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Gedruckt mit UnterstuÈtzung
Amt der BurgenlaÈndischen Landesregierung Bundesministerium fuÈr Bildung, Wissenschaft und Kunst in Wien Evers-Marcic-Stiftung an der Rechtswissenschaftlichen FakultaÈt der Paris-Lodron-UniversitaÈt Salzburg È Landesregierung Naturschutzabteilung beim Amt der OO Stiftungs- und FoÈrderungsgesellschaft der Paris-Lodron-UniversitaÈt Salzburg
Natura 2000 Auswirkung und Umsetzung im innerstaatlichen Recht
Erich Pürgy
SpringerWienNewYork
Forschungen aus Staat und Recht 142 Herausgeber: Univ.-Prof. Dr. Bernhard Raschauer, im Zusammenwirken mit Univ.-Prof. Dr. DDr. h.c. Günther Winkler und Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Walter Antoniolli Verfasser: Dr. Erich Pürgy c/o: Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst, Ballhausplatz 2, 1014 Wien
Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdruckes, der Entnahme von Abbildungen, der Funksendung, der Wiedergabe auf photomechanischem oder ähnlichem Wege und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten.
© 2005 Springer-Verlag/Wien Printed in Austria SpringerWienNewYork ist ein Unternehmen von Springer Science + Business Media springer.at Produkthaftung: Sämtliche Angaben in diesem Fachbuch/wissenschaftlichen Werk erfolgen trotz sorgfältiger Bearbeitung und Kontrolle ohne Gewähr. Eine Haftung des Autors oder des Verlages aus dem Inhalt dieses Werkes ist ausgeschlossen. Reproduktionsfertige Vorlage des Herausgebers Druck: Ferdinand Berger & Söhne Gesellschaft m.b.H., 3580 Horn, Österreich Gedruckt auf säurefreiem, chlorfrei gebleichtem Papier – TCF SPIN: 11496038
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
ISSN
0071-7657
ISBN-10 ISBN-13
3-211-28251-3 SpringerWienNewYork 978-3-211-28251-9 SpringerWienNewYork
Vorwort Bei Natura 2000 handelt es sich um das größte Naturschutzvorhaben in Europa zum Schutz von bedrohten Tier- und Pflanzenarten sowie deren Lebensräume. Seit zehn Jahren ist Österreich mit der Vogelschutzrichtlinie und der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie konfrontiert. Neben der legistischen Umsetzung der Richtlinienbestimmungen sind die Mitgliedstaaten zur Errichtung eines kohärenten, europäischen Schutzgebietsnetzes verpflichtet. Das komplexe und in viele Bereiche ausstrahlende Thema Natura 2000 wirft hier zahlreiche Fragen auf. Sich mit diesen juristisch näher zu beschäftigen, haben auch meine beruflichen Wurzeln als Förster beigetragen. Die erheblichen Auswirkungen der beiden Richtlinien auf die Landund Forstwirtschaft und die in diesem Zusammenhang oft sehr emotional geführten Diskussionen, wie etwa über die Jagd auf Auer- und Birkhahn, den Abschuss von Graureiher und Kormoran oder den Singvogelfang im Salzkammergut, zeigen die Notwendigkeit einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit diesem Thema. Die vorliegende Arbeit beruht auf meiner im Februar 2004 an der Paris-Lodron-Universität Salzburg approbierten Dissertation. Sie wurde seither überarbeitet und aktualisiert. Das Werk befindet sich auf dem Stand Jänner 2005, wobei jedoch die im Dezember 2004 von der Kommission beim EuGH eingebrachten Klagen gegen die Republik Österreich wegen unvollständiger bzw nicht korrekter Umsetzung der Vogelschutz- und Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie nicht mehr berücksichtigt wurden. Die in dieser Arbeit vorgetragenen Rechtsansichten – insbesondere zu den laufenden Vertragsverletzungsverfahren gegen die Republik Österreich – geben meine persönlichen Rechtsansichten wider. Zu danken habe ich an erster Stelle Herrn SL Univ.-Prof. Dr. Georg Lienbacher, der nicht nur als Erstbegutachter der Dissertation, sondern auch als Förderer der Veröffentlichung maßgeblichen Anteil an der Entstehung dieses Werkes hat. Seine Unterstützung in allen Bereichen war mir eine große Hilfe. Mein Dank gilt zudem dem Zweitbegutachter der Dissertation, Herrn Univ.-Prof. Dr. Heinz Schäffer. Herrn Univ.-Prof. Dr. Bernhard Raschauer danke ich für die Aufnahme in die Reihe „Forschungen aus Staat und Recht“, Herrn Mag. Sramek vom Springer Verlag und Frau Susanne Karner für die umfassende Betreuung und konstruktive Zusammenarbeit. Für die finanzielle
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Vorwort
Unterstützung bei der Drucklegung bedanke ich mich bei den vorstehend genannten Einrichtungen. Danken möchte ich an dieser Stelle auch meinen Eltern. Sie haben durch die Förderung meiner Ausbildung den Grundstein für diese Arbeit gelegt. Besonderer Dank gebührt Christiane, die durch ihre vielfältige Unterstützung maßgeblich zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen hat. Ihr ist dieses Buch gewidmet. Salzburg und Wien, im Juli 2005 Erich Pürgy
Inhaltsverzeichnis Seite
Vorwort ................................................................................................................... V Abkürzungsverzeichnis ............................................................................................. XIII I. Einleitung ............................................................................................................ II. Natura 2000 im Überblick ................................................................................ A. Allgemeines .................................................................................................... B. Die Vogelschutz-Richtlinie ............................................................................. 1. Einleitung .................................................................................................. 2. Der Geltungsbereich der Vogelschutz-Richtlinie ....................................... 3. Allgemeine Maßnahmen und Interessensabwägung ................................... 4. Der Gebietsschutz in der Vogelschutz-Richtlinie ....................................... a) Der allgemeine Gebietsschutz nach Art 3 VSchRL ............................... b) Die besonderen Schutzgebiete nach Art 4 VSchRL ............................... aa) Auswahlkriterien für besondere Schutzgebiete ................................ bb) Ermessensspielraum bei der Auswahl der in Frage kommenden Gebiete ................................................... cc) Vorgehensweise bei der Ausweisung der Schutzgebiete ................... dd) Zeitlicher Geltungsbereich des Schutzregimes nach Art 4 VSchRL ... ee) Unmittelbare Anwendbarkeit von Richtlinien und im Besonderen von Art 4 VSchRL .......................................... aaa) Allgemeines zur unmittelbaren Anwendbarkeit von Richtlinien ....................................................................... bbb) Unmittelbare Anwendbarkeit des Art 4 VSchRL .................... ccc) Zusammenfassung .................................................................. ff ) Umfang und Inhalt des Schutzregimes nach Art 4 .......................... gg) Der Wechsel des Schutzregimes aufgrund Art 7 FFH-RL ............... hh) Vertragsverletzungsverfahren wegen mangelnder Umsetzung des Art 4 VSchRL ........................................................ c) Zusammenfassung ................................................................................. 5. Die Artenschutzbestimmungen in der Vogelschutz-Richtlinie ................... a) Allgemeines ........................................................................................... b) Der universelle Schutz gemäß Art 5 VSchRL ........................................ c) Das Handelsverbot und dessen Ausnahmen .......................................... d) Die Bejagung der Vögel ........................................................................ aa) Einleitung ....................................................................................... bb) Die inhaltlichen Vorgaben des Art 7 VSchRL ................................. cc) Die Rahmenbedingungen bei der Jagdausübung ............................ e) Das Verbot bestimmter Mittel, Einrichtungen und Methoden zum Fangen und Töten sowie Beförderungsmittel ............... f ) Die Ausnahmebestimmungen des Art 9 VSchRL .................................. aa) Die Prüfung von Alternativen ......................................................... bb) Inhaltliche Vorgaben des Art 9 Abs 1 VSchRL ................................ cc) Die formalen Kriterien des Art 9 Abs 2 VSchRL ............................ g) Zusammenfassung ................................................................................. 6. Die weiteren Bestimmungen der VSchRL ................................................. a) Die Forschung, Wiederansiedelung, Berichtspflicht an die Kommission sowie das Verbot einer Verschlechterung der derzeitigen Lage ...............
1 3 3 4 4 5 7 9 9 10 10 13 21 23 25 25 32 41 41 47 59 60 61 61 62 63 66 66 66 69 73 74 74 75 81 82 83 83
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b) Die Festlegung strengerer Schutzmaßnahmen ....................................... c) Vorschriften zur Änderung der VSchRL ................................................ d) Zeitliche Vorgabe zur Umsetzung der VSchRL ..................................... C. Die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie ............................................................... 1. Einleitung .................................................................................................. 2. Aufbau und Regelungszweck der FFH-Richtlinie ...................................... 3. Der Gebietsschutz in der FFH-Richtlinie .................................................. a) Allgemeines zum Schutzgebietssystem Natura 2000 ............................. b) Die Ausweisung der Schutzgebiete ........................................................ aa) Phase 1 – Die Erstellung der nationalen Gebietslisten .................... aaa) Allgemeines ............................................................................ bbb) Kriterien für die Auswahl der Gebiete .................................... ccc) Die Berücksichtigung öffentlicher Interessen .......................... ddd) Reduzierung des Beurteilungsspielraumes bei der Gebietsauswahl ........................................................... eee) Überprüfbarkeit der Gebietsauswahl durch den EuGH .......... fff ) Rechtliche Auswirkungen nach Phase 1 .................................. bb) Phase 2 – Die Erstellung der Gemeinschaftsliste ............................. aaa) Der Verfahrensablauf nach Art 4 Abs 2 FFH-RL .................... bbb) Das Konzertierungsverfahren nach Art 5 FFH-RL ................. ccc) Das Erfordernis des Einvernehmens mit den Mitgliedstaaten und die Berücksichtigung anderer als naturschutzfachlicher Kriterien in Phase 2 ................................................................ ddd) Die Behandlung prioritärer Lebensraumtypen und Arten in Phase 2 ............................................................................... eee) Der aktuelle Stand der Schutzgebietsausweisung und die damit verbundenen rechtlichen Auswirkungen ................. aaaa) Der aktuelle Stand der Schutzgebietsausweisung .......... bbbb) Rechtliche Auswirkungen – Umfang des Schutzregimes in Phase 2 .......................... aaaaa) Allgemeines ....................................................... bbbbb) Judikatur und Lehre in Deutschland ................ ccccc) Die Kommission ............................................... ddddd) Der Verfassungsgerichtshof ............................... eeeee) Der Verwaltungsgerichtshof .............................. fffff ) Der Versuch einer Systematisierung im Schrifttum .................................................... cc) Phase 3 – Die Ausweisung besonderer Schutzgebiete ...................... dd) Zusammenfassung .......................................................................... c) Das Gebietsmanagement gemäß Art 6 FFH-RL ................................... aa) Allgemeines ..................................................................................... bb) Art 6 Abs 1 – Gebietsmanagement ................................................. cc) Art 6 Abs 2 – Verschlechterung- und Störungsverbot ..................... dd) Art 6 Abs 3 und 4 – Prüfung von Plänen und Projekten ................. aaa) Allgemeines ............................................................................ bbb) Anwendungsbereich der Verträglichkeitsprüfung .................... aaaa) Der Begriff „Projekt“ .................................................... bbbb) Der Begriff „Plan“ ........................................................ ccc) Auslösen der Prüfpflicht ......................................................... ddd) Prüfungsmaßstab der Verträglichkeitsprüfung ........................ eee) Verfahrensanforderungen......................................................... aaaa) Naturverträglichkeitsprüfung und Umweltverträglichkeitsprüfung ............................ bbbb) Prüfung auf Plan- und Projektsebene ...........................
84 87 87 88 88 89 90 90 91 92 92 93 96 99 103 105 109 109 110 114 119 123 123 126 126 127 129 129 131 132 136 141 142 142 142 148 152 152 153 154 156 159 162 163 164 170
Inhaltsverzeichnis
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cccc) Die Beteiligung der Öffentlichkeit ............................... fff ) Zustimmung der zuständigen einzelstaatlichen Behörden zum Plan oder Projekt ............................................................ ggg) Ausnahmeregelung nach Art 6 Abs 4 ...................................... aaaa) Überblick ..................................................................... bbbb) Alternativlösungen ....................................................... cccc) Zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses .................................................. dddd) Abwägung der Interessen .............................................. eeee) Vorschreibung von Ausgleichsmaßnahmen .................. ffff ) Sonderregelung für prioritäre Gebiete .......................... gggg) Einbindung der Kommission ....................................... hhh) Zusammenfassung .................................................................. d) Art 8 – Finanzierung von Natura 2000. ................................................ e) Art 9 – Aufhebung der Klassifizierung als besonderes Schutzgebiet ....... 4. Die Artenschutzbestimmungen in der FFH-RL ........................................ a) Allgemeines ........................................................................................... b) Art 12 – Schutzsystem für Tierarten ...................................................... c) Art 13 – Schutzsystem für Pflanzenarten ............................................... d) Art 14 – Entnahme von Tier- und Pflanzenarten .................................. e) Art 15 – Zulässige Fang- und Tötungsmethoden .................................. f ) Art 16 – Ausnahmeregelungen .............................................................. g) Art 22 – Wiederansiedelungsmaßnahmen ............................................. 5. Die weiteren Bestimmungen der FFH-RL ................................................. a) Art 17 – Information ............................................................................ b) Art 18 – Forschung ............................................................................... c) Art 19 bis 21 – Änderung der Anhänge und FFH-Ausschuss ................
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III. Umsetzung von Natura 2000 in Österreich ...................................................... A. Einleitung ...................................................................................................... B. Allgemeines zur Umsetzung von Richtlinien .................................................. 1. Zuständige „innerstaatliche Stelle“ ............................................................. 2. Wahl der Rechtsform ................................................................................. 3. Vollständigkeit der Umsetzung .................................................................. 4. Inhaltliche Anforderung an die Umsetzung ............................................... C. Die Umsetzung im Salzburger Naturschutzrecht ........................................... 1. Die Umsetzung der in der VSch- und FFH-RL enthaltenen Vorgaben im Salzburger Naturschutzgesetz ............................ a) Allgemeines ........................................................................................... b) Die Zielbestimmungen im NSchG ....................................................... c) Der Geltungsbereich des NSchG .......................................................... aa) Die Geltung der Artenschutzbestimmungen ................................... bb) Ausnahmen vom allgemeinen Geltungsbereich des NSchG ............ d) Begriffsbestimmungen im NSchG ........................................................ e) Die Umsetzung der Gebietsschutzbestimmungen ................................. aa) Allgemeines ..................................................................................... bb) Ausweisung der Schutzgebiete ........................................................ cc) Umsetzung von Art 6 FFH-RL ....................................................... aaa) Erhaltungsmaßnahmen nach Art 6 Abs 1 ............................... bbb) Verschlechterungs- und Störungsverbot nach Art 6 Abs 2 ...... ccc) Beurteilung von Plänen und Projekten nach Art 6 Abs 3 und 4 ..........................................
225 225 225 226 227 229 230 231
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aaaa) Das Mahnschreiben der Kommission ........................... bbbb) Umsetzung in § 22a NSchG ........................................ cccc) Umsetzung in § 3a NSchG .......................................... aaaaa) Abwägung von Interessen ................................. bbbbb) Vorschreibung von Ausgleichsmaßnahmen ....... ccccc) Die Alternativenprüfung ................................... ddd) Vorläufiger Schutz gemäß § 22b NSchG ................................ dd) Schutzregime für Vogelschutzgebiete .............................................. ee) Überwachung des Erhaltungszustandes gemäß Art 11 FFH-RL ..... ff ) Zusammenfassende Beurteilung ...................................................... f ) Die Umsetzung der Artenschutzbestimmungen .................................... aa) Allgemeines ..................................................................................... bb) Umsetzung des allgemeinen Schutzregimes für Tierarten nach Art 12 FFH-RL und Art 5 VSchRL .................. cc) Umsetzung des Schutzregimes für Pflanzenarten nach Art 13 FFH-RL .......................................... dd) Umsetzung des Art 14 FFH-RL über die Entnahme von Tier- und Pflanzenarten ............................ ee) Umsetzung der verbotenen Fang- und Tötungsgeräte bzw -mittel nach Art 15 FFH-RL und Art 8 VSchRL .................... ff ) Ausnahmebestimmungen gemäß Art 16 FFH-RL und Art 9 VSchRL ................................................ aaa) Die Umsetzung des Art 16 FFH-RL ....................................... bbb) Die Umsetzung des Art 9 VSchRL .......................................... g) Die Umsetzung der Forschungsförderung .............................................. h) Umsetzung der Bestimmungen über die Ansiedelung von Tier- und Pflanzenarten ............................................. 2. Der aus der VSch- und FFH-RL erwachsene Umsetzungsbedarf im Salzburger Nationalparkgesetz ................................ a) Allgemeines ........................................................................................... b) Das Verhältnis zwischen NSchG und NPG .......................................... c) Der Umsetzungsbedarf in den einzelnen Bestimmungen des NPG ....... aa) Die Zielbestimmungen des NPG .................................................... bb) Der Geltungsbereich des NPG ....................................................... cc) Begriffsbestimmungen im NPG ...................................................... dd) Die Umsetzung des Art 6 FFH-RL ................................................. aaa) Allgemeines ............................................................................ bbb) Erhaltungsmaßnahmen nach Art 6 Abs 1 ............................... ccc) Verschlechterungs- und Störungsverbot nach Art 6 Abs 2 ...... ddd) Beurteilung von Plänen und Projekten nach Art 6 Abs 3 und 4 .......................................................... aaaa) Die unterschiedlichen Ansätze im NPG und in der FFH-RL sowie deren Auswirkung auf die Umsetzung .... bbbb) Verfahrensrechtliche Anpassungserfordernisse .............. d) Zusammenfassende Beurteilung ............................................................ D. Die Umsetzung im Salzburger Jagdrecht ....................................................... 1. Allgemeines ............................................................................................... 2. Begriffsbestimmungen ............................................................................... 3. Die Umsetzung der Gebietsschutzbestimmungen ...................................... a) Einleitung ............................................................................................. b) Die gemeinschaftsrechtlichen Gebietsschutzbestimmungen im JG ....... aa) Wild-Europaschutzgebiete gemäß § 108a JG ................................. bb) Vorläufiger Schutz gemäß § 108b JG .............................................. cc) Interessensabwägung gemäß § 108c JG ..........................................
247 248 252 252 254 256 258 261 262 264 265 265 266 271 273 274 276 277 280 284 285 288 288 289 292 292 294 296 297 297 298 299 302 302 308 310 311 311 313 314 314 316 316 317 317
Inhaltsverzeichnis
XI Seite
c) Die Vollziehung des Gebietsschutzes in der Praxis ................................. 4. Die Umsetzung der Artenschutzbestimmungen ......................................... a) Einleitung ............................................................................................. b) Umsetzung des allgemeinen Schutzregimes für Tierarten nach Art 12 FFH-RL und Art 5 und 6 VSchRL ................................... c) Umsetzung des Art 14 FFH-RL über die Entnahmen von Tierarten ..... d) Umsetzung der verbotenen Fang- und Tötungsgeräte bzw -mittel nach Art 15 FFH-RL und Art 8 VSchRL ........................... e) Die Bejagung der Anhang II Arten gemäß Art 7 VSchRL ..................... f ) Die Ausnahmebestimmungen gemäß Art 16 FFH-RL und Art 9 VSchRL ...................................................... aa) Die Vorgaben der Kommission und deren Umsetzung ................... bb) Die Bejagung von Graureiher und Kormoran im Bundesland Salzburg ................................................ g) Zusammenfassende Beurteilung ............................................................ 5. Die Umsetzung der Forschungsförderung .................................................. 6. Die Umsetzung der Bestimmungen über die Ansiedelung von Tierarten ...... E. Die Umsetzung im Salzburger Fischereirecht ................................................. 1. Allgemeines ............................................................................................... 2. Die Umsetzung der Gebietsschutzbestimmungen ...................................... 3. Die Umsetzung der Artenschutzbestimmungen ......................................... a) Umsetzung des allgemeinen Schutzregimes für Tierarten nach Art 12 FFH-RL ....................................................... b) Umsetzung des Art 14 FFH-RL über die Entnahme von Tierarten ....... c) Umsetzung der verbotenen Fang- und Tötungsgeräte bzw -mittel nach Art 15 FFH-RL .................................. d) Umsetzung der Ausnahmebestimmungen gemäß Art 16 FFH-RL ........ 4. Zusammenfassende Beurteilung ................................................................ F. Die Umsetzung im Salzburger Raumordnungsrecht ....................................... 1. Allgemeines ............................................................................................... 2. Die Umsetzung des Art 6 Abs 3 und 4 FFH-RL im Salzburger Raumordnungsgesetz .......................................................... a) Einleitung ............................................................................................. b) Einleitung einer Verträglichkeitsprüfung ............................................... c) Prüfung auf Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen der Schutzgebiete ..... d) Durchführung einer Interessensabwägung ............................................. e) Beteiligung der Öffentlichkeit ............................................................... f ) Zusammenfassende Beurteilung ............................................................ G. Auswirkungen von Natura 2000 auf das Forstrecht ....................................... 1. Allgemeines ............................................................................................... 2. Die konkreten Umsetzungsfragen im Forstgesetz ....................................... a) Wälder mit besonderem Lebensraum gemäß § 32a ForstG ................... b) Wiederbewaldungsgebot gemäß § 13 ForstG ........................................ c) Das Verbot der Waldverwüstung gemäß § 16 ForstG ............................ d) Das Rodungsverbot gemäß §§ 17 ff ForstG .......................................... e) Die Behandlungsgebote für Schutzwäldergemäß §§ 21 ff ForstG ......... f ) Die Möglichkeit von Betretungsverboten im ForstG ............................. g) Das Forstschutzgebot gemäß §§ 43 ff ForstG ....................................... h) Der Schutz hiebsunreifer Bestände gemäß § 80 ForstG ........................ i) Die Prüfung forstlicher Raumpläne gemäß Art 6 Abs 3 und 4 FFH-RL ....
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Inhaltsverzeichnis Seite
aa) Forstliche Raumplanung und Natura 2000 .................................... bb) Forstliche Raumpläne und der Planbegriff gemäß Art 6 Abs 3 FFH-RL ........................................................... aaa) Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben zum Planbegriff ............... bbb) Rechtlicher Charakter der forstlichen Raumpläne .................. Der Waldentwicklungsplan gemäß § 9 ForstG ............................... ddd) Der Waldfachplan gemäß § 10 ForstG ................................... eee) Der Gefahrenzonenplan gemäß § 11 ForstG .......................... cc) Legistischer Umsetzungsbedarf ....................................................... j) Zusammenfassende Beurteilung ............................................................
378 378 378 380 381 382 382 383 384
IV. Schlussbemerkungen .......................................................................................... 385 Literaturverzeichnis ................................................................................................... 389 Stichwortverzeichnis ................................................................................................. 393
Abkürzungsverzeichnis AB ABl Abs Art Bd BGBl BM BNatSchG BVerwG B-VG bzgl bzw ca dgl dh EB etc EU EuGH f ff FN G gem GmbH Hrsg idF idgF iF iVm JBl KOM leg cit LGBl Lit Lreg mwN Nr NuR oa OGH ÖJZ RdU RL Rs Rspr
Ausschussbericht Amtsblatt Absatz Artikel Band Bundesgesetzblatt Bundesminister(ium) Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (Deutsches Bundesnaturschutz-Gesetz) Bundesverwaltungsgericht Bundesverfassungsgesetz, BGBl 1930/1 (WV) idgF bezüglich beziehungsweise circa dergleichen das heißt erläuternde Bemerkungen et cetera Europäische Union Europäischer Gerichtshof und der, die folgende und der, die folgenden Fußnote Gesetz(e) gemäß Gesellschaft mit beschränkter Haftung Herausgeber in der Fassung in der geltenden Fassung im Folgenden in Verbindung mit Juristische Blätter Dokumente der Kommission der EG legis citatae Landesgesetzblatt litera Landesregierung mit weiteren Nachweisen Nummer Natur und Recht oben angeführt Oberste Gerichtshof Österreichische Juristen-Zeitung Recht der Umwelt Richtlinie Rechtssache Rechtsprechung
XIV Rz S Slg Stmk ua udgl usw VfGH VfSlg VG vgl VwGH WV Z zB ZfV Zl ZUR
Abkürzungsverzeichnis Randzahl Seite Sammlung Steiermark, Steiermärkisch und anderem und dergleichen und so weiter Verfassungsgerichtshof Sammlung der Erkenntnisse und wichtigsten Beschlüsse des Verfassungsgerichtshofes Verwaltungsgericht vergleiche Verwaltungsgerichtshof Wiederverlautbarung Ziffer zum Beispiel Zeitschrift für Verwaltung Zahl Zeitschrift für Umweltrecht
I. Einleitung Natura 2000, ein kurzes Schlagwort, dessen inhaltliche Tragweite es jedoch in sich hat. Dies begründet sich damit, dass sich hinter dem Begriff Natura 2000 der gemeinschaftsrechtliche Normenkomplex für den Bereich Naturschutz verbirgt. Genauer ausgedrückt geht es um zwei Richtlinien des Rates, die die maßgeblichen Säulen der europäischen Naturschutzpolitik bzw des gemeinschaftsrechtlichen Naturschutzes darstellen. Namentlich handelt es sich bei den beiden Rechtsakten um die Vogelschutz-Richtlinie1 (iF VSchRL) sowie die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie2 (iF FFH-RL). Diese beiden gemeinschaftlichen Normen beinhalten Regelungen zum Schutz der gefährdeten Arten und der natürlichen Lebensräume in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Ein wesentlicher Teil davon betrifft die vorgesehene Errichtung eines kohärenten europäischen ökologischen Netzes besonderer Schutzgebiete. Dieses Schutzgebietsnetz soll den Namen Natura 2000 tragen. Für die Errichtung dieses Schutzgebietsnetzes sieht die FFH-RL mehrere Verfahrensschritte vor, an die wiederum einzelne Fristen gekoppelt sind. Neben der allgemeinen Erläuterung der wesentlichen Inhaltspunkte der beiden Richtlinien soll in der folgenden Arbeit der aktuelle Entwicklungsstand des geplanten Netzes von Schutzgebieten dargestellt werden. Die Abfolge der einzelnen Verfahrensschritte – im konkreten handelt es sich dabei um drei Phasen – ist von großer Bedeutung, weil an die einzelnen Stadien unterschiedliche Rechtsfolgen anknüpfen. Neben dem Gebietsschutz kommt den Artenschutzregelungen der beiden Richtlinien und der hiezu bereits ergangenen Judikatur des EuGH besondere Bedeutung zu. Einen weiteren wichtigen Teil der gegenständlichen Arbeit wird die Untersuchung des aktuellen Standes der materiellen Umsetzung der beiden Richtlinien in den einzelnen Materiengesetzen einnehmen. Dazu werden in erster Linie die jüngsten Novellen des Naturschutz-, Jagd-, Fischerei- und Raumordnungsgesetzes im Bundesland Salzburg unter die ____________________
1 Richtlinie 79/409/EWG vom 2.4.1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten, ABl 1979 L 103 S 1, idF RL 97/49/EG, ABl 1997 L 223 S 9. 2 Richtlinie 92/43/EWG vom 21.5.1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen, ABl 1992 L 206 S 7, idF RL 97/62/EG, ABl 1997 L 305 S 42.
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Einleitung
Lupe genommen werden. Darüber hinaus ist ein Blick auf die bestehenden nationalparkrechtlichen Bestimmungen zu werfen. Hinsichtlich des Umsetzungsbedarfes im Bundesrecht wird exemplarisch das novellierte Forstgesetz genauer betrachtet. Natura 2000 ist das bisher größte Naturschutzvorhaben auf internationaler Ebene. Mit der langfristigen Sicherung und Bewahrung der Arten- und Lebensraumvielfalt hat sich die Europäische Union ein hohes Ziel gesetzt. Die erfolgreiche Verwirklichung des Projektes hängt nicht unwesentlich von den Mitgliedstaaten ab, die im Spannungsfeld von Naturschutzorganisationen, Wirtschaft und betroffenen Grundeigentümern die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben umzusetzen haben. Mit der gegenständlichen Arbeit soll ua versucht werden, verschiedene Aspekte der berührten Interessensgruppen und die damit verbundenen rechtlichen Fragestellungen zu beleuchten und auf diesem Weg zur Lösung vorhandener Konfliktes beitragen zu können.
II. Natura 2000 im Überblick A. Allgemeines Wie bereits in der Einleitung erwähnt, stehen hinter dem Begriff Natura 2000 die VSchRL und die FFH-RL. Im gegenständlichen Kapitel sollen die wesentlichen Inhalte der beiden Richtlinien erläutert werden. Obwohl auch mittlerweile in Österreich Natura 2000 in der rechtswissenschaftlichen Literatur zunehmend Behandlung erfahren hat3 und dabei vor allem die wichtigsten Bestimmungen der Richtlinien bearbeitet wurden, enthält dieses nach wie vor in der Entwicklung stehende Thema interessante Aspekte, die bis dato nur am Rande Beachtung gefunden haben. Begonnen werden die Ausführungen mit der VSchRL, der älteren der beiden Richtlinien. Einen wesentlichen Aspekt bilden dabei die richtungsweisenden Entscheidungen des EuGH zu den Gebiets- und Artenschutzbestimmungen. Im Rahmen der Erläuterungen zur FFH-RL wird auch konkret auf den Zusammenhang zwischen den beiden Richtlinien einzugehen sein. Vor allem im Hinblick auf die Verschränkung der materiellen Gebietsschutzbestimmungen stellen sich interessante Fragen.
____________________
3 Krautzer, Die Vogelschutz-Richtlinie und die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und ihre Auswirkungen im österreichischen Recht, rechtswissenschaftliche Diplomarbeit, Universität Salzburg. Christl, Umsetzung der Vogelschutz-Richtlinie und der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie im österreichischen Naturschutz-, Jagd- und Fischereirecht, rechtswissenschaftliche Dissertation, Universität Wien 1999. Hödl, Artikel 6 der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und seine Umsetzung in Österreich, rechtswissenschaftliche Diplomarbeit, Universität Salzburg 2001. Mauerhofer, Das Schutzgebietssystem „Natura 2000“ nach den Richtlinien 79/409/EWG („Vogelschutzrichtlinie“) und 92/43/EWG („Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie“), RdU 1999, 83. Feik, Die EG-Vogelschutz-Richtlinie 79/409/EWG (Teil I und II), RdU 1997, 3 und 57. Madner in Potacs (Hrsg), Beiträge zum Kärntner Naturschutzrecht (1999). Zuletzt: Rajal/Tschugguel, Natura 2000 – Das Schutzgebietssystem der EU (2004).
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Die Vogelschutz-Richtlinie
B. Die Vogelschutz-Richtlinie 1. Einleitung Die Entstehungsgeschichte der VSchRL reicht bis ins Jahre 1973 zurück. Die in diesem Jahr ergangene Erklärung des Rates über ein Aktionsprogramm der Europäischen Gemeinschaften für den Umweltschutz4 sieht Sonderaktionen für den Vogelschutz vor. Eine Ergänzung erfuhren diese Aktionen durch die Entschließung des Rates der Europäischen Gemeinschaften und der im Rat vereinten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten vom 17. Mai 1977 zur Fortschreibung und Durchführung der Umweltpolitik und des Aktionsprogramms der Europäischen Gemeinschaften für den Umweltschutz.5 Auf dieser Grundlage verabschiedete der Umweltrat der Europäischen Gemeinschaft am 19. November 1978 die Richtlinie des Rates über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten, die am 2. April 1979 vom Rat der Europäischen Gemeinschaften als erstes umfassendes Naturschutzrechtsinstrument erlassen wurde.6 Die Kompetenzgrundlage für die Erlassung dieser Richtlinie bildete Art 235 (mittlerweile 308) EG, eine Bestimmung die prima vista mit Umweltschutz bzw Naturschutz nicht unmittelbar etwas zu tun hat. Der Grund für die gewählte Konstruktion liegt darin, dass die für die umweltpolitischen Ziele eigentlich vorgesehenen Bestimmungen erst durch Einheitliche Europäische Akte 1987 in den Gründungsvertrag aufgenommen wurden.7 Wie den folgenden Ausführungen zu entnehmen ist, liegt neben den Artenschutzbestimmungen der wesentliche inhaltliche Schwerpunkt der VSchRL in der Errichtung von Schutzgebieten und Lebensstätten sowie in der Wiederherstellung zerstörter Lebensräume. Dieser Ansatz findet seine Begründung in der Tatsache, dass die Zerstörung der natürlichen ____________________
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ABl C 112 vom 20. Dezember 1973, S 40. ABl C 139 vom 13. Juni 1977, S 1. Die erste Richtlinie, die zum Schutz der Umwelt erlassen wurde, stammt aus dem Jahre 1975 und betrifft die Altölbeseitigung (Richtlinie 75/439/EWG vom 16.6.1975 über die Altölbeseitigung, ABl 1975 L 194 S 23). Schon vorher wurden allerdings im Rahmen der Gemeinschaftsprogramme zum Abbau technischer Handelshemmnisse umweltrelevante Richtlinien erlassen, etwa die Richtlinien über Schadstoff- und Geräuschemissionen von Kraftfahrzeugen, für Detergentien und oder für chemische Stoffe (Krämer, Zur innerstaatlichen Wirkung von Umwelt-Richtlinien der EWG, WiVerw 1990/2, 138). 7 Mauerhofer, Nationalparkrecht – Im Spannungsfeld von bundesstaatlicher Kompetenzverteilung, Europarecht und Naturschutzpolitik, rechtswissenschaftliche Dissertation, Universität Graz 1998, 274.
Der Geltungsbereich der Vogelschutz-Richtlinie
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und naturnahen Gebiete die größte Bedrohung für die Vogelwelt darstellt. Ein wesentliches Ziel der Richtlinie ist somit auf den Schutz, die Erhaltung und Wiederherstellung einer ausreichenden Vielfalt und entsprechenden Flächengröße der Lebensräume gerichtet.
2. Der Geltungsbereich der Vogelschutz-Richtlinie Art 1 der VSchRL legt fest, dass die Richtlinie die Erhaltung sämtlicher wildlebender Vogelarten, die im europäischen Gebiet der Mitgliedstaaten, auf welche der Vertrag Anwendung findet, heimisch sind, betrifft. Das Ziel der Richtlinie ist der Schutz, die Bewirtschaftung und die Regulierung der betroffenen Vogelarten. Zudem wird die Nutzung der Arten geregelt. Die Normierung in Art 1 statuiert einen universellen Schutz für die europäische Vogelwelt. Dieser Regelungsansatz stellt im Vergleich zu den beispielsweise in Österreich auf diesem Gebiet geltenden Normen ein Novum dar. In Österreich gibt es zwar umfangreiche Artenschutzbestimmungen in den Naturschutzgesetzen der Länder für seltene bzw gefährdete Vogelarten, ein genereller Schutz für sämtliche wildlebende Vögel existiert allerdings nicht. Neben den artenschutzrechtlichen Bestimmungen in den Naturschutzgesetzen finden sich weiters Regelungen über die Bejagung der Vögel in den Jagdgesetzen der Länder. Inwieweit die hier einschlägigen österreichischen Bestimmungen mit dem universellen Schutzregime der VSchRL übereinstimmen, werden die Ausführungen zum Artenschutz sowie das Kapitel III zeigen. Erläuterungsbedürftig ist die Festlegung, dass sich der Schutz auf alle Vogelarten erstreckt, die im europäischen Gebiet der Mitgliedstaaten heimisch sind. Dies deshalb, weil es aufgrund der erheblichen geographischen Ausdehnung der Europäischen Union auch in der Vogelwelt deutliche Unterschiede gibt. Es könnte sich in diesem Zusammenhang die Frage stellen, wie ein Vogel, der seinen natürlichen Lebensraum in Nordeuropa hat, in Österreich zu behandeln ist. Der EuGH8 hat hiezu festgestellt, dass Vögel, die sich nur vorübergehend in einem Mitgliedstaat aufhalten, als wildlebende Vögel, die in diesem Mitgliedstaat heimisch sind, anzusehen sind. Die Schutzwirkung der VSchRL erstreckt sich nicht nur auf wildlebende Vogelarten, die in einem anderen Mitgliedstaat heimisch sind und die sich natürlicherweise in diesem Mitgliedstaat aufhalten, sondern auch auf solche, die lebend oder tot dorthin verbracht, dort gehalten oder vermarktet ____________________
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EuGH Rs 247/85, Slg 1987, 3029, Rz 21.
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Die Vogelschutz-Richtlinie
werden. Der EuGH hat im konkreten Fall entschieden, dass bei Nichterstreckung durch die VSchRL vorgesehenen Schutzes auf diese Vogelgruppen der mit der VSchRL beabsichtigte weitergehende Schutz nicht vollständig in die belgische Rechtsordnung umgesetzt wird. Dies bedeutet für die Mitgliedstaaten die Verpflichtung, auch dann für den Schutz einer im europäischen Gebiet eines Mitgliedstaates heimischen wildlebenden Vogelart zu sorgen, wenn die fragliche Art ihren natürlichen Lebensraum nicht im Gebiet des betreffenden Mitgliedstaates hat. Diese „gesamteuropäische“ Sichtweise wird zudem dadurch dokumentiert, dass dem Art 1 nationale Rechtsvorschriften widersprechen, die den Schutz der wildlebenden Vogelarten nach Maßgabe des Begriffes des nationalen biologischen Erbes bestimmen, wodurch der Bedeutung eines vollständigen und wirksamen Schutzes der wildlebenden Vogelarten in der gesamten Gemeinschaft, unabhängig von ihrem Aufenthaltsort oder ihrer Zugstrecke, nicht Rechnung getragen wird.9 Eine weitere Frage im Zusammenhang mit der Abgrenzung des Anwendungsbereiches der Richtlinie stellt sich bei der Umschreibung des Begriffes „Art“. Dieser wurde als Anknüpfungspunkt für das Schutzregime der VSchRL gewählt. Entsprechend der Vogeltaxonomie kann die Art Unterteilungen wie Rassen und Unterarten umfassen. Ein einzelner Vogel als Individuum, der zu einer Unterart gehört, ist logischerweise auch der Art, zu der wiederum die Unterart gehört, hinzuzuzählen. Nun kann jedoch der Fall eintreten, dass diese Art auch Unterarten umfasst, die nicht im europäischen Gebiet der Mitgliedstaaten beheimatet sind. Hiezu hat der EuGH10 festgestellt, dass die VSchRL für Vogelunterarten gilt, die nur außerhalb des europäischen Gebietes der Mitgliedstaaten wildlebend vorkommen, sofern die Art, zu der sie gehören, oder andere Unterarten dieser Art in diesem Gebiet wildlebend vorkommen. Begründend führt der EuGH ua aus, dass bestimmte Unterarten schwer voneinander unterschieden werden können, was folglich zu Schwierigkeiten bei der Anwendung der Richtlinie führen würde. Der Schutz der Richtlinie solle sich daher auch auf nichteuropäische Unterarten beziehen. Zur Anwendung kommen könnte der erweiterte Schutz beispielsweise bei der Einfuhr nichteuropäischer Unterarten. In diesem Fall würden die Richtlinienbestimmungen über den Handel mit Vögeln Schutz bieten. Neben dem umfassenden Anwendungsbereich der Richtlinie bezogen auf die Arten ist als weitere Besonderheit zu erwähnen, dass sich der Schutz nicht bloß auf die Vögel selbst, sondern auch auf ihre Eier, Nester ____________________
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EuGH Rs 252/85, Slg 1987, 2243, Rz 15. EuGH Rs 202/94, Slg 1987, I-355.
Allgemeine Maßnahmen und Interessenabwägung
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und Lebensräume erstreckt. Diese Ausdehnung des Schutzbereiches hat einen entsprechenden Anpassungsbedarf der nationalen Bestimmungen mit sich gebracht.11
3. Allgemeine Maßnahmen und Interessenabwägung Gemäß Art 2 VSchRL haben die Mitgliedstaaten die erforderliche Maßnahmen zu treffen, um die Bestände aller unter Art 1 fallender Vogelarten auf einem Stand zu halten oder auf einen Stand zu bringen, der insbesondere den ökologischen, wissenschaftlichen und kulturellen Erfordernissen entspricht, wobei entsprechend dem Richtlinientext den wirtschaftlichen und freizeitbedingten Erfordernissen Rechnung getragen wird. Die Mitgliedstaaten werden damit zu einem aktiven Tun verpflichtet, um die Richtlinienziele erreichen zu können. Freilich hat diese Festlegung in Art 2 einen eher allgemeinen, programmatischen Charakter, aus dem sich primär keine konkrete Handlungspflicht ableiten lässt. Dennoch geht aus diesem Satz ein klarer Auftrag für die Mitgliedstaaten hervor, dem beispielsweise im Zuge der Interpretation anderer Bestimmungen Bedeutung zukommt. Aus meiner Sicht größerer Tragweite ist dem zweiten Teil des Satzes in Art 2 beizumessen. Die hier normierte Interessensabwägung war schon Gegenstand mehrerer Entscheidungen des EuGH. Es ging in diesen Fällen vereinfacht ausgedrückt darum, inwieweit wirtschaftliche und freizeitbedingte Erfordernisse im Rahmen des Vogelschutzes zu berücksichtigen sind. Beim ersten Blick auf Art 2 könnte man zur Meinung gelangen, dass die konkreten Schutzbestimmungen der Richtlinie, sei es Gebietsschutz oder Artenschutz, mit wirtschaftlichen und freizeitbedingten Interessen abzuwägen seien.12 So vertrat beispielsweise die belgische Regierung die Ansicht, dass Art 2 den Mitgliedstaaten ermögliche, die Erhaltungsmaßnahmen aufgrund wirtschaftlicher, freizeitbedingter und kultureller Erfordernisse einzuschränken.13 Die hiezu ergangenen Entscheidungen des EuGH gehen aber in eine andere Richtung: So stellte dieser im zitierten belgischen Fall fest, dass Art 2 die Mitgliedstaaten nicht ermächtige, von den Erfordernissen der Richtlinie abzuweichen. ____________________
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Siehe Kapitel III über den Stand der Umsetzung in den einzelnen Materiengesetzen. Eine genauere Erläuterung des Art 2 ist nicht zuletzt deshalb interessant, weil in Österreich die Naturschutzgesetze der Länder durchwegs Bestimmungen über die Abwägung von Naturschutzinteressen einerseits und vorwiegend wirtschaftlichen Gesichtspunkten andererseits enthalten. 13 EuGH Rs 247/85, Slg 1987, 3029, Rz 42. 12
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Die Vogelschutz-Richtlinie
Feik14 führt zum Art 2 entsprechend der EuGH-Judikatur an, dass die VSchRL selbst der Notwendigkeit eines wirksamen Schutzes der Vögel einerseits und den Erfordernissen der öffentlichen Gesundheit und Sicherheit, der Wirtschaft, der Ökologie, der Wissenschaft, der Kultur und der Freizeit andererseits Rechnung trage. Darüber hinausgehende Interessenabwägungen haben daher grundsätzlich zu unterbleiben. So lässt sich nach Feik beispielsweise nicht einwenden, dass die Jagd eine Freizeitbetätigung darstelle und diese eine Ausnahme von Art 7 Abs 4 (Einschränkung der Bejagbarkeit) rechtfertige. Ebenso wie Art 2 berücksichtige auch Art 7 Abs 4 Satz 3 (beschränkte Jagdzeiten für Zugvögel) sowohl den wirkungsvollen Vogelschutz als auch öffentliche Interessen. Art 7 Abs 4 Satz 3 enthalte daher eine konkrete, besondere und von der allgemeinen Verpflichtung des Art 2 unabhängige Verpflichtung. Gleiches muss nach Feik auch für die Jagd auf Nicht-Zugvögel gelten. Dem ist voll und ganz beizupflichten. Nicht zuletzt deshalb, weil Art 2 bloß in Satz 1 des Art 7 Abs 4 Erwähnung findet. Satz 1 enthält allgemeine Grundsätze wie die vernünftige Nutzung oder die ökologisch ausgewogene Regulierung der Bestände, die mit den Bestimmungen des Art 2 vereinbar sein müssen. Die konkreten Vorgaben der Sätze 2 und 3 des Art 7 Abs 4 sind davon getrennt zu interpretieren, eine Berücksichtigung der Inhalte des Art 2 ist daher nicht geboten. Auch Mauerhofer15 kommt zum Schluss, dass nach ständiger Rechtsprechung des EuGH die Erlassung von auf Art 2 gestützten Ausnahmen unzulässig ist. Des Weiteren hat der EuGH im Rahmen des Gebietsschutzes und den dazu ergangenen richtungsweisenden Urteilen Leybucht16, Santona17 und Lappel-Bank18 die Berücksichtigung wirtschaftlicher und freizeitbedingter Interessen untersagt. Diese Linie des EuGH ist meines Erachtens ein wesentlicher Eckpfeiler des strengen und restriktiven Schutzregimes der VSchRL.19 Durch die Einführung der FFH-RL ist es zu einer Abweichung dieses restriktiven Kurses gekommen, weil diese im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung eine Berücksichtigung zwingender Gründe des überwiegenden öffentli____________________
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Feik, Die EG-Vogelschutz-Richtlinie 79/409/EWG (Teil I), RdU 1997, 4. Mauerhofer in Karner/Mauerhofer/Ranner, Handlungsbedarf für Österreich zur Erfüllung der EU-Vogelschutz-Richtlinie, Umweltbundesamt (Hrsg), 1997, 120. 16 EuGH Rs C-57/89, Slg 1991, I-00883. 17 EuGH Rs C-355/90, Slg 1993, I-04221. 18 EuGH Rs C-44/95, Slg 1996, I-03805. 19 Auf die zuletzt zitierten drei Leitentscheidungen des EuGH wird nachstehend bei der Erläuterung des Gebietsschutzes gemäß Art 4 genauer eingegangen. 15
Der Gebietsschutz in der Vogelschutz-Richtlinie
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chen Interesses einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art zulässt.20
4. Der Gebietsschutz in der Vogelschutz-Richtlinie Die Ausweisung von Schutzgebieten ist in der VSchRL in den Art 3 und 4 geregelt. Mit Gebietsschutz ist der Schutz der Lebensräume der Vögel gemeint. Wie bereits einleitend erwähnt, ist die Erhaltung und Wiederherstellung der Lebensräume und Lebensstätten ein inhaltlicher Schwerpunkt der VSchRL. Maßgeblich beim Gebietsschutz der VSchRL ist die Unterscheidung zwischen den beiden Schutzregimen in den Art 3 und 4. Darauf aufbauend passiert die Darstellung der wesentlichen Inhalte des Lebensraumschutzes wie folgt in zwei Teilen. a) Der allgemeine Gebietsschutz nach Art 3 VSchRL Vom Aufbau her analog zu Art 2 sieht auch Art 3 vor, dass die Mitgliedstaaten alle erforderlichen Maßnahmen zur Erreichung eines bestimmten Zieles zu treffen haben. In Art 3 ist das Ziel die Erhaltung und Wiederherstellung einer ausreichenden Vielfalt und Flächengröße der Lebensräume für alle unter Art 1 fallende Vogelarten. Im Gegensatz zu Art 2 ist aber in der gegenständlichen Bestimmung des Art 3 Abs 2 eine demonstrative Aufzählung solcher erforderlicher Maßnahmen enthalten. Sie beginnt mit der Errichtung von Schutzgebieten, gefolgt von der Pflege und ökologisch richtigen Gestaltung der Lebensräume in und außerhalb von Schutzgebieten, der Wiederherstellung zerstörter Lebensräume und schließlich der Neuschaffung von Lebensstätten. Die Vorgaben und Inhalte des Art 3 weisen zwar einerseits einen eher allgemeinen Charakter auf, andererseits sorgt der breite Anwendungsbereich für einen umfassenden Schutz der Lebensräume von sämtlichen der VSchRL unterliegenden Vogelarten. Christl21 und Feik22 erwähnen unter dem Hinweis auf die SantonaEntscheidung des EuGH23 den Vorsorgecharakter des Art 3, wobei Feik von einem solchen auch bei Art 4 ausgeht. Die Verpflichtung aus den beiden Bestimmungen besteht daher schon, ehe eine Verringerung der Zahl der Vögel festgestellt wird oder ehe die Gefahr des Aussterbens einer ____________________
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Art 6 Abs 4 FFH-RL. Christl (FN 3) 14. Feik (FN 14) 5. EuGH Rs C-355/90, Slg 1993, I-04221.
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Die Vogelschutz-Richtlinie
konkreten Vogelart auftritt. Auch Winter24 betont in diesem Zusammenhang, dass der Schutz von Lebensräumen unabhängig von einem Populationsrückgang erforderlich und wegen ihres Eigenwertes geradezu Selbstzweck sei. Zusammenfassend ist darauf hinzuweisen, dass die Schutzgebiete nach Art 3 nicht vom umfassenden Schutzgebietsnetz Natura 2000 umfasst sind. Art 3 Abs 1 FFH-RL ordnet die Integration der „von den Mitgliedstaaten aufgrund der Richtlinie 79/409/EWG ausgewiesenen besonderen Schutzgebiete“ an. Auch Gellermann25 weist diesbezüglich darauf hin, dass Schutzgebiete, die in Erfüllung der sich aus Art 3 VSchRL ergebenden allgemeinen Pflicht zum Schutz sämtlicher europäischer Vogelarten ausgewiesen wurden, für die Errichtung von Natura 2000 keine Rolle spielen. Auch in der Praxis ist den Schutzgebieten nach Art 3 bis dato wenig Bedeutung zugekommen. Soweit ersichtlich hat Österreich bisher noch keine Schutzgebiete nach Art 3 eingerichtet. b) Die besonderen Schutzgebiete nach Art 4 VSchRL aa) Auswahlkriterien für besondere Schutzgebiete Die besonderen Schutzgebiete nach Art 4 bilden einen wesentlichen Schwerpunkt innerhalb der Bestimmungen der VSchRL. Art 4 sieht im Gegensatz zu Art 3, der den Schutz aller der VSchRL unterliegenden Vogelarten enthält, ein strengeres Schutzregime für bestimmte Vogelarten vor. Wie sich der Kreis dieser bestimmten Vogelarten zusammensetzt, wird im Folgenden erläutert. Allgemein umschrieben handelt es sich nach der Rechtsprechung des EuGH dabei um die am meisten bedrohten Vogelarten bzw um Arten, die ein gemeinsames Erbe der Gemeinschaft darstellen.26 Ein wesentlicher Teil dieser bestimmten Vogelarten findet sich in Anhang I der Richtlinie. In Art 4 Abs 1 heißt es, dass für die dort angeführten Arten besondere Schutzmaßnahmen hinsichtlich ihrer Lebensräume anzuwenden sind, um ihr Überleben und ihre Vermehrung in ihrem Verbreitungsgebiet sicherzustellen. Für den praktischen Anwender der Richtlinie ist ein Blick in diese Anhang I Liste und ein Vergleich mit den nationalen Artenschutzlisten zweckmäßig, um vor allem festzustellen, inwieweit zwischen den Listen ____________________
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Winter, Etappensieg für den weißen Löffler, ZUR 1994, 308. Gellermann, Natura 2000 – Europäisches Habitatschutzrecht und seine Durchführung in der Bundesrepublik Deutschland, Schriftenreihe Natur und Recht Band 4, Claus Carlsen (Hrsg.) 18. 26 EuGH Rs C-44/95, Slg 1996, I-03805. 25
Der Gebietsschutz in der Vogelschutz-Richtlinie
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Übereinstimmung gegeben ist. Diesbezüglich stellt Christl27 fest, dass einerseits in Anhang I der Richtlinie Arten fehlen, die in Österreich derzeit prioritär geschützt werden und andererseits nicht alle in der Anhang I Liste aufgezählten Vögel in Österreich zu den unmittelbar oder potentiell gefährdeten Arten zählen bzw nicht auf der Roten Liste aufscheinen. Als Beispiele für eine solche Diskrepanz werden der Rotfußfalke und der Sakerfalke angeführt. Die beiden Falkenarten brüten innerhalb der EU nur in Österreich und stehen dort knapp vor dem Aussterben, in der Anhang I Liste der Richtlinie scheinen sie hingegen nicht auf. Den Grund dafür liefert die Tatsache, dass Österreich im Gegensatz zu den skandinavischen Ländern im Zuge seines Beitritts zur Gemeinschaft keine Arten in den Anhang I eingebracht hat. Auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene zählen die beiden Falkenarten somit nicht zu den besonders schützenswerten Vogelarten. Für einige, vor allem im Osten Österreich beheimatete und nicht in Anhang I enthaltene Vogelarten kann es im Zuge der EU-Osterweiterung zu einer Änderung des Schutzregimes kommen, da beispielsweise Ungarn einige solcher Arten in die Anhang I Liste einbringen wird. Um jenen in Österreich gefährdeten Arten, welche nicht in Anhang I vorkommen und auch keine Zugvogelarten sind, dennoch einen europarechtlichen Schutz zukommen zu lassen, sollten die Mitgliedstaaten laut Christl im Rahmen der Verpflichtungen gemäß Art 1, 2 und 3 VSchRL die Prioritäten auf diese Vogelarten setzen. Auch ist zu betonen, dass für jene Arten, die nicht in Anhang I enthaltenen Arten und auch gleichzeitig keine Zugvögel sind, sehr wohl die Artenschutzbestimmungen der VSchRL gelten. Der wesentliche Nachteil bzw Unterschied ist, dass für diese Arten keine besonderen Schutzgebiete nach Art 4 auszuweisen sind und folglich auch der strenge Lebensraumschutz des Art 4 Abs 4 nicht zur Anwendung kommt. Die abstrakte Formulierung des Art 4 Abs 1 bedarf vor allem hinsichtlich des Begriffes „besondere Schutzmaßnahmen“ einer weiteren Erläuterung. Hilfe bietet dabei zunächst der Richtlinientext. Vielfach wird darauf hingewiesen, dass in Art 4 Abs 1 Kriterien aufgelistet sind, die eine Schwerpunktsetzung bei der Auswahl von Maßnahmen für die einzelnen Arten ermöglichen. Konkret enthält Art 4 Abs 1 im Anschluss an die zitierte abstrakte Formulierung eine Aufzählung, die vom Satz „In diesem Zusammenhang ist folgendes zu berücksichtigen:“ ein____________________
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Christl (FN 3) 15.
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Die Vogelschutz-Richtlinie
geleitet wird und die Umschreibung verschiedener Arten enthält.28 Die Beschreibung umfasst dabei Kriterien, die im Wesentlichen Aspekte wie Bestand und Bestandtrends, Lebensraum und Empfindlichkeit gegenüber Lebensraumveränderungen sowie Verbreitung abdecken. Diese Kriterien liefern lediglich Anhaltspunkte für die Festlegung von Maßnahmen, konkrete Schutzmaßnahmen können daraus wohl kaum abgeleitet werden. Bedeutung kommt diesen Punkten jedoch bei der Auswahl der zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete zu. Genaueres dazu im Folgenden. Die Antwort auf die Frage, welche besonderen Schutzmaßnahmen zu setzen sind, findet sich im letzten Unterabsatz des Art 4 Abs 1. Dort heißt es, dass die Mitgliedstaaten insbesondere die für die Erhaltung dieser Arten zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete zu Schutzgebieten erklären, wobei die Erfordernisse des Schutzes dieser Arten in dem geographischen Meeres- und Landgebiet, in dem diese Richtlinie Anwendung findet, zu berücksichtigen sind. Mit dieser Feststellung ist man unmittelbar beim Gebietsschutz der VSchRL gelandet, nämlich der Verpflichtung zur Ausweisung von Schutzgebieten im Falle des Vorliegens bestimmter Voraussetzungen. Nun ist aber Anhang I nicht das einzige Kriterium für die Errichtung eines besonderen Schutzgebietes. Mauerhofer29 spricht von drei Kriterien, die auch jeweils einzeln für sich die Eigenschaft eines besonderen Schutzgebietes begründen können. Die Kriterien sind neben den Arten des Anhangs I der VSchRL, die nicht in Anhang I erwähnten Zugvogelarten sowie die Einstufung als Feuchtgebiet. Die Kriterien zwei und drei leiten sich aus dem Richtlinientext des Art 4 Abs 2 ab. Dort heißt es im bereits bekannten Formulierungsstil, dass die Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung der Schutzerfordernisse in dem geographischen Meeres- und Landgebiet, in dem die Richtlinie Anwendung findet, entsprechende Maßnahmen für die nicht in Anhang I aufgeführten, regelmäßig auftretenden Zugvogelarten hinsichtlich ihrer Vermehrungs-, Mauser- und Überwinterungsgebiete sowie der Rastplätze in ihren Wanderungsgebieten treffen. Weiters wird in Abs 2 normiert, dass zu diesem Zweck die Mitgliedstaaten dem Schutz der Feuchtgebiete und besonders der international bedeutsamen Feuchtgebiete besondere Bedeutung beimessen. Darunter ____________________
28 Vom Aussterben bedrohte Arten, gegen bestimmte Veränderungen ihrer Lebensräume empfindliche Arten, Arten, die wegen ihres geringen Bestands oder ihrer beschränkten örtlichen Verbreitung als selten gelten sowie andere Arten, die aufgrund des spezifischen Charakters ihres Lebensraumes einer besonderen Aufmerksamkeit bedürfen. 29 Mauerhofer (FN 7) 280.
Der Gebietsschutz in der Vogelschutz-Richtlinie
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sind solche zu verstehen, welche in der Liste der Ramsar Konvention30 aufscheinen.31 In Art 4 Abs 2 wird folglich die Erklärung von Schutzgebieten nicht ausdrücklich angeführt. Die in der Lehre unbestrittene Ansicht, dass der Abs 2 dennoch die Kriterien zwei und drei für die Schutzgebietsausweisung enthält, lässt sich meines Erachtens aus dem systematischen Zusammenhang mit Abs 1 ableiten. In Art 4 Abs 3 findet sich der Hinweis32, dass sowohl nach Abs 1 als auch Abs 2 Schutzgebiete auszuweisen sind. Ferner kann auf die Santona-Entscheidung33 und die Feststellung des Generalanwalts34 verwiesen werden, wonach die in Art 4 Abs 1 für die Vogelarten der Liste I aufgestellten Schutzpflichten im gleichen Umfang auch für die im zweiten Absatz genannten Zugvögel und für international geschützte Feuchtgebiete gelten.35 bb) Ermessenspielraum bei der Auswahl der in Frage kommenden Gebiete Wie bereits angeführt, erklären die Mitgliedstaaten die zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete zu Schutzgebieten. Ausgehend von dieser Formulierung stellt sich für die Mitgliedstaaten die Frage, ob und gegebenenfalls wie viel Spielraum ihnen bei der Auswahl der potentiell möglichen Gebiete zusteht. Die praktische Relevanz dieser Frage zeigt sich nicht zuletzt darin, dass einerseits von Naturschutzorganisationen eine möglichst hohe Zahl auszuweisender Schutzgebiete gefordert wird und andererseits zahlreiche Grundeigentümer und Stimmen aus der Wirtschaft ein nur unbedingt notwendiges Maß an Natura 2000 Gebieten wünschen. Bevor auf den Ermessensspielraum eingegangen wird, bedarf es der Klarstellung, dass für die Mitgliedstaaten eine Rechtspflicht zur Schutzgebietsausweisung besteht. Dieser ausdrückliche Hinweis ist deshalb wichtig, weil in den österreichischen Naturschutzgesetzen der Länder zumeist bloß eine fakultative Gebietsausweisung normiert ist.36 Hier sind entsprechende Maßnahmen zur Umsetzung erforderlich. ____________________
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Ratifiziert von Österreich am 12. April 1983, BGBl Nr 225/1983. Mauerhofer (FN 15) 122. 32 So ist in Art 4 Abs 3 von einem zusammenhängenden Netz der in Abs 1 und 2 genannten Gebiete die Rede. 33 EuGH Rs 355/90, Slg 1993, I-4221, Rz 27. 34 Generalanwalt van Gerven, Schlussantrag in der Rs 355/90, Slg 1993, I-4221, Rz 23. 35 Christl (FN 3) 23. 36 Auf diesen Unterschied wird im Kapitel III über den Umsetzungsstand in den österreichischen Naturschutzgesetzen noch genauer einzugehen sein. 31
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Die Vogelschutz-Richtlinie
In diesem Zusammenhang ist zudem anzumerken, dass die Naturschutzgesetze der Länder in der Regel keine ausdrückliche Verpflichtung enthalten, Vogelschutzgebiete unter den Bedingungen der Richtlinie unter Schutz zu stellen, wobei allerdings die Verordnungsermächtigungen nach richtlinienkonformer Interpretation als Grundlage für die Ausweisung von Vogelschutzgebieten dienen können.37 Da der Richtlinientext die Auswahl der geeignetsten Gebiete fordert, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass nicht jedes Gebiet, das eines der drei bereits genannten Kriterien38 erfüllt, als besonderes Schutzgebiet auszuwählen ist. Die Mitgliedstaaten wählen aus dem Kreis der potentiellen Gebiete39 die geeignetsten aus. Die Festlegung bestimmter Regeln, an die sich die Mitgliedstaaten bei der Auswahl zu halten haben, ist unumgänglich. In der Lehre ist auf Grund der bereits gefestigten Judikatur des EuGH40 unbestritten, dass die Auswahl nach fachlichen, dh ornithologischen Kriterien zu erfolgen hat. Als solche werden aber wiederum die bekannten drei Kriterien aus Art 4 Abs 1 und 2 zitiert, die nach obigem Ansatz den potentiellen Kreis der Gebiete festlegen. Mauerhofer41 versucht den Ermessensspielraum innerhalb der drei fachlichen Kriterien anhand eines „Modells von drei Kreisen mit einer offenen Ellipse“ darzustellen, wobei die drei Kreise den drei erwähnten Kriterien entsprechen. In die drei sich überlappenden Kreise legt er eine Ellipse, die den Ermessensspielraum dokumentiert. Im Zentrum der Ellipse findet sich jene Konstellation, bei der alle drei Anhaltspunkte gegeben sind; der Ermessensspielraum ist hier am kleinsten, da die Wertigkeit des Gebietes aufgrund des kumulativen Vorliegens aller drei Kriterien als besonders hoch einzustufen ist. Als Beispiele für diese Konstellation nennt Mauerhofer die Gebiete der Santona Marsche sowie die Leybucht. An anderer Stelle42 zitiert Mauerhofer eine Ansicht aus der deutschen Literatur43, wonach die Vorschrift des letzten Satzes des Art 4 Abs 1 den Mitgliedstaaten noch einen gewissen Ermessensspielraum für die Aus____________________
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Madner (FN 3) 33. Gebiete, die Lebensraum für Anhang I Arten und nicht im Anhang I enthaltene Zugvögel sind sowie international bedeutsame Feuchtgebiete. 39 Der Kreis der potentiellen, also für die Ausweisung in Frage kommenden Gebiete, definiert sich über die drei bekannten Kriterien, wobei nochmals darauf hinzuweisen ist, dass die Kriterien nicht kumulativ vorliegen müssen, sondern eines von drei genügen kann. 40 Zuletzt bestätigt durch: EuGH Rs C-378/01, Slg 2003, Rz 14. 41 Mauerhofer (FN 7) 286 f. 42 Mauerhofer (FN 15) 122. 43 Mecklenburg, Fauna, Flora, Habitate: Die Richtlinie 92/43/EWG, Landesnaturschutzverband Schleswig-Holstein (Hrsg.) Materialien 1995, 18.
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weisung gibt, sich dieser jedoch gemäß Abs 2 „besonders“ für die international bedeutsamen Feuchtgebiete verengt. Dies würde meines Erachtens bedeuten, dass die drei qualitativen Anhaltspunkte im Art 4 Abs 1 und 2 nicht gleichwertig sind, da den international bedeutsamen Feuchtgebieten ein höherer Stellenwert eingeräumt wird. Ob die zweimalige Verwendung des Wortes „besonders“ im Zusammenhang mit der Erwähnung der internationalen Feuchtgebiete in Art 4 Abs 244 für eine solche Ansicht genügt, ist zweifelhaft. Die Formulierung ist vielmehr so verstehen, dass innerhalb der Feuchtgebiete den international bedeutsamen besondere Bedeutung zukommen soll. Ein weiterer Ansatz verfolgt die Ableitung einer quantitativen Vorgabe aus der Wortfolge „zahlen- und flächenmäßig geeignetsten“. Vereinfacht ausgedrückt ist aus der Sicht der Mitgliedstaaten zu fragen, wie viele Gebiete ausgewiesen werden müssen und in welchem Flächenausmaß dies zu geschehen hat. Eine quantitative Vorgabe versuchte die klagende Kommission mit einem vorgebrachten Schwellenwert, nämlich dass ein Mitgliedstaat mindestens die Hälfte der zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete ausweisen muss, festzulegen. Der EuGH45 übernahm diese Argumentation jedoch nicht und wählte eine offenere Formulierung. Folglich kann ein Mitgliedstaat auch dann gegen seine Verpflichtung aus Art 4 verstoßen, wenn er bereits mehr als die Hälfte der zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete zu besonderen Schutzgebieten ausgewiesen hat. Der EuGH46 hat verschiedentlich die Nichtausweisung von verhältnismäßig kleinräumigen Flächen bemängelt, deren besondere qualitative Bedeutung für ein größeres Gebiet jeweils hervorgehoben wurde. Es handelte sich dabei um das bekannte Urteil „Santona“, wo 40.000 m² ausgegrenzt worden sind und dies als Verstoß gegen die Richtlinie angesehen wurde.47 Man kann diese Vorgehensweise so interpretieren, dass bei der Auswahl der geeignetsten Gebiete eine Verknüpfung zwischen quantitativen und qualitativen Aspekten erforderlich ist. Damit ist neben der Größe des Gebietes auch dessen fachlicher „Wert“ zu berücksichtigen. Erläutert werden muss im Zusammenhang mit den qualitativen Aspekten der fachliche Hintergrund, den der EuGH und die Kommission ihrer Beurteilung zugrunde legen. Als wissenschaftliche Grundlage die____________________
44 [...] Zu diesem Zweck messen die Mitgliedstaaten dem Schutz der Feuchtgebiete und ganz besonders der international bedeutsamen Feuchtgebiete besondere Bedeutung zu. 45 EuGH Rs C-3/96, Slg 1998, I-3031. 46 EuGH Rs 355/90, Slg 1993, I-4221. 47 Mauerhofer (FN 3) 86.
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Die Vogelschutz-Richtlinie
nen hiezu die Daten des Gebietsverzeichnisses mit dem Titel „IBA 89“48. Diese Vergleichsliste wurde von der europäischen Gruppe für die Erhaltung der Vögel und Lebensräume gemeinsam mit dem internationalen Rat für Vogelschutz in Zusammenarbeit mit den Sachverständigen der Kommission für die zuständige Generaldirektion erarbeitet. Genaueres zum Entstehen dieser Studie und ihrer Rolle im Verfahren vor dem EuGH kann bei Mauerhofer49 nachgelesen werden. Im Wesentlichen ist festzuhalten, dass eine direkte Verbindung zwischen IBA’s und den besonderen Schutzgebieten der VSchRL gegeben ist. Die Kommission bestreitet zwar den indikativen, nicht zwingenden Charakter dieser Liste nicht. Dennoch erscheinen die darin enthaltenen Daten ausreichend genug, um als Grundlage für die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen einen Mitgliedstaat zu dienen.50 Bemerkenswert erscheint in diesem Zusammenhang ein aktuelles, gegen Frankreich ergangenes Urteil des EuGH51: Der Gerichtshof hat in diesem Vertragsverletzungsverfahren entschieden, dass Frankreich seine Verpflichtungen aus Art 4 Abs 1 und 2 verletzt, weil es die zur Erhaltung der unter Anhang I der VSchRL fallenden wild lebenden Vogelarten und der Zugvogelarten geeignetsten Gebiete nicht in ausreichendem Maße als besondere Schutzgebiete ausgewiesen und insbesondere keine ausreichende Fläche der Plaine des Maures als besonderes Schutzgebiet ausgewiesen hat. Als fachliche Grundlage für die Entscheidung diente das sogenannte ZICO-Verzeichnis52, ein im Jahre 1994 vom französischen Umweltministerium und der Vogelschutzliga veröffentlichtes nationales Verzeichnis der für die Erhaltung der Vögel wichtigen Gebiete. In diesem sind 285 zur Erhaltung der Vögel wichtige Gebiete des französischen Mutterlandes enthalten. In Frankreich gab es mit Stand Juli 2001 117 besondere Schutzgebiete, das entsprach 41 % der ZICO-Gebiete. Die französische Regierung räumte zwar ein, dass sie noch zusätzliche Gebiete ausweisen müsse um ihren Verpflichtungen nach Art 4 nachzukommen, sie vertrat aber auch die Ansicht, dass sie nach der Richtlinie nicht verpflichtet sei, alle im ZICO-Verzeichnis oder im Verzeichnis der IBA 2000 erfassten Gebiete als besondere Schutzgebiete auszuweisen.53 ____________________
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Important Bird Areas in Europe, die Veröffentlichung der Studie erfolgte im Jahr
1989. 49
Mauerhofer (FN 7) 282 f. Vgl zuletzt: EuGH Rs C-378/01, Slg 2003, Rz 18. 51 EuGH Rs C-202/01, Slg 2002, I-11019. 52 Zones importantes pour la conservation des oiseaux. 53 Das ZICO-Verzeichnis und das Verzeichnis IBA 2000 folgen einem weiteren Ansatz als das Verzeichnis, dass bei der Ausarbeitung des Verzeichnisses IBA 1989 als Orientie50
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Auch die im Gebiet der Plaine des Maures ausgewiesenen 879 Hektar erfüllten bei Weitem nicht die Vorgaben des ZICO-Verzeichnisses, welches hier die Ausweisung von 7500 Hektar verlangte. Frankreich erweiterte erst nach Ablauf der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzten Frist das Schutzgebiet auf 4537 Hektar.54 Der Generalanwalt bemerkte hiezu, dass auch diese Erweiterung auf 60 % der im ZICOVerzeichnis enthaltenen Flächen nicht den Anforderungen des Art 4 entspreche. Die französische Regierung habe jedenfalls keine Daten vorgelegt, die das Ausmaß von 60 % als ausreichend belegen würden. Aus diesem Urteil kann die Erkenntnis gewonnen werden, dass der EuGH nach wie vor eine sehr strenge Linie bei der Pflicht zur Schutzgebietsausweisung vertritt und ein auf einen Kompromiss abzielendes „Nachbessern“ der Mitgliedstaaten im Vorverfahren diesen Vorgaben nicht gerecht wird. Im deutschen Schrifttum hat sich Iven55 mit der Auswahl von besonderen Schutzgebieten nach der VSchRL beschäftigt. Auch er zitiert die Santona-Entscheidung und weist auf die Feststellung des EuGH hin, nach welcher die Auswahl und territoriale Abgrenzung grundsätzlich allein nach den in der Richtlinie angeführten fachlichen Kriterien zu erfolgen hat. Dies bedeutet im Ergebnis vor allem, dass keine Interessensabwägung mit Gesichtspunkten sozialer oder wirtschaftlicher Art zu geschehen hat. Auch erwähnt Iven das Leybucht-Erkenntnis des EuGH, welches feststellt, dass wirtschaftliche und freizeitbedingte Erfordernisse nicht als Auswahlkriterien herangezogen werden können.56 Bestätigt wurde diese Linie erst kürzlich in einer Entscheidung gegen Italien,57 in der hervorgehoben wurde, dass weder wirtschaftliche noch freizeitbedingte Erfordernisse, die in Art 2 der Richtlinie genannt sind, bei der Auswahl und Abgrenzung eines Schutzgebietes berücksichtigt werden können. ____________________
rungsgrundlage gedient habe. Nach Ansicht der französischen Regierung sei nur dieses Verzeichnis auf die geeignetsten Gebiete beschränkt, während die anderen Verzeichnisse ein viel größeres Gebiet umfassten. 54 Da eine eventuelle Beseitigung der Vertragsverletzung nach Ablauf der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzten Frist keinen Einfluss auf die Begründetheit der Klage hat, kommt es für die Feststellung der Vertragsverletzung nicht darauf an, ob die Französische Republik zwischenzeitlich weitere Gebiete ausgewiesen hat, so Generalanwalt Alber im gegenständlichen Verfahren. 55 Iven, Schutz natürlicher Lebensräume und Gemeinschaftsrecht, NuR 1996, 373 ff. 56 Ein Abweichen von den fachlichen Kriterien ist nur möglich, wenn „höhere allgemeine Interessen“ vorliegen. Auch diese Feststellung wird aus den Erkenntnissen Santona und Leybucht abgeleitet. Als ein höheres allgemeines Interesse gilt der Schutz von Leib und Leben von Menschen. Das Abweichen von den fachlichen Kriterien hat sich dabei auf das allernotwendigste Maß zu beschränken. 57 EuGH Rs C-378/01, Slg 2003, Rz 15.
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In der weiteren Folge erläutert Iven den Beurteilungsspielraum der Mitgliedstaaten bei der Gebietsauswahl. Dass ein solcher gegeben ist, leitet sich aus den Entscheidungen Santona und Leybucht ab. Beurteilungsspielraum heißt im Ergebnis, dass nur die geeignetsten und nicht alle in Frage kommenden Gebiete als besondere Schutzgebiete auszuweisen sind. Vor der Auswahl sind die geeigneten Gebiete an Hand der Richtlinienkriterien in qualitativer und quantitativer Hinsicht in ihrem Verhältnis zueinander zu gewichten. Iven stellt jedoch fest, dass sich für die Art und Weise der Gewichtung weder in der Richtlinie noch in der Rechtsprechung des EuGH verbindliche Vorgaben finden. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass Iven zu Beginn seines Aufsatzes bei der Beschreibung der besonderen Schutzgebiete58 mit einem Satz erwähnt, dass neben dem Gefährdungsgrad bei der Auswahl vor allem Tendenzen und Schwankungen der Bestände sowie die Schutzerfordernisse der Arten zu berücksichtigen sind. Diese Bemerkung ist dem zweiten und dritten Satz des Art 4 Abs 1 VSchRL entnommen. Iven hat dies beiläufig bei der Beschreibung der besonderen Schutzgebiete erwähnt, bei der Erläuterung des Beurteilungsspielraumes der Mitgliedstaaten hat er auf diese Textpassage im Art 4 Abs 1 nicht mehr zurückgegriffen. Dabei könnte diese zur Umschreibung der fachlichen Kriterien, die sowohl nach der Literatur als auch nach der Judikatur die entscheidende Komponente bei der Gebietsauswahl darstellen, herangezogen werden. So können im Falle mehrerer potentieller Schutzgebiete Tendenzen und Schwankungen von den konkret betroffenen Vogelbeständen als Kriterium für die Wahlentscheidung zwischen den möglichen Gebieten dienen. Iven versucht bezüglich Vorgaben für die Auswahl der besonderen Schutzgebiete den ornithologischen Wert eines Gebietes über seine Einbindung in die Umgebung zu beschreiben. Er fordert bei der Gewichtung die Berücksichtigung der die Umgebung des Gebietes prägenden Faktoren sowie eine enge Abstimmung mit der Raumordnungsplanung. Dabei kommt er zum Ergebnis, dass es grundsätzlich den Mitgliedstaaten überlassen bleibt, welche Gebiete sie als Vogelschutzgebiete auswählen. Entscheidend ist seiner Ansicht allein, dass die Gebiete nach Art und Anzahl den Schutzerfordernissen der Arten gerecht werden. Zudem müssen sie geeignet sein, ein zusammenhängendes Schutzgebietsnetz zu knüpfen. Zu erwähnen ist ferner die Ansicht Ivens, wonach die Auswahlpraxis der Mitgliedstaaten von den Gemeinschaftsorganen im Einzelnen nicht über____________________
58 Iven nennt zwei Arten von zu schützenden Gebiete, nämlich die Lebensräume der Anhang I Arten sowie die Gebiete mit den Lebensräumen für Zugvögel einschließlich der Feuchtgebiete.
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prüfbar ist, wenn sie bei der Gebietsauswahl entsprechend den genannten Vorgaben vorgegangen sind. Im Gegensatz dazu spricht Mauerhofer59 von einer gemeinschaftskonformen Ermessensausübung der Mitgliedstaaten und weist darauf hin, dass dieses Ermessen sehr wohl durch die Kommission überprüfbar ist. Die nicht hinreichend angesehene Erfüllung dieses Beurteilungsspielsraumes könne jederzeit im Wege eines Vertragsverletzungsverfahrens geltend gemacht werden. Mauerhofer schränkt jedoch ein, dass nicht jedes scheinbar pflichtwidrig nicht ausgewiesene Gebiet einzeln Gegenstand eines Vertragsverletzungsverfahrens ist. Er geht vom Grundsatz aus, dass die Mitgliedstaaten auf Grundlage der vorhandenen IBA-Listen im Wege von Vertragsverletzungsverfahren veranlasst werden sollen, eine bestimmte Quote an besonderen Schutzgebieten gemäß Art 4 VSchRL auszuweisen. Für besonders krasse Fälle ist jedoch auch im Einzelfall ein Vertragsverletzungsverfahren durchzuführen. Weiters erwähnenswert erscheint der von Iven ins Treffen geführte Sonderfall der Reduzierung des Ermessensspielraumes der Mitgliedstaaten auf Null. Als Beispiel dient die Santona-Entscheidung des EuGH60. Für das Gebiet der Marismas de Santona liegen alle drei möglichen Kriterien, die für die Ausweisung eines besonderen Schutzgebietes in Frage kommen, vor.61 Aufgrund dieser herausgehobenen ornithologischen Bedeutung des Gebietes geht der EuGH inzident62 von einer Reduzierung des Beurteilungsspielraumes des Mitgliedstaates aus. Wann aber nun eine solche herausgehobene Bedeutung vorliegt, ist laut EuGH eine Fachfrage, die im Einzelfall in jeweils wertender Betrachtung der maßgeblichen Umstände zu beantworten ist. Grundsätzlich kann aber davon ausgegangen werden, dass bei kumulativem Vorliegen der heranzuziehenden Kriterien eine Schutzpflicht gegeben ist. Rödiger-Vorwerk63 nennt hier in Ableitung aus der Santona-Entscheidung die supranationale Bedeutung eines Gebietes, die Beherbergung einer Vielzahl von Arten sowie die Beherbergung vom Aussterben bedrohter Arten. ____________________
59 60 61
Mauerhofer (FN 7) 285. EuGH Rs 355/90, Slg 1993, I-4221. Nach dem bereits beschriebenen bildlichen Modell von Mauerhofer findet sich diese Konstellation in der Mitte der strichlierten Ellipse wieder. 62 Vgl Rödiger-Vorwerk (Die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der Europäischen Union und ihre Umsetzung in nationales Recht (1998) 40), die im Gegensatz zu Iven von einer ausdrücklichen und nicht nur inzidenten Feststellung des EuGH in der Santona-Entscheidung ausgeht. Sie leitet aus den vom EuGH in den Entscheidungen Santona und Leybucht verschieden verwendeten Bezeichnungen (Beurteilungsspielraum bzw Ermessensspielraum) den Begriff „Beurteilungsermessen“ ab, womit generalisierend eine Entscheidungs- und Gestaltungsfreiheit für die Verwaltung umschrieben werden soll. 63 Rödiger-Vorwerk (FN 62) 42.
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Abschließend ist auf den Ansatz von Gellermann64 hinzuweisen. Dieser geht von einer relativen Beurteilung der Gebietseignung aus und zitiert in diesem Zusammenhang eine Passage aus einem Schlussantrag65, wonach jene Gebiete unter Schutz zu stellen sind, die sich in Relation zu anderen Landschaftsräumen innerhalb des maßgeblichen Beurteilungsgebiets am ehesten zur Arterhaltung eignen und in ihrer Gesamtheit, nämlich in zahlen- und flächenmäßiger Hinsicht, hinreichende Gewähr für die Verwirklichung des Richtlinienziels bieten. Die Mitgliedstaaten haben folglich eine relative Beurteilung vorzunehmen, dh sie müssen eine vergleichende Bewertung der prinzipiell in Frage kommenden Landschaftsräume vornehmen. Um die Rahmenbedingungen für die Gebietswahl weiter zu konkretisieren, versucht Gellermann66 die Frage zu klären, welcher räumliche Bezugsrahmen der Auswahlentscheidung zugrunde zu legen ist. In Betracht kommt eine europäische, nationale oder regionale Perspektive. Gellermann erteilt dabei der im deutschen Schrifttum67 vertretenen Ansicht, nach welcher die europäische Ebene relevant sei, eine Absage. Er begründet dies einerseits mit vollziehungstechnischen Problemen68 und andererseits mit dem Hinweis auf die Judikatur des EuGH69, die auf das mitgliedstaatliche Hoheitsgebiet abstellt. Ebenso spricht sich Gellermann in seinen Ausführungen gegen eine vergleichende Bewertung mit Blick auf die in einer Region vertretenen Lebensräume aus. Im Schrifttum wird in Anlehnung an zwei in Frankreich70 und Deutschland71 geführte Verfahren vereinzelt auf die regionale Ebene abgestellt.72 Gellermann stellt dazu richtigerweise fest, dass für die Einrichtung einer genügenden Anzahl von Gebieten für die Erhaltung der Arten eine Verengung des Bezugraumes nicht erforderlich ist, weil diese Verpflichtung auch besteht, wenn das gesamte Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates als Vergleichsraum herangezogen wird. ____________________
64
Gellermann (FN 25) 23. Generalanwalt van Gerven, Schlussantrag in der Rs 355/90, Slg 1993, I-4241, Rz 15. 66 Gellermann (FN 25) 24. 67 Jarass, EG-rechtliche Vorgaben zur Ausweisung und Änderung von Vogelschutzgebieten, NuR 1999, 485. 68 Es ist anzunehmen, dass die Mitgliedstaaten keine hinreichende Information über die Qualität der in den anderen Mitgliedstaaten gelegenen Lebensräume haben. 69 EuGH Rs C-3/96, Slg 1998, I-3031, Rz 56. 70 Generalanwalt Fennelly, Schlussantrag in der Rs C-166/97, Slg 1999, I-1721, Rz 2. 71 OVG Münster, ZUR 2000, 155 f. 72 Maass, Die Identifizierung faktischer Vogelschutzgebiete, NuR 2000, 128 und Anmerkung zum Beschluss des OVG Münster vom 11. Mai 1999, ZUR 2000, 162. 65
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cc) Vorgehensweise bei der Ausweisung der Schutzgebiete Nach Festlegung der Kriterien für die Auswahl der besonderen Schutzgebiete ist im Folgenden auf den konkreten Ablauf der Schutzgebietsausweisung einzugehen. Der Richtlinientext gibt diesbezüglich in Art 4 Abs 3 vor, dass die Mitgliedstaaten der Kommission alle sachdienlichen Informationen übermitteln, sodass diese geeignete Initiativen im Hinblick auf die erforderliche Koordinierung ergreifen kann, damit die in Abs 1 und 2 genannten Gebiete ein zusammenhängendes Netz darstellen. Dieses soll den Erfordernissen des Schutzes der Arten in dem geografischen Meeresund Landgebiet, in dem diese Richtlinie Anwendung findet, Rechnung tragen. Vergleichend mit der entsprechenden Parallelbestimmung in der FFH-RL73 fällt auf, dass die VSchRL kein mehrstufiges Verfahren zur Ausweisung der Schutzgebiete vorsieht. Der zitierte Richtlinientext ist hier insofern sehr allgemein gehalten, als bloß von einer Übermittlung aller sachdienlicher Informationen die Rede ist. In der Praxis hat sich die Schutzgebietsnominierung so dargestellt, dass die Mitgliedstaaten ihre Schutzgebiete ausgewählt und diese mit den vorhandenen wissenschaftlichen Daten nach Brüssel gesendet haben. In einem Vertragsverletzungsverfahren gegen Finnland wurde vom EuGH74 bemängelt, dass die von den Mitgliedstaaten vorzulegende Liste der besonderen Schutzgebiete nicht nur nicht in Kraft, sondern auch nicht endgültig war, da diese Liste, wie die finnische Regierung erklärt hat, namentlich durch Hinzufügen oder Herausnahmen von Gegenden geändert werden konnte. Diese vorläufige Liste wurde somit als unzureichend angesehen, weil ihr der abschließende Charakter fehlte. Zuletzt wurde ein Verstoß Italiens gegen Art 4 Abs 3 festgestellt, nachdem keine vollständigen und exakten ornithologischen Angaben und keine hinreichend genaue Kartografie an die Kommission übermittelt wurden.75 Durch das Fehlen eines mehrstufigen Verfahrens mit geregelten Fristen und daraus resultierenden Rechtsfolgen stellt sich die Frage, wann die ausgewählten Gebiete nun als Schutzgebiete gelten und vor allem ab wann das strenge Schutzregime anzuwenden ist. Diese Überlegungen sind nicht zuletzt deshalb nahe liegend, weil im Vergleich Art 4 FFH-RL konkrete Fristen und Rechtsfolgen im Nominierungsverfahren vorsieht und somit ____________________
73 74 75
Art 4 FFH-Richtlinie. EuGH Rs C-240/00, Slg 2003, Rz 28 ff. EuGH Rs C-378/01, Slg 2003, Rz 20.
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der zeitliche Geltungsbereich des Gebietsschutzes abgegrenzt ist.76 Auf die diesbezüglichen Aspekte im Zusammenhang mit dem besonderen Gebietsschutz der VSchRL wird im Folgenden unter dd) genauer eingegangen. Im deutschen Schrifttum hat sich ua Gellermann77 mit der Interpretation des Art 4 Abs 3 VSchRL auseinandergesetzt. In seinen Ausführungen stellt er fest, dass im Gegensatz zu Art 4 Abs 1 FFH-RL die Pflicht zur Ausweisung besonderer Vogelschutzgebiete unabhängig davon besteht, ob ein Mitgliedstaat zuvor seiner in Art 4 Abs 3 begründeten Meldepflicht nachgekommen ist. Die Gebietsmeldung und die Erklärung zum besonderen Schutzgebiet sind nebeneinander zu erfüllende Verpflichtungen. Würde dem nicht so sein, könnten sich die Mitgliedstaaten ihren Verpflichtungen aus Art 4 Abs 1 und 2 entziehen, wenn sie ihre Meldung an die Kommission nicht abgegeben haben. In einer erst kürzlich ergangenen Entscheidung gegen Belgien hat der EuGH78 wiederholt79 auf die nach Art 4 Abs 1 und 2 für die Mitgliedgliedstaaten bestehende Verpflichtung hingewiesen, ein besonderes Schutzgebiet mit einem rechtlichen Schutzstatus auszustatten, der geeignet ist, ua das Überleben und die Vermehrung der in Anhang I der Richtlinie aufgeführten Vogelarten sowie die Vermehrung, die Mauser und die Überwinterung der nicht in Anhang I aufgeführten, regelmäßig auftretenden Zugvogelarten sicherzustellen. Da es im konkreten Fall an einer Bestimmung gefehlt hat, die an die Erklärung eines Gebietes zum besonderen Schutzgebiet automatisch die Anwendung eines oben beschriebenen Schutzstatus knüpft, ist die Verwirklichung des mit Art 4 der VSchRL verfolgten Zieles des besonderen Schutzes der wildlebenden Vogelfauna gefährdet. Andererseits hat die Tatsache, dass die Einrichtung von Schutzgebieten nicht bloß die Meldung der Gebiete nach Brüssel sondern auch die Erklärung zum Schutzgebiet umfasst, erhebliche Auswirkungen auf das anzuwendende Schutzregime, weil sich der hier einschlägige Art 7 FFHRL ausdrücklich auf die „nach Art 4 Abs 1 VSchRL zu besonderen Schutzgebieten erklärten oder nach Art 4 Abs 2 derselben Richtlinie als solche anerkannten Gebiete“ bezieht. ____________________
76 Dass auch ein solches mehrstufige Verfahren mit genau festgelegten Fristen mehrere Auslegungsvarianten zulässt und zu Schwierigkeiten bei der Vollziehung führen kann, zeigen die Ausführungen zu Art 4 FFH-RL. 77 Gellermann (FN 25) 44. 78 EuGH Rs C-415/01, Slg 2003, Rz 15. 79 EuGH Rs C-166/97, Slg 1997, I-1719, Rz 21; EuGH Rs C-355/90, Slg 1993, I04221, Rz 28-32.
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Genauere Ausführungen zum anzuwendenden Schutzregime im Zusammenhang mit Art 7 FFH-RL ergehen im Abschnitt gg). dd) Zeitlicher Geltungsbereich des Schutzregimes nach Art 4 VSchRL Grundsätzlich kann sich die Frage des zeitlichen Anwendungsbereiches der VSchRL in zwei verschiedenen Fallkonstellationen stellen, wobei vor allem zweiterer praktische Bedeutung zukommt. Zum ersten soll das Augenmerk jedoch auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens der VSchRL im Jahre 1979 gerichtet werden. Für die damaligen Mitgliedstaaten muss es klarerweise eine zeitliche Vorgabe für die Setzung der entsprechenden Maßnahmen gegeben haben. Wie bereits erläutert, enthält Art 4 keine entsprechenden Fristen. Zeitliche Vorgaben finden sich in der VSchRL in Art 18. Dort heißt es in Abs 1, dass die Mitgliedstaaten die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft setzen, um dieser Richtlinie innerhalb von zwei Jahren nach ihrer Bekanntgabe nachzukommen. Das Inkraftsetzen von Rechts- und Verwaltungsvorschriften wird in erster Linie legistische Anpassungen in den nationalen Bestimmungen meinen. Aber auch die Ausweisung von Schutzgebieten kann unter diese Formulierung subsumiert werden. Diese Ansicht bestätigt Feik80, der auf den vergleichbaren Fall Spanien verweist. In der bereits mehrfach zitierten Santona-Entscheidung hat der EuGH festgestellt, dass auch die Verpflichtungen aus Art 3 und 4 der allgemeinen Frist des Art 18 unterliegen. Unabhängig von der Anwendbarkeit der Frist des Art 18 auf die Schutzgebietsausweisung ist festzustellen, dass die Umsetzung der notwendigen Maßnahmen zur Schutzgebietserrichtung nur sehr zögerlich vorangeschritten ist. Iven81 verweist in diesem Zusammenhang auf eine von der Kommission herausgegebene Übersicht über die nach der VSchRL zu schützenden Gebiete vom August 1994. Nicht zuletzt aufgrund des schleppenden Voranschreitens der Schutzgebietsausweisungen wurde von der Kommission im Jahre 1994 ein so genannter „Standard-Datenbogen“ vorgelegt. Dieser dient nicht bloß der Meldung der Vogelschutzgebiete, sondern auch bereits jener nach der FFH-RL, die zwischenzeitlich in Kraft getreten war. Die zweite mögliche Fallkonstellation, nämlich dass ein Mitgliedstaat erst nach Inkrafttreten der VSchRL der Gemeinschaft beigetreten ist, trifft für Österreich zu. Dabei ist vorauszuschicken, dass im Beitrittsver____________________
80 81
Feik, Die EG-Vogelschutz-Richtlinie 79/409/EWG (Teil II), RdU 1997, 62. Iven (FN 55) 374.
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trag Österreichs keine Regelung über den zeitlichen Anwendungsbereich der VSchRL vorgesehen ist. In Art 2 der Beitrittsakte82 wird normiert, dass ab dem EU-Beitritt die ursprünglichen Verträge und die vor dem Beitritt erlassenen Rechtsakte und Organe für die neuen Mitgliedstaaten verbindlich sind und in diesen Staaten nach Maßgabe des EGKSV, EG, EAV und EUV sowie der Beitrittsakte gelten. Gemäß Art 166 der Beitrittsakte gelten Richtlinien vom Zeitpunkt des Beitritts an als an die neuen Mitgliedstaaten gerichtet. Weiters legt die Beitrittsakte in Art 168 fest, dass die neuen Mitgliedstaaten im Falle der Nichtfestlegung von Übergangsfristen die erforderlichen Maßnahmen in Kraft setzen, um den Richtlinien vom Beitritt an nachzukommen. Dies heißt im konkreten Fall der VSchRL für Österreich, dass mit 1. Jänner 1995 die österreichische Rechtsordnung angepasst hätte sein müssen. Die Anpassungspflicht bezieht sich jedoch analog wie oben beschrieben in erster Linie auf legistische Korrekturen in den betroffenen österreichischen Materiengesetzen. Ob dieses Datum auch für die Verpflichtungen aus Art 3 und 4 gilt, gilt es zu hinterfragen. Fest steht, dass die Anpassung der nationalen Bestimmungen mit dem Zeitpunkt des Beitritts des Mitgliedstaates zu erfolgen hat. Daraus ist abzuleiten, dass die Zweijahresfrist des Art 18 für später beitretende Mitgliedstaaten nicht gilt. Diese Konsequenz ist auch mit dem Wortlaut des Art 18 vereinbar, der von einer Inkraftsetzung der erforderlichen Rechtsund Verwaltungsvorschriften innerhalb von zwei Jahren nach Bekanntgabe der Richtlinie ausgeht. Österreich hätte vor dem Beitritt zur Gemeinschaft nicht nur die nationalen Bestimmungen an die Richtlinie anpassen, sondern auch die Schutzgebiete ausweisen müssen. Die Meldung der in Frage kommenden Gebiete wäre bereits vor dem 1. Jänner 1995 notwendig gewesen. Mauerhofer geht ebenfalls davon aus, dass die Ausweisung von Vogelschutzgebieten nach der VSchRL in Österreich bereits mit 1. Jänner 1995, unabhängig vom gestuften Ausweisungssystem der FFH-RL, erfolgt hätte sein müssen. Tatsächlich hat die Meldung der österreichischen Vogelschutzgebiete nach Brüssel nicht vor dem 1. Jänner 1995 stattgefunden. Eine erste Gebietsliste, die Areale nach der VSchRL und der FFH-RL umfasst, stammt vom 7. Juni 1995. Mit diesem Datum ist das Schreiben der Verbindungsstelle der Bundesländer beim Amt der Niederösterreichischen Landesregierung, mit welchem diese Gebietsliste nach Brüssel übersendet wurde, datiert. ____________________
82
BGBl Nr 45/1995.
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Im Oktober 1997 erfolgte eine weitere Ergänzung der Liste. Nach Ansicht der Kommission waren aber sowohl die Art der Übermittlung als auch der Listeninhalt unvollständig. Folglich wurde im Mai 1998 von der Kommission eine begründete Stellungnahme angedroht. Dies führte dazu, dass der gemeinsame Ländervertreter der Bundesländer im Habitatausschuss beauftragt wurde, eine gemeinsame nationale Liste zusammenzustellen. Im Oktober 1998 wurde dann letztlich die „Nationale Liste Österreich“ an die Kommission übermittelt.83 Im Rahmen der Erläuterungen über den zeitlichen Anwendungsbereich des Art 4 sind Ausführungen über die unmittelbare Anwendbarkeit der VSchRL unumgänglich. Aufgrund der Wichtigkeit und des Umfanges dieser Thematik soll den Ausführungen hiezu nachstehend eine eigene Überschrift gewidmet werden. ee) Unmittelbare Anwendbarkeit von Richtlinien und im Besonderen von Art 4 VSchRL aaa) Allgemeines zur unmittelbaren Anwendbarkeit von Richtlinien Bevor konkret auf die unmittelbare Anwendbarkeit des Art 4 VSchRL eingegangen wird, soll einleitend Grundsätzliches zur Thematik der unmittelbaren Anwendbarkeit von Richtlinien festgehalten werden.84 Der folgende Exkurs erscheint an dieser Stelle und auch im vorgesehenen Umfang zweckmäßig, da sich die Frage der unmittelbaren Anwendbarkeit nicht bloß im Zusammenhang mit Art 4 stellt, sondern auch andere Bestimmungen der VSchRL und auch der FFH-RL betrifft. Im Gegensatz zu Verordnungen bedürfen Richtlinien grundsätzlich einer Umsetzung in innerstaatliches Recht (Art 249 Abs 3 EG). Dies hat zur Konsequenz, dass sie prinzipiell nur nach Maßgabe von Ausführungsvorschriften der Mitgliedstaaten zur Anwendung kommen.85 Des Weiteren sind Richtlinien im Gegensatz zu Verordnungen für die Mitgliedstaaten nur nach ihrem Ziel nach verbindlich. Richtlinien verpflichten gemäß Art 249 EG zum Erreichen eines Zustandes, führen diesen aber nicht ____________________
83 Pernthaler/Ebensberger, Die rechtlichen Auswirkungen völkerrechtlicher Abkommen und Normen der Europäischen Union auf die Kompetenzverteilung und die Vollziehung des Naturschutzrechts, Föderalismus Dokumente Band 3 (1999), 49. 84 Eilmansberger (Zur Direktwirkung von Richtlinien gegenüber Privaten, JBl 2004, 283) bezeichnet die beiden Eigenschaften der unmittelbaren Geltung und der unmittelbaren Anwendbarkeit gemeinsam mit dem Begriff der Direktwirkung. Zum Begriff „unmittelbare Wirkung von Richtlinien“ siehe ferner Jarass/Beljin, Grenzen der Privatbelastung durch unmittelbar wirkende Richtlinien, EuR, 2004, 717. 85 Potacs/Öhlinger, Gemeinschaftsrecht und staatliches Recht – Die Anwendung des Europarechts im innerstaatlichen Bereich 2 (2001) 59.
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selbst herbei.86 Während Verordnungen grundsätzlich unmittelbar gelten, ist eine solche Wirkung für Richtlinien nur in Ausnahmefällen vorgesehen. Eine unmittelbare Anwendbarkeit von Richtlinien bejaht der EuGH in seiner Rechtsprechung bei Vorliegen entsprechender Bedingungen. Begründet wird diese Ausnahme von der Regel im Wesentlichen damit, dass ein Mitgliedstaat, der eine Richtlinie nicht umgesetzt hat, sich nicht zu Lasten des Bürgers, dem gemeinschaftlich eine begünstigte Stellung eingeräumt werden soll, auf sein gemeinschaftswidriges Verhalten berufen dürfe. Ein Mitgliedstaat könnte demnach durch die Nichtumsetzung einer Richtlinie deren verbindliche Wirkung unterbinden. Dass dies dem eigentlichen Ziel zuwiderläuft, ist offensichtlich. Die Ausdehnung der Möglichkeit der unmittelbaren Anwendung von Richtlinien wird rechtstheoretisch mit dem aus dem angelsächsischen Recht stammenden Grundsatz des „estoppel“87 und dem auch im Völkerrecht existierenden Grundsatz „venire contra factum proprium“ begründet.88 Wie bereits angedeutet, ist die unmittelbare Wirksamkeit von Richtlinien aber nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Ein Kriterium dabei ist, dass die betreffende Richtlinie nicht rechtszeitig (fristgerecht) oder nicht ordnungsgemäß vom Mitgliedstaat im nationalen Recht umgesetzt worden ist. Vor dem in einer Richtlinie gesetzten Datum trifft die Mitgliedstaaten grundsätzlich89 keine Pflicht den Inhalt der Richtlinie zu beachten. Die Gründe des Mangels spielen für die Frage der unmittelbaren Wirkung keine Rolle. Als weitere Voraussetzung für die unmittelbare Wirksamkeit findet sich in der Rechtsprechung des EuGH die Erwähnung der hinreichenden Bestimmtheit einer Vorschrift. Sie muss einen genügend klaren und präzisen Rechtssatz beinhalten, der die Tatbestandsvoraussetzungen und die Tatbestandsfolgen vorgibt. Für den EuGH90 ist eine Vorschrift hinreichend genau, wenn sie „unzweideutig eine Verpflichtung begründet“. ____________________
86 Krämer in Die Umsetzung des Europäischen Umweltrechts in Österreich, Juristische Schriftenreihe, Band 172 (2000) 34. 87 Nach dem estoppel-Prinzip, einer Variante des Treu- und Glauben-Grundsatzes, soll ein Mitgliedstaat nicht aus eigenem Fehlverhalten Nutzen ziehen können. Der Mitgliedstaat soll dem Einzelnen nicht entgegenhalten können, dass er die in der Richtlinie vorgeschriebene Durchführungsmaßnahme nicht fristgerecht erlassen hat (Eilmansberger, FN 84, 286). 88 Schmitz, Habitatschutz für Vögel? – Zur unmittelbaren Wirkung der FFH-Richtlinie der EU, ZUR, 1/96, 12. 89 Vgl allerdings EuGH Rs C-129/96, Slg 1997, I-7411, I-7435 zum „Frustrationsverbot“. 90 EuGH Rs C-236/92, Slg 1994, I-00483, Rz 10.
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Des Weiteren muss eine gemeinschaftliche Bestimmung für ihre unmittelbare Wirkung unbedingt sein, dh, sie darf um wirksam zu werden, in ihrem Anwendungsbereich nicht noch zusätzliche Regelungen oder Maßnahmen der Mitgliedstaaten erfordern. Christl91 führt hiezu ergänzend an, dass eine Richtlinie dann inhaltlich bedingt ist, wenn sie den Mitgliedstaaten für die Einhaltung der festgelegten Vorgaben einen Entscheidungsspielraum eröffnet. Dies würde gegeben sein, wenn das Setzen der vorgesehenen Rechtsfolgen vom Ermessen der Mitgliedstaaten abhängt oder den Mitgliedstaaten im Hinblick auf das Vorliegen bestimmter Voraussetzungen ein Beurteilungsspielraum zukommt. Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH92 ist eine Gemeinschaftsbestimmung unbedingt, wenn sie „eine Verpflichtung begründet, die weder an eine Bedingung geknüpft ist noch zu ihrer Erfüllung und Wirksamkeit einer Maßnahme der Gemeinschaftsorgane oder der Mitgliedstaaten bedarf“. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass der EuGH in seiner bisherigen Judikatur die Voraussetzungen der Klarheit und Unbedingtheit relativ großzügig gehandhabt hat. So kann davon ausgegangen werden, dass der EuGH hier einen geringeren Grad an Determinierung verlangt als ihn die innerstaatliche Judikatur zu Art 18 B-VG fordert. An dieser Stelle sei auch der Hinweis angebracht, dass sich diese Beurteilung klarerweise auf einzelne Vorschriften und nicht auf die gesamte Richtlinie zu beziehen hat. Die Einräumung eines Gestaltungsspielraumes durch einzelne Bestimmungen einer Richtlinie schließt nicht die unmittelbare Anwendbarkeit anderer Vorschriften aus.93 Voraussetzung hiefür ist allerdings, dass sie „angesichts ihres Gegenstandes geeignet sind, aus dem Gesamtzusammenhang gelöst und gesondert angewendet zu werden“.94 Diese Vorgabe dürfte im Hinblick auf das Verhältnis Gebietsschutz – Artenschutzvorschriften der VSch- und FFH-RL erfüllt sein. Als letztes Kriterium für die unmittelbare Anwendbarkeit von Richtlinien ist der individualschützende Charakter einer Bestimmung zu erwähnen. Ein solcher ist gegeben, wenn eine Vorschrift Angelegenheiten regelt, die nicht nur im Allgemeininteresse sondern auch in einem unmittelbaren Interesse einzelner Marktbürger liegt. Die Richtlinie muss somit eine den Einzelnen gegenüber dem Staat begünstigende Regelung enthalten.95 Umgekehrt kann eine unmittelbar anwendbare Richtlinie nicht ____________________
91 92 93 94 95
Christl (FN 3) 5. EuGH Rs C-236/92, Slg 1994, I-00483, Rz 9. Potacs/Öhlinger (FN 85) 60. EuGH Rs 8/81, Slg 1982, 53, Rz 29. Potacs/Öhlinger (FN 85) 61.
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selbst Verpflichtungen für einzelne Bürger begründen. Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH ist eine Richtlinie daher nicht unmittelbar anwendbar, wenn sie auf den einzelnen Bürger belastend wirkt. Dies gilt auch dann, wenn sie gleichzeitig einen anderen Bürger begünstigt („Drittwirkung“)96. Entscheidend ist in dieser Frage ua, ob dem Einzelnen durch eine Richtlinie ausdrücklich oder implizit Rechte eingeräumt werden. Die unmittelbare Betroffenheit ist vor allem auf dem Gebiet des Umweltrechts das wohl am schwierigsten festzustellende Kriterium. Der EuGH legt den Begriff „Recht“ weit aus, so sind etwa auch Rechtspositionen oder geschützte Interessen umfasst. Rechtsnormen, die lediglich Beziehungen zwischen einem Mitgliedstaat und der Kommission regeln, vermitteln dem Einzelnen hingegen keine Rechte.97 Bezugnehmend auf das Umweltrecht hat der EuGH98 beispielsweise entschieden, dass die Richtlinie 75/442 über Abfälle99 dem Einzelnen nicht das Recht verleiht, biologisch nicht abbaubare Kunststofftüten und andere Behältnisse zu verkaufen oder zu gebrauchen. Aus der Tatsache heraus, dass die Richtlinie den Verkauf oder Gebrauch irgendeines Erzeugnisses nicht verbietet, lässt sich nicht entnehmen, dass sie die Mitgliedstaaten daran hindert, solche Verbote zum Schutz der Umwelt zu erlassen, um so mehr als sie ua die zur Einschränkung der Abfallbildung geeigneten innerstaatlichen Maßnahmen fördern soll. In einem anderen Fall hat der EuGH100 jedoch gegenteilig entschieden. Wie von Krämer zitiert, hat der EuGH Rechte des Einzelnen aus Art 1 der Richtlinie 80/779101 bejaht. Hiezu ist anzumerken, dass Art 2 dieser Richtlinie die Mitgliedstaaten verpflichtet, zum Schutz der menschlichen Gesundheit Grenzwerte vorzuschreiben. Daraus wird abgeleitet, dass die Betroffenen in allen Fällen, in denen die Überschreitung der Grenzwerte die menschliche Gesund____________________
96 97 98 99
EuGH Rs C-91/92, Slg 1994, I-3325, EuGH Rs C-343/98, Slg 2000, I-6659. Krämer (FN 86) 35. EuGH Rs 380/87, Slg 1989, 02491. Richtlinie 75/442/EWG über Abfälle, ABl 1975 L 194 S 39; Die Richtlinie bezweckt die Harmonisierung der Rechtsvorschriften der verschiedenen Mitgliedstaaten über die Abfallbeseitigung, um zum einen Hindernisse des innergemeinschaftlichen Handelns und ungleiche Wettbewerbsbedingungen, die sich aus der Unterschiedlichkeit dieser Vorschriften ergeben, zu vermeiden und zum anderen zur Verwirklichung der Ziele der Gemeinschaft auf dem Gebiet des Gesundheits- und Umweltschutzes beizutragen. 100 EuGH Rs 361/88, Slg 1991, I-2567. 101 Richtlinie 80/779/EWG über Grenzwerte und Leitwerte der Luftqualität für Schwefeldioxid und Schwebstaub, ABl 1980 L 229 S 30, Art 1: [...], diese Grenzwerte dürfen insbesondere im Hinblick auf den Gesundheitsschutz im gesamten Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten [...] nicht überschritten werden [...].
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heit gefährden könnte, in der Lage sein müssen, sich auf die zwingenden Vorschriften zu berufen, um ihre Rechte geltend machen zu können. Im konkreten Fall wird die Umsetzungsverpflichtung der Grenzwerte damit begründet, dass sich der Einzelne auf sein Recht berufen kann. Auf die unmittelbare Anwendbarkeit der Richtlinie wurde allerdings nicht explizit eingegangen. Bei den Rechten des Einzelnen im Umweltrecht muss differenziert werden, ob die jeweilige Regelung neben dem Schutz der Umwelt auch konkret den Menschen einbezieht oder nicht. Umweltvorschriften über Lärmschutz, Luftreinhaltung oder Immissionsschutz dienen ua auch dem Schutz der menschlichen Gesundheit. In diesen Fällen ist die Ableitung von individuellen Rechten nahe liegend. Bei Regelungen des Natur- oder Landschaftsschutzes ist die Situation hingegen eine andere, weil der Mensch hier nicht in den Schutzzweck eingebunden ist. Die EuGH-Entscheidung zur Richtlinie über Grenzwerte der Luftqualität für Schwefeldioxid und Schwefelstaub ist daher nur bedingt auf die VSch- und FFH-RL übertragbar. Besondere Bedeutung102 hat die Frage der Rechte des Einzelnen bei der Auslegung der Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung103 erlangt. Madner104 zitiert hier eine Entscheidung des EuGH105, in der die drittschützende Wirkung der Bestimmungen über die Durchführung einer UVP nach der UVP-RL bestätigt wird. Sie weist jedoch auch darauf hin, dass die Regelungsintentionen der VSch- und FFH-RL auf die Erhaltung des gemeinsamen Naturerbes der Mitgliedstaaten gerichtet sind und etwa Gesundheitsinteressen hinter diesen ideellen Regelungsanliegen nur entfernt hervorleuchten. Auch für den Generalanwalt106 ist keinesfalls klar, dass durch Art 6 Abs 1 FFH-RL Rechte eines einzelnen begründet werden. Als richtungsweisend wird in der Lehre immer wieder die Großkrotzenburg-Entscheidung zur UVP-RL aus dem Jahre 1995107 bezeichnet. Mauerhofer108 geht davon aus, dass nach dieser Entscheidung die unmittelbare Anwendbarkeit einer Richtlinie nicht mehr davon abhängt, ob ____________________
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Krämer (FN 86) 36. Richtlinie 85/337/EWG vom 27.6.1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten privaten und öffentlichen Projekten, ABl 1985 L 175 S 40 idF der RL 97/ 11/EG, ABl 1997 L 73 S 5. 104 Madner (FN 3) 57. 105 EuGH Rs C-435/97, Slg 1999, I-05613, Rz 69. 106 Generalanwalt Fennelly, Schlussantrag in der Rs C-256/98, Slg 2000, I-2487, Rz 16. 107 EuGH Rs C-431/93, Slg 1995, I-2189. 108 Mauerhofer (FN 3) 91. 103
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durch die Richtlinie Rechte Einzelner begründet werden.109 Mauerhofer schließt aus dieser Entscheidung, dass Gemeinschaftsrecht von innerstaatlichen Behörden – unabhängig vom nationalen Recht – immer dann anzuwenden ist, wenn es diesen eine entsprechende Verpflichtung unmissverständlich auferlegt. Das Kriterium der begünstigenden Wirkung wäre folglich für die unmittelbare Wirksamkeit einer Richtlinie nicht mehr erforderlich.110 Auch in die Rechtsprechung des VwGH hat die Großkrotzenburg-Entscheidung bereits Aufnahme gefunden. In seinem den naturschutzbehördlichen Bewilligungsbescheid für eine Golfplatzerweiterung in der Steiermark111 aufhebenden Erkenntnis112 leitet er unter Hinweis auf Meinungen der Lehre113 aus der Entscheidung des EuGH ab, dass eine Richtlinie auch dann als unmittelbar wirksam – wenigstens im Sinne der Verpflichtung der Behörden der Mitgliedstaaten zur Anwendung von Richtlinienrecht – angesehen werden könne, wenn ihr eine den Einzelnen begünstigende Wirkung nicht zukäme bzw wenn mit ihrer Anwendung belastende Auswirkungen für einzelne Bürger verbunden wären.114 Bereits vor dieser Entscheidung haben in der deutschen Literatur Freytag und Iven115 zwei Arten der unmittelbaren Wirkung von Richtlinien ____________________
109 Der EuGH hat in der Entscheidung „Großkrotzenburg“ festgestellt, dass die Art 2, 3 und 8 der Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei der Genehmigung der Projekte unmissverständlich eine konkrete Verpflichtung der zuständigen Behörden feststellen würden, bestimmt Projekte einer Verträglichkeitsprüfung zu unterziehen. Die entsprechenden Bestimmungen der Richtlinie wären daher von der nationalen Verwaltung von Amts wegen anzuwenden gewesen. 110 Gellermann (Rechtsfragen des europäischen Habitatschutzes, NuR 1996, 557) stellt unter Bezugnahme auf die „Großkrotzenburg“-Entscheidung fest, dass der individualschützende Charakter einer Norm nicht zu den Voraussetzungen der unmittelbaren Wirkung zählt. Somit können auch Richtlinien mit rein objektivem Charakter unmittelbar anwendbar sein. Auch für Gassner (Aktuelle Fragen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung, NuR 1999, 82) ist es nicht mehr erforderlich, dass Rechte einzelner begründet werden. Vielmehr setzt sich die objektive Wirkung der Richtlinie auch dann durch, wenn einzelnen Bürgern daraus Nachteile erwachsen, wie zum Beispiel aus der Anwendung der UVP-RL. Kritisch wird von Gellermann freilich bemerkt, dass mit dieser Erweiterungstendenz der Unterschied zwischen Verordnung und Richtlinie weiter eingeebnet wird. 111 Siehe dazu auch die Ausführungen unter C.3.b)bb)ddd)bbbb)eeeee) sowie C.3.c) dd)ggg)cccc). 112 VwGH 27.6.2002, 99/10/0159. 113 Potacs/Öhlinger (FN 85) 62; Epiney, Unmittelbare Anwendbarkeit und objektive Wirkung von Richtlinien, DVBl 1996, 409. 114 Nochmals zurückgekommen wird auf diese Entscheidung des VwGH nachstehend unter bbb). 115 Freytag/Iven, Gemeinschaftliche Vorgaben für den nationalen Habitatschutz, NuR 1995, 116.
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gesehen: Neben der „klassischen“ unmittelbaren Wirkung, die den Bereich der individuellen Rechte der Marktbürger abdeckt, bestehe eine unmittelbare Bindung der Verwaltung an die Vorgabe der Richtlinie. Aus der Rechtsprechung des EuGH lasse sich ableiten, dass Umweltschutzrichtlinien für die Träger der öffentlichen Verwaltung bereits unmittelbar anwendbar sind, wenn sie inhaltlich unbedingt und hinreichend bestimmt sind. Dieser Ansatz ist durchaus mit dem Ergebnis der GroßkrotzenburgEntscheidung vergleichbar. Nicht mit dieser „objektiven Richtlinienwirkung“116 kann sich Schmitz117 anfreunden. Seiner Ansicht nach ist es nicht so, dass die Verwaltung unabhängig von den Voraussetzungen der unmittelbaren Wirkung gebunden ist, wenn nur die Richtlinie bestimmt und unbedingt ist. Eine unmittelbare Wirkung kommt für ihn nur in Frage, wenn die Richtlinie Einzelne schützt. Denn gerade dieser Punkt war der Ausgang dafür, dass sich der EuGH überhaupt mit dieser Frage auseinandergesetzt hat. Zu den Ausführungen von Schmitz ist jedoch anzumerken, dass sie die Entscheidung „Großkrotzenburg“ noch nicht berücksichtigen. Eilmansberger118 geht in seinen Ausführungen zur Direktwirkung von Richtlinien gegenüber Privaten auch auf das hier zu Diskussion stehende Verhältnis zwischen objektiver und subjektiver Richtlinienwirkung ein. Er zitiert dabei ua die Fratelli Constanzo-Entscheidung119 in der der EuGH ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass Einzelne sich vor nationalen Gerichten deshalb auf die Bestimmungen einer Richtlinie berufen können, weil die darin festgelegten Verpflichtungen für die Adressaten (staatliche Behörden) bindend geworden sind.120 Für Eilsmansberger ist die Direktwirkung einer Richtlinienbestimmung nicht nur notwendige, sondern auch hinreichende Voraussetzung für ihre Invokabilität. Seiner Ansicht nach wird die Möglichkeit einzelner, sich auf eine Richtliniennorm zu berufen, von der Rechtsprechung ____________________
116 Vgl dazu Madner (FN 3) 57 und Mauerhofer, Forstrechtlicher Handlungsbedarf durch EU-Naturschutzrichtlinien, RdU 2001, 132. 117 Schmitz (FN 87) 14. 118 Eilmansberger (FN 84) 288. 119 EuGH Rs 103/88, Slg 1989, 1839, Rz 30. 120 Dies darf nach Ansicht von Eilmansberger aber nicht dahin missverstanden werden, dass Rechte Einzelner nur auf diese Weise, dh als Resultat einer für Dritte bindend gewordenen Handlungs- und Unterlassungsverpflichtung entstehen können. Richtlinien verleihen nämlich einzelnen häufig auch auf direkte Weise bestimmte Rechte, wie beispielsweise das Recht auf Rücktritt vom Vertrag. Bei diesen direkt verliehenen Rechten ist der Zusammenhang umgekehrt: Die Festlegung dieser Rechte lässt, jedenfalls potenziell, Pflichten dritter entstehen. Wesentlich ist jedoch, so Eilmansberger, dass in beiden Fällen das Wirksamwerden und die unmittelbare Anwendbarkeit der betreffenden Vorschrift, dh ihre Direktwirkung, die Voraussetzung für ihre Vokabilität ist.
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von keiner weiteren Bedingung abhängig gemacht. Die Invokabilität liegt vor, wenn die betreffende Norm hinreichend bestimmt und unbedingt ist. Im Rahmen der Darstellung der Schranken der unmittelbaren Geltung von Richtlinien stellt Eilmansberger aber klar, dass mit diesem Grundsatz nur das Wirksamwerden staatengerichteter Verpflichtungen begründet werden kann. Zu einer Bindungswirkung von privatgerichteten Richtlinienverpflichtungen kommt es hingegen nicht. Für die Direktwirkung von Richtlinien gegenüber Privaten gibt es nicht nur keine (positive) Grundlage, sondern ist sie auch (negativ) ausgeschlossen, weil sie zu einer Kompetenzüberschreitung des Gemeinschaftsgesetzgebers führen würde, so Eilsmansberger unter Hinweis auf eine erst kürzlich ergangene Entscheidung des EuGH121, auf die gleich unter bbb) nochmals zurückgekommen wird. bbb) Unmittelbare Anwendbarkeit des Art 4 VSchRL In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob das Schutzregime des Art 4 Abs 4 auch auf Gebiete anzuwenden ist, die nicht als besondere Schutzgebiete nach Art 4 Abs 1 und 2 ausgewiesen wurden. Zur Klärung dieser Frage ist erneut die bereits mehrfach erwähnte Santona-Entscheidung des EuGH122 heranzuziehen. Diese enthält die Aussage, dass die sich aus Art 4 Abs 4 ergebenden Verpflichtungen nicht erst dann greifen, wenn zuvor ein Schutzgebiet nach Abs 1 oder 2 ausgewiesen wurde. Ein Mitgliedstaat kann somit gleichzeitig gegen Art 4 Abs 1 und 2 sowie gegen Abs 4 verstoßen. Vom Gerichtshof wird dazu begründend ausgeführt, dass Spanien das betreffende Gebiet aufgrund seiner Bedeutung für zahlreiche Wasser- und Zugvogelarten als Schutzgebiet nach Art 4 Abs 1 und 2 hätte einstufen und damit den Regelungen dieser Richtlinie unterstellen müssen. Als weiterer Aspekt wird angeführt, dass die Erreichung der in der Richtlinie formulierten Ziele des Schutzes, wie sie in der neunten Erwägung dargelegt sind, nicht möglich wären, hätten die Mitgliedstaaten die Verpflichtungen, die sich aus Abs 4 des Art 4 ergeben, einzig und allein in denjenigen Fällen zu erfüllen, in denen zuvor ein besonderes Schutzgebiet geschaffen wurde. Diese Argumentation ist nachvollziehbar, weil ansonsten ein Mitgliedstaat durch die Nichtausweisung von besonderen Schutzgebieten nach Abs 1 und 2 die Anwendung des strengen Schutzregimes nach Abs 4 verhindern kann. So könnte in potentiellen Gebieten, wo beispielsweise grö____________________
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EuGH Rs C-201/02, Slg 2004, Rz 56. EuGH Rs C-355/90, Slg 1993, I-04221.
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ßere Vorhaben geplant sind, durch die Nichtausweisung von Schutzgebieten der Gebietsschutz der VSchRL unterlaufen werden. In einer jüngeren Entscheidung gegen Frankreich aus 1999123 hat der EuGH diese Linie weiter beibehalten. Im gegenständlichen Fall wurde entschieden, dass Frankreich dadurch gegen sein Verpflichtungen aus Art 4 VSchRL verstoßen hat, dass es nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist eine ausreichend große Fläche im Sumpfgebiet des Poitou zum Schutzgebiet erklärt hat, dass es keine Maßnahmen getroffen hat, um den im Sumpfgebiet des Poitou eingerichteten Schutzgebieten einen ausreichenden rechtlichen Schutzstatus zu verleihen und dass es keine geeigneten Maßnahmen getroffen hat, um die Beeinträchtigung der im Sumpfgebiet des Poitou zum besonderen Schutzgebiet erklärten Gebiete und eines Teiles der Gebiete, die zu besonderen Schutzgebieten hätten erklärt werden müssen, zu vermeiden. In der Begründung wird unter Rz 41 ausgeführt, dass die Mitgliedstaaten nach Art 4 Abs 4 die Pflicht hätten, geeignete Maßnahmen zu treffen, um insbesondere die Beeinträchtigung der Lebensräume in den für die Erhaltung der Wildvogelfauna geeignetsten Gebiete zu vermeiden, auch wenn die betreffenden Gebiete rechtswidrig nicht zu besonderen Gebieten Schutzgebieten erklärt wurden. Im Ergebnis ist damit eine klare Fortsetzung der Santona-Judikatur erkennbar. Von einer uneingeschränkten unmittelbaren Wirksamkeit des Art 4 zu sprechen, wäre aber dennoch etwas voreilig. Freytag und Iven gehen aufgrund der Santona-Entscheidung von einer unmittelbaren Anwendbarkeit der dem Schutz der Vogelschutzgebiete dienenden Richtlinienbestimmungen gegenüber Vorhaben der öffentlichen Hand aus. Zu Recht, da es sich im gegenständlichen spanischen Fall um ein Projekt der öffentlichen Verwaltung gehandelt hat. Diese Entscheidung dient auch der Begründung des bereits erwähnten, von Freytag und Iven entwickelten Ansatzes, wonach zwei Arten der unmittelbaren Anwendbarkeit von Richtlinien bestehen. Im Santona-Fall kommt die zweite Variante zur Anwendung, nämlich dass Umweltschutz-Richtlinien für die Träger der öffentlichen Verwaltung stets schon dann und insoweit unmittelbar anzuwenden sind, als sie inhaltlich unbedingt und hinreichend bestimmt sind. Dies sei nach Freytag und Iven jedenfalls der Fall, wenn solche Richtlinien Verbote oder Beschränkungen für bestimmte Vorhaben (der öffentlichen Hand) enthalten oder die Mitgliedstaaten bzw ihre zuständigen Verwaltungsstellen zur Vornahme bestimmter Handlungen verpflichten.124 ____________________
123 124
EuGH, Rs C-96/98, Slg 1999, I-08531. Freytag/Iven (FN 115) 116.
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Diesen Ausführungen zufolge würde die unmittelbare Anwendbarkeit des Art 4 nur für öffentliche Vorhaben gelten. Obwohl in der Praxis sicherlich viele der hier relevanten Projekte Vorhaben der öffentlichen Hand125 zuzurechnen sind, drängt sich die Frage auf, wie Maßnahmen von Privatpersonen in nicht ausgewiesenen besonderen Schutzgebieten zu behandeln sind. Im bereits zitierten Ansatz von Iven trifft dieser bezugnehmend auf die Ausführungen von Freytag und Schmitz die Feststellung, dass der EuGH an keiner Stelle von einer eigenen unmittelbaren Wirkung für die Träger der öffentlichen Verwaltung gesprochen hat. Auch Gellermann126 geht im Hinblick auf die „Großkrotzenburg“-Entscheidung des EuGH davon aus, dass die unmittelbare Anwendbarkeit der Habitatschutzregeln der FFH-RL auch für Vorhaben Privater zu gelten hat. Denn im Falle „Großkrotzenburg“ bestätige der EuGH die Notwendigkeit zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung, obwohl dies zu Belastungen des privaten Vorhabensträger führen kann. Für Gellermann127 wird hiermit der Annahme eines „allgemeinen Belastungsverbots“ eine Absage erteilt; gerechtfertigt dadurch, dass ansonsten die Durchsetzung des typischerweise richtliniengestützten europäischen Umweltrechts in nicht akzeptabler Weise behindert würde. Die entscheidende Frage ist aber, wie diese unter aaa) bereits dargestellte objektive Richtlinienwirkung tatsächlich mit den Rechten Einzelner vereinbar ist. Sehr eingehend hat sich Madner128 mit dieser Problematik auseinandergesetzt. Für sie steht das Santona-Erkenntnis sowie die zitierten Entscheidungen zur UVP-RL offensichtlich in einem Spannungsverhältnis zu jenen Grundsätzen des EuGH129, wonach wegen des Sanktionscharakters der unmittelbaren Anwendbarkeit und aus Gründen der Rechtssicherheit einem einzelnen weder im Verhältnis zwischen Privaten noch gegenüber dem Staat Pflichten oder gar Strafen direkt aufgrund einer Richtlinie auferlegt werden dürfen.130 ____________________
125 Zum Begriff der „öffentlichen Hand“ siehe Eilmansberger (FN 84, 290) und im Besonderen EuGH Rs C-157/02, Slg 2004, Rz 23 ff. 126 Gellermann (FN 110) 557. 127 Gellermann (FN 25) 205 f. 128 Madner (FN 3) 57 ff. 129 EuGH Rs C-80/86, Slg 1987, 3969, Rz 9; EuGH Rs C-91/92, Slg 1994, I-3325, Rz 22; EuGH Rs C-168/95, Slg 1996, I-4719, Rz 36; EuGH Rs C-97/96, Slg 1997, I6843, Rz 24. 130 Mit der unmittelbaren Anwendbarkeit des Art 4 VSchRL werden dem Einzelnen aber zweifelsfrei Pflichten gegenüber dem Staat auferlegt.
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Sie verweist auf die Ansicht von Öhlinger/Potacs131, wonach der EuGH bislang einer Richtlinie explizit keine Verpflichtung entnommen habe, neue Genehmigungspflichten unmittelbar aufgrund der Richtlinie einzuführen.132 Ferner zieht sie einen Ansatz aus der deutschen Literatur133 heran, nach welchem die Grenzen der Reichweite der unmittelbaren Wirkung von Richtlinien, insbesondere auch in dreiseitigen Rechtsverhältnissen, unter Rückgriff auf rechtsstaatliche Prinzipien zu ermitteln sind. Madner kommt zum Ergebnis, dass durch die unmittelbare Anwendung einer Richtlinie weder im nationalen Recht begründete und verfestigte Rechtspositionen entzogen noch neue belastende Rechtsfolgen oder gar Strafen angeordnet werden dürfen.134 Dass diese Forderung mit der Großkrotzenburg-Entscheidung nicht erfüllt wird, ist offensichtlich. Die Ausdehnung der unmittelbaren Richtlinienwirkung auch auf Vorhaben privater Rechtsträger kommt zwar den Interessen des Naturschutzes zugute, allerdings ist sie rechtsstaatlich bedenklich. Auch für Madner135 ist dem EuGH mit dieser Rechtsprechung kein überzeugender Ausgleich zwischen den Anforderungen der Rechtssicherheit, des effet utile und des effektiven Rechtsschutzes Dritter gelungen. Besser geglückt erscheint eine jüngst, wiederum zur UVP-RL ergangene Entscheidung des EuGH136 betreffend die UVP-Pflicht eines Steinbruchbetriebes zu sein:137 Darin wird festgestellt, dass der Grundsatz der ____________________
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Potacs/Öhlinger (FN 85) 59 ff. Nur soweit nach innerstaatlichem Recht für die betreffenden Projekte ohnehin bereits eine Genehmigungspflicht besteht, haben die Behörden im Rahmen des Verfahrens zur Erteilung der Genehmigung die Richtlinie unmittelbar anzuwenden. 133 Royla/Lackhoff, Die innerstaatliche Beachtlichkeit von EG-Richtlinien und das Gesetzmäßigkeitsprinzip, DVBl 1998, 116; Kadelbach, Allgemeines Verwaltungsrecht unter europäischem Einfluss (1999), 82 ff. 134 Wie bereits unter aaa) erwähnt, ist auch für Eilmansberger (FN 84, 288) das Entstehen einer objektiven Richtlinienwirkung bei gleichzeitiger Aktivierung einer Privatverpflichtung ausgeschlossen. Das Bemerkenswerte an seinen Ausführungen ist jedoch, dass er von keinem allgemeinen Belastungsverbot Einzelner ausgeht. Entscheidend an seiner These ist, dass der Verlust eines richtlinienwidrig eingeräumten Rechtes oder allgemein einer Rechtsposition jedenfalls nicht als Verpflichtung iSd Dori-Judikatur, sondern nur als irrelevante Belastung anzusehen ist. Aus meiner Sicht lässt sich eine solche Differenzierung zwischen Verpflichtung und Belastung nicht begründen. In beiden Fällen wird in die Rechtsposition des Einzelnen eingegriffen. Sowohl durch die Auferlegung einer Pflicht als auch durch den Entzug bzw die Einschränkung eines Rechts wird dessen Rechtssphäre nachteilig berührt. 135 Madner (FN 3) 60. 136 EuGH Rs C-201/02, Slg 2004, Rz 56. 137 Es ging dabei um die Frage, ob sich der Einzelne auf die Bestimmungen der RL 85/ 337/EWG (FN 103) berufen könne. Nach Ansicht der betroffenen Regierung des Vereinigten Königsreichs hätte es sich um einen Fall des „inverse direct effect“ (umgekehrte unmittelbare Wirkung), in dem der betreffende Mitgliedstaat auf Antrag eines Einzelnen 132
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Rechtssicherheit der Begründung von Verpflichtungen für den Einzelnen durch Richtlinien entgegensteht. Gegenüber dem Einzelnen können die Bestimmungen einer Richtlinie nur Rechte begründen. Daher kann dieser sich nicht gegenüber einem Mitgliedstaat auf eine Richtlinie berufen, wenn es sich um eine Verpflichtung des Staates handelt, die unmittelbar in Zusammenhang mit der Erfüllung einer anderen Verpflichtung steht, die aufgrund dieser Richtlinie einem Dritten obliegt, so der EuGH. Fehlt dieser unmittelbare Zusammenhang, hat die unmittelbare Wirkung bloße negative Auswirkungen auf die Rechte Dritter und ist daher akzeptabel. Der EuGH kam im Anlassverfahren zum Ergebnis, dass sich die Nachbarin auf die Bestimmungen der UVP-RL berufen kann, auch wenn dadurch dem Steinbruchbetreiber Nachteile erwachsen. Nach welchen Kriterien die oben beschriebene Grenzlinie zu ziehen ist, lässt der Gerichtshof jedoch offen.138 Wieder zurückkommend auf die Judikatur zu Art 4 VSchRL ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Santona-Entscheidung um ein Gebiet handelt, dass für den Vogelschutz eine herausgehobene Bedeutung besitzt. Nach dem bereits zitierten Ansatz von Iven liegt hier ein Sonderfall der Reduzierung des Ermessensspielraumes der Mitgliedstaaten auf Null vor. Nach Meinung von Iven139 geht daher der EuGH in diesem Fall von der Anwendbarkeit der gebiets- und projektbezogenen Regelungen der VSchRL für das nicht ausgewiesene Schutzgebiet aus. Bezüglich der übrigen potentiellen Vogelschutzgebiete, für die keine Beurteilungsreduzierung auf Null anzunehmen ist, wird laut Iven im Santona-Urteil keine Aussage getroffen. Er folgert daraus, dass aufgrund des in diesen Fällen vorhandenen Ermessensspielraumes für diese Gebiete eine unmittelbare Wirksamkeit des Art 4 nicht in Frage kommt. Begründend führt er völlig zu Recht an, dass ansonsten der Beurteilungsspielraum der Mitgliedstaaten leer laufe und die Rechtsprechung hiezu konterkariert würde. Bei dieser Argumentation muss jedoch beachtet werden, dass die vorgeschlagene Zweiteilung der besonderen Schutzgebiete, nämlich in solche ____________________
wie der betroffenen Nachbarin verpflichtet wäre, einem anderen Einzelnen wie den Eigentümern des Steinbruchs ihre Rechte zu entziehen, gehandelt, wenn dem Einzelnen das Recht zuerkannt würde, sich auf die einschlägigen Bestimmungen der UVP-RL zu berufen. 138 Jarass/Beljin (FN 84, 728 ff ) nehmen hier eine Differenzierung in Direktbelastungen und verwaltungsvermittelte Belastungen vor. Bei ersteren kommt die unmittelbare Wirkung von Richtlinien nicht in Frage. Wenn hingegen nach dem Konzept der Richtlinie die Pflicht des Bürgers erst die Folge eines Verwaltungsverfahrens ist, die Verpflichtung im Zuge eines Verwaltungsverfahrens oder als Ergebnis einer Verwaltungsentscheidung entstehen soll, dann ist eine unmittelbare Wirkung möglich. 139 Iven (FN 55) 380.
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mit und ohne Ermessensspielraum bei der Gebietsauswahl, auf fachlicher Ebene und in wertender Betrachtung der maßgeblichen Umstände des Einzelfalles stattfindet. Dies hat zur Konsequenz, dass man bei der Frage der unmittelbaren Anwendbarkeit des Art 4 Abs 4 für ein potentielles Schutzgebiet zuvor klären muss, ob es sich um ein Gebiet mit herausgehobener Bedeutung und somit um den Fall der Ermessensreduzierung auf Null handelt oder nicht. Christl140 meint in diesem Zusammenhang, dass die Meinung Ivens insofern konsequent sei, als einer Richtlinienbestimmung nach der Rechtsprechung des EuGH nur dann unmittelbare Wirkung zukommt, wenn sie inhaltlich unbedingt formuliert ist. Im vorliegenden Fall handle es sich jedoch um eine inhaltlich bedingte Richtlinienbestimmung, weil den Mitgliedstaaten bei der Gebietsauswahl durch die Formulierung „zahlenund flächenmäßig geeignetsten Gebiete“ ein Ermessensspielraum eingeräumt ist. Ein Fall der Unbedingtheit würde nur dann vorliegen, wenn ein Gebiet von außerordentlicher ornithologischer Bedeutung vorliegt und daher nach der Theorie Ivans der Ermessensspielraum der Mitgliedstaaten auf Null reduziert ist. Andererseits lasse sich nach Christl aus dem Santona-Urteil nicht ableiten, dass im Rahmen des Art 4 Abs 1 zwischen Gebieten von herausgehobener ornithologischer Bedeutung und sonstigen potentiellen Vogelschutzgebieten mit jeweils unterschiedlichen Rechtsfolgen hätte unterschieden werden sollen. Christl nennt die Santona-Entscheidung auch „zweckmäßig orientiert“. Damit meint sie wohl, dass der EuGH mit dieser Entscheidung eine möglichst effektive Durchsetzung der Verpflichtungen in der VSchRL durchsetzen wollte. Auch die Ausführungen in der Begründung dieser Entscheidung gehen in diese Richtung. Die üblichen, vom EuGH entwickelten und voranstehend ausführlich dargelegten Voraussetzungen für die unmittelbare Geltung von Richtlinienbestimmungen, wie etwa die Unbedingtheit einer Regelung, blieben bei der Santona-Entscheidung im Hintergrund. Die Frage des individualschützenden Charakters des Art 4 wurde erst gar nicht erwähnt. Man kann somit Christl nur zustimmen, wenn sie von einer „zweckorientierten“ Entscheidung des EuGH spricht. Das Problem des individualschützenden Charakters von Umweltrichtlinien wurde vom EuGH im Zusammenhang mit der VSchRL nicht thematisiert. In der bereits mehrfach zitierten „Großkrotzenburg“-Entscheidung im Jahre 1995 zur UVPRL setzte sich der EuGH hingegen mit dieser Fragestellung auseinander. ____________________
140
Christl (FN 3) 33.
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Bei der oben zitierten Entscheidung gegen Frankreich aus dem Jahre 1999 bestreitet die französische Regierung nicht, dass die Fläche der im Sumpfgebiet des Poitou als besondere Schutzgebiete ausgewiesenen Gebiete dem Art 4 der VSchRL nicht genügt.141 Die französische Regierung beabsichtigt sogar, demnächst zusätzlich die Einstufung von 15.000 Hektar, die sowohl nach ornithologischen Maßstäben als auch in funktioneller Hinsicht relevant seien, als besonderes Schutzgebiet anzuzeigen. In diesem Fall sind sich daher beide Seiten einig, dass diese Bereiche des Sumpfgebietes aufgrund ihrer außerordentlichen hohen ornithologischen Relevanz auf gemeinschaftlicher und internationaler Ebene als besonderes Schutzgebiet auszuweisen sind. Das Gebiet umfasst verschiedene natürliche Lebensräume, die sich für die Erhaltung von vielen der in Anhang I der VSchRL aufgeführten Vogelarten sowie einer großen Anzahl von Zugvogelarten eignen. Obwohl das betreffende Gebiet nicht in die Liste der international bedeutsamen Feuchtgebiete des Ramsar Übereinkommens aufgenommen ist, wird entsprechend dem Ansatz von Iven davon auszugehen sein, dass hier aufgrund der herausgehobenen ornithologischen Bedeutung ebenfalls der Fall einer Beurteilungsreduzierung auf Null vorgelegen ist und somit die Anwendung des Art 4 Abs 4 trotz der Nichtausweisung zum besonderen Schutzgebiet gerechtfertigt erscheint. Allerdings blieb auch nach Vorliegen der „Großkrotzenburg“-Entscheidung wiederum die Frage nach dem individualschützenden Charakter des Art 4 unerwähnt. Dabei wäre ein Verweis auf die Entscheidung zur UVP-RL nahe liegend gewesen. Im Jahre 1995 wurde erstmals ein österreichisches Höchstgericht mit der Frage der unmittelbaren Anwendbarkeit der VSchRL und FFH-RL befasst. Im gegenständlichen Fall vor dem VwGH142 ging es um die nicht gewährte Fristverlängerung einer naturschutzbehördlichen Bewilligung für einen Straßenabschnitt in der Steiermark. Die Fristverlängerung wurde von der Naturschutzbehörde ua aufgrund der Änderung der Rechtslage („geltenden und zu berücksichtigenden EU-Gemeinschaftsrecht“) abgewiesen. Der VwGH hat den angefochtenen Bescheid allerdings wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Nach Ansicht des VwGH konnte die belangte Behörde nicht darlegen, dass die „Erteilung der Bewilligung in der Zwischenzeit unzulässig geworden“ wäre. Der VwGH zitierte zwar die Santona-Entscheidung, leitete daraus aber keine unmittelbare ____________________
141 142
EuGH, Rs C-96/98, Slg 1999, I-08531, Rz 15. VwGH 23.10.1995, 95/10/0108.
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Anwendbarkeit des Art 4 VSchRL ab.143 Zudem ging der VwGH fälschlicherweise davon aus, dass für das betroffene potentielle Vogelschutzgebiet Art 6 Abs 4 FFH-RL anzuwenden ist144 und dieser eben keine Regelung enthalte, die eine Bewilligung ausnahmslos untersage. Der VwGH kam zum Ergebnis, dass das Gemeinschaftsrecht keine Vorschrift enthalte, die einen bei der Entscheidung über die Fristverlängerung zu beachtenden Versagungsgrund darstelle. Feik145 bezeichnet diese Schlussfolgerung zu Recht als verfehlt, weil nach § 21 Abs 3 Steiermärkisches Naturschutzgesetz146 iVm Art 4 VSchRL die Fristverlängerung zu versagen ist, solange nicht ökologische Kompensationsmaßnahmen erbracht werden. Die Änderung der Rechtslage stellt sehr wohl einen zu beachtenden Versagungsgrund für die beantragte Fristverlängerung dar. Vor allem wenn davon auszugehen ist, dass das Vorhaben in der seinerzeit genehmigten Form nach der neuen Rechtslage nicht bewilligungsfähig ist. Auch wird von Feik richtigerweise angemerkt, dass nicht das Gemeinschaftsrecht Versagungsgründe im Sinne von § 21 Stmk Naturschutzgesetz normieren muss, sondern dass das Stmk Naturschutzgesetz dem Gemeinschaftsrecht entsprechen muss. Wiederum mit der unmittelbaren Anwendbarkeit der VSchRL (und FFH-RL) war der VwGH sieben Jahre später in der bereits zitierten Entscheidung zu einer Golfplatzerweiterung im steirischen Ennstal befasst.147 Bezugnehmend auf die Judikatur des EuGH ging der VwGH davon aus, dass aus Art 4 VSchRL eine Pflicht der in einem Genehmigungsverfahren angerufenen Verwaltungsbehörde bzw des Gerichts abzuleiten ist, zu ermitteln, ob ein von einem Vorhaben betroffenes Gebiet die Merkmale eines „faktischen“ Vogelschutzgebietes aufweist, und gegebenenfalls auch ohne formelle Ausweisung eines besonderen Schutzgebietes durch die zuständige Stelle des Mitgliedstaates die auf die Vermeidung von Be____________________
143 Die Bestimmungen der FFH-RL waren zum damaligen Zeitpunkt noch nicht anwendbar, weil die im Art 4 FFH-RL vorgesehenen Fristen noch nicht abgelaufen waren. Siehe dazu näheres unter B. 144 Siehe dazu die unter gg) näher erläuterte Entscheidung des EuGH (Rs C-374/98). Zu beachten ist klarerweise, dass die Entscheidung des EuGH vom 7. Dezember 2000 stammt und daher dem VwGH noch nicht bekannt war. 145 Feik (FN 14) 8. 146 § 21 Abs 3 stmk NSchG regelt die Fristverlängerung von Bewilligungen. Solche sind auf Antrag um höchstens zwei Jahre zu verlängern, wenn ihr Inhaber glaubhaft macht, dass er an der rechtzeitigen Vollendung des Vorhabens oder am Gebrauch der Bewilligung ohne sein Verschulden verhindert war und wenn in der Zwischenzeit die Erteilung einer Bewilligung nicht unzulässig geworden ist. 147 VwGH 27.6.2002, 99/10/0159.
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einträchtigungen abzielenden Regelungen des Art 4 Abs 4 VSchRL anzuwenden. Nach Ansicht des VwGH ist dabei nicht nur gegenüber Vorhaben der „öffentlichen Hand“ sondern auch gegenüber Vorhaben von „Privaten“ mit der Untersagung der Ausführung eines („schutzgebietsrelevanten“) Vorhabens vorzugehen. Der in Prüfung stehende (genehmigende) Bescheid der steiermärkischen Landesregierung wurde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften148 aufgehoben.149 Dabei wurden vor allem Begründungsdefizite gerügt. So wurde beispielsweise den Begründungsanforderungen im Hinblick auf die Frage der Anwendbarkeit von Richtlinien nicht ausreichend entsprochen. Der VwGH verweist dabei ua auf sein Erkenntnis vom 21. 6. 1999, 97/17/0501, wonach zum maßgeblichen Sachverhalt für eine Entscheidung im Verwaltungsverfahren auch jene Umstände gehören, die die Beurteilung der Gemeinschaftsrechtskonformität der innerstaatlichen Regelung ermöglichen. Im Falle der Umsetzung von Gemeinschaftsrecht durch innerstaatliche generelle Normen hat die Behörde bei der Setzung individueller Rechtsakte im Hinblick auf den Grundsatz des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts auch festzustellen, inwieweit die innerstaatliche Regelung zur Anwendung kommen kann oder aber eine Gemeinschaftsrechtsvorschrift unmittelbar anzuwenden ist. Im konkreten Fall glaubte die Steiermärkische Landesregierung, Anhaltspunkte für die Anwendbarkeit der VSch- und FFH-RL erkennen zu können. Die Behörde hatte sich daher im Ermittlungsverfahren mit der Frage zu beschäftigen, ob Auswirkungen des Vorhabens auf ein Gebiet vorliegen, das die tatsächlichen Voraussetzungen der Ausweisung eines Vogelschutzgebietes nach Art 4 Abs 1 oder 2 VSchRL erfüllt.150 Nach Ansicht des VwGH konnte aufgrund der Bescheidbegründung nicht annähernd beantwortet werden, ob diese Voraussetzungen im Beschwerdefall vorliegen, denn eigenständige Sachverhaltsdarstellungen fehlen im angefochtenen Bescheid zur Gänze. ____________________
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§ 42 Abs 2 Z 3 VwGG. In der Begründung wird angemerkt, dass dem Erkenntnis vom 23. Oktober 1995, 95/10/0108 insoweit keine abschließende Aussage zu entnehmen ist, als diesem eine andere Konstellation, nämlich die Frage der Bedachtnahme auf das Schutzregime der VSchund FFH-RL im Zusammenhang mit der Verlängerung der Ausführungsfrist für eine naturschutzbehördliche Bewilligung, die vor dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union erteilt worden war, zu Grunde lag. 150 Dies ist nach der Rechtsprechung des EuGH in Ansehnung jener Gebiete der Fall, die unter Bedachtnahme auf die hiefür maßgebenden Kriterien für die Erhaltung der geschützten Arten zahlen- und flächenmäßig am besten geeignet sind. 149
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ccc) Zusammenfassung Die gegenständlichen Ausführungen zeigen die Komplexität der aufgeworfenen Frage. Als schwierig erweist sich ua die Vereinbarkeit der in Zusammenhang mit Umweltschutzrichtlinien zur Anwendung kommenden objektiven Richtlinienwirkung mit den Rechten Einzelner. So ist der Eintritt der Bindungswirkung einer Richtlinienvorschrift grundsätzlich dann ausgeschlossen, wenn dadurch eine in der Richtlinie für Private normierte Verpflichtung wirksam werden würde. Eine durch die objektive Richtlinienwirkung ausgelöste Verpflichtung des Staates darf somit nicht dazu führen, dass eine Verpflichtung für Private entsteht.151 Insoweit ist die voranstehend dargelegte Judikatur des EuGH zur UVP-RL auch auf das Schutzregime des Art 4 VSchRL (und Art 6 Abs 2 bis 4 FFH-RL) übertragbar. Ein wesentlicher, regelungstechnischer Unterschied zwischen der UVP-RL auf der einen und der VSchRL (und auch FFH-RL) auf der anderen Seite besteht aber darin, dass die UVP-Pflichtigkeit eines Vorhabens davon abhängt, ob dieses im Anhang zur UVP-RL aufscheint, während die Prüfpflicht nach der VSchRL (und auch FFH-RL) grundsätzlich voraussetzt, dass die vom verfahrensgegenständlichen Vorhaben betroffene Fläche als Schutzgebiet ausgewiesen ist. Im Hinblick auf die unmittelbare Wirkung der Richtlinien besteht im Falle der VSchRL (und auch FFHRL) die Säumigkeit des Mitgliedstaates nicht nur in der fehlenden legistischen Umsetzung sondern auch auf der Vollzugsebene, nämlich der Nichtausweisung der Schutzgebiete. Und auf dieses spezifische Umsetzungsdefizit nehmen die Leitjudikate zur unmittelbaren Richtlinienwirkung klarerweise nicht Bezug. Dieser Unterschied mag mit dazu beigetragen haben, dass die allgemeinen Grundsätze zur Direktwirkung von Richtlinien in den Leitentscheidungen zu Art 4 VSchRL nur sehr begrenzt zur Anwendung kamen. Abschließend ist an dieser Stelle vorauszuschicken, dass – wie die Ausführungen im Kapitel C. zeigen – mit der in einzelne Phasen gegliederten Schutzgebietsausweisung der FFH-RL eine weitere Besonderheit hinzutritt und damit zusätzliche Fragen aufgeworfen werden. ff) Umfang und Inhalt des Schutzregimes nach Art 4 VSchRL Wie bereits mehrfach erwähnt, stellen die Gebietsschutzbestimmungen des Art 4 einen wesentlichen Kernbereich der VSchRL dar. Die nachstehenden Ausführungen sollen den wesentlichen Umfang und Inhalt dieses Schutzregimes wiedergeben. ____________________
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Eilmansberger (FN 84) 288.
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Nach Art 4 Abs 4 Satz 1 treffen die Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen, um die Verschmutzung oder Beeinträchtigung der Lebensräume sowie die Belästigung der Vögel, sofern sie sich auf die Zielsetzungen dieser Bestimmung erheblich auswirken, in den Absätzen 1 und 2 genannten Schutzgebieten zu vermeiden. Auf Basis dieser Formulierung ist zu beurteilen, ob und gegebenenfalls in welchem Ausmaß Vorhaben in einem besonderen Schutzgebiet verwirklicht werden können. Bevor auf die näheren Details zum Schutzstandard eingegangen wird, kann bereits vorausgeschickt werden, dass der EuGH bei Eingriffen in Vogelschutzgebiete einen besonders strengen Maßstab anlegt. Ähnlich wie bei den bisherigen Ausführungen zur VSchRL hat auch hier der EuGH sehr wesentlich zur Auslegung und Entwicklung des Schutzregimes des Art 4 beigetragen. Neben der bereits mehrfach zitierten Santona-Entscheidung ist zur Beschreibung des Schutzstandards in den Vogelschutzgebieten vor allem das Urteil „Leybucht“, das älteste aus dem Triumvirat152 der Leitentscheidungen zur VSchRL, heranzuziehen. Im Rahmen der Leybucht-Entscheidung hat der EuGH festgestellt, dass für die besonderen Schutzgebiete ein grundsätzliches Verkleinerungsverbot besteht. Ausnahmen von diesem Verbot sind nur aus Gründen des Schutzes von Leben und Gesundheit von Menschen sowie zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit zulässig. Besonders zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang, dass wirtschaftliche und soziale Zielsetzungen Ausnahmen vom Verkleinerungs- bzw Beeinträchtigungsverbot nicht rechtfertigen.153 Des Weiteren ist für die Anerkennung der außerordentlichen Gründe erforderlich, dass sich die entsprechenden Maßnahmen auf das „Allernotwendigste“ beschränken und die „geringstmögliche Verkleinerung“ des besonderen Schutzgebietes bewirken.154 Als zweite Ausnahme vom Verkleinerungsverbot kommt die Möglichkeit von ökologischen Kompensationen in Frage. Der EuGH führte aus, dass die Mitgliedstaaten zwar über einen gewissen Beurteilungsspielraum verfügen, wenn sie gemäß Art 4 Abs 1 VSchRL die für eine Erklärung zu besonderen Schutzgebieten geeignetsten Gebiete bestimmen, ihnen der gleiche Beurteilungsspielraum jedoch nicht zusteht, wenn sie derartige Gebiete, in denen die geeignetsten Le____________________
152 EuGH Rs C-57/89 (Leybucht), EuGH Rs C-355/90 (Santona) und EuGH Rs C44/95 (Lappel-Bank). 153 Dies, obwohl Generalanwalt van Gerven in seinen Schlussanträgen im Leybuchtfall mit dem ausdrücklichen Hinweis auf einen Entwurf zur FFH-Richtlinie auch Eingriffe aus wirtschaftlichen Erwägungen im Sinne des Art 2 nicht von vorhinein als Rechtfertigungsgrund ausschließen wollte. 154 Winter, Der Säbelschnäbler als Teil fürs Ganze, NuR 1992, 22.
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bensverhältnisse für die in Anhang I aufgeführten Arten bestehen, flächenmäßig ändern oder verkleinern wollen. Würde dies nämlich zulässig sein, so könnten sich die Mitgliedstaaten einseitig ihren Verpflichtungen aus Art 4 Abs 4 entziehen. Weiters wird argumentiert, dass die Auslegung dieser Bestimmung durch die neunte Begründungserwägung der Richtlinie gedeckt ist. In dieser wird die große Bedeutung hervorgehoben, die die Richtlinie den besonderen Maßnahmen zur Erhaltung des Lebensraums der in Anhang I angeführten Vögel beimisst, um den Fortbestand und die Fortpflanzung dieser Vögel in ihrem Verbreitungsgebiet zu gewährleisten. Daraus folgt, dass die Mitgliedstaaten ein besonderes Schutzgebiet nur dann flächenmäßig verkleinern dürfen, wenn hiefür außerordentliche Gründe vorliegen. Im Fall Leybucht ging es um einen Teil des deutschen Nationalparks „Niedersächsisches Wattenmeer“. Dieses Gebiet wurde aufgrund des Vorkommens verschiedener Vogelarten des Anhangs I als besonderes Schutzgebiet nach Art 4 Abs 1 ausgewiesen. In diesem Vogelschutzgebiet waren Küstenschutzmaßnahmen geplant bzw wurden solche schon seit 1986 durchgeführt.155 Die Kommission trug vor, dass diese Maßnahmen die nach Art 4 Abs 1 iVm Anhang I der Richtlinie unter besonderen Schutz gestellten Vögel belästigen und ihren zu einem besonderen Schutzgebiet erklärten Lebensraum beeinträchtigen. Art 4 Abs 4 Satz 1 der Richtlinie verlange positive Schutzmaßnahmen und lasse Beeinträchtigungen oder Verschmutzungen dieser Lebensräume bei der Verwaltung eines besonderen Schutzgebietes nicht zu. Im Ergebnis wurden die Eindeichungsmaßnahmen in der Leybucht vom EuGH aber als gerechtfertigt erachtet, weil sie zur Abwehr der Überschwemmungsgefahr und dem Küstenschutz dienen. Der Eingriff fand hier Anerkennung, weil der Ausnahmefall der Gefährdung von Menschenleben vorlag, freilich unter der Bedingung, dass es sich um den geringstmöglichen Eingriff handelt. Im Leybucht-Urteil kam darüber hinaus auch die zweite Ausnahme vom Verkleinerungsverbot zur Anwendung, nämlich die Möglichkeit der ökologischen Kompensation. Damit ist gemeint, dass eine Maßnahme nicht bloß einen Eingriff darstellt, sondern gleichzeitig auch konkrete positive Auswirkungen auf die Lebensräume der Vögel hat. Im gegenständlichen Fall ging man davon aus, dass nach Abschluss der Bauarbeiten zwei Schifffahrtswege durch die Leybucht stillgelegt werden können, sodass in diesem Gebiet völlige Ruhe einkehren kann. Zudem sah der Planfeststellungsbeschluss strenge Schutzvorschriften für das Ley____________________
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Mauerhofer (FN 7) 273.
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hörngebiet vor. Als weiterer positiver Aspekt wurde angeführt, dass der Deich, der zuvor den Bereich der Hauener Hooge geschützt hat, geöffnet werde. Mit dieser Öffnung wird eine große Fläche erneut dem Einfluss der Gezeiten ausgesetzt, wodurch sich ökologisch hochwertige Salzwiesen bilden können. Mit der Möglichkeit der ökologischen Kompensation als Ausnahme vom grundsätzlichen Verkleinerungsverbot hat sich Winter156 im Rahmen seiner Ausführungen über das Leybucht- Erkenntnis auseinandergesetzt. Einleitend weist er auf die vom EuGH gestellten hohen Anforderungen hin, wobei ein maßgeblicher Aspekt darin besteht, dass die Kompensation „in natura“ und nicht „in cash“ zu erfolgen hat. Ferner betont Winter, dass mit Kompensation nicht der übliche Ausgleichsfall gemeint ist, wo für einen Eingriff an anderer Stelle die „Natur“ irgendwie intensiviert wird. Diese Ausnahme vom Verkleinerungsverbot ist dahingehend zu verstehen, dass rein ökologisch eine Verbesserung eingetreten sein muss, wobei die ökologische Kompensation nicht nur Reparaturcharakter haben darf, sondern ein Motiv und Ziel der Maßnahme sein muss.157 Interessant ist ferner der letzte Absatz der Entscheidungsgründe im Leybucht-Urteil: Darin findet sich die Aussage, dass die Beeinträchtigungen, die durch die Bauarbeiten selbst hervorgerufen werden, nicht das für ihre Durchführung notwendige Maß überschreiten. Aus den Unterlagen über die Zahl der Säbelschnäbler in diesem Sektor des Wattenmeers geht außerdem hervor, dass im betreffenden Zeitraum bei dieser Vogelart keine erhebliche Bestandsänderung im Sinne von Art 4 Abs 4 der Richtlinie ____________________
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Winter (FN 154) 22. Interessant ist ein Vergleich mit ähnlichen, im Detail aber doch sehr unterschiedlichen, nationalen Regelungen im Salzburger Naturschutzgesetz, LGBl Nr 73/1999 idF der Novelle 2001, LGBl Nr 1/2002. Dieses kennt zwei Varianten der Kompensation von Eingriffen, die über das ursprünglich bewilligungsfähige Maß hinausgehen, nämlich die Vorschreibung von Ersatzleistungen und von Ausgleichsmaßnahmen, geregelt in den §§ 3a und 51. Die beiden Varianten haben gemeinsam, dass sie zur Anwendung kommen, wenn der mit den zu bewilligenden Maßnahmen verbundene Eingriff das bewilligungsfähige Maß überschreitet. Wesentlich ist im gegenständlichen Zusammenhang, dass die Ersatzleistung und die Ausgleichsmaßnahme getrennt von der zu bewilligenden Maßnahme zu setzen sind. Für den durch das bewilligte Vorhaben verursachten Eingriff wird somit an anderer Stelle eine positive Maßnahme für den Naturschutz getätigt. Hinsichtlich der räumlichen Nähe zum Eingriff gibt § 51 vor, dass die Ausgleichsmaßnahme im betroffenen oder einem unmittelbar benachbarten Landschaftsraum liegen muss. § 3a fordert diesbezüglich eine unmittelbar räumliche Nähe zum Eingriffsort. Während Ausgleichsmaßnahmen nur „in natura“ möglich sind, kann eine Ersatzleistung unter bestimmten Umständen auch in Form eines Geldbetrages vorgeschrieben werden. 157
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eingetreten ist. Darüber hinaus hat die Kommission keine weiteren Angaben zur Bestandsentwicklung der geschützten Vogelarten gemacht. Der EuGH hat offensichtlich die mit dem Vorhaben verbundene räumliche Verkleinerung des Schutzgebietes getrennt von den „übrigen Auswirkungen“ des Vorhabens geprüft. Hinsichtlich dieser „übrigen Auswirkungen“ hat sich der EuGH zudem – wie oben ersichtlich – auf den Eingriff während der Bauphase beschränkt. Auch Winter158 stellt diesbezüglich fest, dass das Leybucht-Urteil über die Erhaltungspflichten, die Art 4 Abs 4 jenseits der räumlichen Verkleinerung des Gebietes statuiert, keine Aussage enthält. Erwähnenswert sind in diesem Zusammenhang jedoch Ausführungen des Generalanwalts. Dieser meint hinsichtlich der Berücksichtigung der in Art 2 genannten wirtschaftlichen und freizeitbezogenen Belange, dass für die Erhaltung nicht anderes gelten könne als für die Verkleinerung von Schutzgebieten. Winter schließt daraus, dass beispielsweise belästigende Maßnahmen nur dann zulässig sind, wenn sie das für ihre Durchführung notwendige Maß nicht überschreiten. Auch dürfen solche Maßnahmen nicht zu einer erheblichen Bestandsminderung bei den Anhang I Arten führen. In seiner Formulierung verwendet Winter auch das Wort „erheblich“, dem meines Erachtens in der gegenständlichen Fragestellung besondere Bedeutung zukommt. Denn auch der Richtlinientext des Art 4 Abs 4 spricht von der Verschmutzung oder der Beeinträchtigung der Lebensräume sowie der Belästigung der Vögel, sofern sich diese auf die Zielsetzungen der Richtlinie erheblich auswirken. In Rz 34 des Schlussvortrages im Leybucht-Fall hat der Generalanwalt die Auffassung des britischen Prozessbevollmächtigten zurückgewiesen, wonach für das Vorliegen der Erheblichkeit eine Gefahr für das Überleben und die Vermehrung der Anhang I Arten nachweisbar sein müsse. Andererseits stellt der Generalanwalt fest, dass die Kommission zu weit gehe, wenn sie jede Beeinträchtigung ausschließen wolle. Van Gerven geht davon aus, dass die Bedingungen zu bewahren sind, die für das Leben und die Reproduktion der Vögel am besten angepasst sind. Dies schließe aber nicht unter allen Umständen jede Verschmutzung, Beeinträchtigung oder Störung aus. Diese Auffassung ist zweifelsfrei zutreffend. Würde jede Verschmutzung, Beeinträchtigung oder Störung bereits die Toleranzgrenze überschreiten, bliebe die Wortfolge „sofern sich diese auf die Zielsetzungen dieser Richtlinie erheblich auswirken“ gänzlich unberücksichtigt. ____________________
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Winter (FN 154) 23.
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Nach der Rechtsprechung des EuGH ist hinsichtlich der Verkleinerung eines Schutzgebietes eine Prüfung der Erheblichkeitsschwelle nicht vorgesehen. Ob die Verkleinerung eines besonderen Schutzgebietes zulässig ist, richtet nur nach den beiden Ausnahmemöglichkeiten, nämlich dem Vorliegen außerordentlicher Gründe oder der ökologischen Kompensation durch die zu genehmigende Maßnahme. Wie groß hingegen die Gebietsverkleinerung ist, bleibt in diesem Fall unberücksichtigt. Auch scheint die ökologische Wertigkeit des verloren gehenden Gebietes für die Frage der Zulässigkeit nicht relevant zu sein. Christl159 erwähnt in ihren Ausführungen zur Verkleinerung einmal ausgewiesener Schutzgebiete die Ansicht des EuGH, dass Art 4 Gebietsverkleinerungen zwar nicht ausdrücklich aber doch implizit regle, denn die Mitgliedstaaten würden durch das Verkleinern eines Gebietes die in Art 4 enthaltene Pflicht zu aktiven Maßnahmen in den Schutzgebieten unterlaufen. Dieser vom EuGH vertretenen Ansicht ist zweifelsfrei zuzustimmen. Die restriktive Haltung des EuGH hinsichtlich Schutzgebietsverkleinerungen ist grundsätzlich zu befürworten. Zu hinterfragen ist allerdings die Differenzierung in der Beurteilung zwischen Gebietsverkleinerung und den in Art 4 Abs 4 normierten Eingriffen wie der Beeinträchtigung oder Verschmutzung von Lebensräumen sowie der Störung der Vögel. In der Regel ist mit baulichen Maßnahmen und insbesondere im Falle der Errichtung von Anlagen eine Inanspruchnahme von Flächen verbunden. Klarerweise geht durch die Verbauung einer Grünfläche ein Teil des Schutzgebietes verloren. Nach dem Bau einer Straße durch ein Sumpfgebiet existiert auf der Trasse keine Sumpflandschaft mehr. Neben der räumlichen Flächeninanspruchnahme können von der errichteten Straße weitere Verschmutzungen und Beeinträchtigungen bzw Störungen ausgehen. Systematisch bzw hinsichtlich der Prüfungsabfolge wäre es konsequent, sämtliche Auswirkungen des beantragten Vorhabens im Schutzgebiet auf ihre Erheblichkeit hinsichtlich der Erhaltungsziele zu prüfen. Daher ist es nicht nachvollziehbar, wieso die Flächeninanspruchnahme getrennt von den „übrigen“ Auswirkungen und vor allem nach anderen Kriterien geprüft werden soll. Die Inanspruchnahme von Schutzgebietsflächen kann als Beeinträchtigung des Lebensraumes gewertet werden. Die Prüfung der Gebietsverkleinerung auf ihre Erheblichkeit wäre daher auch vom Wortlaut des Art 4 Abs 4 gedeckt. Anderes würde gelten, wenn in einem Mitgliedstaat ein Großprojekt geplant ist, welches ein besonderes Schutzgebiet berührt, und im Vorfeld ____________________
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Christl (FN 3) 24.
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die Schutzgebietsgrenzen so abgeändert würden, dass das Vorhaben gänzlich außerhalb liegt und somit eine Prüfung nach Art 4 Abs 4 überhaupt entfällt. In einem solchen Fall ist es angebracht von einem generellen Verkleinerungsverbot auszugehen, somit auf die Erheblichkeitsprüfung zu verzichten und sofort zu Interessensabwägung bzw zur Prüfung der ökologischen Kompensation zu kommen. Denn die „vorsorgliche“ Abänderung der Schutzgebietsgrenzen hätte das Ziel, das Schutzregime des Art 4 Abs 4 zu umgehen. Eine solche Vorgehensweise ist allerdings nicht jenen Gebietsverkleinerungen gleichzusetzen, die infolge einer „flächenbeanspruchenden“ Maßnahme eintreten. Diese beiden Fälle müssen klar unterschieden werden. Relativiert wird die Bedeutung der Auslegungsvarianten des Art 4 Abs 4 VSchRL durch Art 7 FFH-RL, der unter der nachstehenden Überschrift erläutert wird. gg) Der Wechsel des Schutzregimes aufgrund Art 7 FFH-RL Neben Art 3160 FFH-RL nimmt auch Art 7 leg cit Bezug auf die VSchRL. Dieser legt fest, dass für die nach Art 4 Abs 1 VSchRL zu besonderen Schutzgebieten erklärten oder nach Art 4 Abs 2 VSchRL als solche anerkannten Gebiete die Verpflichtungen nach Art 6 Abs 2 bis 4 der FFH-RL ab dem Datum der Anwendung der FFH-RL bzw ab dem Datum, zudem das betreffende Gebiet von einem Mitgliedstaat entsprechend der VSchRL zum besonderen Schutzgebiet erklärt oder als solches anerkannt wird, an die Stelle der Pflichten, die sich aus Art 4 Abs 4 der VSchRL, treten. Vereinfacht ausgedrückt: Das oben ausführlich erläuterte Schutzregime des Art 4 Abs 4 VSchRL wird durch die Bestimmungen des Art 6 Abs 2 bis 4 FFH-RL ersetzt. Auf den genauen Inhalt des Art 6 FFH-RL wird im Zuge der Ausführungen zur FFH-RL eingegangen. An dieser Stelle sind jedoch zwei wichtige Fragen bezüglich der Vogelschutzgebiete und der Anwendung des Art 6 FFH-RL zu behandeln: – Gelten die Vögel der VSchRL als prioritäre Arten im Sinne der FFHRL? – Welches Schutzregime ist auf potentielle Vogelschutzgebiete anzuwenden? ____________________
160 Nach Art 3 Abs 1 FFH-RL umfasst das Netz Natura 2000 auch die von den Mitgliedstaaten aufgrund der VSchRL ausgewiesenen besonderen Schutzgebiete.
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Vögel als prioritäre Arten? Die Klärung dieser Frage ist deshalb von entscheidender Relevanz, weil sie unmittelbare Auswirkungen auf die Anwendung der beiden unterschiedlich strengen Schutzmaßstäbe in Art 6 Abs 4 FFH-RL hat. So können bei der Interessensabwägung nach Art 6 Abs 4 UAbs 1 auch soziale und wirtschaftliche Aspekte berücksichtigt werden, während im für prioritäre Lebensräume und Arten geltenden UAbs 2 des Art 6 Abs 4 nur Erwägungen im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen und der öffentlichen Sicherheit oder im Zusammenhang mit maßgeblichen günstigen Auswirkungen für die Umwelt oder, nach Stellungnahme der Kommission, andere zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses, Berücksichtigung finden.161 Prioritäre Arten unterliegen folglich im Ergebnis einem strengeren Schutzregime.162 Grundsätzlich ist zu dieser Thematik festzuhalten, dass die Richtliniendefinition der prioritären Arten gemäß Art 1 lit h FFH-RL auf die in Anhang II FFH-RL mit Sternchen gekennzeichneten Arten verweist und in diesem Anhang keine Vogelarten angeführt sind. Rödiger-Vorwerk163 erwähnt, dass die FFH-RL als Ergänzung zur VSchRL konzipiert ist. Sie knüpft daher an die Tatbestandvoraussetzungen der VSchRL für die Auswahl der Schutzgebiete an. Folglich umfasst der Anhang II der FFH-RL keine Vogelarten, für deren Erhaltung besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen. Diese Argumentation ließe die Ansicht zu, dass es auch ohne mit Sternchen versehene prioritären Arten geben kann. Die Kommission164 vertritt in dieser Frage hingegen die Meinung, dass es keine prioritären Vogelarten gibt. In Bezug auf Vögel sei daher in jedem Fall allein Art 6 Abs 4 UAbs 1 einschlägig. Das Beteiligungsverfahren ist nach Auffassung der Kommission in Bezug auf Vogelschutzgebiete gleichwohl immer dann einzuhalten, wenn in einem Vogelschutzgebiet ein prioritärer Lebensraumtyp im Sinne des Anhangs I oder eine prioritäre Art im Sinne des Anhangs II der FFH-RL betroffen ist. ____________________
161 Auf die näheren Details zu Art 6 Abs 4 FFH-RL und insbesondere der darin geregelten vermeintlichen Ausweitung des Spektrums der Gründe („Verwässerung des LeybuchtStandards“), die eine Beeinträchtigung eines besonderen Schutzgebietes rechtfertigen können, wird unter C. näher eingegangen. 162 Unter C.3.c)dd) finden sich nähere Erläuterungen zur Unterscheidung zwischen prioritären und nicht prioritären Gebieten im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung nach Art 6 Abs 3 und 4. 163 Rödiger-Vorwerk (FN 62) 21. 164 Antwortschreiben der Kommission auf die schriftliche Anfrage P-0755/96, ABl EG 1996, C 280, 74.
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Diese Auffassung der Kommission wird im deutschen Schrifttum durchwegs abgelehnt. Begründet wird diese Ablehnung ua mit der ähnlichen Regelungssystematik zwischen der FFH-RL und der VSchRL. Gellermann165 führt ins Treffen, dass auch die VSchRL verschiedene Kategorien von Vogelarten aufweist. So gibt es neben den von Art 4 Abs 1 und 2 erfassten Vögel noch die sonstigen Vogelarten, die im europäischen Gebiet der Mitgliedstaaten heimisch sind.166 Dabei wird der Kreis ernstlich bedrohter Arten nochmals unterteilt, indem die Richtlinie zwischen Zugvogelarten gemäß Art 4 Abs 2 und den in Anhang I der VSchRL genannten Vogelarten differenziert. Nach Gellermann legt dieser Unterscheidung nahe, dass die Anhang I Vogelarten als prioritär zu begreifen sind. Weiters wird argumentiert,167 dass Art 7 FFH-RL für ausgewiesene Vogelschutzgebiete das Regime des Art 6 Abs 2 bis 4 und somit auch die Bestimmung des Art 6 Abs 4 UAbs 2 für anwendbar erklärt. Diesem Argument ist entgegenzuhalten, dass der Abs 4 des Art 6 zwei verschiedene Schutzregime unterscheidet, die je nach Schutzwürdigkeit der Lebensräume bzw Arten – also prioritär oder nicht – zur Anwendung kommen. Es handelt sich um zwei Varianten, von denen jeweils eine einschlägig ist. Dabei stellt nach meinem Verständnis UAbs 1 den Regelfall dar und ist UAbs 2 als Ausnahmeverfahren zu verstehen. Umgekehrt kann man aber auch die Meinung vertreten, Art 7 hätte beim Verweis auf Art 6 Abs 2 bis 4 den UAbs 2 explizit ausnehmen müssen, wenn er für die VSchRL nicht anwendbar wäre. Nachdem dies nicht geschehen ist, könnte man davon ausgehen, dass die FFH-RL implizit prioritäre Vogelarten voraussetzt, weil das Verfahren nach UAbs 2 nur von prioritären Arten ausgelöst werden kann. Diesem Ansatz erteilt Rödiger-Vorwerk168 eine Absage. Sie begründet dies damit, dass das Ausnahmeverfahren nach UAbs 2 auch anwendbar ist, wenn ein besonderes Schutzgebiet mit prioritären natürlichen Lebensraumtypen betroffen ist. Das Ausnahmeverfahren wird daher für Vogelschutzgebiete nur dann ausgelöst, wenn das Vogelschutzgebiet prioritäre Lebensraumtypen umfasst, wobei unerheblich ist, welche Vogelarten darin vorkommen. Diese Interpretation deckt sich auch mit der zitierten Meinung der Kommission zu dieser Frage. ____________________
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Gellermann (FN 25) 101. Zur Erinnerung: Nach Art 1 VSchRL umfasst die Richtlinie sämtliche wildlebenden Vogelarten, die im europäischen Gebiet der Mitgliedstaaten heimisch sind. 167 Freytag/Iven (FN 115) 114. 168 Rödiger-Vorwerk (FN 62) 23. 166
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Rödiger-Vorwerk gibt im Anschluss jedoch zu Bedenken, dass eine erhebliche Beeinträchtigung eines prioritären natürlichen Lebensraumtyps nicht in jedem Fall in einem funktionellen Zusammenhang mit der Beeinträchtigung besonders zu schützender Vogelarten stehen muss. Würden bloß Belange des Vogelschutzes beeinträchtigt, nicht hingegen solche der prioritären Lebensraumtypen, käme das Ausnahmeverfahren nach UAbs 2 nicht zur Anwendung. Ein Blick auf die von Österreich nominierten Natura 2000 Gebiete zeigt, dass zahlreiche dieser Flächen sowohl nach der FFH-RL als auch nach der VSchRL ausgewiesen wurden.169 Nichtsdestotrotz ist festzuhalten, dass trotz der Verbindung der FFH-RL und der VSchRL durch Art 7 FFH-RL der Vogelschutz primär nichts mit den geschützten Arten und Lebensräumen der FFH-RL zu tun hat. Wird beispielsweise in einem Vogelschutzgebiet nach Art 4 Abs 1 VSchRL ein prioritärer Lebensraum beeinträchtigt und folglich ein Verfahren nach Art 6 Abs 4 UAbs 2 vonnöten, so ist das für die zu schützende Anhang I Vogelarten ein glücklicher Zufall, hat aber mit der dogmatischen Lösung der Rechtsfrage nichts zu tun. Im umgekehrten Fall, wenn durch eine geplante Maßnahme nur die Anhang I Vogelarten berührt sind und hinsichtlich der prioritären Lebensräume keine erhebliche Beeinträchtigung droht, würde entsprechend der zitierten Ansicht von Rödiger-Vorwerk die Interessensabwägung zu UAbs 1 führen. Als weiteres Argument für die Einstufung der Vögel als prioritär wird von Gellermann angeführt, dass kein Grund ersichtlich ist, der es rechtfertigen könnte, den Schutz der Vogelarten des Anhangs I der VSchRL allein wegen der sich aus Art 7 FFH-RL ergebenden Änderung des Schutzregimes deutlich zu mindern. Gellermann argumentiert hier sehr zweckorientiert indem er anführt, dass Anhang I Arten enthält, die stark gefährdet und mitunter sogar vom Aussterben bedroht sind. Nach seinem Dafürhalten wäre es unverständlich, wenn der Gemeinschaftsgesetzgeber diesen Vogelarten einen Schutz vorenthalten würde, den er in vergleichbarer Weise gefährdeten prioritären Tier- und Pflanzenarten der FFH-RL gewährt. Bei einer ganzheitlichen, auf den Schutzzweck und das eigentliche Ziel der Richtlinie abstellenden Betrachtung, stellt dies eine durchaus vertretbare rechtspolitische Ansicht dar. Auch Wirths170 argumentiert ähnlich. Für ihn ergeben sich aus der Entstehungsgeschichte der FFH-RL keinerlei Anhaltspunkte, die für eine ____________________
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So beispielsweise der Salzburger und Tiroler Anteil am Nationalpark Hohe Tauern. Wirths, Naturschutz durch europäisches Gemeinschaftsrecht – Die Fauna-FloraHabitat-Richtlinie und ihre Durchführung in der Bundesrepublik Deutschland (2001), 204. 170
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Herabminderung des Schutzniveaus für Vögel sprechen. Eine solche wäre für ihn auch vor dem Hintergrund des Vorsorgeprinzips nach Art 174 Abs 2 UAbs 1 Satz 2 EG fragwürdig. Des Weiteren spricht für diese Argumentation, dass eine materielle Änderung der VSchRL durch Art 7 FFH-RL aus Gründen der Rechtssicherheit ausdrücklich im Richtlinientext hätte niedergelegt werden müssen. Trotz des gegenteiligen Ergebnisses ihrer Interpretationen zu Art 7 FFH-RL schließt sich Rödiger-Vorwerk aus naturschutzfachlichen Gesichtspunkten der Ansicht Gellermanns an, weil es ihrer Meinung nach wenig überzeugend ist, dass allein bei Vogelarten keine Differenzierung zwischen prioritären und anderen Arten vorgenommen wird, zumal es im Gebiet der Europäischen Union sehr wohl Vogelarten im Sinne der Definition in Art 1 lit h FFH-RL gibt.171 Unterschiedliche Meinungen gibt es auch zum Kreis der als prioritär in Frage kommenden Vogelarten: Rödiger-Vorwerk172 sieht in der Gesamtzahl der im Anhang I erwähnten Vogelarten ein Argument gegen die Qualifizierung aller Anhang I Vogelarten als prioritär. Sie weist darauf hin, dass der Anhang I der VSchRL quantitativ ein Vielfaches der in Anhang II der FFH-RL angeführten prioritären Arten enthält. Würden alle in Anhang I aufgezählten Vögel als prioritär gelten, wären Vogelarten einem weitaus umfassenderen Schutzsystem unterworfen als alle anderen Arten. Mit der Frage, welche Vogelarten überhaupt als prioritär einzustufen wären, haben sich auch Freytag und Iven173 auseinandergesetzt. Auch sie sehen in der im Verhältnis zum Anhang II FFH-RL großen Anzahl der Anhang I Vogelarten einen Grund für eine Differenzierung innerhalb des Anhangs I VSchRL. Auch würde auf diese Weise für alle Arten unabhängig von der jeweiligen Richtlinie ein einheitlicher Maßstab gelten.174 Mauerhofer175 schließt sich dieser Ansicht nicht an und stellt fest, dass sich das Schutzbedürfnis einer Art innerhalb der Gemeinschaften an dessen tatsächlicher Gefährdung orientieren sollte und nicht an einem bloß formellen, quantitativen Vergleich von – der Artenausstattung nach ____________________
171 Als Beispiel nennt Rödiger-Vorwerk den Schreiadler, der als prioritär zu schützende Art in Betracht käme. Aufgrund der fehlenden Differenzierung kommt diesen Vogelarten aber ein vergleichbar minderer Schutz zu als anderen Tierarten, ohne das hiefür ein sachlicher Grund ersichtlich wäre. 172 Rödiger-Vorwerk (FN 62) 22. 173 Freytag/Iven (FN 115) 114. 174 Die Ausführungen von Freytag/Iven nehmen noch nicht Bezug auf die bereits zitierten Stellungnahmen der Kommission. 175 Mauerhofer (FN 7) 309.
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– völlig unterschiedlicher Listen. Zudem darf das Ziel eines einheitlichen Maßstabes nach Ansicht Mauerhofers nicht zur Verringerung eines an sich fachlich gerechtfertigten Schutzes führen. Dieser Linie folgt auch Wirths176, für den eine Differenzierung zwischen den in Anhang I genannten Vogelarten untereinander und im Verhältnis zu den Zugvogelarten dem bisherigen einheitlichen Schutzregime der VSchRL widerspricht. Wie die weitere Differenzierung der Anhang I Arten der VSchRL nach Freytag und Iven zu einem einheitlichen Maßstab für alle Arten unabhängig von der jeweiligen Richtlinie führen soll, ist allerdings fragwürdig. Einen Ansatz hiezu könnte eine von Mauerhofer erwähnte Liste177 liefern, welche 46 Arten des Anhangs I VSchRL enthält, die im Rahmen dieses Programms als prioritär und damit förderungsbegründend angesehen werden.178 Eine Differenzierung aus naturschutzfachlicher Sicht erscheint demzufolge möglich. Die rechtstechnische Umsetzung kann meines Erachtens aber nur im Wege einer Änderung der Richtlinien erfolgen.179 So müssten die als prioritär eingestuften Vogelarten in Anhang I mit einem Sternchen versehen werden. In der FFH-RL wäre eine Erweiterung der Definition der prioritären Arten in Art 1 lit c erforderlich. Käme der Gemeinschaftsgesetzgeber entgegen der Ansicht der Kommission zum Schluss, dass alle Anhang I Vogelarten als prioritär zu qualifizieren sind, dann wäre ebenfalls eine Klarstellung in der erwähnten Definition der prioritären Arten zielführend.180 Abschließend soll eine im gegenständlichen Zusammenhang nicht unbedeutende Entscheidung des EuGH erwähnt werden: Im bekannten „Lappel Bank“ Erkenntnis181, welches aus dem Jahre 1996 stammt und ____________________
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Wirths (FN 170) 206. Diese wurde im Zusammenhang mit den Naturschutzfinanzierungsprogramm „LIFE“ erstellt. 178 Kommission der Europäischen Gemeinschaften, LIFE Natura 2000 Antragsunterlagen 1997, Anhang 2, Liste der Vogelarten der RL 79/409/EWG, die prioritär im Rahmen des LIFE Förderprogramms betrachtet werden. 179 Ebenso Wirths (FN 170) 206. 180 So könnte Art 1 lit c FFH-RL wie folgt geändert werden: die prioritären Arten sind in Anhang II mit einem Sternchen (*) gekennzeichnet und umfassen zudem die in Anhang I der VSchRL enthaltenen Vogelarten. 181 EuGH Rs C-44/95, Slg 1996, I-3805. Eine viel zitierte Kernaussage der Lappel Bank Entscheidung ist ua, dass die Ausweisung der Vogelschutzgebiete von Art 7 FFH-RL nicht umfasst ist und somit weiterhin nach Art 4 Abs 1 und 2 VSchRL zu erfolgen hat. Die Abgrenzung und Ausweisung von besonderen Schutzgebieten hat daher auch nach Inkrafttreten der FFH-RL nach ornitho177
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somit deutlich nach Inkrafttreten der FFH-RL erlassen wurde, hält der EuGH in Rz 37 der Urteilsgründe fest, dass die in die VSchRL aufgenommene Regelung des Art 6 Abs 4 der FFH-RL das Spektrum der Gründe, die eine Beeinträchtigung eines besonderen Schutzgebietes rechtfertigen können, durch ausdrückliche Aufnahme der Gründe sozialer und wirtschaftlicher Art erweitert hat. Weiters führt er unter Rz 38 an, dass die zwingenden Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses nach Art 6 Abs 4 FFH-RL die vorrangigen Gründe des Gemeinwohls, wie sie sich aus dem Leybucht-Erkenntnis ergeben, umfassen; sie können gegebenenfalls Gründe sozialer oder wirtschaftlicher Art einschließen. Ferner stellt der EuGH fest, dass wirtschaftliche Erfordernisse zwar in der Phase der Klassifizierung eines Gebietes als besonderes Schutzgebiet gemäß Art 4 Abs 1 und 2 VSchRL keine Berücksichtigung als zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses finden, was jedoch nicht ausschließt, dass sie im Rahmen des Verfahrens nach Art 6 Abs 3 und 4 FFH-RL berücksichtig werden können. Aus diesen Aussagen des EuGH geht zweifelsfrei hervor, dass durch die Einführung des Art 6 Abs 4 FFH-RL der Umfang der öffentlichen Interessen, die im Falle des Überwiegens einen Eingriff rechtfertigen, erweitert worden ist.182 In den Ausführungen zum Lappel Bank Erkenntnis wird allerdings nicht auf die Differenzierung zwischen UAbs 1 und 2 des Art 6 Abs 4 eingegangen. Nicht zuletzt deshalb, weil es im Fall Lappel Bank primär um die Berücksichtigung öffentlicher Interessen im Zuge der Schutzgebietsausweisung ging und nicht um die Interessensabwägung bezüglich eines Eingriffes im Schutzgebiet. Mauerhofer183 interpretiert die in Rz 37 enthaltene Erweiterung des Spektrums der Gründe aufgrund des Wortes „ausdrücklich“ als eine bloß formelle. Er meint damit, dass wirtschaftliche Belange schon früher Gegenstand in den Rechtfertigungsgründen waren, wenngleich sie dort keine selbständigen Ausnahmegründe darstellten. Dieser Argumentation ist entgegen zu halten, dass gemäß dem Leybucht-Erkenntnis die in Art 2 VSchRL genannten wirtschaftlichen und freizeitbedingten Erfordernisse im Rahmen des Art 4 Abs 4 leg cit nicht in Betracht kommen. Die Aussage, dass bereits früher wirtschaftliche Belange als Rechtfertigungsgründe dienten, bezieht sich auf das Leyhörnge____________________
logisch fachlichen Kriterien zu geschehen und darf wirtschaftliche Erfordernisse keinesfalls berücksichtigen. 182 Erweitert gegenüber dem vom Leybucht-Erkenntnis geprägten Schutzstatus des Art 4 Abs 4 VSchRL. 183 Mauerhofer (FN 7) 310.
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biet, einem Teil des Leybucht-Erkenntnisses. In diesem Bereich spielten nicht nur Aspekte der Küstensicherheit eine Rolle, sondern auch Bestrebungen, für die Fischereiflotte den Zugang zum Hafen zu erhalten. Es handelte sich dabei augenscheinlich um ein wirtschaftliches Interesse. Diesem Interesse wurde aber nur Rechnung getragen, weil dieser Teil des Vorhabens zugleich konkrete positive Auswirkungen auf die Lebensräume der Vögel hatte. Dass eine solche ökologische Kompensation einen Eingriff in ein besonderes Vogelschutzgebiet rechtfertigen kann, wurde bereits ausführlich erläutert. So stellt der EuGH im Leybucht-Erkenntnis unter Rz 26 der Entscheidungsgründe klar, dass bei der Entscheidung über die Trassenführung des neuen Deiches somit dem Willen, den Fortbestand des Fischereihafens von Greetsiel zu sichern, Rechnung getragen werden durfte, da dem die vorerwähnten ökologischen Kompensationen gegenüberstehen, allerdings auch nur aus diesem Grund. Gerade der Zusatz „allerdings auch nur aus diesem Grund“ zeigt, dass die Bewilligung des Eingriffes allein auf die ökologischen Kompensationen zurückzuführen ist und nichts mit dem wirtschaftlichen Interesse an diesem Vorhaben zu tun hat. Aus dem Leybucht-Erkenntnis lässt sich daher nicht ableiten, dass wirtschaftliche Belange schon früher als Rechtfertigungsgründe in Betracht kamen. Auch die Ausführungen in Rz 38 werden von Mauerhofer184 dahingehend interpretiert, dass der Gerichtshof durch die Verwendung des Begriffes „einschließen“ auf die Terminologie des Art 6 Abs 4 FFH-RL Bezug nimmt und auch im Leybucht-Erkenntnis derartige vorrangige Gründe des Gemeinwohls durch die zufällige Sachverhaltskonstellation der gleichzeitigen ökologischen Kompensationen wirtschaftliche Gründe miteingeschlossen haben. Nach Ansicht von Mauerhofer geht daraus hervor, dass die wirtschaftlichen und sozialen Gründe aufgrund der FFH-RL nicht uneingeschränkt als eigenständige Ausnahmen anzusehen sind. Unbestritten ist, dass der Gerichtshof mit der Verwendung des Begriffes „einschließen“ auf Art 6 Abs 4 FFH-RL Bezug genommen hat. Gerade weil in Art 6 Abs 4 die zwingenden Gründe des öffentlichen Interesses um jene der sozialen und wirtschaftlichen Art erweitert wurden, sind auch die Ausführungen des EuGH im Lappelbank-Erkenntnis in der Weise zu verstehen. Ebenso weist der systematische Zusammenhang mit den Ausführungen in Rz 37 darauf hin, dass durch Art 6 Abs 4 FFH-RL die vorrangigen Gründe des Gemeinwohls gemäß dem Leybucht-Erkenntnis um die Gründe sozialer und wirtschaftlicher Art erweitert wurden. ____________________
184
Mauerhofer (FN 7) 311.
Der Gebietsschutz in der Vogelschutz-Richtlinie
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Nach dem Lappelbank-Erkenntnis erfolgt daher durch die Anwendung des Art 6 Abs 4 FFH-RL für Vogelschutzgebiete eine Erweiterung des Spektrums der öffentlichen Interessen. Daraus könnte auf den ersten Blick der Schluss gezogen werden, dass für Vogelschutzgebiete Art 6 Abs 4 Uabs 1 anzuwenden ist und somit Vögel als nichtprioritär zu qualifizieren wären. Hier wendet aber Gellermann185 richtigerweise ein, dass diese Schlussfolgerung nur möglich wäre, wenn wirtschaftliche Gründe nur im Anwendungsfeld des Art 6 Abs 4 UAbs 1 eine Rolle spielen würden. Wird ihnen hingegen auch Bedeutung im Rahmen des UAbs 2 zuerkannt,186 könnten die Anmerkungen des EuGH im Lappelbank-Erkenntnis für die Frage der Einordnung von Vogelschutzgebieten auch gänzlich irrelevant sein. Da es bei der Lappelbank-Entscheidung primär um die Ausweisung von Schutzgebieten und nicht um die Bewilligung eines Vorhabens ging, ist der EuGH auf die diesbezügliche Differenzierung zwischen UAbs 1 und 2 nicht näher eingegangen.187 Zusammenfassend bleibt die Erkenntnis, dass auch die LappelbankEntscheidung keine eindeutige Klärung in der Frage der Priorität von Vogelarten bringt.188 Wie Mauerhofer189 richtig feststellt, wird der erwähnten Kommissionsmeinung bis zur endgültigen Klärung der gegenständlichen Frage durch den EuGH nicht unerhebliche Bedeutung für den Ausgang von Verfahren nach Art 6 Abs 3 und 4 FFH-RL zukommen. Trotz der bekannten Stellungnahme der Kommission wird von Mauerhofer190 angeraten, bis zu einer klärenden Entscheidung durch den EuGH in den nationalen Umsetzungsvorschriften die in Anhang I der VSchRL angeführten Arten in gleicher Weise wie die prioritären Arten der FFH-RL einzustufen. Die Mitgliedstaaten müssten in Entsprechung dieser Empfehlung in ihren einschlägigen Materiengesetzen vorsehen, dass die Bestimmungen des Art 6 Abs 4 UAbs 2 auch für die Anhang I Vogelarten zur Anwendung kommen. Abschließend ist festzuhalten, dass aus fachlicher Sicht jedenfalls eine Einstufung der Vögel des Anhangs I der VSchRL als prioritär geboten ist. ____________________
185
Gellermann (FN 25) 102. Zu dieser Frage siehe Kapitel C.3.c). 187 Wirths (FN 170, 204) spricht von einem „pauschalen“ Verweis, der für die Beantwortung der hier diskutierten Frage nichts hergibt. 188 Auch Wirths (FN 170, 204) kommt in ihren Ausführungen zu diesem Thema zum Ergebnis, dass aus dem Lappelbank-Urteil nicht der Schluss gezogen werden kann, dass für Vogelschutzgebiete allein Art 6 Abs 4 UAbs 1 FFH-RL einschlägig ist. 189 Mauerhofer (FN 7) 313. 190 Mauerhofer (FN 15) 135. 186
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Die Vogelschutz-Richtlinie
In Fortführung der bisherigen Judikatur des EuGH zu den Vogelschutzgebieten sollte den Anhang I Vogelarten jedenfalls der Schutzstatus der prioritären Lebensräume und Arten der FFH-RL zukommen. Dass diese aus der Sicht des Naturschutzes unverzichtbare Bestrebung nicht so ohne weiteres Deckung in den Bestimmungen der FFH-RL findet, wurde ausführlich erläutert. Inwieweit die mögliche Anwendung des Art 6 Abs 4 UAbs 2 für Vögel eine Änderung des Schutzstatus bringt, wird in Kapitel C näher beleuchtet. Welches Schutzregime ist auf potentielle Vogelschutzgebiete anzuwenden? Auch diese Frage steht im Zusammenhang mit dem Wortlaut des Art 7 FFH-RL. Wie bereits dargelegt, wird in Art 7 an die nach Art 4 Abs 1 VSchRL zu besonderen Schutzgebieten erklärten oder nach Art 4 Abs 2 leg cit als solche anerkannte Gebiete angeknüpft. Der Wechsel des Schutzregimes soll entsprechend dem Wortlaut des Art 7 FFH-RL ab dem Datum für die Anwendung der FFH-RL bzw danach ab jenem Datum, zu dem das betreffende Gebiet von einem Mitgliedstaat entsprechend der VSchRL zum besonderen Gebiet erklärt oder wiederum als solches anerkannt wird, erfolgen. Die Ausweisung von Vogelschutzgebieten gemäß Art 4 Abs 1 und 2 VSchRL bleibt von dieser Änderung folglich unberührt.191 Die Regelung erscheint auf den ersten Blick klar und eindeutig. Die erste Frage tauchte jedoch bereits bei der Auslegung der Wortfolge „Datum der Anwendung“ auf. Erwähnenswert erscheint hier die Ansicht von Wils192, der den entscheidenden Zeitpunkt im Datum der praktischen Umsetzung durch jeden Mitgliedstaat sieht und nicht als Hinweis auf den 10. Juni 1994, dem Termin des Endes der Umsetzungsfrist nach Art 23 FFH-RL. Im Gegensatz dazu geht die Kommission193 davon aus, dass „mit Inkrafttreten der Richtlinie 92/43/EWG zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen („Habitat-Richtlinie“) im Juni 1994 an Stelle der Schutzvorschriften des Art 4 Abs 4 Satz 1 der Richtlinie 79/409/EWG die Bestimmungen des Art 6 Abs 2, 3 und 4 der Habitatrichtlinie getreten sind“. ____________________
191 Fisahn/Cremer, Ausweisungspflicht und Schutzregime nach Fauna-Flora-Habitatund der Vogelschutzrichtlinie, NuR 1997, 270. 192 Wils, Journal of Environmental Law Vol 6 No 2, 234, FN 82. 193 Stellungnahme der Kommission vom 27. April 1995 zur Querung des gemeinsamen Tales von Trebel nach Recknitz durch die geplante Autobahn A20 in Deutschland gemäß Art 6 Abs 4 der FFH-RL, ABl EG Nr C 178/3 vom 13. Juli 1995 unter Punkt 2.1.
Der Gebietsschutz in der Vogelschutz-Richtlinie
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Der Meinung der Kommission ist zuzustimmen, denn würde der Wechsel der Schutzregimes von den Umsetzungsmaßnahmen der einzelnen Mitgliedstaaten abhängig gemacht, wäre die angestrebte gemeinschaftsweit einheitliche Änderung nicht mehr gewährleistet bzw würde diese zeitlich unterschiedlich vonstatten gehen. Im Nachhinein bestätigen die jüngsten Erfahrungen mit der Umsetzung der FFH-RL in den einzelnen Mitgliedstaaten diese Bedenken. Zu weiteren Diskussionen führen vereinzelte Stimmen in der Lehre, die die Anwendung des Art 6 Abs 2 bis 4 FFH-RL auch für nicht förmlich unter Schutz gestellte Vogelschutzgebiete fordern. Diese Ansicht vertritt etwa Iven194, der den Regelungszweck des Art 7 FFH-RL darin sieht, Vogelschutzgebiete trotz des erwähnten Wortlautes ab dem Inkrafttreten der FFH-RL hinsichtlich der plan- und projektbezogenen Vorgaben wie FFH-Gebiete zu behandeln und zu schützen. Iven beschränkt dies jedoch auf jene potentiellen Vogelschutzgebiete, die ornithologisch besonders wertvolle Lebensräume darstellen. Wie bereits ausführlich im Kapitel über die unmittelbare Anwendbarkeit der VSchRL dargestellt, handelt es sich nach Iven dabei um die Sonderfälle der „Beurteilungsreduzierung auf Null“. Auch Christl195 sieht den Regelungszweck des Art 7 in der Gleichbehandlung von FFH-Gebieten und Vogelschutzgebieten, unabhängig davon, ob sie ausgewiesen sind oder eine solche Ausweisung pflichtwidrigerweise unterlassen wurde. Eine mögliche Begründung für diesen Ansatz sieht Christl in der Tatsache, dass zum Zeitpunkt der Verabschiedung der FFH-RL das Santona-Urteil noch nicht gefällt worden war und somit bloß auf ausgewiesene besondere Vogelschutzgebiete abgestellt wurde. Im Gegenzug argumentiert Christl jedoch auch mit der teleologischen Interpretation Mauerhofers196 zur bisher einschlägigen Rechtsprechung, wonach die direkte Anwendbarkeit der Bestimmungen des Art 4 Abs 4 VSchRL von der direkten Anwendbarkeit des Art 6 Abs 2 bis 4 FFH-RL nicht verdrängt wird. Für Madner197 gibt der Wortlaut des Art 7 wenig Anhaltspunkte, weil sich dieser primär auf die Pflichten der Mitgliedstaaten für den „Normalfall“ der fristgerechten Umsetzung bezieht. Madner erwähnt jedoch, dass die Pflicht, auf ein „faktisches Vogelschutzgebiet“ bei unzureichender oder verspäteter Ausweisung weiterhin die strengeren Eingriffsvoraussetzungen ____________________
194 195 196 197
Iven (FN 55) 380. Christl (FN 3) 75. Mauerhofer (FN 7) 305. Madner (FN 3) 53.
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Die Vogelschutz-Richtlinie
der VSchRL anzuwenden, die Mitgliedstaaten womöglich eher zur Einhaltung ihrer Umsetzungspflicht motiviert. Auch Ennöckl198 weist darauf hin, dass sich mit dieser Linie eine allzu große Zurückhaltung bei der Ausweisung von Schutzgebieten nunmehr rasch als Bumerang erweisen kann. Diese Argumentation wurde in der Folge tatsächlich vom EuGH199 aufgegriffen. In seiner Entscheidung zum Verhältnis der FFH-RL zur VSchRL stellte er klar, dass Gebiete, die nicht zu besonderen Schutzgebieten erklärt wurden, obwohl dies erforderlich gewesen wäre, weiterhin der Regelung des Art 4 Abs 4 VSchRL unterliegen. Der Umstand, dass die Schutzregelung des Art 4 Abs 4 nach dem Santona-Erkenntnis auf für Gebiete gilt, die nicht zu besonderen Schutzgebieten erklärt wurden, obwohl dies erforderlich gewesen wäre, bedeutet nämlich für sich alleine nicht, dass die Schutzregelung des Art 6 Abs 2 bis 4 FFH-RL für die betreffenden Gebiete an die Stelle der erstgenannten Regelung tritt. Der EuGH folgte damit nicht der Meinung der Kommission, nach der eine schwer zu rechtfertigende Dualität entstehe, wenn man die Verpflichtungen aus Art 6 Abs 2 bis 4 FFH-RL lediglich auf die von den nationalen Behörden tatsächlich gemäß Art 4 Abs 1 und 2 VSchRL zu besonderen Schutzgebieten erklärten Gebiete für anwendbar erklärt. Für die Kommission ist es widersinnig, dass ornithologisch bedeutsame Gebiete, die pflichtwidrig nicht zu besonderen Schutzgebieten ausgewiesen wurden, einem strengeren Schutz unterliegen als ordnungsgemäß ausgewiesene Gebiete. Der EuGH betonte jedoch, dass ein Mitgliedstaat aus der Missachtung einer Vorschrift nie einen Vorteil ziehen soll. Ein solcher Vorteil wäre möglicherweise gegeben, wenn sich ein Mitgliedstaat auf Art 6 Abs 2 bis 4 FFH-RL berufen könnte, obwohl er das Gebiet pflichtwidrigerweise nicht zum besonderen Vogelschutzgebiet erklärt hat. Mit dieser Entscheidung hat der EuGH eine lange Zeit offen gewesene Frage zum Verhältniss Art 6 FFH-RL und VSchRL geklärt. Das Ergebnis deckt sich einerseits mit dem Wortlaut des Art 7 FFH-RL und andererseits sollte die von der Kommission kritisierte Dualität bloß den Ausnahme- und nicht den Regelfall darstellen, weil die Mitgliedstaaten die in Frage stehenden Gebiete eigentlich ausgewiesen haben müssten. Welche faktischen Auswirkungen die Änderung des Schutzregimes mit sich bringt, kann erst nach der genauen Beleuchtung des Art 6 FFH-RL beantwortet werden. Vor allem ist in diesem Zusammenhang auf die Frage einzugehen, ob durch die Einführung des Art 6 Abs 2 bis 4 FFH-RL ____________________
198 199
Ennöckl, Glosse zu EuGH Rs C-374/98, RdU 2001, 52. EuGH Rs C-374/98, Slg 2000, I-10799, Rz 47 f.
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tatsächlich eine Senkung des Schutzstandards von besonderen Schutzgebieten eingetreten ist.200 hh) Vertragsverletzungsverfahren wegen mangelhafter Umsetzung des Art 4 VSchRL Gegen Österreich läuft ein Vertragsverletzungsverfahren201 wegen mangelhafter Umsetzung des Art 4 VSchRL. Im Mahnschreiben der Kommission vom 23. Oktober 2001, Zl. C (2001) 3237, wurden die Versäumnisse der Republik Österreich betreffend Art 4 festgehalten. In erster Linie geht es dabei um die nicht ausreichende Anzahl der ausgewiesenen zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete als besondere Vogelschutzgebiete nach Art 4 Abs 1 und 2. Die Kommission vermisst dabei vor allem klare und nachvollziehbare Kriterien für die Ausweisung der besonderen Schutzgebiete. Auch wird eine unklare bzw inkonsistente Vorgangsweise bei der Ausweisung von SPA’s in den einzelnen Bundesländern gesehen. Zusätzlich wird gerügt, dass einige Schutzgebiete flächenmäßig nicht ausschließlich nach ornithologischen Kriterien abgegrenzt bzw sogar die Fläche von einigen ausgewiesenen besonderen Schutzgebieten nicht nach rein wissenschaftlichen Kriterien reduziert wurde. Der dritte Kritikpunkt der Kommission betrifft den nicht ausreichenden rechtlichen Schutzstatus der ausgewiesenen besonderen Schutzgebiete. Als wissenschaftliche Referenzgrundlage wurde von der Kommission die bereits erwähnte „IBA 2000 Studie“ herangezogen. Das Mahnschreiben enthält in Tabelle 5 die nach Ansicht der Kommission mangelhaft abgedeckten Arten nach Anhang I der VSchRL. In Anhang 6 des Mahnschreibens sind jene Gebiete angeführt, die bedeutende Vorkommen der genannten Arten beherbergen. Im März 2002 wurde seitens der Republik Österreich eine erste Stellungnahme an die Kommission übermittelt.202 Weiters wurde eine Länderexpertengruppe eingerichtet, die einen auf ornithologischen Kriterien basierenden gesamtösterreichischen Vorschlag ausarbeiten sollte. Die zwischenzeitlich erstellte Analyse baut auf den vorzitierten Tabellen 5 und 6 des Mahnschreibens auf. Ausgehend von den dort aufgelisteten Arten und Gebieten sowie unter Berücksichtigung der in der Zwischenzeit erfolgten Nachausweisungen wurde ein Lösungsvorschlag er____________________
200 201 202
Siehe dazu Kapitel C.3. Es handelt sich dabei um das Vertragsverletzungsverfahren Nr 99/2115. VST-2900/1355 vom 18. März 2002.
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arbeitet, der jene Arten und Gebiete identifiziert, die als Schutzgebiete noch ausgewiesen werden müssen, um den Vorgaben der VSchRL zu entsprechen. Die diesbezügliche Stellungnahme Österreichs wurde im Juli 2003 von der Verbindungsstelle der Bundesländer an das Bundeskanzleramt zur Weiterleitung an die Kommission übermittelt.203 c) Zusammenfassung Ein wesentlicher Schwerpunkt der Ausführungen zum Gebietsschutz der VSchRL betrifft die Auswahl der in Frage kommenden Gebiete. Festzuhalten in diesem Zusammenhang der zentrale Grundsatz, dass bei der Auswahl der Gebiete ausschließlich fachliche, also ornithologische Kriterien maßgeblich sind. Anhand der in Art 4 Abs 1 und 2 enthaltenen Kriterien sind die zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete zu Schutzgebieten zu erklären. Eine Konkretisierung der Rahmenbedingungen und Anhaltspunkte wird vom Schrifttum und der Rechtsprechung durch den EuGH versucht. In Zahlen ausgedrückte Richtwerte können erwartungsgemäß nicht geliefert werden. Die Auswahlentscheidung des Mitgliedstaats unterliegt jedenfalls der nachfolgenden Kontrolle durch den EuGH. Eng mit der Gebietsauswahl ist die Frage des zeitlichen Anwendungsbereiches des Art 4 verbunden. Im konkreten Fall ist festzustellen, dass die Ausweisung der Vogelschutzgebiete in Österreich mit 1. Jänner 1995 erfolgt hätte sein müssen. Wie Österreich seine Säumigkeit abstellen möchte, zeigen die Ausführungen zum anhängigen Vertragsverletzungsverfahren. Abgesehen davon ist die Judikatur des EuGH zu beachten, die von einer unmittelbaren Anwendbarkeit des Schutzregimes unabhängig von einer tatsächlich erfolgten Schutzgebietsausweisung ausgeht. Dass hier allerdings Differenzierungen erforderlich sind und nicht von einer uneingeschränkten unmittelbaren Wirksamkeit des Art 4 Abs 4 gesprochen werden kann, wurde versucht zu belegen. Zum Umfang und Inhalt des Schutzregimes nach Art 4 wurde die strenge Judikatur des EuGH erläutert. Ein wesentlicher Eckpunkt der Rechtsprechung ist die Vorgabe, dass wirtschaftliche und soziale Zielsetzungen Ausnahmen vom Verkleinerungs- bzw Beeinträchtigungsverbot nicht rechtfertigen können. Hinsichtlich der restriktiven Haltung des EuGH in Bezug auf Gebietsverkleinerungen wurde der Versuch einer Differenzierung unternommen. Gebietsverkleinerungen, die Folge einer Flächeninanspruchnahme durch Baumaßnahmen im Schutzgebiet sind, können als Beeinträchtigung des Lebensraumes qualifiziert und somit auf ihre Erheblichkeit geprüft werden. ____________________
203
VST-2816/791 vom 9. Juli 2003.
Die Artenschutzbestimmungen in der Vogelschutz-Richtlinie
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Abschließend wurde unter Bezugnahme auf den Wechsel des Schutzregimes gemäß Art 7 FFH-RL den Fragen nachgegangen, ob Vögel prioritäre Arten sind und welches Schutzregime auf potentielle Vogelschutzgebiete anzuwenden ist. Zur ersten Frage liegt noch keine abschließende Entscheidung des EuGH vor. Abgesehen davon könnte eine Klärung der Frage durch eine legistische Anpassung des Art 1 lit c FFH-RL erfolgen. Aus fachlicher Sicht ist jedenfalls die Einstufung der Vögel als prioritär zu fordern. Als geklärt anzusehen ist die Frage nach der Behandlung der potentiellen Vogelschutzgebiete in Zusammenhang mit Art 7 FFH-RL. Der EuGH stellte hiezu fest, dass Gebiete, die nicht zu besonderen Schutzgebieten erklärt wurden, obwohl dies erforderlich gewesen wäre, weiterhin der Regelung des Art 4 Abs 4 VSchRL unterliegen. In der Argumentation geht es im Wesentlichen darum, dass ein Mitgliedstaat aus der Missachtung einer Vorschrift, nämlich der Nichtnominierung eines Gebietes, nie einen Vorteil ziehen soll und im Gegenzug die Mitgliedstaaten durch diese Entscheidung zu einer Ausweisung der potentiellen Schutzgebiete bewegt werden.
5. Die Artenschutzbestimmungen in der Vogelschutz-Richtlinie a) Allgemeines Wie bereits in der Einleitung erwähnt, stellen die Artenschutzbestimmungen neben den bereits beschriebenen Regelungen zum Gebietsschutz den zweiten inhaltlichen Schwerpunkt innerhalb der VSchRL dar. Die Artenschutzbestimmungen finden sich in der VSchRL in den Art 5 bis 9. Die folgenden Ausführungen sollen einen Überblick über den Inhalt der Richtlinienvorgaben geben. Entsprechend der Gliederung innerhalb der Richtlinie wird mit den generellen Verbotstatbeständen begonnen, anschließend die Regelungen über den Handel, die Bejagung, die Tötungsmittel, -einrichtungen und -methoden erläutert sowie abschließend die für die Praxis äußerst relevante Ausnahmebestimmung des Art 9 näher beleuchtet. Die Bestimmungen der Art 5 bis 9 stehen in einem systematischen Zusammenhang. Der Art 5 normiert einen grundsätzlichen Schutz für alle unter Art 1 fallende Vogelarten. Die Ausnahmen von diesem sehr weit reichenden Grundsatz finden sich in den nachfolgenden Art 6 bis 9. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang der im Vergleich zu den österreichischen Artenschutzbestimmungen konträre Ansatz der VSchRL. Während die nationalen Bestimmungen besondere Schutzbestimmungen für
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Die Vogelschutz-Richtlinie
gefährdete Arten vorsehen, normiert die VSchRL einen universellen Schutz für sämtliche Vogelarten und lässt Ausnahmen von diesem nur für wenige, bestimmte Arten bzw in besonderen Ausnahmefällen zu. Christl204 spricht in diesem Zusammenhang von „Negativlisten“ (bisherige Artenschutzregelungen) und „Positivlisten“ (Ansatz der VSchRL). Der Hinweis auf diese unterschiedlichen Ansätze ist vor allem im Hinblick auf die in Kapitel III zu behandelnde Umsetzung der Richtlinie im innerstaatlichen Recht von Bedeutung. b) Der universelle Schutz gemäß Art 5 VSchRL Wie bereits einleitend angedeutet, richtet Art 5 VSchRL die Verpflichtung an die Mitgliedstaaten, unbeschadet der Art 7 und 9 die erforderlichen Maßnahmen zur Schaffung einer allgemeinen Regelung zum Schutz aller unter Art 1 fallenden Vogelarten zu treffen. Die erforderlichen Maßnahmen werden im Anschluss durch die Aufzählung zahlreicher Verbote205 konkretisiert. Die Regelung ähnelt vom Aufbau her den bereits behandelten Art 3 und 4. So werden auch hier von den Mitgliedstaaten Maßnahmen zur Erreichung eines vorgegebenen Ziels gefordert. Die sich aus Art 5 ergebende Verpflichtung der Mitgliedstaaten wird durch eine Entscheidung des EuGH206 näher determiniert. In dieser wird festgehalten, dass es zur Sicherstellung eines vollständigen und wirksamen Schutzes der Vögel im Gebiet aller Mitgliedstaaten unerlässlich ist, die in der Richtlinie aufgestellten Verbote ausdrücklich in den nationalen Rechtsvorschriften vorzusehen. Mit dieser Feststellung wurde im konkreten Fall dem Vorbringen der französischen Regierung eine Absage erteilt, wonach es die französischen Rechtsvorschriften ermöglichten, dass von der Richtlinie gewollte Ergebnis zu erreichen. Christl207 stimmt dieser Entscheidung zu, weil es ihrer Ansicht aus Gründen der Rechtssicherheit unbedingt erforderlich ist, dass es Rechtsunterworfenen und Gerichten sowie überhaupt dem gesamten Rechtsverkehr erkennbar ist, welches Recht gelten soll. ____________________
204
Christl (FN 3) 42. Das Verbot enthält insbesondere das absichtliche Töten oder Fangen, ungeachtet der angewandten Methode, das absichtliche Zerstören oder Beschädigen von Nestern und Eiern und der Entfernung von Nestern, das Sammeln der Eier in der Natur und das Besitzen dieser Eier, auch im leeren Zustand, das absichtliche Stören der Vögel, insbesondere während der Brut- und Aufzuchtszeit, sofern sich diese Störung auf die Zielsetzung dieser Richtlinie erheblich auswirkt, das Halten von Vögel jener Arten, die nicht bejagt oder gefangen werden dürfen. 206 EuGH Rs 252/85, Slg 1988, 2243 ff, Rz 19. 207 Christl (FN 3) 44. 205
Die Artenschutzbestimmungen in der Vogelschutz-Richtlinie
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Aus meiner Sicht sind die Vorgaben in Art 5 so konkret, dass den Mitgliedstaaten ohnehin wenig Spielraum bei der ordnungsgemäßen Umsetzung bleibt. Wenn beispielsweise nach lit a das absichtliche Töten und Fangen verboten ist, wird diese Formulierung auch in die nationalen Vorschriften aufzunehmen sein. Denn mit dem angeführten Verbot des absichtlichen Tötens und Fanges wird kein bloß zu erreichendes Ziel208 vorgeben, sondern konkret zu verbietende Handlungen.209 Die Erfüllung dieser sich aus der Richtlinie und der EuGH-Rechtsprechung ergebenden Vorgaben gilt es im Zuge des Kapitels III über die Umsetzung der Richtlinie in den nationalen Materiengesetzen zu überprüfen. Sehr wesentlich ist die einleitende Formulierung in Art 5 „unbeschadet der Art 7 bis 9“. Damit werden Ausnahmen vom universellen Schutz ermöglicht. Diese Ausnahmen sorgen auch für ein breites Betätigungsfeld des EuGH, was die Artenschutzbestimmungen betrifft. Wie die zitierten Entscheidungen auf den nachfolgenden Seiten zeigen, handelt es sich dabei um Fälle, in denen die Mitgliedstaaten die in ihren nationalen Regelungen enthaltenen Abweichungen von Art 5 auf die Ausnahmebestimmungen der Art 7 bis 9 gestützt haben. Art 6 ist deshalb nicht als Ausnahme in Art 5 erwähnt, weil in Art 6 Abs 1 ein „eigener“ universeller Schutz im Hinblick auf den Handel mit Vögeln enthalten ist und die Ausnahmen hievon wiederum in den Abs 2 und 3 des Art 6 geregelt sind. c) Das Handelsverbot und dessen Ausnahmen Wie bereits angeklungen, enthält Art 6 Abs 1 die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, für alle unter Art 1 fallende Vogelarten den Verkauf von lebenden und toten Vögeln und von deren ohne weiteres erkennbaren Teilen oder aus diesen Tieren gewonnenen Erzeugnissen sowie deren Beförderung und Halten für den Verkauf und das Anbieten zum Verkauf zu untersagen. Ausnahmen hievon sind nur im Rahmen der Abs 2 und 3 des Art 6 sowie unter den Voraussetzungen des Art 9 zulässig. Sinn und Zweck dieses weitgehenden Handels- bzw Vermarktungsverbotes ist – wie den Begründungserwägungen der Richtlinie entnom____________________
208 Der Weg zur Erreichung des Zieles, nämlich des Schutzes aller unter Art 1 fallender Vogelarten, wird durch die Aufzählung der Verbote in Art 5 relativ detailliert vorgegeben. Die Aufzählung ist zwar als demonstrativ zu interpretieren, gibt aber meines Erachtens einen Mindeststandard vor. 209 Dies entspricht eigentlich nicht dem Wesen einer Richtlinie. Diese wenden sich bekanntlich an die Mitgliedstaaten und verpflichten diese, innerhalb einer Frist die in der Richtlinie vorgesehene Zielsetzung in den innerstaatlichen Rechtsordnungen zu gewährleisten. Die inhaltlichen Vorgaben sind mit den Mitteln des innerstaatlichen Rechts zur Geltung zu bringen, wobei die Wahl der Form und der Mittel den innerstaatlichen Stellen überlassen bleibt.
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Die Vogelschutz-Richtlinie
men werden kann – die Verhinderung eines negativen Einflusses von kommerziellen Interessen auf den Umfang der Entnahme von Vögeln. Bereits mit der starken Einschränkung der Handels- und Vermarktungsmöglichkeiten soll der wirtschaftliche Druck auf die Vogelwelt unterbunden werden. Art 6 Abs 2 normiert die erste Ausnahme vom eben beschriebenen Verbot. Die Ausnahmen erstreckt sich auf die in Anhang III Teil 1 genannten sieben Vogelarten210, sofern diese rechtmäßig getötet oder gefangen oder sonst rechtmäßig erworben worden sind. Die zweite in Art 6 Abs 3 geregelte Ausnahme besagt, dass die Mitgliedstaaten in ihrem Gebiet die Tätigkeiten des Abs 1 bei den in Anhang III Teil 2 aufgeführten 19 Arten genehmigen und dabei Beschränkungen vorsehen dürfen, wenn die Vögel wiederum rechtmäßig getötet oder gefangen oder sonst rechtmäßig erworben worden sind. Als zusätzliches Kriterium kommt hier hinzu, dass eine Genehmigung nur nach Beiziehung der Kommission möglich ist.211 Welche Wirkung in diesem Fall der begründeten Stellungnahme der Kommission zukommt, geht aus dem Richtlinientext nicht hervor. Bei Nichtbeachtung der von der Kommission mitgeteilten Ansicht ist davon auszugehen,212 dass die Kommission von der Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens Gebrauch machen wird. Besonders hinzuweisen ist im Hinblick auf den praktischen Ablauf einer solchen Prüfung auf die Tatsache, dass die Auswirkung der zu bewilligenden Tätigkeit auf die Populationsgröße, die geographische Verbreitung oder die Vermehrungsfähigkeit dieser Arten bezogen auf die gesamte Gemeinschaft zu prüfen ist. Der betroffene Mitgliedstaat muss ____________________
210 Es handelt sich dabei um die Stockente, das Moorschneehuhn, das Rothuhn, das Felsenhuhn, das Rebhuhn, den Fasan und die Ringeltaube. 211 Die Mitgliedstaaten konsultieren die Kommission, mit der sie prüfen, ob durch die Vermarktung von Vögel der betreffenden Art alle Voraussicht die Populationsgröße, die geographische Verbreitung oder die Vermehrungsfähigkeit dieser Arten in der gesamten Gemeinschaft gefährdet würde oder gefährdet werden könnte. Ergibt diese Prüfung, dass die beabsichtigte Genehmigung nach Ansicht der Kommission zu einer der oben genannten Gefährdungen führt oder führen kann, so richtet die Kommission an den Mitgliedstaat eine begründete Empfehlung, mit einer Vermarktung der betroffenen Art widersprochen wird. Besteht eine solche Gefährdung nach Auffassung der Kommission nicht, so teilt sie dies dem Mitgliedstaat mit. Die Empfehlung der Kommission wird dabei im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Der Mitgliedstaat, der eine Genehmigung nach Abs 3 erteilt, prüft in regelmäßigen Zeitabständen, ob die Voraussetzungen für die Erteilung dieser Genehmigung noch vorliegen. 212 Klarerweise gilt dies für den ersten Fall, nämlich einer negativen Stellungnahme der Kommission und nicht für den Fall, dass die Kommission eine Gefährdung nicht für gegeben erachtet.
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demzufolge die Auswirkungen über seine „Staatsgrenze“ hinaus beurteilen. Dass ein einzelner Mitgliedstaat schwer in der Lage ist, eine mögliche Gefährdung bezogen auf die gesamte Gemeinschaft fundiert festzustellen, wird ein Grund dafür sein, warum der Richtlinientext in Art 6 Abs 3 von einer „gemeinsamen“ Prüfung mit der Kommission spricht. Die Beurteilung einer möglichen Auswirkung auf das gesamte Gebiet der Europäischen Gemeinschaft kann wohl unter Mitwirkung eines Gemeinschaftsorgans erfolgen. Die Mitgliedstaaten sind jedenfalls verpflichtet, das Vermarktungsverbot des Art 6 – vorbehaltlich der oben beschriebenen Ausnahmen – in ihre nationalen Bestimmungen aufzunehmen. Unter Hinweis auf die hier einschlägig bekannte EuGH-Rechtsprechung ist zu betonen, dass die bloße Verwaltungspraxis, die von der Verwaltung naturgemäß beliebig geändert werden kann und zudem oft nur unzureichend bekannt ist, nicht als eine rechtswirksame Erfüllung der aus dem EWG-Vertrag angesehen werden kann.213 So wurde der Argumentation der niederländischen Regierung, die versuchte, die Nichtübereinstimmung ihrer nationalen Bestimmungen damit zu begründen, dass „seit mehr als 45 Jahren keine Genehmigung für das Fangen wildlebender Vögel zur Käfighaltung und den Handel damit erteilt worden sei“, eine Absage erteilt. Die Mitgliedstaaten sind folglich gehalten, auch Verbote für Tätigkeiten in die nationalen Gesetze aufzunehmen, die in ihrem Land bisher selten oder gar nicht vorgekommen sind und somit nicht praxisrelevant waren. Erwähnung finden sollte ferner eine bereits von Christl214 zitierte Entscheidung des EuGH215 betreffend Handelsverbot und Bejagung von Vögeln. Anlassfall war ein italienisches Gesetz, dass den Handel mit allen Vogelarten, die bejagt werden dürfen, erlaubte.216 Doch die Schutzwirkung der Richtlinie hat das Ziel zu verhindern, dass mit allen Arten die bejagt werden dürfen, auch Handel getrieben werden darf. Der EuGH begründet diese Feststellung mit dem Druck, den die Vermarktung auf die ____________________
213 214 215 216
EuGH Rs 236/85, Slg 1987, I-3989 ff, Rz 18. Christl (FN 3) 46. EuGH Rs 262/85, Slg 1987, I-3073 ff, Rz 18. Ein Größenvergleich der beiden Anhänge zeigt, dass Anhang II 77 Arten (Teil 1 24 und Teil 53) und Anhang III nur 26 Arten (Teil 1 7 und Teil 2 19) umfasst. Dabei sind sechs der sieben Arten des Anhanges III/1 (außer dem Felsenhuhn, das findet sich im Anhang II/2) im Anhang II/1 aufgeführt. Von den 19 Anhang III/2 Arten sind 12 im Anhang II/1 und die restlichen sieben im Anhang II/2 enthalten. Dies ergibt zusammenfassend, dass jene 26 Arten, mit denen gehandelt werden darf, auch bejagt werden dürfen (wobei sich die Bejagung der im Anhang II/2 aufgezählten auf einzelne Mitgliedstaaten beschränkt und nicht das gesamte Gemeinschaftsgebiet umfasst). Umgekehrt bedeutet dies klarerweise, dass 51 Vogelarten übrig bleiben, die bejagt aber nicht gehandelt werden dürfen.
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Jagd und damit auf die Populationsgröße ausüben könnte. Dieser in Richtung Ursachenbekämpfung gehende Ansatz ist durchaus nachvollziehbar und zu begrüßen. Über die bereits beschriebenen Ausnahmen gemäß Art 6 Abs 2 und 3 hinaus besteht für die Mitgliedstaaten weiters die Möglichkeit, Abweichungen von Art 6 im Rahmen des Art 9 zu ermöglichen. Zu verweisen ist in diesem Zusammenhang auf die Judikatur des EuGH217, die ebenfalls in diese Richtung geht.218 Die genauen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen einer Ausnahme nach Art 9 werden in Kapitel f ) behandelt. d) Die Bejagung der Vögel aa) Einleitung Die Einführung der VSchRL in Österreich hat ihre vielleicht größte praktische Bedeutung in der Auswirkung auf die Jagdausübung. Da die VSchRL – wie bereits ausführlich erläutert – sämtliche wildlebende Vogelarten des Gemeinschaftsgebietes betrifft, sind von dieser gemeinschaftsrechtlichen Vorgabe auch die in Österreich bisher bejagten Vögel betroffen. Inwieweit die bis zur Geltung der VSchRL ausgeübte Jagdpraxis eine Änderung erfahren hat oder noch erfahren muss, wird im Folgenden beleuchtet. Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass die VSchRL die Legitimität der Jagd auf wildlebende Vögel grundsätzlich als eine Form der nachhaltigen Nutzung anerkennt. Die in der Richtlinie enthaltenen ökologischen Grundsätze und rechtlichen Anforderungen in Bezug auf die Ausübung der Jagd sind von den Mitgliedstaaten in ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften umzusetzen, wodurch der Rahmen für ein Jagdmanagement geschaffen werden soll.219 bb) Die inhaltlichen Vorgaben des Art 7 VSchRL Geregelt wird die Bejagung der Vögel in Art 7 der VSchRL. Hinsichtlich des Aufbaus ähnelt Art 7 dem soeben beschriebenen Art 6. Auch hier werden die Abweichungen auf bestimmte, in einem Anhang angeführte ____________________
217 EuGH Rs 247/85, Slg 1987, 3067, Rz 41; EuGH Rs 262/85, Slg 1987, 3099, Rz 18; EuGH Rs 236/85, Slg 1987, 4009, Rz 17. 218 Mauerhofer (FN 15) 137. 219 Europäische Kommission, „Leitfaden zur Jagd nach den Vorgaben der Richtlinie 79/409/EWG des Rates über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten“, http://www. europa.eu.int/comm/environment/nature/sustainABle_hunting.htm.
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Arten beschränkt. Wie bereits unter b) erwähnt, ist Art 7 eine Ausnahmeregelung vom universellen Schutz des Art 5. Art 7 sieht vor, dass die in Anhang II aufgeführten Arten aufgrund ihrer Populationsgröße, ihrer geographischen Verbreitung und ihrer Vermehrungsfähigkeit in der gesamten Gemeinschaft im Rahmen der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften bejagt werden dürfen. Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die Jagd auf diese Vogelarten die Anstrengungen, die in ihrem Verbreitungsgebiet zu ihrer Erhaltung unternommen werden, nicht zunichte macht. Im Leitfaden der Kommission zu Art 7 wird festgehalten, dass die Jagdausübung keine signifikante Bedrohung der Erhaltungsmaßnahmen sowohl für jagdbare als auch für nicht jagdbare Arten darstellen darf. Die nationalen Jagdgesetze müssen auch diesen Aspekt der Jagd, nämlich dass sie zu Belästigungen führen kann, berücksichtigen.220 Wie bereits voranstehend angedeutet, weist der Anhang II zwei Teile auf, wobei die in Teil 1 genannten Arten im gesamten geographischen Meeres- und Landgebiet, in dem die VSchRL Anwendung findet, bejagt werden dürfen und die Teil 2 Arten nur in jenen Mitgliedstaaten, in denen sie angegeben sind. Hiezu hat der EuGH221 – ähnlich wie in bereits beschriebenen Fäl222 len – deutlich gemacht, dass eine unklare Regelung, die eine Bejagung anderer als die in Anhang II aufgeführten Arten nicht ausschließt, nicht dem Art 7 der Richtlinie entspricht. Auch wenn die Bejagung dieser Arten tatsächlich nur dann erlaubt ist, „wenn die zuständigen Behörden für jede Art, für jedes Jahr und für einen bestimmten Bezirk die Daten der Eröffnung und der Beendigung der Jagd festsetzen ...“. Hinsichtlich des Umfanges von Anhang II ist zu betonen, dass dieser nach Ansicht des EuGH223 durch nationale Rechtsvorschriften nicht erweitert werden darf. Ähnlich wie bei den Kriterien zur Auswahl der besonderen Schutzgebiete224 kann auch hier Art 2 nicht als Rechtfertigungsgrund zur Erweiterung der jagdbaren Vogelarten herangezogen werden, weil diese Bestimmung die Mitgliedstaaten nicht ermächtigt, von den Erfordernissen der Richtlinie abzuweichen. Eine nähere Begründung zu diesem Standpunkt liefert Christl225, die in diesem Zusammenhang auf ____________________
220 221 222 223 224 225
Kommission (FN 219) 16. EuGH Rs 247/85, Slg 1987, 3062 Rz 16. Siehe FN 206. EuGH Rs 262/85, Slg 1987, I-3029, Rz 12. Siehe Kapitel 4.b)aa). Christl (FN 3) 48.
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die Wortinterpretation der Art 5 und 7 sowie die Systematik der VSchRL hinweist. Bezüglich des Anhangs II sollte zudem eine Ansicht von Feik226 Erwähnung finden. Dieser empfiehlt den nationalen Gesetzgebern, alle nicht in Anhang II genannten Vogelarten aus den Jagdgesetzen herauszunehmen und den Naturschutzbehörden zu unterstellen.227 Die Aussage Feiks steht im Zusammenhang mit einer Entscheidung des EuGH228 zum belgischen Jagdgesetz, das Vogelarten, die nicht in Anhang II genannt sind, als „Wild“ anführte und sie damit grundsätzlich jagdbar machte. Auch wenn diese Arten tatsächlich nur dann bejagt werden dürfen, wenn die zuständigen Behörden für jede Art, für jedes Jahre und für einen bestimmten Bezirk229 die Jagdsaison festsetzten, so sind die zuständigen Behörden doch befugt, die Jagd auf Arten, die zwar nicht in Anhang II der VSchRL, aber im nationalen Gesetz aufgeführt sind, zu eröffnen. Dies hielt der EuGH für eine unklare Rechtslage. Auch die Kommission230 geht davon aus, dass die Einstufung als „Wild“ iVm einem gänzlichen Jagdverbot „ein Problem der formellen Transparenz“ ergeben könne. Die Bedenken des EuGH und der Kommission sind nicht unbegründet. Grundsätzlich ist es unlogisch, Arten im Jagdgesetz zu regeln und sie als Wild zu bezeichnen, wo sie im vornherein gar nicht bejagt werden dürfen.231 Demnach wäre es geboten, die jagdbaren Vögel des Anhangs II als Wild in den Jagdgesetzen zu regeln und die restlichen Vogelarten dem Regelungsregime der Naturschutzgesetze zu unterstellen. Abgesehen von der Optik wäre es aber durchaus auch möglich, diese Arten im Jagdgesetz zu belassen. Dabei müsste aber im Gesetz eine Regelung vorgesehen sein, die den Abschuss einer solchen nicht in Anhang II enthaltenen Vogelart nur unter den strengen Vorgaben des Art 9 zulässt. Durch eine entsprechende Regelung in den Jagdgesetzen wäre es der Jagdbehörde nicht mehr möglich, die Bejagung einer solchen Vogelart ohne Vorliegen der Voraussetzungen des Art 9 zu bewilligen. ____________________
226
Feik (FN 30) 58. Siehe dazu eingehend Kapitel III.D.1. 228 EuGH, Rs 262/85, Slg 1987, I-3029. 229 Vgl die idente Formulierung in EuGH Rs 247/85, Slg 1987, 3062 Rz 16. 230 Siehe dazu den Zweiten Bericht der Kommission über die Anwendung der Richtlinie 79/409/EWG über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten, KOM (93) 572 endg, 107. 231 Solche Fälle gibt es zahlreiche; so werden in den Jagdgesetzen Österreichs durchwegs Arten als Wild bezeichnet und gleichzeitig ganzjährig geschont; Beispielsweise Salzburger Jagdgesetz 1993, LGBl Nr 100/1993 idgF, näheres dazu im zweiten Teil der vorliegenden Arbeit unter III.D. 227
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Der mögliche Abschuss im Rahmen des Art 9 ist auch das einzige Argument, die nicht im Anhang II aufgeführten Vogelarten weiterhin in den Jagdgesetzen zu belassen. Denn die Bewilligung eines Abschusses ist, bezogen auf die österreichischen Jagd- und Naturschutzgesetze der Länder, aus regelungstechnischer und systematischer Sicht den Jagdgesetzen zuzuordnen.232 cc) Die Rahmenbedingungen bei der Jagdausübung Die Vorgaben über die Art und Weise der Bejagung finden sich in Art 7 Abs 4233. Der Inhalt des Abs 4 bezieht sich dabei auf beide Gruppen von Vögeln, also sowohl auf Teil 1 Arten als auch auf jene, die in Teil 2 des Anhang II genannt sind. Gefordert wird an dieser Stelle ua, dass bei der Jagdausübung die Grundsätze für eine vernünftige Nutzung und eine ökologisch ausgewogene Regulierung der Bestände der betreffenden Vogelarten eingehalten werden. Sehr wesentliche Aussagen zu den allgemeinen Grundsätzen und Kriterien, die beim Jagen zu beachten sind, finden sich im bereits oben zitierten Leitfaden der Kommission zu Art 7.234 Danach versteht sich beispielsweise eine „angemessene Nutzung“ im Zusammenhang mit der Jagd eindeutig als nachhaltiger Gebrauch mit Schwerpunkt auf Erhaltung der Populationen von Arten in einem günstigen Erhaltungszustand.235 Abs 4 sieht ferner die wesentliche Beschränkung vor, dass die Bejagung dieser Arten während besonders sensiblen Perioden des Lebenszyklus der einzelnen Arten unzulässig ist, wobei die sensiblen Lebensperio____________________
232 Wobei es legistisch kein Problem wäre, Abschüsse im Rahmen des Art 9 VSchRL in den Naturschutzgesetzen zu regeln. 233 Art 7 Abs 4: Die Mitgliedstaaten vergewissern sich, dass bei der Jagdausübung – gegebenenfalls unter Einschluss der Falknerei – wie sich aus der Anwendung der geltenden einzelstaatlichen Vorschriften ergibt, die Grundsätze für eine vernünftige Nutzung und eine ökologisch ausgewogene Regulierung der Bestände der betroffenen Vogelarten, insbesondere der Zugvogelarten, eingehalten werden und dass die Jagdausübung hinsichtlich der Bestände dieser Arten mit den Bestimmungen aufgrund des Art 2 vereinbar ist. Sie sorgen insbesondere dafür, dass die Arten, auf die die Jagdvorschriften Anwendung finden, nicht während der Nistzeit oder während der einzelnen Phasen der Brut- und Aufzuchtzeit bejagt werden. Wenn es sich um Zugvögel handelt, sorgen sie insbesondere dafür, dass die Arten, für die die einzelstaatlichen Jagdvorschriften gelten, nicht während der Brut- und Aufzuchtzeit oder während der Rückzuges zu den Nistplätzen bejagt werden. Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission alle zweckdienlichen Angaben über die praktische Anwendung der Jagdgesetzgebung. 234 Kommission (FN 219) 15 ff. 235 Die Aufrechterhaltung eines günstigen Erhaltungsstatus der Vogelpopulation ist das übergeordnete Ziel der VSchRL. Zwar ist der Begriff „günstiger Erhaltungsstatus“ im Gegensatz zur FFH-RL nicht ausdrücklich in der VSchRL erwähnt, doch geht er implizit aus Art 2 hervor (Kommission, FN 219, 18).
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den ihrerseits einer natürlichen geographischen Staffelung innerhalb Europas unterliegen.236 Der Umfang der sensiblen Lebensperioden definiert sich über die Auslegung der Formulierung „während der Nistzeit oder während der einzelnen Phasen der Brut- und Aufzuchtszeit“ bzw für Zugvögel „während der Brut- und Aufzuchtszeit oder während des Rückzuges zu den Nistplätzen“. Die Kommission237 umschreibt die Phasen der Brut- und Aufzuchtszeit mit Fortpflanzung, Nistzeit und Abhängigkeit der Jungvögel. Die Nistzeit wird mit dem Beginn der Fortpflanzungszeit (Einwanderung ins Fortpflanzungsgebiet, Verteidigung des Brutreviers) bis zum Ende der Abhängigkeit der Jungvögel (Eigenständigkeit der Jungvögel) definiert. Im Leitfaden zu Art 7238 wird die „Inbesitznahme des Brutreviers“ als jene Phase im Fortpflanzungszyklus beschrieben, die den Beginn der Brut- und Aufzuchtszeit kennzeichnet. Die „volle Flugfähigkeit der Jungvögel“ markiert hingegen in der Regel das Ende der Brut- und Aufzuchtszeit. Für die jagdliche Praxis ist vor allem maßgeblich, dass die Balzzeit offensichtlich zur Brut- und Aufzuchtszeit gerechnet wird.239 Inwieweit dies mit den heimischen Jagdpraktiken vereinbar ist, muss in Kapitel III geprüft werden. Diese Zeiträume sind besonders für die Festlegung der Jagd- bzw Schonzeiten in den nationalen Vorschriften der Mitgliedstaaten von entscheidender Bedeutung. Im Leitfaden zur Art 7240 wird betont, dass Abs 4 einige der wichtigsten Grundsätze für die Festsetzung der Jagdzeiten enthält. Das Ziel besteht darin, dafür Sorge zu tragen, dass während der empfindlichsten Zeiträume des jährlichen Zyklus der bejagbaren Arten keine Bejagung stattfindet. Auch der EuGH241 sieht das Ziel der Sätze 2 und 3 in Art 7 Abs 4 darin, für Zeiträume, in denen das Überleben der wildlebenden Vogelarten besonders gefährdet ist, einen lückenlosen Schutz zu gewährleisten. In dieser Entscheidung stellte der EuGH beispielsweise fest, dass der Schutz der Bejagung nicht auf die – aufgrund der durchschnittlichen Brut- und Aufzuchtszyklen sowie der Wanderungsbewegungen ermittelte – Mehrzahl der Vögel einer bestimmten Art beschränkt werden darf. Feik242, Mauerhofer243 und Christl244 haben sich mit den Vorgaben der VSchRL sowie der Rechtsprechung des EuGH im Zusammen____________________
236 237 238 239 240 241 242
Mauerhofer (FN 15) 138. Kommission (FN 230) 9. Kommission (FN 219) 27. Kommission (FN 219) 40. Kommission (FN 219) 24. EuGH Rs C-157/89, Slg 1991. Feik (FN 30) 57 ff.
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hang mit den Jagd- bzw Schonzeitenregelungen ausführlich auseinandergesetzt. Zusammenfassend können daraus folgende, allgemeine Grundsätze angeführt werden: Die nationalen Behörden sind nicht befugt, nach Vogelarten gestaffelte Daten für das Ende der Jagdzeit festzulegen. Eine Ausnahme hievon ist nur möglich, wenn der betreffende Mitgliedstaat für jeden Einzelfall anhand geeigneter wissenschaftlicher und technischer Daten nachweisen kann, dass eine Staffelung der Daten für das Ende der Jagdzeit einen lückenlosen Schutz der Vogelarten, die von dieser Staffelung betroffen sein können, nicht verhindert.245 Kann der Mitgliedstaat diesen Nachweis nicht erbringen, wird grundsätzlich die Erreichung des Zweckes des Art 7 Abs 4 Satz 3 durch die Festsetzung eines für sämtliche betroffene Arten einheitlichen Datums für das Ende der Jagdzeit gewährleistet. Dieses entspricht dem für die am frühesten ziehende Art festgesetzten Datum.246 Als Gründe werden hier einerseits die mit der Jagdtätigkeit verbundene Störung der anderen, geschonten Arten und andererseits die Gefahr von Verwechslungen zwischen bejagdbaren und geschonten Arten angeführt.247 Feik leitet daraus ab, dass die nationalen Gesetzgeber für alle jagdbaren Vogelarten jeweils einheitliche Jagdzeiten festsetzen sollten. Für den Fall, dass der Frühjahrszug in einzelnen Teilen eines Mitgliedstaates zu unterschiedlichen Zeitpunkten beginnt, werden festgelegte, unterschiedliche Daten für das Ende der Jagdzeit als mit der Richtlinie vereinbar angesehen. Voraussetzung hiefür ist aber wiederum die Gewährleistung eines lückenlosen Schutzes der Vögel.248 Unter dieser Bedingung ist auch eine Übertragung der Befugnis zur Festsetzung dieser Daten an untergeordnete Behörden zulässig.249 ____________________
243
Mauerhofer (FN 15) 138 ff. Christl (FN 3) 49 ff. 245 EuGH Rs C-435/92, Slg 1994, I-67, Rz 22. 246 EuGH Rs C-435/92, Slg 1994, I-67, Rz 21. 247 EuGH Rs C-435/92, Slg 1994, I-67, Rz 15. 248 Im Leitfaden zu Art 7 (Kommission, FN 219, 33 f ) werden Bedingungen genannt, die ein Mitgliedstaat einhalten muss, wenn er gestaffelte Zeiten für den Beginn und/oder das Ende der Jagd gemäß Art 7 Abs 4 einführen möchte. Zur Gewährleistung des Grundsatzes des lückenlosen Schutzes müssen die Mitgliedstaaten beispielsweise nachweisen können, dass keine signifikanten Risiken im Zusammenhang mit Verwechslungen und Störungen bestehen. Der Leitfaden enthält eine Analyse der Überschneidungen und bietet darüber hinaus mögliche Lösungen für das Überschneidungsproblem. 249 EuGH Rs C-435/92, Slg 1994, I-67, Rz 25 ff. 244
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Für Mauerhofer erscheinen solche klar abgegrenzten Zeitpunkte und eine diesbezügliche Delegierung nur für Staaten mit größerer Nord/ Süd-Erstreckung und zentral geregelter Jagdgesetzgebung vorstellbar. Für die österreichische Situation wäre dies folglich nicht praktikabel. Die Kommission schlug im Jahre 1994 einen Novellierungsentwurf zur VSchRL vor,250 dessen Ziel in der Präzisierung der Kriterien, die die Mitgliedstaaten zur Festlegung der Jagdzeiten für Zugvogelarten, die in den Anwendungsbereich der Jagdgesetzgebung fallen, lag. Dazu sollte die Wortfolge „Die Mitgliedstaaten sorgen ferner dafür, dass diese Arten auf ihrem Rückflug nach den Brutplätzen geschützt sind; zu diesem Zweck legen sie die Jagdzeiten für einzelne Arten nach den Kriterien des Anhang VI fest.“ als vorletzter Satz in Art 7 eingefügt werden. Dieser neu einzuführende Anhang VI enthält Angaben für die Festlegung der Höchstdauer der Jagdzeit. Die Kriterien hiefür sind der günstige/ungünstige Erhaltungsstatus der jeweiligen Art und der Zugbeginn vor oder nach dem 20. Februar. Mauerhofer251 hält diesem Vorschlag entgegen, dass er keine Definition oder sonstige verpflichtende Vorgabe für die Mitgliedstaaten bezüglich der Begriffe günstiger/ungünstiger Erhaltungsstatus enthält. Auch stellt sich für Mauerhofer die grundsätzliche Frage, warum eigentlich Arten mit ungünstigem Erhaltungsstatus bejagt werden sollen. Zudem wäre eine völlig unterschiedliche Einstufung ein und derselben Art in einzelnen Ländern, auch solchen mit geographisch ähnlicher Lage, als Folge vorstellbar. Auch sei die Festlegung des 20. Februars als maßgeblichen Zeitpunkt nicht zweckmäßig und gerechtfertigt. Des Weiteren wird von Mauerhofer in der geplanten Regelung ein Widerspruch zu den oben beschriebenen Grundsätzen der Judikatur des EuGH gesehen. In den Begründungserwägungen zur geplanten Novelle wird angeführt, dass nach dem Subsidiaritätsprinzip die Mitgliedstaaten am besten in der Lage seien, die Einzelheiten über die Regelung der Jagd festzulegen. Dem wird von Mauerhofer entgegengehalten, dass der Schutz der Zugvögel eine länderübergreifende Aufgabe darstellt und somit dem Subsidiaritätsprinzip gar nicht zugänglich ist. Daraus leitet er die Notwendigkeit eines einheitlichen Endzeitpunktes für die Frühjahrsbejagung auf sämtliche Vögel in allen Ländern der Gemeinschaft ab. Als maßgebliches Datum wird hiefür der 31. Jänner vorgeschlagen, um eine effektive Umsetzung der EuGH-Judikatur gewährleisten zu können. Dieser Zeitpunkt soll dem für ____________________
250 Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 79/409/EWG über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten, KOM (94) 39 endg. 251 Die folgende Argumente Mauerhofers entstammen weitgehend dem Positionspapier von BirdLife International, European Community Office zum gegenständlichen Novellierungsentwurf der Kommission.
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die am frühesten ziehende Art festgesetzten Datum entsprechen und somit die Vorgaben der Rechtsprechung der EuGH erfüllen.252 Gemäß dieser wären Ausnahmen vom einheitlichen Datum nur im Einzelfall anhand nachzuweisender, geeigneter wissenschaftlicher und technischer Daten möglich. Letzten Endes blieben die Überlegungen Theorie, da der Vorschlag der Kommission nicht angenommen wurde und es somit zu keiner Änderung des Art 7 gekommen ist. Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass die Bejagung der Vögel im Rahmen des Art 7 in mehrfacher Hinsicht begrenzt ist. Während die Jagd innerhalb der sensiblen Phasen generell untersagt ist, hat sie auch außerhalb dieser den Grundsätzen einer vernünftigen Nutzung und einer ökologisch ausgewogenen Regulierung der Bestände zu entsprechen. Art 2 kann weder eine Erweiterung des Anhangs II noch eine Ausnahme von den Grundsätzen des Art 7 Abs 4 rechtfertigen. Abweichungen von den Vorgaben des Art 7 sind nur im Rahmen des Art 9 möglich.253 Inwieweit die österreichischen Jagdgesetze den detaillierten Vorgaben des Art 7 und der Rechtsprechung des EuGH entsprechen, wird im Abschnitt III genauer zu untersuchen sein. e) Das Verbot bestimmter Mittel, Einrichtungen und Methoden zum Fangen und Töten sowie Beförderungsmittel Art 8 enthält weitere Regelungen bzw Einschränkungen für das Fangen und Töten von Vögeln. Wie bereits der Überschrift entnommen werden kann, handelt es sich dabei um das Verbot von sämtlichen Mitteln, Einrichtungen oder Methoden, mit denen Vögel in Mengen oder wahllos gefangen oder getötet werden oder die gebietsweise das Verschwinden eine Vogelart nach sich ziehen können. In Anhang IV Buchstabe a) sind solche Mittel, Einrichtungen und Methoden demonstrativ aufgezählt. Es handelt sich dabei beispielsweise um Schlingen, Leimruten, Netze, halbautomatische oder automatische Waffen, deren Magazin mehr als zwei Patronen aufnehmen kann. In Art 8 Abs 2 findet sich die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, jegliche Verfolgung aus den in Anhang IV Buchstabe b) aufgeführten Beförderungsmitteln heraus und unter den dort genannten Bedingungen zu untersagen. In Anhang IV Buchstabe b) sind etwa Flugzeuge, Autos und Boote mit einer Antriebsgeschwindigkeit von mehr als 5 km/h genannt. ____________________
252 253
EuGH Rs C-435/92, Slg 1994, I-95, Rz 21. Siehe dazu Näheres unter f )bb).
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Wesentlich für die Umsetzung dieser Bestimmung ist, dass sämtliche dieser Verbote in die nationalen Bestimmungen aufzunehmen sind.254 Diese Verpflichtung besteht unabhängig davon, ob etwa in einem Mitgliedstaat von einer bestimmten Jagdmethode überhaupt Gebrauch gemacht wird. In Kapitel III der gegenständlichen Arbeit wird daher darauf einzugehen sein, ob die Verbote des Anhangs IV bereits vollständig ins innerstaatliche Naturschutz-, Jagd- und Fischereirecht aufgenommen worden sind. f) Die Ausnahmebestimmungen des Art 9 VSchRL Der Art 9 stellt die zentrale Ausnahmebestimmung innerhalb des Artenschutzregimes der VSchRL dar. Durch Art 9 erfahren die Vorgaben der Art 5, 6, 7 und 8 in gewisser Weise eine Relativierung. Dabei sind die Ausnahmen an bestimmte inhaltliche und formelle Voraussetzungen gebunden, die im Folgenden näher erläutert werden: aa) Die Prüfung von Alternativen In Art 9 Abs 1 werden taxativ Gründe angeführt, die ein Abweichen von Art 5, 6, 7 und 8 ermöglichen. Diese Gründe können aber nur Geltung erlangen, wenn es keine andere zufrieden stellende Lösung gibt. Nach Ansicht der Kommission255 sind hier folgende Alternativen umfasst: – Maßnahmen zum Schutz des Schadensobjektes – Akzeptieren des Schadens gegen eine Entschädigung oder letztlich doch eine Bestandsminderung, wenn die Art nicht empfindlich ist, ihre Häufigkeit auf Eingriffe des Menschen zurückzuführen ist und wenn der Bestand dauerhaft ist – Angebot alternativer Ressourcen oder Akzeptieren des Schadens, eventuell gegen eine Entschädigung, bei gefährdeten Kulturfolgern oder besonders empfindlichen Arten, deren Schäden sich auf die Nutzung einer vom Menschen verfügbaren Ressource (Nahrung, Nistplatz) beschränken, die zur Erhaltung der Populationsgröße erforderlich ist Vor Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach Art 9 ist daher von der Behörde zu prüfen, ob die angeführten Zwecke nicht auf eine andere Art und Weise erreicht werden können. Eine verpflichtende Alternativprüfung wird daher von den Mitgliedstaaten in die nationalen Bestimmungen aufzunehmen und von den vollziehenden Behörden im Zuge des ____________________
254
EuGH Rs 339/87, Slg 1990, I-886, Rz 32. Bericht der Kommission über die Anwendung der Richtlinie 79/409/EWG, EUR 12835 DE, 154. 255
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Ermittlungsverfahrens für eine Ausnahmegenehmigung durchzuführen sein. In diese Richtung gehen auch zwei Entscheidungen des EuGH256, in denen festgestellt wurde, dass die Niederlande und Italien die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gemäß Art 9 pflichtwidrigerweise nicht an das Erfordernis einer fehlenden „anderen zufrieden stellenden Lösung“ geknüpft haben. Die erfolgreichen Rügen bezogen sich dabei auf die mangelnde legistische Umsetzung in den jeweiligen nationalen Bestimmungen. Über die inhaltlichen Anforderungen an die von der Behörde durchzuführende Alternativprüfung wurde in den beiden Entscheidungen nichts ausgesagt. Eine nähere Erläuterung hiezu erfolgt in der gegenständlichen Arbeit im Rahmen der Ausführungen zu Art 6 FFH-RL, der ebenfalls die Prüfung von Alternativen anordnet. bb) Inhaltliche Vorgaben des Art 9 Abs 1 VSchRL Wie bereits oben erwähnt, enthält Art 9 Abs 1 eine taxative Aufzählung257 der möglichen Gründe, die eine Ausnahme vom strengen Artenschutzregime ermöglichen. Die große praktische Relevanz dieser Bestimmung wird nicht zuletzt durch die in dieser Sache zahlreich ergangenen Entscheidungen des EuGH258 dokumentiert. So sollte die Ausnahmeregelung des Art 9 etwa des Öfteren als Grundlage für die Bejagung von Vogelarten dienen, die nicht in Anhang II genannt und somit grundsätzlich nicht bejagdbar sind. Italien wollte beispielsweise die traditionelle Jagd auf Eichelhäher und Elster über Art 9 rechtfertigen. Der Weg Italiens führte deshalb über Art 9, weil die beiden Vogelarten zu diesem Zeitpunkt nicht in Anhang II259 aufgeführt waren. Der EuGH260 hielt in dieser Angelegenheit fest, dass in den nationalen Rechtsvorschriften das Verzeichnis der in Anhang II der VSchRL aufgeführten Vogelarten nicht erweitert werden dürfe. Eine von ____________________
256 EuGH Rs 236/85, Slg 1987, 3989 ff, Rz 13; EuGH Rs 262/85, Slg 1987, 3073 ff, Rz 39. 257 Art 9 Abs 1 enthält folgende Ausnahmegründe: lit a Volksgesundheit, öffentliche Sicherheit, Sicherheit der Luftfahrt, erhebliche Schäden an Kulturen, Viehbeständen, Wäldern, Fischereigebieten und Gewässern, Schutz der Pflanzen- und Tierwelt; lit b Forschungsund Unterrichtszwecke, Aufstockung der Bestände, Wiederansiedelung und Aufzucht im Zusammenhang mit diesem Maßnahmen; lit c unter streng überwachten Bedingungen die Ermöglichung des selektiven Fanges, der Haltung oder jede andere vernünftige Nutzung bestimmter Vogelarten in geringen Mengen. 258 Vgl beispielsweise die Übersicht bei Karner/Mauerhofer/Ranner (FN 15) 168. 259 Mittlerweile sind Eichelhäher, Elster, Dohle, Saat- und Rabenkrähe in den Anhang II aufgenommen und daher im Rahmen der Bestimmungen des Art 7 zu bejagen. 260 EuGH Rs 262/85, Slg 1987, 3073.
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Italien angestrebte Heranziehung des Art 9 Abs 1 lit a lehnte der EuGH unter dem Hinweis auf die fehlenden Voraussetzungen hiefür ab. So wurde weder ein Tatbestand des lit a nachgewiesen noch bestätigt, dass es keine andere zufrieden stellende Lösung gegeben habe. Auch wurde nicht begründet, weshalb die Aufnahme dieser Arten die einzig zufrieden stellende Lösung zur Abwendung erheblicher Schäden gewesen sei. Zudem nennt die nationale Bestimmung weder die Art der Risiken und die zeitlichen und örtlichen Umstände, unter denen die Abweichung getroffen werden kann, noch, welche Kontrollen vorzunehmen sind. Auch hinsichtlich des Ausmaßes der in Abs 1 lit a angeführten Schäden an Kulturen, Viehbeständen, Wäldern, Fischereigebieten und Gewässern hat sich der EuGH261 bereits geäußert, nämlich dahingehend, dass diese Bestimmung nicht bezweckt, die Gefahr von Schäden geringeren Umfangs abzuwenden. Der Umstand, dass diese Abweichung von der allgemeinen Schutzregelung das Vorliegen von Schäden eines gewissen Umfangs verlangt, entspricht nämlich der mit der Richtlinie beabsichtigten Schutzwirkung. Kurioserweise folgt der EuGH aber nicht der Ansicht der Kommission, wonach der Begriff „erhebliche Schäden“ in die nationalen Bestimmungen aufzunehmen ist.262 Dem EuGH ist zwar zuzustimmen, dass der Begriff „Schäden“ in der gegenständlichen belgischen Rechtsordnung im Sinne von „erheblichen Schäden“ gemäß Art 9 Abs 1 lit a dritter Gedankenstrich ausgelegt und angewandt werden kann, eine solche Auslegung ist meines Erachtens aber nicht zwingend. Die Übernahme des Begriffs „erhebliche Schäden“ würde zweifelsfrei eine klare und eindeutige Umsetzung bedeuten. So wird beispielsweise in den Leitsätzen dieser Entscheidung darauf hingewiesen, dass der Genauigkeit der Umsetzung in einem Fall wie dem der VSchRL, in dem die Verwaltung des gemeinsamen Erbes den Mitgliedstaaten für ihr jeweiliges Hoheitsgebiet anvertraut ist, besondere Bedeutung zukommt. Der Begriff „erhebliche Schäden“ ist daher im vorliegenden Kontext einer jener Fälle, in denen eine wörtliche Übernahme eines Richtlinienbegriffes erforderlich ist. Aus diesem Erkenntnis ist weiters hervorzuheben, dass der Ansicht des EuGH zufolge der Begriff „örtliches Interesse“ nicht zu den in Art 9 Abs 1 abschließend aufgezählten Gründen gehört, aus denen die Mitgliedstaaten von den Schutzbestimmungen der Richtlinie abweichen dürfen.263 Die Verhütung von Bränden und Überschwemmungen sowie von Krank____________________
261 262 263
EuGH Rs 247/85, Slg 1987, 3029. Vgl dazu Christl ( FN 3) 55 f. EuGH Rs 247/85, Slg 1987, 3029, Rz 58.
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heiten ist hingegen geeignet, die Entfernung und Zerstörung von Nestern gemäß Art 9 zu rechtfertigen.264 Einer näheren Erläuterung bedarf ferner der Ausnahmetatbestand der lit c in Art 9 Abs 1. Wie bereits erwähnt, ermöglicht diese unter streng überwachten Bedingungen selektiv den Fang, die Haltung oder jede andere vernünftige Nutzung bestimmter Vogelarten in geringen Mengen. Diese Ausnahmen bezieht sich zum einen auf das generelle Fangverbot in Art 5 lit a sowie zum anderen auf das Handelsverbot in Art 6 Abs 1. Art 9 Abs 1 lit c bietet die Möglichkeit, über Art 5 bzw Art 6 Abs 2 und 3 hinausgehende Abweichungen von diesen Verboten zu gestatten. Art 9 Abs 1 lit c lässt jedoch auch Ausnahmen von den Einschränkungen des Art 8 zu: So ermöglichte eine französische Regelung die Benutzung von Leimruten für den Fang von Drosseln und von horizontalen Netzen für den Fang von Feldlerchen. Nach Art 8 Abs 1 iVm Anhang IV Buchstabe a) ist die Benutzung von Leimruten und horizontalen Netzen jedoch ausdrücklich verboten. Die französische Regierung war der Ansicht, diese Maßnahmen seien nach Art 9 Abs 1 lit c gerechtfertigt, weil die Fänge in örtlicher, zeitlicher und persönlicher Hinsicht streng kontrolliert werden, um den selektiven Charakter der Fänge sicherzustellen. Die Ausübung dieser Fangmethoden unterliege ferner einer überaus strengen, kontrollierten Regelung individueller Genehmigungen. Die französischen Regelungen bestimmen nicht nur die Fangorte und den Fangzeitraum, sondern begrenzen auch die Anzahl und die Oberfläche der Fangmittel und legen die Höchstzahl der erlaubten Fänge fest. Die Einhaltung der Fangbedingungen wird zudem von den Behörden überwacht.265 Die Kommission vertrat hingegen die Auffassung, dass die Benutzung von Leimruten und horizontalen Netzen keine selektiven Fangmittel seien und somit keine „vernünftige Nutzung bestimmter Vogelarten in geringen Mengen“ ermöglichten.266 Der EuGH folgte dieser Auffassung nicht. Er konzedierte der französischen Regelung eine sehr hohe Genauigkeit, die die Erteilung von Fanggenehmigungen von einer großen Anzahl einschränkender Bedingungen abhängig mache. Außerdem habe die Kommission nicht dargelegt, dass die französischen Rechtsvorschriften gestatten, die mit einer vernünftigen Nutzung bestimmter Vögel in geringen Mengen unvereinbar wären. Im Ergebnis wurden die in Rede stehenden französischen Regelungen mit den Erfordernissen des Art 9 Abs 1 lit c vereinbar angesehen. Mau____________________
264 265 266
EuGH Rs 247/85, Slg 1987, 3029, Rz 27. EuGH Rs 252/85, Slg 1985, 2243, Rz 25 f. EuGH Rs 252/85, Slg 1985, 2243, Rz 24.
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erhofer bemerkt hier zu Recht kritisch, dass der EuGH das Merkmal der Selektivität zu sehr auf die bloßen Anwendungskriterien bestimmter Fangmethoden bezieht und weniger auf die eigentlichen Probleme, nämlich die Selektivität der Methode selbst und ihre Auswirkungen auf die betroffene Art sowie auf andere Arten.267 Ein weiterer erläuterungsbedürftiger Begriff in Art 9 Abs 1 lit c ist jener der „vernünftigen Nutzung“. Die Kommission versteht unter „vernünftig“, dass sich die Entnahme vorteilhaft auf die allgemeinen Ziele der Richtlinie auswirken muss.268 Auch sind darunter Tätigkeiten zu verstehen, die grundsätzlich die Effizienz der durch die Richtlinie getroffenen allgemeinen Regelung zum Schutz wildlebender Vogelarten verbessern. Er kann sich auf andere Formen der Nutzung beziehen, wenn diese den allgemeinen Zielen der Richtlinie nicht entgegenstehen, wie zB die Jagd mit Greifvögeln in der Falknerei.269 Der EuGH geht davon aus, dass die Beförderung rechtmäßig gefangener oder gehaltener Vögel eine vernünftige Nutzung darstellt.270 Auch stellt der EuGH271 in einem anderen Verfahren fest, dass der Fang und die Veräußerung von Vögeln auch außerhalb von Jagdzeiten im Hinblick auf ihre Haltung zur Benutzung als lebende Lockvögel oder zu Liebhaberzwecken auf traditionellen Messen und Märkten eine durch Art 9 Abs 1 lit c gestattete vernünftige Nutzung sein kann. Diese Feststellung des EuGH ist vor allem hinsichtlich des möglichen Fanges von Vögeln außerhalb der Jagdzeiten bedeutsam. Eine Weiterentwicklung erfuhr dieser Ansatz durch eine Entscheidung des EuGH272 in einem belgischen Vorabentscheidungsverfahren zum Vogelfang beinahe zehn Jahre später.273 Bezugnehmend auf seine oben zitierte Aussage schloss der EuGH nicht aus, dass auch der Fang bestimmter geschützter Arten zu Freizeitzwecken, um es zB Vogelliebhabern zu ermöglichen, sich Vögel für ihre Volieren zu beschaffen, eine vernünftige Nutzung im Sinne des Art 9 Abs 1 lit c sein kann.274 Gleichzeitig stellte er aber auch fest, dass ____________________
267 268
Mauerhofer (FN 15) 150. Bericht, EUR 12835 DE, Informationen über die Anwendung der Richtlinie 79/ 409/EWG, 51. 269 Kommission (FN 230) 10. 270 EuGH Rs 247/85, Slg 1987, 3029, Rz 48. 271 EuGH Rs 262/85, Slg 1987, 3073, Rz 38. 272 EuGH Rs C-10/96, Slg 1996, I-6775. 273 Diese Entscheidung soll im Folgenden etwas genauer erläutert werden, weil es wichtige Kernaussagen zum Vogelfang, einem auch in Österreich sehr präsenten und heißdiskutierten Thema, liefert. 274 EuGH Rs C-10/96, Slg 1996, I-6775, Rz 16.
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eine Abweichung von der in der Richtlinie vorgesehenen Schutzregelung, insbesondere von dem in Art 5 lit a ausgesprochenen Verbot, geschützte Arten zu töten oder zu fangen, nur zugelassen werden kann, wenn es keine andere zufrieden stellende Lösung gibt.275 Diese Alternative sollte im konkreten Fall die Aufzucht und Fortpflanzung der Vögel in Gefangenschaft sein, weil dies wissenschaftlich und technisch bereits möglich ist. Dass diese Möglichkeit aufgrund der bestehenden Einrichtungen und der eingewurzelten Gewohnheiten der Vogelliebhaber noch nicht im großen Umfang durchführbar ist, hindert den EuGH nicht daran, sie als eine andere zufrieden stellende Lösung zu akzeptieren.276 Aus diesem Grund entschied der EuGH, dass zum Zweck der Aufzucht und Fortpflanzung ein Mitgliedstaat nicht den Fang bestimmter geschützter Arten degressiv und zeitlich begrenzt gestatten darf.277 Die zweite Frage in diesem belgischen Vorabentscheidungsverfahren ging dahin, ob im Rahmen des Art 9 Abs 1 lit c der Fang geschützter Vogelarten möglich wäre, wenn diese dazu verwendet würden, die Nachteile der Inzucht, die sich aus den zahlreichen endogenen Kreuzungen in den für die Züchtung vorgesehenen Einrichtungen ergeben, zu vermeiden. Der EuGH bejahte eine solche Möglichkeit, allerdings wiederum unter dem Vorbehalt, dass es keine andere zufrieden stellende Lösung gibt.278 Ferner wird verlangt, dass die Anzahl der gefangenen Exemplare in einer Höhe festzusetzen ist, die zur Vermeidung dieser Nachteile objektiv notwendig ist. Dabei muss in jedem Fall die unter lit c genannte Höchstgrenze der „geringen Mengen“ beachten werden.279 Diese quantitative Umschreibung ist so zu verstehen, dass der Fang bestimmter Vogelarten auf ein striktes Minimum begrenzt wird.280 Die Ergebnisse dieses belgischen Vorabentscheidungsverfahrens legen sehr wesentliche Grundsätze für den Vogelfang im Gemeinschaftsgebiet fest. Dass die Ermöglichung des Vogelfanges über Art 9 Abs 1 lit c führt, begründet sich in der Tatsache, dass der Vogelfang im Gegensatz zur Jagd nicht als eigenständige Abweichung vom generellen Schutz des Art 5 lit a, der bekanntlich das absichtliche Töten und Fangen aller unter Art 1 fallender Vogelarten verbietet, in der VSchRL geregelt ist. Bemerkenswert ____________________
275 276 277 278
EuGH Rs C-10/96, Slg 1996, I-6775, Rz 17. EuGH Rs C-10/96, Slg 1996, I-6775, Rz 21. EuGH Rs C-10/96, Slg 1996, I-6775, Rz 22. Eine solche bestünde, wenn beispielsweise die Nachteile der Inzucht durch die Zusammenarbeit und den Austausch von Exemplaren zwischen den Zuchteinrichtungen vermieden werden könnten. 279 EuGH Rs C-10/96, Slg 1996, I-6775, Rz 27. 280 EuGH Rs 262/85, Slg 1987, 3073, Rz 39; vgl ferner die Ausführungen bei Karner/Mauerhofer/Ranner (FN 15) 151.
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ist, dass der Vogelfang somit zwar den strengen inhaltlichen und formellen Kriterien des Art 9 unterliegt, diese Bestimmungen aber für alle Vogelarten gleich gelten. Grundsätzlich können alle Vogelarten im Rahmen des Art 9 gefangen werden. Eine weitere wichtige Frage im Zusammenhang mit dem Ausnahmetatbestand des Art 9 Abs 1 lit c stellt sich bezüglich der zeitlichen Einschränkung der möglichen Abweichungen. Aus der bereits mehrfach zitierten EuGH-Entscheidung gegen Italien281 ist abzuleiten, dass bei der Gestattung von Abweichungen gewährleistet sein muss, dass die Fangzeit nicht ohne Not mit den Zeiten zusammenfällt, in denen die Richtlinie einen besonderen Schutz vorsieht. Bei diesen handelt es sich um die einzelnen Phasen der Nist-, Brut- und Aufzuchtszeit bzw bei Zugvögeln um die Phase des Rückzuges zu den Nistplätzen gemäß Art 7 Abs 4. Der Vogelfang ist in diesen Zeiträumen nur in Notsituationen zulässig. Wie Mauerhofer richtig bemerkt, werden althergebrachte Traditionen nicht als solche Notsituationen qualifiziert werden können.282 Die von Mauerhofer erwähnte analoge Anwendung dieser Aussagen auf die Jagd dürfte- zumindest dem Wortlaut nach – nicht möglich sein, weil Art 9 Abs 1 lit c von einer „anderen vernünftigen Nutzung bestimmter Vogelarten“ spricht und darunter eigentlich nicht das Töten von Tieren verstanden werden kann. Dem steht die bereits erwähnte Ansicht der Kommission entgegen, wonach die VSchRL die Legitimität der Jagd auf wildlebende Vögel grundsätzlich als eine Form der nachhaltigen Nutzung anerkennt. Auch die Rechtsprechung des EuGH geht in diese Richtung: In einem weiteren Verfahren gegen Italien283 hat der EuGH die Möglichkeit anerkannt, insbesondere aus dem in Art 9 Abs 1 lit c genannten Grund von dem Verbot der Bejagung bestimmter Vogelarten, die nicht im Anhang II der VSchRL, auf welchen Art 7 Abs 1 verweist, erwähnt sind, abzuweichen. Besonders hervorzuheben ist ferner eine aktuelle Entscheidung des EuGH284 zu Art 9 Abs 1 lit c in Zusammenhang mit Art 7 Abs 4.285 Nach Ansicht des Gerichtshofes erlaubt Art 9 Abs 1 lit c dem Mitgliedstaat, von den Jagdzeiten, die sich aus der Berücksichtigung der in Art 7 Abs 4 aufgezählten Ziele ergeben, abzuweichen. Eine solche die Jagd be____________________
281 282 283 284 285
EuGH Rs 262/85, Slg. 1987, 3073, Rz 39. Mauerhofer (FN 15) 149. EuGH Rs C-118/94, Slg. 1996, I-1223, Rz 21. EuGH Rs C-182/02, Slg 2003, Rz 12 ff. Siehe dazu oben unter d).
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treffende Abweichung ist jedoch nur gestattet, wenn es keine andere zufrieden stellende Lösung gibt, die so geregelt ist, dass sie unter streng überwachten Bedingungen selektiv stattfindet und sie nur bestimmte Vogelarten in geringen Mengen betrifft. Darüber hinaus müssen die Vorgaben des Art 9 Abs 2 erfüllt sein. Unter den hier genannten Voraussetzungen ist es daher möglich, eine Bejagung in den sensiblen Lebensphasen zuzulassen. Die Auswirkung auf die Praxis wird meines Erachtens sehr stark davon abhängen, wie restriktiv die geforderten Bedingungen geprüft werden. Abschließend zu den inhaltlichen Vorgaben des Art 9 Abs 1 soll nicht unerwähnt bleiben, dass der EuGH allgemeine, uneingeschränkte Ausnahmen zugunsten der ordnungsgemäßen land-, forst- und fischereiwirtschaftlichen Bodennutzung und der Verwertung der dabei gewonnen Erzeugnisse für unzulässig erklärt hat.286 In diesem gegen Deutschland ergangenen Urteil wurde eine Ausnahmeregelung zugunsten der ordnungsgemäßen Bodennutzung als eine Einschränkung der Schutzbestimmungen des Art 5 angesehen, welche jedoch nicht den Anforderungen des Art 9 entspricht. Die in der Ausnahmeregelung umschriebenen Tätigkeiten konnten nämlich keinem der in Art 9 aufgezählten Gründe zugeordnet werden.287 Auf diese Aussagen wird nochmals in Teil III dieser Arbeit über die Umsetzung der Richtlinienbestimmungen im österreichischen Recht Bezug genommen. cc) Die formalen Kriterien des Art 9 Abs 2 VSchRL Neben den inhaltlichen Vorgaben des Abs 1 sind für eine Abweichung von den Art 5, 6, 7 und 8 strenge Formalerfordernisse zu berücksichtigen. Diese finden sich in Art 9 Abs 2.288 Nach der Rechtsprechung des EuGH sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die in Art 9 Abs 2 aufgezählten Formerfordernisse in die nationalen Bestimmungen aufzunehmen. Christl liefert eine Auflistung der hiezu zahlreich ergangenen Entscheidungen.289 Nach diesen verfolgen die formalen Kriterien den Zweck, die ____________________
286
EuGH Rs 412/85, Slg 1987, 3503. EuGH Rs 412/85, Slg 1987, 3503, Rz 19. 288 In den Abweichungen ist anzugeben, für die welche Vogelarten die Abweichungen gelten, die zugelassenen Fang- und Tötungsmittel, -einrichtungen und -methoden, die Art der Risiken und die zeitlichen und örtlichen Umstände, unter denen diese Abweichungen getroffen werden können, weiters die Stelle, die befugt ist zu klären, dass die erforderlichen Voraussetzungen gegeben sind, und zu beschließen, welche Mittel, Einrichtungen und Methoden in welchem Rahmen von wem angewandt werden können sowie letztlich welche Kontrollen vorzunehmen sind. 289 Christl (FN 3) 58. 287
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Abweichungen auf das unbedingt Notwendige zu beschränken und ihre Überwachung durch die Kommission zu ermöglichen.290 Die strengen und detailliert geregelten Formalkriterien des Abs 2 iVm den taxativ formulierten inhaltlichen Vorgaben des Abs 1 bringen klar zum Ausdruck, dass es sich bei Art 9 um eine sehr konkrete und gezielt anzuwendende Ausnahmebestimmung des Artenschutzregimes handelt. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, für eine entsprechende legistische Umsetzung sowie wirksame Vollziehung zu sorgen und vor allem gefordert, den Art 9 nicht als Grundlage für pauschal geregelte Ausnahmegenehmigungen zu nutzen. g) Zusammenfassung Die Ausführungen zum universellen Schutzregime gemäß Art 5 dokumentieren den Umfang der Artenschutzvorschriften der VSchRL. Hinzuweisen ist in Zusammenhang mit Art 5 auf die konkreten Umsetzungsverpflichtungen für die Mitgliedstaaten. Dies gilt im Übrigen auch für das Handelsverbot gemäß Art 6. Begründend wird hier die bekannte Judikatur des EuGH herangezogen, wonach die bloße Verwaltungspraxis keine ausreichende Umsetzung bildet. Zentrales Thema im Kapitel Artenschutz ist die Bejagung der Vögel. Art 7 ermöglicht unter bestimmten Voraussetzungen die Jagd auf die in Anhang II genannten Vogelarten, wobei diese Auflistung von den Mitgliedstaaten nicht erweitert werden darf. Kern der Rahmenbedingungen für die Jagdausübung und maßgeblich für die innerstaatliche Umsetzung ist das grundsätzliche Jagdverbot während der so genannten sensiblen Lebensperioden der Vögel. Die Auslegung dieser Zeiträume durch die Kommission hat wesentliche Auswirkungen auf die heimische Jagd. Die Ausführungen zu Art 9 zeigen die inhaltlichen und formellen Voraussetzungen für die Anwendung dieser Ausnahmebestimmung. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass diese Bestimmung zwar für viele praxisrelevante Konfliktfelder eine grundsätzliche Lösungsmöglichkeit bietet, die vorgesehenen Ausnahmen aber nur bei Vorliegen der restriktiv zu interpretierenden Voraussetzungen möglich sind.
____________________
290 Nach Art 9 Abs 3 übermitteln die Mitgliedstaaten der Kommission jährlich einen Bericht über die Anwendung dieses Artikels. Gemäß Art 9 Abs 4 achtet die Kommission anhand der ihr vorliegenden Informationen, insbesondere der Informationen, die ihr nach Absatz 3 mitgeteilt werden, ständig darauf, dass die Auswirkungen dieser Abweichungen mit diese Richtlinie vereinbar sind. Sie trifft entsprechende Maßnahmen.
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6. Die weiteren Bestimmungen der VSchRL a) Die Forschung, Wiederansiedelung, Berichtspflicht an die Kommission sowie das Verbot einer Verschlechterung der derzeitigen Lage Die in dieser Überschrift genannten Themen finden sich den Art 10 bis 13 der VSchRL. Sie werden an dieser Stelle nur in aller Kürze behandelt, weil ihnen im Verhältnis zu den Gebietsschutz- und Artenschutzbestimmungen eine wesentlich geringere Bedeutung bezüglich der Auswirkung und Umsetzung im innerstaatlichen Recht zukommt. Art 10 sieht eine Förderung notwendiger Forschungen und Arbeiten zum Schutz, zur Regulierung und zur Nutzung der Bestände aller unter Art 1 fallender Vogelarten durch die Mitgliedstaaten vor. Dabei werden in Anhang V Themen aufgeführt, denen besondere Aufmerksamkeit gewidmet wird. In Art 11 findet sich die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, dafür Sorge zu tragen, dass sich die etwaige Ansiedelung wildlebender Vogelarten, die im europäischen Hoheitsgebiet nicht heimisch sind, nicht nachteilig auf die örtliche Tier- und Pflanzenwelt auswirkt. Dazu ist ua eine Konsultation der Kommission vorgesehen. Art 12 verpflichtet die Mitgliedstaaten, alle drei Jahre einen Bericht über die Anwendung der aufgrund der VSchRL erlassenen einzelstaatlichen Vorschriften an die Kommission zu übermitteln. Diese erstellt auf Basis der ihr zugegangenen Informationen einen zusammenfassenden Bericht.291 Die Berichtspflicht der Mitgliedstaaten war erst kürzlich Gegenstand einer Entscheidung des EuGH292. Die klagende Kommission verlangte im gegenständlichen Fall den Erlass nationaler Maßnahmen zur Umsetzung des Art 12 Abs 1. Der Kommission ging es dabei ua um die Festlegung der für die Erstellung und Übermittlung des Berichts zuständigen Behörden und Verfahren. Nach Ansicht des EuGH konnte die Kommission allerdings nicht den Nachweis erbringen, dass die Erfüllung dieser Verpflichtung den Erlass spezifischer Maßnahmen zur Umsetzung in die nationale Rechtsordnung erforderlich macht. Die Rüge der Nichtumsetzung von Art 12 wurde daher zurückgewiesen. Der EuGH folgt mit dieser Entscheidung den Ausführungen des Generalanwalts293, der im vorliegenden Fall keine Vertragsverletzung in Be____________________
291 Eine Übersicht über die einzelnen Berichtspflichten in der VSchRL findet sich bei Mauerhofer (FN 15, 166) 292 EuGH Rs C-72/02, Slg 2003, Rz 18 ff. 293 Generalanwalt Alber, Schlussantrag in der Rs C 72/02, Slg 2003, Rz 20 ff.
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zug auf Art 12 Abs 1 sah. Der Generalanwalt geht in seinen Ausführungen von der bekannten Verpflichtung der Mitgliedstaaten aus, im Rahmen seiner nationalen Rechtsordnung alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die volle Wirksamkeit der Richtlinie entsprechend ihrer Zielsetzung zu gewährleisten. Gleichzeitig schränkt er aber ein, dass hiefür nicht in jedem Fall ein Tätigwerden des Gesetzgebers erforderlich ist. Was konkret zur Umsetzung einer Richtlinie zu tun ist, ergibt sich nicht abstrakt, sondern ist durch Auslegung der jeweiligen Vorschrift zu ermitteln. Im Rahmen dieser konkreten Auslegung hält der Generalanwalt fest, dass die in Rede stehende Berichtspflicht nach ihrem Inhalt und ihrem Zweck eine politische Funktion erfüllt und nicht dazu dient, eine Kontrolle in einem bestimmten Einzelfall zu ermöglichen. Auch ist es aus rechtssystematischer Sicht für das Gemeinschaftsrecht grundsätzlich ohne Bedeutung, welche innerstaatliche Behörde tätig wird, so der Generalanwalt. Letztlich spricht im vorliegenden Fall auch das Bedürfnis nach Rechtsklarheit und Rechtssicherheit nicht für die Pflicht zum Tätigwerden des Gesetzgebers. Art 12 regelt nämlich nur Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission und betrifft nicht die Rechte Dritter. Schließlich enthält Art 13 ein allgemeines Verschlechterungsverbot. Nach diesem dürfen die aufgrund der VSchRL getroffenen Maßnahmen in Bezug auf die Erhaltung aller unter Art 1 fallender Vogelarten nicht zu einer Verschlechterung der derzeitigen Lage führen.294 b) Die Festlegung strengerer Schutzmaßnahmen Art 14 ermöglicht den Mitgliedstaaten, strengere Schutzmaßnahmen zu ergreifen, als sie in der VSchRL vorgesehen sind. Die Richtlinienvorgaben sind somit grundsätzlich als Mindeststandard zu verstehen, der von den Mitgliedstaaten durch weitergehende Bestimmungen angehoben werden kann. In einem niederländischen Vorabentscheidungsverfahren hat der EuGH295 wesentliche Grundsätze zur Auslegung des Art 14 entwickelt. Konkret ging es dabei um ein Strafverfahren gegen eine Geflügelhandlung wegen eines verbotenen Verkaufes von Schottischen Moorschneehühnern. Das vorlegende niederländische Gericht ging davon aus, dass es sich bei dem Einfuhr- und Vermarktungsverbot um eine Maßnahme gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung im Sinne des ____________________
294 Christl (FN 3, 59) geht hier irrtümlich davon aus, dass die innerstaatliche Umsetzung der VSchRL zu keiner Verschlechterung der bestehenden Rechtslage in Österreich führen darf. 295 EuGH Rs C-169/89, Slg 1990, I-2143.
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Art 28 (ehemals Art 30) EG handelt. Aus der Sicht des Gerichtes reduzierte sich die Vorlagefrage darauf, ob das umstrittene Verbot eine Maßnahme darstellen kann, die im Sinne des Art 30 (ehemals Art 36) EG aus Gründen des Schutzes der Gesundheit und des Lebens von Tieren gerechtfertigt werden kann.296 Der EuGH lehnte diese Rechtfertigung für eine Vogelart ab, die weder eine Zugvogelart, noch bedroht im Sinne der VSchRL ist und nicht im Gebiet des gesetzgebenden Mitgliedstaates, sondern in dem eines anderen Mitgliedstaates heimisch ist, in dem ihre Bejagung sowohl nach der VSchRL als auch nach dem Recht dieses anderen Mitgliedstaates gestattet ist.297 Im gegenständlichen Fall bezog sich die nationale Vorschrift auf eine nicht in den Niederlanden heimische Vogelart, die auch weder eine Zugvogelart noch eine in Anhang I der VSchRL aufgelistete Art war. Daraus kann abgeleitet werden, dass die Möglichkeit der Erlassung strengerer Schutzvorschriften nur für im betroffenen Land heimische Arten gilt sowie für Zugvögel oder Anhang I Arten. Für die übrigen Vogelarten lässt Art 30 EG iVm der VSchRL keine Einfuhr- und Vermarktungsverbote zu. Christl298 äußert sich zur gegenständlichen Interpretation des Art 14 kritisch und meint, dass Art 14 ganz allgemein von der Möglichkeit strengerer Schutzvorschriften spricht und nicht zwischen einzelnen Kategorien von Vogelarten differenziert. Demzufolge müsste diese Regelung auch für sämtliche der VSchRL unterliegende Vogelarten gelten. Christl verweist diesbezüglich auch auf Feik299, der die Frage stellt, ob die klare Formulierung des Art 14 tatsächlich eine solche Unterscheidung zulässt, zumal sich der Geltungsbereich der VSchRL auf „sämtliche wildlebenden Vogelarten“ (Art 1) erstreckt. Auch verweist Christl auf die vorangegangene Rechtsprechung des EuGH300, wonach die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, in ihren nationalen Rechtsvorschriften auch für den Schutz nicht heimischer Vogelarten zu sorgen. Dieser Argumentation ist grundsätzlich zuzustimmen, weil der Wortlaut des Art 14 keinen Hinweis enthält, hier zwischen den einzelnen Kategorien von Vögeln zu unterschieden. Im vorliegenden Fall ist jedoch zu beachten, dass es sich bei der Regelung des Art 6 um eine Einschränkung einer Grundfreiheit innerhalb der Gemeinschaft, nämlich der Warenver____________________
296 297 298 299 300
EuGH Rs C-169/89, Slg 1990, I-2143, Rz 4. EuGH Rs C-169/89, Slg 1990, I-2143, Rz 16. Mauerhofer (FN 3) 61 f. Feik (FN 14) 4. EuGH Rs 247/85, Slg 1987, 3029, Rz 22; EuGH Rs C-149/94, Slg 1996, I-299, Rz 18.
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kehrsfreiheit, handelt. Für solche Konstellationen sieht – wie bereits erwähnt – Art 30 EWG vor, dass aus Gründen des Schutzes der Gesundheit und des Lebens von Tieren Abweichungen vom freien Warenverkehr möglich sind. Art 14 sind somit hinsichtlich der Regelungen von Handelsbeschränkungen Grenzen gesetzt. Im konkreten Fall ging es um das Schottische Moorschneehuhn, dass in seiner Heimat bejagt werden darf sowie auch in Anhang III Teil 1 angeführt und daher gemäß Art 6 Abs 2 nicht dem Handelsverbot des Art 6 Abs 1 unterliegt. Die Frage war, ob die gegenüber der VSchRL „verschärfte“ niederländische Regelung noch von Art 30 EWG gedeckt ist. Der EuGH verweist im gegenständlichen Erkenntnis301 auf seine ständige Rechtsprechung zu Art 30 EG302, wonach eine Richtlinie, die eine vollständige Harmonisierung der nationalen Vorschriften enthält, die Berufung auf diese Bestimmung ausschließt. Zum Grad der Harmonisierung der VSchRL meint der EuGH, dass die Richtlinie eine abschließende Regelung der Befugnisse der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Erhaltung der wildlebenden Vogelarten enthält. Zur Bestimmung des Umfanges der den Mitgliedstaaten in Art 14 zugestandenen Befugnisse ist zu untersuchen, welche Hauptkriterien es sind, von denen sich der Gemeinschaftsgesetzgeber auf diesem Gebiet hat leiten lassen.303 Und gerade hier nimmt der EuGH eine klare Differenzierung zwischen den Vogelarten vor und erklärt Art 14 bloß für Zugvogelarten und die am meisten bedrohten Vogelarten für anwendbar. Bezüglich der anderen in der VSchRL genannten Vogelarten haben die Mitgliedstaaten bloß alle erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft zu setzen, um der Richtlinie nachzukommen. Sie sind aber nicht befugt, für diese Arten, außer es handelt sich um im jeweiligen Gebiet heimische, strengere Schutzmaßnahmen zu erlassen, als sie in der Richtlinie vorgesehen sind. Im Ergebnis bedeutet dies, dass eine über den Umfang der VSchRL hinausgehende Einschränkung des freien Warenverkehrs nur zugunsten von besonders schutzwürdigen und nicht für sämtliche Vogelarten der VSchRL zulässig ist. ____________________
301 302
EuGH Rs C-169/89, Slg 1990, I-2143, Rz 8. EuGH Rs 29/87, Slg 1988, 2982; In diesem dänischen Vorabentscheidungsverfahren ging es ua um die Frage, inwieweit Überprüfungen von eingeführten Futtermittel auf ihre Zusätze zulässig sind. Hier stellt der EuGH fest, dass die hier einschlägige Richtlinie eine so weitgehende Harmonisierung vorsieht, dass sich die Mitgliedstaaten nicht auf Art 36 EWG berufen können, wenn sie bei der Einfuhr von Futtermitteln, die Zusatzstoffe enthalten, aus anderen Mitgliedstaaten nationale Maßnahmen zur Sicherstellung der Identifizierung und Reinheit der betreffenden Zusatzstoffe treffen. 303 EuGH Rs C-169/89, Slg 1990, I-2143, Rz 9 f.
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Wenn nun Christl darauf verweist, dass generelles Schutzziel der VSchRL die Erhaltung bzw Wiederherstellung sämtlicher der Richtlinie unterliegenden Vogelarten ist, so darf nicht vergessen werden, dass die nicht in den Genuss des Art 14 kommenden Vogelarten nicht gänzlich schutzlos sind, sondern immerhin das Schutzniveau der VSchRL genießen. Unter diesem Aspekt erscheint eine Begrenzung des durch Art 6 normierten Schutzumfanges nach oben aufgrund der Kollision mit dem freien Warenverkehr gerechtfertigt. c) Vorschriften zur Änderung der VSchRL In den Art 15 bis 17 finden sich verfahrenstechnische Bestimmungen, die mögliche Änderungen der VSchRL regeln. Dabei geht es vordergründig um die Anpassung der Anhänge an den wissenschaftlichen und technischen Fortschritt. Hiezu ist ua die Einrichtung einer eigenen Kommission vorgesehen. Eine genauere Erläuterung dieser Bestimmungen erscheint in Zusammenhang mit dem Thema der gegenständlichen Arbeit nicht erforderlich. d) Zeitliche Vorgabe zur Umsetzung der VSchRL Wie bereits in Kapitel 4.b)dd) über den zeitlichen Anwendungsbereich des Schutzregimes nach Art 4 erwähnt, setzen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, um dieser Richtlinie innerhalb von zwei Jahren nach ihrer Bekanntgabe nachzukommen. Die Kommission wird hierüber unverzüglich in Kenntnis gesetzt. Abs 2 des hier einschlägigen Art 18 fordert ferner eine Übermittlung des Wortlautes der wichtigsten innerstaatlichen Rechtsvorschriften, die von Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der VSchRL erlassen wurden. Abschließend soll nochmals darauf hingewiesen werden, dass für Österreich die Umsetzung der VSchRL mit 1. Jänner 1995 hätte erfolgt sein müssen, weil für die Anwendung dieser Richtlinie im Beitrittsabkommen und in den entsprechenden Anhängen vom „Grundsatz der sofortigen vollständigen Anwendung der Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts in den neuen Mitgliedstaaten“ keine anders lautenden Bestimmungen vereinbart wurden.304 In Zusammenhang mit der Frist zur Umsetzung der Richtlinie soll an dieser Stelle noch kurz auf die – im vorliegenden Fall aufgrund der nicht fristgerechten Umsetzung relevante – unmittelbare Anwendbarkeit der VSchRL eingegangen werden. Bezüglich der Rechtsfolgen der nicht recht____________________
304
Christl (FN 3) 63.
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zeitigen Ausweisung von besonderen Schutzgebieten kann dazu auf den Inhalt des Kapitels 4.b)ee) verwiesen werden. Hinsichtlich der Artenschutzbestimmungen ist festzuhalten, dass diese aus Sicht der Lehre unmittelbar anwendbar sind. So betont etwa Christl305, dass die Wirksamkeit der Artenschutzbestimmungen weder von zusätzlichen Regelungen oder Maßnahmen der Mitgliedstaaten abhängig306, noch unklar oder zweideutig formuliert307 sind.308 Dieser Ansicht schließt sie sich auch Mauerhofer309 an, der bezugnehmed auf die „Großkrotzenburg“ Entscheidung des EuGH310 davon ausgeht, dass staatliche Behörden Verpflichtungen, die sich aus einer hinreichend bestimmten und unbedingten Richtlinie ergeben, unabhängig davon zu erfüllen haben, ob sich einzelne Marktbürger deren Vorschriften zu Nutze machen können.311
C. Die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie 1. Einleitung Wie bereits zu Beginn dieser Arbeit erwähnt, bildet die FFH-RL neben der VSchRL die zweite rechtliche Säule für das „Projekt Natura 2000“. Die am 21. Mai 1992 vom Rat der Europäischen Gemeinschaften beschlossene FFH-RL bildet eine umfassende und gemeinschaftsweit verbindliche Vorgabe zur Erhaltung und Entwicklung des europäischen Naturerbes vor. Die Richtlinie wurde auf Art 175 (ehemals Art 130s) EG gestützt.312 Schutzverstärkende Maßnahmen sind daher auf der Basis von Art 176 (ehemals Art 130t) EG zulässig.313 Während die VSchRL ein punktuelles, allein dem einer bestimmten Artengruppe dienendes Regelwerk darstellt, enthält der Regelungsbereich ____________________
305 306 307 308
Christl (FN 3) 53. Somit „unbedingt“. Daher „hinreichend bestimmt“. Auch für Krämer (FN 6, 146) sind beispielsweise Art 5 und 6 klar und unzweideutig formuliert und nicht von der Verwirklichung irgendeiner weiteren Bedingung abhängig. Ferner ist Krämer der Ansicht, dass auch Art 4 Abs 4 eindeutig und unbedingt formuliert ist. Auf die Tatsache, dass Abs 4 grundsätzlich an die Schutzgebietseigenschaft der Abs 1 und 2 anknüpft, geht Krämer allerdings nicht ein. 309 Mauerhofer (FN 3) 10. 310 EuGH Rs C-431/93, Slg 1995, I-2189. 311 Dass hier berechtigte Zweifel bestehen, zeigen die voranstehenden Ausführungen zur unmittelbaren Anwendbarkeit von Richtlinien. 312 Auf die diesbezügliche Besonderheit bei der VSchRL wurde bereits im vorangehenden Kapitel hingewiesen. 313 Christl (FN 3) 20.
Aufbau und Regelungszweck der FFH-Richtlinie
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der FFH-RL einen umfassenden Lebensraumschutz sowie den Schutz der wildlebenden Tier- und Pflanzenarten. Dementsprechend löst die FFHRL die ältere VSchRL nicht ab, sondern dient ihrer Ergänzung.314 Rödiger-Vorwerk sieht im Übergang von der Erhaltung bestimmter Arten hin zu einem generellen Schutz ganzer Ökosysteme, flankiert von Bewirtschaftungsmaßnahmen, einen Paradigmenwechsel auf europäischer Ebene.315 So greift die FFH-RL beispielsweise wesentliche Inhalte des Berner-Übereinkommens zum Artenschutz316 auf, erweitert das rechtliche Instrumentarium jedoch um das des Lebensraumschutzes. Wie die nachfolgenden Ausführungen zu Art 3 zeigen, sieht die Richtlinie die Einrichtung eines kohärenten ökologischen Netzes besonderer Schutzgebiete vor mit dem Ziel, die Erhaltung der gemeinschaftlichen Artenvielfalt zu sichern. Aufbau und Inhalt der FFH-RL wird ähnlich wie bei der VSchRL dargestellt. Die wesentlichen Schwerpunkte bilden dabei wiederum der Gebietsschutz sowie die Artenschutzbestimmungen.
2. Aufbau und Regelungszweck der FFH-Richtlinie Die Erhaltung, der Schutz und die Verbesserung der Qualität der Umwelt sind wesentliche Ziele der Gemeinschaft und von allgemeinem Interesse. Dazu zählt ua der Schutz der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen. Gemäß den Erwägungsgründen der Richtlinie liegt deren Hauptziel in der Förderung und Erhaltung der biologischen Vielfalt. Art 2 spricht in diesem Zusammenhang von der Sicherung der Artenvielfalt durch die Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen. Dabei findet sich sowohl in der Begründungserwägung als auch in Art 2 Abs 3 der Hinweis, dass bei der Verwirklichung dieses Zieles den Anforderungen von Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur sowie den regionalen und örtlichen Besonderheiten Rechnung zu tragen ist. Auf die Berücksichtigung dieser Interessen wird bei der Auswahl der Schutzgebiete und bei der nach Art 6 durchzuführenden Verträglichkeitsprüfung noch näher einzugehen sein. In der Begründungserwägung wird weiters der sich unaufhörlich verschlechternde Zustand der natürlichen Lebensräume im europäischen Gebiet der Mitgliedstaaten erwähnt und auf die in zunehmender Zahl ernstlich bedrohten verschiedenen Arten wildlebender Tiere und Pflanzen hingewiesen. Da die Bedrohung oft eine grenzübergreifende ist, sind zur Er____________________
314 315 316
Vgl hiezu auch die Kommission (FN 230) 3. Rödiger-Vorwerk (FN 62) 5. BGBl Nr 372/1983, idF Nr 747/1990.
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haltung der Lebensräume und Arten Maßnahmen auf Gemeinschaftsebene erforderlich. Konkretisiert wird die Zielvorgabe der Richtlinie durch Art 2 Abs 2. Diesem zufolge zielen die aufgrund der Richtlinie getroffenen Maßnahmen darauf ab, einen günstigen Erhaltungszustand der natürlichen Lebensräume und der wildlebenden Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse zu bewahren oder wiederherzustellen. Was unter einem günstigen Erhaltungszustand eines Lebensraumes zu verstehen ist, wird durch die Begriffsbestimmung in Art 1 lit e näher definiert. Wie bereits in der Einleitung angedeutet, enthält auch die FFH-RL zwei große Teilbereiche, nämlich den des Lebensraumschutzes (Art 3 bis 11) sowie jenen des Artenschutzes (Art 12 bis 16). Die Art 17 bis 24 enthalten Bestimmungen über Informationspflichten, Forschung, Verfahrenvorschriften zur Änderung der Anhänge, Wiederansiedelung sowie zur Umsetzung und Durchführung der Richtlinie.317
3. Der Gebietsschutz in der FFH-Richtlinie a) Allgemeines zum Schutzgebietssystem Natura 2000 Art 3 Abs 1 Satz 1 sieht die Errichtung eines kohärenten europäischen ökologischen Netzes besonderer Schutzgebiete mit der Bezeichnung Natura 2000 vor. Dieses Schutzgebietsnetz soll sich aus den Gebieten, die die natürlichen Lebensraumtypen des Anhangs I sowie die Habitate der Arten des Anhangs II umfassen sowie aus den von den Mitgliedstaaten aufgrund der VSchRL ausgewiesenen besonderen Schutzgebieten zusammensetzen. Bei den natürlichen Lebensräumen in Anhang I318 handelt es sich entsprechend der Begriffsdefinition des Art 1 lit c um solche, die vom Verschwinden bedroht sind, ein geringes natürliches Verbreitungsgebiet haben oder typische Merkmale einer oder mehrerer alpiner, atlantischer, borealer, kontinentaler, makronesischer oder mediterraner biogeographischer Regionen319 aufweisen. Der Anhang II der FFH-RL umfasst eine Vielzahl ____________________
317
Diese kurze Auflistung zeigt den ähnlichen Aufbau im Vergleich zur VSchRL. Die rund 240 Lebensräume in Anhang I gliedern sich in Küstenbereiche und halophytische Vegetation, Dünen an Meeresküsten und im Binnenland, Süßwasserlebensräume, gemäßigte Heide- und Buschvegetation, Hartlaubgebüsche, natürliches und naturnahes Grasland, Hoch- und Niedermoore, felsige Lebensräume und Höhlen sowie Wälder. Beispiele für Anhang I Lebensräume wären Berg-Mähwiesen, alpine und subalpine Kalkrasen, Pfeifengraswiesen oder Hainsimsen-Buchenwälder. 319 Österreich hat dabei Anteil an der alpinen und kontinentalen Region. 318
Der Gebietsschutz in der FFH-Richtlinie
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verschiedenster Tier- und Pflanzenarten320, deren Erhaltung im gemeinschaftlichen Interesse321 liegt und zu deren Gunsten Schutzgebiete eingerichtet werden müssen. Im zahlenmäßigen Vordergrund stehen dabei Tierund Pflanzenarten des makaronesischen und mediterranen Bereichs.322 In Zusammenhang mit den Anhängen I und II ist auf die Priorität bestimmter Lebensräume und Arten hinzuweisen. Die FFH-RL sieht nämlich für die prioritären Lebensräumen des Anhangs I323 und die prioritären Arten324 des Anhangs II besondere Bestimmungen hinsichtlich Konzertierungsverfahren (Art 5) und Anwendung des Schutzregimes (Art 6) vor. Gemäß dem letzten Satz in Art 3 Abs 1 hat das Netz den Fortbestand oder gegebenenfalls die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes325 der natürlichen Lebensraumtypen und Habitate der Arten in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet zu gewährleisten. Das Ziel eines günstigen Erhaltungszustandes soll ua durch das Schaffen so genannter Trittsteine erreicht werden, welche es den einzeln zu schützenden Arten ermöglicht, sich in ihrer natürlichen Lebensweise so zu entfalten, dass ihr Bestand gesichert ist. b) Die Ausweisung der Schutzgebiete Im Gegensatz zur VSchRL326 sieht die FFH-RL ein detailliert geregeltes Verfahren für die Ausweisung der Schutzgebiete vor.327 Bereits in Art 3 Abs 2 wird jeder Mitgliedstaat angehalten, im Verhältnis der in seinem Hoheitsgebiet vorhandenen natürlichen Lebensraumtypen bzw Habitate der Arten zur Errichtung von Natura 2000 beizutragen. Daran anknüpfend ist der in Stufen verlaufende Ausweisungsprozess der Schutzgebiete in Art 4 bzw in Anhang III geregelt. ____________________
320 Bei den Tierarten handelt es sich beispielsweise um den Luchs, den Fischotter, verschiedene Fledermausarten oder den Hirschkäfer. Bekannte Pflanzenarten des Anhangs II sind Frauenschuh, Arnika oder Gelber Enzian. 321 Die Begriffsdefinition der Arten von gemeinschaftlicher Bedeutung findet sich in Art lit g der FFH-RL. 322 Gellermann (FN 25) 46. 323 Die mit Sternchen gekennzeichneten prioritären Lebensräume werden im Art lit d näher beschrieben. 324 Die Definition der ebenso mit Sternchen gekennzeichneten prioritären Arten findet sich in Art 1 lit h. 325 Vgl Art 1 lit e. 326 Vgl die Ausführungen unter B.4.b). 327 Stüber, Gibt es „potentielle Schutzgebiete“ im Sinne der FFH-Richtlinie?, NuR 1998, 531.
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Es handelt sich hier im Gegensatz zur VSchRL um ein dreistufiges Verfahren unter maßgeblicher Beteiligung der Mitgliedstaaten.328 In einem ersten Schritt sind von den Mitgliedstaaten nationale Gebietslisten vorzulegen. Diese dienen als Grundlage für den von der Kommission im Einvernehmen mit den Mitgliedstaaten zu erstellenden Entwurf einer Liste von Gebieten, denen eine gemeinschaftliche Bedeutung beizumessen ist. In der dritten Stufe wird dieser Entwurf unter Beteiligung des vorwiegend aus Vertretern der Mitgliedstaaten gebildeten Habitatausschusses als endgültige Gemeinschaftsliste verabschiedet. Die näheren Details zum Entstehen dieses Schutzgebietssystems und vor allem die sich in diesem Zusammenhang stellenden rechtlichen Fragestellungen werden in Anlehnung an die einzelnen Verfahrensschritte wie folgt näher erläutert:329 aa) Phase 1 – Die Erstellung der nationalen Gebietslisten aaa) Allgemeines Wie bereits in den einleitenden Sätzen angeklungen, sind in der ersten Phase die Mitgliedstaaten für die Erstellung der nationalen Listen verantwortlich. Freytag/Iven330, Madner331 und Gellermann332 sprechen in diesem Zusammenhang von einer Vorauswahl durch die Mitgliedstaaten. Gemäß Art 4 Abs 1 UAbs 1 legen die Mitgliedstaaten anhand der in Anhang III Phase 1 festgelegten Kriterien und einschlägiger wissenschaftlicher Informationen eine Liste von Gebieten vor. In dieser Liste sind die in den vorgeschlagenen Gebieten vorkommenden natürlichen Lebensraumtypen des Anhangs I und die einheimischen Arten des Anhangs II angeführt. Formal erfolgt die Meldung mittels des bekannten „Standard-Datenbogens“. Dieses offizielle Meldeformular333 enthält für jedes Einzelgebiet eine kartographische Darstellung, seine Bezeichnung und geographische Lage sowie Angaben über die Größe und alle Daten, die sich aus der An____________________
328
Madner (FN 3) 34. Eine sehr umfangreiche Beschreibung der einzelnen Verfahrensschritte findet sich bei Gellermann (FN 25) 48 ff sowie bei Rödiger-Vorwerk (FN 62) 24 ff. 330 Freytag/Iven (FN 115) 110. 331 Madner (FN 3) 34. 332 Gellermann (FN 25) 49. 333 Vgl hiezu die Entscheidung der Kommission vom 18. Dezember 1996 über das Formular für die Übermittlung von Informationen zu den im Rahmen von Natura 2000 vorgeschlagenen Gebieten, 97/266/EG, ABl L 107 vom 24.04.1997. 329
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wendung der für die Gebietsauswahl maßgeblichen Kriterien ergeben.334 Das vorgegebene Grundschema gilt auch für Vogelschutzgebiete, wodurch wiederum die Integration dieser in das Natura 2000 Netzwerk dokumentiert wird.335 Mit Stand vom 14. Oktober 1998 waren der Kommission aus den 15 Mitgliedstaaten 6.977 Gebietsvorschläge mit einer Gesamtfläche von 284.727 km² gemeldet worden.336 Christl337 berichtet in ihrer Untersuchung im Jahre 1999 von etwa 100 Gebieten, die im Juni 1995 von Österreich auf die nationale Liste gesetzt und nach Brüssel gesendet wurden.338 Diese Liste wurde seitdem stetig ergänzt und umfasst zur Zeit 164 Gebiete339, dass entspricht etwa mehr als 16 % der Fläche Österreichs. Die nominierten Vogelschutzgebiete nehmen eine Fläche von rund 14 % ein, jene nach der FFH-RL circa 11 %, wobei ein Großteil der Gebiete sowohl nach der VSchRL als auch nach der FFH-RL vorgeschlagen ist. Mit diesen Werten liegt Österreich im Vergleich zu den anderen Mitgliedstaaten im Mittelfeld.340 Das Bundesland Salzburg hat bisher 27 Natura 2000 Gebiete mit einer Gesamtfläche von 108.398 ha nominiert, dass entspricht etwa 15 % der Landesfläche.341 bbb) Kriterien für die Auswahl der Gebiete Die materiellen Vorgaben für die Auswahl der zukünftigen Schutzgebiete finden sich in Anhang III der Richtlinie. Die dort unter Phase 1 ____________________
334 In den Erläuterungen zum Standard-Datenbogen wird einleitend betont, dass der Erfolg von Natura 2000 sehr weitgehend davon abhängt, wie viele Informationen über Lebensräume und Arten von gemeinschaftlichem Interesse im Laufe der nächsten Jahre gesammelt werden. Es wird daher erwartet, dass sämtliche Informationen vorgelegt werden, die für die Ausweisung bzw Einstufung eines Gebietes relevant sind. Hiezu gehören insbesondere Informationen, durch die die Auswahl des betreffenden Gebietes begründet werden kann und die es ermöglichen, den Beitrag des Gebietes zur Wirksamkeit und Kohärenz des Natura 2000 Netzwerkes zu bewerten. 335 Gebhard, Auswahl und Management von FFH-Gebieten, NuR 1999, 362 f. 336 Gebhard (FN 335) 365. 337 Christl (FN 3) 66. 338 Die Einreichfrist lief mit 5. Juni 1995 ab, nachdem in Art 4 Abs 1 eine Dreijahresfrist ab Bekanntgabe der Richtlinie (5. Juni 1992) vorgesehen ist. 339 Siehe http://www.umweltdachverband.at/naturschutz/natura2000/index.htm, Stand 1. Dezember 2004. 340 Siehe http://europa.eu.int/comm/environment/nature/barometer/barometer.htm. 341 NaturLandSalzburg, 4/2002, 28; http://www.salzburg.gv.at/themen/nuw/naturschutz/ natura2000.htm.
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aufgelisteten Kriterien342 dienen der Beurteilung der Bedeutung eines Gebietes für einen natürlichen Lebensraum des Anhangs I (Buchstabe A) oder für eine gegebene Art des Anhangs II (Buchstabe B). Weiters stufen die Mitgliedstaaten anhand dieser Kriterien die ausgewählten Gebiete entsprechend ihres relativen Wertes für die Erhaltung der Lebensräume und Arten ein. Die so ermittelten Gebiete kommen somit als Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung in Betracht. Gebhard343 weist hier berechtigterweise darauf hin, dass es sich bei den natürlichen Lebensraumtypen neben den vom Verschwinden bedrohten oder durch ein geringes natürliches Verbreitungsgebiet gekennzeichneten344 auch um solche handeln kann, die typische Merkmale einer oder mehrerer der sechs biogeographischen Regionen aufweisen. Diese Tatsache verdeutlicht, dass zum europäischen Naturerbe nicht nur gefährdete, sondern auch intakte natürliche Lebensräume gehören.345 Dabei findet eine Beurteilung der relativen Bedeutung der Gebiete statt, wobei auf die relative Flächengröße des Hoheitsgebietes des jeweiligen Mitgliedstaates Bezug zu nehmen ist. Maßgeblich ist, dass die gemeinschafts- oder europaweite Bedeutung für die Erstellung der nationalen Gebietslisten keine Rolle spielen darf. Es wäre daher falsch, Gebiete, die aus „nationaler Sicht“ zu nominieren sind, von der Meldung mit der Begründung auszunehmen, ihnen käme jedenfalls im gemeinschaftlichen Vergleich kein solches Gewicht zu, das eine Aufnahme in die Gemeinschaftsliste rechtfertigen könnte.346 Die Entscheidung über die Bedeutung auf Gemeinschaftsebene ist nämlich erst in den darauf folgenden Phasen zu treffen.347 ____________________
342 Beispielsweise: Repräsentationsgrad, Erhaltungsgrad der Struktur und der Funktionen, Populationsgröße und -dichte, Isolierungsgrad etc. 343 Gebhard (FN 335) 362. 344 Siehe Art 1 lit c. 345 Gebhard beschreibt in dem zitierten Aufsatz das in Deutschland stattgefundene Auswahlverfahren für die nationale Gebietsliste. 346 Gellermann (FN 25) 52. 347 Nichtsdestotrotz finden sich bei Rödiger-Vorwerk (FN 62, 37 f ) auch Argumente, die für das Europäische Gebiet der Mitgliedstaaten als Maßstab für die Beurteilung der relativen Bedeutung sprechen. Letztlich kommt aber auch sie zum Ergebnis, dass in Phase 1 alleinig nationale Gesichtspunkte heranzuziehen sind. Neben dem Argument der Zweistufigkeit (nationale und gemeinschaftliche Ebene) bringt Rödiger-Vorwerk einen aus meiner Sicht sehr praxisrelevanten Gesichtspunkt ins Spiel: Es bestehen nämlich erhebliche Zweifel, ob die einzelnen Mitgliedstaaten in der Lage sind, eine fundierte transnationale Einordnung ihrer Gebiete vorzunehmen. Diese Tatsache ist für mich ein Grund, warum die Schutzgebietserrichtung in zwei Stufen, also zuerst eine umfassende Auswahl aller in Frage kommende Gebiete mit anschließender Selektion der aus gesamteuropäischer Sicht geeigneten Gebiete unter Beteiligung der Kommission, erfolgt.
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Die eigentliche Funktion des ersten Verfahrensschrittes wird von Gellermann348 sehr treffend beschrieben: In der ersten Phase geht es um eine Bestandsaufnahme von Gebieten und nicht um die Festlegung der endgültigen Natura 2000 Gebiete. Aus der Gesamtheit der vorgeschlagenen Gebiete wären dann in der weiteren Folge jene auszuwählen, denen im Hinblick auf die Einrichtung eines kohärenten und funktionsfähigen Netzes eine gemeinschaftliche Bedeutung zukommt.349 Der ebenfalls in diese Richtung gehenden Vorgabe der Kommission350, dass „so viele Gebiete wie möglich ... vorgeschlagen werden“, wird in der Praxis freilich selten nachgekommen. So sind die von den Bundesländern vorgeschlagenen Gebiete doch vielfach als Mindestmaß einzustufen.351 Die Ausnahme hievon war Niederösterreich, das im Vergleich zu den übrigen Bundesländern ursprünglich352 eine sehr umfangreiche Gebietsliste erstellt hat. Von Feik353 wurde dieser eingeschlagene Weg begrüßt und als der eigentlich richtige befunden. Zunächst sind alle „Verdachtsflächen“ als potentielle Natura 2000 Gebiete nach Brüssel zu melden und anschließend gemeinsam mit der Kommission die aus gesamteuropäischer Sicht wirklich schutzwürdigen Gebiete auch in das europäische Gebietsnetz aufzunehmen und als solche zu schützen. Mit dieser Vorstellung trifft Feik die eigentliche Intention des Art 4 Abs 1 und 2. Dass dies allerdings eine theoretische Wunschvorstellung ist, die sich mit den Abläufen in der Praxis oft nicht deckt, wurde bereits festgehalten. Umgekehrt wird von Gellermann aber auch betont, dass die Mitgliedstaaten nicht sämtliche Gebiete zu melden hätten, in denen Lebens____________________
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Gellermann (FN 25) 50. So auch Fisahn/Cremer (FN 191) 268: Die Mitgliedstaaten reichen bei der Kommission eine Liste von Gebieten ein, die als Schutzgebiete im Rahmen von Natura 2000 in Betracht kommen. Die Kommission entwickelt aus diesen Vorschlägen der Mitgliedstaaten den „Entwurf einer Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung“. 350 Kommission, Klageschrift vom 24. Februar 1999, Rs C-71/99 (Kommission gegen Deutschland). 351 Auch ist darauf hinzuweisen, dass die Gebietsnominierungen jeweils von den einzelnen Bundesländern durchgeführt wurden. Die Listen wurden dann zusammengefasst und von der Verbindungsstelle der Bundesländer nach Brüssel gesendet. Aus meiner Sicht drängt sich die Frage auf, ob mit dieser Vorgangsweise dem Vernetzungsgedanken – einem sehr zentralen Aspekt der Gebietsauswahl – entsprochen werden kann. Vor allem ist zweifelhaft, ob bei der Auswahl der Gebiete eine inhaltliche Koordinierung zwischen den Bundesländern stattgefunden hat. 352 Zuletzt sollte die Liste im bilateralen Verhandlungswege mit der Kommission abgeändert werden. 353 Feik, Impulsstatement im Rahmen der Jahrestagung des Umweltdachverbandes am 16. bis 18. November 2000 in St. Pölten zum Thema „Natura 2000 in Österreich – Chancen & Herausforderungen“, 39.
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raumtypen des Anhangs I oder Arten des Anhangs II vorkommen. Es besteht nämlich kein Zweifel, dass den Mitgliedstaaten bei der Erstellung der nationalen Gebietslisten ein Beurteilungsspielraum hinsichtlich der zu meldenden Gebiete zukommt.354 Bezüglich des Umfangs dieses Spielraumes wird auf die VSchRL verwiesen. Die dort durch die Rechtsprechung entwickelten strengen Maßstäbe sind demnach auch auf die FFHRL anzuwenden.355 In der weiteren Folge geht Gellermann sogar noch einen Schritt weiter indem er darauf hinweist, dass nach der VSchRL bereits die Mitgliedstaaten die „geeignetsten“ Gebiete auswählen, nach der FFH-RL in dieser ersten Phase hingegen von den Mitgliedstaaten bloß eine Zusammenstellung der prinzipiell für die Aufnahme in das Natura 2000 Netz geeigneten Gebiete gefordert wird. Demnach sind sämtliche Gebiete, denen eine Eignung zu attestieren ist, zu melden.356 Auch Madner357 weist darauf hin, dass im Gegensatz zur VSchRL nicht nur die „geeignetsten Gebiete“ auszuwählen sind, sondern eine gleichmäßige und repräsentative Erfassung aller einschlägigen Habitate und Arten vorzunehmen ist. Dass diese eigentliche Intention nicht den faktischen Gegebenheiten entspricht, ist an dieser Stelle nochmals zu betonen. ccc) Die Berücksichtigung öffentlicher Interessen Hinsichtlich der maßgeblichen Auswahlkriterien ist anzuführen, dass ähnlich wie bei der VSchRL auch hier ausschließlich fachliche Parameter heranzuziehen sind, weil wirtschaftliche und sonstige Gründe des öffentlichen Interesses allein im Katalog der allgemeinen Zielbestimmungen358 genannt werden.359 So spricht sich beispielsweise Gellermann für die Anwendung der im Rahmen der VSchRL entwickelten Grundsätze aus. Wirtschaftlichen Interessen wäre folglich jeder Einfluss auf die mitgliedstaatliche Auswahl versagt. Aus dem Wortlaut des Art 5 Abs 1, wonach „ein bilaterales Konzertierungsverfahren zwischen dem Mitgliedstaat und der Kommission zum ____________________
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Gellermann verweist hier auf die allgemeine Meinung in der deutschen Literatur. So beispielsweise auch Iven (FN 55, 376), der die hier einschlägigen Grundsätze der VSchRL für anwendbar erklärt: Auswahl nach fachlichen Kriterien, Beurteilungsspielraum für die Mitgliedstaaten bei der Relevanz der fachlichen Kriterien, Fälle einer Beurteilungsreduzierung auf Null kommen in Betracht, Abweichen von den Auswahlkriterien allein bei Vorliegen anderer „höherer allgemeiner Interessen“ möglich. 356 Gellermann (FN 25) 51. 357 Madner (FN 3) 35. 358 Art 2 Abs 3 FFH-RL. 359 Iven (FN 55) 376.
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Vergleich der auf beiden Seiten verwendeten wissenschaftlichen Daten eingeleitet wird“, leitet Christl360 ab, dass für die Gebietsauswahl nur wissenschaftliche, also naturschutzfachliche Kriterien heranzuziehen sind.361 Sehr detailliert hat sich Rödiger-Vorwerk mit der Frage auseinandergesetzt, ob Belange des Art 2 Abs 3 FFH-RL bei der Auswahl der nationalen Gebiete zu berücksichtigen sind.362 Ua leitet sie aus dem Kontext der Richtlinie ab, dass der Begriff „Maßnahme“ in Art 2 Abs 3363, nicht jegliches Handeln auf der Grundlage der FFH-RL – insbesondere auch nicht die Gebietsauswahl durch die Mitgliedstaaten – umfasst. So kommt auch sie zum Ergebnis, dass die Aspekte des Art 2 Abs 3 bei der Gesamtbeurteilung eines Gebietes auf nationaler Ebene nicht in die Abwägung einbezogen werden können. Seitens der österreichischen Lehre wird von Mauerhofer364 festgehalten, dass in Anhang III der FFH-RL rein naturschutzfachliche Kriterien für die Auswahl der besonderen Schutzgebiete (analog zur VSchRL) angeführt sind. Diese gilt sowohl für die Kriterien zur Beurteilung der relativen Bedeutung der Gebiete auf nationaler Ebene durch den Mitgliedstaat (Phase 1) als auch für die Kriterien zur Beurteilung der gemeinschaftlichen Bedeutung durch die Kommission.365 Der EuGH366 stellt in dieser Angelegenheit klar, dass nach Art 4 Abs 1 ein Mitgliedstaat den Anforderungen von Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur sowie den regionalen und örtlichen Besonderheiten, wie sie in Art 2 Abs 3 genannt sind, nicht Rechnung tragen darf, wenn er über die Auswahl und Abgrenzung der Gebiete entscheidet, die der Kommission zur Bestimmung als Gebiete von gemeinschaftlicher vorgeschlagen werden sollen. Begründend führt der EuGH an, dass – um einen Entwurf einer Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung erstellen zu können – die ____________________
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Christl (FN 3) 66. Dieses Argument besitzt nicht meine uneingeschränkte Zustimmung. Das Konzertierungsverfahren des Art 5 findet für prioritäre Lebensräume und Arten Anwendung und setzt zusätzlich das Vorhandensein von einschlägigen wissenschaftlichen Daten voraus, die belegen, dass das nicht nominierte Gebiet für den Fortbestand des prioritären natürlichen Lebensraumtyps oder das Überleben der prioritären Art unerlässlich ist. Der vorgesehene Vergleich der wissenschaftlichen Daten muss meiner Ansicht nicht zwingend bedeuten, dass nur wissenschaftliche Kriterien bei der Gebietswahl ausschlaggebend sind. 362 Rödiger-Vorwerk (FN 62) 29 ff. 363 Nach Art 2 Abs 3 tragen die aufgrund der Richtlinie getroffenen Maßnahmen den Anforderungen von Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur sowie den regionalen und örtlichen Besonderheiten Rechnung. 364 Mauerhofer (FN 3) 5. 365 Siehe Näheres dazu unter bb)ccc). 366 EuGH Rs C-371/98, Slg 2000, 9235.
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Kommission über ein umfassendes Verzeichnis der Gebiete verfügen muss. Bei diesen Gebieten handelt es sich um jene, welchen auf nationaler Ebene erhebliche ökologische Bedeutung für das Erhaltungsziel der Richtlinie zukommt. Nur auf diese Weise ist das Ziel der Wahrung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes der natürlichen Lebensräume und Habitate der Arten in ihrem natürliche Verbreitungsgebiet, das sich über eine oder mehrere Binnengrenzen der Gemeinschaft erstrecken kann, zu erreichen. Weiters argumentiert der EuGH, dass ein Mitgliedstaat, wenn er die nationale Liste der Gebiete erstellt, nicht genau und im Einzelnen wissen kann, wie sich die Situation der Habitate in den anderen Mitgliedstaaten darstellt. Angesichts dessen kann er nicht von sich aus wegen Anforderungen von Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur oder wegen regionaler und örtlicher Besonderheiten Gebiete ausnehmen, denen auf nationaler Ebene erhebliche ökologische Bedeutung für das Ziel der Erhaltung zukommt, ohne damit die Verwirklichung dieses Zieles auf Gemeinschaftsebene zu gefährden. Für Gellermann verdient diese Entscheidung uneingeschränkte Zustimmung. Die Berücksichtigung solcher anderweitiger öffentlicher Interessen im Rahmen der Gebietsnominierung liefe darauf hinaus, die in den nachfolgenden Bestimmungen der FFH-RL enthaltenen Pflichten zum Schutz der Lebensräume und Arten einem allgemeinen Abwägungsvorbehalt zu unterstellen. Dies hätte für Gellermann zur Konsequenz, dass nicht nur die nützliche Wirkung der FFH-RL gefährdet, sondern ihr auch der Charakter eines verbindlichen Rechtsaktes genommen wäre. Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass Art 2 Abs 3 auf die Gebietsauswahl keine Anwendung findet, weil diese Bestimmung von der durch den Auswahlprozess betreffenden Spezialregelung des Art 4 verdrängt wird.367 Die Gegenposition zu dieser Auffassung nimmt Koch368 ein. Er bemängelt, dass der EuGH in der zitierten „Severn“-Entscheidung im Wesentlichen mit allgemeinen Hinweisen auf Richtlinienziele operiert und eine sorgfältige Analyse des Richtlinientextes vermissen lässt. Koch stellt jedoch auch fest, dass die Frage nach den maßgeblichen Auswahlkriterien in Phase 1 für die Praxis mit dieser Entscheidung des EuGH entschieden wurde. Entschieden deshalb, weil die Phase 1 der nationalen Gebietsmel____________________
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Gellermann (FN 25) 54. Koch, Die Beteiligung der Mitgliedstaaten in der „zweiten Phase“ der Ermittlung von FFH-Gebieten, Jahrbuch des Umwelt- und Technikrechts 2002, 71 f. 368
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dungen zwischenzeitlich im Wesentlichen abgeschlossen ist.369 Für Koch ist die Frage damit aber nicht endgültig erledigt, sondern bloß für Phase 2 aufgeschoben. Es wird daher unter bb)ccc) nochmals genauer auf die von Koch vertretene These einzugehen sein. Zu klären bleibt ferner die Frage, ob die so genannten „höheren allgemeinen Interessen“ bei der Gebietsauswahl Berücksichtigung finden können. Im Rahmen der zur VSchRL ergangenen Santona- und Leybucht-Entscheidung wurde festgestellt, dass beim Vorliegen außerordentlicher Gründe ein Abweichen von den mit der Richtlinie verfolgten Umweltbelangen zulässig ist. Bei diesen „höheren allgemeinen Interessen“ oder „vorrangigen Gründen des Gemeinwohls“ handelt es sich bekanntlich um Erfordernisse des unmittelbaren Schutzes von Leben und Gesundheit von Menschen.370 In der Lehre371 wird davon ausgegangen, dass dieser Grundsatz auch für die Gebietsauswahl von FFH-Gebieten anwendbar ist. Von RödigerVorwerk wird aber klarstellend betont, dass wirtschaftliche und soziale Erwägungen nicht zu diesen vorrangigen Gemeinwohlinteressen zu zählen sind.372 ddd) Reduzierung des Beurteilungsspielraumes bei der Gebietsauswahl In Zusammenhang mit der Erläuterung über den Beurteilungsspielraum der Mitgliedstaaten muss nochmals auf den bereits im Zuge der VSchRL373 erwähnten Sonderfall der „Ermessenreduzierung auf Null“374 eingegangen werden. Wie bereits erläutert, wird grundsätzlich davon ausgegangen, dass den Mitgliedstaaten trotz des abschließenden Charakters ____________________
369 Dieser Feststellung ist zuzustimmen. Der „Ausweisungsprozess“ befindet sich bereits in Phase 2 und somit ist die Diskussion über die Berücksichtigung öffentlicher Interessen in Phase 1 nur mehr von theoretischer Natur, weil es sich bei der Ausweisung von Schutzgebieten bekanntlich um einen einmaligen Vorgang handelt. 370 Für Iven (FN 55, 375) ist die Berücksichtung dieser Interessen nicht bloß bei einer Gebietsverkleinerung sondern auch bei der Gebietsauswahl möglich, weil Richtlinien im Interesse einer einheitlichen Zielverwirklichung in vergleichbaren Zusammenhängen einheitlich auszulegen sind. 371 Vgl Rödiger-Vorwerk (FN 62) 45 oderIven (FN 55) 376. 372 Dies ist bekanntlich auch bei der VSchRL nicht zulässig. 373 Siehe unter II.B.4.b.bb). 374 Diese Formulierung wurde von Iven (FN 55, 374 und 376) im Rahmen seiner Ausführungen zur Ausweisung von besonderen Vogelschutzgebieten geprägt. Iven geht aber davon aus, dass der Sonderfall der Beurteilungsreduzierung auf Null auch für FFH-Gebiete Anwendung findet. Auch Stüber (FN 327, 531) erwähnt in seinen Ausführungen die Möglichkeit, dass das Ausweisungsermessen auf Null reduziert ist.
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der Auswahlkriterien zur Gebietsauswahl ein Beurteilungsspielraum bei der Anwendung dieser Kriterien zukommt.375 Im genannten Sonderfall geht es jedoch um einzelne Gebiete, denen wegen ihrer hervorragenden Bedeutung und hohen Schutzwürdigkeit besondere Aufmerksamkeit zukommen muss. In diesen Fällen geht Gellermann376 von der Pflicht zur Meldung solcher Gebiete aus. Er führt hier das bekannte, in Hamburg gelegene Mühlenberger Loch an, eines der letzten Süßwasserwattgebiete Europas. Dort wurde ua der SchierlingsWasserfenchel festgestellt. Es handelt sich dabei um eine prioritäre Pflanzenart nach Anhang II, von der weltweit nur sieben Fundorte bekannt sind. Ferner finden sich im Mühlenberger Loch prioritäre Lebensraumtypen des Anhangs I. Gellermann vertritt die Ansicht, dass eine Meldepflicht nicht nur in derart außergewöhnlichen Fällen besteht. Auch in anderen, im hohen Maße schutzwürdigen Gebieten kann der Ermessensspielraum der Mitgliedstaaten auf Null reduziert sein. Besitzt ein Gebiet eine solche herausragende Bedeutung, kann von einer Meldung nicht abgesehen werden. Wichtige Indizien für diese besonderen Fälle sind für Gellermann das Vorkommen prioritärer Lebensraumtypen und Arten,377 aber auch die Anzahl der in dem jeweiligen Gebiet festgestellten verschiedenen Lebensraumtypen und Arten, die Häufigkeit ihres Vorkommens im Mitgliedstaat und die Qualität ihres Erhaltungszustandes.378 ____________________
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So beispielsweise Rödiger-Vorwerk, (FN 62) 35. Ihrer Ansicht nach bestehen gegen die Übertragung dieser zur VSchRL entwickelten Grundsätze auf die FFH-RL keine Bedenken. Auch die im Gegensatz zur VSchRL in Anhang III enthaltenen konkreten Kriterien sprechen nicht gegen die Übertragbarkeit, da einige dieser Kriterien eine Prognoseentscheidung verlangen und so der Mitgliedstaat bei der Anwendung dieser Kriterien einen Beurteilungsspielraum besitzt. 376 Gellermann (FN 25) 55. 377 Das BVerwG stellt in seinem Beschluss vom 24. August 2000, Zl. 6 B 23.00 (OVG Koblenz) fest, dass den Mitgliedstaaten bei der Aufnahme der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung im Sinne der FFH-Richtlinie in die nationale Vorschlagsliste ein naturschutzfachlicher Beurteilungsspielraum zusteht. Ob den Mitgliedstaaten bei der Auswahl der der Kommission zu meldenden Gebiete ein politisches Ermessen zusteht, wird vom BVerwG höchst bezweifelt. Diese Erkenntnis stimmt mit der herrschenden Meinung in der Lehre und Judikatur überein. Interessanter ist der zweite Teil der gegenständlichen Entscheidung: Das BVerwG vertritt hier die Ansicht, dass das Vorkommen prioritärer natürlicher Lebensraumtypen oder Arten bei der Auswahlentscheidung im Rahmen der Beurteilung und Bewertung nach Abschnitt A-C der Phase 1 ihrer besonderen Bedeutung entsprechend zu berücksichtigen ist, es aber nicht generell und ohne weiteres zur Aufnahme des betreffenden Gebietes in die nationale Vorschlagsliste zwingt. Die Mitgliedstaaten sind somit nicht verpflichtet, prioritäre Gebiete ausnahmslos in die nationalen Gebietslisten aufzunehmen. 378 Gellermann (FN 25) 55 f.
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Auch Rödiger-Vorwerk379 geht von einer Reduzierung des Beurteilungsspielraumes auf Null aus, wenn die fachliche Beurteilung des Lebensraumes nur den Schluss zulässt, dass die relative Bedeutung eines Gebietes für das kohärente Schutzgebietsnetz so groß ist, dass es einer Aufnahme in die nationale Liste bedarf.380 Während die bereits zitierten Ansätze von Iven und Stüber ohne nähere Begründung davon ausgehen,381 dass der zur VSchRL judizierte Sonderfall der Ermessensreduzierung auf Null auch für FFH-Gebiete anzuwenden ist, hat sich Rödiger-Vorwerk konkreter mit dieser Frage auseinander gesetzt. Den Ansatz ihrer Überlegung bildet das in der FFH-RL unter Art 5 vorgesehene Konzertierungsverfahren. Ohne an dieser Stelle näher auf die Einzelheiten dieses Verfahrens einzugehen,382 ist grundsätzlich festzuhalten, dass die Intention des Art 5 darin liegt, in Ausnahmefällen auch ohne Vorschlag eines Mitgliedstaates die Ausweisung eines Gebietes zu ermöglichen.383 Die Voraussetzungen für ein Konzertierungsverfahren sind mit jenen vergleichbar, die der EuGH für eine Beurteilungsreduzierung aufgestellt hat. Die Kommission muss nämlich im Konzertierungsverfahren feststellen, dass das nicht in der nationalen Liste aufgeführte Gebiet aufgrund zuverlässiger, einschlägiger, wissenschaftlicher Daten für den Fortbestand des Lebensraumes oder das Überleben der Art unerlässlich ist. Man könnte somit davon ausgehen, dass der Rat diese besonderen Konstellationen mit dem Konzertierungsverfahren explizit regeln wollte.384 Rödiger-Vorwerk weist jedoch auf den Unterschied in der dogmatischen Konstruktion dieser beiden Instrumente hin. Während mit Hilfe der Reduzierung des Beurteilungsspielraumes der EuGH ausnahmsweise eine Überprüfung der nationalen Gebietsauswahl vornehmen kann, betrifft das Konzertierungsverfahren die Handlungsbefugnisse der Kommission gegenüber dem einzelnen Mitgliedstaat. Konkret handelt es sich dabei um ein bilaterales Verfahren, dass auf die Beilegung von Meinungsverschiedenheiten abzielt. Rödiger-Vorwerk zieht aus dieser dogmati____________________
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Rödiger-Vorwerk (FN 62) 40. Zur Ermessensreduzierung bei der Auswahl besonderer Vogelschutzgebiete siehe unter II.B.4.b.bb). 381 Auch Gellermann geht auf die Frage der Übertragbarkeit der zur VSchRL entwickelten Grundsätze (Santona-Entscheidung) nicht näher ein. 382 Näheres zum Konzertierungsverfahren unter bb)bbb). 383 Diese Möglichkeit beschränkt sich jedoch auf prioritäre Lebensraumtypen und Arten. 384 Die Vorgabe für das Konzertierungsverfahren findet sich übrigens in der neunten Begründungserwägung der Richtlinie. 380
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schen Unterscheidung den Schluss, dass das Konzertierungsverfahren unabhängig vom gerichtlichen Verfahren besteht und daher grundsätzlich keinen Einfluss auf die Anwendung der Reduzierung des Beurteilungsspielraumes auf Null durch den EuGH hat. Dieses Ergebnis wird durch die Tatsache untermauert, dass es sich beim Konzertierungsverfahren um ein „konsensuelles“385 Verfahren handelt. Bei einer Nichteinigung im Rahmen der bilateralen Verhandlungen geht die Entscheidungsbefugnis gemäß Art 5 Abs 3 auf den Rat über, der wiederum einstimmig zu entscheiden hat. Im Rahmen des Konzertierungsverfahrens kann somit ohne die Zustimmung des Mitgliedstaates die Aufnahme eines Gebietes in das Schutzgebietsnetz nicht erfolgen. Das Konzertierungsverfahren ist folglich nicht als gleichwertiger Ersatz für die Überprüfung durch den EuGH anzusehen.386 Wann nun von einer Reduzierung des Beurteilungsspielraumes auszugehen ist, versucht Rödiger-Vorwerk aus dem Santona-Erkenntnis zur VSchRL abzuleiten.387 Da eine abstrakte Festlegung der Voraussetzungen nicht möglich ist, bedarf die Fachfrage nach der Relevanz eines Gebietes einer wertenden Betrachtung der maßgeblichen Umstände im Einzelfall. Beim kumulativen Vorliegen der Kriterien supranationale Bedeutung eines Gebietes, Beherbergung einer Vielzahl von Arten sowie Beherbergung vom Aussterben bedrohter Arten geht der EuGH davon aus, dass eine Reduzierung des Beurteilungsspielraumes auf Null gegeben ist. Auch wird das Vorhandensein von prioritären Lebensraumtypen bzw Arten für eine Nominierung des jeweiligen Gebietes sprechen. Eine Verpflichtung in Phase 1, generell jedes Gebiet mit prioritären Lebensräumen und Arten nominieren zu müssen, ist der Richtlinie jedoch nicht zu entnehmen. Gebhard388 stellt aber zutreffend fest, dass das Auswahlermessen der Mitgliedstaaten bei nichtprioritären Lebensraumtypen bzw Arten größer ist als jenes bei prioritären, weil nichtprioritäre Gebiete zahlreicher sind und lediglich sichergestellt sein muss, dass in dem ökologischen Netz ausreichend Verknüpfungspunkte vorhanden sind. Auf die weitere Bedeutung der Priorität in Phase 2 wird unter bb) genauer eingegangen.
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Mauerhofer (FN 3) 87. Zum Verhältnis Konzertierungsverfahren zu Vertragsverletzungsverfahren siehe Mauerhofer (FN 3) 87. 387 Rödiger-Vorwerk (FN 62) 42. 388 Gebhard (FN 335) 364. 386
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eee) Überprüfbarkeit der Gebietsauswahl durch den EuGH Im vorliegenden Zusammenhang389 drängt sich ferner die Frage nach dem Umfang der Überprüfbarkeit der nationalen Gebietslisten durch den EuGH auf. Im Zuge der Erläuterungen zur VSchRL390 wurde diese Thematik bereits angesprochen. Wie oben ausführlich erläutert, wird den Mitgliedstaaten im Rahmen der Erstellung der nationalen Gebietslisten ein Beurteilungs- oder Ermessensspielraum391 eingeräumt. Die sich nun stellende Frage ist, wie sich diese Tatsache auf die Prüfungskompetenz des EuGH auswirkt.392 Rödiger-Vorwerk393 geht davon aus, dass die Ermessenskontrolle durch den Gerichtshof im Regelfall auf offensichtliche Fehler begrenzt ist. Ein solcher Ermessensfehler wurde beispielsweise von Spanien begangen, indem es das Gebiet der Marisma de Santona nicht im erforderlichen flächenmäßigen Umfang unter Schutz gestellt hat. Begründend führt Rödiger-Vorwerk aus, dass der Gerichtshof weder in das normausfüllende und damit interpretierende Gestaltungsermessen der berufenen Stellen eingreifen, noch statt ihrer handeln kann. Der EuGH kann nur eingreifen, wenn die Grenzen des rechtlich Zulässigen überschritten sind oder die materielle Einheit des Gemeinschaftsrechts gefährdet ist. Zu überprüfen ist daher, ob der eingeräumte Spielraum offensichtlich überschritten wurde oder ein offensichtlicher Irrtum bei der Anwendung des Gemeinschaftsrechts unterlaufen ist.394 ____________________
389 Die Überprüfbarkeit der von den Mitgliedstaaten erstellten nationalen Gebietslisten durch den EuGH hat in einer gewissen Weise auch mit der Frage der Reduzierung des Ermessensspielraumes zu tun. 390 Vgl dazu die unter B.4.b)bb) genannten unterschiedlichen Ansichten von Iven und Mauerhofer. 391 Gebhard (FN 335, 364) weist in diesem Zusammenhang auf die große sprachliche Diversität (Beurteilungsspielraum, Ermessen, Auswahlermessen, Beurteilungsermessen) in der deutschen Rechtsprechung und Literatur hin. 392 Es geht hier um die Grenze der Justiziabilität von Ermessensentscheidungen. Rödiger-Vorwerk (FN 62, 46) leitet die Möglichkeit der Beschränkung der richterlichen Kontrolle aus Art 172 (mittlerweile Art 229) EG ab, der dem EuGH in den dort explizit genannten Fällen die Befugnis zur unbegrenzten Ermessensausübung einräumt. Im Umkehrschluss kann aus der Existenz dieser Bestimmung der Schluss gezogen werden, dass die gerichtliche Nachprüfung von Ermessensentscheidungen im Regelfall beschränkt ist. 393 Rödiger-Vorwerk (FN 62) 48. 394 Inhaltlich decken sich diese Aussagen weitgehend mit dem in der österreichischen Lehre und Judikatur entwickelten Begriff des Ermessens sowie dessen Kontrolle. Auch dort entspricht es dem Wesen des Ermessens, dass die Behörde die Wahl zwischen mehreren, vom Gesetz zugelassener Möglichkeiten hat. Es bleibt der Behörde überlassen, ob sie sich für die eine oder andere Möglichkeit entscheidet, wenn sie nur jeweils im Sinne des Gesetzes handelt (vgl Art 130 Abs 2 B-VG). Der VwGH ist folglich nur zur Ermessenskontrolle und nicht nur Ermessensausübung berufen. Die Prüfung beschränkt sich auf die
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Die Grenzen des rechtliche Zulässigen bzw der eingeräumte Spielraum wird klarerweise durch die vorgegebenen Kriterien des Art 4 Abs 1 iVm Anhang III Phase 1 vorgegeben.395 Um den ständig verwendeten Begriff Beurteilungs-/Ermessensspielraum im konkreten Fall genauer umschreiben bzw abgrenzen zu können, soll nochmals ein Blick auf die in Anhang III Phase 1 enthaltenen Kriterien geworfen werden. Dabei fällt auf, dass die jeweils ersten drei in Phase 1 unter A. und B. genannten Parameter (lit a bis c) aus fachlicher Sicht genau determiniert sind. So kann etwa beim Vorhandensein der entsprechenden wissenschaftlichen Daten die vom natürlichen Lebensraumtyp eingenommene Fläche im Vergleich zur Gesamtfläche des betreffenden Lebensraumtyps im gesamten Hoheitsgebiet des Staates exakt bestimmt werden. Anders zu beurteilen ist das in A. und B. jeweils unter d) genannte Kriterium der relativen Gesamtbeurteilung des Wertes des Gebietes für die Erhaltung des/der betreffenden Lebensraumtyps/Art. In diese Gesamtbeurteilung fließen dabei nicht bloß die vorangehenden Kriterien a) bis c) ein, sondern auch andere Aspekte wie menschliche Aktivitäten im Gebiet oder in benachbarten Gebieten, die den Erhaltungszustand des Lebensraumtyps beeinflussen, die Besitzverhältnisse, der rechtliche Status des Gebiets, die ökologischen Beziehungen zwischen den verschiedenen Lebensraumtypen.396 Ebenfalls für die Beurteilung maßgeblich ist die Definition des „Gebietes von gemeinschaftlicher Bedeutung“ in Art 1 lit k397. Wie Gebhard398 richtig feststellt, wird durch diese gezeigt, dass der die Lebens____________________
Einhaltung der dem Ermessen gezogenen Schranken und der Wahrung des Gesetzessinnes. Die Nachkontrolle umfasst daher die Überprüfung möglicher Ermessensfehler sowie des Verfahrens, das der Entscheidung vorangegangen ist (Antoniolli/Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht³ (1996), 256). 395 Auch Fisahn/Cremer (FN 191, 268) stellen fest, dass die sehr differenzierten und speziellen Kriterien bei der Gebietsauswahl den Ermessensspielraum der Mitgliedstaaten offenkundig erheblich einschränken. 396 Vgl hiezu 3.1. der Erläuterungen zum Standard-Datenbogen, EUR-15-Version, Fassung vom 27. Mai 1994, auf den neuesten Stand gebracht zur Einbeziehung der in der Beitrittsakte Österreichs, Finnland und Schwedens (ABl L 1 vom 1. Jänner 1995, 135137) enthaltenen Neufassungen. 397 Art 1 lit k: Gebiet, das in der oder den biogeographischen Region(en), zu welchen es gehört, in signifikantem Maß dazu beiträgt, einen natürlichen Lebensraumtyp des Anhangs I oder eine Art des Anhangs II in einem günstigen Erhaltungszustand zu bewahren oder einen solchen wiederherzustellen und auch in signifikantem Maße zur Kohärenz des in Art 3 genannten Netzes „Natura 2000“ und/oder in signifikantem Maße zur biologischen Vielfalt in der biogeographischen Region beitragen kann. 398 Gebhard (FN 335) 363.
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raum- und Artendiversität sichernde flächendeckende Vernetzungsgedanke im Zentrum jeglicher Gebietsauswahl stehen muss. Er stellt zudem klar, dass es bei der Verwirklichung der ausreichenden räumlichen Vernetzung auch häufig Fälle gibt, bei denen mehrere Varianten in Frage kommen.399 Das Auswahlermessen der Mitgliedstaaten ist nun insoweit begrenzt, als die Auswahl einzelner Gebiete feststellen muss, dass die natürlichen Lebensraumtypen des Anhangs I und die Habitate der Arten des Anhangs II durch Art, Anzahl und Qualität ein zusammenhängendes Schutzgebietsnetz entstehen lassen. Gibt es nun aber zwei mögliche Varianten – sprich zwei gleichwertige zur Auswahl stehende Gebiete, die beide den Vernetzungsgedanken erfüllen – dann steht es im Ermessen des Mitgliedstaates, sich für eine der beiden zu entscheiden. Erfüllt jedoch ein Gebiet sämtliche der maßgeblichen Kriterien und ist es für die Wahrung einer flächendeckenden Vernetzung des Schutzgebietssystem erforderlich, so wird von einer Reduzierung des Ermessensspielraumes auf Null auszugehen sein. In diesem Fall kann der EuGH sehr wohl überprüfen, ob solche Gebiete der nationalen Gebietsliste angehören. Hier zeigt sich auch der einleitend bereits angedeutete Zusammenhang zwischen Ermessensreduzierung auf Null und der Überprüfbarkeit der nationalen Gebietslisten durch den EuGH. fff ) Rechtliche Auswirkungen nach Phase 1 Nach Erstellung der nationalen Gebietslisten drängt sich die Frage auf, welche rechtlichen Konsequenzen sich für die Mitgliedstaaten daraus ableiten lassen. So ist die Überlegung anzustellen, inwieweit die Mitgliedstaaten nach Absendung der Liste noch Änderungen vornehmen können. Der Richtlinientext gibt diesbezüglich wenig Aufschluss.400 Rödiger-Vorwerk401 sieht den Anknüpfungspunkt für eine nachträgliche Änderung der nationalen Gebietslisten in Art 4 Abs 1 UAbs 1 letzter Satz, wo es heißt, dass die Mitgliedstaaten gegebenenfalls die Anpassung der Listen im Lichte der Ergebnisse der in Art 11 genannten Überwachung vorschlagen. Die ____________________
399 Beim Netz der natürlichen Lebensraumtypen wird dies häufiger der Fall sein, weil hier größere Flächen kleinere Zwischenflächen aufwiegen können. Beim Netz der Habitate der Arten wird hingegen die Netzdichte der Habitate davon abhängen, in welchem räumlichen Rahmen die genetische Vielfalt und der genetische Austausch noch stattfinden können. 400 Art 4 Abs 5 ordnet die Schutzverpflichtungen des Art 6 Abs 2 bis 4 erst für Gebiete an, die in die Liste des Art 4 Abs 2 UAbs 3 aufgenommen sind. 401 Rödiger-Vorwerk (FN 62) 52.
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Monitoringergebnisse der Mitgliedstaaten können demzufolge zu einer nachträglichen Änderung der Richtlinie führen, wobei Änderung im Sinne von Ergänzung zu verstehen ist. Rödiger-Vorwerk behandelt seltsamerweise auch nur diese Konstellation. Der Fall, dass ein Mitgliedstaat ein gemeldetes Gebiet zurücknehmen oder verkleinern möchte, bleibt unerwähnt. In der Praxis hat eine Ergänzung der nationalen Listen seit 1995 auf Drängen der Kommission ständig stattgefunden. Eine Bezugnahme auf Art 11 ist hier allerdings nicht erfolgt. Im Vorfeld zu den biogeographischen Seminaren wurden die Mitgliedstaaten auf Lücken in den abgegebenen Listen aufmerksam gemacht und zur Ergänzung aufgefordert. Niederösterreich wollte hingegen bereits gemeldete Gebiete zurücknehmen, nachdem es bekannterweise eine sehr umfangreiche Gebietsliste erstellt hat. Bei der Abgrenzung der Gebiete wurden teilweise auch Siedlungen und intensiv genutzte Flächen miteinbezogen. Die Kommission lehnte eine Zurücknahme bzw Verkleinerung von gemeldeten Gebieten wie erwartet ab. Da es eine entsprechende Regelung hiefür in der Richtlinie nicht gibt, ist von einer strengen Bindung der Mitgliedstaaten an ihre Meldungen auszugehen.402 Neben der Verbindlichkeit der übermittelten nationalen Gebietslisten stellt sich ferner die Frage, welche rechtlichen Auswirkungen mit der Gebietsmeldung verbunden sind. Auch zu dieser Thematik gibt der Wortlaut des Art 4 keine näheren Aufschlüsse.403 Sowohl in der deutschen404 als auch in der österreichischen405 Literatur trifft man auf die These, dass sich aus dem in Art 10 (ehemals 5) EG statuierten Grundsatz des gemeinschaftsfreundlichen(-treuen) Verhaltens ein indirekter Schutz ableiten lässt. Gemeint ist damit ein Verbot erheblicher Beeinträchtigungen, die den Schutzzweck nach einem Eintrag in die Gemeinschaftsliste entfallen ließe. Fisahn/Cremer gehen aufgrund dieser Loyalitätspflicht der Mitgliedstaaten von einer Vorverlagerung des Schutzes aus, der ua bewirkt, dass es den Mitgliedstaaten verboten ist, Maßnahmen zu ergreifen oder aufrechtzuerhalten, die die praktische Wirksamkeit des Vertrages beeinträchtigen könnten. ____________________
402 Niederösterreich konnte im Verhandlungswege bei der Kommission den Austausch einzelner solcher, besiedelter bzw intensiv genutzter Flächen gegen andere, zusätzliche Gebiete erreichen. 403 Auch Iven (FN 55, 376) bestätigt, dass die FFH-Richtlinie nicht regelt, was vom Zeitpunkt der Übersendung der nationalen Gebietslisten an die Kommission bis zur Aufnahme eines Gebiets in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung gilt. 404 Rödiger-Vorwerk (FN 62) 52; Iven (FN 55) 376; Fisahn/Cremer (FN 191) 269. 405 Mauerhofer (FN 3) 86.
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Zum Inhalt und Umfang der aus Art 10 EG abzuleitenden Verpflichtungen hat sich bereits der VfGH406 geäußert. Dieser geht nicht davon aus, dass bereits auf Grund des aus Art 10 EG abgeleitete Verschlechterungsverbot das gesamte Schutzregime des Art 6 FFH-RL zur Anwendung gelangt. Seiner Ansicht nach ordnet Art 10 EG keine präzise, einheitliche Rechtsfolge an, sondern hängt die Art der gebotenen Maßnahme von der jeweiligen konkreten Situation ab und steht diese im Regelfall im Ermessen der Mitgliedstaaten.407 Die Ausübung des Ermessens hat sich dabei an den Zielen und dem Regelungsgegenstand des jeweiligen Rechtsaktes zu orientieren. Für die FFH-RL bedeutet dies konkret, dass ihr Ziel der Errichtung eines Schutzgebietsnetzes nur erreicht werden kann, wenn die Mitgliedstaaten die von ihnen vorgeschlagenen Flächen soweit schützen, dass diese auch im Zeitpunkt der späteren Schutzgebietsausweisung noch Teil des Schutzgebietsnetzes sein können und dies nicht praktisch unmöglich gemacht wird.408 Koch409 vertritt die Ansicht, dass bis zur Aufstellung der Gemeinschaftsliste keine Maßnahmen getroffen werden dürfen, die eine etwaige Zuordnung des betreffenden Gebietes zu den Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung konterkarieren würden. Auch wird betont, dass es sich hier um Rechtsfolgen handelt, die grundsätzlich schon mit dem Erlass einer Richtlinie verknüpft sind und deshalb unabhängig vom Verlauf der Umsetzungsfrist beachtet werden müssen. Koch verweist in dieser Angelegenheit auch auf eine Entscheidung des EuGH410, die ebenfalls eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten normiert, bereits vor Ende der Umsetzungsfrist den Erlass von Vorschriften zu unterlassen, die geeignet sind, die Erreichung der Ziele einer Richtlinie ernstlich in Frage zu stellen. Diese vorverlagerte Richtlinienwirkung beschränkt sich auf das Verbot von Maßnahmen, die bewirken können, dass das Richtlinienziel nach Ablauf der Umsetzungsfrist nicht mehr erreicht werden kann. Der EuGH bezeichnet diese Pflicht als „Frustrationsverbot“. Ohne Zweifel besteht die Notwendigkeit einer Vorverlagerung der Schutzpflicht für den Zeitraum zwischen Abgabe der nationalen Gebietslisten und Erstellung der Gemeinschaftsliste. Zu bemerken ist allerdings, ____________________
406 407
VfSlg 15.977/2000. Der VfGH zitiert hier Bogdandy in Grabitz/Hilf, Kommentar zur Europäischen Union, Art 5 EG, Rz 26. 408 Der VfGH bezieht sich dabei auf Rödiger-Vorwerk (FN 62) 53 f. 409 Koch (FN 368) 74. 410 EuGH Rs C-129/96, Slg 1997, I-7411, I-7435.
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dass in der Lehre immer nur vom Fall ausgegangen wird, dass der Mitgliedstaat selbst bzw eine Gebietskörperschaft des Mitgliedstaates Maßnahmen setzt, die zu einer Verschlechterung des Gebiets führen. Tatsächlich sind es in erster Linie Vorhaben der öffentlichen Hand, die mit zukünftigen Schutzgebieten in Berührung kommen. In diesen Fällen steht die „Treuepflicht“ der Mitgliedstaaten klar außer Frage. Der Mitgliedstaat als Bauherr im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung wäre demnach gehalten, vom Projekt abzusehen oder es entsprechend abzuändern, wenn es mit den Zielsetzungen der Richtlinie nicht vereinbar ist. Von dieser Konstellation abgesehen drängt sich jedoch die Frage auf, inwieweit sich diese vorverlagerte Schutzpflicht auf Maßnahmen Privater auswirkt. Besteht hier für den Mitgliedstaat die Pflicht, solche Projekte zu verhindern? Welche rechtliche Handhabe haben die Mitgliedstaaten in dieser Phase überhaupt gegen Maßnahmen Privater? Rödiger-Vorwerk411 sieht etwa eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten, keine Bebauung auf den vorgeschlagenen Flächen zuzulassen. In diesem Fall könnte der Mitgliedstaat möglicherweise über eine entsprechende Widmung eine Bebauung verhindern. Für Vorhaben, die keine spezielle Flächenwidmung erfordern, wie etwa eine Forststraße, müsste eine Verhinderung im Wege eines durchzuführenden Bewilligungsverfahrens nach den nationalen Bestimmungen erfolgen. Für den Fall, dass eine legistische Umsetzung der Richtlinie noch nicht stattgefunden hat, wären die nationalen Regelungen richtlinienkonform zu interpretieren, soweit dies ihr Wortlaut zulässt. Selbstverständlich stellt sich auch bei der genannten Flächenwidmung die Frage der gesetzlichen Grundlage. Allerdings kommt hier erschwerend hinzu, dass die FFH-RL für Phase 1 keine konkreten Schutzpflichten vorgibt, sondern sich diese ausschließlich aus Art 10 EG, also aus dem Primärrecht ableiten. Die im konkreten Fall anzuwendenden nationalen Bestimmungen müssten folglich „primärrechtskonform“ interpretiert werden. Würde durch die Errichtung einer Forststraße ein gemeldetes Gebiet derart stark beeinträchtigt, dass das Ziel der Errichtung eines kohärenten Schutzgebietsnetzes dadurch vereitelt würde, so hat dies der Mitgliedstaat zu verhindern.412 Im konkreten Fall muss die zuständige Behörde unter Bezugnahme auf die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben die Bewilligung versagen. ____________________
411 412
Rödiger-Vorwerk (FN 62) 54. Wie bereits vom VfGH festgehalten, haben die Mitgliedstaaten die von ihnen vorgeschlagenen Flächen soweit zu schützen, dass diese Flächen auch im Zeitpunkt der späteren Schutzgebietsausweisung noch Teil des Schutzgebietsnetzes sein können und dies nicht praktisch unmöglich gemacht wird.
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bb) Phase 2 – Die Erstellung der Gemeinschaftsliste aaa) Der Verfahrensablauf nach Art 4 Abs 2 FFH-RL In der Phase 2 der Schutzgebietsausweisung erstellt die Kommission jeweils im Einvernehmen mit den Mitgliedstaaten aus den in Phase 1 ermittelten nationalen Gebietslisten den Entwurf einer Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung. Maßgeblich hiefür sind gemäß Art 4 Abs 2 FFH-RL die in Anhang III Phase 2 festgelegten Kriterien, die in Art 1 lit c Z iii erwähnten biogeographischen Regionen sowie das in Art 2 Abs 1 genannte Gesamtgebiet. Die Federführung in Phase 2 liegt bei der Kommission.413 Bei der Erstellung des Entwurfes für die Gemeinschaftsliste ist sie jedoch insofern eingeschränkt, als sie grundsätzlich nur Gebiet aufnehmen kann, die in den nationalen Gebietlisten enthalten sind. Ferner hat die Kommission das Einvernehmen414 mit den Mitgliedstaaten herzustellen. Der von der Kommission erstellte Listenentwurf wird dem so genannten FFH-Ausschuss (Habitatausschuss) zugeleitet. Dieser setzt sich gemäß Art 20 aus Vertretern der Mitgliedstaaten zusammen und wird von einem vorsitzführenden Vertreter der Kommission geleitet. Der Habitatausschuss hat innerhalb einer festgesetzten Frist mit qualifizierter Mehrheit eine Stellungnahme zur vorgelegten Liste abzugeben.415 Fällt dieser entsprechend aus, wird die Liste endgültig von der Kommission beschlossen und als Entscheidung den Mitgliedstaaten mitgeteilt.416 Stimmt hingegen der Ausschuss dem Entwurf nicht zu oder erfolgt keine Stellungnahme, unterbreitet die Kommission den Entwurf unverzüglich dem Rat, der wiederum mit qualifizierter Mehrheit einen Be____________________
413 Rödiger-Vorwerk (FN 62, 56) beleuchtet ausführlich die Kompetenz der Kommission im Auswahlverfahren und hinterfragt, ob die Gemeinschaftsebene überhaupt die geeignete Ebene zur Festlegung von Natura 2000 Gebieten ist. Nach Auflistung der zahlreichen Für und Wider kommt sie zum Ergebnis, dass die Gemeinschaftsebene sehr wohl geeignet und sogar erforderlich ist, um die endgültige Festsetzung der Schutzgebiete von gemeinschaftlichem Interesse vorzunehmen. Der entscheidende Grund hiefür ist, dass die Errichtung eines zusammenhängenden europäischen Schutzgebietsnetzes nicht allein auf Ebene der Mitgliedstaaten erreicht werden kann. Die Kommission ist wesentlich besser für eine umfassende transnationale Bewertung geeignet. 414 Genaueres dazu unter ccc). 415 Wie Freytag/Iven (FN 115, 110) und Christl (FN 3, 70) an dieser Stelle zur Ansicht gelangen, dass hiermit gegen den Willen eines Mitgliedstaates kein Gebiet in die verbindliche Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommen werden kann, ist nicht nachvollziehbar, weil mit qualifizierter Mehrheit sehr wohl eine Überstimmung des betroffenen Mitgliedstaates möglich ist. Anderes gilt freilich, wenn das betroffene Gebiet gar nicht in der nationalen Gebietsliste aufscheint und zudem keine prioritären Lebensräume oder Arten enthält. 416 Freytag/Iven (FN 115) 110.
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schluss zu fassen hat. Wird von diesem nicht innerhalb von drei Monaten entschieden, dann gilt dies kraft der gesetzlichen Fiktion des Art 21 Abs 2 UAbs 3 als Zustimmung.417 bbb) Das Konzertierungsverfahren nach Art 5 FFH-RL Wie bereits angeklungen, ist die Kommission grundsätzlich an den Inhalt der nationalen Gebietslisten gebunden. Eine Ausnahme hievon besteht jedoch zugunsten der prioritären Lebensräume und Arten. Stellt nämlich die Kommission gemäß dem Wortlaut des Art 5 Abs 1 fest, dass ein Gebiet mit einem prioritären natürlichen Lebensraumtyp oder einer prioritären Art in der nationalen Gebietsliste nicht aufgeführt ist, das ihres Erachtens aufgrund von zuverlässigen einschlägigen wissenschaftlichen Daten für den Fortbestand dieses prioritären natürlichen Lebensraumtyps oder das Überleben dieser prioritären Art unerlässlich ist, wird ein bilaterales Konzertierungsverfahren zwischen dem betroffenen Mitgliedstaat und der Kommission zum Vergleich der auf beiden Seiten verwendeten wissenschaftlichen Daten eingeleitet. Können die beiden Parteien nicht innerhalb von sechs Monaten ihre Meinungsverschiedenheiten ausräumen, übermittelt die Kommission dem Rat einen Vorschlag über die Auswahl des Gebietes als Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung. Der Rat hat innerhalb von drei Monaten eine einstimmige Entscheidung zu treffen. Festzuhalten ist ferner, dass während der Konzertierungsphase und bis zur Beschlussfassung des Rates das betreffende Gebiet den Schutzbestimmungen des Art 6 Abs 2 unterliegt. Wohl ausschließlich auf den Wortlaut des Art 5 fixiert vertritt Iven418 die Meinung, dass die Aufnahme des betroffenen Gebietes in die Gemeinschaftsliste und damit ein Schutz nach der Richtlinie gegen den Willen des Mitgliedstaats nicht möglich ist. Freytag/Iven419 gehen davon aus, dass aufgrund der erforderlichen einstimmigen Entscheidung gegen den Willen eines Mitgliedstaates die Unterschutzstellung eines Gebietes nicht erreicht werden kann. Auch nach Gellermann420 ermöglicht das Einstimmigkeitserfordernis unwilligen Mitgliedstaaten, die Aufnahme von umstrittenen Gebieten in die Gemeinschaftsliste zu verhindern. Er versteht diese Regelung sogar ____________________
417 418 419 420
Rödiger-Vorwerk (FN 62) 63. Iven (FN 55) 380. Freytag/Iven (FN 115) 110. Gellermann (FN 25) 60.
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als Ausdruck der gesetzgeberischen Intention, Naturschutz nicht gegen den Willen der Mitgliedstaaten durchsetzen zu wollen.421 Im Gegensatz dazu sehen Fisahn/Cremer422 im Konzertierungsverfahren ein zusätzliches Verfahren,423 um die Pflichten aus Art 4 durchzusetzen. Für besonders wichtige Arten und Lebensraumtypen wird neben dem juristischen ein politisches Verfahren zur Feststellung oder Konkretisierung der Pflichten aus Art 4 etabliert. Als ein zusätzliches Verfahren wird es deshalb verstanden, weil die Klagebefugnisse aus dem EG durch Art 5 FFH-RL nicht modifiziert werden dürfen. Durch untervertragliche Rechtsnormen können die Bestimmungen des EG nicht verdrängt oder faktisch suspendiert werden.424 Auch Kirchhof425 sieht im Konzertierungsverfahren keine abschließende Regelung. In der Einschränkung von Klagerechten und Vorlagepflichten durch eine untervertragliche Norm liegt ein rechtswidriger Systembruch im gemeinschaftsrechtlichen Normgefüge vor. Seitens der österreichischen Literatur lehnt Mauerhofer426 die Ausschließlichkeit des Konzertierungsverfahrens ab, indem er ua auf die beschränkte Anwendbarkeit des Art 5 verweist. Zum einen beschränkt sich die Anwendung des Konzertierungsverfahren auf Gebiete mit prioritären Lebensräumen und Arten, zum anderen hat die Kommission nachzuweisen, dass das betroffene Gebiet aufgrund der vorliegenden wissenschaftlichen Daten für den Fortbestand des prioritären natürlichen Lebensraumstyps oder das Überleben der prioriäten Art unerlässlich ist. Bedenken sind vor allem hinsichtlich eines möglichen wissenschaftlichen Nachweises des künftigen unionsweiten Aussterbens eines Lebensraumtyps bzw einer Art im Fall der Nichtmeldung angebracht.427 Auch wenn man das Vertrags____________________
421 Auf das Verhältnis zwischen Konzertierungsverfahren und Vertragsverletzungsverfahren geht Gellermann nicht ein. 422 Fisahn/Cremer (FN 191) 274 f. 423 Gegenteiliger Ansicht ist hier Stüber (FN 327) 534. 424 Dieser Ansicht schließt sich auch Gebhard (FN 335, 366) an. Auch er geht nicht von einer abschließenden Regelung des Art 5 aus, sodass das Veto eines Mitgliedstaates sehr wohl durch ein anders lautendes Urteil des EuGH überwunden werden kann. Auch vertritt Gebhard die Ansicht, dass dem bilateralen Konzertierungsverfahren in der Praxis keine große Bedeutung zukommen wird. Er erwartet, dass in streitigen Fällen während des sechsmonatigen Konzertierungsverfahrens eine Einigung erzielt wird. 425 Kirchhof, Welches Schutzregime gilt in potentiellen FFH-Gebieten? NuR 2001, 667. 426 Mauerhofer (FN 3) 6. 427 Mauerhofer (FN 3, 299) sieht die Kommission im Konzertierungsverfahren von vornherein in der schlechteren Position, weil auch bei nachweislicher Richtigkeit ihrer Informationen und ihres Vorbringens der Mitgliedstaat die Zustimmung verweigern und folglich den erforderlichen Ratsbeschluss mittels Gegenstimme verhindern kann.
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verletzungsverfahren als bloß subsidiär gegenüber dem Konzertierungsverfahren ansehe, würde dies für Mauerhofer eine Beschränkung des Klagerechts darstellen. Rödiger-Vorwerk428 sieht hingegen im Konzertierungsverfahren sehr wohl die speziellere Regelung zum Vertragsverletzungsverfahren. Ihrer Ansicht nach besteht für die Kommission die Verpflichtung, zunächst das bilaterale Konzertierungsverfahren einzuleiten bevor der Weg des Vertragsverletzungsverfahrens beschritten werden kann. Sie sieht den Zweck des Konzertierungsverfahrens darin, dass die Meinungsverschiedenheiten über die Geeignetheit von Gebieten in den außergerichtlichen Raum vorverlagert und dadurch die Gerichte entlastet werden.429 Die angeführten Meinungen zeigen, dass Art 5 in mehrere Richtungen ausgelegt werden kann.430 Festzuhalten ist der unbestrittene Grundsatz, dass durch Art 5 die Möglichkeit eines Vertragsverletzungsverfahrens nicht ausgeschlossen werden kann. Dies würde eine sachlich nicht gerechtfertigte Unterscheidung gegenüber den Vogelschutzgebieten nach sich ziehen.431 Denn gerade die in der Vergangenheit unzureichenden Gebietsmeldungen im Rahmen der VSchRL waren des Öfteren Gegenstand von Vertragsverletzungsverfahren. Warum jetzt im Rahmen der FFH-Richtlinie von dieser Linie abgegangen werden und praktisch eine Kontrolle auf Gemeinschaftsebene nur mehr für prioritäre Lebensräume und Arten möglich sein sollte, wäre sachlich nicht begründbar.432 Art 5 ist als ein zusätzliches Verfahren zur Durchsetzung von vollständigen Gebietsmeldungen zu sehen. Einen zwingenden Hinweis oder Anhaltspunkt, dass die Durchführung eines Konzertierungsverfahrens notwendige Voraussetzung für die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens sei, ist nicht zu erkennen und findet sich auch nicht bei RödigerVorwerk. Die Lösung, das Konzertierungsverfahren als zusätzliches Ver____________________
428 429
Rödiger-Vorwerk (FN 62) 67. Auch Gebhard (FN 335, 366) meint, dass mit Art 5 neben dem juridischen Verfahren ein besonderes Abstimmungsverfahren auf hoher politischer Ebene geschaffen werden sollte, in dem vor der Klageerhebung beim EuGH eine Konsenslösung angestrebt werden soll. 430 Auch Fisahn/Cremer (FN 191, 274 f ) skizziert vier denkbare Lösungen. 431 So lehnt Mauerhofer (FN 3, 87) die Ausschließlichkeit des Konzertierungsverfahrens völlig zu Recht ab, weil sonst gegebenenfalls ein und dasselbe Gebiet für das Netzwerk Natura 2000 zwar nicht zugunsten von Arten bzw Lebensräumen aufgrund der FFHRL eingefordert werden könnten, sehr wohl aber zugunsten von Vogelarten aufgrund der VSchRL. 432 Zugegebenermaßen nicht konform geht dieses Ergebnis mit dem von Gellermann betonten Grundsatz, dass Naturschutz nicht gegen den Willen der Mitgliedstaaten durchgesetzt werden kann.
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fahren zu verstehen, hat den Nachteil, dass mit dieser Interpretation die einstimmige Ratsentscheidung in ihrer politischen Bedeutung433 abgewertet wird.434 Eine vermittelnde Position nimmt Madner435 ein. Nach ihrem Vorschlag sollte im Zuge eines Vertragsverletzungsverfahrens moniert werden können, dass ein Mitgliedstaat Lebensraumtypen und Arten gänzlich unberücksichtigt lässt oder zu wenige repräsentative Gebiete vorschlägt und insofern keine vollständige Liste vorliegt. Es kann jedoch von der Gemeinschaft nicht die fehlende Aufnahme eines konkret umgrenzten Gebiets eingefordert werden. Nicht übersehen werden darf allerdings, dass auch dieser Lösungsansatz eine im Verhältnis zur VSchRL nicht unwesentliche Einschränkung des gemeinschaftsrechtlichen Einflusses auf dem Sektor der Schutzgebietsausweisung nach sich zieht. Mauerhofer stellt zudem die berechtigte Frage, warum sich die Kommission ein Konzertierungsverfahren „antun sollte“, wenn sie auch gleich ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten könnte.436 Eine mögliche Antwort könnte die oben zitierte These von Rödiger-Vorwerk liefern, wonach Art 5 eine Vorverlagerung der Problemlösung in einen außergerichtlichen Raum bezweckt.437 Faktum ist, dass in der Praxis das Konzertierungsverfahren bis dato nicht zur Anwendung gekommen ist.438 Im Falle von unvollständigen nationalen Gebietslisten wurde von der Kommission der „konventionelle“ Weg über das Vertragsverletzungsverfahren gewählt. Abschließend soll eine erst kürzlich ergangene Entscheidung des EuGH439 zu Art 5 nicht unerwähnt bleiben: Konkret ging es dabei um die Nichtumsetzung des Art 5 Abs 4, der bekanntlich für die Phase der ____________________
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Fisahn/Cremer (FN 191) 275. Gellermann und Iven gehen aber in ihren Ausführungen zur Thematik der potentiellen FFH-Gebiete von einer Vetoposition der Mitgliedstaaten im Konzertierungsverfahren aus. Gellermann (FN 25, 60) versteht Art 5 als Ausdruck der gesetzgeberischen Intention, Naturschutz nicht gegen den Willen der Mitgliedstaaten durchsetzen zu wollen. Dies hat für ihn zur Konsequenz, dass für nicht gemeldete Gebiete nur eine Erhaltungspflicht aus Gründen der Gemeinschaftstreue möglich ist. 435 Madner (FN 3) 56. 436 Mauerhofer (FN 7) 300. 437 Auch Kirchhof (FN 425, 667) spricht von einem politischen Konsensverfahren, welches ohne Klageverfahren die Sicherung der besonders wertvollen Flächen auf schnellem Weg bewirken soll. 438 Von Gebhard (FN 335, 366) wurde bereits 1999 eine große Bedeutung des Konzertierungsverfahrens in der Praxis nicht erwartet. 439 EuGH Rs C-75/01, Slg 2003, Rz 30 ff. 434
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Konzertierungsphase bis zu Beschlussfassung des Rates die Anwendung des Art 6 Abs 2 vorsieht. Die von der luxemburgischen Regierung vorgebrachte Verwaltungspraxis zur Gewährleistung der Schutzbestimmungen nach Art 6 Abs 2 wurden vom EuGH unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung440 zurückgewiesen. Ebenso kein Gehör gefunden hat das luxemburgische Argument, wonach die Liste nach Art 4 Abs 1 bereits erstellt sei und somit auf das Verfahren nach Art 5 Abs 4 gar nicht mehr zurückgegriffen werden muss. Verständlicherweise hat der EuGH hier entgegengehalten, dass in der nationalen Liste sehr wohl Gebiete fehlen können, die nach Ansicht der Kommission für den Fortbestand eines bestimmten prioritären natürlichen Lebensraumtyps oder das Überleben einer bestimmten prioritären Art unerlässlich sind. Die legistische Umsetzung wird meines Erachtens an dieser Stelle deshalb eingefordert, weil Art 5 Abs 4 die Anwendung des Verschlechterungsund Störungsverbotes regelt. Es handelt sich um keine Bestimmung, die bloße administrative Abläufe zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten zum Gegenstand hat, wie vielleicht auf den ersten Blick bei Art 5 angenommen werden könnte. ccc) Das Erfordernis des Einvernehmens mit den Mitgliedstaaten und die Berücksichtigung anderer als naturschutzfachlicher Kriterien in Phase 2 Wie bereits unter aaa) angedeutet, erstellt die Kommission im Einvernehmen mit den Mitgliedstaaten den Entwurf einer Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung. Diese Vorgabe hat zur Konsequenz, dass sich die Kommission grundsätzlich nicht über eine Verweigerung der Zustimmung durch den Mitgliedstaat hinwegsetzen kann.441 Nach einem Vergleich der deutschen, französischen und englischen Fassung des Richtlinientextes geht Rödiger-Vorwerk davon aus, dass „Einvernehmen“ im Sinne von Zustimmung des einzelnen Mitgliedstaates zu verstehen ist. Auch besteht für jeden Staat die Möglichkeit, die transnationale Bewertung der Kommission zu kommentieren und zu kritisieren Unter dem Hinweis auf Art 10 EG ist sie jedoch von einer Verpflichtung des Mitgliedstaates auszugehen, das Einvernehmen zu erklären, sofern es sich um die von ihm selbst vorgeschlagenen Gebiete handelt und ____________________
440 Vgl EuGH Rs C-159/99, Slg 2001, I-4007, Rz 32; EuGH Rs 394/00, Slg 2002, I581, Rz 11. 441 Rödiger-Vorwerk (FN 62) 61.
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die Bewertung des Gebiets durch die Kommission nicht erheblich von der des Mitgliedstaates abhängt. Anderenfalls müsste der Mitgliedstaat erklären, warum das von ihm vorgeschlagene Gebiet jetzt plötzlich nicht mehr geeignet sein sollte.442 Der Fall, dass ein vorgeschlagenes Gebiet nicht in die Liste aufgenommen wird und der betroffene Mitgliedstaat nicht damit einverstanden ist, wird nach den bisherigen Praxiserfahrungen kaum zu erwarten sein. Prima vista könnte man davon ausgehen, dass das Kriterium „der Herstellung des Einvernehmens mit den Mitgliedstaates“ ein mehr oder weniger formales ist. Auch in der deutschen und österreichischen Literatur wurde dieser Formulierung bis dato kein allzu großes Augenmerk geschenkt.443 Von Mauerhofer444 wird ohne nähere Begründung erwähnt, dass sich die Einvernehmensherstellung aufgrund der Bindung an ausschließlich fachliche Kriterien nur auf diesbezügliche Meinungsverschiedenheiten beziehen. Das mit den Mitgliedstaaten herzustellende Einvernehmen bedeutet nicht, dass über die Aufnahme von Gebieten in den Entwurf frei verhandelt werden und diesem Kontext etwa auch wirtschaftliche, kulturelle oder sonstige Belange von den einzelnen Staaten geltend gemacht werden könnten.445 Zuletzt hat sich Koch sehr ausführlich mit dem Erfordernis des mitgliedstaatlichen Einvernehmens in Phase 2 der Schutzgebietserstellung auseinandergesetzt.446 Auch für ihn stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob bei der Entscheidung über die Erteilung des Einvernehmens auch Raum für die Berücksichtigung anderer als naturschutzfachlicher Belange besteht. Im Gegensatz zu Mauerhofer und Gellermann vertritt er die Ansicht, dass mit Blick auf Gebiete ohne prioritäre Lebensraumtypen und Arten die Mitgliedstaaten bei der Entscheidung über die Erteilung des herzustellenden Einvernehmens sehr wohl die Möglichkeit besitzen, die Aufnahme eines Gebietes in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung in Einzelfällen zu verhindern,447 wenn das Gebiet in erhebli____________________
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Rödiger-Vorwerk (FN 62) 62. So wird beispielsweise von Fisahn/Cremer (FN 191) 268, Iven (FN 55) 376, Freytag/Iven (FN 115) 110, Gebhard (FN 335) 365 und Christl (FN 3) 69 nur am Rand auf das mit den Mitgliedstaaten herzustellende Einvernehmen eingegangen. 444 Mauerhofer (FN 7) 292. 445 Gellermann (FN 25) 58. 446 Koch (FN 368) 74 f. 447 Auch das VG Frankfurt/Main geht in seinem Beschluss vom 2. März 2001, Zl. 3 G 501/01(1), davon aus, dass das vor der Aufnahme in die Gemeinschaftsliste herzustellende 443
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chem Umfang für andere Zwecke als solche des Naturschutzes genutzt werden soll. Den Ausgangspunkt für die von Koch vertretene Argumentation bildet die bereits unter aa)ccc) zitierte „Severn“-Entscheidung des EuGH448 bzw der in dieser Rechtssache ergangene Schlussantrag von des Generalanwalts. In diesem Vorabentscheidungsverfahren ging es primär um die Frage der Berücksichtigung der in Art 2 Abs 3 genannter Interessen in Phase 1 der Schutzgebietsausweisung.449 Im Schlussantrag des Generalanwalts findet sich jedoch die Erwähnung, dass es seiner Meinung nach nicht ausgeschlossen ist, dass während der zweiten Phase, also während der Abstimmung zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission über die Auswahl der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung, wirtschaftliche und soziale Anforderungen dazu führen können, dass ein Gebiet, in dem natürliche Lebensraumtypen des Anhang I oder einheimische Arten des Anhang II vorkommen, nicht als Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung ausgewählt und demnach auch nicht als besonderes Schutzgebiet ausgewiesen wird.450 Ferner wird im Anschluss an diese Feststellung vom Generalanwalt ohne nähere Begründung eine von der im gegenständlichen Verfahren betroffenen Gesellschaft stammende Aussage zitiert, wonach Art 2 Abs 3 allgemein formuliert ist und nicht ausschließt, wirtschaftliche, soziale und regionale Anforderungen bei Maßnahmen zur Ausweisung und Abgrenzung der besonderen Schutzgebiete zu berücksichtigen.451 ____________________
Einvernehmen der Verfahrensabschnitt ist, andere Belange, insbesondere jene der Grundeigentümer, in verfahrensmäßiger Hinsicht zu berücksichtigen. Das deutsche Gericht sieht in der erforderlichen Einvernehmensherstellung mit den Mitgliedstaaten die stärkste Form der Beteiligung am Verfahren der Schutzgebietsausweisung. Hiebei sind sowohl nach deutschem Verfassungsrecht als auch nach primärem Gemeinschaftsrecht die Rechte Dritter – insbesondere die Rechte privater Grundeigentümer – zu berücksichtigen. Es wird wohl zugestanden, dass in Art 4 Abs 2 iVm Anhang III Phase 2 nur naturschutzfachliche Kriterien genannt sind, die Berücksichtigung der Interessen privater Grundeigentümer gründet sich aber auf Art 2 Abs 3, womit man bei der Argumentation von Koch anschließen kann. 448 EuGH Rs C-371/98, Slg 2000, I-9235. 449 Bekanntlich wurde vom EuGH in dieser Frage entschieden, dass nach Art 4 Abs 1 (Phase 1) ein Mitgliedstaat den Anforderungen von Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur sowie den regionalen und örtlichen Besonderheiten, wie sie in Art 2 Abs 3 genannt sind, nicht Rechnung tragen darf, wenn er über die Auswahl und Abgrenzung der Gebiete entscheidet, die der Kommission zur Bestimmung als Gebiete vom gemeinschaftlicher Bedeutung vorgeschlagen werden sollen. 450 Generalanwalt Leger, Schlussantrag in der Rs C-371/98, Slg 2000, Rz 51. 451 Der Schlussantrag von Generalanwalt Leger wird in einer Fußnote auch von Gellermann (FN 25, 58) zitiert.
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Koch versucht nun die Argumente der in der Lehre herrschenden Meinung, wonach eine Berücksichtigung der in Art 2 Abs 3 genannten Belange in Phase 2 nicht zulässig sei, zu widerlegen. So hält er zunächst entgegen, dass Art 4 Abs 2 UAbs 1452 nach seinem Wortlaut zwei zu unterscheidende Vorgaben enthält. Die eine Vorgabe betrifft die fachlichen, in Anhang III Phase 2 genannten Kriterien, die für Kommission zur Erstellung des Listenentwurfes gelten sollen. Darüber hinaus wird das Einvernehmen des jeweils betroffenen Mitgliedstaates bei der Übernahme eines Gebietes in die Gemeinschaftsliste gefordert. Koch schließt daraus, dass die Mitgliedstaaten bei der Erteilung des Einvernehmens nicht an die fachlichen Kriterien des Anhang III Phase 2 gebunden sind und daher auch andere Interessen einbeziehen können. Diese Interpretation des Art 4 Abs 2 UAbs 1 gilt es zu hinterfragen: Dass nämlich bei der Herstellung des Einvernehmens die beiden Seiten an unterschiedliche Kriterien gebunden wären, ist nicht nachvollziehbar. Dem Wortlaut des UAbs 1 ist zudem keine „Zweistufigkeit“ zu entnehmen. Bei der Erstellung des Listenentwurfes hat die Kommission im Einvernehmen mit den Mitgliedstaaten vorzugehen. Dies ist als Vorgang zu sehen, dessen Grundlage sich in Anhang III Phase 2 findet. Zum zweiten versucht Koch das Argument, dass es sich bei Art 4 im Verhältnis zur Art 2 Abs 3 um die speziellere Regelung handle,453 zu widerlegen. Er geht dabei davon aus, dass gerade die Anordnung eines mitgliedstaatlichen Einvernehmens die Berücksichtigung nichtfachlicher Kriterien ermögliche. Denn würden hier ausschließlich fachliche Kriterien ausschlaggebend sein, verblieben den Mitgliedstaaten keine nennenswerten Entscheidungsspielräume. Diesem Argument ist zu entgegnen, dass zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten sehr wohl eine fachliche Diskussion über die Geeignetheit eines Gebietes stattfinden kann. Die Mitgliedstaaten verfügen über konkrete Detailinformationen zu den in Frage kommenden Gebieten, während die Kommission einen Überblick über das gemeinschaftsweite Schutzgebietsnetz hat. Aufgrund des unterschiedlichen Wissenstandes und auch der unterschiedlichen Blickwinkel ist ein Zusammenspiel zwischen Kommission und Mitgliedstaat in Phase 2 vorgesehen.454 ____________________
452 Es ist anzunehmen, dass es sich hier um Art 4 Abs 2 UAbs 1 und nicht um Art 4 Abs 1 UAbs 2 (wie von Koch zitiert) handelt. 453 Gellermann (FN 25) 58. 454 Dass diese theoretische Intention nicht unbedingt mit dem faktischen Ablauf von Phase 2 übereinstimmt, wird durch die bisherigen Ausführungen deutlich. Dies ändert freilich nichts an der dogmatischen Lösung der Frage.
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Koch ist anderer Meinung und geht sogar davon aus, dass das Ausblenden der in Art 2 Abs 3 genannten Interessen im Ergebnis zur Bedeutungslosigkeit des Verfahrens zur Auswahl der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung führen würde. Weiters führt er ins Treffen, dass es sich bei Art 2 um eine Vorschrift handle, die im Anschluss an die Begriffsbestimmungen des Art 1 allgemeine Richtlinienziele formuliert und damit übergreifende und die Auslegung der speziellen Vorschriften der FFH-Richtlinie maßgebliche Direktiven enthält. So sind die Vorgaben des Art 2 Abs 3 bei der Auslegung aller „speziellen“ Richtlinienvorschriften zu berücksichtigen und werden gerade nicht von diesen verdrängt. Aus sytematischen Gesichtspunkten455 sind in der vorliegenden Frage zwei gegensätzliche Auslegungen vertretbar.456 Eine maßgebliche Entscheidung hat hier der EuGH mit dem „Severn“-Urteil getroffen. Die systematische Interpretation gilt meines Erachtens für Phase 1 und 2 gleichermaßen. Der EuGH hätte sie im Fall „Severn“ im Sinne von Koch anwenden können, was zu einem anderen Ergebnis geführt hätte. Da er diese nicht getan hat, ist anzunehmen, dass jetzt nicht in Phase 2 plötzlich die systematische Interpretation zu einer Berücksichtigung nichtfachlicher Kriterien führen kann. Zudem lässt auch die Rechtsprechung zur VSchRL bei der Gebietsauswahl keine nichtfachlichen Kriterien gelten. Die Vergleich der beiden Richtlinien in inhaltlicher und rechtstechnischer457 Hinsicht macht deutlich, dass die zur VSchRL ergangene Judikatur auf die FFH-Gebietsauswahl übertragbar ist. Die „Severn“-Entscheidung kann somit durchaus als Fortführung der eingeschlagenen Judikaturlinie gesehen werden. Des Weiteren versucht Koch seine These zu untermauern indem er auf den eigentlichen Zweck des stufigen Ausweisungsvorganges hinweist. Eine Berücksichtung anderer als fachlicher Kriterien in Phase 1 gemäß der EuGH-Entscheidung sei deshalb nicht zulässig, weil Phase 1 eine In____________________
455 Rödiger-Vorwerk (FN 62) 30; Zu erwähnen ist, dass sich die Ausführungen von Rödiger-Vorwerk auf die Phase 1 der Schutzgebietsauweisung beziehen. Dies spielt für die systematische Interpretation des Art 2 Abs 3 iVm Art 4 aber keine Rolle. 456 Die Ausführungen von Rödiger-Vorwerk im Jahre 1998 berücksichtigen noch nicht die „Severn-Entscheidung“. 457 Die Zielbestimmung des Art 2 FFH-RL entspricht inhaltlich im Wesentlichen jener des Art 2 VSchRL. Auch der Aufbau der beiden Richtlinien (Lebensraumschutz- und Artenschutzbestimmungen mit den jeweiligen Ausnahmetatbeständen) ist ähnlich strukturiert. Auch Iven (FN 55, 376) geht davon aus, dass für die Auswahl von FFH-Gebieten die zur Auswahl von Vogelschutzgebieten festgelegten Grundsätze entsprechend anwendbar sind. Er spricht dabei ausdrücklich die Orientierung an fachlichen Kriterien bei der Gebietsauswahl an.
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ventarisierungsfunktion zukommt. In dieser ersten Stufe sind sämtliche geeignete Gebiete zu melden, ohne Rücksicht auf etwaige kollidierende Belange. Eine abschließende Beurteilung über die Schutzwürdigkeit eines Gebietes findet erst in Phase 2 statt. In diesem Stadium wäre nun eine Berücksichtigung anderweitiger Interessen zulässig. Geltend gemacht werden sie von den Mitgliedstaaten, weil mit diesen bekanntlich das Einvernehmen herzustellen ist. Auch hier gehen die Argumente Kochs ins Leere: Richtig ist zwar, dass sich die „Severn“-Entscheidung nicht auf Phase 2 bezieht. Ebenso spricht der von Koch richtig interpretierte Zweck des stufigen Ausweisungsvorganges nicht grundsätzlich gegen eine Berücksichtigung nichtfachlicher Belange in Phase 2. Im Gegenzug fordert die Stufigkeit aber auch nicht die Abwägung verschiedener öffentlicher Interessen. Denn bloß das Tatbestandselement des mitgliedstaatlichen Einvernehmens kann für sich eine Interessensabwägung nicht begründen. Wie bereits erwähnt, kann zwischen der Kommission und dem jeweiligen Mitgliedstaat sehr wohl ein Dialog auf fachlicher Ebene über die endgültige Geeignetheit eines Gebietes stattfinden. Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass auch in Phase 2 der Gebietsauswahl eine Berücksichtigung nicht fachlicher Kriterien unzulässig ist. Nicht unerwähnt bleiben soll, dass Koch im Erfordernis mitgliedstaatlichen Einvernehmens keineswegs ein Instrument zur Verringerung der Gesamtzahl von Schutzgebieten in einem Mitgliedstaat sieht. Die Mitgliedstaaten wären demnach nicht berechtigt, aus beliebigen Gründen die Aufnahme eines Gebietes ins Schutzgebietsnetz zu verhindern, weil ihnen bloß ein an die Richtlinienziele gebundenes Ermessen zusteht. Dieser Aussage kann aus rechtsdogmatischer Sicht nicht widersprochen werden. Rechtspolitisch sind nach meinem Dafürhalten aber Zweifel an dieser Theorie angebracht. Würde die Gebietsauswahl im Rahmen einer allgemeinen Interessensabwägung stattfinden, ist davon auszugehen, dass sich in zahlreichen Fällen wirtschaftliche Interessen durchsetzen. Der Richtlinie wäre dadurch maßgeblich an Bestimmtheit und Schärfe genommen und die Durchsetzbarkeit ihrer Ziele wesentlich in Frage gestellt. ddd) Die Behandlung prioritärer Lebensraumtypen und Arten in Phase 2 Die Sonderstellung der prioritären Lebensraumtypen und Arten im Verfahren der Gebietsausweisung wurde bereits im Zuge der Erläuterung des Konzertierungsverfahrens deutlich. Darüber hinaus drängt sich die Frage auf, welcher Einfluss der Priorität bei der Erstellung des Entwurfes einer Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung zukommt.
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Gellermann458 spricht in diesem Zusammenhang von einem grundlegenden Unterschied zwischen Gebieten mit prioritären Lebensraumtypen bzw Arten und sonstigen von den Mitgliedstaaten gemeldeten Gebieten. Maßgeblich für die Behandlung der mit prioritären Lebensraumtypen bzw Arten ausgestatteten Gebiete sind zwei Textpassagen in der FFH-RL: Zum einen geht es um den letzten Teil in Art 4 Abs 2 UAbs 1. Dieser legt fest, dass im Entwurf der Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung die Gebiete mit einem oder mehreren prioritären natürlichen Lebensraumtyp(en) oder einer oder mehrerer prioritären Art ausgewiesen sind. Diese unpräzise Formulierung kann in mehrere Richtungen ausgelegt werden. Fisahn/Cremer459 verstehen „ausgewiesen“ im gegenständlichen Fall im Sinne von „besonders gekennzeichnet“ und nicht im Sinne von „aufgenommen“. Prioritäre Gebiete460 sind demnach gegenüber den restlichen Gebieten nur besonders gekennzeichnet. Jedenfalls soll diese Formulierung nicht in der Weise verstanden werden, dass nur prioritäre Gebiete in den Listenentwurf aufgenommen werden. Eine solche Interpretation würde nämlich der Systematik der Richtlinie zur Gänze widersprechen. So würde sich beispielsweise die Frage stellen, wozu es nichtprioritäre Gebiete in den nationalen Gebietslisten gibt. Gellermann461 misst der in Rede stehenden Formulierung hingegen eine ganz andere Bedeutung zu. Er deutet die besondere Hervorhebung der prioritären Gebiete als Pflicht zur Aufnahme dieser in den Entwurf. Seine These sieht Gellermann durch die Z 1 in Anhang III Phase 2 bestätigt. Nach dieser werden alle von den Mitgliedstaaten in Phase 1462 ermittelten Gebiete, die prioritäre Lebensraumtypen bzw Arten beherbergen, als Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung betrachtet. Zweifelsfrei ist diese in Anhang III Phase 2 Z 1 normierte Aussage maßgeblich für die Behandlung von prioritären Gebieten in Phase 2. Dies bestätigt auch Rödiger-Vorwerk463, die zwar im Ergebnis wie Gellermann davon ausgeht, dass Gebiete mit prioritären Lebensraumtypen bzw Arten ohne weitere Prüfung in die Kommissionsliste aufzuneh____________________
458 459
Gellermann (FN 25) 56. Fisahn/Cremer (FN 191) 268; Sie gehen aufgrund dieser Interpretation davon aus, dass die Kommission prioritäre Gebiete in Phase 2 unberücksichtigt lassen kann. Dabei übersehen sie freilich die in dieser Frage maßgeblichere Bestimmung des Anhangs III Phase 2 Z 1. 460 Gebiete mit prioritären Lebensraumtypen bzw Arten werden der sprachlichen Vereinfachung halber im Folgenden als prioritäre Gebiete bezeichnet. 461 Gellermann (FN 25) 57. 462 Der Richtlinientext sieht hier – nicht nachvollziehbar – einen römischen Einser vor. 463 Rödiger-Vorwerk (FN 62) 69.
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men sind, als Begründung aber richtigerweise ausschließlich Anhang III Phase 2 Z 1 anführt. Ebenso findet sich im Schlussantrag des Generalanwalts zur „Severn“Entscheidung die Aussage, wonach die von den Mitgliedstaaten in der ersten Phase als prioritär erkannten Gebiete in der zweiten Phase automatisch als Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung angesehen werden und demzufolge in der dritten Phase des Verfahrens als besondere Schutzgebiet auszuweisen sind. Die konkrete Bestimmung, auf die er seine Aussage stützt, wird vom Generalanwalt allerdings nicht genannt. Gellermann greift jedenfalls die von Leger gewählte Terminologie auf indem er von einem „Automatismus“ spricht, der der Kommission von vornherein jeden Auswahlspielraum nimmt. Dies gilt auch für prioritäre Gebiete mit weniger guter Repräsentanz der typischen Merkmale, ungünstigem Entwicklungs- und Schutzzustand und geringer Gebietsfläche. Diese Vorgangsweise erklärt sich aus der Erwägung, dass die besondere Gefährdungssituation prioritärer Lebensraumtypen und Arten eine einzelbezogene Beurteilung der gemeinschaftlichen Bedeutung entbehrlich macht. Auch die österreichische Lehre in der Person von Mauerhofer464 schließt sich der beschriebenen Meinung an.465 Interessant ist aber bei ihm, dass er die Anwendung der „Härteklausel“ des Art 4 Abs 2 UAbs 2 für prioritäre Gebiete befürwortet. Er ist der Meinung, dass die Vorgabe des Anhang III Phase 2 Z 1 flexibler angewandt werden kann, wenn dies gemäß Art 4 Abs 2 UAbs 2 ein Mitgliedstaat im Einvernehmen mit der Kommission beantragt, weil Gebiete mit einem oder mehreren prioritären natürlichen Lebensraumtyp(en) und einer oder mehreren prioritären Art(en) mehr als 5 % der Fläche des Hoheitsgebietes dieses Mitgliedstaates ausmachen. Von Rödiger-Vorwerk466 wird die Anwendung dieser 5 % Klausel für prioritäre Gebiete hingegen abgelehnt. Für sie soll die Klausel nur für die „anderen“ Gebiete gelten, weil auch die Kriterien in Anhang III Phase 2 Z 2 nur für die „anderen“ und nicht für prioritäre Gebiete Anwendung finden. ____________________
464
Mauerhofer (FN 3) 87 sowie (FN 7) 293. Mauerhofer erwähnt im Gegensatz zur deutschen Lehre auch die Auswirkung auf den weiteren Verfahrensablauf in Phase 2. Seiner Ansicht nach ist die Einschränkung der Einvernehmensherstellung bei prioritären Gebieten nur dann zweckmäßig, wenn sich auch durch das Verfahren nach Art 21 FFH-RL in der Liste der Gebiete von gemeinschaftlichem Interesse nur mehr Veränderungen hinsichtlich der Gebiete mit nicht prioritären Lebensräumen und Arten ergeben können. 466 Rödiger-Vorwerk (FN 62) 70. 465
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Gemessen am Ergebnis erscheint die Erklärung Rödiger-Vorwerks logisch und ins System passend. Ihrer These ist jedoch entgegenzuhalten, dass Art 4 Abs 2 UAbs 2 von einer flexibleren Anwendung der in Anhang III Phase 2 genannten Kriterien spricht. Hält man sich streng an den Wortlaut, dann wäre auch die Z 1 des Anhangs III Phase 2 von der flexibleren Anwendung erfasst. Diese Interpretation liefert die Begründung für die von Mauerhofer vertretene Ansicht. Es ist durchaus denkbar, dass für Mitgliedstaaten, die einen sehr hohen Anteil an prioritären Gebieten aufweisen,467 der durch die Z 1 normierte „Automatismus“ abgeschwächt werden soll. Doch zurück zur grundsätzlichen Behandlung von prioritären Gebieten in Phase 2: Während die herrschende Lehre und auch Generalanwalt Leger davon ausgehen, dass der Kommission in Phase 2 hinsichtlich prioritärer Gebiete kein Spielraum zukommt, versucht wiederum Koch468 die Erforderlichkeit der Einvernehmensverstellung mit den Mitgliedstaaten auch für prioritäre Gebiete zu belegen. Ob den Mitgliedstaaten auch hinsichtlich prioritärer Gebiete eine Interventionsmöglichkeit zukommt, hängt seiner Ansicht nach von der Frage ab, welche Bedeutung es hat, dass in dem Entwurf der Gemeinschaftsliste die Gebiete mit prioritären Lebensraumtypen oder Arten „auszuweisen sind“ 469. Er vergleicht dabei die verschiedenen Sprachfassungen, kommt jedoch zu keinem eindeutigen Interpretationsergebnis. Die zweite maßgebliche Bestimmung in der gegenständlichen Thematik, Anhang III Phase 2 Z 1 interpretiert Koch dahingehend, dass die Kommission alle Gebiete mit prioritären Lebensraumtypen oder Arten als Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung anzusehen und demgemäß in ihren Listenvorschlag aufzunehmen hat. Er sieht diese Vorgabe nur an die Kommission gerichtet und folglich nur für „ihren“ Listenvorschlag maßgeblich. Das Einvernehmen mit den Mitgliedstaaten wäre demnach erst nach Erstellung des Listenentwurfes herzustellen.470 Koch beginnt bei der Belegung seiner These mit dem Grundsatz, dass sich das Erfordernis mitgliedstaatlichen Einvernehmens nach dem Wortlaut des Art 4 Abs 2 UAbs 1 auf sämtliche in die Vorschlagsliste aufzu____________________
467 Nach Gellermann (FN 25, 59) kommt die „Härteklausel“ vor allem den südlichen Mitgliedstaaten zugute, die über einen sehr hohen Anteil an prioritären Gebieten verfügen. 468 Koch (FN 368) 82 f. 469 Koch meint damit augenscheinlich Art 4 Abs 2 UAbs 1 letzter Satz. 470 Wie bereits erwähnt, geht Koch in Phase 2 von einer „Zweistufigkeit“ mit Erstellung eines Listenentwurfes durch die Kommission und anschließender Einvernehmensherstellung mit den Mitgliedstaaten aus.
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nehmenden Gebiete erstreckt.471 Von diesem Grundsatz ausgehend dreht er aber „den Spies um“ und stellt fest, dass eine Reduktion des Anwendungsbereiches der Regelung auf nichtprioritäre Gebiete nur dann möglich erschiene, wenn die Anordnung, dass Gebiete mit prioritären Lebensraumtypen oder Arten „auszuweisen sind“, dies erzwänge. Da er auch nach dem Vergleich der anderen Sprachfassungen dies mit hinreichender Sicherheit nicht feststellen konnte, ergibt sich für ihn, dass auch die Aufnahme von prioritären Gebieten des mitgliedstaatlichen Einvernehmens bedarf. Dies hat zur Konsequenz, dass auch für prioritäre Gebiete kollidierende Belange zu berücksichtigen sind. Koch relativiert diese Aussage jedoch mit dem Hinweis auf das gebundene Ermessen der Mitgliedstaaten. Eine Nichterteilung des Einvernehmens wäre demnach nur dann möglich, wenn auch unter Berücksichtigung der besonderen Schutzwürdigkeit der prioritär geschützten Lebensraumtypen oder Arten ein daran gemessen im Einzelfall erkennbar vorrangiges Interesse verfolgt werden soll. Im Ergebnis würden sich daher kollidierende Belange nur in Ausnahmefällen durchsetzen können. Kritik an der These Kochs löst seine Interpretation der Z 1 in Anhang III Phase 2 aus. Der Inhalt der Z 1 ist nämlich mit dem „Umkehrschluss“ von Koch nicht vereinbar. Angesichts dessen ist festzustellen, dass prioritäre Gebiete jedenfalls in die Gemeinschaftsliste aufzunehmen sind. Kritik an der unklaren Regelung des Art 4 Abs 2 UAbs 1 ist allerdings angebracht. Eine präzisere Formulierung bezüglich der Behandlung von Gebiete mit prioritären Lebensraumtypen und Arten würde die offensichtlich vorhandene Uneinigkeit beseitigen. eee) Der aktuelle Stand der Schutzgebietsausweisung und die damit verbundenen rechtlichen Auswirkungen aaaa) Der aktuelle Stand der Schutzgebietsausweisung In Art 4 Abs 5 findet sich die Aussage, dass sobald ein Gebiet in die Liste des Abs 2 UAbs 3 aufgenommen ist, es den Bestimmungen des Art 6 Abs 2 bis 4 unterliegt. Mit anderen Worten gelten für die aufgenommenen Gebiete nach Vorliegen der Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung das Verschlechterungs- und Störungsverbot sowie die Bestimmungen über die Verträglichkeitsprüfung. ____________________
471 Dieser Aussage ist zuzustimmen, weil dem Wortlaut des Art 4 Abs 2 UAbs 1 nicht zu entnehmen ist, dass die Herstellung des Einvernehmens mit den Mitgliedstaaten für prioritäre Gebiete nicht erforderlich wäre.
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Prima vista scheint eine präzise Regelung vorzuliegen. Knüpft man jedoch an die in Phase 1 aufgeworfenen Fragen472 oder an die soeben ergangenen Ausführungen zur Behandlung von prioritären Gebieten in Phase 2 an, stellt sich die Lage bereits weit weniger klar dar. Bereits bei den Erläuterungen zu den rechtlichen Auswirkungen nach Phase 1 wurde die Frage nach „potentiellen FFH-Gebieten“ und der unmittelbaren Anwendbarkeit der FFH-Richtlinie aufgeworfen. Erschwerend kommt in Phase 2 hinzu, dass der in Art 4 vorgesehene Zeitplan für die Ausweisung der Schutzgebiete nicht eingehalten worden ist. So hätten binnen drei Jahren nach Bekanntgabe der Richtlinie die nationalen Gebietslisten der Kommission übermittelt werden sollen. Als weiterer Schritt und Abschluss der Phase 2 wäre gemäß Art 4 Abs 3 binnen sechs Jahre nach Bekanntgabe der Richtlinie die Erstellung der Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung vorgesehen gewesen. Faktum ist, dass zum derzeitigen Zeitpunkt noch keine vollständige Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung im Sinne von Art 4 Abs 2 UAbs 3 vorliegt. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass in der Praxis nicht ein Listenentwurf von der Kommission erstellt wird, sondern für jede biogeographische Region ein eigener. Die Durchführung der Phase 2 erfolgt daher nicht für das gesamte Gemeinschaftsgebiet gleichzeitig. Im Dezember 2001 wurde eine erste endgültige Gebietsliste – für die erste biogeographische Region Makaronesien – genehmigt.473 Die Listen werden im Rahmen von wissenschaftlichen Seminaren auf transparente Weise erstellt. An diesen von der Kommission einberufenen und von der Europäischen Umweltagentur unterstützten Seminaren nehmen die Mitgliedstaaten und Experten, die die einschlägigen Interessen von Betroffenen aus den Reihen der Landbesitzer und -nutzer sowie der Umweltverbände vertreten, teil.474 Nach dem zitierten Arbeitsdokument hätten die ausstehenden Listen bis Mitte 2004 angenommen sein sollen. Hinsichtlich der alpinen Region wurde von der Kommission zunächst eine vorläufige Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung an die Mitgliedstaaten versendet und diese zu einer Stellungnahme aufgefordert. Bedeutend ist in diesem Zusammenhang, dass in dieser vorläufigen Liste Vorbehalte, sogenannte „Reserves“, enthalten waren. Diese wurden ____________________
472 473
Siehe b)aa)fff ). Entscheidung der Kommission vom 28. Dezember 2001 zur Verabschiedung der Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung in den biogeographischen Region Makaronesien gemäß der Richtlinie 92/42/EWG des Rates, 2002/11/EG, ABl 2002 L 5 S 16. 474 Arbeitsdokument der Kommission zu Natura 2000, Beilage zu VSTB-0550 vom 26. Februar 2003, 3.
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aufgrund der Mängelfeststellungen der Kommission im Rahmen der Seminare definiert. Österreich wurde von der Kommission aufgefordert, neben den festgelegten Schutzgebieten auch diese „Reserves“ zu akzeptieren. Die Anerkennung der „Reserves“ hätte zur Konsequenz gehabt, dass der tatsächliche Umfang der Gebietskulisse für Natura 2000-Gebiete in der alpinen Region ohne definierte zeitliche und exakte inhaltliche Begrenzung offen geblieben und den Nachforderungen der Kommission indirekt zugestimmt worden wäre. Eine inhaltliche Einschränkung stünde dabei nur dem Grunde nach fest (Biotoptypen und Arten), nicht aber bezüglich Anzahl, Flächengröße und Lage der nachzunominierenden Gebiete. Auch hätte Österreich mit der Zustimmung zu den Vorbehalten anerkannt, dass gewisse Lebensräume nur ungenügend geschützt sind. Von Österreich wurde daher der Standpunkt vertreten, sehr wohl den festgelegten Schutzgebieten zuzustimmen, nicht jedoch den „Reserves“.475 Feststeht, dass sich in der FFH-Richtlinie keine rechtliche Grundlage für „Reserves“ findet. Zudem stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, ob überhaupt eine differenzierende Zustimmung möglich ist oder ob es nur ein generelles ja oder nein zur Gebietsliste gibt. Dies hätte zur Konsequenz, dass Österreich, wenn es die Vorbehalte nicht akzeptiert, die Zustimmung zur Liste verweigern muss. Das in Art 4 Abs 2 UAbs 1 normierte Erfordernis der Einvernehmensherstellung mit den Mitgliedstaaten wäre somit nicht erfüllt. Ungeachtetet dieser Überlegungen hat die Kommission mit 22. Dezember 2003 die Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung für die alpine biogeographische Region verabschiedet.476 Der Anhang II dieses Dokuments enthält eine Liste jener Lebensraumtypen und Arten, „hinsichtlich derer die Kommission nicht abschließend feststellen kann, dass das Netz vollständig ist“. Gemäß Art 1 der Entscheidung wird die Liste im Lichte weiterer Vorschläge der Mitgliedstaaten gemäß Art 4 FFH-RL für bestimmte Lebensraumtypen und Arten, die in Anhang II angeführt sind, ergänzt werden. Die Kommission hat sich hier offensichtlich eine „Hintertür“ offengelassen. Bei den aufgezählten Lebensraumtypen gehört Österreich zu jenen Mitgliedstaaten, die einen weiteren Beitrag zum Netz leisten müssen. Bezüglich der kontinentalen Region, der zweiten Österreich betreffenden biogeographischen Region, ist zu bemerken, dass hier von 11. bis 13. ____________________
475 Schreiben der Verbindungsstelle der Bundesländer vom 21. März 2003, Zl. VST2444/134, 3. 476 Entscheidung der Kommission vom 22. Dezember 2003 zur Verabschiedung der Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung für die alpine biogeographische Region gemäß der Richtlinie 92/42/EWG des Rates, 2004/69/EG, ABl 2004 L 14 S 21.
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November 2002 in Potsdam das letzte Seminar stattgefunden hat. Dabei wurden erhebliche Defizite bei den Gebietsmeldungen festgestellt. Salzburg war beispielsweise durch den Nachnominierungsbedarf für die Flussmuschel/Unio crassus sowie die Habitattypen „Dystrophe Seen“ und „Hainsimsen-Buchenwald/Luzolo-Fagetum“ betroffen. Österreich wurde aufgefordert, die entsprechenden Gebietsnominierungen zu ergänzen. Im März 2004 fand ein letztes bilaterales Gespräch zwischen der Kommission und Österreich zur Vervollständigung der Gebietsliste statt. Mittlerweile liegt auch die Entscheidung der Kommission zur kontinentalen Region vor.477 Analog zur alpinen Region wird auch hier in Art 1 die Überarbeitung der Liste angeordnet. Österreich ist sowohl bei den Lebensraumtypen als auch bei den Arten betroffen. bbbb) Rechtliche Auswirkungen – Umfang des Schutzregimes in Phase 2 aaaaa) Allgemeines Nach Erörterung des aktuellen Standes der Schutzgebietsausweisung drängt sich die nahe liegende Frage nach den damit verbundenen rechtlichen Auswirkungen auf. Aufgebaut werden kann dabei auf die bereits getätigten Ausführungen zur unmittelbaren Anwendbarkeit der VSchRL und zu den rechtlichen Auswirkungen nach Phase 1 der FFH-Schutzgebietsausweisung.478 Ausgangspunkt der gegenständlichen Erörterung ist wie bereits erwähnt die Tatsache, dass aufgrund der verzögerten Gebietsmeldungen der in Art 4 vorgesehene Zeitplan der Schutzgebietserrichtung nicht eingehalten worden ist und somit noch keine komplette Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung vorliegt. Phase 2 der Schutzgebietsausweisung ist daher noch nicht abgeschlossen und daher dem Wortlaut des Art 4 Abs 5 folgend die Bestimmungen des Art 6 Abs 2 bis 4 nicht anwendbar. Wie bereits in den Ausführungen zu den rechtlichen Auswirkungen nach ____________________
477 Entscheidung der Kommission vom 7. Dezember 2004 gemäß der Richtlinie 92/ 42/EWG des Rates zur Verabschiedung der Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung in der kontinentalen biogeographischen Region, 2004/798/EU, ABl 2004 L 382 S 1. Weiters liegen zwischenzeitlich vor: Entscheidung der Kommission vom 7. Dezember 2004 gemäß der Richtlinie 92/ 42/EWG des Rates zur Verabschiedung der Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung in der atlantischen biogeographischen Region, 2004/813/EG, ABl 2004 L 387 S 1. Entscheidung der Kommission vom 13. Jänner 2005 gemäß der Richtlinie 92/42/ EWG des Rates zur Verabschiedung der Liste von Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung in der borealen biogeographischen Region, 2005/101/EG, ABl 2004 L 382 S 1. 478 Siehe unter B.4.b)ee) und C.3.b)aa)fff ).
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Phase 1 angeklungen, drängt sich die Frage auf, ob und gegebenenfalls welcher Schutz den derzeit in der Ausweisungsphase befindlichen Gebieten zukommt. Diese Frage wird in der Lehre sehr kontroversiell diskutiert. Die Meinungen gehen dabei von einer restriktiven Haltung, die eine zeitliche Vorverlagerung der Schutz- und Erhaltungspflicht über Art 4 Abs 5479 hinaus ablehnt, bis hin zu einer extensiven Auslegung, die auch solche Gebiete vom vorläufigen Schutz erfasst sehen will, die von den Mitgliedstaaten nicht in die nationalen Gebietslisten aufgenommen wurden.480 bbbbb) Judikatur und Lehre in Deutschland Zweitere Meinung wird auch vom deutschen Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung zur A 20 – Ostseeautobahn vertreten.481 Hödl482 zitiert aus dieser Entscheidung die Aussage, dass das Gericht „dazu neigt, von der rechtlichen Möglichkeit eines potentiellen FFH-Gebietes im Sinne des Art 4 Abs 1 auszugehen“. Dies wird für jene Einzelfälle angenommen, in denen für ein Gebiet die sachlichen Kriterien nach Art 4 Abs 1 erfüllt sind, die Aufnahme in ein kohärentes ökologisches Netz in Zusammenhang mit anderen, bereits förmlich unter Schutz gestellten Gebieten nahe liegt oder sich geradezu aufdrängt und der Mitgliedstaat weder die Richtlinie umgesetzt noch eine Liste nach Art 4 Abs 1 der Kommission zugeleitet hat. Eine abschließende rechtliche Beurteilung hält das Gericht für entbehrlich, weil in „rechtlicher Hinsicht anzunehmen ist, dass ein Mitgliedstaat bereits vor Ablauf der Umsetzungsfrist einer Richtlinie verpflichtet ist, die Ziele der Richtlinie nicht zu unterlaufen und durch eigenes Verhalten keine gleichsam vollendeten Tatsachen zu schaffen, die ihm später die Erfüllung der ihm aus der Beachtung der Richtlinie erwachsenen Vertragspflichten nicht mehr möglich macht.“ Die Argumentation des Gerichts stützt sich offensichtlich auf den bereits unter aa)fff ) erwähnten Grundsatz des gemeinschaftstreuen Verhaltens nach Art 10 EG. Auf diese Pflicht zur „Stillhaltung“ als gemeinschafts____________________
479 Dabei handelt es bereits bei der Bestimmung des Art 4 Abs 5 um eine Vorverlagerung des Schutzregimes. Gellermann (FN 25, 70) begründet diese Vorverlagerung mit der Frist, die die Mitgliedstaaten zur Erfüllung ihrer Unterschutzstellungsverpflichtung in Art 4 Abs 4 eingeräumt bekommen. Wären nämlich die in die Gemeinschaftsliste aufgenommenen Gebiete während dieses maximal sechs Jahre währenden Zeitraumes schutzlos gestellt, bestünde die Gefahr einer Minderung ihres Wertes und ihrer Bedeutung für die Einrichtung des Netzwerkes Natura 2000. 480 Die von den Mitgliedstaaten nicht nominierten Gebiete sind die eigentlichen „potentiellen FFH-Gebiete“. 481 BVerwG vom 19. Mai 1998, 4 A 9/97, NuR 1998, 549. 482 Hödl (FN 3) 21.
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rechtliche Vorwirkung und deren weitgehende Zustimmung der Lehre und Judikatur483 wurde bereits eingegangen.484 Unerwähnt blieb dabei die abweichende Ansicht von Schröder485, der davon ausgeht, dass die diesbezügliche Rechtsprechung des EuGH ausschließlich Sachverhalte betrifft, die vor Ablauf der Umsetzungsfrist liegen. Mit dem Inkrafttreten der § 19a ff BNatSchG am 9. Mai 1998 hat die Begründung von Schutzpflichten jedoch ihre Einschlägigkeit verloren. In der weiteren Folge spricht Schröder dann von einem vorhandenen Umsetzungsdefizit im „exekutivischen Bereich“, womit er die verzögerte Schutzgebietsausweisung meint. Meines Erachtens ist Art 10 EG nach wie vor anwendbar, unabhängig, ob vom Mitgliedstaat legistische Umsetzungsschritte gesetzt wurden. Wenn die Treue- bzw Stillhaltepflicht bereits vor Fristablauf gilt, muss sie erst recht auch nach Fristablauf gelten, wenn die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung säumig sind. Ob die Säumigkeit im legistischen oder exekutivischen Bereich liegt, ist diesem Fall nicht von Bedeutung.
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483
EuGH Rs C-129/96, Slg 1997, I-7411, I-7435. Besonders ist in diesem Zusammenhang ein Urteil des BVerwG vom 27. Jänner 2000, Zl. 4 C2.99 (OVG Lüneburg, NuR 1999, 522) zu erwähnen: Das BVerwG ging vom bekannten Grundsatz aus, dass die FFH-Richtlinie bereits vor ihrer vollständigen Umsetzung bestimmte Vorwirkungen für die Planfeststellung entfaltet. Gestützt auf das vorangehende EuGH-Urteil wird argumentiert, dass es den Mitgliedstaaten verwehrt ist, aus ihrem gemeinschaftswidrigen Verhalten Vorteile zu Lasten des gemeinschaftsrechtlichen Naturschutzes zu ziehen. Ferner wird der bekannte Grundsatz zitiert, dass es verboten ist, die Ziele der Richtlinie zu unterlaufen und vollendete Tatsachen zu schaffen, die geeignet sind, die Erfüllung der vertraglichen Pflichten unmöglich zu machen. Das BVerwG leitet aus diesen Grundsätzen ab, dass bereits vor dem 5. Juni 1998 im Verfahren der Planfeststellung ermittelt werden muss, ob für ein Straßenbauvorhaben auf Flächen zurückgegriffen wird, denen unter FFH-Gesichtspunkten rechtliche Relevanz beizumessen ist. Erfüllt somit ein Bereich die sachlichen Kriterien des Art 4 Abs 1 und drängt sich dessen Meldung für die Aufnahme in das kohärente Schutzgebietsnetz auf, so ist dieser als potentielles FFH-Gebiet einzustufen. Dies hat zur Konsequenz, dass das Infrastrukturprojekt nur unter den in Art 6 Abs 3 und 4 FFH-RL bezeichneten Grundsätzen unbedenklich ist. Etwa 10 Monate später hat das BVerwG seine Linie aber deutlich korrigiert. In seiner Entscheidung vom 27. Oktober 2000 (NuR 2001, 216 f ) stellt es fest, dass aus dem Verbot, vollendete Tatsachen zu schaffen, keineswegs folge, dass potentielle Schutzgebiete eine Pflicht zur Anwendung eine Pflicht zur Anwendung des Art 6 FFH-RL begründen. Das Argument der Gemeinschaftstreue wurde nunmehr dazu benützt, ein weitaus weniger strenges Schutzregime zu etablieren. 485 Schröder, Rechtsfragen des Interimsschutzes bei Meldegebieten nach der FFHRichtlinie, Jahrbuch des Umwelt- und Technikrechts 2002, 107. 484
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ccccc) Die Kommission Die Kommission486 äußert sich in diesem Zusammenhang mit einer Empfehlung an die Mitgliedstaaten, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, die verhindern, dass sich der Zustand von Gebieten, die sich auf ihrer Länderliste der vorgesehenen Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung befinden, nicht verschlechtert, bevor die Gemeinschaftsliste mit den Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung angenommen wird. Bei Unvollständigkeit der Länderliste wird den Mitgliedstaaten ferner empfohlen, auch Maßnahmen zum Erhalt des Zustandes jener Gebiete zu treffen, die auf Grundlage der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechend den in Anhang III der Richtlinie genannten Kriterien ebenfalls auf der Länderliste zu finden sein sollten. Hier bezieht sich die Kommission augenscheinlich auf die „potentiellen“ FFH-Gebiete. Diese Empfehlung scheint allerdings schwer erfüllbar. Gebiete, die nach Ansicht des Mitgliedstaates die Kriterien des Anhangs III Phase 1 erfüllen, müssten von diesem ohnehin auf die nationale Gebietsliste gesetzt worden sein. Würde nun ein Mitgliedstaat für ein nicht nominierten Gebiets Maßnahmen zum Erhalt des Zustandes treffen, gäbe er damit gleichzeitig zu erkennen, dass er ein die Kriterien des Anhang III Phase 2 erfüllendes Gebiet bei der nationalen Gebietsauswahl unberücksichtigt gelassen hat.487 ddddd) Der Verfassungsgerichtshof Wie bereits im Rahmen der Ausführungen zu Art 10 EG erwähnt, war auch bereits der VfGH mit der Anwendbarkeit des Art 6 befasst.488 Im konkreten Fall wurde von betroffenen Grundeigentümern der Beschluss der Steiermärkischen Landesregierung, mit welchem die Gebiete nach Art 4 Abs 1 FFH-RL festgelegt und der Kommission vorgelegt worden waren, per Individualantrag gemäß Art 139 Abs 1 B-VG angefochten. Unabhängig von der Zurückweisung des Antrages mangels Darlegung einer aktuellen Betroffenheit der Antragsteller wurde vom VfGH festgehalten, dass das in Art 6 Abs 1 und 2 vorgesehene Schutzregime derart unbestimmt ist, dass die Beurteilung von Art und Ausmaß der Betroffenheit in den Rechten der Antragsteller nicht schon aufgrund der Meldung gemäß Art 4 Abs 1 iVm mit den möglichen Vorwirkungen der ____________________
486 Dokument der Kommission „Natura 2000 – Gebietsmanagement. Die Vorgaben des Art 6 der Habitat-Richtlinie 92/43/EWG“, 2000, 13. 487 Denkbar wäre allerdings, dass man im Projektsgebiet eines konkreten Vorhabens unerwartet auf besonders schutzwürdige, möglicherweise prioritäre Lebensräume bzw Arten des Anhangs I bzw II stößt, deren Vorkommen an dieser Stelle bis dato nicht bekannt war und deshalb keine Meldung nach Brüssel erfolgt ist. 488 VfSlg 15.977/2000.
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FFH-RL in Form eines Verschlechterungsverbotes oder einer Verträglichkeitsprüfung, sondern erst aufgrund eines weiteren Verwaltungsaktes – wie zB einer Verordnung gemäß § 13a Stmk Naturschutzgesetz 1976 – möglich ist. Mauerhofer489 hält diese ablehnende Haltung des VfGH für unrichtig und begründet dies ua damit, dass ansonsten eine vom EuGH490 vorgenommene Abwägung zwischen Art 6 Abs 3 FFH-RL und Art 4 Abs 4 VSchRL überflüssig wäre. Nach Ansicht von Mauerhofer hätte sich der EuGH nicht mit dieser Frage auseinandersetzen müssen, wenn er von einer Nichtanwendbarkeit des Art 6 Abs 3 FFH-RL auf nicht ausgewiesene Gebiete ausgegangen wäre.491 In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass auch der österreichische Gesetzgeber Bezug zur gegenständlichen Thematik genommen hat: In § 3 Abs 4 UVP-G 2000492 wird normiert, dass bei der Prüfung schutzwürdige Gebiete der Kategorie A493, C oder D des Anhangs 2 nur zu berücksichtigen sind, wenn sie am Tag der Einleitung des Verfahrens ausgewiesen oder in die Liste der Gebiete mit gemeinschaftlicher Bedeutung (Kategorie A des Anhanges 2) aufgenommen sind. Auch findet sich im Anwendungsbereich des Anhangs 2 bei der Nennung der FFH-RL der Zusatz „in der Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung nach Art 4 Abs 2 FFH-RL genannten Schutzgebiete“. Schaffgotsch494 geht aufgrund der zitierten Entscheidung des VfGH und der gewählten Regelung im UVP-G davon aus, dass hier von „maßgeblichen österreichischen Autoritäten“ eine bewusste Entscheidung für die Unanwendbarkeit des FFH-Regimes vor Aufnahme eines Gebietes in die Gemeinschaftsliste getroffen wurde, um Rechtssicherheit zu gewährleisten. Der österreichische Gesetzgeber hat sich hier offensichtlich strikt an den Wortlaut des Art 7 FFH-RL gehalten und somit klar auf die Ausgewiesenheit abgestellt. Sich in der äußerst strittigen Frage der Vorverle____________________
489 490
Mauerhofer (FN 116) 130. EuGH Rs-374/98; In diesem Fall ging es ua um die Auslegung des Art 7 FFH-RL, im konkreten um die Frage, ob das Schutzregime nach Art 6 Abs 3 FFH-RL oder nach Art 4 Abs 4 VSchRL anzuwenden ist, wenn ein Gebiet noch nicht ausgewiesen wurde. 491 Der VfGH hat diese Aussagen im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit des Individualantrages getroffen. Bekanntlich sind hier die Anforderungen bezüglich der aktuellen Betroffenheit des Antragstellers sehr hoch. Die Vorwirkungen des Art 6 FFH-RL wurden vom VfGH im konkreten Fall im Hinblick auf „Art und Ausmaß der Betroffenheit in den Rechten des Antragsstellers“ beurteilt. 492 BGBl Nr 89/2000. 493 Die Kategorie A sind besondere Schutzgebiete, zu denen auch die Schutzgebiete nach der VSchRL und der FFH-RL gezählt werden. 494 Schaffgotsch, Rechtliche Spezialprobleme zu Natura 2000, Vortrag im Rahmen eines ARS Seminar in Pörtschach im Mai 2002, 8.
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gung des Schutzregimes aufgrund der Verzögerungen bei der Schutzgebietsausweisung festzulegen, hat der Gesetzgeber erwartungsgemäß unterlassen. Die Aussagekraft dieser Bestimmungen im UVP-G sollten daher im Rahmen der Diskussion einer Vorverlegung des Schutzregimes nicht überbewertet werden. eeeee) Der Verwaltungsgerichtshof Die Frage der Existenz von „Vorwirkungen“ des Schutzregimes gemäß Art 6 Abs 2 bis 4 FFH-RL fand auch im VwGH-Erkenntnis zur bereits erwähnten Golfplatzerweiterung im steirischen Ennstal495 Erwähnung. Wie bereits im Rahmen der Ausführungen zu Kapitel B.4.b)ee) erläutert, kam es zur Aufhebung des die Golfplatzerweiterung genehmigenden Naturschutzbescheides der steiermärkischen Landesregierung durch den VwGH wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, wobei in erster Linie Begründungsdefizite gerügt wurden. So bemängelte der VwGH, dass eigenständige Sachverhaltsfeststellungen, auf deren Grundlage beurteilt hätte werden können, ob in dem in Rede stehenden Gebiet „Vorwirkungen“ des gemäß Art 6 Abs 2 bis 4 FFH-RL allenfalls zu gewährenden Schutzes in Betracht zu ziehen sind, und ob der betreffenden Regelung zu entnehmende Versagungsgründe – auch unter Bedachtnahme auf die Nebenbestimmungen des Bescheides – vorliegen, von der belangen Naturschutzbehörde nicht getroffen worden sind. Dem VwGH fehlte die Auseinandersetzung mit jenen tatsächlichen Gegebenheiten, die dem in der Bescheidbegründung erwähnten Beschluss der steiermärkischen Landesregierung496 zugrunde liegen. Ob die in einem Genehmigungsverfahren angerufene Verwaltungsbehörde auch ohne formelle Ausweisung eines Schutzgebietes zur Untersagung der Ausführung eines Vorhabens verpflichtet wäre, ist nach Auffassung des VwGH allerdings eine Frage der Auslegung des Gemeinschaftsrechts, die durch die Rechtsprechung des EuGH nicht in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise geklärt sein dürfte.497 ____________________
495 496
VwGH 27.6.2002, 99/10/0159. Gemeint ist hier jener Beschluss, der die steirischen Gebiete gemäß Art 4 Abs 1 FFH-RL festlegt und Gegenstand des oben erwähnten Individualantrages gemäß Art 139 B-VG war. 497 Der in dieser Angelegenheit aufgrund einer Klageschrift der Kommission befasste EuGH hat in seiner Entscheidung vom 29. Jänner 2004, Rs C-209/02, Slg 2004, festgehalten, dass der vom VwGH aufgehobene Bewilligungsbescheid der Steiermärkischen Landesregierung nicht unter Berücksichtigung der Anforderungen des Art 6 Abs 3 der FFHRL erlassen wurde und auch die Voraussetzungen des Art 6 Abs 4 nicht vorlagen. Die Republik Österreich hat daher dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art 6 Abs 3 und 4 iVm Art 7 FFH-RL verstoßen, dass das Projekt zur Erweiterung der Golfanlage der Gemeinde Wörschach im Bundesland Steiermark trotz negativer Ergebnisse einer Verträglich-
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Ähnlich argumentiert der VwGH auch im erst kürzlich ergangenen Erkenntnis zum Semmering-Basistunnel:498 Nach Ansicht des VwGH kann die Untersagung der Ausführung des Eisenbahnprojektes schon deshalb nicht rechtmäßig auf die Annahme gegründet werden, es gelte – im Sinne von Vorwirkungen des durch Art 6 Abs 1 bis 3 FFH-RL bzw Art 4 Abs 4 VSchRL vermittelten Schutzes – erhebliche Beeinträchtigungen eines potentiellen FFH-Gebietes bzw Beeinträchtigungen der Lebensräume der Vögel vorzukehren, weil konkrete Feststellungen fehlen, die die Annahme einer entsprechenden Gebietsqualität tragen könnten. Der Begründung des angefochtenen Bescheides könne keine den Anforderungen entsprechenden, auf gesetzmäßig ermittelter Sachverhaltsgrundlage beruhenden Feststellungen entnommen werden, die die Beurteilung tragen könnten, das betroffene Gebiet sei als „faktisches Vogelschutzgebiet“ oder als „potentielles FFH-Gebiet“ anzusehen. fffff ) Der Versuch einer Systematisierung im Schrifttum Gellermann499 prüft im Rahmen seiner Ausführungen zum Schutzstatus der FFH-Gebiete vor Aufnahme in die Gemeinschaftsliste in einem ersten Schritt die Übertragbarkeit der Santona-Grundsätze.500 Bekanntlich hat der EuGH in dieser Entscheidung zu Art 4 Abs 4 VSchRL festgestellt, dass die aus dieser Bestimmung folgenden Schutz- und Erhaltungspflichten auch dann von den Mitgliedstaaten zu erfüllen seien, wenn diese es unterlassen hätten, das entsprechende Gebiet mit einem gemeinschaftsrechtlich vorgegebenen Schutzstatus auszustatten.501 ____________________
keitsprüfung im Hinblick auf den Lebensraum des Wachtelkönigs (Crex crex) in dem dort befindlichen, nach Art 4 der VSchRL zum besonderen Schutzgebiet erklärten Wörschacher Moos bewilligt worden ist. Mit der Frage der vom VwGH angesprochenen Vorwirkungen des Art 6 Abs 3 und 4 hat sich der EuGH allerdings nicht auseinandergesetzt. Aufgrund der vorliegenden Fachgutachten ging die Steiermärkische Landesregierung nach Ansicht des EuGH zu Unrecht davon aus, dass durch die geplante Erweiterung der Golfanlage mit den im Bewilligungsbescheid angeordneten Auflagen die Wachtelkönigpopulation im gegenständlichen Schutzgebiet nicht erheblich gefährdet und dieses Schutzgebiet nicht beeinträchtigt wird. Das den Bewilligungsbescheid aufhebende Erkenntnis des VwGH konnte die Verurteilung Österreichs nicht verhindern, weil zum Zeitpunkt des Ablaufes der Frist, die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme der Kommission festgesetzt worden ist (unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung EuGH Rs C-166/97, Slg 1999, I-1719, Rz 18 sowie EuGH Rs C-103/00, Slg 2002, I-1147, Rz 23), der Bescheid noch in Kraft war. Erschwerend kam noch hinzu, dass die bescheidgegenständlichen Spielbahnen in der Zwischenzeit errichtet worden sind. 498 VwGH 16.4.2004, 2001/10/0156 ua. 499 Gellermann (FN 25) 121 ff. 500 In erwähnten Entscheidung zur A 20 – Ostseeautobahn wurde diese vom BVerwG bejaht (FN 485, 102). 501 Schröder (FN 485), 102.
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Die Übertragung dieser „unmittelbaren Wirkung“ auf nicht gemeldete, somit potentielle FFH-Gebiete wird von Gellermann abgelehnt. Begründet wird die Ablehnung mit dem in der FFH-RL formal geregelten Verfahren zur Schutzgebietsausweisung, an dem vor allem die Mitgliedstaaten502 in maßgeblicher Weise beteiligt sind.503 In der VSchRL sind hingegen allein die ökologische Wertigkeit und die ornithologische Bedeutung für die mitgliedstaatlichen Schutzverpflichtungen deutlich. Auch Stüber504 kommt zum Ergebnis, dass allein die materielle Eignung eines Gebietes als FFH-Gebiet nicht für das besondere Schutzregime der Richtlinie ausreicht. Im Gegensatz dazu kann sich die Kommission – ohne dies näher zu begründen – eine analoge Anwendung des Santona-Urteils auf die FFH-Richtlinie vorstellen.505 Im Ergebnis beschränkt sie sich freilich auf die bereits zitierte Empfehlung an die Mitgliedstaaten. Nicht mit der Ansicht Gellermanns stimmt die Schlussfolgerung von Kirchhof506 überein. Wie bereits voranstehend beschrieben, sieht Kirchhof das Konzertierungsverfahren als zusätzliches Instrument zu den primärrechtlichen Klagerechten und Vorlagepflichten. Im Gegensatz zu Gellermann sieht er eine durchsetzbare Rechtspflicht zur Meldung bestimmter Gebiete. Für Kirchhof ist daher die Auffassung, wonach jegliche Vorverlagerung gemeinschaftsrechtlichen Schutzes an einem „Zustimmungsvorbehalt“ der Mitgliedstaaten scheitern würde, im Ergebnis nicht vertretbar.507 Im zweiten Schritt stellt sich für Gellermann die Frage nach der Erhaltungspflicht für jene Gebiete, die in den nationalen Gebietslisten aufscheinen. Durch die Nominierung der Gebiete haben die Mitgliedstaaten ____________________
502 Gellermann (FN 25, 121 ff ) weist in diesem Zusammenhang besonders auf die der FFH-RL zugrunde liegende Intention des Gemeinschaftsgesetzgebers hin, gegen den Willen der Mitgliedstaaten kein Gebiet in das kohärente ökologische Netz Natura 2000 aufnehmen zu wollen. Wenngleich er auch nicht übersieht, dass bei einem Verstoß gegen die Meldeverpflichtung die Möglichkeit der Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen den säumigen Mitgliedstaat offen steht. 503 Auch Iven (FN 55, 380) spricht sich gegen eine Übertragung der Santona-Entscheidung auf FFH-Gebiete aus. Seine ABlehnung begründet er mit der den Mitgliedstaaten im Konzertierungsverfahren zukommenden Vetoposition. 504 Stüber (FN 327) 534. 505 Kommission (FN 486) 13. 506 Kirchhof (FN 425) 667. 507 Gellermann ist freilich nicht gegen jegliche Vorverlagerung des Schutzes wie die folgenden Ausführungen zeigen. Die seiner Ansicht nach bestehende Vetoposition der Mitgliedstaaten in Phase 1 führt lediglich dazu, dass das Schutzregime des Art 6 Abs 2 bis 4 nicht für Gebiete in Frage kommt, die gar nicht in den nationalen Gebietslisten aufscheinen. Für solche Gebiete sieht Gellermann bekanntlich die Erhaltungspflichten aus Gründen der Gemeinschaftstreue vor.
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zum Ausdruck gebracht, dass sie mit der Einbeziehung dieser in das Netzwerk Natura 2000 einverstanden sind. Zu unterscheiden ist hiebei, ob es sich um prioritäre Gebiete handelt oder nicht. Knüpft man an die Erläuterungen unter ddd) an,508 kommt man zum Ergebnis, dass den in den nationalen Listen angeführten prioritären Gebieten jedenfalls der Schutz gemäß Art 6 Abs 2 bis 4 zukommen muss. Wenn man in diesem Fall den Schutz von der tatsächlichen Erstellung der Gemeinschaftsliste abhängig machen würde, wäre dies nach Gellermann ein reiner Formalismus, der mit der in Art 4 Abs 2 zum Ausdruck gekommenen Entscheidung des Gemeinschaftsgesetzgebers nicht vereinbar ist. Auch seitens der österreichischen Lehre stellt Mauerhofer509 fest, dass es für sich allein nutzlos wäre, wenn die Kommission zwar die prioritären Gebiete ab deren Übermittlung durch die Mitgliedstaaten als Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung ansehen würde, ihnen aber nicht den effektiven Schutz in Form der Anwendung der Art 6 Abs 2 bis 4 zukommen ließe. Dies müsse auch den Mitgliedstaaten klar sein, wenn sie die nationale Gebietliste an die Kommission übermitteln. Die Anwendung des Schutzregimes des Art 6 Abs 2 bis 4 auf die in Phase 1 gemeldeten prioritären Gebiete widerspricht zwar dem Wortlaut des Art 4 Abs 5, ist aber bei konsequenter Fortsetzung der gewonnenen Erkenntnisse zu Phase 2 unumgänglich. Kritik an der offensichtlich nicht schlüssigen Regelung des Art 4 ist allerdings angebracht. So wird auf die in Abs 2 bzw in Anhang III offensichtlich vorgesehene Sonderstellung der prioritären Gebiete in Abs 5 nicht Rücksicht genommen. Welcher Schutz den von den Mitgliedstaaten nominierten nichtprioritären Gebieten zukommt, ist schwierig zu beantworten. Den Erläuterungen zu Phase 2 folgend geschieht die Aufnahme dieser Gebiete in die Gemeinschaftsliste nicht automatisch, sondern muss darüber erst unter Heranziehung der Kriterien des Anhang III Phase 2 entschieden werden. Die Richtlinie sieht in Phase 2 eine Auswahl der von den Mitgliedstaaten nominierten Gebiete vor. So meint Gellermann, dass manche der Gebiete „durch das Sieb“ fallen. Für solche Gebiete ist daher keinesfalls das Schutzregime des Art 6 Abs 2 bis 4 vorgesehen. Gellermann spricht sich folglich für eine Differenzierung bei den nichtprioritären Gebieten aus. Art 6 Abs 2 bis 4 soll nur auf jene Gebiete ____________________
508 Aufgrund ihrer gemeinschaftlichen Bedeutung werden die in Phase 1 von den Mitgliedstaaten nominierten prioritären Gebiete automatisch in die Gemeinschaftsliste aufgenommen. 509 Mauerhofer (FN 7) 293.
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Anwendung finden, auf deren Aufnahme in die Gemeinschaftsliste nicht verzichtet werden kann. Es handelt sich dabei um solche Areale, denen schon auf nationaler Ebene ein hoher relativer Wert attestiert wurde oder die über eine bedeutende Gesamtfläche, ein besonders bedeutendes Artenspektrum und/oder über einzigartige Komponenten verfügen. Eine solche Abgrenzung stellt sich allerdings schwierig dar. Inhaltlich kommt sie möglicherweise dem Auswahlvorgang der Phase 2 zuvor. Aus diesem Grund ist eine Vorverlagerung der Schutz- und Erhaltungspflichten des Art 6 Abs 2 bis 4 auf nichtprioritäre Gebiete abzulehnen. Eine Abweichung vom Wortlaut des Art 4 Abs 5 erscheint im Gegensatz zu den prioritären Gebieten hier nicht gerechtfertigt. Zum gegenteiligen Ergebnis könnte man aber gelangen, wenn man sich den tatsächlichen Ablauf der Phase 2 vor Augen führt. Wie bereits angeklungen, gestaltet sich der Ablauf der Phase 2 in der Weise, dass die Kommission alle nominierten Gebiete übernimmt und sich die Verhandlungen in den stattfindenden Seminaren auf Nachnominierungen beschränken. Für nicht von den Mitgliedstaaten nominierte Gebiete gelten nach Gellermann510 die Erhaltungspflichten aus Gründen der Gemeinschaftstreue nach Art 10 EG.511 Diesbezüglich kann im Wesentlichen auf die bereits getätigten Ausführungen verwiesen werden. Von einer Verletzung dieses „Stillhaltegebotes“ kann dann gesprochen werden, wenn eine erhebliche Verschlechterung der Qualität oder des Zustandes eines solchen Gebiets gegeben ist. Es geht darum Einwirkungen zu verhindern, die den Wert oder die Bedeutung eines Gebietes für das Netzwerk Natura 2000 mindern.512 Dieses Verschlechterungsverbot ist als weit weniger streng513 als jenes des Art 6 Abs 2 FFH-RL zu qualifizieren.514 Auch der VfGH515 ____________________
510 511
Gellermann (FN 25) 125 ff. Kirchhof (FN 425, 669) kommt dagegen zum Ergebnis, dass für bestimmte nicht nominierte Gebiete nicht bloß die Stillhalteverpflichtung gilt, sondern auch Art 6 Abs 2 bis 4 anwendbar ist. Es handelt sich dabei um solche Areale, bei denen der Ermessensspielraum auf Null reduziert ist. Es kann sich dabei um prioritäre, aber auch um nicht prioritäre Gebiete handeln. Die Schlussfolgerung Kirchhofs gründet auf der bereits beschrieben Ansicht, wonach den Mitgliedstaaten in Phase 1 bzw im Konzertierungsverfahren kein „Zustimmungsvorbehalt“ zukommt. 512 Das BVerwG (NuR 2001, 216 f ) reduziert die Stillhaltepflicht darauf, dass lediglich außergewöhnlich gravierende Beeinträchtigungen zu verhindern sind. 513 Keinen Unterschied in der Schutzintensität sieht hingegen das BVerwG in seiner unter FN 484 zitierten Entscheidung. Das deutsche Höchstgericht begründet wie beschrieben die Anwendung des Art 6 Abs 3 und 4 in Verfahren vor dem 5. Juni 1998 (wo also noch keine nationalen Gebietslisten vorliegen) mit den bekannten Vorwirkungen aus Art 10 EG. 514 Gellermann weist aber auch darauf hin, dass der Schutz des Art 10 EG auch strenger sein kann als jener des Art 6 FFH-RL. Die Stillhalteverpflichtung des EG verhindert
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unterscheidet inhaltlich zwischen dem aus Art 10 EG abgeleiteten Verschlechterungsgebot und dem Schutzregime des Art 6 FFH-RL.516 Mit der Frage, inwieweit die Pflicht zur Gemeinschaftstreue inhaltlich gehen kann, hat sich Madner517 näher auseinandergesetzt. Sie bezweifelt völlig zu Recht, ob das Verbot vollendete Tatsachen zu schaffen, bis zur Verpflichtung reicht, den Schutzstatus der Richtlinie vorwegzunehmen. Letztlich wird Art 10 EG dazu dienen, krass richtlinienwidriges Verhalten der Mitgliedstaaten zu unterbinden. Der Kritik nicht ganz entziehen kann sich hier der Gemeinschaftsgesetzgeber. Die FFH-RL müsste den Besonderheiten, die mit der Gebietsausweisung im Allgemeinen und dem Ausweisverfahren im Besonderen verbunden sind, entscheidend mehr Rechnung tragen. Eine Richtlinie, die Vorgaben für die Bodennutzung enthält, hätte für den durchaus nicht unvorhersehbaren Fall einer verzögerten Umsetzung entsprechende Vorkehrungen zu treffen gehabt.518 Im Ergebnis kann dennoch als Grundsatz festgehalten werden, dass trotz des Nichtvorliegens der Gemeinschaftsliste die Gebiete keineswegs ohne Schutz ausgestattet sind. Dabei ist zu bemerken, dass die Frage des Schutzes der nominierten Gebiete eine zeitlich begrenzte ist und sich nur bis zur Erlassung der Gemeinschaftsliste stellt.519 Der Schutz der eigentlichen „potentiellen“ Gebiete, jener also, die von den Mitgliedstaaten unberücksichtigt geblieben sind, ist hingegen von der Erlassung der Gemeinschaftsliste unabhängig. cc) Phase 3 – Die Ausweisung besonderer Schutzgebiete Gemäß Art 4 Abs 4 weisen die Mitgliedstaaten nach Erstellung der Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung die darin enthalte____________________
zwar nur erhebliche Gebietsverletzungen, einer darüber hinausgehenden Relativierung im Sinne von Art 6 Abs 4 ist sie jedoch nicht zugänglich. Art 6 Abs 4 kann also nicht zu einer Relativierung des Schutzes nach Art 10 EG herangezogen werden, da Art 6 Abs 2 bis 4 erst mit der Aufnahme des Gebietes in die Gemeinschaftsliste anwendbar ist. 515 VfSlg 15.977/2000. 516 Siehe die bereits erfolgten Ausführungen zu Art 10 EG. 517 Madner (FN 3) 55. 518 Madner (FN 3) 56. 519 Liegt diese vor, gilt ohnehin Art 4 Abs 5. Interessant ist in diesem Zusammenhang, wann vom Vorliegen der Gemeinschaftsliste auszugehen ist. In Abweichung von den Richtlinienvorgaben wird von Kommission bekanntlich für jede biogeographische Region eine eigene Gemeinschaftsliste erlassen. Fraglich ist, ob Art 4 Abs 5 partiell für einzelne biogeographische Regionen gelten kann oder erst nach Vorliegen aller Gemeinschaftslisten Wirkung erlangt.
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nen Gebiete (SCI)520 so schnell wie möglich, spätestens aber binnen sechs Jahren, als besondere Schutzgebiete (SAC)521 aus. Dabei werden die Prioritäten nach Maßgabe der Wichtigkeit dieser Gebiete für die Wahrung oder die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes eines natürlichen Lebensraumtyps des Anhangs I oder einer Art des Anhangs II und für die Kohärenz des Netzes Natura 2000 festgelegt. Ferner ist maßgeblich, inwieweit die Gebiete von Schädigung oder Zerstörung bedroht sind. Dem ursprünglichen Zeitplan für die Schutzgebietserrichtung folgend ergibt die 6-Jahresfrist für die Ausweisung der Schutzgebiete den 4. Juni 2004 als maßgebliches Datum. Wie bereits erläutert, ist jedoch der 4. Juni 1998 als Zeitpunkt für die Erstellung der Gemeinschaftsliste nicht eingehalten worden und liegt bis dato noch keine komplette Liste vor. Geht man vom Wortlaut des Art 4 Abs 4 aus, knüpft die 6-Jahresfrist an den Zeitpunkt des Vorliegens der Gemeinschaftsliste an. Dementsprechend muss sich die Frist nach hinten verschieben.522 Für diese Verschiebung nach hinten spricht auch, dass die zukünftigen Schutzgebiete erst mit der Erstellung der Gemeinschaftsliste endgültig festgelegt werden. Eine Ausweisung des Schutzgebietes vor dieser Festlegung würde mit dem Wortlaut des Art 4 Abs 4 Satz 1 nicht übereinstimmen. Im Übrigen ist nicht zu erwarten, dass bis 2004 alle Gemeinschaftslisten vorliegen. Die Kommission ging in ihrem Leitfaden zu Art 6 aus dem Jahre 2000 aber nach wie vor davon aus, dass die Ausweisung als besonderes Schutzgebiet bis spätestens 10. Juni 2004 zu geschehen gehabt hätte523 Wie bei der Frage des Inkrafttretens des Art 4 Abs 5 ist aber auch im gegenständlichen Zusammenhang offen, ob die 6-Jahresfrist bereits mit der jeweils erlassenen Gemeinschaftsliste für die biogeographische Region oder erst mit Vorliegen der gesamten Gemeinschaftsliste – wenn somit alle Gemeinschaftslisten verabschiedet wurden – zu laufen beginnt. Der Wortlaut des Art 4 Abs 4 nennt als Zeitpunkt des beginnenden Fristenlaufs die Bezeichnung eines Gebietes als eines von gemeinschaftlicher Bedeutung. Ungeklärt bleibt wiederum, ob ein solches bereits mit der Gemeinschaftsliste für die jeweilige biogeographische Region vorliegt oder erst dann gegeben ist, wenn flächendeckend alle Listen vorliegen. Die praktische Auswirkung dieser Unterscheidung ist nicht unwesentlich, wenn man bedenkt, dass ____________________
520 521 522 523
SCI = Site of Community Interest. SAC = Special Area of Conservation. So auch Rödiger-Vorwerk (FN 62) 73. Kommission (FN 486) 12.
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die Liste für die Region Makaronesien bereits am 28. Dezember 2001 verabschiedet wurde, die Listen für die restlichen Regionen erst kürzlich bzw noch gar nicht festehen. Zum Auswahlermessen bei der Schutzgebietsausweisung stellt Rödiger-Vorwerk zutreffend fest, dass die erstellte Gemeinschaftsliste für die Mitgliedstaaten jedenfalls verbindlich ist und ihnen hinsichtlich der Frage, ob sie die angeführten Gebiete ausweisen müssen, kein Spielraum zusteht. Im mehrstufig verlaufenden Procedere des Art 4 haben die Mitgliedstaaten mehrmals Gelegenheit sich einzubringen. In der Richtlinie finden sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Mitgliedstaaten aus der erstellten Gemeinschaftsliste „auswählen“ können, welche Gebiete sind ausweisen möchten. Eine solche Vorgehensweise wäre mit einem der wesentlichen Ziele der Richtlinie, nämlich der Errichtung eines kohärenten europäischen ökologischen Netzes besonderer Schutzgebiete, nicht vereinbar.524 Wesentlich komplexer stellt sich die Art und Weise der Schutzgebietsausweisung dar. Freytag/Iven525 gehen der Rechtsnatur der Richtlinie folgend vom Grundsatz aus, dass die Art und Weise der Ausweisung den Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer jeweiligen Rechtsordnung freigestellt ist. In Betracht kommt dabei das Zurückgreifen auf bestehende Schutzgebietskategorien oder das Einführen neuer Kategorien, die sich ausschließlich auf die FFH-Richtlinie beziehen.526 Freytag/Iven stellen allerdings fest, dass die Umsetzung in hoheitlicher Form zu geschehen hat. Art 4 Abs 4 gibt keine näheren Aufschlüsse in welcher Weise die Unterschutzstellung zu erfolgen hat. Konkretes findet sich dazu hingegen bei den Begriffsbestimmungen in Art 1 lit l: Nach der dortigen Definition ist ein besonderes Schutzgebiet „ein von den Mitgliedstaaten durch eine Rechts- oder Verwaltungsvorschrift und/oder eine vertragliche Vereinbarung als ein von gemeinschaftlicher Bedeutung ausgewiesenes Gebiet, in dem die Maßnahmen, die zur Wahrung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes der natürlichen Lebensräume und/ oder Populationen der Arten, für die das Gebiet bestimmt ist, erforderlich sind, durchgeführt werden.“ Geht man vom Wortlaut dieser Definition aus, liegt die Schlussfolgerung nahe, dass die Unterschutzstellung der FFH-Gebiete auch durch ver____________________
524 Auch Freytag/Iven (FN 115, 111) vertreten die Ansicht, dass den Mitgliedstaaten im Rahmen des Art 4 Abs 4 kein Ermessen zusteht. Die Aufnahme eines Gebietes in die Gemeinschaftsliste begründet eine Ausweisungsverpflichtung. 525 Freytag/Iven (FN 115) 111. 526 Von Freytag/Iven wurden insbesondere die Schutzkategorie „Naturschutzgebiet“ im Sinne des § 13 BNatSchG als geeignet erachtet.
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tragliche Naturschutzvereinbarungen erreicht werden kann. Auch Rödiger-Vorwerk527 spricht in ihren Ausführungen zu den formellen Anforderungen von der Möglichkeit, alternativ oder kumulativ zu den Rechtsund Verwaltungsvorschriften vertragliche Vereinbarungen vorsehen zu können. Die Mitgliedstaaten können sich demnach normativer, administrativer und vertraglicher Handlungsformen zur Umsetzung der FFH-RL bedienen.528 Gegen vertragliche Regelungen spricht, dass der durch eine förmliche Schutzausweisung erfüllten Publizitätsfunktion nicht entsprochen wird, weil Verträge nur zwischen den jeweiligen Vertragsparteien wirken.529 Wenn Dritte durch eine Schutzgebietsausweisung gebunden werden sollen, bedarf es hiefür eines für jedermann verbindlichen Rechtssatzes. Diese Ansicht wird im Wesentlichen auch von Gellermann530 geteilt. Dieser geht davon aus, dass die Erklärung zum besonderen FFHGebiet (und auch Vogelschutzgebiet) einen verbindlichen und rechtsförmigen Akt531 erfordere. Seine Argumentation stützt sich maßgeblich auf die Judikatur des EuGH zu den Vogelschutzgebieten. So wurde in einem Vertragsverletzungsverfahren gegen Frankreich vom EuGH532 klargestellt, dass durch den Erlass so genannter „Agrarumweltmaßnahmen“ der Verpflichtung im Hinblick auf die Erklärung des anerkanntermaßen ornithologisch hoch bedeutenden Sumpfgebietes nicht Rechnung getragen wird. Bei diesen „Agrarumweltmaßnahmen“ handelt es sich um Verträge zwischen dem Staat und den Landwirten über die Entwicklung umweltfreundlicher landwirtschaftlicher Betriebsmethoden, wobei ein Schwerpunkt in der Beschränkung des Einsatzes von Stickstoffdünger und der Anzahl der Schnitte liegt. Die Französische Regierung hat vorgebracht, dass diese Verträge zur Beibehaltung einer extensiven Tierhaltung beitragen und es ermöglichen, die im Gebiet vorhandenen Feuchtwiesen vor Entwässerung und wasserbaulicher Veränderung zu bewahren und so die Erhaltung der Lebensräume der Vogelarten zu sichern. Der EuGH ließ diese Argumentation bekanntlich nicht gelten, weil die vertraglichen Vereinbarungen nicht in der Lage sind, die besonderen Schutzgebiete mit dem erforderlichen Schutzstatus auszustatten. ____________________
527 528
Rödiger-Vorwerk (FN 62) 74. Im der Zuge der Erläuterung der materiellen Anforderungen an die Schutzgebietsausweisung kommt Rödiger-Vorwerk allerdings zu einem anderen Ergebnis. 529 Freytag/Iven (FN 115) 111. 530 Gellermann (FN 25) 62. 531 Mit dieser Formulierung ist freilich noch nicht viel ausgesagt. Auch eine vertragliche Vereinbarung ist verbindlich und rechtsförmig. 532 EuGH Rs C-96/98, Slg 1999, I-08531.
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In Ergänzung zu der bereits erwähnten fehlenden Drittwirkung führt der EuGH als weiteres Gegenargument an, dass die vertraglichen Vereinbarungen lediglich eine Anreizfunktion für die Landwirte sind und auf vor allem freiwilliger Basis abgeschlossen werden. Gellermann ist davon überzeugt, dass es den Mitgliedstaaten nicht gelingen wird, dem Gerichtshof den Abschluss naturschutzvertraglicher Vereinbarungen oder etwaiger verwaltungsinterner Vorschriften als einen Akt anzudienen, der den an die Erklärung zum besonderen Schutzgebiet zu stellenden Anforderungen genügt. Gefordert ist hingegen eine normative Schutzregelung, die allseitige Verbindlichkeit und Durchsetzbarkeit gewährleistet. Wie bereits voranstehend angekündigt, kommt auch Rödiger-Vorwerk533 nach umfangreicher Prüfung der materiellen Anforderungen zum Ergebnis, dass die Ausweisung jeden Gebietes durch eine generell-abstrakte Regelung mit Außenwirkung umgesetzt werden muss. Dieser Regelung muss dabei der gleiche Rang innerhalb der Normenhierarchie zukommen, wie bisherigen, vergleichbaren innerstaatlichen Regelungen. Zu klären bleibt die Frage nach der Vereinbarkeit dieser Erkenntnisse mit der bereits zitierten Definition der besonderen Schutzgebiete in Art 1 lit l. Gellermann534 argumentiert hier zum einen mit dem gemeinschaftsrechtlich normierten Effizienzgebot. Demnach müssen mitgliedstaatliche Vollzugsmaßnahmen bestimmte Mindestbedingungen zur Gemeinschaftskonformität erfüllen. Die Mitgliedstaaten haben für die volle Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts Sorge zu tragen. Dieser Anforderung wird im gegenständlichen Zusammenhang durch vertragliche Vereinbarungen nicht ausreichend entsprochen. Zum anderen ist die Vertragsvariante am Diskriminierungsverbot zu messen. Unabhängig von den gemeinschaftsrechtlichen Naturschutzregelungen sind die bestehenden nationalen Schutzgebiete durch hoheitliche Akte wie Gesetze, Verordnungen oder Bescheide eingerichtet. Gellermann sieht keinen sachlichen Anlass für eine andere Behandlung der aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht schutzwürdigen Gebiete. Eine sachliche Rechtfertigung für eine differenzierende Regelung ist schwer erkennbar. Nicht unwesentlich ist freilich, dass zahlreiche der für Natura 2000 nominierten Areale bereits bestehende Schutzgebiete nach den nationalen Naturschutzbestimmungen sind. Die Umsetzung des Art 4 Abs 4 hat daher in diesen Fällen in der Anpassung des Schutzzwecks und möglicherweise in der Ergänzung von Verbotstatbeständen zu erfolgen. ____________________
533 534
Rödiger-Vorwerk (FN 62) 101. Gellermann (FN 25) 63.
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Die Regelung des Art 1 lit l könnte die Möglichkeit bieten, die über den bereits bestehenden Grundschutz hinausgehenden Einschränkungen vertraglich zu regeln. Eine aus Grundeigentümersicht erstrebenswerte Variante, weil sie neben der Freiwilligkeit auch zweifelsfrei die bessere Position hinsichtlich Entschädigungsregelungen vermittelt. Aber auch hier ist das Bestehen einer sachlichen Rechtfertigung für die differenzierte Vorgangsweise in Zweifel zu ziehen. Im Ergebnis bleibt ein Widerspruch zur Definition des Art 1 lit l bestehen. Warum der Gemeinschaftsgesetzgeber die „und/oder – Variante“ gewählt hat, ist schwer nachvollziehbar. Vor allem wenn man davon ausgeht, dass eine Änderung der im Rahmen der VSchRL durch den EuGH eindeutig vorgegebenen Linie nicht zweckmäßig und somit unerwünscht ist. Der Inhalt der Schutzgebietsausweisung wird im folgenden Kapitel zu Art 6 näher erläutert. dd) Zusammenfassung Die Ausführungen zum Prozess der Schutzgebietserrichtung haben gezeigt, dass die auftretenden Auslegungsschwierigkeiten eng mit der zeitlichen Verzögerung in den einzelnen Verfahrensschritten zusammenhängen. Die Richtlinie sieht in ihrem konkret geregelten Ablauf zur Schutzgebietserrichtung keine Bestimmung für den entstandenen zeitlichen Verzug vor. Zudem wurde aufgezeigt, dass der eigentlichen Intention der Phasen 1 und 2, nämlich im ersten Schritt alle grundsätzlich in Frage kommenden Gebiete zu melden und im zweiten Schritt eine Auswahl aus diesem „Pool“ zu treffen, in der Praxis weitgehend nicht entsprochen wird. Sehr kontroversiell wird die Frage des tatsächlichen Einflusses der Mitgliedstaaten am Prozess der Schutzgebietserrichtung diskutiert, wobei es auch hier wiederum um die mögliche Berücksichtigung öffentlicher Interessen geht. Festzuhalten ist die herrschende Meinung, wonach auch die FFH-RL bei der Gebietsauswahl keine Berücksichtigung wirtschaftlicher und sozialer Erwägungen zulässt. Nicht unerwähnt bleiben soll an dieser Stelle die unklare Regelung betreffend die Behandlung prioritärer Gebiete in Phase 2. Besonders hervorzuheben ist die nicht unumstrittene Ansicht, dass prioritäter Gebiete jedenfalls in die Gemeinschaftsliste aufzunehmen sind. Einen weiteren wesentlichen Diskussionspunkt bildet die mit der oben angesprochenen zeitlichen Verzögerung verbundene Thematik der Vorverlagerung des Schutzregimes abweichend vom Wortlaut des Art 4 Abs 5 FFH-RL. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass primärrechtlich eine
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gewisse Vorverlagerung der Schutzbestimmungen geboten ist. Dabei ist jedoch eine entsprechende Differenzierung bezüglich prioritäter und nichtprioritärer Gebiete einerseits sowie den gemeldeten und nicht gemeldeten Gebieten andererseits vorzunehmen. Dass diese theoretischen Ansätze in der praktischen Vollziehung Schwierigkeiten bereiten, ist nicht zu übersehen. Abschließend ist nochmals auf die unklare Regelung bezüglich der Art und Weise der Schutzgebietsausweisung in Phase 3 hinzuweisen. Im Ergebnis besteht ein Widerspruch zwischen dem Wortlaut des Art 1 lit l einerseits und der Judikatur des EuGH sowie der Meinungen im Schrifttum andererseits. c) Das Gebietsmanagement gemäß Art 6 FFH-RL aa) Allgemeines Der Art 6 ist eine der zentralen Bestimmungen in der FFH-RL.535 Auch aus der Sicht der Kommission536 gehört der Art 6 zu den wichtigsten der insgesamt 24 Artikel der Richtlinie, weil er das Verhältnis zwischen Erhaltung und Landnutzung am deutlichsten beeinflusst. Art 6 sorgt für den materiellen Schutz der im Rahmen des Art 4 entstandenen Schutzgebietsnetzes. Der genaue Inhalt und Umfang dieses Schutzregimes soll im Folgenden näher dargestellt werden. Dem Aufbau des Art 6 zufolge werden zunächst die in Abs 1 normierten Erhaltungsmaßnahmen behandelt. Es handelt sich dabei um Maßnahmen im Rahmen des bereits öfters erwähnten Gebietsmanagements. Abs 2 enthält das so genannte Verschlechterungs- und Störungsverbot. Die Mitgliedstaaten haben dabei geeignete Maßnahmen zu treffen, um eine Verschlechterung der Lebensräume und der Habitate der Arten sowie Störungen von Arten zu vermeiden. Die Abs 3 und 4 regeln die Prüfung von Plänen und Projekten. Diese Bestimmungen normieren die Voraussetzungen, unter denen Projekte und Pläne mit erheblichen Auswirkungen auf ein Schutzgebiet durchgeführt werden können. bb) Art 6 Abs 1 – Gebietsmanagement Die Mitgliedstaaten legen für die besonderen Schutzgebiete die nötigen Erhaltungsmaßnahmen fest. Diese Erhaltungsmaßnahmen umfassen entsprechend dem Wortlaut des Richtlinientextes gegebenenfalls geeigne____________________
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Vgl etwa Hödl (FN 3). Kommission (FN 486) 8.
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te, eigens für die Gebiete aufgestellte oder in andere Entwicklungspläne integrierte Bewirtschaftungspläne537 und geeignete Maßnahmen rechtlicher, administrativer oder vertraglicher Art. Diese wiederum müssen den ökologischen Erfordernissen der natürlichen Lebensraumtypen nach Anhang I und der Arten nach Anhang II entsprechen. Art 6 Abs 1 fordert positive538 Maßnahmen. Darin liegt der wesentliche Unterschied zu den nachfolgenden Abs 2 bis 4, die vorrangig eine Verschlechterung des bestehenden Zustandes verhindern sollen. Bevor auf den konkreten Inhalt der geforderten Erhaltungsmaßnahmen eingegangen wird, ist hinsichtlich des Anwendungsbereiches der Bestimmung vorauszuschicken, dass Art 6 Abs 1 nicht für besondere Vogelschutzgebiete gilt. Diese Einschränkung erklärt sich aus dem Wortlaut des Art 7 FFH-RL, der bekanntlich nur die Abs 2 bis 4 des Art 6 für besondere Vogelschutzgebiete nach Art 4 Abs 1 und 2 VSchRL für anwendbar erklärt. Das Gebietsmanagement der besonderen Vogelschutzgebiete hat daher auf Basis des Art 4 Abs 1 und 2 VSchRL stattzufinden. Nun aber zum Inhalt der nötigen Erhaltungsmaßnahmen: Zunächst einmal muss die Frage nach dem Ziel der Maßnahmen, dem so genannten Erhaltungsziel, geklärt werden. Die Kommission539 sieht die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, jene Erhaltungsmaßnahmen zu treffen, die zu Erreichung des in Art 2 Abs 1540 genannten Zieles erforderlich sind. Es besteht somit eine Verpflichtung, Ergebnisse vorzuweisen. Ferner zielen gemäß Art 2 Abs 2 die aufgrund der Richtlinie getroffenen Maßnahmen darauf ab, einen günstigen Erhaltungszustand der natürlichen Lebensräu____________________
537 In der FN 14 des Leitfadens der Kommission zur Art 6 wird darauf hingewiesen, dass die Korrektheit des im Amtsblatt in Art 6 Abs 1 verwendeten Ausdrucks „Bewirtschaftungsplan“ umstritten ist, weil üblicherweise in diesem Zusammenhang der Begriff „Managementplan“ Verwendung findet. 538 Mauerhofer, (FN 7, 300) weist diesbezüglich auf die unterschiedlichen Ansätze im Schutzgebietsmanagement zwischen einem Nationalpark im Sinne der IUCN und besonderen Schutzgebieten nach der FFH- und VSchRL hin. Während in einem Nationalpark im Sinne der IUCN der weitaus überwiegende Teil der Fläche der freien Sukzession überlassen wird, erfolgt das Management in besonderen Schutzgebieten vorwiegend, wenn nicht ausschließlich, orientiert an den Ansprüchen der zu schützenden Arten bzw Lebensräume. Von Bedeutung könnte diese Unterscheidung beispielsweise für den Nationalpark Hohe Tauern sein. Der Kärntner Anteil dieses Nationalparks ist bereits von der IUCN als Nationalpark (Kategorie II) anerkannt und der Salzburger Anteil strebt diese Anerkennung ebenfalls an. Gleichzeitig ist die Kernzone des Kärntner Anteils sowie die Kern- und Außenzone des Salzburger Anteils nach der FFH- und VSchRL nominiert. 539 Kommission (FN 486) 17. 540 Nach Art 2 Abs 1 hat die Richtlinie das Ziel, zur Sicherung der Artenvielfalt durch die Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen im europäischen Gebiet der Mitgliedstaaten, für das der Vertrag Geltung hat, beizutragen.
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me und wildlebenden Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse zu bewahren oder wiederherzustellen. Was man unter einem günstigen Erhaltungszustand versteht, findet sich in den Begriffsdefinitionen des Art 1 unter lit e hinsichtlich Lebensräume und lit i für Arten. Die Forderung nach einer Wiederherstellung verdeutlicht, dass Erhaltungsmaßnahmen nicht allein auf die Bewahrung des im Zeitpunkt der Unterschutzstellung aktuellen Gebietszustandes gerichtet sind. Die auf die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes gerichteten Aktivitäten werden als Optimierungsmaßnahmen bezeichnet. Eine Wiederherstellung ist deshalb möglich, weil als Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung auch solche in Betracht kommen, deren aktueller Zustand zwar nicht optimal ist, die aber über ein entsprechend günstiges Entwicklungspotential verfügen und somit einen wichtigen Beitrag für die Wirksamkeit und Kohärenz von Natura 2000 leisten.541 Im Rahmen der Richtlinienumsetzung in Österreich wird eine einheitliche Beurteilung des Erhaltungszustandes einer Art bzw eines natürlichen Lebensraumtyps gefordert.542 Zu verhindern gilt es einerseits eine unterschiedliche Beurteilung in den Bundesländern und andererseits ein nicht einheitliches Vorgehen der verschiedenen Sachverständigensparten, wie etwa der Forst- oder Naturschutzexperten. Eine an sich selbstverständliche Vorgabe, die in der Praxis jedoch nicht immer erfüllt wird. Mit einem geplanten Bund-Länder-Kooperationsprojekt zur Durchführung einer österreichweiten Studie über den günstigen Erhaltungszustand der Arten und Lebensräume soll eine einheitliche Linie gewährleistet werden. Der Richtlinientext des Art 6 Abs 1 fordert weiters, dass die Mitgliedstaaten ihre Erhaltungsmaßnahmen – ausgehend von den ökologischen Erfordernissen der natürlichen Lebensraumtypen und Arten – festzulegen haben. Unter den ökologischen Erfordernissen sind alle ökologischen Forderungen abiotischer und biotischer Art zu verstehen, die einen günstigen Erhaltungszustand der Lebensraumtypen und Arten einschließlich deren Beziehungen zur Umwelt fördern.543 Die Erfordernisse beruhen dabei auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und sind für den Einzelfall544 von ____________________
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Gellermann (FN 25) 68. Vana, Wie kann das Art 6-Verfahren zur Akzeptanz und Geltung der FFH-Richtlinienumsetzung beitragen? Welcher Rahmenbedingungen bedarf es?, Impulsstatement im Rahmen des Workshops „Rechtliche Fragen im Spannungsfeld zwischen Naturschutz und Wirtschaft“ der Wirtschaftskammer Österreich und des WWF, Jänner 2002, 29. 543 Kommission (FN 486) 18. 544 Freiburg (Die Erhaltung der biologischen Vielfalt in Deutschland auf der Basis europarechtlicher Vorgaben, 1998) meint beispielsweise, dass in jedem Einzelfall zu prüfen sei, 542
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den Mitgliedstaaten zu bestimmen, um konkrete Erhaltungsmaßnahmen festlegen zu können. Eine allgemein gültige Umschreibung der in Frage kommenden Erhaltungs-, Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen ist nicht möglich, weil hier große Unterschiede – abhängig vom jeweiligen Lebensraumtyp, der Arten oder des jeweiligen Erhaltungszustandes – gegeben sein können. Nach dieser abstrakt gehaltenen inhaltlichen Beschreibung soll im Folgenden versucht werden, die Art und Weise der Umsetzung der Erhaltungsmaßnahmen näher zu erläutern. Hinsichtlich des Instrumentariums muss zunächst – dem Richtlinientext folgend – zwischen den Bewirtschaftungsplänen einerseits und den Maßnahmen rechtlicher, administrativer und vertraglicher Art andererseits unterschieden werden.545 Welcher der beiden Varianten gewählt wird, hängt von den Mitgliedstaaten ab. Diese Vorgehensweise entspricht dem Subsidiaritätsprinzip546. Der in Art 6 Abs 1 verwendete Begriff „gegebenenfalls“ bezieht sich dabei ausschließlich auf die Bewirtschaftungspläne. Dies hat zur Konsequenz, dass den Mitgliedstaaten zwar hinsichtlich der Erstellung von Bewirtschaftungsplänen eine Wahlmöglichkeit zukommt, sie aber jedenfalls zur Durchführung von rechtlichen, administrativen oder vertraglichen Maßnahmen verpflichtet sind.547 Gebhard548 und Iven549 gehen davon aus, dass den Mitgliedstaaten beim Gebietsmanagement ein weiter Gestaltungsspielraum zukommt. Die konkrete Ausgestaltung der Maßnahmen hat im Einzelfall unter Berücksichtigung des effet utile550 zu erfolgen. ____________________
ob zur Wahrung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes der natürlichen Lebensräume oder Populationen Erhaltungsmaßnahmen überhaupt erforderlich sind und ob nicht nach der Zielrichtung der neuen Naturschutzstrategie langfristig der Sukzession überlassene, nicht durch menschliches Eingreifen gestörte Reservate geschaffen und miteinander verbunden werden sollen, um einen möglichst ungehinderten Ablauf der Evolution zu ermöglichen. Sie ist der Ansicht, dass nur in den Fällen, in denen extensive Kulturlandschaften bzw deren Biotope als Kulturformationen erhalten bleiben sollen, eine Pflege sinnvoll und nötig sei. 545 Rödiger-Vorwerk (FN 62, 103) spricht in diesem Zusammenhang von einer Zweigleisigkeit. 546 Potacs/Öhlinger (FN 85) 22. 547 Rödiger-Vorwerk (FN 62,103) ist hier gegenteiliger Ansicht und meint, die Mitgliedstaaten haben die rechtlichen, administrativen oder vertraglichen Maßnahmen kumulativ zu den Bewirtschaftungsplänen zu verfolgen. Durch die Kombination beider Instrumente soll sowohl eine längerfristig angelegte Entwicklung eines Gebietes erreicht werden als auch auf flexibel auf konkrete Erhaltungserfordernisse reagiert werden. 548 Gebhard (FN 335) 367. 549 Iven (FN 55) 377. 550 Potacs/Öhlinger (FN 85) 21.
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Hinsichtlich des Zusammenspiels zwischen Bewirtschaftungsplänen und Maßnahmen rechtlicher, administrativer und vertraglicher Art weist die Kommission darauf hin, dass es sinnvoll wäre, allenfalls Bewirtschaftungspläne vor der Durchführung der genannten Maßnahmen zu erstellen.551 Der Bewirtschaftungsplan soll nämlich einen umfassenden Rahmen für das Gebiet vorgeben, während sich beispielsweise vertragliche Maßnahmen zwischen der zuständigen öffentlichen Stelle und Privatpersonen zumeist auf einzelne Grundstücke beziehen. Sehr treffend sieht Gebhard552 das Gebietsmanagement im Spannungsverhältnis zwischen Vertrags- und Ordnungspolitik. Daran anknüpfend drängt sich die Frage auf, ob die Umsetzung des Gebietsmanagements hoheitlich oder im Wege des Vertragsnaturschutzes zu erfolgen hat. Es handelt sich dabei um eine Thematik, die bereits in Zusammenhang mit Art 4 Abs 4, der Einrichtung eines Schutzregimes, zur Diskussion gestanden hat. Auch ist ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen Art 4 Abs 4 und Art 6 Abs 1 gegeben, wenngleich Gebhard richtigerweise klarstellt, dass Gebietsmanagement nicht zum eigentlich Schutzregime gehört. Die inhaltliche Unterscheidung dieser beiden Bereiche hat unmittelbare Auswirkung auf das einzusetzende rechtliche Instrumentarium. So sind naturschutzfachlich erforderliche Ge- und Verbote, die sich nicht nur an die Grundeigentümer sondern auch an die Dritte bzw die Öffentlichkeit richten, hoheitlich festzulegen. Es handelt sich hier beispielsweise um Fahrverbote auf Wegen, Betretungsverbote ökologisch sensibler Flächen, Paragleitverbote oder Einschränkungen für Boote und Surfer. Solche generell-abstrakten Anordnungen sind durch entsprechende Schutzgebietsverordnungen zu regeln. Vertragliche Vereinbarungen sind für derlei Sachverhalte nicht ausreichend. So beruht der Abschluss von Vertragsnaturschutzvereinbarungen auf Freiwilligkeit, was zur Folge haben kann, dass letztlich der betroffene Grundeigentümer über das Ausmaß des zu erreichenden Schutzes entscheidet. Bei größeren Schutzgebieten könnte die praktische Durchführbarkeit an der zumeist hohen Anzahl an Grundeigentümern scheitern. Anderes gilt hingegen für die Durchführung von Erhaltungs-, Pflegeund Entwicklungsmaßnahmen in einem Schutzgebiet. Hier ist die aktive Mitarbeit des Grundeigentümers gefordert. Freilich könnten Pflegemaßnahmen hoheitlich per Verordnung oder Bescheid vorgeschrieben werden, die vom Grundeigentümer zu erfüllen bzw zu dulden sind. Die Akzeptanz der Grundeigentümer würde mit dieser Vorgehensweise aber kei____________________
551 552
Kommission (FN 486) 20. Gebhard (FN 335) 367.
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neswegs gefördert. Als weitaus bessere Lösung haben sich hier vertragliche Vereinbarungen, die zwischen der zuständigen öffentlichen Stelle und den jeweiligen Grundeigentümern abgeschlossen werden, bewährt. Inhalt dieser vertraglichen Vereinbarungen sind einerseits die durchzuführenden bzw zu unterlassenden Maßnahmen und andererseits die finanzielle Abgeltung des damit verbundenen Aufwandes bzw des Nutzungsentgangs. Bei erforderlichen Bewirtschaftungseinschränkungen in der Land- und Forstwirtschaft steht sowohl der hoheitliche als auch der vertragliche Weg offen. Zurückkommend auf die konkrete Bestimmung des Art 6 Abs 1 ist festzuhalten, dass ein Bewirtschaftungsplan sowohl als eine nach außen wirksame Verordnung als auch in Form eines internen Planungsinstrumentes erstellt werden kann. Rödiger-Vorwerk553 ist der Ansicht, dass die Pläne in Bezug auf die in ihnen angeführten Erhaltungsmaßnahmen eine verbindliche Vorgabe für die weitere Fachplanung enthalten und nicht nur weitere Abwägungsbelange aufzeigen müssen. In einem Vertragsverletzungsverfahren gegen Frankreich war Art 6 Abs 1 bereits Gegenstand eines Verfahrens beim EuGH554. Im Mittelpunkt stand dabei der Vorwurf der Kommission an die Französischen Republik, keinen rechtlichen Rahmen für den Erlass der Maßnahmen geschaffen zu haben, die erforderlich seien, um den Schutz der besonderen Schutzgebiete zu gewährleisten. Nach Ansicht der Kommission reicht hiezu die Schaffung einer rechtlichen Möglichkeit, den Schutz zu gewährleisten, nicht aus. Die Kommission fordert nämlich eine ausdrückliche Vorschrift von allgemeiner Tragweite, die die französischen Behörden verpflichtet, die Schutzmöglichkeiten in den vorgesehenen Fällen und entsprechend den durch die Richtlinie festgelegten Kriterien zu Anwendung zu bringen.555 Auch der Generalanwalt556 kommt zum Ergebnis, dass keiner der von Frankreich getroffenen Maßnahmen die speziellen Verpflichtungen widerspiegelt, die den Mitgliedstaaten nach Art 6 Abs 1 obliegen. Zu einer Klärung dieser Frage durch den EuGH ist es allerdings nicht gekom____________________
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Rödiger-Vorwerk (FN 62) 102. EuGH Rs C-256/98, Slg 2000, I-2487. 555 Nach Ansicht von Generalanwalt Fennelly (Rz 15 in seinem Schlussantrag zu dieser Entscheidung) hält die Kommission diese allgemeine Vorschrift für jene Fälle erforderlich, in denen ein Mitgliedstaat ein besonderes Schutzgebiet ausgewiesen hat, darauf aber keine der in Art 6 Abs 1 vorgeschriebenen Maßnahmen angewendet hat. Generalanwalt Fennelly meint allerdings, dass in einem solchen Fall jedoch eher eine Verletzung der materiellen Verpflichtungen aus Art 6 Abs 1 als die formale Verpflichtung, diese Vorschrift umzusetzen, vorliegt. 556 Generalanwalt Fennelly, Schlussantrag in der Rs C-256/98, Rz 24. 554
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men, weil die Klage in diesem Punkt aufgrund eines Verfahrensfehlers der Kommission als unzulässig abgewiesen wurde.557 In Anbetracht dieser Unzulässigkeit wurde vom EuGH auch nicht die vom Generalanwalt aufgeworfene Frage der unmittelbaren Wirkung des Art 6 Abs 1 geprüft. Der Generalanwalt vertrat die Ansicht, dass der Wortlaut des Art 6 Abs 1 und 2 nicht „unbedingt und hinreichend genau“ ist und somit nicht die üblichen Voraussetzungen für die unmittelbare Wirkung von Richtlinienvorschriften erfüllt. Die Auswahl und Vielfalt der möglichen Erhaltungsmaßnahmen nimmt Art 6 Abs 1 das für eine unmittelbare Wirkung erforderliche Maß an Genauigkeit. Auch ist für den Generalanwalt keinesfalls klar, dass der Wortlaut Rechte des einzelnen begründet.558 Wie von Mauerhofer559 richtig betont, ist diese Frage auch für Österreich von Bedeutung, weil eine vollständige nationale Gebietsliste erst verspätet übermittelt worden ist, wodurch Österreich die nicht fristgerechte Erstellung der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung durch die Kommission mitverursacht hat. Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass Maßnahmen im Rahmen des Gebietsmanagements Maßnahmen im Sinne des Art 2 Abs 3 sind und somit den Anforderungen von Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur sowie der regionalen und örtlichen Besonderheiten Rechnung zu tragen haben.560 Dies hat zur Konsequenz, dass bei der Vorschreibung bzw Vereinbarung von Erhaltungsmaßnahmen eine Abwägung mit diesen Interessen zu erfolgen hat. Wie eine solche Interessensabwägung in der Praxis gehandhabt wird, ist aus derzeitiger Sicht schwer prognostizierbar. cc) Art 6 Abs 2 – Verschlechterungs- und Störungsverbot Art 6 Abs 2 fordert von den Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen, um in den besonderen Schutzgebieten die Verschlechterung der natürlichen Lebensräume und der Habitate der Arten sowie Störungen von Arten, für die die Gebiete ausgewiesen worden sind, zu vermeiden, sofern solche Störungen sich im Hinblick auf die Ziele dieser Richtlinie erheblich auswirken könnten. Während es sich bei der Regelung des Art 6 Abs 1 um Maßnahmen pflegend-regenerierender Art gehandelt hat, weist das Verschlechterungsund Störungsverbot des Art 6 Abs 2 einen konservierenden Charakter ____________________
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EuGH Rs C-256/98, Slg 2000, I-2487, Rz 33. Zum individualschützenden Charakter einer Richtlinienbestimmung als Kriterium für deren unmittelbare Anwendbarkeit siehe voranstehend unter B.4.b)ee). 559 Mauerhofer (FN 116) 132. 560 Gebhard (FN 335) 367.
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auf. Eine Abgrenzung zu den Abs 3 und 4 des Art 6 erfolgt dadurch, dass diese Bestimmungen auf verfahrenstechnischer und rechtlicher Ebene eine erhebliche Beeinträchtigung der Erhaltungsziele der Richtlinie durch neue Projekte und Pläne verhindern sollen.561 Art 6 Abs 3 und 4 ist als eine spezifische, dem Abs 2 als lex specialis vorgehende Bestimmung zu sehen.562 Auch findet im Verhältnis zu Art 6 Abs 3 und 4 das Verschlechterungs- und Störungsverbot einen breiteren Anwendungsbereich, weil es nicht bloß auf Projekte und Pläne abzielt, sondern auch Aktivitäten umfasst, die nicht notwendigerweise vorher zu genehmigen sind, wie etwa die Landwirtschaft oder die Fischerei.563 Die Kommission weist auf den Vorsorgecharakter des Art 6 Abs 2 hin und unterstreicht das antizipatorische Wesen der zu ergreifenden Maßnahmen. Hinsichtlich des Schutzgegenstandes der gegenständlichen Bestimmung ist festzustellen, dass sich das Verschlechterungsverbot nicht auf das Schutzgebiet in seiner Gesamtheit bezieht, sondern ausschließlich auf jene Bestandteile, die den eigentlichen Grund der Unterschutzstellung bilden. Auch in Bezug auf das Störungsverbot sind die Mitgliedstaaten nur verpflichtet, Störungen derjenigen Arten zu vermeiden, für die das jeweilige Schutzgebiet ausgewiesen wurde.564 Art 6 Abs 2 sieht somit keinen ganzheitlichen Schutz vor, sondern beschränkt sich auf Arten und Flächen, die für die Unterschutzstellung relevant waren. Dies hat ua zur Konsequenz, dass Beeinträchtigungen von Puffer- oder Randzonen, die ebenfalls vom räumlichen Schutzgebiet umfasst sind, nicht das Verschlechterungsverbot auslösen. Auch die Kommission565 betont, dass die Maßnahmen nur auf Lebensräume und Arten Anwendung finden, für die die Gebiete ausgewiesen worden sind.566 Die Maßnahmen müssen konkret auf die Arten und Lebensräume zugeschnitten sein und dürfen nicht bloß allgemeiner Art sein. Diese Einschränkung des Schutzumfanges gründet auf dem Argument, dass sich die gemeinschaftliche Verantwortung in erster Linie auf die Erhaltung der besonders bedrohten Lebensräume und Arten bezieht.567 Darüber hinausgehende Verpflichtungen liegen im Verantwortungsbereich der Mitgliedstaaten. ____________________
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Die Verträglichkeitsprüfung wird im Folgenden unter dd) näher beschrieben. Iven (FN 55) 377. 563 Kommission (FN 486) 25. 564 Gellermann (FN 25) 70. 565 Kommission (FN 486) 25. 566 Es handelt sich dabei um jene Arten und Lebensräume, die in den Natura 2000 Standard-Datenbögen enthalten sind. 567 Gellermann (FN 25) 70. 562
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Andererseits beschränken sich die Maßnahmen nach Art 6 Abs 2 nicht räumlich auf das Schutzgebiet. Das Verbot der Verschlechterung und Störung bezieht sich zwar auf Ergebnisse innerhalb des Schutzgebietes, deren Ursachenbekämpfung kann aber auch außerhalb der Gebietskulisse stattfinden. Dieser ergebnisorientierte Ansatz führt dazu, dass Handlungen, die zu einer Verschlechterung oder erheblichen Störung führen, unabhängig von ihrem Ausgangspunkt zu vermeiden sind.568 Ausgehend von den Zielen der Richtlinie erfolgt die Bewertung von Verschlechterungen und Störungen. Für Störungen ergibt sich dies direkt aus dem Wortlaut des Art 6 Abs 2. Hinsichtlich der Auswirkungen einer Verschlechterung nimmt der Text der Richtlinie hingegen keinen Bezug auf die Ziele der Richtlinie. Die Kommission569 geht jedoch davon aus, dass der Zweck aller auf der Grundlage der Richtlinie ergriffenen Maßnahmen mit den Zielen der Richtlinie übereinstimmen und dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit Rechnung tragen muss. Folglich ist auch die Verschlechterung im Hinblick auf die Ziele der Richtlinie zu bewerten. Die Schlussfolgerung der Kommission ist logisch nachvollziehbar, für die praktische Bewertung ist das Ergebnis aber zu abstrakt und liefert wenig Greifbares. Die Kommission gesteht auch zu, dass eine absolute Bewertung der eingetretenen Verschlechterung ohne Vorliegen messbarer Grenzwerte schwierig zu sein scheint. Art 1 gibt zumindest Kriterien für die Einschätzung vor. So kann der günstige Erhaltungszustand als Maßstab herangezogen werden. Der Erhaltungszustand eines Lebensraumes oder einer Art wird nach dem Beitrag, den das Gebiet zur ökologischen Kohärenz des Schutzgebietsnetzes leistet, bewertet. Unbestritten ist, dass zwischen den Grenzen für die Zulässigkeit einer Verschlechterung und einer Störung zu unterscheiden ist. Dem lebensraum- und habitatbezogenen Verschlechterungsverbot wird nämlich absolute Geltung beigemessen, während das artenbezogene Störungsverbot nachgiebiger ist, weil es nur für solche Störungen gilt, die sich im Hinblick auf die Ziele der Richtlinie erheblich auswirken. Das Verschlechterungsverbot lässt keine Relativierung zu und verhindert somit auch Verschlechterungen, die nur marginaler Art sind. Gellermann570 erklärt diese doch sehr restriktive Linie damit, dass selbst die kleinste Verschlechterung dem Ziel der Erhaltung eines günstigen Erhaltungszustandes zuwiderlaufen würde. Denn gerade die Summe vieler, für sich betrachtet geringfügiger Beeinträchtigungen, würde die Zielverwirklichung effektiv verhindern. ____________________
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Entsprechendes gilt im Übrigen auch für Art 6 Abs 3 und 4. Kommission (FN 486) 26. Gellermann (FN 25) 75.
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Diesem Argument ist zuzustimmen, denn auch Erfahrungen im nationalen Naturschutz zeigen, dass die Aneinanderreihung kleiner Eingriffe (in Form der so genannten „Salamitaktik“) zu sukzessiven Lebensraumverschlechterungen führt. Einem solchen Prozess kann nur mit absolut wirkenden Verbotsbestimmungen entgegengetreten werden. Anderes gilt hingegen für das Störungsverbot: Hier hat der Gemeinschaftsgesetzgeber ausdrücklich eine Erheblichkeitsschwelle vorgesehen. Das Ziel des Artenschutzes besteht letztlich darin, langfristig überlebensfähige Populationen innerhalb des Verbreitungsgebietes der Arten zu sichern. Die gegenständliche Verbotsregelung soll Störungen verhindern, die sich auf die Lebensverhältnisse der geschützten Arten erheblich qualitätsmindernd auswirken. Klarerweise bedarf es hier einer einzelfallbezogenen Beurteilung, weil die Störempfindlichkeit der Arten sehr unterschiedlich sein kann.571 Zu klären bleibt ferner die Frage, auf welchen Zeitpunkt die Erhaltungsverpflichtung abstellt. Maßgeblich ist jener Zustand, der zum Zeitpunkt der Aufnahme des Gebietes in die Gemeinschaftsliste bestanden hat, weil dies auch der Zeitpunkt des Inkrafttretens des Art 6 Abs 2 ist. Das Verschlechterungsverbot umfasst daher nicht die zu diesem Zeitpunkt bereits vorhandenen Belastungen der Lebensräume. Die Beseitigung dieser fällt in den Aufgabenbereich des Gebietsmanagement gemäß Art 6 Abs 1.572 Ebenfalls Abs 1 und nicht Abs 2 ist das Unterbinden natürlicher Entwicklungsprozesse, die den Erhaltungszielen des jeweiligen Schutzgebietes entgegenwirken, zuzuordnen. In der deutschen Lehre573 wurde zu Beginn die Ansicht vertreten, das Verschlechterungsverbot des Abs 1 verpflichte die Mitgliedstaaten, lenkende Maßnahmen in einem Gebiet zu setzen, da die sich selbst überlassende Weiterentwicklung dazu führt, dass die in ihm vorkommenden Arten nicht mehr existieren könnten.574 ____________________
571 Rödiger-Vorwerk (FN 62, 107) versucht die Erheblichkeitsschwelle anhand der im Rahmen der Santona- und Leybucht Entscheidung entwickelten Grundsätze näher zu definieren. 572 Gellermann (FN 25) 72. 573 Freytag/Iven (FN 115) 112; Iven (FN 55) 377. Auch Rödiger-Vorwerk (FN 62, 107) meint, dass nach der dritten Begründungserwägung konservierende Schutzmaßnahmen auch solche sein können, die die Fortführung und Förderung bestimmter Tätigkeiten des Menschen erfordern. Hiezu zählt sie beispielsweise Pflegemaßnahmen für Heidegebiete. 574 Ein Beispiel für eine natürliche Sukzession wäre das Verbuschen eines Feuchtgebietes mit der Konsequenz, dass die Lebensbedingungen für den Brachvogel wesentlich verschlechtert oder gar zerstört werden. Als Pflegemaßnahme käme in diesem Fall die Beweidung der Fläche durch bestimmte Schafrassen in Frage.
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Gellermann575 stellt hier völlig zu Recht klar, dass die Durchführung solcher Pflegemaßnahmen nicht in den Anwendungsbereich des Art 6 Abs 2 fällt. Hinsichtlich einer Abgrenzung zwischen den beiden Bestimmungen geht er von einer Unterscheidung zwischen gebietstypischen, vom Managementauftrag des Art 6 Abs 1 umfassten und gebietsfremden Einflüssen, die es im Rahmen des Art 6 Abs 2 zu unterbinden gilt, aus. Diese Differenzierung geht auch mit der einleitend erwähnten Abgrenzung „pflegend-regenerierend“ und „konservierend“ konform. Die Umsetzung des Art 6 Abs 2 in innerstaatliches Recht war erst kürzlich Gegenstand einer Entscheidung des EuGH576. Im gegenständlichen Fall wurde festgestellt, dass eine luxemburgische Regelung den gemeinschaftlichen Vorgaben nicht entsprach, weil diese nur bestimmte Arten von Biotopen577 erfasste und zudem bloß die Vermeidung von bestimmten Störungen sicherstellte. Auch wurde vom EuGH in Fortsetzung der bisherigen Rechtsprechung ein von der luxemburgischen Regierung vorgebrachter ministerieller Runderlass, nach welchem Verschlechterungen der Lebensräume und Störungen geschützter Arten durch eine strikte Anwendung des Gesetzes zu verhindern seien, nicht anerkannt, weil bei der Richtlinienumsetzung bloße Verwaltungspraktiken, die die Verwaltung ihrem Wesen nach beliebig ändern kann und die nur unzureichend bekannt gemacht sind, nicht als eine wirksame Erfüllung der Verpflichtungen aus dem EG-Vertrag angesehen werden.578 dd) Art 6 Abs 3 und 4 – Prüfung von Plänen und Projekten aaa) Allgemeines Art 6 Abs 3 sieht vor, dass Pläne oder Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des Gebietes in Verbindung stehen oder hiefür nicht notwendig sind, die ein solches Gebiet jedoch einzeln oder in Zusammenwirkung mit anderen Plänen und Projekten erheblich beeinträchtigen könnten, eine Prüfung auf Verträglichkeit mit den für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungszielen erfordern. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Verträglichkeitsprüfung und vorbehaltlich des Absatzes 4 stimmen die zuständigen einzelstaatlichen Behörden dem Plan bzw dem Projekt nur zu, wenn sie festgestellt haben, dass das Gebiet als solches nicht ____________________
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Gellermann (FN 25) 73. EuGH Rs C 75/01, Slg 2003, I-1585. 577 Aufgezählt sind Teiche, Sümpfe, Moore, durch Schilf oder Binsen, Hecken, Buschwerk oder Wäldchen gebildete Flächen. 578 Vgl EuGH Rs C-159/99, Slg 2001, I-4007, Rz 32. 576
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beeinträchtigt wird, und nachdem sie gegebenenfalls die Öffentlichkeit angehört haben, so der Richtlinientext weiter. Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass die gegenständliche Regelung im Kontext zu den Abs 1 und 2 des Art 6 gesehen werden muss. Wie ausführlich beschrieben, ist Art 6 Abs 2 als allgemeine Schutzregel für die Sicherung des Status quo der Lebensräume und Arten in den Schutzgebieten konzipiert. Art 6 Abs 3 und 4 behandeln dagegen planungs- und projektbedingte Beeinträchtigungen und sind im Verhältnis zu Art 6 Abs 2 als die speziellere Bestimmung anzusehen.579 Der Verträglichkeitsprüfung kommt nicht zuletzt auch die Aufgabe zu, die wirtschaftlichen Aktivitäten mit den Zielsetzungen des europäischen Naturschutzes abzustimmen.580 Die Kommission581 sieht in den Abs 3 und 4 ein stufiges Verfahren, das die Rahmenbedingungen für die Zulässigkeit bzw Unzulässigkeit von Plänen und Projekten mit negativen Auswirkungen vorgibt. Der genaue Ablauf dieses Verfahrens wird im Folgenden näher beschrieben. Vorab kann – wie auch von Hödl582 bereits erwähnt – festgehalten werden, dass nach wie vor noch große Unsicherheit hinsichtlich des konkreten und vor allem praktischen Ablaufes von Verträglichkeitsprüfungen besteht. Die nachstehenden Ausführungen gründen im Wesentlichen auf dem deutschen Schrifttum und den einschlägigen Dokumenten der Kommission. In Österreich hingegen hat die Thematik der Verträglichkeitsprüfung noch in eher bescheidenem Maße Behandlung erfahren. bbb) Anwendungsbereich der Verträglichkeitsprüfung Bezüglich der Beschreibung des sachlichen Anwendungsbereiches ist es erforderlich, sich mit den Begriffen „Pläne“ und „Projekte“ näher auseinander zusetzen. ____________________
579 Gellermann (FN 25, 75); Dieser sieht in der Spezialbestimmung Art 6 Abs 3 und 4 strengere Anforderungen, weil Pläne und Projekte einer an den Schutzzielen des jeweiligen Gebietes orientierten Verträglichkeitsprüfung unterzogen werden müssen. Eine Abschwächung zu Art 6 Abs 2 ist aber insofern gegeben, als Pläne und Projekte, die dem Schutzziel zuwiderlaufen oder sogar Verschlechterungen der notwendigen Gebietsbestandteile nach sich ziehen, unter Wahrung der Voraussetzungen des Art 4 zugelassen werden können. Auch Ramsauer (Die Ausnahmeregelungen des Art 6 Abs 4 der FFH-Richtlinie, NuR 2000, 602) sieht die Bestimmung des Art 6 Abs 3 als Spezialregelung für Pläne und Projekte gegenüber dem allgemeinen Verschlechterungs- und Störungsverbot des Art 6 Abs 2 FFH-RL. 580 Madner, Die Regelungen über die Naturverträglichkeitsprüfung für Pläne und Projekte im Umfeld österreichischer Regelungen, Impulsstatement im Rahmen des Workshops „Rechtliche Fragen im Spannungsfeld zwischen Naturschutz und Wirtschaft“ der Wirtschaftskammer Österreich und des WWF, Jänner 2002, 10. 581 Kommission (FN 486) 33. 582 Hödl (FN 3) 34.
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aaaa) Der Begriff „Projekt“ Bezüglich einer Definition des Begriffes „Projekt“ wird in der vorliegenden Literatur sowie auch von der Kommission primär auf die UVPRL583 verwiesen. Der Rückgriff auf die dortige Legaldefinition in Art 1 Abs 2 erklärt sich historisch.584 Sie umfasst einerseits die Errichtung von baulichen oder sonstigen Anlagen und andererseits sonstige Eingriffe in Natur und Landschaft einschließlich derjenigen zum Abbau von Bodenschätzen. Ergänzt wird die Definition durch die in den Anhängen zur UVP-RL enthaltene Aufzählung konkreter Vorhaben.585 Festzuhalten ist, dass ein geschlossener Vorhabenskatalog für die Umschreibung des Projektsbegriffs der FFH-RL nicht ausreicht. Vielmehr kann er als Ausgangsbasis verstanden werden. Darüber hinaus sind auch solche Vorhaben hinzuzurechnen, die die Merkmale der Definition des Art 1 Abs 2 UVP-RL erfüllen. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, dass Anknüpfungspunkt des Art 6 nicht bestimmte Maßnahmen sind, sondern deren Auswirkungen in Form einer Gefährdung des Schutzgebietes maßgeblich sind.586 Auch von der Kommission587 sowie der österreichischen Literatur588 wird in dieser Frage treffend festgehalten, dass die FFH-RL nicht auf Projekttypen oder sonstige Kategorien von Eingriffen abstellt, sondern die potentiell, erhebliche Beeinträchtigung eines Schutzgebietes Gegenstand ist.589 Ramsauer590 stellt daher richtigerweise fest, dass der Begriff des Projekts an die Legaldefinition des Art 1 Abs 2 UVP-RL anknüpft, allerdings ohne eine Begrenzung auf die in den Anhängen zur UVP-RL aufgezähl____________________
583 Richtlinie 85/337/EWG vom 27.6.1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten privaten und öffentlichen Projekten, ABl 1985 L 175 S 40 idF der RL 97/ 11/EG, ABl 1997 L 73 S 5. 584 Näheres dazu bei Gellermann (FN 25) 76. 585 Die Kommission spricht von einer sehr allgemeinen Definition und zitiert in diesem Zusammenhang eine Entscheidung des EuGH Rs C-72/95, Slg 1996, I-5403. In diesem Vorabentscheidungsverfahren zur UVP-RL wird ua festgestellt, dass entsprechend dem Wortlaut der Richtlinie der Anwendungsbereich ausgedehnt ist und ihr Zweck sehr weit reicht. Auf die allgemeinen Systematik und den Zweck der Richtlinie wurde in diesem Verfahren deshalb abgestellt, weil die Sprachfassungen der zu prüfenden Regelung voneinander abwichen. 586 Stollmann, Rechtsfragen zur FFH-Verträglichkeitsprüfung, NuL 1999, 474. 587 Kommission (FN 486) 34. 588 Christl (FN 3) 75. 589 Dieser auf die Auswirkung abstellende Ansatzpunkt stimmt mit dem Ergebnis der Auslegung des räumlichen Anwendungsbereiches der Verträglichkeitsprüfung überein. Auch dort kommt es nicht darauf an, ob die gegenständliche Maßnahme innerhalb oder außerhalb des Schutzgebietes gesetzt wird. Entscheidend ist hier wie da, ob eine Auswirkung auf das Schutzgebiet möglich ist oder nicht. 590 Ramsauer (FN 579) 602.
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ten Vorhaben. Auch Erbguth/Stollmann591 sprechen sich gegen eine pauschale Übernahme der Anhänge aus, für sie sind sie bloß indiziell heranzuziehen. Für Niederstadt592 ist ein geschlossener Katalog von Projekten ebenfalls nicht sinnvoll, weil die Richtlinie alle Vorhaben erfassen will, die sich auf den Erhaltungszustand eines Gebietes negativ auswirken. Ansatzpunkt ist dabei die mögliche Gefährdung der Gebiete und nicht die Anknüpfung an eine bestimmte Art von Maßnahme oder den Ort ihrer Vornahme.593 Projekte im Sinne der FFH-RL können daher auch Vorhaben wie beispielsweise land- und forstwirtschaftliche Wege oder geländeverändernde Maßnahmen sein, die sich nicht im Katalog der UVP-RL finden. Für die Kommission umfasst die weitgefasste Definition etwa auch eine erhebliche Intensivierung der Landwirtschaft, wenn durch eine solche der naturnahe Charakter eines Gebiets möglicherweise beschädigt oder zerstört wird. Zu einem Aufeinandertreffen zwischen einem abstrakt umschriebenen, auf die Auswirkung abstellenden Projektsbegriff einerseits und Bewilligungstatbeständen, die an konkret genannte Vorhaben anknüpfen, andererseits, kommt es auch im Rahmen der Umsetzung von Art 6 Abs 3 und 4 FFH-RL ins nationale Naturschutzrecht. Auf die Vereinbarkeit der beiden unterschiedlichen Ansätze wird daher in Kapitel III.C.1. und 2. noch näher einzugehen sein. Im Rahmen der Umsetzung im deutschen BNatSchG wurde in § 19a der Versuch einer Definition des Projektbegriffes unternommen. Die Definition knüpft dabei an verschiedene Bewilligungs- und Anzeigepflichten bestehender nationaler Regelungen an. Niederstadt594 bezweifelt völlig zu Recht, ob dieser Ansatz den Vorgaben der Richtlinie gerecht wird. So können etwa erhebliche Beeinträchtigungen der Schutzgebiete auch von anzeigefreien Projekten und von Projekten außerhalb der Schutzgebiete ausgehen. Für Niederstadt macht es ebenfalls keinen Sinn, die Schwächen der Eingriffsregelung595 in den Projektbegriff zu transformieren. Zu ____________________
591
Erbguth/Stollmann, Sport und Umwelt: Europarechtliche Vorgaben, NuR 1999,
429. 592 Niederstadt, Die Umsetzung der Flora-Fauna-Habitatrichtlinie durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes, NuR 1998, 523. 593 Gellermann (Bericht zur 24. Umweltrechtlichen Fachtagung der Gesellschaft für Umweltrecht e.V., Berlin 3./4. November 2000, zum Thema Instrumente des Umweltrechts; Umsetzungsverpflichtungen und planungsrechtliche Auswirkungen der FFH-RL, 81) kritisiert in diesem Zusammenhang den Projektbegriff des deutschen BNatSchG, der bestimmte Umgebungsvorhaben abweichend von Art 6 Abs 3 FFH-RL vom Zulassungsregime freilässt. 594 Niederstadt (FN 592) 523. 595 Im zitierten Aufsatz erläutert Niederstadt die Unterschiede zwischen Verträglichkeitsprüfung und Eingriffsregelung.
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bemängeln ist in diesem Zusammenhang das Fehlen einer systematisch umfassenden Lösung.596 bbbb) Der Begriff „Plan“ Gemäß der Legaldefinition in § 19a des deutschen BNatSchG lassen sich als Pläne alle vorbereitenden Akte erfassen, die für die Zulassung schutzgebietsrelevanter Vorhaben bedeutsam sind, weil sie den Ausgang nachfolgender Zulassungsverfahren beeinflussen können. In der Literatur werden unter Pläne im Sinne des Art 6 all jene Planungen verstanden, durch die Grund und Boden in Anspruch genommen oder die räumliche Entwicklung eines Gebietes beeinflusst wird.597 Als prüfungsrelevante Planungen kommen alle rechtlich relevanten, die Bodennutzung influenzierenden Planungen in Frage.598 Durch diese doch sehr weit gefasste Definition soll sichergestellt sein, dass bereits frühzeitig die Auswirkungen von mit Bodennutzungen verbundenen Maßnahmen auf ihre Übereinstimmung mit dem Schutzzweck des betroffenen Gebietes überprüft werden können. Eine Einschränkung bzw Konkretisierung dieser Definition erfolgt durch Hödl599, die nach Heranziehung der SUP-RL600 unter Pläne alle öffentlichen raumrelevanten Planungen zusammenfasst, sofern diese einen so konkreten Flächenbezug besitzen, dass Beziehungen zu einzelnen FFH-Gebieten hergestellt werden können. Es ist davon auszugehen, dass die relevanten Pläne eine gewisse Verbindlichkeit601, also auch Rechtsqualität besitzen müssen, um Gegenstand einer Verträglichkeitsprüfung sein zu können. Allgemeine, oft politische Absichtserklärungen, wie etwa Pläne für eine nachhaltige Entwicklung im gesamten Territorium eines Mitgliedstaates oder einer Region, fallen somit nicht unter die gegenständliche Prüfpflicht. Neben der rechtlichen Verbindlichkeit ist weiters zu fordern, dass nur jene Pläne einer Prüfung zu unterziehen sind, welche die Handlungen, Vorhaben oder Maßnahmen selbst vorsehen, die zu Beeinträchtigungen ____________________
596 597 598 599 600
Gassner (FN 110) 82. Freytag/Iven (FN 115) 112; Iven (FN 55) 378. Madner (FN 3) 42. Hödl (FN 3) 39. Richtlinie 2001/42/EWG vom 27. Juni 2001 über die Prüfung von Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme, ABl 2001 L 197 S 30. 601 Nach Rödiger-Vorwerk (FN 62, 114) müssen die Planaussagen entweder eine konkrete Beachtenspflicht im Sinne einer rechtsverbindlichen Planvorgabe statuieren oder aber über ein Abwägungsgebot zumindest Abwägungsrelevanz für ein nachfolgendes Verfahren besitzen. Zudem müssen die Planvorgaben die Entscheidung über die Nutzung eines besonderen Schutzgebietes maßgeblich prägen können.
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der Gebiete führen können.602 Für diese Argumentation spricht, dass nur solche Pläne erkennen lassen, welche Gefährdungsprofile auf welche Schutzwürdigkeitsprofile der hier in Frage stehenden Gebiete treffen. Eine (sinnvolle) Verträglichkeitsprüfung ist nur bei hinreichend konkreten und spezifischen Plänen möglich. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, besteht die Möglichkeit, gleich auf die Verträglichkeit des im Einzelfall zu realisierenden Projekts abzustellen. Die Kommission603 sieht eine mögliche Prüfpflicht für Flächennutzungspläne sowie für sektorspezifische Pläne wie Verkehrswegepläne, Abfallentsorgungspläne oder Wasserwirtschaftspläne, sofern diese eine erhebliche Auswirkung auf ein Natura 2000 Schutzgebiet haben könnten. Niederstadt604 erwähnt ausdrücklich die Planung nach den Raumordnungsgesetzen.605 Der Grund, warum bereits Pläne einer Verträglichkeitsprüfung unterzogen werden sollen, liegt darin, dass bereits so wie früh wie möglich in die oft stufig verlaufenden Entscheidungsfindungsprozesse eingegriffen werden kann. Oftmals genügt es nämlich nicht, erst den eigentlichen beeinträchtigenden Akt den bestimmten Anforderungen zu unterwerfen. Wichtige Entscheidungen passieren in vielen Fällen bereits früher. Aus diesem Blickwinkel ist das Anknüpfen an vorbereitende Akte sicher zweckmäßig und aus der Sicht des Naturschutzes zu begrüßen. Das Ziel der Anordnung einer Verträglichkeitsprüfung für Pläne ist in einer möglichst frühzeitigen schutzgebietsadäquaten Steuerung der Bodennutzug in und um Natura 2000 Gebiete zu sehen.606 Hinzuweisen ist dabei auf den sehr unterschiedlichen Grad der Projektsbezogenheit von Plänen in der Raumordnung. So reicht der Gegenstand von Plänen von einer abstrakten Festlegung von Zielen und Grundsätzen bis hin zur Festlegung der Bebauungshöhe und Dichte für eine bestimmte bauliche Nutzung. ____________________
602 603 604 605
Gassner (FN 110) 81. Kommission (FN 486) 35. Niederstadt (FN 592) 523. Die Auslegung des Begriffes „Pläne“ ist nicht zuletzt für die Beurteilung der aus der Richtlinie erwachsenen innerstaatlichen Umsetzungsverpflichtungen von Bedeutung. Im dritten Teil der gegenständlichen Arbeit wird beispielsweise darauf eingegangen, ob und inwieweit eine Anpassung der Raumordnungsvorschriften der Länder sowie im Forstgesetz erforderlich ist. In den Erläuterungen zur letzten Novelle des Tiroler Naturschutzgesetzes, LGBl Nr 50/ 2004 (Regierungsvorlage 122/04, 32) findet sich der Hinweis, dass als Pläne im Sinne von Art 6 Abs 3 FFH-RL alle Arten von Landnutzungsplänen gelten. Exemplarisch werden Raumordnungsprogramme, Flächenwidmungspläne, Pläne im Zuge agrarischer Operationen, Gefahrenzonenpläne, Pläne im Rahmen der forstlichen Raumplanung (Siehe dazu Kapitel III.G.i)), Verordnungen über die Festlegung von „Bedarfs-Campingplätzen“ nach § 3 Abs 6 des Tiroler Campinggesetzes 2001 genannt. 606 Madner (FN 580) 15.
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Gerade aufgrund der Abstraktheit einer Planung sind Zeitpunkt, Art und Ausmaß der Inanspruchnahme der Widmung vielfach nicht vorhersehbar und steuerbar. Die Festlegung des konkreten Prüfgegenstandes kann hier Schwierigkeiten bereiten. Madner607 spricht sich daher dafür aus, bei der Umsetzung der FFH-Verträglichkeitsprüfung für Pläne zu differenzieren und in den Gesetzen anstelle bzw neben generellen Ausnahmen von der FFH-Prüfpflicht für Pläne der Raumordnung screeningVorschriften608 vorzusehen. Der Möglichkeit, von einer generellen Unanwendbarkeit des Art 6 in der Raumordnung auszugehen, wird von Madner völlig zu Recht eine Absage erteilt.609 Zusammenfassend kann von einer grundsätzlich weitgefassten Auslegung der Begriffe „Plan“ und „Projekt“ ausgegangen werden.610 Für eine extensive Interpretation spricht nicht zuletzt die Tatsache, dass für Tätigkeiten, die nicht unter Art 6 Abs 3 und 4 subsumiert werden können, weiterhin die Anwendbarkeit des Art 6 Abs 2 gegeben ist. Die Möglichkeit einer Abwägung zwischen Erhaltungsinteressen und Schaden verursachenden, nicht der Erhaltung dienenden Interessen wird potentiell umso mehr eingeschränkt, je enger die Begriffe „Pläne“ und „Projekte“ gefasst werden.611 Wie die Kommission richtig feststellt, würde dies zu disproportionalen und inkonsistenten Ergebnissen führen. Bezugnehmend auf die Umsetzung im innerstaatlichen Recht ergeht von Madner612 der Hinweis, dass eine generelle Ausnahme von der Prüfpflicht für bestimmte potentiell beeinträchtigende Vorhaben, etwa für Infrastrukturvorhaben im Bereich Strom- und Gasversorgung oder Telekommunikation, unzulässig ist. Sie bezieht sich dabei auf eine Feststellung des EuGH613, wonach die Mitgliedstaaten nicht ermächtigt sind, nationale Vorschriften zu erlassen, die Projekte aufgrund besonderer Tätigkeitsbereiche allgemein von der Pflicht zur Verträglichkeitsprüfung aus____________________
607 608
Madner (FN 580) 15. „Screening“ wird auch als „Umwelterheblichkeitsprüfung“ oder „Voruntersuchung“ bezeichnet. Der Begriff stammt aus dem UVP-Bereich und hat das Ziel festzustellen, ob die Durchführung einer UVP wegen der zu erwartenden Höhe der Umweltauswirkungen erforderlich ist. 609 Madner zitiert in ihren Ausführungen ein Gutachten für die WKÖ (Schmelz/Huber/Berger: Die Umsetzung des Schutzgebietssystems Natura 2000 und deren Auswirkung auf die Betriebsanlagen und Investitionsvorhaben), wonach sich die bestehenden Planungsinstrumente der Raumordnung – mangels konkreten Prüfungsgegenstand – prinzipiell nicht für eine FFH-Verträglichkeitsprüfung eignen. 610 Nochmals vertieft wird die Frage der Prüfpflicht von Plänen im Rahmen der Ausführungen zur forstlichen Raumplanung unter III.G.2.i). 611 Kommission (FN 486) 34. 612 Madner (FN 3) 42. 613 EuGH Rs C-256/98, Slg 2000, I-2487, Rz 39.
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nehmen. Auch ist diesbezüglich darauf hinzuweisen, dass die FFH-VP auch für jene potentiell beeinträchtigenden Vorhaben umzusetzen ist, die – aus welchen Gründen auch immer – vom Anwendungsbereich der Naturschutzgesetze ausgenommen sind.614 Angesprochen ist hier das in der Vergangenheit in Österreich aus kompetenzrechtlicher Sicht nicht immer unstrittige Verhältnis von Naturschutz einerseits und den Bundesmaterien Luftfahrt, Eisenbahnwesen oder Landesverteidigung andererseits. Die in diesen Fällen gegenüber den wirtschaftlichen Interessen oft schwache vertretene Position des Naturschutzschutzes erfährt mit Natura 2000 eine klare Aufwertung. Berührt in einem konkreten Fall ein überregionales Infrastrukturvorhaben ein besonderes Schutzgebiet nach der VSchund/oder FFH-RL, wird dieses nach den Vorgaben des Art 6 Abs 3 und 4 FFH-RL einer Prüfung zu unterziehen sein. Auf die sich in diesem Zusammenhang stellenden verfassungsrechtlichen Fragen wird im Rahmen der Ausführungen zu den Alternativlösungen615 näher eingegangen. ccc) Auslösen der Prüfpflicht Wie dem bereits zitierten Wortlaut des Art 6 Abs 3 entnommen werden kann, ist für Pläne und Projekte eine Prüfung auf Verträglichkeit erforderlich, wenn sie ein Schutzgebiet „erheblich beeinträchtigen könnten“. Die Verwendung des Konjunktivs lässt schließen, dass eine Prüfung bereits notwendig ist, wenn die Möglichkeit einer entsprechend intensiven Beeinträchtigung nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann. Wenn bereits vor der Durchführung der Verträglichkeitsprüfung absehbar ist, dass erhebliche Beeinträchtigungen nicht eintreten können, liegt die Voraussetzung für die Verträglichkeitsprüfung nicht vor.616 Diese sehr weit reichende Formulierung soll im Wesentlichen dem in Art 174 Abs 2 Satz 2 EG normierten Vorsorgeprinzip Rechnung tragen. Grundsätzlich ist festzustellen, dass die Frage der Prüfpflicht einzelfallbezogen zu beurteilen ist. Wie unter bbb) ausgeführt, knüpft der Bewilligungstatbestand des Art 6 Abs 3 an die abstrakt gehaltenen Begriffe „Plan und Projekt“ an. Deren Bewilligungspflicht hängt wiederum davon ab, ob sie zu einer möglichen erheblichen Beeinträchtigung des Schutzgebietes führen könnten. Die in Art 6 Abs 3 gewählte Vorgangsweise hat gegenüber einem aus einer taxativen Auflistung von bestimmten Vorhaben bestehenden Katalog zwar den Vorteil einer flexibleren Anwendung, erfordert im Gegenzug aber auch eine aufwendigere Prüfung dahingehend, ob ____________________
614 615 616
Madner (FN 3) 49. Siehe Kapitel ggg)bbbb). Rödiger-Vorwerk (FN 62) 117.
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überhaupt eine Bewilligungspflicht gegeben ist. Während nämlich bei aufgezählten Bewilligungstatbeständen bloß das Vorhandensein der einzelnen Tatbestandselemente geprüft wird, muss gemäß Art 6 Abs 3 Satz 1 festgestellt werden, ob eine mögliche Beeinträchtigung die Erheblichkeitsschwelle überschreitet. In Hinblick auf die abstrakt schwer festzulegende Erheblichkeitsschwelle ist dies eine ungleich schwierigere Aufgabe, wie die nachfolgenden Ausführungen zeigen.617 Der EuGH618 ging in einem Vertragsverletzungsverfahren gegen Frankreich davon aus, dass nationale Vorschriften, die Bewirtschaftungspläne aufgrund des geringes Umfanges der veranschlagten Kosten oder aufgrund der in Rede stehenden besonderen Tätigkeitsbereiche allgemein von der Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung ausnähmen, unzulässig sind. Dieser Feststellung ist voll und ganz zuzustimmen. Die veranschlagten Kosten eines Vorhabens können nicht für die Beurteilung der Prüfpflicht ausschlaggebend sein. Frankreich hat hingegen den Standpunkt vertreten, dass die Formulierung „erheblich beeinträchtigen“ es den Mitgliedstaaten ermögliche, Schwellenwerte festzulegen. Bereits der Generalanwalt619 hat klargestellt, dass die Richtlinie es nicht erlaube – unabhängig davon, ob sie den Mitgliedstaaten das Aufstellen von Schwellenwerten gestatte – Projekte aufgrund der Kosten der Arbeiten oder aufgrund der Art der Anlage, an der die Arbeiten durchzuführen sind, vom Prüferfordernis auszunehmen. Obwohl sich der Generalanwalt zur grundsätzlichen Zulässigkeit von Schwellenwerten nicht abschließend geäußert hat, ist davon auszugehen, dass in Zahlen ausgedrückte Grenzwerte zur Beurteilung, ob ein Vorhaben ein Schutzgebiet erheblich beeinträchtigen könnte, nicht geeignet sind. Auch absolute Flächenangaben sind mit Zurückhaltung zu beurteilen. Wie die Kommission620 richtigerweise festhält, kann beispielsweise der Verlust einer 100 m² großen Fläche in einem kleinen Gebiet mit seltenen Orchideen erheblich, ein Verlust in vergleichbarer Größenordnung in einem großen Steppengebiet dagegen unerheblich sein. Andererseits gibt es ____________________
617 Art 6 Abs 3 enthält aber nicht nur die für Frage der Prüfpflicht entscheidende Erheblichkeitsschwelle, sondern erfordert im Rahmen der eigentlichen Verträglichkeitsprüfung die Feststellung, ob das Gebiet als solches beeinträchtigt wird oder nicht. Eine ebenfalls nicht leichte Aufgabe, wie die Ausführungen unter fff ) belegen. 618 EuGH Rs C-256/98, Slg 2000, I-2487, Rz 39. 619 Schlussantrag von Generalanwalt Fennelly in der Rs C-256/98,Slg 2000, I-2487, Rz 35. 620 Kommission (FN 486) 37.
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natürlich das Bestreben, den Spielraum bei der Beurteilung der Erheblichkeit durch verschiedene Parameter zu konkretisieren.621 Hödl622 zitiert in dieser Angelegenheit einen Ansatz aus Deutschland, der einen möglichen Richtwert dahingehend annimmt, dass eine erhebliche Störung dann vorliegt, wenn ein Schutzgebiet erhebliche Funktionsstörungen erleide oder mindestens 10 % der ausgewiesenen Flächen in Anspruch genommen werde. Ein Prozentsatz erscheint als Kriterium jedenfalls besser geeignet als absolute Zahlenwerte. Auf die „Qualität“ der jeweiligen Fläche nimmt jedoch auch dieser Ansatz nicht Bezug. Zur Frage der Erheblichkeit stellt die Kommission grundsätzlich fest, dass hierüber nicht nach eigenem Ermessen entschieden werden kann. Gefordert wird Objektivität, wobei die spezifischen Merkmale des betroffenen Gebietes mit den dort herrschenden Umweltbedingungen einfließen müssen. Den Erhaltungszielen ist dabei wiederum besonderes Augenmerk zu schenken. Gellermann623 geht von einer erheblichen Beeinträchtigung eines Schutzgebietes im Sinne des Art 6 Abs 3 Satz 1 jedenfalls immer dann aus, wenn die notwendigen Gebietsbestandteile in negativer Weise beeinflusst werden könnten und diese unabhängig von der Schwere der Einwirkung. Anderes gilt, wenn ein Vorhaben nicht auf diese Gebietsteile wirkt, sondern allein auf die sie umgebenden Flächen. Gemeint sind damit Rand- oder Pufferzonen, Erweiterungsflächen oder solche in die Gebietskulisse einbezogenen Bereiche, die der Wiederherstellung schutzwürdiger Strukturen dienen. In diesen Fällen wird die Prüfpflicht nur ausgelöst, wenn die zu erwartenden negativen Einflüsse von einigem Gewicht und einiger Schwere sind. Abschließend sei noch auf die Bedeutung des im Art 6 Abs 3 enthaltenen Passus „einzeln oder in Zusammenwirkung mit anderen Plänen und Projekten“ hingewiesen. Mit dieser Formulierung wird die notwendige Berücksichtigung kumulierender Auswirkungen betont. Damit wird einem Summationseffekt624 zwischen der gegenständlichen Maßnahme ____________________
621 Eine Konkretisierung würde einerseits die Bestimmung für die Einschreiter berechenbarer und transparenter machen und andererseits die Prüfung durch die Behörde erleichtern. 622 Hödl (FN 3) 41. 623 Gellermann (FN 25) 80. 624 Die Kommission (Europäische Kommission, GD Umwelt, Prüfung der Verträglichkeit von Plänen und Projekten mit erheblichen Auswirkungen auf Natura 2000-Gebiete, Methodik-Leitlinien zur Erfüllung der Vorgaben des Art 6 Abs 3 und 4 der Habitat-Richtlinie 92/43/EWG, November 2001, 9) spricht in diesem Zusammenhang davon, dass kumulative Wirkungen entstehen können, wenn Einwirkbereiche interagieren.
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einerseits und bereits bestehender oder geplanter Vorhaben andererseits Rechnung getragen. ddd) Prüfungsmaßstab der Verträglichkeitsprüfung Kommt die Behörde zum Ergebnis, dass ein Vorhaben das Gebiet erheblich beeinträchtigen könnte, hat sie eine Verträglichkeitsprüfung durchzuführen. Der Wortlaut des Art 6 Abs 3 fordert eine Prüfung auf Verträglichkeit mit den für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungszielen.625 Den materiellen Prüfungsmaßstab bilden die für das Gebiete konkret festgelegten naturschutzfachlichen Erhaltungsziele. Diese orientieren sich an den jeweiligen natürlichen Lebensräumen und Arten innerhalb des Gebietes. Festgelegt werden die Erhaltungsziele mit Hilfe der in den bekannten Standard-Datenbögen enthaltenen Informationen.626 Ramsauer627 vertritt die Ansicht, dass es für die Notwendigkeit einer Verträglichkeitsprüfung nicht darauf ankommt, ob sich die befürchteten erheblichen Auswirkungen auf das Gebiet bereits auf die Beeinträchtigung derjenigen Lebensraumtypen oder Arten beziehen lassen, zu deren Schutz dieses Gebiet ausgewiesen wurde. Im Gegensatz dazu beschränkt sich seiner Ansicht nach die Verträglichkeitsprüfung selbst auf die Vereinbarkeit des Plans oder Projekts mit den für das Gebiet festgelegten Erhaltungszielen. Der sich aus den Erhaltungszielen ergebende Schutzzweck ist in den Schutzgebietsverordnungen628 zu normieren.629 Bei Gebieten, die bereits gemeldet wurden, aber für die noch kein Datenbogen vorliegt, sowie bei solchen Gebieten, die sich nach der Rechtsprechung des EuGH für eine ____________________
625 Vana (FN 542, 27) sieht in der Bezugnahme auf die Erhaltungsziele klare Vorgaben, die zu einer Versachlichung der Diskussion führen und klare Vorteile gegenüber starren Vorgaben wie etwa der Errichtung von „Verbotszonen“. Die Frage ist meines Erachtens nur, ob die Erhaltungsziele in der Praxis wirklich so klar sind. Die Erhaltungsziele bzw der Schutzzweck werden auf den günstigen Erhaltungszustand abstellen, dem wiederum eine abstrakte Definition in Art 1 zugrunde liegt. 626 Wie bereits erläutert, sind die Mitgliedstaaten gemäß Art 4 Abs 1 verpflichtet, eine Liste von Gebieten vorzulegen, in der die in diesen Gebieten vorkommenden natürlichen Lebensraumtypen des Anhangs I und einheimischen Arten des Anhangs II aufgeführt sind. 627 Ramsauer (FN 579) 602. 628 Es muss sich dabei nicht zwingend um eine Verordnung handeln. Der Nationalpark Hohe Tauern als nominiertes Natura 2000 Gebiet ist beispielsweise durch Landesgesetze eingerichtet. Der Schutzzweck bzw die Erhaltungsziele sind in diesem Fall durch Novellierung der Nationalparkgesetze umzusetzen. 629 Siehe dazu die Ausführungen zur Umsetzung in den nationalen Bestimmungen in Kapitel III.C.
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Einbeziehung in das Netz Natura 2000 aufdrängen, sind die Erhaltungsziele durch Auslegung zu ermitteln.630 Bei naturbelassenen und optimal erhaltenen Lebensraumtypen wird die Bewahrung des aktuellen günstigen Erhaltungszustandes das Erhaltungsziel bilden. In anderen Fällen hingegen, in denen der aktuelle Erhaltungszustand weniger günstig ist, das Gebiet aber aufgrund seines Entwicklungspotentials unter Schutz gestellt wurde, liegt das Erhaltungsziel in der Wiederherstellung eines befriedigenden Zustandes. Zur Verwirklichung dieses Zieles sind zumeist Maßnahmen des aktiven Naturschutzes erforderlich, wie etwa die Wiedervernässung eines ehemaligen Feuchtwiesengebietes als Lebensraum für bedeutende Wiesenvogelarten.631 In diesem Fällen darf sich die Prüfung nicht auf die Ermittlung und Bewertung der plan- oder projektbedingten Auswirkungen auf den aktuellen Gebietszustand beschränken. Es ist vielmehr die Frage zu beantworten, ob durch das Vorhaben die zur Erreichung der Naturschutzziele erforderlichen Entwicklungs- und Optimierungsmaßnahmen behindert oder gar unmöglich gemacht werden. eee) Verfahrensanforderungen Der Richtlinientext sieht keine verfahrensrechtlichen Details zur Durchführung der Verträglichkeitsprüfung vor. Hinsichtlich der Zuständigkeit stellt die Kommission632 fest, dass die „zuständigen einzelstaatlichen Behörden“ jene Stellen sind, die befugt sind, eine Genehmigung oder Zustimmung zu einem Plan oder Projekt zu erteilen. Die Verwendung des Wortes „einzelstaatlich“ erfolgt eine Abgrenzung von den Begriffen „gemeinschaftlich“ bzw „international“. Welche innerstaatliche Behörde die Prüfung durchzuführen hat, legt die Richtlinie klarerweise nicht fest.633 Nachdem die Richtlinie klarerweise keine weiteren Angaben zur Behördenzuständigkeit634 und zum konkreten Verfahrensablauf 635 macht, ____________________
630 Apfelbacher/Adenauer/Iven, Das Zweite Gesetz zur Änderung des BNatSchG, NuR 1999, 74. 631 Gellermann (FN 25) 82. 632 Kommission (FN 486) 43. 633 In Österreich werden in erster Linie die Naturschutzbehörden der Länder Verträglichkeitsprüfungen durchführen. Bei der Prüfung von Plänen kommen aber auch beispielsweise die Raumordnungsbehörden in Frage. Sich in diesem Zusammenhang stellende verfassungsrechtliche (kompetenzrechtliche) Fragen werden im Folgenden näher beleuchtet. 634 Grundsatz der institutionellen Autonomie der Mitgliedstaaten (vgl Potacs/Öhlinger, FN 85, 122). 635 Auch Ramsauer (FN 579, 602) sieht bei der Ausgestaltung des Verfahrens einen erheblichen Gestaltungsspielraum der Mitgliedstaaten. Seiner Ansicht nach muss die Prüfung
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steht es Österreich frei, im Rahmen der verfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung entweder ein eigenes innerstaatliches Prüfverfahren einzurichten oder die Verträglichkeitsprüfung in bestehende Verwaltungsverfahren zu integrieren. Verfahrenstechnisch ist auf den allgemeinen Grundsatz hinzuweisen, dass für die mitgliedstaatliche Vollziehung von Gemeinschaftsrecht auch nationale Verfahrensvorschriften von zentraler Bedeutung sind.636 Wenn das Gemeinschaftsrecht einschließlich der allgemeinen gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze für die Vollziehung von EG-Recht keine gemeinsamen Vorschriften enthält, gehen die nationalen Behörden bei der Durchführung von Gemeinschaftsregelungen nach den formellen und materiellen Bestimmungen ihres nationalen Rechts vor.637 aaaa) Naturverträglichkeitsprüfung und Umweltverträglichkeitsprüfung In Anknüpfung an die zweite Variante ist die Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem UVP-G bzw der UVP-RL in Betracht zu ziehen. So weist etwa Gellermann638 auf die Möglichkeit hin, die Erhaltungszielkonformität eines ohnehin UVP-pflichtigen Vorhabens639 im Rahmen der durchzuführenden Umweltverträglichkeitsprüfung zu untersuchen, wobei den maßgeblichen Unterschieden zwischen den beiden Prüfungen entsprechend Rechnung getragen werden muss. Mit diesen Unterschieden hat sich sowohl die Kommission als auch die (deutsche) Literatur bereits ausführlich beschäftigt. Erstere stellt im Leitfaden zu Art 6 fest, dass in einigen Fällen eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach der UVP-RL (UVP) einer Verträglichkeitsprüfung nach Art 6 Abs 3 FFH-RL (FFH-VP) entsprechen könnte.640 Sie weist aber auch auf den engeren Anwendungsbereich der FFHVP hin, weil sich diese bekanntlich auf die Verträglichkeit mit den für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungszielen beschränkt.641 Allerdings gibt ____________________
aber so ausgestaltet sein, dass die Frage, ob das Gebiet „als solches“ beeinträchtigt wird oder nicht, zuverlässig beurteilt werden kann. 636 Potacs/Öhlinger (FN 85) 125. 637 EuGH Rs 205 bis 215/82, Slg. 1983, 2633, Rz 17; EuGH Rs C-290/91, Slg 1993, I-2981, Rz 8. 638 Gellermann (FN 25) 83. 639 Wie von Madner (FN 3, 45) richtig betont, werden tatsächlich in vielen Fällen schutzgebietsbeeinträchtigende Vorhaben einer UVP zu unterziehen sein. Die UVP-Änderungsrichtlinie (RL 97/11/EG, siehe FN 103) schreibt nämlich vor, dass die Mitgliedstaaten bei der Festlegung der UVP-Pflicht für sogenannte Anhang II Projekte ua zu berücksichtigen haben, ob das Vorhaben in einem Natura 2000 Gebiet projektiert ist. 640 Kommission (FN 486) 40. 641 Für Fisahn (Internationale Anforderungen an den deutschen Naturschutz, ZUR 1996, 6) ist nicht eindeutig, ob mit der FFH-VP auf die UVP-RL Bezug genommen und
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es bei der Prüfung der ökologischen Auswirkungen in vielen Fällen Überschneidungen642 mit den anderen in Art 3 der UVP-RL genannten Schutzgüter.643 Madner644 sieht diesbezüglich die Möglichkeit, die Ermittlungen, die im Rahmen der FFH-VP erforderlich sind, in die UVP zu integrieren. Gellermann645 meint zum Anwendungsbereich, dass jener der UVP weiter ist, weil hier sämtliche Umweltgüter einschließlich ihrer Wechselwirkungen646 in die Betrachtung miteinbezogen werden.647 Umgekehrt wiederum nimmt die Umweltverträglichkeitsprüfung nur auf den aktuellen Zustand der Umweltgüter Bezug, während die Naturverträglichkeitsprüfung – wie bereits voranstehend erwähnt – auch eine mögliche Beeinträchtigung des natürlichen Entwicklungspotentials eines Schutzgebiets zu berücksichtigen hat. Hödl648 unternimmt den Versuch, die Unterschiede der beiden Prüfungen im Hinblick auf den systematischen Ansatz, den Gegenstand, den Prüfungsmaßstab und die Rechtsfolgen darzustellen. Sie hält richtig fest, dass in Fällen, in denen für ein Vorhaben beide Prüfungen erforderlich sind, die UVP und FFH-VP aus Gründen des Verwaltungs-, Kosten- und Zeitaufwandes kompakt durchzuführen sind. Mit „kompakt“ ist offensichtlich das gemeinsame Abführen der Prüfungen gemeint. Vor allem die Überschneidung einzelner Schützgüter spricht für eine Verbindung ____________________
auf das dort geforderte Verfahren der UVP verwiesen wird, da der Wortlaut nur eine Prüfung auf Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen vorschreibt. Gegen einen Verweis spricht für Fisahn, dass ein wesentliches Element der UVP, nämlich die Öffentlichkeitsbeteiligung, in der FFH-RL gesondert normiert ist. 642 Auswirkungen auf die Umweltmedien Wasser oder Luft sind bei der Naturverträglichkeitsprüfung aber nur dann zu beachten, wenn sie sich auf die Erhaltungsziele des besonderen Schutzgebietes auswirken können. 643 Das Prüfprogramm der Umweltverträglichkeitsprüfung umfasst die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung sämtlicher Auswirkungen eines Projektes auf die relevanten Umweltgüter. Die Umweltverträglichkeitsprüfung bezieht ua auch das Schutzgut „Mensch“ in die Bewertung mit ein (vgl Rödiger-Vorwerk, FN 62, 120). 644 Madner (FN 3) 45. 645 Gellermann (FN 25) 83. 646 Mauerhofer (FN 7, 305) weist aber zu Recht darauf hin, dass gemäß Art 6 Abs 4 UAbs 2 FFH-RL Erwägungen im Zusammenhang mit maßgeblichen günstigen Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt mitzuberücksichtigen sind und deshalb sehr wohl ein gewichtiges wechselseitiges Element in der Prüfung auf Verträglichkeit enthalten ist. Auch Madner (FN 3, 45) betont, dass es sich ungeachtet des speziellen Prüfrahmens bei der FFH-VP im Regelfall wohl dennoch um keine „einmediale“ Prüfung handelt. 647 Ebenso Madner (FN 580) 12. 648 Hödl (FN 3) 43 ff.
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der beiden Verfahren.649 Auch wird von Hödl in einem solchen „gemeinsamen“ Verfahren auf die Beachtung der spezifischen Besonderheiten der jeweiligen Prüfungen sowie die getrennte Darstellung der Prüfungsergebnisse hingewiesen. Die Kommission betont in ihren Methodik-Leitlinien,650 dass, wenn Pläne und Projekte auch der UVP- oder der SUP-Richtlinie651 unterliegen, die Prüfung nach Art 6 FFH-RL Bestandteil dieser Prüfungen sein kann. Gleichzeitig sollten die nach Art 6 vorgeschriebenen Prüfungen klar erkennbar sein und im Rahmen einer Umwelterklärung ausgewiesen oder in einem getrennten Bericht gemeldet werden.652 Begibt man sich in Österreich auf einfachgesetzliche Ebene und wirft einen Blick in UVP-G653, findet sich im dortigen § 3 Abs 3 die Statuierung eines konzentrierten Genehmigungsverfahrens. Demnach sind die nach den bundes- und landesrechtlichen Verwaltungsvorschriften für die Ausführung des Vorhabens erforderlichen materiellen Genehmigungsbestimmungen von der Behörde in einem konzentrierten Verfahren mit anzuwenden. Geht man davon aus, dass der Art 6 in den Naturschutzgesetzen der Länder umgesetzt worden ist, hätte die UVP-Behörde diese Bestimmungen anzuwenden.654 ____________________
649 So werden einzelne Gutachten (eventuell mit entsprechenden Ergänzungen) in beiden Verfahren verwendet werden können. 650 Kommission (FN 624) 9. 651 RL 2001/42/EG über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme. Das Ziel dieser Richtlinie ist es, dass Umwelterwägungen bei der Ausarbeitung und Annahme von Plänen und Programmen einbezogen werden. Dies wird durch eine Umweltprüfung von jenen Plänen und Programmen erreicht, die voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben. Art 3 Abs 2 lit b dieser Richtlinie normiert eine obligatorische Prüfpflicht für Pläne und Programme, bei denen angesichts ihrer voraussichtlichen Auswirkungen auf Gebiete eine Prüfung nach Art 6 und 7 der FFH-RL für erforderlich erachtet wird. Die Mitgliedstaaten hatten die SUP-RL bis zum 21. Juli 2004 umzusetzen. 652 Auch wird von der Kommission zum Ausdruck gebracht, dass bei einem Projekt, welches erhebliche Auswirkungen auf ein Natura 2000 Gebiet haben könnte, sowohl eine Prüfung nach Art 6 als auch eine UVP erforderlich sein dürfte. Dazu ist anzumerken, dass im Bundesland Salzburg bis dato noch kein Vorhaben einer Prüfung nach der UVP- und FFH-RL unterzogen worden ist. 653 BGBl Nr 697/1993, zuletzt geändert durch BGBl I Nr 14/2005. 654 So auch Madner (FN 580, 18), die davon ausgeht, dass im Hinblick auf den weiten Prüfauftrag der UVP bereits auf Grundlage der derzeitigen gesetzlichen Regelungen die Erfordernisse der FFH-RL mitberücksichtigt werden können. Einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung bedarf es dafür ihrer Ansicht nach nicht, eine Überarbeitung der UVP-Leitlinien, Prüfleitfäden und Checklisten speziell auf die Anforderungen der FFHVerträglichkeitsprüfung hin wird jedoch vorgeschlagen.
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Neben der Konzentration des Verfahrens sieht das UVP-G auch eine Entscheidungskonzentration vor.655 Die UVP-Behörde hat unter Anwendung der in den betroffenen Materiengesetzen enthaltenen sowie den zusätzlichen, in § 17 Abs 2 bis 5 UVP-G genannten Genehmigungsvoraussetzungen in einem Bescheid abzusprechen.656 In einem einzelnen Spruchpunkt wird daher auch über die Naturschutzmaterie, somit im Falle der Berührung eines Natura 2000 Gebietes über das Ergebnis der Naturverträglichkeitsprüfung, abgesprochen.657 Feik658 zitiert in seinen Ausführungen zur FFH-VP die These von Pernthaler/Ebensperger659, nach der auf Grund der Parallelen zwischen der UVP und der FFH-VP die Regelung des Verfahrens gemäß Art 11 Abs 1 Z 7 B-VG in Gesetzgebung dem Bund, in Vollziehung den Ländern zufalle. Neben der bereits genannten Tatsache, dass die FFH-RL keine Aussage über die Ausgestaltung des Prüfverfahrens enthält, wird ferner auf die vom Gemeinschaftsgesetzgeber nicht vorgenommene Harmonisierung mit den Regelungen der UVP-RL hingewiesen. Auch besteht nach Meinung von Pernthaler/Ebensperger keine Verpflichtung, ein UVPpflichtiges Projekt zusätzlich zur UVP einer Prüfung nach Art 6 Abs 3 FFH-RL zu unterziehen. Zur Erfüllung dieser Bestimmung könnten die ____________________
655 Mit der UVP-G-Novelle 2004, BGBl I Nr 153/2004, wurde auch für die Vorhaben des 3. Abschnitts des UVP-G (§§ 23a bis 24h UVP-G 2000) eine Verfahrenskonzentration eingeführt. Abweichend vom ursprünglichen Entwurf handelt es sich dabei allerdings nur um ein „teilkonzentriertes“ Genehmigungsverfahren. Der Entwurf sah noch die gänzliche Streichung des 3. Abschnittes vor, die auch für Linienvorhaben ein „vollkonzentriertes“ Genehmigungsverfahren bewirkt hätte (http://www.parlament.gv.at/portal). 656 Rundschreiben zur Durchführung des UVP-G 2000 vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, GZ 114751/4-I/1U/2001 vom 30. Mai 2001, 44. 657 In diese Richtungen gehen auch die Ausführung von Apfelbacher/Adenauer/Iven (FN 630, 74): Diese gehen davon aus, dass eine nach den einschlägigen Vorschriften ihres Bundes- und Landesrechts durchzuführende UVP den Anforderungen an die Durchführung einer FFH-VP regelmäßig entspricht. Dabei ist maßgeblich, dass sich die materiellen Maßstäbe für die Durchführung der UVP aus dem Fachrecht ergeben, dh für die FFHBelange aus dem Zweiten Gesetz zur Änderung des BNatSchG. Somit ist sichergestellt, dass auch ohne weiteres gesetzgeberisches Zutun die UVP in materieller Hinsicht den Anforderungen der FFH-RL entspricht, wobei die bereits erwähnten strukturellen Unterschiede zwischen den beiden Prüfverfahren sehr wohl erkannt worden sind. Auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht gibt es für Apfelbacher/Adenauer/Iven keine Bedenken. Die Vorgaben im UVP-Recht, wie beispielsweise die Bestimmungen zur grenzüberschreitenden Behördenbeteiligung und zur Einbeziehung der Öffentlichkeit, gehen über die Anforderungen der FFH-RL hinaus, sodass letzteren mittels Durchführung einer UVP stets entsprochen wird. Auch Madner (FN 580) geht davon aus, dass mit der Öffentlichkeitsbeteiligung im Rahmen der UVP jedenfalls auch die Öffentlichkeitsbeteiligung nach der FFH-RL abgedeckt ist. 658 Feik (FN 353) 40. 659 Pernthaler/Ebensberger (FN 83) 50.
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Mitgliedstaaten anordnen, dass die Schutzzielkonformität eines Projektes im UVP-Verfahren mituntersucht wird, wobei in diesem Fall allerdings den unterschiedlichen Prüfungsinhalten Rechnung zu tragen wäre. Dieser Ansicht kann aus europarechtlicher Sicht ohne Bedenken zugestimmt werden, nachdem die Gemeinschaft bekanntlich nicht regelt, ob Richtlinien durch den Bund oder die Länder umgesetzt werden.660 Einer kritischen Betrachtung dieses Ansatzes bedarf es allerdings aus verfassungsrechtlicher Sicht. Vor allem drängt sich die Frage auf, ob die Regelung der FFH-VP unter den Kompetenztatbestand des Art 11 Abs 1 Z 7 B-VG subsumiert werden kann. Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung ist eine Umweltverträglichkeitsprüfung für Vorhaben vorgesehen, bei denen mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist. Diese Formulierung wurde wörtlich aus der UVP-RL übernommen. Der Zweck dieses durch die B-VGNov BGBl Nr 508/1993 geschaffenen Kompetenztatbestandes liegt in einer integrativen Gesamtbeurteilung der Umweltauswirkungen eines Vorhabens.661 Die kompetenzrechtliche Grundlage für die verwirklichte Verfahrens- und Entscheidungskonzentration findet sich in Art 11 Abs 1 Z 7 zweiter Halbsatz.662 Diese Bedarfsgesetzgebung räumt dem Bund im Ergebnis weit reichende Gesetzgebungsbefugnisse ein. Der UVP-Kompetenztatbestand ist vor dem Hintergrund des UVP-G bzw der UVP-RL zu interpretieren. Allerdings kann der Sinngehalt des Kompetenztatbestandes nicht mit dem Wortlaut des UVP-G in der damals geltenden Fassung gleichgesetzt werden.663 Der verwendete Begriff „Umwelt“ ist ebenfalls im Kontext des B-VG auszulegen.664 In Anlehnung an die Verwendung des Begriffes in Art 10 ____________________
660 Ob der Bund oder die Länder für die Umsetzung zuständig sind, bestimmt sich nach der innerstaatlichen Kompetenzverteilung (Näheres dazu in Kapitel III.B). 661 Bussjäger, Die Kompetenzen des Bundes zur Regelung der Umweltverträglichkeitsprüfung und Bürgerbeteiligung, JBl 1995, 693. 662 (…) „soweit ein Bedürfnis nach Erlassung einheitlicher Vorschriften als vorhanden erachtet wird, Genehmigung solcher Vorhaben.“ 663 Madner (FN 3) 48. 664 Bei der Interpretation des Art 11 Abs 1 Z 7 darf nicht übersehen werden, dass dieser Kompetenztatbestand erst nach Vorliegen eines konkret ausformulierten Gesetzes (dem UVP-G) geschaffen wurde. Die von Bussjäger (FN 661, 690) als ein Akt der Gelegenheitsgesetzgebung kritisierte Vorgehensweise zeigt den unmittelbaren Zusammenhang zwischen der neu geschaffenen Kompetenzgrundlage und dem UVP-G. Nach der Versteinerungstheorie ist im Rahmen der Interpretation der gegenständlichen Kompetenzbestimmung auf die einfachgesetzliche Rechtslage im Zeitpunkt ihrer Inkraftsetzung abzustellen. Wie von Bussjäger richtig festgehalten, darf diese Form der Interpretation aber nicht dazu führen, dass nur die ursprünglich UVP-pflichtigen Vorhaben als solche gelten, „bei denen mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen
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Abs 1 Z 12 ist das Schutzgut der Umweltverträglichkeitsprüfung Leben und Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen, die natürliche Zusammensetzung der unbelebten Natur (Boden, Wasser, Luft, Gletscher) sowie die Substanz sonstiger (vom Menschen geschaffener) körperlicher Sachen.665 Grundsätzlicher Ausgangspunkt für die Durchführung einer UVP ist, dass aufgrund der Art, der Größe oder des Standorts des Vorhabens erhebliche, mehrere Umweltmedien betreffende Auswirkungen auf die Umwelt zu erwarten sind. Das Ziel besteht darin, durch die Gesamtschau Synergismen und Wechselwirkungen zu erfassen.666 Wie bereits beschrieben, hat Art 6 Abs 3 FFH-RL die Prüfung auf Verträglichkeit eines Vorhabens mit dem für das betroffene Gebiet festgelegten Erhaltungszielen zum Gegenstand. Wenn es auch Überschneidungen zu den umfassenden Schutzgütern der UVP-RL gibt, beschränkt sich der Anwendungsbereich der FFH-VP auf ökologische Aspekte. Es ist daher sehr fraglich, ob in diesem Fall erhebliche, mehrere Umweltmedien betreffende Auswirkungen vorliegen können, die eine Subsumierung unter Art 11 Abs 1 Z 7 B-VG zulassen. Die vorgenommene Zuordnung zur Naturschutzkompetenz der Länder667 hat sich daher aus dem kompetenzrechtlichen Blickwinkel als der richtige Weg erwiesen.668 Andererseits ist Pernthaler/Ebensperger beizupflichten, wenn sie auf die Parallelen zwischen UVP und FFH-VP hinweisen. Vor allem verfahrenstechnisch sind hier Gemeinsamkeiten festzustellen. Ginge man tatsächlich davon aus, dass die FFH-VP aufgrund dieser Ähnlichkeiten unter Art 11 Abs 1 Z 7 B-VG subsumiert werden kann, wäre es nahe lie____________________
ist“. Nachdem bloß das abstrakte Begriffsbild des Kompetenztatbestandes „versteinert“, sind sehr wohl neue Regelungen zulässig, sofern sie sich systematisch der jeweiligen Materie zuordnen lassen. Öhlinger (Verfassungsrecht 5 [1997] 131) spricht in diesem Zusammenhang von einer Austarierung der Versteinerungstheorie durch den „Grundsatz der intrasystematischen Fortentwicklung“. Die aufgelisteten UVP-pflichtigen Vorhaben bilden allerdings insofern einen gewissen Rahmen für die Interpretation des Kompetenztatbestandes, als sie als typische Fälle zu betrachten sind, bei denen mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist (Bussjäger, FN 661, 695). 665 Bussjäger (FN 661) 694. 666 Raschauer, Kommentar zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz, Springer-Verlag Wien New York, 1995, 24. 667 Die Ausführungen im zweiten Teil dieser Arbeit zeigen, dass die bereits vorgenommene Umsetzung des Art 6 Abs 3 und 4 FFH-RL in erster Linie in den Naturschutzgesetzen der Länder stattgefunden hat. 668 Auch Madner (FN 3, 49) kommt zu diesem Ergebnis. Ihrer Ansicht nach kann die Durchführung einer Prüfung, die ausschließlich auf die Verträglichkeit mit speziellen naturschutzrechtlichen Zielfestlegungen abstellt, nicht dem UVP-Kompetenztatbestand zugeordnet werden. Folglich ist es dem Bund verwehrt, unter Berufung auf die Bedarfskompetenz in Art 11 Abs 1 Z 7 B-VG die Genehmigung von Vorhaben zu regeln, die einer FFH-VP bedürfen.
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gend, Art 6 Abs 3 und 4 im UVP-G umzusetzen.669 Dazu wäre jedenfalls erforderlich, die materiellen Prüfungskriterien der FFH-VP im UVP-G zu verankern. In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass das UVP-G in § 17 sowohl den Verweis auf die Mitanwendung von bundes- und landesrechtlicher Genehmigungskriterien als auch subsidiäre, UVP-G-spezifische Genehmigungsvoraussetzungen enthält. Während Bussjäger670 die Normierung dieser gesonderten Genehmigungstatbestände als kompetenzwidrig kritisiert, geht Madner671 davon aus, dass dem Bund aufgrund der Bedarfskompetenz des Art 11 Abs 1 Z 7 2. Halbsatz die Festlegung materieller Genehmigungsvoraussetzungen nicht verwehrt ist.672 Demnach bestünde die Möglichkeit, im UVP-G auch materiell auf die Vorgaben der FFH-RL einzugehen. Diese Vorgehensweise käme aber nur dann in Frage, wenn ein FFHVP relevantes Vorhaben auch UVP-pflichtig ist. Da dies nicht in allen Fällen zwingend gegeben sein muss, wäre man gezwungen, im UVP-G ein eigenes Verfahren für die FFH-VP vorzusehen. Folglich gäbe es im UVP-G ein Verfahren ausschließlich zur Prüfung der Naturverträglichkeit und nicht der Umweltverträglichkeit. Dies würde nicht nur zu einem systematisch unbefriedigenden Ergebnis führen, sondern auch kompetenzwidrig sein, weil in diesen Fälle keine erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt im Sinne des Art 11 Abs 1 Z 7 B-VG vorliegen. Zusammenfassend ist eine Umsetzung der FFH-VP auf Grundlage des Art 11 Abs 1 Z 7 B-VG abzulehnen. Ein gemeinsames, effizientes Abwickeln der FFH-VP und der UVP ist wie beschrieben auch durch die Umsetzung der FFH-RL in den Naturschutzgesetzen der Länder und die Konzentrationsregelung im UVP-G gewährleistet. bbbb) Prüfung auf Plan- und Projektsebene In Zusammenhang mit der FFH-VP ist verfahrensrechtlich nicht unbeachtlich, wie sich eine für einen Plan durchgeführte FFH-Verträglichkeitsprüfung auf die nachfolgende Projektebene auswirkt. Konkret ist zu ____________________
669 Art 6 Abs 1 und 2 haben mit der FFH-VP nichts zu tun und wären klarerweise nicht von Art 11 Abs 1 Z 7 B-VG erfasst. 670 Bussjäger (FN 661) 694. 671 Madner in Holoubek/Potacs (Hrsg), Öffentliches Wirtschaftsrecht II (2002) 416. 672 Nach Ansicht von Madner sind die Grenzen dieser durchaus weit reichenden Kompetenz des Bundes mit dem Bedarfserfordernis und durch die Verknüpfung mit der UVPPflicht gesetzt. Die Schaffung von zusätzlichen Genehmigungskriterien wurde für eine vollständige Umsetzung der UVP-RL als wesentlich und gemeinschaftsrechtlich notwendig erachtet. Raschauer (Die Genehmigungsentscheidung nach dem UVP-G, ecolex 1994, 581) sieht in § 17 Abs 2 UVP-G umweltspezifische Mindeststandards.
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überlegen, ob Projekte, die bereits auf Grundlage eines FFH-geprüften Planes passieren, von einer weiteren FFH-VP ausgenommen sind. Grundsätzlich wird es im Sinne der Verfahrensökonomie liegen, Doppelprüfungen zu vermeiden und daher in den Naturschutzgesetzen vorzusehen, dass die Bestimmungen über die FFH-Projektverträglichkeitsprüfung nicht für solche Projekte gelten, denen ein geprüfter Planungsakt zugrunde liegt.673 Eine solche Subsidiaritätsregelung muss aber gewährleisten, dass eine FFH-VP nur insoweit entfällt, als die Auswirkungen des Projekts bereits von der Prüfung auf Planungsebene erfasst werden konnten. Auch für Gellermann674 kommt eine solche „Freistellung“ nur in Frage, wenn beispielsweise der Bebauungsplan unter strikter Beachtung der Habitatschutzbestimmungen aufgestellt worden ist. Erst nach der Erstellung des Bebauungsplanes erkennbare Auswirkungen müssen im Rahmen der Anlagengenehmigung gesondert auf ihre Naturverträglichkeit geprüft werden. Es ist daher darauf Bedacht zu nehmen, dass mit fortschreitender Konkretisierung der Planung auch zusätzliche oder neuartige Auswirkungen eines Vorhabens zutage treten können. Insoweit wäre eine Freistellung des Vorhabens von der Verträglichkeitsprüfung nicht mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar.675 Das Zusammenspiel zwischen Plan- und Projektprüfung erfordert folglich eine Feinabstimmung, die auf Vorschlag von Madner676 im Rahmen von Screening- und Scopingregelungen677 und weniger durch generelle Ausnahmen von der Prüfpflicht zu geschehen hat. Einen konkreten Anwendungsfall für die gegenständliche Fragestellung liefert die Umsetzung des Art 6 Abs 3 und 4 FFH-RL im Salzburger Raumordnungsgesetz, welche im Kapitel III. unter F.2.d) behandelt wird. cccc) Die Beteiligung der Öffentlichkeit Aus verfahrenstechnischer Sicht ist ferner zu klären, ob und in welcher Form die Öffentlichkeit an der Prüfung der Pläne und Projekte zu beteiligen ist. Bekanntlich normiert der Richtlinientext, dass „gegebenenfalls die Öffentlichkeit zu hören ist“. Die gewählte Formulierung führt zu einer Bandbreite von möglichen Auslegungsvarianten. In der bereits etwas älteren Literatur678 findet sich ____________________
673 674 675 676 677
Madner (FN 580) 15. Gellermann (FN 25) 226. Hödl (FN 3) 52. Madner (FN 3) 16. Gemäß § 5 UVP-G ist Scoping ein Erörterungstermin, bei dem Vorhabensträger und Behörden den Gegenstand, Umfang und Methoden der UVP besprechen und dazu auch Sachverständige und Dritte einbeziehen können. 678 Freytag/Iven (FN 115) 113.
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die These, dass für die Mitgliedstaaten sowohl hinsichtlich des „ob“ als auch des „wie“ einer Beteiligung der Öffentlichkeit ein erheblicher Entscheidungsspielraum besteht. Gemeinschaftsrechtlich ist dieser lediglich insoweit vorbestimmt, als etwa in Art 6 Abs 2 UVP-RL eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorgeschrieben ist.679 In diesem Zusammenhang wird ua von einer fakultativen Öffentlichkeitsbeteiligung gesprochen.680 Auch die Kommission weist darauf hin, dass die Anhörung ein wesentlicher Aspekt in der UVP-RL ist. Eine Anhörung der Öffentlichkeit ist eindeutig dann erforderlich, wenn die nach Art 6 Abs 3 geforderte Prüfung auf Verträglichkeit der Form nach einer UVP gemäß der UVP-RL entspricht. Ferner verweist die Kommission in dieser Frage auf die Konvention von Aarhus681. Diese hebt besonders die Wichtigkeit der Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren in Umweltfragen hervor. Ein genereller Verzicht auf die Öffentlichkeitsbeteiligung im Rahmen der legistischen Umsetzung würde jedenfalls nicht den Richtlinienvorga____________________
679 Christl (FN 3, 83) hält hier richtigerweise entgegen, dass in der FFH-RL im Gegensatz zur UVP-RL anscheinend keine obligatorische Öffentlichkeitsbeteiligung eingeführt werden sollte und gerade deshalb von der in letzterer enthaltenen klaren Formulierung einer solchen Pflicht Abstand genommen wurde. Der unterschiedliche Wortlaut in den beiden Richtlinien lässt daher nur eine sehr bedingte analoge Auslegung zu. 680 Iven (FN 55) 378. 681 Konvention über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu den Gerichten in Umweltfragen. Mit dem Ziel zur Erfüllung der Pflichten aus dem Aarhus-Übereinkommen beizutragen, wurde die Richtlinie 2003/35/EG vom 26. Mai 2003 über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten (Öffentlichkeitsbeteiligungsrichtlinie – ÖB-RL) erlassen. Konkret wird mit der seit längerem angekündigten Richtlinie das Gemeinschaftsrecht an die zweite Säule der Aarhus-Konvention angepasst. Die Richtlinie trifft einerseits Regelungen über die Öffentlichkeitsbeteiligung bei der Ausarbeitung umweltrelevanter Pläne und Programme und andererseits werden die Öffentlichkeitsbeteiligung sowie der Rechtsschutz in Genehmigungsverfahren nach der UVP-RL und der IPPC-RL (RL 96/61/ EG) behandelt. Im Rahmen der Begriffsbestimmungen wird zur „Öffentlichkeit“ in Übereinstimmung mit dem nationalen Recht auch Organisationen und Gruppen gezählt. Zur „betroffenen Öffentlichkeit“, die qualifizierte Beteiligungsrechte erhält, zählen jedenfalls auch Umwelt-NGO’s. Welche Voraussetzungen Nichtregierungsorganisationen im Einzelnen erfüllen müssen, legt der nationale Gesetzgeber fest (RdU, Aktuelles Umweltrecht, Ausgabe August 2003, 100). Mit der zwischenzeitlich in Kraft getretenen UVP-G-Novelle 2004, BGBl I Nr 153/ 2004, soll die ÖB-RL im österreichisches Recht umgesetzt werden. Dabei wird Nichtregierungsorganisationen aus dem Umweltbereich Parteistellung und Beschwerdebefugnis bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts im konzentrierten Genehmigungsverfahren nach dem UVP-G 2000 gewährt. Vgl zu diesem Thema auch: Schulev-Steindl, Subjektive Rechte im öffentlichen Interesse? Anmerkungen zur Aarhus-Konvention, JRP 2004, 128.
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ben entsprechen. Wie von Gellermann682 richtig festgehalten, ist über eine Beteiligung der Öffentlichkeit im Einzelfall zu entscheiden. Demnach obliegt es der mitgliedstaatlichen Behörde, ob sie eine Anhörung der Öffentlichkeit für angemessen und zweckdienlich erachtet.683 Offen bleibt jedoch die Frage, nach welchen Kriterien die Behörde entscheiden soll. Eine mögliche Anknüpfung kann die Schwere des Eingriffes bieten oder eine im konkreten Fall besondere Betroffenheit der Bevölkerung. Die Einzelfallentscheidung über die Beteiligung der Öffentlichkeit ist entsprechend zu begründen, um die Nachvollziehbarkeit und Transparenz zu gewährleisten. Auf die erforderliche legistische Umsetzung im innerstaatlichen Recht wird in Kapitel III näher eingegangen, so etwa unter C.1.e)cc)ccc)bbbb) zum Salzburger Naturschutzgesetz. fff ) Zustimmung der zuständigen einzelstaatlichen Behörden zum Plan oder Projekt Mit der gewählten Formulierung in Art 6 Abs 3, wonach die zuständigen einzelstaatlichen Behörden dem Plan bzw Projekt vorbehaltlich des Absatzes 4 nur zustimmen, wenn sie festgestellt haben, dass das Gebiet als solches nicht beeinträchtigt wird, konstituiert die Richtlinie einen materiell-rechtlich wirkenden Verträglichkeitsgrundsatz.684 Gemeint ist damit, dass Vorhaben grundsätzlich unzulässig sind, wenn ein Schutzgebiet in seinem Schutzzweck oder in seinen Erhaltungszielen maßgeblichen Bestandteilen erheblich oder nachhaltig beeinträchtigt werden kann. Aus formeller Sicht erblickt Iven685 in der gegenständlichen Regelung ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Im Gegensatz zu Freytag und Iven sieht Fisahn686 nur gravierende, den Charakter eines Gebietes verändernde Einflüsse als Versagungsgrund an. Für Gellermann687 ist keiner dieser beiden Ansätze zutreffend: Zum Ansatz Fisahns meint er, dass ein solches mehr oder minder restriktives Normverständnis im Wortlaut des Art 6 Abs 3 Satz 2 keine Stütze findet. Vor allem sieht er die Effektivität des Schutzregimes in Gefahr, wenn nur gravierenden, den Gesamtcharakter des Gebietes verändernden plan- oder projektbedingten nachteiligen Einwirkungen begegnet würde. Eine gravierende Veränderung des Charakters eines Gebietes würde erst bei einer weitgehenden Vernichtung des jeweiligen Lebensraumtyps gegeben ____________________
682 683 684 685 686 687
Gellermann (FN 110) 552 f. Gellermann (FN 25) 88. Freytag/Iven (FN 115) 113. Iven (FN 55) 378. Fisahn (FN 641) 6. Gellermann (FN 25) 85.
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sein. Eine derartige Relativierung des Schutzregimes ist abzulehnen. Aber auch jene Interpretation, die auf die Möglichkeit einer gewichtigen oder lang andauernden Beeinträchtigung der notwendigen Gebietsbestandteile abstellt, kann Gellermann nicht überzeugen. Vor allem im Kontext zu Art 6 Abs 2 ist dieser Ansatz nicht schlüssig. Die Privilegierung der Pläne und Projekte gegenüber den sonstigen nachteiligen Einwirkungen bezieht sich nämlich ausschließlich auf Art 6 Abs 4, der eine Relativierung vorsieht. Ebenso kritisiert Gellermann das Abstellen auf „die für den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteile“. Im Gegensatz zu Art 6 Abs 2 nimmt gerade der Wortlaut des Art 6 Abs 3 Satz 2 Bezug auf „das Gebiet als solches“. Auch das Auslösen der Verträglichkeitsprüfung in Art 6 Abs 3 Satz 1 knüpft an eine mögliche erhebliche Beeinträchtigung des Gebietes und nicht der notwendigen Gebietsbestandteile an. Die Richtlinie differenziert sehr wohl zwischen den Bezugobjekten der einzelnen Schutzregeln und deshalb erscheint es geboten, die Formulierung „Schutzgebiete als solches“ wörtlich zu interpretieren. Neben dieser Kritik ergeht der grundsätzliche Hinweis auf die zwei zu unterscheidenden Kriterien in Art 6 Abs 3.688 Während das Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung Aussagen über die Konformität mit den Erhaltungszielen trifft, zielt die Gebietsbeeinträchtigung auf den Aspekt der negativen Veränderung des aktuellen Zustandes ab. Wenngleich die beiden Kriterien in einem engen Zusammenhang stehen, müssen sie doch getrennt voneinander betrachtet werden.689 Bemerkenswert an der These Gellermanns ist, dass er eine Differenzierung zwischen der Verträglichkeitsprüfung und dem Verträglichkeitsgrundsatz vornimmt.690 Satz 2 des Art 6 Abs 3 fordert eine eigene Zulassungsentscheidung, die lediglich das Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung nach Satz 1 zu berücksichtigen hat. Folgt man diesem Ansatz, kommt man zu einer „Dreistufigkeit“ des Verfahrens nach Art 6 Abs 3: Im ersten Schritt ist die Frage zu klären, ob die Erheblichkeitsschwelle für die Durchführung einer Verträglichkeitsprüfung überschritten ist. Wird diese Frage bejaht, hat eine Prüfung auf Verträglichkeit mit den für das Gebiet festgelegten Erhaltungszielen zu er____________________
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Gellermann (FN 25) 84. Wie bereits erläutert kann ein Vorhaben mit den Erhaltungszielen unvereinbar sein, wenn es zwar den aktuellen Gebietszustand unberührt lässt, jedoch zielführende Maßnahmen zur Wiederherstellung des angestrebten Gebietszustandes behindert. 690 Eine solche Differenzierung wird von Fisahn und Iven offensichtlich nicht angenommen. Sie gehen davon aus, dass Art 6 Abs 3 ausschließlich die Verträglichkeitsprüfung umfasst, die im Ergebnis aussagt, ob das betroffene Gebiet als solches beeinträchtigt wird oder nicht.
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folgen. Das Ergebnis dieser Prüfung ist in einem dritten Schritt der „Zulassungsentscheidung“ zugrunde zu legen. Auch Rödiger-Vorwerks Ausführungen691 in dieser Frage gehen in einen ähnliche Richtung: Sie hält fest, dass die Ergebnisse der Verträglichkeitsprüfung nicht unmittelbar über die Zulässigkeit des Plans oder Projekts entscheiden, sondern diese vielmehr bei der Entscheidung „zu berücksichtigen“, dh in die Entscheidung mit einzubeziehen sind. Wenn das Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung für die Beantwortung der Frage, ob das betreffende Gebiet als solches beeinträchtigt wird, nur zu berücksichtigen ist, muss es klarerweise weiter Entscheidungsdeterminanten geben. Neben der Berücksichtigung der Ergebnisse der Verträglichkeitsprüfung stimmen die zuständigen einzelstaatlichen Behörden gemäß dem Wortlaut des Art 6 Abs 3 Satz 2 auch vorbehaltlich dem Abs 4 zu. Es drängt sich somit die Frage auf, ob die Ausnahmeregelung des Art 6 Abs 4 bereits in die Prüfung nach Art 6 Abs 3 Satz 2 einzufließen hat. Geht es nach Freytag/Iven692, kommt Art 6 Abs 4 zur Anwendung, wenn ein Vorhaben das Schutzgebiet als solches beeinträchtigen kann.693 Ebenso ist Madner694 der Ansicht, dass Pläne und Projekte, die ein Gebiet als solches beeinträchtigen, nach Maßgabe der in Art 6 Abs 4 angeordneten Interessensabwägung ausnahmsweise zugelassen werden können. Demnach geht sie offensichtlich davon aus, dass Abs 4 erst im Anschluss an Abs 3 geprüft wird. Madner räumt jedoch ein, dass der bloße Wortlaut des Art 6 zu keinem eindeutigen Ergebnis führt. Aus den Ausführungen der Kommission695 ist meines Erachtens zu schließen, dass sie nicht von einer Zweistufigkeit des Art 6 Abs 3 in Verträglichkeitsprüfung und Verträglichkeitsgrundsatz ausgeht. Ob das Gebiet als solches beeinträchtigt wird, ist Gegenstand der Verträglichkeitsprüfung.696 Die Bestimmungen des Art 6 Abs 4 spielen demnach bei die____________________
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Rödiger-Vorwerk (FN 62) 122. Freytag/Iven (FN 115) 113. Gellermann geht davon aus, dass auch Iven in seinem Aufsatz (FN 55, 378) diese Ansicht vertritt. Meines Erachtens geht dies aus der von Iven gewählten Formulierung nicht hervor. Zum einen spricht Iven allgemein von der Prüfung nach Art 6 Abs 3 (er könnte damit Satz 1 oder 2 gemeint haben) und zum anderen bezieht er sich auf die erhebliche Beeinträchtigung der für den Schutzzweck oder die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteile. 694 Madner (FN 3) 44. 695 Kommission (FN 486) 47. 696 Die Kommission stellt bei der Frage, ob ein Gebiet als solches beeinträchtigt wird, auf die für das Gebiet festgelegten Erhaltungsziele ab. Die Beeinträchtigung bezieht sich dabei auf die ökologischen Funktionen. Die Entscheidung, ob eine solche Beeinträchtigung vorliegt, sollte sich auf die für das Gebiet festgelegten Erhaltungsziele konzentrieren bzw auf diese beschränken.
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ser Entscheidungsfindung keine Rolle. Sie kommen also auch erst zur Anwendung, wenn im Rahmen des Art 6 Abs 3 eine Beeinträchtigung des Gebiets als solches festgestellt wird. Im Gegensatz dazu meint Gellermann697, dass diese Ausnahmeregelung nicht an eine festgestellte Gebietsbeeinträchtigung, sondern an das negative Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung698 anknüpft. Zu diesem Resultat kommt auch Rödiger-Vorwerk699, die aus der englischen Fassung des Art 6 Abs 3 ableitet, dass die nationale Behörde die Ergebnisse der Verträglichkeitsprüfung und der Prüfung der Ausnahmetatbestände berücksichtigen muss, bevor sie prüft, ob das Gebiet als solches nicht betroffen ist. Die Ausnahmeregelung des Art 6 Abs 4 muss demnach bereits im Rahmen der Zustimmungsentscheidung nach Art 6 Abs 3 Satz 2 beachtet werden und nicht erst im Anschluss daran.700 Diesem Ansatz zufolge bildet die Feststellung, ob ein Gebiet als solches beeinträchtigt wird oder nicht, das Endergebnis, weil Abs 4 in die Prüfung bereits eingeflossen ist. In diese Richtung geht auch die Ansicht Mauerhofers.701 Dieser nimmt eine Beeinträchtigung des Gebietes als solches dann an, wenn aufgrund einer Zustimmung zu einem Plan oder Projekt in einem konkreten Gebiet ein zusammenhängendes Netzwerk an Schutzgebieten im Sinne des Art 6 Abs 4 Satz 1 auch durch Ausgleichsmaßnahmen nicht mehr sichergestellt werden könnte. In solchen Fällen, wo der Eingriff nicht mehr „ausgleichsfähig“ ist, wäre somit eine Zustimmung auch nicht mehr unter Berufung auf zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses im Sinne des Art 6 Abs 4 möglich. Zum selben Ergebnis führt meiner Ansicht nach auch die von Madner und der Kommission vertretene Prüfungsabfolge.702 Bei derartig schwerwiegenden Eingriffen wird man über die Interessensabwägung zu einer ablehnenden Entscheidung kommen. Entsprechend dem Wortlaut der Richtlinie kommt Art 6 Abs 4 konkret zur Anwendung, wenn die Verträglichkeitsprüfung ein negatives Er____________________
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Gellermann (FN 110) 553. So auch der Wortlaut des Art 6 Abs 4 Satz 1. 699 Rödiger-Vorwerk (FN 62) 123. 700 Wie von Rödiger-Vorwerk treffend erwähnt, spricht für diese Auslegung ferner, dass der Wortlaut des Abs 4 an die negativen Ergebnisse der Verträglichkeitsprüfung und nicht an die weitere Vorschrift, wonach „das Gebiet als solches nicht beeinträchtigt“ werden darf, anknüpft. Warum allerdings Rödiger-Vorwerk die „negativen Ergebnisse der Verträglichkeitsprüfung“ Art 6 Abs 3 Satz 2 zuordnet, ist nicht erkennbar. 701 Mauerhofer (FN 3) 89. 702 Derzufolge Abs 4 erst nach Feststellung einer Gebietsbeeinträchtigung als solches geprüft wird. 698
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gebnis gebracht hat,703 sprich das Vorhaben nicht mit den Erhaltungszielen vereinbar ist.704 Liegt hingegen eine Vereinbarkeit mit den Erhaltungszielen vor, ist davon auszugehen, dass das Gebiet als solches nicht beeinträchtigt wird und somit die Behörde dem Plan bzw Projekt zustimmen wird können ohne Abs 4 anwenden zu müssen. ggg) Ausnahmeregelung nach Art 6 Abs 4 aaaa) Überblick Wie bereits oben angedeutet, wird den Mitgliedstaaten durch die Regelung des Art 6 Abs 4 die Möglichkeit eröffnet, den Verträglichkeitsgrundsatz zu durchbrechen und ausnahmsweise Pläne und Projekte zuzulassen, obwohl sie mit den für das Gebiet festgelegten Erhaltungszielen nicht übereinstimmen.705 Die Richtlinie differenziert hiebei zwischen prioritären und nichtprioritären Gebieten, wie Art 6 Abs 4 zeigt. Wenn trotz einer negativ ausgegangenen Verträglichkeitsprüfung ein Plan oder Projekt aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art durchzuführen und eine Alternativlösung nicht vorhanden ist, ergreift der Mitgliedstaat gemäß Abs 4 UAbs 1 alle notwendigen Ausgleichsmaßnahmen um sicherzustellen, dass die globale Kohärenz von Natura 2000 geschützt wird.706 Darüber hinaus unterrichtet der Mitgliedstaat die Kommission über die von ihm ergriffenen Ausgleichsmaßnahmen. Handelt es sich bei dem betreffenden Gebiet jedoch um ein prioritäres, können gemäß Abs 4 UAbs 2 nur Erwägungen im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen und der öffentlichen Sicherheit oder im Zusammenhang mit maßgeblichen günstigen Auswirkungen für die Umwelt oder, nach Stellungnahme der Kommission, andere Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses geltend gemacht werden. Die einzelnen Tatbestandsmerk____________________
703 Christl (FN 3, 84) geht von einer Anwendung des Art 6 Abs 4 aus, wenn die Prüfung ergibt, dass der Plan oder das Projekt das Schutzgebiet negativ beeinflusst, dh entsprechend gewichtig beeinträchtigt. Aus dieser Aussage geht nicht klar hervor, ob an die Vereinbarkeit mit dem Erhaltungszielen, somit das Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung (Abs 3 Satz 1), oder an die Beeinträchtigung des Gebietes als solches (Abs 3 Satz 2) angeknüpft wird. Die Überschrift zu diesem Kapitel „Ausnahmen vom Verträglichkeitsgrundsatz“ deutet auf die zweitgenannte Möglichkeit hin. Auf die genaue Unterscheidung von Satz 1 und 2 in Abs 3 und das Zusammenspiel zu Abs 4 geht sie allerdings nicht näher ein. 704 Nach Rödiger-Vorwerk (FN 62, 122) können die Ergebnisse der Verträglichkeitsprüfung darin bestehen, dass der Plan bzw das Projekt mit den Erhaltungszielen verträglich oder ganz oder teilweise nicht verträglich ist. Meines Erachtens kann die Frage der Verträglichkeit nur mit ja oder nein beantwortet werden. 705 Gellermann (FN 25) 88. 706 Vana (FN 542, 24) bezeichnet die Abwägungsklausel in Art 6 Abs 4 als „Necessity Test“.
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male dieser Regelung sowie die Auswirkung der Unterscheidung zwischen prioritären und nichtprioritären Gebieten gilt es im Folgenden genauer zu beleuchten. bbbb) Alternativlösungen Wie dem dargelegten Richtlinientext zu entnehmen ist, kann die Ausnahmeregelung des Art 6 Abs 4 nur zur Anwendung kommen, wenn für das zu genehmigende Vorhaben keine Alternativlösung zur Verfügung steht. Mit einer alternativen Lösung ist eine solche gemeint, die das betroffene Gebiet im Verhältnis zu beantragten Variante weniger oder gar nicht beeinträchtigt. Gesucht ist jene Planungs- bzw Projektierungsvariante, die mit den Erhaltungszielen eher oder sogar in vollem Umfang vereinbar ist.707 Obwohl die Prüfung von Alternativen nicht Gegenstand der Verträglichkeitsprüfung ist, erweist es sich als durchaus sinnvoll, wenn sie vom Auftraggeber bereits zu Beginn der Verträglichkeitsprüfung gewünscht wird.708 Mögliche Alternativlösungen können alternative Standorte, geänderte Trassenverläufe bei linearen Projekten, andere Größenordnungen oder Entwicklungspläne bzw alternative Prozesse sein.709 Es wird diesem Zusammenhang auch von Planungs-, Standort- und Ausführungsalternativen gesprochen.710 Den Vorzug zu geben ist jener Plan- oder Projektgestaltung, die unter Wahrung der Plan- oder Projektziele mit keinen oder den geringsten Beeinträchtigungen für das Schutzgebiet verbunden ist. Für eine solche Vorgehensweise spricht der allgemeine Grundsatz, dass Ausnahmen eng auszulegen sind, das gemeinschaftsrechtliche Auslegungsprinzip des „effet utile“ sowie die besondere Bedeutung des Schutzes des gemeinschaftlichen Naturerbes.711 Wie weit jedoch die Suche nach Alternativen gehen muss, ist eine in der Literatur sehr kontroversiell diskutierte Frage. In der Diskussion geht es dabei ua um die Kriterien der „Zumutbarkeit“ und „Verhältnismäßigkeit“. Vana712 vertritt die aus meiner Sicht völlig unbestrittene Ansicht, dass sich der Mitgliedstaat durch die interne Gestaltung der Verwaltungsorga____________________
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Gellermann (FN 110) 554. Arbeitsgemeinschaft FFH-VP, Handlungsrahmen, NuL 1999, 71. 709 Kommission (FN 486) 47. 710 Hödl (FN 3) 52. 711 Freytag/Iven (FN 115) 114. 712 Vana (FN 542, 30); wie dieser allerdings zum Schluss kommt, dass im Rahmen der Alternativenprüfung solche Standort- oder Ausführungsvarianten aus der Betrachtung aus708
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nisation und den damit verbundenen örtlichen Zuständigkeiten nicht von der Verpflichtung, auf seinem Hoheitsgebiet nach Alternativen zu suchen, entbinden kann. Der Zuständigkeitsbereich einer Bezirksverwaltungsbehörde oder einer Landesregierung kann daher keinesfalls die Grenze bilden. In Abhängigkeit von der Dimension des Projektes wird ein Heranziehen des gesamten Staatsgebietes nicht auszuschließen sein. Im Schrifttum wird grundsätzlich ausgegangen, dass die Alternativen mit einem Mehraufwand verbunden sein können.713 Bereits in einem der älteren Aufsätze zu diesem Thema wurde jedoch die Aussage getroffen, dass die Pflicht zur Wahl der geringst beeinträchtigenden Plan- oder Projektgestaltung ihre Grenze im Grundsatz der Verhältnismäßigkeit findet.714 Auch Gellermann715 hat bereits 1996 die Ansicht vertreten, dass nicht jede denkbare Variante in die Betrachtung einzubeziehen ist. Die Interpretation des Merkmals darf nicht zu Ergebnissen führen, die mit dem im Gemeinschaftsrecht anerkannten Verhältnismäßigkeitsgrundsatz716 unvereinbar sind. Unzumutbare Alternativen stehen daher der Zulassung eines Plans oder Projekts nicht entgegen.717 Nach einem weiteren Interpretationsversuch des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dürfen Maßnahmen der Gemeinschaft nicht über das für die Erreichung der Ziele erforderliche Maß hinausgehen. Die Anforderungen zur Zielverwirklichung müssen demnach geeignet, erforderlich und im angemessenen Verhältnis zum angestrebten Zweck stehen.718 Das deutsche BVerwG719 formuliert diesbezüglich die Vorgabe, dass „die gebotenen Vermeidungsanstrengungen nicht außerhalb jeden vernünftigen Verhältnisses zu dem damit erzielbaren Gewinn für die Natur und Umwelt stehen dürfen“. Wann allerdings diese umschriebene Grenze ____________________
zublenden sind, deren Realisierung einen verhältnismäßigen Aufwand erfordern, ist nicht ersichtlich. Ich gehe davon aus, dass es sich bei „verhältnismäßig“ um einen Schreibfehler handelt und es eigentlich „unverhältnismäßig“ heißen müsste. 713 Ramsauer (FN 579) 607; ebenso Mauerhofer (FN 3) 90; Epiney (FN 113, 308) schränkt hingegen auf „zumindest zumutbare Mehrkosten“ ein. 714 Freytag/Iven (FN 115) 114. 715 Gellermann (FN 110) 554. 716 Art 5 Abs 3 EG. 717 Rödiger-Vorwerk (FN 62, 127) versucht dieser Auffassung entgegenzuhalten, dass die Vermeidung von Extremlösungen zur Einführung eines zusätzlichen, in der Richtlinie so nicht vorgesehenen Tatbestandsmerkmals „„zumutbare“ Alternativlösungen zwingen würde. Dieses Argument übersieht, dass sich die Zumutbarkeit aus dem primärrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ableiten lässt somit keiner Normierung als Tatbestandsmerkmal im Richtlinientext bedarf. 718 Apfelbacher/Adenauer/Iven (FN 630) 75. 719 BVerwG, NZV 2000, 305, 307.
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überschritten wird, entzieht sich nach Ansicht von Gellermann720 einer abstrakten Bestimmung. Wie weit bei der Suche nach Alternativen im Einzelfall zu gehen ist, hängt von Schwere und Intensität der Gebietsbeeinträchtigung, der Anzahl und Bedeutung der betroffenen Tier- und Pflanzenarten und des Grades der Nichterreichbarkeit der Erhaltungsziele ab. Das Maß der Mühewaltung auf dem Sektor der Vermeidung steigt folglich mit dem Grad der Beeinträchtigung der Integritätsinteressen des Naturschutzes.721 Für Ramsauer722 hat eine Abwägung zwischen dem für die Alternative erforderlichen Mehraufwand und dem Vorteil für das Gebiet stattzufinden. Durch den absoluten Vorrang des Schutzes des FFH-Gebietes ist lediglich Voraussetzung, dass die Alternativlösung möglich ist. Ramsauer möchte nur jene Alternativlösungen ausscheiden, die vom Aufwand her vernünftigerweise nicht in Betracht kommen. Für ihn geht es dabei nicht um ein ausgewogenes Verhältnis von Nutzen und Mehraufwand, sondern um die Frage, ob die Abweichung vom üblichen Aufwand für ein Vorhaben der in Rede stehenden Art außerhalb jeder vernünftigen Relation zu dem Schutzinteresse der Richtlinie steht und damit das Maß des Zumutbaren sprengt. Hinsichtlich der Frage der Zumutbarkeit hat das BVerwG im Fall einer Ortsumgehung eine Tunnellösung mit Mehrkosten in zweistelliger Millionenhöhe für nicht mehr angemessen empfunden, um eine Fläche von 0,7 Hektar Trockenrasen zu erhalten.723 Im Falle der Ostseeautobahn A 20, die zu einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des Niederungsbereiches der Wakenitz und damit verschiedener, zum Teil prioritärer Lebensraumtypen führt, hat sich das Gericht die Tunnellösung ungeachtet des damit verbundenen finanziellen Aufwandes, ausdrücklich offen gehalten.724 Angesichts dieser beiden Entscheidungen zeigt sich für Gellermann725, dass das Maß der Vermeidungsanstrengungen in Relation zum Gewicht des Eingriffes zu bestimmen ist. Dieser Ansatz erscheint wohl am ehesten zielführend, um Kriterien oder Anhaltspunkte für eine abstrakte Umschrei____________________
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Gellermann (FN 25) 91. Auch Fisahn (Anmerkung zu BVerwG, Urteil vom 17. Mai 2002, Autobahn A44, ZUR 2003, 26 ff ) ist der Meinung, dass der Gewinn für die Umwelt am Gewicht der beeinträchtigten Güter zu messen ist, wobei die Schwere der Gebietsbeeinträchtigung sowie die beeinträchtigten Arten oder Lebensraumtypen und ihre Bedeutung zu berücksichtigen sind. 722 Ramsauer (FN 579) 607. 723 BVerwG, NZV 2000, 305. 724 BVerwG, UPR 1998, 384, 388. 725 Gellermann (FN 25) 91. 721
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bung der Zumutbarkeit bzw Verhältnismäßigkeit zu finden.726 Ramsauer spricht sich zwar gegen eine Abwägung von konfligierenden Positionen aus, verwendet in seinem Schlusssatz jedoch wiederum das „Maß des Zumutbaren“. Auch setzt er die Abweichung zum üblichen Aufwand in Relation zum Schutzinteresse der Richtlinie.727 Nicht unerwähnt bleiben darf die Ansicht von Rödiger-Vorwerk728, wonach im Rahmen der Alternativenprüfung nicht bloß auf den Projektzweck abzutellen ist. Spätestens unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit bzw Zumutbarkeit ist die Einbeziehung der öffentlichen Interessen, die das Projekt mitbestimmen, gefordert. Der Ansatz von RödigerVorwerk zielt auf eine Gesamtbeurteilung unter Einbeziehung der Parameter Ausmaß der Beeinträchtigung, Vorhandensein von Alternativen, geplante Ausgleichsmaßnahmen und öffentliche Interessen ab.729 Eine weitere, für die Praxis sehr wichtige Frage betrifft die Verfügbarkeit von Flächen für die Alternativstandorte. Dabei kann vom Grundsatz ____________________
726 Auch für Feik (FN 353, 40) gilt, dass, um eine Alternative als unverhältnismäßig ausschließen zu können, der erhöhte Aufwand bei Realisierung der Alternative in Relation zur Schwere der ansonsten auftretenden Gebietsbeeinträchtigungen gesetzt werden muss. Auch stellt er klar, dass nicht jede Verteuerung des Projekts durch Realisierung einer Alternative zur Unzumutbarkeit führt. Auch sind Nullvarianten für ihn zu berücksichtigen, was er allerdings nicht näher begründet. 727 Für Ramsauer kommt eine Variante, die betriebswirtschaftlich unvernünftig wäre, als Alternativlösung nicht in Frage. Dies führt besonders zu Schwierigkeiten, wenn es sich um privatnützige Pläne oder Projekte handelt, an deren Durchführung ein öffentliches Interesse besteht. Maßgeblich ist dabei, dass es sich um eine Lösung handelt, die von den Rahmenbedingungen her objektiv realisierbar wäre und die öffentliche Interessen in zumutbarer Weise befriedigen würde. Für Ramsauer setzt das im Falle der Prüfung privatnütziger Projekte aber grundsätzlich auch die Wirtschaftlichkeit der Alternativlösung voraus. 728 Rödiger-Vorwerk (FN 62) 128. 729 Interessant ist die Ansicht von Rödiger-Vorwerk (FN 62, 131), wonach sich Alternativlösungen auch auf die Durchführung von Projektmodifikationen erstrecken. Wenn man unter Projektmodifikation beispielsweise eine geänderte Trassenwahl versteht, wäre ihre Aussage nichts Außergewöhnliches. Rödiger-Vorwerk spricht in diesem Zusammenhang aber von der Verringerung der Anzahl der Pfeiler bei einer Autobahnbrücke, die Errichtung von Lärmschutzwänden oder auch präventive Maßnahmen wie Vorkehrungen, die verhindern, dass auslaufendes Öl oder andere gefährliche Stoffe in das besondere Schutzgebiet gelangen können. Solche Maßnahmen werden im österreichischen Naturschutzrecht bzw allgemein im Umweltrecht, sofern sie nicht wesensverändernd sind, als Auflagen vorgeschrieben. Bemerkenswert ist ferner die Auslegung Rödiger-Vorwerks zum Begriff der Ausgleichsmaßnahme (FN 62, 129) in der Weise, dass darunter nicht nur die Durchführung von naturschutzfachlichen Ausgleichsmaßnahmen fällt, sondern auch technische Maßnahmen mit präventiver Ausrichtung umfasst sind. Als Beispiel werden Schutzmaßnahmen im Rahmen eines Autobahnbaues durch ein Schutzgebiet genannt, die ein Auslaufen von Benzin in das Schutzgebiet verhindern sollen. Überschneidungen zwischen den Begriffen Alternativlösungen, Ausgleichsmaßnahmen und Auflagen im Sinne des österreichischen Verwaltungsrechts wären demnach nicht ausgeschlossen.
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ausgegangen werden, dass dem Vorhabensträger zugemutet werden kann, die erforderlichen Flächen käuflich zu erwerben.730 Die eigentliche Problematik kommt jedoch erst dann zum Tragen, wenn sich die benötigten Flächen nicht käuflich erwerben lassen, also der Eigentümer – aus welchen Gründen auch immer – nicht dazu bereit ist, die Grundstücke zu verkaufen. In solchen Fällen stellt sich die Frage einer möglichen Enteignung. Für Ramsauer wäre eine mögliche Lösung, dass – wenn für die zwingenden Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses zusätzlich verlangt würde – für die durch sie gerechtfertigten Pläne oder Projekte die Enteignung zulässig sein muss. Letztlich darf im Rahmen der Erläuterungen über mögliche Alternativen die Erwähnung der so genannten „Nullvariante“, die Nichtrealisierung des Vorhabens, nicht fehlen. Die Kommission731 äußert sich zu diesem Thema in bescheidenem Umfang indem sie meint, dass auch die „Nulloption“ in Erwägung gezogen werden sollte. Gellermann732 hat hingegen bereits 1996 die Ansicht vertreten, dass die „Nullvariante“ von vornherein nicht als eine zu berücksichtigende Alternativlösung zu werten ist, weil Art 6 Abs 4 seiner Regelungsintention nach nicht auf eine vollständige Verhinderung der im öffentlichen Interesse gelegenen Pläne oder Projekte abzielt. In jüngerer Zeit und an anderer Stelle733 hält er fest, dass es sich bei der Suche nach Alternativen um eine Lösung bestehender Konflikte zwischen den schutzgebietsbezogenen Integritätsinteressen des Naturschutzes und anderweitigen öffentlichen Belange handelt und daher die „Nullvariante“ von vornherein nicht zum Kreis der in Betracht zu ziehenden Alternativen zählt. Auch für Apfelbacher/Adenauer/Iven734 stellt die „Nullvariante“ keine Alternative dar. Unter dem Gesichtspunkt der Geeignetheit kommen nur solche, weniger beeinträchtigenden Standort- und Projektmodifikationen in Betracht, die gleichzeitig noch eine Realisierung des Projekts ermöglichen. Ähnlich argumentiert Ramsauer735: Von einer Alternative kann nicht mehr gesprochen werden, wenn auf die Durchsetzung von zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses vollständig verzichtet würde. Ramsauer setzt offensichtlich voraus, dass das in Rede stehende ____________________
730 731 732 733 734 735
Ramsauer (FN 579) 606. Kommission (FN 486) 47. Gellermann (FN 110) 554. Gellermann (FN 25) 89. Apfelbacher/Adenauer/Iven (FN 630) 75. Ramsauer (FN 579) 607.
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Vorhaben im zwingenden öffentlichen Interesse steht und somit eine Ablehnung auf der Stufe der Alternativprüfung nicht in Frage kommt. In diese Richtung geht letztlich auch die Argumentation Gellermanns. Seiner Ansicht nach verzichtet das Gemeinschaftsrecht gar nicht auf die „Nullvariante“. Ob auf die Realisierung eines Vorhabens gänzlich verzichtet werden muss, wird jedoch erst im Rahmen der Prüfung des Vorliegens „zwingender Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses“ entschieden. Wie für Ramsauer spielt diese Möglichkeit im Kontext der Alternativenprüfung aber keine Rolle.736 Meiner Ansicht nach ist eine Befürwortung der „Nullvariante“ zudem mit dem oben ausführlich beschriebenen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit schwer in Einklang zu bringen. Folgt man dem Vorschlag Gellermanns und setzt die Eingriffsintensität des Vorhabens mit dem Ausmaß der Aufwendungen für Alternativen in direkt proportionale Relation, dann müsste es im Falle der Anwendung der „Nullvariante“ eine Schwelle der Eingriffsintensität geben, die anstatt einer möglichen Alternative die Nichtrealisierung des Plan oder Projekts vorsieht. Ebenso zur Unzulässigkeit der „Nullvariante“ kommt man, wenn bei der Suche nach Alternativlösungen auf den mit dem Plan oder Projekt verfolgten Zweck abgestellt wird.737 Als Alternativen kommen demnach nur solche Varianten in Frage, die den angestrebten Zweck des geplanten Vorhabens erfüllen können. Nicht im Widerspruch zu dieser Aussage steht die Möglichkeit, ein Vorhaben kleiner zu dimensionieren als ursprünglich geplant.738 Dies allerdings unter der Bedingung, dass durch die „abgespeckte“ Variante der Zweck des Vorhabens noch erreicht werden kann. Dass die Nichtrealisierung des Plans oder Projekts dieser Anforderung nicht entspricht, ist offenkundig. Hiezu passt auch der Ansatz von Fisahn739, für den bei der Bestimmung, ob eine Alternative vorliegt oder ein ganz anderes Projekt, zu klären ist, was eigentlich Ziel und Zweck des ursprünglichen Projektes ist. Eine Alternative kann demnach nur etwas sein, mit dem Zweck und Ziel zumindest in ähnlicher Weise erreicht wird. Werden die Ziele verfehlt, handelt es sich um ein aliud, um ein anderes Projekt und nicht um eine Alternative. Und gerade zu diesem Ergebnis kommt man, wenn man diesen Ansatz auf die „Nullvariante“ umlegt. ____________________
736 Dieser Ansatz setzt im Gegensatz zur Meinung Rödiger-Vorwerks eine in einzelnen Stufen verlaufende Prüfung der Tatbestandsmerkmale des Art 6 Abs 4 voraus. 737 Iven (FN 55) 378. 738 Ramsauer (FN 579) 606. 739 Fisahn (FN 721) 26 ff.
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Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass die „Nullvariante“ keine mögliche Alternative im Sinne des Art 6 Abs 4 ist. cccc) Zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses Stellt sich heraus, dass eine Alternativlösung nicht Betracht kommt, hat die zuständige Behörde in einem zweiten Schritt740 zu prüfen, ob zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art für die Verwirklichung des gegenständlichen Vorhabens sprechen.741 Die Ausnahmeregelung des Art 6 Abs 4 kann daher wiederum nur zur Anwendung kommen, wenn der in Rede stehende Plan oder das Projekt im öffentlichen Interesse liegen. Rein dem Privatinteresse742 dienende Vorhaben können folglich keine Ausnahme vom Verträglichkeitsgrundsatz rechtfertigen.743 Zunächst bedarf es der Klärung, was unter den „zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses“ zu verstehen ist. Einen ersten Anhaltspunkt bietet die Zusammenschau mit Abs 4 UAbs 2.744 Dieser nennt die Gesundheit des Menschen, die öffentliche Sicherheit sowie die maßgeblichen günstigen Auswirkungen auf die Umwelt als Beispiele745 für zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses. Diese Aufzählung deckt sich auch mit den vom EuGH anerkannten öffentlichen Interessen im Rahmen seiner Entscheidungen zur VSchRL. Ergänzt wird sie jedoch durch die ausdrückliche Nennung von sozialen und wirtschaftlichen Belangen.746 Ramsauer747 ist der Ansicht, dass die Erweiterung des Kreises zulässiger Ausnahmegründe ein wichtiges Anliegen der Richtlinie war. Zugleich gibt er aber auch zu bedenken, dass der Terminus „Gründe wirtschaftli____________________
740 Auch die Kommission geht davon aus, dass die einzelnen Tatbestandmerkmale des Art 6 Abs 4 getrennt voneinander in einzelnen Schritten zu prüfen sind. 741 Kommission (FN 486) 48. 742 Nach Meinung der Kommission (FN 486, 48) können nur von öffentlichen oder privaten Körperschaften geförderte öffentliche Interessen gegen die Erhaltungsziele der Richtlinie abgewogen werden. Nicht davon umfasst sind somit Projekte, die ganz und gar im Interesse von Unternehmen bzw Einzelpersonen liegen. 743 Iven (FN 55) 379. 744 Kommission (FN 486) 48. 745 Wenngleich die Kommission in diesem Fall von Beispielen spricht, ist darauf hinzuweisen, dass die Aufzählung der genannten Interessen im Rahmen des Abs 4 UAbs 2 taxativ ist. 746 Auch Iven (FN 55, 379) weist darauf hin, dass mit der Einbeziehung der Interessen sozialer und wirtschaftlicher Art ausdrücklich solche in den Kreis möglicher Ausnahmegründe aufgenommen werden, die der EuGH in seiner Rechtsprechung zur VSchRL als Ausnahmegrund ausgeschlossen hat. 747 Ramsauer (FN 579) 605.
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cher und sozialer Art“ nicht eindeutig ist, insbesondere deshalb, weil es sich zugleich um Gründe des öffentlichen Interesses handeln muss. Bei wirtschaftlichen Gründen im Sinne des Art 6 Abs 4 handelt es sich wegen ihres notwendigerweise öffentlichen Charakters nicht um privatwirtschaftliche Interessen. Diese Einschränkung gilt selbst dann, wenn die öffentliche Hand ein privates, auf Gewinnerzielung ausgerichtetes Unternehmen führt.748 Die wirtschaftlichen Gründe des öffentlichen Interesses müssen sich auf die Allgemeinheit beziehen. Ramsauer nennt beispielsweise solche, die die Stärkung der Wirtschaftskraft einer Region, die Verbesserung eines Wirtschaftsstandortes oder die wirtschaftliche Infrastrukturpolitik betreffen. Auch zählt er das Interesse an der Schaffung von Arbeitsplätzen, welches sowohl wirtschaftlicher als auch sozialer Natur sein kann, hinzu. Gellermann749 nennt exemplarisch Aspekte der wirtschaftlichen Entwicklung und die Sicherung oder Erhaltung von Arbeitsplätzen. Für Rödiger-Vorwerk750 gilt dies insbesondere dann, wenn die Gemeinschaft die betroffene Region mit „Entwicklungsrückstand“ nach den Voraussetzungen der Strukturfondsverordnung fördert, um den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt der Gemeinschaft zu stärken. Private Interessen können somit nur eine Ausnahme rechtfertigen, wenn sie zugleich auch im öffentlichen Interesse liegen.751 Die wirtschaftlichen Interessen im Sinne des Art 6 Abs 4 dienen daher weniger der Durchsetzung ökonomischer Ziele eines Unternehmens, sondern vielmehr der Erfüllung volkswirtschaftlicher Interessen. Im Ergebnis kann daher festgehalten werden, dass mit Art 6 Abs 4 der sehr eingeschränkte Kreis der anzuerkennenden öffentlichen Interessen erweitert wurde. Neben Aspekten wie jenen der Gesundheit der Menschen, der öffentlichen Sicherheit oder im Zusammenhang mit maßgeblich günstigen Auswirkungen auf die Umwelt können nun auch jene öffentliche Interessen, die etwa der Verwirklichung von Infrastrukturvorhaben oder an struktur- und arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen dienen, geltend gemacht werden.752 ____________________
748 Umgekehrt kann aber ein von einer Privatperson oder einem privaten Rechtsträger durchgeführtes Verfahren im öffentlichen Interesse liegen. Es somit unerheblich, wer Träger des Vorhabens ist. Vielmehr ist ausschlagend, ob es dem öffentlichen Interesse dient oder nicht. Diese Klarstellung ist für die Praxis nicht unerheblich, wenn man bedenkt, wie viele öffentliche Aufgaben mittlerweile von privaten Rechtsträgern erfüllt werden. 749 Gellermann (FN 25) 92. 750 Rödiger-Vorwerk (FN 62) 131. 751 Apfelbacher/Adenauer/Iven (FN 630) 76. 752 Feik (FN 353, 41) bringt zu diesem Thema als Beispiel die bereits mehrfach erwähnte Golfplatzerweiterung in der Steiermark (Siehe dazu unter B.4.b)ee) sowie C.3.b) bb)eee)bbbb)eeeee)). Der Ausbau der 16-Loch-Anlage um zwei Löcher im gemeldeten
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dddd) Abwägung der Interessen Nun fordert aber der Richtlinientext nicht nur das bloße Vorliegen von öffentlichen Interessen, sondern müssen diese „in einer doppelten Weise qualifiziert“ vorliegen.753 Die öffentlichen Belange haben im Verhältnis zu den beeinträchtigten Naturschutzinteressen „überwiegend“ und zugleich „zwingend“ vorzuliegen. Mit dieser Verdoppelung wird zum Ausdruck gebracht, dass zur Überwindung der Naturschutzbelange nicht von vornherein jedes öffentliche Interesse ausreicht. Um ein Überwiegen der öffentlichen Interessen feststellen zu können, sind diese zu ermitteln, zu gewichten und gegen die beeinträchtigten Naturgüter abzuwägen. Ähnlich wie bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit von Alternativlösungen ist auch hier entscheidend, welches Gewicht den beeinträchtigten Biotopen und Arten zukommt.754 Je schützwürdiger die Umweltbelange des konkreten Schutzgebietes sind, desto gewichtiger müssen die gegenläufigen öffentlichen Interessens sein,755 um von einem Überwiegen sprechen zu können. Ramsauer756 hat sich in der weiteren Folge damit beschäftigt, ob die Ausgleichsmaßnahmen einerseits und die Möglichkeiten einer Alternativ____________________
prioritären Natura 2000 Gebiet wurde genehmigt, obwohl dem Projektbetreiber auch Grundstücke zur Verfügung standen, die golfplatzgeeignet, in den bestehenden Platz integrierbar und zudem ökologisch nicht so wertvoll waren. Ob in diesem Fall tatsächlich keine Alternative vorlag, wird von Feik deutlich in Frage gestellt. Ferner sind überwiegende Gründe des öffentlichen Interesses an der gegenständlichen Erweiterung schwierig nachweisbar. Für Feik liegt der Ausbau des Golfplatzes in erster Linie im privaten Interesse des Golfplatzbetreibers. Nicht zuletzt deshalb, weil das Vorhaben in einem golfplatzmäßig ohnehin relativ gut erschlossenen Gebiet liegt und wohl auch nicht überregionalen wirtschaftlichen Erfordernissen folgt. Ich bin der Ansicht, dass ein Golfplatzerweiterung nicht von dem durch Art 6 Abs 4 erweiterten Kreis jener Vorhaben, die eine Ausnahme vom Verträglichkeitsgrundsatz ermöglichen, umfasst ist. Die sicherlich vorhandenen wirtschaftlichen Gründe beziehen sich hier nicht auf die Allgemeinheit. In einem von Golfplätzen völlig unerschlossenem Gebiet könnte man möglicherweise ein öffentliches Interesse wirtschaftlicher oder sozialer Art konstruieren. Es ist aber nicht davon auszugehen, dass dieses Interesse „zwingend“ und vor allem „überwiegend“ vorliegt. Der VwGH ist in im Erkenntnis vom 27.6.2002, 99/10/0159, auf diese Fragen nicht mehr eingegangen, nachdem der Bewilligungsbescheid bereits aus anderen Gründen aufzuheben war. Auch der EuGH (Rs C-209/04, Slg 2004) hat sich mit diesen Details nicht weiter auseinandergesetzt. 753 Gellermann (FN 25) 92. 754 Apfelbacher/Adenauer/Iven (FN 630) 76. 755 Rödiger-Vorwerk (FN 62) 132. Nach Apfelbacher/Adenauer/Iven (FN 630, 76) wird der Beeinträchtigung von Biotopen und Arten mit weitem Verbreitungsgebiet und günstigem Erhaltungszustand naturschutzfachlich im Rahmen der Abwägung geringeres Gewicht zukommen als etwa der Beeinträchtigung prioritärer Biotope und Arten. Auch spielt in diesem Zusammenhang der Zeitraum der Kompensierbarkeit der Beeinträchtigung eine nicht unerhebliche Rolle. 756 Ramsauer (FN 579) 605.
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lösung andererseits in die Abwägung einzufließen haben. Dazu hält er fest, dass die beiden Kriterien in Art 6 Abs 4 UAbs 1 als eigenständige tatbestandliche Voraussetzungen für eine Zulassung von Plänen und Projekten zu verstehen sind. Sie müssen erfüllt sein, damit es überhaupt zu einer Abwägung kommt.757 Ramsauer merkt aber auch an, dass die Möglichkeit eines effektiven Schutzes der Kohärenz des globalen Netzes gleichwohl bei der Abwägung berücksichtigt werden muss. Da der Mitgliedstaat zur Ergreifung der notwendigen Ausgleichsmaßnahmen im Hinblick auf die Erhaltung des globalen Netzes verpflichtet ist, fallen bei der Abwägung nur jene Nachteile ins Gewicht, die nicht ausgeglichen werden.758 Die durch die Ausgleichsmaßnahme bewirkte Reduzierung der Eingriffsstärke ist demnach bereits bei der Abwägung zu berücksichtigen. Anderes gilt für die Berücksichtigung von Alternativlösungen. Nach Ansicht von Ramsauer geht die Richtlinie in diesem Fall von einem „entweder-oder“ aus: Entweder es gibt ein Alternative für die zur Debatte stehenden Ausführung, dann ist sie in dieser Form nicht zulässig, oder es gibt keine, dann kann sie im Rahmen der Abwägung auch keine Rolle spielen. Die Kommission759 stellt zum Abwägungsvorgang fest, dass das öffentliche Interesse am Plan oder Projekt nur dann überwiegend sein kann, wenn es ein langfristiges ist. Kurzfristige wirtschaftliche Interessen bzw andere Interessen, die für die Gesellschaft nur kurzfristige Vorteile bringen, können nicht als hinreichend erscheinen, um die in der Richtlinie geschützten langfristigen Erhaltungsinteressen zu überwiegen. Nach Ansicht der Kommission beziehen sich die „zwingenden Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich sozialer und wirtschaftlicher Art“ auf solche Situationen, in denen sich die in Aussicht gestellten Pläne bzw Projekte als unerlässlich erweisen. Der Hinweis auf die Unerlässlichkeit betont klar den zwingenden Charakter des Vorhabens.760 Ein solcher ist nur dann gegeben, wenn es offensichtlich und eindeutig ist, dass sich die öffentlichen Belange gegenüber jenen des Naturschutzes durchsetzen.761 Zwingende Gründe liegen dem____________________
757 Diese Feststellung knüpft an die bereits erwähnte Ansicht an, wonach die Prüfung der Tatbestandsmerkmale des Art 6 Abs 4 der Reihe nach und getrennt voneinander zu erfolgen hat. 758 Demzufolge muss von der Wirkung des tatsächlichen Eingriffes der positive Effekt der Ausgleichsmaßnahme abgezogen werden. Nur der „verbleibende Eingriff“ würde demnach in die Interessensabwägung einfließen. 759 Kommission (FN 486) 49. 760 Für Mauerhofer (FN 3, 89) muss aufgrund des Wortes „zwingend“ das zugrunde liegende öffentliche Interesse von „höchstem Intensitätsgrad“ sein. 761 Gellermann (FN 25) 93.
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nach nicht vor, wenn man im Hinblick auf die Zulassungsfähigkeit eines Vorhabens mit guten Gründen sowohl zu einem positiven als auch zu einem negativen Ergebnis kommen kann. Die eben geforderte Deutlichkeit762 des Überwiegens öffentlicher Belange wäre in diesem Fall nicht gegeben. Die Ausführungen zeigen meiner Ansicht nach den durch die Richtlinie eingeräumten hohen Stellenwert des Naturschutzes und im Besonderen den klaren Ausnahmecharakter des Art 6 Abs 4. Wie bei jeder behördlichen Abwägungsentscheidung stellt sich die Frage nach einem möglichen Gestaltungsspielraum bzw damit zusammenhängend die nachfolgende Überprüfbarkeit der gefällten Entscheidung. Ramsauer763 verweist in dieser Angelegenheit auf die allgemeine Auffassung in Deutschland, wonach die Entscheidung, ob öffentliche Interessen an der Durchführung von Plänen oder Projekten das öffentliche Schutzinteresse überwiegen, in vollem Umfang gerichtlich überprüfbar ist. Für ihn besteht weder ein Ermessen noch ein planerischer Gestaltungsspielraum. Eine besondere Rolle spielt dabei der EuGH. Für Ramsauer kann nur die Rechtsprechung des EuGH gewährleisten, dass die FFHGebiete bei der Abwägung nach Art 6 Abs 4 durch die Anlegung europaweit gleicher Maßstäbe einen angemessenen Schutz erhalten. Bevor jedoch der EuGH mit der Überprüfung der Abwägungsentscheidung befasst ist, werden auch nationale Höchstgerichte bzw Oberbehörden im Rahmen des Instanzenzuges über die stattgefundene Interessensabwägung entscheiden müssen. Geht man davon aus, dass die in Rede stehende Bestimmung des Art 6 im nationalen Recht umgesetzt ist bzw noch wird, stellt sich die Frage, nach welchen Grundsätzen die Interessensabwägung innerstaatlich durchzuführen ist. Vor allem wäre zu klären, inwieweit die Vorgaben des Gemeinschaftsrechts zur Interessensabwägung mit jenen des nationalen Rechts übereinstimmen. Mit der Interessenabwägung in den österreichischen Naturschutzgesetzen war der VwGH bereits mehrfach befasst.764 Der Grundtenor dieser Entscheidungen lautet dahingehend, dass es sich bei der Interessensabwägung um eine Wertentscheidung handelt, weil die konkurrierenden Interessen meist nicht berechen- und damit an Hand zahlenmäßiger Größen konkret vergleichbar sind. Dieser Umstand erfordert es, die für und gegen ein Vorhaben sprechenden Argumente möglichst umfassend und ____________________
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Apfelbacher/Adenauer/Iven (FN 630) 76. Ramsauer (FN 579) 605. 764 VwGH 28.6.1993, 93/10/0019; VwGH 31.1.1994, 94/10/0041; VwGH 21.11. 1994, 94/10/0076. 763
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präzise zu erfassen und einander gegenüberzustellen, um die Wertentscheidung transparent und nachvollziehbar zu machen. Hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Wertentscheidung stellt der VwGH fest, dass diese im Allgemeinen daran zu messen ist, ob das „Abwägungsmaterial“ in einer diesen Grundsätzen entsprechenden Weise in der Begründung des Bescheides dargelegt und die Abwägung der konkurrierenden Interessen in Einklang mit den Denkgesetzen, Erfahrungssätzen und gegebenenfalls mit den Erkenntnissen der Wissenschaft erfolgte. In einer Entscheidung zum Tiroler Naturschutzgesetz 1997 stellt der VwGH765 klar, dass der dortige, die Interessensabwägung regelnde § 27 der Behörde kein Ermessen766 im Sinne des Art 130 B-VG einräumt. Die österreichische Judikatur zur Interessensabwägung stimmt somit mit der zitierten Forderung Ramsauers überein. Mit der Einhaltung der vom VwGH entwickelten Grundsätze sollte daher den Anforderungen an die gemeinschaftsrechtlich vorgegebene Interessensabwägung entsprochen werden. eeee) Vorschreibung von Ausgleichsmaßnahmen Ist nun ein Plan oder Projekt aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art durchzuführen, hat der Mitgliedstaat im nächsten Schritt alle notwendigen Ausgleichsmaßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass die globale Kohärenz von Natura 2000 geschützt ist. Diese Verpflichtung ist obligatorisch und unabhängig davon, ob es sich beim betroffenen Gebiet um ein prioritäres oder nichtprioritäres handelt.767 Dem ist voll und ganz zuzustimmen, wobei allerdings die Ausgleichspflicht – wie der gesamte Absatz 4 – an das negative Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung anknüpft.768 Darin liegt auch der Sinn der Ausgleichsmaßnahme, nämlich die durch das Vorhaben ausgelöste negative ____________________
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VwGH 25.4.2001, 99/10/0055. Zum Ermessen siehe FN 394. 767 Apfelbacher/Adenauer/Iven (FN 630) 77. 768 Die Kommission sieht in den Ausgleichsmaßnahmen den „letzten Ausweg“. Sie sollen nur dann zur Anwendung kommen, wenn die anderen in der Richtlinie vorgesehenen Schutzklauseln nicht greifen und beschlossen worden ist, einem Projekt/Plan mit negativen Auswirkungen auf einem Gebiet von Natura 2000 dennoch in Erwägung zu ziehen. Mit den vorgesehenen Schutzklauseln meint die Kommission die Suche nach Alternativlösungen und eine stattgefundene Abwägung der Plan-/Projektinteressen gegenüber dem ökologischen Wert des betreffenden Gebietes. So hält die Kommission in ihrem Leitfaden fest, dass das Vorschlagen von Ausgleichsmaßnahmen gleich zu Beginn nicht davon befreien kann, im voraus die in Art 6 beschriebenen Schritte einzuhalten. 766
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Auswirkung aufzuwiegen und einen Ausgleich zu schaffen.769 Ziel ist es, die verloren gegangenen Funktionen für das europäische Netz wiederherzustellen, um den Status quo des Schutzgebietssystems aufrecht zu erhalten. Weiters wird mit der gegenständlichen Regelung zum Ausdruck gebracht, dass die Integrität des Schutzgebietssystems Natura 2000 selbst dann noch gewahrt werden muss, wenn einzelne der ihm angehörenden Gebiete in zulässiger Weise beeinträchtigt werden.770 Dem mitgliedstaatlichen Zugriff stehen demnach nur einzelne „Netzbestandteile“ offen, nicht jedoch das Gebietsnetz selbst. Die ökologische Gesamtbilanz steht daher nicht zur mitgliedstaatlichen Disposition. Zu diesem Grundsatz passt auch die Aussage Ramsauers771, wonach ein wirksamer Schutz der Kohärenz des ökologischen Netzes Voraussetzung für die Zulassung eines beeinträchtigenden Plans oder Projekts ist. Aus diesem Grund kann der Pflicht zum Ausgleich weder die Unmöglichkeit noch die Unverhältnismäßigkeit der erforderlichen Maßnahmen entgegengehalten werden. Der Ausgleichsmaßnahme kommt somit absolute Bedeutung zu. Diese Tatsache ist vor allem für jene Fälle von besonderer Bedeutung, in denen ein Ausgleich nicht möglich ist oder nicht in der gemäß Art 6 Abs 4 UAbs 1 geforderten Weise umgesetzt werden kann.772 Gellermann stellt hiezu zutreffend fest, dass in solchen Fällen auf die Verwirklichung des Vorhabens verzichtet werden muss. Diese Schlussfolgerung ist bezugnehmend auf die Ausführungen zur nicht zulässigen Schmälerung der ökologischen Gesamtbilanz nur konsequent. Die Kommission773 hat sich ferner mit dem möglichen Inhalt von Ausgleichsmaßnahmen auseinandergesetzt. Eine Möglichkeit wird in der Neuanlage eines vergleichbaren Lebensraumes oder der biologischen Verbesserung eines nicht der Norm entsprechenden Lebensraumes gesehen. Darüber hinaus kommt nach Ansicht der Kommission sogar die Eingliederung eines weiteren vorhandenen Gebietes in das Netz Natura 2000 in Frage.774 In Frage kommt ein Gebiet, für das zum Zeitpunkt der Erstel____________________
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Kommission (FN 486) 50. Gellermann (FN 25) 94. Ramsauer (FN 579) 607. Hierunter fallen nicht nur Situationen, in denen im maßgeblichen Raum keine Ausgleichsflächen verfügbar sind, sondern auch Konstellationen, in denen ein Ausgleich aus Gründen der Einzigartigkeit des betroffenen Gebietes undenkbar ist. 773 Kommission (FN 486) 50. 774 Auch für Ramsauer (FN 579, 607) kommen als Ausgleichsmaßnahmen nicht nur solche innerhalb des betroffenen Schutzgebietes in Betracht, sondern auch die Schaffung völlig neuer Schutzgebiete, die funktional an die Stelle des beeinträchtigten oder de facto beseitigten Schutzgebietes treten können.
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lung der biogeographischen Liste noch keine unbedingte Notwendigkeit im Rahmen dieser Richtlinie gesehen worden war. Die Kommission ergänzt hier zutreffend, dass in einem solchen Fall das Vorhaben zu einem Verlust bei diesem Lebensraumtyp auf der Ebene des Mitgliedstaates führt, jedoch auf Gemeinschaftsebene ein zusätzliches Gebiet in den Genuss des Schutzregimes nach Art 6 kommt. Damit ist gemeint, dass „in natura“ keine neue Fläche geschaffen, sondern nur der rechtliche Schutzstatus verbessert wird. Dies veranlasst jedoch zur kritischen Frage, warum das Gebiet nicht bereits Teil des Schutzgebietsnetzes ist. Wie schon zu Art 4 ausführlich erläutert, findet im Rahmen der Schutzgebietserrichtung eine Auswahl der grundsätzlich geeigneten Gebiete statt. Bei dieser Auswahl kann dieses nun als Ausgleich vorgesehene Gebiet nicht zum Zuge gekommen sein. In vielen Fällen werden diese Flächen nicht die Wertigkeit des beeinträchtigten Gebietes besitzen. Vor allem bei einer gänzlichen Zerstörung eines Gebietes ist fraglich, ob dieser Verlust durch ein Gebiet „zweiter Kategorie“ ausgeglichen werden kann. Vor allem unter dem Gesichtspunkt, dass eine bloße Teilkompensation den gemeinschaftlichen Anforderungen nicht entspricht. Weiters sehr wesentlich ist eine Aussage im Leitfaden der Kommission, wonach mit Ausgleichsmaßnahmen projektunabhängig beabsichtigt wird, die negativen Auswirkungen eines Plans oder Projekts auf einen Lebensraum auszugleichen. Mit dieser Feststellung wird eine klare Abgrenzung zur Auflage getroffen, die sich bekannterweise auf das Vorhaben bezieht. Diese – meiner Ansicht nach zutreffende – Auslegung deckt sich nicht mit der bereits beschriebenen weiten Interpretation Rödiger-Vorwerks. Die inhaltlichen Anforderungen an eine Ausgleichsmaßnahme sind von Gellermann775 näher beleuchtet worden. Er geht davon aus, dass bei Betroffenheit eines bestimmten Lebensraumtyps die Gesamtbilanz nur ausgeglichen werden kann, wenn eben diesem Biotoptyp an anderer Stelle Raum gegeben wird. Der geforderte Ausgleich wäre somit nicht gegeben, wenn ein anderer Lebensraumtyp gefördert wird. Neben dem Blick auf die betroffenen Lebensraumtypen und Arten weist Gellermann aber im Besonderen auf das Erfordernis der Wahrung der Kohärenz von Natura 2000 hin. Konkret angesprochen sind es jene Funktionen, die das Gebiet innerhalb größerer Zusammenhänge zu erfüllen hat.776 ____________________
Aus meiner Sicht geht aus dieser Aussage nicht eindeutig hervor, ob Ramsauer mit der „Schaffung eines Schutzgebietes“ die tatsächliche Entstehung in der Natur oder nur die Verleihung des rechtlichen Schutzstatus meint. 775 Gellermann (FN 25) 95. 776 Es geht dabei beispielsweise um die Bedeutung eines Gebietes für die Wanderung von Tierarten, ihre geographische Verbreitung und ihr genetischer Austausch sowie die Rolle als Rückzugsgebiet.
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Daran anknüpfend ergeben sich Anforderungen im Hinblick auf die räumliche Zuordnung der Ausgleichsmaßnahmen. Die Kommission777 fordert diesbezüglich, dass sich die Ausgleichsmaßnahme auf die gleiche biogeographische Region im gleichen Mitgliedstaat beziehen muss. Bezüglich des räumlichen Ausmaßes müssen die beeinträchtigten Lebensräume und Arten in vergleichbarer Dimension erfasst sein. Im österreichischen Schrifttum findet sich der Hinweis, dass die Kompensation in der Regel wohl in entsprechender räumlicher Nähe zum Eingriffsort erfolgen muss, um dem Vernetzungsgedanken von Natura 2000 nachzukommen.778 Die Kommission trifft die zusammenfassende Aussage, dass die Entfernung zwischen dem ursprünglichen Gebiet und dem Standort für die Ausgleichsmaßnahme kein Hindernis ist, solange sie die Funktionsfähigkeit des Gebiets und die ursprünglichen Auswahlgründe nicht beeinträchtigt. Des Weiteren sehr maßgeblich für eine Ausgleichsmaßnahme ist die zeitliche Komponente. Es ist Ziel der Richtlinie, das gemeinsame Naturerbe dauerhaft zu schützen. Dabei steht nicht die Lückenlosigkeit in zeitlicher Hinsicht sondern die langfristige Schutzperspektive im Vordergrund. Unter diesem Aspekt erscheint es gerechtfertigt, vorübergehende Defizite der Kohärenz des ökologischen Systems in Kauf zu nehmen, wenn mit Sicherheit erwartet werden kann, dass der gebotene Ausgleich und damit die Wiederherstellung der Kohärenz aufgrund der ergriffenen Maßnahmen eintritt.779 Rödiger-Vorwerk780 ist in dieser Frage anderer Meinung, äußert sich dazu aber eher vorsichtig indem sie es für möglich hält, dass die Ausgleichsmaßnahmen bereits zu Beginn der Projektsdurchführung oder jedenfalls schon zu einem früheren Zeitpunkt durchzuführen sind. Die Kommission781 geht einen Schritt weiter und fordert, dass ein Gebiet durch ein Projekt nicht irreversibel beeinträchtigt werden darf, bevor ein Ausgleich tatsächlich erfolgt.782 Auch Gellermann783 schließt sich dieser Meinung an und formuliert den Grundsatz, dass die beeinträchtigten Funktionen, die ein einzelnes ____________________
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Kommission (FN 486) 51. Mauerhofer (FN 3) 90. 779 Ramsauer (FN 579) 608. 780 Rödiger-Vorwerk (FN 62) 129. 781 Kommission (FN 486) 51. 782 Beispielsweise darf ein Feuchtgebiet nicht trockengelegt werden, bevor ein neues Feuchtgebiet mit gleichwertigen biologischen Merkmalen für die Aufnahme in das Netz Natura 2000 vorhanden ist. 783 Gellermann (FN 25) 96 f. 778
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Gebiet im Gesamtnetz erfüllt, bereits im Eingriffszeitpunkt an anderer Stelle verfügbar und ökologisch wirksam sein müssen. Da die Kohärenz des Gebietsnetzes, seine ökologische Wirksamkeit und sein Funktionalität im Hinblick auf die Erhaltung der Lebensraumtypen und Arten durch Ausgleichsmaßnahmen zu schützen sind, ist es geboten, zeitliche Lücken zu verhindern. Im Extremfall können sich zeitliche Lücken sehr nachteilig auf den Erhaltungszustand einzelner Arten auswirken. So kann dies etwa bei Betroffenheit eines letzten Rückzuggebietes einer Tier- oder Pflanzenart sogar zu einem unwiederbringlichen Verlust dieser Arten führen. Im Ergebnis darf daher mit der Ausführung des zu genehmigenden Vorhabens erst begonnen werden, wenn der gebotene Ausgleich erbracht ist oder sich den Erwartungen entsprechend entwickelt hat. Gellermann lässt Ausnahmen vom diesem Grundsatz nur zu, wenn trotz des zeitlich versetzten Ausgleichs erkennbar nicht mit Änderungen im Gesamtbestand oder der räumlichen Verbreitung einer Art oder eines Lebensraumes zu rechnen ist.784 Diese Einschränkung des Grundsatzes ist im Hinblick auf den praktischen Vollzug der Ausgleichsregelung dringend geboten. Würde man von der ausnahmslosen Anwendung dieses Grundsatzes ausgehen, wäre in vielen Fällen der geforderte Ausgleich das „Knock-out-Kriterium“ in der Verträglichkeitsprüfung. Der Mensch ist nicht in der Lage, den geforderten Zustand in der Natur ad hoc herstellen, sondern kann bloß durch gezielte Maßnahmen die entsprechenden Ausgangsbedingungen schaffen und die Entwicklung fördern. Darüber hinaus benötigen die natürlichen Entwicklungsprozesse in der Regel längere Zeiträume. Der Zeitfaktor würde nicht selten die Realisierung des Vorhabens zu Fall bringen. De facto kämen als Ausgleich nur bereits bestehende Gebiete in Frage. Es bleibt daher festzuhalten, dass in Fällen, in denen die Kohärenz des Gebietsnetzes nicht unter einer zeitlich verzögerten Kompensation leidet, die Realisierung wichtiger im öffentlichen Interesse stehender Vorhaben nicht verhindert werden darf. ffff ) Sonderregelung für prioritäre Gebiete Wie bereits in den allgemeinen Ausführungen zu Art 6 Abs 4 erwähnt, differenziert die gegenständliche Ausnahmeregelung zwischen prioritären und nichtprioritären Gebieten. So sieht Art 6 Abs 4 UAbs 2 eine besondere Vorgehensweise vor, wenn sich ein Plan oder Projekt auf ein Gebiet ____________________
784 Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn die beeinträchtigten Gebietsfunktionen übergangsweise von anderen Gebieten des Netzes Natura 2000 mitübernommen werden können.
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bezieht, in dem prioritäre Lebensraumtypen oder Arten vorkommen. Gemäß dem Wortlaut der Richtlinie können in diesem Fall nur Erwägungen im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen und der öffentlichen Sicherheit oder im Zusammenhang mit maßgeblichen günstigen Auswirkungen für die Umwelt oder, nach Stellungnahme der Kommission, andere zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses geltend gemacht werden. UAbs 2 sieht demzufolge eine Modifikation der möglichen öffentlichen Interessen vor. Der übrige Ablauf der Verträglichkeitsprüfung, wie die Notwendigkeit einer Alternativenprüfung oder das Erfordernis ausgleichender Maßnahmen, bleibt von dieser Sonderregelung unberührt.785 Zum Kreis der prioritären Gebiete zählen bekanntlich jene, die prioritäre Lebensraumtypen des Anhangs I FFH-RL oder prioritäre Arten des Anhangs II FFH-RL umfassen. Auf die sehr kontroversiell diskutierte Frage, ob es auch prioritäre besondere Vogelschutzgebiete gibt und somit auch Vögel dem Schutzstatus nach Art 6 Abs 4 UAbs 2 unterstehen, wurde bereits im Rahmen der Ausführungen zur VSchRL eingegangen.786 Zu klären ist ferner, inwieweit die Sonderregel des UAbs 2 zu einer Einschränkung der möglichen Rechtfertigungsgründe gegenüber UAbs 1 führt. Klar eingrenzbar erscheinen die in UAbs 2 ausdrücklich genannten Rechtfertigungsgründe der menschlichen Gesundheit, der öffentlichen Sicherheit und der maßgeblich günstigen Auswirkungen auf die Umwelt.787 Bemerkenswert ist dabei allerdings, dass für Gellermann788 Erwägungen im Zusammenhang mit der menschlichen Gesundheit etwa Maßnahmen des Küstenschutzes, der Abwehr von Überschwemmungen und Lawinengefahren, der Sicherung einer der menschlichen Gesundheit zuträglichen Abfall- und Abwasserbeseitigung sind, von Ramsauer789 hingegen der Küsten- und Hochwasserschutz dem Bereich der öffentlichen Sicherheit zugerechnet wird.790 Ebenso wird die Landesverteidigung vom ihm hierher gezählt.791 Grundsätzlich verweist Ramsauer auf die sehr re____________________
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Gellermann (FN 25) 100. Siehe Kapitel B.4.b)gg). 787 Dass sich der Gemeinschaftsgesetzgeber hier offensichtlich eng an die Ausführungen des EuGH im Leybucht-Urteil gehalten hat, wird von Gellermann (FN 25, 107) zutreffend betont. 788 Gellermann (FN 25) 102 f. 789 Ramsauer (FN 579) 609. 790 So auch die Kommission (FN 486, 54) unter Hinweis auf die Leybucht-Entscheidung des EuGH, Rs C-57/89, Slg 1991, I-00883. 791 Wobei Ramsauer kritisch anmerkt, dass im Zweifel Alternativstandorte gefunden werden können. In der Praxis wird es sich hiebei um militärische Übungen in Schutzge786
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striktive Auslegung des Begriffes der öffentlichen Sicherheit durch den EuGH.792 Gellermann ordnet dem Bereich der öffentlichen Sicherheit jene Maßnahmen zu, die der Existenzsicherung des Staates und der Bekämpfung von Gewaltanwendungen dienen. Einig ist man sich hingegen in der Forderung nach dem zwingenden Charakter der vorgebrachten öffentlichen Interessen. Den Anlassfall für diese Überlegungen bot eine Umfahrung in Deutschland, bei der der Eingriff in ein Schutzgebiet mit der Verminderung der Unfallgefahr gerechtfertigt werden sollte. Das BVerwG793 stellte hiezu fest, dass das Vorliegen von nur in irgendeiner Weise vorliegenden Gründen des öffentlichen Interesses in Form der menschlichen Gesundheit nicht ausreicht, um die Ausnahmeregelung des Art 6 Abs 4 UAbs 2 FFH-RL auszulösen. Obwohl sich der geforderte zwingende Charakter nicht aus dem Wortlaut des Richtlinientextes ergibt, ist dennoch davon auszugehen, dass die in UAbs 2 genannten Belange nicht automatisch als zwingende Gründe anzusehen sind.794 Würde man in diesen Fällen keine Abwägung der widerstreitenden Belange vornehmen, wären prioritäre Gebiete zwangsläufig weniger streng geschützt. Wie bereits erwähnt, sieht UAbs 2 eine Modifizierung der in Frage kommenden öffentlichen Interessen vor, wobei die Alternativenprüfung und Interessensabwägung hievon allerdings unberührt bleiben. Neben dem mangelnden Gewicht der Gesichtspunkte wird die Zulassung regelmäßig an der Prüfung von Alternativen scheitern. So wird im Fall der Umfahrungsstraße etwa auch die Möglichkeit von Geschwindigkeitsbeschränkungen zur Eindämmung von Gefahrenquellen geprüft werden müssen. Gemäß dem dritten, ausdrücklich in UAbs 2 genannten Rechtfertigungsgrund kommen solche Vorhaben in Frage, die maßgeblich günstige Auswirkungen auf die Umwelt entfalten. Diese müssen unmittelbar und kausal nachweisbar mit dem Vorhaben verbunden sein. Mittelbare und ____________________
bieten oder in deren Nähe handeln. Im Rahmen der Alternativenprüfung wird in diesen Fällen zu klären sein, ob der Übungszweck nicht auch außerhalb des Schutzgebietes erreicht werden kann. In Österreich werden beispielsweise Hochgebirgslandekurse des Bundesheeres im Nationalpark Hohe Tauern durchgeführt. 792 Im Rahmen des Kapitels über die Auswirkung auf das innerstaatliche Recht wird untersucht, inwieweit die in den Naturschutzgesetzen der Länder gängigen Ausnahmen vom Geltungsbereich (zB § 3 Salzburger Naturschutzgesetz 1999 idF LGBl Nr 1/2002) den gegenständlichen gemeinschaftlichen Regelungen entsprechen. 793 BVerwG vom 27. Jänner 2000, NuR 2000, 448/452. 794 Anderer Ansicht sind Freytag/Iven (FN 115, 114), die davon ausgehen, dass bei Vorliegen dieser Tatbestände regelmäßig von zwingenden Gründen auszugehen ist.
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nicht genau quantifizierbare Effekte, wie etwa die mit der Verlagerung von Verkehr von der Straße auf die Schiene einhergehende Emissionsminderung, reichen demnach nicht aus.795 Auch Ramsauer796 schränkt den Kreis der möglichen Vorhaben ein. Er vertritt die Ansicht, dass nicht sämtliche ökologischen Projekte, wie beispielsweise eine umweltschonende Produktionsweise, eine ökologische Energiegewinnung oder ein ökologisch sinnvolles Transportsystem, sondern nur solche, die günstige Auswirkungen unmittelbar auf die durch die Richtlinie geschützten Lebensraumtypen und Habitate erwarten lassen, erfasst sind. Allerdings müssen sich die günstigen Auswirkungen nicht auf diejenigen Lebensraumtypen oder Arten beziehen, die durch die zu genehmigende Maßnahme beeinträchtigt werden. Entgegen dem Wortlaut „... Auswirkungen auf die Umwelt“ wird diese Bestimmung in Richtung einer ökologischen Kompensation interpretiert. Im Sinne des als Vorbild dieser Regelung dienenden Leybucht-Urteils ist davon auszugehen, dass allgemeine Umweltziele auf dem Gebiet der Luftreinhaltung, des Klima- oder Gewässerschutzes nicht herangezogen werden können.797 Gemeint sind hier etwa Windkraft- oder Solaranlagen. Anderes gilt womöglich für eine Abwasserreinigungsanlage, deren Bau sich zwar negativ auf das Schutzgebiet auswirkt, deren Betrieb aber die stofflichen Belastungen eines Gebietes auf dem Wasserpfade einschränkt. Von einer maßgeblich günstigen Auswirkung wird in diesem Fall gesprochen werden können, wenn sie die mit dem Vorhaben verbundenen Nachteile deutlich überwiegen.798 Weitaus schwieriger gestaltet sich die Interpretation der ungenannten Rechtfertigungsgründe in Art 6 Abs 4 UAbs 2. Die Rede ist von der Geltendmachung anderer zwingender Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses nach Einholung einer Stellungnahme der Kommission. Konkret wird dabei die Frage diskutiert, ob nach Stellungnahme der Kommission auch Gründe wirtschaftlicher und sozialer Art geltend gemacht werden können. Wie Ramsauer799 richtig festhält, hilft zur Beantwortung dieser Frage weder der Wortlaut noch die Systematik der Vorschrift entscheidend weiter.800 ____________________
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Apfelbacher/Adenauer/Iven (FN 630) 76. Ramsauer (FN 579) 609. 797 Eine von Gellermann als umweltpolitisch fragwürdig bezeichnete Kompensation nach dem Motto „Klima gegen Frösche“ ist demnach nicht erlaubt. 798 Gellermann fordert eine „Überkompensation“. 799 Ramsauer (FN 579) 609. 800 So käme das Argument in Betracht, die wirtschaftlichen und sozialen Gründe seien in Art 6 Abs 4 UAbs 2 anders als in UAbs 1 nicht genannt und daher auch nicht erfasst. 796
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Die Kommission801 vertritt in dieser Frage die Auffassung, dass im Rahmen des Art 6 Abs 4 UAbs 2 sehr wohl wirtschaftliche und soziale Gründe als Rechtfertigung geltend gemacht werden können. Die Besonderheit des UAbs 2 bestehe nämlich allein in dem Erfordernis ihrer Beteiligung. In materieller Hinsicht können hingegen all jene Gründe, die eine Ausnahme im Anwendungsfeld des UAbs 1 zu legitimieren vermögen, rechtfertigen, auch solche Pläne und Projekte zu ermöglichen, die den Erhaltungszielen prioritärer Gebiete zuwiderlaufen.802 Nach dieser Ansicht ist der Unterschied zwischen UAbs 1 und 2 nur ein formaler. Wird die Kommission beteiligt, ist das Spektrum der möglichen öffentlichen Interessen identisch. Während sich ein Teil des Schrifttums803 der Kommissionsmeinung angeschlossen hat, versucht Gellermann804 zu begründen, dass Erwägungen sozialer und wirtschaftlicher Art eine Beeinträchtigung prioritärer Gebiete nicht rechtfertigen können. Als ein sehr gewichtiges Argument führt er den systematischen Zusammenhang zwischen den beiden UAbs in Art 6 Abs 4 an. Dieser zeigt den Willen des Gemeinschaftsgesetzgebers, den prioritären gegenüber nichtprioritären Gebieten einen strengeren Schutz zukommen zu lassen.805 Diese unterschiedliche Behandlung zeigt sich nicht zuletzt in der Definition der prioritären Lebensraumtypen und Arten in Art 1, die der Gemeinschaft hier eine besondere Verantwortung auferlegt. Ein zusätzliches Verfahrenserfordernis in der Beteiligung ____________________
Es könnte aber auch das Gegenteil behauptet werden mit der Begründung, einer nochmaligen Erwähnung der wirtschaftlichen und sozialen Gründe in UAbs 2 habe es nicht mehr bedurft. 801 Stellungnahme der Kommission vom 27. April 1995 zu der Querung des gemeinsamen Tales von Trebel und Recknitz durch die geplante Autobahn A20 (Bundesrepublik Deutschland) gemäß Art 6 Abs 4 der FFH-RL, 3 und Stellungnahme der Kommission vom 18. Dezember 1995 zur Querung des Peenetals (Deutschland) durch die geplante Autobahn A20 gemäß Art 6 Abs 4 der FFH-RL, 14. Im konkreten Fall hält die Kommission fest, dass lediglich in besonderen Ausnahmefällen wirtschaftliche und soziale Belange als „andere zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses“ im Sinne des Art 6 Abs 4 geltend gemacht werden können. Im Folgenden wird von der Kommission der Bau der Autobahn A20 aufgrund seines hohen verkehrstechnischen Stellenwertes als ein solcher besonderer Ausnahmefall anerkannt. 802 Gellermann (FN 25) 104. 803 So etwa Apfelbacher/Adenauer/Iven (FN 630) 76; wohl auch Iven (FN 55) 379 und Freytag/Iven (FN 115) 114; Die beiden letztgenannten Aufsätze gehen zwar nicht explizit auf den Inhalt der „anderen zwingenden Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses“ ein, im Kontext ist aber davon auszugehen, dass auch für sie der Unterschied zwischen UAbs 1 und 2 nur in der Beteiligung der Kommission liegt. 804 Gellermann (FN 25) 104. 805 Auch Ramsauer (FN 579, 609) spricht von einem Konzept des abgestuften Schutzes, nachdem in der Richtlinie durchgehend zwischen prioritären und nicht prioritären Schutzgebieten unterschieden wird.
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der Kommission kann diese Vorgabe nicht ausreichend erfüllen. Schon aus diesem Grund kann die Unterscheidung der UAbs 1 und 2 nicht rein verfahrensrechtlicher Natur sein. Als weiteres Argument führt Gellermann in Übereinstimmung mit Ramsauer den entstehungsgeschichtlichen Hintergrund der Norm ins Treffen. Wie bereits erwähnt, spielt hier das Leybucht-Urteil zur VSchRL eine wesentliche Rolle. Der EuGH hat im Fall Leybucht festgestellt, dass wirtschaftliche Erwägungen keine Beeinträchtigungen besonderer Schutzgebiete rechtfertigen können. Auch ist bekannt, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber dieser restriktiven Linie nicht gefolgt ist. Die ausdrückliche Erwähnung der wirtschaftlichen und sozialen Interessen in Art 6 Abs 4 UAbs 1 wird von Gellermann als Reaktion auf die zu restriktiv empfundene Rechtsprechung verstanden und soll erkennbar einer anderenfalls nahe liegenden Auslegung dieser Norm unter Heranziehung der vom Gerichtshof entwickelten Grundsätze vorbeugen. Da diese Klarstellung vom Gemeinschaftsgesetzgeber in UAbs 2 nicht vorgenommen wurde, ist anzunehmen, dass für prioritäre Gebiete sehr wohl ein strengerer Schutzstandard zu gelten hat. Ein weiterer Anknüpfungspunkt für diese These kann in Art 16 Abs 1 lit c FFH-RL gesehen werden.806 Nach dieser Bestimmung darf von den Artenschutzbestimmungen nur im Interesse der Volksgesundheit, der öffentlichen Sicherheit, bei positiven Folgen für die Umwelt oder aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art abgewichen werden. Die hier erwähnten Ausnahmegründe stimmen mit jenen für die prioritären Gebiete überein, jedoch mit der Ausnahme, dass in Art 16 wirtschaftliche und soziale Belange ausdrücklich genannt sind. Daraus kann der Schluss gezogen werden, dass wirtschaftliche und soziale Interessen nur dann zu berücksichtigen sind, wenn dies der Wortlaut ausdrücklich fordert. Da dies im Gegensatz zu Art 16 und Art 6 Abs 4 UAbs 1 in Art 6 Abs 4 UAbs 2 nicht der Fall ist, können wirtschaftliche und soziale Aspekte gegenüber prioritären Gebieten nicht geltend gemacht werden. Im Ergebnis ist der Schutz der prioritären Gebiete in doppelter Hinsicht ein besonderer: Wirtschaftliche und soziale Gesichtspunkte dürfen bei einer Ausnahmegenehmigung für Pläne und Projekte nicht in die Abwägung einbezogen werden. Bei den anderen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses ist eine Stellungnahme der Kommission erforderlich.807 Im Hinblick auf den Stellenwert der prioritären ____________________
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Fisahn/Cremer (FN 191) 272. Fisahn, Zur Existenz potentiell faktischer FFH-Gebiete, unveröffentlichter Vortrag NaBU 1997, http://www.user.uni-bremen.de.
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Gebiete und im Gesamtkontext der Richtlinie betrachtet, ergibt dies ein zu befürwortendes Ergebnis. Unabhängig von dieser schlüssig erscheinenden Argumentation darf klarerweise von den Behörden die Ansicht der Kommission nicht außer Acht gelassen werden. Nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass die gegenständliche Frage zum derzeitigen Zeitpunkt vom EuGH noch nicht beantwortet ist, kommt der Kommissionsmeinung verstärkte Bedeutung zu. Zu klären bleibt ferner die Frage, welcher Inhalt den „anderen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses“ ohne die wirtschaftlichen und sozialen Erwägungen zukommt. Im Schrifttum808 werden hier Erwägungen in Zusammenhang mit dem Schutz bedeutender Kulturgüter, der Realisierung wichtiger Erfordernisse der Wissenschaft oder auch im Kontext des Schutzes der Umwelt, sofern sie nicht bereits dem explizit in Art 6 Abs 4 UAbs 2 genannten Tatbestand unterfallen, genannt. Es gibt daher sehr wohl Raum zwischen den vorrangigen öffentlichen Interessen einerseits und den wirtschaftlichen und sozialen Interessen andererseits. gggg) Einbindung der Kommission Ein erstes „Inkontakttreten“ mit der Kommission im Rahmen des Art 6 Abs 4 geschieht, indem der Mitgliedstaat die Kommission über die von ihm ergriffenen Ausgleichsmaßnahmen unterrichtet. Allein aus dem Wortlaut der Richtlinienbestimmung kann weder die Form noch der Zweck809 dieser Unterrichtung ermittelt werden. Die Kommission fordert jedenfalls, dass sie mit Hilfe der übermittelten Information die Art und Weise beurteilen kann, in der die Erhaltungsziele für das betreffende Gebiet im Einzelfall verfolgt werden. Inwieweit die Kommission auf die Meldung des Mitgliedstaats reagieren kann, ist in der Richtlinie nicht geregelt. Sollte die Ausgleichsmaßnahme den gemeinschaftlichen Anforderungen nicht entsprechen und somit die Verträglichkeitsprüfung mit einem Mangel behaftet sein, ist davon auszugehen, dass der Kommission der Weg eines Vertragsverletzungsverfahrens offen steht. Hinsichtlich der legistischen Umsetzung dieser mitgliedstaatlichen Meldepflicht in innerstaatliches Recht ist eine Entscheidung des EuGH810 gegen Belgien zu erwähnen. In diesem Vertragsverletzungsverfahren wur____________________
808 809
Gellermann (FN 25) 107. Es ist anzunehmen, dass die Unterrichtung über die erfolgten Ausgleichsmaßnahmen den Zweck hat, der Kommission einen Überblick zu verschaffen und sie diesbezüglich auf dem Laufenden zu halten. 810 EuGH Rs C-324/01, Slg 2002, I-11197, Rz 16 ff.
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de von der Kommission gerügt, dass nach den belgischen Vorschriften für die zuständigen Behörden keine Verpflichtung bestehe, die Kommission über die nach Art 6 Abs 4 ergriffenen Ausgleichsmaßnahmen zu unterrichten. Die belgische Regierung machte geltend, dass die gegenständliche Verpflichtung nicht durch eine normative Maßnahme umzusetzen sei. Der in Rede stehenden Bestimmung komme nämlich keine normative Geltung zu, weil sie weder Rechte noch Pflichten für eine allgemeine Gruppe von Bürgern begründe. Der EuGH ließ diese Argumentation nicht gelten und betonte, dass ein fehlendes Verfahren zur Informationsübermittlung dem Ziel zuwiderlaufe, der Kommission die Möglichkeit einzuräumen, einerseits zu prüfen, ob die ergriffenen Ausgleichsmaßnahmen den Schutz der globalen Kohärenz von Natura gewährleisten und andererseits gegebenenfalls die einschlägigen Konsequenzen zu ziehen. Bemerkenswert ist diese Entscheidung nicht zuletzt deshalb, weil der EuGH ein halbes Jahr später zur Berichtspflicht gemäß Art 12 VSchRL gegenteilig entschieden hat.811 So wurde vom EuGH festgehalten, dass die Berichtspflicht nur das Verhältnis zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission betrifft. Dies gilt allerdings auch für den Bericht über die Ausgleichsmaßnahmen. Der Unterschied zwischen den beiden Fällen besteht jedoch darin, dass der Bericht nach Art 12 VSchRL im Gegensatz zu jenem nach der FFH-RL nicht dazu dient, der Kommission die Kontrolle in einem bestimmten Einzelfall zu ermöglichen.812 Bei Art 12 VSchRL geht es vordergründig um eine Würdigung der Entwicklung der Situation in der Gemeinschaft insgesamt in Bezug auf die Verwirklichung des von der Richtlinie vorgegebenen Zieles des Vogelschutzes. Ebenfalls zu einer verfahrensrechtlichen Einbindung der Kommission kommt es wie bereits erwähnt in Art 6 Abs 4 UAbs 2: Um „andere zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses“ überhaupt geltend machen zu können, muss eine Stellungnahme der Kommission eingeholt werden. Im Leitfaden der Kommission zu Art 6813 wird klargestellt, dass die Stellungnahme ihrem Charakter nach rechtlich nicht bindend ist. Ein Abweichen von der Kommissionsstellungnahme wäre dem Grunde nach möglich. In einem solchen Fall wird allerdings vom Mitgliedstaat erwartet, dass er sich im Rahmen seiner Entscheidungsfindung mit der Argumentation der Kommission auseinandersetzt und deren mögliche Nichtberücksichtigung entsprechend begründet. ____________________
811 812 813
EuGH Rs C-72/02, Slg 2003. Generalanwalt Alber, Schlussantrag in der Rs C 72/02, Slg 2003, Rz 35. Kommission (FN 486) 55.
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Obwohl nun die Stellungnahme der Kommission mit keiner rechtlichen Bindungswirkung ausgestattet ist, wird die Bedeutung der Rolle der Kommission in dieser Phase besonders betont.814 Von Ramsauer wird völlig zu Recht darauf aufmerksam gemacht, dass die Kommission in vielen Fällen die einzige Instanz sein wird, die die Einhaltung der Richtlinienbestimmungen nachhaltig sichern kann. Nicht zuletzt deshalb, weil die Unionsbürger häufig nicht über hinreichend subjektive öffentliche Rechte verfügen werden, um die Einhaltung der Vorschriften im Rechtsweg zu erreichen. Die von Ramsauer angebrachte Kritik zum deutschen Rechtsschutzsystem mit seiner strikten Orientierung an subjektiven öffentlichen Rechten ist im Übrigen auch auf Österreich übertragbar. Eine umfassende gerichtliche Kontrolle der Einhaltung von naturschutzrechtlichen Bestimmungen kann vom einzelnen Bürger nicht durchgesetzt werden. Obwohl der Kommission kein formelles Mitentscheidungsrecht zukommt, ist ihre Stellungnahme demnach von erheblicher faktischer Bedeutung.815 So steht es der Kommission offen, im Falle der Nichtberücksichtigung ihrer Stellungnahme ein Vertragsverletzungsverfahren anzustrengen. Schon allein deshalb wird ein Mitgliedstaat stichhaltige Argumente liefern müssen, um ein Abweichen von der Kommissionsmeinung rechtfertigen zu können. hhh) Zusammenfassung Nicht zuletzt der Umfang der voranstehenden Ausführungen dokumentiert die Bedeutung des Art 6 Abs 3 und 4 FFH-RL. Die Prüfung der Pläne und Projekte nimmt eine zentrale Rolle im Rahmen von Natura 2000 ein. Die Besonderheit am Anwendungsbereich dieser Bestimmung besteht darin, dass von einem wirkungsorientierten Ansatz ausgegangen wird und zudem in besonderen Fällen bereits im Planungsstadium die Naturverträglichkeit zu prüfen ist. Die abstrakte Umschreibung des Prüfgegenstandes führt dazu, dass bereits das Auslösen der Prüfpflicht einer genauen Untersuchung bedarf. Den Prüfungsmaßstab für die eigentliche Verträglichkeitsprüfung bilden die Erhaltungsziele des betroffenen Schutzgebietes. Als im Verhältnis zur Verträglichkeitsprüfung weiterer Begriff erweist sich der Verträglichkeitsgrundsatz. Dieser richtet sich an die entscheidende Behörde und lässt eine Zustimmung zum Plan oder Projekt nur zu, wenn das Gebiet als solches nicht beeinträchtigt wird. Aufgrund der Ausnahmeregelung des Art 6 ____________________
814 815
Ramsauer (FN 579) 610. Apfelbacher/Adenauer/Iven (FN 630) 76.
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Abs 4 kann einem Vorhaben auch im Falle einer negativen Verträglichkeitsprüfung zugestimmt werden. Die Anwendung dieser Bestimmung erfordert in verfahrenstechnischer Hinsicht die Prüfung von Alternativen und das Vorliegen zwingender Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses. Liegen die formalen Voraussetzungen vor, sind Ausgleichsmaßnahmen vorzuschreiben mit dem Ziel, die globale Kohärenz des Schutzgebietsnetzes zu erhalten. Der erhöhte Schutzstatus prioritärer Gebiete führt zu einer Einschränkung der in Frage kommenden öffentlichen Interessen. d) Art 8 – Finanzierung von Natura 2000 Die Ausführungen zu Art 6 Abs 1 zeigen den Umfang der Aufgaben, der auf die Mitgliedstaaten zukommt. Die Frage der Finanzierung dieser Maßnahmen ist in Art 8 der FFH-RL geregelt. Im Folgenden soll ein Überblick über die Kostentragung der mit Natura 2000 verbundenen Maßnahmen gegeben werden. In der Regel obliegt die Finanzierung der Durchführung von Umweltrichtlinien gemäß Art 175 Abs 4 EG den Mitgliedstaaten. Aufgrund der unterschiedlichen ökologischen Situation in den Mitgliedstaaten und der hieraus resultierenden ungleichen Lastenverteilung bei der Erhaltung des gemeinsamen Naturerbes sieht Art 8 allerdings eine Ausnahme von diesem Grundsatz vor.816 Mit der Aufnahme des Art 8 in die FFH-RL soll der finanziellen Belastung der Mitgliedstaaten Rechnung getragen werden, die mit der Umsetzung von Natura 2000 verbunden ist. Um ein wirksames Management der Natura 2000-Gebiete in den Mitgliedstaaten gewährleisten zu können, wird für eine große Zahl der Maßnahmen eine finanzielle Beteiligung der Gemeinschaft erforderlich sein. Im Dezember 2001 wurde von der Kommission eine Arbeitsgruppe zu Art 8817 mit dem Ziel eingesetzt, das Problem der Kofinanzierung umfassend und wirksam zu lösen. Als Ergebnis präsentierte die Arbeitsgruppe im November 2002 einen Abschlussbericht über die Finanzierung von Natura 2000.818 Der Bericht enthält die Aussage, dass die Regelung des Art 8 aus einer Reihe von Gründen unzureichend ist. So wird kritisiert, dass sich diese Bestimmung nur auf prioritäre Schutzgebiete beschränkt.819 Zudem soll der Gesamtmittelbedarf anhand des Bedarfs einzelner Schutz____________________
816 817
Wirths (FN 170) 214. An dieser Arbeitsgruppe nahmen Experten und Vertreter einer Reihe von Mitgliedstaaten teil, ferner Interessensgruppen und Nichtregierungsorganisationen. Technisch wurde die Arbeitsgruppe von der GD Umwelt sowie von Vertretern der GD Landwirtschaft, Regionalpolitik und Haushalt unterstützt. 818 Siehe http://www.europa.eu.int/comm/environment/nature/final_report_de.pdf. 819 Dies wurde auch bereits von Rödiger-Vorwerk (FN 62, 139) festgehalten.
Der Gebietsschutz in der FFH-Richtlinie
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gebiete geschätzt werden und sich auf bestehende Kofinanzierungsinstrumente der Gemeinschaft stützen. Entsprechend dem Sechsten Umweltprogramm der Gemeinschaft ist jedoch gefordert, dass für die finanzielle Beteiligung der Gemeinschaft ein umfassender Ansatz notwendig ist. Für eine vollständige Umsetzung von Natura 2000 müsste dieser Ansatz über das hinausgehen, was Art 8 vorsieht. Die Arbeitsgruppe hat ferner eine umfassende Schätzung des gesamten Mittelbedarfes vorgenommen. Die Schätzung stützt sich im Wesentlichen auf veröffentliche Untersuchungen zu diesem Thema und auf direkte, von den Mitgliedstaaten übermittelte Ausgabenschätzungen. Demnach sollen die Kosten für das Management von Natura 2000 in der EU bis 2013 grob gerechnet zwischen 3,4 und 5,7 Milliarden Euro jährlich betragen, wobei diese Schätzung sehr wahrscheinlich die untere Grenze bildet. Das derzeitige Förderwesen der Gemeinschaft ist geprägt von einer großen Zahl unterschiedlicher Fonds, für die verschiedene Kriterien und Antragsverfahren gelten. Auch sind diese Fonds für spezifische Zwecke und nicht eigens für die Ziele von Natura 2000 eingerichtet. Für eine langfristige Förderung von Managementmaßnahmen im Rahmen von Natura 2000 ist keiner dieser Fonds geeignet. Die Arbeitsgruppe kommt deshalb zum Ergebnis, dass die vorhandenen gemeinschaftlichen Kofinanzierungsregelungen nicht den Anforderungen entsprechen, die mit der Schaffung des Natura 2000 Netzes verbunden sind. Aufgrund dieser Tatsache hat die Arbeitsgruppe Alternativen zur Kofinanzierung von Natura 2000 erarbeitet. Zur Diskussion steht zum einen der Lösungsansatz, bestehende EU-Fonds820 weiter zu verwenden, diese jedoch an den Bedarf von Natura anzupassen. Die zweite Alternative sieht die Erweiterung und Modifizierung von LIFE-Natur vor. Sie soll in diesem Fall zum wichtigsten Finanzierungsinstrument für Natura 2000 werden. Eine dritte Möglichkeit wird in der Schaffung eines neuen Finanzierungsinstruments gesehen. Neben diesen administrativen Fragestellungen hat sich die Arbeitsgruppe auch mit der juristischen Auslegung des Art 8 auseinandergesetzt. Dabei wurde differenziert zwischen einer rein juristischen und einer „umfassenden“ Auslegung des Art 8. Festzuhalten ist, dass beiden Varianten weniger eine rechtsdogmatische Auseinandersetzung mit dem Richtlinientext enthalten, sondern vielmehr allgemeine Aussagen zur Kofinanzierung der erforderlichen Maßnahmen treffen. ____________________
820 Es handelt sich dabei insbesondere um Mittel aus der Förderung der Entwicklung des ländlichen Raumes im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), des Strukturfonds und des Kohäsionsfonds sowie von LIFE-Natur.
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Im Rahmen der rein juristischen Auslegung wird von der Arbeitsgruppe die Vorgehensweise entsprechend den Vorgaben des Art 8 festgelegt. Hier geht es in erster Linie um die Übermittlung von Kostenschätzungen der Mitgliedstaaten an die Kommission, die im Anschluss daran für jeden einzelnen Fall die erforderlichen Maßnahmen erarbeiten soll, um einen günstigen Erhaltungszustand zu erreichen. Gemäß Art 8 Abs 2 erarbeitet die Kommission im Benehmen mit den Mitgliedstaaten die erforderlichen Pflege– und Erhaltungsmaßnahmen und ermittelt die Gesamtkosten dieser Aktionen. Für Wirths821 ist damit der Gestaltungsspielraum der Mitgliedstaaten bei der Anwendung von Art 6 Abs 1 insoweit erheblich reduziert. Andererseits ist klar, dass die Gemeinschaft, wenn sie sich an den geplanten Maßnahmen finanziell beteiligt, auch daran interessiert ist, einen entsprechenden Einfluss geltend zu machen. Neben der Festlegung der Maßnahmen ermittelt die Kommission somit auch die erforderliche Finanzierung einschließlich der Beteiligung der Gemeinschaft. Das Ergebnis bildet ein Aktionsrahmen mit jenen Maßnahmen, die eine finanzielle Beteiligung umfassen und zu treffen sind, wenn das Gebiet als besonderes Schutzgebiet ausgewiesen worden ist. Seitens der Arbeitsgruppe ergeht die Klarstellung, dass die finanzielle Beteiligung durch „verfügbare Finanzmittel“ sichergestellt werden soll, also auf bereits vorhandene Gemeinschaftsinstrumente, die für eine Förderung von Umweltzielen in Anspruch genommen werden können, zurückzugreifen ist.822 Im Zuge der umfassenden Auslegung des Art 8 wird erkannt, dass die Finanzierungsinstrumente die vollständige Umsetzung des Natura 2000Netzes als Ganzes sicherstellen müssen. Die Förderung darf sich daher nicht nur auf die prioritären Schutzgebiete beschränken, sondern muss sich auf Schutzgebiete der FFH-RL und VSchRL erstrecken. Zusammenfassend hält die Arbeitsgruppe fest, dass sich der Art 8 bei einer streng juristischen Auslegung als unzureichend erweist. Die Gründe hiefür liegen in seinem begrenzten Anwendungsbereich, dem fallbezogenen Ansatz und der Tatsache, dass er für die Kofinanzierung ausschließlich verfügbare Mittel vorsieht. Die Arbeitsgruppe ist daher zum Ergebnis gelangt, dass eine umfassende Auslegung von Art 8 einer rein juristischen Auslegung vorzuziehen ist. Zu den Ergebnissen der Arbeitsgruppe ____________________
821
Wirths (FN 170) 214. Von der Arbeitsgruppe wird aber auch angemerkt, dass in der Praxis diese Mittel oft begrenzt, nur schwer zugänglich und/oder für den spezifischen Bedarf von Natura 2000 nicht besonders geeignet sind. 822
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wird eine Stellungnahme der Kommission erwartet. Diese soll weitere Aufschlüsse über mögliche Finanzierungsoptionen liefern.823 e) Art 9 – Aufhebung der Klassifizierung als besonderes Schutzgebiet Art 9 verpflichtet die Kommission, im Rahmen des Verfahrens gemäß Art 21 in regelmäßigen Zeitabständen den Beitrag von Natura 2000 zur Verwirklichung der in Art 2 und 3 genannten Ziele zu beurteilen. Im Rahmen dieser Überprüfung kann die Aufhebung der Klassifizierung als besonderes Schutzgebiet erwogen werden, wenn die gemäß Art 11824 beobachtete natürliche Entwicklung dies rechtfertigt. Das Gemeinschaftsrecht knüpft daher die Aufhebung des Schutzstatus an die Bedingung, dass die in dem jeweiligen Gebiet geschützte Art bzw der den Schutzgrund bildende Lebensraumtyp den von der Richtlinie anvisierten günstigen Erhaltungszustand erreicht hat und der Schutzgrund somit erfüllt ist.825 Maßgeblich allein ist dabei allerdings nicht der Erhaltungszustand in dem jeweiligen Gebiet, sondern der Gesamterhaltungszustand eines Lebensraumtyps oder einer Art. Von einem Erreichen des Richtlinienzieles und somit von einer gerechtfertigten Aufhebung des Schutzstatus kann nur gesprochen werden, wenn Biotope bzw Biotopkomplexe oder Arten insgesamt nicht mehr als gefährdet erscheinen.826 Art 9 ist als ein Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsprinzips und des Subsidiaritätsprinzips zu sehen.827 Geht man davon aus, dass die Unterschutzstellungen mit erheblichen Pflichten für die Mitgliedstaaten verbunden sind und nun ein Gebiet so stabilisiert ist, dass die Kohärenz der natürlichen Lebensräume und Arten auch ohne Unterschutzstellung gewährleistet ist, dann ist ein Handeln auf Unionsebene unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität nicht mehr gerechtfertigt. Auch wäre in diesem Fall die Belastung der Mitgliedstaaten mit dem Verhältnismäßigkeitsprinzip nicht mehr vereinbar. Unabhängig von diesen theoretischen Rahmenbedingungen wird von Gellermann völlig zu Recht die praktische Relevanz dieser Bestimmung in Zweifel gezogen. Ein wesentlicher Grund, der gegen eine Aufhebung ____________________
823 Wirtschaftskammer Österreich und WWF, Natura 2000 – Rechtliche Fragen im Spannungsfeld zwischen Naturschutz und Wirtschaft, Wien, Mai 2003, 6. 824 Art 11 sieht die Überwachung des Erhaltungszustandes der in Art 2 genannten Arten und Lebensräume durch die Mitgliedstaaten vor, wobei die prioritären natürlichen Lebensraumtypen und die prioritären Arten besonders zu berücksichtigen sind. 825 Freytag/Iven (FN 115), 117. 826 Gellermann (FN 25) 130. 827 Rödiger-Vorwerk (FN 62) 142.
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wegen Erfüllung des Schutzgrundes spricht, ist, dass ein FFH-Gebiet in der Regel mehrere relevante Lebensraumtypen beherbergt. Eine Aufhebung des Schutzstatus käme nur dann in Frage, wenn sich der angestrebte Erhaltungszustand bei allen diesen Lebensraumtypen und Arten eingestellt hat. Gellermann warnt hier verständlicherweise vor einer allzu optimistischen Sicht der Dinge. Art 6 Abs 4 ermöglicht unter einem anderen Blickwinkel die Aufhebung bzw Änderung der Schutzgebietsausweisung. Dieser sieht nämlich insofern die inzidente Möglichkeit einer Aufhebung der Klassifizierung als FFH-Gebiet vor, als ein Projekt trotz erheblicher Beeinträchtigung ausnahmsweise im Hinblick auf zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses zu genehmigen ist.828 Eingeschränkt ist diese Möglichkeit allerdings auf den Anlass einer konkret anstehenden Entscheidung über die Zulassung eines Projekts oder Plans. Der Ausgangspunkt dieses Ansatzes liegt eigentlich im Leybucht – Urteil zur VSchRL. Dort hat der EuGH Änderungen der Gebietskulisse im Rahmen des Art 4 Abs 4 VSchRL behandelt.829 Fortgesetzt wird diese Judikaturlinie im Lappelbank – Urteil, wo der EuGH festhält, dass Art 6 Abs 3 und 4 der FFH-RL insofern, als durch ihn Art 4 Abs 4 Satz 1 VSchRL geändert wird, ein Verfahren eingeführt hat, das es den Mitgliedstaaten erlaubt, aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses unter bestimmten Voraussetzungen einen Plan oder ein Projekt, die ein besonderes Schutzgebiet beeinträchtigen, zu verabschieden und damit eine Entscheidung über die Klassifizierung eines solchen Gebietes durch Verkleinerung der Fläche wieder rückgängig zu machen.830 Der EuGH interpretiert folglich die Zulassung eines Eingriffes als Rückgängigmachung der Schutzgebietsklassifizierung. Einschränkend ist jedoch festzuhalten, dass Art 6 Abs 3 und 4 nicht die Möglichkeit eröffnet, Änderungen der Gebietskulisse vorzunehmen, um sich von den einmal getroffenen Entscheidungen, die im nachhinein als zu großzügig erscheinen, zu lösen oder Flächen für künftig eventuell in Betracht kommende Projekte bereitzuhalten.831 Dies ist offensichtlich, wenn man sich die bereits beschriebenen strengen Anforderungen des Art 6 Abs 3 und 4, wie etwa die Plan- und Projektbezogenheit, die Alternativenprüfung, Interessensabwägung oder Ausgleichsmaßnahmen, vor Augen hält. ____________________
828 829 830 831
Iven (FN 55) 377. Siehe Ausführungen zu Kapitel B.4.b)ff ). EuGH Rs C-44/95, Slg 1996, I-3805, Rz 39. Gellermann (FN 25) 133.
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4. Die Artenschutzbestimmungen in der FFH-RL a) Allgemeines In den Art 12 bis 16 finden sich die Artenschutzbestimmungen der FFH-RL. Der Aufbau dieser Bestimmungen ist ähnlich jener in der VSchRL. Die Art 12 und 13 normieren ein strenges Schutzsystem für Tier- und Pflanzenarten. Die beiden Artikel knüpfen dabei an Anhang IV an, der eine Auflistung der streng zu schützenden Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse enthält.832 Art 14 hat Entnahmeregelungen für jene Tier- und Pflanzenarten, die in Anhang V aufgelistet sind, zum Gegenstand. Im Gegensatz zu Art 12 und 13 wird an dieser Stelle ein weniger strenges Schutzregime normiert.833 Die FFH-RL regelt in Art 15 bzw Anhang VI ähnlich der VSchRL die Unzulässigkeit bestimmter Fang- und Tötungsmethoden. Eine ebenfalls mit der VSchRL (Art 9) vergleichbare und für Praxis sehr bedeutsame Ausnahmeregelung findet sich in Art 16. Im Vergleich zum Gebietsschutz hat sich das Schrifttum noch in eher bescheidenem Ausmaß mit den Artenschutzbestimmungen der FFH-RL beschäftigt. Auch liegen noch verhältnismäßig wenige EuGH-Entscheidungen zu Art 12 bis 16 vor. Nicht zuletzt deshalb sind die einschlägigen Entscheidungen des EuGH zu den Artenschutzvorschriften der VSchRL von besonderer Relevanz. b) Art 12 – Schutzsystem für Tierarten Gemäß dem Wortlaut des Art 12 Abs 1 treffen die Mitgliedstaaten die notwendigen Maßnahmen, um ein strenges Schutzsystem für die in Anhang IV Buchstabe a)834 genannten Tierarten in deren natürlichen Verbreitungsgebiet einzuführen. Ähnlich dem korrespondierenden Art 5 VSchRL findet sich auch im gegenständlichen Abs 1 eine Auflistung von Verbotstatbeständen.835 Dieses System verbietet alle absichtliche Formen des Fangs oder der Tötung wildlebender Arten836, jede absichtliche Störung ____________________
832 Wirths (FN 170, 216) weist darauf hin, dass diese Artenlisten nur einen Bruchteil der im Gemeinschaftsgebiet vorkommenden Tier- und Pflanzenarten erfassen und somit nicht von einem umfassenden Schutz des europäischen Naturerbes gesprochen werden kann. 833 Der Gemeinschaftsgesetzgeber hat hier augenscheinlich eine Differenzierung unter den zu schützenden Arten vorgenommen. 834 Der Anhang IV trägt die Überschrift „Streng zu schützende Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse“ 835 Rödiger-Vorwerk (FN 62, 148) weist darauf hin, dass der Wortlaut des Art 12 Abs 1 FFH-RL im Gegensatz zu Art 5 VSchRL nicht das Wort „insbesondere“ enthält. Sie leitet daraus ab, dass es sich hier um eine abschließende Regelung handelt. 836 Der Schutz erstreckt sich folglich nicht auf gezüchtete Arten.
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dieser Arten, insbesondere während der Fortpflanzungs-, Aufzuchts-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten, jede absichtliche Zerstörung oder Entnahme von Eiern aus der Natur sowie jede Beschädigung oder Vernichtung der Fortpflanzungs- und Ruhestätten. Aus der Formulierung der gegenständlichen Regelung ergibt sich eine unbedingte Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Einführung dieses Schutzsystems. Abgeleitet werden kann diese Verpflichtung zudem aus der Rechtsprechung des EuGH zu Art 5 VSchRL.837 Entsprechend dem Wesen einer Richtlinie838 verbleibt den Mitgliedstaaten klarerweise ein Gestaltungsspielraum hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung des Schutzsystems. Der Spielraum der Mitgliedstaaten wird sich allerdings in diesem Fall auf die Handlungsformen beschränken, da materiell die abschließende839 Aufzählung im Abs 1 lit a bis d klare Vorgaben enthält.840 Auch die Judikatur des EuGH geht in diese Richtung. In einem luxemburgischen Fall841 wurde die nicht ausreichende Umsetzung des Art 12 Abs 1 lit c festgestellt und damit gleichzeitig die hohen Anforderungen an die Richtlinienumsetzung dokumentiert. Die nationale Norm verbot das Stören, Töten, Bejagen, Fangen sowie den Besitz und die Domestizierung vollständig geschützter Tiere, gleichgültig in welchem Entwicklungsstadium sie sich befänden. Da die Entnahme von Eiern aus der Natur nicht ausdrücklich Erwähnung fand, ging der EuGH von einer nicht ausreichenden Umsetzung aus. Eine zweite luxemburgische Norm enthielt zwar ein Verbot des absichtlichen Entnehmens von Eiern aus der Natur und den Besitz der Eier, dieses galt aber nur Arten, die in einem Anhang angeführt waren. In der Auflistung dieses Anhangs waren aber einige Arten nicht enthalten, die von Anhang IV Buchstabe a) der FFH-RL erfasst sind. So wurde auch diese zweite Norm als nicht ausreichend befunden. Die derzeit wohl maßgeblichste Leitentscheidung des EuGH842 auf dem Gebiet des Artenschutzes betrifft die Meeresschildkröte Caretta caretta, die auf der griechischen Insel Zakynthos beheimatet ist. In dieser Entscheidung wurde festgestellt, dass die Hellenische Republik dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art 12 Abs lit b und d verstoßen hat, dass nicht innerhalb der gesetzten Frist die Maßnahmen ergriffen wurden, die erforderlich sind, um ein strenges Schutzsystem für die Meeresschildkröte ____________________
837 838 839 840 841 842
Christl (FN 3) 95. Die Richtlinie spricht diesbezüglich auch von „notwendigen Maßnahmen“. Siehe Rödiger-Vorwerk (FN 62) 148. Wirths (FN 170) 217. EuGH Rs C-75/01, Slg 2003, I-1585, Rz 55 ff. EuGH Rs C-103/00, Slg 2002, I-01147.
Die Artenschutzbestimmungen in der FFH-RL
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Caretta caretta auf Zakynthos einzuführen, das für diese Art Störungen während der Fortpflanzungszeit sowie sonstige Aktivitäten, durch die ihre Fortpflanzungsstätten geschädigt oder zerstört werden können, verhindern soll. Konkret ging es dabei die Bucht Laganas, die ein wichtiges Gebiet für die Fortpflanzung der in Anhang IV Buchstabe a) genannten Schildkröte darstellt. Die wirtschaftliche Nutzung des Strandgebietes – es handelt sich dabei um die Errichtung von Zufahrtsstraßen, Infrastruktureinrichtungen wie Kioske, Zelte oder Parkplätze, das Befahren des Strands mit Mopeds, das Vorhandensein von Tretbooten und kleinen Booten im Meeresgebiet – führt dazu, dass die geschützte Art während des Legens und Ausbrütens der Eier sowie des Ausschlüpfens der jungen Schildkröten wie auch auf ihrem Weg zum Meer gestört wird. Da Griechenland nicht innerhalb der gesetzten Frist843 alle konkreten Maßnahmen ergriffen hat, die erforderlich sind, um die absichtliche Störung der Meeresschildkröte während der Fortpflanzungszeit sowie die Beschädigung oder Vernichtung ihrer Fortpflanzungsstätten zu verhindern, wurde der Klage der Kommission stattgegeben. Entscheidend ist nun die Frage, inwieweit die in diesem griechischen Fall aufgestellten Grundsätze auf mitteleuropäische Verhältnisse übertragbar sind. So sind erhebliche Auswirkungen und weitreichende Einschränkungen im Bereich der Landwirtschaft zu erwarten, wenn man sich vor Augen hält, dass durch Bewirtschaftungsmaßnahmen mögliche Störungen von Arten oder Beschädigungen von Fortpflanzungs- und Ruhestätten nicht ausgeschlossen sind. Die tatsächlichen Auswirkungen des Art 12 hängen nicht unwesentlich von der Auslegung einzelner Tatbestandselemente dieser Bestimmung ab. So ist etwa die Absichtlichkeit in Abs 1 für Wirths844 weit auszulegen, sodass auch Kenntnis und Wille der Verwirklichung der schädigenden Handlung ohne finale Intention erfasst ist. Nach der österreichischen Rechtordnung ist die Absicht eine besondere, verstärkte Form des Vorsat____________________
843 Im Vertragsverletzungsverfahren stützte die Hellenische Republik einen erheblichen Teil ihrer Schutzsätze auf eine nationale Norm von 1999, die jedoch erst nach Ablauf der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzten Frist von zwei Monaten erlassen wurde. Der Inhalt dieser Norm konnte daher nicht mehr in die Prüfung einbezogen werden, da bekanntlich nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH (Rs C-166/97, Slg 1999, I-1719 und Rs C-220/99, Slg 2001, I-05831) das Vorliegen einer Vertragsverletzung anhand jener Situation zu beurteilen ist, in der sich der Mitgliedstaat bei Ablauf der Frist, die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme festgesetzt wurde, befand und später eingetretene Änderungen nicht mehr berücksichtigt werden können. 844 Wirths (FN 170) 217.
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zes.845 Danach fordert die Absichtlichkeit jedenfalls ein zielgerichtetes846 Handeln. Folgt man dieser Interpretation, so wäre entgegen der Ansicht Wirths eine enge Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals geboten. Wie der Aufzählung in Art 12 Abs 1 zu entnehmen ist, handelt es sich bei den Verboten nach lit a bis c um absichtliche Handlungen, während bei der Beschädigung oder Vernichtung der Fortpflanzungs- und Ruhestätten das Tatbestandsmerkmal der Absichtlichkeit fehlt. Dem Wortlaut entsprechend kann der Schluss gezogen werden, dass somit auch fahrlässiges Beschädigen oder Vernichten zu ahnden ist.847 Im Ergebnis läuft die Wortlautinterpretation darauf hinaus, dass bei der Beschädigung oder Vernichtung der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten ein strengerer Maßstab als beispielsweise bei den Formen des Fangs oder der Tötung gilt848. Dies führt zu einem an sich vom Regelungszweck her nicht schlüssigen Ergebnis. Die Anknüpfung an den Aufbau des Art 12 Abs 1 lässt die Vermutung zu, dass es sich bei Regelung des lit d um ein legistisches Versehen handelt und das Tatbestandsmerkmal der Absichtlichkeit bloß vergessen wurde. Folgt man diesem Gedanken, muss meines Erachtens aber der Gemeinschaftsgesetzgeber tätig werden, denn eine Auslegung in diese Richtung steht mit dem Wortlaut der Bestimmung klar im Widerspruch. Dem Wortlaut des Art 12 Abs 1 kann entnommen werden, dass bei den Formen des Fangs und der Tötung nicht auf bestimmte Jagdzeiten abgestellt wird. Von einem umfassenden Schutz wird aber auch bei der Störung nach lit b ausgegangen werden können. Mit der gewählten Formulierung „insbesondere“ wird nämlich bloß festgelegt, dass die Mitgliedstaaten dem Schutz der Arten gegen Störung in diesen sensiblen Phasen verstärkte Aufmerksamkeit zu widmen haben. In Art 12 Abs 3 wird hiezu ausdrücklich normiert, dass sich die Verbote nach Abs 1 lit a und b sowie nach Abs 2 auf alle Lebensstadien der Tiere beziehen. Art 12 Abs 2 trägt den Mitgliedstaaten auf, für die in Anhang IV Buchstabe a) genannten Arten den Besitz, Transport, Handel oder den Aus____________________
845 Nach § 5 Abs 1 StGB handelt vorsätzlich, wer einen Sachverhalt verwirklichen will, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht (direkter Vorsatz). Vom Vorsatz ist auch der bedingte Vorsatz umfasst. Dieser liegt bereits vor, wenn der Täter die Verwirklichung des gesetzlichen Tatbildes „ernstlich für möglich hält und sich mit ihr abfindet“. Wenn eine österreichische Verwaltungsvorschrift schlechthin „Vorsatz“ verlangt, so kommen beide Formen des Vorsatzes in Betracht (Walter/Mayer, Grundriss des österreichischen Verwaltungsverfahrens 8 [2003], 386 f ). 846 Rödiger-Vorwerk (FN 62) 148. 847 Rödiger-Vorwerk (FN 62) 148. 848 So wäre etwa das unabsichtliche Töten einer Art im Gegensatz zum unabsichtlichen Beschädigen einer Fortpflanzungs- oder Ruhestätte nicht vom Verbot des Art 12 Abs 1 erfasst.
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tausch und das Angebot zum Verkauf oder Austausch von aus der Natur entnommenen Exemplaren zu verbieten. Hinsichtlich der Motive für dieses weitgehende Verwertungsverbot kann auf die Ausführungen zur entsprechenden Regelung in der VSchRL verwiesen werden.849 Begrenzt wird die gegenständliche Verbotsregelung einerseits durch die Einschränkung auf aus der Natur stammende Exemplare und andererseits zeitlich, da eine Ausnahme für jene Exemplare besteht, die vor Beginn der Anwendbarkeit der Richtlinie850 rechtmäßig entnommen wurde. Eine Schwierigkeit in der Umsetzung liegt nun darin, dass es zur Verwirklichung dieser Vorgaben einer nationalen Regelung bedarf, die einen Nachweis über die Herkunft der Tiere fordert, nachdem anhand eines Tierexemplars zumeist schwer festgestellt werden kann, ob dieses aus der Natur entnommen oder in Gefangenschaft aufgezogen worden ist.851 Art 12 Abs 2 war auch Gegenstand des vorhin zitierten EuGH Urteils gegen Luxemburg852. Die in Prüfung gestandene nationale Norm sah ein Verbot des Besitzes vollständig geschützter Tiere vor. Die Argumentation der luxemburgischen Regierung, wonach auch der Austausch dieser Tiere von diesem Verbot erfasst sei, da es nämlich nicht möglich wäre, etwas zu tauschen, was man nicht besitzen dürfe, wurde vom EuGH nicht akzeptiert. Dieser war der Ansicht, dass die gegenständliche Regelung nicht geeignet sei, den Austausch und das Angebot zum Austausch zu erfassen, weil die Begriffe Besitz einerseits und Austausch oder Angebot zum Austausch andererseits insbesondere angesichts der strafrechtlichen Sanktionen voneinander unabhängig sind. In Ergänzung zu den Verbotstatbeständen sieht Art 12 Abs 4 die Einrichtung eines Systems zur fortlaufenden Überwachung des unbeabsichtigten Fangs oder Tötens853 der in Anhang IV Buchstabe a) genannten Tierarten vor, um signifikante negative Auswirkungen auf die betreffenden Arten zu verhindern. Das Ziel liegt demnach in der konstanten Sicherung eines Erhaltungszustandes auf einem günstigen Niveau. Bei der Auswahl der erforderlichen Maßnahmen werden sich die Mitgliedstaaten daher an Art 2 Abs 2 zu orientieren haben.854 ____________________
849 850
Vgl hiezu das Handels- und Vermarktungsverbot nach Art 6 VSchRL. Die Anwendbarkeit der FFH-RL beginnt gemäß Art 23 Abs 1 (Ablauf der Umsetzungsfrist) mit 5. Juni 1994. 851 Rödiger-Vorwerk (FN 62) 149. 852 EuGH Rs C-75/01, Slg 2003, I-1585. 853 An sich zulässige Maßnahmen können nämlich auch den Fang oder die Tötung von Tieren zur Folge haben. Rödiger-Vorwerk (FN 62, 149) nennt hier beispielsweise den Fischfang mit Schleppnetzen, wobei der Einsatz von Netzen, die grundsätzlich oder nach ihren Anwendungsbedingungen nicht selektiv sind, ohnehin ausnahmslos verboten ist (Anhang VI Buchstabe a)). 854 Wirths (FN 170) 218.
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Zum Begriff „Auswirkung“ meint Rödiger-Vorwerk855, dass unter Berücksichtigung von Abs 1, der ein umfassendes Schutzsystem vorsieht, auch Auswirkungen auf die Fortpflanzungs- und Ruhestätten und solche auf unmittelbar auf einzelne Tierexemplare selbst wirkende fallen. Nicht davon umfasst sind allerdings Auswirkungen auf Lebensräume dieser Arten. Zum einen geht der Wortlaut des Abs 4 – dieser spricht lediglich von Auswirkungen auf Arten – in diese Richtung, zum anderen spricht die Regelungssystematik für diese Auslegung. Rödiger-Vorwerk weist aus meiner Sicht zu Recht auf die Differenzierung zwischen den Vorschriften zum Lebensraumschutz im Abschnitt „Erhaltung der natürlichen Lebensräume und Habitate der Arten“ und den Schutzmaßnahmen der Art 12 ff im Abschnitt „Artenschutz“ hin. In diesem Zusammenhang ist auch die Frage nach dem räumlichen Geltungsbereich der Artenschutzbestimmungen zu beantworten. In den Art 12 bis 16 findet sich keine Bezugnahme auf besondere Schutzgebiete. Vielmehr stellt Art 12 ausdrücklich auf das natürliche Verbreitungsgebiet ab. Dies lässt den Schluss zu, dass sich Art 12 und die übrigen Artenschutzbestimmungen auf das gesamte Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten erstrecken.856 Dieses Ergebnis deckt sich auch mit der oben angesprochenen Differenzierung zwischen Arten- und Gebietsschutz. Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass im Jahre 2002 von der Kommission eine Arbeitsgruppe zur Auslegung des Art 12 eingerichtet wurde. In Zusammenarbeit mit Vertretern der Mitgliedstaaten soll ein Leitfaden zur Interpretation dieser Bestimmung erstellt werden.857 Ein erster Themenschwerpunkt liegt dabei in der rechtlichen Definition der in Art 12 vorkommenden Begriffe, soweit diese für die Umsetzung relevant sind, wie etwa Absichtlichkeit, Verschlechterung oder Zerstörung. Ferner wird an einer fachlichen Definition von Begriffen wie Fortpflanzungs- und Ruhestätten, Überwinterungs-, Wanderungs-, Fortpflanzungs- und Aufzuchtszeiten und der Festlegung von fachlichen Kriterien für ihre Abgrenzung sowie möglicher Gefährdungspotentiale je nach Arten gearbeitet. Auch wird auf längere Sicht angestrebt, eine Anpassungsmöglichkeit für die Anhänge im Hinblick auf die Herausnahme von Arten mit einem günstigen Erhaltungszustand bzw die Aufnahme neuer Arten zu schaffen. Ua geht es dabei um das Verhältnis von Art 12 und Art 6 ____________________
855
Rödiger-Vorwerk (FN 62) 149. Näheres dazu bei Rödiger-Vorwerk (FN 62) 150; ebenso Wirths (FN 170) 217. 857 Derzeit (Stand: 1. Dezember 2004) liegt dieser Leitfaden noch nicht vor (http:// www.europa.eu.int / comm / environment / nature / nature_conservation / species_protection / specific_articles/art12/index_en.htm). 856
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hinsichtlich jener Arten, die sowohl in Anhang II als auch in Anhang IV Buchstabe a) aufgelistet sind. c) Art 13 – Schutzsystem für Pflanzenarten Inhaltlich und vom Aufbau her sehr ähnlich zu Art 12 enthält Art 13 die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um ein striktes Schutzsystem für die in Anhang IV Buchstabe b)858 aufgelisteten Pflanzenarten aufzubauen. Art 13 Abs 1 verbietet dabei konkret das absichtliche Pflücken, Sammeln, Abschneiden, Ausgraben oder Vernichten von Exemplaren solcher Pflanzen in den Verbreitungsräumen in der Natur. Untersagt ist ausdrücklich der Besitz, Transport, Handel oder Austausch und Angebot zum Verkauf oder zum Austausch von aus der Natur entnommenen Exemplaren solcher Pflanzen. Von diesem Verbot sind vor Beginn der Anwendbarkeit dieser Richtlinie rechtmäßig entnommene Exemplare ausgenommen.859 Um einen möglichst lückenlosen Schutz zu gewährleisten, gelten die genannten Verbote für alle Lebensstadien der Pflanzen. Bei genauer Betrachtung der gegenständlichen Regelung fällt auf, dass die unbeabsichtigte Zerstörung oder Entnahme von Pflanzen nicht vom Schutzsystem erfasst ist.860 Eine solche ist in der Praxis als Konsequenz von Vorhaben, die in die Natur eingreifen, durchaus denkbar. Bei Betroffenheit eines Schutzgebietes kommt in diesen Fällen Art 6 zur Anwendung. Außerhalb von Schutzgebieten bzw wenn keine Auswirkung auf ein solches zu erwarten ist, sind Maßnahmen, die zu einer unbeabsichtigten Vernichtung von Pflanzen führen, nicht verboten. Zu nennen ist hier beispielsweise das Düngen und Spritzen mit Pestiziden oder anderen Vernichtungsmitteln.861 Für den gezielten Einsatz von Pflanzenvernichtungsmitteln wird aus meiner Sicht allerdings die Absichtlichkeit und somit sehr wohl die Anwendbarkeit des Art 13 zu bejahen sein. Schwieriger gestaltet sich hingegen der Fall, wenn nicht selektive Pestizide zur Vernichtung nicht geschützter Arten zur Anwendung kommen und im Nebeneffekt auch geschützte ____________________
858 Der Anhang IV b) umfasst neben den dort angeführten Arten auch alle Pflanzenarten des Anhangs II b), außer den Bryophytes-Arten. Diese Verschränkung zwischen den Anhängen II und IV gibt es bei den Tierarten nicht. 859 Analog zu Art 12 wird auch hier eine Regelung über den Nachweis der Herkunft der Pflanzen erforderlich sein, um eine wirksame Vollziehung dieser Bestimmung zu ermöglichen. 860 Warum allerdings Rödiger-Vorwerk (FN 62, 151) hier vergleichend auf Art 12 Abs 3 (Bezugnahme auf alle Lebensstadien der Tiere) verweist, ist nicht ersichtlich. 861 Rödiger-Vorwerk (FN 62) 151.
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Die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie
Pflanzen zerstört werden. Hier hängt die Anwendung des Schutzregimes von der Auslegung des Begriffs der „Absichtlichkeit“ ab.862 Würde man beispielsweise der Ansicht von Wirths folgen, nach der Kenntnis und Wille der Verwirklichung der schädigenden Handlung ohne finale Intention umfasst ist, wäre die Anwendbarkeit des Art 13 zu bejahen. In der bereits erwähnten EuGH-Entscheidung gegen Luxemburg863 war auch Art 13 Abs 1 lit b Gegenstand. Dabei wurde eine nationale Norm, die zwar den Verkauf vollständig geschützter Pflanzen verbietet, jedoch nicht den Besitz, Austausch und Angebot zum Verkauf oder zum Austausch dieser Pflanzen untersagt, für nicht ausreichend befunden. Im zweiten Kritikpunkt wurde festgestellt, dass die in Prüfung stehende luxemburgische Regelung nicht geeignet ist, den gemäß Art 13 Abs 1 lit b geforderten Schutz auch für nicht heimische Arten zu gewährleisten.864 Mit ihrer Rüge die nicht ordnungsgemäßen Umsetzung von Art 13 Abs 2 – es ging dabei um die Auslegung der Begriffe „Pflanze“ und „Exemplar“ – ist die Kommission hingegen nicht durchgedrungen. d) Art 14 – Entnahme von Tier- und Pflanzenarten Wie bereits in der Einleitung erwähnt, unterliegen bestimmte Tierund Pflanzenarten einem weniger strengen Schutzregime. Gemäß Art 14 Abs 1 treffen die Mitgliedstaaten, sofern sie es aufgrund der Überwachung gemäß Art 11 für erforderlich halten, die notwendigen Maßnahmen, damit die Entnahme aus der Natur von Exemplaren der wildlebenden Tierund Pflanzenarten des Anhang V sowie deren Nutzung mit der Aufrechterhaltung eines günstigen Erhaltungszustandes vereinbar ist. Wie die Überschrift von Anhang V zeigt, handelt es sich dabei um Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse, deren Entnahme aus der Natur und Nutzung Gegenstand von Verwaltungsmaßnahmen865 sein kann. Zeigen die Ergebnisse der Überwachung nach Art 11,866 ____________________
862 863 864
Siehe die vorangehenden Erläuterungen. EuGH Rs C-75/01, Slg 2003, I-1585, Rz 68 ff. Auf die nicht heimischen Arten wird im zweiten Teil dieser Arbeit besonderes Augenmerk zu legen sein, nachdem sich die nationalen Artenschutzbestimmungen in der Vergangenheit erfahrungsgemäß auf heimische Arten beschränkt haben. 865 Rödiger-Vorwerk (FN 62, 152) versucht eine gemeinschaftskonforme Auslegung und kommt zum Ergebnis, dass der Begriff nur eine inhaltliche Regelung der zu treffenden Maßnahmen vorgibt und sich nicht auf die Art und Weise der Festlegung der Voraussetzungen im Rahmen der mitgliedstaatlichen Rechtsordnung bezieht. Bei der Fixierung der Maßnahmen werden die Mitgliedstaaten normative Festlegungen zu treffen haben, um den Anforderungen des EuGH zu entsprechen. In Österreich kommen hier die Verordnung und das Gesetz in Frage. 866 Mit diesem Verweis stellt Art 14 eine Verbindung zum Lebensraumschutz her (Rödiger-Vorwerk, FN 62, 152).
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dass die Entnahme und Nutzung dieser Tier- und Pflanzenarten einer Regelung bedarf, um einen günstigen Erhaltungszustand aufrecht zu erhalten, so sind die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Eine Aufzählung solcher möglicher Maßnahmen findet sich in Art 14 Abs 2867. Die vorzuschreibenden Maßnahmen sollen garantieren, dass trotz der Entnahme oder Nutzung der Tier- und Pflanzenarten ein günstiger Erhaltungszustand gewahrt bleibt. Nach Ansicht der Kommission handelt es sich bei Art 14 nicht um eine fakultative Bestimmung,868 sondern enthalte diese eine bedingungslose Verpflichtung zur Überwachung der in Anhang V genannten Arten verbunden mit einer Verpflichtung, alle Maßnahmen zu treffen, um die Bestandserhaltung dieser Arten in einem günstigen Erhaltungszustand zu gewährleisten, falls es die zuständigen Behörden für erforderlich hielten, dh, wenn sich aus der Überwachung ergebe, dass der Erhaltungszustand dieser Arten ohne derartige Maßnahmen bedroht wäre.869 Im Hinblick auf die Umsetzung der Richtlinie haben die Mitgliedstaaten einen rechtlichen Rahmen zu schaffen, der ein Reagieren auf das Überwachungsergebnis ermöglicht. Andererseits kann die Überwachung auch zum Ergebnis führen, dass keine Maßnahmen zu treffen sind. In diesen Fällen wäre die Nutzung und Entnahme von Anhang V Arten ohne die Beschränkungen nach Art 14 Abs 2 zulässig. Im Zuge der Erläuterungen zur Umsetzung der Artenschutzbestimmungen der Richtlinie in Österreich wird auf die Unterschiede zwischen den Anhängen IV und V sowie den nationalen Artenlisten eingegangen. ____________________
867 Vorschriften bezüglich des Zugangs zu bestimmten Bereichen, das zeitlich oder örtlich begrenzte Verbot der Entnahme von Exemplaren aus der Natur und der Nutzung bestimmter Populationen, die Regelung der Entnahmeperioden und/oder -formen, die Einhaltung von dem Erhaltungsbedarf derartiger Populationen Rechnung tragenden waidmännischen oder fischereilichen Regeln bei der Entnahme von Exemplaren, die Einführung eines Systems von Genehmigungen für die Entnahme oder von Quoten, die Regelung von Kauf, Verkauf, Feilhalten, Besitz oder Transport zwecks Verkauf von Exemplare, das Züchten in Gefangenschaft von Tierarten sowie die künstliche Vermehrung von Pflanzenarten unter streng kontrollierten Bedingungen, um die Entnahme von Exemplaren aus der Natur zu verringern, die Beurteilung der Auswirkungen der ergriffenen Maßnahmen. 868 Vgl EuGH Rs C-75/01, Slg 2003, I-1585, Rz 78 ff. 869 Bei Christl (FN 3, 96) heißt die Überschrift zu Art 14 „Fakultative Managementmaßnahmen“. Die Bezeichnung „fakultativ“ erscheint nicht gänzlich falsch. Der EuGH geht nämlich davon aus, dass Maßnahmen zu treffen sind, falls es die Behörden für erforderlich halten, also das Überwachungsergebnis dies fordere. Die Verpflichtung ist daher sehr wohl von einer Bedingung abhängig. Allerdings nimmt Wirths (FN 170) zu Recht eine Ermessensreduzierung auf Null an, wenn die Überwachung der betreffenden Arten nach Art 11 ergibt, dass zu diesem Zweck Verwaltungsmaßnahmen notwendig sind.
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e) Art 15 – Zulässige Fang- und Tötungsmethoden Wiederum ähnlich zur VSchRL sieht auch die FFH-RL eine Beschränkung der zulässigen Fang- und Tötungsmethoden vor. Art 15 nimmt dabei Bezug auf den Fang oder das Töten der in Anhang V Buchstabe a) genannten wildlebenden Tierarten sowie auf die Fälle, in denen Ausnahmen gemäß Art 16 für die Entnahme, den Fang oder die Tötung der in Anhang IV Buchstabe a) genannten Arten gemacht werden. Die Gemeinschaft verbietet hiebei grundsätzlich den Gebrauch aller nicht selektiven Geräte, durch die das örtliche Verschwinden von Populationen dieser Tierarten hervorgerufen wird oder sie schwer gestört werden könnten.870 Zusätzlich zu dieser allgemeinen Einschränkung wird auf den Anhang VI verwiesen, der unter Buchstabe a) verbotene Fang- und Tötungsgeräte sowie unter Buchstabe b) verbotene Transportmittel nennt.871 In der nun bereits mehrfach zitierten EuGH-Entscheidung gegen Luxemburg872 wurde eine nicht ordnungsgemäße Umsetzung des Art 15 festgestellt, weil ein großherzoglicher Erlass die Beseitigung der in Anhang V Buchstabe a) angeführten Arten wie Marder und Iltis durch Begasen der Bauten und durch Fallen zulässt, ohne dass diese selektiv sein müssten.873 Die erfolgte Umsetzung der zulässigen Fang- und Tötungsmethoden in Österreich wird im Rahmen der Erläuterungen zum Salzburger Naturschutz- und Jagdgesetz näher untersucht. f) Art 16 – Ausnahmeregelungen Analog zu Art 9 VSchRL sieht auch die FFH-RL in Art 16 eine Ausnahmeregelung von den artenschutzrechtlichen Verboten vor. Gemäß Art 16 können die Mitgliedstaaten von den Bestimmungen der Art 12, 13 und 14874 sowie Art 15 Buchstabe a) und b)875 abweichen, sofern es ____________________
870 Durch die Verwendung des Konjunktivs wird klargestellt, dass das Verbot bereits bei einem potentiell möglichen örtlichen Verschwinden von Populationen oder einer potentiell möglichen schweren Störung gilt. Auch greift das Verbot bereits, wenn negative Auswirkungen auf lokale Populationen hervorgerufen werden können und nicht erst dann, wenn der europaweite Erhaltungszustand einer Population in Gefahr ist (Rödiger-Vorwerk, FN 62, 155) 871 Durch die Verwendung des Begriffs „insbesondere“ ist von einer demonstrativen Aufzählung auszugehen. 872 EuGH Rs C-75/01, Slg 2003, I-1585, Rz 82 ff. 873 Das Begasen und nicht selektive Fallen sind in Anhang VI Buchstabe a) ausdrücklich angeführt. 874 Nach Wirths (FN 170) bezieht sich die Ausnahme in Bezug auf Art 14 nur auf die Entscheidung, ob Erhaltungsmaßnahmen getroffen werden müssen, nicht hingegen auf ein Abweichen von den Regelbeispielen des Art 14 Abs 2. Ist eine Ausnahme vom „ob“ nicht möglich und sind somit Maßnahmen zu treffen, so kann auf der Grundlage des Art 16
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keine anderweitige zufrieden stellende Lösung gibt und die Populationen der betroffenen Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz der Ausnahmeregelung ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen. Anschließend an diese beiden Tatbestandsmerkmale werden in lit a bis e explizit die fünf Gründe angeführt, die eine Ausnahme rechtfertigen können. Wird eine Ausnahme nach Art 16 beantragt, ist im ersten Schritt zu prüfen, ob sich deren Zweck in den taxativ aufgezählten Ausnahmegründen nach lit a bis e876 wieder findet. Inhaltlich decken sich diese Tatbestände weitgehend mit jenen der VSchRL. Zu lit b ist anzumerken, dass hier im Gegensatz zur VSchRL, die nur land- und forstwirtschaftliche Schutzgüter enthält, auch alle sonstigen Formen des Eigentums umfasst sind.877 In der Regel wird zwar land- und forstwirtschaftliches Eigentum von den Schäden betroffen sein, ausgeschlossen ist allerdings eine Betroffenheit von beispielsweise privaten Haus- und Grundeigentümern oder Gewerbebetrieben nicht. In diesen Fällen wäre eine Ausnahme für Tiere und Pflanzen nach der FFH-RL möglich, für Vögel nach der VSchRL hingegen nicht. Im Sinne einer einheitlichen Auslegung der VSchRL und FFH-RL wird den „ernsten Schäden“ der FFH-RL derselbe Umfang wie den „erheblichen“ Schäden der VSchRL beizumessen sein. Lit c wurde im Verhältnis zur VSchRL ergänzt um die positiven Folgen für die Umwelt und die anderen zwingenden Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher ____________________
nicht über den Inhalt – also Abs 2 – disponiert werden. Eine Ausnahme nach Art 16 wird für Art 14 ohnehin nur dann notwendig sein, wenn aufgrund der Überwachung nach Art 11 Maßnahmen erforderlich sind. 875 Die mögliche Ausnahme bezieht sich in diesem Fall auf die in Anhang VI lit a und b genannten Fang- und Tötungsgeräte sowie Transportmittel. Das grundsätzliche Verbot nichtselektiver Geräte ist gemäß dem Wortlaut des Art 15 auch im Rahmen von Art 16 genehmigten Ausnahmen einzuhalten. Dies bedeutet aber auch, dass die in Anhang VI lit a genannten, nichtselektiven Geräte auch über Art 16 nicht eingesetzt werden können. 876 Gemäß lit a zum Schutz der wildlebenden Tiere und Pflanzen und zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume, lit b zur Verhütung ernster Schäden insbesondere an Kulturen und in der Tierhaltung sowie an Wäldern, Fischgründen und Gewässern sowie an sonstigen Formen von Eigentum, lit c im Interesse der Volksgesundheit und der öffentlichen Sicherheit aus anderen Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art oder positiver Folgen für die Umwelt, lit d zu Zwecken der Forschung und des Unterrichts, der Bestandsauffüllung und Wiederansiedlung und der für diese Zwecke erforderlichen Aufzucht, einschließlich der künstlichen Vermehrung von Pflanzen, lit e um unter strenger Kontrolle, selektiv und in beschränktem Ausmaß die Entnahme oder Haltung einer begrenzten und von den zuständigen einzelstaatlichen Behörden spezifizierten Anzahl von Exemplaren bestimmter Tier- und Pflanzenarten des Anhangs IV zu erlauben. 877 Mit diesem Ausnahmegrund wird dem grundrechtlichen Schutz des Privateigentums im Gemeinschaftsrecht Rechnung getragen (Wirths, FN 170, 220).
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Art. Analog zur Verträglichkeitsprüfung nach Art 6 Abs 3 und 4 wird das Vorliegen von zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses erst nach Durchführung einer Interessensabwägung festgestellt werden können. Ebenfalls analog zu Art 6 Abs 4 erfolgte die Öffnung der Ausnahmetatbestände für wirtschaftliche und soziale Interessen. Im Hinblick auf die streng zu schützenden Anhang IV Arten erscheint diese faktische Lockerung des Schutzregimes bedenklich. Der Gemeinschaftsgesetzgeber hat mit den streng zu schützenden Arten bereits eine Wertung zugunsten des Naturschutzes vorgenommen.878 Mit der möglichen Geltendmachung wirtschaftlicher und sozialer Belange wird gegen diese Wertung verstoßen. Insbesondere wird ein Wertungswiderspruch in jenen Fällen gesehen, in denen Arten sowohl als prioritär in Anhang II also auch in Anhang IV aufgelistet sind,879 da sich hier Unterschiede im Schutzniveau ergeben, je nachdem ob es sich bei der Störung um gebietsbezogene oder gegen einzelne Exemplare dieser Arten gerichtete Maßnahmen handelt. Im Ergebnis bedeutet dies, dass in diesen Fällen den prioritären Schutzgebieten ein höheres Schutzniveau zu Teil wird als dem Artenschutz prioritärer Spezien. Der Ausnahmetatbestand der lit e ist Art 9 Abs 1 lit c VSchRL nachgebildet und ähnlich schwierig auszulegen. Während nämlich die vorangehenden Ausnahmetatbestände der lit a bis d konkrete Interessen bzw Ziele zum Inhalt haben, hat lit e bloß die Entnahme oder Haltung von Exemplaren des Anhangs IV zum Gegenstand. Eine Einschränkung auf den Zweck der Entnahme oder die Haltung ist dem Wortlaut von lit e nicht zu entnehmen. Wofür also die Entnahme oder Haltung erfolgt, wird von der Richtlinie nicht vorgeschrieben. Wohl als Ersatz für die fehlenden materiellen Vorgaben enthält der gegenständliche Ausnahmetatbestand formelle Bestimmungen. So muss die Entnahme und Haltung selektiv und in beschränktem Ausmaß erfolgen und darf nur eine begrenzte und spezifizierte Anzahl umfassen. Zudem ist eine strenge Kontrolle erforderlich. Liegt nun ein Tatbestand aus lit a bis e vor, ist zu prüfen, ob es nicht eine Alternative zur beantragten Ausnahme gibt. Bezüglich des Rahmens der Prüfung von Alternativen wird grundsätzlich ähnliches gelten wie bei Art 9 VSchRL880 und Art 6 Abs 3 FFH-RL881. So wurde vom EuGH882 ____________________
878
Wirths (FN 170) 220 ff. So sind beispielsweise Wolf (canis lupus) und Braunbär (ursus arctos) prioritäre Arten nach Anhang II und gleichzeitig in Anhang IV aufgeführt. 880 EuGH Rs 236/85, Slg 1987, 3989 ff, Rz 13; EuGH Rs 262/85, Slg 1987, 3073 ff, Rz 39. 879
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eine luxemburgische Regelung, die Ausnahmen zu wissenschaftlichen Zwecken oder aus Gründen des öffentlichen Interesses ohne Prüfung ermöglichte, ob es eine anderweitige zufrieden stellende Lösung gibt, als nicht richtlinienkonform erkannt. Kumulativ zum Fehlen einer anderweitigen zufrieden stellenden Lösung ist eine Abweichung vom Artenschutzregime nur zulässig, wenn die Populationen der betroffenen Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz der Ausnahmeregelung ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand verbleiben. Im Gegensatz zu Art 9 VSchRL ist mit diesem Kriterium die Erteilung einer Ausnahme erst nach einer fachlichen Prüfung der Auswirkungen möglich. Der günstige Erhaltungszustand der Population bildet somit eine Schranke bei der zu treffenden Entscheidung. Gemäß Art 16 Abs 2 legen die Mitgliedstaaten der Kommission alle zwei Jahre einen Bericht über die erteilten Ausnahmen vor, um eine gemeinschaftliche Kontrolle zu ermöglichen.883 Die Form des Berichts richtet sich nach einer vom FFH-Ausschuss ausgearbeiteten Vorlage. Die inhaltlichen Vorgaben des Berichts finden sich in Art 16 Abs 3. Die Kommission nimmt zu diesem Bericht innerhalb von zwölf Monaten Stellung und unterrichtet darüber den FFH-Ausschuss. g) Art 22 – Wiederansiedlungsmaßnahmen Der Art 22 wurde zwar – bezogen auf den systematischen Aufbau der Richtlinie – nicht beim Artenschutz angesiedelt, inhaltlich besteht jedoch ein enger Zusammenhang zu den Art 12 bis 16, weshalb die Bestimmung auch an dieser Stelle erläutert werden soll. Unter Art 22 lit a wird die Wiederansiedelung heimischer Arten des Anhangs IV geregelt. Die Mitgliedstaaten haben dabei die Zweckdienlichkeit der Wiederansiedlung zu prüfen, wenn diese Maßnahme zur Erhaltung der Anhang IV Arten beitragen könnte, vorausgesetzt, eine Untersuchung hat unter Berücksichtigung ua der Erfahrungen der anderen Mitgliedstaaten oder anderer Betroffener ergeben, dass eine solche Wiederansiedlung wirksam zur Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes der betreffenden Art beiträgt. Des Weiteren hat vor der Wiederansiedlung eine entsprechende Konsultierung der betroffenen Bevölkerungskreise zu erfolgen. ____________________
881
Siehe dazu die Ausführungen unter 3.c)dd)ggg)bbbb). EuGH Rs C-75/01, Slg 2003, I-1585, Rz 87. 883 Wagner, Der Entwurf der Richtlinie „Fauna, Flora, Habitat“ der Europäischen Gemeinschaft (88/C 247/03), NuR 1990, 400. 882
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Lit b wiederum trägt den Mitgliedstaaten eine Regelungspflicht bezüglich der absichtlichen Ansiedlung nicht heimischer Arten in der Natur in ihrem Hoheitsgebiet auf. Dabei ist sicherzustellen, dass weder die natürlichen Lebensräume in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet noch die einheimischen wildlebenden Tier- und Pflanzenarten geschädigt werden. Die Mitgliedstaaten können eine Ansiedlung verbieten, wenn sie es für notwendig erachten. Über die Ergebnisse der Bewertungsstudie wird der FFH-Ausschuss unterrichtet. Den Mitgliedstaaten ist hinsichtlich der Wiederansiedelung heimischer Tier- und Pflanzenarten grundsätzlich ein breites Ermessen eingeräumt.884 Legt man Art 22 lit a allerdings im Sinne von Art 2 Abs 2885 aus, ergibt sich eine Ermessensreduzierung auf Null und damit eine mitgliedstaatliche Pflicht, Wiederansiedlungsmaßnahmen zu ergreifen, wenn diese das einzige Mittel darstellen, eine bestimmte vom Aussterben bedrohte Art zu erhalten. Art 22 beschränkt sich – zumindest dem Wortlaut nach – auf die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes. Wiederansiedlungsmaßnahmen zum Zwecke der Erhaltung eines günstigen Erhaltungszustandes sind offensichtlich nicht umfasst. Hinsichtlich des Ermessenspielraumes ist ferner zu betonen, dass sich die Wiederansiedlung heimischer Arten auf solche beschränkt, die in Anhang IV aufgeführt sind. Rödiger-Vorwerk886 geht davon aus, dass die Wiederansiedlung heimischer Arten nur bei solchen Tier- und Pflanzenarten zugelassen ist, die besonders gefährdet sind und daher dem strengen Schutzregime des Anhangs IV unterliegen. Für die übrigen Tier –und Pflanzenarten käme demnach eine Wiederansiedlung gar nicht in Frage. Dieses Interpretationsergebnis gilt vor allem im Hinblick auf Art 22 lit b zu hinterfragen. Demnach dürften beispielsweise heimische Arten, die in Anhang II oder in gar keinem der Anhänge der FFH-RL aufgeführt sind, nicht wiederangesiedelt werden, während eine Ansiedlung von nicht heimischen Arten nach entsprechender Prüfung grundsätzlich möglich ist. Ein sinnwidriges Ergebnis, wenn man bedenkt, dass die Einbringung nicht heimischer Arten grundsätzlich einen wesentlich schwereren Eingriff als die Wiederansiedlung heimischer Arten darstellt. Demzufolge kann Art 22 lit a nicht als absolute Verbotsbestimmung zu verstehen sein. Geregelt wird hier die Wiederansiedlung von besonders gefährdeten Ar____________________
884
Wirths (FN 170) 222. Art 2 Abs 2: Die aufgrund dieser Richtlinie getroffenen Maßnahmen zielen darauf ab, einen günstigen Erhaltungszustand der natürlichen Lebensräume und wildlebenden Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse zu bewahren oder wiederherzustellen. 886 Rödiger-Vorwerk (FN 62) 159. 885
Die weiteren Bestimmungen der FFH-RL
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ten, die in Anhang IV angeführt sind. Aus dieser Regelung im Umkehrschluss einen umfassenden Verbotstatbestand abzuleiten, ist nicht nahe liegend.887 Aber zurück zu den inhaltlichen Vorgaben des Art 22 lit a: Ob die Wiederansiedlung zur Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes geeignet ist, muss im Vorhinein untersucht werden, wobei im Besonderen die Erfahrungen der anderen Mitgliedstaaten oder anderer Betroffener zu berücksichtigen sind. Die geforderte vorherige Konsultierung betroffener Bevölkerungskreise wird in erster Linie bei der Wiederansiedelung gefährlicher Tiere wie Wolf oder Bär relevant sein. Der Begriff „Bevölkerungskreise“ ist weiter zu verstehen als die üblicherweise verwendeten Bezeichnungen „Grundeigentümer“ oder „Nutzungsberechtigte“. Neben Viehzüchtern, Jägern oder Fischern wird womöglich auch die Zivilbevölkerung betroffen und somit zu hören sein. Inwieweit die Position der Bevölkerung für die entscheidende Behörde verbindlich ist, wird in der Richtlinie nicht ausdrücklich geregelt. Inhaltlich wird sich die Behörde mit allfälligen Vorbehalten jedenfalls auseinander zu setzen und eine mögliche Nichtberücksichtigung entsprechend zu begründen haben. Bezüglich der absichtlichen Ansiedlung nichtheimischer Arten ist hervorzuheben, dass hier keine Konsultation der betroffenen Bevölkerungskreise erforderlich ist, sondern nur eine naturschutzfachliche Beurteilung, ob die einheimische Flora und Fauna durch die Einbürgerung gestört wird. Eine Möglichkeit für diese unterschiedliche Ausgestaltung der Tatbestandsvoraussetzungen könnte darin bestehen, dass die Reduzierung bestimmter einheimischer Tier- und Pflanzenarten die gezielte, beabsichtigte Folge land- und forstwirtschaftlicher Maßnahmen ist, die dazu beitragen sollen, die Erträge zu sichern.888 Andererseits ist aber auch bei der Einbürgerung nicht heimischer Arten eine Beeinträchtigung land- und forstwirtschaftlicher Interessen grundsätzlich möglich. Eine sachliche Rechtfertigung für die vorgesehene Unterscheidung ist daher nicht erkennbar.
5. Die weiteren Bestimmungen der FFH-RL a) Art 17 – Information Neben dem Lebensraum- und Artenschutz sieht die FFH-RL Bestimmungen vor, die der effektiven Umsetzung der Richtlinie dienen. Art 17 ____________________
887 Die gegenständliche Thematik kommt neuerlich im Rahmen der Umsetzung des Art 22 FFH-RL im Salzburger Naturschutzgesetz zur Sprache. 888 Rödiger-Vorwerk (FN 62) 159.
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Die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie
schreibt ähnlich wie Art 12 VSchRL eine Berichtspflicht der Mitgliedstaaten an die Kommission vor. Alle sechs Jahre wird über die im Rahmen dieser Richtlinie durchgeführten Maßnahmen informiert. Die Form des Berichts stimmt mit dem vom FFH-Ausschuss aufgestellten Modell überein. Die Kommission fasst ihrerseits die eingelangten Informationen zu einem Gesamtbericht zusammen. Dieser hat eine Bewertung der erzielten Fortschritte, vor allem im Hinblick auf die Verwirklichung der in Art 3889 aufgeführten Ziele, zu enthalten. Die Mitgliedstaaten werden bei der Erstellung des Berichtes von der Kommission eingebunden. Nach Fertigstellung wird er veröffentlicht und den Mitgliedstaaten, dem Europäischen Parlament, dem Rat und dem Wirtschafts- und Sozialausschuss zugeleitet. Ebenfalls in Art 17 ist die Kennzeichnung der FFH-Gebiete geregelt. Vom FFH-Ausschuss werden hiezu eigens Gemeinschaftsschilder ausgearbeitet, die von den Mitgliedstaaten verwendet werden können. b) Art 18 – Forschung Im Hinblick auf die Verwirklichung der Ziele nach Art 2 und der Verpflichtungen nach Art 11 fördern die Mitgliedstaaten und die Kommission die erforderliche Forschung und die notwendigen wissenschaftlichen Arbeiten. Zur Koordinierung der Forschung zwischen den Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft ist ein Informationsaustausch vorgesehen. Besondere Aufmerksamkeit soll jenen wissenschaftlichen Arbeiten gewidmet werden, die zur Durchführung der Art 4890 und 10891 erforderlich sind. Auch soll eine Förderung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Forschung stattfinden. c) Art 19 bis 21 – Änderung der Anhänge und FFH-Ausschuss Art 19 regelt mögliche Änderungen der Anhänge der FFH-RL. Bei den Änderungen handelt es sich um solche, die aufgrund des wissenschaftlichen und technischen Fortschritts erforderlich sind. Die Änderungen der Anhänge I, II, III, V und VI werden vom Rat auf Vorschlag der Kommission mit qualifizierter Mehrheit beschlossen, während für Änderungen des Anhangs IV Einstimmigkeit gefordert ist. ____________________
889 Art 3 sieht die Errichtung eines kohärenten europäischen ökologischen Netzes besonderer Schutzgebiete mit der Bezeichnung Natura 2000 vor. 890 Art 4 regelt die Errichtung des Schutzgebietsnetzes. 891 Art 10 schreibt den Mitgliedstaaten vor, im Rahmen ihrer Landnutzungs- und Entwicklungspolitik die Pflege von Landschaftselementen zur Verbesserung der ökologischen Kohärenz von Natura 2000 zu fördern.
Die weiteren Bestimmungen der FFH-RL
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Wie in den bisherigen Ausführungen zur FFH-RL bereits mehrfach angeklungen, wird die Kommission von einem Ausschuss unterstützt, der sich aus Vertretern der Mitgliedstaaten zusammensetzt und in dem ein Vertreter der Kommission den Vorsitz führt. Der Vertreter der Kommission unterbreitet dem aus einem Expertengremium bestehenden Ausschuss einen Entwurf der zu treffenden Maßnahmen. Die beabsichtigten Maßnahmen werden von der Kommission erlassen, wenn sie mit der Stellungnahme des Ausschusses übereinstimmen. Ist hingegen keine Übereinstimmung gegeben oder liegt keine Stellungnahme vor, so unterbreitet die Kommission dem Rat unverzüglich einen Vorschlag für die zu treffenden Maßnahmen, wobei der Rat mit qualifizierter Mehrheit zu beschließen hat. Fasst auch der Rat keinen fristgerechten Beschluss, werden die vorgeschlagenen Maßnahmen von der Kommission erlassen. Mit Art 20 und 21 werden Durchführungsbefugnisse vom Rat auf die Kommission übertragen. Die Rechtsgrundlage hiezu findet sich in Art 145 Abs 3 EG.892
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892
Rödiger-Vorwerk (FN 62) 63.
III. Die Umsetzung von Natura 2000 in Österreich A. Einleitung Nach der ausführlichen Beschreibung der beiden Richtlinien wird im Folgenden auf die Umsetzung im innerstaatlichen Recht eingegangen. Analog zu den bisherigen Ausführungen kommt auch hier den Bestimmungen zum Gebietsschutz sowie den Artenschutzregelungen besondere Bedeutung zu. Konkret soll geprüft werden, inwieweit eine Anpassung der nationalen Bestimmungen an die Vorgaben der beiden Richtlinien erfolgt ist. Der Schwerpunkt der Umsetzung findet im Landesrecht statt. Aufgrund der hohen Zahl der betroffenen, österreichischen Landesgesetze beschränkt sich die folgende Untersuchung auf das Bundesland Salzburg. Einer genaueren Betrachtung ist dabei das Naturschutzrecht zu unterziehen. Ein weiterer Schwerpunkt betrifft das Jagdrecht, vor allem im Hinblick auf die Umsetzung der Artenschutzbestimmungen. Ferner werden auf dem Gebiet der Landesgesetzgebung das Fischereirecht sowie die Raumordnung untersucht mit dem Ziel festzustellen, inwieweit hier Änderungen bereits erfolgt bzw noch erforderlich sind. Betreffend die Bundesgesetzgebung wird exemplarisch das Forstgesetz zu untersuchen sein. Hier geht es in erster Linie um die Prüfung der Vereinbarkeit bestimmter forstrechtlicher Bestimmungen mit den Vorgaben der beiden Richtlinien und um die Frage, ob die forstlichen Raumpläne der Bewilligungspflicht gemäß Art 6 Abs 3 und 4 FFH-RL unterliegen. Bezüglich des Prüfungsablaufes soll so vorgegangen werden, dass durch die enge inhaltliche Verzahnung der beiden Richtlinien der Umsetzungsbedarf getrennt nach Materiengesetzen untersucht wird.
B. Allgemeines zur Umsetzung von Richtlinien Gemäß Art 249 Abs 3 EG sind die Adressaten von Richtlinien die Mitgliedstaaten. Sie bedürfen daher regelmäßig einer Umsetzung in nationales Recht durch die zuständigen innerstaatlichen Stellen.893 Auf die ____________________
893 Richtlinien sind für Mitgliedstaaten „hinsichtlich des zu erreichenden Zieles verbindlich, überlassen jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und Mittel ihrer Durchführung“. Sie sind damit mit Grundsatzgesetzen vergleichbar (Öhlinger, FN 664, 84).
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Allgemeines zur Umsetzung von Richtlinien
Möglichkeit der Direktwirkung von Richtlinien wurde im Zuge der Ausführungen zu Art 4 VSchRL bereits hingewiesen. Diese stellt jedoch nur eine „Mindestgarantie“ dar. Sie kann daher keinem Mitgliedstaat als Rechtfertigung dafür dienen, dass er sich der Verpflichtung entzieht, rechtzeitig zur Erreichung des Zieles der Richtlinie geeignete Durchführungsmaßnahmen zu ergreifen.894 Konkretisiert wird die Umsetzungsverpflichtung auch in der VSch- und FFH-RL selbst. So trägt etwa Art 23 Abs 1 FFHRL den Mitgliedstaaten die Erlassung der erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften auf, um der Richtlinie binnen zwei Jahren nach ihrer Bekanntgabe nachzukommen. Im Folgenden wird ein kurzer Überblick über die allgemeinen Grundsätze zur Umsetzung von Richtlinien gegeben.
1. Zuständige innerstaatliche Stelle In einem Bundesstaat wie Österreich stellt sich zunächst die Frage, in wessen Kompetenz die Richtlinienumsetzung fällt. Der EuGH stellt es nämlich den Mitgliedstaaten frei, die Kompetenzen innerstaatlich so zu verteilen, wie sie es für zweckmäßig halten und eine Richtlinie mittels Maßnahmen durchzuführen, die von regionalen und örtlichen Behörden getroffen werden.895 Wer für die legistische Umsetzung und die Vollziehung der Richtlinienbestimmungen zuständig ist, hat somit das innerstaatliche Recht zu regeln. Folglich ist die innerstaatliche Kompetenzverteilung insofern gemeinschaftsrechtlich irrelevant, als sich der Gesamtstaat im Außenverhältnis, also gegenüber der Gemeinschaft, nicht mit dem Hinweis auf die verfassungsrechtliche Zuständigkeit staatlicher Untergliederungen dem Vorwurf der Verletzung seiner Umsetzungsverpflichtung entziehen kann.896 Der Hinweis auf Schwierigkeiten, die sich aus der innerstaatlichen Kompetenzverteilung ergeben,897 können nicht als Rechtfertigung für die verspätete Umsetzung einer Richtlinie herangezogen werden.898 Hinsichtlich der innerstaatlichen Zuständigkeit verweist Art 23d Abs 5 B-VG auf die bundesstaatliche Kompetenzverteilung.899 So besteht beispielsweise eine ausschließliche Zuständigkeit der Länder zur Umsetzung ____________________
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Potacs/Öhlinger (FN 85) 96. EuGH Rs C-131/88, Slg 1991, I-825, Rz 71. EuGH Rs C-302/97, Slg 1999, I-3099, Rz 62. Solche Schwierigkeiten können sich ergeben, wenn der Inhalt einer Richtlinie nicht eindeutig einer bestimmten Kompetenzregelung zugeordnet werden kann. 898 EuGH Rs 134/86, Slg 1987, 2415, Rz 6 f. 899 Vgl dazu Öhlinger, Art 23d B-VG in Korinek/Holoubek, Österreichisches Bundesverfassungsgesetz, Rz 23 ff.
Wahl der Rechtsform
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von Richtlinien in Angelegenheiten, die unter Art 15 Abs 1 B-VG fallen. Erfüllt ein Land seine Umsetzungsverpflichtung nicht rechtzeitig, geht die Zuständigkeit zur Erlassung einer Durchführungsregelung – in Abweichung zur Art 16 Abs 4 B-VG – nicht sofort auf den Bund über, sondern erst nachdem ein Urteil des EuGH in einem Vertragsverletzungsverfahren dies festgestellt hat.900
2. Wahl der Rechtsform Wie bereits voranstehend erwähnt, überlässt Art 249 Abs 3 EG den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und Mittel. Ähnlich wie in der vorhin erörterten Zuständigkeitsfrage ist hinsichtlich der Form, in der Richtlinien in verbindliche Vorschriften umgesetzt werden, das nationale (Verfassungs-)Recht maßgeblich. Eingeschränkt wird diese Wahlfreiheit durch die vom EuGH schon früh formulierte Vorgabe, dass diejenigen Formen und Mittel zu wählen sind, die sich zur Gewährleistung der praktischen Wirksamkeit (effet utile) der Richtlinien unter Berücksichtigung des mit ihnen verfolgten Zwecks am besten eignen.901 Aus dieser sehr zielorientierten Formulierung lässt sich ein nicht unerheblicher Spielraum für die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung von Richtlinien ableiten. Aufgrund der unterschiedlichen Rechtssysteme innerhalb der Gemeinschaft wären detaillierte formelle Vorgaben auch nicht praktikabel. In einem engen Zusammenhang mit dem Grundsatz der Effektivität steht ferner das Kriterium der Rechtssicherheit. Der EuGH hat hiezu klargestellt, dass eine bloße Verwaltungspraxis, die die Verwaltung naturgemäß beliebig ändern kann und die nur unzureichend bekannt ist, nicht als eine rechtswirksame Erfüllung der Verpflichtungen aus dem EG-Vertrag angesehen werden kann.902 Die Anpassung der Verwaltungspraxis genügt auch dann nicht, wenn sie auf einer generellen Weisung (Erlass) oder einem Rundschreiben beruht.903 Andererseits verlangt die Umsetzung einer Richtlinie nach der Rechtsprechung des EuGH nicht notwendigerweise in jedem Mitgliedstaat ein Tätigwerden des Gesetzgebers.904 Näher zu beleuchten ist in diesem Zusammenhang beispielsweise Art 4 Abs 1 FFH-RL: Im Rahmen der Um____________________
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Potacs/Öhlinger (FN 85) 97. EuGH Rs 48/75, Slg 1976, 497, Rz 69/73. 902 EuGH Rs 168/85, Slg 1986, 2945, Rz 13. 903 Siehe dazu die Auflistung der einschlägigen EuGH-Entscheidungen bei Potacs/Öhlinger (FN 85, 99). 904 EuGH Rs 29/84, Slg 1985, 1661, Rz 23. 901
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Allgemeines zur Umsetzung von Richtlinien
setzung im Naturschutzrecht wird die Frage behandelt, inwieweit die mitgliedstaatliche Pflicht zur Meldung geeigneter Gebiete in Phase 1 einer rechtssatzmäßigen Umsetzung bedurft hätte. Als mögliche Rechtsformen kommen nach österreichischem Recht neben Gesetzen auch (Recht-)verordnungen in Betracht. Welcher dieser beiden Varianten im konkreten Fall zur Anwendung kommt, ist nach Maßgabe von Art 18 Abs 2 B-VG zu beurteilen. Demnach kann eine Richtlinie durch eine Verordnung umgesetzt werden, wenn sie eine hinreichend bestimmte gesetzliche Grundlage besitzt, in der bereits alle wesentlichen Elemente der beabsichtigten Regelung enthalten sind. Kontrovers diskutiert wird dabei allerdings die Frage, ob eine Richtlinie selbst eine solche „gesetzliche Grundlage“ bilden kann. Während ein Teil der Lehre für die Umsetzung einer Richtlinie durch eine Verordnung eintritt, wenn und soweit sie selbst – im Sinne der Rechtsprechung des VfGH zu Art 18 Abs 2 B-VG – hinreichend bestimmt ist, hat der VfGH entschieden, dass die Durchführung einer Richtlinie nur in Gesetzesform, durch eine Verordnung aber nur aufgrund einer speziellen (hinreichend bestimmten) formell-gesetzlichen Ermächtigung zulässig sei.905 Der VfGH führt dazu begründend ua an, dass ansonsten der umfassende Parlamentsvorbehalt des Art 18 Abs 2 B-VG im Wirkungsbereich gemeinschaftlicher Regelungen gravierend eingeschränkt würde, weil damit den Organen der Verwaltung in Konkurrenz zu den Gesetzgebungsorganen die Möglichkeit zur Umsetzung unmittelbar anwendbaren Gemeinschaftsrecht eröffnet wäre.906 Wie die nachstehenden Ausführungen zeigen, erfolgt die Umsetzung der VSch- und FFH-RL in Österreich bzw im Bundesland Salzburg sowohl auf Gesetzesebene als auch im Verordnungswege, wobei die Verordnungsform in erster Linie bei der Ausweisung der Schutzgebiete und der Implementierung der detaillierten Artenschutzbestimmungen gewählt wird. Die Verordnungsermächtigungen hiezu finden sich in einfachgesetzlicher Form in den Naturschutz-, Jagd- und Fischereigesetzen.907 Im vorliegenden Zusammenhang ist auch der Grundsatz der Gleichwertigkeit oder Parallelität der Umsetzungsform zu erwähnen.908 Hiezu hat der EuGH entschieden, dass die für die Umsetzung gewählte Handlungsform bezüglich ihres normhierarchischen Ranges und ihres Verbind____________________
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Potacs/Öhlinger (FN 85) 100 mwN. Zur nicht unberechtigten Kritik dieser Argumentation siehe bei Potacs/Öhlinger (FN 85, 100). 907 Siehe dazu die Ausführungen in Kapitel III. 908 Wirths (FN 170) 230 ff. 906
Vollständigkeit der Umsetzung
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lichkeitsgrades der Handlungsform der zu harmonisierenden nationalen Norm entsprechen muss.909 Bezugnehmend auf die Umsetzung der VSch- und FFH-RL ist dieses Erfordernis vor allem für die Schutzgebietsausweisung von Relevanz. Bereits bei der Beschreibung von Phase 3 – der Ausweisung der besonderen Schutzgebiete – wurde erwähnt, dass die in Österreich bestehenden naturschutzrechtlichen Schutzkategorien per Gesetz, Verordnung oder Bescheid ausgewiesen werden. Nicht zuletzt deshalb ergab auch die vorgenommene Prüfung, dass die Ausweisung von Schutzgebieten nicht auf vertraglicher Ebene stattfinden kann.
3. Vollständigkeit der Umsetzung Räumlich betrachtet, müssen die Umsetzungsmaßnahmen das gesamte Hoheitsgebiet des Mitgliedstaates abdecken.910 Ob die Umsetzung durch ein flächendeckendes Bundesgesetz oder mehrere Landesgesetze geschieht, ist – wie bereits voranstehend erläutert – gemeinschaftsrechtlich nicht von Belang. Fällt die Umsetzungsverpflichtung in die Länderkompetenz, kann von einer vollständigen Umsetzung selbstverständlich erst dann gesprochen werden, wenn sämtliche Bundesländer ihrer Verpflichtung nachgekommen sind. Bezogen auf den Inhalt sind Richtlinien grundsätzlich in allen Mitgliedstaaten in vollem Umfang umzusetzen, sofern die Richtlinien keine Einschränkungen oder Übergangsregelungen enthalten. Als ungeklärt anzusehen ist allerdings die Frage, ob dieser Grundsatz auch gilt, wenn eine Richtlinienvorschrift in einem bestimmten Mitgliedstaat von vorneherein nicht zur Anwendung kommen kann. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist eine Umsetzung jedenfalls dann erforderlich, wenn eine Verwirklichung der in der Richtlinie vorgesehenen Tatbestände in dem betreffenden Mitgliedstaat zumindest möglich ist.911 So sieht der EuGH beispielsweise die Vorgabe der VSchRL, derzufolge Nester bestimmter Vogelarten ohne zeitliche Einschränkung zu schützen sind, nicht ausreichend umgesetzt, wenn der Schutz der nationalen Vorschriften lediglich während der Zeit gewährt wird, in der diese Vogelarten nisten.912 ____________________
909 EuGH Rs 168/85, Slg 1986, 2945, Rz 13; vgl allerdings die berechtigte Relativierung des „Grundsatzes der Parallelität“ bei Potacs/Öhlinger (FN 85) 101. 910 Krämer (FN 86) 26. 911 Vgl hiezu die bei Potacs/Öhlinger (FN 85, 106) genannten EuGH-Entscheidungen. 912 EuGH Rs 252/85, Slg 1988, 2243, Rz 8 und 9.
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Allgemeines zur Umsetzung von Richtlinien
4. Inhaltliche Anforderung an die Umsetzung Der EuGH konkretisiert die Anforderungen an die Richtlinienumsetzung indem er klarstellt, dass nicht notwendigerweise eine förmliche und wörtliche Übernahme der Bestimmungen in eine ausdrückliche, besondere Vorschrift erforderlich ist. Der Umsetzungsverpflichtung kann auch durch einen allgemeinen rechtlichen Kontext Genüge getan werden, wenn dieser tatsächlich die vollständige Anwendung der Richtlinie hinreichend klar und bestimmt gewährleistet.913 Insbesondere kann in einem bloßen Formulierungsunterschied, der sich in keiner Weise auf die Durchführung der Verpflichtungen aufgrund der Gemeinschaftsregelung auswirken kann, kein Vertragsverstoß gesehen werden.914 In Zusammenhang mit Natura 2000 findet sich in der deutschen Literatur die Feststellung, dass aufgrund des grundlegenden unterschiedlichen Regelungsansatzes und der Instrumente zwischen FFH-RL und deutschem Naturschutzrecht eine förmliche Umsetzung der FFH-RL im deutschen Recht unverzichtbar ist.915 Dies wird bei zahlreichen Vorschriften der VSch- und FFH-RL wohl auch für Österreich gelten. Weiters stellt die Rechtsklarheit Anforderungen an die inhaltliche Bestimmtheit des nationalen Umsetzungsaktes. Das erforderliche Maß wird insofern von der umzusetzenden Richtlinie vorgegeben, als der mitgliedstaatliche Umsetzungsakt zumindest jenen Grad an Präzision haben muss, den der Gemeinschaftsgesetzgeber gewählt hat.916 Entscheidend ist hier vor allem, dass konkrete Richtlinienvorschriften nicht durch Generalklauseln oder unbestimmte Rechtsbegriffe im nationalen Recht umgesetzt werden dürfen. Zu hinterfragen sind folglich die in den Naturschutzgesetzen zahlreich vorhandenen Ausnahmeklauseln, wie etwa jene zugunsten der Land- und Forstwirtschaft. In Zusammenhang mit der Präzision der Umsetzung bedarf es der Klärung, ob und inwieweit sich die Umsetzung einer Richtlinie mit Verweisen auf diese beschränken darf. Eingeschränkt wird eine solche Vorgehensweise einmal dadurch, dass eine Richtlinie, dem Einzelnen subjektive Rechte einräumt, jedenfalls nicht zur Gänze durch bloßen Verweis einer innerstaatlichen Vorschrift auf das Gemeinschaftsrecht umgesetzt werden darf, denn derartige allgemeine Verweisungen stellen keinen Umsetzung dar, die die vollständige Anwendung von Richtlinien mit subjekti____________________
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EuGH Rs C-102/97, Slg 1999, I-5051, Rz 33. EuGH Rs 363/85, Slg 1987, 1733, Rz 15. Wirths (FN 170) 232. Wirths (FN 170) 234.
Salzburger Naturschutzgesetz
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ven Rechten tatsächlich in hinreichend klarer und bestimmter Weise gewährleistet.917 Im Rahmen der Umsetzung der VSch- und FFH-RL fällt auf, dass in erster Linie auf die in den beiden Richtlinien enthaltenen Begriffsdefinitionen sowie auf die Arten und Lebensräume der Anhänge der Richtlinien verwiesen wird. Diese an sich praktikable Vorgehensweise lässt keinen Widerspruch zu den Vorgaben des EuGH erkennen. Auch aus verfassungsrechtlicher Sicht bestehen gegen diese Verweise keine Bedenken: Zum einen handelt es sich bei den im Amtsblatt publizierten Rechtsakten um solche, die auch den verfassungsrechtlichen Kundmachungserfordernissen entsprechen, zum anderen wird der Vorgabe des VfGH entsprochen, wonach in der verweisenden Norm das Verweisungsobjekt ausreichend bestimmt festgelegt sein muss.918 Verweisungen, die eine bestimmte Vorschrift einer Richtlinie zum Gegenstand haben, sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.919
C. Die Umsetzung im Salzburger Naturschutzrecht 1. Die Umsetzung der in der VSchRL und der FFH-RL enthaltenden Vorgaben im Salzburger Naturschutzgesetz a) Allgemeines Die Umsetzung der VSchRL und der FFH-RL im Salzburger Naturschutzgesetz (iF NSchG) erfolgte durch zwei Novellen. Der erste Schritt zur Anpassung an die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben geschah mit der Naturschutzgesetz-Novelle 1997, LGBl Nr 2/1998 (iF Novelle 1997). Mit der Naturschutzgesetz-Novelle 2001, LGBl Nr 1/2002 (iF Novelle 2001) wurde eine neuerliche Anpassung an das Gemeinschaftsrecht vorgenommen. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage der Novelle 2001920 wird einleitend festgehalten, dass die beiden Richtlinien im Bereich des Naturschutzes großteils bereits mit der Novelle 1997 umgesetzt worden sind. Trotz dieser insbesondere materiell bereits weitgehend den EU-Vorgaben entsprechenden Rechtslage ist das Salzburger Naturschutzrecht mit Ge____________________
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EuGH Rs 96/95, Slg 1997, I-1653, Rz 36. VfSlg 12947/1991. 919 Potacs/Öhlinger (FN 85) 105. 920 LT-Regierungsvorlage: Naturschutzgesetz-Novelle 2001, Nr 920 der Beilagen zum stenographischen Protokoll des Salzburger Landtages (3. Session der 12. Gesetzgebungsperiode), 11. 918
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Die Umsetzung im Salzburger Naturschutzrecht
genstand der beiden gegen Österreich wegen unzureichender Umsetzung der Richtlinien eingeleiter Vertragsverletzungsverfahren.921 In diesen Verfahren wurde vom Bundesland Salzburg angekündigt, den formellen Änderungswünschen der Kommission zu entsprechen. Den Gegenstand der folgenden Untersuchung bildet demzufolge die derzeitige, durch die beiden zitierten Novellen geschaffene Rechtslage. b) Die Zielbestimmungen im NSchG Das Salzburger Naturschutzgesetz dient gemäß § 1 dem Schutz und der Pflege der heimatlichen Natur und der vom Menschen gestalteten Kulturlandschaft. Durch die Schutz- und Pflegemaßnahmen sollen die Landschaftsästhetik, die Lebensräume, die Tier- und Pflanzenwelt, die Leistungsfähigkeit und das Selbstregulierungsvermögen der Natur sowie der Naturhaushalt erhalten, nachhaltig gesichert, verbessert und nach Möglichkeit wiederhergestellt werden. Mit der gewählten Zielbestimmung wird ein durchaus offensives Naturschutzdenken zum Ausdruck gebracht. Das Gesetz strebt nicht bloß einen präventiven, sondern einen aktiven Naturschutz an. Dieser Gedanke deckt sich mit Art 2 Abs 2 FFH-RL, der bekanntlich als Ziel die Bewahrung und Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes der natürlichen Lebensräume und wildlebenden Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse vorgibt. Auch sind die Schutzobjekte der Richtlinie, nämlich die Lebensräume sowie die Tier- und Pflanzenarten, grundsätzlich von der Zielsetzung des NSchG umfasst. Eine ausdrückliche Bezugnahme auf die beiden Richtlinien fehlt allerdings, nachdem § 1 im Zuge der beiden Novellen unverändert geblieben ist. Aus der Sicht des Gemeinschaftsrechts bedenklich erscheint die Formulierung „heimatliche Natur“ in § 1. Speziell auf dem Gebiet des Artenschutzes wurde vom EuGH mehrfach betont, dass sich der Schutz auf sämtliche in der Gemeinschaft wildlebende Arten zu beziehen hat. Da auch bei den Schutzobjekten nicht auf die Richtlinien Bezug genommen wird, liegt die Interpretation nahe, das NSchG beziehe sich nur auf die „Salzburger Natur“. Nachdem § 1 als Zielbestimmung keine unmittelbare Wirkung zukommt, sondern diese einen weitgehenden programmatischen Charakter aufweist, ist kein schwerwiegender Widerspruch zum Gemeinschaftsrecht erkennbar. Demzufolge fehlt in den an Österreich gerichteten Mahnschreiben der Kommission und den darin enthaltenen Auflistungen der noch mangel____________________
921 Mahnschreiben der Kommission jeweils vom 13. April 2000 im Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich, Nr 1999/2174, (FFH-RL) und Nr 1999/2173 (VSchRL).
Salzburger Naturschutzgesetz
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haft umgesetzten Bestimmungen eine Bezugnahme auf diese Bestimmung. Unabhängig davon wäre eine Erwähnung des „europäischen Naturschutzes“ in der Zielbestimmung des § 1 NSchG zu begrüßen. Die verpflichtende Normierung des Schutzzwecks für ein konkretes Gebiet findet sich hingegen bereits in § 22a Abs 2, wie die Ausführungen unter e) zeigen. Während § 1 NSchG von den beiden Novellen unberührt geblieben ist, wurde in § 2 Abs 5 im Zuge der Novelle 2001 eine gemeinschaftsrechtlich relevante Ergänzung vorgenommen. Der Abs 5 des § 2 bildet die allgemeine Grundlage für den Vertragsnaturschutz. Im Rahmen der aufgezählten Förderungsziele wird unter lit c nunmehr bei den Maßnahmen zur Verbesserung landschaftsökologischer Verhältnisse die besondere Berücksichtigung des Art 10 FFH-RL922 verlangt. Mit dieser Ergänzung sollte auf die im Mahnschreiben der Kommission enthaltenen Forderung,923 einen rechtlichen Rahmen zur spezifischen Umsetzung dieser Richtlinienbestimmung zu schaffen, reagiert werden.924 Wobei anzumerken ist, dass sich allein aus dem Wortlaut des 10 FFHRL925 nicht unbedingt das Erfordernis eines konkreten rechtlichen Rahmens zur Umsetzung dieses Richtlinienartikels ableiten lässt. Diese Überlegung erfährt jedoch eine klare Absage in der begründeten Stellungnahme der Kommission926. Bezugnehmend auf Salzburg wird bemängelt, dass jegliche Informationen über die verbindliche Pflege wichtiger Landschaftselemente zur Verbesserung der ökologischen Kohärenz von Natura 2000 fehlen. Der pauschale Verweis auf Art 10 FFH-RL in § 2 Abs 5 lit c NSchG wurde offensichtlich nicht als ausreichend befunden. ____________________
922 Art 10 FFH-RL: Die Mitgliedstaaten werden sich dort, wo sie dies im Rahmen ihrer Landnutzungs- und Entwicklungspolitik, insbesondere zur Verbesserung der ökologischen Kohärenz von Natura 2000, für erforderlich halten, bemühen, die Pflege von Landschaftselementen, die von ausschlaggebender Bedeutung für wildlebende Tiere und Pflanzen sind, zu fördern. Hiebei handelt es sich um Landschaftselemente, die aufgrund ihrer linealen, fortlaufenden Struktur (zB Flüsse mit ihren Ufern oder herkömmlichen Feldrainen) oder ihrer Vernetzungsfunktion (zB Teiche oder Gehölze) für die Wanderung, die geographische Verbreitung und den genetischen Austausch wildlebender Arten wesentlich sind. 923 Mahnschreiben der Kommission vom 13. April 2000 im Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich, Nr 1999/2174 (FFH-RL), 7. 924 Interessant ist, dass die Kommission hier eigentlich die raumordnungsrechtlichen Vorschriften angesprochen hat. Im Salzburger Landesrecht ist die Pflege von Landschaftselementen wie Flüsse oder Feldrainen dem Naturschutzrecht zuzuordnen. 925 Die Mitgliedstaaten werden sich […] bemühen, […]. 926 Mit Gründen versehene Stellungnahme der Kommission gemäß Art 226 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft gerichtet an die Republik Österreich wegen nicht konformer Umsetzung der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Juni 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen, ABl L 206 vom 22. Juli 1992, 7, 14.
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Die Umsetzung im Salzburger Naturschutzrecht
Weiters werden in § 2 Abs 6 Schutzgebiete und –objekte genannt, für die Förderungsmaßnahmen des Landes vorrangig in Betracht kommen. Hier wurde auch der Begriff der Europaschutzgebiete927 eingefügt. c) Der Geltungsbereich des NSchG aa) Die Geltung der Artenschutzbestimmungen Im Mahnschreiben der Kommission an Österreich wurde die nicht vollständige Umsetzung von Art 1 VSchRL gerügt. Hinsichtlich des Naturschutzrechts ist hier allerdings nicht § 3 NSchG betroffen, sondern § 1 Abs 1 der Salzburger Tierarten-Schutzverordnung928. Bekanntlich umfasst Art 1 Abs 1 VSchRL die Erhaltung sämtlicher wildlebender Vogelarten, die im europäischen Gebiet der Mitgliedstaaten, auf welches der Vertrag Anwendung findet, heimisch sind. Zudem wurde bereits im ersten Teil dieser Arbeit erwähnt, dass nach der Rechtsprechung des EuGH keine vollständige Umsetzung der Richtlinie gegeben ist, wenn die nationale Schutzvorschrift nicht auch die wildlebenden Vogelarten erfasst, die im europäischen Gebiet eines anderen Mitgliedstaates heimisch sind und die sich nicht natürlicherweise oder gewöhnlich im Gebiet eines Mitgliedstaates aufhalten, sondern, lebend oder tot, dorthin verbracht werden oder dort gehalten oder vermarktet werden. Auch muss ein Mitgliedstaat für den Schutz von solchen wildlebenden Arten sorgen, die im Gemeinschaftsgebiet heimisch sind, ihren natürlichen Lebensraum aber nicht im Gebiet des betreffenden Mitgliedstaates haben. Dem folgend stellte die Kommission fest,929 dass die in § 1 Abs 1 der Salzburger Tierarten-Schutzverordnung vorgesehene Beschränkung des vollkommenen Schutzes von Tierarten auf im Land Salzburg frei lebende Arten nicht den Vorgaben der VSchRL entspricht.930 Ferner wurde beanstandet, dass die in Teil I der Anlage zu § 1 Salzburger Tierarten-Schutzverordnung enthaltene Ausnahme vom vollkommenen Schutz betreffend die Arten Amsel und Haussperling nicht im Einklang mit Art 1 VSchRL steht. ____________________
927 Der in § 2 Abs 6 genannte § 22a trägt die Überschrift „Europaschutzgebiete“. Eine Definition der Europaschutzgebiete findet sich in § 5 Z 10. Nach dieser sind Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung, die in die Liste nach Art 4 Abs 2 FFH-RL eingetragen sind, Gebiete, die bis zum Vorliegen dieser Liste in die Liste gemäß Art 4 Abs 1 FFH-RL aufgenommen worden sind sowie Vogelschutzgebiete nach Art 4 Abs 1 und 2 VSchRL umfasst. 928 LGBl Nr 12/1980 idF der Verordnungen LGBl Nr 55/1981 und LGBl Nr 10/1989. 929 Mahnschreiben der Kommission vom 13. April 2000 im Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich, Nr 1999/2173 (VSchRL), Anhang, 6. 930 Dieser Mangel wurde im Übrigen auch bei den acht anderen Bundesländern aufgezeigt.
Salzburger Naturschutzgesetz
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Der novellierte § 1 der Pflanzen- und Tierarten-Schutzverordnung931 sieht nun eine Neuordnung der Begriffsbestimmungen vor. In dessen Abs 3 werden die richtliniengeschützten Tiere im Sinne der Verordnung als die Arten nicht jagdbarer Tiere932, die in Anhang IV lit a der FFH-RL genannt sind, definiert. Auf Vögel wird allerdings in § 1 nicht eingegangen.933 Diese finden sich in § 4 der Verordnung. In der Beschreibung der besonders geschützten Tiere wird ein Bezug zur VSchRL und FFH-RL hergestellt. So gelten etwa als besonders geschützt die frei lebenden nicht jagdbaren Vogelarten, die im Gebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft heimisch sind (lit c). In Entsprechung der Forderung im Mahnschreiben wurde der artenrechtliche Schutz auch auf nicht heimische (auf Salzburg bezogen) Vogelarten ausgedehnt. Mit dieser Neuordnung wurde auch die Ausnahme vom vollkommenen Schutz betreffend die Arten Amsel und Haussperling aufgehoben und somit der Forderung der Kommission Rechnung getragen. bb) Ausnahmen vom allgemeinen Geltungsbereich des NSchG § 3 Abs 1 NSchG listet unter lit a bis d Maßnahmen auf, die nicht dem Geltungsbereich des NSchG unterliegen. So sind etwa nach lit a Maßnahmen bei einem Einsatz des Bundesheeres in den Fällen des § 2 Abs 2 Z 2 und 3 Wehrgesetz 1990, BGBl Nr 305, in der Fassung des Gesetzes BGBl I Nr 140/2000 ausgenommen. Nach der zitierten Bestimmung dieses Bundesgesetzes unterliegen die unmittelbare Vorbereitung eines Einsatzes und alle militärisch notwendigen Maßnahmen zur Erfüllung des Einsatzzweckes in einem Einsatz der militärischen Landesverteidigung sowie die Abschlussmaßnahmen nach Beendigung eines solchen Einsatzes nicht den naturschutzrechtlichen Regelungen. Maßnahmen im Rahmen der allgemeinen Einsatzvorbereitung934 fallen hingegen sehr wohl in den Geltungsbereich des NSchG. ____________________
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LGBl Nr 18/2001 idF LGBl Nr 61/2001; Mit der Erlassung der Pflanzen- und Tierarten-Schutzverordnung wurde die Pflanzenarten-Schutzverordnung und die Tierarten-Schutzverordnung zu einer Verordnung zusammengefasst. 932 Die jagdbaren Tiere sind im Salzburger Jagdgesetz 1993, LGBl Nr 100/1993 idF 70/2002 geregelt. 933 Die Anlage 2 der Pflanzen- und Tierarten-Schutzverordnung enthält als Schutzkategorie A „richtliniengeschützte Tierarten im Land Salzburg“. In dieser Anlage werden dabei alle in Salzburg vorkommenden nicht jagdbaren Vogelarten der Schutzkategorie A zugeordnet. Nun fehlen aber bei der Definition der richtliniengeschützten Tiere in § 1 Abs 3 wie erwähnt die Vogelarten der VSchRL. Hier ist meines Erachtens eine Ergänzung erforderlich. 934 § 2 Abs 2 Z 1 Wehrgesetz 1990 idF BGBl I Nr 140/2000.
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Die Umsetzung im Salzburger Naturschutzrecht
Gemäß § 3 Abs 1 lit b sind Maßnahmen zur Abwehr einer unmittelbar drohenden Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder zur Abwehr von Katastrophen, bei Europaschutzgebieten jedoch nur Maßnahmen zur Abwehr von unmittelbar drohenden Katastrophen, vom Geltungsbereich des NSchG ausgenommen. Der Nebensatz „bei Europaschutzgebieten jedoch nur Maßnahmen zur Abwehr von unmittelbar drohenden Katastrophen“ wurde mit der Novelle 2001 eingeführt. Der Gesetzgeber hielt die sehr weit gehende Ausnahme vom naturschutzbehördlichen Prüfungsrecht in Europaschutzgebieten für nicht gemeinschaftskonform.935 Daher sollte sich in diesen Fällen die Ausnahme ausschließlich auf die unmittelbare Katastrophenabwehr beschränken. Diese Einschränkung ist nicht zuletzt aufgrund der extensiven Auslegung der Katastrophenabwehr durch den VwGH erforderlich. Zu einer gleichlautenden Bestimmung im Tiroler Naturschutzgesetz wurde vom VwGH festgehalten,936 dass es angesichts der Zielsetzungen dieser Ausnahmebestimmungen937 nahe liegt, Maßnahmen des vorbeugenden Katastrophenschutzes vom Geltungsbereich des NSchG auszunehmen, weil es im Zusammenhang mit dem Gewicht des geschützten Rechtsgutes keinen Unterschied macht, ob Maßnahmen zu dessen Schutz vorbeugend oder in einer akuten Bedrohungssituation getroffen werden. In diese Richtung geht auch eine frühere Entscheidung zum Kärntner Nationalparkgesetz.938 Der VwGH hat hier dargelegt, dass es im Falle der Abwehr von Katastrophen nicht Tatbestandsmerkmal ist, dass eine Katastrophe unmittelbar droht. Vielmehr seien in einem solchen Fall auch unbedingt erforderliche Vorbereitungs- und Begleitmaßnahmen als mitumfasst anzusehen. Eine Maßnahme wäre somit insoweit von den Beschränkungen des Nationalparkgesetzes ausgenommen, als sie eine unerlässliche Voraussetzung für die Durchführung einer Maßnahme der Katastrophenabwehr oder selbst eine solche Maßnahme darstellt.939 Lit c und d in § 3 Abs 1 sehen weitere Ausnahmen vom Geltungsbereich des NSchG vor. So sind für Maßnahmen bei einem Einsatz von ____________________
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LT-Regierungsvorlage zur NSchG-Novelle 2001 (FN 920) 16. VwGH 20.9.1999, 98/10/0357. 937 Sinn und Zweck der Ausnahmebestimmung ist es laut VwGH, Maßnahmen vom Geltungsbereich des Naturschutzgesetzes auszunehmen, die zur Rettung höherwertiger Rechtsgüter als der im Naturschutzgesetz geschützten unabdingbar sind (siehe dazu auch VwGH 14.12.1998, 98/10/0351). 938 VwGH 28.4.1997, 93/10/0166. 939 Im konkreten Fall ging es um die naturschutzbehördliche Bewilligungspflicht für den Bau einer Straße für den Material- und Mannschaftstransport im Zuge der Sanierung von Schutzbauten zur Verhinderung von Lawinenabgängen. 936
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Organen der öffentlichen Sicherheit oder Aufsicht sowie Auswirkungen von Maßnahmen auf das Verkehrsaufkommen auf bestehenden Straßen, die dem öffentlichen Verkehr mit Kraftfahrzeugen gewidmet sind, ausgenommen. Weder die VSchRL noch die FFH-RL sieht generelle Ausnahmen von ihrem Geltungsbereich vor. Eine Berücksichtigung solcher besonders wichtiger öffentlicher Interessen findet sich lediglich in Art 6 Abs 4 und Art 16 Abs 1 lit c der FFH-RL oder in der Rechtsprechung des EuGH zur VSchRL. Diesen höherwertigen öffentlichen Interessen wird somit im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung oder der Prüfung einer möglichen Ausnahme von den Artenschutzbestimmungen Rechnung getragen. Dass allerdings die Naturschutzbestimmungen bei Vorliegen von bestimmten öffentlichen Interessen überhaupt nicht anzuwenden sind, ist in den beiden Richtlinien nicht vorgesehen. § 3 Abs 1 NSchG ist insofern nicht als richtlinienkonform anzusehen. Dieses rechtsdogmatische Ergebnis erweist sich jedoch in der Praxis als schwer umsetzbar: Die obige richtlinienkonforme Auslegung führt im konkreten Fall dazu, dass auch für einen militärischen Einsatz, einen Einsatz von Organen der öffentlichen Aufsicht oder Sicherheit oder für Maßnahmen im Katastrophenfall bei Berührung eines Europaschutzgebietes eine Verträglichkeitsprüfung durchzuführen ist. Dass dies bei Gefahr in Verzug praktisch nicht möglich ist, muss nicht näher erläutert werden. Der VwGH hat in der oben zitierten Entscheidung zum Tiroler Naturschutzgesetz zwar Recht, wenn er auf das Gewicht des geschützten Rechtsgutes hinweist, er übersieht hiebei aber meines Erachtens den zeitlichen Aspekt, der mit Durchführung eines Bewilligungsverfahrens verbunden ist. Dieser Gesichtspunkt ist sehr wohl ein Argument, dass für eine unterschiedliche Behandlung von vorbeugenden Maßnahmen einerseits und Akutmaßnahmen andererseits spricht. Zudem soll im vorliegenden Zusammenhang das Ziel des Bewilligungsverfahrens nicht primär darin liegen, die im öffentlichen Interesse stehenden Maßnahmen zu versagen. Durch die in den Naturschutzgesetzen enthaltenen Bestimmungen zur Interessensabwägung wird die Erteilung der Bewilligung möglich sein, auch wenn das Vorhaben mit einem erheblichen Eingriff in die Natur verbunden ist. Das Bewilligungsverfahren hat gegenüber der Ausnahme vom Geltungsbereich den Vorteil, dass durch Auflagen der Eingriff minimiert werden kann und somit beide Interessenssphären Berücksichtigung finden können. Ein naturschutzgesetzlicher Freibrief für sämtliche, somit auch für erst langfristig wirksame Maßnahmen, wie etwa jene der Wildbach- und Lawinenverbauung, ohne Durchführung eines behördlichen Verfahrens, stellt
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eine aus europarechtlicher Sicht unzulässige, weil zu einseitige Interessensabwägung dar. Aus der Sicht der Verwaltungspraxis und auch rechtspolitisch wäre es daher sinnvoll, Präventivmaßnahmen, sei es auf dem militärischen Sektor oder im Rahmen der Katastrophenabwehr, sehr wohl einer Verträglichkeitsprüfung zu unterziehen, Vorhaben und Maßnahmen im tatsächlichen Einsatzfall hingegen nicht naturschutzrechtlich zu behandeln. Um dieses Ziel zu erreichen, bedarf es jedenfalls einer restriktiven Auslegung der Ausnahmetatbestände in § 3 Abs 1 NSchG. Jedenfalls nicht mit den Richtlinienvorgaben vereinbar ist die Ausnahme vom Geltungsbereich gemäß § 3 Abs 1 lit d: Für Auswirkungen von Maßnahmen auf das Verkehrsaufkommen auf bestehende Straßen, die dem öffentlichen Verkehr mit Kraftfahrzeugen gewidmet sind, ist eine Bewilligungspflicht nach Art 6 Abs 3 und 4 FFH-RL nämlich nicht ausgeschlossen. Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass im Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich940 auf § 3 NSchG und auch vergleichbare Regelungen in den Naturschutzgesetzen der anderen Bundesländer bis dato nicht eingegangen wurde. d) Begriffsbestimmungen im NSchG § 5 NSchG listet in den Z 1 bis 31 wichtige Begriffsbestimmungen auf. Im Rahmen der Naturschutzgesetz-Novelle 2001 wurden richtlinienrelevante Begriffe in diese Liste aufgenommen. Es handelt sich dabei um die Definitionen „Erhaltungsziele“, „Europaschutzgebiet“, „FFH-Richtlinie und Vogelschutzrichtlinie“, „Natura 2000“ sowie „prioritäre Arten und prioritäre natürliche Lebensraumtypen“. Mit der Ergänzung dieser Legaldefinitionen hat der Gesetzgeber auf das Mahnschreiben der Kommission941 reagiert, in dem die mangelnde Übernahme der gemeinschaftsrechtlichen Begriffe kritisiert wird. Die Kommission geht davon aus, dass, wenn Richtliniendefinitionen umgesetzt werden, die Umsetzung wortgleich zu erfolgen hat, um Unklarheiten vorzubeugen. Sie fordert deshalb die Übernahme der Definitionen der FFH-RL in das österreichische Recht aus Gründen der Klarheit und Rechtssicherheit. Von den von der Kommission im Mahnschreiben ausdrücklich angeführten Definitionen aus Art 1 FFH-RL wurden allerdings der „Erhaltungszustand eines natürlichen Lebensraums und einer Art“, „Arten von ge____________________
940 941
Mahnschreiben der Kommission (FN 921). Mahnschreiben der Kommission zur FFH-RL (FN 923) 2.
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meinschaftlichem Interesse“ und „besonderes Schutzgebiet“ nicht in § 5 NSchG aufgenommen. Eine Erklärung hiefür ist den Erläuterungen der Novelle nicht zu entnehmen. Dort findet sich lediglich der Hinweis, dass jene Begriffe aus dem Gemeinschaftsrecht in § 5 aufgenommen werden, die für den betroffenen Bürger Auswirkungen haben. In der mittlerweile vorliegenden begründeten Stellungnahme der Kommission942 im bereits erwähnten Vertragsverletzungsverfahren wird nochmals auf die Umsetzung des Art 1 FFH-RL eingegangen. Dabei setzt sich die Kommission mit dem Argument, wonach der Zielcharakter von Richtlinien gemäß Art 249 EG und die Rechtsprechung943 des EuGH keine wortwörtliche Umsetzung verlangen944, auseinander. Sie stellt klar, dass sie im Mahnschreiben keineswegs die Meinung vertreten hat, dass Richtlinien wortwörtlich umzusetzen seien, betont jedoch nochmals, dass die genannten Richtliniendefinitionen945 aufgrund ihrer grundlegenden Bedeutung möglichst genau umzusetzen sind, weil ansonsten zahlreiche andere umsetzungsbedürftige Bestimmungen der Richtlinie nur mangelhaft umgesetzt wären und dies zu unnötigen Unklarheiten und Auslegungsproblemen führen könnte. Der Ansicht der Kommission kann hier grundsätzlich beigepflichtet werden. In der oben zitierten Entscheidung des EuGH wird festgestellt, dass die Umsetzung einer Richtlinie ins innerstaatliche Recht nicht notwendigerweise eine förmliche und wörtliche Wiedergabe ihrer Bestimmungen in einer ausdrücklichen besonderen Gesetzesvorschrift verlangt. Nach Ansicht des EuGH kann je nach Inhalt der Richtlinie ein allgemeiner rechtlicher Rahmen genügen, wenn er tatsächlich die vollständige Anwendung der Richtlinie in hinreichend bestimmter und klarer Weise gewährleistet.946 Gerade mit dieser Bedingung kann die Ansicht der Kommission untermauert werden. Im konkreten Fall ist nämlich davon auszugehen, dass ein allgemeiner rechtlicher Rahmen nicht ausreicht, um die tatsächliche vollständige Anwendung der FFH-RL in hinreichend bestimmter und klarer Weise zu gewährleisten. Aus diesem Grund erscheint die Forderung nach einer möglichst genauen Umsetzung947 der Richtliniendefinitionen ____________________
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Begründete Stellungnahme zur FFH-RL (FN 926) 5. EuGH Rs 363/85, Slg 1987, 1733. Vgl die voranstehenden Ausführungen unter II.B.4. Gemeint sind hier die im Mahnschreiben angeführten Definitionen gemäß Art 1 lit d, e, g, h, i und l der FFH-RL. 946 Vgl hiezu die Ausführungen unter 4.B. zu den inhaltlichen Anforderungen an die Umsetzung von Richtlinien. 947 Meiner Ansicht nach kann die Kommission mit „möglichst genau“ bei der Umsetzung von Definitionen nur eine wortgleiche Übernahme meinen.
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gerechtfertigt. Konkret bezugnehmend auf das NSchG wird in der begründeten Stellungnahme der Kommission948 nun nicht unerwartet festgestellt, dass in § 5 lediglich die Definitionen des Art 1 lit d und h umgesetzt werden, nicht aber die Begriffsbestimmungen des Art 1 lit e, g, i und l. Entgegenzuhalten ist der Forderung der Kommission, dass es sich bei den betroffenen Definitionen teilweise um Begriffe handelt, die im Gesetzestext des NSchG gar nicht vorkommen. Als Beispiel sei das besondere Schutzgebiet genannt. Neben dem Salzburger NSchG wurde in sieben weiteren Bundesländern949 der Begriff „Europaschutzgebiet“ eingeführt. Die umfangreiche Definition in § 5 NSchG aufzunehmen würde meines Erachtens eine „Abschreibeübung ohne jeglichen legistischen Mehrwert“ darstellen. Wenn man allerdings davon ausgeht, dass die Begriffe „besonderes Schutzgebiet“ und „Europaschutzgebiet“ identisch sind, bestünde die Möglichkeit, die Definition des Art 1 lit l FFH-RL in § 5 Z 10 NSchG aufzunehmen.950 Der ebenfalls nicht in § 5 NSchG aufscheinende Begriff „Erhaltungszustand“ kommt allerdings sehr wohl im Text des NSchG vor.951 Eine Alternative zur Übernahme der beiden952 sehr umfangreichen und komplizierten Definitionen in § 5 wäre möglicherweise, im NSchG auf die Definitionen des Art 1 lit e und i FFH-RL zu verweisen.953 e) Die Umsetzung der Gebietsschutzbestimmungen aa) Allgemeines Die Einführung der Gebietsschutzbestimmungen stellt – wie bereits des Öfteren betont – einen Schwerpunkt954 bei der Umsetzung der VSchRL und FFH-RL dar. Die Richtlinien fordern dabei von den Mitgliedstaaten zwei voneinander zu unterscheidende, aber untrennbar miteinander verbundene Verpflichtungen.955 Einerseits geht es um die Pflicht zur offiziel____________________
948
Begründete Stellungnahme zur FFH-RL (FN 926) 6. Im erst kürzlich novellierten Tiroler Naturschutzgesetz (LGBl Nr 50/2004) wird der Begriff „Natura 2000-Gebiet“ verwendet. 950 Gegen den im NSchG eingeführten Therminus „Europaschutzgebiet“ anstatt „besonderes Schutzgebiet“ ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Denn in erster Linie geht es um die Umsetzung der Inhalte und nicht vordergründig um Bezeichnungen. 951 Beispielsweise in § 22a Abs 3 und § 22b Abs 2 NSchG. 952 Erhaltungszustand eines natürlichen Lebensraumes und einer Art. 953 Siehe dazu die Ausführungen unter B.4. zu den inhaltlichen Anforderungen an die Umsetzung von Richtlinien. 954 Den zweiten Schwerpunkt bildet die Umsetzung der Artenschutzbestimmungen. 955 Mahnschreiben der Kommission zur FFH-RL (FN 923) 3. 949
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len Ausweisung der Schutzgebiete und andererseits um die Einrichtung des Schutzregimes nach Art 6 FFH-RL.956 Der inhaltliche Aufbau der nachfolgenden Untersuchung berücksichtigt diese Differenzierung. bb) Ausweisung der Schutzgebiete Auf die genauen Vorgaben zum Ausweisungsprozess, die sich in erster Linie in Art 4 FFH-RL wiederfinden, wurde im ersten Teil dieser Arbeit bereits ausführlich eingegangen. Die entscheidende Frage, der sich dieses Kapitel widmen soll, ist, welche legistischen Verpflichtungen aus Art 4 FFH-RL erwachsen und ob diesen im NSchG bereits Rechnung getragen wurde. Es geht dabei um die legistische Umsetzung und nicht um die administrativen Pflichten der Mitgliedstaaten, die in den einzelnen Phasen des Art 4 normiert sind, wie etwa die Übermittlung der nationalen Gebietsliste an die Kommission oder die Ausweisung der Schutzgebiete.957 Die Frage kann höchstens sein, ob der Mitgliedstaat diese administrativen Verpflichtungen nach Art 4 FFH-RL im NSchG hätte festlegen müssen. In Salzburg ist dies hinsichlich der Meldung der nationalen Gebiete an die Kommission jedenfalls nicht geschehen ist. Hinsichtlich der Ausweisung der Schutzgebiete meint die Kommission im Mahnschreiben zur FFH-RL958, dass die Abs 4 und 5 des Art 4 Rechtsfolgen festlegen und daher bis 1. Jänner 1995 ins innerstaatliche Rechts umgesetzt hätten werden müssen. Demnach müssten sich im NSchG Bestimmungen finden, die nach Festlegung der Liste von Gebieten gemeinschaftlicher Bedeutung die Anwendung des Schutzregimes nach Art 6 Abs 2 bis 4 anordnen sowie umgehend, spätestens jedoch innerhalb von sechs Jahren, die Ausweisung als besonderes Schutzgebiet fordern. Auf die konkreten Materiengesetze in den einzelnen Bundesländern geht die Kommission, wie sonst üblich, aber nicht ein. Im Mahnschreiben zur VSchRL959 wird von der Kommission hingegen konkret darauf hingewiesen, dass die Umsetzung der in Art 4 Abs 1 und 2 VSchRL vorgesehene Verpflichtung zur Erklärung bzw Anerkennung von besonderen Schutzgebieten nicht sichergestellt ist. So wird vor allem in § 11 Abs 3 NSchG960, nach welchem aus europarechtlicher Sicht ____________________
956 Art 6 Abs 2 bis 4 FFH-RL gilt bekanntlich auch für die besonderen Schutzgebiete der VSchRL. 957 Das meint auch die Kommission, wenn sie eben von zwei voneinander zu unterscheidenden Pflichten spricht. 958 Mahnschreiben der Kommission zur FFH-RL (FN 923) 3. 959 Mahnschreiben der Kommission (FN 921) Anhang 8. 960 Die Kommission meint hier wohl § 11 Abs 1 Z 3 NSchG.
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schützenswerte Gebiete als geschützte Landschaft ausgewiesen werden können, keine Verpflichtung zur Ausweisung der zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete gesehen.961 Auch wird eine Anordnung in § 18 NSchG kritisiert, die festlegt, dass im Falle der Erklärung eines Gebietes zum Naturschutzgebiet auf Gesichtspunkte der Raumordnung Bedacht zu nehmen ist. Die Berücksichtigung widerspricht dem Gebot der ausschließlich auf fachlich-wissenschaftlicher Grundlage fundierten Abgrenzung eines besonderen Schutzgebietes. Seit der Novelle 2001 können gemäß § 12 Abs 1 Z 3962 kleinräumige Landschaftsteile oder Grünbestände durch Verordnung der Bezirksverwaltungsbehörde zu geschützten Landschaftsteilen erklärt werden, wenn diese Lebensräume gemäß dem Anhang I der FFH-RL oder Lebensräume zum Schutz von regelmäßig auftretenden Zugvogelarten (zB Vermehrungs-, Mauser- und Überwinterungsgebiete, Art 4 Abs 2 VSchRL), von Vogelarten, die in Anhang I der VSchRL genannt sind, oder von Tieroder Pflanzenarten, die in Anhang II der FFH-RL genannt sind, enthalten. Die Ausweisung zum Schutzgebiet passiert offensichtlich nach wie vor auf einer „Kann-Bestimmung“. Mit der Novelle 2001 wurden einerseits bloß die Richtlinienzitate an die neu geschaffenen Kurzbezeichnungen angepasst und andererseits im Zusammenhang mit der VSchRL darauf Bedacht genommen, dass nicht für Anhang I Arten, sondern auch für die nicht in diesem Anhang genannten Zugvogelarten ein besonderer Schutz des Lebensraumes erforderlich ist.963 Der von der Kommission geforderten Verpflichtung zur Schutzgebietsausweisung wurde allerdings nicht Rechnung getragen. Auch gibt es in § 19 (ehemals § 18) nach wie vor die Anordnung, dass bei der Erklärung eines Gebietes zum Naturschutzgebiet auf die Gesichtspunkte der Raumordnung Bedacht zu nehmen ist. Europaschutzgebiete können nach dem NSchG somit als Geschützte Landschaftsteile gemäß § 12 und als Naturschutzgebiete gemäß § 18 ausgewiesen werden. Die zentrale, allgemeine Regelung für Europaschutzgebiete findet sich hingegen in den §§ 22a und 22b.964 Dass auch ein Nationalpark ein Europaschutzgebiet sein könnte, wurde bei den Anpassungen im NSchG allerdings nicht berücksichtigt. ____________________
961 Auch Christl (FN 3, 125) weist im Rahmen ihrer Untersuchungen zur Umsetzung der VSch- und FFH-RL in Österreichs Naturschutzgesetzen darauf hin, dass das Salzburger NSchG bloß fakultative Schutzgebietsausweisungen vorsieht. 962 Vor der Novelle war es der in der Rede stehende § 11 Abs 1 Z 3. 963 Diese Anpassung wurde in § 19 Z 4 vorgenommen (Ausweisung von Naturschutzgebieten). Auch hier handelt es sich um eine Kann-Bestimmung analog zu § 12 Abs 1. 964 Diese wurde mit der Naturschutzgesetz-Novelle 2001 eingeführt.
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Nochmals bezugnehmend auf das Mahnschreiben der Kommission zur FFH-RL und den dort genannten Verpflichtungen aus Art 4 ist festzuhalten, dass nach § 22a Abs 2 für Europaschutzgebiete durch Verordnung der Landesregierung Schutzbestimmungen zu erlassen sind, die jedenfalls den Schutzzweck und die erforderlichen Gebote und Verbote enthalten. Ferner sind die Grenzen des Schutzgebiets festzulegen und hat der Schutzzweck die Erhaltungsziele des jeweiligen Schutzgebietes anzugeben.965 Die gewählte Formulierung spricht somit nicht mehr von einer Kann-Bestimmung, sondern sieht eine klare Verpflichtung zur Festlegung der Schutzgebiete vor. Insoweit kann auch den oben erwähnten, von der Kommission im Mahnschreiben zur VSchRL genannten Forderungen Rechnung getragen werden. § 22a Abs 5 sieht vor, dass die Erlassung einer Verordnung gemäß Abs 2 und 3 unterbleiben kann, wenn für das Gebiet bereits durch andere Maßnahmen ein ausreichender Schutz und das Erreichen des Erhaltungsziels sichergestellt ist. Weitergehende Schutzbestimmungen bleiben unberührt. Auch in den Erläuterungen findet sich der Hinweis, dass eine eigene Schutzgebietsverordnung unterbleiben kann, wenn das Gebiet bereits durch andere Bestimmungen, wie etwa als Habitatschutzgebiet nach dem Jagdgesetz,966 ausreichend geschützt ist. Es ist dabei im Einzelfall zu prüfen, ob der bestehende Schutz für ausreichend erachtet wird. In die Prüfung sind nicht nur bestehende hoheitsrechtliche Normen wie Gesetze oder Verordnungen, sondern auch Verträge einzubeziehen. Gleichzeitig wird aber eingeschränkt, dass ein ausreichender Schutz ausschließlich auf dem Weg des Vertragsnaturschutzes nicht erreicht werden kann, weil Verträge nur die Vertragspartner, nicht aber außenstehende Personen bindet. Dieser Standpunkt deckt sich im Ergebnis mit den Ausführungen im ersten Teil unter C.3.b)cc). Mit § 22a Abs 2 wird Art 4 Abs 4 FFH-RL grundsätzlich umgesetzt. Was allerdings fehlt, ist eine zeitliche Vorgabe. So wird nicht angeordnet, dass die Ausweisung sowie schnell wie möglich bzw spätestens innerhalb von sechs Jahren nach Vorliegen der Gemeinschaftsliste zu erfolgen hat. Die Kommission fordert in ihren Mahnschreiben zu den beiden Richtlinien967, dass die Ausweisungen in publizitätswirksamer Weise zu erfolgen haben. Hinsichtlich des Verfahrens zur Erlassung einer Europaschutzgebietsverordnung verweist § 22a Abs 2 auf § 13. Dieser sieht in Abs 1 ____________________
965 Hinsichtlich der Behördenzuständigkeit für Europaschutzgebiete als Geschützte Landschaftsteile legt § 22a fest, dass anstelle der Bezirksverwaltungsbehörde die Landesregierung tritt. 966 Näheres dazu unter D). 967 Mahnschreiben der Kommission (FN 921) 3 bzw 4.
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vor Erlassung der Verordnung eine Kundmachung der beabsichtigten Erklärung durch die Landesregierung sowie in der betreffenden Gemeinde die für deren allgemein verbindliche Anordnungen vorgesehene Art und Weise vor. Gleichzeitig ist in der betreffenden Gemeinde ein Übersichtsplan für sechs Wochen zur allgemeinen Einsichtnahme aufzulegen. Ferner sind von dem Vorhaben zahlreiche Interessensgruppen968 direkt zu verständigen. Die das Schutzgebiet ausweisende Verordnung wird im Landesgesetzblatt kundgemacht. Zudem liegt gemäß § 22a Abs 1 eine Liste der Europaschutzgebiete, eine kurze Darstellung der vorliegenden europarechtlich erforderlichen Voraussetzungen sowie die beiden Richtlinien beim Amt der Salzburger Landesregierung, bei den Bezirksverwaltungsbehörden und bei den Gemeindeämtern der betroffenen Gemeinde zur Einsichtnahme während der für den Parteienverkehr bestimmten Zeit auf. Nach der Maßgabe der technischen Möglichkeiten ist die Liste auch im Internet bereitzustellen. Mit dieser Vorgehensweise kann dem geforderten Publizitätsgedanken ausreichend Rechnung getragen werden. In der begründeten Stellungnahme zur FFH-RL969 wird von der Kommission festgehalten, dass die Verpflichtungen nach Art 4 Abs 4 und 5 vom Bundesland Salzburg in § 22a Abs 1 bis 3 NSchG umgesetzt worden sind. cc) Umsetzung von Art 6 FFH-RL aaa) Erhaltungsmaßnahmen nach Art 6 Abs 1 Die Kommission verlangt vor der Implementierung der Erhaltungsmaßnahmen gemäß Art 6 Abs 1 eine rechtliche Grundlage.970 Bezugnehmend auf das NSchG wird eine Verpflichtung zur Festlegung der nötigen Erhaltungsmaßnahmen weder in § 34 oder § 2 Abs 5 und 6 NSchG noch in einer anderen naturschutzrechtlichen Bestimmung gesehen. Gemäß § 35 (ehemals § 34) NSchG können Landschaftspflegepläne im Interesse des Naturschutzes ua (lit a) die Erhaltung oder Verbesserung des Landschaftsbildes, des Naturhaushaltes, der Umweltverhältnisse oder des Wertes der Landschaft für die Erholung der Bevölkerung bezwecken. Mit der Novelle 2001 wurde auf die oben zitierte Kritik der Kommission ____________________
968 Es handelt sich dabei um die Arbeiter- und Wirtschaftskammer, die Kammer für Land- und Forstwirtschaft, die Landarbeiterkammer, die Salzburger Jägerschaft und den Landesfischereiverband. 969 Begründete Stellungnahme zur FFH-RL (FN 926) 7. 970 Mahnschreiben der Kommission zur FFH-RL (FN 923), Anhang 7.
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reagiert und in der zitierten lit a der Passus „und die Verbesserung des Erhaltungszustandes von Europaschutzgebieten“ eingefügt. Zudem findet sich in § 22a Abs 6 die Bestimmung, dass für Europaschutzgebiete – falls erforderlich – Landschaftspflegepläne und auch Detailpläne (§ 35) unter Bedachtnahme auf Art 4 Abs 1 und 2 VSchRL und Art 6 Abs 1 FFH-RL zu erstellen und umzusetzen sind. In den Erläuterungen zur vorgenommenen Ergänzung in § 35 Abs 1 lit a971 findet sich die Feststellung, dass die Landschaftspflege- und Detailpläne für Europaschutzgebiete auch den festgelegten Erhaltungszielen Rechnung tragen müssen und daher den günstigen Erhaltungszustand geschützter Arten oder Gebiete fördern. Mit der gewählten Formulierung „sind zu erstellen und umzusetzen“ in § 22a Abs 6 wird grundsätzlich eine klare Verpflichtung normiert. Die Relativierung „falls erforderlich“ ist aus meiner Sicht allerdings unklar. Zum einen besteht die Möglichkeit, dass hier auf die gemäß dem Wortlaut des Art 6 Abs 1 „nötigen Erhaltungsmaßnahmen“ abgestellt wird. In diesem Fall passt jedoch das im NSchG verwendete Wort „falls“ nicht. Es müsste hier „Für Europaschutzgebiete sind die erforderlichen Erhaltungsmaßnahmen …“ heißen, wenn „erforderlich“ im Sinne von „nötig“ zu verstehen wäre. Die zweite Möglichkeit ist, dass sich „falls erforderlich“ auf die in Art 6 Abs 1 verwendete Formulierung „gegebenenfalls“ bezieht. Dazu ist allerdings anzumerken, dass sich „gegebenenfalls“ in der Richtlinie auf die Form der Erhaltungsmaßnahmen bezieht und nicht, ob überhaupt Maßnahmen zu treffen sind. Während also nach Art 6 Abs 1 über die Art und Weise disponiert wird, würde § 22a Abs 6 generell offen lassen, ob überhaupt Maßnahmen zu treffen sind. In diesem Zusammenhang ist auf die zwischenzeitlich vorliegende begründete Stellungnahme der Kommission972 hinzuweisen. In dieser wird § 9 Abs 4 und 5 des Niederösterreichischen Naturschutzgesetzes973 einer näheren Betrachtung unterzogen. Die dabei geübte Kritik besteht darin, dass nach § 9 Abs 5 nur die Pflicht besteht, „gegebenenfalls geeignete Pflege-, Entwicklungs- und Erhaltungsmaßnahmen hoheitlicher oder vertraglicher Art zu treffen“. Die Richtlinie geht hingegen davon aus, dass jedenfalls und nicht gegebenenfalls die erforderlichen Maßnahmen zu treffen sind, so die Kommission. Der Begriff „gegebenenfalls“ bezieht sich ausschließlich auf ____________________
971 972 973
LT-Regierungsvorlage zur NSchG-Novelle 2001 (FN 920) 20. Begründete Stellungnahme zur FFH-RL (FN 926) 8. Novellen LGBl Nr 81/01 und 107/01 zum NÖ Naturschutzgesetz 2000.
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die Bewirtschaftungspläne und nicht auf die rechtlichen, administrativen oder vertraglichen Maßnahmen. Zumindest eine dieser drei Maßnahmentypen ist rechtlich verbindlich anzuordnen. Im Gegensatz zur niederösterreichischen Regelung wurde § 22a Abs 6 NSchG von der Kommission nicht aufgegriffen. In der begründeten Stellungnahme wird unter Anführung des § 22a Abs 2 und 6 festgehalten, dass der Art 6 Abs 1 FFH-RL im Salzburger Landesrecht korrekt umgesetzt worden ist.974 Möglicherweise geht die Kommission davon aus, dass sich „falls erforderlich“ in § 22a Abs 6 ausschließlich auf Bewirtschaftungspläne bezieht und nicht auf die rechtlichen, administrativen oder vertraglichen Maßnahmen. Mit dieser Interpretation kann zwar der Widerspruch zu Art 6 Abs 1 behoben werden, sie hat aber auch zur Konsequenz, dass die geforderte Rechtsgrundlage für die Umsetzung von rechtlichen, administrativen oder vertraglichen Maßnahmen im NSchG fehlen würde. bbb) Verschlechterungs- und Störungsverbot nach Art 6 Abs 2 Die FFH-RL normiert in Art 6 Abs 2 eine Verpflichtung der Mitgliedstaaten, durch geeignete Maßnahmen in den besonderen Schutzgebieten die Verschlechterung der natürlichen Lebensräume und Habitate der Arten sowie erhebliche Störungen von Arten, für die die Gebiete ausgewiesen worden sind, zu vermeiden. Im Mahnschreiben der Kommission zur FFH-RL975 wird betreffend die Umsetzungserfordernisse festgehalten, dass Art 6 Abs 2 von den Mitgliedstaaten verlangt, dass ein rechtliches Instrumentarium vorhanden sein muss, mit dem notfalls das Verschlechterungsverbot auch bei Tätigkeiten durchgesetzt werden kann, die keiner Genehmigung oder Bewilligung bedürfen. Die Kommission musste mit Stand April 2000 allerdings feststellen, dass eine Umsetzung des Verschlechterungs- und Störungsverbots im österreichischen Recht nicht stattgefunden hat. Mit der Novelle 2001 wurde der Versuch einer Umsetzung im NSchG unternommen. Der bereits mehrfach zitierte § 22a sieht in Abs 3 vor, dass in der Europaschutzgebietsverordnung Maßnahmen verboten oder geboten und bestimmte Eingriffe allgemein oder durch eine Ausnahmebewilligung der Landesregierung gestattet werden. Ferner ist durch Gebote, Verbote und Bewilligungsvorbehalte sicherzustellen, dass jene natürlichen Lebensräume nicht verschlechtert und jene Tier- und Pflanzen____________________
974 975
Begründete Stellungnahme zur FFH-RL (FN 926) 7. Mahnschreiben der Kommission zur FFH-RL (FN 923) 5.
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arten nicht erheblich gestört werden, für die nach dem Schutzweck ein günstiger Erhaltungszustand erhalten oder wiederhergestellt werden soll.976 § 22a Abs 3 bildet die rechtliche Grundlage für die Umsetzung des Verschlechterungs- und Störungsverbotes in der jeweiligen Europaschutzgebietsverordnung. Damit sollte eine flexible, auf das konkrete Schutzgebiet bezogene Vorgehensweise gewährleistet sein. Bei der Anpassung der bestehenden bzw bei der Neuerlassung von Verordnungen wird man sich daher nicht bloß auf den Schutzzweck beschränken können, sondern auch entsprechende Gebote und Verbote sowie Bewilligungsvorbehalte vorsehen müssen. Zum genauen Wortlaut von § 22a Abs 3 Satz 2 ist noch anzumerken, dass sich nach diesem die Verschlechterung nur auf die natürlichen Lebensräume bezieht und nicht auch – wie vom Richtlinientext gefordert – auf die Habitate der Arten. Folglich wären die Tier- und Pflanzenarten nur vom Störungsverbot erfasst. Die Kommission hat in ihrer Beurteilung des § 22a diesen aus meiner Sicht bestehenden Mangel nicht erkannt. In der begründeten Stellungnahme977 wird von einer korrekten Umsetzung des Verschlechterungsverbotes im Bundesland Salzburg gesprochen.978 ccc) Beurteilung von Plänen und Projekten nach Art 6 Abs 3 und 4 aaaa) Das Mahnschreiben der Kommission Wie bereits mehrmals festgehalten, handelt es sich bei den Bestimmungen über die Verträglichkeitsprüfung um eines der Kernstücke von Natura 2000. Auch die Kommission979 betont die tragender Bedeutung der Abs 3 und 4 des Art 6 für die Gewährleistung der Richtlinienziele, sodass eine genaue Umsetzung unabdingbar ist. So wird völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass bereits scheinbar geringfügig erscheinende Modifikationen in der Umsetzung das Schutzregime nicht im vollen Umfang garantieren würden und es zudem zu inakzeptablen Unterschieden in der nationalen Umsetzung käme. Beispielsweise wäre die Vernachlässigung des Konjunktivs betreffend die erhebliche Beeinträchtigung, das Weglassen der Wortfolge „oder in Zusammenwirkung mit anderen Plänen und Projekten“ in Absatz 3 oder Entfall der Worte „aus zwingenden Gründen“ oder ____________________
976 Mit § 22a Abs 3 soll teilweise auch die Verträglichkeitsprüfung umgesetzt werden. Näheres dazu im folgenden Kapitel unter ccc). 977 Begründete Stellungnahme zur FFH-RL (FN 926) 10. 978 Die Kommission geht auch davon aus, dass das Verschlechterungsverbot in § 22a Abs 2 und nicht Abs 3 NSchG umgesetzt wird. Der Abs 2 bildet sicherlich eine Grundlage dafür, konkret ist vom Verbot einer Verschlechterung allerdings in Abs 3 die Rede. 979 Mahnschreiben der Kommission zur FFH-RL (FN 923) 6.
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„überwiegend“ in Absatz 4 bereits geeignet, die Schutzziele der Bestimmung zu unterlaufen. Dem Standpunkt der Kommission ist aus meiner Sicht beizupflichten. Art 6 Abs 3 und 4 sieht detaillierte Vorgaben für die Prüfung von Plänen und Projekten vor. Die Ausführungen im ersten Teil der vorliegenden Arbeit haben gezeigt, welche Bedeutung einzelnen Wörtern bei der Interpretation der Regelung zukommt und welche Auslegungsfragen damit verbunden sind. Nach Ansicht der Kommission konnte zum Zeitpunkt April 2000 von keiner ordnungsgemäßen Umsetzung dieser Bestimmungen im österreichischen Recht ausgegangen werden. Bezugnehmend auf das Salzburger NSchG wurde kritisiert, dass die in § 3 Abs 6 Z 1 normierte Befreiung von Ersatzleistungen bei Maßnahmen in einem Schutzgebiet, wenn die Maßnahme „wegen einer Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit von Menschen oder zur Abwehr schwerer volkswirtschaftlicher Schäden notwendig und unvermeidlich“ ist, nicht Art 6 Abs 4 FFH-RL entspricht, da dieser von einer Verpflichtung zur Ergreifung aller notwendigen Ausgleichsmaßnahmen in sämtlichen Fällen eines Eingriffes in ein besonderes Schutzgebiet ausgeht. Ferner wurde bemängelt, dass sich weder in § 3 noch an einer anderen Stelle des NSchG die in Art 6 Abs 4 vorgeschriebene Verpflichtung, im Rahmen der Interessensabwägung auch Alternativen zu prüfen und vorhandene Alternativen zu ergreifen, findet. Die Beurteilung bezog sich konkret auf das NSchG idF LGBl Nr 73/1999. Mit der Novelle 2001 wurde eine Behebung der aufgezeigten Mängel angestrebt. Aus der Sicht der Kommission konnte dies erreicht werden, wie die Ausführungen in ihrer begründeten Stellungnahme980 zeigen. Unabhängig von dieser Feststellung wird im Folgenden konkret auf die einzelnen Umsetzungsschritte im NSchG eingegangen: bbbb) Umsetzung in § 22a NSchG Die Umsetzung von Art 6 Abs 3 und 4 erfolgte im NSchG in zwei – vom systematischen Zusammenhang her – getrennten Bestimmungen. Erwähnung gefunden hat bereits § 22a Abs 3, der ua vorsieht, dass in der Europaschutzgebietsverordnung Maßnahmen verboten oder geboten und bestimmte Eingriffe allgemein oder durch eine Ausnahmebewilligung gestattet werden können. Der nachstehende Abs 4 fordert vor Erteilung der Ausnahmebewilligung die Prüfung, ob der Eingriff das Europaschutzgebiet in seinen für die Erhaltungsziele wesentlichen Bestandteilen erheblich ____________________
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Begründete Stellungnahme zur FFH-RL (FN 926) 12.
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beeinträchtigten kann. Die Bewilligung ist nur zu erteilen, wenn keine erhebliche Beeinträchtigung zu erwarten ist. Vergleicht man den Wortlaut dieser Bestimmung mit jenem des Art 6 Abs 3, so fällt sofort ins Auge, dass das NSchG nicht von „Plänen oder Projekten, die nicht unmittelbar mit Verwaltung des Gebietes in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind“, spricht. In § 22a Abs 3 ist ganz allgemein von „Maßnahmen“ die Rede. Es handelt sich dabei um einen Begriff, der im NSchG auch in anderen, ähnlichen Bewilligungsbestimmungen wie § 15 Abs 2, § 18 Abs 1, § 21, § 24 Abs 3 oder § 25 Abs 1 vorkommt. In den Erläuterungen zur Novelle finden sich erwartungsgemäß keine näheren Ausführungen zu diesem Begriff. Auch in den Begriffsbestimmungen des § 5 wird „Maßnahmen“ nicht definiert. Im Gegenzug findet man im NSchG an keiner Stelle den Begriff „Pläne oder Projekte“. Es ist davon auszugehen, dass „Projekte“ im Rahmen einer richtlinienkonformen Interpretation unter den Tatbestand „Maßnahmen“ subsumiert werden können. Bei „Plänen“ ist dies schon schwieriger. Auch wenn der Begriff „Maßnahmen“ ein sehr weit gefasster ist, wurden „Pläne“ bisher nicht als von ihm umfasst angesehen. Vor allem wenn man bedenkt, dass Pläne bis dato nicht naturschutzbehördlich bewilligt wurden. Auch spricht gegen eine naturschutzbehördliche Bewilligung von Plänen die Tatsache, dass der Salzburger Gesetzgeber die Prüfung der FFH-Verträglichkeit im Raumordnungsgesetz vorsieht.981 Ausgehend von der Annahme, dass „Projekte“ vom Begriff der „Maßnahmen“ umfasst sind und „Pläne“ nach den raumordnungsrechtlichen Bestimmungen einer Prüfung unterzogen werden, kann im Ergebnis der im NSchG gewählte Begriff „Maßnahme“ als gemeinschaftskonform angesehen werden. Was den räumlichen Ausgangspunkt von erheblichen Auswirkungen betrifft, erfasst das NSchG in Entsprechung der gemeinschaftlichen Vorgaben982 auch Vorhaben, die nicht nur innerhalb, sondern auch außerhalb eines Schutzgebietes liegen. Dies ergibt sich nicht aus § 3a oder § 22a, sondern aus dem Eingriffsbegriff in § 5 Z 8. Nach dieser Legaldefinition liegt ein Eingriff in ein geschütztes Gebiet oder Objekt auch dann vor, wenn die Maßnahmen selbst außerhalb des Schutzgebietes oder Objektes ihren Ausgang nehmen.983 Eine Konkretisierung des Inhaltes von § 22a hat offensichtlich in den jeweiligen Schutzgebietsverordnungen zu erfolgen. In die Verordnungen müssen die konkreten Vorgaben der Richtlinie einfließen. Wie von der ____________________
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Näheres dazu unter F). Kommission (FN 486) 37. Diese Regelung findet sich bereits im NSchG 1993.
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Kommission gefordert, auch durch die Übernahme des genauen Wortlautes. Die einzige Wortfolge, die aus Art 6 Abs 3 übernommen und in § 22a Abs 3 und 4 eingefügt wurde, ist die angeordnete Prüfung auf Verträglichkeit mit den für die Erhaltungsziele wesentlichen Bestandteilen. Dabei wird allerdings nicht auf die „Zweistufigkeit“ des Art 6 Abs 3 eingegangen. So ist die erste Schwelle des Art 6 Abs 3 Satz 1, nämlich ob überhaupt eine Prüfpflicht gegeben ist, unberücksichtigt geblieben. Der von der Kommission geforderten Detailgenauigkeit – wie etwa die Verwendung des Konjunktivs – wird hier nicht entsprochen. Ebenso wird im NSchG nicht Bezug genommen auf die von der Richtlinie geforderte Öffentlichkeitsbeteiligung im Rahmen der Prüfung von Plänen und Projekten. Wie bereits im ersten Teil der gegenständlichen Arbeit erläutert,984 kommt den Mitgliedstaaten zwar ein Ermessensspielraum bei der Umsetzung dieser Bestimmung zu, ein genereller Verzicht auf die Öffentlichkeitsbeteiligung im Rahmen der legistischen Umsetzung wäre aber nicht mit der Richtlinienvorgabe vereinbar. Im vorliegenden Fall kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass das NSchG bereits eine ausdrückliche Regelung für eine Öffentlichkeitsbeteiligung bei Bewilligungsverfahren vorsieht. Das NSchG enthält an keiner Stelle eine Regelung, die zwingend eine mündliche Verhandlung vorsieht. Die einzige Bestimmung, die auf eine mündliche Verhandlung Bezug nimmt, findet sich in § 55 Abs 2 Z 2 und 3 über die Präklusionsbestimmungen bezüglich der Parteistellung der Landesumweltanwaltschaft. Die Naturschutzbehörde kann allerdings im Zuge eines Ermittlungsverfahrens gemäß § 39 Abs 2 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (iF AVG)985 eine mündliche Verhandlung durchführen. Gemäß § 41 Abs 1 AVG hat die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung durch die persönliche Verständigung der bekannten Beteiligten zu erfolgen. Die Behörde hat, wenn noch andere Personen als Beteiligte in Betracht kommen, die Verhandlung überdies durch Anschlag in der Gemeinde oder durch Verlautbarung in der für amtliche Kundmachungen der Behörde bestimmten Zeitung kundzumachen. Die Öffentlichkeit könnte auf diesem Wege von einem geplanten Vorhaben Kenntnis erlangen. Auch wäre das Ermessen der Behörde, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, mit der Richtlinienvorgabe, „gegebenenfalls die Öffentlichkeit zu beteiligen“, vereinbar. Im Rahmen einer Einzelfallbeurteilung wäre zu entscheiden, ob eine mündliche Verhandlung durchgeführt und die damit verbundene Beteiligung der Öffent____________________
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Siehe unter II.C.3.c)dd)eee). BGBl Nr 51/1991 idF BGBl I Nr 117/2002.
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lichkeit ermöglicht wird. Diese Vorgehensweise stünde grundsätzlich mit der Richtlinienvorgabe im Einklang. Hinzu kommt allerdings, dass im österreichischen Verwaltungsverfahren nicht der Grundsatz der Öffentlichkeit gilt. Die mündliche Verhandlung ist nämlich nur für die Parteienöffentlichkeit zugänglich. Die Öffentlichkeit wird durch Kundmachung zwar vom geplanten Vorhaben erfahren, rechtliche Möglichkeiten im Verfahren mitzuwirken, werden ihr allerdings nicht zu Teil, nachdem das NSchG keine entsprechende Parteien- oder Beteiligtenstellung für die Öffentlichkeit vorsieht. Das AVG kann somit im Ergebnis nicht für eine ordnungsgemäße Umsetzung der Richtlinienvorgabe, gegebenenfalls die Öffentlichkeit anzuhören, sorgen. Eine Möglichkeit der gemeinschaftlichen Vorgabe Rechnung zu tragen, bestünde darin, im NSchG eine Regelung in Anlehnung an § 19 Abs 4 UVP-G vorzusehen. Dort ist unter bestimmten Voraussetzungen die Bildung einer Bürgerinitiative möglich, die am Genehmigungsverfahren als Partei oder Beteiligte teilnimmt. Als Partei ist sie berechtigt, die Einhaltung von Umweltschutzvorschriften als subjektive Rechte im Verfahren geltend zu machen, Rechtsmittel zu ergreifen und Beschwerde an den VwGH und VfGH zu erheben. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass das NSchG in der bestehenden Form bekanntlich keine subjektiv öffentlichen Rechte vorsieht. Auch sind, wie bereits an vorangehender Stelle erwähnt, der Schutzzweck und das Regelungsziel des UVP-G nicht mit jenen des NSchG identisch. Vor allem ist im NSchG der Mensch als „Schutzgut“ nicht unmittelbar erfasst. Zudem unterscheidet sich die Regelung der Öffentlichkeitsbeteiligung in der FFH-RL von jener in der UVP-RL,986 was sich auf die Umsetzungsverpflichtung auswirkt. Mit der Einführung einer Parteistellung für eine Gruppe von Bürgern würde man subjektiv öffentliche Rechte im NSchG schaffen. Eine solche Regelung wäre meines Erachtens zur Umsetzung von Art 6 Abs 3 letzter Halbsatz überschießend, weil die Richtlinie dem Wortlaut nach nur die „Anhörung der Öffentlichkeit“ fordert. Ein Anhörungsrecht sieht das NSchG nach § 47 Abs 4 bereits für die jeweils zuständige Gemeinde vor. Dieses vermittelt allerdings keine Parteienrechte.987 Dennoch wird sich die Behörde mit einer Stellungnahme der Gemeinde inhaltlich auseinander zu setzen haben und eine Nichtbeachtung entsprechend begründen müssen. Eine ähnliche Regelung für eine Anhörung der Öffentlichkeit im Rahmen einer FFH-Verträglichkeitsprüfung wäre sicherlich ein pragmatischer Ansatz. Das Anhörungsrecht könn____________________
986 987
Fisahn (FN 641) 6. Loos, Kommentar zum Salzburger Naturschutzgesetz 1993, Schriftenreihe des Landespressebüros (1993) 141.
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te dabei einer Bürgerinitiative zukommen. Wie eine solche Bürgerinitiative zustande kommt, wäre im NSchG zu regeln. Die Rechtsposition einer Bürgerinitiative könnte in eventu auch durch Zuerkennung der Beteiligtenstellung verstärkt werden, um ihr beispielsweise das Recht auf Akteneinsicht einzuräumen. Ein zusätzlicher Aspekt im Zusammenhang mit der Beteiligung der Öffentlichkeit findet sich in § 55 NSchG. Dieser regelt die Mitwirkung der Salzburger Landesumweltanwaltschaft in allen Verfahren nach dem NSchG. Die Landesumweltanwaltschaft, der Parteistellung im Sinne des § 8 AVG zukommt, hat für die Einhaltung des objektiv öffentlichen Rechtes zu sorgen. Mit ihren umfangreichen Parteienrechten kann sie als „Vertreterin der Öffentlichkeit“ im Rahmen einer FFH-Verträglichkeitsprüfung agieren. cccc) Umsetzung in § 3a NSchG aaaaa) Abwägung von Interessen § 3a NSchG regelt die allgemeine Interessensabwägung im NSchG, also grundsätzlich unabhängig von der FFH-VP. § 3a wurde erst mit der Novelle 2001 geschaffen, zuvor war die Interessensabwägung zusammen mit dem Geltungsbereich des Gesetzes in § 3 geregelt. Da die beiden Themen in keinem inhaltlichen Zusammenhang stehen, wurden sie im Zuge der Novelle getrennt.988 Der Abs 1 des nunmehrigen § 3a normiert den Grundsatz, dass im Rahmen des NSchG dem öffentlichen Interesse am Naturschutz der Vorrang gegenüber allen anderen Interessen eingeräumt wird. Abs 2 beschreibt die mögliche Ausnahme von diesem Grundsatz: So muss zum ersten die beantragte Maßnahme einem nachweislich unmittelbar besonders wichtigen öffentlichen Interesse dienen. Zusätzlich dazu sind zwei weitere Bedingungen erforderlich, nämlich, dass dem geltend gemachten öffentlichen Interesse der Vorrang gegenüber dem Interesse des Naturschutzes zukommt und zur beantragten Maßnahme nachweislich keine geeignete, die Naturschutzinteressen weniger beeinträchtigende Alternativlösung989 besteht. Diese Regelung nimmt offensichtlich Bezug auf den Inhalt des Art 6 Abs 4 FFH-RL. So findet sich das gemeinschaftsrechtliche Tatbestandsmerkmal „aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses“ inhaltlich durchaus in § 3a Abs 2 wieder. Wenngleich keine wortgenaue Übernahme erfolgte, kann „nachweislich unmittelbar besonders wichtig“ mit den zwingenden Gründen gleichgesetzt werden. Mit dem ____________________
988 989
LT-Regierungsvorlage zur NSchG-Novelle 2001 (FN 920) 16. Siehe Näheres dazu unter ccccc).
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Wortlaut im NSchG kann der gemeinschaftsrechtlichen Vorgabe, dass es sich um ein öffentliches Interesse von höchstem Intensitätsgrad handeln muss, Rechnung getragen werden. Das in Art 6 Abs 4 geforderte „überwiegende“ öffentliche Interesse wird durch die Z 1 in § 3a Abs 2 umgesetzt. Diese normiert als Voraussetzung für eine Bewilligung, dass den anderen öffentlichen Interessen im Einzelfall der Vorrang gegenüber den Interessen des Naturschutzes zukommt. Wie von der Richtlinie gefordert, muss das nachgewiesene öffentliche Interesse an der zu bewilligenden Maßnahme das öffentliche Interesse am Naturschutz überwiegen. Eine Umschreibung der im Rahmen der Interessensabwägung geltend zu machenden öffentlichen Interessen findet sich nicht im NSchG. Mit Blick auf Art 6 Abs 4 UAbs 1 werden öffentliche Interessen der wirtschaftlichen und sozialen Art umfasst sein.990 Dies gilt allerdings nur für nichtprioritäre Gebiete, wie die Richtlinie vorgibt und auch aus dem Kontext des § 3a abgeleitet werden kann. Die Behandlung von prioritären Gebieten, somit der Inhalt von Art 6 Abs 4 UAbs 2, wird in § 3a Abs 3 geregelt. Dieser schränkt richtliniengemäß die hier in Frage kommenden öffentlichen Interessen auf „das Leben und die Gesundheit von Menschen“, „die öffentliche Sicherheit“ und „maßgebliche günstige Auswirkungen auf die Umwelt“ ein. Auch wird in Abs 3 normiert, dass sonstige öffentliche Interessen nur in die Interessensabwägung einbezogen werden können, wenn zuvor eine Stellungnahme der Kommission991 eingeholt worden ist. Über den Wortlaut des Art 6 Abs 4 UAbs 2 hinaus gibt Abs 3 vor, dass diese Stellungnahme bei der Entscheidung zu berücksichtigen ist.992 ____________________
990 Vgl hiezu Loos (FN 987, 27 ff ), für den als öffentliche Interessen auch volkswirtschaftliche und sonstige zusammengefasste wirtschaftliche Interessen in Betracht kommen; letztere dann, wenn sie Auswirkungen auf die Volkswirtschaft haben. Dies ist nur dann gegeben, wenn das Vorhaben nicht nur positive Auswirkungen auf das einzelne Wirtschaftssubjekt hat, sondern solche auch bei einer makroökonomischen Betrachtung bestehen. 991 In der NSchG Novelle 1997 wurde bei Betroffenheit eines Europaschutzgebietes generell die Einholung einer Stellungnahme der Kommission gefordert und nicht zwischen prioritären und nicht prioritären Gebieten unterschieden. Christl (FN 3, 145) sieht darin berechtigterweise eine über Art 6 Abs 4 UAbs 1 hinausgehende Regelung. 992 Wie bereits bei den Ausführungen zu Art 6 Abs 4 UAbs 2 angemerkt, wird man bei Nichtbeachtung der kommissionellen Stellungnahme mit einem Vertragsverletzungsverfahren zu rechnen haben. Theoretisch wäre es aber auch möglich, dass man die Meinung der Kommission auf sachlicher Ebene widerlegt. Denn eine rechtliche Verpflichtung, die Ansicht der Kommission direkt zu übernehmen, besteht meiner Ansicht nicht. Dementsprechend wird die Vorgabe in § 3a Abs 3 letzter Satz so zu interpretieren sein, dass die Stellungnahme der Kommission in den Entscheidungsfindungsprozess der Behörde einfließen muss.
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bbbbb) Vorschreibung von Ausgleichsmaßnahmen Während Art 6 Abs 4 UAbs 2 vollständig und wortgetreu umgesetzt wurde, ist die Umsetzung der in UAbs 1 geregelten Ausgleichsmaßnahmen keineswegs so präzise geschehen. Nach § 3a Abs 4 ist für den Fall, dass nach einer Interessensabwägung den Interessen des Naturschutzes nicht der Vorrang zugekommen ist, die durch den Eingriff zu erwartende Beeinträchtigung durch entsprechende Ersatzleistungen auszugleichen.993 Der Ausgleich ist dabei durch Bescheid vorzuschreiben. Weiters gibt der gegenständliche Abs 4 vor, dass bei Eingriffen in besondere Lebensräume und Lebensgemeinschaften von Tieren und Pflanzen als Ersatzleistung vor allem die Schaffung von Ersatzlebensräumen in Frage kommt, wobei die Ersatzlebensräume möglichst in unmittelbarer räumlicher Nähe zum Eingriffsort liegen müssen. Diese Regelungen können als gemeinschaftskonform angesehen werden. Den aus Art 6 Abs 4 erwachsenen Vorgaben und in der Lehre entwickelten Anforderungen an eine Ausgleichsmaßnahme wird hier entsprochen. Bemerkenswert ist, dass die Bestimmung über Ersatzleistungen in ihren wesentlichen Zügen bereits im NSchG 1993 enthalten war. Die Intention, einen Eingriff in die Natur durch eine, an anderer Stelle zugunsten des Naturschutzes gesetzte Maßnahme auszugleichen, gibt es in Salzburg folglich nicht erst seit der FFH-RL. Kritischer ist hingegen der zweite Teil des § 3a Abs 4 zu sehen. Dieser eröffnet die Möglichkeit, für den Fall, dass keine Ersatzlebensräume geschaffen werden können, dem Antragsteller per Bescheid die Entrichtung eines Geldbetrages in einer Höhe vorzuschreiben, der annähernd den Kosten einer angemessenen Ersatzleistung entspricht. Ist die Schaffung von Ersatzlebensräumen nur unzureichend möglich, muss ein entsprechend verringerter, ersatzweise zu leistender Geldbetrag vorgeschrieben werden. Eine solche Variante der Ausgleichsmaßnahme ist aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht nicht vorgesehen. Wie bereits im Rahmen der Ausführungen zu Art 6 Abs 4 UAbs 1 festgehalten,994 kann der Ausgleichspflicht weder die Unmöglichkeit noch die Unverhältnismäßigkeit der erforderlichen Maßnahmen entgegengehalten werden und kommt dieser somit ab____________________
993 Solche Ersatzleistungen sind gemäß § 3a Abs 6 nicht für Maßnahmen vorzuschreiben, die wegen einer Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit von Menschen oder zur Abwehr schwerer volkswirtschaftlicher Schäden notwendig und unvermeidlich sind. Diese Ausnahme gilt gemäß Abs 6 Z 2 allerdings nicht für Maßnahmen, die Auswirkungen auf Europaschutzgebiete haben. Diese bereits seit der NSchG-Novelle 1997 bestehende Einschränkung ist gemeinschaftsrechtlich dringend geboten, weil Art 6 Abs 3 und 4 bekanntlich keine Ausnahme von der Pflicht, Ausgleichsmaßnahmen zu ergreifen, vorsieht. 994 Siehe unter II.C.3.c)dd)ggg)eeee).
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solute Wirkung zu.995 Ist ein Ausgleich aus bestimmten Gründen nicht möglich, ist die Bewilligung zu versagen. Die Zahlung eines abstrakten Geldbetrages in einen Topf, der Naturschutzanliegen finanziert, entspricht nicht den gemeinschaftlichen Vorgaben. Mit der Novelle 2001 wurde die Ersatzregelung des § 3a Abs 4 in Bezug auf Europaschutzgebiete weiter konkretisiert bzw dem Gemeinschaftsrecht angepasst. Der neu eingeführte Abs 5 gibt vor, dass die Landesregierung im Falle des Abs 4 bei Europaschutzgebieten den Zusammenhang des europäischen ökologischen Netzes „Natura 2000“ sicherzustellen hat. Die zu diesem Zweck getroffenen Maßnahmen sind der Europäischen Kommission mitzuteilen. Mit dieser Ergänzung wurde der zweite Teil des Art 6 Abs 4 UAbs 1 in das NSchG übernommen und ein wichtiger Aspekt zur Interpretation des § 3a Abs 4 in Bezug auf Europaschutzgebiete eingeführt. Mit § 3a Abs 5996 wird das eigentliche Ziel der Ausgleichsmaßnahme normiert, nämlich die ökologische Kohärenz von Natura 2000 zu wahren.997 Mit dieser Vorgabe findet eine inhaltliche Einschränkung von Abs 4 in der Weise statt, dass die Entrichtung eines Geldbetrages bei Betroffenheit eines Europaschutzgebietes nicht möglich ist. Die vorgeschriebene Geldleistung wandert gemäß § 60 Abs 2 Z 4 in den Salzburger Naturschutzfonds. Die dort gesammelten Mittel sind zur Förderung des Naturschutzes und der Naturpflege einschließlich der wissenschaftlichen Forschung gemäß Art 10 der VSchRL und Art 18 der FFH-RL und der Finanzierung von Maßnahmen gemäß § 4 Abs 1 NSchG zu verwenden. Damit ist keineswegs gewährleistet, dass das Geld für die Sicherstellung des Natura 2000 Netzes verwendet wird. Die Höhe des Geldbetrages orientiert sich zwar am Eingriff, eine Widmung für eine konkrete Maßnahme ist allerdings nicht vorgesehen. Dies ist auch nicht zu erwarten, nachdem eine Geldleistung gerade in jenen Fällen vorgeschrieben wird, in denen kein Ersatz „in natura“ möglich ist. Durch die Einführung von § 3a Abs 5 kann aber § 3a Abs 4 im oben beschriebenen Sinn interpretiert werden und ist somit von einer vollständigen Umsetzung der FFH-Ausgleichsregelung auszugehen. Eine klarere Regelung wäre jedoch, wenn Abs 2 normierte, dass eine Ersatzleistung in Geld für Europaschutzgebiete nicht in Frage kommt. ____________________
995 Das NSchG 1993 (LGBl Nr 1/1993) sah eine noch großzügigere Variante vor. Danach konnte dem Einschreiter bereits ein Geldbetrag vorgeschrieben werden, wenn die Ersatzleistung „in natura“ nicht oder nur unzureichend möglich oder zumutbar war. 996 Dieser wurde mit der Novelle 2001 eingeführt. 997 Damit wird auch der Forderung von Christl (FN 3, 145) entsprochen, die in ihrer Untersuchung im Jahre 1999 noch das Fehlen dieser Anforderung kritisiert hat.
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Auf die Vorschreibung von Ersatzleistungen ist gemäß § 3a Abs 6 überhaupt zu verzichten, wenn die zu genehmigende Maßnahme wegen einer Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit von Menschen oder zur Abwehr schwerer volkswirtschaftlicher Schäden notwendig und unvermeidlich ist. Diese Einschränkung gilt gemäß Z 2 allerdings nicht für Europaschutzgebiete.998 ccccc) Die Alternativenprüfung Ebenso im NSchG umgesetzt wurde die Alternativenprüfung. Seit der Novelle 2001 findet sich in § 3a Abs 2 Z 2 eine ausdrücklich vorgeschriebene Verpflichtung zur Prüfung von Alternativen. Die Erläuterungen zur Novelle 2001 enthalten den Hinweis, dass diese Prüfung bereits vorher vorgenommen wurde, weil bei der Interessensabwägung vom Zweck der Maßnahme und nicht vom beantragten Projekt auszugehen war. Da allerdings, wie bereits vorangehend erwähnt, von der Kommission auf die nicht erfolgte Umsetzung dieser Prüfung999 hingewiesen worden ist, wurde vom Landesgesetzgeber diese Änderung vorgenommen, um jede Unklarheit zu beseitigen.1000 Gemäß den Erläuterungen zu dieser Bestimmung soll die Alternativenprüfung wie bisher in der Weise gehandhabt werden, dass neben der privat- und öffentlich-rechtlichen Möglichkeit zur Verwirklichung der Alternativlösung auch wirtschaftliche Aspekte zu berücksichtigen sind. Der Salzburger Landesgesetzgeber trifft hier zwar eine grundsätzlich nicht unrichtige Vorgabe, wobei allerdings nicht vergessen werden darf, dass Alternativen durchaus mit einem Mehraufwand verbunden sein können. Diesbezüglich kann auf die ausführlichen Erläuterungen zur Zumutbarkeit und Verhältnismäßigkeit von Alternativen im ersten Teil dieser Arbeit verwiesen werden. Die Bestimmung im NSchG ist im Sinne dieser gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben zu interpretieren, denn mit dem Zurückziehen auf rein wirtschaftliche Aspekte wird dem Gemeinschaftsrecht nicht Rechnung getragen werden können. Exkurs: Alternativenprüfung und Kompetenzverteilung Wie nun bereits mehrfach erwähnt, setzt die Anwendung des Art 6 Abs 4 FFH-RL die Prüfung von Alternativlösungen voraus. Die Behörde hat zu prüfen, ob es Planungs- bzw Projektsvarianten gibt, die mit den Er____________________
998
Diese Gegenausnahme gibt es bereits seit der Novelle 1997. Auch für Christl (FN 3, 145) fehlte die Verpflichtung einer Prüfung betreffend des Vorhandenseins von Alternativlösungen. 1000 LT-Regierungsvorlage zur NSchG-Novelle 2001 (FN 920) 16. 999
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haltungszielen der Richtlinie eher oder sogar in vollem Umfang vereinbar sind.1001 Da die Prüfung von Alternativen somit ein Teil der Naturverträglichkeitsprüfung bzw des Prüfverfahrens gemäß Art 6 Abs 3 und 4 FFH-RL ist, liegt es nahe, sie in erster Linie in den Naturschutzgesetzen der Länder umzusetzen; so geschehen beispielsweise in § 3a NSchG. Diese auf den ersten Blick unbedenkliche Vorgehensweise erweckt allerdings in Zusammenhang mit der Genehmigung von Infrastrukturvorhaben des Bundes verfassungsrechtliche Bedenken: So hat erst kürzlich der VwGH im Erkenntnis zur Aufhebung des Naturschutzbescheides für den Semmering-Basistunnel1002 festgehalten, dass der Naturschutzbehörde eine Alternativenprüfung aus dem Gesichtspunkt des Eisenbahnverkehrs verfassungsrechtlich verwehrt ist. Der VwGH beginnt seine Ausführungen zur Frage, wer nach der Kompetenzverteilung der Bundesverfassung zur Prüfung von Alternativen zuständig ist, mit dem Hinweis auf ein Vorjudikat aus 19991003, worin festgestellt wurde, dass eine Ablehnung eines Straßenbauvorhabens des Bundes durch die Naturschutzbehörde, mit der Begründung, es lägen keine Gemeinwohlinteressen vor, rechtswidrig wäre. Dies ergibt sich daraus, dass mit der Trassenverordnung jedenfalls ein Grundbestand an Bundesinteressen, die als öffentliche Interessen anzusehen sind, dokumentiert wird.1004 Der VfGH1005 spricht in diesem Zusammenhang von einer aus verfassungsrechtlicher Sicht gebotenen „Berücksichtigung der vom Bund wahrzunehmenden und keiner weiteren Überprüfung durch das Land unterliegenden gesamtwirtschaftlichen Interessen am Ausbau einer bestehenden Eisenbahnstrecke“. Die Naturschutzbehörde kann die in der Trassenverordnung dokumentierten öffentlichen Interessen gewichten, zu deren Überprüfung ist sie jedoch nicht ermächtigt.1006 Die zulässige Gewichtung der öffentlichen Interessen ermöglicht die in den Naturschutzgesetzen vorgesehene Interessensabwägung.1007 Das Überprüfungsverbot hat hingegen zur Konse____________________
1001 1002 1003 1004 1005 1006
Siehe Kapitel C. unter 3.c)dd)ggg)bbbb). VwGH 16.4.2004, 2001/10/0156 ua. VwGH 24.9.1999, 98/10/0347. Der VwGH verweist dabei auf VfSlg 15.552/1999. VfSlg 15.551/1999 (Anlassfall zu G 256/98). Nach Ansicht des VwGH ist die Gewichtung der in der Trassenverordnung dokumentierten öffentlichen Interessen erst im Rahmen der „Feinprüfung“ möglich (vgl hiezu die kritikwürdige Differenzierung der Interessensabwägung bei trassengebundenen Vorhaben in eine Grob- und Feinprüfung). 1007 Das in der Trassenverordnung manifestierte öffentliche Interesse bedeutet keine Vorwegnahme des Ergebnisses der Interessensabwägung in dem Sinn, dass bei Vorliegen einer Trassenverordnung dem Straßenbauvorhaben jedenfalls der Vorrang vor den Interessen
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quenz, dass sich die Naturschutzbehörde an der vom Bund verordneten Trasse zu orientieren hat. Sie darf ihrer Beurteilung nicht zugrunde legen, dass es zur Erreichung desselben Zwecks eine andere, naturschutzschonendere und womöglich auch kostengünstigere Variante gibt.1008 Im Ergebnis ist ihr daher eine umfassende Alternativenprüfung versagt. Ist eine Alternativenprüfung durchzuführen und umfasst diese gegebenenfalls im Fall von Angelegenheiten der Vollziehung, die der Kompetenz „Verkehrswesen bezüglich Eisenbahnen“ zugeordnet sind, eine Auswahlentscheidung unter Gesichtspunkten der Eignung für den Zweck, eine bestimmte Verkehrsverbindung herzustellen, ist dies Sache der für die Vollziehung1009 der Kompetenz „Verkehrswesen bezüglich Eisenbahnen“ zuständigen Behörde, so der VwGH zusammenfassend in seinem jüngsten Erkenntnis 2001/10/0156 ua. Dabei weist er darauf hin, dass die Eisenbahnbehörde jedoch im Rahmen der verfassungsmäßig gebotenen Pflicht zur Rücksichtsnahme auf gegenbeteiligte Kompetenzträger gegebenenfalls auf Interessen des Naturschutzes Rücksicht zu nehmen hat. Dieses Ergebnis hat zur Konsequenz, dass in den einschlägigen Bundesgesetzen die gemeinschaftsrechtlich gebotene Alternativenprüfung legistisch zu verankern ist. Denn die bereits normierte Berücksichtigung von Naturschutzinteressen wird zur Erfüllung der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben nicht ausreichen. Gefordert ist somit eine zwingende Alternativenprüfung im Sinne des Art 6 Abs 4 FFH-RL im Rahmen der bundesrechtlichen Genehmigungsverfahren. Den Bedenken des VwGH, wonach von einem „konkreten Projekt“ erst gesprochen werden kann,1010 wenn eine flächenscharfe Festlegung der Trasse vorliegt, ist zu entgegnen, dass Art 6 Abs 3 FFH-RL nicht nur für Projekte, sondern auch für Pläne eine Verträglichkeitsprüfung vorsieht. Würde man daher in der Festlegung des Trassenverlaufes noch kein „Projekt“ sehen, wäre die Anwendbarkeit des Art 6 Abs 3 und 4 FFH-RL jedenfalls über den Planbegriff gewährleistet. ddd) Vorläufiger Schutz gemäß § 22b NSchG § 22b sieht in Abs 1 vor, dass bis zur Erlassung ausreichender Schutzbestimmungen gemäß § 22a Nutzungsmaßnahmen von Grundstücken ____________________
des Natur- und Landschaftsschutzes gebührte, so der VwGH in seinem Erkenntnis 98/ 10/0347. 1008 Bussjäger, Verfassungsrechtliche Fragen der Anwendung des Naturschutzrechts der Länder auf Verkehrsprojekte, RdU 2000, 83. 1009 In konkreten Fall ging es um die unmittelbare Anwendung von Regelungen des Gemeinschaftsrechts und daher ist von „Vollziehung“ die Rede. 1010 VwGH 16.4.2004, 2001/10/0156 ua, unter 21.6.5.3.
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nur so durchgeführt werden dürfen, wie sie nach Art und Umfang bis zur Aufnahme des Gebietes in die Liste gemäß § 22a Abs 1 rechtmäßig vorgenommen worden sind. Mit der Erlassung ausreichender Schutzbestimmungen nach § 22a sind die im dortigen Abs 2 geregelten Schutzgebietsverordnungen gemeint.1011 Die Liste gemäß § 22a Abs 1 enthält die Europaschutzgebiete nach § 5 Z 10. Dabei handelt es sich um die Vogelschutzgebiete nach Art 4 Abs 1 und 2 VSchRL, die Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung, die in die Liste nach Art 4 Abs 2 der FFH-RL eingetragen sind sowie jene Gebiete, die bis zum Vorliegen der Liste nach Art 4 Abs 2 in eine Liste gemäß Art 4 Abs 1 der FFH-RL aufgenommen worden sind. Der entscheidende Zeitpunkt ist für FFH-Gebiete somit die Aufnahme in die nationale Gebietsliste nach Art 4 Abs 1 FFH-RL.1012 Spätere Änderungen, die eine erhebliche Beeinträchtigung von solchen natürlichen Lebensräumen oder solchen Tier- und Pflanzenarten bewirken können, für die nach der FFH-RL oder der VSchRL ein günstiger Erhaltungszustand erhalten oder wiederhergestellt werden soll, dürfen gemäß § 22b Abs 2 nur mit Bewilligung der Landesregierung vorgenommen werden. Nach Abs 3 ist die Bewilligung zu erteilen, wenn die Maßnahme keine Verschlechterung der unter Abs 2 fallenden Lebensräume und keine erhebliche Störung der unter Abs 2 fallenden Arten bewirken kann und überdies dem Ziel der Erhaltung oder Schaffung eines günstigen Erhaltungszustandes dieser Lebensräume oder Arten nicht zuwiderläuft. Ferner bleiben nach Abs 4 weitergehende Schutzbestimmungen unberührt. Bemerkenswert ist bei der Regelung des § 22b, dass das Schutzregime des Art 6 bereits mit Aufnahme des Gebietes in die nationale Gebietsliste gelten soll.1013 In welchem Ausmaß das Schutzregime allerdings gelten soll, ist aus meiner Sicht nicht eindeutig festgelegt. Die Formulierung „keine Verschlechterung der unter Abs 2 fallenden Lebensräume“ und „keine erhebliche Störung der unter Abs 2 fallenden Arten“ 1014 deutet zunächst klar auf das Verschlechterungs- und Störungsverbot des Art 6 Abs 2 hin. In § 22b Abs 3 NSchG werden diese Wortfolgen allerdings als Bewilligungs____________________
1011
LT-Regierungsvorlage zur NSchG-Novelle 2001 (FN 920) 18. Die erste nationale Gebietsliste wurde bekanntlich mit Schreiben vom 7. Juni 1995 nach Brüssel übermittelt. Für die nachnominierten Gebiete gilt das entsprechend spätere Datum hinsichtlich der Anwendung des § 22b NSchG. 1013 Art 4 Abs 5 FFH-RL sieht vor, dass die Bestimmungen des Art 6 Abs 2 bis 4 erst zur Anwendung kommen, wenn ein Gebiet in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommen ist. 1014 Wie bei § 22a Abs 3 NSchG bezieht sich auch in § 22b Abs 3 die Verschlechterung nur auf die Lebensräume und nicht auf die Habitate der Arten, wie es eigentlich der Wortlaut des Art 6 Abs 2 FFH-RL fordert (siehe Anmerkung unter bbb)). 1012
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kriterien verwendet, was nach der Richtlinie eigentlich nicht ihrer Funktion entspricht. Andererseits ist aber auch nicht davon auszugehen, dass mit der Bewilligung in § 22b Abs 3 eine Verträglichkeitsprüfung im Sinne von Art 6 Abs 3 FFH-RL gemeint ist. Dagegen spricht, dass hier nicht wie in § 22a Abs 4, der die Verträglichkeitsprüfung regelt, von einer erheblichen Beeinträchtigung der für die Erhaltungsziele wesentlichen Bestandteile die Rede ist. In Anknüpfung an die Ausführungen zur Vorverlagerung des Schutzregimes aufgrund der Verzögerungen in Phase 21015 wird § 22b NSchG im Sinne der Gemeinschaftstreue nach Art 10 EG zu interpretieren sein. Der provisorische Schutz des § 22b muss jedenfalls solche Eingriffe verhindern, die den Wert des Gebietes für das kohärente Schutzgebietsnetz in Frage stellen würden.1016 Maßnahmen, die ein Unterlaufen des Richtlinienzieles bewirken würden, können im Rahmen des vorläufigen Schutzes von § 22b untersagt werden. Zu erwähnen ist ferner, dass § 22b NSchG nicht zwischen prioritären und nichtprioritären Gebieten unterscheidet. Dies ist vor allem im Hinblick auf die zu Phase 2 erwähnten, differenzierenden Ansätze zum vorläufigen Schutz bedeutsam. Danach könnte auf die in den nationalen Listen aufscheinenden prioritären Gebiete bereits vor Erlassung der Gemeinschaftsliste das gesamte Schutzregime nach Art 6 Abs 2 bis 4 Anwendung finden.1017 Dieser Möglichkeit trägt § 22b NSchG nicht Rechnung.1018 Ebenso knüpft der vorläufige Schutz des § 22b NSchG in zeitlicher Hinsicht an die Erlassung ausreichender Schutzbestimmungen gemäß § 22a an und nicht – wie man es aufgrund von Art 4 Abs 5 FFH-RL erwarten könnte – an die Erlassung der Gemeinschaftsliste. Denn für den Zeitraum zwischen Erlassung der Gemeinschaftsliste und der Festlegung von ____________________
1015 1016
Siehe unter C.3.b)bb)eee). Das Stillhaltegebot kann wie erwähnt nicht zu einer Vorverlagerung des kompletten Schutzregimes führen. Wie von Madner festgehalten, dient dieses Instrument der Unterbindung von grob richtlinienwidrigem Verhalten der Mitgliedstaaten. 1017 Diese Ansicht widerspricht zwar bekanntlich dem Wortlaut des Art 4 Abs 5 FFHRL, ist aber konsequent, wenn man die Meinung vertritt, dass die von den Mitgliedstaaten nominierten prioritäteren Gebiete jedenfalls in die Gemeinschaftsliste aufzunehmen sind. 1018 Nicht geregelt im NSchG ist der Schutz potenzieller Schutzgebiete, also jener Gebiete, die in der nationalen Liste nicht aufscheinen, die Kriterien für eine Nominierung jedoch erfüllen. Das Land Salzburg geht wohl davon aus, dass alle in Frage kommenden Gebiete nach Brüssel gemeldet wurden. Mit einer Regelung für potentielle Gebiete im NSchG würde das Land eingestehen, nicht in Betracht kommende Gebiete nicht nominiert zu haben. Andererseits könnte man im Zuge eines Bewilligungsverfahrens für ein Vorhaben auf bisher unentdeckte Vorkommen von Arten oder Lebensräumen stoßen, die eine Schutzgebietsausweisung erfordern.
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nationalen Schutzbestimmungen durch Verordnung der Landesregierung nach § 22a Abs 2 verlangt die Richtlinie bekanntlich bereits die Anwendung des kompletten Schutzregimes gemäß Art 6 Abs 2 bis 4. Hierauf nimmt § 22b offensichtlich nicht Bedacht. Der Schutz des Art 6 Abs 2 bis 4 kann in dieser Phase nur über die unmittelbare Anwendbarkeit der Richtlinie gewährleistet werden.1019 Sobald daher die Gemeinschaftsliste vorliegt, müssen die Mitgliedstaaten die Anwendung des Art 6 Abs 2 bis 4 gewährleisten. Das Verschlechterung- und Störungsverbot nach Art 6 Abs 2 kommt dabei problemlos über § 22b Abs 3 NSchG zur Anwendung. Wie weit allerdings ein Verfahren zur Prüfung von Plänen und Projekten nach Art 6 Abs 3 und 4 durchgeführt werden kann, wenn noch keine Verordnung mit dem konkreten Schutzzweck bzw den Erhaltungszielen vorliegt, ist äußerst fraglich. dd) Schutzregime für Vogelschutzgebiete Wie bereits ausführlich beschrieben,1020 gilt gemäß Art 7 FFH-RL das Schutzregime nach Art 6 Abs 2 bis 4 FFH-RL auch für Vogelschutzgebiete, die nach Art 4 Abs 1 VSchRL erklärt oder nach Art 4 Abs 2 derselben als solche anerkannt wurden. Für erklärte bzw anerkannte Vogelschutzgebiete gilt somit ebenfalls das FFH-Schutzregime und nicht mehr jenes nach Art 4 Abs 4 VSchRL. Im Mahnschreiben zur FFH-RL1021 wird bezugnehmend auf Art 7 FFH-RL darauf hingewiesen, dass aus den nationalen Rechtsvorschriften jedenfalls klar hervorzugehen hat, dass die Schutzbestimmungen des Art 6 Abs 2 bis 4 auch für besondere Schutzgebiete nach Art 4 VSchRL gelten. Das Salzburger NSchG nimmt auf Art 7 keinen Bezug. Lediglich die Begriffsdefinition des § 5 Z 10 zeigt, dass die Europaschutzgebiete auch die Vogelschutzgebiete nach Art 4 Abs 1 und 2 der VSchRL umfassen. Da die Vogelschutzgebiete ebenfalls dem FFH-Schutzregime nach Art 6 Abs 2 bis 4 unterliegen, ist eine einheitliche Umsetzung zweckmäßig. Zwischen den beiden Schutzgebietskategorien muss daher in den §§ 3a und 22a grundsätzlich nicht differenziert werden. Aus der Zusammenschau zwischen der Begriffsdefinition des § 5 Z 10 und den §§ 3a und 22a kann der Wechsel des Schutzregimes für Vogelschutzgebiete, somit der Inhalt ____________________
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Der Gemeinschaftsgesetzgeber setzt dies wohl voraus, wenn man sich den Zusammenhang zwischen Art 4 Abs 4 und 5 FFH-RL vor Augen hält. Einerseits verlangt die Richtlinie die Anwendung von Art 6 Abs 2 bis 4 mit Erlassung der Gemeinschaftsliste, andererseits wird den Mitgliedstaaten sechs Jahre Zeit gegeben, die Schutzgebiete auszuweisen. 1020 Siehe unter II.B.4.b)gg). 1021 Mahnschreiben der Kommission zur FFH-RL (FN 923) 7.
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des Art 7 FFH-RL, ersehen werden, wenngleich nicht von einem „klaren Hervorgehen“, wie von der Kommission gefordert, gesprochen werden kann. Ein wesentlicher Unterschied zwischen FFH- und Vogelschutzgebieten ergibt sich jedoch im Hinblick auf den Zeitpunkt der Geltung des Schutzregimes. Bekanntlich sieht die VSchRL keine in Phasen ablaufende Schutzgebietsausweisung wie die FFH-RL vor,1022 sondern ist für Vogelschutzgebiete der Gebietsschutz seit 1. Jänner 1995 in Geltung.1023 Diese Besonderheit müsste meines Erachtens in § 22b NSchG Berücksichtigung finden. Wie bereits erwähnt, wird aber auf diese Unterscheidung nicht eingegangen. Somit wird den Vogelschutzgebieten zwangsläufig auch nur der vorläufige Schutz des § 22b zu Teil und nicht das gemeinschaftsrechtlich gebotene, gesamte Schutzregime nach Art 6 Abs 2 bis 4 FFH-RL. Für den Zeitraum bis zur Erlassung der „ausreichenden Schutzbestimmungen“ wird den Vogelschutzgebieten folglich das ihnen zugedachte Schutzniveau fehlen. Diese Bedenken werden allerdings nicht von der Kommission geteilt. In ihrer begründeten Stellungnahme1024 geht sie nämlich davon aus, dass der erforderliche rechtliche Rahmen zur Umsetzung von Art 4 Abs 1, 2 und 4 der VSchRL im Bundesland Salzburg in einem ausreichenden Maß festgelegt sein dürfte. Angeführt werden dabei § 5 Z 9 lit b und Z 10 lit c sowie § 22a NSchG. Der zeitliche Aspekt und somit § 22b bleibt hier unberücksichtigt. Auch in der begründeten Stellungnahme zur FFHRL1025 findet sich die Feststellung, dass Art 7 in Salzburg umgesetzt ist. Angeführt werden an dieser Stelle die §§ 3a, 22a Abs 3 und 4 sowie § 22b NSchG. ee) Überwachung des Erhaltungszustandes gemäß Art 11 FFH-RL Art 11 FFH-RL trägt den Mitgliedstaaten die Überwachung des Erhaltungszustandes der in Art 2 genannten Arten und Lebensräume auf, wo____________________
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Art 7 FFH-RL bezieht sich nicht auf die Schutzgebietsausweisung. Hier gilt für Vogelschutzgebiete nach wie vor Art 4 VSchRL. 1023 Auch die Kommission weist im Mahnschreiben darauf hin, dass das Schutzregime nach Art 6 Abs 2 bis 4 FFH-RL im Bereich der VSchRL für Österreich bereits ab 1. Jänner 1995 anzuwenden ist. 1024 Mit Gründen versehene Stellungnahme der Kommission gemäß Art 226 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft gerichtet an die Republik Österreich wegen nicht konformer Umsetzung der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten, ABl L103 vom 25. April 1979, 1, 8 f. 1025 Begründete Stellungnahme zur FFH-RL (FN 926) 13.
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bei die prioritären natürlichen Lebensraumtypen und die prioritären Arten besonders zu berücksichtigen sind. Um der FFH-RL volle Geltung in der Anwendung zu verschaffen, ist nach Ansicht der Kommission1026 eine ausdrückliche Berücksichtigung des Überwachungszweckes „Erhaltungszustand der in Art 2 genannten Arten und Lebensräume“ in den Umsetzungsvorschriften notwendig. Im Besonderen wird darauf hingewiesen, dass durch das Fehlen der Definitionen „prioritäre natürliche Lebensraumtypen“ oder „prioritäre Arten“ in den nationalen Umsetzungsvorschriften die vollständige Erfüllung der Anforderungen aus Art 11 nicht sichergestellt ist. Im Mahnschreiben findet in diesem Zusammenhang § 35 Abs 3 NSchG1027 Erwähnung. Nach dieser Bestimmung ist zur Bestandsaufnahme aller für den Naturschutz und die Naturpflege maßgeblichen Umstände von der Landesregierung ein Landschaftsinventar zu erstellen und zu führen. Eine Verpflichtung zur Vornahme aktiver Überwachungstätigkeiten im Sinne von Art 11 FFH-RL ist daraus allerdings nicht abzuleiten. Weiters wird von der Kommission bemängelt, dass die in Art 11 enthaltenen Begriffe der „prioritären natürlichen Lebensräume“ und „prioritären Arten“ nicht im NSchG definiert sind. Dem zweiten Kritikpunkt wurde durch die Novelle 2001 insofern Rechnung getragen, als die beiden Definitionen in § 5 NSchG unter den Z 24 und 25 Aufnahme gefunden haben.1028 Eine Änderung in § 36 zum Landschaftsinventar erfolgte hingegen nicht. Allerdings wurden im nachfolgenden § 37 Abs 2 die Abteilungen des Naturschutzbuches1029 um die „Schutzgebiete mit internationalem Status einschließlich der Europaschutzgebiete (§ 22a)“ erweitert. Gemäß § 37 Abs 3 ist für jedes geschützte Objekt eine gesonderte Einlage zu erstellen. Seit der Novelle 2001 hat diese Einlage bei Europaschutzgebieten jedenfalls Angaben darüber zu enthalten, welche prioritären Lebensraumtypen oder prioritären Arten in dem Gebiet vorkommen. Mit der Umsetzung der Definitionen in § 5 und der Evidenthaltung im Naturschutzbuch wäre grundsätzlich die geforderte Berücksichtigung des Überwachungszwecks möglich. Ob daraus die geforderte Verpflichtung zur Vornahme aktiver Überwachungstätigkeiten abgeleitet werden kann, ist allerdings zweifelhaft. Denn mit der bloßen Evidenthaltung im ____________________
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Mahnschreiben der Kommission zur FFH-RL (FN 923) 8. Mittlerweile fndet sich diese Regelung in § 36 Abs 3. 1028 Siehe auch unter III.C.1.d). 1029 Das von der Landesregierung geführte Naturschutzbuch besteht aus einer Karten-, Lichtbilder- und Urkundensammlung. In das Naturschutzbuch kann jedermann Einsicht nehmen und aus ihm Abschriften herstellen. 1027
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Landschaftsinventar und Naturschutzbuch ist noch keine Überwachung verbunden.1030 Mit der Novelle 2001 wurde daher in § 22a Abs 6 die Vorgabe normiert, dass der Erhaltungszustand der Europaschutzgebiete von der Landesregierung regelmäßig zu überwachen ist, wobei die prioritären natürlichen Lebensraumtypen und die prioritären Arten besonders zu berücksichtigen sind. Die Kommission scheint mit dieser doch konkreten Forderung zufriedengestellt zu sein, denn in der begründeten Stellungnahme zur FFH-RL1031 findet sich die Feststellung, dass Art 11 in Salzburg umgesetzt ist. ff) Zusammenfassende Beurteilung Dem Vorhaben des Salzburger Landesgesetzgebers, das NSchG an die Richtlinienvorgaben des Art 6 anzupassen, kann eine weitgehende Vollständigkeit konstatiert werden. Die Defizite der Umsetzung beschränken sich im Wesentlichen auf die fehlende Beteiligung der Öffentlichkeit und den systematischen Aufbau der Verträglichkeitsprüfung im NSchG. Zudem ist die Aufsplitterung der Bestimmungen in § 3a einerseits und den §§ 22a und 22b andererseits verbesserungsbedürftig. Aus systematischen Gründen ist eine konzentrierte Umsetzung der gemeinschaftsrechtlichen Gebietsschutzbestimmungen in einem eigenen Unterabschnitt zu fordern. Durch die bereits bestehende Interessensabwägung und Ersatzregelung in § 3 war es für den Gesetzgeber aber nahe liegend, die Inhalte des Art 6 in das bestehende System des NSchG einzugliedern. So erklärt sich die Umsetzung des Art 6 Abs 4 in § 3a. Die allgemeinen Regelungen für Europaschutzgebiete passten wiederum besser zum Abschnitt über die bestehenden Schutzgebietskategorien. Gründe der Übersichtlichkeit hätten jedoch für eine Implementierung des Art 6 Abs 4 in § 22a gesprochen. Zweifelsfrei weist Art 6 Abs 4 ein gewisse Ähnlichkeit zur bestehenden Interessensabwägung und Ersatzregelung des NSchG auf, wesentliche Unterschiede, wie etwa die Entrichtung eines Geldbetrages, sind allerdings ebenso offenkundig. Im Zuge der Einführung eines zusätzlichen Absatzes in § 22a hätte zum Ersten grundsätzlich auf § 3a verwiesen und zum Zweiten eine Konkretisierung durch die Vorgaben des Art 6 Abs 4 vorgenommen werden können. So würde es sich nicht um eine Parallel____________________
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Vgl hiezu das Wiener Naturschutzgesetz, LGBl Nr 45/1998 idF 92/2001, dass in seinem § 12 Abs 3 die Überwachung und Dokumentation des Erhaltungszustandes aller durch Verordnung gemäß § 9 Abs 1 streng geschützten Arten durch die Naturschutzbehörde vorsieht, wobei jene Arten, die gemäß § 9 Abs 2 als „prioritär bedeutend“ eingestuft sind, besonders zu berücksichtigen sind. 1031 Begründete Stellungnahme zur FFH-RL (FN 926) 14.
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regelung, sondern um eine spezielle Regelung für Europaschutzgebiete handeln. Die Regelung des vorläufigen Schutzes nach § 22b ist vor allem aus Gründen der Rechtssicherheit zu begrüßen. Gerade durch die eingetretenen Verzögerungen beim Prozess der Schutzgebietsausweisung kommt es immer wieder zu großen Unsicherheiten, in welchem Ausmaß die Inhalte des Art 6 bereits in Geltung sind. Inhaltlich ist jedoch Kritik an § 22b angebracht, da Art 4 Abs 5 unberücksichtigt geblieben ist. Bei Vorliegen der Gemeinschaftsliste wird daher § 22b Abs 1 zurücktreten und die Anwendung des Art 6 Abs 2 bis 4 zu gewährleisten sein. Unabhängig von dieser Kritik und den aufgezeigten noch bestehenden Mängel dürfen klarerweise die in den begründeten Stellungnahmen enthaltenen Aussagen der Kommission nicht übersehen werden. Dort wird bekanntlich von einer ordnungsgemäßen Umsetzung des Art 6 FFH-RL in Salzburg1032 ausgegangen. Da sich der Gesetzgeber erwartungsgemäß an den Aussagen der Kommission orientieren wird, ist die Anpassung des NSchG an Art 6 FFH-RL wohl als abgeschlossen zu betrachten. f) Die Umsetzung der Artenschutzbestimmungen aa) Allgemeines Im Folgenden soll die Umsetzung der artenschutzrechtlichen Bestimmungen aus der VSch- und FFH-RL im NSchG näher beleuchtet werden. Dabei ist zu beachten, dass ein Teil des Artenschutzes, im Wesentlichen jener der Bejagung, nicht im NSchG sondern im Jagdgesetz geregelt wird. Den Leitfaden für den Prüfungsablauf liefern wiederum die beiden Mahnschreiben der Kommission, die sich vorwiegend an die Reihenfolge der Richtlinienartikel halten. Grundsätzlich soll die Umsetzung der einzelnen Bestimmungen getrennt nach Tier- und Pflanzenarten beurteilt werden. Ergänzend zur eigenen Beurteilung der erfolgten legistischen Anpassungen werden wiederum die maßgeblichen, in den mittlerweile vorliegenden begründeten Stellungnahmen enthaltenen Aussagen der Kommission angeführt. Im NSchG ist der Schutz von Tier- und Pflanzenarten im 12. Abschnitt geregelt. In den §§ 29 bis 32 finden sich jeweils Bestimmungen über den allgemeinen und besonderen Tier- und Pflanzenartenschutz. ____________________
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Bezüglich der Umsetzung der Gebietsschutzbestimmungen hat die Kommission ausschließlich das NSchG in Prüfung gezogen. Dass Art 6 FFH-RL auch im Jagdgesetz (Siehe später unter D.) seinen Niederschlag gefunden hat, blieb unberücksichtigt.
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Während § 33 gemeinsame Bestimmungen für Tiere und Pflanzen enthält, normiert § 34 die Ausnahmetatbestände von den vorangehenden Schutzbestimmungen. Neben den Bestimmungen im NSchG sind für den Artenschutz im Bundesland Salzburg vor allem die Inhalte der Pflanzen- und Tierarten-Schutzverordnung1033 maßgeblich. bb) Umsetzung des allgemeinen Schutzregimes für Tierarten nach Art 12 FFH-RL und Art 5 VSchRL Wie im ersten Teil der vorliegenden Arbeit ausführlich beschrieben, sieht Art 12 Abs 1 FFH-RL ein strenges Schutzregime für die in Anhang IV a) genannten Tierarten vor. Die Kommission betont,1034 dass ein „strenges Schutzregime“ keine Ausnahmen von den in der Anführung verbotenen Tätigkeiten im natürlichen Verbreitungsgebiet dieser Arten, aus welchen Gründen immer, zulässt.1035 In Bezug auf das Bundesland Salzburg wurde seitens der Kommission kritisiert, dass in der Liste der vollkommen geschützten Arten gemäß § 1 Abs 1 Salzburger Tierarten-Schutzverordnung wegen der Beschränkung auf in Salzburg frei lebende Arten nicht in ausreichendem Maß auf andere europäische, in Österreich nicht heimische Arten, welchen ein Schutz nach der FFH-RL zukommt, Bedacht genommen wird.1036 Analog dazu wurden von der Kommission die Mängel bei der Umsetzung der allgemeinen Schutzregelung von Vogelarten nach Art 5 VSchRL gerügt.1037 Auf diese Defizite wurde bereits teilweise bei den Ausführungen zum Geltungsbereich unter c) eingegangen. Mit der Neufassung der Pflanzenund Tierarten-Schutzverordnung1038 sollte diesen Mängeln Rechnung getragen werden. § 4 Abs 1 dieser Verordnung umfasst nunmehr auch alle richtliniengeschützten, nicht jagdbaren Tierarten. Erfasst sind zudem jene nach der VSch- und FFH-RL geschützten Arten, die in einem anderen Land der Europäischen Union vorkommen. Bezugnehmend auf die in Art 12 Abs 1 lit d FFH-RL genannten Ruhestätten wurden von der Kommission ferner die §§ 30 und 31 (mittler____________________
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LGBl Nr 18/2001 idF 61/2001; Mit dieser neu gefassten Regelung wurde die Salzburger Pflanzenarten – Schutzverordnung, LGBl Nr 46/1994 und die Salzburger Tierarten – Schutzverordnung, LGBl Nr 12/1980 idF LGBl Nr 55/1981 und 10/1989 zu einer Verordnung zusammengefasst. 1034 Mahnschreiben der Kommission zur FFH-RL (FN 923) 8. 1035 Die Kommission bezieht diese Aussage meines Erachtens auf das räumliche Verbreitungsgebiet, denn Ausnahmen vom Schutzregime sieht die Richtlinie bekanntlich vor. 1036 Mahnschreiben der Kommission zur FFH-RL (FN 923), Anhang 17. 1037 Mahnschreiben der Kommission zur VSchRL (FN 929) 4. 1038 Siehe FN 1033.
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weile 31 und 32) NSchG als nicht richtlinienkonform erachtet. Es wurde zu Recht angemerkt, dass es neben den in diesen Bestimmungen genannten Nestern und Brutstätten auch andere Ruhestätten gibt. Mit der Novelle 2001 wurde diese Lücke geschlossen und in § 31 Abs 2 der Satz eingefügt, dass Fortpflanzungs- und Ruhestätten nicht beschädigt oder vernichtet werden dürfen. Weiters wurde von der Kommission kritisiert, dass § 31 NSchG kein Handelsverbot im Sinne von Art 12 Abs 2 FFH-RL enthält. Dieses erstreckt sich auf alle Tierarten des Anhangs IV a) und nicht bloß auf heimische Arten. Im Mahnschreiben wird darauf hingewiesen, dass zwar sämtliche in Anhang IV genannten Säugetierarten im Falle einer Anführung im österreichischen Jagdrecht eine ganzjährige Schonzeit genießen,1039 in keinem Bundesland außer dem Burgenland aber das Handelsverbot des Art 12 Abs 2 rechtlich vollständig für eingeführte Exemplare umgesetzt wurde. Auch hier hat der Salzburger Landesgesetzgeber im Rahmen der Novelle 2001 reagiert und in § 31 Abs 2 die Wortfolge „das Verbot des Erwerbens, Verwahrens, Übertragens, Beförderns und Feilbietens bezieht sich auch auf jedes aus dem Tier gewonnene Produkt und jede andere Ware, die aufgrund eines Begleitdokuments, der Verpackung, eines Zeichens, eines Etiketts oder eines anderen Sachverhalts als Teil oder Derivat des Tieres identifiziert werden kann“ eingeführt. In den Erläuterungen zur Novelle 2001 wird bezüglich dieser Änderung darauf hingewiesen, dass sich die Artenschutzbestimmungen der FFH-RL nicht nur auf Tiere und Pflanzen der geschützten Arten erstrecken, sondern – insbesondere hinsichtlich der Handels- und Besitzverbote – auch auf aus diesen Tieren oder Pflanzen hergestellten Waren oder Produkten. Neben den Handelsverboten in der FFH-RL sieht auch Art 6 VSchRL entsprechende Verbote für Vögel vor. Dazu wird im Mahnschreiben der Kommission zur VSchRL1040 dargetan, dass die Richtlinie die Mitgliedstaaten – vorbehaltlich der Möglichkeiten des Art 9 – dazu verpflichtet, die Vermarktung von Exemplaren einer in ihren Anhängen1041 nicht genannten Vogelart zu untersagen, sofern es sich um eine wildlebende Art handelt, die im europäischen Gebiet der Mitgliedstaaten heimisch ist, auf das der Vertrag Anwendung findet. ____________________
1039 1040 1041
Es handelt sich dabei um Wolf, Bär, Fischotter, Wildkatze und Luchs. Mahnschreiben der Kommission zur VSchRL (FN 929) 5. Ausnahmen vom grundsätzlichen Handelsverbot gemäß Art 6 Abs 1 VSchRL sind nach Abs 2 und 3 dieses Artikels für die in Anhang III lit a und b genannten Arten möglich.
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Auf die möglichen Ausnahmen vom grundsätzlichen Handelsverbot wird in § 31 Abs 3 NSchG näher eingegangen. Die dortigen Ausnahmeregelungen für tote und pflegebedürftig aufgefundene Tierarten wurden durch die Novelle 2001 insoweit eingeschränkt, als sie nicht für nach der FFH- und VSchRL geschützte Arten gelten sollen. Ferner kann nunmehr in einer auf der Grundlage von § 31 Abs 3 erlassenen Verordnung vorgesehen werden, dass das Erwerben, Verwahren, Übertragen, Befördern und Feilbieten von Tieren (einschließlich daraus gewonnener Produkte und Waren gemäß Abs 2) zulässig ist, wenn deren Entnahme aus der Natur und Inverkehrbringen nachweislich rechtmäßig erfolgt ist. § 4 Abs 2 Z 3 der Pflanzen- und Tierarten-Schutzverordnung verbietet für die in der Anlage 2 Spalte A und B aufgenommenen Arten den Besitz, entgeltlichen und unentgeltlichen Erwerb, die Verwahrung, Übertragung, Beförderung oder Feilbietung solcher Tiere. Die Spalte A der Anlage 2 enthält die richtliniengeschützten Tierarten im Land Salzburg. In § 4 Abs 4 findet sich die Vorgabe, dass für richtliniengeschützte Tiere der in einem anderen Bundesland oder in einem anderen Land der Europäischen Union vorkommenden Arten nur die in Abs 2 Z 3 angeführten Verbote gelten. Im Ergebnis umfassen somit die Handelsverbote des § 4 Abs 2 Z 3 sämtliche richtliniengeschützte Arten. Die Ausnahmen gemäß § 5 kommen für richtliniengeschützte Tiere nicht zur Anwendung. Auch findet sich in der Verordnung kein Hinweis hinsichtlich Art 6 Abs 2 und 3 iVm Anhang III VSchRL. Weiters fehlt für Tierarten in § 5 eine Parallelbestimmung zu Abs 2, der für Pflanzen eine Ausnahme vom Handelsverbot vorsieht, wenn deren Entnahme aus der Natur und Inverkehrbringen nachweislich rechtmäßig erfolgt ist.1042 Nach der Pflanzen- und Tierarten-Schutzverordnung besteht demnach für richtliniengeschützte Tierarten ein ausnahmsloses Handelsverbot. Ein Hinweis für die oben erwähnte fehlende Parallelbestimmung findet sich wie erwähnt in § 31 Abs 3 NSchG. Es handelt sich dabei allerdings nur um eine Ermächtigung, die entsprechende Regelung in der Verordnung vorzusehen. Nachdem dies nicht geschehen ist, sieht das Salzburger Naturschutzrecht keine Ausnahmen vom Handelverbot für richtliniengeschützte Tierarten vor. Warum hier zwischen Pflanzen und Tieren differenziert wurde, ist nicht erkennbar. Der idente Wortlaut jeweils in Art 12 und 13 FFH-RL1043 lässt jedenfalls den Schluss zu, dass eine unterschiedliche Behandlung von ____________________
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Siehe Näheres unter cc). „Vor Beginn der Anwendbarkeit dieser Richtlinie rechtmäßig entnommene Exemplare sind hievon ausgenommen.“
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Pflanzen und Tieren, was den Handel im weitesten Sinn betrifft, gemeinschaftsrechtlich nicht vorgesehen ist. Ferner findet sich im Mahnschreiben der Hinweis,1044 dass die Salzburger Tierarten-Schutzverordnung nicht an die Anhänge der FFH-RL angepasst ist. So fehlen in Teil I der Anlage zu § 1 Abs 1 der Verordnung die in Anhang IV a) der FFH-RL genannten Arten Rotbauchunke, Moorfrosch, kleiner Wasserfrosch, Knoblauchkröte, Kreuzkröte und Wechselkröte. Wirft man nun einen Blick in die Anlage 2 der neu gestalteten Pflanzen- und Tierarten-Schutzverordnung, so scheint im Katalog der geschützten Tierarten, Schutzkategorie „richtliniengeschützten Tierarten im Land Salzburg“, von den oben angeführten Arten nur der kleine Wasserfrosch und die Wechselkröte auf. Die Rotbauchunke, der Moorfrosch, die Knoblauchkröte und die Kreuzkröte fehlen nach wie vor in der Anlage 2, weil diese nur jene richtliniengeschützten Arten auflistet, die im Land Salzburg vorkommen und es sich bei den erwähnten fehlenden vier Arten nicht um solche handelt.1045 Abschließend zu Art 12 ortet die Kommission Umsetzungsmängel hinsichtlich des in Art 12 Abs 4 geregelten fortlaufenden Überwachungssystems für das unbeabsichtigte Fangen und Töten der in Anhang IV a) genannten Tierarten.1046 Dazu ist festzustellen, dass mit der Novelle 2001 kein solches Überwachungssystem im NSchG eingeführt wurde. Auch in der Pflanzen- und Tierarten-Schutzverordnung findet sich keine derartige Regelung. Die Umsetzung des Art 12 Abs 4 stößt meines Erachtens auf praktische Probleme. Grundsätzlich wäre der Aufwand nicht groß, etwa in § 31 NSchG einen Absatz einzufügen, der die Einführung eines Systems zur fortlaufenden Überwachung des unbeabsichtigten Fangs oder Tötens der in Anhang IV a) genannten Tierarten vorschreibt. Mit der Einfügung dieses Satzes wird es aber nicht getan sein. Denn für die konkrete Vollziehung dieser Vorgabe bedarf es weiterer Schritte. Zu klären ist vor allem, wie die fortlaufende Überwachung von unbeabsichtigten Fängen und Tötungen in der Praxis zu geschehen hat. Anhang IV a) Arten können etwa unbeabsichtigt gefangen werden, wenn sie in Fallen gehen, die für andere Tierarten aufgestellt wurden. Die Überwachung könnte nun so aussehen, dass im Fangbescheid, für die „ande____________________
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Mahnschreiben der Kommission zur FFH-RL (FN 923), Anhang 18. Als besonders geschützte Tiere gelten sie gemäß § 4 Abs 1 lit d der Pflanzen- und Tierarten – Schutzverordnung aber dennoch. 1046 Mahnschreiben der Kommission zur FFH-RL (FN 923) 9. 1045
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re“ Tierart, sofern es einen solchen gibt, die Auflage enthalten sein muss, dass die unbeabsichtigt gefangenen Anhang IV a) Arten der Behörde zu melden sind. Die Überwachung des unbeabsichtigten Tötens der Anhang IV a) Arten gestaltet sich noch weit schwieriger. Eine Vorschrift, die etwa einem Landwirt, der im Rahmen der Bewirtschaftung eine Anhang IV a) Art unbeabsichtigt tötet, vorschreibt, dies der Behörde zu melden, wird schwer zu vollziehen sein. Auch scheint die behördliche Überwachung, etwa durch die Organe der Berg- und Naturwacht, in diesem Fall praktisch nicht durchführbar. Abgesehen von diesen Überlegungen ist festzuhalten, dass die Kommission in ihren begründeten Stellungnahmen1047 von einer korrekten Umsetzung der Art 12 FFH-RL und Art 5 und VSchRL im Bundesland Salzburg ausgeht. Auf die einzelnen, erfolgten Anpassungsschritte wurde dabei nicht mehr eingegangen. Exkurs: Der Vogelfang im Salzkammergut Einleitend ist zu diesem in der Öffentlichkeit sehr intensiv und emotional diskutierten Thema festzuhalten, dass im Salzburger Anteil des Salzkammergutes1048 die geltende Rechtslage den traditionellen Fang von Singvögeln nicht mehr zulässt. Das einschlägige Gesetz bildet das NSchG, weil es in erster Linie um die Singvögel Zeisig, Stieglitz, Gimpel und Kreuzschnabel handelt, die nicht dem Federwild des Jagdgesetzes zugeordnet werden. Auch scheinen die genannten Arten nicht in Anhang II der VSchRL auf. Gemäß § 4 Abs 1 lit c der Pflanzen- und Tierarten-Schutzverordnung zählen die vier Singvögel als frei lebende nicht jagdbare Vogelarten, die im Gebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union heimisch sind, zu den besonders geschützten Tieren. Während § 4 Abs 2 Z 2 die Verfolgung, den Fang oder die Tötung dieser Tiere verbietet, untersagt § 4 Abs 3 Z 2 das Halten von Vögeln jener Arten, die nicht gejagt oder gefangen werden dürfen. Die Ausnahmen gemäß § 5 der Pflanzen- und TierartenSchutzverordnung kommen für richtliniengeschützten Arten nicht in Frage. Nach § 34 NSchG können auch Ausnahmen von den Artenschutzbestimmungen getroffen werden, wenn richtliniengeschützte Arten betrof____________________
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Begründete Stellungnahme zur FFH-RL (FN 926) 16; Begründete Stellungnahme zur VSchRL (FN 1024) 9 und 12. 1048 Auch im steirischen Anteil des Salzkammergutes werden keine naturschutzbehördlichen Bewilligungen mehr für den Vogelfang erteilt (Laimer, Rechtsfragen des Singvogelfanges, ÖJZ 2003, 31).
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fen sind. Für den traditionellen Fang von Singvögeln kommt jedoch kein Tatbestand des § 34 Abs 1 Z 1 bis 81049 in Frage. Die für den Vogelfang in Frage kommende und in diesem Zusammenhang auch schon Gegenstand mehrerer EuGH – Urteile gewesene Bestimmung des Art 9 Abs 1 lit c VSchRL1050 ist in § 34 NSchG nicht umgesetzt. Im Bundesland Salzburg gilt somit in diesem Fall eine gegenüber dem Gemeinschaftsrecht strengere Rechtslage. Nähere Details zum Vogelfang im Salzkammergut und vor allem bezüglich der Rechtslage in Oberösterreich findet sich bei Laimer1051. cc) Umsetzung des Schutzregimes für Pflanzenarten nach Art 13 FFH-RL Das in Art 13 FFH-RL geregelte strikte Schutzsystem umfasst alle Anhang IV b) Pflanzenarten und somit auch alle Pflanzenarten des Anhangs II b) mit der Ausnahme der Bryophytes-Arten. Bezugnehmend auf das Bundesland Salzburg hat auch hier die Kommission im Mahnschreiben zur FFH-RL analog zum Tierartenschutz kritisiert, dass in der Liste der vollkommen geschützten Arten gemäß § 1 Pflanzenarten-Schutzverordnung wegen der Beschränkung auf in Salzburg frei lebende Arten nicht in ausreichendem Maß auf andere europäische, in Österreich nicht heimische Arten, welchen ein Schutz nach der FFH-RL zukommt, Bedacht genommen wird. Ferner sind gemäß § 3 der Pflanzenarten-Schutzverordnung die vom Ausland eingebrachten Arten vom Schutz ausgenommen. Diesen Defiziten sollte mit der Neuordnung des Artenschutzes in der Pflanzen- und Tierarten-Schutzverordnung begegnet werden. So wird nunmehr in § 2 dieser Verordnung auf die richtliniengeschützten Pflanzen Bezug genommen. Als vollkommen geschützt gelten gemäß § 2 Abs 1 lit a die im Land Salzburg in freier Natur wild wachsenden richtliniengeschützten Pflanzen der in der Anlage 1 Spalte A aufgenommenen Arten sowie gemäß lit d richtliniengeschützte Pflanzen der in einem anderen Bundesland oder in einem anderen Land der Europäischen Union in freier Natur wild wachsender Arten.1052 Die materiellen Schutzbestimmungen für vollkommen geschützte Pflanzen finden sich in § 29 NSchG sowie in § 2 Abs 2 und 3 der Pflanzen____________________
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Gemäß § 34 Abs 2 Satz 1 kommen die Z 9 und 10 für Vögel generell nicht in Frage, weil diese durch Art 9 VSchRL nicht gedeckt wären. 1050 Siehe dazu die Ausführungen und zitierten EuGH-Urteile zu Art 9 Abs 1 VSchRL unter II.B.5.f )bb). 1051 Laimer (FN 1048). 1052 Die nicht im Bundesland Salzburg vorkommenden, richtliniengeschützten Arten sind in der Anlage 1 aufgeführt.
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und Tierarten-Schutzverordnung1053. Die Einschränkung der Verbote nach § 2 Abs 2 für nicht in Salzburg vorkommende, richtliniengeschützte Pflanzen ist darin begründet, dass sich die Verbote gemäß Z 1 und 3 auf das Gebiet des Bundeslandes Salzburg beziehen1054 und das NSchG keine Regelungen treffen kann, die außerhalb ihres Hoheitsgebietes gelten würden. Entscheidend ist jedoch, dass sich der Schutz nach Z 2, nämlich das Verbot Pflanzen entgeltlich oder unentgeltlich anzunehmen oder abzugeben, insbesondere mit diesen, wenn aus der Natur entnommen, zu handeln, diese zu tauschen oder zum Kauf oder Tausch anzubieten, auch auf nicht im Bundesland Salzburg vorkommende, richtliniengeschützte Pflanzen bezieht. Was hingegen fehlt im Verbotstatbestand des § 2 Abs 2 Z 2 ist das Besitzen und der Transport der Pflanzen. Diese beiden Tatbestände finden sich ausdrücklich im Wortlaut des Art 13 Abs 1 lit b und das Besitzverbot wurde zudem durch den EuGH in einem bereits zitierten Judikat gegen Luxemburg1055 betont. Dieser gemeinschaftsrechtlichen Vorgabe wird seit der NSchG-Novelle 2001 in § 29 Abs 2 entsprochen. Dieser wurde ergänzt durch das Verbot, aus der Natur entnommene Pflanzen zu besitzen, zu transportieren, entgeltlich oder unentgeltlich anzunehmen oder abzugeben. Auch wurde an dieser Stelle dem Inhalt des Art 13 Abs 3, nämlich der Ausweitung der Verbote nach Abs 1 lit a und b auf alle Lebensstadien der Pflanzen, durch den Zusatz „Das Verbot des Besitzes, des Transportes und der entgeltlichen oder unentgeltlichen Annahme oder Abgabe bezieht sich auch auf jedes aus der Pflanze gewonnene Produkt und jede andere Ware, die auf Grund eines Begleitdokuments, der Verpackung, eines Zeichens, eines Etiketts oder eines anderen Sachverhalts als Teil oder Derivat der Pflanze identifiziert werden kann“ Rechnung getragen. ____________________
1053 Gemäß § 2 Abs 2 verbietet der vollkommene Schutz von Pflanzen der in der Anlage 1 Spalte A, B und C aufgenommenen Arten: 1. solche Pflanzen zu beschädigen, zu vernichten oder von ihrem Standort zu entfernen; 2. solche Pflanzen entgeltlich oder unentgeltlich anzunehmen oder abzugeben, insbesondere mit diesen, wenn aus der Natur entnommen, zu handeln, diese zu tauschen oder zum Kauf oder Tausch anzubieten; 3. den Standort solcher Pflanzen so zu behandeln, dass ihr weiterer Bestand gefährdet oder ausgeschlossen wird. Nach Abs 3 gelten für richtliniengeschützte Pflanzen der in einem anderen Bundesland oder einem anderen Land der Europäischen Union in freier Natur wild wachsenden Arten nur die in Abs 2 Z 2 angeführten Verbote. 1054 Nämlich Pflanzen zu beschädigen, zu vernichten oder von ihrem Standort zu entfernen bzw den Standort solcher Pflanzen so zu behandeln, dass ihr weiterer Bestand gefährdet oder ausgeschlossen wird. 1055 EuGH Rs C-75/01, Slg 2003, I-1585, Rz 68 ff.
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Eine Ausnahmebestimmung hievon wurde gleichzeitig in § 29 Abs 4 Z 51056 für jene Exemplare normiert, die legal – etwa vor der Unterschutzstellung – aus der Natur entnommen worden sind. Diese Ausnahme findet sich auch in § 5 der Pflanzen- und Tierarten-Schutzverordnung. Nach dessen Abs 2 sind vom Verbot des § 2 Abs 2 Z 2 auch richtliniengeschützte Pflanzen ausgenommen, wenn deren Entnahme aus der Natur und Inverkehrbringen nachweislich rechtmäßig erfolgt ist. Diese Ausnahmen finden ihre Deckung in Art 13 Abs 1 lit b Satz 2 FFH-RL,1057 wenn man „nachweislich rechtmäßig“ in diesem Sinne interpretiert. In § 29 Abs 4 NSchG finden sich weitere Ausnahmebestimmungen vom besonderen Schutz der wildwachsenden Pflanzen.1058 Bereits mit der Novelle 1997 wurden die Ausnahmemöglichkeiten insoweit eingeschränkt, als zwingende europarechtliche Vorgaben in der Verordnung gemäß § 29 Abs 1 nicht entgegenstehen dürfen. Ein Blick auf § 5 Abs 1 dieser Verordnung1059 zeigt einen Katalog von Ausnahmetatbeständen, der weitestgehend mit jenem des § 29 Abs 4 NSchG übereinstimmt.1060 § 5 Abs 1 schränkt jedoch ein, dass die genannten Ausnahmen nicht für richtliniengeschützte Pflanzen gelten. Diese Einschränkung ist gemeinschaftsrechtlich geboten, nachdem die FFH-RL keine derartigen Ausnahmemöglichkeiten vom generellen Pflanzenartenschutz vorsieht. In der begründeten Stellungnahme der Kommission1061 findet sich zu Art 13 FFH-RL wiederum die knappe Feststellung, wonach die gegenständliche Richtlinienbestimmung in Salzburg umgesetzt ist. Auf nähere Details wurde dabei nicht eingegangen. dd) Umsetzung des Art 14 FFH-RL über die Entnahme von Tier- und Pflanzenarten Der Art 14 sieht bezugnehmend auf die Überwachung nach Art 11 bekanntlich Maßnahmen mit der Zielsetzung vor, dass die Entnahme von ____________________
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„[…] den Besitz, Transport und die entgeltliche oder unentgeltliche Abgabe oder Annahme von Pflanzen (einschließlich daraus gewonnener Produkte und Waren gemäß Abs 2), wenn deren Entnahme aus der Natur und Inverkehrbringen nachweislich rechtmäßig erfolgt ist […]“. 1057 Hier heißt es: „vor Beginn der Anwendbarkeit dieser Richtlinie rechtmäßig entnommene Exemplare sind hiervon ausgenommen“. 1058 Es handelt sich dabei um Ausnahmen für Viehheilzwecke, besonders charakteristische örtliche Brauchtumspflege, die Beschädigung nur einzelner Pflanzen, soweit diese mit der Errichtung von Anlagen verbunden sind etc. 1059 Gemeint ist die Pflanzen- und Tierarten – Schutzverordnung. 1060 § 5 Abs 1 der Verordnung enthält gemäß lit e ergänzend die ordnungsgemäße landund forstwirtschaftliche Nutzung. 1061 Begründete Stellungnahme zur FFH-RL (FN 926) 18.
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Exemplaren der wildlebenden Tier- und Pflanzenarten des Anhangs V aus der Natur sowie deren Nutzung mit der Aufrechterhaltung eines günstigen Erhaltungszustandes vereinbar sind. Dazu ist festzuhalten, dass weder im Mahnschreiben1062 noch in der begründeten Stellungnahme1063 Art 14 erwähnt wird. Weiters finden sich im NSchG keine Hinweise auf eine Umsetzung dieser Bestimmung. Schwierig ist die Erfüllung des Art 14 nicht zuletzt deshalb, weil die ausreichende Umsetzung des Art 11 sehr fragwürdig ist.1064 Nachdem das Setzen der Verwaltungsmaßnahmen vom Überwachungsergebnis nach Art 11 abhängt, ist dessen Umsetzung eine notwendige Voraussetzung für die Anwendung des Art 14. Des Weiteren ist zu bemerken, dass in den Anlagen der Pflanzen- und Tierarten-Schutzverordnung nicht zwischen den Anhang IV und V Arten der FFH-RL unterschieden wird. Auch in den §§ 1, 2, 4 und 5 der Verordnung ist nur von richtliniengeschützten Pflanzen oder Tieren die Rede.1065 Nachdem sich die Maßnahmen nach Art 14 Abs 2 aber auf Anhang V – Arten beziehen, wird die fehlende Unterscheidung der Anwendung dieser Bestimmung entgegenstehen. Eine Umsetzung des Art 14 FFH-RL im NSchG kann daher nicht erkannt werden. Eine mögliche Umsetzung im Jagdgesetz wird in Kapitel D) zu prüfen sein. ee) Umsetzung der verbotenen Fang- und Tötungsgeräte bzw -mittel nach Art 15 FFH-RL und Art 8 VSchRL Die Kommission beklagt in ihren Mahnschreiben zur FFH- und VSchRL1066 die mangelnde Umsetzung der Bestimmungen über die verbotenen Fang- und Tötungsgeräte bzw – mittel. Im NSchG ist hier § 32 Abs 2 betroffen, der für die Landesregierung eine Verordnungsermächtigung vorsieht, um bestimmte Methoden des Fangs oder der Vernichtung von Tieren zu untersagen, wenn dies erforderlich ist, um entweder deren Bestand zu erhalten oder unnötige Qualen zu vermeiden.1067 Wild, Fische, Neunaugen, Krustentiere und Muscheln1068 können nicht den Gegenstand einer solchen Verordnung bilden. ____________________
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Mahnschreiben der Kommission zur FFH-RL (FN 923). Begründete Stellungnahme zur FFH-RL (FN 926) 7. Siehe unter e)ee). Das NSchG bzw die Pflanzen- und Tierarten – Schutzverordnung unterscheidet bei den Pflanzen zwischen vollkommen und teilweise geschützten Arten, wobei die richtliniengeschützten Pflanzen den vollkommen geschützten Arten zugeordnet werden. 1066 Mahnschreiben der Kommission (FN 921) 24 bzw 21. 1067 Diese Formulierung war in Entsprechung der Berner Konvention bereits im NSchG 1993 enthalten. Im Zuge der Novelle 1997 ist jedoch der zweite Halbsatz „hievon kön-
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Die geltende Pflanzen- und Tierarten-Schutzverordnung regelt in § 6 das Verbot bestimmter Fang- oder Tötungsmethoden. Verboten sind demnach Mittel, Einrichtungen und Methoden, durch deren Einsatz Säugetiere oder Vögel in Mengen oder wahllos gefangen oder getötet werden oder der Einsatz dieser Methoden das gebietsweise Verschwinden einer Art nach sich ziehen kann. Weiters wird in § 6 die Verfolgung solcher Tiere mit Flugzeugen, Kraftfahrzeugen oder Booten mit einer Antriebsgeschwindigkeit von mehr als 5 km/h ausdrücklich untersagt. Bemerkenswert ist hier zum einen, dass der Wortlaut des § 6 auf Säugetiere abzielt. Die Verwendung der Fang- und Tötungsgeräte sowie Transportmittel kann neben den Säugetieren auch alle anderen Tierarten betreffen. Die Verbotsregelung des § 6 schützt daher bloß Säugetiere und Vögel, für Amphibien oder Insekten beispielsweise gibt es keine Einschränkung der Fang- und Tötungsgeräte sowie Transportmittel. Die Einschränkung auf Säugetiere begründet sich damit, dass sich die Aufzählung der nicht selektiven Mittel in Anhang VI der FFH-RL nur auf Säugetiere und Fische bezieht. Da es sich hier aber um eine bloße demonstrative Auflistung handelt (arg „insbesondere ...“)1069 und sich der Wortlaut des Art 15 FFH-RL generell auf Tierarten bezieht, ist an dieser Stelle offensichtlich nicht von einer generellen Beschränkung auf Säugetiere und Fische1070 auszugehen. Zudem ist festzustellen, dass bloß eine Übernahme der in Anhang VI der FFH-RL und Anhang IV der VSchRL aufgeführten Transportmittel1071 in die Pflanzen- und Tierarten-Schutzverordnung stattgefunden hat und nicht der Fang- und Tötungsgeräte, obwohl dies in den Mahnschreiben der Kommission zur FFH- und VSchRL ausdrücklich bemängelt worden ist.1072 Die Kommission geht offensichtlich davon aus, dass eine abstrakte Umschreibung der verbotenen Fang- und Tötungsgeräte in den nationalen Bestimmungen nicht ausreicht, sondern eine ausdrückliche
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nen zum Schutz land- und forstwirtschaftlicher Kulturen oder tierischer Produktionszweige sowie aus sonstigen im öffentlichen Interesse gelegenen Gründen Ausnahmen vorgesehen werden“ entfallen. 1068 Diese sind im Jagd- bzw Fischereigesetz geregelt. 1069 Mahnschreiben der Kommission zur FFH-RL (FN 923) 10. 1070 Wobei die Fische in Salzburg nicht im NSchG, sondern im Fischereigesetz geregelt werden. 1071 Flugzeuge, fahrende Kraftfahrzeuge und Boote mit einer Antriebsgeschwindigkeit von mehr als 5 km/h. 1072 Auch Christl (FN 3, 155 f ) fordert eine vollständige Übernahme der Verbotskataloge.
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Nennung der in den Anhängen der beiden Richtlinien genannten Mittel1073 erforderlich ist.1074 Wiederholt wird diese Forderung unverändert in den begründeten Stellungnahmen der Kommission zu Art 15 FFH-RL1075 und Art 8 VSchRL. In beiden Schriftstücken wird kritisiert, dass die verbotenen Fang- und Tötungsgeräte nicht in § 6 der Pflanzen- und Tierarten-Schutzverordnung genannt sind. Um eine entsprechende Anpassung des § 6 der Pflanzenund Tierarten-Schutzverordnung wird der Salzburger Landesgesetzgeber folglich nicht umher kommen. Andererseits kann die abstrakte Umschreibung der verbotenen Fang- und Tötungsgeräte richtlinienkonform, also im Sinne der in den Anhängen der beiden Richtlinien enthaltenen Aufzählungen interpretiert werden, um die Verwirklichung der Zielsetzung des Art 15 FFH-RL und Art 8 VSchRL sicherzustellen.1076 Die Umsetzung der beiden Bestimmungen wird nochmals im Rahmen der Ausführungen zum Salzburger Jagdgesetz zu behandeln sein, denn die Hauptanwendung der Fang- und Tötungsgeräte bzw -mittel liegt in der praktischen Ausübung der Jagd. Auch ist bei der Behandlung des Fischereigesetzes nochmals kurz auf diese Thematik einzugehen. ff) Ausnahmebestimmungen gemäß Art 16 FFH-RL und Art 9 VSchRL Auf den Inhalt und vor allem die praktische Bedeutung dieser beiden Regelungen wurde bereits ausführlich im ersten Teil der vorliegenden Arbeit eingegangen. Detailliert hat sich auch die Kommission1077 mit der Umsetzung von Art 16 FFH-RL und Art 9 VSchRL in Österreich auseinandergesetzt. Unter dem Hinweis auf die einschlägige Judikatur des EuGH wird wiederholt auf die restriktiv zu interpretierenden Ausnahmebestimmungen hingewiesen.1078 ____________________
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In beiden Fällen handelt es sich um eine demonstrative Aufzählung („insbesondere). Dies ist ein Argument, das gegen ein wörtliche Übernahme der aufgezählten Begriffe sprechen würde. 1074 Diese Ansicht wird dadurch bestätigt, dass die Kommission im Mahnschreiben zur FFH-RL beispielsweise kritisiert, dass § 2 lit b der Salzburger Tierarten-Schutzverordnung für den Fang oder die Vernichtung von Insekten lediglich die Verwendung von Netzen, Ködern sowie direkten und indirekten Lichtquellen untersagt. 1075 Begründete Stellungnahme zur FFH-RL (FN 926) 20; Begründete Stellungnahme zur VSchRL (FN 1024) 19. 1076 Bekanntlich entbindet aber die richtlinienkonforme Interpretation nicht von der Pflicht der Richtlinienumsetzung. 1077 Mahnschreiben der Kommission (FN 921) 10 bzw 7. 1078 So wird etwa betont, dass die Kriterien, aufgrund derer die Mitgliedstaaten von den in der Richtlinie ausgesprochenen Verboten abweichen dürfen, in eindeutige innerstaatliche Bestimmungen übernommen werden müssen, da die Genauigkeit der Umsetzung in
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Auch meint die Kommission, dass eine ungenaue oder unklare Umsetzung dieser Richtlinienbestimmungen zu einer unzulässigen Ausweitung des Geltungsbereiches der möglichen Ausnahmen führen könnte. Vor allem wird in diesem Zusammenhang die genaue und eindeutige Übernahme der „Schlüsselbegriffe“ aus den beiden Bestimmungen betont. Gemeint sind dabei Begriffe wie „keine anderweitige zufrieden stellende Lösung“, „in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen“, „zur Verhütung ernster Schäden“, „unter strenger Kontrolle, selektive und in beschränktem Ausmaß“ oder „Abwendung erheblicher Schäden an Kulturen, Viehbeständen, Wäldern, Fischereigebieten und Gewässern“. In den beiden aus dem Jahre 2000 stammenden Mahnschreiben wird festgestellt, dass eben diesen Anforderungen von Österreich nicht entsprochen worden ist. Auch bezugnehmend auf das Bundesland Salzburg wurden nicht unerhebliche Defizite zur Sprache gebracht. Der Übersicht halber sollen die erwähnten Mängel im NSchG gesondert nach der jeweiligen Richtlinie dargestellt werden. aaa) Die Umsetzung des Art 16 FFH-RL Der erste auf das NSchG bezugnehmende Kritikpunkt betrifft § 34 Abs 3 (im Mahnschreiben noch als § 33 Abs 3 bezeichnet).1079 Dieser verlangt für die Erteilung einer Bewilligung ua, dass „der jeweilige Bestand der betreffenden Tier- und Pflanzenarten auch im Bereich des Eingriffes nicht verschlechtert wird“. Art 16 FFH-RL setzt hingegen bekanntlich als Bedingung für eine zulässige Abweichung voraus, dass die Populationen der betroffenen Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz der Ausnahmeregelung ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen. Nach der Salzburger Norm sind – so die Argumentation der Kommission – auch Eingriffe in eine Population möglich, die bereits einen ungünstigen Erhaltungszustand aufweist, weil sich nach § 34 Abs 3 nur der „status quo“ nicht ändern darf.1080 Betrachtet man die geltende Fassung des § 34 Abs 3 NSchG1081, muss man feststellen, dass mit der Novelle 2001 keine Änderung dieser Bestimmung erfolgt ist. In den Erläuterungen zur Novelle finden sich keine Hinweise, warum den Forderungen der Kommission nicht Rechnung getragen wurde. Der Aufwand für eine ent____________________
einem Fall, in dem die Verwaltung des gemeinsamen Erbes den Mitgliedstaaten für ihr jeweiliges Hoheitsgebiet anvertraut wurde, von besonderer Bedeutung ist. 1079 Mahnschreiben der Kommission zur FFH-RL (FN 923) 30. 1080 Christl (FN 3, Fußnote 13) ist hier gegenteiliger Meinung und geht davon aus, dass die Regelung im NSchG strenger ist als jene in der Richtlinie und somit der Umsetzungsverpflichtung entsprochen ist. 1081 IdF LGBl Nr 1/2002.
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sprechende Änderung wäre grundsätzlich nicht groß. Für richtliniengeschützte Arten müsste in § 34 Abs 3 bloß der günstige Erhaltungszustand im natürlichen Verbreitungsgebiet eingeführt werden. Dass die Forderung der Kommission nach wie vor aufrecht ist, wird in der begründeten Stellungnahme zur FFH-RL1082 bestätigt. Wiederholt wird das Fehlen des Kriteriums des „Verweilens in einem günstigen Erhaltungszustand“ bemängelt. Das Kriterium , dass sich der Bestand der betreffenden Tier- und Pflanzenarten nicht verschlechtert, erscheint nämlich aufgrund der gemäß Art 2 iVm Art 16 bestehenden Verpflichtung der Mitgliedstaaten nicht nur den günstigen Erhaltungszustand der wildlebenden Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse zu bewahren, sondern auch erforderlichenfalls wiederherzustellen, als unzureichend, so die Kommission. Die Interpretation der Kommission, dass ein Eingriff in eine Population, die sich nicht in einem günstigen Erhaltungszustand befindet, generell nicht möglich ist, hat für die Praxis schwerwiegende Bedeutung. Wenn man bedenkt, dass es sich bei den betroffenen Anhang IV Arten größtenteils um sehr seltene Arten handelt und somit in den wenigsten Fällen – zumindest bei strenger Auslegung des Art 1 lit i FFH-RL – von einem günstigen Erhaltungszustand ausgegangen werden kann, werden praktisch keine Ausnahmebewilligungen nach Art 16 erteilt werden können. Das Tatbestandselement „Sofern es keine andere zufrieden stellende Lösung gibt“ aus Art 16 Abs 1 FFH-RL scheint aus der Sicht der Kommission in § 34 Abs 3 NSchG mit der Formulierung „wenn der Zweck der Maßnahme anders nicht zufrieden stellend erreicht werden kann“ ausreichend umgesetzt worden zu sein, nachdem dieser Punkt im Mahnschreiben unerwähnt geblieben ist. Der zweite Kritikpunkt im Mahnschreiben betrifft § 3 Abs 1 lit d der ehemaligen Salzburger Pflanzenarten-Schutzverordnung, der nach Meinung der Kommission eine gemeinschaftsrechtlich unzulässige, generelle Ausnahme von den Schutzbestimmungen zugunsten der ordnungsgemäßen Land- und Forstwirtschaft vorsah. Die Nachfolgebestimmung in § 5 Abs 1 lit e der Pflanzen- und Tierarten-Schutzverordnung sieht zwar ebenfalls eine Ausnahme von den Schutzbestimmungen zugunsten der ordnungsgemäßen land- und forstwirtschaftlichen sowie gärtnerischen Nutzung vor, allerdings gilt diese Regelung nicht für richtliniengeschützte Pflanzen.1083 Durch diese Einschränkung wurde den Vorgaben der Kommission entsprochen. ____________________
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Begründete Stellungnahme zur FFH-RL (FN 926) 22. Diese Einschränkung ist übrigens auch für Tierarten vorgesehen. Gemäß § 5 Abs 3 Pflanzen- und Tierarten – Schutzverordnung gelten die Ausnahmen von den Verboten des
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Des Weiteren rügt die Kommission, dass die generellen Ausnahmen nach § 3 Abs 3 der ehemaligen Salzburger Tierarten-Schutzverordnung nicht den Vorgaben des Art 16 FFH-RL hinreichend Rechnung tragen, weil insbesondere das Erfordernis „keiner anderen zufrieden stellenden Lösung“ fehlt.1084 Dazu ist anzumerken, dass auch die Nachfolgebestimmung des § 5 in der Pflanzen- und Tierarten – Schutzverordnung dieses Tatbestandselement vermissen lässt. Allerdings spielt das Fehlen dieses Erfordernisses gemeinschaftsrechtlich an dieser Stelle keine Rolle, weil § 5 ohnehin keine Ausnahmen für richtliniengeschützte Arten zulässt. Ausnahmen im Sinne von Art 16 FFH-RL sind nur im Rahmen von § 34 NSchG möglich. Zu § 34 NSchG ist unabhängig von den Bedenken der Kommission anzumerken, dass dieser gemäß Abs 2 Pflanzenarten, die in Anhang IV der FFH-RL angeführt sind, von den Ausnahmetatbeständen der Z 2 und 9 in Abs 1 ausnimmt.1085 Warum hier die Tierarten des Anhang IV der FFH-RL – zumindest für die Z 91086 – nicht genannt werden, ist nicht nachvollziehbar. Praktische Erwägungen kommen nicht in Frage, denn durch die Errichtung von Anlagen können sowohl Pflanzen als auch Tiere betroffen sein. Auch findet sich in den Art 12 und 13 FFH-RL kein Hinweis, der eine derartige unterschiedliche Behandlung von Tieren und Pflanzen des Anhangs IV begründen würde. Die Errichtung von Anlagen kann nur eine Ausnahme im Sinne des Art 16 FFH-RL darstellen, wenn sie auch aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses erforderlich ist.1087 Dasselbe muss auch für die Sicherheit der Luftfahrt in der Z 4 des § 34 Abs 1 gelten. Diese ist zwar in Art 9 Abs 1 lit a VSchRL explizit als Ausnahmegrund angeführt und somit als „vogelschutzrichtlinienkonform“ zu betrachten, in Art 16 FFH-RL fehlt hingegen eine ausdrückliche Nen____________________
§ 4 zugunsten der ordnungsgemäßen land- und forstwirtschaftlichen oder gärtnerischen Nutzung und der waidgerechten Jagd und Fischerei nach den dafür geltenden Vorschriften nicht für richtliniengeschützte Tiere. 1084 Dieser Kritikpunkt findet sich auch im Mahnschreiben der Kommission zur VSchRL. 1085 Der Ausschluss von der Ausnahme der Z 9 (Errichtung von Anlagen) besteht bereits seit der Novelle 1997. Die Z 2 (Getränkeerzeugung) wurde überhaupt erst mit der Novelle 2001 eingeführt. 1086 Die Z 2 der Getränkeerzeugung ist für Tierarten nicht relevant. Diese Ausnahmemöglichkeit wurde nämlich konkret für das traditionelle Enzianwurzelgraben geschaffen, nachdem dieser Zweck nicht unter die Z1 (Heilmittelerzeugung) subsumiert werden kann. 1087 Auch Christl (FN 3, 160) sieht nur eine zulässige Ausnahme, wenn im Rahmen einer richtlinienkonformen Interpretation die Subsumierung unter einen dort genannten Tatbestand (§ 34 Abs 1 Z 1 bis 10 NSchG) möglich ist.
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nung. Eine Subsumierung der Sicherheit der Luftfahrt unter Art 16 Abs 1 lit c der zwingenden Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses ist daher nahe liegend. In der begründeten Stellungnahme zur FFH-RL1088 wird festgestellt, dass nicht ersichtlich ist, unter welche Ausnahmetatbestände der Richtlinie § 34 Abs 1 Z 2 und 9 NSchG betreffend Getränkeerzeugung und Anlagenerrichtung subsumierbar wären. Bezüglich der richtliniengeschützten Pflanzenarten können diese Bedenken – wie bereits oben erwähnt – durch § 34 Abs 2 ausgeräumt werden. Diese oben geäußerten Bedenken, warum hier die Tierarten nicht genannt sind, werden offensichtlich von der Kommission bestätigt. Einen geringfügige Anpassung des § 34 Abs 2 in die Richtung, dass neben den Pflanzen- auch die Tierarten von den Tatbeständen Z 21089 und 9 ausgenommen werden, ist folglich vonnöten. Die Z 2 darf darüber hinaus auch aufgrund des Art 9 VSchRL nicht für Vögel gelten, wie der begründeten Stellungnahme zur VSchRL1090 entnommen werden kann. Dass dieser Ausnahmetatbestand für Vögel keine praktische Wirksamkeit entfaltet, blieb von der Kommission wiederholt unbeachtet. bbb) Die Umsetzung des Art 9 VSchRL Die Kommission beginnt ihre Kritik zur Umsetzung des Art 9 VSchRL im NSchG1091 mit § 33 Abs 1 Z 8 (mittlerweile § 34 Abs 1 Z 9). Diese Bestimmung ermöglicht eine Ausnahme vom strengen Schutzregime zugunsten von Maßnahmen, die der Errichtung von Anlagen dienen. Sie wird insofern als gemeinschaftswidrig qualifiziert, als von ihr auch Vogelarten des Art 1 VSchRL betroffen sind. Die Ausnahmemöglichkeit ist somit weit reichender als jene nach Art 9 VSchRL. Mit der Novelle 2001 hat der Salzburger Landesgesetzgeber auf diese Kritik reagiert1092 und in § 34 Abs 2 den Satz „Auf Vögel findet Abs 1 Z 9 und 10 1093 keine Anwendung“ eingefügt. Der zusätzliche Ausschluss der Z 10 („andere überwiegende öffentliche Interessen“) speziell für Vögel ist deshalb geboten, weil Art 9 VSchRL im Gegensatz zu Art 16 FFH-RL nicht den Tatbestand „aus anderen zwin____________________
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Begründete Stellungnahme zur FFH-RL (FN 926) 22. Auch wenn dem Tatbestand der Z 2 für Tierarten (und auch Vögel) keine praktische Bedeutung zukommt. 1090 Begründete Stellungnahme zur VSchRL (FN 1024) 22. 1091 Mahnschreiben der Kommission zur VSchRL (FN 929) 28. 1092 LT-Regierungsvorlage zur NSchG-Novelle 2001 (FN 920) 19. 1093 Z 9: die Errichtung von Anlagen; Z 10: anderen überwiegenden öffentlichen Interessen. 1089
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genden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art“ enthält. Hält man sich allerdings die oben erwähnten, von der Kommission geforderten hohen Anforderungen an Genauigkeit der Umsetzung von „Schlüsselbegriffen“ vor Augen, ist die Z 10 durch den Begriff „andere zwingende Gründe“ zu ergänzen.1094 Vor der Novelle 2001 waren vom Tatbestand der „anderen öffentlichen Interessen“ bereits die Vogelarten gemäß Art 1 VSchRL ausgenommen. Christl1095 ist offensichtlich irrtümlich von einer Ausnahme für die Anhang I anstelle Art 1 Vogelarten der VSchRL ausgegangen und hat daher diese Regelung für nicht richtlinienkonform erachtet. Denn mit Art 1 sind – wie von ihr – gefordert sämtliche wildlebenden Vogelarten von der Anwendung dieses Ausnahmetatbestandes ausgenommen gewesen.1096 Der zweite Kritikpunkt am Salzburger Naturschutzrecht betrifft die Zulässigkeit der Ausnahme von den Fangverboten aus „sonstigen im öffentlichen Interesse gelegenen Gründen“. Dieser Tatbestand gemäß § 3 Abs 2 der ehemaligen Salzburger Tierarten-Schutzverordnung findet nach Meinung der Kommission keine Grundlage im taxativen Ausnahmekatalog des Art 9 VSchRL. Dazu ist anzumerken, dass die zwischenzeitlich geltende Salzburger Pflanzen- und Tierarten – Schutzverordnung keine Ausnahme von den Fangmethodenverboten vorsieht. Fraglich ist, ob sich die Ausnahmebewilligung des § 34 NSchG auch auf Fang- und Tötungsmethoden beziehen kann. Nach dessen Abs 1 kann die Naturschutzbehörde ua auch Ausnahmen vom Verbot des § 32 Abs 2 bewilligen. Gemäß § 32 Abs 2 kann die Landesregierung durch Verordnung bestimmte Methoden des Fanges oder der Vernichtung von Tieren untersagen, wenn dies erforderlich ist, um entweder deren Bestand zu erhalten oder unnötige Qualen zu erleiden. Die hiezu ergangene Pflanzen- und Tierarten – Schutzverordnung regelt wie bereits erwähnt in § 6 das Verbot bestimmter Fang- und Tötungsmethoden. Nach dieser Bestimmung dürfen Ausnahmen gemäß § 34 NSchG nicht genehmigt werden, wenn durch die zum Fang oder zur Tötung nicht jagdbarer Tiere vorgesehenen Mittel, Einrichtungen und Methoden Säugetiere oder Vögel in Mengen oder wahllos gefangen oder getötet werden oder der Einsatz dieser Methoden das gebietsweise Verschwinden einer Art nach sich ziehen kann. Die gegenständliche Bestim____________________
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Im Mahnschreiben zur FFH-RL blieb § 34 Abs 1 Z 10 NSchG allerdings unerwähnt. 1095 Christl (FN 3) 160. 1096 Der aktuelle § 34 Abs 2 NSchG spricht generell von Vögeln.
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mung gibt Rahmenbedingungen für die Erteilung von Ausnahmen gemäß § 34 NSchG vor. Nach § 6 sind allerdings keine Ausnahmen von diesen Rahmenbedingungen vorgesehen. Unerwähnt blieb im Mahnschreiben der Kommission die Umsetzung der Formalerfordernisse des Art 9 Abs 2 VSchRL, die in den abweichenden Bestimmungen anzugeben sind. In § 34 Abs 4 NSchG finden sich formale Vorgaben, die ein Ansuchen um Ausnahmebewilligung zu enthalten hat. Bei Tierarten handelt es sich dabei um die betroffene Art, das Gebiet, den Zeitraum, die Stückzahl und die Art des Eingriffes. Letzterer wird durch das oben erwähnte Verbot bestimmter Fang- und Tötungsmethoden in § 6 Pflanzen- und Tierarten – Schutzverordnung näher umschrieben. Ebenso fordert § 34 Abs 4, dass ein Ansuchen um Bewilligung eine Begründung zu enthalten hat. Ob mit diesen Regelungen über die Inhalte eines Ansuchens Art 9 Abs 2 VSchRL entsprochen wird, ist zweifelhaft. Zum einen stellt sich die Frage, was mit „den abweichenden Bestimmungen“ gemeint ist. Sind die Inhalte legistisch festzulegen oder müssen sie Gegenstand des konkreten Bewilligungsbescheides sein? Mauerhofer1097 fordert etwa, dass den Kriterien des Art 9 Abs 2 sowohl in der Rechtssetzung als auch im Vollzug Rechnung zu tragen ist. Das NSchG verlangt diese Kriterien teilweise1098 über den Inhalt der Ansuchen zur Ausnahmebewilligung. Betrachtet man die Judikatur des EuGH1099 zu Art 9 Abs 2 VSchRL, sind Bedenken hinsichtlich der ordnungsgemäßen Umsetzung angebracht. Nach Ansicht des EuGH sind derartige Kriterien und Voraussetzungen erforderlich, um sicherzustellen, dass die Abweichung streng überwacht und selektiv angewandt wird. Dies erscheint im vorliegenden Fall nicht gewährleistet. Als umgesetzt betrachtet werden kann hingegen der Punkt 5 in Art 9 Abs 2 über die vorzunehmenden Kontrollen, nachdem § 34 Abs 10 NSchG vorschreibt, dass die Sammel- bzw Fangliste1100 der ausstellenden Behörde jährlich einmal zur Einsichtnahme vorzulegen ist. Auch die „befugte Stelle“ des Punkt 4 ist mit der Naturschutzbehörde eindeutig festgelegt ____________________
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Mauerhofer (FN 15) 152. Die Art der Risiken sowie die zeitlichen und örtlichen Umstände, unter denen die Abweichungen getroffen werden können, fehlen in § 34 NSchG überhaupt. 1099 EuGH Rs 247/85, Slg 1987, 3064, Rz 28 und EuGH Rs 262/85, Slg 1987, 3104, Rz 39. 1100 Gemäß § 34 Abs 8 NSchG ist mit der Bewilligung dem Berechtigten eine Sammelbzw Fangliste auszustellen, in die er vor dem Verlassen des Sammel- oder Fanggebietes an jedem Tag die gesammelte Menge bzw die gefangene Stückzahl einzutragen hat. 1098
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und somit als ausreichend umgesetzt anzusehen. Allerdings vermisst man wiederum in § 34 NSchG Vorgaben über die Art der Risiken sowie die zeitlichen und örtlichen Umstände, unter denen die Abweichungen getroffen werden können. Ebenso fehlt in § 34 NSchG die Implementierung des Art 9 Abs 3 VSchRL, der den Mitgliedstaaten eine jährliche Berichtspflicht über die Anwendung dieser Bestimmung aufträgt. Unabhängig davon, dass die Kommission dieses Fehlen im Mahnschreiben zur VSchRL nicht gerügt hat, stellt sich die Frage, ob eine legistische Umsetzungsverpflichtung dieser Bestimmung besteht. Zur Erörterung dieser Thematik sind die zwei bereits zitierten EuGH-Entscheidungen heranzuziehen:1101 Erstere behandelt die Berichtspflicht im Rahmen der Ausgleichsmaßnahmen gemäß Art 6 Abs 4 FFH-RL.1102 Der EuGH hat in diesem Fall entschieden, dass die Verpflichtung des Mitgliedstaates, die Kommission über die von ihm ergriffenen Ausgleichsmaßnahmen zu unterrichten, legistisch umzusetzen ist. Begründet wurde diese Entscheidung im Wesentlichen damit, dass ein fehlendes Verfahren zur Informationsübermittlung die Überprüfungsmöglichkeit der Kommission einschränke. Der Regelung komme sehr wohl normative Wirksamkeit zu und ohne entsprechende Bestimmungen im innerstaatlichen Recht sei die volle Wirksamkeit von Art 6 Abs 4 UAbs 1 Satz 2 nicht gewährleistet. Die zweite Entscheidung des EuGH1103 erging ein halbes Jahr später und betrifft die Berichtspflicht gemäß Art 12 VSchRL. Hier kam der EuGH zum gegenteiligen Ergebnis indem er feststellte, dass die gegenständliche Regelung nur die Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission regelt und nicht die Rechte Dritter betrifft. Wie bereits in Kapitel II erläutert, besteht der Unterschied zwischen den beiden Fällen darin, dass der Bericht nach Art 12 VSchRL nicht auf eine Einzelfallkontrolle abzielt. Art 12 hat in erster Linie eine Würdigung der Entwicklung der Situation in der Gemeinschaft insgesamt in Bezug auf die Verwirklichung des von der Richtlinie vorgegebenen Zieles des Vogelschutzes zum Gegenstand. Im vorliegenden Fall ist zu klären, wo die Berichtspflicht des Art 9 Abs 3 VSchRL hier einzuordnen ist. Eine eindeutige Zuordnung zu einem der beiden Fälle erscheint schwierig. Der jährliche Bericht zu Art 9 nimmt eine Mittelposition zwischen den beiden vom EuGH entschiedenen Fällen ein. Einerseits fehlt ihm die Einzelfallbezogenheit der Infor____________________
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Siehe unter C.3.c)dd)ggg)gggg). EuGH Rs C-324/01, Slg 2002, I-11197, Rz 16 ff. EuGH Rs C-72/02, Slg 2003, Rz 18 ff.
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mationspflicht gemäß Art 6 Abs 4 UAbs 1 Satz 2 FFH-RL und andererseits weist er aber auch nicht den allgemeinen Charakter der Berichtspflicht gemäß Art 12 VSchRL auf. Für den normativen Charakter von Art 9 Abs 3 VSchRL spricht, dass die Kommission gemäß Art 9 Abs 4 aufgrund der Ergebnisse des Berichts entsprechende Maßnahmen zu treffen hat. Die Wirkung geht somit grundsätzlich über den rein deskriptiven Charakter des Art 12 VSchRL, der eine bloße Evaluation der allgemeinen Entwicklung vorsieht, hinaus. Andererseits ermöglicht der Bericht gemäß Art 9 Abs 3 VSchRL nicht das Einschreiten der Kommission im Einzelfall, da es sich bloß um eine jährliche Information über die Anwendung des Art 9 handelt. Die Reaktion der Kommission in Form von zu setzenden Maßnahmen wird sich nicht auf einen konkreten Fall beziehen, sondern allgemeiner Natur sein. Da in jenen Fällen, in denen eine Pflicht zur legistischen Umsetzung bejaht wurde, das Einschreiten der Kommission im Einzelfall maßgeblich war, ist im Ergebnis davon auszugehen, dass der EuGH keine normative Umsetzung des Art 9 Abs 3 in den nationalen Bestimmungen verlangt. g) Die Umsetzung der Forschungsförderung Wie im ersten Teil der vorliegenden Arbeit erläutert, enthält sowohl die VSchRL (Art 10) als auch die FFH-RL (Art 18) Bestimmungen über die Förderung der erforderlichen Forschung und die notwendigen wissenschaftlichen Arbeiten im Hinblick auf die Ziele der Richtlinien. Hinsichtlich der Umsetzung dieser Vorgaben in Österreich findet sich in den Mahnschreiben der Kommission1104 die Feststellung, dass aus Gründen der Rechtssicherheit und Klarheit eine diesbezügliche Verpflichtung entsprechend den Richtlinien in generell-abstrakter Form auch im österreichischen Recht bestehen sollte, wobei die Bundesländer Niederösterreich und Steiermark explizit angeführt werden, nachdem diese hier erhebliche Lücken aufweisen. Mit Ausnahme des Burgenlandes sind aber auch die Forschungsförderbestimmungen der anderen Bundesländer insofern anpassungs- bzw ergänzungsbedürftig, als der direkte Bezug auf die Schutzziele der beiden Richtlinie fehlt, so die Kommission. Die wissenschaftliche Forschung findet im NSchG im Rahmen des § 60 über den Salzburger Naturschutzfonds Erwähnung. Dort wird in Abs 1 festgelegt, dass zur Förderung des Naturschutzes und der Naturpflege als Sondervermögen des Landes der Salzburger Naturschutzfonds eingerichtet wird. ____________________
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Mahnschreiben der Kommission (FN 921) Fußnote 11 bzw 8.
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Als Reaktion auf die Mahnschreiben der Kommission wurde mit der Novelle 2001 der gegenständliche Absatz um den Passus „einschließlich der wissenschaftlichen Forschung gemäß Art 10 der VSchRL und Art 18 der FFH-RL“ erweitert. Mit dem pauschalen Verweis auf die beiden Bestimmungen wird somit indirekt auf die Schutzziele der Richtlinien verwiesen. Im Zuge einer entsprechenden Auslegung des § 60 Abs 1 NSchG kann die Wirksamkeit der beiden Richtlinienartikel gewährleistet werden. Allerdings hätte eine, ähnlich der im Burgenländischen Naturschutzund Landschaftspflegegesetz1105 enthaltenen Regelung eine klarere Umsetzung bewirkt. Im dortigen § 22 Abs 1 werden die Ziele der beiden Richtlinien ausdrücklich angeführt. Gemäß § 22 Abs 3 leg cit sollen diese Ziele ua durch die Weiterentwicklung der wissenschaftlichen und technischen Erkenntnisse und durch die Förderung der erforderlichen Forschung und wissenschaftlichen Arbeit erreicht werden. Diese Regelung zum Vorbild genommen, könnte die Förderung der erforderlichen Forschung und wissenschaftlichen Arbeit im Salzburger NSchG in einem Abs 7 des § 22a – im Anschluss an die Umsetzung der Managementmaßnahmen – geregelt werden. Hinsichtlich der Finanzierung wäre ein Verweis auf § 60 und den Salzburger Naturschutzfonds denkbar. In den begründeten Stellungnahmen der Kommission1106 findet sich die Forschungsförderung des Bundeslandes Salzburg jedenfalls nicht mehr. Dabei wird die Feststellung getroffen, dass sich aus Art 10 Abs 1 VSchRL und Art 18 Abs 1 FFH-RL keine unmittelbaren subjektiven Rechte oder Verpflichtungen der einzelnen Normadressaten ableiten lassen und daher von einer weiteren Behandlung abgesehen wird. h) Umsetzung der Bestimmungen über die Ansiedelung von Tier- und Pflanzenarten Art 11 VSchRL regelt die Ansiedelung wildlebender Vogelarten, die im europäischen Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht heimisch sind. Art 22 FFH-RL hat unter lit a die Wiederansiedlung von heimischen Arten des Anhangs IV und unter lit b die absichtliche Ansiedlung von nicht heimischen Arten zum Gegenstand. Die Kommission ist der Ansicht, dass die entsprechenden landesrechtlichen Bestimmungen zum Teil nicht hinreichend genau sind, im Wesentlichen aber als den Richtlinienanforderungen Rechnung tragend an____________________
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Burgenländisches Naturschutz- und Landschaftspflegegesetz, LGBl Nr 27/1991 idF LGBl Nr 32 /2001. 1106 Begründete Stellungnahme zur FFH-RL (FN 926) 23; Begründete Stellungnahme zur VSchRL (FN 1024) 24.
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gesehen werden können.1107 Unter den als zu mangelhaft aufgelisteten Bestimmungen findet sich keine Salzburger Regelung. Christl1108 kommt im Rahmen ihrer Untersuchungen zum Ergebnis, dass in den Naturschutzgesetzen aller Bundesländer dem Art 22 Abs 2 FFH-RL entsprechende Regelungen enthalten sind. Allerdings wäre es ihrer Ansicht nach wünschenswert, die in Art 22 Abs 21109 enthaltenen Ansiedlungsbedingungen genau in die diesbezüglichen Bestimmungen aufzunehmen. Ferner sind die in den einzelnen Bestimmungen vorgesehenen Genehmigungsbedingungen jedenfalls im Sinne der in Art 22 Abs 2 FFH-RL enthaltenen auszulegen. Ferner wird von Christl festgestellt, dass die in Art 11 VSchRL normierte Konsultationspflicht und die in Art 22 Abs 2 enthaltene Berichtspflicht in sämtlichen Regelungen fehlen. In den gemeinsamen Bestimmungen für Pflanzen und Tiere in § 33 Abs 1 NSchG ist normiert, dass das Einbringen gebietsfremder Pflanzen und das Aussetzen oder Ansiedeln gebietsfremder Tiere in der freien Natur ohne Bewilligung der Naturschutzbehörde verboten ist, wobei die Bewilligung zu erteilen ist, wenn durch die beabsichtigte Maßnahme weder das Landschaftsbild noch der Lebenshaushalt erheblich beeinträchtigt wird. Bezugnehmend auf die Ausführungen von Christl ist festzustellen, dass nach dem NSchG bei der Ansiedlung nicht heimischer Arten nach wie vor eine Einbindung der Gemeinschaft nicht vorgesehen ist. Nimmt man die bereits zitierten beiden EuGH-Judikate1110 zur Berichtspflicht als Maßstab, so ist im gegenständlichen Fall von einer legistischen Umsetzungsverpflichtung auszugehen. Sowohl bei Art 11 VSchRL als auch bei Art 22 lit b FFH-RL ist die Konsultation bzw Unterrichtung im konkreten Anlassfall vorgesehen und nicht in Form eines rückblickenden Jahresberichts. Hinsichtlich der Genehmigungskriterien ist gemäß § 33 Abs 1 NSchG maßgeblich, ob das Landschaftsbild und der Lebenshaushalt erheblich beeinträchtigt wird. Es erfolgt somit zwar keine wörtliche Übernahme der Formulierungen aus Art 11 VSchRL1111 und Art 22 lit b FFH-RL1112, bei ____________________
1107
Mahnschreiben der Kommission (FN 921) 12 bzw 8. Christl (FN 3) 164. 1109 Gemeint ist wohl lit b. 1110 EuGH Rs C-324/01, Slg 2002, I-11197, Rz 16 ff und EuGH Rs C-72/02, Slg 2003, Rz 18 ff. 1111 „[...] nicht nachteilig auf die örtliche Tier- und Pflanzenwelt auswirkt.“ 1112 „[...] weder die natürlichen Lebensräume in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet noch die einheimischen wildlebenden Tier- und Pflanzenarten geschädigt werden.“ 1108
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entsprechender Auslegung der „Gebietsfremdheit“ 1113 und der „erheblichen Beeinträchtigung des Lebenshaushaltes“ 1114 werden inhaltlich die Richtlinienvorgaben wohl abgedeckt werden können.1115 Anderer Ansicht ist hier plötzlich die Kommission. Während Salzburg im Mahnschreiben bei den mangelhaften Regelungen unerwähnt blieb, wird nun in den begründeten Stellungnahmen1116 überraschend kritisiert, dass § 33 NSchG eine zu allgemeine und unverbindlich gefasste Bestimmung, nach der eine Versagung nur bei einer erheblichen Beeinträchtigung erfolgt, enthält.1117 Diese Feststellung ist nicht nachvollziehbar. Die Kommission könnte allenfalls bemängeln, dass § 33 Abs 2 im Gegensatz zum Richtlinientext eine Erheblichkeit fordert, um zu einer ablehnenden Entscheidung zu kommen. Die Regelung allerdings als zu allgemein und unverbindlich gefasst zu bezeichnen, ist jedoch nicht angebracht. Abschließend ist anzumerken, dass § 33 Abs 1 NSchG die in Art 22 lit a FFH-RL geregelte Wiederansiedelung heimischer Arten des Anhangs IV nicht zum Inhalt hat. Diese ist somit nach dem NSchG als bewilligungsfrei anzusehen. Auch wenn man in Art 22 lit a keine umfassende Verbotsregelung1118 sieht, ist eine Umsetzung seines Inhaltes im Hinblick auf die Wiederansiedlung der heimischen Anhang IV Arten im NSchG dennoch geboten. Die generelle Bewilligungsfreiheit für die Ansiedlung heimischer Arten kann als nicht richtlinienkonform qualifiziert werden, wenn man die konkreten Vorgaben des Art 22 lit a betrachtet. Die Prüfung der Zweckdienlichkeit der Ansiedlung, der Beitrag zur Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes und die entsprechende Konsultierung der betroffenen Bevölkerungskreise bedürfen einer Regelung im NSchG. ____________________
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Das NSchG spricht bekanntlich von gebietsfremden und nicht wie die FFH-RL von in ihrem Hoheitsgebiet nicht heimischen Arten. Über die Formulierung „gebietsfremd“ findet sich im Kommentar zum NSchG (Loos, FN 987, 108) zwar kein Hinweis, meiner Ansicht nach handelt es sich hier ursprünglich um einen naturräumlichen Begriff ohne Bezugnahme auf politische Grenzen. Um zu einem richtlinienkonformen Ergebnis zu kommen, wird „gebietsfremd“ allerdings im Sinne von „in ihrem Hoheitsgebiet nicht heimisch“ zu interpretieren sein. 1114 Sodass der Lebenshaushalt sowohl die natürlichen Lebensräume in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet als auch die heimische Tier- und Pflanzenwelt umfasst. 1115 Davon geht offensichtlich auch Christl (FN 3, 164) aus. 1116 Begründete Stellungnahme zur FFH-RL (FN 926) 25; Begründete Stellungnahme zur VSchRL (FN 1024) 25. 1117 Auf die Einbindung der Kommission im Rahmen des Art 22 lit b wird nicht eingegangen. 1118 Siehe Näheres zu Art 22 lit a unter C.4.f im ersten Teil der vorliegenden Arbeit.
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2. Der aus der VSchRL und FFH-RL erwachsene Umsetzungsbedarf im Salzburger Nationalparkgesetz a) Allgemeines In der obigen Überschrift ist deshalb von einem „Umsetzungsbedarf“ die Rede, weil im Salzburger Nationalparkgesetz1119 – iF NPG – noch keine Anpassung an die beiden Richtlinien erfolgt ist. Die Umsetzung der Inhalte der VSchRL und FFH-RL im NPG ist erforderlich, weil der Salzburger Anteil am Nationalpark Hohe Tauern sowohl nach der VSchRL als auch nach der FFH-RL als Natura 2000 Gebiet nominiert wurde. Bevor im Folgenden auf die konkreten Anpassungserfordernisse im NPG eingegangen wird, sollen zunächst einige allgemeine Bemerkungen den Zusammenhang zwischen NSchG und NPG näher beschreiben. Das NSchG regelt in § 22 die allgemeinen Grundsätze für Nationalparke.1120 In Abs 2 wird normiert, dass die Erklärung eines Gebietes zum Nationalpark durch Gesetz zu erfolgen hat.1121 Durch ein solches wurde im Jahre 19831122 der Salzburger Teil der Hohe Tauern zum Nationalpark erklärt. Das NPG gliedert sich in vier Abschnitte, wobei der erste im Wesentlichen die Schutzbestimmungen, die in der Außen- und Kernzone sowie in den Sonderschutzgebieten gelten, regelt. Der zweite Abschnitt enthält das gesamte Förderungsrecht, mit dessen Vollziehung der Salzburger Nationalparkfonds betraut ist. Der dritte Abschnitt umfasst neben formellen Regelungen die wichtigsten Bestimmungen über die Entschädigung und ____________________
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Gesetz vom 19. Oktober 1983 über die Errichtung des Nationalparks Hohe Tauern im Land Salzburg, LGBl Nr 106/1983, idF LGBl Nr 46/2001. 1120 Ein Nationalpark wird dabei als eine durch ihre charakteristische Geländeformen und ihre Tier- und Pflanzenwelt für Österreich repräsentative Landschaft beschrieben, die zum Wohl der Bevölkerung und zum Nutzen der Wissenschaft sowie zur Förderung der Wirtschaft zu erhalten ist. Des Weiteren hat der Nationalpark einem möglichst großen Kreis von Menschen ein eindrucksvolles Naturerlebnis zu ermöglichen. Zudem muss der Nationalpark einer ständigen Verwaltung unterworfen und durch eine wissenschaftliche Betreuung gesichert sein. 1121 Der Salzburger Anteil am Nationalpark Hohe Tauern ist der derzeit einzige Nationalpark im Bundesland Salzburg. Würde in Salzburg ein weiterer Nationalpark errichet (beispielsweise in den Kalkalpen), so müsste ein weiteres NPG erlassen werden (das gilt im Übrigen auch für Tirol). In Kärnten wurde hingegen eine andere Regelung gewählt. Dort besteht ein NPG, das sich auf keinen bestimmten Nationalpark bezieht. Die Erklärung zum Nationalpark erfolgt in Kärnten per Verordnung. Die Ermächtigung hiezu findet sich im NPG. Für die beiden Kärntner Nationalparke Hohe Tauern und Nockberge gilt die jeweilige Verordnung sowie für beide das NPG. 1122 In Kraft getreten mit 1. Jänner 1984.
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Einlösung besonders beeinträchtigter Grundstücke. Der vierte und letzte Abschnitt hat die notwendigen Straf-, Schluss- und Übergangsbestimmungen zum Gegenstand. Nachstehend unter b) wird versucht, das Verhältnis zwischen NSchG und NPG näher zu beleuchten. Das Zusammenspiel zwischen diesen beiden Gesetzen ist vor allem im Hinblick auf die Geltung einzelner Bestimmungen aus dem NSchG im Nationalpark von Bedeutung. Konkret geht es dabei um die Anwendung jener Regelungen, die Gegenstand der Richtlinienumsetzung im NSchG waren. b) Das Verhältnis zwischen NSchG und NPG Maßgeblich für das Zusammenspiel zwischen NSchG und NPG ist der § 29 im vierten Abschnitt des NPG. Während § 29 Abs 1 das NSchG1123 mit 1. Jänner 1984 für den Bereich des Nationalparks außer Kraft setzt und dazu exemplarisch auch einige Bestimmungen aus dem NSchG anführt,1124 werden in § 29 Abs 2 als Ausnahme von diesem Grundsatz eine ganze Reihe von Bestimmungen aus dem NSchG als sinngemäß für anwendbar erklärt. Der Wortlaut des Abs 2 bezieht sich in seiner taxativen Aufzählung auf das NSchG 1977 in der jeweils geltenden Fassung. Aufgrund dieser dynamischen Verweisung ist davon auszugehen, dass aktuell die Inhalte der jeweiligen Nachfolgebestimmungen im NSchG 19991125 maßgeblich sind.1126 Umgekehrt ist für die Frage der Anwendung einer Bestimmung aus dem NSchG 1999 im Schutzgebiet des Nationalparks maßgeblich, ob es eine entsprechende Vorgängerbestimmung im NSchG 1977 gegeben hat. ____________________
1123 1124
Zitiert wird hier das damals geltende Salzburger Naturschutzgesetz 1977, LGBl Nr 86. Ausdrücklich für nicht anwendbar werden aus dem NSchG 1977 die Regelungen der geschützten Landschaftsteile in den §§ 8 bis 11, die Landschaftsschutzgebiete in den §§ 12 bis 14, die Naturschutzgebiete in den §§ 15 bis 17, die Naturparke in § 19, die Anzeigepflicht und die Ausführungsanzeige bestimmter Maßnahmen in den §§ 20 bzw 21 erklärt. 1125 Das NSchG 1977 wurde zwischenzeitlich zweimal wiederverlautbart (1993 und 1999). 1126 Theoretisch wäre auch eine Argumentation dahingehend möglich, dass der § 29 Abs 1 NPG nur das NSchG 1977 außer Kraft gesetzt hat und das NSchG 1993 bzw 1999 mit seinen neuen Inhalten wieder grundsätzlich für das gesamte Landesgebiet gilt. Diesem Ansatz folgend würden sämtliche seit 1993 eingeführten Bestimmungen des NSchG auch für das Gebiet des Nationalparks Hohe Tauern gelten. Der § 29 Abs 1 NPG hätte mit dem Inkrafttreten des NSchG 1993 seine Wirkung verloren. Scheitern wird diese Argumentation daran, dass die Wiederverlautbarung grundsätzlich einen formellen Charakter aufweist und daher im Hinblick auf den Verweis des § 29 Abs 1 NPG immer noch „dasselbe Gesetz“ gemeint ist. Demnach wollte der Nationalparkgesetzgeber aus dem Jahre 1983 das NSchG für den Bereich des Nationalparks außer Kraft setzen und zitierte dabei das gerade zu diesem Zeitpunkt geltende NSchG.
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Diese Vorgaben sind insofern sehr praxisrelevant, als in das NSchG seit 1983 zahlreiche neue Bestimmungen Eingang gefunden haben. Insbesondere das NSchG 1993 brachte inhaltlich und verfahrensrechtlich eine entscheidende Fortentwicklung des Naturschutzrechts im Land Salzburg. Neue Naturschutzinstrumente wie etwa der umfassende Lebensraumschutz oder die Vorschreibung von Ersatzleistungen sind an dieser Stelle zu nennen.1127 Bereits im Kommentar zum NSchG 19931128 und dem damaligen § 21 – Nationalparke wurde klargestellt, dass wesentliche Neuerungen, wie etwa die Bestimmungen über den Schutz von Lebensräumen, im Nationalpark Hohe Tauern nicht anzuwenden sind und daher eine Anpassung des Nationalparkgesetzes an die ansonsten landesweit geltenden naturschutzrechtlichen Bestimmungen notwendig ist. Da es zu einer solchen Anpassung bis dato nicht gekommen ist,1129 sind diesem Ansatz folgend wesentliche Inhalte aus dem NSchG nach wie vor im Schutzgebiet des Nationalparks Hohe Tauern nicht anzuwenden. Zurückkommend auf das eigentliche Thema der Richtlinienumsetzung ist festzustellen, dass eine Implementierung der Richtlinieninhalte nur im NSchG und noch nicht im NPG durchgeführt wurde. Anhand der dynamischen Verweisung in § 29 Abs 2 NPG ist nun zu klären, inwieweit die im NSchG umgesetzten gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen auch im Schutzgebiet des Nationalparks Anwendung finden. Zu einem positiven Ergebnis kommt man hier bei den Artenschutzbestimmungen. Nachdem das NPG über keine „eigenen“ Artenschutzregelungen verfügt, sondern § 29 Abs 2 NPG in lit d die Bestimmungen über den Schutz von Pflanzen und Tieren aus dem NSchG als für den Bereich des Nationalparks anwendbar erklärt, gelten die im Rahmen der NSchG-Novellen 1997 und 2001 vorgenommenen artenschutzrechtlichen Anpassungen auch im Nationalpark. Bezüglich des Inhaltes dieser Bestimmungen und der erfolgten Ergänzungen kann daher auf die Ausführungen zum NSchG1130 verwiesen werden. Hinsichtlich der Umsetzung der gemeinschaftsrechtlichen Inhalte in den §§ 3a, 5, 22a und 22b ist festzustellen, dass diese Bestimmungen in § 29 Abs 2 NPG nicht genannt sind und folglich von einer Nichtgeltung im Schutzgebiet des Nationalparks Hohe Tauern auszugehen ist. Daran kann auch eine richtlinienkonforme Interpretation nichts ändern. Der ____________________
1127
Diese Neuerungen wurde als Quantensprung im Naturschutz bezeichnet (Loos, FN 987, 9). 1128 Loos (FN 987) 68 f. 1129 Das NPG ist seit 1983 inhaltlich weitgehend unverändert geblieben. 1130 Siehe III.C.1.f ).
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Wortlaut des § 29 NPG lässt klar erkennen, dass das NSchG im Anwendungsbereich des NPG grundsätzlich nicht gilt, ausgenommen die explizit in Abs 2 angeführten Bestimmungen. Ebenso bringt die Anwendung der Derogationsregeln kein anderes Ergebnis. Der Grundsatz „Lex posterior derogat legi priori“ greift deshalb nicht, weil die geänderten Bestimmungen im NSchG nicht ausdrücklich § 29 NPG widersprechen und somit keine widersprechenden Normen vorliegen. Ein Widerspruch läge vor, wenn § 22a NSchG auch den Nationalpark ausdrücklich erfassen würde.1131 In diesem Fall bestünde die Möglichkeit, dass die später erlassene Bestimmung des NSchG den zeitlich vorangehenden widersprüchlichen Inhalt des § 29 NPG aufhebt. Ein ausdrücklicher Widerspruch ist deshalb erforderlich, weil § 29 NPG den räumlichen Anwendungsbereich des NSchG einschränkt. Eine materielle Derogation ist nur möglich, wenn die später erlassene Norm des § 22a inhaltlich klar zu verstehen gibt, dass diese Einschränkung hier nicht zur Anwendung kommen soll und sein Inhalt für sämtliche Europaschutzgebiete im Bundesland Salzburg, also auch für den Salzburger Anteil am Nationalpark Hohe Tauern, zu gelten hat.1132 Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die in den §§ 3a, 22a und 22b NSchG umgesetzten gemeinschaftsrechtlichen Gebietsschutzbestimmungen für den Nationalpark nicht zur Anwendung kommen. Auf weitere kleinere Ergänzungen in den Bestimmungen des NSchG1133 und deren Geltung im Nationalpark wird bei der nachfolgenden Erläuterung des konkreten Umsetzungsbedarfes der einzelnen Richtlinieninhalte im NPG eingegangen. Eine Umsetzung des Art 4 FFH-RL im NPG ist hingegen nicht erforderlich. Art 4 regelt allgemein den Ausweisungsvorgang der FFH-Gebiete. Das Nationalparkgesetz ist hingegen eine Rechtsvorschrift, die den Schutz eines konkreten FFH-Gebietes zum Inhalt hat. Die Anpassung im NPG ist dem Grunde nach nichts anderes als die Umsetzung des Art 4 Abs 4 FFH-RL, nämlich die Ausstattung des Schutzgebietes mit dem ent____________________
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Andererseits könnte man über § 5 Z 10 NSchG zum Ergebnis kommen, dass der Nationalpark von § 22a NSchG erfasst ist. Nach der dortigen Legaldefinition wäre auch der Nationalpark ein Europaschutzgebiet. Im Gegenzug spricht aber § 22a Abs 2 wiederum nur von einer Verordnung, was den Schluss zulässt, dass der Nationalpark von § 22a nicht erfasst sein soll. Die Identität des Regelungsgegenstandes, die Voraussetzung für eine Derogation, liegt folglich nicht vor. 1132 Gemeint ist hier aber keine formelle Derogation, sondern bloß ein klarer inhaltlicher Widerspruch zwischen § 22a NSchG und § 29 NPG. § 22a NSchG müsste keineswegs § 29 NPG formelle außer Kraft setzen, diesem aber inhaltlich klar widersprechen. Diese Voraussetzung ist meines Erachtens im vorliegenden Fall nicht gegeben. 1133 Beispielsweise § 35 Abs 1 zu den Landschafts- und Detailplänen.
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sprechenden Schutzstatus. Dies geschieht im Falle des Nationalparks ausnahmsweise per Gesetz, während die restlichen Natura 2000 Gebiete im Land Salzburg per Verordnung ausgewiesen sind bzw noch werden.1134 Nicht unbeachtlich ist in diesem Zusammenhang ferner, dass gemäß Art 4 Abs 4 FFH-RL für die Ausweisung des Schutzgebietes bekanntlich eine sechs Jahresfrist, gerechnet ab Vorliegen der Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung, vorgesehen ist. Demzufolge wäre man mit der Anpassung des NPG noch nicht Verzug. Allerdings ist der Salzburger Anteil am Nationalpark Hohe Tauern auch nach der VSchRL nominiert. Da sich die Ausweisung der besonderen Vogelschutzgebiete nach wie vor nach der VSchRL richtet und diese keine Frist vorsieht bzw im Beitrittsvertrag Österreich keine diesbezüglichen Übergangsbestimmungen enthalten sind, ist hier der 1. Jänner 1995 maßgeblich. Bereits mit diesem Datum hätte die Ausweisung zum besonderen Schutzgebiet nach der VSchRL und somit die Anpassung im NPG erfolgt sein müssen. Im Mahnschreiben der Kommission zur VSchRL1135 wird bei der Beurteilung der Salzburger Rechtslage auf das NPG nicht explizit eingegangen. c) Umsetzungsbedarf in den einzelnen Bestimmungen des NPG aa) Die Zielbestimmungen des NPG Die Ziele bzw der Schutzzweck findet sich im NPG in § 2, der konkret drei Ziele formuliert. Neben den Zielsetzungen 1. und 3., die die Erhaltung des Gebietes in seiner Schönheit und Ursprünglichkeit sowie Ermöglichung eines eindrucksvollen Naturerlebnisses für einen möglichst großen Kreis von Menschen fordern, ist bezugnehmend auf die VSchund FFH-RL das zweite Ziel maßgebend. Dieses verlangt die Bewahrung der für das Gebiet des Nationalparks Hohe Tauern charakteristischen Tiere und Pflanzen einschließlich ihrer Lebensräume. Hier ist jedenfalls der Schutzzweck den gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen anzupassen.1136 Zum einen ist ein ausdrücklicher Bezug zu ____________________
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Für Natura 2000 Gebiete kommen die Schutzgebietskategorien „Geschützte Landschaftsteile“ gemäß § 12 ff NSchG und „Naturschutzgebiete“ gemäß § 19 ff NSchG in Frage. Ferner sind nach § 22a Abs 2 NSchG durch Verordnung Schutzbestimmungen für Europaschutzgebiete zu erlassen. Die Schutzgebietskategorie „Nationalpark“ wird in § 22a NSchG nicht berücksichtigt. Auch finden sich in den Erläuterungen zur Novelle 2001 keine Hinweise betreffend der Anwendung des § 22a NSchG auf das Natura 2000 Gebiet „Nationalpark“. 1135 Vgl das Mahnschreiben der Kommission zur VSchRL (FN 929). 1136 Es darf hier nicht irritieren, dass in den Zielsetzungen des NSchG die beiden Richtlinien nicht explizit Erwähnung finden. Das NSchG schreibt in § 22a Abs 2 vor, dass der
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den nach den beiden Richtlinien geschützten Tier- und Pflanzenarten sowie Lebensräumen herzustellen.1137 Zum anderen hat – wie bereits in § 22a Abs 2 NSchG normiert – der Schutzzweck die Erhaltungsziele für das jeweilige Schutzgebiet zu enthalten. Dabei wird im NSchG auf die Begriffsdefinition der Erhaltungsziele eines Europaschutzgebietes gemäß § 5 Z 9 NSchG verwiesen. Auch wenn diese Bestimmungen aus dem NSchG für den Nationalpark nicht gelten, wird man sich bei der Anpassung des NPG im Sinne einer einheitlichen Umsetzung an diesen Vorgaben zu orientieren haben. Als Erhaltungsziel wird die Erhaltung und Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes in § 2 NPG einzufügen sein. Der Erhaltungszustand bezieht sich dabei auf die Tier- und Pflanzenarten des Anhangs II FFH-RL, die natürlichen Lebensräume nach Anhang I FFH-RL sowie die Anhang I Arten und Zugvogelarten der VSchRL.1138 Die konkrete Festlegung des Schutzzwecks bzw der Erhaltungsziele ist deshalb von großer Bedeutung, weil die Frage der Zulässigkeit von Plänen und Projekten von der Prüfung auf Verträglichkeit mit den für das jeweilige Gebiet festgelegten Erhaltungszielen abhängt.1139 Die bestehenden Zielsetzungen 1. und 3. in § 2 NPG, die mit den Schutzgütern der beiden Richtlinien nichts zu tun haben, bleiben klarerweise unverändert. Bei der Beurteilung eines Eingriffes in das Schutzgebiet ist unabhängig von der Prüfung der gemeinschaftsrechtlichen Parameter weiterhin die landschaftsästhetischen Aspekte sowie der Wert des Gebietes für Menschen zu berücksichtigen. § 2 NPG enthält aber nicht nur die drei genannten ausdrücklichen Ziele, sondern darüber hinaus grundsätzliche Aussagen zum NPG. So wird einleitend festgestellt, dass die Landschaft der Hohen Tauern mit ihren charakteristischen Geländeformen und ihrer Tier- und Pflanzenwelt zum Wohle der Bevölkerung, zum Nutzen der Wissenschaft und zur Förderung der Wirtschaft zu erhalten ist. Weiters betont der abschließende Satz in § 2, dass die Maßnahmen zum Schutz und zur Erschlie____________________
Schutzzweck in den Schutzbestimmungen der jeweiligen Verordnung des Europaschutzgebietes enthalten sein muss. Das NPG ist wie bereits oben dargelegt einer solchen Verordnung gleichzusetzen und hat daher den konkreten Schutzzweck für das Schutzgebiet des Nationalparks Hohe Tauern zu enthalten. 1137 Die Bezugnahme wird durch den Verweis auf die Anhänge der VSch- und FFH-RL hergestellt werden können. 1138 Die konkret für das Europaschutzgebiet „Nationalpark Hohe Tauern“ maßgeblichen Tier- und Pflanzenarten sowie Lebensräume werden in Anlehnung an § 22a Abs 1 NSchG öffentlich zur Einsichtnahme an geeigneter Stelle (zB Nationalparkbehörden) aufzulegen sein. 1139 Art 6 Abs 3 FFH-RL.
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ßung des Nationalparks unter Beachtung der Interessen der bergbäuerlichen Bevölkerung, der regionalen Wirtschaft und der Wissenschaft auch den Bedürfnissen der Erholungssuchenden zu dienen hat. Diese Vorgaben sind inhaltlich mit jenen des Art 2 Abs 3 FFH-RL zu vergleichen. Bekanntlich normiert hier die Richtlinie, dass die getroffenen Maßnahmen den Anforderungen von Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur sowie den regionalen und örtlichen Besonderheiten Rechnung zu tragen haben. Dass damit allerdings keine eigenständigen Ausnahmen von den strengen Gebiets- und Artenschutzbestimmungen begründet werden können, wurde bereits erläutert. Insofern werden auch die allgemeinen Zielbestimmungen des NPG im Wege der richtlinienkonformen Interpretation dahingehend auszulegen sein. Dies wird in erster Linie für die Förderung der Wirtschaft zu gelten haben. Nicht unproblematisch erscheint aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht die Feststellung in § 2 NPG, wonach im Bereich der Kernzonen und der Sonderschutzgebiete des Nationalparks den beiden zuerst genannten Zielen der Vorrang vor sonstigen Zielen zukommt. Die Bevorzugung des Landschaftsschutzes sowie des Schutzes des Arten und Lebensräume gegenüber der Vermittlung des Erholungswertes würde somit im Umkehrschluss nicht für die Außenzone gelten. Da die Richtlinien aber nicht zwischen Außen- und Kernzone unterscheiden, ist diese generelle Abstufung des Schutzgrades europarechtlich bedenklich. Denn nach der FFH-RL wird beispielsweise ein prioritärer Lebensraum in der Außenzone gleich wie in der Kernzone zu behandeln sein. Auf die unterschiedliche Schutzintensität zwischen Außen- und Kernzone wird auch im Rahmen der Ausführungen zur Verträglichkeitsprüfung einzugehen sein. bb) Der Geltungsbereich des NPG § 3 Abs 1 NPG legt anhand einer Aufzählung von Berggruppen den räumlichen Geltungsbereich des Salzburger Anteils am Nationalpark Hohe Tauern fest. Zudem findet sich in Abs 2 die räumliche Gliederung in Außenzone, Kernzone und Sonderschutzgebiete. Der Abs 3 in § 3 NPG ist ähnlich § 3 NSchG gestaltet. Unter lit a bis d) sind Bereiche aufgelistet, die nicht dem NPG unterliegen. Lit a nennt hier eingangs die herkömmlichen Formen des Bergsteigens, des Wanderns, des Tourenschilaufes und dgl sowie die Ausübung der Jagd und Fischerei entsprechend den landesgesetzlichen Vorschriften. Diese Ausnahmen gelten mit der Einschränkung, dass die Bestimmungen eines Sonderschutzgebietes nicht entgegenstehen.
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Im Mahnschreiben der Kommission zur FFH-RL hat die Bestimmung bezüglich der Ausübung der Jagd und Fischerei ausdrücklich Erwähnung gefunden.1140 Die Kommission geht nicht davon aus, dass diese Tätigkeiten zur Gänze in der bisherigen Form unmittelbar mit der Verwaltung des Gebietes in Verbindung stehen oder hiefür notwendig sind. Deshalb, so die Kommission weiter, ist es erforderlich, sie einem Verfahren im Sinne des Art 6 Abs 3 und 4 FFH-RL zu unterziehen, wenn erhebliche Beeinträchtigungen durch diese Tätigkeiten eintreten könnten.1141 Ausgenommen vom Geltungsbereich des NPG ist die Ausübung der Jagd und Fischerei entsprechend der landesgesetzlichen Bestimmungen. Nachdem die Vorgaben der VSch- und FFH-RL auch im Salzburger Jagdgesetz und Fischereigesetz Eingang finden, sind auch für die dem Jagdgesetz unterliegenden Tierarten sowie Lebensräume Schutzgebiete auszuweisen und Eingriffe in diese Schutzgebiete einer Verträglichkeitsprüfung zu unterziehen.1142 Geht man von einer richtlinienkonformen Behandlung der dem Jagdbzw Fischereigesetz unterliegenden Tätigkeit aus, wäre die Ausnahme vom Geltungsbereich des NPG aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht unbeachtlich. Denn im welchem Materiengesetz die Richtlinienvorgaben umgesetzt werden, spielt europarechtlich keine Rolle. So ist nicht entscheidend, ob das Verfahren für einen Plan oder ein Projekt im Sinne des Art 6 Abs 3 und 4 FFH-RL im Rahmen des NPG oder des Jagdgesetzes abgewickelt wird. Lit b nimmt ähnlich § 3 Abs 1 lit a NSchG Maßnahmen im Zuge des Einsatzes des Bundesheeres in den Fällen des § 2 Abs 1 Wehrgesetzes 1978, BGBl Nr 150, einschließlich der unmittelbaren Vorbereitungen eines solchen Einsatzes, vom Geltungsbereich des NPG aus. Hinsichtlich der Richtlinienkonformität dieser Ausnahme vom Geltungsbereich kann auf die Ausführungen zu § 3 NSchG verwiesen werden.1143 Dies gilt auch für die Ausnahmetatbestände in § 3 Abs 3 lit c und d NPG. Zu erwähnen ist abschließend die in § 3 Abs 4 NPG enthaltene salvatorische Klausel, wonach durch das NPG die Zuständigkeiten des Bun____________________
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Mahnschreiben der Kommission zur FFH-RL (FN 923), Anhang 11. Auch Mauerhofer (FN 7, 322) meldet diesbezüglich Bedenken an. Er zitiert in seinen Ausführungen § 8 Abs 3 lit a des Tiroler Nationalparkgesetzes und kritisiert, dass die rechtmäßige Ausübung der Jagd und Fischerei keine nachhaltige oder erhebliche Beeinträchtigung der Natur darstellt und deswegen ungeprüft zulässig ist. Diese Bestimmung ermöglicht es den Mitgliedstaaten, sich von den Verpflichtungen aus Art 6 Abs 3 und 4 FFH-RL zu entbinden. 1142 Näheres dazu nachstehend unter D. 1143 Siehe Kapitel III.C.1.lit c. 1141
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des nicht berührt werden. Mit derartigen Klauseln – sie finden sich in zahlreichen Landesgesetzen – und ihrer Vereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht hat sich bereits Mauerhofer1144 näher auseinandergesetzt. Er fordert dabei im Sinne einer bestmöglichen Umsetzung des Gemeinschaftsrechts den Verzicht auf solche Klauseln, weil seiner Ansicht nach nicht ausgeschlossen werden kann, dass im Falle eines Kompetenzkonfliktes aufgrund dieser Klauseln auf Bundesmaterien basierenden, wirtschaftlichen Interessen ohne deren sachliche Abwägung der Vorrang gegenüber naturschutzrechtlichen Gesichtspunkten eingeräumt wird.1145 Bestehende salvatorischer Klauseln sind jedenfalls gemeinschaftskonform auszulegen. Dem Vorschlag Mauerhofers folgend sind derartige Normierungen als deklarative Erklärung dahingehend zu interpretieren, dass ein Land davon ausgeht, nur solche Bestimmungen erlassen zu haben, die auf Gesichtspunkten der Landeskompetenz beruhen. Nachdem im Zuge der NSchG Novelle 2001 die salvatorische Klausel aus § 3 NSchG herausgenommen wurde, ist zu erwarten, dass bei der nächsten Novelle des NPG auch § 3 Abs 4 entfallen wird. cc) Begriffsbestimmungen im NPG Das geltende NPG enthält keine Begriffsbestimmungen oder Legaldefinitionen. Hier sind daher zur Verbesserung der Klarheit und Rechtssicherheit nicht bloß Ergänzungen wie im NSchG vorzunehmen, sondern ein neuer Paragraph mit den entsprechenden Definitionen einzufügen. Um welche Definitionen es sich dabei zu handeln hat, kann den Erläuterungen zum NSchG bzw dem Mahnschreiben der Kommission1146 entnommen werden.1147 Darüber hinaus erscheint es zweckmäßig, nach dem Vorbild des NSchG in die neu einzuführende Bestimmung auch allgemeine Definitionen aus dem NPG aufzunehmen. Da es sich bei den relevanten Begriffen teilweise um solche handelt, die bereits im NSchG definiert sind, ist darauf zu achten, dass der Wortlaut der Definitionen im Sinne der Einheitlichkeit der Rechtsordnung übereinstimmt. ____________________
1144
Mauerhofer (FN 7) 322 f. Mauerhofer weist aber auch darauf hin, dass der VfGH im Erkenntnis VfSlg 14.178/1995 in keiner Weise auf § 3 Abs 4 NPG eingegangen ist, als er im Ergebnis zu einer Bevorrangung des Überflugverbotes im Sonderschutzgebiet Piffkar gegenüber der in § 2 Luftfahrtsgesetz normierten Freiheit des Luftraumes gekommen ist. 1146 Mahnschreiben der Kommission zur FFH-RL (FN 923) 2. 1147 Siehe unter III.C.1.lit d. 1145
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dd) Die Umsetzung des Art 6 FFH-RL aaa) Allgemeines Wie im Rahmen der Erläuterungen zur Umsetzung der Gebietsschutzbestimmungen im NSchG erwähnt, handelt es sich hier grundsätzlich um zwei voneinander zu unterscheidende, aber untrennbar miteinander verbundene Verpflichtungen.1148 Gemeint ist zum einen die Pflicht zur offiziellen Ausweisung der Schutzgebiete und zum anderen die Einrichtung des Schutzregimes nach Art 6 FFH-RL.1149 Unter b) wurde bereits angedeutet, dass diese Differenzierung bei der Umsetzung im NPG nur eingeschränkt Anwendung finden kann. Für das Bundesland Salzburg finden sich in § 22a und § 22b NSchG die wesentlichen Regelungen über Natura 2000 Gebiete. Wie schon ausführlich beschrieben, bilden diese auch die Grundlage für die Erlassung der erforderlichen Schutzbestimmungen im Verordnungswege für jedes einzelne Europaschutzgebiet.1150 Die bestehende Unschlüssigkeit in diesem System besteht jedoch darin, dass der Nationalpark hier keine Erwähnung findet bzw auf dessen Besonderheit1151 nicht eingegangen wird, obwohl die Schutzgebietskategorie „Nationalparke“ grundsätzlich in § 22 NSchG verankert ist. Auch dort müssten ähnlich wie in § 12 Abs 1 Z 3 oder § 19 Abs 1 Z 4 NSchG die VSch- und FFH-RL Erwähnung finden. Die gemeinschaftsrechtlichen Anpassungen inhaltlicher Natur haben klarerweise im NPG zu erfolgen. Für das Natura 2000 Gebiet „Nationalpark Hohe Tauern“ wird das notwendige Schutzregime1152 somit nicht per Verordnung sondern auf Gesetzesebene geschaffen. Diese Differenzierung ist grundsätzlich unproblematisch, da sie nur die bestehende Systematik der Schutzgebietskategorien im NSchG berücksichtigt. Allerdings bedarf es einer ausdrücklichen Regelung im NSchG hiezu. Während somit die inhaltlichen Vorgaben der beiden Richtlinien im NPG umzusetzen sind, gehören die allgemeinen Regelungen der Schutzgebietsausweisung in das NSchG. Die entsprechende Berücksichtigung der Schutzge____________________
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Mahnschreiben der Kommission zur FFH-RL (FN 923) 3. Wobei Art 6 Abs 2 bis 4 FFH-RL auch für die besonderen Schutzgebiete der VSchRL
gilt. 1150
Siehe § 22a Abs 2 NSchG. Besonderheit deshalb, weil die Nationalparke im Gegensatz zu den übrigen Schutzgebietskategorien im NSchG nicht per Verordnung bzw Bescheid sondern per Gesetz zum Schutzgebiet erklärt werden. 1152 Mit Schutzzweck und den erforderlichen Geboten und Verboten wie in § 22 Abs 2 NSchG gefordert. Wie weit hier mit der Auflistung von Ge- und Verboten dem Art 6 Abs 3 FFH-RL entsprochen werden kann, wird im Folgenden noch zu erläutern sein. 1151
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bietskategorie „Nationalparke“ und deren Besonderheit in den §§ 22a und 22b NSchG sowie die Erwähnung der VSch- und FFH-RL in § 22 NSchG eröffnen die Möglichkeit, zur Beseitigung der bestehenden Unklarheiten beizutragen. Zu klären bleibt dabei allerdings die Rolle des § 29 NPG, der bekanntlich das „Verbindungsglied“ zwischen NSchG und NPG bildet. Trotz der inhaltlich sehr weit reichenden Änderungen im NSchG in den letzten beiden Jahrzehnten ist § 29 NPG unverändert geblieben. Dieses Nichtreagieren kann dahingehend interpretiert werden, dass der Wille des Gesetzgebers auf die Nichtanwendung dieser Änderungen im Nationalpark Hohe Tauern abzielt. Denn beabsichtigte der Gesetzgeber etwa die Anwendung des umfassendes Lebensraumschutzes im Schutzgebiet des Nationalparks, hätte es bloß einer geringfügigen Ergänzung in § 29 Abs 2 NPG bedurft. Dies gilt allerdings auch für die Geltung der §§ 22a und 22b im Nationalpark. Die vorgeschlagene Berücksichtigung der Schutzgebietskategorie „Nationalparke“ in den §§ 22a und 22b erfordert die Aufnahme dieser beiden Bestimmungen in § 29 Abs 2 NPG, um eine klare Regelung zu erzielen.1153 Abschließend ist nochmals zu betonen, dass unabhängig von der inhaltlichen Umsetzung des FFH-Schutzregimes im NPG die Einbindung der Schutzgebietskategorie „Nationalparke“ in die Natura 2000 – relevanten Regelungen des NSchG zu befürworten ist. Denn dem Grunde nach können Nationalparke Europaschutzgebiete wie Naturschutzgebiete oder Geschützte Landschaftsteile sein. Die angedachten Änderungen würden zu einer – vor allem aus systematischer Sicht – Klarstellung des Verhältnisses zwischen NSchG und NPG bezüglich Natura 2000 führen. bbb) Erhaltungsmaßnahmen nach Art 6 Abs 1 Die Kommission hat im Mahnschreiben zur FFH-RL1154 bezugnehmend auf die Umsetzung des Art 6 Abs 1 auch das NPG in Prüfung gezogen. Konkrete Erwähnung fand dabei § 10 Abs 1 NPG1155. Die Kritik der Kommission beschränkt sich allerdings auf die knappe Aussage, dass schon die Einschränkung zugunsten der örtlichen Raumplanung keine ____________________
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Bei einer Erwähnung der Nationalparke in den §§ 22a und 22b NSchG und der Nichtänderung des § 29 Abs 2 NPG würden sich zwei widersprechenden Bestimmungen gegenüberstehen. Mehrere Auslegungsvarianten wären die Folge. 1154 Mahnschreiben der Kommission zur FFH-RL (FN 923) Anhang, 7. 1155 Gemäß § 10 Abs 1 NPG sind für den Bereich aller im Nationalpark Hohe Tauern gelegenen Gemeinden unter Bedachtnahme auf die Festlegungen der örtlichen Raumplanung Förderungskonzepte zur Verwirklichung der Zielsetzungen des NPG und damit zur Sicherung und zum Ausbau der Lebensgrundlagen der heimischen Bevölkerung und des alpinen Hütten- und Wegenetzes auszuarbeiten.
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vollständige Umsetzung der in Art 6 Abs 1 FFH-RL enthaltenen Vorgaben erwarten lässt. Aus dieser Feststellung kann zum einen geschlossen werden, dass nach Ansicht der Kommission § 10 Abs 1 NPG geeignet erscheint, die Vorgaben des Art 6 Abs 1 FFH-RL umzusetzen. Zur Verwirklichung der Zielsetzungen dieses Gesetzes sind Förderungskonzepte zu erstellen. Diese können einerseits unmittelbar dem Schutzgebiet selbst dienen, andererseits den berechtigten Interessen der heimischen Bevölkerung und der alpinen Vereine.1156 Grundsätzlich sind somit Gestaltungsmaßnahmen naturschutzfachlicher Art von den Förderungskonzepten umfasst. Die entsprechende Anpassung der Zielsetzungen in § 2 an die Richtlinienvorgaben1157 ist die erste Voraussetzung für eine mögliche Umsetzung des Art 6 Abs 1 FFH-RL über § 10 Abs 1 NPG. Darüber hinaus wird ein ausdrücklicher Bezug bzw zumindest ein Verweis1158 in § 10 Abs 1 auf die Erhaltungsmaßnahmen des Art 6 Abs 1 erforderlich sein. Ein weiterer Ansatzpunkt für die Umsetzung der Erhaltungsmaßnahmen im Nationalpark sind die Landschafts- und Detailpläne, deren Regelung sich in § 35 NSchG findet. Bereits im Zusammenhang mit der Umsetzung im NSchG wurde erwähnt, dass in § 35 Abs 1 die Verbesserung des Erhaltungszustandes von Europaschutzgebieten als Zielsetzung eingefügt worden ist. Da sich die Vorgängerbestimmung zu den Landschafts- und Detailplänen in der Auflistung des § 29 Abs 2 NPG unter lit e findet, ist davon auszugehen, dass der angepasste Inhalt des § 35 NSchG auch für das Schutzgebiet des Nationalparks gilt. Letztlich wird es aber zweckmäßig sein, im NPG konkrete Bestimmungen zur Umsetzung des Gebietsmanagements einzuführen. Hiezu gehört ua die Festlegung genauer Zielvorgaben und auch die Übernahme bestimmter Begriffe wie Erhaltungsmaßnahmen, Bewirtschaftungs- oder Managementpläne. Um den aus Art 6 Abs 1 FFH-RL erwachsenen Vorgaben nachzukommen, wird eine der Hauptaufgaben der Naturschutzbehörden in den nächsten Jahren sein. Eine Regelung mit klaren Vorgaben sollte als Grundlage zur Erleichterung dieser Arbeit beitragen. ccc) Verschlechterungs- und Störungsverbot nach Art 6 Abs 2 Bereits im Rahmen der Ausführungen zum NSchG fand die Ansicht der Kommission1159 Erwähnung, wonach Art 6 Abs 2 FFH-RL von den ____________________
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Nationalpark Hohe Tauern, Gesetzliche Grundlage und Ziele, Schriftenreihe des Landespressebüros (1984) 47. 1157 Siehe dazu Näheres unter aa). 1158 Vgl etwa den Verweis in § 22a Abs 6 NSchG. 1159 Mahnschreiben der Kommission zur FFH-RL (FN 923) 5.
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Mitgliedstaaten ein rechtliches Instrumentarium fordert, mit dem notfalls das Verschlechterungsverbot auch bei Tätigkeiten durchgesetzt werden kann, die keiner Genehmigung oder Bewilligung bedürfen. Im Leitfaden zu Art 6 wird von der Kommission an dieser Stelle die Landwirtschaft oder Fischerei genannt.1160 Ein derartiges Instrumentarium findet sich im NPG erwartungsgemäß nicht. Das geltende Regelwerk sieht im Wesentlichen konkrete Bewilligungs- und Verbotstatbestände vor.1161 Ergänzend dazu werden beispielsweise Tätigkeiten im Rahmen der zeitgemäßen Almwirtschaft1162 bewilligungsfrei gestellt. Zu klären ist, wie das geforderte Instrumentarium in das bestehende System eingefügt werden kann. Die Umsetzung im NSchG kann hier nur bedingt als Vorbild dienen, weil im dortigen § 22a Abs 3 bloß eine Verordnungsermächtigung geschaffen wurde. Das konkrete Verschlechterungsund Störungsverbot ist in der jeweiligen Europaschutzgebietsverordnung vorzusehen. Überträgt man diese Vorgehensweise auf den Nationalpark, ist das NPG der Europaschutzgebietsverordnung gleichzusetzen. Das NPG hat demzufolge eine Regelung vorzusehen, nach der die zeitgemäße Almwirtschaft eingeschränkt werden kann, wenn diese zu einer Verschlechterung der natürlichen Lebensräume oder Habitate der Arten sowie erhebliche Störung von Arten, für die das Gebiet des Nationalparks ausgewiesen worden ist, führt.1163 Zu klären wird sein, in welcher Form diese Einschränkung ausgesprochen wird. In Frage kommt die Verordnung oder der Bescheid. Erstere ist geeignet, im Bedarfsfall bestimmte Tätigkeiten generell zu untersagen, wenn diese eine Verschlechterung bzw erhebliche Störung nach sich ziehen. Für den Bescheid spricht, dass es sich bei der Frage, ob überhaupt eine Verschlechterung oder erhebliche Störung droht, um eine Einzelfallentscheidung handeln kann. Einen praktischen Anwendungsfall bildet etwa die Frage, inwieweit eine Intensivierung der Almwirtschaft im Nationalpark, etwa in Form der Düngung von Almflächen, mit dem Verschlechterungsverbot vereinbar ist. Denn unabhängig von Natura 2000 erscheint gemäß dem zuvor zi____________________
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Kommission (FN 486) 25. Auf den genauen Aufbau des hoheitlichen Schutzregimes im NPG wird unter ddd) im Zusammenhang mit der Verträglichkeitsprüfung näher eingegangen. 1162 § 5 Abs 4 Z 1 NPG. 1163 Art 6 Abs 2 normiert aber keinen ganzheitlichen Schutz, sondern beschränkt sich auf Arten und Flächen, die für die Unterschutzstellung relevant waren. Beeinträchtigungen von Puffer- oder Randzonen, die ebenfalls vom räumlichen Schutzgebiet umfasst sind, können daher nicht das Verschlechterungsverbot auslösen. 1161
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tierten § 5 Abs 4 Z 1 NPG eine Subsumierung unter den Tatbestand der zeitgemäßen Almwirtschaft grundsätzlich möglich.1164 Bezugnehmend auf Art 6 Abs 2 FFH-RL ist allerdings zunächst festzustellen, ob auf der von der Düngung betroffenen Fläche Lebensraumtypen bzw Habitate vorkommen, die den eigentlichen Grund für die Unterschutzstellung des Nationalparkgebietes bilden. Zum Zweiten ist zu klären, ob durch die Düngetätigkeit der Erhaltungszustand dieser Lebensräume und Habitate verschlechtert wird. Wird von einer Verschlechterung des Erhaltungszustandes ausgegangen, ist die Düngung gemäß Art 6 Abs 2 FFH-RL zu verhindern. Da es sich hier offensichtlich um Einzelfallentscheidungen handelt, wird die Behörde die Untersagung der Düngung per Bescheid auszusprechen haben. Nach den Bestimmungen des NPG ist dies aber nicht möglich, weil es sich hier nicht um einen Bewilligungstatbestand handelt, sondern um eine bewilligungsfrei gestellte Maßnahme. Folglich ist auf legistischem Wege in § 4 NPG die Grundlage für eine Untersagung derartiger Maßnahmen zu schaffen. Dies gilt klarerweise auch für die übrigen, in § 4 Abs 4 Z 2 bis 4 bewilligungsfrei gestellten Tätigkeiten, wobei sich die praktischen Auswirkungen wohl in Grenzen halten dürften.1165 Zusammenfassend ist festzustellen, dass mit der Umsetzung des Verschlechterungs- und Störungsverbotes wohl eine der schwerwiegendsten Änderungen im NPG verbunden ist. Schwerwiegend deshalb, weil bis dato bewilligungsfrei gestellte Tätigkeiten nunmehr eingeschränkt werden sollen. Ob es in der Praxis tatsächlich zu einer Erschwerung der Bewirt____________________
1164
Der Kommentar zu § 5 Abs 4 Z 1 NPG (FN 1156, 38) geht in Zusammenhang mit dem Begriff „zeitgemäße Almwirtschaft“ davon aus, dass gerade die landschaftspflegende Arbeit der bergbäuerlichen Bevölkerung anerkannt und gefördert wird. Der Nationalpark soll in diesem Bereich keine zusätzlichen Lasten aufbürden. Eine Legaldefinition der „zeitgemäßen Almwirtschaft“ enthält das NPG allerdings nicht. Eine mögliche Interpretationshilfe kann die Definition der „ordnungsgemäßen landund forstwirtschaftlichen Nutzung“ gemäß § 5 Z 23 NSchG bieten. Als solche wird jede Tätigkeit zur Hervorbringung und Gewinnung land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse mit Hilfe der Naturkräfte, die rechtmäßig erfolgt, auf Dauer ausgerichtet ist und den jeweils zeitgemäßen Anschauungen der Betriebswirtschaft und Biologie entspricht, verstanden. 1165 Klarerweise kann es aber auch im Rahmen der Wartung und Instandsetzung behördliche genehmigter Anlagen (§ 4 Abs 4 Z 2), im Zuge der Ver- und Entsorgung von Schutzund Almhütten (§ 4 Abs 4 Z 3) oder bei forstlichen Maßnahmen wie plenterartigen Entnahmen, Einzelstammentnahmen, Schadholzaufarbeitungen, der Ausübung bestehender Einforstungsrechte und Deckung des Eigenbedarfes der Almwirtschaft (§ 4 Abs 4 Z 4) zu einer Verschlechterung der natürlichen Lebensräume und Habitate der Arten oder zu einer erheblichen Störung von Arten kommen.
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schaftung im Schutzgebiet kommt, ist schwer abzuschätzen und wird nicht zuletzt sehr wesentlich von der konkreten Vollziehung durch die zuständigen Behörden abhängen. ddd) Beurteilung von Plänen und Projekten nach Art 6 Abs 3 und 4 aaaa) Die unterschiedlichen Ansätze im NPG und in der FFH-RL sowie deren Auswirkung auf die Umsetzung Auf die Bedeutung einer genauen Umsetzung des Art 6 Abs 3 und 4 im Hinblick auf die Verwirklichung der Richtlinienziele wurde bereits im Rahmen der Erläuterungen zum NSchG eingegangen.1166 Zur Festlegung der konkreten Anpassungsschritte ist es erforderlich, das bestehende System im NPG einer näheren Betrachtung zu unterziehen. Dies erweist sich als zweckmäßig, da dem NPG und den beiden Richtlinien bezüglich der Gebietsschutzbestimmungen jeweils unterschiedliche systematische Ansätze zugrunde liegen. Wie bereits erwähnt, sieht das NPG im Rahmen seines hoheitlichen Schutzregimes konkrete Bewilligungs- und Verbotstatbestände vor. In Ergänzung dazu werden bestimmte Tätigkeiten ausdrücklich bewilligungsfrei gestellt. Für die Kernzone besteht darüber hinaus ein generelles Eingriffsverbot. Ausnahmen hievon sind nur im Rahmen der genannten Bewilligungstatbestände und der angeführten bewilligungsfreien Maßnahmen möglich. Ob die für die Kern- oder Außenzone beantragten Bewilligungen zu erteilen sind, hängt gemäß § 8 Abs 1 NPG davon ab, ob die Zielsetzungen des § 2 abträglich beeinflusst oder gefährdet werden. Darüber hinaus ist gemäß § 8 Abs 4 die Bewilligung zu versagen, wenn der angestrebte Zweck auf andere, wirtschaftlich vertretbare Art und Weise erreicht werden kann und dadurch eine Beeinträchtigung des Schutzzweckes entweder überhaupt nicht oder nur in geringerem Ausmaß erfolgt. Diesem System im NPG steht mit Art 6 Abs 3 FFH-RL eine Regelung gegenüber, die für Pläne und Projekte, die das Schutzgebiet erheblich beeinträchtigen könnten, eine Verträglichkeitsprüfung fordert. Im Gegensatz zum NPG enthält die Richtlinie keine Auflistung von bewilligungspflichtigen Vorhaben, sondern eine abstrakte Umschreibung, die auf die Auswirkungen der Maßnahmen abzielt.1167 ____________________
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Siehe dazu Näheres unter 1.e)cc)ccc)aaaa). Die hier dargestellte Konstellation wird sich auch bei bestehenden Verordnungen für Naturschutzgebiete oder Geschützte Landschaftsteile finden, die als Natura 2000 Gebiete gemeldet worden sind.
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Die Forderung kann daher nur lauten, im Rahmen der Umsetzung diese beiden unterschiedlichen Ansätze miteinander zu verbinden.1168 Dabei steht fest, dass die Vorgaben des Art 6 Abs 3 und 4 FFH-RL einen Mindeststandard darstellen und daher jedenfalls umzusetzen sind. Umgekehrt werden nicht alle Maßnahmen, die etwa nach § 4 Abs 2 oder § 5 Abs 3 NPG zu bewilligen sind, eine Prüfpflicht nach Art 6 Abs 3 FFHRL auslösen. So ist etwa die Änderung einer Schutzhütte oder die Errichtung eines Gipfelkreuzes1169 in der Kernzone generell bewilligungspflichtig. Die Bewilligungspflicht stellt in diesem Fall auf den objektiven Tatbestand der jeweiligen Maßnahme ab. Die Prüfpflicht nach Art 6 Abs 3 FFH-RL für das Projekt „Änderung einer Schützhütte“ oder „Errichtung eines Gipfelkreuzes“ wird hingegen dann ausgelöst, wenn damit eine erhebliche Beeinträchtigung des Schutzgebietes verbunden sein könnte. Auch wenn – wie im ersten Teil der vorliegenden Arbeit bereits erläutert – die Schwelle der Prüfpflicht durch die Verwendung des Konjunktiv grundsätzlich sehr niedrig anzusetzen ist, besteht die Möglichkeit, dass bereits im Rahmen der Vorprüfung eine erhebliche Beeinträchtigung des Schutzgebietes ausgeschlossen werden kann und somit keine Verträglichkeitsprüfung durchzuführen ist. Man stelle sich etwa einen geringfügigen Anbau an einer Schutzhütte vor, der in keinster Weise geschützte Lebensräume oder Arten berührt, sondern höchstens optische Auswirkungen mit sich bringt. Auch ist durchaus denkbar, dass der mit dem Aufstellen eines Gipfelkreuzes verbundene bauliche Eingriff so gering ist, dass keine geschützten Lebensräume und Arten betroffen sind. Auch in diesem Fall wird die bewilligungspflichtige Maßnahmen in erster Linie aus landschaftsästhetischen Gesichtspunkten zu beurteilen sein. Die beiden Beispiele zeigen, dass das in Art 6 Abs 3 und 4 FFH-RL vorgegebene Prüfschema nicht sämtliche Aspekte des bestehenden NPG abdecken kann. So umfasst der Schutzzweck der FFH-RL keine optischen Beeinträchtigungen des Schutzgebietes. Eingriffe ins Landschaftsbild oder in den Charakter der Landschaft werden von der FFH-RL nicht behandelt. Würde daher das geltende hoheitliche Schutzregime im NPG gänzlich vom Prüfschema der FFH-RL abgelöst, entstünde vor allem auf dem ____________________
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Unabhängig von der Natura 2000 – Thematik hat Raschauer (in Potacs [Hrsg], Beiträge zum Kärntner Naturschutzrecht, 1999) auf diese beiden unterschiedlichen Ansätze im Naturschutzrecht hingewiesen. Er spricht sich dabei klar für einen wirkungsbezogenen Naturschutz aus und zeigt die Nachteile von allzu kasuistischen Tatbeständen auf. Vor allem aber weist er auf ein ausgewogenes Verhältnis zwischen tatbestandsmäßiger Allgemeinheit und rechtsstaatlich erforderlicher Vorausberechenbarkeit hin. Diese Forderung ist vor allem bei der legistischen Formulierung von Bewilligungstatbeständen zu beachten. 1169 § 5 Abs 3 Z 4 NPG.
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Gebiet der Landschaftsästhetik eine erhebliche Lücke. Auch würde das Abgehen von den im NPG enthaltenen ausdrücklichen Bewilligungstatbeständen gerade bei geringfügigeren Maßnahmen zu einer Reduzierung der Bewilligungsverfahren und somit in nicht wenigen Fällen zu einer Senkung des Schutzniveaus führen. Umgekehrt kann das auf abstrakte Pläne und Projekte und den damit verbundenen Auswirkungen abstellende Schutzregime des Art 6 Abs 3 und 4 FFH-RL Tätigkeiten erfassen, die sich nicht im taxativen Katalog der Bewilligungstatbestände des NPG finden. In diesen Fällen ist eine Anhebung des Schutzniveaus möglich. Dazu ist jedoch zu ergänzen, dass das NPG für die Kernzone neben der taxativen Auflistung der bewilligungspflichtigen Maßnahmen ein grundsätzliches Eingriffsverbot vorsieht. Dieses abstrakt formulierte Verbot erfasst bzw untersagt vorbehaltlich den ausdrücklich genannten Bewilligungstatbeständen und bewilligungsfrei gestellten Tätigkeiten sämtliche Eingriffe ins Schutzgebiet. Diese abschließende Regelung normiert grundsätzlich ein Schutzregime, dessen Niveau auf in den ersten Blick über jenem der FFH-RL liegt. Denn nach dem Wortlaut des § 5 Abs 2 NPG ist jeder Eingriff in den Naturhaushalt und jede Beeinträchtigung des Landschaftsbildes, unabhängig von deren Intensität, verboten. Mit dieser Regelung soll dem in der Kernzone geltenden Vorrang naturschützerischer Interessen entsprochen werden.1170 Die tatsächliche Stärke und Wirksamkeit des Eingriffsverbots hängt in der Praxis sehr stark von der Auslegung der Bewilligungstatbestände in Abs 3 und den bewilligungsfrei gestellten Tätigkeiten in Abs 4 des § 5 ab. Gemeint sind hier vor allem die offen formulierten Tatbestände, die eine entsprechend weite Auslegung zulassen, wie etwa Maßnahmen zur Sicherung des Schutzzwecks des Nationalparks (Abs 3 Z 2), Maßnahmen, die der wissenschaftlichen Forschung dienen (Abs 3 Z 3) oder auch die Tätigkeiten im Rahmen der zeitgemäßen Almwirtschaft (Abs 4 Z 1). Vom Ansatz her schwierig vereinbar scheint das oben erwähnte Eingriffsverbot gemäß § 5 Abs 2 NPG mit Art 6 Abs 3 und 4 FFH-RL. Beide Regelungen gehen von einer abstrakten Beschreibung des Vorhabens aus. Das NPG bezieht sich dabei auf Eingriffe, während in der FFH-RL Pläne und Projekte Gegenstand der Prüfung sind. Der wesentliche Unterschied besteht allerdings darin, dass das abstrakt umschriebene Vorhaben im NPG generell verboten ist, nach der FFH-RL es hingegen im Rahmen eines Bewilligungsverfahrens zu behandeln ist. ____________________
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Kommentar zum NPG (FN 1156) 37.
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Jene Maßnahmen in der Kernzone, die nicht unter § 5 Abs 3 und 4 subsumiert werden können, würden daher nach der FFH-RL plötzlich einem Bewilligungsverfahren zugänglich sein, was dem Grunde nach1171 eine Senkung des Schutzniveaus bedeutet. Inwieweit sich eine derartige Erweiterung der bewilligungsfähigen Vorhaben in der Praxis auswirkt, ist schwer abschätzbar. Mitentscheidend wird sein, ob es viele Anwendungsfälle gibt, die nicht unter § 5 Abs 3 und 4 fallen und daher bis dato nicht verwirklicht werden konnten, aber nun durch die Regelung der FFH-RL einem Bewilligungsverfahren zu unterziehen wären. Dies hängt nicht zuletzt davon ab, wie restriktiv die einzelnen Formulierungen und Tatbestände in § 5 NPG interpretiert werden. Um festzustellen, inwieweit mit der Anwendung des Art 6 Abs 3 FFHRL in der Kernzone tatsächlich ein Senkung des Schutzniveaus verbunden ist, muss der genaue Umfang des Eingriffsverbotes in § 5 Abs 2 NPG einer näheren Betrachtung unterzogen werden. Der Wortlaut untersagt bekanntlich jeden Eingriff in die Natur und in den Naturhaushalt. Auf den ersten Blick fehlt hier eine Intensitätsschwelle und somit wäre jeder Eingriff, unabhängig von seiner Stärke, verboten. Ein anderes Bild ergibt sich allerdings bei Betrachtung der in § 5 Z 8 NSchG enthaltenen Legaldefinition des „Eingriffes“, wenngleich auch nur als Interpretationshilfe, nachdem die Begriffsbestimmungen des § 5 NSchG aufgrund ihres Nichtaufscheinens in § 29 Abs 2 NPG für den Nationalpark prinzipiell nicht gelten. In § 5 NSchG werden Eingriffe als vorübergehende oder dauerhafte Maßnahmen beschrieben, die einzeln oder zusammen mit anderen Maßnahmen nicht nur unbedeutende Auswirkungen auf das Schutzgebiet oder Objekt oder im Hinblick auf den Schutzzweck bewirken können. Nach dieser Definition sind mehr als nur unbedeutende Auswirkungen erforderlich. Maßnahmen, die bloß unbedeutende Auswirkungen nach sich ziehen, verstoßen nach dieser Auslegung nicht gegen das Eingriffsverbot. Die Auswirkungen haben sich auf das Schutzgebiet oder den Schutzzweck zu beziehen. Der Schutzzweck des Nationalparks findet sich in § 2 NPG und ist – wie bereits erwähnt1172 – an die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben anzupassen. Demnach wären ua1173 sämtliche Eingriffe verboten, die nicht nur unbedeutende Auswirkungen auf die Erhal____________________
1171 Die Ermöglichung eines Bewilligungsverfahrens heißt noch nicht, dass das beantragte Vorhaben auch tatsächlich verwirklicht werden kann. Klarerweise ist aber ein Verbotstatbestand im Vergleich zu einem Bewilligungstatbestand als die strengere Regelung anzusehen. 1172 Siehe dazu Näheres unter c)aa). 1173 Ua deshalb, weil die Zielsetzungen Z 1 (Schönheit und Ursprünglichkeit) und Z 3 (Vermittlung eines eindrucksvollen Naturerlebnisses) weiterhin bestehen bleiben.
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tung und Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes der für das Schutzgebiet des Nationalparks maßgeblichen Lebensräume sowie Tier- und Pflanzenarten nach sich ziehen. Soll das Eingriffsverbot seinen absoluten Charakter weiterhin beibehalten, können nur solche Pläne und Projekte einem Bewilligungsverfahren unterzogen werden, die nur unbedeutende Auswirkungen auf den Schutzzweck nach sich ziehen. Somit wird wenig Raum für neue Bewilligungstatbestände bleiben. Andererseits kann die Anwendung des Art 6 Abs 3 FFH-RL auch eine Verschärfung des Schutzregimes in der Kernzone mit sich bringen. Nämlich dann, wenn die Prüfpflicht nach Art 6 Abs 3 für Tätigkeiten ausgelöst wird, die nach § 5 Abs 4 NPG bewilligungsfrei gestellt sind.1174 Als möglicher Anwendungsfall kommt beispielsweise die Instandsetzung behördlich genehmigter Anlagen in Betracht, wenn diese das Gebiet erheblich beeinträchtigen könnte. Ebenfalls zu einer Verschärfung kann die Tatsache führen, dass die FFH-RL auch Maßnahmen erfasst, die ihren Ausgangspunkt außerhalb des Schutzgebietes haben. Dieser Besonderheit wird – vorausgesetzt natürlich, man geht von der Nichtanwendbarkeit des § 5 Z 8 NSchG im Nationalparkgebiet aus – durch die bestehenden Bewilligungs- und Verbotstatbestände im NPG nicht Rechnung getragen. So ist etwa die Errichtung einer Kraftwerksanlage oder einer öffentlichen Straße außerhalb des Schutzgebiets nicht von § 4 Abs 4 NPG erfasst, auch wenn diese das Schutzgebiet erheblich beeinträchtigen könnten. Einen möglichen Anknüpfungspunkt im NPG kann nur das Eingriffsverbot gemäß § 5 Abs 2 bieten. Die bereits zitierte Definition des Eingriffes in § 5 Z 8 NSchG normiert nämlich, dass ein solcher auch dann vorliegt, wenn die Maßnahmen selbst außerhalb des Schutzgebietes oder Objektes ihren Ausgang nehmen. Die bisherigen Ausführungen haben sich im Wesentlichen auf die Kernzone des Nationalparks bezogen. In der Außenzone, die bekanntlich kein Eingriffsverbot vorsieht, stellt sich die Problematik aber in einer ähnlichen Form. § 4 NPG sieht in Abs 2 einen taxativen Katalog von Bewilligungstatbeständen vor. Ergänzend dazu sind in Abs 3 Tätigkeiten im Rahmen der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung rechtmäßig bebauter Liegenschaften bewilligungsfrei gestellt. Im Gegensatz zu § 5 ist in § 4 Abs 4 kein abstraktes Eingriffsverbot, sondern eine konkrete Auflistung von Verbotstatbeständen vorgesehen. Offen ist daher die Frage, wie sich Art 6 Abs 3 und 4 FFH-RL auf diese Verbotstatbestände auswirkt. Da die FFH-RL auf abstrakte Projekte ab____________________
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Auf die Vereinbarkeit der Z 1 (Tätigkeiten im Rahmen der zeitgemäßen Almwirtschaft) mit dem Verschlechterungsverbot wurde bereits unter ccc) eingegangen.
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stellt und generell keine Maßnahmen vom Bewilligungsverfahren ausnimmt, wären beispielsweise auch Kraftwerksanlagen (Abs 4 Z 1) oder Schianlagen (Abs 4 Z 2 und 3) einem Bewilligungsverfahren zugänglich. Ein solches Ergebnis widerspricht allerdings klar den Zielsetzungen des NPG. Denn ruft man sich die Entstehungsgeschichte des Nationalparks Hohe Tauern in Erinnerung, kann die Verhinderung derartiger Großprojekte aus der Sicht des Naturschutzes als eine der großen Errungenschaften des NPG betrachtet werden. In diesem Sinne kann die Umsetzung des Art 6 Abs 3 FFH-RL daher nur in der Weise erfolgen, dass die in § 4 Abs 4 ausdrücklich untersagten Maßnahmen vom Projekt- und Planbegriff ausgenommen sind. Im Ergebnis bedeutet dies klarerweise eine Anhebung des Schutzniveaus gegenüber der Richtlinie.1175 Ferner ist auf die materiellen Prüfkriterien der beiden Systeme einzugehen. Die Vorgaben nach dem NPG finden sich hiezu in dessen § 8. Wie bereits angeklungen, ist eine Bewilligung zu erteilen, wenn hiedurch die Zielsetzungen des Nationalparks im Sinne der Bestimmungen des § 2 weder abträglich beeinflusst noch gefährdet werden. Die Bewilligung kann dabei entsprechend den Zielsetzungen des Nationalparks unter Auflagen und Befristungen erteilt werden. Eine sehr wesentliche und auch bereits erwähnte Vorgabe normiert § 8 Abs 4: Eine Bewilligung ist zu versagen, wenn der angestrebte Zweck auf andere, wirtschaftlich vertretbare Art und Weise erreicht werden kann und dadurch eine Beeinträchtigung des Schutzzwecks entweder überhaupt nicht oder nur in geringerem Ausmaß erfolgt. Art 6 Abs 3 FFH-RL fordert im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung eine Prüfung auf Verträglichkeit mit den für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungszielen. Die Bewilligung ist vorbehaltlich Art 6 Abs 4 zu erteilen, wenn das Gebiet als solches nicht beeinträchtigt wird. Die hier gewählte Vorgehensweise ist inhaltlich durchaus mit jener des NPG vergleichbar. Beide Systeme stellen auf die Vereinbarkeit der Maßnahme mit dem Schutzzweck, den Zielsetzungen oder Erhaltungszielen ab. Der erste Schritt einer Anpassung kann folglich nur in der Gleichschaltung dieser Ziele bestehen.1176 Darüber hinaus werden in § 8 Abs 1 NPG die entsprechenden Formulierungen aus Art 6 Abs 3 FFH-RL1177 zu ergänzen sein.1178 ____________________
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Wobei die FFH-RL keine mit Art 14 VSchRL vergleichbare Regelung enthält. Diese ermöglicht es den Mitgliedstaaten ausdrücklich, strengere Schutzmaßnahmen zu erlassen, als sie in der VSchRL vorgesehen sind. 1176 Auf dieses Erfordernis wurde bereits unter aa) eingegangen. 1177 „Prüfung auf Verträglichkeit mit den für das Gebiet des Nationalparks festgelegten Erhaltungszielen (Bezugnahmen auf § 2 NPG)“, „Beeinträchtigung des Gebietes als solches“.
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Darüber hinaus ist allerdings weiterhin auf die bestehende Eigenständigkeit der beiden Prüfschemen zu achten. Aufgrund der oben herausgearbeiteten unterschiedlichen Ansätze und Zielsetzungen kann nur die Kombination beider Systeme den maximalen Schutz für den Nationalpark gewährleisten. Konkret hat dies zur Konsequenz, dass etwa Maßnahmen, die einen bloß optischen Eingriff darstellen und somit nicht die gemeinschaftsrechtliche Prüfpflicht auslösen, weiterhin nach den bestehenden Kriterien des NPG zu behandeln sind. Andererseits kann das abstrakte und auf Auswirkungen abstellende Modell der FFH-RL als „Auffangtatbestand“ wirken und Vorhaben erfassen, die nach dem NPG bis dato keiner Bewilligung bedurften. Abschließend ist auf eine grundsätzliche Problematik hinzuweisen: Das NPG differenziert zwischen Außen- und Kernzone und sieht demzufolge zwei unterschiedlich strenge Schutzregime vor. Eine solche Zonierung ist der FFH-RL hingegen fremd. Zwar ist des Öfteren von Rand- oder Pufferzonen die Rede, bei der Außenzone hanndelt es sich aber nicht um eine solche. Nach Art 6 FFH-RL ist ein geschützter Lebensraum in der Außenzone nicht anders zu behandeln als in der Kernzone. Dementsprechend muss eine Verträglichkeitsprüfung nach dem Gemeinschaftsrecht in der Außenzone nach denselben Kriterien wie in der Kernzone abgehandelt werden. Auch die Schwelle zum Auslösen der Prüfpflicht muss zwischen Außen- und Kernzone identisch sein. Im vorliegenden Fall sorgt die Richtlinie für eine Angleichung des Schutzniveaus der Außenzone an jenes der Kernzone. Die Auswirkungen der beiden Richtlinien in der Praxis sind zudem in erster Linie in der Außenzone zu erwarten, weil in diesen Bereichen die Anzahl und Schwere der Eingriffe – bedingt durch die Bewirtschaftung – höher liegt als im zumeist alpinen Urland der Kernzone.1179 bbbb) Verfahrensrechtliche Anpassungserfordernisse Neben den inhaltlich unterschiedlichen Ansätzen der beiden in Rede stehenden Systeme kommt es auch zu wesentlichen Abweichungen in verfahrensrechtlicher Hinsicht. Hier wird die Implementierung der Vorgaben aus der FFH-RL erhebliche Ergänzungen mit sich bringen. So fehlt ____________________
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Auf die Bedeutung der genauen Übernahme der einzelnen Wortfolgen wurde bereits im Rahmen der Umsetzung im NSchG hingewiesen. 1179 Ein Großteil der Bewilligungsverfahren der Kernzone betrifft Hubschrauberflüge (§ 5 Abs 3 Z 6 NPG) zur Versorgung von Schützhütten oder Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten an bestehenden Anlagen. Darüber hinaus wird eine geringe Anzahl von Maßnahmen, die der wissenschaftlichen Forschung dienen (§ 5 Abs 3 Z 3 NPG), genehmigt. Zu bewilligende bauliche Eingriffe stehen in der Regel in Verbindung mit bestehenden Anlagen (Schutz- und Almhütten oder Wander- und Almwege)
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im NPG die im Rahmen des Art 6 Abs 3 FFH-RL geforderte Anhörung der Öffentlichkeit. Dass auf eine solche nicht generell verzichtet werden und auch über die mündliche Verhandlung nach dem AVG diese Forderung nicht abgedeckt werden kann, wurde bereits im Zuge der Ausführungen zum NSchG klargestellt.1180 Die Festlegung eines Anhörungsrechtes für die Öffentlichkeit wird auch im NPG erforderlich sein. Die beim NSchG angesprochene Landesumweltanwaltschaft hat übrigens auch in den Verfahren nach dem NPG Parteistellung.1181 Das wohl größte Fragezeichen steht hinter der Umsetzung des Art 6 Abs 4 im NPG. Dieser sieht bekanntlich die Ergreifung von Ausgleichsmaßnahmen für den Fall vor, dass die Verträglichkeitsprüfung ein negatives Ergebnis liefert, der Plan oder das Projekt aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art durchzuführen ist und zudem keine Alternativlösung vorhanden ist. Während das NSchG bereits unabhängig von der FFH-RL die Möglichkeit von Ersatzleistungen oder Ausgleichsmaßnahmen vorsah, ist eine derartige Regelung dem NPG fremd. Das NPG kennt auch keine Interessensabwägung im Sinne von § 3a NSchG. Wie bereits mehrmals erwähnt, ist eine Bewilligung nach dem NPG gemäß § 8 Abs 1 zu erteilen, wenn die Zielsetzungen des Nationalparks im Sinne der Bestimmungen des § 2 weder abträglich beeinflusst noch gefährdet werden.1182 Das einzige zusätzliche Kriterium, das zu einer abweisenden behördlichen Entscheidung führt, ist, wenn der angestrebte Zweck auf andere, wirtschaftlich vertretbare Art und Weise erreicht werden kann und dadurch eine Beeinträchtigung des Schutzzwecks entweder überhaupt nicht oder nur in geringerem Ausmaß erfolgt. Dieses Erfordernis deckt sich inhaltlich im Wesentlichen mit der Vorgabe aus Art 6 Abs 4, wonach die Lösung über Ausgleichsmaßnahmen nur in Frage kommt, wenn eine Alternativlösung nicht vorhanden ist. Der Unterschied besteht allerdings darin, dass nach dem NPG eine Bewilligung generell nur erteilt werden darf, wenn keine wirtschaftlich vertretbare Alternative zur Verfügung steht und sich nach der FFH-RL die Frage der Alternative erst stellt, wenn eine ____________________
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Siehe dazu Näheres unter C.1.e)cc)ccc)bbbb). Diese ergibt sich allerdings nicht auf Grund von § 29 Abs 2 NPG, sondern direkt aus dem Salzburger Landesumweltanwaltschafts-Gesetz, LGBl Nr 67/1998 idF LGBl Nr 46/ 2001, § 8 Abs 2. 1182 Die Kommentierung zu § 2 NPG (FN 1156, 23) spricht allerdings davon, dass gestaltende Eingriffe des Menschen in der Kernzone und in den Sonderschutzgebieten, soweit sie nach den Schutzbestimmungen des Gesetzes überhaupt in Frage kommen, einer eingehenden Interessensabwägung zu unterziehen sind. 1181
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negative Verträglichkeitsprüfung vorliegt und die Ausgleichsregelung zur Anwendung kommt. Es stellt sich daher erneut die Frage, ob mit der Anwendung des Art 6 Abs 4 im Schutzgebiet des Nationalparks eine Senkung des Schutzniveaus einhergeht. Nach dem NPG ist eine Bewilligung zu versagen, wenn die Zielsetzungen des Nationalparks abträglich beeinflusst oder gefährdet werden. Zudem ist eine Versagung auszusprechen, wenn sich eine wirtschaftlich zumutbare Alternative anbietet, die sich nicht oder weniger auf den Schutzzweck auswirkt. Liegt einer dieser Umstände vor, kann die Bewilligung nicht erteilt und das Vorhaben nicht verwirklicht werden. Eine „Hintertür“ über ein geltend gemachtes öffentliches Interesse verbunden mit Ausgleichs- oder Ersatzleistungen existiert im NPG nicht. Mit der Einführung dieser Instrumentarien erfährt dieses Schutzregime eine Relativierung. Dies wird auch nicht durch die Tatsache kompensiert werden können, dass durch die Ausgleichsmaßnahmen die globale Kohärenz von Natura 2000 sichergestellt werden muss. Denn die Richtlinie stellt hier auf eine gemeinschaftsweite Sichtweise und nicht auf ein einzelnes Schutzgebiet ab. Im Zuge der anstehenden Novellierung des NPG wird daher zu überlegen sein, ob man den Inhalt des Art 6 Abs 4 FFH-RL überhaupt umsetzt. Darüber zu disponieren ist nur deshalb möglich, weil das NPG an dieser Stelle im Vergleich zur gemeinschaftsrechtlichen Vorgabe einen strengeren Schutz vermittelt. d) Zusammenfassende Beurteilung Die obigen Ausführungen haben gezeigt, dass sich der Schwerpunkt der Umsetzungsmaßnahmen im NPG auf Art 6 FFH-RL sowie die Anpassung der Ziele bzw des Schutzzwecks bezieht. Dieses Ergebnis deckt sich mit der unter c)dd)aaa) vertretenen Ansicht, dass das NPG einer „Europaschutzgebietsverordnung“ im Sinne des § 22a Abs 2 NSchG gleichzusetzen ist. Das Schutzregime des Natura 2000 Gebietes „Nationalpark Hohe Tauern“ muss an die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben angepasst werden. Die übrigen Bestimmungen der beiden Richtlinien sind hingegen im NSchG umzusetzen. So ist beispielsweise eine Umsetzung von allgemeinen Berichtspflichten im NPG nicht erforderlich. Auch haben die Artenschutzbestimmungen dem Grunde nach nichts mit dem Schutzgebiet zu tun und werden folglich wie bisher im Nationalpark dieselben Artenschutzregelungen wie im restlichen Bundesland zur Anwendung kommen. Als der wohl interessanteste Aspekt im Zuge der Umsetzung von Natura 2000 im NPG stellt sich das Aufeinandertreffen konträrer Ansätze
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zur Regelung des hoheitlichen Schutzregimes dar. Die Verknüpfung dieser beiden Systeme stellt eine besondere Herausforderung an den Gesetzgeber dar, wobei darauf zu achten sein wird, dass die Umsetzung der Richtlinieninhalte keine Senkung des Schutzniveaus nach sich zieht. Dass zudem die §§ 22 und 22a NSchG sowie § 29 NPG entsprechend anzupassen sind, soll an dieser Stelle nochmals wiederholt werden.
D. Die Umsetzung im Salzburger Jagdrecht 1. Allgemeines Während die Umsetzung im Naturschutzrecht zwei Gesetze betrifft, beschränkt sich die Auswirkung der beiden Richtlinien im Jagdrecht auf ein Gesetz, nämlich das Salzburger Jagdgesetz (iF JG)1183. Der Schwerpunkt der jagdlichen Aspekte innerhalb des Regelwerkes der zwei Richtlinien liegt beim Artenschutz. In erste Linie geht es um die Vereinbarkeit der nationalen Jagdregelungen mit den umfassenden Schutzbestimmungen für wildlebende Tiere nach der VSch- und FFH-RL. Die Berührungspunkte ergeben sich in erster Linie dadurch, dass zahlreiche nach den beiden Richtlinien geschützte Tierarten als „Wild“ 1184 vom Regelungsgegenstand der österreichischen Jagdgesetze erfasst sind, wobei in den Jagdgesetzen die betroffenen Arten im Wesentlichen als ganzjährig geschont eingestuft werden. Christl1185 kommt in ihren Untersuchungen zum Ergebnis, dass sämtliche in Österreich vorkommende, dem Jagdrecht unterstehende, streng geschützte Wildarten des Anhang IV FFH-RL einer ganzjährigen Schonung unterliegen.1186 Hingegen wird von Christl kritisiert, dass einige in Anhang II der VSchRL nicht genannte wildlebende und somit gemeinschaftsrechtlich nicht jagdbare Vogelarten nach den Jagdvorschriften sämtlicher Bundesländer bejagt werden dürfen.1187 Neben der Verpflichtung, bestimmte Arten von der Bejagung auszunehmen, müssen im JG noch weitere, aus den beiden Richtlinien erwach____________________
1183
Gesetz über das Jagdwesen im Land Salzburg (Jagdgesetz 1993 – JG), LGBl Nr 100/ 1993 idF LGBl Nr 70/2002. 1184 So auch im Salzburger Jagdgesetz unter § 4, der das Wild grundsätzlich in zwei Gruppen, nämlich Haarwild und Federwild unterteilt. Während ersterem Tierarten der FFHRL zugeordnet werden, umfasst das Federwild wildlebende Vogelarten der VSchRL. Welche Arten hier genau betroffen und welche Auswirkungen damit verbunden sind, wird im Folgenden näher betrachtet. 1185 Christl (FN 3) 167. 1186 Christl nennt dabei den Bär, Fischotter, Wildkatze, Luchs und Biber. Blickt man ins Salzburger JG so sind Wolf und Nerz zu ergänzen. 1187 Dazu Näheres unter 4.e).
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Die Umsetzung im Salzburger Jagdrecht
sene Schutzbestimmungen umgesetzt werden. Konkret handelt es sich dabei um die Art 12 bis 16 FFH-RL und Art 5 bis 9 VSchRL.1188 Das JG umfasst auch solche Arten, die in Anhang II der FFH-RL und Anhang I der VSchRL aufgelistet sind. Da für diese besondere Erhaltungsmaßnahmen, wie etwa das Ausweisen von Schutzgebieten, zu treffen sind, ist eine Umsetzung der Gebietsschutzbestimmungen im JG erforderlich. Bevor konkret auf die Umsetzung der einzelnen Bestimmungen eingegangen wird, soll einleitend zum Verhältnis Naturschutz- und Jagdrecht Folgendes vorausgeschickt werden: Der Salzburger Landesgesetzgeber1189 ordnet die Regelungskompetenz für wildlebende Tiere nicht einer Materie zu, sondern teilt sie auf das Naturschutz- und Jagdgesetz auf. Dies hat zur Konsequenz, dass in beiden Gesetzen die Richtlinienvorgaben umzusetzen sind. Von der Kommission1190 und auch in der Lehre1191 wird die Regelung richtliniengeschützter Tierarten in einem Jagdgesetz kritisch beurteilt.1192 Dass die Kommission hier ein „Problem der formellen Transparenz“ sieht, wurde bereits im Zuge der Erläuterungen zur VSchRL erwähnt. Grundsätzlich sind die Schutzziele des Naturschutzes auch andere als jene der Jagd.1193 So regeln die Jagdgesetze in erster Linie die Ausübung des Jagdrechts in jagdwirtschaftlicher und -polizeilicher Hinsicht. Zu Recht weist Christl allerdings auf die „modern“ formulierten §§ 3 im Vorarlberger und Salzburger Jagdgesetz hin. Die in § 3 Salzburger JG enthaltenen Grundsätze sprechen von der Erhaltung eines artenreichen und gesunden Wildbestandes und der natürlichen Lebensgrundlagen, der Verhinderung einer Beeinträchtigung der öffentlichen Interessen am Schutz der Natur und der Landschaft oder der Bewahrung der frei lebenden Tierwelt als wesentlicher Bestandteil der heimischen Natur und als Teil des natürlichen Wirkungsgefüges in ihrer Vielfalt. ____________________
1188
Die Umsetzung dieser Artikel im NSchG reicht deshalb nicht aus, weil, wie eben erwähnt, richtliniengeschützte Arten im JG geregelt werden und somit nicht den naturschutzrechtlichen Bestimmungen unterliegen. 1189 Das gilt auch für die anderen Bundesländer. 1190 Kommission (FN 230), 107. 1191 Feik (FN 3) 58. 1192 In erster Linie geht es darum, dass gefährdete und gemeinschaftsrechtlich streng geschützte Tierarten als grundsätzlich „jagdbar“ – wenngleich ganzjährig geschont – eingestuft werden. Im Salzburger JG 1993 wurde hingegen der noch im JG 1977 verwendete Begriff „jagdbare Tiere“ durch den Begriff „Wild“, geregelt in § 4, ersetzt. Begründet wurde dies damit, dass in der Vergangenheit der Begriff „jagdbar“ in der Bevölkerung die Meinung ausgelöst hat, alle hier genannten Tierarten würden tatsächlich geschossen (Schlager, Das Salzburger Jagdrecht – Zusammenstellung der Gesetze und Verordnungen, Amt der Salzburger Landesregierung, 2002). 1193 Christl (FN 3) 169.
Begriffsbestimmungen
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Diese Grundsätze zeigen, dass sich die Jagd nicht nur auf das Erlegen der Tiere beschränkt, sondern vor allem auch ökologische Aspekte Einzug gehalten haben. Inwieweit die im Gesetz normierten Vorgaben auch in der jagdlichen Praxis Wirkung erlangen, ist freilich eine andere Frage. Jedenfalls sind diese Ansätze im JG ein Anfang, die ideologischen und zumeist sehr emotional diskutierten Gegensätze zwischen Naturschutz und Jagd abzubauen. Das derzeitige Image der Jagd – vor allem auf internationaler Ebene – sorgt aber offensichtlich immer noch für ein „Problem der formellen Transparenz“. Grundsätzlich ist die Forderung nachvollziehbar, gefährdete Tierarten, die früher bejagt wurden, deren aktueller Bestand aber in nächster Zukunft sicher keine Bejagung zulassen wird, aus dem Jagdrecht herauszunehmen und in den Naturschutzgesetzen zu regeln.1194 Andererseits könnte die Umsetzung von Natura in den Jagdgesetzen eine Chance für die Jagd bieten, von ihrem Image wegzukommen und zu beweisen, dass Jagd mehr ist als das bloße Abschießen von Tieren. Dass das Festlegen von ganzjährigen Schonzeiten für die betroffenen Arten dazu nicht ausreichen wird, wurde bereits von Christl1195 angedeutet. Ob die zusätzlichen, sich aus dem Gemeinschaftsrecht ergebenden Schutzbestimmungen bereits ausreichend im JG implementiert sind, soll im Folgenden näher untersucht werden. Der Vorschlag Christls, aufgrund der unterschiedlichen Schutzzwecke neben der Regelung im JG eine parallele Unterschutzstellung unter die Naturschutzgesetze und -verordnungen vorzunehmen, ist abzulehnen. Der Aufbau von zwei parallelen Regelungssystemen ist nicht nur unökonomisch, sondern birgt auch die Gefahr, dass es bei der Vollziehung durch zwei „unterschiedliche Behörden“1196 zu Widersprüchen kommt.
2. Begriffsbestimmungen Im Zuge der JG Novelle 20021197 wurde im 6. Hauptstück („Schutz von Wildtieren“) bzw in dessen 1. Abschnitt („Allgemeine Bestimmungen“) der § 100a („Begriffsbestimmungen“) eingeführt. Während das NSchG in ____________________
1194
Wie bereits im Zuge der Ausführungen zur VSchRL erwähnt, könnten Entnahmen gemäß Art 9 VSchRL oder Art 16 FFH-RL auch in den Naturschutzgesetzen geregelt werden. 1195 Christl (FN 3) 169. 1196 Formell wird es sich zwar um dieselbe Behörde (Landesregierung) handeln, faktisch besteht aber dennoch ein Unterschied zwischen Jagdbehörde und Naturschutzbehörde. 1197 LGBl Nr 70/2002.
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Die Umsetzung im Salzburger Jagdrecht
§ 5 eine umfassende Sammlung von Legaldefinitionen enthält, beschränkt sich § 100a JG auf sechs Natura 2000 relevante Begriffe.1198 Im Mahnschreiben der Kommission1199 wird bezüglich der Umsetzung der Begriffsdefinitionen aus Art 1 FFH-RL nur das NSchG behandelt. Die damals noch fehlende Umsetzung im JG findet keine Erwähnung. Auch in der zwischenzeitlich vorliegenden begründeten Stellungnahme der Kommission1200 wird auf die Begriffsbestimmungen im JG nicht eingegangen. Davon unabhängig ist aber kein Grund ersichtlich, warum im JG, das ebenso wie das NSchG Natura 2000 Inhalte zum Gegenstand hat, keine Begriffsdefinitionen enthalten sein müssten. Die allgemeine Argumentation der Kommission1201 betreffend die Übernahme von Begriffsdefinitionen aus Gründen der Klarheit und Rechtssicherheit gilt zweifelsfrei auch für das JG. Von den im Mahnschreiben genannten sechs Begriffen, die jedenfalls zu übernehmen sind, findet sich im novellierten JG allerdings nur die Definition der „prioritären Arten“. Während das Fehlen der Begriffe „prioritäre natürliche Lebensraumtypen“ und „Erhaltungszustand eines natürlichen Lebensraumes“ damit begründet werden kann, dass die Lebensraumtypen ausschließlich im NSchG und nicht im JG geregelt sind, ist ein Grund für das Nichtaufscheinen der Begriffe „Arten von gemeinschaftlichem Interesse“, „Erhaltungszustand einer Art“ und „besonderes Schutzgebiet“ nicht ersichtlich. In der Kommentierung zum JG1202 wird zu den Begriffsbestimmungen ganz allgemein festgehalten, dass die Aufnahme dieser zu einer leichteren Lesbarkeit und Verständlichkeit der Umsetzung der beiden Richtlinien beitragen soll. Dass die Übernahme von Begriffsbestimmungen darüber hinaus gemeinschaftsrechtlich geboten ist, findet hingegen keine Erwähnung.
3. Die Umsetzung der Gebietsschutzbestimmungen a) Einleitung Wie bereits mehrmals erwähnt, sind gemäß Art 4 FFH-RL für bestimmte Lebensräume sowie Tier- und Pflanzenarten und gemäß Art 4 ____________________
1198
In den Z 1 bis 6 werden genannt: Erhaltungsziele eines Wild-Europaschutzgebietes, Wild-Europaschutzgebiete, FFH-Richtlinie, Natura 2000, Prioritäre Arten und Vogelschutzrichtlinie. 1199 Mahnschreiben der Kommission zur FFH-RL (FN 923),Anhang 6. 1200 Begründete Stellungnahme zur FFH-RL (FN 926). 1201 Mahnschreiben der Kommission zur FFH-RL (FN 923),Anhang 2. 1202 Schlager (FN 1192) 80.
Die Umsetzung der Gebietsschutzbestimmungen
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VSchRL für bestimmte Vogelarten Schutzgebiete auszuweisen. In der FFHRL finden sich die relevanten Lebensräume in Anhang I sowie die Tierund Pflanzenarten in Anhang II. Die VSchRL listet in ihrem Anhang I Vogelarten auf, für die besondere Schutzgebiete auszuweisen sind. Darüber hinaus sind entsprechende Maßnahmen für die nicht in Anhang I aufgeführten, regelmäßig auftretenden Zugvogelarten hinsichtlich ihrer Vermehrungs-, Mauser- und Überwinterungsgebiete sowie der Rastplätze in ihren Wanderungsgebieten zu treffen, wobei hier den international bedeutsamen Feuchtgebieten besondere Bedeutung zukommt. Während die Pflanzenarten sowie der Schutz der Lebensräume ausschließlich im NSchG geregelt werden, fallen einige Tierarten des Anhangs II FFH-RL1203 sowie Vogelarten des Anhangs I VSchRL1204 in den Regelungsbereich des JG. Aus diesem Grund sind auch im JG die gemeinschaftsrechtlichen Gebietsschutzbestimmungen umzusetzen. Konkret sind dabei in erster Linie die Verpflichtung zur Gebietsausweisung, eine Regelung bezüglich Erhaltungsmaßnahmen, das Verschlechterungsverbot sowie die Behandlung von Plänen und Projekten im Schutzgebiet angesprochen. In den Erläuterungen zur JG Novelle 20021205, die ua die Umsetzung der gemeinschaftsrechtlichen Gebietsschutzbestimmungen zum Gegenstand hat, wird im Rahmen der Ausführungen zum Begutachtungsverfahren festgehalten, dass die begutachtenden Stellen überwiegend für eine Regelung des Gebietsschutzes im JG eingetreten sind. Die Begründung erfolgte mit dem einhelligen Argument, dass alle Normen, die die Jagd betreffen, auch im JG zusammengefasst werden sollen. Aufgrund dieser Argumentation sah sich der Gesetzgeber zu einer Klarstellung dahingehend veranlasst, dass hier ein Missverständnis vorliege, da Wild-Europaschutzgebiete1206 zwar den Schutz bestimmter Wildarten bezwecken, überwiegend aber Bestimmungen enthalten, die jagdfremde Personen betreffen. Die Bejagung der betroffenen Wildarten ist nämlich – mit Ausnahme bestimmter Raufußhühner – derzeit nicht erlaubt, sodass weitere Einschränkungen nahezu ausschließlich den Lebensraum dieser Wildtiere (Eingriffsverbot) und damit keinesfalls nur Jäger betreffen. Um der breiten Mei____________________
1203
Es handelt sich hiebei um Biber, Wolf, Braunbär, Fischotter, Nerz und Luchs. Hierunter fallen etwa Auerhuhn, Birkhuhn, Haselhuhn, Steinhuhn, Alpenschneehuhn, Steinadler, Wespenbussard, Wanderfalke, Schwarzmilan, Bartgeier, Gänsegeier, Rohrweihe, Uhu, Sumpfohreule, Rauhfußkauz, Sperlingskauz. 1205 LT-Regierungsvorlage: Jagdgesetz-Novelle 2002, Nr 609 der Beilagen zum stenographischen Protokoll des Salzburger Landtages (4. Session der 12. Gesetzgebungsperiode), 16. 1206 Siehe dazu im Folgenden unter b). 1204
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Die Umsetzung im Salzburger Jagdrecht
nungsbildung Rechnung zu tragen, hat sich der Gesetzgeber dennoch für eine eigene Schutzgebietsregelung im JG entschieden.1207 b) Die gemeinschaftsrechtlichen Gebietsschutzbestimmungen im JG aa) Wild-Europaschutzgebiete gemäß § 108a JG Wie bereits voranstehend erwähnt, wird der Schutz von Wildtieren im JG im 6. Hauptstück geregelt. Im gegenständlichen Fall ist in erster Linie der 2. Abschnitt1208 „Sperr- und Schutzgebiete“ einer näheren Betrachtung zu unterziehen. Bezugnehmend auf Natura 2000 nimmt dabei § 108a („Wild-Europaschutzgebiete“) eine zentrale Rolle ein. Diese mit der Novelle 2002 eingeführte Bestimmung schafft die für die Umsetzung der gemeinschaftlichen Gebietsschutzbestimmungen notwendige Schutzkategorie.1209 In den Erläuterungen1210 wird von einem Sammelbegriff für Gebiete, in denen Wildtierarten nach gemeinschaftlichen Naturschutzbestimmungen zu schützen sind, gesprochen. Bereits auf den ersten Blick fällt auf, dass § 108a einen dem § 22a NSchG ähnlichen Aufbau und Inhalt aufweist.1211 Die Abs 1 bis 6 enthalten im Wesentlichen wortgleiche Formulierungen. Betreffend die Umsetzung von Erhaltungsmaßnahmen wird in § 108a Abs 6 normiert, dass für Wild-Europaschutzgebiete – falls erforderlich – Landschaftspflegepläne und auch Detailpläne unter sinngemäßer Anwendung des § 35 NSchG und unter Bedachtnahme auf Art 4 Abs 1 VSchRL und Art 6 Abs 1 FFHRL zu erstellen und umzusetzen sind. Der Verweis auf das NSchG ist deshalb zweckmäßig, weil das JG bis dato keine Regelungen hinsichtlich derartiger Pläne enthalten hat. Bezüglich einer Beurteilung des § 108a JG kann aufgrund seiner inhaltlichen und zum größten Teil auch wortgleichen Übereinstimmung ____________________
1207
Nochmals bezugnehmend auf die Ausführungen unter 1. zeigen die Ansichten im Begutachtungsverfahren, dass die Jagd nach wie vor „in einem engeren Sinn“ verstanden wird. Jagd wird hier in erster Linie mit Bejagung verbunden. 1208 Der 1. Abschnitt enthält „Allgemeine Bestimmungen“ und der 3. Abschnitt hat die „Wildtierzuchtgatter“ zum Gegenstand. 1209 Die Definition des Wild-Europaschutzgebietes findet sich in § 100a bei den bereits behandelten Begriffsbestimmungen. Wie im NSchG handelt es sich dabei zum Ersten um Vogelschutzgebiete nach der VSchRL, zum Zweiten um Gebiete, die von Salzburg zur Aufnahme in die Natura 2000 – Liste vorgeschlagen worden sind und zum Dritten um Gebiete, die von der Kommission in die Gemeinschaftsliste aufgenommen werden. 1210 LT-Regierungsvorlage zur JG-Novelle 2002 (FN 1205) 21. 1211 Auch die Erläuterungen weisen darauf hin, dass sich die neu eingeführten, gemeinschaftsrechtlich revelanten Bestimmungen im JG an naturschutzrechtlichen Regelungsvorbildern orientieren.
Die Umsetzung der Gebietsschutzbestimmungen
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mit § 22a NSchG im Wesentlichen auf die Erläuterungen unter C.1.e)cc) verwiesen werden. Ergänzend zu § 22a NSchG wird in § 108a Abs 7 auch die wissenschaftliche Forschung gemäß Art 18 FFH-RL und Art 10 VSchRL geregelt. Danach hat das Land wissenschaftliche Forschungsmaßnahmen auf dem Gebiet der Wildökologie nach Maßgabe der im Landesvoranschlag vorgesehenen Mittel als Träger von Privatrechten zu fördern.1212 bb) Vorläufiger Schutz gemäß § 108b JG Der § 108b im JG stellt die korrespondierende Bestimmung zu § 22b NSchG dar. Die Abs 1 bis 4 des § 108b JG stimmen – abgesehen von den Verweisen – mit jenen des § 22b NSchG überein. In § 108b Abs 2 ist deshalb nur von Wildarten, für die nach der FFH-RL oder der VSchRL ein günstiger Erhaltungszustand erhalten oder wiederhergestellt werden soll, die Rede, weil die Lebensräume nach der FFH-RL ausschließlich im NSchG geregelt sind. Die Beschränkung der Nutzungsmaßnahmen von Grundstücken im JG ist aber dennoch notwendig, weil mit der Nutzung von Grundstücken auch Auswirkungen auf Tierarten verbunden sein können. Auf weitere Ausführungen an dieser Stelle kann verzichtet und stattdessen wie oben auf Kapitel C.1.e)cc) verwiesen werden. cc) Interessensabwägung gemäß § 108c JG Auch im Zuge der Einführung des § 108c JG erfolgte eine Nachbildung an eine Bestimmung im NSchG, nämlich an § 3a. Bis auf geringfügige Abweichungen stimmen auch hier die Abs 1 bis 4 mit jenen des NSchG überein. § 108c soll die Bewilligung von Maßnahmen ermöglichen, die unmittelbar besonders wichtigen öffentlichen Interessen dienen.1213 Neben dem verfassungsrechtlichen Aspekt1214 wird hier auf die Umsetzung des Art 6 Abs 4 FFH-RL hingewiesen. Wie in § 3a Abs 4 NSchG ist auch in § 108c Abs 4 JG die Entrichtung eines Geldbetrages in einer Höhe, die annähernd den Kosten einer angemessenen Ersatzleistung entspricht, für den Fall vorgesehen, dass keine Ersatzlebensräume geschaffen werden können. Auf die in Zusammen____________________
1212 Im NSchG wurde die Forschungsförderung in § 60 über den Salzburger Naturschutzfonds umgesetzt. Da das JG für solche Zwecke keinen eigenen Rechtsträger vorsieht, wird hier das Land direkt über den Landesvoranschlag betraut. 1213 LT-Regierungsvorlage zur JG-Novelle 2002 (FN 1205) 22. 1214 Die Interessensabwägung soll es ermöglichen, bei der Vollziehung des Gesetzes auch jene Interessen berücksichtigen zu können, die bundesgesetzlich zu wahren sind. Zitiert wird in diesem Zusammenhang das Erkenntnis VfSlg 15.552/1998.
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Die Umsetzung im Salzburger Jagdrecht
hang mit der Vorschreibung einer Geldleistung verbundenen gemeinschaftsrechtlichen Bedenken wurde bereits im Zuge der Erläuterungen zum NSchG hingewiesen. Im Falle der gegenständlichen Regelung im JG ist weiters nicht ersichtlich, welcher Verwendung die entrichteten Geldbeträge zugeführt werden. So fehlt dem JG ein eigener Rechtsträger, wie ihn das NSchG mit dem Naturschutzfonds vorsieht, dem per Gesetz die konkrete Mittelverwendung vorgeschrieben ist. Einziger Anhaltspunkt für die Verwendung der eingehobenen Gelder ist die im ersten Satz des § 108c Abs 4 enthaltene Vorgabe, dass die Landesregierung den Zusammenhang des europäischen ökologischen Netzes „Natura 2000“ sicherzustellen hat. An dieses Erfordernis ist die Behörde wohl auch gebunden, wenn sie die Ersatzleistung nicht in natura, sondern in Geld vorschreibt. Inwieweit in der Praxis mit Geld tatsächlich zur Sicherstellung des Zusammenhanges des Natura 2000 Netzes beigetragen werden kann, ist fraglich, vor allem wenn man bedenkt, dass die Geldleistung dann vorgeschrieben wird, wenn keine Ersatzlebensräume geschaffen werden können. Die Kommission teilt diese Bedenken offensichtlich nicht, nachdem in der begründeten Stellungnahme zur FFH-RL1215 von einer vollständigen Umsetzung des Art 6 in Salzburg ausgegangen wird.1216 c) Die Vollziehung des Gebietsschutzes in der Praxis Bereits in der Einleitung unter a) wurde darauf hingewiesen, dass durch Zuordnung der Anhang II Tierarten der FFH-RL und Anhang I Vogelarten der VSchRL sowohl zum Naturschutz- als auch zum Jagdrecht in beiden Materien eine Umsetzung der Gebietsschutzbestimmungen erforderlich ist. Im Ergebnis gibt es folglich Europaschutzgebiete nach dem NSchG und solche nach dem JG. Die Vollziehung des Gebietsschutzes1217 fällt in die Zuständigkeit der NSch- oder Jagdbehörde, je nachdem, ob die betroffene Art dem NSchG oder JG untersteht. ____________________
1215
Begründete Stellungnahme zur FFH-RL (FN 926) 8 ff. Dabei ist allerdings nicht sicher, ob die neu eingeführten §§ 108a bis c JG überhaupt Gegenstand der begründeten Stellungnahme sind. Die JG Novelle 2002 (LGBl Nr 70/ 2002) wird zwar in der begründeten Stellungnahme aufgelistet, in einer Vorbemerkung zur Überschrift „Rechtslage“ findet sich jedoch die Aussage, dass sich die folgende rechtliche Überprüfung der österreichischen Umsetzung der FFH-RL im Wesentlichen auf den Bereich der beanstandeten Umsetzung im Mahnschreiben beschränkt. 1217 Mit Vollziehung ist in erster Linie die Ausweisung der Schutzgebiete (Art 4 FFH-RL und Art 4 VSchRL), die Durchführung von Erhaltungsmaßnahmen (Art 6 Abs 1 FFHRL), die Überwachung des Verschlechterungsverbotes (Art 6 Abs 2 FFH-RL) sowie die Prüfung von Plänen und Projekten (Art 6 Abs 3 und 4 FFH-RL) gemeint. 1216
Die Umsetzung der Artenschutzbestimmungen
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Nun gibt es aber gemeinschaftsrechtliche Schutzgebiete, die sowohl aufgrund von Arten1218 des NSchG als auch von Arten des JG ausgewiesen wurden bzw noch auszuweisen sind. Diese wären folglich sowohl als Europaschutzgebiete gemäß § 22a NSchG als auch als Wild-Europaschutzgebiete gemäß § 108a JG zu qualifizieren. In der Praxis wurden die Gebiete bis dato nach jenem Gesetz ausgewiesen, dem der „fachliche Schwerpunkt“ der Schutzgebietsausweisung zuzuordnen ist. So werden beispielsweise Schutzgebiete, die den Lebensraum für Rauhfußhühner bilden, von der Jagdbehörde verordnet. In der betreffenden Verordnung müssen allerdings als Rechtsgrundlage nicht nur die jagdrechtlichen Bestimmungen, sondern auch die naturschutzrechtlichen Vorschriften angeführt werden. In der Praxis ist hier eine bloße interne Koordination zwischen den beiden betroffenen Abteilungen erforderlich, weil die Landesregierung nach beiden Gesetzen1219 zuständige Behörde ist. Ferner wird zu klären sein, ob das Gebiet „Europaschutzgebiet“ oder „Wild-Europaschutzgebiet“ genannt wird. Die Behördenzuständigkeit ist nicht nur bei der Schutzgebietsausweisung zwischen den beiden Materien identisch, sondern auch hinsichtlich des Schutzgebietsmanagements1220 und der Prüfung von Plänen und Projekten.1221 Hier wird sich die Zuständigkeit der jeweiligen Dienststelle nach dem „fachlichen Schwerpunkt“ richten. Der im konkreten Fall erlassene Bescheid (Bewilligung) oder die Verordnung (beispielsweise ein Landschaftspflegeplan) hat wiederum als Rechtsgrundlage beide Gesetze anzugeben.
4. Die Umsetzung der Artenschutzbestimmungen a) Einleitung Die Implementierung der Artenschutzbestimmungen, vor allem jener der VSchRL, in die Jagdgesetze ist zweifelsfrei eines der schwierigsten Kapitel bei der Umsetzung von Natura 2000 in Österreich. Die nachfolgenden Ausführungen zeigen, dass es im Vergleich zu den ursprünglichen nationalen Bestimmungen zu einschneidenden Veränderungen gekommen ist bzw noch kommen muss. Bei der Umsetzung der gemeinschaftsrechtlichen Artenschutzbestimmungen im Jagdrecht geht es in erster Linie darum, einerseits bestimm____________________
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Im Bereich des NSchG können bekanntlich nicht nur Tierarten betroffen sein, sondern auch Pflanzenarten gemäß Anhang II lit b und Lebensräume gemäß Anhang I. 1219 Gemäß § 22a Abs 2 NSchG und § 108a Abs 2 JG. 1220 Gemäß § 22a Abs 3 NSchG und § 108a Abs 6 JG iVm § 35 NSchG. 1221 Gemäß § 22a Abs 4 NSchG und § 108a Abs 4 JG.
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Die Umsetzung im Salzburger Jagdrecht
ten Arten einen besonderen Schutz zukommen zu lassen und andererseits die jagdliche Nutzung an diese Vorgaben anzupassen. Wesentliche Anhaltspunkte für die nachfolgenden Erläuterungen werden wiederum die Aussagen der Kommission, ausgedrückt in den Mahnschreiben sowie in den begründeten Stellungnahmen, liefern. b) Umsetzung des allgemeinen Schutzregimes für Tierarten nach Art 12 FFH-RL sowie Art 5 und 6 VSchRL Wie nun bereits mehrfach erwähnt, verlangt Art 12 FFH-RL Abs 1 ein strenges Schutzregime für die in Anhang IV a) genannten Tierarten. Dieses Schutzregime lässt keine Ausnahmen von den in Art 12 angeführten verbotenen Tätigkeiten im natürlichen Verbreitungsgebiet dieser Arten zu, so die Kommission.1222 Das entsprechende Gegenstück zu Art 12 FFH-RL bildet in der VSchRL Art 5, der den Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen zur Schaffung einer allgemeinen Regelung zum Schutz aller unter Art 1 VSchRL fallenden Vogelarten aufträgt. Bei der Beurteilung der konkreten nationalen Bestimmungen in den beiden Mahnschreiben1223 wurde bezüglich Salzburg nur auf Naturschutzregelungen eingegangen.1224 Das JG blieb hier unerwähnt. Das JG regelt in § 103 den Schutz bestimmter Wildtiere. § 103 Abs 1 legt dabei fest, dass die Wildarten Biber, Wolf, Braunbär, Fischotter, Nerz, Wildkatze und Luchs sowie alle Federwildarten in allen Lebensstadien besonders geschützt sind. Bei den sechs genannten Haarwildarten handelt es sich um jene streng zu schützenden Arten, die in Anhang IV lit a der FFH-RL angeführt sind und als Wildarten dem JG unterliegen. Da nur sechs Arten betroffen sind, hat sich der Gesetzgeber entschieden, die Aufzählung dieser Arten direkt ins Gesetz aufzunehmen.1225 Die Nennung der Federwildarten soll den Vogelarten, die dem JG unterliegen, jenen Schutz zukommen lassen, der nach Art 1 VSchRL grundsätzlich für alle wildlebenden Vogelarten zu gelten hat. In § 103 Abs 2 werden unter lit a bis f jene Schutzbestimmungen normiert, die Art 12 Abs 1 lit a bis d und Art 12 Abs 2 FFH-RL unter Berücksichtigung von Art 5 und 6 VSchRL vorgeben. Dabei gelten jene Verbote, die sich auf den Besitz oder den Handel von bzw mit geschütz____________________
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Mahnschreiben der Kommission zur FFH-RL (FN 923) 8. Mahnschreiben der Kommission (FN 921), Anhang 12 bzw 17. Siehe dazu oben unter C.1.f )bb). LT-Regierungsvorlage zur JG-Novelle 2002 (FN 1205) 20.
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ten Arten1226 beziehen (lit d und e), auch für jene Tiere (Waren, Produkte wie etwa Felle oder Trophäen), die aus anderen Bundesländern oder aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union nach Salzburg gebracht werden.1227 Die nach Art 6 Abs 2 und 3 VSchRL zulässigen Ausnahmen von den Handelsbeschränkungen werden in § 104 Abs 3 geregelt. So werden von den in Anhang III Teil 1 genannten, vom Verbot ausgenommenen sieben Arten, die Rebhühner, Fasane, Ringeltauben und Stockenten ausdrücklich genannt.1228 Darüber hinaus ist Haarwild von den Verboten des § 103 Abs 2 lit e und f ausgenommen, wenn die Tiere (einschließlich daraus gewonnener Produkte und Waren) nachweislich rechtmäßig aus der Natur entnommen bzw in Verkehr gebracht worden sind.1229 Des Weiteren wird Art 6 Abs 3 VSchRL in § 103 Abs 3 JG umgesetzt.1230 Da für die in Anhang III Teil 2 genannten Arten vor Genehmigung der Ausnahme eine Befassung der Kommission erforderlich ist, wurde eine Verordnungsregelung gewählt.1231 In § 103 Abs 1 lit d JG wird nunmehr neben dem Zerstören und Beschädigen auch das Entfernen von Fortpflanzungs-, Nist- oder Ruhestätten verboten. Von Christl1232 wurde 1999 noch das Fehlen eines Entfernungsverbotes bemängelt. Auch wurde mit der Novellierung des § 103 das gemeinschaftsrechtlich gebotene Störungsverbot für die sensiblen Pha____________________
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Von Christl (FN 3, 172) wurde 1999 noch festgestellt, dass sich im JG nur Sonderbestimmungen über das Halten und Befördern von Eulen und Greifvögeln finden. 1227 LT-Regierungsvorlage zur JG-Novelle 2002 (FN 1205) 20. 1228 Das schottische Moorschneehuhn, das Rothuhn sowie das Felsenhuhn kommen in Salzburg nicht vor und sind somit im JG generell nicht geregelt. 1229 Die Ausnahme für Haarwild erweist sich in dieser Form als nicht ganz unproblematisch: Die Formulierung „rechtmäßig aus der Natur entnommen“ ist Art 6 Abs 2 VSchRL entlehnt und somit Voraussetzung für Ausnahme der Anhang III Teil 1 Arten. Gemäß dem für Haarwildarten einschlägigen Art 12 Abs 2 FFH-RL sind Ausnahmen von den Handelsbeschränkungen nur für Exemplare zulässig, die vor Beginn der Anwendbarkeit der FFH-RL rechtmäßig entnommen worden sind. Für Haarwildarten wird daher die Formulierung „rechtmäßig aus der Natur entnommen“ in § 103 Abs 3 im Sinne von Art 12 Abs 2 FFH-RL zu interpretieren sein. 1230 Demzufolge kann die Landesregierung für die in Anhang III, Teil 2 der VSchRL genannten Federwildarten Ausnahmen von den Verboten des § 103 Abs 2 lit f durch Verordnung vorsehen, wenn nicht zu befürchten ist, dass durch eine Vermarktung von Vögeln der betreffenden Art die Populationsgröße, die geographische Verbreitung oder die Vermehrungsfähigkeit dieser Arten in der gesamten Gemeinschaft gefährdet würde oder gefährdet werden könnte. Vor Erlassung der Verordnung ist eine Stellungnahme der Europäischen Kommission einzuholen. 1231 LT-Regierungsvorlage zur JG-Novelle 2002 (FN 1205) 21. 1232 Christl (FN 3) 170.
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sen der Fortpflanzungs-, Aufzuchts-, Überwinterungs- und Wanderungszeit ins JG eingeführt.1233 Wie bereits bei der Beurteilung der Implementierung im NSchG dargelegt, findet sich in den begründeten Stellungnahmen der Kommission1234 die Aussage, dass Art 12 der FFH-RL sowie Art 5 und 6 der VSchRL im Bundesland Salzburg korrekt umgesetzt sind. Dabei ist bemerkenswert, dass in der begründeten Stellungnahme zur FFH-RL § 103 Abs 1 und 2 JG genannt wird, in der begründeten Stellungnahme zur VSchRL hingegen bei Art 5 nur die Naturschutzregelungen angeführt werden. Es ist davon auszugehen, dass es sich hier um ein Versehen handelt, weil bei Art 6 VSchRL sehr wohl § 103 Abs 1 lit b iVm § Abs 2 lit f und § 104 Abs 3 JG zitiert werden. c) Umsetzung des Art 14 FFH-RL über die Entnahme von Tierarten Auf die Problematik der Umsetzung des Art 14 FFH-RL wurde bereits im Rahmen der Ausführungen zum NSchG eingegangen. Die Bestimmung des Art 14 nimmt bekanntlich auf Art 11 Bezug und fordert in diesem Zusammenhang Maßnahmen mit der Zielsetzung, dass die Entnahme von Exemplaren der wildlebenden Tier- und Pflanzenarten des Anhangs V aus der Natur sowie deren Nutzung mit der Aufrechterhaltung eines günstigen Erhaltungszustandes vereinbar sind. Von den in Anhang V genannten Arten gelten als Wildarten im Sinne des JG Goldschakal, Baummarder, Iltis, Schneehase sowie Stein- und Gamswild. Im Hinblick auf das Verhältnis NSchG und JG ist somit grundsätzlich eine Regelungszuständigkeit des Jagdgesetzgebers gegeben. Dazu ist festzustellen, dass sich in der Aufzählung gemäß § 54 Abs 1 jener Arten, für die die Landesregierung durch Verordnung Schonzeiten festzulegen hat, das Gams- und Steinwild, der Baummarder sowie der Iltis finden. Dem Regelungssystem des § 54 zufolge sind der Goldschakal und der Schneehase ganzjährig geschont, weil die beiden Arten weder in Abs 1 noch Abs 2 genannt sind. Christl1235 meint, dass die gegenständliche Festlegung von Schonzeiten als eine Art Managementmaßnahme im Sinne des Art 14 FFH-RL ____________________
1233
Dass das bereits vorher geltende Verbot der unnötigen Beunruhigung des Wildes gemäß § 70 Abs 1 lit b nichts mit dem in den Richtlinien geforderten Störungsverbot zu tun hat, wurde bereits von Christl angemerkt. Wie bereits die Überschrift des § 70 erkennen lässt, handelt es sich hier um ein Verbot bei der Ausübung der Jagd, um den Grundsätzen der Weidgerechtigkeit zu entsprechen. 1234 Begründete Stellungnahme zur FFH-RL (FN 926) 16; Begründete Stellungnahme zur VSchRL (FN 1024) 9 und 12. 1235 Christl (FN 3) 176.
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bezeichnet werden kann; eine meines Erachtens großzügige Interpretation. Andererseits wird mit der Festlegung von Schonzeiten die Entnahme der Tierarten aus der Natur geregelt und somit eine Vorgabe des Art 14 umgesetzt. Inwieweit der Gesetzgeber bei der Schaffung der Schonzeitenregelung des § 54 an Art 14 FFH-RL gedacht hat, ist schwer nachzuvollziehen. In den Erläuterungen zur JG Novelle 2002 wird im Hinblick auf die Übereinstimmung mit dem EU-Recht erwähnt, dass der Anhang V Tierarten aufzählt, deren Population beobachtet und deren Entnahme aus der Natur geregelt werden muss. Außerdem dürfen diese Arten nicht mit „unselektiv wirkenden Geräten“ bejagt werden. Verwiesen wird im Folgenden allerdings ausschließlich auf § 70 Abs 3, der konkret Gebote und Verbote zur Art der Bejagung normiert. § 54 findet an dieser Stelle in keinster Weise Erwähnung. Darüber hinaus setzt Art 14 Überwachungsergebnisse gemäß Art 11 voraus. Die Überwachungspflicht ist im JG in § 108a Abs 6 umgesetzt. Dass die Ergebnisse dieser Überwachung bei der Festlegung der Schonzeiten bereits eine Rolle spielen, wird wohl kaum der Realität entsprechen. Die Meinung der Kommission zu dieser Thematik ist ebenfalls schwer zu ergründen, weil weder im Mahnschreiben1236 noch in der begründeten Stellungnahme1237 auf Art 14 FFH-RL eingegangen wird. d) Umsetzung der verbotenen Fang- und Tötungsgeräte bzw -mittel nach Art 15 FFH-RL und Art 8 VSchRL Wie bereits im Rahmen der Ausführungen zum NSchG angekündigt, kommt die praktische Auswirkung dieser beiden Richtlinienbestimmungen im Jagdrecht am deutlichsten zum Ausdruck. Im Mahnschreiben zur FFH-RL1238 wird bemängelt, dass die sich aus § 72 Abs 1 lit b und Abs 2 JG iVm § 5 der Wildfallenverordnung ergebende generelle Zulässigkeit von Lebendfangfallen für Beutegreifer wie Baummarder (Anhang V FFH-RL), Wildkatze, Luchs, Fischotter, Wolf und Bär (alle Anhang IV FFH-RL) nicht den Vorgaben des Art 15 FFHRL entspricht. Derartige nicht selektive Fallen sind zu verbieten. Ferner wird festgehalten, dass im Falle einer Ausnahme basierend auf Art 16 bezüglich des Fanges und der Tötung einer Anhang IV Art, nichtselektive Fangmethoden, wie in Art 15 näher determiniert, für diese Arten jedenfalls zu untersagen sind. ____________________
1236 1237 1238
Mahnschreiben der Kommission zur FFH-RL (FN 923) 9. Begründete Stellungnahme zur FFH-RL (FN 926) 19; Mahnschreiben der Kommission zur FFH-RL (FN 923), Anhang 24.
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Die Umsetzung im Salzburger Jagdrecht
§ 72 JG wird darüber hinaus auch im Mahnschreiben zur VSchRL1239 kritisiert. Durch dessen Abs 1 lit a und Abs 2 besteht nach Ansicht der Kommission die Möglichkeit, generell bestimmte nicht selektive Fallen anzuwenden, mit denen Vögel und Federwild im Sinne des § 4 Z 1 JG wahllos gefangen oder getötet werden können, auch wenn die Fallen nicht auf den Fang dieser Vögel ausgerichtet sind. Zudem ist die Auflistung gemeinschaftsrechtlich verbotener Jagdmittel in Anhang IV VSchRL durch § 70 Abs 3 JG nur unzureichend umgesetzt, weil an dieser Stelle verschiedene Mittel wie beispielsweise Leimruten, Spiegel oder Haken nicht Erwähnung finden. Mit der Novelle 2002 wurde versucht, der Kritik der Kommission Rechnung zu tragen. Mit § 72 Abs 1 lit b wurde die Ausnahme von der Bewilligungspflicht für das Fangen von Wild eingeschränkt. Die generelle Bewilligungsfreiheit für Beutegreifer gilt somit nicht mehr für die richtliniengeschützten Arten Baummarder, Nerz, Iltis, Wildkatze, Fischotter, Braunbär, Luchs, Wolf und Goldschakal. Zudem darf gemäß § 72 Abs 2 bei besonders geschützten Wildtieren1240 eine Fangbewilligung nur mehr zu den in § 104 Abs 41241 abschließend normierten Zwecken erteilt werden. § 72 Abs 1 lit a blieb hingegen unverändert. In den beiden begründeten Stellungnahmen1242 findet sich kurioserweise kein Hinweis mehr zu § 72. Die Kommission stellt hier jeweils in knapper Form fest, dass Art 15 FFH-RL und Art 8 VSchRL nunmehr in § 70 Abs 3 JG umgesetzt sind. Diese Bestimmung enthält konkrete Maßnahmen, die bei der Ausübung der Jagd verboten sind. Im Zuge der Novelle 2002 wurden im Hinblick auf die Vorgaben der Art 8 VSchRL und 15 FFH-RL weitere Anpassungen und Ergänzungen vorgenommen.1243 ____________________
1239 1240 1241
Mahnschreiben der Kommission zur VSchRL (FN 929), Anhang 21. Hier wird auf § 103 Abs 1 JG verwiesen. In § 104 Abs 4 sollen die Vorgaben des Art 16 FFH-RL und Art 9 VSchRL umgesetzt werden. Näheres dazu unter f ). 1242 Begründete Stellungnahme zur FFH-RL (FN 926) 20; Begründete Stellungnahme zur VSchRL (FN 1024) 19. 1243 – So wurden unter lit a Armbrüste, halbautomatische oder automatische Waffen, deren Magazin mehr als zwei Patronen aufnehmen kann, Vorrichtungen zur Beleuchtung von Zielen und Visiereinrichtungen für das Schießen bei Nacht mit elektronischem Bildverstärker oder Bildumwandler eingefügt. – Unter lit c wurde das Verwenden von Spiegeln oder sonstige Vorrichtungen zum Blenden, von Tonbandgeräten oder nichtselektiven Netzen und Fallen ergänzt. – Lit g erfuhr eine Erweiterung um das Verwenden von vergifteten oder betäubenden Köder, von als Lockmittel benutzten geblendeten oder verstümmelten lebenden Tiere, elektrischen oder elektronischen Vorrichtungen, die töten oder betäuben können, oder von Sprengstoffen sowie das Begasen oder Ausräuchern. – Darüber hinaus wurde eine neue lit h geschaffen, der das Fangen oder Töten von Wild mit Schlingen, Leimruten oder Haken sowie mit anderen Einrichtungen oder Me-
Die Umsetzung der Artenschutzbestimmungen
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Im Gegensatz zur Umsetzung im NSchG1244 scheint hier die Kommission zufriedengestellt zu sein. In den Erläuterungen zur Novelle 20021245 findet sich die Feststellung, dass zwar Art 15 FFH-RL nicht für alle Haarwildarten, sondern nur für die in Anhang IV oder V aufgezählten Arten gilt, der Anwendungsbereich eine sinnvolle Differenzierung aber nicht zulässt. Dies gilt umso mehr, als sich Art 8 VSchRL auf alle wildlebenden Vogelarten bezieht. Man kam folglich zum Ergebnis, die notwendigen Ergänzungen ohne Differenzierung nach Tierarten generell für die Jagdausübung vorzuschreiben. Eine aus fachlicher Sicht zweifelsfrei zu befürwortende Vorgehensweise. Denn die Anwendung der eingeführten Verbote auch auf nicht richtliniengeschützte Arten ist aus naturschutzfachlicher Sicht jedenfalls gerechtfertigt. e) Die Bejagung der in Anhang II genannten Vogelarten gemäß Art 7 VSchRL Auf dem Gebiet des Jagdrechts ist neben der Ausnahmeregelung des Art 9 sicherlich Art 7 die zentrale und vor allem für die Praxis maßgebliche Bestimmung. Wie bereits im ersten Teil dieser Arbeit ausführlich beschrieben, ermöglicht Art 7 eine Bejagung der in Anhang II genannten Vogelarten.1246 Im Mahnschreiben zur VSchRL1247 weist die Kommission nochmals auf allgemeine, vom EuGH entwickelte Grundsätze zu Art 7 hin. So ist etwa eine unklare Rechtslage, die nicht ausschließt, dass andere als die in Anhang II aufgeführten Arten bejagt werden dürfen, nicht mit dem von der VSchRL angestrebten Ergebnis vereinbar. Ferner ist eine Erwei____________________
thoden, mit denen Wild zahlreich oder wahllos oder in einer Art, die das Verschwinden einer Wildart nach sich ziehen kann, gefangen oder getötet werden kann, verbietet. 1244 Siehe dazu unter C.1.f )ee). 1245 LT-Regierungsvorlage zur JG-Novelle 2002 (FN 1205) 19. 1246 Von denen im JG aufgezählten Federwildarten handelt es sich dabei um folgende: Auerhuhn, Birkhuhn, Haselhuhn, Steinhuhn, Alpenschneehuhn, Rebhuhn, Fasan, Ringeltaube, Türkentaube, Turteltaube, Saatgans, Graugans Stockente, Krickente, Tafelente, Reiherente, Höckerschwan, Bekassine, Waldschnepfe, Lachmöve, Bläßhuhn (vgl Schlager, FN 1192, 13). Mit „…huhn“ ist dabei klarerweise die Art und nicht das weibliche Geschlecht gemeint. Christl (FN 3, 167) geht nämlich fälschlicherweise davon aus, dass mit Auerhuhn, Birkhuhn etc die Hennen gemeint sind und daher die Hähne nicht von Anhang II erfasst sind, was deren Nichtbejagbarkeit gemäß Art 7 zur Folge hätte. Zu diesem Thema ist noch anzumerken, dass § 4 JG bei der Aufzählung der Wildarten die Formulierung Auerhuhn, Birkhuhn etc verwendet, bei der Aufzählung in § 54 Abs 1, jenen Arten also, für die eine Schonzeit festzulegen ist, von Auerhahn, Birkhahn etc die Rede ist. 1247 Mahnschreiben der Kommission zur VSchRL (FN 929) 5.
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Die Umsetzung im Salzburger Jagdrecht
terung des Verzeichnisses in Anhang II als Abweichung von der allgemeinen Schutzregelung des Art 7 nur unter den Voraussetzungen des Art 9 möglich. Bezugnehmend auf Salzburg wird bemängelt1248, dass durch § 54 Abs 1 JG iVm § 1 Schonzeitenverordnung für verschiedene Arten (Graureiher, Kormoran, Rabenkrähe, Nebelkrähe, Elster, Eichelhäher), die nicht in Anhang II VSchRL aufgezählt sind, dennoch eine allgemeine Schusszeit festgelegt wird. Auch wird kritisch festgestellt, dass diese Arten nach § 4 Abs 1 lit f JG in der Liste grundsätzlich jagdbarer Arten aufgeführt sind. Hier wird von der Kommission erneut das Problem der „formellen Transparenz“1249, nämlich grundsätzlich geschützte Arten einem jagdrechtlichen Regelungsregime zu unterstellen, aufgeworfen. Rein erscheint die Einordnung der beiden Arten in § 4 unproblematisch, weil dieser bekanntlich nur eine Auflistung jener Arten enthält, die als Wild im Sinne des JG gelten. Dass sie somit grundsätzlich jagdbar sind, ist allerdings unbestritten. Bedenklicher erweist sich hingegen die Tatsache, dass für Vogelarten, die nicht in Anhang II der VSchRL aufscheinen, nach § 54 Abs 1 JG durch Verordnung der Landesregierung Schonzeiten1250 festzusetzen sind. Es handelt sich dabei neben dem Kormoran und Graureiher um die Rabenkrähe, Nebelkrähe, den Kolkraben, die Elster und den Eichelhäher. In der Kommentierung zu § 541251 wird die Nennung der Kormorane und Graureiher in Abs 1 und die damit verbundene Bejagung im Rahmen von Abschussplänen1252 mit der günstigen Bestandsentwicklung begründet. Diese Regelung soll auch für alle anderen nicht ganzjährig geschonten Vogelarten gelten, die der VSchRL unterliegen, aber nicht in deren Anhang II angeführt sind (zB bestimmte Raubvögel). Diese Lösung wird vereinbar mit Art 9 der VSchRL angesehen.1253 ____________________
1248
Mahnschreiben der Kommission zur VSchRL (FN 929) Anhang 17. Vgl dazu die einleitenden Ausführungen unter 1. 1250 Die Festlegung von Schonzeiten hat zur Konsequenz, dass die betroffenen Arten außerhalb der Schonzeit bejagt werden können. Wird hingegen keine Schonzeit festgelegt und handelt es sich nicht um die Arten Marderhund, Waschbär, Wildkaninchen, Bisamratte oder Nutria, so ist die Wildart gemäß § 54 Abs 3 automatisch ganzjährig geschont. 1251 Schlager (FN 1192) 45. 1252 Die Abschusszahlen werden jährlich von der Landesregierung durch Verordnung festgelegt. 1253 Eine andere Ansicht wird offensichtlich noch bei Kommentierung des § 4 vertreten (FN 1280, 15): Dort wird erwähnt, dass die Kommission den Kormoran aufgrund seines europaweit günstigen Schutzstatus aus dem Anhang I der VSchRL gestrichen hat. Diese Änderung des Gemeinschaftsrechts legt es nun nahe, den Kormoran in die Liste der jagdbaren Tiere (§ 4 JG) aufzunehmen, nachdem keine besonderen Schutzgebiete mehr für ihn ausgewiesen werden müssen. 1249
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Obwohl die Auflistung dieser Arten bereits im Mahnschreiben aufgeworfen worden ist, blieb sie auch nach der Novelle 2002 in § 54 Abs 1 bestehen. Eingefügt wurde jedoch der Passus „Für Vogelarten, die nicht in Anhang II der VSchRL (§ 100a Z 6) als in Österreich jagdbare Arten genannt sind, dürfen Schusszeiten nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 104 Abs 4 vorgesehen werden. Bei allen Vogelarten ist sicherzustellen, dass die Nistzeit, die einzelnen Phasen der Brut- und Aufzuchtszeit sowie bei Zugvögeln überdies der Rückzug zu den Nistplätzen in die Schonzeit fällt.“ § 104 Abs 4 dient der Umsetzung der Ausnahmeregelung des Art 9. Diese Ausführungen zeigen, dass der Abschuss von nicht in Anhang II VSchRL aufgelisteten Vogelarten – wenn überhaupt – nur über Art 9 VSchRL möglich ist. Ob den dort enthaltenen Vorgaben mit den Regelungen des JG entsprochen wird, soll im nächsten Kapitel erläutert werden. Neben der Bezugnahme auf die Anhang II Arten wird im Mahnschreiben1254 und unverändert auch in der begründeten Stellungnahme1255 die konkrete Festlegung der Schusszeiten für Kormoran und Graureiher kritisiert. Erschwerend wirkt dabei die Tatsache, dass die Schusszeit für den Kormoran innerhalb der Heimzugszeit und hinsichtlich des Graureihers innerhalb der verschiedenen Phasen der Brut- und Aufzuchtszeit festgelegt wurde. Die Salzburger Landesumweltanwaltschaft kritisiert in diesem Zusammenhang, dass die Schusszeit im Jänner für den Graureiher noch in die Zeit des Koloniezuges und die Rückkehr zu den Nistplätzen fällt.1256 Die Kommission und die Landesumweltanwaltschaft beklagen hier die fehlende Übereinstimmung mit Art 7 Abs 4 VSchRL. Geht man von der Richtigkeit der Kommissionsangaben aus, so liegt auch ein Widerspruch zur oben erwähnten, neu in § 54 Abs 1 eingeführten Bestimmung vor. ____________________
Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden, weil zum einen die Auflistung in Anhang I grundsätzlich mit der Bejagung der einzelnen Art nichts zu tun hat und zum anderen es in § 4 zahlreiche Vogelarten gibt (beispielsweise Auer- und Birkhuhn, Steinadler, Bartgeier), die auch in Anhang I aufscheinen. Darüber hinaus wird in der Kommentierung zu § 4 die Aussage getroffen, dass der Kormoran gemäß § 54 Abs 3 ex lege ganzjährig geschont ist. Der Blick auf § 54 zeigt jedoch, dass für den Kormoran gemäß Abs 1 eine Schonzeit festzulegen ist und somit sehr wohl eine Bejagung möglich ist. Dabei wird noch argumentiert, dass die ganzjährige Schonung aus gemeinschaftsrechtlichen Gründen erforderlich ist, da der Kormoran nicht in Anhang II der VSchRL aufgelistet ist. Die Rechtsansicht, wonach die VSchRL auch für die nicht in Anhang II genannten Arten eine Bejagung zuließe, findet im klaren Wortlaut des Richtlinientextes keine Stütze, so die Kommentierung. 1254 Mahnschreiben der Kommission zur VSchRL (FN 929), Anhang 17. 1255 Begründete Stellungnahme zur VSchRL (FN 1024) 14. 1256 Beschwerde der Salzburger Landesumweltanwaltschaft an die Kommission wegen Verstoß der Republik Österreich gegen Art 7 Abs 4 und Art 9 der VSchRL bzw Art 6 der FFH-RL vom 23. Februar 1999, 4.
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Nach dieser ist bei allen Vogelarten sicherzustellen, dass die Nistzeit, die einzelnen Phasen der Brut- und Aufzuchtszeit sowie bei Zugvögeln überdies der Rückzug zu den Nistplätzen in die Schonzeit fällt. Legistisch wird Art 7 Abs 4 offensichtlich entsprochen, der Verstoß ist hier einem Akt der Vollziehung1257 zuzuordnen.1258 Hinsichtlich der weiteren Rahmenbedingungen für die Bejagung der Anhang II Vogelarten ist auf § 59, der die Vorgaben für Abschlusspläne enthält, hinzuweisen. In dessen Abs 1 wird normiert, dass der Abschuss des Rot-, Gams-, Stein- und Rehwildes außerhalb von Freizonen nur im Rahmen eines Abschlussplanes erfolgen darf. Weiters ist der Abschuss von wildlebenden Vogelarten, die nicht in Anhang II der VSchRL als in Österreich jagdbare Arten genannt sind, nur im Rahmen eines Abschussplanes zulässig. Aus § 59 Abs 1 könnte daher abgeleitet werden, dass der Abschuss von Anhang II Vogelarten außerhalb der festgelegten Schonzeiten ohne Abschussplan möglich ist. In der Kommentierung zu § 591259 findet sich allerdings der Hinweis, dass für andere Wildarten die Landesregierung durch Verordnung bestimmen kann, dass auch hier der Abschuss nur mehr im Rahmen eines Abschussplanes erfolgen darf, wenn anders ein artenreicher und gesunder Wildbestand nicht erhalten werden kann. Ein Blick in die Abschussplanrichtlinienverordnung1260 zeigt, dass gemäß § 3 der Abschuss von Murmeltieren sowie von Auer- und Birkhahn nur im Rahmen eines Abschussplanes erfolgen darf. In § 12 dieser Verordnung werden besondere Bestimmungen für Auer- und Birkhahn getroffen werden. So normiert dessen Abs 1, dass von der Jagdbehörde kein Mindestabschuss, sondern nur ein Höchstabschuss festzulegen ist. Auerund Birkhahnen dürfen nur in dem Ausmaß freigegeben werden, dass der Bestand voll gesichert bleibt, wobei die örtlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen sind. Darüber hinaus sind von der Salzburger Jägerschaft alljährlich Kontrollbestandszählungen durchzuführen und deren Ergebnisse der Festlegung der Höchstabschüsse für das nächstfolgende Bestandsjahr zugrunde zu legen. § 12 Abs 4 enthält abschließend die Vorgabe, dass ____________________
1257 Verordnung der Salzburger Landesregierung vom 29. April 1996, mit der die Schonzeiten bestimmter jagdbarer Tiere festgesetzt werden (Schonzeiten-Verordnung), LGBl Nr 53/1996 idF LGBl Nr 44/2002. 1258 Dies ändert freilich nichts daran, dass Art 7 VSchRL nach wie vor nicht entsprochen wird. 1259 Schlager (FN 1192) 49. 1260 Verordnung der Salzburger Landesregierung vom 26. März 1997, mit der nähere Bestimmungen über den Abschussplan erlassen werden (Abschussplanrichtlinienverordnung), LGBl Nr 33/1997.
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bei Auerhahnen mindest vier balzende Hahnen auf einem Balzplatz nachgewiesen werden müssen, damit ein Hahn freigegeben werden darf. Zusammenfassend kann daher der Schluss gezogen werden, dass im Bundesland Salzburg Anhang II Vogelarten – ausgenommen Auer- und Birkhahnen – außerhalb der Schonzeit ohne Abschussplan bejagt werden dürfen. Die einzige Steuerung der jagdlichen Nutzung erfolgt demnach über die Festlegung der Jagdzeiten. So bleibt etwa die Höhe der Abschüsse ungeregelt. Ob damit den Grundsätzen einer vernünftigen Nutzung und einer ökologisch ausgewogenen Regulierung der Bestände gemäß Art 7 Abs 4 VSchRL entsprochen wird, erscheint höchst zweifelhaft. In der begründeten Stellungnahme finden sich zu Art 7 Abs 41261 keine Aussagen bezüglich der nicht vorgesehenen Abschlussplanung. Die Ausführungen beschränken sich hier ausschließlich auf die Festlegung der Schonzeiten. Bezugnehmend auf Salzburg wird an dieser Stelle bemängelt, dass für die angeführten Arten1262 nach wie vor eine Jagdzeit festgelegt wird, welche in eine der verschiedenen Phasen der Nist-, Brut- oder Aufzuchtszeit und somit in die verbotene Jagdzeit fällt, ohne dass auf die Kriterien des Art 9 der VSchRL für zulässige Abweichungen von diesem Verbot ausreichend Bezug genommen wird. Auch Argumente betreffend Tradition, ökologisch vertretbarer Stand oder unterschiedliche landschaftliche Gegebenheiten1263 ändern nach Ansicht der Kommission1264 nichts an der Unvereinbarkeit mit den verbotenen Jagdzeiten. Seitens der Literatur wurde von Christl1265 unter Hinweis auf eine Studie des Umweltbundesamtes1266 die Problematik der Vereinbarkeit der österreichischen Schon- bzw Jagdzeiten mit den sensiblen Phasen nach dem Gemeinschaftsrecht aufgezeigt. Die jagdliche Praxis in Österreich ist in erster Linie im Hinblick auf die traditionelle Frühjahrsbejagung des Auer- und Birkhahnes betroffen. Der Abschuss dieser Rauhfußhühner erfolgt seit je her im Frühjahr während der Balzzeit. Demzufolge ist die Schusszeit für den Auerhahn mit 1. Mai bis 31. Mai und für den Birkhahn mit 1. Mai bis 15. Juni festgelegt.1267 Der Auer- und Birkhahnenabschuss stellt vor allem für kleinere ____________________
1261
Begründete Stellungnahme zur VSchRL (FN 1024) 16. Angeführt werden in der begründeten Stellungnahme Auerhahn, Birkhahn, Ringeltaube, Türkentaube, Waldschnepfe, Bläßhuhn und Lachmöwe. 1263 Diese kämen für Österreich in Betracht. 1264 Begründete Stellungnahme zur VSchRL (FN 1024) 17. 1265 Christl (FN 3) 175. 1266 Karner/Ranner in Karner/Mauerhofer/Ranner, Umweltbundesamt (Hrsg), 1997, 99 ff. 1267 § 1 Schonzeiten-Verordnung (FN 1257). 1262
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Jagden einen wesentlichen Einnahmenfaktor1268 dar. Nach der aufgezeigten Position der Kommission wird eine Fortführung der Frühjahrsbejagung der Rauhfußhühner nur unter Einhaltung der Voraussetzungen gemäß Art 9 VSchRL1269 möglich sein. f) Die Ausnahmebestimmungen gemäß Art 16 FFH-RL und Art 9 VSchRL aa) Die Vorgaben der Kommission und deren Umsetzung Auf die Bedeutung dieser beiden Ausnahmebestimmungen wurde schon mehrfach hingewiesen. Die grundsätzlichen Anforderungen,1270 die die Kommission an die Umsetzung der beiden Artikel stellt,1271 fanden bereits im Rahmen der Ausführungen zum NSchG Erwähnung. Da diesbezüglich keine Unterschiede zwischen NSchG und JG bestehen, kann auf die Erläuterungen in Kapitel C.1.f )ff ) verwiesen werden. Die Kommission geht davon aus,1272 dass die im JG vorgesehenen Abweichungsmöglichkeiten von den Schonvorschriften nur in unzureichendem Ausmaß die Voraussetzungen des Art 16 FFH-RL bzw Art 9 VSchRL umsetzen. Begründend wird das Fehlen des Erfordernisses „keiner anderen zufrieden stellenden Lösung“ in den §§ 55 Abs 3, 56 Abs 2 und 90 Abs 1 JG angegeben. Darüber hinaus wird von der Kommission bemängelt, dass sich in § 56 Abs 2 allgemeine Ausnahmegründe wie „aus Gründen des Jagdbetriebes“ (lit c) sowie „aus sonstigem öffentlichem Interesse“ (lit f ) finden, aufgrund derer die Einräumung weitergehender Abweichungen als in Art 9 vorgesehen, nicht ausgeschlossen werden können. Ein Blick in das zwischenzeitlich novellierte JG1273 zeigt, dass gemäß § 55 Abs 3 eine Verkürzung der Schonzeiten nur bei jenen Wildarten zulässig ist, die keinem besonderen Schutz gemäß § 103 Abs 11274 unterliegen. Ebenso wurden durch die Novelle 2002 die nach § 103 Abs 1 besonders geschützten Wildarten von der in § 56 Abs 1 enthaltenen Möglichkeit ausgenommen, Ausnahmen von den Schonvorschriften zu gestatten. Die von der Kommission geforderte Alternativenprüfung ist daher in die____________________
1268
Der Preis für den Abschuss eines Auerhahnes im Bundesland Salzburg liegt bei mindestens € 2.000,-, für einen Birkhahn bei rund € 1.000,-. 1269 EuGH Rs C-182/02, Slg 2003. 1270 Gemeint ist etwa die genaue und verbindliche Festlegung der Ausnahmegründe, die Übernahme der Schlüsselbegriffe etc. 1271 Mahnschreiben der Kommission zur FFH-RL (FN 923) 11. 1272 Mahnschreiben der Kommission (FN 921), Anhang 30 bzw 28. 1273 JG Novelle 2002, LGBl Nr 70/2002. 1274 Gemäß § 103 Abs 1 sind die Anhang IV lit a Arten der FFH-RL sowie sämtliche Federwildarten in allen Lebensstadien besonders geschützt.
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sen beiden Fällen hinfällig. Auch können die oben angeführten Ausnahmegründen gemäß lit c und f bestehen bleiben, weil die Ausnahmen ohne hin nicht mehr für die besonders geschützten Arten in Frage kommen. § 90 Abs 1 blieb hingegen unverändert und bildet nach wie vor die Grundlage für Maßnahmen zum Schutz des Waldes und landwirtschaftlicher Kulturen. So kann für einzelne, besonders schadensverursachend in Erscheinung tretende Wildtiere der Abschuss auch über den Abschussplan hinaus und in der Schonzeit angeordnet bzw bewilligt werden. Da diese Bestimmung keine Einschränkung für richtliniengeschützte Arten vorsieht, kann beispielsweise auch der Abschuss von Rabenkrähen oder Kolkraben genehmigt werden, wenn diese besondere Schäden an landwirtschaftlichen Kulturen anrichten. Nach § 90 Abs 1 sind dabei die Voraussetzungen des Art 9, wie eben die Prüfung von Alternativen, nicht zu berücksichtigen. Kurioserweise wird aber § 90 Abs 1 in der begründeten Stellungnahme zur VSchRL1275 nicht mehr erwähnt. Inwiefern sich die Rechtslage gegenüber dem Mahnschreiben geändert hat, ist nicht erkennbar. Demzufolge erweist sich § 90 Abs 1 nach wie vor als nicht richtlinienkonform. Im Mahnschreiben der Kommission findet ferner § 59 Abs 1 Erwähnung. Die Kommission zitiert dabei dessen zweiten Satz, wonach „der Abschuss von wildlebenden Vogelarten, die in Anhang II der Richtlinie 79/ 409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten angeführt sind, nur im Rahmen eines Abschussplanes vorgenommen werden.“ 1276 Hier ist der Kommission offensichtlich ein Fehler unterlaufen, denn in § 59 Abs 1 zweiter Satz ist, wie bereits im vorigen Kapitel erwähnt, von jenen wildlebenden Vogelarten die Rede, die gerade nicht in Anhang II der VSchRL enthalten sind. Aufgrund dieses Missverständnisses ist zweifelhaft, ob der Kommission die oben zu Art 7 Abs 4 geäußerten Bedenken, dass für die Anhang II Vogelarten, ausgenommen Auer- und Birkhahn, keine Abschusspläne erforderlich sind, bewusst ist. Andererseits könnte es sich auch um einen Schreibfehler im Mahnschreiben handeln, weil die Kommission im Zusammenhang mit § 59 Abs 1 und § 60 Abs 3a immer wieder von den fehlenden Ausnahmetatbeständen und Bedingungen des Art 9 spricht. Ginge sie nämlich davon aus, dass diese beiden Bestimmungen tatsächlich den Abschuss von Anhang II Arten regeln, dürfte sie nicht mit Art 9 argumentieren, weil dieser bei Abschüssen im Rahmen von Art 7 iVm Anhang II keine Rolle spielt. ____________________
1275 1276
Begründete Stellungnahme zur VSchRL (FN 1024) 22 f. Durch die Novelle 2002 wird diese Wortfolge ersetzt durch „Vogelschutzrichtlinie (§ 100a Z 6)“.
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Jedenfalls wird von der Kommission in der begründeten Stellungnahme1277 der neu gefasste § 104 Abs 4 positiv hervorgehoben. Neben der Auflistung der Ausnahmetatbestände nach Art 9 VSchRL und Art 16 FFH-RL1278 knüpft die gegenständliche Bestimmung die Erteilung einer Ausnahme an die Bedingung, dass es keine andere zufrieden stellende Lösung gibt.1279 Darüber hinaus darf die Behörde die Ausnahmen von den Verboten gemäß § 103 Abs 2 nur bewilligen, wenn dadurch der Bestand der betroffenen Wildart nicht gefährdet wird. Auffallend ist, dass sich in den Ausnahmetatbeständen des § 104 Abs 4 lit a bis f nicht die Ausnahmemöglichkeiten gemäß Art 16 Abs 1 lit e FFHRL sowie Art 9 Abs 1 lit c VSchRL finden. Eine Erklärung hiefür ist den Erläuterungen nicht zu entnehmen. Vor allem das Fehlen von Art 9 Abs 1 lit c VSchRL ist von nicht unerheblicher Bedeutung, weil in jüngster Zeit gerade dieser Ausnahmetatbestand die Grundlage für die Bejagung während der sensiblen Phasen des Art 7 Abs 4 bildete.1280 Möchte man beispielsweise in Österreich die Frühjahrsbejagung auf Auer- und Birkhahn weiterführen, kann dies nur – wenn überhaupt – auf Basis des Ausnahmetatbestandes gemäß Art 9 Abs 1 lit c erfolgen. Auch fehlt in § 104 Abs 4 die gemäß Art 9 Abs 3 VSchRL und Art 16 Abs 2 FFH-RL geforderte Berichtspflicht an die Kommission. Dass jedoch in diesem Fall keine normative Umsetzungsverpflichtung besteht, wurde bereits im Zuge der Ausführungen zum NSchG unter C.1.f)ff) eingehend erläutert. Weiters wird von der Kommission im Zusammenhang mit den Anforderungen des Art 9 der Inhalt des § 72 Abs 3 kritisiert.1281 Dieser sieht eine Ausnahme vom grundsätzlichen Verbot der Verwendung von Fallen, die Wildtiere töten, vor. Die Ausnahme kann von der Behörde per Bescheid angeordnet werden, wenn zum einen Leben oder Gesundheit von Menschen durch Wildtiere bedroht wird und anders diese Bedrohung nicht hintan gehalten werden kann (lit a) oder zum anderen vergleichbar bedeutende öffentliche Interessen nicht anders gewahrt werden können (lit b). Die Kommission gesteht zwar lit b grundsätzlich ein sehr hohes Schutzniveau zu, bemängelt aber zu Recht die Tatsache, dass unklar bleibt, welche anderen Interessen als gleichrangig zu werten sind. Der große In____________________
1277
Begründete Stellungnahme zur VSchRL (FN 1024) 22. In der Kommentierung zu § 104 Abs 4 JG (Schlager, FN 1192, 84) wird darauf hingewiesen, dass der Art 9 Abs 4 Abs 1 lit a und b der VSchRL bzw Art 16 Abs 1 lit a bis d der FFH-RL entspricht. 1279 Eine Forderung, auf die von der Kommission stets besonderer Wert gelegt wird. 1280 EuGH Rs C-182/02, Slg 2003. 1281 Mahnschreiben der Kommission zur VSchRL (FN 929), Anhang 29. 1278
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terpretationsspielraum führt somit zu einer nicht unerheblichen Missbrauchsanfälligkeit, so die Kommission. Trotz dieser Argumente wurde § 72 Abs 3 im Zuge der Novelle 2002 nicht geändert. Auch eine restriktive und richtlinienkonforme Interpretation der gegenständlichen Bestimmung wird von der Kommission nicht als ausreichend erachtet, um den Richtlinienanforderungen betreffend Abweichungsmöglichkeiten in allgemein rechtsverbindlicher Weise zu entsprechen.1282 Sie argumentiert an dieser Stelle mit dem bekannten Grundsatz, dass die richtlinienkonforme Interpretation nicht die legistische Umsetzung einer Richtlinienbestimmung ersetzen kann.1283 Auch in der Sache selbst ist die Kommission im Recht, wenn sie die „vergleichbar bedeutenden öffentlichen Interessen“ als zu allgemein kritisiert. Gerade in Art 9 Abs 1 findet sich kein Tatbestand, der diese Wortfolge rechtfertigen könnte.1284 Der Jagdgesetzgeber wird eine Konkretisierung dieses Ausnahmetatbestandes vorzunehmen haben. bb) Die Bejagung von Graureiher und Kormoran im Bundesland Salzburg Ein anderes, von der Kommission immer wieder aufgegriffenes und auch in der Öffentlichkeit heiß diskutiertes Thema1285 ist der Abschuss von Graureiher und Kormoran. Da diese beiden Arten nicht in Anhang II VSchRL aufscheinen, ist ein Abschuss nur über Art 9 möglich. Man stützt sich dabei auf den Ausnahmetatbestand des Art 9 Abs 1 lit a VSchRL bzw § 104 Abs 4 lit b JG, der der Abwendung erheblicher Schäden an Kulturen, Viehbeständen, Wäldern, Fischereigebieten und Gewässern dient.1286 Abgesehen davon, dass die Jagd auf Graureiher und Kormoran in Salzburg auch Gegenstand eigener, bei der Kommission anhängiger Beschwer____________________
1282
Begründete Stellungnahme zur VSchRL (FN 1024) 23. Siehe bereits FN 1076 zur Umsetzung der Art 15 FFH-RL und Art 8 VSchRL. 1284 In Art 16 FFH-RL würde sich mit dem in Abs 1 lit c vorgesehenen Ausnahmetatbestand der „zwingenden Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses“ schon eher ein Grundlage finden. Im Mahnschreiben und in der begründeten Stellungnahme zur FFHRL wird § 72 Abs 3 auch nicht bemängelt. 1285 Salzburger Nachrichten: „Ärger über Abschuss“ vom 14. Oktober 2003, „Graureiherbestand stark gesunken“ vom 13. Oktober 2003, „Strittiger Abschuss“ vom 8. August 2003, „Graureiher: Abschuss EU-widrig“ vom 22. März 2002, „Rüge aus Brüssel“ vom 5. November 1999. 1286 In § 104 Abs 4 lit b JG wurde die Formulierung „ernster Schäden“ anstatt wie in der VSchRL vorgesehen „erheblicher Schäden“ gewählt. Man hat sich hier offensichtlich an Art 16 Abs 1 lit b FFH-RL gehalten, der von „ernsten Schäden“ spricht. Die Wortfolge „sowie bei Haarwild auch an sonstigen Formen des Eigentums“ in § 104 Abs 4 lit b rührt daher, dass die VSchRL diesen Ausnahmegrund nicht kennt. 1283
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Die Umsetzung im Salzburger Jagdrecht
den ist,1287 wird in der begründeten Stellungnahmen zur VSchRL1288 kritisiert, dass weder die §§ 59 und 60 JG noch die Vogelabschussplanverordnung 2003 die erforderlichen Ausnahmetatbestände und Bedingungen gemäß Art 9 Abs 1 und 2 VSchRL enthalten. Nach Ansicht der Kommission gibt die Abschussplanverordnung auch keinerlei nähere Umstände an, unter denen die Abschüsse erfolgen dürfen und enthält keine nähere Spezifizierung der erheblichen Schäden. Überdies scheint die Gesamthöchstmenge von 101 Graureihern geeignet zu sein, die regionale Population erheblich beeinträchtigen zu können. Bevor auf die konkrete Abschussplanung eingegangen wird, soll nochmals die Festlegung der Schonzeiten Erwähnung finden. Bereits im Rahmen der Erläuterungen zu Art 7 Abs 4 wurde darauf hingewiesen, dass der Graureiher und Kormoran sowie einige Raubvögel, die ebenfalls nicht in Anhang II der VSchRL aufscheinen, in § 54 Abs 1 genannt sind, daher für sie eine Schonzeit festzulegen ist und sie daher prinzipiell bejagbar wären. Eingeschränkt wird diese Möglichkeit bekanntlich durch die im Zuge der Novelle 2002 im § 54 Abs 1 eingeführte Wortfolge „Für Vogelarten, die nicht im Anhang II der VSchRL (§ 100a Z 6) als in Österreich jagdbare Arten genannt sind, dürfen Schusszeiten nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 104 Abs 4 vorgesehen werden.“ In der Kommentierung zu § 54 wird festgehalten,1289 dass aufgrund der günstigen Bestandsentwicklung Kormorane und Graureiher im Rahmen von Abschussplänen bejagt werden können. Die Abschusszahlen sind dabei jährlich von der Landesregierung durch Verordnung festzulegen.1290 So wurden beispielsweise durch die Vogelabschussplanverordnung 20041291 für das Bundesland Salzburg ein Höchstabschuss von 120 Graureihern und 80 Kormorane festgelegt. Die Verordnung enthält eine Aufteilung der Abschusszahlen auf zwölf Wildräume bzw deren Unterteilungen, die Wildregionen. § 2 dieser Verordnung gibt vor, dass die Jagdbehörden die Abschüsse von Graureihern und Kormoranen jenen Jagdgebieten zuzuteilen haben, in denen Fischwasser mit besonderer Schadensintensität liegen. Die Verordnungsermächtigung bildet § 60 Abs 3a, der die Festlegung der Höchstabschusszahlen und deren Verteilung auf die Wildregionen ____________________
1287 1288 1289 1290
1998/4442, 1999/4191 und 2001/4248. Begründete Stellungnahme zur VSchRL (FN 1024) 23. Schlager (FN 1192) 45. Diese Vorgehensweise soll auch für alle anderen nicht ganzjährig geschonten Vogelarten gelten, die der VSchRL unterliegen, aber nicht in deren Anhang II aufscheinen. In erster Linie sind damit bestimmte Raubvögel betroffen. 1291 Verordnung der Salzburger Landesregierung vom 22. Jänner 2004 zur Festlegung der Höchstabschüsse für Graureiher und Kormorane (Vogelabschussplanverordnung 2004), LGBl Nr 2/2004.
Die Umsetzung der Artenschutzbestimmungen
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durch Verordnung der Landesregierung unter sinngemäßer Anwendung von § 104 Abs 4 verlangt. Die Höchstabschusszahlen sind so festzulegen, dass im Landesgebiet ein den Grundsätzen des § 3 entsprechender Bestand der einzelnen Vogelart erreicht oder erhalten wird und keine untragbaren Schäden auftreten, so der novellierte Abs 3a weiter.1292 Den Erläuterungen zu jüngsten Novelle zufolge1293 soll in Abs 3a deutlicher als bisher zum Ausdruck gebracht werden, dass eine Abschussplanverordnung für geschützte Federwildarten nur bei Vorliegen der in Art 9 VSchRL bzw § 104 Abs 4 JG enthaltenen Kriterien erlassen werden darf. Auch die Kommentierung zu § 541294 weist darauf hin, dass § 60 Abs 3a in Zusammenhang mit Art 9 zu sehen ist und daher Abschüsse nur in jenem Ausmaß freigegeben werden können, das zur Vermeidung von Schäden an Fischereigebieten oder sonstigen Kulturen bzw zum Schutz der Pflanzen- und Tierwelt erforderlich ist. Die Freigabe kann jeweils im Vergleich zum Gesamtbestand nur geringe Mengen umfassen.1295 Der Kritik der Kommission, die §§ 59 und 60 enthielten keinen Bezug zu Art 9 Abs 1 und 2 VSchRL, kann nicht uneingeschränkt zugestimmt werden. Während § 59 Abs 1 bloß die Abschussplanpflicht für nicht Anhang II Vogelarten vorsieht, verweist § 60 Abs 3a – wie soeben dargelegt – auf § 104 Abs 4 und somit sehr wohl auf Art 9 VSchRL. Allerdings wird durch § 104 Abs 4 nur Art 9 Abs 1 umgesetzt, die formalen Voraussetzungen des Abs 2 finden sich hingegen nicht in § 104 Abs 4. Bereits im Mahnschreiben wurde bezugnehmend auf Art 9 Abs 2 von der Kommission kritisiert,1296 dass die abweichenden Bestimmungen nicht die vorzunehmenden Kontrollen angeben. Im oben erwähnten Kommentar zu § 54 wird hiezu auf die Bestimmungen über die Abschussplankontrolle verwiesen.1297 Diese Argumentation gilt es zu hinterfragen: ____________________
1292
Vor der Erlassung einer solchen Verordnung sind die Jägerschaft, der Fischereiverband, die Kammer für Land- und Forstwirtschaft und die Landesumweltanwaltschaft zu hören. Die Einbindung des Fischereiverbandes an dieser Stelle zeigt, dass die Möglichkeit des Abschusses von Vogelarten gemäß § 59 Abs 1 zweiter Satz (nicht in Anhang II VSchRL angeführte Arten) in erster Linie auf die Abwendung von Schäden in der Fischereiwirtschaft abzielt. 1293 LT-Regierungsvorlage zur JG-Novelle 2002 (FN 1205) 18. 1294 Schlager (FN 1192) 45. 1295 Warum hier Art 9 Abs 1 lit c VSchRL ins Spiel gebracht wird (mit der „geringen Menge“), ist nicht nachvollziehbar. Der Tatbestand zur Abwendung erheblicher Schäden an der Fischerei in Art 9 Abs 1 lit a VSchRL ist ein eigener Ausnahmegrund und hat mit Art 9 Abs 1 lit c grundsätzlich nichts zu tun. 1296 Mahnschreiben der Kommission zur VSchRL (FN 929), Anhang 29. 1297 Die erforderliche strenge Überwachung soll durch die §§ 63 und 64 sichergestellt werden.
336
Die Umsetzung im Salzburger Jagdrecht
§ 63 verpflichtet den Jagdinhaber eine Abschussliste zu führen, die ua das erlegte Wild beinhalten muss. Die Jagdbehörde und der Leiter der Hegegemeinschaft können jederzeit in die Liste Einblick nehmen. Neben dem Führen der Abschussliste trifft den Jagdinhaber gemäß § 64 Abs 1 weiters die Pflicht, jeden der Abschussplanung unterliegenden Abschuss eines Wildes dem Hegemeister innerhalb von fünf Tagen schriftlich zu melden. Der Hegemeister hat wiederum alle einlangenden Abschussmeldungen zur Monatsmitte und zum Monatsende sowie vom ersten November bis zum Jahresende wöchentlich schriftlich an die Jägerschaft zu übermitteln. Diese hat ein Verzeichnis über die eingelangten Meldungen zu führen und es auf Verlangen der Jagdbehörde zu übermitteln. Die weiteren Bestimmungen des § 64 beziehen sich in erster Linie auf die Vorlagepflicht von Schalenwild im Zusammenhang mit auftretenden waldgefährdenden Wildschäden. § 154 regelt die Zusammenstellung der jagdstatistischen Daten durch die Jägerschaft und deren Übermittlung an die Behörde. Ein konkreter Bezug zur Überwachung von Abschüssen im Rahmen des § 104 Abs 4 finden sich jedoch in den genannten Regelungen nicht. Auch geht aus den Bestimmungen klar hervor, dass die Behörde nur im Bedarfsfall in die Überwachung eingebunden ist. Da die Überwachung einen sehr maßgeblichen Stellenwert im Rahmen des Art 9 Abs 2 einnimmt, ist die Herstellung eines konkreten Bezuges in § 64 zu fordern. Ein großer Verwaltungsaufwand ist dabei aufgrund der geringen Anzahl der Abschüsse nicht zu erwarten. Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob dieses zweistufige System – Festlegung von Höchstabschusszahlen durch Verordnung der Landesregierung im ersten Schritt und Bewilligung der konkreten Abschüsse durch einen Abschussplan im zweiten Schritt – der richtige Ansatz ist, die Vorgaben des Art 9 VSchRL umzusetzen. Das JG sieht in § 60 Abs 3a vor, dass bereits bei der Festlegung der Höchstabschusszahlen per Verordnung § 104 Abs 4 sinngemäß anzuwenden ist. Die Schwierigkeit ist hier darin zu sehen, dass Art 9 bzw auch § 104 Abs 4 eine restriktiv zu interpretierende Ausnahmeregelung bildet, die auf den Einzelfall abstellt. Ob der konkrete Ausnahmetatbestand vorliegt und es tatsächlich keine andere zufrieden stellende Lösung gibt, ist im Einzelfall zu prüfen.1298 Inwieweit diese Fragen tatsächlich bei der Ver____________________
1298
Der Salzburger Jagdgesetzgeber ist hier offensichtlich anderer Meinung, nachdem er die vom Österreichischen Naturschutzbund und der Salzburger Landesumweltanwaltschaft im Zuge des Begutachtungsverfahrens zur JG-Novelle 2002 vorgebrachten gemeinschaftsrechtlichen Bedenken nicht teilt: Art 9 der VSchRL könne keine ausschließliche Zulässigkeit von Einzelfallentscheidungen entnommen werden (LT-Regierungsvorlage zur JG-Novelle 2002, FN 1205, 20).
Die Umsetzung der Artenschutzbestimmungen
337
ordnungserlassung Berücksichtigung finden können, ist zweifelhaft. In der Praxis wird das Problem landesweit beurteilt und die Verteilung der Höchstabschüsse je nach Schwerpunkt der auftretenden Schäden erfolgen. Die Möglichkeit einer anderen zufrieden stellenden Lösung wird ebenfalls auf das Bundesland bezogen beurteilt bzw verneint, weil es ansonsten keine Abschüsse geben dürfte. Die sinngemäße Anwendung des § 104 Abs 4 auf das Verfahren zur Verordnungserlassung ist somit nur beschränkt möglich. Im Ergebnis enthält die Vogelabschussplanverordnung auch nur die Abschusszahlen und den allgemein gehaltenen § 2, sodass die Kommission, wie oben erwähnt, berechtigterweise die näheren Umstände, unter denen die Abschüsse erfolgen dürfen, sowie eine Spezifizierung der erheblichen Schäden vermisst. An der Abschussplanverordnung wird zudem kritisiert, dass keinerlei nachvollziehbare Grundlagen vorliegen, die einen erheblichen Schaden an „Fischereigebieten und Gewässern“ glaubhaft belegen. Auch kommt es immer zum Vorwurf, dass die Möglichkeit „anderer zufrieden stellender Lösungen“ nicht geprüft wurde.1299 Andererseits ist die landesweite Betrachtungsweise positiv im Hinblick auf eine mögliche Gefährdung der betroffenen Vogelarten zu beurteilen. Die Festlegung von Höchstabschüssen für das gesamte Bundesland kann ein geeignetes Mittel sein, eine Gefährdung der Vogelart in ihrem Bestand zu verhindern. Die Beurteilung der Auswirkung auf den Bestand ist auf höherer Ebene leichter möglich als im Einzelfall. Im Zusammenhang mit der Festlegung der Abschusszahlen wird allerdings kritisiert, dass hier keine ornithologischen Untersuchungen vorliegen, sondern die Zahlen auf Beobachtungen und Schätzungen des Landesfischereiverbandes beruhen.1300 Es stellt sich daher die Frage, ob gesicherte Zahlen für das Land Salzburg, die eine seriöse Grundlage für Überlegungen hinsichtlich eines etwaigen Abschussplanes darstellen würden, nicht anhand einer detaillierten wissenschaftlichen Untersuchung gewonnen werden müssten. Nachdem den bisher ergangen Abschlussplänen solche nicht Daten nicht zugrunde lagen, sind jedenfalls Zweifel im Hinblick auf das Erfordernis einer ausreichenden Grundlagenforschung im Rahmen der Verordnungserlassung angebracht.1301 ____________________
1299 Vgl das Schreiben von Bird Life Österrreich an das Amt der Salzburger Landesregierung vom 30. Oktober 1998 betreffend Entwurf einer Vogelabschussplanverordnung. 1300 Beschwerde der Salzburger Landesumweltanwaltschaft an die Kommission wegen Verstoß der Republik Österreich gegen Art 7 Abs 4 und Art 9 der VSchRL bzw Art 6 der FFH-RL vom 23. Februar 1999, 3. 1301 In der Zwischenzeit wurde von der Salzburger Landesregierung eine wissenschaftliche Studie in Auftrag gegeben, die die Auswirkung von Graureiher und Kormoran auf die heimischen Fischbestände untersuchen soll (LUA-Notizen, Heft 4/04, 2).
338
Die Umsetzung im Salzburger Jagdrecht
Unabhängig von den tatsächlich festgelegten Zahlen ist entscheidend, dass die in der Verordnung festgelegten Abschüsse tatsächlich als Obergrenzen verstanden werden. § 104 Abs 4 muss bei der Genehmigung der konkreten Abschüsse Anwendung finden. Im Einzelfall ist zu prüfen, ob tatsächlich ernste Schäden am Fischwasser drohen und ob wirklich keine andere Möglichkeit besteht, den Schaden abzuwenden. Generelle Bewilligungen können den Ausnahmecharakter des Art 9 VSchRL nicht entsprechend berücksichtigen. Gerade deshalb sind diese Vorgaben im Bescheidverfahren zu prüfen. Das JG nimmt auf diese Vorgaben nicht ausreichend Bedacht. In der Vogelabschussplanverordnung ist in § 2 lediglich normiert, dass die Jagdbehörden die Abschüsse von Graureiher und Kormoran jenen Jagdgebieten zuzuteilen haben, in denen Fischwasser mit besonderer Schadensintensität liegen. Eine individuelle Prüfung wird damit nicht aufgetragen. Die Berücksichtigung von § 104 Abs 4 ist formal offensichtlich auf das Verfahren der Verordnungserlassung beschränkt. Wie oben erläutert, ist dies aber nicht ausreichend und müssen daher die Vorgaben der VSchRL in erster Linie im Bescheidverfahren Berücksichtigung finden. Auch kann die oben erwähnte günstige Bestandsentwicklung von Kormoran und Graureiher für sich nicht die Bejagung dieser beiden Arten rechtfertigen. Die Genehmigung eines konkreten Abschusses kann letztlich nur nach Vorliegen der Voraussetzungen des § 104 Abs 4 erfolgen. In den bisher erlassenen Vogelabschussplanverordnungen war bisher nur der Abschuss von Graureiher und Kormoran geregelt. Höchstabschüsse für Eichelhäher, Rabenkrähe, Kolkrabe etc sind daher nicht festgelegt. Ein möglicher Abschuss dieser, nicht in Anhang II genannten Vogelarten, wird sich direkt auf § 104 Abs 4 stützen müssen. Dies hat im Übrigen auch für Abschüsse gemäß § 90 Abs 1 JG zu gelten. Maßnahmen zum Schutz des Waldes und landwirtschaftlicher Kulturen, die nicht in Anhang II aufscheinende Vogelarten betreffen, müssen ebenfalls durch § 104 Abs 4 gedeckt sein. Auf dieses Erfordernis wurde im Übrigen bereits von Christl1302 aufmerksam gemacht. g) Zusammenfassende Beurteilung Die Ausführungen haben die angekündigten Problembereiche und Schwierigkeiten bei der Implementierung der Artenschutzbestimmungen ins Jagdrecht aufgezeigt. Mit der JG Novelle 2002 wurde ein Großteil der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben umgesetzt. ____________________
1302
Christl (FN 3) 180.
Umsetzung der Forschungsförderung
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Die Defizite betreffen in erster Linie den Art 7 bzw Anhang II. Die hier teilweise unübersichtlichen und komplizierten Regelungen des JG entsprechen nicht zur Gänze den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben. Als noch ungelöst zu sehen ist beispielsweise die Bejagung der Rauhfußhühner zur Balzzeit im Frühjahr. Weitere Schwierigkeiten bereitet die vollständige Umsetzung von Art 16 FFH-RL und Art 9 VSchRL. Die praktischen Auswirkungen der Mängel zeigen sich am Beispiel des Abschusses von Graureiher und Kormoran. Nicht zuletzt die anhängigen Vertragsverletzungsverfahren verdeutlichen den bestehenden Handlungsbedarf für den Jagdgesetzgeber.
5. Umsetzung der Forschungsförderung Art 10 VSchRL und Art 18 FFH-RL enthalten Bestimmungen über die Förderung der erforderlichen Forschung und die notwendigen wissenschaftlichen Arbeiten im Hinblick auf die Ziele der beiden Richtlinien. Wie bereits im Rahmen der Erläuterungen zum NSchG erwähnt, vertritt die Kommission die Ansicht, dass sich aus Art 10 Abs 1 VSchRL und Art 18 Abs 1 FFH-RL keine unmittelbaren subjektiven Rechte oder Verpflichtungen der einzelnen Normadressaten ableiten lassen und daher von einer weiteren Behandlung abgesehen wird.1303 Unabhängig davon findet sich in § 108a Abs 7 JG die Vorgabe, dass das Land wissenschaftliche Forschungsmaßnahmen auf dem Gebiet der Wildökologie gemäß Art 18 FFH-RL und Art 10 VSchRL nach Maßgabe der im Landesvoranschlag dafür vorgesehenen Mittel als Träger von Privatrechten zu fördern hat, wobei auf die Gewährung der Förderung kein Rechtsanspruch besteht. Somit besteht eine rechtliche Grundlage für die Forschungsförderung bezüglich der dem JG unterstellten, richliniengeschützten Vogelarten.
6. Umsetzung der Bestimmungen über die Ansiedelung von Tierarten Die einschlägigen Bestimmungen über die Ansiedelung von Tierarten finden sich in Art 11 VSchRL und Art 22 FFH-RL. Im Zuge der Ausführungen zur Umsetzung dieser beiden Bestimmungen im NSchG wurde auf die in den beiden Mahnschreiben der Kommission1304 enthaltene Feststellung hingewiesen, dass die entsprechenden lan____________________
1303 Begründete Stellungnahme zur FFH-RL (FN 926) 23; Begründete Stellungnahme zur VSchRL (FN 1024) 24. 1304 Mahnschreiben der Kommission (FN 921) 12 bzw 8.
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Die Umsetzung im Salzburger Jagdrecht
desrechtlichen Bestimmungen zum Teil nicht hinreichend genau sind, im Wesentlichen aber als den Richtlinienanforderungen Rechnung tragend angesehen werden können. Unter den als zu mangelhaft aufgelisteten Bestimmungen findet sich keine Salzburger Regelung. In den beiden begründeten Stellungnahmen1305 wird allerdings bemängelt, dass § 33 NSchG eine zu allgemeine und unverbindlich gefasste Bestimmung, nach der eine Versagung nur bei einer erheblichen Beeinträchtigung erfolgt, enthält. Das JG blieb hingegen auch in den begründeten Stellungnahmen unerwähnt. Da jedoch bekanntlich ein wichtiger Teil der VSchRL-relevanten Vogelarten und der FFH-RL-relevanten Tierarten dem Regelungsregime des JG unterliegt, erscheint es geboten, die hier einschlägigen Bestimmungen im JG näher zu beleuchten. Gemäß § 73 Abs 1 darf Wild nur vom Jagdinhaber und nur mit Bewilligung der Landesregierung in die freie Wildbahn ausgesetzt werden. Ausgenommen hievon sind Fasane und Stockenten. Das JG unterscheidet in diesem Zusammenhang offensichtlich nicht zwischen heimischen und nicht heimischen Arten, sondern stellt generell auf den Begriff Wild ab. Eine jagdbehördliche Bewilligungspflicht besteht folglich nur für das Aussetzen von den in § 4 aufgelisteten Haar- und Federwildarten. Das Ansiedeln anderer Tierarten fällt hingegen in den Regelungsgegenstand des NSchG. Die Ausnahme von der Bewilligungspflicht für Fasane und Stockenten steht nicht im Widerspruch zur VSchRL, da sich deren Art 11 im Gegensatz zu Art 22 FFH-RL nur auf die Ansiedelung von nicht heimischen Arten bezieht. Hinsichtlich der Bewilligungskriterien für das Aussetzen von Wild wird gemäß § 73 Abs 2 auf die Grundsätze des § 3 verwiesen, die in diesem Fall nicht beeinträchtigt werden dürfen. Nach Art 11 VSchRL sind nachteilige Auswirkungen auf die örtliche Tier- und Pflanzenwelt zu vermeiden und nach Art 22 ist eine Schädigung der natürlichen Lebensräume in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet sowie der einheimischen wildlebenden Tier- und Pflanzenwelt unzulässig. Die sehr weit gefassten und auch ökologische Aspekte umfassenden Kriterien des § 3 sind in der Lage, die Parameter der Richtlinien abzudecken. Kritisch ist allerdings der Schutz der natürlichen Lebensräume und der Pflanzenarten zu sehen. § 3 berücksichtigt zwar das gesamte Wirkungsgefüge, jedoch in erster Linie auf das Wild bezogen. Das unter lit d angeführte öffentliche Interesse am Naturschutz, dokumentiert durch die ____________________
1305
Begründete Stellungnahme zur FFH-RL (FN 926) 25; Begründete Stellungnahme zur VSchRL (FN 1024) 25.
Allgemeines
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beiden Richtlinien, wird verstärkte Berücksichtigung finden müssen, um auch den natürlichen Lebensräumen und Pflanzenarten den entsprechenden Schutz zukommen zu lassen. Neben der Salzburger Jägerschaft und dem wildökologischen Fachbeirat1306 ist auch die Salzburger Landesumweltanwaltschaft in das Bewilligungsverfahren eingebunden.1307 Auf Grundlage ihrer Parteistellung nach § 8 AVG ist die Landesumweltanwaltschaft in der Lage, die Interessen des Naturschutzes entsprechend zu vertreten. Darüber hinaus gehört dem wildökologischen Beirat gemäß § 155 Abs 2 lit g auch ein mit den Angelegenheiten des Natur- und Tierschutzes betrauter Bediensteter des Amtes der Landesregierung an.
E. Die Umsetzung im Salzburger Fischereirecht 1. Allgemeines Zur Beantwortung der Frage, ob überhaupt ein Anpassungsbedarf hinsichtlich der VSch- und FFH-RL im Fischereirecht gegeben ist, muss zunächst der Regelungsgegenstand des Salzburger Fischereigesetzes1308 – iF FG – näher untersucht werden. Den Anknüpfungspunkt hiezu bildet der in § 2 Z 11 definierte Begriff „Wassertiere“. Nach dieser Legaldefinition gehören zu den Wassertieren Fische, Neunaugen, Krustentiere und Muscheln. Nicht unter den Begriff Wassertiere fallen Amphibien und damit insbesondere auch Frösche, die nach den Bestimmungen des NSchG geschützt sind.1309 Umgekehrt werden ua Fische, Neunaugen, Krustentiere und Muscheln gemäß § 31 Abs 1 NSchG von den naturschutzrechtlichen Artenschutzbestimmungen ausgenommen. Im Folgenden ist zu klären, welche dieser im Bundesland Salzburg vorkommenden Wassertiere in den Anhängen der FFH-RL aufscheinen. Aus diesen Ergebnissen werden die aus der FFH-RL erwachsenen1310 Umsetzungsverpflichtungen für das Salzburger Fischereirecht abzuleiten sein. ____________________
1306
Gemäß § 155 JG. Gemäß § 150 JG. 1308 Gesetz vom 3. Juli 2002 über die Regelung der Fischerei im Land Salzburg (Fischereigesetz 2002), LGBl Nr 81/2002. 1309 LT-Regierungsvorlage: Fischereigesetz 2002, Nr 745 der Beilagen zum stenographischen Protokoll des Salzburger Landtages (4. Session der 12. Gesetzgebungsperiode) 36. 1310 Im Gegensatz zur Umsetzung im NSchG und JG ist hier ausschließlich die FFHRL (und nicht die VSchRL) betroffen. 1307
342
Die Umsetzung im Salzburger Fischereirecht
2. Die Umsetzung der Gebietsschutzbestimmungen Nach Art 4 FFH-RL sind für bestimmte, in Anhang II der Richtlinie aufgelistete Lebensräume sowie für Tier- und Pflanzenarten Schutzgebiete auszuweisen. Im Zusammenhang mit dem Fischereigesetz ist nun zu prüfen, ob im Bundesland Salzburg vorkommende Wassertiere im Sinne des § 2 Z 11 FG in Anhang II der FFH-RL aufscheinen. Einer wissenschaftlichen Studie aus dem Jahre 1998 zufolge1311 kommen von den in Anhang II der FFH-RL genannten Fische im Bundesland Salzburg folgende Arten vor: Ukrainisches Bachneunauge, Bachneuenauge, Huchen, Strömer, Perfisch, Bitterling, Mairenke und Koppe. Bezüglich der Weichtiere gibt es in Salzburg ein gegenwärtiges Vorkommen der Anhang II Arten Schmale Windelschnecke, Vierzähnige Windelschnecke und Flussmuschel. Keiner dieser Arten wird dabei als prioritär eingestuft. Nach diesen Daten besteht somit die (zumindest theoretische)1312 Möglichkeit, für die im Bundesland Salzburg vorkommende Wassertiere Schutzgebiete im Sinne des Art 4 FFH-RL auszuweisen. Da die betroffenen Wassertiere dem Regelungsgegenstand des FG unterliegen, sind im FG die entsprechenden rechtlichen Rahmenbedingungen, etwa nach dem Vorbild des § 22a NSchG und § 108a JG, zu schaffen. Ein Blick in das neu geschaffene FG zeigt jedoch, dass eine derartige Regelung nicht aufgenommen wurde. Die Erläuterungen zum FG1313 lassen aber erkennen, dass eine solche ursprünglich angedacht war. Die Aufnahme von Bestimmungen über Europaschutzgebiete für Wassertiere in das Fischereigesetz ist im Begutachtungsverfahren auf Grund des damit verbundenen, vermeidbaren Behördenaufwandes auf breite Ablehnung gestoßen. In mehrfacher Erörterung des Themas mit Vertretern des Landesfischereiverbandes konnte Einvernehmen darüber erzielt werden, die Bestimmungen über die Europaschutzgebiete unter gleichzeitiger Änderung der Schonvorschriften in § 21 entfallen zu lassen, so die Erläuterungen zum FG. § 21 enthält artenschutzspezifische Regelungen, wie etwa die Festlegung von Schonvorschriften. Diese Bestimmungen werden im folgenden Kapitel über den Artenschutz im FG näher beleuchtet. Dem vorgreifend ____________________
1311
Paar/Oberleitner/Kutzenberger, Fachliche Grundlagen zur Umsetzung der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie – Schwerpunkt Arten (Anhang II), Umweltbundesamt (Hrsg), 1998, 130. 1312 Ob die vorkommenden Arten tatsächlich eine Schutzgebietsausweisung erfordern, ist eine andere, zum Teil wohl auch fachliche Frage, die hier nicht beantwortet werden kann. 1313 LT-Regierungsvorlage zum FG 2002 (FN 1309) 33.
Die Umsetzung der Artenschutzbestimmungen
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muss an dieser Stelle allerdings klargestellt werden, dass die Festlegung von Schonzeiten und Mindestlängen nichts mit Gebietsschutz zu tun hat und diesen schon gar nicht ersetzen kann. Wie bereits oben erwähnt, kann hier nicht beurteilt werden, ob für jene im Bundesland Salzburg vorkommenden Wassertiere, die in Anhang II der FFH-RL genannt sind, tatsächlich die Ausweisung von Schutzgebieten in Frage kommt. Ein genereller Verzicht auf die hiefür notwendigen rechtlichen Bestimmungen unter Hinweis auf § 21 ist jedoch nicht gerechtfertigt. Das FG enthält im vierten Abschnitt über den Schutz der Wassertiere und ihrer Lebensräume einen eigenen Unterabschnitt, der sich dem Schutz der Lebensräume – allerdings in erster Linie aus der Sicht der Bewirtschaftung – widmet. An dieser Stelle würde sich die Implementierung der gemeinschaftsrechtlichen Gebietsschutzbestimmungen anbieten. Wie bereits im Rahmen der Ausführungen zum JG erwähnt, hat die Kommission im Vertragsverletzungsverfahren1314 den Blick – was die Umsetzung der gemeinschaftsrechtlichen Gebietsschutzbestimmungen betrifft – ausschließlich auf das NSchG gerichtet. Möglicherweise ist der Kommission nicht bewusst, dass im Bundesland Salzburg die relevanten Tierarten des Anhangs II FFH-RL und des Anhangs I VSchRL dem Regelungsbereich unterschiedlicher Gesetze zugeordnet sind und folglich die Umsetzung der Gebietsschutzbestimmungen im NSchG nicht für die Erfassung aller Arten ausreicht. Bemerkenswert ist, dass auch Christl1315 in ihren, sonst sehr detaillierten Untersuchungen die Frage des Gebietsschutzes in Fischereigesetzen gar nicht aufgeworfen sondern sich ausschließlich dem Artenschutz gewidmet hat.
3. Die Umsetzung der Artenschutzbestimmungen a) Umsetzung des allgemeinen Schutzregimes für Tierarten nach Art 12 FFH-RL Während für die Gebietsschutzbestimmungen Anhang II der FFH-RL maßgeblich ist, muss an dieser Stelle Anhang IV Buchstabe a) einer näheren Betrachtung unterzogen werden. Die Mitgliedstaaten treffen bekanntlich die notwendigen Maßnahmen, um ein strenges Schutzregime für die dort genannten Tierarten in deren natürlichen Verbreitungsgebieten einzuführen. ____________________
1314
Vgl das Mahnschreiben (FN 923) Anhang 6 f sowie die Begründete Stellungnahme der Kommission zur FFH-RL (FN 926) 8 ff; 1315 Christl (FN 3) 188 ff.
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Die Umsetzung im Salzburger Fischereirecht
In einem ersten Schritt gilt es wiederum zu klären, ob ein im Bundesland vorkommendes Wassertier im Sinne des § 2 Z 11 FG in Anhang IV Buchstabe a) der FFH-RL aufgelistet ist. Ein Vergleich der in Anhang IV Buchstabe a) genannten Fische mit den Daten der bereits zitierten Studie vom Umweltbundesamt1316 zeigt, dass in Österreich keine dieser vorkommt.1317 Von den in Anhang IV Buchstabe aufgeführten 24 Weichtieren kommt die Flussmuschel in Österreich und auch im Bundesland Salzburg1318 vor. Krustentiere scheinen in Anhang IV nicht auf. Demzufolge sind die Bestimmungen des Art 12 FFH-RL für die Flussmuschel im FG umzusetzen. Während von Christl 19991319 noch festgestellt werden musste, dass sich in keinem der Fischereivorschriften Österreichs die geforderten Verbote bzw eine Überwachungsregelung für die Flussmuschel findet, haben die gemeinschaftlichen Vorgaben mittlerweile ihren Niederschlag im neuen Salzburger FG gefunden. Gemäß § 22 Abs 1 FG ist die Dicke Flussmuschel (Unio crassus) vollkommen geschützt und wird dabei im Klammerausdruck auf ihre Auflistung in Anhang IV lit a der FFH-RL hingewiesen. Der vollkommene Schutz gilt dabei auch für alle ihre Entwicklungsformen, Teile oder Laichstätten.1320 Weiters werden in § 22 Abs 2 konkrete Verbote nach dem Vorbild von Art 12 Abs 1 FFH-RL angeführt. Dabei wurden die Verbote nach lit a und b mehr oder weniger wortgleich übernommen. Die verbotene Beschädigung oder Vernichtung der Fortpflanzung- oder Ruhestätten gemäß Art 12 Abs 1 lit d FFH-RL wird in § 22 Abs 2 FG unter lit c geführt. Dabei ist allerdings anzumerken, dass im FG im Gegensatz zum Wortlaut in der FFH-RL die Zerstörung, Beschädigung und auch Entfernung an die Absichtlichkeit geknüpft wird. Dass diese auf den ersten Blick geringfügige Abweichung für die Auslegung dieses Tatbestandes nicht unerheblich ist, haben bereits die Ausführungen zu Art 12 unter II.C.4.b) gezeigt. Wie an dieser Stelle erwähnt, gibt es insbesondere divergierende Meinungen zur Frage, wie die im Vergleich zu lit a bis c fehlende Absichtlichkeit in lit d zu interpretieren ist. Wenn die Kommission nun nicht von einem legistischen Versehen in Art 12 Abs 1 lit d ausgeht und diesen ____________________
1316
Paar/Oberleitner/Kutzenberger (FN 1311) 130. Auch Christl (FN 3) kommt zu diesem Ergebnis. 1318 Auch in Erläuterungen zu § 22 findet sich der Hinweis, dass die Dicke Flussmuschel das derzeit einzige nach Anhang IV geschützte Wassertier ist, das in den Gewässern Salzburgs vorkommt (LT-Regierungsvorlage zum FG 2002, FN 1309, 43). 1319 Christl (FN 3) 188. 1320 Womit Art 12 Abs 3 der FFH-RL entsprochen wird, der die Verbote seiner Absätze 1 und 2 für alle Lebensstadien der Tiere gelten lässt. 1317
Die Umsetzung der Artenschutzbestimmungen
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weiterhin wörtlich interpretiert, ist die Umsetzung in § 22 Abs 2 lit c FG als nicht richtlinienkonform anzusehen.1321 Überhaupt nicht umgesetzt in § 22 Abs 2 FG wird Art 12 Abs 1 lit c) mit dem Verbot der absichtlichen Zerstörung oder Entnahme von Eiern aus der Natur. Eine Erklärung hiefür sowie auch für die oben aufgeworfene Frage der Absichtlichkeit sucht man in den Erläuterungen zu § 22 vergeblich.1322 Aufgenommen in § 22 Abs 2 wurden die in Art 12 Abs 2 normierten Besitz- und Handelsbeschränkungen als lit d. Der im FG etwas ergänzte Wortlaut orientiert sich im Wesentlichen an § 31 Abs 2 Satz 2 NSchG. In § 22 Abs 3 soll Art 16 FFH-RL umgesetzt werden; dazu mehr im Folgenden unter d). Die Einrichtung eines Systems zur fortlaufenden Überwachung der unbeabsichtigten Fangs oder Tötens der in Anhang IV lit a genannten Tierarten, wie es Art 12 Abs 4 FFH-RL fordert, ist nicht vorgesehen. Diesbezüglich kann auf die Ausführungen zum NSchG verwiesen werden.1323 b) Umsetzung des Art 14 FFH-RL über die Entnahme von Tierarten Die Bestimmung des Art 14 nimmt bekanntlich auf Art 11 Bezug und fordert diesbezüglich Maßnahmen mit der Zielsetzung, dass die Entnahme aus der Natur von Exemplaren der wildlebenden Tier- und Pflanzenarten des Anhangs V sowie deren Nutzung mit der Aufrechterhaltung eines günstigen Erhaltungszustandes vereinbar sind. Die mit dieser abstrakt gehaltenen Vorgabe verbundenen Schwierigkeiten bei der Umsetzung wurden bereits beim NSchG und JG erkannt. In Zusammenhang mit dem FG soll zu Beginn wiederum ein Blick in den hier einschlägigen Anhang V geworfen werden. Von den dort genannten Fischen kommen im Bundesland Salzburg nur der Huchen und der Perlfisch vor.1324 Weichtiere und Krustentiere scheinen in Anhang V nicht auf. Der sich somit ergebenden Umsetzungsverpflichtung aus Art 14 FFHRL soll in § 21 FG nachgekommen werden. Dessen Abs 1 ermächtigt die Landesregierung, Schonzeiten und Mindestlängen (Brittelmaße) für be____________________
1321
Bemerkenswert ist, dass im Rahmen der Umsetzung im Naturschutzrecht in § 4 Abs 2 der Pflanzen- und Tierarten- Schutzverordnung die Beschädigung oder Vernichtung der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten keine Absichtlichkeit fordert. 1322 LT-Regierungsvorlage zum FG 2002 (FN 1309) 43. 1323 Siehe dazu unter C.1. f )bb). 1324 Paar/Oberleitner/Kutzenberger (FN 1311) 130.
346
Die Umsetzung im Salzburger Fischereirecht
stimmte Wassertierarten unter Bedachtnahme auf deren natürliche Fortpflanzung festzulegen. Das Ziel liegt dabei in der Sicherung eines gewässerspezifischen, artenreichen und gesunden Bestandes. Im zweiten Satz des § 21 Abs 1 wird ausdrücklich normiert, dass für Wassertierarten, für deren Erhaltung besondere Schutzgebiete (Europaschutzgebiete) auszuweisen sind, oder die unter Anhang V der FFH-RL fallen, die dafür erforderlichen Schonzeiten und Mindestlängen festzusetzen sind. Der Beginn der Schonzeit ist mindestens vier Wochen vor Beginn der Laichzeit anzusetzen, so der dritte Satz in Abs 1. Auf die Erwähnung jener Wassertierarten in § 21, die in Anhang II der FFH-RL genannt sind, wurde bereits voranstehend hingewiesen. Dass der Gesetzgeber an dieser Stelle allerdings ausdrücklich noch erwähnt, dass für die Erhaltung dieser Arten besondere Schutzgebiete (Europaschutzgebiete) auszuweisen sind, ist widersprüchlich. Der Gesetzgeber nennt diese Vorgabe ausdrücklich im Gesetzestext und verzichtet im Gegenzug aber auf die Einführung der entsprechenden rechtlichen Grundlage. Auch kann nicht davon ausgegangen werden, dass durch die gemeinschaftsrechtlichen Gebietsschutzbestimmungen im NSchG diese Verpflichtung abgedeckt werden kann. Das NSchG hat keine Regelungsbefugnis für Wassertiere im Sinne des § 2 Z 11 FG. Dass ein Huchengewässer oder ein Lebensraum der Flussmuschel in einem nach dem NSchG ausgewiesenen Europaschutzgebiet liegt, kann allenfalls ein positiver Zufall sein. In diesem Fall kommt dem Huchen oder der Flussmuschel das Schutzgebiet nur zugute, weil in der Umgebung auch Lebensräume des Anhangs I oder Tierund Pflanzenarten des Anhangs II existieren. Gäbe es diese nicht, könnte auch kein Schutzgebiet ausgewiesen werden, denn auf Grundlage des Vorkommens von Huchen und Flussmuschel kann nach dem NSchG kein Schutzgebiet verordnet werden. Nochmals zurückkommend zur Umsetzung des Art 14: Ob die Festsetzung von Schonzeiten und Mindestlängen die Vorgaben des Art 14 gänzlich erfüllt, ist zu bezweifeln. Weitergehende Schritte des Gesetzgebers sind allerdings nicht zu erwarten, nachdem die Kommission im Mahnschreiben und in der begründeten Stellungnahme zur FFH-RL bekanntlich nicht auf den Art 14 eingeht. c) Umsetzung der verbotenen Fang- und Tötungsgeräte bzw -mittel nach Art 15 FFH-RL Art 15 FFH-RL verbietet den Gebrauch aller nicht selektiver Geräte, durch die das örtliche Verschwinden von Populationen hervorgerufen oder sie schwer gestört werden könnten. Die Verwendung der Geräte be-
Die Umsetzung der Artenschutzbestimmungen
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zieht sich auf den Fang oder das Töten im Rahmen der Art 14 und 16. Betroffen sein können somit die Arten der Anhänge IV und V. Das Mahnschreiben der Kommission zur FFH-RL1325 erwähnt bezüglich Art 15 nur das Salzburger NSchG und JG. Die Umsetzung des Art 15 soll im FG durch § 23 erfolgen. Dieser normiert Gebote und Verbote für die Ausübung des Fischfangs. Das theoretisch in Betracht kommende Fangen oder Töten der Flussmuschel im Rahmen von Art 161326 ist folglich nicht von den Geboten und Verboten des § 23 umfasst. Gemäß § 23 darf der Fischfang nur sachgemäß und weidgerecht ausgeübt werden. Die beiden Begriffe werden in den Abs 21327 und 31328 näher konkretisiert. Die Erläuterungen zu § 231329 weisen darauf hin, dass der Fischfang aus Flugzeugen und fahrenden Kraftfahrzeugen in Entsprechung der FFH-RL verboten ist. § 23 Abs 4 ermächtigt die Landesregierung, die Verwendung von bestimmten Fanggeräten, Fangvorrichtungen oder Fangmitteln oder die Anwendung bestimmter Fangmethoden gänzlich zu verbieten oder örtlich, zeitlich oder für den Fang bestimmter Arten von Wassertieren zu beschränken, soweit dies zum Zweck einer weidgerechten Ausübung der Fischerei oder zur Erfüllung der nach der FFHRL geltenden Bestimmungen erforderlich ist. Im nachfolgenden Abs 5 sind weitere nichtselektive Fangmethoden verboten, wobei der Begriff „nichtselektiv“ im gesamten § 23 FG nicht vorkommt. Doch aufgrund der sehr detailliert ausgeführten Verbote geht auch die Kommission in ihrer begründeten Stellungnahme zur FFH____________________
1325
Mahnschreiben der Kommission zur FFH-RL (FN 923), Anhang 24; In Frage käme hier möglicherweise Art 16 Abs 1 lit d, nämlich zu Zwecken der Forschung und des Unterrichts, der Bestandsauffüllung und Wiederansiedelung und der für diese Zwecke erforderlichen Aufzucht. 1327 Sachgemäß ist die Ausübung des Fischfangs, wenn sie der Erhaltung des natürlichen, gewässertyp-spezifischen, artenreichen und gesunden Wassertierbestandes nicht abträglich ist und keine Gefährdungen oder sonstigen nachteiligen Auswirkungen auf andere Tierarten, Pflanzen oder Menschen zur Folge hat. 1328 Weidgerecht ist die Ausübung des Fischfangs, wenn sie den herkömmlichen Gebräuchen und den fischereikundlichen Erkenntnissen entspricht und mit den allgemein als geeignet angesehenen Fanggeräten und unter Anwendung zulässiger Fangmethoden ausgeübt wird. Der Fischfang wird nicht weidgerecht ausgeübt: 1. bei Verwendung von a) Sprengstoffen, Schusswaffen, Harpunen, Betäubungsmittel, Giften, Fischstechern und Schlingen, b) elektrischem Strom, soweit § 24 nicht anders bestimmt, c) lebenden Wirbeltieren als Köder; 2. bei Anwendung der Fangmethoden des Stechens, Anreißens, Prellens oder Keulens; 3. bei Einsatz künstlicher Lichtquellen oder chemischer Leuchtstoffe 4. aus Flugzeugen und fahrenden Kraftfahrzeugen. 1329 LT-Regierungsvorlage zum FG 2002 (FN 1309) 43. 1326
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Die Umsetzung im Salzburger Fischereirecht
RL1330 von einer korrekten Umsetzung des Art 15 in § 23 FG aus. Eine Verordnung zu Abs 4 liegt derzeit nicht vor und besteht zum jetzigen Zeitpunkt aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht auch kein Handlungsbedarf hiefür. Die Elektrobefischung ist gemäß § 24 unter bestimmten Voraussetzungen mit Bewilligung des Landesfischereiverbandes1331 zulässig. Eine dieser Voraussetzungen ist, dass örtliche Populationen der in Anhang IV und V der FFH-RL genannten Tierarten nicht verschwinden oder schwer gestört werden. Diese Einschränkung ist dringend geboten, da die Elektrobefischung eine nichtselektive Fangmethode darstellt und diese daher nur zulässig sein kann, wenn dadurch nicht ein örtliches Verschwinden oder schwere Störungen der Populationen von gemeinschaftsrechtlich relevanten Tierarten ausgelöst werden. d) Umsetzung der Ausnahmebestimmungen gemäß Art 16 FFH-RL Wie bereits unter a) angeklungen, erfolgt die Umsetzung des Art 16 FFH-RL in § 22 FG. Dessen Abs 3 ermöglicht Ausnahmen von den in Abs 2 genannten Verboten, wenn es keine andere zufrieden stellende Lösung gibt und unter der Voraussetzung, dass die Populationen der betroffenen Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz der Ausnahmeregelung ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen können. Die Ausnahmebewilligung wird durch die Landesregierung erteilt und ist an die in lit a bis e angeführten Zwecke gebunden. Lit a bis d sind eine Auswahl jener Auswahltatbestände aus Art 16 Abs 1 lit a bis e, die fischereilich relevant sein können. So wurde beispielsweise auf den in Art 16 enthaltenen Tatbestand lit c „im Interesse der Volksgesundheit und der öffentlichen Sicherheit oder aus anderen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art oder positive Folgen für die Umwelt“ verzichtet. Die Kommission spricht in ihrer begründeten Stellungnahme zur FFH-RL zu Recht von einer ordnungsgemäßen Umsetzung des Art 16 in § 22 Abs 3 FG. Abschließend ist auf den gemeinschaftsrechtlich relevanten § 25 FG, der dem Schutz der Wassertiere vor frei lebenden Tieren dient, hinzuweisen. § 25 Abs 1 ermöglicht dem Bewirtschafter zur Hintanhaltung von erheblichen Schäden am Wassertierbestand in seinem Fischwasser, die durch frei lebende Tierarten verursacht werden, diese unter Beachtung ____________________
1330 1331
Begründete Stellungnahme zur FFH-RL (FN 926) 20. Das FG 2002 sieht die Übertragung von hoheitlichen Aufgaben an den Landesfischereiverband vor.
Zusammenfassende Beurteilung
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der nach den sonstigen Vorschriften geltenden Verboten und Beschränkungen durch geeignete Maßnahmen von Fischwässern fernzuhalten oder zu vertreiben, jedoch nicht zu fangen oder zu töten. Nicht verwendet werden dürfen dabei Schusswaffen, Fangvorrichtungen und Spreng- oder Giftstoffe. Darüber hinaus besteht für den Bewirtschafter die Möglichkeit, Anträge auf Gestattung von Ausnahmen von den Schonvorschriften oder auf Abschuss schadensverursachender Wildtiere gemäß §§ 56 Abs 2 und § 90 Abs 1 JG sowie auf Bewilligung von Ausnahmen gemäß § 34 NSchG zu stellen. Praxisrelevant ist diese Bestimmung in erster Linie aufgrund des bereits ausführlich erläuterten Themas „Graureiher und Kormoran“. Wird ein Antrag gemäß § 25 Abs 2 FG vom Bewirtschafter gestellt, ist das Verfahren nach den Bestimmungen des JG bzw NSchG zu führen. Bei der gemäß § 25 Abs 1 ermöglichten Vertreibung der schadensverursachenden Tierarten ist zu beachten, dass der Art 5 lit d VSchRL ein Verbot der absichtlichen Störung, insbesondere während der Brut- und Aufzuchtszeit, sofern sich diese Störung erheblich auf die Zielsetzung der Richtlinie auswirkt, vorsieht. Eine Ausnahme von diesem Verbot ist nur im Rahmen von Art 9 VSchRL möglich. Während der Abschuss von Graureiher und Kormoran demzufolge per Verordnung und Bescheid erfolgt, wird die Ausnahme vom Störungsverbot nicht geregelt. Ob der Hinweis in § 25 Abs 1 FG, nämlich dass die in den sonstigen Vorschriften geltenden Verbote und Beschränkungen zu beachten sind, ausreicht, ist zu bezweifeln. Eine Abweichung vom grundsätzlich geltenden Störungsverbot während der sensiblen Phasen nach Art 9 VSchRL hat auf Basis einer Einzelfallprüfung und vor allem im Rahmen eines behördlichen Verfahrens zu erfolgen. Der generelle Verweis auf die Einhaltung der einschlägigen Vorschriften ist hier auf jeden Fall unzureichend.
4. Zusammenfassende Beurteilung Der Umsetzungsbedarf der FFH-RL im FG ergibt sich aus der Tatsache, dass bestimmte Arten der Anhänge II, IV und V der FFH-RL in Salzburg dem Regelungsregime des FG zugeordnet sind. Ein Umsetzungsdefizit betrifft in erster Linie den Gebietsschutz. Im FG fehlt die rechtliche Grundlage für eine mögliche Ausweisung von Schutzgebieten für die Salzburg vorkommenden Anhang II Arten. Dass die Regelung im Artenschutz hiefür keinen ausreichenden Ersatz bietet, wurde ausdrücklich festgehalten. Der Umsetzung der Artenschutzbestimmungen kann hingegen eine weitgehende Vollständigkeit zugestanden werden.
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Die Umsetzung im Salzburger Raumordnungsrecht
F. Die Umsetzung im Salzburger Raumordnungsrecht 1. Allgemeines Die bisher erläuterten Materien Naturschutz, Jagd und Fischerei weisen einen Natura 2000 Bezug auf, weil die gemeinschaftsrechtlich relevanten Lebensräume sowie Tier- und Pflanzenarten landesrechtlich in ihren Regelungsbereich fallen. Durch diese Tatsache entsteht primär eine Verpflichtung zur Umsetzung der Gebiets- und Artenschutzbestimmungen. Im Falle der Raumordnung ist die Aufgabenstellung hingegen eine andere. Gemäß Art 6 Abs 3 FFH-RL erfordern Pläne und Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des Gebietes in Verbindung stehen oder hiefür nicht notwendig sind, die ein solches Gebiet jedoch einzeln oder in Zusammenwirkung mit anderen Plänen oder Projekten erheblich beeinträchtigen könnten, eine Prüfung auf Verträglichkeit mit den für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungszielen. Wie bereits ausführlich beschrieben, erfolgte die Umsetzung der Gebietsschutzbestimmungen bisher durch Novellen zum NSchG und JG. Bezüglich Art 6 Abs 3 FFH-RL wurde dabei allerdings nicht an die Wortfolge „Pläne und Projekte“ angeknüpft, sondern der bis dato gebräuchliche Begriff „Maßnahmen“ verwendet. Dass damit der Projektsbegriff abgedeckt ist, wurde bereits in den Ausführungen zu § 22a NSchG festgestellt. Pläne sind hingegen nicht unter den Begriff „Maßnahmen“ im Sinne des NSchG und JG subsumierbar. Nicht zuletzt deshalb ergibt sich die Notwendigkeit, die Prüfung von Plänen im Raumordnungsrecht umzusetzen.1332 Auf den Umsetzungsbedarf von Natura auf dem Gebiet der Raumordnung hat bereits Hödl1333 hingewiesen. Runkel1334 fordert, dass im Rahmen der Verzahnung von Raumordnungs- und Umweltrecht die europäischen umweltrechtlichen Instrumente auch in das Raumordnungsverfahren verankert werden müssen, um die Integration sowie die Sicherung fachplanerischer Festlegungen des Umweltrechts zu erhöhen. Mau____________________
1332
Erbguth (Ausgewiesene und potentielle Schutzgebiete nach FFH- bzw VogelschutzRichtlinie: Rechtswirkungen auf die räumliche Gesamtplanung am Beispiel der Raumordnung, NuR 2000, 130 ff ) hat sich mit dem Verhältnis Natura 2000 Gebiete und Raumordnung näher auseinandergesetzt. In seinem umfassenden Aufsatz ist die raumordnerische Einwirkung auf Schutzgebiete und die damit verbundene Verträglichkeitsprüfung nur ein Aspekt. Darüber hinaus beschäftigt er sich beispielsweise mit den rechtlichen Wirkungen zwischen Raumordnungsakten und noch nicht ausgewiesenen VSch- und FFH-Schutzgebieten. 1333 Hödl (FN 3) 92 ff. 1334 Runkel, Das neue Raumordnungsgesetz und das Umweltrecht, NuR 1998, 449.
Salzburger Raumordnungsgesetz
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erhofer1335 spricht in diesem Zusammenhang von einem Ansatz einer ökologischen Raumplanung. Auch trifft er zum Verhältnis gemeinschaftsrechtlicher Naturschutz und Raumordnung die wichtige Aussage, dass sich die naturschutzrechtlichen Vorgaben nicht an der Raumplanung orientieren müssen, sondern raumrelevante Planungen ausdrücklich an den Erhaltungszielen der Natura 2000 Gebiete zu messen sind. Diese Feststellung findet sich auch als klare Vorgabe in Art 6 Abs 3 FFH-RL, der für bestimmte Pläne eine Verträglichkeitsprüfung anordnet. Die folgende Untersuchung beschränkt sich auf das Salzburger Raumordnungsgesetz. Die diversen Fachplanungskompetenzen des Bundes bleiben hier unberücksichtigt. Dass jedoch auch diese sektorspezifischen Pläne eine Prüfpflicht nach Art 6 Abs 3 FFH-RL auslösen, wurde bereits unter II.C.3.c)dd)bbb) festgehalten.
2. Die Umsetzung des Art 6 Abs 3 und 4 FFH-RL im Salzburger Raumordnungsgesetz a) Einleitung Das Salzburger Raumordnungsgesetz 19981336 – iF ROG – enthielt in der Fassung LGBl Nr 55/2003 keinen Bezug zur VSch- und FFH-RL. Auch fand sich im ROG dieser Fassung keine Bestimmung, die im Wege einer richtlinienkonformen Interpretation die Grundlage für die Prüfung von Plänen nach den Vorgaben der FFH-RL hätte liefern können. Auf das allgemeine Naturschutzinteresse wird im ROG in den Raumordnungszielen und -grundsätzen des § 2 Bedacht genommen. Gemäß § 2 Abs 1 Z 2 hat die Raumordnung das Ziel zu verfolgen, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und pfleglich zu nutzen, um sie für die Zukunft in ausreichender Güte und Menge zu erhalten.1337 Auch in der Lehre1338 wird darauf hingewiesen, dass der Schutz der Umwelt und der natürlichen Lebensgrundlagen ein Raumordnungsziel darstellt. Dass diese allgemeine Pflicht zur Berücksichtigung von Naturschutzgesichtspunkten aber nicht den Vorgaben des Art 6 Abs 3 und 4 FFH-RL Rechnung tragen kann, ist offenkundig. Die Praxis stellt sich in der Regel so dar, dass etwa in einem Verfahren zur Änderung des Flächenwidmungsplanes auch ____________________
1335
Mauerhofer (FN 3) 91. In der Stammfassung: LGBl Nr 44/1998. 1337 Dabei ist insbesondere die Sicherung des Bodens, der Pflanzen- und Tierwelt, die Erhaltung und Wiederherstellung der Reinheit der Luft und der Gewässer sowie des natürlichen Klimas und der Schutz und die Pflege erhaltenswerter Naturgegebenheiten sowie des Landschaftsbildes anzustreben. 1338 Lienbacher in Bachmann, ua (Hrsg), Besonderes Verwaltungsrecht 4 (2002), 319 ff. 1336
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Die Umsetzung im Salzburger Raumordnungsrecht
eine Stellungnahme des Amtssachverständigen für Naturschutz eingeholt wird. Ob dessen Ausführungen entsprochen werden kann, entscheidet sich im Rahmen einer Interessensabwägung. Mit der mittlerweile erfolgten Novellierung des ROG1339 wird ua das Ziel der Umsetzung der VSch- und FFH-RL verfolgt.1340 Die hier vorgenommenen Änderungen sollen im Folgenden einer näheren Untersuchung unterzogen werden. b) Einleitung einer Verträglichkeitsprüfung Mit der angesprochenen Novelle wurde § 4a eingefügt, der eine Verträglichkeitsprüfung bei Europaschutzgebieten vorsieht. Der Abs 1 dieser neuen Bestimmung legt fest, dass Entwicklungsprogramme, Standortverordnungen1341 sowie Flächenwidmungs- und Bebauungspläne, die geeignet sind, Europaschutzgebiete1342 oder Wild-Europaschutzgebiete1343 erheblich zu beeinträchtigen, vor Beschlussfassung einer Prüfung auf Verträglichkeit mit den für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungszielen1344 zu unterziehen sind. Sie sind nur zulässig, wenn die Verträglichkeit gegeben ist, so Abs 1 abschließend. In den Erläuterungen1345 findet sich der Hinweis, dass alle Planungen der örtlichen und überörtlichen Raumplanung der Verträglichkeitsprüfung zu unterziehen sind. Mit der Anknüpfung im Gesetzestext an Entwicklungsprogramme, Standortverordnungen sowie Flächen- und Bebauungspläne scheinen alle Akte des ROG, die unter den Planbegriff des Art 6 Abs 3 FFH-RL fallen, erfasst zu sein.1346 Nach dem Wortlaut des § 4a Abs 1 wird die Prüfpflicht durch die Eignung der Pläne, die Schutzgebiete erheblich zu beinträchtigen, ausgelöst. Die Prüfpflicht wird folglich zu ____________________
1339
LGBl Nr 13/2004. Neben der VSch- und FFH-RL soll mit der gegenständlichen Novelle auch die RL 96/82/EG (Seveso II-Richtlinie) sowie die RL 2001/42/EG (SUP-Richtlinie) umgesetzt werden. 1341 In einem ersten Entwurf der ROG-Novelle (Ausgesendet zur Begutachtung mit Schreiben vom 28. Juli 2003, Zl 2001-LG-900/8-2003, 23) waren die Standortverordnungen in § 4a Abs 1 noch nicht enthalten. 1342 Verweis im Klammerausdruck auf § 5 Z 10 NSchG 1999. 1343 Verweis im Klammerausdruck auf § 108a JG 1993. 1344 Auch hier wird auf § 5 Z 9 NSchG bzw § 100a Z 1 JG verwiesen. 1345 Vorlage der Landesregierung zu einem Gesetz, mit dem das Salzburger Raumordnungsgesetz geändert wird, Nr 228 der Beilagen zum stenographischen Protokoll des Salzburger Landtages (6. Session der 12. Gesetzgebungsperiode), 27. 1346 Bei den gegenständlichen Planungsakten des ROG wird es sich in der Regel um Pläne handeln, die nicht unmittelbar für die Verwaltung des Schutzgebietes erforderlich sind. Als solche wären sie bekanntlich von der Genehmigungspflicht ausgenommen. 1340
Salzburger Raumordnungsgesetz
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verneinen sein, wenn die Pläne gar nicht geeignet sind, die Schutzgebiete erheblich zu beeinträchtigen. Die hier gewählte Formulierung erscheint tauglich, die in Art 6 Abs 3 Satz 1 FFH-RL in der Konjunktiv-Form vorgegebene potentielle Beeinträchtigungsmöglichkeit umzusetzen. Die grundsätzliche Geeignetheit des Planes, ein Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, ist, was das Auslösen der Prüfpflicht betrifft, durchwegs als gleichwertig mit der Formulierung „erheblich beeinträchtigen könnte“ anzusehen. Diese Feststellung ist deshalb von Bedeutung, weil die Kommission im Mahnschreiben zur FFH-RL1347 ausdrücklich auf die Genauigkeit der Umsetzung des Art 6 Abs 3 und 4 hinweist. Die Vernachlässigung des Konjunktivs bezüglich einer erheblichen Beeinträchtigung ist nach Ansicht der Kommission bereits geeignet, die Schutzziele der Bestimmung zu unterlaufen. Erwähnung findet in den Erläuterungen1348 auch die Forderung, dass aufgrund der Richtlinienvorgaben nicht nur Pläne innerhalb eines Schutzgebietes von der Prüfpflicht umfasst sind, sondern auch Planungen außerhalb desselben, wenn erhebliche Auswirkungen nicht ausgeschlossen werden können. Es handelt sich hier um einen bekannten Grundsatz der FFH-RL, der bereits im Rahmen der Ausführungen zum Projektsbegriff erörtert wurde. Im Sinne einer richtlinienkonformen Interpretation kann § 4a Abs 1 nur dahingehend verstanden werden, dass nicht nur das erstmalige Erstellen – etwa eines Flächenwidmungsplanes – der Prüfpflicht unterliegt, sondern auch mögliche Änderungen des Planes, sofern diese geeignet sind, das Schutzgebiet erheblich zu beeinträchtigen. Gerade Umwidmungen von Grünland in Bauland könnten hier aus Naturschutzsicht von praktischer Relevanz sein. c) Prüfung auf Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen der Schutzgebiete Wie voranstehend bereits erwähnt, sind die Pläne vor ihrer Beschlussfassung einer Prüfung auf Verträglichkeit mit den für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungszielen zu unterziehen. Hinsichtlich der Erhaltungsziele wird auf die Begriffsdefinitionen im NSchG und JG verwiesen. Die neu eingeführte Bestimmung ist so zu verstehen, dass im Rahmen des Verfahrens zur Erstellung des jeweiligen Planungsaktes, die Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen des betroffenen Europaschutzgebietes ____________________
1347 1348
Mahnschreiben der Kommission zur FFH-RL (FN 923) 6. LT-Regierungsvorlage zur ROG-Novelle 2004 (FN 1345) 27.
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Die Umsetzung im Salzburger Raumordnungsrecht
zu prüfen ist. Die naturschutzrechtliche Prüfung wird damit im Raumordnungsverfahren integriert. Anders als bei der Prüfung von Projekten ist hier kein eigenes Bewilligungsverfahren vorgesehen. So wird die zuständige Raumordnungsbehörde im Verfahren zur Aufstellung oder Änderung des Flächenwidmungsplanes im gegebenen Fall eine Verträglichkeitsprüfung durchzuführen haben. Dabei wird sie sich zu diesem Zweck in der Regel eines naturschutzfachlichen Amtssachverständigen1349 bedienen, der aus fachlicher Sicht die Auswirkung des Planes auf die Erhaltungsziele des betroffenen Schutzgebiets beurteilt. Der Flächenwidmungsplan ist gemäß § 4a Abs 1 letzer Satz grundsätzlich nur zulässig, wenn die Verträglichkeit gegeben ist. Warum nur „grundsätzlich“, wird nachstehend erläutert. d) Durchführung der Interessensabwägung Gemäß § 4a Abs 2 sind Entwicklungsprogramme, Standortverordnungen sowie Flächenwidmungs- und Bebauungspläne unter weitgehender Wahrung der Erhaltungsziele des Europaschutzgebietes auch zulässig, wenn sie nachweislich unmittelbar besonders wichtigen öffentlichen Interessen dienen, welchen im Einzelfall der Vorrang gegenüber den Interessen des Naturschutzes zukommt, und nachweislich keine geeignete, die Erhaltungsziele des Europaschutzgebietes weniger beeinträchtigende Alternativlösung besteht. Darüber hinaus normiert Abs 2, dass bei Plänen, die eine erhebliche Beeinträchtigung prioritärer natürlicher Lebensraumtypen (§ 5 Z 25 NSchG) oder prioritärer Arten (§ 5 Z 24 NSchG bzw § 100a Z 5 JG) erwarten lassen, in die Entscheidung nur solche öffentliche Interessen einbezogen werden können, die das Leben und die Gesundheit von Menschen, die öffentliche Sicherheit oder Interessen, die sich maßgeblich günstig auf die Umwelt auswirken, betreffen. Sonstige öffentliche Interessen können in die Interessensabwägung nur einbezogen werden, wenn zuvor eine Stellungnahme der Europäischen Kommission eingeholt worden ist, wobei die Stellungnahme bei der Beschlussfassung der Planung zu berücksichtigen ist.1350 § 4a Abs 2 knüpft offensichtlich an ein negatives Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung in Abs 1 an. Für diesen Fall sieht die geplante Rege____________________
1349
Bei Betrachtung der gemeinschaftlichen Vorgaben ist allerdings davon auszugehen, dass neben den Naturschutzsachverständigen mehrere Fachexperten zur Beurteilung der Auswirkungen auf das Schutzgebiet heranzuziehen sind. 1350 In einem ersten Entwurf zur ROG-Novelle (FN 1341) war auch eine Stellungnahme der Salzburger Landesumweltanwaltschaft einzuholen. Warum auf die Einbindung der Landesumweltanwaltschaft verzichtet wurde, kann den Materialien nicht entnommen werden.
Salzburger Raumordnungsgesetz
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lung eine Interessensabwägung im Sinne des Art 6 Abs 4 FFH-RL vor. Auch die Erläuterungen1351 bemerken, dass bei nicht gegebener Verträglichkeit zu prüfen ist, ob allenfalls ein besonderes öffentliches Interesse für eine Ausnahme vorliegt und keine Alternativen zur vorliegenden Planung gegeben sind.1352 Mit der Wortfolge „unter weitgehender Wahrung der Erhaltungsziele des Europaschutzgebietes“ soll das Kriterium „das Gebiet als solches nicht beeinträchtigt wird“ in Art 6 Abs 3 letzter Satz FFH-RL umgesetzt werden; eine meiner Ansicht nach sprachlich gleichwertige Lösung. Was ansonsten die Interessensabwägung betrifft, hat man sich weitgehend an den Formulierungen des NSchG angelehnt.1353 Allerdings vermisst man in § 4a eine verpflichtende Bestimmung zur Vorschreibung von Ausgleichsmaßnahmen. In den Erläuterungen findet sich jedenfalls keine Hinweis für das Fehlen einer solchen Regelung.1354 Das Vorliegen zwingender öffentlicher Interessen und das Fehlen von Alternativen bei weitgehender Wahrung der Erhaltungsziele des Europaschutzgebietes reicht nicht aus, um die Vorgaben des Art 6 Abs 3 und 4 FFH-RL vollständig zu erfüllen. Vor allem wird auch nicht auf das Ziel, die globale Kohärenz des Natura 2000 Netzes zu wahren, Bezug genommen. Demzufolge liegt hier ein Umsetzungsdefizit vor. Eine weitere Frage zu § 4a Abs 2 ROG betrifft die Durchführung der vorgesehenen Interessensabwägung. Nachdem wie bereits erwähnt die Verträglichkeitsprüfung in das jeweilige Raumordnungsverfahren zur Aufstellung des Planes integriert wird, richtet sich die Behördenzuständigkeit nach dem ROG. Im Falle der Landesentwicklungsprogramme und Standortverordnungen wird es sich um die Landesregierung,1355 bei den Flächenwidmungsplänen und Bebauungsplänen um die Gemeinde1356 handeln. Im Falle einer negativen fachlichen Beurteilung einer Umwidmung ____________________
1351
LT-Regierungsvorlage zur ROG-Novelle 2004 (FN 1345) 27. Warum hier in den Erläuterungen auf § 3 Abs 4 NSchG verwiesen wird, ist unklar. Einen § 3 Abs 4 gibt es im NSchG nicht und § 3a Abs 4 kann wohl auch nicht gemeint sein, denn dort wird die Ausgleichmaßnahmenregelung umgesetzt. 1353 Vgl § 3a Abs 2 und 3 NSchG; So fehlt etwa wie im NSchG bei der Nennung des zwingenden öffentlichen Interesses der Zusatz „einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art“. 1354 Möglicherweise geht der Raumordnungsgesetzgeber davon aus, dass die Vorschreibung der Ausgleichsmaßnahme im Zuge der Bewilligung des konkreten Projektes zu erfolgen hat. Der Hinweis in § 4a Abs 3 auf § 3a Abs 4 bis 6 NSchG und § 108c Abs 4 JG deutet darauf hin. Eine solche Interpretation ist abzulehnen, weil die Prüfung des Planes ein eigenständiges Verfahren darstellt und Art 6 Abs 3 und 4 FFH-RL keinen Hinweis enthält, der für den Entfall von Ausgleichsmaßnahmen bei der Planprüfung spricht. 1355 Gemäß § 6 Abs 1 und § 11a Abs 1 ROG. 1356 Gemäß § 15 Abs 1 und § 27 Abs 1 ROG. 1352
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Die Umsetzung im Salzburger Raumordnungsrecht
ist die Interessensabwägung folglich von der Gemeinde durchzuführen. Eine solche Konstruktion ist in mehrfacher Hinsicht bedenklich. So hat die Gemeinde beispielsweise abzuwägen, ob das öffentliche Interesse an einer Umwidmung von Grünland in ein Gewerbegebiet das öffentliche Interesse am Naturschutz, konkret die Erhaltungsziele des Europaschutzgebietes, überwiegt. Angesichts der Tatsache, dass hier zum einen naturschutzfachlich äußerst hochwertige Bereiche betroffen sind und es sich zum anderen um sehr komplexe und schwierige Verfahren handelt, ist zu bezweifeln, ob die Gemeinden dieser „naturschutzbehördlichen Tätigkeit“ gewachsen sind. Unabhängig davon ist zu befürchten, dass in vielen Fällen bei der Interessensabwägung das Interesse an der Erhaltung eines Europaschutzgebietes gegenüber örtlichen, wirtschaftlichen Interessen zu kurz kommt. Verschärft wird die aus der Sicht des Naturschutzes bedenkliche Regelung dadurch, dass die Interessensabwägung eine Werteentscheidung darstellt und die Landesregierung die Genehmigung nur im Rahmen des § 22 Abs 2 ROG versagen kann. Als möglicher Grund käme im vorliegenden Fall nur eine fehlende oder unzureichende Interessensabwägung in Frage. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass im ursprünglichen Entwurf der Novelle 2004 ein § 4a Abs 3 vorgesehen war.1357 Gemäß diesem Abs 3 wäre für den Fall, dass ein Plan unter Anwendung des Abs 2 erlassen wurde und dem Plan ein konkrete Vorhaben zugrunde lag, von dem nicht abgewichen wurde, eine neuerliche Interessensabwägung gemäß § 3a Abs 2 und 3 NSchG bzw § 108c Abs 2 und 3 JG entfallen und für die Durchführung des Plans erforderlichen Maßnahmen vom Bestehen eines überwiegenden öffentlichen Interesses an dem Vorhaben auszugehen gewesen. Die Bestimmungen des § 3a Abs 4 bis 6 NSchG bzw des § 108c Abs 4 JG wären gemäß Abs 3 zweiter Satz unberührt geblieben. Gemäß den damaligen Erläuterungen1358 wäre der durch den Planungsträger erfolgten Interessensabwägung die Wirkung zugekommen, dass im nachfolgenden naturschutz- oder jagdbehördlichen Verfahren keine neuerliche Interessensabwägung vorzunehmen gewesen wäre. Der damit verbundene Verwaltungsaufwand und die damit verbundenen Verzögerungen sollten vermieden werden, was auch dem vom Salzburger Landtag verfolgten Ziel der Vermeidung von Doppelverfahren entsprochen hätte. Dafür wäre im Planungsverfahren auch die Salzburger Landesumweltanwaltschaft einbezogen worden.1359 ____________________
1357 1358 1359
LT-Regierungsvorlage zur ROG-Novelle 2004 (FN 1345). LT-Regierungsvorlage zur ROG-Novelle 2004 (FN 1345) 24. Wie bereits voranstehend festgehalten, ist die im Entwurf noch enthaltene Einbindung der Salzburger Landesumweltanwaltschaft zur Gänze entfallen.
Salzburger Raumordnungsgesetz
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Die gegenständliche Frage der Auswirkung einer auf der Planungsebene durchgeführten Verträglichkeitsprüfung auf das anschließende Bewilligungsverfahren für ein konkretes Projekt, wurde bereits im Rahmen der Ausführungen zu Art 6 Abs 3 und 4 FFH-RL in Kapitel II1360 behandelt. Das Motiv des Raumordnungsgesetzgebers, grundsätzlich Doppelgleisigkeiten zu vermeiden, deckt sich mit diesen Ausführungen. Allerdings mit der Einschränkung, dass in der Projektsphase neu hinzukommende Aspekte nicht ungeprüft bleiben dürfen. Dem ursprünglich geplanten § 4a Abs 3 zu Folge hätte die Gemeinde in ihre Interessensabwägung auch das konkrete Projekt und dessen Auswirkungen einbeziehen müssen. Hier stellt sich zunächst die Frage, ob eine umfassende naturschutzfachliche Beurteilung des Projekts in dieser Phase faktisch bereits möglich ist. Eine solche fachliche Beurteilung wäre aber klarerweise erforderlich, um eine abschließende Interessensabwägung durchführen zu können. Ohne die genaue naturschutzfachliche Bewertung des Projektes ist eine fundierte Interessensabwägung nicht möglich. Des Weiteren ist gemäß den Bestimmungen des NSchG und JG für die Prüfung der Projekte formell die Landesregierung zuständig. Abs 3 hätte eine Zuständigkeitsverschiebung zur Gemeinde bedeutet, weil diese die umfassende Interessensabwägung durchzuführen gehabt hätte. Da es sich bei den VSch- und FFH-Gebieten – wie bereits oben betont – um die naturschutzfachlich höchstwertigen Bereiche des Landes handelt, erscheint es aus rechtspolitischer Sicht sehr zweifelhaft, ob die örtliche Raumordnung hier die geeignete Stelle darstellt. Der Landesregierung wäre im Falle des Inkrafttretens des Abs 3 nur mehr die Vorschreibung von Ausgleichsmaßnahmen gemäß § 3a Abs 4 bis 6 NSchG oder § 108c Abs 4 JG offen gestanden. Zusammenfassend war der Entfall des § 4a Abs 3 ROG gemeinschaftsrechtlich geboten.1361 Große Zweigleisigkeiten sind dadurch nicht zu erwarten. Zwei getrennte Verfahren, nämlich ein raumordnungsrechtliches, beispielsweise für eine Umwidmung, und ein naturschutzbehördliches, gibt es ohnehin bereits und wird es auch weiterhin geben. In einem ersten Schritt ist die Verträglichkeit des Planes und in einem zweiten Schritt das konkrete Projekt zu prüfen. Die nochmalige Durchführung einer Interessensabwägung im Rahmen der Projektgenehmigung zieht im Ver____________________
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Unter C.3.c)dd)eee)bbbb). In den Materialien (LT-Regierungsvorlage zur ROG-Novelle 2004 [FN 1345] 23) findet sich der Hinweis, dass von der Verbindlichkeit der im Rahmen der Raumordnung getroffenen Interessensabwägung für das naturschutzrechtliche bzw jagdrechtliche Verfahren aufgrund erheblicher Bedenken, welche im Zuge der Begutachtung vorgebracht wurden, Abstand genommen wird.
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Die Umsetzung im Salzburger Raumordnungsrecht
hältnis zum gesamten Verfahren keinen unverhältnismäßigen Mehraufwand nach sich. Vor allem können die hiefür notwendigen Stellungnahmen und Erhebungen zum Teil aus dem Raumordnungsverfahren verwendet werden. Aufgrund der naturschutzfachlich besonders bedeutsamen Schutzgebiete ist diese Vorgehensweise sachlich gerechtfertigt und gemeinschaftsrechtlich geboten. Im Übrigen muss man sich der Tatsache bewusst sein, dass im Falle einer nicht den Richtlinien entsprechenden Verfahrensabwicklung ein Tätigwerden der Kommission zu erwarten und in der Folge ein Vertragsverletzungsverfahren vor dem EuGH nicht auszuschließen ist. e) Beteiligung der Öffentlichkeit Bekanntlich fordert die FFH-RL im Rahmen der Prüfung von Plänen und Projekten, dass gegebenenfalls die Öffentlichkeit anzuhören ist.1362 Dass hier den Mitgliedstaaten zwar ein Ermessensspielraum zukommt, ein genereller Verzicht der Öffentlichkeitsbeteiligung im Zuge der legistischen Umsetzung allerdings nicht der Richtlinienvorgabe entspricht, wurde bereits in Kapitel II betont. Auch wurde diese Thematik ausführlich anhand der Umsetzung des Art 6 FFH-RL im NSchG erläutert. Und gerade zum NSchG besteht hier insofern eine Parallele, als auch im geplanten § 4a ROG eine Regelung über Beteiligung der Öffentlichkeit nicht vorgesehen ist. Es bedarf der Klärung, ob die gemeinschaftsrechtlich geforderte Öffentlichkeitsbeteiligung nicht bereits durch bestehende Bestimmungen im ROG gewährleistet ist. In Anbetracht der Tatsache, dass die FFH-Verträglichkeitsprüfung im jeweiligen Verfahren zur Erstellung der betroffenen Planes integriert ist, muss untersucht werden, inwieweit die Bestimmungen zu den Entwicklungsplänen sowie Flächenwidmungs- und Bebauungsplänen eine Beteiligung der Öffentlichkeit vorsehen. Das ROG verlangt in diesem Zusammenhang, dass die erstellten Pläne während der für den Parteienverkehr bestimmten Amtsstunden zur allgemeinen Einsichtnahme bereitzuhalten sind.1363 Dabei handelt es sich allerdings um Öffentlichmachung der fertigen Pläne und nicht um eine Beteiligung an der Planwerdung. Über diese Bestimmungen wird folglich die gemeinschaftsrechtlich gebotene Öffentlichkeitsbeteiligung nicht erreicht. Darüber hinaus enthält das ROG aber auch Bestimmungen, die eine Einbindung der Öffentlichkeit bei der Aufstellung des Flächenwidmungs____________________
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Art 6 Abs 3 letzter Satz FFH-RL. § 6 Abs 6 für Entwicklungsprogramme, § 15 Abs 4 für Flächenwidmungspläne und § 27 Abs 5 für Bebauungspläne.
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Salzburger Raumordnungsgesetz
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planes vorsehen.1364 So hat der Bürgermeister gemäß § 21 Abs 1 bereits die beabsichtigte Aufstellung des Flächenwidmungsplanes kund zu machen. Weiters muss gemäß § 21 Abs 4 der Beschlussfassung des Flächenwidmungsplanentwurfes eine ausreichende Öffentlichkeitsarbeit vorangehen. Der beschlossene Entwurf ist anschließend vom Bürgermeister vier Wochen lang zur allgemeinen Einsicht während der für den Parteienverkehr bestimmten Amtsstunden aufzulegen. Innerhalb der Auflagefrist können von Trägern öffentlicher Interessen und von Personen, die ein Interesse glaubhaft machen, schriftliche Einwendungen erhoben werden. Diese müssen begründet und durch zur Beurteilung geeignete Unterlagen belegt werden. Die Einwendungen sind in die Beratung zur Beschlussfassung des Flächenwidmungsplanes einzubeziehen. Fraglich ist hiebei insbesondere, inwieweit von einzelnen Personen ein Interesse am Naturschutz glaubhaft gemacht werden kann. Orientiert man sich am innerstaatlichen Recht, ist festzuhalten, dass die Naturschutzgesetze der Länder grundsätzlich keine subjektiv-öffentlichen Rechte Einzelner vorsehen.1365 Geht man vom Wortlaut des § 21 Abs 5 ROG aus, ist allgemein von einem Interesse die Rede und nicht von einem subjektiven oder rechtlichen.1366 Letztlich ist im Sinne einer richtlinienkonformen davon auszugehen, dass auf Natura 2000 abzielende Einwendungen Einzelner zulässig sind. Abgesehen von dieser möglichen Lösung ist dennoch die Forderung angebracht, in § 4a ein konkrete, auf Art 6 Abs 3 FFH-RL bezugnehmende Regelung vorzusehen. In Frage käme – wie bereits zum NSchG vorgeschlagen – ein Anhörungsrecht, möglicherweise für eine Bürgerinitiative, um eine „Bündelung“ der einzelnen Interessen zu erzielen. f) Zusammenfassende Beurteilung Der Salzburger Raumordnungsgesetzgeber verfolgt mit der erörterten ROG-Novelle ua die Umsetzung des Art 6 Abs 3 und 4 FFH-RL. Umfasst ist die Prüfung der Planungsakte des ROG auf Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen von Natura 2000 Schutzgebieten. Bei den in Fragen kommenden Planungsakten handelt es sich um Entwicklungsprogamme, Standortverordnungen sowie Flächenwidmungs- und Bebauungspläne. Für den Fall eines negativen Ergebnisses der Verträglichkeitsprüfung sieht die geplante Bestimmung im ROG eine Interessensabwägung und die Prüfung ____________________
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Für Landesentwicklungsprogramme und Standortverordnungen vgl § 6 Abs 3 und 4 ROG. 1365 Dass hier durch das Gemeinschaftsrecht eine mögliche Änderung eintritt, ist nicht ausgeschlossen (vgl hiezu die Ausführungen zur ÖB-RL in FN 681). 1366 Das „rechtliche Interesse“ könnte auf eine Beteiligtenstellung im Sinne des § 8 AVG hindeuten.
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Auswirkungen von Natura 2000 auf das Forstrecht
von Alternativlösungen vor. Ein wesentliches Umsetzungsdefizit zeichnet sich allerdings im Fehlen einer Bestimmung ab, die in diesem Fall Ausgleichsmaßnahmen zur Wahrung der globalen Kohärenz des Natura 2000 Netzes vorsieht. Aus rechtspolitischer Sicht kritisch zu sehen ist ferner die Verlagerung der Zuständigkeit für die Prüfung der Naturverträglichkeit eines Planes zur örtlichen Raumplanung.
G. Auswirkungen von Natura 2000 auf das Forstrecht 1. Allgemeines Die bisherigen Ausführungen haben deutlich gezeigt, dass der Schwerpunkt der Auswirkungen und auch Umsetzungsverpflichtungen von Natura 2000 in Österreich im Landesrecht liegt. Darüber hinaus ist auch das Bundesrecht von der VSch- und FFH-RL betroffen. Eine dieser betroffenen Bundesmaterien, nämlich das Forstrecht, soll im Folgenden näher beleuchtet werden. Den Untersuchungsgegenstand bildet dabei das Forstgesetz 19751367 – iF ForstG, zuletzt geändert durch die umfangreiche Novelle BGBl I Nr 78/2003. Die voranstehenden Ausführungen zur Auswirkung und Umsetzung von Natura 2000 im innerstaatlichen Recht waren vorwiegend von der Implementierung der gemeinschaftsrechtlichen Gebiets- und Artenschutzbestimmungen in die nationalen Bestimmungen geprägt. Betroffen sind hier das Naturschutz-, Jagd- und Fischereirecht. Die Ausführungen zum Raumordnungsrecht sind hievon schon etwas abgewichen, weil es sich in diesem Fall um nach der FFH-RL bewilligungspflichtige Akte1368 handelt, die dem Regelungsregime der Raumordnung zuzuordnen sind. Der Bezug von Natura 2000 zum Forstrecht unterscheidet sich von diesen bereits erläuterten Bereichen dadurch, dass hier die Vereinbarkeit bestimmter forstrechtlicher Regelungen mit den Vorgaben der VSch- und FFH-RL zu prüfen ist. Die Vereinbarkeit ist deshalb zu untersuchen, da die Interessen und Zielsetzungen des Naturschutzes einerseits und jener des Forstrechts andererseits, in nicht seltenen Fällen konfligieren können. Auf den ersten Blick mag diese Aussage verwundern: Dem Kompetenztatbestand Forstwesen unterliegen alle auf Pflege, Erhaltung und Schutz ____________________
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StF: BGBl Nr 440/1975. Entwicklungsprogramme, Standortverordnungen sowie Flächenwidmungs- und Bebauungspläne.
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Allgemeines
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des Waldbestandes Bezug habende Vorkehrungen.1369 Zentraler Regelungsgegenstand des Forstrechts ist der Wald.1370 Dieser beheimatet zahlreiche Lebensräume sowie Tier- und Pflanzenarten, denen aus der Sicht des Naturschutzes und dabei vor allem auch des gemeinschaftsrechtlichen Naturschutzes ein besonderer Wert zukommt. Auch Bussjäger betont die offenkundig enge Verzahnung zwischen dem Forstwesen und dem Naturschutz. Gleichzeitig weist er aber auch darauf hin, dass die Abgrenzungsfrage zwischen diesen beiden Materien noch nicht Gegenstand höchstgerichtlicher Entscheidungen gewesen ist.1371 Das Fehlen der höchstgerichtlichen Judikatur hat seinen Grund aber sicherlich nicht darin, dass es keine Abgrenzungsprobleme gäbe. Man denke nur an die Einbeziehung von „Wald“ im Sinne des ForstG in eine Schutzgebietskategorie des Naturschutzrechts. Hier ist die Frage zu klären, inwieweit die betreffende Naturschutzregelung – in den meisten Fällen wird es sich um eine Verordnung handeln – aus kompetenzrechtlicher Sicht Vorschriften hinsichtlich der Waldbewirtschaftung vorsehen darf. Solche Abgrenzungen werden in der Regel unter Anwendung der bekannten Methoden der Versteinerungstheorie, der Gesichtpunktetheorie bzw des Kumulationsprinzips sowie des Rücksichtsnahmegebots gelöst. Mit der Einbeziehung der VSch- und FFH-RL erhält das Verhältnis Naturschutz – Forstrecht eine zusätzliche Dimension.1372 Der Vorrang des Gemeinschaftsrechts schlägt sich im Ergebnis zugunsten der Naturschutzposition nieder. Wie bereits oben festgestellt, hat dies zur Konsequenz, dass die Vereinbarkeit der forstrechtlichen Bestimmungen mit den Zielen und Vorgaben der beiden Richtlinien gegeben sein muss. Welche Regelungen aus dem Forstgesetz betroffen sind, soll im Folgenden näher untersucht werden. Seitens der österreichischen Literatur hat sich im Jahre 2001 ein erster Beitrag dem forstrechtlichen Handlungsbedarf durch die ____________________
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Bussjäger (Die Naturschutzkompetenzen der Länder, Schriftenreihe des Instituts für Föderalismusforschung, Band 63 [1995], 84) zitiert hier das Kompetenzfeststellungserkenntnis, VfSlg 2192/1951. 1370 Das Forstgesetz hat bis zur bereits oben genannten Novelle 2002 keine allgemeinen Zielsetzungen enthalten. § 1 ForstG hat ausschließlich eine detailliert geregelte Begriffsbestimmung für „Wald“ enthalten. Mit der Novelle 2002 wurde dieser Definition nun eine „Ziel- und Grundsatzbestimmung“ vorangestellt. Die in diesem neuen § 1 enthaltenen programmatischen Grundsätze entfalten zwar keine unmittelbare normative Wirkung, sind aber bei der Auslegung anderer Bestimmungen des Forstgesetzes zu beachten, so die Erläuterungen zur Novelle 2002 (970 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP, 3). 1371 Bussjäger (FN 1369) 84. 1372 Auch Mauerhofer (FN 3, 91 f ) weist darauf hin, dass zur bestehenden Naturschutzkompetenz der Länder neue, gemeinschaftsrechtliche Aspekte hinzutreten, welche in Gesetzgebung und Vollziehung umzusetzen sind.
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Auswirkungen von Natura 2000 auf das Forstrecht
VSch- und FFH-RL1373 gewidmet. Neben den dort enthaltenen Ansätzen wird ferner die Forstgesetz – Novelle 2002 auf ihre Bezugnahmen zu Natura 2000 zu beleuchten sein. Die möglichen gemeinschaftsrechtlichen Umsetzungsfragen im Zusammenhang mit dem österreichischen Forstrecht ergeben sich in erster Linie aufgrund von Erhaltungsmaßnahmen, die gemäß den Vorgaben der VSch- und FFH-RL durchzuführen sind. Die ordnungsgemäße Umsetzung dieser gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen wird durch das Forstrecht insbesondere dann in Frage gestellt, wenn absolute Gebote, Verbote oder auch Bewilligungserfordernisse forstrechtlich normiert sind.1374 Eine Lösungsmöglichkeit solcher Interessenskonflikte sieht Mauerhofer in der Heranziehung des gemeinschaftsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgebotes gemäß Art 5 letzter Absatz EG. Einer möglichen Variante über Art 2 Abs 3 FFH-RL steht Mauerhofer hingegen skeptisch gegenüber. Er begründet seine ablehnende Haltung mit den bekannten EuGHEntscheidungen zur Auswahl und Abgrenzung von besonderen Schutzgebieten. Die Judikate lassen – wie bereits mehrmals erwähnt – gegen eine Berücksichtigung der in Art 2 Abs 3 FFH-RL genannten wirtschaftlichen und freizeitbedingten Interessen nicht zu. Diese Argumentation überzeugt allerdings nicht zur Gänze. Der EuGH hat in diesen Fällen stets über die Anwendung des Art 2 Abs 3 im Rahmen der Auswahl und Abgrenzung der besonderen Schutzgebiete zu entscheiden gehabt. Ob seine Aussagen auch für Erhaltungsmaßnahmen gelten, geht aus dieser Judikatur nicht klar hervor. So wird etwa – wie schon im Rahmen der Ausführungen zu Art 6 Abs 1 FFH-RL zitiert – die Ansicht vertreten, dass Maßnahmen im Rahmen des Gebietsmanagements Maßnahmen im Sinne des Art 2 Abs 3 sind und somit den Anforderungen von Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur sowie der regionalen und örtlichen Besonderheiten Rechnung zu tragen haben.1375 Zur VSchRL gibt es hingegen nicht nur eine Judikatur bezüglich Auswahl und Abgrenzung von Schutzgebieten, sondern auch zu den Erhaltungsmaßnahmen. In der unter II.B.3. zitierten Entscheidung hat der EuGH klargestellt,1376 dass Art 2 die Mitgliedstaaten nicht ermächtige, von den Erfordernissen der Richtlinie abzuweichen. Der Ansicht der belgischen Regierung, wonach Art 2 es den Mitgliedstaaten ermögliche, Erhaltungsmaßnahmen aufgrund wirtschaftlicher, freizeitbedingter und kultureller Erfordernisse einzuschränken, wurde an dieser Stelle eine Absage ____________________
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Mauerhofer (FN 116) 130. Siehe dazu im Folgenden unter 2. Gebhard (FN 335) 367. EuGH Rs 247/85, Slg 1987, 3029 ff, Rz 42.
Die konkreten Umsetzungsfragen im Forstgesetz
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erteilt. Art 2 VSchRL lässt offensichtlich keine Relativierung der Verpflichtung, Erhaltungsmaßnahmen zu setzen, zu. Zunächst wäre unabhängig von dieser Judikatur fraglich, wie das öffentliche Interesse, beispielsweise an der Walderhaltung, unter Art 2 VSchRL oder Art 2 Abs 3 FFH-RL subsumiert werden kann. Geht es bei diesen beiden Bestimmungen doch primär um Interesse wirtschaftlicher, kultureller oder freizeitbedingter Natur. Insofern könnte sich die von Mauerhofer vorgeschlagene Lösung über den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz als zielführender erweisen. Neben diesen Interessenskonflikten zwischen Naturschutz und Forstwesen ist in Anlehnung an die Ausführungen zu Kapitel F die Auswirkung des Art 6 Abs 3 und 4 FFH-RL auf die forstliche Raumplanung einer näheren Betrachtung zu unterziehen. Hier geht es in erster Linie um die Frage, ob die forstlichen Raumpläne einer Verträglichkeitsprüfung im Sinne der FFH-RL zu unterziehen sind.
2. Die konkreten Umsetzungsfragen im Forstgesetz a) Wälder mit besonderem Lebensraum gemäß § 32a ForstG Diese mit der ForstG Novelle 2002 neu eingeführte Bestimmung soll deshalb den einzelnen, konkreten Umsetzungsfragen vorangestellt werden, weil § 32a auf einige, von der Umsetzungsverpflichtung betroffene Bestimmungen des ForstG Bezug nimmt und auf diesem Wege für die entsprechende Gemeinschaftskonformität sorgen soll. § 32a Abs 1 ForstG bezeichnet Wälder mit besonderem Lebensraum als Biotopschutzwälder. Als solche gelten Naturwaldreservate auf Grund privatrechtlicher Vereinbarung, Waldflächen in Nationalparken oder Waldflächen, die in Naturschutzgebieten oder durch Gesetz, Verordnung oder Bescheid festgelegten Schutzgebieten nach der FFH-RL oder VSchRL liegen. Gemäß Abs 2 kann die Behörde auf Antrag des Waldeigentümers oder einer zur Wahrnehmung der mit den Wäldern nach Abs 1 verbundenen öffentlichen Interessen zuständigen Behörde mit Zustimmung des Waldeigentümers mit Bescheid Ausnahmen von der Geltung der einzelner Bestimmungen des ForstG anordnen, wenn öffentliche Interessen der Walderhaltung nicht entgegenstehen. Von welchen Bestimmungen konkrete Ausnahmen möglich sind, wird in Abs 2 Z 1 bis 5 geregelt. Auf die einzelnen, hier genannten Bestimmungen wird nachstehend noch im Detail eingegangen. Eine Einschränkung erfährt die gegenständliche Bestimmung durch § 32a Abs 3. Dieser verpflichtet die Behörde bei Gefahr in Verzug oder
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bei Wegfall der Voraussetzungen von Amts wegen oder auf Antrag des Waldeigentümers den nach Abs 2 ergangenen Bescheid abzuändern oder aufzuheben und die nach Abs 2 erteilte Ausnahme zur Gänze oder teilweise zu widerrufen. Diese Möglichkeit besteht darüber hinaus auch für einen an einen in Abs 1 genannten Wald angrenzenden Wald. In diesem Fall hat die Behörde auf Antrag des Eigentümers des gefährdeten nachbarlichen Waldes zu entscheiden. Das ForstG kennt zwar keine Bewirtschaftungspflicht im engeren Sinne und somit keine Verpflichtung zur Nutzung in Form von Fällungen kennt, Bewirtschaftungsmaßnahmen im weiteren Sinne bzw Pflegeeingriffe (zB Forstschutzmaßnahmen) sind aber dennoch forstgesetzlich geregelt. Und auf diese forstrechtlichen Handlungspflichten zielt § 32a ab.1377 Er bietet die rechtliche Grundlage für die Forstbehörde, zur Hintanhaltung möglicher Konflikte zwischen forstrechtlichen Handlungspflichten und naturschutzrechtlich geforderten Unterlassungspflichten bzw Eingriffsverboten mit Bescheid anzuordnen, dass bestimmte Regelungen des ForstG auf Wälder mit besonderem Lebensraum keine Anwendung finden. Die Erläuterungen zu § 32a betonen allerdings auch, dass die Forstbehörde im Rahmen dieser Werteentscheidung zu prüfen hat, ob öffentliche Interessen der Walderhaltung entgegenstehen. Der Gesetzgeber strebt auf diese Weise einen sinnvollen und sachgerechten Ausgleich zwischen forstlichen Interessen einerseits und naturschützerischen bzw ökologischen Anliegen andererseits an. Die Möglichkeiten des § 32a ForstG hängen sehr wesentlich von der Auslegung bestimmter Tatbestandselemente ab. Eine wesentliche Rolle spielen beispielsweise die öffentlichen Interessen an der Walderhaltung. Zur Auslegung dieser Wortfolge bietet sich der ebenso durch die Novelle 2002 neu eingeführte § 1 ForstG an. Wie bereits voranstehend angeklungen, kommt dieser Ziel- und Grundsatzbestimmung maßgebliche Bedeutung bei der Auslegung einzelner Bestimmungen des ForstG zu. Die Erläuterungen zu § 11378 erwähnen hier im Besonderen die im öffentlichen Interesse an der Walderhaltung im ForstG normierten Bewilligungspflichten. Diese bilden das Resultat der in § 1 verankerten Grundsätze. In der praktischen Anwendung des § 32a wird daher sehr mitentscheidend sein, wie hoch das öffentliche Interesse an der Walderhaltung im konkreten Fall bewertet wird. Für diese Einzelfallbewertung sind die Grundsätze des § 1 heranzuziehen. Ist etwa über die Anordnung bzw die im Interesse des Naturschutzes stehende Nichtanordnung einer Wiederbewaldung zu entscheiden, hat die Forstbehörde festzustellen, welche Aus____________________
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Materialien zur ForstG-Novelle 2002 (FN 1370) 8. Materialien zur ForstG-Novelle 2002 (FN 1370) 3.
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wirkung der Verzicht auf die Wiederbewaldung auf das öffentliche Interesse an der Walderhaltung nach sich zieht. Dem Wortlaut des § 32a Abs 2 zu Folge stellt das öffentliche Interesse der Walderhaltung eine absolut wirkende Schranke für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung dar. Steht das öffentliche forstliche Interesse entgegen, ist eine Ausnahme nicht möglich. Die Erläuterungen sprechen hingegen von einer Ermessensentscheidung der Behörde sowie einem sinnvollen und sachgerechten Ausgleich der forstlichen und naturschützerischen Interessen. Dies deutet klar auf eine von der Behörde durchzuführende Interessensabwägung hin. Demnach wären in einem ersten Schritt die beiden konfligierenden Interessen zu gewichten1379 und in einem zweiten Schritt gegeneinander abzuwägen. Soll durch eine Ausnahmebewilligung gemäß § 32a Abs 2 eine gemeinschaftsrechtlich gebotene Erhaltungsmaßnahme ermöglicht werden, ist die Forstbehörde jedenfalls zu einer richtlinienkonformen Interpretation verpflichtet. Das durch die Vorgaben der VSch- und FFH-RL verstärkte Naturschutzinteresse ist bei der Interessensabwägung entsprechend berücksichtigen. Die Durchsetzung der gemeinschaftsrechtlichen Interessen erfährt jedoch – wie bereits einleitend unter 1. erwähnt – eine Schranke durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gemäß Art 5 EG. Ein weiterer, sehr maßgeblicher Aspekt des § 32a Abs 2 ForstG betrifft die Rolle des Waldeigentümers. Die gegenständliche Ausnahmebewilligung ist an einen Antrag des Waldeigentümers gebunden bzw an dessen Zustimmung für den Fall, dass eine zur Wahrnehmung der mit den Wäldern nach Abs 1 verbundenen öffentlichen Interessen zuständige Behörde1380 den Antrag gestellt hat. Die Position des Grundeigentümers ist somit eine sehr zentrale. Die an dieser Stelle dem Eigentümer eingeräumte starke Position mag Ausfluss einer der Zielsetzungen der ForstG Novelle 20021381, nämlich ____________________
1379 Bezüglich des Naturschutzinteresses ist beispielsweise festzustellen, welche Bedeutung der Verzicht auf die Wiederbewaldung für die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes des betroffenen Lebensraumes hat. Zu klären wäre etwa die Frage, ob das Freihalten von Bewuchs für das verfolgte Naturschutzziel nur förderlich ist oder unverzichtbare Voraussetzung. Auf der anderen Seite werden die Auswirkungen des Wiederbewaldungsverzichts auf die forstlichen Interessen zu bewerten sein. Hier können Kriterien, wie das Ausmaß der betroffenen Fläche, der Zustand des Waldbodens, seine Exposition, die konkreten Wirkungen der Waldfläche etc die maßgeblichen Parameter sein. 1380 In der Regel wird es sich um Naturschutzbehörden, nach dem Salzburger NSchG konkret um die Landesregierung, handeln. Die Landesregierung könnte in Salzburg aber auch als Jagdbehörde einen Antrag stellen, wenn ein Wild-Europaschutzgebiet betroffen wäre. Da das ForstG in § 32a Abs 2 klar von einer Behörde spricht, kommt der Landesumweltanwaltschaft dieses Antragsrecht nicht zu. 1381 Materialien zur ForstG-Novelle 2002 (FN 1370) 2.
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Auswirkungen von Natura 2000 auf das Forstrecht
die Stärkung der Eigenverantwortung der Waldeigentümer, sein. In diesem Fall schränkt das absolute Veto des Grundeigentümers die Wirkung des § 32a aber erheblich ein. Vor allem im Hinblick auf Natura 2000 erscheint die Regelung problematisch. Ist beispielsweise eine Ausnahmebewilligung gemäß § 32 Abs 2 Z 1 in Zusammenhang mit einer nach Art 6 Abs 1 FFH-RL gebotenen Erhaltungsmaßnahmen erforderlich und verweigert der Waldeigentümer seine Zustimmung, steht man vor einem nicht lösbaren Konflikt. Eine richtlinienkonforme Interpretation des § 32a Abs 2 ist nicht möglich, weil dessen Wortlaut klar die Zustimmung des Waldeigentümers verlangt. Auch ist § 32a Abs 2 nicht zu entnehmen, dass die Versagung der Zustimmung des Grundeigentümers inhaltlich an bestimmte Gründe gebunden wäre. Die gegenständliche Regelung ist daher aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht bedenklich. Was aus der Sicht der Praxis für die gewählte Regelung des § 32a Abs 2 sprechen könnte, ist die Tatsache, dass ein Großteil der Erhaltungsmaßnahmen nach Art 6 Abs 1 FFH-RL wahrscheinlich über Vertragsnaturschutzvereinbarungen verwirklicht wird, die eine Zustimmung des Grundeigentümers voraussetzen. In diesen Fällen ist daher kaum zu erwarten, dass der Waldeigentümer die Zustimmung zu einer Ausnahmebewilligung nach § 32a Abs 2 ForstG verweigert. Der oben bereits zitierte § 32a Abs 3 ForstG kommt einer „Absicherung“ der Forstbehörde gleich. Besonders die Möglichkeit, bei Gefahr in Verzug reagieren zu können, ist zweckmäßig und durchaus geboten. So wäre etwa denkbar, dass es nach einer nicht erfolgten Wiederbewaldung zu Erosionen oder Windwürfen im umliegenden Bestand kommt. Auch könnten nicht durchgeführte Maßnahmen bei Schädlingsbefall oder gefahrdrohender Schädlingsvermehrung eine Massenvermehrung (auch aufgrund unerwarteter Witterungsverhältnisse) zur Folge haben. In solchen Fällen kann die Forstbehörde über Abs 3 entsprechende Maßnahmen vorschreiben. Zusammenfassend kann der neu eingeführte § 32a ForstG als ein positiver Ansatz zur Regelung des Verhältnisses zwischen Naturschutz und Forstwesen bewertet werden. Dass eine solche Bestimmung gemeinschaftsrechtlich unbedingt erforderlich ist, zeigen die nachstehenden Ausführungen. b) Das Wiederbewaldungsgebot gemäß § 13 ForstG Das ForstG sieht in § 13 eine Pflicht zur Wiederbewaldung von Kahlflächen und Räumden1382 vor. Gefordert wird dabei standortstaugliches ____________________
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Gemäß § 1a ForstG wird Wald, dessen Bewuchs eine Überschirmung von weniger als drei Zehntel aufweist, als Räumde, Waldboden ohne jeglichen Bewuchs als Kahlfläche
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Vermehrungsgut forstlicher Holzgewächse. In den Abs 2 bis 3 sind unterschiedliche Fristen zur Wiederbewaldung vorgesehen, abhängig davon, ob es sich um eine künstliche Verjüngung oder eine Naturverjüngung handelt. In bestimmten Fällen kann die Behörde die vorgesehen Fristen gemäß den Abs 4 und 5 verlängern. Wird der Wiederbewaldungspflicht nicht entsprechend Rechnung getragen, hat die Forstbehörde in Verbindung mit § 172 Abs 6 lit a ForstG dem Waldeigentümer die rechtszeitige und sachgemäße Wiederbewaldung durch Bescheid1383 aufzutragen oder bei Gefahr im Verzuge unmittelbar anzuordnen und nötigenfalls gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten durchführen zu lassen. Mauerhofer1384 kritisiert in diesem Zusammenhang, dass die einheitliche Verpflichtung zur Wiederbewaldung für den gesamten Wald und die Freiheit der Baumwahl einen Mangel an Koordinierung mit anderen naturschutzrechtlichen oder ökologischen Interessen erkennen lassen. Zudem schützt das Gemeinschaftsrecht auch Holzgewächse, welche nicht waldbildend im Sinne des ForstG sind.1385 Eine schwerwiegende Unvereinbarkeit oder einen Widerspruch ist hier allerdings nicht ersichtlich: Es gibt keinen Zwang, wonach alle richtliniengeschützten Holzgewächse auch solche im Sinne des ForstG sein müssen, wobei anzumerken ist, dass der Wacholder zwischenzeitlich in den Anhang des ForstG aufgenommen wurde. Auch wurde durch die Novelle 2002 am Ende des Anhangs die Wortfolge „und für die Waldrand- und Biotopgestaltung geeignete Wildobstgehölze und Straucharten“ angefügt. Damit soll den Erfordernissen der Artenvielfalt und Biodiversität Rechnung getragen werden.1386 Sehr treffend ist hingegen der Hinweis von Mauerhofer1387 auf mögliche Widersprüche zwischen dem Wiederbewaldungsgebot einerseits und ____________________
bezeichnet. Die Pflicht zur Wiederbewaldung gilt daher klarerweise nur für Waldflächen. Entscheidend ist daher nicht das (Nicht-)Vorhandensein eines forstlichen Bewuchses, sondern allein die Qualifikation der betreffenden Fläche als Wald im Sinne des ForstG (Wohanka/Stürzenbecher/Blauensteiner/Jäger, Kommentar zum Forstrecht (1993), 40). 1383 Der Wiederbewaldungsauftrag muss dabei die erforderliche Bestimmtheit gemäß § 59 Abs 1 AVG aufweisen. Dem Bestimmtheitserfordernis wird nicht entsprochen, wenn bloß die Aufforstung „mit standortsgerechten Pflanzen“ angeordnet wird. Es bedarf vielmehr der genauen Bezeichnung der Hölzer, die im konkreten Fall als standortsgerecht angesehen werden (Wohanka/Stürzenbecher/Blauensteiner/Jäger, FN 1382, 40). 1384 Mauerhofer (FN 116) 133. 1385 Mauerhofer führt hier den Wacholder (juniperus communis) an, eine Anhang I FFH-RL Art, die nicht in der Holzgewächsliste des Anhangs I ForstG aufscheint. 1386 Materialien zur ForstG-Novelle 2002 (FN 1370) 16. 1387 Mauerhofer (FN 116) 133.
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Erhaltungsmaßnahmen im Sinne von Art 6 Abs 1 FFH-RL bzw Art 4 Abs 1 VSchRL andererseits. Ein Interessenskonflikt läge vor, wenn ein günstiger Erhaltungszustand eines bestimmten natürlichen Lebensraumtyps bzw einer schützenswerten Art im Sinne der beiden Richtlinien dadurch erhalten bzw wiederhergestellt werden soll, dass keine Wiederbewaldung erfolgt. Mauerhofer spricht sich aufgrund des Vorranges des Gemeinschaftsrechts richtigerweise für die Außerachtlassung des Wiederbewaldungsgebots aus1388 und fordert gleichzeitig die Aufnahme einer entsprechenden Ausnahmeregelung ins ForstG. Durch die Einführung des unter a) bereits erläuterten § 32a ForstG wurde dieser Forderung entsprochen. Aufgrund der Nennung des § 13 in § 32a Abs 2 ist eine Ausnahme von der Wiederbewaldungspflicht nunmehr möglich. c) Das Verbot der Waldverwüstung gemäß § 16 ForstG Prima vista ist hier kein Widerspruch oder eine Unvereinbarkeit zwischen Forstwesen und Naturschutz zu erwarten. Dass ein umfassendes Verbot der Waldverwüstung mit Naturschutzinteressen in Konflikt geraten kann, ist erst bei genauerer Betrachtung des § 16 ForstG erkennbar. Diese Bestimmung umschreibt in Abs 2 lit a bis d1389, wann eine Waldverwüstung vorliegt. Wird eine solche festgestellt, hat die Behörde gemäß Abs 3 die erforderlichen Maßnahmen zur Abstellung der Waldverwüstung und Beseitigung der Folgen derselben vorzukehren. Der bescheidmäßige Auftrag ist wie im Falle der unterlassenen Wiederbewaldung gemäß § 172 Abs 6 ForstG zu erteilen. Ein möglicher Konflikt mit dem Naturschutz ist nun insofern denkbar, als im Interesse des Naturschutzes erfolgte Handlungen bzw Unterlassungen den Zustand einer Waldverwüstung im Sinne des § 16 Abs 2 ForstG nach sich ziehen können. In Betracht kommen in erster Linie die ____________________
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Unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (siehe die Ausführungen zu G.1). 1389 § 16 Abs 2: Eine Waldverwüstung liegt vor, wenn durch Handlungen oder Unterlassungen a) die Produktionskraft des Waldbodens wesentlich geschwächt oder gänzlich vernichtet, b) der Waldboden einer offenbaren Rutsch- oder Abtragungsgefahr ausgesetzt, c) die rechtszeitige Wiederbewaldung unmöglich gemacht oder d) der Bewuchs offenbar einer flächenhaften Gefährdung, insbesondere durch Wind, Schnee, wildlebende Tiere mit Ausnahme der jagdbaren, unsachgemäße Düngung, Immission aller Art, ausgenommen solche gemäß § 47, ausgesetzt wird oder Abfall (wie Müll, Gerümpel, Klärschlamm) abgelagert wird.
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Tatbestände gemäß lit a und c1390. So ist nicht ausgeschlossen, dass eine Erhaltungsmaßnahme im Sinne des Art 6 Abs 1 FFH-RL zu einer wesentlichen Schwächung der Produktionskraft des Waldbodens – aus forstwirtschaftlicher Sicht wohlgemerkt – führt. Auch könnte eine Maßnahme des Gebietsmanagements die rechtzeitige Wiederbewaldung unmöglich machen. Die Forstbehörde ist in diesen Fällen gemäß § 16 Abs 3 iVm § 172 Abs 6 ForstG verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zu Abstellung der Waldverwüstung zu treffen und kommt somit wiederum in Konflikt mit gemeinschaftsrechtlich gebotenen Naturschutzinteressen. Aus diesem Grund hat § 16 Aufnahme in die Ausnahmeregelung des § 32a gefunden. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 32a Abs 2 kann daher die Forstbehörde in Natura 2000 Gebieten ausnahmsweise den Zustand einer Waldverwüstung (im Sinne des ForstG) zulassen. d) Das Rodungsverbot gemäß §§ 17 ff ForstG Unter Rodung im Sinne des ForstG wird nicht – wie nach dem üblichen Sprachgebrauch oft angenommen – die Entfernung des Bewuchses verstanden, sondern die Verwendung des Waldbodens zu anderen Zwecken als solcher der Waldkultur. Gemäß § 17 Abs 1 ist die Rodung grundsätzlich verboten. Eine Ausnahme von diesem Verbot kann die Behörde gemäß Abs 2 erteilen, wenn ein besonderes öffentliches Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald nicht entgegensteht.1391 Ist eine Bewilligung nach Abs 2 nicht möglich, kann die Behörde dennoch die Rodung genehmigen, wenn ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche das öffentliche Interesse an der Erhaltung diese Fläche als Wald überwiegt. Gemäß § 18 Abs 1 ist die Rodungsbewilligung erforderlichenfalls an Bedingungen, Fristen und Auflagen zu binden, damit die Walderhaltung über das bewilligte Ausmaß hinaus nicht beeinträchtig wird. Besonders zu erwähnen ist dabei die Vorschreibung von Maßnahmen, die zum Aus____________________
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Eine offenbare Rutsch- oder Abtragungsgefahr (lit b) sowie eine offenbar flächenhafte Gefährdung des Bewuchses (lit d) sind durch Naturschutzmaßnahmen weniger zu erwarten. 1391 Mit dieser durch die Novelle 2002 erfolgten Neuformulierung des Abs 2 kann bereits eine Rodungsbewilligung erteilt werden, wenn ein (durch das Gutachten eines forstlichen Amtssachverständigen zu beurteilendes) besonderes öffentliches Interesse der Walderhaltung nicht entgegensteht. Im Gegensatz zur alten Rechtslage ist in diesen Fällen der Nachweis des öffentlichen Interesses an der Rodung nicht mehr nachzuweisen. Die neue Regelung bringt vor allem eine Erleichterung für Rodungen auf Kleinflächen, die aus forstfachlicher Sicht unbedeutend und verzichtbar sind (Materialien zur ForstG-Novelle 2002, FN 1370, 6).
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gleich des Verlustes an Waldfläche geeignet sind. Gemeint ist hier eine entsprechende Ersatzaufforstung oder ein vorzuschreibender Geldbetrag.1392 Das Rodungsverbot des ForstG kann mit dem Naturschutz in Berührung bzw auch in Konflikt geraten, wenn beispielsweise ein günstiger Erhaltungszustand für ein bestimmtes, einen Lebensraumtyp von gemeinschaftlichem Interesse einschließendes Moor nur durch dauerhafte Beseitigung des darauf stockenden Waldbestandes erhalten bzw wiederherstellt werden könnte.1393 Für Mauerhofer wäre es im genannten Beispiel aufgrund des Vorranges des Gemeinschaftsrechts als unzulässig anzusehen, wenn für Maßnahmen, die der Erreichung von Erhaltungszielen der VSchund FFH-RL dienen, die Rodungsbewilligung verweigert wird. Ein schwerwiegender Interessenskonflikt ist hier nicht ersichtlich: Ist eine Waldfläche von Erhaltungsmaßnahmen betroffen und auf Dauer unbestockt zu belassen, hat der Träger des Gebietsmanagements um die Erteilung der Rodungsbewilligung bei der Forstbehörde anzusuchen. Sind die Voraussetzungen des § 17 Abs 2 ForstG nicht gegeben, hat der Einschreiter das öffentliche Interesse an der Rodung nachzuweisen. Dies scheint bei Erhaltungsmaßnahmen gemäß Art 6 Abs 1 FFH-RL bzw Art 4 Abs 1 VSchRL unproblematisch. Das öffentliche Interesse am Naturschutz ist mit der Novelle 2002 auch in die demonstrative Aufzählung der anerkannten öffentlichen Interessen des § 17 Abs 4 aufgenommen worden. Mit dieser Ergänzung wurde allerdings nur eine Klarstellung vorgenommen, nachdem bereits die früher geltende Rechtslage den Naturschutz als öffentliches Interesse zur Rechtfertigung einer Rodung anerkannte.1394 Mit der nun ausdrücklichen Nennung in § 17 Abs 4 sollte der Bedeutung naturschutzfachlicher Interessen und Belange Rechnung getragen werden, so die Erläuterungen zur Novelle. Mauerhofer setzt weiters einer Versagung der Rodungsbewilligung dem Fall gleich, bei dem zwar eine Genehmigung der Rodung erfolgt, jedoch eine Ersatzpflanzung in einer Dimension vorgeschrieben wird, die dazu führt, dass die Maßnahmen zur Erreichung der gemeinschaftsrecht____________________
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Eine Ersatzaufforstung ist nicht möglich oder unzumutbar, wenn zum Zeitpunkt der Rodungsbewilligung eine taugliche Fläche nicht oder nur zu (auch wirtschaftlich) unzumutbaren Bedingungen verfügbar ist. In diesem Fall ist vom Rodungswerber ein Geldbetrag zu entrichten, der den Kosten der Neuaufforstung der Rodungsfläche – wäre sie neu aufzuforsten – entspricht (Mauerhofer, FN 116, 134). 1393 Mauerhofer (FN 116, 134) weist darauf hin, dass in der Praxis bereits die bloße „Wiedervernässung“ als Rodung im Sinne des ForstG angesehen wurde. 1394 Vgl die Materialien zur ForstG-Novelle 2002 (FN 1370, 6) sowie eine Anfragenbeantwortung des Bundesministers für Land und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 6. September 2001, Zl 2694/AB XXI. GP, 1, zur Frage der Umsetzung der VSchund FFH-RL im ForstG.
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lichen Erhaltungsziele der VSch- und FFH-RL nicht ergriffen werden können. Er sieht hier einen Verstoß gegen das gemeinschaftsrechtliche Vereitelungsverbot, also die Unmöglichmachung oder wesentliche Erschwerung von gemeinschaftsrechtlichen Pflichten. Mauerhofer fordert daher die Nichtanwendung der Bestimmungen über die Ersatzaufforstung sowie die Vorschreibung des Ersatzgeldbetrages. Hiezu ist grundsätzlich anzumerken, dass die Frage, ob eine Ersatzaufforstung vorzuschreiben ist oder nicht, jeweils vom Einzelfall abhängt. Zu bewerten ist der durch die Rodung entstehende Wegfall der Waldwirkungen in der näheren Umgebung der Rodungsfläche.1395 Demnach handelt es sich um eine forstfachliche Frage. Auch unterliegt die Auflage einer Ersatzaufforstung, ersatzweise der Rodungsabgabe, der Pflicht zur Abwägung und Begründung der Erforderlichkeit, im konkreten zur Erhaltung ausreichender Waldwirkungen.1396 So wird in Fällen des unbedeutenden Wirkungsverlustes und in Gebieten mit weit überdurchschnittlicher Waldausstattung eine Ersatzaufforstung bzw Rodungsabgabe nicht vorzuschreiben sein. Die Art des öffentlichen Interesses scheint in diesem Fall offensichtlich keine Rolle zu spielen. Demzufolge besteht nach den Bestimmungen des ForstG keine Möglichkeit, aufgrund besonderer öffentlicher Interessen von der Vorschreibung einer Ersatzaufforstung bzw eines Geldbetrages abzusehen. Eine Unvereinbarkeit mit den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben wird – wie auch von Mauerhofer angedeutet – nur in jenen Fällen anzunehmen sein, in denen die forstrechtliche Vorschreibung zu einer faktischen Verhinderung der Naturschutzmaßnahmen führt. In solchen Konstellationen kommt der Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts zum Tragen. Führt die vorgeschriebene Ersatzaufforstung bzw der Geldbetrag allerdings zu keiner Vereitelung des Naturschutzvorhabens, liegt grundsätzlich kein Widerspruch zu den Richtlinienbestimmungen vor.1397 Die generelle Nichtanwendbarkeit des § 18 Abs 1 Z 3 lit b bzw Abs 2 und 3 ForstG ist in den genannten Fällen hingegen nicht geboten. e) Die Behandlungsgebote für Schutzwälder gemäß §§ 21 ff ForstG Seit der ForstG Novelle 2002 unterscheidet § 21 ForstG zwischen Standortschutzwäldern gemäß Abs 1 und Objektschutzwäldern gemäß Abs 2. Unter den im gegenständlichen Zusammenhang relevanten Stand____________________
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Wohanka/Stürzenbecher/Blauensteiner/Jäger (FN 1382) 88. Bobek/Plattner/Reindl, Kommentar zum Forstgesetz, 1995, 140. 1397 Freilich davon unabhängig ist die rechtspolitische Sinnhaftigkeit der Verwendung von öffentlichen Naturschutzgeldern zur Finanzierung von Ersatzaufforstungen zu sehen. 1396
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ortschutzwäldern werden jene Wälder verstanden, deren Standort durch die abtragenden Kräfte von Wind, Wasser oder Schwerkraft gefährdet ist und die eine besondere Behandlung zum Schutz des Bodens und des Bewuchses sowie zur Sicherung der Wiederbewaldung erfordern. In der an diese allgemeine Definition anschließende Aufzählung finden sich unter Z 1 auch Wälder auf Flugsand- oder Flugerdeböden. Gemäß § 22 Abs 1 hat der Eigentümer eines Schutzwaldes1398 diesen entsprechend den örtlichen Verhältnissen so zu behandeln, dass seine Erhaltung als möglichst stabiler, dem Standort entsprechender Bewuchs mit kräftigem, inneren Gefüge bei rechtzeitiger Erneuerung gewährleistet ist. In diesem Zusammenhang fordert § 24 planliche Vorkehrungen bezüglich der zur Sicherung des Schutzwaldes erforderlichen Sanierungsmaßnahmen. Die sich aus diesen Planungen ergebenden Maßnahmen sind bescheidmäßig aufzutragen. Die Nichtbeachtung dieser Pflichten findet in den Strafbestimmungen unter § 174 Abs 1 lit a Z 9 ihren Niederschlag. Darüber hinaus steht der Forstbehörde die Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes gemäß § 172 Abs 6 offen. Mauerhofer1399 kritisiert am Schutzwaldbegriff 1400, dass dieser bei der Einstufung eines Gebietes als Schutzwald lediglich nach der Form der Einwirkung, nicht aber nach ökologischen Kriterien wie der Seltenheit des (forstlichen oder nicht forstlichen) natürlich vorkommenden Vegetationstyps differenziert. Dieser Feststellung ist zuzustimmen. In erster Linie geht es beim forstlichen Schutzwaldbegriff um die Erhaltung und Sicherung der Standortstabilität und weniger um ökologische Aspekte. Mögliche Berührungspunkte zu den gemeinschaftsrechtlichen Naturschutzbestimmungen können darin bestehen, dass nach den Richtlinien geschützte Lebensraumtypen unter den Schutzwaldbegriff des ForstG fallen. In Betracht kommt hier etwa der prioritäre natürliche Lebensraumtyp Nr 2340 „Pannonische Binnendünen“ des Anhangs I FFH-RL, der von Wäldern auf Flugsand- und Flugerdeböden im Sinne des § 21 Abs 1 Z 1 ForstG umfasst ist.1401 Die klar vorgegebenen Handlungsverpflichtungen im ForstG scheinen schwer einer richtlinienkonformen Interpretation zugänglich zu sein. Um ____________________
1398 Soweit das Gesetz von „Schutzwald“ spricht, beziehen sich die betreffenden Regelungen sowohl auf Standortschutzwald als auch auf Objektschutzwald (Materialien zur ForstGNovelle 2002, FN 1370, 8). 1399 Mauerhofer (FN 116) 135. 1400 Die Ausführungen von Mauerhofer beziehen sich auf die Rechtslage vor der Novelle 2002. Die hier kritisierte Regelung blieb allerdings von der Novellierung unberührt und wird daher unverändert aufrecht sein. 1401 Mauerhofer (FN 116) 135.
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einem möglichen Interessenskonflikt entgegenwirken zu können, wurde § 22 über die Behandlung und Nutzung des Schutzwaldes in die Ausnahmebestimmung des § 32a Abs 2 ForstG aufgenommen. Somit kann über die dort vorgesehene Interessensabwägung den Vorgaben der VSchund FFH-RL Rechnung getragen werden. f) Die Möglichkeit von Betretungsverboten im ForstG Auch an dieser Stelle bedarf es einer kurzen Einführung, um den Zusammenhang zwischen gemeinschaftsrechtlichem Naturschutz und den Betretungsverboten nach dem ForstG ersichtlich zu machen. Zunächst muss der den möglichen Betretungsverboten voranstehende Grundsatz, wonach jedermann den Wald zu Erholungszwecken betreten und sich dort aufhalten darf, erwähnt werden. Aus § 33 Abs 1 ForstG ergibt sich die grundsätzlich Verpflichtung des Waldeigentümers, die Benützung seines Waldes zu Erholungszwecken durch jedermann zu dulden.1402 Eine Einschränkung erfährt dieses allgemeine Recht durch gänzliche Betretungsverbote aus abschließend aufgezählten Gründen sowie vom Waldeigentümer beantragte Sperren für bestimmte Zwecke1403. Dokumentiert wird die grundsätzliche Betretungsfreiheit durch die Tatsache, dass Sperren aus anderen als den in § 34 angeführten Gründen gemäß § 174 Abs 1 lit b Z 5 ForstG verwaltungsstrafrechtlich zu ahnden sind. Von Mauerhofer1404 wird in diesem Zusammenhang bemängelt, dass in den gegenständlichen forstgesetzlichen Verboten und Sperrmöglichkeiten keine Einschränkungen der Betretungsfreiheit aus Gründen des Naturschutzes1405 ohne Antrag des Eigentümers enthalten sind. Er zitiert dabei das bekannte „Jagdrecht-Forstrecht“ Erkenntnis des VfGH1406, mit der Interpretation des § 34 ForstG dahingehend, dass weitere als die dort genannten Sperrmöglichkeiten zulässig seien.1407 Auch Schäffer1408 er____________________
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Bobek/Plattner/Reindl (FN 1396) 192. Gemäß § 33 Abs 2 und § 34 ForstG. 1404 Mauerhofer (FN 116) 135. 1405 Ein solches könnte etwa auf ökologisch besonders sensiblen Flächen erforderlich sein. 1406 VfSlg 10.292/1984. 1407 Nach Meinung des VfGH lasse das ForstG eine verfassungskonforme Auslegung in der Art zu, dass die darin enthaltenen zulässigen Sperrmaßnahmen des § 34 Abs 2 bis 4 nicht erschöpfend, sondern bloß demonstrativ aufgezählt seien (Davy, Zur Bedeutung des bundesstaatlichen Rücksichtsnahmegebotes für Normenkonflikte, ÖJZ 1986, 298). Bobek/Plattner/Reindl (FN 1396, 207) gehen zwar von einer taxativen Anführung der forstgesetzlichen Betretungsverbote und Sperrmöglichkeiten in § 33 Abs 2 und 3 sowie § 34 Abs 2 und 3 aus, stellen aber auch klar, dass hievon Betretungsverbote nach anderen Rechtsvorschriften (zB militärische Sperrgebiete, jagdrechtlich zulässige Sperren) unberührt bleiben. 1403
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wähnt in seinen Ausführungen diese verfassungskonforme Deutung. Im ForstG sind im Wesentlichen nur die unter forstrechtlichen Aspekten erforderlichen Ausnahmen verfügt, daher stehe es dem Landesgesetzgeber frei, anknüpfend an die von ihm zu regelnden Sachgebiete weitere Ausnahmen vorzusehen. In Entsprechung des Rücksichtsnahmegebots muss die landesrechtliche Bestimmung einen angemessenen Interessensausgleich vorsehen und darf keine unnötig weitgehende (überschießende) Regelung treffen.1409 Wie von Mauerhofer richtig festgestellt, ist kein Grund ersichtlich, dass diese Auslegung nur für das Jagdrecht zu gelten hat. Auf der Grundlage der Gesichtspunktetheorie und unter Einhaltung des Rücksichtsnahmegebotes ist davon auszugehen, dass auch Einschränkungen der Betretungsfreiheit des Waldes zugunsten des Naturschutzes verfassungsrechtlich zulässig sind. Bemerkenswert ist allerdings, dass Mauerhofer1410 von einer entsprechenden Regelung im ForstG ausgeht. Der Forstrechtsgesetzgeber ist auch berechtigt, hier eine Sperrmöglichkeit zugunsten des Naturschutzes vorzusehen.1411 Denn mit einer solchen Regelung wird das Betreten des Waldes näher ausgeführt1412 und in keiner Weise in die Länderkompetenz eingegriffen. Andererseits ist aber keine Pflicht des Forstrechtsgesetzgebers zur Normierung einer solchen Regelung ersichtlich. Vor allem deshalb, weil bei Einhaltung der oben erläuterten verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen dem Landesgesetzgeber ohnehin eine entsprechende Regelungsbefugnis zukommt. Ein weiterer hinzutretender Aspekt ergibt sich aus dem bereits erwähnten Straftatbestand des § 174 Abs 1 lit b Z 5 ForstG. Dieser erweist sich als verfassungsrechtlich bedenklich: Nach Ansicht von Mauerhofer1413 hätte der VfGH im gegenständlichen Anlassfall aus guten Grün____________________
1408
Schäffer, Kompetenzverteilung und Rücksichtsnahmepflicht im Bundesstaat – Das Erkenntnis „Jagdrecht/Forstrecht“ und die Neuorientierung der Kompetenzinterpretation, ZfV 1985, 360. 1409 So sprach der VfGH im Falle des Niederösterreichischen Jagdgesetzes von einer exzessiven Bevorrangung von jagdwirtschaftlichen und wildbiologischen Interessen und qualifizierte dies als Verletzung der verfassungsrechtlichen Rücksichtsnahme. 1410 Mauerhofer (FN 116) 135. 1411 Auch wenn man bedenkt, dass § 34 Abs 2 bis 3 ForstG ausschließlich forstliche Zwecke umfasst. 1412 Hiezu ist die Zuständigkeit des Forstrechtsgesetzgebers gegeben. Der VfGH ist hier der Ansicht, dass die Waldöffnung zwar nicht in der seinerzeit im Rechtssatz des Erk VfSlg 2192/1951 (BGBl Nr 251/1951) gefundenen Forstwesensdefinition untergebracht werden kann, wohl aber nach historischer Auslegung im Wege der Versteinerungstheorie (Schäffer, FN 1408, 359). 1413 Mauerhofer (FN 116) 135.
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den auch diese bundesgesetzliche Strafregelung als verfassungswidrig aufheben können. Für dieses Argument spricht die Tatsache, dass kompetenzrechtlich die Möglichkeit von landesrechtlich normierten Sperren besteht, der gegenständliche forstrechtliche Straftatbestand diese Möglichkeit aber gleichzeitig unter Strafe stellt. Wer nämglich entgegen1414 § 34 Abs 2 bis 4 Sperren durchführt, begeht gemäß § 174 Abs 1 lit b Z 5 ForstG eine Verwaltungsübertretung. Nach dem Wortlaut des § 34 beziehen sich die aufgezählten Benützungsbeschränkungen auf den Waldeigentümer. Für ihn besteht die Möglichkeit, unter den normierten Voraussetzungen Teile „seines Waldes“ zu sperren. Dieser Tatsache folgend wird sich die Strafdrohung des § 174 Abs 1 lit b Z 5 ebenfalls gegen den Waldeigentümer richten. Geht man vom Fall aus, dass eine naturschutzrechtliche Schutzgebietsverordnung (in Erfüllung der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben) ein Betretungsverbot für eine ökologisch hochwertige Fläche vorsieht, liegt eine entgegen § 34 Abs 2 bis 4 ForstG durchgeführte Sperre vor. Da diese nicht vom Waldeigentümer durchgeführt, sondern hoheitlich von der Naturschutzbehörde verfügt ist, stellt sich die grundsätzliche Frage der Anwendbarkeit des gegenständlichen forstrechtlichen Straftatbestandes. Eine Auslegung des § 174 Abs 1 lit b Z 5 dahingehend, dass er nur die dem Waldeigentümer zuordenbaren Benützungsbeschränkungen umfasst, bietet jedenfalls ein möglichen Ansatz, den offensichtlich vorhandenen Konflikt zu lösen. Diese Variante der verfassungskonformen Interpretation liegt auch im Rahmen des Wortlauts der in Rede stehenden Strafbestimmung.1415 Dies gilt auch für die gemeinschaftskonforme Auslegung für den Fall, dass die Erhaltungsziele des Art 6 Abs 1 FFH-RL oder Art 4 VSchRL eine Einschränkung der forstrechtlichen Betretungsfreiheit fordern.1416 g) Das Forstschutzgebot gemäß §§ 43 ff ForstG In Teil B des vierten Abschnittes des ForstG finden sich in den §§ 43 bis 46 Regelungen zum Schutz des Waldes vor Forstschädlingen. § 43 sieht eine Definition der Forstschädlinge sowie eine Meldepflicht an die Behörde bei einer gefahrendrohenden Vermehrung von Forstschädlingen ____________________
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„Entgegen“ kann wohl nur dahingehend verstanden werden, dass sich die Strafdrohung auf Sperren bezieht, die nicht von den in § 34 Abs 2 bis 4 genannten Zwecken erfasst sind. 1415 Vgl dazu Davy (FN 1407) 298. 1416 Vgl dazu die Zweifel von Mauerhofer (FN 116, 135) aufgrund der eindeutigen Strafbestimmung des § 174 Abs 1 lit b Z 5 ForstG.
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vor.1417 Darüber hinaus besteht gemäß § 44 die Verpflichtung des Waldeigentümers zur Durchführung zumutbarer Vorbeugungs- und Bekämpfungsmaßnahmen sowie die Möglichkeit der Forstbehörde, weitere Maßnahmen zur Vorbeugung und Bekämpfung durch Bescheid oder Verordnung vorzuschreiben. Neben diesen Pflichten normiert § 45 Abs 1 das Verbot, durch Handlungen oder Unterlassungen die Vermehrung von Forstschädlingen, selbst für den Fall, dass eine Massenvermehrung nicht unmittelbar droht, zu begünstigen. Die Nichtbeachtung dieser Bestimmungen ist wiederum verwaltungsstrafrechtlich zu ahnden.1418 Ausnahmen von den Forstschutzvorschriften gibt es im ForstG nur sehr beschränkt.1419 Erwähnenswert ist ferner die Verständigungspflicht vor Beginn von Großbekämpfungen an Eigentümer gefährdeter Bienenvölker, die Jagd- und Fischereiausübungsberechtigten sowie die zuständigen Organe von Wasserversorgungseinrichtungen. Naturschutzaspekte finden sich an dieser Stelle nicht. Von Mauerhofer1420 wird hier das Fehlen von Ausnahmemöglichkeiten zugunsten des öffentlichen Interesses am Naturschutz von den – auch ohne Vorliegen einer konkreten Gefährdung bestehenden – Präventionsgeboten des Forstschutzes kritisiert. Zu erwähnen ist diesem Zusammenhang, dass die Kommentierung zum ForstG1421 für den Fall eines Widerspruches zwischen forstgesetzlicher Eingriffspflicht zur Forstschädlingsbekämpfung und naturschutzrechtlichem Eingriffsverbot auf die verfassungsrechtlich gebotene Rücksichtsnahmepflicht verweist. Diese bindet auch die Vollziehung und erfordert im Kollisionsfall die Abwägung der öffentlichen Interessen sowie die Feststellung und Bekanntgabe der im konkreten Fall vorrangigen und daher zu vollziehenden Norm. Bemerkenswert ist diese Feststellung zur Interessensabwägung insofern, als die forstschutzrechtlichen Bestimmungen im ForstG – wie von Mauerhofer erwähnt – eine Berücksichtigung anderer öffentlicher Interessen nicht vorsehen. In der Regel wird die Normenkollision dadurch gelöst, dass die Eingriffsverbote in den Naturschutz- bzw Nationalparkbestimmungen entsprechende Ausnahmen vorsehen.1422 Diese Möglichkeit kann allerdings bei den besonderen Schutzgebieten nach der VSch- oder FFH-RL nur beschränkt zur Anwendung kommen. ____________________
1417 Die Möglichkeit der Anordnung einer verschärften Anzeigepflicht durch Verordnung besteht seit der Novelle 2002 nicht mehr. 1418 Gemäß § 174 Abs 1 lit a Z 18 und 19 sowie lit b Z 13 ForstG. 1419 zB § 36 Abs 4 lit c bezüglich Erholungswälder. 1420 Mauerhofer (FN 116) 136. 1421 Bobek/Plattner/Reindl (FN 1396) 233. 1422 Vgl beispielsweise § 3 Abs 3 lit c oder § 5 Abs 4 Z 4 Salzburger Nationalparkgesetz.
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Stehen Forstschutzgebote im Widerspruch zu erforderlichen Erhaltungsmaßnahmen im Sinne der VSch- bzw FFH-RL und führt dies zu einer Gefährdung der gemeinschaftsrechtlichen Erhaltungsziele, ist von einem Anwendungsvorrang zugunsten der beiden Richtlinien auszugehen, was die Nichtanwendung der forstrechtlichen Maßnahmen zur Konsequenz hat. Die von Mauerhofer in seinem Aufsatz aus 2001 geforderten Ausnahmeregelungen im ForstG fanden Aufnahme in die Novelle 2002. § 32a Abs 2 sieht in seiner Z 4 eine Ausnahme betreffend Maßnahmen bei Schädlingsbefall oder gefahrdrohender Schädlingsvermehrung nach §§ 44 und 45 vor. Mit dieser legistischen Ergänzung sollte den gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen entsprochen werden können. h) Der Schutz hiebsunreifer Bestände gemäß § 80 ForstG Gemäß § 80 Abs 1 ForstG sind Kahlhiebe sowie über das pflegliche Ausmaß hinausgehende Einzelstammentnahmen in hiebsunreifen Hochwaldbeständen1423 verboten. In den Abs 2 und 6 sind Ausnahmen von diesem grundsätzlichen Verbot enthalten. Diese betreffen in erster Linie bestimmte Pflegemaßnahmen und für spezielle forstwirtschaftliche und bringungstechnische Zwecke sowie für bestimmte forst- und energietechnische oder die Nutzwirkung fördernde, ertrags- oder zuwachssteigernde Vorhaben. Zuwiderhandlungen gegen das Fällungsverbot gemäß § 80 Abs 1 sind mit einer Verwaltungsstrafe bedroht.1424 Darüber hinaus hat die Forstbehörde die Einstellung gesetzwidriger Fällungen dem Verpflichteten durch Bescheid aufzutragen oder bei Gefahr im Verzuge unmittelbar anzuordnen und nötigenfalls gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten durchführen zu lassen.1425 In den genannten Ausnahmetatbeständen vom Fällungsverbot bleiben Naturschutzmaßnahmen unberücksichtigt. Wie wiederum von Mauerhofer1426 richtig festgestellt, zielen solche Maßnahmen nicht selten auf die Aufwertung schützenswerter Offenstandorte wie Sanddünen, Feuchtwiesen oder Trockenrasen ab. Auch kann die Umwandlung von bloß standorttauglichen Beständen1427 in natürlich auf dem Standort stockende Wäl____________________
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Hiebsunreif sind Hochwaldbestände von nicht raschwüchsigen Baumarten, wenn sie grundsätzlich noch nicht 60 Jahre alt sind. Die genaue Regelung findet sich in § 80 Abs 3. Die raschwüchsigen Baumarten werden durch Verordnung des Bundesministers festgelegt. 1424 Gemäß § 174 Abs 1 lit a Z 28 ForstG. 1425 Gemäß § 172 Abs 6 lit e ForstG. 1426 Mauerhofer (FN 116) 136. 1427 Bestandesumwandlungen werden bei standortswidrigen Beständen durchgeführt. Das Ziel liegt dabei allerdings primär in der besseren Ausnutzung der Produktionskraft des Bodens und somit in einer Verbesserung der Ertragsleistung.
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der Gegenstand von naturschutzfachlichen Managementmaßnahmen sein. Gemäß den §§ 80 und 81 ForstG müsste mit solchen Vorhaben bis zur Hiebsreife zugewartet werden. Eine aus Naturschutzsicht nicht zielführende Lösung. Verschärft wird die Problematik wiederum in jenen Fällen, in denen die naturschutzrechtlichen Vorhaben der Umsetzung von Erhaltungsmaßnahmen im Sinne von Art 6 Abs 1 FFH-RL oder Art 4 Abs 1 VSchRL dienen. Der Gesetzgeber hat auch hier reagiert und den Schutz hiebsunreifer Bestände gemäß § 80 Abs 1 in § 32a Abs 2 aufgenommen. Somit können Fällungen zugunsten naturschutzfachlicher Erhaltungsmaßnahmen mit den Bestimmungen des ForstG in Einklang gebracht werden. i) Die Prüfung forstlicher Raumpläne gemäß Art 6 Abs 3 und 4 FFH-RL aa) Forstliche Raumplanung und Natura 2000 Der II. Abschnitt im ForstG regelt die forstliche Raumplanung, deren Aufgabe die Darstellung und vorausschauende Planung der Waldverhältnisse des Bundesgebietes und Teile desselben ist.1428 Auf diesem Wege soll das Vorhandensein von Wald in solchem Umfang und in solcher Beschaffenheit sichergestellt sein, dass die forstlichen Raumordnungsziele1429 bestmöglich gewährleistet werden können. Forstliche Raumpläne sind gemäß § 8 Abs 2 der Waldentwicklungsplan, der Waldfachplan und der Gefahrenzonenplan. Im Zusammenhang mit Natura 2000 stellt sich nun die Frage, inwieweit diese forstlichen Raumpläne unter den Planbegriff des Art 6 Abs 3 FFH-RL fallen und somit deren Erlassung einer Naturverträglichkeitsprüfung zu unterziehen ist. Weiters ist zu prüfen, in welcher Form und vor allem in welchem Gesetz gegebenenfalls eine Prüfung nach Art 6 Abs 3 und 4 FFH-RL zu regeln wäre. bb) Forstliche Raumpläne und der Planbegriff gemäß Art 6 Abs 3 FFH-RL aaa) Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben zum Planbegriff Pläne und Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des Gebietes in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind, die ein solches Gebiet jedoch einzeln oder in Zusammenwirkung mit anderen Plänen und Projekten erheblich beeinträchtigen könnten, erfordern eine Prüfung auf Verträglichkeit mit den für dieses Gebiet festgelegten Erhal____________________
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Gemäß § 6 Abs 1 ForstG. Dabei handelt es sich gemäß § 6 Abs 2 ForstG um die Schutz-, Nutz-, Wohlfahrtsund Erholungsfunktion.
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tungszielen. Bezüglich der Umschreibung des Planbegriffes kann auf die voranstehenden Ausführungen zu Art 6 FFH-RL1430 verwiesen werden. Die dort zusammengefassten Ansichten und versuchten Abgrenzungen entstammen im Wesentlichen der deutschen Literatur sowie dem Leitfaden der Kommission zu Art 6 FFH-RL. In Zusammenhang mit den hier in Rede stehenden forstlichen Raumplänen ist nochmals zu erwähnen, dass den Plänen gemäß Art 6 Abs 3 FFH-RL eine gewisse Rechtsverbindlichkeit zukommen muss. Die Kommission betont dabei in erster Linie die Abgrenzung zu politischen Absichtserklärungen. Eine konkrete Rechtsform des Planes wird allerdings weder von der Lehre noch von der Kommission genannt. Auf Gemeinschaftsebene kann hinsichtlich einer Definition – wie von der Kommission angeregt1431 und auch von Hödl versucht1432 – auf die SUP-RL1433 zurückgegriffen werden. Nach deren Art 2 sind Pläne solche Vorhaben, die von einer Behörde auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene ausgearbeitet und/oder angenommen werden oder die von einer Behörde für die Annahmen durch das Parlament oder die Regierung im Wege eines Gesetzgebungsverfahrens ausgearbeitet werden und aufgrund von Rechts- oder Verwaltungsvorschriften erstellt werden müssen. In Art 3 Abs 2 lit a der SUP-RL werden in der Aufzählung der zu prüfenden Pläne auch solche genannt, die im Bereich Forstwirtschaft ausgearbeitet werden. Die Umweltprüfung der dort genannten Pläne setzt aber nach Art 3 Abs 2 lit a voraus, dass durch diese der Rahmen für die künftige Genehmigung der in den Anhängen der UVP-RL aufgeführten Projekte gesetzt wird. Die Bewilligungspflicht zielt somit auf Pläne ab, die die Grundlage oder Voraussetzung für konkrete Vorhaben bilden. Diese Zielrichtung deckt sich mit dem bereits erwähnten Ansatz, wonach der Zweck einer Planverträglichkeitsprüfung darin liegt, dass bereits so wie früh wie möglich in den oft stufig verlaufenden Entscheidungsfindungsprozess eingegriffen werden kann. Somit erfolgt eine schutzgebietsadäquate Steuerung der Bodennutzung. Eine solche ist aber klarerweise nur bei solchen Plänen erforderlich bzw auch möglich, die einen entsprechenden Flächenbezug aufweisen, damit überhaupt Beziehungen zu einzelnen FFH-Gebieten hergestellt werden können. ____________________
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Siehe unter C.3.c)dd)bbb)bbbb). Kommission (FN 486) 33. 1432 Hödl (FN 3) 39. 1433 Richtlinie 2001/42/EWG vom 27. Juni 2001 über die Prüfung von Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme, ABl 2001 L 197/30. 1431
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Nach Ansicht des Generalanwalts1434 muss die Verträglichkeitsprüfung alle Entwicklungstätigkeiten mit Ausnahme jener umfassen, bei denen es unwahrscheinlich ist, dass sie einzeln oder in Zusammenwirkung mit anderen Entwicklungstätigkeiten die Erhaltungsziele eines Schutzgebietes erheblich beeinträchtigen. Mit dieser Formulierung wird jedenfalls eine weite Auslegung des Begriffs „Plan“ zum Ausdruck gebracht. bbb) Rechtlicher Charakter der forstlichen Raumpläne Es bedarf daher zunächst der Klärung, ob die forstliche Raumplanung von diesem Planbegriff erfasst ist und der Prüfpflicht gemäß Art 6 Abs 3 FFH-RL unterliegt. Nach der Judikatur des VwGH1435 und der Lehre1436 kommt den forstlichen Raumplänen des ForstG keine unmittelbare normative Wirkung zu. Die forstliche Raumplanung dient sowohl der forstlich-internen als auch der außerforstlichen Information und soll Grundlage, gegebenenfalls auch Rahmen einer möglichen Koordinierung aller forstlich relevanten öffentlichen Interessen sowie Richtlinie für den forstrechtlichen Vollzug, insbesondere der Abschnitte III und X1437, sein. Auch Giese1438 spricht von der indikativen Bedeutung der Forstlichen Raumpläne (Richtlinienfunktion) und sieht ihre Funktion in einer Entscheidungshilfe für die Behörde. So spielen sie bei der Bann- und Schutzwaldfeststellung sowie der Interessensabwägung im Rodungsverfahren eine wichtige Rolle. Hinsichtlich der Gefahrenzonenpläne zitiert Khakzadeh1439 die Erläuterungen zur Regierungsvorlage des ForstG, die davon ausgehen, dass Gefahrenzonenpläne auf den Wald bezogen normativ seien1440 und auf Gebiete außerhalb des Waldes bezogen eine Empfehlung an die örtliche Baubehörde bzw örtliche Raumplanung darstellen. Auch der VwGH misst dem Gefahrenzonenplan nicht den Charakter einer (Rechts)verordnung bei.1441 Der VwGH bezeichnet ihn als eine Art von Gutachten mit Pro____________________
1434
Generalanwalt Fennelly, Schlussantrag in der Rs C-256/98, Slg 2000, I-2487, Rz 33. VwGH 27.3.1995, 91/10/0090 zu Gefahrenzonenplänen gemäß § 11 ForstG. 1436 Bobek/Plattner/Reindl (FN 1396, 57). 1437 „Erhaltung des Waldes und der Nachhaltigkeit seiner Wirkungen“ (III) sowie „Forstliche Förderung“ (X). 1438 Giese in Bachmann ua (Hrsg), Besonderes Verwaltungsrecht 4 (2002) 221 ff. 1439 Khakzadeh, Lawinenschutz durch Recht – Grundlagen und Probleme, ZfV 2003, 309. 1440 Die Normativität in Bezug auf den Wald kann Ansicht von Khakzadeh nur dahingehend verstanden werden, dass die Gefahrenzonenpläne die Dienststellen der Wildbachund Lawinenverbauung intern verbindlich sind, also als Verwaltungsverordnungen zu qualifizieren sind. 1441 Siehe VwGH (FN 1435). 1435
Die konkreten Umsetzungsfragen im Forstgesetz
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gnosecharakter. Im konkreten Anlassfall wurde dem Gefahrenzonenplan die unmittelbare rechtsverbindliche Wirkung in einem Baubewilligungsverfahren abgesprochen. Das alleinige Abstellen auf den fehlenden Verordnungscharakter der forstlichen Raumpläne kann die Frage der Prüfpflicht nach Art 6 FFH-RL jedoch nicht abschließend klären. Gemeinschaftsrechtlich wird keine bestimmte Rechtsform sondern bloß eine gewisse rechtliche Verbindlichkeit gefordert.1442 Tatsache ist, dass den forstlichen Raumplänen keine unmittelbare, normative Wirkung zukommt. Entscheidend ist aber dennoch, ob und inwieweit die forstliche Raumplanung Wirkung gegenüber den Natura 2000 Gebieten entfaltet. Denn wie voranstehend erwähnt, sind nur solche Pläne zu prüfen, die sich erheblich auf die Erhaltungsziele des jeweiligen Schutzgebietes auswirken könnten. Ob diese Wirkung möglicherweise auch von forstlichen Raumplänen ausgeht, ist im Detail zu hinterfragen: 1443 ccc) Der Waldentwicklungsplan gemäß § 9 ForstG Der Waldentwicklungsplan stellt die Waldverhältnisse für das gesamte Bundesgebiet kartographisch und textlich dar. Angeführt werden Schäden, Beanspruchung und die Belastbarkeit. Darüber hinaus sind Gefahrenquellen darzulegen und soweit wie möglich Wirkungszusammenhänge erkennbar zu machen. Ein wesentlicher Teil des Planes ist die Waldfunktionskarte. In dieser sind die Funktionen der Waldflächen (Funktionsflächen) unter Hervorhebung der Leitfunktion ersichtlich zu machen. Der Waldentwicklungsplan ist insbesondere Grundlage für die Planung und Durchführung von Maßnahmen der mit der Vollziehung des ForstG beauftragten Organe der Forstbehörde und eine Entscheidungshilfe für die Sachverständigentätigkeit der Organe des forsttechnischen Dienstes der Behörde.1444 Aufgrund dieser Gegebenheiten erscheint eine tatsächliche Auswirkung des Waldentwicklungsplanes auf ein Natura 2000 Gebiet von theoreti____________________
1442
Dazu ist anzumerken, dass von der Kommission und vom Schrifttum bei der Aufzählung von prüfpflichtigen Beispielen auf dem Gebiet der Sektorenpläne (zu denen auch die forstlichen Raumpläne zu zählen sind) etwa Wasserwirtschaftspläne genannt werden, die nach dem Wasserrechtsgesetz sehr wohl in Verordnungsform erlassen werden. Im Gegenzug nennt die Kommission aber auch Verkehrswegepläne, denen wiederum keine Verordnungsqualität zukommt. 1443 Der Tiroler Naturschutzgesetzgeber sieht „Gefahrenzonenpläne und Pläne im Rahmen der forstlichen Raumplanung“ (warum er hier erstere getrennt nennt, ist nicht ersichtlich) ohne nähere Begründung als vom Planbegriff des Art 6 Abs 3 FFH-RL umfasst (siehe FN 605). 1444 § 1 Abs 3 der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 18. November 1977 über den Waldentwicklungsplan, BGBl Nr 582/1977.
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Auswirkungen von Natura 2000 auf das Forstrecht
scher Natur. Zu denken wäre an einen mittelbaren Einfluss dahingehend, dass der Waldentwicklungsplan bei der Festlegung von Rechtsakten und Maßnahmen nach dem ForstG eine Rolle spielt und sich diese in der weiteren Folge auf ein Schutzgebiet auswirken können. Ob dieser indirekte Zusammenhang ausreicht, um eine umfangreiche Verträglichkeitsprüfung nach Art 6 Abs 3 und 4 FFH-RL auszulösen, ist zu bezweifeln. ddd) Der Waldfachplan gemäß § 10 ForstG Der Waldfachplan ist ein vom Waldeigentümer oder von hiefür in Betracht kommenden Stellen erstellter forstlicher Plan, der Darstellungen und Planungen für den Interessensbereich des Planungsträgers enthält. Die Aufgaben und der zulässige Inhalt eines Waldfachplanes unterscheiden sich nicht von jenen eines Waldentwicklungs-Teilplanes. Die Textierung „vom Waldeigentümer“ grenzt den Waldfachplan räumlich auf dessen eigene Waldflächen ein.1445 Der Waldfachplan ist als private forstliche Planung für den Waldeigentümer zu qualifizieren. Insofern ist die rechtliche Verbindlichkeit zu bezweifeln. Unabhängig davon wäre durchaus denkbar, dass Erhaltungsmaßnahmen nach Art 6 Abs 1 FFH-RL in einen Waldfachplan integriert werden. Sofern dies noch als „Mitberücksichtigung von Naturschutzinteressen“ qualifiziert werden kann, bestünde auch keine Kompetenzwidrigkeit. Eine Prüfpflicht nach Art 6 Abs 3 FFH-RL wäre in diesem Fall schon deshalb nicht gegeben, weil in diesem Fall der Plan mit der Verwaltung des Gebietes in Verbindung steht. eee) Der Gefahrenzonenplan gemäß § 11 ForstG Der Gefahrenzonenplan enthält eine Darstellung der wildbach- und lawinengefährdeten Bereiche und deren Gefährdungsgrad sowie jene Bereiche, die für eine besondere Art der Bewirtschaftung oder deren Freihaltung für spätere Schutzmaßnahmen erforderlich sind. Das Erfordernis von Gefahrenzonenplänen hat seinen Grund in der starken Inanspruchnahme des forsttechnischen Dienstes für Wildbach- und Lawinenverbauung in Bau- und Anlagenbewilligungsverfahren. Durch die Pläne ist es möglich, von Einzelbegutachtungen auf ökonomischere Flächenbegutachtungen überzugehen und diese im Bedarfsfall zu ergänzen. Darüber hinaus ermöglichen die öffentlich aufliegenden Pläne dem Bauwerber, schon in der Phase der Projektierung Fehlinvestitionen zu vermeiden.1446 ____________________
1445 1446
Bobek/Plattner/Reindl (FN 1396) 63. Bobek/Plattner/Reindl (FN 1396) 64.
Die konkreten Umsetzungsfragen im Forstgesetz
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Für die Praxis sehr wesentlich ist die in den Gefahrenzoneplänen enthaltene Festlegung von Zonen1447, wodurch bestimmte Flächen aus wildbach- oder lawinentechnischen Gründen von einer Bebauung ausgenommen werden. Die Festlegung der hier angesprochenen Roten und Gelben Gefahrenzone lässt keine Auswirkungen auf die Erhaltungsziele von Natura 2000 Gebieten erwarten. Mögliche Auswirkungen können sich aus den Blauen Vorbehaltsbereichen und den Violetten Hinweisbereichen ergeben. Erstere sind Bereiche, die für die Durchführung von technischen oder forstlich-biologischen Maßnahmen der Dienststellen sowie für die Aufrechterhaltung der Funktionen dieser Maßnahmen benötigt werden oder zur Sicherstellung einer Schutzfunktion oder eines Verbauungserfolges einer besonderen Art der Bewirtschaftung bedürfen. Violette Hinweisbereiche beschreiben Flächen, deren Schutzfunktion von der Erhaltung der Beschaffenheit des Bodens oder Geländes abhängt. Werden Blaue oder Violette Bereiche in besonderen Schutzgebieten nach der VSch- und FFHRL geplant, ist eine Auswirkung auf die Erhaltungsziele möglicherweise gegeben. Zu denken wäre an die Planung einer technischen Verbauungsmaßnahme auf einer Blauen Vorbehaltsfläche. In diesen Fällen wird es gemeinschaftsrechtlich jedenfalls geboten sein, die Planung, somit konkret den Gefahrenzonenplan, einer Prüfung auf Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen des betroffenen Schutzgebietes zu unterziehen. cc) Legistischer Umsetzungsbedarf Vor der Genehmigung des Gefahrenzonenplanes durch den Bundesminister1448 wird die Vereinbarkeit der Zonierung mit den Erhaltungszielen des Schutzgebietes festgestellt werden müssen. Obwohl § 6 Abs 4 ForstG im Rahmen der forstlichen Raumplanung bereits eine Koordinierung aller in Betracht kommender und dafür bedeutsamer Interessen vorsieht, bedarf es im Falle der Gefahrenzonepläne einer entsprechenden Anpassung in § 11. Konkret ist dem Bundesminister im Rahmen seiner Genehmigungskompetenz nach § 11 Abs 7 legistisch die Prüfung nach Art 6 Abs 3 und 4 FFH-RL aufzutragen. Der Bundesminister hat den von der Kommission1449 geprüften Entwurf des Gefahrenzonenplanes einer Naturverträglichkeitsprüfung zu unterziehen. Im Falle eines negativen Ergebnisses der Prüfung sind in Entsprechung der Richtlinienbestimmungen eine Inter____________________
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Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 30. Juli 1976 über die Gefahrenzonenpläne, BGBl Nr 436/1976. 1448 § 11 Abs 7 ForstG. 1449 Gemeint ist die Kommission gemäß § 11 Abs 6 ForstG.
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essensabwägung und die Vorschreibung von Ausgleichsmaßnahmen vorzusehen. Abgesehen von der Kompetenzneutralität der Richtlinie erscheint die beschriebene Vorgehensweise auch verfassungskonform. Der Bundesgesetzgeber hat in seiner Kompetenz zur Regelung der Gefahrenzonenpläne auch deren Vereinbarkeit mit den Schutzgebieten nach der VSch- und FFH-RL zu prüfen. Eine andere Lösung, etwa die Regelung der Planprüfung in den Naturschutzgesetzen der Länder, würde zu inkonsistenten Ergebnissen führen. So hätte eine Landesbehörde einen hoheitlichen Planungsakt1450 des Bundes naturschutzbehördlich zu prüfen und ihn möglicherweise auch zu versagen. Eine nicht nur systemfremde, sondern auch kompetenzrechtlich fragwürdige Konstruktion.1451 Zusammenfassend ist daher ein legistischer Umsetzungsbedarf in § 11 ForstG festzustellen. Für den Gesetzgeber besteht ein solcher offensichtlich nicht, nachdem im Rahmen in der ForstG Novelle 2002 diese Thematik keine Erwähnung gefunden hat. j) Zusammenfassende Beurteilung Die vorliegenden Ausführungen zeigen die möglichen Interessenskonflikte zwischen dem Forstrecht einerseits und den gemeinschaftsrechtlich deteriminierten Naturschutzbestimmungen andererseits. Sehr wesentlich zur Entschärfung dieser Problematik hat der mit der ForstG Novelle 2002 geschaffene § 32a beigetragen. Eine Regelung, die im Rahmen einer Interessensabwägung einen sinnvollen Ausgleich der konfligierenden Interessen ermöglicht. Ein möglicher Schwachpunkt dieser Bestimmung besteht allerdings darin, dass die Zustimmung des Waldeigentümers Voraussetzung für dessen Anwendung ist. Der zweite Teil der Ausführungen zum ForstG betrifft die forstliche Raumplanung. Geprüft wurde die Frage, ob die forstlichen Raumpläne Waldentwicklungsplan, Waldfachplan und Gefahrenzonenplan einer Verträglichkeitsprüfung nach den Bestimmungen der FFH-RL zu unterziehen sind. Im Ergebnis konnte eine mögliche Prüfpflicht für Gefahrenzonenpläne festgestellt werden. Eine entsprechende Anpassung des § 11 ForstG ist demzufolge geboten. ____________________
1450
Auch wenn der Gefahrenzonenplan nicht als Verordnung zu qualifizieren ist, wird er dennoch der Hoheitsverwaltung zuzuordnen sein. 1451 Zudem bestünde ein Widerspruch zum Grundsatz, dass oberster Organe – von verfassungsrechtlich vorgesehenen Ausnahmen abgesehen – nicht an Willenserklärungen (Einvernehmen, Zustimmung) anderer Organe gebunden werden dürfen (VfSlg 12.843/1991, 12.506/1990, 12.183/1989).
IV. Schlussbemerkungen Der erste Abschnitt der vorliegenden Untersuchung hat gezeigt, welche Inhalte und vor allem Vorgaben mit „Natura 2000“ bzw der VSchund FFH-RL verbunden sind. Den einleitenden Bestimmungen der beiden Richtlinien mit den hoch gesteckten Zielen und allgemeinen Grundsätzen folgen unmittelbar Regelungen zum Gebietsschutz, einem der wesentlichen Schwerpunkte von Natura 2000. Während der Prozess zur Schutzgebietserrichtung jeweils getrennt für sich in den beiden Richtlinien geregelt ist, erfolgt durch Art 3 bzw 7 FFH-RL eine Verzahnung der Schutzgebietsregime. Erst die Zusammenführung der besonderen Vogelschutzgebiete einerseits und der FFH-Schutzgebiete andererseits ermöglicht es, von einem kohärenten europäischen ökologischen Netzes besonderer Schutzgebiete zu sprechen. Bei aller Befürwortung und positiver Beurteilung dieses umfangreichen Naturschutzvorhabens dürfen die aufgezeigten Mängel am Regelwerk nicht übersehen werden. Erwähnt sei hier etwa die legistische Klarstellung der Frage, inwieweit Vögel zu den prioritären Arten zu zählen sind. Auch Art 4 iVm Anhang III der FFH-RL ist nicht frei von Widersprüchen bzw unklaren Regelungen. Vor allem die Problematik des mit der jeweiligen Phase verbundenen Schutzstatus führt zu umfangreichen Diskussionen und unterschiedlichen Thesen, wie die gegenständlichen Ausführungen zur Schutzgebietserrichtung gezeigt haben. Kleinere Korrekturen im Richtlinientext könnten des Öfteren zu mehr Klarheit und vor allem Rechtssicherheit beitragen, wenngleich derartige Änderungen nicht wirklich zu erwarten sind. Vielmehr überlässt man in solchen Fällen das Feld dem EuGH, der in bekannter Manier für die entsprechende Rechtsfortbildung sorgt. Im Bezug auf das Schutzgebietssystem bleibt die große Unbekannte die tatsächliche Umsetzung und Anwendung der Managementmaßnahmen gemäß Art 6 Abs 2 FFH-RL. Auch die konkrete Abwicklung der Bewilligungsverfahren in der Praxis lässt noch Fragen offen. Vor allem in welchem Umfang und nicht zuletzt in welcher fachlichen Intensität die Prüfung von Plänen und Projekten stattfindet, ist zweifelsfrei eine brennenden Frage. Ein dabei nicht unwesentlicher Faktor wird sein, wie schnell und vor allem in welcher Qualität die für eine entsprechende Prüfung notwendigen fachlichen Grundlagedaten zur Verfügung stehen. Doch nicht nur für die Verträglichkeitsprüfung sind solche Daten und Informationen erforderlich, auch zahlreiche andere Richtlinienbestim-
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Schlussbemerkungen
mungen setzen diese voraus. Erst mit dem entsprechenden fachlichen Hintergrund kann in der Praxis mit Begriffen wie „Verschlechterungsverbot“ oder „günstiger Erhaltungszustand“ gearbeitet werden. In die hier angesprochene Thematik ist auch Art 8 FFH-RL miteinzubeziehen. Zur Erreichung der durch Natura 2000 sehr hoch gesteckten Ziele sind umfangreiche finanzielle Mittel erforderlich. Dass die FFH-RL hier mit Art 8 eine möglicherweise unzureichende rechtliche Grundlage vorsieht, wurde in der vorliegenden Arbeit bereits angedeutet. Ein gut funktionierendes Finanzierungsinstrument ist eine der wesentlichen Voraussetzungen für das Gelingen von Natura 2000. Die zweite große Säule der VSch- und FFH-RL betrifft den Artenschutz. So sorgen die Art 5 bis 9 der VSchRL sowie Art 12 bis 16 der FFH-RL für eine gemeinschaftsweite Nivellierung der Artenschutzbestimmungen auf höchstem Niveau. Doch auch hier finden sich Regelungen, die zu unterschiedlichen Auslegungsergebnissen führen. Diese bestehen sogar auf rein fachlicher Ebene und nicht nur – wie es zu erwarten wäre – zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten. Die Art und Weise der Vollziehung der Artenschutzbestimmungen wird nicht zuletzt sehr wesentlich von den Ergebnissen der Arbeitsgruppe zur Auslegung des Art 12 FFH-RL abhängen. Zur Umsetzung der beiden Richtlinien im Salzburger Landesrecht bleibt anzumerken, dass hier vor allem die Anpassung des Naturschutzgesetzes – das erwartungsgemäß auch den Schwerpunkt der Umsetzung bildet – am weitesten fortgeschritten ist. Maßgebliche und vor allem für die praktische Jagdausübung sehr wesentliche Fragen sind hingegen noch im Jagdrecht zu lösen. Angesprochen sind an dieser Stelle in erster Linie Art 7 und 9 VSchRL und die vieldiskutierten Themen „Graureiher- und Kormoranabschuss“ sowie die „Frühjahrsbejagung der Rauhfußhühner“. Mit der jüngst durchgeführten Umsetzung der Planprüfung gemäß Art 6 Abs 3 FFH-RL im Raumordnungsgesetz wurde ein Schritt in die richtige Richtung gesetzt, wenngleich die erfolgte Novellierung nicht frei von Mängeln ist. Im Zuge der Forstgesetz-Novelle 2002 wurde der Versuch unternommen, die sich abzeichnenden Widersprüche zwischen forstgesetzlichen Vorgaben und den Zielsetzungen von Natura 2000 zu beseitigen. Mit der Einführung des § 32a ForstG ist dies zum größten Teil sehr gut gelungen. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die wesentlichen Inhalte der VSch- und FFH-RL in Österreich umgesetzt sind. Von einer vollständi-
Schlussbemerkungen
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gen Umsetzung kann freilich nicht gesprochen, wie vorliegende Untersuchung (und die anhängigen Vertragsverletzungsverfahren) zeigen. Vor allem sind bis dato jene Umsetzungsbereiche, die über die Naturschutzgesetze hinausgehen, teilweise unberücksichtigt geblieben. So ist der Umsetzungsbedarf, etwa der Prüfung der Naturverträglichkeit von Plänen, in diesen – nach dem bisherigen Verständnis – „naturschutzfremden“ Materien noch nicht vollständig erkannt worden.
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Stichwortverzeichnis A Abwägung, siehe Interessensabwägung Abschuss 68, 69, 327 ff, 334 ff Abschussplan 328 ff, 336 Aktionsprogramm 4 Alternativen 74 f, 178 ff, 195, 202, 218, 248, 256 ff, 331, 335 Alternativenprüfung 178 ff, 194, 206, 256 ff, 330 Alternativlösungen 177, 178 ff, 182 ff, 186 f, 189, 256, 309, 354, 360 Änderung –, der Anhänge 11, 90, 222 –, der nationalen Gebietslisten 105 –, der Rechtslage 38 f, 359 –, der Richtlinie 51 f, 73, 87, 106, 326 –, der Schutzgebiete 206 –, des Schutzregimes 50, 56, 58 Artenschutz 5, 7, 82, 212, 218, 266, 311, 342, 349, 386 Artenschutzbestimmungen 3, 5, 61 ff, 88, 207 ff, 234 f, 237, 265 ff, 290, 319 ff, 341, 343 ff, 386 Arten von gemeinschaftlichem Interesse 314 Aspekte, ökologische 169, 313, 340, 372 Auerhahn 325, 329 Außenzone 143, 294, 302, 306, 308 Ausgewogenheit, ökologische 8, 69, 73, 329 Ausgleichsfähig 176 Ausgleichsmaßnahme 44, 176 f, 181, 186, 189 f, 199, 254 ff, 283, 309, 355 Ausnahmeregelung 67, 75, 81, 153, 175 ff, 184, 193, 195, 201, 207, 216 f, 219, 268, 277, 325, 327, 336, 348, 368 f, 377 Ausnahmebestimmung 61, 63, 74, 82, 236, 273, 276, 330, 348, 373 Auswahlkriterien 10 ff, 17, 96, 98, 100 Auswahlverfahren 94, 109 Ausweisung 99 f, 116, 136 ff, 229, 241 ff, 292, 319, 343 Auswirkungen –, auf die Umwelt 168 ff, 184 f, 194, 253 –, günstige 195 f, 253 –, negative 36, 211, 217
–, positive 44, 54, 254 –, rechtliche 105 ff, 126 ff B Baumaßnahmen 60 Beeinträchtigungsverbot 60 Beeinträchtigung 33, 45, 159, 165, 174, 176, 180, 186, 206, 217, 221, 249, 254, 259 f, 277, 287, 312, 340, 348, 353 –, als solches 153, 161, 164, 173 ff, 202, 307, 355 –, der Arten 50, 162 –, der Erhaltungsziele 149 –, des Landschaftsbildes 304 –, der Lebensräume 33, 42, 45, 48, 50, 61, 162 –, der Schutzgebiete 53, 154, 160, 174, 176, 197, 303 –, des Schutzzwecks 307, 309 Begriffsbestimmung 90, 118, 138, 172, 235, 238 ff, 296 ff, 313 ff, 362 Behörde –, Forst-, 364 f, 366 f, 369 f, 372, 376 f, 381 –, Jagd-, 68, 313, 318, 319, 328, 336, 365 –, Naturschutz-, 38, 131, 250, 257, 264, 281, 282, 286, 313, 375 –, Raumordnungs-, 354 –, UVP-, 166 f Behördenzuständigkeit 243, 319, 355 Bejagung –, allgemein 5, 61, 65, 85, 265, 311, 313, 315, 319 –, Art 7 VSchRL 66 ff, 82, 328, 332 –, Art 9 VSchRL 75 ff, 82, 327, 333, 338 Bekanntgabe 23 f, 87, 94, 124, 226, 376 Belästigung 42, 45 Berichtspflicht 83 ff, 200 ff, 283 ff, 332 Berner Übereinkommen/Konvention 89, 294 Bestände –, Arten- 7 f, 18, 69, 73, 75, 83, 329 –, Wald/Baum- 377 ff Beteiligung –, der Gemeinschaft 202 f
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Stichwortverzeichnis
–, der Kommission 94, 198 –, der Mitgliedstaaten 92, 98, 116 –, der Öffentlichkeit 171 ff, 252, 264, 358 ff Betretungsverbot 375 Beurteilung –, der Auswirkungen 215, 354 –, eines Eingriffes 293 –, von Plänen und Projekten 247 ff, 302 ff –, zusammenfassende 264 f, 310 f, 338 f, 384 f Beurteilungs- bzw Ermessensspielraum 13 f, 18 f, 27, 36 f, 42, 96, 100, 104 f, 135, 250, 358 –, Reduzierung auf Null 19, 36 ff, 57, 96, 99 ff, 135, 215, 220 Bewilligungsverfahren 237, 250, 304 ff, 307 f, 341, 354, 357, 385 Bewirtschaftungspläne 134 f, 160, 246 Biotope 145, 186, 205 Birkhahn 325, 328 ff, 331 f Bodennutzung 81, 136, 156, 379 Bundesländer 24 f, 60, 229, 238, 284, 286, 311, 312 Bund 144, 167 ff, 227, 257 f D Daten 16 f, 21, 67, 71, 73, 92, 97, 101, 104, 110 f, 336 f, 342, 344, 385 Datenformblatt, siehe Standard-Datenbogen E Eingriff 43 ff, 53 f, 176, 187, 195, 221, 237, 248 f, 254 f, 278, 303 ff Eingriffsregelung 30, 155 Einvernehmen 92, 109, 114 ff, 342, 384 Einwirkungen 135, 173 f Entnahme –, allgemein 87, 218, 268, 273 –, von Eiern 208, 345 –, von Exemplaren 215, 322 –, von Tier- und Pflanzenarten 64, 213 ff, 273 ff, 322 ff, 345 ff Entstehungsgeschichte 4, 50, 307 Entwicklungspläne 143, 178 Erhaltungsmaßnahmen 7, 67, 142 ff, 204, 216, 244 ff, 298 f, 312, 315, 318, 362 f, 366, 368, 370, 377 f, 382 Erhaltungsziel 98, 143, 163, 293
Erhaltungszustand 104, 155, 163, 193, 238, 240, 263 f 293, 301, 314 –, günstiger 69, 90, 104, 143 f, 150, 162 f, 204 ff, 212, 215 f, 217, 219, 245, 247, 259, 277 f Ermessensspielraum, siehe Beurteilungsspielraum Ermessensentscheidung 365 Europaschutzgebiet 238, 240, 242, 248, 291, 293, 297, 319, 346, 365 F Fangmethode 77 f, 323, 347 Fangverbote 77 Feuchtgebiet 12 ff, 38, 192 FFH-Gebiet 57, 99, 101, 113, 127, 128 f, 132 f, 206, 222, 259, 291 FFH-Ausschuss 109, 219 f, 222 Finanzierung 202, 204, 255, 285, 371 Fischerei 149, 279, 194, 295, 300, 335, 341, 347, 350 Flussmuschel 126, 342, 344, 346 f Fonds 203, 233 Förderung 83 203 f, 222, 255, 284 f, 293 f, 339 Forschung 83, 90, 222, 225, 284 f, 304, 308, 317, 339, 347 Forschungsförderung 284 f, 317, 339 Forstgesetz 137, 225, 360 ff Forstliche Raumplanung 378 ff Forstschutz 376 Fristen 1, 17, 21 f, 23, 33, 39, 63, 87, 109, 127, 132, 137, 208 f, 292, 367, 369 Frühjahrsbejagung 72, 329 f, 332, 386 Fünf-Prozent-Klausel 121 G Gebietsauswahl 18 f, 37, 60, 93, 95, 97 ff, 103 ff, 118 f, 129, 141 Gebietsliste, nationale 24, 92, 94 f, 100, 105 ff, 109 f, 113, 120, 124 ff, 129, 129, 133, 135, 148, 241, 259 Gebietsmanagement 142 ff, 151 Gebietsmeldungen 22, 99, 106, 112, 126 Gebietsschutzbestimmungen 3, 41, 240, 264 f, 291, 297, 302, 312, 314 ff, 318, 342 ff, 346, 350 Gefahrenzonenplan 378, 380 ff, 384 Geltungsbereich –, des NPG 294 ff –, des NSchG 195, 234 ff, 252, 266 –, räumlicher 212
Stichwortverzeichnis –, der VSchRL 5 ff, 22, 85 –, zeitlicher 22 f Gemeinschaftsliste 134 ff, 137 f, 141, 151, 253, 260 f, 265, 316 Gemeinschaftstreue 113, 128, 133, 135 f, 260 Genehmigung 30, 35, 64 f, 163, 168 f, 246, 257, 300, 321, 338, 356, 370, 379, 383 Gesundheit 8, 28 f, 42, 48, 85 f, 99, 169, 177, 184 f, 194 f, 236, 248, 253 f, 256, 332, 354 Gewässer 351 Graureiher 326 f, 333 ff, 337 f, 339, 349, 386 H Habitate 90 f, 96, 98, 105, 142, 148, 196, 212, 246 f, 259, 300 f Habitatausschuss 25, 109 Habitatschutz 26, 30 Handel 6, 61, 63, 65, 210, 213, 269, 320 Handelsbeschränkungen 86, 321, 345 Hohe Tauern, siehe Nationalpark Hochwertigkeit, ökologische 44, 375 I IBA-Verzeichnis 16, 19, 59 Informationen 21, 78, 82 f, 92 f, 111, 162, 172, 222, 233, 385 Informationsaustausch 222 Informationsübermittlung 200, 283 Interessenabwägung 7 ff, 17, 47 f, 50, 53, 119, 148, 175 f, 187 ff, 195, 206, 218, 237 f, 248, 252 ff, 256 f, 264, 309, 317 f, 352, 354 ff, 365, 373, 376, 380, 384 Interessensausgleich 374 Interessenskonflikt 368, 370, 373 J Jagd 80, 82, 276, 312 f, 315 f, 322, 324, 333 Jagdausübung 66 ff, 69, 82, 325, 386 Jagd und Fischerei 279, 294 f, 350 Jagdgesetz 68, 216, 235, 243, 265, 274, 276, 295, 311 f, 315 Jagdmethode 74 Jagdzeiten 8, 70 ff, 78, 80, 210, 329 Jagdpraxis 66 K Kalkalpen, siehe Nationalpark
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Kernzone 143, 288, 294, 302 ff, 305 f, 308 f Klassifizierung 53, 205 f Kohärenz 93, 104, 137, 144, 150, 177, 187, 189 ff, 200, 202, 205, 222, 233, 255, 310, 355, 360 Kommission –, Begründete Stellungnahme zur FFHRL 239 ff, 244 ff, 247 f, 262, 264, 270, 273 f, 276, 278, 280, 285, 287, 314, 318, 322 ff, 339 f, 348 –, Begründete Stellungnahme zur VSchRL 270, 276, 280, 285, 287, 322, 324, 327, 329, 331 ff, 334, 339 f –, Einbindung der 200, 287 –, Kommissionsliste 120 –, Mahnschreiben zur FFH-,RL 238, 240 f, 243 f, 246 f, 261, 263, 266, 269, 274 f, 277, 295 ff, 298 ff, 314, 320, 323, 330, 347, 353 –, Mahnschreiben zur VSchRL 266 f, 279, 280, 292, 324 ff, 327, 332, 335 –, Stellungnahme der 48, 55 f, 64, 132, 177, 194, 196 ff, 200 f, 205, 233, 253, 262 Kompensation, siehe Ausgleichsmaßnahme Kompetenzgrundlage 4, 168 Kompetenztatbestand 168 f, 360 Kompetenzverteilung 164, 168, 226, 256 f, 374 Konzertierungsverfahren 91, 97, 101 f, 110 ff, 133, 135 Kormoran 326 f, 333 f, 338 f, 349 Kosten 160, 165, 203, 254, 317, 367, 370, 377 Kultur 8, 89, 97 f, 116, 158, 294, 362 L Länderkompetenz 229, 374 Landesumweltanwaltschaft 250, 252, 309, 327, 336 f, 341, 354, 356, 365 Landesverteidigung 159, 194, 235 Landschaft 154, 242, 244, 288, 293, 303, 312 Landschaftsbild 286, 303 Lappel Bank 42, 52 f Lebensraumschutz 11, 89, 118, 212, 214, 290 Lebensraumtyp 96, 102, 104, 111, 113, 125 f, 144 f, 162 f, 180, 191, 193, 196, 205 f, 301, 370, 372
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–, prioritärer 48 ff, 110 ff, 110, 115, 119 ff, 120 f, 180, 194, 197, 205, 238, 263 f, 314, 354, 370 –, natürlicher 49, 90 ff, 94, 104 f, 110, 116, 120 f, 143 f, 162, 238, 263 f, 314, 354, 370 Lebensraumverlust 5 f, 12, 14, 43, 50, 94, 132, 150, 163, 191, 221, 234, 294, 308, 315, 319, 346, 363 f Leybucht 17 ff, 42 ff, 53 f, 99, 131, 194, 196, 198, 206 LIFE-Programm 52, 203 M Management 93, 143, 202 f Managementmaßnahmen 203, 215, 285, 378 Managementpläne 143, 299 Maßnahme 27, 43 f, 46 f, 50, 84 f, 97, 107, 154 f, 161, 196, 200, 219, 236, 248 f, 252 ff, 259, 278, 286, 301, 303, 307, 369 N Nationalpark –, Hohe Tauern 50, 143, 162, 195, 288 ff, 292 ff, 297 ff, 307, 310 –, Kalkalpen 288 –, Nockberge 288 Nationalparkgesetz 288 ff, 376 Natura 2000 –, Einrichtung 90 ff –, Grundgedanken 3 ff –, Schutzgebietsnetz 1, 10 ff, 90, 104, 112, 127, 134, 137, 163, 192 f, 255, 318, 355, 360 –, Überblick 3 ff Naturerbe 94, 192 Naturhaushalt 232, 304 f Naturschutz 1, 4, 44, 111 ff, 144, 151, 153, 159, 164, 205, 216, 228, 232, 252 f, 263, 285, 290, 303, 312 f, 318, 340, 350 ff, 356, 359 ff, 363, 366, 368, 370, 373, 376 Naturschutzgebiet 138, 242 Naturschutzgesetz 39, 44, 130, 173, 189, 195, 221, 231 ff Naturschutzkompetenz 169, 361 Naturverträglichkeit 170 f, 201, 360, 387 Naturverträglichkeitsprüfung 153, 164 f, 167, 257, 378, 383 Nichtumsetzung 26, 83, 113 Nockberge, siehe Nationalpark
Nullvariante 182 ff O Öffentliche Interessen 8, 181, 184 f, 186, 188, 253, 257, 280, 310, 332, 354 f, 365 f, 369 f Öffentliche Sicherheit 85, 184, 253, 354 Öffentlichkeit 146, 153, 167, 172, 250, 309, 333 Öffentlichkeitsbeteiligung 165, 167, 171 ff, 250 f, 264, 309, 358 ff Ökologie 8 P Partei 251 Parteistellung 172, 250 ff, 309, 341 Pflege 9, 145, 204, 222, 232 f, 245, 351, 360 Pflegemaßnahmen 145 f, 151 f, 232, 377 Phase 1 92 ff, 97 ff, 102, 104 f, 108 f, 116, 118, 124, 126 f, 129, 134 ff, 228 Phase 2 99, 102, 109 ff, 115 ff, 119 ff, 126 ff, 129, 134, 260 Phase 3 136, 142, 229 Plan 142, 147, 149, 152 f, 156 f, 163, 166, 171 f, 174 ff, 177 ff, 181 ff, 187, 189, 193, 197 f, 201, 206, 249, 258, 295, 304, 306, 309, 316, 350 ff, 356, 358, 378 f, 380 ff Planebene 170 ff Planprüfung 355, 384, 386 Potentielle Schutzgebiete 39 47, 56, 61, 91, 95, 128, 133, 260, 350 Prioritäre Arten 47 f, 61, 194, 218 238, 263, 314 Prioritäre Lebensräume 48, 50, 97, 112, 129, 294 Projekt 30, 33 ff, 88, 108, 131, 142, 149, 152 ff, 154 ff, 158 ff, 163, 166 f, 171, 173 ff, 176 ff, 181 ff, 187, 192 f, 196 ff, 201, 206, 249, 256, 258, 295, 302 f, 304, 306 f, 309, 350, 357, 378 f Projektebene 170 ff Prüfungsmaßstab 162 f, 165, 201 R Ramsarer Übereinkommen 13, 38 Rand- und Pufferzonen 149, 161, 300, 308 Raufußhühner 315
Stichwortverzeichnis
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Raumordnung 157 f. 225, 242, 350 f, 357, 360 Raumpläne 225, 363, 378 ff, 381, 384 Rechtfertigung 85, 140 f, 197, 221, 226, 370 Rechtfertigungsgründe –, Gesundheit, öffentliche Sicherheit und Umweltschutz 194 ff –, ungenannte 196 –, wirtschaftliche 53 f Rechtsansicht 327 Rechtsform 227 ff, 379, 381 Rechtsklarheit 84, 230 Rechtsmittel 251 Rechtssicherheit 34 ff, 51, 62, 84, 130, 227, 238, 265, 284, 296, 314, 385 Region 20, 156, 185 –, alpine 90, 124 f –, atlantische 126 –, biogeographische 104, 124 ff, 136 f, 192 –, boreale 126 –, kontinentale 90, 125 ff –, makaronesische 124, 138 Relativierung 74, 136, 150, 174, 229, 245, 310, 363 Richtlinienkonforme Interpretation 237, 276, 290, 294, 333, 365 f, 372, 351, 353 Richtlinienumsetzung 144, 152, 208, 226, 230, 276, 289 f Rodung 369 ff Rodungsverbot 369 f Rote Liste 11
Schutzregime 5 f, 10, 21 ff, 40, 82, 128, 146, 207, 214, 220, 247, 266, 280, 303 f, 308, 310, 320, 343 –, für FFH-Gebiete 107, 129 f, 133 f, 136, 146, 259 ff, 262, 304 –, für Vogelschutzgebiete 32, 41, 47 ff, 52, 56, 61, 261 Schutzstatus 22, 33, 53, 56, 59, 132, 136, 139, 191, 194, 202, 205 f, 292, 326, 385 Schutzwald 372 Schutzzweck 29, 50, 106, 156, 162, 173 ff, 243, 247, 251, 261, 292 f, 297, 303, 305 ff, 310 Semmering-Basis-Tunnel 132, 257 Singvögel 270 Standard-Datenbogen 23, 92 f, 104, 149, 162 Stelle, innerstaatliche 84, 163, 226 ff Stillhalteverpflichtung 135 Störungsverbot 123, 142, 148 ff, 153, 246 f, 259, 261, 299 f, 321 f, 349 Subsidiaritätsprinzip 72, 207 Sukzession, natürliche 143, 145, 151
S Sachverständige 171, 369 Salvatorische Klausel 295 f Santona 9, 13 ff, 17 ff, 23, 32 f, 36 ff, 42, 57 f, 99, 101 ff, 132 f, 151 Schutz, vorläufiger 258 ff, 262, 317 Schutzgebietsausweisung 13, 17, 21, 23, 41, 53, 60, 107 ff, 113, 116, 123, 126, 128, 131, 133, 138 f, 141 f, 206, 229, 242, 260, 262, 265, 297, 319, 342 Schutzgebietsnetz 1, 10, 18, 90, 101 f, 105, 117, 119, 128, 260 Schutzgebietsverkleinerung 42, 45 f, 106, 206 Schutzgut 165, 169, 251 Schutzmaßnahmen 10 ff, 43, 84, 86, 151, 181, 212, 307, 382
U Übergangsbestimmungen 229, 289, 292 Überwachung 82, 105, 205, 211, 214 f, 217, 262, 264, 269 f, ,273, 318, 323, 335 f, 345 Umgebung 18, 346, 371 Umsetzung –, Frist 56, 107, 127 f, 211 –, Inhaltliche Anforderung 230 f –, Vollständigkeit 229 f, 264, 349 Umsetzungsbedarf 225, 288, 292, 349 f, 383 f, 387 Umsetzungsdefizit 41, 128, 349, 355, 360 Umsetzungsverpflichtung 29, 226 f, 229 f, 251, 277, 283, 286, 332, 345, 363
T Tötung 207, 210 f, 216, 270, 281, 323 Tötungsgeräte 216 f, 274 ff, 323, 346 Tötungseinrichtungen 61, 81 Tötungsmethoden 61, 81, 207, 216, 275, 281 f Tötungsmittel 61, 81 Transparenz, formale 68, 312 f, 326 Transport 210, 213, 215, 272, 273 Transportmittel 216 f, 275
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Stichwortverzeichnis
Umweltschutz 4, 33 Umweltverträglichkeitsprüfung 29 f, 34, 154, 160, 164 f, 168 f Unmittelbare Wirkung 25, 27, 31, 35 ff, 41, 148, 232 UVP-Richtlinie 29, 34 ff, 38, 41, 154 f, 164 f, 167 ff, 170, 172, 251, 379 V Verbindungsstelle der Bundesländer 24, 60, 95, 125 Verbreitung 12, 64, 67, 191, 193, 233, 321 Verbreitungsgebiet 10, 43, 67, 90 f, 94, 98, 186, 207, 212, 217, 219 f, 266, 277 f, 286 f, 320, 340, 348 Verfassungsgerichtshof 107 f, 129 f, 228, 231, 251, 296, 373 f Verhältnismäßigkeit 150, 178 f, 181, 183, 186, 256 Vernetzung 105 Vernetzungsgedanke 105 Verschlechterungsverbot 84, 107, 123, 135, 142, 148 ff, 246 f, 300 f, 306, 315, 386 Verträglichkeitsgrundsatz 173 ff, 177, 184, 186, 201 Verträglichkeitsprüfung 174 f, 218, 237 f, 247, 258, 260, 264, 294, 302, 307 ff, 354 –, Ergebnis 175 ff, 189, 354, 359 –, Inhalt, Maßstab 162 ff, 175, 178, 201 –, Prüfpflicht 41, 157, 159 ff, 174, 201, 237, 250, 303, 306, 351 f, 363, 380, 382, 384 f –, Verfahren 163 ff, 170 f, 174, 194, 199, 202, 251 f, 357 f Vertragsverletzungsverfahren 16, 19, 21, 59 f, 102, 111 ff, 139, 147, 160, 199, 201, 209, 209, 227, 232 ff, 238 f, 253, 339, 358, 387 Vertragsnaturschutz 233 Verwaltung 19, 30 f, 33 f, 43, 65, 152, 227 f, 249, 288, 295, 350, 352, 378, 382 Verwaltungsgerichtshof 30, 38 ff, 131 ff, 189, 236 f, 251, 257 f, 380
Verwaltungsmaßnahmen 215, 274 Verwaltungspraxis 65, 82, 114, 227, 238 Verwaltungsverfahren 40, 164, 251 Vogelfang 78 ff, 270 ff Vogelschutzgebiet 43, 48, 50, 60, 93, 234, 259, 261 ff, 316 –, besonderes 54, 57 f, 59, 101, 143, 194, 292, 385 –, faktisches, potentielles 39, 57, 61, 132 Vorschlag 59, 72 f, 101, 110, 113, 171, 183, 222 f, 296, 313 Vorschlagsliste 100, 122 W Wachtelkönig 132 Waldentwicklungsplan 378, 381 f, 384 Waldfachplan 378, 382, 384 Waldverwüstung 368 ff Warenverkehr 86 f Wechselwirkung 169 Wiederansiedlung 75, 83 ff, 90, 219 ff, 287, 347 Wiederbewaldung 364 ff, 367 ff, 372 Wiederbewaldungsgebot 366 f Wiederherstellung 4 f, 9, 87, 91, 98, 137 f, 144 f, 161, 163, 174, 192, 219 ff, 232, 287, 293, 306, 351, 365 Wild 274, 311 f, 324 ff, 336, 340 Wild-Europaschutzgebiet 314 ff, 319, 352, 365 Wirtschaft 2, 8, 13, 89, 97 f, 116, 144, 148, 153, 205, 288, 293 f, 362 Wissenschaft 8, 189, 199, 288, 293 f Z Zielsetzung 42, 45, 60, 62 f, 84, 108, 153, 232, 236, 273, 276, 292 f, 298 f, 302, 305, 307 ff, 310, 322, 345, 349, 360 f, 365, 386 Zielbestimmung 118, 232 f, 292 f, 294 Zonierung 308, 383 Zugvögel 8, 11, 13 f, 18, 69 f, 72, 80, 85, 327 f Zwingende Gründe 48, 53, 176, 184 ff, 187, 194 f, 197, 200, 206, 281
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Forschungen aus Staat und Recht Bis Band 133 herausgegeben von Univ.-Prof. Dr. DDr. h. c. Günther Winkler, nunmehr herausgegeben von Univ.-Prof. Dr. Bernhard Raschauer, Universität Wien, im Zusammenwirken mit Univ.-Prof. Dr. DDr. h. c. Günther Winkler und Univ.-Prof. Dr. Dr. h. c. Walter Antoniolli. 1: Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer. Von Univ.-Prof. DDr. Friedrich Koja. XIV, 389 Seiten. 1967. Vergriffen 2: Die Weisung. Eine verfassungs- und verwaltungsrechtliche Studie. Von Univ.-Prof. DDr. Walter Barfuss. VIII, 117 Seiten. 1967. Vergriffen 3: Die Problematik der Reinen Rechtslehre. Von Dr. Karl Leiminger. VIII, 102 Seiten. 1967. Vergriffen 4: Die Entscheidungsbefugnis in der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Eine rechtsvergleichende Studie zum österreichischen und deutschen Recht. Von Univ.-Prof. DDr. Georg Ress. XII, 282 Seiten. 1968. Geheftet € 31,– 5: Die Fehlerhaftigkeit von Gesetzen und Verordnungen. Zugleich ein Beitrag zur Gesetzes- und Verordnungskontrolle durch den Verfassungsgerichtshof. Von Univ.-Prof. Dr. Richard Novak. VIII, 218 Seiten. 1967. Geheftet € 23,– 6: Norm, Recht und Staat. Überlegungen zu Hans Kelsens Theorie der Reinen Rechtslehre. Von DDr. Raimund Hauser. 7 Abbildungen. VIII, 168 Seiten. 1968. Geheftet € 19,– 7: Ressortzuständigkeit und Vollzugsklausel. Eine verfassungs- und verwaltungsrechtliche Untersuchung zur Zuständigkeit der Bundesminister. Von Univ.-Prof. DDr. Walter Barfuss. VIII, 130 Seiten. 1968. Geheftet € 15,– 8: Die völkerrechtliche Verantwortlichkeit internationaler Organisationen gegenüber Drittstaaten. Von Univ.-Prof. Dr. Konrad Ginther. VII, 202 Seiten. 1969. Geheftet € 23,– 9: Der Bundespräsident. Eine Untersuchung zur Verfassungstheorie und zum österreichischen Verfassungsrecht. Von Univ.-Doz. Dr. Klaus Berchtold. XIV, 354 Seiten. 1969. Geheftet € 38,– 10: Die öffentliche Unternehmung. Ein Beitrag zur Lehre von der Wirtschaftsverwaltung und zur Theorie des Wirtschaftsverwaltungsrechts. Von Univ.-Prof. DDr. Karl Wenger. XVII, 673 Seiten. 1969. Vergriffen 11: Die Identität der Tat. Der Umfang von Prozeßgegenstand und Sperrwirkung im Strafverfahren. Von Univ.-Prof. Dr. Christian Bertel. X, 208 Seiten. 1970. Geheftet € 24,– 12: Wertbetrachtung im Recht und ihre Grenzen. Von Univ.-Prof. Dr. DDr. h. c. Günther Winkler. VIII, 59 Seiten. 1969. Vergriffen 13: Rechtslogik. Versuch einer Anwendung moderner Logik auf das juristische Denken. Von Univ.-Prof. DDr. Ota Weinberger. 21 Abbildungen. XVIII, 396 Seiten. 1970. Vergriffen __________________________________________________________________________
__________________________________________________________________________ 14: Umfassende Landesverteidigung. Eine verfassungsdogmatische und verfassungspolitische Grundlagenuntersuchung für den Bundesstaat Österreich. Von Univ.Prof. Dr. Peter Pernthaler. VIII, 172 Seiten. 1970. Vergriffen 15: Materiales Verfassungsverständnis. Ein Beitrag zur Theorie der Verfassungsinterpretation. Von Univ.-Prof. Dr. Norbert Wimmer. VIII, 141 Seiten. 1971. Geheftet € 20,– 16: Versicherungsaufsichtsrecht. Eine Studie zum deutschen und zum österreichischen Recht. Von Dipl.-Ing. Dr. Heinz Kraus. XVIII, 329 Seiten. 1971. Vergriffen 17: Gliedstaatsverträge. Eine Untersuchung nach österreichischem und deutschem Recht. Von Univ.-Prof. Dr. Heinz Peter Rill. XIX, 711 Seiten. 1972. Geheftet € 79,– 18: Verfassungsinterpretation in Österreich. Eine kritische Bestandsaufnahme. Von Univ.Prof. Dr. Heinz Schäffer. XI, 228 Seiten. 1971. Geheftet € 30,– 19: Gemeindeaufsicht. Von Univ.-Doz. Dr. Klaus Berchtold. X, 223 Seiten. 1972. Geheftet € 25,– 20: Vereine als öffentliche Unternehmen. Voraussetzungen und Folgen organisatorischer Beherrschung öffentlicher Unternehmen durch den Staat; dargestellt am Beispiel der Landesversicherungsanstalten. Von Univ.-Prof. Dr. Gerhardt Plöchl. XXIII, 387 Seiten. 1972. Geheftet € 47,– 21: Parlamentarische Kontrolle im politischen System. Die Verwaltungsfunktionen des Nationalrates in Recht und Wirklichkeit. Von Univ.-Prof. Dr. Peter Gerlich. XV, 354 Seiten. 1973. Geheftet € 46,– 22: Handbuch des Gemeinderechts. Organisation und Aufgaben der Gemeinden Österreichs. Von Univ.-Prof. Dr. Hans Neuhofer. XVIII, 449 Seiten. 1972. Vergriffen 23: Der völkerrechtliche Vertrag im staatlichen Recht. Eine theoretische, dogmatische und vergleichende Untersuchung am Beispiel Österreichs. Von Univ.-Prof. Dr. Theo Öhlinger. XV, 397 Seiten. 1973. Geheftet € 53,– 24: Förderungsverwaltung. Gesamtredaktion: Univ.-Prof. DDr. Karl Wenger. XVII, 434 Seiten. 1973. Geheftet € 68,– 25: Ordinale Deontik. Zusammenhänge zwischen Präferenztheorie, Normlogik und Rechtstheorie. Von Univ.-Prof. Dr. Thomas Cornides. 41 Abbildungen. X, 210 Seiten. 1974. Geheftet € 45,– 26: Die Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden im Vollstreckungsverfahren. Von Univ.-Prof. DDr. Heinz Mayer. XII, 120 Seiten. 1974. Geheftet € 20,– 27: Die internationale Konzession. Theorie und Praxis der Rechtsinstitute in den internationalen Wirtschaftsbeziehungen. Von Univ.-Prof. Dr. Peter Fischer. 2 Abbildungen. XXI, 594 Seiten. 1974. Geheftet € 94,– 28: Der verfahrensfreie Verwaltungsakt. Die „faktische Amtshandlung“ in Praxis und Lehre. Eine Integration von Ordnungsvorstellungen auf dem Gebiete des Verwaltungsaktes. Von Univ.-Prof. Dr. Bernd-Christian Funk. XV, 247 Seiten. 1975. Geheftet € 45,– __________________________________________________________________________
__________________________________________________________________________ 29: Repräsentation und Identität. Demokratie im Konflikt. Ein Beitrag zur modernen Staatsformenlehre. Von Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Mantl. X, 391 Seiten. 1975. Geheftet € 71,– 30: Die Gehorsamspflicht der Verwaltungsorgane. Eine verfassungsrechtliche Untersuchung zum Dienstrecht. Gleichzeitig ein Beitrag zur Lehre vom Verwaltungsakt. Von DDr. Karl Lengheimer. X, 124 Seiten. 1975. Geheftet € 23,– 31: Neutralität und Neutralitätspolitik. Die österreichische Neutralität zwischen Schweizer Muster und sowjetischer Koexistenzdoktrin. Von Univ.-Prof. Dr. Konrad Ginther. X, 168 Seiten. 1975. Geheftet € 35,– 32: Rechtstheorie und Rechtsinformatik. Voraussetzungen und Möglichkeiten formaler Erkenntnis des Rechts. Gesamtredaktion: Univ.-Prof. Dr. DDr. h. c. Günther Winkler. 39 Abbildungen. XVI, 248 Seiten. 1975. Geheftet € 36,– 33: Die Völkerrechtssubjektivität der Unionsrepubliken der UdSSR. Von Univ.-Prof. Dr. Henn-Jüri Uibopuu. XV, 341 Seiten. 1975. Geheftet € 65,– 34: Staatsmonopole. Von Univ.-Prof. DDr. Heinz Mayer. XVI, 424 Seiten. 1976. Geheftet € 48,– 35: Logische Verfahren der juristischen Begründung. Eine Einführung. Von Univ.-Prof. Mag. Dr. Ilmar Tammelo und Dr. Gabriël Moens. VIII, 111 Seiten. 1976. Vergriffen 36: Rechtsphilosophie und Gesetzgebung. Überlegungen zu den Grundlagen der modernen Gesetzgebung und Gesetzesanwendung. Gesamtredaktion: Univ.-Prof. DDDr. Johann Mokre und Univ.-Prof. DDr. Ota Weinberger. 4 Abbildungen. VII, 199 Seiten. 1976. Geheftet € 46,– 37: Internationale Konflikte – verbotene und erlaubte Mittel ihrer Austragung. Versuche einer transdisziplinären Betrachtung der Grundsätze des Gewalt- und Interventionsverbots sowie der friedlichen Streitbeilegung im Lichte der UN-Prinzipiendeklaration 1970 und der modernen Sozialwissenschaften. Von Univ.-Prof. Dr. Hanspeter Neuhold. XX, 598 Seiten. 1977. Geheftet € 67,– 38: Juristische Entscheidung und wissenschaftliche Erkenntnis. Eine Untersuchung zum Verhältnis von dogmatischer Rechtswissenschaft und rechtswissenschaftlicher Grundlagenforschung. Von Univ.-Prof. DDr. Werner Krawietz. XXI, 316 Seiten. 1978. Geheftet € 70,– 39: Grundfragen der Philosophie des Rechts. Von Univ.-Prof. Dr. Vladimír Kubeš. VIII, 87 Seiten. 1977. Geheftet € 19,– 40: Dauernde Neutralität und europäische Integration. Von Univ.-Prof. Dr. Michael Schweitzer. XVI, 347 Seiten. 1977. Geheftet € 66,– 41: Politische Planung im parlamentarischen Regierungssystem. Dargestellt am Beispiel der mittelfristigen Finanzplanung. Von Univ.-Prof. Dr. Christian Brünner. XVI, 395 Seiten. 1978. Geheftet € 76,– 42: Freiheit und Gleichheit. Die Aktualität im politischen Denken Kants. Von Univ.Prof. Dr. Gerhard Luf. VII, 197 Seiten. 1978. Geheftet € 41,– __________________________________________________________________________
__________________________________________________________________________ 43: Strukturierungen und Entscheidungen im Rechtsdenken. Notation, Terminologie und Datenverarbeitung in der Rechtslogik. Gesamtredaktion: Univ.-Prof. Dr. Ilmar Tammelo und Dr. Helmut Schreiner. 6 Abbildungen. VIII, 316 Seiten. 1978. Geheftet € 31,– 44: Die Staatslehre des Han Fei. Ein Beitrag zur chinesischen Idee der Staatsräson. Von Univ.-Prof. Dr. Geng Wu. X, 108 Seiten. 1978. Geheftet € 26,– 45: Namensrecht. Eine systematische Darstellung des geltenden österreichischen und des geltenden deutschen Rechts. Von Univ.-Prof. Dr. Bernhard Raschauer. XIX, 356 Seiten. 1978. Geheftet € 76,– 46: Orientierungen im öffentlichen Recht. Ausgewählte Abhandlungen. Von Univ.-Prof. Dr. DDr. h. c. Günther Winkler. 2 Abbildungen. VII, 300 Seiten. 1979. Geheftet € 35,– 47: Die Prüfung von Gesetzen. Ein Beitrag zur verfassungsgerichtlichen Normenkontrolle. Von Univ.-Prof. Dr. Herbert Haller. X, 300 Seiten. 1979. Geheftet € 54,– 48: Denkweisen der Rechtswissenschaft. Einführung in die Theorie der rechtswissenschaftlichen Forschung. Von Univ.-Prof. Dr. Aulis Aarnio. XVI, 246 Seiten. 1979. Geheftet € 46,– 49: Grundrechtsverständnis und Normenkontrolle. Eine Vergleichung der Rechtslage in Österreich und in Deutschland. Kolloquium zum 70. Geburtstag von H. Spanner. Gesamtredaktion: Univ.-Prof. Dr. Klaus Vogel. 1 Porträt. XX, 106 Seiten. 1979. Geheftet € 26,– 50: Gesetzgebung. Kritische Überlegungen zur Gesetzgebungslehre und zur Gesetzgebungstechnik. Gesamtredaktion: Univ.-Prof. Dr. DDr. h. c. Günther Winkler und Univ.-Prof. Dr. Bernd Schilcher. IX, 285 Seiten. 1981. Geheftet € 51,– 51: Der Staat als Träger von Privatrechten. Von Univ.-Prof. Dr. Bruno Binder. XIX, 400 Seiten. 1980. Geheftet € 54,– 52: Verfassungswirklichkeit in Osteuropa. Dargestellt am Beispiel der Präsidia der obersten Vertretungsorgane. Von Univ.-Prof. Dr. Hans-Georg Heinrich. 2 Abbildungen. XII, 389 Seiten. 1980. Geheftet € 60,– 53: Perspektiven zur Strafrechtsdogmatik. Ausgewählte Abhandlungen. Von Univ.-Prof. Dr. Friedrich Nowakowski. VII, 327 Seiten. 1981. Geheftet € 49,– 54: Die Vertretung der Gebietskörperschaften im Privatrecht. Von Univ.-Prof. Dr. Georg Wilhelm. XVI, 295 Seiten. 1981. Geheftet € 55,– 55: Rundfunkfreiheit. Öffentlichrechtliche Grundlagen des Rundfunks in Österreich. Von Univ.-Prof. Dr. Heinz Wittmann. XVI, 246 Seiten. 1981. Geheftet € 61,– 56: Das Ermessen im Spannungsfeld von Rechtsanwendung und Kontrolle. Von Univ.Prof. Dr. Herbert Hofer-Zeni. VIII, 179 Seiten. 1981. Geheftet € 39,– 57: Methodik der Gesetzgebung. Legistische Richtlinien in Theorie und Praxis. Gesamtredaktion: Univ.-Prof. Dr. Theo Öhlinger. 1 Abbildung. XIV, 260 Seiten. 1982. Geheftet € 39,– __________________________________________________________________________
__________________________________________________________________________ 58: Die Rechtspflicht. Von Univ.-Prof. Dr. Vladimír Kubeš. VIII, 140 Seiten. 1981. Geheftet € 31,– 59: Mehrdeutigkeit und juristische Auslegung. Von Univ.-Prof. Dr. Michael Thaler. VII, 187 Seiten. 1982. Geheftet € 44,– 60: Öffentliche Fonds. Eine Untersuchung ihrer verfassungs- und verwaltungsrechtlichen Hauptprobleme. Von Univ.-Prof. Dr. Harald Stolzlechner. XVII, 389 Seiten. 1982. Geheftet € 63,– 61: Der internationale Regionalismus. Integration und Desintegration von Staatenbeziehungen in weltweiter Verflechtung. Von Univ.-Doz. Dr. Winfried Lang. XIII, 217 Seiten. 1982. Geheftet € 54,– 62: Rechtsstaat und Planung. Gesamtredaktion: Dr. Josef Azizi und Univ.-Prof. Dr. Stefan Griller. XII, 124 Seiten. 1982. Geheftet € 27,– 63: Medienfreiheit und Persönlichkeitsschutz. Die Freiheit der Medien und ihre Verantwortung im System der Grundrechte. Von Univ.-Prof. Dr. Walter Berka. XIII, 375 Seiten. 1982. Geheftet € 75,– 64: Grundlagen der juristischen Argumentation. Von Univ.-Prof. Dr. Aleksander Peczenik. 5 Abbildungen. XIII, 266 Seiten. 1983. Geheftet € 67,– 65: Evolution des Rechts. Eine Vorstudie zu den Evolutionsprinzipien des Rechts auf anthropologischer Grundlage. Von Univ.-Prof. Dr. Herbert Zemen, M. C. L. (Columbia). XIII, 135 Seiten. 1983. Geheftet € 31,– 66: Bereicherung im öffentlichen Recht. Von Univ.-Prof. Dr. Ferdinand Kerschner. XVI, 158 Seiten. 1983. Geheftet € 38,– 67: Das Disziplinarrecht der Beamten. Von Univ.-Prof. Dr. Garbiele Kucsko-Stadlmayer. XVII, 622 Seiten. 1985. Vergriffen 68: Freiheit und Gleichgewicht im Denken Montesquieus und Burkes. Ein analytischer Beitrag zur Geschichte der Lehre vom Staat im 18. Jahrhundert. Von Hon.Prof. DDr. Thomas Chaimowicz. XI, 202 Seiten. 1985. Vergriffen 69: Rohstoffgewinnung in der Antarktis. Völkerrechtliche Grundlagen der Nutzung Nichtlebender Ressourcen. Von Dr. Ulrich J. Nussbaum. 1 Abbildung. XIII, 236 Seiten. 1985. Geheftet € 54,– 70: Theorie der Direktiven und der Normen. Von Univ.-Prof. Dr. Kazimierz Opałek. VII, 178 Seiten. 1986. Geheftet € 47,– 71: Die seerechtliche Verteilung von Nutzungsrechten. Rechte der Binnenstaaten in der ausschließlichen Wirtschaftszone. Von Univ.-Prof. Dr. Gerhard Hafner. XV, 533 Seiten. 1987. Geheftet € 95,– 72: Der Landeshauptmann. Historische Entwicklung, Wesen und verfassungsrechtliche Gestalt einer Institution. Von Univ.-Doz. Dr. Wolfgang Pesendorfer. 1 Abbildung. XIV, 243 Seiten. 1986. Geheftet € 58,– 73: Das Bewegliche System im geltenden und künftigen Recht. Gesamtredaktion: Univ.-Prof. Dr. Franz Bydlinski, Univ.-Prof. Dr. Heinz Krejci, Univ.-Prof. Dr. Bernd Schilcher und Univ.-Prof. Dr. Viktor Steininger. X, 327 Seiten. 1986. Geheftet € 62,– __________________________________________________________________________
__________________________________________________________________________ 74: Rechtsregeln und Spielregeln. Eine Abhandlung zur analytischen Rechtstheorie. Von Univ.-Prof. Dr. Gregorio Robles. Aus dem Spanischen übersetzt von Dr. Ulrike Steinhäusl und Hedwig Ciupka. IX, 230 Seiten. 1987. Geheftet € 53,– 75: Rechtslogik und Rechtswirklichkeit. Eine empirisch-realistische Studie. Von Sen.Präs. tit. a. o. Univ.-Prof. Hofrat Dr. Friedrich Tezner. Unveränderter Nachdruck der ersten Auflage 1925. Mit einem Geleitwort von Univ.-Prof. Dr. DDr. h. c. Günther Winkler. XI, 194 Seiten. 1986. Geheftet € 45,– 76: Theorie der Gesetzgebung. Materiale und formale Bestimmungsgründe der Gesetzgebung in Geschichte und Gegenwart. Von Univ.-Prof. Dr. Vladimír Kubeš. XII, 299 Seiten. 1987. Geheftet € 71,– 77: Die Sicherheitspolizei und ihre Handlungsformen. Von Dr. Wolfgang Blum. XII, 181 Seiten. 1987. Geheftet € 45,– 78/ Politische Grundrechte. Von Univ.-Prof. Dr. Manfred Nowak. XXIV, 585 Seiten. 79: 1988. Geheftet € 110,– 80: Die Rechtspersönlichkeit der Universitäten. Rechtshistorische, rechtsdogmatische und rechtstheoretische Untersuchungen zur wissenschaftlichen Selbstverwaltung. Von Univ.-Prof. Dr. DDr. h. c. Günther Winkler. XVI, 451 Seiten. 1988. Geheftet € 66,– 81: Reine Rechtslehre im Spiegel ihrer Fortsetzer und Kritiker. Gesamtredaktion: Univ.Prof. DDr. Ota Weinberger und Univ.-Prof. DDr. Werner Krawietz. VII, 393 Seiten. 1988. Geheftet € 95,– 82: Organgewinnung zu Zwecken der Transplantation. Eine systematische Analyse des geltenden Rechts. Von Univ.-Prof. DDr. Christian Kopetzki. XIV, 294 Seiten. 1988. Geheftet € 46,– 83: Rechtsphilosophie zwischen Ost und West. Eine vergleichende Analyse der frühen rechtsphilosophischen Gedanken von John C. H. Wu. Von Dr. Matthias Christian. VIII, 220 Seiten. 1988. Geheftet € 55,– 84: Islam und Friedensvölkerrechtsordnung. Die dogmatischen Grundlagen der Teilnahme eines islamischen Staates am modernen Völkerrechtssystem am Beispiel Ägyptens. Von Dr. Dietrich F. R. Pohl. XXI, 174 Seiten. 1988. Geheftet € 41,– 85: Theorie und Methode in der Rechtswissenschaft. Ausgewählte Abhandlungen. Von Univ.-Prof. Dr. DDr. h. c. Günther Winkler. XII, 282 Seiten. 1989. Geheftet € 38,– 86: Die einstweilige Verfügung im schiedsgerichtlichen Verfahren. Von Univ.-Doz. Dr. Christian Hausmaninger. XII, 182 Seiten. 1989. Geheftet € 30,– 87: Reine Rechtslehre und Strafrechtsdoktrin. Zur Theorienstruktur in der Rechtswissenschaft am Beispiel der Allgemeinen Strafrechtslehre. Von Dr. Rainer Lippold. XII, 458 Seiten. 1989. Geheftet € 64,– 88: Die Übertragung von Hoheitsrechten auf zwischenstaatliche Einrichtungen. Eine Untersuchung zu Art 9 Abs 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes. Von Univ.-Prof. Dr. Stefan Griller. XXVIII, 558 Seiten. 1989. Geheftet € 74,– __________________________________________________________________________
__________________________________________________________________________ 89: Entwicklungstendenzen im Verwaltungsverfahrensrecht und in der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Rechtsvergleichende Analysen zum österreichischen und deutschen Recht. Gesamtredaktion: Univ.-Prof. DDr. Georg Ress. V, 333 Seiten. 1990. Geheftet € 58,– 90: Rechtstheorie und Erkenntnislehre. Kritische Anmerkungen zum Dilemma von Sein und Sollen in der Reinen Rechtslehre aus geistesgeschichtlicher und erkenntnistheoretischer Sicht. Von Univ.-Prof. Dr. DDr. h. c. Günther Winkler. XXI, 249 Seiten. 1990. Geheftet € 38,– 91: Gefahrenabwehr im Anlagenrecht. Von Univ.-Prof. Dr. Benjamin Davy. XXV, 865 Seiten. 1990. Geheftet € 99,– 92: Rechtswissenschaft als Sozialwissenschaft. Juristisches Denken und Sozialdynamik des Rechts. Von RA Dr. Karl Georg Wurzel. XI, 223 Seiten. 1991. Geheftet € 38,– 93: Devisenbewirtschaftung. Eine verfassungs- und verwaltungsrechtliche Untersuchung unter Berücksichtigung des Völker- und Europarechts. Von Univ.-Doz. DDr. Michael Potacs. XVIII, 566 Seiten. 1991. Geheftet € 64,– 94: Das Wesensgehaltsargument und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Von Univ.-Prof. Dr. Manfred Stelzer. VIII, 333 Seiten. 1991. Geheftet € 45,– 95: Studien zum Verfassungsrecht. Das institutionelle Rechtsdenken in Rechtstheorie und Rechtsdogmatik. Von Univ.-Prof. Dr. DDr. h. c. Günther Winkler. XVIII, 455 Seiten. 1991. Geheftet € 60,– 96: Jadgrecht. Von Dr. Helmut Binder. XV, 145 Seiten. 1992.
Vergriffen
97: Ladenschlußrecht. Von Univ.-Prof. DDr. Christoph Grabenwarter. XV, 236 Seiten. 1992. Geheftet € 39,– 98: Rechtssystem und Republik. Über die politische Funktion des systematischen Rechtsdenkens. Von Univ.-Prof. Dr. Alexander Somek. XIV, 622 Seiten. 1992. Geheftet € 59,– 99: Der Rechtsträger im Verfassungsrecht. Das Zurechnungssubjekt von Handlungen und Rechtsfolgen in der Amtshaftung und in der Rechnungskontrolle. Von Dr. Wilhelm Klagian. XII, 133 Seiten. 1992. Geheftet € 25,– 100: Zeit und Recht. Kritische Anmerkungen zur Zeitgebundenheit des Rechts und des Rechtsdenkens. Von Univ.-Prof. Dr. DDr. h. c. Günther Winkler. XVI, 610 Seiten. 1995. Vergriffen 101: Der Umweltschutz als Staatsaufgabe. Möglichkeiten und Grenzen einer verfassungsrechtlichen Verankerung des Umweltschutzes. Von Dr. Doris Hattenberger. XVI, 213 Seiten. 1993. Geheftet € 35,– 102: Juristisches Verstehen und Entscheiden. Vom Lebenssachverhalt zur Rechtsentscheidung. Ein Beitrag zur Argumentation im Recht. Von Univ.-Prof. Dr. Marijan Pavœnik. XI, 182 Seiten. 1993. Geheftet € 33,– 103: Das Vorsorgeprinzip als vorverlagerte Gefahrenabwehr. Eine rechtsvergleichende Studie zur Reinhaltung der Luft. Von Dr. Matthias Germann. XIV, 263 Seiten. 1993. Geheftet € 42,– __________________________________________________________________________
__________________________________________________________________________ 104: Rechtserfahrung und Reine Rechtslehre. Gesamtredaktion: Univ.-Prof. Dr. Agostino Carrino und Univ.-Prof. Dr. DDr. h. c. Günther Winkler. VII, 181 Seiten. 1995. Geheftet € 22,– 105: Rechtswissenschaft und Rechtserfahrung. Methoden- und erkenntniskritische Gedanken über Hans Kelsens Lehre und das Verwaltungsrecht. Von Univ.-Prof. Dr. DDr. h. c. Günther Winkler. IX, 147 Seiten. 1994. Geheftet € 30,– 106: Berufliche Selbstverwaltung und autonomes Satzungsrecht. Von Dr. Georg Stillfried. X, 223 Seiten. 1994. Geheftet € 33,– 107: Öffentliche Nutzungsrechte und Gemeingebrauch. Von Univ.-Prof. Dr. Franz Merli. XIII, 483 Seiten. 1995. Geheftet € 54,– 108: Unterbringungsrecht. Erster Band: Historische Entwicklung und verfassungsrechtliche Grundlagen. Von Univ.-Prof. DDr. Christian Kopetzki. XXXIV, 429 Seiten. 1995. 109: Unterbringungsrecht. Zweiter Band: Materielles Recht. Verfahren und Vollzug. Von Univ.-Prof. DDr. Christian Kopetzki. XV, 663 Seiten. 1995. Band 108 und 109 gemeinsam: Geheftet € 71,– 110: Rechtswissenschaft und Politik. Die Freiheit des Menschen in der Ordnung des Rechts. Von Univ.-Prof. Dr. DDr. h. c. Günther Winkler. XX, 466 Seiten. 1998. Geheftet € 59,90 111: Bundesrecht und Landesrecht. Zugleich ein Beitrag zu Strukturproblemen der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung in Österreich und in Deutschland. Von Univ.Prof. Dr. Ewald Wiederin. XXII, 455 Seiten. 1995. Geheftet € 47,– 112: Wirtschaftslenkung und Verfassung. Gesetzgebungskompetenz und grundrechtliche Schranken direkter Wirtschaftslenkung. Von Dr. Eva Schulev-Steindl. XVII, 223 Seiten. 1996. Geheftet € 38,– 113: Über den Begriff der juristischen Person. Kritische Studien über den Begriff der juristischen Person und über die juristische Persönlichkeit der Behörden insbesondere. Von o. Prof. Dr. Edmund Bernatzik. XV, 116 Seiten. 1996. Geheftet € 27,– 114: Grundrechtliche Gewährleistungspflichten. Ein Beitrag zu einer allgemeinen Grundrechtsdogmatik. Von Univ.-Prof. Dr. Michael Holoubek. X, 416 Seiten. 1997. Vergriffen 115: Verfahrensgarantien in der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Eine Studie zu Artikel 6 EMRK auf der Grundlage einer rechtsvergleichenden Untersuchung der Verwaltungsgerichtsbarkeit Frankreichs, Deutschlands und Österreichs. Von Univ.-Prof. DDr. Christoph Grabenwarter. XXV, 758 Seiten. 1997. Vergriffen 116: Über die juristische Methode. Kritische Studien zur Wissenschaft vom öffentlichen Recht und zur soziologischen Rechtslehre. Von o. Prof. Dr. Felix Stoerk. XXX, 197 Seiten. 1996. Geheftet € 38,– 117: Der Staatssekretär. Eine Untersuchung zum Organtypus des politischen Ministergehilfen. Von Univ.-Prof. DDr. Bernd Wieser. XVIII, 407 Seiten. 1997. Geheftet € 49,90 __________________________________________________________________________
__________________________________________________________________________ 118: Theorie und Methode im Staatsrecht. Studien zu einem soziologisch fundierten Staatsrechtsdenken. Von Univ.-Prof. Dr. Gustav Seidler. XXVII, 129 Seiten. 1997. Geheftet € 29,90 119: Der autoritäre Staat. Ein Versuch über das österreichische Staatsproblem. Von Univ.Prof. Dr. Erich Voegelin. XXXV, 292 Seiten. 1997. Geheftet € 44,90 120: Raum und Recht. Dogmatische und theoretische Perspektiven eines empirisch-rationalen Rechtsdenkens. Von Univ.-Prof. Dr. DDr. h. c. Günther Winkler. X, 314 Seiten. 1999. Geheftet € 39,90 121: Die Normenordnung. Staat und Recht in der Lehre Kelsens. Von Univ.-Prof. Dr. Agostino Carrino. XI, 174 Seiten. 1998. Geheftet € 32,– 122: Vereinsfreiheit. Eine rechtsdogmatische Untersuchung der Grundfragen des Vereinsrechts. Von Univ.-Ass. Dr. Johannes Bric. XI, 363 Seiten. 1998. Geheftet € 49,90 123: Die sozialwissenschaftliche Erkenntnis. Ein Beitrag zur Methodik der Gesellschaftslehre. Von Kabinettschef i.R. tit. o. Universitätsprofessor Dr. Ernst Seidler. LI, 283 Seiten. 1999. Geheftet € 49,90 124: Rechtsinformatik und Wissensrepräsentation. Automatische Textanalyse im Völkerrecht und Europarecht. Von Univ.-Prof. Mag. DDr. Erich Schweighofer. XX, 440 Seiten. 1999. Geheftet € 65,– 125: Das Elektrizitätsrecht. Die Gesetzgebung als Instrument der staatlichen Wirtschaftspolitik. Von Univ.-Prof. Dr. DDr. h.c. Günther Winkler. XXVII, 214 Seiten. 1999. Geheftet € 44,90 126: Verfassungsfragen einer Mitgliedschaft zur Europäischen Union. Ausgewählte Abhandlungen. Von Univ.-Prof. Dr. Theo Öhlinger. XVI, 238 Seiten. 1999. Geheftet € 39,90 127: Kapitalmarktrecht. Eine Untersuchung des österreichischen Rechts und des Europäischen Gemeinschaftsrechts. Von Univ.-Doz. Dr. Stefan Weber. XIX, 485 Seiten. 1999. Geheftet € 69,90 128: Methodenlehre der Sozialwissenschaften. Von Priv.-Doz. Dr. Felix Kaufmann. LXX, 325 Seiten. 1999. Geheftet € 55,– 129: Das Intertemporale Privatrecht. Übergangsfragen bei Gesetzes- und Rechtsprechungsänderungen im Privatrecht. Von Univ.-Ass. Dr. Andreas Vonkilch. XXI, 407 Seiten. 1999. Geheftet € 55,– 130: Die Rechtswissenschaft als empirische Sozialwissenschaft. Biographische und methodologische Anmerkungen zur Staatsrechtslehre. Von Univ.-Prof. Dr. DDr. h.c. Günther Winkler. XLIV, 240 Seiten. 1999. Geheftet € 39,90 131: Ruhe, Ordnung, Sicherheit. Eine Studie zu den Aufgaben der Polizei in Österreich. Von Univ.-Prof. Dr. Andreas Hauer. XX, 493 Seiten. 2000. Geheftet € 68,– 132: Rechtsetzung und Entscheidung im Völkerrecht. English Summary: Law-Making and Decision-Making in International Law. Von Dr. Georg Potyka. X, 133 Seiten. 2000. Geheftet € 28,– __________________________________________________________________________
__________________________________________________________________________ 133: Rechtsaufsicht über Versicherungsunternehmen. Eingriffsmöglichkeiten der österreichischen Versicherungsbehörde. Von Univ.-Ass. Dr. Stephan Korinek. XXI, 271 Seiten. 2000. Geheftet € 55,– 134: Grundrechte und Verfassungsgerichtsbarkeit. Von Univ.-Prof. Dr. Karl Korinek. X, 348 Seiten. 2000. Geheftet € 65,– 135: Verfassungsrecht in Liechtenstein. Demokratie, Parlamentarismus, Rechtsstaat, Gewaltenteilung und politische Freiheit in Liechtenstein aus verfassungsrechtlichen, verfassungsrechtsvergleichenden, verfassungsrechtspolitischen und europarechtlichen Perspektiven. Von Univ.-Prof. Dr. DDr. h.c. Günther Winkler. X, 226 Seiten. 2001. Geheftet € 35,20 137: Das Islamgesetz. An den Schnittstellen zwischen österreichischer Rechtsgeschichte und österreichischem Staatsrecht. Von Univ.-Ass. Dr. Johann Bair. XV, 176 Seiten. 2002. Geheftet € 39,90 138: Regulierung der Kommunikationsmärkte unter Konvergenzbedingungen. Von Univ.-Ass. Dr. Dragana Damjanovic. XVI, 219 Seiten. 2002. Geheftet € 39,90 140: Zweisprachige Ortstafeln und Volksgruppenrechte. Kritische Anmerkungen zur Entscheidungspraxis des Verfassungsgerichtshofs bei Gesetzesprüfungen von Amts wegen aus den Perspektiven seines Ortstafelerkenntnisses. Von Univ.-Prof. Dr. DDr. h.c. Günther Winkler. XI, 104 Seiten. 2002. Geheftet € 19,90 141: Integrationsverfassungsrecht. Das österreichische Verfassungsrecht und das Recht der Europäischen Union – Koordination, Kooperation, Konflikt. Von Univ.-Ass. Dr. Roland Winkler. XVI, 213 Seiten. 2003. Geheftet € 34,90 142: Natura 2000. Auswirkung und Umsetzung im innerstaatlichen Recht. Von Dr. Erich Pürgy. XIV, 398 Seiten. 2005. Geheftet € 78,– 143: Privater Befehl und Zwang. Verfassungsrechtliche Bedingungen privater Eingriffsgewalt. Von Ao.Univ.-Prof. Dr. Benjamin Kneihs. XIX, 531 Seiten. 2004. Geheftet € 85,– 145: Die Verfassungsreform in Liechtenstein. Verfassungsrechtliche Studien mit verfassungsrechtsvergleichenden und europarechtlichen Perspektiven. Von Univ.-Prof. Dr. DDr. h.c. Günther Winkler. XXIII, 523 Seiten. 2003. Geheftet € 78,– 146: Der verwaltungsrechtliche Vertrag. Ein Beitrag zur Handlungsformenlehre. Von Univ.-Ass. Dr. Harald Eberhard. XVII, 493 Seiten. 2005. Geheftet € 85,– 150: Der Europarat und die Verfassungsautonomie seiner Mitgliedstaaten. Eine europarechtliche Studie mit Dokumenten und Kommentaren, veranschaulicht durch die Aktionen des Europarates gegen die Verfassungsreform von Liechtenstein Von Univ.Prof. Dr. DDr. h.c. Günther Winkler. XV, 592 Seiten. 2005. Geheftet € 98,– 155: Begnadigung und Gegenzeichnung. Eine praxisorientierte verfassungsrechtliche und staatstheoretische Studie über Staatsakte des Fürsten von Liechtenstein Von Univ.Prof. Dr. DDr. h.c. Günther Winkler. IX, 105 Seiten. 2005. Geheftet € 24,90
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