungen zur Vene sind variabler. Die V. renalis sinistra ist 6–7 cm lang. Sie überkreuzt die
Aorta unterhalb des Ursprungs der A. mesenterica superior. Die Nierenarterien geben Äste zur Nebenniere (A. suprarenalis inferior), zum Ureter und zur Fettkapsel ab. Die Kapselarterien bilden in der Regel ein Gefäßnetz, von dem feine Äste in die oberflächlichen Schichten der Nierenrinde eindringen. – Die abfließenden Venen bilden unter der Kapsel Venae stellatae.
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Variationen. Hervorgerufen durch den Nierenaszensus während der Entwicklung weisen die Nierenarterien zahlreiche Varianten hinsichtlich Anzahl, Ursprung und Verlauf auf. Häufig sind aberrierende Arterien, die nicht am Nierenhilum, sondern in der Nähe der beiden Pole in das Parenchym eindringen, Polarterien. Untere akzessorische Arterien können Ursache einer Harnleiterobstruktion sein.
Die A. renalis teilt sich, bevor sie das Hilum renale er-
reicht, in einen Ramus anterior, der im Sinus renalis vor dem Nierenbecken, und einen Ramus posterior, der hinter dem Nierenbecken verläuft. Ein Ramus inferior kann hinzukommen. Der Ramus anterior versorgt den gesamten vorderen Nierenbereich, den lateralen Rand und den unteren Pol (Versorgungstyp 1). Der Ramus posterior versorgt die Nierenhinterfläche. Beim Versorgungstyp 2 versorgt ein Ramus inferior den unteren Nierenpol. In der Regel teilt sich jeder Ramus in 4 bis 5 Äste (Segmentarterien), die ins Nierenparenchym eintreten und dort etwa keilförmige Parenchymbezirke, Nierensegmente, versorgen. Es handelt sich stets um Endarterien. Folge und Verlauf der Anschlussstrecken (⊡ Abb. 8.116): Aa. interlobares befinden sich jeweils zwischen zwei Pyramiden und ziehen rindenwärts. In Höhe der Rinden-Mark-Grenze biegen sie um, verzweigen sich strauchförmig und bilden Aa. arcuatae, die zwischen Rinde und Mark leicht bogenförmig verlaufen. Aus ihnen geht eine große Zahl von radiär gestellten Aa. interlobulares (Aa. corticales radiatae renis) hervor, die kapselwärts ziehen und die Arteriolae glomerulares afferentes (Arteriolae afferentes) abgeben. Diese speisen die
⊡ Abb. 8.116. Gefäßarchitektur der Niere. Pfeile Richtung des Blutstroms
Kapillarknäuel, Glomeruli, der Nierenkörperchen. Nach Durchströmung der Glomeruli sammelt sich das noch sauerstoffhaltige Blut in den Arteriolae glomerulares efferentes (Arteriolae efferentes): – die Arteriolae efferentes der kortikalen Glomeruli treten in das Kapillarnetz der Rinde ein, wo sie die Tubuli netzartig umspinnen. Der Abfluss erfolgt in Vv. interlobulares (Vv. corticales radiatae renis). Diese münden an der Mark-Rinden-Grenze in Vv. arcuatae und schließlich in Vv. interlobares, die mit den entsprechenden Arterien verlaufen und am Hilum die V. renalis bilden. – Die Arteriolae efferentes der marknahen Glomeruli versorgen das Nierenmark. Sie bilden nach Aufteilung lange Vasa recta, die absteigend ins Mark ziehen und dort in Kapillarplexus einmünden. Den absteigenden Vasa recta legen sich lange aufsteigende venöse Vasa recta an (Gegen-
607 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
stromprinzip), die in die Vv. interlobulares (Vv. corticales radiatae renis) einmünden. Die Vasa recta aus der Außenzone des Marks gelangen direkt in die zugehörige V. arcuata.
Nerven. Die sympathischen Nerven stammen von den
Ganglia coeliaca, gelangen mit der A. renalis als Plexus renalis in die Niere und versorgen vornehmlich die Gefäße. Außerdem wird der juxtaglomeruläre Apparat reichlich sympathisch innerviert.
Lymphgefäße verlaufen mit den größeren Blutgefäßen
und treten am Hilum aus. Ferner kommen Lymphgefäße in der Capsula fibrosa und Capsula adiposa vor.
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In Kürze
Die Niere besteht aus 12–18 Nierenpyramiden und lässt Nierenmark und Nierenrinde unterscheiden. Die Harnbereitung erfolgt in mehr als 2 Mio. Nephronen, die jeweils aus Nierenkörperchen (Glomeruli und Kapsel) und einem Tubulussystem bestehen, das in ein Sammelrohr mündet. Glomeruli sind arterielle Gefäßknäuel, deren Oberfläche von einer glomerulären Basalmembran und Podozyten bedeckt ist. Den Nierenkörperchen angelagert ist der juxtaglomeruläre Apparat. Das Tubulussystem beginnt mit dem Hauptstück. Sein Epithel dient der Reabsorption und Sekretion. Es folgt die Henle-Schleife an der Teile des Hauptstücks, das Überleitungsstück und Teile des distalen Tubulus beteiligt sind. Schlüssel für die Regulierung der Osmolalität im Interstitium und Harn ist der dicke Teil des distalen Tubulus. Auch das Sammelrohr mit unterschiedlichen Zellen nimmt Einfluss auf die Harnzusammensetzung. Die Harnbereitung ist an den Verbund von Tubulussystem, Interstitium und Gefäßen gebunden.
Ableitende Harnwege Wichtig
In den ableitenden Harnwegen wird der Urin nicht mehr verändert.
Calices renales und Pelvis renalis werden von einem gefäßreichen Bindegewebe mit einem Geflecht glatter Muskelzellen umgeben, die die Weite des Hohlraumsystems regulieren.
Ureter, Harnleiter Ableitende Harnwege sind Nierenbecken, Pelvis renalis, Harnleiter, Ureter, Harnblase, Vesica urinaria und Harnröhre, Urethra.
Pelvis renalis, Nierenbecken Das Nierenbecken liegt im Sinus renalis und entsteht aus dem Zusammenkommen von 8–12 trichterförmigen Nierenkelchen, Calices (Einzahl Calyx) renales, die die Nierenpapillen einzeln umfassen und den Endharn auffangen. Je nach Anordnung der Calices renales (⊡ Abb. 8.117) werden ein ampulläres Kelchsystem mit kurzen Schläuchen und weitem Nierenbecken und ein dendritisches Kelchsystem mit langen, eventuell verzweigten Schlauchstücken und kleinem Nierenbecken unterschieden.
Der 25–30 cm lange Ureter leitet den Harn vom Nierenbecken in die Blase. Topographisch sind zu unterscheiden Pars abdominalis und Pars pelvica. Pars abdominalis. Sie liegt auf der Psoasfaszie und wird vom Peritoneum parietale bedeckt. Ausführungen über die topographischen Beziehungen zu benachbarten Leitungsbahnen finden Sie auf S. 547.
⊡ Abb. 8.117 a, b. Ausgüsse von Nierenbecken. a Ampullärer Typ. b Dendritischer Typ
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608
Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
Pars pelvica. Nach Überquerung der Linea terminalis
folgt der Ureter der Wand des kleinen Beckens. Der rechte Ureter überkreuzt die A. iliaca externa, der linke die Aufteilungsstelle der A. iliaca communis. Im kleinen Becken der Frau unterkreuzt der Ureter die A. uterina,beim Mann den Samenleiter. Bei der Frau verläuft der Ureter 1–2 cm seitlich an der Cervix uteri vorbei. Beide Harnleiter durchsetzen in schrägem Verlauf die Harnblasenwand. Der Ureter hat 3 Engstellen: am Übergang vom Nierenbecken in den Ureter. an der Überkreuzung der A. iliaca communis bzw. A. iliaca externa und beim Durchtritt des Ureters durch die Blasenwand.
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gerung vermindern. Erhalten bleiben jedoch die Zellen der oberflächlichen Schicht, Deckzellen. Sie sind in ungedehntem Zustand hochprismatisch, bei Dehnung platt. Stets überdeckt eine Oberflächenzelle mehr als eine Zelle der darunter gelegenen Schicht. Trotz der Umlagerung verändert sich der sehr wirksame Verschluss des Interzellularraums durch Tight junctions nicht. Die Oberfläche des Urothels wird von einer Glykokalix bedeckt. Als Besonderheit weisen die Epithelzellen der oberflächlichen Schicht unter der lumenwärtigen Plasmamembran dichte Filamentbündel auf. Plasmamembran und Filamentbündel zusammen machen die lichtmikroskopische Crusta des Übergangsepithels aus.
Die Wand des Ureters (⊡ Abb. 8.118) besteht aus Tunica mucosa, Lamina propria, Tunica muscularis und Tunica adventitia.
Lamina propria. Die subepitheliale Schicht ist lamellär
gebaut. Sie verfügt über elastische Fasernetze und ein engmaschiges Kapillarnetz, dessen Schlingen die Epithelbasis vorwölben. Größere Gefäße verlaufen in einer weiter außen gelegenen, lockerer gebauten Faserschicht.
Die Tunica mucosa ist zu Längsfalten aufgeworfen, so-
Tunica muscularis. Es lassen sich, wenn auch undeutlich,
dass der Ureter auf Querschnitten ein sternförmiges Lumen hat. Die Tunica mucosa hat ein spezielles Oberflächenepithel, Urothel, Übergangsepithel. Es besteht aus 5–7 Zelllagen, die sich jedoch bei Dehnung durch Umla-
ein Stratum longitudinale internum und ein Stratum circulare unterscheiden. Im distalen Drittel kommt ein Stratum longitudinale externum hinzu.Die glatten Muskelzellen selbst sind in Art einer Schraube angeordnet, die am Harnleiterbeginn sphinkterartig verstärkt ist. Die Muskulatur ist für die peristaltischen Wellen verantwortlich, durch die der Harn in die Harnblase transportiert wird. Leitungsbahnen. Die arterielle Blutversorgung erfolgt
durch Äste der A. renalis,A. testicularis bzw.ovarica,A. pudenda interna und der A. vesicalis superior. Sie bilden in der Ureterwand ein dichtes anastomosierendes Geflecht. Venen. Die Venen verlaufen mit den Arterien. Lymphgefäße gelangen zu den Nodi lymphatici lum-
bales. Nerven. In allen Schichten der Ureterwand kommen au-
tonome Nervengeflechte vor. Sensorische Nerven verlaufen in den Nn. splanchnici. > Klinischer Hinweis
⊡ Abb. 8.118. Ureterquerschnitt. Die Tunica muscularis besteht aus einer inneren longitudinalen und einer kräftigen äußeren, annähernd kreisförmig angeordneten Schicht
Gelegentlich kommt ein doppelter Harnleiter vor, der distal in ein gemeinsames Endstück übergehen kann. – Nierenkoliken gehen auf äußerst schmerzhafte Kontraktionen der glatten Muskulatur der ableitenden Harnwege zurück, u. a. hervorgerufen durch Nierenbeckenentzündungen, Pyelitis, oder Steine bzw. Konkremente im Nierenbecken oder im Ureter.
609 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
Vesica urinaria, Harnblase Die Harnblase ist ein muskuläres Hohlorgan. Ihre Form variiert nach Entwicklungsstand und Füllungsgrad. An der Harnblase lassen sich unterscheiden: Apex vesicae, Blasenspitze, an der der obliterierte Urachus (S. 552) befestigt ist, Corpus vesicae, Blasenkörper, Fundus vesicae, Blasengrund, mit den Einmündungen der Ureteren, Ostium ureteris, und dem Trigonum vesicae und Collum (Cervix) vesicae, Blasenhals. Er beginnt mit dem Ostium urethrae internum. An die Ureteröffnung tritt von hinten her ein Wulst heran, Uvula vesicae, in dessen Bereich beim Mann der Mittellappen der Prostata die Schleimhaut vorwölbt. Die Schleimhautfalte der Uvula ist muskelzell- und gefäßreich (Venenplexus). Die Uvula setzt sich nach unten in die Crista urethralis fort. Befestigt ist die Harnblase vor allem am Blasenhals, der in den Levatorspalt hineinragt. Dort wird er von einem Muskelbindegewebsapparat umfasst: nach ventral das Lig. puboprostaticum beim Mann, das Lig. pubovesicale bei der Frau jeweils mit glatten Muskelfasern, nach dorsal durch Verbindungen mit dem Rektum bzw. der Vagina und dem Rektum (hierzu S. 547 f.). Außerdem bestehen seitlich feste Verbindungen zwischen der Fascia vesicalis und der Fascia diaphragmatis pelvis superior. Die übrigen Teile der Harnblase sind gut verschieblich, sodass sie sich bei Füllung ausdehnen können.
Die Tunica mucosa gleicht in ihrem Aufbau der des Ureters (s. oben). Mit Ausnahme des Trigonum vesicae (s. unten) ist sie gegen die Lamina muscularis verschieblich und bildet bei entleerter Blase Falten. Tunica muscularis. Die Tunica muscularis besteht aus 3
verflochtenen Schichten glatter Muskulatur: einer äußeren und einer inneren mit longitudinalen und einer mittleren mit zirkulären Fasern. Gemeinsam werden sie als M. detrusor vesicae bezeichnet. Aus der dorsalen äußeren Längsmuskulatur geht der M. vesicoprostaticus bzw. M. vesicovaginalis, aus der ventralen der M. pubovesicalis (im Lig. pubovesicale) hervor. ⓘ Infobox Die Endabschnitte des Ureters verlaufen schräg durch die Muskulatur der Blasenwand (⊡ Abb. 8.119). Dadurch sowie durch den Innendruck der Blase sind ihre Öffnungen in der Regel verschlossen. Sie öffnen sich jedoch beim Eintreffen von Kontraktionswellen des Ureters.
Eine Sonderstellung nimmt das Trigonum vesicae ein. Es handelt sich um ein faltenfreies dreieckiges Gebiet zwischen den Einmündungen der Ureteren und dem Beginn der Urethra. Es fällt durch weißliche Farbe
ⓘ Infobox Die entleerte Harnblase liegt dem Beckenboden breitflächig und schüsselförmig auf. Bei Füllung wird die breite Form zunächst beibehalten, dann jedoch tritt die Harnblase entlang der vorderen Bauchwand aus dem kleinen Becken heraus und schiebt gleichzeitig das Peritoneum von der vorderen Bauchwand ab. Bei noch stärkerer Füllung wird die Symphysenlinie überschritten. Die Blase steigt aber normalerweise nicht über Nabelhöhe auf. Eine maximale Füllung ist bei 1500 ml erreicht Harndrang tritt jedoch bereits bei einem Inhalt von 250–500 ml ein.
Die Wand der Harnblase besteht aus Tunica mucosa, Tunica muscularis und Tunica serosa. Die Wanddicke mindert sich von 5–7 mm bei leerer Harnblase auf 1,5–2 mm bei Füllung.
⊡ Abb. 8.119. Trigonum vesicae. Rot eingezeichnet sind die Muskelschlingen für Öffnung (links) und Verschluss (rechts) der Ureterostien. Als grauer Schatten ist die Lage von Ureter, Vesicula seminalis und Ductus deferens hinter der Harnblase angegeben
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610
Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
auf. Hier ist die Schleimhaut unverschieblich mit der Muskulatur verbunden, die hier keine Schichtenanordnung aufweist. Collum vesicae. Funktionell gehören zum Blasenhals alle Abschnitte der Urethra zwischen Ostium urethrae internum und Bulbus penis (unterhalb des Beckenbodens).
Die Muskulatur in diesem Bereich besteht aus M. sphincter urethrae internus, Längsmuskulatur und M. sphincter urethrae externus. Die Muskulatur dient dem Harnblasenverschluss (Kontinenz) sowie der Blasenentleerung (Miktion) und verhindert bei Ejakulationen das Eindringen von Sperma in die Harnblase.
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Der M. sphincter urethrae internus ist ein glatter Muskel
in eliptischer Anordnung um das Ostium urethrae internum. Dorsal hat er Anschluss an die Muskulatur der Harnröhre. Gleichzeitig enden am Ostium urethrae internum auch alle Schichten des M. detrusor in Art einer Halskrause. Die Längsmuskulatur des Collum vesicae begleitet die
Pars praeprostatica, Pars prostatica und die Pars membranacea der Urethra. Sie besteht aus ventralen und dorsalen Anteilen. Die ventralen gehen von der Symphyse aus und wirken dilatierend auf die Urethra, die dorsalen entspringen von der Öffnung des Ductus ejaculatorius und setzen sich bis zum Bulbus penis fort. Sie sind nur beim Mann vorhanden und wirken bei der Ejakulation mit. Der M. sphincter urethrae externus hat glatte und quer
gestreifte Anteile, die die Urethra vor allem im Bereich der Pars membranacea von dorsal her hufeisenförmig umgreifen.
ⓘ Infobox Normalerweise ist das Ostium urethrae internum und der Bereich des Collum urethrae geschlossen. Bei der Miktion kommt es jedoch zur Öffnung. Reflektorisch werden zunächst durch Muskelkontraktion die Mündungen der Ureteren und der Urethra einander genähert. Dabei werden die Ureteren geschlossen, die Uvula vesicae aus der Harnröhrenmündung herausgezogen und ihr Venengeflecht entleert. Zur Öffnung des Ostium urethrae internum kommt es durch Auseinanderweichen der Muskelschlingen des Detrusorsystems nach lateral und Nachlassen des Tonus des M. sphincter urethrae internus. Außerdem unterstützen das ventrale Längssystem der Urethra und die Fasern des M. pubovesicalis die trichterförmige Öffnung des Ostiums durch Zug nach vorne unten. Ferner erschlafft der M. sphincter urethrae externus im Bereich der Pars membranacea der Harnröhre und die Miktion wird durch Kontraktion der Blasenwandmuskulatur möglich. – Die Miktion ist ein Rückenmarkreflex, der unter dem Einfluss des Miktionszentrums in der Formatio reticularis des Hirnstamms steht. Darüber hinaus kann die Blasenentleerung willkürlich durch Einfluss des Frontalhirns sowie des extrapyramidalen Systems eingeleitet, aber auch unterbrochen werden.
Leitungsbahnen. Die arterielle Blutversorgung der
Harnblase (⊡ Abb. 8.120) erfolgt durch Äste der A. iliaca interna: A. vesicalis superior (nichtobliterierter Anteil der A. umbilicalis) zur lateralen Blasenwand und zur Blasenoberfläche, A. vesicalis inferior zum Blasengrund. Bei der Frau kommt die A. vesicalis inferior aus der A. vaginalis. Kleinere Blutgefäße kommen aus der A. obturatoria, der A. rectalis media und der A. pudenda interna. Venen. Das Blut aus submukösen und intramuskulären Venennetzen (⊡ Abb. 8.121) wird im Plexus venosus vesicalis am Fundus der Harnblase gesammelt und direkt zu
den Vv. iliaci interni, aber auch über die Vv. rectales, Vv. obturatoriae und Vv. pudendae internae abgeleitet. In den Plexus venosus vesicalis münden die V. dorsalis profunda penis/clitoridis.
Tunica serosa. Die Serosa ist der Peritonealüberzug im
oberen und hinteren Bereich des Corpus vesicae. Bei leerer Harnblase bildet das Peritoneum zwischen Facies superior und Facies posterior Falten, Plica vesicalis transversa, die sich seitlich in die Plica rectovesicalis fortsetzt. Die Plica rectovesicalis lässt dorsal beim Mann die Excavatio rectovesicalis, bei der Frau die Excavatio vesicouterina und lateral von der Harnblase die Fossae paravesicales entstehen.
Lymphgefäße. Die Lymphgefäße aus der oberen und unteren Blasenwand gelangen zu den Nodi lymphatici iliaci externi, aus der Blasenvorderwand, dem Blasenfundus und dem Trigonum vesicae zu den Nodi lymphatici iliaci interni bzw. Nodi lymphatici sacrales. Nerven. Zu unterscheiden sind ein intrinsischer Nerven-
plexus und extrinsische Nerven. Der intrinsische Plexus
611 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
Apex
⊡ Abb. 8.120. Arterielle Gefäßversorgung der Harnblase beim Mann
⊡ Abb. 8.121 a, b. Venen der Harnblase. Schematische Darstellung der Venen der Harnblase a beim Mann und b bei der Frau
in der Blasenwand passt den Tonus des M. detrusor dem Füllungszustand an. Die extrinsische Innervation des M. detrusor erfolgt durch Sympathikus und Parasympathikus. Die Fasern beider Systeme verlaufen über den Plexus hypogastricus inferior und Plexus vesicalis. Die parasympathischen Fasern stammen aus S2–S4 und führen zur Öffnung des Blasensphinkters und Kontraktion der Blasenmuskulatur. Die Sympathikusfasern kommen aus den Segmenten L1–L3 und führen zur Kontraktion der Verschlussmuskulatur am Blasenausgang.
Somatische Fasern. Die quer gestreifte Muskulatur des M. sphincter vesicae externus erhält ihre motorischen Impulse über den N. pudendus.
Urethra, Harnröhre Wichtig
Die Harnröhre weist geschlechtsspezifische Unterschiede auf. Beim Mann dient sie außer dem Harnfluss zu größeren Teilen gleichzeitig dem Samentransport, deswegen Harn-Samen-Röhre. Ihre Länge beträgt etwa 20 cm. Bei der Frau ist die Harnröhre etwa 4 cm lang.
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
Urethra masculinum. Nur der proximale, etwa 2–3 cm lange Teil der Urethra ist Harnröhre im engeren Sinne. Dann münden die Samenleiter, Ductus ejaculatorii in die Urethra.
Die männliche Harnröhre (⊡ Abb. 8.122) gliedert sich in Pars praeprostatica, Pars prostatica, Pars membranacea und Pars spongiosa. Die Pars praeprostatica beginnt noch in der Harnblasenwand und wird hier vom M. sphincter urethrae internus umfasst (s. oben). Sie setzt sich in den Blasenhals fort und reicht bis zur Spitze der Prostata. Ihre Länge beträgt 1–1,5 cm.
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Die Pars prostatica ist etwa 3,5 cm lang und wird von der Prostata umfasst. Von zahlreichen längs verlaufenden Falten der Wand bleibt bei Harndurchfluss nur an der Rückwand eine leistenartige Vorwölbung bestehen, Crista urethralis. Sie ist die Fortsetzung der Uvula vesicae und bildet in der Mitte der Pars prostatica den Samenhügel, Colliculus
M. transversus perinei prof.
seminalis. Hier münden auf der Kuppe seitlich eines kleinen Blindsacks, Utriculus prostaticus, die Ductus ejaculatorii. Der Utriculus prostaticus ist eine entwicklungsgeschichtliche Residualstruktur unklarer Herkunft (mesodermal oder entodermal). Beiderseits des Sinus prostaticus befindet sich eine Rinne, Sinus prostaticus, in die zahlreiche Ausführungsgänge der Prostata münden. Die Pars membranacea ist etwa 1–2 cm lang und der am wenigsten dehnbare und engste Teil der Urethra. Sie beginnt am unteren Pol der Prostata und endet im Bereich des Bulbus penis. Mit der Pars membranacea tritt der Ureter durch den Levatorspalt. Umschlossen wird die Pars membranacea vom M. sphincter urethrae internus und wird gleichzeitig gut fixiert. Der distale Abschnitt der Pars membranacea, der nach dem Durchtritt durch den Levatorspalt folgt, hat eine sehr dünne und leicht dehnbare Wand. Dieser als Ampulla urethrae bezeichnete Abschnitt ist am unteren Symphysenrand nach vorne gebogen. In die Ampulla urethrae münden die Gll. bulbourethrales. Die Pars spongiosa ist mit 15 cm der längste Abschnitt der männlichen Urethra und von spongiösem erektilem Gewebe des Corpus cavernosum urethrae umgeben. Der Anfangsteil der Pars spongiosa ist am Bindegewebsapparat des Beckenbodens und an der Symphyse angeheftet und dadurch weitgehend unbeweglich. Der folgende, im Penis gelegene distale Teil der Pars spongiosa ist dagegen nicht fixiert. Die Grenze zwischen beiden Abschnitten entspricht dem Ansatz des Lig. suspensorium penis. Das Lumen der Pars spongiosa ist nur bei Durchtritt von Flüssigkeit geöffnet. Die Urethra endet mit der Harnröhrenmündung, Ostium urethrae externum. Davor ist die Urethra zur Fossa navicularis urethrae erweitert. ⓘ Infobox Beim Einlegen eines Katheters sind die Engstellen, die Erweiterungen und die Biegungen der Urethra zu berücksichtigen (⊡ Abb. 8.64 a, 8.123): Engstellen: Ostium urethrae internum, Pars membranacea, Ostium urethrae externum, Erweiterungen: im Bereich der Pars prostatica, Ampulla urethrae, Fossa navicularis und Biegungen: zwischen Pars membranacea und Pars spongiosa und zwischen proximalem und distalem Teil der Pars spongiosa.
⊡ Abb. 8.122. Männliche Harnröhre. Rechts schematische Darstellung der Weiten und Engen
Mikroskopische Anatomie. Bis zur Mitte der Pars prostatica ist die Urethra mit Übergangsepithel ausgekleidet.
613 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
Anschließend ist das Epithel mehrschichtig hochprismatisch, in der Fossa navicularis mehrschichtig platt. Ein Teil des Epithels vor und in der Fossa navicularis ist auffällig glykogenreich. Das Lumen der Fossa ist – der Vagina vergleichbar – mit schützenden apathogenen Milchsäurebakterien besiedelt. Drüsen der Harn-Samen-Röhre sind Glandulae bulbourethrales, Glandulae urethrales und Lacunae urethrales. Glandulae bulbourethrales
(Cowper-Drüsen,
⊡ Abb. 8.64 a, 8.123). Sie befinden sich am hinteren Ende
des Bulbus penis im Bindegewebe oder in der Muskulatur des Beckenbodens. In der Regel handelt es sich um 2 erbsengroße Drüsen, deren etwa 5 cm lange Ausführungsgänge zunächst parallel zur Harnröhre verlaufen. Sie münden von unten in die Ampulla urethrae. Auch akzessorische Drüsenmündungen kommen vor.Vor der Ejakulation wird durch die umgebenden Muskeln ein schleimartiges Sekret ausgepresst. Es unterstützt die Lubrikation, Gleitfähigkeit, der Urethra. Glandulae urethrales (Littré-Drüsen). Sie sind mukös und befinden sich vorwiegend in der oberen Wand der Pars spongiosa, aber auch häufig in der Pars membranacea. Die Drüsenkörper liegen im Gewebe um die Harnröhre und münden mit langen geschlängelten und verzweigten Ausführungsgängen in die Urethra.
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Lacunae urethrales (Morgagni) sind kleine Buchten der Schleimhaut der Pars spongiosa. Urethra feminina (⊡ Abb. 8.64 b). Sie ist nur 3–5 cm lang und verläuft in leicht nach vorn konvexem Bogen unter dem Schambein und zwischen den Crura clitoridis. Ihr Ostium urethrae externum befindet sich im Vestibulum vaginae 2–3 cm hinter der Glans clitoridis am vorderen Rand des Ostium vaginae (⊡ Abb. 8.143). Hier ist gleichzeitig die engste Stelle der weiblichen Harnröhre. Der Verschluss der Harnblase entspricht dem des Mannes und nimmt die proximalen zwei Drittel der weiblichen Harnröhre ein. Das Lumen der Harnröhre ist durch Falten sternförmig verengt, kann aber auf 7–8 mm Durchmesser erweitert werden. Mikroskopische Anatomie. Die Auskleidung der weiblichen Harnröhre besteht im kranialen Teil aus Übergangsepithel, im mittleren Teil aus mehrreihigem hochprismatischem Epithel und kaudal aus mehrschichtigem unverhorntem Plattenepithel. Lacunae urethralis kommen vor. Das Bindegewebe der Lamina propria hat zahlreiche elastische Fasern und außerdem ein venöses Gefäßgeflecht sowie im distalen Teil zahlreiche tubulöse Schleimdrüsen, Gll. urethrales. Beiderseits vom Ostium urethrae externum münden größere Gruppen dieser Drüsen mit je 1 Ausführungsgang, Ductus paraurethrales (Skene-Gänge).
In Kürze
In den ableitenden Harnwegen (Pelvis renalis, Ureter,Vesica urinaria, Urethra) ist das Collum vesicae die Schlüsselregion. Durch ihre Muskulatur wird die Ansammlung von Harn in der Harnblase möglich und auch die Miktion.Wirksam sind am Ostium vesicae internum der M. sphincter vesicae internus zusammen mit dem M. detrusor, am proximalen Ureter die Längsmuskulatur und der M. sphincter urethrae externus. – Der Ureter ist 25–30 cm lang, hat 3 Engen, durchquert die Muskulatur der Harnblase und mündet an der Basis des Trigonum vesicae. Sein Lumen ist wie das der Harnblase mit Übergangsepithel ausgekleidet. – Die Harnblase ist im Bereich des Levatorspalts sowohl nach ventral als auch nach dorsal durch Ligamenta mit glatten Muskelzellen stabilisiert. – Die Urethra des Mannes ist etwa 20 cm lang und hat Biegungen, Engen und Erweiterungen, die der Frau verläuft nahezu gestreckt, ist etwa 4 cm lang und mündet in das Vestibulum vaginae.
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
8.4.8
Geschlechtsorgane
Wichtig
Die Geschlechtsorgane ermöglichen die Fortpflanzung und sexuelle Beziehungen. Bei beiden Geschlechtern werden in Gonaden Geschlechtszellen gebildet (Spermatozoen bzw. Eizellen) sowie in den ableitenden Geschlechtswegen Sekrete, die für die Aktivierung der Geschlechtszellen unerlässlich sind. Die entsprechenden Vorgänge spielen sich in den inneren Geschlechtsorganen ab. Hinzu kommen die äußeren Geschlechtsorgane, die der Kopulation dienen.
8
Die Einteilung in innere Geschlechtsorgane und äußere Geschlechtsorgane ist entwicklungsgeschichtlich begründet: Die inneren Geschlechtsorgane (Keimdrüsen, keimzellenleitende Gangabschnitte mit Anhangsdrüsen sowie bei der Frau der Uterus) sind aus der Urogenitalleiste und ihren Abkömmlingen hervorgegangen (s. oben), die äußeren Geschlechtsorgane aus dem definitiven Sinus urogenitalis (s. unten).
Wichtig
Hoden sind paarige pflaumenförmige Organe mit einem Längsdurchmesser von etwa 5 cm. Sie werden von einer derben, undehnbaren Tunica albuginea umgeben und an der freien, d. h. nicht vom Nebenhoden bedeckten Oberfläche von Serosa bedeckt (Lamina visceralis tunica vaginalis testis, ⊡ Abb. 8.124 a). Am unteren Pol befinden sich Reste des Gubernaculum testis (s. unten). Der linke Hoden ist meist etwas größer als der rechte und steht im Skrotum tiefer. Der Hoden wird durch feine, häufig durchbrochene bindegewebige Scheidewände, Septula testis, in Hodenläppchen, Lobuli testis, unterteilt (⊡ Abb. 8.124). Die Septula testis verlaufen von der Tunica albuginea radiär zum Mediastinum testis, einer Bindegewebsverdichtung am Hinterrand des Hodens. Die Lobuli testis beinhalten ein oder mehrere stark gewundene Samenkanälchen, Tubuli seminiferi contorti, mit umgebendem interstitiellem Bindegewebe. Die Samenkanälchen erreichen über Tubuli seminiferi recti das Rete testis, das im Mediastinum testis liegt. Das Rete testis seinerseits bekommt durch Ductuli efferentes Verbindung mit dem Nebenhoden und damit Anschluss an die ableitenden Samenwege.
Der Hoden besteht aus einem großen Tubuluskompartiment (90 %) mit Tubuli seminiferi zur Spermiogenese und einem kleinen Kompartiment mit den endokrinen Leydig-Zellen.
Zur Hodenentwicklung Die geschlechtsspezifische Entwicklung der Gonaden beginnt in der 6. Entwicklungswoche mit dem Einwandern
Männliche Geschlechtsorgane Wichtig
In den männlichen Geschlechtsorganen entwickeln sich Spermatogonien zu geschlechtsreifen Spermatozoen und es wird Seminalflüssigkeit gebildet. Freigesetzt wird das Ejakulat, auch als Sperma, Samen, bezeichnet.
Innere männliche Geschlechtsorgane sind (⊡ Abb. 8.123)
⊡ Abb. 8.123. Übersicht über die männlichen Geschlechtsorgane (schwarz) und ihre Lage zum knöchernen Becken (rot)
Testis, Hoden, Epididymis, Nebenhoden, Ductus deferens, Samenleiter und akzessorische Geschlechtsdrüsen – Prostata, Vorsteherdrüse, – Glandula vesiculosa, Bläschendrüse und – Gll. bulbourethrales, Cowper-Drüsen (S. 613).
Hoden, Testis
615 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
Skrotalhaut mit Tunica dartos Fascia spermatica ext. M. cremaster mit Fascia cremasterica Fascia spermatica int. Lamina parietalis u. Lamina visceralis der Tunica vaginalis Tunica albuginea u.
a
Septula testis
⊡ Abb. 8.124 a–e. Hoden und Nebenhoden. a Hodenhüllen. b Samenbereitende und -leitende Anteile. c Arterien. d Venen. e Lymphgefäße. Jeweils eingezeichnet die Tunica albuginea, die Septula testis, das Bindegewebe des Rete testis
von Urkeimzellen in die Anlage (S. 552). Sie wird von männlich determinierten Urkeimzellen durch einen Testisdeterminierenden-Faktor (TDF) ausgelöst, der vom SRYGen des Y-Chromosoms transkribiert wird. Fehlt ein YChromosom, entsteht aus der indifferenten Gonade ein Ovar. Am Anfang der Hodenentwicklung steht das Wachstum der primären Keimstränge. Sie integrieren die eingewanderten Urkeimzellen und dringen in das Mark der Keimdrüsenanlage vor (⊡ Abb. 8.125). Gleichzeitig lösen sie sich vom Zölomepithel ab. Zu den Tubuli des Urnierenganges hin bildet sich ein feines Netzwerk, aus dem später das Kanälchennetz des Rete testis entsteht. Unter dem Zölomepithel entsteht eine Schicht dichten fibrösen Bindegewebes, das zur Hodenkapsel, Tunica albuginea, wird. Im 4. Entwicklungsmonat wachsen die Hodenstränge zu Schlingen aus, deren freie Enden mit dem Netzwerk der Zellstränge des Rete testis in Verbindung treten. Diese bekommen Anschluss an die Ductuli efferentes, die aus Urnierenkanälchen hervorgehen (S. 551). In den Hodensträngen lassen sich nun bereits 2 Zellarten unterscheiden, aus den Urkeimzellen hervorgegangene primordiale Geschlechtszellen (Prospermatogonien) und aus dem Zölomepithel stammende randbildende Zellen, die bald zu Sertoli-Zellen werden. Lumina sind in den Hodensträngen noch nicht vorhanden. Sie entstehen erst postnatal. Erst dann spricht man von Tubuli seminiferi. Mesenchym. Auffallende Veränderungen macht auch das Mesenchym zwischen den Hodensträngen durch. Dort treten nämlich etwa in der 8. Embryonalwoche große Zellen mit stark gefaltetem Zellkern auf, die bald so stark zunehmen, dass sie zwischen dem 3. und 5. Entwicklungsmonat in der Hodenanlage dominieren. Es handelt sich um testosteronbildende Leydig-Zellen, deren Inkret die weitere Entwicklung des männlichen Genitale stark fördert. Diese 1. Leydig-Zellgeneration zeigt im 5. Entwicklungsmonat deutliche Rückbildungserscheinungen und stellt bald nach Geburt mit Wegfall des mütterlichen Choriongonadotropins
ihre Androgenproduktion ein. Die Zellen werden unscheinbar bindegewebig, sind aber durch Zufuhr von Gonadotropinen zu aktivieren. Zu Beginn der Pubertät entfalten sie sich dann wieder, um erneut Androgene zu bilden. Es handelt sich dann um die 2. Leydig-Zellgeneration. Descensus testis (⊡ Abb. 8.126, hierzu auch S. 230). Etwa gegen Ende des 2. Monats sind die Anlagen von Hoden bzw. Ovar in der Genitalleiste (S. 552) zusammen mit Resten der Urniere durch ein Mesenterium urogenitale mit der hinteren Leibeswand verbunden. Mit Rückbildung der Urnierenanlage werden aus diesen Mesenterien Keimdrüsenbänder. Der kaudale Teil des Keimdrüsenbandes des Hodens setzt sich in einen Bindegewebsstrang fort, der bis in den Skrotalwulst reicht und zum Gubernaculum testis wird. Das Gubernaculum testis ist das Leitband des Descensus testis ins Skrotum, der in der Regel bis zur Geburt abgeschlossen ist (S. 120). Tubuli seminiferi, Samenkanälchen. Die Tubuli seminiferi werden von Keimepithel ausgekleidet (⊡ Abb. 8.127). Es besteht aus Zellen der Spermatogenese: A und B Spermatogonien, Spermatozyten I. und II. Ordnung, Spermatiden, Spermatozoen und Sertoli Zellen. A und B Spermatogonien sind die Ausgangszellen der
Spermatogenese. Sie liegen der Basalmembran der Hodenkanälchen an und sind proliferationsfreudig. Die A Spermatogonien teilen sich mitotisch und differenziell. Sie sind die Stammzellen. Die B Spermatogonien mit exzentrisch gelegenen Zellkernen sind die weiter entwickelten Formen. Sie erfahren eine Volumenzunahme und treten in die Reifeteilung, Meiose, ein. Damit werden sie zu Spermatozyten I. Ordnung.
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
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⊡ Abb. 8.125. Schematische Darstellung der Entwicklung der männlichen und der weiblichen Gonade
Spermatozyten I. und II. Ordnung. Die Spermatozyten I. Ordnung durchlaufen alle Phasen der meiotischen Zellteilung. Dabei rücken sie von der Basalmembran ab. Durch eine lange Dauer der Prophase (22 Tage) sind im Keimepithel viele Spermatozyten I. Ordnung sichtbar. Sie sind die größten Zellen des Keimepithels. Die folgenden Phasen und die Zellteilung selbst verlaufen schnell. Dabei kommt es zu einer Halbierung des Chromosomensatzes, ohne dass sich der in der S-Phase auf 2 n erhöhte DNA-Bestand der einzelnen Chromosomen ändert. Der 1. Reifeteilung (zwischen Spermatozyten I. und II. Ordnung) folgt eine 2. Reifeteilung (zwischen Spermatozyten II. Ordnung und Spermatiden), die sehr schnell verläuft. Hierbei kommt es zu einer Trennung der Chromatiden. Da die 2. Reifeteilung keine S-Phase hat, mindert sich der DNA-Bestand der einzelnen Chromatiden (nun väterliche Chromosomen) auf 1 n. Das Er-
gebnis der beiden Reifeteilungen ist eine haploide Spermatide. Spermatiden. Die Spermatiden sind die kleinsten Zellen des Keimepithels und liegen lumennah. Sie unterliegen einer Zytodifferenzierung und Umwandlung zu Spermatozoen, Spermiohistogenese. Dabei entsteht als Charakteristikum des späteren Spermienkopfes das Akrosom. Akrosomen entsprechen Lysosomen und sind Abkömmlinge des Golgi-Apparates. Ferner verdichtet sich der Zellkern und die Zentriolen wandern an die der späteren Kopfspitze entgegengesetzten Seite. Dort wird der Spermienschwanz gebildet. Ein Teil des Zytoplasmas der Spermatiden wird abgeschnürt. Schließlich lösen sich die fertigen Spermien von den Sertoli-Zellen, Spermiation.
617 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
⊡ Abb. 8.126 a, b. Schema über die Wanderung und endgültige Position der paarigen Abdominalorgane. a Frühe Lage im Embryo. b Endgültige Lage beim Mann
ⓘ Infobox Die Dauer der Spermatogenese und Spermiohistogenese beträgt etwa 64 Tage. In dieser Zeit wandern die sich entwickelnden Keimzellen schraubenförmig von der Basis der Hodenkanälchen zum Tubuluslumen. Da Gruppen von Zellen der Spermiogenese durch Zytoplasmabrücken verbunden sind, sie bilden Keimzellklone, kommt eine schraubenförmige Architektur im Keimepithel zustande. Die Zytoplasmabrücken lösen sich erst während der Spermiation.
Sertoli-Zellen (⊡ Abb. 8.127 c). Die Sertoli-Zellen sind die
⊡ Abb. 8.127 a–c. Spermatogenese. a Histologischer Schnitt durch einen Tubulus seminifer. b Schematische Darstellung von 3 Tubuli seminiferi mit Gefäßen und Zwischenzellen. c Schema des Tubulusepithels
eigentlichen Wandzellen der Hodenkanälchen. Sie bilden eine zusammenhängende Schicht. Basal ruhen sie auf der Basalmembran der Hodenkanälchen, apikal erreichen sie in der Regel das Kanälchenlumen. Die Sertoli-Zellen fassen in lokal erweiterten Interzellularräumen die verschiedenen, langsam zum Lumen der Samenkanälchen vorrückenden Keimzellen bzw. Keimzellklone zwischen sich. Zwischen benachbarten Sertoli-Zellen bestehen oberhalb der Spermatogonien und der frühen Stadien der Spermatozyten I. Ordnung abdichtende Verbindungskomplexe. Dadurch wird der Interzellularraum zwischen Sertoli-Zellen in ein basales und ein adluminales Kompartiment gegliedert, das jedoch für Zellen der Spermiogenese schleusenartig durchlässig ist. Im Übrigen unterbinden die Verbindungskomplexe jedoch einen parazellulären Transport. Sie bilden die Blut-HodenSchranke. ⓘ Infobox Sertoli-Zellen versorgen die heranreifenden Keimzellen im adluminalen Kompartiment mit allen erforderlichen Stoffen. Außerdem synthetisieren sie zahlreiche spezifische Substan-
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
zen, u. a. Transportproteine, Hormone, Wachstumsfaktoren. Weiter sind sie zur Phagozytose befähigt, z. B.von abgeschnürtem Zytoplasma der Spermatide oder absterbenden Spermien. Schließlich sezernieren die Sertoli-Zellen eine Flüssigkeit, Spermplasma, die dem Transport der Spermatozoen aus den Tubuli seminiferi in den Nebenhoden dient.
Spermatozoen. Fertige Spermien sind etwa 60 mm lang und bestehen aus (⊡ Abb. 8.128) Kopf, Caput, Schwanz, Flagellum, Hals, Pars conjugens: – Mittelstück, Pars intermedia, – Hauptstück, Pars principalis und – Endstück, Pars terminalis.
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⊡ Abb. 8.128. Schema des Feinbaus menschlicher Samenzellen
Kopf. Der Kopf ist abgeplattet (4–5 mm lang, 2–3 mm dick), von der Seite keilförmig, in der Aufsicht oval (Tennisschlägerform). Er besteht fast vollständig aus dichter Kernsubstanz, die stellenweise hellere Bezirke (Kernvakuolen) aufweist. Die vorderen zwei Drittel des Kerns werden von der Kopfkappe, dem Akrosom, bedeckt. Das Akrosom beinhaltet zwischen 2 Membranen, die am Äquator des Kopfes ineinander übergehen, granuläres Material, das vom Golgi-Apparat gebildet wird, sowie zahlreiche Enzyme, u. a. die Protease Akrosin (S. 645). Schwanz, Cauda, Flagellum. Er setzt sich aus Hals, Mittel-, Haupt- und Endstück zusammen. Gemeinsam ist allen Abschnitten der zentral gelegene Achsenfaden (Axonema) aus Tubuli in typischer »9...2+2«-Anordnung
619 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
(S. 13). Die übrigen Bestandteile sind in den verschiedenen Schwanzabschnitten unterschiedlich. Hals. Im Hals (0,3 mm lang) sind Kopf und Schwanz beweglich miteinander verbunden. In einer Einbuchtung des Kerns befindet sich die Basalplatte und ein sog. »Gelenkkopf«, bei dem es sich um ein Gebilde aus elektronendichtem Material handelt (Streifenkörper). Es ist ein Abkömmling des distalen Zentriols. Von hier gehen nach distal 9 Außenfibrillen (Fibrae densae externae, Mantelfasern) aus, die bis ins Hauptstück reichen. Im Inneren des »Gelenkkopfes« liegt das proximale Zentriol der Samenzelle. Außerdem beginnt im Hals der Achsenfaden (Axonema, s. oben). Mittelstück (5 mm lang, 0,8 mm dick). Dem zentral gelegenen Axonema legen sich 9 dickere Außenfibrillen (s. oben) an. Um die Fibrillenstruktur herum sind Mitochondrien in Art einer Helix (10–14 Windungen) angeordnet. Am Übergang zum Hauptstück befindet sich der Schlussring, Anulus, der aus elektronendichtem Material besteht. Hauptstück (45 mm lang, 0,5 mm dick). Im Hauptstück enden in unterschiedlicher Höhe die Außenfibrillen. Charakteristisch für das Hauptstück ist die Ringfaserscheide. Hierbei handelt es sich um ringförmig verlaufende, untereinander verflochtene Fibrillen, die durch 2 längs verlaufende Seitenleisten miteinander verbunden sind. Endstück. Etwa 5–7 mm vor der Schwanzspitze endet die Ringfaserscheide. Die Mikrotubuli verlieren ihre regelrechte Anordnung. Kernsubstanz, Akrosom und alle anderen Anteile der Spermatozoen werden von der Zellmembran eng umschlossen. Interstitium, Leydig-Zellen-Kompartiment. Zwischen
den Tubuli seminiferi befinden sich lockeres Bindegewebe, mit Fibroblasten, undifferenzierten Bindegewebszellen, Mastzellen, Makrophagen und Nerven sowie peritubulär Blut- und (wenige) Lymphgefäße. Außerdem kommen vor peritubuläre Zellen und Leydig Zellen. Peritubuläre Zellen sind Myofibroblasten. Sie liegen in
5–7 Schichten der Basallamina der Hodenkanälchen an. Die Zellen sind kontraktil und tragen zum Transport der Spermatozoen bei. Außerdem sind sie Mediatorzellen für die Androgenwirkung auf die Spermiogenese (s. unten).
Leydig-Zellen befinden sich in den Maschen des intertu-
bulären Bindegewebes. Sie sind groß, liegen einzeln oder in Gruppen, in enger Nachbarschaft zu Gefäßen, gelegentlich in den inneren Lagen der Tunica albuginea und im Bindegewebe des Mediastinum testis. Leydig-Zellen zeigen alle Charakteristika steroidproduzierender Zellen. Zusätzlich kommen im Zytoplasma sog. Reinke-Kristalle vor. Leydig-Zellen bilden Androgene, besonders Testosteron, das sowohl parakrin als auch endokrin wirkt. Zur hormonalen Kontrolle der Spermatogenese Sie erfolgt lokal und überregional. Lokale Steuerung. Hierbei wirken zusammen: Leydig-Zellen. Sie synthetisieren Androgene (u. a. Testosteron), die parakrin auf die peritubulären Zellen, aber außerdem hämatogen ausgedehnt systemisch wirken. Unter anderem prägen sie das maskuline Soma. peritubuläre Zellen. Unter Testosteronwirkung produzieren sie den Faktor P-Mod-S, der die Sertoli-Zellen aktiviert, mehr androgenbindendes Protein (ABP) zu produzieren und entsprechend mehr Testosteron zu binden. Sertoli-Zellen bilden u. a.ABP, Transferrin, Inhibin,AntiMüller-Hormon (nur während der Entwicklung), Plasminogenaktivator. Ein Teil der von den Leydig-Zellen,den peritubulären Zellen und den Sertoli Zellen gebildeten Substanzen wirken autokrin und dienen der Selbstkontrolle der jeweiligen Zellart. Androgenbindendes Protein bindet Testosteron und transportiert es zu den Keimzellen und mit dem Spermplasma zu den ableitenden Samenwegen. Dort wird Testosteron in seine wirksame aktive Form, 5a-Dihydrotestosteron, umgewandelt. Transferrin ist ein Transportprotein für Eisenionen zu den Keimzellen im adluminalen Kompartiment. Inhibin unterdrückt einerseits Bildung und Freisetzung von Follitropin (FSH) in der Hypophyse, stimuliert aber andererseits die Testosteronsynthese in den Leydig-Zellen. Inhibin bewirkt also eine Rückkoppelung zwischen SertoliZellen und Leydig-Zellen. Der Plasminogenaktivator ist eine Protease, die mit einem Plasminogeninhibitor zusammenwirkt. Gemeinsam sorgen Plasminogenaktivator und -inhibitor für ein Gleichgewicht im Auf- und Abbau der Basallamina um die Hodenkanälchen. Dies sichert den Ablauf des intratestikulären Regelkreises. Überregionale Steuerung. Hierbei wirken Zentren im Hypothalamus (S. 729), in der Adenohypophyse (S. 735) und das intratestikuläre System zusammen: Lutropin (LH) der Hypophyse stimuliert die Testosteronbiosynthese in den Leydig-Zellen. Testosteron beeinflusst (bei Erhöhung im Blutspiegel) die Bildung und Freisetzung von Luliberin (synonym
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
GnRH) im Hypothalamus negativ – dadurch wird die Lutropinsekretion der Adenohypophyse gehemmt –, wirkt aber auch direkt hemmend auf die Lutropinsekretion. Follitropin (FSH), das auch unter dem Einfluss von Luliberin steht, wirkt auf die Sertoli-Zellen. Es stimuliert vor allem die frühen Stufen der Keimzellentwicklung. Inhibin als Produkt der Sertoli-Zellen hat eine negative Rückkoppelung auf das Hypothalamus-HypophysenSystem. Auf die Spermatogenese nehmen jedoch nicht nur endokrine Faktoren Einfluss, sondern auch Pharmaka, Drogen, psychisch bedingte nervöse Reaktionen, u. a. Besondere Bedeutung hat hierbei die Blut-Hoden-Schranke. Sie schützt Teile der Spermatogenese vor schädigenden Substanzen, für die sie inpermeabel sind, aber auch gleichzeitig den Organismus vor einer Autoimmunwirkung der Keimzellen.
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Leitungsbahnen. Die arterielle Versorgung des Hodens erfolgt durch die A. testicularis (S. 555). Sie entspringt aus
der Aorta abdominalis und verläuft nach Durchtritt
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durch den Leistenkanal stark geschlängelt im Samenstrang. Am Mediastinum testis treten in der Regel 2 größere Äste in den Hoden ein und verbreitern sich dort flächenhaft. Venen. Am Mediastinum testis vereinen sich Sammelve-
nen aus den Bindegewebssystemen des Hodens und bilden ein dichtes Anastomosennetz um die A. testicularis, den Plexus pampiniformis. Die Fortsetzung, V. testicularis, mündet rechts in die V. cava inferior, links in die V. renalis sinistra. Lymphgefäße. Die im Zwischengewebe des Hodens beginnenden Lymphgefäße führen die Lymphe über das Mediastinum am Samenstrang entlang zu den Nodi lymphatici lumbales in der Bauchhöhle. Nerven. Mit den Arterien kommen die Nerven aus dem Plexus coeliacus. Sie erreichen über den Plexus renalis mit der A. testicularis den Hoden.
In Kürze
Das Tubuluskompartiment der Hoden besteht aus stark gewundenen Tubuli seminiferi, die jeweils durch Septula testis zu Lobuli testis zusammengefasst sind. Durch das Rete testis im Mediastinum testis sind sie mit den Ductuli efferentes verbunden. Die Tubuli seminiferi werden von Sertoli-Zellen ausgekleidet, die alle Stadien der Spermiogenese und Spermiohistogenese zwischen sich fassen (Spermatogonien, Spermatozyten, Spermatiden). Freigesetzt werden fertige Spermatozoen. Die Sertoli-Zellen synthetisieren zahlreiche spezifische Substanzen. Der Interzellularraum zwischen den Sertolizellen gliedert sich in ein basales und adluminales Kompartiment. Die Grenze bildet die Blut-Hoden-Schranke. – Die wesentlichen Strukturen des Leydig-Zell-Kompartiments sind die peritubulären Zellen und die endokrinen Leydig-Zellen (Testosteronbildner). Die peritubulären Zellen bilden u. a. Mediatorsubstanzen zur Produktion von androgenbindendem Protein in den Sertoli-Zellen. Die Funktion des Hodens unterliegt lokalen und überregionalen Regelkreisen.
Ductuli efferentes, Epididymis, Ductus deferens, Glandula vesiculosa, Prostata Wichtig
Ductuli efferentes, Epididymis, Ductus deferens, Glandula vesiculosa und Prostata gehören zu den ableitenden Harnwegen. Sie produzieren die Samenflüssigkeit (mehr als 90 % des Spermas).
Urnierensystem hervorgegangen (S. 551, ⊡ Abb. 8.129). Residualstrukturen sind Appendix testis am oberen Pol des Hodens (Rest des Müller-Gangs), Appendix epididymidis und Paradidymis im Bereich des Nebenhodens (Urnierenrest). Die Prostata dagegen ist entodermaler Herkunft. Sie ist in der Pars pelvica des Sinus urogenitalis entstanden (⊡ Abb. 8.130). Ductuli efferentes verbinden das Rete testis mit dem Ne-
Zur Entwicklung Ductuli efferentes, Epididymis, Ductus deferens, Glandula vesiculosa sind mesodermaler Herkunft. Sie sind aus dem
benhodenkopf. Es handelt sich um 8–10 jeweils 10–12 cm lange Kanälchen mit gefaltetem Lumen. Auf der Kuppe der Falten kommen hochprismatische Zellen mit Kinozi-
621 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
⊡ Abb. 8.129. Schematische Darstellung der geschlechtsspezifischen Ausbildung von Wolff- und Müller-Gang
⊡ Abb. 8.130. Schematische Darstellung der Entwicklung der Drüsen in der Pars pelvica des Sinus urogenitalis beim Mann
lien vor, die zum Spermientransport beitragen (⊡ Abb. 8.131 a).Außerdem sind Zellen mit Mikrovilli vorhanden. In der Tiefe der Einfaltungen ist das Epithel niedrig. Das Epithel der Ductuli efferentes ist vor allem resorptiv, aber auch sekretorisch tätig. – Die Wand der Kanälchen hat eine schmale Schicht mit wenigen glatten Muskelzellen. Epididymis, Nebenhoden. Aus dem obersten Ductulus
efferens geht ein vielfach gewundener, 3–6 m langer, 200 mm breiter, von Bindegewebe umgebener Gang hervor, Ductus epididymidis, Nebenhodengang. Durch Aufknäuelung des Ductus epididymidis auf engem Raum kommt der Nebenhoden zustande.
Der Nebenhoden besteht aus einem dicken oberen Anteil, Caput epididymidis, einem schmalen langgezogenen Corpus epididymidis und der unten gelegenen Cauda epididymidis (⊡ Abb. 8.123). Der Nebenhodenkopf sitzt auf dem oberen Pol des Hodens, die übrigen Teile liegen dem Hoden dorsal an. Der Nebenhoden liegt außerhalb der Tunica albuginea des Hodens. Der Nebenhoden hat ein zweireihiges hochprismatisches Epithel mit Stereozilien (⊡ Abb. 8.131 b). Abschnittsweise treten Zellen mit sekretorischen Vakuolen auf. Die Sekrete bewirken eine Verfestigung der Membranstrukturen der Spermatozoen, die Bindung von Adhäsinen an die Spermienoberfläche und Ausbildung von Rezeptoren für Eierkennung und Bindung an die Zona pellucida und Eizellmembran. In anderen Abschnitten sind die Nebenhodenzellen reich an Lysosomen. Hier erfolgt Resorption und Phagozytose, z. B. von testikulärer Flüssigkeit und abgestorbenen Spermien. Zur Nebenhodenwand gehört ferner eine ringförmig angeordnete, kräftige glatte Muskulatur, die in peristaltischen Wellen den Transport von Spermatozoen bewirkt. Die Tätigkeit des Nebenhodens ist androgenabhängig. Sie beginnt erst im Laufe der Pubertät. ⓘ Infobox Die Spermatozoen verweilen 7–14 Tage (nach neuen Ergebnissen nur 3 Tage) im Nebenhoden bis sie anschließend im Nebenhodenschwanz und nebenhodennahen Teil des Ductus deferens bis zur Ejakulation gespeichert werden. Im Nebenhoden gewinnen die Spermatozoen ihre volle Befruchtungsfähigkeit.
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622
Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
⊡ Abb. 8.131 a–c. Schnitte a durch einen Ductulus efferens, b den Ductus epididymidis und c den Ductus deferens. Zu beachten ist die Anordnung der Muskulatur. Über den Abbildungen Vergrößerungsmaßstäbe
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Leitungsbahnen. Die arterielle Versorgung des Nebenhodens erfolgt durch einen Endast der A. testicularis und einen damit anastomosierenden Ast der A. ductus deferentis. Die abführenden Venen erreichen den Plexus pampiniformis. Lymphgefäßabflüsse und Nervenversorgung entsprechen denen des Hodens. Ductus deferens, Samenleiter (⊡ Abb. 8.123). Der Ductus
deferens ist 35–40 cm lang, 3–4 mm dick und sein Lumen hat einen Durchmesser 0,5–1 mm. Der Ductus deferens beginnt am unteren Ende des Nebenhodens, zieht dann aufsteigend an seiner medialen Seite entlang, zunächst gewunden, später gestreckt, und erreicht im Verbund des Samenstranges den Leistenkanal und anschließend den Bauchraum. Dort verläuft er unter dem Peritoneum an der Wand des kleinen Beckens und tritt von lateral an die Harnblase heran. Schließlich legt er sich dem Blasengrund – nun frei von Peritoneum – von dorsal her an (⊡ Abb. 8.132). An dieser Stelle findet sich eine Auftreibung, Ampulla ductus deferentis. Der Ductus deferens setzt sich in den Ductus ejaculatorius fort. Das Lumen des Ductus deferens wird von einem zweireihigen hochprismatischen Epithel ausgekleidet (⊡ Abb. 8.131 c).Es trägt im Anfangsteil Stereozilien.Ungedehnt bildet die Schleimhaut des Samenleiters Längsfalten, die bei Erweiterung des Lumens verstreichen. In der Ampulla ductus deferentis werden die Schleimhautfalten zahlreicher. In den Buchten dazwischen enthält das einschichtige prismatische Epithel zahlreiche Sekretgranula.
⊡ Abb. 8.132. Situs der männlichen Samenwege und der akzessorischen Geschlechtsdrüsen (Vesicula seminalis und Prostata) von dorsal
Die Tunica muscularis des Ductus deferens ist auffallend dick. Eine Minderung ist ein Zeichen eines Androgenmangels. Die glatte Muskulatur ist dreischichtig (⊡ Abb. 8.131 c). In Ruhelage verlaufen die Muskelzellen im inneren und äußeren Bereich mehr längs, in der mittleren Schicht mehr spiralförmig. Zur Entleerung der Samenspeicher laufen 3–4 Kontraktionen der Muskulatur über den Samenleiter hinweg. Der Ductus ejaculatorius, Spritzkanälchen, ist etwa 2 cm lang und durchsetzt die Prostata (⊡ Abb. 8.132). Seine Lichtung verengt sich dabei trichterförmig auf 0,2 mm.
623 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
In den Ductus ejaculatorius mündet die Glandula vesiculosa (s. unten). Der Ductus ejaculatorius selbst mündet in die Pars prostatica der Urethra. Die Öffnung befindet sich auf dem Samenhügel, Colliculus seminalis, beiderseits des Utriculus prostaticus (⊡ Abb. 8.133 a). Sie wird von Venengeflechten, elastischen Fasern und glatter Muskulatur nach Art eines Sphinkters umgeben. Die Muskelfasern, die von den dorsalen Längsmuskelbündeln der Urethra (S. 612) an den Ductus ejaculatorius herantreten, wirken beim Öffnen, die des M. vesicoprostaticus beim Verschluss mit und verhindern das Eindringen von Harn in die Samenwege. Leitungsbahnen. Die zuführende Arterie zum Ductus deferens und Ductus ejaculatorius ist die A. ductus deferentis, die als Ast aus der durchgängig gebliebenen
Strecke der A. umbilicalis oder aus der A. vesicalis superior oder inferior oder aus der A. iliaca interna entspringt. Der venöse Abfluss erfolgt über den Plexus pampiniformis und über den Plexus vesicoprostaticus. Die vegetativen Nervenäste stammen aus den Beckengeflechten mit überwiegend a-adrenergen und in geringem Maß cholinergen Rezeptoren an den Rezeptororganen. Glandula vesiculosa, Bläschendrüse (⊡ Abb. 8.132). Die 4–5 cm lange Bläschendrüse liegt lateral der Ampulla
ductus deferentis dem Blasenfundus an. Ihr Ausführungsgang, Ductus excretorius, liegt innerhalb der Prostata (s. oben; weitere Einzelheiten S. 549). Die Bläschendrüse besteht aus einem unregelmäßig gewundenen, etwa 5–12 cm langen, mit Schleimhaut ausgekleideten Gang. Dadurch entstehen Schleimhautfalten. Das Epithel ist einschichtig, gelegentlich zwei- oder mehrreihig. Es zeigt apokrine und ekkrine Sekretion. Die Wand der Bläschendrüse ist muskelzellreich. Muskelzellen fehlen jedoch in den Schleimhautfalten. Das Sekret der Bläschendrüsen macht etwa 60 % des Ejakulatvolumens aus, ist alkalisch und enthält u. a. viel Fruktose, Prostaglandine, Laktoferrin. Während der Ejakulation werden die Bläschendrüsen weitgehend entleert. Die Tätigkeit der Bläschendrüsen ist androgenabhängig. Die arterielle Versorgung erfolgt aus Ästen der A. vesicalis inferior sowie der A. ductus deferentis. Prostata, Vorsteherdrüse (⊡ Abb. 8.133). Die Prostata ist
eine etwa kastaniengroße tubuloalveoläre exokrine Drüse (sagittaler Durchmesser 2,5–3,7 cm, transversal 4,5–5,7 cm, longitudinal 2,8–4 cm). Sie liegt extraperitoneal und umgreift die Pars prostatica der Urethra. Ihre Basis berührt die Harnblase, mit ihrer Spitze ragt sie durch den Levatorspalt. Die abgeplattete Hinterfläche der Prostata ist dem Rektum zugewandt.Von dort ist sie tastbar (weitere Einzelheiten S. 549). Umgeben wird die
⊡ Abb. 8.133 a–c. Prostata. a Frontalschnitt. b Zonengliederung. c Transversalschnitt
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
Prostata von einer derben Kapsel, deren innere Schicht viele Muskelzellen enthält. Es lassen sich 3 Prostatazonen unterscheiden (⊡ Abb. 8.133 b, c): periurethrale Zone. Sie umgreift die Urethra und besteht aus Drüsen, die aus Divertikeln der Harnröhre hervorgegangen sind (Schleimhautdrüsen). Innenzone. Sie macht 25 % der Prostata aus und umschließt die Ductus ejaculatorii. Die Innenzone besteht aus verzweigten Drüsen. Ihr Stroma ist sehr dicht und enthält glatte Muskelzellen. Außenzone (75 % der Prostata). Sie besteht aus etwa 30–50 tubuloalveolären Drüsen, die in einen Drüsenkörper mit ausgedehnten elastischen Fasernetzen und glatten Muskelzellen eingebettet sind. Das Drüsenepithel ist je nach Funktionszustand wechselnd hochprismatisch, stellenweise mehrreihig. Gelegentlich kommen in den Drüsenlumina Prostatasteine vor, die aus eingedicktem Sekret bestehen. Während der Ejakulation kontrahiert sich die Muskulatur und entleert die Prostata durch 15–20 Ausführungsgänge, die seitlich vom Colliculus seminalis in die Urethra münden (⊡ Abb. 8.138 a). Das Sekret der Prostata hat ein pH von 6,4 und ist reich an Enzymen, vor allem an saurer Phosphatase. Außerdem enthält es viele andere Bestandteile, die u. a. die Bewegungsfähigkeit der Spermatozoen beeinflussen (z. B. Spermin, das auch den typischen Geruch des Ejakulates hervorruft) oder das Ejakulat verflüssigen (Proteasen). Das Prostatasekret macht etwa 30 % des Seminalplasmas aus.
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> Klinischer Hinweis Die periurethrale Zone und Innenzone der Prostata beginnen sich jenseits des 40. Lebensjahres zu vergrößern, benigne Prostatahyperplasie. Dadurch kann es zu Miktionsbeschwerden kommen. Prostatakarzinome entstehen meist in der Außenzone.
ⓘ Infobox Während der Ejakulation kommt es zur Vermischung der spermienhaltigen Nebenhodensekrete mit den Sekreten der akzessorischen Geschlechtsdrüsen. Dies führt zu einer Koagulation des Spermas, bei der große Mengen von Spermatozoen in ein Proteinnetz aus Spermafibrin eingeschlossen werden, das aus den Bläschendrüsen stammt. Nach wenigen Minuten beginnt unter Einwirkung des Prostatasekretes eine Verflüssigung. – Durch den Kontakt der Spermatozoen mit dem Seminalplasma wird die Spermatozoenoberfläche mit dem »Sperm-coatingAntigen« überzogen, das einen Faktor enthält, der den ejakulierten Spermatozoen ihre Befruchtungspotenz nimmt.Erst im weiblichen Genitaltrakt wird dieser Faktor wieder abgelöst und die Samenzelle erneut befruchtungsfähig (S. 644).
Leitungsbahnen. Die arterielle Gefäßversorgung der Prostata erfolgt durch Äste der A. vesicalis inferior und der A. rectalis media. Die Venen bilden einen Plexus prostaticus, der in en-
gem Zusammenhang mit dem Plexus venosus vesicalis steht. Es bestehen mehrere Verbindungen zu den Vv. iliacae internae. Die Lymphgefäße ziehen überwiegend zu den Lymphknoten an der Teilungsstelle der A. iliaca communis, außerdem bestehen Verbindungen zu den Lymphgefäßen des Rektums und zu den Nodi lymphatici sacrales. Die Nerven stammen aus dem Plexus prostaticus.
In Kürze
Die ableitenden Geschlechtswege (Ductuli efferentes, Nebenhoden, Samenleiter) und die Anhangsdrüsen (Glandula vesiculosa, Prostata) werden von sezernierendem Epithel ausgekleidet. Durch die Sekrete werden die Spermatozoen auf die Befruchtung vorbereitet. Die Muskulatur des Nebenhodens dient dem Transport der Spermien und Sekrete zum Nebenhodenschwanz, wo eine Speicherung erfolgt. Die Muskulatur des Ductus deferens, Ductus ejaculatorius und der Anhangsdrüsen wird bei der Ejakulation tätig. Äußere männliche Geschlechtsorgane Äußere männliche Geschlechtsorgane sind Scrotum, Hodensack und Penis, Glied.
Zur Entwicklung der äußeren männlichen Geschlechtsorgane Die äußeren Geschlechtsorgane gehen bei beiden Geschlechtern aus dem definitiven Sinus urogenitalis (S. 552) hervor.Im indifferenten Stadium (vor der 9. Entwicklungswoche) ist der Sinus urogenitalis von Urogenitalfalten umgeben, die sich an ihrer Spitze zum Genitalhöcker vereinen (⊡ Abb.
625 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
8.134). In den Genitalhöcker wächst aus dem Sinus urogenitalis als solider entodermaler Strang die Urethralplatte ein. Seitlich von den Genitalfalten entstehen Genitalwülste. Nach der 9. Entwicklungswoche wächst beim männlich determinierten Keim der Genitalhöcker zum Phallus aus
(⊡ Abb. 8.134). Dabei werden die Urogenitalfalten nach ventral ausgezogen. Ferner entsteht durch Einreißen der Urogenitalmembran und Vertiefung der Urogenitalplatte die Urogenitalrinne, die zwischen den beiden Genitalfalten liegt. Am Ende des 3. Embryonalmonats schließen sich
⊡ Abb. 8.134. Entwicklung des äußeren Genitale. Oben indifferentes Stadium (6. Entwicklungswoche). Darunter geschlechtsspezifische Stadien in der 10. Entwicklungswoche und im 4. Entwicklungsmonat
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
die Genitalfalten und es entsteht der Urethraanteil des Penis. Die Öffnung der Urethra befindet sich zunächst nicht auf der Spitze der Glans penis. Es sprosst aber von der Spitze des Penis ein Strang ektodermalen Gewebes in die Tiefe, der mit dem Urethralumen Kontakt aufnimmt. Später wird dieser Epithelstrang kanalisiert, sodass sich an der Spitze des Penis das definitive Ostium urethrae externum befindet. > Klinischer Hinweis Unterbleibt der Verschluss der Urogenitalrinne, öffnet sich die Urethra auf der Unterseite des Penis, Hypospadie. Öffnet sich durch Fehlanlage des Genitalhöckers die Urethra auf der Oberseite des Penis liegt eine Epispadie vor.
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Mit der Verschmelzung der Urogenitalfalten vereinigen sich unter Vergrößerung auch die Genitalwülste. Sie werden zum Skrotum, in das nach Vordrängen des Processus vaginalis peritonei durch Deszensus die Hoden einwandern. Dabei werden seine Leitungsbahnen und Teile der Bauchwand mitgezogen. Scrotum, Hodensack
Zwischen beiden Laminae befindet sich um die Vorderseite des Hodens ein kapillärer Spalt, Cavum serosum testis. Der Funiculus spermaticus, Samenstrang (⊡ Tabelle 8.8), entsteht durch die Zusammenlagerung von Ductus deferens, A. und V. testicularis, A. ductus deferentis, Plexus pampiniformis und vegetative Nerven. Er reicht vom inneren Leistenring bis zum Schwanz des Nebenhodens. Im Samenstrang ist der Ductus deferens aufgrund seiner festen Konsistenz gut tastbar. Leitungsbahnen. Versorgt wird die Skrotalhaut von
Ästen der A. pudenda interna,Vv. pudendae internae und N. pudendus. Die Lymphgefäße fließen zu den Nodi lymphatici inguinales superficiales ab. Penis
Wichtig
Wichtig
Der Hodensack umschließt die Hoden, Nebenhoden und Samenstränge. Sie werden von Hodenhüllen umgeben.
Wesentliche Bestandteile des Penis sind die Schwellkörper, Corpus cavernosum penis und Corpus spongiosum penis.
Das Skrotum ist durch das Septum scrotis, dem oberflächlich die Raphe scroti entspricht, in 2 Kammern geteilt. Hodenhüllen (⊡ Abb. 8.124, ⊡ Tabelle 8.8) sind die/der fettfreie Skrotalhaut mit Tunica dartos, eine Schicht glatter Muskulatur, Fascia spermatica externa, die sich aus der Fascia abdominis superficialis ableitet, M. cremaster, ein Abkömmling des M. obliquus internus abdominis und/oder des M. transversus abdominis, Fascia cremasterica, das Bindegewebe in oder auf dem M. cremaster und Fascia spermatica interna, die der Fascia transversalis entstammt und den Funiculus spermaticus umhüllt. Nur am Hoden und Nebenhoden befindet sich als Rest die ehemalige Peritonealaussackung (S. 234), die Tunica vaginalis testis (⊡ Abb. 8.124) mit Lamina parietalis, Periorchium und Lamina visceralis, Epiorchium.
Am Penis, Glied, sind zu unterscheiden (⊡ Abb. 8.123) Radix penis, Pars affixa und Corpus penis, das frei beweglich ist, Pars pendulans. Radix penis. Der Penis ist durch Bandzüge mit zahlreichen elastischen Fasern an der Bauchwand und an der Symphyse befestigt. Das Lig. fundiforme penis entspringt an der Bauchwandfaszie und der Linea alba. Es umschlingt mit seinen beiden Schenkeln das Corpus penis. Das Lig. suspensorium penis zieht vom Unterrand der Symphyse zum Dorsum penis (Fascia penis profunda). Corpus penis (⊡ Abb. 8.135). Das Corpus penis besteht aus dem Penisschaft und der Eichel, Glans penis. Abge-
setzt wird die Eichel vom Schaft durch eine ringförmige Furche, Collum glandis, dem ein vorspringender Rand, Corona glandis, folgt. Umhüllt wird der Penis von einer dünnen, fettfreien, gut verschieblichen Haut, die am Collum glandis eine Reservefalte, Preputium penis, Vorhaut, bildet. Die Vorhaut umschließt die Eichel weitgehend, verstreicht jedoch bei der Erektion und gibt die Glans penis frei. Ein zu starkes
627 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
⊡ Tabelle 8.8. Funiculus spermaticus, Samenstrang und Hodenhülle Ductus deferens (Samenleiter)
Setzt den Ductus epididymidis fort, mündet als Ductus ejaculatorius in die Pars prostatica der Urethra; 45–60 cm lang Tastbefund: Der Ductus deferens ist so dick wie eine Kugelschreibermine und sehr hart (glatte Muskulatur)
A. ductus deferentis
Kommt aus dem durchgängig gebliebenen Abschnitt der A. umbilicalis (Regelfall) oder aus einer der Aa. vesicales oder aus der A. iliaca interna. Ein Zweig begleitet den Ductus deferens durch den Leistenkanal; ein anderer zieht zur Vesicula seminalis
V. ductus deferentis
Entspricht der gleichnamigen Arterie
M. cremaster
Abspaltung aus dem M. obliquus internus abdominis und M. transversus abdominis; der Muskel wird innerviert vom R. genitalis des N. genitofemoralis
Fascia cremasterica
Muskelfaszie auf und im M. cremaster
A. cremasterica (bei Frauen A. ligamenti teretis uteri)
Stammt aus der A. epigastrica inferior
V. cremasterica
Entspricht der gleichnamigen Arterie
A. testicularis
Kommt aus der Pars abdominalis aortae; Anastomosen mit der A. cremasterica und A. ductus deferentis
Plexus pampiniformis, V. testicularis
Venengeflecht im Samenstrang und Hoden; Abfluss durch die V. testicularis rechts in die V. cava inferior, links in die V. renalis, Anastomosen mit der V. ductus deferentis und V. cremasterica
Vasa lymphatica
Abfluss in die Nodi lymphatici iliaci interni
Vestigium processus vaginalis (inkonstant)
Reste eines im Bereich des Funiculus spermaticus unvollständig verödeten Processus vaginalis peritonei
Plexus deferentialis
Nervengeflecht des autonomen Nervensystems um den Ductus deferens
Plexus testicularis
Autonome Fasern um die A. testicularis aus dem Plexus aorticus abdominalis für Hoden und Nebenhoden
Fascia spermatica externa
Fortsetzung der Fascia abdominis superficialis und der Aponeurose des M. obliquus externus abdominis
Fascia spermatica interna
Entsteht aus der Fascia transversalis
N. ilioinguinalis
Legt sich im Leistenkanal an den Samenstrang; am äußeren Leistenring liegt er anterolateral am Funiculus spermaticus; seine Äste (Nn. scrotales anteriores bzw. Nn. labiales anteriores) versorgen die vordere Skrotalhaut bzw. die Labia majora, den Mons pubis und einen Teil der Oberschenkelhaut
R. genitalis des N. genitofemoralis
Zieht durch den Anulus inguinalis profundus, liegt medial am Samenstrang, läuft durch den Anulus inguinalis superficialis und innerviert motorisch den M. cremaster, sensibel die Skrotalhaut bzw. Labia majora
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
V. dorsalis prof. penis (subfascialis) V. dorsalis superf. penis
Der Schwellkörper selbst besteht aus Blutkavernen, die mit Endothel ausgekleidet und von einem dicken Muskelmantel umgeben sind. Sie füllen sich bei der Erektion (s. unten). In der Umgebung finden sich elastische Netze, Bindegewebe und Geflechte glatter Muskelzellen. Corpus spongiosum penis. Es ist ein gesonderter unpaa-
Septum penis
⊡ Abb. 8.135. Schematische Darstellung eines Schnitts durch den Penisschaft
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Zurückweichen der Vorhaut wird durch das vom inneren Blatt gebildete Vorhautbändchen, Frenulum preputii, verhindert. Am Frenulum befinden sich Talgdrüsen. Ihr Sekret vermischt sich mit dem Detritus aus abgeschilferten Zellen des mehrschichtigen Plattenepithels der Glans penis und Bakterien und bildet das Smegma preputii. Unter dem subkutanen Bindegewebe des Penisschaftes befindet sich eine zarte Faszie mit glatten Muskelzellen, Fascia penis superficialis. Haut und oberflächliche Faszie können sich der wechselnden Größe des Penis anpassen. Der oberflächlichen Faszie folgt die tiefere, derbe Fascia penis profunda, die die Schwellkörper gemeinsam umfasst. Schwellkörper (⊡ Abb. 8.122, 8.135) sind Corpus cavernosum penis und Corpus spongiosum penis. Corpus cavernosum penis. Es liegt in der Radix und im Corpus penis und wird von einer gemeinsamen derben Hülle, Tunica albuginea corporum cavernosorum, umhüllt. Das Corpus cavernosum penis ist durch eine kammförmige, mediane Scheidewand, Septum penis, die distal unvollständig ist, in 2 Teile geteilt (⊡ Abb. 8.135). Nach proximal setzt sich das Corpus cavernosum penis in die Crura penis, Schwellkörperschenkel, fort (⊡ Abb. 8.122), die auf jeder Seite an der Knochenhaut der unteren Schambeinäste angeheftet sind. Umfasst werden die Crura penis von den Mm. ischiocavernosi (S. 310).
rer Schwellkörper, der die Harn-Samen-Röhre umhüllt und dem Corpus cavernosum penis von unten anliegt. Das Corpus spongiosum penis wird von einer eigenen Tunica albuginea corporis spongiosi umhüllt. Proximal ist das Corpus spongiosum penis aufgetrieben, Bulbus penis, an den Faszien des Beckenbodens (S. 310) befestigt und auf beiden Seiten vom M. bulbospongiosus umgeben (S. 310). Distal setzt sich der Schwellkörper in die Eichel fort, wo er über das zugespitzte Ende des Corpus cavernosum penis gestülpt ist. Das Corpus cavernosum penis besteht aus unregelmäßig erweiterten venösen Gefäßabschnitten, die anastomosieren. Ihr Abfluss wird auch während der Erektion nicht gedrosselt, sodass der Harnröhrenschwellkörper kompressibel bleibt und sich nicht sehr versteift. Damit bleibt die Passage durch die Harn-Samen-Röhre offen. Blutgefäße des Penis. Sie ermöglichen die Erektion. Arterien. Sie sind Äste der A. pudenda interna, die im
Spatium perinei superficiale abgegeben werden (S. 556): A. profunda penis. Sie durchbricht an der Innenseite der Crura penis die Tunica albuginea corporum cavernosorum und verläuft dann in den Corpora cavernosa penis zur Penisspitze (⊡ Abb. 8.135). Ihre Äste sind gewundene Aa. helicinae, die in die Kaverne am Corpus cavernosum münden. A. dorsalis penis. Sie verläuft unter der Fascia penis profunda zur Glans penis. Äste von ihr gelangen ins Corpus cavernosum, wo sie mit der A. profunda penis anastomosieren. A. bulbi penis zum Bulbus penis, A. urethralis zum Bulbus penis und Corpus spongiosum sowie zu dem im Penis gelegenen Teil der Urethra (Anastomose mit der A. dorsalis penis). Venen. Der venöse Abfluss aus dem Penis erfolgt durch Vv. profundae penis aus den Wurzeln der Corpora cavernosa und des Corpus spongiosum zur V. dorsalis profunda penis, V. bulbi penis aus dem Bulbus penis zur V. dorsalis profunda penis,
629 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
V. dorsalis profunda penis unter der Fascia profunda penis aus der Glans penis. Sie wird dann zum Sammelgefäß. Hauptabfluss zum Plexus venosus prostaticus. Zweige zur V. pudenda interna, Vv. dorsales superficiales penis aus der Penishaut. Sie verläuft epifaszial (außerhalb der Fascia penis profunda). Abfluss zur V. saphena magna oder zur V. femoralis. Erektion. Sie beginnt nach sexueller Erregung, ausgelöst
durch taktile genitale Reizung oder psychogen über zentrale Zentren. Vermittelnd wirken dann ein parasympathisches Erektionszentrum im Sakralmark (S2–S4) bzw. sympathische Fasern der thorakolumbalen Rückenmarksegmente T11–L2. Bei den Afferenzen zum Erektionszentrum handelt es sich um sensorische Fasern des N. dorsalis penis und in Fortsetzung im N. pudendus. Die efferenten Fasern verlaufen mit den Nn. pelvici splanchnici (Nn. erigentes) zum Plexus hypogastricus inferior und erreichen dann die Gefäße im Penis. Die sympathischen Fasern verlaufen über den Grenzstrang zum N. hypogastricus und dann gleichfalls zum Plexus hypogastricus inferior. Die Erektion selbst kommt durch Weiterstellung der zuführenden Penisgefäße und eine Vermehrung der Blutfüllung in den Kavernen der Schwellkörper bei Relaxation der glatten Muskulatur zustande. Bewirkt wird die Relaxation durch Freisetzung von NO (Stickstoffmonoxid) aus den Endothelzellen unter Einfluss von vasointestinalem Polypeptid als Transmitter aus den Nervenendigungen. Die mit Blut gefüllten Kavernen pressen sich gegen die feste Tunica albuginea der Schwellkörper und kom-
>
primieren dabei die mit Klappen versehenen abführenden Venen, sodass sich der Blutabfluss stark vermindert. Dadurch versteift sich der Penis. Zum Abschwellen des Gliedes werden die Vorgänge rückgängig gemacht. Der Tonus der Gefäßmuskulatur nimmt wieder zu und der Blutzufluss vermindert sich. Schließlich entleeren sich die Kavernen. Zur Ejakulation kommt es durch Erregung der sympathischen Efferenzen aus dem unteren Thorakalmark mit folgender Kontraktion der glatten Muskulatur in den ableitenden Samenwegen einschließlich der Anhangsdrüsen (Orgasmus). Die Afferenzen gehen von den zahlreichen Rezeptoren des Penis aus: viele freie Nervenendigungen, Meißner-Körperchen (S. 161), Vater-Pacini-Körperchen (S. 161) und speziellen Genitalnervenkörperchen. ⓘ Infobox Vor der Ejakulation werden einige Tropfen einer wasserklaren, alkalischen und mäßig viskösen Flüssigkeit abgesondert, die fadenziehend ist und aus den Urethraldrüsen (Littré-Drüsen) und den Bulbourethraldrüsen (Cowper-Drüsen) stammt. In enger zeitlicher Koordination folgen die Entleerung der Samenspeicher im Nebenhodenschwanz (Samenemission) mit Samentransport, eine Blasenhalskontraktion (Verhinderung des Samenrückflusses in die Harnblase) und – sobald das Ejakulat in die Pars prostatica urethrae gelangt ist – die antigrade Ejakulation durch klonische Kontraktionen der Beckenbodenmuskulatur und der quer gestreiften Mm. ischiocavernosi und bulbocavernosi. Das Ejakulat selbst ist milchig-trübe, opaleszent, von weißlich-gelblicher Farbe. Es besitzt einen charakteristischen kastanienartigen Geruch. Die Durchschnittsmenge beträgt 2–5 ml. 1 ml Ejakulat enthält 60–120 Mio. Spermien.
In Kürze
Das Corpus cavernosum penis ist der Träger der Erektion. Es füllt den Penisschaft und läuft proximal in die Crura penis aus. Umfasst wird der Schwellkörper von einer festen Tunica albuginea, die bei Blutfüllung der arteriellen Schwellkörperkavernen der Drucksteigerung standhält. Der Blutzufluss erfolgt durch die A. profunda penis. – Das Corpus spongiosum penis umschließt die Urethra. Es besteht aus erweiterten venösen Gefäßabschnitten und bleibt auch bei Erektion komprimierbar. Proximal ist das Corpus spongiosum penis zum Bulbus penis aufgetrieben. Distal füllt es die Glans penis. – Erektion und Ejakulation erfolgen reflektorisch. Zur Ejakulation kommt es durch klonische Kontraktionen der Beckenbodenmuskulatur.
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
Weibliche Geschlechtsorgane Wichtig
Alle inneren weiblichen Geschlechtsorgane unterliegen in der geschlechtsreifen Zeit der Frau zyklischen Veränderungen.
Innere weibliche Geschlechtsorgane sind (⊡ Abb. 8.64 b, 8.136)
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Ovar, Eierstock, Tuba uterina, Eileiter, Uterus, Gebärmutter und Vagina, Scheide.
Das Ovar lässt eine Rindenschicht, Cortex ovarii, und eine Markzone, Medulla ovarii, unterscheiden. Sie bestehen aus dichtem spinozellulärem Bindegewebe, Stroma ovarii, mit Myofibroblasten. Eingelagert sind Ovarialfollikel mit Eizellen in allen Stadien sowie die postovulatorischen Strukturen (s. unten). Sie liegen vor allem in den Rindenbezirken. Eingelagert sind ferner lipidreiche, androgenbildende interstitielle Drüsenzellen, die sich von zugrundegegangenen Follikeln ableiten (s. unten). Die Oberfläche des Ovars bildet eine Tunica albuginea aus dichtem Bindegewebe, das von Peritonealepithel bedeckt ist. Zur Entwicklung des Ovars (⊡ Abb. 8.125)
Die Grenze zu den äußeren weiblichen Geschlechtsorganen ist durch das Jungfernhäutchen, Hymen, markiert, das die Vagina vom Scheidenvorhof, Vestibulum vaginae, trennt.
Ovar Wichtig
Im Ovar der geschlechtsreifen Frau sind alle Stadien der Follikulogenese und Follikelrückbildung gleichzeitig anzutreffen.
Das Ovar, Eierstock, ist bei der fortpflanzungsfähigen Frau ein plattovaler Körper. Es hat eine durchschnittliche Größe von 4 × 2 × 1 cm und wiegt 7–14 g. Das Ovar ist mit einer eigenen Bauchfellduplikatur, Mesovarium, an der Dorsalseite des Lig. latum uteri befestigt. Von dieser Seite her gelangen alle Leitungsbahnen zum Hilum ovarii. Weitere Ausführungen über die Peritonealverhältnisse am Ovar finden Sie auf S. 550.
Mit dem Einwandern der weiblich determinierten Urkeimzellen in die Gonadenanlage (S. 552, 6. Entwicklungswoche) werden ihre primären Keimstränge in unregelmäßige Zellhaufen unterteilt, die Gruppen von Urkeimzellen enthalten. Die Zellhaufen befinden sich hauptsächlich im Markanteil der Gonadenanlage. Sie gehen weitgehend zugrunde und werden durch gefäßhaltiges bindegewebiges Stroma ersetzt, Medulla ovarii. Gelegentlich können Reste eines ursprünglich angelegten Rete ovarii überbleiben. Unabhängig davon proliferiert das Zölomepithel über der weiblichen Gonadenanlage weiter und bildet gemeinsam mit eingewanderten Urkeimzellen (S. 552) eine 2. Generation von Keimsträngen, sekundäre Keimstränge, Rindenstränge. Diese bleiben in der Nähe der Organoberfläche, zerfallen aber in Zellhaufen. Sie werden als Eiballen bezeichnet. Aus nicht zum Aufbau der Gonaden verwendeten Anteilen der Genitalleiste entstehen das Lig. suspensorium ovarii, Lig. ovarii proprium, Lig. teres uteri. Ferner wandert das Ovar aus seiner primären Lage in seine definitive Lage ins kleine Becken.
⊡ Abb. 8.136. Peritonealverhältnisse und Gefäßversorgung von Ovar,Tuben und Uterus. Ansicht von dorsal
631 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
> Klinischer Hinweis Aus Resten von Zölomepithel können Ovarialzysten aber auch maligne Tumoren entstehen.
Im Ovar wirken zusammen Eizellen, Ovarialfollikel und Stroma ovarii. Sie bilden eine untrennbare Einheit. Führend sind die Follikel. Sie umschließen die Eizellen, bereiten sie auf die Befruchtung vor und bewirken, dass bei der geschlechtsreifen Frau pro Zyklus jeweils (nur) eine Eizelle freigesetzt wird. Danach bilden sie sich zurück. Die Follikulogenese beginnt pränatal und erfolgt bis zur Menopause (letzte Regelblutung). Urkeimzellen, die in die Genitalleiste eingewandert sind (6. Entwicklungswoche), vermehren sich stark. Sie teilen sich durch Mitose. Die jeweils neu entstandenen Zellen werden als Oogonien bezeichnet. Im 6. Entwicklungsmonat finden sich im Ovar etwa 7 Mio. Oogonien.
Eine Neubildung von Geschlechtszellen erfolgt dann nicht mehr. Überlappend mit der Oogonienbildung beginnen bereits im 3. Entwicklungsmonat (ab der 12. Woche) Oogoniengruppen, zunächst in den tieferen Schichten der Ovarialanlage, unter dem Einfluss eines mitose-induzierenden Faktors (MIF) in die 1. Reifeteilung der Meiose einzutreten. Die Zellen in diesem Zustand werden als primäre Oozyten bezeichnet. Zu dieser Zeit hört die Einwanderung von Urgeschlechtszellen in die Gonadenanlage auf. Im 5. Entwicklungsmonat (ab 20. Woche) beginnen sich primäre Oozyten mit einem flachen Epithel zu umgeben, das als Follikelepithel bezeichnet wird. Die Einheit aus Oozyt und Follikelepithel ist der Primordialfollikel (⊡ Abb. 8.137). Das mesenchymale Gewebe um die Primordialfollikel herum wird später zum spinozellulären Bindegewebe des Ovars. Die Follikelepithelzellen exprimieren einen OozytenMeiose-Inhibitor (OMI), der die Meiose der Oozyten nach der S-Phase im Stadium der homologen Chromosomen-
⊡ Abb. 8.137. Schemata zur Follikelbildung, zum Follikelsprung und zur Follikelatresie. Schraffiert sind die verschiedenen einander entsprechenden Gewebsanteile des Follikels
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
paarung (Diktiotän) arretiert (1. meiotischer Arrest). In diesem Zustand verweilen die Oozyten bis kurz vor der Ovulation. Erst dann vollenden die primären Oozyten ihre 1. Reifeteilung. Nach dem 6. bis 7. Entwicklungsmonat (24.–28. Woche) werden in der Ovarialanlage nur noch Primordialfollikel angetroffen. Die nicht vom Follikelepithel umschlossenen Oozyten gehen zugrunde. Aber auch Primärfollikel unterliegen einer Atresie, sodass der Bestand an Primordialfollikeln zur Zeit der Geburt etwa 1 Million beträgt. Die Primordialfollikel entwickeln sich weiter. Nacheinander entstehen (⊡ Abb. 8.137) Primärfollikel, Sekundärfollikel und Tertiärfollikel.
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Es folgt die Ovulation. In der anschließenden Rückbildungsphase gehen aus dem Follikel hervor Corpus rubrum, Corpus luteum und Corpus albicans. Das Heranwachsen der Follikel erfolgt auf breiter Front jedoch nicht gleichmäßig. Einer sehr langsamen postnatalen und präpubertären Entwicklungsperiode folgt die zyklische Phase, in der in kurzen rhythmischen Abständen jeweils ein sprungbereiter Follikel entsteht, den eine befruchtungsfähige Eizelle verlässt. > Klinischer Hinweis Zur Vorbereitung auf eine In-vitro-Fertilisation wird durch Gaben von Gonadotropinen erreicht, dass mehrere sprungbereite Follikel entstehen und mehrere befruchtungsfähige Eizellen gewonnen werden können.
Die Follikelreifung selbst erfolgt gruppenweise dadurch, dass aus einem Pool jeweils Follikelkohorten in eine folgende Phase überführt werden. Dadurch sind in jedem Ovar jeweils Follikel in allen Stadien anzutreffen. Unter den zur Weiterführung anstehenden bzw. weitergeführten Follikeln erfolgt eine Selektion; alle Follikel, die nicht das folgende Stadium erreichen, gehen zugrunde. Dies betrifft auch jetzt wieder besonders die Primordialfollikel, von denen bis zum Abschluss der Pubertät nur noch etwa 50 000 vorhanden sind. Die letzten Primordialfollikel gehen allerdings erst nach der Menopause zugrunde. Das Endstadium der Follikelreifung erreichen jedoch
während des Lebens der Frau nur 400–500 der ursprünglichen Follikel, die die entsprechende Anzahl von Eizellen freisetzen. Die Umwandlung von Primordialfollikeln in Primärfollikel beginnt bereits pränatal, ist aber ein lebenslanger
Vorgang. Bestimmend wirken lokale Faktoren, u. a. vasointestinales Polypeptid. Unter dem Einfluss mütterlicher Gonadotropine entstehen aber auch schon pränatal Sekundärfollikel. Sie gehen jedoch nach der Geburt durch den Wegfall der Hormonstimulation wieder zugrunde. Primärfollikel haben sich gegenüber den Primordialfollikeln vergrößert (Durchmesser jetzt 50 mm). Die zugehörigen Eizellen haben einen Durchmesser von etwa 20 mm. Das Follikelepithel ist einschichtig kubisch bis hochprismatisch und wird dann mehrschichtig. Es setzt sich durch einen Spaltraum von der Oozyte ab, in die sich eine amorphe Substanz einlagert. Sekundärfollikel gehen kontinuierlich aus dem Pool der Primärfollikel hervor. Dies erfolgt wie alle weiteren Follikelentwicklungen im Zusammenwirken von lokalen und überregionale Regelkreisen (s. unten). In nennenswertem Umfang beginnen diese Vorgänge erst präpubertär.Von dieser Zeit an liegen Sekundärfollikel in verschiedenen Entwicklungsstadien vor, bis sie schließlich Durchmesser von etwa 400 mm (Oozyten bis zu 80 mm) bei 8 Follikelepithelschichten erreichen. Um die Oozyte entsteht als homogene Schicht die Zona pellucida. Durchbrochen wird die Zona pellucida von Fortsätzen des Follikelepithels, die an die Oberfläche der Oozyten herantreten und dem Substanzaustausch dienen, u. a. von OMI. Die Follikelepithelzellen selbst werden nun wegen ihrer Granulierung als Granulosazellen bezeichnet. Vermutlich durch Signale aus der Umgebung bilden sich in den Granulosazellen Rezeptoren für das hypophysäre FSH (follikelstimulierendes Hormon), das die Proliferation der Granulosazellen fördert und den Enzymkomplex (Aromatasekomplex) zur Östrogensynthese aus Androgenen induziert. Androgene stammen aus der Theca folliculi, einer Schicht modifizierter Stromazellen, die in der Umgebung der Sekundärfollikel entstanden ist. Ferner beginnt sich in erweiterten Interzellularräumen eine als Liquor folliculi bezeichnete Flüssigkeit zu bilden. Ihre Zellen exprimieren Rezeptoren für hypophysäres LH (luteinisierendes Hormon), das die Induktion von androgensynthetisierenden Ezymen bewirkt. Viele der ursprünglich vorhandenen Primär- und Sekundärfollikel geht in allen Stadien der Follikulogenese zugrunde. Es verbleiben lediglich Reste der Zona pellucida.
633 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
Tertiärfollikel, Bläschenfollikel, durchlaufen ihrerseits frühe, mittlere und spätere Phasen. Ihre Entwicklung ist zyklisch. In die frühe Phase treten unter Einfluss von hypophysärem FSH jeweils 6–8 Sekundärfollikel ein (Follikelrekrutierung). Es beginnt sich durch Zusammentreten von Interzellularspalten eine Follikelhöhle mit Liquor folliculi, Antrum folliculi, zu entwickeln. Es wird von der antralen Phase der Follikulogenese gesprochen. Kleine Tertiärfollikel haben einen Durchmesser von 1 mm. Mit der Vergrößerung der Follikelhöhle wird das Follikelepithel randständig. An der Stelle, an der sich die Eizelle befindet, entsteht ein Zellhügel, Cumulus oophorus. Die Granulosazellen in unmittelbarer Umgebung der Eizelle bilden die Corona radiata. Etwa am 7. Tag nach Beginn der Follikelrekrutierung hat einer der Follikel unter dem Einfluss von LH durch vermehrte Androgensynthese und gesteigerte Östrogensekretion die Vorhand bekommen, dominanter Follikel. Bei seiner weiteren Vergrößerung lösen sich die Verbindungen zwischen Granulosazellen und Oozyt, sodass die Meioseinhibition entfällt.Nun wird die 1.Reifeteilung vollendet. Es entsteht eine große sekundäre Oozyte (Durchmesser auf 110 mm ansteigend) und als 2. Zelle ein kleines erstes Polkörperchen.Die sekundäre Oozyte tritt sogleich in die Metaphase der 2.meiotischen Teilung ein.Sie ist kurz vor der Ovulation erreicht. Dann erfolgt ein erneuter, 2. meiotischer Arrest. In diesem Zustand ist die Oozyte befruchtungsfähig und kann als Ovum bezeichnet werden. In den Eizellen selbst treten zahlreiche Golgi-Komplexe auf und unter der Zellmembran entstehen Rindengranula mit dichtem Material, das im Fall des Eindringens eines Spermiums, Imprägnation, nach außen abgegeben wird (S. 645, ⊡ Abb. 8.144). Dieses Stadium ist am 12. Tag nach Beginn der Rekrutierung erreicht. Es liegt nun ein präovulatorischer, sprungreifer Follikel, Graaf-Follikel vor (Durchmesser 2–2,5 cm). Die anderen zur Entwicklung angetretenen Tertiärfollikel gehen zugrunde. In der Umgebung des Tertiärfollikels gliedert sich die Theca folliculi in eine Theca interna mit endokrinen Zellen in epitheloider Anordnung und eine Theca externa aus Myofibroblasten. Von den zugrunde gegangenen Tertiärfollikeln verbleiben lediglich Theca-interna-Zellen als interstitielle Zellen. Ovulation, Follikelsprung, bedeutet Ruptur eines sprung-
bereiten Follikels mit Freigabe des Ovum einschließlich
umgebender Zellen des Cumulus oophorus, der sich kurz zuvor von der Follikelwand gelöst hat. Die Ruptur erfolgt an einer Stelle, an der die Follikelwand verdünnt wurde und sich durch ein diskontinuierlich gewordenes Oberflächenepithel des Ovars vorgewölbt hat, als Stigma bezeichnet. Ausgelöst wird die Ovulation durch eine plötzlich vermehrte Ausschüttung der gonadotropen Hormone der Hypophyse (s. unten). Ovum und Corona radiata werden von den Fimbrien des Eileiters aufgefangen und es kann zur Befruchtung kommen. Corpus rubrum, Corpus luteum, Corpus albicans. Nach der Ovulation entsteht im Inneren der Follikelhöhle durch eine Blutung an der Rissstelle des Follikels ein Thrombus.Aus dem Tertiärfollikel ist ein Corpus rubrum geworden (⊡ Abb. 8.137). Gleichzeitig schwellen die Zellen der Theca interna an und lagern Lipide ein. Die Luteinisierung der Thekazellen, jetzt als Thekaluteinzellen bezeichnet, ist 6–8 h nach dem Follikelsprung vollendet. Parallel dazu erfolgt unter dem Einfluss hypophysären LHs die Umwandlung der Granulosazellen in Granulosaluteinzellen. Sie produzieren neben Östrogenen Gestagene, besonders Progesteron. Die Granulosaluteinzellen vermehren sich stark, werden größer und bilden Falten, in die strangförmig Theklaluteinzellen hineinragen. Durch die Einlagerung gelblich gefärbter Lipide in die Granulosaluteinzellen bekommt das Gebilde eine gelbliche Farbe, deswegen Corpus luteum. Sofern keine Befruchtung erfolgt ist, bildet sich der Gelbkörper zurück – bewirkt durch den Verfall der Uterusschleimhaut – und hinterlässt nach 4–6 Wochen eine weißliche bindegewebige Narbe, Corpus albicans. Der Gelbkörper, der sich nach der Menstruation zurückbildet, wird als Corpus luteum menstruationis bezeichnet. Tritt jedoch eine Schwangerschaft ein, entwickelt sich der Gelbkörper zum Corpus luteum graviditatis weiter und erreicht einen Durchmesser von bis zu 3 cm. In dieser Größe bleibt er unter dem Einfluss des von der Plazenta gebildeten Choriongonadotropins 6 Monate erhalten, dann wird er kleiner, ohne während der Schwangerschaft vollständig zu verschwinden. Zur hormonalen Kontrolle der Follikulogenese und des Corpus luteum Es wirken zusammen endokrine Zellen im Hypothalamus, gonadotrope Zellen in der Adenohypophyse,
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
Granulosa- und Thekazellen der Follikel und Granulosa- und Thekaluteinzellen des Corpus luteum. Der Hypothalamus ist das übergeordnete Zentrum. Hier wird in verstreuten Neuronen das Hormon Gonadoliberin (GnRH, ⊡ Tabelle 10.2) gebildet und pulsatorisch im Minutenabstand freigesetzt. Es stimuliert die Synthese gonadotroper Hormone in der Adenohypophyse. Die Hormonfreisetzung im Hypothalamus wird jedoch rückkoppelnd von der Konzentration der Ovarialhormone im Blut gesteuert. Sie ist umso größer, je höher die Östrogenkonzentration im Blut ist. Außerdem beeinflussen übergeordnete zerebrale Zentren das Geschehen. In der Adenohypophyse wird in basophilen gonadotropen Zellen Follitropin (FSH = »follicle stimulatory hormone«) und Lutropin (LH = »luteinizing hormone«) gebildet und sezerniert. LH bindet an Rezeptoren in den Thekazellen, FSH an Rezeptoren in den Granulosazellen. FSH bewirkt das Anreifen von Follikeln. Als weiteres hypophysäres Hormon kommt Prolaktin hinzu, das zyklische Veränderungen in der Brustdrüse hervorruft. Pubertät. Sie beginnt mit einer stetig zunehmenden Produktion und Freisetzung von Gonadotropinen, nachdem die pulsative Ausschüttung von GnRH im Hypothalamus in Gang gekommen ist. Im Ovar setzt gleichzeitig die allmähliche Weiterführung der Follikulogenese ein, sodass Sekundärfollikel und erste Stadien von Tertiärfollikeln entstehen. Die Pubertät dauert 3 bis 6 Jahre, etwa ab dem 8. bis 10. Lebensjahr. Granulosa- und Thekazellen der Ovarialfollikel. In den Theca-interna-Zellen werden Androgene gebildet, die in den Granulosazellen enzymatisch (Aromatasekomplex) in Östrogene transformiert werden. LH verstärkt die Androgenbildung in den Thekazellen, FSH fördert die Expression von Umwandlungsenzymen in den Granulosazellen und aktiviert die Östrogenrezeptoren, wirkt also steigernd auf die Östrogenbildung und -ausschüttung. Östrogene selbst fördern das Follikelwachstum. Darüber hinaus nehmen sie auf die Schleimhäute von Tube, Uterus und Vagina Einfluss und haben breite systemische Wirkung einschließlich der Rückkoppelung auf Hypothalmus und Hypophyse. Zwischen Theka- und Granulosazellen bestehen außerdem vermittels verschiedener Zytokine intraovarielle Regelkreise. Das Zytokin Aktivin hemmt die Androgensekretion, Inhibin aktiviert sie und steigert damit die Östrogenbildung. Außerdem wirkt Inhibin hemmend auf die Freisetzung von Gonadotropin in der Adenohypophyse. Dadurch unterbindet es in der antralen Phase der Follikulogenese die Reifung weiterer Follikel. Diese Hemmung wird jedoch überwunden, wenn mit fortschreitender Follikelreifung die Östrogen- und damit die GnRH-Ausschüttung steigt. Dann kommt es zu einem plötzlich starken Anstieg der gonadotropen Hypophy-
senhormone (⊡ Abb. 8.138). Dabei werden bei hohen FSHWerten auch in den Granulosazellen LH-Rezeptoren gebildet, unter deren Einfluss die Vorbereitung zur Ovulation erfolgt. Die Ovulation selbst ist die Folge von Spitzenwerten besonders von LH, in geringerem Maß von FSH. Eine Ovulationshemmung ist durch Hemmung der GnRH- und Gonadotropinausschüttung möglich (»Pille«). Granulosa- und Thekaluteinzellen des Corpus luteum
bilden Progesteron, das rückkoppelnd über den Hypothalamus die Gonadotropinbildung in der Hypophyse hemmt. Progesteron bereitet das Endometrium des Uterus auf die Aufnahme der Blastozyste vor und dient außerdem der Erhaltung der Schwangerschaft. Tritt keine Schwangerschaft ein, verfällt der Gelbkörper und löst durch Absinken der Östrogen- und Gestagenausschüttung die Regelblutung, Menstruation aus.
⊡ Abb. 8.138. Verlauf der Hormonsekretion während des Zyklus (Tag 0 ist der Tag des Follikelsprungs). In zeitlichem Zusammenhang sind dargestellt: Hormonsekretion der Hypophyse, morphologische Veränderungen im Ovar, Sekretion der Ovarialhormone und Verhalten der Basaltemperatur
635 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
> Klinischer Hinweis Progesteron bewirkt eine Erhöhung der basalen Körpertemperatur. Daher kommt es nach der Ovulation durch Erhöhung des Progesteronspiegels zu einem Anstieg der Körpertemperatur, Basaltemperatur, um 0,5–1,5 ° (⊡ Abb. 8.138). Sie bleibt bis zum Beginn der folgenden Menstruation in etwa 14 Tagen erhöht (Lutealphase).
Leitungsbahnen. Die A. ovarica entspringt aus der Aorta und erreicht das Hilum ovarii vermittels des Lig. suspensorium ovarii. Sie bildet mit dem R. ovaricus der A. uterina eine Anastomose.
>
Die Venen sammeln sich zur V. ovarica, die rechts in die V. cava inferior und links in die V. renalis sinistra mündet. Die Lymphgefäße ziehen zu den Nodi lymphatici lumbales. Nerven. Sympathische und parasympathische Nerven stammen aus dem Plexus mesentericus superior und Plexus renalis, sowie aus dem Plexus rectalis. Sie gelangen mit den Gefäßen bis in die Rinde des Ovars.
In Kürze
Oogonien sind durch Mitose aus Urgeschlechtszellen hervorgegangen. Bevor sie von Follikelepithelzellen umgeben werden, treten sie in die Prophase der 1. Reifeteilung ein, nun als Oozyten bezeichnet. Die Follikelepithelzellen unterbinden durch Inhibitoren die Fortführung der Meiose. Es liegen nun Primordialfollikel vor, deren Bestand sich bis zur Pubertät auf 50 000 mindert. Lokale Faktoren bewirken jeweils die Umwandlung von Primordialfollikeln in Primärfollikel.Vor allem hypophysäre Hormone lassen Sekundärfollikel entstehen. Die Follikulogenese erfolgt jeweils gruppenweise. Nur ein Teil der Follikel erreicht das nächste Stadium. Im Follikelepithel werden Östrogene gebildet, deren Vorstufe Androgene sind, die aus der Theca interna stammen. Präpubertär, später zyklisch, kommt es zur Bildung von Tertiärfollikelkohorten, unter denen einer dominant wird. Kennzeichnend für Tertiärfollikel ist die Ausbildung eines Antrum folliculi. Präovulatorisch wird die 1. Reifeteilung vollendet, ein Polkörperchen abgesondert und die 2. Reifeteilung begonnen. Bei der Ovulation wird die Oozyte mit umgebenden Zellen des Cumulus oophorus freigesetzt.
Tuba uterina, Eileiter Wichtig
Die Tuba uterina ist Befruchtungsort für die Eizelle und Transportweg zum Uterus.
Die Tuba uterina, auch Salpinx (⊡ Abb. 8.136), ist ein
10–18 cm langer muskulöser Schlauch mit einer freien Öffnung zur Bauchhöhle.Das Lumen der Tube ist stets mit Sekret gefüllt, sodass kein Hohlraum besteht. Hervorgegangen ist die Tuba uterina aus dem Müller-Gang (s. unten). Der Eileiter verläuft am kranialen Rand einer vom Uterus aufgeworfenen Peritonealduplikatur, der Mesosalpinx, die sich kaudal in das Lig. latum uteri fortsetzt. Weitere Einzelheiten über die Peritonealverhältnisse finden Sie auf S. 550. Abschnitte der Tuba uterina sind Pars uterina tubae, eingebettet in die obere Ecke des Uterus. Sie ist die engste Stelle der Tube, Durchmesser 0,1–1 mm.
Isthmus tubae uterinae, Lumendurchmesser 2–3 mm, Ampulla tubae uterinae, zwei Drittel der Eileiterlänge, Lumendurchmesser 4–10 mm, Infundibulum tubae uterinae, das trichterförmige distale Eileiterende mit fransenförmigen beweglichen Fortsätzen, Fimbriae tubae. Eine besonders lange Fimbrie, Fimbria ovarica, erreicht das Ovar. Durch die Fimbrien wird bei der Ovulation das Ei mit Cumulus oophorus in die Tube geleitet, wo eine evtl. Befruchtung stattfindet. Die Wand der Tuba uterina hat 3 Schichten (⊡ Abb. 8.139) Tunica mucosa, Tunica muscularis und Tunica serosa. Die Tunica mucosa bildet deutliche Längsfalten, die in der Ampulla tubae uterinae am höchsten sind. Ihr Epithel ist einschichtig iso- bis hochprismatisch und besteht aus
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
nehmen zum Uterus hin kontinuierlich an Zahl ab. In der Zyklusmitte ist das Epithel am höchsten und die Sekretion am stärksten. Der Sekretfluss ist uteruswärts gerichtet. Tunica muscularis. Sie ist mehrschichtig, jedoch besteht eine geschlossene Schicht nur unter der Tunica mucosa. Am kräftigsten ist die innere Schicht am Isthmus, wo sie in sich geschichtet ist. Kontraktionen der Muskulatur nehmen Einfluss auf den Eitransport. Tunica serosa. Sie besteht aus Peritonealepithel. ⊡ Abb. 8.139. Schnitt durch die Tuba uterina
> Klinischer Hinweis Bei Veränderungen im Wandbau der Tuba uterina kann es zur Einnistung des Embryos in die Tubenschleimhaut kommen, Tubargravidität.
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Leitungsbahnen (⊡ Abb. 8.136). Die arterielle Gefäßversorgung erfolgt durch den R. tubarius der A. uterina. Das
⊡ Abb. 8.140. Ausschnitt aus der Schleimhaut der Tube
kinozilientragenden Flimmerzellen und sezernierenden Zellen (⊡ Abb. 8.140). Hinzu kommen Stiftchenzellen, vermutlich erschöpfte sekretorische Zellen. Flimmerzellen kommen hauptsächlich im Infundibulum vor und
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Infundibulum wird aus der A. ovarica versorgt. Venen und Lymphgefäße. Die ableitenden Venen münden in den venösen Plexus des Uterus. Die Lymphgefäße ziehen zu den aortalen Lymphknoten und zu Nodi lymphatici iliaci interni. Nerven. Sympathische und parasympathische Nervenfasern kommen aus dem Plexus hypogastricus inferior.
In Kürze
Das distale Ende der Tuba uterina berührt mit beweglichen Fimbrien die Oberfläche des Ovars. Durch sie wird bei der Ovulation das Ei zur evtl. Befruchtung ins Lumen der Tube geleitet. Das Epithel der Tube besteht aus Flimmerzellen mit Kinozilien und sezernierenden Zellen, die zyklischen Veränderungen unterliegen. Der Sekretfluss in der Tuba uterina ist uteruswärts gerichtet.
Uterus, Gebärmutter Wichtig
Der Uterus ist während der Schwangerschaft Fruchthalter und unter der Geburt Austreibungsorgan.
Der Uterus (⊡ Abb. 8.141) ist ein 7–8 cm langes, von vorn
nach hinten abgeplattetes muskuläres Organ birnenförmiger Gestalt. Die oberen zwei Drittel werden als Körper, Corpus uteri, abgeschlossen durch den Fundus uteri, das untere Drittel als Gebärmutterhals, Cervix uteri (unteres Uterinsegment), bezeichnet. Zwischen Corpus uteri und
Cervix uteri befindet sich der Isthmus uteri (etwa 0,5–1 cm breit). Ein Teil der Cervix uteri ragt in die Vagina hinein, Portio vaginalis, der andere Teil liegt oberhalb der Vagina, Portio supravaginalis. Die Längsachse des Uterus bildet mit der Längsachse der Vagina einen nach vorne offenen stumpfen Winkel, Anteversio uteri. Das Korpus ist gegen die Zervix ebenfalls nach vorne abgeknickt, Anteflexio uteri. Dadurch legt sich der Uterus auf die Blase (⊡ Abb. 8.64 b). Varianten sind eine Retroflexio uteri, die Kreuzschmerzen hervorrufen kann, sowie Dextro- und Sinistroposition.
637 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
⊡ Abb. 8.141 a–c. Uterus. a Uterus mit seinen verschiedenen Abschnitten. Linke Hälfte die rote Linie bezeichnet die Gebiete im Cavum uteri, die zyklischen Veränderungen unterliegen. Rechte Hälfte Peritonealverhältnisse: I Peritoneum nicht abtrennbar; II Peritoneum mit dem Messer abtrennbar; III zurückschiebbar; IV kein Peritonealüberzug. b Schnitt durch den Uterus mit seinen Schichten. Der Uterus befindet sich in Anteflexio-Anteversiostellung. c Sagittalschnitt durch die Plica lata, rot schraffiert die Haltebänder an der Cervix uteri
Die Wand des Corpus uteri umschließt den dreieckigen Spalt der Cavitas uteri. In die beiden seitlichen oberen Zipfel münden die Tuben. Die Fortsetzung der Cavitas uteri ist ein spindelförmiger Kanal, der am inneren Muttermund als Canalis isthmi beginnt. Im Bereich der Cervix uteri wird er als Canalis cervicis uteri bezeichnet. Dort weist die Schleimhaut palmenblattartige Falten, Plicae palmatae, auf. Der Canalis cervicis mündet am äußeren Muttermund, Ostium uteri, im Bereich der Portio vaginalis cervicis in die Vagina. Die vordere Begrenzung des äußeren Muttermundes ist das Labium anterius, die hintere das Labium posterius. Die Gesamtlänge von Cavum uteri, Canalis isthmi und Canalis cervicis beträgt 6–7 cm. Überkleidet ist der Uterus ventral und dorsal von Peritoneum (= Perimetrium), und liegt damit in der Peritonealfalte des Lig. latum uteri. Weitere Einzelheiten zu den Peritonealverhältnissen am Uterus finden Sie auf S. 549. Zur Entwicklung des Uterus Der Uterus entwickelt sich wie die Tube aus den MüllerGängen (S. 551). Möglich ist dies, weil beim weiblich determinierten Keim Androgene und Anti-Müller-Hormon fehlen. Andererseits wird die Differenzierung des WolffGanges unterdrückt. Es verbleiben davon lediglich Residualstrukturen: Epoophoron neben dem Ovar und Appendix vesiculosa nahe dem Fimbrienende der Tuba uterina. Im Lig. latum bleibt als Rest vom kaudalen Urnierenkanälchen das Paroophoron.
Aus dem trichterförmigen Beginn der Müller-Gänge gehen die Fimbrien der Pars ampullaris der Tube hervor. Der folgende Abschnitt der Müller-Gänge liegt im ersten Teil lateral des Wolff-Ganges, der folgende ist nach medial gerichtet und überkreuzt den Wolff-Gang ventral. Beide Abschnitte werden muskelstark und zu den Tubae uterinae. Der dann folgende Abschnitt der Müller-Gänge beider Seiten verschmilzt mit dem der Gegenseite. Hieraus gehen Corpus und Cervix uteri hervor. Das umgebende Mesenchym bildet das Lig. latum. Das Ende der vereinigten Müller-Gänge tritt zum Sinus urogenitalis in Beziehung.
Am Uterus lassen sich folgende Wandschichten unterscheiden: Myometrium, Tunica muscularis. Das Myometrium ist am Fundus uteri und im oberen Korpusabschnitt dicker als in der Cervix uteri. Endometrium, Tunica mucosa, Schleimhaut. Sie unterliegt im Corpus uteri zyklischen Veränderungen, die jeweils der Vorbereitung auf die Nidation einer Blastozyste nach einer Befruchtung dienen (S. 95). Das Myometrium besteht aus glatter Muskulatur, die in
mehreren Schichten angeordnet ist. Die Faserzüge verlaufen im Corpus uteri außen und innen hauptsächlich longitudinal, in der am stärksten ausgebildeten und besonders gefäßreichen Zwischenschicht, Stratum vasculare, in allen Richtungen. Im Isthmus nimmt die Muskula-
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
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⊡ Abb. 8.142 a–e. Zyklische Veränderungen der Uterusschleimhaut. Tag 0 ist der Tag des Follikelsprungs. Einzelheiten im Text. d1+2 Stratum functionale mit; d1 Stratum compactum; d2 Stratum spongiosum; d3 Stratum basale; d4 Myometrium
tur ab, die Zervixwand besteht vor allem aus kollagenen und elastischen Fasern. Zur Kontraktion der Uterusmuskulatur kommt es bei der Menstruation, evtl. von krampfartigen Schmerzen begleitet, bei der sexuellen Erregung (Orgasmus) und unter der Geburt (Wehen). > Klinischer Hinweis Bereits zu Beginn einer Schwangerschaft kommt es in Isthmus und Cervix uteri zu einer geringen Kollagenolyse. Dadurch fühlt sich dieser sonst so harte Uterusabschnitt weicher an, Hegar-Schwangerschaftszeichen. Kurz vor der Geburt erfolgt eine weitere Auflockerung.
Das Endometrium im Corpus uteri besteht aus einschichtigem hochprismatischem Oberflächenepithel, tubulösen Drüsen, Glandulae uterinae, und einem als Stroma uteri bezeichneten spinozellulären Bindegewebe mit progesteronempfindlichen interstitiellen Zellen.
Das Endometrium gliedert sich in Stratum functionale (kurz: Funktionalis), das Zyklusveränderungen unterliegt und in der Desquamationsphase abgestoßen wird und Stratum basale (kurz: Basalis), von dem die Schleimhautregeneration nach der Menstruation ausgeht (⊡ Abb. 8.142). > Klinischer Hinweis Endometrium kann ektopisch gebildet werden, Endometriose, sowohl im Genitalbereich als auch extragenital.
Folgende Zyklusphasen sind zu unterscheiden (⊡ Abb. 8.142): Proliferationsphase, etwa vom 5.–14. Tag des Zyklus, Sekretionsphase, etwa vom 15.–28. Tag des Zyklus, ischämische Phase, einige Stunden und Desquamationsphase, etwa vom 1.–4. Tag des Zyklus.
639 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
> Klinischer Hinweis Zwar dauert der Zyklus im Durchschnitt 28 Tage, jedoch sind erhebliche Schwankungen möglich. 24 bis 31 Tage gelten noch als physiologisch. Zyklusstörungen können hormonell, aber auch entzündlich oder durch Tumoren bedingt sein. Es kann u. a. zu Veränderungen im Regeltempo, d. h. in den Regelabständen, im Regeltypus (verstärkt, vermindert, verkürzt, verlangsamt) sowie zu azyklischen Dauerblutungen oder zu Zusatzblutungen kommen.
In der Proliferationsphase (⊡ Abb. 8.142 a, b) wird unter dem Einfluss von Östradiol das durch die vorangegangene Menstruation verlorengegangene Stratum functionale wieder aufgebaut. Zunächst geht aus dem Epithel der Drüsenreste im Stratum basale neues Oberflächenepithel hervor. Dann beginnt die Proliferation des Bindegewebes. Gefäße sprossen ein. Gleichzeitig wachsen Drüsen aus und strecken sich in die Länge. Da in dieser Zeit im Ovar die Follikel heranwachsen, wird für die Uterusschleimhaut von Follikelphase gesprochen. Die Sekretionsphase (⊡ Abb. 8.142 c, d) beginnt nach dem Follikelsprung. Sie steht unter dem Einfluss von Progesteron und Östrogenen aus dem Corpus luteum und wird deswegen als Lutealphase bezeichnet. In dieser Phase wird die Schleimhaut 5–8 mm dick. Als Früheffekt kommt es in den Epithelzellen basal vom Zellkern und in den Stromazellen des Endometriums zu Glykogeneinlagerungen. Ferner vermehren sich die Zellen im basalen Teil des Stratum functionale und unterteilen es in ein Stratum compactum und ein zellärmeres Stratum spongiosum. Ein weiterer Effekt des Progesterons ist ein starkes Wachstum der Drüsenschläuche, die sich schlängeln und zu sezernieren beginnen. Im histologischen Schnitt zeigen sie eine »Sägeblattstruktur«. In den Epithelzellen liegt das Glykogen jetzt apikal. Mit fortschreitender Reifung der Schleimhaut vergrößern sich einige Stromazellen und lagern Proteine, Lipide und vermehrt Glykogen ein. Sie werden als Prädeziduazellen bezeichnet. Kommt es zu einer Implantation, wandeln sie sich in Deziduazellen um (S. 96). Schließlich verlaufen in der späten Sekretionsphase die Arterien der Uterusschleimhaut in Spiralen, Spiralarterien. > Klinischer Hinweis Durch Blockierung von Progesteronrezeptoren im Endometrium kann die sekretorische Tätigkeit der Uterusschleimhaut unterbunden und damit die Nidation eines Embryos verhindert werden (»Pille danach«, Mifepriston).
Ischämische Phase (⊡ Abb. 8.142 e). Geht die Eizelle zu-
grunde, bildet sich das Corpus luteum zurück. Durch Versiegen der Progesteron- und Östradiolsekretion kommt es zu einer »Hormonentzugsblutung«. Eingeleitet wird die Ischämiephase durch parakrine Wirkung von Endothelin, einem hochaktiven Vasokonstriktor des Uterusepithels. Dies führt u. a. zu Spasmen der Spiralarterien an der Grenze zwischen Zona basalis und functionalis und damit zu einer Minderdurchblutung, Ischämie, der Zona functionalis. Die Schleimhaut schrumpft und geht oberhalb der Drosselungsstelle der Gefäße zugrunde. Desquamationsphase. Durch Blutung aus rupturierten Gefäßen werden die nekrotischen Bezirke der Zona functionalis abgehoben und gelangen samt Blut ins Uteruslumen.Von dort werden sie ausgeschwemmt. Das Blut ist durch Enzyme aus dem Zelldetritus ungerinnbar. Der durchschnittliche Blutverlust bei einer Menstruation beträgt etwa 50 ml. > Klinischer Hinweis Unter Kürettage wird Gewinnung bzw. Entfernung von Gewebe der Innenfläche eines Hohlorgans verstanden. Eine Uteruskürettage, Ausschabung, wird für Diagnosezwecke oder therapeutisch, z. B. nach einem Abort durchgeführt.
ⓘ Infobox Die erste Regelblutung ist die Menarche. Meist ist sie anovulatorisch, gesteuert von gonadotropen Partialfunktionen. Bald folgen aber Ovulationen und damit die generativen zyklischen Ovarialfunktionen. Sie hält bis in die 1. oder 2. Hälfte des 5. Lebensjahrszehntes an. Die letzte zyklische Regelblutung ist die Menopause. Kurz zuvor wird der Blutungsablauf bereits unregelmäßig, Prämenopause, und danach dominieren die Ausfallerscheinungen, Postmenopause. Es folgt das Senium mit einer Atrophie der hormonabhängigen Geschlechtsorgane.
Cervix uteri. Die Zervixschleimhaut nimmt nur in be-
schränktem Umfang an den zyklischen Veränderungen teil und wird nicht abgestoßen. Das Epithel der Cervix uteri ist hochprismatisch und setzt sich auf den äußeren Muttermund fort. Dort setzt es sich scharf, auch makroskopisch sichtbar, vom mehrschichtigen unverhornten Plattenepithel der Vagina ab. An dieser Grenzzone finden laufend Regenerationsprozesse statt, weil das Drüsenepithel der Zervix den Umgebungsbedingungen der Scheide nicht gewachsen ist (Transformationszone). – Die Glandulae cervicales uteri sind stark verzweigt und sezernieren einen hochviskösen Schleim, der jedoch in der Zyklusmitte dünnflüssig und leichter von Spermien
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
durchwandert werden kann als die zähe Schleimformation in der übrigen Zeit. > Klinischer Hinweis Im Bereich der Transformationszone der Portio uteri kommt es häufig zu Läsionen und Veränderungen, die zu Neoplasmen, Zervixkarzinom, führen können.
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Leitungsbahnen. Die arterielle Versorgung des Uterus erfolgt durch die A. uterina (aus der A. iliaca interna). Sie tritt in Höhe der Zervix an die Seitenwand des Uterus heran (⊡ Abb. 8.141). Der nach oben führende Hauptast ist stark geschlängelt. Im Bereich des Fundus anastomosiert er mit dem der Gegenseite.Äste der A. uterina sind – R. ovaricus, der eine Anastomose mit der A. ovarica aus der Aorta abdominalis bildet, – R. tubarius für die Tuba uterina und – Rr. vaginales zur Vagina.
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Venen. Der venöse Abfluss erfolgt über die sehr ausge-
prägten Plexus venosus uterinus und Plexus venosus vaginalis zu den Vv. iliacae internae. Die Mitte des Uterus ist weitgehend gefäßfrei, sodass bei operativen Eingriffen am Uterus hier mit nur geringen Blutungen zu rechnen ist. Lymphgefäße der Cervix uteri ziehen entlang der A. ilia-
ca interna zu den Nodi lymphatici iliaci interni und Nodi lymphatici sacrales. Die Lymphe des Corpus uteri gelangt direkt in die Nodi lymphatici lumbales. Vermittels des Lig. teres uteri wird eine Verbindung mit den Nodi lymphatici inguinales superficiales hergestellt. Nerven. Die vegetative Innervation erfolgt über den Ple-
xus uterovaginalis (Frankenhäuser-Plexus) zwischen Cervix uteri und Scheidengewölbe. Die parasympathischen Fasern stammen aus S3 und S4.
In Kürze
Funktionsträger des Uterus ist das Corpus uteri. Hier ist die Wandmuskulatur kräftig und die Schleimhaut unterliegt bei der ngeschlechtsreifen Frau zyklischen Veränderungen. Es folgen Proliferationsphase vom 5.–14. Tag, Sekretionsphase vom 15.–28. Tag, ischämische Phase wenige Stunden, Desquamationsphase vom 1.–4. Tag des Zyklus aufeinander. Nach der ischämischen Phase kommt es zur Menstruation. Permanent erhalten bleibt auch während des Zyklus das Stratum basale der Schleimhaut. Die Veränderungen spielen sich im Stratum functionale ab. Am auffälligsten ist der Auf- und Abbau umfangreicher tubulöser Drüsen. – Isthmus und Cervix uteri nehmen kaum am Zyklus teil. In ihrer Wand überwiegen kollagene und elastische Fasern. Mit der Portio vaginalis ragt der Uterus in die Vagina. Hier befindet sich der äußere Muttermund.
Vagina, Scheide Wichtig
Die Vagina ist erheblich erweiterungsfähig. Ihr Plattenepithel unterliegt hormonellen Zyklusschwankungen.
Die Vagina (⊡ Abb. 8.64 b, 8.136) ist ein 6–8 cm langes, etwa 2–3 cm breites muskulär-bindegewebiges Hohlorgan, das bei der Kohabitation erweitert wird und sich als Teil des Geburtskanals dem Umfang des kindlichen Kopfes anpassen kann. Vorder- und Hinterwand liegen normalerweise aufeinander. Der Abschnitt unterhalb des Levatorspaltes ist verhältnismäßig eng. Ihre größte Weite hat die Vagina im Bereich der Portio vaginalis cervicis, die der Hinterwand anliegt. Das Scheidengewölbe, Fornix va-
ginae, ragt über die Einmündung der Cervix uteri ins
Becken. Es erreicht die Excavatio rectouterina, DouglasRaum, hat also direkten Kontakt mit dem Peritoneum. Vom Fornix vaginae aus kann das Cavum peritoneale leicht punktiert werden, z. B. um Eizellen für die In-vitroFertilisation zu gewinnen. Einzelheiten zu den Peritonealverhältnissen sowie den Nachbarbeziehungen der Vagina und ihres Parakolpiums finden Sie auf S. 550. Zur Entwicklung der Vagina Sie ist noch Gegenstand der Diskussion. Gegenwärtig überwiegt die Vorstellung, dass die Wände der Vagina auf die Endabschnitte der Müller-Gänge zurückgehen, das Epithel, das das Lumen der Vagina auskleidet, jedoch aus dem Sinus urogenitalis stammt.
641 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
Die Wand der Vagina hat nur wenige glatte Muskelfaserbündel, weist aber ein enges Maschenwerk elastischer Fasern sowie scherengitterartig angeordnete kollagene Fasern auf. Dadurch ist sie passiv dehnbar, z. B. während der Geburt.Sowohl an der Vorder- als auch an der Hinterwand ist die Innenseite der Vagina zu Columnae rugarum aufgeworfen, die mit Venengeflechten unterpolstert sind. Querfalten sind Rugae vaginales.In Verlängerung der Columna rugarum anterior wölbt die Harnröhre die Carina urethralis vaginae vor. Ausgekleidet ist die Vagina mit mehrschichtigem nichtverhorntem Plattenepithel, das auch die Portio vaginalis bis zum scharf abgesetzten Rand der Zervixschleimhaut bedeckt. Das Stratum basale besteht aus kubischen bis zylindrischen Zellen, den Basalzellen. Die folgenden Schichten sind das Stratum spinosum profundum, ihre Zellen werden als Parabasalzellen bezeichnet, das Stratum spinosum superficiale mit kleinen Intermediärzellen, und das Stratum superficiale mit großen Intermediärzellen und oberflächlichen Superfizialzellen. Drüsen fehlen in der Vaginalwand. Die Vagina wird aber durch Transudation aus den Gefäßen feucht gehalten. Bedingt durch eine Bakterienflora besteht ein saueres Milieu (pH 4,0). ⓘ Infobox
Basalzellen fehlen. Parabasalzellen überwiegen in Abstrichen bei Kindern und Frauen nach der Menopause. Große Intermediärzellen herrschen bei der geschlechtsreifen Frau mit Ausnahme der präovulatorischen Phase vor. Die Zellen haben einen bläschenförmigen Kern. Ihr Zytoplasma erscheint bei der Färbung nach Papanicolaou blau. Außerdem weisen alle Intermediärzellen Glykogeneinlagerungen auf. Dadurch werden sie im Vaginallumen von Laktobakterien zersetzt. Superfizialzellen beherrschen den Abstrich um die Zeit der Ovulation. Charakteristisch ist ihr pyknotischer Kern. Bei hohem Östrogenspiegel ist ihr Zytoplasma eosinophil.
Leitungsbahnen (⊡ Abb. 8.136). Die arterielle Gefäßversorgung erfolgt durch den R. vaginalis aus der A. uterina
sowie durch Rr. vaginales aus der A. pudenda interna und der A. vesicalis inferior. Venen und Lymphgefäße. Die Venen bilden den Plexus venosus vaginalis, der in enger Verbindung mit dem Plexus venosus vesicalis steht. Der Abfluss erfolgt zu den Vv. iliacae internae. Die Lymphabflüsse gehen zu den Nodi lymphatici iliaci interni. Nerven. Die nervöse Versorgung erfolgt über den Plexus uterovaginalis.
Die Zellen der verschiedenen Schichten der Vagina treten im Vaginalabstrich in den Zyklusphasen in unterschiedlicher Häufigkeit auf.
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In Kürze
Durch elastische Fasernetze und scherengitterartig angeordnete kollagene Fasern bei nur wenig glatter Muskulatur ist die Vaginalwand erheblich dehnbar. Das Epithel zur Auskleidung der Vagina lässt Basalzellen, Intermediärzellen und Superfizialzellen unterscheiden, die je nach Zykluszeitpunkt in unterschiedlicher Kombination im Vaginalausstrich nachweisbar sind. Die Feuchtigkeit in der Vagina wird durch Transudation aufrechterhalten.
Äußere weibliche Geschlechtsorgane
ginae, in den Harnröhre und Vagina einmünden. Die
Das äußere weibliche Genitale (⊡ Abb. 8.143) besteht aus Labia majora pudendi, große Schamlippen, Labia minora pudendi, kleine Schamlippen, Clitoris, Kitzler und Glandulae vestibulares majores et minores.
Harnröhrenmündung, Ostium urethrae externum, liegt im vorderen Teil. Sie tritt durch eine Vorwölbung ihrer dorsalen Wand, Carina urethralis vaginae, etwas stärker hervor. Dahinter befindet sich die äußere Vaginalöffnung, Ostium vaginae. Der dorsale Rand des Ostium vaginae wird durch das Hymen begrenzt. Dieses kann unterschiedlich ausgebildet sein und unter Umständen als Schleimhautlamelle das Ostium vaginae vollständig verschließen, Hymen imperforatus. Reste des Jungfernhäutchens werden als Carunculae hymenales bezeichnet.
Die großen Schamlippen fassen die Rima pudendi zwischen sich. Sie bedecken die kleinen Schamlippen, an deren vorderem Ende die Clitoris liegt. Zwischen den Labia minora befindet sich der Scheidenvorhof, Vestibulum va-
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Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
der Commissura labiorum posterior zusammen. An der Commissura labiorum posterior ist ein feines verbindendes Häutchen ausgebildet, das als Frenulum labiorum pudendi bezeichnet wird. Unter den großen Schamlippen liegt ein von einer bindegewebigen Faszie abgegrenztes dickes Venengeflecht, Bulbus vestibuli. Es liegt medial der Schleimhaut des Vestibulums an. Diese Venennetze entsprechen dem Schwellkörper der männlichen Harnröhre. Er wird auch bei der Frau vom M. bulbospongiosus umfasst. Labia minora pudendi. Die kleinen Schamlippen sind
Hautlappen, die lockeres, fettarmes Bindegewebe mit vielen elastischen Fasern und zahlreichen Venen enthalten. Sie werden von Schleimhaut bedeckt. Innen bestehen sie aus mehrschichtigem unverhorntem und außen aus schwach verhorntem Plattenepithel.
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⊡ Abb. 8.143. Äußeres weibliches Genitale
In das untere Drittel des Vestibulum vaginae münden an der Innenseite jeder kleinen Schamlippe die Glandula vestibularis major und um das Ostium urethrae externum die Glandulae vestibulares minores. Alle Glandulae vestibulares sind Schleimdrüsen. > Klinischer Hinweis In der Klinik werden alle Anteile des äußeren weiblichen Genitale einschließlich Mons pubis, Ostium vaginae und Ostium urethrae externum zusammenfassend als Vulva bezeichnet.
Zur Entwicklung der äußeren weiblichen Geschlechtsorgane Dem indifferenten Stadium (S. 552, ⊡ Abb. 8.134 a) folgt ab der 10. Entwicklungswoche die Umgestaltung der Urogenitalfalten zu den Labia minora und der Genitalwülste zu den Labia majora (⊡ Abb. 8.134 b). Beide verschmelzen nicht – anders als beim männlichen Geschlecht – und lassen die Urogenitalspalte offen, aus der das Vestibulum vaginae hervorgeht. Der Genitalhöcker wächst nur wenig und wird zur Klitoris. Labia majora pudendi. Die großen Schamlippen sind 2
behaarte Hautfalten. Die Behaarung setzt sich auf den Schamberg, Mons pubis, fort. Im Korium der großen Schamlippen kommen zahlreiche glatte Muskelzellen, straffe Fettpolster und Venenplexus vor, die sich wie Schwellkörper verhalten. Die Labia majora pudendi beider Seiten treffen ventral in der Commissura labiorum anterior und dorsal in
Glandula vestibularis major (Bartholin-Drüse). Diese paarige erbsengroße Drüse liegt am stumpfen Ende des Bulbus vestibuli unter dem M. transversus perinei profundus in den kleinen Schamlippen. Es handelt sich um eine tubuloalveoläre Drüse, die ein schleimartiges alkalisches Sekret liefert. Glandulae vestibulares minores. Es sind zahlreiche klei-
ne Drüsen. Sie ähneln der Gl. vestibularis major. Die Clitoris, Kitzler, ist ein 3–4 cm langer, erektiler Schwellkörper, der durch die Crura clitoridis, in die das Corpus cavernosum clitoridis ausläuft, und durch ein Aufhängeband, Lig. suspensorium clitoridis, am Ramus inferior ossis pubis befestigt ist. Der Bau des Schwellkörpers entspricht dem des Corpus cavernosum penis. Umhüllt wird der Schwellkörper von den Mm. ischiocavernosi, die ebenfalls der Befestigung der Schwellkörper am Schambein und am Diaphragma urogenitale dienen. Das abgerundete, mit Schleimhaut überzogene Ende der Klitoris, Glans clitoridis, wird von den Schleimhautfalten der kleinen Schamlippen umschlossen. Von vorn überzieht sie eine Schleimhautfalte, Preputium clitoridis. Der dorsale Ansatz der kleinen Schamlippen wird als Frenulum clitoridis bezeichnet. Das abschuppende Epithel der Glans und des Präputiums bildet mit dem Sekret der Talgdrüsen der kleinen Schamlippen das Smegma clitoridis. Die Glans clitoridis enthält Venengeflechte, die mit dem Bulbus vestibuli in Verbindung stehen.
643 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
In der Schleimhaut der Klitoris kommen viele sensible Nervenendigungen vor: Meißner-Tastkörperchen, Vater-Pacini-Körperchen und vor allem Genitalnervenkörperchen. Durch sie werden die Genitalreflexe ausgelöst.
– Vv. profundae clitoridis aus dem Crus clitoridis, – Vv. bulbi vestibuli aus dem Bulbus vestibuli, V. dorsalis clitoridis profunda aus Corpus und Glans clitoridis zum Plexus venosus vesicalis.
Leitungsbahnen. Die arterielle Blutversorgung erfolgt
Nerven. Sie erreichen als Nn. labiales posteriores als Äste des N. pudendus die
durch Äste der A. pudenda interna (S. 556): A. bulbi vestibuli, A. dorsalis clitoridis, A. profunda clitoridis, A. perinealis mit den Rr. labiales posteriores und Äste der A. femoralis die Rr. labiales anteriores. Der venöse Abfluss geht zur V. pudenda interna von – Vv. labiales posteriores aus den kleinen Schamlippen,
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hintere Region der Schamlippen, N. dorsalis clitoridis aus dem N. pudendus die Klitoris, Nn. labiales anteriores aus dem N. ilioinguinalis den vorderen Anteil der Labia majora und das Praeputium clitoridis und R. genitalis n. genitofemoralis zusätzlich die Labia majora.
In Kürze
Labia majora pudendi umrahmen die Rima pudendi – am ventralen Ende liegt die Klitoris –,sowie die Labia minora pudendi das Vestibulum vaginae mit den Öffnungen der Harnröhre und Vagina. Außerdem münden Gll. vestibulares an den kleinen Schamlippen. Schwellkörper befinden sich in der Klitoris und als Bulbus vestibuli im Bereich der großen Schamlippen.
Kohabitation und Spermienwanderung Wichtig
Bei der Kohabitation laufen sexuelle Reaktionszyklen ab, die zwischen Mann und Frau, z. T. bei Frauen individuelle Unterschiede aufweisen. Die Spermienwanderung beginnt mit der Penetration durch das Zervikalsekret.
Der sexuelle Reaktionszyklus durchläuft Erregungsphase, Plateauphase, Orgasmusphase und Rückbildungsphase. In der Erregungsphase löst der sakrale Parasympathikus (Nn. erigentes) beim Mann eine Verlängerung, Ver-
dickung und Versteifung des Penis, die Erektion, aus (S. 629). Bei der Frau dauert die Erregungsphase in der Regel länger als beim Mann. Sie dient der Vorbereitung der Aufnahme des männlichen Gliedes in die Vagina. In der Erregungsphase kommt es zur Erweiterung und Verlänge-
rung der Scheide. Gleichzeitig wird der Uterus nach oben und hinten gezogen. Dadurch entsteht im oberen Teil der Vagina freier Raum für die Aufnahme des Ejakulats, Receptaculum seminis. Ferner erfolgt eine Lubrikation, d. h. eine vermehrte Abgabe eines tröpfchenförmigen Transudates aus der Vaginalwand und, wenn der Östrogenspiegel hoch ist, von Sekret aus der Cervix uteri. Dadurch entsteht in der Vagina ein geschlossener Film aus Gleitflüssigkeit. Eine Immission des Penis in die Vagina ist möglich. Plateauphase. Beim Mann kommt es zu einer deutlichen Anschwellung der Corona glandis. Die Hoden werden durch Kontraktion des M. cremaster und der Tunica dartos des Skrotums angehoben. Dabei wird der Funiculus spermaticus verkürzt. Es werden Tropfen wasserklaren Sekrets aus den paraurethralen (Littré-) Drüsen und den Glandulae bulbourethrales (Cowper-Drüsen) abgegeben. Bei der Frau tritt während der Plateauphase, die länger dauert als beim Mann, eine Blutstauung in den subepithelialen Venengeflechten der distalen Hälfte der Vaginalwand ein. Dadurch entsteht dort bei zunehmender Erregung die sog. orgastische Manschette. Auch der
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644
8
Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
Schwellkörper des Bulbus vestibuli und die Labia minora werden größer. Orgasmusphase. Beim Mann entspricht die Ejakulation der Orgasmusphase. Kennzeichnend für die bevorstehende Ejakulation ist die volle Anhebung des Hodens an den Damm. Die Ejakulation wird durch Muskelkontraktion der samenleitenden Wege, beginnend an den Ductuli efferentes testis ausgelöst. Es folgen dann mehrere unwillkürliche Kontraktionen der Mm. bulbospongiosi, Mm. ischiocavernosi und der Beckenbodenmuskulatur sowie der Muskulatur von Urethra, Samenleiter, Bläschendrüse und Prostata. Durch Kontraktion der kaudalen Blasenmuskulatur vor Beginn der Ejakulation wird eine Beimischung von Harn zum Samen und das Eindringen von Samen in die Harnblase vermieden. Bei der Frau erfolgen im Orgasmus Kontraktionen der Muskulatur der Vaginalwand, der Mm. bulbospongiosi und der Dammuskulatur. Ferner kontrahiert sich die Muskulatur des Uterus wellenförmig vom Fundus zum Isthmus. Bei der Frau sind mehrere aufeinander folgende Orgasmen möglich, beim Mann erst nach jeweils längerer Refraktärzeit. Rückbildungsphase. Beim Mann wird in der Rückbildungsphase das Blut aus dem Penis über die V. dorsalis penis abgeleitet. Die Erektion klingt ab und die Ruhelage der Hoden wird wieder hergestellt. Bei der Frau dauert die Rückbildungsphase länger. Dabei senkt sich die Cervix uteri gegen die Dorsalwand der Vagina und taucht die Portio mit dem äußeren Muttermund in das Receptaculum seminis ein und verbessert die Spermienaufnahme. Die Erweiterung der Vagina klingt ab.
Spermienwanderung. Sie ist nur dann möglich, wenn periovulatorisch der Zervixschleim dünnflüssiger geworden ist. Der Schleim selbst ist ein Spermienresevoir, aus dem eine kontinuierliche Abgabe von Samenzellen erfolgen kann. Insgesamt erreicht nur jede 100 000ste Samenzelle die Tube. Dort müssen 100 bis 200 Spermatozoen anwesend sein, damit schließlich eine Eizelle durch ein Spermium befruchtet werden kann. Die Spermienwanderung erfolgt gegen den Flüssigkeitsstrom des Uterus- und Tubensekrets. Die Samenzellen bewegen sich durchschnittlich 3–3,6 mm/min,der Weg vom Muttermund bis zur Ampulle beträgt 12–15 cm. Dort bleiben sie 2–4 Tage befruchtungsfähig. Die Eizelle ist es nur 6 Stunden (maximal 24 Stunden) nach der Ovulation. Während der Wanderung im weiblichen Genitale müssen die Spermien einen Reifungsprozess durchlaufen, der als Kapazitation bezeichnet wird. Dazu gehören die Ablösung des Dekapazitationsfaktors von der Spermatozoenmembran und die Akrosomreaktion. Die Akrosomreaktion (⊡ Abb. 8.144) erfolgt nur bei den Spermatozoen, die mit der bei der Ovulation freigesetzten Eizelle und ihrem Cumulus oophorus Kontakt aufnehmen. Es kommt zu einer Verschmelzung der äußeren Akrosommembran (S. 618) mit der Plasmamembran des Spermiums. Dabei entstehen in der äußeren Akrosommembran und in der Plasmamembran Öffnungen, die sich verbreitern und schließlich zum Abbau der Membranen führen. Dadurch wird die innere Akrosommembran ein Teil der Oberfläche des rostralen Spermienabschnitts. Freigesetzt werden aus dem Akrosom zahlreiche Penetrationsenzyme. Dazu gehören Hyaluronidase, die die
⊡ Abb. 8.144 a–f. Akrosomreaktion des Spermiums und Eindringen in die Eizelle. Einzelheiten im Text
645 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
Zellkontakte im Cumulus oophorus löst, ein »corona penetrating enzyme« für die Auflösung der Corona radiata und schließlich Akrosin, eine trypsinähnliche Proteinase, die dem Spermium das Durchdringen der Zona pellucida ermöglicht. Stimuliert wird der Vorgang durch ein Protein der Zona pellucida, ZP3. Dadurch kann das Spermatozoon mit Kopf, Hals und Schwanzteilen in die Eizelle eindringen, Imprägnation.
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Das Eindringen weiterer Spermien wird durch Freisetzung des Inhalts der Rindengranula der Oozyte in den perivitellinen Raum verhindert. Er bewirkt eine Veränderung der Zona pellucida. Aber auch die Plasmamembran sperrt sich gegen weitere Fusionierungen. In der Oozyte selbst wird nun die 2. Reifeteilung vollendet und ein 2. Polkörperchen in den perivitellinen Raum abgegeben.
In Kürze
Die Kohabitation beginnt mit der Erregungsphase. Dabei erfolgt bei beiden Geschlechtern die Vorbereitung der Kopulationsorgane: Erektion, Ausbildung eines Receptaculum seminis. Immissio penis. Es folgt die Plateauphase, in der beim Mann Sekrettropfen abgegeben werden und bei der Frau die orgastische Manschette entsteht. In der Orgasmusphase erfolgt beim Mann die Ejakulation. Bei der Frau sind mehrere Orgasmen möglich. Rückbildungsphase. Die Spermatozoen können den periovulatorisch dünnflüssig gewordenen Zervixschleim durchwandern. In der Tuba ovarii findet die Kapazitation statt. Dazu gehört bei Kontaktaufnahme mit den Zellen des Cumulus oophorus und der Eizelle die Akrosomreaktion. Dabei werden Penetrationsenzyme freigesetzt und es findet die Imprägnation und dann die Befruchtung statt.
Schwangerschaft und Geburt Wichtig
Schwangerschaft veranlasst im ganzen weiblichen Körper temporäre Veränderungen. Jede Geburt ist mit Risiken für Mutter und Kind verbunden.
Die Schwangerschaft beginnt mit der Nidation des Embryos im Endometrium (S. 95), das sich zur Dezidua umwandelt. Gleichzeitig sezerniert die Blastozyste HCG (»human chorionic gonadotropin«), das im mütterlichen Organismus Anpassungsprozesse auslöst. Sie betreffen zur Sicherung der Schwangerschaft zunächst das Ovar (S. 633). Weiter werden Hypophyse, Schilddrüse, Nebenschilddrüse und Nebennierenrinde zu vermehrter Tätigkeit veranlasst. Dadurch kommt es zu Stoffwechselsteigerungen, zu Änderungen im Wasser- und Elektrolythaushalt mit erhöhter Wassereinlagerung in den Geweben, zur Aktivierung der Osteoklasten zum Zweck der Kalziumfreisetzung, zur Vergrößerung der Brustdrüse mit Vorbereitung auf die Laktation u. a. Die Vergrößerung des Uterus (⊡ Abb. 8.145) steht vor al-
lem unter Östrogeneinfluss. Gleichzeitig hemmt Progesteron eine mögliche Wehentätigkeit.
Der Uterus vergrößert sich ausschließlich in den Bauchraum hinein. Betroffen ist das Corpus uteri. Keine Veränderungen zeigt die Cervix uteri, die dem Uterusverschluss dient. Bis zum 2. Monat der Schwangerschaft vergrößert sich der Uterus nur wenig. Erst gegen Ende des 4. Monats tritt der Uterusfundus aus dem kleinen Becken heraus und steht im 5. Monat mitten zwischen Nabel und Symphyse. Dann ist auch der Isthmus uteri in den Brutraum einbezogen und der innere Muttermund befindet sich nicht mehr am oberen Rand des Isthmus, sondern an der Cervix uteri. Im 6. Monat erreicht der Uterusfundus die Höhe des Nabels oder einen Querfinger darunter. Im 7. Monat liegt er 3 Querfinger über dem Nabel. In dieser Zeit entstehen in der Bauchhaut sog »Schwangerschaftsstreifen«, Striae gravidarum, die durch Überdehnung des subkutanen kollagenen Bindegewebes zustande kommen. Im 8. Monat befindet sich der Fundus in der Mitte zwischen Nabel und Processus xiphoideus, im 9. Monat hat er seinen höchsten Stand dicht unter dem Schwertfortsatz. Im letzten Schwangerschaftsmonat, wenn der kindliche Kopf Kontakt zum mütterlichen Becken aufnimmt und tiefer tritt, neigt sich der Fundus uteri nach vorne; er steht dann ungefähr in gleicher Höhe wie im 8. Monat.
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646
Kapitel 8 · Leibeshöhlen und ihre Organe
⊡ Abb. 8.145 a, b. Stand des Fundus uteri in verschiedenen Schwangerschaftsmonaten: im 6. Lunarmonat in Nabelhöhle, im 9. Lunarmonat Höchststand des Fundus, im 10. Lunarmonat senkt sich der Leib (dick ausgezogene Kontur). a Ventralansicht der Schwangeren. b Seitenansicht mens 9 und 10
8
In den 9 Monaten der Schwangerschaft nimmt das Gewicht des Uterus von 50 g auf ca. 1000 g, zu. Die einzelnen Muskelzellen können das 7 bis 10fache ihrer ursprünglichen Länge erreichen. Geburt. Die Geburt beginnt mit dem Einsetzen regelmäßiger Wehen. Sie leiten die Eröffnungsperiode ein.
Ausgelöst werden die Wehen durch plötzliches starkes Ansteigen der Östrogenwerte, sodass die inhibitorische Wirkung des Progesterons auf die Uterusmuskulatur aufgehoben wird. Außerdem wird Oxytozin aus der Neurohypophyse wirksam. In der Eröffnungsperiode wird der Geburtskanal zu einem gleichmäßig weiten Schlauch, der vom inneren Muttermund (S. 637) bis zum äußeren Genitale reicht. Dabei wird der Zervixkanal schrittweise von innen nach außen eröffnet. Schrittmacher ist die gefüllte Fruchtblase, die sich während der Wehen langsam vorschiebt. Zur Erweiterung des Zervikalkanals kommt es dadurch, dass sich die Spirale der zirkulären Muskelbündel der Cervix uteri dem Zug der Korpusmuskulatur folgend in Längsrichtung entfaltet. Ist dann der Muttermund vollständig eröffnet, erfolgt der »rechtzeitige« Blasensprung. Die akute Erweiterung der Vagina während der Geburt ist dagegen verhältnismäßig gering. Umgeformt werden auch die Muskelschichten des aufgelockerten Beckenbodens. Sie bilden das muskuläre Ansatzrohr des Geburtskanals. Es folgt die Austreibungsperiode, die von der völligen Eröffnung des äußeren Muttermundes bis zur Geburt des Kindes andauert. In dieser Zeit verkürzt sich die Uterusmuskulatur. Sie zieht sich während der Wehen fun-
⊡ Abb. 8.146. Beckenboden während der Austreibungsperiode unter der Geburt
duswärts zusammen. Ihr Fixum ist die Verankerung der Zervix im Beckenbindegewebe. Die Austreibung der Frucht wird durch die Bauchpresse unterstützt. Unter dem Einfluss der Wehen wird das Kind zu einer Fruchtwalze zusammengedrückt.Außerdem passt es sich bei der Passage durch das Becken den Krümmungen, sowie den Engen und Weiten des Geburtsweges an. Dabei macht es Drehungen durch, weil der Beckeneingang in der Transversalrichtung, der Beckenausgang in der Sagittalrichtung oval geformt sind. Im Beckeneingang stellt sich zunächst der kindliche Kopf quer ein (ovale Kopfform: Durchmesser transversal 9 cm, sagittal 12 cm). Sobald der Kopf diesen Bereich passiert hat und tiefer tritt, dreht sich das Kind um 90 ° so, dass der Kopf im Beckenausgang sagittal steht. Dann stehen die Schultern mit ihrem längsten Durchmesser in der Beckeneingangsebene. Anschließend drängt der Kopf des Kindes die Muskulatur des Beckenbodens auseinander (⊡ Abb. 8.146). Dabei bildet der M. levator ani eine große Schlinge. Kontraktionen der Beckenbodenmuskulatur fördert die Austreibung. Nachgeburtsphase. Der Geburt folgen weitere Retrak-
tionen der Uterusmuskulatur. Dabei kommt es an präformierten Stellen der Plazenta zu Einrissen und zur Blutung. Es entsteht ein retroplazentares Hämatom, das unter andauernden Kontraktionen des sich verkleinernden Uterus die Ausstoßung der Plazenta und der Eihäute fördert. Sie erfolgt etwa 30 Minuten nach der Geburt des Kindes.
647 8.4 · Bauch- und Beckenhöhle und ihre Organe
Das Wochenbett, Puerperium, dauert 6–8 Wochen. In dieser Zeit verschwinden alle Schwangerschafts- und Geburtsveränderungen. Zunächst jedoch wird nach Abstoßung der Plazenta durch die Retraktion des Uterus die Blutung zum Stillstand gebracht. Es verbleibt eine große Wunde und es kommt zum Wochenfluss, Lochien. Etwa am 10. postpartalen Tag beginnt wie in der Proliferationsphase die Epithelialisierung der Oberfläche des Endometriums, die nach wenigen Tagen abgeschlossen ist. Noch schneller regeneriert die Zervixschleimhaut, die an der Deziduabildung nicht beteiligt war. Der innere Muttermund ist ab 10.–12. Tag geschlossen, der äußere Muttermund wird oft zu einem queren Spalt umgeformt. Mit der Nachgeburt entfallen die in der Plazenta gebildeten großen Mengen von Östrogen, Progesteron und
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HCG. Dadurch sinken die Östrogen- und Progesteronspiegel abrupt. Gesteigert wird jedoch durch den Wegfall der Östrogenbildung die Abgabe von Prolaktin aus der Adenohypophyse. Damit wird die Milchsekretion in Gang gesetzt. Die 1. postpartalen Zyklen treten meist erst gegen Ende der Stilltätigkeit auf; trotzdem ist schon vorher eine Befruchtung möglich. > Klinischer Hinweis Jede Geburt ist für Mutter und Kind eine große Belastung. Sie wird riskant, wenn es zu Verzögerungen kommt. Dafür gibt es mütterliche Ursachen, z. B. Beckenanomalien, kindliche Ursachen, z. B. Lage- und Einstellungsanomalien, u. a. Vorfall eines Arms, oder Ursachen seitens der Plazenta, der Nabelschnur oder des Amions.
In Kürze
Die Anpassung des mütterlichen Organismus an die Schwangerschaft erfolgt hormonell. Ausgelöst wird sie durch das HCG (»human chorionic gonadotropin«) der Blastozyste nach der Nidation. Der Uterus steigt bis zum 9. Schwangerschaftsmonat bis in Höhe des Processus xiphoideus auf. Die Geburt beginnt mit starken Wehen. Einer Eröffnungsperiode folgt die Austreibungsperiode, in der das Kind schraubenförmig durch die Beckenengen und -weiten gepresst wird. Durch die Lösung der Plazenta entsteht im Uterus eine große Wunde, die nach etwa 2 Wochen geschlossen ist.
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9
Sinnesorgane 9.1
Organe der somatischen und viszeralen Sensibilität – 650
9.2
Sehorgan – 651
9.2.1
Bulbus oculi – 651
9.2.2
Hilfsapparat – 664
9.2.3
Gefäße und Nerven der Orbita – 668
9.3
Gehör- und Gleichgewichtsorgan – 670
9.3.1
Auris externa, äußeres Ohr – 671
9.3.2
Auris media, Mittelohr – 672
9.3.3
Auris interna, Innenohr – 677
9.3.4
Gehörorgan – 678
9.3.5
Gleichgewichtsorgan – 682
650
Kapitel 9 · Sinnesorgane
>
Einleitung
Sinnesorgane und freie Nervenendigungen dienen der Wahrnehmung von Signalen aus der Umwelt und aus dem Körperinneren. Sie sind überall im Körper vorhanden. Ihre wichtigste Aufgabe ist der Schutz des Organismus. Ferner tragen sie zur Kommunikation bei.
Die Wahrnehmung von Reizen, die die äußere und innere Oberfläche des Körpers erreichen, erfolgt vor allem durch freie Nervenendigungen. Außerdem gibt es auf unterschiedliche Reize spezialisierte Sinneszellen. Sie befinden sich in den Sinnesorganen.
Sekundäre Rezeptoren sind Sinneszellen, an die (dendritische) Axone von Nervenzellen mit einer Synapse herantreten.
9.1
Organe der somatischen und viszeralen Sensibilität
Freie Nervenendigungen. Freie Nervenendigungen be-
9
stehen aus blind endenden Nervenfasern (meist Gruppe III- oder Gruppe-IV-Fasern, S. 81), die von einer oft durchbrochenen Hülle aus Schwann-Zellen umgeben sind. Bindegewebsstrukturen (Perineurium) fehlen. Ortsabhängig werden sie mit mechanischen und thermischen Reizen sowie mit Schmerzempfindungen in Zusammenhang gebracht. Freie Nervenendigungen treten auf als Dehnungsrezeptoren, z. B. an den Haaren oder in den Wänden von Hohlorganen, z. B. den Herzvorhöfen, als Pressorezeptoren (Barorezeptoren, Druckrezeptoren), z. B. in den Wänden der großen thorakalen und zervikalen Arterien, als Thermorezeptoren, z. B. in der Haut, als Schmerzrezeptoren, z. B. in der Gelenkkapsel, Zahnpulpa, Periost, Haut u. a. Sinnesorgane sind die Organe der somatischen und viszeralen Sensibilität, das Sehorgan und das Gehör- und Gleichgewichtsorgan.
Die Funktion der Sinnesorgane ist an Rezeptorzellen (Sensoren) gebunden. Sie liegen vor als primäre Rezeptorzellen und sekundäre Rezeptorzellen (überwiegend). Primäre Rezeptorzellen sind aus dem Neuroepithel hervorgegangen. Es handelt sich um modifizierte Nervenzellen, deren Fortsatz (»Axon«) das Zentralnervensystem erreicht. Dies ist z. B. bei den Sinneszellen des Auges und beim Geruchsorgan der Fall.
Die Organe der somatischen und viszeralen Sensibilität sind korpuskulär gebaut. Sie dienen der Mechanorezeption und Chemorezeption. Organe der Mechanorezeption bestehen aus Perineuralzellen, die am Ende dendritischer Axone sensorischer Nervenzellen Kapseln bilden. Die Perineuralzellen wirken bei der Transduktion spezifischer Reize mit. Die Nervenfasern der Nervenendkörperchen selbst sind meist markscheidenführende Fasern von Ab-Typ (S. 81). Organe der Mechanorezeptoren sind Träger der Oberflächensensibilität, Viszerosensibilität und Tiefensensibilität. Oberflächensensibilität. Die Rezeptororgane liegen in
der Haut. Es handelt sich um Merkel-Zellen, Ruffini-Körperchen, Meißner-Tastkörperchen, Genitalnervenkörperchen und Vater-Pacini-Lamellenkörperchen. Die Besprechung der Organe erfolgt im Kapitel Haut (S. 160 f.). Viszerosensibilität. Überwiegend wird die Viszero-
sensibilität durch freie Nervenendigungen vermittelt (s. oben). Hinzu kommen im Bereich der Eingeweide Vater-Pacini-Körperchen. Sie liegen im Bindegewebe der
651 9.2 · Sehorgan
Organe bzw. ihrer Umgebung, z. B. im Pankreas oder in den Mesenterien der Harnblase. Tiefensensibilität. Gemeint sind damit Wahrnehmungen aus dem Bewegungsapparat, die nicht bewusst werden, Propriozeptoren. Sie erfolgen durch Muskelspindeln, Golgi-Sehnenorgane und Gelenkkapselorgane. Die Besprechung der Organe der Tiefensensibilität und ihrer Wirkungsweise erfolgt auf S. 65. Chemorezeptoren befinden sich im Riechorgan der Regio olfactoria der Nasen-
schleimhaut,
>
in den Geschmacksorganen, bevorzugt in der Schleimhaut der Zunge, aber auch der des Mundes und Pharynx und in Spezialorganen zur Registrierung von O2- sowie CO2-Spannungen des Blutes, z. B. Glomus caroticum (S. 448). Während in den Geschmacksknospen die Sinneszellen modifizierte Epithelzellen (sekundäre Sinneszellen) sind, handelt es sich bei den Zellen des Riechorgans um modifizierte Neuroepithelzellen (primäre Sinneszellen). Die Besprechung des Riechorgans erfolgt im Zusammenhang der Nasenhöhle (S. 418), die der Geschmacksknospen bei der Zunge (S. 413).
In Kürze
Die häufigsten Rezeptoren für Sinnesreize sind freie Nervenendigungen. Sie wirken vor allem als Mechanorezeptoren, dienen aber auch der Wahrnehmung von Schmerz und Temperatur. Daneben gibt es Rezeptororgane verschiedenster Art, in denen Nervenendigungen an (sekundäre) Sinneszellen bzw. Kapselzellen (Perineuralzellen) herantreten. Sie dienen der Mechanorezeption. Chemorezeptorzellen befinden sich in den Geschmacksorganen, in Spezialorganen des Blutkreislaufs und als primäre Sinneszellen im Riechorgan.
9.2
Sehorgan Wichtig
Das Sehorgan ist auf die Verarbeitung von Lichtreizen spezialisiert. Es besteht aus dem Augapfel und Hilfseinrichtungen (äußere Augenmuskeln, Augenlider,Tränenapparat). Die Rezeptorzellen für das Licht liegen in der Netzhaut. Erreicht werden sie vom Licht nach Passage durch lichtbrechende Medien des Augapfels. Die Netzhaut ist entwicklungsgeschichtlich ein vorgeschobener Hirnteil.
Das Sehorgan befindet sich in der Orbita, Augenhöhle (S. 388), und besteht aus Bulbus oculi, Augapfel, und Hilfsapparat.
9.2.1
Bulbus oculi
Der Bulbus oculi hat nahezu Kugelform (⊡ Abb. 9.1). Zu unterscheiden sind ein Polus anterior, vorderer Augenpol, und ein Polus posterior, hinterer Augenpol. Medial vom hinteren Pol verlässt der N. opticus den Bulbus. Der Bulbus oculi besteht aus Tunicae bulbi, Augenhäuten – Tunica fibrosa bulbi, – Tunica vasculosa bulbi, – Tunica interna bulbi, Lens, Linse, Camerae bulbi, Augenkammern – Camera anterior, vordere Augenkammer, – Camera posterior, hintere Augenkammer und – Camera postrema, Glaskörperraum. Lichtdurchlässige Medien sind Cornea, Hornhaut, Humor aquosus, Kammerwasser der vorderen und hinteren Augenkammer, Lens, Linse und Corpus vitreum, Glaskörper im Glaskörperraum.
9
652
Kapitel 9 · Sinnesorgane
9
⊡ Abb. 9.1. Bulbus oculi, Übersicht
Form des Bulbus oculi. Der Durchmesser des Augapfels
beträgt etwa 24 mm. Jedoch ist der Krümmungsindex der Kornea, die vorne wie ein Uhrglas in die Tunica fibrosa bulbi eingelassen ist, größer als der des übrigen Bulbus. Augenachsen (⊡ Abb. 9.1). Unterschieden werden Axis bulbi, Axis opticus und Equator bulbi oculi. Der Axis bulbi, Augenachse, verbindet den vorderen und hinteren Augenpol. Der Axis opticus, Sehachse, verläuft durch die Krümmungsmittelpunkte der im Strahlengang liegenden Grenzflächen der brechenden Medien (vordere und hintere Hornhaut- und Linsenflächen) und erreicht die Fovea centralis der Tunica interna bulbi, den Ort des schärfsten Sehens (s. unten). Er liegt lateral vom Discus nervi optici, dem Abgang des N. opticus. Der Äquator kennzeichnet den größten Querdurchmesser des Augapfels; er teilt den Bulbus in eine annähernd gleich große vordere und hintere Hemisphäre.
Zur Entwicklung (⊡ Abb. 9.2) Tunica interna bulbi. Am Ende des 1. Entwicklungsmonats treten seitlich am Vorderhirn zwei Augenbläschen auf, die
direkten Kontakt mit dem Ektoderm der embryonalen Oberfläche bekommen. Dort wird die Linsenanlage induziert. Die Augenbläschen selbst werden in der Folgezeit eingebuchtet und zu Augenbechern. Durch die Einbuchtung bekommt der Augenbecher ein äußeres und ein inneres Blatt. Hieraus gehen die Schichten der Tunica interna bulbi (Retina) hervor. Auch bei weiterem Wachstum bleibt der Augenbecher durch den Augenbecherstiel mit der Anlage des Gehirns verbunden. Bei der Entstehung des Augenbechers wird sein mittlerer unterer Rand eingestülpt und es entsteht die Augenbecherspalte, die bis in den Augenbecherstiel reicht. In der Augenbecherspalte verlaufen im Bindegewebe die Vasa hyaloidea. Die Linse geht aus dem Oberflächenektoderm hervor (s. oben). Ihre Anlage tritt zunächst als Linsenplakode auf, wird dann aber zum Linsenbläschen, das in der Folgezeit im Augenbecher versinkt und seinen Kontakt mit dem Ektoderm verliert. Pupille. Die Augenpupille entsteht in der 7. Entwicklungswoche aus dem mesenchymalen Rand des Augenbe-
653 9.2 · Sehorgan
⊡ Abb. 9.2. Augenentwicklung. Neuroektoderm grau
chers, nachdem sich die Augenbecherspalte geschlossen hat. – Unterbleibt der Verschluss der Augenbecherspalte, entsteht ein Kolobom. Tunica fibrosa bulbi, Tunica vasculosa bulbi. Sie gehen aus dem Mesenchym der Umgebung des Augenbechers hervor. Dabei ist die Schicht, die dem Augenbecher unmittelbar anliegt (später Tunica vasculosa bulbi), der Pia mater des Gehirns, die äußere Schicht (später Tunica fibrosa bulbi) der Dura mater vergleichbar. Kornea und vordere Augenkammer. Das Epithel der Kornea geht – induziert vom Augenbecher – aus dem Oberflächenepithel, die übrigen Anteile aus dem Mesenchym der Umgebung des Augenbechers hervor. Die vordere Augenkammer entsteht durch Spaltbildungen im Mesenchym unter der Anlage des Korneaepithels. Dabei verbleibt zunächst eine Mesenchymscheide vor der Linse, Membrana iridopupillaris, die die Pupille anfangs komplett verschließt. Der Glaskörper entsteht durch Umwandlung des Mesenchyms, das durch den Augenbecherspalt in das Augenbecherinnere gelangt ist.
Tunica fibrosa bulbi Die Tunica fibrosa bulbi besteht aus Sclera und Cornea. Die Sklera, weiße (harte) Augenhaut, ist beim Erwachsenen weißlich, beim Säugling jedoch wegen geringerer Dicke bläulich. Sie überdeckt fünf Sechstel des Auges. Vorne bildet der Limbus corneae den Hornhautrand (⊡ Abb. 9.1). Am dicksten ist die Sklera am Sehnervenaustritt (1–1,5 mm), am dünnsten am Äquator (0,4 mm). Im vor-
deren Bereich, der das Weiße des Auges ausmacht, ist sie von der Conjunctiva bulbi bedeckt (S. 665). Mikroskopische Anatomie. Die Sklera besteht aus dicht gepackten Kollagenfaserlamellen, die sich in verschiedenen Richtungen und Winkeln kreuzen, aber insgesamt parallel zur Organoberfläche verlaufen. In einer inneren Schicht lockeren Bindegewebes kommen vermehrt Melanozyten vor. Am Limbus corneae setzen sich die Fasern der Sklera kontinuierlich in die der Substantia propria corneae fort. > Klinischer Hinweis Bei Entzündungen der Gefäße der Tunica vasculosa bulbi entsteht ein geröteter Ring um den Limbus corneae, ziliare Injektion.
Die Cornea, Hornhaut (⊡ Abb. 9.1), befindet sich in einer Öffnung der Sklera, die einen Durchmesser von etwa 12 mm hat. Bei Ansicht von vorne hat die Kornea andeutungsweise die Kontur eines quer gestellten Ovals, weil die Sklera ihren oberen und unteren Rand von außen überzieht. Bei Ansicht von hinten erscheint die Kornea kreisrund. Die Kornea hat wie die Sklera derbe Konsistenz und ist sehr zugstabil. Sie ist stark gekrümmt, an der Hinterfläche etwas stärker als an der Voderfläche. Dadurch ist der Rand der Kornea leicht verdickt. Die Kornea ist lichtdurchlässig, weil die Brechungsindices aller ihrer Bestandteile gleich sind – vorausgesetzt, das Korneaepithel des Auges ist vom Tränenfilm befeuchtet.
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654
Kapitel 9 · Sinnesorgane
ⓘ Infobox Die Hornhaut wirkt durch ihre starke Krümmung als Sammellinse von etwa 40 Dioptrien. Bei ungleichmäßiger Krümmung der Hornhaut kommt es zum Astigmatismus (Korrektur durch Zylindergläser); die Lichtstrahlen werden dann nicht zu einem Punkt (gr. Stigma), sondern zu einer Linie vereinigt.
Schichtenfolge (⊡ Abb. 9.3). Es folgen von außen nach in-
nen aufeinander Tränenfilm, unverhorntes Epithel, Lamina limitans anterior, Substantia propria, Lamina limitans posterior und Hornhautendothel.
9
Der Tränenfilm setzt sich aus einer äußeren Lipidschicht (Herkunft: Meibom-Drüsen), einer wässrigen Schicht (Herkunft: Tränendrüse) und einer inneren Muzinschicht auf der Epitheloberfläche (Herkunft: Becherzellen der Bindehaut) zusammen. Das unverhornte Hornhautepithel ist mehrschichtig (wäre es verhornt, wäre es nicht durchsichtig). Nach einer Verletzung regeneriert es schnell. Am Rand, dem Anulus conjunctivae – etwa innerhalb des Limbus corneae –,
setzt sich das Hornhautepithel in das Epithel der Tunica conjunctivae bulbi fort. Die Lamina limitans anterior, Bowman-Membran, liegt unter der Basalmembran des Epithels und ist eine 10–20 mm dicke homogene Grenzschicht mit vereinzelten Tropokollagenfilamenten. Sie leitet sich von der Substantia propria ab. Die Substantia propria besteht aus Lamellen regelmäßig geschichteter, parallel zueinander verlaufender Kollagenfibrillen, Fibrozyten und einer amorphen chondroitinsulfatreichen Grundsubstanz. Durch die Pumpwirkung des Hornhautendothels wird als Voraussetzung für die Transparenz der Kornea der Wassergehalt des Hornhautstromas konstant bei 78 % gehalten. Die Lamina limitans posterior, Descemet-Membran, ist 5–10 mm dick und enthält zarte Kollagenfibrillen. Das Hornhautendothel bildet die Hinterwand der Kornea. Es ist einschichtig flach und kaum regenerationsfähig. Defekte des Endothels können daher nur durch Ausbreitung benachbarter Zellen gedeckt werden. Das Endothel bewirkt durch aktiven Transport von Natrium-, Kalium- und Hydrogenkarbonationen einen Wasseraustritt aus dem Hornhautstroma zur Vorderkammer. > Klinischer Hinweis Schädigungen des Hornhautendothels bei Augenoperationen, z. B. bei Hornhauttransplantationen, müssen vermieden werden, da sie zu Hornhauttrübungen führen können.
Gefäße, Innervation. Die Hornhaut ist gefäßfrei. Sie wird aber sensorisch von Nn. ciliares longi aus dem N. nasociliaris (Äste des N. V1, S. 459) innerviert. Es handelt sich um freie Nervenendigungen im Hornhautepithel (Kornealreflex). Die Hornhaut ist sehr schmerzempfindlich.
Tunica vasculosa bulbi Die Tunica vasculosa bulbi, mittlere Augenhaut, Uvea, besteht aus (⊡ Abb. 9.1) Choroidea, Aderhaut, Corpus ciliare, Strahlenkörper, und Iris, Regenbogenhaut. Corpus ciliare und Iris gehören zusammen mit der Linse zum Akkommodationsapparat, der das Nah- und In-die-
Ferne-Sehen ermöglicht.
⊡ Abb. 9.3. Kornea
Die Choroidea, Aderhaut, ist der Teil der mittleren Augenhaut, der der Pars optica der Retina anliegt (s. unten). Die Choroidea ist dünn, führt viele Gefäße und ist relativ pigmentreich.
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Die Choroidea gliedert sich in Lamina suprachoroidea, Lamina vasculosa und Lamina choroidocapillaris. Die Lamina suprachoroidea liegt unter der Sklera. Sie ist
eine lockere Verschiebeschicht. In ihr verlaufen größere Gefäße und Nerven zum Corpus ciliare und zur Iris: Aa. ciliares, Vv. vorticosae, Nn. ciliares (Einzelheiten S. 662, 668, ⊡ Abb. 9.7). Die Lamina vasculosa führt ausgedehnte Venengeflechte und die Lamina choroidocapillaris hat ein dichtes Kapillarnetz zur Versorgung der äußeren Retinaschicht (s. unten), von der sie durch eine 2 mm dicke Membran, Bruch-Membran, getrennt ist. Die Bruch-Membran (⊡ Abb. 9.6) besteht aus einer Schicht elastischer Fasern (Stratum elasticum), die beiderseits durch Kollagenfasern zuggesichert wird. Die Bruch-Membran endet vorne an der Ora serrata (vordere Grenze der Pars optica retinae, s. unten). Dort setzt der M. ciliaris des Corpus ciliare an. Das Corpus ciliare, Strahlenkörper (⊡ Abb. 9.1, 9.4), setzt
die Choroidea fort. Es ist durch glatte Muskulatur verdickt und radiärstrahlig gegliedert.
⊡ Abb. 9.4. Corpus ciliare, Iris, Linsenaufhängung, Augenkammern
Das Corpus ciliare ist in zwei Zonen unterteilt, die wie eine Halskrause die Basis der Iris umgreifen (⊡ Abb. 9.5): Der Orbiculus ciliaris ist eine etwa 4 mm breite basale Ringzone mit direktem Anschluss an die Ora serrata. Sie hat feine Plicae ciliares. Die Corona ciliaris folgt ihrerseits nach vorne dem Orbiculus ciliaris. Sie ist 2 mm breit und besteht aus 70–80 Processus ciliares, die zur Linse hin am höchsten sind und 0,5 cm vom Linsenrand entfernt enden. Aufgebaut ist das Corpus ciliare aus Ziliarepithel, aus dem Fibrae zonulares hervorgehen, und einem Stroma mit dem M. ciliaris. Das Ziliarepithel ist zweischichtig und liegt zwischen einer inneren Basalmembran – zum subepithelialen Bindegewebe hin – und einer äußeren Basalmembran an der freien Oberfläche. Die Zellschicht, die dem Bindegewebe aufliegt, ist pigmentiert. Entwicklungsgeschichtlicher Hinweis Das Epithel des Corpus ciliare geht auf den Augenbecher mit einem inneren und äußeren Blatt zurück (deswegen
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Kapitel 9 · Sinnesorgane
liare und sympathische Fasern aus dem Ganglion cervicale superius. Iris, Regenbogenhaut (⊡ Abb. 9.4, 9.5). Sie umgreift die Pupille, deren Durchmesser durch die Irismuskulatur ver-
ändert werden kann. Die Iris hat einen Margo pupillaris als Rand des Pupillarteils, der den Anulus iridis minor, Iriskrause, bildet und einen Margo ciliaris als Rand des dickeren Ziliarteils an der Iriswurzel, den Anulus iridis major. An der Iriswurzel verläuft ein Circulus arteriosus iridis major, der einen unvollständigen Circulus arteriosus minor nahe am Pupillenrand speist. ⊡ Abb. 9.5. Iris und Corpus ciliare. Hinterfläche (links), nach Entfernung der Linse (rechts)
9
zweischichtig, s. oben). Es ist daher Teil der Retina (Tunica interna bulbi, s. unten).
Vom Corpus ciliare wird Kammerwasser abgegeben. Es entsteht durch Ultrafiltration aus den Gefäßen und durch Sekretion des Epithels. Fibrae zonulares (⊡ Abb. 9.4). Sie entspringen von der inneren Basalmembran der Pars ciliaris retinae und erreichen die Linse (s. unten). Zu unterscheiden sind lange Fasern, die von den hinteren Processus ciliares, und kurze Fasern, die von den vorderen Processus ciliares ausgehen. Der M. ciliaris besteht aus glatten Muskelfasern. Seine Fa-
serzüge verlaufen in drei Richtungen: Fibrae meridionales, äußere Meridionalfasern, Brücke-Muskel; sie entspringen am Limbus corneae und ziehen zur Lamina basalis choroideae (Bruch-Membran). Kontraktion des Brücke-Muskels zieht den Ziliarkörper nach vorn. Dabei entspannen sich im Wesentlichen die hinteren langen Zonulafasern. Fibrae circulares, zirkuläre Fasern, Müller-Muskel; sie bilden eine Art Sphinkter an der Innenkante des Ziliarwulstes. Kontraktion dieser Fasern entspannt vor allem die vorderen Zonulafasern. Radiäre Fasern sind am wenigsten ausgebildet und verbinden meridionale und zirkuläre Muskelfasern. Innervation. Sie erfolgt durch parasympathische Fasern
des N. oculomotorius nach Umschaltung im Ganglion ci-
Aufgebaut ist die Iris aus Irisstroma mit Muskulatur und Pigmentepithel. Irisstroma. Zur vorderen Augenkammer hin hat die Re-
genbogenhaut kein bedeckendes Epithel, sondern lediglich verzweigte Mesothelzellen, die breite Lücken lassen. Dadurch fällt der Blick ins Auge direkt auf das Irisstroma. Das Irisstroma ist ein Schwammwerk eines lockeren, faserarmen kollagenen Bindegewebes, das radiärstrahlig zum Margo pupillaris hin angeordnet ist. Es ist gefäßreich und weist Melanozyten in unterschiedlicher Menge auf (Irisfarbe). Pigmentepithel. Es befindet sich auf der Hinterfläche der Iris und ist zweischichtig. Das Irisepithel ist aus dem Augenbecher hervorgegangen (s. oben). Muskulatur. Um die Pupille herum liegt der M. sphincter pupillae und der M. dilatator pupillae. Der M. sphincter pupillae (nichtpigmentierte glatte Muskelzellen) umgreift die Pupille. Er vermag die Pupille zu verengen. Der M. dilatator pupillae besteht aus grazilen Muskelbündeln, die radiär verlaufen. Seine Muskelzellen sind pigmentiert, da sie dem Pigmentepithel der Iris entstammen. Sie können die Pupille erweitern. Innervation. Der M. sphincter pupillae wird vorwiegend parasympathisch (aus dem N. oculomotorius nach Umschaltung im Ganglion ciliare), der M. dilatator pupillae vorwiegend sympathisch (aus dem Ganglion cervicale superius) innerviert. Jeder Muskel wird aber auch von dem gegenteiligen Anteil des vegetativen Nervensystems
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erreicht; dabei bewirken die sympathischen Fasern im M. sphincter pupillae eine Kontraktionshemmung. Insgesamt führt ein hoher Tonus des Sympathikus zu einer Weitstellung der Pupille, ein geringer zu einer Verengung (z. B. bei Müdigkeit). > Klinischer Hinweis Ist die Sympathikusinnervation des Auges gestört, tritt das Horner-Syndrom auf, vor allem kommt es zur Miosis, d. h. Engstellung der Pupille durch Überwiegen des M. sphincter pupillae, und Ptosis, d. h. hängendem Oberlid durch Ausfall des M. tarsalis superior (S. 664). Symptome des Horner-Syndroms können ein Frühzeichen eines Bronchialkarzinoms im Oberlappen der Lunge oder eines Schilddrüsentumors sein.
na-Räumen. Von dort wird das Kammerwasser über den Sinus venosus sclerae, Schlemm-Kanal, durch Venen ab-
geleitet. ⓘ Infobox Das Auge enthält 0,2–0,4 ml Kammerwasser, das etwa alle 1–2 h erneuert wird. Produziert werden 2,4 mm3/min. Das Kammerwasser trägt zur Ernährung der angrenzenden Strukturen und zur Aufrechterhaltung des Augeninnendrucks bei, dadurch werden die Form des Bulbus und der Strahlengang des Lichtes gesichert. Steigt jedoch der Innendruck des Auges (normal 10–20 Torr), z. B. durch Abflussbehinderung des Kammerwassers im Kammerwinkel, kommt es zum Glaukom (grüner Star) mit der Gefahr der Erblindung durch Druckatrophie des Sehnerven (Exkavation der Papille).
Linse. Die Linse steht im Zentrum des optischen Appa-
Der optische Apparat Wichtig
Durch den optischen Apparat des Auges wird einfallendes Licht auf die lichtempfindlichen Teile der Netzhaut fokussiert.
Der optische Apparat des Auges besteht aus (⊡ Abb. 9.1) Cornea mit Tränenfilm (S. 653). Kammerwasser, Linse, Pupille und Glaskörper. Das Kammerwasser wird vom Epithel des Corpus ciliare sezerniert (s. oben). Es füllt die hintere und vordere Au-
genkammer (⊡ Abb. 9.4). Die hintere Augenkammer wird nach hinten vom
Glaskörper, nach vorne von der Rückseite der Iris und nach medial von der Linse begrenzt. Durch sie verlaufen die Zonulafasern (s. oben). Die vordere Augenkammer steht mit der hinteren Augenkammer durch die Pupille in offener Verbindung. Die vordere Augenkammer liegt vor der Linse und vor der Iris. Nach vorne wird sie vom Endothel der Kornea begrenzt. Das Kammerwasser gelangt in einem dauernden Fluss aus der hinteren Augenkammer am Pupillenrand vorbei in die vordere Augenkammer. Dort kommt es im Angulus iridocornealis, Kammerwinkel, in ein labyrinthartiges Maschenwerk aus Bindegewebsbälkchen, Retinacula trabeculares, mit dazwischen liegenden Fonta-
rats. Sie ist kristallklar und bikonvex (Durchmesser 10 mm, Dicke in der Mitte 4 mm). Ihre Vorderfläche ist weniger gewölbt als ihre Hinterfläche. Die Linse ist elastisch. Dadurch sind ihre Form und ihre Brechkraft veränderlich. Sie kann den Strahlengang des Lichtes im Auge den unterschiedlichen Bedingungen beim Nah- und In-die-Ferne-Sehen anpassen (Akkommodation). Die Linse besteht aus Capsula lentis, Linsenkapsel, Epithelium lentis, Linsenepithel, nur an der Vorderseite, Fibrae lentis, Linsenfasern. Hinzu kommen zur Halterung der Linse Fibrae zonulares, Zonulafasern. Die Linsenkapsel ist eine dicke lichtbrechende Basalmembran, die die Linse allseitig umschließt. Das Linsenepithel der Vorderseite ist einschichtig isoprismatisch. Aus dem Epithel der Rückseite sind dagegen während der Entwicklung aus elongierten Zellen Linsenfasern hervorgegangen. Deswegen fehlt der Linse hinten eine epitheliale Oberfläche. Die Linsenfasern verlaufen lamellenförmig und treffen an Linsensternen zusammen. Sie werden laufend durch Linsenfasern ergänzt, die aus Epithelzellen am Linsenäquator hervorgehen und früher entstandene Fasern schalenförmig umgeben. Durch Wasserabgabe werden die zentral gelegenen Fasern im Laufe der Zeit dünner und bilden den Linsenkern.
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Kapitel 9 · Sinnesorgane
> Klinischer Hinweis Mit zunehmendem Alter vergrößert und verhärtet sich der Linsenkern. Dadurch nimmt die Elastizität der Linse ab, sodass Schrift im üblichen Abstand von 35–40 cm nicht mehr mühelos gelesen werden kann, Alterssichtigkeit, Presbyopie. Kommt es durch weiteren Wasserverlust zur Linsentrübung, entsteht eine Katarakt, grauer Star.
Fibrae zonulares. Die Linse wird durch die radiär orientierten Fibrae zonulares (s. oben) in ihrer Lage gehalten. Die Zonulafasern inserieren an der Linsenkapsel. Sie ermöglichen die Akkommodation. ⓘ Infobox
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Die Brechkraft der von angespannten Zonulafasern gehaltenen Linse beträgt etwa 19 Dioptrien. Dabei werden parallel ins Auge fallende Strahlen im optischen Apparat so gebrochen, dass sich ihr Fokus auf der Netzhaut befindet. Dies ist der Fall, wenn die Gegenstände wenigstens 5 m entfernt sind. Unter diesen Umständen ist der M. ciliaris erschlafft und es überträgt sich die Spannung des elastischen Gewebes der Choroidea (Bruch-Membran) durch die Zonulafasern auf die Linse, sodass deren Krümmung gering ist. Um Gegenstände in der Nähe deutlich zu sehen, muss jedoch die Brechkraft des optischen Apparates erhöht werden. Hierzu kontrahiert sich ein Teil der Ziliarmuskulatur. Dadurch wird der Ziliarkörper nach vorne gezogen und die elastische Spannung der Zonulafasern lässt nach.Als Folge rundet sich die Linse ab, besonders ihre Vorderfläche wölbt sich stärker vor und die Linse wird dicker.
Pupille. Die Pupille ist die Öffnung im Irisring. Durch ihre Weite wird der Lichteinfall auf die Netzhaut geregelt. Dies ist möglich, weil die Pupille reflektorisch durch die Irismuskeln unterschiedlichen Lichtverhältnissen angepasst wird. Insgesamt wirkt die Pupille wie die Blende eines Photoapparates: Bei enger Pupille nimmt die Tiefenschärfe zu. Das Corpus vitreum füllt den Raum hinter der Linse
(⊡ Abb. 9.1). Es besteht aus einem durchsichtigen Gel, mit hohem Wassergehalt (ungefähr 99 %) und zarten kollagenhaltigen Fibrillen, die eine Glaskörpergrenzmembran bilden. Gelegentlich kommen Reste der embryonalen Vasa hyaloidea vor. Der Brechungsindex des Glaskörpers entspricht dem der Kornea und des Kammerwassers.
Tunica interna bulbi Wichtig
Die Tunica interna bulbi, Retina, ist ein in die Peripherie verlagerter Anteil des Gehirns. In der Pars optica retinae erregen die Lichtsignale Stäbchen- und Zapfenzellen, die primäre Sinneszellen sind. Zunächst muss jedoch das Licht die übrigen Schichten der Retina passieren.
Die Tunica interna bulbi, innere Augenhaut, ist die Retina, Netzhaut (⊡ Abb. 9.1). Sie gliedert sich in Pars optica retinae und Pars caeca retinae. Die Grenze zwischen den beiden Abschnitten bildet die Ora serrata (⊡ Abb. 9.1). Hier wechselt der Schichtenbau der Retina von einem Abschnitt mit Sinnes- und Nervenzellen, Pars optica retinae, in einen ohne diese Zellen, Pars caeca. Die Pars caeca, »blinder« Teil der Retina, bedeckt mit 2 Epithellagen das Corpus ciliare und die Iris (s. oben). Dieser Teil entbehrt direkter Lichteinstrahlung. Die Pars optica nimmt die Lichtsignale aus dem optischen Apparat des Auges auf, zerlegt sie durch eine nachgeschaltete neuronale Bildverarbeitung in verschiedene Signale und gibt sie durch den N. opticus zum Gehirn weiter. Die Pars optica besteht in einer Schichtenfolge aus (⊡ Abb. 9.6) Rezeptorzellen, Bipolarzellen und Ganglienzellen. Außerdem regulieren Interneurone die Signalübertragung. Nach außen zur Choroidea hin befindet sich Pigmentepithel. Hinzu kommen als Glia Müller-Zellen. Zur Entwicklungsgeschichte Die Netzhaut ist aus den beiden Schichten des Augenbechers hervorgegangen (s. oben, ⊡ Abb. 9.2). Während das äußere Blatt einschichtig bleibt und zum Pigmentepithel wird, wird das innere Blatt im Bereich der zukünftigen Pars optica zu einer vielschichtigen epithelialen Formation aus Neuroblasten. Erhalten bleibt jedoch zeitlebens der ursprüngliche kapilläre Spalt zwischen den beiden Blättern des Augenbechers. Lediglich an der Ora serrata und am Übergang zum Sehnerven, der Papille, sind die ehemaligen
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⊡ Abb. 9.6 a, b. Schichten der Retina, Choroidea und Sklera. a Schichtenfolge, b Schaltschema
Blätter miteinander verbunden. Gelangt Flüssigkeit in diesen Spalt, kann es zur (seltenen) Netzhautablösung kommen.
Im histologischen Präparat lässt die Retina eine Schichtenfolge erkennen, die auf die Anordnung von gleichartigen Strukturen in einer Höhe zurückgeht, z. B. von Zellkernen, Fasern usw. (⊡ Abb. 9.6, ⊡ Tabelle 9.1) Rezeptorzellen (⊡ Abb. 9.6). Sie befinden sich in der
äußeren, peripheren Schicht der Retina. Dadurch muss das einfallende Licht alle anderen Schichten durchdringen, bevor es das Sinnesepithel erreicht (inverses Auge). Die Transduktion von Licht in elektrochemische Signale erfolgt in den Stäbchen als Sinnesfortsätze der Stäbchenzellen und Zapfen als Sinnesfortsätze der Zapfenzellen.
Stäbchen und Stäbchenzellen (etwa 120 Mio.). Die Stäb-
chen sind die apikalen Fortsätze der Stäbchenzellen. Die Fortsätze gliedern sich in ein zylindrisches Außenglied und ein Innenglied (⊡ Abb. 9.6). Es folgt der Zellleib mit dem Zellkern und schließlich als basaler Fortsatz das Axon, das mit einem breiten Endköpfchen, Spherulus, in der Folgeschicht endet. Die Außenglieder der Stäbchen sind durch senkrecht zum einfallenden Licht hintereinander angeordnete, membranumhüllte Scheibchen, Disci, von 2 mm Durchmesser gekennzeichnet (Abstand der Disci etwa 10 nm). Es handelt sich um Abschnürungen der Zellmembran. Sie sind reich an Sehpigment, Rhodopsin, das unter Lichteinwirkung zerfällt. Über ein kurzes Verbindungsstück mit Tubuli ist das Außenglied mit einem Innenglied verbunden. Im Innenglied befinden sich zahlreiche Mitochondrien. Es
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Kapitel 9 · Sinnesorgane
⊡ Tabelle 9.1. Schichten der Netzhaut von außen (A) nach innen (I) ▲
A
Basalkomplex (Bruch-Membran)
Stratum pigmentosum Schicht der Stäbchen und Zapfen
9
Stratum limitans externum
Stratum nucleare externum
(äußere Körnerschicht)
Stratum plexiforme externum
(äußere plexiforme Schicht)
Stratum nucleare internum
(innere Körnerschicht)
Stratum plexiforme internum
(innere plexiforme Schicht)
Stratum ganglionare
(Ganglienzellschicht)
Stratum neurofibrarum
(Nervenfaserschicht)
▲
I
▲
Stratum neuroepitheliale
Stratum nervosum
Stratum limitans internum
gehört mit dem folgenden Zellleib zum metabolischen Abschnitt der Zapfenzelle. Hier läuft eine Kaskade chemischer Prozesse ab. Schließlich entstehen Generatorpotentiale zur Weitergabe von Signalen an die Folgezellen. Die Weitergabe erfolgt an einem Endköpfchen (Spherulus). Die Stäbchenzellen dienen vor allem dem SchwarzWeiß-Sehen bei schwacher Beleuchtung (Dämmerungssehen, skotopisches Sehen). Bei Licht sind die Stäbchenzellen durch Hemmung abgeschaltet. Zapfen und Zapfenzellen (etwa 6–7 Mio., ⊡ Abb. 9.7)
sind im Grundsatz ähnlich wie Stäbchenzellen gebaut. Jedoch ist der Zellleib der Zapfenzellen schlanker und die Rezeptorfortsätze haben Flaschenform: das konische Außenglied entspricht dem Hals, das dicke Innenglied dem Bauch der Flasche. Die Außenglieder weisen stapelförmig angeordnete Einfaltungen der Plasmamembran auf, den Disci der Stäbchenzellen vergleichbar. Sie verfügen über drei verschiedene Sehpigmente mit Absorptionsmaxima für Blau (420 nm), Grün (530 nm) und Rot (560 nm). Dies ermöglicht das trichromatische Helligkeitssehen (photopisches Sehen). Gemeinsam ist den Stäbchen- und Zapfenzellen eine lau-
fende Erneuerung ihrer Außenglieder. Dabei wird zunächst die Fortsatzspitze einschließlich der Disci bzw. Einfaltungen abgestoßen und vom Pigmentepithel pha-
gozytiert. Die verloren gegangenen Zellteile werden von basal her ersetzt. Dabei wandern die Disci bzw. Einfaltungen einschließlich der eingelagerten Sehpigmente innerhalb weniger Tage von basal nach apikal. Pigmentepithel (⊡ Abb. 9.6). Zusammen mit den Stäb-
chen- und Zapfenzellen bildet es eine metabolische Einheit. Das Pigmentepithel ist einschichtig isoprismatisch und hat Fortsätze mit vielen Melaningranula. Die Fortsätze dringen je nach Beleuchtungsstärke unterschiedlich weit zwischen die Stäbchen und Zapfen. Auf der Gegenseite ist das Pigmentepithel fest mit der BruchMembran verbunden. Das Pigmentepithel dient der Phagozytose verbrauchter Teile der Außenglieder der Photorezeptoren und dem Stofftransport zur Ernährung des Sinnesepithels durch die Kapillaren der Lamina choroidocapillaris (s. oben). Ferner fängt das Pigmentepithel durch sein Melanin Streulicht auf, verhindert Lichtreflektionen und beeinflusst dadurch die Bildauflösung und Sehschärfe. Bipolarzellen (⊡ Abb. 9.6 b) sind das 2. Neuron in der Ket-
te der Nervenzellen der Retina (der Sehbahn). Ihre Dendriten haben synaptischen Kontakt mit den Axonen der Sinnesepithelzellen, ihre Axone mit dem 3. Neuron der Sehbahn, den Nervenzellen des Stratum ganglionare.
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len wirken vor allem bei der Wahrnehmung beweglicher Bilder mit, tragen aber wenig zur Strukturauflösung bei. X-Zellen sind mittelgroß und haben nur einen kleinen Dendritenbaum (»parvozelluläres System«), an die nur wenige Bipolarzellen herantreten. Dadurch stehen sie mit einem kleinen »rezeptiven Feld« in Verbindung. X-Zellen wirken insbesondere beim Farbsehen und bei der Auflösung von Strukturen im Sehfeld mit. Jede der beiden Zellgruppen lässt außerdem On- und OffZellen unterscheiden, je nach ihren Synapsen mit On- oder Off-Bipolarzellen.
Interneurone. Zu unterscheiden sind (⊡ Abb. 9.6 b) Horizontalzellen und amakrine Zellen. Die Horizontalzellen verbinden im Nebenschluss Zapfen- und Stäbchenzellen polysynaptisch, z. T. über weite Strecken. Es treten immer zwei Fortsätze von zwei Horizontalzellen und ein Fortsatz einer Bipolarzelle an eine Invagination des Endköpfchens einer Stäbchen- oder Zapfenzelle heran. Dadurch entstehen synaptische Triaden. – Die Kerne der Horizontalzellen liegen im äußeren Drittel der inneren Körnerschicht (⊡ Tabelle 9.1). ⓘ Infobox ⊡ Abb. 9.7. Sinnesepithelzellen der Retina. Rechts Stäbchenzellen, links Zapfenzellen. Sie werden von Müller-Zellen (grau) umgeben, deren Zellverbindungen mit den Perikarya der Stäbchenund Zapfenzellen das Stratum limitans externum bilden.
ⓘ Infobox Die Bipolarzellen sind uneinheitlich. Sie liegen als »Licht-an-« (On-center-) oder als »Licht-aus-« (Off-center-) Neurone vor. Bei On-Bipolaren vermindert Licht ihre Hemmung; dadurch wirken sie exzitatorisch. Bei Off-Bipolaren wirkt Licht hemmend; dadurch inhibieren sie.
Ganglienzellen (⊡ Abb. 9.6 b). Sie sind das 3. Neuron in der Folge der Nervenzellen der Retina. Es handelt sich um großkernige multipolare Ganglienzellen, deren zunächst marklose Axone in der Nervenfaserschicht zum Discus nervi optici ziehen. ⓘ Infobox Die Nervenzellen des Stratum ganglionare unterscheiden sich in ihrer Größe: Y-Zellen sind die größten Nervenzellen des Stratum ganglionare (»magnozelluläres System«). Ihre Dendriten sind stark verzweigt, sodass sie von vielen Bipolarzellen erreicht werden. Dadurch erhalten Y-Zellen Signale aus einem großen »rezeptiven Feld« des Sinnesepithels. Y-Zel-
Die Horizontalzellen werden durch erregende Synapsen von den Photosensoren erreicht, die sie retrograd über hemmende GABA-erge Synapsen beeinflussen (laterale Hemmung). Dies führt dazu, dass in der Retina um jedes lichtinduziertes Erregungszentrum (rezeptives Feld) ein hemmendes Umfeld liegt (»center-surround« Antagonismus). Dies führt zu einer Kontrastverstärkung.
Die amakrinen Zellen verbinden im Nebenschluss die bi-
polaren Zellen, die ihre Signale von Stäbchenzellen erhalten, mit den Nervenzellen des Stratum ganglionare.Amakrine Zellen haben kein typisches Axon. ⓘ Infobox Die amakrinen Zellen sind eine uneinheitliche Population. Gemeinsam ist ihnen eine hemmende Funktion, durch die sie modulierend auf Signalübertragungen in der Retina wirken können.
Müller-Zellen sind die Gliazellen der Netzhaut. Ihre
Fortsätze enden mit breiter Auffächerung. Sie bilden das Stratum limitans externum und internum. Die Müller-
Zellen spielen eine wichtige Rolle bei der Sicherung des Ionenaustausches in der Retina und bei der Wiederaufnahme von Glutamat und GABA an synaptischen Spalten.
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Kapitel 9 · Sinnesorgane
Das Stratum limitans externum kommt durch Zellverbindungen zwischen Ausläufern der Müller-Zellen und Perikarya der Stäbchen- und Zapfenzellen zustande (⊡ Abb. 9.6). Die Stäbchen und Zapfen selbst liegen außerhalb der Gliagrenzschicht. Das Stratum limitans externum bildet eine Gliagrenzschicht auf der Innenseite der Retina.
Fällt die Netzhautperipherie aus, z. B. bei Retinitis pigmentosa, wird das Gesichtsfeld stark eingeschränkt, röhrenförmig, und der Patient stößt an jedes Hindernis.
Blutgefäße, N. opticus
schiedlicher Wirkungsweise unterscheiden Macula lutea mit Fovea centralis, Discus nervi optici und Randbereich.
Arterien (⊡ Abb. 9.8). Alle Arterien des Bulbus oculi gehen aus der A. ophthalmica hervor. Erreicht wird der Bulbus oculi von A. centralis retinae und Aa. ciliares.
Macula lutea und Fovea centralis (⊡ Abb. 9.1). Die Macu-
Die A. centralis retinae tritt 10–15 mm vor dem Bulbus
Gliederung der Retina. Die Retina lässt Bereiche unter-
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> Klinischer Hinweis
la lutea (»gelber Fleck« durch Einlagerung protektiver Pigmente, z. B. Lutein in alle Schichten der Retina dieses Gebietes) hat einen Durchmesser von etwa 5 mm und ist der zentrale Netzhautbezirk, den der Axus opticus schneidet. In ihrer Mitte befindet sich als gefäßfreie Einsenkung die Fovea centralis (Durchmesser 0,2 mm). Sie ist die Stelle des schärfsten Sehens. Hier kommen nur Zapfenzellen vor, die besonders dicht stehen, da ihre Außenglieder einen geringeren Durchmesser haben als in der Peripherie der Netzhaut. Eine Besonderheit ist, dass die Zapfenzellen der Fovea centralis jeweils nur mit einer Bipolarzelle und einer Ganglienzelle eine Kette bilden. Dadurch ist das Auflösungsvermögen in der Netzhautmitte am besten. Außerdem sind alle den Zapfenzellen nachgeschalteten Neurone zur Seite verlagert, sodass einfallendes Licht nicht gestreut wird.
von unten in den N. opticus ein. Dann bildet sie um den N. opticus am Eintritt in den Bulbus einen kleinen Gefäßkranz, der sich im Discus nervi optici in einen oberen und unteren Ast mit jeweils mehreren (variablen) Verzweigungen aufteilt. Die Äste bilden ein Endgefäßsystem ohne Kollateralen (Infarktgefahr mit folgender Erblindung). Aa. ciliares. Sie begleiten zunächst den N. opticus. Dann ziehen sie mit etwa 20 Ästen als Aa. ciliares posteriores breves zur Choroidea, wo sie in der Lamina choroidocapillaris ein dichtes Gefäßnetz zur Ernährung der gefäßlosen Sinneszellschicht bilden, und als A. ciliaris po-
Im Discus nervi optici (⊡ Abb. 9.1) beginnt der Sehnerv
(s. unten). Die Stelle befindet sich etwa 1 cm medial der Macula. Im Bereich des Discus nervi optici fehlen Sinnesund Nervenzellen, deswegen blinder Fleck. In der Mitte des Discus nervi optici befinden sich Äste der Vasa centrales retinae. Randbezirke der Retina. Hier überwiegen die Stäbchenzellen. Deswegen ist dieser Bezirk bei Dämmerung aktiv. Außerdem vermitteln die Randbezirke der Retina die Wahrnehmung von Hindernissen und Bewegungen, ohne sie jedoch genau erkennen zu lassen. Reflektorisch erfolgen dann Augen- bzw. Kopfbewegungen. Und schließlich befinden sich im Randbezirk der Retina die Rezeptorzellen für den Pupillenreflex auf Licht. ⊡ Abb. 9.8. Blutgefäße des Augapfels. Übersicht
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sterior longa zwischen Sklera und Choroidea zur Iris. Somit wird die Retina also von 2 Seiten mit Blut versorgt. Die Ernährung bis zur inneren Körnerzellschicht (2. und 3. Neuron) erfolgt aus den Ästen der A. centralis retinae, der äußere Rest der Retina (1. Neuron) wird aus der Lamina choroidocapillaris versorgt.
Durascheide, die sich kontinuierlich in die Sclera bulbi fortsetzt. Auch Arachnoidea und Pia mater sind vorhanden, da der N. opticus nicht wie ein peripherer Nerv gebaut ist, sondern wie ein zum Zentralnervensystem gehöriger Abschnitt. Von der Pia dringen Septen in den N. opticus ein und teilen ihn in Bündel.
Venen. Als 4–5 strahlenförmige Vv. vorticosae in der Choroidea sammeln sie das venöse Blut aus der Retina sowie als Vv. ciliares aus dem Ziliarkörper und leiten es zur V. ophthalmica superior.
ⓘ Infobox
N. opticus, Sehnerv. Er sammelt die Axone (etwa 1 Million) aus dem Stratum ganglionare. Sein Beginn ist die Lamina cribrosa sclerae, der Durchtritt der Axone durch die Sklera. Nach Verlassen des Bulbus oculi bekommen die Axone eine Markscheide, die von Oligodendroglia gebildet wird. Umhüllt wird der N. opticus von einer derben
>
Mittels Augenspiegel kann der Augenhintergrund unmittelbar beobachtet werden.Dadurch ist der Augenhintergrund die einzige Stelle des Körpers, an der nichtinvasiv die Gefäßbeschaffenheit beurteilt werden kann.– Mit dem Augenspiegel sind die Macula lutea und der Discus nervi optici mit den dort austretenden Vasa centrales retinae und ihren Verzweigungen zu erkennen.Dagegen sind in der Regel die Gefäße der Choroidea nicht zu erkennen (Ausnahme:Albinos).Sie rufen aber die rote Farbe des Augenhintergrundes hervor.– Weitere optische Methoden (z. B.Spaltlampe) stehen zur Untersuchung der Kornea,der Augenkammern,Linse und des Glaskörpers zur Verfügung.
In Kürze
Der Bulbus oculi beherbergt im Augenhintergrund die Sinneszellen der Retina (Stäbchen- und Zapfenzellen), auf die durch den optischen Apparat (Kornea, Kammerwasser, Linse, Glaskörper) das einfallende Licht fokussiert wird. Die äußere Augenhaut, Sklera, ist derb und fest,Tunica fibrosa bulbi. Uhrglasförmig ist die lichtdurchlässige Kornea eingelassen.Von der Tunica vasculosa bulbi aus wird im Bereich der Choroidea durch die Bruch-Membran und das Pigmentepithel hindurch das Sinnesepithel des Auges ernährt. Der vordere Abschnitt der Tunica vasculosa bulbi (Corpus ciliare, Iris) beherbergt u. a. Muskulatur. Der M. ciliaris bestimmt via Fibrae zonulares den Krümmungsindex der Linse und stellt damit die Brennweite des Auges für Nah- und In-die-Ferne-Sehen ein. Außerdem wird vom Corpus ciliare Kammerwasser produziert, das in der vorderen Augenkammer im Iridokornealwinkel wieder abgeleitet wird. Die Iris regelt in Abhängigkeit von der Lichtintensität die Pupillenweite und funktioniert damit als Aperturblende. Die Tunica interna bulbi, Retina, hat in ihrer hinter dem Equator bulbi gelegenen Pars optica primäre Sinnesepithelzellen. Die Stäbchenzellen dienen der Hell-Dunkel-Wahrnehmung, die Zapfenzellen vermitteln das Farbsehen. In 2 weiteren Nervenzellschichten (mit Bipolar- und Ganglienzellen sowie mit Horizontalzellen und amakrinen Zellen als Interneurone) werden die Lichtsignale verändert und im N. opticus weitergeleitet. Die Stelle des schärfsten Sehens ist die Fovea centralis in der Macula lutea.
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664
Kapitel 9 · Sinnesorgane
9.2.2
Hilfsapparat
de Hautfalte, die bei Asiaten verbreitet und bei Mongolismus, Trisomie 21, ein charakteristisches Symptom ist.
Wichtig
Der Hilfsapparat des Auges dient dem Schutz und der Bewegung des Bulbus oculi.Tränenflüssigkeit und Lidschlag sichern die Funktionstüchtigkeit der Kornea.
Zum Hilfsapparat des Sehorgans gehören als Schutzeinrichtungen (⊡ Abb. 9.9) die – Palpebrae, Augenlider, – Tunica conjunctiva, Bindehaut, – Apparatus lacrimalis, Tränenapparat, und als Bewegungsapparat des Bulbus die – Mm. bulbi, äußere Augenmuskeln. Ergänzt wird der Hilfsapparat des Auges durch Vagina bulbi und Corpus adiposum bulbi.
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Palpebrae, Augenlider Ein größeres Oberlid und ein kleineres Unterlid begrenzen die Lidspalte, Rima palpebrarum. Zur Entwicklung Die Augenlider werden im 2. Entwicklungsmonat durch Ausbildung von Ringwülsten der Haut angelegt, deren freie Ränder zur Lidnaht verkleben. Die Naht löst sich zwischen 5. und 8. Entwicklungsmonat wieder. > Klinischer Hinweis Mongolenfalte, Epicanthus, nennt man eine vom Oberlid schräg nach medial unten über den inneren Lidwinkel ziehen-
Bau der Augenlider (⊡ Abb. 9.9). Die Grundlage der Augenlider ist das Septum orbitale, 2 zarte Bindegewebsblätter, die am Margo supraorbitalis bzw. infraorbitalis vom Periost der Orbita, Periorbita, ausgehen und in die derben Lidplatten des Tarsus superior bzw. inferior einstrahlen. Diese sind zusätzlich durch kräftige Ligg. palpebralia mediale et laterale am inneren und äußeren Augenwinkel aufgehängt. > Klinischer Hinweis Zur Fremdkörpersuche in der Konjunktiva lässt sich durch Zug an der Wimpernreihe das Oberlid hoch- und umklappen, wenn der Oberrand des Tarsus superior fixiert wird, z. B. mit einem Streichholz.
Cilia, Wimpern, sind leicht verdickte Haare, die in 2–3 Rei-
hen an der vorderen Lidkante liegen. Sie fehlen am medialen Augenwinkel. In die Haarbälge der Zilien münden apokrine Gll. ciliares, Moll-Drüsen – sie können auch frei münden – und holokrine Gll. sebaceae, Zeis-Drüsen. Die größten Drüsen der Augenlider sind jedoch die Gll. tarsales, Meibom-Drüsen. Sie liegen im Filzwerk des Bindegewebes der Lidplatten, haben holokrine Sekretion und münden mit ihren Ausführungsgängen nah der hinteren Lidkante. Ihr Sekret enthält viele Lipide, die wesentlich dazu beitragen, dass die Tränenflüssigkeit gute Spreitfähigkeit aufweist, nicht zu schnell verdunstet und nicht über den Lidrand läuft. > Klinischer Hinweis Eine Entzündung der Haarbalgdrüsen der Wimpern ist als Gerstenkorn, Hordeolum, häufig. Eine Entzündung der Meibom-Drüsen führt zum selteneren Hagelkorn, Chalazion.
Lidschluss und Öffnung. Beteiligt sind (⊡ Abb. 7.13, ⊡ Tabelle 7.4). M. orbicularis oculi (Innervation: N. facialis) Er verläuft vor allem zirkulär und bewirkt willkürlichen und – im Schlaf – unwillkürlichen Lidschluss sowie unwillkürlichen Lidschlag zur Verteilung und Fortbewegung der Tränenflüssigkeit. M. levator palpebrae superioris (Innervation: N. oculomotorius). Er ist ein Lidheber. M. tarsalis superior (kräftiger) und M. tarsalis inferior (Innervation: Halssympathikus). Es handelt sich um glatte Muskeln, die durch ihren Tonus die Lidspalte erweitern. ⊡ Abb. 9.9. Augenlider
665 9.2 · Sehorgan
Im Einzelnen Lidschluss. Beim Lidschluss werden Ober- und Unterlid zugleich nach medial gezogen, im Wesentlichen durch die Pars palpebralis und lacrimalis musculi orbicularis oculi. Dadurch verkürzt sich die Lidspalte um etwa 1–2 mm. – Der Lidschluss ist für das Schlafen unbedingte Voraussetzung. Lidschlag. Kompliziert ist beim Lidschlag die Funktion der Pars lacrimalis musculi orbicularis. Zunächst wird der innere Lidrand nach innen verkantet; die Tränenpunkte (s. unten) tauchen dadurch in den Tränensee. Dann wird der senkrechte Anfangsteil der Canaliculi lacrimales verschlossen, der horizontale Teil der Canaliculi lacrimales verkürzt und erweitert. Dadurch entstehen während des Lidschlags Über- und Unterdruck im Tränengangsystem und der gerichtete Abfluss der Tränenflüssigkeit wird gefördert, zumal der Saccus lacrimalis außerhalb der Periorbita liegt. Gefäße und Nerven der Augenlider. Außer von Arterien
und Venen der Orbita (S. 668) werden die Lider von Aa. et Vv. facialis, infraorbitalis und transversa faciei versorgt. Die sensible Innervation der Haut am Oberlid erfolgt durch Verzweigungen des 1. Astes des N. trigeminus (N. supratrochlearis), der Haut am Unterlid durch Verzweigungen des 2. Astes des N. trigeminus (Rr.palpebrales).
Tunica conjunctiva, Bindehaut Die Tunica conjunctiva (⊡ Abb. 9.9) bedeckt die Hinterfläche von Ober- und Unterlid sowie den vordersten Teil der Sklera. Sie besteht aus zwei- bis mehrschichtigem isobis hochprismatischem Epithel mit vereinzelten Becherzellen und im Fornix conjunctivae gelegentlichen endoepithelialen Becherzellkomplexen.Am oberen und unteren Fornix erfolgt der Umschlag in die Conjunctiva bulbi, die die Sklera des Augapfels bis etwas über den Hornhautrand hinweg bedeckt. Die Conjunctiva palpebrae ist relativ fest mit der Unterlage verbunden, die Conjunctiva bulbi dagegen leicht gegen die Sklera verschieblich; im Fornix liegen Reservefalten für die Augenbewegungen. Innervation. Nn. ciliares longi (S. 669). Bei Berührung der Konjunctiva erfolgt reflektorischer Lidschluss. Gefäße. Aa. conjunctivales anteriores (aus den Aa. ciliares anteriores, Äste der A. lacrimalis, S. 668). > Klinischer Hinweis Bei entzündlicher oder durch einen Fremdkörper verursachten Reizung der Bindehaut, Konjunktivitis, werden zahlreiche Blutgefäßschlingen sichtbar, die in der Tunica propria bis an den Hornhautrand heranziehen, konjunktivale Injektion.
Apparatus lacrimalis, Tränenapparat Der Tränenapparat besteht aus Gl. lacrimalis, Tränendrüse, und den Tränenabflusswegen. Die Tränenflüssigkeit hält Hornhaut und Bindegewebe feucht und ernährt sie. Gl. lacrimalis, Tränendrüse. Sie liegt über dem lateralen
Augenwinkel in der Fossa glandulae lacrimalis des Stirnbeins. Durch das Drüsenparenchym hindurch zieht die Aponeurose des M. levator palpebrae superioris (s. oben) und teilt die Drüse in eine kleinere Pars palpebralis und eine größere Pars orbitalis. Am lateralen Rand der Sehne des Lidhebers stehen beide Drüsenteile miteinander in Verbindung. Mikroskopische Anatomie. Die Tränendrüse ist eine tubuloalveoläre Drüse, die aus verschiedenen, getrennten Drüsenlappen besteht. Etwa 6–12 Ausführungsgänge münden oberhalb des lateralen Augenwinkels in den Fornix conjunctivae superior. Die Drüsenendstücke haben gewöhnlich weite Lumina und werden von hochprismatischen Zellen vom serösen Typ gebildet. Schaltstücke und Sekretrohre fehlen. Extralobulär sind die Ausführungsgänge zwei- bis mehrreihig. Das interstitielle Bindegewebe weist mit dem Alter zunehmend Fettzellen sowie Lymphozyten und Plasmazellen auf. – Das Sekret der Tränendrüse, die Tränenflüssigkeit, ist dünnflüssig und eiweißarm. Gefäßversorgung. A. lacrimalis. Innervation
sekretorisch-parasympathisch (⊡ Abb. 7.29, S. 416) aus dem N. facialis (N. intermedius) via N. petrosus major – Ganglion pterygopalatinum – N. zygomaticus – R. communicans cum nervi lacrimale – N. lacrimalis und sympathisch aus dem Halssympathikus (⊡ Abb. 10.12, S. 701), der über den periarteriellen Gefäßplexus der A. lacrimalis die Drüse erreicht. Tränenfluss (⊡ Abb. 9.10). Die Tränenflüssigkeit gelangt im Bindehautsack durch den Lidschlag zum medialen Lidwinkel in den Tränensee, Lacus lacrimalis, und wird hier durch die Öffnung der beiden Tränenkanälchen, Puncta lacrimalia, Tränenpunkte (auf den Papillae lacrimales des Ober- und Unterlids), in die beiden Canaliculi lacrimales gesaugt. Diese nehmen zunächst senkrechten, dann horizontalen Verlauf nach medial und münden hinter dem Lig. palpebrale mediale in den Tränensack.
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Kapitel 9 · Sinnesorgane
nis. Hierbei handelt es sich um einen sehnigen Ring, der
⊡ Abb. 9.10. Tränenapparat
Saccus lacrimalis, Tränensack. Er liegt in einer von der Periorbita überzogenen Fossa sacci lacrimalis des Os lacrimale (S. 389). Seine dünne Wand ist mit Periost und Periorbita verwachsen, sein Lumen wird dadurch stets offen gehalten. Der Tränenabfluss erfolgt durch den Ductus nasolacrimalis, der in den unteren Nasengang mündet (S. 391).
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> Klinischer Hinweis Bei versiegender Tränensekretion bzw.bei Ausbleiben des Lidschlages trübt sich die Kornea und kann ulzerieren.
Mm. externi bulbi oculi, äußere Augenmuskeln Unterschieden werden 4 gerade Augenmuskeln und 2 schräge Augenmuskeln. Gerade Augenmuskeln sind die Mm. recti superior, infe-
rior, medialis et lateralis (⊡ Tabelle 9.2). Ihr gemeinsamer Ursprung (⊡ Abb. 9.11) ist der Anulus tendineus commu-
sich über die Öffnung des Canalis opticus und den mittleren Teil der Fissura orbitalis superior spannt. Er bildet die Spitze einer Muskelpyramide, in die der N. opticus, die A. ophthalmica, der N. oculomotorius, N. nasociliaris, N. abducens eintreten. Der Ansatz aller geraden Augenmuskeln befindet sich vor dem Equator bulbi, jedoch in unterschiedlicher Entfernung vom Hornhautrand (⊡ Abb. 9.12 a). Funktion (⊡ Abb. 9.12 b). Der M. rectus medialis konvergiert, der M. rectus lateralis divergiert, der M. rectus superior hebt, der M. rectus inferior senkt die Sehachse. Beide wirken zusätzlich synergistisch konvergierend, besonders bei Konvergenzstellung des Bulbus. Schräge Augenmuskeln (⊡ Abb. 9.12, ⊡ Tabelle 9.2). Die beiden schrägen Augenmuskeln setzen hinter und lateral von der Ab- und Adduktionsachse des Bulbus an. M. obliquus inferior. Der untere Schrägmuskel verbindet Ursprung (am vorderen Rand der Orbita) und Ansatz auf kürzestem Weg miteinander. M. obliquus superior. Der obere Schrägmuskel zieht von seinem Ursprung am Corpus ossis sphenoidalis und der Durascheide des Sehnerven zunächst nach vorn. Seine Sehne wird an der oberen medialen Wand der Orbita in der Fovea trochlearis durch einen diese Grube überziehenden knorpeligen Halbring, Trochlea, geführt. Sie wendet sich dann in einem Winkel von etwa 50 ° zurück, zieht unter der Sehne des M. rectus superior hindurch und setzt am hinteren lateralen Quadranten gegenüber dem Ansatz des M. obliquus inferior am Bulbus an.
⊡ Tabelle 9.2. Ursprung, Ansatz und Innervation der äußeren Augenmuskeln Ursprung Gerade Augenmuskeln M. rectus superior M. rectus inferior M. rectus medialis M. rectus lateralis
Schräge Augenmuskeln M. obliquus inferior
M. obliquus superior
Anulus tendineus communis Anulus tendineus communis Anulus tendineus communis Anulus tendineus communis und Ala min. ossis sphenoidalis
Mediale Orbitawand, nah dem Eingang zum Canalis nasolacrimalis Anulus tendineus communis
Ansatz
Vor dem Equator bulbi
Dorsal und lateral der Ab- und Adduktionsachse des Bulbus
Innervation
N. oculomotorius N. oculomotorius N. oculomotorius N. abducens
N. oculomotorius
N. trochlearis
667 9.2 · Sehorgan
⊡ Abb. 9.11 a, b. Äußere Augenmuskeln. a Ursprünge. b Frontalschnitt durch die hintere Orbita etwa 1 cm hinter dem Bulbus. Zu beachten ist die Lage der Gefäße und Nerven zur Augenmuskelpyramide
Funktion. Beide Muskeln wirken synergistisch divergierend (abduzierend). Daneben senkt der M. obliquus superior die Sehachse, der M. obliquus inferior hebt sie. ⓘ Infobox Jede Augenbewegung erfolgt durch Kontraktion mehrerer Augenmuskeln bei gleichzeitiger – »reziproker« – Erschlaffung der Antagonisten. Außerdem sind die Kontraktionen der Augenmuskeln beider Bulbi zentral gekoppelt. Bei Lähmungen treten Doppelbilder auf, Diplopie.
Augenmuskelsehnen. Die Sehnen der Augenmuskeln
sind ein wichtiges Bauelement der Orbita. Sie verstärken den mittleren Teil der Vagina bulbi und sind durch Retinacula mediale et laterale mit der Periorbita verbunden. Dadurch fixieren sie den Augapfel in seiner Lage. – Verklebungen der Faszien der äußeren Augenmuskeln sind nicht selten die Ursache angeborenen Schielens. Wenn Sie sich jetzt über die Steuerung der Okulomotorik informieren wollen, lesen Sie S. 785. ⊡ Abb. 9.12 a, b. Äußere Augenmuskeln. a Ansätze. Die Zahlen geben die Entfernung (in Millimetern) der Muskelansätze vom Limbus corneae wieder. (Nach Rohen 1966) b Wirkung der äußeren Augenmuskeln. Die roten Pfeile geben die Richtung und durch ihre Länge die Kraft an, mit der die Muskeln den Bulbus bewegen. Die Richtungsänderung der Axis opticus bei Kontraktion des M. obliquus inf. ist deshalb oben, die des M. obliquus sup. unten in das Funktionsschema eingezeichnet worden
Vagina bulbi, Corpus adiposum orbitae, Periorbita Der Augapfel liegt in einer Art Gelenkhöhle, Vagina bulbi, Tenon-Kapsel, die Drehbewegungen des Bulbus etwa wie in einem Kugelgelenk um 3 Hauptachsen gestattet. Bei der Vagina bulbi handelt es sich um eine derbe Bindegewebshülle, die nur an 2 Stellen, dem Optikus-
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668
Kapitel 9 · Sinnesorgane
durchtritt und einer kreisförmigen Verwachsungszone in der Nähe des Limbus corneae, direkt mit dem Augapfel verbunden ist. Die Vagina bulbi trennt damit den Augapfel vom retrobulbären Fettkörper, Corpus adiposum orbitae, dessen bindegewebig verstärkte, formstabile vordere Wand sie bildet. Der schmale Spaltraum zwischen Vagina bulbi und Sklera, Spatium episclerale, ist durch zartes Bindegewebe ausgefüllt, das ein Gleiten der Sklera gegen die Vagina bulbi ermöglicht. Die Endsehnen der äußeren Augenmuskeln dringen durch schlitzförmige Spalten durch die Vagina bulbi hindurch, bevor sie am Bulbus ansetzen. Die Periorbita ist der periostale Überzug der Augenhöhle. Ihr ein- bzw. angelagert sind glatte Muskelzellen, als M. orbitalis zusammengefasst. Außerhalb der Periorbita, jedoch innerhalb der knöchernen Orbita liegen der Saccus lacrimalis und der N. infraorbitalis.
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> Klinischer Hinweis Der in Verbindung mit einer Schilddrüsenüberfunktion häufig beobachtete Exophthalmus wird als entzündliche Schwellung des retrobulbären Fettkörpers im Gefolge eines Autoimmunprozesses gedeutet.
9.2.3
Gefäße und Nerven der Orbita
Die Gefäße und Nerven der Orbita stehen in engem topographischen Bezug zum Sehorgan und seinen Anteilen, die sie auch gleichzeitig versorgen. A. ophthalmica (⊡ Abb. 9.11 b, 9.13). Die A. ophthalmica
zweigt als ein Ast der A. carotis interna nach deren Eintritt in die Schädelhöhle ab. Die Orbita erreicht sie durch den Canalis opticus. Dann zieht sie durch den Anulus tendineus communis in die Augenmuskelpyramide hinein, liegt zunächst lateral, dann medial über dem N. opticus und verläuft mit dem M. obliquus superior nach vorn, wo sie in 2 kleinen Endästen endet, der A. dorsalis nasi und der A. supratrochlearis. Äste der A. ophthalmica: A. centralis retinae (s. oben), Aa. ciliares posteriores breves (s. oben), Aa. ciliares posteriores longae (2, s. oben), A. lacrimalis zur Tränendrüse und zum lateralen Augen-
winkel, A. supraorbitalis für die Stirn, A. ethmoidalis posterior durch das Foramen ethmoidale posterius zur Schleimhaut der Siebbeinzellen (S. 391),
⊡ Abb. 9.13. A. ophthalmica mit Ästen. Zu beachten sind die Lagebeziehungen der Arterien zum Bulbus oculi bzw. Fasciculus nervi optici sowie zum M. obliquus bulbi superior. *R. anastomoticus cum A. lacrimalis
A. ethmoidalis anterior durch das Foramen ethmoidale anterius zur vorderen Schädelgrube, wo sie den R. meningeus anterior abgibt. Dann tritt sie durch die Lamina cribrosa in die Nasenhöhle (S. 390). Rr. musculares für die äußere Augenmuskulatur. Sie geben nahe dem Hornhautrand zahlreiche Aa. ciliares anteriores ab, die durch die Sklera hindurch zum Corpus ciliare und zur Iris gelangen. V. ophthalmica superior (⊡ Abb. 9.11 b). Sie sammelt das Blut aus dem Bulbus und der oberen Orbita (sowie von Augenlid und Siebbeinzellen). Anastomosen bestehen zur V. facialis und dem Sinus cavernosus. Sie mündet nach Verlassen der Orbita durch die Fissura orbitalis superior in den Sinus cavernosus. V. ophthalmica inferior. Sie entsteht am Boden der Orbi-
ta, hat Zuflüsse aus der Nasenhöhle, Anastomosen mit der V. facialis und mündet entweder in die V. ophthalmica superior oder – durch die Fissura orbitalis inferior – in den Plexus pterygoideus. N. oculomotorius (N. III, ⊡ Abb. 9.11 b, 9.14). Er verläuft durch die Fissura orbitalis superior, den Anulus tendineus communis und in der Augenmuskelpyramide unter dem M. rectus superior. Äste des N. oculomotorius: R. superior, ein schwächerer oberer Ast zum M. rectus superior und M. levator palpebrae superioris,
669 9.2 · Sehorgan
⊡ Abb. 9.14. Nerven der Orbita. Ansicht von oben. Das knöcherne Orbitadach ist entfernt und das Ganglion trigeminale nach lateral verdrängt, um die Trigeminushauptäste sichtbar zu machen
R. inferior, ein stärkerer unterer Ast, der sich aufteilt in – Rr. musculares zum M. rectus medialis, M. rectus inferior und M. obliquus inferior, – Radix oculomotoria mit parasympathischen Fasern zum Ganglion ciliare, das lateral am N. opticus liegt. Hier findet die Umschaltung auf das 2. (letzte) Neuron statt, dessen Axon über Nn. ciliares breves Augenbinnenmuskeln, M. sphincter pupillae und M. ciliaris, innerviert. N. trochlearis (N. IV, ⊡ Abb. 9.14). Er zieht durch die Fis-
sura orbitalis superior über dem Anulus tendineus communis, liegt damit über der Augenmuskelpyramide, und erreicht den M. obliquus superior. N. ophthalmicus (N. V1, somatoafferent, ⊡ Abb. 9.14). Er
tritt durch die Fissura orbitalis superior in die Orbita ein. Jedoch teilt er sich bereits vor der Fissur in seine 4 Hauptäste, von denen der 1. rückläufig ist (R. tentorii), die anderen an die laterale (N. lacrimalis), obere (N. frontalis) und nasale (N. nasociliaris) Wand der Orbita ziehen. Obgleich das Einzugsgebiet des N. ophthalmicus überwiegend außerhalb des Sehorgans liegt, wird er in diesem Zusammenhang besprochen. Äste des N. ophthalmicus: R. tentorii zum Tentorium cerebelli und zur Falx, N. lacrimalis. Er läuft über den M. rectus lateralis durch die Tränendrüse zur Haut, Rr. palpebrales, und Bindehaut des lateralen Augenwinkels, Rr. conjunctivales.
Über eine Anastomose mit dem N. zygomaticofacialis (aus dem N. maxillaris, N. V2) lagern sich dem N. lacrimalis sekretorische Fasern für die Tränendrüse an (⊡ Abb. 7.55, S. 467). N. frontalis. Er liegt dem M. levator palpebrae superioris auf, wo er sich aufspaltet in: – N. supratrochlearis, der die Haut des medialen Augenwinkels versorgt, nachdem er über die Trochlea des M. obliquus superior gezogen ist und – N. supraorbitalis, der sich in einen stärkeren R. lateralis und einen schwächeren R. medialis teilt. Die beiden Äste ziehen über die Incisura (bzw. Foramen) supraorbitalis bzw. Incisura frontalis zur Stirnhaut. N. nasociliaris (⊡ Abb. 9.11 b). Er verläuft zunächst zwischen M. rectus superior und N. opticus, dann zwischen M. rectus medialis und M. obliquus superior. Seine Äste sind: – N. infratrochlearis zur Haut und Bindehaut des medialen Augenwinkels und zum Saccus lacrimalis, – Nn. ciliares longi, meist dünne Äste zum Bulbus oculi, die sich dem N. opticus medial anlagern, – N. ethmoidalis anterior, der die gleichnamige Arterie begleitet, durch das Foramen ethmoidale anterius in die vordere Schädelgrube gelangt (extradural) und diese durch die Lamina cribrosa ossis ethmoidalis wieder verlässt, um in die Nasenhöhle zu gelangen. Dort teilt er sich in Rr. nasales laterales et mediales für die Nasenschleimhaut und einen R. nasalis externus für die Haut der Nase bis zur Nasenspitze. – N. ethmoidalis posterior. Er gelangt über das Foramen ethmoidale posterius zur Schleimhaut der Siebbeinzellen und der Keilbeinhöhle. – R. communicans cum ganglio ciliari. Er zieht ohne Unterbrechung durch das Ganglion ciliare hindurch und erreicht in den Nn. ciliares breves das Auge. N. abducens (N. VI, ⊡ Abb. 9.11 b, 9.14). Er zieht durch die Fissura orbitalis superior und den Anulus tendineus communis nach kurzem Verlauf in den M. rectus lateralis. Autonome Nerven. Parasympathische Nervenfasern zur Gl. lacrimalis (⊡ Abb. 7.29, S. 467) und Augenbinnenmuskulatur, sympathische zu den Mm. tarsales superior et inferior, dem M. orbitalis und der Augenbinnenmuskulatur. Der N. infraorbitalis (somatoafferent zu V2) liegt am Boden der Orbita außerhalb der Periorbita. Seine Besprechung erfolgt auf S. 459.
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670
Kapitel 9 · Sinnesorgane
>
In Kürze
Die Conjunctiva bulbi steht im Mittelpunkt der Schutzeinrichtungen der Vorderfläche des Bulbus oculi. Sie bedeckt die Innenfläche der Augenlider und die Oberfläche des vorderen Teils der Sklera. Durch die Sekrete der Gl. lacrimalis und von Drüsen der Augenlider werden ihre Oberflächen und die Kornea feucht gehalten. Die Augenlider werden durch den Tarsus superior et inferior gestützt. Die Augenlidmuskulatur bewirkt Lidschluss und Öffnung. 4 gerade Augenmuskeln entspringen gemeinsam am Anulus tendineus communis. Die geraden Augenmuskeln setzen vor dem Equator bulbi, die schrägen hinter und lateral der Ab- und Adduktionsachse des Bulbus an. Die Muskeln bewirken Augenbewegungen in alle Richtungen. Zur beweglichen Unterbringung des Bulbus oculi in der Orbita tragen die Vagina bulbi und das Corpus adiposum bulbi bei. Die gesamte Gefäßversorgung geht von der A. ophthalmica und deren Ästen aus. An der Innervation sind der N. oculomotorius, N. trochlearis, N. ophthalmicus, N. abducens sowie autonome Nerven beteiligt.
9.3
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Gehör- und Gleichgewichtsorgan Wichtig
Das Organum vestibulocochleare besteht aus zwei in ihrer Funktion unabhängigen Organen, dem Gehörund dem Gleichgewichtsorgan. Beide Organe befinden sich im Innenohr, Auris interna. Das Gehörorgan hat durch den Schallleitungsapparat Verbindung mit der Außenwelt.
Gehör- und Gleichgewichtsorgan befinden sich im Innenohr. Das Ohr, Auris, besteht aus (⊡ Abb. 9.15) Auris externa, äußere Ohr, nur für das Hörorgan, Auris media, Mittelohr, nur für das Hörorgan und Auris interna, Innenohr, mit dem Gehör- und Gleichgewichtsorgans, Organum vestibulocochleare. Das Ohr liegt im Os temporale, davon das Innenohr in der Pars petrosa (S. 384). Zur Entwicklung (⊡ Abb. 9.16) Das äußere Ohr wird von Abschnitten des 1. und 2. Schlund-
bogens sowie der 1. Schlundfurche gebildet (Einzelheiten S. 426).
⊡ Abb. 9.15. Hörorgan. Übersicht. Der Schleimhautüberzug von Cavum tympani und Tuba auditiva ist rot gekennzeichnet, der Perilymphraum des Labyrinths rot ausgefüllt. Knorpel schraffiert
⊡ Abb. 9.16. Entwicklung des Ohrs. Ektodermal: äußerer Gehörgang und Ohrbläschen (für das Innenohr). Entodermal: Recessus tubotympanicus (für das Mittelohr)
671 9.3 · Gehör- und Gleichgewichtsorgan
Das Mittelohr entwickelt sich aus der 1. Schlundtasche sowie Anteilen der begrenzenden Pharyngealbögen (Einzelheiten S. 426). Das Innenohr nimmt seinen Ausgang von einer ektodermalen Ohrplakode (1. Entwicklungsmonat), die vom Neuroepithel der benachbarten Anlage des Rhombenzephalons induziert wird. Die Ohrplakode schnürt sich dann von der Oberfläche ab und wird in der Tiefe zum Ohrbläschen. In der Folgezeit gehen aus dem Ohrbläschen die Anlagen des Gleichgewichtsorgans und von Teilen des Hörorgans hervor (Einzelheiten S. 677).
9.3.1
Auris externa, äußeres Ohr
Zum äußeren Ohr gehören Auricula, Ohrmuschel, Meatus acusticus externus, äußerer Gehörgang und Membrana tympanica, Trommelfell. Auricula (⊡ Abb. 9.17). Die Ohrmuschel ist eine trichter-
förmige Hautfalte, die die Öffnung des äußeren Gehörgangs umgibt. Sie erleichtert das Richtungshören. Zur Entwicklung Die Ohrmuschel entsteht durch Fusion von drei Ohrhöckern am dorsalen Ende des 1. und 2. Branchialbogens (S. 424).
Die Ohrmuschel wird durch elastischen Knorpel formstabil gehalten. Knorpelfrei ist jedoch das Ohrläppchen. Meatus acusticus externus. Der äußere Gehörgang ist
beim Erwachsenen 3–3,5 cm lang. Er endet am Trommelfell, Membrana tympanica. Zur Entwicklung (⊡ Abb. 9.16)
Der äußere Gehörgang geht aus der ektodermalen Gehörgangsplatte der 1. Schlundfurche hervor. Sie bildet einen
Zellzapfen, der in der Tiefe mit dem Entoderm der 1. Schlundtasche in Kontakt kommt. Das Lumen des Gehörgangs entsteht erst nach dem 6. Entwicklungsmonat. Dadurch wird das Trommelfell zur Grenzstruktur zwischen Schlundfurche und Schlundtasche. Außen ist es von Epithel ektodermaler, innen entodermaler Herkunft bedeckt.
Der äußere Gehörgang gliedert sich in einen inneren knöchernen Anteil (im Os temporale, ein Drittel des Ganges) und einen äußeren Teil, der außerhalb des Schädels liegt. Der äußere Teil wird vorne und hinten durch eine knorpelige Rinne verstärkt, die sich in den Knorpel der Ohrmuschel fortsetzt. Der Knorpelrinne benachbart ist das Kiefergelenk, das beim Schließen des Mundes den Gehörgang einengt, beim Öffnen erweitert. Dies kommt dadurch zustande, dass der Processus condylaris mandibulae beim Öffnen des Mundes nach vorne unten gezogen wird. Die Längsachse des knöchernen Gehörgangs ist beim Erwachsenen gegenüber dem äußeren knorpeligen Anteil nach lateral abgewinkelt. Dadurch kann das Trommelfell mit dem Ohrspiegel nur dann direkt untersucht werden, wenn die Ohrmuschel nach hinten oben gezogen wird. Mikroskopische Anatomie. Der äußere Gehörgang hat
ein mehrschichtiges verhorntes Plattenepithel mit Haaren – besonders am äußeren Eingang –, Talgdrüsen und apokrinen tubulösen Knäueldrüsen, Gll. ceruminosae, die unabhängig von Haarbälgen sind. Die Drüsensekrete bilden zusammen mit abgestoßenen Epithelzellen das Cerumen, Ohrschmalz. > Klinischer Hinweis Schon kleine Furunkel im äußeren Gehörgang sind sehr schmerzhaft, weil die Haut unverschieblich mit der Unterlage verbunden ist und bei lokaler Schwellung sogleich gespannt wird. Gleiches gilt für die Innenseite der Ohrmuschel.
Arterien. Äste der A. auricularis posterior, A. auricularis
profunda und A. temporalis superficialis. Innervation. N. auriculotemporalis für die Vorderfläche der Ohrmuschel und den äußeren Gehörgang. Zusätzlich R. auricularis nervi vagi für einen Teil der Hinterwand und des Bodens des äußeren Gehörgangs sowie die Außenfläche des Trommelfells, N. auricularis magnus für die Hinterseite der Ohrmuschel. > Klinischer Hinweis
⊡ Abb. 9.17. Auricula sinistra
Bei Spülung des äußeren Gehörgangs kann es zu vagotonen Reaktionen kommen, Kollaps, Erbrechen. Wahrscheinlich addieren sich hierbei Vagusreiz und Reizung des Gleichgewichtsorgans (kalorischer Nystagmus).
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672
Kapitel 9 · Sinnesorgane
⊡ Abb. 9.18. Rechtes Trommelfell. Von lateral mit den dahinter gelegenen Gebilden der Paukenhöhle. (Nach Rohen 1969)
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Die Membrana tympanica, Trommelfell, steht schräg nach vorne unten geneigt im äußeren Gehörgang. Dadurch ist der äußere Gehörgang hinten oben etwa 6 mm kürzer als vorne unten (⊡ Abb. 9.19). Das Trommelfell ist eine ovale, grau-schimmernde, häufig durchsichtige Membran von etwa 1 cm Durchmesser und 0,1 mm Dicke. Es ist mittels eines fibrokartilaginösen Ringes im Sulcus tympanicus, einer Rinne in der Pars tympanica des Os temporale, befestigt und gespannt. Das Trommelfell grenzt den äußeren Gehörgang gegen die Paukenhöhle ab. Am Trommelfell lassen sich unterscheiden (⊡ Abb. 9.18) eine kleine spannungslose Pars flaccida, ShrapnellMembran, und eine größere, gespannte Pars tensa.
⊡ Abb. 9.19. Cavitas tympanica. Frontalschnitt. Schleimhaut der Paukenhöhle rot
tere Ende der Stria mallearis. Sie kreuzt in ihrem Verlauf den Umbo, Trommelfellnabel, der an der Spitze des Hammerstiels liegt. Hier ist das Trommelfell tief eingezogen (⊡ Abb. 9.19). Innervation. Außen: Äste des N. auriculotemporalis und N. vagus. Innen: Äste des Plexus tympanicus (⊡ Abb. 7.61, S. 467).
9.3.2
Auris media, Mittelohr
Die Pars flaccida besteht nur aus äußerem und innerem
Epithel. Eine nennenswerte Lamina propria fehlt. Trotzdem treten hier bei Mittelohrentzündungen in der Regel keine Perforationen auf. Die Pars tensa tympani hat zusätzlich eine faser- und gefäßreiche Lamina propria. Sie ist gegen die Pars flaccida durch zwei von der Trommelfellinnenseite durchschimmernde Schleimhautfalten begrenzt (Plica mallearis anterior und posterior, s. unten). Die Pars tensa tympani kann durch 2 senkrecht zueinander stehende Linien in 4 Quadranten geteilt werden: Die eine dieser Linien, Stria mallearis, verläuft von vorne oben nach hinten unten. Hier ist auf der Innenseite der Handgriff des Hammers (s. unten) mit dem Trommelfell fest verwachsen. Die 2. Linie geht senkrecht durch das un-
Wichtig
Das Mittelohr besteht aus der Cavitas tympani,Paukenhöhle,die drei Gehörknöchelchen für die Schallleitung enthält.Die Paukenhöhle ist pneumatisiert und durch die Tuba auditiva mit dem oberen Pharynx verbunden.
Zu besprechen sind die Cavitas tympani, Paukenhöhle, drei Ossicula auditoria, Gehörknöchelchen, M. tensor tympani und M. stapedius, die die Gehörknöchelchen in Spannung halten sowie die Schleimhaut der Paukenhöhle mit Falten und Buchten.
673 9.3 · Gehör- und Gleichgewichtsorgan
Zur Entwicklung Die Paukenhöhle ist entodermaler Herkunft. Sie geht aus dem distalen Ende der 1. Schlundtasche hervor (S. 426). Dort bildet sich als Erweiterung der Recessus tubotympanicus (⊡ Abb. 9.16). Der proximale Teil der 1. Schlundtasche wird zur Tuba auditiva,die später mit dem Epipharynx eine offene Verbindung hat. Bis zum 7. Entwicklungsmonat sind die Anlagen der 1.Schlundtasche mit lockerem Mesenchym gefüllt. In der Umgebung der Anlage der Paukenhöhle entstehen im Mesenchym des 1. Schlundbogens Vorläufer von Gehörknöchelchen und Muskeln des Mittelohrs: Malleus, Hammer, und Incus, Amboss, sowie des M. tensor tympani, im Mesenchym des 2. Schlundbogens des Stapes, Steigbügel, sowie des M. stapedius. Alle Anteile werden bei der weiteren Entwicklung in die Paukenhöhle einbezogen und mit entodermalem Epithel überkleidet. Die Paukenhöhle (⊡ Abb. 9.19) ist pneumatisiert. Sie ist etwa 20 mm hoch, 10 mm lang und an ihrer schmalsten Stelle 1,3 mm breit. Sie befindet sich unter der hinteren Außenseite der Schläfenbeinpyramide und verläuft in median absteigender Richtung. Formal lassen sich 3 Etagen unterscheiden (⊡ Abb. 9.19) Epitympanon, Kuppelraum, Attikus, mit dem Recessus epitympanicus zur Aufnahme von Hammerkopf und Ambosskörper.Vom Epitympanon führt der Aditus ad antrum mastoideum ins Antrum mastoideum und von dort in die Cellulae mastoideae, die den Proc. mastoideus pneumatisieren. Mesotympanon, der engste mittlere Teil der Paukenhöhle: lateral liegt die Pars tensa des Trommelfells, medial als Vorwölbung das Promontorium sowie zum Innenohr hin das ovale und runde Fenster, vorne die Öffnung der Tuba auditiva zur Verbindung mit dem oberen Pharynx. Hypotympanon, Paukenkeller, unter dem Niveau des Trommelfells. Im Einzelnen Die Paukenhöhle hat 6 Wände laterale Wand, Paries membranaceus. Sie wird weitgehend vom Trommelfell gebildet, zum kleineren Teil knöchern vom Felsenbein (⊡ Abb. 9.20) mediale Wand, Paries labyrinthicus. Mit dieser Wand grenzt die Paukenhöhle an das Innenohr. An ihr sind zu erkennen das (⊡ Abb. 9.19) – Promontorium, eine breite Vorwölbung, bedingt durch die basale Schneckenwindung, die – Fenestra vestibuli, ovales Fenster, das hinter und oberhalb des Promontoriums in das Vestibulum des
perilymphatischen Raums des Innenohrs (s. unten) führt und durch die Steigbügelplatte verschlossen ist, die – Fenestra cochleae, rundes Fenster, verschlossen durch die Membrana tympani secundaria. Sie grenzt gleichfalls an das Vestibulum, die – Prominentia canalis facialis, über und hinter dem Vorhoffenster, sowie darüber die – Prominentia canalis semicircularis lateralis, – Abdrücke des Canalis musculotubarius, obere Wand, Tegmen tympani. Sie ist eine dünne Knochenplatte, die die Paukenhöhle von der mittleren Schädelgrube trennt und im Alter Dehiszenzen aufweisen kann, untere Wand, Paries jugularis. Sie bildet den Boden der Paukenhöhle; hier trennt eine dünne Knochenwand Paukenhöhle und Bulbus venae jugularis internae voneinander, vordere Wand, Paries caroticus. Sie ist dem Canalis caroticus benachbart. Hier mündet die Tuba auditiva und der M. tensor tympani in die Paukenhöhle, hintere Wand, Paries mastoideus. Sie grenzt an den Warzenfortsatz des Schläfenbeins. Oben öffnet sie sich zum Antrum mastoideum (s. oben).
> Klinischer Hinweis Entzündungen des Mittelohrs werden nicht selten durch die obere und untere Wand der Paukenhöhle in die Schädelhöhle fortgeleitet. Häufiger sind jedoch fortgeleitete Entzündungen, die von den Cellulae mastoideae ausgehen.
Tuba auditiva, Ohrtrompete. Sie verläuft schräg nach vor-
ne unten und verbindet die Paukenhöhle mit dem Epipharynx (⊡ Abb. 9.15). Sie ist 36 mm lang und hat einen knöchernen, der Paukenhöhle benachbarten, und einen folgenden knorpeligen Abschnitt (zwei Drittel der Länge). Beide Abschnitte gehen am Isthmus tubae ineinander über. Der knorpelige Abschnitt hat an seiner mittleren (hinteren) und oberen Wand eine Knorpelspange. Die seitliche und untere Wand ist knorpelfrei und durch eine Lamina membranacea bindegewebig verstärkt. Hier entspringen die Mm. tensor et levator veli palatini, die den bindegewebigen Teil der Tuba auditiva erweitern können, z. B. beim Schlucken. Die von Knorpel und Knochen umfassten Teile der Tuba auditiva stehen stets offen. Der knöcherne Abschnitt der Tuba auditiva ist durch ein knöchernes Septum von einem Kanälchen für den M. tensor tympani getrennt (⊡ Abb. 9.20). Beide Kanälchen zusammen werden als Canalis musculotubarius bezeichnet, jeder einzelne als Semikanal: Semicanalis musculi tensoris tympani, Semicanalis tubae auditivae.
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674
Kapitel 9 · Sinnesorgane
9
⊡ Abb. 9.20. Rechte Paukenhöhle. Laterale Wand von medial gesehen. Schnittrand der Schleimhaut von Paukenhöhle, Tuba auditiva und angrenzenden pneumatisierten Räumen rot gezeichnet. Zu beachten ist der Verlauf der in einer Schleimhautfalte gelegenen Sehne des M. tensor tympani sowie die Falten und Buchten hinter dem Trommelfell
> Klinischer Hinweis Entzündungen des Nasenrachenraums setzen sich häufig in die Tuba auditiva fort und führen dort durch Verlegung des Lumens zum Tubenkatarrh. Bei Kindern, deren Tuben noch kurz und weit sind, kommt es häufig zusätzlich zu Entzündungen der Schleimhaut der Paukenhöhle, Otitis media. Dabei ist das Trommelfell vorgewölbt und gerötet, während es beim Tubenkatarrh alleine durch den Unterdruck eingezogen ist. – Beide Krankheitsbilder führen durch Verminderung der Schwingungsfähigkeit des Trommelfells zu einer reversiblen Schwerhörigkeit.
Ossicula auditoria, Gehörknöchelchen (⊡ Abb. 9.21). Es
handelt sich um Malleus, Hammer, Incus, Amboss, und Stapes, Steigbügel. Die Kette der 3 Gehörknöchelchen überträgt die Schwingungen des Trommelfells auf den perilymphatischen
⊡ Abb. 9.21. Gehörknöchelchen. Rechtes Mittelohr von medial gesehen. Rot artikulierende Flächen
Raum des Labyrinths der Schnecke. Die Knöchelchen sind syndesmotisch miteinander verbunden; nur gelegentlich ist zwischen Hammer und Amboss ein Gelenkspalt vorhanden.
675 9.3 · Gehör- und Gleichgewichtsorgan
Im Einzelnen Malleus, Hammer. Der Hammer gleicht einer Keule, deren Handgriff, Manubrium mallei, in das Trommelfell eingewebt ist (Stria mallearis, s. oben). Das Manubrium setzt sich in den kurzen Processus lateralis fort, der am Trommelfell die Prominentia mallearis hervorruft (⊡ Abb. 9.18). Der längere Processus anterior dient dem Lig. mallei anterius zum Ansatz. Zwischen dem Manubrium und dem Hammerkopf, Caput mallei, ist ein schmales Halssegment, Collum mallei, ausgebildet, von dem das Lig. mallei laterale zur lateralen Wand der Paukenhöhle gerade über dem Trommelfellansatz zieht. Vom Hammerkopf aus erreicht das Lig. mallei superius das Dach der Paukenhöhle. Hinten und medial artikuliert das Hammerköpfchen mit der korrespondierenden Fläche des Amboss in einem angedeuteten Sattelgelenk, dessen straffe Gelenkkapsel nur geringe Bewegung zulässt. Incus, Amboss. Das Corpus incudis ist über das Hammer-Amboss-Gelenk mit dem Hammer verbunden. Das Crus longum artikuliert über ein winziges Zwischenstück, Processus lenticularis, mit dem Steigbügel (⊡ Abb. 9.21); das kürzere Crus breve ist durch das Lig. incudis posterius mit der lateralen Wand der Paukenhöhle verbunden. Der Ambosskörper wird zusätzlich durch das Lig. incudis superius fixiert, das wie das Lig. mallei superius zum Dach der Paukenhöhle zieht. Stapes, Steigbügel. Die Basalplatte, Basis stapedis, ist durch das Lig. anulare stapediale in das ovale Fenster eingehängt. Zwischen den beiden Steigbügelschenkeln spannt sich die Membrana stapedialis aus. > Klinischer Hinweis Bei Otosklerose verkalkt das Lig. anulare stapediale und behindert damit durch Immobilisierung der Stapesplatte die Übertragung der Schwingungen auf den Perilymphraum. Dies führt zur Schwerhörigkeit.
ⓘ Infobox Das Trommelfell wird durch ankommende Schallwellen in Schwingungen versetzt. Diese werden durch den Hammergriff auf die Reihe der Gehörknöchelchen und dadurch auf die Stapesplatte übertragen (⊡ Abb. 9.21). Dabei bewirkt die Reihe der Gehörknöchelchen eine Minderung der Schwingungsamplitude zugunsten höheren Schalldrucks. Dieser Effekt wird durch das Flächenverhältnis von Trommelfell zu Fenestra vestibuli (45–55/3–5 mm2) verstärkt. Beide Faktoren bedingen eine Erhöhung der auf den perilymphatischen Raum einwirkenden Schalldrücke um das 22fache. Damit wird weitgehend eine Schallreflektion, d. h. ein Energieverlust beim Übergang vom Medium Luft auf das Medium Perilymphe vermieden.
Muskeln des Mittelohrs. Sie sind quer gestreift und halten die Spannung in der Kette der Gehörknöchelchen aufrecht.
Es handelt sich um M. tensor tympani und M. stapedius. Im Einzelnen M. tensor tympani (⊡ Abb. 9.20). Dieser doppelt gefiederte
Muskel liegt in der oberen Abteilung des Canalis musculotubarius (s. oben). Seine zentrale Sehne zieht rechtwinklig um den Processus cochleariformis nach lateral und setzt am Hammerhals an. Funktion. Bei Kontraktion des Muskels werden das Trommelfell eingezogen, Hammerkopf und Ambosskörper nach außen, Crus longum incudis nach innen bewegt und damit die Stapesplatte in das ovale Fenster hineingedrückt. Innervation durch den N. mandibularis. Der M. stapedius liegt in der Eminentia pyramidalis der hinteren Paukenhöhlenwand; seine Sehne zieht von der Pyramidenspitze nach vorne zum Steigbügelkopf. Funktion. Bei Kontraktion des Muskels wird der Stapeskopf nach hinten gezogen und die Stapesplatte entsprechend verkantet. Außerdem dämpft der M. stapedius die Amplituden. Innervation durch den N. facialis. > Klinischer Hinweis Ausfall der Innervation des M. tensor tympani (V3) oder des M. stapedius (VII) führen zur Hyperakusis.
Die Schleimhaut der Paukenhöhle besteht aus ein-
schichtig plattem bis isoprismatischem Epithel, in Nachbarschaft der Tubenmündung mit Kinozilienbesatz. Unter dem Epithel findet sich eine zarte, gefäßreiche Lamina propria. Schleimhautfalten befinden sich zwischen der Wand der Paukenhöhle, den Gehörknöchelchen und ihren Haltebändern. Sie lassen Nischen (Taschen) entstehen, die die Raumaufteilung der Paukenhöhle zusätzlich unübersichtlich machen. Im Einzelnen Die relativ größten Schleimhautfalten und -taschen befin-
den sich an der Innenseite des Trommelfells: Plicae malleares anterior et posterior, Recessus membranae tympani anterior et posterior und Recessus membranae tympani superior, PrussakRaum. Durch beide Falten hindurch und damit zwischen Manubrium mallei und Crus longum incudis verläuft quer über das Trommelfell hinweg die Chorda tympani. Ferner begrenzen die Hammerfalten die oberen und unteren Trommelfelltaschen.
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676
Kapitel 9 · Sinnesorgane
Weitere Falten sind Plica incudialis. Sie erreicht über das Lig. incudis posterius und Crus breve incudis den Ambosskörper. Plica stapedialis. Sie umhüllt die Sehne des M. stapedius von der Austrittsstelle aus der Pyramidenspitze an, dazu das Caput und die Crura stapedis. Plica musculi tensoris tympani. Diese Falte folgt der Sehne des Muskels (⊡ Abb. 9.20). Die arterielle Versorgung der Paukenhöhle erfolgt überwiegend durch Äste der A. carotis externa. Im Einzelnen handelt es sich um A. tympanica anterior aus der A. maxillaris durch die
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Fissura petrotympanica, A. tympanica inferior aus der A. pharyngea ascendens durch den Canaliculus tympanicus, A. tympanica superior aus der A. meningea media durch den Sulcus und Canalis nervi petrosi minoris, A. stylomastoidea aus der A. auricularis posterior durch den Fazialiskanal, Rr. caroticotympanici aus der A. carotis interna durch den Paries caroticus hindurch. Venöse Abflüsse führen zum Plexus pharyngeus, zur V. meningea media und zu den Sinus durae matris (In-
fektionsweg bei Mittelohrentzündungen). Lymphabflüsse verlaufen gemeinsam mit denen des äußeren Ohres zu den retroaurikulären Lymphknoten. Die Innervation der Schleimhaut der Paukenhöhle erfolgt durch den N. tympanicus und teilweise durch den Plexus tympanicus unter der Schleimhaut der Paries labyrinthicus. Im Einzelnen Der N. tympanicus ist der 1. Ast des N. glossopharyngeus. Er
gelangt durch den Canaliculus tympanicus (zusammen mit der A. tympanica inferior) in die Paukenhöhle, wo er in den Plexus tympanicus eingeht und die Paukenschleimhaut sensibel innerviert. Der Plexus tympanicus ist im Wesentlichen eine Austausch- und Durchgangsstation von Nerven, die nur zum geringeren Teil der Innervation der Schleimhaut der Paukenhöhle dient. Der Plexus tympanicus führt sensible Fasern des N. glossopharyngeus, parasympathische Fasern des N. glossopharyngeus, die im N. tympanicus in die Paukenhöhle gelangen, parasympathische Fasern des Intermediusanteils des N. facialis und
sympathische Fasern des periarteriellen Plexus caroticus (internus). Die parasympathischen Fasern des N. tympanicus sammeln sich wieder und verlassen als N. petrosus minor durch den Canalis nervi petrosi minoris die Paukenhöhle und das Felsenbein an seiner Vorderwand (S. 384). Nur topographische Beziehung zur Paukenhöhle haben der N. facialis (Ausnahme: der kleine N. stapedius nervi facialis, der den gleichnamigen Muskel innerviert) und als seine Äste – Chorda tympani und – N. petrosus major. Im Einzelnen N. facialis (S. 460). Er tritt (mit dem N. vestibulocochlearis) durch den Porus und Meatus acusticus internus in das Os temporale ein. Dicht unter der vorderen Felsenbeinwand biegt er rechtwinkelig um (Geniculum nervi facialis, dem sich das Ganglion geniculi anlagert) und verläuft unter dem lateralen Bogengang, über der Paukenhöhle im Canalis nervi facialis nach dorsal (Prominentia canalis facialis, S. 673). Anschließend zieht der N. facialis bogenförmig um die Paukenhöhle herum nach kaudal und kommt somit in nahe topographische Beziehung zum Sinus sigmoideus (S. 825). Der Canalis nervi facialis ist in seinem distalen, vertikal orientierten Teil sichelförmig von Cellulae mastoideae umgeben. Chorda tympani (S. 461). Sie gehört zum N. intermedius, dem nichtmotorischen Anteil des N. facialis. Sie führt (afferente) Geschmacksfasern sowie sensorische Fasern, die im Ganglion geniculi ihre Perikarya haben, und (efferente) präganglionäre parasympathische Fasern zum Ganglion submandibulare. Die Chorda tympani verlässt den N. facialis im Canalis nervi facialis kurz vor dem Foramen stylomastoideum, erreicht die Paukenhöhle durch den Canaliculus chordae tympani, verläuft unter der Schleimhaut des Mittelohrs und liegt in den Plicae malleares anterior et posterior (s. oben) dem Trommelfell zwischen Pars flaccida und Pars tensa an; sie verlässt das Mittelohr durch die Fissura petrotympanica und schließt sich in der Fossa infratemporalis dem N. lingualis an (S. 460). > Klinischer Hinweis Bei otoskopischer Untersuchung kann bei dünnem Trommelfell die Chorda tympani sichtbar sein; daher die Bezeichnung »Paukensaite«.
N. petrosus major (S. 461). Er verlässt den N. facialis am Ganglion geniculi ohne direkte funktionelle und topographische Bezüge zur Paukenhöhle, abgesehen von Verbin-
677 9.3 · Gehör- und Gleichgewichtsorgan
dungen zum Plexus tympanicus. Der N. petrosus major erreicht in einem kurzen Knochenkanal die Vorderfläche des Felsenbeins und damit die mittlere Schädelgrube (S. 385).
9.3.3
Auris interna, Innenohr
Wichtig
Das Innenohr, Auris interna, ist der eigentliche Funktionsträger des Ohrs. Es beherbergt die Sinnesepithelien für Hören und Gleichgewicht, jedoch in verschiedenen Organabschnitten.
Das Innenohr (⊡ Abb. 9.22) besteht aus einem Labyrinthus osseus, knöchernes Labyrinth, und einem Labyrinthus membranaceus, membranöses Labyrinth. Das knöcherne Labyrinth ist ein System von Räumen und Kanälchen im Felsenbein, das mit Perilymphe gefüllt ist. Darin befindet sich das membranöse Labyrinth mit Endolymphe. Es entspricht in seiner Form weitgehend dem knöchernen Labyrinth. Nach der Funktion lassen sich unterscheiden Labyrinthus cochlearis und Labyrinthus vestibularis. Der Labyrinthus cochlearis beherbergt den Schallaufnahmeapparat.
⊡ Abb. 9.22. Innenohr, membranöses Labyrinth. Rot Endolymphe
Der Labyrinthus vestibularis enthält den Vestibularapparat zur Wahrnehmung von Dreh- und Translations-
beschleunigungen. Zur Entwicklungsgeschichte Aus dem Ohrbläschen (S. 671) entsteht das membranöse Labyrinth. Mit geringem zeitlichen Abstand entwickeln sich der (⊡ Abb. 9.23). Ductus endolymphaticus mit einer Erweiterung, Saccus endolymphaticus, Utriculus, aus dem als Aussackung die Bogengänge, Ductus semicirculares, hervorgehen, Sacculus mit einer Ausstülpung, die zum Ductus cochlearis wird. Ductus endolymphaticus, Utriculus und Sacculus gehören zum Gleichgewichtsorgan, Ductus cochlearis zum Hörorgan. Utriculus und Sacculus sind zunächst ungetrennt. Dann bildet sich eine Grenzfurche, die zu einer Einschnürung wird, Ductus utriculosaccularis. Ferner wird die Verbindung zwischen Sacculus und Ductus cochlearis zum haarfeinen Ductus reuniens. Alle aus dem Ohrbläschen hervorgegangenen Abschnitte füllen sich mit Endolymphe. Das Sinnesepithel des Innenohrs geht um die 12. Entwicklungswoche unter dem Einfluss von Wachstumsfaktoren aus Epithelverdickungen hervor. Als Sinnesfelder für das Gleichgewichtsorgan entstehen im Bereich der Grenzfurche zwischen Utriculus und Sacculus die Macula und am Eingang der Bogengänge die Cristae ampullares sowie für das Hören im Ductus cochlearis das Corti-Organ. Später teilt sich die Macula in eine Macula utriculi und Macula sacculi. Um die Anlage des membranösen Labyrinths liegt Mesenchym. In diesem Mesenchym bilden sich Spalträume, die
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678
Kapitel 9 · Sinnesorgane
⊡ Abb. 9.23. Entwicklung des Innenohrs
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zusammenfließen und sich mit Perilymphe füllen. Aus dem weiter entfernt gelegenen Mesenchym geht die knorpelige, später knöcherne Ohrkapsel (aus Geflechtknochen) hervor. Die perilymphatischen Räume um Sacculus und Utriculus fließen zum Vestibulum mit gemeinsamer Knochenkapsel zusammen. Anders ist es beim perilymphatischen Raum um den Ductus cochlearis. Er wird durch ein mesenchymales Septum in 2 Gänge unterteilt, einen oberen, der zur Scala vestibuli, einen unteren, der zur Scala tympani wird.
9.3.4
Gehörorgan
Zum Schallaufnahmeapparat, Gehörorgan, gehören Cochlea, Schnecke, mit Ductus cochlearis und Organum spirale, Corti-Organ. Die Kochlea (⊡ Abb. 9.24) besteht aus einem knöchernen Kanal mit einer Länge von 35 mm, Canalis spiralis cochleae, der wie eine Spirale mit zweieinhalb Windungen entgegen dem Uhrzeigersinn um eine knöcherne Längsachse, Modiolus, verläuft. Die Längsachse der Kochlea selbst steht senkrecht auf der Facies posterior der Pars petrosa des Os temporale (Schneckenbasis) und verläuft von hinten oben medial nach vorne unten lateral (Schneckenspitze, ⊡ Abb. 9.28). Im Modiolus liegen das Ganglion spirale sowie feine Kanälchen für Nervenfasern und Gefäße. Vom Modiolus ragt eine Knochenleiste, Lamina spiralis ossea, in den Schneckenkanal, die wie eine Wendeltreppe nach aufwärts verläuft. Sie endet in der Schneckenspitze, Cupula cochleae. Am freien Ende trägt die Lamina den bindegewebigen Limbus laminae spiralis.
⊡ Abb. 9.24. Kochlea. Längsschnitt bei Lupenvergrößerung. (Nach Kahle, Leonhardt u. Platzer 1976)
Die Lamina spiralis ossea ist über die Lamina basilaris, Basilarmembran, mit der seitlichen Wand des Schneckenkanals verbunden, an der sich ein Fasersystem, Lig. spirale, mit einer Crista basilaris als Befestigung für die Basilarmembran befindet. Auf diese Weise ist der Schneckenkanal geteilt in eine obere Etage, Scala vestibuli, und eine untere Etage, Scala tympani. Beide Skalen sind mit Perilymphe gefüllt und kommunizieren an der Schneckenspitze durch eine Öffnung, Helicotrema. Die Scala vestibuli steht basal mit dem Vestibulum
(s. oben, Entwicklungsgeschichte) in Verbindung. Das Vestibulum seinerseits hat durch das ovale Fenster mit eingefügter Steigbügelplatte Kontakt mit der Paukenhöhle. Die Scala tympani beginnt basal mit dem runden Fenster, das durch die Membrana tympani secundaria gegenüber der Paukenhöhle verschlossen ist. Dagegen öffnet sich in Höhe der basalen Schneckenwindung der enge Aqueductus cochleae zu einer offenen Verbindung zwischen Scala tympani und Subarachnoidalraum. Dadurch kommunizieren Perilymphe und Liquor cerebrospinalis. Der Aqueductus cochleae liegt im knöchernen Canaliculus cochleae. Der Ductus cochlearis, Scala media, befindet sich am Bo-
den der Scala vestibuli. Er gehört zum membranösen Labyrinth und enthält Endolymphe. Auf einer Seite steht
679 9.3 · Gehör- und Gleichgewichtsorgan
ⓘ Infobox Tight junctions finden sich nicht nur in der Stria vascularis, sondern auch zwischen allen Zellen, die den Ductus cochlearis begrenzen. Sie bilden eine Diffusionsbarriere. Dadurch ist der Ductus cochlearis ein geschlossenes Kompartiment mit Endolymphe, die sich gegenüber der Perilymphe durch hohe K+Konzentration auszeichnet. Sie ist die Voraussetzung für die Einleitung des Hörvorgangs im Innenohr (s. Lehrbücher der Physiologie). Die Endolymphe wird von der Stria vascularis sezerniert. Ihre Resorption erfolgt im Saccus endolymphaticus. Dadurch ist die Endolymphe in dauernder Zirkulation.
> Klinischer Hinweis
⊡ Abb. 9.25. Kochlea. Querschnitt
der Ductus cochlearis durch den Ductus reuniens mit dem Sacculus in Verbindung, auf der anderen endet er blind (⊡ Abb. 9.22). Auf Querschnitten hat der Ductus cochlearis dreieckige Form (⊡ Abb. 9.25). Der kleinste Winkel ist zum Modiolus gerichtet und befindet sich an der Lamina spiralis ossea. Die Begrenzung des Dreiecks (und damit des Ductus cochlearis) erfolgt unten durch die Lamina basilaris, Basilarmembran, oben durch die Membrana vestibularis, ReissnerMembran und lateral durch die Stria vascularis an der Oberfläche des Lig. spirale. Alle Anteile des Ductus cochlearis bilden eine funktionelle Einheit, die im Dienst des Hörens steht. Die Lamina basilaris ist ein Geflecht aus Kollagenfasern in einer homogenen Grundsubstanz. Die Basilarmembran trägt das Corti-Organ (s. unten). Die Basilarmembran wird zum blinden Ende des Ductus cochlearis hin breiter. Die Membrana vestibularis trennt den Ductus cochlearis von der Scala vestibuli. Sie besteht aus einer sehr dünnen Bindegewebsschicht, die zum Ductus cochlearis hin von einem einschichtigen Plattenepithel, zur Scala vestibuli hin von Mesothel bedeckt ist. Die Stria vascularis ist ein mehrschichtiges, von Kapillaren durchzogenes sezernierendes Epithel. Seine basalen Zellen mit Tight junctions grenzen es vom Bindegewebsraum des Lig. spirale ab.
Bei fehlerhafter Endolymphproduktion und -resorption kann es zu einem Hydrops im häutigen Labyrinth kommen. Dies führt zu Drehschwindel, Erbrechen und Ohrgeräuschen, Ménière-Krankheit. Ursache ist meist eine Durchblutungsstörung des Innenohrs.
Das Corti-Organ, Organum spirale (⊡ Abb. 9.26), ist das Rezeptororgan für akustische Signale. Es handelt sich um einen Wall hochprismatischer Sinnes- und Stützzellen: äußere Haarzellen. Sie stehen in den Basalwindungen in drei, in den Spitzenwindungen in fünf Reihen auf Lücke. Sie sitzen äußeren Phalangenzellen, Deiters-Stützzellen, auf, innere Haarzellen, die in einer Reihe stehen und von inneren Phalangenzellen gestützt werden. Hinzu kommen innere und äußere Pfeilerzellen, schlanke, gegeneinander geneigte tonofibrillenreiche Stützzellen im Bereich zwischen inneren und äußeren Phalangenzellen bzw. Haarzellen, und äußere und innere Grenzzellen, denen seitlich weitere Zelllagen bzw. Zellen folgen (⊡ Abb. 9.25). Sie begrenzen jeweils einen Sulcus spiralis lateralis bzw. Sulcus spiralis medialis neben dem Corti-Organ.
Bedeckt wird der Zellwall des Corti-Organs von einer gallertigen Membran, Membrana tectoria, die von Interdentalzellen gebildet wird, die sich auf der Oberfläche des Limbus laminae spiralis (s. oben) befinden. Der Zellwall des Corti-Organs wird durch drei Kanälchen aufgelockert (⊡ Abb. 9.26): innerer Tunnel zwischen inneren und äußeren Pfeilerzellen, mittlerer Tunnel, Nuel-Raum, zwischen den äußeren Pfeilerzellen und der inneren Reihe der äußeren Haar- und Phalangenzellen und
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680
Kapitel 9 · Sinnesorgane
9 ⊡ Abb. 9.26. Corti-Organ
äußerer Tunnel, der die Reihe der äußeren Haarzellen nach lateral begrenzt. In den Tunneln befindet sich Corti-Lymphe, die in ihrer Ionenzusammensetzung der Perilymphe (und nicht der Endolymphe) ähnelt. Äußere und innere Haarzellen sind sekundäre Sinnesepithelzellen. Gemeinsam ist den äußeren und inneren Haarzellen,
dass sie an ihrer Oberfläche Stereozilien unterschiedlicher Länge tragen, die an ihrer Basis abknickbar sind. Die Stereozilien enthalten viele Aktinfilamente, die in einer intrazellulären Kutikularplatte (Terminal web) verwurzelt sind. Untereinander sind Stereozilien filamentös verbunden (Tip link). Basal bilden beide Haarzelltypen Synapsen mit herantretenden Nervenendigungen. Unterschiede zwischen äußeren und inneren Haarzellen stehen mit unterschiedlichen Aufgaben beim Hörvorgang in Zusammenhang (s. Infobox).
Die äußeren Haarzellen (etwa 12 000 pro Ohr) sind zahlreicher als die inneren. Ihre Stereozilien sind V- bzw. W-förmig angeordnet. Die Spitzen der längsten berühren die Membrana tectoria. Dadurch werden sie bewegt, wenn sich die Membrana tectoria beim Hörvorgang verschiebt. Die äußeren Haarzellen sind kontraktil. Durch ihre Kontraktionen kommt es zur Strömungsverstärkung der Endolymphe unter der Membrana tectoria. Äußere Haarzellen haben praktisch nur mit efferenten Nervenfasern Synapsen. Die inneren Haarzellen (etwa 3500 pro Ohr). Nur sie leiten Schallsignale an das Nervensystem weiter. Ihre Stereozilien sind in einer Reihe angeordnet. Sie berühren die Membrana tectoria nicht. Sie werden jedoch durch Endolymphströmungen bewegt. Ihre Bewegung ist der adäquate Reiz zur Weitergabe von Hörsignalen. Basal sind die inneren Haarzellen korbgeflechtartig von Nervenendigungen umscheidet. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um afferente Axone großer Bipolarzellen des Ganglion spirale (s. unten). Efferente Fasern treten teils an afferente Fasern, teils an afferente Boutons heran und haben hemmende, also steuernde Funktion für die Weitergabe der Signale.
681 9.3 · Gehör- und Gleichgewichtsorgan
Innere und äußere Pfeilerzellen stehen in 2 Zellreihen und sind mit ihren apikalen Abschnitten gegeneinander geneigt. Dadurch entsteht der dreieckige innere Tunnel, Corti-Kanal, der mit dem Nuel-Raum in Verbindung steht. Die Zellspitzen der Pfeilerzellen sind verbreitert und bilden Kopfplatten, die sich zu einer Membrana reticularis zusammenfügen und durch Tight junctions mit den Spitzen von Sinneszellen verbunden sind. Durch die Kopfplatten treten lediglich die Stereozilien in den Endolymphraum der Scala media ein. Durch die Tight junctions wird an dieser Stelle der Raum der Endolymphe von dem der Corti-Lymphe getrennt. ⓘ Infobox Beim Hörvorgang werden die Schwingungen der Steigbügelplatte im ovalen Fenster auf die Perilymphe der Scala vestibuli übertragen. Als Folge bilden sich Wanderwellen, die Aufund Abwärtsbewegungen der kochlearen Membranen bewirken. Frequenzabhängig entstehen dann an jeweils eng umschriebenen Orten Amplitudenmaxima. Diese führen zu Scherbewegungen zwischen Membrana tectoria und den Stereozilien der äußeren Haarzellen. In der Folge kommt es durch Einstrom von K+-Ionen aus der Endolymphe in die Haarzellen zur Depolarisation der Zellmembranen und zu Zellkontraktionen (bis zu 20 000-mal pro Sekunde). Träger der Längenänderungen ist das Motoprotein Prestin in den latera-
>
len Zellmembranen. Die Kontraktionen der äußeren Haarzellen verstärken die Endolymphbewegungen unter der Membrana tectoria, die Auslenkung der Stereozilien der inneren Haarzellen bewirken. Dies ist der adäquate Reiz für die Transformation der Schallwellen in Signale zur Weitergabe ans Zentralnervensystem.
> Klinischer Hinweis Bei Störungen der Endolymphbewegungen kann es zur Schwerhörigkeit kommen, z. B. durch verminderte Endolymphproduktion, oder, wenn die Kontraktionen der äußeren Haarzellen unterbleiben.
Ganglion cochleae (⊡ Abb. 9.24). Es liegt im Modiolus und beherbergt das 1. Neuron der Hörbahn. Die Ganglienzellen sind bipolar. Ihre axonalen Dendriten erreichen durch Foramina nervosa der Basilarmembran die Haarzellen. Die Nervenfasern zu den äußeren Haarzellen ziehen quer durch den inneren Tunnel und Nuel-Raum. Die zentripetalen Axone der Ganglienzellen gelangen im Tractus spiralis foraminosus in den Meatus acusticus internus.
Wenn Sie sich jetzt über das auditive System im Gehirn informieren wollen, lesen Sie S. 801.
In Kürze
Das äußere Ohr und das Innennohr sind als Derivate des Hörbläschens ektodermaler, das Mittelohr ist als Abkömmling des Recessus tubotympanicus entodermaler Herkunft. Das äußere Ohr endet in der Tiefe des äußeren Gehörgangs mit dem Oberflächenepithel des Trommelfells. Der unmittelbaren Inspektion ist das Trommelfell nur nach Ausgleich der Abknickung des äußeren Gehörgangs zugängig. – Die Paukenhöhle (Mittelohr) ist pneumatisiert und durch die Tuba auditiva offen mit dem Pharynx verbunden. Durch gelenkähnlich verbundene Gehörknöchelchen (Malleus, Incus, Stapes) werden Schwingungen des Trommelfells am ovalen Fenster (Fenestra vestibuli, Befestigung der Stapesplatte) ans Innenohr weitergegeben. Unterhalb liegt das runde Fenster (Fenestra cochleae mit der Membrana tympani secundaria). M. tensor tympani und M. stapedius erhalten die Spannung der Gehörknöchelchenkette. – Das Innenohr besteht aus Labyrinthus membranaceus et osseus. Der Schallaufnahmeapparat befindet sich im Labyrinthus cochleae. Die gewundene Kochlea gliedert sich in Scala vestibuli, Scala media (Ductus cochlearis), Scala tympani. Das CortiOrgan ruht auf der Basilarmembran. Stereozilien der äußeren Haarzellen haben Kontakt mit der Membrana tectoria. Durch Kontraktionen verstärken die äußeren Haarzellen die Strömung der Endolymphe. Dadurch werden die inneren Haarzellen erregt. Sie alleine transformieren Schallreize für das Nervensystem.
9
682
Kapitel 9 · Sinnesorgane
9.3.5
Gleichgewichtsorgan
Das Gleichgewichtsorgan, Vestibularapparat (⊡ Abb. 9.27), besteht aus Sacculus, Utriculus und drei Ductus semicirculares, Bogengänge, die vom Utriculus ausgehen. Sacculus und Utriculus sind durch den Ductus utriculosaccularis miteinander verbunden und der Sacculus durch den Ductus reuniens mit dem Ductus cochlearis
9
(s. oben). Den Ductus utriculosaccularis verlässt der Ductus endolymphaticus. Er zieht im Aqueductus vestibuli zur Hinterwand des Felsenbeins und mündet in den im Epiduralraum gelegenen Saccus endolymphaticus. Eingelagert sind in die Wand von Utriculus und Sacculus je ein 2–3 mm2 großes Sinnesfeld: Macula sacculi bzw. Macula utriculi. Die Macula sacculi steht senkrecht, die Macula utriculi horizontal zur Körperachse. Ductus semicirculares (⊡ Abb. 9.22). Sie befinden sich
leicht exzentrisch im Perilymphraum des knöchernen Labyrinths, der hier im Gegensatz zum Vestibulum und zur Kochlea mit lockerem Bindegewebe gefüllt ist.
Zu unterscheiden sind ein (⊡ Abb. 9.27) hinterer Bogengang, Ductus semicircularis posterior, vorderer Bogengang, Ductus semicircularis anterior, und lateraler Bogengang, Ductus semicircularis lateralis. Die Bogengänge verlaufen schräg zur vertikalen, horizontalen bzw. frontalen Körperebene (⊡ Abb. 9.28). Untereinander stehen die Bogengänge senkrecht aufeinander, wobei der Ductus semicircularis lateralis horizontal verläuft. Der vordere Bogengang wirft an der oberen Felsenbeinfläche die Eminentia arcuata auf (S. 384). Jeder Bogengang hat kurz vor einer seiner Einmündungen in den Utriculus eine Erweiterung, Ampulla membranacea (anterior, posterior, lateralis). Dort befindet sich eine kammartige Erhebung, Crista ampullaris, auf der Sinnesepithel liegt. Die medialen Schenkel der vorderen und hinteren Bogengänge bilden das gemeinsame Crus commune. Mikroskopische Anatomie der Sinnesfelder (⊡ Abb. 9.29). Der Aufbau der Sinnesfelder ist in allen Anteilen des Vestibularapparates gleich. Die Sinnesfelder bestehen aus Sinneszellen und Stützzellen. Sie werden bedeckt von einer Gallertmembran.
Die Sinneszellen des Vestibularapparates sind sekundäre
Sinneszellen und wirken als Mechanorezeptoren (S. 650).
⊡ Abb. 9.27. Vestibularapparat. Rot Sinnesfelder; A Ampulla membranacea
⊡ Abb. 9.28. Labyrinth. Lage im durchscheinend gedachten Felsenbein
683 9.3 · Gehör- und Gleichgewichtsorgan
Wand der Ampulle und haben das gleiche spezifische Gewicht wie die Endolymphe. Die Gallertmembranen der Maculae sind dagegen eine Deckschicht mit eingelagerten Kalkkonkrementen, Statoconia, Otolithen. Dadurch wird dort die Deckmembran, Membrana statoconiorum, bedeutend schwerer als die umgebende Lymphe. Stützzellen liegen zwischen den Rezeptorzellen. Sie sind hoch prismatisch und weisen zahlreiche Sekretgranula auf. ⓘ Infobox Die Maculae von Sacculus und Utriculus werden durch die Schwerkraft, aber auch durch Beschleunigung oder Bremsen (Translationsbeschleunigungen) erregt. Sie wirken durch die otolithenbeschwerte Gallerte auf die Haarzellen. Im schwerefreien Raum sind Sacculus und Utriculus nicht gefordert (Astronauten).Wirksam sind aber auch im schwerelosen Raum Drehbeschleunigungen des Kopfes, die zu Endolymphströmungen in den Bogengängen und damit zur Verziehung der in die Cupula hineinragenden Stereozilien der Sinneszellen führen. ⊡ Abb. 9.29. Crista ampullaris eines Bogenganges
Zu unterscheiden sind bauchige Haarzellen, Typ I, und schlanke Haarzellen, Typ II. Gemeinsam sind beiden Sinneszelltypen lange Stereozilien (pro Zelle etwa 50–80) und jeweils 1 Kinozilium. Die Zilien ragen in die gelatinöse Glykoproteindeckschicht hinein. Unterschiedlich ist die Innervation der beiden Haarzelltypen. Typ-I-Zellen werden kelchförmig von afferenten Nervenfaserenden umfasst. Dabei treten vor allem basal zwischen Sinneszellen und Nervenfaserenden Synapsen mit Synaptic ribbons auf.An den afferenten Faserenden bilden Axone efferenter, wahrscheinlich hemmend wirkender Nervenzellen des N. vestibularis lateralis Synapsen. Durch die Aufzweigung der Nervenfaser werden jeweils mehrere Sinneszellen von einer Nervenfaser erreicht. Typ-II-Zellen bilden Synapsen (mit Synaptic ribbons) sowohl mit afferent als auch mit efferent leitenden Nervenzellfortsätzen. Gallertmembran. Sie ist über den Sinnesfeldern der Cri-
stae ampullares anders als über denen der Maculae. Die Gallertmembranen der Cristae ampullares sind konusförmig, Cupula, erreichen die gegenüberliegende
> Klinischer Hinweis Die Endolymphbewegung kann pathologisch durch Konkremente, Kanalolithiasis, in den Bogengängen gestört werden, sodass bei Änderung der Körperlage Schwindelanfälle ausgelöst werden, benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel.
Innervation. Die afferente Innervation der Sinnesfelder
erfolgt durch (dendritische) Axone bipolarer Nervenzellen des Ganglion vestibulare, das am Boden des inneren Gehörgangs liegt. Sie bilden den N. utriculoampullaris, der die Fasern von der Macula utriculi und den Cristae ampullares des vorderen (oberen) und seitlichen Bogengangs enthält, N. saccularis für die Fasern von der Macula sacculi und N. ampullaris posterior von der Ampulla posterior. Die zentripetalen Axone vereinigen sich noch im Meatus acusticus internus mit denen des Ganglion spirale cochleae zum N. vestibulocochlearis (N. VIII). Wenn Sie sich jetzt über das vestibuläre System des Gehirns informieren wollen, lesen Sie S. 803. Gefäße des Innenohrs. Die Versorgung des Innenohrs
erfolgt ausschließlich durch die
9
684
Kapitel 9 · Sinnesorgane
A. labyrinthi, die entweder aus der A. inferior anterior cerebelli (66 %) oder direkt aus der A. basilaris entspringt, in den inneren Gehörgang eintritt und sich aufteilt in
>
– Rr. vestibulares für Vorhof und Bogengänge und basale Schneckenwindungen und – Rr. cochleares für die übrigen Schneckenwindungen.
In Kürze
Der Vestibularapparat besteht aus ausdem Utriculus und Sacculus, die untereinander durch den Ductus utriculosaccularis in Verbindung stehen, sowie aus 3 Bogengängen, die vom Utriculus ausgehen. Der Sacculus ist durch den Ductus reuniens mit dem Ductus cochlearis verbunden. In den Ampullen der Bogengänge befinden sich auf Cristae ampullares die Bogengangsorgane. Ihre Sinneszellen ragen mit Stereozilien und einem Kinozilium in eine gallertige Cupula hinein. Sie reagieren auf Drehbeschleunigungen. In Sacculus und Utriculus liegen die Maculaorgane, die eine Deckschicht mit Otolithen tragen. Ihre Sinneszellen werden durch Translationsbeschleunigungen, u. a. Schwerkraft erregt. – Die Gefäßversorgung des Innenohrs erfolgt durch die A. labyrinthi aus der A. inferior anterior cerebelli oder seltener direkt aus der A. basilaris.
9
10
Nervensystem 10.1
Allgemeine Anatomie des Nervensystems – 687
10.1.1
Gliederung des Nervensystems – 687
10.1.2
Bauelemente, Strukturen und Histogenese des Nervensystems – 687
10.1.3
Funktionsprinzipien, Leitungsbögen – 690
10.2
Peripheres Nervensystem – 692
10.2.1
Entwicklung des peripheren Nervensystems – 692
10.2.2
Nn. spinales, Rückenmarknerven – 694
10.2.3
Nn. craniales, Hirnnerven – 697
10.2.4
Autonome Nerven – 698
10.3
Zentralnervensystem – 704
10.3.1
Gliederung – 704
10.3.2
Entwicklung des Zentralnervensystems – 705
10.3.3
Telencephalon, Endhirn – 711
10.3.4
Diencephalon, Zwischenhirn – 725
10.3.5
Hypophyse, Glandula pituitaria – 733
10.3.6
Truncus encephali, Hirnstamm – 737
10.3.7
Cerebellum, Kleinhirn – 758
10.3.8
Medulla spinalis, Rückenmark – 765
10.4
Funktionelle Systeme – 778
10.4.1
Motorisches System – 778
10.4.2
Sensorische Systeme – 787
10.4.3
Olfaktorisches System – 793
10.4.4
Gustatorisches System – 794
10.4.5
Visuelles System – 795
10.4.6
Auditives System – 801
10.4.7
Vestibuläres System – 803
10.4.8
Limbisches System – 805
10.4.9
Vegetatives System – 809
10.4.10
Neurotransmitter und Neurotransmittersysteme – 810
10.4.11
Besondere Leistungen des menschlichen Gehirns – 814 ▼
▼
10
10.5
Hüllen des ZNS, Liquorräume, Blutgefäße – 816
10.5.1
Hüllen von Gehirn und Rückenmark – 816
10.5.2
Äußerer Liquorraum und Ventrikelsystem – 820
10.5.3
Sinus durae matris – 824
687 10.1 · Allgemeine Anatomie des Nervensystems
>
Einleitung
Das Nervensystem dient der Regulation und Anpassung des Organismus an die wechselnden Bedingungen der Außenwelt und des Körperinneren. Es ist somit ein Kommunikations- und Steuerungsorgan. Zur Erfüllung seiner Aufgaben werden dem Zentralnervensystem (ZNS = Gehirn und Rückenmark) durch das periphere Nervensystem Signale von den Rezeptoren (Sensoren) der Körperoberfläche und aus dem Körperinneren zugeleitet. Im ZNS erfolgen dann eine Koordination, d. h. eine Zusammenfassung, und eine Assoziation, d. h. ein In-Beziehung-Setzen der Signale, um eine einheitliche Leistung zu erzielen. Anschließend gelangen Impulse wieder in die Peripherie und steuern die Körpertätigkeit. Das Nervensystem arbeitet eng mit dem endokrinen System, dem anderen großen Regulationssystem des Körpers, zusammen. Beide Systeme beeinflussen sich gegenseitig.
10.1
Allgemeine Anatomie des Nervensystems
10.1.1
Gliederung des Nervensystems
Morphologisch gliedert sich das Nervensystem in zentrales Nervensystem und peripheres Nervensystem. Funktionell lassen sich unterscheiden animalisches, auch somatisches Nervensystem und autonomes, auch vegetatives Nervensystem. Zentrales Nervensystem, Zentralnervensystem, ZNS. Hierzu gehören Rückenmark und Gehirn.Beide Teile sind
durch Knochenkapseln geschützt: das Gehirn durch den knöchernen Schädel, das Rückenmark durch die Wirbel. Außerdem umhüllen das ZNS drei bindegewebige Hirnbzw. Rückenmarkhäute, Meningen, nämlich Dura mater, Arachnoidea mater und Pia mater (S. 816). Zwischen Arachnoidea und Pia mater befindet sich ein mit Flüssigkeit, Liquor cerebrospinalis, gefüllter Raum, äußerer Liquorraum. Der Liquor cerebrospinalis schützt als eine Art Wasserkissen das ZNS vor Erschütterungen.Dieser äußere Liquorraum kommuniziert mit dem inneren Liquorraum, der im Gehirn aus einem Hohlraumsystem, Ventrikel,und im Rückenmark aus dem Zentralkanal besteht (S. 769). Peripheres Nervensystem. Dies sind alle Teile des Nervensystems außerhalb des ZNS. Es besteht aus Nerven. Die Nerven, die vom Gehirn ausgehen bzw. dorthin führen, werden als Hirnnerven, die mit dem Rückenmark
in Beziehung stehen, als Spinalnerven bezeichnet. Es gibt 12 Hirnnerven- und 31 Spinalnervenpaare. Animalisches Nervensystem. Hierunter werden alle Bestandteile des Nervensystems (zentral und peripher) verstanden, die zwischen dem Organismus und seiner Umwelt vermitteln. Es dient vor allem der bewussten Wahrnehmung und der willkürlichen Bewegung. Autonomes Nervensystem. Unter dieser Bezeichnung sind die Anteile des zentralen und peripheren Nervensystems zusammengefasst, die die Tätigkeit der inneren Organe steuern und für die Konstanthaltung des inneren Milieus sorgen. Das autonome Nervensystem arbeitet überwiegend unbewusst. ⓘ Infobox Alle Anteile des Nervensystems sind untrennbar miteinander verflochten und beeinflussen sich gegenseitig. So finden sich überall im Zentralnervensystem und im peripheren Nervensystem Anteile des animalischen und des autonomen Nervensystems.
10.1.2
Bauelemente, Strukturen und Histogenese des Nervensystems
Wichtig
Alle Bauelemente des Nervensystems,insbesondere Nervenzellen und Glia,haben eine systemgerechte Anordnung.Dies führt im Gehirn und Rückenmark zu einer bereits makroskopisch erkennbaren Architektur
▼
10
688
Kapitel 10 · Nervensystem
und Gliederung in graue (nervenzellreiche) und weiße Substanz mit myelinisierten Axonen.Außerdem fügen sich funktionell zusammengehörige Nervenzellgruppen zu Neuronensystemen zusammen.Alle Nervenzellen sowie die Astrozyten und Glioblasten gehen aus dem Neuroepithel der frühen Embryonalanlage hervor.
Bauelemente des Nervensystems sind Nervenzellen mit ihren Fortsätzen und Glia. Hinzu kommen Gefäße.
Ausführungen über den Feinbau der Nervenzellen mit ihren Fortsätzen sowie über Glia finden Sie auf S. 70 und S. 84.
10
Strukturen des Nervensystems. Während Glia und Kapillaren überall im Nervensystem vorhanden sind, entsteht im Zentralnervensystem durch lokale Anhäufung von Neuronen eine bereits makroskopisch auf Querschnitten erkennbare Gliederung (⊡ Abb. 10.1) in Substantia grisea, graue Substanz und Substantia alba, weiße Substanz. Zur Substantia grisea gehören im Gehirn sog. »Kerne«, Nuclei, und im Groß- und Kleinhirn die graue Rinde, Cortex cerebri, Cortex cerebelli (⊡ Abb. 10.1 b). Beim Rückenmark hat die graue Substanz auf Querschnitten H- oder Schmetterlingsform (⊡ Abb. 10.1 a). Im Gegen-
satz zum Gehirn liegt im Rückenmark die graue Substanz ausschließlich zentral. Strukturell handelt es sich bei der grauen Substanz im Rückenmark um Zellsäulen, die mit-
einander verbunden sind. Im peripheren Nervensystem bilden Ganglien mit Ansammlungen von Perikarya die graue Substanz. Die Substantia alba besteht überwiegend aus markhalti-
gen Nervenfasern. Ihre Lipidschichten rufen die weißliche Farbe hervor. Allerdings kommen in der Substantia alba auch marklose Nervenfasern und verstreut liegende Nervenzellen vor, die vielfach Teile schwer definierbarer Neuronenketten sind. Im peripheren Nervensystem entsprechen die Nerven mit ihren markhaltigen Nervenfasern der weißen Substanz. ⓘ Infobox Die Strukturierung des Nervensystems geht weit über die Gliederung in graue und weiße Substanz hinaus. So bestehen z. B. zwischen Größe, Form und Feinbau der Perikarya große Unterschiede. Da innerhalb der grauen Substanz jeweils Perikarya gleicher Gestalt zusammenliegen, entsteht dort eine eigene Zytoarchitektonik. Entsprechendes gilt für Markscheiden, chemisch nachweisbare Substanzen, Pigmente, Glia, Gefäße und andere Strukturen. Man spricht von Myeloarchitektonik, Chemoarchitektonik, Pigmentarchitektonik, Gliaarchitektonik, Angioarchitektonik usw.
Neuronensysteme. Im Nervensystem sind jeweils Neu-
ronengruppen zu großen Systemen zusammengefasst. Sie stehen jeweils im Dienst definierter Funktionen. Dadurch entstehen funktionelle Systeme, die teilweise zentrale und periphere Anteile haben, teilweise auf das ZNS beschränkt sind. Verbindungen zwischen den verschiedenen Anteilen eines Neuronensystems stellen Faserbündel her, Tractus, Fasciculi oder Fibrae. Allerdings verlaufen in einem Faserbündel häufig Fasern verschiedener Herkunft und unterschiedlicher Zielorte. Auch können in Faserbündeln Nervenfasern entgegengesetzte Leitungsrichtungen haben. > Klinischer Hinweis Bei neurodegenerativen Erkrankungen sind vorwiegend funktionell zusammengehörige Neuronensysteme betroffen, Systematrophien. Beispiele sind die amyotrophe Lateralsklerose, eine Erkrankung des motorischen Systems, oder der Morbus Parkinson, bei dem das dopaminerge System betroffen ist.
ⓘ Infobox
⊡ Abb. 10.1 a, b. Graue und weiße Substanz. a Im Rückenmark, b im Großhirn
Nahezu alle Systeme des ZNS stehen untereinander in Verbindung. Dabei kann die Erregung des einen Systems auch ein anderes erregen oder hemmen. Unterschiedliche Funktionsabläufe in den verschiedenen Systemen können durch Integrationszentren koordiniert werden.
689 10.1 · Allgemeine Anatomie des Nervensystems
Zur Histogenese des Nervensystems Nervenzellen und weitgehend auch die Glia gehen aus dem Neuroepithel der frühen Embryonalanlage hervor. Zunächst proliferiert das Neuroepithel und es entsteht über Zwischenstufen das Neuralrohr (S. 111). Die dann folgende Differenzierung wird dadurch eingeleitet, dass die Neuroepithelzellen unter Auf- und Abwärtsbewegungen ihrer Zellkerne ihre Form verändern (⊡ Abb. 10.2). Die Neuroepithelzellen runden sich in der Metaphase ab und sitzen der Innenfläche des Neuralrohrs breitbasig auf. Dann wandert der Zellkern zu Beginn der Interphase nach außen und der Teil der Neuroepithelzelle, der mit dem Neuralkanal in Verbindung steht, wird zu einem lang gestreckten Fortsatz. In folgenden Schritten treten dann Zellen auf, die den Oberflächenkontakt verloren haben und weitere Schichten bilden. Dadurch verdickt sich das Neuroepithel. An der apikalen und basalen Fläche des Zellverbandes entstehen aus Zellkontakten und Basalmembran eine Membrana limitans externa und eine Membrana limitans interna. Aus dem Neuroepithel gehen hervor Neuroblasten und Glioblasten. Neuroblasten können sich zunächst noch teilen. Dann jedoch verharren sie in der G0-Phase und werden zu unreifen Nervenzellen, Proneuronen. In der Folgezeit beginnen die Proneurone unter dem Einfluss von neurotropen Faktoren zu wandern und sich weiter zu differenzieren. Sie bilden die Anlage der grauen Substanz von Rückenmark und Gehirn. Jedoch nicht alle Proneurone entwickeln sich weiter. Etwa 50 % gehen durch Apoptose zugrunde.
Während der Differenzierung bilden Proneurone Zytoplasmafortsätze, aus denen feine Dendriten und meistens 1 Axon hervorgehen. Dabei werden mehrere Stadien durchlaufen, die des apolaren Proneurons, Proneuron ohne Fortsätze, bipolaren Proneurons, Proneuron mit je 1 Dendriten und 1 Axon und jungen Neurons mit meist mehreren Dendriten und 1 Axon. Glioblasten. Die Gliogenese setzt nach der Neurogenese ein. Auch die Glioblasten verlassen das Neuroepithel und differenzieren sich in der Marginalzone der Neuralanlage zu Astrozyten und Oligodendrozyten. Sie behalten ihre Teilungsfähigkeit während des ganzen Lebens bei. In der Folgezeit bildet die Oligodendroglia im Zentralnervensystem um die Axone Markscheiden. Dabei umgreift jeweils eine Oligodendrogliazelle mehrere Axone. Die Markscheidenbildung, Myelogenese, beginnt im 4. Entwicklungsmonat, ist aber mit der Geburt noch nicht in allen Teilen des Nervensystems abgeschlossen. Weitere Abkömmlinge des Neuroepithels sind das Ependym (S. 86), das den Zentralkanal des Rückenmarks und die Ventrikelräume des Gehirns auskleidet, sowie die Epithelzellen des Plexus choroideus (S. 86). Auch diese Zellen behalten ihre Teilungsfähigkeit. Mikroglia, Mesoglia. Ab 5. Entwicklungsmonat treten in der Anlage des Rückenmarks, später auch an anderen Stellen, Mikrogliazellen auf, die aus dem Mesenchym stammen (S. 108), und solche, die sich vom Mesektoderm (S. 114) ableiten, Mesoglia.
⊡ Abb. 10.2. Histogenese des Nervensystems. Sie beginnt mit Wanderbewegungen der Zellkerne und Formveränderungen der Neuroepithelzellen während der Proliferation
10
690
Kapitel 10 · Nervensystem
ⓘ Infobox In umschriebenen Gebieten des Gehirns verbleiben lebenslang undifferenzierte neuronale Vorläuferzellen (Stammzellen), die sich unter dem Einfluss von Wachstumsfaktoren bzw. Zytokinen teilen, dann wandern und zu fertigen Neuronen bzw. Glia werden können. Stammzellgebiete des Gehirns befinden sich subventrikulär und im Hippocampus.
10.1.3
Funktionsprinzipien, Leitungsbögen
Wichtig
Die Leistungen des Nervensystems sind an die Existenz von Leitungsbögen gebunden.
Leitungsbögen sind Neuronenketten. Sofern sie einem Reflexablauf dienen, werden sie als Reflexbögen bezeichnet.
10
Am Aufbau von Leitungsbögen sind beteiligt Rezeptor, afferentes Neuron, Interneuron(e), fakultativ, efferentes Neuron und Effektor. Fehlen Interneurone, wird von einfachen Leitungsbögen (⊡ Abb. 10.3), sind Interneurone vorhanden, von zusammengesetzten Leitungsbögen gesprochen (⊡ Abb. 10.4). Rezeptoren sind Strukturen, die auf spezifische Reize
reagieren. Die Ausführungen hierüber finden Sie im Kapitel Sinnesorgane (S. 650). Afferent ist ein Neuron, wenn es einem anderen Neuron
ein Signal zuleitet. Dies gilt sowohl für die Zugänge aus Rezeptoren als auch innerhalb einer Neuronenkette bei Übertragung eines Aktionspotenzials auf ein folgendes
⊡ Abb. 10.3. Einfache Leitungsbögen. Sie bestehen aus einem afferenten und einem efferenten Neuron
⊡ Abb. 10.4. Zusammengesetzte Leitungsbögen. Zwischen afferentem Neuron und efferentem Neuron befinden sich Interneurone. Verbleiben Interneurone lokal, bilden sie den Verbindungsapparat, verlaufen sie über weite Strecken den Leitungsapparat
Neuron. Sofern es sich um Neurone des somatischen Nervensystems handelt, werden die zuleitenden Neurone als somatoafferent bzw. somatosensorisch, die des autonomen Systems als viszeroafferent bezeichnet. ⓘ Infobox Im Sprachgebrauch wird oft (noch) für Somatoafferenz der Begriff »sensibel« verwendet. Der Begriff »sensorisch« soll dagegen die Impulse aus den sog. höheren Sinnesorganen (Auge, Ohr) bezeichnen. Funktionell bestehen jedoch keine Unterschiede zwischen »sensibel« und »sensorisch«. Deswegen soll einheitlich, wie im wissenschaftlichen Schrifttum üblich, von »sensorisch« gesprochen werden. Die Bezeichnung geht darauf zurück, dass die Empfänger der Signale »Sensoren« sind. In der Klinik üblich ist jedoch die Bezeichnung »Sensibilitätsstörungen«. Gemeint sind damit Störungen bei der Aufnahme und Verarbeitung von Reizen, z. B. Dysästhesien, wenn Wahrnehmungen verändert sind, Parästhesien für Fehlempfindungen (»Kribbeln, Pelzigsein« u. a.).
Interneurone gibt es vor allem im ZNS aber auch in Ganglien und im Darmnervensystem. Sie lassen durch ihre Verzweigungen ein neuronales Netzwerk entstehen. Interneurone wirken teils inhibitorisch (hemmend), teils exzitatorisch (erregend). Insgesamt dienen sie der Ausbreitung, der Aufrechterhaltung und der Modulation von Erregungen sowie der Selbststeuerung der Tätigkeit des Nervensystems.
691 10.1 · Allgemeine Anatomie des Nervensystems
Dort, wo Interneurone vorhanden sind, passiert das Aktionspotenzial mehrere Synapsen. Ein Reflexbogen mit Interneuronen wird deswegen als polysynaptisch bezeichnet. Fehlen jedoch Interneurone, ist der Reflexbogen monosynaptisch, z. B. beim Dehnungsreflex der Muskulatur. Morphologisch lassen sich unterscheiden Bahninterneurone und Interneurone begrenzter Ausbreitung. Bahninterneurone leiten Signale über weite Strecken,z. B.
vom Rückenmark zum Gehirn. Bahninterneurone sind Bestandteile des Verbindungsapparates (⊡ Abb. 10.4). Interneurone begrenzter Ausbreitung können sich lokal erheblich verzweigen. Sie lassen u. a. den Eigenapparat des Rückenmarks (⊡ Abb. 10.4) oder des Hirnstamms entstehen. Ferner können Interneurone dieser Art in Erregungskreisen liegen. Erregungskreise werden dadurch gebildet, dass eine Kollaterale einer Nervenzelle an ein Interneuron herantritt, dessen Axon rückläufig mit dem Perikaryon (oder Dendriten) der Ausgangsnervenzelle eine Synapse bildet. Meist handelt es sich um inhibitorische Interneurone. Erregungskreise können auch mehrere Interneurone haben. ⓘ Infobox Zu einer ausgewogenen Funktion des Nervensystems tragen vor allem hemmende Interneurone bei. Sie können bewirken eine (⊡ Abb. 10.5 a–d) Vorwärtshemmung. Das hemmende Interneuron liegt zwischen erregter Zelle und Folgezelle. Es hemmt die Weitergabe der Erregung.
Rückwärtshemmung, rekurrente Hemmung. Sie kommt dadurch zustande, dass das erregte Neuron durch eine Kollaterale ein Interneuron erregt, das seinerseits an das erregte Neuron herantritt und es hemmt. Präsynaptische Hemmung (nur im Rückenmark). Das inhibitorische Neuron bildet mit dem Endabschnitt eines erregten Axons Synapsen (axoaxonale Synapse). Desinhibition. Bei aufeinander folgenden hemmenden Interneuronen wird die hemmende Wirkung auf das Zielneuron aufgehoben (Prinzip der doppelten Hemmung).
> Klinischer Hinweis Gifte, sog. Konvulsiva, schalten im Rückenmark durch Störung der neuronalen Transmission die Wirkung hemmender Interneurone aus und erzeugen dadurch lang anhaltende Krämpfe, z. B.Tetanustoxin.
Efferent ist ein Neuron, wenn es ein Signal weiterleitet,
sei es vom Zentralorgan zu seinem Erfolgsorgan in der Peripherie (Effektor), sei es zu einem weiteren Neuron. Die entsprechenden Neurone des somatischen Systems werden als somatoefferent, die des autonomen Systems als viszeroefferent bezeichnet. Eine Sprachverwirrung kann dadurch entstehen, dass in einer Neuronenkette ein efferentes Neuron für ein Nachfolgendes afferent sein kann. Effektor ist das Erfolgsorgan, dessen Tätigkeit von den ef-
ferenten Nervenimpulsen beeinflusst wird. Der typische Effektor der somatoefferenten Neurone ist die quer gestreifte Muskelfaser. Die Qualität der in den somatoefferenten Neuronen geleitete Erregung wird als »motorisch« bezeichnet. Die Effektoren des autonomen Nervensystems sind u. a. die glatte Muskulatur und Drüsen.
⊡ Abb. 10.5 a–d. Interneurone. Sie können eine a Vorwärtshemmung, b Rückwärtshemmung, c präsynaptische Hemmung, d Desinhibition bewirken
10
692
Kapitel 10 · Nervensystem
>
In Kürze
Das Nervensystem lässt sich unter verschiedenen Gesichtspunkten gliedern: zentral – peripher, animalisch – autonom, graue Anteile – weiße Anteile, Neuronensysteme. Basis hierfür ist die Anordnung der Neurone mit ihren Fortsätzen in funktionellen Systemen und in Leitungsbögen mit afferenten und efferenten Anteilen. Durch Interneurone mit inhibitorischen bzw. exzitatorischen Fähigkeiten entsteht im ZNS ein Netzwerk, das ein ausbalanciertes Zusammenwirken jeweils beteiligter Anteile des Nervensystems ermöglicht.
10.2
Peripheres Nervensystem
Wichtig
Das periphere Nervensystem verbindet die Sensoren (Rezeptororgane) und Effektoren der Körperperipherie mit dem Zentralnervensystem. Es besteht aus Bündeln von Nervenfasern, den Nerven. Eingeschlossen sind Ganglien.
10
Nach ihren Beziehungen zum Rückenmark bzw. Gehirn werden unterschieden Nn. spinales, Rückenmarknerven und Nn. cerebrales, Hirnnerven. Hinzu kommen als Anteile eines eigenen Systems autonome Nerven.
10.2.1
Entwicklung des peripheren Nervensystems
Die Entwicklung des peripheren Nervensystems geht von Proneuronen aus, die in die Peripherie auswachsende Fortsätze – später Axone – bilden. Entsprechende Proneurone befinden sich in der Wand des Neuralrohrs, in der Neuralleiste und in den Plakoden. Proneurone des Neuralrohrs. In jeweils umschriebenen
Gebieten des Neuralrohrs finden sich Gruppen von frühzeitig determinierten Proneuronen, aus denen somatoefferente (motorische) bzw. viszeroefferente (autonome) Neurone hervorgehen. Dies gilt sowohl für die Anlage des Gehirns als auch für die des Rückenmarks. Die Entwicklung beginnt im Übergangsbereich zwischen Rückenmark- und Gehirnanlage, verläuft aber überall gleichartig.
Von efferent determinierten Proneuronen wachsen axonale Fortsätze aus, die die Peripherie erreichen, sobald sich in der Umgebung Muskelanlagen bilden. An der Spitze jedes auswachsenden Fortsatzes befindet sich ein Wachstumskegel, der sich lebhaft bewegende Filopodien trägt. Sie suchen nach Kontaktpunkten. Das Wachstum selbst steht unter dem Einfluss von Wachstumsfaktoren und ist zunächst unabhängig von einem Zielorgan. Unter den vorwachsenden somatoefferenten Fasern eilen einige voraus. Sie werden als Pionierfasern bezeichnet. Sobald diese auf einen Myoblasten treffen, docken sie an und andere Fortsätze werden nachgezogen. Pionierfasern legen dadurch die Bahnen zukünftiger Nerven fest. Die Anzahl der Nervenfasern für ein Zielgebiet wird von der Größe des zu innervierenden peripheren Feldes bestimmt. Sobald ein Fortsatz einen Myoblasten erreicht hat, stellt er sein Wachstum ein. An der Kontaktstelle kommt es zur Anhäufung von Azetylcholinrezeptoren und es entsteht eine Synapse. Überzählig angelegte Myoblasten werden rückgebildet. Etwas anders verhalten sich viszeroefferente Neurone. Sie differenzieren sich später als die somatomotorischen Neurone. Zwar schließen sich ihre Fortsätze denen somatomotorischer Neurone an, gelangen dann aber zu autonomen Ganglien, in denen sie an Perikarya herantreten, die aus der Neuralleiste hervorgehen. Neuralleiste. In der Neuralleiste finden sich Zellen, die
u. a. determiniert sind für somatoafferente Neurone. viszeroafferente Neurone, viszeroefferente Neurone und Gliazellen. Die viszeroafferenten und viszeroefferenten Neurone gehören zum autonomen System. Somatoafferente Neurone. Die hierfür determinierten
Zellen wandern von der Neuralleiste zu den Anlagen
693 10.2 · Peripheres Nervensystem
der Kopfganglien bzw. am Rückenmark zu den noch ungegliederten Anlagen der Spinalganglien. Dort bekommen die Proneurone einen Fortsatz, der sich teilt. Der eine Ast wächst in die Peripherie und erreicht dort sein zukünftiges Innervationsgebiet. Der andere wächst zentralwärts zur Anlage von Rückenmark bzw. Gehirn. Der in die Peripherie wachsende Fortsatz schließt sich den Pionierfasern der somatoefferenten Neurone an, sodass um die Pionierfasern herum ein Bündel von efferenten und afferenten Fasern entsteht, Faszikulation. Bewirkt wird die Bündelung durch Zelladhäsionsmoleküle. Autonome viszeroafferente Neurone. Ihre Proneurone verhalten sich teilweise wie die somatoafferenten Neurone, wenn auch ihre Zielgebiete die inneren Organe sind. Andere jedoch wandern weit in die Peripherie und beteiligen sich dort an der Bildung von prävertebralen Ganglien (s. unten). Ihre zentripetalen Äste schließen sich efferenten Verlaufsstrecken des autonomen Systems an, ziehen dann aber zu Spinalganglien und zu den hinteren Wurzeln des Rückenmarks. Autonome viszeroefferente Neurone. Die hierfür determinierten Neuralleistenzellen haben eigene Wanderwege. Sie bilden als Sympathikoblasten ventral der Wirbelsäulenanlage einen breiten, ungegliederten Zellstrang, die Anlage des Grenzstrangs des Sympathikus. An sie treten die viszeroefferenten Fasern aus Proneuronen des Neuralrohrs heran. Dadurch kommt es, dass die
>
viszeroefferente Verlaufsstrecke autonomer Nerven aus zwei Neuronen besteht.
Weitere Sympathikoblasten der Neuralleiste wandern in die Mesenterien und bilden dort prävertebral zahlreiche Ganglien und Ganglienkomplexe, die den Grenzstrangganglien entsprechen. Gliazellen. Schließlich verlassen weitere Zellen die Neuralleiste, die die auswachsenden Fortsätze der Proneurone begleiten und dort als Schwann-Zellen alle Axone umscheiden. Für die weitere Entwicklung des peripheren somatischen Nervensystems ist die Differenzierung und Verlagerung der Myotome und Dermatome entscheidend. Mit diesen haben die Fortsätze sowohl der somatoefferenten als auch der somatoafferenten Neurone Kontakt bekommen. Die Äste, die zwischen den Rippenanlagen verlaufen, behalten eine segmentale Anordnung bei, während die der übrigen Gebiete mit den sich entwickelnden Muskeln verlagert werden. Dabei entstehen Nervengeflechte, Plexus, deren Fortsetzung die peripheren Nerven sind. Plakoden sind Verdickungen im Ektoderm. Sie gleichen
in ihrer Entwicklungspotenz den Neuralleisten. In ihrem Bereich können Sinneszellen und zugehörige Nervenzellen entstehen, so bei der Ohrplakode die Nervenzellen des Ganglion vestibulocochleare. In der Riechplakode sind die Sinneszellen selbst bipolare Nervenzellen.
In Kürze
Die Entwicklung der efferenten Anteile des peripheren Nervensystems geht von Proneuronen des Neuralrohrs aus, deren Fortsätze die jeweiligen Zielgebiete in der Peripherie erreichen. Im somatoefferenten System sind dabei Pionierfasern führend. Die Fortsätze viszeroefferenter Fasern erreichen die Anlage autonomer Ganglien. Die somato- und viszeroafferenten Fasern und auch die viszeroefferenten Fasern des 2. Neurons des autonomen Systems nehmen dagegen ihren Ursprung von Proneuronen, die aus der Neuralleiste hervorgehen. Ferner gehen aus der Neuralleiste Markscheidenzellen (Schwann-Zellen) für alle peripheren Nerven hervor. Periphere Anteile der Riechnerven und des N. vestibulocochlearis (N. VIII) entwickeln sich aus Plakoden.
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694
Kapitel 10 · Nervensystem
10.2.2
Nn. spinales, Rückenmarknerven
Wichtig
Die Nn. spinales bilden sich im Foramen intervertebrale durch Vereinigung von vorderen und hinteren Wurzelfasern des Rückenmarks. Aus ihren Rami anteriores entstehen im zervikalen und lumbosakralen Bereich Nervengeflechte, Plexus.
Die Rückenmarknerven, Nn. spinales (⊡ Abb. 10.6), entstehen durch Bündelung von Nervenfasern, die jeweils zu einem umschriebenen Gebiet des Rückenmarks, Rückenmarksegment, in Beziehung stehen (S. 766). Die Fasern werden als Fila radicularia, Wurzelfasern, bezeichnet (⊡ Abb. 10.6). Sie bilden auf der posterioren Seite des Rückenmarks eine hintere Wurzel, Radix posterior, auf der anterioren Seite eine vordere Wurzel, Radix anterior. Die hintere Wurzel wird auch als sensorische Wurzel bezeichnet, weil sie praktisch nur sensorische (afferente) Fasern aus der Körperperipherie führt. Die Perikarya lie-
gen in den zugehörigen Ganglia spinalia. Die vordere Wurzel ist die motorische (efferente) Wurzel, weil ihre Fasern die Muskulatur erreichen. Ihre Perikarya liegen im Vorderhorn der grauen Substanz des Rückenmarks. Ganglia spinalia. Topographisch befinden sich die Ganglia spinalia in den Foramina intervertebralia und sind dort von den Meningen des Rückenmarks umschlossen. Histologisch zeichnen sich die Ganglia spinalia durch pseudounipolare Nervenzellen aus (⊡ Abb. 10.7). Sie haben nur einen Fortsatz, der in Schlingen um den Zellkörper verläuft, sich dann aber teilt. Der eine Ast (Dendrit) ist mit Sensoren in der Peripherie (z. T. in Rezeptororganen) verbunden und der andere zieht zum Zentralnervensystem. Die Perikarya selbst sind zytoplasmareich, oval oder rund. Die Nissl-Substanz ist in der Regel staubförmig; sie fehlt im Ursprungskegel. Im Alter kommen Lipofuszingranula hinzu. Umschlossen werden die pseudounipolaren Nervenzellen von Mantelzellen (Glia) und einer nur elektronen-
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⊡ Abb. 10.6. Spinales peripheres Nervensystem. Die hintere und vordere Wurzel (Radix posterior, Radix anterior) vereinigen sich zu einem Stamm (Spinalnerv), der sich in mehrere Äste aufteilt: R. anterior, R. posterior, Rr. communicantes albus et griseus und R. meningeus
695 10.2 · Peripheres Nervensystem
mikroskopisch sichtbaren Basalmembran mit argyrophilem Fibrillengitter, Endoneuralscheide. Die Mantelzellen vermitteln den Stoffaustausch zwischen Kapillaren und Nervenzellen. Die Teilung der zunächst unipolaren Nervenzellfortsätze erfolgt noch innerhalb der Mantelzellkapsel.
Nn. spinales (⊡ Abb. 10.8). In den Foramina intervertebralia entsteht durch Vereinigung der Fasern der vorderen und hinteren Wurzel der jeweilige N. spinalis. Durch diese Vereinigung ergibt sich, dass alle Spinalnerven gemischt sind. Sie führen gleichzeitig somato- und viszeromotorische Fasern aus den Vorderwurzeln sowie somatound viszerosensible Fasern von Perikarya der Spinalganglien. Durch die Bündelung der Wurzelfasern entstehen 31 Nervenpaare: 8 Zervikalnervenpaare, 12 Thorakalnervenpaare, 5 Lumbalnervenpaare, 5 Sakralnervenpaare und 1 Kokzygealnervenpaar.
Etwa 1 cm jenseits der Foramina intervertebralia teilt sich jeder N. spinalis (⊡ Abb. 10.6) in Ramus anterior, Ramus posterior, Rami communicantes (griseus et albus) und Ramus meningeus.
⊡ Abb. 10.7 a, b. Spinalganglion. a Übersicht. Die Pfeile geben die Richtung der Erregungsleitung in den pseudounipolaren Nervenzellen an. b Spinalganglienzellen mit Mantelzellen
Der Ramus anterior ist der stärkste Ast jedes N. spinalis. Die Rami anteriores der thorakalen Anteile des Rückenmarks (Th1–Th12) ziehen als 12 individuelle Nn. thoracici zur lateralen und ventralen Rumpfwand. Die aus den zervikalen (C1–C8) und lumbosakralen Anteilen (L1–S5, Co)
⊡ Abb. 10.8. Segmentale und periphere Innervation der Skelettmuskulatur. Jeder Nerv führt Fasern aus mehreren Rückenmarksegmenten. Dadurch wird jeder Muskel multisegmental innerviert. Gleichzeitig erreichen in der Regel Fasern aus einem Segment mehrere Nerven
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696
Kapitel 10 · Nervensystem
bilden Nervengeflechte, Plexus, aus denen die peripheren Nerven für den Halsbereich und die Extremitäten entstehen. Alle Innervationsgebiete werden motorisch und sensorisch versorgt. Der Ramus posterior zieht zum Rücken. Dort versorgt er die zugehörigen Hautgebiete und die autochthone Rückenmuskulatur. Er teilt sich in einen Ramus medialis und einen Ramus lateralis. Die Rami communicantes verbinden die Spinalnerven mit dem Grenzstrang des Sympathikus und sind damit Anteile des autonomen Nervensystems (S. 698). Sie führen viszeroafferente und viszeroefferente Axone. Der Ramus meningeus besteht aus afferenten Fasern. Er gelangt durch das Foramen intervertebrale wieder in den Wirbelkanal zurück und versorgt dort die Rückenmarkhäute sensibel. Nervengeflechte, Plexus. Es handelt sich um die Plexus cervicalis: C1–C4 (⊡ Abb. 7.59), Plexus brachialis: C5–Th1 mit Verbindungsästen aus
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C4 und Th2 (⊡ Abb. 6.75), Plexus lumbalis: L1–L3 sowie teilweise von L4 (⊡ Abb. 6.125) und Plexus sacralis: L5–S5 sowie teilweise von L4 (⊡ Abb. 6.125). Plexus lumbalis und Plexus sacralis werden auch als Plexus lumbosacralis zusammengefasst. Der Plexus sacralis gliedert sich in Plexus pudendus, S2–S4 und Plexus coccygeus, S4–Co. Die Benennungen und den Verlauf der einzelnen peripheren Nerven finden Sie bei der Beschreibung der jeweiligen Erfolgsorgane.
>
ⓘ Infobox Durch die Plexusbildung besteht ein Unterschied zwischen segmentaler und peripherer Innervation der Muskulatur und der Körperoberfläche. Segmentale Innervation meint den Bezug eines peripheren Nerven zu einem Rückenmarksegment, periphere Innervation die Innervation durch einen Nerven, der durch Vereinigung von vorderer und hinterer Wurzel entstanden oder aus einem Plexus hervorgegangen ist. Für die Skelettmuskulatur ergibt sich hieraus, dass jeder Muskel Nervenfasern aus mehreren Segmenten erhält (multisegmentale Innervation der Muskeln). Dies bedeutet aber gleichzeitig, dass jedes Segment an der Innervation mehrerer Muskeln beteiligt ist (⊡ Abb. 10.8). Für die Haut gilt ein anderes Innervationsmuster. Zwar werden die afferenten Erregungen von der Körperoberfläche auch in mehreren Nerven fortgeleitet, aber doch ist für die einzelnen Hautfelder, Dermatome (S. 768, ⊡ Abb. 10.53), eine deutliche Beziehung zu einzelnen Rückenmarksegmenten nachweisbar (radikuläre Innervation). Den Rückenmarksegmenten entsprechend lassen sich für die Haut streifenförmige Innervationsgebiete nachweisen. Für die Dermatome gilt, dass sich die Innervationsgebiete der einzelnen peripheren Nerven in der Regel stark überlappen. Es verbleiben aber Autonomiegebiete, Gebiete, die nur von jeweils einem Nerven versorgt werden. Die Autonomiegebiete nehmen infolge von Überlappungen in der Regel weniger als ein Drittel des Ausbreitungsgebiets des jeweiligen Nerven ein.
> Klinischer Hinweis Es bestehen wesentliche Unterschiede zwischen den Ausfallerscheinungen nach Unterbrechung eines Spinalnerven peripher des Plexus und nach einer Unterbrechung an der vorderen bzw. hinteren Wurzel. Wird der Nerv peripher des Plexus unterbrochen, ist der von diesem Nerven innervierte Muskel gelähmt. Wird eine vordere Wurzel geschädigt, bleibt die Kontraktionsfähigkeit des Muskels teilweise erhalten, weil die Skelettmuskeln fast immer multisegmental innerviert werden.
In Kürze
Die Nn. spinales aus zervikalen und lumbosakralen Anteilen des Rückenmarks gliedern sich in einen Abschnitt vor der Plexusbildung und einem danach. Die Nerven jenseits des Plexus sind die peripheren Nerven, die jeweils Bündel aus mehreren Rückenmarksegmenten enthalten. Dadurch werden Muskeln stets multisegmental innerviert. Bei der sensorischen Innervation der Haut ist ein Segmentbezug noch nachweisbar.
697 10.2 · Peripheres Nervensystem
10.2.3
Nn. craniales, Hirnnerven
Wichtig
Alle 12 Hirnnerven haben Verlaufsstrecken innerhalb und außerhalb des Cavum cranii, das sie durch Öffnungen verlassen. Innerhalb des Schädels können sie bei Schäden am Schädelinhalt (Gehirn, Meningen, Gefäße) sowie am knöchernen Schädel mitbetroffen werden.
Es gibt 12 Hirnnervenpaare:
N. olfactorius
N. I
N. facialis
N. VII
N. opticus
N. II
N. vestibulocochlearis N. VIII
N. oculomotorius
N. III
N. glossopharyngeus
N. IX
N. trochlearis
N. IV
N. vagus
N. X
N. trigeminus
N. V
N. accessorius
N. XI
N. abducens
N. VI
N. hypoglossus N. XII
Gemeinsames Kennzeichen aller 12 Hirnnerven ist, dass sie im Gegensatz zu den Rückenmarknerven nicht segmental angeordnet sind. Außerdem hat jeder Hirnnerv im Gegensatz zu den Nn. spinales (s. oben) nur eine Ausbzw. Eintrittsstelle am Gehirn. Diese befinden sich mit Ausnahme des N. trochlearis (N. IV) an der anterioren Seite des Gehirns. Der N. trochlearis tritt posterior aus.
Im Übrigen sind die Gehirnnerven in ihrer Qualität heterogen. Es ist möglich, die Hirnnerven zu gruppieren in Sinnesnerven. Dies sind
>
– N. olfactorius (N. I). Er besteht aus den Fortsätzen der Sinneszellen des Riechepithels der Nasenschleimhaut. – N. opticus (N. II). Er geht aus der Retina hervor, die ein in die Peripherie verlagerter Teil des Zwischenhirns ist. – N. vestibulocochlearis (N. VIII). Er unterscheidet sich dadurch von den beiden anderen Sinnesnerven, dass er ein afferenter Hirnnerv ist. Zu ihm gehört das Ganglion spirale cochleae und das Ganglion vestibulare. Dies sind die einzigen Ganglien mit bipolaren Nervenzellen (in den übrigen Ganglien sind sie multipolar). Dem N. vestibulocochlearis schließen sich efferente, auf das Gehörorgan inhibitorisch wirkende Fasern des Tractus olivocochlearis an. somatoefferente,motorische Nerven. Es handelt sich um den N. trochlearis (N. IV), N. abducens (N. VI), N. accessorius (N. XI), N. hypoglossus (N. XII). – Der N. trochlearis und der N. abducens sind Augenmuskelnerven. Hinzu kommen die motorischen Anteile des gemischten N. oculomotorius, gemischte Nerven. N. oculomotorius (N. III), N. trigeminus (N. V), N. facialis (N. VII), N. glossopharyngeus (N. IX), N. vagus (N. X). Sie haben sensorische, motorische und z. T. parasympathische Anteile. Gemeinsam ist diesen Nerven, dass in ihrem Verlauf Ganglien mit Perikarya für ihre sensorischen Anteile eingeschaltet sind, Hirnnervenganglien, Branchialnerven. Unter dieser Bezeichnung werden Nerven zusammengefasst, die Muskeln innervieren, die aus den Anlagen der Branchialbögen hervorgegangen sind, sowie die äußere Haut bzw. Schleimhaut des Kopfdarms. Zu dieser Gruppe gehören N. trigeminus, N. facialis, N. glossopharyngeus, N. accessorius (teilweise) und N. vagus.
In Kürze
Die Nerven des Gehirns sind nichtsegmental angeordnet. Einige sind gemischt (N. III, N. V, N. VII, N. IX, N. X), die anderen motorisch (N. IV, N. VI, N. XI, N. XII) oder sensorisch (Sinnesnerven). Getrennte Wurzeln wie beim Rückenmark gibt es nicht. Nur der N. trochlearis (N. IV) verlässt das Gehirn auf der posterioren Seite, alle anderen anterior.
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698
Kapitel 10 · Nervensystem
10.2.4
Autonome Nerven
Wichtig
Das autonome Nervensystem besteht aus zwei sich ausbalancierenden Anteilen, Sympathikus und Parasympathikus, sowie dem Darmnervensystem. Zu den Besonderheiten des autonomen Nervensystems gehört, dass die efferente Strecke aus zwei aufeinander folgenden Neuronen besteht, die jedoch bei den Systemen unterschiedlich angeordnet sind.
Das autonome Nervensystem gliedert sich in Sympathikus und Parasympathikus. Hinzu kommt das Darmnervensystem.
10
Sympathikus und Parasympathikus unterscheiden sich voneinander durch ihre Aufgaben, die Lokalisation ihrer Zentren im ZNS und die Anordnung ihrer Efferenzen. Kein prinzipieller Unterschied besteht bei den Afferenzen, weder zwischen Sympathikus und Parasympathikus noch gegenüber dem somatischen System.
Sympathikus ⓘ Infobox Durch den Sympathikus wird die Leistungsfähigkeit des Körpers gesteigert. Der Sympathikus beschleunigt u. a. den Herzschlag, erhöht den Blutdruck, die Atemfrequenz, die Schweißabsonderung und vermindert alle Tätigkeiten des MagenDarm-Kanals. Der Sympathikus bewirkt schnelle Reaktionen bei Notfällen.
Die Zentren des Sympathikus befinden sich in den thora-
kalen und lumbalen Segmenten des Rückenmarks (C8–L2, ⊡ Abb. 10.12). Deswegen wird der Sympathikus auch als der thorakolumbale Teil des autonomen Nervensystems bezeichnet. Efferente Anteile. Der efferente Weg des Sympathikus besteht wie auch der des Parasympathikus aus zwei aufeinander folgenden Neuronen. Die Übertragung des
Aktionspotenzials vom 1. auf das 2. Neuron erfolgt in Ganglien. Deswegen lassen sich im efferenten Teil des autonomen Nervensystems unterscheiden (⊡ Abb. 10.9) ein
⊡ Abb. 10.9. Efferente Strecke somatischer und vegetativer Nerven. Bei somatischen Nerven verbindet 1 Neuron das Zentralorgan mit dem Effektor. Bei vegetativen Nerven liegen überwiegend 2 Neurone vor. Im Fall des Sympathikus erfolgt in der Regel die Umschaltung nahe am Zentralorgan, beim Parasympathikus nahe am Erfolgsorgan
präganglionäres (1.) Neuron und ein postganglionäres (2.) Neuron. Präganglionäres Neuron. Die Perikarya der präganglionären Neurone des Sympathikus liegen im Rückenmark (S. 772). Ihre Axone verlassen das Rückenmark gemeinsam mit den somatoefferenten Nerven, mit denen sie ein kurzes Stück (1 cm) in Spinalnerven verlaufen. Dann gelangen sie jeweils über einen Ramus communicans albus zu einem sympathischen Ganglion (⊡ Abb. 10.6). Dort bilden sie teilweise mit postganglionären Neuronen Synapsen (⊡ Abb. 10.10). Die Nervenfasern der präganglionären Neurone sind myelinisiert. Sie gehören zur Kaliberklasse B (Durchmesser 1–3 mm, ⊡ Tabelle 2.9). Der Transmitter an ihren Nervenendigungen ist Azetylcholin. Postganglionäre Neurone des Sympathikus (⊡ Abb. 10.10). Ihre Perikarya befinden sich in paravertebralen Ganglien, die gemeinsam den Grenzstrang, Truncus sympathicus, bilden, prävertebralen Ganglien und in Zielgebieten. Den Axonen der postganglionären Neurone fehlt eine Myelinscheide. Der Transmitter an ihren Nervenendigungen ist Noradrenalin. Deswegen werden postganglionäre sympathische Neurone auch als noradrenerge Neurone bezeichnet.
ⓘ Infobox Als Besonderheit weisen die postganglionären sympathischen Fasern zu den Schweißdrüsen Azetylcholin als Transmitter auf und nicht Noradrenalin.
699 10.2 · Peripheres Nervensystem
⊡ Abb. 10.10. Organisation des somatischen und des vegetativen Nervensystems. Im somatischen Anteil (links) sind die somatoefferenten Fasern rot, die somatoafferenten Fasern schwarz gezeichnet. Im vegetativen Anteil (rechts) sind präganglionäre Strecken der viszeroefferenten Fasern durchgezogen rot, die postganglionären Strecken rot durchbrochen, die viszeroafferenten Fasern schwarz gezeichnet
Da Noradrenalin sehr viel langsamer abgebaut wird als der Transmitter des Parasympathikus (Azetylcholin), hält die Wirkung des Sympathikus sehr viel länger an als die des Parasympathikus. An den Enden der postganglionären sympathischen Nervenfasern wirkt außer Noradrenalin auch Adrenalin. Das Adrenalin stammt jedoch nicht von den Nervenenden, sondern aus dem Nebennierenmark (S. 598) bzw. den Paraganglien (s. unten).
Truncus sympathicus, Grenzstrang (⊡ Abb. 10.11). Es
handelt sich um eine paravertebral gelegene Ganglienkette aus 22–23 Ganglia trunci sympathici, die durch Rami interganglionares verbunden sind. Sie reicht von der Schädelbasis bis zum Os coccygis. Grenzstrangganglien sind Ganglion cervicale superius, Ganglion cervicale medium (inkonstant), Ganglion cervicothoracicum, auch als Ganglion stellatum bezeichnet, Ganglia thoracica, Ganglia lumbalia und Ganglia sacralia. Das Ende beider Grenzstränge bildet das unpaare Ganglion impar.
Die Nervenzellen der Grenzstrangganglien sind überwiegend multipolar. Kleinere Nervenzellen sind möglicherweise Interneurone. ⓘ Infobox In der Regel wird ein postganglionäres Neuron von Axonen vieler präganglionärer Neurone erreicht (konvergente Erregungsleitung). Andererseits kann ein präganglionäres Axon mit vielen postganglionären Neuronen Synapsen bilden (divergente Erregungsleitung). Hinzu kommt, dass postganglionäre Neurone mit Kollateralen viszeroafferenter Neurone sowie mit Axonen von Nervenzellen aus dem Darmnervensystem Kontakte eingehen. Und schließlich sind postganglionäre Neurone durch Interneurone miteinander verknüpft. Dadurch haben Grenzstrangganglien auch integrative Funktionen.
Die Besprechung der einzelnen Grenzstrangganglien und ihrer Verbindungen mit den Zielgebieten erfolgt in den Kapiteln Kopf und Hals (S. 467), Brustorgane (S. 526), Bauch- und Beckenorgane (S. 561). Ein Teil der Axone der postganglionären Ganglienzellen des Grenzstrangs verlaufen über Rami communicantes grisei zurück zu den Spinalnerven (⊡ Abb. 10.6), mit denen sie die Haut erreichen und dort Gefäße, Drüsen und Mm. arrectores pilorum innervieren.
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700
Kapitel 10 · Nervensystem
In den prävertebralen Ganglien erfolgt dann die Umschaltung von präganglionäre auf postganglionäre Neurone. Größere prävertebrale Ganglien sind (⊡ Abb. 10.11, 10.12) Ganglia coeliaca, häufig verschmolzen mit Ganglia aorticorenalia, Ganglion mesentericum superius und Ganglion mesentericum inferius. Die Besprechung der prävertebralen Ganglien erfolgt im Kapitel Bauchorgane (S. 561). Zielgebiete. In den Zielgebieten (⊡ Abb. 10.12) innervieren die postganglionären sympathischen Fasern glatte Muskelzellen und Drüsenzellen. Dabei werden die Transmitter an Varikositäten der Axone freigesetzt und aktivieren die Rezeptoren der Erfolgsorgane. Zwischen den zuführenden Nervenfasern kommen axoaxonale Synapsen vor. Afferente Anteile des Sympathikus, s. unten.
10 ⊡ Abb. 10.11. Grenzstrang. Darstellung mit den wichtigsten Ästen, Ganglien und Geflechten
Andere postganglionäre Fasern schließen sich den Gefäßen an, um die sie Geflechte bilden, und mit denen sie zu ihren Zielgebieten gelangen. Weitere postganglionäre Fasern des Grenzstrangs gehen in ausgedehnte autonome Geflechte der Leibeshöhle ein (s. unten). Prävertebrale Ganglien. Nicht alle präganglionären Neu-
rone werden im Grenzstrang umgeschaltet. Die Axone einiger präganglionärer Neurone passieren vielmehr den Grenzstrang ohne Umschaltung und erreichen prävertebrale Ganglien oder Ganglien in den Zielgebieten. Dabei können sie in eigenen Nerven verlaufen (⊡ Abb. 10.12), u. a. in den/dem Nn. cardiaci aus den Ganglia cervicalia (zusammen mit postganglionären Fasern des Grenzstrangs), N. splanchnicus major (S. 526) aus dem 5.–9. Grenzstrangganglion und N. splanchnicus minor (S. 526) aus dem 9.–11. Grenzstrangganglion.
Paraganglien. Sie werden aus entwicklungsgeschichtlicher Sicht dem Sympathikus zugerechnet. Es handelt sich um Epithelzellhaufen, die aus Sympathikoblasten der Neuralleisten hervorgegangen sind und sich sympathischen Nervenfasern anlagern. Sie produzieren Adrenalin und Noradrenalin. Paraganglien kommen an verschiedenen Stellen des Körpers vor, z. B. Glomus caroticum (S. 448), Paraganglia supracardialia, Paraganglion aorticum abdominale. In die Gruppe der Paraganglien gehört auch das Nebennierenmark (S. 597).
Parasympathikus ⓘ Infobox Der Parasympathikus hat vielfach eine dem Sympathikus entgegengesetzte Wirkung. Er führt u. a. zu einer Abnahme der Herz- und Atemfrequenz sowie zu einer Förderung aller Tätigkeiten des Magen-Darm-Kanals. Jedoch hängen die Wirkungen des Sympathikus und Parasympathikus voneinander ab. Die Zunahme der Aktivität des einen Systems bedeutet ein (dosiertes) Nachlassen des anderen. In der Regel überwiegt der Parasympathikus als das die Körpertätigkeit schonende System.
Zentrale Anteile. Die Perikarya der präganglionären Neurone des Parasympathikus liegen im Hirnstamm, so-
701 10.2 · Peripheres Nervensystem
⊡ Abb. 10.12. Vegetatives Nervensystem, Übersicht. Rote Linie durchgezogen präganglionäres Neuron des Parasympathikus; rote Linie unterbrochen postganglionäres Neuron des Parasympathikus; schwarze Linie durchgezogen präganglionäres Neuron des Sympathikus; schwarze Linie unterbrochen postganglionäres Neuron des Sympathikus. 1 Plexus caroticus; 2a–d Nn. cardiaci; 3, 4 Nn. splanchnici majores et minores; 5 Nn. splanchnici lumbales; 6 Fasern zu Spinalnerven; 7 Nn. splanchnici sacrales; 8 Nn. pelvici splanchnici (Nn. erigentes)
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702
Kapitel 10 · Nervensystem
wie im 2.–5. Sakralsegment des Rückenmarks. Aus diesem Grund wird das parasympathische System auch als der kraniosakrale Teil des autonomen Nervensystems bezeichnet.
Zielgebiete des sakralen Anteils des Parasympathikus (⊡ Abb. 10.12) sind die distalen Teile des Kolons und
das Urogenitalsystem. Afferente Neurone. Unterschiede zwischen Sympathikus
Efferente Anteile. Charakteristisch für den Parasympathikus ist die Umschaltung von der präganglionären auf die postganglionäre Strecke am oder im Erfolgsorgan
10
(⊡ Abb. 10.9). Die Axone der präganglionären Neurone sind daher stets länger als die der postganglionären. Ferner ist charakteristisch, dass der Transmitter aller parasympathischen Neurone sowohl prä- als auch postganglionär Azetylcholin ist. Präganglionäre Neurone des kranialen Anteils des Parasympathikus liegen in den Kernen der Hirnnerven III (N. oculomotorius), VII (N. facialis), IX (N. glossopharyngeus) und X (N. vagus). Ihre Axone verlassen das Gehirn in Begleitung der übrigen Anteile des jeweiligen Hirnnerven. Im sakralen Anteil des Parasympathikus verlassen die Axone der präganglionären Neurone das Rückenmark durch die vordere Wurzel. Sie bilden die Nn. splanchnici pelvici. Postganglionäre Neurone der zerebralen Anteile
des Parasympathikus befinden sich in Ganglien bzw. Geflechten der zugehörigen Hirnnerven, das Ganglion ciliare im N. oculomotorius, Ganglion submandibulare bzw. Ganglion pterygopalatinum im N. facialis, Ganglion oticum im N. glossopharyngeus und Plexus cardiacus bzw. intramurales Geflecht des Magen-Darm-Kanals im N. vagus. Die Zielgebiete des zerebralen Anteils des Parasympathikus sind in ⊡ Abb. 10.12 dargestellt. Die Axone verlau-
fen auf ganzer Strecke mit den jeweiligen Gehirnnerven. Dabei gehören etwa 75 % der zerebralen parasympathischen Fasern zum N. vagus; die Fasern gelangen zu Herz, Lunge, Ösophagus, Magen, Dünndarm, den proximalen zwei Dritteln des Kolons,Leber,Gallenblase,Pankreas und den oberen Anteilen des Ureters. Die verbleibenden 25 % verteilen sich auf den N. oculomotorius für den M. sphincter pupillae und den M. ciliaris des Auges, den N. facialis für die Gl.lacrimalis,Gll.nasales,Gl.submandibularis und den N. glossopharyngeus für die Gl.parotidea. Postganglionäre Neurone des sakralen Anteils des Parasympathikus befinden sich im Plexus hypogastricus, in den Ganglia pelvica und teilweise intramural in den Zielorganen.
und Parasympathikus bestehen in der afferenten Strecke nicht. Die Perikarya für die afferenten autonomen Fasern, die das Rückenmark erreichen, liegen in den Spinalganglien, die des Gehirns in den autonomen Ganglien der Gehirnnerven. Beim N. vagus befinden sich die Perikarya im Ganglion superius (jugulare) und Ganglion inferius (nodosum, S. 463). Die afferenten autonomen Nervenfasern sind nicht myelinisiert. Sie beginnen in der Regel mit freien Nervenendigungen und verlaufen weitgehend mit den efferenten Strecken. Das Rückenmark erreichen sie in der hinteren Wurzel. Autonome Geflechte um Gefäße und in der Leibeshöhle sind Sammelpunkte aller Arten von autonomen Nervenfasern, sowohl des Sympathikus als auch des Parasympathikus sowie efferenter und afferenter Erregungsleitung. Eine Trennung der verschiedenen Anteile ist nicht möglich. Jedoch lassen sich an einigen Stellen autonome Nervenfaserbündel nachweisen, die aus den Geflechten hervorgehen, u. a. N. hypogastricus (S. 562), Nn. anales, Nn. vaginales, Nn. cavernosi. Große autonome Geflechte in der Brust-, Bauch- und Beckenhöhle sind Plexus aorticus thoracicus, Plexus pulmonalis, Plexus cardiacus, Plexus oesophageus, Plexus aorticus abdominalis, Plexus coeliacus, Plexus hypogastricus superior und Plexus hypogastricus inferior.
Die Besprechung der Plexus erfolgt im Zusammenhang der einzelnen Körperregionen. Von den Geflechten aus werden die Erfolgsorgane innerviert, in der Regel von Fasern aus allen Anteilen des autonomen Systems. Jedoch können die Gewichte der beiden Anteile des autonomen Systems im Zielgebiet unterschiedlich sein. So wird z. B. die Entleerung der Harnblase überwiegend parasympathisch bewirkt. Weiteres ist bei der Beschreibung des Urogenitalsystems nachzulesen.
703 10.2 · Peripheres Nervensystem
Ferner gibt es Ausnahmen, wenn Zielgebiete von nur einem Anteil des vegetativen Systems innerviert werden, z. B. die Arteriolen nur durch postganglionäre sympathische Fasern. ⓘ Infobox Die Tätigkeit des autonomen Nervensystems erfolgt reflektorisch. Es lassen sich unterscheiden viszeroviszerale Reflexe. Es können z. B. von Eingeweiderezeptoren – meist büschelartige Aufzweigungen dendritischer Enden afferenter Neurone – Gefäßreaktionen ausgelöst werden, viszerosomatische Reflexe. Sie kommen dadurch zustande, dass Kollateralen viszeroafferente Neurone motorischerVorderhornzellen erreichen, deren Axone dann quer gestreifte Muskulatur innervieren. Auf diese Weise entsteht z. B. die Abwehrspannung der Bauchdecken bei entzündlichen Erkrankungen der Bauchorgane, kutiviszerale Reflexe. Hierbei werden Erregungen aus den Schmerz-,Temperatur- und Druckrezeptoren der Haut auf viszeromotorische Neurone für die Eingeweide umgeschaltet. Auf diesem Wege kann es z. B. zur Entspannung der Eingeweidemuskulatur nach Erwärmung der Haut kommen (daher die wohltuende Wirkung der Wärmflasche). Ferner erfolgt ein Teil der Genitalreflexe auf diesem Wege. »Übertragener Schmerz«. Bei Erkrankungen innerer Organe können bestimmte Hautzonen schmerzhaft überempfindlich werden (sog. Head-Zonen, z. B. bei Herzerkrankungen die Haut an der Innenseite des linken Ober- und Unterarms im Bereich der Segmente Th2–3). Hierbei treten vegetative und somatische Afferenzen der zugehörigen Rückenmarksegmente miteinander und mit gemeinsamen weiteren Neuronen in Beziehung, die die Erregung dem Gehirn zuleiten. Dort entsteht die subjektive Empfindung eines schmerzhaften Hautsegments.
Darmnervensystem Das Darmnervensystem, enterisches Nervensystem, ist ein unabhängiges autonomes System, das aber von Sympathikus und Parasympathikus beeinflusst werden kann. Entsprechende afferente und efferente Fasern sind vorhanden. Das Darmnervensystem steuert die Darmbewe-
gungen zur Durchmischung und zur Fortbewegung des Darminhaltes sowie die Sekretion der Darmwanddrüsen. Das Darmnervensystem verfügt über sensorische Neurone, die bei Dehnung oder Kontraktion der Darmwand erregt werden, Neurone, die glatte Ring- und Längsmuskulatur, Drüsenzellen und endokrine Zellen innervieren, Interneurone zwischen sensorischen und folgenden Neuronen und interstitielle Zellen (Cajal), die möglicherweise Schrittmacherfunktion haben. Diese Neurone befinden sich im Plexus submucosus, Meißner-Plexus, und Plexus myentericus, Auerbach-Plexus. Plexus submucosus. Der Plexus submucosus liegt in der Tunica submucosa der Darmwand (S. 574). Er besteht aus Perikarya, die einzeln liegen oder Ansammlungen bilden, und reich verzweigten Nervenzellfortsätzen. Die Nervenzellen sind in der Regel multipolar und noradrenerg. Die Nervenzellfortsätze sind untereinander und mit denen des Plexus myentericus vermascht. Funktionell kann ein Teil der Nervenzellen des Plexus submucosus als 1. Neuron eines autonomen Reflexsystems aufgefasst werden. Das zugehörige 2. Neuron befindet sich entweder im Plexus myentericus oder im Plexus submucosus selbst. Plexus myentericus. Der Plexus myentericus befindet sich im Bindegewebe der Tunica muscularis der Darmwand (zwischen Stratum circulare und Stratum longitudinale, S. 574). Er bildet ein dichtes Maschenwerk vielfach verknüpfter Neurone, deren Perikarya kleine Ganglien bilden. Bei den Nervenzellen handelt es sich um relativ große Neurone mit sehr kurzen Dendriten und Axonen, die in die umgebende Muskulatur eindringen, sowie um kleinere, serotoninerge Interneurone, die Verknüpfungen innerhalb des Plexus myentericus, aber auch zum Plexus submucosus herstellen. Zu den Nervenzellen des Plexus myentericus gehören ferner inhibitorische GABAerge Neurone, die möglicherweise eine Schrittmacherfunktion haben.
10
704
Kapitel 10 · Nervensystem
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In Kürze
Der Sympathikus ist der thorakolumbale Teil des autonomen Systems. Die Axone seiner präganglionären Neurone bilden in den paravertebralen Ganglien des Grenzstrangs bzw. in prävertebralen Ganglien Synapsen mit Perikarya postganglionärer Neurone. Der Grenzstrang ist eine Ganglienkette von der Schädelbasis bis zum Os coccygis.Transmitter der präganglionären Neurone ist Azetylcholin, der postganglionären Noradrenalin, deswegen noradrenerge Neurone. Der Parasympathikus ist ein zerebrosakraler Anteil des autonomen Systems. Seine Umschaltung von präauf postganglionäre Neurone erfolgt in Ganglien oder Geflechten, die in der Peripherie liegen.Vom kranialen Anteil werden vor allem die Kopfdrüsen sowie vom N. vagus die Organe der Leibeshöhlen bis einschließlich zwei Drittel des proximalen Kolons, vom sakralen Anteil die Organe im Beckenraum innerviert. Gemeinsam bilden alle Anteile des autonomen Nervensystems Geflechte um Gefäße sowie in den Leibeshöhlen. Von hieraus werden die Zielgebiete erreicht und vor allem glatte Muskulatur und Drüsen innerviert. – Das Darmnervensystem arbeitet autonom, wird aber von Sympathikus und Parasympathikus beeinflusst.
10.3
10
Zentralnervensystem
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Einleitung
Gehirn und Rückenmark sind morphologisch und funktionell eine Einheit. Gemeinsam dekodieren sie die Signale aus der Peripherie und wählen diejenigen aus, die entweder unterbewusst verarbeitet oder bewusst wahrgenommen werden sollen. Schließlich erzeugt das Zentralnervensystem Signale, die der Eigenleistung dienen oder als Antwort auf einen Reiz in die Peripherie abgegeben werden. Zwar sind bei Teilaufgaben unterschiedliche Gebiete im Gehirn bzw. im Rückenmark führend, aber keine Aufgabe kann ohne das Mitwirken anderer Abschnitte ausgeführt werden. Das Zentralnervensystem (ZNS) besteht aus Gehirn und Rückenmark. Vom Umfang her überwiegt das Gehirn. Es wiegt bei 95 % der Männer zwischen 1340 g und 1550 g, bei Frauen zwischen 1200 g und 1370 g.
10.3.1
Gliederung
Wichtig
Das Gehirn ist in hierarchische Teilabschnitte unterschiedlicher Struktur und Aufgabenstellung gegliedert. Demgegenüber gleicht das Rückenmark einer in sich einheitlichen Kommandostelle.
Gehirn, Cerebrum. Es besteht aus (⊡ Abb. 10.13) Telencephalon, Endhirn,
Diencephalon, Zwischenhirn, Truncus encephali, Hirnstamm, mit – Mesencephalon, Mittelhirn, – Metencephalon, Nachhirn, mit Pons, Brücke, und Cerebellum, Kleinhirn, – Myelencephalon, Medulla oblongata, verlängertes Mark. Telenzephalon und Dienzephalon nehmen die vordere und mittlere Schädelgrube, der Hirnstamm – vor allem das Zerebellum – die hintere Schädelgrube ein. ⓘ Infobox Weitere bei der Unterteilung des Gehirns verwendete Begriffe sind Prosencephalon, Rhombencephalon und Stammhirn. Zum Prosenzephalon,Vorderhirn, gehören Telenzephalon und Dienzephalon. Das Rhombenzephalon, Rautenhirn, besteht aus Pons, Zerebellum und Medulla oblongata. Unter der
705 10.3 · Zentralnervensystem
⊡ Abb. 10.13. Medianer Sagittalschnitt durch das Gehirn. Rot Dienzephalon
Bezeichnung Stammhirn werden meist Zwischenhirn, Mittelhirn und Rautenhirn ohne Kleinhirn zusammengefasst.
Rückenmark, Medulla spinalis. Ohne deutliche Grenze
ist das Rückenmark die Fortsetzung der Medulla oblongata.Verglichen mit dem Gehirn ist das Rückenmark einheitlicher gebaut, wenn auch nicht uniform. Detailunterschiede bestehen in den verschiedenen Abschnitten, die nach ihrer Lage im Wirbelkanal und ihrer Beziehung zu den Wirbeln bezeichnet werden als (⊡ Abb. 10.14) Pars cervicalis, Pars thoracica, Pars lumbalis, Pars sacralis und Pars coccygea.
10.3.2
Entwicklung des Zentralnervensystems
Wichtig
Der Entwicklung von Gehirn und Rückenmark liegt ein gemeinsamer Bauplan zugrunde, der beim Gehirn jedoch stark modifiziert ist.
⊡ Abb. 10.14. Rückenmark mit seinen Abschnitten
Entwicklung des Rückenmarks Die Entwicklung des Rückenmarks ist beispielhaft für die Entstehung des Bauplans im ZNS. Sie beginnt gegen Ende der 4. Entwicklungswoche, wenn sich der Neuroporus caudalis geschlossen hat (S. 111). Zu diesem Zeitpunkt verlassen Proneurone mit großem Zellkern und deutlichem Nukleolus das Neuroepithel (S. 689). Sie bilden um das Neuroepithel die Mantelzone. Aus ihr geht die graue Substanz des Rückenmarks hervor. Umgeben wird sie von der Marginalzone, auch Randschleier, die durch das Auswachsen von Axonen aus den Proneuronen der Mantelzone entsteht. Sie ist der Vorläufer der späteren weißen Substanz des Rückenmarks. Damit ist festgelegt, dass beim Rückenmark innen graue Substanz, außen weiße Substanz liegt.
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706
Kapitel 10 · Nervensystem
⊡ Tabelle 10.1. Differenzierung von Flügel- und Grundplatte Frühembryonales Rückenmark
Adultes Rückenmark
Funktionelle Gliederung
Hinterhorn
Somatoafferent
Flügelplatte Viszeroafferent Seitenhorn Viszeroefferent Grundplatte Vorderhorn
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Somatoefferent
Fortsätzen das 1. Neuron des Sympathikus und Parasympathikus bilden werden. ⊡ Abb. 10.15 a, b. Querschnitte durch das Rückenmark. a Im 2., b im 3. Entwicklungsmonat
Graue Substanz, Mantelzone (⊡ Abb. 10.15). In der Man-
telzone des embryonalen Rückenmarks entsteht durch Zellvermehrung auf jeder Seite parallel zum Zentralkanal eine Zellsäule. Durch weitere Zellteilungen und Zellmigrationen entwickelt sich daraus beiderseits eine dorsolaterale Flügelplatte und eine ventrolaterale Grundplatte. Zwischen Flügel- und Grundplatte liegt eine Furche, Sulcus limitans. Die Gebiete des Neuroepithels ventral bzw. dorsal des Zentralkanals werden als Bodenbzw. Deckplatte bezeichnet. Beim weiteren Wachstum bleiben Deck- und Bodenplatte zurück, während sich Flügel- und Grundplatte ausweiten. So entstehen das spätere Vorder- und Hinterhorn der grauen Substanz des Rückenmarks, die die Schmetterlingsfigur des Rückenmarkquerschnitts ausmachen (⊡ Abb. 10.15 b). Im Bereich der Grundplatte bilden dann die prospektiven Motoneurone Axone, die nach Durchdringen der Marginalzone die Rückenmarkanlage verlassen. Sie werden zu den somatomotorischen Anteilen der peripheren Nerven. Sehr bald siedeln sich dann zwischen Flügel- und Grundplatte in thorakalen (C8, Th1–Th12, L1, 2) und sakralen Bereichen (S2–S4) Neurone an, die mit ihren
ⓘ Infobox Die embryonale Gliederung in Flügel- und Grundplatte sowie die Entstehung der Seitenhörner bedingt die funktionelle Längsgliederung des adulten Rückenmarks (⊡ Tabelle 10.1) Aus den Flügelplatten entwickeln sich die sensorischen, d. h. somatoafferenten Kerngebiete der Columna posterior. Sie erhalten ihre Signale von der Körperoberfläche und über propriozeptive Leitungen aus dem Bewegungsapparat. Aus den Grundplatten entwickeln sich motorische, d. h. somatoefferente Kerngebiete der Columna anterior. Ihre Signale erreichen die Skelettmuskeln. Aus den Seitenhörnern entstehen in den posterioren Anteilen Nervenzellen für afferente Signale aus den Eingeweiden (viszeroafferent), aus den anterioren Anteilen Neurone, die die Eingeweide viszeroefferent innervieren.
Marginalzone. Durch unterschiedliches Wachstum von Flügelplatte und Grundplatte und durch das Einwachsen von auf- und absteigenden neuronalen Verbindungen mit nachfolgender Myelinisierung gliedert sich die Marginalzone in drei Bereiche (⊡ Abb. 10.15) Hinterstrang, Funiculus posterior, Seitenstrang, Funiculus lateralis und Vorderstrang, Funiculus anterior. Aszensus des Rückenmarks. Im 2. Entwicklungsmonat
füllt das Rückenmark den Wirbelkanal auf ganzer Länge.
707 10.3 · Zentralnervensystem
Jedoch schon im 3. Entwicklungsmonat bleibt das Wachstum des Rückenmarks gegenüber dem der Wirbelsäule zurück. Dadurch verschiebt sich das Rückenmark im Wirbelkanal immer mehr nach kranial, ein scheinbarer Aszensus. Im 6. Entwicklungsmonat reicht das kaudale Ende des Rückenmarks, Conus medullaris (S. 765), bis zu den Sakralwirbeln; bei der Geburt steht es in Höhe des 3. Lumbalwirbels. Da der Verlauf der Wurzelfasern im Wirbelkanal an ihre Bündelung in den Foramina intervertebralia gebunden ist, bekommen sie nach Abschluss des »Aszensus« unterhalb des Conus medullaris ein pferdeschweifartiges Aussehen, Cauda equina (⊡ Abb. 10.52).
Fehlbildungen Fehlbildungen, die durch Störung der induktiven Wirkung des Chordamesoderms auf das Neuroektoderm entstehen und u. a. den Verschluss des Neuralrohrs beeinträchtigen, werden als Dysraphien bezeichnet. Es kommen vor Myelozele oder Rachischisis (⊡ Abb. 10.16 a). Im schwersten Fall bleibt das Neuralrohr offen und das Nervengewebe tritt am Rücken frei zutage. Meist infiziert sich das Nervengewebe post partum innerhalb weniger Tage mit tötlicher Folge. Myelomeningozele und Meningozele. Ist die teratogene Störung schwächer oder tritt sie später auf, so schließt sich zwar das Neuralrohr, aber es bilden sich keine Wirbelbögen, meist im lumbosakralen Bereich. Die Rückenmarkhäute wölben sich wie ein Sack vor, der das Rückenmark enthält, Myelomeningozele (⊡ Abb. 10.16 b). Dabei treten im kaudalen Rückenmark häufig Hohlräume und degeneriertes Nervengewebe auf. Bei diesen Kindern findet man Innervationsstörungen der unteren Extremitäten und/oder im Blasen-Rektum-Bereich. Enthält die Erweiterung der Meningen kein Rückenmark, liegt eine Meningozele vor (⊡ Abb. 10.16 c). Spina bifida occulta (⊡ Abb. 10.16 d). Wird die Entwicklung in einem noch späteren Stadium gestört, kommt es nur zu einem Defekt der Wirbelbögen, Spina bifida occulta. Die bedeckende Haut zeigt manchmal kleine Haarbüschel, die auf gestörte epidermale Induktionsprozesse hinweisen. > Klinischer Hinweis Myelozele, Myelomeningozele, Meningozele, Spina bifida occulta werden in der Klinik häufig unter dem Oberbegriff »Spina bifida« zusammengefasst. Gemeint ist damit eine »Spaltung« des Wirbelkanals – besonders häufig im lumbosakralen Bereich.
⊡ Abb. 10.16 a–d. Missbildungen des Rückenmarks. Linke Spalte Oberflächenansichten; rechte Spalte Querschnitte. a Myelozele, b Myelomeningozele, c Meningozele, d Spina bifida occulta. Hypertrichose: atypisch-vermehrte Haarbildung
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708
Kapitel 10 · Nervensystem
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In Kürze
In der Mantelzone der Rückenmarkanlage entstehen die Flügel- und Grundplatte und daraus in der Folgezeit Vorder- und Hinterhorn der grauen Substanz. Dazwischen bildet sich das Seitenhorn. Diese Anordnung führt zu einer Längsgliederung der grauen Substanz des späteren Rückenmarks. In der Marginalzone der Rückenmarkanlage gehen aus der Zusammenlagerung von Nervenfasern Hinter-, Seiten- und Vorderstrang hervor. – Während der Entwicklung bleibt das Wachstum des Rückenmarks gegenüber dem der Wirbelsäule zurück, ein scheinbarer Aszensus des Rückenmarks. Die Wurzelfasern der unteren Rückenmarksegmente werden zur Cauda equina ausgezogen.
Entwicklung des Gehirns
10
Die Entwicklung des Gehirns beginnt nach Verschluss des Neuroporus cranialis in der Mitte der 4. Entwicklungswoche mit einer Ausweitung des kranialen Teils des Neuralrohrs. Dort bilden sich zwei primäre Gehirnbläschen, das Prosencephalon, Vorderhirn, und Rhombencephalon, Rautenhirn. Die Gehirnbläschen haben weite Hohlräume, die Anlagen der zukünftigen Ventrikel. Prosencephalon. Bereits in der 5. Entwicklungswoche bilden sich bilateral die Vorläufer der Augenbecher
(⊡ Abb. 10.17 a, 10.18) und rostral davon auf jeder Seite ein Großhirnbläschen als Anlage des Endhirns, Telencephalon. Der verbleibende Teil des Prosenzephalons wird in der Folgezeit zum Zwischenhirn, Diencephalon. Aus der Vorderwand des Prosenzephalons entsteht zwischen den beiden Großhirnbläschen die Lamina terminalis (⊡ Abb. 10.18) und aus dem Teil der Deckplatte der Neuralanlage im späteren Zwischenhirnbereich der Plexus choroideus des III. Ventrikels. Rhombencephalon. Der dem Dienzephalon folgende Teil des Rhombenzephalons wird zum Mittelhirn, Mesencephalon. Auf seiner Dorsalseite wird das Tectum mesencephali angelegt. Weitere Wachstumsvorgänge führen dann zu einer Gliederung der anschließenden Teile des Rhombenzephalons in Nachhirn, Metencephalon und verlängertes Mark, Myelencephalon. In diesem Bereich wird die Ventrikelanlage zu einer rautenförmigen Grube, Fossa rhomboidea, erweitert und von einem nur einschichtigen Epithel bedeckt, dem Vorläufer der Lamina epithelialis des Plexus choroideus des IV. Ventrikels. Ferner entstehen in der 6. Entwicklungswoche am rostralen Ende der Rautengrube die paarigen Rautenlippen (⊡ Abb. 10.17 c),
die Vorläufer des Kleinhirns, Cerebellum. Ontogenetisch ist daher das Kleinhirn dem Metenzephalon zuzurechnen. Der zwischen den Rautenlippen verbleibende basale Teil des Metenzephalons wird zur Brücke, Pons. Das Myelenzephalon entwickelt sich zum verlängerten Mark, Medulla oblongata. Durch das schnelle, aber unterschiedliche Wachstum der verschiedenen Abschnitte der frühen Gehirnanlage kommt es zu Verformungen. Es entstehen drei Krümmungen (⊡ Abb. 10.17 a, b), die Nackenbeuge zwischen den Anlagen von Rückenmark und Rautenhirn, Scheitelbeuge im Gebiet der Mittelhirnanlage und Brückenbeuge, die nach ventral gerichtete Abknickung im Bereich des Rhombenzephalons. ⓘ Infobox Im frühen Stadium der Gehirnentwicklung sind die einzelnen Teile des Gehirns (Telenzephalon, Dienzephalon, Mesenzephalon und Rhombenzephalon) wie die Glieder einer (abgeknickten) Kette von rostral nach kaudal hintereinander angeordnet. Dies ist ein stammesgeschichtlich altes Hirnmuster, das sich bei Fischen und Amphibien findet. Dabei zeigt sich, dass Telenzephalon, Zerebellum und Tectum mesencephali anderen Hirnteilen übergeordnet sind; sie werden zu Integrationsorten, d. h. hier werden Informationen aus verschiedenen funktionellen Systemen integrierend verarbeitet.
Dominierend bei der nun folgenden Morphogenese des Gehirns ist das starke Wachstum der Großhirnbläschen. ⊡ Abb. 10.17 a–d. Hirnanlage. a Eines 5 mm, b eines 11 mm, c ei- nes 27 mm, d eines 53 mm langen Embryos. Telenzephalon rosa, Mesenzephalon grauer Raster. Deckplatte bzw. Tegmen ventriculi IV schraffiert. In a sind im Bereich des Rautenhirns die Rhombomere angedeutet
709 10.3 · Zentralnervensystem
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710
Kapitel 10 · Nervensystem
kommt die Entwicklung des Kleinhirns aus den Rautenlippen. Anders sieht es im Prosenzephalon aus. Hier kommt es durch Proliferation des Neuroepithels zu einer vom Grundbauplan abweichenden Gestaltung. Die Besprechung der Baupläne der einzelnen Abschnitte des Gehirns erfolgt in den jeweiligen Kapiteln. Ventrikelsystem. Durch die lokal unterschiedlichen
⊡ Abb. 10.18. Ventrikelsystem, 6. Entwicklungswoche
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Dabei werden zunächst im 3. Entwicklungsmonat Endund Zwischenhirnanlage durch den Sulcus telodiencephalicus voneinander abgesetzt. Dann entstehen am Zwischenhirnboden die Anlagen der Hypophyse sowie der Corpora mamillaria. Im 4. Entwicklungsmonat steht das Wachstum der Großhirnbläschen im Vordergrund. Sie vergrößern sich vor allem nach kaudal und basal, aber auch frontal in Form einer Art Kreisbewegung um eine Achse, die etwa quer zur Übergangsregion zwischen Di- und Telenzephalon verläuft. Bei dieser Bewegung wandern ursprünglich dorsal gelegene sowie Teile von frontal gelegenen Bezirken nach basal. Dadurch hat das spätere Großhirn Bogenform. Diese Wachstumsvorgänge gehen auf eine Vergrößerung des Großhirnmantels zurück. Sie sind jedoch nicht gleichmäßig.Vielmehr bleibt ab dem 6. Entwicklungsmonat an den Großhirnseitenflächen ein umschriebener Bezirk zurück. Er wird in der Folgezeit von umgebenden Abschnitten überwachsen, operkularisiert, und als Insel in die Tiefe verlagert. Weitere Zellvermehrungen führen zur Bildung von Furchen und Falten an der Großhirnoberfläche (s. unten). Parallel zur Morphogenese des Großhirns verändert sich auch der Bauplan der Neuralanlage im Bereich des Gehirns. Dabei bleiben im Rhombenzephalon Deckplatte, Flügelplatte, Grundplatte und Bodenplatte (s. oben) erhalten, wenn auch in modifizierter Form. Hinzu
Wachstumsvorgänge der Gehirnanlage wird der ursprünglich einheitliche Hohlraum des ehemaligen Neuralrohrs in verschiedene Abschnitte untergliedert (⊡ Abb. 10.18). Vor allem entstehen in den Großhirnbläschen Seitenventrikel, die durch die Wachstumsvorgänge des Hirnmantels einen bogenförmigen Verlauf bekommen. Sie sind auf jeder Seite durch ein Foramen interventriculare (Foramen Monro) mit dem unpaaren III. Ventrikel im Bereich des Zwischenhirns verbunden. Der folgende Ventrikelabschnitt unter dem Tectum mesencephali ist frühembryonal noch weit. Später jedoch wird er zu einem engen Kanal, dem Aqueductus mesencephali. Er stellt die Verbindung zwischen dem III. und IV. Ventrikel her. Der IV. Ventrikel gehört zum Rautenhirn. Er besitzt drei Öffnungen nach außen in den Liquorraum der Gehirnumgebung. Kaudal setzt sich der IV. Ventrikel in den Zentralkanal des Rückenmarks fort. Das Ventrikelsystem und der Zentralkanal des Rückenmarks sind mit Liquor cerebrospinalis gefüllt.
Fehlbildungen Unter 1000 Neugeborenen zeigen 2–3 angeborene Defekte des Zentralnervensystems. Dabei handelt es sich um Kinder, deren Missbildungen prima vista zu diagnostizieren sind, z. B. wenn ein Anenzephalus oder eine Meningozele vorliegen. Die tatsächlich vorliegende Zahl der Missbildungen des Zentralnervensystems ist jedoch größer, weil einige Störungen erst postnatal sichtbar werden, z. B. angeborene Tumoren. Ein Anenzephalus liegt vor, wenn bei einem Neugeborenen das Schädeldach fehlt und anstelle des Gehirns lediglich eine undifferenzierte Gewebsmasse oder der Rest des Hirnstamms vorhanden sind. Hierbei hat der Kopf ein typisches Aussehen: Die Augen treten wie beim Frosch stark hervor, die Stirn fehlt und der Hals ist kurz: Froschkopf. Diese Missbildung ist nicht mit dem Leben vereinbar. Sie kann bereits in utero im Ultraschallbild oder im Röntgenbild diagnostiziert werden. Meningoenzephalozele und Meningozele. Wie beim Rückenmark (⊡ Abb. 10.16) können sich durch einen De-
711 10.3 · Zentralnervensystem
fekt im Schädel die Hirnhäute sackförmig vorwölben, meist am Hinterkopf. Wenn dieser Meningealsack Hirngewebe enthält, handelt es sich um eine Meningoenzephalozele. Befindet sich innerhalb der Ausstülpung der Hirnhäute kein Gehirngewebe, sondern nur Liquor cerebrospinalis, spricht man von einer Meningozele. Trisomie 21 (Mongolismus). Dieser Defekt, der nicht nur das Gehirn betrifft, wird durch eine Chromosomenanomalie verursacht (S. 122). Das Gehirn bleibt beim Mongolismus meist klein – Hirngewicht unter 1000 g –, zeigt geringe Furchenbildung und eine unvollständige Entwicklung der Großhirnrinde.
>
Hydrozephalus. Bei einem Hydrocephalus internus befindet sich abnorm viel Liquor cerebrospinalis in einem erweiterten Ventrikelsystem, meist des Endhirns. Dadurch wird die Gehirnmasse atrophisch. Der Druck führt oft zum Klaffen der Schädelnähte. Die Ursache ist ein Verschluss oder eine Einengung des Aqueductus mesencephali. Teratogene. Sie können einen Mikrozephalus, Hydrozephalus, Schwachsinn u. a. hervorrufen. Ursächlich kommen u. a. pränatale Infektionen, z. B. mit dem Herpes-simplex-Virus oder chemische Teratogene, besonders Alkohol in Frage.
In Kürze
Die Entwicklung des Gehirns geht auf ein starkes, regional unterschiedliches Wachstum des kranialen Teils der Neuralanlage zurück. Dabei entsteht eine durch Nackenbeuge, Scheitelbeuge und Brückenbeuge abgeknickte Kette von Gehirnabschnitten:Telenzephalon, Dienzephalon (zusammen Prosenzephalon), Mesenzephalon, Metenzephalon, Myelenzephalon (zusammen Rhombenzephalon). Führend ist dann die Entfaltung des Prosenzephalons. Zunächst entstehen Großhirnbläschen, die sich stark vergrößern und durch ein bogenförmiges Wachstum Di- und Mesenzephalon überdecken. Der Bauplan der Neuralanlage (vgl. Rückenmark) bleibt im Rhombenzephalon in modifizierter Form erhalten, im Prosenzephalon ändert er sich. Aus dem ehemaligen Neuralkanal entsteht das Ventrikelsystem des Gehirns: Seitenventrikel, III. und IV. Ventrikel.
10.3.3
Telencephalon, Endhirn
ⓘ Infobox Bei den Ausführungen über das Telenzephalon treten auch die Begriffe Großhirn, Cerebrum, Cortex cerebri und Pallium auf. Unter Großhirn werden in der Regel die paarigen Hemisphären (graue und weiße Substanz einschließlich subkortikaler Kerne) verstanden. Dann ist der Begriff Großhirn mit dem des Telenzephalons identisch. Einige Autoren rechnen aber auch die Kerne und Faserbahnen des Zwischenhirns hinzu, sodass dann der Begriff Großhirn dem des Prosenzephalons (s. oben) entspricht. Der Begriff Cerebrum ist nach der anatomischen Nomenklatur mit dem des Telenzephalons gleichbedeutend. Der Name Cerebrum wird jedoch in der Medizin auch für Großhirn im Sinne des Prosenzephalons verwendet. Eindeutig ist der Terminus Cortex cerebri, Großhirnrinde. Hierbei handelt es sich um die graue, nervenzellreiche Substanz an der Oberfläche des Telenzephalons (S. 715). Das Pallium ist der Großhirnmantel, der Zwischenhirn und Hirnstamm umhüllt. Das Pallium besteht aus der Großhirnrinde, Cortex, und den darunter liegenden Faserbahnen.
Gestalt und Gliederung Das Telenzephalon ist der größte Abschnitt des menschlichen Gehirns (mehr als 80 % des Gehirngewichts). Es besteht aus zwei Hemisphären, zwischen denen sich eine tiefe Längsfurche befindet, Fissura longitudinalis cerebri (⊡ Abb. 10.19). Gemeinsam überdecken die Hemisphären große Teile des Zwischenhirns und des Hirnstamms (⊡ Abb. 10.13). Vom Kleinhirn ist das Telenzephalon durch eine tiefe, quer verlaufende Furche, Fissura transversa cerebri, getrennt, in der das Tentorium cerebelli (S. 818) liegt. Untereinander sind die Hemisphären durch Kommissuren aus myelinisierten Nervenfasern verbunden. Dies sind Corpus callosum, Balken (⊡ Abb. 10.13), Commissura anterior und Commissura fornicis, die posterior unter dem Balken liegt (S. 722). Das Corpus callosum erstreckt sich beinahe über die
Hälfte der Längsausdehnung der Hemisphären.
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712
Kapitel 10 · Nervensystem
Gyri cerebri, Windungen und Lobi cerebri, Großhirnlappen. Die Furchungen und Windungen kommen durch Auffaltungen der Großhirnrinde zustande. Sie vergrößern die Großhirnoberfläche auf 1800 cm2. Die Lappen werden durch die Furchen voneinander getrennt. Zur Entwicklung Bis weit in die Fetalzeit hinein sind die Oberflächen der Hemisphären glatt, lissencephal. Gegen Ende der Fetalzeit nimmt jedoch die Anzahl der Neurone unter der Oberfläche, nun als Cortex cerebri bezeichnet, derart zu, dass Vorwölbungen und tiefe Primärfurchen entstehen: Sulcus calcarinus, Sulcus centralis und Sulci temporales transversi. Durch weitere Zellvermehrungen entstehen Windungen, Gyri, sodass das Endhirn des Neugeborenen gyrencephal ist. Postnatal vergrößert sich das Gehirn weiter. Dabei vermehren sich die Verschaltungen zwischen den Neuronen des Cortex cerebri und reifen durch Myelinisierung ihrer Axone. ⊡ Abb. 10.19. Oberflächenansicht des Gehirns
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Die Commissura anterior liegt einige Zentimeter unter dem vorderen Drittel des Balkens.
An der Basis jeder Hemisphäre liegen vorne der Bulbus olfactorius und der Tractus olfactorius (⊡ Abb. 10.20 c). In den Bulbus olfactorius treten feine, marklose Nervenfasern aus der Pars olfactoria der Nase ein und bilden den N. olfactorius, Riechnerv. Die innere Gliederung des Telenzephalons ist auf Quer-
schnitten zu erkennen. Zu unterscheiden sind die graue, nervenzellreiche Substanz. Zu ihr gehören – Cortex cerebri an der Oberfläche und – subkortikale Kerne in der Tiefe, weiße Substanz mit myelinisierten Nervenfasern.
Oberfläche Wichtig
Charakteristisch für das Großhirn ist eine starke Faltung seiner Oberfläche.
An der Großhirnoberfläche lassen sich unterscheiden (⊡ Abb. 10.20) Sulci cerebri, Furchen,
Sulci cerebri. Regelmäßig vorhanden, wenn auch unterschiedlich gestaltet, sind der Sulcus centralis (⊡ Abb. 10.20 a, b). Er verläuft schräg von hinten oben nach vorne unten und unterteilt die Großhirnrinde in einen vorderen und hinteren Bereich. Meistens überschreitet der Sulcus centralis die Mantelkante etwas nach medial (⊡ Abb. 10.20 b). Unter Mantelkante wird der Übergang von der lateralen zur medialen Großhirnoberfläche verstanden, Sulcus lateralis, klinische Bezeichnung Fissura Sylvii (⊡ Abb. 10.20 a). Der Sulcus lateralis quert die laterale Großhirnoberfläche etwa horizontal. In der Tiefe liegen die Fossa lateralis cerebri und die Insel (S. 714), Sulcus parietooccipitalis (⊡ Abb. 10.20 a, b). Er befindet sich im hinteren Bereich des Großhirnmantels auf der medialen Seite. Von dort greift er geringfügig nach lateral über, Sulcus calcarinus. Auch er liegt auf der medialen Hemisphärenseite und verläuft zum Okzipitalpol des Gehirns (⊡ Abb. 10.20 b). Um den Sulcus calcarinus befindet sich die primäre Sehrinde (S. 798), Sulcus corporis callosi und Sulcus cinguli folgen in ihrer Verlaufsrichtung dem Balken (⊡ Abb. 10.20 b). ⊡ Abb. 10.20 a–c. Oberflächenansichten des Telenzephalons. Kennzeichnung wichtiger Gyri und Sulci. a Seitenansicht, b Ansicht von medial (vergrößert dargestellt), c Ansicht von kaudal. Die 5 Lappen sind durch Raster gekennzeichnet
713 10.3 · Zentralnervensystem
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714
Kapitel 10 · Nervensystem
Gyri cerebri. Die Gestaltung der Gyri an der Oberfläche des Großhirns variiert erheblich. Dennoch sind sie geordnet und benannt. Einzelheiten und die Benennung der wichtigsten Gyri sind den ⊡ Abb. 10.20 a–c zu entnehmen. Lobi cerebri sind (⊡ Abb. 10.20) – Lobus frontalis, Stirnlappen. Er bildet den vorde-
– – – – –
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ren Teil des Gehirns und liegt in der vorderen Schädelgrube, Lobus parietalis, Scheitellappen, Lobus occipitalis, Hinterhauptlappe, am hinteren Pol des Gehirns, Lobus temporalis, Schläfenlappen, er liegt in der mittleren Schädelgrube, Lobus insularis, Insula, Insel (⊡ Abb. 10.21). Sie befindet sich in der Tiefe des Sulcus lateralis, Lobus limbicus, limbischer Lappen. Er liegt medial und bildet einen äußeren und einen inneren Ring um den Balken (⊡ Abb. 10.68).
Lappengrenzen (⊡ Abb. 10.20). Es werden voneinander
getrennt Lobus frontalis vom Lobus parietalis durch den Sulcus centralis, Lobus frontalis und der untere Teil des Lobus parietalis vom Lobus temporalis durch den Sulcus lateralis,
oberer Teil des Lobus parietalis vom Lobus occipitalis durch den Sulcus parietooccipitalis. Die Grenze zwischen Temporallappen und Okzipitallappen ist weniger scharf, die Insel von überhängenden Lippen der benachbarten Lappen durch den Sulcus lateralis. Bei den Lippen handelt es sich um das Operculum frontale, Operculum parietale und Operculum temporale, Lobus limbicus mit seinem rostralen und mittleren Teil, dem Gyrus cinguli (⊡ Abb. 10.20 b) durch den Sulcus cinguli, mit seinem inferioren Teil, dem Gyrus parahippocampalis, vom Gyrus occipitotemporalis medialis durch den Sulcus hippocampalis. ⓘ Infobox Der Großhirnmantel, Pallium, hat sich in der Phylogenie stark verändert und damit auch der Umfang und die Gewichtung der verschiedenen Großhirngebiete. Phylogenetisch gesehen lassen sich auch beim Menschen unterscheiden Paleopallium (palaios = sehr alt), Archipallium (archaios = alt) und Neopallium (neos = neu). Paleopallium. Seine Anteile befinden sich im basalen Bereich des Endhirns und gehören zum olfaktorischen System (S. 793). Phylogenetisch ist es der älteste Teil des Endhirns. Das Archipallium entsteht an der dorsomedialen Seite des Endhirnbläschens. Es liegt wie ein Saum, Limbus, oberhalb der Anlage des Plexus choroideus in der Nähe der Endhirngangli-
⊡ Abb. 10.21. Frontalschnitt durch das Endhirn in Höhe der Inselrinde. Auf diesem Schnittniveau werden gleichzeitig Corpus striatum, Globus pallidus und vordere und mittlere Thalamuskerne getroffen. Der Neokortex ist rot hervorgehoben
715 10.3 · Zentralnervensystem
en. Aus ihm geht die Hippocampusformation hervor, ein wichtiger Anteil des limbischen Systems (S. 805). Das Neopallium bildet beim Menschen den größten Teil des Endhirns. Es entsteht im frühen telenzephalen Bläschen zwischen dem mehr basalen Paleopallium und dem mehr dorsalen Archipallium. Durch starkes Wachstum verdrängt die Anlage des Neopalliums alle anderen Endhirnabschnitte aus ihrer Lage. Der Vorgang wird als Neenzephalisation bezeichnet. Analog zur Gliederung des Großhirnmantels lässt sich sein nervenzellführender Anteil in Paleokortex, Archikortex und Neokortex gliedern.
Cortex cerebri Der Cortex cerebri, graue Rinde, bedeckt die gesamte Oberfläche des Großhirns, auch in den Sulci (⊡ Abb. 10.21). Er ist bis zu 5 mm dick (Gyrus precentralis; in der Sehrinde jedoch nur 2 mm). ⓘ Infobox Im Cortex cerebri können Informationen verarbeitet, gespeichert und komplexe Prozesse gesteuert werden. Ferner können im Cortex cerebri Ereignisse bewusst gemacht sowie Absichten und Pläne entwickelt werden. Schließlich kann das Endhirn Handlungen veranlassen, z. B. Lokomotion, Sprechen, Schreiben u. a.
Der makroskopischen Einheitlichkeit des Cortex cerebri steht eine funktionelle bzw. strukturelle Gliederung in Areale und Schichten gegenüber.
Arealgliederung Wichtig
Arealgliederung meint, dass bestimmten Gebieten des Cortex cerebri bestimmte Aufgaben zugeordnet sind (Lokalisationslehre). Stets wirken mehrere Gebiete zusammen.
Im Cortex cerebri lassen sich Gebiete unterschiedlicher Aufgabenstellung unterscheiden. Sie stehen zu den Lobi cerebri in Beziehung. ⓘ Infobox Heute gelingt es mit der Magnetresonanztomographie (MRT) und Positronenemissionstomographie (PET) die Kortexareale sichtbar zu machen, die bei einer Aufgabenstellung aktiviert werden, z. B. beim Hören, Tasten, Sehen. Dabei zeigt sich, dass die Zuweisung von Aufgaben nicht starr ist.Vielmehr sind Umfunktionierungen möglich. So kann z. B. bei Erblindung inner-
halb weniger Tage der visuelle Kortex an der Verarbeitung taktiler und akustischer Reize beteiligt werden.
Frontallappen. Dem Frontallappen sind zugeordnet der motorische Kortex und präfrontale Kortex. Motorischer Kortex. Die motorischen Gebiete des Kortex liegen vor dem Sulcus centralis und damit in der hinteren Hälfte des Lobus frontalis. Zu unterscheiden sind (⊡ Abb. 10.22) der/das primär motorische Kortex. Er liegt vor dem Sulcus centralis, ist etwa 2 cm breit und entspricht weitgehend dem hinteren Teil des Gyrus precentralis (⊡ Abb. 10.20 a). Von hier gehen die Signale für die Betätigung der Muskeln aus, prämotorische Kortex. Er befindet sich vor dem primären motorischen Kortex. Hier erfolgt die Planung und Koordination der Muskelinnervation, supplementär-motorische Kortex. Dieses Gebiet liegt oberhalb des prämotorischen Kortex überwiegend auf der medialen Hemisphärenseite. Es steuert komplexe Bewegungen, z. B. beim Tanzen. Ergänzt wird es durch ein 2. Gebiet im hinteren Teil des Parietallappens, frontale Augenfeld im hinteren Teil des Gyrus frontalis medius, Rindenfeld nach Broca, Broca-Zentrum. Es ist das motorische Sprachzentrum. Es liegt am lateralen Rand des prämotorischen Kortex (Partes opercularis et triangularis des Gyrus frontalis inferior) meist der linken Seite (S. 815).
Der motorische Kortex gehört zum motorischen System des ZNS. Die Besprechung erfolgt auf S. 779. Präfrontaler Kortex. Er umfasst die vordere Hälfte des
Frontallappens. Der präfrontale Kortex steht im Dienst komplexer Verhaltensweisen, u. a. im Zusammenhang mit dem, was als Verstand und Vernunft bezeichnet wird. > Klinischer Hinweis Fällt der präfrontale Kortex aus, geht die intellektuelle Kontrolle über sich selbst verloren sowie die Fähigkeit, über Probleme nachzudenken oder Zukunftspläne zu entwickeln.
Parietal-,Temporal- und Okzipitallappen. Hier liegen die sensorischen Rindengebiete (⊡ Abb. 10.22).
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Kapitel 10 · Nervensystem
ⓘ Infobox Alle sensorischen Gebiete weisen primäre Rindenfelder und sekundäre Rindenfelder auf. Die primären Rindenfelder erhalten ihre Signale von den verschiedenen sensorischen Rezeptoren. Dadurch sind sie entsprechend der Körperoberfläche topisch gegliedert. Allerdings werden die Signale vorher im Thalamus und Metathalamus (S. 725) umgeschaltet, sodass die primären Rindenfelder eigentlich Projektionsgebiete des Thalamus und Metathalamus sind. Signale, die die sekundären Rindenfelder erreichen, werden vorher in den primären Rindenfeldern »bearbeitet«. Außerdem erhalten die sekundären Rindenfelder jeweils weitere Signale aus anderen kortikalen und subkortikalen Gebieten. Dadurch sind beim Menschen die sekundären Rindenfelder umfangreicher als die primären. Sie dienen vor allem der Interpretation der Signale und ermöglichen z. B. die Unterscheidung von Baum und Strauch.
Somatosensorischer Kortex. Die primäre somatosensorische Rinde entspricht größtenteils dem Gyrus postcen-
tralis (⊡ Abb. 10.22). Die Signale kommen von verschiedenen Mechanorezeptoren sowie Schmerz-, Thermound Tiefenrezeptoren des Körpers. – Das sekundäre somatosensorische Rindengebiet nimmt einen großen Teil des übrigen Parietallappens ein.
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Wenn Sie sich jetzt über die somatosensorischen Systeme und die zentrale Verarbeitung somatosensorischer Signale informieren wollen, lesen Sie S. 787.
⊡ Abb. 10.22 a, b. Telenzephalon mit neurofunktionellen Gebieten. a Seitenansicht, b Ansicht von medial
Dazu gehören im Parietallappen der somatosensorische Kortex zur Wahrnehmung von Berührungsreizen und für die Tiefensensibilität, Okzipitallappen das visuelle Rindengebiet, Sehrinde, für Lichteindrücke aus dem Auge, Temporallappen das auditive Rindengebiet, Hörrinde, für auditive Signale aus dem Gehörorgan. Hinzu kommen als spezielle Gebiete Rindengebiet nach Wernicke, sensorisches Sprach-
Sehrinde. Sie beansprucht den ganzen Okzipitallappen (⊡ Abb. 10.22).Der größte Teil der primären Sehrinde liegt um den Sulcus calcarinus (⊡ Abb. 10.20 b) auf der medialen Seite jeder Hemisphäre,nimmt aber auch den hinteren Pol des Okzipitallappens ein.Die primäre Sehrinde nimmt visuelle Signale auf und leitet sie getrennt nach Art der Sinneseindrücke, z. B. Farbe, Kontrast und Bewegung, an sekundäre Sehrindengebiete weiter. – Die sekundäre Sehrinde umfasst den übrigen Teil des Okzipitallappens. Ihre Aufgabe ist die Interpretation der visuellen Informationen.Dies führt u. a.zu visuellen Erinnerungsbildern.
Wenn Sie sich jetzt über das visuelle System und die Verarbeitung von Lichtsignalen im Gehirn informieren wollen, lesen Sie S. 796.
zentrum,
parietookzipitales Assoziationszentrum, Lobus limbicus und Hippocampus.
Hörrinde. Die primäre Hörrinde liegt im Gyrus temporalis transversus, der Querwindung nach Heschl. Sie befin-
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det sich in der Tiefe des Sulcus lateralis auf der oberen Fläche des Temporallappens (⊡ Abb. 10.66). Wenn zwei Heschl-Querwindungen auf einer Seite vorkommen, liegt die primäre Hörrinde in der vorderen Querwindung, vor allem in ihrem medialen Teil. Hier werden die Hörmuster, z. B. nach Frequenz und Intensität der Schallreize entschlüsselt. – Die sekundäre Hörrinde umgibt die primäre Hörrinde hufeisenförmig. Teile dieses Gebietes ermöglichen das Erkennen auditiver Signale, z. B. einer Türklingel (auditive Erinnerungen). Wenn Sie sich jetzt über das auditive System und über die zentrale Verarbeitung auditiver Signale in der Hörrinde informieren wollen, lesen Sie S. 801. Rindengebiet nach Wernicke, Wernicke-Zentrum (⊡ Abb. 10.22). Es ist das sensorische Sprachzentrum
und liegt im Gyrus temporalis superior der dominanten Hemisphäre (S. 814). Parietookzipitales Assoziationszentrum. Diese Region befindet sich im Übergangsgebiet zwischen Parietal-, Okzipital- und Temporallappen (Gyrus supramarginalis, Gyrus angularis, ⊡ Abb. 10.22) und dient der Interpretation taktiler, visueller und auditiver Informationen, die aus den jeweiligen sekundären Rindengebieten stammen. Letztlich erfolgt im parietookzipitalen Assoziationsgebiet eine Meinungsbildung. Es ist das Gebiet für die höchste Form der menschlichen Wahrnehmung und des geistigen Erkennens. Seine Zerstörung führt zu völligem Verlust intellektueller Fähigkeiten. Wenn Sie sich über weitere Einzelheiten der besonderen Leistungen des menschlichen Gehirns informieren wollen, lesen Sie S. 814. Lobus limbicus. Er bildet zusammen mit dem Hippo-
campus (S. 806) einen äußeren und inneren Ring um den Balken (⊡ Abb. 10.68). Beide Gebiete gehören zum limbischen System. Sie sind an allen emotionalen Vorgängen beteiligt. Außerdem nehmen sie durch ihre Verbindungen mit neokortikalen Gebieten, speziell dem Frontalhirn, Einfluss auf Motivationen, Lernen und Gedächtnis. Wenn Sie sich jetzt mit dem limbischen System beschäftigen wollen, lesen Sie S. 805.
Schichtengliederung Wichtig
Die Schichtengliederung des Cortex cerebri geht auf die Anordnung von jeweils typischen Nervenzellen in aufeinander folgenden Lagen parallel zur Oberfläche zurück. Hierdurch entsteht eine Grundstruktur, die jedoch erhebliche örtliche Unterschiede aufweist.
Der Cortex cerebri hat eine Schichtengliederung, zustande gekommen durch eine entsprechende Anordnung von Nervenzellen- und fasern. Dabei werden Gebiete unterschieden, die aus 6 Schichten bestehen, zusammenfassend als Isokortex bezeichnet – der Isokortex entspricht weitgehend dem Neokortex – und solchen, die einen geänderten Schichtenbau haben (s. unten). Sie entsprechen im Wesentlichen dem Paleo- und Archikortex. Zur Entwicklung Die Nervenzellen des Kortex stammen aus dem periventrikulären Neuroepithel der Endhirnbläschen. Dort entstehen postmitotische unreife Proneurone (S. 689), die zur äußeren Oberfläche des Palliums wandern, Migration. Dabei werden sie von Gliastrukturen, Radiärfasern, geleitet. Als Erstes bildet sich eine Marginalzone, ein Vorläufer der späteren Molekularschicht der Großhirnrinde (Schicht I). Unter dieser bauen neu herangewanderte Neurone eine weitere Zellschicht auf, die kortikale Platte. In der Folgezeit durchwandern neu eintreffende Proneurone die zunächst noch dünne kortikale Platte und lagern sich ihr von außen auf. Auf diese Weise wird die kortikale Platte immer dicker und es entstehen die Schichten VI–II des Kortex. Dabei sind die Zellen der äußeren Lage jeweils jünger als die der inneren. Isokortex. Die Schichten des Isokortex unterscheiden sich vor allem durch unterschiedliches Aussehen der Nervenzellen und unterschiedliche Anordnung. Außerdem sind die Schichten in sich nicht uniform, sondern gebietsweise different. Dies führt zu einer zytoarchitektonischen Gliederung des Isokortex (s. unten). Ferner wird die horizontale Schichtung des Isokortex durch vertikale Säulen ergänzt (s. unten). Schichten des Isokortex. Von außen nach innen folgen
aufeinander (⊡ Abb. 10.23) Lamina I, Lamina molecularis, Molekularschicht. Sie ist nervenzellarm aber faserreich. Die Nervenzellen sind klein (Golgi-Zellen Typ II, S. 73). Ihre Fortsätze
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Kapitel 10 · Nervensystem
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⊡ Abb. 10.23 a–c. Schichten des Cortex cerebri. a Efferente Neuronensysteme: Projektionsfasern, Kommissurenfasern, Assoziationsfasern und ihre Zuordnung zu den Schichten des Kortex. b Zytoarchitektonische Schichtengliederung. c Faserbild nach Markscheidenfärbung
verbreiten sich im Wesentlichen in der eigenen Schicht. Ein gröberes Faserbündel dieser Schicht (Exner-Streifen) enthält wohl im Wesentlichen Axone, die intralaminär benachbarte Rindenregionen miteinander verbinden. An der Oberfläche der Schicht bilden Astrozyten eine Gliamembran, Membrana limitans gliae superficialis, die oberflächlich am Gehirn von einer Basalmembran bedeckt wird. Lamina II, Lamina granularis externa, äußere Körnerschicht. Die Schicht ist nervenzellreich. Vor allem kommen kleine Nervenzellen vor (Körnerzellen), deren Axone in der weißen Substanz meist zu anderen, ipsilateralen Kortexarealen ziehen, kortikokortikale Assoziationsfasern. Lamina III, Lamina pyramidalis externa, äußere Pyramidenzellschicht. Sie wird von kleineren und mittle-
ren Pyramidenzellen gebildet. Der Dendrit an der Spitze der Pyramidenzellen verläuft senkrecht zur Oberfläche und erreicht die Schicht I. Die Axone der kleineren, mehr oberflächlich gelegenen Pyramidenzellen gelangen ipsilateral, die der tiefer gelegenen größeren Pyramidenzellen – sie verlassen das Perikaryon in der Regel in der Mitte der Basis – gelangen durch den Balken als Kommissurenfasern zu homologen Gebieten des Kortex der gegenüberliegenden Hemisphäre. In manchen Rindengebieten ist ein horizontales Nervenfaserbündel deutlich zu erkennen, Kaes-Bechterew-Streifen. Lamina IV, Lamina granularis interna, innere Körnerschicht. Hier endet ein großer Teil der Afferenzen (vor allem aus dem Thalamus und Metathalamus). Je nach Anzahl der Fasern variiert die Dicke dieser
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Schicht stark: Sie kann beim Erwachsenen partiell fehlen (z. B. in der Area 4 nach Brodmann im Gyrus precentralis, einem motorischen, also efferenten Rindenfeld, S. 715), gut entwickelt sein (in den Areae 3, 1, 2 im Gyrus postcentralis, einem somatosensorischen, also afferenten Rindenfeld, S. 716) oder weitere Unterschichten aufweisen (z. B. Area 17 in der Sehrinde, S. 716). Insgesamt ist die Schicht sehr nervenzellreich. Vor allem handelt es sich um Neurone, deren kurze Axone sich in der eigenen Schicht verzweigen bzw., wenn sie von größeren Zellen ausgehen, in tiefere Lagen gelangen. Markhaltige, parallel zur Oberfläche verlaufende Fasern können einen mit bloßem Auge sichtbaren weißen Streifen bilden, äußerer Baillarger-Streifen, der als Gennari (Vicq d’Azyr)-Streifen die Sehrinde kennzeichnet. Lamina V, Lamina pyramidalis interna, innere Pyramidenzellschicht. Sie besitzt große Pyramidenzellen, die in der Area gigantopyramidalis (Area 4 nach Brodmann, S. 715) einen Durchmesser von 100 mm erreichen können, Betz-Riesenpyramidenzellen. Ihre Spitzendendriten gelangen bis in die Schicht I, basale Dendriten bleiben in der eigenen Schicht. Ihre Axone beteiligen sich als Projektionsfasern an den kortikonukleären und kortikospinalen Bahnen (S. 779 f.).Andere Axone ziehen als Assoziations- oder Kommissurenfasern zu anderen Rindengebieten. Außerdem beinhaltet die Schicht horizontal verlaufende Axone bzw. Axonkollateralen aus den Schichten II, III und V, die sich zum inneren Baillarger-Streifen zusammenfügen. Lamina VI, Lamina multiformis, multiforme Schicht. Diese Schicht enthält vielgestaltige, häufig spindelförmige Nervenzellen. Ihre Axone ziehen als Projektionsfasern in die weiße Substanz oder rückläufig in die Rinde ihres Ausgangsareals. Nicht berücksichtigt sind bei dieser Zusammenstellung die zahlreichen Interneurone, die in allen Schichten vorkommen und unterschiedliche Formen haben. Sie tragen durch ihre fein abgestufte exzitatorische und vor allem inhibitorische Wirkung wesentlich zur intrakortikalen Informationsverarbeitung bei. ⓘ Infobox Generalisierend gilt, dass im Isokortex afferente Fasern bevorzugt zur Lamina IV ziehen. Sie leiten der Rinde via Thalamus oder Metathalamus Erregungen aus umschriebenen Gebieten der Körperperipherie zu (spezifische Fasern, s. unten) und
efferente Fasern der Schichten II und III durch die weiße Substanz zu ipsi- bzw. kontralateralen Kortexarealen und die aus den Schichten V und VI zu subkortikalen Gebieten ziehen (s. unten).
Zytoarchitektonische Areale. Es handelt sich um Gebiete
des Isokortex, in denen die Perikarya gleiche Form, Größe und Anordnung haben.Unterschieden werden etwa 50 Areale. Diese Aufteilung geht auf Brodmann (1909) zurück und steht in enger Beziehung zur funktionellen Gliederung des Kortex, z. B. entspricht die Area 4 nach Brodmann dem Gebiet der primären motorischen Rinde (⊡ Abb. 10.22, S. 715, 779) oder die Area 17 nach Brodmann der primären Sehrinde (⊡ Abb. 10.22, S. 798). Vertikale Säulen. Die vertikalen Säulen sind vor allem eine elektrophysiologisch, in speziellen Fällen aber auch anatomisch nachweisbare Organisationsform des Kortex. Es handelt sich um miteinander synaptisch verbundene, immer wiederkehrende kortikale Neuronengruppen (Module), die senkrecht zur Oberfläche des Gehirns alle 6 oder auch weniger Schichten umfassen. Sehr deutlich sind sie im somatosensorischen und primären visuellen Kortex. Jede Zellsäule hat je nach spezifischem Typ einen Durchmesser von 30–1000 mm. ⓘ Infobox Die vertikalen Zellsäulen entstehen dadurch, dass umschriebene Rindengebiete Signale aus einem umschriebenen peripheren Gebiet mit definierter Modalität erhalten, z. B. im somatosensorischen Kortex von spezifischen Rezeptoren eines kleinen Hautgebietes. In den Zellsäulen gelangen die Impulse bevorzugt zu Interneuronen der Schicht IV, deren Axone u. a. an apikale oder basale Dendriten von Pyramidenzellen herantreten. Da deren Dendriten vertikale Bündel bilden, breitet sich die Erregung zunächst in einem begrenzten Kortexbereich aus. Jedoch sind die vertikalen Zellsäulen durch kurze neuronale Verbindungen auch untereinander verknüpft. Dies ermöglicht eine horizontale Ausbreitung der Signale. Dabei beeinflussen sich benachbarte Säulen gegenseitig. Letztlich werden in einer vertikalen Säule die eingehenden Signale unter Beteiligung zahlreicher teils hemmend, teils erregend wirkender Neurone auch anderer Zellsäulen »verrechnet« und in efferente Signale umgesetzt.
Gebiete anderen Schichtenbaus. Es handelt sich um die pylogenetisch älteren Gebiete des Kortex, Paleokortex, Archikortex, die durch die Größenzunahme des Neokortex auf die mediobasale Fläche des Telenzephalons bzw. ins Innere des Temporallappens verdrängt wurden (s. oben). Zu diesen Gebieten gehören das Riechhirn und die Hippocampusformation. Ihre Besprechung erfolgt im
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Kapitel 10 · Nervensystem
Rahmen des olfaktorischen Systems (S. 793) bzw. des limbischen Systems (S. 805).
Subkortikale Kerne Die subkortikalen Kerne liegen in der Tiefe des Telenzephalons (⊡ Abb. 10.21, 10.24). Zu ihnen gehören die Basalganglien (im engeren Sinne) und weitere Kerngebiete. Basalganglien sind Nucleus caudatus, Schweifkern, und Putamen, Schalenkörper.
Beide Gebiete sind durch streifenförmige Faserbrücken, die Nervenzellen enthalten, verbunden; deswegen werden sie unter der Bezeichnung Corpus striatum, Streifenkörper, zusammengefasst. Der Nucleus caudatus umgreift bogenförmig die dorso-
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lateralen Teile des Thalamus (⊡ Abb. 10.21, 10.24). Der Thalamus gehört zum Zwischenhirn. Gleichzeitig legt sich der Nucleus caudatus der Wand des Seitenventrikels an. Der vordere Anteil des Nucleus caudatus ist wulstförmig, Caput nuclei caudati, die folgenden Abschnitte, Corpus und Cauda nuclei caudati, werden zunehmend schlanker. Die vordersten Teile des Nucleus caudatus liegen in der Tiefe des Frontallappens, die folgenden Teile ziehen durch den Parietallappen, um schließlich in den Temporallappen zu gelangen. Putamen. Es wird nach einer älteren Nomenklatur mit dem Globus pallidus zum Nucleus lentiformis, Lin-
senkern, zusammengefasst. Sie liegen teilweise unter dem Bogen des Nucleus caudatus und lateral des Thalamus. Dabei wird der Globus pallidus (mehr medial gelegen) lateral vom Putamen überdeckt. Der Globus pallidus gehört entwicklungsgeschichtlich zum Dienzephalon (S. 725), das Putamen zum Telenzephalon. ⓘ Infobox Funktionell gehören Nucleus caudatus, Putamen und Globus pallidus als Teile der Basalganglienschleife zum motorischen System (S. 781).
Weitere subkortikale Kerne sind das Claustrum, Vormauer, Corpus amygdaloideum, Mandelkern, und Substantia innominata mit dem Nucleus basalis Meynert. ⓘ Infobox Im klinischen Sprachgebrauch werden oft Nucleus caudatus, Putamen,Globus pallidus,Claustrum und Corpus amygdaloideum unter der Bezeichnung Stammganglien zusammengefasst.
Das Claustrum (⊡ Abb. 10.21) liegt als schmale Scheibe
lateral vom Putamen. Seine Funktion ist weitgehend ungeklärt. Das Corpus amygdaloideum befindet sich vor der Spitze der Cauda nuclei caudati (⊡ Abb. 10.21, 10.24). Funktionell gehört das Corpus amygdaloideum (S. 807) vor allem zum limbischen System, hat aber auch Verbindungen mit den Basalganglien und dem olfaktorischen System.
⊡ Abb. 10.24. Subkortikale Kerne. Nucleus caudatus, Globus pallidus, Putamen und Corpus amygdaloideum in ihrer räumlichen Lage zueinander und zum Thalamus
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⊡ Abb. 10.25. Lange Assoziationsfasern des Telenzephalons. Ihre Projektion auf die laterale Oberfläche des Endhirns
Die Substantia innominata liegt an der basalen Seite des Telenzephalons zwischen Corpus amygdaloideum (lateral) und Hypothalamus (medial). Der Nucleus basalis Meynert ist ein klar abgrenzbares großzelliges Kerngebiet, das mit allen Teilen des Neokortex in Verbindung steht. Viele seiner Neurone bilden den Transmitter Azetylcholin.Vermutlich erreichen seine Axone den ganzen Kortex und wirken exzitatorisch. Seine Erkrankung (verbunden mit einer Verminderung des Transmitters Azetylcholin) soll mit der AlzheimerKrankheit in Zusammenhang stehen.
Substantia alba Unter dem Cortex cerebri sowie zwischen den Endhirnkernen befindet sich die weiße Substanz des Telenzephalons. Sie besteht von allem aus Bündeln, Tractus, myelinisierter Nervenfasern, die mit dem Kortex in Verbindung stehen. Es handelt sich um Assoziationsbahnen, die intrahemisphärisch, also ipsilateral, Kortexareale miteinander verknüpfen, Kommissurenbahnen, die zur gegenüberliegenden, also kontralateralen Hemisphäre ziehen (interhemisphärische Verbindungen) und Projektionsbahnen, die den Kortex mit anderen Teilen des Gehirns und dem Rückenmark verbinden. Sie verlassen also das Telenzephalon. Assoziationsbahnen. Die Assoziationsbahnen ermögli-
chen ein ausgedehntes Zusammenwirken verschiedener Kortexareale und stehen damit im Dienst der assoziativen und integrativen Leistungen des Gehirns. Unterschieden werden kurze Assoziationsbahnen und lange Assoziationsbahnen.
Kurze Assoziationsbahnen, Fibrae arcuatae cerebri. Sie verbinden bogenförmig zwischen benachbarte Windungen und liegen dicht unter der Großhirnrinde. Lange Assoziationsbahnen. Sie verbinden die Lappen des Gehirns untereinander (⊡ Abb. 10.25). Die wichtigsten sind der/das Fasciculus longitudinalis superior, der als ein dickes Bündel zwischen Stirn- und Hinterhauptlappen mit Fasern zum Scheitel- und Schläfenlappen verläuft, Fasciculus longitudinalis inferior zwischen Schläfenund Hinterhauptlappen, Fasciculus uncinatus zwischen Stirn- und Schläfenlappen und Cingulum. Es liegt als Faserbündel im Mark des Gyrus cinguli und zieht vom Stirnlappen bogenförmig um den Balken zum Schläfenlappen. Die Kommissurenbahnen verbinden Punkt für Punkt
identische Rindenareale in beiden Hemisphären, jedoch nicht die primären Sehrinden (Area 17 nach Brodmann), die primären auditiven Felder (Area 41) und die somatosensorischen Hand- und Fußregionen der Areae 3, 1, 2. Die Fasern der Kommissurenbahnen kreuzen die Seite im Corpus callosum, Balken, in der Commissura anterior und in der Commissura fornicis. Zur Entwicklung Die Kommissurenbahnen gehen aus Axonen der Perikarya der kortikalen Platte hervor und erreichen die gegenüberliegende Hemisphäre. Sie kreuzen die Seite in der Lamina terminalis, der Begrenzung des III.Ventrikels (s. oben). Corpus callosum. Die ersten Faserstränge erscheinen in der 10. Entwicklungswoche als kleine Bündel in der Lamina
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Kapitel 10 · Nervensystem
terminalis. In der Folgezeit nimmt die Zahl der Bündel in dem Maße zu, in dem das Neopallium wächst. Besonders stark ist das Wachstum rostral. Der verbleibende Teil der Lamina terminalis ist dünn und wird zum Septum pellucidum, das frei von Nervenfasern ist. Es besteht aus Glia. Die Commissura anterior wird im 3. Entwicklungsmonat sichtbar. Sie liegt an der Hinterwand der Lamina terminalis und verbindet korrespondierende Gebiete im Paleopallium und Neopallium beider Hemisphären. Die Commissura fornicis liegt unter dem späteren Balken und verbindet die Fornices (S. 806) beider Seiten miteinander. Das Corpus callosum ist die größte Querverbindung des
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Neokortex. Im Medianschnitt sind von anterior nach posterior Genu, Rostrum, Truncus und Splenium corporis callosi zu unterscheiden. Die Fasern, die im Rostrum und Genu bzw. okzipital im Splenium corporis callosi die Seite kreuzen, verlaufen bogenförmig: Forceps minor (frontalis), Forceps major (occipitalis). Die Commissura anterior verbindet hauptsächlich vordere und mittlere Teile der gegenüberliegenden Temporallappen und außerdem kleine Felder der Stirnlappen. Die Commissura fornicis liegt zwischen den beiden Fornixschenkeln und verknüpft damit Teile des Archikortex (Hippocampus). ⓘ Infobox Durch die Kommissuren können Sinneseindrücke, die beide Hemisphären erreichen, koordiniert oder es kann ein Sinneseindruck, der nur zu einer Hemisphäre gelangt, auch zur anderen übermittelt werden. Werden Kommissurenbahnen unterbrochen, z. B. bei Durchtrennung des Balkens, treten Störun-
gen insbesondere bei Aufgaben auf, die an ein Zusammenwirken beider Hemisphären gebunden sind. Dies ist z. B. der Fall, wenn die dominante Hirnhälfte Informationen, die nur in der nichtdominanten Hemisphäre gespeichert, aber zur Erfüllung der Aufgabe erforderlich sind, nicht zur Verfügung hat. Hierauf können Störungen beim Sprechen und Schreiben zurückgehen.
Projektionsbahnen. Sie werden von kortikofugalen und
kortikopetalen Fasern gebildet. Die Fasern gehören jeweils zu verschiedenen neurofunktionellen Systemen. Alle Projektionsbahnen passieren an der Basis des Telenzephalons Engstellen (⊡ Abb. 10.21, 10.26), die Capsula interna, Capsula externa und Capsula extrema. Zwischen Kortex und Capsula interna haben die Fasern der Projektionsbahnen eine fächerförmige Anordnung: Sie bilden die Corona radiata, der sich hinten Sehund Hörstrahlung anschließen. Die Capsula interna (⊡ Abb. 10.26) befindet sich zwischen Thalamus, Nucleus caudatus und Putamen. Sie besteht (im Querschnitt) aus einem Crus anterius, Genu und Crus posterius. Die Faserbündel, die die Capsula interna passieren, sind topographisch angeordnet (⊡ Abb. 10.26). Dadurch kann es bei lokalisierten Schäden (z. B. nach einem Schlaganfall) zu charakteristischen Ausfallerscheinungen (Lähmungen) kommen (s. unten). Capsula externa (⊡ Abb. 10.26). Ein kleiner Teil der Projektionsbahnen bildet lateral vom Putamen die Cap-
⊡ Abb. 10.26. Capsula interna. Darstellung mit Projektionsbahnen, Horizontalschnitt
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sula externa. Nach Passage der Capsula externa vereinigen sich die Fasern mit denen der Capsula interna. Die Capsula extrema ist die weiße Substanz zwischen Claustrum und Insula. Eine weitere Projektionsbahn ist der Fornix, der zum limbischen System gehört und dort besprochen wird (S. 807).
Blutversorgung Arterien Die Blutversorgung des Gehirns erfolgt auf jeder Seite durch die A. carotis interna (S. 452) und A. vertebralis (S. 447). Sie bilden mit ihren Ästen an der Basis des Gehirns den Circulus arteriosus cerebri (Willis). Der Circulus arteriosus cerebri (⊡ Abb. 10.27) entsteht dadurch, dass die Stromgebiete der A. carotis interna beider Seiten durch den Ramus communicans anterior verbunden sind, die A. vertebralis beider Seiten die A. basilaris bilden und
zwischen den Ästen der A. carotis interna und der A. basilaris auf jeder Seite eine Verbindung durch einen Ramus communicans posterior besteht. Arterielle Versorgung des Cortex cerebri und der Substantia alba
Die Blutversorgung des Cortex cerebri und der Substantia alba erfolgt durch die A. cerebri anterior, A. cerebri media und A. cerebri posterior. Die Gefäße verlaufen jeweils an der Oberfläche des Endhirns eingebettet in die Pia mater (S. 818). Ihre Äste (in der Regel Arteriolen) dringen von hier aus in die Großhirnrinde und die darunterliegende weiße Substanz ein und bilden dort engmaschige Kapillarnetze. Die Versorgungsgebiete der Arterien sind lappenunabhängig. > Klinischer Hinweis Alle 3 Aa. cerebri sind funktionelle Endarterien. Der Verschluss eines dieser Gefäße führt zu schweren funktionellen Ausfällen (zerebraler Insult, Schlaganfall).
Die A. cerebri anterior zweigt von der A. carotis interna
ab. Sie gelangt in der Fissura longitudinalis cerebri auf
⊡ Abb. 10.27. Blutversorgung des Gehirns durch den Circulus arteriosus cerebri
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die mediale Hemisphärenfläche, die sie von frontal bis zum Sulcus parietooccipitalis versorgt. Außerdem versorgt die A. cerebri anterior etwa vier Fünftel des Balkens mit Ausnahme des Spleniums. Sie gibt weiterhin feine Äste für einen 2–3 cm breiten Streifen lateral der Mantelkante ab. Dieser Bezirk umfasst den Gyrus frontalis superior, den mantelkantennahen Streifen der Gyri pre- und postcentralis sowie die oberen Parietalwindungen. Im Versorgungsbezirk der A. cerebri anterior liegen das motorische und somatosensorische Primärfeld für das kontralaterale Bein. Entsprechend sind die Störungen bei Läsionen der terminalen Äste der A. cerebri anterior. Die A. cerebri media ist die unmittelbare Fortsetzung der A. carotis interna. Sie gelangt von medial her in den Sulcus lateralis und breitet sich dann fächerförmig auf der lateralen Hemisphärenoberfläche aus, die sie zum großen Teil einschließlich der Insel versorgt. Die A. cerebri posterior geht nach jeder Seite bogenförmig aus der unpaaren A. basilaris hervor. Sie verläuft auf dem Tentorium cerebelli um das Mittelhirn nach hinten, wo sie partiell den Lobus occipitalis und den Lobus temporalis versorgt. Dabei erreicht sie u. a. das Splenium des Balkens, größtenteils das primäre Sehfeld und den Hippocampus.
Venen Wichtig
Die Venen des Gehirns verlaufen unabhängig von den Arterien.
An der Entsorgung des Endhirns sind beteiligt Vv. superficiales cerebri, Vv. profundae cerebri und V. magna cerebri. Das Blut aller Venen gelangt schließlich in die Sinus durae matris (S. 824). Vv. superficiales cerebri. Sie verlaufen an der Oberfläche des Telenzephalons und nehmen das Blut aus dem Cortex cerebri und der Substantia alba auf. Im Einzelnen Vv. superficiales cerebri sind Vv. superiores cerebri, Vv. inferiores cerebri und V. media superficialis cerebri. Die Vv. superiores cerebri setzen sich aus präfrontalen, frontalen, parietalen und okzipitalen Ästen zusammen. Alle streben bogenartig aufwärts, ziehen dann über die Wölbung
der Großhirnhemisphäre hinweg und münden in den Sinus sagittalis superior. In Sinusnähe durchbrechen die Venen die Arachnoidea und vereinigen ihre Adventitia mit dem straffen Bindegewebe der Dura mater. Diese Venen werden Brückenvenen genannt. > Klinischer Hinweis Werden die Brückenvenen, z. B. beim gewaltsamen Kopfschütteln bei Kindermisshandlungen, verletzt, kann es zu subduralen Blutungen kommen (Hämatome).
Die Vv. inferiores cerebri ziehen von der Außenfläche des
Stirn-, Schläfen- und Okzipitallappens abwärts. Die frontalen Venen münden am häufigsten in die V. media superficialis cerebri, die temporalen und okzipitalen in den Sinus transversus. Die V. media superficialis cerebri entsteht an der seitlichen Hemisphärenfläche über dem Sulcus lateralis. Sie mündet entweder in den Sinus cavernosus (⊡ Abb. 10.77), in den Sinus sphenoparietalis, als Sinus paracavernosus in die Venen des Foramen ovale oder in den Sinus petrosus superior (⊡ Abb. 10.77). Die Vv. profundae cerebri drainieren mediale und basale
Areale des frontalen, temporalen und okzipitalen Kortex, die Marksubstanz des Endhirns und dort gelegene Kerngebiete sowie Teile des Zwischenhirns, Mittelhirns, des Pons und des Zerebellums. Aus zahlreichen Einzelvenen entstehen 2 Sammelvenen: – die V. basalis und – die V. interna cerebri, die ihr Blut in die V. magna cerebri abgeben. Im Einzelnen Die V. basalis beginnt an der Substantia perforata anterior,
läuft am Tractus opticus okzipitalwärts, umgreift den Pedunculus cerebri und tritt posterior in die V. magna cerebri ein. Die V. interna cerebri verläuft leicht gewellt zwischen Fornix und Thalamus nach posterior. Aus ihrer Umgebung nimmt sie u. a. auf die V. choroidea superior aus dem Plexus choroideus und vom Hippocampus, Fornix und Balken, V. septi pellucidi aus dem Frontalgebiet, Septum pellucidum, und V. thalamostriata superior, die im Winkel zwischen Thalamus und Nucleus caudatus verläuft. Sie nimmt häufig die V. anterior septi pellucidi auf, wobei der Zusammenfluss als Venenwinkel, Angulus venosus, bezeichnet wird und in der Höhe des Foramen interventriculare liegt.
725 10.3 · Zentralnervensystem
Die V. magna cerebri (Galeni) ist unpaar und entsteht unter dem Splenium des Balkens aus der Vereinigung der Vv. internae cerebri; sie nimmt auch die Vv. basales auf,
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sofern diese nicht in die Vv. internae cerebri einmünden. Die V. magna cerebri ist etwa 1 cm lang und mündet über der Vierhügelplatte in den Anfang des Sinus rectus.
In Kürze
Das Telenzephalon besteht aus zwei Hemisphären, die durch das Corpus callosum und die Commissura anterior verbunden sind.Die Oberfläche zeigt Furchen und Windungen und ist in Lappen gegliedert.Dem Lobus frontalis sind motorische Areale zugeordnet.Eine Sonderstellung hat der präfrontale Kortex.Im Parietallappen befinden sich sensomotorische Gebiete,im Okzipitallappen die Sehrinde,im Temporallappen die Hörrinde,im Gyrus temporalis superior das sensorische Sprachzentrum sowie im Gyrus supramarginalis und angularis das parietookzipitale Assoziationszentrum.Der Lobus limbicus und Hippocampus gehören zum limbischen System.Aus phylogenetischer Sicht gehört das Riechhirn zum Paleopallium, der Hippocampus zum Archipallium, der größte Teil jedoch zum Neopallium.Das Neopallium entspricht im Wesentlichen dem Isokortex und hat 6 Schichten.Aufgliedern lässt sich der Isokortex in etwa 50 zytoarchitektonische Areale.Außerdem bestehen vertikale Säulen.Subkortikale Kerne sind die Basalganglien (Nucleus caudatus,Putamen, Globus pallidus) sowie Claustrum, Corpus amygdaloideum, Nucleus basalis Meynert.Die Substantia alba des Telenzephalons kommt durch myelinisierte Faserbündel zustande,die intrahemisphärischen Assoziationsbahnen, die interhemisphärischen Kommissurenbahnen und die Projektionsbahnen.Die Projektionsbahnen durchlaufen an der Basis des Telenzephalons Engstellen: Capsula interna, Capsula externa, Capsula extrema. Die arterielle Blutversorgung des Gehirns erfolgt durch die A. carotis interna und A. vertebralis,die an der Basis des Gehirns den Circulus arteriosus cerebri bilden.Die Aa. cerebri anterior et media sind Äste der A. carotis interna, die A. cerebri posterior gehört zum Stromgebiet der A. vertebralis.Die Venen verlaufen unabhängig von den Arterien.Sie sammeln sich zu Vv. superficiales et profundae cerebri und zur V. magna cerebri.
10.3.4
Diencephalon, Zwischenhirn
Das Zwischenhirn liegt zwischen Großhirn und Hirnstamm (⊡ Abb. 10.13). Durch seine vielfachen Verbindungen mit dem Endhirn, dem Mittelhirn und den folgenden Abschnitten ist seine Abgrenzung schwierig. Zum Zwischenhirn gehören (⊡ Abb. 10.28) Thalamus mit Metathalamus und Hypothalamus. Hinzu kommen als kleinere Gebiete Epithalamus und Subthalamus. Alle Gebiete bestehen aus zahlreichen Kernen mit unterschiedlichen Funktionen.
Zur Entwicklung Thalamus und Hypothalamus gehen aus der Flügelplatte, der Epithalamus sowie das Dach des III. Ventrikels mit seinem Plexus choroideus aus der Deckplatte der Neuralanlage hervor. Anteile der Grund- und Bodenplatte sind nicht nachzuweisen. Als Grenze zwischen den sich entwickelnden Kerngebieten des Thalamus und denen des Hypothalamus wird in der 7. Embryonalwoche an der Wand des III. Ventrikels der Sulcus hypothalamicus sichtbar. Eine weitere Furche entsteht als Abgrenzung gegenüber den Abkömmlingen der Deckplatte.
Thalamus Wichtig
Im Thalamus werden alle Signale, die von der Oberfläche und aus dem Inneren des Körpers (einschließ-
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726
Kapitel 10 · Nervensystem
⊡ Abb. 10.28. Dienzephalon. Ansicht von medial
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lich des Gehirns selbst) kommen an Neurone weitergegeben, die den Kortex erreichen sollen. Eine Ausnahme macht das olfaktorische System, dessen Bahnen im Thalamus nicht unterbrochen werden. Auf die Signalübertragung nehmen zahlreiche intra- und extrathalamische Regelkreise Einfluss. Dadurch ist der Thalamus ein großes Integrations-, Koordinationsund Modulationszentrum sowohl für die Sensorik (»Tor zum Bewusstsein«) als auch für die Motorik. Außerdem beeinflusst der Thalamus das Wachsein und die Wahrnehmung.
Der Thalamus nimmt vier Fünftel des Zwischenhirns ein, ist eiförmig und liegt zentral im Gehirn (⊡ Abb. 10.24). Mit Ausnahme seiner Unterseite wird er von Endhirn und Mittelhirn umgeben. Nach medial grenzt der Thalamus an den III. Ventrikel (⊡ Abb. 10.21). Dort verbindet häufig eine schmale Gliabrücke die Thalami beider Seiten, Adhesio interthalamica (⊡ Abb. 10.28). Überlagert wird der Thalamus dorsolateral vom Corpus nuclei caudati (⊡ Abb. 10.29). In der Furche zwischen beiden Kerngebieten verlaufen die V. thalamostriata superior und die Stria terminalis, eine bogenförmige Faserbahn vom Corpus amygdaloideum (S. 808) zum vorderen Hypothalamus. Ferner ist an der Oberfläche des Thalamus als Lamina affixa ein gefäßreiches Bindegewebe befestigt, das sich nach beiden Seiten und nach medial hin in die Zotten der Plexus choroidei der Seitenventrikel bzw. des III. Ventrikels fortsetzt (⊡ Abb. 10.30). Die Grenze zwischen der Lamina affixa und dem Plexus choroideus ventriculi
⊡ Abb. 10.29. Zwischenhirn und obere Hälfte des Hirnstamms. Ansicht von posterior. Entfernt sind das Endhirn lateral vom Nucleus caudatus sowie das Dach des III. Ventrikels
tertii ist die Taenia thalami und die zum Plexus choroideus ventriculi lateralis die Taenia choroidea. Zur Entwicklung Der Zusammenhang zwischen den Plexus choroidei der Seitenventrikel und des III. Ventrikels kommt dadurch zustande, dass die Großhirnbläschen den unpaaren Anteil des Prosenzephalons überwachsen und dabei gefäßreiches Mesenchym aus der Umgebung in die Tiefe gelangt. Es bildet mit der ehemaligen Deckplatte die Falten des Plexus choroideus. Basal grenzt der Thalamus an Hypothalamus und Sub-
thalamus sowie mit seinem hinteren Drittel ans Mittelhirn.
727 10.3 · Zentralnervensystem
⊡ Abb. 10.30. Corpus callosum, Thalamus, Plexus choroideus der Seitenventrikel und des III. Ventrikels. Frontalschnitt
Okzipital befinden sich die von basal zugängigen Corpora geniculata mediale et laterale (⊡ Abb. 10.29). Mit dem Kortex ist der Thalamus durch zahlreiche Faserzüge verbunden, die gemeinsam die Radiationes thalami bilden. Marklamellen und Kerngruppen. Kennzeichnend für den Thalamus sind intrathalamische Marklamellen und große Kerngruppen. Intrathalamische Marklamellen. Sie verlaufen im Wesent-
lichen parallel zueinander von anterior nach posterior,die Lamina medullaris lateralis thalami an der lateralen Außenseite des Thalamus und die Lamina medullaris medialis thalami zwischen den Nuclei mediales und laterales mit einer vorderen, Y-förmigen Aufgabelung. Kerngruppen des Thalamus (⊡ Abb. 10.31). Wichtig sind Nuclei anteriores thalami. Sie befinden sich in der
Gabelung der Lamina medullaris medialis und gehören zum limbischen System (S. 805). Nuclei mediales thalami. Sie liegen medial der Lamina medullaris medialis und vermitteln zwischen Corpus amygdaloideum (S. 808) bzw. Hypothalamus und präfrontalem Kortex. Signale aus diesen Kernen nehmen Einfluss auf das Befinden (froh – verstimmt usw.).
⊡ Abb. 10.31. Thalamus mit seinen wichtigsten Kernen. Ansicht von lateral
Nuclei laterales sind Integrationsgebiete im Thalamus, da sie lediglich mit anderen Kerngruppen des Thalamus verbunden sind. Efferenzen erreichen den Lobus parietalis des Kortex. Nuclei ventrales thalami. Mit anterioren und lateralen Anteilen sind sie in das (extrapyramidale) motorische System eingebunden, motorische Thalamuskerne (S. 781). Im posterioren Anteil werden alle somatosensorischen Signale aus der Körperperipherie umgeschaltet, bevor sie zum Kortex weitergeleitet werden. Die lateralen und posterioren Kerngruppen lassen eine somatotope Ordnung erkennen. Sie werden als spezifische Thalamuskerne bezeichnet.
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728
Kapitel 10 · Nervensystem
Pulvinar. Dieses ausgedehnte Kerngebiet am posterioren Ende des Thalamus gehört zu den unspezifischen Thalamuskernen und projiziert vor allem zu den sekundären Assoziationsfeldern im Parietal-, Okzipital- und Temporallappen, u. a. des visuellen und auditiven Systems. Der Nucleus reticularis thalami bildet eine dünne Schicht lateral der Lamina medullaris lateralis und die Nuclei intralaminares thalami befinden sich in den Marklamellen (intralaminär). Beide Areale erhalten Afferenzen aus zahlreichen Gebieten. Die intralaminären Kerne gehören zum aufsteigenden Retikularis-(Weck-)system (S. 751). Corpus geniculatum laterale und Corpus geniculatum mediale sind spezifische Thalamuskerne. Sie werden unter der Bezeichnung Metathalamus zusammengefasst. Der laterale Kniehöcker gehört zum visuellen und der mediale Kniehöcker zum auditiven System. Gefäßversorgung. Die wichtigsten Gefäße für die Blut-
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versorgung des Thalamus sind Äste der A. cerebri posterior: Aa. centrales posteromediales et posterolaterales, Rami thalamici sowie Äste der Rr. choroidei posteriores. Hinzu kommen direkte Äste aus der A. communicans posterior.
Epithalamus Wichtig
Der Epithalamus hat Verbindungen zum limbischen System, zum Hypothalamus und zum Mesenzephalon.
Der Epithalamus grenzt an den oberen Rand des III. Ventrikels (⊡ Abb. 10.29). Zu ihm gehören Striae medullares thalami und in Fortsetzung die Habenulae, Glandula pinealis und Commissura epithalamica. Die Striae medullares thalami führen Fasern aus den
Nuclei septales (S. 807), der lateralen präoptischen Region des Hypothalamus (s. unten) und dem Corpus amygdaloideum (S. 808). Das Bündel zieht posteromedial über den Thalamus hinweg und bildet auf jeder Seite die Habenula, Zügel (⊡ Abb. 10.29). Die Habenulae beider Seiten vereinigen sich und setzen sich zur Glan-
dula pinealis fort. Bevor die Striae medullares die Habenulae bilden, verbreitern sie sich zum Trigonum habenulare. Dem Trigonum habenulare liegen Nuclei habenulares zugrunde. Ihre Afferenzen entstammen den Striae medullares. Efferent ziehen Axone durch die Commissura habenularum zur Gegenseite und außerdem zum Hirnstamm, insbesondere zur Formatio reticularis (S. 751) und zu den Kernen für die Steuerung der Speichelsekretion und der Kau- und Schluckmuskulatur. Die Nuclei habenulares sind daher eine Relaisstation zwischen limbischem System und vegetativen Steuerzentren im Hirnstamm sowie zwischen olfaktorischem System und Zentren für Kau- und Sekretionsvorgängen im Mundbereich. Die Glandula pinealis, Corpus pineale, Epiphyse, Zirbeldrüse, ist knapp 1 cm lang und am hinteren Rand des Zwischenhirndachs befestigt. Sie liegt wie ein kleiner Pinienzapfen (daher der Name) zwischen den beiden Colliculi superiores des Tectum mesencephali (⊡ Abb. 10.29). Mikroskopische Anatomie. In stark vaskularisiertem Bindegewebe liegen in einem Maschenwerk aus Gliazellen polygonale, epitheloide Pinealozyten, die mit Nervenfasern – vermutlich postganglionären sympathischen Nervenfasern aus dem oberen Halsganglion – Synapsen bilden. Nach dem 17. Lebensjahr kann die Glandula pinealis, mit dem Alter zunehmend, Hirnsand, Acervulus, enthalten. Es handelt sich um Kalkkonkremente, die im Röntgenbild sichtbar werden. ⓘ Infobox Die Epiphyse hat sich während der Phylogenie stark verändert. Ursprünglich war sie Sinnesorgan (mit Photorezeptoren) und endokrine Drüse. Beim Säuger jedoch ist sie nur noch eine endokrine Drüse. Ihr Hormon ist das Melatonin, das vielfältig wirkt, vor allem hemmend auf (andere) endokrine Organe, z. B. auf die Freisetzung gonadotroper Hormone in der Hypophyse. Außerdem soll die Glandula pinealis durch Verbindungen mit dem hinteren Hypothalamus die Aktivität des Sympathikus beeinflussen und damit ein Zentrum neurovegetativer Regulationen sein. Auch wird die Zirbeldrüse mit der Steuerung des endogenen Tag- und Nachtrhythmus in Verbindung gebracht (Verbindungen mit dem Nucleus suprachiasmaticus des Hypothalamus).
Die Commissura epithalamica (⊡ Abb. 10.28) liegt anterior der Colliculi superiores des Mesenzephalons und oberhalb der Öffnung des Aqueductus mesencephali in
729 10.3 · Zentralnervensystem
den III. Ventrikel. Sie besteht aus Fasern verschiedener Herkunft, u. a. solchen, die Kerngruppen des Mittelhirns miteinander verbinden.
Subthalamus Der Subthalamus befindet sich unter dem Thalamus, teils medial und teils lateral der Capsula interna, und lateral vom Hypothalamus. Zu ihm gehören mehrere Kerngebiete: Nucleus subthalamicus, Zona incerta, Forel-Feld, Globus pallidus. Funktionell gehört der Subthalamus zum motorischen System (S. 781). Globus pallidus (kurz Pallidum). Der Globus pallidus liegt lateral der Capsula interna (⊡ Abb. 10.21). Auf Frontalschnitten erscheint er keilförmig und »eingeklemmt« zwischen Capsula interna und Putamen (⊡ Abb. 10.24, 10.26). Der Globus pallidus enthält viele markhaltige Fasern. Durch eine Marklamelle, Lamina medullaris medialis, wird er in ein laterales und mediales Segment unterteilt. Das Pallidum ist ein wichtiges motorisches Zentrum (S. 781).
Hypothalamus Wichtig
Der Hypothalamus kontrolliert alle vegetativen Funktionen des Körpers, u. a.die Nahrungsaufnahme, den Wasserhaushalt, die Körpertemperatur.Ferner kontrolliert der Hypothalamus die Sexualität und Reproduktion und nimmt als Teil des limbischen Systems Einfluss auf das Verhalten.Insgesamt passt der Hypothalamus die vegetativen Funktionen des Körpers den jeweiligen Bedürfnissen an.Viele Aufgaben erfüllt der Hypothalamus in engem Zusammenwirken mit dem endokrinen System.Dies ist möglich, weil im Hypothalamus selbst Hormone gebildet werden und weil der Hypothalamus zusammen mit der benachbarten Hypophyse ein übergeordnetes neuroendokrines Zentrum ist.
Der Hypothalamus ist ein kleines graues Gebiet an der Basis des Zwischenhirns. Er befindet sich unmittelbar unter dem vorderen Thalamus und umschließt den basalen Teil des III.Ventrikels (⊡ Abb. 10.21). Begrenzungen (⊡ Abb. 10.28). Nach anterior grenzt der Hypothalamus an die Lamina terminalis und Commissura anterior. Die basale Begrenzung entspricht im Wesentlichen dem Boden des III. Ventrikels und ist der Inspektion der Gehirnbasis zugängig. Dem Hypothala-
mus lagert sich hier das Chiasma opticum an. Das Gebiet vor dem Chiasma wird als Area preoptica bezeichnet. Unmittelbar hinter dem Chiasma befindet sich der Übergang des Hypothalamus in den Hypophysenstiel. An der Übergangsstelle befindet sich als schwache Erhebung die Eminentia media. Dann folgt das Tuber cinereum. Kaudal schließen sich die Corpora mammillaria an. Nach lateral reicht der Hypothalamus bis zum Nucleus subthalamicus (s. oben). Nach medial markiert auf jeder Seite in der Wand des III. Ventrikels der Sulcus hypothalamicus die Grenze zum Thalamus. Gliederung. Der Hypothalamus gliedert sich in mehrere Bereiche mit jeweils charakteristischen Kernen, die mit unterschiedlichen vegetativen Funktionen in Beziehung stehen. Generalisierend wird der anteriore und intermediäre (mediale) Bereich als trophotrope Zone, der laterale und posteriore als dynamogene Zone bezeichnet. Die trophotrope Zone bewirkt vermittels des Parasympathikus regenerative Vorgänge, die dynamogene Zone vermittels des Sympathikus Leistungssteigerung. Durch ihren Antagonismus balancieren beide Bereiche die zugehörigen Stoffwechselvorgänge aus, u. a. bei der Temperaturregulation. So ist der anteriore Bereich empfindlich gegen eine Erhöhung der Bluttemperatur, der posteriore gegen eine Erniedrigung. Areale und Kerne des Hypothalamus (⊡ Abb. 10.32) Es lassen sich unterscheiden Area hypothalamica rostralis zwischen Chiasma opticum und Commissura anterior mit den – Nucleus suprachiasmaticus, Nucleus preopticus und Nucleus anterior hypothalami. Der Nucleus suprachiasmaticus wird mit der Steuerung des zirkadianen, d. h. dem endogenen periodischen Rhythmus in Zusammenhang gebracht, der durch exogene Zeitgeber mit dem 24-Stunden-Rhythmus synchronisiert wird. Die Nuclei preoptici regulieren den Zyklus der Frau durch Steuerung der Gonadotropinfreisetzung im Hypophysenvorderlappen, – großzelligen Nucleus paraventricularis und Nucleus supraopticus. Sie gehören zum endokrinen Hypothalamus und regulieren vermittels Effektorhormonen den Wasserhaushalt sowie die Wehentätigkeit (s. unten). Bei der Steuerung des Wasserhaushalts wirken sie eng mit Kernen der intermediären Zone zusammen. Area hypothalamica intermedia mit – diffus verteilten periventrikulären Nervenzellen, zum Teil in der Umgebung der Nuclei paraventricularis et supraopticus, und dem Nucleus infundibularis am Übergang in den Hypophysenstiel. Sie
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730
Kapitel 10 · Nervensystem
⊡ Abb. 10.32. Kerngruppen des Hypothalamus. Räumliche Darstellung
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gehören gleichfalls zum endokrinen Hypothalamus und steuern mit Effektorhormonen die Tätigkeit des Hypophysenvorderlappens (s. unten), – dem Nucleus ventromedialis hypothalami und dem Nucleus dorsomedialis hypothalami. Sie sind in die Regulation der Nahrungs- und Wasseraufnahme eingebunden. Der ventromediale Kern vermittelt ein Sättigungsgefühl während der laterale Kern die Nahrungsaufnahme anregt. Störungen in diesem Bereich können zu einer Adipsie (»Durstlosigkeit«) führen. Area hypothalamica posterior mit dem Nucleus posterior hypothalami und den Kernen des Corpus mamillare. Von hier wird die Schweißsekretion, die Eingeweidetätigkeit sowie bei Absenkung der Körpertemperatur das Zittern gesteuert. Area hypothalamica lateralis. Diese Zone schließt sich den bisher genannten lateral an. Sie ist mit Ausnahme der Nuclei tuberales wenig deutlich in einzelne Kerne aufgegliedert. In der lateralen Zone enden im Wesentlichen die Afferenzen zum Hypothalamus. Zwischen den medialen Gebieten und der lateralen Zone verläuft der Fornix, ein großes, auffälliges Faserbündel, das u. a. Hippocampus und Corpora mammillaria verbindet. Ferner kommen im Hypothalamus Neurone vor, die endogene Opiate bilden (S. 813). Verbindungen des Hypothalamus. Der Hypothalamus
hat intrahypothalamische Verbindungen, extrahypothalamische Verbindungen und Verbindungen zur Hypophyse.
Intrahypothalamische Verbindungen bestehen durch
zahlreiche Afferenzen und Efferenzen zwischen den Kernen bzw. Kernteilen des Hypothalamus. Dadurch sind alle Tätigkeiten des Hypothalamus komplex. Extrahypothalamische Verbindungen. Es geht vor allem um die Einbindung des Hypothalamus in das limbische System und die Verknüpfung mit dem Hirnstamm. Die Verbindungen sind in der Regel reziprok. Im Einzelnen Afferente Faserbündel erreichen in der Regel den lateralen Hypothalamus. Sie stammen aus dem limbischen System: vom Corpus
amygdaloideum (S. 808) und vom Hippocampus (über den Fornix, S. 806), bringen aus der Formatio reticularis Signale aus dem peripheren vegetativen System und als rückläufige Fasern aus Gebieten, mit denen der Hypothalamus efferent verbunden ist. Efferente Verbindungen sind der Fasciculus mammillothalamicus, gegenläufig zwischen Corpus mammillare und Nucleus anterior thalami, der Fasciculus mammillotegmentalis zur Verbindung des Hypothalamus mit dem Tegmentum des Mittelhirns und von dort zur Formatio reticularis des Hirnstamms, der Fasciculus longitudinalis dorsalis, der von der periventrikulären Zone des Hypothalamus bis ins Rückenmark zieht. In seinem Verlauf gibt das Bündel zahlreiche Fasern an die parasympathischen Anteile der Hirnnerven im Hirnstamm sowie zu dort gelegenen autonomen
731 10.3 · Zentralnervensystem
ⓘ Infobox ADH ist an der Kontrolle der Elektrolytkonzentration in der Körperflüssigkeit beteiligt und wirkt vor allem auf das Sammelrohr der Niere (S. 605). Außerdem erhöht ADH den peripheren Widerstand in den Gefäßen und damit den Blutdruck (vasopressorische Wirkung). Oxytozin steuert die Tätigkeit der glatten Muskulatur des graviden Uterus unter der Geburt (Wehen) und wirkt in der Stillzeit zur Milchejektion auf die Myoepithelzellen der Brustdrüse.
⊡ Abb. 10.33. Hypothalamohypophysäres System. Darstellung mit Tractus tuberoinfundibularis und Tractus hypothalamohypophysialis
Zentren, z. B. für Kreislauf, Atmung, Nahrungsaufnahme usw. ab. Verbindungen zur Hypophyse (⊡ Abb. 10.33). Das hier-
von betroffene Gebiet des Hypothalamus – hypophysiotrope Zone – wird als endokriner Hypothalamus bezeichnet. Dort werden produziert Effektorhormone. Ihre Zielorgane befinden sich in der Peripherie des Körpers. Steuerhormone. Sie wirken auf die endokrinen Zellen des Hypophysenvorderlappens. Die Effektorhormone werden im Nucleus supraopticus und Nucleus paraventricularis gebildet (⊡ Abb. 10.32),
das Antidiuretische Hormon, ADH, (Synonym: Vasopressin) überwiegend im Nucleus supraopticus, Oxytozin überwiegend im Nucleus paraventricularis Allerdings wird in jedem Kern jeweils auch ein kleiner Teil (etwa ein Sechstel) des Hormons gebildet, das überwiegend in dem anderen Kern synthetisiert wird.
Mit dem Hormon wird jeweils in den Perikarya auch gleichzeitig ein Trägerprotein, Neurophysin, synthetisiert: mit Oxytozin das Neurophysin I, mit ADH das Neurophysin II. Nie kommen Oxytozin und ADH gleichzeitig in einer Nervenzelle vor. Intrazellulär befinden sich Hormon und Trägersubstanz in Granula, die vom Golgi-Apparat gebildet und in den Nervenzellfortsätzen mit dem axoplasmatischen Fluss in wenigen Tagen zum Hypophysenhinterlappen transportiert werden. Dort werden die Hormone durch Exozytose freigesetzt und von benachbarten Kapillaren in den Blutkreislauf aufgenommen. – Die Axone der Nervenzellen der Nuclei supraopticus und paraventricularis gemeinsam bilden den Tractus hypothalamohypophysialis (⊡ Abb. 10.33). Die Hormonproduktion von ADH in den Nervenzellen wird durch Osmorezeptoren geregelt, die sich im Hypothalamus befinden. Die Hormonfreisetzung erfolgt durch Signale, die die hormonproduzierenden Nervenzellen selbst bilden. > Klinischer Hinweis Bei Schädigung der hypothalamoneurohypophysären Systeme, z. B. durch einen Hypophysentumor, kann es zum Diabetes insipidus kommen, einer Erkrankung, bei der infolge ADHMangels die Wasserrückresorption in der Niere vermindert ist. Dadurch scheiden die Patienten große Wassermengen aus und versuchen, diese durch übermäßiges Trinken zu ersetzen. Vermehrte Wasseraufnahme kann aber auch durch eine Schädigung der Zentren für die Regulation der Wasseraufnahme im lateralen Hypothalamus erfolgen.
Steuerhormone. Die Nervenzellen, die Steuerhormone
bilden, liegen überwiegend im vorderen und intermediären Hypothalamus, vor allem periventrikulär. Ihre Verteilung ist relativ diffus, jedoch mit einer gewissen Anhäufung im Nucleus infundibularis (Bildung von Somatoliberin). Außerdem wird Kortikoliberin im Nucleus paraventricularis gebildet.
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732
Kapitel 10 · Nervensystem
ⓘ Infobox Bei den Steuerhormonen handelt es sich um verschiedene Hormone (⊡ Tabelle 10.2). Alle wirken auf die endokrinen Zellen des Hypophysenvorderlappens. Diejenigen, die dort zu einer Hormonfreisetzung führen, werden als Releasing hormone (RH, Liberine) bezeichnet, die hemmenden als Release inhibiting hormone (RIH, Statine).
Die Axone der Nervenzellen, die Steuerhormone synthetisieren, fügen sich zum Tractus tuberoinfundibularis zusammen (⊡ Abb. 10.33). Sie enden an Kapillaren in der Eminentia mediana (s. oben) bzw. im Hypophysenstiel. Die Freisetzung der Hormone erfolgt durch afferente nervale Signale aus intra- und extrahypothalamischen Gebieten, sowie durch rückkoppelnde humorale
⊡ Tabelle 10.2. Steuerhormone des Hypothalamus sowie Hormone der Adenohypophyse und mit Zielorganen bzw. Wirkungen Hypothalamus
Gonadoliberin (GnRH = Gonadotropin-Releasing-Hormon)
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Adenohypophyse
Periphere endokrine Drüse bzw. Hauptwirkung
1. Gonadotrope Hormone; basophile Zellen
Ovar, Hoden
Follitropin (Follicle stimulating hormone = FSH)
Stimuliert Eifollikelreifung und Spermatogenese
Lutropin (Luteinizing hormone = LH; = Interstitial cell stimulating hormone = ICSH)
Zwischenzellen (Ovar und Hoden), stimuliert Ovulation und Luteinisierung des Eifollikels bzw.Testosteronsekretion
2. Nichtgonadotrope Hormone Corticoliberin (Corticotropinreleasing-factor = CRF)
Corticotropin (Adrenocorticotropic hormone = ACTH); basophile Zellen
Nebennierenrinde, stimuliert Wachstum und Sekretion
Thyroliberin (Thyrotropin-releasing-factor = TRF) (=TRH)
Thyrotropin (Thyrotropic hormone = TSH); basophile Zellen
Schilddrüse, stimuliert Wachstum und Sekretion
Somatoliberin (Somatotropinreleasing-factor = Growth-hormone-releasing-factor = GH-RF)
Somatotropin (Somatotropic hormone = STH, = Growth hormone = GH); azidophile Zellen
Stimuliert das Körperwachstum
Melanotropin (Melanocyte stimulating hormone = MSH); basophile Zellen
Beim Menschen wahrscheinlich endogenes Anti-Opioid
Prolaktin (Mammotropic hormone = PRL) (= Luteotropic hormone LTH); azidophile Zellen
Stimuliert Proliferation und Sekretbildung der Milchdrüse (hält bei Nagetieren das Corpus luteum funktionstüchtig)
Somatostatin (Somatotropinrelease-inhibiting-factor = SRIF) Melanoliberin (Melanotropinreleasing-factor = MRF) Melanostatin (Melanotropinrelease-inhibiting-factor = MIF) Prolaktoliberin (Prolaktin-releasing-factor = PRF)
Prolaktostatin (Prolaktin-releaseinhibiting-factor = PIF; Dopamin)
733 10.3 · Zentralnervensystem
Reize von Hormonen peripherer endokriner Drüsen (⊡ Abb. 10.36). Die Steuerhormone gelangen dann auf dem Blutweg in den Hypophysenvorderlappen. Dort kapillarisieren sich die Gefäße erneut und geben die Hormone frei, die dann auf die jeweiligen Hypophysenvorderlappenzellen wirken. Die Gefäßverbindung zwischen Eminentia mediana bzw. Hyophysenstiel und Hypophysenvorderlappen wird wegen ihrer doppelten Kapillarisierung in Analogie zu den Portalgefäßen der
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Leber als Portalgefäßsystem der Hypophyse bezeichnet. Blutgefäße. Der Hypothalamus wird durch zahlreiche
Äste aus den umgebenden größeren Gefäßen reichlich mit Blut versorgt: direkte Äste aus der A. carotis interna, aus den Aa. communicantes posteriores und der A. communicans anterior, aus der A. cerebri anterior (Aa. centrales anteromediales) und aus der A. cerebri posterior.
In Kürze
Die wichtigsten Teile des Dienzephalons sind Thalamus und Hypothalamus. Im Thalamus werden alle Signale für den Kortex umgeschaltet. Dies erfolgt in den Thalamuskernen, die verschiedenen Systemen zugeordnet sind. Der Hypothalamus besteht aus zahlreichen Kerngruppen, die miteinander verknüpft sind und der Steuerung vegetativer Funktionen dienen. Dabei sind der anteriore und mediale Bereich als trophotrope Zone regenerativen Vorgängen (parasympathisch beeinflusst), der laterale und posteriore Bereich als dynamogene Zone der Leistungssteigerung (durch den Sympathikus) zugeordnet. In den Nervenzellen einiger Areale des Hypothalamus werden Hormone gebildet, die als Effektorhormone (antidiuretisches Hormon, Oxytozin) in der Neurohypophyse ins Blut gelangen, als Steuerhormone über das Portalgefäßsystem die Adenohypophyse erreichen. Außerdem werden endogene Opiate gebildet.
10.3.5
Hypophyse, Glandula pituitaria
Wichtig
Die Hypophyse ist eine endokrine Drüse, die durch den Hypophysenstiel mit dem Hypothalamus verbunden ist. Die Hypophyse ist ein Glied in der Kette der hormonalen Regulation der Körperfunktionen.
Die Hypophyse, Hypophysis, Glandula pituitaria, Hirnanhangdrüse, ist 0,6–0,8 g schwer und bohnenförmig. Sie liegt in der Fossa hypophysialis der Sella turcica des Keilbeinkörpers (⊡ Abb. 7.4). Die Sella turcica ist durch ein Durablatt, Diaphragma sellae, gegen die Schädelhöhle abgegrenzt. Mit dem Hypothalamus ist die Hypophyse durch den Hypophysenstiel verbunden. Die Hypophyse (⊡ Abb. 10.33) besteht aus Neurohypophyse, Lobus posterior, und Adenohypophyse, Lobus anterior, Hypophysenvorderlappen.
Die Neurohypophyse ist ein Abkömmling des Zwischenhirns (⊡ Abb. 10.35). Sie gliedert sich in Infundibulum, Hypophysenstiel, und Lobus nervosus, Hypophysenhinterlappen. Das Infundibulum ist eine trichterförmige Fortsetzung des Zwischenhirnbodens. Am Eingang ins Infundibulum und im Hypophysenstiel selbst enden an Kapillaren alle Axone der Perikarya des Hypothalamus, die Steuerhormone bilden (s. oben). Anders verhalten sich die Axone mit Effektorhormonen (s. oben). Sie ziehen als Tractus hypothalamohypophysialis durch den Hypophysenstiel zum Hypophysenhinterlappen. Der Hypophysenhinterlappen besteht überwiegend aus marklosen Nervenfasern, die in ein Grundgerüst aus Pituizyten eingelagert sind, den Gliazellen der Neurohypophyse.Außerdem ist der Hypopysenhinterlappen stark kapillarisiert. Bei den marklosen Nervenfasern handelt es sich um die Axone der Nuclei supraopticus et paraventricularis. Sie speichern an ihren Enden die Sekretgranula mit den Effektorhormonen und ihren Trägersubstanzen (s. oben).
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734
Kapitel 10 · Nervensystem
fäßfüßchen aus Astrozytenfortsätzen umgeben sind.Sie bildet eine selektive Barriere für den Stoffaustausch.
Die Adenohypophyse besteht aus (⊡ Abb. 10.33) Pars distalis, Pars tuberalis und Pars intermedia, Zwischenlappen. Zur Entwicklung Die Adenohypophyse entwickelt sich aus einer bläschenförmigen Abschnürung vom Epithel des Rachendachs, RathkeTasche (⊡ Abb. 10.35). Diese wächst dem Infundibulum des Zwischenhirnbodens entgegen und lagert sich ihm ventral an. Die hinteren Abschnitte der Rathke-Tasche, die direkt an das Infundibulum grenzen, bilden die Pars intermedia. Die vorderen Wandabschnitte der Tasche werden zur Pars distalis und die gegen den Hypophysenstiel vorgeschobenen Teile zur Pars tuberalis des Vorderlappens.
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⊡ Abb. 10.34. Zirkumventrikuläre Organe. Im Bereich des III. Ventrikels Neurohypophyse, Organum vasculosum laminae terminalis, Organum subfornicale, Plexus choroideus, Corpus pineale, Organum subcommissurale. Im Bereich des IV. Ventrikels Plexus choroideus, Area postrema
ⓘ Infobox Die Neurohypophyse einschließlich der Eminentia mediana gehört zu den zirkumventrikulären Organen (⊡ Abb. 10.34). Gemeinsam ist diesen Organen ihre Lage außerhalb der BlutHirn-Schranke, also außerhalb der Permeabilitätsschranke, die das Gewebe des Gehirns vom Blut trennt. Die Gefäße der zirkumventrikulären Organe haben gefenstertes Endothel. Sie gelten als Orte, an denen im Blut transportierte Stoffe ins Gehirn gelangen können. Die Blut-Hirn-Schranke liegt dort vor, wo die Hirnkapillaren von einem geschlossenen, sich überlappenden Endothel, einer geschlossenen Basalmembran und einem Mantel von Ge-
⊡ Abb. 10.35. Hypophysenentwicklung
> Klinischer Hinweis Gewebe der Adenohypophyse kann in seltenen Fällen unter der Pharynxschleimhaut liegenbleiben (Pars pharyngea, sog. Rachendachhypophyse). Sie kann gelegentlich entarten, Kraniopharyngeom.
Die Pars distalis ist der umfangreichste Teil sowohl der Adenohypophyse als auch der Hypophyse insgesamt. Der Aufbau entspricht dem einer typischen endokrinen Drüse mit deutlich erkennbaren Epithelsträngen, die von weiten Sinusoiden mit durchgehender Basalmembran und z. T. gefenstertem Endothel umgeben sind. Färberisch-histologisch lassen sich unterscheiden (⊡ Abb. 10.36) chromophobe Zellen, etwa 50 % der Zellen. Ihr Zytoplasma hat weder zu sauren noch zu basischen Farbstoffen eine besondere Affinität. Die chromophoben Zellen sind diffus in der Hypophyse verteilt. Ihre ge-
735 10.3 · Zentralnervensystem
⊡ Abb. 10.36. Wechselwirkungen zwischen Hypophysenhormonen und Zielorganen
naue Funktion ist unbekannt, vielleicht handelt es sich um Reservezellen oder um Zellen in einer »Ruhephase«, chromophile Zellen, die je nach Affinität ihrer Granula zu sauren oder basischen Farbstoffen vorliegen als
– azidophile Zellen, etwa 40 % der Drüsenzellen mit bevorzugter Lage in der Peripherie des Organs und – basophile Zellen, etwa 10 % der Drüsenzellen, die überwiegend im Organzentrum liegen, Sternzellen, Follikelzellen.
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Kapitel 10 · Nervensystem
Chromophile Zellen. Mit weiterführenden Methoden (Elektronenmikroskopie, Immunhistochemie) lassen sich unter den chromophilen Zellen unter Berücksichtigung der von ihnen gebildeten Hormone funktionell unterscheiden somatotrope Zellen, mammotrope Zellen, gonadotrope Zellen, thyrotrope Zellen und kortikotrope Zellen.
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In ⊡ Tabelle 10.2 ist zusammengestellt, welches Hormon von den einzelnen Zelltypen gebildet wird, wie sich die Zellen färberisch verhalten und die wichtigsten Hormonwirkungen. Ergänzend zeigt ⊡ Abb. 10.36 die Zielorgane der jeweiligen Hypophysenhormone und die hormonale Rückkoppelung zur Steuerung von Hypothalamus und Hypophyse. – In den Zellen der Hypophyse sind die Hormone an Sekretgranula gebunden, die ihren Inhalt durch Exozytose abgeben. Sternzellen. Die Zellen haben lange Fortsätze und stehen untereinander und mit den Kapillaren in Verbindung. Sie umgreifen jeweils Drüsenzellgruppen. Wahrscheinlich handelt es sich um Makrophagen, die von den Drüsenzellen ausgeschiedenes, überschüssiges Material aufnehmen und abbauen können. > Klinischer Hinweis Adenome der Hypophyse sind relativ häufig. Es handelt sich um gutartige Tumoren, die bei stärkerem Wachstum auf das der Drüse vorgelagerte Chiasma opticum drücken und die Sehbahn unterbrechen können. Sofern es durch die adenomatöse Vermehrung der Drüsenzellen zu einer gesteigerten Hormonausschüttung kommt, treten charakte-
>
ristische Symptome auf: z. B. Gigantismus durch vermehrte Freisetzung von Wachstumshormon vor Verschluss bzw. Akromegalie (übersteigertes Wachstum der Körperakren u. a. Hände, Füße, Nase, Kinn) nach Verschluss der Epiphysenfugen.
Die Pars tuberalis der Adenohypophyse umgreift das In-
fundibulum trichterartig und enthält die Kapillarkonvolute des Portalsystems der Hypophyse (s. oben). Außerdem kommen kleine Follikelzellen unbekannter Funktion vor. Die Pars intermedia befindet sich zwischen Pars distalis der Adenohypophyse und Lobus nervosus der Neurohypophyse. Sie macht nur etwa 2 % der Masse des Gesamtorgans aus. Die Drüsenzellen der Pars intermedia sind schwach basophil. Sie bilden die Hormone Melanotropin und Lipotropin. Zwischen den Zellen liegen Kolloidzysten, die mit kubischem Epithel ausgekleidet sind und im Alter zunehmen. > Klinischer Hinweis Die bei Insuffizienz der Nebennierenrinde beobachtete Überpigmentierung der Haut (Bronzehautkrankheit = Morbus Addison) wird unter anderem auf eine Stimulation der das melanotrope Hormon (Synonym: Intermedin) bildenden Zellen des Zwischenlappens zurückgeführt.
Gefäße. Arteriell wird die Hypophyse versorgt von: Aa. hypophysiales superiores aus der A. carotis inter-
na und Aa. hypophysiales inferiores aus dem Circulus arteriosus cerebri. An ihren Kapillarkonvoluten enden die Axone der neuroendokrinen Zellen.
In Kürze
Die Hypophyse besteht aus Neurohypophyse und Adenohypophyse. Entwicklungsgeschichtlich ist die Neurohypophyse ein Teil des Hypothalamus, mit dem sie durch den Hypophysenstiel verbunden ist. Die Neurohypophyse besteht aus Pituizyten und Nervenfasern des Tractus hypothalamohypophysialis, an deren Enden Hypothalamushormone freigesetzt werden und ins Kapillarsystem gelangen. Die Adenohypophyse ist Abkömmling des Epithels des embryonalen Rachendachs. In der Pars distalis werden färberisch chromophobe, chromophile und Sternzellen unterschieden. Die chromophilen Zellen sind eine Population verschiedener hormonproduzierender Zellen (somatotrop, mammotrop, gonadotrop, thyrotrop, kortikotrop), die zu jeweils speziellen Regelkreisen gehören. Sie unterliegen dem Einfluss hypothalamischer Steuerhormone.
737 10.3 · Zentralnervensystem
10.3.6
Truncus encephali, Hirnstamm
Wichtig
Der Hirnstamm beherbergt alle Zentren für die Selbstregulation lebensnotwendiger Funktionen, z. B. Atmung, Blutdruckregulierung, Miktion, Schlaf usw. sowie die Kerne der Hirnnerven III–XII.
Zum Hirnstamm (⊡ Abb. 10.37) gehören Mesencephalon, Mittelhirn, Pons, Brücke, und Medulla oblongata, verlängertes Mark. Gliederung. Gemeinsam ist allen Abschnitten des Hirnstamms eine Gliederung in einen anterioren Bereich (⊡ Abb. 10.38), mittleren Bereich, Tegmentum, Haube, posterioren Bereich (⊡ Abb. 10.39) sowie eine längs orientierte Binnenstruktur aus auf- und absteigenden Fasern, Kernen von Hirnnerven (N. III–N. XII) und der Formatio reticularis, einer zentral gelegenen grauen Substanz. Zur Entwicklung Die Entwicklung des Hirnstamms geht auf die Gliederung der Neuralanlage in Mantel- und Marginalzone sowie der
Mantelzone in die dorsolaterale Flügelplatte, ventrolaterale Grundplatte und Boden- und Deckplatte zurück (S. 706). Jedoch ist es während der Entwicklung zu Veränderungen gekommen. Sie sind im Bereich des zukünftigen Mesenzephalons umfangreicher als in den folgenden Abschnitten. Deswegen wird die Entwicklung des Rhombenzephalons (später Pons und Medulla oblongata) zunächst besprochen. Im Rhombenzephalon gehen (⊡ Abb. 10.40 a, b) aus der Deckplatte, das Dach, Tegmen ventriculi quarti, des zum zukünftigen IV. Ventrikel erweiterten Neuralkanals und aus der Grund- und Flügelplatte die Hirnnervenkerne III–XII sowie die Formatio reticularis hervor und in die Marginalzone wachsen afferente und efferente Bahnen zum und vom Endhirn ein. Deckplatte. Die Deckplatte formiert sich früh zu einer einschichtigen Zelllage, und im kaudalen Bereich zusammen mit gefäßreichem Mesenchym aus der Umgebung zum zottenförmigen Plexus choroideus ventriculi quarti (⊡ Abb. 10.40 b). Der Plexus bildet Liquor cerebrospinalis. Im 4. Entwicklungsmonat verdünnt sich das Neuroepithel des IV. Ventrikels an 3 Stellen und es entstehen 2 laterale und 1 mediale Öffnung zwischen dem Ventrikelsystem und der Umgebung. Grund- und Flügelplatte. Sie werden bei der Entwicklung des Rhombenzephalons – wie bei einem sich öffnenden Buch – zur Seite geklappt (⊡ Abb. 10.40). Dabei behalten sie jedoch ihre grundsätzliche Anordnung bei. Dadurch entstehen unter der Rautengrube 4 Längszonen, in denen sich Kerne für Hirnnerven entwickeln.
⊡ Abb. 10.37. Medianschnitt durch Hirnstamm, Zwischenhirn und Balken. Anteriorer Anteil des Hirnstamms rot; Tectum grau
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⊡ Abb. 10.38. Hirnstamm, Ansicht von anterior. Zusätzlich Zwischenhirn und oberer Teil des Rückenmarks. Zu beachten sind die Austrittsstellen der Hirnnerven II–XII und 2 anteriore Spinalnervenwurzeln. Die 3 Augenmuskelnerven und der N. hypoglossus sind rot eingezeichnet
Von lateral nach medial folgen aufeinander somatoafferente Längszone, hervorgegangen aus dem dorsalen Teil der Flügelplatte, viszeroafferente Längszone, hervorgegangen aus dem ventralen Teil der Flügelplatte, viszeroefferente Längszone, hervorgegangen aus dem dorsalen Teil der Grundplatte und somatoefferente Längszone, hervorgegangen aus dem ventralen Teil der Grundplatte. Zusätzlich geht aus der Flügelplatte die Formatio reticularis hervor. Sie entsteht dadurch, dass Proneurone auswandern und mit ihren Fortsätzen ein nur wenig gegliedertes lockeres Maschenwerk netzartiger (retikulärer) Strukturen
bilden, die sich nach kranial bis zum Zwischenhirn fortsetzen. Marginalzone. In die Marginalzone wachsen mächtige Faserbündel ein, die einerseits vom Neenzephalon ausgehen (Neuhirnbahnen), andererseits von der Anlage des Rückenmarks bzw. von Kernen im unteren Rhombenzephalon kommen. Abspaltungen der Faserbündel stellen die Verbindung zum Kleinhirn her. Die Faserbündel werden teilweise so mächtig, dass sie die Oberfläche der Anlage des Stammhirns vorwölben. Mesenzephalon. Die Anlage des Mesenzephalon ist in der 5. Entwicklungswoche der zellreichste Abschnitt der Hirnanlage. Aus dem Bereich der Flügelplatte wandern in
739 10.3 · Zentralnervensystem
⊡ Abb. 10.39. Hirnstamm, Ansicht von posterior. Darstellung mit Teilen des Zwischenhirns, des Tectum mesencephali und der Rautengrube mit den Kleinhirnstielen. Das Kleinhirn ist abgetragen und der IV. Ventrikel eröffnet.
⊡ Abb. 10.40 a, b. Querschnitte durch das Rautenhirn. a Frühembryonal, b adult
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mehreren Schüben Proneurone in das Gebiet der Deckplatte und bilden dort das Tectum mesencephali. Dabei entsteht im kranialen Bereich eine vielschichtige Struktur, die zu den oberen Hügeln, Colliculi superiores, wird. Im kaudalen Bereich bilden sich die unteren Hügel, Colliculi inferiores, ohne Schichtenbau. Ferner wandern aus der Flügelplatte Proneurone für die Formatio reticularis und für den Nucleus ruber sowie die Substantia nigra aus. Im Grundplattenbereich entstehen mehrere Kernsäulen, die denen des Rhombenzephalons entsprechen. Ortsständig bleiben jedoch nur die somatoefferenten Säulen. Die viszeroefferenten verschieben sich nach medial. In beiden Fällen handelt es sich um Anlagen von Augenmuskelkernen. Schließlich treten in die Anlage der Marginalzone des Mittelhirns die auswachsenden Neuhirnbahnen ein und lassen Crura cerebri entstehen.
Mesencephalon, Mittelhirn Wichtig
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Das Mesenzephalon ist vor allem Durchgangs- und Relaisstation für lange auf- und absteigende Bahnen. Das Mittelhirn hat aber auch Koordinationsaufgaben.
Das Mesenzephalon ist ein relativ kleiner Abschnitt (anterior 1,5 cm, posterior 2 cm lang). Es gliedert sich von anterior nach posterior in (⊡ Abb. 10.41) Crura cerebri, Tegmentum mesencephali und Tectum mesencephali. Das Tegmentum, Haube, ist der zentrale und gleichzeitig umfangreichste Teil des Mesenzephalons. Gemeinsam werden Tegmentum mesencephali und Crura cerebri als Pedunculus cerebri bezeichnet. Oberflächen. Anterior befindet sich zwischen den paarigen Hirnschenkeln, Crura cerebri, die Fossa interpeduncularis (⊡ Abb. 10.41) mit durchlöchertem Boden, Substantia perforata posterior. In der Fossa interpeduncularis verlässt der N. oculomotorius (N. III) das Gehirn. Seitlich ist die Oberfläche des Mesenzephalons im Bereich des Tegmentums durch das Trigonum lemnisci lateralis leicht vorgewölbt. Die posteriore Oberfläche, Lamina tecti besteht aus 4 Vorwölbungen und wird deswegen auch als Vierhügelplatte, Lamina quadrigemina, bezeichnet. Die zwei oberen Hügel, Colliculi superiores, sind höher und breiter als die unteren Colliculi inferiores (⊡ Abb. 10.39). Beide Hü-
gelpaare stehen nach lateral durch makroskopisch erkennbare, nahezu parallel verlaufende Faserwülste mit dem Zwischenhirn in Verbindung. Der obere Faserwulst, Brachium colliculi superioris, zieht vom Colliculus superior zum Corpus geniculatum laterale des Metathalamus und gehört zur Sehbahn. Das Brachium colliculi inferioris verläuft vom Colliculus inferior zum Corpus geniculatum mediale des Metathalamus und ist ein Teil der zentralen Hörbahn. Unmittelbar kaudal der Colliculi inferiores verlässt der N. trochlearis (N. IV) das Gehirn. Er ist der einzige Hirnnerv, der posterior aus dem Gehirn austritt. Dann allerdings läuft er um das Mittelhirn herum und gelangt nach anterior. Innerer Aufbau. In den Crura cerebri verlaufen absteigende Bahnen aus dem Neenzephalon. Von medial nach lateral liegen nebeneinander (⊡ Abb. 10.41) Fibrae frontopontinae, frontale Großhirn-BrückenBahn, für Signale zum Kleinhirn (nach Umschaltung in Brückenkernen), Fibrae corticonucleares, motorische Großhirnbahn, zu den Hirnnervenkernen, Fibrae corticospinales, Pyramidenbahn, zum Rückenmark und Fibrae parietopontinae et temporopontinae, parietale und temporale Großhirn-Brücken-Bahn, gleichfalls für Signale zum Kleinhirn (wiederum nach Umschaltung in Brückenkernen). Das Tegmentum enthält Kerne und Bahnen (⊡ Abb. 10.41) im Dienst jeweils spezifischer Funktionen. Es handelt sich um die Substantia grisea centralis, zentrales Höhlengrau. Sie liegt um den Aqueductus mesencephali und beinhaltet mehrere Kerne. Das Gebiet gehört zum limbischen System. Es soll eine wichtige Rolle bei der Schmerzwahrnehmung spielen. Formatio reticularis als Teil der Formatio reticularis des Hirnstamms (s. unten), Substantia nigra. Sie liegt auf jeder Seite unmittelbar hinter dem Crus cerebri. Die dem Tegmentum zugewandte Seite der Substantia nigra, Pars compacta, besteht aus großen melaninhaltigen Neuronen, die die schwarze Farbe des Kerns hervorrufen. Dieser Teil der Substantia nigra führt dopaminerge Neurone, deren Axone im nigrostriatalen dopaminergen System zum Corpus striatum ziehen (S. 720). Außerdem
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⊡ Abb. 10.41. Mittelhirn. Querschnitt in Höhe der Colliculi superiores
gehört zur Substantia nigra eine Pars reticularis mit Efferenzen zum Thalamus. ⓘ Infobox Funktionell gehört die Substantia nigra zum motorischen System (S. 782). Sie wird afferent von Fasern aus dem Lobus frontalis des Kortex erreicht und steht efferent mit dem Thalamus sowie reziprok mit dem Corpus striatum in Verbindung.Vor allem nimmt die Substantia nigra Einfluss auf Mitbewegungen.
> Klinischer Hinweis Ausfall der dopaminergen Neurone der Substantia nigra ruft die Parkinson-Erkrankung hervor (S. 782).
Nucleus ruber. Seine rötliche Farbe ist nur an frischen Schnitten zu erkennen. Sie geht auf einen hohen intrazellulären Eisengehalt zurück. Der Nucleus ruber befindet sich auf jeder Seite im posterioren Teil des Tegmentums. Er ist eine Relaisstation für reziproke Signale aus Zerebellum und Thalamus und hat Verbindungen mit Neokortex und Rückenmark (Tractus rubrospinalis, S. 776). ⓘ Infobox Signale aus dem Nucleus ruber nehmen Einfluss auf den Muskeltonus. Dadurch ist er gemeinsam mit den Basalganglien und dem Zerebellum an der Koordination von Muskelbewegungen beteiligt.
Nuclei nervi oculomotorii (N. III), Nucleus nervi trochlearis (N. IV). Von hier aus werden die Augenmuskeln innerviert (S. 749). Die Kerne befinden sich anterior vom zentralen Höhlengrau. Bahnen (⊡ Abb. 10.41). Die Bahnen, die im Tegmentum verlaufen, werden in allen Teilen des Hirnstamms angetroffen. Dabei nehmen die Tractus tectobulbaris, Tractus tectospinalis und Tractus rubrospinalis ihren Ursprung im Mesenzephalon. Die Fasern des Tractus tectobulbaris et tectospinalis kreuzen in der Decussatio tegmentalis posterior, die des Tractus rubrospinalis in der Decussatio tegmentalis anterior die Seite (⊡ Abb. 10.41). Tectum mesencephali (⊡ Abb. 10.39). Es besteht aus den Colliculi superiores, obere Vierhügel, und Colliculi inferiores, untere Vierhügel. Die Colliculi superiores liegen unmittelbar unter den hinteren Polen der Thalami. Bei niederen Tieren, speziell bei Fischen, sind sie die wichtigste Endigung der Sehbahn. Beim Menschen haben die oberen Vierhügel diese Aufgabe an den Neokortex abgegeben, sind aber noch Zentren für die Augenbewegungen sowie für Bewegungen des Rumpfes bei plötzlichen Lichtsignalen, z. B. bei einem Lichtblitz auf einer Seite des Sehfeldes oder bei plötzlichen Bewegungen in der näheren Umgebung (visuelles Reflexzentrum, S. 786, 800 f.).
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742
Kapitel 10 · Nervensystem
Im Einzelnen Die Colliculi superiores bestehen aus einer siebenschichtigen Rinde, deren obere 3 Schichten vor allem Afferenzen
aus den Sehnerven und der Sehrinde erhalten (hierzu S. 785, okulomotorisches System). In den tieferen Schichten enden Fasern aus dem Kleinhirn, der Substantia nigra und der Formatio reticularis sowie die Neuriten des Tractus spinotectalis (S. 776). Der Tractus leitet den Colliculi superiores propriozeptive Signale aus der Körperperipherie zu. Efferenzen aus den oberen Schichten steigen vor allem auf, die aus den tieferen Schichten vor allem ab. Efferenzen aus den Colliculi superiores erreichen die unmittelbar unter dem Tectum gelegenen Augenmuskelkerne des III. und IV. Hirnnerven und mit langen Axonen den Thalamus sowie via Tractus tectobulbaris (S. 755) und Tractus tectospinalis (S. 776) verschiedene motorische Hirnnervenkerne bzw. Motoneurone im Rückenmark (für
>
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Hals- und Kopfbewegungen), aber auch Parasympathikusneurone. Die Colliculi inferiores liegen unterhalb der oberen Hü-
gel. Anders als die Colliculi superiores bestehen sie jeweils aus einem geschlossenen Kerngebiet. Sie dienen der Umschaltung von auditiven Signalen zum Neokortex. Dabei schließen sich ihre efferenten Fasern weitgehend denen aus den oberen Hügeln an. Zusätzlich spielen die Colliculi inferiores bei der Auslösung von Kopf- und Körperbewegungen in Antwort auf Töne eine Rolle (auditives Reflexzentrum, S. 801). Pedunculus cerebellaris superior. Es handelt sich beidseitig um eine Verbindung zwischen Mesenzephalon und Kleinhirn. Sie liegt kaudal.
In Kürze
Das Mesenzephalon gliedert sich in Crura cerebri,Tegmentum mesencephali,Tectum mesencephali. Die Crura cerebri führen die großen absteigenden Bahnen aus dem Neenzephalon. Das Tegmentum weist als auffällige Kerne die Substantia nigra mit dopaminergen Zellen, den Nucleus ruber als Relais für Verbindungen zwischen Zerebellum,Thalamus, Neokortex und Rückenmark, die Kerne des N. oculomotorius und N. trochlearis sowie zahlreiche Bahnen auf. Das Tectum mesencephali besteht aus Colliculi superiores als visuelles und Colliculi inferiores als auditives Reflexzentrum. Pons, Brücke Wichtig
Der Pons ist vor allem eine Relaisstation für Signale zum Kleinhirn. Im Übrigen entsprechen seine Strukturen denen des Mesenzephalon und der Medulla oblongata.
Gliederung. Von anterior nach posterior gliedert sich die
Brücke in Pars basilaris pontis, Brückenfuß, Tegmentum pontis, Brückenhaube und Velum medullare superius über dem IV. Ventrikel. Die Pars basilaris pontis, Brückenfuß, ist eine größere anteriore Vorwölbung, die in der Mitte eine längs verlaufende Furche, Sulcus basilaris (⊡ Abb. 10.38), für die A. basilaris aufweist. Im Brückenfuß verlaufen (⊡ Abb. 10.42) Fibrae pontis longitudinales und Fibrae pontis transversae.
Die Fibrae pontis longitudinales sind die Fortsetzung
der neenzephalen Bahnen der Crura cerebri. Sie haben mehrere Anteile. Die Fibrae corticospinales (⊡ Abb. 10.42) ziehen durch die Brücke abwärts bis ins Rückenmark. Die Fibrae corticonucleares geben einen Teil ihrer Fasern zu den Hirnnervenkernen in der Brücke ab. Die kortikopontinen Fasern enden in der Brücke in den zahlreichen Brückenkernen, Nuclei pontis. Die Fibrae pontis transversae (⊡ Abb. 10.42) werden überwiegend von den Axonen der Brückenkerne gebildet. Sie verlaufen etwa horizontal zur gegenüberliegenden Seite der Brücke und ziehen dann bogenförmig nach posterolateral. In Fortsetzung bilden sie die Pedunculi cerebellares medii und erreichen die beiden Kleinhirnhemisphären. Einige Axone der Brückenkerne bleiben allerdings ipsilateral und ziehen direkt nach hinten in den Pedunculus derselben Seite. ⓘ Infobox Weil die Fibrae pontis transversae überwiegend die Seite kreuzen und weil die meisten der reziproken Fasern des Klein-
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⊡ Abb. 10.42. Kaudaler Teil der Brücke. Querschnitt in Höhe des Colliculus facialis
hirns im Hirnstamm zur Gegenseite gelangen, wirkt die rechte Hälfte des Kleinhirns hauptsächlich mit der linken Hälfte des Großhirns und die linke Hälfte des Kleinhirns hauptsächlich mit der rechten Hälfte des Großhirns zusammen.
Das Tegmentum pontis, Brückenhaube (⊡ Abb. 10.42), wird von der Formatio reticularis beherrscht. Pigmentierte Nervenzellen ihrer lateralen Zone lassen am Boden der Rautengrube den Locus caeruleus entstehen (s. unten). Außerdem liegen in der Brückenhaube Kerne bzw. Kernanteile des N. trigeminus (N. V), N. abducens (N. VI), N. facialis (N. VII) und des N. vestibulocochlearis
>
(N. VIII). Auffällig ist, dass um den Ursprungskern des VI. Hirnnerven die Fasern des N. facialis herumziehen und das innere Fazialisknie bilden (S. 749). Diese Fasern rufen am Boden der Rautengrube den Colliculus facialis hervor (s. unten). Charakteristisch für das Tegmentum ist ferner das Corpus trapezoideum, Hauptkreuzung der Hörbahn, mit benachbarten Nuclei corporis trapezoidei (S. 801). Das Velum medullare superius ist ein Teil des Dachs des
IV. Ventrikels (S. 823).
In Kürze
Der Pons führt im Brückenfuß Fibrae corticospinales und Fibrae corticonucleares und hat Nuclei pontis, an denen kortikopontine Fasern enden und als Fibrae pontis transversae zum Kleinhirn fortgesetzt werden. Die Brückenhaube wird von der Formatio reticularis beherrscht und beherbergt außerdem Teile der Hirnnervenkernen N. V, N. VI, N. VII, N. VIII. Auffällig ist das innere Fazialisknie sowie das Corpus trapezoideum (Hauptkreuzung der Hörbahn).
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Kapitel 10 · Nervensystem
Medulla oblongata, verlängertes Mark Wichtig
Beherrschend sind in der Medulla oblongata die Formatio reticularis als vegetatives Reflex- und Koordinationszentrum, Gehirnnervenkerne und überregionale Bahnen.
Wie Mesenzephalon und Pons gliedert sich die Medulla oblongata in ein anteriores Gebiet, Tegmentum und posteriores Gebiet. Hinzu kommt der IV. Ventrikel als Erweiterung des Ventrikelsystems im Gebiet von Pons und Medulla oblongata. Oberflächen der Medulla oblongata. Anterior (⊡ Abb. 10.38) befindet sich in der Mittellinie die Fissura mediana anterior, die vom Rückenmark bis zum Unterrand der Brücke verläuft. Beiderseits davon liegt die Pyramis, Py-
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ramide, mit der Pyramidenbahn (s. unten). Als kaudale Grenze der Medulla oblongata – und damit als Grenze zwischen Gehirn und Rückenmark – gilt die Decussatio pyramidum, Pyramidenkreuzung, in der Fasern des Tractus corticospinalis die Seite kreuzen. Lateral der Pyramiden – Gebiet des Tegmentums – wölben sich beiderseits Oliven vor (⊡ Abb. 10.38). Vor jeder Olive liegt der Sulcus anterolateralis, dahinter der Sulcus retroolivaris. Von jeder Olive zieht ein Pedunculus cerebellaris inferior zum Kleinhirn. Posterior (⊡ Abb. 10.39) befindet sich in den unteren zwei Dritteln der Medulla oblongata in der Mittellinie in Fortsetzung vom Rückenmark der Sulcus medianus posterior. Er endet an einem transversalen Riegel (Querverbindung), Obex. Oberhalb des Obex verdickt sich die Medulla oblongata zwiebelartig (daher heißt die Medulla oblongata auch Bulbus). Die Verdickung entsteht durch ein auf jeder Seite neben dem Sulcus gelegenes Tuberculum gracile und ein lateral davon befindliches Tuberculum cuneatum (Hinterstrangkerne, s. unten). Das obere Drittel der Medulla oblongata wird vom Tegmen ventriculi quarti überdacht, über dem sich das Kleinhirn befindet. Das Tegmen ventriculi quarti ist ein zeltartiges Dach über dem IV. Ventrikel (⊡ Abb. 10.37) mit einer oberen, zwischen rechtem und linkem Pedunculus cerebellaris superior ausgespannten Marklamelle, Velum medullare superius (⊡ Abb. 10.39), und einem unteren Teil, Velum
medullare inferius. Ein Teil des unteren Dachs besteht aus der Tela choroidea ventriculi quarti, die den Plexus choroideus ventriculi quarti trägt. Vierter Ventrikel. Unter dem Tegmen ventriculi quarti befindet sich im Bereich des oberen Drittels der Medulla oblongata und des Pons die Rautengrube. Der Boden der Rautengrube (⊡ Abb. 10.39) zeigt eine Mittelfurche, Sulcus medianus, und seitlich den adult nur schwach ausgebildeten Sulcus limitans. An der breitesten Stelle verlaufen quer über den Boden der Rautengrube Striae medullares ventriculi quarti mit markhaltigen Faserbündeln aus dem Olivensystem (s. unten). In ihrem Bereich liegt seitlich vom Sulcus limitans die Area vestibularis mit den sensorischen Vestibulariskernen. Weiter lateral befindet sich das Gebiet für die beiden Kochleariskerne. Vestibulariskerne und Kochleariskerne gehören zum VIII. Hirnnerven (s. unten). Kranial der Striae medullares ventriculi befindet sich im Bereich des Pons der Colliculus facialis und der Locus caeruleus (s. oben). Kaudal der Striae medullares liegt medial vom Sulcus limitans dicht unter dem Boden der Rautengrube der Ursprungskern des XII. Hirnnerven, Trigonum nervi hypoglossi. Daneben erscheint als grauer Bezirk das Gebiet des X. (und IX.) Hirnnerven, Trigonum nervi vagi. Es folgt nach unten die Area postrema. Schließlich senkt sich die Rautengrube nach kaudal spitz in die Tiefe und setzt sich in den Zentralkanal der unteren Medulla oblongata und des Rückenmarks fort. Innere Gliederung der Medulla oblongata (⊡ Abb. 10.43).
Anteriorer Anteil. Er besteht aus den Fasern des mächti-
gen Tractus corticospinalis, Pyramidenbahn, zur Regulierung der Muskeltätigkeit (S. 779). Tegmentum. Das Tegmentum nimmt den größten Teil der Medulla oblongata ein. Es beherbergt das Olivensystem als wichtige Relaisstation für die Verbindung des motorischen Systems mit dem Kleinhirn, verschiedene Hirnnervenkerne (Teile von N. V, VIII, IX bis XII), Teile der Formatio reticularis und zahlreiche Faserbahnen. Posteriorer Anteil. Er ähnelt in den unteren zwei Dritteln
weitgehend dem posterioren Teil des Rückenmarks (⊡ Abb. 10.55 a). Vor allem wird er von aufsteigenden Rückenmarkbahnen eingenommen. Darüber hinaus be-
745 10.3 · Zentralnervensystem
⊡ Abb. 10.43. Medulla oblongata. Querschnitt
herbergt der posteriore Anteil den Nucleus gracilis und den Nucleus cuneatus, an dessen Nervenzellen die Axone des Tractus spinobulbaris enden (S. 775). Die Axone der Nervenzellen beider Kerne bilden den Tractus bulbothalamicus (S. 789).
ris. Die Fasern des Tractus olivocerebellaris kreuzen die Seite und sie den Hauptbestandteil des Pedunculus cerebellaris inferioris (S. 758, 761, ⊡ Tabelle 10.5).
Hirnnervenkerne III–XII Wichtig
Olivensystem Das Olivensystem besteht aus (⊡ Abb. 10.43) Nucleus olivaris principalis und Nuclei olivares inferiores mit – Nucleus olivaris accessorius medialis und – Nucleus olivaris accessorius posterior.
Die Kerne der Hirnnerven III–XII sind in Abhängigkeit von ihrer Herkunft aus der Grund- bzw. Flügelplatte in Reihen angeordnet. Anteilig kommen sie in allen Abschnitten des Hirnstamms vor.
der Oberfläche der Pyramis liegen.
Im Hirnstamm befinden sich die Kerne des III–XII. Hirnnerven (⊡ Tabelle 10.3). Ihre Lage lässt eine Systematik erkennen, die auf ihre Herkunft aus der embryonalen Grund- bzw. Flügelplatte zurückgeht (S. 706, ⊡ Abb. 10.40). Die Hirnnervenkerne des Hirnstamms liegen in mehreren Reihen (⊡ Abb. 10.44), teilweise unter dem Ventrikelboden, teilweise nach anterior verlagert.
ⓘ Infobox
Im Einzelnen
Der Nucleus olivaris principalis gleicht einem Sack mit stark gefalteter Wand. Seine Öffnung, Hilum nuclei olivaris inferioris, weist nach dorsomedial. Der Nucleus olivaris accessorius medialis liegt medial des Hilum, der Nucleus olivaris accessorius posterior posterior vom Hauptkern. Hinzu kommen die Nuclei arcuati, die unter
Die Nuclei olivares inferiores sind wichtige Relaiskerne im motorischen System. Ihre afferenten Signale erhalten sie über die zentrale Haubenbahn vom Mesenzephalon (insbesondere vom Nucleus ruber, S. 741), im Nebenschluss aber auch von den Bahnen des motorischen Kortex und der Basalganglien des Endhirns. Die Signale aus dem Rückenmark erreichen die Olivenkerne über den Tractus spinoolivaris (S. 775). Die wichtigsten Efferenzen der Nuclei olivares inferiores erreichen das Kleinhirn. Sie verlaufen im Tractus olivocerebella-
Sensorische Kerne (äußerste laterale Reihe, ⊡ Abb. 10.44).
Diese Gruppe umfasst das Areal der Nuclei cochleares (2 Kerne, auditives System, S. 801) und der Nuclei vestibulares (4 Kerne, ⊡ Abb. 10.42, vestibuläres System, S. 803). Die Kerne liegen an der breitesten Stelle der Rautengrube unmittelbar unter deren Boden in Höhe der Apertura lateralis des IV. Ventrikels.
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Kapitel 10 · Nervensystem
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⊡ Abb. 10.44. Lage und Anordnung der Hirnnervenkerne III bis XII. Sie bilden 7 längs orientierte Reihen. Auf der linken Seite sind die afferenten Kerne dargestellt. Sie sind aus der Flügelplatte hervorgegangen, befinden sich lateral des Sulcus limitans und liegen in 4 Reihen: Von lateral nach medial folgen aufeinander die speziell somatoafferenten Kerne (SSA), die allgemein somatoafferenten Kerne (ASA), die speziell viszeroafferenten Kerne (SVA) und die allgemein viszeroafferenten Kerne (AVA). Auf der rechten Seite sind die efferenten Kerne eingezeichnet. Sie bilden 3 Reihen, sind aus der Grundplatte hervorgegangen und liegen medial des Sulcus limitans.Von lateral nach medial folgen aufeinander die allgemein viszeroefferenten Kerne (AVE), die speziell viszeroefferenten Kerne (SVE) und die allgemein somatoefferenten Kerne (ASE)
Somatoafferente Kerne sind die afferenten Trigeminuskerne, zuständig für die Sensibilität der Gesichtshaut, der Binde- und Hornhaut des Auges, der Schleimhaut der Nasen- und Mundhöhle und der Zähne (⊡ Tabelle 10.3). Die afferenten Trigeminuskerne sind nach posterolateral in die Tiefe des Tegmentums verlagert. Sie unterteilen sich im Hirnstamm in einen – Nucleus mesencephalicus nervi trigemini (⊡ Abb. 10.41), der sich vom Mittelhirn bis in die Mitte des Pons erstreckt und vor allem Signale von den Muskelspindeln des Kauapparates erhält,
–
Nucleus principalis nervi trigemini, Hauptkern des
Trigeminus für mechanorezeptive Aufgaben (Druck- und Berührungsempfindungen im Gesicht und in der Mundhöhle) und – Nucleus spinalis nervi trigemini (⊡ Abb. 10.43, 10.44) für Schmerz- und Temperaturleitung von der Gesichtsoberfläche her. Er gehört zum Tractus spinalis nervi trigemini, der von der Mitte der Rautengrube bis zum Halsmark reicht (S. 790). Speziell viszeroafferente Kerne. Dies sind die Nuclei tractus solitarii. Die Neurone dieses langen, vom Ventrikelboden nach anterior abgerückten Kerns sind
747 10.3 · Zentralnervensystem
⊡ Tabelle 10.3. Hirnnervenkerne III–XII und Zielgebiete Hirnnerv
Kerngebiet
Anatomische Nomenklatur
Ontogenetische Komponente
Peripherie
III.
Motorischer Kern
Nucl. nervi oculomotorii
Somatoefferent
M. rectus med. M. rectus sup. M. rectus inf. M. obliquus inf. M. levator palpebrae sup.
Parasympathischer Kern
Nuclei accessorii nervi oculomotorii (Edinger-Westphal)
Viszeroefferent
M. sphincter pupillae M. ciliaris (beide vorwiegend parasympathisch)
N. oculomotorius
IV.
N. trochlearis
Motorischer Kern
Nucl. nervi trochlearis
Somatoefferent
M. obliquus sup.
V.
N. trigeminus
Mechanosensibler Kern
Nucl. principalis nervi trigemini
Somatoafferent, Viszeroafferent
Gesichtshaut, Bindehaut und Hornhaut des Auges, Schleimhaut der Nasen- und Mundhöhle, Zähne
Schmerz- und temperatursensibler Kern
Nucl. spinalis nervi trigemini
Somatoafferent, Viszeroafferent
Propriozeptiver Kern
Nucl. mesencephalicus nervi trigemini
Viszeroafferent
Muskelspindeln der Kaumuskulatur
Motorischer Kern
Nucl. motorius nervi trigemini
Viszeroefferent
Kaumuskeln, Mundbodenmuskulatur, M. tensor tympani
VI. N. abducens
Motorischer Kern
Nucl. nervi abducentis
Somatoefferent
M. rectus lat.
VII. N. facialis mit N. intermedius
Sensorische Kerne
Nuclei tractus solitarii
(Sensorisch)
Geschmacksknospen der vorderen zwei Drittel der Zunge
Parasympathischer Kern
Nucl. salivatorius superior
Viszeroefferent
Gl. lacrimalis, Drüsen des Nasen-RachenRaumes, Gll. sublingualis und submandibularis
Motorischer Kern
Nucl. nervi facialis
Viszeroefferent
Mimische Gesichtsmuskeln, teilweise obere Zungenbeinmuskeln, M. stapedius
10
748
Kapitel 10 · Nervensystem
⊡ Tabelle 10.3. (Fortsetzung) Hirnnerv
Kerngebiet
Anatomische Nomenklatur
Ontogenetische Komponente
Peripherie
Nucl. vestibularis sup. (Bechterew) Nucl. vestibularis med. (Schwalbe) Nucl. vestibularis lat. (Deiters) Nucl. vestibularis inf. (Roller)
(Sensorisch)
Sinneszellen der Macula utriculi, Macula sacculi, Cristae ampullares
Sensorische Kerne
Nucl. cochlearis posterior Nucl. cochlearis anterior
(Sensorisch)
Haarzellen des CortiOrgans
Sensibler Kern
Nucl. spinalis nervi trigemini
Viszeroafferent
Schleimhaut des Gaumens und des Rachens
Sensorische Kerne
Nuclei tractus solitarii
(Sensorisch)
Geschmacksknospen des hinteren Drittels der Zunge
Parasympathischer Kern
Nucl. salivatorius inferior
Viszeroefferent
Gl. parotidea
Motorischer Kern
Nucl. ambiguus
Viszeroefferent
Pharynxmuskulatur
Sensibler Kern
Nucl. spinalis nervi trigemini
Somatoafferent
Äußerer Gehörgang
Sensorische und sensible Kerne
Nucl. tractus solitarii
(Sensorisch)
Geschmacksknospen des Rachens, Schleimhaut der Brusteingeweide und Oberbauchorgane
Parasympathischer Kern
Nucl. posterior nervi vagi
Viszeroefferent
Brusteingeweide, Oberbauchorgane und Intestinaltrakt bis Cannon-Böhm-Punkt
Motorischer Kern
Nucl. ambiguus
Viszeroefferent
Larynxmuskeln, z. T. Pharynxmuskulatur
XI. N. accessorius
Motorischer Kern
Nucl. nervi accessorii
Viszeroefferent
M. trapezius, M. sternocleidomastoideus
XII. N. hypoglossus
Motorischer Kern
Nucl. nervi hypoglossi
Somatoefferent
Zungenmuskulatur
VIII. N. vestibulocochlearis Vestibularisanteil Sensorische Kerne
Cochlearisanteil
10
IX. N. glossopharyngeus
X.
N. vagus
749 10.3 · Zentralnervensystem
dem Tractus solitarius (s. unten) zugeordnet (⊡ Abb. 10.43). Der superiore (spezielle) Teil der Nuclei tractus solitarii erhält Fasern von den Geschmacksrezeptoren der Zunge, des Gaumens und des Pharynx. Sie verlaufen im VII., IX. und X. Hirnnerven (⊡ Tabelle 10.3 und gustatorisches System, S. 794). Die Nervenzellen der Nuclei tractus solitarii bilden das 2. Neuron der Geschmacksbahn. Der kaudale (allgemeine) Teil der Nuclei tractus solitarii bekommt sensible Afferenzen aus den Versorgungsgebieten des N. vagus (S. 463, Schleimhäute der oberen und mittleren Verdauungsorgane, Atemwege, Herz). Allgemeine viszeroefferente Kerne. Dies sind die Nuclei accessorii nervi oculomotorii (Edinger-Westphal). Sie liegen im Mesenzephalon anterior vom zentralen Höhlengrau. Es handelt sich um parasympathische Kerne. Ihre Perikarya innervieren den M. sphincter pupillae und den M. ciliaris. Die folgenden Kerne liegen unmittelbar unter dem Boden des IV. Ventrikels. Sie dienen der sekretorischen Innervation der Kopfdrüsen und der Drüsen der Schleimhaut des Verdauungskanals sowie der Versorgung der unwillkürlichen (glatten) Muskulatur des Atemtrakts, des Magens und Darms sowie der Herzmuskulatur. Es handelt sich um Kerne zur Innervation von Teilen des N. facialis (N. VII), N. glossopharyngeus (N. IX) und N. vagus (N. X). Diese Kerne bilden eine Kernsäule, die sich von kranial nach kaudal in 3 Abschnitte gliedert: Nucleus salivatorius superior. Seine Neurone bilden den parasympathischen Anteil des N. facialis. Sie befinden sich vor allem im Pons.Von hier aus werden die Glandulae lacrimalis, submandibularis, sublingualis und die Drüsen der Nasen- und Mundschleimhaut parasympathisch-sekretorisch versorgt. Nucleus salivatorius inferior. Dies ist der Ursprungskern für den parasympathischen Anteil des N. glossopharyngeus. Er liegt im oberen Teil der Medulla oblongata. Von hier aus ziehen parasympathisch-sekretorische Fasern zur Glandula parotidea. Nucleus posterior nervi vagi (⊡ Abb. 10.43). Der Kern ist etwa 2 cm lang und liegt in der Medulla oblongata im Bereich des Trigonum nervi vagi der Rautengrube (s. oben). Am stärksten ist er im mittleren Bereich der Olive entwickelt. Die Fasern dieses Kerns bilden den parasympathischen Anteil des N. vagus, der Brust- und Bauchorgane parasympathisch versorgt (einschließlich der Schleimhautdrüsen der Eingeweide). – Der Nucleus posterior nervi vagi ist zugleich Endkern für afferente Fasern aus den Nn. IX und X. Speziell viszeroefferente Kerne. Die Kerne sind nach anterior verlagert. Ihre Neuriten versorgen Skelettmuskulatur, die aus dem Mesenchym der Branchialbögen hervorgegangen ist (branchiale Muskulatur im Kopf- und Halsbe-
reich, ⊡ Tabelle 7.13, S. 424). Es handelt sich um Kerne zur Innervation von Teilen des N. trigeminus (N. V), N. facialis (N. VII), N. glossopharyngeus (N. IX), N. vagus (N. X) und für den N. accessorius (N. XI). Charakteristisch für den Verlauf der Neuriten einiger dieser Kerne ist, dass sie innerhalb des Rhombenzephalons ein sog. inneres Knie, d. h. einen nach posterior gerichteten Bogen bilden. Spezielle viszeroefferente Kerne sind Nucleus motorius nervi trigemini (⊡ Abb. 10.44). Der Kern ist etwa 4 mm lang und liegt im Gebiet der Brücke. Die Fasern bilden die Portio minor des N. trigeminus, die Kaumuskulatur, Mundbodenmuskulatur, M. tensor veli palatini und den M. tensor tympani motorisch versorgt (S. 460). An den Nervenzellen des Kerns enden u. a. Kollateralen der afferenten Trigeminusfasern (Reflexkollateralen) und Fasern vom Tractus corticonuclearis. Nucleus nervi facialis (⊡ Abb. 10.42). Dieser Kern liegt in der Brücke anterior vom Nucleus nervi abducentis. Seine Fasern umschlingen den Abduzenskern und bilden das innere Fazialisknie, Genu nervi facialis. Die Neuriten des Nucleus nervi facialis versorgen die mimische Muskulatur, Muskeln des Hyalbogens und den M. stapedius motorisch (⊡ Tabelle 7.22). Nucleus ambiguus (⊡ Abb. 10.43). Hierbei handelt es sich um eine zusammenhängende Zellsäule für viszeroefferente (motorische) Anteile des N. glossopharyngeus, N. vagus und der Radix cranialis nervi accessorii. Der Nucleus ambiguus liegt in der Medulla oblongata. Seine
Fasern versorgen die Pharynxmuskulatur (N. glossopharyngeus), den oberen Teil des Ösophagus und die Kehlkopfmuskulatur (N. vagus) sowie Teile des M. sternocleidomastoideus und M. trapezius (N. accessorius). Nucleus nervi accessorii (⊡ Abb. 10.44). Dieser Kern liegt teils in der Medulla oblongata und teils im Rückenmark (C1–C5). Er kann als ein selbständig gewordener Teil des Nucleus ambiguus aufgefasst werden. Seine Fasern bilden die Radix spinalis nervi accessorii. Allgemeine somatoefferente Kerne (mediale Reihe). Die Kerne dieser Gruppe versorgen somatoefferent quer gestreifte Muskeln, die aus kephalen Myotomen hervorgegangen sind. Es handelt sich um Nucleus nervi oculomotorii, Hauptkern (⊡ Abb. 10.41). Er liegt im Mesenzephalon, dicht an der Medianebene. Seine Axone versorgen 4 äußere Augenmuskeln und den M. levator palpebrae superioris. – Außerdem kann noch inkonstant eine mediale Zellgruppe vorkommen (Kern von Perlia). Aus allen Teilen des Nucleus nervi oculomotorii ziehen die Wurzelfasern gemeinsam nach anterior durch den Nucleus ruber hindurch (⊡ Abb. 10.41). Nucleus nervi trochlearis. Er liegt kaudal von den Kernen des III. Hirnnerven. Seine Fasern ziehen nach posterior, kreuzen am oberen Rand des Velum medullare
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750
Kapitel 10 · Nervensystem
superius und verlassen das Mittelhirn posterior kaudal der unteren Hügel (⊡ Abb. 10.39). Nucleus nervi abducentis, der unter dem Colliculus facialis liegt (⊡ Abb. 10.39, s. unten); er innerviert den M. rectus lateralis. Nucleus nervi hypoglossi (⊡ Abb. 10.43), der eine 1 cm lange Zellsäule am Boden des kaudalen Teils der Rautengrube bildet. An seinen Neuronen enden u. a. Faserbündel aus anderen Hirnnervenkernen, z. B. vom N. trigeminus, vom Tractus solitarius (N. VII, IX, X) sowie von der motorischen Hirnrinde. Seine Axone versorgen die Zungenmuskulatur. – Nach superior schließt sich der unscharf begrenzte Nucleus prepositus an, der bei der Koordination der Augenbewegungen mitwirkt (S. 785).
Austrittsstellen und intrakranialer Verlauf der Hirnnerven III–XII Wichtig
Im Gegensatz zu den Spinalnerven (zwei Wurzeln) besitzt jeder Hirnnerv jeweils nur eine »Austrittsstelle«.
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Generalisierend lässt sich feststellen (⊡ Abb. 10.38, 10.39), dass die Hirnnervenkerne III–VIII das Gehirn als mehr oder weniger geschlossenes Bündel, die Hirnnerven IX–XII mit Wurzelfasern verlassen, der N. oculomotorius (N. III) und der N. trochlearis (N. IV) im Bereich des Mittelhirns austreten, die Branchialnerven (N. V,VII, IX, X und XI) das Rautenhirn bzw. das obere Rückenmark lateral, die somatoefferenten Hirnnerven VI und XII das Rautenhirn anterolateral verlassen und die Wurzeln der Hirnnerven VII und VIII im Kleinhirnbrückenwinkel liegen.
Verlauf. Der N. trochlearis ist der einzige Hirnnerv, der den Hirnstamm posterior verlässt. Er zieht nach seinem Austritt nach anterior in der Cisterna ambiens um das Mittelhirn herum, verläuft weiter nach anterior, liegt im Dach des Sinus cavernosus und gelangt durch die Fissura orbitalis superior in die Orbita.
N. trigeminus, N. V, seitlich der Brücke, nachdem er den vorderen Teil des mittleren Kleinhirnstiels, Pedunculus cerebellaris medius, durchsetzt hat, Verlauf. Dann zieht er aus der hinteren Schädelgrube durch
den Porus nervi trigemini in das Cavum trigeminale, eine Duratasche, die sich in der mittleren Schädelgrube befindet. In der Duratasche liegt das Ganglion trigeminale. Hinter dem Ganglion teilt sich der N. trigeminus in seine 3 Hauptäste: N. ophthalmicus (N. V1), N. maxillaris (N. V2) und N. mandibularis (N. V3), die die mittlere Schädelgrube durch die Fissura orbitalis superior bzw. das Foramen rotundum bzw. das Foramen ovale verlassen.
N. abducens, N. VI, im Zwickel zwischen Pons und Medulla oblongata, unmittelbar oberhalb der Pyramide, Verlauf. Anschließend durchläuft er die basale Zisterne vor dem Pons und tritt am Clivus in die Dura mater nach medial und inferior von der Felsenbeinspitze ein. Dann erreicht er die laterale Wand des Sinus cavernosus, um die mittlere Schädelgrube durch die Fissura orbitalis superior zu verlassen. Der N. abducens hat von allen Hirnnerven den längsten intraduralen Verlauf.
N. facialis, N. VII, im Kleinhirnbrückenwinkel, Verlauf. Nach 1,5 cm tritt er superior des VIII. Hirnnerven
in den Meatus acusticus internus ein.
Im Einzelnen (⊡ Abb. 10.38). Es verlassen das Gehirn der N. oculomotorius, N. III, in der Fossa interpeduncularis,
N. vestibulocochlearis, N. VIII, im Kleinhirnbrückenwinkel (afferent) nach Verlassen des Meatus acusticus internus,
Verlauf. Anschließend durchbohrt der Nerv die Cisterna in-
> Klinischer Hinweis
terpeduncularis, liegt zwischen A. superior cerebelli und A. cerebri posterior, tritt im Bereich des Processus clinoideus durch die Dura mater, gelangt zur lateralen Wand des Sinus cavernosus und verlässt die mittlere Schädelgrube durch die Fissura orbitalis superior.
Geschwülste im Winkel zwischen Kleinhirn und Brücke, Kleinhirnbrückenwinkeltumoren, haben eine vielfältige Symptomatik.Da es sich meist um Akustikusneurinome handelt,kommt es zu einer Schädigung des VIII. Hirnnerven. Häufig tritt eine periphere Fazialisparese hinzu. Betroffen sein können aber auch N. trigeminus,N. glossopharyngeus,N. vagus und das Kleinhirn.
N. trochlearis, N. IV, unmittelbar kaudal der unteren Hügel des Mittelhirns (⊡ Abb. 10.39),
N. glossopharyngeus, N. IX, mit vielen Wurzelfäden im Sulcus posterolateralis der Medulla oblongata,
751 10.3 · Zentralnervensystem
N. vagus, N. X, in Fortsetzung des N. IX nach unten mit zahlreichen Bündeln im Sulcus posterolateralis, N. accessorius, N. XI, im Sulcus posterolateralis im Anschluss an N. IX und N. X nach kaudal mit Austrittsstellen, die bis ins obere Rückenmark reichen (durchschnittlich C1–C5),
Innerhalb der Formatio reticularis überlappen sich beide Retikularissysteme – viele Anteile des aufsteigenden Systems liegen kaudal von denen des absteigenden Systems und umgekehrt –, sodass in der Formatio reticularis eine Abstimmung der aus den verschiedenen Bereichen eingehenden Signale möglich ist.
Verlauf. Die kaudalen Fasern des N. accessorius ziehen durch das Foramen magnum in die Schädelhöhle, um sich dort mit den kranialen zu vereinen. Dann verbinden sich die Nn. IX, X und XI und verlassen die Schädelhöhle gemeinsam durch den medialen Teil des Foramen jugulare.
Die Formatio reticularis selbst gliedert sich in drei Längszonen, die mediane Zone, mediale magnozelluläre Zone und laterale parvozelluläre Zone.
N. hypoglossus, N. XII, im Sulcus anterolateralis zwischen Pyramide und Olive mit 10–12 Wurzelfäden, die herkunftgemäß den Vorderwurzeln eines Spinalnerven entsprechen. Verlauf. Die Wurzelfasern vereinigen sich zu mehreren Bün-
deln. Diese liegen in der Regel posterior der A. vertebralis und ziehen zum Canalis nervi hypoglossi des Hinterhauptsbeins.
Formatio reticularis Wichtig
Die Formatio reticularis wird im gesamten Hirnstamm angetroffen. Sie besteht aus zahlreichen Gruppen überwiegend kleinzelliger Kerne. Durch ein aufsteigendes und absteigendes Fasersystem steht sie direkt oder indirekt mit großen Teilen des Zentralnervensystems in Verbindung. Die Formatio reticularis ist ein Reflex-, Integrations- und Koordinationszentrum insbesondere für die Regulation affektiver und vegetativer Funktionen.
Die Formatio reticularis nimmt große Teile des Tegmentums des Hirnstamms ein (⊡ Abb. 10.41–10.43) und setzt sich ins Zwischenhirn, zu den Nuclei intralaminares des Thalamus und nach kaudal in die Formatio reticularis des Rückenmarks fort. Die Bezeichnung geht auf die Verflechtung horizontal verlaufender Dendritenbündel zurück. Die Formatio reticularis ist mit nahezu allen Teilen des ZNS verbunden. Die Verbindungen werden hergestellt durch das aufsteigende Retikularissystem und absteigende Retikularissystem.
ⓘ Infobox In jeder Zone lassen sich zahlreiche nicht immer klar abgrenzbare Nervenzellgruppen (Kerne) nachweisen. Außerdem kommen in allen 3 Gebieten chemisch identifizierbare Neurone vor, die eigene Systeme bilden.Die Gruppierung der histochemisch identifizierbaren Neurone deckt sich nur begrenzt mit den färberisch-histologisch erfassbaren Nervenzellgruppen. Nach den histochemisch nachweisbaren Transmittersubstanzen bzw. den zugehörigen Enzymen werden serotoninerge, noradrenerge,adrenerge und cholinerge Systeme unterschieden.
Mediane Zone. Sie liegt unmittelbar an der Mittellinie und besteht aus mehreren undeutlich begrenzten Nuclei raphes. Beherrscht wird die mediane Zone jedoch von serotoninergen Neuronen, die ihre stark verzweigten
Axone praktisch in alle Gebiete des Zentralnervensystems entsenden (⊡ Abb. 10.45). Herauszuheben sind die Verbindungen durch das aufsteigende Retikularissystem mit dem limbischen System und dem Neokortex (via Capsula interna, Thalamus bzw. limbisches System) sowie durch das absteigende Retikularissystem das Mitwirken, u. a. bei Schmerzkontrolle und motorischen Funktionen. Im Einzelnen Verbindungen mit dem limbischen System (S. 808) beste-
hen afferent und efferent. Dadurch kann das serotoninerge System modulierend und regulierend Einfluss auf die Tätigkeit des limbischen Systems nehmen, einschließlich des Verhaltens (viele Antidepressiva wirken über das serotoninerge System). Verbindungen mit dem Neokortex. Nach gegenwärtigen Vorstellungen ist das serotoninerge System am Zustand der Bewusstseinslage beteiligt, sei es durch Weckreaktionen, sei es durch Einleitung von Schlaf. Die im Retikularissystem
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752
Kapitel 10 · Nervensystem
⊡ Abb. 10.45. Serotoninerges System (vereinfacht). Von den oberen Raphekernen ziehen Fasern zum limbischen System und durch die innere, möglicherweise durch die äußere Kapsel zum Neokortex, von den unteren Raphekernen zum Zerebellum und zum Rückenmark
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zum Kortex aufsteigenden Fasern können Erregungen vermitteln, die zur Aktivierung des Kortex und dadurch – ggf. schlagartig – zu einem hellwachen Zustand führen. Das System wird deswegen auch als ARAS (aufsteigendes, retikuläres, aktivierendes System) bezeichnet. Schmerzkontrolle. Die Raphekerne wirken zusammen mit Neuronen der Substantia grisea centralis des Mesenzephalons, aber auch mit denen anderer Gebiete über den Tractus reticulospinalis inhibierend, d. h. schmerzunterdrückend auf die Gebiete im Grau des Rückenmarks, die nozizeptorische Impulse empfangen. Hierbei spielt u. a. die Freisetzung von Endorphinen an Synapsen im Rückenmark eine Rolle (S. 813). ⓘ Infobox Endorphine sind körpereigene Neurotransmitter mit morphinartiger Wirkung, die an Opiatrezeptoren binden.
Motorische Funktionen. Es handelt sich um Neurone, deren Axone im Tractus reticulospinalis abwärts ins Rückenmark ziehen und dort aktivierend an den Motoneuronen der Extensoren und Flexoren enden.
Mediale magnozelluläre Zone. Sie verfügt über sehr vie-
le große Nervenzellen mit langen, vorwiegend horizontal orientierten Dendriten. Dadurch können diese Nervenzellen mit ihren Synapsen Informationen in großer Zahl aus den verschiedenen neurofunktionellen Systemen aufnehmen. Ihre Axone teilen sich meist in einen langen aufsteigenden und einen langen absteigenden Ast mit
zahlreichen Kollateralen, die sehr viele Synapsen mit anderen Nervenzellen bilden. Aufgrund dieses Feinbaus ist insbesondere die mediale Zone der Formatio reticularis zu Verknüpfungen (Assoziationen), aber auch zur Integration von Signalen geeignet. Dies spielt bei sensorischen und motorischen Regulationen eine große Rolle. Im Einzelnen Sensorische Regulation. Die mediale Zone erhält Signale
aus allen sensorischen Hirnnervenkernen sowie den sensorischen Anteilen des Rückenmarks. Die Informationen aus dem Rückenmark treffen über den Tractus spinoreticularis und über Kollateralen aus dem Lemniskussystem (S. 755) ein. Die Informationen über den Tractus spinoreticularis sind unspezifisch, d. h. sie geben keine spezielle Sinnesmodalität an (z. B. Berührung, Vibration), da die Wege stark vernetzt sind. Durch die Verflechtung in der Formatio reticularis werden aber auch die Erregungen unspezifisch, die aus dem spezifischen, d. h. mit definierten Rezeptoren verbundenen Lemniskussystem kommen. Entsprechend unspezifisch sind dann auch die sensorischen Informationen, die die Formatio reticularis weitergibt. Sie erreichen rückkoppelnd den Hirnstamm selbst, aber auch alle Teile des Dienzephalons und des Telenzephalons. Die Weiterleitung an den Kortex erfolgt durch Umschaltung der Signale in den Nuclei intralaminares des Thalamus. Regulation der Motorik. Die Formatio reticularis beeinflusst über das Kleinhirn vermittels des Tractus reticulocerebellaris den Tonus der Muskulatur und koordiniert stereotype Bewegungen, z. B. Drehen und Beugen von Kopf und
753 10.3 · Zentralnervensystem
Rumpf. Sie ist gehört zur Kleinhirnschleife des extrapyramidalen Systems (S. 782). Schließlich gelangen die Signale aus der Formatio reticularis über den Tractus reticulospinalis ins Rückenmark. Außerdem befinden sich in der medialen Zone der Formatio reticularis der oberen Brücke die Zentren für die Steuerung und Koordination der Augenbewegungen (S. 785). Die laterale Zone besteht im Wesentlichen aus kleinen
Nervenzellen, deren Axone die mediale Zone, aber auch motorische Hirnnervenkerne erreichen. Hierauf gehen bulbäre Reflexe zurück. Sie dienen vor allem der Nahrungsaufnahme und der Nahrungsverarbeitung im Mundbereich, sind aber auch Schutzreflexe. In allen Fällen sind Kerne von Hirnnerven beteiligt. Beispiele für bulbäre Reflexe Schluckreflex. Den afferenten Teil des Leitungsbogens bilden Fasern des N. glossopharyngeus und N. vagus, die Gaumenbögen, Zungengrund und Rachenhinterwand innervieren. Die Afferenzen erreichen nach Umschaltung in der Formatio reticularis der Medulla oblongata efferente Neurone im Nucleus motorius nervi trigemini, Nucleus ambiguus (N. IX und N. X) und Nucleus nervi hypoglossi sowie Vorderwurzelzellen der Halssegmente. Auf diese Art wirken beim Schluckreflex Muskeln der Mundhöhle, des Rachens, des Kehlkopfs, der Speiseröhre und des Halses zusammen. Saugreflex. Ausgelöst wird dieser Reflex beim Neugeborenen bis gegen Ende des 1. Lebensjahres bei Berührung von Lippen und Zungenspitze. Als afferente Strecke dienen Fasern des N. maxillaris (N. V2) und N. mandibularis (N. V3). Efferent wirken – unter Beteiligung der Formatio reticularis zur Koordination – Fasern der Ursprungskerne des N. trigeminus, N. facialis und N. hypoglossus zur gemeinsamen Innervation von Mundboden-, Lippen-, Wangen- und Zungenmuskulatur. Sekretionsreflexe im Verdauungskanal. Ausgelöst werden die Reflexe bei Berührung der Zunge (N. lingualis des N. trigeminus), bei Erregung der Geschmacksfasern (N. facialis, N. glossopharyngeus) und durch Riechstoffe (Nn. olfactorii via Nuclei habenulares, S. 728) sowie psychogen vom Großhirn. Für die Efferenzen dienen nach Passage der Formatio reticularis die Nervenzellen im Nucleus salivatorius superior und inferior sowie im Nucleus posterior nervi vagi. Kornealreflex. Bei Berührung der Kornea werden die Augenlider reflektorisch geschlossen und der Kopf zurückgeworfen. Afferenzen erreichen den Hirnstamm über Trigeminusäste. Nach Umschaltung in der Formatio reticularis dienen als Efferenzen Fasern des N. facialis (Innervation des M. orbicularis oculi) sowie Neuriten der Vorderwurzelzellen, die über den Tractus spinalis nervi trigemini erreicht werden (Innervation der Nackenmuskeln). Ipsilateral wird die Tränensekretion angeregt.
Vestibularisreflex
S. 803, Okulomotorische Reflexe
S. 785.
Außerdem liegen in der lateralen Zone noradrenerge Zellgruppen im Locus caeruleus, adrenerge Zellgruppen und cholinerge Zellgruppen. Noradrenerge Zellgruppen (⊡ Abb. 10.46) befinden sich im Locus caeruleus und im lateralen Teil des Tegmentums der Medulla oblongata. Im Einzelnen Der Locus caeruleus liegt lateral unter dem Boden des
IV. Ventrikels etwa in Höhe des superioren Teils des Pons (S. 743, ⊡ Abb. 10.39). Die Axone der Nervenzellen verlaufen im medialen Vorderhirnbündel (S. 755) und erreichen nahezu alle Gebiete des Gehirns, u. a. das Corpus amygdaloideum, den Hippocampus und den gesamten Neokortex sowie das Rückenmark. Die Neurone im Locus caeruleus werden durch jeden Reiz aus der Peripherie und aus dem Gehirn selbst erregt. Dadurch können sie modulierend auf die Tätigkeit Einfluss nehmen, sei es zum Schutz vor Übererregung oder zur Abwehr im Notfall.
⊡ Abb. 10.46. Noradrenerges System. Der Locus caeruleus hat Verbindungen zum limbischen System, zum Neokortex, zum Zerebellum und zum Rückenmark. Von den lateralen tegmentalen Zellgruppen bestehen vor allem Projektionen zum Hypothalamus, zum Corpus amygdaloideum und zum Rückenmark
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754
Kapitel 10 · Nervensystem
Im Tegmentum der Medulla oblongata liegt lateral eine kleinere noradrenerge Zellgruppe. Die Nervenzellen proji-
zieren vor allem in den Hypothalamus und das Corpus amygdaloideum. Funktionell ist diese Zellgruppe an der Regulierung von Eingeweidefunktionen einschließlich der kardiovaskulären Kontrolle und der Atmung beteiligt, zumal ein Teil der Gruppe einem Vasomotorenzentrum entspricht. Durch die Verbindungen mit dem Hypothalamus nimmt diese Zellgruppe dort Einfluss auf die Hormonfreisetzung und damit auf die Regulierung der Abgabe von Hypophysenvorderlappenhormonen. Cholinerge und adrenerge Zellgruppen. Ihre Bedeutung
ist noch wenig bekannt. Zusammenwirken aller Anteile der Formatio reticularis.
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Die vegetativen Regulationsaufgaben der Formatio reticularis sind an das Zusammenspiel sowohl der Anteile der Formatio reticularis selbst als auch der Umgebung gebunden. Dabei entstehen Zentren, u. a. im lateralen Tegmentum der Brücke ein pneumotaktisches Zentrum, das die in der Medulla oblongata gelegenen Atemzentren beeinflusst, und ein Miktionszentrum (Zentrum für die Entleerung der Harnblase), in der Medulla oblongata ein Kreislaufzentrum, Atemzentrum, ein Zentrum für die Schweißabsonderung und ein Brechzentrum. Im Einzelnen Kreislaufzentren. Sie nehmen große Teile der Formatio reticularis der Medulla oblongata ein. Afferenzen treffen über sensorische Vagus- und Glossopharyngeusfasern ein (Rezeptoren im Aortenbogen, im Sinus caroticus, in der Herzwand). Efferenzen laufen über den N. vagus oder über ins Rückenmark absteigende Fasern zu präganglionären Neuronen des Sympathikus für Herz und Kreislauf. Ferner gehören zum Kreislaufzentrum Gebiete, die auf die Herzfrequenz Einfluss nehmen. Exzitatorische Impulse aus dem lateralen Teil des Vasomotorenzentrums führen über sympathische Nervenfasern zu einer Steigerung der Schlagfrequenz und der Kontraktilität des Herzens. Fasern aus dem medialen Teil des Vasomotorenzentrums, die sich in enger Nachbarschaft zum Nucleus posterior nervi vagi befinden, senden über den N. vagus Signale zur Verminderung der Herzfrequenz aus. Vasomotorenzentrum. Es liegt anterolateral in der Formatio reticularis der Medulla oblongata. Das Vasomotorenzentrum sorgt selbständig für den Ruhetonus der Gefäße. Es wirkt dadurch, dass ein weiter oben gelegenes Vasokonstriktorengebiet durch aufsteigende Fasern aus einem weiter unten gelegenen Vasodilatationsgebiet gehemmt wird. Die
Neurone im Vasokonstriktorengebiet bilden Noradrenalin, und ihre Fortsätze erreichen in der Vasokonstriktorenbahn die vasokonstriktorisch wirkenden Neurone in den Sympathikusanteilen des Rückenmarks. Beeinflusst wird das Vasokonstriktorensystem außerdem durch Fasern aus dem Hypothalamus und vom Kortex. Atemzentrum. Für die Steuerung der Atmung befinden sich inspiratorisch wirkende gigantozelluläre Neurone in der Umgebung des superioren Teils des Nucleus ambiguus, exspiratorische parvozelluläre Neurone vor allem posteromedial im Gebiet der Nuclei tractus solitarii. Das Zusammenspiel zwischen diesen Neuronen, das von pneumotaktischen Zentren des Pons geleitet wird, besteht in einer hemmenden Wirkung der exspiratorischen Neurone auf die gigantozellulären inspiratorischen Neurone. Auch das Husten unterliegt der Steuerung durch das Atemzentrum. Brechzentrum. Als hypothetisches Brechzentrum gilt die Area postrema in Höhe der Oliven (⊡ Abb. 10.39).Sie ist reich vaskularisiert und enthält weite Sinusoide. Eine Blut-HirnSchranke fehlt hier. Die Area postrema besitzt Verbindungen zum Nucleus posterior nervi vagi und zum Tractus solitarius. Außerdem sollen Primärafferenzen des N. vagus in der Area postrema enden. Den Ganglienzellen dieser Zone werden chemorezeptorische Funktionen für Erregungen aus dem Verdauungskanal und den Atmungsorganen zugeschrieben.
Bahnen im Hirnstamm Wichtig
Abgesehen von unbegrenzt vielen Nervenfasern im Hirnstamm, die die dort vorhandenen Strukturen verknüpfen, kommen große überregionale Leitungssysteme vor.
Im Hirnstamm lassen sich unterscheiden (⊡ Abb. 10.41 bis 10.43) Faserbündel für Verbindungen innerhalb des Hirnstamms,
lange aufsteigende Bahnen und lange absteigende Bahnen. Faserbündel für Verbindungen innerhalb des Hirnstamms sind der Fasciculus longitudinalis medialis, mediales Längs-
bündel, Fasciculus longitudinalis posterior, posteriores Längsbündel, Tractus tegmentalis centralis, zentrale Haubenbahn und Tractus tectobulbaris.
755 10.3 · Zentralnervensystem
Fasciculus longitudinalis medialis (⊡ Abb. 10.41, 10.42).
Dieses deutlich erkennbare Faserbündel reicht vom rostralen Mittelhirn bis ins obere Thorakalmark. Im Mittelhirn liegt es unmittelbar basal und lateral der Ursprungskerne des III. und IV. Hirnnerven, in den folgenden Abschnitten beiderseits der Mittellinie. Es besteht aus Fasern verschiedener Herkunft und reziproker Leitungsrichtung. Das mediale Längsbündel ist die größte Assoziationsbahn des Hirnstamms. Es verbindet
die Augenmuskelkerne (Kerne des N. III, IV, VI) untereinander und mit den spinalen Anteilen des Nucleus nervi accessorii (C1–C4), die Vestibulariskerne mit den Augenmuskelkernen sowie mit dem Rückenmark (Tractus vestibulospinalis); dadurch ist der Fasciculus longitudinalis medialis ein Reflexweg zwischen Gleichgewichtszentren und Zentren für Augen- und Kopfbewegungen (S. 804), weitere motorische Hirnnervenkerne untereinander, sodass unter dem Einfluss der koordinierenden Wirkung der Zentren in der Formatio reticularis reflektorisch-motorische Funktionen möglich werden, z. B. beim Essen und Trinken (Schlucken, Würgen) oder beim Niesen, motorische Hirnnervenkerne mit dem extrapyramidal-motorischen System (S. 781). Fasciculus longitudinalis posterior (Schütz). Er reicht
vom Zwischenhirn bis in die Medulla oblongata und befindet sich posterolateral vom Fasciculus longitudinalis medialis. Seine Fasern verbinden auf- und absteigend die vegetativen Zentren des Hypothalamus mit denen im Hirnstamm (u. a. Nuclei salivatorii, Nuclei tractus solitarii, Formatio reticularis). Außerdem verlaufen im Fasciculus longitudinalis posterior Fasern, die (aufsteigend) aus den Nuclei tractus solitarii kommen (Geschmack) und absteigend aus olfaktorischen und gustatorischen Gebieten des Vorderhirns u. a. die Nuclei salivatorii erreichen und damit Einfluss auf die Speichelsekretion nehmen. Schließlich führt der Fasciculus longitudinalis posterior serotoninerge Fasern aus der Formatio reticularis, die in den Hypothalamus und verschiedene telenzephale Strukturen gelangen (s. oben, ⊡ Abb. 10.45). Tractus tegmentalis centralis, zentrale Haubenbahn. Der Tractus tegmentalis centralis ist ein Faserbündel, das auf- und absteigende Axone verschiedener Herkunft und unterschiedlicher Zielgebiete sammelt. Seine wichtigsten
Fasern gehören zu den Neuronen der nichtpyramidalen motorischen Systeme (S. 781), die Anschluss an die Nuclei olivares inferiores bekommen; von dort gelangen die Signale ins Kleinhirn. Im Einzelnen nehmen die Neuronenketten ihren Ausgang in den Basalganglien des Endhirns (S. 720), dem Thalamus sowie dem Nucleus ruber. Die zentrale Haubenbahn verläuft im Mittelfeld des Tegmentums des Hirnstamms (⊡ Abb. 10.41). Tractus tectobulbaris. Hierbei handelt es sich um Faserbündel, die von den Colliculi superiores des Mesenzephalons ihren Ursprung nehmen (S. 741). Nach Kreuzung der Seite im Mesenzephalon (Decussatio tegmentalis posterior, dorsale Haubenkreuzung, Meynert, S. 741) verlaufen sie unmittelbar anterior vom Fasciculus longitudinalis medialis durch den Hirnstamm und enden in motorischen Hirnnervenkernen, u. a. in Augenmuskelkernen sowie in den Nuclei pontis und in der Formatio reticularis. Die Bahn gehört zum okulomotorischen System (S. 785). Lange aufsteigende Bahnen gehören zu den sensorischen Systemen. Sie bilden im Hirnstamm die Lemniskussysteme. Die Lemniskusbahnen erhielten ihren Namen »Schleife«, weil ihre Fasern die Seite kreuzen. In den Schleifenbahnen erreichen Signale aus der Peripherie den Thalamus bzw. den Colliculus inferior. Im Einzelnen Schleifenbahnen sind Lemniscus medialis, mediale Schleife (⊡ Abb. 10.41 bis 10.43). Sie ist die Fortsetzung des Tractus spinobulbaris des Rückenmarks (S. 775), mit dem sie das Hinterstrangmediale-Lemniskussystem bildet (S. 787). Lemniscus lateralis, laterale Schleife. Sie ist ein Teil der Hörbahn (S. 801). Lemniscus trigeminalis, Trigeminusschleife. Sie bekommt ihre Fasern vorwiegend aus den Nuclei principalis et spinalis nervi trigemini, die, nachdem sie die Seite gekreuzt haben, sich der Lemniscus medialis lateral anlegen. Lemniscus spinalis. Sie führt Fasern des Tractus spinothalamicus (S. 775) und legt sich im Mesenzephalon gleichfalls der medialen Schleife an. Der Lemniscus spinalis selbst lagert sich streckenweise der Tractus spinoreticularis (S. 775) und der Tractus spinotectalis an. Lange absteigende Bahnen. Die langen absteigenden Bahnen leiten motorische Signale aus dem Isokortex. Sie sind neenzephal und verlaufen in den anterioren An-
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756
Kapitel 10 · Nervensystem
teilen des Hirnstamms (⊡ Abb. 10.41 bis 10.43): im Mesenzephalon in den Crura cerebri, im Pons in der Pars basilaris pontis, in der Medulla oblongata in der Pyramis. Die Fasern der Bahnen enden teilweise an Brückenkernen (Tractus corticopontinus), teilweise an Hirnnervenker-
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nen (Tractus corticonuclearis), teilweise im Rückenmark (Tractus corticospinalis, Pyramidenbahn). Die Besprechung der Bahnen erfolgt im Zusammenhang der motorischen Systeme, S. 778 f.
In Kürze
Durch die Medulla oblongata verläuft im anterioren Anteil der Tractus corticospinalis. Im Tegmentum befinden sich das Olivensystem, Hirnnervenkerne, Faserbahnen und beherrschend die Formatio reticularis. Das Olivensystem besteht aus mehreren Kernen, die als Relais zwischen Rückenmark, Mesenzephalon bzw.Telenzephalon einerseits und Kleinhirn andererseits dienen. Die Hirnnervenkerne (N. III–XII) sind in Reihen angeordnet, die auf die entwicklungsgeschichtliche Gliederung in Grund- und Flügelplatte zurückgehen. Die Orte der Hirnnervenaustritte sind jeweils charakteristisch, z. B. der Kleinhirnbrückenwinkel für den N. vestibulocochlearis. Die Formatio reticularis ist ein umfangreiches vegetatives Reflexgebiet (bulbäre Reflexe), das über ein aufsteigendes und absteigendes Retikularsystem mit nahezu allen Anteilen des Gehirns verbunden ist. Innerhalb der Formatio reticularis bestehen 3 Längszonen mit jeweils speziellen Aufgaben. Mit der Formatio reticularis stehen zahlreiche Neurotransmittersysteme in Verbindung. Zu den Bahnen der Medulla oblongata gehören als Verbindung innerhalb des Hirnstamms die Fasciculi longitudinales medialis et posterior,Tractus tegmentalis cerebralis und Tractus tectobulbaris. Lange aufsteigende Bahnen bilden das Lemniskussystem.
Blutversorgung des Hirnstamms Arterien Wichtig
Die Blutversorgung des Hirnstamms ist klinisch wegen Durchblutungsstörungen, sei es durch Thromben, sei es durch sklerotische Gefäßveränderungen im Alter, sehr relevant.
Die arterielle Blutversorgung des Hirnstamms erfolgt überwiegend durch Äste aus der (paarigen) A. vertebralis bzw. der A. basilaris (⊡ Abb. 10.27). Lediglich ein Teil des Mesenzephalons erhält Blut durch die A. cerebri posterior. Im Einzelnen Arterielle Versorgungsgefäße des Hirnstamms sind Rami medullares mediales der A. spinalis anterior aus
der A. vertebralis, A. inferior posterior cerebelli aus der A. vertebralis. Das Gefäß verläuft sehr variabel am seitlichen Rand der Medulla oblongata und gibt Rami medullares mediales und laterales ab. Ausnahmsweise (10 %) geht die A. inferior posterior cerebelli aus der A. basilaris hervor,
A. inferior anterior cerebelli aus der A. basilaris. Dieses Gefäß ist sehr variabel, Rami mediales et laterales der Aa. pontis aus der A. basilaris, A. superior cerebelli aus der A. basilaris. Das Gefäß ist sehr konstant. Es gibt feine Äste zum lateralen Bezirk des Pons ab. Sein Hauptstamm verläuft durch die Cisterna ambiens (S. 820) um die Hirnschenkel herum nach posterior, wo 1 Ast gemeinsam mit dem der Gegenseite und Verzweigungen der A. cerebri posterior die Lamina tecti versorgt. Der andere zieht zum oberen Kleinhirnstiel und zur Oberseite des Kleinhirns, Aa. centrales posteromediales aus der A. cerebri posterior (Pars precommunicalis).
Im Hirnstamm selbst lassen sich unterscheiden ein mediales Versorgungsgebiet und ein laterales Versorgungsgebiet. Mediales Versorgungsgebiet des Hirnstamms (⊡ Abb. 10.47). Im Mesenzephalon erfolgt die Versorgung durch
die Aa. centrales posteromediales aus der A. cerebri posterior. Die Gefäße treten durch die Substantia perforata posterior ins Mesenzephalon ein. Im Versorgungsgebiet
757 10.3 · Zentralnervensystem
⊡ Abb. 10.47 a–c. Blutversorgung des Hirnstamms. Mediales und laterales Versorgungsgebiet a des Pons, b der Medulla oblongata oberer Teil, c der Medulla oblongata unterer Teil
liegen die Nuclei der Hirnnerven III und IV, der Nucleus ruber, der mediale Teil der Substantia nigra, der Fasciculus longitudinalis medialis, der Tractus tectospinalis und der Lemniscus medialis. > Klinischer Hinweis Bei Thrombose der Aa. centrales posteromediales treten auf: ipsilaterale Parese der Augenmuskeln, Rigor (Substantia nigra), kontralaterale Hemianästhesie (Schädigung des Lemniscus medialis).
Im Pons (⊡ Abb. 10.47 a) erfolgt die Versorgung durch die Rami mediales der Aa. pontis. Sie versorgen u. a. die Pyramidenbahn, die Nuclei pontis, den medialen Teil des Lemniscus medialis, den Tractus tectospinalis, den Fasciculus longitudinalis medialis und die Nuclei nervorum VI und VII. > Klinischer Hinweis Die Ausfälle bei Durchblutungsstörungen sind vielfältig und reichen von einer kontralateralen spastischen Hemiplegie (Tractus corticonuclearis und corticospinalis) über eine Hypästhesie
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758
Kapitel 10 · Nervensystem
(Lemniscus medialis), eine ipsilaterale Dystaxie (Nuclei pontis) bis zu einer ipsilateralen Abduzens- und Fazialislähmung.
In der Medulla oblongata (⊡ Abb. 10.47 b) wird das Gebiet versorgt durch die Rami medullares mediales der Aa. spinales anteriores und durch direkte Äste der Aa. vertebrales. In diesem Versorgungsgebiet liegen u. a. die Pyramidenbahn und der motorische Kern des XII.Hirnnerven. > Klinischer Hinweis Bei einseitigem Ausfall des medialen Bezirks in der Medulla oblongata erfolgt eine gekreuzte Lähmung: ipsilateral eine Lähmung der Zungenmuskulatur (Nucleus nervi hypoglossi), kontralateral eine Halbseitenlähmung (Pyramidenbahn).
Laterales Versorgungsgebiet (⊡ Abb. 10.47). Im Mesenzephalon erfolgt die Versorgung durch Äste der A. cere-
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bri posterior und der A. superior cerebelli. In der Brücke sind es feine Äste der A. inferior anterior cerebelli und der A. superior cerebelli. In der Medulla oblongata wird das laterale Territorium versorgt von Ästen aus den Rami medullares laterales der A. inferior posterior cerebelli. Sie erreichen u. a. den Nucleus spinalis nervi trigemini, Tractus spinothalamicus, vestibuläre Kerngebiete, austretende Wurzeln des IX. und X. Hirnnerven.
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> Klinischer Hinweis Ein einseitiger Ausfall des lateralen Bezirks der Medulla oblongata führt zum Wallenberg-Syndrom: Durch Läsion des Nucleus spinalis nervi trigemini wird die Schmerz- und Temperaturempfindung aus dem Gesichtsbereich auf der gleichen Seite gestört. Eine Unterbrechung des Tractus spinothalamicus (oberhalb der Kreuzung) resultiert in einer Störung der Schmerz- und Temperaturleitung im kontralateralen ArmRumpf-Bein-Bereich. Ein Ausfall des vestibulären Systems zeigt sich in Schwindel, Erbrechen, Nausea (Übelkeit) und Nystagmus. Eine Läsion des IX. und X. Hirnnerven kann sich in Schluckstörungen und Heiserkeit äußern.
Venen Letztlich gelangt das Blut aus Hirnstamm und Kleinhirn in die großen Blutleiter (Sinus, S. 824). Doch zunächst wird das Blut aus dem Mesenzephalon nach anterior über Vv. pedunculares und Vv. interpedunculares zur V. basalis und posterior zur V. magna cerebri abgeleitet. Bei Pons und Medulla oblongata bestehen dagegen (wie beim Rückenmark, S. 777) anterior und posterior ein longitudinales und ein transversales Venensystem, aus dem das Blut seitlich zur V. petrosa superior bzw. inferior abfließt, um schließlich zum Sinus petrosus superior zu gelangen.
In Kürze
Die Blutversorgung des Hirnstamms erfolgt vor allem durch die A. vertebralis bzw. A. basilaris. Im Hirnstamm selbst lassen sich ein mediales und ein laterales Versorgungsgebiet unterscheiden. Bei Mangeldurchblutung kommt es zu spezifischen Ausfallsymptomen.
10.3.7
Cerebellum, Kleinhirn
Wichtig
Das Kleinhirn ist ein großes Koordinations- und Regulationsorgan für die Motorik. In Abstimmung mit dem Labyrinthorgan hält es das Körpergleichgewicht aufrecht und koordiniert den Muskeltonus sowie die zeitliche Abfolge der Bewegungen, ohne sie jedoch auszulösen. Zur Erfüllung dieser Aufgaben steht das Kleinhirn afferent und efferent mit allen motorischen Zentren des Zentralnervensystems, vom Rückenmark bis zum Neokortex, in Verbindung. Außerdem erhält
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das Kleinhirn Signale aus den Nuclei vestibulares (Gleichgewicht) und aus dem visuellen Kortex. Die Tätigkeit des Kleinhirns erfolgt unbewusst.
Das Kleinhirn ist nach dem Großhirn der umfangreichste Gehirnteil. Es sitzt dorsal auf dem Hirnstamm, den es teilweise umgreift und mit dem es auf jeder Seite durch drei Kleinhirnstiele verbunden ist (⊡ Abb. 10.39) Pedunculus cerebellaris superior zum Mittelhirn, Pedunculus cerebellaris medius zur Brücke und Pedunculus cerebellaris inferior zur Medulla oblongata.
759 10.3 · Zentralnervensystem
Die Kleinhirnstiele bestehen aus Faserbündeln zum und vom Kleinhirn. Topographisch befindet sich das Kleinhirn unter den
Okzipitallappen der Großhirnrinde, von denen es durch das Tentorium cerebelli getrennt ist, einer zeltförmigen Platte der Dura mater cranialis (S. 818). Das Kleinhirn liegt zusammen mit Teilen des Hirnstamms infratentoriell in der Fossa cranii posterior. Zur Entwicklung Das Kleinhirn entwickelt sich aus den Rautenlippen (S. 708), die im Rautenhirn etwa in der 6. Entwicklungswoche am Rand der Flügelplatte entstehen (S. 737, ⊡ Abb. 10.40). Die Rautenlippen vergrößern sich bis zum 3. Entwicklungsmonat zum Kleinhirnwulst (⊡ Abb. 10.17 d). Der Kleinhirnwulst wird von Pionierfasern erreicht, die durch den oberen Rand der Rautengrube verlaufen und dann die Lage der späteren Kleinhirnstiele festlegen. In der Folgezeit kommt es durch ungleichmäßiges Wachstum und Furchenbildung zur Gliederung der Kleinhirnanlage. Gliederung. Das Kleinhirn gliedert sich in (⊡ Abb. 10.48) Vermis cerebelli, Wurm, der in der Mitte des Kleinhirns liegt, 1 bis 2 cm breit ist und das ganze Kleinhirn sagittal umgreift und zwei Kleinhirnhemisphären, die sich beiderseits des Wurms vorwölben.
Hinzu kommen Nodulus vermis als Teil des Wurms und Flocculus, der durch einen Stiel, Pedunculus flocculi, mit dem Wurm in Verbindung steht. Die Oberfläche des Kleinhirns (⊡ Abb. 10.13) beträgt etwa 2000 cm2. Sie besteht aus zahlreichen annähernd parallel verlaufenden Furchen, Fissurae cerebelli, die schmale Windungen, Folia cerebelli, zwischen sich fassen. Einige Furchen sind tiefer und phylogenetisch sowie ontogenetisch früher entstanden als andere. Sie unterteilen das Kleinhirn in Lobi, Lappen (⊡ Abb. 10.48, ⊡ Tabelle 10.4). Gliederungsfurchen sind die Fissura prima und Fissura posterolateralis. Die Fissura prima zieht über Wurm und Hemisphären
hinweg und teilt das Kleinhirn in Lobus cerebelli anterior und Lobus cerebelli posterior. Die Fissura posterolateralis grenzt den Lobus flocculonodularis vom Lobus cerebelli poste-
rior ab. Eine weitere Gliederung mit funktioneller Relevanz er-
gibt sich aus der Phylogenie. Es lassen sich unterscheiden das Archizerebellum, das bei allen Wirbeltieren vorhanden ist. Dazu gehören der Lobus flocculonodularis und kaudale Anteile des Vermis. Es bildet eine mediale Zone. Da dort Afferenzen vor allem aus den Nuclei vestibulares enden (s. unten), wird das Archizerebellum auch als Vestibulozerebellum bezeichnet. Paleozerebellum. Es bildet eine paramediane Zone. Dort enden Afferenzen aus dem Rückenmark, deswegen Spinozerebellum. Neozerebellum als laterale Zone. Es wird überwiegend vom Lobus cerebelli posterior gebildet. Hier enden Fasern aus den Nuclei pontis, deswegen auch Pontozerebellum. ⊡ Abb. 10.48. Kleinhirn mit Fissuren, Lappen und Läppchen. Das Gebiet mit dem hellen Raster gehört zum Paleozerebellum, mit dem dunklen Raster zum Archizerebellum. Das Neozerebellum (ohne Raster) liegt zwischen den phylogenetisch älteren Teilen des Kleinhirns
Aufbau des Kleinhirns. Es lassen sich unterscheiden (⊡ Abb. 10.49) Corpus medullare cerebelli, Mark, mit – Nuclei cerebelli, Kleinhirnkernen, und Cortex cerebelli, Kleinhirnrinde.
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760
Kapitel 10 · Nervensystem
⊡ Tabelle 10.4. Gliederung des Kleinhirns Wurm
Hemisphäre
Genetische Einteilung
Lingula cerebelli Lobulus centralis Culmen
Vinculum lingulae Ala lobuli centralis Lobulus quadrangularis anterior
Lobus cerebelli anterior (Paleozerebellär)
Fissura prima Declive Folium vermis Tuber vermis Pyramis vermis (paleozerebellär) Uvula vermis (paleozerebellär)
Lobulus quadrangularis posterior Lobulus semilunaris superior Lobulus semilunaris inferior Lobulus gracilis Lobulus biventer Tonsilla cerebelli
Lobus cerebelli posterior (Überwiegend neozerebellär)
Fissura posterolateralis Nodulus vermis
Flocculus
Lobus flocculonodularis (archizerebellär)
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⊡ Abb. 10.49 a, b. Kleinhirn. a Querschnitt mit Rinde und Mark. Im Marklager befinden sich die Kleinhirnkerne. b Sagittalschnitt. Arbor vitae (Mark) und Schichten der Kleinhirnrinde
Das Corpus medullare cerebelli ist die weiße Substanz des Kleinhirns. Sie strahlt in die Windungen des Kleinhirns ein und erinnert auf Schnitten an einen Lebensbaum, Arbor vitae (⊡ Abb. 10.49). Eingelagert in die weiße Substanz sind Kleinhirnkerne. Cortex cerebelli. Die Rinde des Kleinhirns ist etwa 1 mm dick und besteht aus grauer Substanz. Sie folgt allen Windungen und ist im Gegensatz zur Großhirnrinde fast gleichförmig gebaut. Kleinhirnkerne und Kleinhirnrinde stehen in enger Ver-
bindung. Sie wirken wie folgt zusammen:
Die Kleinhirnkerne sind die Zentren des Kleinhirns. Von hier gehen alle Efferenzen des Kleinhirns aus. Die Kleinhirnkerne werden afferent von Kollateralen aller Systeme innerviert, die das Kleinhirn erreichen. Dadurch befinden sich die Kleinhirnkerne in einem Dauertonus mit einer ständigen Basisaktivität. Die Impulsgebung der Kleinhirnkerne wird von Purkinje-Zellen der Kleinhirnrinde (s. unten) gesteuert. Die Purkinje-Zellen sind GABAerg, also inhibitorisch. Erst wenn die inhibitorische Wirkung der Purkinje-Zellen moduliert wird, können Erregungen aus den Kleinhirnkernen weitergeleitet werden.
761 10.3 · Zentralnervensystem
Die Purkinje-Zellen ihrerseits werden von den Impulsen der afferenten Systeme, die alle die Kleinhirnrinde erreichen, im Zusammenwirken mit inhibitorischen Neuronen in der Kleinhirnrinde selbst gesteuert (Prinzip der doppelten Hemmung). Bestimmte Rindenabschnitte sind jeweils bestimmten Gebieten der Kleinhirnkerne zugeordnet.
Kleinhirnafferenzen Wichtig
Das Kleinhirn erhält Afferenzen von propriozeptiven, exterozeptiven, vestibulären, auditiven, visuellen, praktisch von allen Rezeptoren des menschlichen Körpers. Das Verhältnis der für die Kleinhirnrinde afferenten Fasern zu den efferenten Fasern liegt etwa bei 40 : 1.
Folgende afferente Bahnen sind herauszustellen (⊡ Tabelle 10.5, ⊡ Abb. 10.58): Tractus vestibulocerebellaris. Er besteht aus direkten Fasern aus den Vestibulariskernen. Die Bahn gelangt durch den unteren Kleinhirnstiel ins Archizerebellum (Vestibulozerebellum, s. oben), wo sie im Lobus flocculonodularis endet. Tractus spinocerebellaris anterior und Tractus spinocerebellaris posterior. Beide Bahnen vermitteln vor allem Signale über die Tiefensensibilität ins Paleozerebellum (Spinozerebellum, Lobus cerebelli anterior, Pyramis et Uvula vermis, ⊡ Abb. 10.48). Der Tractus spinocerebellaris posterior verläuft durch den unteren, der Tractus spinocerebellaris anterior durch
den oberen Kleinhirnstiel. – Während der Evolution wurden nämlich durch die Entwicklung des Neukleinhirns und des mittleren Kleinhirnstiels die ursprünglich zusammenhängenden spinozerebellären Bahnen auseinander gedrängt. Tractus olivocerebellaris (⊡ Abb. 10.58). Diese Bahn entspringt kontralateral von den Nuclei olivares inferiores der Medulla oblongata (S. 745). Die Kerne sind mit dem Rückenmark, den Basalganglien sowie verschiedenen Gebieten des Hirnstamms (z. B. Nucleus ruber, Formatio reticularis) verbunden. Der Tractus olivocerebellaris verläuft durch den unteren Kleinhirnstiel zu allen Gebieten der Kleinhirnrinde (s. unten). Fibrae pontocerebellares (⊡ Abb. 10.58). Es handelt sich um die Axone der Nuclei pontis,die durch die kontralateralen mittleren Kleinhirnstiele in den neozerebellären Teil des Lobus cerebelli posterior gelangen. An Masse überwiegen diese Fasern gegenüber allen anderen Afferenzen des Kleinhirns. Die Signale der Fibrae pontocerebellares stammen aus dem Neokortex.Sie werden in den Brückenkernen umgeschaltet. Zu diesen größeren Faserzügen kommen weitere afferente Verbindungen zum Kleinhirn, die nicht speziell bezeichnet sind. Die Axone der afferenten Bahnen gelangen als Kletterfasern bzw.Moosfasern in die Kleinhirnrinde (s. unten).
Cortex cerebelli Der Cortex cerebelli besteht aus 3 Schichten. Von außen nach innen folgen aufeinander (⊡ Abb. 10.49, 10.50)
⊡ Tabelle 10.5. Kleinhirnstiele mit ihren afferenten und efferenten Bahnen Kleinhirnstiele
Afferente Bahnen
Efferente Bahnen
Pendunculus cerebellaris superior
Tractus spinocerebellaris anterior
Tractus cerebellothalamicus Tractus cerebellorubralis
Pendunculus cerebellaris medius
Tractus pontocerebellaris
Pendunculus cerebellaris inferior
Tractus vestibulocerebellaris Tractus olivocerebellaris Tractus reticulocerebellaris Tractus spinocerebellaris posterior Fibrae arcuatae externae posteriores Fibrae arcuatae externae anteriores
Fastigobulbäre Fasern Zerebellovestibuläre Fasern
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Kapitel 10 · Nervensystem
10 ⊡ Abb. 10.50. Kleinhirnrinde. Afferente Fasern enden an Golgi-Zellen, Körnerzellen und Purkinje-Zellen. Den gesamten Output der Kleinhirnrinde übernehmen die Axone der Purkinje-Zellen. Die Punktierungen an der Kleinhirnoberfläche markieren die Lage der Dendriten von Purkinje-Zellen, die im Schnitt nicht getroffen sind
Stratum moleculare, Molekularschicht, Stratum purkinjense, Purkinje-Zellschicht, und Stratum granulosum, Körnerzellschicht. Zur Entwicklung des Cortex cerebelli In der Embryonalperiode gliedern sich die Rautenlippen in eine (innere) Matrixzone, Intermediär- oder Mantelzone und Marginalzone. In der (inneren) Matrixzone entstehen Neuroblasten, die in zwei Schüben auswandern. In der Mantelzone, die in der Folgezeit zur Substantia alba des Kleinhirns wird, lässt der erste Schub ausgewanderter Neuroblasten die Anlagen von Kleinhirnkernen entstehen. Die Marginalzone, die sich zur Kleinhirnrinde umgestalten wird, wird gleichfalls von Neuroblasten des ersten Schubs erreicht. Sie bilden die äußere Körnerschicht. In dieser Zone bleiben bis zum Ende des 2. Lebensjahres teilungs-
fähige Neuroblasten erhalten. Deswegen wird die äußere Körnerschicht auch als (äußere) Matrixzone bezeichnet. Im 4. Entwicklungsmonat verlässt ein zweiter Schub Neuroblasten die innere Matrixzone. Es handelt sich vor allem um unreife Purkinje-Zellen. Sie steigen bis zur äußeren Matrixzone auf. Etwa zur gleichen Zeit beginnt die Differenzierung der Neuroblasten der äußeren Matrixzone. Es entstehen Sternzellen, Korbzellen und Körnerzellen. Die Körnerzellen wandern Richtung Mantelzone aus. Dabei durchwandern sie die Schicht der Purkinje-Zellen und bilden die sehr zellreiche (definitive) innere Körnerzellschicht. Aus der äußeren Körnerschicht wird postnatal das Stratum moleculare. Das Stratum purkinjense, Purkinje-Zellschicht, ist die auffälligste Schicht der Kleinhirnrinde. Sie besteht aus Purkinje-Zellen. Purkinje-Zellen sind auffällig groß. Ihre Perikarya haben Durchmesser zwischen 50 und 70 mm, liegen in ei-
763 10.3 · Zentralnervensystem
nem Abstand von 50–100 mm und sind einschichtig angeordnet. Das menschliche Kleinhirn verfügt über etwa 15 Mio. Purkinje-Zellen. Die Dendriten der Purkinje-Zellen gehen in der Regel aus 2 dicken Dendritenstämmen hervor und verzweigen sich spalierbaumartig in der Molekularschicht. Alle Dendritenäste liegen in einer Ebene, die etwa 20–30 mm tief ist und quer zur Längsachse der Windungen steht. Die Breite eines Dendritenspaliers beträgt etwa 200 mm (⊡ Abb. 10.50). Dadurch bekommt die Kleinhirnrinde eine scheibenförmige Innenstruktur. Erreicht werden die Purkinje-Zellen von Signalen der afferenten Systeme teils direkt (Kletterfaser, s. unten), teils nach Umschaltung (in Stratum granulosum), aber auch von Zellen des Stratum moleculare (s. unten). In allen Fällen kommt es zur Bildung von Synapsen. Dabei sind die Oberflächen der Perikarya der Purkinje-Zellen und die der dicken Dendritenanteile glatt, die der Dendriten von der 3. Ordnung an reich an Dornen. Es wird mit 60 000 Dornsynapsen, nach anderen Angaben 200 000 pro Purkinje-Zelle gerechnet. Die Axone der Purkinje-Zellen passieren das Stratum granulosum und erreichen die Kleinhirnkerne bzw. den Nucleus vestibularis. Die Axone der Purkinje-Zellen sind die einzigen efferenten Fasern der Kleinhirnrinde.
delt es sich um Körnerzellaxone, die aus dem Stratum granulosum kommen und sich im Stratum moleculare T-förmig teilen. Die Parallelfasern verlaufen parallel zur Oberfläche in Längsrichtung der Windungen, also anders als die Dendritenspaliere der Purkinje-Zellen. Parallelfasern treten mit den Dornen der Purkinje-Zelldendriten in synaptischen Kontakt (s. oben). Für die Funktion der Kleinhirnrinde ist wichtig, dass sich jede Parallelfaser über eine Strecke von etwa 3 mm ausbreitet – nach der T-förmigen Teilung nach jeder Seite etwa 1,5 mm – und dabei mit etwa 350 Purkinje-Zellbäumen Kontakt bekommt. Dadurch werden folienparallele Einheiten geschaffen, die jedoch nach Bedarf fluktuieren können. Sternzellen. Sie liegen oberflächennahe. Ihre Dendriten verlaufen in allen Richtungen und treten an die Dendriten von etwa 12 Purkinje-Zellen heran. Ihre Axone dagegen sind oberflächenparallel orientiert und bilden an den glatten Oberflächen der Dendriten der PurkinjeZellen Synapsen. Korbzellen liegen in den tieferen Schichten des Stratum moleculare. Das Axon verläuft oberhalb der Purkinje-Zellschicht, bildet aber durch Kollateralen mit den Perikarya der Purkinje-Zellen Synapsen. Sternzellen und Korbzellen sind inhibitorische Schaltneurone.
Stratum moleculare. Die Molekularschicht ist zellarm
aber faserreich. Sie ist die dickste Schicht der Kleinhirnrinde und befindet sich unter der Kleinhirnoberfläche. Funktionell wird es von den Dendriten der Purkinje-Zellen beherrscht (s. oben). Erreicht wird das Stratum moleculare von Kletterfasern und Parallelfasern. Ferner weist das Stratum moleculare auf Sternzellen und Korbzellen. Hinzu kommen Dendritenbäume von Golgi-Zellen des Stratum granulosum. Kletterfasern sind afferente Fasern, deren Perikarya außerhalb des Kleinhirns liegen – vor allem in den Nuclei olivares inferiores des Hirnstamms. Jede Kletterfaser hat 10–15 Kollateralen. Jede Kollaterale tritt nur an 1 Purkinje-Zelle heran, umrankt sie und bildet mit ihr zahlreiche Synapsen. Parallelfasern. Sie machen die Hauptmasse der Fasern des Stratum moleculare aus. Bei Parallelfasern han-
Durch die unterschiedlichen Verlaufsrichtungen der verschiedenen Dendriten und Axone entsteht im Stratum moleculare ein charakteristisches, dreidimensionales »Webmuster«. Eingefügt in dieses Webmuster sind schließlich noch die Dendriten der Golgi-Zellen des Stratum granulosum. Diese Dendriten streben buschartig aus der Körnerzellschicht zur Oberfläche empor. Stratum granulosum. Das Stratum granulosum ist sehr
nervenzellreich. Es liegt unter der Purkinje-Zellschicht. Charakteristisch für das Stratum granulosum sind Körnerzellen, Golgi-Zellen und Moosfasern. Hinzu kommen Glomeruli. Hierbei handelt es sich um Synapsenfelder, die frei von Perikarya sind. Körnerzellen sind die zahlreichsten Zellen des Stratum
granulosum. Sie haben sehr kleine Perikarya (Durchmesser 5–8 mm) und liegen dicht benachbart. Jede Körnerzelle hat etwa 5 Dendriten, die zu verschiedenen Glomeruli
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Kapitel 10 · Nervensystem
des Stratum granulosum ziehen und dort mit Moosfasern Synapsen bilden. Die Axone der Körnerzellen gelangen dagegen in das Stratum moleculare, wo sie sich T-förmig aufteilen und als Parallelfasern mit Dendriten der Purkinje-Zellen, Korb- und Sternzellen in exzitatorischen synaptischen Kontakt treten (s. oben). Golgi-Zellen. Ihre Zahl ist gering (etwa 10 % der Körnerzellzahl). Es handelt sich vor allem um Nervenzellen, die rückkoppelnd hemmen. Erregt werden sie von Parallelfasern (der Körnerzellen), die im Stratum moleculare an ihre dort gelegenen buschartigen Dendriten herantreten, sowie von Kollateralen der Axone von Purkinje-Zellen und von Moosfasern. Ihre hemmende Wirkung – ihr Neurotransmitter ist GABA – üben die GolgiZellen über ihre Neuriten aus, die in den Glomeruli an die Dendriten der Körnerzellen herantreten. Moosfasern sind afferente Fasern von Neuronen außerhalb des Kleinhirns, vor allem der Nuclei pontis. Sie leiten der Kleinhirnrinde exzitatorische Signale aus dem visuellen und sensomotorischen Kortex sowie aus den parietalen, prämotorischen und präfrontalen Assoziationsgebieten zu. Moosfasern teilen sich im Stratum granulosum innerhalb der Glomeruli in zahlreiche Endäste auf. Von den Glomeruli aus erreichen die Signale der Moosfasern vermittels der Körnerzellen und ihrer Parallelfasern die Purkinje-Zellen. ⓘ Infobox Für die Funktion des Kleinhirns spielen die folienparallelen Einheiten des Kortex eine wichtige Rolle. Sie entsprechen Schaltkreisen, die Muskelkontraktionen durch gegenseitige Beeinflussung regulieren. So bewirken sie z. B. bei einer Armbewegung vor Beginn der Trizepsinnervation eine Abschwächung der Bizepskontraktion. Ohne ein angemessenes An- und Abschalten der motorischen Signale werden die Bewegungen unkoordiniert, z. B. wenn das Kleinhirn zerstört ist.
Kleinhirnefferenzen Die Kleinhirnefferenzen nehmen ihren Ursprung in den Kleinhirnkernen. Diese befinden sich im Corpus medullare cerebelli und sind paarig.Von medial nach lateral folgen aufeinander (⊡ Abb. 10.49 a) Nucleus fastigii, Nuclei globosi, Nucleus emboliformis und Nucleus dentatus. Die Nuclei globosi und der Nucleus emboliformis werden als Nuclei interpositi zusammengefasst.
Die Anordnung der Kleinhirnkerne und ihrer Efferenzen stehen zur Gliederung der Kleinhirnrinde in drei funktionelle Längszonen in Beziehung. Der Nucleus fastigii ist der medialen Zone (Archizerebellum, S. 759) zugeordnet. Afferenzen kommen aus dem Vestibularisbereich. Ihre Efferenzen bilden fastigiobulbäre Fasern, die teils auf der gleichen Seite, teils auf der Gegenseite durch die unteren Kleinhirnstiele zur Formatio reticularis des Hirnstamms und zu Vestibulariskernen gelangen. Das System wirkt bei der Kontrolle von Haltung und Muskeltonus sowie bei der Aufrechterhaltung des Körpergleichgewichts mit. Die Nuclei globosi und der Nucleus emboliformis
gehören zur paramedianen Zone (Paleozerebellum, S. 759). Sie erhalten Signale aus dem sensomotorischen Bereich. Die Efferenzen beider Kerngebiete ziehen als Tractus cerebellorubralis durch die oberen Kleinhirnstiele zum kontralateralen Nucleus ruber bzw. im Tractus cerebellothalamicus zum Thalamus, wo eine Umschaltung zur Weitergabe der Signale an den motorischen Kortex erfolgt. Dieses System koordiniert vor allem die Stützund Zielmotorik. Zur Stützmotorik gehören die Mitbewegungen. Unter Zielmotorik werden koordinierte zielgerichtete Bewegungen verstanden. Der Nucleus dentatus ist mit der lateralen Zone (Neozerebellum, S. 759) verbunden. Der Nucleus dentatus ist der größte Kleinhirnkern. Die afferenten Signale stammen aus der gesamten Großhirnrinde. Die efferenten Fasern aus dem Nucleus dentatus bilden hauptsächlich den Pedunculus cerebellaris superior. Sie ziehen als Tractus cerebellothalamicus nach Kreuzung der Seite zum kontralateralen Thalamus (Nuclei laterales und intralaminares) und nach Umschaltung zum Neokortex. Durch dieses System wirkt das Kleinhirn bei zielmotorischen Bewegungen mit.
Blutversorgung des Kleinhirns Arterien Cortex cerebelli und Zentren des Kleinhirns werden unterschiedlich versorgt. Kortikales Versorgungsgebiet. Zuständig sind A. superior cerebelli, A. inferior anterior cerebelli und A. inferior posterior cerebelli. Diese Gefäße sind Äste der A. basilaris und der A. vertebralis (⊡ Abb. 10.27, S. 723).
765 10.3 · Zentralnervensystem
Die A. superior cerebelli versorgt den größten Teil der Kleinhirnrinde: oberer Teil des Wurms, die mediale und laterale Hemisphäre. Die A. inferior anterior cerebelli zieht zum Flocculus und auch zu einem kleinen Gebiet im vorderen Anteil der Kleinhirnhemisphären. Die A. inferior posterior cerebelli erreicht den unteren Anteil des Wurms und die Hemisphärenunterseite. Zentrales Versorgungsgebiet. Es umfasst die Kleinhirnkerne. Der Nucleus dentatus wird aus der A. nuclei dentati, einem Ast der A. superior cerebelli, die Nuclei embo-
>
liformis, globosi et fastigii werden von einem Ast der
A. inferior posterior cerebelli erreicht.
Venen Das venöse Blut gelangt aus den vorderen oberen Teilen des Kleinhirns zur V. magna cerebri, vorderen unteren Teilen des Kleinhirns und dem Pons zur V. petrosa, die in den Sinus petrosus superior mündet und den übrigen Teilen des Kleinhirns in den Sinus rectus, das Confluens sinuum, selten in den Sinus transversus.
In Kürze
Das Kleinhirn ist Bestandteil umfassender Regelkreise.Seine Afferenzen kommen über die Kleinhirnstiele:im Pedunculus cerebellaris superior der Tractus spinocerebellaris anterior,im Pedunculus cerebellaris medius der Tractus pontocerebellaris,im Pedunculus cerebellaris inferior der Tractus vestibularis cerebellaris,Tractus olivocerebellaris,Tractus spinocerebellaris posterior.Im Cortex cerebelli haben die Purkinje-Zellen eine zentrale Stellung.Sie wirken inhibitorisch und sind die einzigen Efferenzen der Rinde.Sie modulieren die Tätigkeit der Kleinhirnkerne,deren Efferenzen als Tractus cerebellothalamicus und Tractus cerebellorubralis durch den Pedunculus cerebellaris superior und als fastigiobulbäre Fasern durch den Pedunculus cerebellaris inferior zu den Vestibulariskernen verlaufen.Die inhibitorische Wirkung der Purkinje-Zellen ist durch inhibitorische Neurone der Kleinhirnrinde veränderlich (Korbzellen,Sternzellen).Exzitatorisch wirken auf die Purkinje-Zellen die Parallelfasern,das sind die Axone der Körnerzellen.Innerhalb des Kleinhirns besteht eine Gliederung in Längszonen.
10.3.8
Medulla spinalis, Rückenmark
dem peripheren Nervensystem verbunden (⊡ Abb. 10.14).
Wichtig
Das Rückenmark ist afferent und efferent mit der Körperperipherie und dem Gehirn verbunden. Funktionell steht es unter der Kontrolle supraspinaler Zentren. Es kann aber auch vermittels eines Eigenapparats eingehende Signale verarbeiten (Eigenreflexe, Fremdreflexe). Ferner werden im Rückenmark eintreffende Signale moduliert.
Lage, Gliederung, Oberfläche, Segmente Lage des Rückenmarks. Das Rückenmark, Medulla spinalis, liegt im Wirbelkanal und ist etwa 45 cm lang.
Kranial schließt es an die Medulla oblongata an, kaudal erreicht es den 1. oder 2. Lendenwirbel (vergleiche hierzu Aszensus des Rückenmarks, S. 707). Durch vordere und hintere Wurzeln ist das Rückenmark mit
Der Durchmesser des Rückenmarks wechselt. Dies hängt mit der unterschiedlichen Größe der von den verschiedenen Rückenmarksgebieten innervierten Hautflächen und Muskelmassen zusammen (⊡ Abb. 10.14). Rückenmarkverdickungen, Intumescentiae, sind Intumescentia cervicalis (Segment C5–Th1).Von hier aus werden Schultergürtel und Arm innerviert. Die Intumescentia cervicalis projiziert sich in der Regel auf die Wirbelsäule zwischen dem 4. Hals- und 1. Brustwirbel, Intumescentia lumbosacralis (Segment L2–S2) zur Innervation des Beckengürtels und der Beine. Sie befindet sich in Höhe des 10.–12. Brustwirbels.
Nach kaudal spitzt sich das Rückenmark zum Conus medullaris zu, dem ein 25 cm langer Endfaden, Filum termi-
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Kapitel 10 · Nervensystem
10 ⊡ Abb. 10.51. Rückenmark. Oberfläche und innere Gliederung. Im oberen Bereich ist die weiße Substanz durchsichtig gezeichnet
nale, folgt. Dieser nervenzellfreie Faden ist am kaudalen
Ende des Wirbelkanals befestigt und wird von den Wurzeln der kaudalen Spinalnerven, Cauda equina (⊡ Abb. 10.52), begleitet. Die Oberfläche des Rückenmarks (⊡ Abb. 10.51) ist auf
der anterioren Seite durch eine längs verlaufende Furche, Fissura mediana anterior, eingekerbt. Seitlich davon befindet sich jeweils ein Sulcus anterolateralis. Hier verlas-
sen die motorischen Anteile der Nn. spinales das Rückenmark. Sie bilden die vorderen Wurzeln der Spinalnerven (S. 694). Auf der posterioren Seite sind ausschließlich flache Rinnen zu erkennen: der Sulcus medianus posterior, zu dem im Inneren des Rückenmarks das Septum medianum posterius zieht, der Sulcus posterolateralis und im oberen Brust- und Halsmark der Sulcus intermedius posterior. Im Sulcus posterolateralis erreichen die sensorischen Anteile der Spinalnerven das Rückenmark. Sie bilden die hinteren Wurzeln (S. 694). Gliederung des Rückenmarks in Segmente. Sie kommt
durch
⊡ Abb. 10.52. Rückenmarksegmente und ihre Projektion auf die Wirbel. Erwachsener
Bündelung der Wurzelfasern (⊡ Abb. 10.6) und Projektionen in umschriebene periphere Gebiete zustande. Eine morphologisch erkennbare Segmentbegrenzung gibt es jedoch weder an der Oberfläche noch im Inneren des Rückenmarks. Es lassen sich 31 Rückenmarkssegmente unterscheiden (⊡ Abb. 10.52, ⊡ Tabelle 10.6): 8 Zervikalsegmente, Segmenta cervicalia (C1–C8). Sie bilden das Zervikalmark, Pars cervicalis medullae spinalis: – Projektion auf die Halswirbel 1 bis Mitte 7.
767 10.3 · Zentralnervensystem
⊡ Tabelle 10.6. Rückenmarksegmente und Wirbelsäule sowie Projektion der Dermatome auf die Körperoberfläche Rückenmarksegment
Projektion auf Wirbel
C2–C4 C4
Dermatom-sensibles Innervationsfeld Hinterhauptsgegend, Nacken, Hals (C4 teilweise)
3./4. Halswirbel
Über der Klavikula, Akromion, Oberrand der Skapula
C5–C8 Th1–Th2
Arm
Th2–Th12 L1
Rumpf Dorsal: zwischen Schulterblattgräte bis dicht unterhalb des Darmbeinkamms Ventral: 2. Rippe bis Höhe des Leistenbandes
Th5
4. Brustwirbel
Höhe der Brustwarzen (beim Mann)
Th10
7./8. Brustwirbel
Höhe des Nabels
L1
10. Brustwirbel
Leistenband liegt an der kaudalen Grenze des Dermatoms L1
L2–L5 S1–S3
Bein
L5
12. Brustwirbel
Unterschenkel ventral, medialer Fußrücken einschließlich Großzehe
S1
12. Brustwirbel
Unterschenkel dorsal, lateraler Fußrücken einschließlich Kleinzehe
S4–S5 Co1
Bis 1./2. Lendenwirbel
Crena ani
Da embryonal ein Halswirbel mit dem Hinterhauptsbein verschmilzt, wird auf jeder Seite der Spinalnerv, der zwischen dem Hinterhauptsbein und dem Atlas austritt, der zervikalen Gruppe zugerechnet (8 zervikale Spinalnerven, aber nur 7 Halswirbel).
1(–2) Kokzygealsegment(e), Segmenta coccygea (Co). Sie bilden das Kokzygealmark, Pars coccygea medullae spinalis: – Projektion auf den 1. Lendenwirbel.
12 Thorakalsegmente, Segmenta thoracica (Th1–Th12). Sie bilden das Thorakalmark, Pars thoracica medullae spinalis: – Projektion auf Thorakalwirbel 1 bis Mitte 9. 5 Lumbalsegmente, Segmenta lumbalia (L1–L5). Sie bilden das Lumbalmark, Pars lumbalis medullae spinalis: – Projektion auf die Mitte des 9. Thorakalwirbels bis zum 12. Thorakalwirbel. 5 Sakralsegmente, Segmenta sacralia (S1–S5). Sie bilden das Sakralmark, Pars sacralis medullae spinalis: – Projektion auf den 1. Lendenwirbel.
Die Projektion der Rückenmarkssegmente auf die Wirbel ist individuell und wegen der lockeren Befestigung des Rückenmarks im Wirbelkanal in Grenzen variabel. Als Faustregel gilt, dass sich die Spitze des Conus medullaris auf die Grenze zwischen 1. und dem 2. Lendenwirbel projiziert, aber individuell den Unterrand des 2. Lendenwirbels erreichen kann. Bei starker Krümmung der Wirbelsäule wird das Rückenmark maximal um 2 cm nach oben gezogen.
ⓘ Infobox
Projektion der Rückenmarksegmente in die Peripherie. Während durch die Plexusbildung der Nn. spina-
les die Innervation der Skelettmuskulatur multisegmental ist (⊡ Abb. 10.8), bestehen bei der Hautinner-
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Kapitel 10 · Nervensystem
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⊡ Abb. 10.53 a, b. Dermatome. a Der ventralen und b der dorsalen Oberfläche des Körpers. 5 für die Diagnostik wichtige Dermatome sind hervorgehoben
vation Segmentfelder, Dermatome, die zu den Rückenmarksegmenten in Beziehung stehen (⊡ Abb. 10.53). Es lassen sich 30 Dermatome unterscheiden. Das 1. Zervikalsegment besitzt in der Regel keine afferente Wurzel. Es gibt daher kein C1-Dermatom. Etwa zwischen Th3 und L1 bilden die Dermatome gürtelförmige Streifen um den Körper. Hierin spiegelt sich der Grundplan des Innervationsmusters und die metamere Gliederung des Rumpfes wider (S. 114). Im Bereich der Arme und Beine
sind die Dermatome verlagert, sodass die Dermatome C5–Th1 in den Armbereich, die Dermatome L2–S2 in den Beinbereich und die Dermatome S4–Co1 (Co2) in die Rima ani gehören. > Klinischer Hinweis Die »Karte« der Dermatome (⊡ Tabelle 10.6) ist u. a. für die Höhendiagnostik von Querschnittslähmungen sowie für die Lokalisation von Schäden durch einen Prolaps des Nucleus pulposus von Bandscheiben wichtig. Dabei kann es zu Sensibilitätsausfällen in den Dermatomen kommen, die von den ge-
769 10.3 · Zentralnervensystem
schädigten Rückenmarksegmenten bzw. seinen Wurzelfasern versorgt werden.
Innerer Aufbau des Rückenmarks
Im Vorderhorn befinden sich die motorischen Vorderhornzellen zur Innervation der Muskulatur. Im Hinterhorn liegen Perikarya, die sensorische Signale durch afferente Nervenfasern erhalten. Im Seitenhorn überwiegen
Perikarya des vegetativen Nervensystems.
Das Rückenmark besteht aus grauer nervenzellreicher Substanz, Substantia grisea und weißer im Wesentlichen von Nervenfasern gebildeter Substanz, Substantia alba.
In der Tiefe befindet sich der Canalis centralis, Zentralkanal. Auf Querschnitten durch das Rückenmark wird deutlich, dass die weiße Substanz oberflächlich liegt und die graue Substanz in der Tiefe H-förmig angeordnet ist. Sie hat Schmetterlingsfigur (⊡ Abb. 10.51). Die Verbindung zwischen beiden Seiten stellt die Commissura grisea her. Das Querschnittsbild durch das Rückenmark unterliegt jedoch Änderungen (⊡ Tabelle 10.7), da die weiße Substanz kranial, die graue Substanz kaudal überwiegt. Hinzu kommen Formveränderungen der grauen Substanz.
Graue Substanz Die graue Substanz besteht aus Vorderhorn, Cornu anterius; räumlich: Vordersäule, Columna anterior, Hinterhorn, Cornu posterius; räumlich: Hintersäule, Columna posterior, und Seitenhorn, Cornu laterale; räumlich: Seitensäule, Columna intermedia.
Nervenzelltypen. In der grauen Substanz lassen sich je nach Aufgabenstellung und je nach Ziel ihrer Neurone unterscheiden Wurzelzellen, Binnenzellen und Strangzellen. Als Wurzelzellen werden die Nervenzellen des Rücken-
marks bezeichnet, deren Axone in die vordere Wurzel gelangen und dann in den Spinalnerven verlaufen. Es handelt sich auf jeder Seite um etwa 200000 somatoefferente (motorische) Vorderhornzellen und viszeroefferente Nervenzellen in den Seitenhörnern. Besonders zu erwähnen sind große Vorderhornzellen (a-Motoneurone). Das Ende ihrer Axone beteiligt sich am Aufbau motorischer Endplatten (S. 64) quer gestreifter Muskelfasern. Eine von einem a-Motoneuron innervierte Muskelfasergruppe wird als eine motorische Einheit bezeichnet. Nach kurzem Verlauf geben die Neuriten der a-Motoneurone rückläufige Kollateralen ab, die über Interneurone (Binnenzellen, s. unten) mit dem eigenen Perikaryon synaptisch verbunden sind und auf diesem Weg sich selbst hemmen können.
Kleine Vorderhornzellen (g-Motoneurone). Ihre Axone erreichen die intrafusalen Muskelfasern von Muskelspindeln und regeln deren Spannung (S. 65).
⊡ Tabelle 10.7. Graue und weiße substanz des Rückenmarks in Abhängigkeit von den Segmenten Zervikalsegmente C1–C8
Thorakalsegmente Th1–Th12
Lumbalsegmente L1–L5
Sakralsegmente S1–S5
Graue Substanz
Besonders reichlich in der Intumescentia cervicalis
Schmächtige H-Form
Besonders reichlich in der Intumescentia lumbosacralis
Nach kaudal hin spärlich
Vorderhorn
Dick
Schlank
Dick
Dick
Weiße Substanz
Sehr reichlich
Reichlich
Wenig
Noch weniger
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Kapitel 10 · Nervensystem
Nervenzellen des Sympathikus. Sie liegen in den Seitenhörnern der Rückenmarksegmente C8–L2. Ihre Axone enden in vegetativen Ganglien des Sympathikus. Sie haben viszeromotorische und viszerosekretorische Aufgaben. Nervenzellen des Parasympathikus.Sie befinden sich in den Rückenmarksegmenten S2–S4 zwischen Vorder- und Hinterhorn, Nuclei parasympathici sacrales. Die Axone dieser Zellen ziehen zu vegetativen Ganglien des Parasympathikus und stehen ebenfalls im Dienste der Viszeromotorik und Viszerosekretion. Die Oberflächen der Perikarya der Wurzelzellen und Teile ihrer Dendriten können bis zur Hälfte mit Synapsen für Axone verschiedenster Herkunft bedeckt sein. Für die motorischen Vorderhornzellen ergibt sich daraus, dass sie für die Neuronenketten, die mit ihnen Kontakt aufnehmen, die »letzte gemeinsame Endstrecke« (Sherrington) darstellen. Binnenzellen, auch als Schaltzellen bezeichnet, sind Interneurone (S. 690). Ihre Fortsätze bleiben in der grauen
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Substanz und verbinden Nervenzellen des gleichen Segments – besonders in der Substantia gelatinosa und Lamina spinalis VII (s. unten) – aber auch verschiedener Segmente derselben oder der kontralateralen Seite: Assoziationszellen für Verbindungen auf derselben, Kommissurenzellen zur gegenüberliegenden Seite. ⓘ Infobox Meistens wirken Binnenzellen hemmend, selten erregend. Je nach ihrer Lage in einem Regelkreis können hemmende Interneurone eine Vorwärtshemmung, eine laterale Hemmung – z. B. zur Schaffung einer ruhigen Zone um eine Leitungsbahn (Umfeldhemmung) – oder eine Rückwärtshemmung (Renshaw-Zelle) bewirken (S. 691, ⊡ Abb. 10.5). Binnenzellen wirken vor allem bei der Modulation und Integration von Erregungen mit, die das Rückenmark erreichen.
Die Strangzellen liegen im Hinterhorn oder in den dor-
salen Teilen der Lamina spinalis VII (s. unten). Ihre Axone bilden in der weißen Substanz die Leitungsbahnen des Eigenapparates bzw. des Verbindungsapparates (s. unten). Sofern die Axone der Strangzellen auf der gleichen Seite bleiben, werden sie als Assoziationsfasern, sofern sie zur Gegenseite ziehen, als Kommissurenfasern bezeichnet. Die Afferenzen zu den Strangzellen kommen von den Spinalganglien. Zytoarchitektonik. Form und Anordnung der Nervenzellen im Rückenmark lassen 10 zytoarchitektonische
⊡ Abb. 10.54. Rückenmark graue Substanz. Querschnitt in Höhe von Th10. Eingetragen sind die Laminae spinales und wichtige Zellgruppen. Die Lamina spinalis VI ist in diesem Segment undeutlich und deswegen nicht markiert
Areale unterscheiden. Sie bilden von posterior nach anterior 10 Laminae (⊡ Abb. 10.54). Im Einzelnen Laminae spinales I–VI. Sie befinden sich in der Hintersäule. Die Perikarya ihrer Nervenzellen sind meist klein, höchstens mittelgroß. Überwiegend handelt es sich um Interneurone. Jedoch besitzt das Hinterhorn auch Strangzellen: große Hinterhornzellen für den kontralateralen Tractus spinothalamicus (s. unten). Erreicht werden die Hinterhornzellen von somatoafferenten oder viszeroafferenten Fasern: im medialen Gebiet aus distalen, im lateralen Gebiet aus proximalen Körperpartien. Dabei treten die marklosen und markarmen Fasern mehr an die Nervenzellen der posterioren Teile des Hinterhorns, Apex et Caput cornus posterioris, die dickeren markhaltigen mehr an die der Hinterhornbasis, Basis cornus posterioris, heran. Funktionell werden im Hinterhorn vor allem sensorische Informationen aus Haut und Eingeweiden verarbeitet. Lamina spinalis II, Substantia gelatinosa. Sie liegt im Hinterhorn und ist morphologisch auffällig, da sie auf Querschnitten des unfixierten Rückenmarks einen dunklen Farbton hat. Besonders deutlich ist sie im Lumbalmark. In der Substantia gelatinosa kommen überwiegend kleine Nervenzellen vor, vor allem wohl Interneurone. Lamina spinalis VII. Sie nimmt den mittleren Teil des Rückenmarkgraus ein und verfügt über viele Interneurone, außerdem über (viszeroefferente) Wurzelzellen und Strangzellen. Die Lamina spinalis VII gliedert sich in ein mediales
771 10.3 · Zentralnervensystem
und laterales Feld. Zum lateralen Feld gehören zwischen C8 und L2 das Cornu laterale. Die auffälligste Kerngruppe der Lamina spinalis VII ist der Nucleus thoracicus posterior, Stilling-Clarke-Säule. Er liegt im medialen Feld. Die Kerngruppe reicht von C7–L2.An ihren Perikarya enden vor allem Muskel- und Gelenkafferenzen. Die Neuriten der Nervenzellen des Nucleus thoracicus posterior bündeln sich und bilden den ipsilateralen Tractus spinocerebellaris posterior (s. unten). Die Neuriten anderer Nervenzellen dieser Gegend bilden teils ipsi-, teils kontralateral den Tractus spinocerebellaris anterior (s. unten). Im Seitenhornbereich liegen in Höhe der Segmente C8–L2 die Nuclei intermediolaterales et intermediomedialis – im Thorakal- und Lumbalmark sind die Kerngruppen untereinander und mit denen der Gegenseite durch strickleiterartig angeordnete cholinerge Faserbündel verknüpft – bzw. in Höhe der Segmente S2–S4 die Nuclei parasympathici sacrales. Die Neurone der genannten Kerne sind viszeroefferent: Wurzelzellen des Sympathikus im Thorakal- und Lumbalmark, des Parasympathikus im Sakralmark. Laminae spinales VIII-IX. Sie bilden das Vorderhorn. Dabei überwiegen in der Lamina spinalis VIII Interneurone für die motorischen Systeme. Die Lamina spinalis IX enthält vor allem somatoefferente Wurzelzellen (a-Motoneurone und g-Motoneurone), die somatotopisch gegliederte Zellgruppen bilden. Dies bedeutet, dass die Neuriten bestimmter Wurzelzellgruppen bestimmten Muskeln oder Muskelgruppen zugeordnet sind: Z. B. liegen Nervenzellgruppen zur Innervation der Hals- und Rumpfmuskulatur medial, zur Innervation der distalen Extremitätenmuskulatur in den Intumeszenzen lateral. Signale erhalten die Wurzelzellen sowohl direkt als auch über Interneurone aus der Peripherie und vom Gehirn. Lamina spinalis X. Sie umgibt als Substantia gelatinosa centralis den Zentralkanal.
Weiße Substanz Die weiße Substanz umgibt im Rückenmark die graue Substanz mantelförmig. Gliederung. Die weiße Substanz gliedert sich in
(⊡ Abb. 10.51) Hinterstrang, Funiculus posterior, der zwischen den beiden Hinterhörnern liegt und sich im oberen Brust- und Halsmark unterteilt in (⊡ Abb. 10.55 a) – Fasciculus cuneatus (Burdach) und – Fasciculus gracilis (Goll), Seitenstrang, Funiculus lateralis, und Vorderstrang, Funiculus anterior. Zwischen Hinterstrang und Seitenstrang befindet sich dorsal der Hinterhornspitze der Tractus posterolateralis
(Lissauer). Demgegenüber sind Vorderstrang und Seitenstrang nicht klar getrennt. Sie werden auch gemeinsam als Vorderseitenstrang bezeichnet. Rechter und linker Vorderstrang sind durch die Commissura alba verbunden, die anterior der Commissura grisea liegt. Bestandteile. Die weiße Substanz besteht aus markhaltigen und marklosen Nervenfasern und Glia. Glia. Astrozyten bilden mit ihren Fortsätzen unter der Oberfläche des Rückenmarks eine Membrana limitans gliae. Um die Gefäße herum liegt eine Membrana perivascularis gliae. Besonders dicht ist das Filzwerk der
Gliafortsätze subependymal um den Zentralkanal herum, Substantia gelatinosa centralis. Nervenfasern. Es handelt sich um Axone bzw. Nervenfa-
serbündel aus der afferenten Wurzel, für die efferente Wurzel und von Leitungsbahnen. Afferente Wurzelfasern. Vor dem Eintritt ins Rückenmark lassen sich ein laterales und ein mediales Bündel unterscheiden, die von jeweils unterschiedlichen Rezeptororganen ihren Ausgang nehmen (⊡ Tabelle 10.8). Im Rückenmark selbst gabeln sich die meisten Axone T-för-
⊡ Tabelle 10.8. Fasern der hinteren Wurzel des Rückenmarks Laterale Bündel (Ad-, C-Fasern)
Mediale Bündel (Aa-, Ab-, Ag-Fasern)
Fasern aus exterozeptiven Rezeptoren: Für Hitze, Kälte, Schmerz freie Nervenendigungen
Fasern aus exterozeptiven Rezeptoren: (Hautsensibilität) z. B. Meissner-Tastkörperchen für Druck und Berührung
Fasern aus viszerozeptiven Rezeptoren: Für Spannung und Dehnung der glatten Muskulatur
Fasern aus propriozeptiven Rezeptoren: Muskelspindeln, Sehnenspindeln, Gelenkkapselorgane
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Kapitel 10 · Nervensystem
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⊡ Abb. 10.55 a, b. Rückenmark, Querschnitte. a In Höhe der oberen Halssegmente, b der unteren Lumbalsegmente
mig in einen ab- und aufsteigenden Ast auf und geben in ihrem Verlauf Kollateralen ab. Die Fasern des lateralen Bündels sind dünn (Ad-Fasern) und überwiegend marklos (C-Fasern). Viele der C-Fasern ziehen durch den Tractus posterolateralis oder medial davon zu den Laminae spinales I und II (s. oben). Die Fasern des medialen Bündels sind dicker (Aa-, Ab-,Ag-Fasern). Sie treten selbst oder mit Kollateralen in
die graue Substanz ein – von medial her – und bilden dort in der Lamina spinalis VII mit Neuronen der Hinterhorn- bzw. Vorderhornbasis Synapsen. Viele Fasern ziehen jedoch im Hinterstrang ohne Unterbrechung bis zur Medulla oblongata. Efferente Wurzelfasern sind überwiegend Axone der
Motoneurone sowie der Neurone des Sympathikus und
773 10.3 · Zentralnervensystem
Parasympathikus. Die Axone verlassen die Vorderhörner fächerförmig und vereinigen sich anterolateral zu den vorderen Wurzeln.
Leitungsbahnen Die Faserbündel der Leitungssysteme des Rückenmarks werden als Tractus bezeichnet. Sie liegen in den Hinter-, Seiten- und Vordersträngen. Die Tractus erhalten ihre Detailnamen nach den Neuronenpopulationen, die sie miteinander verbinden, z. B. Tractus spinothalamicus zur Verknüpfung von Rückenmark und Thalamus. ⓘ Infobox Viele Bahnen sind somatotop gegliedert. Dies bedeutet, dass sich innerhalb einer Bahn die Axone bündeln oder Lamellen bilden, die sich einem bestimmten Gebiet der Peripherie bzw. einer Neuronenpopulation im Zentralnervensystem zuordnen lassen. Deutlich ist dies vor allem bei langen Bahnen. Dabei gilt, dass sich dem im Hinterstrang verlaufenden Tractus spinobulbaris jeweils neu hinzukommende Fasern (aus den oberen Segmenten) lateral an bereits vorhandene (aus den unteren Segmenten) anlagern. Beim Tractus spinothalamicus im Vorderseitenstrang, dessen Fasern überwiegend die Seite kreuzen, ist es umgekehrt: Dort liegen die Fasern aus den oberen Segmenten medial von denen aus den sakralen und lumbalen Segmenten. Morphologisch sind die einzelnen Bahnen allerdings nur während der Ontogenese und nach einer Schädigung zu identifizieren. Insbesondere treten sie nach einer Schädigung in histologischen Schnitten bei Markscheidenfärbungen als Aussparungen hervor.
Die Leitungssysteme des Rückenmarks lassen unterscheiden Eigenapparat und Verbindungsapparat.
Eigenapparat Wichtig
Der Eigenapparat besteht aus Neuronen, die innerhalb des Rückenmarks synaptisch verbunden sind (spinospinale Verbindungen). Er dient der reflektorischen Koordination von Bewegungen, z. B. zwischen Armen und Beinen sowie der Durchführung von Bewegungsprogrammen.
Die Faserbahnen des Eigenapparates befinden sich vorwiegend im Grenzgebiet zwischen grauer und weißer Substanz und werden wegen ihrer Topik als Grundbündel, Fasciculi proprii, bezeichnet (⊡ Abb. 10.55 a, b).
Nach ihrer Lage werden unterschieden: Fasciculi proprii posteriores, Fasciculi proprii laterales und Fasciculi proprii anteriores. Hinzu kommen 2 Faserbahnen, die innerhalb der weißen Substanz der Hinterstränge liegen: Fasciculus septomarginalis, ovales Bündel, am Septum medianum posterius (⊡ Abb. 10.55 b) und Fasciculus interfascicularis, Schultze-Komma, zwischen Goll- und Burdach-Strang (⊡ Abb. 10.55 a). Beide Faszikel bestehen aus Bündeln absteigender Äste von Hinterwurzelfasern. Eine Sonderstellung nimmt der Tractus spinocervicalis ein. Er leitet vor allem Signale von Haarfollikelrezeptoren parallel zum Hinterstrangsystem (s. unten). Die Fasern verlaufen posterolateral vom Hinterhorn und treten im oberen Halssegment wieder ins Hinterstrangsystem ein. ⓘ Infobox Die Tätigkeit des Eigenapparates spiegelt sich in spinalen Reflexen wider (⊡ Tabelle 10.9). Sie spielen sich auf segmentaler Ebene und unterhalb des Bewusstseins ab. Der Eigenapparat steht aber auch unter dem Einfluss supraspinaler Zentren. Diese sind u. a. in der Lage, das Mosaik der segmentalen Einzelleistungen des Rückenmarks zu koordinieren und Reflexaktivitäten – vor allem durch Hemmung – zu steuern.
> Klinischer Hinweis Die Funktionstüchtigkeit des Rückenmarks und seiner Segmente kann ärztlich durch Auslösung spinaler Reflexe geprüft werden (⊡ Tabelle 10.9). Sie sind nachweisbar, solange alle im Reflexbogen zusammenarbeitenden Neurone intakt sind. – Spinale Reflexe dienen aber auch der Prüfung des Zusammenwirkens mit supraspinalen Zentren. So können beim Erwachsenen nach Unterbrechung absteigender Bahnsysteme wieder Reflexe auftreten, die beim Säugling vorhanden waren, als die Bahnsysteme noch unreif waren. So erfolgt z. B.beim Säugling und beim Erwachsenen nach Unterbrechung der Pyramidenbahn nach Bestreichen des äußeren Fußrandes keine Plantarflexion, sondern eine Dorsalextension der großen Zehe (Babinski-Reflex).
Verbindungsapparat Wichtig
Im Verbindungsapparat werden Signale dem Gehirn zugeleitet oder kommen von dort.
Der Leitungsweg im Verbindungsapparat besteht aus Neuronenketten. Viele ihrer Axone geben Kollateralen ab
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Reflex
Biceps-brachiiReflex (Bizepssehnenreflex)
Radiusperiostreflex
Triceps-brachiiReflex (Trizepssehnenreflex)
Bauchhautreflex
Kremasterreflex
Quadrizepsreflex (Patellarsehnenreflex)
TricepssuraeReflex (Achillessehnenreflex)
Plantarreflex (Fußsohlenreflex)
Analreflex
C5–C6
C5–C6
C6–C8
Th8–Th12, L1
L1–L2
L2–L4
L5, S1–S2
S1–S2
S3–S5
ASR
PSR
CR
BHR
TSR
RPR
BSR
Abkürzung
Bestreichen der Analregion mit Holzstäbchen
Bestreichen des äußeren Fußsohlenrandes
Schlag auf Achillessehne
Schlag auf Lig. patellae
Bestreichen der Haut in der Innenseite des Oberschenkels
Bestreichen der Bauchhaut
Schlag auf Trizepssehne
Schlag auf den Radius proximal des Proc. styloideus
Schlag auf Bizepssehne
Reflexauslösung
M. sphincter ani ext.
Beuger der 2.–5. Zehe
M. triceps surae
M. quadriceps femoris
M. cremaster (Hebung des Hodens)
Bauchmuskulatur
M. triceps brachii
M. brachioradialis, M. brachialis, M. biceps brachii
M. biceps brachii
Erfolgsorgan
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Neuronales Spinalsegment
⊡ Tabelle 10.9. Eigen- und Fremdreflexe des Rückenmarks
Fremdreflex
Fremdreflex
Eigenreflex
Eigenreflex
Fremdreflex
Fremdreflex
Eigenreflex
Eigenreflex
Eigenreflex
Reflexart
Efferenter Schenkel
Nn. anococc ygei
Nn. plantares nervi tibialis (S. 368)
N. tibialis (S. 367)
N. pudendus (S. 561)
N. tibialis
N. femoralis (S. 365)
R. femoralis und R. genitalis des N. genitofemoralis (S. 363)
Nn. intercostales 8–11, N. subcostalis, N. iliohypogastricus, N. ilioinguinalis (S. 240)
N. radialis
N. radialis (S. 297), N. musculocutaneus
N. musculocutaneus (S. 294)
Afferenter Schenkel
774 Kapitel 10 · Nervensystem
775 10.3 · Zentralnervensystem
oder verzweigen sich terminal. Sie verbinden sich dann mit mehreren Folgeneuronen. Es kommt zu einer Divergenz der Erregungsleitung. An anderen Stellen nimmt die Neuronenzahl im Verlauf des Leitungsweges ab und mehrere periphere Neurone konvergieren auf ein zentrales Neuron, Konvergenz. Ferner weist jedes Neuron des Verbindungsapparates an seiner Oberfläche erregende (exzitatorische) und hemmende (inhibitorische) Synapsen auf. Dies ermöglicht Bahnung und Hemmung, d. h. eine mehr oder weniger ausgeprägte Filterung der Signale. So erreicht z. B. nur ein Bruchteil der afferenten Signale, die ständig in den Rezeptoren der Haut ausgelöst werden, die Großhirnrinde (sonst würde z. B. das Tragen von Kleidung unerträglich sein). Der Verbindungsapparat des Rückenmarks besteht aus langen aufsteigenden Bahnen und langen absteigenden Bahnen. Die aufsteigenden Bahnen sind vorwiegend somatoafferent, die absteigenden Bahnen somatoefferent oder viszeroefferent. Aufsteigende Bahnen befinden sich sowohl in den Hintersträngen als auch in den Vorderseitensträngen des Rückenmarks. Dabei überwiegen im Hinterstrang lange aufsteigende Bahnen stark gegenüber anderen Fasersystemen; lange absteigende Bahnen fehlen hier. In den Vorderseitensträngen nehmen die aufsteigenden Bahnen vor allem die Randpartien ein. Aufsteigende Bahnen des Rückenmarks sind (⊡ Abb. 10.55). Tractus spinobulbaris. Er dient der Informationsübertragung der Oberflächen- und Tiefensensibilitäten mit Ausnahme der Schmerz- und Temperatursensibilität. Der Tractus spinobulbaris liegt im Hinterstrang. Er besteht aus Axonen, deren Perikarya (1. Neuron) in den Spinalganglien liegen. Geleitet werden ohne Unterbrechung ipsilateral Signale aus der Körperperipherie bis zur Medulla oblongata (zu den Hinterstrangkernen, S. 745). Im oberen Brust- und Zervikalmark trennt das Septum cervicale intermedium die Axone aus der unteren Rumpfhälfte und den Beinen von denen aus den Dermatomen und Myotomen der oberen Rumpfhälfte sowie den Armen. Dadurch gliedert sich der Tractus spinobulbaris hier in einen – Fasciculus gracilis, Goll-Strang, der medial liegt und einen
– Fasciculus cuneatus, Burdach-Strang, der lateral liegt. Der Tractus spinobulbaris ist ein Teil des Hinterstrangmedialen-Lemniskussystems (S. 787). Tractus spinothalamicus. Er vermittelt Temperaturund Schmerzempfindungen sowie undifferenzierte Mechanosensibilität. – Das 1. Neuron befindet sich im Spinalganglion, die Perikarya des 2. Neurons in der Hintersäule und in der Lamina spinalis VII. Die Axone kreuzen fast vollständig in der Commissura alba die Seite und ziehen dann als Tractus spinothalamicus im Vorderseitenstrang aufwärts. Schließlich gelangen sie zum Nucleus ventralis posterolateralis des Thalamus. Tractus spinoreticularis. Seine Fasern stammen aus den gleichen kontralateralen Gebieten, wie die des Tractus spinothalamicus; es kommen aber auch ipsilaterale Fasern vor. In seinem Verlauf schließt sich der Tractus spinoreticularis bis zur Formatio reticularis dem Tractus spinothalamicus an. Dann jedoch trennen sich die Bahnen und die Fasern des Tractus spinoreticularis treten in verschiedenen Höhen in die Formatio reticularis ein. Der Tractus spinoreticularis gehört zum unspezifischen sensiblen System. Die Tractus spinothalamicus et spinoreticularis bilden das anterolaterale System (S. 789). Tractus spinocerebellares. Ihre Axone leiten dem Kleinhirn vor allem Informationen über den Tonus der Muskulatur sowie die Position der Glieder zu. Die Tractus liegen unter der lateralen Oberfläche des Rückenmarks. Sie gliedern sich in – Tractus spinocerebellaris posterior (Flechsig), dessen Perikarya im Nucleus thoracicus posterior (Stilling-Clarke, s. oben) derselben Seite liegen. Das Kleinhirn wird durch den Pedunculus cerebellaris inferior erreicht; – Tractus spinocerebellaris anterior (Gowers), dessen Perikarya ungebündelt basolateral im Hinterhorn der gleichen oder der Gegenseite liegen. Das Kleinhirn wird durch den Pedunculus cerebellaris superior erreicht. – Weitere Einzelheiten über die Tractus spinocerebellares S. 784. Tractus spinoolivaris. Auch in dieser Bahn werden dem Kleinhirn (propriozeptive) Signale zugeleitet, jedoch nach Umschaltung in den Nuclei olivares inferi-
10
776
Kapitel 10 · Nervensystem
ores. Der Tractus liegt im Seitenstrang (Helweg-Dreikantenbahn) unmittelbar lateral vor Austritt der vorderen Wurzel. Seine Axone kommen durch die Commissura alba von Perikarya im Hinterhorn der Gegenseite. Tractus spinotectalis. Seine Fasern gehören zum afferenten Teil einer Reflexbahn, die im Colliculus superior des Tectum mesencephali endet (S. 742). Der Tractus liegt in der Nähe des Tractus spinothalamicus. Die Perikarya seiner Axone befinden sich im Hinterhorn der Gegenseite.
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Die absteigenden Bahnen des Verbindungsapparates verlaufen im Vorderseitenstrang. Sie übertragen Signale aus den motorischen oder vegetativen Zentren des Gehirns an den Eigenapparat des Rückenmarks. Absteigende Bahnen sind (⊡ Abb. 10.55) Tractus corticospinalis, Pyramidenbahn. Er überträgt motorische Impulse vom Neokortex teilweise über Interneurone zu den Motoneuronen im Vorderhorn. Im Rückenmark besteht die Pyramidenbahn aus – Tractus corticospinalis lateralis. Er befindet sich im Seitenstrang. Die Fasern (70–90 % der Pyramidenbahn) haben in der Decussatio pyramidum die Seite gekreuzt, – Tractus corticospinalis anterior. Er verläuft neben der Fissura mediana anterior und führt Fasern der gleichen Seite. Sie kreuzen im Segment. – Die genauere Beschreibung des Tractus corticospinalis erfolgt auf S. 779. Extrapyramidal-motorische Bahnen. Sie entspringen in Gebieten des Gehirns, die motorische Regulationsaufgaben ohne Einschaltung des Bewusstseins erfüllen (z. B. Stützmotorik). Die Bahnen sind polysynaptisch. Sie enden direkt oder über Interneurone vor allem an g-Motoneuronen, aber auch an a-Motoneuronen. Im Einzelnen handelt es sich um – Tractus reticulospinalis mit Fasern aus der Formatio reticularis des Pons (pontine Fasern) und der Medulla oblongata (medulläre Fasern). Die pontinen Fasern verlaufen im Vorderstrang und wirken fördernd auf die a- und g-Motoneurone der Extensoren (aber hemmend auf die der Flexoren). Die medullären Fasern liegen im Seitenstrang, erregen die a- und g-Motoneurone der Flexoren (inhibieren aber die der Extensoren). – Tractus vestibulospinalis. Er vermittelt Reflexe des Lage- und Gleichgewichtsinns und bewirkt vor allem eine Erhöhung des Tonus der Streck-
muskeln bei gleichzeitiger Entspannung der Flexoren der gleichseitigen Extremitäten. Der Tractus vestibulospinalis endet direkt oder indirekt an a- und g-Motoneuronen. – Tractus tectospinalis. Er vermittelt vor allem visuelle Stellreflexe. Der Tractus tectospinalis verläuft medial im Vorderstrang und endet bereits in den oberen Zervikalsegmenten. Er kommt von den Colliculi superiores des Tectum mesencephali, kreuzt im Mittelhirn (dorsale Haubenkreuzung, S. 741) und zieht zu kontralateralen Motoneuronen. – Tractus olivospinalis. Die Fasern kommen von den Nuclei olivares inferiores und verlaufen gemeinsam mit den aufsteigenden Fasern des Tractus spinoolivaris in der Helweg-Dreikantenbahn an der Oberfläche des Seitenstranges. – Tractus rubrospinalis. Er erreicht nur das Halsmark und ist ohne größere Bedeutung. Vegetative Bahnen. Absteigende vegetative Fasern stammen aus vegetativen Zentren des Hypothalamus. Im Hirnstamm verlaufen sie im Fasciculus longitudinalis posterior, im Rückenmark verstreut im Vorderseitenstrang. Sie enden an den viszeroefferenten Seitenhornneuronen, die die Eingeweide, das Genitale und die Schweißdrüsen der Haut versorgen. Gesondert lässt sich als ein relativ geschlossenes Bündel eine Vasokonstriktorenbahn abgrenzen. Sie befindet sich anterior von der Pyramidenseitenstrangbahn und leitet Signale, die den Tonus der glatten Muskulatur der Gefäße beeinflussen. > Klinischer Hinweis Werden alle Anteile des Verbindungsapparates unterbrochen, kommt es zu einer Querschnittslähmung. Dabei treten Ausfallerscheinungen auf, die von der Lokalisation der Unterbrechung abhängen. Bei einer Läsion kaudal von Th2 erfolgt eine bilaterale Lähmung der unteren Extremitäten (Paraplegie), bei einem Defekt kranial von C5 eine Lähmung aller 4 Extremitäten (Tetraplegie). Unmittelbar nach der Verletzung sind alle spinalen Reflexe erloschen. Später »erholen« sich die spinalen Motoneurone. Dabei können Reflexe gesteigert sein, da die zentrale Hemmung entfällt, oder es treten pathologische Reflexe auf (z. B. Babinski-Reflex, S. 773). – Ist die Schädigung des Rückenmarks nur halbseitig, wird von einer Halbseitenläsion des Rückenmarks gesprochen. Dabei gehen ipsilateral weitgehend die Mechanosensibilität (Tractus spinobulbaris) und kontralateral die Schmerz- und Temperaturleitung (Tractus spinothalamicus) verloren. Außerdem ist ipsilateral die Motorik (Tractus corticospinalis lateralis) gestört (Brown-SéquardSymptomenkomplex).
777 10.3 · Zentralnervensystem
Blutversorgung des Rückenmarks Arterien Die arterielle Versorgung des Rückenmarks erfolgt durch Äste der A. vertebralis und einige segmentale Arterien der Aorta. Zur Entwicklung Das embryonale Gefäßsystem des Rückenmarks ist bilateral-symmetrisch und segmental angelegt. Es besteht aus Ästen der 31 paarigen Segmentarterien, die von der Aorta abzweigen. In der Fetalzeit werden dann jedoch hämodynamisch ungünstige Strecken abgebaut, kaudal stärker als kranial. Es verbleiben in der Regel 6 anteriore und meistens 15 feine posteriore Radikulararterien sowie die Äste der Aa. vertebrales.
Versorgt wird das Rückenmark durch A. spinalis anterior, Aa. radiculares und Aa. spinales posteriores. Die A. spinalis anterior ist die Vereinigung paariger intrakranialer Äste der A. vertebralis.Von der Mitte des Zervikalmarks an erhält die A. spinalis anterior jedoch ihren Hauptzustrom von den Aa. radiculares (s. unten). Die A. spinalis anterior versorgt etwa die vorderen zwei Drittel des Rückenmarkquerschnitts. Weitere Äste bilden an der Außenzone des Vorderseitenstrangs einen Gefäßring, Corona vasorum. Die Aa. radiculares sind Äste der A. subclavia (S. 447) bzw. der segmentalen Arterien der Aorta: A. cervicalis ascendens, A. cervicalis profunda, Aa. intercostales und Aa. lumbales. Die Aa. radiculares verlaufen durch die Fo-
>
ramina intervertebralia in den Wirbelkanal. Dort geben sie die Aa. radiculares anteriores für die A. spinalis anterior ab. Für das Halsmark gibt es in der Regel 3, für das Thorakalmark 2 Aa. radiculares anteriores, im Lumbosakralmark meist nur 1 A. radicularis magna. > Klinischer Hinweis Bei einer Läsion der A. radicularis magna kommt es zu einer schlaffen Lähmung der Beine.
Die Aa. spinales posteriores verlaufen an der Dorsalfläche des Rückenmarks, sind dünn und plexiform. Sie gehen aus den Aa. vertebrales und Aa. radiculares posteriores der Aa. intercostales hervor. Sie versorgen das hintere Drittel des Rückenmarkquerschnitts.
Venen Der venöse Abfluss aus dem Rückenmark erfolgt durch Vv. radiculares, die mit den klappenlosen, mächtigen Venengeflechten im Epiduralraum, Plexus venosi vertebrales interni, verbunden sind. Diese Venengeflechte haben Beziehungen zu den venösen Blutleitern in der Schädelhöhle (Sinus durae matris, S. 824) über das Foramen magnum, durch Vv. basivertebrales mit dem Venengeflecht vor und hinter der Wirbelsäule: Plexus venosus vertebralis externus, mit den segmentalen Venen durch die Vv. intervertebrales. Außerdem leiten die Rückenmarkvenen Liquor cerebrospinalis ab, der in den Arachnoidealzotten der Wurzeltaschen (s. unten) resorbiert wird.
In Kürze
Das Rückenmark ist durch seinen Verbindungsapparat Mittler zwischen Körperperipherie und Gehirn sowie umgekehrt, hat aber durch seinen Eigenapparat modulierenden Einfluss auf alle weitergeleiteten Signale und ist zu Eigen- und Fremdreflexen fähig. Das Rückenmark endet mit dem Conus medullaris (L1–2). Aufgrund der Bündelung der Fasern der vorderen und hinteren Wurzeln lassen sich 31 Rückenmarksegmente unterscheiden, die zu den Dermatomen der Peripherie in Beziehung stehen. Die graue Substanz des Rückenmarks hat H-Form, besteht aus Wurzel-, Binnen- und Strangzellen und lässt 10 zytoarchitektonische Areale unterscheiden. Die weiße Substanz beinhaltet die Leitungssysteme des Rückenmarks: Eigenapparat und Verbindungsapparat mit langen aufsteigenden und absteigenden Bahnen. Alle Systeme haben eine festgelegte Topik. Sie stehen im Dienst motorischer, sensorischer und vegetativer Funktionen. Die Blutversorgung des Rückenmarks erfolgt durch Äste der A. vertebralis und Aorta.
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778
Kapitel 10 · Nervensystem
10.4
Funktionelle Systeme
>
Einleitung
Neurofunktionelle Systeme sind Neuronenpopulationen mit gerichteter Signalübertragung und bestimmter Aufgabenstellung. Sie sind vielgliedrig und bestehen in der Regel aus mehreren Subsystemen. Durch die Vernetzung der Subsysteme und durch das »Verrechnen« von Signalen in den zwischengeschalteten Neuronen können wichtige Signale verstärkt und unwesentliche abgeschwächt werden. Die meisten neurofunktionellen Systeme sind longitudinal angeordnet und kreuzen in ihrem Verlauf die Seite. Einige haben jedoch auch nichtkreuzende Anteile, sodass manche Systeme sowohl kontralaterale als auch ipsilaterale Verlaufsstrecken haben.
10
Neurofunktionelle Systeme sind das/die motorische System, somatosensorischen Systeme, olfaktorische System, visuelle System, auditive System, vestibuläre System, gustatorische System, vegetative System, limbische System und neuroendokrine System.
10.4.1
Motorisches System
unwillkürliche Bewegungen durch das extrapyramidale System.
Hinzu kommt als spezialisiertes System das okulomotorische System. ⓘ Infobox Jedes Handeln ist an das motorische System gebunden. Dabei sind die Anteile des motorischen Systems, die willkürliche Bewegungen ermöglichen, und die, die der unwillkürlichen Motorik dienen, eng miteinander verknüpft. Immer werden willkürliche Bewegungen von unwillkürlichen begleitet wie andererseits unwillkürliche Bewegungen willkürlich beeinflussbar sind. Deswegen wird im wissenschaftlichen Sprachgebrauch die Bezeichnung extrapyramidales System nicht mehr verwendet, wohl aber in der Klinik, weil es Erkrankungen gibt, die diese Teile des motorischen Systems betreffen.
Wichtig
Das motorische System besteht aus einem Verbund sich gegenseitig beeinflussender Regelkreise. Sie dienen der Ausführung ziel- und zweckgerichteter Bewegungen. Zur Ausführung willkürlicher, gewollter Bewegungen steht als direkte, schnelle Verbindung das Pyramidensystem zwischen Kortex und Rückenmark bzw. motorischen Anteilen der Hirnnervenkerne zur Verfügung. Es überwiegen jedoch unbewusste Bewegungen, die unter dem Einfluss polysynaptischer extrapyramidaler Schleifen stehen.
Das motorische System steht im Dienst des aktiven Bewegungsapparates. Es ermöglicht willkürliche, gewollte Bewegungen, Willkürmotorik, vermittels des pyramidalen Systems und
Willkürmotorik, pyramidales System Willkürliche, gewollte Bewegungen werden durch das Zusammenwirken mehrerer Gebiete des Kortex ermöglicht (S. 715). Hierbei handelt es sich um Gebiete, die für die Planung und Koordination von Muskeltätigkeiten verantwortlich sind, sowie um die, die Bewegungen durch Signalgebung an die Neurone im Rückenmark und in den Hirnnervenkernen auslösen, die die jeweiligen Muskeln innervieren. Im supplementär-motorischen Kortex werden komplexe Bewegungen geplant und initiiert, die den ganzen Körper betreffen, z. B. beim Klettern. Der supplementärmotorische Kortex befindet sich auf der medialen Hemisphärenseite (⊡ Abb. 10.22 b) und schließt ein Areal im Gyrus cinguli ein, das von der somatosensorischen Rinde
779 10.4 · Funktionelle Systeme
des Gyrus postcentralis Informationen über räumliche Dimensionen erhält, in die die Bewegungen einzupassen sind. Im prämotorischen Kortex (⊡ Abb. 10.22 a, laterale Hemisphärenseite) werden vor allem Bewegungen für einzelne Gebiete entworfen, z. B. für das Bein. Dabei kommt es auf die Aufeinanderfolge von Muskelkontraktionen und deren Abstufung an.Auf die Vorgänge im prämotorischen Kortex nehmen Signale aus den Regelkreisen des extrapyramidalen Systems Einfluss (s. unten). ⓘ Infobox Im prämotorischen Kortex können Kenntnisse über immer wieder ausgeführte Bewegungen eingespeichert werden, z. B. für das Schreiben.
Im primären motorischen Kortex (⊡ Abb. 10.22 a, b, Area 4 nach Brodmann im lateralen und medialen Hemisphärenbereich des Lobus frontalis) werden alle Signale aus den übrigen Gebieten des motorischen Kortex gesammelt und in Einzelaufgaben unterteilt. Im Einzelnen Gliederung. Der primäre motorische Kortex ist somatotop gegliedert, d. h. es bestehen Punkt-zu-Punkt Verbindungen zwischen Kortex- und Innervationsgebiet (vergleiche ⊡ Abb. 10.60 für den Gyrus postcentralis). Dabei liegen auf der lateralen Hemisphärenseite in der Nähe des Sulcus lateralis cerebri die Projektionsgebiete für Kehlkopf und Schlund. Dann folgen nach oben Gebiete für Kopf, Arm, Rumpf und an der Mantelkante für den Oberschenkel sowie auf der medialen Hemisphärenseite für die übrige Beinmuskulatur, für Rektum und Blase (am weitesten unten). Die größten Repräsentationsgebiete haben die Finger (besonders der Daumen) und die Zunge. Eine elektrische Reizung in diesen Gebieten ruft die Kontraktion einzelner Muskeln hervor, die anderer Gebiete in der Regel von Muskelgruppen. Histologisch zeichnet sich der primär motorische Kortex durch auffällig große Pyramidenzellen aus (Betz-Riesenpyramidenzellen in Schicht V, S. 719). Die Axone dieser Zellen sind myelinreich (Faserdurchmesser bis zu 20 mm) und schnellleitend. Sie machen bis zu 4 % der efferenten motorischen Fasern des Kortex aus. Die meisten Fasern des motorischen Kortex sind jedoch dünn. Es handelt sich um Axone kleiner Zellen der Schichten II, III und VI. Funktionell ist der primäre motorische Kortex in vertikale Säulen gegliedert (Definition S. 719). Dabei wirken in der Regel mehrere Säulen zusammen, um die Impulse zur Kontraktion eines Muskels oder einer synergistischen Muskelgruppe hervorzubringen.Ausgegangen wird dabei davon, dass für die Veranlassung einer Muskelkontraktion mindes-
tens 50–100 Pyramidenzellen erforderlich sind. Im Übrigen werden funktionell 2 Pyramidenzellpopulationen unterschieden, nämlich solche für den Beginn einer Kontraktion, dynamische Neurone, und solche für die Aufrechterhaltung der Kontraktion, statische Neurone. Pyramidenbahn. Die Axone der Nervenzellen des primären motorischen Kortex bilden den größeren Teil der Pyramidenbahn. Ihre Bezeichnung geht auf den Verlauf der Fasern durch die Pyramis medullae oblongatae zurück.
Zur Pyramidenbahn gehören Tractus corticospinalis und Tractus corticonuclearis. Tractus corticospinalis. Seine Fasern stammen zu vier
Fünfteln aus dem primären motorischen Kortex und dem prämotorischen Kortex sowie zu einem Fünftel aus dem somatosensorischen (parietalen) Kortex (S. 715). Verlauf des Tractus corticospinalis (⊡ Abb. 10.56) Nach Verlassen des Kortex werden die Fasern des Tractus corticospinalis zu einem Teil der fächerförmigen Corona radiata (S. 722), die in der Capsula interna eingeengt wird. Die Fibrae corticospinales befinden sich dort im hinteren Schenkel (⊡ Abb. 10.26). Im weiteren Verlauf nimmt der Tractus corticospinalis im Crus cerebri eine mittlere Position ein. Kaudal des Pons sind die den Tractus corticospinalis begleitenden Fasern (s. unten) weitgehend ausgeschert, sodass der Faserzug jetzt deutlich abgrenzbar ist. Die nächste markante Stelle ist die Decussatio pyramidum im kaudalen Teil der Pyramide. Die Mehrzahl der Fasern des Tractus corticospinalis (etwa 70–90 %) kreuzt hier die Seite und steigt kontralateral im Funiculus lateralis des Rückenmarks ab. Verbleibende ipsilaterale Fasern verlaufen im Funiculus anterior, um dann – bis auf einen Rest ipsilateraler Fasern – auf Höhe des zu innervierenden Segments gleichfalls die Seite zu kreuzen. Im Rückenmark treten nur wenige Fasern des Tractus corticospinalis direkt an Motoneurone des Vorderhorns heran, vor allem für die Innervation der Hände und Finger. Die meisten Fasern enden jedoch an Interneuronen in der Lamina spinalis VII. Von hier gelangen die Signale dann über weitere Interneurone zu den Motoneuronen im Vorderhorn. Ein anderes Zielgebiet haben die Fasern des Tractus corticospinalis aus dem somatosensorischen Kortex (s. unten). Sie enden – auch über Interneurone – an so-
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780
Kapitel 10 · Nervensystem
10
⊡ Abb. 10.56. Pyramidenbahn.Tractus corticonuclearis und Tractus corticospinalis. Beachte: Der obere Anteil des Nucleus nervi facialis wird bilateral, der untere nur kontralateral innerviert. Die Fasern des Tractus corticospinalis kreuzen überwiegend in der Medulla oblongata die Seite (Decussatio pyramidum), der Rest weitgehend in Segmenthöhe
matosensorischen Relaisneuronen im Hinterhorn, auf die sie inhibierend wirken. Tractus corticonuclearis. Er beginnt in den Projektions-
gebieten der mimischen Muskulatur der Rachen-, Kehlkopf- und Zungenmuskulatur des Kortex. Seine Fasern verlaufen bis zum Tegmentum des Hirnstamms zusam-
men mit den Fibrae corticospinales; dabei liegen sie im Crus cerebri medial der Fibrae corticospinales (⊡ Abb. 10.41). Beginnend im unteren Mesenzephalon verlassen die Fasern des Tractus corticonuclearis die Pyramidenbahn und ziehen zu den motorischen Hirnnervenkernen V, VII, IX, X, XI und XII. Dabei kreuzen sie die Seite. Allerdings werden die Ursprungskerne des N. V,
781 10.4 · Funktionelle Systeme
N. IX und N. X auch von ipsilateralen Fasern erreicht, sodass deren Innervation doppelt gesichert ist. Differenziert ist die Innervation des Ursprungskerns des N. facialis (N. VII). Die Neurone des Nucleus facialis, deren Axone den M. frontalis und M. orbicularis oculi erreichen, werden ipsilateral und kontralateral, alle übrigen nur kontralateral innerviert (⊡ Abb. 10.56). > Klinischer Hinweis Diagnostisch ist zwischen einer zentralen und einer peripheren Fazialislähmung zu unterscheiden. Bei einer einseitigen zentralen Fazialislähmung, z. B. nach einem Schlaganfall, kann der Patient durch ihre Doppelinnervation noch den M. frontalis und M. orbicularis oculi beider Gesichtsseiten innervieren, d. h. die Stirn beidseitig runzeln. Bei einer peripheren Fazialislähmung ist dies nicht mehr möglich; dann sind alle mimischen Muskeln der betroffenen Seite gelähmt.
Extrapyramidales System Beim extrapyramidalen System handelt es sich um zwei große polysynaptische Schleifen, die Basalganglienschleife und Kleinhirnschleife. Beide Schleifen stehen mit dem Kortex in Verbindung und nehmen dort auf die Bewegungsausführung Einfluss. Außerdem bringen sie Muster für unbewusste sowie erlernte Bewegungsabläufe ein. Basalganglienschleife (⊡ Abb. 10.57). Sie besteht aus einer Hauptschleife, die im Kortex beginnt und endet
und drei Stationen hat: – Corpus striatum, – Globus pallidus und – Nuclei ventrales thalami, mehreren Nebenschleifen, die modulierend und steuernd Signale in der Hauptschleife beeinflussen. Stationen sind – Nucleus subthalamicus, – Substantia nigra und – weitere Thalamuskerne. Das Corpus striatum (Nucleus caudatus und Putamen,
S. 720) wird von Axonen aus allen Regionen des Kortex erreicht. Dabei gelangen die Axone aus den somatomotorischen Gebieten bevorzugt zum Putamen, die aus den übrigen zum Nucleus caudatus. In den Zielgebieten konvergieren die zuleitenden Fasern auf mittelgroße Neurone mit dichtem Dornenbesatz an den Dendriten. Sie sind glutamaterg und wirken exzitatorisch.
⊡ Abb. 10.57. Extrapyramidales System, Basalganglienschleife. Hauptschleife (durchgezogene Linie 1), zwei Nebenschleifen (unterbrochene Linien 2–3)
ⓘ Infobox Das Striatum wird beim Nachweis von Azetylcholinesterase in Gebiete hoher und niedriger Enzymaktivität kompartimentiert. Die fleckförmigen Gebiete niedriger Aktivität werden als Striosomen bezeichnet. Sie werden von Fasern aus dem Allokortex und den präfrontalen Isokortex erreicht.
Weitere Afferenzen zum Corpus striatum kommen aus den Nuclei intralaminares thalami, die vor allem Signale aus der Formatio reticularis zuleiten, von der Substantia nigra (s. unten), den Raphekernen mit serotoninergen Fasern sowie vom Corpus amygdaloideum. Sie beeinflussen (regeln) die Transmission der Signale im Striatum. Im Hauptweg projizieren die Neurone des Striatums zum Globus pallidus,von dort zu den motorischen Thalamuskernen (Nuclei ventralis anterior et lateralis thalami) und in deren Fortsetzung nach Umschaltung zum prämotorischen und supplementär-motorischen Kortex. Dort bekommen sie Anschluss an das pyramidale System.
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782
Kapitel 10 · Nervensystem
Sowohl die Neurone des Striatums als auch die des Pallidums wirken inhibitorisch; ihr Transmitter ist GABA. Sie hemmen die exzitatorischen Neurone der motorischen Thalamuskerne. Dadurch wird der Zugang von Erregungen aus dem Thalamus zum motorischen Kortex behindert. Zur Desinhibition der Thalamuskerne kommt es dann, wenn die inhibitorischen Striatum-Pallidum-Neurone ihrerseits durch die Aktivierung der Neurone des Kortex inhibiert werden (Prinzip der doppelten Hemmung, S. 691). Inhibition und Desinhibition der motorischen Thalamuskerne steuern die Aktivität des motorischen Kortex insbesondere bei der Bewegungsplanung.
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Nebenschleifen. Auf die Hauptschleife nehmen Nebenschleifen Einfluss. Sie bedienen sich des Nucleus subthalamicus und der Substantia nigra. Der Nucleus subthalamicus (S. 729) erhält seine Afferenzen gleich dem Striatum aus allen Regionen des Kortex. Gleichfalls projiziert er zum Pallidum, jedoch mit exzitatorischen Fasern, und außerdem zur Substantia nigra (s. unten). Im Pallidum wirken die exzitatorischen Neurone des Nucleus subthalamicus den inhibitorischen Neuronen der Hauptschleife entgegen und stufen deren Wirkung ab. Erreicht wird der Nucleus subthalamicus aber auch von rückläufigen inhibitorischen Neuronen aus dem Pallidum, die ihrerseits Einfluss auf die Signalvermittlung im Nucleus subthalamicus nehmen. Insgesamt sorgt der Nucleus subthalamicus für abgestufte und ausgeglichene Bewegungen. Die Substantia nigra (S. 740) erreichen Axone aus dem Striatum und aus dem Nucleus subthalamicus. Die Substantia nigra ihrerseits projiziert aus ihrer Pars reticularis mit GABAergen inhibitorischen Neuronen in die motorischen Thalamuskerne und aus ihrer Pars compacta mit großen dopaminergen, gleichfalls inhibitorischen Neuronen ins Corpus striatum. An beiden Stellen wirken die Fasern der Substantia nigra dämpfend. Die dopaminergen Neurone bilden das nigrostriatale System (⊡ Abb. 10.70), dessen Axone durch den lateralen Hypothalamus und die Capsula interna zum Striatum verlaufen. ⓘ Infobox Die Tätigkeit der Basalganglienschleife wirkt sich vielfach aus. So nimmt sie Einfluss auf die Ausführung komplexer (gelernter) Bewegungen, z. B. beim Schreiben, s. oben (fällt das Putamen aus, wird die Schrift der eines Schulanfängers vergleichbar),
von Bewegungen als Ergebnis kognitiver Prozesse, z. B. Flucht bei Lebensbedrohung. Die Signale gehen von allen Teilen des Kortex, insbesondere von den großen Assoziationsgebieten des hinteren parietalen Kortex aus, die u. a. der Wahrnehmung von Sinneseindrücken und der Beurteilung der Beziehungen des Körpers zur Umgebung dienen, von Ausdrucksbewegungen durch Verbindung mit dem limbischen System. Die Signale kommen vom Corpus amygdaloideum und erreichen den vorderen Teil des Corpus striatum.
> Klinischer Hinweis Erkrankungen der Basalganglien führen zu Dyskinesen und Veränderungen des Muskeltonus. Typische Beispiele sind Chorea (»Veitstanz«): unkoordinierte, unwillkürliche, schnelle Muskelkontraktionen und Bewegungen (Hyperkinesen) in allen Körperregionen. Athetosen: langsame,unwillkürliche,wurmförmige Spreiz-, Streck- und Beugebewegungen vor allem der Finger, Hände und Füße (Hyperkinese). Hemiballismus. Durch Störungen im Nucleus subthalamicus kommt es zu spontanen, quälenden Schleuderbewegungen beispielsweise eines Arms. Parkinson-Erkrankung. Bei Dopaminmangel im nigrostriatalen System entfällt die hemmende Wirkung des Nucleus niger auf das Striatum. Als Folge überwiegen exzitatorische Signale an den motorischen Kortex, sodass es zur Rigidität (Steifigkeit) der Muskulatur kommt. Gleichzeitig entsteht durch eine erhöhte Rückkoppelung des Corpus striatum zum Kortex und durch eine partielle Oszillation der Rückkoppelungskreise ein Schütteltremor. Schließlich treten Hypo- und Akinesen auf, möglicherweise, weil die Balance zwischen Erregung und Hemmung in den Neuronen des Corpus striatum gestört ist.
Kleinhirnschleifen (⊡ Abb. 10.58). Sie verlaufen über die laterale Kleinhirnzone (Neozerebellum, S. 759) mit
Stationen – im Pons und – in den Nuclei olivares inferiores, mediane und paramediane Zone des Kleinhirns (S. 759) mit Stationen – in den Nuclei vestibulares, – in der Formatio reticularis und – im Nucleus ruber. Kleinhirnschleife über die laterale Kleinhirnzone. Sie ist afferent via Nuclei pontis sowie Nuclei olivares inferiores sowie efferent via Nuclei ventrales laterales thalami (Tractus cerebellothalamicus, S. 764) mit dem Kortex ver-
783 10.4 · Funktionelle Systeme
len der Kleinhirnrinde in der lateralen Kleinhirnzone verläuft. Die Signalverarbeitung erfolgt in der Kleinhirnrinde (S. 761) im Zusammenwirken mit dem Nucleus dentatus (S. 764). Efferenz. Die Axone der Nuclei dentati verlaufen durch den Pedunculus cerebellaris superior, nach Seitenkreuzung zu den Nuclei ventrales laterales thalami, ohne sich dort mit den Fasern aus der Basalganglienschleife zu überschneiden. Nach Umschaltung projizieren die Fasern von dort zum motorischen Kortex. > Klinischer Hinweis Bei Läsionen im Neozerebellum bleiben zwar Willkürbewegungen möglich, es treten aber Störungen in der Bewegungskoordination auf: Bei einer zerebellären Ataxie arbeiten die beteiligten Muskeln nicht mehr harmonisch zusammen, Asynergie, z. B. erreicht beim Finger-Nasen-Versuch der Finger die Nase nicht geradlinig, sondern bewegt sich zickzackförmig und verfehlt meistens das Ziel. Die Zunahme der ausfahrenden Bewegungen in Zielnähe wird als Intentionstremor bezeichnet. Ferner können sich schnell wiederholende Bewegungen nicht mehr ausgeführt werden, Adiadochokinese.Werden Zielbewegungen falsch abgeschätzt, Dysmetrie, ist der Sprachfluss abgehackt, skandierende Sprache, und der Muskeltonus herabgesetzt, Hypotonie der Muskulatur.
Kleinhirnschleifen über die mediane und paramediane Zone des Kleinhirns. Die Schleifen nehmen ihren Ausgang in den Nuclei vestibulares und den großen Integrationsgebieten des Hirnstamms, den Nuclei reticulares und Nucleus ruber. Mit den gleichen Kernen ist das ⊡ Abb. 10.58. Kleinhirnbahnen
bunden. Diese Schleife dient vor allem der Bewegungskoordination (Zielmotorik). Nuclei pontis. Sie werden von den Fibrae corticopontinae erreicht. Von dort gelangen die Signale durch Fibrae pontocerebellares mit Verlauf durch den mittleren Kleinhirnstiel zum Neozerebellum. Auf diesem Weg erhält das Kleinhirn u. a. Informationen über die im Kortex zur Bewegungsausführung gegebenen Signale. Die Nuclei olivares inferiores (S. 745) integrieren Signale aus dem motorischen Kortex via Basalganglien, dem Nucleus ruber (Tractus rubroolivaris), aus der Formatio reticularis und dem Rückenmark (Tractus spinoolivaris). Ihre Axone bilden den Tractus olivocerebellaris, der durch den Pedunculus cerebellaris inferior zu allen Tei-
Kleinhirn rückläufig verbunden. Erreicht wird die paramediane Zone außerdem von Signalen aus dem Rückenmark durch Tractus spinocerebellaris posterior und Tractus spinocerebellaris anterior. Nuclei vestibulares. Sie vermitteln der Kleinhirnrinde
Informationen aus dem Vestibularapparat über die Stellung des Kopfes im Raum. Die Axone der Nuclei vestibulares bilden den Tractus vestibulocerebellaris, der durch den Pedunculus cerebellaris inferior verläuft und den Vermis cerebelli sowie den Flocculus und Paraflocculus erreicht. Von dort gelangen rückläufige Fasern wieder zu den Nuclei vestibulares, die Signale aus dem Kleinhirn im Tractus vestibulospinalis zum Rückenmark weitergeben. Weitere Fasern ziehen zu den Augenmuskelkernen. Vermittels der Schleife über die Nuclei vestibulares und Kleinhirn werden vor allem bilaterale Bewegungen zur Gleichgewichtsregulierung gesteuert (Stellreflexe).
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Kapitel 10 · Nervensystem
> Klinischer Hinweis Bei Schäden im Vestibulozerebellum kommt es zu Stand- und Gangunsicherheit. Der Gang dieser Patienten erinnert an die schwankenden und torkelnden Bewegungen von Betrunkenen. Es kann auch zum Nystagmus kommen.
Die Formatio reticularis als großes Integrationsgebiet des
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Hirnstamms (S. 751) wird von Fasern aus zahlreichen Gebieten des ZNS erreicht.Dazu gehören sensorische Fasern aus dem Rückenmark, die im Tractus spinothalamicus verlaufen. Ihre Signale werden im Tractus reticulocerebellaris durch den Pedunculus cerebellaris inferior zur Kleinhirnrinde geleitet. Ferner verlaufen im Tractus reticulocerebellaris Fasern aus den sensorischen Hirnnervenkernen.Die Fasern aus den pontinen Anteilen der Formatio reticularis enden hauptsächlich im Vermis, aus den kaudalen im Lobus anterior und Tuber cerebelli. Anschließend gelangen rückläufige Fasern nach Umschaltung in den Nuclei fastigii vom Kleinhirn zur Formatio reticularis. – Über die Mitwirkung der Formatio reticularis bei der Steuerung der Motorik lesen Sie auf S. 752. Der Nucleus ruber erhält Fasern aus dem frontalen und präzentralen Kortex, aus dem Pallidum und aus dem Tectum mesencephali. Vom Nucleus ruber verläuft eine Neuronenkette über die Olive zum Zerebellum und wieder zurück zum Nucleus ruber. Dieser Regelkreis koordiniert hauptsächlich das Zusammenspiel von Synergisten und Antagonisten in den peripheren Teilen der Gliedmaßen, besonders bei den Bewegungen der Hand, der Finger und Zehen. Tractus spinocerebellaris posterior (S. 775). Er dient vor allem dazu, das Kleinhirn über den Status der Muskelkontraktion (Spannung von Muskeln und Sehnen), die Stellung des Körpers und seiner Teile, sowie die Kräfte, die auf die Oberfläche des Körpers wirken, zu informieren. Seine Signale stammen aus Muskel- und Sehnenspindeln sowie von Haut- und Gelenkrezeptoren. Der Tractus spinocerebellaris posterior erreicht ipsilateral den Wurm und die paramediane Zone des Kleinhirns über den Pedunculus cerebellaris inferior.
Im Einzelnen Gebildet wird der Tractus spinocerebellaris posterior vom 2. Neuron einer Neuronenkette, das in dem Nucleus thoracicus posterior (Stilling-Clarke, S. 771) derselben Seite liegt. Die Axone des 1. Neurons (Perikarya im Ganglion spinale) erreichen das Rückenmark über das laterale Bündel der hinteren Wurzel. Eine Sonderstellung nehmen Fasern ein, die in die Pars cervicalis des Rückenmarks eintreten, da sie im Hinterstrang verlaufen und erst im Nucleus cuneatus auf das 2. Neuron umgeschaltet werden. Tractus spinocerebellaris anterior (S. 775). Seine Fasern
kreuzen in Segmenthöhe die Seite und erreichen das Kleinhirn über den oberen Kleinhirnstiel, Pedunculus cerebellaris superior, bzw. über das Velum medullare superius. Im Kleinhirn selbst kreuzen die Fasern erneut die Seite – bezogen auf den Beginn endet die Bahn also ipsilateral – und gelangen zum Wurm, zur Zona intermedia des Lobus anterior und zur Uvula. Der Tractus leitet Signale aus den Sehnenorganen der unteren Körperhälfte, aber auch die, die die Motoneurone des Rückenmarks über den Tractus corticospinalis und Tractus rubrospinalis erreichen. Dadurch erhält das Kleinhirn über den Tractus spinocerebellaris anterior Mitteilung, welche motorischen Signale das Rückenmark von übergeordneten Zentren erreichen bzw. über die, die im Rückenmark selbst entstehen. ⓘ Infobox Die Signale aus den spinozerebellären Bahnen nehmen regelnden Einfluss auf alle Efferenzen des Kleinhirns sowohl des Cortex cerebelli als auch der Kleinhirnkerne. Sie dienen der Anpassung des Muskeltonus an die Stellung des Körpers im Raum.
> Klinischer Hinweis Bei Schäden in den Kleinhirngebieten, in denen die spinozerebellären Bahnen enden, kommt es vor allem zu einer Rumpfataxie, d. h. zu ungeregelten Bewegungen im Rumpfbereich, da die Kontrolle des Tonus der Muskeln, die der Schwerkraft entgegenwirken entfällt, z. B. beim Stehen und Gehen.
785 10.4 · Funktionelle Systeme
>
In Kürze
Das pyramidale und extrapyramidale System zur Steuerung der Motorik bilden eine untrennbare Einheit. Beide Systeme wirken letztlich auf die Motoneurone im Rückenmark und in den Hirnnervenkernen. Erreicht werden die Motoneurone – in der Regel über Interneurone – vom Tractus corticospinalis bzw.Tractus corticonuclearis, aber auch parallel dazu von Fasern aus den Integrationszentren im Hirnstamm, u. a.Tractus reticulospinalis,Tractus rubrospinalis,Tractus vestibulospinalis. Zur Ausführung zweck- und zielgerichteter, dabei ausgeglichener Bewegungen – gewollt und ungewollt – kommt es durch Vielstufigkeit aller motorischer Regelkreise. Im Kortex stehen dafür der supplementär-motorische, der prämotorische und der primäre motorische Kortex zur Verfügung. Signale erhalten diese Gebiete vor allem über die Basalganglienschleife und die Kleinhirnschleife. Die Basalganglienschleife besteht aus Striatum, Putamen und motorischen Thalamuskernen. Ihre Aktivität wird durch Signale aus Nebenschleifen geregelt, u. a. über Nucleus subthalamicus und Substantia nigra. Kleinhirnschleifen dienen vor allem der Aufrechterhaltung der Körperhaltung. Dazu wird über die laterale, neozerebelläre Kleinhirnzone unter Beteiligung der Nuclei pontis und der Olive die Bewegung koordiniert. Über die mediane und paramediane Kleinhirnzone mit Verbindung zu den Nuclei vestibulares, der Formatio reticularis und dem Nucleus ruber sowie spinozerebellären Bahnen wird der Muskeltonus und die Stellung des Körpers im Raum gesichert.
Okulomotorisches System Wichtig
Augenbewegungen stehen unter dem Einfluss blickmotorischer Zentren, die sich in der Formatio reticularis befinden. Sie haben Verbindungen mit dem Kortex, dem Kleinhirn, den Colliculi superiores der Lamina quadrigemina und den Augenmuskelkernen.
Zur Bearbeitung dieses Kapitels sind Kenntnisse über die Augenmuskeln und ihre Funktionen sowie über die Augenmuskelkerne (Nucleus nervi oculomotorii, nervi trochlearis, nervi abducentis) erforderlich. Ausführungen darüber finden Sie auf S. 666 und S. 749. Im Mittelpunkt des okulomotorischen Systems stehen die blickmotorischen Zentren (⊡ Abb. 10.59). Diese sind das/der mesenzephale Blickzentrum, pontine Blickzentrum und Nucleus interstitialis fasciculi longitudinalis medialis. Das mesenzephale Blickzentrum liegt in der mesenzephalen Formatio reticularis, MRF, und dient vertikalen Blickbewegungen.
Das pontine Blickzentrum befindet sich paramedian in der pontinen Formatio reticularis, PRRF, und dient bevorzugt horizontalen Blickbewegungen. Der Nucleus interstitialis fasciculi longitudinalis medialis ist eine lockere Ansammlung von Nervenzellen im
Fasciculus longitudinalis medialis lateral vom Nucleus nervi oculomotorii und steuert die Torsionsbewegungen der Augen. Afferent haben die Blickzentren Verbindung mit kortikalen Zentren, Colliculi superiores der Lamina quadrigemina und Nuclei pretectales. Efferent erreichen die Axone der blickmotorischen Zentren die Augenmuskelkerne, die durch Interneurone mit-
einander verbunden sind und deren Axone im Fasciculus longitudinalis medialis verlaufen. Die Augenmuskelkerne werden aber auch direkt von Fasern des Tractus corticonuclearis sowie von Signalen aus der medialen Kleinhirnrinde via Nuclei fastigii und Nuclei vestibulares erreicht. Ferner bestehen Verbindungen zu den Motoneuronen des oberen Halsmarks, sodass Augen- und Kopfbewegungen koordiniert werden können.
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786
Kapitel 10 · Nervensystem
⊡ Abb. 10.59. Okulomotorisches System. MRF mesenzephales Blickzentrum; PRRF pontines Blickzentrum; PT Nuclei pretectales. Die Linien repräsentieren die wichtigsten neuronalen Verbindungen zwischen den verschiedenen Anteilen des okulomotorischen Systems
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Im Einzelnen (⊡ Abb. 10.59) Kortikale Zentren. Als Steuerzentrum für schnelle sakkadische Augenbewegungen, die beide Augen von einem Fixpunkt zum anderen führen, z. B. beim Erfassen eines neuen Objektes, steht ein kleines frontales Augenfeld (= kortikales Blickzentrum) im Gyrus frontalis medialis (Teil der Area 8) zur Verfügung (⊡ Abb. 10.22). Weitere Impulse für Augenbewegungen kommen aus den okzipitalen Sehfeldern (S. 716). Sie stehen vor allem im Dienst langsamer Augenfolgebewegungen, bei denen die Augen so geführt werden, dass kleine bewegte Objekte kontinuierlich in der Fovea centralis abgebildet werden. Von beiden kortikalen Zentren ziehen Fasern mit dem Tractus corticonuclearis durch die innere Kapsel zum kontralateralen Colliculus superior. Die Colliculi superiores (S. 741) wirken vor allem bei der unwillkürlichen Fixierung eines Objektes und bei Augenund Kopfdrehungen mit, um Veränderungen im Gesichtsfeld zu beobachten. Hierzu erhalten die oberen Hügel vor allem direkte Signale aus beiden Augen, von den kortikalen Zentren (s. oben) und dem vestibulokochlearen System (z. T. über die Colliculi inferiores) mit Anschlussgebieten. Die Colliculi superiores wirken nach Integration der eingegangenen Signale über die Formatio reticularis auf die Augenmuskelkerne sowie über das Pulvinar zurück auf den visuel-
len Kortex und über weitere Thalamuskerne auf den motorischen Kortex sowie mit absteigenden Fasern auf das Rückenmark, z. B. für Körperbewegungen bei plötzlichem starken Lichteinfall. Der Nucleus pretectalis gehört zum Epithalamus (S. 728). Er steuert vor allem Vergenzbewegungen (Konund Divergenz beim Wechsel zwischen Nah- und In-die-Ferne-Sehen). Er erhält zur Verarbeitung und Umschaltung an das pontine Blickzentrum Signale aus der Retina, dem visuellen Kortex und den Colliculi superiores. Mediale Kleinhirnzone und Nuclei vestibulares. Sie stehen im Dienst vestibulär-optischer Reflexe, durch die die Projektion des Gesichtsfeldes auf die Retina auch bei Kopfund Körperbewegungen stabilisiert wird. Zu diesem Zweck ist die mediale Kleinhirnzone via Nuclei fastigii über die Nuclei vestibulares mit dem Rückenmark (Tractus vestibulospinalis) sowie den Steuerzentren in der Formatio reticularis (MRF, PRRF) für die Augenmuskeln verbunden. > Klinischer Hinweis Störungen der Okulomotorik lassen oft Rückschlüsse auf die Lokalisation zentraler Schäden zu. So treten z. B. eine vertikale Blicklähmung bei Läsionen im Bereich der oberen Hügel, eine horizontale Blicklähmung bei Läsionen im pontinen Bereich auf.
787 10.4 · Funktionelle Systeme
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In Kürze
Okulomotorische Zentren, die die Augenbewegungen koordinieren, befinden sich in der Formatio reticularis: mesenzephales Blickzentrum vor allem für vertikale Augenbewegungen, pontines Blickzentrum vor allem für horizontale Augenbewegungen. Zellgruppen im Fasciculus longitudinalis medialis steuern Torsionsbewegungen der Augen. Sakkadische Augenbewegungen stehen unter dem Einfluss eines frontalen Blickzentrums, langsame Augenfolgebewegungen der okzipitalen Sehrinde. Für die Abstimmung von Augenbewegungen mit dem Sehen sowie Kopf- und Körperhaltung sorgen Integrationszentren: die Colliculi superiores der Lamina quadrigemina und die Nuclei pretectales und vestibulares.
10.4.2
Sensorische Systeme
Wichtig
Sensorische Systeme dienen der Wahrnehmung aller Umstände in der Peripherie des Körpers, sowohl an der Oberfläche als auch im Körperinneren.
Sensorische Systeme lassen unterscheiden allgemein-sensorische Systeme für – somatische Sensibilität (= somatosensorisches System) und – viszerale Sensibilität (= viszerosensorisches System),
speziell-sensorische Systeme.
die Axone des 2. Neurons die Seite kreuzen und im Gehirn eine Schleife, Lemniskus, bilden, die Perikarya des 3. Neurons im Thalamus liegen und die Axone des 3. Neurons in der Radiatio thalami verlaufen und den Kortex erreichen. Unterschiede (⊡ Tabelle 10.10): im medialen Lemniskussystem werden Reize schnell übermittelt. Das System dient der Mechanorezeption
und kann Reize örtlich, zeitlich und intensitätsmäßig genau bestimmen, epikritische Sensibilität, im anterolateralen System werden zahlreiche sensorische Qualitäten geleitet, u. a. Druck, Schmerz und Temperatur, jedoch ohne genauere örtliche Zuordnung und ohne Erfassung der Intensität, protopathische Sensibilität.
Somatosensorische Systeme ermöglichen die Wahrneh-
mung von Berührung, Druck, Schmerz, Temperatur und Propriozeption. Die Signale gehen von Rezeptoren an der Körperoberfläche,in der Körperwand sowie von Rezeptoren in der Skelettmuskulatur und an den Gelenken aus. Somatosensorische Systeme sind das mediale Lemniskussystem, anterolaterale somatosensorische System und Trigeminussystem. Gemeinsam ist den somatosensorischen Systemen, dass mindestens drei Neurone eine Kette bilden, die an den Rezeptoren beginnt und im Kortex endet, die Perikarya des 1. Neurons (primäres afferentes Neuron) außerhalb des ZNS liegen (Ausnahme: mesenzephaler Trigeminusanteil, bei dem sich bereits das 1. Neuron im Gehirn befindet), die Perikarya des 2. Neurons im Rückenmark bzw. Hirnstamm untergebracht sind,
Im Einzelnen Mediales Lemniskussystem, wegen des Verlaufs der Axone seines 2. Neurons im Rückenmark auch als Hinterstrangsystem bezeichnet. Die Perikarya des 1. Neurons befinden sich in den Spinalganglien. Ihre peripheren Fortsätze (dendritisches Axon) stehen mit Mechanorezeptoren der Haut bzw. mit Muskelspindeln, Sehnenorganen und weiteren propriozeptiven Rezeptoren in Verbindung. Die zentralen Fortsätze (Axone) sind stark myelinisiert (Aa-, Ab-, Ag-Fasern, ⊡ Tabelle 2.9). Sie erreichen das Rückenmark über das mediale Bündel der hinteren Wurzel. Nach Abgabe von Kollateralen in die graue Substanz verlaufen die Fasern im Hinterstrang und bilden den Tractus spinobulbaris (S. 775). Das mediale Lemniskussystem einschließlich seiner Projektion in den Kortex ist somatotop gegliedert. Dabei befinden sich die Fasern aus der unteren Körperhälfte im medial gelegenen Fasciculus gracilis, die aus der oberen Körperhälfte im lateral gelegenen Fasciculus cuneatus.
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Kapitel 10 · Nervensystem
⊡ Tabelle 10.10. Somatosensorische Systeme
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Hinterstrangmediales Lemniskussystem
Anterolaterales System
Trigeminussystem 1
Trigeminussystem 2
Propriozeptives Trigeminussystem
Lage des 1. Neurons
Spinalganglion, Axone im Tractus spinobulbaris
Spinalganglion
Ganglion trigeminale
Ganglion trigeminale
Nucleus mesencephalicus nervi trigemini
Lage des 2. Neurons
Nucleus gracilis bzw. Nucleus cuneatus
Hinterhornzellen, Axone im Tractus spinothalamicus
Nucleus principalis nervi trigemini
Nucleus spinalis nervi trigemini
Kreuzung der Fasern
Medulla oblongata
Rückenmark
Pons; einige Fasern ungekreuzt im Tr. trigeminothalamicus dorsalis
Medulla oblongata
Verlauf der Fasern im Hirnstamm
Lemniscus medialis
Lemniscus spinalis
Lemniscus trigeminalis
Tr. trigeminothalamicus lateralis
Lage des 3. Neurons
Thalamus: Nucleus ventralis posterolateralis
Thalamus: Nucleus ventralis posterolateralis
Thalamus: Nucleus ventralis posteromedialis
Thalamus: Nucleus ventralis posteromedialis
Kortexprojektion
Gyrus postcentralis SI, SII
Gyrus postcentralis SI, SII
Gyrus postcentralis SI, SII
Gyrus postcentralis SII
Fasertyp
Aa, Ab, Ag
C, Ad
Aa, Ab, Ag
C, Ad
Leitungsgeschwindigkeit
30–110 m/s
1–30 m/s
30–110 m/s
1–30 m/s
Somatotope Gliederung
Ausgeprägt
Grob
Deutlich
Grob
Funktion
Leitung für feine Mechanorezeptoren und Tiefensensibilität
Leitung für Schmerz, Temperatur und grobe Mechanorezeption
Leitung für feine Mechanorezeption
Leitung für Schmerz, Temperatur, grobe Mechanorezeption
Axone zum Nucleus motorius nervi trigemini
Leitung für Tiefensensibilität der Kaumuskulatur
Trigeminussystem 1 meint den Anteil, der mechanosensorischen Signale leitet, Trigeminussystem 2 den für Schmerz- und Temperaturempfindungen.
789 10.4 · Funktionelle Systeme
Außerdem bilden die Axone der einzelnen Dermatome Schichten. Das 2. Neuron befindet sich in den Hinterstrangkernen im kaudalen Gebiet der Medulla oblongata: für den Fasciculus gracilis im Nucleus gracilis (Goll) und für den Fasciculus cuneatus im Nucleus cuneatus (Burdach). Ihre Axone bilden den Tractus bulbothalamicus. Dieser kreuzt in der Medulla oblongata die Seite (Fibrae arcuatae internae), verläuft dann im Lemniscus medialis durch den Hirnstamm (⊡ Abb. 10.41, 10.43) bis zum Thalamus. Während seines Verlaufs durch den Hirnstamm ändert der Lemniscus medialis seine Stellung; während er in der Medulla oblongata in einer Sagittalebene steht, ist er in der Brücke im Wesentlichen quer orientiert. Diese Stellungsänderung führt zu einer Verlagerung seiner somatotop gegliederten Faserbezirke. In der Medulla oblongata befinden sich die Fasern, die zur unteren Körperhälfte gehören, anterior und in der Brücke lateral. Die Fasern, die zur oberen Körperhälfte gehören, liegen zunächst posterior, in der Brücke aber medial. Dort rufen sie zwischen Tectum und Crus cerebri eine dreieckige Projektion auf der Oberfläche hervor. Im Thalamus endet der Tractus bulbothalamicus im Nucleus ventralis posterolateralis. Die Axone der 3. Neurone gelangen in der Radiatio thalami zu umschriebenen Gebieten im primären somatosensorischen Rindenfeld des Großhirns (Areae 3, 1, 2 im Gyrus postcentralis). Anterolaterales
System,
Vorderseitenstrangsystem
(⊡ Abb. 10.60). Das 1. Neuron befindet sich wie beim medialen Lemniskussystem im Spinalganglion. Die Axone gelangen durch die hintere Wurzel zu Strangzellen im Hinterhorn des Rückenmarks (S. 770), 2. Neuron des anterolateralen Systems. Ihre Axone kreuzen in der Commissura alba des gleichen oder benachbarten Segmentes auf die Gegenseite und bilden im Vorderseitenstrang des Rückenmarks den Tractus spinoreticularis und den Tractus spinothalamicus (S. 775, ⊡ Abb. 10.60). Tractus spinoreticularis. Er leitet Signale zur Formatio reticularis des Hirnstamms. Nach Verarbeitung dort gelangen sie zu den (unspezifischen) intralaminären Kernen des Thalamus (3. Neuron). Von dort ziehen Fasern breit gestreut in den Kortex. Der Tractus spinothalamicus bildet auf seinem Weg durch den Hirnstamm den Lemniscus spinalis, der sich im Pons dem Lemniscus medialis (Tractus bulbothalamicus) anlagert und ab hier mit ihm gemeinsam verläuft (s. oben). Trigeminussystem (⊡ Tabelle 10.10). Analog zu den
Rückenmarksystemen besteht das somatosensorische Trigeminussystem aus drei Neuronen. Geleitet werden sowohl mechanosensorische Signale als auch Schmerz-
⊡ Abb. 10.60. Anterolaterales System und Trigeminussystem
und Temperaturempfindungen. Hinzu kommt ein Anteil für propriozeptive Signale aus der Kaumuskulatur und der Gelenkkapsel. Alle Afferenzen des somatosensorischen Trigeminussystems erreichen das Gehirn über die Portio major nervi trigemini (S. 458). Das 1. Neuron befindet sich im Ganglion trigeminale. Eine Ausnahme besteht für die propriozeptiven Signale aus der Kaumuskulatur. Für sie liegt das 1. Neuron bereits im Gehirn. Im Einzelnen Der Übermittlung mechanosensorischer Signale zur feinen
Diskriminierung der Berührungs- und Druckempfindungen der Haut des Gesichts, des Auges, der Nasen- und
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Kapitel 10 · Nervensystem
Mundhöhle dient der Anteil des Trigeminus, der zu seinem Hauptkern, dem Nucleus principalis nervi trigemini im Pons (2. Neuron), gehört. Anschließend kreuzt die Mehrzahl der Fasern die Seite. Sie schließen sich als Lemniscus trigeminalis dem Lemniscus medialis an und verlaufen mit ihm gemeinsam, s. oben. Schließlich erreichen die Signale den Gyrus postcentralis im Kortex, (S I, s. unten). Schmerz- und Temperaturempfindungen sowie diffuse Berührungs- und Druckempfindungen (⊡ Abb. 10.60). Für sie befindet sich das 1. Neuron auch im Ganglion trigeminale. Die Axone steigen jedoch im Hirnstamm bis zum 1. Zervikalsegment ab und bilden dabei den Tractus spinalis nervi trigemini, der über seine ganze Länge verteilt die Nervenzellen des Nucleus spinalis nervi trigemini (2. Neuron) enthält. Dann kreuzen die Fasern kaudal in der Medulla oblongata die Seite und ziehen als Tractus trigeminothalamicus lateralis zur Gegenseite. Sie lagern sich dem Tractus spinothalamicus an und verlaufen mit ihm, s. oben. Im Kortex liegt das zugehörige Primärfeld am Fuß des Gyrus postcentralis in Nachbarschaft zum Sulcus lateralis cerebri. Die Bahn für propriozeptive Signale aus der Kaumuskulatur, den Kiefergelenken, den Zähnen und den äußeren Augenmuskeln nimmt eine Sonderstellung ein. Die afferenten pseudounipolaren Nervenzellen liegen nämlich im Nucleus mesencephalicus nervi trigemini. Ihre zentralen Fortsätze ziehen zum motorischen Ursprungskern des N. trigeminus – auf diesem Wege kann der monosynaptische Masseterreflex ausgelöst werden – und in die Formatio reticularis. > Klinischer Hinweis Wenn Schmerz- und Temperaturempfindungen aufgehoben, die übrigen sensorischen Modalitäten aber erhalten sind, liegt eine dissoziierte Empfindungsstörung vor. Sie kommt bei halbseitiger Durchtrennung des Rückenmarks zustande, da dann das Hinterstrangsystem, aber nicht das Vorderseitenstrangsystem der geschädigten Seite unterbrochen ist. Eine gekreuzte Sensibilitätsstörung liegt vor, wenn in der Medulla oblongata zusätzlich zum Tractus spinothalamicus der Tractus und Nucleus spinalis nervi trigemini geschädigt sind. Dann ist die Schmerz- und Temperaturempfindung am Körper kontralateral, im Gesicht ipsilateral aufgehoben. Erfolgt die gleiche Unterbrechung weiter superior im Hirnstamm, treten einschlägige Empfindungsstörungen nur kontralateral auf. Eine einseitige Unterbrechung aller sensorischer Bahnen unterhalb des Thalamus führt zur Aufhebung der gesamten Sensibilität der kontralateralen Körperhälfte.
Verarbeitung somatosensorischer Signale. Sie erfolgt
im somatosensorischen Kortex unter Mitwirkung des Thalamus.
Somatosensorischer Kortex. Er gliedert sich in primär somatosensorischen Kortex, S I, sekundär somatosensorischen Kortex, S II und somatosensorische Assoziationsgebiete. Primär somatosensorischer Kortex (S I, ⊡ Abb. 10.22). Er befindet sich im Gyrus postcentralis des Lobus parietalis
und ist nach Körperregionen gegliedert. Die Signale kommen von der Gegenseite des Körpers (eine Ausnahme machen wenige ipsilaterale Signale aus dem Gesicht). Die Projektion vom Fuß und Unterschenkel liegen auf der medialen Hemisphärenseite, die des übrigen Körpers auf der lateralen (umgekehrte Homunkuli, ⊡ Abb. 10.61). Besonders umfangreich sind Lippen, Gesicht und Daumen repräsentiert. Die Größe dieser Projektionen ist der Zahl der peripheren Rezeptoren direkt proportional. > Klinischer Hinweis Bei Ausfall von S I können somatosensorische Reize nicht mehr genau lokalisiert werden; möglich bleibt jedoch eine Groblokalisation, z. B. Reiz am Fuß, kann die Reizintensität nicht mehr beurteilt werden, z. B. das Gewicht eines Objektes oder sein Druck und entfällt die Möglichkeit, die Form eines Objektes zu ertasten, Astereognosie. Die Wahrnehmung von Schmerz und Temperatur ist nur wenig beeinträchtigt.
Sekundär somatosensorischer Kortex (S II, ⊡ Abb. 10.22). Er nimmt ein relativ kleines Gebiet im Operculum parietale ein (lateraler unterer Teil des Gyrus postcentra-
lis). Im Gegensatz zu S I erhält S II Signale von beiden Körperseiten, und außerdem hat S II viele Verbindungen mit anderen sensorischen Gebieten des Gehirns, z. B. dem visuellen und auditiven System. Jedoch hat S II eine nur grobe somatotope Gliederung. Die somatosensorischen Assoziationsgebiete befinden sich im Lobus parietalis hinter S I und S II und stehen mit allen sensorischen Regionen des Kortex sowie dem motorischen Kortex und dem Thalamus in Verbindung. Durch Kommissurenfasern erfolgt ein Informationsaustausch zwischen den somatosensorischen Assoziationsgebieten beider Hemisphären. > Klinischer Hinweis Bei Ausfall des somatosensorischen Assoziationsgebietes können komplexe Formen nicht mehr ermittelt werden. Zusätzlich entfällt das Gefühl für die Form des eigenen Körpers. Bei einseitiger Schädigung wird »vergessen«, dass eine ge-
791 10.4 · Funktionelle Systeme
⊡ Abb. 10.61 a, b. Körperprojektionen. a Auf den Gyrus postcentralis, somatosensorischer Kortex; b auf den Gyrus precentralis, motorischer Kortex genüberliegende Seite des Körpers existiert, sodass z. B. dort die Motorik nicht gebraucht wird. Dieser Schaden, bei dem die von beiden Körperhälften eintreffenden Sinneserregungen nicht bzw. nur fehlerhaft angeglichen werden, wird als Amorphosynthese bezeichnet.
Mitwirkung des Thalamus. Die somatosensorischen
Areale des Kortex verlassen kortikoefferente Faserbündel, die Signale zu den somatosensorischen Relaiskernen des Thalamus sowie kontralateral zum Pons (Nucleus principalis nervi trigemini), zur Medulla oblongata (Nucleus spinalis nervi trigemini) und zum Rückenmark (Hinterstrangkerne, Hinterhornkerne) leiten. In allen Fällen handelt es sich um hemmende Fasern. Im Thalamus wird die Intensität der eingehenden somatosensorischen Signale kontrolliert: im Nucleus ventralis posterolateralis aus dem Tractus spino- und bulbothalamicus, im Nucleus ventralis posteromedialis aus dem Trigeminussystem. Wird der Input zu groß, vermindern die kortikofugalen Signale automatisch deren Übermittlung. Dadurch bleibt das somatosensorische System stets im Gleichgewicht. Bemerkenswert ist, dass die Relaiskerne nicht nur die Weitergabe von Signalen steuern, sondern diese auch verarbeiten. So bleibt z. B. beim Aus-
fall des somatosensorischen Kortex ein Rest taktiler Sensibilität erhalten bzw. kehrt zurück; kaum beeinträchtigt ist die Wahrnehmung von Schmerz und von Temperatur.
Schmerz und Temperatur Für Schmerzsignale stehen zwei Wege zur Verfügung. Je-
der ist einem anderen Schmerztyp zugeordnet. Es dient der Tractus neospinothalamicus der Fortleitung schneller, hauptsächlich mechanischer und thermischer Schmerzen und Tractus paleospinothalamicus der Fortleitung langsamer und dumpfer Schmerzen. Beide Anteile sind im Tractus spinothalamicus lateralis zusammengefasst (⊡ Abb. 10.55, S. 775). ⓘ Infobox Der schnelle Schmerz tritt innerhalb von 0,1 s auf, nachdem der Schmerzreiz gesetzt wurde. Die Signale werden von dünnen Ad-Nervenfasern mit einer Geschwindigkeit zwischen 12 und 30 m/s dem Rückenmark zugeleitet. Der langsame Schmerz beginnt nach 1 oder mehreren Sekunden und nimmt
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792
Kapitel 10 · Nervensystem
dann langsam über viele Sekunden bis Minuten zu. Die Schmerzleitung erfolgt in C-Fasern mit einer Geschwindigkeit von 0,5–2 m/s.
Zunächst jedoch erreichen die Schmerzfasern das Rückenmark durch die hintere Wurzel und steigen im Tractus posterolateralis (Lissauer) 1–3 Segmente auf bzw. ab und enden an Neuronen im Hinterhorn. Hier beginnen die beiden Schmerzwege. Im Einzelnen
10
Der Tractus neospinothalamicus beginnt hauptsächlich in der Lamina spinalis I des Hinterhorns (Nucleus marginalis medullae spinalis), kreuzt dann in der vorderen Kommissur des Rückenmarks die Seite und verläuft anterolateral zum Gehirn, wo er überwiegend im Nucleus ventralis posterolateralis des Thalamus endet. Von hier werden Signale zu anderen basalen Gebieten des Gehirns und zur somatosensorischen Rinde geleitet, einige Schmerzfasern des Tractus neospinothalamicus auch zur Formatio reticularis. Der paleospinothalamische Weg für die Übermittlung langsamer dumpfer Schmerzen ist phylogenetisch älter. Die zuleitenden peripheren Fasern enden in der Substantia gelatinosa (Laminae spinales II und III) des Hinterhorns. Die meisten Signale gelangen dann über Interneurone in die Lamina spinalis V des Hinterhorns des gleichen Segments. Hier werden sie von Neuronen übernommen, deren Axone zusammen mit denen des schnellen Systems überwiegend die Seite kreuzen. Einige Fasern verlaufen auch ipsilateral. Im Gehirn endet die Mehrzahl der langsam leitenden Fasern in der Formatio reticularis des Hirnstamms, in den tiefen Schichten des Tectum mesencephali und in der Substantia grisea centralis um den Aqueductus mesencephali. Nur wenige Fasern gelangen zum Thalamus.
Der Kortex wird nur von relativ wenigen Schmerzfasern erreicht. Er dient der Schmerzinterpretation, z. B. stechend oder brennend. Die Schmerzlokalisation dagegen ist sehr ungenau, beim schnellen Schmerz beträgt die Abweichung vom Schmerzort bis zu 10 cm. Die Lokalisation wird jedoch wesentlich verbessert, evtl. sogar sehr genau, wenn gleichzeitig Berührungsrezeptoren erregt werden. Der langsame Schmerz bleibt stets diffus; seine Lokalisation beschränkt sich etwa auf das Bein oder den Arm. ⓘ Infobox Schmerzsignale haben starke Weckeffekte auf den Kortex.Diese gehen von der Formatio reticularis und den intralaminären Thalamuskernen aus.
Schmerzintensität. Als Transmitter wird an den Rückenmarksynapsen der langsam leitenden C-Fasern Substanz P freigesetzt. Substanz P wird wie alle Neuropeptide langsam an den Synapsen gebildet und abgegeben, aber auch langsam abgebaut. Deswegen ist damit zu rechnen, dass die Konzentration von Substanz P langsam ansteigt – evtl. über die Dauer des Schmerzreizes hinaus – und dass Substanz P noch vorhanden ist, wenn der Schmerzreiz bereits vorbei ist. Dies erklärt die fortschreitende Zunahme und die langanhaltende Intensität von Schmerzen. Andererseits können Schmerzsignale, die das Rückenmark aus der Peripherie erreichen, dadurch unterdrückt werden, dass Fasern, die aus der Substantia grisea centralis des Mesenzephalons (wohl auch des Hypothalamus) und aus Raphekernen zum Hinterhorn des Rückenmarks absteigen, an ihren Synapsen als Transmitter Enkephalin und Serotonin freisetzen. Enkephalin gehört zu den im Nervensystem selbst gebildeten Opiaten. Serotonin beeinflusst die Freisetzung des Enkephalins. Temperatursignale werden parallel zu Schmerzsignalen übermittelt. Sie erreichen im Rückenmark die Laminae spinales I, II und III im Hinterhorn, nachdem sie im Tractus posterolateralis über kurze Strecken auf- bzw. abwärts geleitet wurden. Im Rückenmark erfolgt bereits eine begrenzte Verarbeitung von Temperatursignalen. Weitere Temperatursignale verlaufen im anterolateralen System der Gegenseite zur Formatio reticularis und zu den Nuclei ventrales posterolaterales des Thalamus. Nur wenige erreichen den somatosensorischen Kortex. Entsprechend ungenau ist die Lokalisation von Temperaturreizen, sofern nicht gleichzeitig Berührungsrezeptoren angesprochen sind. Im Wesentlichen ist die Temperaturwahrnehmung an das Zusammenwirken des Kortex mit dem Thalamus und der Formatio reticularis gebunden. Das viszerosensorische System dient der Wahrnehmung der Umstände in den inneren Organen. Die Besprechung erfolgt im Kapitel über das vegetative Nervensystem (S. 698, 809, ⊡ Tabelle 10.3). Die speziell-sensorischen Systeme stehen im Dienst der Sinnesorgane.
793 10.4 · Funktionelle Systeme
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In Kürze
Alle somatosensorischen Systeme bestehen aus einer Kette von drei Neuronen:Das 1.Neuron liegt außerhalb des ZNS,das 2.Neuron im Rückenmark bzw.Hirnstamm,das 3.Neuron im Thalamus.Ziel ist der somatosensorische Kortex mit Assoziationsgebieten.Das mediale Lemniskussystem ist somatotop gegliedert und besteht im Rückenmark aus dem Fasciculus gracilis und Fasciculus cuneatus.Es folgt der Tractus bulbothalamicus.Geleitet werden mechanosensorische Signale.Zum anterolateralen System für eine Vielzahl von sensorischen Signalen gehören der Tractus spinoreticularis und Tractus spinothalamicus.Das Trigeminussystem ist analog gegliedert.Im somatosensorischen Kortex besteht ein primär sensorisches Gebiet S I im Gyrus postcentralis, das Signale an den sekundär sensorischen Kortex S II im Operculum parietale weitergibt.Es folgen die somatosensorischen Assoziationsgebiete.Durch kortikoefferente Faserbündel wird im Thalamus die Intensität der somatosensorischen Signale kontrolliert.Schmerz- und Temperatursignale werden im Tractus spinothalamicus gegliedert nach schnellen und langsamen Schmerzen geleitet.Schmerzsignale können unterdrückt werden.
10.4.3
Olfaktorisches System
Wichtig
Das olfaktorische System ist phylogenetisch alt. Es beginnt mit Rezeptorzellen in der Nasenschleimhaut und projiziert vor allem ins limbische System, kaum in den Kortex.
Das olfaktorische System dient der Geruchwahrnehmung. Die Rezeptorendes olfaktorischen Systems befinden sich in der Pars olfactoria der Nasenschleimhaut (S. 418). Hierbei handelt es sich um modifizierte Nervenzellen, deren Axone die Fila olfactoria bilden. Sie gelangen durch die Lamina cribrosa in die Schädelhöhle und enden im Bulbus olfactorius. Der Bulbus olfactorius ist in nur schwer erkennbare Schichten gegliedert. Die auffälligsten Zellen sind die Mitralzellen, mit deren Dendriten die Axone der Riechzellen Synapsenfelder, Glomeruli, bilden. Außerdem kommen im Bulbus olfactorius Körnerzellen mit Afferenzen aus verschiedenen Gebieten des ZNS vor. Im Einzelnen Beim Menschen (Makrosmatiker – geringes Riechvermögen) enden die Axone vieler Riechsinneszellen konvergent an den Dendriten einer Mitralzelle. Beim Mikrosmatiker (z. B. Hund – gutes Riechvermögen) erreicht dagegen eine Riechsinneszelle divergent mehrere Mitralzellen.
Die Axone der Mitralzellen bilden den Tractus olfactorius (⊡ Abb. 10.62), der an der basalen Fläche des Frontal-
lappens liegt. Er teilt sich nach einem Verlauf von 3–4 cm in die Stria olfactoria lateralis und die Stria olfactoria medialis. Die beiden Striae fassen das Trigonum olfactorium zwischen sich, das der von außen erkennbaren Substantia perforata anterior entspricht. Sie wird außerdem von afferenten Faserbündeln zum Bulbus begrenzt, Stria diagonalis, Broca-Band. Stria olfactoria lateralis. In ihr verlaufen die Fasern der Riechbahn, die zur Regio prepiriformis und zur Regio periamygdalaris ziehen. Sie liegen lateral der Stria olfactoria lateralis und sind ein Teil des Paleokortex. Sie gelten als primäre Riechrinde. Von hier gelangen die Signale zum Corpus amygdaloideum und über die Regio entorhinalis zum Hippocampus. Auf diesem Wege ist das Riechsystem an das limbische System angeschlossen, sodass die Auslösung vegetativer und emotionaler Reaktionen, z. B. Ekel, durch olfaktorische Reize verständlich ist. Von der Regio prepiriformis und vom Corpus amygdaloideum gelangen außerdem Fasern via Thalamus zu einem umschriebenen Gebiet im orbitofrontalen Kortex, der damit auch an das olfaktorische System angeschlossen ist. Die Stria olfactoria medialis enthält Fasern des Tractus olfactorius, die weitere paleokortikale Regionen, das Tuberculum olfactorium und die Nuclei septales erreichen. Hier werden die Signale auf Neurone umgeschaltet, deren Axone via Striae medullares thalami und Nuclei habenulares den Hirnstamm erreichen (S. 728).
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794
Kapitel 10 · Nervensystem
⊡ Abb. 10.62. Olfaktorische Rindengebiete
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In Kürze
Die Rezeptorzellen des olfaktorischen Systems sind modifizierte Nervenzellen. Ihre Axone erreichen konvergent Mitralzellen im Bulbus olfactorius. Von hier verläuft die Riechbahn durch die Stria olfactoria lateralis zur Area prepiriformis (Paleokortex) und dann zum Corpus amygdaloideum und Hippocampus. Andere Fasern gelangen durch die Stria olfactoria medialis zum Tuberculum olfactorium und den Nuclei septales.
10.4.4
Gustatorisches System
Wichtig
Das gustatorische System verbindet Geschmacksrezeptoren in der Mundhöhle mit den Geschmackszentren im Kortex. Stationen befinden sich in den Ganglien des N. facialis, N. glossopharyngeus und N. vagus sowie im Tractus solitarius und Thalamus.
Die Ausführungen setzen Kenntnisse über die Geschmacksrezeptoren und ihre Innervation voraus. Lesen Sie hierzu S. 413. Das 1. Neuron der Geschmacksbahn liegt im Ganglion geniculi des N. facialis (N. VII). Es erhält
Signale von den Geschmacksrezeptoren der vorderen zwei Drittel der Zunge, die über die Chorda tympani geleitet werden,
in den Ganglia superius et inferius nervi glossopharyngei (N. IX). Die Signale kommen von Geschmacksrezeptoren des hinteren Drittels der Zunge, vor allem den Papillae vallatae, in den Ganglia superius et inferius nervi vagi (N. X). Die Signale stammen aus den Geschmacksrezeptoren (z. T. freie Nervenendigungen) im Rachen und um den Kehlkopfeingang. Das 2. Neuron befindet sich im Tractus solitarius und in den Nuclei tractus solitarii.Bevorzugt werden die im superioren Teil der Nuclei tractus solitarii gelegenen Neurone von Fasern aus dem N. facialis und N. glossopharyngeus,die des inferioren Teils von Fasern des N. vagus erreicht. Das 3. Neuron liegt im Nucleus ventralis posterior medialis des Thalamus. Es wird von kontralateralen Fasern erreicht, die im Lemniscus medialis verlaufen. Geschmackszentren. Die Axone des 3. Neurons der Geschmacksbahn gelangen zum Operculum parietale, also in enge Nachbarschaft zum somatosensorischen Ge-
795 10.4 · Funktionelle Systeme
biet der Zunge im Gyrus postcentralis. Ein zweites Geschmackszentrum liegt im Bereich der Inselrinde. Kollateralen. Von den Nuclei tractus solitarii ziehen zahlreiche Fasern zu den oberen und unteren Speichelkernen (S. 749), die alle großen Mundspeicheldrüsen efferent innervieren. Diese Reflexverbindung trägt dazu bei, die Speichelsekretion der Nahrungsaufnahme anzupassen. Weitere Verbindungen bestehen zum Nucleus posterior nervi vagi, über den die reflektorische Magensaftsekretion in Gang gesetzt wird, und über die Formatio reticularis zu den Motoneuronen des N. phrenicus im Thorakalmark für Husten- und Brechreflexe. Schließlich gibt die
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Geschmacksbahn Fasern zum Hypothalamus und zum Corpus mammillare ab und verbindet sich dadurch mit dem limbischen System. > Klinischer Hinweis Die Prüfung der normalen Geschmackswahrnehmung in den vorderen zwei Dritteln der Zunge kann zur Lokalisation von peripheren Läsionen des N. facialis beitragen. Ist z. B. der N. facialis (einschließlich N. intermedius) im Porus acusticus internus unterbrochen, entfällt eine ipsilaterale Geschmackswahrnehmung in den vorderen zwei Dritteln der Zunge. Bei Durchtrennung des N. facialis am Foramen stylomastoideum (nach Abgang der Chorda tympani) ist die Geschmackswahrnehmung dagegen normal.
In Kürze
Die 1. Neurone der Geschmacksbahn befinden sich im Ganglion geniculi des N. facialis sowie den Ganglien des N. glossopharyngeus und N. vagus. Das 2. Neuron liegt im Tractus solitarius, das 3. Neuron im Thalamus. Die primären Geschmackszentren liegen im Operculum parietale des Kortex.
10.4.5
Visuelles System
Wichtig
Das visuelle System verbindet die Retina mit Sehzentren im Cortex cerebri. Relaisstationen sind das Corpus geniculatum, das die visuellen Signale moduliert, und Nuclei pretectales im Mesenzephalon für Akkommodations- und Pupillenreflex.
Die folgenden Ausführungen setzen Kenntnisse über die Retina als einen peripheren Abschnitt des Gehirns voraus. Lesen Sie hierzu S. 658. Das visuelle System (⊡ Abb. 10.63) beginnt mit der Sehbahn, die dem Gehirn optische Eindrücke zuleitet. In den Sehzentren des Gehirns erfolgt die wesentliche Verarbeitung durch Analyse und Assoziation, sodass Lichtsignale wahrgenommen werden können. Zur Sehbahn gehören Retina, N. opticus, Chiasma opticum, Tractus opticus, Corpus geniculatum laterale, Nuclei pretectales und Sehrinde.
Retina. Die Retina ist ein in die Peripherie verlagerter Abschnitt des Gehirns. Hier beginnt die Sehbahn. Dabei wirken Stäbchenzellen und Zapfenzellen der Retina als Rezeptoren (1. Neuron). Bereits hier kommt es zu einer ersten Analyse der Seheindrücke, z. B. von Farben. Es folgen in der inneren Körnerzellschicht bipolare Zellen als 2. Neuron und im Stratum ganglionicum multipolare Nervenzellen als 3. Neuron, die ihre langen Axone in den N. opticus entsenden (⊡ Abb. 9.6). Im N. opticus sind die Nervenfasern der Retina topologisch geordnet: Die Fasern aus der oberen Retinahälfte liegen oben, die aus der unteren unten, die aus der nasalen medial usw. Die Fasern aus der Macula lutea (papillomakuläres Bündel) gelangen aus einer randständig-temporalen in eine zentrale Lage. Chiasma opticum. Die Nn. optici beider Augen treffen sich im Chiasma opticum. Dort kreuzen die Fasern aus den nasalen Retinahälften die Seite, während die Fasern der temporalen Retinahälften das Chiasma ungekreuzt passieren (⊡ Abb. 10.63). Diese Aufteilung gilt auch für das papillomakuläre Bündel. Im Chiasma opticum verlassen einige Axone bzw. Kollateralen die Sehbahn, um in den Hypothalamus einzutreten. Dort ziehen sie zum Nucleus suprachiasmaticus, dem Kontrollzentrum für den zirkadianen Rhythmus (S. 729).
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796
Kapitel 10 · Nervensystem
10
⊡ Abb. 10.63. Visuelles System. a Pupillenreflexbogen. Die Zahlen 1, 2 und 3 geben Läsionsorte an, denen in b die entsprechenden Gesichtsfeldausfälle zugeordnet sind. 1 Bei einer einseitigen Unterbrechung der Signalleitung im N. opticus kommt es zu einer totalen Erblindung des zugehörigen Auges (Amaurose). 2 Bei Unterbrechung der sich kreuzenden Fasern im Chiasma opticum, z. B. bei einem Hypophysentumor, fallen die beiden temporalen Gesichtsfeldhälften aus (Scheuklappenblindheit = bitemporale Hemianopsie), weil die Leitung der Signale aus den beiden nasalen Retinahälften unterbrochen ist. 3 Bei einseitiger Unterbrechung der Signalleitung im Tractus opticus kommt es zu einer beidseitigen Halbblindheit der korrespondierenden Gesichtsfeld- und Retinahälften (homonyme Hemianopsie).
797 10.4 · Funktionelle Systeme
Tractus opticus. Er folgt dem Chiasma. Der rechte Tractus opticus leitet Signale aus der temporalen Reti-
Thalamus und von dort zu den umgebenden Basalkernen zur Auslösung von Verhaltensbewegungen auf
nahälfte des rechten und der nasalen Retinahälfte des linken Auges. Die Lichteindrücke, die auf diesem Wege vermittelt werden, kommen vom linken Teil des binokularen Gesichtsfeldes (⊡ Abb. 10.64). Für den linken Tractus opticus gilt Entsprechendes für die gegenüberliegende Seite. Corpus geniculatum, Nuclei pretectales. Die meisten Fasern jedes Tractus opticus enden im ipsilateralen Corpus geniculatum laterale. Sie übertragen hier ihre Signale auf Neurone, deren Axone die primäre Sehrinde erreichen. Einige Axone (etwa 10 %) setzen jedoch ihren Weg ohne Unterbrechung im Corpus geniculatum laterale fort. Sie gelangen zu den Nuclei pretectales (S. 786, ⊡ Abb. 10.63), die im Dienst von Fokussierungs-, d. h. Akkommodations- und Pupillenreflexen stehen, zu den Colliculi superiores, die u. a. die schnellen Richtungsbewegungen der Augen kontrollieren, sowie zum
Lichtsignale.
⊡ Abb. 10.64. Gliederung von Retina und Corpus geniculatum laterale in Beziehung zum Gesichtsfeld. A stellt die Schichten 2, 3 und 5 des Corpus geniculatum laterale dar, die die ungekreuzten Fasern des Tr. opticus erhalten. B zeigt die Schichten 1, 4 und 6 des Corpus geniculatum laterale (gekreuzte Fasern). Die Punktzu-Punkt-Verbindung setzt sich in die primäre Sehrinde fort
Im Einzelnen Das Corpus geniculatum laterale ist eine Relaisstation zur
Übertragung und Modulation von visuellen Signalen. Es ist laminär gebaut (6 Schichten) und hat eine Ordnung, die im Dienst der Punkt-zu-Punkt-Verbindung zwischen Retina und primärer Sehrinde steht. Das Corpus geniculatum laterale besteht aus drei Schichtenpaaren. In jeweils einem Partner eines Schichtenpaares enden die Axone aus dem einen, in dem anderen aus dem anderen Auge (⊡ Abb. 10.64), ist streng retinotop gegliedert. Die Projektionen der entsprechenden Gebiete der Retinae beider Augen liegen durch alle Schichten hindurch annähernd übereinander. Dadurch ist eine parallele Übertragung von Signalen aus korrespondierenden Retinaabschnitten zum Kortex gesichert, hat groß- und kleinzellige Schichten. Mit den großzelligen Schichten (1 und 2) stehen die Y-Zellen des Stratum ganglionicum der Retina in Verbindung. Dieses großzellige System verfügt über eine sehr schnelle Signalübermittlung, hat aber infolge der hohen Konvergenz der Y-Zellen in der Retina (S. 661) nur eine geringe Auflösung und ist farbenblind. Es dient vor allem dem Bewegungssehen. Das kleinzellige System beginnt mit den mittelgroßen X-Zellen des Stratum ganglionicum. Die Axone ziehen zu den Schichten 3–6 des Corpus geniculatum laterale. Dieses System hat in der Retina eine sehr geringe Konvergenz und ermöglicht daher eine hohe Auflösung von Strukturen im Sehfeld. Außerdem übermittelt es Farben, leitet aber nur mit mäßiger Geschwindigkeit. Die Modulation der Signalübermittlung im Corpus geniculatum laterale erfolgt durch kortikofugale Fasern aus dem primären visuellen Kortex und durch Fasern aus der Formatio reticularis des Mesenzephalons. Beide Afferenzen haben hemmende Funktion und können dadurch den Umfang der visuellen Informationen kontrollieren, die an den Kortex weitergegeben werden. Sehrinde. Erreicht wird die Sehrinde von aufsteigenden Fasern des Corpus geniculatum laterale, die durch den retrolentikulären Teil der Capsula interna und dann in der Radiatio optica verlaufen (⊡ Abb. 10.26).
Zur Sehrinde (⊡ Abb. 10.22) gehören die primäre Sehrinde, Sehfeld V 1, und sekundäre Sehrinde, Sehfeld V 2–V 5.
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Kapitel 10 · Nervensystem
Primäre Sehrinde. Die primäre Sehrinde befindet sich in der Area striata, einem Gebiet um den Sulcus calcarinus (Area 17 nach Brodmann). Makroskopie. Die primäre Sehrinde fällt bereits makroskopisch durch einen stark myelinisierten Faserzug auf, Gennari-Streifen. Er befindet sich in der Schicht IV (innere Körnerschicht) der sechsschichtigen Rinde (S. 719) und teilt somit die Lamina IV in drei Unterschichten, die Lamina IV A oberhalb des Gennari-Streifens, die Lamina IV B mit dem Gennari-Streifen und die Lamina IV C unterhalb des Gennari-Streifens. Die Zuordnung der Fasern des Gennari-Streifens zu bestimmten Neuronen ist nicht genau geklärt. Wichtig ist, dass die Endigungen der Fasern der Radiatio optica aus dem ipsi- bzw. kontralateralen Auge in der primären Sehrinde zunächst getrennt gehalten werden. Gliederung. Die primäre Sehrinde ist retinotop gegliedert. Dabei gilt, dass jede Hemisphäre Signale aus beiden Augen, jedoch nur aus einem Gesichtsfeldteil erhält (⊡ Abb. 10.64): die linke Hemisphäre aus dem rechten Teil des Gesichtsfeldes, der von den Rezeptoren der nasalen Retinahälfte des rechten Auges und der temporalen Reti-
nahälfte des linken Auges erfasst wird, die rechte Hemisphäre aus dem linken Teil des Gesichtsfeldes entsprechend.Weiter gilt, dass sich das untere Gesichtsfeld – vermittelt von den Rezeptoren der oberen Retinahälfte – im Kortex oberhalb des Sulcus calcarinus, das obere Gesichtsfeld – vermittelt von den Rezeptoren der unteren Retinahälfte – unterhalb des Sulcus calcarinus wiederfindet. Ein besonders großes Gebiet nimmt die Projektion der Macula lutea (Gebiet des schärfsten Sehens) ein; es liegt nahe am okzipitalen Pol. Verarbeitung der Lichtsignale. Sie erfolgt in Augendominanzsäulen, Farbflecken und Orientierungssäulen.
Hierbei handelt es sich um funktionelle Einheiten. Die Augendominanzsäulen (⊡ Abb. 10.65) befinden sich
in der Lamina IV C der primären Sehrinde. Sie sind jeweils 0,5 mm breit. Hier enden somit Faserbündel der Radiatio optica mit Signalen aus einem eng umschriebenen Retinagebiet eines Auges. Unmittelbar benachbart ist
⊡ Abb. 10.65. Primäre Sehrinde. Links Schichtenfolgen. Rechts Je eine okuläre Dominanzsäule für das kontralaterale und das ipsilaterale Auge. Sie bestehen aus je 7 Orientierungssäulen. Die roten Striche markieren die unterschiedliche Spezifität für die Orientierung der visuellen Signale. Die Zahlen an den Eingängen geben die Herkunft aus den magno- (1, 2) und parvozellulären (3, 5 und 4, 6) Schichten des Corpus geniculatum laterale an. Die Zylinder entsprechen »Farbflecken«
799 10.4 · Funktionelle Systeme
jeder Augendominanzsäule eine weitere Dominanzsäule, die Signale aus korrespondierenden Abschnitten der Retina des Auges der gegenüberliegenden Seite empfängt. Das Zusammenwirken beider Dominanzsäulen ermöglicht räumliches Sehen und eine Koordination der Bewegung beider Augen. > Klinischer Hinweis Beim angeborenen Schielen können korrespondierende Retinaabschnitte der beiden Augen nicht den gleichen Abschnitt des Gesichtsfeldes erfassen. Um die Entstehung von störenden Doppelbildern zu vermeiden, wird in der frühen Entwicklungsphase etwa ab dem 6. Monat nach der Geburt ein Auge »abgeschaltet« (abgedeckt). Dadurch verbreitern sich die Augendominanzsäulen des funktionierenden Auges gegenüber denen des »abgeschalteten« Auges.
Zur Integration der Signale aus benachbarten Augendominanzsäulen kommt es dadurch, dass Fortsätze von Interneuronen (z. B. Sternzellen) zweier Augendominanzsäulen an gemeinsame Pyramidenzellen herantreten. Die Axone der Pyramidenzellen der Schichten II und III ziehen zu den sekundären visuellen Rindenfeldern (s. unten). Die Neurone der Schichten V und VI bilden kortikofugale Fasern zum Corpus geniculatum laterale sowie zum Pulvinar, Colliculus superior und anderen Mittelhirngebieten. Unter Farbflecken werden in der primären Sehrinde Neuronenpopulationen vor allem in den Schichten II und III oberhalb der Augendominanzsäulen verstanden, die Signale aus dem kleinzelligen System erhalten und der Verarbeitung von Farbinformationen dienen. Die Farbflecken können histochemisch durch ihre hohe Zytochromoxidaseaktivität nachgewiesen werden. Die Orientierungssäulen schließlich dienen der Analyse der Stellung (Orientierung) einer Kontur im Raum. Die Orientierungssäulen sind die funktionellen Einheiten der Augendominanzsäulen. Die Orientierungssäulen enthalten jeweils Zellen gleicher Reizorientierung.
sekundären Sehrinde werden auch gemeinsam als visuelles Erinnerungsfeld bezeichnet. > Klinischer Hinweis Der Ausfall der primären Sehrinde führt zu einem Verlust der bewussten Sehwahrnehmung, Rindenblindheit. Fällt die sekundäre Sehrinde teilweise oder ganz aus, wird die Fähigkeit, Gegenstände, Formen und Zeichen zu erkennen und zu verstehen, stark beeinträchtigt.
Reflexe Reflektorisch gesteuert werden die Pupillenweite durch den Pupillenreflex, Akkommodation durch den Akkommodationsreflex. Pupillenreflex. Fällt Licht ins Auge, verengen sich die Pu-
pillen reflektorisch. ⓘ Infobox Durch den Pupillenreflex werden die Augen schnellen Lichtveränderungen angepasst, Adaptation, und die Retinae vor Überbelichtung geschützt.
Reflektorisch wird aber nicht nur die Verengung der Pupille (auf minimal 1,5 mm), sondern auch deren Erweiterung (auf maximal 8 mm) gesteuert. Dabei werden für die Verengung der Pupille (Miosis, verbunden mit Abnahme der Pupillenapertur) und für die Erweiterung (Mydriasis, Zunahme der Pupillenapertur) getrennte Wege benutzt. Bei der Pupillenverengung wirken zusammen (⊡ Abb. 10.63): Ganglienzellen der Retina, Nucleus pretectalis, Nuclei accessorii nervi oculomotorii (Edinger-Westphal), parasympathischer Teil des N. oculomotorius, Ganglion ciliare und M. sphincter pupillae.
Sekundäre Sehrinde (Area 18, 19 nach Brodman, ⊡ Abb. 10.22 b). Sie umgibt die primäre Sehrinde hufei-
senförmig. Die sekundäre Sehrinde erhält ihre Signale aus der primären.Aus der sekundären werden die Signale dann schrittweise über weitere Synapsen in zahlreiche anterior anschließende Gebiete einschließlich der temporookzipitoparietalen Grenzregionen weitergegeben. Dabei erfolgt die weitere Verarbeitung der optischen Signale nach Merkmalen wie Konturen, Formen, Orientierung, Bewegungsrichtung und Farben. Die Gebiete der
Die Ganglienzellen der Retina entsenden ihre Axone (ohne Umschaltung im Corpus geniculatum laterale) in den Nucleus pretectalis, der zwischen der Commissura posterior und den Colliculi superiores liegt. Die Axone aus diesem Kern erreichen die Nuclei accessorii nervi oculomotorii (Edinger-Westphal, parasympathischer Anteil des N. III, präganglionäre Nervenzellen) beider Seiten. Die ipsilateralen Fasern bewirken den direkten, die kontralateralen Fasern den konsensuellen Pupillenre-
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Kapitel 10 · Nervensystem
flex (Mitreaktion der Pupille des kontralateralen Auges auch bei Belichtung nur eines Auges). Von den Nuclei accessorii nervi oculomotorii gelangen die Signale über den N. oculomotorius ins Ganglion ciliare. Die hier gelegenen postganglionären parasympathischen Neurone erreichen schließlich den M. sphincter pupillae. Für die Dilatation der Pupille befindet sich das Steuerzentrum im oberen Thorakalbereich des Rückenmarks (Nucleus intermediolateralis, ziliospinales Zentrum, S. 771). Die Signale gelangen von hier (präganglionäre Strecke) über den Truncus sympathicus zum Ganglion cervicale superius. Nach Umschaltung auf postganglionäre Nervenzellen folgen deren Axone der A. carotis interna und der A. ophthalmica, passieren das Ganglion ciliare ohne Umschaltung und ziehen zum M. dilatator pupillae. > Klinischer Hinweis
10
Die Pupillenreaktionen können durch Schäden in den Reflexbögen gestört sein. So finden sich z. B. beidseitig abnorm weite Pupillen bei Mittelhirnläsionen. Eine Seitendifferenz in der Pupillenweite, Anisokorie, kann auf einseitiger Erweiterung (Läsion des parasympathischen Ursprungskerns oder des pa-
>
rasympathischen Anteils des N. oculomotorius) oder einseitiger Verengung (Schädigung der sympathischen Innervation) beruhen. Reflektorische Pupillenstarre bei Lichteinfall (Ausfall des Pupillenreflexes) bei erhaltener Sehfähigkeit und Konvergenzreaktion ist ein Frühsymptom einer syphilitischen Erkrankung des Hirnstamms (Phänomen nach Robertson). Weitere Störungen der Pupillenreaktionen können durch Schäden im N. opticus, Läsion der Nuclei accessorii nervi oculomotorii des N. oculomotorius oder des oberen, zervikalen Sympathikus verursacht werden.
Akkommodationsreflex. Für die reflektorische Fokussie-
rung des Auges auf einen Punkt im Gesichtsfeld, Akkommodation, werden Bahnen benutzt, die von der Retina zum primären visuellen Kortex und von dort zum Nucleus pretectalis und zu den Nuclei accessorii nervi oculomotorii führen. Verbindungen zum okulomotorischen System bestehen über die Colliculi superiores der Lamina quadrigemina (S. 741). Parasympathische präganglionäre Fasern des N. oculomotorius ziehen dann zum Ganglion ciliare. Postganglionäre Fasern aus diesem Ganglion erreichen schließlich den M. ciliaris, der die Spannung der Linse reguliert.
In Kürze
Zwischen Retina und primärer Sehrinde (um den Sulcus calcarinus) bestehen Punkt-zu-Punkt-Verbindungen. Sie gehen auf eine durchgehende topologische Gliederung aller Anteile der Sehbahn zurück, von der Retina über den N. opticus, das Corpus geniculatum bis zum visuellen Kortex. Durch die Faserverteilung im Chiasma opticum auf die Tractus optici – der rechte Tractus opticus leitet Signale aus der temporalen, der linke aus der nasalen Retinahälfte – und Rechts- und Linkskorrespondenz in den Corpora geniculata und den primären Sehfeldern ist eine Parallelübertragung von Signalen aus korrespondierenden Retinaabschnitten auf den Kortex gesichert. Die Verarbeitung der Signale in der primären Sehrinde erfolgt in Augendominanzsäulen, Farbflecken und Orientierungssäulen. Weiteres erfolgt in der sekundären Sehrinde, auch als optisches Erinnerungsfeld bezeichnet. Pupillenverengungen und Akkommodation werden reflektorisch vermittels der Nuclei pretectales, die Pupillendilatation durch ein ziliospinales Zentrum im Rückenmark geregelt.
801 10.4 · Funktionelle Systeme
10.4.6
Auditives System
Wichtig
Im auditiven System werden durch die Hörbahn akustische Signale vom Corti-Organ zur Hörrinde im Gyrus temporalis transversus und durch Kollateralen akustische Reflexe vermittelt.
Die folgenden Ausführungen setzen Kenntnisse über das Gehörorgan voraus. Lesen Sie hierzu S. 678. Das auditive (akustische) System beginnt im Corti-Organ des Innenohrs (S. 679). Die folgenden Stationen sind (⊡ Abb. 10.66) Ganglion cochleare des Corti-Organs (S. 681) mit dem primären afferenten Neuron der Hörbahn (1. Neuron), Nucleus cochlearis anterior bzw. Nucleus cochlearis posterior (2. Neuron; ⊡ Abb. 10.66 a).
– Vom Nucleus cochlearis anterior ziehen Fasern im Corpus trapezoideum (mit Nuclei) zur Gegenseite und dann im Lemniscus lateralis aufwärts. Einige Fasern gelangen auch ipsilateral vom Corpus trapezoideum aus zum Colliculus inferior. – Vom Nucleus cochlearis posterior aus kreuzen die Fasern in den Striae cochlearis posterior (in der Nachbarschaft der Striae medullares ventriculi quarti) die Seite und ziehen teilweise ohne Unterbrechung zum Colliculus inferior. – Ein weiterer Zwischenkern befindet sich im Nucleus lemniscus lateralis. Colliculus inferior. Hier erfolgt eine erneute Umschaltung. Außerdem gelangen von hier Kollateralen zu den Colliculi superiores (akustisch-optische Fasern). Corpus geniculatum mediale, das über das Brachium colliculi inferioris erreicht wird. Primäre Hörrinde. Die Fasern verlaufen durch den retrolentikulären Teil der Capsula interna und die Radiatio acustica.
⊡ Abb. 10.66. Auditives System. a Neuronale Verbindungen, b Hörzentren. Im Gyrus temporalis transversus mit den Areae 41 und 42 werden anterolateral Signale von tiefen Tönen (20 Hz), posteromedial von hohen Tönen (16 000 Hz) verarbeitet
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Kapitel 10 · Nervensystem
Im Einzelnen Das akustische System ist tonotop gegliedert. Dies be-
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ginnt in der Kochlea. Die Fasern, die hohe Frequenzen leiten, erhalten ihre Signale von den basalen Teilen der Schneckenwindung, während die Fasern für die Leitung niedriger Frequenzen den apikalen Abschnitten der Schneckenwindung entstammen. Im weiteren Verlauf liegen die Fasern für die Leitung hoher Frequenzen überwiegend auf der posterioren Seite der Hörbahn. Die tonotope Gliederung setzt sich bis in die primäre Hörrinde fort (s. unten). Der Verlauf der Hörbahn ermöglicht, dass jede Hemisphäre Signale aus beiden Hörorganen erhält. Erreicht wird dies dadurch, dass ein etwas größerer Teil der Fasern die Seite kreuzt, andere jedoch ipsilateral verlaufen. Dies ist eine Voraussetzung für das Richtungshören. Reflexbahnen. Durch Kollateralen der Hörbahn, die das Corpus trapezoideum verlassen, ist das akustische System verbunden mit der Formatio reticularis. Dort wird das retikuläre Aktivierungssystem erreicht. Da dieses System diffus nach oben in den Kortex und nach unten in das Rückenmark projiziert, kann das ganze Nervensystem durch akustische Signale aktiviert werden, den Augenmuskelkernen (über den Fasciculus longitudinalis medialis) sowie weitere Steuerzentren des visuellen Systems im Hirnstamm, z. B. den Colliculi superiores. Hierdurch werden konjugierte Augenbewegungen, aber auch Kopf- und Körperbewegungen als Reaktion auf Geräusche bewirkt (Zuwendung,Abwendung), den motorischen Anteilen des N. trigeminus und N. facialis. Auf diesem Weg wird das Corti-Organ mit dem M. tensor tympani und dem M. stapedius verbunden, sodass reflektorisch bei hohen Tonfrequenzen die Vibration der Gehörknöchelchen gedämpft werden kann (Schutzreflex). Die Verarbeitung auditiver Signale erfolgt in der primären Hörrinde (A 1, Area 41 nach Brodmann) und der sekundären Hörrinde (A 2, Area 42). Die primäre Hörrinde (⊡ Abb. 10.66) befindet sich im vorderen Teil des Gyrus temporalis transversus. Sie ist tonotop gegliedert, d. h. verschiedene Frequenzbereiche
werden in der Hörrinde auch verschiedenen, nebeneinander angeordneten Neuronenpopulationen zugeleitet.
Diese sind als funktionelle Einheiten nachweisbar. Die Gebiete für den Empfang niedriger Frequenzen befinden sich in den anterolateralen, für hohe Frequenzen in den posteromedialen Abschnitten der primären Hörrinde (⊡ Abb. 10.66 b). Zum Richtungshören trägt bei, dass in jeder Hörrinde die Orte zum Empfang von Signalen aus korrespondierenden Gebieten beider Hörorgane jeweils benachbart sind. Die sekundäre Hörrinde umrandet die primäre Hörrinde hufeisenförmig. Sie hat assoziative Aufgaben. Sie erhält vor allem Signale aus der primären Hörrinde, aber auch direkte aus dem Corpus geniculatum mediale. Anders als bei der primären Hörrinde antwortet die sekundäre Hörrinde nicht auf spezifische Tonfrequenzen, sondern verbindet diese und vergleicht die Signale mit auditiven Erinnerungen. Dadurch trägt sie dazu bei, die Bedeutung von Geräuschen, Tönen, Melodien, Worten, Sätzen usw. aufzuklären. Sie ist eng mit dem hinteren Abschnitt des Gyrus temporalis superior (Wernicke-Zentrum für das Sprachverständnis, S. 717, 814) verbunden. ⓘ Infobox Innerhalb des Kortex steht die Hörrinde mit zahlreichen anderen Arealen in synaptischer Verbindung, z. B. dem frontalen Augenfeld, den Gyri pre- und postcentralis sowie mit temporalen und okzipitalen Gebieten, sodass auditive Signale komplexe Reaktionen auslösen können (z. B. »Hinhören«). Außerdem bestehen Verbindungen zwischen den Hörrinden beider Hemisphären.
Modulation auditiver Signale. Sie erfolgt durch hem-
mende absteigende auditive Fasersysteme aus der primären Hörrinde. Die Fasern gelangen in den Hirnstamm und ziehen von dort im Tractus olivocochlearis (Verlauf im N. cochlearis) zum Corti-Organ. Dort treten die Fasern entweder direkt an die äußeren Haarzellen oder an die afferenten Strecken der Nervenzellen des Ganglion cochleare heran. Offenbar kann die Signalübertragung aber auch im Colliculus inferior, im oberen Olivenkomplex und in den Nuclei cochleares hemmend beeinflusst werden. Insgesamt ist dieses efferente System in der Lage, die Lautstärkeempfindlichkeit des Corti-Organs und die Übertragung der auditiven Signale auf den Kortex erheblich zu modifizieren.
803 10.4 · Funktionelle Systeme
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In Kürze
Die wichtigsten Stationen der Hörbahn sind das Ganglion cochleare, die Nuclei cochlearis anterior et posterior, das Corpus trapezoideum, Colliculus inferior, Corpus geniculatum mediale, die primäre und sekundäre Hörrinde im Gyrus temporalis transversus. Die größere Hälfte der Fasern der Hörbahn kreuzt die Seite, sodass jede Hemisphäre Signale aus beiden Hörorganen erhält. Das akustische System ist in allen Anteilen tonotop gegliedert. Die Signalübertragung in der Hörbahn kann durch kortikoefferente Fasersysteme aus der Hörrinde moduliert werden. Durch Kollateralen ist das auditive System mit der Formatio reticularis und den Augenmuskelkernen sowie den motorischen Anteilen des N. trigeminus und N. facialis verbunden.
10.4.7
Vestibuläres System
Wichtig
Das vestibuläre System dient vor allem der Steuerung der Kopf- und Körperhaltung im Verhältnis zum Schwerefeld der Erde sowie der Augenbewegungen im Verhältnis zu den Kopfbewegungen. Es arbeitet überwiegend reflektorisch.
Folgende Ausführungen setzen Kenntnisse über den Vestibularapparat im Innenohr voraus. Lesen Sie hierzu S. 682. Das vestibuläre System (⊡ Abb. 10.67) beginnt mit Rezeptoren in den Cristae ampullares der Bogengänge – ihre Signale dienen vor allem der Blickführung – sowie in den Makulaorganen des Sacculus und Utriculus (⊡ Abb. 9.27) – zur Sicherung von aufrechtem Stand und Gang. Weitere Stationen sind Ganglion vestibulare und Nuclei vestibulares mit Verbindungen – zum Zerebellum, – zum Rückenmark, – zur Formatio reticularis und – zu den Augenmuskelkernen. Verbindungen zum Kortex (via Thalamus) sind dagegen spärlich. Sie konzentrieren sich auf ein begrenztes Gebiet in Gyrus postcentralis nahe der sensorischen Gesichtsprojektion. Sie vermitteln eine bewusste Raumorientierung.
Ganglion vestibulare. Es befindet sich am Boden des in-
neren Gehörganges (S. 683) und entspricht dem 1. Neuron des vestibulären Systems. Es handelt sich um bipolare Nervenzellen. Nuclei vestibulares. Sie liegen im Übergangsbereich zwischen Pons und Medulla oblongata lateral unter dem Boden des IV. Ventrikels. Die Nuclei vestibulares bestehen aus vier Kerngruppen Nucleus vestibularis superior (Bechterew, ⊡ Abb. 10.67 A), Nucleus vestibularis medialis (Schwalbe, (⊡ Abb. 10.67 B), Nucleus vestibularis inferior (Roller, ⊡ Abb. 10.67 D) und Nucleus vestibularis lateralis (Deiters, ⊡ Abb. 10.67 C). Afferent werden die Nuclei vestibulares jedoch nicht nur
von Signalen aus dem Vestibularapparat erreicht (die Nuclei vestibulares superior et medialis aus den Bogengängen,Nucleus vestibularis inferior aus Sacculus und Utriculus), sondern auch von spinovestibulären Fasern aus dem Rückenmark, die zur Bestimmung der Stellung des Kopfes bzw.der Arme und Beine gegenüber dem übrigen Körper beitragen, sowie von rückläufigen Fasern aus dem Kleinhirn (zu dem Nucleus vestibularis lateralis). Efferent projizieren die Nuclei vestibulares vor allem (⊡ Abb. 10.67) ins Kleinhirn und zwar in den Lobus flocculonodularis (S. 759, Archizerebellum für bogenganggesteuerte Gleichgewichtsfunktionen. Bei Störungen dieses Systems kommt es bei schnellen Veränderungen der Bewegungsrichtung zum Gleichgewichtsverlust), zur Uvula vermis und zum Paraflocculus (Teile des Pa-
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Kapitel 10 · Nervensystem
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⊡ Abb. 10.67. Vestibuläres System. Die Zahlen III, IV und VI gehören zu den Augenmuskelkernen
leozerebellums, S. 759, zur Steuerung des statischen Gleichgewichts). Einige Fasern erreichen Uvula und Flocculus auch ohne Unterbrechung im Ganglion vestibulare (direkte sensorische Kleinhirnbahn). Im Kleinhirn enden die Axone als Moosfasern im Stratum granulosum. Von dort werden die Purkinje-Zellen erregt, deren Axone zurück in die Nuclei vestibulares laterales projizieren. Dadurch entsteht ein Regelkreis, der die Feinabstimmung der Vestibularisreflexe kontrolliert. Ein weiterer Weg verläuft von den Nuclei vestibulares über die untere Olive mit Kletterfasern zum unteren Wurm (indirekte sensorische Kleinhirnbahn), > Klinischer Hinweis Der Ausfall des Kleinhirns geht in der Regel mit Gleichgewichtsstörungen und Nystagmus einher. Es kommt zur Fallneigung, zu breitbeinigem Gehen, zu überschießenden Bewegungen insbesondere beim Laufen: Teilsymptome einer zerebellären Ataxie.
zu den Motoneuronen des Halsmarks und des oberen Thorakalmarks. Die Fasern ziehen vom Nucleus vestibularis medialis im Fasciculus longitudinalis medialis beider Seiten als Tractus vestibulospinalis medialis. Sie wirken bei der Koordination von Kopfund Augenbewegungen mit, zu den g-, teilweise auch zu den a-Motoneuronen des gesamten Rückenmarks für die Extensoren. Die Fasern stammen aus dem Nucleus vestibularis lateralis und bilden den Tractus vestibulospinalis lateralis. Auf diesem Wege wird vor allem ein der Gleichgewichtserhaltung dienender, den Umständen angepasster Muskeltonus im ganzen Körper erreicht; evtl. erfolgt ein automatisches Gegensteuern bei Gleichgewichtsveränderungen, zur Formatio reticularis, deren Fasern den Abduzenskern sowie über den Tractus reticulospinalis gleichfalls die g- und a-Motoneurone des Rückenmarks erreichen. Von der Formatio reticularis ziehen außerdem einige exzitatorische Fasern retrograd zu den
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Haarzellen des Labyrinths. Schließlich können über Vestibularfasern vegetative Zentren in der Formatio reticularis erregt werden (Brechreiz bei starken Drehbewegungen), zu den Augenmuskelkernen über das mediale Längsbündel. Die Fasern kommen von den Nuclei vestibulares superior et inferior. Durch diese Verbindung, die durch Fasern aus dem Nucleus interstitialis Cajal ergänzt wird, können die Augen auch bei Kopfbewegungen auf ein bestimmtes Objekt fixiert werden. Der Nucleus interstitialis Cajal liegt lateral vom Nucleus nervi oculomotorii. Er wird von Fasern aus
>
den Nuclei vestibulares, dem Globus pallidus und Colliculus superior erreicht. > Klinischer Hinweis Bei Ausfall des vestibulären Systems in seiner Gesamtheit einschließlich der propriozeptiven Bahnen aus dem Körper kann das Gleichgewicht über das visuelle System aufrechterhalten bleiben, solange sich das Sehfeld nicht oder nur extrem langsam verändert. Werden jedoch die Augen geschlossen oder erfolgen schnelle Sehfeldveränderungen, ist das Gleichgewicht sofort gestört. Bei einer zerebellären Läsion kann das visuelle System die zerebelläre Ataxie nicht kompensieren.
In Kürze
Das vestibuläre System arbeitet vermittels der Nuclei vestibulares überwiegend reflektorisch. Dabei bedient es sich des Archi- und Paleozerebellums sowie der Motoneurone des Hals- und oberen thorakalen Rückenmarks für Kopf- und Augenbewegungen und der des gesamten Rückenmarks für die Aufrechterhaltung des Gleichgewichts. Ferner bestehen Verbindungen zur Formatio reticularis und den Augenmuskelkernen.
10.4.8
Limbisches System
Wichtig
Das limbische System fasst Grenzstrukturen aus dem Telenzephalon und Dienzephalon zusammen, die den Balken saumartig umrahmen. Angeschlossen sind Gebiete im Hirnstamm.
Das limbische System ist an allen neuronalen Vorgängen beteiligt, die das Verhalten bestimmen und die bei Emotionen stattfinden. In diesem Rahmen wirkt das limbische System einerseits auf den Neokortex, andererseits vermittels des Hypothalamus auf alle von dort kontrollierten vegetativen Körperfunktionen sowie auf den Hirnstamm. Durch das limbische System wird subjektives Befinden mit somatischen und vegetativen Vorgängen in Verbindung gebracht. Zum limbischen System gehören (⊡ Abb. 10.68) im Telenzephalon bogenförmige Strukturen um den Balken: – ein »innerer« Ring vor allem mit Hippocampus, Nuclei septales und Corpus amygdaloideum, – ein »äußerer« Ring als Übergang zum Neokortex mit Gyrus cinguli und Gyrus parahippocampalis.
im Dienzephalon: Hypothalamus, Epithalamus und die Nuclei anteriores thalami, im Mesenzephalon: Tegmentum und graue Gebiete um den Zentralkanal. ⓘ Infobox Zwischen allen Teilen des limbischen Systems bestehen kurze und lange sowie auf- und absteigende Verbindungen.
Hippocampus Der Hippocampus liegt auf der medialen Seite jeder Hemisphäre und hat C-Form. Sein Bogen ist nach okzipital gerichtet. Er gehört zum Archikortex (S. 715). Zu unterscheiden sind Hippocampus retrocommissuralis, Hippocampus supracommissuralis und Hippocampus precommissuralis. Der Hippocampus retrocommissuralis (Hippocampus im
engeren Sinn, daher im Folgenden nur Hippocampus genannt) gehört zum Lobus temporalis.Dort schließt er sich medial dem an der unteren Oberfläche des Gehirns erkennbaren Gyrus parahippocampalis (⊡ Abb. 10.20 b, c) an, befindet sich jedoch in der Tiefe, da er um einen längs verlaufenden Sulcus hippocampalis eingerollt ist
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Kapitel 10 · Nervensystem
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⊡ Abb. 10.68. Limbisches System. Es besteht aus einem inneren Ring (Hippocampus retrocommissuralis, Hippocampus supracommissuralis, Corpus amygdaloideum), einem äußeren Ring (Gyrus parahippocampalis, Gyrus cinguli) sowie einer zentralen Einheit: S Septumkerne; PO Area preoptica; H Hypothalamus; LMA limbisches Mittelhirnareal; dazu gehören außerdem Teile des Thalamus und die Nuclei habenulares
(⊡ Abb. 10.69). Dadurch wölbt sich der Hippocampus von unten her in das Unterhorn des Seitenventrikels vor. Die anterioren Abschnitte des Hippocampus, Pes hippocampi, sind lappenartig vergrößert und bilden die Digitationes hippocampi. Anterior hat der Hippocampus Verbindung mit dem Uncus,einer hakenförmigen Verdickung am vorderen Ende des Gyrus parahippocampalis. Zwischen Hippocampus und Gyrus parahippocampalis befinden sich lateral als spezielle Gebiete das Subiculum sowie die Regio entorhinalis. Morphologisch ist der Hippocampus dreischichtig, funktionell ein großes Integrationsgebiet, das die ihm zugeleiteten Informationen in zahlreichen Schaltkreisen verarbeitet. Dabei werden u. a. Informationen selektiert und es wird entschieden, welche in kortikale Gedächtnisspeicher abgelegt werden.
Afferenzen zum Hippocampus retrocommissuralis.
Vor allem kommen afferente Signale aus den sensorischen Kortexgebieten (für Sehen, Hören, Riechen, Berührung), aber auch aus dem limbischen System selbst, z. B. aus den Nuclei septales (s. unten), dem Corpus amygdaloideum (s. unten) sowie aus dem Hypothalamus und dem Hirnstamm. Alle aufgeführten Afferenzen enden zunächst in der Regio entorhinalis, wo sie »vorverarbeitet« werden. Die Weiterleitung der Impulse aus der Regio entorhinalis zum Hippocampus erfolgt durch den Tractus perforans, der einem Nadelöhr für die Zuleitung von Informationen zum Hippocampus gleicht. Efferenzen des Hippocampus retrocommissuralis.
Das morphologisch auffälligste efferente Bündel des Hippocampus ist der Fornix. Er beginnt mit der Fimbria hip-
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Der Hippocampus supracommissuralis ist eine Fortsetzung des Hippocampus retrocommissuralis um das Splenium des Balkens herum. Er besteht aus einer dem Balken aufliegenden Zellschicht, Indusium griseum, sowie zwei längs verlaufenden Faserbündeln, Stria longitudinalis medialis und Stria longitudinalis lateralis. Der Hippocampus precommissuralis liegt rostral vor
dem Genu corporis callosi und steht fast senkrecht. Er wird zusammen mit dem Hippocampus supracommissuralis als Zwischenglied zwischen olfaktorischem System und Hippocampus retrocommissuralis aufgefasst.
Nuclei septales Die Nuclei septales sind wichtige Schaltstellen im limbi-
schen System. Sie befinden sich unmittelbar anterior der Lamina terminalis zwischen Genu corporis callosi (oben) und Commissura anterior (hinten, vgl. ⊡ Abb. 10.13). Die Nuclei septales bestehen aus mehreren Nervenzellgruppen, die an Schaltkreisen zwischen Hippocampus und Hypothalamus beteiligt sind. Ferner sind sie an den Bulbus olfactorius, den Cortex orbitofrontalis (⊡ Abb. 10.68) sowie über die Striae medialis thalami an verschiedene Zentren im Hirnstamm angeschlossen. Die Nuclei septales vermögen u. a. die Bedürfnisse der Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme, die Entleerungen, aggressives, sexuelles und reproduktives Verhalten zu beeinflussen. ⓘ Infobox ⊡ Abb. 10.69 a–c. Entwicklung der Hippocampusformation und des benachbarten Periarchikortex. Pre- und Parasubiculum sowie Regio entorhinalis
pocampi,einem Faserbündel auf dem Hippocampus,und bildet einen nach posterior gerichteten Bogen, Crus fornicis. Es folgt unter dem Corpus callosum das Corpus fornicis,das in der Commissura fornicis mit dem Fornix der Gegenseite in Verbindung steht.Dann zieht der Fornix bis zur Commissura anterior,wo er sich teilt.Der vordere Teil, Columna anterior fornicis, bringt Fasern u. a. zu den Nuclei septales, zu den zerebralen Anteilen des motorischen Systems und zum vorderen Hypothalamus; der hintere, größere Teil, Columna posterior fornicis, erreicht vor allem die Corpora mammillaria sowie den Nucleus ventromedialis hypothalami,den Thalamus und das Mittelhirn.
Die neuronalen Strukturen der Septumkerne sind von dem nervenzellfreien Septum pellucidum zu unterscheiden. Das Septum pellucidum (⊡ Abb. 10.14) spannt sich zwischen den Crura fornicis und der Unterseite des Balkens. Es bildet gleichzeitig die mediale Wand des Vorderhorns jedes Seitenventrikels.
Corpus amygdaloideum Das Corpus amygdaloideum, Mandelkern, (⊡ Abb. 10.21, 10.24) liegt am anterioren Ende des Hippocampus an der Spitze des Unterhorns der Seitenventrikel. Partiell ist der Mandelkern von paleokortikaler Hirnrinde bedeckt, die mit zum Mandelkernkomplex gehört. Der Mandelkern besteht aus zahlreichen Kernen, die untereinander durch Nervenzellen mit relativ kurzen Axonen verbunden sind.
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Kapitel 10 · Nervensystem
Verbindungen des Corpus amygdaloideum. Sie beste-
hen zum Kortex, Striatum, Hypothalamus und Hirnstamm. Verbindungen mit dem Kortex. Fasern aus dem Kortex
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bringen dem Mandelkern Informationen aus praktisch allen sensorischen Rindengebieten (für Riechen, Schmecken, Sehen, Hören, Fühlen) sowie aus dem Hippocampus. Umgekehrt erreichen Efferenzen aus dem Corpus amygdaloideum teils direkt, teils nach Umschaltung im medialen Thalamus präfrontale Kortexareale und limbische Assoziationsgebiete. Es wird angenommen, dass diese Projektionen u. a. bei höheren kognitiven Leistungen und für Motivationen, z. B. beim Lernen eine Rolle spielen. Verbindungen mit dem Striatum. Dadurch wird das Corpus amygdaloideum an das motorische (extrapyramidale) System angeschlossen (S. 781). Diese unidirektionalen Efferenzen haben wahrscheinlich Bedeutung für die Ausführung emotionsbedingter Bewegungen. Verbindungen mit allen Teilen des Hypothalamus.
Sie sind besonders ausgeprägt und reziprok. Dabei nehmen die Fasern ihren Weg entweder über die Ansa peduncularis, oder über die Stria terminalis, die in einem großen Bogen vom Corpus amygdaloideum entlang am Nucleus caudatus verlaufen (⊡ Abb. 10.29). Auf diesem
>
Weg vermag das Corpus amygdaloideum vegetative Funktionen jeweiligen Verhaltenssituationen anzupassen. Andererseits erfolgt im Mandelkern die emotionale Konditionierung, d. h., die Affektbeladung an sich neutraler Wahrnehmungen. Verbindungen mit dem Hirnstamm. Sie sind reziprok und werden durch die Striae mediales thalami via Nuclei habenulares hergestellt. Dadurch kann das limbische System die Tätigkeit der vegetativen Zentren des Hirnstamms, z. B. für Atmung und Kreislauf, aber auch Schlafen und Wachen, Aufmerksamkeit und Erregung beeinflussen.
Gyrus cinguli, Gyrus parahippocampalis Gyrus cinguli und Gyrus parahippocampalis bilden den »äußeren« Ring des telenzephalen Anteils des limbischen Systems. Sie sind reziprok mit allen Anteilen des »inneren« Rings sowie mit dem Thalamus und zahlreichen Gebieten der Rinde verbunden. Dadurch können sie intellektuellen Prozessen eine emotionale Tönung geben. ⓘ Infobox Als Papez-Kreis wird innerhalb des limbischen Systems ein Neuronenkreis bezeichnet, der Erregungen aus dem Hippocampus unter Beteiligung des Subiculum über den Fornix zu den Corpora mammillaria leitet. Nach Umschaltung gelangen die Signale durch den Tractus mammillothalamicus zu den Nuclei anteriores thalami und teilweise zurück zum Hippocampus und teilweise zum Gyrus cinguli. In Fortsetzung werden weitere Regionen des Kortex erregt.
In Kürze
Das limbische System koordiniert Verhaltensweisen und vegetative Körperfunktionen. Seine Koordinationszentren sind als »innerer« Ring um den Balken der Hippocampus, die Nuclei septales und das Corpus amygdaloideum sowie als »äußerer« Ring Gyrus cinguli und Gyrus parahippocampalis. Der Hippocampus ist ein Teil des Kortex. Er erhält Afferenzen aus allen somatischen Kortexgebieten, die ihm durch den Tractus perforans zugeleitet werden. Nach Verarbeitung gelangen Efferenzen bevorzugt ins Frontalhirn und auch zu den Nuclei septales, zum Striatum (motorisches System) und via Fornix zum Hypothalamus. Die Nuclei septales ihrerseits haben via Nuclei habenulares Verbindung zum Hirnstamm. Das Corpus amygdaloideum liegt anterior des Hippocampus. Durch seine Verbindungen mit dem Kortex, Striatum, Hypothalamus und Hirnstamm wirkt es als Koordinationszentrum zur Anpassung vegetativer Funktionen an emotionale Umstände.
809 10.4 · Funktionelle Systeme
10.4.9
Vegetatives System
Wichtig
Das vegetative Nervensystem besteht aus Sympathikus und Parasympathikus. Beide Anteile erfüllen ihre Aufgaben überwiegend »unbewusst« durch Reflexe.
Zur Einführung lesen Sie die Ausführungen über das periphere vegetative (autonome) Nervensystem S. 698. Das vegetative Nervensystem arbeitet autonom, wenn auch in enger Verbindung mit dem somatischen Nervensystem. Für seine Autonomie stehen dem vegetativen Nervensystem sowohl peripher als auch zentral zwei sich ausbalancierende Anteile zur Verfügung, Sympathikus und Parasympathikus. Beide sind reflektorisch tätig. Die Stellglieder sind jeweils die präganglionären Neurone im Rückenmark bzw. Hirnstamm. Sie werden von Afferenzen aus der Peripherie erreicht und geben efferente Signale dorthin zurück. Sie unterliegen jedoch der Steuerung durch übergeordnete Zentren. Dem Reflexablauf selbst dienen Reflexzentren. Im Rückenmark sind es Centrum ciliospinale an der Grenze zwischen Halsund Brustmark. Es gehört zum Sympathikus. Beeinflusst wird von diesem Zentrum die Pupillenweite, die Öffnung der Lidspalte und die Lage des Bulbus oculi in der Orbita. Centrum vesicospinale. Hierzu gehören ein dem Sympathikus zugeordnetes Gebiet im Lumbalmark (L1–L2) und ein parasympathisches Gebiet im Sakralmark (S1–S2). Während die sympathischen Fasern hemmend auf die Kontraktion der glatten Muskulatur der Harnblasenwand wirken, hat der Parasympathikus einen gegenteiligen Effekt und ist dadurch bei der Harnblasenentleerung führend. Die Miktion wird jedoch letztlich durch übergeordnete vegetative Zentren im Hirnstamm bestimmt (S. 754). Centrum anospinale. Seine sympathischen Anteile befinden sich in L1–L2, die parasympathischen Anteile in S1–S2. Während der Sympathikus einen Dauertonus der Verschlussmuskulatur des Anus bewirkt, führt ein spinaler parasympathischer Reflex zu einer Kontraktion der Muskulatur des Colon descendens, Colon sigmoideum und des Rektums. Bei gleichzeitiger Erschlaffung des M. sphincter externus kommt es
zur Defäkation (S. 582). Auch dieser Reflex kann willkürlich beeinflusst werden und unterliegt der Steuerung durch zerebrale Zentren. Centrum genitospinale. Die parasympathischen Zentren befinden sich im Sakralmark und bewirken durch Vasodilatation Erektion bzw. bei der Frau Blutfüllung in den äußeren Geschlechtsorganen. Lumbal liegen die sympathischen Steuerungsgebiete, die bei beiden Geschlechtern bei den orgastischen Vorgängen mitwirken und beim Mann Emission und Ejakulation bewirken (S. 629). Das Centrum genitospinale unterliegt in erheblichem Umfang übergeordneten zerebralen Einflüssen. Hinzu kommen ausgedehnte Gebiete im Rückenmark, u. a. für die Steuerung vegetativer Reflexe der Thoraxorgane (Th3–Th6) und der Abdominalorgane (Th7–Th11). Viszerokutane Reflexe sind eine besondere Form vegeta-
tiver Reflexe. Hierbei sind viszerale Afferenzen der Eingeweide mit sympathischen Efferenzen zu den Blutgefäßen der Haut verschaltet. Auf diesem Wege kann es durch Erweiterung der Blutgefäße in der Haut zu einer Rötung eines Hautgebietes kommen, wenn die Afferenzen aus den Eingeweiden erregt werden. Im Gehirn befinden sich die vegetativen Zentren in der Formatio reticularis und im Hypothalamus. Die Formatio reticularis (S. 751) ist den spinalen vegetativen Reflexzentren übergeordnet und vermag sie durch efferente Fasern zu beeinflussen. So erreichen z. B. noradrenerge Fasern aus der Formatio reticularis (Kreislaufzentrum) die präganglionären Neurone im Thorakal- und oberen Lumbalmark. Gleichzeitig ist die Formatio reticularis ein großes Integrationszentrum von Afferenzen aus dem vegetativen Nervensystem und dem somatischen Nervensystem. Hypothalamus (S. 729). Er ist seinerseits der Formatio reticularis übergeordnet. Jedoch wirken Formatio reticularis und Hypothalamus eng zusammen. Morphologische Grundlagen hierfür sind auf- und absteigende Faserbündel, die im Wesentlichen zum auf- bzw. absteigenden Retikularissystem gehören (S. 751). Es können z. B. Impulse vom posterolateralen Teil des Hypothalamus auf das kardiovaskuläre Zentrum der Medulla oblongata so einwirken, dass sich der Blutdruck bis auf das Doppelte erhöht. Andere hypothalamische Zentren beeinflussen
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Kapitel 10 · Nervensystem
die Speichelbildung, die Schweißsekretion und die Tätigkeit des Magen-Darm-Systems.
Im Gegensatz zum Sympathikus werden die vom Parasympathikus gesteuerten Funktionen nie in ihrer Ge-
Zusammenwirken der vegetativen Zentren von Gehirn und Rückenmark. Deutlich wird dies bei komplexen Reaktionen. Dabei gilt, dass der Sympathikus z. B. nach
samtheit gleichzeitig in Gang gesetzt. So können z. B. parasympathische Reflexe nur das kardiovaskuläre System betreffen und die Herzfrequenz reduzieren. Der Parasympathikus kann weiterhin nur die Sekretion der Mundspeicheldrüsen oder nur die der Magendrüsen bewirken oder nur die Defäkation des Enddarms beeinflussen, ohne andere Teile des Darms anzuregen. Allerdings können eng korrelierte parasympathisch gesteuerte Funktionen gleichzeitig erfolgen, z. B. Miktion und Defäkation. Schließlich können alle Teile des vegetativen Nervensystems vom limbischen System und auch vom Kortex beeinflusst werden (s. unten). Auf diese Weise werden die vegetativen Funktionen der Situation angepasst, in der sich der Mensch befindet.
Aktivierung durch Schreck, Furcht oder schweren Schmerz in seiner Gesamtheit zu reagieren vermag. Es kommt zu Alarm- bzw. Streßreaktionen, bei denen gleichzeitig der Blutdruck, die Durchblutung und der Tonus der Skelettmuskulatur – bei gleichzeitiger Minderung der Durchblutung des Verdauungskanals und der Nieren –, die Stoffwechselrate des gesamten Körpers, die Glykolyse in Leber und Muskel, die Glukosekonzentration im Blut sowie die Spontanaktivität des Gehirns gesteigert werden. Ist die Aktivierung geringer, kann jede Reaktion auch einzeln erfolgen.
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In Kürze
Vegetative Zentren im Rückenmark sind an der Grenze zwischen Hals- und Brustmark das Centrum ciliospinale, im Lenden- und Sakralmark das Centrum vesicospinale, Centrum anospinale und Centrum genitospinale. Im Gehirn sind es die Formatio reticularis und der Hypothalamus. Beide Zentren kooperieren und können die Autonomie der Rückenmarkzentren beeinflussen.
10.4.10
Neurotransmitter und Neurotransmittersysteme
Wichtig
Neurotransmitter kommen an jeder Synapse vor. Darüber hinaus treten im Gehirn und Rückenmark Neuronensysteme auf, die durch ihre Transmitter gekennzeichnet sind.
Über Neurotransmitter an Synapsen lesen Sie S. 76. Im Gehirn und Rückenmark sind Neuronensysteme vorhanden, die durch das Vorkommen bestimmter Transmitter gekennzeichnet sind. Sie sind nur mit histochemischen Methoden zu erfassen und decken sich nur teilweise mit den durch klassisch-morphologische Methoden nachweisbaren Systemen. Es handelt sich um cholinerge Systeme, monoaminerge Systeme mit
– – – –
adrenergen Neuronen, noradrenergen Neuronen, dopaminergen Neuronen, serotoninergen Neuronen, Aminosäurensysteme mit – glutamatergen Neuronen, – GABAergen Neuronen, peptiderge Systeme, Neuronen mit gasförmigen Transmittern, mit – Stickoxyd (NO) und – Kohlenmonoxid (CO). Cholinerge Systeme. Cholinerge Neurone sind durch
den histochemischen Nachweis von Azetylcholinesterase bzw. Azetyltransferase zu erfassen. Sie kommen vor in den Basalganglien (S. 720), im basalen Vorderhirn. Dort lassen sie sich zu 4 Zellgruppen (Ch1–Ch4) zusammenfassen. Zu diesen gehört der Nucleus basalis Meynert (Ch4, S. 721), dessen Neurone große Teile des Kortex erreichen und dort neuronale Mechanismen aktivieren, zu denen Lernen und Gedächtnis gehören,
811 10.4 · Funktionelle Systeme
in der Formatio reticularis des Mesenzephalons und des Pons – zu den Zellgruppen Ch5 und Ch6 zusammengefasst – mit aufwärts und im Tractus reticulospinalis abwärts ziehenden Kollateralen. Es handelt sich um große exzitatorische Neurone. Cholinerg sind ferner alle Motoneurone zur Innervation der Skelettmuskulatur, präganglionäre Neurone des vegetativen Systems (S. 698) und postganglionäre Neurone des Parasympathikus (S. 702). ⓘ Infobox Überwiegend wirken die Neurone der cholinergen Systeme aktivierend, allerdings kommen auch hemmende Wirkungen vor, z. B. mindern die cholinergen Vagusfasern die Frequenz des Herzschlags.
Adrenerge Neurone kommen nur im Hypothalamus und in der Medulla oblongata vor. Ihre Fasern erreichen u. a. den Locus caeruleus, die Substantia grisea centralis, die periventrikulären Kerne des Hypothalamus und im Rückenmark die vegetativen präganglionären Neurone in der Substantia intermedia lateralis. Sie wirken aktivierend und beeinflussen u. a. Atmung und Blutdruck sowie im Hypothalamus die Freisetzung von Oxytozin und Vasopressin.
Noradrenerge Neurone liegen im Tegmentum von Pons
und Medulla oblongata (⊡ Abb. 10.46). Sie bilden die Gruppen A1–A7 (A3 nur bei der Ratte). Besonders auffällig sind die noradrenergen Neurone des Locus caeruleus (A6, S. 753), der in der Brücke einen Kernkomplex mit mehreren Unterkernen bildet. Die noradrenergen Fasern verteilen sich im ganzen Gehirn. Zu den absteigenden Fasern gehören die des Vasokonstriktorenzentrums (S. 754). ⓘ Infobox Das noradrenerge System wirkt aktivierend, kann allerdings auch hemmend wirken. Insgesamt steigert das noradrenerge System die Aufmerksamkeit und führt zu Alarmbereitschaft. Im Hypothalamus nimmt es auf die Steuerung neuroendokriner Funktionen und in der Formatio reticularis auf die der Atmung Einfluss.Das noradrenerge System soll auf das allgemeine Wohlbefinden, Zufriedenheit, Appetit, Sexualität und die psychomotorische Balance wirken.
Dopamin ist ein Zwischenprodukt bei der Biosynthese
von Noradrenalin und Adrenalin. Dopamin hat ähnlich wie Noradrenalin und Adrenalin u. a. eine allgemein aktivierende Wirkung. Dopaminerge Neurone (⊡ Abb. 10.70) kommen vor in der Substantia nigra. Ihre Axone erreichen das Striatum, nigrostriatales System (S. 782), in der Umgebung der Substantia nigra, Area tegmentalis ventralis. Die Fortsätze gelangen hauptsäch-
⊡ Abb. 10.70. Dopaminerge Systeme. Das nigrostriatale System verbindet die Substantia nigra mit den größten Teilen des Striatums. Ein weiteres System beginnt in der mesenzephalen Formatio reticularis und entsendet seine Axone zum Nucleus accumbens, Corpus amygdaloideum und frontalen Kortex. Das tuberoinfundibuläre System liegt im Hypothalamus und innerviert die Eminentia mediana und die Neurohypophyse. Schließlich projizieren dopaminerge Axone vom hinteren Hypothalamus ins Rückenmark
10
812
Kapitel 10 · Nervensystem
lich zu den mittleren und vorderen Teilen des limbischen Systems (Nucleus accumbens, Corpus amygdaloideum, Septumkerne), zum vorderen Anteil des Gyrus cinguli und zum präfrontalen Kortex (mesokortikolimbisches System) und im Dienzephalon. Sie nehmen Einfluss auf die Freisetzung hypothalamischer Steuerhormone und projizieren ins Rückenmark. > Klinischer Hinweis Verminderte Dopaminproduktion im nigrostriatalen System führt zur Parkinson-Erkrankung (S. 782). Gesteigerte Dopaminfreisetzung im mesokortikolimbischen System löst den Reward- (Belohnungs-)Mechanismus aus, der zu angenehmen Gefühlen führt. Dieser Effekt kann auch durch Drogen (Kokain, Opiate, auch Alkohol) ausgelöst werden und zur Drogenabhängigkeit führen.
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Serotoninerge Neurone bilden in den Raphekerne die Gruppen B1–B9 (⊡ Abb. 10.45). Die Fortsätze dieser Zellen erreichen das Rückenmark und Gehirn. Serotonin wirkt hemmend auf die Schmerzafferenzen im Rückenmark (S. 792), beeinflusst die Schlafregulation, das Ess- und Sexualverhalten, die Körpertemperatur, den Blutdruck und hat einen emotional beruhigenden Einfluss. > Klinischer Hinweis Bei Depressionen kommt es häufig zu einer Verminderung der Aktivität des noradrenergen und serotoninergen Systems. Deswegen sind zur Therapie Pharmaka geeignet, die den Abbau von Noradrenalin und Serotonin hemmen (Monoaminooxidasehemmer) oder die Wiederaufnahme dieser Neurotransmitter blockieren (trizyklische Antidepressiva).
Glutamat ist der häufigste exzitatorische Transmitter im
Zentralnervensystem. Glutamaterge Neurone kommen vor im Neokortex, Hippocampus und Zerebellum. Neokortex. Glutamaterg sind vor allem die Pyramidenzellen und Faserverbindungen zwischen Neokortex und subkortikalen Gebieten. Hippocampus. Bei den glutamatergen Systemen im Hippocampus handelt es sich v. a. um den Tractus perforans vom entorhinalen Kortex zum Hippocampus und um die Moosfasern und Schaffer-Kollateralen innerhalb des Hippocampus.
Zerebellum. Glutamaterg sind die Parallelfasern der Körnerzellen und die Kletterfasern von den Nuclei olivares inferiores. Gammaaminobuttersäure (GABA) ist der häufigste inhibitorische Transmitter des Zentralnervensystems. GABA
wird von zahlreichen Nervenzellen in Gehirn und Rückenmark gebildet und freigesetzt. Vielfach handelt es sich um Interneurone in lokalen Regelkreisen, aber auch um Neurone, die lange Bahnen bilden. GABAerg sind im Neokortex und im Hippocampus zahlreiche Interneurone, die hemmend auf Pyramidenzellen wirken, in den Basalganglien Interneurone, die im Wesentlichen zu einer ausgewogenen Reaktion der extrapyramidalen Motorik beitragen. In den Basalganglien sind auch nigrostriatale Projektionsneurone GABAerg, die hemmend auf das dopaminerge nigrostriatale System wirken (S. 782), im Thalamus Neurone vor allem im Nucleus reticularis, in kaudalen Teilen des Hypothalamus Neurone, die regulierend auf die hypophysiotropen Systeme wirken, in den Raphekernen Neurone mit hemmendem Einfluss auf die serotoninergen Neurone, im Zerebellum z. B. die Purkinje-Zellen mit ihren Fortsätzen zu den Kleinhirnkernen und zum Nucleus vestibularis lateralis und im Rückenmark prä- und postsynaptisch hemmende Interneurone. Neuropeptide sind im Zentralnervensystem ähnlich wie
die kleinmolekularen Transmitter weit verbreitet. Neuropeptide werden in den Perikarya der entsprechenden Neurone gebildet, gelangen durch Transport über das Axon in die Synapsen und wirken sehr viel langsamer als die kleinmolekularen Transmitter. Neuropeptide werden deshalb auch als Neuromodulatoren bezeichnet. Aus ⊡ Tabelle 10.11 geht hervor, dass Neuropeptide vielfach zu Peptidfamilien gehören, d. h. Derivate derselben Muttersubstanz sind, zahlreiche Neuropeptide, wenn sie in die Blutbahn gelangen, als Botenstoffe (Hormone) wirken, der Hypothalamus besonders neuropeptidreich ist, zahlreiche Neuropeptide gleichzeitig im Gehirn und in anderen Geweben, besonders im Darm vorkommen (S. 573). Sie gehören zum diffusen neuroendokrinen System.
813 10.4 · Funktionelle Systeme
⊡ Tabelle 10.11. Wichtige Neuropeptide Hypothalamische Neuropeptide mit hypophysiotroper Wirkung (S. 732) Corticoliberin Luliberin Thyroliberin Hypothalamische Effektorhormone (S. 731) Vasopressin Oxytozin Hypophysäre Neuropeptide (S. 736) Corticotropin b-Endorphin Melanotropin Dynorphin Lutropin Prolaktin Thyrotropin Somatotropin
Substanz P hat einen langanhaltenden exzitatorischen Effekt. Dies wirkt sich z. B. bei der Entstehung chronischer Schmerzen aus, denn Substanz P ist an der Weiterleitung nozizeptiver Signale beteiligt. In diesem Zusammenhang ist wichtig, dass Substanz P in primär afferenten Neuronen vorkommt, die in der Lamina I und II des Hinterhorns des Rückenmarks sowie im Nucleus spinalis nervi trigemini enden. Außerdem ist Substanz P in afferenten Neuronen der N. VII, N. IX und N. X vorhanden und wird dort mit barorezeptiven (im Karotissinus) und chemorezeptiven Funktionen in Zusammenhang gebracht. Schließlich kommt Substanz P in Neuronen verschiedener Gebiete des Gehirns vor, z. T. in Koexistenz mit kleinmolekularen Transmittern. > Klinischer Hinweis
Pro-opiomelanocortin Derivate
Neuropeptide mit Vorkommen in Darm (S. 573) und ZNS Atriales natriuretisches Peptid Cholezystokinin Enkephalin Gastrin Glukagon Insulin Neurotensin Somatostatin Substanz P Vasoaktives intestinales Polypeptid Neuropeptide mit Vorkommen in anderen Geweben Angiotensin II Bradykinin Kalzitonin (S. 442)
Von den vielen Neuropeptiden werden hier nur Substanz P und endogene Opiate (Endorphin, Enkephalin, Dynorphin) besprochen. Die Seitenzahlen in der ⊡ Tabelle 10.11 weisen auf die Stellen hin, an denen auch andere Neuropeptide erwähnt werden.
Auffällig ist ein Mangel an Substanz P in nigrostriatalen Fasern bei Patienten mit Parkinson- und Chorea-Huntington-Erkrankung.
Endogene Opiate (Endorphin, Enkephalin, Dynorphin).
Opiatrezeptoren sind im Gehirn und Rückenmark weit verbreitet, weisen aber die größte Dichte in der Substantia gelatinosa des Rückenmarks und im Nucleus spinalis nervi trigemini auf. Endogene Opiate sind daher wesentlich für die Wirksamkeit des Analgesiesystems (S. 792). Die Perikarya, in denen endogene Opiate gebildet werden, befinden sich besonders im Hypothalamus und in verschiedenen Abschnitten der Formatio reticularis, aber auch in einigen Gebieten des limbischen Systems (Corpus amygdaloideum). Gleichzeitig ist das limbische System einschließlich des Hypothalamus wichtiges Zielgebiet der Fortsätze von Nervenzellen mit endogenen Opiaten. Hiermit könnte die stimmungsaufhellende Wirkung dieser Peptide in Zusammenhang stehen. Gasförmige Transmitter sind ungewöhnlich. Es handelt
sich um Gase, die in höherer Konzentration toxisch wirken. NO wird intrazellulär durch die NO-Synthase aus der Aminosäure Arginin gebildet. Durch Aktivierung der löslichen Guanylzyklase kommt es zu einer Erhöhung des cGMP (Guanosinmonophosphat)-Spiegels und damit zu einer Zellaktivierung. Neurone mit NO bzw. CO als Transmitter finden sich im Hippocampus und Zerebellum sowie außerdem im Plexus myentericus des Verdauungskanals.
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Kapitel 10 · Nervensystem
>
In Kürze
Neurotransmittersysteme sind nur mit speziellen Methoden erfassbar. Sie stehen vielfach mit speziellen Aufgaben der jeweiligen Neuronensysteme in Zusammenhang. Bekannt sind cholinerge, monoaminerge, peptiderge Systeme sowie Neurone mit gasförmigen Transmittern.
10.4.11
Besondere Leistungen des menschlichen Gehirns
Wichtig
Die spezifischen Leistungen des menschlichen Gehirns sind vor allem an Assoziationsgebiete im Telenzephalon gebunden.
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Das menschliche Gehirn unterscheidet sich von dem aller Spezies dadurch, dass Regionen besonders groß und differenziert sind, die komplexen Assoziationsleistungen dienen, z. B. dem Planen, Sprechen, Lesen, Schreiben, Rechnen usw. Ihre Leistungen zusammen ermöglichen den Menschen eine einzigartige, differenzierte Kommunikation. Assoziationsgebiete erhalten und analysieren Signale aus zahlreichen Abschnitten des Kortex und aus subkortikalen Regionen. Dadurch werden Wahrnehmungen bewusst und können beurteilt werden. Zu unterscheiden sind das parietookzipitotemporale Assoziationsgebiet, das präfrontale Assoziationsgebiet und die limbischen Assoziationsgebiete. Das parietookzipitotemporale Assoziationsgebiet liegt
zwischen dem somatosensorischen Kortex vorne, dem visuellen Kortex hinten und dem auditiven Kortex unten. Es untergliedert sich in mehrere Teilgebiete. Im hinteren parietalen Kortex, einschließlich eines Teils des oberen okzipitalen Kortex, erfolgt die Wahrnehmung der Lage des Körpers in Beziehung zur Umgebung und der Körperteile zueinander. Die Signale kommen aus dem somatosensorischen und dem visuellen Kortex. Das Wernicke-Zentrum (Rindengebiet nach Wernicke, ⊡ Abb. 10.23) liegt im posterioren Teil des Gyrus temporalis superior. Signale, die dieses Gebiet erreichen, werden so verarbeitet, dass ein Sprachverständnis, aber
auch eine Interpretation anderer symbolischer Informationen (z. B. Zahlen, Wörter) möglich wird. Das Wernicke-Zentrum ist deswegen das wichtigste Gebiet des Gehirns für höhere intellektuelle Leistungen. Da viele dieser Leistungen über Sprachbegriffe mitgeteilt werden, ist das Zentrum für das Kodieren und Dekodieren der Sprache von zentraler Bedeutung. Die Tätigkeit des Wernicke-Zentrums und des Gyrus angularis (s. unten) sind in einer Hemisphäre dominant (bei 95 % der Menschen links). In der Regel ist das Wernicke-Zentrum bereits bei der Geburt auf der dominanten Seite umfangreicher als auf der gegenüberliegenden Seite. > Klinischer Hinweis Bei Ausfall des Wernicke-Zentrums in der dominanten Hemisphäre ist der Patient trotz ungestörter Wahrnehmung auditiver Signale unfähig, den Sinn der Worte zu verstehen. Gestört ist auch die Wortwahl (sensorische Aphasie). Unbeeinträchtigt bleiben dagegen nichtverbale Verarbeitungen, z. B. Verstehen und Interpretieren von Musik, von nichtverbalen visuellen Eindrücken und von räumlichen Beziehungen zwischen Person und Umgebung.
Gyrus angularis (⊡ Abb. 10.20). Er liegt im hinteren unteren Teil des Parietallappens unmittelbar hinter dem Wernicke-Zentrum und hat enge Beziehungen zur Sehrinde. Der Gyrus angularis dient dazu, visuell aufgenommene (gelesene) Worte zu verstehen. > Klinischer Hinweis Fällt der Gyrus angularis in der dominanten Hemisphäre aus, entfällt die Möglichkeit, Gelesenes zu verstehen: Dyslexie bzw. Alexie, Wortblindheit. Unbeeinträchtigt ist das Verstehen gehörter Worte.
Wiedererkennen von Gesichtern hat für die soziale Kommunikation große Bedeutung. Hierbei wirken offenbar die mediale Unterseite des Okzipitallappens und die mediobasale Rinde des Temporallappens mit. Fallen Gebiete in der dominanten Hemisphäre aus, kommt es zur Prosopagnosie.
815 10.4 · Funktionelle Systeme
Präfrontales Assoziationsgebiet. Der präfrontale Kortex
hat einerseits enge Verbindungen mit dem motorischen Kortex, erfüllt andererseits nichtmotorische Aufgaben. Das präfrontale Assoziationsgebiet steuert das Handeln im Rahmen eines sozialen Verhaltens und unter Berücksichtigung langfristiger Konsequenzen. Limbische Assoziationsgebiete. Das limbische System
hat zahlreiche Verbindungen mit dem Neokortex. Im Vordergrund stehen Gebiete im basalen Frontallappen, im Gyrus cinguli, im Gyrus parahippocampalis und in der Insula. Die limbischen Assoziationsgebiete stehen vor allem mit der Abschätzung des Verhaltens, z. B. bei Emotionen in Zusammenhang. Sie mindern oder verstärken Aggressionen und beeinflussen den Lernprozess durch Steigerung der Motivation. Insgesamt nehmen sie auf das soziale Verhalten Einfluss.
Sprechen Voraussetzung für das Sprechen sind die Entwicklung von Gedanken, die ausgedrückt werden sollen, Wortwahl und Steuerung der Motorik der Sprechwerkzeuge. Entwicklung von Gedanken und Wortwahl. Hierzu be-
darf es des Zusammenwirkens zahlreicher Gebiete des Kortex, aber auch subkortikaler Gebiete (Striatum, Hypothalamus, Thalamus, limbisches System). Dies setzt Engramme voraus. Engramme sind in der Regel komplexe Gedächtnisspuren wahrgenommener oder erlernter Eindrücke aus der äußeren und inneren Erlebniswelt, die abgerufen werden können. An einschlägigen Vorgängen beteiligte Kortexareale sind u. a. die Hörrinde, die Sehrinde, somatosensorische Gebiete und der präfrontale Kortex. Die Informationen aus diesen Gebieten werden im Wernicke-Zentrum integriert (⊡ Abb. 10.22, 10.71). Steuerung der Motorik der Sprechwerkzeuge. Vom Wernicke-Zentrum gelangen Signale über Assoziationsfasern zum Broca-Zentrum, wo vorhandene Programme für die grammatikalische und synthaktische Sprachstrukturierung aktiviert werden. Diese Signale werden zu den motorischen Zentren im Gyrus precentralis übertragen.Von dort erhalten die subkortikalen Gebiete (z. B. Basalganglien, Hirnnervenkerne) ihre Anweisungen zum Sprechen.
⊡ Abb. 10.71. Steuerung der Sprache. Das Wernicke-Zentrum erhält Informationen aus der primären Hör- bzw. primären Sehrinde. Nach Verarbeitung gelangen die Signale über den Fasciculus longitudinalis superior (arcuatus) zum Broca-Zentrum und von dort zum primären motorischen Kortex (Area 4)
> Klinischer Hinweis Bei Ausfall des Broca-Zentrums kommt es zu einer motorischen Aphasie, weil die motorischen Engramme fehlen.
Denken, Erinnern und Lernen Auch diese Leistungen sind an neuronale Strukturen gebunden. Die entscheidenden Vorgänge spielen sich auf der molekularen Ebene ab und finden in zahlreichen Gebieten des Gehirns gleichzeitig statt. Den Denkprozess nur einem Kortexgebiet zuzuordnen, ist nicht möglich. Erinnern und Lernen sind komplexe Leistungen, insbesondere des Kortex. Die Vorgänge durchlaufen dabei mehrere Stufen, die sich darin äußern, dass Erinnerungen für Sekunden bis längstens Minuten, Tage bis Wochen (Kurzzeitgedächtnis) oder Jahre bis lebenslang (Langzeitgedächtnis) bewahrt werden können. Vermutlich haben die großen Assoziationsgebiete Speicherfunktionen für das Langzeitgedächtnis. Der Hippocampus selektiert Informationen und ermöglicht die Übertragung von Informationen aus dem Kurz- ins Langzeitgedächtnis. Aber auch subkortikale Gebiete, Thalamus, Teile des limbischen Systems, Formatio reticularis wirken beim Erinnern und Lernen mit. Diese subkortikalen Gebiete beeinflussen die Motivation und die Aufmerksamkeit (Wachsein).
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816
Kapitel 10 · Nervensystem
> Klinischer Hinweis Eine der häufigsten Ursachen für den Verlust der Merkfähigkeit ist die Alzheimer-Erkrankung, präsenile Demenz, bei der es zu einer fortschreitenden Großhirnatrophie kommt. Charak-
>
teristisch ist eine dramatische Abnahme der cholinergen Innervation des Kortex sowie das Auftreten von Amyloidplaques in verschiedenen dienzephalen und telenzephalen Gebieten.
In Kürze
Große Assoziationsgebiete finden sich im hinteren parietalen Kortex für die Bestimmung der Lagebeziehungen des Körpers, im Lobus temporalis (Wernecke-Zentrum) für höhere intellektuelle Leistungen, im Gyrus angularis für das Verständnis des gelesenen Wortes, Gebiete im Temporal-/Okzipitallappen für das Wiedererkennen von Gesichtern, präfrontal für Verhaltensweisen, im limbischen System für das Abschätzen des Verhaltens. Sprechen, Denken, Lernen und Erinnern sind an das Zusammenwirken vieler Gebiete, vor allem des Telenzephalons gebunden.
10.5
10
Hüllen des ZNS, Liquorräume, Blutgefäße
Wichtig
Gehirn und Rückenmark werden von Hüllen umgeben, den Meningen,die einen mit Liquor cerebrospinalis gefüllten Spaltraum zwischen sich fassen,äußerer Liquorraum.Der äußere Liquorraum steht mit einem inneren Liquorraum in Verbindung,der im Gehirn aus einem Hohlraumsystem,I.–IV. Ventrikel,und im Rückenmark aus dem Canalis centralis besteht.– Alle zuführenden und ableitenden Gefäße für das Zentralnervensystem verlaufen in den Hüllen von Gehirn und Rückenmark.
10.5.1
Hüllen von Gehirn und Rückenmark
Das Zentralnervensystem wird von schützenden Membranen umgeben, den Meningen. Ein Spaltraum zwischen den Membranen ist mit Liquor cerebrospinalis gefüllt und bildet den äußeren Liquorraum. Der Liquor cerebrospinalis des äußeren Liquorraums wirkt wie ein Wasserkissen. Meningen sind Dura mater, Arachnoidea mater und Pia mater. Obgleich alle Meningen aus Bindegewebe bestehen, unterscheiden sie sich in ihrem Aufbau und ihrer Festigkeit.
Unter diesem Gesichtspunkt wird die Dura mater auch als Pachymeninx, harte Hirnhaut, und Arachnoidea und Pia mater gemeinsam als Leptomeninx, weiche Hirnhaut, bezeichnet. Unterschiede bestehen auch zwischen den Meningen um das Gehirn und um das Rückenmark.
Hüllen des Gehirns Gemeinsam umhüllen alle Blätter der Meningen das Gehirn und die Anfangsteile der Gehirnnerven. In ganzer Länge wird nur der Sehnerv von Hirnhäuten umgeben. Die Dura mater cranialis, harte Hirnhaut (⊡ Abb. 10.72), besteht aus 2 Lagen straffen, faserigen Bindegewebes. Sie kleiden die Innenfläche des Schädels aus, wobei die äußere Schicht gleichzeitig Periost der Schädelknochen ist. In der periostalen Lage der Dura verlaufen die Hirnhautarterien R. meningeus anterior aus der A. ethmoidalis anterior (S. 668), A. meningea media aus der A. maxillaris (S. 451) und A. meningea posterior aus der A. pharyngea ascendens (S. 450). Die Gefäße hinterlassen auf der inneren Oberfläche der Schädelknochen Sulci arteriosi. > Klinischer Hinweis Bei Verletzungen der Meningealgefäße (meist A. meningea media) nach einem Schädeltrauma entstehen epidurale Hämatome, die die Dura mater von der Lamina interna des Kno-
817 10.5 · Hüllen des ZNS, Liquorräume, Blutgefäße
⊡ Abb. 10.72 a, b. Hirnhäute und Spatium subarachnoideum. a Genereller Bau mit Ausschnittsvergrößerungen der Befestigungen der Arachnoidaltrabekel. b Granulationes arachnoideae (Pacchioni-Granulationen)
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Kapitel 10 · Nervensystem
chens abdrängen. Diese arteriellen Blutergüsse vergrößern sich in der Regel schnell und können zu einem erhöhten, lebensbedrohenden Hirndruck führen. Therapeutisch muss dann die Schädelkalotte eröffnet (trepaniert), das Hämatom ausgeräumt und die Blutung gestillt werden.
In der inneren Lage der Dura mater verlaufen allseitig von straffem Bindegewebe umschlossen venöse Blutleiter, Sinus durae matris (S. 824), sensible Nerven, kleine Äste der Aa. meningeae sowie kleine Venen. > Klinischer Hinweis Blutungen aus den Hirnvenen – meist Verbindungen zwischen Venen der Pia mater (s. unten) und den Sinus durae matris – können zu subduralen Hämatomen führen, z. B. nach Schädel-Gehirn-Verletzungen.
Durasepten. Die Dura mater springt an einigen Stellen
10
mit Septen in das Schädelinnere vor und kann Durataschen bilden. Es handelt sich um: Falx cerebri, Tentorium cerebelli, Falx cerebelli, Diaphragma sellae und Cavum trigeminale. Falx cerebri, Großhirnsichel. Die Falx cerebri ist eine
große, sagittal gestellte Duraplatte zwischen den beiden Großhirnhemisphären. Sie befestigt sich an der Crista galli des Siebbeins, an den Rändern des Sulcus sinus sagittalis superioris, an der Protuberantia occipitalis interna sowie am Giebel des zeltförmigen Tentorium cerebelli (s. unten). In den unteren freien Rand ist der Sinus sagittalis inferior eingelagert, an der oberen Anheftungsstelle befindet sich der Sinus sagittalis superior. Tentorium cerebelli, Kleinhirnzelt. Es ist zwischen den Okzipitallappen des Endhirns und dem Kleinhirn ausgespannt und trennt in der Schädelhöhle den supratentoriellen vom infratentoriellen Raum. Befestigt ist das Tentorium cerebelli hinten an den Rändern der Sulci sinus transversi, seitlich an den Oberkanten der Felsenbeine und vorne an den Processus clinoidei anteriores. In Richtung auf den Clivus besteht eine Lücke für den Durchtritt des Hirnstamms, Incisura tentorii. Am Giebel des Kleinhirnzeltes verbinden sich Tentorium und Falx cerebri miteinander. An dieser Stelle verläuft der Sinus rectus. An seiner okzipitalen Anheftungsstelle umgreift das Tentorium cerebelli die paarigen Sinus transversi.
> Klinischer Hinweis Bei seitlicher Kompression des Neugeborenenschädels (z. B. bei einer Zangengeburt) kann das Tentorium cerebelli an seiner okzipitalen Anheftungsstelle abreißen. Dabei kann es zu einer tödlichen Blutung aus dem Sinus transversus kommen.
Falx cerebelli, Kleinhirnsichel. Es handelt sich um eine
kleine variable Duraplatte unterhalb des Tentorium cerebelli. Sie ist an der Crista occipitalis interna befestigt und umfasst den Sinus occipitalis. Diaphragma sellae. Das Diaphragma sellae spannt sich zwischen vorderen und hinteren Processus clinoidei über der Fossa hypophysialis aus. Es hat in der Mitte ein Loch für den Durchtritt des Hypophysenstiels. Cavum trigeminale (Meckel). Diese Duratasche umschließt auf der Vorderfläche des Felsenbeins am Boden der mittleren Schädelgrube das Ganglion trigeminale. Sie hat eine Öffnung für den Stamm des N. trigeminus. Die Arachnoidea mater cranialis, Spinnwebenhaut (⊡ Abb. 10.72 a), ist eine dünne zellreiche Bindegewebsmembran mit erweiterten Interzellularspalten (unkorrekt als Spatium subdurale bezeichnet). Die Arachnoidea liegt mit Neurothelzellen der Dura mater dicht an. Bei Sektionen lässt sie sich leicht von der Dura mater lösen. In der Nähe der Sinus durae matris, besonders entlang des Sinus sagittalis superior, Sinus petrosus superior, Sinus rectus und Sinus transversus bildet die Arachnoidea hirsekorngroße, zottenartige, gestielte Fortsätze, Granulationes arachnoideae (Pacchioni-Granulationen, ⊡ Abb. 10. 72 b), die gefäßfrei sind. Sie können sich durch die Dura mater bis in die venösen Blutleiter bzw. durch Lücken der Lamina interna des Schädelknochens (Foveolae granulares) in die Vv. diploicae ausdehnen. Dadurch grenzt das Spatium subarachnoideum im Bereich der Granulationen unmittelbar an Sinusendothel bzw. Venenwände. Die Pia mater liegt im Gegensatz zur Arachnoidea, die
mit der Dura der inneren Schädeloberfläche folgt, der Oberfläche des Gehirns unmittelbar an. Dadurch und durch Trennung der zunächst einheitlichen Leptomeninx in Arachnoidea und Pia während der Entwicklung entsteht zwischen Arachnoidea und Pia mater ein Spaltraum, Spatium subarachnoidale (s. unten). Die Pia mater selbst besteht aus mehreren Lamellen von Meningealzellen und enthält Blutgefäße. Meningealzellen sind modifizierte Fibroblasten. Die Pia begleitet die Arterien bzw. Arteriolen bis zu deren Aufzweigungen
819 10.5 · Hüllen des ZNS, Liquorräume, Blutgefäße
in Kapillaren ins Gehirn hinein. Zwischen den Meningealzellen, besonders intrazerebral in der Umgebung der Gefäße, kommen erweiterte Interzellularräume (perivaskuläre Spalträume, Virchow-Robin-Räume) vor. Ferner dient die Pia mater den Plexus choroidei der Ventrikel als gefäßführende bindegewebige Unterlage (s. unten).
> Klinischer Hinweis
Innervation. Die Dura mater und die Pia mater sind schmerzempfindlich. Sie werden von den Rr. meningei des N. ophthalmicus, des N. maxillaris, des N. mandibularis, des N. glossopharyngeus und des N. vagus innerviert. Rückläufige Äste des N. ophthalmicus (Rr. tentorii) versorgen das Tentorium cerebelli und die Falx cerebri.
Arachnoidea mater spinalis. Der Innenfläche des inneren Blattes der Dura mater spinalis liegt die Arachnoidea mater spinalis dicht an. Im Bereich der Wurzeltaschen setzt sich die Arachnoidea in das Perineurium der Nn. spinales fort. Außerdem bildet die Arachnoidea in den Wurzeltaschen kleine zottenartige Wülste, an denen Liquor cerebrospinalis resorbiert und in Venen filtriert werden kann. Dadurch wird ein ständiger nach distal gerichteter Strom von Liquor cerebrospinalis aufrechterhalten. Dura und Arachnoidea spinalis bilden am kaudalen Ende des Rückenmarks den Duralsack, der die Cauda equina der Nn. spinales (S. 766) umhüllt und sich schließlich am Periost des Steißbeins befestigt. Pia mater spinalis. Sie bedeckt die marginale Gliaschicht der weißen Substanz des Rückenmarks. Ähnlich wie beim Gehirn befindet sich zwischen Arachnoidea und Pia ein Spatium subarachnoideum, das mit Liquor cerebrospinalis gefüllt ist. Von der Pia mater spinalis gehen Septen aus, die einerseits in die graue Substanz des Rückenmarks eindringen, andererseits als Ligamenta denticulata die Dura
Hüllen des Rückenmarks Alle drei Rückenmarkhäute (⊡ Abb. 10.73) umgeben die Medulla spinalis und umschließen die Vorder- und Hinterwurzeln der Spinalnerven einschließlich der Spinalganglien mit Wurzeltaschen. Dura mater spinalis, harte Rückenmarkhaut. Die Dura mater spinalis teilt sich am Foramen magnum in ein äußeres Blatt, Periost des Wirbelkanals, und in ein inneres Blatt. Zwischen beiden Blättern entsteht das mit Fettgewebe und einem dichten Venenplexus gefüllte Spatium epidurale, Epiduralraum. Beide Blätter der Dura mater vereinigen sich in Höhe des 2. bis 3. Sakralwirbels.
Bei der Epiduralanästhesie wird die Kanüle durch die Ligg.flava zwischen den Arcus zweier Wirbel bis in den Epiduralraum vorgeschoben und hier das Anästhetikum instilliert. Eine Epiduralanästhesie ist von der unteren Halswirbelsäule bis zum Hiatus sacralis durchführbar.
⊡ Abb. 10.73. Rückenmarkhäute. Das Spatium epidurale enthält Binde- und Fettgewebe (Pufferwirkung) sowie die Plexus venosi vertebrales interni. Das Spinalganglion ist von Liquor umspült
10
820
Kapitel 10 · Nervensystem
mater erreichen. Dort befestigen sie sich mit einzelnen Zacken. Ligg. denticulata finden sich vom Zervikal- bis zum mittleren Lumbalbereich und halten das Rückenmark in seiner Lage. Innervation. Die Rückenmarkhäute werden sensibel
über die Rr. meningei der Spinalnerven versorgt.
10.5.2
10
Äußerer Liquorraum und Ventrikelsystem
Äußerer Liquorraum, Spatium subarachnoideum, Subarachnoidalraum (⊡ Abb. 10.72). Er befindet sich zwischen Arachnoidea mater und Pia mater (s. oben). Ausgekleidet wird der Subarachnoidalraum von Meningealzellen. Sie bilden geschlossene Zellschichten sowohl auf den dem Liquorraum zugewandten Oberflächen der Arachnoidea als auch der Pia. Außerdem bekleiden sie ein Trabekelwerk aus Bindegewebsfasern, die Arachnoidea und Pia verbinden, sowie Blutgefäße, die im Subarachnoidalraum verlaufen. Der Subarachnoidalraum ist überall dort schmal, wo die Arachnoidea unmittelbar der Pia folgt. Dort jedoch, wo die Oberfläche des Zentralnervensystems Furchen und Gruben aufweist, werden diese von Arachnoidea überspannt und es entstehen stellenweise größere mit Liquor gefüllte Räume, Cisternae subarachnoideae. In der Umgebung des Gehirns sind es vor allem Cisterna cerebellomedullaris, Cisterna basalis, Cisterna fossae lateralis cerebri und am Rückenmark die Cisterna lumbalis. Cisterna cerebellomedullaris. Sie füllt den Raum zwischen Kleinhirnunterfläche, Dach des IV. Ventrikels und der Medulla oblongata aus. Die Cisterna cerebellomedullaris ist etwa 3 cm breit und in der Sagittalebene bis zu 2 cm tief. In der Medianebene kann diese Zisterne durch eine variable Falx cerebelli eingeengt werden. Cisterna basalis. Sie erstreckt sich als erweiterter Liquor-
raum zwischen Hirnbasis und Schädelbasis vom Foramen magnum bis zur Crista galli am Vorderrand der vorderen Schädelgrube. Sie lässt sich unterteilen in hintere Basalzisterne und vordere Basalzisterne.
Hintere Basalzisterne. Sie reicht vom Foramen magnum bis zum Dorsum sellae und ist stellenweise erweitert. Dadurch entstehen die Cisterna pontocerebellaris, in die von lateral der Flocculus des Kleinhirns hineinragt. Außerdem mündet in diese Zisterne beidseitig der Recessus lateralis des IV. Ventrikels. Cisterna interpeduncularis im Bereich der Fossa interpeduncularis. Sie enthält den III. Hirnnerven, die Aufteilung der A. basilaris sowie die Anfangsstrecken der Aa. superiores cerebelli und der Aa. cerebri posteriores. Cisterna ambiens, die mit der Cisterna interpeduncularis kommuniziert. Sie umfasst die Seitenfläche des Pedunculus cerebri. An der Incisura tentorii bildet sie ein Liquorpolster für den scharfen Rand des Kleinhirnzeltes. Die Cisterna ambiens enthält die A. cerebri posterior, A. superior cerebelli, V. basalis und den N. trochlearis. Vordere Basalzisterne. Die vordere Basalzisterne reicht vom Dorsum sellae bis zum Vorderrand der vorderen Schädelgrube und wird von Corpora mammillaria, Infundibulum, Chiasma opticum, Tractus optici sowie von den Bulbi und Tractus olfactorii mit dem benachbarten Frontalhirn begrenzt. Eine Teilzisterne ist die Cisterna chiasmatica, die die Sehnervenkreuzung umgibt. Nach posterior geht die vordere Basalzisterne in die Cisterna interpeduncularis über. In diesem gemeinsamen Teil beider Zisternen liegen der Circulus arteriosus cerebri (Willis, S. 723) und seine zentralen Äste. Cisterna fossae lateralis cerebri. Sie wird auch als Inselzisterne bezeichnet, weil sie im Raum zwischen Insel und operkularem Teil von Frontal-, Parietal- und Temporallappen liegt. In ihr befinden sich die Aa. insulares, Äste der A. cerebri media. Weitere Zisternen befinden sich um das Endhirn herum,
überall dort, wo Polster gegenüber der Umgebung Schutz gewähren sollen. ⓘ Infobox Im Computertomogramm sind Zisternen in der Regel gut erkennbar und werden deshalb zur Orientierung am Gehirn verwendet.
Cisterna lumbalis. Sie befindet sich kaudal des Conus
medullaris des Rückenmarks und entspricht dem Duralsack (s. oben).
821 10.5 · Hüllen des ZNS, Liquorräume, Blutgefäße
> Klinischer Hinweis Aus der Cisterna lumbalis kann durch Lumbalpunktion (Zugang zwischen den Dornfortsätzen des 3.–5. Lendenwirbels) Liquor cerebrospinalis gewonnen werden.
Ventrikelsystem, innerer Liquorraum. Das Ventrikelsys-
tem ist während der Entwicklung durch Ausweitung der Hirnkammern entstanden (S. 710). Durch das unterschiedliche Wachstum der verschiedenen Gehirnabschnitte sind die Ventrikel unterschiedlich weit. Ausgekleidet werden die Ventrikel des Gehirns und der Zentralkanal des Rückenmarks von einem einschichtigen Ependym (S. 86), das regionale Unterschiede aufweist.Auffällig sind dabei vor allem die Plexus choroidei, die den Liquor cerebrospinalis bilden (s. unten). > Klinischer Hinweis Die Darstellung der Ventrikelräume erfolgt heute ausschließlich durch die Computertomographie und Magnetresonanztomographie schmerzfrei und risikolos.
Zu unterscheiden sind (⊡ Abb. 10.74) Seitenventrikel, III. Ventrikel und IV. Ventrikel. Die Ventriculi laterales, Seitenventrikel, befinden sich im Bereich der Hemisphären des Telenzephalons: links I. und rechts II. Ventrikel. Sie haben die Form zweier Widderhörner (⊡ Abb. 10.74). Die Seitenventrikel stehen mit dem III. Ventrikel jeweils durch ein Fora-
⊡ Abb. 10.74. Ventrikelsystem. Ausguss, Ansicht von links
men interventriculare (Monro) in Verbindung (⊡ Abb. 10.74). Jeder Seitenventrikel hat 4 Abschnitte (⊡ Abb. 10.75), die den 4 Lappen des Endhirns entsprechen: Cornu frontale, Vorderhorn, im Stirnlappen, Pars centralis, Mittelteil, im Scheitellappen, Cornu occipitale, Hinterhorn, im Hinterhauptlappen und Cornu temporale, Unterhorn, im Schläfenlappen (⊡ Abb. 10.74). Cornu frontale. Das Vorderhorn bildet den anterioren Pol des Seitenventrikels. Es reicht bis zum Foramen interventriculare. Medial wird das Vorderhorn vom Septum pellucidum und lateral vom Caput nuclei caudati begrenzt. Die Balkenstrahlung bildet das Dach. Pars centralis. Der Mittelteil ist aufgrund des vorgewölbten Thalamus verengt. Der Boden wird medial von der Lamina affixa und lateral vom Corpus nuclei caudati gebildet, das Dach durch den Balken. Durch das Foramen interventriculare wölbt sich der Plexus choroideus ventriculi lateralis (s. unten) von der medialen Seite in den Hohlraum vor. Er ist zwischen Fornix und Lamina affixa aufgehängt. Der Mittelteil reicht bis zum Splenium corporis callosi, wo er sich in Hinterhorn und Unterhorn gabelt. Cornu occipitale. Das Hinterhorn wird von einer Ausstrahlung des Balkens, Forceps major (occipitalis), überdacht. Seine mediale Wand ist durch den tief einschneidenden Sulcus calcarinus vorgewölbt. Die Vorwölbung bildet den Calcar avis.
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Kapitel 10 · Nervensystem
⊡ Abb. 10.75. Liquorräume. Rot Plexus choroidei. Die Pfeile geben die Zirkulationsrichtung des Liquors an. Seitenventrikel und III. Ventrikel sind durch Foramina interventricularia, der III. und IV. Ventrikel durch den Aqueductus mesencephali verbunden. Apertura mediana ventriculi quarti und Aperturae laterales ventriculi quarti stellt die Verbindung zwischen Ventrikel und subarachnoidalem Liquorraum her
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Cornu temporale. Das Unterhorn schert in einem schwachen Bogen nach laterobasal aus. Im Dach liegt die Cauda nuclei caudati. An der Spitze des Unterhorns befindet sich das Corpus amygdaloideum. Auf der medialen Seite des Cornu temporale schließt sich der Plexus choroideus bis zur Fimbria hippocampi an. Es folgt mediobasal das Cornu ammonis, Ammonshorn, das sich mit seinem Alveus hippocampi in das Unterhorn vorwölbt. Ein Teil der Sehbahn umschlingt das Unterhorn und verläuft an seiner Außenseite okzipitalwärts. Der Ventriculus tertius gehört zum Dienzephalon. Er ist
ein unpaarer, spaltförmiger Raum in der Medianebene. Seine Seitenwände werden von superior nach inferior vom Epithalamus, Thalamus und Hypothalamus gebildet. In 75 % der Fälle besteht zwischen den beiden Thalami eine Adhesio interthalamica (⊡ Abb. 10.74). Außerdem verläuft in der Ventrikelwand zwischen Foramen interventriculare und dem Übergang in den Aqueductus mesencephali eine Furche, Sulcus hypothalamicus (S. 729). Die anteriore Begrenzung des III.Ventrikels bildet die Lamina terminalis. Dort befindet sich etwa in Höhe des Sulcus hypothalamicus eine durch die Commissura anterior hervorgerufene Vorwölbung (⊡ Abb. 10.28, 10.74). Der III. Ventrikel hat mehrere Ausbuchtungen, von denen 2 im Gebiet des Hypothalamus liegen (⊡ Abb. 10.28, 10.74):
Recessus opticus oberhalb der Chiasma opticum und Recessus infundibuli im Anfang des Hypophysenstiels. Weitere Ausbuchtungen befinden sich im Epithalamus: Recessus suprapinealis oberhalb der Glandula pinealis und Recessus pinealis am Abgang der Glandula pinealis. Oberhalb des Recessus pinealis wölbt sich die Commissura habenularum, unterhalb die Commissura posterior vor (⊡ Abb. 10.74), wo der III. Ventrikel in den Aqueductus mesencephali übergeht. Überdacht wird der III. Ventrikel oberhalb des Foramen interventriculare vom Plexus choroideus ventriculi tertii. Die Bindegewebsplatte dieses Plexus, Tela choroidea ventriculi tertii, ist zwischen den Striae medullares thalami ausgespannt und mit der Taenia thalami an der Oberfläche des Thalamus befestigt (⊡ Abb. 10.30, 10.32, S. 726). Sie steht mit der Tela choroidea der Seitenventrikel in Verbindung. Der Aqueductus mesencephali (cerebri, Sylvius) verbindet den III. mit dem IV. Ventrikel (⊡ Abb. 10.74). Er liegt im Mittelhirn und verläuft leicht abwärts gekrümmt.
823 10.5 · Hüllen des ZNS, Liquorräume, Blutgefäße
ragt aus den Aperturae laterales in das Spatium subarachnoideum (Bochdalek-Blumenkörbchen).
Liquor cerebrospinalis
⊡ Abb. 10.76. Dach des IV. Ventrikels. Das Kleinhirn ist entfernt. Der linke Teil des IV. Ventrikels ist eröffnet
> Klinischer Hinweis Der Aqueductus mesencephali ist die engste Stelle des Ventrikelsystems. Treten dort »Verklebungen« auf, kann es zu einem Stopp der Liquorzirkulation kommen. Als Folge erweitern sich die beiden Seitenventrikel und der III.Ventrikel, Hydrocephalus internus. Verbunden ist damit meist eine Rückbildung des Hirngewebes.
Der Ventriculus quartus gehört zum Rhombenzephalon. Er hat die Form eines Zeltes. Seinen Boden bildet die Rautengrube (S. 744, ⊡ Abb. 10.39). Das Dach, Tegmen ventriculi quarti, wird von 2 Marksegeln, Velum medullare superius und Velum medullare inferius, den Kleinhirnstielen und dem Kleinhirn gebildet (⊡ Abb. 10.76). Der quer stehende First des Zeltdachs zwischen vorderem und hinterem Segel ist das Fastigium. An das Velum medullare inferius schließt die Tela choroidea an, eine Platte aus Pia mater, die den IV. Ventrikel nach posterior abschließt. Sie trägt den Plexus choroideus des IV. Ventrikels. Nach kaudal verjüngt sich der IV. Ventrikel und setzt sich in den Zentralkanal des Rückenmarks fort. Der IV. Ventrikel kommuniziert mit den externen Liquorräumen über 3 Öffnungen: Apertura mediana (Magendie, ⊡ Abb. 10.76), die unpaar ist, Aperturae laterales (Luschka, ⊡ Abb. 10.39, 10.76), die auf jeder Seite lateral neben dem VII. Hirnnerven liegen. Ein Teil des Plexus choroideus des IV. Ventrikels
Der Liquor cerebrospinalis ist eine klare, farblose, proteinarme Flüssigkeit mit einer Dichte von 1,007 g/ml. Er enthält nur vereinzelt Zellen. Gebildet wird der Liquor cerebrospinalis von den Plexus choroidei der Seitenventrikel, des III. und IV. Ventrikels sowie vom Ventrikelependym. Die Plexus choroidei sind lokale Auffaltungen der Ventrikelwände und bestehen aus reichlich vaskularisiertem Bindegewebe, das von einem auf die Liquorproduktion spezialisierten Ependym überzogen ist. Die Gefäße der Plexus choroidei haben ein gefenstertes Endothel, das Plexusepithel an der Grundfläche, ein basales Labyrinth und an der Oberfläche Mikrovilli. Insgesamt besteht eine Liquorzirkulation (⊡ Abb. 10.75). Aus dem inneren Liquorraum gelangt der Liquor cerebrospinalis durch die Apertura mediana und die Aperturae laterales in den äußeren Liquorraum, wo die Granulationes arachnoideae im Bereich des Schädels und in den Wurzeltaschen der Arachnoidea spinalis an der Liquorresorption beteiligt sind. Liquor cerebrospinalis gelangt aber auch durch die Interzellularspalten des Ependyms der Ventrikelwände in die Interzellularräume von Gehirn und Rückenmark, kommuniziert aber nicht mit dem Blutraum. Vielmehr bestehen eine Blut-Liquor-Schranke und eine LiquorBlut-Schranke, die auf Tight junctions zwischen Gliazellfortsätzen in der Gefäßumgebung zurückgehen. Diese Schranken können nur von kleinen Molekülen, aber nicht von Proteinen und Fremdkörpern passiert werden. Lipophile Substanzen durchdringen diese Schranken leichter als hydrophile Stoffe. ⓘ Infobox Insgesamt sollen pro Tag 500 ml Liquor cerebrospinalis produziert werden. Innerer und äußerer Liquorraum eines Erwachsenen fassen zusammen jedoch im Mittel 140 ml (100–180 ml), sodass pro Tag der Liquor cerebrospinalis mindestens 3-mal ausgetauscht wird.
> Klinischer Hinweis Kommt es zu einer Störung der Resorption von Liquor im äußeren Liquorraum, so entsteht ein Stau in der Liquorzirkulation. Dann erweitert sich der äußere Liquorraum, Hydrocephalus externus.
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Kapitel 10 · Nervensystem
10.5.3
Sinus durae matris
Die Sinus durae matris sind weitlumige venöse Blutleiter. Sie sammeln das venöse Blut aus dem Gehirn (S. 724) und den Meningen und leiten es zum größten Teil der V. jugularis interna durch den Sinus sigmoideus zu (s. unten). Außerdem bestehen weitere kleine Abflusswege (s. unten). Die Sinus durae matris verlaufen innerhalb der Dura mater. In ihrer Wand fehlen eine Tunica media und eine Tunica adventitia, sodass die kollagenen Faserbündel der Dura mater bis an die Basalmembran des lückenlosen Endothels reichen. Die venösen Blutleiter liegen in Septen der Dura mater (Falx cerebri, Tentorium cerebelli) oder in unmittelbarer Nähe der Schädelknochen, an denen sie seichte Furchen bilden können.
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Folgende Sinus sind zu unterscheiden (⊡ Abb. 10.77): Sinus sagittalis superior, Sinus sagittalis inferior, Sinus rectus, Confluens sinuum, Sinus transversus, Sinus sigmoideus, Sinus occipitalis, Sinus marginalis, Plexus basilaris,
Sinus petrosus superior, Sinus cavernosus, Sinus intercavernosus und Sinus sphenoparietalis.
Sinus sagittalis superior. Der Sinus sagittalis superior ist unpaar. Er beginnt an der Crista galli, verläuft an der Ansatzstelle der Falx cerebri im Sulcus sinus sagittalis superioris des Os frontale, der Ossa parietalia sowie des Os occipitale und mündet in der Gegend der Protuberantia occipitalis interna in den Confluens sinuum. Der Sinus sagittalis superior nimmt das Blut aus den Vv. superiores cerebri auf. Sinus sagittalis inferior. Er verläuft am freien (unteren) Rand der Falx cerebri und mündet in den Sinus rectus. Sinus rectus. Der Sinus rectus liegt an der Anheftungsstelle der Falx cerebri am Tentorium cerebelli. Er nimmt außerdem die V. magna cerebri auf und zieht zum Confluens sinuum. Confluens sinuum. Der Confluens sinuum ist der Zusammenfluss der beiden Sinus transversi mit Sinus sagittalis superior, Sinus rectus und Sinus occipitalis. Er liegt an der Protuberantia occipitalis interna. Sinus transversus. Der paarige Sinus transversus befindet sich an der Anheftungsstelle des Tentorium cerebelli und hinterlässt an der Pars squamosa ossis tempora-
⊡ Abb. 10.77. Venöse Abflüsse aus dem Schädelinnenraum durch Sinus. Blick von posterolateral rechts. Der Plexus pterygoideus und die Vv. emissariae mastoideae sind nur rechts dargestellt
825 10.5 · Hüllen des ZNS, Liquorräume, Blutgefäße
lis den Sulcus sinus transversi. Er setzt sich in den Sinus sigmoideus fort. Sinus sigmoideus. Der Sinus sigmoideus verläuft S-förmig und ruft in der Pars mastoidea des Os temporale den Sulcus sinus sigmoidei hervor. Der Sinus sigmoideus erreicht den hinteren Abschnitt des Foramen jugulare, wo er in den Bulbus superior der V. jugularis interna übergeht. Sinus occipitalis. Der unpaare Sinus occipitalis liegt an der Anheftungsstelle der Falx cerebelli und verbindet den Sinus marginalis mit dem Confluens sinuum. Sinus marginalis. Dieser Sinus breitet sich um das Foramen occipitale magnum aus und verbindet den Plexus basilaris mit dem Sinus occipitalis. Außerdem hat der Sinus marginalis durch das Foramen occipitale Verbindungen mit dem Plexus venosus vertebralis internus. Durch diese Verbindungen kann venöses Blut aus der Schädelhöhle bei gestörtem Abfluss durch die V. jugularis interna abgeleitet werden. Plexus basilaris. Der Plexus basilaris liegt auf dem Clivus und hat Verbindungen zu beiden Sinus cavernosi und zum Sinus marginalis. Sinus petrosus superior. An der oberen Kante der Pars petrosa ossis temporalis gelegen leitet er das Blut aus dem Sinus cavernosus in den Sinus sigmoideus. Sinus cavernosus. Der Sinus cavernosus, ein schwammartiger venöser Raum, breitet sich beiderseits der Sella turcica aus und bildet mit dem Sinus intercavernosus ein ringförmiges Venengeflecht. Durch den Sinus hindurch zieht die A. carotis interna und der N. abducens (N. VI). Seiner lateralen Wand liegen von kranial nach kaudal der N. oculomotorius (N. III), N. trochlearis (N. IV) und N. ophthalmicus (N. V1) an.
>
Der Sinus cavernosus erhält Zuflüsse durch die V. ophthalmica superior, die laterokranial des Anulus tendineus communis durch die Fissura orbitalis superior aus der Orbita kommt, V. ophthalmica inferior, die das Blut des Orbitabodens unterhalb des Anulus tendineus communis durch die Fissura orbitalis superior in den Sinus cavernosus leitet. Sie kann aber auch in der Orbita in die V. ophthalmica superior einmünden. Die V. ophthalmica inferior hat über die Fissura orbitalis inferior wichtige Anastomosen zur V. facialis, V. retromandibularis und zum Plexus pterygoideus, V. cerebri media superficialis, Sinus sphenoparietalis, der unterhalb des freien Randes der Ala minor ossis sphenoidalis verläuft und das Blut aus der V. cerebri media superficialis aufnimmt. Das Blut des Sinus cavernosus fließt ab in den Sinus petrosus superior et inferior (s. oben), Plexus basilaris und durch das Foramen ovale zum Plexus pterygoideus. Zusätzliche kleinere Abflusswege für venöses Blut aus dem Schädelinneren sind Venen im Karotiskanal und Vv. emissariae, die die Sinus durae matris mit Vv. diploicae und Venen der Kopfhaut verbinden. Sie verhindern einen Überdruck in den Sinus durae matris. ⓘ Infobox Vv. diploicae sind dünnwandige Venen in der Spongiosa der Knochen des Schädeldachs, die durch Vv. emissariae mit den Sinus durae matris und mit den Venen der Schädelweichteile in Verbindung stehen.
In Kürze
Dura mater, Arachnoidea und Pia mater umhüllen als Meningen Gehirn und Rückenmark. Die Dura mater cerebri bildet Septen, vor allem Falx cerebri,Tentorium und Diaphragma sellae. Zwischen Arachnoidea und Pia befindet sich der äußere Liquorraum, Spatium subarachnoidale. An einigen Stellen kommen Erweiterungen vor, Cisterna cerebellomedullaris, Cisterna basalis, Cisterna fossae lateralis cerebri, Cisterna lumbalis. Der äußere Liquorraum steht durch die Apertura mediana und die Aperturae laterales im Bereich des IV. Ventrikels mit dem inneren Liquorraum der vier Ventrikel des Gehirns in Verbindung. Die Seitenventrikel liegen im Bereich des Telenzephalons, der III.Ventrikel des Dienzephalons, der Aqueductus mesencephali des Mesenzephalons und der IV. Ventrikel des Rhombenzephalons. Die Fortsetzung ist der schmale, z. T. verödete Canalis centralis des Rückenmarks. Der Liquor cerebrospinalis wird in den Plexus choroidei der Ventrikel des Gehirns gebildet und zirkuliert zu seinen Resorptionsorten. – In der Dura mater cerebri verlaufen große Sinus durae matris, die venöses Blut aus dem Gehirn vor allem zur V. jugularis interna ableiten.
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A Sachverzeichnis Zahlen ohne Zusatz weisen auf Seiten hin, auf denen der aufgeführte Begriff verwendet wird. Durch Fettdruck hervorgehoben sind jeweils die Seiten mit einer ausführlichen Erläuterung des Begriffes. Gehören zu einem Begriff mehrere Textstellen sind die Seiten mit ausführlichen Erläuterungen durch Fettdruck hervorgehoben. Sind jedoch alle Texte gleichwertig, ist die Hervorhebung unterlassen. Zahlen mit »f« bedeuten, dass der Begriff sowohl auf der genannten als auch auf der folgenden Seite und Zahlen mit »ff« auf mehreren aufeinanderfolgenden Seiten verwendet wird. Zahlen mit A und T bedeuten, dass der Begriff auf dieser Seite nur in einer Abbildung bzw.Tabelle verwendet wird. Steht der Begriff auf dieser Seite sowohl im Text als auch in einer Abbildung und/oder einer Tabelle, hat die Seitenzahl keinen Zusatz.
A Abdomen 3, 226 Abdominale Atmung 220, 221 Abdominalorgane s. Bauchorgane 530 ff. Abduktion – Hüftgelenk 323 – Karpometakarpalgelenk I 269 – Kugelgelenk 177 – Metakarpophalangealgelenke 272 Abduzenslähmung, ipsilaterale 758 Abfaltung 115 f. ABP (androgenbindendes Protein) 619 Abrasion 101 Absolute Herzdämpfung 503 Absteigende Degeneration 82 A, 83 A Absteigendes Retikularissystem 751 Abstillen 224 Abszess – retrobulärer 391 – retroperitonealer 325 Abwehr, Bindegewebe 33 Acervulus 728 Acetabulum s. Azetabulum 304, 305 Acetabulum(AC-)-Winkel 305 Acetylcholinesterase 781 Achalasie 519 Achillessehne 343 A, 349, 351 A – Riss 349 Achillessehnenreflex 774 A – Ausfall 368 Achselbögen 262 Achselhöhle 261, 300
– Gefäß-Nerven-Strang 300 – Haare 164 – Tastkontrolle 300 Achsellücke(n) 261, 301 – laterale 301 – mediale 301 Achsenfaden 618 Acromion 202 A, 214 A, 245 A, 246 A, 247, 253 A, 260 A – Taststellen 247 ACTH (adrenokortikotropes Hormon) 597, 732 – Fettgewebe 45 Adamsapfel 437, 445 Adaptation, Pupillenreflex 799 Addison-Syndrom 736 Adduktion – Hüftgelenk 323 – Karpometakarpalgelenk I 269 – Kugelgelenk 177 – Metakarpophalangealgelenke 272 Adduktoren 322 A, 323 ff., 327, 328 T – Lähmungen 364 Adduktorenkanal 327, 358, 371 Adduktorenschlitz 327 Adenohypophyse 733 f. – azidophile Zellen 735 – basophile Zellen 735 – chromophile Zellen 735, 736 – chromophobe Zellen 734 – Entwicklung 734 – Hormone 732 T – Hormonwirkung 735 A – Pars distalis 734 – – intermedia 736 – – tuberalis 736 – Sternzellen 735, 736 Adenome, Hypophyse 736 Adenosintriphosphat s. ATP
ADH (antidiuretisches Hormon) 731 – Nierenwirkung 605 Adhäsionsmoleküle 16 A, 157 Adhesio interthalamica 705 T, 726, 821 A, 822 Adiadochokinese 783 Adipoblasten 45 Adipsie 730 Aditus – ad antrum mastoideum 673 – laryngis 425 A, 432, 435 – orbitalis 388 Adolenszentenkyphose 201 Adrenalin 76 T, 77, 699 – Durchblutungsregulation 516 – Fettgewebe 45 Adrenerge Neurone 810, 811 Adrenerge Zellgruppen, Formatio reticularis 753, 754 Adrenokortikotropes Hormon s. ACTH Adventitia 512, 515 – Arterien 513 – Ösophagus 520 – Spannungsrezeptoren 512 – Trachea 477 – Verdauungskanal 520 T Adventitiazellen 35 Äquator, Augapfel 652 Äquatorialebene 21 Äußere Geschlechtsorgane – Frau 641 ff. – – Entwicklung 642 – Mann 624 ff., 626 ff. – – Entwicklung 624 Äußere Grenzzellen, Corti-Organ 679 Äußere Haarzellen, Corti-Organ 679, 680 Äußere Hüftmuskeln 324 T, 325 T
Äußere Körnerschicht 659 T, 660 T Äußere Pfeiler-Zellen, CortiOrgan 679, 680 A, 681 Äußere Phalangen-Zellen, CortiOrgan 679, 680 A Äußere plexiforme Schicht 659 A, 660 T Äußerer Muttermund, Entwicklung 637 Äußerer Baillarger-Streifen 718 A, 719 A Äußerer Gehörgang s. Meatus actusticus externus 387 – Drüsen 163 – Entwicklung 426 – Haare 164 – Innervation 457 T, 463 T Äußerer Leistenring s. Anulus inguinalis superficialis 233 – Innervation 240 Äußerer Tunnel, Corti-Organ 680 Äußeres Ohr 671 f., 672 – Entwicklung 670 Aa-Fasern 772 Ab-Fasern, Haut 161 Ag-Fasern – motorische Endplatte 66 – Muskelspindel 65 A – Schmerzen, schnelle 791 Affekte 808 Affenhand, Medianuslähmung 296 Afferente Neurone 690 – vegetatives Nervensystem 702 Afterbucht 116 Agenesie 7 Aggrecan 41 – Knorpel 47 Agranulozytose 127 AIDS 143
830
Sachverzeichnis
Akkommodation 657, 800 – Steuerung 799 Akkommodationsapparat 654 Akkommodationsreflex 799, 800 Akranie 377 Akromegalie 56, 736 Akromiohumerale Gleitschicht 251, 253 f. Akromioklavikulargelenk 251 A, 252 A Akromion s.Acromion 247 Akrosin 618 Akrosom 616, 618 Akrosomreaktion 644 f. Aktin 14, 57, 61 Aktinfilamente 14 f., 15, 16 A, 19 – Enterozyten 572 – Keratinozyten 155 – Mikrovilli 13 – Muskulatur, glatte 58, 59, 60 A – Skelettmuskulatur 61 f. – Zonula adhaerens 15 a-Aktinin 15, 19 Aktionspotential 76 Aktive Immunisierung 143 Aktiver Bewegungsapparat 168, 178 Aktivin, Follikulogenese 634 Aktivitätshypertrophie 7 – Herz 501 – Knochen 172 – Muskeln 186 Akustikusneurinom 461 A Akustische-optische Fasern 801 Akustisches System – Kopfbewegungen 802 – tonotope Gliederung 802 Akzessorischer Pankreasgang 543 A Ala(-ae) – lobuli centralis (Cerebellum) 760 T – major ossis sphenoidalis 383, 385 A, 389 A, 422 A – minor ossis sphenoidalis 383 f., 389 A – nasi 418 – orbitalis 379 – ossis ilii 304, 305 A – – sacri 200 – temporalis 379 Alarmreaktion, Sympathikus 810 Albinos 156 Albumine, Bluplasma 124
Alcock-Kanal 556, 561 Aldehydfuchsin-Färbung 39 Aldosteron, Nebennierenrinde 597 Alexie 814 Alkohol – Histotechnik 88 – Teratogenität 122 Allantois 108 A, 109 ff., 551 A, 552 Allen-Test 291 Allergie, Granulozyten, eosinophile 136 Allgemein sensorische Systeme 787 Allgemein somatoafferente Kerne (ASA) 746 Allgemein somatoefferente Kerne (ASE) 746, 749 Allgemein viszeroafferente Kerne (AVA) 746 f. Allgemein viszeroefferente Kerne (AVE) 746 f., 749 f. Allokortex 807 A Alterssichtigkeit 658 Altersveränderungen, Gelenke 178 Alveoläre Endstücke 24 – Duftdrüsen 163 Alveoläres Stadium, Lungenanlage 480 Alveolarepithel 483 A, 484 – Typ-I-Zellen 483 A, 484 – – Blut-Luft-Schranke 484 – Typ-II-Zellen 483 A, 484 Alveolarknochen 401 A, 403 – Entwicklung 402 Alveolarmakrophagen 137, 485 Alveolen 482 A, 483 A, 484 – Entwicklung 480 Alveoli dentales 386, 388, 392 Alveus hippocampi 807 A Alzheimer-Erkrankung 721, 816 Amakrine Zellen 72 A – Retina 661 Amaurose 796 A Amboss s. Incus 377 T, 674 f. – Entwicklung 424 Amelie 244 Ameloblasten 401 A, 402 Amine 77 g-Aminobuttersäure s. GABA 812 Aminosäuren 76 T, 77 Aminosäuresysteme 810 Amnioblasten 96 A, 107
Amnion s. Eihäute 99 A, 102 A, 108 A, 112 A Amnionbindegewebe 100 Amnionepithel 100, 105 Amnionhöhle 99 A, 107, 109, 117 – definitive 107 – primäre 107 Amniozentese 117 Amöboide Beweglichkeit, Leukozyten 124 Amorphe Interzellularsubstanz 40 Amorphosynthese 791 Amphiarthrosen 173, 269 f., 306, 343 – Art. sacroiliaca 306 – Fuß 343 – Hand 269 Amplifikationszellen 155 Ampulla – ductus deferentis 548 A, 614 A, 622 ff. – duodeni 569 – lateralis 682 – membranacea 682 – – anterior 677 A, 682 A – – posterior 677 A, 682 A – recti 580 – tubae uterinae 630 A, 635 – urethrae 612 Ampulläres Kelchsystem 607 Amputationsneurom 83 A, 84 Amygdala s. Corpus amygdaloideum 807 Amylase 575 Anämie 125, 126 Anagenphase 165 Analatresie 552 Analfalte 625 A Analkanal s. Canalis analis 580 Analkrypten 581 Analmembran 551, 625 A Analreflex 774 A Anaphase 21 Anastomosen – arterielle 515 – arteriovenöse 515 – Beinvenen 362 – portokavale 239, 521, 524, 558 A, 559, 582 – retroperitoneale 559 – Schulter 289 Androgenbindendes Protein (ABP) 619 Androgene 158, 233 – Follikulogenese 632 – Frühentwicklung 106 – Nebennierenrinde 597
Anenzephalus 377, 710 ANF (atrial natriuretic factor) 67 Angeborene Immunität 132 Angina pectoris 509 Angioarchitektonik 688 Angioblasten 130, 492, 493 A Angiotensin 602 – Durchblutungsregulation 516 Angiotensin II 813 A Angstschweiß 162 Angulus(-i) – acromialis 245 A, 247 A – costae 212 – inferior (Scapula) 245 A, 246 A, 247 A – infrasternalis 215 – iridocornealis 657 – lateralis (Scapula) 247 – mandibulae 391 – sterni 211 A, 213, 214 A, 261 A – superior (Scapula) 245 A – venosus 523, 525, 724 – – sinister 151 Anheftungsplatte 60 A Anilinblau 89 Animalisches Nervensystem 687 Anisokorie 800 Ankerfibrillen 18 – Dermis 157 Ankerfilamente, Dermis 157 Ankerplatten, Dermis 157 ANP (Atriales natriuretisches Peptid) 813 A Ansa – cervicalis 423 A, 428 T, 466 – subclavia 468 – thyroidea 468 Ansatz 179 Antagonisten 185 Antebrachium 245 Anteflexio uteri 636 Antennulae microvillarum 13 A Anterograder Transport 72 Anterolaterales System 788 A, 789 – sensorische Qualitäten 787 – Tractus spinothalamicus 775 Antetorsion, Collum femoris 312 Anteversio uteri 636 Anteversion, Hüftgelenk 322 Antidepressiva, trizyklische 812 – serotoninerges System 751
831 Sachverzeichnis
Antidiuretisches Hormon s. ADH Antigen-Antikörper-Komplex 141 – Nachweis 89 Antigene 132 – Primär-/Sekundärkontakt 143 – T-Zellrezeptor 132 Antigenpräsentation 138 – B-Lymphozyten 137 – Makrophagen 138 – T-Lymphozyten 137 Antigenpräsentierende Zellen 134, 135 A, 137 – Haut 157 – nichtprofessionelle 139 Antigenrezeptoren, B-Lymphozyten 141 Antihelix 671 A Antikörper 141 f. – Epitop 142 – Fab-Region 142 – Fc-Region 142 – Freisetzung, Lymphknoten 150 – Plasmazellen 141 Anti-Müller-Hormon 233, 637 – Spermatogenese 619 Antitragus 671 A Antivalguswirkung 178 T Antrum – folliculi 633 – mastoideum 673 – pyloricum 563 Anulus(-i) – conjunctivae 654 – femoralis 369 – fibrosus (Cor) 504 A, 506 – – (Discus intervertebralis) 193, 195 A – inguinalis profundus 232 A, 233 – – superficialis 231, 232 A, 233 – iridis major 656 – (Spermatozoen) 619 – tendineus communis 666 – umbilicalis 230 Anus s. Canalis analis 580, 642 A – Abszesse 311 – Talgdrüsen 163 – Verschlussapparat 581 Aorta 490 A, 491 A, 492, 501 A, 521 ff. – abdominalis 540 A, 553 A – Äste 553 f. – ascendens 521, 526 – dorsalis 493, 496 T, 670 A
– elastische Fasern 40 – Entwicklung 493 – reitende 500 f. – thoracica 523 – – Äste 523 – ventralis 493 T, 496 T – Windkesselfunktion 513 Aortenbogen 447, 491 A, 504 A, 507 A, 521 f., 527 f., 528 A, 529 – Äste 522 – Fehlbildungen 501 – Oberflächenprojektion 502 A Aortenenge, Ösophagus 519 Aortenisthmusstenose 237, 501, 522 Aortenklappe 490 A, 492, 504 A, 505 – Auskultationsstellen 507 A – Entwicklung 498 – Oberflächenprojektion 506 T Aortenstenose 500 Apertura(-ae) – canaliculi cochleae 381 T, 386 – – vestibuli 380 T, 385 – externa canalis carotici 386 A – interna canalis carotici 386 A – lateralis ventriculi quarti (Luschka) 739 A, 745, 821 A, 823 – mediana ventriculi quarti (Magendie) 739 A, 823 – piriformis 388, 390 – thoracis inferior 215 – – superior 211 A, 214, 475 Apex – capitis fibulae 315 – cordis s. Herzspitze 501 – linguae 411 – nasi 418 – ossis sacri 200 – partis petrosae 386 A – patellae 315, 337 – pulmonis s. Lungenspitze 478 – radicis dentis 401 – vesicae 609 Aphasie – motorische 815 – sensorische 814 Aplasie 7 Apokrine Sekretion 29 A, 30 A Aponeurose 181
Aponeurosis – linguae 411 – manus 287 – musculi bicipitis brachii 264, 266 – palatina 407 – palmaris 276, 287 – plantaris 318 A, 343 A, 354 – stylopharyngea 422, 430 A Apophyse 168, 169 A Apoptose 20, 21 f. Apozytose 30 Apparatus lacrimalis 665 f. Appendix(-ces) – epididymidis 620 – epiploicae 532 A, 577 f. – fibrosa hepatis 533, 534 A, 536 A – testis 620 – vermiformis 533 A, 538, 539, 541 A, 577 A, 578 A – – Entwicklung 544 – – Gefäße 579 – – Lagevarianten 539 – – Projektionen 539 – – Wandbau 578 – vesiculosa 637 Appendizitis 539 – Druckpunkte 231 Appositionelles Wachstum – Knochen 56 – Knorpel 57 APUD-Zellen 32 Aquaporin 17 Aqueductus – cochleae 678 – mesencephali (cerebri, Sylvius) 710 A, 737 A, 741 A, 821 A, 822 – – – Entwicklung 710 – vestibuli 385, 682 Arachnoidalzotten 817 A, 818 Arachnoidea mater 687, 816 – cranialis 817 A, 818, 822 A – spinalis 819 ARAS (aufsteigendes retikuläres aktivierendes System) 752 Arbeitsmuskulatur 67 Arbor vitae 760 Archikortex 715 – Schichtenbau 717, 719 f. Archipallium 714 Archizerebellum 759, 764 Arcus – alveolaris 392 – anterior atlantis 190 A, 197 A – aortae s. Aortenbogen 521 f. – cartilaginis cricoideae 437
– costalis 211 A, 212, 214 A, 215 – ductus thoracici 525 – iliopectineus 229 A, 233 T, 370 A – palatoglossus 408 – palatopharyngeus 408 – palmaris profundus 290, 304 – – superficialis 290 A, 291, 303 – plantaris 360 A – – profundus 361 – posterior atlantis 190 A, 197 A – pubis 307 – superciliaris 388 – tendineus musculi levatoris ani 309, 549 – – – solei 349 – venae azygos 524 – venosus dorsalis pedis 361 – – jugularis 445, 453 – – palmaris superficialis 292 – vertebrae 189, 190 A – zygomaticus 387, 388 Area(-ae) – 4 4A – 5 5A – 6 6A – 18-19 799 – 41-42 802 – cribrosa (Papillae renales) 599 – gastricae 564 – hypothalamica dorsalis 730 A – – intermedia 729 f. – – lateralis 730 – – posterior 730 – – rostralis 729 – intercondylaris anterior 315, 316 A, 332 A – – posterior 315, 316 A, 332 A – nuda (Hepar) 533, 534 A, 535 A, 587 A – postrema 734 A, 739 A, 744 – – Brechzentrum 754 – preoptica 729 – prepiriformis 794 A, 806 A – striata 796 A – vestibularis 739 A, 744 Areale, Rückenmark 770 Areolae mammae 223 Arginin 813 Argyrophilie, retikuläre Fasern 39 Arkaden, Dünndarm 576
A
832
Sachverzeichnis
Arm – Arterien 288, 289 ff. – Innervation, sensible 299 A – Lymphsystem 293 – Nerven 293 ff. – Venen 291 ff. – – oberflächliche, Punktion 293 Armaußenwinkel 262 Armkreisen 254 Aromatasekomplex – Follikulogenese 632, 634 – Granulosazellen 634 Artefakt 88 Arteria(-ae) – alveolaris(-es) inferior 421 A, 449 T, 451 – – superior posterior 421 A, 449 T, 451 – – superiores anteriores 403, 421 A, 451 A – – – medii anteriores 449 T, 451 – angularis 449 T, 450 – anterior posterior cerebelli 756 – appendicularis 554, 579 – arcuata 359, 360 A – arcuatae 606 – auricularis posterior 449 T, 450, 671 – – profunda 449 T, 451, 671 – axillaris 288, 295 A, 298 A, 300, 491 A, 528 A – – Äste 288 – basilaris 448 T, 723 – brachialis 289, 301 A, 302, 491 A – – Äste 289 – – Puls 289 – – superficialis, persistierende 289 – – Teilung, hohe 289 – – Varianten 289 – buccalis 421 A, 449 T, 451 – bulbi clitoridis 310 – – penis 310, 556, 628 – – vestibuli 556, 643 – caecalis anterior 554, 579 – – posterior 554, 579 – canalis pterygoidei 449 T, 451 – carotis comminis 523 – – communis 423 A, 443 A, 445, 446, 447 A, 448, 450 A – – – dextra 491 A, 522 A, 523, 527 – – – sinistra 491 A, 522 A, 523, 527
– – externa 415, 443 A, 445, 450 A, 451 A, 4489 f. – – – Äste 449 f., 676 – – interna 430, 443 A, 445, 448, 450 A, 452, 467 A, 668, 723 – caudae pancreatis 585 – centralis(-es) anteromediales 733 – – posteromediales (A. cerebri posterior) 728 – – – (A. communicans posterior) 756 – – – – Thrombose 757 – – retinae 653 A, 662, 667 A, 668 – cerebri 820 – – anterior 723 f., 733 – – media 723, 724 – – posterior 448 T, 723, 724, 728, 733, 756, 820 – cervicalis ascendens 288 A, 448 – – profunda 288 A, 448, 777 – – superficialis 448 T – ciliares 662 – – anteriores 662 A, 665, 668 A, 668 – – posteriores breves 662, 668 – – – longae 662 f., 668 – circumflexa anterior humeri 300 – – femoris lateralis 358 – – – medialis 358 – – humeri anterior 288 – – – posterior 288 – – ilium profunda 238, 358 A, 555 – – – superficialis 238, 358 – – posterior humeri 300 – – scapulae 288 – colica dextra 554, 579 – – media 554, 579 – – sinistra 554, 579 – collateralis(-es) 301 A – – medialis 289 A – – radialis 289 – – ulnaris inferior 289 – – – superior 289, 301 A – communicans(-tes) anterior 723 A, 733 – – nervi ischiadici 369 A, 371 T – – – mediani 291, 303 T – – posteriores 733 – conjunctivales 662 A – – anteriores 665
– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
coronaria dextra 504 A, 509 – – Rechtstyp 509 – sinistra 504 A, 508 f. – – Linkstyp 509 corticales radiatae renis 606 cremasterica 238, 627 T cystica 593 descendens genus 358 A digitales dorsales (Manus) 290 – – (Pes) 359, 360 A – palmares 290 – – communes 290 A, 291 – – propriae 291 – plantares communes 360 A, 361 – – propriae 360 A, 361 – propriae (Manus) 290 A, 291 dorsalis clitoridis 310, 556, 643 – nasi 450, 668 – pedis 359, 360 A, 374 A – – Puls 374 – penis 310, 556, 628 – scapulae 448 ductus deferentis 556, 611 A, 622, 623, 626, 627 T epigastrica inferior 229 A, 237, 238, 555 – superficialis 238, 358 – superior 237, 238, 448 T, 555 ethmoidalis anterior 419, 668, 816 – posterior 419, 668 facialis 410, 417, 445, 449, 450 A femoralis 358, 369 ff., 491 A, 555 A, 643 – Äste 358 – arterielle Verschlusskrankheiten 374 – Punktion 370 fibularis 359, 360 A, 372, 373 T frontobasilaris 723 A gastrica(-ae) 568 – breves 554, 564 A – dextra 554, 564 A, 567 – sinistra 521, 537, 553, 564 A, 567, 583 A gastroduodenalis 554, 564 A, 583 A – Äste 585 gastroomentalis 554 – dextra 554, 564 A, 567 – sinistra 564 A, 567
– glutea inferior 311, 369 A, 555 A, 556 – – superior 369 A, 555 – helicinae 628 – hepatica communis 537, 554, 564 A, 583 A – – propria 535, 554, 564 A, 583 A, 586, 587 – hyaloidea 652, 653 A – hypophysiales inferiores 736 – – superiores 736 – ileales 554, 576, 579 – ileocaecalis 538 – ileocolica 547, 554, 579, 579 – iliaca communis 358 A, 491 A, 499, 500 A, 553, 555, 608 – – externa 229 A, 238 A, 358 A, 491 A, 555, 608 – – interna 358 A, 491 A, 496 T, 499, 555, 611 A – iliolumbalis 555 – inferior anterior cerebelli 448 T, 723 A, 756, 757 A, 758, 764, 765 – – lateralis genus 359, 360 A – – medialis genus 359, 360 A – – posterior cerebelli 448 T, 723 A, 756 – infraorbitalis 421 A, 449 T, 451, 667 A – intercostalis 212, 213 A, 496 T – – posterior 236, 237 A, 522 A, 523, 529 – – suprema 238 A, 288 A, 448 – interlobares (Ren) 606 – interlobulares (Hepar) 588 – – (Ren) 606 – interossea antebrachii anterior 303 T – – – posterior 303 T – – anterior 289 A, 290 A, 291 – – communis 289 A, 291 – – posterior 289 A, 290 A, 291 – – recurrens 289 A, 291 – intersegmentales 493 A, 496 T – jejunales 554, 576 – labialis inferior 449 T, 450 – – superior 449 T, 450 – labyrinthi 684, 723 A – lacrimalis 665, 667 A, 668 – laryngea inferior 440, 448 – – superior 440, 446, 449, 450 A – ligamenti teretis uteri 238, 627 T – lingualis 410, 414, 449, 450 A – lumbales 237, 555, 777
833 Sachverzeichnis
– malleolaris anterior lateralis 360 A – – – medialis 360 A – mammaria interna 237 – masseterica 449 T, 451 – maxillaris 403, 415, 421, 422, 449 T, 450 f., 496 T, 816 – – Äste 451 – media genus 359 – mediana 289 A, 290 A – – cephalica 292 – meningea anterior 816 – – media 421 A, 449 T, 451, 467, 816 – – posterior 449 T, 450, 816 – mentalis 449 T, 451 – mesenterica inferior 491 A, 493, 541 A, 547, 554, 555 A, 579 – – – Äste 554 – – superior 491 A, 493, 496 T, 540 A, 541 A, 544, 554, 569 A, 570, 579, 583 A – – – Äste 585 – metacarpales dorsales 290 – – palmares 290 – metatarsales dorsales 359, 360 A – – – Puls 374 – – plantares 360 A, 361 – musculophrenica 219, 238, 448 T – nasalis(-es) posterior lateralis et septi 419 – – posteriores mediales laterales 451 – nutriciae humeri 289 A – nutritiae 51 – obturatoria 229 A, 358, 369, 371 T, 555 A, 556, 610 – occipitalis 449 T, 450 – ophthalmica 380 T, 383 T, 662, 666, 667 A, 668 – – Äste 668 – ovarica 547, 555, 608, 630 A, 636 – palatina(-ae) ascendens 408, 410, 449 T, 450 – – descendens 408, 421 A, 449 T, 451 – – major 451 – – minores 451 – pancreatica dorsalis 583 A, 585 – – inferior 583 A, 585 – – magna 583 A, 585 – pancreaticoduodenalis inferior 554, 576, 583 A, 585 – – superior 554, 564 A – – – anterior 554, 583 A, 585
– – – posterior 554, 583 A, 585 – perforantes 358 f. – pericardiacophrenica 219, 237, 238 A, 448 T, 511, 527 – perinealis 556, 643 – pharyngea ascendens 408, 410, 435, 449 T, 450, 816 – phrenica(-ae) inferior 219, 521, 554 – – superiores 219, 523 – plantaris lateralis 360 A, 361, 374 A – – medialis 360 A, 361, 374 A – – profunda 359 – poplitea 359, 360 A, 372 – princeps pollicis 290 – profunda brachii 289 – – clitoridis 310, 556, 643 – – femoris 358, 371 T – – linguae 449 T – – penis 310, 556, 628 – prostatica 611 – pudenda(-ae) externae 358 – – interna 311, 369 A, 555 A, 556, 556, 579, 608 – – – Äste 556, 608, 610, 611 A, 626, 628, 643 – pulmonalis(-es) 485, 492, 495 A, 499, 530 – – dextra 479 A, 496 T, 501 A, 504 A, 523 – – sinistra 479 A, 480 A, 501 A, 504 A, 522 A, 523 – radialis 289 f., 302 f., 303 – – Äste 290 – – indicis 290 – – Punktion 291 – radicularis(-es) 777 – – anteriores 777 – – magna, Läsion 777 – rectalis inferior 555 A, 556, 579, 582 – – media 555 A, 556, 582, 610, 624 – – superior 554, 555 A, 579, 581 A, 582 – recurrens radialis 289 A, 290, 302 – – tibialis anterior 360 A – – – posterior 359 A, 360 A – – ulnaris 289 A, 291, 302 – renalis 491 A, 496 T, 547 A, 554, 599 A, 605, 606, 608 – – dextra 605 – – sinistra 606 – retroduodenales 554, 576, 585 – sacralis lateralis 555
– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
– – – – – – – –
– mediana 553 sacralis(-es) mediana 555 A segmentales laterales 496 T sigmoideae 554, 579 sphenopalatina 449 T, 451 spinalis anterior 448 T, 723 A, 757 A, 777 – posterior 448 T, 757 A, 777 splenica (lienalis) 554, 564 A, 583 A, 583, 593 A, 596 – Äste 554, 585 stapedia 496 T stylomastoidea 449 T, 676 subclavia 238 A, 288, 294 A, 299, 447, 450, 463 A, 491 A, 526 – Äste 447 – dextra 447, 491 A, 495 A, 496 T, 519 A, 522, 526 – – abnormer Gefäßabgang 501 – Punktion, Luftembolie 300 – sinistra 443 A, 447, 491 A, 507 A, 522 A, 523, 527, 529 subcostalis 236, 523 sublingualis 423, 449 T submentalis 417, 449 T, 450 subscapularis 288, 300 superior cerebelli 448 T, 723 A, 757 A, 758, 764, 765, 820 – lateralis genus 359 – medialis genus 359 supraorbitalis 668 suprarenalis inferior 555, 598 – media 554, 598 – superior 554, 598 suprascapularis 288 A, 448 supratrochlearis 668 surales 359 A tarsalis(-es) lateralis 360 A – mediales 360 A temporalis media 449 T, 452 – profunda 421, 449 T, 451 A, 451 – superficialis 415 f., 420, 449 T, 450 A, 451 f., 671 – – Äste 452 testicularis 229 A, 496 T, 547, 555, 608, 617 A, 620, 622, 626, 627 T thoracica interna 219, 237, 238 A, 288 A, 447, 517 A, 526 – – dextra 238 A, 527 – – sinistra 527 – lateralis 288, 300 – superior 288, 300 thoracoacromialis 288, 300 thoracodorsalis 288 thyroidea ima 443, 523
– – inferior 288 A, 443 f., 446, 447 A, 448 – – superior 443, 446, 449, 450 A – tibialis anterior 359, 360 A, 372, 373 T – – posterior 359, 360 A, 372, 373 T – – – plantare Aufteilung 361 – – – Puls 372 – transversa cervicis 288 A, 448 – – colli 448 – – faciei 416, 449 T, 450 A, 452 – tympanica anterior 449 T, 451, 676 – – inferior 449 T, 450, 676 – – posterior 449 T, 450 – – superior 676 – ulnaris 289 A, 290, 302, 303 – – Äste 291 – umbilicales 101 A, 117, 493 A, 494, 496 T, 499, 500 A, 555 A, 556 – urethralis 310, 556, 628 – uterina 555 A, 556, 608, 630 A, 637 A, 640 – vaginalis 555 A, 556, 610 – vertebralis 197 A, 209, 288 A, 423 A, 447, 448 T, 723, 777 – vesicalis anterior 611 A – – inferior 555 A, 556, 610, 611 A, 623, 624 – – superior 496 T, 499, 555 A, 556, 608, 610, 611 – vitellinae 493, 496 T – zygomaticoorbitalis 449 T, 452 Arterielle Anastomosen 515 Arterielle Kollateralen 515 Arterielle Verschlusskrankheit 374 Arterien 490, 512 – elastischer Typ 512 f., 513 – muskulöser Typ 513 – uteroplazentare 101, 104 – Windkesselfunktion 513 Arterienpuls 359 – arterielle Verschlusskrankheit 374 Arteriola(-ae) – glomerulares afferentes 601, 606 – – efferentes 601 A, 606 Arteriolen 490, 492, 513 – Dünndarm 573 – Haut 159 Arteriosklerose 513
A
834
Sachverzeichnis
Arteriovenöse Anastomosen 515 Arthrodese 261 Arthrose 178 – O- oder X-Bein 330 Articulatio(-nes) – arcomioclavicularis 251 – atlantoaxialis(-es) 197 – – mediana 197 A, 198 – atlantooccipitalis 196, 197 – calcaneocuboidea 343 – capitis costae 199 – carpi 268 – carpometacarpalis(-es) 269, 285 A – – pollicis 269 – composita 174 – costotransversaria 199, 212 – costovertebrales 199, 211, 214 – coxae s. Hüftgelenk 320 ff. – cricoarytenoidea 437 – cricothyroidea 437 – cubiti s. Ellenbogengelenk 262, 264 – cuneocuboidea 343 – cuneonavicularis 343 – ellipsoidea s. Eigelenk 176 – genus s. Kniegelenk 330 ff. – humeri s. Schultergelenk 251 f., 253 – humeroradialis s. Ellenbogengelenk 262 f., 268 – humeroulnaris s. Ellenbogengelenk 262 f. – incudostapedialis 674 A – inducomallearis 674 A – intercarpales 268, 269 – interchondrales 211 A, 214 – intercuneiformes 343 – intermetacarpales 270 – intermetatarsales 344 – interphalangeae manus 272 – – pedis 344 – manus 268 ff. – mediocarpalis s. Handgelenk, distales 269, 285 A – metacarpophalangea pollicis s. Daumengrundgelenk 272 – metacarpophalangeae 272 – metatarsophalangeae 344 – ossis pisiformis 269 – pedis 341 ff. – plana 177 – radiocarpalis 268 – radioulnaris(-es) 267 f. – – distalis 268, 269 A – – proximalis 262, 263, 268 – sacroiliaca 306
– – – – – – – – – –
sellaris 177 sesamoideae 272 simplex 174 sphaeroidea 177 sternoclavicularis 251 sternocostales 211, 214 – Bänder 214 subtalaris 342, 342 f. synovialis 171 A talocalcaneonavicularis 342, 343 – talocruralis 341 – tarsi transversa 317 A, 343 – tarsometatarsales 317 A, 343 – temporomandibularis s. Kiefergelenk 404 – tibiofibularis 332, 341 – trochoidea 177 – zygapophysiales 194 Aryknorpel 436 Arytänoidwülste 425 A, 436 Asbestfaserung 49 Aschoff-Tawara-Knoten 507 f. A-Spermatogonien 615 Assoziationsfasern – Rückenmark 770 – Telenzephalon 718 A, 720 A, 721 A Assoziationsfelder, sekundäre 728 Assoziationsgebiete 814 – limbische 814, 815 – parietookzipitotemporale 814 – präfrontale 814, 815 – somatosensorische 790 Assoziationszellen, Rückenmark 770 Assoziationszentrum, parietookzipitales 716, 717 Astereognosie 790 Asthma bronchiale 484 Astigmatismus 654 A-Streifen, Skelettmuskulatur 62 Astroglia 139 Astrosphäre 21 Astrozyten 84 – Entwicklung 689 Asymetrische Synapse 75 Asynergie, Muskeln 783 Aszensus, Rückenmark 706 f. Aszites 474 Ataxie, zerebelläre 783, 804, 805 Atelektase, Surfactant-Mangel 480
Atemhilfsmuskeln 215 Atemmechanik 220 f. Atemmuskulatur 211, 216 Atemwege, untere 478 T – Abschnitte 482 – Entwicklung 479 Atemzentrum 221, 754 Athetosen 782 Athletische Menschen 2 Atlantoaxialgelenk 197, 198 Atlas 190 A, 196 Atlasassimilation 192 Atmung 221 – abdominale 220 – Chemo-/Dehnungsrezeptoren 221 – forcierte 440 – ruhige 440 – thorakale 220 Atmungsorgane 476 ff. ATP (Adenosintriphosphat) – Myosinköpfchen 63 – Synthese 26 ATPase 62 ATP-Synthetase 26 Atresia – ani 552 – recti 552 Atria alveolaria 484 Atrialer natriuretischer Faktor (ANF) 67 Atriales natriuretisches Peptid (ANP) 813 A Atrioventrikularkanal 497 Atrioventrikularklappe 490 A, 492 – Oberflächenprojektion 506 T Atrioventrikularknoten 505 A, 507 f. Atrioventrikularsystem 508 Atrium cordis s. Vorhof 503 Atrophie 7 – einfache/numerische 7 Attikus 673 A-Tubulus, Kinozilien 13 Auditive Signale – Modulation 802 – Umschaltung 742 – Verarbeitung 802 Auditives Reflexzentrum 742 Auditives Rindengebiet 716 Auditives System 801 ff. Auerbach-Plexus (= Plexus myentericus) 521, 568, 576 Auflösung 87 Aufsteigende Degeneration 82 A, 83 A Augapfel s. Bulbus oculi 651
Augen, Torsionsbewegungen 785 Augenachsen 652 Augenbecher 652, 653 A, 708, 709 A, 710 A Augenbecherspalte 652, 653 A Augenbecherstiel 652, 653 A Augenbewegungen 667, 785 – konjugierte 802 – sakkadische 786 – Zentren 741 Augenbläschen 113 A, 652, 653 A Augenbrauen 164 Augendominanzsäulen 798 f. – Sehrinde, primäre 799 Augenfeld, frontales 715, 716 A, 786 Augenfolgebewegungen, langsame 786 Augenhaut 653 Augenhintergrund, Augenspiegelung 663 Augenhöhle 388 f. Augenkammer(n) – hintere 651, 652 A, 655 A, 657 – vordere 651, 652 A, 655 A, 657 – – Entwicklung 653 Augenlider 664 – Entwicklung 664 – Gefäße und Nerven 665 – Muskeln 396 T Augenmuskelkerne 747 T, 785 T, 802, 805 – Fasciculus longitudinalis medialis 755 Augenmuskeln – äußere 666, 667 A – gerade 666 – schräge 666 Augenmuskelnerven 697 Augenmuskelparese, ipsilaterale 757 Augenmuskelpyramide 668 Augenmuskelzellen, innere, Ektoderm 58 Augenpol – hinterer 651 – vorderer 651 Augenspiegelung 663 Auricula(-ae) – cordis 502 – – dextra 501 A, 503, 504 A – – sinistra 501 A, 504 A – Ohrmuschel 670 A, 671 Auris 670 – externa s. Ohr, äußeres 671 f.
835 Sachverzeichnis
– interna s. Innenohr 677 f. – media s. Media 672 ff. Ausdauermuskeln, Slow-Fasern 64 Ausdrucksbewegungen 782 Ausführungsgänge – Drüsen, endokrine 30 – – exokrine 22, 30 – Duftdrüse 163 – Schweißdrüse 162, 163 A Auskultationsstellen 506 Ausschabung 639 Außenfibrillen (Spermatozoen) 619 Außenknöchel 331 A Außenrotation, Kugelgelenk 177 Außenstreifen, Nierenmark 599 Außenzone – Nierenmark 599 – Prostata 624 Ausströmungsbahn (Herz) 505 A – Entwicklung 497 f. Austreibungsperiode, Geburt 646 Autochthone Rückenmuskeln s. Rückenmuskeln, autochthone Autoimmunerkrankungen 139 Autokrine Sekretion 31 Autolyse 21 Autonome Geflechte 702 Autonome Neurone, Entwicklung 693 Autonomes Nervensystem 687, 698 Autoradiographie 87 Autosomen, numerische Störungen 121 AV-Anastomosen 515 AV-System 508 Axilla 300 Axillarlinie – hintere 215 – vordere 214 A, 215 Axis 190 A, 196 – bulbi 652 – opticus 652 Axodendritische Synapsen 77 Axolemm 72, 81 Axon 65 A, 70, 71 f., 78, 79 A – dendritisches 73 – Durchmesser 81 – Endverzweigungen 71 – Feinbau 72 – Kollateralen 71 – Transport 72 Axonale Synapsen 77
Axonema 618 Axonhügel 71 Axonscheide 78, 80 Axoplasma 72 Axoplasmatischer Fluss 72 Axosomatische Synapsen 77 Azan-Färbung 89 – Bindegewebsfasern 36 – kollagene Fasern 38 A-Zellen – Dünndarm 573 – Langerhans-Inseln 585 – – Glukagon 585 – Nebennierenmark 598 Azetabulum 304, 305, 320 – Luxation 305 Azetylcholin 76 T, 77, 567, 698, 702, 721 – Synapsen, myoneurale 65 Azetylcholinesterase 77, 810 Azetyltransferase 810 Azidophile Strukturen 88 – eosinophile Granulozyten 136 Azidophile Zellen, Hypophyse 735 Azinöses Endstück 24
B Babinski-Reflex 773, 776 Backentaschen 407 Backenzähne s. Dentes molares 400 Bänder s. Ligamentum(-a) 44, 174 – elastische 40, 44 Bänderführung 175 Bänderhemmung 175 Bänderthorax 211 Bänderverletzung 178 Bahnen s. Tractus, Rückenmark 772 A, 775 ff. Baillarger-Streifen – äußerer 718 A, 719 – innerer 718 A, 719 Bakterienabwehr, Granulozyten, neutrophile 136 Balken 711, 712, 721 Balkenarterien, Milz 147 Bandscheiben s. Discus intervertebralis 193 – Prolaps 193, 196 – Protrusion 193, 196 – Veränderungen 193 Barorezeptoren 650 Barrierlipids 156
Bartholin-Drüse 642 Basale Streifung 17 – Nierenhauptstück 603 Basaler Zytotrophoblast 98 A Basales Labyrinth, Nierenhauptstück 603 Basalganglien 720 f. – Erkrankungen 782 – Neurone, cholinerge 810 Basalganglienschleife 781 Basalis (Endometrium) 638 Basalkerne 797 Basalkörperchen s. Kinetosom 13 Basallamina 17 f. – Dermis 157 – Haar 165 A Basalmembran 18 – Blut-Luft-Schranke 484 – Dermis 155 A – Glomeruluskapillaren 601 – Kapillaren 514 Basalplatte 378 – Plazenta 97, 100 A, 102 A, 104 A – Spermatozoen 619 Basaltemperatur 635 Basalzellen – Riechepithel 418 A – Vagina 641 Basalzellschicht 154 Basalzisterne – hintere 820 – vordere 820 Basedow-Syndrom 443 Basilarmembran 678 Basis – cornus posterioris 770 – cranii 378 ff. – – Entwicklung 378 f. – – externa 385 ff. – – interna 379 – ossis sacri 200 – patellae 315 – pulmonis 478 – stapedis 674 A, 675 Basische Farbstoffe 89 Basophile Strukturen 88 Basophile Zellen, Hypophyse 735 Bauch s. Abdomen 3 Bauchaorta, Äste 553 Bauchatmung 221 Bauchfaszien 230 Bauchfell s. Peritoneum 472 ff., 530 ff. – Oberbauch 534 T, 545 T – Verhältnisse im Oberbauch 542 A
Bauchfellentzündung 474 Bauchhaut 158 Bauchhautreflex 774 A Bauchhoden 234 Bauchhöhle 472, 530 ff. – Arterien 553 ff. – Computertomographie 540 A – Lymphgefäße 559 f. – Nerven 561 – Venen 556 ff. Bauchhöhlenschwangerschaft 96 Bauchmuskeln 226 ff. – intraabdominaler Druck 209 Bauchoberfläche 531 Bauchorgane – extraperitoneale 530 – – Entwicklung 550 – intraperitoneale 530 – retroperitoneale 530 Bauchpresse 230, 582 Bauchsitus 532 ff. Bauchspeicheldrüse s. Pankreas 538 ff., 583 ff. Bauchwand 226 ff. – Aponeurosen 229 – Arterien 238 – Aufgaben 230 f. – Druckpunkte 231 – Faszien 230 – Innenrelief 231 f. – Lymphgefäße 239 – Nerven 240 f. – regionale Einteilung 231 – Schichten 227 A, 234 A – Taststellen 231 – Venen 238 f. Baufett 45, 159 Bauplan 3, 4 Becherzellen 23 f. – Dickdarm 578 – Dünndarm 571, 572 – Gallenblase 592 – Trachea 477 Bechterew-Syndrom 194 Becken 3, 304 ff. – Entwicklung 242 – Form 307 – Geschlechtsunterschiede 307 – Muskulatur 308 – Oberflächenrelief 311 – Stellung 306 – Taststellen 305 – Verknöcherung 242 Beckenausgangsebene 307 A Beckenausgangsraum 307 A, 308
A–B
836
Sachverzeichnis
Beckenboden 308, 309 A – Faszien 310 – Hernien 310 – Muskeln 309 Beckeneingang 307 Beckeneingangsebene 307 Beckeneingangsraum 307 Beckenenge 307 A Beckenhöhle 530 ff., 547 – Leitungsbahnen 553 ff. – Organe 549 ff. – Peritonealraum 547 ff. Beckenmaße 307 f. Beckenmitte 308 Beckenneigung(swinkel) 306 Beckenniere 551 Beckenorgane 549 – Peritonealverhältnisse 548 A Beckenraum 307 f. Beckensitus 547 ff. Beckenvenenthrombose 557 Beckenwand 326 A Beckenweite 307 A Befruchtung 92 f. – extrakorporale 93 Befruchtungsfähigkeit, Spermatozoen 621 Behaarung 164 Bein s. untere Extremität,Traglinie 331 A Beinachsen 331 A Beinvenen – Anastomosen 362 – oberflächliche 361 – tiefe 361, 362 – – Thrombosen 362 Beizen 89 Belegzellen 566 f. – intrinsic factor 567 – Sekretkanälchen 567 – Wasserstoffionen 567 Berstungsbrüche, Schädel 393 Bertini-Säulen 599 Berührungsempfindungen, Gesicht 746 Berührungsrezeptoren 161 Betz-Riesenpyramidenzellen 719 – primärer motorischer Kortex 779 Beugung 177 Bewegungen – kognitive Prozesse 782 – komplexe (gelernte) 782 – koordinierte 185 – Koordnination 783 – willkürliche 778 Bewegungsachse 176
Bewegungsapparat – aktiver 168, 178 – passiver 168 Bewegungseinschränkung, Gelenke 177 Bewegungsfunktion, Muskelwirkung 185 Bewegungsplanung 782 Bewegungsruhe – dehungsbelastetes Gewebe 187 – kompressionsbelastetes Gewebe 188 Bewegungssegmente 194 – Wirbelsäule 195 A Bewegungstraining 186 Bewusstseinslage 751 B-Gedächtniszellen 135 A, 140 Biceps-brachii-Reflex 774 A Bichat-Fettpfropf 420 Biegebeanspruchung, Knochen 171 Biegungsbruch 171 Bifurcatio – tracheae 476, 526 f., 529 – trunci pulmonalis 523 Bikuspidalklappe 617 – Auskultationsstellen 506 A, 507 A – Oberflächenprojektion 506 T Bilaterale Symetrie 3 Bilirubin 590 B-Immunoblasten 141 A Bindegewebe 4, 33 ff. – Aufgaben, mechanische 33 – embryonales 109 – gallertiges 42 – interstitielles 43 – Interzellularsubstanzen 35 ff. – lamelläres 43 – lockeres 42 f. – – Makrophagen 137 – lymphoretikuläres 146 – netzförmiges 43 – peribronchiales 485 – retikuläres 42 – spinozelluläres 42 – straffes, dichtes 43 – subendotheliales 512 – subperitoneales 549 f. – Transport 33 – Umbauvorgänge 188 – Wundheilung 33 Bindegewebszellen 33 ff. – fixe 34 f. – freie 35 – Funktionen 34 T Bindehaut s. Konjunktiva 677
Binnenzellen, Rückenmark 770 Biomechanik 187 f. Biopsie 87 Bipolarzellen, Retina 658, 660 f. Birbeck-Granula 157 Bitemporale Hemianopsie 796 A Bizepskopf, Sehne, lange 252 Bizepssehnenreflex 774 A Bläschen – endozytotische 28 – synaptische 77 Bläschendrüse 614, 623 Bläschenfollikel 633 Blase s. Harnblase 609 Blasengrund 609 Blasenhals 609, 610 Blasenknorpel 54, 55 A, 56 Blasenkörper 609 Blasenspitze 609 Blasensprung 105 Blastem 21 Blastomere 94 Blastozyste 93 A, 94 f. – Fehlimplantation 96 – Implantation 93 A, 95 ff. – Tuben-/Uteruswanderung 95 Blastozystenhöhle 94, 96 A Blaue Flecken 160 Blickbewegungen – horizontale 785 – vertikale 785 Blicklähmung – horizontale 786 – vertikale 786 Blickmotorische Zentren 785 Blickzentrum – Colliculi superiores 785 f. – kortikales 785 f. – mesenzephales 785 – Nuclei pretectales 785 – pontines 785 Blinddarm s. Caecum 539 Blinder Teil, Retina 658 Blockwirbelbildung 192 Blut 124 A, 125 A Blutarmut s. Anämie Blutausstrich 127 Blutbild 127 Blutbildung 130 f. – Knochenmark 130 f., 172 – Stammzellen 130, 131 Bluterguß s. Hämatom 160 Blutgefäße 511 ff. – Entwicklung 492 T, 496 T – Ernährung 512 – Haut 159 – Innervation 512, 516
– Muskulatur 512 Blutgerinnung 125 A, 126 A, 136 A – Gerinnungsfaktoren 125, 129, 144 – intravasale 512 – Thrombozyten 139 Blut-Hirn-Schranke 734 Bluthochdruck 513 Blut-Hoden-Schranke 617 Blutinsel – Dottersack 492 – Dottersackkreislauf 493 A Blutkörperchen 124 – rote s. Erythrozyten 125 f. – weiße s. Leukoztyen 127 f. Blutkreislauf 489 ff. – Entwicklung 492 ff. – Umstellung 499 Blut-Liquor-Schranke 823 Blut-Luft-Schranke 484 Blutmauserung 126 Blutmenge 124 Blutplasma 124 f. – Fibrinogen 125 Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) 125 Blutserum 125 Blut-Thymus-Schranke 518 Blutungsneigung 129 Blutungsstillung 129 Blutzellen, kernhaltige 124 B-Lymphoblasten s. Lymphoblasten 135 B-Lymphozyten 125 A, 128, 140 ff. – s.a. Lymphozyten – aktivierende 150 – Antigenpräsentation 137 – Antigenrezeptoren 141 – Blutbildung 130 – immunologisch kompetente 141 – Klone 141 – lymphatische Organe, periphere 140 – MHC-Klasse-II-positive 139 – Zellreifung 140 BNP (brain natriuretic peptide), Herzmuskulatur 67 Bochdalek-Blumenkörbchen 823 A Bochdalek-Dreieck 217 Bockdalek-Hernie 219 Bodenplatte, Rückenmark 706 Bogengang/-gänge 677 A, 803 – Entwicklung 677 – hinterer 682 – lateraler 682
837 Sachverzeichnis
– vorderer 682 Boosterung, Immunisierung 143 Borstenhaare 164 Bouton 72, 74 Bowman-Kapsel 600, 601 A, 602 Bowman-Membran 654 BP 180 18 Brachioradialis-Reflex bei Radialislähmung 298 Brachium 245 – colliculi inferioris 739 A, 740, 741 A, 801 – – superioris 740 Bradykinin 813 A Branchialbögen 57, 113 A, 394 A, 424, 425 A – Entwicklung 424 T – oberflächliche Rückenmuskeln 202 Branchiale Muskulatur 749 Branchialgefäße 424 Branchialnerven 424 Branchiogene Halsfistel 426 Branchiogene Halszyste 426 Brechkraft, Linse 658 Brechreflex 795 Brechzentrum 754 Bries s. Thymus 517 f. Brillenhämatom 393 Broca-Band (= Stria diagonalis) 793 Broca-Zentrum 715, 716 A, 815 Brodmann 719 Bronchialarterie, Derivate 495 A Bronchialbaum 481 ff. – luftleitende Abschnitte 481, 482, 483 – respiratorische Abschnitte 483 Bronchialkarzinom 482 Bronchioli 482 f. – respiratorii 484 – – Wandbau 478 T – terminales 483 – – Wandbau 478 T Bronchoarterielle Segmente 481 Bronchopneumonie 477, 481 Bronchoskopie 483 Bronchus(-i) 477 ff. – Gefäße 482 A – lobares 476 A, 481 f. – segmentales 482 – – Histologie 482 – Wandbau 477 T, 478 T
Bronzehautkrankheit 736 Brown-Séquard-Symptomenkomplex 776 Bruch-Membran 655, 659 A, 660 T Brücke s. Pons 742 Brücke-Muskel 656 Brückenanastomosen 515 Brückenbeuge 708, 709 A Brückenfuß 742 Brückenhaube 742 Brückenkerne 756 Brückenvenen 724 Brunner-Drüsen 571, 574, 575 Brust, weibliche 222 Brustatmung 220 Brustbein 211, 213 Brustdrüse 162, 222 ff. – Entwicklung 222 – – geschlechtsspezifische 222 – Involution 224 – Lymphabfluss 225 – männliche 222 – Milchsekretion 223 f. – überzählige 222 – weibliche 222 f. Brustfell s. Pleura 472, 486 Brusthöhle 486 f. Brustkorb s. Thorax 211 ff. Brustkyphose 201, 215 Brustmark 705 A, 771 Brustmuskeln 215 ff. Brustsitus 475 f. Brustwand – Arterien 236 ff. – Lymphabfluß 225, 239 – Nerven 240 Brustwarze(n) 222 f. – überzählige 222 Brustwirbel 190 A, 191 – Osteologie 199 Brustwirbelsäule 191, 199 – Bänder 195 A – Beweglichkeit 198 T, 199 BSG (Blutsenkungsgeschwindigkeit) 125 B-Spermatogonien 615 Buccae 397 Buccopharyngealmembran 393 Buckel 190 Büngner-Bänder 83 Bürstensaum 13 – Enterozyten 572 – Nierentubuli 603 Bürstensaumenzyme 603 – Mangel 572
Bulbourethraldrüsen s. Glandulae bulbourethrales 629 Bulbus – aortae 505, 521 – cordis primitivus 497 – duodeni 563 A, 564 A, 569 – inferior venae jugularis 453 – (Medulla oblongata) 744 – oculi 744 ff. – – Achse 652 A – – Äquator 652 – – Entwicklung 653 A – – Form 652 – – Spaltlampenuntersuchung 663 – – Sympathikusinnervation 657 – olfactorius 709 A, 712, 713 A, 793, 794 A, 806 A, 807 – – Glomeruli 793 – – Körner-/Mitralzellen 793 – penis 548 A, 612 A, 628 – pili 165 – superior venae jugularis 453 – vestibuli 642 Bulla ethmoidalis 390 A, 391 Burdach-Strang s. Fasciculus cuneatus 775 Bursa(-ae) – bicipitoradialis 264 – Fabricii 140 – iliopectinea 320 A, 322, 325, 370 A – infrapatellaries 335 – ischiadica musculi glutei maximi 326 – musculi poplitei 332, 335 – omentalis 535, 536 A, 541 A, 542 A – – Entwicklung 535 A, 542 – – Hauptraum 537 – prepatellares 335 – subacromialis 252 A, 253 A, 254 – subcoracoidea 253 A – subcutanea malleoli lateralis 350 A – – – medialis 350 A – – olecrani 264 – – trochanterica 326 – – tuberositatis tibiae 335 – subdeltoidea 253 A, 254, 300 – subtendinea musculi gastrocnemii lateralis/medialis 335 – – – subscapularis 253 A, 254 – – – tibialis anterior 350 A – – – tricipitis brachii 264
– suprapatellaris 334 – synovialis 181 – trochanterica musculi glutei maximi 326 B-Zellareale 136, 140 B-Zellen – Insulin 584 – Langerhans-Inseln 584, 585 B-Zellen s. B-Lymphozyten 140
C Cadherine 14 f., 16 A, 155 Caecum s. Zäkum 539 – fixum 539 – liberum 539 – mobile 539 Cajal-Zellen 703 Calcaneus 317 ff., 343 A – Knochenkern 343 T – Tubergelenkwinkel 342 A Calcar avis 821 Calices renales 607 – Entwicklung 551 Calvaria 377 Calx s. Fersenbein 317 Camera s. Augenkammer 651 Canaliculus(-i) – biliferi (Gallenkanälchen) 580 f., 587, 590 f. – caroticotympanici 380 T, 386 – cochleae 670 A, 677 A, 678 – lacrimales 665 – mastoideus 381 T, 385 A, 386 – ossei 50 – tympanicus 381 T, 385 A, 386 A, 387, 462 Canalis(-es) – adductorius 327, 371 – analis 539, 549, 552 A, 580, 625 A – – Entwicklung 551 – – Lymphe 582 – – Venenplexus 582 – caroticus 380 T, 384, 385 A, 386, 674 A – carpi 270, 281, 302 – centralis 51, 769 – cervicis 637 – condylaris 387 – femoralis 370 – incisivus 386, 390 – infraorbitalis 382 T, 389 A – inguinalis 233, 234 – isthmi 637 ▼
B–C
838
Sachverzeichnis
Canalis(-es) – malleolaris 372 – mandibulae 383 T, 392 – musculotubarius 381 T, 386 A, 387, 673 – nasolacrimalis 382 T, 388 – nervi facialis 676 – – hypoglossi 378, 381 T, 384 T, 387, 464, 751 – neurentericus 109, 109 – nutritii 51 – obturatorius 305, 326 A, 369, 370 A – opticus 380 T, 383, 384 T, 389 – palatinus major 422 – perforantes 51 – pericardioperitoneales 472 – pterygoideus 382 T, 386, 422, 466, 467 A – pudendalis 309 A, 310, 556, 561 – pyloricus 563 – radicis dentis 401 – sacralis 200 – semicircularis anterior 682 A – – lateralis 682 A – – posterior 677 A, 682 A – spiralis cochleae 678 – tarsi 317 – uterovaginalis 621 A – vertebralis 191 Cannon-Böhm-Punkt 464, 580 Capitulum humeri 247, 248 A, 263 A Capsula – adiposa (Ren) 547 A – articularis 174 – corporis callosi 723 – externa 714 A, 722 f. – extrema 714 A, 722 – fibrosa (Ren) 599 – glomeruli 600, 601 A, 602 – interna 714 A, 722, 779, 780 A – – retrolentikulärer Teil 797 – lentis 657 – nasalis 379 – otica s. Ohrkapsel 379 – subfibrosa (Ren) 599 Caput 3, 376 ff. – breve (M. biceps brachii) 261 A, 264, 265 T – – (M. biceps femoris) 336 T, 337 A, 338 T, 339 A, 366 A – costae 199 A, 212 – epididymidis 621 – femoris 312, 313 A, 320, 331 A
– – Gefäße 359 – fibulae 314 A, 315 A, 333 A, 337 A, 345 A – humerale (M. extensor carpi ulnaris) 277 T, 280, 281 A, 308 A – – (M. flexor carpi ulnaris) 275 T, 276, 279 A, 281 A, 308 A – – (M. pronator teres) 275 T, 276, 279 A – humeri 247, 248 A, 252 – humeroulnare (M. flexor digitorum superficialis) 275 T, 276, 279 A – laterale (M. flexor hallucis brevis) 352, 366 A – – (M. gastrocnemius) 313 A, 336 T, 346 T, 349 A, 366 A – – (M. triceps brachii) 248 A, 265 T, 266, 298 A, 301 A – longum (M. biceps brachii) 252 A, 259 T, 264, 265 T – – (M. biceps femoris) 329 T, 336 T, 337, 338 T, 339 T, 366 A – – (M. triceps brachii) 265 T, 266 A, 298 A, 301 A – mallei 674 A, 675 – mandibulae 392, 404 – mediale (M. flexor hallucis brevis) 352, 366 A – – (M. gastrocnemius) 313 A, 336 T, 346 T, 349 T, 366 A – – (M. triceps brachii) 248 A, 265 T, 266, 298 A, 301 A – medusae 239, 559 – nuclei caudati 720 f., 722 A – obliquum (M. adductor hallucis) 352 – – (M. adductor pollicis) 283 T, 284, 296 A – ossis metatarsi 317 A, 319, 342 A – phalangis 317 A, 354 A – profundum (M. flexor pollicis brevis) 283 T, 284 A, 296 A, 297 – radiale (M. flexor digitorum superficialis) 275 T, 276, 279 A – radii 246 A, 248, 249 A – (Spermatozoen) 618 – sternale (M. sternocleidomastoideus) 261 A – superficiale (M. flexor pollicis brevis) 283 T, 284, 295 A – tali 314 A, 317, 318 A, 354 A – tibiae 315 A, 316 A
– transversum (M. adductor hallucis) 352 – – (M. adductor pollicis) 283 T, 284 A, 284, 296 A – ulnae 246 A, 248, 249 A – ulnare (M. extensor carpi ulnaris) 277 T, 280 A, 281 A, 308 A – – (M. flexor carpi ulnaris) 275 T, 276, 279 A, 281 A, 308 A – – (M. pronator teres) 275 T, 276, 279 A Cardia 563 Cardiodilatin 67, 505 Cardiolipin 26 Cardionatrin 67, 505 Carina – tracheae 476, 477 – urethralis vaginae 641, 642 A Carpus 246, 249 Carrierproteine 12 Cartilago(-ines) – s.a. Knorpel – articularis s. Gelenkknorpel 169 A, 174 – arytenoidea 436 A, 437 – corniculata 436 A – costalis 211 A, 212 – cricoidea 425 A, 436 A, 437, 476 A – – Entwicklung 425 – cuneiformes 437 – epiglottica 436 – hypophysealis 378, 379 A – nasi 418 – parachordalis 378, 379 A – septi nasi 390 – thyroidea 425 A, 436 – – Entwicklung 425 – trabeculares 378, 379 A – tracheales 476 f. – triticea 436 A, 437 Caruncula sublingualis 417 Caruncula(-ae) – hymenales 641, 642 A – sublingualis 417 Caspasen 22 CAT (Cholinacetyltransferase) 76 T Catenine 14, 16 A Cauda 3 – epididymidis 621 – equina 766 – – Entwicklung 707 – nuclei caudati 720 f. – pancreatis 540 A, 569 A – (Spermatozoen) 618 Cava-Cava-Anastomosen 558
Caveolae – Fettzellen 45 – Muskelzellen, glatte 58, 60 A Cavitas(-tes) – abdominis/abdominalis s. Bauchhöhle 530 – articularis 174 – – (Articulatio humeri) 252 A – dentis 401 – glenoidalis 245 A, 247, 252 – infraglottica 436 A – medullaris 168, 169 A – nasalis 388, 390 – oris s. Mundhöhle 388 A, 397 – – propria 397, 407 – paranasales 388 – pelvis s. Beckenhöhle 530 – pericardiaca/pericardialis s. Herzbeutel 476 A, 510 A – peritonealis 476 A, 530 – pleuralis 486, 530 f. – thoracis s. Brusthöhle 211, 472, 486 f. – tympani s. Paukenhöhle 673 – tympanica 426 – uteri 99 A, 637 Cavum – abdominis 226 – conchae 671 A – serosum testis 234 T – trigeminale (Meckel) 818 CCD (Centrum-Collum-Diaphysenwinkel) 312 Cell junctions 14 Celloidin 88 Cellulae – ethmoidales 388 A, 391 – mastoideae 460, 467 A, 673 Cementum 401 Centrum – anospinale 809 – ciliospinale 809 – genitospinale 809 – tendineum (Diaphragma) 218 – – perinei 310, 548 A – vesicospinale 809 Cerebellum s. Kleinhirn 758 ff., 758 ff. Cerebrum 704 ff. Cerumen 671 Cervix 3 – uteri 636, 639 f. – – Schwangerschaft 645 – – Wochenbett 645 – vesicae 609 C-Fasern 81 T, 772 – Schmerzleitung 792 cGMP 813
839 Sachverzeichnis
Chalazion 664 Cheilognathopalatoschisis 399 Cheilognathoschisis 398, 399 A Cheiloschisis 398, 399 A Chemische Synapsen 74 Chemoarchitektonik 688 Chemorezeptoren 651 – Atmung 221 – Glomus aorticum 516 – – caroticum 448, 463, 516 Chemotaktische Faktoren 133 A, 136 A, 139 Chiasma – crurale 348 A, 349 – opticum 726 A, 795, 796 A, 820 – plantare 349, 352, 354 A Choanen 385, 390, 418 – primäre 398 Cholesterolmoleküle, Plasmamembran 12 Cholezystokinin (CCK) 584 A, 813 A – Dünndarm 573 Cholezystokininbildende(I-)Zellen, Dünndarm 573 Cholezystokinin-Pankreozymin (CCK-PZ), Dünndarm 573 Cholinerge Systeme – Formatio reticularis 751, 754 – Neurotransmitter 810 Chondrale Ossifikation 53, 54 Chondroblasten 37, 47 – Skelettanlagen 242 Chondroitinsulfat 41 – Mastzellen 35 Chondroklasten 137 Chondron 47, 48 A Chondronektin 47 Chondrozyten 46, 47 Chopart-Gelenklinie 317 A, 319, 343 Chorda(-ae) – dorsalis 109 A, 112 A, 191 f., 379 A – obliqua (Membrana interossea) 263 A, 268 – tendineae 503, 505 – tympani 414, 416 A, 417, 421, 431, 460, 461 f., 468, 672 A, 674 A, 675, 676 – urachi 611 A Chordafortsatz 108 A, 109 Chordaplatte 109 Chordom 192 Chorea 782 – Huntington, Substanz P 813 Chorion 98 A, 99 – Bindegewebe 100
– frondosum 99 – Gefäße 100 – laeve 99 Choriongonadotrophin, humanes (hCG) – Implantation 96 – Plazenta 103 Chorionhöhle 96 A Chorionplatte 98 A, 100, 101 A, 102 A, 103 – Gefäße 101 – primäre 97 Chorionzotten 493 A Choroidea 652 A, 654, 659 A Chromaffine Zellen 598 Chromatolyse, Nervenfasern 82, 83 A Chromophile Zellen, Hypophyse 735, 736 Chromophobe Zellen 734 Chromosomenaberrationen – numerische 121 – strukturelle 122 Chromosomensatz, polyploider 20 Chromsosomales Geschlecht 93 Chylomikronen 45, 151 Chylus 151 Chylusgefäße 573 Cilia s. Wimpern 164, 664 Cingulum 721, 752 A, 753 A Circulus – arteriosus cerebri (Willis) 452, 723 – – iridis major 656, 662 A – – – minor 656 Circumferentia – articularis radii 248, 249 A – – ulnae 249 A cis-Seite 26, 29 A Cisterna(-ae) – ambiens 820 – basalis 820 – cerebellomedullaris 820, 822 A – cerebri 723, 750, 820 ff. – chiasmatica 820 – chyli 145 A, 151, 524, 560 A, 576 – fossae lateralis cerebri 820 – interpeduncularis 750, 820 – lumbalis 820 – – Lumbalpunktion 821 – pontocerebellaris 820 – subarachnoideae 820 Clara-Zellen 483 Clathrin 28
Claudine 15, 16 A Claudius-Zellen, Corti-Organ 680 A Claustrum 714 A, 721, 722 A Clavicula 245, 246, 248 – Ossifikationstermine 242 T, 243 T Clearance-Funktion der Lunge, Alveolarmakrophagen 485 Clitoris 642 Clivus 384 T, 385 CO (Kohlenmonoxid) 810, 813 Coated pits 28, 29 A Coated vesicles 28, 29 A Cochlea 678, 682 A – Querschnitt 679 A Colliculus(-i) – facialis 739 A, 743, 744 – inferiores 726 A, 739 A, 742, 801, 823 A – – Entwicklung 740 – seminalis 609 A, 612, 623 – superiores 726 A, 739 A, 741, 786 A, 786, 799, 802 – – Afferenzen 741 – – Blickzentren 785 – – Efferenzen 742 – – Entwicklung 740 Collum – anatomicum 247, 248 A – chirurgicum 247, 248 A – costae 199 A, 212 – dentis 400, 401 A – femoris 312, 313 A – – Gefäße 359 – fibulae 333 A – glandis (penis) 626 – s. Hals 3, 423 ff. – mallei 675 – mandibulae 392 – radii 248 – scapulae 245 A, 247 – tali 317, 318 A, 342 A – vesicae 609, 610 – – felleae 592 Colon 538 – ascendens 532 A, 533 A, 537 A, 538, 539, 541 A, 544 – – Gefäße 579 – descendens 533 A, 537 A, 538, 539 A, 540, 547 A – Gefäße 579 – sigmoideum 533 A, 537 A, 538 A, 539 A, 540 – – Gefäße 579 – transversum 533, 535 A, 536 A, 538, 539, 540 A, 541 A, 544, 564 – – Gefäße 579
– – peritoneale Verbindungen 539 Colostrum 223 Columna(-ae) – anales 580, 581 A – anterior fornicis 807 – – (Medulla spinalis) 706, 769 – intermedia (Medulla spinalis) 769 – posterior fornicis 807 – – (Medulla spinalis) 706, 769 – renales 599 – rugarum 641, 642 A – vertebralis 3, 189 ff. Comedon 163 Commissura – alba 766 A, 771 – anterior 711, 712, 721, 722, 726 A, 729, 822 – – Entwicklung 722 – epithalamica 726 A – fornicis 711, 721, 722, 807 – – Entwicklung 722 – grisea 769 – habenularum 728, 822 – labiorum anterior 642 – – posterior 642 – posterior (epithalamica) 728 f., 822 Compacta (Stratum functionale, Endometrium) 638 Computertomographie 821 – Bauchhöhle 540 A Concha s. Nasenmuschel 390 – nasalis inferior 390 T – – media 390 A – – superior 390 A Condylus – lateralis (Femur) 313 A, 333 A – – (Humerus) 248 A – – (Tibia) 314 A, 315, 316 A, 333 A – medialis (Femur) 313 A, 333 A – – (Humerus) 248 A – – (Tibia) 314 A, 315, 316 A – occipitalis 385 A Condylus(-i) occipitalis 386 f. Confluens sinuum 453 T, 824 f. Conheim-Felderung 61 Conjugata – diagonalis 307 – vera 307 Conjunctiva – bulbi 653 – palpebrae 665 Connexin, Nexus 17
C
840
Sachverzeichnis
Connexon, Nexus 17 Connexus intertendinei 279, 282 A Conus – arteriosus 498, 501 A, 503 – elasticus 436 A, 437, 440 – medullaris 705 A, 765 – – Entwicklung 707 Copula 425 Cor s. Herz 501 ff. – sigmoideum 497 ff. Core-Protein (CP) 40 A, 41 – Knorpel 47 Cornea s. Hornhaut 651, 653 Cornified envelope 156 Cornu – ammonis 822 – anterius (Medulla spinalis) 769 – coccygeum 201 – frontale (Ventriculus lateralis) 821 – inferius (Cartilago thyroidea) 436 A, 437 – laterale (Medulla spinalis) 769, 771 – majus ossis hyoidei 427 – – Entwicklung 425 – minus ossis hyoidei 425, 427 – occipitale (Ventriculus lateralis) 821 – posterius (Medulla spinalis) 769 – sacrale 200 A, 201 – superius (Cartilago thyroidea) 436 A, 437 – temporale (Ventriculus lateralis) 821, 822 Corona – ciliaris 655, 656 A – dentis 400, 401 A – glandis 626 – mortis 229 A, 238 A – radiata 93 A, 631 A, 633, 722 f., 779 – vasorum 777 Corpus(-ora) – adiposum buccae 420, 430 A – – fossae analis 310 – – infrapatellare 332 – – orbitae 668 – – (Ren) 546 – albicans 631 A, 632, 633 – amygdaloideum 714 A, 720 f., 721, 730, 752 A, 753 A, 781, 793, 794 A, 805, 806 A, 807 f., 811 A, 822 – – Funktion 808 – – Verbindungen 808
– callosum 711 f., 713 A, 714 A, 721, 722, 726 A, 727 A – – Entwicklung 721 – cavernosum clitoridis 642 – – penis 309 A, 548 A, 612 A, 628 – ciliare 652 A,655,656 A,662 A – – Entwicklung 655 – claviculae 246 – coccygeum 553 – costae 212 – epididymidis 621 – femoris 312 f. – fibulae 315 – fornicis 807 – gastricum 563 – geniculatum laterale 726 A, 727 A, 728, 796 A, 797, 799 – – – Schichtenpaare 797 – – mediale 726 A, 727, 728, 739 A, 801 – hämorrhagicum 631 A – humeri 247, 248 A, 295 A – incudis 674 A, 675 – linguae 411 f. – – Entwicklung 425 – luteum 93 A, 631 A, 632, 633 – – graviditatis 96, 633 – – menstruationis 633, 634 A – mamillare 726 A, 729, 730 A, 738 A, 806 A, 807, 820 – – Entwicklung 710 – mandibulae 391, 392 – maxillae 387, 388 – medullare cerebelli 759 f. – nuclei caudati 726 – ossis hyoidei 427 – – – Entwicklung 425 – – ilii 304 – – metatarsi 317 A – – sphenoidalis 383, 389 A, 390 T – pancreatis 540 A – penis 626 – phalangis 317 A – pineale 728 – radii 248, 249 A – rubrum 632, 633 – spongiosum penis 309 A, 548 A, 612 A, 628 – sterni 211 A, 213, 261 A – striatum 714 A, 720 f., 781 f. – – Nebenschleifen 782 – – Verbindung mit dem Corpus amygdaloideum 808 – tibiae 315, 316 A – trapezoideum 743 A, 743, 801 A, 801 – ulnae 248, 249 A
– – – – –
uteri 636 vertebrae 189, 190 A vesicae 609 – felleae 592 vitreum s, Glaskörper 651, 658 Corpusculum renale 600 f. Corpus-luteum-Zellen 31 Cortex 723 – cerebelli s. Kleinhirnrinde 761 f. – cerebri s. Kortex 712 – glandulae suprarenalis 596 – Haare 164 – orbitofrontalis 806 A, 807 – ovarii 630 – periamygdaloideus 794 A – renalis 599 Corticoliberin 597, 732, 813 A Corticotropin 732, 813 A Corticotropin-releasing-factor (CRF) 732 Corti-Kanal 681 Corti-Lymphe 681 Corti-Organ 677, 679, 801, 802 – Lautstärkeempfindlichkeit 802 – Pfeilerzellen, äußere 681 – – innere 681 – Stereozilien 680 Costae s. Rippen 211 ff. – affixae 212 – fluctuantes 212 – spuriae 212 – verae 212 Costamere, Z-Streifen 62 Cowper-Drüsen s. Glandulae bulbourethrales 613 Coxa s. Hüfte 320 ff. – valga 312, 313 A – vara 312, 313 A Cranium 3, 376 ff. Crena interglutealis 326 CRF (corticotropin releasing factor) 597, 732 Crista(-ae) – ampullaris 677, 682 f., 803 – aorticopulmonales 498 – basilaris 678 – capitis costae 212 – colli costae 212 – frontalis 378, 383 – galli 383, 384 T – iliaca 202 A, 226 A, 304, 305 A, 314 A, 337 A, 370 A – infratemporalis 386, 420, 422 A – intertrochanterica 312, 313 A, 320
– – – – – – –
lacrimalis anterior 388 – posterior 389 mitochondriales 26, 27 A musculi supinatoris 248 nasalis 390 T obturatoria 305 A occipitalis interna 384 T, 818 – oesophagotrachealis 479 – sacralis lateralis 200 – – medialis 200 – – mediana 200 – supracondylaris 247 – – lateralis 248 A – – medialis 248 A – supraventricularis 504 – terminalis 498, 503 – tuberculi majoris 247 A, 248 A, 261 A – – minoris 247, 248 A, 260 A, 261 A – urethralis 609, 612, 623 A Crus(-ra) – anterius (Capsula interna) 722 – – (Stapes) 674 A – antihelicis 671 A – breve (Incus) 674 A, 675 – cerebri 738 A, 740, 741 A, 779 – – Aufbau, innerer 740 – – Entwicklung 740 – clitoridis 613, 642 – commune (Bogengänge) 682 – dextrum (Fasciculus atrioventricularis) 508 – – (Pars lumbalis, Diaphragma) 217 – fornicis 807 – laterale (Anulus inguinalis superficialis) 233 – – (Diaphragma) 217, 218 – longum (Incus) 674 A, 675 – mediale (Anulus inguinalis superficialis) 233 – – (Diaphragma) 217, 218 A, 218 – membranaceum commune 677 A – penis 309 A, 612 A, 628 – posterius (Capsula interna) 722 – – (Stapes) 674 A – sinistrum (Fasciculus atrioventricularis) 508 – – (Pars lumbalis, Diaphragma) 217 – s. Unterschenkel 340 Crusta, Urothel 608
841 Sachverzeichnis
Cryptae palatini 409 Cubitus s. Ellenbogen 262 ff. Culmen 759 A, 760 T Cumulus oophorus 631 A, 633 Cuneus 713 A Cupula cochleae 678, 683 Curvatura – major 534, 535, 542, 563 – minor 534, 542, 563 Cuspis – anterior (Valva atrioventricularis dextra) 503 – – (Valva atrioventricularis sinistra) 504 – posterior (Valva atrioventricularis dextra) 503 – – (Valva atrioventricularis sinistra) 504 – septalis (Valva atrioventricularis dextra) 503 Cuticula 165 Cystein-abhängige-Aspartatspezifische Proteasen (Caspasen) 22 C-Zellen 442 – Entwicklung 426 – Kalzitonin 442
D Dämmerungssehen 660 Damm s. Perineum 311 – Muskulatur 310 Darm – Entwicklung 540 ff. – Histologie 571 A, 575 T – Hormone 572 – Neuropeptide 813 T – peristaltische Bewegungen 574 Darmassoziiertes lymphatisches System (GALT) 573 f. Darmbauch 533 Darmbein s. Os ilium 304 Darmbucht 116 Darmdrehung 544 Darmnervensystem 568, 576, 698, 703 Darmrohr, Bildung 115 Darmwand, Feinbau 570 ff. Dauerblutungen, azyklische 639 Dauerpräparat 88 Daumen s. Pollex 250, 269 f. – Karpometakarpalgelenk 177, 269 f.
Daumenballen – Innervation 283 T – Muskeln 283 T, 284 f. – Thenargruppe 284 Daumenballenatrophie, Karpaltunnelsyndrom 285 Daumengrundgelenk s. Articulatio metacarpophalangea pollicis 272 A, 285 A Daumen-Kleinfinger-Probe, Medianuslähmung 296 f. Decidua – basalis 99 A, 100, 101 A – capsularis 99 A, 100 – graviditatis 96 – parietalis 99 A, 100 Deckknochen, Schädel 377 T Deckplatte – Rhombenzephalon 737 – Rückenmark 706 – Wirbelkörper 190 Deckzellen – Alveolarepithelzellen 483 A, 484 – Urothel 601 A, 608 Declive 759 A, 760 T Decorin 41 Decussatio(-nes) – pyramidum 744 – tegmentalis anterior 741 – – posterior 741, 755 Defäkation 582, 810 Degeneration 7 – absteigende, sekundäre 82, 83 A – aufsteigende, retrograde 82 Dehnungskräfte 187 Dehnungsrezeptoren 650 – Atmung 221 – Muskeln 185 – Sinus caroticus 516 – Ventrikel, linker 516 – Vorhöfe 516 Dehnungsübungen 186 5a-Dehydrotestosteron 158 Deiters-Kern 743 T, 748 T Deiters-Stützzellen, Corti-Organ 679 Dekodieren, Sprache 814 Dekubitus 160 Demenz, präsenile 816 Dendriten 71 – Purkinje-Zellen 763 Dendritische Zellen 138 f. – dermale 157 – follikuläre 139 – – GALT 574
– interdigitierende 134, 139 – knochenmarkabhängige 134 – Thymus 518 Dendritisches Axon 73 Dendritisches Kelchsystem 607 Denken 815 Dens(-tes) – axis 190 A, 192, 196, 197 A – caninus 400 – decidui 400 – incisivi 400 – molares 400 – permanentes 400 – premolares 400 – serotini 400 – s. Zähne 399 ff. Dentin 401 ff. Dentinbildner 402 Dentinkanälchen 403 Depolarisation 63 Depotfett 159 Depression, noradrenerges/serotoninerges System 812 Dermatansulfat, Vesican 41 Dermatome 112 A, 154, 696, 768 – Querschnittslähmungen 768 Dermatomyositis 139 Dermis 154 A, 157 ff. – Basallamina 157 – Schichten 157 – Zellen 158 Dermoepidermale Verbindungszone 157 Dermomyotom 114 Desçemet-Membran 654 Descensus – cordis 497 – Ovar 630 – testis 233, 615 – uteri 310 Desinhibition 691 Desintegrine 14 Desmin 19 – Muskelzellen, glatte 59 – Skelettmuskulatur 61, 62 Desmodont 402 Desmogleine 15 Desmoplakin 16 Desmosomen 15 f., 16, 155 – Disci intercalcares 68 Desoxyribonukleinsäure s. DNA 20 Desquamationsphase, Menstruationszyklus 638 f.
Determinationsperiode – Induktion 106 – teratogenetische 122 Detritus,Tonsillen 410 Dextrokardie 497 Dextroposition (Uterus) 636 Deziduazellen 101 – Prolaktin 96 – Prostaglandine 96 Diabetes insipidus 605, 731 Diabetes mellitus 585 Diaden, Skelettmuskulatur 62 Diameter – obliqua 307 – transversa 307 Diapedese 136, 514 Diaphragma – oris 410, 411 T – pelvis 309 – sellae 733, 818 – urogenitale 309 – s. Zwerchfell 217 ff. – – Oberflächenprojektion 475 Diaphragmen – Glomeruluskapillaren 601 – Kapillaren 514 Diaphyse 168, 169 A – Umbauzone 55 Diarthrosen 171 A, 173 f. Diaster 21 Diastole 492, 507 Dickdarm 538 f., 577 ff. – histologische Diagnostik 575 T – Leitungsbahnen 578 ff. – Wandbau 578 Dickenwachstum, Knochen 56 Dicker aufsteigender Schleifenteil, Nephron 602, 604 Diencephalon 704, 708, 709 A, 710 A, 725 ff., 734 A, 805 – Entwicklung 111, 708 – Neurone, dopaminerge 812 Differentialblutbild 127 Digitationes hippocampi 806 Digitus(-i) – manus s. Finger 246 – pedis s. Zehen 319 5a-Dihydrotestosteron, Spermatogenese 619 Diktiotän 632 Dioptrien 658 Diphydontes Gebiss 399 Diploë 54, 376 Diploëvenen 453 T Diplopie 667 Diplosom 20
C–D
842
Sachverzeichnis
Direkte Leistenhernien s. Hernia inguinalis medialis 234 Disaccharidasen(mangel) 572 Discus(-i) – acromioclavicularis 251 – articularis (Art. radiocarpalis) 268 – – (Art. radioulnaris distalis) 268, 269 A – – (Art. temporomandibularis) 175, 404 – intercalares 67 f. – interpubicus 305 – intervertebralis 193 f. – – Entwicklung 191 – nervi optici 652 A, 662 Disse-Raum 589, 590 A Distaler Tubulus, Nephron 602, 604 Distales Handgelenk s. Articulatio mediocarpalis 269 Distorsion 178 Divertikel, Ösophagus 520 Dizephalus 122 DNA (Desoxyribonukleinsäure), Zellzyklus 20 DNA-damage checkpoint 20 DNA-Kodierung, Lymphozytenklone 140 Domäne(n) – Antikörper 142 – apikale 12 – – basolaterale 14 – – Epithelzellen 11, 12 – basolaterale, Epithelzellen 11, 14 Dopamin 76 T, 77, 732, 811 f. – Parkinson-Erkrankung 812 Dopaminerge Neurone 740, 782, 810, 811 Dopaminerge Systeme 811 A Doppelbilder 667 – Schielen 799 Doppelflintenform, Colon descendens 540 Doppelt gefiederter Muskel 179 Dornfortsatz s. Processus spinosus 190 Dornsynapse 75 Dorsalapeoneurose – Finger 285 – Hand 279 Dorsale Pankreasanlage 542 Dorsale Rumpfwand – Arterien 236 – Innervation 240 – Lymphabfluss 239 – Oberflächenrelief 202
– Schultermuskel 257 – Topographie 209 – Venen 239 Dorsales Mesogastrium 541 Dorsalextension – Halswirbelsäule 197 – Handgelenk 281 – Rumpf 230 Dorsalflexion – Halswirbelsäule 197 – Wirbelsäule 198 T Dorsoventrale Ordnung 3 Dorsum – linguae 412 – manus 246 A, 267 – nasi 418 – pedis 314 A, 341, 372, 374 – s. Rücken 3 – sellae 384 T, 384 Dottergang 116 Dottersack 96 A, 99 A, 107, 130 – Entoderm 108 A – primärer 107 – sekundärer 107 Dottersackkreislauf 492 f. Dottersackstiel, Nabelschnur 116 Dottervenen 543 Double-male-syndrom 122 Douglas-Raum s. Excavatio rectouterina 550 Down-Syndrom 121 Drehbeschleunigungen 683 Drehmoment, Muskeln 183 Drehscharniergelenk s. Trochoginglymus 263 Drehschwindel 679 Dreiachsiges Gelenk 176 Dreiecksbein s. Os triquetrum 249 Drillinge 120 Drogenabhängigkeit, Dopamin 812 Drosselgrube 213, 214 A Drosselvenen 515 – Nebennierenrinde 598 Druck, hydrostatischer 144 Druckempfindungen, Gesicht 746 Druckrezeptoren 161, 650 Drüsen 22 f., 24 A – Ausführungsgänge 22, 30, 162 f. – – Entwicklung 22 – – Schaltstück 30 – – Streifenstück 30 – einzellige 23 f. – endoepitheliale 24 – endokrine 22, 31 f.
– – Entwicklung 22, 23 A – Endstücke 24 ff. – – Entwicklung 22 – – Myoepithelzellen 24 – Entwicklung 22, 23 A – exoepitheliale 24 – exokrine 22, 23 ff. – gemischte 28 – Haut 162 ff. – Klassifizierung 24 – mehrzellige 23, 24 – muköse 27 A, 28 – Myoepithelzellen 69 – seröse 27 Drüsenbauch 533 Drüsenepithel 8 Drüsenzellen – endokrine 31 – exokrine 24 ff. – interstitielle, Ovar 630 Ductulus(-i) – aberrans 615 A – efferentes (Testis) 614, 615 A, 616 A, 620 f. – – Entwicklung 551, 620 – – Kinozilien 620 – interlobulares biliferi 587, 591 Ductus(-us) – alveolares 483 A, 484 – – Histologie 482 A – arteriosus (Botalli) 495, 496 T, 500 A, 501 – – Verschluss 499 – biliferi 591 – cervicalis 426 – choledochus 535, 584 A, 591 – – Entwicklung 543 A – cochlearis 670 A, 677 A, 678 f., 682 A – – Entwicklung 677 – cysticus 544, 591 – – Entwicklung 543 A, 544 – deferens 229, 232 A, 549, 609 A, 611 A, 614, 615 A, 617 A, 621 A, 622, 626, 627 T – – Entwicklung 551 – ejaculatorius 609 A, 612, 614 A, 622 f. – endolymphaticus 670 A, 677 A, 678 A, 682 – – Entwicklung 677 – epididymidis s. Nebenhodengang 621 f. – excretorius 30, 623 – hepaticus 586, 587 A, 591 – – Entwicklung 543 A – lactiferi 223
– lymphaticus dexter 151 A, 152, 525 f., 526, 527 – nasolacrimalis 394, 418, 666 – omphaloentericus 116, 541 A, 544 – pancreaticus accessorius 569 A – – major 583, 584 A – – – Entwicklung 543 – papillares 599, 605 – paraurethrales 613 – parotideus 407, 415, 430 A – reuniens 670 A, 677, 678 A, 679, 682 – semicirculares s. Bogengänge 682 – sublingualis(-es) major 417 – – minores 417 – submandibularis 417 – thoracicus 145 A, 151, 225, 447, 455 A, 517 A, 524, 526 f., 529 f., 560 A, 568 – thyroglossus 441 – utriculosaccularis 677, 678 A, 682 – venosus (Arantius) 544 – – bleibender Kreislauf 499 – – obliterierter 586 – vitellinus 113 A, 544 Dünndarm 533 A, 535 A, 569 ff. – Arkaden 576 – Drehung 544 – endokrine Zellen 572 – Enterozyten 571 f. – funktionelle Endarterien 576 – histologische Diagnostik 575 T – Leitungsbahnen 576 – Lymphkapillaren 573 – polypeptidhormonbildende Zellen 573 – Schleimhaut 570 – Wachstumsbewegungen 544 – Wandbau 574 Dünndarmgekröse 538 Dünndarmkonvolut 538 Dünndarmschleimhaut 570 – Oberflächenepithel 571 Dünndarmzotten 570, 571 A – Zottenstroma 573 Dünner absteigender/aufsteigender Schleifenteil, Nephron 602 Duftdrüsen 162, 163 Duodenum 536 A, 537 A, 540 A, 547 A, 569 – Entwicklung 535 A, 541 A, 542 A, 544 A
843 Sachverzeichnis
– histologische Diagnostik 575 T – Lage 537 – Lageentwicklung 531 A – Wandbau 574 f. Dupuytren-Beugekontraktur 287 Dura mater 687, 816, 822 A – cranialis 376, 816, 817 A – encephali 197 A – Innervation 819 – Lage 818 – periostale Lage 816 – spinalis 197 A, 819 Duralsack, Rückenmark 819 Durasepten 818 Durchblutung, gefäßwirksame Substanzen 516 Durchblutungssteuerung, Haut 160 Durchdringungszone, Plazenta 102 A Durstlosigkeit 730 Dynamische Neurone 779 Dynamogene Zone, Hypothalamus 729 Dynein, Kinozilien 13 Dynorphin 813 Dysästhesien 690 Dysostosis cleidocranialis 244 Dysraphien 707 Dystaxie, ipsilaterale 758 Dystrophin 19 – Skelettmuskelfaser 63 D-Zellen – Langerhans Inseln 585 – – Somatostatin 585 – Magen 567 – Somatostatin 585
E E-Cadherine 14 Ebenes Gelenk 177 Ebner-Halbmonde 28 Edinger-Westphal-Kern 799 Effektor 691 Effektorhormone, Hypothalamus 731, 813 A Efferente Neurone 691 Eichel s. Glans penis 626 Eierstock s. Ovar 630 f. Eigelenk 176 f. Eigenapparat, Rückenmark 770, 773 Eigenreflexe 774 T Eihäute 100 f.
Eileiter s. Tuba uterina 635 Einatmung s. Inspiration 220 Einbettung, Präparatherstellung 88 Einbruchzone, Knochenentwicklung 54 Eineiige Zwillinge 120 Einfache Atrophie 7 Einfrieren 88 Einnistung s. Implantation 95 Einschichtiges Epithel 10 – hochprisamtisches Epithel 10 – isoprismatisches Epithel 10 – plattes Epithel 10 Einströmungsbahn, Herz 505 A Eisenmangel 126 Eiter 137 Eizelle s. Oozyte Ejakulat 624, 629 Ejakulation 624, 629 Ektoderm 107, 108 A, 109, 110 f – Augenmuskelzellen, innere 58 – epidermales 110, 112 – Myoepithelzellen 58 – neurales 110, 111 – Verdickungen 693 Ektopische Schwangerschaft 96 Elastika-Färbungen 36 T, 39 Elastin 39 – Muskelzellen, glatte 58 Elastische Bänder 40 A, 44 – Wirbelsäule 195 Elastische Fasern 39 f., 40 – Haut 158 – Knorpel 49 – Netze 39, 40 A Elastische Membran 39, 40 A Elastischer Knorpel 46 A, 49 Elektrische Kopplung, Nexus 17 Elektrische Synapsen 74 Elektrolytkonzentration, ADH 731 Elektronenmikroskop, Auflösung 87 Elektronenmikroskopie 89 f. – Fixierung 88 – Präparatherstellung 89 Elementarpartikel, Cristae mitochondriales 26, 27 A Elevation 254, 258, 259 T Elle s. Ulna 248 Ellenbogen s. Cubitus 262 Ellenbogengelenk 262 ff. – Bänder 263
– Bewegungen 263 – Bursen 264 – Kapsel 263 – Kapselspanner 263 – Luxation 249 – Topographie 301 f. Embolus 485 Embryo 110 f. – Abfaltung 115 – Anlage 107 – Drehung 115 A – Kopfform 115 f. – Stadien 113 A, 121 A Embryoblast 94 Embryonales Bindegewebe 109 Embryonalwoche, dritte 107 Embryopathien 122 Eminentia – arcuata 384 – carpi radialis (lateralis) 302 – – ulnaris (medialis) 302 – iliopubica 304, 305 A, 370 A – intercondylaris 315, 316 A, 331 A – mediana 729, 731 A, 734 Emotionale Konditionierung 808 Empfindungsstörung, dissoziierte 790 Emphysem, Thoraxform 215 Enamelum s. Schmelz 401 Enchondrale Ossifikation 55 f. Endarterien 515 – funktionelle 509, 515 – – Dünndarm 576 – – Herz 515 Enddarm s. Rectum 580 Endharnmenge 602 Endhirn s. Telencephalon 711 Endigungen (Muskelspindel) – anulospiralige 65 A, 66 – blütendoldenförmige 65 A, 66 Endkolben, motorische Endplatte 64 f. Endoepitheliale Drüsen 24 Endogene Opiate 813 Endokard 505 Endokarditis 505 Endokardkissen 497 Endokardpolster 494 A, 498 A Endokardschlauch 494 A Endokrine Einzelzellen 31 Endokrine Sekretion 31 f. Endokrine Zellen – disseminierte 32 – Dünndarm 572 – Magen 566
Endokrines System, Regelkreise 32 A Endolymphe 679, 681 Endometriose 638 Endometrium 95, 637 f. – Progesteronrezeptoren 639 Endomitose 20 Endomysium 180 Endoneuralraum 82 Endoneuralscheide 695 Endoneurium 79 A, 82 Endoplasmatisches Retikulum 24, 25 – glattes 25 A, 26 – – (Leber) 589, 590 A – raues (granuliertes) 25 A, 26 – – (Leber) 589 Endorphine 752, 813 Endosomen 29 A, 30 Endost 50 Endothel 11 – Basallamina 37 T – Blut-Luft-Schranke 484 – Diapedese 136 – Endokard 505 – Glomeruluskapillaren 601 – intravasale Blutgerinnung 512 – Kapillaren 513 f., 514 – Lebersinusoide 589 – Lymphgefäße 182 Endothelin 512 Endozytose 28, 29 A Endozytotische Bläschen 28 Endphalanx, Ossifikationstermine 243 T Endstrecke – letzte gemeinsame 770 – wirksame 184 Endstück(e) – Drüsen 24 ff. – Schweißdrüsen 162 – (Spermatozoen) 619 Endzotten, Plazenta 102 Engpass-Syndrom, N. ilioinguinalis 241 Engramme – Gedächtnisspuren 815 – motorische 815 Enkapsis 180 Enkephalin 813 – Schmerzsignale 792 Enterisches Nervensystem 703 Enterochromaffine (EC-) Zellen – Dünndarm 572 – Magen 567, 571 A Entero-Glukagon(A-)Zellen, Dünndarm 573 Enterozyten, Dünndarm 571 f.
D–E
844
Sachverzeichnis
Entoderm 108 A, 109, 115 – Abkömmlinge 111 – Entwicklung 107, 109 Entwicklungsgeschichte 92 ff. Entwicklungskontrollgen 106 Entwicklungswoche – 2. 107 – 4-8 110, 122 Entzündung 125 – Symptome 136 Entzündungsmediatoren 135 Entzündungsreaktion 143 – Sekundärreaktion 143 – spezifische 132, 135 A – unspezifische 132, 133 A – – basophile Granulozyten 134 ff. – – eosinophile Granulozyten 136 – – neutrophile Granulozyten 136 Enzyme – mitochondriale 26 – (nicht)lysosomale, Osteoklasten 53 Enzymhistochemie 89 Enzymproteine 12 Eosin 89 Eosinophile Granulozyten 134 T, 136 T, 141 T – Allergien 136 Ependym 821 – Entwicklung 689 Ependymzellen 86 – Plexus choroideus 84 Epiblast 96 A, 109 Epicanthus 664 Epicard 504 A, 510 Epicondylus – lateralis (Femur) 313 A, 314, 333 A, 337 A – – (Humerus) 246 A, 247, 248 A, 281 A, 308 A – medialis (Femur) 308 A, 313 A, 314, 333 A – – (Humerus) 246 A, 247, 248 A, 263 A, 281 A, 295 A Epidermal growth factor (EGF) 20 Epidermis 154 ff., 160 A – freie Nervenendigungen 161 – Keratinozyten 155 – Langhans-Zellen 156 – Melanozyten 156 – Merkel-Zellen 157 – Schichten 154, 155 A – Zellen 155 Epididymis s. Nebenhoden 621 f.
Epiduralanästhesie 210, 819 Epiduralhämatome 816 Epiduralraum 819 Epigastrische Hernien 230 Epigastrischer Winkel 215 Epigastrium 231, 531 Epiglottis 432, 436, 436 – Entwicklung 425 Epiglottiswulst 425 A, 436 Epikard 506 f. Epikritische Sensibilität 787 Epimer 114 Epimysium 180 A Epineurium 82 Epiorchium 234 T, 626 Epipharynx 431 Epiphyse – s- Glandula pinealis 728 – Knochen 55 f., 168 A, 169 A Epiphysenfuge 168 Epiphysenlösung, koxales Femurende 359 Epiphysenplatte 55 Epiphysis anularis 190 Epispadie 626 Epithalamus 726 A, 728 f., 805, 822 Epithel(gewebe) 8 ff. – basale Streifung 17 – Basallamina 17 – einschichtiges 10 ff. – – hochprismatisches 11 – – isoprismatisches 11 – Form 8, 9 T, 10 T – Interzellularräume 17 – mehrreihiges 10 f. – mehrschichtiges 10 – – unverhorntes 11 – plattes 8 – Regeneration 20 f. – respiratorisches 11 – transportierendes 17 – verhorntes 10 – Zellhaftung 14 f. – Zelloberfläche 11 – zweireihiges 10 f. – Zytoskelett 18 f. Epitheliale Wurzelscheide 165 Epithelium lentis 657 Epithelkörperchen 441, 444 f. Epithelplatten, Plazentazotten 102, 103 A Epithelzapfen, Entwicklung 22 Epitop 142 Epitympanon 673 Eponychium 166 Epoophoron 637 EPSP (exzitatorisches postsynaptisches Potenzial) 77
Equator bulbi oculi 652 Erb-Punkt (Punctum nervosum) 446, 464 Erbrechen 758 Erbsenbein s. Os pisiforme 249 Erektion 628, 629 Ergastoplasma 26 Erinnern 815 Erinnerungsfeld, visuelles 799 Eröffnungsperiode, Geburt 646 Eröffnungszone, Epiphyse 55 A, 56 Erosion 156 Erregungskreise, Interneurone 691 Erregungsleitung 71 – divergente 699 – konvergente 699 – saltatorische 81 Erregungsleitungssystem 68, 507 f. Erregungsphase, sexuelle 643 Erregungsübertragung – Muskulatur 59 T – Synapsen 74 Ersatzknochen, Schädel 377 T Ersatzleiste, Zähne 402 Erworbene Immunität 132 Erythroblasten 126 Erythroblastose 104 Erythropoese 126 Erythropoetin 126, 605 Erythrozyten 124, 125 f., 131 – Abbau 126 – Anzahl 125 – Blutbildung 130 – Durchmesser 126 – Lebensdauer 126 – Stechapfelform 126 – Vorstufen 130 Excavatio – rectouterina (Douglas) 547, 548 A, 550 – rectovesicalis 547, 548 A, 549, 610 – vesicouterina 547, 548 A, 550, 610 Exner-Streifen 718 Exokrine Drüsen 23 Exophthalmus 668 Exostose, Foramina intervertebralia 196 Exozölzyste 96 A Exozytose 28, 29 A – Hormonabgabe 32 Exspiration 221 – forcierte 221
– Thoraxbewegungen 220 f. – Zwerchfellstand 220 Extension 177 – Hand 270 – Karpometakarpalgelenk I 270 – Kugelgelenk 177 – Metakarpophalangealgelenke 272 Extraembryonales – Mesenchym 107 – Somatopleuramesenchym 107 – Splanchnopleuramesenchym 107 – Zölom 99 A, 107, 109 Extraepitheliale Drüsen 24 Extrafusale Fasern 65 Extraglomeruläre Mesangiumzellen 602 Extrahypothalamische Verbindungen 730 Extrakorporale Befruchtung 93 Extraperitoneal gelegene Organe 530 – Bauchhöhle, Entwicklung 550 – Beckenhöhle, Entwicklung 550 Extrapyramidales System 755, 781 – Kleinhirnschleife 753 – Rückenmark 776 Extrauteringravidität 96 Extrazelluläre Matrix, Knorpel 46 Extremität(en) 3 – Anlagen 116 – Entwicklung 241 ff. – Fehlbildungen 244 – obere s. obere Extremität – – Entwicklung 242 – untere s. untere Extremität Extremitätenknospe 241 Extremitätenmuskulatur, Entwicklung 242 ff. Exzitatorische Synapsen 775 Exzitatorisches postsynaptisches Potenzial (EPSP) 77
F Fab-Region, Antikörper 142 Facettensyndrom 200 Facies – articularis 174
845 Sachverzeichnis
– auricularis (Os ilium) 304, 305 A – – (Os sacrum) 200 – colica (Splen) 534, 593 A – contactus (Corona dentis) 401 – costalis (Scapula) 247, 260 A – diaphragmatica (Cor) 502, 510 A – – (Hepar) 533, 534 A – – (Pulmo) 479 A, 527 – – (Splen) 534 – distalis (Corona dentis) 401 – dorsalis (Os sacrum) 200, 337 A – gastrica (Splen) 534, 593 A – inferior partis petrosae 386 – lingualis (Corona dentis) 400 – lunata 305, 320, 370 A – mediastinalis (Pulmo) 526 – mesialis (Corona dentis) 401 – nasalis 401 – occlusalis (Corona dentis) 400 – patellaris 313 A, 333 A – pelvica (Os sacrum) 200, 327 A – poplitea (Tibia) 312, 313 A, 316 A, 333 A – posterior ossis temporalis 385 – – partis petrosae 385 – – (Ren) 599 – pulmonalis (Cor) 502 – renalis (Splen) 534, 593 A – sternocostalis (Cor) 501, 509 – symphysialis (Os pubis) 304, 305 A, 320 A – temporalis alae majoris 387 – vestibularis (Corona dentis) 400 – visceralis (Hepar) 533 – – (Splen) 534 Färbungen 88 f. Faktor-VIII-Mangel 129 Faktor P-Mod-S, Spermatogenese 619 Fallhand, Radialislähmung 298 Fallot-Tetralogie 500 Faltenfeld, subneurales 65 Falx – cerebelli 818 – cerebri 818 – inguinalis 232 Farbflecken, primäre Sehrinde 798 A, 799 Farbstoffe 89
Fascia(-ae) – abdominis superficialis 227 A, 230, 232 A – adhaerentes 15 – – Disci intercalcares 68 – antebrachii 281, 302 A – axillaris 262 – brachii 266, 301 A – buccopharyngea 430 A – cervicalis 429 ff. – clavipectoralis 261, 262 – colli 429 ff. – cremasterica 232 A, 234 T, 615 A, 626, 627 T – cribrosa (Hiatus saphenus) 340 – cruris 339, 344, 350, 373 A – diaphragmatis pelvis superior 549, 609 – dorsalis pedis 354 – dorsum manus 287 – endothoracica 213 A, 217, 430, 486 – iliaca 325 – – Senkungsabszesse 370 – iliopsoas 230 – inferior diaphragmatis pelvis 309 A, 310 – lata 339, 371 A – masseterica 405, 430 A – nuchae 209, 429 – obturatoria 309 A, 325 A, 549 – omoclavicularis 447 – parotidea 415, 422, 430 A – pectoralis 223 A, 261 f., 428 T – pelvis parietalis 230, 309 A, 310, 548, 549 f. – – visceralis 309 A, 548 f. – penis profunda 626, 628 – – superficialis 628 – perinei superficialis 309 A, 310 – pharyngobasilaris 433 – phrenicopleuralis 217, 219, 486 – prerenalis 546 A, 547 A – prostatica 609 A – retrorenalis 546, 547 A – spermatica externa 232 A, 234 T, 615 A, 626, 627 T – – interna 230, 232 A, 234 T, 615 A, 626, 627 T – superior diaphragmatis pelvis 230, 310 – temporalis 404 f. – thoracica externa 217 – thoracolumbalis 209, 226 A, 227
– transversalis 227 A, 230, 232 A, 234 T, 530, 547 A, 611 A – vesicalis 609 Fasciculus(-i) 688 – atrioventricularis 508 – cuneatus (Burdach) 771, 772 A, 775, 789 – gracilis (Goll) 771, 772 A, 775, 789 – interfascicularis 773 – lateralis (Plexus brachialis) 293, 294 ff., 295 A – longitudinalis(-es) dorsalis 730 – – inferior 720 A, 721 – – (Lig. cruciforme atlantis) 197 A, 198 – – medialis 741 A, 743 A, 745 A, 754, 755, 772 A, 804 A – – posterior (Schütz) 754, 755 – – superior (arcuatus) 720 A, 721, 815 A – mammillotegmentalis 730 – mammillothalamicus 730 – medialis (Plexus brachialis) 293, 294 A, 295 A, 296 – posterior (Plexus brachialis) 293, 294 A, 297 ff., 298 A – proprii 773 – – anteriores 773 – – laterales 773 – – posteriores 773 – septomarginalis 773 – uncinatus 720 A, 721 Faserastrozyten 85 Faserbündel, kollagene 38 Faserknorpel 46 A, 48, 49 – Disci 49 – Discus articularis, Kiefergelenk 404 – Proteoglykane 49 Fasern – argyrophile 39 – elastische 39 f., 43 A – – Färbungen 36 – – Knorpel 46 A – extrafusale 65 – intrafusale 66 – Knorpel 49 – kollagene 36 ff. – Licht-/Elektronenmikroskopie 36 f. – retikuläre 39, 42 – – Färbungen 36 Fassthorax 215 Fast-Fasern 64 Fastigium 823
Fastigobulbäre Fasern, Kleinhirn 761 T, 764 T Faszien 34 T, 44 T – paravertebrale Rinne 546 Faszikulatazellen 597 Faszikulation 693 Fauces 408 Faustschluss, Medianuslähmung 296 Fazialisknie, inneres 743 Fazialislähmung – ipsilaterale 758 – periphere 461 A, 750, 780 A, 781 – zentrale 461 A, 780 A, 781 Fc-Region, Antikörper 142 Fehlbildungen 121, 122 – autosomale 121 – Gehirn 710 f. – gonosomale 122 – Rückenmark 707 Fehlimplantation 96 Felderhaut 158 Femur 312 ff. – Achsen 313, 331 – Biege-, Druck- und Scherkräfte 169 – Epiphysenlösung 359 – Kopfnekrose 359 – Ossifikationstermine 243 T Fenestra – cochleae s. rundes Fenster 670 A, 673, 677 A – vestibuli s. ovales Fenster 670 A, 672 A, 673, 677 A Fenestrationen – Glomeruluskapillaren 601 – Kapillaren 514 Fenster – ovales 673, 678 – rundes 673, 678 Fersenbein s. Calcaneus 317 ff. Fetaler Kreislauf 499 Fetalperiode 118 f. – Gestaltsänderung 121 A – Gliedmaßen, Stellungen 118 – Wachstumskurven 119 A Fetopathien 122 a-Fetoprotein 117 Fettgewebe 44 ff – braunes 45, 46 – Druckpolster 44 – Energiespeicherung 44 – Nahrungsentzug 45 – Subkutis 159 – weißes 45 Fettkapsel 44
E–F
846
Sachverzeichnis
Fettkörper – pararenaler 546, 547 A – retrobulbärer 668 – Thymus 147 Fettläppchen 44 Fettmobilisierung 45 Fettorgane 44 Fettsäureabbau 45 Fettsäuretransporter 45 Fettspeicherung 45 Fettverteilung 45, 46 f. Fettzellen 35, 44, 45 A – Entwicklung 45 – plurivakuoläre 45 A, 46 – seröse 45 – univakuoläre 45 Fetus – Alter 118 – Gewichts-/Längenentwicklung 118 Feulgen-Reaktion 89 FGF (fibroblast growth factor) – Fettzellen, Differenzierung 45 – Frühentwicklung 106 – Nervenfasern, Regeneration 83 FG-Fasern, Skelettmuskulatur 64 Fibra(-ae) 688 – arcuatae externae anteriores 761 T – – – posteriores 761 T – – internae 745 A, 789 – circulares 656 – corticonucleares 718 A, 741 A, 742, 743 A, 780 – corticopontinae 718 A, 743 A, 783 – corticoreticulares 722 A – corticorubrales 722 A – corticospinales 718 A, 722 A, 740, 741 A, 742, 743 A, 779 A – corticostriatales 718 A – corticotectales 722 A – corticothalamicae 718 A – frontopontinae 740, 741 A – intercrurales 233 – lentis 657 – longitudinales (Aponeurosis manus) 287 – meridionales 656 – obliquae (Magen) 564 A, 566 – parietopontinae 740, 741 A – pontis longitudinales 742 – – transversae 742, 743 A – pontocerebellares 743 A, 761, 783
– temporopontinae 722 A, 740, 741 A – transversae (Aponeurosis manus) 287 – zonulares 656 ff. Fibrillen – Knorpel, hyaliner 47 – kollagene 38 Fibrillin 39 Fibrillogenese 38 A, 39 Fibrin 126 A, 129 A Fibrinogen 129 – Blutplasma 125 – Lymphe 144 Fibrinoid, Plazenta 101 f., 102 A, 104 Fibroblast growth factor s. FGF Fibroblasten 34 – Kollagen Typ I 37 – Kollagen Typ III 37 Fibroblastenwachstumsfaktor s. FGF Fibronektin 41, 601 Fibrozyten 34, 43 A Fibula 315, 332 A, 342 A – Ossifikationstermine 243 T – Taststellen 315 Fibularis-Lähmung 350 Filaggrine 156 Filamente, intermediäre 19 Filamin 19 Filtrationsschlitze, Glomeruluskapillaren 602 Filum(-a) – olfactoria 793 – radicularia 694 – terminale 705 A, 765 Fimbria(-ae) – hippocampi 806 f., 807 A – ovarica 635 – tubae 630 A, 635 Fimbrin, Mikrovilli 13 A Finger 246 – Anästhesie 304 – schnellender 282 – Topographie 304 Fingerabdruck 158 Fingergelenke 272, 285 A Fingerknochen 250 – Taststellen 250 Fingernägel 166 Finger-Nasen-Versuch 783 Fingerspitzengefühl 267 Fischgrätenmuster 49 Fissura(-ae) – cerebelli 759 – horizontalis (Cerebellum) 759 A – – (Pulmo) 479 A, 481, 488 f.
– interlobaris (Pulmo) 480, 487, 517 A – ligamenti teretis 586 – longitudinalis cerebri 711, 712 A, 713 A, 727 A – mediana anterior 706 A, 744 f. – – medullae oblongatae 738, 744, 745 A, 766 – obliqua (Pulmo) 479 A, 481 – orbitalis 750 – – inferior 382 T, 389 A, 422, 458 A, 467 A – – superior 379, 380 T, 384, 389 – petrosquamosa 387 – petrotympanica 382 T, 385 A, 386 A, 387 – posterolateralis (Cerebellum) 759, 760 T – prima (Cerebellum) 759, 760 T – pterygomaxillaris 383 T, 421 f. – secunda (Cerebellum) 759 A – sphenopetrosa 382 T – sterni congenita 212 – Sylvii 712 – transversa 711 Fixierung 88 Flachrelief, Magen 564 Flachrücken 201 Flagellum(-a) – Kinozilien 14 – (Spermatozoen) 618 Flechsig-Bündel 775 Fleckdesmosomen 15 f. Flexion 177 Flexorenloge, Unterschenkel 373 A Flexura – coli dextra 536 A, 537 A, 539, 544 – – sinistra 533 A, 537 A, 539 A, 540, 579 – duodeni inferior 570 – – superior 569 – duodenojejunalis 537 A, 538 A, 570, 579 A – perinealis (Rektum) 549, 580 – sacralis (Rektum) 549, 580 Flimmerepithel – Trachea 477 – Tuba uterina 636 Flimmerepithelzellen 13 Flip-Flop 12 Flocculus 759, 760 T Flügelgaumengrube 421 f.
Flügelplatte – Hirnstamm 737, 738 – Mesencephalon 740 A – Rückenmark 706 – – Differenzierung 706 T Flügelzellen, Sehnen 43 A, 44 Flüssigkeit, interstitielle 40, 41 Fluid-mosaic-Modell 12 Fluid-phase-Resorption 28 Fluoreszenzmikroskop(ie) 87, 89 FOG-Fasern, Skelettmuskulatur 64 Folia cerebelli 759 Folliculus(-i) – lymphatici/lymphoidei s.a. Lymphfollikel 146 – – aggregati 146, 576 – – solitarii 482, 519 A, 576, 577 A – – Tonsilla lingualis 414 – – Tonsilla palatina 409 Follikel, dominanter 633 Follikelatresie 631 A, 632 Follikelepithel – Oozyten, primäre 631 – Schilddrüse 442 Follikelepithelzellen 31 Follikelhöhle 631 A Follikelkohorten 632 Follikelreifung 632 Follikelrekrutierung 633 Follikelsprung 93 A, 631 A, 633 Follikel-stimulierendes Hormon (FSH) 732 Follikelzellen, Hypophyse 735 Follikuläre dendritische Zelle 139 Follikulogenese 632 – hormonale Kontrolle 633 Follitropin 732 – Follikulogenese 634 – Spermatogenese 620 Fontana-Räume 657 Fontanellen 377 Fonticulus(-i) – anterior 377, 378 A – mastoideus 377, 378 A – posterior 377, 378 A – sphenoidalis 377, 378 A Foramen(-ina) – alveolaria 383 T – apicis dentis 401 – caecum (Lingua) 412, 425 A, 441 – – (Os frontale) 383, 384 T – ethmoidale anterius 382 T, 389 – – posterius 382 T, 389
847 Sachverzeichnis
– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
frontale 388 f. incisivum 381 T, 385 A, 398 A – Entwicklung 398 infraorbitale 382 T, 388, 389 A, 459 infrapiriforme 326 A, 368 interventriculare (Monro) 498, 710, 821, 822 A intervertebrale 191, 195 A, 196, 201 ischiadicum majus 306, 326 A, 368, 561 – minus 306, 325, 326 A, 368 jugulare 381 T, 384 T, 385, 386, 462, 463 A – Entwicklung 379 lacerum 380 T, 384, 385 A, 386 magnum 197 A, 198 A, 379 A, 381 T, 384 T, 385, 751 – Entwicklung 378 mandibulae 383 T, 392 mentale 383 T, 387 A, 388 A, 392 nutricia 169 A, 172 nutritia 51 obturatum 304, 305, 306 A omentale (epiploicum) 536, 537 A opticum, Entwicklung 379 ovale 380 T, 384, 385 A, 386, 459, 498 f., 750 – Entwicklung 379 – Verschluss 499 palatinum(-a) majus 381 T, 385 A, 386 – minora 381 T, 386 papillaria 599 rotundum 380 T, 384 T, 384, 422, 459, 750 – Entwicklung 379 sacralia anteriora 200 f. – posteriora 200 f. Schädel 380 T, 381 T, 382 T, 383 T sphenopalatinum 382 T, 390 A, 391, 422, 467 A spinosum 380 T, 384, 385 A, 386, 460 stylomastoideum 382 T, 385 A, 460, 461 A, 467 A, 780 A supraorbitale 388 suprapiriforme 326 A, 368, 561 transversarium 190 A, 196, 197 A venae cavae 218, 219 T vertebrale 189, 191
– zygomaticofaciale 383 T, 388, 389 – zygomaticoorbitale 389 – zygomaticotemporale 383 T, 389 Forceps – major occipitalis 722 – minor frontalis 722 Forel-Feld 729 Formalin 88 Formatio reticularis 730, 737, 739 A, 740, 741 A, 743, 744, 745 A, 751 ff., 782, 783 A, 784, 789 A, 804, 809 – adrenerge Zellgruppen 754 – cholinerge Zellgruppen 754, 811 – Entwicklung 738, 740 – Kreislaufzentrum 754 – laterale parvozelluläre Zone 751, 753 – mediale magnozelluläre Zone 751, 752 – mediane Zone 751 – Mesenzephalon 811 A – Miktionszentrum 610 – motorische Regulation 752 – Regulation 752 – sensorische Regulation 752 – serotoninerge Fasern 755 – Zentren 755 Fornix 714 A, 723, 726 A, 730, 806 f. – gastricus 563 – pharyngis 431 – vaginae 548 A, 637 A, 640 – vestibuli 407 Fossa(-ae) – acetabuli 305 – axillaris 261, 300 – canina 388 – condylaris 385 A, 387 – coronoidea 247, 248 A, 263 A – cranii anterior 379, 383 – – media 379, 383 ff. – – posterior 379, 385 – cubitalis 246 A, 262, 301 ff. – – Topographie 302 – digastrica 392 – hypophysealis 384 T, 384, 391, 733 – iliaca 304, 305 A, 538, 544 – iliopectinea 358, 370 – incisiva 385 A, 386 – infraclavicularis 215, 299 – infraspinata 245 A, 258 – infratemporalis 389, 420 f., 459
– – Wände 420 – – Zugänge 420 – inguinalis lateralis 229 A, 232 A, 232 – – medialis 229 A, 231, 232 A – intercondylaris 313 A, 314 – interpeduncularis 738 A, 740, 741 A – ischioanalis 309 A, 310, 369, 561 – jugularis 385 A, 386, 467 A – lateralis cerebri 709 A, 712 – malleoli lateralis 315 – mandibularis 385 A, 386 A, 387, 404 – navicularis urethrae 548 A, 612 – olecrani 247, 248 A – ovalis 503, 504 A – – Entwicklung 499 – ovarica 550 – paravesicales 610 – poplitea 314 A, 330, 358, 372 – pterygoidea 386 – pterygopalatina 389, 420, 421 f., 422 A, 451 A, 459 – – Öffnungen 422 – radialis 247, 248 A, 263 A – retromandibularis 420, 422 f. – rhomboidea 708 – sacci lacrimalis 389, 666 – scaphoidea 386 – scapularis 247 – subarcuata 385 – subinguinalis 370 – supraclavicularis 446 – – major 214 A – – minor 429 – supraspinata 245 A, 258 – supratonsillaris 408 – – Entwicklung 426 – supravesicularis 229 A, 231 – temporalis 420 – tonsillaris 408 – trochanterica 312, 313 A – vesicae felleae 534 Fossula(-ae) – petrosa 385 A, 386, 462 – tonsillae 408 Fovea(-ae) – articularis (Radius) 248 – – superior (Atlas) 190 A – capitis femoris 312, 313 A – centralis 652, 662 – – Durchmesser 662 – – Zapfenzellen 662 – costalis 190 A, 199 – – inferior 190 A, 195 A, 199
– – processus transversi 189 A, 195 A, 199 A – – superior 190 A, 195 A, 199 – dentis axis 190 A, 196 – pterygoidea 392 – sublingualis 392 – submandibularis 392 – triangularis 436 A Foveola(-ae) – gastricae 564, 565 A, 566 – granulares 378, 818 – radialis 303 Frankenhäuser-Plexus 640 Freie Bindegewebszellen 35 Freie Nervenendigungen 81 T – Haut 161 Fremdkörperriesenzellen 35 Frenulum – clitoridis 642 – labii superioris inferioris 407 – labiorum pudendi 642 – linguae 412 – preputii 628 – valvae ileocaecalis 577 Frontales Augenfeld 715 Frontallappen s. Lobus frontalis 714 Froschkopf, Anenzephalus 710 Fruchthüllen 105 Fruchtwalze 646 Fruchtwasser 117 Frühentwicklung 105, 106, 107, 108, 109, 110 Fruktose, Bläschendrüse 623 FSH (follikelstimulierendes Hormon) 732 – Follikulogenese 632, 634 – Spermatogenese 620 Füßchenzellen, Corpusculum renale 601 Fugen 173 Fundus – gastricus 534, 563, 564 A – – histologische Diagnostik 575 T – uteri 636 – – Schwangerschaft 645, 646 A – vesicae 609 – – felleae 592 Funiculus – anterior (Medulla spinalis) 706, 771 – lateralis (Medulla spinalis) 706, 771, 779 – posterior (Medulla spinalis) 706, 771 ▼
A
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Sachverzeichnis
Funiculus – spermaticus 233, 234 T, 626, 627 T – umbilicalis s. Nabelschnur 116 Funktionalis (Endometrium) 638 Funktionelle Systeme 778 ff. Furchung, Zygote 94 f. Furosemid 604 Fuß s.a. Pes 340 ff. – Arterien 360 A, 361 A – Bänder 342 f., 343 f. – Dorsalextension 346 T, 348 T – Faszien 354 – Fehlstellungen 355 – als Ganzes 355 – Gefäß-Nerven-Straße 374 A – Längsbogen 355 – Längsgewölbe 318 A, 319 A, 341 – Muskeln 343 A, 350 – Plantarflexion 346 T, 350 T – Plantarflexions-/Dorsalextensionsachse 351 A – Profil 341 – Pronation 342 – Pronations-/Supinationsachse 351 A – Querbogen 319, 355 – Quergewölbe 341, 350 – Sehnen 351 A – Sehnenfach 350 – Stabilisierung 349 – Supination 342, 366 – Taststellen 317, 319 – Tragstrahlen 316 – Umknicken 341 – Verspannung 355 – Zirkumduktion 342 Fußgelenke 341 ff. Fußkreisen 342 Fußplatte 242 Fußrücken 372, 374 – Arterienpuls 359 – Hautinnervation 366, 368 – Muskeln 350, 351 T Fußskelett 315 A, 317 A, 318 A Fußsohle 341, 374 – Arterien 360 A, 361 A – Baufett 159 – Haut 154 – Merkel-Zellen 157 – Muskeln 350 – – laterale Gruppe 352, 353 T – – mediale Gruppe 350, 352 – – mittlere Gruppe 352 T, 353 T – Schweißdrüsen 162
– Sehnenscheiden 355 – Stratum lucidum 155 – Vater-Pacini-Körperchen 162 Fußsohlenreflex 774 A Fußwurzelgelenke 343 Fußwurzelknochen 316 ff.
G GABA (g-Aminobuttersäure) 76 T, 782, 812 – Astrozyten 85 GABAerge Neurone 703, 810, 812 – inhibitorische 782 GABAerge Purkinje-Zellen 760 GAD s. Glutamatdecarboxylase 76 T Gänsehaut 164 Galea aponeurotica 394 Galle 587 – Bildung 590 – Leberzellen 590 Gallenblase 532 A, 534, 536 A, 540 A, 587 A, 591 A, 592 f. – Entleerung 593 – Entwicklung 543 A, 544 A – Epithel 10 T, 11 T – Histologie 592 – Kolik 593 – Lage 534 – Leitungsbahnen 593 Gallengänge 587, 590 f. – Entwicklung 543 A, 544 Gallenkanälchen s. Canaliculi biliferi 587 f., 590 f. Gallensteine 591 Gallenwege – extrahepatische 591 – Histologie 591 – intrahepatische 590 f. Gallertgewebe 117 Gallertiges Bindegewebe 42 Gallertmembran, Vestibularapparat 682, 683 GALT (darmassoziiertes lymphatisches System) 573 Gammaaminobuttersäure s. GABA 812 Gamma-Glutamyltransferase 603 Ganglien 688 – Mantelzellen 86, 112 – paravertebrale 698 – praevertebrale, vegetative 561
– prävertebrale 698, 700 – vegetative 112 Ganglienzellen, Retina 658, 660 T, 661, 799 Ganglion(-ia) – aorticorenalia 562, 700, 701 A – cardiaca 508 – cervicale inferioris 468 – – medium 468, 469, 699, 701 A – – superius 416, 468, 656, 699, 701 A, 800 – cervicothoracicum 468 A, 521, 526, 527, 699, 701 A – ciliare 458 A, 466 A, 656, 667 A, 669, 701 A, 702, 796 A, 799, 800 – cochleare 801 – coeliacum(-a) 463, 700, 701 A – – dextrum 562 – – sinistrum 562 – – superius 576 – geniculi 461 f., 676, 794 – impar 699 – inferius (N. glossopharyngeus) 462, 467 A, 468, 794 – – (N. vagus) 463, 468, 794 – lumbalia 699 – mesentericum inferius 562, 700, 701 A – – superius 562, 576, 700, 701 A – oticum 416, 421, 458 A, 462, 466 f., 701 A, 702 – pelvica 562, 701 A – pterygopalatinum 416 A, 419 T, 422, 458 A, 459, 461, 466, 467 A, 665, 701 A, 702 – sacralia 699 – spinalia 694 A, 695 A – spirale cochleae 681, 697 – stellatum 468, 469, 699 – sublinguale 467 f. – submandibulare 416 A, 422, 458 A, 462, 467 f., 701 A, 702 – superius (N. glossopharyngeus) 462, 794 – – (N. vagus) 463, 794 – thoracica 699 – trigeminale 458, 750, 788 A, 789 A – trunci sympathici 699 – vestibulare 683, 697, 803 Gangunsicherheit 784 Gap junctions 15, 17, 60 A, 155 Gartner-Gang 551, 621 A Gasförmige Transmitter 813
Gaster s. Magen 562 ff. Gastrin 813 A Gastrin(G-)Zellen – Dünndarm 573 – Pylorusdrüsen 567 Gastritis 566 Gastroenteropankreatisches System 572, 583 Gastroinhibitorisches Peptid (GIP) 573 Gastrulation 108 Gaumen 397, 407 f. – Drüsen s. Glandulae palatinae 408 – Entwicklung 398, 399 A – Fehlbildungen 398 – Gefäße und Nerven 408 – harter 408 – knöcherner 386 – primärer 398, 399 A – sekundärer 398 – Spaltbildungen 394 – weicher 407 A, 408 A, 409 T Gaumenbein s. Os palatinum 386 T Gaumenfortsätze 398 Gaumenmandel s. Tonsilla palatina 408 Gaumenplatte 398 Gaumensegel s. Velum palatinum 407 Gaumenspalte 399 Gebärmutter s. Uterus 636 Gebärmutterhals 636 Gebiss – diphydontes 399 – heterodontes 399 – Zahndurchbruch/-wechsel 400 T – Zahnformel 400 Geburt 646 f. – Einstellungsanomalien 647 Geburtskanal 640, 645 Gedächtnis 815 Gefäße – s. Blutgefäße – extraembryonale Anlage 110 – intraembryonale Anlage 115 Gefäß-Nervenstraße – Finger 304 – Fossa axillaris 300 – Fuß 374 A – Oberarm 301 – Oberschenkel 369 T, 371 T – Unterarm 302 T, 303 T – Unterschenkel 373 T Gefäßplexus, Haut 159 f., 160 A
849 Sachverzeichnis
Gefäßpol, Nierenkörperchen 601 Gefäßwirksame Substanzen 516 – Durchblutung 516 Geflechtknochen 50 f. – Entwicklung 54 Gefriermikrotome 88 Gehen 356 ff. Gehirn 687, 704 ff. – Arterien 723 – Entwicklung 708 ff. – Fehlbildungen 710 f. – Hüllen 816 ff. – Sagittalschnitt 705 A – vegetative Zentren 809 – Venen 724 – Ventrikel 687 Gehirnanlage 111 – Wachstum 116 Gehirnschädel 3, 376 Gehörgang – äußerer 670 A, 671 A, 672 A – – Entwicklung 671 – – mikroskopische Anatomie 671 – – Spülung 671 – Haare 164 – innerer s. Tuba auditiva 673 Gehörgangsplatte 671 Gehörknöchelchen 377 T, 672, 674 f. – Schwingungsamplitude 675 Gehörorgan 678 ff. Geißeln, Kinozilien 14 Gekröse 531 Gelber Fleck s. Macula lutea 662 Gelenkbänder 174 Gelenk(e) 171 A, 173 A – Alterung 178 – Anpassung, funktionelle 177 – Bewegungseinschränkung 177, 186 – Bewegungsführung 175 – dreiachsige 176 – ebene 177 – echtes 171 A – einachsige 177 – Führung 174 f. – Gefäßversorgung 175 – Hemmung 175 – Hilfseinrichtungen 175 – Innervation 175 – Kapselverletzungen 178 – Ruhigstellung 177 – Sonderstrukturen 175 – Typen 176 ff. – zweiachsige 176
Gelenkfläche 174 Gelenkfortsätze, Wirbel 190 Gelenkhöhle 174 Gelenkinnenhaut 174 Gelenkkapsel 174 Gelenkkapselorgane 66, 651 Gelenkknorpel 171 A, 174 – Faserverlauf 48 – Regeneration 178 Gelenkkopf (Spermatozoen) 619 Gelenkrheumatismus 139 Gelenkschmiere 174 Gelenkzwischenscheiben 49 Gemischte Drüsen 27 f. Gene, homeotische 106 Generallamellen, Knochen 50 f. Genetisches Geschlecht 93, 552 Geniculum nervi facialis 461, 467 A, 676 Genitalhaut 156 Genitalhöcker 552 A, 624, 625 A Genitalleiste 552, 553 A, 616 A Genitalnervenkörperchen 650 – Klitoris 643 – Penis 629 Genitalwülste 625 Gennari-Streifen (=Vicq d’AzyrStreifen) 719 Genrekombination, B-Zellreifung 140 Genu s. a. Kniegelenk 330 – (Capsula interna) 722 – corporis callosi 722 – gastrici 563 – nervi facialis 461 A, 743 A – recurvatum 336 – valgum 330 – varum 330 GER (glattes endoplasmatisches Retikulum) 25 A, 26 Gerinnungsfaktoren s. Blutgerinnung 125 Gerstenkorn 664 Gesäßmuskulatur s. Hüftmuskeln, äußere 308, 325 – Injektionen, intramuskuläre 369 Geschlecht – genetisches 93, 552 – gonadales 552 – körperliches 553 – psychisches 553 Geschlechtschromosomen, numerische Störungen 121 Geschlechtsdimorphismus 2
Geschlechtsdrüsen, akzessorische 614 Geschlechtsmerkmale, sekundäre 553 Geschlechtsorgane 614 ff. – äußere 614 – – Frau 641 f. – – – Entwicklung 625 A, 642 A – – Mann 624 ff. – – – Entwicklung 624 A, 625 A – Duftdrüsen 163 – innere 614 – – Entwicklung 552 f. – – Frau 549, 630 ff. – – Mann 549, 614 ff. Geschlechtszellen, primordiale 615 Geschmacksbahn 794 Geschmacksfasern 460 Geschmacksknospen 112, 413, 414 A Geschmacksorgane, Zunge 651 Geschmackswahrnehmung 795 Geschmackszellen 413 Geschmackszentren 794 Gesicht 393 ff. – Entwicklung 393, 394 A – Fehlbildungen 398 – Hautinnervation 394 A, 395 A – Öffnungen 389 Gesichter, Wiedererkennen 814 Gesichtsmuskulatur s. mimische Muskulatur 393 T, 395 A, 396 T Gesichtsschädel 3, 376 – Verstrebungen 392 f. Gesichtsspalte, schräge 399 Gestagen, Menstruation 634 Gestalt(wandel) 2, 3, 121 A Gewebe 4 Gewebebildung 12 Gewebekultur 87 Gewebeschnitte 88 Gewebshormone 31 Gewebsneubildung 7 Gewundene tubulöse Drüsen 24 GFAP (glial fibrillary acidic protein) 19, 85 GH (Growth hormone) 732 GH-RF (Growth-hormone-releasing-factor) 732 Gianuzzi-Halbmonde 28
Giemsa-Färbung 127 van-Gieson-Färbung 89 – Bindegewebsfasern 36 Gigantismus 56, 736 Gingiva 407 – Innervation 407 GIP (gastroinhibitorisches Peptid), Dünndarm 573 Glabella 388 Glandula(-ae) – areolares 163, 223 – bronchiales 477, 482, 495 A – buccales 407, 415 – bulbourethrales 310 – – (Cowper) 613 f., 614 A, 621 A, 623 A, 629, 643 – cardiacae 567 – ceruminosae 163, 671 – cervicales uteri 639 – ciliares 163, 664 – circumanales 163, 581 – duodenales 571 A, 574, 575 – gastricae, enteroendokrine Zellen 567 – – propriae 564 A, 565, 566 – gustatoriae 413 – intestinales 570, 573 – labiales 407, 415 – lacrimalis 665, 666 A, 669 – – Innervation 416 A – laryngeales 440 – – Innervation 468 – linguales 412, 414 – – Innervation 462 – mammaria 162, 222 – nasales 418 – oesophageae 519 A – – cardiacae 520 – – propriae 520 – olfactoriae 418 – palatinae 408, 415 – – Innervation 457 T – parathyroideae 423, 444 f., 446 – – Entwicklung 426 – – inferiores 426, 444 – – superiores 444 – paraurethrale 643 – parotidea 415, 415 f., 416 A, 422, 430 A – – Gefäße 416 – – Innervation 416 T, 457 T, 462 T – pharyngeales 432 – – Innervation 462 – pinealis 726 A, 728, 734 A, 739 A ▼
F–G
850
Sachverzeichnis
Glandula(-ae) – pituitaria s. Hypophyse 733 ff. – pyloricae 565, 567 – salivariae s. Speicheldrüsen 415 ff. – sebaceae 162, 664 – – liberae 163 – – pilorum 163 – seromucosa 28 – sublingualis 28, 415, 416 T, 417, 462, 468 – – Gefäße 417 – – Innervation 416 A, 417 T, 457 T, 462 T, 468 T – submandibularis 28, 416 f., 445, 462, 468 – – Gefäße 417 – – Innervation 416 A, 417 T, 457 T, 462 T, 468 T – sudoriferae apocrinae 163 – – eccrinae 162 – suprarenalis s. Nebennieren 596 ff. – tarsales 163, 664 – thyroidea 423 ff., 441 ff. – tracheales 477 – urethrales (Littré) 612 A, 613, 621 A – uterinae 638 – vesiculosa 549, 614, 622 A, 623 – – Entwicklung 551, 620 – vestibulares majores 310, 642 – – minores 642 Glans – clitoridis 642 – penis 548 A, 612 A, 626 f., 626 Glanzstreifen 67 Glaser-Spalte 387 Glaskörper 651, 652 A, 658 – Entwicklung 653 Glaskörpergrenzmembran 658 Glaskörperraum 651 Glaukom 657 Gleichgewicht 803 – Störungen 804 Gleichgewichtsorgan 682 ff. Gleitmechanismus, Muskulatur 59, 63 Glia (Pars optica retinae) 658 Glia s. Neuroglia 84 Glial fibrillary acidic protein s. GFAP Gliazellen 692 f. – Architektonik 688 – Entwicklung 692 – radiäre 86
– weiße Substanz, Rückenmark 771 Gliederung, segmentale 3 Glioblasten 689 Glisson-Kapsel 586 Globuline, Blutplasma 124 Globus pallidus 714 A, 720 f., 722 A, 729, 781 Glomeruläre Filtrationsrate 602 Glomerulus(-i) – Bulbus olfactorius 793 – renales 600 f., 606 – Stratum granulosum, Kleinhirn 763 – synaptische 75 Glomeruluskapillaren, Endothel 601 Glomus(-era) – aorticum, Chemorezeptoren 516 – caroticum 448, 463, 651, 700 – – Chemorezeptoren 516 – rectalia 581 A Glottis 435, 436 A Glukagon 584, 813 T – A-Zellen, Dünndarm 573 – – Langhans Zellen 585 Glukokortikoide – Fettzellen 45 – Nebennierenrinde 597 Glutamat 76 T – Astrozyt 85 – Hippocampus 812 – Kleinhirn 812 – Neokortex 812 Glutamatdecarboxylase 76 T Glutamaterge Neurone 810 Glutaraldehyd 88 Glycin 39, 76 T Glykogen – Leberzellen 590 – Muskelzelle 63 – Vagina 641 Glykokalix 11, 13 A – Enterozyt 572 – Nierenhauptstücke 603 Glykokonjugate 39 Glykolipide, Plasmamembran 12 Glykoproteine 41 – Interzellularsubstanzen 41 – Plasmamembran 12 Glykosaminoglykane – Dermis 158 – Hydrophilie 33 – Interzellularsubstanzen 40 f. – Knochen 50 – Knorpel 47
– Kollagenfasern 37 – Muskelzellen, glatte 58 – nichtsulfatierte 40 f. – Osteozyten 50 – sulfatierte 40 f. a-Glyzerolphosphat 45 Gnosis, taktile 267 GnRH (Gonadotropin-ReleasingHormon, Gonadoliberin) 732 – Follikulogenese 634 – Spermatogenese 620 Goldner-Färbung 38 Golgi-Apparat 23 A, 24, 25 f. – cis-Seite 26, 29 A – Leberzellen 590 – Nervenzellen 70, 71 – trans-Seite 26, 29 A Golgi-Präparat, Synapsen 74 Golgi-Sehnenorgane 66, 651 Golgi-Typ-I-Nervenzellen 73 Golgi-Typ-II-Nervenzellen 73 Golgi-Versilberung 70 Golgi-Zellen – Stratum granulosum, Kleinhirn 763 f. – Stratum moleculare, Kleinhirn 763 Goll-Strang s. Fasciculus gracilis 775 Gonadales Geschlecht 552 Gonade(n) s. Keimdrüsen 614, 630 – Entwicklung 552 A, 616 A Gonadenanlage 551 A Gonadenleiste 553 A Gonadoliberin (= GnRH) 732 – Follikulogenese 634 – Spermatogenese 620 Gonadotrope Hormone 732 Gonadotrope Zellen 736 Gonadotropine, In-vitro-Fertilisation 632 Gonadotropin-Releasing-Hormone (GnRH) 732 Gonarthrosen 331 Gonosomen, numerische Störungen 121 Gowers-Bündel s. Tractus spinocerebellaris anterior 775 G1/2-Phase, Zellzyklus 20 Graaf-Follikel 633 Granula – mitochondrialia 27 – neuroendokrine, Kardiomyozyten 67 Granulationes arachnoideae 817 A, 818, 822 A Granulationsgewebe 156
Granulomer 129 Granulopoese 128 Granulosaluteinzellen 631 A, 633 Granulosazellen 632, 634 – Aromatasekomplex 634 – Östrogene 634 – Progesteron 634 Granulozyten 127 f. – basophile 34 T, 125 A, 128, 134 – – chemotaktische Faktoren 136 – – Differentialblutbild 127 – – Entzündungsreaktionen, unspezifische 133 A, 134 ff. – Blutausstrich 127 – Blutbildung 130 – Dermis 158 – eosinophile 34 T, 125 A, 128, 134 – – Allergien 136 – – Differentialblutbild 127 – – Entzündungsreaktionen, spezifische 135 A – – – unspezifische 133 A, 136 – – Parasitenabwehr 136 – eosinphile, Entzündungsreaktionen, spezifische 135 A – hypersegmentierte 127 – jugendliche 128 – neutrophile 34 T, 125 A, 128, 134 – – Bakterienabwehr 136 – – Diapedese 136 – – Differentialblutbild 127 – – Entzündungsreaktionen, unspezifische 133 A, 136 – polymorphkernige 134 f. – segmentkernige 127 – stabkernige 127 f. Gratioletsche Sehstrahlung 796 A Graue Gebiete, Zentralkanal 805 Graue Haare 165 Graue Rinde s. Cortex cerebri 715 Graue Substanz – Nervensystem, peripheres 688 – Rückenmark 688, 705, 706, 769 – Telenzephalon 712, 715 ff. Grauer Star 658 Grenzstrang s. Truncus sympathicus 699
851 Sachverzeichnis
Grenzstrangganglien 517 A, 529 A, 561 A, 694 A, 699, 700 A Grenzzellen – äußere, Corti-Organ 679 – innere, Corti-Organ 679 Grimmdarm s. Colon 538 Große Alveolarzellen 484 Große Lymphozyten 165 Große Schamlippen 641 Großes Netz 531, 532 Großhirn, Entwicklung 111 Großhirn s. Telencephalon 711 Großhirnbläschen 708 Großhirnlappen s. Lobi cerebri 714 Großhirnmantel s. Pallium 714 Großhirnrinde – Pyramidenzellen 73 – Synapsen 75 Großhirnrinde s. Cortex cerebri 715 Großhirnsichel s. Falx cerebri 818 Großzehe s. Hallux 331 Growth hormone (GH) 732 Growth-hormone-releasing-factor (GH-RF) 732 Grüner Star 657 Grundbündel, Rückenmark 772 A, 773 Grundphalanx, Ossifikationstermine 243 T Grundplatte – Rhombencephalon 737, 739 A – – Entwicklung 740 – Rückenmark 706 – Wirbelkörper 190 Grundsubstanz 35, 40 Gruppenfaszien 181 Gubernaculum testis 233 f., 614 f. Gubernaculum testis, Entwicklung 615 Gürteldesmosom 15 Gustatorische Gebiete, Vorderhirn 755 Gustatorisches System 794 f. Guyon-Loge 303 Gynäkomastie 222 Gyrencephal 712 Gyrus(-i) – angularis 713 A, 716 A, 717, 814, 815 A – cerebri 712, 714 – cinguli 713 A, 805, 806 A, 808 – dentatus 807 A – frontalis inferior 713 A – – medialis 713 A
– – – –
– medius 713 A – superior 713 A lingualis 713 A occipitotemporalis lateralis 713 A – – medialis 713 A – orbitales 713 A – parahippocampalis 713 A, 805, 806 A, 808 – paraterminalis 713 A – postcentralis 713 A, 716, 779, 788 A, 789, 790 – – Körperprojektionen 791 A – precentralis 713 A – – somatosensorischer Kortex 791 A – rectus 713 A – supramarginalis 713 A, 717 – temporalis 716 f. – – inferior 713 A – – medius 713 A – – superior 713 A, 802 – – transversus 801 A, 802 G-Zellen – Dünndarm 573 – Pylorusdrüsen 567
H Haarbalg 165 Haarbulbus s. Haarzwiebel 165 – Matrixzellen 165 – Melanozyten 165 Haare 164 ff. – äußerer Gehörgang 164 – Felderhaut 158 – Gefäße 165 – graue 165 – Infundibulum 164 – Ruffini-Körperchen 162 Haarfarbe 165 Haarfollikel 164 Haarkleid, geschlechtsspezifisches 164 Haarkutikula 165 Haarmark 164 Haarmuskel 164 – Innervation 162 Haarpapille 165 Haarschaft 164 – keratogene Zone 165 Haarsträuben 164 Haarstrich 164 Haartalg 163 Haartrichter 164 Haarwachstum 165 Haarwechsel 165
Haarwirbel 164 Haarwurzelscheiden 165 Haarzellen – äußere, Corti-Organ 679, 680 – – Endolymphe 680 – innere, Corti-Organ 679, 680 – – Endolymphe 680 – – Schallsignalleitung 680 – Typ I, Vestibularapparat 683 – Typ II, Vestibularapparat 683 Haarzwiebel 165 Habenula 726 A, 728 Hackenfuß 355, 368 Hämangioblasten 130 Hämatoblasten 130 Hämatokrit 124 Hämatom, retroplazentäres 105 Hämatome 160 – epidurale 816 – subdurale 818 Hämatopoese, hepatolienale Phase 542 f. Hämatotrophe Phase, Plazenta 97 Hämatoxylin-Eosin (HE) 79 A, 89 – Bindegewebsfasern 36 – kollagene Fasern 38 Hämatoxylin-SäurefuchsinPikrinsäure 89 Hämochorial 98 Hämoglobin (Hb) 126 Hämolyse 126 Hämophilie A 129 Hämoxygenase 76 T Hämozytoblasten 131, 492 f. Härtung 88 Haften 173 Haftkomplex 16 Haftmesenchym 107 Haftstiel 96 A, 107, 108 A, 109, 113 A, 116 Haftzotten 98 A, 102 Hagelkorn 664 Hakenbein s. Os hamatum 250 Hakenmagen 563 A Halbmond, seröser 27 A Halbseitenlähmung 758 Haller-Bögen 218 Hallux 317 A, 319 A – Muskeln 350 f. – Ossifikationstermine 243 T Hals 423 ff. – Arterien 447 ff. – Eingeweideraum 423 – Entwicklung 424 – Faszien 423 f., 429 f.
– Genzen 423 – Gliederung 423 ff. – Lymphknoten 454 T, 455 – Nerven 455 ff. – Organe 431 ff. – prävertebraler Bereich 423 – Querschnitt 423 – Regionen 445 – Schichten 423 – Spatien 423, 430 f. – (Spermatozoen) 619 – Topographie 445 ff. – Venen 452 f. Halsdreieck – mittleres 445 – seitliches 445 Halsfistel, branchiogene 426 Halsganglien, parasymphatische 468 Halsmark 705 A, 771 – Motoneurone 804 Halsmuskeln 427 – oberflächliche 428 T – prävertebrale 429 T Halsrippe 212 Halssympathikus 665 Halswirbelsäule 190 A, 191, 196 ff. – Bewegungen 197 T, 198 T – Gelenke 197 f. Halszyste, branchiogene 426 Haltung – entspannte 356 – straffe 357 Hammer, Entwicklung 424 Hammer s. Malleus 377 T, 675 Hammer-Amboss-Gelenk, Entwicklung 424 Hammerzehe 344 Hamulus – ossis hamati 246 A, 250, 269 A, 284 A – pterygoideus 386, 390 A, 408 A Hand 246, 267 ff. – Aponeurosen 287 – Arterien, dorsale Seite 290 – – palmare Seite 290 f. – Bänder 270 – Faszien 287 – Logen 287 – Profil 267 – Sehnenscheiden 282 A – Topographie 302 ff. Handfläche – Fettgewebe 44 – Haut 154 – Merkel-Zelle 157 ▼
G–H
852
Sachverzeichnis
Handfläche – Schweißdrüsen 162 – Stratum lucidum 155 – Vater-Pacini-Körperchen 162 Handgelenk(e) 268 ff. – Bewegungen 270 – distales 269 – Dorsalextension 281 – Palmarflexion 270, 281 – proximales 268 Handmuskeln 284 ff. – Entwicklung 284 – Hypothenargruppe 286 T, 287 – mittlere Gruppe 285 T, 286 T – Thenargruppe 283 f. Handplatte 242 Handrücken 267 – Arterien 290 – Sehnenfächer/-scheiden 283 – Venen 292 A Handwurzelknochen s. Carpus 246, 249 A, 250 A – Bänder 270, 271 T – Taststellen 250 – Zirkulationsstörungen 249 Harnblase 533 A, 538 A, 549, 552 A, 609 ff., 617 A, 622 A – Befestigung 609 – Entwicklung 551 – Histologie 609 f. – Leitungsbahnen 610 f. – Neugeborenes 549 – Parasympathicus 611 – Sympathicus 611 – Topographie 549 – Übergangsepithel 11 Harndrang 609 Harnleiter s. Ureter 607 f. Harnorgane 598 ff. Harnpol, Nierenkörperchen 601 Harnröhre, endoepihteliale Drüse 24 Harnröhre s. Urethra 611 ff. – Engstellen 612 – Entwicklung 551, 552 A – männliche 612 – mikroskopische Anatomie 612 f. – weibliche 613 Harnstoff, Entgiftung 590 Harnwege, ableitende 590 ff. Hasenscharte 398, 399 A Hassall-Körperchen 147, 518 Haube s. Tegmentum 737
Haubenbahn, zentrale 754, 755 Haubenkreuzung, dorsale (Meynert) 755 Hauptlinien, Axonscheide 80 Hauptstück – Nierentubulus 602 ff. – (Spermatozoen) 619 Hauptzellen – Epithelkörperchen 444 – helle, Sammelrohr 605 – Magendrüsen 566 Haustra coli 577 Haut 153 ff. – Ab-Fasern 161 – Anhangsorgane 163 A – Ateriolen 159 – Blutgefäße 159 – Drüsen 162 ff. – Durchblutungssteuerung 160 – elastische Fasern 158 – Entwicklung 154 – Gefäßplexus 159, 160 f. – Gewicht 154 – Kollagenfaserbündel 158 – Lymphgefäße 160 – Mechanorezeptoren 787 – Nerven 160 ff. – Nervenfasern 81 T – – efferente 162 – Querschnitt 154 A – Regeneration 156 – Rezeptororgane 160 ff. – sensorische Fasern 160 f. – Spaltlinien 158 – Wärmeabgabe 160 Hautfarbe 156 Hautmuskeln 159, 164 Havers-Gefäße 52, 171 Havers-Kanal 50 A, 51 HCG (human chorionic gonadotropin) 645 – Implantation 96 – Plazenta 103 – Wochenbett 647 HE s. Hämatoxylin-Eosin 89 Head-Zonen 703 Hebelarm 183 A, 184 Hebelwirkung, Muskeln 183 Hegar-Schwangerschaftszeichen 638 Heiserkeit 758 Helicobacter-pylori-Infektion 565 Helicotrema 678 Helix s. Schnecke 678 Helle Zellen, Dünndarmschleimhaut 572
Helweg-Dreikantenbahn 776 Hemianästhesie 757 Hemianopsie – bitemporale 796 A – homonyme 796 A Hemiarthrose 173 Hemiballismus 782 Hemidesmosomen 15, 16 A, 17, 157 Hemiplegie 461 A – spastische, kontralaterale 757 Hemisphären 711 Hemmende Synapsen 74 Hemmung – laterale 770 – präsynaptische 691 Henle-Schicht 165 Henle-Schleife 603, 605 Hensen-Knoten 108 Hensen-Zellen, Corti-Organ 680 A Hensen-Zone, Myofibrillen 62 Hepar s. Leber 586 ff. Heparansulfat, Perlecan 41 Heparin – basophile Granulozyten 136 – Mastzellen 35 Hepatocyte growth factor (HGF) 543 Hepatolienale Periode 130 f., 542 f. Hepatozyten s. Leberzellen 589 f. – Kollagen Typ III 37 Hering-Kanälchen 591 Hernia/Hernien 230 – äußere 230 – completa 235 – epigastrische 230 – femoralis 229 A, 370 – inguinales 234, 235 – inguinalis lateralis acquisita 232 A, 234, 235 T – – – congenita 232 A , 234, 235 T – – medialis 232 A, 234, 235 T – innere 230 – interstitialis 235 – scrotalis 235 – supravesicalis 231 Herz 501 ff. – Endothel 11, 505 – Entwicklung 494 A, 496, 497 ff. – Erregungsleitsystem 507 ff. – Fehlbildungen 500 – Gefäße 508 ff. – Innenrelief 503 ff.
– Kammern s. Ventriculus cordis 503, 505 – Kontraktionen 507 – Links-/Rechtstyp 509 – Nachbarschaftsbeziehungen 503 – Oberflächenprojektion 502 ff. – Röntgenbild 502 – Rückseite 502 – Ventilebene 506 – Vorhöfe 503 Herzaktion 507 Herzanlage 109, 113 A, 494 f. Herzbasis 502 Herzbeutel s. Pericardium 472, 510 f. Herzbeuteltamponade 511 Herzdämpfung, absolute/relative 503 Herzfrequenz 754 Herzgewicht 502 Herzinfarkt 509 Herzklappen 491 f., 506 T – Auskultationsstellen 506, 507 A – Endokardduplikaturen 505 – Oberflächenprojektion 506 T Herzkontur 502 Herzkranzgefäße 508 f. Herzlage 489 – Anomalie 497 Herzmuskelzellen 57, 58 A, 59 T, 67 f. – Disci intercalcares 68 – Erregungsleitungssystem 68 – Erregungsübertragung 59 T – Glanzstreifen 67 – Innervation 59 T, 68 – Kapillaren 68 – Kontraktion 68 – Lipofuszin 67 – Myofibrillen 67 – neuroendokrine, Granula 67 – Regeneration 68 – Satellitenzellen 67 – Zellkern 59 T, 67 Herzmuskulatur 505 – Verlaufsrichtung 505 Herznerven 508 Herzohren 502 Herzsattel 218 Herzschatten 503 Herzscheidewand 506 Herzschlag 811 Herzschlauch 496 f. Herzschleife 497 – Induktoren 497
853 Sachverzeichnis
Herzskelett 506 Herzspitze 501 – Projektion 502 Herzspitzenstoß 502 Herztöne 506 Herzwand 505 ff. Heschlesche Querwindung 716 f. Heterodontes Gebiss 399 Heterogenes Wachstum 118 Heterophagosomen 30 Heterozeptoren 74 Heuschnupfen, eosinophile Granulozyten 136 Heuser-Membran 107 HGF (hepatocyte growth factor) 543 Hiatus – adductorius 322 A, 327, 358, 371 – aorticus 218, 219 T, 553 – basilicus 292 – canalis nervi petrosi majoris 385 – – – – minoris 385 – oesophageus 218, 219 T, 519 – phrenicoperitonealis 474 – pleuropericardiales 472 – sacralis 200 – saphenus 340, 361 A, 371 – semilunaris 383 T, 390 A, 391 Hilfszellen, Immunreaktion 139 Hilum – Lymphknoten 149 – nuclei olivaris inferioris 745 – ovarii 630 – pulmonis 475, 476 A, 478 – renale 546, 599 – splenicum 534, 593 A Hinhören 802 Hintere Darmbucht 116 Hintere Darmpforte 116 Hinterhauptslappen s. Lobus occipitalis 714 Hinterhorn – Rückenmark 766 A, 769 f. – Seitenventrikel 821, 822 A Hinterhornkerne 791 Hinterhornzellen 770 Hintersäule 766 A, 769 Hinterstrang 706, 766 A, 771, 775 Hinterstrangkerne 789 Hinterstransepten 787 Hippocampus 716, 730, 752 A, 753 A, 805 ff. – Glutamat 812 – precommissuralis 807
– retrocommissuralis 805 f. – supracommissuralis 806 A, 807 Hirci 164 Hirnhäute 816, 817 A – Arterien 816 Hirnhaut, harte 376 Hirnnerven 455, 456 T, 457 T, 687, 697 – Austrittsstellen am Gehirn 750 Hirnnervenganglien 697 Hirnnervenkerne 745 ff., 747 T – motorische 755 – sensorische 745 – somatoafferente 746 – speziell viszeroafferente 746 – viszeroeffernte, allgemeine 749 – – spezielle 749 Hirnsand 728 Hirnstamm 704, 728, 737 ff. – Bahnen 754 ff. – Blutversorgung 756 ff. – Entwicklung 737 – Gliederung 737 Hirnvenen, Blutungen 818 His-Bündel 505 A, 506, 508 Histamin 76 T, 77 T – basophile Granulozyten 128 – Durchblutungsregulation 516 – Entzündungsreaktionen, unspezifische 133 A – Histiozyten 137 Histiotrophe Phase, Plazenta 97 Histiozyten 35, 43 A Histochemie 89 Histogenese, kausale 187 Histologie,Techniken 4, 7, 87 ff. HIV-Infektion 143 Hochprismatische Epithelzelle 8 Hochrelief, Magen 564 Hoden 614 ff. – Entwicklung 614 f. – Histologie 615 ff. – Interstitium 619 – Leitungsbahnen 620 – Leydig-Zellen 619 – Neugeborenes 120 – peritubuläre Zellen 619 – Scheidewände 614 – Sertoli-Zellen 617 – Spermatogonien 615 ff. – Tubuli seminiferi 615 f. Hodenbruch 235 Hodenhüllen 615 A, 626, 627 T
Hodenkanälchen, Myofibroblasten 69 Hodenläppchen 614 Hodensack s. Skrotum 626 Hodenstränge 615 Höhlengrau, zentrales 740 Hörbahn 802 Hörrinde – primäre 716 f., 801 f. – sekundäre 717, 802 Hörvorgang 681 Hofbauer-Zellen, Plazenta 99, 102, 103, 137 Hohlfuß 318 A, 355 Hohlhand 267 Hohlhandbogen – oberflächlicher 291 – tiefer 290 Hohlhandfaszie, oberflächliche/tiefe 287 Hohlhandmuskeln, tiefe 285 Hohlrücken 201 Holokrine Sekretion 30 Homeobox (HOX) 106 Homonyme Hemianopsie 796 A Homunkulus 790 Hordeolum 664 Horizontalzellen, Retina 659 A, 661 Hormonale Regelkreise 32 Hormone – Biosynthese 32 – glanduläre 31 Horner-Syndrom 657 Hornhaut 154 Hornhaut s. Cornea 653 – Gefäße 654 – Innervation 654 – Krümmung 654 – Transplantation 654 – Trübungen 654 Hornhautendothel 654 – Schädigungen 654 Hornhautepithel, unverhorntes 654 Hornhautrand 653 Howship-Lakunen 52 A, 53 HOX (Homeobox) 106 Hoyer-Grosser-Organe 515 hPL (humanes Plazenta-Laktogen) 103 Hubhöhe, Muskeln 183 f. Hubkraft, Muskeln 182, 184 Hüftbein s. Os coxae 304 Hüfte s. Coxa 320 ff. Hüftgelenk 320 ff. – Abduktion 323 T, 329 T – Achsen 322 f.
– Adduktion 323 T, 329 T – Adduktoren 322 A, 323 ff., 327, 328 T – Anteversion 322, 329 T – Außenrotation 323, 329 T – Bänder 320, 321 T – Bewegungen 322 f. – Dysplasien 323 – Endoprothesen 323 – Extension 322 T, 329 T – Flexion 322 T, 329 T – Innenrotation 323, 329 T – Kapsel 320 – Luxation, angeborene 244 – Muskelwirkungen 329 T – Neutral-Null-Methode 323 – Retroversion 322, 329 T Hüftgelenkpfanne 305 Hüftkopf-Epiphysenlösung 320 Hüftkopfnekrose 320 Hüftmuskeln 323 ff. – äußere 308, 323, 324 T, 325 f. – innere 308, 323, 324 T, 325 T – mediale s. Adduktoren 323, 327 Hühnerbrust 215 Hülsenkapillaren 147, 594, 595 Hueter-Dreieck 249 Hufeisenniere 551 Humanes Choriongonadotropin 103 Humanes Plazentalaktogen 103 Humeroradialgelenk 262 Humeroulnargelenk 262 Humerus 245, 247, 252 A – Muskeln, Ursprünge und Ansätze 248 – Ossifikationstermine 243 T – Taststellen 247 Hummerscherenhand 244 Humor aquosus 651 Hunger, Proteine 144 Husten 478 Hustenmuskel 221 Hustenreflex 795 Huxley-Schicht 165 Hyaliner Knorpel 46 A, 47 ff. – Altersveränderungen 48 – Kollagenfibrillen 48 Hyalomer 129 Hyaluronidase, Akrosomreaktion 644 Hyaluronsäure 40 A, 41 Hybride Zygote 93 Hydrokortison, Chondrozyten 47
H
854
Sachverzeichnis
Hydrophilie, Glykosaminoglykane 33 Hydrostatischer Druck 144 Hydroxylapatit – Knochenumbau 52 – Osteozyten 50 Hydroxyprolin, Tropokollagenmoleküle 39 5-Hydroxytryptamin s. Serotonin Hydrozele 234 Hydrozephalus 711, 823 Hymen 641 Hyoidbogen 424 T, 425 Hypästhesie 757 Hyperakusis 461 A, 675 Hyperchrome Anämie 126 Hyperkinese 782 Hyperplasie 7 Hypersegmentierte Granulozyten 127 Hyperthyreose 443 Hypertrophie 7 – glatte Muskelzelle 58 – rechter Ventrikel 500 Hyperventilation 221 Hypoblast 96 A, 107, 109 Hypochondrium 231, 531 Hypochrome Anämie 126 Hypogastrium 231, 531 Hypomer 114 Hypomochlion 184, 317 Hyponychium 166 Hypopharynx 431 Hypophyse 726 A, 730 A, 733 ff., 806 A – Adenome 736 – Entwicklung 710 – Infundibulum 733 – Portalgefäßsystem 733 Hypophysengrube 379 Hypophysenhinterlappen 733 Hypophysenhormone, Zielorgane, Wechselwirkungen 735 Hypophysenstiel 729, 733 Hypophysentasche 379 A Hypophysenvorderlappen s. Adenohypophyse 733 Hypophysiotrope Zone, Hypothalamus 731 Hypoplasie 7 Hypospadie 626 Hypothalamohypophysäres System 731 Hypothalamus 714 A, 726 A, 729 ff., 752 A, 805, 811 A, 822 – afferente Faserbündel 730 – Areale und Kerne 729 f. – dynamogene Zone 729
– – – – – – – – – – –
Effektorhormone 731 Efferenzen 730 endokriner 731 Entwicklung 725 Follikulogenese 634 Gliederung 729 Neuropeptide 812 Steuerhormone 731 f. trophotrope Zone 729 vegetative Zentren 755, 809 Verbindungen 730, 730 f., 808 Hypothenar 246 A, 267 Hypothenarloge 287 Hypothenarmuskeln 286 T, 287, 297 Hypothyreose 443 Hypothyreoter Zwergwuchs 443 Hypotonie, Muskulatur 783 Hypotympanon 673 H-Zone, Myofibrillen 62
I ICR (Interkostalraum) 212 ICSH (Interstitial cell stimulating hormone) 732 ICSI (intrazytoplasmatische Spermieninjektion) 92 IgA 142 – Dünndarm 574 IgD 142 IgE 142 – basophile Granulozyten 134 IgE-Rezeptoren, basophile Granulozyten 134 IgG 142 IgM 142 Ileum 538, 544, 570, 577 A – Einmündung in den Dickdarm 538 – histologische Diagnostik 575 T – Peritonealverhältnisse 538, 545 – Wandbau 575 Ileus 530 IMA (internal mammary artery) 237 Immersionsfixierung 88 Immunabwehr, spezifische 139 ff. Immunantwort, Lymphozytenvermehrung 141 A Immunglobulinadhäsionsmoleküle 14
Immunglobuline 14, 124 Immunhistochemie 89 Immunisierung – aktive/passive 143 – Boosterung 143 Immunität 132 ff. – angeborene/unspezifische 132 – erworbene/spezifische 132 – humorale 132 – – Plasmazellen 141 – zelluläre 132 Immunkompetente Zellen 132 Immunkompetenz 132 Immunologisch kompetente Lymphozyten 409 Immunreaktion – Hilfszellen 139 – spezifische 143 – unspezifische 143 Immunschwäche, HIV-typische 143 Immunsuppression 143 Immunzellen 134 Impfung 143 Implantation 89 ff. – abweichende 96 – interstitielle 95 Implantationshemmung 95 Implantationskegel 95 Implantationszeit 95 Imprägnation 92, 93 A Impressio(-nes) – cardiaca (Pulmo) 479 A, 481, 526 – colica (Hepar) 533,539,587 A – duodenalis (Hepar) 533, 587 A – gastrica (Hepar) 533, 587 A – gyrorum 383 – ligamenti costoclavicularis 246 – oesophagealis (Hepar) 533, 587 A – renalis (Hepar) 533, 587 A – suprarenalis (Hepar) 533, 587 A – trigeminalis 384 Inaktivitätsatrophie 7 – Knochen 172 – Muskeln 186 Incisura intertragica 671 A Incisura(-ae) – acetabuli 305 A, 321 T – angularis (Gaster) 563 – cardiaca (Pulmo) 479 A, 481, 503, 530 – cardialis (Gaster) 563, 564 A – clavicularis 211 A, 213, 251
– – – – – – –
costales 212, 213 fibularis 315, 316 A frontalis 388 interarytaenoidea 432 ischiadica major 304, 305 A – minor 304, 305 A jugularis 211 A, 213, 214 A, 261 A – mandibulae 392 – mastoidea 386 A, 387 – nasalis 388 – radialis 248, 249 A – scapulae 245 A, 247 – supraorbitalis 388 – thyroidea inferior 437 – – superior 436 – trochlearis 248, 249 A – ulnaris (radii) 248, 249 A – vertebralis inferior 190 A, 196 – – superior 189 A, 190 A, 196 Incontinentia alvi 582 Incus, Entwicklung 425 A Incus s. Amboß 377 T, 425 A, 670 f., 674 f. – Entwicklung 424 A, 673 Induktion 106 Induktoren, primäre 106 Indusium griseum 727 A, 807 Infektionsbarriere 145 Informationsverarbeitung, intrakortikale 719 Infrahyale Muskulatur 423, 427, 428 T Infundibulum – Haare 164, 165 A – Hypophyse 731 A, 733, 820 – tubae uterinae 635 Inguinaltunnelsyndrom 364 Inhibin – Follikulogenese 634 – Spermatogenese 619 f. Inhibiting Hormone 32 A Inhibitorische Synapsen 775 Inhibitorisches postsynaptisches Signal (IPSP) 77 Initialsegment, Axon 70 A, 71 Inkretorische Drüsen 22 Inkubationszeit 143 Innenknöchel 331 A, 372 Innenkolben 162 Innenohr 677 f. – Entwicklung 671, 678 A – Gefäße 683 – Sinnesepithel 677 Innenstreifen, Nierenmark 599 Innenzone – Nierenmark 599 – Prostata 624
855 Sachverzeichnis
Innere Grenzzellen, Corti-Organ 679 Innere Haarzellen, Corti-Organ 679, 680 Innere Körnerschicht 659 T, 660 T Innere Pfeiler-Zellen, CortiOrgan 679, 681 Innere Phalangen-Zellen, CortiOrgan 679 A, 680 Innere plexiforme Schicht 659 T, 660 T Innere Wurzelscheide 165 Innerer Baillarger-Streifen, innerer 718 A, 719 A Innerer Muttermund 637 Innerer Stoffwechselraum 27 Innerer Tunnel, Corti-Organ 679 A, 680 A, 681 Inneres Fazialisknie 743 f., 749 f. Inseln, Plazenta 104 Inselzisterne 820 Insemination 92 Insertio, Muskel 179 In-Situ-Hybridisation 89 Inspiration 220, 484 – Thoraxbewegungen 220 f. – Zwerchfell 220 Insuffizienz, aktive/passive 184 Insula(-ae) 712, 714, 722, 801 A – pancreaticae 584 f. – – Entwicklung 542 – – Gefäße 585 – – Nerven 585 Insulin 813 T – B-Zellen 584 – Lipogenese 45 – Mangel 585 Integrale Proteine 12 Integrine 14 Intellektuelle Leistungen, höhere 814 Intentionstremor 783 Interdigitierende dendritische Zellen 139 Interferon 133 A Interkostalgefäße 236 Interkostalmuskeln 213 f., 216 f. – modifizierte 202 Interkostalraum (ICR) 212, 215 Intermediäre Filamente 16, 19, 60 A Intermediäres Mesoderm 114 Intermediärlinie, Axonscheide 80 Intermediärsinus, Lymphknoten 149
Intermediärtubulus 602 f. Intermediärzellen, Vagina 641 Intermediärzone, Kleinhirnrinde 762 Intermediärzotten, Plazenta 102 Intermedin 736 Internal mammary artery (IMA) 237 Interneuronale Synapsen 77 Interneurone 73, 690 f. – Isokortex 719 – Retina 658, 661 – Rückenmark 770 Internodium, Ranvier-Schnürringe 80 Interphase 20 Intersectiones tendineae 214 A, 226 Interspinales System, autochthone Rückenmuskeln 204 T Interspinallinie 308 Interstitial cell stimulating hormone (ICSH) 732 Interstitielle Flüssigkeit 40 f. Interstitielle Implantation 95 Interstitielles Bindegewebe 43 Interstitielles Wachstum, Knorpel 47 Interstitium – Hoden 619 – Niere 605 Interterritorium, Knorpel 46 A Intertransversales System, autochthone Rückenmuskeln 205, 206 T Intertubuläres Dentin 403 Intervillöser Raum 98 A, 100, 101 A, 102 A, 104 Interzelluläre Sekretkapillaren 27 A Interzellularraum 17, 41 – Schwann-Zellen 80 Interzellularsubstanzen 33, 35 ff., 50 – geformte 33, 36 – Knochen 50 – Knorpel 46, 47 f. – Proteoglykane 40 A, 41 – ungeformte 40 f. Intestinum – crassum 538 f., 577 ff. – tenue 569 ff. Intima 511 f. – Arterien 512 f. – Venen 514 f. Intraembryonaler Kreislauf 494
Intraembryonales Zölom 112 A, 114 Intraepitheliale Lymphozyten, Dünndarm 574 Intrafusale Fasern 66 Intraglomeruläres Mesangium 602 Intrahepatischer Gallenweg 590 Intrahypothalamische Verbindungen 730 Intramurales Nervensystem, Dünndarm 576 Intraperitoneale Organe 530 Intrinsic factor, Belegzellen 567 Intrinsic-plus-Stellung, Metakarpophalangealgelenke 272 Intrinsisches Nervensystem, Dünndarm 576 Introitus vaginae 548 A Intumescentia – cervicalis 705 A, 765 – lumbosacralis 705 A, 765 Invasion 95, 96 A In-vitro-Fertilisation, Gonadotropine 632 In-vitro-Fertilisation (IVF) 92 Involution 7 IPSP (inhibitorisches postsynaptisches Signal) 77 Iris 652 A, 655 A, 656 Irisstroma 656 Ischämische Phase, Menstruationszyklus 638 f. Ischiokrurale Muskelgruppe 337 Isogene Zellgruppen 47 Isokortex 717 f., 807 A – afferente/efferente Fasern 719 – Interneurone 719 – motorische Signale 755 – Schichten 717 ff. – vertikale Säulen 719 – zytoarchitektonische Gliederung 719 Isometrische Kontraktionen 63, 185 Isoprismatisches Epithel 11 Isotonische Kontraktionen 63, 185 Isthmus – aortae 522 – faucium 397, 408 – (Gl. thyroidea) 441, 443 A – Magendrüsen 566 – tubae uterinae 635 – uteri 636
I-Streifen 62 IVF (In-vitro-Fertilisation) 92 I-Zellen, Dünndarm 573
J Jacobson-Anastomose 388, 462, 467 Jejunum 538, 560 A, 570 – enteroendokrine Zellen 572 f. – histologische Diagnostik 575 T – Lage 538 – Peritonealverhätnisse 538 – Plica circulares 570 – Wandbau 575 Jochpfeiler 392 Jodierung, Schilddrüsenfollikel 442 Juga alveolaria 388 Junctional complex 16 Jungfernhäutchen s. Hymen 641 Juxtaglomeruläre Myoepithelzellen 602 Juxtaglomerulärer Apparat 602
K Kältefixierung 88 Kaes-Bechterew-Streifen 718 Kahnbein s. Os scaphoideum 249 Kalkaneus s. Calcaneus 317 Kallus 53 Kalmodulin, Muskulatur, glatte 59 Kalzitonin 441, 813 A – C-Zellen, parafollikuläre 442 Kalzitoninrezeptoren 52 A Kalzium – Knochen 52 – Knochenentwicklung 54 Kalziumfreisetzung, Schwangerschaft 645 Kalziumionen, Muskelkontraktion 63 Kalzium-Reservoir 52 Kalziumspeicher, Knochen 172 Kalziumverlust 56 Kambiumschicht, Periost 171 Kammer s. Ventriculus cordis 503, 505
H–K
856
Sachverzeichnis
Kammerscheidewand 503 Kammerscheidewanddefekt 500 Kammerschenkel 508 Kammerwasser 651, 657 Kammerwinkel 657 Kanadabalsam 89 Kanalikuläres Stadium, Lungenanlage 480 Kanalolithiasis 683 Kapazitation 644 Kapillaren 489, 490, 513 f. – Basalmembran 514 – Diaphragma 514 – Dünndarm 573 – Endothel 513 f. – Fenestrationen 514 – Herzmuskelzellen 68 – Lunge 485 – Nierenkörperchen 606 – Perizyten 514 – Poren 514 Kapillarwand, Permeabilität 136 Kapselverletzungen, Gelenke 178 Kardia 537 A, 563 – Lage 563 Kardiadrüsen 567 Kardiomyozyten s. Herzmuskelzellen Kardiospasmus 519 Karmin 89 Karotissinus 516 Karpaltunnel 250, 281 Karpaltunnelsyndrom 282, 285, 296 Karpometakarpalgelenke 177, 269 f. Kartagener-Syndrom 497 Karyogamie 93 Karyolyse 21 Karyorrhexis 21 Karzinoide 572 Katagenphase 165 Katarakt 658 Kathepsin 566 Kathepsin K 53 Kauapparat 397, 399 ff. Kaumuskel(n) 399 A, 404 A, 405 T, 406 T – propriozeptive Signale 790 Kava-Kava-Anastomosen 239 Kehldeckel s. Epiglottis 436 Kehlkopf 435 ff. – Aufgabe 435 – Entwicklung 436 – Gefäße 440 – Gliederung 435
– Innervation 440 – Membranen 437 – Nerven 440 – Schleimhaut 440, 457 T – Skelett 436 Kehlkopfbänder – äußere 437 – innere 437 Kehlkopfgelenke 437 Kehlkopfmuskeln 439 f. – äußere 438 T – Entwicklung 424 – innere 438 T, 439 T – Innervation 440 T, 457 T, 463 T, 464 T Keilbein s. Os sphenoidale 386 Keilbeinhöhle s. Sinus sphenoidalis 391 Keilwirbelbildung 201 Keimblätter 111 Keimdrüsen 614, 630 Keimdrüsenbänder 615 Keimepithel 615 Keimscheibe 110 Keimschild 110 Keimstränge – primäre 552 – sekundäre, Ovar 630 Keimzentrum – dunkle Zone 147 – helle Zone 147 – lymphatische Organe 146 – Lymphfollikel 140 – Milzfollikel 595 – Randzone 147 – Sekundärfollikel 146 – Zentroblasten 147 – Zentrozyten 147 Keith-Flack-Knoten 507 Keratinfilamente 155 Keratinozyten 155 – Proliferation 155 – Schrumpfung 155 – terminale Differenzierung 156 Keratogene Zone, Haarschaft 165 Keratohyalingranula/-körper 155 f. Keratozyten 156 Kerckring-Falten 570 Kernkettenfasern 65 A, 66 Kern-Plasma-Relation 21 Kernpyknose 21, 29 A Kernsackfasern 65 A, 66 Kernvakuolen, Spermatozoen 618 Kiefer, Spaltbildungen 394
Kiefergelenk 399, 404 – Bänder 404 – Bewegungen 405 ff. – Entwicklung 424 – Gelenkkapsel 404 – propriozeptive Signale 790 Kieferhöhle 391 Kielbrust 215 Killerzellen, natürliche 125 A, 133 A, 137, 140 Kinetosom 13 A Kinozilien 13 f. – Ductuli efferentes 620 Kittlinien, Lamellenknochen 51 T Kitzler s. Clitoris 642 Kleine Lymphozyten 128 Kleinfingerballen, Muskeln 287 Kleinhirn 704, 705 T, 723 A, 737 A, 758 ff., 786 A, 823 – Afferenzen 761 – Aufbau 759 – Blutversorgung 764 f. – Efferenzen 764 – Entwicklung 708, 759 – fastigobulbäre Fasern 761 T, 764 – Gliederungen 759, 760 T – Glutamat 812 – Körnerschicht, äußere/innere 762 – Purkinje-Zellen 73, 760 f., 762 – Schädigung 784 – Sternzellen 73 – zerebellovestibuläre Fasern 761 T Kleinhirnbahn, sensorische, (in)direkte 804 Kleinhirnbrückenwinkelläsion 461 A Kleinhirnbrückenwinkeltumoren 750 Kleinhirnhemisphären 759 Kleinhirnkerne 760, 764, 783 A Kleinhirnrinde 761 f., 783 A – Entwicklung 762 – mediale 759, 785 – Schichten 761 ff. – Signalverarbeitung 783 – Wirkungen 760 Kleinhirnschleifen 753 f., 782 f. Kleinhirnsichel s. Falx cerebelli 818 Kleinhirnstiel(e) 823 – Bahnen, afferente 761 – – efferente 761 T, 764 T – mittlere 761
– oberer 761 – unterer 761 Kleinhirnwulst 709 A, 759 Kleinhirnzelt 818 Kleinhirnzone – laterale 782 – mediale 786 Kleinzehe, Muskeln 352 Kletterfasern, Kleinhirn 763 Klinefelter-Syndrom 122 Klitoris 309 A Kloakenmembran 108 A, 109, 113 A, 115, 551 A Klon 93 Klonieren 93 Klumpfuß 355 – angeborener 244 Klumpke-Lähmung 286 Knäuelanastomosen 515 Knäuldrüse 162 Knickfuß 355 Knick-Platt-Fuß 355 Knieaußenwinkel 331 Kniegelenk 330 ff. – Achsenfehlstellungen 331 – Außenbänder 333 – Außenrotation 336 – Beugung 336 – Bewegungen 335 – Binnenbänder 333 f. – Bursae 334 f. – Gefäße 359 – Horizontallinie 331 A – Innenrotation 336 – Kapsel 332 – Kollateralbänder 333 – Menisken 175, 332 – Neutral-Null-Methode 335 f. – patellofemuraler Anteil 332 – Recessus 332 – Reservestreckapparat 333 – Rotation 336 – Sicherung 335 – Streckung 335 – tibiofemuraler Anteil 331 – Überstreckung 336 Kniekehle 372 Kniescheibe s. Patella 315 Knochen 49 ff. – Aktivitätshypertrophie 172 – Biegebeanspruchung 170 A, 171 – Blutbildung 172 – Druckbelastung 169, 170 A – Druckfestigkeit 171 – funktionelle Anpassung 172 – funktioneller Bau 169 – Gefäße 51 – Inaktivitätsatrophie 172
857 Sachverzeichnis
– Interzellularsubstanz 50 – Kalzium 52 – Kalziumspeicher 172 – Kollagenfasern 50 f., 54 f. – Kompakta 168 A, 169 A – Kortikalis 168 A, 169 A – kurze 130, 168 f. – lange 168 – Leichtbau 169 – Ossifikation 53 f. – Plastizität 52 – platte 130, 169 – pneumatisierte 169, 376 – trajektorielle Bauweise 169 – Umbau 188 – Verletzungen 178 – Wachstum 56 – Wachstumsfuge 55 – Zugfestigkeit 171 – Zugspannungen 169 Knochenbälckchen s. Spongiosa 168 Knochenbälkchen 56 Knochenbruchheilung 52 f., 188 Knochenerhaltung 56 Knochenführung 175 Knochenhaft 173 Knochenhemmung 175 Knochenkanälchen 50 Knochenkerne 56, 242 Knochenmanschette 54 Knochenmark 55, 132, 168 – Blutabbau 126 – Blutbildung 130 f. – gelbes 130, 172 – Gewicht 130 – lymphatische Stammzelle 139 – Makrophagen 130 – Monozytenbildung 128 – rotes 130, 172 – – Kapillaren 131 – – Sinusoide 131 Knochenmarkstammzellen 131 Knochenmarkstroma 130 Knochentransplantation 172 Knochenumbau 52 f. Knochenvorsprünge s. Apophysen 168 Knochenzellen s. Osteozyten 49 Knochenzellhöhle 50 Knöchernes Labyrinth 677 Knorpel 46 f. – Aggrecan 47 – Altersveränderung 48 – Eigenschaften 48
– elastischer 46 A, 48 T, 49 – Entwicklung 46 – Ernährung 47 – hyaliner 46 A, 47 f., 48 A, 49 – – Asbestfaserung 49 – – Kollagenfibrillen 48 – – Proteoglykane 48 – Interzellularsubstanzen 47 – Kollagene 47 – Neubildung 47 – Proteoglykane 47 – Umbau 47 – Wachstum 47 Knorpelarten 47 Knorpelbildner 47 Knorpelhaft 173 Knorpelhöhlen 47 Knorpelhof 46 A, 47 Knorpelkapsel 46 A, 47 Knorpelmatrize 54 Knorpelzellen 46, 55 A Kochennähte 377 Kochlea s. Cochlea Körnerschicht – äußere 659 A, 660 T – – Kleinhirn 762 – – Neokortex 718 – innere 659 A, 660 T – – Neokortex 718 Körnerzellaxone 763 Körnerzellen – Bulbus olfactorius 793 – Kleinhirn 760 A, 762 f. Körnerzellschicht 154 Körperfaszie, oberflächliche 181 Körperform 115 f. – Abfaltung 115 f. Körperkern 160 Körperkreislauf 490 Körperlänge, Entwicklung 118 Körperprojektionen – motorischer Kortex 791 A – somatosensorischer Kortex 791 A Körperproportionen, Fetus 118 Körperschale 160 Körpertemperatur, Regulation, Haut 160 Kohabitation 643 f. Kohlenmonoxid (CO) 76 T, 77 T, 810 Kohlensäureschnee 88 Kohlrausch-Falte 580, 581 A Kokzygealmark 767 Kokzygealnerven 695 Kokzygealsegmente 766 A, 767 Kolbenhaar 165
Kolik, Gallenblase 593 Kollagen(e) 36 f. – Fasern 38 – fibrilläre 36 – Fibrillogenese 39 – Glykosaminoglykane 37 – Knochen 50 f. – Knorpel 47 – Netzwerke 38 – Typ I 37 T, 38 – – Haut 158 – Typ II 37 T, 38 – Typ III 37 T, 38 – – Haut 158 – Typ IV 37 T, 38 – – Haut 158 Kollagenfasern/-fibrillen 36 f., 38 A, 43 A, 46 A, 48 – Färbungen 36 – Haut 158 Kollagenmoleküle 39 Kollagenolyse, Cervix uteri 638 Kollaps 513 Kollateralbänder, Scharniergelenke 177 Kollateralen – arterielle 515 – Axon 71, 72 A – rekurrente 71 – venöse 516 Kollateralkreislauf 515 Kolloid, Schilddrüse 442 Kollum-Diaphysen-Winkel 312 Kolobom 653 Kolon 546 Kolon s. Colon 538, 577 Kommissurenbahnen 721 – Entwicklung 721 – Sinneseindrücke 722 Kommissurenfasern – Gehirn 718 – Rückenmark 770 Kommissurenzellen, Rückenmark 770 Kompartiment, adluminales/basales, Sertoli-Zellen 617 Kompartment-Syndrom 345 Komplementärräume 487 Komplementkaskade 133 T Komplementproteine, basophile Granulozyten 134 Komplementsystem, Entzündungsreaktionen, unspezifische 133 A Komplexe Synapse 75 Kompressionskräfte 187 Konfokale Lasermikroskopie 90 Koniotomie 446
Konjunktiva 665 – Fremdkörper 665 – Fremdkörpersuche 664 Konjunktivale Injektion 665 Konjunktivitis 665 Konkremente – Nierenbecken 608 – Ureter 608 Konsensueller Papillenreflex, propriozeptive Signale 799 f. Konservierung 88 – Präparatherstellung 88 Konstitutionstypen 2 Kontinenz 610 Kontraktion, isometrische/isotonische 185 Kontraktion(en) – glatte Muskulatur 58 f. – isometrische 63 – isotonische 63 – Skelettmuskulatur 61 A Kontraktionsgeschwindigkeit, Skelettmuskelfasern 64 Kontraktionskraft 181 Kontrapoststellung 357 Konvergenz 775 Konvergenz der Erregungsleitung 78 Konvulsiva 691 Konzeption 93 Koordinationszentrum, Thalamus 726 Kopf 3, 62, 376 ff. – Arterien 447 ff. – Bewegungen 197 – Entwicklung 116 – Lymphknoten 454 – Nerven 455 ff. – Proportionsänderungen 118 A, 121 A – Topographie 420 ff. – vegetative Innervation 466 ff. – Venen 452 f. Kopfbein s. Os capitatum 249 Kopffortsatz 109 Kopfganglien 466 ff. Kopfgelenke 197 – Bandapparat 198 ff. Kopfhaut, Innervation 394, 395 A Kopfmesoderm 114 – paraxiales 57 Kopfmuskulatur, Branchialbögen 57 Kopfschmerzen 198 Kopfumfang, Neugeborenes 120 Korbzellen, Kleinhirn 762 f.
K
858
Sachverzeichnis
Korff-Fasern 402 Kornea 652 A, 653, 655 A, 662 A – Entwicklung 653 Kornealreflex 753 Korona – Keimzentrum 147 – Milzfollikel 595 Koronararterien, Anastomosen 509 Koronarterien 508 f. Korpus-Kollum-Winkel 312 A, 313 A, 331 A Kortex 712 – Areale 715 – Arterien 712 – Assoziationsbahnen 721 – Entwicklung 717 – frontaler 811 A – Furchen 712 – Kommissurenbahnen 721 – Lappen 714 – Lymphknoten 150 – motorischer 715 – – primärer 716 A, 779 – parietaler 814 – präfrontaler 715, 727 – prämotorischer 715, 716 A, 779, 781 – prä-supplementär-motorischer 716 A – Projektionsbahnen 721 – Schichten 717 A, 718 A – Schmerzfasern 792 – somatosensorischer 716, 779, 790 – – primärer 716 A, 790 A – – sekundärer 790 – somatotope Gliederung 787 – supplementär-motorischer 716 A, 778, 781 – supplementär-somatosensorischer 716 A – Verbindungen 808 Kortikale Lymphfollikel 150 Kortikale Nephrone 603 Kortikales Blickzentrum 785 f. Kortikoliberin 731 Kortikopontine Fasern 742 Kortikotrope Zellen 736 Kortison, Chondrozyten 47 Kostalfortsätze, Rudimente 212 Kostovertebralgelenke s. Articulatio costovertebralis 199 Kotyledonen 100 Koxarthrose 323 – X-Bein 358 Kräuselhaare 164
Kraftentfaltung, Myosinköpfchen 63 Krafttraining 186 Krallenfuß 368 Krallenhand, Ulnarislähmung 297 Krampfadern 362, 515 Kranialregion 107 Kraniokaudale Krümmung 115 Kraniokaudale Ordnung 3 Kraniopagus 122 Kraniopharyngeom 734 Kraniosynostosen 377 Kranznaht 377 Kreislauf 490 A, 492, 499 – bleibender 499 – extraembryonaler 492 – Fehlbildungen 500 – fetaler 499, 500 A – großer 490 – intraembryonaler 494 – kleiner 490, 492 – Umgestaltung 499 – uteroplazentarer 97 Kreislaufzentrum 754 Kremasterreflex 227, 774 A Kreuzbänder 333 A, 334 A, 335 A – Außen-/Innenrotation 334 – Verletzungen 334 Kreuzbein s. Os sacrum 200 f., 201 Kreuzbeinwirbel 191 Kreuzschmerzen 200 Krinophagie 26 Kropf 441 Krückenlähmung, Radialislähmung 298 Krümmung, kraniokaudale 115 Kryostat 88 Krypten – Dickdarm 578 – Dünndarm 573 – (Tonsilla lingualis) 414 Kryptorchismus 234 Kürettage 639 Kugelgelenk 176 A, 177 Kunstharz 89 Kupffer-Zellen 137, 589 Kuppelraum 673 Kurzzeitgedächtnis 815 Kutikula 165 Kutikularplatte 680 Kutisplatte 57 Kutiviszerale Reflexe 703 Kyphose 201 K-Zellen, Dünndarm 573
L Labioskrotalwulst 625 A Labium vestibulare 680 A Labium(-a) – anterius (Ostium uteri) 637 – externum (Os ilium) 305 A – internum (Os ilium) 305 A – laterale (Femur) 312, 313 A, 322 A, 337 A – majora pudendi 548 A, 641, 642 – mediale (Femur) 312, 313 A, 322 A – minora pudendi 548 A, 641, 642 – minus pudendi, Talgdrüse 163 – oris 397 – posterius (Ostium uteri) 637 – vestibulare 680 A Labrum(-a) – acetabuli 320, 321 T – glenoidale 175, 252 Labyrinth – knöchernes 677 – membranöses 677 Labyrinthus – cochlearis 677 – ethmoidalis 390 – vestibularis 677 Lacertus fibrosus 266 Lacuna(-ae) – musculorum 233 T, 325, 326 A, 369, 370 A – ossea 50 A – urethrales (Morgagni) 588, 613 – vasorum 233 T, 326 A, 358, 369 Lacus lacrimalis 665 Lähmung, gekreuzte 758 Lähmung(en) – M. deltoideus 261 – M. serratus 258 – M. supraspinatus 261 – Mm. interossei/lumbricales 297 – N. axillaris 297 – N. femoralis 365 – N. fibularis communis/superficialis 366 – N. ischiadicum 366 – N. medianus 296 – N. musculocutaneus 295 – N. obturatorius 364 f. – N. radialis 298
– N. suprascapularis 261 – N. tibialis 368 – N. ulnaris 297 – schlaffe 185 Längenwachstum, Knochen 56 Längsbänder, Wirbelsäule 194 f. Längsbündel – mediales 754 – posteriores 754 Längswölbung, mediale, Fuß 319 Läppchen s. Lobulus Lageanomalien, Geburt 647 Lagerungsschwindel, paroxysmaler 683 Laimer-Dreieck 433 A – Divertikel 520 Laktat 603 Laktobakterien, Vagina 641 Laktoferrin – Bläschendrüse 623 – neutrophile Granulozyten 133 A, 136 Lakunen, Plazenta 97, 98 A Lambdanaht 378 Lamellae – anulatae 26 – interstitiales 51 Lamelläres Bindegewebe 43 Lamellenknochen 49 f., 50 A, 169 Lamin, nukleäres 19 Lamina(-ae) – affixa thalami 726 A, 727 A, 821 – anterior (Vagina musculi recti abdominis) 229 – arcus vertebrae 189 A – basilaris 678, 679 A, 680 A – cartilaginis cricoidea 437 – choroidocapillaris 655, 659 A, 660, 662 A – cribrosa ossis ethmoidalis 380 T, 383 T, 383, 390 T – – ossis ethmoidalis 384 T, 390 A – – sclerae 663 – densa 16 A, 17 f. – – (Glomerulus) 601 – epithelialis mucosae (Gaster) 565 – – – (Intestinum crassum) 578 – – respiratorisches Epithel 477 – – (Tunica serosa) 474 – externa (Calvaria) 376 – fibroreticularis 18, 39
859 Sachverzeichnis
– granularis externa 718 – – interna 718 – horizontalis (Os palatinum) 385 A, 386, 390 – interna (Calvaria) 376 – Isokortex 717 ff. – lateralis processus pterygoidei 386 – limitans anterior 654 – – posterior 654 – lucida 17 – medialis processus pterygoidei 385 A, 386, 390 A – medullaris lateralis thalami 727 – – medialis thalami 727, 729 – membranacea 673 – molecularis, Isokortex 717 – multiformis 719 – muscularis mucosae (Gaster) 565 – – – (Intestinum crassum) 578 – – – (Intestinum tenue) 574 – – – (Ösophagus) 520 – orbitalis (Os ethmoidale) 389 A – parietalis pericardii 511 – – (Tunica vaginalis testis) 234 T – – tunica vaginalis testis 626 – perpendicularis (Os ethmoidale) 390 – – (Os palatinum) 390, 422 A – posterior (Vagina musculi recti abdominis) 229 – pretrachealis (Fascia cervicalis) 423 A, 430 – prevertebralis (Fascia cervicalis) 423 A, 430 – profunda (Fascia masseterica) 405 – – (Fascia temporalis) 405 – propria mucosae 474 – – – (Gaster) 565 – – – (Intestinum crassum) 578 – – – (Intestinum tenue) 573 – – – (Trachea/Bronchen) 477 – – (Ösophagus) 520 – – (Tunica serosa) 474 – – (Ureter) 608 – – (Vesica fellea) 592 – pyramidalis externa 718 – – interna 719 – quadrigemina 705 T, 740, 800 – rara externa 16 A, 17 – – interna 17
– rara externa, Glomerulus 601 – spinales 770 f. – spiralis ossea 678, 679 A – superficialis (Fascia cervicalis) 422, 423 A, 429 – – (Fascia masseterica) 405 – – (Fascia temporalis) 405 – suprachoroidea 655, 659 A – tecti 726 A, 740 – terminalis 708, 710 A, 726 A, 729, 730 A, 822 – vasculosa (Choroidea) 655 – visceralis (Pericardium serosum) 506 f., 510 – – tunica vaginalis testis 234 T, 614, 626 T – vitrea 631 A Laminin 17 f., 41, 157, 601 Langerhans-Inseln 31, 584 f. – A-Zellen 585 – B-Zellen 584 f. – Entwicklung 543 – Gefäß- und Nervenversorgung 585 – PP-Zellen 585 Langerhans-Zellen, Haut 138 f., 155 A, 156 f. Langhans-Fibrinoid 101, 104 Langhans-Zellen, Zytotrophoblast 102, 103 Langmagen 563 A – hypotonischer 563 A Langsamer Transport 72 Langzeitgedächtnis 815 Lanugo 164 Lanugobehaarung 120 Lanz-Punkt 231, 539 Lappen s. Lobus Lappenbronchen 476 A Larrey-Hernie 219 Larrey-Spalte 217 Laryngotrachealrinne 479, 480 A Larynx s. Kehlkopf 435 ff. Larynxrinne 425 A Lasermikroskopie 90 Laterale Lippenspalte 398 Laterale Nasenwülste 394 Lateralsklerose, amyotrophe 688 Lateralverschiebung 12 Laufen 358 Lautstärkeempfindlichkeit, Corti-Organ 802 Leber 532 A, 533, 535 A, 536 A, 542 A, 586 ff. – Anlage 113 A – Entwicklung 543 A
– Histologie 580 f. – Impressionen 533 – Lage 533 – periportales Feld 588 – Peritonealverhältnisse 533 – portales Läppchen 588 – Projektion 533 – Stoffwechselzonen 589 – Trias 588 Leberazinus 587, 588 f. Leberdivertikel 543 – oberes 543 Leberfeld 532 Lebergefäße 587 – Entwicklung 543 Leberläppchen 588 Leberlappen 487 A, 586 Leberpforte 533, 586 Lebersinusoide 589, 590 A – Endothel 589 – Kupffer-Zellen 589 – perisinusoider Raum 589 – Pitzellen 589 – Poren 589 – Sternzellen 589 Leberzellen 589 f. – endoplasmatisches Retikulum 589 – Golgi-Apparat 590 – Mitochondrien, vom Cristatyp 589 – Nexus 590 – Tight junction 590 Lectulus 166 Lederhaut s. Dermis 157 Leibeshöhlen 472 – Entwicklung 472 ff. Leistenbrüche s. Hernia inguinalis 230 f., 234 f. Leistenfurche 214 A, 229 Leistenhaut 158 Leistenhoden 234 Leistenkanal 233 – Entwicklung 233 – Wände 233 T, 234 T Leistenlymphknoten 363 Leistungsminderung/-steigerung 7 Leitungsbögen, einfache/zusammengesetzte 690 Lektine 14 Lektinmethoden 89 Lemmnozyten 78, 86 Lemniscus – lateralis 755, 801 – medialis 741 A, 743 A, 745 A, 755, 788 A, 789 – spinalis 755, 789 – trigeminalis 755, 788 A, 790
Lemniskusbahnen 755 Lemniskussystem – anterolaterales 755 – mediales 787, 788 A Lendenlordose 201, 209 Lendenrippe 212 Lendenwirbel(säule) 191, 199 – Beweglickeit 198 T – Sakralisation 212 – sechster, Bildung 192 Lens s. Linse 657 Leptin, Fettgewebe 45 Leptomeninx 816 Leptosome 2 Lernen 815 Letzte gemeinsame Endstrecke 770 Leukämie 107, 129 – Knochenmarkstammzellen 131 Leukopenie 127 Leukotriene – basophile Granulozyten 136 A – Granulozyten, basophile 133 A Leukozyten 35, 124, 127 f. – Entwicklung 130 – Lebensdauer 127 – myeloische 130 Leukozytose 127 Levatorspalt 311 Levatortor 309, 549 Levatorwulst 431 Leydig-Zellen 31, 619 – Entwicklung 615 – Reinke-Kristalle 619 – Spermatogenese 619 LH (luteinisierendes Hormon), Follikulogenese 632, 634 LH (Luteinizing hormone) 732 Liberine 732 Licht-an-(On-center-)Neurone 661 Licht-aus-(Off-center-)Neurone 661 Lichtdurchlässige Medien 651 Lichtmikroskop 87 Lichtsignale, Verarbeitung 798 Lidschlag 665 Lidschluss 664, 665 Lidspalte 664 Lieberkühn-Krypten 570, 571 A Lien s. Milz 593 Ligamentum(-a) – acromioclaviculare 251 – alaria 197 A, 198 – anococcygeum 309 A ▼
K–L
860
Sachverzeichnis
Ligamentum(-a) – anulare(-ia) 476 A, 477 – – radii 233 T, 263 – – stapediale 675 – apicis dentis 197 A – – – Entwicklung 192 – arcomioclaviculare 251 A, 252 A – arcuatum laterale 218 – – mediale 218 – – medianum 218 – arteriosum 496 T, 499, 501 A, 522, 523 – atlantooccipitale laterale 197 – bifurcatum 342 A – calcaneocuboideum (dorsale) 342 A – – plantare 352, 355 – calcaneofibulare 341, 342 A, 343 – calcaneonaviculare 342 A, 354 – – plantare 317, 318 A, 342, 343, 349, 352, 355 – capitis costae intraarticulare 199 – – – radiatum 195 A, 199 A – – femoris 312, 320, 321 T – – fibulae anterius 333 A, 341 – – – posterius 333 A, 341 A – – ossis femoris 312 A, 313 A – carpi radiatum 271 T – carpometacarpalia dorsalia 269 A, 271 T, 285 A – – palmaria 269 A, 271 T – collaterale carpi radiale 269 A, 271 T, 284 A – – – ulnare 269 A, 271 T, 284 A – – fibulare 332 A, 333 A, 333, 334 A – – laterale (Articulatio talocruralis) 341 – – mediale [deltoideum] 341, 343 A – – radiale 263 – – tibiale 332 A, 333, 334 A – – ulnare 263 – conoideum 251 – coracoacromiale 253 A – coracoclaviculare 251 – coracohumerale 252 – coronarium hepatis 533, 534 A – costoclaviculare 251 – costotransversarium(-a) 199 – – laterale et mediale 199 A – – superius 195 A
– costoxiphoidea 214 – cricoarytenoideum 436 A, 437, 440 – – posterius 436 A – cricopharyngeum 439 – cricothyroideum medianum 436 A, 437 – cruciatum anterius 332 A, 333, 334 A – – posterius 332 A, 333 A, 334 – cruciforme atlantis 197 A, 198 – cuboideonaviculare dorsale 342 A – cuneocuboideum dorsale 342 A – cuneonavicularia dorsalia 342 A – deltoideum 341 A, 343 A – denticulata 819 – falciforme hepatis 532 A, 533, 534 A, 535 A, 537 A – – Entwicklung 543 – flava 40, 194 f. – fundiforme penis 626 – gastrocolicum 535, 536 A, 539, 564 – gastrophrenicum 534, 564 – gastrosplenicum 534 f., 536 A, 537 A, 542 A – – Entwicklung 542 – glenohumerale inferius 252, 253 A – – medium 252, 253 A – – superius 252, 253 A – hepatocolicum 536 A, 539 – hepatoduodenale 535, 536 A, 537 A, 569 – hepatogastricum 535, 536 A, 537 A – hepatorenale 533 – iliofemorale 320, 321 T, 322 f. – iliolumbale 306 A, 306, 326 A, 327 A – incudis posterius 674 A, 675 – – superius 672 A, 674 A, 675 – inguinale 229 f., 233 T, 238 A, 326 A, 358 A, 370 A – intercarpalia dorsalia 269 A, 271 T – – interossea 271 T – – palmaria 271 T – interclaviculare 251 – intercuneiformia dorsalia 342 A – interfoveolare 231 – interspinalia 195 – intertransversaria 195
– ischiofemorale 306 A, 320, 321 T, 322 f. – lacunare [Gimbernati] 229 A, 370 A – laterale, Kiefergelenk 404 – latum uteri 549, 630 A, 637 – longitudinale anterius 194 f., 197 A – – posterius 194 f., 197 A – lumbocostale 199 – mallei anterior 675 – – laterale 672 A, 675 – – superius 672 A, 674 A, 675 – meniscofemorale anterius 334 – – posterius 333 A, 334 – metacarpale(-ia) dorsalia 269 A, 271 T – – interossea 271 T – – palmaria 269 A, 271 T – – transversum profundum 269 A, 272, 284 A – metatarsale(-ia) dorsalia 342 A – – transversum profundum 344 – nuchae 195 – ovarii proprium 550, 630 A – – Entwicklung 630 – palmaria 272 – palpebralia mediale et laterale 664 – patellae 316 A, 330, 333, 334 A, 335 A, 337 – phrenicocolicum 534, 537 A, 540 – pisohamatum 269 A, 271 T, 279 A – pisometacarpale 271 T – pisometacarpeum 269 A, 279 A – plantare longum 318 A, 343, 352, 354 f., 355 – plantaria 344 – popliteum arcuatum 333 – – obliquum 333, 335 A – pubicum inferius 305, 306 A – – superius 305 – pubofemorale 320, 321 T, 322 f. – puboprostaticum 548 A, 549, 609, 611 A – pubovesicale 548 A, 550, 609 – pulmonale 478, 479 A – radiale 263 – radiocarpale dorsale 269 A, 271 T, 285 A – – palmare 269 A, 271 T
– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
reflexum 233 sacrococcygeum(-a) 196 – anterius 195 – posterius profundum 306 A – – superficiale 306 A sacroiliaca anteriora 326 A – interossea 306 A – ventralia 327 A sacroiliacum anterius 306 – interosseum 306 – posterius 306 sacrospinale 306, 326 A, 327 A, 364 A, 369 A sacrotuberale 306, 326 A, 369 A scaphoideum 269 A sphenomandibulare 404 spirale 678, 679 A splenorenale 534, 535, 542 A – Entwicklung 542 sternoclaviculare anterius et posterius 251 sternocostalia radiata 214 sternocostalis intraarticularia 214 sternopericardiaca 511 stylohyoideum 425, 427 – Entwicklung 425 stylomandibulare 404, 405 A supraspinalia 195 suspensorium clitoridis 548 A, 642 – clitoris 229 – ovarii 550, 555 – – Entwicklung 630 – penis 229, 548 A, 626 talocalcanea mediale et laterale 342 talocalcaneum interosseum 341 f. – laterale 342 A – mediale 343 A talofibulare anterius 342 A – posterius 342 A talonaviculare 342 A, 343 tarsometatarsalia dorsalia 342 A teres hepatis 532 A, 533, 534 A, 536 A, 544, 586, 587 A – – Entwicklung 499 – uteri 233 f., 550, 630 A, 637 A – – Entwicklung 630 thyroepiglotticum 436 thyrohyoideum(-a) lateralia 439 – medianum 436 A, 439
861 Sachverzeichnis
– tibiofibulare anterius 341, 342 A – – posterius 341, 342 A – transversum acetabuli 305, 320, 321 T – – atlantis 197 A, 198 – – genus 331, 333 A, 334 – – perinei 310 – – scapulae 247 – trapezoideum 251 – triangulare dextrum et sinistrum 533 – ulnare 263 – ulnocarpale palmare 269 A, 271 T, 284 A – umbilicale mediale 229 A, 231, 496 T, 499, 556, 622 A – – medianum 229 A, 231 – venosum 544, 586, 587 A – – Entwicklung 499 – vestibulare 437 – vocale 436 A, 437, 439 A, 440 Limbische Assoziationsgebiete 814, 815 Limbischer Lappen 714 Limbisches System 717, 727, 730 A, 753 A, 805 ff. – Retikularissystem, aufsteigendes 751 – Verbindungen 751 Limbus – acetabuli 305 – corneae 652 A, 653, 654 – laminae spiralis 678 f., 680 A Limen nasi 418 Linea – nuchalis suprema 387 – obliqua 392 – temporalis inferior 378, 387 – – superior 378, 387, 405 Linea(-ae) – alba 226 A, 227 A, 229, 232 – anocutanea 581 – arcuata (Os ilium) 304, 305 A – – (Vagina m. recti abdominis) 229 – aspera (Femur) 312, 322 A – axillaris media 215, 487 – glutea anterior 305 A – – inferior 305 A – – posterior 305 A – intercondylaris 313 A, 314 – intermedia (Os ilium) 305 A – intertrochanterica 312, 313 A, 320 A – medioclavicularis 215, 487 – musculi solei 315, 316 A, 348 A – mylohyoidea 392
– nuchalis inferior 209 A, 387 – – superior 387 – paravertebralis 487 – pectinea (Femur) 313 A – scapularis 487 – semilunaris 226 A, 229 – sternalis 215, 487 – temporalis superior 378 – terminalis 307, 327 A – transversae 200 – trapezoidea 246 Lingua 411 ff. Lingula – cerebelli 759 A, 760 T – mandibulae 392 – pulmonis 479 A, 481 – sphenoidalis 384 Linker Venenwinkel 151 Links-rechts-Shunt 501 Linksverschiebung 127 Linse s. Lens 651 A, 655 A, 656 A, 657, 662 A – Brechkraft 658 – Entwicklung 652 Linsenaufhängung 655 A Linsenbläschen 652 Linsenepithel 655 A, 657 Linsenfasern 653 A, 657 Linsenkapsel 657 Linsenkern 657 Linsenkern s. Nucleus lentiformis 720 Linsenplakode 652, 653 A Linsenplakoden 112, 113 A Linsensterne 657 Lipasen, Fettmobilisierung 45 Lipide, Plasmamembran 11 f. Lipofuszin, Herz 67 Lipogenese – Insulin 45 – Östrogene 45 Lipoidstabilisatoren 88 Lipolyse 46 Lipoproteine, Leberzellen 590 Lipoproteinlipasen 45 Lipotropin 736 Lippen, Entwicklung 394 Lippen s. Labium oris 397 Lippendrüsen 163 Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte 399 Lippen-Kiefer-Spalte 398 Lippenrot 407 Lippenspalte 398, 399 A Liquor – amnii 117 – cerebrospinalis 687, 777, 821, 823 – – Bildung 821, 823
– – Plexus choroideus 86 – – Resorption 823 – folliculi 632 Liquor-Blut-Schranke 823 Liquorraum – äußerer 687, 820 ff. – innerer 687, 821 Liquorzirkulation 823 – Stau 823 Lisfranc-Gelenklinie 317 A, 319, 344 Lissauer Randzone 771 Lissauer-Trakt 771 Lissencephal 712 Littré-Drüsen 613, 629, 643 Lobärpneumonie 481 Lobulärpneumonie 481 Lobulus(-i) – biventer 759 A, 760 T – centralis 759 A, 760 T – corticalis (Ren) 600 – epididymidis 615 A – gracilis 759 A, 760 T – hepatis 587, 588 – paracentralis 713 A – parietalis superior 713 A – pulmonis 481 – quadrangularis anterior 760 T – – posterior 759 A, 760 T – semilunaris inferior cerebelli 759 A, 760 T – – superior cerebelli 759 T, 760 T – testis 614 Lobus(-i) – anterior (Hypophysis) 731 A, 733 – caudatus hepatis 536 A, 586, 587 A – cerebelli 759 – – anterior 759, 760 T – – posterior 759, 760 T – cerebri 712, 713 A, 714 – dexter (Gl. thyroidea) 441, 443 A – – hepatis 536 A, 586, 587 A – flocculonodularis 759, 760 T, 803 – frontalis 709 A, 714, 723 A – insularis 714 – limbicus 714, 716, 717 – nervosus (Hypophysis) 733 – occipitalis 709 A, 714 – parietalis 709 A, 714 – posterior (Hypophysis) 731 A, 733 – pulmonis 480 f.
– pyramidalis (Gl. thyroidea) 441 ff. – quadratus hepatis 536 A, 586, 587 A – renalis 600 – sinister (Gl. thyroidea) 441, 443 A – – hepatis 534 A, 536 A, 586, 587 A – temporalis 709 A, 714, 715 f., 723 A, 801 A Lochien 647 Loci minores resistentiae 230 Lockeres Bindegewebe 42 Locus caeruleus 739 A, 743, 744, 753 Lösung der Plazenta 105 Lokomotion 3, 715 Longitudinales Septum s. L-System Lordose 201 L-System – Herzmuskelzellen 67 – Skelettmuskelzellen 62 LTH (Luteotropic hormone) 732 Lubrikation 643 Luftröhre s.Trachea 476 Luliberin 813 T Lumbalisation 192 Lumbalmark 767 Lumbalnerven 695 Lumbalpunktion 210, 821 Lumbalsegmente 766 A, 767 Lumbalsyndrom, pseudoradikuläres 200 Lumbosakraler Übergangswirbel 192 Lunge 472 A, 475, 478 ff. – Gliederung 480, 481 A – Leitungsbahnen 485 f. – Lymphgefäße und Lymphknoten 485 – Topographie 526 f., 527 – Wachstum 473 Lungenembolie 557 – Beinvenenthrombose 362 Lungenentzündung 481 Lungenfell s. Pleura visceralis 486 Lungenfibrose 484 Lungengrenzen 487 ff. – Atmung 488 f. Lungenhilum 478, 529 Lungeninfarkt 485 Lungenkapillaren 485 Lungenknospen 479, 480 A Lungenkreislauf 490 Lungenläppchen 481
L
862
Sachverzeichnis
Lungenlappen 480 f. Lungenlappengrenzen 487 Lungenödem 484 Lungensegmente 481 Lungenspitze 478, 479 A – Topographie 526 Lungenstiel 522 A Lunula(-ae) 166 – valvularum semilunarium 504 Lutealphase, Menstruationszyklus 639 Luteinizing hormone (LH) 732 Lutropin 732, 813 A – Follikulogenese 634 – Spermatogenese 619 Luxatio(n) – congenita 323 – Ellenbogen 249 – habituelle 178 – radioanuläre 264 Lymphangitis 145, 363 Lymphatische Differenzierungsreihe 134 Lymphatische Organe 146 f. – B-Zellareale 140 – primäre 132 – sekundäre 132, 146 – Selektion, klonale 141 – T-Zellareale 147 Lymphatische Scheide, periarterioläre (PALS) 594 Lymphatisches System, darmassoziiertes (GALT) 573 f. Lymphe 144 ff. – Fibrinogen 144 – Gerinnungsfaktoren 144 Lymphfollikel 146 – aggregierte 574 – Keimzentren 140, 146 – kortikale 150 – mukosaassoziierte, solitäre 132 Lymphgefäße 144 f., 151 f. – Darmzotten 576 – Dünndarm 573 – Haut 160 – Magen 568 – Spatium retroperitoneale 559 Lymphkapillaren 144 f. Lymphknoten 132 T, 145, 147 T, 148 ff. – B-Zellareale 150 – Histologie 147 – Infektionsbarriere 145 – lymphatisches Gewebe 150 – Lymphzirkulation 149 – Mark 149 f.
– Parakortex 148 – Phagozytose, Fremdkörper 150 – regionäre 148 – retroaurikuläre 676 – Sekundärfollikel 149 – Sinussystem 149 – Trabekel 149 – T-Zellareale 150 Lymphoblasten 128, 131 Lymphödem 144 Lymphopoese 128 Lymphoretikuläres Bindegewebe 146 Lymphozyten 34, 125 A, 128 – s.a. B-Lymphozyten – s.a.T-Lymphozyten – Blutausstrich 127 – Differentialblutbild 127 – große 125 A, 128 – immuninkompetente 139 – immunkompetente 140, 409 – kleine 128 – leberspezifische 589 – Rezirkulation 150 – Selektion 140 – Vermehrung 141 A Lymphozytenkappen 409 Lymphozytenklone 140 Lymphozytenscheide, Milz 594 Lymphsinus 149 Lymphzirkulation 144 ff. – Lymphknoten 149 Lysosomen 26, 29 A, 30 – Nervenzellen 70 A, 71 – primäre 29 A, 30, 128 – sekundäre 29 A, 30 Lysozym 567 – neutrophile Granulozyten 133 A, 136
M Macula – lutea 662, 798 – sacculi 677, 682 – utriculi 677, 682 Macula(-ae) – adhaerens 15 f. – densa 601 A, 602 – lacteae s. Milchflecken 530 Männliche Geschlechtsorgane – äußere 624 ff. – Harnröhre 612 – innere 614 ff. Magen 532 A, 533 A, 534, 536 A, 562 ff.
– – – – – – –
Arterien 567 Entwicklung 540 f. Form und Größe 563 Histologie 564 T, 575 T Lage 563 Lymphgefäße 568 Nachbarschaftsbeziehungen 563 – Nerven 568 – Peritonealverhältnisse 534 f., 535 A, 536 f. – Venen 568 Magenanlage 113 A, 540 Magenausgang s. Pylorus 534, 563 Magenblase 563 Magendrehung 541 A, 542 A Magendrüsen 565 f. Magenentleerung 566 Magenerkrankungen 566 Magenfeld 531 Magenfundus 563 Magengrübchen 564 Magenmuskulatur 566 Magensalzsäure 565 Magenstraße 564 Magenwand – Feinbau 564 f. – Innenrelief 564 Magnetresonanztomographie (MRT) 821 – Kortexareale 715 Magnozelluläres System, Retina 661 Mahlbewegung, Kiefergelenk 406 Major Basic Protein, eosinophile Granulozyten 133 A, 136 Major Histocompatibility Complex s. MHC 138 Makrophagen 34, 35, 137 f. – Antigenpräsentation 138 – Entzündungsreaktionen, spezifische 135 A – – unspezifische 133 A – Folliculi lymphatici 409 – Immunarbeit 141 A – Knochenumbau 52 A, 53 – Lebensdauer 137 – Milz 126 – ortsständige 35 – Phagozytose 137 – Plazenta 102, 103 A – Sekretin 138 – Thymus 518 – Zytokine 138 Makrophagensepten 141 A Makrosmatiker 793 Makrostomie 399
Makulaorgane 803 Malabsorptions-Syndrom 572 Malassez-Epithelreste 402 Malleolarkanal 372 Malleolengabel 341 Malleolus – lateralis 314 A, 315, 340, 342 A, 361 A – medialis 314 A, 315, 316 A, 340 Malleus s. Hammer 377 T, 670 f., 674 f. – Entwicklung 673 Maltase 575 Mamma s. Brustdrüse 222 ff. Mammakarzinom 223, 225 Mammotrope Zellen 736 Mammotropic hormone (PRL) 732 Mandelkern s. Corpus amygdaloideum 721, 807 Mandibula 377 T, 387 A, 388 A, 391, 425 A – Entwicklung 392, 424 – Seitwärtsverschiebung 406 Mandibularbogen 394 A, 424 – Entwicklung 424 T Manteldentin 403 Mantelzellen 86 – Ganglien 112 – (Ganglion spinale) 694 Mantelzone – Keimzentrum 147 – Kleinhirnrinde 762 – Rückenmark, Entwicklung 705, 706 Manubrium – mallei 672 A, 674 A – sterni 211 A, 213, 261 A, 529 Manus s. Hand 267 ff. MAP (mikrotubuliassoziierte Proteine) 18 Marchi-Stadium 83 Marginalzone – Kleinhirnrinde 762 – Kortex, Entwicklung 717 – Milzfollikel 595 – Rhombencephalon, Entwicklung 737 f. – Rückenmark, Entwicklung 705 Margo – anterior (Tibia) 315, 316 A – falciformis (Hiatus saphenus) 340 – infraorbitalis 389 – interosseus (Radius) 249 A – – (Tibia) 315, 316 A – – (Ulna) 248, 249 A
863 Sachverzeichnis
– linguae 412 f. – pupillaris 656 – superior partis petrosae 385 – supraorbitalis 388 Mark – Haarschaft 164 – Lymphknoten 149 f. – Nebenniere 596, 597 f. – Niere 599 – verlängertes s. Medulla oblongata Markarme Nervenfasern 78 Markballen 83 Markhaltige Nervenfasern 79 – Entwicklung 80 Marklose Nervenfasern 81 Markpapillen 599 Markpyramiden 599 Markreiche Nervenfasern 78 Markscheide 78 f. – Entwicklung 80, 689 Markscheidenfärbung 718 A – Sudanschwarz 79 A – nach Weigert 78 Marksinus, Lymphknoten 149 Markstrahlen 600 Markstrang, Lymphknoten 149 A, 150 Massa lateralis (Atlas) 190 A, 196 Masseinheiten 87 Massenhemmung 175, 176 Masson-Färbung 38 Mastdarm s. Rectum 549, 580 Mastzellen 34, 35, 134 – Chondroitinsulfat 35 – Dermis 158 – Heparin 35 – Immunreaktion 133 A, 139 Matrix mitochondrialis 27 Matrixbildung, Osteoblasten 53 Matrixraum, Mitochondrien 27 A Matrixvesikel, Osteoblasten 54 Matrixzellen, Haarbulbus 165 Matrixzone, Kleinhirnrinde 762 Maulsperre 405 Maxilla 377 T, 385 A, 386, 387, 388 f. – Entwicklung 424 – Fehlbildungen 394 May-Grünwald-Färbung 127 McBurney-Punkt 231, 532 A, 539 MCH-Wert 126 M-CSF (Monocyte Colony Stimularting Factor), Knochenumbau 53
MDF (myogene Determinationsfaktoren) 244 Mean Corpuscular Hemoglobin 126 Meatus – acusticus externus s. äußerer Gehörgang 387, 426, 670 A, 671 – – internus s. innerer Gehörgang 380 T, 385, 670 A – nasi communis 390 – – inferior 390 – – medius 390 – – superior 390 – nasopharyngeus 390 Mechanorezeptoren 650 – Haut 787 Mechanosensorische Signale, Übermittlung 788 A, 789, 790 Meckel-Knorpel 392, 424, 425 A Media – Arterien 512 – Venen 512, 515 Mediales Lemniskussystem 755, 775 f., 787 T, 788 T Medianlinie 502 A Medianusgabel 295, 300 Mediastinum 517 ff. – Arterien 521 – Lymphgefäße 524 – Nerven 525 – oberes 527 ff. – testis 614 – unteres 529 – Venen 523 Medioklavikularlinie 214 A, 502 A Medulla – glandulae suprarenalis 596 – Haarschaft 164, 165 A – oblongata 704, 705 A, 737, 738 A, 744 ff., 788 A – – Atemzentrum 754 – – Blutversorgung 758 – – Brechzentrum 754 – – Entwicklung 708 – – Gliederung 744 f. – – Hirnnervenkerne 745 ff., 746 ff. – – Kreislaufzentrum 754 – – noradrenerge Zellgruppe 754 – – Querschnitt 745 A – – Schweißabsonderung 754 – ovarii 630 – renalis 599
– spinalis s. Rückenmark 3, 765 ff. – – Abschnitte 705 f., 766 f. – – afferente Wurzel 771 – – Areale 770 – – Aszensus 706 f. – – Aufbau, innerer 769 – – Bahnen 773 – – – absteigende 772 A, 775 f. – – – aufsteigende 772 A, 775 – – – extrapyramidal-motorische 776 – – – vegetative 776 – – Blutgefäße 777 – – – Entwicklung 777 – – Duralsack 819 – – Durchmesser 765 – – efferente Wurzel 772 – – Eigenapparat 773 – – Entwicklung 705 ff. – – Fehlbildungen 707 – – graue Substanz 769 – – Grundbündel 772 A, 773 – – Hinterhorn 769 – – Hinterstrang 771, 775 – – Hüllen 819 f. – – Lage 765 – – Laminae 770 – – Mantelzone 706 – – Motoneurone 779 – – Oberfläche 766 – – Parasympathikus 770 – – Querschnitte 772 A – – Reflexbogen 773 – – Segmente 694 ff., 766 ff. – – Seitenhorn 769 – – Seitenstrang 771 – – Sympathikus 770 – – Vasokonstriktorenbahn 776 – – Verbindungsapparat 773 ff. – – Vorderhorn 769 – – Vorderseitenstrang 771 – – weiße Substanz 705, 771 – – Wurzelfasern 771 – – Zentralkanal 687 – – Zytoarchitektonik 770 Medulläre Nephrone 603 Medulläre Periode 130 Megakaryozyt 129, 131 Megaloblast 130 Megaloblastische Periode 130 Mehrfachbildungen 122 Mehrlinge 120 Mehrreihiges Epithel 11 Mehrreihiges Flimmerepithel 477
Mehrschichtiges Epithel 11 – hochprismatisches Epithel 11 – unverhorntes Epithel 11 – verhorntes Plattenepithel 11 Mehrschichtiges unverhorntes Plattenepithel 641 Mehrzellige Drüsen 24 Meibom-Drüsen 664 Meiotischer Arrest, Oogonien 633 Meißner-Plexus (Plexus submucosus) 521, 576 – Dünndarm 576 – Magen 568 Meißner-Tastkörperchen 161, 650 – Klitoris 643 – Penis 629 Melanin 156 – Haar 165 – Neuroplasma 71 Melanocyte stimulating hormone (MSH) 732 Melanoliberin 732 Melanosomen 156 Melanostatin 732 Melanotropin 732, 736, 813 A Melanotropin-release-inhibiting-factor (MIF) 732 Melanotropin-releasing-factor (MRF) 732 Melanozyt 155 A, 156 – Entwicklung 156 – Haarbulbus 165 – Neuralleiste 156 Melanozyten 112 Melatonin, Epiphyse 728 Membrana(-ae) – atlantooccipitalis anterior 197 A, 198 – – posterior 197 A, 198 – bronchopericardiaca 478, 511 – elastica externa 512 A, 513 – – interna 512 A, 513 – fibroelastica laryngis 437 – fibrosa (Gelenkkapsel) 171 A, 174 – intercostalis externa 211 A, 217 – – interna 217 – interossea antebrachii 263 A, 268, 279 A, 303 T – – cruris 302 A, 315, 341, 360 A – iridopupillaris 653 ▼
L–M
864
Sachverzeichnis
Membrana(-ae) – limitans externa 689 – – gliae superficialis 85, 718, 771, 817 A – – – vascularis 85 – – interna 689 – obturatoria 229 A, 305, 306 A, 309 A, 320 A, 337 A, 369, 370 A – oronasalis 398 – oropharyngealis 398 A – oropharyngealis s. Rachenmembran 113 A – perinei 309 A, 310 – perivascularis gliae 771 – phrenicooesophagea 218 – pleuropericardialis 473 – preformativa 402 – quadrangularis 437 – reticularis 681 – stapedialis 675 – statoconiorum 683 – sterni 214 – suprapleuralis 217, 486 – synovialis 171 A, 174 – tectoria 197 A, 199, 679, 680 A – thyrohyoidea 427, 436 A, 439, 441 A – tympanica 671 – tympanica s.Trommelfell 672, 674 A – – secundaria 673 – vestibularis 679 A, 680 A Membranen 11 – äußere, Mitochondrien 26, 27 A – elastische, gefensterte 39, 40 A – innere, Mitochondrien 26, 27 A – präsynaptische 74, 75 A – Recycling 75 A – subsynaptische 64 f., 74, 75 A – – Rezeptoren 65 Membranöses Labyrinth 677 Membranproteine 12 Membranrezeptoren 31 Membranskelett, Skelettmuskulatur 63 Membrum – inferius s. Untere Extremität 312 ff. – superius s. Obere Extremität 245 Menarche 639 Menière-Krankheit 679 Meningealgefäße, Verletzungen 816
Meningen 687 Meningitis 391, 452 Meningoenzephalozele 710 f. Meningozele 707, 710 f. Meninx primitiva 116 Meniscus(-i) – articulares 175 – lateralis 331 ff., 333 A, 334 A, 335 A – medialis 331 ff., 334 A – Verletzungen 332 Meniskus, Faserknorpel 49 Menopause 639 Menstruationszyklus – Desquamationsphase 638 f. – Hormonsekretion 634 A – ischämische Phase 638 f. – Proliferationsphase 638 f. – Sekretionsphase 638 f. Meralgia paraesthetica 364 Meridionalfasern, äußere 656 Merkel-Zellen 157, 161, 650 Merokrine Sekretion 28 Meromelie 244 Meromyosin 62 Merseburger Trias 443 Mesangiumzellen 602 – extraglomeruläre 602 – intraglomeruläre 602 Mesaxon 80 Mesektoderm 114, 401 Mesencephalon 737, 740 A, 746 A, 749 A, 801 A, 805 A – Blutversorgung 756, 758 – Entwicklung 111, 708, 709 A, 710 A, 738 – Läsion, Pupillenreaktionen 800 – Querschnitte 741 A Mesenchym 41 f. – Definition 108 – extraembryonales 96 A, 107, 108 A – intraembryonales 108 A Mesenchymentstehung 107 Mesenchyminseln, Dottersack 120 Mesenchymzellen 35, 41, 108 Mesenterium – dorsale 541 A, 542 A – Oberbauch 472, 534 A, 535 f., 541 f. – Vater-Pacini-Körperchen 162 – ventrale 542 A, 543 A Mesenzephales Blickzentrum 785 Meso 472 Mesoappendix 539, 577 A, 578
Mesocaecum 539 Mesocolon 536 A, 541 A – sigmoideum 537 A, 538 A, 540 – transversum 533, 535 A, 536 A, 537 A, 538 A, 539, 569, 579 – – Haftlinie 540 Mesoderm 108 A, 109, 113 ff. – Abkömmlinge 111 – Definition 108 – Entwicklung 107 – intermediäres 112 A, 114, 550 – paraxiales 112 A, 113 – parietales 112 A, 115 – prächordales 109 – primäres 108 – segmentiertes, Somiten 57, 113 – somatisches 472 – unsegmentiertes 57 f. – – Kopfmuskulatur 57 – viszerales 112 A, 114, 472 Mesoduodenum 541 A – dorsale 530 A Mesogastrium 231, 531, 535 – dorsale 535, 541, 542 A – ventrale 541, 542 A, 543 Mesoglia 86, 689 Mesohepaticum – dorsale 543 – ventrale 535 A, 542 A, 543 Mesometrium 549 Mesonephrogenes Gewebe 551 A Mesonephros s. Urniere 550 f. Mesopharynx 431 Mesophragma 62 Mesosalpinx 547, 550, 635 Mesosigmoideum 540, 547 Mesotendineum 182 Mesothel 11, 35, 474 Mesotheliome 487 Mesotympanon 673 Mesovarium 547, 550, 630, 637 A Messenger-RNA (m-RNA) 25 Metabolische Kopplung, Nexus 17 Metacarpi 246, 250 Metachromasie 89 Metakarpophalangealgelenke 272 Metamerie 3, 114 Metamyelozyt 128 Metanephrogenes Gewebe 551 A, 552 A Metanephros s. Nachniere 550
Metaphase 21 Metaphaseplatte 21 Metaphyse 55 f., 168, 169 A Metaplasie 7 Metatarsi 319 Metathalamus 726 A, 728 Metencephalon 704 – Entwicklung 708 Methylenblau 89 MHC (Major Histocompatibility Complex) 138 MHC-Klasse-I-Proteine 138 MHC-Klasse-II-Proteine 138 – antigenpräsentierende Zellen 139 – Entzündungsreaktionen, spezifische 135 A – Killerzellen, natürliche 137 Michaelis-Raute 202 MIF (Melanotropin-release-inhibiting-factor) 732 MIF (mitose-induzierender Faktor) 631 Mifepriston 639 Migration, Kortex 717 Mikrofalten 12 Mikrofibrillen/-filamente 19, 63 A Mikroglia 84, 86, 137 Mikrogliazellen 689 Mikrometer 87 Mikroskop, konfokales 87 Mikroskopische Dauerpräparate 88 Mikrosmatiker 793 Mikrostomie 399 Mikrotome 88 Mikrotubuli 18 Mikrotubuliassoziierte Proteine (MAP) 18 Mikrotubulusbildung 18 Mikrotubulus-Organisationszentrum (MTOC) 18 Mikrovilli 12 f. – Becherzelle 24 – (Intestinum tenue) 570 f. Mikrozirkulationssystem, Plazentazotten 104 Miktion 610, 810 Miktionsbeschwerden, Prostatahyperplasie 624 Miktionszentrum 754 – Formatio reticularis 610 Mikulicz-Linie 331 A Milchbrustgang s. Ductus thoracicus 151, 524 Milchejektion, Oxytozin 731 Milchflecken 530 Milchgänge 223
865 Sachverzeichnis
Milchgebiss, Zahnformel 400 Milchleiste 222 Milchmolaren 400 Milchsekretion 223, 224 A Milchzähne 400 – Durchbruch 400 Milz 534, 536 A, 537 A, 593 ff. – Blutabbau 126 – Blutbildung 130 – Entwicklung 541 A, 542 – Feinbau 594 – geschlossenes System 594 – Hilum 534 – Histologie 147 – Leitungsbahnen 596 – Makrophagen 137 – offenes System 594 – PALS 594 A, 595 A – Peritonealverhältnisse 534 – rote Pulpa 126 – Trabekelarterien 594 – T-Zellareale 148 – Zentralarterien und -arteriolen 594 Milzfollikel 140, 595 Milzkapsel 593 Milznische 534, 540 Milzpulpa – rote 594 – weiße 594 Milzsinus 147, 594, 595 – Reifenfasern 596 Milzstränge 594 Milztrabekel 593 Mimische Muskulatur 393, 395 A, 396 T – Entwicklung 394 – Innervation 394, 461 Mineralokortikoide 587 Minus-Ende, Mikrotubuli 18 Miosis s. Pupillenreflexe 799 – Horner-Syndrom 657 Mischknochen, Schädel 376, 377 T Mitesser 163 Mitochondrien 26 f. – Cristatyp 26, 27 A – Enzyme 26 – Membran, äußere 26, 27 A – – innere 26, 27 A – Sacculustyp 26 – Stoffwechselraum 27 – Tubulustyp 26, 32 Mitose 20 f. Mitosedauer 21 Mitose-induzierender Faktor (MIF) 631 Mitosespindel 21
Mitralklappe 505, 507 A – Auskultationsstellen 506 T Mitralzellen, Bulbus olfactorius 793 Mittelbauch 231 Mitteldarm 116 Mittelfuß 316 A, 317 A Mittelfußknochen 319, 354 A – Gelenke 343 f. – Taststellen 319 Mittelhandknochen 246, 250 Mittelhirn s. Mesencephalon 740 Mittelloge, Hand 287 Mittelohr 672 ff. – Entwicklung 671 – Entzündungen 673 – Muskeln 675 Mittelphalanx – (Finger), Ossifikationstermine 243 T – (Zehen) 317 A – – Ossifikationstermine 243 T Mittelstück – Nierentubulus 601 A, 602 f. – (Spermatozoen) 619 Mittlerer Tunnel, Corti-Organ 679 Modiolus 678, 679 A Modulationszentrum, Thalamus 726 A Mohrenheimgrube 299 Molekularbiologie 4 Molekularschicht – Isokortex 717 – Kleinhirn 760 A, 762 f. Moll-Drüsen 163, 664 Monaster 21 Mondbein s. Os hamatum 249 Mongolenfalte 664 Mongolismus 121, 711 Monoamine 76 T, 77 T Monoaminerge Systeme, Neurotransmitter 810 Monoaminooxidasehemmer 812 Monoblasten 131 Mononukleäres-PhagozytoseSystem (MPS) 35 Monosomie 121 f. Monozyten 34 f., 52 A, 128, 134, 137 f. – Blutausstrich 127 – Blutbildung 130 – Dermis 158 – Differentialblutbild 127 – Knochenmark 131 Monozytopoese 131
Monro 821 Mons pubis 642 Moosfasern, Kleinhirn 763 f. Morbus – Addison 736 – Basedow 443 – Bechterew 194 – Parkinson 688 – Scheuermann 201 Morgagni-Hernie 219 Morphogenese 92 Morphologie 2 Morula 93 A, 94 Motilin-Zellen, Dünndarm 573 Motoneurone 73, 779 – a-Motoneurone 184, 769, 771, 804 – g-Motoneurone 769, 771 – Halsmark 804 – Thorakalmark 804 Motorik – Kleinhirn 764 – Regulation 752 – Telencephalon 716 Motorische – Einheit 65, 185 – Endplatte 64 ff. – Hirnnervenkerne 746 ff., 755 ff. – Nerven 697 – Rindenfelder 715 A, 716 A – Sprachsteuerung 715 – Thalamuskerne 727 – Vorderhornzellen 73, 769 Motorischer Kortex 715 A, 715, 716 A, 779 A, 791 A – primärer 716 A Motorisches – Sprachzentrum 715 – System 778 ff. – – extrapyramidales 727, 781 – – pyramidales 778 M-Phase-Promotingfaktor (MPF) 20 MPS (Mononukleäres-Phagozytose-System) 35 MRF (Melanotropin-releasingfactor) 732 MRF (mesenzephales Blickzentrum) 786 M-RNA s. Messenger RNA 25 MSH (Melanocyte stimulating hormone) 732 M-Streifen, Myofibrillen 62 M-Streifen s. Mesophragma 62 mtDNA 27 MTOC (Mikrotubulus-Organisationszentrum) 18 mtRNA 27
Mucosaassozierte Lymphfollikel 140 Müller-Gang 551, 621 A, 640 Müller-Muskel 656 Müller-Zellen, Retina 658, 659 A, 661 Muköse Drüsen 28 Mukoviszidose 484 Multilamelläre Körperchen, Alveolarepithelzellen, Typ II 484 Multipolare Nervenzellen 73 Mumps 416 Mund s. Rima oris 407 – Muskeln 396 T Mundboden 397, 410 – Muskulatur 410 T, 411 T, 427 A Mundbucht 116, 393, 394 A Mundhöhle 397 ff. – Entwicklung 398 – Epithel 11 – Gliederung 397 Mund-Nasen-Höhle, Entwicklung 398 Mundspalte, Entwicklung 394 Mundspeicheldrüsen, kleine 415 Musculus(-i) – abdominis 226 ff. – abductor digiti minimi (Manus) 284 A, 286 T, 287, 296 A – – – – (Pes) 352, 353 T, 366 A – – hallucis 352, 355, 366 A – – pollicis brevis 283 T, 284, 285 A, 295 A – – – longus 273 T, 274 A, 277 T, 279 T, 280, 285 A, 298 A, 302 A – adductor brevis 322 A, 327, 328 T, 329 T, 364 A, 370 A – – hallucis 352, 366 A – – longus 322 A, 327, 328 T, 329 T, 364 A, 370 A, 371 A – – magnus 313 A, 322 A, 327, 328 T, 329 T, 370 A, 371 A – – – Innervation 364 f., 366 A – – minimus 327 – – pollicis 283 T, 284, 285 A, 295, 296 A, 297 – – – brevis 284 A – anconeus 265 T, 266, 298 A – arrectores pilorum 163 A, 164 f. – articularis cubiti 264, 265 T, 266 – – genus 313 A, 337 A, 338 T – aryepiglotticus 436 A, 439 T ▼
M
866
Sachverzeichnis
Musculus(-i) – arytenoideus 439 A – – obliquus 439 T – – transversus 438 T, 440 – auricularis anterior 397 T – – posterior 395 A, 397 T – – superior 395 A, 397 T – biceps brachii 263 A, 264, 265 T, 266, 274, 278 A, 279 T, 301 A – – femoris 313 A, 329 T, 335 A, 336 T, 337, 338 T, 339, 371 A – bipennati 179 – brachialis 248 A, 261 A, 264, 265 T, 266, 301 A – brachioradialis 266 T, 273 T, 274 A, 278 A, 279 T, 280 A, 281, 298, 302 A, 303 T, 308 A – buccinator 397 T, 405 A, 421 A, 427 A, 430 A, 433 A – bulbospongiosus 309 A, 310, 548 A, 628, 644, 646 A – ciliaris 466, 655, 656 – coccygeus 309, 326 A – constrictor pharyngis 433 – – – inferior 427 A, 433, 434 T – – – medius 434 T – – – superior 427 A, 430 A, 433, 434 T, 462 A – coracobrachialis 259 T, 261 A, 264, 265 T, 266 – corrugator supercilii 396 T – cremaster 227, 228 T, 232 A, 234 T, 615 A, 626, 627 T – cricoarytenoideus 438 T – – lateralis 439 A, 440 – – posterior 439 A, 440 – – – Lähmung 440 – cricothyroideus 436 A, 438 T, 439 A, 440, 443 A – – Innervation 463 A – deltoideus 245 A, 248 A, 256 T, 259, 260, 261 A, 297, 298 A – – Lähmungen 261 – depressor anguli oris 395 A, 397 T, 427 A – – labii inferioris 395 A, 397 T – detrusor vesicae 609 – digastricus 410, 411 T, 427 A, 430 A – – Innervation 461 – digiti minimi (Manus) 274 A – dilatator pupillae 655 A, 656 – – – Innervation 466, 656 – dorsi 189 – epicranii 394, 396 T – erector spinae 202 f.
– extensor carpi radialis brevis 266 T, 273 T, 274 A, 278 T, 280 A, 281, 298 A, 302 A, 308 A – – – – longus 266 T, 273 T, 274 A, 278 T, 279 T, 280 A, 281, 298 A, 302 A, 308 A – – – ulnaris 273 T, 274 A, 277 T, 280, 281 A, 298 A, 302 A, 308 A – – digiti minimi 273 T, 280, 298 A, 302 A – – digitorum brevis (Pes) 350, 351 T, 364 A – – – (communis) (Manus) 277 T, 280 A, 285 A, 298 A – – – longus (Pes) 344 A, 345 A, 346 T, 348, 349 T, 351 A, 364 A, 373 A – – – (Manus) 273 T, 274 A, 279, 302 A – – hallucis brevis 350, 351 T, 364 A – – – longus 344 A, 345 A, 346 T, 348, 349 T, 351 A, 364 A, 373 A – – indicis 273 T, 277 T, 279 T, 280, 298 A – – pollicis brevis 273 T, 274 A, 277 T, 279 T, 280, 285 A, 298 A, 302 A – – – longus 273 T, 274 A, 277 T, 279 T, 280, 285 A, 298 A, 302 A – externi bulbi oculi 666 – fibularis s. peroneus 302 – flexor carpi radialis 266 T, 267, 273 T, 274 A, 275 T, 276, 278 A, 279 T, 281 A, 295 A, 302 A, 303 T, 308 A – – – ulnaris 273 T, 274 A, 275 T, 276, 281 A, 296 A, 297, 302 A, 303 T, 308 A – – digiti minimi brevis (Manus) 284 A, 286 T, 287, 296 A – – – – – (Pes) 352, 353 T, 366 A – – digitorum brevis (Pes) 352, 353 T, 366 A – – – longus (Pes) 316 A, 343 A, 344 A, 345, 347 T, 348 A, 349, 351 A, 354 A, 355, 366 A, 373 A – – – profundus 273 T, 274 A, 276, 279 A, 285 A, 295, 296 A, 297, 302 A, 303 T – – – superficialis 273 T, 274 A, 275 T, 276, 279 A, 285 A, 295 A, 302 A, 303 T
– – hallucis brevis 352 – – – longus 343 A, 344 A, 345, 347 T, 348 A, 349, 351 A, 352, 354 A, 355, 366 A, 373 A – – pollicis brevis 283 T, 284, 285 A, 295, 296 A – – – longus 273 T, 274 A, 276, 279 A, 285 A, 295, 302 A, 303 T – flexorum digitorum brevis 352 – fusiformes 179 – gastrocnemius 313 A, 335 A, 336 T, 344 A, 345, 346 T, 349 T, 349, 366 A, 373 A – gemelli 324 T, 329 T – genioglossus 411, 412 T – – Innervation 464 – geniohyoideus 410, 411 T, 465 A – – geniohyoideus 465 – – Innervation 465 – gluteus maximus 309 A, 322 A, 324 T, 326, 329 T, 356 A, 366 A – – – Lähmung 326 – – medius 313 A, 322 A, 324 T, 326, 327 A, 329 T, 337 A, 366 A – – minimus 313 A, 320 A, 322 A, 324 T, 326, 327 A, 329 T, 366 A – gracilis 327, 328 T, 329 T, 335 A, 336 T, 337 A, 364 A, 370 A, 371 A – hyoglossus 412, 427 A – – Innervation 464 – – Kontraktion 434 – iliacus 325, 326 A, 364 A, 370 A – iliococcygeus 309 – iliocostalis cervicis 203, 207 T, 208 – – lumborum 203, 207 T – – thoracis 203, 207 T – iliopsoas 313 A, 325, 326 A, 329 T, 369 – – Faszien 325 – infraspinatus 245 A, 248 A, 253 A, 256 T, 259, 260 A, 261, 294 – intercostales externi 211 A, 213 A, 216, 217 – – interni 211 A, 213 A, 216, 217 – – intimi 213 A, 216, 217 – interossei dorsales (Manus) 285 A, 286, 296 A, 297
– – – (Pes) 352, 353 T, 366 A – – (Manus), Lähmung 297 – – palmares 284 A, 285, 286 T, 296 A, 297 – – plantares 352, 353 T, 354 A, 366 A – interspinalis(-es) cervicis 203, 204 T – – lumborum 203, 204 T – – thoracis 204 T – intertransversarii laterales lumborum 203, 257 A – – mediales lumborum 206 T – – posteriores mediales cervicis 206 T – – thoracis 206 T – ischiocavernosus 309 A, 310 f., 628, 644 – latissimus dorsi 202, 221, 227 A, 256 T, 257 A, 258 f., 259 T, 260 A, 261 A, 261, 294 – levator anguli oris 397 T – – ani 309, 326 A, 549, 580 A, 581 A, 646 A – – labii superioris 395 A, 397 T – – – – alaeque nasi 395 A, 397 A – – palpebrae superioris 396 T, 664, 667 A, 669 A – – scapulae 255 T, 257 f., 258, 260 A, 293, 427 A, 446 A – – – Innervation 465 A, 466 – – tympani 673 – – veli palatini 407, 408 A, 409 T – levatores costarum 207 T – longissimus capitis 203 A, 207 T, 208 – – cervicis 203 A, 207 T, 207 T, 208 – – thoracis 203, 207 T – longitudinalis inferior 412 – – superior 412 – longus capitis 429 T – – – Innervation 465 A, 466 – – colli 423 A, 429 T – – – Innervation 465 A, 466 – lumbricales (Manus) 285, 286 T, 295, 296 A, 297 – – – Lähmung 297 – – (Pes) 352, 353 T, 366 A – masseter 405, 406 T, 427 A, 430 A – – Innervation 460 – mentalis 397 T – multifidi 203, 207 f., 208 – mylohyoideus 410, 411 T, 427 A, 460
867 Sachverzeichnis
– nasalis 396 T – obliquus capitis inferior 206 T, 208, 209 A – – – superior 206 T, 208, 209 A – – externus abdominis 226, 227 A, 228 T, 232 A, 233 T, 234 T – – inferior 666, 667 A – – internus abdominis 227, 228 T, 232 A – – superior 666, 667 A, 669 A – obturatorius externus 324 T, 329 T, 364 A, 370 A – – internus 309 A, 325, 329 T, 337 A – occipitofrontalis 427 A – omohyoideus 257, 423 A, 427 A, 428 T – opponens digiti minimi (Manus) 284 A, 286 T, 287, 296 A – – – – (Pes) 352, 352, 353 T, 366 A – – pollicis 283 T, 284, 285 A, 295 A – orbicularis oculi 395 A, 396 T, 664 – – oris 395 T, 396 T, 405 A – orbitalis 668 – palatoglossus 407, 408, 409 T, 430 A – palatopharyngeus 407, 408, 409 T, 430 A, 433, 434 T – palmaris brevis 286 T, 287, 296 A, 297 – – longus 266 T, 267, 273 T, 274 A, 275 T, 276, 279 T, 295 A, 302 A, 303 T – papillaris(-es) anterior 503, 504 A, 505 – – posterior 503, 505 – – septales 503 – pectinati 503, 504 A – pectineus 327, 328 T, 329 T, 370 A – – Innervation 364 f. – pectoralis major 215, 223 A, 245 A, 256 T, 258 A, 259, 261 A, 294 – – minor 215, 255 T, 257, 258 A, 261 A, 294 – peroneus [fibularis] brevis 345, 348 T, 349 T, 350, 351 A, 354 A, 364 A – – Lähmung 350 – – longus 345, 348 T, 349 T, 350, 351 A, 352, 354 A, 364 A – – tertius 345, 346 T, 349 T, 351 A, 364 A
– piriformis 313 A, 325, 326 A, 329 T, 337 A, 369 A – plani 179 – plantaris 313 A, 336 T, 345, 347 T, 351 A, 366 A, 373 A – planus 179 A – popliteus 316 A, 335 A, 336 T, 345, 347 T, 348 A, 349, 359 A, 366 A – procerus 395 A, 396 T – pronator quadratus 273 T, 274, 276 T, 278 A, 279, 295 – – teres 266 T, 273 T, 274, 275 T, 278 A, 279 T, 295 A – psoas major 227, 324 T, 325, 326 A, 364 A, 370 A – – minor 325 T, 325, 326 A – pterygoideus lateralis 405, 406 T, 420 – – medialis 405, 406 T, 420, 421 A, 430 A – pubococcygeus 309 – puboperinealis 309 – puboprostaticus 549 – puborectalis 309, 581 – pubovesicalis 609 – pyramidalis 228 T – quadratus femoris 313 A, 324 T, 329 T – – lumborum 227, 228 T, 326 A, 327 A, 547 A – – plantae 352, 353 T, 354 A, 366 A – quadriceps femoris 336, 337 – rectourethralis 549 – rectovesicalis 549 – rectus abdominis 226, 227 A, 228 T, 229 A, 232 A – – capitis anterior 208, 429 T – – – – Innervation 465 A, 466 – – – lateralis 203, 208 – – – – Innervation 465 A – – – posterior major 204 T, 208, 209 A – – – – minor 204 T, 208, 209 A – – femoris 329 T, 336, 337, 338 T, 364 A, 371 A – – inferior 666, 667 A, 669 A – – lateralis 666, 667 A, 669 A – – medialis 666, 667 A, 669 A – – superior 666, 667 A, 669 A – rhomboideus major 255 T, 257 f., 293 – – minor 255 T, 257, 258, 264, 293 – risorius 395 A, 397 T – rotatores 203 A, 208
– – – – – – – – – –
– – – – –
– – – – –
–
– – – – – – – – – – – – – – – – –
–
– cervicis 205 T – lumborum 205 T – thoracis 205 T sartorius 214 A, 329 T, 336, 337, 338 T, 364 A, 371 A scalenus anterior 294 A, 427 A, 428 T, 447 A – Innervation 466 – medius 293, 294 A, 428 T, 465 A – – Innervation 465 A – posterior 427 A, 428 T semimembranosus 329 T, 335 A, 336 T, 337 A, 339, 366 A, 371 A semispinalis capitis 205 T, 208 – cervicis 205 T, 208, 209 A – thoracis 203, 205 T semitendinosus 329 T, 335 A, 336 T, 337 A, 339 T, 366 A, 371 A serratus anterior 214 A, 215, 226 A, 255 T, 257, 258 A, 261 A, 293 – Lähmungen 258 – posterior inferior 216 T, 257 A – – superior 216 T, 257 A soleus 316 A, 344 A, 345, 346 T, 349, 366 A, 373 A sphincter ampullae hepaticopancreaticae (Sphincter Oddi) 591 – ani externus 309 A, 310, 548 A, 561, 580 A, 581, 646 A – – internus 581 – ductus choledochi 591 – pupillae 655 A, 656 – – Innervation 466, 656 – pyloricus 566 – urethrae externus 548 A, 610 – – internus 610, 612 spinalis capitis 204 T, 208 – cervicis 204 T, 208 – thoracis 203, 204 T splenius capitis 203, 206 T, 208, 427 A – cervicis 206 T, 208 stapedius 424 T, 672, 675 – Entwicklung 673 – Innervation 461 sternalis 215 sternocleidomastoideus 208, 209 A, 245 A, 257, 261 A, 423 A, 427, 428 T, 429, 430 A, 445, 446 – Innervation 464, 465 A
– sternohyoideus 423 A, 427 A, 428 T – sternothyroideus 423 A, 427 A, 428 T – styloglossus 422, 430 A – – Innervation 464 – – Kontraktion 434 – stylohyoideus 405 A, 411 T, 422, 427 A, 430 A – – Entwicklung 424 T – – Innervation 461 – stylopharyngeus 422, 430 A, 433, 434 T – – Innervation 462 A – subclavius 215, 255 T, 257, 293 – subcostales 216 – subscapularis 247, 253 A, 256 T, 259, 260 A, 261, 264, 294 – supinator 273 T, 274, 277 T, 278 A, 279 T, 280, 298 A – supraspinatus 245 A, 248 A, 252 A, 253 A, 256 T, 259, 260, 294 – – Lähmungen 261 – suspensorius duodeni 570 – tarsalis inferior 396 T, 664 – – superior 396 T, 664 – temporalis 404 f., 405 A, 406 T, 420 – – Innervation 360 – temporoparietalis 395 A, 396 T – tensor fasciae latae 324 T, 327 A, 329 T, 336 T, 340, 366 A – – Innervation 460 – – tympani 396, 672, 674 A, 675 – – – Entwicklung 424 T, 673 – – veli palatini 407, 408 A, 409 T, 673 – – – – Entwicklung 424 T – – – – Innervation 460 – teres major 256 T, 259, 260 A, 261, 294 – – minor 245 A, 248 A, 253 A, 256 T, 259, 261, 297, 298 A – thyroarytenoideus 436 A, 438 T, 439 A, 440 – thyroepiglotticus 439 T – thyrohyoideus 428 T, 438 T – – Innervation 463 A, 465 A – tibialis anterior 316 A, 343 A, 344 A, 345, 346 T, 348, 349 T, 351 A, 354 A, 364 A, 373 A – – posterior 316 A, 343 A, 344 A, 345, 347 T, 348 A, 349, 351 A, 352, 355, 366 A, 373 A ▼
M
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Sachverzeichnis
Musculus(-i) – trachealis 477 A, 478 – transversus abdominis 226 A, 227, 228 T, 232 A, 234 T – – linguae 412 – – perinei 311 – – – profundus 309 f., 548 A, 612 A, 623 A, 646 A – – – superficialis 309 A, 310, 646 A – – thoracis 216 – trapezius 202, 208, 245 A, 255 T, 257, 258 A, 464, 465 A, 528 A – – Innervation 427 A – triceps brachii 266, 298 A, 301 A – – surae 345, 349, 350 A, 351 A, 356 A – unipennati 179 – uvulae 407, 408, 409 T – vastus intermedius 313 A, 336, 337, 338 T, 364 A, 371 A – – lateralis 313 A, 336, 337, 338 T, 364 A, 371 A – – medialis 313 A, 336, 337 A, 338 T, 364 A – verticalis linguae 412 – vesicoprostaticus 609 – vesicovaginalis 609 – vocalis 436 A, 438 T, 439 A, 440 – zygomaticus major 395 A, 397 T – – minor 395 A, 397 T Musikantenknochen 296 Muskelbauch 179 Muskeldehnung 208 Muskeldifferenzierung 58 Muskelfasern s. Muskelzellen 60, 64 – extrafusale 65 – intrafusale 66 – rote 64 – weiße 64 Muskelfaserriss 181, 186 Muskelgewebe 4, 57 ff. Muskelgruppen 179 – funktionelle 178, 186 – genetische 186 Muskelhemmung 175, 176, 184 Muskelkontraktionen 63 Muskeln 179 – aktive Insuffizienz 184 – Aktivitätshypertrophie 186 – Ansatz bzw. Insertio 179 – Antagonisten 185 – Asynergie 783
– Bewegungseinschränkung 186 – Dauerarbeit 186 – Dehnungsrezeptoren 185 – doppelt-gefiederte 179 – Drehmoment 183 – einfach-gefiederte 179 – eingelenkige 183 – Einteilung 179 – Faseranordnung 179 – Formen 179 – Hebelwirkung 183 – Hilfseinrichtungen 181 f. – Hubhöhe 183 – Hubkraft 182, 184 – Hüllsysteme 180 – Inaktivitätsatrophie 186 – kleine 58 – mehrbäuchige 179 – mehrfach gefiederte 179 – mehrgelenkige 183 – mehrköpfige 179 – Nervensystem, Effektor 184 – passive Insuffizienz 184 – platte 179 – Regeneration 186 – Rezeptoren 185 – ringförmige 180 – Spannungsrezeptoren 185 – Spannungszunahme 185 – spindelförmige 179 – Synergisten 185 – Ursprung 179 – zweibäuchige 179 – zweigelenkige 183 – zweiköpfige 179 A Muskelpumpe 515 Muskelspannung, Golgi-Sehenorgane 66 Muskelspindeln 65 f., 185, 651, 787 – Nervenfasern 66 Muskeltonus 185, 741, 784 – Hypotonie 783 Muskelwirkung – Bewegungs-/Haltefunktion 185 – Hebelgesetze 183 – umgelenkte Sehne 184 Muskelzelldegeneration, Nervenfasern, Regeneration 83 A Muskelzellen 59 T, 60 – Entwicklung 57 f. – glatte 58 f., 60 A – – Dünndarm 573 – – Innervation 59 T – – Kalmodulin 59
– – Myosinfilamente 59 – – Sekretgranula 58 – – Verbindungen 59 – – Zytoplasma 58 – Herzmuskulatur 67 f. – Skelettmuskulatur 60 f. Muskulatur – infrahyale 423, 427, 428 T – suprahyale 427 Muttermund – äußerer 637 – innerer 637 Mydriasis s. Pupillenreflexe 799 Myelencephalon 704 – Entwicklung 708 Myelin 78 Myelinscheide 79 A, 81 Myeloarchitektonik 688 Myeloblasten 131 Myelogenese 80, 689 Myeloische Differenzierungsreihe, Immunzellen 134 Myelomeningozele 707 Myeloperoxidase, neutrophile Granulozyten 136 Myelozele 707 Myelozyt 128 Myoblasten 217 – Skelettanlagen 242 – Skelettmuskulatur 57 Myoepithelzellen 8, 57, 69 – Drüsenentstücke 24, 27 A – Ektoderm 58 – Milchdrüsen 224 Myofibrillen/-filamente 57, 60 A, 65 A – Herzmuskelzellen 67 – Querstreifung 62 – Skelettmuskulatur 61 f. – – Hensen(H-)-Zone 62 – – I-Streifen 62 – – M-Streifen 62 – – Z-Streifen 62 – Vermehrung 58 Myofibroblasten 35, 57, 69 – Hoden 619 Myogene Determinationsfaktoren (MDF) 244 Myoglobin 63 Myokard 505 f. Myokardinfarkt 509 Myometrium 637 f. Myosin 13 A, 57 Myosin-ADP-Komplex 62 Myosinfilamente – Muskulatur, glatte 58, 59, 60 A – Skelettmuskulatur 61 A, 62
Myosinköpfchen, ATP-Spaltung 63 Myotom 112 A, 114, 203, 216 – Innervation 204 Myxödem 443 M-Zellen – Dünndarm 573 f. – Folliculi lymphatici 409
N Nabelarterie 117, 499 Nabelbruch 117, 230 – physiologischer 544 Nabelhernien 230 Nabelring 117, 230 Nabelschleife 544 Nabelschnur 113 A, 116 – Entwicklung 107 – Gefäße 103, 117 Nabelvenen – Entwicklung 543 – Reste 586 Nachgeburt 105 Nachgeburtsphase 646 Nachhirn s. Metencephalon 704 Nachniere 550, 551 A, 552 A – Entwicklung 551 Nachnierenblastem 551 Nackenband s. Ligamentum nuchae 195 Nackenbeuge 708, 709 A Nackenmuskeln 208, 209 Nagel 166 Nagelbett 166 Nagelmatrix 166 Nagelplatte 166 Nageltasche 166 Nagelwall 166 Nah- und In-die-Ferne-Sehen 786 Naht 173 Na+-K+-ATPase 603 Na+-K+-Cl—Transporter 604 Na+-K+-Gradient 603 Nanometer 87 Narbe 33, 156 Nares s. Nasenlöcher 418 Nase 418 f. – Entwicklung 394, 398 – Muskeln 396 T Nasenbein s. Os nasale 387 Nasenbluten 418 Nasengang s. Meatus nasi 390 Nasenhaare 164
869 Sachverzeichnis
Nasenhöhle 388, 390, 418 f. – Entwicklung 398 – Öffnungen 389 – Regio cutanea 418 – Regio olfactoria 418 – – Sinneszellen 418 – Regio respiratoria 418 – Seitenwand 390 Nasenkapsel 379 A Nasenknorpel 48 T Nasenlöcher 418 Nasenmuschel s. Choncha nasi 390 Nasennebenhöhlen 388, 391, 419 – Entwicklung 391 – Vereiterung 391 Nasenrücken 418 Nasenscheidewand s. Septum nasi 390, 418 – Entwicklung 398 A Nasenschleimhaut – endoepitheliale Drüse 24 – Gefäße und Nerven 419 Nasenvorhof 418 Nasenwände, knöcherne 390 Nasenwülste 393 f. – Fehlbildungen 394 – laterale 393, 394 – mediale 393, 394 Nasenwurzel 418 Na+-Symporter 603 Natural Killer (NK)-Zellen 128, 140 Nausea 758 Nebenhoden 614, 615 A, 621 f. – Entwicklung 620 Nebenhodengang 615 A, 621 f. – Entwicklung 551 Nebenniere 31, 596 ff., 617 A – Gefäße 598 – Lage 547 – Nerven 599 Nebennierenleiste 553 A Nebennierenmark 597 f., 700 – A-Zellen 598 – chromaffine Zellen 112, 598 – Drosselvenen 598 – Entwicklung 597 – N-Zellen 598 – Sympathikoblasten 598 Nebennierenrinde 596, 597 – Aldosteron 597 – Androgene 597 – Entwicklung 596 – Glukokortikoide 597 – Lebensgeschichte 597 – Östrogene 597
– Sinusoide 598 – Transformation, äußeres und inneres Feld 597 Nebennierenrindeninsuffizienz 736 Nebenphrenicus 293 Nebenschilddrüsen s. Glandulae parathyroideae 444 f. Nebenschleifen, Striatum 782 Nebenzellen, Magendrüsen 566 Nebulin, Sarkomer 62 Neenzephalisation 715 Negative Rückkoppelung 32 Nekrose 21 Neokortex 715, 717 Neopallium 714, 715 Neozerebellum 759, 782 – Läsionen 783 Nephroblastom 551 Nephrogener Strang 112 A Nephron 600 ff. – Gliederung 600 T – Lage 603 Nerve growth factor s. NGF 83 Nerven 78 ff. – Bindegewebe 82 – Haut 160 ff. – motorische, somatoefferente 697 – vegetative 698 Nervenendigung, freie, Haut 161 Nervenendigungen, freie 650 Nervenfaser, markreich 78 Nervenfasern 78 ff. – Axon 78, 81 – Axonscheide 78 – Durchmesser 81 – Durchtrennung 82 f., 83 A – markarm 78 – markhaltig 78 f. – – Entwicklung 80 – marklos 78, 81 f. – markscheidenfrei 78 T – Perineurium 82 – Regeneration 82 f. Nervenfaserschicht, Retina 659 T, 660 T Nervengewebe 4, 69 ff. Nervensystem – animalisches (somatisches) 687, 698 – autonomes (vegetatives) 687 ff., 698 ff. – enterisches 703 – Funktionsprinzipien 690 f. – Gliederung 687 ff. – Histogenese 689 f.
– intrinsisches, Dünndarm 576 – – Magen 568 – Leitungsbögen 690 f. – peripheres 687, 692 ff. – – Entwicklung 692 f. – – Glia 84, 86 – – Neuralleistenzellen 112 – – Schwann-Zellen 78 Nervenzellen 70 – Axon 71 f. – bipolare 72 A, 73 – Dendriten 71 – Entwicklung 69 – Formen 72 – Golgi-Apparat 70 f. – Golgi-Typen 73 – Klassifizierung 72 f. – multipolare 72 A, 73, 79 A – Neurohormone 31 – Pigment 71 – pseudounipolare 71, 72, 694 – unipolare 70 A, 72 – Zellkern 70 – Zytoplasma 70 Nervus(-i) – abducens [VI] 455 T, 457 T, 460, 666, 667 A, 669, 738 A, 747 T – – Verlauf 750 – accessorius [XI] 255 T, 428 T, 430, 446, 455 T, 457 T, 464, 738 A, 748 T – – Verlauf 751 – alveolares superiores 458 A, 459 – – – anteriores 456 T – – – mediales 456 T – – – posteriores 403, 456 T – alveolaris inferior 403, 421, 430 A, 431, 456 T, 458 A, 460 – ampullaris 683 – anales inferiores 561 – anococcygei 774 T – auricularis magnus 394, 395, 446 A, 465 – – posterior 461 – auriculotemporalis 395, 415, 416, 420, 421 A, 422, 431, 456 T, 458 A, 460, 671, 672 – axillaris 256 T, 294 A, 297, 298 A, 299 A, 300 – – Äste 297 – – Lähmungen 297 – buccalis 395, 421, 456 T, 458 A, 460 – canalis pterygoidei 458 A – cardiaci 508, 527, 529, 700, 701 A – – cervicales 508 – – – inferiores 508
– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – ▼
– – medii 508 – – superiores 508 – thoracici 508, 700 A cardiacus cervicalis inferior 468 A, 469 – – medius 468 A, 469 – – superior 468 A, 469 caroticotympanici 467 A caroticus externus 469 – internus 469 ciliares breves 466, 669 – longi 458 A, 654, 665, 669 clunium inferiores 365 – medii 363 – superiores 363 coccygei 363 cochlearis 457 T craniales 455 ff., 697 cutaneus antebrachii lateralis 294, 299 A, 302 A – – medialis 294 A, 296, 299 A, 301 A, 302 A – – posterior 298, 299 A, 302 A – brachii lateralis inferior 298, 299 A – – – superior 297, 299 A – – medialis 294 A, 296, 299 A, 301 A – – posterior 299 A, 301 A – dorsalis intermedius 366, 367 A – – lateralis 367 A, 372 – – medialis 366, 367 A – femoris lateralis 364, 367 A, 369, 370 A, 371 A – – posterior 364 A, 365, 367 A, 369 A, 371 A, 561 – surae lateralis 366, 367 A, 373 A – – medialis 367, 373 T depressor (Herznerven) 464 digitales dorsales (N. radialis) 298, 299 A – – (N. ulnaris) 297 A, 299 A – – (Pes) 367 A – palmares communes 295, 297 – – proprii (N. medianus) 295, 299 A – – – (N. ulnaris) 297, 299 A – plantares communes 367 A, 368 – – proprii 367 A, 368 dorsalis clitoridis 561, 643 – penis 561, 628 A – scapulae 255 T, 293, 294 A
M–N
870
Sachverzeichnis
Nervus(-i) – erigentes 629 – ethmoidalis anterior 403, 419 T, 458 A, 669 – – posterior 458 A, 669 – facialis [VII] 415, 416 A, 417, 422, 424 T, 430 A, 455 T, 457 T, 460 f., 664, 665, 672 A, 674 A, 675, 676, 709 A, 738 A, 747 T – – Verlauf 750 – femoralis 229 A, 324 T, 325 T, 328 T, 338 T, 364 A, 365, 369 f., 774 T – – Äste 365 – – Lähmungen 365 – fibularis communis 338 T, 364 A, 366, 367 A, 372 – – – Lähmungen 366 – – profundus 346 T, 364 A, 366, 367 A, 373 T, 374 A – – – Schädigung 367 – – superficialis 348 T, 364 A, 366, 373 T – – – Lähmungen 366 – frontalis 456 T, 458 A, 667 A, 669 – genitofemoralis 228 T, 363, 364 A, 547, 627 T – glossopharyngeus [IX] 408, 414, 416, 424 T, 430, 435, 446, 455 T, 457 T, 462, 467, 468, 738 A, 748 T, 749, 819 – – Verlauf 750 – gluteus inferior 324 T, 365, 366 A, 369 A, 561 – – superior 324 T, 364 A, 365, 366 A, 369 A, 561 – – – Schädigung 327 – hypogastricus 562, 700 A – hypoglossus [XII] 378, 412, 414, 422, 430, 445, 446, 455 T, 457 T, 464, 465 A, 466, 738 A, 745 A, 748 T – – Verlauf 751 – iliohypogastricus 228 T, 240, 363, 364 A, 546, 774 T – ilioinguinalis 228 T, 240 f., 363, 364 A, 546, 627 T, 774 T – – Engpass-Syndrom 241 – infraorbitalis 395, 419 T, 421 A, 456 T, 458 A, 459, 667 A, 669 – infratrochlearis 395, 458 A, 669 – intercostales 212, 213 A, 216, 240, 774 T – intercostobrachiales 240 – intermedius 414, 417, 460, 461, 665, 676, 738 A, 747 T
– interosseus antebrachii anterior 276 T, 295 A, 295, 303 T – – – posterior 298, 303 T – – cruris 373 T – ischiadicus 324 T, 328 T, 338 T, 364 A, 365 f., 369 A, 371 T, 561 – – Aufteilung 366 – – Druckpunkt 365 – – motorische Innervationsgebiete 366 A – jugularis 468 – labiales anteriores 241, 643 – – posteriores 561, 643 – lacrimalis 395, 416 A, 456 T, 458 A, 665, 667 A, 669 – laryngeus inferior 440, 443, 446, 457 T – – – Schädigung 440 – – recurrens 423 A, 447 A, 463 A, 464, 519 A, 526, 527, 529 – – superior 440, 443, 446, 449, 457 T, 463, 468 A – lingualis 414, 416 A, 417, 421, 431, 456 T, 458 A, 460, 462, 468 – lumbales 363 – mandibularis [V/3] 395, 416 A, 421, 424 T, 456 T, 458 A, 459, 669 A, 675, 819 – – Äste 459 – massetericus 406 T, 421 A, 460 – masticatorius 456 T – maxillaris [V/2] 416 A, 456 T, 458 A, 459, 467 A, 669 A, 819 – – Äste 459 – meatus acustici externi 460 – medianus 265 T, 274, 283 T, 286 T, 294 A, 295, 296 A, 301 A, 302, 303 T – – Äste 295 – – Lähmungen 296 – mentalis 395, 458 A, 460 – musculi tensoris veli palatini 409 T – musculocutaneus 265 T, 294, 295 A, 299 A, 301 A, 774 T – – Lähmungen 295 – mylohyoideus 421 A, 445, 458 A, 460 – nasales laterales 403 – – posteriores 466 A – nasociliaris 403, 456 T, 458 A, 654, 666, 667 A, 669 – nasopalatinus 419 T,459,466 – obturatorius 229 A, 328 T, 364, 366 A, 369, 370 A, 371 T, 561
– – Autonomiegebiet 364 – – Lähmungen 364 f. – occipitalis major 209 A, 210, 240, 394, 395 A – – minor 394, 395 A, 446 A, 465 – – tertius 209 A, 210, 240, 395 A – oculomotorius [III] 455 T, 456 T, 458, 656, 664, 666, 668, 669 A, 738 A, 741 A, 747 T, 796 A, 799 – – Äste 668, 669 – – Verlauf 750 – olfactorius [I] 419, 455 T, 456 T – ophthalmicus [V/1] 395, 403, 456 T, 459, 669, 819 – – Äste 669 – opticus [II] 455 T, 651, 652 A, 662, 663, 666, 667 A, 669 A, 738 A, 795, 796 A – palatinus(-i) 364, 456 T – – major 408, 419 T, 456 T, 458 A, 459, 466, 467 A – – minores 408, 419 T, 456 A, 458 A, 459 A, 466 A, 467 A – pectoralis lateralis 255 T, 256 T, 294 – – medialis 255 T, 256 T, 294 – pelvici splanchnici 629, 701 A – perineales 561 – petrosus major 416 A, 461, 466, 467 A, 665, 676 f. – – minor 416 A, 462, 467, 676 – – profundus 466, 467 A – phrenicus 219, 293, 294 A, 447, 466, 472 A, 473, 517 A, 522 A, 525, 526, 527, 529, 593, 598 – – accessorius 219 A, 293 A, 294 A – plantaris(-es) 774 T – – lateralis 366 A, 367 f., 374 A – – medialis 366 A, 367 f., 374 A – pterygoideus lateralis 406 T, 421 A, 460 – – medialis 406 T, 460 – pudendus 364 A, 368 f., 561, 626, 629, 774 T – radialis 265 T, 274, 278 T, 294 A, 297 f., 301 A, 302, 303 T, 774 T – – Äste 298 – – Lähmungen 298 – saccularis 683 – sacrales 363
– saphenus 339, 365, 367 A, 371, 373 T – scrotales anteriores 241 – – posteriores 561 – spinales 694 ff., 819 A – splanchnicus(-i) 218 A, 219 T, 580, 598, 608 – – lumbales 701 A – – major 526, 562, 598, 700, 701 A – – minor 219 T, 526, 562, 700, 701 A – – pelvici 702 – – sacrales 701 A – stapedius 461 A, 461, 676 – subclavius 255 T, 293, 294 A – subcostalis 228 T, 240, 546, 774 T – sublingualis 460 – suboccipitalis 209 A, 240 – subscapularis 256 T, 294 – supraclaviculares 395 A, 446 A, 447, 465 – – intermedii 465 – – laterales 465 – – mediales 465 – supraorbitalis 395, 458 A, 669 A – suprascapularis 256 T, 294 – – Lähmungen 261 – supratrochlearis 395, 458 A, 665, 669 – suralis 366, 367, 373 T – temporales profundi 406 T, 421 A, 460 – thoracicus longus 255 T, 293, 294 A – thoracodorsalis 256 T, 294 – tibialis 328 T, 338 T, 339 T, 346 T, 347 T, 364 A, 366 A, 367, 372, 373 T, 774 T – – Endäste 368 – – Lähmungen 368 – – motorische Innervationsgebiete 366 A – transversus colli 395 A, 445, 446 A, 465 A – trigeminus [V] 394, 455 T, 456 T, 458 ff., 738 A, 747 T, 802 – – Äste 458 A – – Hautinnervation 395 A – – Verlauf 750 – trochlearis [IV] 455 T, 456 T, 458, 666 T, 667 A, 669, 738 A, 739 A, 740, 746 A, 747 T – – Verlauf 750 – tympanicus 416, 457 T, 462, 467, 676
871 Sachverzeichnis
– ulnaris 274, 276 T, 283 T, 286 T, 294 A, 295 A, 296, 301 A, 303 T – – Äste 297 – – Lähmungen 297 – utriculoampullaris 683 – vagus [X] 414, 423 A, 424 T, 430, 435, 446, 447 A, 455 T, 457 T, 463, 465 A, 468, 519 A, 525, 527, 528 A, 529, 738 A, 745 A, 749 T, 819 – – Bauchhöhle 562 – – Dickdarm 580 – – Dünndarm 576 – – Magen 568 – – Nebenniere 598 – – Ösophagus 562 – – parasympathische Anteile 697 – – Verlauf 751 – vertebralis 468 A, 469 – vestibularis 457 T – vestibulocochlearis [VIII] 455 T, 457 T, 682 A, 683, 709 A, 738 A, 748 T, 801 A – – Verlauf 750 – zygomaticofacialis 416 A, 466 – zygomaticotemporalis 420 – zygomaticus 456 T, 458 A, 459, 466, 467 A, 665, 667 A Netz s. Omentum, großes 534 Netzbeutel s. Bursa ommentalis 535 Netzhaut s. Retina 658 Neugeborenes 119 f. – Reifezeichen 120 Neuralanlage, Differenzierung 710 Neurales Ektoderm 110 f. Neuralfalten 111 f., 113 A Neuralleiste 111 f., 113 A – Glia 693 – Melanozyten 156 – Proneurone 692 Neuralleistenzellen 112 Neuralplatte 108 A, 111 f., 113 A Neuralrinne 111, 112 A, 113 A Neuralrohr 111, 112 A, 113 A – Proneurone 692 Neuralwülste 111 Neuroblasten 689 Neurocranium 3 Neurodegenerative Erkrankungen 688 Neuroendokrine Granula, Herz 67
Neuroendokrine Regulation 32 A Neuroendokrine Zellen 73 Neuroendokrines System – diffuses 32 – disseminiertes 73 Neuroepithel 689 Neurofibrillen 70 A Neurofilamente 70 A, 71 A – Axoplasma 72 A, 75 A – Synapsen 75 A Neuroglanduläre Synapsen 78 Neuroglia 84 f. – Entwicklung 84 – peripheres Nervensystem 86 – Zentralnervensystem 84 Neurohormone 31 Neurohypophyse 733, 734 A – Pituizyten 84 Neurokranium 376 – Knochen 377 T Neurolemm 80 Neurom 83 A, 84 Neuromodulation 77 Neurone 70 – adrenerge 810, 811 – afferente 73, 690, 702 – cholinerge, Basalganglien 810 – – Formatio reticularis 811 – – Vorderhirn, basales 810 – dopaminerge 740, 810 f. – – nigrostriatales System 782 – efferente 73, 691 – GABAerge 703, 810, 812 – gigantozelluläre, Atemzentrum 754 – glutamaterge 810 – junge 689 – noradrenerge 698, 810 f. – postganglionäre 698, 702, 811 – präganglionäre 698, 702, 811 – primäre, afferente 787 – serotoninerge 810, 812 – somatoafferente 690 – – Entwicklung 692 f. – somatoefferente 691 – somatosensorische 690 – viszeroafferente 690, 692 f. – – Entwicklung 693 – viszeroefferente 691, 692 f. – – Entwicklung 693 Neuropeptide 76 T, 584 T, 812 T, 813 T – Darm 813 T – hypophysäre 813 T
– hypothalamische 812, 813 T – Pro-opiomelanocortin Derivate 813 T – ZNS 813 T Neurophysin 731 Neuroplasma 71 Neuroporus 111, 113 A Neurotensin 813 T Neurotransmitter 31, 74 f., 76 f., 77, 810 ff. – Acetylcholin 810 – Adrenalin 699, 811 – cholinerge Systeme 810 – Dopamin 811 f. – Gammaaminobuttersäure 812 – gasförmige 813 – Glutamat 812 – hemmende 77 – monoaminerge Systeme 810 f. – Neuropeptide 812 f. – Noradrenalin 698, 699, 754, 811 – Serotonin 812 Neurotrope Faktoren 689 Neurotubuli 70 A, 71 – Axoplasma 72 Neutralfett s.Triazylglyzerol 45 Neutral-Null-Methode 177 – Hand 270 – Hüftgelenk 323 – Kniegelenk 335, 336 f. – Sprunggelenk, unteres 342 Neutrophile Granula 128 Neutrophile Graulozyten 128 Neutrophile Strukturen 89 Nexus 15, 16 A, 17, 60 A – Disci intercalcares 68 – elektrische (ionale) Kopplung 17 – metabolische Kopplung 17 – Muskelzellen, glatte 59 NGF (nerve growth factor), Nervenfasern, Regeneration 83 Nichtgonadotrope Hormone 732 Nichtpropessionelle antigenpräsentierende Zellen 139 Nidation 93 A, 95 f. Niere – Capsula adiposa 45 – Erythropoetin 126 Nieren 546 ff. – Aszensus 551 A, 552 A, 617 A – Berührungsfelder 547 A – Blutgefäße 605 f. – Bowmann Kapsel 602 – Capsula adiposa 546
– – – – – – – – – – – – – –
Entwicklung 550 f. Erythropoetin 605 Faszien 546 Frontalschnitt 599 Gefäßpol 601 Gliederung 599 Glomerulus 600 f. – Basalmembran 601 – Mesangium 602 Harnpol 601 Innervation 607 interstitielle Zellen 605 Interstitium 605 juxtaglomerulärer Apparat 602 – Lage 546 – Lymphgefäße 607 – Macula densa 602 – Polkissen 602 – Prostaglandine 605 – Sammelrohr 605 – Tubulussystem s. Nierentubulus 602 f. Nierenagenesie 551 Nierenbecken 599, 607, 617 A – ampulläres 607 – dendritisches 607 – Konkremente 608 Nierenbeckenentzündung 608 Nierenkörperchen 600 f., 601 – Gefäßpol 601 – Glomerulus 606 – Harnpol 601 Nierenlappen 600 Nierenleiste 553 A Nierenmark 599 Nierenpyramiden 599 f. Nierenrinde 599 Nierensegmente 606 Nierentubulus 600 ff. – Bürstensaum 603 – Hauptstück 603 – Mittelstück 604 – Verbindungsstück 604 Nigrostriatales System 782, 811, 812 Nischenzellen 484 Nissl-Substanz 70 f. Nitabuch-Fibrinoid 101 A, 104 NK-Zellen 128, 140 NO (Stickstoffmonoxid) 76 T, 512, 810, 813 – Durchblutungsregulation 516 – Erektion 629 Nodulus(-i) – valvulae semilunaris 504 – vermis 760 T
N
872
Sachverzeichnis
Nodus(-i) – atrioventricularis 507 f. – jugulodigastricus 410 – lymphaticus(-i)/lymphoideus(-i) 148 ff. – – aggregati s. Peyer-Plaques 571 A – – anuli femoralis [Rosenmüller] 363 A, 370 A – – aortici laterales 586 – – axillares 151 A, 239, 300 – – – apicales 225, 292 A, 293 – – – centrales 292 A, 293 – – – laterales 292 A, 293 – – brachiales 293 – – bronchopulmonales 486, 521, 522 A, 525 – – buccales 454 T – – buccinatorii 416 A, 454 – – cervicales anteriores et laterales 435, 440 – – – – profundi 403, 408, 410, 414, 416, 419, 435, 440, 443, 446, 454 T, 455 T – – – – superficiales 416, 455 – – – profundi 151 A, 521 – – – superficiales 239 – – coeliaci 560 A, 568, 596 – – colici dextri 560, 576 – – – medii 560, 576 – – – sinistri 560, 582 – – cubitales 292 A, 293 – – deltopectorales 293 – – externi 560 – – gastrici 560, 568 – – gastroomentales 568 – – Hals 454 T – – hepatici 560, 586 – – ileocolici 560, 576, 580 – – iliaci communes 239, 560 A – – – externi 239, 363, 560 – – – interni 560 A, 610, 636, 640, 641 – – infraclaviculares 225 – – inguinales 151 A – – – profundi 239, 361 A, 363, 363, 560 A – – – superficiales 239, 361 A, 363 A, 560 A, 582, 626, 640 – – intercostales 225 – – interpectorales 225 – – intrapulmonales 486 – – jugulodigastricus 410, 454 T, 455 – – juguloomohyoideus 454 T, 455 A – – Kopf 454 T
– – linguales 454 T – – lumbales 239, 560, 608, 620, 635, 640 – – mandibulares 454 T – – mastoidei 454, 455 A – – mediastinales anteriores 486, 510 – – – posteriores 486 – – mesenterici 560 – – – inferiores 560, 582 – – – superiores 576, 586 – – occipitales 239, 454, 455 A – – oesophagei 454 T – – pancreaticoduodenales 586 – – pancreaticolienales 560 – – paramammarii 225 – – pararectales 582 – – parasternales 225, 239, 525 – – paratracheales 486, 521, 522 A, 525, 526 – – parotidei 416, 422, 454, 455 A – – pectorales 225 – – pericardiaci laterales 525 – – phrenici superiores 525 – – poplitei 363 – – – profundi 239 A, 361 A, 363 A, 363 – – – superficiales 361 A, 363 A, 363 – – preaortici 522, 586 – – pylorici 568 – – retroaortici 560 A – – retropharyngeales 419, 454 T, 455 A – – retropharyngei 435 – – sacrales 560 A, 582, 610, 624, 640 – – splenici 568 – – submandibulares 403, 408, 410, 414, 419, 445, 454 T, 455 A – – submentales 417, 454 T, 455 A – – subscapulares 293 – – superficiales 454 T – – supraclaviculares 225, 446, 454 T – – supratrochleares 293 – – thyroideae 443, 454 T – – tracheales 454 T – – tracheobronchiales 510, 521 – – – inferiores 486, 522 A, 525, 526 – – – superiores 486, 522 A
– sinuatrialis 507 – solitarius 571 A Noradrenalin 76 T, 77, 698, 699, 754 – Durchblutungsregulation 516 – Fettgewebe 45 – Nebennierenmark 598 Noradrenerge Neurone 698 Noradrenerge Zellen – Formatio reticularis 753 – Medulla oblongata 754, 811 Noradrenerges System 751, 753 A, 810 A – Depressionen 812 Normoblasten 126, 130 Normochrome Anämie 126 NO-Synthase 813 Nottracheotomie 446 Nucleus(-i) 688 – accessorius nervi oculomotorii (Edinger-Westphal) 466, 746 T, 747 T, 749 A, 796 A, 799 A – ambiguus 745 A, 746 A, 748 T, 749 – anterior hypothalami 729, 730 A – anteriores thalami 727, 805 – arcuati 745 – basalis Meynert 721 – caudatus 714 A, 720 f., 726 A, 727 A, 781 – cerebelli 752 A, 759 – cochlearis(-es) 745, 746 A – – anterior 748 T, 801 – – posterior 748 T, 801 – corporis trapezoidei 743 A – cuneatus 745 A, 788 A, 789 – dentatus 760 A, 764, 765 – dorsomedialis hypothalami 730 – emboliformis 760 A, 764, 765 – fastigii 760 A, 764, 765, 785, 786 A – globosi 760 A, 764, 765 – gracilis 745, 788 A, 789 – habenulares 728, 806 A – infundibularis 729 f., 731 – intermediolateralis 771, 800 – intermediomedialis 771 – interpositi 764 – interstitialis fasciculi longitudinalis medialis 785, 786 A – intralaminares thalami 728, 781 – laterales thalami 727 – lemniscus lateralis 801 – lentiformis 720 f., 722 A
– mediales thalami 727 A – mesencephalicus nervi trigemini 741 A, 746, 747 T, 790 – motorius nervi trigemini 746 A, 747 T, 749 – nervi abducentis 743 A, 746 A, 747 T, 750 – – accessorii 746 A, 748 T, 749 – – facialis 461 A, 743 A, 746 A, 747 T, 749, 780 A – – hypoglossi 745 A, 746 A, 748 T, 750 – – oculomotorii 741, 746 A, 747 T, 749 – – trochlearis 741, 747 T, 749 – olivaris(-es) 783 A – – accessorius medialis 745 – – – posterior 745 – – inferiores 739 A, 745, 763, 782, 783 – – principalis 745 – – superiores 801 A – parafascicularis 781 A – parasympathici sacrales 770 f. – paraventricularis 729, 730 A, 731 – pontis 743 A, 764, 782, 783 – posterior hypothalami 730 A – – nervi vagi 745 A, 746 A, 748 T, 749 – precentralis 799 – preopticus 729, 730 A – prepositus 750 – pretectales 786, 797, 799 – – Blickzentren 785 – principalis nervi trigemini 743 A, 746, 747 T, 788 A, 790, 791 – pulposus 193, 195 A – – Entwicklung 192 – – Prolaps 768 – reticularis thalami 728, 783 – ruber 741, 782, 783, 784 – – Entwicklung 740 – salivatorius inferior 416 A, 746 A, 748 T, 749 – – superior 417, 747 T, 749 – septales 793, 805, 807 – spinalis nervi trigemini 745 A, 746, 747 T, 748 T, 788 A, 789 A, 790 – subthalamicus 729, 781 A, 782 – suprachiasmaticus 729, 730 A, 795 – supraopticus 729, 730 A, 731 – thoracicus posterior (StillingClarke) 771, 784
873 Sachverzeichnis
– tractus solitarii 745 A, 746, 747 T, 748 T, 749, 794 – tuberales 730, 731 A – ventralis anterior thalami 727 A, 781 – – intermedius thalami 727 A, 781 A – – lateralis thalami 781, 782 – – posterolateralis thalami 727 A, 775, 788 A, 789 A, 789 – – posteromedialis thalami 781, 788 A, 789 A – ventromedialis hypothalami 730 A – vestibularis(-es) 745, 746 A, 748 T, 782, 783, 785, 786 T – – inferior (Roller) 748 T, 803 – – lateralis (Deiters) 743 A, 748 T, 803 – – medialis (Schwalbe) 743 A, 748 T, 803 – – Projektionen, efferente 803 – – superior (Bechterew) 743 A, 748 T, 803 – – Verbindungen 803 Nuel-Raum, Corti-Organ 679, 680 A, 681 Nuhn-Drüse 412 Nukleäres Lamin 19 Nummerische Atrophie 7 Nummerische Chromosomenaberration 121 Nussgelenk 176 A Nystagmus 758, 784, 804 – kalorischer 671 N-Zellen, Nebennierenmark 598
O O-Bein 330 Oberarm 245, 262 ff. – Arterien 289 A – Biegebeanspruchung 169 – Faszien 182 A, 266 – Gelenke 251 – Muskellogen 182 A – Querschnitt 274 A – Topographie 301 Oberarmbrüche 260 Oberarmknochen s. Humerus 245, 247 Oberarmmuskeln 264 ff., 266 – Extensoren 260 A, 265 T, 266 – Flexoren 264, 265 T
Oberbauch 231, 533 – Peritonealverhältnisse 534 f. Obere Extremität 245 – Entwicklung 242 ff. – Fehlbildungen 244 – Gelenke 252 ff., 262 ff., 267 ff. – Leitungsbahnen 288 ff. – Muskeln 264 ff., 272 ff. – Ossifikationstermine 243 T – Osteologie 247 ff. Oberes Sprunggelenk 341 Oberflächendifferenzierung 11 Oberflächenepithel 8, 9 ff. – Einteilung 10 Oberflächenrezeptoren, T-Lymphozyten 142 Oberflächensensibilität 650 Oberflächliche Bauchfaszie 226 Oberflächliche Körperfaszie 181 Oberhaut 154 ff. Oberkiefer s. Maxilla 388 Oberkieferwülste 394, 424 A – paarige 393 f. Oberkieferzähne, Innervation 403 Oberlippenspalte, mediane 399 Oberschenkel 330 – Faszien 339 f. – Gefäß-Nerven-Straßen 370, 371 T – Hautinnervation 365 A, 367 A – Querschnitt 371 A Oberschenkelknochen s. Femur 312 ff. Oberschenkelmuskulatur 336 ff. – Extensoren 336, 338 T – Flexoren 337, 338 T, 339 T Oberschenkelschaftachse 331 A Obex 739 A, 744 Obliquus-externus-AdduktorenSchlinge 226, 227 A Obliquus-internus-Gluteus-medius-Schlinge 227 Obturatoriushernie 369 Occludin 14, 16 A Odontoblasten 34 T, 37 T, 401 A, 402 f. – Kollagen Typ I 37 Odontoblastenfortsätze 402, 403 Ödeme 41, 136 Ösophagotrachealfistel 480
Ösophagotrachealrinne 479, 480 A Ösophagus 218 f., 423 A, 432 A, 476, 480 A, 517 A, 519 ff., 529, 530, 563 A, 564 A – Anlage 113 A – Aortenenge 519 – Divertikel 520 – Engen 519 – Entwicklung 519 – Epithel 11 – Innervation 520, 521 – Peristaltik 519 – Topographie 527 A, 528 A, 529 A, 530 A – Wandbau 519 Ösophagusatresie 480 Ösophagusvarizen 559 – Pfortaderstauung 521 Östrogene – Chondrozyten 47 – Fettgewebe 45 – Follikulogenese 632 ff. – Granulosazellen 634 – Implantation 95 – Lipogenese 45 – Menstruationszyklus 634, 639 – Milchsekretion 224 – Nebenniere 597 – Ovar 95 – Plazenta 103 – Schwangerschaft 645 – Wochenbett 647 Ohr s. Auris 394, 670 – äußeres, Muskeln 397 T Ohrbläschen 113 A, 670 A, 671 – Entwicklung 677 Ohrgeräusche 679 Ohrgrübchen 424 A, 670 A Ohrhöcker 671 Ohrkapsel, knöcherne 379, 678 Ohrmuschel 671 – Entwicklung 671 Ohrplakode 112, 113 A, 670 A, 671 Ohrschmalz 671 Ohrspeicheldrüse s. Glandula parotidea 415 f. Ohrtrompete, Öffnung 431 Ohrtrompete s.Tuba auditiva 673 Okklusion 400 Okklusionsverbände 156 Okulomotorik 667 Okulomotorisches System 785 ff. – Störungen 786 – Tractus tectobulbaris 755
Okzipitallappen 715 f. Olecranon 246 A, 248, 249 A, 262 Olfaktorische – Gebiete, Vorderhirn 755 – Reize 793 – Rinde 752 A, 755 A, 793 A, 794 A – Systeme 419, 793 f. Oligodendroglia, N. opticus 663 Oligodendrozyten 78, 79, 84, 85 A, 86 – Entwicklung 689 Oliven 738 A, 744 Olivensystem 744, 745 – Afferenzen 745 – Efferenzen 745 Omentum – majus 532, 534, 536 A, 541 A – – Entwicklung 535 A, 535 A, 541 A, 542 A – minus 535, 536 A, 537 A, 563 – – Entwicklung 535 A, 541 A, 542 A OMI (Oozyten-Meiose-Inhibitor) 631 Omphalozele 230, 544 Ontogenese 92 Oogonien 616 A, 631 Oozyten – primäre 631 – sekundäre 633 Oozyten-Meiose-Inhibitor (OMI) 631 Operculum 426 – frontale 713 A, 714 – parietale 714, 794 – temporale 713 A, 714 Operon 106 OPG (Osteoprotegerin) 53 Opiate, endogene 813 Opiatrezeptoren 813 – Endorphine 752 Opposition, Daumen 270 Opsonieren 138 Optischer Apparat 657 Ora serrata 652 A, 656 A, 658, 662 A, 667 A Orbiculus ciliaris 655, 656 A Orbita 388 f., 651 – Gefäße 668 – Nerven 668, 669 A – Öffnungen 389 – Wände 389 Ordnung – dorsoventrale 3 – kraniokaudale 3 Organe 4
N–O
874
Sachverzeichnis
Organisatoren 106 Organkapsel 43 Organogenese 92 Organsysteme 4 Organum – gustus 413 – olfactum 418 – spirale s. Corti-Organ 679 – subcommissurale 734 A – subfornicale 734 A – vasculosum laminae terminalis 734 A – vestibulocochleare 670 ff. Orgasmus 638, 644 Orgastische Manschette 643 Orientierungssäulen, Sehrinde, primäre 799 Orificium internum canalis cervicis 637 A Origo 179 Orzein-Färbung 39 Os(-sa) 383, 387 – antebrachii 247 ff. – capitatum 246 A, 249, 269 A, 284 A – carpi 249, 250 – – Ossifikationstermine 243 T – coccygis 191, 201, 337 A – coxae 304, 370 A – – Ossifikationstermine 243 T – – Taststellen 305 – cruris 315 – cuboideum 314 A, 317 A, 319 – cuneiforme intermedium 317 A, 319, 354 A – – laterale 317 A, 319, 354 A – – mediale 317 A, 318 A, 319, 343 A, 345 A, 354 A – digitorum (Manus) 250 – – (Pes) 319 – ethmoidale 377 T, 379 A, 383, 389, 390 T – femoris s. Femur 312 f. – – Ossifikationstermine 243 T – frontale 377 T, 378, 379 A, 388 f. – hamatum 246 A, 250, 269 A, 284 A – hyoideum 423, 427, 432 A, 436 A, 441 A – – Entwicklung 425 – ilium 304, 305 A – ischii 304, 305 A – lacrimale 377 T, 387 A, 389, 390 T
– lunatum 249, 250 A, 269 A, 284 A – metacarpi 250, 284 A – – Ossifikationstermine 243 T – metatarsi 318 A, 319, 354 A – – Ossifikationstermine 243 T – – Taststellen 319 – nasale 377 T, 387, 388 A, 390 T, 418 – naviculare 317 A, 318 A, 319, 354 A – – Taststellen 319 – occipitale 377 T, 378 A, 379 A, 385, 387 – palatinum 377 T, 386, 389 – – Entwicklung 424 – parietale 377 T, 378, 379 A, 387, 388 A – pedis 315 ff. – pisiforme 246 A, 249, 250 A, 269 A, 281 A, 284 A, 285 A, 308 – pubis 304, 305 A – sacrum 200 f. – – Entwicklung 192 – – Geschlechtsunterschiede 201 – – Ossifikationstermine 193 T – scaphoideum 249, 250 A, 269 A, 284 A, 285 A – – Fraktur 303 – sesamoidea s. Sesambeine 184 – sphenoidale 377 T, 385, 386 ff., 387 A, 388 A, 389 – – Entwicklung 379 – tarsi 316 f. – – Ossifikationstermine 243 T – temporale 377 T, 378 A, 379 A, 384, 385, 386, 387, 388 A – – Taststellen 319 – trapezium 246 A, 249, 250 A, 269 A, 284 A – trapezoideum 249, 250 A, 269 A, 284 A – triquetrum 249, 250 A, 269 A, 284 A – zygomaticum 377 T, 387, 388, 389, 422 A Osmiumsäure 88 Ossicula auditoria 672, 674 ff. Ossifikation 53 ff. – chondrale 53, 54 f., 376 – desmale 53 f., 376, 402 – Dicken-/Längenwachstum 56
– direkte 53 f. – enchondrale 55 A, 55 f. – indirekte 53, 54 f., 56 – Knocheanlagen 242 – perichondrale 54, 55 A Ossifikationstermine – Extremität, obere/untere 243 T – Rumpfskelett 193 T Ossifikationszentrum, primäres 54 Osteoblasten 52 A, 53, 54 A, 56 A – Knochenentwicklung 53 f. – Knochenumbau 52 f. – Kollagen Typ I 37 – Matrixbildung 53 Osteofibröse Kanäle 182 Osteoid 53, 54 Osteokalzin 50 Osteoklasten 53, 137 – Enzyme 53 – Howship-Lakunen 53 – Knochenumbau 52 f. – Schwangerschaft 645 Osteon 50 f. Osteonektin 41, 50 Osteonlamellen 50 f. Osteoporose 190 Osteozyt 35, 49, 50 f. Ostium pharyngeum tubae auditivae 432 A Ostium(-a) – aortae 505 – appendicis vermiformis 577 A – atrioventriculare dextrum 497, 499, 503 – – sinistrum 497, 499, 505 – bulboventriculare 498 – cardiacum 563, 564 A – ductus ejaculatorii 623 – ileocaecale 577 – pharyngeum tubae auditivae 431 – pyloricum 563 – sinus coronarii 503 A, 504 A – urethrae externum, Frau 542 A, 613 – – – Mann 612 – – internum 609, 623 A – uteri 637 – vaginae 641 – venae cavae inferioris 503, 524 – – – superioris 503, 523 – venarum pulmonalium 504 Ostium-primum-Defekt 500 Otitis media 674
Otolithen 683 Otosklerose 675 Otoskopische Untersuchung, Trommelfell 676 Ovales Bündel 772 A, 773 Ovales Fenster 673, 675, 678 Ovarialfollikel 630 – Myofibroblasten 69 Ovarialfunktionen, zyklische 639 Ovarialgravidität 96 Ovarialzysten 631 Ovar(ium) 630 ff. – Blutgefäße 635 – Entwicklung 616 A, 630 A – Gliederung 635 – Lage 550 – Lymphknoten 635 – Nerven 635 – Peritonealverhältnisse 549 Ovulation 632 f. Ovum 633 Oxiphile Zellen 444 Oxyhämoglobin 126 Oxytalanfasern 157 Oxytozin 73, 731, 811, 813 A – Milchsekretion 224
P P53 22 Pacchioni-Granulationen 817 A, 818 Pachymeninx 816 paired-box-Gene (PAX) 106 Palatoschisis 399 Palatum s. Gaumen 397, 399, 407 – durum 407 – molle 407 Paleokortex 714 A, 715, 717 – Schichtenbau 719 f. Paleopallium 714 Paleospinothalamischer Weg, Schmerzen, dumpfe 792 Paleozerebellum 759, 764 Pallidum 729 – motorisches Zentrum 729 Pallium 714 Palma manus 246 A, 267, 303, 304 Palmarflexion 281 Palmarkreislauf 291 Palpebra 664 PALS (periarterioläre lmpyhatische Scheiden) 594 Pancreas s. Pankreas
875 Sachverzeichnis
Paneth-Zellen 24, 571 A, 572 Pankreas 538 ff., 546, 569 A – Ausführungsgang 569 A, 584 A – – akzessorischer 543 A – – Entwicklung 543 – endokriner Anteil 31, 584 ff. – Entwicklung 113 A, 542 f. – – Lageentwicklung 531 A – – Lageveränderung 531 A – Enzyme, proteolytische 584 – exokriner Anteil 583 f. – Glukosestoffwechsel 583 – Langerhans-Inseln 583 – Leitungsbahnen 585 ff. – sekundär retroperitoneale Lage 538 – Topographie 538, 542 A, 563 A – Vater-Pacini-Körperchen 162 – Zymogengranula 584 Pankreasanlage 113 A, 530 A Pankreaskopftumoren 569 Pankreatisches Polypeptid 584 Pankreatisches Polypeptid-bildende Zellen 585 Panniculus adiposus 159 Papilla(-ae) – conicae 412 – duodeni major (Vateri) 569, 583, 591 – – – Entwicklung 543 – – minor 569 – filiformes 412, 413 A – foliatae 413 – fungiformes 412, 413 A – lacrimales 665 – mammariae 222 f. – pilis s. Haarpapille 165 – renales 599 – vallatae 413 A Papillarmuskeln 505 Papille, Exkavation 657 Papillen, Zunge 412 f. Paraaxiales Mesoderm 113 Parabasalzellen, Vagina 641 Paracolpium 550 Paracystium 549 Paradidymis 615 A, 620 Parästhesien 690 Paraffin 88 Paraflocculus 759 A, 803 Parafollikuläre Zellen (Schilddrüse) 442 – Entwicklung 426 Paraganglien 31, 700 – Nebennierenmark 700
Paraganglion(-a) – aorticum abdominale 700 – supracardialia 700 Parakortex, Lymphknoten 148 Parakortikalzone, Lymphknoten 149 A, 150 Parakrine Sekretion 31 Parallelfasern, Kleinhirn 763 Parametrium 549, 637 A Paraneurium 82 Paraplegie 776 Paraproctium 549 Parasitenabwehr, eosinophile Granulozyten 136 Parasubiculum 807 A Parasympathikus 698, 700 ff., 809 f. – autonome Geflechte 702 – Bauchorgane 562 – efferente Anteile 702 – Gefäße 516 – Harnblase 611 – Nervenzellen, Rückenmark 770 – sakraler Anteil 702 – – Zielgebiete 702 – zentrale Anteile 700, 701 f. – zerebrale Anteile, Zielgebiete 702 Parathormon, Epithelkörperchen 444 Paravertebrale Ganglien 698 Paravertebrale Muskeln 203 Paravertebrale Rinne 546 Parazellulärer Transport 17 Parenchym 7 Paries – caroticus 657 – jugularis 673 – labyrinthicus 673 – membranaceus 477, 673 – – (Trachea) 476 A, 477 – (Paukenhöhle) 672 A, 673 Parietallappen 715 f. Parietookzipitales Assoziationszentrum 716, 717 Parietookzipitotemporale Assoziationsgebiete 814 Parkinson-Erkrankung 688, 741, 782 – Substanz P 813 Parodontose 407 Paroophoron 637 Parotisloge 422 Parotitis epidemica 416 Pars(-tes) – abdominalis (Aorta) 491 A, 540 A, 553
– – (M. pectoralis major) 256 T, 258, 261 A – – (Ureter) 547, 607 – acromialis (M. deltoideus) 259 T, 264 – alaris (M. nasalis) 396 T – anularis (Vagina fibrosa) 282 – ascendens (Aorta) 491 A, 505, 521, 529 – – (Duodenum) 537, 570 – – (M. trapezius) 255 T, 257 A, 258 – – (Tubulus renalis) 600 T, 602 f. – atlantis (A. vertebralis) 447 – basilaris (Os occipitale) 192, 378, 385, 385 f. – – pontis 742 – buccopharyngea (M. constrictor pharyngis superior) 433 A, 434 T – caeca (Retina) 658 – calvicularis (M. deltoideus) 259 T – cardiaca 563, 575 T – cavernosa (A. carotis interna) 452 – centralis (Ventriculus lateralis) 821 – ceratopharyngea (M. constrictor pharyngis medius) 433 A, 434 T – cerebralis (A. carotis interna) 452 – cervicalis (A. carotis interna) 452 – – (Medulla spinalis) 705, 766 – – (Trachea) 476 – – (Truncus symphaticus) 468 – chondropharyngea (M. constrictor pharyngis medius) 433 A, 434 T – clavicularis (M. deltoideus) 259 T, 260, 261 A – – (M. pectoralis major) 256 T, 261 A, 465 – coccygea (Medulla spinalis) 705, 767 – compacta (Substantia nigra) 740 – conjugens (Spermatozoen) 618 – convoluta distalis 600 T, 602 ff., 603, 604 – – proximalis 600 T, 601 A, 602 f.
– costalis (Diaphragma) 217, 218 A – – (Pleura) 486 – cricopharyngea (M. constrictor pharyngis inferior) 433 A, 434 T – cruciformis (Vagina fibrosa) 282 – cystica (Hepar) 543, 544 – descendens aortae 521 – – (Duodenum) 536 A, 537, 569, 584 A – – (M. trapezius) 255 T, 257 A, 258 – – (Tubulus renalis) 600 T, 602 f. – diaphragmatica (Pleura) 486 – distalis (Adenohypophyse) 731 A, 734 – flaccida (Membrana tympanica) 672 A – glossopharyngea (M. constrictor pharyngis superior) 433 A, 434 T – hepatis (Hepar) 543 – horizontalis (Duodenum) 537, 557, 570 – inferior (M. pterygoideus medialis) 406 T – infraclavicularis (Plexus brachialis) 294 – infracolica 533 – intercartilaginea (Rima glottidis) 436 A, 437 – intermedia (Adenohypophyse) 731 A, 734, 736 – – (N. facialis) 457 T – – (Spermatozoen) 618 – intermembranacea (Rima glottidis) 436 A, 437 – intracranialis (A. vertebralis) 447 – labialis (M. orbicularis oris) 396 T – lacrimalis (M. orbicularis oculi) 396 T – laryngea pharyngis 431, 432 – lateralis (Lig. iliofemorale) 320 A – – (Os occipitale) 385 ff. – – (Os sacrum) 200, 212 – lumbalis (Diaphragma) 217 – – (Medulla spinalis) 705, 767 – marginalis (M. orbicularis oris) 396 T – mediale (Lig. iliofemorale) 320 A ▼
O–P
876
Sachverzeichnis
Pars(-tes) – mediastinalis (Pleura) 486, 517 A, 526 – membranacea septi interventricularis 498, 503 – – (Urethra) 612, 621 A, 623 A – motorica (N. facialis) 457 T – mylopharyngea (M. constrictor pharyngis superior) 433 A, 434 T – nasalis (Os frontale) 387, 390, 418 – – pharyngis 431 – optica (Retina) 656 A, 658 – oralis pharyngis 431, 432 – orbitalis (Gl. lacrimalis) 665 – – (M. orbicularis oculi) 396 T – – (Os frontale) 383, 389 A – palpebralis (Gl. lacrimalis) 665 – – (M. orbicularis oculi) 396 T – pelvica (Sinus urogenitalis) 552, 620 – – (Ureter) 547, 608 – petrosa (A. carotis interna) 452 – – (Os temporale) 384, 678 – phallica (Sinus urogenitalis) 552 – pharyngea (Adenohypophyse) 734 – precommunicalis (A. cerebri posterior) 756 – preprostatica (Urethra) 612 – prevertebralis (A. vertebralis) 447 – principalis (Gll. gastricae propriae) 566 – – (Spermatozoen) 618 – profunda (Glandula parotidea) 415 – – (M. sphincter ani externus) 581 – prostatica (Urethra) 548 A, 612 A, 623 A, 623 – pterygopharyngea (M. constrictor pharyngis superior) 433, 434 T – pylorica (Magen) 563, 564 A, 575 T – recta distalis 600 T, 601 A, 602 ff. – – proximalis 600 T, 602 ff. – sacralis (Medulla spinalis) 705, 767 – spinalis (M. deltoideus) 259 T, 260 – spongiosa (Urethra) 612
– squamosa (Os temporale) 384, 386, 387, 422 A – sternalis (Diaphragma) 217, 218 A – sternocostalis (M. pectoralis major) 256 T, 258 – subcutanea (M. sphincter ani externus) 582 – superficialis (M. sphincter ani externus) 581 – superior (Duodenum) 537 A, 563 A, 569 – – (M. pterygoideus lateralis) 406 T – supraclavicularis (Plexus brachialis) 293 f. – supracolica 533 – tensa (Membrana tympanica) 672 A – terminalis (Ileum) 577 – – (Spermatozoen) 618 – thoracica (Aorta) 237 A, 491 A, 517 A, 523, 527, 529 f., 530 – – (Medulla spinalis) 705, 767 – – (Trachea) 476 – – (Truncus sympathicus) 526 – thyropharyngea (M. constrictor pharyngis inferior) 433 A, 434 T – tibiocalcanea (Lig. collaterale mediale [deltoideum]) 341, 343 A – tibionavicularis (Lig. collaterale mediale [deltoideum]) 341, 343 A – tibiotalaris anterior (Lig. collaterale mediale [deltoideum]) 341, 343 A – – posterior (Lig. collaterale mediale [deltoideum]) 341, 343 A – transversa (M. nasalis) 396 T – – (M. trapezius) 255 T, 257 A – transversaria (A. vertebralis) 447 – transversus (M. trapezius) 258 – tuberalis (Adenohypophyse) 731 A, 734, 736 – uterina (Tuba uterina) 635 Parvozelluläres System, Retina 661 Passavant-Wulst 408, 433 Patella 314 A, 315, 330, 345 A – Funktion 337 – tanzende 332 – Taststellen 315
Patellaluxation, X-Bein 332 Patellarsehnenreflex 774 A Patellasyndrom 332 Paukenhöhle 426, 673 ff. – Chorda tympani 675, 676 – Entwicklung 673 – Gefäße 676 – Gehörknöchelchen 676 – Innervation 676 – Muskeln 675 – Nischen/Schleimhautfalten 675 – Topographie 676 – Wände 673 Paukenkeller 673 PAX (paired-box-Gene) 106 Pecten – analis 581 – ossis pubis 304, 305 A Pectoralis-Schlinge 227 A Pediculus arcus vertebrae 189 A, 190 A Pedunculus(-i) – cerebellaris inferior 739 A, 745, 758, 761 T, 784 – – medius 739 A, 742, 758, 761 T – – superior 739 A, 758, 761, 784 – cerebri 740 Pelvis – major 307 – minor 307 – renalis 599, 607 – – Entwicklung 551 Pemphigus 16 Penis 159, 614 A, 624, 626 ff. – Blutgefäße 628 f. – Entwicklung 625 – Innervation 629 – Schwellkörper 628 Penisschaft 626 Pepsin 566 Pepsinogen 566 Peptidasen 572, 603 Peptiderge Systeme 810 Perfusionsfixierung 88 Perianale Haut – Duftdrüsen 163 – Pigmentierung 156 Periarterioläre lymphatische Scheiden (PALS) 594 Periarthropathia humeroscapularis (PHS) 254 Peribronchiales Bindegewebe 485 Pericardium s. Perikard 472, 476 f., 510 A, 522 A, 530 A – Epithel 11
– fibrosum 510, 517 A – serosum 476 A, 510 Perichondrale Knochenmanschette 54 Perichondrium 47, 48 A, 55 A Pericranium 376 Periderm 154 Perifollikuläre Zone, Milzfollikel 595 Perikapillärer (perisinusoider) Raum, Lebersinusoide 589 Perikard s. Pericardium 476 Perikardhöhle, Entwicklung 473 Perikardialspalte 473 Perikarditis 511 Perikaryon 70 f. Perilymphe, Innenohr 678 f. Perimetrium 550, 637 Perimysium – externum 180 – internum 180 Perineum 311, 642 A – primitives 625 A – venöser Abfluss 556 Perineurium 79 A, 82, 650 Periodontium 401 A, 402 f. – Entwicklung 402 Periorbita 664, 667 A, 668 Periorchium 234 T, 626 Periost 50, 51, 169 A, 171 – Kambiumschicht 171 – Schmerzempfindlichkeit 172 – Vater-Pacini-Körperchen 162 Periphere lymphatische Organe 132 Periphere Proteine 12 Periportale Felder 588 Perisinusoider Raum 589 Peristaltik – Darm 574 – Magen 566 – reflektorische 434 Peritendineum – externum 44, 181 – internum 44, 181 Peritonealraum, Becken 547 Peritonealreizung 531 Peritoneum 309 A, 472, 530 ff., 547 A, 548 A – Innervation 530 – Makrophagen 137 – Mesothel 11, 35 – Oberfläche 530 – parietale 219, 227 A, 232 A, 234 T, 476 A, 530, 531, 542 A – Resorption 530
877 Sachverzeichnis
– urogenitale 547 – viscerale 530, 542 A Peritonitis 474, 530 Peritubuläre Zellen, Hoden 619 Peritubuläres Dentin 403 Periurethrale Zone, Prostata 623 A, 624 Perivaskuläre Spalträume 819 Periventrikuläre Nervenzellen 729 Perivitelliner Raum 644 A Perizentrioläres Material 18 A Perizyten 69, 514 Perjodsäure-Schiff-(PAS-) Reaktion 89 Perlecan 41 Perlia-Kern 749 Permeabilität, Kapillarwand 136 Peromelie 244 Peronäusloge, Unterschenkel 373 A Perspiratio insensibilis 156 Perthes-Syndrom 320 Pes hippocampi 806 Pes s. Fuß – anserinus 337 A, 339 – calcaneus 355 – equinovarus 244, 355, 366 – equinus 355 – excavatus 355 – planovalgus 355 – planus 355 – transversus 355 – valgus 355 Petiolus 436 A Peyer-Plaques 132, 571 A, 574 A, 576 – T-Zellareale 148 Pfannenband 342, 343, 355 Pfannenlippen 175 Pfeiler-Zellen – äußere, Corti-Organ 679, 680 A, 681 – innere, Corti-Organ 679, 680 A, 681 Pfeilnaht s. Sutura sagittalis 377 Pflugscharbein s. Vomer 386 Pfortader 492, 558 Pfortaderkreislauf – Leber 587 – Pankreas 585 Pfortaderstauung, Ösophagusvarizen 521 Phänomen nach Robertson 800
Phäochrome Zellen, Nebennierenmark 598 Phagozyten, mononukleäre 134 Phagozytose 28, 29 A – Antigen-Antikörper-Komplex 136, 141 – Eosinophile 135 A, 136 – Eosinophile 141 A – Fremdkörper 150 – Lymphknoten 150 – Makrophagen 133 A, 135 A, 137, 141 A – Neutrophile 128, 133 A Phalangen-Zellen – äußere, Corti-Organ 679, 680 A – innere, Corti-Organ 679, 680 A Phalanx(-ges) – distalis (Manus) 246 A, 250 A, 284 A – – (Pes) 317 A, 319, 354 A – media (Manus) 284 A – – (Pes) 317 A, 319, 354 A – Ossifikationstermine 243 T – proximalis (Manus) 284 A – – (Pes) 317 A, 319, 354 A Phallum s. Penis 589 Pharyngealbögen 671 Pharyngobranchialbogen, Entwicklung 424 T Pharynx 431 ff. – Gliederung 431 – Histologie 431 f. – Muskulatur 433, 434 T – – Entwicklung 424 T – – Funktion 434 – Topographie 432 A Phasenkontrastmikroskopie 89 Philtrum 394 Phokomelie 244 Phonation 440 Phosphatasen, neutrophile Granulozyten 136 Phospholipide – Osteoblasten 54 – Plasmamembran 11, 12 A Photopisches Sehen 660 PHS (Periarthropathia humeroscapularis) 254 Phylogenese 92 Pia mater 687, 816 – encephali 817 A, 818 – – Innervation 819 – spinalis 819 – – Innervation 820
PID (Präimplanationsdiagnostik) 94 PIF (Prolaktin-release-inhibitingfactor) 732 Pigment, Neuroplasma 71 Pigmentarchitektonik 71, 688 Pigmentepithel, Auge 653 A, 656, 658, 659 A, 660 Pigmentierung, Haut 156 Pikrinsäure 89 Pili s. Haare 164 ff. Pille 95 – danach 639 – Progesteron 634 Pinealozyten 728 Pinozytose 28, 29 A Pinselarteriolen 147, 594, 595 Pinzettenband s. Ligamentum bifurcatum 342 A Pionierfasern 692 Pituizyten 84, 733 Pit-Zellen 589 Placenta praevia 96 Plakoden 693 – dorsolaterale 112 – epipharyngeale 112 Plakoglobin 16 Planta pedis 374 – Sehenscheiden 355 Plantaraponeurose 354 Plantarreflex 774 A Planum pedis 341 Plasmamembran 11 f., 12 A, 60 A – basale Einfaltung 17 – Lateralverschiebung 12 – Skelettmuskulatur 63 Plasmaproteine, Leberzellen 590 Plasmazellen 34 f., 140 f. – Antikörper 141 – Dermis 158 – Entzündungsreaktionen, spezifische 135 A – Immunantwort 141 A – Immunität, humorale 141 Plasminogenaktivator, Spermatogenese 619 Plasmodium 21 Plastizität, Knochen 52 Plateauphase, sexueller Reaktionszyklus 643 Platte Knochen, Blutbildung 130 Plattenepithel – einschichtiges 9 A, 10 f. – Epidermis 154
– mehrschichtiges, unverhorntes 9 A – – verhorntes 9 A, 11 Plattfuß 318 A, 355 Platysma 395 A, 423 A, 427, 428 T, 429 Plazenta 97 ff., 101 A – Barrierefunktion 104 – Basalplatte 100 – Chorionplatte 100 – Entwicklung 97 f. – Fibrinoid 104 – Gewicht 100 – Haftstiel 96 A, 107, 109 A – Haftzotten 98 A, 102 – Hofbauer-Zellen 99 – Hormone 103 – intervillöser Raum 100, 104 – Kotyledonen 100 – Lakunen 97, 98 A – Oberfläche 101 A – Primärzotten 96 A, 98 – reife 100 ff. – – Zotten 101 f. – Sekundärzotten 98 – Spiralarterien 104 – Strömungseinheiten 104 – Tertiärzotten 98 – Trabekel 96 A, 97, 98 A – Zellinseln 104 – Zellsäulen 104 Plazentabett 101, 102 A Plazentakreislauf 494 Plazenta-Laktogen, humanes (hPL) 103 Plazentalösung 101, 105 Plazentaschranke 104 Plazentasepten 101 A, 104 Plazenton 105 Pleura 472, 486 f., 529 – costalis 213 A – diaphragmatica 219 – Epithel 11 – Innervation 487 – Makrophagen 137 – parietalis 476, 486 – Reserve- bzw. Komplementärräume 487 – visceralis 476, 486, 487, 495 A, 517 A Pleurafreie Dreiecke 489 Pleuragrenzen 488 A, 489 Pleurahöhlen 475, 486 f. – Anlage 473 – Unterdruck 487 Pleurakuppel 447 A, 527 Pleuritis 487
P
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Sachverzeichnis
Plexiforme Schicht – äußere 659 A, 660 T – innere 659 A, 660 T Plexus(-us) – aorticus abdominalis 561, 562, 700 A, 702 – – thoracicus 468 A, 702 – basilaris 824 f. – brachialis 255 T, 293, 294 A, 299 f., 447 A, 526, 696 – – Lähmung 286 – choroideus 734 A, 821 – – Entwicklung 708 – – Ependymzellen 84 – – Epithelzellen, Entwicklung 689 – – Liquor cerebrospinalis 86 – – ventriculi lateralis 726 – – – – Entwicklung 726 A, 727 A, 821 – – – quarti 737, 739 A, 823 – – – tertii 822 – – – – Entwicklung 708, 726 – coccygeus 365, 368, 561, 696 – coeliacus 561, 568, 586, 593, 620, 702 – deferentialis 627 T – entericus 576 – gastricus 562 – Hautgefäße 159 f. – hepaticus 562, 593 – hypogastricus inferior 562, 580, 611, 700 A, 702 – – superior 562, 700 A, 702 – iliacus 562 – lienalis 562 – lumbalis 324 T, 325 T, 363 ff., 561, 696 – lumbosacralis 363, 561, 696 – mesentericus inferior 580 – – superior 580, 635 – myentericus (Auerbach-Plexus) 521, 568, 574, 576, 703 – nervosus cardiacus 464, 508, 702 – – caroticus 676 – – – externus 467 A, 468 A – – cervicalis 255 T, 455, 464 ff., 696 – – dentalis 403 – – – inferior 460 – – – superior 459 – – pharyngeus 409 T, 462, 463, 468 – – thyroideus impar 443 – – tympanicus 416, 462 A, 467 A
– oesophageus 457 T, 463, 464, 519 A, 521, 525, 562, 702 – pancreaticus 586 – pelvicus 562 – prostaticus 624 – pterygoideus 824 A, 825 – pudendus 365, 696 – pulmonalis 702 – rectalis 635 – renalis 562, 607, 620, 635, 700 A – sacralis 324 T, 325 T, 363, 364 A, 365 ff., 561, 696 – splenicus 596 – submucosus (Meißner-Plexus) 521, 568, 576, 703 – subserosus 576 – suprarenalis 562 – testicularis 627 T – tympanicus 672, 676 – uterovaginalis 640 – venosus(-i) cavernosus concharum 418 – – pampiniformis 558, 622, 623 T, 626, 627 T – – pharyngeus 435, 676 – – prostaticus 557, 611 A – – pterygoideus 408, 452, 453, 668 – – rectalis 557, 558 A, 581 A, 582 – – – Varizenbildungen 559 – – sacralis 557 – – suboccipitalis 209 – – uterinus 557, 611, 640 – – vaginalis 557, 640, 641 – – vertebralis externus 239, 453 T, 469 T, 524 T, 777 – – – – posterior 239 – – – inferior 819 A – – – internus 239, 524, 777 – – vesicalis 557, 610, 611 A, 624, 643 – – vesicoprostaticus 623 Plica(-ae) – alares 332 – aryepiglottica 432, 436 A – axillares 300 – caecalis vascularis 538 – cardiaca 563 – ciliares 655, 656 A – circulares (Intestinum tenue) 570 – duodenalis superior et inferior 537 – gastricae 564 – gastropancreaticae 536 A, 537
– glossoepiglottica lateralis 432 – – mediana 432 – ileocaecalis 538 – incuidalis 676 – longitudinalis duodeni 569 – mallearis anterior 672, 674 A, 675 – – posterior 672, 674 A, 675 – musculi tensoris tympani 676 – nervi laryngei 464 – palatopharyngea 433 – palmatae 637 A – pleuropericardiales 472 – pleuroperitoneales 473 – rectouterinae 550 – rectovesicalis 610 – salpingopharyngea 431 – semilunares coli 577 – spirales (Ductus cysticus) 591 – stapedialis 676 – sublingualis 417 – synovialis 174 – – infrapatellaris 332 – transversae recti 580 – umbilicalis lateralis 231 – – medialis 231, 232 A – – mediana 231 – vesicalis transversa 610 – vestibularis s.Taschenband 435, 436 A – villosae 564 – vocalis 435, 436 A, 440 Pluripotenz 106 Plurivakuläre Fettzelle 46 Plus-Ende, Mikrotubuli 18 Pneumatisierte Knochen 169, 376 Pneumonie 481 Pneumotaktisches Zentrum, Tegmentum 754 Pneumothorax 474, 487 Podozyten 601 Poikilozytose 126 Polarisationsmikroskopie 89 Polkissen 601 A, 602 Polkörperchen 633 Pollex s. Daumen 250 Polydaktylie 244 Polymastie 222 Polypeptid, pankreatisches 585 Polypeptidhormonbildende Zellen, Dünndarm 573 Polyribosomen 25 Polysaccharide 36 Polysomen 25
Polysomie 122 Polythelie 222 Polyzythämie 125 Pons 704, 737, 742 f., 746 A, 782, 786 A – Blutversorgung 757 – Entwicklung 708 Pontines Blickzentrum 785 Poren – Alveolen 484 – Kapillaren 514 – Lebersinusoide 589 Porin 26 Porta hepatis 533, 586 Portale Hypertension 292, 559 Portales Läppchen 587, 588 Portalgefäßsystem, Hypophyse 733 Portio – densa (Lig. hepatogastricum) 535 – flaccida (Lig. hepatogastricum) 535 – major (N. trigeminus) 458, 459 – minor (N. trigeminus) 459, 460 – supravaginalis (Cervix uteri) 636 – vaginalis (Cervix uteri) 636, 637, 640 Portokavale Anastomosen 239, 521, 524, 558 A, 559, 582 Porus – acusticus externus 386 A, 387, 422 A – – internus 379 A, 380 T, 384 T, 385, 780 A – gustatorius 413, 414 A Positronenemissionstomographie (PET), Kortexareale 715 Postganglionäre Neurone 811 Postganglionäre sympathische Fasern 562 Posticus 438 T, 440 – Lähmung 440 Postmenopause 639 Postpartale Zyklen 647 PP-Zellen, Langerhans-Inseln 585 Präameloblasten 402 Prächondrales Gewebe 46 Prächordalplatte 108 A, 109 Prädentin 401 A, 402 Prädeziduazellen 639 Präeklampsie 103 Präfrontale Assoziationsgebiete 814, 815 Präfrontaler Kortex 715
879 Sachverzeichnis
Präganglionäre Neurone – parasympathische 702, 811 – sympathische 698, 811 Präganglionäre sympathische Fasern 562 Präimplanationsdiagnostik (PID) 94 Prämenopause 639 Prämotorischer Kortex 715, 716 A, 779, 779, 781 Präsenile Demenz 816 Prä-supplementär-motorischer Kortex 716 A Präsynaptische Hemmung 691 Präsynaptische Membran 74 Prävertebrale Ganglien 698, 700 Prävertebrale Muskulatur 423, 429 A, 430 A Prävertebrale sympathische Fasern 562 Prävertebraler Bereich, Hals 423 Precuneus 713 A Preputium – clitoridis 642 A – penis 548 A, 626 Presbyopie 658 Pressorezeptoren 650 – Glomus caroticum 463 – Sinus caroticus 448 Presubiculum 807 A PRF (Prolaktin-releasing-factor) 732 Primäre Hörrinde 801 f. Primäre Induktoren 106 Primäre Sehrinde 797 f. Primärfollikel – lymphatische Organe 146 – Milz 595 – Ovar 621 A, 631 A, 632 – Tonsilla palatina 409 Primärharn 601 ff. Primärkontakt, Antigene 143 Primärpapillen, Zunge 412, 413 A Primärschweiß 163 Primär somatosensorischer Kortex 790 Primärzotten, Plazenta 96 A, 98 Primitivgrube 108 A, 109 Primitivknoten 107 f., 113 A, 497 Primitivrinne 107 f., 108 A Primitivstreifen 107 f., 113 A Primordialfollikel 631, 632 PRL (Prolactin Releasing Hormone) 732
Processus – accessorius 190 A, 200 – alveolaris (Maxilla) 385 A, 386, 388 – anterior (Malleus) 674 A, 675 – articularis inferior 190 – – superior 189 A, 190, 199 A, 200 – ciliaris 655, 656 A – clinoideus anterior 383, 384 T – – posterior 384 – cochleariformis 674 A – condylaris (Mandibula) 392 – coracoideus 245 A, 247, 253 A, 260 A, 264 – coronoideus (Mandibula) 392 – – (Ulna) 248, 249 A, 263 A – costalis 190 A, 200, 212 – ethmoidalis 390 A, 391 – frontalis (Maxilla) 388, 389 A, 390 T, 418 – – (Os zygomaticum) 388 – intrajugularis 385 – lateralis (Maleus) 674 A, 675 – – tali 317 – – tuberis calcanei 317 A, 318 A, 354 A – lenticularis 675 – mamillaris 190 A, 200 – mastoideus 209 A, 385 A, 386, 387 A, 422 A, 425 A – medialis tuberis calcanei 317 A, 354 A – muscularis (Cartilago arytaenoidea) 436 A, 437 A – orbitalis (Os palatinum) 389 A, 390 – palatinus (Maxilla) 385 A, 386, 390 – posterior tali 317, 318 A – pterygoideus (Os sphenoidale) 386 – sphenoidalis 390 A – spinosus 189 A, 190, 199 A, 200, 202 A, 209 – styloideus (Os temporale) 385 A, 386, 387 A, 404 A, 430 A – – – Entwicklung 425 – – (Radius) 246 A, 249, 284 A – – (Ulna) 246 A, 248, 249 A – temporalis (Os zygomaticum) 387, 388 – transversus 189 A, 190 – uncinatus (Os ethmoidale) 390 A, 391 – – (Pancreas) 538, 569 A – vaginalis peritonei 234
– vertebrae 189 – vocalis 436 A, 437 – xiphoideus 211 A, 213, 214 A, 215, 261 A – zygomaticus (Maxilla) 388 – – (Os frontale) 387, 388, 389 A – – (Os temporale) 385 A, 386 A, 387, 404 A, 422 A Proerythroblasten 126, 131 Progenie 392 Progesteron – Granulosazellen 634 – Körpertemperatur, basale 635 – Menstruation 634 A – Milchsekretion 224 – Pille 634 – Plazenta 103 – Wehentätigkeit 645 – Wochenbett 647 Progesteronrezeptoren, Endometrium 639 Projektionsbahnen, Kortex 721, 722 Projektionsfasern 718 A, 719 A Prokollagen 38 A, 39 Proktodeum 116 Prolaktin 732, 813 A – Deziduazellen 96 Prolaktin-release-inhibiting-factor (PIF) 732 Prolaktin-releasing-factor (PRF) 732 Prolaktoliberin 732 Prolaktostatin 732 Prolaps – Bandscheiben 193 – uteri 310 Proliferation 7, 20 Proliferationsphase, Menstruationszyklus 638 f. Proliferationszone, Knochenentwicklung 55 Prolin 39 Prometaphase 21 Prominentia – canalis facialis 673 – – semicircularis lateralis 673 – laryngis 437, 445 – mallearis 672 A, 675 – nervi facialis 676 Promontorium 201, 307 A – (Cavitas tympani) 673 Promyelozyt 128 Pronation – Fuß 342 – Unterarm 248, 268, 274, 278 A, 279 T
Pronephros 550 Proneuron(e) 689, 692 – apolares 689 – bipolares 689 – Neuralleiste 692 f. – Wachstumskegel 692 Pro-opiomelanocortin Derivate, Neuropeptide 813 A Prophase 20 Propriozeptive Bahnen, Körper 805 Propriozeptive Rezeptoren 787 Propriozeptoren, Gelenkkapsel 66 Prosekretgranula 25 A Prosencephalon 111, 704 – Entwicklung 708 Prosopagnosie 814 Prospektive Potenz 106 Prospermatogonien 615 Prostaglandine – basophile Granulozyten 133 A, 136 – Bläschendrüse 623 – Deziduazellen 96 – Niereninterstitium 605 Prostata 548 A, 549, 609 A, 612 A, 614, 623 f. – Anlage 621 A – Aussenzone 623 A, 624 – Entwicklung 620 A, 621 A – Histologie 624 – Innenzone 623 A, 624 – Lage 549 – Leitungsbahnen 624 – periurethrale Zone 623 A, 624 – Sekret 624 Prostatahyperplasie, benigne 624 Prostatakarzinom 624 Prostatasteine 624 Proteasen – Ejakulat 624 – neutrophile Granulozyten 136 Proteine – Biosynthese 75 – integrale 12 – mikrotubuliassoziierte (MAP) 18 – periphere 12 – Plasmamembran 12 Proteinkoagulatoren 88 Proteinplaques – Plasmamembran 14, 16 A – Zonulae occludentes 15
P
880
Sachverzeichnis
Proteoglykane 40 A, 41 – Arteriosklerose 513 – Bindegewebe, gallertiges 42 – Dermis 158 – Faserknorpel 49 – Interzellularsubstanz 40 A, 41 – Knorpel 47 f. Proteolytische Enzyme 575 Prothrombin 129 Protokollagen 39 Protopathische Sensibilität 787 Protoplasmatischer Astrozyt 85 Protrusion, Bandscheiben 193 Protuberantia – mentalis 392 – occipitalis externa 209, 385 A, 387 – – interna 384 T, 385 PRRF (pontines Blickzentrum) 786 Prussak-Raum 675 Pseudoarthrose 188 Pseudoglanduläres Stadium, Lungenanlage 480 Pseudopodien 110 Pseudounipolare Nervenzelle 72 Psoasarkade 218 Psychisches Geschlecht 553 Ptosis, Horner-Syndrom 657 Pubes 164 Puerperium 647 Pulmo s. Lunge 478 ff. Pulmonal(is)bogen 502 Pulmonalklappe 490 A, 492, 504 – Auskultationsstellen 507 A – Entwicklung 498 – Oberflächenprojektion 506 T Pulmonalstenose 500 f. Pulpa – dentis 401, 403 – rote, Milz 594 – weiße, Milz 594 Pulpaarterien 147, 594 Pulpavenen 147, 594, 596 Puls – A. brachialis 289 – A. dorsalis pedis 374 – A. femoralis 358 – A. metatarsalis dorsalis 374 – A. radialis 290, 302 – A. tibialis posterior 372 – A. tibilis anterior 359 Pulvinar 726 A, 727 A, 728
Punctum(-a) – adhaerens 15 – lacrimalia 665 – nervosum (Erb-Punkt) 446, 464 Pupille 658 – Dilatation 800 – Entwicklung 652 Pupillenreaktionen, Mittelhirnläsion 800 Pupillenreflexe 662 – Akkommodation 800 – konsensuelle 799 f. – Pupillenerweiterung s. Mydrias 799, 800 – Pupillenverengung s. Myosis 799 – Reflexbogen 796 A – Störungen 800 Pupillenstarre 800 Purkinje-Fasern 505 A, 508 Purkinje-Zellen 72 A, 73, 760 f., 762 f. – Axone/Dendriten 763 – GABAerge 760 – Impulsgebung 760 – unreife 762 Putamen 714 A, 720 f., 781 Pyelitis 608 Pygopagus 122 Pykniker 2 – Thorax 215 Pylorus 534, 563 A Pylorusdrüsen 567 Pyramidenbahn 740, 744, 745 A, 779 f. – Atmung 221 – Kreuzung 744, 776, 779 Pyramidenkreuzung s. Decussatio pyramidorum 738 A, 744 A, 776 A Pyramidenzellen 72 A, 73 – motorischer Kortex 779 – Sehrinde 799 Pyramidenzellschicht – äußere 718 – innere 719 Pyramides renales 599 Pyramis – (Medulla oblongata) 744 – vermis 759 A, 760 T
Q Quadratusarkade 218 Quadrizepsreflex 774 A Querbogen, Fuß 319
Querbrücken, Tropokollagenmoleküle 39 Querfortsätze s. Proc. transversus 190 Querschnittslähmung 776 – Dermatome 768 Querstreifung, Myofibrillen 62 Querwindung nach Heschl 716 f.
R Rachen 431 Rachendachhypophyse 734 Rachenmembran 109, 116 Rachischisis 707 Rachitis 56, 213 – Kielbrust 215 – O- oder X-Bein 330 – Thoraxform 215 Rachitischer Rosenkranz 213 Radgelenk 177 Radiärfasern, Kortex 717 Radiärglia 86 Radialabduktion 270 Radialispuls 290, 302 Radiatio – acustica 722 A – optica 722 A, 797 – thalami 722 A, 727 Radikuläre Innervation 696 Radikuläre Symptome 200 Radioanuläre Luxation 264 Radiokarpalgelenk 268 Radioulnargelenk – distales 268 – proximales 263 Radius 248, 249, 250 A, 263 A, 274 A, 284 A, 285 A – Ossifikationstermine 243 T – Taststellen 249 Radiusfraktur, distale 249 Radiusperiostreflex 774 A Radix(-ces) – anterior (Medulla spinalis) 694 – craniales (N. accessorius) 464, 749 – dentis 400, 401 A – facialis (Ganglion pterygopalatinum) 466 – lateralis (N. medianus) 295 – linguae 413 f., 425 – medialis (N. medianus) 295 f. – mesenterii 537 A, 538, 547, 557
– motoria (N. trigeminus) 458 A, 459 f. – – (Plexus cervicalis) 465 – nasi 418 – nasociliaris (Ganglion ciliare) 466 – oculomotoria (Ganglion ciliare) 466, 669 – penis 626 – posterior (Medulla spinalis) 694 – pulmonis 478 – sensoria (Ganglion ciliare) 466 – – (Ganglion oticum) 467 – – (Ganglion pterygopalatinum) 456 T – – (N. trigeminus) 458 A, 459 – – (Plexus cervicalis) 464 – spinalis (N. accessorius) 464 – superior (Ansa cervicalis) 446 – symphatica (Ganglion ciliare) 466 Radspeichenstruktur 141 Ramuli chorii 101 Ramus(-i) – acetabularis (A. circumflexa femoris medialis) 320 – – (A. obturatoria) 320, 556 – – (A. profunda femoris) 358 – acromialis (A. suprascapularis) 288 A, 448 A – ad pontem 448 T – alveolares medii 459 – – superiores anteriores 459 – – – medii 459 – – – posteriores 458 A, 459 – anterior(-es) (A. collateralis radialis) 289 – – (A. obturatoria) 556 – – (A. pancreaticoduodenalis inferior) 585 – – (A. recurrens ulnaris) 289 A, 291 – – (A. renalis) 606 – – (N. cervicalis) 210 – – (N. cutaneus antebrachii medialis) 299 A, 302 A – – (N. obturatorius) 364 – – (N. spinalis) 240, 694 A, 695 f. – – (Nn. coccygei) 363 – – (Nn. lumbales) 363 – – (Nn. sacrales) 363 – – (Plexus lumbalis) 363 – articularis (A. descendens genus) 358 A
881 Sachverzeichnis
– ascendens (A. circumflexa femoris lateralis) 358 A – – (A. profunda femoris) 358 A – atrialis(-es) (A. coronaria dextra) 509 – – anastomoticus (A. coronaria sinistra) 508 – – intermedius (A. coronaria sinistra) 509 – atrioventriculares (A. coronaria sinistra) 509 – auriculares(-is) (A. auricularis posterior) 449 T, 450 T – – anteriores (A. temporalis superficialis) 449 T, 452 T – – (N. auricularis) 450 – – (N. vagus) 457 T, 463, 671 – bronchiales (Aorta) 485, 523 – – (N. vagus) 464, 519 A – buccales (N. facialis) 461 – calcanei laterales (A. tibialis posterior) 360 A – – – (N. suralis) 367 A – – mediales (A. tibialis posterior) 360 A – cardiaci cervicales inferiores (N. vagus) 457 T, 463 A, 464, 508, 519 A, 527 – – – superiores (N. vagus) 457 T, 463 A, 464, 508, 519 A – – thoracici (N. vagus) 508 – caroticotympanici (A. carotis interna) 452, 676 – caroticus 452 – carpalis dorsalis (A. recurrens radialis) 290 – – – (A. ulnaris) 290 A, 291 – – palmaris (A. recurrens radialis) 290 – – – (A. ulnaris) 290 A, 291 – choroidei posteriores (A. cerebri posterior) 728 – circumflexus (A. coronaria sinistra) 504 A, 508 – – fibularis (A. tibialis posterior) 360 A – clunium inferiores 367 A – – medii 363, 367 A – – superiores 363, 367 A – cochleares (A. labyrinthi) 684 – collateralis (A. thoracica interna) 237 A – colli (N. facialis) 428 T, 461 – communicans(-tes) (A. tibialis posterior) 360 A – – albus 694 A, 695, 698
– – anterior (A. carotis interna) 723 – – cum ganglio ciliari 669 – – cum nervo lacrimale 665 – – cum nervo ulnari 295, 298 – – cum nervo zygomatico 458 A – – fibularis (N. fibularis communis) 367 – – – (N. fibularis profundus) 366 – – (Ganglion submandibulare) 468 – – griseus 694 A, 695, 699 – – (N. facialis) 461 – – (N. vagus) 463 – – posterior (A. carotis interna) 723 – – (Truncus sympathicus) 561 – coni arteriosi (A. coronaria dextra) 509 – – – (A. coronaria sinistra) 509 – conjunctivales (N. lacrimalis) 669 – cricothyroideus (A. thyroidea superior) 448, 449 T – cutaneus(-i) antebrachii medialis 302 A – – anterior (Nn. intercostales) 240 – – anteriores (N. femoralis) 367 A – – – (N. saphenus) 365 – – cruris medialis (N. saphenus) 365 A, 367 A – – lateralis (A. intercostalis posterior) 236, 237 A – – – (A. thoracica interna) 237 A – – – (N. iliohypogastricus) 240, 367 A – – – (Nn. intercostales) 240 – – medialis (A. intercostalis posterior) 236, 237 A – – – (N. tibialis) 367 A – – (N. femoralis) 367 A, 371 A – – (N. iliohypogastricus) 240 – – (N. obturatorius) 367 A – – nervorum digitalium palmarium communium nervi mediani et nervi ulnaris 299 A – deltoideus (A. profunda brachii) 288 A, 289 A – dentales (A. alveolaris inferior) 403
– – (A. alveolaris superior posterior) 403 – – inferiores (N. alveolaris inferior) 460 – descendens (A. circumflexa femoris lateralis) 358 A – dexter (A. hepatica propria) 554, 593 – – (Vena portae hepatis) 587 – digastricus (N. facialis) 461 – dorsalis(-es) (A. intercostalis posterior) 236, 237 A – – linguae (A. lingualis) 449 T – – (N. ulnaris) 297, 299 A – duodenales (A. pancreaticoduodenalis superior anterior) 576 – – (A. pancreaticoduodenalis superior posterior) 554, 576 – externus (N. laryngeus superior) 440, 463 – femoralis (N. genitofemoralis) 364, 367 A, 369, 370 A, 774 T – frontalis (A. temporalis superficialis) 449 T, 452 – ganglionares 466 – – ad ganglion pterygopalatinum (N. maxillaris) 459 – gastrici (A. gastroomentalis dextra/sinistra) 567 – – anteriores (Truncus vagalis anterior) 464 – – posteriores (Truncus vagalis posterior) 464 – genitalis (N. genitofemoralis) 228 T, 363, 364 A, 367 A, 627 T, 643, 774 T – gingivales inferiores (N. alveolaris inferior) 460 – glandulares (A. laryngea superior) 448 – – (Ganglion submandibulare) 468 – iliacus (A. iliolumbalis) 555 – inferior (A. renalis) 606 – – (N. oculomotorius) 456 T, 667 A, 669 – – ossis pubis 233 T, 305 A, 309 A – infrapatellaris (N. saphenus) 365, 367 A – intercostales (A. musculophrenica) 238 – – anteriores (A. thoracica interna) 236 f., 238 A, 448 T – interganglionares 699 – interganglionaris 468 A, 700 T
– intermedius (A. hepatica propria) 554 – internus (N. laryngeus superior) 448, 463 – interventricularis(-es) (A. coronaria sinistra) 509 – – anterior (A. coronaria sinistra) 504 A, 509 – – posterior (A. coronaria dextra) 509 – – septalis (A. coronaria dextra) 508, 509 – isthmi faucium (N. lingualis) 460 – labiales (A. pudenda interna) 556 – – anteriores (A. femoralis) 643 – – posteriores (A. pudenda interna) 643 – – superiores (N. maxillaris) 395 – laryngopharyngei (N. caroticus externus) 469 – lateralis (A. coronaria sinistra) 509 – – (A. pontis) 756, 757 A – – (N. supraorbitalis) 395, 669 – linguales (N. glossopharyngeus) 457 T, 462 A, 463 – – (N. hypoglossus) 464 – – (N. vagus) 463 – lumbalis (A. iliolumbalis) 555 – malleolares laterales (A. tibialis posterior) 360 A – – mediales (A. tibialis posterior) 360 A – mammarii (A. intercostalis posterior) 224 – – (A. thoracica interna) 237, 238 A, 448 T – – laterales (A. thoracica lateralis) 224 – – – (Nn. intercostales) 240 – – mediales (A. thoracica interna) 224 – – (Nn. intercostales) 240 – mandibulae 391 f., 404 A, 430 A – marginalis dexter (A. coronaria dextra) 509 – – mandibulae (N. facialis) 461 – – sinister (A. coronaria sinistra) 509 – medialis(-es) (A. pontis) 756, 757 A ▼
P–R
882
Sachverzeichnis
Ramus(-i) – – (N. supraorbitalis) 395, 669 – mediastinalis(-es) (A. thoracica interna) 238 A, 448 T – – (Aorta) 523 – medullaris(-es) lateralis (A. inferior anterior cerebelli) 757 A – – – (A. vertebralis) 757 A – – mediales (A. spinalis anterior) 756 – – – (A. vertebralis) 756 – – medialis (A. inferior anterior cerebelli) 757 A – – – (A. vertebralis) 757 A – membranae tympani (N. auriculotemporalis) 460 – meningeus (A. vertebralis) 448 T – – anterior (A. ethmoidalis anterior) 668 – – (N. mandibularis) 456 T, 460 – – (N. maxillaris) 456 T, 459 – – (N. spinalis) 694 A, 695, 696, 820 – – (N. vagus) 457 T, 463 – – recurrens (tentorius) (N. trigeminus) 456 T – musculares (A. cervicalis ascendens) 448 – – (A. intercostalis posterior) 236, 237 A – – (A. ophthalmica) 668 – – (N. accessorius) 464 – – (N. axillaris) 297 – – (N. femoralis) 371 T – – (N. iliohypogastricus) 240 – – (N. medianus) 295 – – (N. radialis) 298 – – (N. saphenus) 365 – – (N. ulnaris) 297 – – (N: musculocutaneus) 294 – – (Nn. intercostales) 240 – – (Plexus lumbalis) 363 – musculi stylopharyngei (N. glossopharyngeus) 462 – mylohyoideus (A. alveolaris inferior) 449 T, 451 – nasales anteriores laterales (N. infraorbitalis) 419 T – nasalis(-es) externus (N. ethmoidalis anterior) 395, 669 – – – (N. maxillaris) 395 – – interni laterales (N. ethmoidalis anterior) 419 T – – – mediales (N. ethmoidalis anterior) 419 T
– – laterales (N. ethmoidalis anterior) 669 – – – (N. maxillaris) 456 T – – mediales (N. ethmoidalis anterior) 669 – – – (N. maxillaris) 456 T – – (N. trigeminus) 458 A – – posteriores inferiores (N. palatinus major) 419 T, 459, 466 – – – (N. maxillaris) 416 A, 456 T – – – superiores laterales (N. maxillaris) 419 T, 459, 466, 467 A – – – – mediales (N. maxillaris) 419 T, 459, 466 – – superiores (N. maxillaris) 456 T – nodi atrioventricularis (A. coronaria dextra) 509 – – sinuatrialis (A. coronaria dextra) 507, 509 – obturatorius (A. epigastrica inferior) 238 – occipitales (A. auricularis posterior) 449 T, 450 – oesophageales (A. gastrica sinistra) 553 – oesophageales/oesophagei (A. subclavia) 521 – – (A. thyroidea inferior) 521 – – (Aorta) 523 – – (N. laryngeus recurrens) 521 – – (N. vagus) 457 T, 464 – omentales (A. gastroomentalis dextra/sinistra) 564 A – orbitales 466 – ovaricus (A. uterina) 555 A, 556, 635, 640 – palmaris (N. medianus) 295, 299 A – – (N. ulnaris) 297, 299 A – – profundus (A. ulnaris) 290 A, 291 – – superficialis (A. radialis) 303 – – – (A. recurrens radialis) 290 – palpebrales (N. lacrimalis) 669 – pancreatici (A. pancreaticoduodenalis superior posterior) 554 – – (A. splenica) 554, 583 A, 585 – parietalis (A. temporalis superficialis) 449 T, 452
– parotidei (A. temporalis superficialis) 449 T, 452 – – (N. auriculotemporalis) 460 – – (V. facialis) 452 – pectorales (A. axillaris) 288 A – – (A. thoracoacromialis) 224 – perforans(-tes) (A. fibularis) 360 A, 361 – – (A. thoracica interna) 237 A, 238 A – – (A. tibialis posterior) 360 A – – (Aa. metacarpales palmares) 290 – – (Aa. metatarsales dorsales) 360 A – pericardiacus(-i) (Aorta) 523 – – (N. phrenicus) 511, 525 – perineales (N. cutaneus femoris posterior) 365 – pharyngei (A. pharyngea ascendens) 449 T, 450 – – (A. thyroidea inferior) 435 – – (N. glossopharyngeus) 457 T, 462 – – (N. maxillaris) 456 T – – (N. vagus) 457 T, 463 – phrenicoabdominales (N. phrenicus) 525, 561 – phrenicoabdominalis (N. phrenicus) 219 – plantaris profundus 360 A – posterior (A. collateralis radialis) 289 – – (A. obturatoria) 556 – – (A. pancreaticoduodenalis inferior) 585 – – (A. recurrens ulnaris) 289 A – – (A. renalis) 606 – – (A. ulnaris) 291 – – (N. cervicalis) 210 – – (N. obturatorius) 364 – – (N. spinalis) 204, 240, 694 A, 695, 696 – profundus (A. glutea superior) 369 A, 556 – – (A. plantaris medialis) 360 A, 361 – – (A. transversus cervicis) 448 T – – (N. plantaris lateralis) 368 – – (N. radialis) 277 T, 278 T, 298, 302, 303 T – – (N. ulnaris) 283 T, 286 T, 296 A, 297 – pterygoidei (A. maxillaris) 449 T, 451 – pubicus (A. epigastrica inferior) 238
– – (A. iliaca externa) 238 A – – (A. obturatoria) 556 – saphenus (A. descendens genus) 358 A – scrotales (A. pudenda interna) 556 – septales nasi (N. nasopalatinus) 419 T – sinister (A. hepatica propria) 554 – – (Vena portae hepatis) 559 A, 587 – sinus carotici (N. glossopharyngeus) 449, 457 T, 462 – spinales (A. cervicalis ascendens) 448 – – (A. cervicalis profunda) 448 – – (A. vertebralis) 448 T – spinalis (A. intercostalis posterior) 237 A – sternales (A. thoracica interna) 237 A, 238 A – sternocleidomastoideus (A. occipitalis) 450 A – – (A. pharyngea ascendens) 449 T – – (A. thyroidea superior) 448, 449 T – – (Plexus cervicalis) 466 – stylohyoideus (N. facialis) 461 – subendocardiales 508 – subscapulares (A. axillaris) 288 – superficialis (A. glutea superior) 369 A, 556 – – (A. plantaris medialis) 360 A, 361 – – (A. transversus cervicis) 448 T – – (N radialis) 302 – – (N. plantaris lateralis) 368 – – (N. radialis) 298 A, 299 A – – (N. ulnaris) 297, 303 – superior (N. oculomotorius) 456 T, 667 A, 668 – – ossis pubis 305 A, 309 A, 321 T – temporales (N. facialis) 461 – – superficiales (N. auriculotemporalis) 460 – tentorii (N. ophthalmicus) 669, 819 – thalamici (A. cerebri posterior) 728 – thymici (A. thoracica interna) 238 A, 448 T
883 Sachverzeichnis
– tonsillares (A. facialis) 449 T, 450 A – – (A. palatina ascendens) 410, 450 – – (N. glossopharyngeus) 457 T, 462 – – (N. palatinus major) 459 – tracheales (A. thyroidea inferior) 526 – – (N. laryngeus recurrens) 526 – – (N. vagus) 464 – transversus (A. circumflexa femoris lateralis) 358 A – – (A. profunda femoris) 358 A – trapezius (Ansa cervicalis) 466 – tubarius (A. uterina) 556, 636, 640 – – (N. glossopharyngeus) 462 – – (N. tympanicus) 462 – ulnaris (N. cutaneus antebrachii medialis) 299 A – vaginales (A. pudenda interna) 641 – – (A. uterina) 556, 630 A, 640 A – ventrales (N. cervicalis) 428 T, 429 T – – (N. spinalis) 464 – ventriculares (A. coronaria dextra) 509 – vestibulares (A. labyrinthi) 684 – viscerales (Truncus sympathicus) 526 – zygomatici (N. facialis) 461 – zygomaticofacialis (N. zygomaticus) 395, 458 A – zygomaticotemporalis (N. zygomaticus) 395, 459 Randleiste – Extremitätenentwicklung 241 – Wirbelkörper 190 – – Ossifikationstermin 193 T Randschleier, Rückenmark 705 Randzone, Sekundärfollikel 146 f. RANKL (Receptor for Activation of Nuclear Kappa B Ligand) 53 Ranvier-Schnürringe 71, 80 f. Raphe – pharyngis 386, 433 – pterygomandibularis 404, 405 A, 430 A, 433 A – scroti 232 A, 626
Raphekerne 752 A, 781 Rasterelektronenmikroskopie 90 Rathke-Tasche 734 Raues endoplasmatisches Retukulum s. RER 26 Rautengrube 739 A, 744 Rautenhirn, Entwicklung 111 Rautenhirn s. Rhombencephalon 737 Rautenlippen 708, 709 A, 759 Reaktionszentren, Sekundärfollikel 146 Receptaculum seminis 643 Recessus – axillaris 252 – costodiaphragmaticus 487, 488 A, 527 – costomediastinalis 487, 488 A, 529 – duodenalis superior et inferior 537 – epitympanicus 670 A, 672 A, 673, 674 A – hepatorenalis 534 – ileocaecalis inferior 538 – – superior 538 – inferior bursae omentalis 537 – infundibuli 726 A, 731 A, 821 A, 822 – intersigmoideus 537 A, 540 – lateralis (Ventriculus lateralis) 820 – membranae tympani anterior 675 – – – posterior 675 – – – superior 672 A, 675 – opticus 726 A, 821 A, 822 – paracolici 540 – pharyngeus 431 – phrenicomediastinalis 487 – pinealis 821 A, 822 – piriformis 432, 436 A – retrocaecalis 539 – sacciformis distalis 268 – – proximalis 264 – sphenoethmoidalis 390, 432 A – splenicus (lienalis) 536 A, 537 – subhepatici 534 – subphrenici 533 – subpopliteus (Capsula articularis genus) 332 – superior bursa omentalis 536 – – (Capsula articularis genus) 332
– suprapatellaris (Capsula articularis genus) 332 – suprapinealis 821 A, 822 – tubotympanicus 426, 670 A, 673 Rechtsverschiebung, Differentialblutbild 127 Rectum 580 f. – Atresie 552 – Blutgefäße 582 – Entwicklung 551 A, 552 A – Epithel 11 – Innervation 582 – Lage 549 – Leitungsbahnen 582 – Muskulatur 581 – Zonen 580 f. 5a-Reduktase 158 Reflektorische Pupillenstarre 800 Reflexbogen – mono-/polysynaptischer 691 – Rückenmark 773 Reflexe 799 – bulbäre 753 – kutiviszerale 703 – parasympathische 810 – spinale 773 – vestibulär-optische 786 – viszerokutane 809 – viszerosomatische 703 – viszeroviszerale 703 Reflexzentren – auditive 742 – vegetative 809 – visuelle 741 Reflux, venöser 362 Refluxösophagitis 519 Regelblutung 639 Regelkreise, endokrines System 32 A Regenbogenhaut s. Iris 656 Regeneration 7, 20 ff. – Epidermis 156 – Nervenfasern 82 Regenerationsfähigkeit, Sehnen/Skelettmuskeln 186 Regio(-nes) – abdominalis(-es) 532 A – – inferior 214 A – – media 214 A – – superior 214 A, 531 – analis 311 – antebrachii anterior 246 A, 302 – – posterior 246 A – brachialis anterior 246 A – – posterior 246 A
– – – – – – –
buccalis 420 calcanea 314 A cervicalis anterior 214 A, 445 – lateralis 214 A, 445, 446 – posterior 202 A, 445 clavicularis 214 A cruris anterior 314 A, 340, 372 – – posterior 314 A, 340, 372 – cubitalis anterior 246 A, 262 – – posterior 246 A, 262 – deltoidea 214 A, 246 A – entorhinalis 793, 806, 807 A – epigastrica 214 A, 231, 531 – femoris anterior 314 A, 330 – – posterior 314 A, 330 – genus anterior 314 A, 372 – – posterior 314 A, 372 – glutealis 202 A, 314 A, 368 – hypochondriaca 214 A, 231, 531 – inframammaria 214 A – infrascapularis 202 A – inguinalis 214 A, 231, 232 A, 531 – lateralis (abdominis) 214 A, 231 – lumbalis 202 A – malleolaris lateralis 314 A, 340, 372 – – medialis 314 A, 340, 372 – olfactoria 651 – pectoralis 214 A – periamygdalaris 793 – perinealis 311 – prepiriformis 793 – pubica 214 A, 231, 531 – sacralis 202 A – scapularis 202 A, 246 A – sternocleidomastoidea 214 A, 445, 446 – subinguinalis 369 – sublingualis 422 – suprascapularis 202 A – umbilicalis 214 A, 231, 531 – urogenitalis 309, 311 – vertebralis 202 A Regionäre Lymphknoten 148 Regulation, endokrine Drüsen 32 Regulatorgene 106 Reifezeichen 120, 242 – Knochenkerne 56 Reinke-Kristalle, Leydig-Zellen 619 Reinnervation 83 Reithosenanästhesie 369 Rektum s. Rectum 580 Rektusdiastase 230
R
884
Sachverzeichnis
Rektusscheide 229 – hinteres Blatt 227 A, 229 – vorderes Blatt 227 A, 229 Rekurrensparese 440 Rekurrente Kollaterale 71 Relaisneurone, Hinterhorn 780 Relative Herzdämpfung 503 Release inhibiting hormone (RIH) 732 Releasing Hormone (RH) 32 A, 732 Ren s. Niere 598 ff. Renculus 600 Renin 602 Rennen 358 Renshaw-Zelle 770 RER (raues endoplasmatisches Retikulum) 23 A, 25 A, 26 Reservestreckapparat, Kniegelenk 333 Reservezone, Knochenentwicklung 55 Residualkörper 29 A Resorption 12 – Dünndarm 572 – rezeptormediierte 28 Resorptionszone, Epiphyse 56 Resorzinfuchsin-Färbung 39 Respiratorische Abschnitte, Bronchialbaum 483 Respiratorisches Epithel 11, 477 Restitutionsphase, Mitose 21 Restriktionspunkte 20 Rete – acromiale 288 A, 289, 448 – articulare cubiti 289, 291 – – genus 359, 360 A – calcaneum 360 A – carpale dorsale 290 f., 291 – – palmare 290 f., 291 – malleolare laterale 360 A – – mediale 360 A – ovarii 621 A – scapulae 448 – testis 614, 615 A, 616 A, 621 A – venosum dorsale manus 292 – – – pedis 361 Retikuläre Fasern 39, 42, 64 A Retikuläres Bindegewebe 42 Retikularis-(Weck-)System 728 – Verbindungen 751 f. Retikulozyten 126 Retikulumzellen 34 f., 42 – Thymus 517 Retina 652 A, 653 A, 656 A, 658, 659 A, 662 A, 795, 796 A – blinder Teil (Pars caeca) 658
– – – – – – – –
Entwicklung 658 Ganglienzellen 799 Gliederung 662 Kortexprojektion 798 Pars optica 658 Rezeptorzellen 659 Schichtenfolge 659 ff. Sinnesepithelzellen 660, 661 A Retinaculum(-a) 182, 184 – cutis, Plantaraponeurose 354 – (Gl. mammaria) 223 – laterale (Vagina bulbi) 667 – mediale (Vagina bulbi) 667 – musculorum extensorum inferius/superius (Pes) 350, 354 – – – (Manus) 281 – – flexorum (Pes) 281, 350 – – (Manus) 281, 303 – – peroneorum inferius/superius 350 – patellae laterale 333, 335 A, 337 A – – mediale 333, 335 A, 337 A – Subcutis 159 – trabeculares 655 A, 657 Retinitis pigmentosa 662 Retrobulbärabszess 391 Retrobulbärer Fettkörper 668 Retroflexio uteri 636 Retrograde Degeneration 82 Retrograder Transport 72 Retrolentikulärer Teil, Capsula interna 797 Retroperitoneale Abszesse 325 Retroperitoneale Anastomosen 559 Retroperitoneale Lage, sekundäre 546 Retroperitoneale Organe 530, 538 – sekundäre 530 Retroplazentares Hämatom 646 Retroversio(n) – Hüftgelenk 322 – Schultergelenk 254 – tibiae 315 Retzius-Streifen 402 Reversible Dehnbarkeit 39 Reward-(Belohnungs-)Mechanismus, Dopamin 812 Rezeptoren 690 – Gelenke 174 – intrazelluläre, Hormone 31 – Muskeln 185 – propriozeptive 787
– sensorische 716 – subsynaptische 74 Rezeptororgane, Haut 160 ff. Rezeptorproteine 12 Reziproke Synapsen 75 Rhachischisis 192 Rhesusfaktor, Erythrozyten 126 Rh-Inkompatibilität 104 Rhodopsin 659 Rhombencephalon 670 A, 704, 734 A, 737 – Entwicklung 111, 708, 709 A, 710 A Ribosomen 25 – freie 25, 70 – membrangebundene 25 Richtungshören 802 Riechepithel 418 A Riechkolben 418 A Riechorgan 418, 651 Riechplakoden 112, 393 Riechrinde, primäre 793 Riechsäckchen 398 A Riesenzellen – Osteoklasten 53 – trophoblastische 101 RIH (Release inhibiting hormone) 732 Rima – glottidis s. Stimmritze 436 A, 437 – interglutealis (ani) 326 – oris s. Mund 407 – palpebrarum 664 – phonetica 437 – pudendi 641 – respiratoria 437 – vestibuli 435 Rinde – Haare 164 – Lymphknoten 149 A, 150 – Nebenniere 596 Rindenfeld(er) – auditive/visuelle 716 – nach Broca 715 – primäre/sekundäre 716 – nach Wernicke 716 f., 814 Rindengranula, Eizelle 633, 644 A, 645 Rindenlabyrinth, Niere 600 Rindensinus, Lymphknoten 149 A Ringfaserscheide (Spermatozoen) 619 Ringknorpel s. Cartilago cricoidea 437 Rippen 212 f. – Bau 212
– Entwicklung 212 – Ossifikationstermine 193 T – Taststellen 213 Rippenbögen 215 Rippenfell 486 Rippenfellentzündung 487 Rippenfortsatz, Entwicklung 191 Rippenknorpel 48, 213 Rippenwirbelgelenke 199 RNA 25 Robertson-Phänomen 800 Röhrenknochen 168 – Entwicklung 54, 55 A Röntgenmikroskopie 89 Rohr-Fibrinoid 101 A, 104 Rosenkranz, rachitischer 213 Rosenmüller-Lymphknoten 363 Rostrum corporis callosi 722 Rotatorenmanschette 252, 253 Rotes Knochenmark 130 Rückbildungsphase, sexuelle 644 Rücken 3 – Arterien 263 f. – Beweglichkeit 189 – Fazien 209 – Hautinnervation 240 – Knochenpunkte, tastbare 202 A – Oberflächenrelief 202 – Stabilität 189 – Taststellen 202 A, 209 A – Topographie 209 f. Rückenbeschwerden 200 Rückenmark s. Medulla spinalis 765 – Entwicklung 111 Rückenmarknerven 694 ff., 771 Rückenmarkreflex, Miktion 610 Rückenmarksbahnen, somatotope Gliederung 773 Rückenmarkshäute 819 f. – Innervation 820 Rückenmuskeln 189, 202, 203 A, 257 A – autochthone 203 ff. – Entwicklung 191 – Iliokostalis-Gruppe 203 A – Innervation 240 – interspinales System 203 A, 205 A – intertransversales System 203 A, 205 T, 206 T – kleine 202 – lateraler Trakt 205, 208
885 Sachverzeichnis
– – – – –
Longissimus-Gruppe 203 T medialer Trakt 204 f., 207 f. oberflächliche 202 paravertebrale 203 f. sakrospinales System 203 A, 205, 207 T – spinales System 204 – spinohumerale 202 – spinokostale 202 – spinoskuläre 202 – spinotransversales System 203, 205, 206 A – transversospinales System 203, 205 A – Verspannungen 208 Rückenschmerzen 209 Rückenschule 208 Rückfuß 315, 317 A Rückresorption, Niere 603 Rückwärtshemmung 691, 770 Ruffini-Körperchen 162, 650 Rugae vaginales 641 Rumpf 189 ff. – Arterien 236 – Bewegungssteuerung 741 – Dorsalextension 230 – hintere Wand 189 ff. – Lateralflexion 230 – Lymphgefäße 239 – Nerven 240 – Rotation 230 f. – Venen 238 ff. – Ventralflexion 230 – vordere Wand 211 ff. Rumpfataxie 784 Rumpfschwanzknospe 244 Rumpfskelett, Ossifikationstermine 193 T Rundes Fenster 673, 678 Rundstab, Zug- und Druckspannungen 170, 171 A
S Sacculus(-i) – alveolares 483 A, 484 – – Entwicklung 486 – Entwicklung 677 – (Innenohr) 670 A, 677 A, 678 A, 682 A, 803 A – laryngis 435 – mitochondriales 26 Saccus – aorticus 493 A, 495, 496 T, 497 – endolymphaticus 677 A
– lacrimalis 665, 666 Säbelscheidentrachea, Struma 441 Sägeblattstruktur 639 Sättigungsgefühl 730 Säulen, vertikale, Isokortex 717 Säulenknorpel 55 Säure-Basen-Haushalt, Regulation 603 Säurefuchsin 89 Säureschutzmantel 163 Sakkadische Augenbewegungen 786 Sakralisation 192 – Lendenwirbel 212 Sakralkyphose 306 Sakralmark 767 Sakralnerven 695 Sakralsegmente 766 A, 767 Sakrospinales System, Rückenmuskeln 203 A, 205 T, 207 T Salpinx s.Tuba uterina 635 Saltatorische Erregungsleitung 81 Samenhügel 623 Samenkanälchen 615 Samenleiter s. Ductus deferens 622 Samenstrang s. Funiculus spermaticus 626 T, 627 T Sammelrohr 600 – Entwicklung 551 Sammelrohre 605 Sammelvenen, sublobuläre 587 Sarkolemm 61, 63 A, 64 A, 65 A, 180 Sarkomer 62 f., 63 Sarkoplasma – Herzmuskelzellen 67 – Skelettmuskulatur 61, 63 Sarkoplasmatisches Retikulum 61 f. – Herzmuskelzellen 67 – Kalziumionen, Rücktransport 63 Sarkosomen 61, 63 Satellitenzellen 64 – Herzmuskelzellen 67 Sattelgelenk 176, 177 – (Art. carpometacarpalis pollicis) 269 f. Saugreflex 753 Saumepithel (Zahnhals) 402 – äußeres 401 A – inneres 401 A Saumzellen, Dünndarmschleimhaut 572
Saure Farbstoffe 89 Scala – media s. Ductus cochlearis 678 f. – tympani 678, 679 A – vestibuli 678, 679 A Scanningelektronenmikroskopie 90 Scapula 245 A, 247 – alata 258 – Muskelansätze 247 – Muskelursprünge 247 – Ossifikationstermine 243 T Schädel 376 ff – Entwicklung 116, 376 f. – Fehlbildungen 377 – Foramina 380 T, 381 T, 382 T, 383 T – Form 392 – Impressionsfrakturen 393 – Knochen 377 T – Schwachstellen 393 – Seitenansicht 387 – von vorne 387 ff. Schädelbasis 378 ff. – außen 385 ff. – Entwicklung 378 f. – Frakturen 393 – innen 379 ff. – Verstrebungen 392 f. Schädeldach 377 f. – Entwicklung 377 – Muskel 396 T Schädelinnenraum, venöse Abflüsse 824 Schalenkörper s. Putamen 720 f. Schallaufnahmeapparat 677 Schallsignalleitung, Haarzellen, innere 680 Schaltlamellen 50 A, 51 Schaltstück – Drüse 27 A, 30 – Ductus pancreaticus 584 Schaltzellen – Rückenmark 770 – Sammelrohr 605 Schambein s. Os pubis 304 Schambeinfuge s. Symphysis pubica 173, 305 Schamberg s. Mons pubis 642 Schambogenwinkel 307 Schamhaare 164 Schamlippen – große 641, 642 – kleine 641, 642 Scharlachrot-Stadium 83
Scharniergelenk 176 A, 177 – Daumengrundgelenk 272 – Kiefergelenk 404 Scheide s. Vagina 640 Scheidengewölbe 640 Scheidenkutikula 165 A Scheidenvorhof 641 Scheitelbein s. Os parietale 387 Scheitelbeuge 708, 709 A Scheitel-Fersen-Länge (SFL) 118 Scheitellappen s. Lobus parietalis 714 Scheitel-Steiß-Länge (SSL) 100, 118 Schenkelhals s. Collum femoris 312 – Torsion 312 Schenkelhalsachse 312 A, 313 A, 331 A Schenkelhalsfraktur 359 Schenkelhalsschaftwinkel 312 A, 331 A Schenkelhernie(n) 235 T, 369, 370 T – Corona mortis 238 Schenkelkanal 370 Schenkelring 369 Scherengitter 43 Scheuermann-Krankheit 201 Scheuklappenblindheit 796 A Schielen 799 Schienbein s.Tibia 315 Schienbeinkante 315 T, 316 T Schilddrüse 32, 441 ff. – Anlage 113 A – C-Zellen 442 – Entwicklung 441 f. – Follikelepithelzellen 442 – Gefäße und Nerven 443 – Kapsel 441 – Kolloid 442 – Über-/Unterfunktion 443 Schilddrüsenfollikel 441, 442 Schildknorpel s. Cartilago thyroidea 436 – Entwicklung 425 Schläfenbein s. Os temporale 386 Schläfenlappen s. Lobus temporalis 715 Schlaf 751 Schlaganfall 723 Schleifenbahnen, Lemniskussysteme 755
R–S
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Sachverzeichnis
Schleifenschenkel, Nierentubuli 602 f. – absteigender 600 T – – dicker 600 T, 602 T – – dünner 600 T, 602 f. – aufsteigender, dicker 600 T, 604 – – dünner 600 T, 604 T Schleim 23 Schleimbeutel 181 Schleimstühle 572 Schleimzellen, Magen 566 Schlemm-Kanal 657 Schlitzmembran, Glomeruluskapillaren 602 Schluckakt 433 Schluckreflex 753 Schluckstörungen 758 Schlüsselbein s. Clavicula 246 Schlüsselbeingelenk 251 Schlundbögen s. Branchialbögen 424 Schlundfurchen 424 – Entwicklung 426 Schlundheber 433, 434 T Schlundschnürer 433, 434 T Schlundtaschen 113 A, 424 – Entwicklung 426 Schlussleistennetz 16, 27 A Schlussrotation 335 Schmelz 401 A, 402 Schmelzbildner s. Ameloblasten 402 Schmelzbildung 402 Schmelzepithel – äußeres 401 A, 402 – inneres 401 A, 402 Schmelzorgan 401 A, 402 Schmelzprismen 402 Schmelzpulpa 401 A, 402 Schmerz, Entzündung 136 Schmerzempfindungen 790 ff. – Substanz P 792 – übertragene 703 Schmerzfasern, Kortex 792 Schmerzintensität 792 Schmerzinterpretation 792 Schmerzkontrolle, Retikularissystem, absteigendes 751 Schmerzleitung – C-Fasern 792 – Störung 758 Schmerzrezeptoren 650 Schmerzsignale 791 – Kortex 792 Schmetterlingsfigur, Rückenmark 769 Schmidt-Lanterman-Einkerbung 80
Schnecke s. Cochlea 678 Schneidezähne 400 Schnellender Finger 282 Schneller Transport 72 Schnellkraftmuskeln, Fast-Fasern 64 Schnittdicke 88 Schräge Gesichtsspalte 399 Schräger-Hunter-Streifen 402 Schreiben 715 Schubladenphänomen 334 Schulter(bereich/-region) 250, 251, 252 – akromiohumerale Gleichtschicht 253, 254 – Anastomosen 289 – Arterien 288 ff. – Drehbewegungen 258 – Faszien 261, 262 – Heben und Senken 258 – Lymphsystem 293 – Nerven 293 ff. – skapulothorakale Gleichtschicht 251 – Topographie 300 – Venen 291 ff. – Vor- und Rückwärtsführen 258 Schulterblatt 245 – Drehung 259 – Taststellen 247 Schulterblatt s, Scapula 245 A, 247 A Schulterblattgräte 247 Schulterblatthöhe 247 Schultereckgelenk 251 ff. Schultergelenk – Abduktion 254, 259 T – Achsen 254 – Adduktion 254, 259 T – Anteversion 254, 259 T – Außenrotation 259 T – Bänder 252 – Bewegungswinkel 254 – Gelenkkapsel 252 – Gleitmechanik 254 – Innenrotation 259 T – Luxationen 301 – – habituelle 178 – mediales 251 – Muskeln 259 – – dorsale 259, 260, 261, 262 – – ventrale 259 – Neutral-Null-Methode 254 – Pfannenlippen 252 – Retroversion 254, 259 T – Rotationsachse 254 – Versteifung 261 – Zirkumduktion 254
Schultergürtel 245, 250 ff. – Bewegungen 251 – Faszien 261, 262 – Gefäße 288 – Gelenke 251 – Nerven 293 – Taststellen 246 A – Topographie 299 f. Schulter(gürtel)muskulatur 254, 257 – dorsale Gruppe 254, 255 T, 256 T – ventrale Gruppe 254, 255 T, 256 T, 261 A Schulternebengelenke 254 Schultze-Komma 772 A, 773 Schwangerschaft 645 ff. – Fundus uteri 645 A, 646 A – Symphysenlockerung 306 Schwangerschaftsnachweis 103 Schwangerschaftsstreifen 645 Schwann-Zellen 65 A, 78, 79 A, 80, 83, 86, 112, 650, 693 – Entwicklung 80 – Kollagen Typ III 37 Schwanz (Spermatozoen) 618 Schwanzarterie, kleine s. Arteria sacralis mediana 553 Schwanzdarm 116, 551 A Schwarz-Weiß-Sehen 660 Schweifkern s. Nucleus caudatus 720 f. Schweigger-Seidel-Hülsen 595 Schweiß 163 Schweißabsonderung, Medulla oblongata 754 Schweißdrüsen 24, 69, 162, 163 A – Ausführungsgang 162 f. – Endstück 162 – Felderhaut 136 Schwellkörper, Penis 628 Schwellkörperschenkel 628 Schwerhörigkeit 674, 675, 681 Schwermetallionen 89 Schwerpunkt – Körper 168 – Kopf 208 Schwertfortsatz 213 Schwindel 198, 758 Schwingungsamplitude, Gehörknöchelchen 675 Schwungbein 357 Schwungphase, Gehen 357 Schwurhand, Medianuslähmung 296 Sclera s. Sklera 653 Scrotum s. Skrotum 626 f.
Sebozyten 163 Sebum 163 Segelklappe s. Valva cuspidalis 503 Segmentale Gliederung 3 Segmentbronchen 476 A, 478 T, 481 A Segmentelle Innervation 696 Segmentierter Granulozyt 127 Segmentum(-a) – bronchopulmonalia 476, 478, 481 – cervicalia 766 – coccygea 767 – lumbalia 767 – sacralia 767 – thoracica 767 Sehachse 652 Sehbahn 795 Sehen – photopisches 660 – skotopisches 660 Sehfelder, okzipitale 786 Sehfeldveränderungen, schnelle 805 Sehnen 43 f., 63, 179 ff. – Formen 181 – Gefäßversorgung 181 – Hilfseinrichtungen 181, 182 – Hüllsystem 181 – Regenerationsfähigkeit 186 – Zugfestigkeit 180 Sehnenansatz 63, 64 A Sehnenorgane 66, 181, 185, 787 Sehnenscheiden 182 – Fuß 350 – Hand 282 f. – osteofibröse Kanäle 182 Sehnenscheidenentzündungen 282 Sehnenzellen 44 Sehnerv s. Nervus opticus Sehorgan 651 ff. – Bewegungsapparat 666 ff. – Schutzeinrichtungen 664 Sehrinde 716, 741, 797 f. – primäre 716 A, 797 f., 815 A – – Augendominanzsäulen 798 f. – – Farbflecken 798 A, 799 – – Gliederung 798 – – Orientierungssäulen 799 – sekundäre 716 A, 797 ff., 815 A Sehstrahlung Gratiolet 796 A Sehventrikel 653 A
887 Sachverzeichnis
Sehzentren 795 ff. Seitenhorn 706 A, 769 Seitenplatte 112 A, 114 Seitenplattenmesoderm 114 Seitensäule 769 Seitenstränge 431 Seitenstrang, Rückenmark 706, 766 A, 771 Seitenventrikel 710 A, 821 Seitigkeit 3 Sekretbildung 25 A Sekretin 584 Sekretin(S-)Zellen, Dünndarm 573 Sekretion – apokrine 29 A, 30 – autokrine 31 – endokrine 31 – holokrine 29 A, 30, 163 – konstitutive 25 A, 28 A – merokrine (ekkrine) 28, 29 A – parakrine 31 – regulierte 28 Sekretionsphase – Implantation 95 – Menstruationszyklus 638 f. Sekretionsreflexe, Verdauungskanal 753 Sekretkanälchen, Belegzellen 567 Sekretkapillaren 27 A Sekret-(Muzin-)Granula 24 Sekretproteine 25 Sekretrohr 30 Sekundäre – Bündel, Sehne 44 – Degeneration 82 – Geschlechtsmerkmale 2 – Hörrinde 802 – lymphatische Organe 132 – Lysosomen 30 – Sehrinde 797 ff. Sekundärer Dottersack 107 Sekundärfollikel 93 A – lymphatische Organe 146 – Lymphknoten 149 – lymphoretikuläres Bindegewebe 146 – Milz 595 – Ovar 631 A, 632 Sekundärkontakt 143 Sekundärpapillen, Zunge 412, 413 A Sekundärreaktion 143 Sekundär somatosensorischer Kortex 790 Sekundärzotten, Plazenta 98 Selektine 14, 512 Sella turcica 384, 390 A
Semicanalis – musculi tensoris tympani 673 – tubae auditivae 673 Semilunarklappen 504 – Fehlbildungen 500 Seminalplasma, Prostatasekret 624 Senium 639 Senkfuß s.a. Plattfuß 318 A Senkkropf 441 Senkniere 546 Senkungsabszesse, Fascia iliaca 370 Sensibilität 650 – epikritische 787 – protopathische 787 – somatische 787 – viszerale 787 Sensibilitätsstörung, gekreuzte 790 Sensoren 690 Sensorische – Aphasie 814 – Fasern, Haut 160 f. – Kleinhirnbahn 804 – Qualitäten 787 – Regulation 752 – Rezeptoren 716 – Rindengebiete 715 f. – Systeme 787 ff. Septulum(-a) testis 614, 615 A, 616 A Septum(-a) – aorticopulmonale 498 – atrioventriculare 506 – canalis musculotubarii 673 A, 674 A – cervicale intermedium 775 – femorale 369 – interalveolare 483 A, 484, 495 A – interalveolaria 392 – interatriale 503 – interlobulare 223, 481, 495 A – intermusculare brachii 181, 264 – – – laterale 266 – – – mediale 266, 301 – – cruris 373 A – – – anterius 344 – – – posterius 344, 373 A – – femoris 371 A – – – laterale 337, 339, 371 A – – – mediale 337, 339, 371 A – – – posterius 339 – – vastoadductorium 327 – interventriculare 494 A, 498, 503, 504 A, 506
– linguae 411 – medianum posterius (Medulla spinalis) 706 A, 766 – nasi 390, 418 – nuchae 209 A – oesophagotracheale 479 – orbitale 664 – pellucidum 705 T, 722, 726 A, 737 A – penis 628 – placentae 104 – primum 498 – rectovaginale 548 A, 550 – rectovesicale 549, 580 A – scroti 626 – secundum 498 – sinuum frontalium 391 – – sphenoidalium 391 – transversum 115, 472, 494 A, 543 – urogenitale 552 A – urorectale 551 A, 552 A Septumdefekt 501 Seröse – Drüsen 27 – Flüssigkeit 474 – Häute, Makrophagen 137 – Halbmonde 27 A, 28 A Serosa parietalis/visceralis 472 Serotonin 76 T, 572 – Schmerzsignale 792 – Thrombozyten 129 Serotoninerge Fasern, Fasciculus longitudinalis posterior 755 Serotoninerge Neurone 751, 810, 812 Serotoninerges System 751, 752 A – Antidepressiva 751 – Depressionen 812 Serratus-Schlinge 227 A Sertoli-Zellen 617 f., 619 – Entwicklung 615 Sesambein(e) 184 – Daumengrundgelenk 272 – Faserknorpel 49 – Fingergelenke 269 A, 272 A, 284 A – Zehengrundgelenk 344 Sexueller Reaktionszyklus 643 Sexuelles Verhalten 807 SFL (Scheitel-Fersen-Länge) 118 Sharpey-Fasern 171 f., 181, 403 Shrapnell-Membran 672 Siamesische Zwillinge 122 Siebbein s. Os ethmoidale
Siebbeinzellen s. Sinus ethmoidales – Entzündungen 391 – hintere 391 – – Öffnungen 389 – mittlere 391 – vordere 391 SIgA, Dünndarm 574 Sigmoid s. Colon sigmoideum Signalverarbeitung, Kleinhirnrinde 783 Silberimprägnation – nach Cajal 70 – nach Golgi 70 Silberimprägnation/-verfahren, retikuläre Fasern 39 Sinistroposition (Uterus) 636 Sinnesepithel(zellen) – Corti-Organ 679 – Retina 659 ff., 661 ff. – Vestibularapparat 682 Sinnesnerven 697 Sinnesorgane 650 ff. – Rezeptorzellen 650 Sinneszellen, Regio olfactoria 418 Sinus – anales 581 – aortae (Valsalvae) 505 – caroticus 448, 450 A, 463 A – – Dehnungsrezeptoren 516 – cavernosus 750, 824 f. – – Thrombose 452 – cervicalis 426 – – Fehlbildungen 426 – coronarius 501 A, 509, 510 A – – Entwicklung 494 A, 496 T, 498 – durae matris 676, 818, 824 f. – ethmoidales s. Siebbeinzellen 391 – frontalis 388 A, 390 A, 391, 432 A – intercavernosus 824 f. – lactifer 223 – marginalis 824 f. – maxillaris s. Kieferhöhle 388 A, 391 – obliquus pericardii 511 – occipitalis 818, 824 f. – paranasales s. Nasennebenhöhlen 391 – petrosus superior 824 f. – phrenicocostalis 487 – rectus 822 A, 824 f. – renalis 599 ▼
S
888
Sachverzeichnis
Sinus – sagittalis inferior 818, 824 f. – – superior 453 T, 817 A, 818, 822 A, 824 f. – sigmoideus 453 T, 824 f. – sphenoidalis 384, 390 A, 391, 432 A – – Innervation 460 – sphenoparietalis 453 T, 824 f. – tarsi 317 – transversus 453 T, 824 f. – – pericardii 511 – urogenitalis 551 f., 552 A, 625 A, 640 – venosus 494 A, 495, 497, 544 A – – sclerae 655 A, 657, 662 A Sinushorn 494 A, 497 Sinusitis 391 Sinusknoten 507 Sinusoide 513 – Endzotten 104 – Leber 588 A, 589 – Lymphknoten 149 – maternale 96 A – Nebennierenrinde 598 – rotes Knochenmark 131 – Stomata 514 Sinuswandzellen, Lymphknoten 149 Situs inversus 122, 497 Sitzbein s. Os ischii 304 Sitzen 326 Skalenusgruppe 428 T Skalenuslücke 299, 447 Skalenussyndrom 299 Skandierende Sprache 783 Skapula s. Scapula Skapulothorakale Gleichtschicht 251 Skelett 168 Skelettanlagen 242 Skelettmuskelzelle 58 A, 60 ff. – Entwicklung 58 – motorische Endplatte 64 f. – Stoffwechselleistung 64 Skelettmuskulatur 57, 59 T, 60 ff., 180 – Aktinfilamente 61 – A-Streifen 62 – Befestigung 24 – Conheim-Felderung 61 – Desmin 61 – Diaden 62 – Entwicklung 58 – Fasertypen 64 – FG-Fasern 64 – FOG-Fasern 64 – Hubhöhe 183
– – – – – – – – – – – – –
Hubkraft 182 H-Zone 62 innere Mechanik 182 ff. Innervation 59 T, 64 I-Streifen 62 Kontraktion 61 A, 64 L-System 62 M-Streifen 62 Myoblasten 57 Myofibrillen 61 Myofilamente 61 Myosinfilamente 61 A, 62 Regenerationsfähigkeit 186 – Sarkosomen 63 – Sehnenansatz 63, 64 A – SO-Fasern 64 – (T-)Tubuli, transversale 62 – Triaden 62 – Zellkern 59 T, 60 – Z-Streifen 62 – Zytomembranen 62 Skene-Gänge 613 Sklera 652 A, 653, 655 A, 656 A, 659 A, 662 A Sklerodermie 139 Sklerotome 112 A, 114, 191 – occipitale 379 A Skoliose 192, 202 Skotopisches Sehen 660 Skrotalanlage 233 Skrotalhaut 626 Skrotum 159, 614 A, 624, 626 – Gefäßversorgung 358 – Hautinnervation 363, 368 – Muskel 159 – Schichten 234 T Sliding-Filament-Theorie 63 Slow-Fasern 64 Smegma – clitoridis 642 – preputii 628 Solitärfollikel 146, 573, 576 Somatische Sensibilität 650 f. Somatisches Nervensystem 687 Somatoafferente – Kerngebiete 706 – Längszone, Rhombencephalon 738 – Neurone 690 – – Entwicklung 692 f. Somatoefferente – Kerngebiete 706 – Längszone, Rhombencephalon 738 – Neurone 691 Somatoensorische(s) System(e) 787 T, 788 T
– anterolaterales System 787 T, 788 T, 789 T – mediales Lemniskussystem 787 T, 788 T – Sprachzentrum 716 f. – Trigeminussystem 788 T, 789 T Somatoliberin 732 Somatopleura 112 A, 115, 472 Somatopleuramesenchym, extraembryonales 96 A, 107, 108 A Somatopleuramesoderm 114 Somatosensorische – Assoziationsgebiete 790 – – Ausfall 790 – Neurone 690 – Rinde, primäre 716 – – sekundäre 716 – Signale, Körperperipherie 727 – – Verarbeitung 790 Somatosensorischer Kortex 716, 779, 790, 791 A – Körperprojektionen 791 A – primärer 716 A, 790 – sekundärer 790 – Thalamus 791 Somatostatin 584, 585, 732, 813 A – D-Zellen 585 – Plazenta 103 Somatotope Gliederung – Kortex 787 – Rückenmarksbahnen 773 Somatotrope Zellen 736 Somatotropic hormone (STH) 732 Somatotropin 732, 813 A Somatotropin-release-inhibiting-factor (SRIF) 732 Somatotropin-releasing-factor (SRF) 732 Somiten 113 f., 191 – Sekelettmuskulatir 57 – Zahl 114 Sox 9, Chondroblasten 47 Spaltbildungen – Kiefer-/Gaumenbereich 394 – Wirbelsäule 192 Spaltfuß 244 Spalthand 244 Spaltlampenuntersuchung 663 Spaltlinien 158 Spannapparat, Kehlkopf 440 Spannungsrezeptoren – Adventitia 512 – Muskeln 185
– Sehnen 181 – Ventrikel, linker 516 – Vorhöfe 516 Spasmen 58 Spatien, Hals 430 f. Spatium(-a) – epidurale 819 – extraperitoneale 530 – intercostale 212 – lateropharyngeum 404, 430 – parapharyngeum 430, 445 – perinei superficiale 556 – peripharyngeum 430 – profundum perinei 310 – rectopubicum 549 – retrooesophageum 527 – retroperitoneale 530, 542 A, 546 f. – retropharyngeum 404 – retropubicum 548 A, 611 A – subarachnoideum 817 A, 818, 820 ff., 822 A – subdeltoideum 300 – subperitoneale 548 – superficiale perinei 310 Speiche s. Radius 248 f. Speicheldrüsen 28, 407, 415 ff. – Ausführungsgänge 30 – Differenzialdiagnose 416 T – große 415 – Innervation 416 A – kleine 415 Speicherfett 45 Speiseröhre s. Ösophagus 519 Spektrin 13 A, 19 Sperma 624 Spermatiden 615, 616, 617 A Spermatogenese 615, 617 A – Dauer 617 Spermatogonien 615 A, 617 A Spermatozoen 618 f. – Befruchtungsfähigkeit 621 – Kernsubstanz 618 – Reifungsdauer 621 Spermatozyten – I. Ordnung 616, 617 A – II. Ordnung 616, 617 A – Reifeteilung 616 Sperm-coating-Antigen 624 Spermiation 616 Spermien, Ejakulat 629 Spermieninjektion, intrazytoplasmatische (ICSI) 92 Spermienkopf 616 Spermienwanderung 643 f. Spermiohistogenese 616 f. Sperrarterien 515 Speziell-sensorische Systeme 787, 792
889 Sachverzeichnis
Speziell-somatoafferente Kerne (SSA) 746 A Speziell-viszeroafferente Kerne (SVA) 746 A Speziell-viszeroefferente Kerne (SVE) 746 A Spezifische Antigenrezeptoren 132 S-Phase 20 Spherulus 659 Sphincter Oddi (M. sphincter ampullae hepaticopancreaticae) 591 Spielbein 320 Spina(-ae) – bifida 192 – – occulta 707 – iliaca anterior inferior 304, 305 A, 321 T, 337 A – – – superior 214 A, 226 A, 233 T, 304, 305 A, 314 A, 320 A, 337 A, 370 A – – posterior inferior 304, 305 A – – – superior 202 A, 304, 305 A, 314 A – ischiadica 304, 305 A, 314 A, 337 A – mentales 392 – nasalis anterior 388, 390 A – – posterior 386, 390 A – ossis sphenoidalis 386 – scapulae 245, 246 A, 247, 258 Spinale Reflexe 773 Spinales System 204 Spinalganglion s. Ganglion spinale 694 Spinalnerven, Bauchhöhle 561 Spinnwebenhaut s. Arachnoidea 818 Spinohumerale Muskeln 202 Spinokostale Muskeln 202, 216 T Spinoskapuläre Muskeln 202 Spinotransversales System 203 A, 206 T Spinozelluläres Bindegewebe 42, 630 Spinozerebelläre Bahnen 784 Spinozerebellum 759 Spiralarterien – Plazenta 101 A, 104 – Uterus 639 Spirem 20 Spitzfuß 355, 366 Splanchnocranium 376 Splanchnopleura 112 A, 114 f., 472 – kardiogene Zone 493
Splanchnopleuramesenchym 109, 114 – extraembryonales 107, 108 A, 109 A, 114 – intraembryonales 108 A Splen s. Milz 534 ff., 593 ff. Splenium corporis callosi 722, 821 Spondylarthritis ankylopoetica 194 Spondylolisthesis 191 Spondylolyse 191 Spongiosa 169 A – Entwicklung 54 – funktionelle Anpassung 172 – (Stratum functionale, Endometrium) 638 – Wirbelkörper 190 Spongiozyten 597 Sprache 715, 815 – Dekodieren 814 – Kodieren 814 – skandierende 783 Sprachverständnis, WernickeZentrum 802 Sprachzentrum – motorisches 715, 815 – sensorisches 716 f., 815 f. Spreizfuß 355 Sprintermuskel s. M. tensor fasciae latae 340 Spritzkanälchen s. Ductus ejaculatorius 622 Sprungbein s.Talus 316 f. Sprungbeinrolle 331 A Sprunggelenk – Muskelwirkung 349 T – oberes 341 – – Achse 345 A, 348 A – – Dorsalextension 349 T – – Gelenkkapsel und Bänder 341 – – Plantarflexion 349 T – unteres 341 ff., 343 – – Achse 345 A, 348 A – – Drehgelenk 342 – – Gesamtbewegungsumfang 342 – – Neutral-Null-Methode 342 – – Pronation 342, 349 T – – Supination 342, 349 T Spüldrüsen, seröse 413 Squama – frontalis 387 f. – occipitalis 197 A, 385 ff. SRIF (Somatotropin-release-inhibiting-factor) 732
SRY-Gen 615 SSL (Scheitel-Steiß-Länge) 100, 118 Stachelzellschicht 154 Stäbchen(zellen), Retina 659 f., 661 A Stammganglien 721 Stammhirn 704 Stammzellen 21, 106 – Blutbildung 130 f. – embryonale 95, 106, 552 – fetale, Nabelschnur 117 – Leukämie 107 Stammzotten, Plazenta 101 – Arterien und Venen 103 Standbein 320, 357 Standphase, Gehen 357 Standunsicherheit 784 Stapes, Entwicklung 673 Stapes s. Steigbügel 377 T, 670 A, 674, 675, 677 A – Entwicklung 425 Star – grauer 658 – grüner 657 Statine 732 Statische Neurone 779 Statoconia 683 Staubzellen 485 Staubzellen (Alveolarmakrophagen) 485 Stauungsikterus 591 Stauungslunge 484 Stechapfelform 126 Stehen 356 ff. Steigbügel s. Stapes 675 Steigbügelplatte 673 Steißbein s. Os coccygis 191, 201 Steißknötchen s. Corpus coccygeum 553 Steißwirbel 191 Stellapparat, Kehlkopf 440 Stellreflexe 783 Steppergang 366 Stereologie 90 Stereozilien 13 – Corti-Organ 680 – Nebenhoden 621 Sternalleisten 212 Sternoklavikulargelenk 251 Sternum 211, 213 – Entwicklung 212 – Ossifikationstermine 193 T – Taststellen 213 Sternzellen – Hypophyse 735, 736 – Kleinhirn 73, 762 A, 763 – Leber 589
Steroidhormonbildende Zellen 32 Steroidogene Zone, Urogenitalleiste 553 A Steuerhormone 32 A – Hypothalamus 731, 732 f. STH (Somatotropic hormone) 732 Stickoxid bzw. Stickstoffmonoxid s. NO Stickstoff, Kältefixierung 88 Stierhornmagen 563 A Stiftchenzellen, Tuba uterina 636 Stilling-Clarke-Säule 771, 784 Stimmbänder s. Plica vocalis 435 – Schleimhaut 440 Stimmbandlähmung, Struma 441 Stimmritze s. Rima glottidis 437 Stirnbein s. Os frontale 388 Stirnglatze 384 Stirnhirnwulst 394 A Stirnhöhle s. Sinus frontalis 391 Stirnlappen s. Lobus frontalis 714 Stirnnasenpfeiler 392 Stirnwulst 393 Stoffabgabe 24, 25 A, 29 A Stoffaufnahme 28, 29 A Stofftransport – Bindegewebe 33 – Epithel 8, 17, 28 Stoffumsätze, Autoradiographie 87 Stoffverarbeitung 29 f. Stoffwechselräume, Mitochondrium 27 Stomata, Sinusoide 514 Stomatodeum 116, 393 Strahlenkörper s. Corpus ciliare 655 Strangzellen, Hinterhorn 769, 770, 789 Stratum – basale (Endometrium) 638 – – Epidermis 154 A, 155, 161 – – Epithel 11 – – (Vagina) 641 – cellulare, Perichondrium 47 – circulare (Intestinum tenue) 574 – – (Ösophagus) 519 A – – (Tunica muscularis) 566 – – (Ureter) 608 ▼
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Sachverzeichnis
Stratum – compactum 639 – corneum 154 A, 155 ff. – fibrosum, Perichondrium 47 – – (Periost) 51, 171 – – (Vagina tendinis) 182 – functionale (Endometrium) 638 – ganglionare (Retina) 659 A, 660 T, 661 – germinativum 155 f. – granulosum 154 A – – (Gyrus dentatus) 807 A – – (Kleinhirn) 762 f. – – (Ovar) 631 A – lacunosum 807 A – limitans externum 659 A, 660 T, 661 f. – – internum 659 A, 660 T, 661 – longitudinale (Dünndarm) 574 – – (Ösophagus) 519 A – – (Ureter) 608 – lucidum 154 A, 155 – moleculare (Gyrus dentatus) 807 A – – (Kleinhirn) 762 A, 763 – nervosum (Retina) 660 T – neuroepitheliale (Retina) 660 T – neurofibrarum (Retina) 660 T – nucleare externum 660 T – – internum 660 T – oriens 807 A – osteogenicum (Periost) 51, 171 – papillare 154 A, 157, 158, 161 – pigmentosum (Retina) 660 T – plexiforme externum 660 T – – internum 660 T – purkinjense 762 – pyramidale 807 A – radiatum 807 A – reticulare 154 A, 157, 158, 160 A, 162 – spinosum 154 A, 155 – – (Sekretionsphase) 641 – – (Vagina) 641 – spongiosum (Vagina) 639 – superficiale (Vagina) 641 – synoviale vaginae tendinis 182 – vasculare (Myometrium) 637 Streifenkörper s. Corpus striatum 721 f. Streifenstück 27 A, 30
Streßreaktion, Sympathikus 810 Stria(-ae) – cochlearis posterior 801 – diagonalis (Broca-Band) 793 – distensae 158 – gravidarum 645 – longitudinalis lateralis (Balken) 807 – – medialis (Balken) 727 A, 807 – mallearis 672 – medullares thalami 726 A, 727 A, 728 – – ventriculi quarti 739 A, 744 – olfactoria lateralis 793, 794 A – – medialis 793, 794 A – terminalis 726, 727 A – vascularis (Ligamentum spirale) 679 A Striatum s. Corpus striatum 720 Striosomen 781 Strömungseinheiten, Plzenta 104 Stroma 7 – Bindegewebe, lockeres 43 – (Corpus ciliare) 655 – Dezidua 96 – ovarii 630, 631 A Strukturglykoproteine 41 Struma 441 Stützgewebe 4, 33 ff. – Umbauvorgänge 188 Stützmotorik 764 Stützzellen – Corti-Organ 679 – Geschmacksknospen 413 – Riechepithel 418 A – Vestibularapparat 682, 683 Stuhlentleerung 582 Subarachnoidalraum 820 ff. Subcutis 154 A, 159 A, 160 A – Fettgewebe 159 – Vater-Pacini-Körperchen 162 Subduralblutungen 724, 818 Subendotheliales Bindegewebe 512 Subiculum 806, 807 A Subkortikale Kerne 712, 720 f. Sublimat 88 Sublobuläre Sammelvenen 587 Subneurale Falten 65 Subokzipitalpunktion 210 Subperitonealer Bindegewebsraum 309 A
Subperitoneales Bindegewebe (Becken) 530 f., 549 f. Substantia – alba (Medulla spinalis) 769 – – Telencephalon 688, 721 – compacta 168 – corticalis 168 – gelatinosa 766 A, 770 – – centralis 771 – grisea 688 – – centralis 740, 792 – – (Medulla spinalis) 769 – innominata 721 – nigra 740, 741 A, 781, 782, 811 A – – Entwicklung 740 – – Neurone, dopaminerge 811 – perforata anterior 794 A – – posterior 740 – propria (Sclera) 654 – spongiosa 168 Substanz P 813 – Chorea-Huntington-Erkrankung 813 – Parkinson-Erkrankung 813 – Schmerzen 792 Subsynaptische Membran 74 – Rezeptoren 74 Subthalamus 729 – motorisches System 729 Sudanschwarz-Färbung, Markscheiden 79 A Sudeck-Punkt 582 Sulcus(-i) – anterolateralis (Medulla oblongata) 744, 751 – – (Medulla spinalis) 766 – aortae descendentis 766 – – (Pulmo) 479 – arteriae occipitalis 386 A – – subclaviae (Pulmo) 447, 479 A – – vertebralis 190 A, 196 – arteriosi 816 – atrioventricularis 494 A, 497 – basilaris 738 A, 742 – bicipitalis lateralis 264, 266 – – medialis 246 A, 264, 266, 289 – calcarinus 712, 713 A, 716, 798, 821 – caroticus 384 – carpi 250, 270, 284 A – centralis 712, 713 A, 714 – cinguli 713 A, 714 – coronarius 501 A, 502, 522 A – corporis callosi 712 – costae 212, 213 A
– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
frontalis inferior 712 A – superior 712 A gingivalis 407 glutealis 202 A, 330 hippocampalis 714, 805, 807 A hypothalamicus 725, 729, 822 infraorbitalis 389 inguinalis 330 intermedius posterior 766 intertubercularis 247, 248 A interventricularis 494 A, 498 – anterior 501 A, 502 – posterior 501 A, 502 intraparietalis 713 A lacrimalis 382 T, 388 lateralis 712, 713 A, 714, 779 limitans 739 A, 744, 746 A lunatus 713 A malleolaris 315, 315, 316 A, 348 A medianus 744 – dorsalis 705 A – posterior (Medulla oblongata) 739 A, 744 – – (Medulla spinalis) 766 musculi suclavii 246 mylohyoideus 392 nervi petrosi majoris 385 – – minoris 385 – radialis 248 A, 266, 301 – spinalis 190 A, 196 – ulnaris 247, 248 A, 296 A obturatorius 305 A occipitalis 713 A occipitotemporalis 713 A olfactorius 713 A ooccipitalis transversus 712 A orbitales 713 A paracolici 537 A, 540 parietooccipitalis 712, 713 A, 714 postcentralis 712 A, 713 A posterolateralis (Medulla oblongata) 462, 766 precentralis 712 A, 713 A prechiasmaticus 383, 384 T pulmonalis 215 retroolivaris (Medulla oblongata) 462, 744 rhinalis 713 A sinus petrosi inferioris 386 A – – superioris 385 – sagittalis superior 385 – sigmoidei 384 T, 385, 386 A – transversi 384 T, 385
891 Sachverzeichnis
– – – – – – –
spiralis internus 680 A – lateralis 679 – medialis 679 tali 317 telodiecephalicus 710 temporales transversi 712 tendinis musculi flexoris hallucis longi 317, 348 A, 354 A – – musculi peronei longi 317 A, 318 A, 319 A, 342 A, 354 A – terminalis 501 A, 502 – – (Zunge) 412, 413 A – – – Entwicklung 411 – tympanicus 672 – venae subclaviae 213 Supercilia 164 Super-femal-syndrom 122 Superfizialzellen, Vagina 641 Supination – Fuß 342 – Unterarm 248, 268, 274, 278 A, 279 T Supinatorenschlitz 280 Supplementär-motorischer Kortex 715, 716 A, 778, 781 Suppressorzelle 141 A Suprahyale Muskulatur 411 T, 427 Surfactant 484 – Entwicklung 480, 483 A Surfactant-Mangel – Atelektase 480 – Atemnotsyndrom 480 Sustentaculum tali 317, 343 A, 348 A, 354 A Sutura(-ae) 173 – coronalis 377, 378 A – frontalis persistens 378 – lambdoidea 378 A – metopica 378 – palatina mediana 386 – – transversa 390 A – sagittalis 377, 378 A Symmetrie, bilaterale 3 Symmetrische Synapsen 75 Sympathikoblasten 693 – Nebennierenrinde 597 Sympathikus 698 ff., 809 f. – Alarmreaktion 810 – Bauchorgane 562 – efferente Anteile 698 – Glykolyse 810 – Grenzstrang 693 – Grenzstrangganglien 694 A, 699 A – Harnblase 611 – Myokarddurchblutung 516
– Nervenzellen, Rückenmark 770 – Streßreaktion 810 – Zentren 698 Sympathisch-cholinerge vasodilatatorische Innervation 516 Symphysensprengung 306 Symphysis pubica 49, 305, 326 A – Lockerung, Schwangerschaft 306 Symplasma 21 Sympodie 244 Synapsen 70, 74 ff. – Astrozytenausläufer 85 – axoaxonale 70 A, 75 A, 77 – axodendritische 70 A, 75 A, 77 – axosomatische 70 A, 75 A, 77 – chemische 74 – elektrische 74 – en distance 75, 78, 81 A – en passant 78 – Entwicklung 74 – Erregungsübertragung 74 – exzitatorische 74, 77, 775 – Funktion 76 – Golgi-Präparat 74 – Großhirnrinde 75 – inhibitorische 74, 775 – interneuronale 77 – komplexe 75 – neuroglanduläre 78 – neuromuskuläre 64 ff. – – Azetylcholin 65 – reziproke 75 – Transmitter 76 f. – Typen 75 – Versilberung 74 Synapsenfelder, Stratum granulosum, Kleinhirn 763 Synapsenkolben 74 Synapsenspalt 74 Synaptische Bläschen 65 A, 77 Synaptische Glomeruli 75 Synaptischer Spalt 74, 75 A Synaptophysin 77 Synarthrosen 173 Synchondrose 173 Synchondrosis – costae primae 214 – manubriosternalis 213, 261 A – xiphosternalis 261 A Syndaktylie 244 Syndecan 41 Syndesmose 173 Syndesmosis tibiofibularis 341
Synergisten 185 Syngamie 93 Synostose 173 Synovia 174, 181 Synzytialknoten 103 Synzytiotrophoblast 95 f., 97 f., 102, 103 A Synzytium 21 – Plazentazotten 102 – Skelettmuskelzelle 58 Systematrophie 688 Systole 492, 507 S-Zellen, Dünndarm 573
T Tabatière, anatomische 303 Taenia(-ae) 577 f. – choroidea 726, 727 A – fornicis lateralis 727 A – libera 577 – mesocolica 577 – omentalis 577 – thalami 726, 727 A Tag- und Nachtrhythmus, Epiphyse 728 Talg 163 Talgdrüsen 30, 162, 163 – Felderhaut 158 – freie 163 – Haar 163 Talin 15 Talus 316 f., 354 A – Taststellen 317 Tangentialfaserschicht, Knorpel 48 Tanyzyten 86 Tanzen der Patella 332 Tarsalia 316 ff. Tarsus – inferior 664 – superior 664 Taschenband s. Plica vestibularis 435 Taschenklappe s. Valvula semilunaris 504 TDF (Testis-determinierenderFaktor) 615 Tectum – mesencephali 709 A, 726 A, 737 A, 739 A, 740, 741 f. – – Entwicklung 708, 709 A, 740 Tegmen – tympani 384, 672 A, 673 – ventriculi quarti 744 – – – Entwicklung 737
Tegmentales System, laterales 753 A Tegmentum 737 – Medulla oblongata 744 – – Zentren 754 – mesencephali 740, 741 A – – Bahnen 741 A – pontis 742, 743 Teilung, differentielle 21 Tela – choroidea ventriculi quarti 744, 823 A – – – tertii 822 – subcutanea 159 – submucosa (Gaster) 564, 566 – – (Intestinum crassum) 578 – – (Intestinum tenue) 520 T, 571 A, 574 – – (Ösophagus) 520 – subserosa (Gaster) 565 – – (Intestinum tenue) 574 – – (Tunica serosa) 474 Telencephalon 704, 709 A, 711, 716 A, 805 – Arealgliederung 715 f. – Assoziationsbahnen 720 A, 871 – Blutversorgung 723 f. – Entwicklung 111, 712 – graue Substanz 712 ff. – Schichtengliederung 717 ff. – subkortikale Kerne 720 f. – weiße Substanz 712, 721 f. Telodendron 71 Telogenphase 165 Telolysosom 70 A Telophase 21 Temperaturempfindungen 790 Temperaturleitung, Störung 758 Temperaturregulation 160 Temperatursignale 792 Temporalisfächer 404 Temporallappen s. Lobus temporalis 715 Tenascin 41 Tendo s. Sehnen 179 ff. – calcaneus s. Achillessehne 349 – musculi tensoris tympani 674 A Tendorezeptoren 66 Tendovaginitis stenosa 282 Tennisellenbogen 264 Tenon-Kapsel 667 f. Tentorium cerebelli 711, 759, 818
S–T
892
Sachverzeichnis
Teratogene 122 – Gehirn, Fehlbildungen 711 Teratogenetische Determinationsperiode 122 Teratome 108, 122 – sakrokokzygeale 108 Terminal web – (Corti-Organ) 680 – Enterozyten 572 Terminalgespinst 13 A Terminalhaare 164 Terminalsäckchen s. Sacculi alveolares 484 Terminalsinus, Lymphknoten 149 A Terminalzotten 102 Territorium 47 Tertiärfollikel 93 A, 631 A, 633 Tertiärzotten 98 Testis s. Hoden 614 Testis-determinierender-Faktor (TDF) 615 Testosteron 158 – Chondrozyten 47 – Spermatogenese 619 Tetanustoxin 691 Tetraplegie 776 T-Gedächtniszellen 142 – Entzündungsreaktionen, spezifische 135 A – lymphatische Organe 147 Thalamus 714 A, 725 ff., 752 A, 783 A, 787, 788 f., 794, 806 A – Entwicklung 725 – Gefäßversorgung 728 – Kerngruppen 727 – Kortexverbindung 727 – Marklamellen, intrathalamische 727 – somatosensorischer Kortex 791 Thalamuskerne 727, 781 – motorische 727 – – Desinhibition 782 – – Inhibition 782 – spezifische 727 – unspezifische 728 Thalidomid-Embryopathien 244 Theca – externa 631 A, 633 – – Myofibroblasten 69 – folliculi 42 – interna 631 A, 633 Thekaluteinzellen 631 A, 633 Thekaorgan 631 A Thekazellen 634
T-Helferzellen 142 – Entzündungsreaktionen, spezifische 135 A – lymphatische Organe 147 – MHC-Klasse-II-Moleküle 142 – Vermehrung, Lymphknoten 150 Thenar 246 A, 267 Thenargruppe, Daumenballen 284 Thenarloge 287 Thermorezeptoren 650 Thorakalmark 767 – Motoneurone 804 Thorakalnerven 695 Thorakalsegmente 766 A, 767 Thorakopagus 122 Thorax 211 ff., 475 ff. – Bänder 213 ff. – Emphysematiker 215 – Faszien 217 – Gelenke 213 ff. – Größe, Form und Elastizität 215 – Hilfslinien 215 – Innervation 240 – knöcherner 211 A – Muskeln 215 – Oberflächenrelief 215 – Querschnitte 527 ff. – Variabilitäten 215 Thoraxapertur, obere s. Apertura thoracis 214, 527 Thoraxbewegungen – Exspiration 220 f. – Inspiration 220 f. Thrombin 129 Thrombokinase 129 Thrombopoese 129 Thrombopoetin 605 Thrombose 129, 515 – Aa. centrales posteromediales 757 – Beinvenen, tiefe 362 Thrombozyten 124, 129, 134 – Blutgerinnung 139 – Immunreaktion 139 Thymus 132, 476, 517 f. – Anlage 426 – Entwicklung 424 – Fettkörper 147 T – Gliederung 517 – Histologie 147 T, 517 ff. – Involution 518 – jugendlicher 517 f. – Makrophagen 518 – Retikulumzellen, epitheliale 517
– T-Lymphozyten 141, 517, 518 – Zellen dendritische 518 Thymusepithelzellen 517 Thymusrestkörper 529 Thyreotropin-releasing-hormone (TRH) 732 Thyroglobulin 442 Thyroliberin 732, 813 A Thyrotrope Zellen 736 Thyrotropic hormone (TSH) 732 Thyrotropin 732, 813 A Thyrotropin-releasing-factor (TRF) 732 Thyroxin 442 – Chondrozyten 47 – Fettmobilisierung 45 – Frühentwicklung 106 Tibia 315, 342 A, 344 A, 373 A – Ossifikationstermine 243 T – Taststellen 315 Tibialis-anterior-Syndrom 345 Tibiatorsion 315 Tiefensensibilität 650, 651 Tiefer Hohlhandbogen 290 Tight junction 14 f. T-Immunoblast 141 A Tip link (Corti-Organ) 680 Titin, Sarkomer 62 T-Killerzellen 135 A, 143 – lymphatische Organe 147 – MHC-Klasse-I-Moleküle 142 – Vermehrung, Lymphknoten 150 T-Lymphoblasten 135 A, 142 T-Lymphozyten 125 A, 128, 133 A, 141 A, 142 f. – s.a. Lymphozyten – Aktivierung 137 – Antigenpräsentation 137 – Blutbildung 130 – CD4-positive 138, 142 – – MHC-Klasse-II-Moleküle 142 – CD8-positive 138 – – MHC-Klasse-I-Moleküle 142 – Formen 142 – Oberflächenrezeptoren 142 – regulatorische 143 – Thymus 141, 517, 518 – zytotoxische 143 – – MHC-Klasse-I-Moleküle 142 TNF s.Tumor-Nekrose-Faktor 139 Toluidinblau 89 Tomes-Faser 402
Tomes-Fortsätze 402 Tonofibrillen 19 Tonotope Gliederung, akustisches System 802 Tonsilla – cerebelli 759 A, 760 A – Differenzialdiagnose 410 T – lingualis 132, 410 T, 413, 432 A – palatina 132, 408 ff., 430 A, 432 A – – Entwicklung 408, 426 – – Histologie 147 T – – Innervation 457 T – pharyngea 132, 410 T, 431, 432 A – – Histologie 147 T – tubaria 431, 432 A – – Entzündung 431 Torsionsbewegungen, Augen 785 Torus – levatorius 431 – tubarius 431 Trabecula(-ae) – arachnoidales 817 A – carneae 503, 504 A, 505 – corporum cavernosum 628 A – septomarginalis 504 Trabekel – Lymphknoten 149 – Plazenta 96 A, 97, 98 A Trabekelarterien, Milz 594 Trabekelvenen, Milz 147, 594, 596 Trachea 423 A, 476 f., 522 A – Atemveränderung 478 – Histologie 477 T, 478 T – Husten 478 – Knorpel 24 T – Topographie 526 f. Tracheobronchialanlage 113 A Tracheotomie 446, 477 Tractus 688 – bulbothalamicus 745, 789 – cerebellorubralis 761 T, 764 – cerebellothalamicus 761 T, 764, 782 – corticonuclearis 461 A, 722 A, 780 f., 786 A – corticopontinus 756, 783 A – corticospinalis 744, 776, 779 f. – – anterior 772 A, 776, 780 A – – lateralis 772 A, 776, 780 A – frontopontinus 722 A – hypothalamohypophysialis 731 A, 733
893 Sachverzeichnis
– iliotibialis 327 A, 335 A, 339 f., 371 A – neospinothalamicus 791, 792 – olfactorius 712, 793, 794 A, 820 – olivocerebellaris 745, 761, 783 A, 783 – olivocochlearis 802 – olivospinalis 772 A, 776 – opticus 714 A, 738 A, 796 A, 797, 820 – paleospinothalamicus 791 – perforans 806 – pontocerebellaris 761 – posterolateralis (Lissauer) 771, 792 – reticulocerebellaris 761 T, 784 – reticulospinalis 772 A, 776 – – Schmerzkontrolle 752 – rubroolivaris 783 – rubrospinalis 741, 772 A, 776 – solitarius 745 A, 749, 794 – spinalis nervi trigemini 745 A, 789 A, 790 – spinobulbaris 772 A, 775, 787, 788 A – spinocerebellaris anterior (Gowers) 761, 771, 772 A, 775, 783 A, 784 – – posterior (Flechsig) 761, 771, 772 A, 775, 783 T, 784 – spinoolivaris 772 A, 775 f., 783 – spinoreticularis 755, 775, 789 – spinotectalis 742, 755, 772 A, 776, 789 A – spinothalamicus 741 A, 745 A, 755, 770, 775, 789 – – anterior 772 A – – anterolaterales System 775 – – lateralis 772 A, 791 – tectobulbaris 741, 742, 754, 755 – tectospinalis 741, 742, 772 A, 776 – tegmentalis centralis 741 A, 743 A, 754, 755 – thalamocorticalis 783 A – trigeminothalamicus dorsalis 788 A – – lateralis 788 A, 790 – tuberoinfundibularis 731 A, 732 – vestibulocerebellaris 761 T, 783
– vestibulospinalis 772 A, 783, 786 A – – lateralis 804 – – medialis 804 Tränenabfluss 666 Tränenapparat 665 f. Tränenbein s. Os lacrimale 390 Tränendrüse 665 f. – Gefäßversorgung 665 – Innervation 665 Tränenfilm 654 Tränenfluss 665 Tränenkanälchen 666 A Tränennasenfurche 394 Tränennasengang s. Ductus nasolacrimalis 391 Tränenpunkte 665 Tränensack 666 Traglinie, Bein 331 A Tragstrahlen, Fuß 316 Tragus 164, 671 A Trajektorien, Knochen 169 Transferrin, Spermatogenese 619 Transfer-RNA (t-RNA) 25 Transforming-growth-factor 106 Transkriptionsfaktoren 106 Translationsbeschleunigungen 683 Transmembranprotein BP 180 18 Transmitter s. Neurotransmitter 810 Transmitterbläschen/-organellen 77 Transport 28 – anterograder 72, 75 A – axonaler 72 – Bindegewebe 33 – intrazellulärer 19 – langsamer 72 – parazellulärer 17 – retrograder 72, 75 A – schneller 72 – transzellulärer 19 Transport-ATPasen 17 Transposition der großen Gefäße 500 Trans-Seite, Golgi-Apparat 26, 29 A Transsudat, seröse Flüssigkeit 474 Transversales System, Herzmuskelzellen 67 Transversospinales System, Rückenmuskeln, autochthone 205, 227 A Transzytose 30
Treitz-Hernie 537 Trendelenburg-Zeichen 327 Treppensteigen 358 TRF (Thyrotropin-releasing-factor) 732 TRH (Thyreotropin-releasinghormone) 732 Triaden, Skelettmuskulatur 62 Triazylglyzerol 43 Triceps-brachii-Reflex 774 A Tricepssurae-Reflex 774 A Trichrom-Färbung 38 Trichterbrust 215 Trigeminuskerne, afferente 746 Trigeminusschleife 755 Trigeminussystem 787, 788 T, 789 – propriozeptives 788 T Trigonum – caroticum 445 – clavipectorale 214 A, 262, 299, 447 – femorale 214 A, 314 A, 327, 370 – fibrosum 504 A, 506 – habenulare 728, 739 A – lemnisci lateralis 740 – lumbale 210, 231 – lumbocostale 217, 218 A, 219 – nervi hypoglossi 739 A, 744 – – vagi 739 A, 744, 749 – omoclaviculare 446 f. – sternocostale 217, 218 A, 219 T – submandibulare 445 – submentale 445 – suboccipitale 209 – thymicum 488 A, 517 – vesicae 609, 612 A Trijodthyronin 441 f. – Fettzellen 45 Trikuspidalklappe 503, 504, 504 – Auskultationsstellen 506 A, 507 A – Oberflächenprojektion 506 T Triplettprotein, neurofilamentäres 19 Triple-x-syndrom 122 Tripus Halleri 553, 583 A Trisomie 121 – gonosomale 122 Trisomie 21 711 Trizeps-Brachii-Reflex, Radialislähmung 298 Trizepssehnenreflex 774 A
Trochanter – major 312, 313 A, 314 A, 320 A, 326 A, 337 A – minor 312, 313 A, 320 A, 326 A Trochlea – humeri 247, 248 A, 263 A – (Orbita) 666 A, 669 A – peronealis 317, 342 A – tali 316, 317 A, 317, 318 A Trochoginglymus, Drehscharniergelenk 263 Trommelfell 666 A, 671, 672, 674 A – otoskopische Untersuchung 676 – Paukensaite 676 Trommelfellnabel 672 Trophoblast 94 Trophoblastlakunen 96 A, 97 A Trophoblastreservezellen 101 Trophoblastzellen, invasive 96, 101 Trophotrope Zone, Hypothalamus 729 Tropokollagen 38 A, 39 Tropomyosin 61 Troponin 61 Truncus(-i) 3 – arteriosus 493 A, 494 A, 495, 497 f. – brachiocephalicus 447 f., 463 A, 491 A, 496 T, 504 A, 522, 526 f., 529 – bronchomediastinalis 151 f., 486, 522 A, 524 A, 525, 526 – chorii 101 f. – coeliacus 491 A, 493, 496 T, 541 A, 553, 554 A, 583 A, 593 – corporis callosi 722 – costocervicalis 288 A, 448 T – encephali 704, 737 ff. – inferior (Plexus brachialis) 293, 294 A – intestinais 151 – intestinalis 524, 560, 568, 576, 580 – jugularis 151 A, 455, 524 A, 525 – – dexter 152 – – sinister 151 – lumbalis 151, 524, 560 A, 576 – – dexter 239 – – sinister 239 – lumbosacralis 363, 364 A – medius (Plexus brachialis) 293, 294 A ▼
T
894
Sachverzeichnis
Truncus(-i) – pulmonalis 490 A, 496 T, 499, 500 A, 501 A, 503, 504 A, 522 A, 523 – spinalis nervi trigemini 743 A – subclavius 151 A, 239 A, 292 A, 293 A – – dexter 152 – – sinister 151, 524 A, 525 – superior (Plexus brachialis) 293, 294 A – sympathicus 218 A, 219 T, 423 A, 430 A, 446, 449, 526, 527, 529, 561, 698, 699 f. – thyrocervicalis 288 A, 443 A, 448 – vagales 219 T – vagalis anterior 457 T, 463, 464, 519 A, 525, 562, 568 – – posterior 457 T, 464, 517 A, 525, 562, 568, 576 Truncus-Konus-Defekte 500 TSH (Thyreoideastimulierendes Hormon), Fettmobilisierung 45 TSH (Thyrotropic hormone) 732 T-Suppressorzellen 143 – Entzündungsreaktionen, spezifische 135 A T-Tubuli – Herzmuskulatur 67 – Skelettmuskulatur 62 Tuba – auditiva 408 A, 426, 467 A, 670 A, 673, 674 A – – Entwicklung 673 – uterina 549, 635 f., 637 A – – Entwicklung 551 – – Flimmerzellen 636 – – Lage 550 – – Stiftchenzellen 636 Tubenkatarrh 674 Tubenschwangerschaft 96 Tubenwinkel 550 Tubenwulst 431 Tuber – calcanei 314 A, 317 A, 317, 342 A, 354 A – cinereum 726 A, 729 A, 731 A – frontale 378, 388 – ischiadicum 304, 305 A, 307, 314 A, 337 A, 370 A – labioscrotalium 233 – maxillae 422 A – omentalis 538 – parietale 378, 387 – vermis 760 A
Tuberculum(-a) – adductorium 313 A, 314 – anterius, Halswirbel 190 A, 196 – – (Processus transversi) 212 – articulare 386 A, 387, 404 – conoideum 246 – costae 199 A, 212 – cuneatum 739 A, 744, 823 A – dorsale, Radius 249 – epiglotticum 436 – gracile 739 A, 744, 823 A – impar 425 A – infraglenoidale 245 A, 247 – intercondylare laterale 315, 316 A, 332 A – – mediale 315, 316 A, 332 A – jugulare 387 – majus 246 A, 247, 248 A, 260 A – mediale et laterale (Talus) 317 – mentale 392 – minus 246 A, 247, 248 A, 260 A, 264 – Montgomery 223 – musculi scaleni anterioris 213 – obturatorium anterius 370 A – – posterius 370 A – olfactorium 793 – ossis scaphoidei 246 A – – trapezii 246 A, 249, 250 A, 284 A – pharyngeum 433 – posterius (Atlas) 190 A, 196 – pterygoideum 386 – pubicum 233 T, 304, 305 A, 314 A, 370 A – sellae 384 – supraglenoidale 247 Tuberoinfundibuläres System 811 A Tuberositas – deltoidea 247, 260 A – glutea 312, 313 A – iliaca 305 A – masseterica 392 – musculi serrati anterioris 213 – ossis cuboidei 354 A – – metatarsi 314 A, 317 A, 318 A, 319, 342 A, 354 A – – navicularis 314 A, 317 A, 319, 343 A, 345 A, 354 A – – sacri 200 – – scaphoidei, Tastpunkt 270 – phalangis distalis (Pes) 317 A, 354 A
– radii 248, 249 A, 264, 266 – tibiae 314 A, 315, 316 A, 330, 333 A, 337 A, 360 A – ulnae 248, 249 A, 264 Tubuline 18 Tubulinprotofilamente 18 Tubulovakuolärer Apparat 603 Tubulus(-i) – distaler 600 T, 604 – intermediärer 600 T, 604 – mitochondriales 26 – nephroni 600 T – proximaler 600 T, 603 – reuniens 600 T, 604 – seminiferi 615, 616 A – – contorti 614 – – recti 614 Tumor-Nekrose-Faktor (TNF) 22, 139 Tumorzellen – Bekämpfung 137 – – Lymphknoten 150 Tunica – albuginea corporis spongiosi 628 – – corporum cavernosorum 628 – – Hoden 614 – – – Entwicklung 615 – conjunctiva 665 – dartos 159, 232 A, 615 A, 626 – externa (Arterien) 512 – fibro(musculo)cartilaginea (Trachea/Bronchen) 477 – fibrosa bulbi 651, 653 – – – Entwicklung 653 – – (Hepar) 586 – inguinalis testis 232 A – interna bulbi 651, 658 – – – Entwicklung 652 – intima (Arterien) 511 f. – media (Arterien) 512 f. – mucosa 520 – – (Gaster) 565 – – (Intestinum crassum) 578 – – (Intestinum tenue) 520 T, 570 T – – (Trachea/Bronchien) 477 – – (Tuba uterina) 635 – – (Ureter) 608 – – (Uterus) 637 – – (Vesica fellea) 592 – – (Vesica urinaria) 609 – muscularis (Bronchus) 482 A – – (Ductus deferens) 622 – – (Gaster) 566 – – (Intestinum crassum) 578 – – (Intestinum tenue) 520 T, 571 A, 574
– – – – – – – – –
– (Ösophagus) 520 – (Tuba uterina) 636 – (Ureter) 608 – (Uterus) 637 – (Vesica fellea) 592 – (Vesica urinaria) 609 serosa 472 – (Gaster) 565 – (Intestinum tenue) 571 A, 574 – – (Tuba uterina) 636 – – Verdauungskanal 520 T – – (Vesica fellea) 593 – – (Vesica urinaria) 609, 610 – vaginalis communis 234 T, 615 A – – testis 234 T, 626 – vasculosa bulbi 651, 654 – – – Entwicklung 653 – – – Entzündungen 653 Tunnel – äußerer, Corti-Organ 680 – innerer, Corti-Organ 679, 680 A, 681 – mittlerer, Corti-Organ 679 Tunnelproteine 12 Turgor 41 Typ-I-Fasern, Muskel 64 Typ-Ia-Fasern, Muskelspindel 65 A, 66 Typ-II-Fasern – Muskel 64 – Muskelspindel 65 A, 66 Typ-IV-Kollagen, Dermis 157 Typ-I-Synapse 75 Typ-II-Synapse 75 A Tyrosinase 156 T-Zell-Areale – lymphatische Organe 147 – Lymphknoten 149, 150 f. T-Zellen s.T-Lymphozyten 128 T-Zellrezeptoren – Antigene 132 – antigenspezifische 142
U Übelkeit 758 Überbiss 400 Überempfindlichkeitsreaktionen, Granulozyten, eosinophile 136 Übergangsepithel 11 – Ureter 608 Übergangswirbel, lumbosakraler 192
895 Sachverzeichnis
Überträgerstoffe s.Transmitter 76 Übertragene Schmerzen 703 Uferzellen, Lymphknoten 149 Ulcus cruris 362 Ulcus ventriculi 565, 566 Ullrich-Turner-Syndrom 122 Ulna 245, 248, 249 A, 250 A, 274 A, 284 A, 285 A – Ossifikationstermine 243 T – Taststellen 248 Ulnarabduktion 270 Ulnariskanal 303 Ultimobranchialer Körper 426 Ultrarotmikroskopie 89 Ultraviolettmikroskopie 89 Umbauzone 55 Umbo 672 Umfeldhemmung 770 Umgehungskreislauf 515 Uncus 713 A, 806 – corporis vertebrae 190 A, 196 Ungeformte Interzellularsubstanz 40 Ungues 166 Unipolare Nervenzellen 72 Univakuoläre Fettzellen 45 Unterarm 245, 267 ff. – Arterien 364 ff. – Biegebeanspruchung 169 – Extensoren 272, 273 T, 279 – – oberflächliche Schicht 273 T, 277 T, 279, 280 A – – tiefe Schicht 277 T, 280 – Faszien 281 – Flexoren 272, 273 T, 275 T, 279 A – – oberflächliche Schicht 274, 275 T – – tiefe Schicht 276 – Gefäß-Nerven-Straßen 303 T – Gelenke 267 ff. – Innervation 274, 295 A, 296 A – Knochen 247 ff. – Muskeln 272 ff. – – Ansätze 274 – – radiale 278 T, 280 A, 281 – Pronation 268, 274, 278 A, 279 T – Querschnitt 302 A – Sehnenscheiden 281 f. – Supination 268, 274, 278 A, 279 T – Taststellen 346 A – Topographie 302 – Venen 292 A – Wendebewegungen 263
Unterbauch 231, 533, 538 Untere Atemwege 478 T, 479, 482 A – Entwicklung 479 Untere Extemität 312 ff. – Entwicklung 244 – – Fehlbildungen 244 – Gelenke 320 ff., 330 ff., 340 ff. – Leitungsbahnen 358 ff. – Lymphsystem 363 – Muskeln 323 ff., 336 ff., 344 ff. – Nerven 363 ff. – Ossifikationstermine 243 T – Osteologie 312 ff. – Taststellen 314 A Unterhaut 159 Unterhorn – Seitenventrikel 822 – Seitenventrikel s. Cornu temporale 821, 822 Unterkiefer 377 T, 391 f., 392 – Heben 405 – Rückschieben 406 – Senken 405 – Vorschieben 406 Unterkieferwülste 393, 424 Unterkieferzähne, Innervation 403 Unterschenkel 340 ff. – Arterien 359, 360 A, 361 A – Extensoren 345, 346 T, 348 – Faszien 350 – Flexoren, hintere 345 – – oberflächliche 346 T, 347 T, 349 – – tiefe 345, 347 T, 348 A, 349 – Flexorenloge 373 A – Gefäß-Nerven-Straßen 373 T – Gelenke 341 – Hautinnervation 367 A – Knochen 315 – Muskellogen 344 – Muskulatur 344 ff. – Nerven 364 A, 366 A, – Peronäusgruppe = Fibularisgruppe 345, 348 T, 349, 350 T – Profil 340 – Querschnitt 373 A – Sehnenscheiden 350 – Taststellen 314 A – Venen, tiefe 362 Unterzungendrüse 417 Urachus 552, 607 f. Ureter 547, 607 – Abknickung 546 – Blasenmündung 609 A, 612 A, 622 A – doppelter 608 – Engstellen 608
– Entwicklung 552 A, 617 A – Histologie 608 – Konkremente 608 – Nierenhilum 546 A, 599 A – Verlauf und Lage 547, 549 – Wand 608 Ureterknospe 551, 552 Urethra s. Harnröhre 611 Urethralplatte 625 Urgeschlechtszellen (-keimzellen) 552, 615, 631 – Wanderung 553 A Urin, hypoosmolarer 605 Urkeimzellen 115 Urniere 550, 551 A, 552 A Urnierengang 551, 553 A Urnierenkanälchen 551, 616 A, 621 A Urnierensystem 620 Urogenitalfalte 550, 553 A, 624 Urogenitalleiste – nephrogene Anteile 553 A – steroidogene Zone 553 A Uro(genital)membran 625 A Urogenitalrinne 625 – fehlender Verschluss 626 Urothel 9 A, 11, 608 Ursprung (Muskel) 179 Ursprungskegel 70 A, 71 Uterinsegment, unteres 636 Uteroplazentarer Kreislauf 97, 101 A Uterus 630 ff., 636 ff. – Entwicklung 550 f., 637 – Gefäße 640 – Histologie 638 ff. – Müller-Gang 551 – Nerven 640 – Peritonealverhältnisse 549 f. – Schwangerschaft 645 – Spiralarterien 639 – Wandschichten 637 f. – Zyklus 639 Uteruskürettage 639 Uteruslumen, Schwangerschaft 99 A, 100 A Utriculus 670 A, 677 A, 678 A, 682, 803 – Entwicklung 677 – prostaticus 609 A, 612, 621 A, 623 Uvea 654 Uvula 407 – vermis 759 A, 760 T, 803 – vesicae 609, 612 A, 623 A
V Vagina 549, 637 A, 640 f. – bulbi 667 f. – carotica 423, 430, 446, 466 – communis tendinum musculorum flexorum (Manus) 282 – Entwicklung 640 – fibrosa 282 – Gefäße 641 – Laktobakterien 641 – musculi recti abdominis 229 – Nerven 641 – Peritonealverhältnisse 549 – radicularis epithelialis 402 – synovialis 282 – – musculorum peroneorum communis 350 A – – tendinis musculi flexoris hallucis longi 350 A – – – – tibialis posterioris 350 A – tendinis 182 – – digitorum manus 282 – – intertubercularis 252 A, 252, 266 – – musculi extensoris digitorum pedis longi 350 A – – – – hallucis longi 350 A – – – flexoris carpi radialis 282 – – – – digitorum pedis longi 350 A – – – – pollicis 282 – – – peronei longi plantaris 350 A – – – tibialis anterioris 350 A Vaginalepithel 11 Vaginalplatte 625 A Vagotone Reaktion 463 Vallecula epiglottica 432 Valva(-ae) – aortae 504 A, 505 – atrioventricularis dextra 503 f. – – sinistra 504 A, 505 – bicuspidalis s. Bikuspidalklappe 505 – cuspidalis 503 – ileocaecales 577 – tricuspidalis s.Trikuspidalklappe 503 – trunci pulmonalis 504 Valvula(-ae) – anales 581 – foraminis ovalis 504 ▼
T–V
896
Sachverzeichnis
Valvula(-ae) – semilunaris 504, 505 – sinus coronarii (= Valvula Thebesii) 503 – – – Entwicklung 498 – v. cavae inferioris (= Valvula Eustachii) 503, 504 A – – Entwicklung 494 A, 498 van-Gieson-Färbung 89 – Bindegewebsfasern 36 Variabilität 2 Variationsbreite 2 f. Varikosen 362 Varizen 515 – Plexus venosus rectalis 559 Vas(-a) – afferens (Glomerulus renalis) 600 – – Lymphknoten 149 – efferens (Glomerulus renalis) 600 – – Lymphknoten 149 – epigastrica 232 A – – inferiora 229 A – femoralia 339 – lymphatica 144 f. – – tibialia posteriora 372 – obturatoria 370 A – privata (Pulmo) 485 – publica (Pulmo) 485 – recta renis 606 – vasorum 512 Vasoaktives intestinales Polypeptid 813 A Vasodilatatorische Innervation – parasympathisch-cholinerge 516 – sympathisch-cholinerge 516 Vasokonstriktorenbahn, Rückenmark 776 Vasokonstriktorisches Peptid 512 Vasomotoren, Gefäßmuskulatur 512 Vasomotorenzentrum, Formatio reticularis 754 Vasopressin 811, 813 A Vater-Pacini-Körperchen 161 f., 650 – Innenkolben 162 – Klitoris 643 – Penis 629 Vegetative Ganglien, praevertebrale 561 Vegetative Zentren – Formatio reticularis 809 – Hypothalamus 755 – Rückenmark 809 – Zusammenwirken 810
Vegetatives Nervensystem 687, 698 f., 701 A, 809 f. Veitstanz 782 Vellus s. Wollhaar 164 Velum – medullare inferius 744, 823 – – superius 742 f., 744, 823 A – palatinum 407 Vena(-ae) – advehentes 543 – angularis 452, 824 A – appendicularis 559 – arcuatae renis 606 f. – articulares temporomanidbulares 453 – auricularis(-es) anteriores 453 – – posterior 446 A, 453 – axillaris 292, 295 A, 298 A, 300 – azygos 218 A, 491 A, 496 T, 517 A, 521, 524, 526, 528 A, 529, 530, 557 A, 558 – basalis 724, 820 – basilica 292, 301 A, 302 A – basivertebrales 239 – brachiales 292, 302 – brachiocephalica 453 – – dextra 523, 527, 529, 558 A – – Entwicklung 496 T – – sinistra 491 A, 523, 527, 529 – bronchiales 485, 524 – bulbi penis 628 – – vestibuli 643 – cardiaca(-ae) magna 509, 510 A – – minimae 510 – – parva 510 – cardinales anteriores 494 A, 495, 496 T, 544 A – – communes 494 A, 495, 496 T, 544 A – – posteriores 494 A, 495, 496 T, 544 A – cava inferior 218, 239, 490 A, 491 A, 492, 501 A, 504 A, 510 A, 522 A, 524, 557, 586, 587 A, 635 – – – Entwicklung 493, 494 A, 496 T, 498 T – – superior 239, 490 A, 491 A, 492, 501 A, 523, 529, 530, 558 – – – Entwicklung 494 A, 496 T, 498, 499 – – – Oberflächenprojektion 502 – – – Projektion 502 – centralis 587, 588
– – retinae 662 A – cephalica 292, 299, 301 A, 302 A – cerebri media superficialis 825 – – superiores 824 A – cervicalis superficialis 446, 447 – choroidea, superior 724 – ciliaris(-es) 663 – – anterior 662 A – circumflexa ilium superficialis 361 A – colica dextra 559 A – – media 559 – – sinistra 558, 559 A – comitantes 362 – conjunctivalis 662 A – cordis magna 509, 510 A – coronaria gastri 559 – corticales radiatae renis 606 f. – cremasterica 627 T – cystica 559, 593 – diploica(-ae) 452, 824 A – – frontalis 453 T – – occipitalis 453 T – – temporalis anterior 453 T – – – posterior 453 T – dorsales pedis 374 A – dorsalis(-es) clitoridis 557, 643 – – penis 611 A – – profunda 643 – – – clitoridis 643 – – – penis 556, 611, 628 A, 629 – – superficialis clitoridis 556 – – – penis 556, 628 A, 629 – ductus deferentis 611 A, 627 T – emissaria(-ae) 452, 453 T, 825 – – condylaris 453 T – – mastoidea 453 T, 824 A – – occipitalis 453 T – – parietalis 453 T – epigastrica inferior 239, 558 A – – superficialis 239, 361 A, 558 A – ethmoidales 419 – facialis 445, 446 A, 452, 453, 825 – – Zuflüsse 452 – femoralis 362, 369, 370 A, 371 T, 491 A, 557 A, 558 A – – Punktion 370 – fibulares 362, 373 T
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gastrica(-ae) breves 558 f. – dextra 559 – sinistra 559 gastroomentalis dextra 558, 559 A – sinistra 558, 559 A gluteae inferiores 557 A – superiores 557 A hemiazygos 491 A, 521, 524, 528 A, 529, 530, 557, 558 – accessoria 524 A – Entwicklung 496 T hepaticae 491 A, 493, 557, 587 ileales 558, 559 A ileocolica 559 iliaca communis 491 A, 557 – externa 229 A, 491 A, 557 – interna 557, 558 A, 582, 624, 640 inferiores cerebri 724 intercostalis(-es) 212, 213 A – posteriores 524 – superior dexter 524 A interlobares (Ren) 606 interlobulares (Hepar) 588 – (Ren) 606 f. interna cerebri 724 interosseae antebrachii anteriores 303 T – – posteriores 303 T interpedunculares 758 interventricularis anterior 509 – posterior 510 jejunales 558, 559 A jugularis 824 A – anterior 445, 453 – externa 423 A, 445, 446 A, 447, 452, 453 – interna 423 A, 430, 445, 446, 447 A, 452, 453, 491 A, 496 T, 522 A, 825 – – sinistra 145 A labiales posteriores 643 – superiores inferiores 452 lacrimalis 667 A laryngea inferior 440 – superior 440 lingualis 414, 422 lumbalis(-es) 524 A, 558 – ascendens 558 magna cerebri 724, 824 marginalis 581 A media superficialis cerebri 724 mediana antebrachii 292
897 Sachverzeichnis
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– basilica 292 – cubiti 292 mediastinales 524 meningea media 453, 676 mesenterica inferior 557 A, 558 A, 558, 559 A, 576, 584 A, 596 – superior 558, 559 A, 569 A, 576, 584 A, 596 nasales externae 452 nutritiae 51 obliqua atrii sinistri 510 A – – – Entwicklung 496 T, 498 T obturatoria 369, 371 T, 557 A occipitalis 453 T, 824 A oesophageales 524, 558 A ophthalmica inferior 668, 824 A, 825 – superior 419, 663, 667 A, 668, 824 A, 825 ovarica 547, 557, 558, 635 palatina externa 452 palpebrales superiores inferiores 452 pancreaticae 558, 559 A pancreaticoduodenalis(-es) 559, 584 A – superior posterior 584 A paraumbilicales 239, 558 A, 559 parotideae 453 pedunculares 758 pericardiacae 524 petrosa inferior 758 – superior 758 phrenicae inferiores 557 plantares laterales 374 A – mediales 374 A poplitea 361 A, 362, 372 portae hepatis 490 A, 492, 535, 558, 559 A, 576, 579, 583, 584 A, 585, 586, 587, 596 – – Entwicklung 493 T, 496 A, 500 A, 543 prepylorica 559 profunda(-ae) cerebri 724 – clitoridis 643 – facialis 452 – femoris 362, 371 T – penis 628 pudenda externa 362, 556 – interna 311 pudenda(-ae) externa 361 A – interna 556, 557, 611 A, 626, 643 pulmonalis(-es) 485, 492, 494 A, 498, 522 A, 523, 530
– – dextra 479 A, 490 A, 510 A, 517 A, 528 A – – – inferior 523 – – – superior 523 – – Entwicklung 494 A, 498 A – – sinistra 490 A, 497 A, 501 A, 504 A, 510 A – – – inferior 523 – – – superior 523 – radiales 292, 303 T – radiculares 777 – rectalis inferior 558 A, 581 A, 582 – – media 581 A, 582 – – superior 311, 558 A, 558, 559 A, 581 A, 582 – renales 491 A, 496 T, 547 A, 558, 558, 599 A, 605, 620, 635 – retromandibularis 415, 416, 422, 445, 446 A, 452 f., 453, 825 – revehentes 543 – sacralis lateralis 557 A – – mediana 557 – saphena accessoria 362 – – – lateralis 361 A – – – medialis 361 A – – magna 361 f., 373 A – – parva 361 A, 362, 372, 373 T – septi pellucidi 724 – sigmoideae 558, 559 A – splenica (lienalis) 540 A, 558, 559 A, 576, 583, 584 A, 596 – stellatae renis 606 – subcardinales 496 T – subclavia 292, 447 A, 452, 491 A, 496 T, 522 A, 526 – – sinistra 145 A – – Verletzung, Luftembolie 293 – sublingualis 417, 423 – submentalis 417, 446 A, 452 – superficiales cerebri 724 – superiores cerebri 724, 824 – supracardinales 496 T – supraorbitalis 453 T – suprarenalis 598 – temporalis(-es) 420 – – media 452 – – profundae 421, 453 T – – superficiales 420, 446 A, 452, 453 T – testicularis 558, 620, 626, 627 T – thalamostriata superior 724, 726, 727 A – thoracica interna 224, 239, 522 A, 526, 558 A
– thoracoepigastricae 239, 292, 558 A – thyroidea(-ae) inferior 443, 521 – – mediae 443 – – superior 443, 446 A, 452 – tibialis anterior 362 A, 373 A, 491 A – – posterior 362, 373 T, 491 A – transversa cervicis 453 – – colli 453 – – faciei 452 – tympanicae 453 – ulnares 292, 303 T – umbilicalis 101 A, 117, 493 A, 494 A, 494, 495, 499, 500 A, 544 A – – Entwicklung 543 – ventriculi sinistri posterioris 510 – vertebralis 209, 423 A – vesicales 611 A – vitellinae 493, 494 A, 495, 543, 544 A – vorticosae 662 A, 663 Venen 491, 514 f. – uteroplazentare 101 Venenklappen 362, 515 Venenplexus s. Plexus venosus Venenpunktion, Armvenen 293 Venenstern 362 Venenwinkel 523, 525, 724 Venter 3, 179 – anterior (M. digastricus) 405 A, 411 T, 427 A – – – Entwicklung 424 T – – – Innervation 460 – frontalis (M. occipitofrontalis) 395 A, 396 T – inferior (M. omohyoideus) 446 – occipitalis (M. occipitofrontalis) 395 A, 396 T, 427 A, 461 – posterior (M. digastricus) 405 A, 411 T, 427 A – – – Entwicklung 424 – superior (M. omohyoideus) 427 A Ventilebene, Herz 506 – Projektion 506 Ventriculus(-i) – cordis 503, 505 – – dexter 492, 499 A, 501 A, 503, 510 A, 528 A – – – Hypertrophie 500 – – – primitivus 497 – – Septierung 498 – – Septum 503
– – sinister 501 A, 504 A, 505, 528 A – – – Dehnungs(B)rezeptoren 516 – – – Oberflächenprojektion 502 A – – – Spannungs(A)rezeptoren 516 – laryngis 432 A, 435, 436 A – lateralis 727 A, 821 – quartus 710, 743 A, 744, 745 A, 821, 823 – s. Gaster – tertius 710, 737 A, 821, 822 Ventrikel, Herz s. Ventriculus cordis Ventrikelseptumdefekt 500 Ventrikelsystem 820 ff. – Darstellung 821 – Entwicklung 710 Venulae 490, 514 Venulen, bronchoepitheliale 150 Verankerungsproteine, Mikrovilli 13 A Verbindungsapparat, Rückenmark 770, 773 ff. Verbindungstubulus, Nierentubulus 600 T, 602, 604 Verdauungskanal, Sekretionsreflexe 753 Verdauungssystem 562 ff. Verdichtungen – glatte Muskelzelle 59, 60 A – Synapsen 74, 75 A – Zellhaftungen 14 f., 16 A Vergenzbewegungen 786 Verhorntes Epithel 11 Verhornung 156 Verknöcherungszone, Epiphyse 55 A, 56 Verlängertes Mark s. Medulla oblongata 744 Vermis cerebelli 759, 760 T Vernix caseosa 120 Verschiebeschicht 43 Verschlucken 434 Versilberung – Bindegewebsfasern 36 – Synapsen 74 Verspannungen, Muskeldehnungen 208 Vertebra(-ae) s.a. Wirbel 189 ff. – cervicales 191 – coccygeae 191, 201 – lumbales 191, 326 A – prominens 196, 202 A – sacrales 191 – thoracicae 191, 211
V
898
Sachverzeichnis
Vertikale Säulen – Isokortex 719 – Sehrinde 798 Very low density lipoprotein (VLDL) 45 Vesica 592 f., 609 ff. – fellea s. Gallenblase 534 – urinaria s. Harnblase 548 Vesican 41 Vesicula cervicalis 426 A Vesikeltransport, Axon 72 Vestibuläres System 803 ff. – Ausfall 805 Vestibulär-optische Reflexe 786 Vestibularapparat 677, 682 ff. – Gallertmembran 683 – Sinnesfelder 682 – Stützzellen 683 Vestibulariskerne 755 Vestibularisreflex 753 Vestibulozerebelläre Fasern 804 A Vestibulozerebellum 759, 761 Vestibulum – bursae omentalis 536 – – – operativer Zugang 537 – (Innenohr) 672 A, 673, 677 A, 678 – laryngis 435, 436 A – nasi 418 – oris 397, 407 – – Entwicklung 394 – vaginae 641 Vestigium – processus vaginalis 627 T – – – testis 234 Vibrationsempfindung 161 Vibrissen 164, 418 Vicq d’Azyr-Streifen 719 Vieleckbein, kleines s. Os trapezoideum 249 Vierhügel – obere 741 – untere 742 Vierhügelplatte 740 Villi – intestinales 570 ff. – synoviales 174 Villin 19 Villinbrücken, Mikrovilli 13 A Vimentine 19 – Muskelzellen, glatte 59 – Skelettmuskulatur 62 Vimentinfilamente 19, 512 Vincula tendinum 285 A Vinculin 15, 19 – Z-Streifen, Skelettmuskulatur 62
Vinculum lingulae 760 T Virchow, Rudolf 4 Virchow-Robin-Räume 819 Viscerocranium 3 Viskoelastizität 188 Visuelles Erinnerungsfeld 799 Visuelles Reflexzentrum 741 Visuelles Rindengebiet 716 Visuelles System 716 ff. Viszerales Mesoderm 114 Viszeroafferente Längszone, Rhombencephalon 738 Viszeroafferente Neurone 690, 693 Viszeroefferente Längszone, Rhombencephalon 738 Viszeroefferente Neurone 691, 693 Viszerokranium 376, 387 ff. – Knochen 377 T Viszerokutane Reflexe 809 Viszerosensibilität 650 f. Viszerosensorisches System 787, 792 Viszerosomatische Reflexe 703 Viszeroviszerale Reflexe 703 Vitalfärbungen 87 Vitamin A, Knochen 56 Vitamin-B12-Mangel 126 Vitamin D, Knochen 56 Vitronektin 41 VLDL s. Very low density lipoprotein 45 Volkmann-Gefäße 171 A Volkmann-Kanäle 51 Vomer 377 T, 385 A, 386, 390 Vordere Darmbucht 116 Vorderhirn s. Prosencephalon 708 – Entwicklung 111 Vorderhorn 706 A – Rückenmark 738 A, 766 A, 769, 779 – Seitenventrikel 821, 822 A Vorderhornzelle, multipolare 72 Vorderhornzellen – große 769 – kleine 769 Vordersäule 766 A, 769 Vorderseitenstrang, Rückenmark 766 A, 771, 775, 789 Vorhaut s. Preputium 626 Vorhautbändchen 628 Vorhof, Mundhöhle 407 Vorhof s. Atrium cordis 503 – Dehnungs(B)rezeptoren 516 – Entwicklung 494 ff., 494 ff., 497 A, 500 A
– linker 501 A, 504, 510 A, 528 A – neuroendokrine Granula 67 – Oberflächenprojektion 502 A – rechter 501 A, 503, 504 A, 510 A, 528 A – Spannungs(A)rezeptoren 516 Vorhof-Kammer-Grenze 502 – Septierung 497 Vorhof-Kammer-Klappe 491 f. Vorhofscheidewanddefekte 500 Vorkerne 92 f., 94 A Vorknorpel 46 Vormauer s. Claustrum 721 Vorniere 550 f. Vornierengang 551 Vorsteherdrüse s. Prostata 623 Vortex cordis 505 A, 506 Vorwärtshemmung 691, 770 V-Phlegmone 282 Vulva 642
W Wachsein 815 Wachstum – Fetus 118 – Knochen 56 – Knorpel 47 Wachstumsfaktoren 138 – Frühentwicklung 106 – Zellwachstum 21 – Zellzyklus 20 Wachstumsfuge, Knochen 55 f. Wachstumskegel, Proneurone 692 Wachstumskolben 83 Wackelknie 333 Wadenbein s. Fibula 315 Wärmeabgabe, Haut 160 Waldeyer-Rachenring 132, 414, 432 Wallenberg-Syndrom 758 Waller-Degeneration 82, 83 A Wanderzellen 35, 43 A Wangen 397 – Entwicklung 394 Warthon-Sulze 42, 117 Wasserblasen, Haut 160 Wasserbruch 234 Wasserhaushalt 599 Wasserstoffionen, Belegzellen 567 Watschelgang 327
Weckreaktionen 728 f., 751 f. Wehen 638 – Progesteron 645 Weibel-Palade-Körper 512 Weichteilhemmung 175 Weigert-Markscheidenfärbung 78 Weisheitszähne 400 Weiße Blutkörperchen s. Leukozyten 127 Weiße Substanz 688 – Rückenmark 705, 771 – Telenzephalon 712 Weißes Fettgewebe 45 Wernicke-Zentrum 716 A, 717, 814, 815 A – Ausfall 814 – Sprachverständnis 802 – Sprechwerkzeuge, Steuerung 815 Wespenbein s. Os sphenoidale Westphal-Edinger-Kern 466 Wiksame Endstrecke 184 von Willebrand-Faktor 512 Willkürmotorik 778 f. Wilms-Tumor 551 Wimpern s. Cilia 164, 664 Windkesselfunktion 513 Windungen, Großhirn 712 Wirbel 189 – Entwicklung 191, 194 A – Osteologie 189 Wirbelbögen 189 – Defekt 707 – Entwicklung 191 Wirbelbogengelenke 194 Wirbelfortsätze 189 f. Wirbelgelenke 194 – kleine 190 Wirbelgruppen 191 ff. Wirbelkanal 191 Wirbelkörper 189 – Deckplatte 190 – Druckbelastung 169 – Grundplatte 190 – Ossifikationstermine 193 T – Spongiosa 193 Wirbelsäule 193 ff. – Bänder 194 ff. – Beweglichkeit 198 T, 201 f. – Bewegungssegmente 194 – Eigenform 201, 202 – Entwicklung 191 – Entwicklungsstörungen 192 – Fehlhaltungen 208 – Krümmungen 201 – Neugeborene 201 – Spaltbildungen 192 – Taststellen 209
899 Sachverzeichnis
– Topographie 209 f. – Verbund 193 – Verknöcherung und Verknorpelung 192 Wirbelverschiebungen 196 Wochenbett 647 Wochenfluss 647 Wolff-Gang 551, 552 A, 616 A, 621 A Wolff-Parkinson-White-Syndrom 508 Wollhaar s. Vellus 164 Wortwahl 815 Würfelbein s. Os cuboideum 319 Würgen 408 Wundheilung, Bindegewebe 33 Wundschorf 144 Wurm s. Vermis cerebelli 759 Wurmfortsatz s. Appendix vermiformis 578 Wurminfektionen, Granulozyten, eosinophile 136 Wurzelfasern – afferente, Rückenmark 771 – efferente, Rückenmark 772 Wurzelkanal 401 Wurzelscheide – bindegewebige 165 – epitheliale, äußere 165 – – innere 165 Wurzelzellen, Rückenmark 769
X X-Bein 330 – Koxarthrose 358 – Patellaluxation 332 X-Zellen, Retina 661
Y Y-Zellen, Retina 661
Z Zähne 399 ff. – bleibende 400, 402 ff. – Durchbruch 400 T – Entwicklung 401 – Ersatzleiste 402 – Gefäße 403
– Nerven 403 – propriozeptive Signale 790 Zäkum 538 A, 539, 577 A – Blutgefäße 579 – Entwicklung 541 A, 544 A Zäpfchen s. Uvula 407 Zahnbögen 400 Zahnersatzleiste 401 A Zahnfleisch s. Gingiva 407 Zahnglocke 401 Zahnhals 400 – Saumepithel 402 Zahnhalteapparat 400, 401 A, 403 – Entwicklung 402 Zahnkappe 401 Zahnknospe 401 Zahnkrone 400 Zahnleiste 401 Zahnpapille 401 Zahnpulpa 401 Zahnregulierung 52 Zahnsäckchen 401 A, 402 Zahnwechsel 400 Zahnwurzel 400, 411, 413 Zapfen(zellen), Retina 659 A, 660, 661 A, 662 Zehen 319 – Hautinnervation 366 A, 367 A, 368 A – Mittelphalanx, Ossifikation 243 f. Zehengelenke 344 Zehennägel 166 Zehenspitzen, Meißner-Tastkörperchen 161 Zeis-Drüsen 664 Zelladhäsionsmoleküle 12, 14, 693 Zelleinfaltungen, basale 17 Zellen – amakrine 72 A, 659 A – antigenpräsentierende 134, 135 A, 137 – – nichtprofessionelle 139 – azidophile, Hypophyse 735 – basophile, Hypophyse 735 – chromaffine 112, 598 – chromophile, Hypophyse 735, 736 – chromophobe 734 – dendritische 138 f. – – dermale 157 – – follikuläre 139, 574 – – interdigitierende 134, 139 – – knochenmarkabhängige 134, 137 – – Thymus 518
– dunkle, Schweißdrüsenendstücke 162 – endokrine 31, 112 – fixe, lymphoretikuläres Bindegewebe 146 – freie, lymphoretikuläres Bindegewebe 146 – gonadotrope 736 – helle, Dünndarmschleimhaut 572 – – Schweißdrüsenendstücke 162 – immunkompetente 132 – interstitielle (Cajal) 703 – – lipidhaltige 605 – – progesteronempfindliche 638 – juxtaglomeruläre 602 – kortikotrope 736 – mammotrope 736 – neuroendokrine 73 – parakrine 31, 112 – peritubuläre, Hoden 619 – phäochrome, Nebennierenmark 598 – pluripotente 94 – retikuläre 42 – somatotrope 736 – steroidhormonbildende 32 – thyrotrope 736 – totipotente 94 – Untersuchungen 87 f. – virusinfizierte 137 – zentroazinäre 584 Zellersatz 7 Zellgruppen – endokrine 31 – isogene 47 Zellhaftung 14 Zellinseln, Plazenta 104 Zellkern 10 – Herzmuskelzellen 67 T – Mitose 20 f. – Muskulatur, glatte 59 T – Perikaryon 70 – Pyknose 21 – Skelettmuskelzellen 59 T, 60 Zellkortex 19 Zellmauserung 20 Zellmembranglykoproteine 132 Zellmigration 110 Zelloberfläche 11 f. Zellorganellen 25 f. Zellsäulen, Plazenta 104 Zellteilung, differenzielle 21 Zelltod – programmierter 21 f. – provozierter 21
Zellverbindungen 14 f. Zellvermehrung 7 Zellwachstum 21 Zellzyklus 20 f. Zement 401 A, 402 f. Zementoblasten 402 Zementozyten 403 Zentralarterien/-arteriolen, Milz 594 Zentrale Haubenbahn 755 Zentrale lymphatische Organe 132 Zentrales Höhlengrau 740 Zentralkanal – Osteone 51 – Rückenmark 687, 766 A, 769 Zentralkörperchen 18 Zentralnervensystem (ZNS) 687, 704 ff. – Entwicklung 705 ff. – Glia 84 – Gliederung 704 – Hüllen 816 Zentriolen 18 Zentroazinäre Zellen 584 Zentroblasten 140, 147, 150 Zentrozyten 140, 147, 150 Zerebelläre Ataxie 783, 804 f., 805 Zerebellovestibuläre Fasern, Kleinhirn 761 T Zerebellum s. Cerebellum 758 Zerebraler Insult 723 Zerrung 178 Zervikalmark 766 Zervikalnerven 695 Zervikalsegmente 766 Zervikalsyndrom 196 Zervix s. Cervix uteri 639 – (Gll. gastricae propriae) 566 Zervixkarzinom 640 Zielmotorik 764, 783 Ziliare Injektion 653 Ziliarepithel (Corpus ciliare) 655 Zilien 13 Ziliospinales Zentrum 800 Zinkfingergene 106 Zirbeldrüse s. Glandula pinealis 728 Zirkumduktion 177 Zirkumventrikuläre Organe 734 Zisternen, Computertomogramm 820 Zölom 472 – extraembryonales 96 A, 99 A, 107, 109 ▼
V–Z
900
Sachverzeichnis
Zölom – intraembryonales 112 A, 114 – Reste 116 f. Zölomkanäle 472 Zona – cutanea (Canalis analis) 581 – fasciculata (Gl. suprarenalis) 597 – glomerulosa (Gl. suprarenalis) 597 – haemorrhoidalis 581 A – incerta 729 – orbicularis 320 A, 321 T, 322 – pellucida 631 A, 632 – reticularis (Gl. suprarenalis) 597 Zone – dunkle, Keimzentrum 147 – helle, Keimzentrum 147 – of polarizing activity (ZPA) 241 Zonula(-ae) – adhaerens 15, 16 A – ciliaris 656 A – occludens 14 f., 16 A Zonulafasern s. Fibrae zonulares 656 Zotten – Plazenta 98 A, 99, 104 – – s. Zotten – s. Villi intestinales 570
Zottenbäume, Plazenta 99, 101 f. Zottenbindegewebe 103 Zottengefäße 98, 103 – Dünndarm 574 A Zottenpumpe 573 Z-Streifen – Herzmuskelzellen 67 – Skelettmuskelzellen 62 Zugfestigkeit 39 – Knochen 171 Zuggurtung 171 Zugspannungen, Knochen 169 Zunge 411 ff. – Außenmuskulatur 411, 412 T – Binnenmuskulatur 411, 412 – Entwicklung 411, 425 – Gefäße und Nerven 414 – Geschmacksorgane 651 – Papillen 412 f. – Schleimhaut 412 Zungenbalg 413 A Zungenbein s. Os hyoideum Zungenbeinmuskulatur 427 – untere 428 T Zungendrüsen 412, 413 Zungengrund 413 f. Zungenkörper 411 Zungenrand 412 Zungenrücken 412, 413 A Zungenspitze 411
Zungenwulst/-wülste 398 A, 425 – seitliche 425 – unpaarer 425 Zusammengesetzte Drüsen 24 Zusatzblutungen 639 Zweiachsige Gelenke 176 Zweibäuchige Muskeln 179 Zweigelenkige Muskeln 183 Zweiköpfige Muskeln 179 A Zwerchfell s. Diaphragma 217 – Entwicklung 473 f. – Faszien 219 – Oberflächenprojektion 502 A Zwerchfelldefekte 219 Zwerchfellhernie, angeborene 472 Zwerchfellkuppel 218, 226 A – Nachbarschaftsbeziehungen 220 Zwerchfellöffnungen 219 T Zwerchfellstand, Exspiration/Inspiration 220, 489 Zwergwuchs 56 – hypothyreoter 443 Zwillinge 120 – eineiige 138 Zwillingsgeburten 120 Zwischenhirn s. Diencephalon 725
Zwischenkiefer 398 Zwischenwirbelgelenke 190, 194 Zwischenwirbelscheiben, Faserknorpel 49 Zwölffingerdarm s. Duodenum 569 Zygote 93 Zyklusstörungen 639 Zymogengranula, Pancreas 584 Zytoarchitektonik 688 – Isokortex 719 Zytochemie 89 Zytokeratine 13 A, 19 Zytokine 31 – Frühentwicklung 106 – Granulozyten, basophile 133 A, 134 – Makrophagen 138 – Zellwachstum 21 Zytokinese, Mitose 21 Zytomembranen 11 f. – Fluid-mosaic-Modell 12 – Skelettmuskulatur 62 Zytoplasma – Organellen 25 f. – Zytoskelett 18 f. Zytotrophoblast 96 f., 98 A, 102 A, 103 Zytotrophoblastzellen, Chorion 101, 105