Wirtschaftsrecht: International Europaisch National (Springers Kurzlehrbucher der Rechtswissenschaft) (German Edition)

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Author: Norbert Wimmer | Thomas Muller LL.M.

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Vorwort Das Wirtschaftsrecht nimmt sowohl an den juristischen Fakultäten als auch im wissenschaftlichen Schrifttum eine immer größere Bedeutung ein. Das zeigt sich zum einen an der Einrichtung eigener Studienrichtungen für Recht und Wirtschaft, zum anderen an einer rasch wachsenden Anzahl von Monographien und Sammelbänden. Für die Zwecke der Studierenden sind sie leider meist zu umfangreich und kompliziert und werden daher in nur ungenügendem Ausmaß als Lernbehelf beigezogen. Im Folgenden wird versucht, einen Überblick über die Entwicklungslinien, die materiell-rechtlichen Grundlagen sowie den ökonomischen Hintergrund des öffentlichen Wirtschaftsrechts zu geben, der so einfach wie möglich gehalten werden soll. Dies bedeutet insb, dass Auseinandersetzungen mit einzelnen Auffassungen vermieden werden und die Verweise auf das Schrifttum auf das Wesentliche begrenzt sind. Freilich verlangt auch das angestrebte Strukturwissen ein Mindestmaß an Kenntnis des positiven Rechts. Angesichts der Konzentration aufs Wesentliche lag die Schwierigkeit gerade hier vor allem im Weglassen. Dass es Meinungsverschiedenheiten darüber geben kann, was wichtig bzw weniger wichtig ist, liegt in der Natur der Sache. Die Beschränkung auf das Allgemeine ist allerdings nicht nur durch die Lernökonomie geboten, sondern resultiert auch aus der Eigenart des Wirtschaftsrechts selbst. In vielen Bereichen ist dieses Rechtsgebiet situationsbezogenes Maßnahmenrecht, das sich entsprechend zu den praktischen Zielvorgaben und Problemstellungen fortlaufend ändert. Für die literarische Produktion hat das den Nachteil, dass Stoffsammlungen rasch veralten und auch die Halbwertszeit von Lehrbüchern schneller als anderswo sinkt. Die letzten zehn Jahre einer rasanten Entwicklung des Wirtschaftsrechts in Österreich haben genügt, um aus ehemals aktuellen Darstellungen historische Reminiszenzen werden zu lassen. Was blieb und bleibt sind Strukturprinzipien, Institutionen, Typen und Begriffe, die trotz ihres exemplarischen Gehalts flexibel genug sind, die Änderungen der Zeit „aufzufangen“. Es war das Bestreben der Autoren idS eine Systematisierung dieses Rechtsgebiets zu erreichen und damit ein Wirtschaftsrecht aus einem Guss vorzulegen. Weiters wurde versucht die Vernetzung des internationalen, europarechtlichen und nationalen Rechtskreises, die das Wirtschaftsrecht insgesamt kennzeichnet, sichtbar zu machen. Zu besonderem Dank sind wir unserem Kollegen und Freund Konrad Arnold verpflichtet. Ihm kommt wesentlicher Anteil an der Entwicklung des „Innsbrucker Systems“ des Wirtschaftsrechts zu, das in der von Wimmer/Arnold verfassten Monografie „Wirtschaftsrecht in Österreich“(1998) seinen Niederschlag fand. Das nunmehr vorliegende Lehrbuch trägt der aktuellen, insb internationalen Entwicklung des Wirtschaftsrechts Rechnung ohne die historischen Entwicklungsstränge zu vernachlässigen.

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VI

Vorwort

Herzlich gedankt sei weiters unserem Mitstreiter Arno Kahl, der uns nicht nur in sein im Druck befindliches Manuskript zu den Öffentlichen Unternehmen Einblick gewährte, sondern uns ganz allgemein mit weiterleitenden Ratschlägen bei der Darstellung der gemeinschaftsrechtlichen Themen behilflich war. Insb haben wir auch die von Wimmer/Kahl verfasste Monographie zu den öffentlichen Unternehmen fortgeführt. Bedanken möchten wir uns weiters bei Frau Dr. Friederike Bundschuh-Rieseneder, zum einen für die Bearbeitung des Kapitels über das Wirtschaftspolizeirecht, zum anderen für die sorgsame Korrektur des Buches. Sollten sich dennoch einzelne Fehler als resistent erwiesen haben, gehen sie selbstverständlich zu Lasten der Autoren. Herr Dr. Klaus Wallnöfer hat die synoptischen Darstellungen des Wirtschaftsaufsichtsrechts und des -lenkungsrechts vorbereitet. Dafür sei ihm herzlich gedankt. Die technische Betreuung der mehrfachen Fassungen des Manuskripts lag in den bewährten Händen von Frau Mag. Veronika Obojes. Auch dafür ein herzliches Dankeschön. Weiters möchten wir auch die reibungslose Zusammenarbeit mit dem Springer-Verlag, namentlich mit Herrn Direktor Mag. Jan Sramek, Frau Mag. Sabine Warschitz und Ing. Mag. (FH) Karim Ernst Karman hervorheben. Letztlich sei dankbar festgestellt, dass uns die Universität Innsbruck jene Freiräume zur Verfügung stellte, die für das Entstehen größerer Arbeiten einfach unabdingbar sind. Innsbruck, im September 2006 Norbert Wimmer

Thomas Müller

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Inhaltsverzeichnis Vorwort ...................................................................................................................................... V Inhaltsverzeichnis .................................................................................................................. VII Abkürzungsverzeichnis ..................................................................................................... XXVI A) Grundlagen ......................................................................................................................... 1 I.

Begriff des Wirtschaftsrechts ................................................................................. 1 1. Ansatzpunkte ..................................................................................................... 2 2. Der Geltungsgrund: Die drei konzentrischen Kreise .................................... 3 3. Historische Gegenstandsabgrenzung: Wirtschaftsrecht als Unternehmensrecht ........................................................................................... 4 4. Privates und öffentliches Wirtschaftsrecht ..................................................... 5 a) Abgrenzung ................................................................................................ 5 b) Wirtschaftsrecht als Integrativrecht ......................................................... 5 5. Eigene Definition............................................................................................... 6 a) Der Begriff „Wirtschaftsrecht“................................................................. 6 b) Begriffsunschärfen und Einschränkungen............................................... 7

II.

Gliederung des Wirtschaftsrechts ......................................................................... 7 1. Wirtschaftsverfassung........................................................................................ 8 2. Wettbewerbssicherung ...................................................................................... 8 3. Wirtschaftspolizei .............................................................................................. 9 4. Wirtschaftsaufsicht ............................................................................................ 9 5. Wirtschaftslenkung............................................................................................ 9 6. Öffentliche Unternehmen............................................................................... 10 7. Zusammenfassung............................................................................................ 10 a) Vertikale Gliederung................................................................................ 10 b) Horizontale Gliederung .......................................................................... 11 8. Sonstige Gliederungsmöglichkeiten .............................................................. 12 a) Formelles – materielles Wirtschaftsverfassungsrecht........................... 12 b) Formelles – materielles Wirtschaftsverwaltungsrecht.......................... 12 c) Allgemeines – Besonderes Wirtschaftsverwaltungsrecht..................... 12

III. Eigenarten des Wirtschaftsrechts........................................................................ 13 1. Bipolarität des Wirtschaftsrechts ................................................................... 13 a) Sicherung von Markt und Wettbewerb ................................................. 13 b) Staatliche Fremdsteuerung ...................................................................... 14 2. Wirtschaftsrecht als Kompromiss .................................................................. 14 3. Wirtschaftsrecht als instrumentelles und bewegliches Recht ..................... 14 4. Wirtschaftsrecht und Legalitätsprinzip ......................................................... 15

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VIII

Inhaltsverzeichnis

IV. Literatur- und Internethinweise..........................................................................16 1. Grundlagenliteratur..........................................................................................16 a) Wirtschaftsrecht ........................................................................................16 aa) Systeme und Lehrbücher.................................................................16 bb) Monographien ..................................................................................16 b) Europa- und Völkerrecht.........................................................................16 c) Wirtschaftswissenschaften .......................................................................17 2. Wichtige Links ..................................................................................................17 a) Österreich ..................................................................................................17 b) Europäische Union ...................................................................................17 c) Internationale Organisationen.................................................................17 d) Suchmaschinen für Recht.........................................................................17 B) Entwicklungslinien des Wirtschaftsrechts......................................................................18 I.

Entwicklung des österreichischen Wirtschaftsrechts bis zur Zweiten Republik....................................................................................................................18 1. Vorbemerkung ..................................................................................................19 2. Liberale Tendenzen im 19. Jhdt ......................................................................19 a) Die liberale Idee ........................................................................................19 b) Liberale Gesetzgebung .............................................................................20 3. Zunehmender Staatseinfluss ............................................................................20 a) Protektionismus in der zweiten Hälfte des 19. Jhdts............................20 b) Ausbau der öffentlichen Wirtschaft........................................................20 4. Ausbau der Wirtschaftslenkung im Ersten Weltkrieg..................................21 5. Die Erste Republik ...........................................................................................22 a) Kriegsfolgen und Sanierungsbemühungen.............................................22 b) Wettbewerbsbeschränkungen..................................................................23 c) Ansätze zum Verbändestaat.....................................................................23 6. Der „Anschluss“ und der Zweite Weltkrieg..................................................23 a) Wirtschaft im totalitären Staat.................................................................23 b) Wirtschaftsrecht im Dritten Reich..........................................................23

II.

Entwicklung des österreichischen Wirtschaftsrechts in der Zweiten Republik....................................................................................................................24 1. Besatzung und internationale Hilfe ................................................................25 2. Sozialpartnerschaft ...........................................................................................26 3. Wirtschaftslenkung...........................................................................................27 a) Lockerung der direkten Wirtschaftslenkung .........................................27 aa) Krisenbewirtschaftung und Preisregelung ....................................27 bb) Außenhandelslenkung .....................................................................27 cc) Devisenbewirtschaftung..................................................................27 dd) Agrarmarktordnungen ....................................................................28 b) Punktuelle Re-Regulierung......................................................................28 c) Ausbau der indirekten Lenkung .............................................................29 aa) Budgetpolitik....................................................................................29 bb) Öffentliche Aufträge und Beihilfen ...............................................29

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Inhaltsverzeichnis 4.

5.

IX

Wirtschaftspolizeirecht und Wirtschaftsaufsichtsrecht – zwischen Regulierung und Liberalisierung ................................................................... 29 a) Gewerberecht ........................................................................................... 29 b) Sonstige wirtschaftspolizeiliche Bereiche.............................................. 30 c) Wirtschaftsaufsicht................................................................................... 30 Die Entwicklung der öffentlichen Unternehmen ........................................ 31 a) Allgemeines............................................................................................... 31 b) Die Verstaatlichte Industrie .................................................................... 31 aa) Ursachen und Ausmaß ................................................................... 31 bb) Verwaltung....................................................................................... 32 c) Aufgaben der ÖIAG................................................................................ 33 d) Bewertung der Privatisierung ................................................................. 34 e) Die öffentlichen Unternehmen der Versorgungswirtschaft ................ 34 aa) Daseinsvorsorge in geschlossenen Märkten ................................. 34 bb) Privatisierung und „kontrollierter Wettbewerb“ ........................ 35 cc) Sonderfall Kommunalwirtschaft ................................................... 35

III. Entwicklung des internationalen Wirtschaftsrechts ab 1945......................... 36 1. Internationale Verflechtung der Wirtschaftsbeziehungen .......................... 37 a) Internationalisierung des Wirtschaftsrechts.......................................... 37 b) Globalisierung und wirtschaftliche Entwicklung................................. 37 2. Die Ideen des Neoliberalismus....................................................................... 38 a) Begriff ........................................................................................................ 38 b) Forderungen des Neoliberalismus ......................................................... 39 aa) Allgemeines...................................................................................... 39 bb) Deregulierung und Selbststeuerung des Markts .......................... 39 cc) Privatisierung................................................................................... 39 dd) Weltweiter Freihandel .................................................................... 40 ee) Stabile Währung und niedrige Steuern ......................................... 40 ff) Wettbewerbsregeln ......................................................................... 41 c) Umsetzung und Kritik............................................................................. 41 3. Die Entwicklung des Weltwirtschaftssystems.............................................. 41 a) Allgemeines............................................................................................... 41 b) Welthandels- und Weltwährungssystem ............................................... 42 aa) Allgemeines...................................................................................... 42 bb) Vom GATT ´47 zur WTO ............................................................. 42 cc) IWF................................................................................................... 44 dd) Weltbank .......................................................................................... 46 c) Rohstoffabkommen und Rohstoffkartelle ............................................ 47 aa) Rohstoffabkommen ........................................................................ 47 bb) Rohstoffkartelle............................................................................... 48 d) Internationales Investitionsrecht ............................................................ 49 aa) Regelung eines stabilen Umfelds und der Streitbeilegung.......... 49 bb) Völkerrechtliche Verträge und Einrichtungen............................. 49 4. Die Entwicklung regionaler Wirtschaftsorganisationen ............................. 49 a) Allgemeines............................................................................................... 49 b) Europäische Integration: EGKS, EWG, EAG, EU ............................. 50 aa) Überblick ......................................................................................... 50

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X

Inhaltsverzeichnis bb) Die Gründung der EGKS: Sektorale Integration .........................50 cc) Die Gründung von EWG und EAG: Wirtschaftliche Integration ........................................................................................51 dd) Die Gründung der Europäischen Union: Wirtschaftliche und politische Integration.......................................................................51 ee) Außenpolitische Dimension ...........................................................52 c) Europäische Freihandelsassoziation .......................................................53 aa) Gründung der EFTA.......................................................................53 bb) Ziele der EFTA.................................................................................53 cc) Beziehungen der EFTA zur EG.....................................................54 d) Europäischer Wirtschaftsraum ................................................................55 aa) Gründung des EWR ........................................................................55 bb) Ziel des EWR....................................................................................55 e) OECD........................................................................................................55 aa) Von der OEEC zur OECD............................................................55 bb) Aufgaben der OECD ......................................................................56 f) Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe ......................................................56 g) Sonstige regionale Wirtschaftsorganisationen .......................................56 aa) Überblick ..........................................................................................56 bb) Amerikanisch-karibischer Raum....................................................57 cc) Asiatisch-pazifischer und afrikanischer Raum .............................57

C) Wirtschaftsverfassung .......................................................................................................59 I.

Begriff der Wirtschaftsverfassung .......................................................................59 1. Wirtschaftsverfassung im ökonomischen und juristischen Sinn .................59 a) Integrativer Ansatz ...................................................................................59 b) Wirtschaftsverfassung im ökonomischen Sinn ......................................60 c) Wirtschaftsverfassung im juristischen Sinn............................................60 2. Formelles und materielles Wirtschaftsverfassungsrecht...............................61 3. Die Wirtschaftsverfassung und ihre Schnittstellen .......................................61 a) Zum Begriff der Schnittstelle...................................................................61 b) Drei Teilsysteme – drei Schnittstellen ....................................................62 4. Definition der Wirtschaftsverfassung.............................................................63

II.

Internationale Wirtschaftsverfassung ................................................................63 1. Das WTO-Vertragswerk als internationale Wirtschaftsverfassung............64 2. Ziele und Funktionen der WTO.....................................................................64 a) Ziele, Mittel und Funktionen...................................................................64 b) Institutionelle Funktion: Die Organisation der WTO .........................65 aa) Die WTO als Internationale Organisation....................................65 bb) Die Organstruktur der WTO .........................................................65 c) Materielle Funktion: Das Regelwerk der WTO....................................66 aa) Allgemeines.......................................................................................66 bb) GATT ´94..........................................................................................67 cc) GATS.................................................................................................68 dd) TRIPS ................................................................................................68 d) Dynamische Funktion: Die Handelsrunden der WTO........................69 aa) Ziel der Verhandlungen (Handelsrunden) ....................................69

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Inhaltsverzeichnis

3.

4.

5.

6.

XI

bb) Verhandlungsgegenstände .............................................................. 69 cc) Ablauf und Beschlussfassung......................................................... 70 dd) Überblick über die GATT/WTO-Handelsrunden ..................... 70 Die verfassungsrechtlichen Prinzipien der WTO ........................................ 71 a) Zielrichtung der Prinzipien..................................................................... 71 b) Meistbegünstigungsprinzip..................................................................... 72 aa) Inhalt................................................................................................. 72 bb) Anwendungsbereich ....................................................................... 72 c) Inländerprinzip......................................................................................... 73 aa) Inhalt................................................................................................. 73 bb) Anwendungsbereich ....................................................................... 73 cc) TRIMs .............................................................................................. 73 d) Abbau der tarifären und nichttarifären Hemmnisse ............................ 74 aa) Zölle als tarifäre Handelshemmnisse ............................................ 74 bb) Nichttarifäre Handelshemmnisse (NTBs).................................... 74 e) Reziprozität .............................................................................................. 76 aa) Inhalt................................................................................................. 76 bb) Anwendungsbereich ....................................................................... 76 f) Begünstigung der Entwicklungsländer .................................................. 76 aa) Problemstellung............................................................................... 76 bb) Präferenzen ...................................................................................... 76 g) Umweltschutz........................................................................................... 77 aa) Problemstellung............................................................................... 77 bb) Umweltschutz im WTO-Regelwerk............................................. 77 h) Transparenz .............................................................................................. 79 Ausnahmen von den Prinzipien ..................................................................... 79 a) Allgemeine Ausnahmebestimmungen ................................................... 79 b) Schutzklauseln .......................................................................................... 80 aa) Einfuhrschutzmaßnahmen ............................................................. 80 bb) Handelspolitische Schutzinstrumente .......................................... 80 c) Bereichsausnahmen .................................................................................. 81 aa) Regionale Präferenzzonen.............................................................. 81 bb) Landwirtschaft und Textilien......................................................... 81 Der Streitbeilegungsmechanismus ................................................................. 81 a) Entwicklung und Inhalt .......................................................................... 81 b) Das Verfahren........................................................................................... 82 Ausblick ............................................................................................................ 82

III. Europäische Wirtschaftsverfassung ................................................................... 84 1. Das Primärrecht der EG als Kern der europäischen Wirtschaftsverfassung...................................................................................... 84 a) Allgemeines............................................................................................... 84 b) Der Verfassungscharakter des EG-Primärrechts in funktioneller und materieller Hinsicht.......................................................................... 84 c) Das Primärrecht der Gemeinschaft im Verfassungsverbund der Staaten........................................................................................................ 85 2. Schnittstellen zwischen internationaler und europäischer Wirtschaftsverfassung...................................................................................... 86

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XII

Inhaltsverzeichnis a)

3.

4.

5.

6.

7.

Die EG als regionale Integrationszone...................................................86 aa) Verstoß gegen das Meistbegünstigungsprinzip ............................86 bb) Legitimation durch Art XXIV GATT ..........................................86 b) Die EG als Mitglied der WTO ................................................................87 aa) Allgemeines.......................................................................................87 bb) Der Beitritt der EG zur WTO........................................................87 c) Unmittelbare Anwendbarkeit des WTO-Rechts in der EG ................88 aa) Allgemeines.......................................................................................88 bb) Keine unmittelbare Anwendbarkeit des WTO-Rechts ...............89 cc) Ausnahmen .......................................................................................89 Organisation der Europäischen Gemeinschaft .............................................90 a) Die EG in der Europäischen Union .......................................................90 aa) Die Tempelkonstruktion der Union..............................................90 bb) Die Europäische Gemeinschaft in der ersten Säule......................90 cc) Die zweite Säule ...............................................................................92 dd) Die dritte Säule .................................................................................92 b) Organe der Europäischen Gemeinschaft................................................93 aa) Der Ministerrat.................................................................................93 bb) Die Kommission ..............................................................................93 cc) Das Europäische Parlament ............................................................93 dd) Der Europäische Gerichtshof.........................................................94 ee) Der Europäische Rechnungshof.....................................................94 ff) Sonstige Organe ...............................................................................94 c) Rechtsquellen des Gemeinschaftsrechts .................................................95 aa) Primärrecht .......................................................................................95 bb) Sekundärrecht: Handlungsformen der Gemeinschaftsorgane ....95 Ziele der Europäischen Gemeinschaft............................................................96 a) Zielkohärenz zwischen EUV und EGV .................................................96 b) Zielhierarchie des EGV ............................................................................96 c) Bedeutung der Zielbestimmungen ..........................................................97 Grundsatz der offenen Marktwirtschaft ........................................................97 a) Bedeutung ..................................................................................................97 b) Begrenzung ................................................................................................97 c) Konkretisierung durch den Gemeinsamen Markt.................................98 Gemeinschaftsgrundrechte ..............................................................................98 a) Absicherung der individuellen Wirtschaftsfreiheit ...............................98 aa) Grundrechte als Voraussetzung für den Gemeinsamen Markt ..98 bb) Abgrenzung zu den Grundfreiheiten ............................................99 b) Rechtsgrundlagen......................................................................................99 c) Grundrechtsträger und Adressaten.......................................................100 d) Grundrechtsschranken ...........................................................................101 Grundfreiheiten ..............................................................................................102 a) Zugang zu den grenzüberschreitenden Märkten.................................102 b) Gemeinsamkeiten der Grundfreiheiten................................................103 aa) Adressaten.......................................................................................103 bb) Unmittelbare Anwendbarkeit.......................................................103 cc) Begründung von Individualrechten und Drittwirkung .............104 dd) Diskriminierungs- und Beschränkungsverbot............................105

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Inhaltsverzeichnis

XIII

ee) Grenzüberschreitender Bezug und Inländerdiskriminierung.. 106 ff) Pflichten ......................................................................................... 107 gg) Grenzen der Grundfreiheiten ...................................................... 108 c) Freier Warenverkehr.............................................................................. 109 aa) Ziel und Inhalt ............................................................................... 109 bb) Anwendungsbereich ..................................................................... 110 cc) Die Zollunion ................................................................................ 111 dd) Verbot diskriminierender Abgaben ............................................ 112 ee) Verbot von mengenmäßigen Beschränkungen und Maßnahmen gleicher Wirkung .................................................... 113 ff) Umformung staatlicher Handelsmonopole................................ 115 d) Dienstleistungsfreiheit ........................................................................... 116 aa) Ziel und Inhalt ............................................................................... 116 bb) Anwendungsbereich ..................................................................... 117 cc) Die DienstleistungsRL ................................................................. 118 e) Niederlassungsfreiheit ........................................................................... 119 aa) Ziel und Inhalt ............................................................................... 119 bb) Anwendungsbereich ..................................................................... 121 f) Arbeitnehmerfreizügigkeit.................................................................... 122 aa) Ziel und Inhalt ............................................................................... 122 bb) Anwendungsbereich ..................................................................... 123 cc) Die UnionsbürgerRL.................................................................... 123 g) Kapitalverkehrsfreiheit .......................................................................... 123 aa) Ziel und Inhalt ............................................................................... 123 bb) Anwendungsbereich ..................................................................... 124 8. Rechtsangleichung und gegenseitige Anerkennung................................... 125 a) Bedeutung ............................................................................................... 125 b) Rechtsangleichung.................................................................................. 125 c) Pflicht zur gegenseitigen Anerkennung............................................... 125 9. Wettbewerbsrecht.......................................................................................... 126 a) Bedeutungszuwachs des Wettbewerbsrechts im öffentlichen Wirtschaftsrecht ..................................................................................... 126 b) EG-Wettbewerbsrecht als Teil der europäischen Wirtschaftsverfassung ............................................................................ 126 10. Sonstige Politiken .......................................................................................... 127 a) Allgemeines............................................................................................. 127 b) Wirtschafts- und Währungspolitik der Europäischen Gemeinschaft .......................................................................................... 127 aa) Wirtschaftspolitik.......................................................................... 127 bb) Währungspolitik............................................................................ 129 c) Die Gemeinsame Handelspolitik ......................................................... 129 aa) Allgemeines.................................................................................... 129 bb) Ziele der Handelspolitik............................................................... 129 cc) Instrumente der Gemeinsamen Handelspolitik......................... 130 IV. Nationale Wirtschaftsverfassung...................................................................... 132 1. Schnittstellen zwischen internationaler und nationaler Wirtschaftsverfassung.................................................................................... 132

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XIV

Inhaltsverzeichnis

2.

3.

4.

a) Allgemeines..............................................................................................132 b) Österreich als Mitglied der WTO .........................................................133 Schnittstellen zwischen europäischer und nationaler Wirtschaftsverfassung ....................................................................................134 a) Allgemeines..............................................................................................134 b) Strukturprinzipien des Gemeinschaftsrechts.......................................135 aa) Autonome und unmittelbare Geltung .........................................135 bb) Unmittelbare Anwendbarkeit.......................................................135 cc) Vorrang ...........................................................................................136 c) Kompetenzverteilung zwischen der EG und ihren Mitgliedstaaten .136 aa) Prinzip der begrenzten Einzelermächtigungen ..........................136 bb) Abschwächungen ...........................................................................136 cc) Gegengewichte ...............................................................................137 dd) Struktur der Kompetenzverteilung..............................................138 d) Vollzug von Gemeinschaftsrecht ..........................................................139 aa) Einteilung........................................................................................139 bb) Gemeinschaftliche Vollziehung....................................................139 cc) Mitgliedstaatliche Vollziehung .....................................................139 Österreichische Wirtschaftsverfassung ........................................................140 a) Österreichische Wirtschaftsordnung ....................................................140 aa) Gemischte Wirtschaftsverfassung ................................................140 bb) Gewährleistungen einer marktwirtschaftlichen Ordnung ........141 cc) Einflüsse des Gemeinschaftsrechts...............................................142 dd) Zusammenfassung..........................................................................143 b) Demokratisches und rechtsstaatliches Prinzip ....................................143 aa) Demokratisches Prinzip ................................................................143 bb) Rechtsstaatliches Prinzip...............................................................144 c) Bundesstaatliches Prinzip ......................................................................145 aa) Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern .................145 bb) Einheit des Wirtschaftsgebiets......................................................145 d) Wirtschaftsgrundrechte (liberales Prinzip) ..........................................146 aa) Grundrechte als Abwehrrechte ....................................................146 bb) Privatautonomie, Eigentums- und Erwerbsfreiheit ...................146 cc) Personenfreizügigkeit und Vermögensfreiheit ...........................146 Zur Verklammerung von Grundrechten und Grundfreiheiten.................147

D) Wettbewerbssicherung....................................................................................................149 I.

Bedeutung des Wettbewerbsrechts....................................................................149 1. Begriff und Funktionen des Wettbewerbs...................................................150 a) Begriff des Wettbewerbs ........................................................................150 aa) Wettbewerb als Ordnungsprinzip des Markts ...........................150 bb) Unterscheidung von Wettbewerb und Markt.............................150 b) Funktionen des Wettbewerbs................................................................151 c) Wettbewerb und öffentliche Güter.......................................................152 2. Wettbewerbssicherung als öffentliche Aufgabe ..........................................152 a) Beschränkungen des Wettbewerbs durch private und staatliche Akteure.....................................................................................................152 aa) Beschränkungen des Wettbewerbs durch Private ......................152

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Inhaltsverzeichnis

3.

4.

5.

6. II.

XV

bb) Beschränkungen des Wettbewerbs durch den Staat .................. 153 b) Wettbewerbsrecht als Aufgabe des Staats und der EG ...................... 153 Ziele und Schutzbereiche des Wettbewerbsrechts ..................................... 154 a) Die Ziele des Wettbewerbsrechts ......................................................... 154 b) Die Schutzbereiche des Wettbewerbsrechts........................................ 155 aa) Schutz der Handlungs- und Entscheidungsfreiheit der Marktteilnehmer............................................................................ 155 bb) Schutz der institutionellen Wettbewerbsordnung..................... 156 Einteilung des Wettbewerbsrechts............................................................... 157 a) Unternehmensgerichtetes und staatengerichtetes Wettbewerbsrecht .................................................................................. 157 b) Öffentliche Unternehmen und Wettbewerb....................................... 158 Rechtsgrundlagen des Wettbewerbsrechts.................................................. 158 a) Internationales Wettbewerbsrecht ....................................................... 158 b) EG-Wettbewerbsrecht........................................................................... 159 c) Nationales Wettbewerbsrecht .............................................................. 160 Überblick ........................................................................................................ 161

Kartell-, Missbrauchsrecht und Fusionskontrolle ......................................... 161 1. Grundlagen des Kartellrechts....................................................................... 162 a) Aufgabe: Schutz vor privaten Wettbewerbsbeschränkungen ........... 162 b) Sicherung der Marktintegration ........................................................... 163 c) Die drei Instrumente des Kartellrechts................................................ 163 d) Rechtsgrundlagen des Kartellrechts..................................................... 164 aa) Internationales Kartellrecht ......................................................... 164 bb) Europäisches Kartellrecht ............................................................ 164 cc) Nationales Kartellrecht................................................................. 165 dd) Übersicht über die wichtigsten Rechtsgrundlagen.................... 166 e) Bestimmung des relevanten Markts ..................................................... 166 2. Internationales Kartellrecht .......................................................................... 167 a) Ansätze eines internationalen Kartellrechts auf multi- und plurilateraler Ebene................................................................................ 167 aa) WTO............................................................................................... 167 bb) Soft Law ......................................................................................... 168 b) Unilaterale Rechtsanwendung .............................................................. 168 aa) „Effects doctrine“.......................................................................... 168 bb) Exterritoriale Anwendung ........................................................... 169 cc) Kritikpunkte .................................................................................. 169 c) Bilaterale Abkommen ............................................................................ 170 3. Europäisches Kartellrecht............................................................................. 171 a) Anwendungsbereich des europäischen Kartellrechts......................... 171 aa) Sachlicher Anwendungsbereich................................................... 171 bb) Räumlicher Anwendungsbereich ................................................ 173 cc) Persönlicher Anwendungsbereich............................................... 174 dd) Verhältnis zwischen europäischem und nationalem Kartellrecht .................................................................................... 175 b) Netzwerk der europäischen Wettbewerbsbehörden.......................... 178 c) Das Kartellverbot des Art 81 EGV ...................................................... 178

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XVI

Inhaltsverzeichnis

4.

aa) Allgemeines.....................................................................................178 bb) Der Verbotstatbestand des Art 81 Abs 1 EGV...........................179 cc) Freistellung vom Kartellverbot: Die Legalausnahme und die GVO´s .............................................................................................183 dd) Rechtsfolgen und Rechtsschutz....................................................185 ee) Zusammenfassung..........................................................................187 d) Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung des Art 82 EGV..............................................................................................189 aa) Allgemeines.....................................................................................190 bb) Der Verbotstatbestand des Art 82 EGV......................................190 cc) Rechtsfolgen und Rechtsschutz....................................................198 dd) Zusammenfassung..........................................................................199 e) Fusionskontrolle nach der FKVO ........................................................200 aa) Allgemeines.....................................................................................200 bb) Zusammenschlüsse von gemeinschaftsweiter Bedeutung..........201 cc) Materieller Prüfungsmaßstab........................................................204 dd) Verfahren ........................................................................................208 ee) Zusammenfassung..........................................................................208 Nationales Kartellrecht: Das KartG 2005....................................................209 a) Anwendungsbereich des österreichischen Kartellrechts ....................209 aa) Übereinstimmung mit dem Gemeinschaftsrecht........................209 bb) Generelle Ausnahmen vom KartG 2005 .....................................209 cc) Verhältnis zum EG-Kartellrecht ..................................................210 b) Kartellverbot............................................................................................210 aa) Die Reform des Kartellrechts .......................................................210 bb) Der Verbotstatbestand des § 1 Abs 1 KartG 2005 .....................211 cc) Ausnahmen vom Kartellverbot ....................................................212 c) Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung ..........213 aa) Beibehaltung des bisherigen Rechtsbestands ..............................213 bb) Der Missbrauchstatbestand...........................................................213 d) Fusionskontrolle .....................................................................................214 aa) Änderungen durch die Kartellrechtsreform 2005 ......................214 bb) Zusammenschluss ..........................................................................214 cc) Anmeldepflicht und Prüfungsmaßstäbe ......................................215 dd) Durchführungsverbot....................................................................216 e) Das Verfahren nach dem KartG 2005 und dem WettbewerbsG .......217 aa) Kartellgerichte und -behörden .....................................................217 bb) Antragsprinzip und Antragsberechtigung ..................................217 cc) Entscheidungen der Kartellgerichte.............................................218

III. Lauterkeitsrecht....................................................................................................220 1. Grundlagen des Lauterkeitsrechts ................................................................220 a) Vorbemerkung ........................................................................................220 b) Aufgabe des Lauterkeitsrechts...............................................................220 c) Rechtsgrundlagen des Lauterkeitsrechts ..............................................221 aa) Internationales Lauterkeitsrecht ..................................................221 bb) Europäisches Lauterkeitsrecht .....................................................221 cc) Nationales Lauterkeitsrecht..........................................................222 2. Europäisches Lauterkeitsrecht ......................................................................223

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Inhaltsverzeichnis

3.

XVII

a) Die Rechtsprechung des EuGH zu den Grundfreiheiten ................. 223 b) Die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken ............................. 223 Nationales Lauterkeitsrecht.......................................................................... 224 a) Allgemeines............................................................................................. 224 b) Die Tatbestände des UWG ................................................................... 224 aa) Gemeinsame Tatbestandsmerkmale............................................ 224 bb) Die Sondertatbestände des UWG ............................................... 225 cc) Die Generalklausel des § 1 UWG ............................................... 226 c) Zivilrechtliche Rechtsfolgen ................................................................. 227 aa) Unterlassung .................................................................................. 227 bb) Beseitigung ..................................................................................... 227 cc) Schadenersatz................................................................................. 227 dd) Sonstige Rechtsfolgen ................................................................... 228

IV. Beihilfen- und Subventionsrecht ...................................................................... 228 1. Grundlagen des Beihilfen- und Subventionsrechts.................................... 229 a) Aufgabe ................................................................................................... 229 aa) EG-Beihilfenrecht ......................................................................... 229 bb) Internationales Subventionsrecht ................................................ 229 cc) Nationales Subventionsrecht als Zielobjekt ............................... 230 b) Rechtsgrundlagen................................................................................... 230 2. Internationales Subventionsrecht................................................................. 230 a) Der Begriff der Subvention ................................................................... 230 b) Verfahren und Rechtsfolgen ................................................................. 231 3. EG-Beihilfenrecht.......................................................................................... 232 a) Beihilfenpolitik der EG ......................................................................... 232 b) Instrumente des EG-Beihilfenrechts.................................................... 234 aa) Anmelde- und Kontrollsystem sowie Durchführungsverbot.. 234 bb) Beschwerderecht ........................................................................... 234 cc) Rechtsakte der Kommission ........................................................ 235 dd) Überwachung der Kommissionsentscheidungen ...................... 235 ee) Rechtsschutz durch die europäischen und nationalen Gerichte.......................................................................................... 236 c) Inhalt des Art 87 EGV........................................................................... 236 aa) Kein absolutes Verbot .................................................................. 236 bb) Tatbestandsmäßigkeit und Ausnahmebestimmungen .............. 236 4. Tatbestandsvoraussetzungen des EG-Beihilfenverbots ............................ 237 a) Allgemeines zum Beihilfenbegriff ........................................................ 237 aa) Weites Begriffsverständnis der Beihilfe ...................................... 237 bb) Abgrenzung des gemeinschaftlichen Beihilfen- vom nationalen Subventionsbegriff ..................................................... 237 cc) Die Tatbestandsmerkmale des gemeinschaftsrechtlichen Beihilfenbegriffs ............................................................................ 238 b) Begriff der „Staatlichkeit“ und der „staatlichen Mittel“.................... 238 aa) Allgemeines.................................................................................... 238 bb) Zurechenbarkeit der Beihilfe an die öffentliche Hand.............. 238 cc) Budgetwirksamkeit der Maßnahme ............................................ 240 c) Bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige: Selektivität...... 241

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XVIII

Inhaltsverzeichnis

d)

aa) Allgemeines.....................................................................................241 bb) Begriff des Unternehmens.............................................................241 cc) Begriff des Produktionszweigs.....................................................242 dd) Begriff der Selektivität (Bestimmtheit) ........................................242 Begünstigung ...........................................................................................243 aa) Begriff..............................................................................................243 bb) Gewährung einer Leistung durch den Beihilfengeber ...............244 cc) Angemessenheit der Gegenleistung .............................................245 dd) Maßstäbe für die Marktüblichkeit und Angemessenheit der Gegenleistung .................................................................................245

Exkurs: Die Begünstigung bei Ausgleichszahlungen für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse und bei Quersubventionen ..248 1. Finanzierung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse ...........................................................................................................248 a) Problemstellung ......................................................................................248 b) Die Altmark-Entscheidung des EuGH ................................................249 c) Effizienzgebot für Unternehmen der Daseinsvorsorge......................250 2. Quersubventionen ..........................................................................................251 a) Problemstellung ......................................................................................251 b) Das „Chronopost“-Urteil des EuGH ..................................................253 e) Wettbewerbsverfälschung ......................................................................254 f) Handelsbeeinträchtigung .......................................................................254 g) Spürbarkeit ..............................................................................................255 h) Überblick über die Tatbestandsvoraussetzungen des Art 87 Abs 1 EGV..........................................................................................................256 5. Die Ausnahmen vom EG-Beihilfenverbot ..................................................257 a) Allgemeines..............................................................................................257 b) Die Legalausnahmen in Art 87 Abs 2 EGV .........................................257 c) Die Ermessensausnahmen in Art 87 Abs 3 EGV ................................258 d) Gruppenfreistellungsverordnungen......................................................258 6. Das beihilfenrechtliche Verfahren ................................................................259 a) Allgemeines..............................................................................................259 b) Repressives Verfahren bei bestehenden Beihilfenregelungen ............260 aa) Begriff der „bestehenden Beihilfenregelung“ .............................260 bb) Zweistufiges Verfahren..................................................................260 c) Präventives Verfahren bei Neubeihilfen...............................................261 aa) Begriff der „Neubeihilfe“..............................................................261 bb) Notifizierungspflicht .....................................................................261 cc) Durchführungsverbot....................................................................261 dd) Vorläufige Prüfung ........................................................................262 ee) Förmliches Prüfverfahren .............................................................262 7. Rechtsfolgen und Rechtsschutz ....................................................................263 a) Rückforderung ........................................................................................263 b) Rechtsschutz............................................................................................263 aa) Auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene............................................263 bb) Auf nationaler Ebene.....................................................................264

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Inhaltsverzeichnis V.

XIX

Recht der öffentlichen Auftragsvergabe.......................................................... 265 1. Grundlagen des Vergaberechts..................................................................... 266 a) Der öffentliche Auftrag ......................................................................... 266 aa) Der Staat als Nachfrager am Markt............................................. 266 bb) Öffentliche Auftragsvergabe als Regelungsgegenstand ............ 266 b) Ziele des Vergaberechts ......................................................................... 267 aa) Wettbewerb und Bedarfsdeckung ............................................... 267 bb) Verstärkung bzw Herstellung von Wettbewerb........................ 267 cc) Optimale Bedarfsdeckung............................................................ 268 c) Rechtsquellen des Vergaberechts ......................................................... 269 aa) Völkerrechtliche Grundlagen ...................................................... 269 bb) Gemeinschaftsrechtliche Grundlagen......................................... 269 cc) Innerstaatliche Rechtsgrundlagen ............................................... 270 dd) Überblick über die wesentlichen Rechtsgrundlagen................. 271 2. Internationales Vergaberecht........................................................................ 271 a) Anwendungsbereich des GPA.............................................................. 271 aa) Unterschiedliche Liberalisierungsgrade...................................... 271 bb) Sachlicher Anwendungsbereich................................................... 271 cc) Persönlicher Anwendungsbereich............................................... 272 dd) Schwellenwerte .............................................................................. 272 b) Grundsätze, Verfahren und Rechtsschutz........................................... 272 aa) Grundsätze..................................................................................... 272 bb) Verfahren........................................................................................ 273 cc) Rechtsschutz .................................................................................. 273 dd) Unmittelbare Anwendbarkeit des GPA in der Gemeinschaft? 273 3. Das europäische Vergaberecht ..................................................................... 274 a) Primärrechtliche Schranken für die öffentliche Auftragsvergabe..... 274 aa) Primärrecht und Vergaberichtlinien ........................................... 274 bb) Allgemeines Diskriminierungsverbot ......................................... 274 cc) Grundfreiheiten............................................................................. 275 dd) Mindeststandards für die Vergabe öffentlicher Aufträge ......... 275 b) Sekundäres Gemeinschaftsrecht: Die materiellen Vergaberichtlinien .................................................................................. 276 aa) Harmonisierung des Vergaberechts ............................................ 276 bb) Sachlicher Anwendungsbereich: Bau-, Liefer-, und Dienstleistungsaufträge ................................................................ 276 cc) Persönlicher Anwendungsbereich: Öffentliche Auftraggeber. 276 dd) Schwellenwerte .............................................................................. 277 ee) Sonderfall: „In-House-Vergabe“................................................. 277 ff) Zusammenfassung ......................................................................... 280 gg) Bedeutung der Vergaberichtlinien für das nationale Vergaberecht .................................................................................. 281 4. Das nationale Vergaberecht: Das BVergG 2006......................................... 281 a) Kompetenzrechtliche Grundlagen ....................................................... 281 b) Systematik des BVergG 2006................................................................ 282 c) Anwendungsbereich des BVergG 2006 ............................................... 282 aa) Allgemeines.................................................................................... 282 bb) Sachlicher Anwendungsbereich................................................... 283

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XX

Inhaltsverzeichnis cc) Persönlicher Anwendungsbereich................................................284 dd) Schwellenwerte...............................................................................285 ee) Ausnahmen .....................................................................................286 d) Das Vergabeverfahren nach dem BVergG 2006 ..................................286 aa) Grundsätze des Verfahrens ...........................................................286 bb) Verfahrensablauf ............................................................................287 cc) Arten der Vergabeverfahren .........................................................288 dd) Wahl der Verfahrensart im Oberschwellenbereich ....................291 ee) Wahl der Verfahrensart im Unterschwellenbereich...................292 ff) Bekanntmachung der Vergabe......................................................292 gg) Ausschreibung der Leistung .........................................................293 hh) Öffnung der Angebote, Eignungs- und Angebotsprüfung .......294 ii) Das Zuschlagsverfahren ................................................................294 jj) Ende des Vergabeverfahrens.........................................................295 kk) Kurzübersicht über das Vergabeverfahren (insb offenes Verfahren) .......................................................................................296 e) Grundzüge des Vergaberechtsschutzes ................................................297 aa) Allgemeines.....................................................................................297 bb) Vergabespezifischer Rechtsschutz vor dem BVA ......................297 cc) Rechtsschutz vor ordentlichen Gerichten...................................298 dd) Vergabekontrolle durch die Gemeinschaft .................................299 ee) Überblick zum Rechtsschutz im Vergaberecht ..........................300

E) Wirtschaftspolizei............................................................................................................302 I.

Allgemeines ............................................................................................................302 1. Die Entwicklung der Polizei .........................................................................302 a) Von der „Beförderung der Glückseligkeit“ zur Verwaltungspolizei .................................................................................302 b) Begriff.......................................................................................................303 2. Wirtschaftspolizeirecht und gleiche Wettbewerbsbedingungen ...............303 3. Einteilung des Wirtschaftspolizeirechts.......................................................304 a) Einteilung nach den geschützten Rechtsgütern...................................304 b) Einteilung nach der Wirkung ................................................................304 c) Einteilung nach dem Anknüpfungspunkt ............................................304

II.

Personenbezogene Gefahrenabwehr .................................................................305 1. Allgemeines .....................................................................................................305 2. Die persönliche Eignung................................................................................306 a) Eigenberechtigung ..................................................................................306 b) Staatsbürgerschaft und Wohnsitz..........................................................306 c) Keine Ausschließungsgründe und Zuverlässigkeit .............................307 d) Sachkunde ................................................................................................307 aa) Allgemeines.....................................................................................307 bb) Europäische Diplomanerkennungsrichtlinien ............................308 3. Gewerbearten..................................................................................................308 a) Allgemeines..............................................................................................308 b) Anmeldungsgewerbe – bescheidbedürftige Gewerbe.........................308 c) Reglementierte Gewerbe – freie Gewerbe ...........................................309

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Inhaltsverzeichnis

XXI

d) Industriebetrieb – Gewerbebetrieb ...................................................... 310 III. Produktbezogene Gefahrenabwehr.................................................................. 310 1. Allgemeines .................................................................................................... 311 2. Informationsregelungen................................................................................ 311 a) Bedeutung ............................................................................................... 311 b) Betriebskennzeichnung ......................................................................... 312 c) Werbung.................................................................................................. 312 aa) Rechtsvorschriften und Grundsätze ........................................... 312 bb) Gemeinschaftsrechtliche Vorschriften........................................ 313 d) Produktdeklarationen............................................................................ 313 aa) Begriff und Einteilung .................................................................. 313 bb) Das PreisauszeichnungsG ............................................................ 313 cc) Sonstige Produktdeklarationen ................................................... 314 3. Produktions- und Verkehrsbeschränkungen.............................................. 314 a) Einteilung ................................................................................................ 314 b) Regelungen der Urproduktion ............................................................. 315 aa) Allgemeines.................................................................................... 315 bb) SaatgutG 1997................................................................................ 315 cc) GentechnikG ................................................................................. 315 dd) RebenverkehrsG 1996................................................................... 316 ee) DüngemittelG 1994....................................................................... 316 ff) PflanzenschutzG 1995 .................................................................. 316 c) Lebens- und Arzneimittelrecht ............................................................ 316 aa) Allgemeines.................................................................................... 316 bb) Lebensmittelrecht.......................................................................... 317 cc) Weingesetz 1999 ............................................................................ 318 dd) QualitätsklassenG ......................................................................... 318 ee) ArzneimittelG 1983 ...................................................................... 319 d) Technische Anlagen und Produkte ...................................................... 320 aa) Allgemeines.................................................................................... 320 bb) Verordnungsermächtigung der GewO ....................................... 321 cc) Technische Normsetzung durch Private .................................... 321 dd) Europäische Normung ................................................................. 322 e) Arbeits- und Betriebszeitregelungen ................................................... 322 aa) Allgemeines.................................................................................... 322 bb) Arbeitszeitregelungen ................................................................... 323 cc) Betriebszeitenregelungen ............................................................. 324 4. Entwicklungstendenzen ................................................................................ 324 F) Wirtschaftsaufsicht......................................................................................................... 327 I.

Allgemeines ........................................................................................................... 327 1. Abgrenzung .................................................................................................... 327 2. Begrenzung staatlicher Lenkung.................................................................. 328 3. Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit ........................................................ 328 4. Dichte und Systematik .................................................................................. 329 5. Begriff.............................................................................................................. 329

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XXII II.

Inhaltsverzeichnis Ziele der Wirtschaftsaufsicht ..............................................................................329 1. Funktionsschutz .............................................................................................329 2. Weitere Ziele ...................................................................................................330

III. Organisation..........................................................................................................330 1. Fachspezifische Organisation........................................................................331 2. Unabhängige Regulierungsbehörden ...........................................................331 a) Zwischen Eigenverwaltung und Ausgliederung..................................331 b) Verfassungsrechtliche Voraussetzungen ..............................................331 aa) Unabhängige Verwaltungsbehörden ...........................................331 bb) Ausgliederung und Beleihung ......................................................332 IV. Die Aufsichtsmittel...............................................................................................332 1. Gliederungsmöglichkeiten.............................................................................332 2. Überwachungsmittel ......................................................................................333 3. Berichtigungsmittel ........................................................................................333 4. Sanktionsmittel ...............................................................................................334 V.

Übersicht über die wesentlichen Aufsichtsbereiche........................................334 1. Allgemeine Gesichtspunkte...........................................................................334 a) Überblick .................................................................................................334 b) Von der Gefahrenabwehr zum Funktionsschutz................................334 c) Vom Funktionsschutz zur Regulierung ...............................................334 d) Internationalisierung ..............................................................................335 2. Die einzelnen Aufsichtsbereiche...................................................................335 a) Aufsicht über Finanzunternehmen .......................................................335 aa) Kapitalmarkt...................................................................................335 bb) Banken.............................................................................................336 cc) Sparkassen/Bausparkassen ............................................................337 dd) Versicherungen...............................................................................338 b) Aufsicht über Verkehrsunternehmen ...................................................339 aa) Luftfahrt..........................................................................................339 bb) Binnenschifffahrt............................................................................341 cc) Eisenbahnwesen .............................................................................342 dd) Personenbeförderung – Straße......................................................343 ee) Güterbeförderung – Straße ...........................................................344 c) Aufsicht über Energieunternehmen......................................................345 aa) Elektrizität ......................................................................................345 bb) Gas ...................................................................................................346 cc) Rohrleitung.....................................................................................347 d) Aufsicht über Kommunikationsdienstleistungsunternehmen ...........348 aa) Rundfunk ........................................................................................348 bb) Post ..................................................................................................350 cc) Telekommunikation ......................................................................351

G) Wirtschaftslenkung .........................................................................................................353 I.

Allgemeines ............................................................................................................353 1. Allgemeines .....................................................................................................353 a) Begriff und Abgrenzung ........................................................................353

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Inhaltsverzeichnis

XXIII

b)

2.

3.

II.

Direkte Wirtschaftslenkung.................................................................. 354 aa) Einschränkung der unternehmerischen Dispositionsfreiheit... 354 bb) Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit........................................ 354 c) Indirekte Wirtschaftslenkung ............................................................... 355 aa) Schaffung von Anreizen ............................................................... 355 bb) Globalsteuerung und partikuläre Lenkung................................ 356 Die einzelnen Bereiche der Wirtschaftslenkung......................................... 356 a) Arten der direkten Lenkung ................................................................. 356 b) Arten der indirekten Lenkung.............................................................. 356 c) Übersicht................................................................................................. 358 Gemeinschaftliche und staatliche Wirtschaftslenkung .............................. 358 a) Gemeinschaftsrechtliche Grenzen staatlicher Lenkung und Übergang von Lenkungskompetenzen auf die EG ............................ 358 b) Gemeinschaftsrechtliche Ziele .............................................................. 359 c) „Restbestand“ des staatlichen Lenkungsrechts................................... 359

Übersicht über die wesentlichen Bereiche der direkten Lenkung ............... 360 1. Allgemeine Gesichtspunkte .......................................................................... 360 2. Die einzelnen Lenkungsbereiche ................................................................. 361 a) Energielenkung....................................................................................... 361 b) Erdölbevorratungs- und Meldewesen.................................................. 362 c) Versorgungssicherung ........................................................................... 362 d) Lebensmittelbewirtschaftung................................................................ 363 e) Preisregulierung...................................................................................... 364

III. Agrarmarktordnungen....................................................................................... 365 1. Allgemeines .................................................................................................... 365 a) Ursachen.................................................................................................. 365 b) Begriff ...................................................................................................... 366 2. Ziele der Agrarmarktordnungen .................................................................. 366 3. Gemeinsame Marktordnungen..................................................................... 366 4. Umsetzung der Gemeinsamen Marktordnungen....................................... 367 a) Allgemeines............................................................................................. 367 b) Interne Regelungen ................................................................................ 367 c) Außenschutzbestimmungen.................................................................. 368 5. Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisationen........................... 368 a) AMA........................................................................................................ 368 b) EAGFL.................................................................................................... 368 Exkurs: Regionalförderung ........................................................................................ 369 1. Ziele ................................................................................................................. 369 2. Zusätzliche Programme................................................................................. 369 6. Agrarstrukturpolitik...................................................................................... 370 a) Ziele 370 b) Einzelne Maßnahmen ............................................................................ 370 H) Die öffentlichen Unternehmen..................................................................................... 372 I.

Der Begriff des öffentlichen Unternehmens ................................................... 372 1. Allgemeines .................................................................................................... 373

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XXIV

Inhaltsverzeichnis 2.

II.

Einzelne Begriffsmerkmale............................................................................373 a) Unternehmensbegriff des B-VG ...........................................................373 b) Beherrschender Einfluss der öffentlichen Hand .................................374 c) Wirtschaftliche Tätigkeit........................................................................375

Einteilung der öffentlichen Unternehmen.......................................................375 1. Gliederungsgesichtspunkte............................................................................375 2. Gliederung nach der Unternehmensträgerschaft ........................................375 3. Gliederung nach der Rechtsform..................................................................376 a) Allgemeines..............................................................................................376 b) Öffentlich-rechtliche Unternehmensformen .......................................376 aa) Regiebetrieb....................................................................................376 bb) Betriebsähnliche Einrichtungen ...................................................376 cc) Eigenbetrieb....................................................................................377 c) Privatrechtliche Unternehmensformen ................................................377 aa) Allgemeines.....................................................................................377 bb) Aktiengesellschaft ..........................................................................377 cc) Gesellschaft mit beschränkter Haftung .......................................378 4. Gliederung nach dem Unternehmensziel ....................................................378

III. Gemeinschaftsrechtliche Grundlagen...............................................................379 1. Art 295 EGV ...................................................................................................380 2. Öffentliche Unternehmen und Wettbewerb ...............................................380 a) Liberalisierung der öffentlichen Unternehmen durch Art 86 Abs 1 EGV..........................................................................................................380 b) Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse gem Art 86 Abs 2 EGV...................................................................................381 IV. Unternehmen der Versorgungswirtschaft.......................................................383 1. Allgemeines .....................................................................................................383 2. Elektrizitätswirtschaft....................................................................................384 a) Geschichte der österreichischen E-Wirtschaft.....................................384 b) Europäische Liberalisierung ..................................................................384 c) Das ElWOG ............................................................................................385 aa) Ziel ...................................................................................................385 bb) Aufbau einer Marktorganisation..................................................385 cc) Zugang zum Leitungsnetz.............................................................385 dd) „Unbundling“.................................................................................386 ee) Bilanzgruppensystem ....................................................................386 3. Gaswirtschaft ..................................................................................................387 4. Eisenbahnverkehr ...........................................................................................387 a) Gemeinschaftlicher Rechtsrahmen .......................................................387 b) Die ÖBB ..................................................................................................388 5. Kraftfahrlinienverkehr ...................................................................................389 a) Die Lage ...................................................................................................389 b) Der kontrollierte Wettbewerb...............................................................389 6. Bankensektor...................................................................................................389 a) Privatisierung der verstaatlichten Großbanken...................................389

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Inhaltsverzeichnis

XXV

b)

7.

8.

9.

I)

Banken mit öffentlichem Auftrag......................................................... 390 aa) Unternehmensziele ....................................................................... 390 bb) Die Österreichische Nationalbank.............................................. 390 cc) Die Landes-Hypothekenbanken ................................................. 391 dd) Die Sparkassen............................................................................... 391 Elektronische Kommunikation.................................................................... 392 a) Vorbemerkung........................................................................................ 392 b) Telekommunikation............................................................................... 393 aa) WTO- und EG-Vorschriften....................................................... 393 bb) Österreichischer Rechtsrahmen................................................... 393 c) Rundfunk ................................................................................................ 394 aa) Begriff ............................................................................................. 394 bb) Das duale Rundfunksystem ......................................................... 394 cc) Der ORF ........................................................................................ 395 Post .................................................................................................................. 395 a) Geschichte............................................................................................... 395 b) Organisation ........................................................................................... 396 Regulierungsbehörden .................................................................................. 397 a) Entmonopolisierung und Marktöffnung............................................. 397 b) Austro Control GmbH ......................................................................... 397 c) Energie Control GmbH ........................................................................ 397 d) Telekomregulierung............................................................................... 398 e) Postregulierung ...................................................................................... 398 f) Schienenregulierung............................................................................... 398

Ausblick........................................................................................................................... 400 I.

Systembezüge........................................................................................................ 400

II.

Materielle Ordnungsprinzipien......................................................................... 400

III. Schnittstellen als Gelenke ................................................................................... 401 IV. Dynamik des Wirtschaftsrechts......................................................................... 402 J)

Glossar ............................................................................................................................. 403

K) Sachregister ..................................................................................................................... 413

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Abkürzungsverzeichnis ABGB ABl AFTA AG AIOEC AktG AMA Anm. d. Verf. APEC ARG ASEAN ASFINAG AZG BauPG Bd BG BGBl BGzLV 1997 BHG BIG BIT BMGF BMI BMLF BMLFUW BMSG BMVIT BVB BVergG B-VG BWG ca CA CARICOM CEN CENELEC CIPEC CPV

Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch Amtsblatt ASEAN Free Trade Area Aktiengesellschaft Association of Iron Ore Exporting Countries Aktiengesetz 1965 Agrarmarkt Austria Anmerkung der Verfasser Asia-Pacific Economic Cooperation Arbeitsruhegesetz Association of South-East Asian Nations Autobahnen- und Schnellstrassen-Finanzierungs-AG Arbeitszeitgesetz Bauproduktegesetz Band Bundesgesetz Bundesgesetzblatt Bundesgesetz über den zwischenstaatlichen Luftverkehr 1997 Bundeshaushaltsgesetz Bundesimmobiliengesellschaft mbH Bilateral Investment Treaty Bundesminister(ium) für Gesundheit und Frauen Bundesminister(ium) für Inneres Bundesminister(ium) für Land- und Forstwirtschaft Bundesminister(ium) für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Bundesminister(ium) für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Bundesminister(ium) für Verkehr, Innovation und Technologie Bezirksverwaltungsbehörde Bundesvergabegesetz Bundes-Verfassungsgesetz Bankwesengesetz cirka Creditanstalt-Bankverein AG Caribbean Community Comité Européen de Normalisation Comité Européen de Normalisation Electrotechnique Conseil Intergouvernemental des Pays Exportateurs de Cuivre Common Procurement Vocabulary

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Abkürzungsverzeichnis DDA DevG DKBV DKR DMG 1994 DÖV dRGBl ds DSB DSU EAGFL ECA ECG ECK ECN ECOWAS EC-RL ECU EEA EFRE EFTA EGKS EGV ElWOG EMRK EP EPZ E-RBG ERP ESF ESZB etc ETG 1992 EuGH EuZW EVG EVU EWG EWR EZB FAO FBG FKVO FMAG FMG 1999 FS FTAA

XXVII Doha Development Agenda Devisengesetz Dampfkesselbetriebsverordnung Dänische Krone Düngemittelgesetz 1994 Die Öffentliche Verwaltung deutsches Reichsgesetzblatt das sind Dispute Settlement Body Dispute Settlement Understanding Europäischer Ausgleichs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft European Competition Authorities Energie-Control GmbH Energie-Control Kommission European Competition Network Economic Community of West African States E-Commerce-Richtlinie European Currency Unit Einheitliche Europäische Akte Europäischer Fonds für regionale Entwicklung European Free Trade Association Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz Europäische Menschenrechtskonvention Europäisches Parlament Europäische Politische Zusammenarbeit Energie-Regulierungsbehördengesetz European Recovery Program Europäischer Sozialfonds Europäisches System der Zentralbanken et cetera Elektrotechnikgesetz 1992 Europäischer Gerichtshof Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Europäische Verteidigungsgemeinschaft Elektrizitätsversorgungsunternehmen Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Europäischer Wirtschaftsraum Europäische Zentralbank Food and Agriculture Organization Flughafen-Bodenabfertigungsgesetz Fusionskontrollverordnung Finanzmarktaufsichtsgesetz Futtermittelgesetz 1999 Festschrift Free Trade Area of the Americas

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XXVIII G GAP GASP GATS GATT GelverkG GewO GHP GmbH GSP GTG GütbefG GVO GWG GZT HIPC Hrsg IBA IBRD ICN ICSID IDA idF idR idS ieS IFC IMB insb IPPC iS iSd iSv ITO iwS JBl Jhdt KA-AZG KartG KflG KG KMG KMU KOG KomE KommAustria KSchG KSZE

Abkürzungsverzeichnis Gesetz Gemeinsame Agrarpolitik Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik General Agreement on Trade in Services General Agreement on Tariffs and Trade Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 Gewerbeordnung 1994 Gemeinsame Handelspolitik Gesellschaft mit beschränkter Haftung Generalized System of Preferences Gentechnikgesetz Güterbeförderungsgesetz 1995 Gruppenfreistellungsverordnung Gaswirtschaftsgesetz Gemeinsamer Zolltarif Heavily Indebted Poor Countries Herausgeber International Bauxite Association International Bank for Reconstruction and Development International Competition Network International Centre for Settlement of Investment Disputes International Development Association in der Fassung in der Regel in diesem Sinne im engeren Sinne International Finance Corporation Immobilienmanagementgesellschaft des Bundes mbH insbesondere Integrated pollution prevention and control im Sinne im Sinn(e) des im Sinne von International Trade Organization im weiteren Sinne Juristische Blätter Jahrhundert Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz Kartellgesetz Kraftfahrliniengesetz Kartellgericht Kapitalmarktgesetz Kleine und mittlere Unternehmen KommAustria-Gesetz oder Kartellobergericht Kommissionsentscheidung Kommunikationsbehörde Austria Konsumentenschutzgesetz Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa

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Abkürzungsverzeichnis KWG LAFTA LDC leg cit LGBl LH LReg maW MFN MglW MIGA MinroG MOEL MR mwN NAFTA NAMA NBG NIWO NTB NVG NVwZ OAPEC OAS ÖBl OCAS ÖCI OECD OeNB ÖGB OGH ÖGZ ÖJK ÖJZ ON OPEC ÖPNRV-G 1999 ÖPNV ORF ORF-G ÖZW PJZS Pkt PrAG PrR-G PrTV-G PSD

XXIX Kreditwesengesetz Latin American Free Trade Association Least Developed Countries legis citatae Landesgesetzblatt Landeshauptmann Landesregierung mit anderen Worten most-favoured-nation Maßnahmen gleicher Wirkung Multilateral Investment Guarantee Agency Mineralrohstoffgesetz Mittel- und osteuropäische Länder Medien und Recht mit weiteren Nachweisen North American Free Trade Agreement Non-Agricultural Market Access Nationalbankgesetz 1984 Neue Internationale Wirtschaftsordnung Non-tariff barrier Nahversorgungsgesetz Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Organization of Arab Petroleum Exporting Countries Organization of American States Österreichische Blätter für gewerblichen Rechtschutz und Urheberrecht Organization of Central American States Österreichisches Creditinstitut Organisation for Economic Co-operation and Development Österreichische Nationalbank Österreichischer Gewerkschaftsbund Oberster Gerichtshof Österreichische Gemeindezeitung Österreichische Juristenkommission Österreichische Juristen-Zeitung Österreichisches Normungsinstitut Organization of the Petroleum Exporting Countries Öffentlicher Personennah- und Regionalverkehrsgesetz 1999 Öffentlicher Personennahverkehr Österreichischer Rundfunk ORF-Gesetz Österreichische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen Punkt Preisauszeichnungsgesetz Privatradiogesetz Privatfernsehgesetz Private Sector Developement

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XXX PTA PTBG PTSG PVÜ RdW RFG RL RL-UGP Rn Rs RTR-GmbH RV Rz s, S SAP SchFG SIEC Slg SCMA sog SpG SPS SSNIP StGBl StGG SWP SZR TBT TKG 2003 TKK TPRB TREMs TRIMs TRIPS ua UBC UDEAC UDV UNCTAD UNO UN-RBP-Code usw uU UVS UWG V va

Abkürzungsverzeichnis Post und Telekom Austria AG Post- und Telekombeteiligungsverwaltungsgesellschaft mbH Poststrukturgesetz 1996 Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums Österreichisches Recht der Wirtschaft Recht und Finanzierungspraxis der Gemeinden Richtlinie Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken Randnummer Rechtssache Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH Regierungsvorlage Randzahl siehe oder Satz Strukturanpassungsprogramm Schiffahrtsgesetz significant impediment to effective competition Sammlung Agreement on Subsidies and Countervailing Measures so genannte Sparkassengesetz Sanitary and Phytosanitary Measures Small but Significant Non-Transitory Increase in Price Staatsgesetzblatt für die Republik Österreich Staatsgrundgesetz Stabilitäts- und Wachstumspakt Sonderziehungsrecht Technical Barriers to Trade Telekommunikationsgesetz 2003 Telekom-Control-Kommission Trade Policy Review Body Trade-Related Environmental Measures Trade-Related Investment Measures Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights unter anderem United Brands Company Union Douanière des Etats de l'Afrique Centrale Universaldienstverordnung United Nations Conference on Trade and Development United Nations Organization United Nations Restrictive Business Practices Code und so weiter unter Umständen Unabhängiger Verwaltungssenat Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb Verordnung (österr) vor allem

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Abkürzungsverzeichnis VAE verb verb Rs VerssG VerstG VfGH VfSlg VKK VO VVDStRL VVO VwGH VwSlg WAG wbl WIPO WipolBl WMP WTO WWU zB ZBJI ZfV ZÖR ZP zT

XXXI Vereinigte Arabische Emirate verbunden verbundene Rechtssache Versorgungssicherungsgesetz Verstaatlichungsgesetz Verfassungsgerichtshof Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse des Verfassungsgerichtshofs Vergabekontrollkommission Verordnung (gemeinschaftsrechtlich) Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer Verfahrensverordnung Verwaltungsgerichtshof Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofs Wertpapieraufsichtsgesetz wirtschaftsrechtliche blätter World Intellectual Property Organization Wirtschaftspolitische Blätter Windows Media Player World Trade Organization Wirtschafts- und Währungsunion zum Beispiel Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres Zeitschrift für Verwaltung Zeitschrift Öffentliches Recht Zusatzprotokoll zum Teil

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A) Grundlagen Ein vorrangiges Ziel der rechtswissenschaftlichen Beschäftigung mit dem Wirtschaftsrecht liegt in der Sichtung und Ordnung des einschlägigen Rechtsmaterials. Die zum Wirtschaftsrecht zählenden Rechtsvorschriften müssen also in ein System gebracht und innerhalb dieses Systems anhand gegenstandsadäquater Gesichtspunkte zu Begriffen verdichtet werden. Je umfangreicher und heterogener der jeweilige Rechtsbestand ist, desto schwieriger ist diese Aufgabe. Das Wirtschaftsrecht besteht aus einer Vielzahl von Rechtsvorschriften mit heterogener Zielsetzung und oftmals unübersichtlicher Instrumentalität. Es ist dies einer der wesentlichen Gründe, warum es bisher nicht gelungen ist, ein einheitliches, allgemein anerkanntes System des Wirtschaftsrechts zu erstellen bzw einen einschlägigen Begriff zu bilden. Die folgenden Ausführungen bieten einen knappen Überblick über einige bisherige Versuche und führen sie iS eigener Definitionsund Gliederungsvorschläge weiter. Systembildung bezweckt zwar Gegenstandsabgrenzung nicht hingegen Gegenstandsabschottung. Dies trifft gerade auch auf das Wirtschaftsrecht zu. Angesichts der überragenden Bedeutung der Wirtschaft für Gesellschaft und Politik nicht überraschend, stellt das Wirtschaftsrecht eine Querschnittsmaterie dar, die viele Lebens- und damit Rechtsbereiche überlagert und für die die herkömmliche Unterscheidung in öffentliches und privates Recht nur von bedingter Bedeutung ist. Auch die üblichen Unterscheidungskriterien nationales und internationales Recht spielen beim Wirtschaftsrecht nur mehr eine untergeordnete Rolle. Der integrative Charakter des Wirtschaftsrechts mit seinen zahlreichen Übergängen und Vernetzungen zu anderen Rechtsbereichen macht es zu einem dynamischen und pulsierenden Rechtsgebiet, dessen Beherrschung einige Mühe abverlangt.

I.

Begriff des Wirtschaftsrechts

Literatur: Böhm, Freiheit und Ordnung in der Marktwirtschaft (1980); Brohm, Strukturen der Wirtschaftsverwaltung. Organisationsformen und Gestaltungsmöglichkeiten im Wirtschaftsverwaltungsrecht (1969); Griller, Zur Systembildung im Wirtschaftsrecht (1989); Jagmetti/Schluep (Hrsg), FS-Hug (1968); Klecatsky, Die Köpenickiade der Privatwirtschaftsverwaltung, JBl 1957, 333; Kneihs, Verfassungs- und Allgemeines Verwaltungsrecht mit Schwerpunkt Wirtschaftsrecht (2005); Koppensteiner, Wirtschaftsrecht. Inhalts- und funktionsbezogene Überlegungen zu einer umstrittenen Kategorie, Rechtstheorie 4 (1973) 1; Lehmann, Grundlinien des deutschen Industrierechts, FS-Zitelmann (1913) 1 ff; Raschauer (Hrsg), Österreichisches Wirtschaftsrecht2 (2003); ders, Wirtschaftsverfassungsrecht und Gemeinschaftsrecht, in Raschauer (Hrsg), Österreichisches Wirtschaftsrecht2 (2003) Rz 1 ff; Reichert-Facilides (Hrsg), Recht und Europa 2. Ringvorlesung am Zentrum für Europäisches Recht (1998); Rinck/Schwarck, Wirtschaftsrecht. Wirtschaftsverfassung, Kartellrecht, Wettbewerbsrecht, Wirtschaftsverwaltung6 (1986); Schluep, Zum Wirtschaftsrecht. Eine Sammlung von Aufsätzen (1978); ders, Was

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Begriff des Wirtschaftsrechts

ist Wirtschaftsrecht?, FS-Hug (1968) 25; Schmidt-Rimpler, Wirtschaftsrecht, in Handwörterbuch der Sozialwissenschaften Bd 12 (1965) 693; Stober, Handbuch des Wirtschaftsverwaltungs- und Umweltrechts (1989); ders, Wirtschaftsverwaltungsrecht7 (1991); Stolzlechner, Einführung in das öffentliche Recht3 (2004); Tilmann, Wirtschaftsrecht (1986); Vallender, Wirtschaftsfreiheit und begrenzte Staatsverantwortung. Grundzüge des Wirtschaftsverfassungs- und Verwaltungsrechts3 (1995); Weber, Wirtschaft und Gesellschaft5 (1972); Wenger, Grundriß des österreichischen Wirtschaftsrechts, Bd I, Allgemeine Grundlagen und Wirtschaftsverfassungsrecht (1989); Wimmer/Arnold, Wirtschaftsrecht in Österreich und seine europarechtliche Integration2 (1998); dies, Das österreichische Wirtschaftsrecht im Spannungsfeld von nationaler, europäischer und internationaler Rechtssetzung, in Reichert-Facilides (Hrsg), Recht und Europa 2. Ringvorlesung am Zentrum für Europäisches Recht (1998) 41.

1.

Ansatzpunkte

Das „Wirtschaftsrecht“ als Bezeichnung für eine eigene juristische Disziplin fand erst nach dem Ersten Weltkrieg Eingang in die Rechtswissenschaften. Damit wurde ein Begriff geprägt, der eine Klammer für eine Vielzahl unterschiedlicher Rechtsmaterien bildet. Schon der Begriff der „Wirtschaft“ ist weit. Gemeinhin wird darunter die Gesamtheit der Einrichtungen und Maßnahmen verstanden, die unter Einsatz vorhandener Ressourcen der Deckung des menschlichen Bedarfs an Gütern und Dienstleistungen dienen. Das „Wirtschaften“ ist dementsprechend planvolles Disponieren über die knappen Güter. Die Vielfalt wirtschaftlichen Handelns bedingt eine nahezu unüberschaubare Masse an Rechtsvorschriften, die dieses normativ erfassen bzw beeinflussen. In einem weiten Verständnis hätte nahezu jede Regelung wirtschaftsrechtlichen Charakter. Beispiel: Wirtschaftsrelevante Vorschriften finden sich im Völkerrecht, im Gemeinschaftsrecht und im nationalen Recht bzw nach Rechtsgebieten unterteilt im öffentlichen Recht (Verfassungs- und Verwaltungsrecht) sowie im Zivil- und Strafrecht. Als Beispiel mögen die Gründung und der Betrieb eines Unternehmens dienen. Zunächst müssen die Voraussetzungen gegeben sein, um überhaupt wirtschaftlich tätig werden zu können (insb die verfassungsgesetzlich gesicherte Privatautonomie sowie die Erwerbs- und Eigentumsfreiheit). Der künftige Unternehmer kann in Ausübung seiner Freiheiten Boden erwerben und besitzen, eine Unternehmensinfrastruktur aufbauen, seine „Produktlinie“ festlegen und schließlich mit Kunden sowie Lieferanten Verträge abschließen. Maßgeblich wird ihn bei der Standortwahl im Übrigen das Steuerrecht beeinflussen. Vor Aufnahme der Tätigkeit bzw der Errichtung der benötigten Infrastruktur bedarf es idR bestimmter behördlicher Genehmigungen, die etwa im Grundverkehrs-, Gewerbe-, Bau-, oder Naturschutzrecht vorgeschrieben sind. Bei der Gründung seines Unternehmens hat der Unternehmer die Bestimmungen des Gesellschaftsrechts zu beachten, will er Arbeitskräfte einstellen die Regelungen des Arbeits- und Sozialrechts. Tritt er mit seinen Produkten schließlich auf dem Markt auf, wird er vermutlich bestimmte Produkt- oder Kennzeichnungsvorschriften einhalten müssen. Sein marktstrategisches Verhalten (zB möglicher Zusammenschluss oder das Treffen von Preisvereinbarungen mit Konkurrenten) wird der Unternehmer auf die geltenden Wettbewerbsregeln ausrichten müssen. Will er schließlich seine wirtschaftliche Tätigkeit über die nationalen Grenzen hinaus

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Der Geltungsgrund: Die drei konzentrischen Kreise

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erstrecken, werden ihm die durch das Recht der EG weitgehend abgebauten Handelsschranken entgegenkommen, während er beim Export in Drittstaaten die jeweils (noch) geltenden Zollregelungen und sonstigen Marktzugangsbeschränkungen in Rechnung ziehen muss.

Aus der Vielzahl und Uneinheitlichkeit der Rechtsmaterien ergibt sich die besondere Schwierigkeit einer Definition des „Wirtschaftsrechts“, die – trotz oftmaligen Versuchen – eine abschließende und allgemein anerkannte Begriffsklärung bislang verhinderte. Zentrale Anknüpfungsmöglichkeiten für eine Definition des Wirtschaftsrechts, die sich teilweise überschneiden, ergeben sich nach – seinem Geltungsgrund: Nationales, europäisches und internationales Wirtschaftsrecht; – seinem Gegenstand: Wirtschaftsrecht als Recht der Wirtschaft; Wirtschaftsrecht als Recht des wirtschaftlichen Handelns; – seinen Funktionen: Wirtschaftsrecht als Recht der Wettbewerbssicherung, der Gefahrenabwehr, der Lenkung und der Aufsicht; – den Betroffenen: Wirtschaftsrecht als Unternehmensrecht, mittelbar auch der Arbeitnehmer und Verbraucher unter Einbeziehung des makroökonomischen Umfelds; – seinen zentralen Wertvorstellungen: Wirtschaftsrecht als Ausgleich von gesamtwirtschaftlicher Richtigkeit und Individualinteressen; – seiner Methode: Wirtschaftsrecht als Recht, bei dessen Auslegung und Anwendung wirtschaftswissenschaftliche Erkenntnisse eine wichtige Rolle spielen. Alle sich daraus ergebenden Abgrenzungsversuche sind insofern gleichwertig, als sie wesentliche Eigenarten des Wirtschaftsrechts aus verschiedenen Perspektiven aufzeigen. Sie schließen einander nicht aus, sondern stehen im Gegenteil in einem inneren Zusammenhang zueinander. Gerade diese Gleichwertigkeit bildet aber ein Hindernis auf dem Weg zu einem einheitlichen Wirtschaftsrechtsbegriff, der wohl nur über eine – zwangsläufig bewertende – Gewichtung der einzelnen begriffsbildenden Elemente erreicht werden kann.

2.

Der Geltungsgrund: Die drei konzentrischen Kreise

Die Rechtssetzungsautorität ist Ausfluss der staatlichen Souveränität. Dies bedeutet, dass sich der Staat seine eigene Rechtsordnung gibt. Wirtschaftsrecht wäre demgemäß die Summe der in Österreich erlassenen wirtschaftsrechtlichen Normen. Dieser Satz stimmt jedoch schon lange nicht mehr. Denn Österreich hat seit Beginn der Zweiten Republik in immer umfangreicherem Ausmaß Teile seiner Rechtssetzungsautorität auch im Wirtschaftsrecht „ausgelagert“. Dies geschah im Zuge der Forcierung der internationalen Arbeitsteilung und des Freihandels durch den Abschluss völkerrechtlicher Verträge. Insb mit dem Beitritt zur EU wurden staatliche Rechtssetzungszuständigkeiten in erheblichem Ausmaß abgegeben. Man kann deshalb von drei Rechtskreisen sprechen: – dem nationalen Rechtskreis, – dem europäischen Rechtskreis und – dem internationalen Rechtskreis.

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Begriff des Wirtschaftsrechts

Die drei Rechtskreise stehen insofern in einem konzentrischen Verhältnis, als sie alle auf denselben – österreichischen – Geltungsbereich einwirken. Es liegt in der Natur der Sache, dass der jeweilige äußere Rechtskreis den inneren Rechtskreis beeinflusst und zT bedingt. So bilden die internationalen Regelungen der Weltwirtschaftsordnung (zB die Abkommen im Rahmen der WTO oder das IWF-Abkommen) die äußeren Determinanten, die zT unmittelbar in die österreichische Wirtschaftsordnung eingreifen, zT durch das EU-Recht transformiert werden. Letzteres umfasst allerdings in besonders hohem Ausmaß autonomes Recht, das in seiner Regelungsintensität den internationalen Rechtskreis bei Weitem übersteigt. Letztlich stellt das, was beide Ringe offen lassen, den verbleibenden Rest an österreichischer Rechtssouveränität dar (Wimmer/Arnold, Spannungsfeld). Der internationale und der europäische Einfluss haben das Wirtschaftsrecht in Österreich also in erheblichem Ausmaß gewandelt: – Der internationale Rechtskreis wird va durch das Vertragswerk der World Trade Organization (WTO) bestimmt. Dieses ist von der Vorstellung getragen, dass ein relativ freier Handelsverkehr im Wege der internationalen Arbeitsteilung und des internationalen Wettbewerbs einen wichtigen Beitrag zur Steigerung der allgemeinen Wohlfahrt leisten kann (These der komparativen Kosten). Dementsprechend enthält das GATT als Teil des WTO-Vertragswerks etwa Regelungen betreffend das Verbot von mengenmäßigen Beschränkungen für die Ein- und Ausfuhr von Waren, eine Meistbegünstigungsklausel und das Prinzip der Inländergleichbehandlung (vgl Pkt C.II.3). Durch diese Mechanismen fällt es heute immer schwerer, im Wege der staatlichen Handels- und Industriepolitik Wohlstandsförderung (nur) für den „eigenen“ geschützten Wirtschaftsraum zu betreiben. – Eines der wesentlichen Prinzipien des EGV ist „eine offene Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb“, aus der sich auch ein entsprechender staatlicher Deregulierungs- und Liberalisierungsdruck ableitet. Diese grundsätzliche Marktorientiertheit des europäischen Rechtskreises hat auch – wie noch zu zeigen sein wird – die Gewichte der österreichischen Wirtschaftsverfassung verschoben. Insofern fügt sich das EG-Recht harmonisch in die internationalen Liberalisierungstendenzen ein. – Der österreichische Rechtskreis ist die Summe des in Österreich umgesetzten WTO- und EU-Rechts sowie der im Rahmen der verbliebenen österreichischen Rechtssetzungssouveränität erlassenen Normen.

3.

Historische Gegenstandsabgrenzung: Wirtschaftsrecht als Unternehmensrecht

Vordergründig scheint das Problem der Gegenstandsabgrenzung entschärft zu sein, wenn man bei der Definition des Wirtschaftsrechts nicht von der Wirtschaft in toto, sondern von zentralen Einrichtungen oder Bereichen der Wirtschaft ausgeht. So ist es aus der historischen Entwicklung – denkt man an das machtvolle Aufstreben der Industrie um die Wende zum 19. Jhdt – heraus verständlich, wenn das Wirtschaftsrecht anfänglich mit dem Industrierecht gleichgesetzt wurde (Lehmann).

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Privates und öffentliches Wirtschaftsrecht

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Eine solche Verengung wird der heutigen Lage der Wirtschaft nicht gerecht. Das gilt auch für die Versuche, den Unternehmer in den Mittelpunkt einer wirtschaftsrechtlichen Betrachtung zu stellen, also Wirtschaftsrecht ausschließlich als Unternehmensrecht zu begreifen. Dabei wird außer Acht gelassen, dass im Vordergrund der Wirtschaftsordnung nicht nur die Produktion und damit der Unternehmer, sondern gleichermaßen auch die Güterverteilung und damit der Schutz der Verteilungsempfänger stehen. Diesem Gedanken trägt auch Koppensteiner Rechnung, indem er vom Begriff des Unternehmers ausgehend auch makroökonomische Bezüge in seinen Betrachtungen mit einschließt. Damit nähert er sich wiederum einer Sicht, die den Gesamtgegenstand des Wirtschaftens erfasst.

4.

Privates und öffentliches Wirtschaftsrecht

a)

Abgrenzung

Die Unterscheidung von öffentlichem und privatem Wirtschaftsrecht ist ebenso wenig eindeutig wie die von öffentlichem Recht und Privatrecht. Nach der klassischen Interessenstheorie sind Rechtsvorschriften, die dem allgemeinen Interesse dienen, dem öffentlichen Recht zuzuordnen. Nach der heute herrschenden Subjektstheorie wiederum gehört eine Rechtsbeziehung dann zum öffentlichen Recht, wenn daran ein mit einseitiger Anordnungsbefugnis („Hoheitsgewalt“) ausgestatteter Rechtsträger in Ausübung dieser Hoheitsgewalt beteiligt ist (Stolzlechner). Die Verwaltung kann zur Erreichung der ihr aufgetragenen Ziele sowohl den Weg der Hoheitsverwaltung als auch den der Privatwirtschaftsverwaltung gehen. Die Wahl der Rechtsform ist freilich nicht völlig dem Belieben des Gesetzgebers bzw der Verwaltung anheim gestellt. So spricht das liberale Prinzip eher für eine privatrechtliche Gestaltung. Komplementär dazu muss die Frage, ob staatliche Kompetenzen einzuräumen sind, anhand des allgemeinen Effizienz-, Sachlichkeits- und Wirtschaftlichkeitsgebots geprüft werden. Insgesamt darf die Rechtsformenwahl nicht zur Schmälerung des Rechtsschutzes führen (idS schon Klecatsky’s Warnung vor der Köpenickiade der Privatwirtschaftsverwaltung, die heute aktueller denn je ist). Im Übrigen umfasst das öffentliche Wirtschaftsrecht nicht jene Disziplinen, die fachlich seit geraumer Zeit „ausdifferenziert“ und selbständig sind. Dazu zählt neben dem allgemeinen Privatrecht (ABGB) und dem Steuerrecht ua das Gesellschafts-, Handels-, Arbeits-, Urheber- Erfinder- und Markenschutzrecht. Das öffentliche Wirtschaftsrecht hat deren wissenschaftliche Fachreife nur graduell erreicht. Dies muss nicht nur als Manko gesehen werden. Denn die Offenheit des Wirtschaftsrechts garantiert auch ein hohes Maß an dogmatischer Fortentwicklungsfähigkeit, die notwendig ist, um dem dynamischen Fluss dieses Rechtsgebiets zu folgen. b)

Wirtschaftsrecht als Integrativrecht

Die Unterscheidung in öffentliches und privates Wirtschaftsrecht ist für die Praxis nur von relativer Bedeutung. Oftmals kann ein- und derselbe Zweck durch Gestaltungsmittel beiderlei Herkunft erfüllt werden. So wird die Wettbewerbssicherung im Kartellrecht sowohl über die Einräumung von Klagerech-

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Begriff des Wirtschaftsrechts

ten an Mitbewerber als auch über das verwaltungsrechtliche Instrument der Geldbußen erreicht. Als Mittel der Wirtschaftsförderung werden ua Beihilfen auf vertraglicher bzw bescheidmäßiger Basis eingesetzt. Das Ziel der Sicherheitsqualität wiederum wird sowohl durch das ProdukthaftungsG als auch durch gewerbepolizeiliche Regelungen verfolgt. Vom funktionalen Standpunkt aus gesehen ist Wirtschaftsrecht also ein Integrativrecht, das privates und öffentliches Recht gleichermaßen mit einschließt.

5.

Eigene Definition

a)

Der Begriff „Wirtschaftsrecht“

Versucht man unter diesem Vorbehalt möglichst viele dieser Merkmale zusammenzufassen, so gelangt man – in Anlehnung an die Vorarbeiten Grillers – zu folgender Definition: Das Wirtschaftsrecht ist der Oberbegriff für die Gesamtheit der öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Rechtsnormen gleich welcher Herkunft, die die Ordnung und den Ablauf des Wirtschaftsverkehrs regeln. Das Wirtschaftsrecht regelt also die Rechte und Pflichten der am Wirtschaftsleben Beteiligten (Unternehmer bzw Verbraucher), deren Rechtsbeziehungen untereinander und ihr Verhältnis zum Staat. Das Wirtschaftsrecht bezieht sich dabei nicht nur auf die Privatunternehmer, sondern auch auf die wirtschaftliche Betätigung des Staats selbst. MaW regelt der Staat die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft, denen er auch selbst unterworfen ist, sofern er als Anbieter unternehmerisch tätig wird oder als Nachfrager am Markt auftritt. Erfasst werden aber nur solche Normen, denen eine ökonomische Zielrichtung („Regelung der Ordnung und des Ablaufs des Wirtschaftsverkehrs“) gemeinsam ist. Aus dem Blickwinkel des Geltungsgrunds umfasst das Wirtschaftsrecht dabei internationale, gemeinschafts- und nationalrechtliche Normen („gleich welcher Herkunft“). Beispiele: Eine spezifische volkswirtschaftliche Funktion erfüllen die (verfassungsgesetzlichen) Regelungen über die Privatautonomie, das Eigentum und die Erwerbs(ausübungs)freiheit. Selbiges gilt für das Wettbewerbsrecht. Dieses hat zum Ziel, den Wettbewerb zwischen den Wirtschaftsbeteiligten auf einem bzw um einen bestimmten Markt zu schützen. Ebenfalls eine spezifische gesamtwirtschaftliche Funktion erfüllen die Bestimmungen über die Lenkung der Wirtschaft (Wirtschaftslenkungsrecht), die Aufsicht über Unternehmen (Wirtschaftsaufsichtsrecht) und die Abwehr von Gefahren, die im Zuge unternehmerischer Tätigkeit entstehen können (Wirtschaftspolizeirecht). Gesamtwirtschaftlich relevant sind auch Regelungen einzelner Sektoren der Volkswirtschaft (zB der Energiewirtschaft). Die Bestimmungen des Baurechts sind zwar für Unternehmen durchaus von Bedeutung, ihnen mangelt es aber an der spezifischen Wirtschaftsbezogenheit, da sie bloß allgemein – für jeden – bestimmen, wo und wie gebaut werden darf. Ziel des Baurechts ist die Sicherheit und einwandfreie Beschaffenheit von Bauwerken, weiters auch der Ortsbildschutz, das Energiesparen usw – es bezweckt also (primär) keine Regelung des Wirtschaftsverkehrs. Die Regelungen des Arbeitnehmer- und Umweltschutzes sowie des Strafrechts (zB Betrug und Urkundenfälschung) sind eben-

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Eigene Definition

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falls von Bedeutung für die Wirtschaft, zählen aber, da sie überwiegend von anderen als ökonomischen Beweggründen geprägt sind, nicht zum Wirtschaftsrecht (s gleich unten). Gleiches gilt für das Erb- und Familienrecht, das Wehrrecht, die Fremdenpolizei, das Denkmalschutzwesen, etc.

b)

Begriffsunschärfen und Einschränkungen

Mit dieser Definition werden die zentralen Anknüpfungspunkte Herkunft (völker-, gemeinschafts- und nationalrechtlich sowie öffentlich-rechtlich und privatrechtlich), Gegenstand („Wirtschaftsverkehr“) und Funktion („Ordnung und Ablauf des Wirtschaftsverkehrs“) erfasst, allerdings steckt dieser Begriff hinsichtlich seines Umfangs nur ungefähre Grenzen ab, was angesichts der Uneinheitlichkeit des Rechtsmaterials verständlich ist. Die besondere Bedeutung des Wettbewerbsrechts für das Wirtschaftsrecht legt es allerdings nahe, hier in einem umfassenden Sinn auch die Regelungen des Kartellrechts, des Lauterkeitsrechts und des gewerblichen Rechtsschutzes, die ebenfalls Gegenstand anderer Disziplinen sind, mit ein zu beziehen. Der enge Zusammenhang zwischen privatem und öffentlichem Wirtschaftsrecht wird insb hier ersichtlich, da es sich beim Wettbewerbsrecht um einen Grenzfall zwischen privatem und öffentlichem Recht handelt. Das Abgrenzungsmerkmal der ökonomischen Zielrichtung (volkswirtschaftliche Bedeutung) stellt mithin keine Ideallösung dar. Neben Normen, die spezifisch auf die Wirtschaft bezogen sind, gibt es solche, die primär andere Ziele verfolge, aber zugleich bedeutende Auswirkungen auf die Wirtschaft haben. Deshalb finden die Bestimmungen des Arbeits- und Sozialrechts, des Umweltrechts und des Wirtschaftsstrafrechts – trotz ihrer besonderen Bedeutung für die Wirtschaft – keinen Eingang in die folgende Abhandlung, da sie primär andere als ökonomische Ziele verfolgen. Fragen: 1. Warum ist eine abschließende Begriffsklärung des „Wirtschaftsrechts“ so schwierig? 2. Was versteht man unter den „konzentrischen Rechtskreisen“? 3. Welche Rechtsbeziehungen regelt das Wirtschaftsrecht? 4. Welche „klassischen“ Disziplinen des Wirtschaftsrechts gibt es? 5. Welche Definition des „Wirtschaftsrechts“ wurde für dieses Buch gewählt?

II.

Gliederung des Wirtschaftsrechts

Literatur: Binder, Wirtschaftsrecht2 (1999); Brohm, Strukturen der Wirtschaftsverwaltung. Organisationsformen und Gestaltungsmöglichkeiten im Wirtschaftsverwaltungsrecht (1969); Fröhler, Das Wirtschaftsrecht als Instrument der Wirtschaftspolitik (1969); Griller, Zur Systembildung im Wirtschaftsrecht (1989); Haller et al (Hrsg), FS-Winkler (1997); Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht2 Bd I (1953) und Bd II (1954); Kneihs, Verfassungs- und Allgemeines Verwaltungsrecht mit Schwerpunkt Wirtschaftsrecht (2005); Krüger, Staatsverfassung und Wirtschaftsverfassung, in Scheuner, Die staatliche Einwirkung auf die Wirtschaft. Wirtschaftsrechtliche Aufsätze 1946–1970 (1971) 125; Langer, Grundlagen einer internationalen Wirtschaftsverfassung. Strukturprinzipien, Typik und Perspektiven anhand von Europäischer Union und Welthandelsorganisation (1995); Raiser, Wirtschaftsverfassung als Rechtsproblem, in Scheuner, Die staatliche Einwirkung

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Gliederung des Wirtschaftsrechts

auf die Wirtschaft. Wirtschaftsrechtliche Aufsätze 1946–1970 (1971) 109; Raschauer (Hrsg), Österreichisches Wirtschaftsrecht2 (2003); ders, Wirtschaftsverfassungsrecht und Gemeinschaftsrecht, in Raschauer (Hrsg), Österreichisches Wirtschaftsrecht2 (2003) Rz 1 ff; Rinck/Schwarck, Wirtschaftsrecht. Wirtschaftsverfassung, Kartellrecht, Wettbewerbsrecht, Wirtschaftsverwaltung6 (1986); Schäffer, Europäische und nationale Wirtschaftsverfassung, FS-Winkler (1997) 933; Scheuner, Die staatliche Einwirkung auf die Wirtschaft. Wirtschaftsrechtliche Aufsätze 1946–1970 (1971); Schliesky, Öffentliches Wirtschaftsrecht (2000); Stober, Wirtschaftsverwaltungsrecht7 (1991); Vallender, Wirtschaftsfreiheit und begrenzte Staatsverantwortung. Grundzüge des Wirtschaftsverfassungs- und Wirtschaftsverwaltungsrechts3 (1995); Wenger, Grundriß des österreichischen Wirtschaftsrechts, Bd I, Allgemeine Grundlagen und Wirtschaftsverfassungsrecht (1989); Wimmer/Arnold, Wirtschaftsrecht in Österreich und seine europarechtliche Integration2 (1998).

1.

Wirtschaftsverfassung

Unter Wirtschaftsverfassung wird die Gesamtheit von Normen verstanden, die die Grundlage für eine bestimmte Wirtschaftsordnung bilden und – zusammen mit den auf ihnen beruhenden einfachen wirtschaftsrechtlichen Vorschriften – deren Funktionsfähigkeit garantieren. Kurz gefasst: Die Wirtschaftsverfassung ist die rechtliche Grundordnung der Wirtschaft. Zu unterscheiden ist formelles und materielles Wirtschaftsverfassungsrecht. IS einer integrativen Sichtweise deckt sich der Verfassungsbegriff nicht mit dem staatsrechtlichen, da er auch Regeln des Völker- und des Gemeinschaftsrechts umfasst (s weiterführend zum Begriff des Wirtschaftsverfassungsrechts Pkt C.I.). Im Zentrum des Wirtschaftsverfassungsrechts steht heute die grundlegende Sicherung von Markt und Wettbewerb. Das Recht der Wettbewerbssicherung betrifft ein Herzstück der Wirtschaftsordnung und stellt daher in seinen grundsätzlichen Regelungen materielles Wirtschaftsverfassungsrecht dar, das auch eine Richtschnur für den einfachen Gesetzgeber bildet.

2.

Wettbewerbssicherung

Das Ziel des Wettbewerbsrechts ist die Erhaltung eines funktionsfähigen Markts und eines fairen Wettbewerbs. Dieser kann zum einen durch individuelle Absprachen und Verhaltensweisen von Unternehmen, zum anderen durch wettbewerbsverzerrende staatliche Einflussnahme (staatlicher Interventionismus) gefährdet werden. In Zusammenwirken mit dem Wirtschaftspolizeirecht dient die Wettbewerbssicherung auch der Transparenz des Markts und ist damit Voraussetzung für eine rationale Kaufentscheidung des Konsumenten. Das Recht der Wettbewerbssicherung umfasst also zwei heterogene Bereiche mit gleicher Zielsetzung: – Zum einen das Kartell-, das Missbrauchsrecht, die Vorschriften betreffend die Unternehmensfusion und das Lauterkeitsrecht zur Verhinderung von Fehlentwicklungen, die durch die einzelnen Wirtschaftssubjekte verursacht werden; – zum anderen das Beihilfen- und Vergaberecht sowie das Recht der öffentlichen Unternehmen, die der Verhinderung von Wettbewerbsverfälschungen durch staatliche Fremdsteuerung dienen.

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Wirtschaftspolizei

3.

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Wirtschaftspolizei

Das Wirtschaftspolizeirecht dient der klassischen Gefahrenabwehr. Es soll sozial schädliches Verhalten der Wirtschaftstreibenden für Leben, Gesundheit und Vermögen (vor allem der Konsumenten und Nachbarn, aber auch der Gewerbetreibenden selbst) hintanhalten. Zudem dient das Wirtschaftspolizeirecht auch dem Schutz des Wettbewerbs, insb durch Sicherstellung der Fairness des Wettbewerbshandelns und der Transparenz des Wettbewerbsgeschehens. Das Wirtschaftspolizeirecht ist eine klassische Materie der Hoheitsverwaltung.

4.

Wirtschaftsaufsicht

Das Wirtschaftsaufsichtsrecht intensiviert die polizeiliche Aufsicht und versucht in systematischer Form, den Bestand der wirtschaftlichen Unternehmen zu schützen (Funktionsschutz iSd Sicherung der Funktionsfähigkeit bestimmter, für das gesamtwirtschaftliche Gefüge besonders wichtiger Unternehmungen wie Verkehrsbetriebe, Banken, etc; Gläubigerschutz und im 20. Jhdt zunehmend auch Konsumentenschutz und Umweltschutz). Das Instrumentarium der Wirtschaftsaufsicht reicht von der Konzession und der begleitenden Überwachung der Unternehmenstätigkeit über Genehmigungsvorbehalte, Auskunftsund Meldepflichten bis zu periodischen, fallweisen Kontrollen. Die zur Bewältigung dieser Aufgaben notwendige intensive Fachkenntnis der Behörden sowie der ständige Kooperationsprozess zwischen ihnen und dem beaufsichtigten Unternehmen hat zur Ausbildung eigener Fachaufsichtsorgane geführt. Ganz allgemein ist hinsichtlich der Unterscheidung zwischen Wirtschaftspolizeirecht und Wirtschaftsaufsichtsrecht festzuhalten, dass Ersteres die gesamte Palette von Gefahren, die sich aus dem Wirtschaftsleben für die Allgemeinheit aber auch für die Wirtschaft selbst ergeben können, umfasst. Die polizeilichen Abwehrmaßnahmen sind daher „unspezifisch“ und punktueller Natur. Das Wirtschaftsaufsichtsrecht hingegen engt das Gefahrenfeld auf den Funktionsschutz ein und kann gerade deshalb dieses so begrenzte Leistungsziel in systematischer und nachhaltiger Form verwirklichen.

5.

Wirtschaftslenkung

Das Wirtschaftslenkungsrecht ist aus der wirtschaftlichen Notwendigkeit des Ersten Weltkrieges entstanden. Es erfasst direkte und indirekte Lenkungsmittel. Bei der direkten Wirtschaftslenkung werden unternehmerische Entscheidungen durch staatliche Gebote und Verbote verdrängt. Beispiele für die direkte Lenkung sind die Bewirtschaftung (Krisenbewirtschaftung und permanente Bewirtschaftung), Marktordnungen und Preisregelungen. ISd aktuellen Deregulierung ist die direkte Lenkung als Mittel der Durchsetzung staatlicher Wirtschaftspolitik weitgehend in den Hintergrund getreten. Im Rahmen der indirekten Wirtschaftslenkung versucht der Staat, den Wirtschaftsablauf durch (positive oder negative) Anreize, die er durch die Veränderung von Plandaten auslöst, vornehmlich mit wirtschaftspolitischer Zielsetzung zu beeinflussen. Im Gegensatz zur direkten Lenkung bleibt hier die Dispositionsfreiheit der Unternehmer (Entscheidungen der Wirtschaftssubjekte über Angebot, Nachfrage und Preis) grundsätzlich erhalten.

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6.

Gliederung des Wirtschaftsrechts

Öffentliche Unternehmen

Angesichts der wirtschaftspolitischen Bedeutung der öffentlichen Unternehmen („Gestaltungsmittel der Verwaltung“) kann pragmatischerweise auch das Recht der öffentlichen Unternehmen zum Wirtschaftsrecht gezählt werden. Es handelt sich dabei um Unternehmen, an denen die öffentliche Hand eine qualifizierte Beteiligung besitzt (öffentliche Unternehmen im organisatorischen Sinn) oder die der Erfüllung eines öffentlichen Zweckes dienen (öffentliche Unternehmen im funktionalen Sinn). Solche Tätigkeiten im öffentlichen Interesse finden sich gehäuft im Rahmen der Daseinsvorsorge. Auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene spricht Art 86 Abs 2 EGV von „Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse“. Die Notwendigkeit ihrer Erbringung steht gesellschaftlich und politisch weitgehend außer Streit. Was die Form der Leistungsdarreichung betrifft, stehen die ursprünglich staatlichen Aufgabenträger unter einem immensen Wettbewerbs- und Privatisierungsdruck, der sich aus den einschlägigen EG-rechtlichen Rahmenbedingungen ergibt. Die Stellung der öffentlichen Unternehmen resultiert in Österreich aus der überragenden historischen Bedeutung der Verstaatlichten Industrie für den Wiederaufbau und die Konsolidierung unserer Wirtschaft nach 1945. Mit der öffentlichen Wirtschaft waren zahlreiche Privilegien (Monopolstellungen, staatliche Zuschüsse, Bevorzugung bei öffentlichen Aufträgen) verbunden. Der Beitritt Österreichs zur EU hat zur Auflösung dieses Sonderstatus geführt. Die nunmehr dominierenden Grundsätze der Wettbewerbsfreiheit, Marktöffnung und Liberalisierung haben das faktische Ende der öffentlichen Erwerbswirtschaft sowie eine weitgehende Umorganisation der öffentlichen Versorgungswirtschaft bewirkt. Die daraus resultierende Diskussion um die Kernbereiche der staatlichen Verantwortung ist derzeit voll im Gange.

7.

Zusammenfassung

a)

Vertikale Gliederung Wirtschaftsrecht als Begriff Öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Rechtsnormen, die die Ordnung und den Ablauf des Wirtschaftsverkehrs regeln. Die Normen sind völkerrechtlicher, gemeinschaftsrechtlicher und staatsrechtlicher Herkunft. ↓ Wirtschaftsverfassungsrecht Regelung der Grundlagen der Wirtschaftsordnung und deren Funktionsgarantien: Völkerrechtliche Grundsätze (zB Meistbegünstigungsprinzip, Inländerprinzip, Reziprozität) Marktwirtschaft als Verfassungsprinzip Gemeinschaftsrechtliche Grundfreiheiten und Grundrechte Innerstaatliche Grundprinzipien und Grundrechte Kompetenzverteilung ↓ Unterverfassungsgesetzliches Wirtschaftsrecht Leitet sich aus dem Wirtschaftsverfassungsrecht ab Wettbewerbssicherung (zT zum Wirtschaftsverfassungsrecht gehörig) Wirtschaftspolizei Wirtschaftsaufsicht Wirtschaftslenkung Recht der öffentlichen Unternehmen

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Sicherung eines „freien, fairen und lauteren“ Wettbewerbs

Schutz von Leben, Gesundheit und Vermögen des Einzelnen

Gewährleistung eines ordnungskonformen (funktionsgerechten) Verhaltens der Unternehmer Erreichung einzelner wirtschaftspolitischer Ziele

Kartellverbot, Fusionskontrolle, Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung, Verbot des unlauteren Wettbewerbs; Beihilfenund Vergaberegime Präventive und repressive polizeiliche Maßnahmen mit punktuellem Charakter

Systematische polizeiliche Maßnahmen, informelle Einwirkung auf die Unternehmensleitung

Direkte Lenkungsmaßnahmen (Bewirtschaftung, Preisregelung, Marktordnungen) und indirekte Lenkungsmaßnahmen (zB Beihilfen zur Regionalförderung)

Allgemeine Gefahrenabwehr; Sicherung einer Mindestqualität der Produkte

Funktions- und Bestandschutz in volkswirtschaftlich relevanten Bereichen

Staatliche Einflussnahme auf den Wirtschaftsablauf zwecks Erfüllung öffentlicher Interessen (insb wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischer Ziele)

Wirtschaftspolizei

Wirtschaftsaufsicht

Wirtschaftslenkung

Wirkung

Schutz von Markt und Wettbewerb gegenüber Verfälschungen und staatlicher Intervention

Instrumente

Unternehmen, Verbraucher

Volkswirtschaftlich relevante Unternehmen (zB Banken, Versicherungen, Verkehrsunternehmen, etc)

Private Unternehmen

Private Unternehmer; Bund, Länder, Gemeinden und öffentliche Unternehmen

Betroffene

b)

Wettbewerbssicherung

Ziel

Zusammenfassung 11

Horizontale Gliederung

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8.

Gliederung des Wirtschaftsrechts

Sonstige Gliederungsmöglichkeiten

Die Einteilung des Wirtschaftsrechts kann unter weiteren mannigfaltigen Gesichtspunkten erfolgen. Verwiesen sei zB auf die schon erwähnten konzentrischen Kreise des Wirtschaftsrechts. Darüber hinaus finden sich folgende Gliederungen: a)

Formelles – materielles Wirtschaftsverfassungsrecht

Diese Einteilung zielt auf die Rangordnung der einzelnen wirtschaftsrechtlichen Normen. Im Verfassungsrang stehende Rechtsvorschriften (zB Eigentumsrecht, Erwerbsfreiheit, Einheit des Währungs-, Wirtschafts- und Zollgebiets) werden auch als formelles Wirtschaftsverfassungsrecht bezeichnet und dem materiellen Wirtschaftsverfassungsrecht (einfachgesetzliche Vorschriften mit grundlegender Bedeutung zB Privatautonomie im ABGB) gegenübergestellt. b)

Formelles – materielles Wirtschaftsverwaltungsrecht

Das formelle Wirtschaftsverwaltungsrecht umfasst die Organisation der Wirtschaft, insb die Staatsverwaltung, die Gemeinden, die Verwaltungstätigkeit der Verbände und beliehener Unternehmer sowie sonstiger ausgegliederter Rechtsträger (einzelne Regulierungsbehörden). Weiters werden unter dem formellen Wirtschaftsverwaltungsrecht die für die zuständigen Behörden und Einrichtungen maßgeblichen Verfahrensbestimmungen (zB Betriebsanlagengenehmigungsverfahren, Vergabeverfahrensvorschriften) abgehandelt. Das materielle Wirtschaftsverwaltungsrecht beschäftigt sich mit dem Inhalt der einzelnen staatlichen Regelungsinstrumente und den von ihnen gestalteten Rechtsverhältnissen. Schon aufgrund der engen Verzahnung von formellem und materiellem Wirtschaftsrecht eignet sich diese Unterscheidung nur bedingt als Gliederungsschema. c)

Allgemeines – Besonderes Wirtschaftsverwaltungsrecht

Das Wirtschaftsrecht kann weiters in ein Allgemeines und ein Besonderes Wirtschaftsverwaltungsrecht gegliedert werden. – Das Erstere umfasst die allgemeinen Merkmale (Ziele, Instrumente, Organisation, Wirkung, Betroffene, s auch oben stehende horizontale Gliederung) der einzelnen Wirtschaftsverwaltungsrechtszweige (Wirtschaftsverwaltungsmaterien), durch die die Verwaltungsgesetze (zB Gewerbeordnung, Vereinsgesetz, Mineralrohstoffgesetz) zusammengefasst werden. – Der Besondere Teil des Wirtschaftsverwaltungsrechts beschäftigt sich mit den rechtlichen Vorschriften innerhalb einzelner Verwaltungszweige. Dazu werden in der Lehre jedenfalls gezählt: Kartellrecht, Missbrauchsrecht, Fusionskontrolle, Beihilfenrecht, Vergaberecht, Gewerberecht, Geld- und Kreditwesen, Energierecht, Preisrecht, Verkehrs- und Fremdenverkehrsrecht, Lebensmittelrecht, Bewirtschaftungsrecht, Konsumentenschutz, Recht der öffentlichen Unternehmen, etc. Im Letzten trifft jeder Autor seine eigene Auswahl (s etwa Holoubek/Potacs, Kneihs, Raschauer, RathKathrein/Weber, Wenger).

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Bipolarität des Wirtschaftsrechts

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So gliedern zB Holoubek/Potacs in der bisher umfangreichsten Gesamtdarstellung das Besondere Verwaltungsrecht in Ordnungsrecht (Gewerberecht, Gewerbenebenrecht, Gewerblicher Rechtsschutz, Datenschutzrecht, Vereinsrecht, Privatunterrichtswesen und Fertigkeitsvermittlung, Tourismusrecht, Recht der freien Berufe, Krankenanstaltenrecht, Mineralrohstoffrecht), Regulierungsrecht (Kapitalmarktrecht, Bankrecht, Versicherungsaufsichtsrecht, Energiewirtschaftsrecht, Verkehrsrecht, Telekommunikationsrecht, Recht der Massenmedien, Postrecht, Öffentlich-rechtliche Aspekte des E-Commerce), Wirtschaftsrecht der öffentlichen Hand (Öffentliche Unternehmen, Monopolbetriebe), Produktrecht (Vermessungswesen, Technisches Sicherheitsrecht, Lebensmittelrecht, Tabakrecht, Gentechnikrecht, Abfallwirtschaftsrecht, Waffenrecht), Anlagenrecht (Gewerbliches Betriebsanlagenrecht, Umweltverträglichkeitsprüfung, Abfallbehandlungsanlagen, Naturschutzrecht, anlagenrelevante Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes, Bergbauanlagenrecht, Energieanlagenrecht) und Lenkungsrecht (Währungs- und Devisenrecht, Agrarmarktrecht, Preis- und Versorgungssicherungsrecht, Energielenkungs-, Erdölbevorratungs- und Melderecht, Lebensmittelbewirtschaftungsrecht). Fragen: 1. Wie gliedert sich das Recht der Wettbewerbssicherung? 2. Wie unterscheiden sich Wirtschaftspolizeirecht und Wirtschaftsaufsichtsrecht? 3. Worin liegt der Unterschied zwischen direkter und indirekter Wirtschaftslenkung? 4. Was sind öffentliche Unternehmen im organisatorischen, was im funktionalen Sinn? 5. Zählen sie einzelne Materien des Besonderen Wirtschaftsverwaltungsrechts auf.

III. Eigenarten des Wirtschaftsrechts Literatur: Fikentscher, Wirtschaftsrecht I. Weltwirtschaftsrecht, Europäisches Wirtschaftsrecht (1983); Griller/Korinek/Potacs (Hrsg), FS-Rill (1995); Korinek (Hrsg), FSWenger (1983); Raschauer, Gesetzmäßigkeitsgrundsatz und Wirtschaftsrecht, FS-Rill (1995) 515; Rill, Demokratie, Rechtsstaat und staatliche Privatwirtschaftsverwaltung, FSWenger (1983) 57; Schluep, Zum Wirtschaftsrecht. Eine Sammlung von Aufsätzen (1978); Wimmer/Arnold, Wirtschaftsrecht in Österreich und seine europarechtliche Integration2 (1998).

1.

Bipolarität des Wirtschaftsrechts

a)

Sicherung von Markt und Wettbewerb

Das Wirtschaftsrecht hat eine zweifache Funktion. Es schützt zunächst die Selbststeuerungsfähigkeit der einzelnen Wirtschaftssubjekte. Nach liberaler Auffassung garantiert eine auf Autonomie und Freiheit gegründete, lediglich den Gesetzlichkeiten des Markts unterworfene, wirtschaftliche Selbstbestimmungsordnung den optimalen Wirtschaftserfolg. Konsequent zu Ende gedacht bedürfte eine solche Wirtschaftsordnung überhaupt keines Wirtschaftsrechts. Seine Legitimation ergibt sich in der Praxis – und durchaus auch von der neoliberalen Richtung anerkannt – aus der Einsicht, dass ungebundene Freiheit sich selbst aufhebt.

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Eigenarten des Wirtschaftsrechts

Angesichts der „selbstzerstörerischen Kräfte des Markts“, die vom Marktmissbrauch bis zur Kartellierung und Monopolisierung reichen, hat das Wirtschaftsrecht die Aufgabe, dem einzelnen Wirtschaftssubjekt eine Teilnahme an einem fairen Wettbewerb zu sichern. Das Recht hat also die (außerrechtliche) Steuerung durch den Wettbewerb zu ermöglichen und zu sichern. Nur so kann die Selbststeuerung in der Weise erhalten werden, dass sie nicht gegen sich selbst streitet. b)

Staatliche Fremdsteuerung

Im modernen Staat reicht die Funktion des Wirtschaftsrechts aber noch weiter. Die vom Staat gesetzten wirtschafts-, sozial- und kulturpolitischen Ziele sind mit alleiniger Marktkonformität der Wirtschaft nicht zu erreichen. Die Selbststeuerung des Markts muss deshalb durch staatliche Fremdsteuerung teilweise überlagert werden. Wirtschaftsrecht tritt hier als Interventionsrecht in Erscheinung, also als staatliche Lenkung der Wirtschaft, die Produktion und Konsumation gleichermaßen umfasst. In diesem Zusammenhang ist freilich festzuhalten, dass die letzten zwei Jahrzehnte, insb die Zeit nach dem EU-Beitritt, im Zeichen des Rückzugs des Staats (Ausgliederung, Privatisierung, Deregulierung, Marktorientierung, Public Private Partnership, etc) stehen und demgemäß eine Wiedererstarkung der Marktkräfte und der Eigentümerrechte festzustellen ist. Daran ändern auch partiell interventionistische Züge des EG-Rechts, wie etwa in der Landwirtschaft, nichts.

2.

Wirtschaftsrecht als Kompromiss

Das Wirtschaftsrecht ist nicht der einzige Bereich, in dem Konflikte zwischen Allgemeinwohl und Individualinteresse ausgetragen werden. Vor diese Aufgabe sind auch andere Gebiete der Rechtsordnung gestellt, so zB das Arbeitsrecht. Im Wirtschaftsrecht findet aber der Aufeinanderprall der Interessensgegensätze (etwa zwischen Eigentümer und Arbeitnehmer, Unternehmen und Konsumenten, etc) in besonders akzentuierter Form statt. ZT wird dabei das Ausgleichspotential des Wirtschaftsrechts überfordert. Konfliktschlichtung und Kompromissfindung – beides zur Aufrechterhaltung des sozialen Friedens unentbehrlich – werden auf den politischen Raum verwiesen. In Österreich bieten dazu die Interessenvertretungen und der von ihnen nach wie vor geführte sozialpartnerschaftliche Dialog eine wichtige Plattform, wenngleich der frühere dominierende Einfluss im Schwinden begriffen ist.

3.

Wirtschaftsrecht als instrumentelles und bewegliches Recht

Wirtschaftsrecht ist in weiten Bereichen als Reaktion auf jeweilige Mängel der Wirtschaftsordnung entstanden, deren Behebung aus allgemeinpolitischen Gründen als dringlich erachtet wurde. Diesen Charakter des „Maßnahmenrechts“, das aus einem konkreten Konfliktfall heraus geboren wird und nicht selbst die Lebensbereiche nach übergeordneten Rechtsprinzipien gestaltet, hat das Wirtschaftsrecht bis heute beibehalten. Wirtschaftsrecht ist insofern funktionales, technisches Recht und hat instrumentellen Charakter. Es mangelt ihm oftmals an durchgehenden Strukturprinzipien, durch die die Richtigkeit einer bestimmten Maßnahme beurteilt werden könnte. Zudem führt die Komple-

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Wirtschaftsrecht und Legalitätsprinzip

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xität der wirtschaftlichen Sachverhalte zu einer – auch von Fachleuten – oft nur mehr schwer überschaubaren Kasuistik. Als instrumentelles Recht ist Wirtschaftsrecht bewegliches Recht. Da die wirtschaftliche Lage sich rasch ändert, steht auch das Wirtschaftsrecht unter einem ständigen Anpassungsdruck. All dies widerspricht dem klassischen Charakter des Gesetzes. Nicht Abstraktheit, Generalität und Dauer bestimmen die Qualität des Wirtschaftsrechts, sondern Konkretheit, Spezialisierung und Kurzzeitigkeit.

4.

Wirtschaftsrecht und Legalitätsprinzip

Zwangsläufig gerät aus diesen Umständen das Wirtschaftsrecht in ein Spannungsverhältnis zu Art 18 B-VG. Dem klassischen materiellen Determinierungsgebot (Konditionalprogramme), das eine gewisse Statik der Lebenssachverhalte voraussetzt, kann das Wirtschaftsrecht nur mit Abstrichen entsprechen. An seine Stelle treten Zielprogrammierungen, die von der Wirtschaftsverwaltung mit entsprechendem Mitteleinsatz zu erfüllen sind. Ein Kennzeichen für die Verdünnung des materiellen Wirtschaftsrechts bilden auch die signifikanten Verordnungsermächtigungen, die oft nur schwer von formalgesetzlichen Delegationen abzugrenzen sind. Der VfGH hat allerdings die Vereinbarkeit der hiefür typischen unbestimmten Gesetzesbegriffe („volkswirtschaftliche Interessen“, „volkswirtschaftlich gerechtfertigter Preis“, „betriebswirtschaftliche Notwendigkeit“, „angemessenes Wirtschaftswachstum, etc) mit dem Legalitätsprinzip bejaht. Alle diese unbestimmten Gesetzesbegriffe müssen unter Zuhilfenahme wirtschaftswissenschaftlicher (volks- und betriebswirtschaftlicher) Erkenntnisquellen ausgelegt werden. Die Grenze der juristischen Beherrschbarkeit des Wirtschaftsrechts wird dabei sichtbar. Die Notwendigkeit, Sachbereichswissen in juristisches Vorverständnis umzusetzen, um den Bedeutungsgehalt einer Rechtsvorschrift zu ergründen, entspricht der teleologischen Auslegungsmethode, die im Wirtschaftsrecht von besonderer Bedeutung ist. Dahin gestellt sei, ob dies ausreicht, von einer eigenen wirtschaftsrechtlichen Methode zu sprechen. Sicher können dadurch die „normalen“ juristischen Auslegungsmethoden („Wortsinn“, historische und systematische Aus–legung) nicht ersetzt werden. Fragen: 1. Welche Funktionen erfüllt das Wirtschaftsrecht? 2. Braucht man vom Standpunkt des Liberalismus aus gesehen wirtschaftsrechtliche Regelungen? 3. Was bedeuten die Begriffe „instrumentell“ und „beweglich“ in Bezug auf das Wirtschaftsrecht? 4. Was ist der Unterschied zwischen Konditional- und Zielprogrammen? 5. Welche Folgen hat das Spannungsverhältnis zwischen Wirtschaftsrecht und Legalitätsprinzip?

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Literatur- und Internethinweise

IV. Literatur- und Internethinweise 1.

Grundlagenliteratur

a)

Wirtschaftsrecht

aa) Systeme und Lehrbücher Binder, Wirtschaftsrecht2 (1999). Brohm, Strukturen der Wirtschaftsverwaltung. Organisationsformen und Gestaltungsmöglichkeiten im Wirtschaftsverwaltungsrecht (1969). Fikentscher, Wirtschaftsrecht I. Weltwirtschaftsrecht, Europäisches Wirtschaftsrecht (1983). Fröhler/Oberndorfer, Das Wirtschaftsrecht als Instrument der Wirtschaftspolitik (1969). Holoubek/Potacs (Hrsg), Öffentliches Wirtschaftsrecht Bd 1 und 2 (2002). Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht2 Bd I (1953) und II (1954). Jarass, Wirtschaftsverwaltungsrecht und Wirtschaftsverfassungsrecht2 (1984). Raschauer (Hrsg), Österreichisches Wirtschaftsrecht2 (2003). Rinck/Schwark, Wirtschaftsrecht6 (1986). Schmidt (Hrsg), Kompendium öffentliches Wirtschaftsrecht (1997). Stober, Wirtschaftsverwaltungsrecht7 (1991). Vallender, Wirtschaftsfreiheit und begrenzte Staatsverantwortung. Grundzüge des Wirtschaftsverfassungs- und Wirtschaftsverwaltungsrechts3 (1995). Wenger, Grundriß des österreichischen Wirtschaftsrechts, Bd I, Allgemeine Grundlagen. Wirtschaftsverfassungsrecht (1989) und Bd II, Besonderes Wirtschaftsrecht (1990). Wimmer/Arnold, Wirtschaftsrecht in Österreich und seine europarechtliche Integration2 (1998).

bb) Monographien Griller, Zur Systembildung im Wirtschaftsrecht (1989). Kahl, Der öffentliche Personennahverkehr auf dem Weg zum Wettbewerb. Zugleich ein Beitrag zur Liberalisierung kommunaler Daseinsvorsorgeleistungen (2005). Korinek (Hrsg), Grundfragen des Wirtschaftslenkungsrechts (1982). Leitl, Die Regulierungsbehörden im österreichischen Recht (2006). Mayer, Staatsmonopole (1976). Morscher/Smekal, Kommunale Unternehmungen zwischen Eigenwirtschaftlichkeit und öffentlichem Auftrag (1982). Püttner, Die öffentlichen Unternehmen2 (1985). Rüfner, Formen öffentlicher Verwaltung im Bereich der Wirtschaft (1967). Stein, Die Wirtschaftsaufsicht (1967). Stolzlechner, Öffentliche Fonds. Eine Untersuchung ihrer verfassungs- und verwaltungsrechtlichen Hauptprobleme (1982). Wenger, Die öffentliche Unternehmung (1969). Wimmer/Kahl, Die öffentlichen Unternehmen im freien Markt (2001). Wimmer/Arnold/Bundschuh-Rieseneder, Grundriss des Wirtschaftspolizeirechts (2002).

b)

Europa- und Völkerrecht

Bieber/Epiney/Haag, Die Europäische Union6 (2005). Eilmansberger/Herzig/Jaeger/Thyri, Materielles Europarecht. Lehrbuch mit Originalquellen (2005). Griller, Europarecht (2006).

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Wichtige Links

17

Neuhold/Hummer/Schreuer, Österreichisches Handbuch des Völkerrechts. Band 14 (2004) und Band 24 (2004). Senti, WTO. Die heute geltende Welthandelsordnung5 (2005). Streinz, Europarecht7 (2005).

c)

Wirtschaftswissenschaften

Edling, Volkswirtschaftslehre – schnell erfasst (2006). Samuelson/Nordhaus, Volkswirtschaftslehre18 (2005). Vettiger, Einführung in die Betriebswirtschafts- und Managementlehre. Begriffe, Konzepte und aktuelle Beispiele (2006).

2.

Wichtige Links

a)

Österreich

– – – – – b)

Österreichisches Bundeskanzleramt: http://www.bka.gv.at Österreichisches Parlament: http://www.parlinkom.gv.at Österreichische Bundeswettbewerbsbehörde: http://www.bwb.gv.at Österreichischer Rechnungshof: http://www.rechnungshof.at/ Wirtschaftskammer Österreich: http://portal.wko.at/ Europäische Union

– Europäische Union: http://www.europa.eu.int – Europäischer Gerichtshof: http://curia.eu.int c) – – – – d)

Internationale Organisationen World Trade Organization: http://www.wto.org Internationaler Währungsfonds: http://www.imf.org Weltbank: http://www.worldbank.org OECD: http://www.oecd.org Suchmaschinen für Recht

– Europarecht (EUR-Lex): http://europa.eu.int/eur-lex/de/ – Europarecht (PreLex): http://www.europa.eu.int/prelex/apcnet.cfm?CL=de – Rechtsinformationssystem des Bundes: http://www.ris.bka.gv.at/

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Eigene Definition

7

falls von Bedeutung für die Wirtschaft, zählen aber, da sie überwiegend von anderen als ökonomischen Beweggründen geprägt sind, nicht zum Wirtschaftsrecht (s gleich unten). Gleiches gilt für das Erb- und Familienrecht, das Wehrrecht, die Fremdenpolizei, das Denkmalschutzwesen, etc.

b)

Begriffsunschärfen und Einschränkungen

Mit dieser Definition werden die zentralen Anknüpfungspunkte Herkunft (völker-, gemeinschafts- und nationalrechtlich sowie öffentlich-rechtlich und privatrechtlich), Gegenstand („Wirtschaftsverkehr“) und Funktion („Ordnung und Ablauf des Wirtschaftsverkehrs“) erfasst, allerdings steckt dieser Begriff hinsichtlich seines Umfangs nur ungefähre Grenzen ab, was angesichts der Uneinheitlichkeit des Rechtsmaterials verständlich ist. Die besondere Bedeutung des Wettbewerbsrechts für das Wirtschaftsrecht legt es allerdings nahe, hier in einem umfassenden Sinn auch die Regelungen des Kartellrechts, des Lauterkeitsrechts und des gewerblichen Rechtsschutzes, die ebenfalls Gegenstand anderer Disziplinen sind, mit ein zu beziehen. Der enge Zusammenhang zwischen privatem und öffentlichem Wirtschaftsrecht wird insb hier ersichtlich, da es sich beim Wettbewerbsrecht um einen Grenzfall zwischen privatem und öffentlichem Recht handelt. Das Abgrenzungsmerkmal der ökonomischen Zielrichtung (volkswirtschaftliche Bedeutung) stellt mithin keine Ideallösung dar. Neben Normen, die spezifisch auf die Wirtschaft bezogen sind, gibt es solche, die primär andere Ziele verfolge, aber zugleich bedeutende Auswirkungen auf die Wirtschaft haben. Deshalb finden die Bestimmungen des Arbeits- und Sozialrechts, des Umweltrechts und des Wirtschaftsstrafrechts – trotz ihrer besonderen Bedeutung für die Wirtschaft – keinen Eingang in die folgende Abhandlung, da sie primär andere als ökonomische Ziele verfolgen. Fragen: 1. Warum ist eine abschließende Begriffsklärung des „Wirtschaftsrechts“ so schwierig? 2. Was versteht man unter den „konzentrischen Rechtskreisen“? 3. Welche Rechtsbeziehungen regelt das Wirtschaftsrecht? 4. Welche „klassischen“ Disziplinen des Wirtschaftsrechts gibt es? 5. Welche Definition des „Wirtschaftsrechts“ wurde für dieses Buch gewählt?

II.

Gliederung des Wirtschaftsrechts

Literatur: Binder, Wirtschaftsrecht2 (1999); Brohm, Strukturen der Wirtschaftsverwaltung. Organisationsformen und Gestaltungsmöglichkeiten im Wirtschaftsverwaltungsrecht (1969); Fröhler, Das Wirtschaftsrecht als Instrument der Wirtschaftspolitik (1969); Griller, Zur Systembildung im Wirtschaftsrecht (1989); Haller et al (Hrsg), FS-Winkler (1997); Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht2 Bd I (1953) und Bd II (1954); Kneihs, Verfassungs- und Allgemeines Verwaltungsrecht mit Schwerpunkt Wirtschaftsrecht (2005); Krüger, Staatsverfassung und Wirtschaftsverfassung, in Scheuner, Die staatliche Einwirkung auf die Wirtschaft. Wirtschaftsrechtliche Aufsätze 1946–1970 (1971) 125; Langer, Grundlagen einer internationalen Wirtschaftsverfassung. Strukturprinzipien, Typik und Perspektiven anhand von Europäischer Union und Welthandelsorganisation (1995); Raiser, Wirtschaftsverfassung als Rechtsproblem, in Scheuner, Die staatliche Einwirkung

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8

Gliederung des Wirtschaftsrechts

auf die Wirtschaft. Wirtschaftsrechtliche Aufsätze 1946–1970 (1971) 109; Raschauer (Hrsg), Österreichisches Wirtschaftsrecht2 (2003); ders, Wirtschaftsverfassungsrecht und Gemeinschaftsrecht, in Raschauer (Hrsg), Österreichisches Wirtschaftsrecht2 (2003) Rz 1 ff; Rinck/Schwarck, Wirtschaftsrecht. Wirtschaftsverfassung, Kartellrecht, Wettbewerbsrecht, Wirtschaftsverwaltung6 (1986); Schäffer, Europäische und nationale Wirtschaftsverfassung, FS-Winkler (1997) 933; Scheuner, Die staatliche Einwirkung auf die Wirtschaft. Wirtschaftsrechtliche Aufsätze 1946–1970 (1971); Schliesky, Öffentliches Wirtschaftsrecht (2000); Stober, Wirtschaftsverwaltungsrecht7 (1991); Vallender, Wirtschaftsfreiheit und begrenzte Staatsverantwortung. Grundzüge des Wirtschaftsverfassungs- und Wirtschaftsverwaltungsrechts3 (1995); Wenger, Grundriß des österreichischen Wirtschaftsrechts, Bd I, Allgemeine Grundlagen und Wirtschaftsverfassungsrecht (1989); Wimmer/Arnold, Wirtschaftsrecht in Österreich und seine europarechtliche Integration2 (1998).

1.

Wirtschaftsverfassung

Unter Wirtschaftsverfassung wird die Gesamtheit von Normen verstanden, die die Grundlage für eine bestimmte Wirtschaftsordnung bilden und – zusammen mit den auf ihnen beruhenden einfachen wirtschaftsrechtlichen Vorschriften – deren Funktionsfähigkeit garantieren. Kurz gefasst: Die Wirtschaftsverfassung ist die rechtliche Grundordnung der Wirtschaft. Zu unterscheiden ist formelles und materielles Wirtschaftsverfassungsrecht. IS einer integrativen Sichtweise deckt sich der Verfassungsbegriff nicht mit dem staatsrechtlichen, da er auch Regeln des Völker- und des Gemeinschaftsrechts umfasst (s weiterführend zum Begriff des Wirtschaftsverfassungsrechts Pkt C.I.). Im Zentrum des Wirtschaftsverfassungsrechts steht heute die grundlegende Sicherung von Markt und Wettbewerb. Das Recht der Wettbewerbssicherung betrifft ein Herzstück der Wirtschaftsordnung und stellt daher in seinen grundsätzlichen Regelungen materielles Wirtschaftsverfassungsrecht dar, das auch eine Richtschnur für den einfachen Gesetzgeber bildet.

2.

Wettbewerbssicherung

Das Ziel des Wettbewerbsrechts ist die Erhaltung eines funktionsfähigen Markts und eines fairen Wettbewerbs. Dieser kann zum einen durch individuelle Absprachen und Verhaltensweisen von Unternehmen, zum anderen durch wettbewerbsverzerrende staatliche Einflussnahme (staatlicher Interventionismus) gefährdet werden. In Zusammenwirken mit dem Wirtschaftspolizeirecht dient die Wettbewerbssicherung auch der Transparenz des Markts und ist damit Voraussetzung für eine rationale Kaufentscheidung des Konsumenten. Das Recht der Wettbewerbssicherung umfasst also zwei heterogene Bereiche mit gleicher Zielsetzung: – Zum einen das Kartell-, das Missbrauchsrecht, die Vorschriften betreffend die Unternehmensfusion und das Lauterkeitsrecht zur Verhinderung von Fehlentwicklungen, die durch die einzelnen Wirtschaftssubjekte verursacht werden; – zum anderen das Beihilfen- und Vergaberecht sowie das Recht der öffentlichen Unternehmen, die der Verhinderung von Wettbewerbsverfälschungen durch staatliche Fremdsteuerung dienen.

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Wirtschaftspolizei

3.

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Wirtschaftspolizei

Das Wirtschaftspolizeirecht dient der klassischen Gefahrenabwehr. Es soll sozial schädliches Verhalten der Wirtschaftstreibenden für Leben, Gesundheit und Vermögen (vor allem der Konsumenten und Nachbarn, aber auch der Gewerbetreibenden selbst) hintanhalten. Zudem dient das Wirtschaftspolizeirecht auch dem Schutz des Wettbewerbs, insb durch Sicherstellung der Fairness des Wettbewerbshandelns und der Transparenz des Wettbewerbsgeschehens. Das Wirtschaftspolizeirecht ist eine klassische Materie der Hoheitsverwaltung.

4.

Wirtschaftsaufsicht

Das Wirtschaftsaufsichtsrecht intensiviert die polizeiliche Aufsicht und versucht in systematischer Form, den Bestand der wirtschaftlichen Unternehmen zu schützen (Funktionsschutz iSd Sicherung der Funktionsfähigkeit bestimmter, für das gesamtwirtschaftliche Gefüge besonders wichtiger Unternehmungen wie Verkehrsbetriebe, Banken, etc; Gläubigerschutz und im 20. Jhdt zunehmend auch Konsumentenschutz und Umweltschutz). Das Instrumentarium der Wirtschaftsaufsicht reicht von der Konzession und der begleitenden Überwachung der Unternehmenstätigkeit über Genehmigungsvorbehalte, Auskunftsund Meldepflichten bis zu periodischen, fallweisen Kontrollen. Die zur Bewältigung dieser Aufgaben notwendige intensive Fachkenntnis der Behörden sowie der ständige Kooperationsprozess zwischen ihnen und dem beaufsichtigten Unternehmen hat zur Ausbildung eigener Fachaufsichtsorgane geführt. Ganz allgemein ist hinsichtlich der Unterscheidung zwischen Wirtschaftspolizeirecht und Wirtschaftsaufsichtsrecht festzuhalten, dass Ersteres die gesamte Palette von Gefahren, die sich aus dem Wirtschaftsleben für die Allgemeinheit aber auch für die Wirtschaft selbst ergeben können, umfasst. Die polizeilichen Abwehrmaßnahmen sind daher „unspezifisch“ und punktueller Natur. Das Wirtschaftsaufsichtsrecht hingegen engt das Gefahrenfeld auf den Funktionsschutz ein und kann gerade deshalb dieses so begrenzte Leistungsziel in systematischer und nachhaltiger Form verwirklichen.

5.

Wirtschaftslenkung

Das Wirtschaftslenkungsrecht ist aus der wirtschaftlichen Notwendigkeit des Ersten Weltkrieges entstanden. Es erfasst direkte und indirekte Lenkungsmittel. Bei der direkten Wirtschaftslenkung werden unternehmerische Entscheidungen durch staatliche Gebote und Verbote verdrängt. Beispiele für die direkte Lenkung sind die Bewirtschaftung (Krisenbewirtschaftung und permanente Bewirtschaftung), Marktordnungen und Preisregelungen. ISd aktuellen Deregulierung ist die direkte Lenkung als Mittel der Durchsetzung staatlicher Wirtschaftspolitik weitgehend in den Hintergrund getreten. Im Rahmen der indirekten Wirtschaftslenkung versucht der Staat, den Wirtschaftsablauf durch (positive oder negative) Anreize, die er durch die Veränderung von Plandaten auslöst, vornehmlich mit wirtschaftspolitischer Zielsetzung zu beeinflussen. Im Gegensatz zur direkten Lenkung bleibt hier die Dispositionsfreiheit der Unternehmer (Entscheidungen der Wirtschaftssubjekte über Angebot, Nachfrage und Preis) grundsätzlich erhalten.

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6.

Gliederung des Wirtschaftsrechts

Öffentliche Unternehmen

Angesichts der wirtschaftspolitischen Bedeutung der öffentlichen Unternehmen („Gestaltungsmittel der Verwaltung“) kann pragmatischerweise auch das Recht der öffentlichen Unternehmen zum Wirtschaftsrecht gezählt werden. Es handelt sich dabei um Unternehmen, an denen die öffentliche Hand eine qualifizierte Beteiligung besitzt (öffentliche Unternehmen im organisatorischen Sinn) oder die der Erfüllung eines öffentlichen Zweckes dienen (öffentliche Unternehmen im funktionalen Sinn). Solche Tätigkeiten im öffentlichen Interesse finden sich gehäuft im Rahmen der Daseinsvorsorge. Auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene spricht Art 86 Abs 2 EGV von „Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse“. Die Notwendigkeit ihrer Erbringung steht gesellschaftlich und politisch weitgehend außer Streit. Was die Form der Leistungsdarreichung betrifft, stehen die ursprünglich staatlichen Aufgabenträger unter einem immensen Wettbewerbs- und Privatisierungsdruck, der sich aus den einschlägigen EG-rechtlichen Rahmenbedingungen ergibt. Die Stellung der öffentlichen Unternehmen resultiert in Österreich aus der überragenden historischen Bedeutung der Verstaatlichten Industrie für den Wiederaufbau und die Konsolidierung unserer Wirtschaft nach 1945. Mit der öffentlichen Wirtschaft waren zahlreiche Privilegien (Monopolstellungen, staatliche Zuschüsse, Bevorzugung bei öffentlichen Aufträgen) verbunden. Der Beitritt Österreichs zur EU hat zur Auflösung dieses Sonderstatus geführt. Die nunmehr dominierenden Grundsätze der Wettbewerbsfreiheit, Marktöffnung und Liberalisierung haben das faktische Ende der öffentlichen Erwerbswirtschaft sowie eine weitgehende Umorganisation der öffentlichen Versorgungswirtschaft bewirkt. Die daraus resultierende Diskussion um die Kernbereiche der staatlichen Verantwortung ist derzeit voll im Gange.

7.

Zusammenfassung

a)

Vertikale Gliederung Wirtschaftsrecht als Begriff Öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Rechtsnormen, die die Ordnung und den Ablauf des Wirtschaftsverkehrs regeln. Die Normen sind völkerrechtlicher, gemeinschaftsrechtlicher und staatsrechtlicher Herkunft. ↓ Wirtschaftsverfassungsrecht Regelung der Grundlagen der Wirtschaftsordnung und deren Funktionsgarantien: Völkerrechtliche Grundsätze (zB Meistbegünstigungsprinzip, Inländerprinzip, Reziprozität) Marktwirtschaft als Verfassungsprinzip Gemeinschaftsrechtliche Grundfreiheiten und Grundrechte Innerstaatliche Grundprinzipien und Grundrechte Kompetenzverteilung ↓ Unterverfassungsgesetzliches Wirtschaftsrecht Leitet sich aus dem Wirtschaftsverfassungsrecht ab Wettbewerbssicherung (zT zum Wirtschaftsverfassungsrecht gehörig) Wirtschaftspolizei Wirtschaftsaufsicht Wirtschaftslenkung Recht der öffentlichen Unternehmen

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Sicherung eines „freien, fairen und lauteren“ Wettbewerbs

Schutz von Leben, Gesundheit und Vermögen des Einzelnen

Gewährleistung eines ordnungskonformen (funktionsgerechten) Verhaltens der Unternehmer Erreichung einzelner wirtschaftspolitischer Ziele

Kartellverbot, Fusionskontrolle, Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung, Verbot des unlauteren Wettbewerbs; Beihilfenund Vergaberegime Präventive und repressive polizeiliche Maßnahmen mit punktuellem Charakter

Systematische polizeiliche Maßnahmen, informelle Einwirkung auf die Unternehmensleitung

Direkte Lenkungsmaßnahmen (Bewirtschaftung, Preisregelung, Marktordnungen) und indirekte Lenkungsmaßnahmen (zB Beihilfen zur Regionalförderung)

Allgemeine Gefahrenabwehr; Sicherung einer Mindestqualität der Produkte

Funktions- und Bestandschutz in volkswirtschaftlich relevanten Bereichen

Staatliche Einflussnahme auf den Wirtschaftsablauf zwecks Erfüllung öffentlicher Interessen (insb wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischer Ziele)

Wirtschaftspolizei

Wirtschaftsaufsicht

Wirtschaftslenkung

Wirkung

Schutz von Markt und Wettbewerb gegenüber Verfälschungen und staatlicher Intervention

Instrumente

Unternehmen, Verbraucher

Volkswirtschaftlich relevante Unternehmen (zB Banken, Versicherungen, Verkehrsunternehmen, etc)

Private Unternehmen

Private Unternehmer; Bund, Länder, Gemeinden und öffentliche Unternehmen

Betroffene

b)

Wettbewerbssicherung

Ziel

Zusammenfassung 11

Horizontale Gliederung

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8.

Gliederung des Wirtschaftsrechts

Sonstige Gliederungsmöglichkeiten

Die Einteilung des Wirtschaftsrechts kann unter weiteren mannigfaltigen Gesichtspunkten erfolgen. Verwiesen sei zB auf die schon erwähnten konzentrischen Kreise des Wirtschaftsrechts. Darüber hinaus finden sich folgende Gliederungen: a)

Formelles – materielles Wirtschaftsverfassungsrecht

Diese Einteilung zielt auf die Rangordnung der einzelnen wirtschaftsrechtlichen Normen. Im Verfassungsrang stehende Rechtsvorschriften (zB Eigentumsrecht, Erwerbsfreiheit, Einheit des Währungs-, Wirtschafts- und Zollgebiets) werden auch als formelles Wirtschaftsverfassungsrecht bezeichnet und dem materiellen Wirtschaftsverfassungsrecht (einfachgesetzliche Vorschriften mit grundlegender Bedeutung zB Privatautonomie im ABGB) gegenübergestellt. b)

Formelles – materielles Wirtschaftsverwaltungsrecht

Das formelle Wirtschaftsverwaltungsrecht umfasst die Organisation der Wirtschaft, insb die Staatsverwaltung, die Gemeinden, die Verwaltungstätigkeit der Verbände und beliehener Unternehmer sowie sonstiger ausgegliederter Rechtsträger (einzelne Regulierungsbehörden). Weiters werden unter dem formellen Wirtschaftsverwaltungsrecht die für die zuständigen Behörden und Einrichtungen maßgeblichen Verfahrensbestimmungen (zB Betriebsanlagengenehmigungsverfahren, Vergabeverfahrensvorschriften) abgehandelt. Das materielle Wirtschaftsverwaltungsrecht beschäftigt sich mit dem Inhalt der einzelnen staatlichen Regelungsinstrumente und den von ihnen gestalteten Rechtsverhältnissen. Schon aufgrund der engen Verzahnung von formellem und materiellem Wirtschaftsrecht eignet sich diese Unterscheidung nur bedingt als Gliederungsschema. c)

Allgemeines – Besonderes Wirtschaftsverwaltungsrecht

Das Wirtschaftsrecht kann weiters in ein Allgemeines und ein Besonderes Wirtschaftsverwaltungsrecht gegliedert werden. – Das Erstere umfasst die allgemeinen Merkmale (Ziele, Instrumente, Organisation, Wirkung, Betroffene, s auch oben stehende horizontale Gliederung) der einzelnen Wirtschaftsverwaltungsrechtszweige (Wirtschaftsverwaltungsmaterien), durch die die Verwaltungsgesetze (zB Gewerbeordnung, Vereinsgesetz, Mineralrohstoffgesetz) zusammengefasst werden. – Der Besondere Teil des Wirtschaftsverwaltungsrechts beschäftigt sich mit den rechtlichen Vorschriften innerhalb einzelner Verwaltungszweige. Dazu werden in der Lehre jedenfalls gezählt: Kartellrecht, Missbrauchsrecht, Fusionskontrolle, Beihilfenrecht, Vergaberecht, Gewerberecht, Geld- und Kreditwesen, Energierecht, Preisrecht, Verkehrs- und Fremdenverkehrsrecht, Lebensmittelrecht, Bewirtschaftungsrecht, Konsumentenschutz, Recht der öffentlichen Unternehmen, etc. Im Letzten trifft jeder Autor seine eigene Auswahl (s etwa Holoubek/Potacs, Kneihs, Raschauer, RathKathrein/Weber, Wenger).

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Bipolarität des Wirtschaftsrechts

13

So gliedern zB Holoubek/Potacs in der bisher umfangreichsten Gesamtdarstellung das Besondere Verwaltungsrecht in Ordnungsrecht (Gewerberecht, Gewerbenebenrecht, Gewerblicher Rechtsschutz, Datenschutzrecht, Vereinsrecht, Privatunterrichtswesen und Fertigkeitsvermittlung, Tourismusrecht, Recht der freien Berufe, Krankenanstaltenrecht, Mineralrohstoffrecht), Regulierungsrecht (Kapitalmarktrecht, Bankrecht, Versicherungsaufsichtsrecht, Energiewirtschaftsrecht, Verkehrsrecht, Telekommunikationsrecht, Recht der Massenmedien, Postrecht, Öffentlich-rechtliche Aspekte des E-Commerce), Wirtschaftsrecht der öffentlichen Hand (Öffentliche Unternehmen, Monopolbetriebe), Produktrecht (Vermessungswesen, Technisches Sicherheitsrecht, Lebensmittelrecht, Tabakrecht, Gentechnikrecht, Abfallwirtschaftsrecht, Waffenrecht), Anlagenrecht (Gewerbliches Betriebsanlagenrecht, Umweltverträglichkeitsprüfung, Abfallbehandlungsanlagen, Naturschutzrecht, anlagenrelevante Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes, Bergbauanlagenrecht, Energieanlagenrecht) und Lenkungsrecht (Währungs- und Devisenrecht, Agrarmarktrecht, Preis- und Versorgungssicherungsrecht, Energielenkungs-, Erdölbevorratungs- und Melderecht, Lebensmittelbewirtschaftungsrecht). Fragen: 1. Wie gliedert sich das Recht der Wettbewerbssicherung? 2. Wie unterscheiden sich Wirtschaftspolizeirecht und Wirtschaftsaufsichtsrecht? 3. Worin liegt der Unterschied zwischen direkter und indirekter Wirtschaftslenkung? 4. Was sind öffentliche Unternehmen im organisatorischen, was im funktionalen Sinn? 5. Zählen sie einzelne Materien des Besonderen Wirtschaftsverwaltungsrechts auf.

III. Eigenarten des Wirtschaftsrechts Literatur: Fikentscher, Wirtschaftsrecht I. Weltwirtschaftsrecht, Europäisches Wirtschaftsrecht (1983); Griller/Korinek/Potacs (Hrsg), FS-Rill (1995); Korinek (Hrsg), FSWenger (1983); Raschauer, Gesetzmäßigkeitsgrundsatz und Wirtschaftsrecht, FS-Rill (1995) 515; Rill, Demokratie, Rechtsstaat und staatliche Privatwirtschaftsverwaltung, FSWenger (1983) 57; Schluep, Zum Wirtschaftsrecht. Eine Sammlung von Aufsätzen (1978); Wimmer/Arnold, Wirtschaftsrecht in Österreich und seine europarechtliche Integration2 (1998).

1.

Bipolarität des Wirtschaftsrechts

a)

Sicherung von Markt und Wettbewerb

Das Wirtschaftsrecht hat eine zweifache Funktion. Es schützt zunächst die Selbststeuerungsfähigkeit der einzelnen Wirtschaftssubjekte. Nach liberaler Auffassung garantiert eine auf Autonomie und Freiheit gegründete, lediglich den Gesetzlichkeiten des Markts unterworfene, wirtschaftliche Selbstbestimmungsordnung den optimalen Wirtschaftserfolg. Konsequent zu Ende gedacht bedürfte eine solche Wirtschaftsordnung überhaupt keines Wirtschaftsrechts. Seine Legitimation ergibt sich in der Praxis – und durchaus auch von der neoliberalen Richtung anerkannt – aus der Einsicht, dass ungebundene Freiheit sich selbst aufhebt.

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Bipolarität des Wirtschaftsrechts

13

So gliedern zB Holoubek/Potacs in der bisher umfangreichsten Gesamtdarstellung das Besondere Verwaltungsrecht in Ordnungsrecht (Gewerberecht, Gewerbenebenrecht, Gewerblicher Rechtsschutz, Datenschutzrecht, Vereinsrecht, Privatunterrichtswesen und Fertigkeitsvermittlung, Tourismusrecht, Recht der freien Berufe, Krankenanstaltenrecht, Mineralrohstoffrecht), Regulierungsrecht (Kapitalmarktrecht, Bankrecht, Versicherungsaufsichtsrecht, Energiewirtschaftsrecht, Verkehrsrecht, Telekommunikationsrecht, Recht der Massenmedien, Postrecht, Öffentlich-rechtliche Aspekte des E-Commerce), Wirtschaftsrecht der öffentlichen Hand (Öffentliche Unternehmen, Monopolbetriebe), Produktrecht (Vermessungswesen, Technisches Sicherheitsrecht, Lebensmittelrecht, Tabakrecht, Gentechnikrecht, Abfallwirtschaftsrecht, Waffenrecht), Anlagenrecht (Gewerbliches Betriebsanlagenrecht, Umweltverträglichkeitsprüfung, Abfallbehandlungsanlagen, Naturschutzrecht, anlagenrelevante Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes, Bergbauanlagenrecht, Energieanlagenrecht) und Lenkungsrecht (Währungs- und Devisenrecht, Agrarmarktrecht, Preis- und Versorgungssicherungsrecht, Energielenkungs-, Erdölbevorratungs- und Melderecht, Lebensmittelbewirtschaftungsrecht). Fragen: 1. Wie gliedert sich das Recht der Wettbewerbssicherung? 2. Wie unterscheiden sich Wirtschaftspolizeirecht und Wirtschaftsaufsichtsrecht? 3. Worin liegt der Unterschied zwischen direkter und indirekter Wirtschaftslenkung? 4. Was sind öffentliche Unternehmen im organisatorischen, was im funktionalen Sinn? 5. Zählen sie einzelne Materien des Besonderen Wirtschaftsverwaltungsrechts auf.

III. Eigenarten des Wirtschaftsrechts Literatur: Fikentscher, Wirtschaftsrecht I. Weltwirtschaftsrecht, Europäisches Wirtschaftsrecht (1983); Griller/Korinek/Potacs (Hrsg), FS-Rill (1995); Korinek (Hrsg), FSWenger (1983); Raschauer, Gesetzmäßigkeitsgrundsatz und Wirtschaftsrecht, FS-Rill (1995) 515; Rill, Demokratie, Rechtsstaat und staatliche Privatwirtschaftsverwaltung, FSWenger (1983) 57; Schluep, Zum Wirtschaftsrecht. Eine Sammlung von Aufsätzen (1978); Wimmer/Arnold, Wirtschaftsrecht in Österreich und seine europarechtliche Integration2 (1998).

1.

Bipolarität des Wirtschaftsrechts

a)

Sicherung von Markt und Wettbewerb

Das Wirtschaftsrecht hat eine zweifache Funktion. Es schützt zunächst die Selbststeuerungsfähigkeit der einzelnen Wirtschaftssubjekte. Nach liberaler Auffassung garantiert eine auf Autonomie und Freiheit gegründete, lediglich den Gesetzlichkeiten des Markts unterworfene, wirtschaftliche Selbstbestimmungsordnung den optimalen Wirtschaftserfolg. Konsequent zu Ende gedacht bedürfte eine solche Wirtschaftsordnung überhaupt keines Wirtschaftsrechts. Seine Legitimation ergibt sich in der Praxis – und durchaus auch von der neoliberalen Richtung anerkannt – aus der Einsicht, dass ungebundene Freiheit sich selbst aufhebt.

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Eigenarten des Wirtschaftsrechts

Angesichts der „selbstzerstörerischen Kräfte des Markts“, die vom Marktmissbrauch bis zur Kartellierung und Monopolisierung reichen, hat das Wirtschaftsrecht die Aufgabe, dem einzelnen Wirtschaftssubjekt eine Teilnahme an einem fairen Wettbewerb zu sichern. Das Recht hat also die (außerrechtliche) Steuerung durch den Wettbewerb zu ermöglichen und zu sichern. Nur so kann die Selbststeuerung in der Weise erhalten werden, dass sie nicht gegen sich selbst streitet. b)

Staatliche Fremdsteuerung

Im modernen Staat reicht die Funktion des Wirtschaftsrechts aber noch weiter. Die vom Staat gesetzten wirtschafts-, sozial- und kulturpolitischen Ziele sind mit alleiniger Marktkonformität der Wirtschaft nicht zu erreichen. Die Selbststeuerung des Markts muss deshalb durch staatliche Fremdsteuerung teilweise überlagert werden. Wirtschaftsrecht tritt hier als Interventionsrecht in Erscheinung, also als staatliche Lenkung der Wirtschaft, die Produktion und Konsumation gleichermaßen umfasst. In diesem Zusammenhang ist freilich festzuhalten, dass die letzten zwei Jahrzehnte, insb die Zeit nach dem EU-Beitritt, im Zeichen des Rückzugs des Staats (Ausgliederung, Privatisierung, Deregulierung, Marktorientierung, Public Private Partnership, etc) stehen und demgemäß eine Wiedererstarkung der Marktkräfte und der Eigentümerrechte festzustellen ist. Daran ändern auch partiell interventionistische Züge des EG-Rechts, wie etwa in der Landwirtschaft, nichts.

2.

Wirtschaftsrecht als Kompromiss

Das Wirtschaftsrecht ist nicht der einzige Bereich, in dem Konflikte zwischen Allgemeinwohl und Individualinteresse ausgetragen werden. Vor diese Aufgabe sind auch andere Gebiete der Rechtsordnung gestellt, so zB das Arbeitsrecht. Im Wirtschaftsrecht findet aber der Aufeinanderprall der Interessensgegensätze (etwa zwischen Eigentümer und Arbeitnehmer, Unternehmen und Konsumenten, etc) in besonders akzentuierter Form statt. ZT wird dabei das Ausgleichspotential des Wirtschaftsrechts überfordert. Konfliktschlichtung und Kompromissfindung – beides zur Aufrechterhaltung des sozialen Friedens unentbehrlich – werden auf den politischen Raum verwiesen. In Österreich bieten dazu die Interessenvertretungen und der von ihnen nach wie vor geführte sozialpartnerschaftliche Dialog eine wichtige Plattform, wenngleich der frühere dominierende Einfluss im Schwinden begriffen ist.

3.

Wirtschaftsrecht als instrumentelles und bewegliches Recht

Wirtschaftsrecht ist in weiten Bereichen als Reaktion auf jeweilige Mängel der Wirtschaftsordnung entstanden, deren Behebung aus allgemeinpolitischen Gründen als dringlich erachtet wurde. Diesen Charakter des „Maßnahmenrechts“, das aus einem konkreten Konfliktfall heraus geboren wird und nicht selbst die Lebensbereiche nach übergeordneten Rechtsprinzipien gestaltet, hat das Wirtschaftsrecht bis heute beibehalten. Wirtschaftsrecht ist insofern funktionales, technisches Recht und hat instrumentellen Charakter. Es mangelt ihm oftmals an durchgehenden Strukturprinzipien, durch die die Richtigkeit einer bestimmten Maßnahme beurteilt werden könnte. Zudem führt die Komple-

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Wirtschaftsrecht und Legalitätsprinzip

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xität der wirtschaftlichen Sachverhalte zu einer – auch von Fachleuten – oft nur mehr schwer überschaubaren Kasuistik. Als instrumentelles Recht ist Wirtschaftsrecht bewegliches Recht. Da die wirtschaftliche Lage sich rasch ändert, steht auch das Wirtschaftsrecht unter einem ständigen Anpassungsdruck. All dies widerspricht dem klassischen Charakter des Gesetzes. Nicht Abstraktheit, Generalität und Dauer bestimmen die Qualität des Wirtschaftsrechts, sondern Konkretheit, Spezialisierung und Kurzzeitigkeit.

4.

Wirtschaftsrecht und Legalitätsprinzip

Zwangsläufig gerät aus diesen Umständen das Wirtschaftsrecht in ein Spannungsverhältnis zu Art 18 B-VG. Dem klassischen materiellen Determinierungsgebot (Konditionalprogramme), das eine gewisse Statik der Lebenssachverhalte voraussetzt, kann das Wirtschaftsrecht nur mit Abstrichen entsprechen. An seine Stelle treten Zielprogrammierungen, die von der Wirtschaftsverwaltung mit entsprechendem Mitteleinsatz zu erfüllen sind. Ein Kennzeichen für die Verdünnung des materiellen Wirtschaftsrechts bilden auch die signifikanten Verordnungsermächtigungen, die oft nur schwer von formalgesetzlichen Delegationen abzugrenzen sind. Der VfGH hat allerdings die Vereinbarkeit der hiefür typischen unbestimmten Gesetzesbegriffe („volkswirtschaftliche Interessen“, „volkswirtschaftlich gerechtfertigter Preis“, „betriebswirtschaftliche Notwendigkeit“, „angemessenes Wirtschaftswachstum, etc) mit dem Legalitätsprinzip bejaht. Alle diese unbestimmten Gesetzesbegriffe müssen unter Zuhilfenahme wirtschaftswissenschaftlicher (volks- und betriebswirtschaftlicher) Erkenntnisquellen ausgelegt werden. Die Grenze der juristischen Beherrschbarkeit des Wirtschaftsrechts wird dabei sichtbar. Die Notwendigkeit, Sachbereichswissen in juristisches Vorverständnis umzusetzen, um den Bedeutungsgehalt einer Rechtsvorschrift zu ergründen, entspricht der teleologischen Auslegungsmethode, die im Wirtschaftsrecht von besonderer Bedeutung ist. Dahin gestellt sei, ob dies ausreicht, von einer eigenen wirtschaftsrechtlichen Methode zu sprechen. Sicher können dadurch die „normalen“ juristischen Auslegungsmethoden („Wortsinn“, historische und systematische Aus–legung) nicht ersetzt werden. Fragen: 1. Welche Funktionen erfüllt das Wirtschaftsrecht? 2. Braucht man vom Standpunkt des Liberalismus aus gesehen wirtschaftsrechtliche Regelungen? 3. Was bedeuten die Begriffe „instrumentell“ und „beweglich“ in Bezug auf das Wirtschaftsrecht? 4. Was ist der Unterschied zwischen Konditional- und Zielprogrammen? 5. Welche Folgen hat das Spannungsverhältnis zwischen Wirtschaftsrecht und Legalitätsprinzip?

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Literatur- und Internethinweise

IV. Literatur- und Internethinweise 1.

Grundlagenliteratur

a)

Wirtschaftsrecht

aa) Systeme und Lehrbücher Binder, Wirtschaftsrecht2 (1999). Brohm, Strukturen der Wirtschaftsverwaltung. Organisationsformen und Gestaltungsmöglichkeiten im Wirtschaftsverwaltungsrecht (1969). Fikentscher, Wirtschaftsrecht I. Weltwirtschaftsrecht, Europäisches Wirtschaftsrecht (1983). Fröhler/Oberndorfer, Das Wirtschaftsrecht als Instrument der Wirtschaftspolitik (1969). Holoubek/Potacs (Hrsg), Öffentliches Wirtschaftsrecht Bd 1 und 2 (2002). Huber, Wirtschaftsverwaltungsrecht2 Bd I (1953) und II (1954). Jarass, Wirtschaftsverwaltungsrecht und Wirtschaftsverfassungsrecht2 (1984). Raschauer (Hrsg), Österreichisches Wirtschaftsrecht2 (2003). Rinck/Schwark, Wirtschaftsrecht6 (1986). Schmidt (Hrsg), Kompendium öffentliches Wirtschaftsrecht (1997). Stober, Wirtschaftsverwaltungsrecht7 (1991). Vallender, Wirtschaftsfreiheit und begrenzte Staatsverantwortung. Grundzüge des Wirtschaftsverfassungs- und Wirtschaftsverwaltungsrechts3 (1995). Wenger, Grundriß des österreichischen Wirtschaftsrechts, Bd I, Allgemeine Grundlagen. Wirtschaftsverfassungsrecht (1989) und Bd II, Besonderes Wirtschaftsrecht (1990). Wimmer/Arnold, Wirtschaftsrecht in Österreich und seine europarechtliche Integration2 (1998).

bb) Monographien Griller, Zur Systembildung im Wirtschaftsrecht (1989). Kahl, Der öffentliche Personennahverkehr auf dem Weg zum Wettbewerb. Zugleich ein Beitrag zur Liberalisierung kommunaler Daseinsvorsorgeleistungen (2005). Korinek (Hrsg), Grundfragen des Wirtschaftslenkungsrechts (1982). Leitl, Die Regulierungsbehörden im österreichischen Recht (2006). Mayer, Staatsmonopole (1976). Morscher/Smekal, Kommunale Unternehmungen zwischen Eigenwirtschaftlichkeit und öffentlichem Auftrag (1982). Püttner, Die öffentlichen Unternehmen2 (1985). Rüfner, Formen öffentlicher Verwaltung im Bereich der Wirtschaft (1967). Stein, Die Wirtschaftsaufsicht (1967). Stolzlechner, Öffentliche Fonds. Eine Untersuchung ihrer verfassungs- und verwaltungsrechtlichen Hauptprobleme (1982). Wenger, Die öffentliche Unternehmung (1969). Wimmer/Kahl, Die öffentlichen Unternehmen im freien Markt (2001). Wimmer/Arnold/Bundschuh-Rieseneder, Grundriss des Wirtschaftspolizeirechts (2002).

b)

Europa- und Völkerrecht

Bieber/Epiney/Haag, Die Europäische Union6 (2005). Eilmansberger/Herzig/Jaeger/Thyri, Materielles Europarecht. Lehrbuch mit Originalquellen (2005). Griller, Europarecht (2006).

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Wichtige Links

17

Neuhold/Hummer/Schreuer, Österreichisches Handbuch des Völkerrechts. Band 14 (2004) und Band 24 (2004). Senti, WTO. Die heute geltende Welthandelsordnung5 (2005). Streinz, Europarecht7 (2005).

c)

Wirtschaftswissenschaften

Edling, Volkswirtschaftslehre – schnell erfasst (2006). Samuelson/Nordhaus, Volkswirtschaftslehre18 (2005). Vettiger, Einführung in die Betriebswirtschafts- und Managementlehre. Begriffe, Konzepte und aktuelle Beispiele (2006).

2.

Wichtige Links

a)

Österreich

– – – – – b)

Österreichisches Bundeskanzleramt: http://www.bka.gv.at Österreichisches Parlament: http://www.parlinkom.gv.at Österreichische Bundeswettbewerbsbehörde: http://www.bwb.gv.at Österreichischer Rechnungshof: http://www.rechnungshof.at/ Wirtschaftskammer Österreich: http://portal.wko.at/ Europäische Union

– Europäische Union: http://www.europa.eu.int – Europäischer Gerichtshof: http://curia.eu.int c) – – – – d)

Internationale Organisationen World Trade Organization: http://www.wto.org Internationaler Währungsfonds: http://www.imf.org Weltbank: http://www.worldbank.org OECD: http://www.oecd.org Suchmaschinen für Recht

– Europarecht (EUR-Lex): http://europa.eu.int/eur-lex/de/ – Europarecht (PreLex): http://www.europa.eu.int/prelex/apcnet.cfm?CL=de – Rechtsinformationssystem des Bundes: http://www.ris.bka.gv.at/

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B) Entwicklungslinien des Wirtschaftsrechts Rechtsschöpfung erfolgt nicht im luftleeren Raum. Das Recht ist – so wie man es von der Wahrheit behauptet – ein Kind seiner Zeit. Damit soll gesagt sein, dass Recht mit den jeweils herrschenden gesellschaftlichen Ordnungsvorstellungen und Bedürfnissen entsteht, wirksam wird und wieder vergeht. Der alte Rechtsbestand wird durch neues Recht ergänzt und abgelöst. Die Kenntnis der Metamorphosen des Rechts ist zugleich die Voraussetzung für das Verständnis des geltenden Rechts. So gesehen kann eine Darstellung des Wirtschaftsrechts auf einen geschichtlichen Abriss nicht verzichten. Er macht deutlich, dass sich die einzelnen Entwicklungsstadien wellenförmig ablösen. Offensichtliche Versäumnisse des Gesetzgebers werden durch neue legistische Anläufe beseitigt, von der Realität überholte Regelungskomplexe werden neu geordnet. Diese Dialektik der rechtlichen Gestaltung lässt sich im Wirtschaftsrecht besonders anschaulich an Hand des Gegensatzpaares von Sozialstaatlichkeit und Liberalismus beobachten. War bis vor wenigen Jahren Erstere das dominierende Leitbild auch des Wirtschaftsrechts, so reduziert sich der Staat in den letzten Jahren im Zeichen des Neo-Liberalismus zu einem Ausfallsbürgen, der der gesellschaftlich-wirtschaftlichen Entwicklung mit ihren desintegrativen Risken freien Lauf lässt. Wie kaum in einem anderen Rechtsgebiet hat daran der Übergang der Rechtssetzungssouveränität vom Staat zur internationalen Gemeinschaft einen dominierenden Anteil. In den nachstehenden Entwicklungslinien wird diese „Wachablöse“ des österreichischen Rechts durch europäisches und internationales Recht deutlich.

I. Entwicklung des österreichischen Wirtschaftsrechts bis zur Zweiten Republik Literatur: Ambrosius, Die historische Entwicklung der öffentlichen Daseinsvorsorge in Deutschland unter aktueller europäischer Perspektive, in Hrbek/Nettesheim (Hrsg), Europäische Union und mitgliedstaatliche Daseinsvorsorge (2002) 15; Bachinger et al, Grundriss der österreichischen Sozial- und Wirtschaftsgeschichte von 1848 bis zur Gegenwart4 (1991); Brauneder, Österreichische Verfassungsgeschichte9 (2003); Eigner/Helige (Hrsg), Österreichische Wirtschafts- und Sozialgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert (1999); Forsthoff, Die Verwaltung als Leistungsträger (1938); Hedemann, Deutsches Wirtschaftsrecht. Ein Grundriß (1939); Hrbek/Nettesheim (Hrsg), Europäische Union und mitgliedstaatliche Daseinsvorsorge (2002); Kulisch, System des Österreichischen Gewerberechts I2 (1912); Matis, Der Staat und die Wirtschaft, in Bachinger et al, Grundriss der österreichischen Sozial- und Wirtschaftsgeschichte von 1848 bis zur Gegenwart4 (1991) 35; Mayer, Staatsmonopole (1976); Sandgruber, Ökonomie und Politik. Österreichische Wirtschaftsgeschichte vom Mittelalter bis zur Gegenwart (1995); Tálos et al (Hrsg), Handbuch des politischen Systems Österreichs. Erste Republik 1918– 1933 (1995); Thienel, Verwaltungsverfahrensrecht3 (2004); Tremel, Wirtschafts- und So-

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Vorbemerkung

19

zialgeschichte (1969); Wenger, Grundriß des österreichischen Wirtschaftsrechts, Bd I, Allgemeine Grundlagen, Wirtschaftsverfassungsrecht (1989); Wimmer, Dynamische Verwaltungslehre (2004); Wimmer/Arnold, Wirtschaftsrecht in Österreich und seine europarechtliche Integration2 (1998).

1.

Vorbemerkung

Im Folgenden wird die Entwicklung des Wirtschaftsrechts aus österreichischer Sicht dargestellt. ISd erwähnten konzentrischen Kreise sind allerdings Ursachen und Maßnahmen der einzelnen Schritte nicht ausschließlich national bedingt, sondern oftmals das Ergebnis internationaler bzw regionaler Vereinbarungen oder auch faktischer Ereignisse (meist Krisen oder Katastrophen). So war in Bezug auf Erstere etwa die Lockerung der Bewirtschaftungsmaßnahmen nach 1945 auf das GATT-Regulativ, der Liberalisierungsschub des letzten Jahrzehnts auf den EU-Beitritt zurück zu führen, während die in den Fünfziger Jahren des vorigen Jhdts erfolgte Verschärfung der Wirtschaftslenkung der Korea-Krise und die in den Siebziger Jahren auch bei uns begonnene Erdölbevorratung der Ölkrise zu „verdanken“ sind. Die dadurch ebenfalls gefährdete Stabilität des Benzinpreises – eines der sensibelsten Themen in der Öffentlichkeit – wurde Jahrzehnte lang durch die amtliche Preisregelung geschützt. Trotz der inneren Verschränkung der regionalen, nationalen und internationalen Wirtschaftspolitik und der sich daraus ergebenden grundsätzlichen Übereinstimmung der wirtschaftsrechtlichen Entwicklung, werden aus didaktischen Gründen beide Entwicklungsstränge getrennt geschildert. Damit wird nicht zuletzt auch der Eigenständigkeit der österreichischen Wirtschaftsentwicklung Rechnung getragen, die trotz aller Internationalität bestehen bleibt.

2.

Liberale Tendenzen im 19. Jhdt

a)

Die liberale Idee

Der liberale Staat des 19. Jhdts fußte auf der Grundlage der Trennung von Staat und Gesellschaft. Der Gedanke einer umfassenden behördlichen Bevormundung der Wirtschaft, der va die vorangegangene Epoche des Merkantilismus geprägt hatte, war ihm fremd. ISd Liberalismus sollten die Wirtschaftsabläufe über Wettbewerb und Markt gesteuert werden. Wesentliche Voraussetzung dafür war eine liberale Wirtschaftsverfassung, insb die Verwirklichung des Prinzips der Gewerbefreiheit. Damit sollte va die Statik des Zunftwesens und die mit ihr verbundene latente Fortschrittsfeindlichkeit sowie Technikfurcht überwunden werden. Die Wirtschaft war durch die Industrialisierung, die fortschreitende Arbeitsteilung und gesellschaftliche Differenzierung zu komplex geworden, als dass sie noch durch staatlichen Dirigismus steuerbar gewesen wäre. Der Liberalismus zielte dementsprechend va auf eine Dezentralisierung der Entscheidungsgewalt ab, die nunmehr den einzelnen Unternehmern zugute kommen sollte, während sich der Staat aus der Wirtschaft herauszuhalten hatte („laissez faire, laissez aller!“) und ihm nur noch ganz bestimmte Aufgaben (Schutz der Gesellschaft, Sicherung der Rechtsordnung, sog „Nachtwächterstaat“) zukommen sollten.

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b)

Entwicklung des österreichischen Wirtschaftsrechts bis zur Zweiten Republik

Liberale Gesetzgebung

Gemäß der Gewerbeordnung 1859 (GewO 1859, Kaiserliches Patent vom 20.12.1859, RGBl 1859/227) sollten Zugang und Ausübung des Gewerbes grundsätzlich frei sein. Eingriffe in die Gewerbefreiheit wurden idR nur insofern vorgenommen, als Beeinträchtigungen allgemein anerkannter Rechtsgüter wie Leben, Gesundheit, Freiheit und Eigentum, zu verhindern waren. Es handelte sich dabei um typische Maßnahmen der polizeilichen Gefahrenabwehr im Interesse der Allgemeinheit (Wirtschaftspolizeirecht). Dementsprechend kannte die GewO 1859 nur zwei Gewerbearten: Die freien Gewerbe und daneben einige wenige konzessionierte Gewerbe aus polizeilichen Gründen. Ursprünglich waren es lediglich 14 konzessionierte Gewerbe, eine Zahl, die allerdings bald anwachsen sollte. Staatsinterventionistische Ziele, wie sie sich später in einer Reihe von Bedarfsprüfungen und sonstigen Zugangsbeschränkungen äußerten, waren der GewO 1859 fremd. Von ganz besonderer Bedeutung für eine zügige und freie Entfaltung der Wirtschaft war auch die grundsätzliche Anerkennung der Vertragsfreiheit und der mit ihr einhergehenden Privatautonomie im ABGB. Im Wege der Kodifizierung des Handelsrechts durch die Einführung des Allgemeinen Handelsgesetzbuches (RGBl 1863/1) wurden diese, für die freie Entfaltung der Wirtschaft wesentlichen, Prinzipien für das kaufmännische Leben näher präzisiert.

3.

Zunehmender Staatseinfluss

a)

Protektionismus in der zweiten Hälfte des 19. Jhdts

Die kurze Phase des Liberalismus, die in Österreich-Ungarn zu einem wahren Gründerboom führte, wurde durch den Börsenkrach von 1873 und dem damit verbundenen Konjunkturumschlag jäh beendet. „Auf eine Periode relativ großer wirtschaftlicher Freiheit folgte die Rückkehr zu einem Denken in zunftmäßigen Kategorien, zu staatlicher Reglementierung und einseitiger Förderung bestehender Kleinbetriebe als Ausfluss eines von mittelständischen Gedanken getragenen Protektionismus“ (Bachinger). Insb der Handwerksstand war durch den gewaltigen Aufschwung der Industrie stark ins Hintertreffen geraten. Die Gewerbeordnungsnovelle 1883 (RGBl 1883/39, Einführung des handwerksmäßigen Gewerbes als dritte Gewerbeart mit dem Erfordernis eines Befähigungsnachweises) aber auch die Novelle 1907 (RGBl 1907/26) sind als Versuch zu werten, den gewerblichen Mittelstand in seiner Funktion zu stützen. Die mit dem Börsenkrach ausgelöste krisenhafte Entwicklung bot den Anlass zur Verbesserung der staatlichen Wirtschaftsaufsicht, wie sie etwa durch das BörseG 1875, RGBl 1875/67 (Funktionssicherung der Börsen) und im Versicherungsregulativ, RGBl 1880/110 (Einführung der Staatsaufsicht über Versicherungsanstalten) angestrebt wurde. b)

Ausbau der öffentlichen Wirtschaft

Neben diesen ordnungspolitischen Aktivitäten, bei denen sich der Staat immerhin noch mit der Rolle eines neutralen Schiedsrichters begnügte, kam es schon in der zweiten Hälfte des 19. Jhdts zu einer zunehmenden Ausdehnung der staatlichen Eigenwirtschaft. Die öffentlichen Hände traten als Unternehmer –

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Ausbau der Wirtschaftslenkung im Ersten Weltkrieg

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unter Missachtung des Grundsatzes der Trennung von Staat und Wirtschaft – zunehmend in Konkurrenz mit der privaten Wirtschaft und bauten ihre Rolle als Träger der Versorgungswirtschaft sukzessive aus. Einen Schwerpunkt hierbei bildete der kommunale Sektor, wobei diesbezüglich auch sozialpolitische Erfordernisse maßgeblich waren. Diese Entwicklung wird in Österreich üblicherweise mit dem Namen Dr. Karl Lueger verknüpft. Als Bürgermeister der Stadt Wien in den Jahren 1897 bis 1910 verfolgte er eine Wirtschaftspolitik, die einem „kommunalen Sozialismus“ gleich kam. Maßgebliches Ziel dieser Politik war, die wichtigsten Einrichtungen des kommunalen Lebens privatem Gewinnstreben zu entziehen. So wurden Gas- und Elektrizitätswerke, Straßenbahnen, Bierbrauereien und Großgasthöfe „verstadtlicht“, weiters Altersheime, Krankenanstalten, Kindergärten, Parkanlagen, Friedhöfe durch die Stadt geschaffen sowie die Zentralsparkasse der Gemeinde Wien gegründet. Die schrittweise Übernahme neuer Verwaltungsaufgaben sollte später in ein System der Gemeinleistungen münden, das von Forsthoff treffend als Daseinsvorsorge umschrieben wurde. Durch die Entwicklung und den Ausbau der Kommunalwirtschaft schien die Garantie gegeben, dass die täglichen Grundbedürfnisse der Bürger, weitgehend unabhängig von der Frage der Kosten, gedeckt werden konnten.

4.

Ausbau der Wirtschaftslenkung im Ersten Weltkrieg

Auch der Erste Weltkrieg bewirkte keine Schrumpfung der Verwaltungsaufgaben. Im Gegenteil: Die kriegswirtschaftlichen Erfordernisse waren über den Markt nicht zu befriedigen und erzwangen einen massiven Eingriff des Staats in den Wirtschaftsablauf. Dies wiederum führte nicht nur zu einem quantitativen Zuwachs an Verwaltungsaufgaben, sondern auch zu einer qualitativen Aufwertung der Verwaltung, die sich im Zusammenwirken mit den Wirtschaftsverbänden zum neuen Lenkungsträger entwickelte. Grundlage dafür war das sog Kriegswirtschaftliche ErmächtigungsG, RGBl 1917/307, das der Regierung die Befugnis einräumte, durch Verordnung „die notwendigen Verfügungen zur Förderung und Wiederaufrichtung des wirtschaftlichen Lebens, zur Abwehr wirtschaftlicher Schädigungen und zur Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln und anderen Bedarfsgegenständen zu treffen“. Insgesamt wurden bis zum Kriegsende über 700 Lenkungsverordnungen erlassen, die faktisch den gesamten Wirtschaftsablauf, soweit er kriegserheblich war, betrafen. Alle diese Maßnahmen der direkten Wirtschaftslenkung gingen über den Gedanken der verwaltungspolizeilichen Gefahrenabwehr hinaus und bewirkten Änderungen des Wirtschaftsablaufs selbst, indem sie zentrale Entscheidungen der Wirtschaftssubjekte über Angebot, Nachfrage und Preis imperativ festlegten. Mit diesem, zumindest seinen massiven und systematischen Einsatz betreffend, neuen Regelungstypus wurde nicht nur die Verwaltung qualitativ aufgewertet, sondern auch das liberale Konzept der Trennung von Staat und Wirtschaft durchbrochen. Das schon bislang vorhandene Wirtschaftsrecht bekam quantitativ und qualitativ eine völlig neue Dimension und wurde auch in dog-

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Entwicklung des österreichischen Wirtschaftsrechts bis zur Zweiten Republik

matischer Hinsicht als eigener Gegenstand behandelt (dazu oben A.I.1.). Angesichts der lang nachwirkenden Folgen dieser Entwicklung ist es auch heute noch vertretbar, in der Kriegswirtschaft die eigentliche Geburtsstunde des modernen Wirtschaftsrechts zu erblicken.

5.

Die Erste Republik

a)

Kriegsfolgen und Sanierungsbemühungen

Das Ende des Ersten Weltkriegs bedeutete zugleich die Zerschlagung der Monarchie. Der verbliebene „Rest Österreich“ stand daher vor der dringlichen Aufgabe, eine sinnvolle, auf die Bedürfnisse eines Kleinstaats ausgerichtete, Wirtschaftsstruktur aufzubauen, was angesichts fehlender Rohstoffquellen, inflationärer Entwicklungen, Kapitalmangel und fehlender Investitionsmöglichkeiten nicht im erforderlichen Ausmaß gelang. Angesichts der steigenden Arbeitslosigkeit, des Massenelends und insb der Lebensmittel- und Rohstoffknappheit war an eine Frontbegradigung des Staatseinflusses und damit an einen Rückbau der Verwaltung nicht zu denken. So machte die schwierige Situation der Lebensmittel- und Rohstoffversorgung die Fortführung staatlicher Steuerungsmaßnahmen notwendig. Hinzu trat der starke politische Einfluss der Sozialdemokratie zu Beginn der Ersten Republik, welcher zu einer intensiven Sozialisierungsdebatte führte, die letztlich allerdings nur bescheidene Erfolge zeitigte. Nachdem man die Hoffnung aufgegeben hatte, den besonders bedrohlichen Geldwertverfall aus eigener Kraft einzudämmen, sah man in einer finanziellen Hilfe des Auslands den einzigen „Ausweg aus dem Inflationsdilemma“ (Bachinger). Tatsächlich gelang es nach mehreren vergeblichen Anläufen, den Völkerbund zur Gewährung einer Sanierungsanleihe zu bewegen. Voraussetzung dafür war eine umfassende Verwaltungsreform, die sich im Bereich der Hoheitsverwaltung in der Erlassung der Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetze manifestierte (BGBl 1925/273) und hinsichtlich der staatlichen Wirtschaft zur Erlassung des WiederaufbauG (BGBl 1922/843) führte. Die Konsolidierungsbemühungen der Regierung äußerten sich ua im Abbau von 100.000 Staatsangestellten und letztlich in der Beseitigung der Haushaltsdefizite. Mit dem Zurückdrängen der Inflation war auch die Währungsstabilität nicht mehr bedroht. Durch die Konsolidierung der Währung und der Staatsfinanzen wurde aber keine Gesundung der Wirtschaft bewirkt. Denn die allein gelassenen Kräfte des Markts waren zu schwach, die erforderliche Anpassung der Wirtschaftsstrukturen zu bewältigen und die notwendigen Arbeitsplätze zu schaffen. Verstärkt wurden diese negativen Tendenzen noch durch den Ausbruch der Wirtschaftskrise im Jahr 1929 in den USA, die sich auch auf die europäischen Volkswirtschaften ausbreitete (sog Weltwirtschaftskrise). Mit der Ausrufung des Ständestaats im Jahr 1934 wurden die demokratischen Institutionen beseitigt, mit dem widerstandslosen „Anschluss“ an das Deutsche Reich war das Ende der staatlichen Souveränität Österreichs gekommen. Beides kann wohl nur auf dem Hintergrund der Zerstörung der Wirtschaft und damit der Existenzbasis der Menschen verstanden werden.

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Der „Anschluss“ und der Zweite Weltkrieg

b)

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Wettbewerbsbeschränkungen

Die bereits in der Spätphase der Monarchie anzutreffenden Tendenzen zur Beschränkung der liberalen Gewerbefreiheit fanden in der Krise der Dreißiger Jahre ihre Fortsetzung. Vorrangig um das Kleingewerbe und den Kleinhandel vor ruinösem Wettbewerb zu schützen, wurde durch die Verordnung BGBl 1933/84 eine allgemeine Gewerbesperre verhängt. Dieser zunächst nur als Provisorium gedachten Anordnung folgte das UntersagungsG, BGBl II 1934/323. Dieses verpflichtete die Gewerbebehörden, die Eröffnung eines neuen Gewerbebetriebs zu untersagen, wenn dieser den Wettbewerb in wirtschaftlich ungesunder Weise beeinflussen würde. Dadurch sollten va die bestehenden (Klein-) Gewerbe in ihrem Bestand geschützt werden. Beide Rechtsvorschriften sprengten allerdings als wirtschaftslenkende Maßnahmen nicht nur die Grenzen des Gewerberechts, sondern stellten auch eine verfassungswidrige Suspendierung des Grundrechts auf freie Erwerbsbetätigung dar. c)

Ansätze zum Verbändestaat

Kennzeichnend für die Erste Republik ist weiters die zunehmende Betrauung der Kammern mit Wirtschaftslenkungsaufgaben. So bekamen die neu geschaffenen Arbeiterkammern neben den Handelskammern Mitwirkungsrechte an der staatlichen Wirtschaftsverwaltung. Von besonderer Bedeutung waren dabei die den Kammern eingeräumten Vorschlags- bzw Entsendungsrechte in kollegiale Vollzugsorgane der Wirtschaftsverwaltung. Damit konnte sowohl dem Erfordernis einer möglichst effizienten und sachorientierten Erledigung von Verwaltungsaufgaben als auch dem Bedürfnis nach nachhaltiger Repräsentation der Interessenvertretungen Rechnung getragen werden. Die solcher Art geschaffenen Ansätze zum Verbändestaat sollten zunächst schon in der ständestaatlichen Verfassung eine zusätzliche Akzentuierung erfahren und nach 1945 einen maßgeblichen Beitrag zur Entwicklung der Sozialpartnerschaft bilden.

6.

Der „Anschluss“ und der Zweite Weltkrieg

a)

Wirtschaft im totalitären Staat

Der „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich und die folgende Einführung deutschen Rechts drückten sich ua in einer ständig zunehmenden Wirtschaftslenkung aus, die letztlich in ein dem Führerprinzip unterworfenes, allumfassendes Bewirtschaftungssystem mündete. Die Gründe dafür lagen nicht nur im totalitären Anspruch des Systems („Staat als Herr und Verwalter der Wirtschaft“ – Hedemann) sondern überdies in der sich zuspitzenden kriegsbedingten Krise. b)

Wirtschaftsrecht im Dritten Reich

Die Organisation der Wirtschaft stand unter dem Gedanken der Gleichschaltung und führte zur Eingliederung der gewerblichen Wirtschaft in Reichs-, Wirtschafts-, Fachgruppen, etc. Damit wurden die Wirtschaftsverbände dem

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Entwicklung des österreichischen Wirtschaftsrechts in der Zweiten Republik

Führerprinzip unterstellt. In Industriezweigen mit zentraler kriegswirtschaftlicher Bedeutung errichtete auch der Staat selbst Betriebe, wie zB die Reichswerke Hermann Göring, die nachmalige VOEST. Das rechtstechnische Mittel der Gleichschaltung in materieller Hinsicht war die Erlassung einer großen Anzahl von Bewirtschaftungsmaßnahmen auf der Grundlage der Verordnung vom 4.9.1934 über den Warenverkehr, dRGBl I 816, die den Reichsminister ermächtigte, „Beschaffung, Verteilung, Lagerung, Absatz, Verbrauch und Fertigung“ von Waren zu regeln. Zwecks Stabilisierung der Wirtschaft – insb gegenüber erheblichen Preisauftrieben – wurden Preisund Lohnstopps verhängt. Die Verletzung dieser Gebote war mit drastischen Strafen bedroht (nach oben unbegrenzte Geldstrafen, Gefängnis- bzw Zuchthausstrafen). Die Landwirtschaft wurde im Reichsnährstand zusammengefasst. Die ihr zu Grunde liegenden landwirtschaftlichen Marktordnungen fanden in ihren Grundzügen auch in die Zweite Republik Eingang. Fragen: 1. Schildern Sie die Ideen des Liberalismus. 2. Welche gesetzgeberischen Konsequenzen folgten aus dem Liberalismus? 3. Welche Entwicklungen prägten das Wirtschaftsrecht ab der zweiten Hälfte des 19. Jhdts? 4. Was war das „Kriegswirtschaftliche ErmächtigungsG“? 5. Was versteht man unter dem Begriff der „Daseinsvorsorge“? 6. Vor welchen Herausforderungen stand die Erste Republik in wirtschaftlicher Hinsicht? 7. Was versteht man unter einem „Verbändestaat“? 8. Wie war die Wirtschaft im Dritten Reich organisiert?

II. Entwicklung des österreichischen Wirtschaftsrechts in der Zweiten Republik Literatur: Bachinger et al, Grundriss der österreichischen Sozial- und Wirtschaftsgeschichte von 1848 bis zur Gegenwart4 (1991); Brauneder, Österreichische Verfassungsgeschichte9 (2003); Eigner/Helige (Hrsg), Österreichische Wirtschafts- und Sozialgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert (1999); Gerlich/Grande/Müller (Hrsg), Sozialpartnerschaft in der Krise (1985); Hrbek/Nettesheim (Hrsg), Europäische Union und mitgliedstaatliche Daseinsvorsorge (2002); Potacs, Öffentliche Unternehmen, in Raschauer (Hrsg), Österreichisches Wirtschaftsrecht2 (2003) Rz 901; Raschauer (Hrsg), Österreichisches Wirtschaftsrecht2 (2003); Riemer, Änderungen im ÖIAG-Konzern, ÖZW 1993, 9; ders, Die Aufhebung des ÖIAG-Konzerns und die Privatisierung, ÖZW 1995, 104; Roth, ÖIAG. Politischer Einfluß und konzernrechtliche Herrschaft, RdW 1986, 67; Sandgruber, Ökonomie und Politik. Österreichische Wirtschaftsgeschichte vom Mittelalter bis zur Gegenwart (1995); Sozialwissenschaftliche Arbeitsgemeinschaft (Hrsg), Österreichs Sozialpartnerschaft im Europa der Gemeinschaften (1993); Tálos (Hrsg), Sozialpartnerschaft. Kontinuität und Wandel eines Modells (1993); Tautscher, Wirtschaftsgeschichte Österreichs auf der Grundlage abendländischer Kulturgeschichte (1974); Tremel, Wirtschaftsund Sozialgeschichte (1969); Wenger, Grundriß des österreichischen Wirtschaftsrechts I.

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Entwicklung des österreichischen Wirtschaftsrechts in der Zweiten Republik

Führerprinzip unterstellt. In Industriezweigen mit zentraler kriegswirtschaftlicher Bedeutung errichtete auch der Staat selbst Betriebe, wie zB die Reichswerke Hermann Göring, die nachmalige VOEST. Das rechtstechnische Mittel der Gleichschaltung in materieller Hinsicht war die Erlassung einer großen Anzahl von Bewirtschaftungsmaßnahmen auf der Grundlage der Verordnung vom 4.9.1934 über den Warenverkehr, dRGBl I 816, die den Reichsminister ermächtigte, „Beschaffung, Verteilung, Lagerung, Absatz, Verbrauch und Fertigung“ von Waren zu regeln. Zwecks Stabilisierung der Wirtschaft – insb gegenüber erheblichen Preisauftrieben – wurden Preisund Lohnstopps verhängt. Die Verletzung dieser Gebote war mit drastischen Strafen bedroht (nach oben unbegrenzte Geldstrafen, Gefängnis- bzw Zuchthausstrafen). Die Landwirtschaft wurde im Reichsnährstand zusammengefasst. Die ihr zu Grunde liegenden landwirtschaftlichen Marktordnungen fanden in ihren Grundzügen auch in die Zweite Republik Eingang. Fragen: 1. Schildern Sie die Ideen des Liberalismus. 2. Welche gesetzgeberischen Konsequenzen folgten aus dem Liberalismus? 3. Welche Entwicklungen prägten das Wirtschaftsrecht ab der zweiten Hälfte des 19. Jhdts? 4. Was war das „Kriegswirtschaftliche ErmächtigungsG“? 5. Was versteht man unter dem Begriff der „Daseinsvorsorge“? 6. Vor welchen Herausforderungen stand die Erste Republik in wirtschaftlicher Hinsicht? 7. Was versteht man unter einem „Verbändestaat“? 8. Wie war die Wirtschaft im Dritten Reich organisiert?

II. Entwicklung des österreichischen Wirtschaftsrechts in der Zweiten Republik Literatur: Bachinger et al, Grundriss der österreichischen Sozial- und Wirtschaftsgeschichte von 1848 bis zur Gegenwart4 (1991); Brauneder, Österreichische Verfassungsgeschichte9 (2003); Eigner/Helige (Hrsg), Österreichische Wirtschafts- und Sozialgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert (1999); Gerlich/Grande/Müller (Hrsg), Sozialpartnerschaft in der Krise (1985); Hrbek/Nettesheim (Hrsg), Europäische Union und mitgliedstaatliche Daseinsvorsorge (2002); Potacs, Öffentliche Unternehmen, in Raschauer (Hrsg), Österreichisches Wirtschaftsrecht2 (2003) Rz 901; Raschauer (Hrsg), Österreichisches Wirtschaftsrecht2 (2003); Riemer, Änderungen im ÖIAG-Konzern, ÖZW 1993, 9; ders, Die Aufhebung des ÖIAG-Konzerns und die Privatisierung, ÖZW 1995, 104; Roth, ÖIAG. Politischer Einfluß und konzernrechtliche Herrschaft, RdW 1986, 67; Sandgruber, Ökonomie und Politik. Österreichische Wirtschaftsgeschichte vom Mittelalter bis zur Gegenwart (1995); Sozialwissenschaftliche Arbeitsgemeinschaft (Hrsg), Österreichs Sozialpartnerschaft im Europa der Gemeinschaften (1993); Tálos (Hrsg), Sozialpartnerschaft. Kontinuität und Wandel eines Modells (1993); Tautscher, Wirtschaftsgeschichte Österreichs auf der Grundlage abendländischer Kulturgeschichte (1974); Tremel, Wirtschaftsund Sozialgeschichte (1969); Wenger, Grundriß des österreichischen Wirtschaftsrechts I.

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Besatzung und internationale Hilfe

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Allgemeine Grundlagen, Wirtschaftsverfassungsrecht (1989); Wimmer, Dynamische Verwaltungslehre (2004); Wimmer/Arnold, Wirtschaftsrecht in Österreich und seine europarechtliche Integration2 (1998); Wimmer/Kahl, Die öffentlichen Unternehmen im freien Markt (2001).

1.

Besatzung und internationale Hilfe

Die Lage nach 1945 war ähnlich trist wie nach dem Ersten Weltkrieg. Hungersnot, Rohstoffmangel, Währungsprobleme, Zerstörung von Industrieanlagen und Infrastruktur (Eisenbahnanlagen, Straßen, Brücken, etc) wurden zusätzlich noch verschärft durch die Besetzung Österreichs durch die Siegermächte (Vereinigte Staaten, Sowjetunion, England, Frankreich). Neben allgemeinen Erschwernissen, wie insb der Beeinträchtigung der Einheit des Wirtschaftsgebietes durch die Schaffung von vier Besatzungszonen, den hohen Besatzungskosten, der Requisition von Transportmitteln usw, war die Wirtschaftslage in der Sowjetzone, also im Osten des Landes, durch das Problem des sog Deutschen Eigentums belastet. Im Potsdamer Abkommen hatten die Besatzungsmächte das Deutsche Eigentum in Österreich in ihren jeweiligen Besatzungszonen für sich in Anspruch genommen. Während in der Folge die Westmächte das Deutsche Eigentum den österreichischen Behörden zur Verwaltung überließen, beschlagnahmte die Sowjetunion in ihrer Zone das deutsche Vermögen und überführte es in ihre eigene Verwaltung. Dabei handelte es sich um mehr als 300 industrielle und ca 140 landwirtschaftliche Betriebe, die in zwei Konzerne zusammengefasst wurden: USIA – Verwaltung sowjetischer Güter in Österreich und SMV – Sowjetische Mineralölverwaltung. Diese Betriebe beschäftigten insgesamt 50.000 Personen. Der wesentliche Nachteil der Beschlagnahme bestand für Österreich darin, dass die betreffenden Betriebe keine Steuern zu entrichten hatten und ihre Gewinne weitgehend ins Ausland transferierten. Erst mit dem Staatsvertrag, BGBl 1955/152, wurden diese Betriebe gegen beachtliche Ablöseleistungen in das Eigentum der Republik Österreich übertragen. Ihre Wiedereingliederung war mit großen organisatorischen Schwierigkeiten verbunden. Trotz dieser negativen Aspekte erfolgte die Gesundung der österreichischen Wirtschaft – im Gegensatz zur Ersten Republik – in großen Schritten. Im Wesentlichen trugen dazu zum einen die bejahende Einstellung der Bevölkerung zum neuen Staat und zum anderen ein weltweiter Wirtschaftsaufschwung sowie die internationale Hilfe (sog Marshall-Plan und die damit zusammenhängende ERP-Hilfe [European Recovery Program]) bei, die Österreich in der unmittelbaren Nachkriegszeit bzw in der Wiederaufbauphase gewährt wurde. Insb die dadurch ermöglichten Subventionen an Unternehmen in Form von zinsgünstigen Darlehen kamen letztlich einer allgemeinen Konsolidierung und einem raschen Wirtschaftswachstum zu Gute. Alle diese Faktoren führten in den Fünfziger Jahren zu einem noch nie da gewesenen Aufschwung (Wirtschaftswunder), mit dem es gelang, an das ökonomische Niveau westlicher Industriestaaten anzuschließen.

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2.

Entwicklung des österreichischen Wirtschaftsrechts in der Zweiten Republik

Sozialpartnerschaft

Der Sozialpartnerschaft kommt in Österreich nach wie vor bei der Erarbeitung wirtschaftspolitischer Entscheidungen, deren Umsetzung in legistische Maßnahmen und auch bei der Gewährleistung deren faktischer Akzeptanz eine besondere Bedeutung zu. Sie hat mithin einen wesentlichen Anteil daran, dass staatlich verordnete Wirtschaftspolitik auch tatsächlich greift und bildet somit einen konstitutiven Rahmen unserer Wirtschaftsordnung. Organisatorisch ist die Sozialpartnerschaft – nicht durch Gesetz, sondern durch freie Übereinkunft der Verbände – in der „Paritätischen Kommission für Preis- und Lohnfragen“ verankert. Sie wird, wie ihr Name schon aussagt, von den Arbeitgebern und Arbeitnehmern durch die vier großen Interessenvertretungen des Wirtschafts- und Soziallebens (Wirtschaftskammer Österreich, Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs, Bundesarbeitskammer und Österreichischer Gewerkschaftsbund) paritätisch besetzt. Seit ihrer Gründung im Jahr 1957 bildete die Paritätische Kommission das wichtigste Diskussionsforum für Interessenverbände und Regierung über wirtschafts- und sozialpolitische Fragen insgesamt. Trotz der fehlenden rechtlichen Absicherung entsprach das faktische Gewicht der Beschlüsse dieser Kommission durchaus gesetzlichen Anordnungen, was der politischen Potenz der betroffenen Interessenverbände entspricht. Der allgemeine Stellenwert der sog „Paritätischen“ zeigte sich auch darin, dass wirtschaftspolitische Maßnahmen des Gesetzgebers erst nach einer entsprechenden „Abstimmung“ mit den Sozialpartnern erlassen werden konnten. Spätestens mit Beginn der Neunziger Jahre haben das in Österreich dominierende Verbändesystem und damit auch die Sozialpartnerschaft einen wesentlichen Bedeutungsverlust erfahren. Dieser äußerte sich etwa in der heftigen Diskussion um die Pflichtmitgliedschaft bei den Kammern. Die Gründe dieser Krise der Verbände und der Sozialpartnerschaft liegen nicht nur in den allgemeinen Deregulierungstendenzen, die insgesamt zu einer Zurückdrängung der Einflussbereiche des Staats und der Verbände geführt haben, sondern auch in der zunehmenden Internationalisierung der österreichischen Wirtschaft und insb im Beitritt Österreichs zur EU. Der verstärkte Wettbewerbsdruck von außen und der Übergang wichtiger Entscheidungskompetenzen in der Wirtschaftspolitik auf Organe der Europäischen Gemeinschaft schränken den Handlungsspielraum innerstaatlicher Wirtschaftspolitik und damit die Möglichkeit unmittelbarer Einflussnahme der österreichischen Sozialpartner auf die Politikgestaltung ein. Dazu kommt, dass nach den Spielregeln der Union den Verbänden in keiner Weise jener dominante Einfluss auf die Politik und Normsetzung zukommt, welcher für das österreichische System typisch ist. Aus europäischer Sicht bilden nämlich die nationalen und internationalen Arbeitgeberund Arbeitnehmerverbände in Brüssel nur einzelne neben vielen Lobbies. Aus heutiger Sicht kann festgestellt werden, dass sich der Einfluss der Sozialpartnerschaft auf die Regierungspolitik, wenngleich in stark reduzierter Form, stabilisieren konnte. Sohin stellt die Sozialpartnerschaft auch heute die mit Abstand wichtigste Plattform für eine kooperative Interessenpolitik dar.

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Wirtschaftslenkung

3.

Wirtschaftslenkung

a)

Lockerung der direkten Wirtschaftslenkung

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aa) Krisenbewirtschaftung und Preisregelung Bald nach Ende des Zweiten Weltkriegs konnte man daran gehen, einzelne Bereiche der direkten Wirtschaftslenkung, wie insb die Rohstoff- und Warenverkehrslenkung, weitgehend abzubauen. Damit verblieben als wichtigste Lenkungsbereiche noch die Krisenbewirtschaftung, die Außenhandels- und Devisenlenkung, die Preisregelung und die landwirtschaftlichen Marktordnungen. Von all diesen Bereichen ist bis heute im Wesentlichen nur mehr die Krisenbewirtschaftung in Geltung belassen worden. Die Preisregelung wurde systematisch auf einzelne Bedarfsgüter zurückgedrängt, zB auf Treibstoffe und einzelne Grundnahrungsmittel (Schwarzbrot, Milch, maschinell gefertigte Semmeln). Das PreisG 1992 brachte eine weitere Reduktion auf Arzneimittel, elektrische Energie, Gas und Fernwärme. Mit dem EU-Beitritt entfielen weitgehend auch diese Beschränkungen der freien Preisbildung und verengten sich die Spielräume für eine hoheitliche Preisfestsetzung weiter. Preisregelungen sind insb an der Warenverkehrsfreiheit des EGV (Art 28 ff EGV) zu prüfen. Sie können uU Maßnahmen gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Beschränkung darstellen und dementsprechend gemeinschaftswidrig sein. Beispielsweise verstößt die derzeit geplante Festsetzung von Mindestpreisen für Zigaretten in Österreich nach Meinung der Kommission gegen das Gemeinschaftsrecht. bb) Außenhandelslenkung Die Außenhandelslenkung, die den grenzüberschreitenden Handelsverkehr imperativen Beschränkungen unterwarf (Aus- und Einfuhrverbote, mengenmäßige Beschränkungen und Bewilligungspflichten) und so Richtung und Umfang der zwischenstaatlichen Handelsströme steuerte, hat mit dem EU-Beitritt eine grundlegende Änderung erfahren. Der innergemeinschaftliche Handel, also der Handel zwischen den Mitgliedstaaten der EU, wird heute vom Grundsatz der Warenverkehrsfreiheit gem der Art 28 ff EGV beherrscht, der mengenmäßige Beschränkungen oder Maßnahmen gleicher Wirkung verbietet. Die Regelung des Handelsverkehrs mit Drittstaaten (Zoll- und Handelsabkommen, Ausfuhrpolitik, handelspolitische Schutzmaßnahmen, etc) fällt primär in die Zuständigkeit der Gemeinschaft (sog Gemeinsame Handelspolitik, Art 133 EGV). cc) Devisenbewirtschaftung Ein wichtiger Bereich der direkten Lenkung war weiters die Devisenbewirtschaftung, die den Verkehr mit Devisen dem Erfordernis einer bescheidmäßigen Bewilligung durch die Österreichische Nationalbank unterwarf. Damit sollten gefährliche Devisenengpässe bewältigt bzw bedenkliche Devisenzuflüsse abgewehrt werden. Auch diese Maßnahmen gehören spätestens seit dem Beitritt

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Entwicklung des österreichischen Wirtschaftsrechts in der Zweiten Republik

Österreichs zur EU der Vergangenheit an. Denn gemäß Art 56 EGV sind Beschränkungen des internationalen Kapital- und Zahlungsverkehrs grundsätzlich verboten (Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit). Das Devisenrecht ist nunmehr vollständig liberalisiert und die Steuerung des Devisenflusses selbst ist Gemeinschaftsaufgabe. dd) Agrarmarktordnungen Ein wesentlicher Bereich der direkten Lenkung in Österreich waren auch die Agrarmarktordnungen (Milch-, Getreide-, Vieh- und Fleischmarkt). Die Marktordnungen bestanden aus einem dichten System direkter und indirekter Lenkungsinstrumente wie Produktions-, Lagerhaltungs-, Verteilungs-, Importund Export-, Preis- und Ausgleichsregelungen. Ziel der damit verbundenen faktischen Beseitigung des Wettbewerbs war zum einen die Sicherung der Versorgung der Bevölkerung mit Agrarprodukten, zum anderen die Existenzsicherung der Bauern. An die Stelle der österreichischen Marktordnungen sind heute die Marktordnungen der Gemeinschaft („Marktorganisationen“) getreten. Sie erfassen mehr als 90% der Agrarerzeugnisse und reichen von Milchprodukten über Getreide und Fleisch bis hin zu Bananen. Auch bei den Marktorganisationen stehen die Stützung des Bauernstandes und die Bewältigung des agrarischen Überschusses im Zentrum der Bemühungen. Ergänzt wird diese Agrarmarktpolitik durch die Europäische Agrarstrukturpolitik, die im Wesentlichen eine Reduktion des Angebots an landwirtschaftlichen Produkten bezweckt (Stilllegung von Ackerflächen, Produktionsumstellungen). Hinzu treten Maßnahmen der Strukturförderung (zB Bergbauernförderung, Strukturanpassung von ländlichen Gebieten, etc). b)

Punktuelle Re-Regulierung

Wie schon erwähnt, zwangen einzelne krisenhafte Entwicklungen im internationalen Bereich zu sektoralen Regulierungsmaßnahmen, die dem allgemeinen Trend zuwiderliefen. Neben der schon erwähnten Korea-Krise war es va der Erdölschock 1973, der die Bedeutung einer friktionslosen Energieversorgung für die Industriestaaten und deren leichte Verwundbarkeit deutlich machte. Durch das Übereinkommen über ein internationales Energieprogramm (IEPÜbereinkommen) wurden Maßnahmen zur Sicherung der Versorgung mit Erdöl sowie Erdölprodukten beschlossen. Zu diesem internationalen Übereinkommen ist das Krisenrecht der Gemeinschaft hinzugetreten (vgl Art 100 EGV). Analoge innerstaatliche Bewirtschaftungsmaßnahmen enthält zum einen das EnergielenkungsG 1982, zum anderen das Erdöl-Bevorratungs- und MeldeG 1982. Dieses verpflichtet die Importeure von Erdöl und Erdölprodukten zur (ständigen) Vorratshaltung im Ausmaß von 25% der Vorjahreseinfuhr. Durch diese Pflichtnotstandsreserven soll im Krisenfall gemäß IEP-Übereinkommen der Verbrauch über wenigstens 90 Tage gedeckt werden können. Die mit diesen Vorschriften bewirkte „Selbstversorgung in Notständen“ stellt einen massiven Eingriff in die Grundfreiheiten und -rechte dar und ist auch mit einem hohen finanziellen Aufwand staatlicherseits verbunden. Dennoch ändern diese krisenbedingten Re-Regulierungsmaßnahmen nichts an der

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Wirtschaftspolizeirecht und Wirtschaftsaufsichtsrecht

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grundsätzlichen Liberalisierung der Wirtschaft im nationalen und internationalen Bereich. c)

Ausbau der indirekten Lenkung

aa) Budgetpolitik Im Gegenzug zur Reduktion der direkten Lenkung wurde in den ersten Jahrzehnten der Zweiten Republik die indirekte Lenkung massiv ausgebaut. Während Erstere auf Zwang beruht, setzt Letztere auf finanzielle Anreize für den Unternehmer und gibt sich damit marktkonform. Entsprechend der Konzeption des Austro-Keynesianismus gelang es durch Steigerung der öffentlichen Nachfrage, die Vollbeschäftigung bzw einen hohen Beschäftigungsstand zu sichern. Diese Strategie des deficit spending führte allerdings zu einem steigenden Grad der budgetären Verschuldung („öffentliches Defizit“), wodurch das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht zunehmend aus den Fugen geriet. Solcher Art wurden die natürlichen Grenzen dieser Form der Wirtschaftspolitik im letzten Viertel des vorigen Jhdts immer sichtbarer. Mit dem Beitritt zur EU wurde aber auch der Politik des ungehinderten „deficit spending“ ein Riegel vorgeschoben, indem die Grenzen der Verschuldung der öffentlichen Haushalte gemäß den Maastrichter Kriterien an einen bestimmten Prozentsatz, gemessen am BIP, gebunden wurden. bb) Öffentliche Aufträge und Beihilfen Die wichtigsten Instrumente der indirekten Lenkung waren und sind die öffentlichen Aufträge und die Beihilfen. Waren beide zunächst Instrumente der staatlichen Wirtschaftslenkung, mit denen wirtschaftspolitische Ziele erreicht werden sollten, stehen die einschlägigen EG-rechtlichen Vorschriften, die das nationale Recht weitgehend verdrängt haben, ganz im Zeichen der Wettbewerbssicherung. Gerade das grundsätzliche Beihilfenverbot des EGV macht diese Wende besonders deutlich. War für den nationalen Gesetzgeber das durch die Beihilfe zu erreichende öffentliche Förderungsziel im Vordergrund, so geht die EG-rechtliche Beurteilung von der Wirkung der Beihilfe aus, die eben in einer grundsätzlich nicht akzeptierten Wettbewerbsverzerrung besteht.

4.

Wirtschaftspolizeirecht und Wirtschaftsaufsichtsrecht – zwischen Regulierung und Liberalisierung

a)

Gewerberecht

Nach den – aus der Sicht der Gewerbefreiheit – erreichten Tiefpunkten der Gewerbesperre und des UntersagungsG konnte es nur mehr aufwärts gehen. Tatsächlich wurde das UntersagungsG durch die Gewerberechtsnovelle 1952, BGBl 1952/179, aufgehoben. 1973 kam es zu einer Neukodifikation der GewO (BGBl 1974/50), die ua zu einer Reduktion der konzessionierten Gewerbe und insb der bestehenden Bedarfsprüfungen führte. Einen wesentlichen Beitrag in dieser Richtung leistete auch der VfGH. In einer Serie von Erkenntnissen hat er

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Entwicklung des österreichischen Wirtschaftsrechts in der Zweiten Republik

eine Reihe von bestehenden Bedarfsprüfungen als verfassungswidrig erkannt und ihre Beseitigung veranlasst. Davon betroffen waren etwa: Taxikonzessionen (VfSlg 10.932/1986), der Güternahverkehr (VfSlg 11.483/1987), der Betrieb von Schischulen (VfSlg 11.652/1988, VfSlg 11.910/1988, VfSlg 11.943/1988) und Kinokonzessionen (VfSlg 11.749/1988). Nachdem durch die Gewerberechtsnovelle 2002 (BGBl I 2002/111) auch für das Gewerbe der Bestatter die Bedarfsprüfung entfiel, bestehen Bedarfsprüfungen nur mehr für das Rauchfangkehrergewerbe und für neu zu errichtende öffentliche Apotheken. Die Novelle 1992 (BGBl 1993/29) enthält Anpassungsregelungen (§§ 373a – 373i), die den Grundsätzen der Niederlassungsfreiheit und Dienstleistungsfreiheit entsprechen. Die Konkretisierung dieser Prinzipien erfolgt gemeinschaftsrechtlich durch Anerkennungsrichtlinien und im nationalen Bereich durch Anerkennungsverordnungen des BMWA. Fehlen solche Verordnungen ist eine Äquivalenzprüfung durch den BMWA vorzunehmen. Insofern bringen diese Regelungen – wohl auch ungewollt – eine Deregulierung, da die für Österreicher in Österreich geforderten Befähigungsnachweise an das meist niedrigere Niveau der Anerkennungsrichtlinien angepasst werden müssen, um negative Diskriminierungen zu vermeiden. Zuletzt hat auch die Gewerberechtsnovelle 2002 iSd Deregulierung weitere Zugangserleichterungen erbracht. War bislang eine Lehre Voraussetzung, so ist künftig nur mehr das Erreichen der Volljährigkeit (Eigenberechtigung) einzige formale Bedingung für den Antritt zur Meisterprüfung. Ausnahmen davon gibt es nur in gesundheitsrelevanten Bereichen, zB im Nahrungsmittelgewerbe. Hier ist weiterhin ein Praxisnachweis notwendig. b)

Sonstige wirtschaftspolizeiliche Bereiche

Die Rechtsentwicklung im Bereich der Wirtschaftspolizei steht allerdings nicht nur im Zeichen der Deregulierung, sondern ist – auch und gerade unter europarechtlichem Gesichtswinkel – durch regelrechte Regulierungsschübe gekennzeichnet. Das betrifft eine wachsende Anzahl von Vorschriften, mit denen versucht wird, den mit dem wissenschaftlich-technischen Fortschritt einhergehenden zusätzlichen Gefährdungen zu begegnen. Als Beispiel sei hier auf das GentechnikG, Vorschriften des Lebens- und Arzneimittelrechts, aber auch auf Vorschriften, die sich auf Produkte und Betriebsanlagen beziehen, mit denen besondere Gefährdungen verbunden sind, verwiesen. c)

Wirtschaftsaufsicht

Ebensolche widersprüchlichen Tendenzen von Liberalisierung und Regulierung kennzeichneten die Entwicklung des Wirtschaftsaufsichtsrechts in der Zweiten Republik. Zur Deregulierung zählen etwa die Stärkung der Eigenverantwortlichkeit durch die Forcierung der internen Kontrolle oder die Ersetzung von Genehmigungspflichten durch Anzeigepflichten. Dagegen stehen diverse rechtliche Verschärfungen, die auf zusätzlichen Schutzbedürfnissen (stärkerer Berücksichtigung des Gläubiger- und Konsumentenschutzes, Einbeziehung des Umweltschutzes) und Neuerungen im Bereich der Technologie (zB Rohrlei-

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Die Entwicklung der öffentlichen Unternehmen

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tungen) gründen. Hinzu treten gemeinschaftsrechtlich bedingte Regelungen, so zB im Versicherungs- und Bankwesen, wo es zum grenzüberschreitenden Wettbewerb der einzelnen Unternehmen kommt.

5.

Die Entwicklung der öffentlichen Unternehmen

a)

Allgemeines

Die öffentlichen Unternehmen, dh Unternehmen, deren Eigentümer die öffentliche Hand ist bzw die in einem besonderen Nahverhältnis zum Staat stehen, waren und sind für die Entwicklung des Wirtschaftsrechts in Österreich prägend. Bis zum Ende des 20. Jhdt stellten sie einen bedeutenden wirtschaftlichen und zunehmend politischen Machtfaktor dar, der nunmehr im Zuge der Forderung nach Privatisierung und Liberalisierung gebrochen worden ist. In geschichtlicher Hinsicht reichen die Grundlagen ihrer Entwicklung bis ins Mittelalter (zB die „Bergregalien“) zurück. Maßgeblich zur Entwicklung der öffentlichen Unternehmen trugen bei: – Die staatlichen Monopole ua in den Bereichen Tabak, Salz, Branntwein, Glücksspiel, Schießpulver, etc. Das staatliche Handelsmonopol für Tabakwaren bestand schon seit Ende des 16. Jhdts. Die nachmalige „Tabak Austria“ gründete sich auf das durch das Tabakpatent vom 08.05.1784 errichtete Unternehmen „K.K. Tabak-Gefällen-Kameral-Direction“, der die Verwaltung des Tabakmonopols oblag. Die Grundlage für das Glückspielmonopol findet sich etwa im Lottopatent vom 13.03.1813, in Folge dessen das Lottowesen als ausschließliche Staatsunternehmung betracht wurde. – Die im letzten Viertel des 19. Jhdts gegründeten kommunalen Unternehmen der Versorgungswirtschaft und die Bundesbetriebe im Infrastrukturbereich, insb Bahn, Post, Telekommunikation (Daseinsvorsorge). – Die bis ins 19. Jhdt zurück reichenden Industriebeteiligungen der (staatlichen) Banken (insb der CA, die sich ua in den Bereichen der Zucker-, Papier-, Petroleum- und Textilindustrie eine industrielle Machtsphäre sicherte), die dem Staat eine indirekte Beteiligung an diesen Unternehmen verschafften. – Schließlich die nach 1945 verstaatlichten Betriebe. In einer groben Einteilung kann dieses Konglomerat an öffentlichen Unternehmen in einen erwerbswirtschaftlichen und einen versorgungswirtschaftlichen Sektor eingeteilt werden. Die staatliche Wirtschaftsbeteiligung reichte dementsprechend über ihren ursprünglichen Bereich der staatlichen Monopole und jenen der Daseinsvorsorge hinaus hin zu rein erwerbswirtschaftlichen Tätigkeiten. Ausgehend vom Jahr 1945 waren Letztere va durch die verstaatlichte Industrie geprägt. b)

Die Verstaatlichte Industrie

aa) Ursachen und Ausmaß Unter Verstaatlichung versteht man die Überführung des Eigentums an Unternehmen in die öffentliche Hand (im Konkreten des Bundes). Die Verstaatlichte

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Entwicklung des österreichischen Wirtschaftsrechts in der Zweiten Republik

Industrie ist das Ergebnis der Verstaatlichungsaktionen in den Jahren 1946 und 1947, deren Ursache im Problem des Deutschen Eigentums lag. Es handelte sich dabei um Großbetriebe, die entweder nach dem „Anschluss“ unter Zwang in deutsche Hände übergegangen waren oder auch um Betriebe, die während des „Anschlusses“ vom Deutschen Reich gegründet worden waren. Soweit es sich dabei um Industriebetriebe handelte, waren sie durch Kriegseinwirkungen in hohem Ausmaß zerstört und entsprachen überdies – auf die Kriegswirtschaft und den Großraum des Deutschen Reichs ausgerichtet – nur begrenzt den Bedürfnissen am Nachkriegsmarkt. Umstände, die im Zusammenhang mit der allgemeinen Kapitalknappheit eine Übernahme und einen Wiederaufbau durch Private äußerst erschwerten. Gemäß dem Potsdamer Abkommen hatten die Besatzungsmächte das Deutsche Eigentum in Österreich für sich in Anspruch genommen, was in der Folge dazu führte, dass die Sowjetunion (nicht die übrigen Besatzungsmächte) in ihrer Zone die deutschen Vermögenschaften in ihre eigene Verwaltung überführten. Durch die Verstaatlichung sollte die Sowjetunion bewogen werden, das Deutsche Eigentum in die österreichische Verwaltung rückzuübertragen. Diese Absicht war – wie sich alsbald zeigte – nicht von Erfolg gekrönt. Das Erste VerstaatlichungsG vom 26.07.1946, BGBl 1946/168 (nunmehr idF BGBl 1987/298), erfasste vornehmlich Großunternehmen und -betriebe aus deutschem Besitz, und zwar – die drei größten Banken (Creditanstalt-Bankverein, Länderbank AG, Hypotheken- und Credit-Institut AG) – einzelne Zweige der Grundstoff- und Schlüsselindustrie, insb Eisen und Stahl, Chemie und Erdöl, Elektro- und Metallindustrie, Maschinen-, Anlagen- und Schiffsbau sowie Bergbau. Das Zweite VerstaatlichungsG vom 26.03.1947, BGBl 1947/81, bezog sich auf einen einzigen Wirtschaftszweig, die Elektrizitätswirtschaft. Beschlossen wurde zuvor, dass eine Monopolisierung der Elektrizitätswirtschaft beim Bund abzulehnen sei und die Verstaatlichung vielmehr unter Beteiligung von Bund, Ländern und Gemeinden durchzuführen wäre. Die wirtschaftliche Bedeutung der beiden Verstaatlichungen war beträchtlich. Vom Ersten VerstaatlichungsG war etwa ein Fünftel der österreichischen Industrie erfasst, das Zweite VerstaatlichungsG betraf alle wichtigen Elektrizitätsversorgungsunternehmen, die eine bestimmte Größe überstiegen. Auf ihrem Höhepunkt Ende der Fünfziger Jahre betrug der Anteil der „Verstaatlichten“ am österreichischen Export rund 30% und sie beschäftigte rund 130.000 Personen. bb) Verwaltung Die Verwaltung der verstaatlichten Betriebe in der Zweiten Republik spiegelt das Spannungsverhältnis zwischen parteipolitisch motiviertem Einflussstreben und den Erfordernissen einer wirtschaftlichen Unternehmensführung wider. In der Frühphase wurde die „Verstaatlichte“ der bürokratischen (ministeriellen) Verwaltung des Bundes überantwortet und damit dem (partei)politischen Einfluss Tür und Tor geöffnet. In den Siebziger Jahren kamen auf die „Verstaatlichte“ massive wirtschaftliche Probleme zu, deren Gründe nicht nur in einer weltweiten Krise der ent-

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Die Entwicklung der öffentlichen Unternehmen

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sprechenden Wirtschaftszweige (Ölpreisschock und internationale Stahlkrise), sondern auch in Fehlleistungen des Managements gelegen waren. Um den von Beginn an großen politischen Einfluss auf die Verstaatlichte Industrie zu reduzieren, wurde sie schon 1967 aus der ministeriellen Verwaltung herausgelöst und als Treuhandverwalterin der Anteilsrechte des Bundes die Österreichische Industrieverwaltungs-Gesellschaft mbH (ÖIG) errichtet (vgl „ÖIG-G“, BGBl 1967/23). Diese wurde mit der ÖIG-Gesetzesnovelle 1969 (BGBl 1970/47) in die Österreichische Industrieverwaltungs-AG (ÖIAG), also in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, der die Anteilsrechte des Bundes an den einzelnen verstaatlichten Unternehmen übertragen wurden. Damit wurde ein großer Mischkonzern rund um die VÖEST aufgebaut, der zum einen in Schwierigkeiten befindliche Staatsbetriebe auffangen und sich gleichzeitig als Instrument der Beschäftigungspolitik in der Rezession der Siebziger Jahre bewähren musste. Eine echte Konzernholding mit tatsächlichen Leitungsrechten wurde aus der ÖIAG allerdings erst 1986 (BGBl 1986/204). Ihre Bezeichnung wurde in die „Österreichische Industrie Holding AG“ (ÖIAG) geändert, die unübersichtlichen, verlustbringenden Mischkonzerne zerschlagen und in neuen Holdings zusammengefasst. Mit dem Ziel der schrittweisen Verwirklichung marktkonformer Strukturen wurden die bestehenden Großunternehmen in kleinere selbständige Einheiten aufgeteilt und in sieben Konzernbereichen zusammengefasst. So entstanden die Branchenholdings (Austria Metall AG, VA Stahl AG, Chemieholding AG, Elektro- und Elektronik-Industrieholding AG, Österreichische Maschinen- und Anlagenbau Holding AG, ÖIAG-Bergbauholding AG, ÖMV-AG), die sich mit Ausnahme der Letzteren zur Gänze im Eigentum der ÖIAG befanden. Eine neuerliche Umstrukturierung der „Verstaatlichten“ wurde zu Beginn der Neunziger Jahre vorgenommen. Als 100%-ige Tochtergesellschaft der ÖIAG wurde die Austrian Industries AG (AI) als Dachgesellschaft der Branchenholdings mit Ausnahme der Bergbauholding gegründet. Ziel war es, den Konzern, den man in seiner Gesamtheit erhalten wollte, auf diese Art und Weise an private Aktionäre zu veräußern. Mit der ÖIAG-Gesetz-Novelle 1993 (BGBl 1993/973) ordnete der Gesetzgeber schließlich die Privatisierung der Industriegruppe an. Da jedoch – insb aufgrund erheblicher Verluste im Bereich der AMAG – ein Gesamtverkauf der AI letztlich doch unmöglich erschien, wurde die AI 1993 wieder aufgelöst. Die betroffenen Branchenholdings waren wieder unmittelbar der ÖIAG untergeordnet. c)

Aufgaben der ÖIAG

Die nunmehrige Aufgabe der ÖIAG lag und liegt allerdings nicht mehr in der Führung der verstaatlichten Betriebe, sondern in der Vorbereitung und Durchführung von Privatisierungen. Nach dem ÖIAG-G 2000 (BGBl I 2000/24 idF BGBl I 2006/73) obliegt der ÖIAG nunmehr das Privatisierungsmanagement, das Beteiligungsmanagement sowie das Akquisitionsmanagement. Am wichtigsten ist das Privatisierungsmanagement, das durch den jeweils für eine Legislaturperiode von der Bundesregierung beschlossenen Privatisierungsauftrag geprägt ist. Dieser gibt den Organen der ÖIAG die Realisierung

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Entwicklung des österreichischen Wirtschaftsrechts in der Zweiten Republik

der projektierten Beteiligungsverkäufe vor. Die Verkaufserlöse werden zur Tilgung der Schulden verwendet, die die ÖIAG im Jahr 2000 übernehmen musste. In den letzten Jahren wurden die Anteile ua folgender Unternehmen zur Gänze verkauft: AT & S (Austria Technologie & Systemtechnik), VAE, Austria Metall AG, Salinen AG, Österreichische Staatsdruckerei GmbH, Austria Tabak AG, Dorotheum, VA Tech, Voestalpine AG. Noch im Staatsbesitz sind mit Stand August 2006 die Österreichische Post AG, die GKB-Bergbau GmBH – vormalige ÖIAG Bergbauholding – zu 51 bzw 100% sowie die Telekom Austria AG, die OMV AG und Austrian Airlines AG (jeweils mit Minderheitsbeteiligung zwischen 39,7 und 25,18%). d)

Bewertung der Privatisierung

Die Auflösung der verstaatlichten Industrie und darüber hinaus die Veräußerung weiterer erwerbswirtschaftlicher öffentlicher Unternehmen erscheint in Hinblick auf den Gehalt der wirtschaftlichen Grundrechte systemkonform und entspricht auch den marktwirtschaftlichen Prinzipien. Zu betonen ist auch, dass eine großzügige Alimentierung defizitärer öffentlicher Unternehmen seitens der öffentlichen Hand, wie sie der „Verstaatlichten“ in den Siebziger und Achtziger Jahren zuteil wurde, heute angesichts des gemeinschaftsrechtlichen Wettbewerbsrechts und der damit verbundenen Pflicht, öffentliche und private Unternehmen gleich zu behandeln, nicht mehr zulässig wäre. Trotz des Endes der „Verstaatlichten“ und damit zugleich des Endes des wesentlichsten Bereichs der öffentlichen Unternehmen der Erwerbswirtschaft sollte nicht übersehen werden, dass sie ökonomisch und wohl auch gesellschaftspolitisch gesehen in der Stunde Null nach dem Krieg eine der zentralen Voraussetzungen für den Wiederaufstieg war und zumindest bis weit in die Sechziger Jahre hinein eine industrielle Führungsfunktion wahrgenommen hat. e)

Die öffentlichen Unternehmen der Versorgungswirtschaft

aa) Daseinsvorsorge in geschlossenen Märkten Nach der weitgehenden Privatisierung der erwerbswirtschaftlichen Unternehmen befindet sich der Großteil der öffentlichen Unternehmen nunmehr im versorgungswirtschaftlichen Bereich. Es handelt sich hierbei um ein Konglomerat an wirtschaftlichen Tätigkeiten, die nur zT inhaltlich verzahnt sind, wie etwa der Bereich der Energiewirtschaft oder des Verkehrs, zT aber nur insofern Gemeinsamkeiten aufweisen, als sie im weitesten Sinn der Daseinsvorsorge dienen. Die Mehrzahl der gemeinwirtschaftlichen Dienstleistungen wurde bisher im Rahmen geschlossener Märkte erbracht. Die juristische Grundlage hiefür bildete neben dem öffentlichen Eigentum ein Konzessionssystem verbunden mit besonderen bzw ausschließlichen Rechten (Monopolstellung). Auf diese Art und Weise wurden für potentielle Konkurrenten entsprechende Marktzugangssperren errichtet.

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Die Entwicklung der öffentlichen Unternehmen

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bb) Privatisierung und „kontrollierter Wettbewerb“ Ziel des Gemeinschaftsrechts ist die Aufhebung dieser „Marktsperren“ und die Ermöglichung von Wettbewerb. Öffentliche Anbieter sollen mit privaten Anbietern konkurrieren (zB in der Elektrizitätswirtschaft). Analog zur Erwerbswirtschaft haben auch in der Versorgungswirtschaft demgemäß massive Privatisierungen stattgefunden. Dort wo dies nicht möglich ist und etwa – wie im öffentlichen Personennahverkehr – eine bestimmte Dienstleistung mangels Gewinnerzielungsmöglichkeit von der Einstellung bedroht wäre, hat die Europäische Kommission das Modell eines Ausschreibungswettbewerbs („kontrollierter Wettbewerb“) entwickelt. Dabei werden einzelne Dienstleistungen (zB Straßenbahn- oder Obuslinien) in Form eines den Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts entsprechenden Ausschreibungsverfahrens periodisch an den privaten oder öffentlichen Bestbieter vergeben. Bestbieter ist im Wesentlichen jenes Unternehmen, das die geforderte Dienstleistung – ein bestimmtes Qualitätsniveau vorausgesetzt – unter der geringstmöglichen Inanspruchnahme öffentlicher Mittel erbringt. Da der Wettbewerb hier auf die Phase der periodisch wiederkehrenden Ausschreibungen beschränkt ist, handelt es sich um einen Wettbewerb um den Markt aber nicht am Markt. Das Mittel des kontrollierten Wettbewerbs hat wesentlich zum Abbau von Monopolen und Privilegien in der Versorgungswirtschaft geführt und insgesamt die Kosten der Dienstleistungserbringung für den Konsumenten verringert. cc) Sonderfall Kommunalwirtschaft In der Kommunalwirtschaft hat die Liberalisierung der Versorgungswirtschaft zu Rationalisierungsbestrebungen und Konzentrationstendenzen geführt. Dabei ergeben sich im Wesentlichen zwei Probleme: – Ein gravierender Wettbewerbsnachteil besteht in der Orts- und Spartengebundenheit kommunaler Unternehmen im Verhältnis zu großen beweglichen und kapitalstarken Konzernen. Verliert das kommunale Unternehmen den Wettbewerb um einen Dienstleistungsauftrag, so kann dies uU sein Ende bedeuten. Private Unternehmen dürfen im Falle des Unterliegens zumindest auf Chancen in anderen Märkten hoffen. – Eine der wichtigsten Finanzierungsstrategien der Stadtwerke war bisher der Querverbund. Darunter versteht man die finanztechnische Zusammenfassung an sich selbständig geführter Unternehmen. Verluste in einer Sparte (zB Verkehr) sollen durch Gewinne in einer anderen Sparte (zB Stromverkauf) ausgeglichen werden. Aus diesem Gewinn- und Verlust-Ausgleich ergeben sich auch beträchtliche steuerliche Einsparungen (steuerlicher Querverbund). Unter dem gemeinschaftsrechtlichen Gesichtspunkt ist diese Strategie bedenklich. Die Frage, ob es sich dabei um eine grundsätzlich verbotene Beihilfe handelt, wird nach dem sog „Private Investor-Test“ beurteilt. Besteht eine Finanztransaktion den „Private Investor-Test“, ist damit festgestellt, dass keine Beihilfe vorliegt, im gegenteiligen Fall wird die Zahlung als verbotene Beihilfe qualifiziert.

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Entwicklung des internationalen Wirtschaftsrechts ab 1945

Alles in allem ist die Zukunft einer eigenständigen Kommunalwirtschaft durchaus offen. Die schon jetzt zu konstatierende Erosion der Stadtwerkesubstanz korrespondiert mit zunehmenden Konzentrationstendenzen im Versorgungsbereich der Gemeinden, die letztlich dazu führen könnten, dass etwa die Energieversorgung der Gemeinden durch überregional oder international agierende Unternehmen bewerkstelligt wird. Ob dieser Entwicklung durch einen Qualitäts- und Servicewettbewerb der Kommunalbetriebe und mit dem Hinweis auf lokale Kompetenz und Kundennähe sowie auf ein ganzheitliches Dienstleistungsangebot Einhalt geboten werden kann, ist mehr als fraglich. Fragen: 1. Vor welchen Herausforderungen stand die Zweite Republik in wirtschaftlicher Hinsicht? 2. Wodurch wurde die Krise der Sozialpartnerschaft ausgelöst? 3. Wie entwickelte sich die direkte Wirtschaftslenkung in der Zweiten Republik? 4. Wie wirkte sich der EU-Beitritt auf das indirekte Lenkungsrecht aus? 5. Skizzieren Sie die Entwicklung des Wirtschaftspolizei- und -aufsichtsrechts in der Zweiten Republik. 6. Was war die Ursache für die Verstaatlichungen in den Jahren 1946 und 1947? 7. Welches Ausmaß nahmen die Verstaatlichungen an? 8. Skizzieren Sie die Entwicklung der „Verstaatlichten“ bis heute. 9. Was bedeutet „kontrollierter Wettbewerb“? 10. Welche Probleme ergeben sich im Zuge der Liberalisierung für Unternehmen der Kommunalwirtschaft?

III.

Entwicklung des internationalen Wirtschaftsrechts ab 1945

Literatur: Beise, Die Welthandelsorganisation (WTO). Funktion, Status, Organisation (2001); Berg, Internationale Wirtschaftspolitik (1976); Bieber/Epiney/Haag, Die Europäische Union6 (2005); Böhm, Freiheit und Ordnung in der Marktwirtschaft (1980); Conrad, Die Notwendigkeit, die Möglichkeiten und die Grenzen einer internationalen Wettbewerbsordnung. Reformansätze vor dem Hintergrund derzeitiger außenwirtschaftlicher Problemfelder und der Doha-Welthandelsrunde (2005); Cottier (Hrsg), GATT-Uruguay Round (1995); EFTA, EFTA 1960–2000. 40 Years (2000); Eucken, Nationalökonomie wozu?5 (2005); Galbraith, Der große Crash 1929. Ursachen, Verlauf, Folgen (2005); Hahn/Weber, Die OECD. Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (1976); Hauser/Schanz, Das neue GATT2 (1995); Hummer, Der EWR und seine Auswirkungen auf Österreich, EuZW 1992, 361; Hummer/Weiss, Vom GATT ´47 zur WTO ´94. Dokumente zur alten und zur neuen Welthandelsordnung (1997); Knieps, Wettbewerbsökonomie. Regulierungstheorie, Industrieökonomie, Wettbewerbspolitik2 (2005); Langer, Grundlagen einer internationalen Wirtschaftsverfassung. Strukturprinzipien, Typik und Perspektiven anhand von Europäischer Union und Welthandelsorganisation (1995); Nawroth, Die wirtschaftspolitischen Ordnungsvorstellungen des Neoliberalismus (1962); Neuhold/Hummer/Schreuer (Hrsg), Österreichisches Handbuch des Völkerrechts. Bd 1 – Textteil4 (2004); OPEC, Annual Report 2004 (2005); Raschauer (Hrsg), Österreichisches Wirtschaftsrecht2 (2003); Schweitzer/Hummer, Europarecht. Das Recht der Europäischen Union; das Recht der Europäischen Gemeinschaften (EGKS, EG, EAG); mit Schwerpunkt EG6 (2002); Willke, Neoliberalismus (2003); WTO, Annual Report 2005 (2005).

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Entwicklung des internationalen Wirtschaftsrechts ab 1945

Alles in allem ist die Zukunft einer eigenständigen Kommunalwirtschaft durchaus offen. Die schon jetzt zu konstatierende Erosion der Stadtwerkesubstanz korrespondiert mit zunehmenden Konzentrationstendenzen im Versorgungsbereich der Gemeinden, die letztlich dazu führen könnten, dass etwa die Energieversorgung der Gemeinden durch überregional oder international agierende Unternehmen bewerkstelligt wird. Ob dieser Entwicklung durch einen Qualitäts- und Servicewettbewerb der Kommunalbetriebe und mit dem Hinweis auf lokale Kompetenz und Kundennähe sowie auf ein ganzheitliches Dienstleistungsangebot Einhalt geboten werden kann, ist mehr als fraglich. Fragen: 1. Vor welchen Herausforderungen stand die Zweite Republik in wirtschaftlicher Hinsicht? 2. Wodurch wurde die Krise der Sozialpartnerschaft ausgelöst? 3. Wie entwickelte sich die direkte Wirtschaftslenkung in der Zweiten Republik? 4. Wie wirkte sich der EU-Beitritt auf das indirekte Lenkungsrecht aus? 5. Skizzieren Sie die Entwicklung des Wirtschaftspolizei- und -aufsichtsrechts in der Zweiten Republik. 6. Was war die Ursache für die Verstaatlichungen in den Jahren 1946 und 1947? 7. Welches Ausmaß nahmen die Verstaatlichungen an? 8. Skizzieren Sie die Entwicklung der „Verstaatlichten“ bis heute. 9. Was bedeutet „kontrollierter Wettbewerb“? 10. Welche Probleme ergeben sich im Zuge der Liberalisierung für Unternehmen der Kommunalwirtschaft?

III.

Entwicklung des internationalen Wirtschaftsrechts ab 1945

Literatur: Beise, Die Welthandelsorganisation (WTO). Funktion, Status, Organisation (2001); Berg, Internationale Wirtschaftspolitik (1976); Bieber/Epiney/Haag, Die Europäische Union6 (2005); Böhm, Freiheit und Ordnung in der Marktwirtschaft (1980); Conrad, Die Notwendigkeit, die Möglichkeiten und die Grenzen einer internationalen Wettbewerbsordnung. Reformansätze vor dem Hintergrund derzeitiger außenwirtschaftlicher Problemfelder und der Doha-Welthandelsrunde (2005); Cottier (Hrsg), GATT-Uruguay Round (1995); EFTA, EFTA 1960–2000. 40 Years (2000); Eucken, Nationalökonomie wozu?5 (2005); Galbraith, Der große Crash 1929. Ursachen, Verlauf, Folgen (2005); Hahn/Weber, Die OECD. Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (1976); Hauser/Schanz, Das neue GATT2 (1995); Hummer, Der EWR und seine Auswirkungen auf Österreich, EuZW 1992, 361; Hummer/Weiss, Vom GATT ´47 zur WTO ´94. Dokumente zur alten und zur neuen Welthandelsordnung (1997); Knieps, Wettbewerbsökonomie. Regulierungstheorie, Industrieökonomie, Wettbewerbspolitik2 (2005); Langer, Grundlagen einer internationalen Wirtschaftsverfassung. Strukturprinzipien, Typik und Perspektiven anhand von Europäischer Union und Welthandelsorganisation (1995); Nawroth, Die wirtschaftspolitischen Ordnungsvorstellungen des Neoliberalismus (1962); Neuhold/Hummer/Schreuer (Hrsg), Österreichisches Handbuch des Völkerrechts. Bd 1 – Textteil4 (2004); OPEC, Annual Report 2004 (2005); Raschauer (Hrsg), Österreichisches Wirtschaftsrecht2 (2003); Schweitzer/Hummer, Europarecht. Das Recht der Europäischen Union; das Recht der Europäischen Gemeinschaften (EGKS, EG, EAG); mit Schwerpunkt EG6 (2002); Willke, Neoliberalismus (2003); WTO, Annual Report 2005 (2005).

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Internationale Verflechtung der Wirtschaftsbeziehungen

1.

Internationale Verflechtung der Wirtschaftsbeziehungen

a)

Internationalisierung des Wirtschaftsrechts

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Den Ausgangspunkt der internationalen wirtschaftlichen Beziehungen bildet die nationale Außenhandels- und Wirtschaftspolitik. Deren Zielsetzung liegt traditionellerweise im Schutz der eigenen Wirtschaft vor ausländischer Konkurrenz und der Stärkung eigener Exporte. Die Einflussmöglichkeiten der staatlichen Politik auf die Wirtschaftsströme werden jedoch mit dem Fortschritt der Globalisierung als Ausdruck für die weltweite politische, wirtschaftliche, kulturelle und soziale Vernetzung immer mehr beschränkt. Damit einher geht die Internationalisierung des Wirtschaftsrechts und die Entwicklung einer zwischenstaatlichen Wirtschaftsordnung, die dem Ausgleich der divergierenden Interessen der Staaten – und zunehmend auch der international tätigen Unternehmen – dient. b)

Globalisierung und wirtschaftliche Entwicklung

Die Globalisierung verstanden als Prozess, der wesensgemäß mit dem überregionalen Handel verbunden ist, wurde durch zwei einschneidende geschichtliche Ereignisse (Ende des Zweiten Weltkriegs und des Kalten Kriegs) und die rasche technologische Entwicklung va in den Bereichen Verkehr, Information und Finanzinstrumente im 20. Jhdt beschleunigt. Mit dem Ende des Kalten Kriegs und der Öffnung der Volkswirtschaften der ehemals kommunistischen Länder (va der ehemaligen UdSSR und Chinas) wurden schließlich die letzten wichtigen Widerstände für eine Globalisierung des Welthandels beseitigt. Weltweiter Freihandel wurde damit das erste Mal in der Geschichte der Menschheit möglich. In wirtschaftlicher Hinsicht führt die weltweite Arbeitsteilung zur Abhängigkeit der Staaten und Unternehmen voneinander. So steigt der weltweite Warenhandel ebenso wie der Handel mit Dienstleistungen stetig an. Ermöglicht wird das durch die zunehmende Beseitigung von Hindernissen an und hinter den Staatsgrenzen. Nicht ohne Grund spricht man von einem ökonomischen und politischen „global village“, in dem sich wirtschaftspolitische Entscheidungen in einem Land auch auf die Volkswirtschaften anderer Staaten auswirken können. Wie eng die Wirtschaft schon Ende der Zwanziger Jahre letzten Jhdts verflochten war, zeigt die Weltwirtschaftskrise von 1929, die in ihrem Ausmaß alle vorangegangenen und auch späteren Krisen bei Weitem überstieg. Eine abschließende Erklärung für die Ursachen der Krise wurde bislang nicht gefunden. Fest steht, dass der Einbruch des überbewerteten Aktienmarkts der USA, ähnlich der New-Economy-Blase im Jahr 2000, unmittelbarer Auslöser für die Krise war, die innerhalb weniger Stunden zu Panikverkäufen, Banken- und Firmenpleiten führte. Der sog „schwarze Donnerstag” und die darauf folgende Agrar-, Industrie- und Kreditkrise riss mit der amerikanischen Volkswirtschaft auch jene der europäischen Staaten in den Abgrund. Die Folgen waren sinkende Investitionen, Verfall der Preise, starker Rückgang des Konsums und insgesamt des internationalen Handels (um nicht weniger als 62%) sowie Massenarbeitslosigkeit. Österreich musste zB einen

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Entwicklung des internationalen Wirtschaftsrechts ab 1945

Rückgang des Bruttonationalprodukts (BNP) von etwa einem Viertel, eine Schrumpfung der Industrieproduktion um mehr als ein Drittel sowie einen Anstieg der Arbeitslosigkeit auf zumindest 25% verkraften. Zudem wirkte sich die protektionistische Politik der Staaten verheerend auf den internationalen Handel aus. Mit der sog „beggar-thy-neighbour“-Politik wurde versucht, die eigene wirtschaftliche Situation auf Kosten anderer Länder (zB Zölle und Kontingente zu Lasten von Importen, Währungsabwertungen zur Stärkung von eigenen Exporten) zu verbessern, insb die Arbeitslosigkeit zu „exportieren“. Die nach 1945 entstehenden internationalen Organisationen (GATT, IWF, Weltbank) wurden dementsprechend zur Verhinderung weiterer derartiger Krisen und protektionistischer Verhaltensweisen der Staaten gegründet. Auch die Entwicklung der Weltwirtschaft nach dem Zweiten Weltkrieg ist durch eine Reihe von Krisen (etwa die Ölkrisen der Jahre 1973 und 1979, mit denen starke Ölpreisanstiege verbunden waren) und militärischen Konflikten gekennzeichnet. Dabei wechseln sich immer wieder Phasen von (staatlichem) Protektionismus mit jenen der Forcierung des Freihandels ab. Trotz dieser wechselnden Tendenzen schreitet die internationale Verflechtung der Wirtschaft voran und die einzelnen Nationalstaaten verlieren zunehmend an Einfluss auf das Wirtschaftsgeschehen. Dies liegt zum einen gerade am modernen Weltwirtschaftssystem selbst, in dem internationale bzw regionale Organisationen, wie die EG, besonders im wirtschaftlichen Bereich nunmehr jene öffentliche Aufgaben erfüllen oder an deren Erfüllung mitwirken, die zuvor allein von den Staaten wahrgenommen wurden. Zum anderen entstehen mit der fortschreitenden Beseitigung der Hindernisse für den grenzüberschreitenden Handel Unternehmen und Konzerne, die vielfach – insb was die Finanzkraft betrifft – den Staaten zumindest ebenbürtig sind bzw erheblichen Einfluss auf deren Politik ausüben können (zB General Electric, ExxonMobil, Microsoft). Nicht zuletzt deswegen wird der „neue Protektionismus“ der Konzerne und internationalen Kartelle oft gefährlicher als jener der Staaten eingestuft. Aufgabe eines weltweiten Wirtschaftssystems ist daher, eine (rechtliche) Grundlage für das Handeln der staatlichen und nichtstaatlichen Akteure zu bilden, die die Funktionsfähigkeit des globalen Handels gewährleistet. Dementsprechend gewinnt mit zunehmender Internationalisierung des Wirtschaftsrechts die Regulierung des Wettbewerbs an Bedeutung.

2.

Die Ideen des Neoliberalismus

a)

Begriff

Die Ideen des Neoliberalismus gehen Hand in Hand mit der Entwicklung der Weltwirtschaft und des internationalen Wirtschaftsrechts nach dem Zweiten Weltkrieg. Die in den Dreißiger und Vierziger Jahren des 20. Jhdts von bedeutenden Ökonomen wie Walter Eucken, Friedrich Hayek, Ludwig von Mises, Wilhelm Röpke oder Milton Friedman geprägte Theorie fand im Zuge der Rezession der Siebziger Jahre Eingang in die Wirtschaftspolitik und sollte den zunächst favorisierten Keynesianismus (Schlagworte: Staatsinterventionismus, Wirtschaftslenkung, antizyklische Investitionen des Staats) ablösen.

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Die Ideen des Neoliberalismus

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Beim Neoliberalismus handelt es sich um ein langfristiges wirtschaftspolitisches Konzept, das sich insb gegen den Staatsinterventionismus richtet. Bezeichnend sind die Forderungen nach dem Rückzug des Staats auf eine Ordnungsfunktion, was insb den Abbau von Wirtschaftsregelungen und der unternehmerischen Tätigkeit des Staats („mehr privat, weniger Staat“) sowie das Streben nach einem freien Welthandel beinhaltet. Es ist allerdings nicht zu übersehen, dass auch andere Strömungen, wie das Konzept des auf sozialen Ausgleich gerichteten Wohlfahrts- und Leistungsstaats, nach wie vor bedeutenden Einfluss auf die Wirtschaftspolitik haben. So ist etwa die europäische Integration stark, aber nicht ausschließlich von neoliberalen Elementen geprägt. Man kann diesbezüglich durchaus von einem „Zweikampf“ zwischen wohlfahrtstaatlichem und neoliberalistischem Konzept sprechen, der im Besonderen auf nationaler und gemeinschaftsrechtlicher Ebene stattfindet, wo (wirtschafts)politische Entscheidungen letztendlich getroffen und umgesetzt werden. b)

Forderungen des Neoliberalismus

aa) Allgemeines Neoliberalistische Ideen prägen somit maßgeblich die Weltwirtschaftsordnung und die nationalstaatliche Wirtschaftspolitik. Im Rahmen der verschiedenen Auffassungen und Schulen (etwa Monetarismus, Ordoliberalismus, die Harvard School mit ihrer Workability-Konzeption, etc) lassen sich einige grundlegende Forderungen, die für die neoliberale Idee und Politik bezeichnend sind, feststellen. bb) Deregulierung und Selbststeuerung des Markts Die Vertreter des Neoliberalismus fordern eine Reduzierung des Einflusses der Staaten auf das Wirtschaftsgeschehen (Deregulierung) und die Steuerung des Markts über Angebot und Nachfrage. Die Selbststeuerung des Markts auf der Basis von Privateigentum und individuellen Wirtschaftsfreiheiten soll zur optimalen Allokation und zur „gerechten Verteilung“ (Distribution) der Ressourcen führen. Die Verteilung der Ressourcen selbst soll in erster Linie durch den freien Wettbewerb erfolgen. Der nationalen Politik verbleibt damit (nur) die Regelung der „Sekundärverteilung“ im Wege von Besteuerungen und Transferleistungen, die aber aufgrund deren Rückkoppelungseffekte auf die Wirtschaft ebenfalls „marktkonform“ sein müssen. Der staatlichen Politik (etwa antizyklischen geld- und fiskalpolitischen Maßnahmen in rezessiven Phasen) werden demnach enge Grenzen gesetzt. cc) Privatisierung Nach neoliberaler Ansicht gehört die unternehmerische Tätigkeit nicht zu den Aufgaben des Staats. Dementsprechend wird die Privatisierung von Staatsbetrieben und -unternehmen, die Aufgabe von Staatsbeteiligungen und insb von Monopolen im Bereich der Telekommunikation, Energie, etc, gefordert. Die Aufgabe des Staats soll sich auf die Gewährleistung von Chancengleichheit, die Verhinderung von Diskriminierungen, den Schutz des Individuums und

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Entwicklung des internationalen Wirtschaftsrechts ab 1945

die Schaffung einer Rahmenordnung für den Wettbewerb (s weiter unten, Pkt ff.) beschränken. Gleiches gilt für das Sozialsystem. Hier soll der Umverteilungsstaat abgebaut und durch marktwirtschaftliche Systeme, etwa private Vorsorgen, ersetzt werden. Die soziale Fürsorge des Staats ist demnach nur auf die wirklich Bedürftigen zu reduzieren. dd) Weltweiter Freihandel Grundlegend sind die Theorien der komparativen Kostenvorteile (David Ricardo, Adam Smith) und der internationalen Werte (John St. Mill). Nach diesen erbringt arbeitsteilige Kooperation und Spezialisierung sowie ein von hoheitlichen Eingriffen freier Handel zwischen den Staaten, der nun durch den marktwirtschaftlichen Preismechanismus gesteuert wird, Wohlfahrtsgewinne für alle Beteiligten. Dabei wird nicht auf die absolute Kostendifferenz, sondern auf die relative Kostengünstigkeit in der Produktion abgestellt. Grundsätzlich ist demnach der Handel zwischen zwei Ländern immer dann vorteilhaft, wenn in beiden unterschiedliche Produktionskostenstrukturen existieren. In diesem Fall muss ein Land bei der Produktion eines Gutes auf weniger Einheiten eines anderen Gutes als das andere Land verzichten (sog Opportunitätskosten). Kann Land A etwa relativ gesehen Gut X – mit geringeren Opportunitätskosten – günstiger produzieren als Land B, dann rentiert sich die Produktion insgesamt gesehen auch dann, wenn Land B in den absoluten Produktionskosten vorne liegt. Beide Länder sollten sich also auf die Güter spezialisieren, die sie relativ günstiger – mit geringerem Verzicht – produzieren können. Freihandel kann aber nur dann entstehen, wenn die tarifären (Zölle) und nichttarifären Handelshemmnisse (zB Kontingente) sowie Wettbewerbsverzerrungen (zB durch staatliche Beihilfen) beseitigt werden. Die nationalstaatliche Außenhandels- und Wirtschaftspolitik, durch die der Güter- und Kapitalfluss gesteuert wird, soll dementsprechend beschränkt werden, damit Kapital, Waren und Dienstleistungen (relativ) frei von Hindernissen weltweit zirkulieren können. Landwirtschaftliche Produkte von Entwicklungsländern finden etwa angesichts der hohen Subventionierung der Agrarwirtschaft westlicher Staaten (insb in der EG) nur sehr schwer Zugang zu deren Märkten und werden damit in ihrer internationalen Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt, obwohl durch ihren Export Kostenvorteile entstünden. Derartige Stützungsmaßnahmen widersprechen also der Idee des Freihandels und sind dementsprechend immer wieder zentrale Themen in den Handelsrunden der WTO. ee) Stabile Währung und niedrige Steuern Mit der Forderung nach Welthandel verknüpft ist jene nach stabilen Währungen. Stabile Währungen gewährleisten stabile Preise und sind die Voraussetzung für einen reibungslosen zwischenstaatlichen Handel. Damit verbunden ist auch die Forderung nach einem ausgeglichenen Staatshaushalt. Neoliberale Politik steht zudem für die Senkung von (Unternehmens)Steuern sowie für die Vereinfachung des Steuersystems und die Verhinderung von Doppelbesteuerungen (etwa von Substanz und Vermögen).

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Die Entwicklung des Weltwirtschaftssystems

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ff) Wettbewerbsregeln Im Unterschied zum „Laissez-faire“ des klassischen Liberalismus wird regulierendes Eingreifen des Staats als notwendig angesehen, um die Funktionsfähigkeit der Märkte zu gewährleisten. Der Ordoliberalismus als Form des Neoliberalismus geht von der Instabilität des privaten Sektors aus. Private Unternehmen neigen nach dieser Ansicht grundsätzlich zu Monopolbildungen und Wettbewerbsverzerrungen (zB durch Preisabsprachen), um sich Vorteile gegenüber ihren Konkurrenten zu verschaffen. Somit ist es Aufgabe des Staats, eine Rahmenordnung bestehend aus Vorschriften über den Wettbewerb, die Markttransparenz, den Marktzugang sowie über die Preisniveaustabilität für die „ungeregelten Märkte“ zu schaffen. c)

Umsetzung und Kritik

Die Forderungen des Neoliberalismus bleiben nicht im luftleeren Raum, sondern erfahren, wie bereits oben angedeutet, eine konkrete Umsetzung. Neoliberalistische Forderungen und weitgehende Verflechtung der Volkswirtschaften verdichten sich zu Sachzwängen, die vielerorts einen Umbau des Staats zur Folge haben. Auf nationaler Ebene bildeten neoliberale Ideen etwa die Grundlage der Wirtschaftspolitik Präsident Reagans („Reaganomics“) oder jener von Premierministerin Thatcher („Thatcherismus“) in den Achtziger Jahren des 20. Jhdts. Milton Friedman prägte in Bezug auf den radikalen Umschwung der chilenischen Wirtschaftspolitik zum Neoliberalismus in den Siebziger und Achtziger Jahren (Pinochet-Ära), der mit einem erheblichen Wirtschaftswachstum verbunden war, den (umstrittenen) Begriff „Wunder von Chile“. Auch Internationale Organisationen wie der IWF oder die Weltbank wenden mithin neoliberale Grundsätze – etwa in ihren „Strukturanpassungsprogrammen“, denen sich der Schuldnerstaat bei einer Kreditvergabe zu unterziehen hat – an. Die Umsetzung neoliberalistischer Ideen erweckt freilich heftige Kritik. Diese findet ihren Brennpunkt im Vorwurf der Überbetonung des Markts, der sozialen Ungerechtigkeit einer Verteilung primär über den Markt, der Vergrößerung der Schere zwischen Arm und Reich, der Demontage des Nationalstaats, des Verlustes der demokratischen Teilhabe, etc. So war etwa das oa „Wunder von Chile“ mit einer Senkung des Durchschnittslohns und einer erheblichen Steigerung der Armut verbunden. Letztlich erweist sich die Kritik im Besonderen dann als stichhaltig, wenn sie die Grenze der Leistungsfähigkeit des neoliberalen Konzepts aufzeigt: Die Lösung der Frage der Verteilungsgerechtigkeit.

3.

Die Entwicklung des Weltwirtschaftssystems

a)

Allgemeines

Bereits während des Zweiten Weltkriegs wurde von den Alliierten (insb USA und Großbritannien) eine Debatte über eine Neuordnung der Weltwirtschaft angeregt. Die Erfahrungen aus dem Krieg und den protektionistischen nationalen Politiken nach der Weltwirtschaftskrise führten zur Forderung nach einer Intensivierung der wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zwischen

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Entwicklung des internationalen Wirtschaftsrechts ab 1945

den Staaten mit dem Ziel, weitere militärische Konflikte und Krisen durch die Schaffung von Abhängigkeiten zu verhindern. Neben der Gründung von Einrichtungen zur politischen Koordination (UNO 1945, Europarat 1949, KSZE 1975, etc) wurden zu diesem Zweck eine Vielzahl regionaler und internationaler Wirtschaftsorganisationen (EWG, GATT, etc) errichtet sowie Abkommen über Rohstoffe, Investitionen, Luftverkehr, etc geschlossen, die in ihrer Gesamtheit die Regelungsgrundlage des bestehenden Weltwirtschaftssystems bilden. Als äußerst bedeutsam erwiesen sich dabei die regionalen Wirtschaftsorganisationen, da diese idR einen besonders hohen Grad an wirtschaftlicher – und politischer – Integration aufweisen (s Pkt 4). b)

Welthandels- und Weltwährungssystem

aa) Allgemeines Das neu zu schaffende internationale Wirtschaftssystem umfasste zunächst die Bereiche Waren- und Kapitalverkehr sowie Währungswesen. Ziel war, ein – insb währungspolitisch – stabiles Umfeld für den Freihandel zu erzeugen sowie diesem entgegenstehende Hemmnisse (va Zölle) zu beseitigen. Welthandelssystem und Weltwährungssystem sollten sich also gegenseitig ergänzen. Die internationale Wirtschaftsordnung wurde dementsprechend auf zwei Pfeilern aufgebaut: – Für den Warenhandel wurde das internationale Regime des GATT ´47 mit dem Ziel der Handelsliberalisierung im Jahr 1948 errichtet, das schließlich durch die Gründung der WTO erheblich erweitert wurde. – Für den Bereich des Währungswesens und des Zahlungs- und Kapitalverkehrs wurde das System von Bretton Woods 1944 mit den Übereinkommen über den Internationalen Währungsfonds (IWF) und über die Weltbank (International Bank for Reconstruction and Development, IBRD) geschaffen. Während das IWF auf der Basis fester Wechselkurse und konvertibler Währungen die makroökonomische Grundlage für den Warenhandel schaffen sollte, übernahm die Weltbank die Finanzierung des Wiederaufbaus. Zwar zerfiel das System von Bretton Woods nach drei Jahrzehnten, erhalten blieben jedoch die zwei Organisationen IWF und Weltbank. bb) Vom GATT ´47 zur WTO – Das Provisorium: GATT ´47 Das GATT ´47 (General Agreement on Tariffs and Trade) war – in seiner ursprünglichen Form – im Gegensatz zum IWF und zur Weltbank keine internationale Organisation, sondern ein multilaterales Handelsabkommen. Zunächst war es Teil der Satzung (Havanna-Charta) der geplanten umfassenden Internationalen Handelsorganisation (International Trade Organization, ITO). Nachdem Letztere mangels ausreichender Anzahl an Ratifikationen nicht zustande kam, entschieden die Vertragsstaaten, zumindest das GATT ´47 vorläufig in Kraft zu lassen. Damit trat erstmals ein umfassendes, multilaterales Abkommen an die Stelle unzähliger bilateraler Handelsverträge. Trotz seiner Vor-

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Die Entwicklung des Weltwirtschaftssystems

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läufigkeit sollte das GATT ´47 zu einem der größten Erfolge der Nachkriegszeit werden, der sich insb in einem – bis jetzt andauerenden – Aufschwung der Weltwirtschaft äußert. Grundgedanke des GATT ´47 ist der Freihandel, zu dessen Verwirklichung nationale Handelsschranken abgebaut werden sollen und den Ländern wechselseitiger Zugang zu den Märkten gewährt wird. Als Mittel dazu dient va das Prinzip der Nichtdiskriminierung. Internationale Arbeitsteilung und Freihandel sollen gemäß der Zielbestimmung des GATT ´47 zur Erhöhung des Lebensstandards, zur Förderung des wirtschaftlichen Wachstums sowie der Beschäftigung und insgesamt zur Schaffung größerer nationaler Interdependenzen durch die Intensivierung des internationalen Güteraustausches führen. Da keine eigenen Organe vorgesehen waren, bedurfte es zur Umsetzung des Abkommens intergouvernmentaler Konferenzen in Form von Vollversammlungen der Vertragsparteien (etwa Kennedy-Runde 1964–67, Tokio-Runde 1973– 1979, Uruguay-Runde 1986–1994), in welchen die Handelsliberalisierungen konsequent weitergeführt wurden. Bis zur Uruguay-Runde konnte etwa die Zollbelastung an den Grenzen der Mitgliedstaaten von rund 35% auf ca 5% gesenkt werden. Trotz seines Erfolgs blieb das GATT ´47 ein Provisorium, das sich zwar zumindest de facto von einem multilateralen Vertrag zu einer Handelsorganisation entwickelte, aber gleichzeitig erhebliche institutionelle und ordnungspolitische Defizite aufwies. Damit verbunden war ein Bedeutungsverlust des Abkommens, der sich in zunehmenden protektionistischen Tendenzen der Mitgliedstaaten in den Siebziger und Achtziger Jahren – nicht zuletzt begünstigt durch die weit reichenden Ausnahmebestimmungen (zB für Entwicklungsländer, Zollunionen und Freihandelsabkommen) – äußerte. Ein wesentliches Defizit des GATT ´47 war die nicht mehr zeitgerechte Konzentration auf den Warenhandel und den Abbau von Zöllen (tarifären Hemmnissen). Zum einen konnte ein Anstieg nichttarifärer Handelshemmnisse (NTB´s, Non-tariff barriers), die „hinter“ den Grenzen griffen und oft im Gleichschritt mit einer Zollsenkung verschärft wurden, festgestellt werden. Zum anderen erfasste das GATT ´47 nicht den zunehmend wichtiger werdenden Handel mit Dienstleistungen, der mit seinen Direktinvestitionen und Niederlassungen besonders durch NTB´s behindert wurde. Hinzu kam, dass das GATT ´47 im Laufe der Jahre zu einer unübersichtlichen Rechtsmasse angeschwollen und weitgehend zersplittert war (Fragmentarisierung). Bezeichnenderweise galt nicht einmal das GATT ´47 selbst für alle Mitgliedstaaten gleichermaßen, da Änderungen des Grundwerks nur jene Parteien banden, die diesen auch zugestimmt hatten. – Institutionelle Festigung und Erweiterung: Die WTO Die Erneuerung und Erweiterung der Welthandelsordnung sollte in der Uruguay-Runde (1986–1994) bewerkstelligt werden. Nach mehrjährigem Ringen schloss die Runde mit einem großen Erfolg: Der Gründung der WTO. Die Unterzeichnung der Abkommen in Marrakesch 1994 ermöglichte, fünf Jahrzehnte nach dem Scheitern der ITO, die Errichtung einer fast vollständigen Welthandelsordnung, die in dieser Form bis heute besteht.

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Entwicklung des internationalen Wirtschaftsrechts ab 1945

– Durch das WTO-Abkommen wurde das institutionelle Defizit des GATT ´47 behoben. Mit der WTO trat eine internationale Organisation mit eigener Rechtspersönlichkeit, einer eigenen Verwaltungsstruktur sowie eigenen Organen an die Stelle des provisorischen GATT-Vertrags. – Unter das Dach der WTO wurden zudem alle Abkommen einbezogen (Prinzip des Einheitsabkommens, „single agreement approach“) und damit ein gemeinsamer Rechtsrahmen geschaffen. Die Welthandelsordnung verklammert drei Säulen, deren Regelungsinhalte für alle Mitgliedstaaten verpflichtend sind: – die materiellen Bestimmungen des GATT ´47 wurden unter der Bezeichnung GATT ´94 übergeleitet. Zudem wurden der Textil- und Bekleidungssektor sowie der Agrarbereich in das Gesamtwerk einbezogen. – Erweitert wurde die Welthandelsordnung noch um die Bereiche Dienstleistungen (General Agreement on Trade in Services, GATS) und geistiges Eigentums (Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights, TRIPS). – Wichtige Errungenschaften waren weiters die Einführung eines einheitlichen Streitbeilegungsverfahrens für Handelstreitigkeiten der Mitgliedstaaten durch die Vereinbarung über die Regeln und Verfahren zur Streitbeilegung (Dispute Settlement Understanding, DSU) sowie die Schaffung eines Mechanismus zur multilateralen Überprüfung der Handelspolitiken der Mitgliedstaaten (Trade Policy Review Mechanism, TPRM). cc) IWF Der Internationale Währungsfonds (IWF) wird zusammen mit der WeltbankGruppe als Teil des Bretton-Woods-Systems bezeichnet. Der IWF erweiterte das System des internationalen Freihandels um die wesentliche währungspolitische Dimension. Der enge Zusammenhang zwischen Währung und Handel wird anhand der weitgehend parallelen Mitgliedschaften und der aufeinander abgestimmten materiellen Regelungen eindrücklich sichtbar. – Schaffung einer Weltwährungsordnung Die Ursprünge des Fonds gehen bereits auf die Weltwirtschaftskrise Ende der Zwanziger Jahre des 20. Jhdts zurück. Zu dieser Zeit entstand die Forderung nach einem internationalen Weltwährungssystem, das das Verhältnis zwischen den Währungen reguliert und überwacht. In der Konferenz von Bretton-Woods (New Hampshire, USA) im Jahr 1944 konnten sich schließlich 44 Staaten auf die Errichtung des IWF einigen (derzeit: 184 Mitgliedstaaten). Als zentrale Ziele des IWF wurden die Währungskonvertibilität (freie Tauschbarkeit der Währungen, Freiheit von Devisenbeschränkungen) und Währungsstabilität (relativ gleich bleibende Wechselkurse) festgesetzt, durch die ein reibungsloser Welthandel gewährleistet werden sollte. Das Abkommen über den IWF beinhaltete ein Paritätensystem mit festen Wechselkursen und engen Bandbreiten, die Konvertibilität der Währungen sowie einen Gold-Dollar-Standard als Vergleichsmaßstab.

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Die Entwicklung des Weltwirtschaftssystems

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Die USA definierten den Wert des Dollars in Gold und tauschten auf Verlangen zu diesem Satz Gold gegen Dollar aus (eine Feinunze Gold wurde zu 35 $ umgetauscht). Alle Länder, die dem Fonds beitraten, verpflichteten sich, die Parität – dh das Umtauschverhältnis – ihrer Währungen zur Leitwährung US-Dollar und über diesen zu den anderen Währungen starr festzulegen. Die Zentralbanken der Mitgliedsländer mussten dementsprechend den Kurs ihrer eigenen Währungen, gegebenenfalls durch Interventionen auf dem Devisenmarkt, innerhalb der festgelegten Bandbreite (1% Abweichung) halten. Bei Änderungen von mehr als 1% der ursprünglichen Parität hatte der IWF ein Einspruchsrecht. Die USA konnten somit ihre Währungs- und Geldpolitik völlig autonom bestimmen, während die restlichen Mitgliedstaaten des IWF an die starren Wechselkurse gegenüber dem Dollar gebunden waren. Neben seiner Funktion als Leitwährung diente der US-Dollar auch als Hauptreservewährung. – Zusammenbruch und Neuordnung Dieses System brach Anfang der Siebziger Jahre zusammen, worauf ein freies Schwanken (Floaten) der Wechselkurse der Währungen auf der Grundlage von Angebot und Nachfrage am Devisenmarkt folgte. Grund für den Zusammenbruch war die Weigerung der USA, Gold als Zahlungsmittel für zwischenstaatliche Zahlungsverpflichtungen anzunehmen. Nach der Aufgabe der vollen Goldkonvertibilität des Dollar entschieden sich eine Reihe von Ländern zur Freigabe ihrer Wechselkurse oder gingen Bindungen untereinander ein (etwa Bindung des Österreichischen Schillings an die Deutsche Mark). Auf europäischer Ebene erfolgte Ende der Siebziger Jahre die Gründung des Europäischen Währungssystems (EWS), das durch die Einführung fester Wechselkurse für die Währungsstabilität innerhalb der EWG sorgen sollte. – Grundsätze des IWF Die Veränderung im Währungssystem erforderte Satzungsänderungen des IWF, die sich insb in – der Legalisierung des Floatens der Währungen, – der Demonetarisierung des Goldes (dh Gold verlor seine Geldfunktion), – dem Entfall der Gold-Dollar-Konvertibilität (Eintauschbarkeit) und – der Einführung des Systems der Sonderziehungsrechte (Special Drawing Rights, SDR) als internationale Reservewährung äußerten. Trotz des Wegfalls des Paritätensystems blieb das zentrale Ziel des IWF, die Währungsstabilität, bestehen. Die Mitgliedstaaten sind nach wie vor zu einer an der Kursstabilität ausgerichteten Währungspolitik verpflichtet. Dem Ziel der Währungsstabilität dient nunmehr das System der Sonderziehungsrechte wie auch die Möglichkeit zur Vergabe von Krediten. – Sonderziehungsrechte Sonderziehungsrechte sind den Ziehungsrechten der IWF-Staaten nachgebildet, die den Kreditrahmen jedes Mitglieds in Höhe seiner Beteiligung am IWF darstellen. Sie bilden einen zusätzlichen Kreditrahmen, durch den die internationale Liquiditätsversorgung und damit die Währungsstabilität sichergestellt werden soll. Zudem erfüllen Sonderziehungsrechte auch Geldfunktio-

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nen und fungieren als Rechnungseinheit des IWF. Auf Basis der Sonderziehungsrechte werden Transaktionen der Staaten untereinander sowie dieser mit dem IWF durchgeführt, es handelt sich somit um eine Art „Weltgeld“. Dazu kommt noch, dass einige Mitgliedsstaaten ihre Währung an die Sonderziehungsrechte gebunden haben. Der Kurs der Sonderziehungsrechte wird dabei anhand eines „Währungskorbs“ aus vier Währungen (Dollar, Euro, Yen, Britische Pfund) bestimmt. Kommt ein Mitgliedstaat in Schwierigkeiten (Zahlungsbilanzdefizit, Engpass bei den Währungsreserven), kann er beim IWF Hilfe in Form von kurz- oder mittelfristigen Krediten in eigener Währung, Fremdwährung oder in Sonderziehungsrechten beanspruchen, die der IWF unter bestimmten Bedingungen und Auflagen gewährt. Die vom jeweiligen antragstellenden Staat zu ergreifenden Maßnahmen sollen sicherstellen, dass die Währungsprobleme auch tatsächlich bekämpft werden. Die Gewährung bzw Nichtgewährung von Krediten bildet somit das wirksamste Mittel zur Durchsetzung der Verpflichtungen aus dem IWF-Abkommen. – Entwicklungshilfe Besondere Bedeutung erlangte der IWF bei der Entwicklungshilfe. Nicht nur die Kreditvergabe, sondern auch die Unterstützung bei der Erarbeitung von Wachstums- und Wohlstandskonzepten und direkte Geldhilfen der IWFMitglieder an Entwicklungsländer werden im Rahmen des IWF vorgenommen. Hervorzuheben ist etwa die HIPC-Initative (Debt Initiative for the Heavily Indebted Poor Countries, HIPC), die eine dauerhafte Lösung der Schuldenprobleme der ärmsten Länder der Welt zu erreichen versucht. Die von den kreditnehmenden Staaten zu ergreifenden Maßnahmen (Strukturanpassungsprogramme, SAPs), die im Wesentlichen im sog Konsens von Washington festgelegt wurden, unterliegen marktwirtschaftlichen Prinzipien. Dazu zählen etwa Kürzung von Staatsausgaben, Liberalisierung der Finanzmärkte, Gleichbehandlung von inländischen und ausländischen Investitionen, Privatisierung des öffentlichen Sektors (zB Elektrizitäts-, Telekommunikationsunternehmen, Banken), Senkung der Zolltarife, Erzeugung von Markttransparenz (insb durch die Abschaffung von Subventionen). Der damit verbundene Druck auf die Wirtschaftspolitik der Empfängerstaaten trifft vermehrt auf Kritik und ist eines der heißen Streitthemen im NordSüdkonflikt zwischen Entwicklungsländern und westlichen Staaten. Besonders hervorgehoben werden die Eingriffe in die nationale Souveränität der Empfängerstaaten, das Übergewicht der Industriestaaten in den IWFOrganen und die in manchen Fällen schädlichen Auswirkungen der SAPs auf die wirtschaftliche und soziale Lage der Entwicklungsländer sowie auf die gesamte Weltwirtschaft (speziell durch überhastete Liberalisierungen und Deregulierung der Finanz- und Kapitalmärkte). dd) Weltbank Die Weltbank wurde als zweiter Pfeiler des Bretton-Woods-Systems mit dem Zweck gegründet, den Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg zu fi-

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nanzieren. Im Laufe der Zeit, insb nach der erfolgreichen Wiederherstellung der europäischen Volkswirtschaften, rückte allerdings ähnlich wie beim eng verbundenen IWF immer mehr die Aufgabe der Förderung der Wirtschaft weniger entwickelter Länder (Entwicklungshilfe) und die Bekämpfung von Armut in den Vordergrund. Mit der Verlagerung der Aufgaben wuchs die Weltbank zudem von einer einzelnen Institution zu einer Gruppe eng zusammenhängender Entwicklungsorganisationen heran. – – – – –

Die Weltbankgruppe besteht aus der Internationalen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (IBRD), der Internationalen Entwicklungsorganisation (IDA), der Internationalen Finanz-Kooperation (IFC), der Multilateralen-Investitionsgarantie-Agentur (MIGA) und dem Internationalen Zentrum für die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (ICSID).

Die Tätigkeit der Weltbankgruppe umfasst im Wesentlichen – die Vergabe von langfristigen Darlehen zu marktnahen Konditionen durch die IBRD, – die Gewährung zinsfreier, langfristiger Anleihen für Investitionsprojekte durch die IDA und – umfassende Reformprogramme sowie technische Hilfe im Wege der Beteiligung der IFC an privaten Unternehmen und der Übernahme von Garantien für Investitionen durch die MIGA. 1974 wurde ein gemeinsamer Ministerausschuss der Weltbank und des IWF gegründet, dem eine Beratungsfunktion bezüglich wichtiger Entwicklungsfragen, Umweltschutz und Handel zukommt. Die Strategie der Weltbank bei der Vergabe von Krediten ist an jene des IWF angelehnt und wird mit diesem koordiniert. Besonderes Augenmerk wird auf Private Sector Developement (PSD) gelegt. Danach soll die Privatisierung in Entwicklungsländern, va durch Strukturanpassungsprogramme, vorangetrieben werden. c)

Rohstoffabkommen und Rohstoffkartelle

aa) Rohstoffabkommen Zur Steuerung des internationalen Handels mit bestimmten landwirtschaftlichen bzw industriellen Rohstoffen (zB Zinn, Kautschuk, Tropenholz, Kaffee, Kakao und Zucker) wurden multilaterale Abkommen zwischen Ländern, die Rohstoffe exportieren und solchen, die diese importieren, geschlossen. Die Rohstoffabkommen (Commodity Agreements) verfolgen sowohl marktpolitische wie auch struktur- und umweltpolitische Zielsetzungen (zB Sicherung der natürlichen Ressourcen). In marktpolitischer Hinsicht dienen sie der Garantie angemessener und stabiler Preise zugunsten der Erzeugerländer sowie der gleich bleibenden Versorgung der Verbraucherländer mit den benötigten Rohstoffen. Die Abkommen sehen im Wesentlichen drei Instrumente vor, mit denen der Rohstoffmarkt gesteuert wird. Beim Kontingentsystem werden den Erzeu-

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gerländern bestimmte Exportquoten und den Verbraucherländern bestimmte Importquoten auferlegt, womit insb eine Preisstabilisierung bezweckt wird. Das Preisregulierungssystem sieht Preisbänder für bestimmte Rohstoffe vor. Droht der Preis auf das Niedrigstniveau zu fallen, müssen die Erzeugerländer das Angebot reduzieren. Findet hingegen eine Annäherung an den Höchstpreis statt, haben die Erzeugerländer ihre Produktion zu erhöhen, damit der Preis (durch das erhöhte Angebot) wieder fällt. Das bufferstock-System verfolgt schließlich die Preisstabilisierung durch gezielte Interventionskäufe und -verkäufe der Rohstoffe durch ein internationales Ausgleichslager. bb) Rohstoffkartelle Bei Rohstoffkartellen handelt es sich um Abkommen zwischen Exportstaaten, die mit dem Ziel abgeschlossen werden, die Angebotsseite zu kontrollieren. Im Unterschied zu Rohstoffabkommen sind also die Verbraucherländer nicht beteiligt. Das bedeutendste Rohstoffkartell ist die 1960 von den Staaten Iran, Irak, Saudi Arabien, Kuwait und Venezuela gegründete internationale Organisation OPEC (Organization of the Petroleum Exporting Countries). Mittlerweile sind noch Algerien, Indonesien, Lybien, Nigeria, die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und Katar hinzugekommen. Insgesamt verfügen die OPEC-Staaten über ca 75% der weltweiten Erdölreserven, der Anteil der OPEC-Staaten an der Deckung der weltweiten Ölnachfrage betrug im Jahr 2004 etwa 40%. Durch die Koordination und Vereinheitlichung der „Ölpolitik“ sollen angemessene und faire Preise für die Erzeugerstaaten erzielt sowie die Sicherung der Versorgung der Verbraucherländer gewährleistet werden. Vorrangig wollen sich die Mitgliedstaaten mit dem Kartell allerdings gegenüber einem Preisverfall absichern. Die Preisstabilisierung erfolgt zum einen durch die Preisfestsetzung und zum anderen durch die Erhöhung bzw Drosselung der Rohölproduktion. Von der OPEC ist die 1968 gegründete Organization of Arab Petroleum Exporting Countries (OAPEC) zu unterscheiden. Die vielfach als „kleiner Bruder“ der OPEC bezeichnete Organisation – die OAPEC verfügt über etwa 50% der weltweiten Erdölreserven und die OPEC Beschlüsse sind für sie bindend – umfasst im Gegensatz zu ihrem „großen Bruder“ nur arabische Staaten und insb auch Nichtmitglieder der OPEC (Ägypten, Syrien), ist aber ebenso auf die Koordinierung der Ölindustrie ausgerichtet. Die OAPEC war maßgeblich am Entstehen der Erdölkrise im Jahr 1973 beteiligt, da ihre Mitgliedstaaten im Zuge des Jom-Kippur-Krieges (vierter arabisch-israelischer Krieg) massive Preiserhöhungen beschlossen und ein Erdölembargo gegenüber westlichen Staaten verhängten. Weitere Rohstoffkartelle sind zB der Zwischenstaatliche Rat der Kupfer exportierenden Länder (Conseil Intergouvernemental des Pays Exportateurs de Cuivre, CIPEC), die Internationale Bauxit-Assoziation (International Bauxite Association, IBA) und die Assoziation Eisenerz exportierender Länder (Association of Iron Ore Exporting Countries, AIOEC).

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d)

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Internationales Investitionsrecht

aa) Regelung eines stabilen Umfelds und der Streitbeilegung Mit der Intensivierung der zwischenstaatlichen wirtschaftlichen Beziehungen nehmen auch die grenzüberschreitenden Investitionen zu. Der Investor ist dabei in einem besonderen Maß vom Gastgeberland abhängig, da er sein Kapital in diesem anlegt und sich idR nur mit Verlusten zurückziehen kann. Da die Investitionen im Ausland oft mit hohem Risiko verbunden sind (zB innere Unruhen, Verstaatlichungen), gingen die Staaten daran, neben bilateralen Verträgen (Bilateral Investment Treaties, BITs) auch mulitilaterale Verträge zu schließen und Institutionen zu schaffen, um die angelegten Vermögenswerte abzusichern. Im Vordergrund steht dabei – va in Bezug auf Investitionen in Entwicklungsländern – die Schaffung eines stabilen rechtlichen Umfelds (zB Regelungen über Zulassung und Schutz von Investitionen, über Enteignung und Entschädigungsleistungen) und die Einführung wirksamer Streitbeilegungsverfahren. Angesichts der Bedeutung der Investitionen für die wirtschaftliche Entwicklung sollen letztlich nicht nur die Kapitalgeber selbst, sondern auch die Gastgeberländer von den Regelungen profitieren. bb) Völkerrechtliche Verträge und Einrichtungen Die wichtigsten (völkerrechtlichen) Grundlagen für zwischenstaatliche Investitionen sind neben den zahlreichen rein bilateralen BITs: – Das unter der Ägide der Weltbank 1966 durch ein Übereinkommen geschaffene International Centre for the Settlement of Investment Disputes (ICSID). Dieses hält für Investitionsstreitigkeiten zwischen Investor und Gastgeberstaat Mechanismen, Regeln und Infrastruktur zu deren Beilegung zur Verfügung. – Die ebenfalls der Weltbankgruppe zuordenbare MIGA, die Auslandsinvestitionen gegen „non-commercial-risks“ wie Enteignungen, Krieg oder zivile Unruhen absichert. – Das Übereinkommen über handelsbezogene Investitionsmaßnahmen der WTO (Agreement on Trade-Related Investment Measures, TRIMs Agreement), das Handelsverzerrungen und -beschränkungen durch (staatliche) Investitionsmaßnahmen verhindern soll. – Direkte Verträge zwischen Investor und Gastgeberland (Konzessionsverträge). – Schließlich zahlreiche – allerdings rechtlich unverbindliche – Richtlinien und Kodizes verschiedener Internationaler Organisationen (zB die Richtlinien der Weltbank zur Behandlung direkter Auslandsinvestitionen).

4.

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a)

Allgemeines

Stützpfeiler und „Motoren“ der wirtschaftlichen Integration der Länder bilden eine Vielzahl regionaler Wirtschaftsorganisationen, die nach Ende des Zweiten Weltkriegs geschaffen wurden. Sie übernahmen und übernehmen wichtige

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wirtschaftliche Aufgaben ihrer Mitgliedstaaten (siehe im Besonderen unten zur EWG) und gewannen auf internationaler Ebene erheblich an Bedeutung. b)

Europäische Integration: EGKS, EWG, EAG, EU

aa) Überblick Anstöße zu einem Zusammenschluss der europäischen Staaten gehen weit in die Geschichte zurück. Schon im Mittelalter entstand die Vorstellung von der Einheit des Abendlandes und wurde immer wieder aufgegriffen. Erst Mitte des 20. Jhdts konnten die Grundsteine dazu gelegt werden. Die Einigung Europas erfolgte – nach der sog Jean Monnet-Methode – „step by step“. Die wirtschaftliche Integration sollte schrittweise auch zu einer politischen Einigung führen („spill over“). So entwickelte sich der europäische wirtschaftliche Zusammenschluss von einer Zollunion mit freiem Warenverkehr zu einem Binnenmarkt, in dem alle Produktionsfaktoren und Produkte frei zirkulieren können und mündete schließlich in einer umfassenden Wirtschafts- und Währungsunion. Die Wirtschaftsgemeinschaft erhielt im Laufe der Integration zudem politische Facetten; es entstand eine Politische Union, die sich als gemeinsame Werteplattform und schließlich als Grundrechtegemeinschaft etablierte. Der nächste Schritt, die Inkraftsetzung einer gemeinsamen „Verfassung“ für das vereinigte Europa, die der umfassenden materiellen Erweiterung Rechnung trägt, wurde allerdings bislang nicht getan. bb) Die Gründung der EGKS: Sektorale Integration Die Basis der Europäischen Vereinigung sollte zunächst der wirtschaftliche Zusammenschluss sein. Vornehmlich auf die Verhinderung weiterer Auseinandersetzungen zwischen Frankreich und Deutschland gerichtet war der Vertrag über die EGKS von 1951, der auf dem sog Schuman-Plan beruhte. Am 9. Mai 1950 legte der französische Außenminister Robert Schuman den von Jean Monnet erarbeiteten Plan vor (diesem Ereignis gedenkt im Übrigen der „Europatag“). Nach diesem Plan sollten die Volkswirtschaften Frankreichs und Deutschlands in den kriegswichtigen Bereichen Kohle und Stahl vollständig integriert und unter die Aufsicht eines supranationalen Organs (der „Hohen Behörde“) gestellt werden. Ziel war va, die Produktivkräfte im Ruhrgebiet, dem Zentrum der deutschen Kohle- und Stahlindustrie, einer internationalen Ordnung zu unterwerfen. Der EGKS-Vertrag wurde schließlich von den sechs Gründungsmitgliedern (Frankreich, Deutschland, Italien, Benelux) 1951 unterzeichnet und trat 1952 in Kraft. Die Organisation von Produktion und Vertrieb von Kohle und Stahl war damit einem autonomen institutionellen System unterstellt. Zur Gründung der EGKS bedurfte es allerdings zunächst einer Genehmigung durch die GATT-Mitgliedstaaten. Der Vertrag über die EGKS war im Verhältnis zum GATT ´47 ein „Neu-Vertrag“, der zwischen GATTMitgliedstaaten abgeschlossen wurde. Da die mit dem EGKS-Vertrag gewährten gegenseitigen Vergünstigungen im Grundsatz einen Verstoß gegen die Meistbegünstigungsverpflichtung darstellten, musste die EGKS erst mit einem sog „waiver“ der restlichen GATT-Mitglieder von dieser Pflicht frei-

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gestellt werden. Die EGKS war auch keine Zollunion oder Freihandelszone, die nach GATT-Recht von den Verpflichtungen entbunden ist, da sie nur Kohle und Stahl und nicht (annähernd) den gesamten Handel umfasste (vgl Art XXIV Abs 5 und 8 GATT). Der Vertrag war auf 50 Jahre befristet und endete folglich im Jahr 2002. Die Sektoren Kohle und Stahl wurden in den Anwendungsbereich des EGV übergeleitet, ebenso gingen das Vermögen und die Verbindlichkeiten auf die EG über. Die EGKS war also ein rein sektoraler und befristeter Zusammenschluss, mit deren Gründung der Grundstein für eine weitergehende Europäische Föderation gelegt wurde. cc) Die Gründung von EWG und EAG: Wirtschaftliche Integration Angesichts des Erfolgs der EGKS kamen die sechs Mitgliedstaaten der Montanunion hinsichtlich einer Integration weiterer Wirtschaftsbereiche überein und unterzeichneten 1957 die Verträge von Rom. Diese umfassten zum einen den Vertrag über die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und zum anderen den Vertrag über die Europäische Atomgemeinschaft (EAG). Gegenüber EAG und EGKS wurde die EWG als umfassende Zollunion angelegt und beschränkte sich demnach nicht nur auf Teile der Volkswirtschaft. Die EWG war somit forthin Kern der europäischen (wirtschaftlichen) Integration. Während die wirtschaftliche Vereinigung rasche Fortschritte machte, insb wurden 1967 die Organe der drei Organisationen EWG, EGKS und EAG vereinigt, verlief die politische Integration schleppender. Nachdem bereits 1954 die Gründung der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG) sowie der Europäischen Politischen Gemeinschaft fehlschlug, konnte mit der Europäischen Politischen Zusammenarbeit (EPZ) nur ein rechtlich unverbindlicher zwischenstaatlicher Kooperationsmechanismus geschaffen werden. Die Einheitliche Europäische Akte 1986 (EEA) legte das Ziel fest, den Binnenmarkt, also einen Raum, in dem Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital frei zirkulieren können, bis Ende 1992 zu verwirklichen. Auch wurde der Entschluss gefasst, die EPZ mit den drei Europäischen Gemeinschaften zu verklammern und damit einen „politischen Überbau“ für die Gemeinschaften zu schaffen. Dadurch sollte der erste maßgebliche Schritt zu einer wirtschaftlichen und politischen europäischen Union getan werden. Zudem wurde an Plänen über eine Wirtschafts- und Währungsunion gearbeitet. dd) Die Gründung der Europäischen Union: Wirtschaftliche und politische Integration Der qualitative Sprung zur Europäischen Union wurde mit dem EU-Vertrag von Maastricht vollzogen. Der mit dem Ziel der Verwirklichung einer Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) sowie einer Politischen Union abgeschlossene Vertrag begründet die derzeitige Säulenkonstruktion der Union. 1993 in Kraft getreten, vereinigte er die EWG (nunmehr: EG), EGKS und EAG als erste Säule mit der neu geschaffenen (politischen) zweiten Säule, der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP), und der dritten Säule, der Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres (ZBJI, jetzt: Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen, PJZS).

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Auf den grundlegenden Vertrag von Maastricht folgte der EU-Vertrag von Amsterdam 1999 und der EU-Vertrag von Nizza 2001. Beide brachten weitere Ergänzungen für die drei Säulen. Der Vertrag von Nizza stand va im Zeichen des geplanten Beitritts von acht mittel- und osteuropäischen Ländern (MOEL) sowie von Zypern und Malta zur Europäischen Union. Weiters erreichte die Wirtschafts- und Währungsunion 1999 ihre endgültige Phase, in der die Wechselkurse der beteiligten Währungen zum Euro unveränderlich festgelegt wurden. Von diesem Zeitpunkt an kontrolliert die Europäische Zentralbank (EZB) den Geldumlauf, während das Europäische System der Zentralbanken (ESZB) die Geldpolitik bestimmt. 2002 wurde der Euro zum allgemeinen Zahlungsmittel. In der Eurozone befinden sich bis dato 12 der 25 Mitgliedstaaten. Am 29. Oktober 2004 unterzeichneten die Staats- und Regierungschefs der 25 EU-Mitgliedstaaten sowie drei Kandidatenländer den Vertrag über eine Verfassung für Europa, den sie zuvor einstimmig angenommen hatten. Ursprünglich sollte die Verfassung nach den notwendigen Ratifizierungen in den Mitgliedstaaten (frühestens) im November 2006 in Kraft treten. Der Zeitplan konnte aber angesichts der negativen Referenden in Frankreich und in den Niederlanden nicht eingehalten werden, die Verfassung wurde vielmehr vorerst auf Eis gelegt. Die Zukunft der Verfassung ist somit ungewiss. Zwar ist dies zweifellos ein schwerer Schlag für die – bisher äußerst erfolgreiche – europäische Integration, festzuhalten bleibt aber, dass der Prozess der Angleichung und Verflechtung der mitgliedstaatlichen Verfassungen bereits weit fortgeschritten und zumindest ein gemeinschaftliches Werte- und Ordnungsmodell feststellbar ist. Besonders in dem hier interessierenden wirtschaftlichen Bereich besteht mit dem EGV bereits eine, durch die Rechtsprechung des EuGH weiter ausgebaute, europäische Wirtschaftsverfassung, die an Umfang, Präzision und Wirksamkeit die mitgliedstaatlichen Verfassungen bei Weitem übersteigt (s dazu unten Pkt C.III.). ee) Außenpolitische Dimension Die EU entwickelte sich parallel zur fortschreitenden Integration ihrer Mitgliedstaaten zu einem bedeutsamen „global player“ und zu einem wichtigen Stabilitätsfaktor des europäischen Kontinents. Besonders im Bereich der Außenwirtschaftspolitik und der Entwicklungshilfe nimmt die EU Aufgaben wahr. Hervorzuheben sind folgende völkerrechtliche Verträge und Mitgliedschaften der EG: – 1995 wurde die EG offiziell Mitglied der WTO und nimmt die Interessen ihrer Mitgliedstaaten in der Welthandelsorganisation wahr. Darüber hinaus wurde die EG Mitglied der Food and Agriculture Organization (FAO) und ist Teil einer Reihe multilateraler Verträge (zB im Bereich Fischerei, Umweltschutz und Rohstoffabkommen). – Freihandelsassoziierungen: Die EG, ihre Mitgliedstaaten sowie die EFTAStaaten unterzeichneten 1992 den Vertrag über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), mit dem eine Freihandelszone zwischen EG und EFTA begründet wurde. Das Abkommen über den EWR diente den EFTAMitgliedstaaten Österreich, Schweden und Finnland 1995 als „Sprungbrett“ in die Europäische Union, obwohl dieses gerade nicht als Beitrittsassoziation gedacht war. Mit der Schweiz, die dem EWR fernblieb, wurde eine Reihe von bilateralen Abkommen ausgehandelt.

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– Beitrittsassoziierungen und Partnerschaften: Für die Beitrittskanditaten Bulgarien und Rumänien gelten die beiden Europa-Abkommen aus den Jahren 1992 und 1993, die insb die Schaffung einer Freihandelszone beinhalten. Hervorzuheben ist weiters die Beitrittsassoziierung der Gemeinschaft und ihrer Mitgliedstaaten mit der Türkei aus dem Jahr 1963, die 1996 in einer Zollunion mündete. Mit Russland sowie den anderen Republiken der ehemaligen Sowjetunion (zB Ukraine, Armenien, Kasachstan, Usbekistan) schloss die EG – weniger weit reichende – Partnerschafts- und Kooperationsabkommen ab. – Entwicklungsassoziierungen: Neben den vorhin genannten „Assoziierungen unter Gleichen“ wurde eine Reihe von sog „Entwicklungsassoziierungen“ mit außereuropäischen Staaten geschlossen. Hier liegt das Augenmerk auf der Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung der Partnerländer, va der ehemaligen Kolonialgebiete. Zu nennen sind hier ua die Abkommen von Lomé (I-IV) mit 46 AKP-Staaten (afrikanische, karibische und pazifische Staaten), die durch das Abkommen von Cotonou aus dem Jahr 2000 mit mittlerweile 78 AKP-Staaten ersetzt wurden und die sog Europa-Mittelmeer-Abkommen (zB mit Tunesien, Algerien, Ägypten, Libanon) mit dem Ziel der Errichtung einer Freihandelszone. c)

Europäische Freihandelsassoziation

aa) Gründung der EFTA Die Europäische Freihandelsassoziation (European Free Trade Association, EFTA) wurde 1960 von Dänemark, Norwegen, Österreich, Portugal, Schweden, Schweiz und dem Vereinigten Königreich gegründet (StockholmKonvention). Zu den Gründungsmitgliedern stießen später noch Island, Finnland und Liechtenstein hinzu. Die Freihandelszone EFTA wurde als wirtschaftliches Gegengewicht und Alternative zur EWG von jenen Staaten eingerichtet, die nicht an einer umfassenden ökonomischen und politischen Integration und der damit verbundenen Abgabe staatlicher Souveränität an eine supranationale Organisation interessiert waren. Für Großbritannien kam wegen seiner weltweiten wirtschaftlichen Verflechtungen (Commonwealth) ein Beitritt zur EWG zunächst nicht in Frage. Ebenso wollten die Schweiz, Schweden und Österreich aufgrund ihrer Neutralität keine weitgehenden wirtschaftlichen und politischen Verpflichtungen eingehen, waren sich aber gleichzeitig der Notwendigkeit eines ökonomischen Zusammenschlusses bewusst. bb) Ziele der EFTA Als Ziele der EFTA wurden festgelegt: – die Förderung von Wachstum und Wohlstand (Vollbeschäftigung, Produktivitätssteigerung, finanzielle Stabilität, Verbesserung des Lebensstandards) in den Mitgliedsstaaten, – die Gewährleistung gerechter Handels- und Wettbewerbsbedingungen, – die Aufrechterhaltung eines Ausgleichs zwischen den Mitgliedstaaten und den Wirtschaftssektoren sowie – die Vertiefung des Welthandels.

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Diese Ziele sollen va durch die Liberalisierung des Handels (Abschaffung der Binnenzölle, Warenverkehrsfreiheit) erreicht werden. Da die EFTA im Unterschied zur EWG als eine einfache Freihandelszone konzipiert wurde, verblieb die Festlegung der ökonomisch wichtigen Außenzölle in der Hand der Mitgliedstaaten, weswegen komplizierte Ursprungsregeln gefunden werden mussten. Der freie Warenverkehr wird im Binnenbereich der EFTA nur solchen Waren gewährt, die innerhalb der Zone hergestellt werden. Dadurch soll verhindert werden, dass Drittlandshersteller ihre Waren vorrangig über Niedrigzollländer der EFTA „einschleusen“, was zwangsläufig zu einer Benachteiligung der anderen Mitgliedstaaten führt. Für Drittlandswaren, also solche, die ihren Ursprung nach den diesbezüglichen Regeln nicht in der EFTA-Zone haben, gelten dementsprechend die Warenverkehrsfreiheiten nicht; sie sind nach komplizierten Regeln auch beim Verkehr im Binnenbereich zu verzollen. Für eine Zollunion (wie die EWG bzw EG) ist dieses Problem weitgehend durch den Gemeinsamen Außenzolltarif der Mitgliedstaaten entschärft. Nach dem Beitritt Großbritanniens, Dänemarks, Portugals, Österreichs, Schwedens und Finnlands zur E(W)G verblieben ab 1995 nur mehr die Schweiz, Island, Liechtenstein und Norwegen in der EFTA. Die vier Länder entschieden sich, den Zweckverbund weiterzuführen und forcierten den Ausbau eines weit verzweigten Vertragsnetzes mit Drittländern, um mit den EUFreihandelsinitiativen gleichzuziehen und Benachteiligungen für die eigene Industrie zu vermeiden. Zudem erforderten der Abschluss des EWR-Abkommens durch drei EFTA-Mitglieder sowie der Abschluss spezieller bilateraler Verträge der Schweiz mit der EG eine Anpassung des EFTA-Rechts. Mit der Konvention von Vaduz 2001 erfolgte im Wesentlichen die Übernahme der Regelungsinhalte der Abkommen mit der EG. Die bisher va auf die Gewährleistung der Warenverkehrsfreiheit angelegte Freihandelszone wurde um die Bereiche freier Personenverkehr, öffentliches Beschaffungswesen, Rechte des geistigen Eigentums, Land- und Lufttransporte sowie Dienstleistungen und Investitionen erweitert. cc) Beziehungen der EFTA zur EG Die geographische, kulturelle und politische Nähe der Mitgliedsländer der EFTA und der EG sowie die Bedeutung der beiden Integrationsräume als wichtige Außenhandelspartner füreinander sind maßgebend für die enge Verknüpfung der Entwicklung beider Organisationen. Der EFTA kam stets eine privilegierte Stellung in der Außenwirtschaftspolitik der EG und vice versa zu. Die durchaus wechselhaften Beziehungen der EFTA zur EWG äußerten sich in mehreren Phasen. Die zunächst bestehende Rivalität zwischen beiden Wirtschaftsorganisationen wurde spätestens mit dem Beitritt Großbritanniens und Dänemarks zur EWG aufgeweicht. Es kam zunächst 1972 zum Abschluss zahlreicher bilateraler Verträge zwischen beiden Organisationen. Ab 1977 konnte mit der Errichtung eines Freihandelsregimes für gewerblich-industrielle Produkte von einem „Westeuropäischen Freihandelsblock“ gesprochen wer-

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den. Dieser setzte sich aus der EWG, der EFTA sowie sechs bilateralen Freihandelsabkommen zwischen den beiden Organisationen zusammen. Mit der Schaffung des Freihandelsblocks wurde der Grundstein zu einem weitgehend einheitlichen und homogenen Europäischen Wirtschaftsraum gelegt. d)

Europäischer Wirtschaftsraum

aa) Gründung des EWR Die weitergehende Verflechtung der Märkte der EG und der EFTA konnte durch den Abschluss des Vertrags über den Europäischen Wirtschaftsraum 1992 (EWR), in Kraft seit 1994, erzielt werden. Vertragsparteien des EWR sind neben den EG-Staaten die verbliebenen EFTA-Staaten mit Ausnahme der Schweiz, in der eine Volksabstimmung 1992 fehlschlug. Die Beziehungen der Schweiz zur EG wurden in einer Reihe von bilateralen Verträgen (sog Bilaterale I und II) geregelt, die der Schweiz eine Teilnahme am Binnenmarkt in bestimmten – insb für sie vorteilhaften – Bereichen gewährt. bb) Ziel des EWR Kernpunkt des EWR ist die Erweiterung des „acquis communautaire“ (gemeinschaftlicher Besitzstand) bezüglich des Binnenmarkts auf die EFTAStaaten, ohne jedoch deren politische Handlungsfähigkeit zu beschränken. Dadurch werden binnenmarktähnliche Verhältnisse zwischen den Vertragsparteien geschaffen. Diese umfassen: – die Übernahme der vier Grundfreiheiten, des freien Waren-, Personen-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehrs, – die Übernahme des europäischen Wettbewerbsrechts sowie – die Kooperation in verschiedenen Politikbereichen zB Umwelt- und Verbraucherschutz. Ergänzend wurde ein unverbindlicher „politischer Dialog“ zwischen den EWR-Mitgliedsstaaten eingeführt. Durch die Schaffung des EWR entstand insgesamt ein komplexes System, das zwar mehr als eine klassische Freihandelszone ist – derzeit gelten etwa 80% der Vorschriften der EG für die EWR-Staaten –, aber noch keine vollständige wirtschaftliche Integration bewirkt. Insb der freie Warenverkehr ist nicht voll verwirklicht, da er sich nur auf gewerblich-industrielle Produkte und landwirtschaftliche Verarbeitungsprodukte bezieht. Zudem wurde mit dem EWR keine Zollunion mit gemeinsamem Zolltarif etabliert. In Bezug auf Drittlandsprodukte bestehen also auch hier komplizierte Ursprungsregeln. e)

OECD

aa) Von der OEEC zur OECD Die Konvention über die Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit (Organization for European Economic Co-operation, OEEC) wurde 1948 von 17 westeuropäischen Staaten (ua Österreich), die am europäischen Wiederaufbauprogramm teilnahmen, unterzeichnet. 1950 traten die USA und Kanada als assoziierte Mitglieder ohne Stimmrecht der Organisation bei. Vorrangige Aufgabe der OEEC war, die Verwendung der Mittel aus dem European

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Recovery Program (ERP, „Marshall Plan“) in Europa zu koordinieren. Mit dem Marshall-Plan war auch die Forderung nach der Liberalisierung des Außenhandels verknüpft, die durch den von der OEEC vermittelten Abbau der Handelsbarrieren zwischen den europäischen Staaten erfüllt werden sollte. Die OEEC spielte daher eine entscheidende Rolle bei der weiteren wirtschaftlichen und schließlich auch politischen Integration Europas, konnte aber ihre – von der USA angedachte – Rolle als Kern der „Vereinigten Staaten von Europa“ nicht erfüllen. Vielmehr entwickelte sie sich zu einem internationalen „think tank“ ohne wirkliche Entscheidungsbefugnisse. 1961 wurde die OEEC in die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Organization for Economic Co-operation and Development, OECD) umgewandelt. bb) Aufgaben der OECD Die OECD wurde zwar weiter als die auf den Wiederaufbau konzentrierte OEEC ausgelegt, beibehalten blieb aber der rein koordinative Charakter. In allgemeiner Weise kann die OECD als ein Forum marktwirtschaftlich und demokratisch orientierter Industriestaaten, das nicht nur europäische Länder, sondern insb auch die USA, Kanada, Japan und Australien einbezieht, bezeichnet werden. Die Aufgaben der OECD (derzeit 30 Mitglieder) liegen in der Vertiefung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit, der Koordination der Wirtschaftspolitik sowie der Entwicklungshilfe und der Ausweitung des Welthandels. Ziele sind die Erreichung eines möglichst hohen und nachhaltigen Wachstums, eines hohen Beschäftigungsniveaus sowie eines steigenden Lebensstandards. In concreto ist die OECD ein Organ der internationalen Aufsicht und ein Leistungsträger va im Bereich der wirtschaftlichen Nothilfe sowie der Entwicklungszusammenarbeit, der Erschließung wissenschaftlicher und technologischer Erkenntnisse und deren wirtschaftlichen Nutzbarmachung. Kennzeichen ihrer Arbeitsweise sind unverbindliche Empfehlungen („soft law“), die durch informellen Gruppendruck ihre Wirkung erreichen. Daneben erstreckt sich die Haupttätigkeit der Organisation auf die Veröffentlichung von wissenschaftlichen Publikationen und die Führung von Statistiken. f)

Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe

Für die kommunistischen Länder wurde 1949 der Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) als sozialistisches Gegengewicht zu Marshall-Plan und OEEC geschaffen. Ziel der wirtschaftlichen Vereinigung war die arbeitsteilige Spezialisierung und die Angleichung der unterschiedlichen wirtschaftlichen Bedingungen. Mit dem Ende des Kalten Kriegs und der Öffnung der Volkswirtschaften der RGW-Mitgliedstaaten verlor dieser an Bedeutung und ist aus heutiger Sicht nur mehr historisch interessant. g)

Sonstige regionale Wirtschaftsorganisationen

aa) Überblick Auch im außereuropäischen Raum wurden viele regionale Wirtschaftsorganisationen gegründet, die allerdings – mit Ausnahme von MERCOSUR, NAFTA

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Die Entwicklung regionaler Wirtschaftsorganisationen

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und APEC – von geringerer wirtschaftlicher und praktischer Bedeutung sind. Grundsätzlich gilt auch für diese Organisationen, dass sie im Einklang mit den Prinzipien der Welthandelsordnung stehen müssen. Weit verbreitet ist dabei die Organisationsform der Freihandelszone, da bei diesem Modell die Mitgliedstaaten ihre Außenhandelspolitik gegenüber Drittländern souverän gestalten können. bb) Amerikanisch-karibischer Raum Auf dem amerikanischen Kontinent einschließlich des karibischen Raums wurde 1948 die Organization of American States (OAS) als erste Regionalorganisation gegründet. Bedeutung erlangten darüber hinaus folgende Organisationen: – In Reaktion auf die wirtschaftliche Integration in Europa schlossen die USA mit Kanada 1988 einen Vertrag über eine Freihandelszone, die mit der Einbeziehung Mexikos 1992 zum Nordamerikanischen Freihandelsabkommen (NAFTA) ausgedehnt werden sollte. – Die 1951 gegründete Organization of Central American States (OCAS) war Ausgangspunkt für weitere Organisationen: 1960 für die Zentralamerikanische Wirtschaftliche Integration (Mercado Común Centroamericano), die Lateinamerikanische Freihandelszone (LAFTA), die schließlich in die Lateinamerikanische Integrationsassoziation umgewandelt wurde oder die Anden-Gemeinschaft von 1969. – Im karibischen Raum ist darüber hinaus die Caribbean Community (CARICOM) von Bedeutung, deren Ziel die Entwicklung eines Binnenmarkts ist. Mitglieder sind ua Haiti, Trinidad und Tobago, die Bahamas, Jamaica. – In Südamerika wurde 1991 der Mercado Común del Sur („Mercosur“) gegründet, der zwischen Argentinien, Brasilien, Paraguay, Uruguay und Venezuela (Mitglied seit Juli 2006) einen lateinamerikanischen Binnenmarkt schuf. – Neuerdings steht wiederum die schon in den Neunziger Jahren vorgeschlagene gesamtamerikanische Free Trade Area of the Americas (FTAA), durch die eine Freihandelszone von Alaska bis Feuerland errichtet werden soll, in Diskussion, konnte aber bislang noch nicht verwirklicht werden. cc) Asiatisch-pazifischer und afrikanischer Raum Weitere Regionalorganisationen entstanden im asiatisch-pazifischen Raum: – Die Association of South-East Asian Nations (ASEAN), in deren Rahmen die Freihandelszone ASEAN Free Trade Area (AFTA) geschaffen wurde. Mitglieder sind ua die Philippinen, Singapur, Thailand, Malaysia. – Die Asia-Pacific Economic Cooperation (APEC), die auf Basis unverbindlicher Abkommen eine Koordination der nationalen Wirtschaftspolitiken verfolgt und schließlich ab 2010 in eine Freihandelszone münden soll. Mitglieder sind ua USA, Russland, Australien, Japan, China, Indonesien, Vietnam. Im afrikanischen Raum entstanden ua: – Die Zentralafrikanische Zoll- und Wirtschaftsunion, Union Douanière des Etats de l'Afrique Centrale (UDEAC) oder

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Entwicklung des internationalen Wirtschaftsrechts ab 1945

– die Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten, Economic Community Of West African States (ECOWAS), die neben der wirtschaftlichen auch eine politische Integration verfolgt. Fragen: 1. Auf welcher theoretischen Grundlage basiert die Entwicklung des Weltwirtschaftssystems nach dem Zweiten Weltkrieg und was sind deren Forderungen? 2. Geben Sie einen Überblick über die wichtigsten nach dem Zweiten Weltkrieg gegründeten internationalen Organisationen und Abkommen. 3. Was bezwecken diese? 4. Was versteht man unter dem System von Bretton Woods? 5. Schildern Sie die Entwicklungsschritte vom GATT ´47 zur WTO. 6. Welche Aufgaben erfüllte der IWF ursprünglich? 7. Was sind Rohstoffabkommen? 8. Gibt es einen Unterschied zu den Rohstoffkartellen? 9. Was bezweckt das internationale Investitionsrecht? 10. Welche regionalen Wirtschaftsorganisationen entstanden im europäischen Raum? 11. Schildern Sie die Eckpunkte der Entwicklung der Europäischen Union. 12. Skizzieren Sie das Verhältnis von EG und EFTA. 13. Was ist die Aufgabe der OECD? 14. Kennen Sie regionale Wirtschaftsorganisationen außerhalb Europas?

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C) Wirtschaftsverfassung Die Wirtschaftsverfassung ist das Fundament der Wirtschaftsrechtsordnung. Sie sichert die Kohärenz und das Zusammenspiel der einzelnen Rechtsvorschriften und enthält Lösungsvorschläge für Konfliktfälle. In der Wirtschaftsverfassung wird die Vernetzung der drei Rechtskreise (Teilsysteme) am eindrücklichsten sichtbar. Ihre wechselseitige Beeinflussung wird durch Schnittstellen definiert. Die internationale Wirtschaftsverfassung, die sich va in den Prinzipien der WTO niederschlägt und auch über einen an Effektivität zunehmenden Streitbeilegungsmechanismus verfügt, markiert wesentliche Rahmenbedingungen der europäischen Wirtschaftsverfassung. Auf europäischer Ebene erfolgt die Ausformung des Grundsatzes der offenen Marktwirtschaft insb durch die Grundfreiheiten und das Wettbewerbsrecht. Das nationale Wirtschaftsverfassungsrecht fügt sich – kraft Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts und der völkerrechtlichen Umsetzungspflicht – in diesen Rahmen, wirkt aber auch in der Gegenrichtung auf die internationale und europäische Wirtschaftsverfassung ein.

I.

Begriff der Wirtschaftsverfassung

Literatur: Böhm (Hrsg), Die Ordnung der Wirtschaft als geschichtliche Aufgabe und rechtsschöpferische Leistung (1937); Böhm/Eucken/Grossmann-Doerth, Unsere Aufgabe in Böhm (Hrsg), Die Ordnung der Wirtschaft als geschichtliche Aufgabe und rechtsschöpferische Leistung (1937) VII; Drexl, Wettbewerbsverfassung – Europäisches Wettbewerbsrecht als materielles Verfassungsrecht –, in von Bogdandy (Hrsg), Europäisches Verfassungsrecht. Theoretische und dogmatische Grundzüge (2003) 747; Ermacora/Hummer, Völkerrecht, Recht der Europäischen Union und Landesrecht in Neuhold/Hummer/Schreuer (Hrsg), Handbuch des Völkerrechts, Bd 1 – Texteil4 (2004) Rz 558 ff; Fikentscher, Wirtschaftsrecht. Bd 1: Weltwirtschaftsrecht, Europäisches Wirtschaftsrecht (1983); Griller, Zur Systembildung im Wirtschaftsrecht (1989); Haller et al (Hrsg), FS-Winkler (1997); Korinek (Hrsg), FS-Wenger (1983); Langer, Grundlagen einer internationalen Wirtschaftsverfassung. Strukturprinzipien, Typik und Perspektiven anhand von Europäischer Union und Welthandelsorganisation (1995); Neuhold/Hummer/Schreuer (Hrsg), Handbuch des Völkerrechts, Bd 1 – Texteil4 (2004); Pernthaler, Die neue Doppelverfassung Österreichs, FS-Winkler (1997) 773; Raschauer, Wirtschaftsverfassungsrecht und Gemeinschaftsrecht, in Raschauer (Hrsg), Österreichisches Wirtschaftsrecht2 (2003) Rz 1 ff; ders (Hrsg), Österreichisches Wirtschaftsrecht2 (2003); Schäffer, Die rudimentäre Wirtschaftsverfassung Österreichs, FS-Wenger (1983) 3; von Bogdandy (Hrsg), Europäisches Verfassungsrecht. Theoretische und dogmatische Grundzüge (2003).

1.

Wirtschaftsverfassung im ökonomischen und juristischen Sinn

a)

Integrativer Ansatz

Der Begriff Wirtschaftsverfassung befindet sich im Schnittfeld zwischen Rechtswissenschaft („Verfassung“) und Ökonomie („Wirtschaft“). Dement-

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Begriff der Wirtschaftsverfassung

sprechend erschließt sich sein Inhalt nicht aus einer jeweils isolierten rechtswissenschaftlichen bzw ökonomischen Betrachtung, sondern setzt einen integrativen Ansatz voraus, der wirtschaftliche mit verfassungsdogmatischen Denkkategorien zusammenführt. Dabei ist im Besonderen zu beachten, dass die Begrifflichkeit der Wirtschaftsverfassung nicht monokausal aus einem Rechtskreis abgeleitet werden kann, sondern – wie einleitend schon ausgeführt – den drei Rechtskreisen, nämlich dem internationalen, europäischen und nationalen, entspringt. Bei der Definition der Wirtschaftsverfassung ist zwischen Ideal- und Realbegriffen zu unterscheiden. Idealbegriffe basieren auf Modellvorstellungen, Realbegriffe versuchen die Wirklichkeit, im gegenständlichen Fall eine bestimmte Normenordnung („Gegenstandsadäquanz“), zu erfassen. Die ökonomische und die rechtswissenschaftliche Dogmatik bedienen sich beider Formen. Im Wirtschaftsrecht wird allerdings hauptsächlich von den ökonomischen Modellen, also von Idealbegriffen, ausgegangen, um zu einer Klassifikation bestimmter konkreter Normenordnungen zu gelangen. Im Übrigen dient der Begriff der Wirtschaftsverfassung lediglich der äußeren Systembildung, eine selbständige juristische Bedeutung kommt ihm nicht zu. b)

Wirtschaftsverfassung im ökonomischen Sinn

In ökonomischer Sicht versteht man unter Wirtschaftsverfassung als Realbegriff zum einen eine bestimmte reale Ordnung der Wirtschaft, also die Form der Güterverteilung in einer Gesellschaft („politische Gesamtentscheidung über die Ordnung des nationalen Wirtschaftslebens“, Böhm in Anlehnung an Carl Schmitt). Zum anderen wird iSd herkömmlichen volkswirtschaftlichen Modelle grundsätzlich zwischen den Modellen der liberalen Marktwirtschaft und der Planwirtschaft unterschieden. Das marktwirtschaftliche Modell stellt auf die Durchsetzung der Wirtschaftsfreiheiten (Grundfreiheiten und -rechte, Privatautonomie) und des Wettbewerbs ab. Staatliche Maßnahmen, die in diesen Mechanismus wesentlich eingreifen, werden als kontraproduktiv empfunden („Handelshemmnisse“, zB Sozialpolitik, Verbraucherschutz, Subventionspolitik). Umgekehrt war im Rahmen der Planwirtschaft privates Handeln, das von den vorgegebenen staatlichen Plandaten abwich, nicht vorgesehen bzw wurde als systemwidrig beurteilt. Die ökonomische Begriffsbildung ist insofern eindimensional und zugleich konsequent, als sie nur jene Ordnungselemente erfasst, die zur Beschreibung eines bestimmten Modells beitragen. c)

Wirtschaftsverfassung im juristischen Sinn

Der juristische Realbegriff der Wirtschaftsverfassung geht – iSd Gegenstandsadäquanz – vom konkreten Rechtsnormenbestand aus. Erfasst werden nicht nur Bestimmungen, die formellen Verfassungsrang besitzen (formelles Wirtschaftsverfassungsrecht), sondern auch Rechtsnormen unterer Stufe, die zur Ausgestaltung der Wirtschaftsordnung beitragen (Wirtschaftsverfassungsrecht im materiellen Sinn). Zu diesen positivrechtlichen Vorschriften treten informale Regeln hinzu, denen der Charakter einer Rechtsnorm abgeht, die aber trotzdem für die konkrete Ausgestaltung der Wirtschaftsordnung bedeutsam sind (zB gentlemen’s

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Formelles und materielles Wirtschaftsverfassungsrecht

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agreements, Verhaltensabsprachen, faktisches Marktverhalten). Diese informalen Strukturen sind angesichts des nach wie vor bestehenden Einflusses der Sozialpartnerschaft, die weitgehend einen faktischen Einfluss auf das Wirtschaftsgeschehen ausübt, von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Der juristische Begriff der Wirtschaftsverfassung kann einzelne Modellvorstellungen jeweils nur in abgeschwächter Form verwirklichen. Konsequenterweise hat man daher in Österreich auch den Begriff der gemischtwirtschaftlichen Wirtschaftsverfassung geprägt, um ein adäquates Bild der grundsätzlichen Elemente der in Österreich bestehenden Wirtschaftsverfassung zu vermitteln. Im Gegensatz zu österreichischem Verfassungsrecht enthält Art 4 EGV eine Grundsatzentscheidung für eine offene Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb. Betrachtet man allerdings die konkrete Ausformung der Wirtschaftsordnung der Gemeinschaft, ergibt sich auch hier eine mixed economy, bei der aber die marktwirtschaftlichen Akzente weitaus stärker ausgeprägt sind als in Österreich.

2.

Formelles und materielles Wirtschaftsverfassungsrecht

Formelles Wirtschaftsverfassungsrecht stellt auf die Rangordnung der in Frage kommenden Rechtsnormen ab. Demnach verstünde man unter selbigen alle Vorschriften mit Wirtschaftsbezug, die im Rang von Verfassungsrecht stehen. Das völkerrechtliche Vertragswerk der WTO kann wegen seiner Bedeutung für den internationalen Handel und insb für die Außenwirtschaftspolitik der Staaten als Verfassung bezeichnet werden, selbiges gilt erst recht für den EGV, der eine besondere, mit dem herkömmlichen Staatsrecht vergleichbare, rechtliche Qualität aufweist. Das reine Abstellen auf den Rang der Normen ist unbefriedigend, wenn eine Norm diesen Rang nicht bekleidet, aber seiner Bedeutung nach der Wirtschaftsverfassung zuzurechnen ist. Normen dieser Qualität werden unter dem Begriff des materiellen Wirtschaftsverfassungsrechts zusammengefasst. So ist das zweifellos zum Wirtschaftsverfassungsrecht gehörige europäische Wettbewerbsrecht nur teilweise im EGV vorzufinden. Die Bestimmungen über die Fusionskontrolle sind nämlich nicht im Gründungsvertrag, sondern im Sekundärrecht geregelt. Ebenso würde bei formeller Betrachtungsweise die in keiner (österreichischen) Verfassungsbestimmung vorkommende, für das Wirtschaftssystem aber unabdingbare, Privatautonomie keinen Eingang in das Wirtschaftsverfassungsrecht finden.

3.

Die Wirtschaftsverfassung und ihre Schnittstellen

a)

Zum Begriff der Schnittstelle

Wie sich schon aus der geschichtlichen Herleitung ergibt, ist das Wirtschaftsverfassungsrecht seinem Ursprung nach in drei Normenblöcke gegliedert, nämlich in das internationale, das supranationale (gemeinschaftsrechtliche) und das nationale Wirtschaftsverfassungsrecht. Diese Normenblöcke weisen eine unterschiedliche rechtliche Qualität auf, die sich auch in der konkreten Anwendung

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Begriff der Wirtschaftsverfassung

widerspiegelt. Völkerrecht richtet sich an die Staaten und muss erst durch diese in nationales Recht transformiert werden, während dies für supranationales Recht nicht gilt (siehe zur autonomen Geltung des Gemeinschaftsrechts Pkt C.IV.2.b.). Auch die Bezugsrichtungen der Normenblöcke unterscheiden sich. Völkerrecht bezieht sich auf die zwischenstaatliche Verantwortung der Staaten, die sich in der Umsetzungspflicht des Vereinbarten äußert, während auf nationaler und zunehmend auch auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene die soziale Verantwortung des Staats (der Gemeinschaft) gegenüber der Gesellschaft tragend ist. Die konkrete Wirtschaftsverfassung stellt also keine geschlossene Ordnung dar, sondern ein Gefüge, das aus drei Teilen besteht, die durch drei Schnittstellen miteinander verbunden sind. Der Begriff „Schnittstelle“ (interface) hat seine Wurzeln in der Elektronik und findet heute vornehmlich im EDV-Bereich (Benutzeroberfläche als Mensch-Maschine-Schnittstelle) Anwendung. In allgemeiner Form kann Schnittstelle als Teil eines Systems verstanden werden, der dem Austausch von Informationen, Energie oder Materie mit anderen Systemen dient. Zwischen den Systemen besteht eine laufende Kommunikation, über die eine wechselseitige Beeinflussung erfolgen kann. Die Funktionen des Systems sind in der Schnittstellenbeschreibung angeführt. b)

Drei Teilsysteme – drei Schnittstellen

Verwendet man den Begriff der Schnittstelle zwecks Beschreibung der konkreten Wirtschaftsverfassung, ergeben sich daraus zwei Konsequenzen: Einerseits beinhaltet der Begriff „Schnitt“ die Notwendigkeit der Unterscheidung. Die Verfassungsordnung besteht aus Teilordnungen (Pernthaler spricht deshalb mit Blick auf die EU-Verfassung und auf das nationale Verfassungsrecht von einer „neuen Doppelverfassung Österreichs“). Andrerseits muss es Regeln geben, die die Schnittstellen definieren und insb die Einwirkungen (Kommunikation) des einen Teilsystems auf die anderen Teilsysteme definieren. Da die Wirtschaftsverfassung aus drei Teilsystemen besteht, ergeben sich drei Schnittstellen mit folgenden Koppelungsmechanismen: – Schnittstelle zwischen WTO und europäischer Wirtschaftsverfassung: Den Kernbereich der Schnittstelle zwischen den Rechtskreisen bildet va der Warenhandel. Die Kommunikation erfolgt auf der Basis der verfassungsrechtlichen Prinzipien der WTO (Meistbegünstigung, Inländerprinzip, Abbau der tarifären und nichttarifären Hemmnisse, Reziprozität). Zur Erfüllung der die EG treffenden Verpflichtungen müssen die WTO-Regeln allerdings erst in das Gemeinschaftsrecht inkorporiert werden. – Schnittstelle zwischen europäischer und nationaler Wirtschaftsverfassung: Aufgrund ihres fragmentarischen Charakters ist die europäische Wirtschaftsverfassung notwendigerweise auf die Kommunikation mit den mitgliedstaatlichen Verfassungsordnungen angewiesen. Ihrem Umfang nach wird die Schnittstelle zwischen europäischer Verfassung und nationalen Verfassungsordnungen durch die Regelungen des EGV und der diesbezüglichen Rechtsprechung des EuGH abgesteckt. Inhaltlich ist die Schnittstelle von dem den EGV dominierenden „Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb“ bestimmt.

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Definition der Wirtschaftsverfassung

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– Schnittstelle zwischen WTO und nationaler Wirtschaftsverfassung: Sowohl die EG wie auch ihre Mitgliedstaaten sind Mitglieder der WTO. In den Bereichen, die nicht in die ausschließliche Zuständigkeit der EG fallen (im Wesentlichen Dienstleistungen und geistige Eigentumsrechte), müssen die Mitgliedstaaten selbst für die Umsetzung des WTO-Rechts sorgen, also dieses gegebenenfalls in ihre Rechtsordnungen inkorporieren.

4.

Definition der Wirtschaftsverfassung

Führt man den materiellen und den ökonomischen Verfassungsbegriff unter Berücksichtigung der drei Rechtskreise zusammen, so ergibt sich folgende Definition: Unter Wirtschaftsverfassung versteht man ein durch Schnittstellen verbundenes Gefüge von Rechtsnormen internationaler, gemeinschaftsrechtlicher und nationaler Herkunft, das die Funktionsgarantien für eine bestimmte Wirtschaftsordnung definiert und so die Grundlage für das einfache Wirtschaftsrecht bildet. Die Wirtschaftsverfassung ist also die rechtliche Grundordnung der Wirtschaft. Fragen: 1. Definieren Sie den Begriff der Wirtschaftsverfassung. 2. In welchem Verhältnis stehen der ökonomische und der juristische Begriff der Wirtschaftsverfassung? 3. Wodurch unterscheiden sich formelles und materielles Wirtschaftsverfassungsrecht? 4. Welche Schnittstellen gibt es im Rahmen der Wirtschaftsverfassung? 5. Was versteht man unter „Doppelverfassung Österreichs“ iSv Pernthaler? 6. Welche Kommunikationsregeln enthält die Schnittstelle zwischen internationaler Wirtschaftsverfassung und EU-Wirtschaftsverfassung? 7. Welche Kommunikationsregeln enthält die Schnittstelle zwischen EU-Wirtschaftsverfassung und den Wirtschaftsverfassungen der Mitgliedstaaten?

II.

Internationale Wirtschaftsverfassung

Literatur: Beise, Die Welthandelsorganisation (WTO). Funktion, Status, Organisation (2001); Benedek, Das Recht des internationalen Handels, in Neuhold/Hummer/Schreuer (Hrsg), Handbuch des Völkerrechts, Bd 1 – Texteil4 (2004) Rz 2547 ff; Bieber/Epiney/Haag, Die Europäische Union6 (2005); Fischer, Grundlagen und Entwicklung des Internationalen Wirtschaftsrechts, in Neuhold/Hummer/Schreuer (Hrsg), Handbuch des Völkerrechts, Bd 1 – Texteil4 (2004) Rz 2483 ff; Grabitz/von Bogdandy/Nettesheim (Hrsg), Europäisches Außenwirtschaftsrecht (1994); Hauser/Schanz, Das neue GATT2 (1995); Hilpold, Die EU im GATT/WTO-System (1999); Hummer/Weiss, Vom GATT ´47 zur WTO ´94 (1997); Kuschel, Auch die revidierte Bananenmarktordnung ist nicht WTO-konform, EuZW 1999, 74; Langer, Grundlagen einer internationalen Wirtschaftsverfassung. Strukturprinzipien, Typik und Perspektiven anhand von Europäischer Union und Welthandelsorganisation (1995); Nagel, Wirtschaftsrecht der Europäischen Union. Eine Einführung4 (2003); Neuhold/Hummer/ Schreuer (Hrsg), Handbuch des Völkerrechts, Bd 1 – Texteil4 (2004); Pauger, Marktwirtschaft durch EU-Recht. Deregulierung am Beispiel der Elektrizitätswirtschaft (1996); Raschauer (Hrsg), Österreichisches Wirtschaftsrecht2 (2003); ders, Wirtschaftsverfassungsrecht und Gemeinschaftsrecht, in Raschauer (Hrsg), Österreichisches Wirtschaftsrecht2 (2003) Rz 1 ff; Rei-

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Definition der Wirtschaftsverfassung

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– Schnittstelle zwischen WTO und nationaler Wirtschaftsverfassung: Sowohl die EG wie auch ihre Mitgliedstaaten sind Mitglieder der WTO. In den Bereichen, die nicht in die ausschließliche Zuständigkeit der EG fallen (im Wesentlichen Dienstleistungen und geistige Eigentumsrechte), müssen die Mitgliedstaaten selbst für die Umsetzung des WTO-Rechts sorgen, also dieses gegebenenfalls in ihre Rechtsordnungen inkorporieren.

4.

Definition der Wirtschaftsverfassung

Führt man den materiellen und den ökonomischen Verfassungsbegriff unter Berücksichtigung der drei Rechtskreise zusammen, so ergibt sich folgende Definition: Unter Wirtschaftsverfassung versteht man ein durch Schnittstellen verbundenes Gefüge von Rechtsnormen internationaler, gemeinschaftsrechtlicher und nationaler Herkunft, das die Funktionsgarantien für eine bestimmte Wirtschaftsordnung definiert und so die Grundlage für das einfache Wirtschaftsrecht bildet. Die Wirtschaftsverfassung ist also die rechtliche Grundordnung der Wirtschaft. Fragen: 1. Definieren Sie den Begriff der Wirtschaftsverfassung. 2. In welchem Verhältnis stehen der ökonomische und der juristische Begriff der Wirtschaftsverfassung? 3. Wodurch unterscheiden sich formelles und materielles Wirtschaftsverfassungsrecht? 4. Welche Schnittstellen gibt es im Rahmen der Wirtschaftsverfassung? 5. Was versteht man unter „Doppelverfassung Österreichs“ iSv Pernthaler? 6. Welche Kommunikationsregeln enthält die Schnittstelle zwischen internationaler Wirtschaftsverfassung und EU-Wirtschaftsverfassung? 7. Welche Kommunikationsregeln enthält die Schnittstelle zwischen EU-Wirtschaftsverfassung und den Wirtschaftsverfassungen der Mitgliedstaaten?

II.

Internationale Wirtschaftsverfassung

Literatur: Beise, Die Welthandelsorganisation (WTO). Funktion, Status, Organisation (2001); Benedek, Das Recht des internationalen Handels, in Neuhold/Hummer/Schreuer (Hrsg), Handbuch des Völkerrechts, Bd 1 – Texteil4 (2004) Rz 2547 ff; Bieber/Epiney/Haag, Die Europäische Union6 (2005); Fischer, Grundlagen und Entwicklung des Internationalen Wirtschaftsrechts, in Neuhold/Hummer/Schreuer (Hrsg), Handbuch des Völkerrechts, Bd 1 – Texteil4 (2004) Rz 2483 ff; Grabitz/von Bogdandy/Nettesheim (Hrsg), Europäisches Außenwirtschaftsrecht (1994); Hauser/Schanz, Das neue GATT2 (1995); Hilpold, Die EU im GATT/WTO-System (1999); Hummer/Weiss, Vom GATT ´47 zur WTO ´94 (1997); Kuschel, Auch die revidierte Bananenmarktordnung ist nicht WTO-konform, EuZW 1999, 74; Langer, Grundlagen einer internationalen Wirtschaftsverfassung. Strukturprinzipien, Typik und Perspektiven anhand von Europäischer Union und Welthandelsorganisation (1995); Nagel, Wirtschaftsrecht der Europäischen Union. Eine Einführung4 (2003); Neuhold/Hummer/ Schreuer (Hrsg), Handbuch des Völkerrechts, Bd 1 – Texteil4 (2004); Pauger, Marktwirtschaft durch EU-Recht. Deregulierung am Beispiel der Elektrizitätswirtschaft (1996); Raschauer (Hrsg), Österreichisches Wirtschaftsrecht2 (2003); ders, Wirtschaftsverfassungsrecht und Gemeinschaftsrecht, in Raschauer (Hrsg), Österreichisches Wirtschaftsrecht2 (2003) Rz 1 ff; Rei-

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Internationale Wirtschaftsverfassung

nisch, Das WTO-Streitbeilegungssystem, ecolex 2000, 836; Schulev-Steindl, Die neue Welthandelsordnung (GATT/WTO), JAP 1997/1998, 144; Senti, WTO: die heute geltende Welthandelsordnung5 (2005); ders, Die WTO im Spannungsfeld zwischen Handel, Gesundheit, Arbeit und Umwelt. Geltende Ordnung und Reformvorschläge (2006).

1.

Das WTO-Vertragswerk als internationale Wirtschaftsverfassung

Ausgangspunkt für die Bestimmung der internationalen Wirtschaftsverfassung sind die Normen des internationalen Wirtschaftsrechts. Dieses setzt sich aus Regelungen über das Verhalten der am grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehr beteiligten Rechtssubjekte zusammen. Darunter fallen nicht nur völkerrechtliche Verträge (bi- und multilaterale Verträge), Völkergewohnheitsrecht, Allgemeine Rechtsgrundsätze, Beschlüsse Internationaler Organisationen, sondern auch das supranationale (Europäisches Gemeinschaftsrecht) und das nationale (Außenwirtschafts) Recht. Eine besondere Stellung im internationalen Wirtschaftsrecht nehmen die Abkommen im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) ein. Keine andere internationale Wirtschaftsorganisation ist vergleichbar universell angelegt und institutionell gefestigt. Dies ergibt sich aus ihrer Mitgliederanzahl (derzeit 149), aus dem sachlichen Regelungsumfang der WTO-Abkommen (Waren, Dienstleistungen, geistiges Eigentum) und aus ihrer fest gefügten Organisationsstruktur. Die WTO-Abkommen enthalten damit in umfassender Weise die grundlegenden Regelungen und Institutionen für einen Großteil des internationalen Wirtschaftsverkehrs. Insofern ist es berechtigt, das WTO-Vertragswerk als „Welthandelsordnung“ oder als internationale Wirtschaftsverfassung zu bezeichnen.

2.

Ziele und Funktionen der WTO

a)

Ziele, Mittel und Funktionen

Die Präambel des WTO-Abkommens sieht folgende Ziele der Organisation vor: – eine Erhöhung des Lebensstandards, – die Sicherung der Vollbeschäftigung und eines hohen und ständig steigenden Niveaus des Realeinkommens sowie der wirksamen Nachfrage, – eine Steigerung der Produktion und des Handels, – eine optimale Nutzung der Hilfsquellen der Welt im Einklang mit dem Ziel einer dauerhaften Entwicklung und des Umweltschutzes und – die angemessene Beteiligung der Entwicklungsstaaten am Wachstum des internationalen Handels. Ausgehend vom ökonomischen Prinzip der komparativen Kostenvorteile setzt die Erreichung der Ziele eine weltweit optimale Allokation und Distribution der Produktionsfaktoren und der Produkte voraus. Als Mittel dazu dient die Errichtung eines Welthandelssystems, das den Abbau von Handels-

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Ziele und Funktionen der WTO

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hemmnissen sowie die Beseitigung von Diskriminierungen im internationalen Handel gewährleistet. Die von der WTO ausgeübten Funktionen lassen sich dementsprechend wie folgt unterteilen (Beise): – Institutionelle Funktion: Die WTO ist eine Internationale Organisation mit eigenen Organen, die das Vertragswerk administrieren, die Handelspolitik der Mitgliedstaaten überwachen und Handelsstreitigkeiten schlichten. – Materielle Funktion: Das WTO-Vertragswerk gewährleistet die Rechtssicherheit im Welthandel. – Dynamische Funktion: Die WTO bietet den Staaten ein Forum zur Weiterentwicklung der Welthandelsordnung im Rahmen multilateraler Handelsrunden. b)

Institutionelle Funktion: Die Organisation der WTO

aa) Die WTO als Internationale Organisation Die Welthandelsorganisation wurde als eine auf Dauer angelegte Internationale Organisation mit eigener Rechtspersönlichkeit eingerichtet. Ihr Sitz liegt in Genf. Sie kann Beziehungen mit anderen Internationalen Organisationen aufnehmen, ihre Organe (va die Ministerkonferenz) können verbindliche Beschlüsse fassen und ihren Bediensteten werden Immunitäten und Privilegien eingeräumt, die zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlich sind. bb) Die Organstruktur der WTO Die WTO bildet den gemeinsamen institutionellen Rahmen für die Wahrnehmung der Handelsbeziehungen zwischen ihren Mitgliedstaaten (Art II WTO). Ihren Organen obliegt die Administrierung und Weiterentwicklung der Abkommen, die Überwachung der Handelspolitiken der Mitgliedstaaten und die Streitbeilegung. Dabei ist zwischen folgenden Organen zu unterscheiden: – Ministerkonferenz, – Allgemeiner Rat, – Rat für den Handel mit Waren, – Rat für den Handel mit Dienstleistungen sowie – Rat für TRIPS. Die Ministerkonferenz ist das oberste Organ der WTO. Sie setzt sich aus Vertretern der Mitgliedstaaten zusammen und tritt mindestens alle zwei Jahre zusammen. Ihr kommt die Funktion eines Weichenstellers für die WTO zu, insb ist sie sowohl Leitungsorgan als auch Repräsentativorgan, in dem alle Mitglieder vertreten sind. Zwischen den Tagungen der Ministerkonferenz werden die Verwaltungsaufgaben vom Allgemeinen Rat als Hauptorgan sowie unter dessen Leitung von den (Fach)Räten der Bereiche Handel, Dienstleistung und geistiges Eigentum wahrgenommen. Der Allgemeine Rat tritt auch als Streitschlichtungsorgan (Dispute Settlement Body, DSB) und als handelspolitische Kontrollbehörde (Trade Policy Review Body, TPRB) zusammen.

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Internationale Wirtschaftsverfassung

Die Organe werden vom Sekretariat der WTO in Genf unterstützt. Diesem steht ein Generaldirektor (derzeit: Pascal Lamy) vor, der von der Ministerkonferenz ernannt wird. Das Sekretariat verfügt selbst über keine Entscheidungsbefugnis, da diese nur den Mitgliedstaaten zukommt. Seine Aufgabe liegt insb in der organisatorischen und technischen Unterstützung der Verhandlungen der Mitgliedstaaten. Die Mittel- und Personalausstattung der WTO ist äußerst gering. So verfügt das Sekretariat – angesichts der Aufgabenvielfalt – nur über rund 630 Mitarbeiter. Das aus den Beiträgen der Mitgliedstaaten bestehende Budget der WTO ist mit ca 108 Mio Euro (für das Jahr 2005) beziffert. c)

Materielle Funktion: Das Regelwerk der WTO

aa) Allgemeines Das Regelwerk der WTO umfasst als Klammer die drei materiellen multilateralen Verträge GATT ´94, GATS, TRIPS (sog „drei Säulen“), eine Vereinbarung über die Streitbelegung (Dispute Settlement Understanding – DSU, auch oft als „vierte Säule“ bezeichnet) sowie einen Mechanismus zur Überwachung der nationalen Handelspolitiken (Trade Policy Review Mechanism – TPRM). Hinzu kommen noch zwei plurilaterale Verträge im Bereich des öffentlichen Auftragswesens (GPA) und des Handels mit Zivilfahrzeugen. Die drei multilateralen Verträge und das DSU bilden den Kernbereich der WTO-Rechtsordnung, der für alle Mitgliedstaaten als integrierender Bestandteil des WTO-Abkommens verbindlich ist. Die beiden plurilateralen Verträge hingegen müssen nicht unbedingt von allen Ländern angenommen werden (Art II Abs 3 WTO-Abkommen) und sind nur für die Signatarstaaten verbindlich. Die im Rahmen des GATS vereinbarten Zusatzübereinkommen über den grenzüberschreitenden Personenverkehr sowie Finanzund Telekommunikationsdienstleistungen haben ebenfalls plurilateralen Charakter, kommen aber iSd Meistbegünstigungsprinzips allen Mitgliedstaaten der WTO zugute. Streitbeilegung (DSU) Handelspolitische Überwachung (TPRM) Multilaterale Abkommen (für alle Mitglieder verbindlich)

GATT ´94

GATS

TRIPS

Liberalisierung des Warenhandels

Liberalisierung des Dienstleistungshandels

Schutz geistiger Eigentumsrechte

12 Sonderübereinkommen Landwirtschaft Gesundheit (SPS) Textilien und Bekleidung Techn. Handelshemmnisse (TBT)

Sektorübereinkommen: Finanzdienstleistungen Basistelekommunikation Personenverkehr

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Ziele und Funktionen der WTO

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Subventionen Investitionen (TRIMs) Dumping Versandkontrolle Ursprungsregeln Einfuhrlizenzen Schutzmaßnahmen Zollwert Vereinbarungen zur Auslegung des GATT

Plurilaterale Abkommen (fakultativ) Handel mit zivilen Luftfahrzeugen Öffentliches Beschaffungswesen (GPA)

bb) GATT ´94 Das GATT ´94 beinhaltet als das zentrale Abkommen der WTO die allgemeinen Grundsätze des Freihandels und die Regelungen bezüglich des Handels mit Waren. Ziel ist die Liberalisierung des Welthandels. Mittel sind: – Die Senkung bzw Abschaffung von Zöllen, – die Reduzierung von nichttarifären Handelshemmnissen (etwa durch Harmonisierung gesundheits- oder umweltrechtlicher Standards und Gleichstellung ausländischer mit inländischen Waren in Bezug auf Abgaben und Rechtsvorschriften) oder deren Umwandlung in Zölle sowie – das Verbot von mengenmäßigen Beschränkungen (Kontingentierungen). Das GATT wird durch 12 Sonderübereinkommen und sechs Vereinbarungen über die Auslegung diverser GATT-Bestimmungen ergänzt. Zu Ersteren zählen etwa das Übereinkommen über die Landwirtschaft, das Übereinkommen über die Anwendung gesundheitspolizeilicher und pflanzenschutzrechtlicher Maßnahmen (SPS), das Übereinkommen über Textilwaren und Bekleidung oder das Übereinkommen über handelsbezogene Investitionsmaßnahmen (TRIMs). Die Verhandlungen über die Liberalisierung des Agrarhandels waren nahezu die wichtigsten in der Uruguay Runde. Das GATT ´47 umfasste zwar auch die Landwirtschaft, erlaubte den Mitgliedstaaten aber (marktzugangsbeschränkende und wettbewerbsverzerrende) nichttarifäre Maßnahmen, wie Kontingente und Subventionierungen. Besonders die Exportsubventionen für landwirtschaftliche Produkte führten zu einer Verzerrung des Wettbewerbs. Der Sonderstatus des Agrarhandels konnte in der Uruguay-Runde beendet werden. Die damit entstandene WTO-Agrarordnung sieht die Erleichterung des Marktzutritts, den Abbau inländischer Stützungsmaßnahmen und die Senkung der Exportsubventionen vor. Besonders die EG mit ihren massiven Unterstützungen für den europäischen Agrarmarkt gerät dadurch in Bedrängnis (s zu den vorläufigen Ergebnissen der „Doha-Runde“ unten Pkt C.II.2.d.bb).

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Internationale Wirtschaftsverfassung

cc) GATS Der rasch wachsenden Bedeutung des Handels mit Dienstleistungen wird durch das GATS Rechnung getragen. Das Abkommen enthält Regelungen über die Liberalisierung der Dienstleistungsmärkte. Zwar wurde es dem GATT in Grundzügen nachempfunden, bedarf aber als Rahmenübereinkommen der Konkretisierung. Das GATS unterscheidet dementsprechend zwischen allgemeinen Verpflichtungen, die sich aus dem Abkommen selbst ergeben und für alle Mitglieder verbindlich sind (insb Meistbegünstigungpflicht und Gebot der Transparenz) und spezifischen Verpflichtungen, die sich aus nach Sektoren gegliederten Länderlisten als integrierender Bestandteil des GATS ergeben. In den Listen wird festgehalten, für welche Dienstleistungszweige ein Mitgliedstaat Marktzutritt und Inländergleichbehandlung für ausländische Anbieter gewährt. Beim GATS besteht also grundsätzlich nur dann ein Marktzugang, wenn sich die Länder in den Positivlisten dazu verpflichten (punktuelle Liberalisierungen). Diese Verfahrensweise birgt den Vorteil in sich, dass sich ein Staat nur soweit zur Marktöffnung verpflichten muss, als dies auch national (innenpolitisch) vertretbar ist. Zu einzelnen, umstrittenen Dienstleistungssektoren sind weiters Sektorabkommen auszuhandeln. Bis dato wurde ein Übereinkommen über Finanzdienstleistungen im Versicherungs- und Bankwesen, ein Übereinkommen über den grenzüberschreitenden Verkehr natürlicher Personen und eines über Basistelekommunikation abgeschlossen. dd) TRIPS Wie beim Handel mit Dienstleistungen nimmt die Bedeutung des geistigen Eigentums (Patente, Marken, Urheberrechte) im internationalen Handel immer mehr zu, gleichzeitig entstehen hohe wirtschaftliche Schäden durch Raubkopien oder Nachahmung bzw Fälschungen. Va für die hoch entwickelten und technologisierten Länder der Ersten Welt ist der Schutz des geistigen Eigentums besonders wichtig, um Beeinträchtigungen des internationalen Leistungswettbewerbs und die Gefährdung der Sicherheit und Gesundheit durch Plagiate zu begrenzen. So kam insb auf Druck der USA – und gegen den anfangs bestehenden Widerstand der Entwicklungsländer, die um ihre Partizipation an fortschrittlicher Technologie fürchteten – das TRIPS-Abkommen in der Uruguay-Runde zustande. Das Übereinkommen regelt die Grundzüge des Schutzes immaterieller Rechte (Urheberrechte, Patentrechte, Marken- und Musterschutzrechte, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse) im zwischenstaatlichen Handelsverkehr. Dazu bindet das Abkommen die von der World Intellectual Property Organization (WIPO) verwalteten Übereinkommen (Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums 1883, PVÜ, und Berner Übereinkunft über die Urheberrechte von 1886) in das WTO-System mit seinem Rechtsdurchsetzungsmechanismus ein und erweitert bzw modifiziert diese. Ein enormer Verhandlungserfolg wurde mit der im Übereinkommen aufgenommenen Verpflichtung der Mitgliedstaaten, Mindeststandards zum Schutz geistiger Eigentumsrechte in ihren Rechtsordnungen zu verankern, erzielt. Diese beinhalten insb eine Mindestschutzdauer für geistiges Eigentum (zB Urhe-

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Ziele und Funktionen der WTO

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berrechte: 50 Jahre, Patentrechte: 20 Jahre). Va Entwicklungsländer, die kürzere oder gar keine Schutzfristen vorsahen, wurden damit zur Angleichung an den europäischen Standard veranlasst. Weiters werden die WTO-Mitglieder verpflichtet, Zivil-, Straf- und Verwaltungsverfahren zur Durchsetzung der Rechte zu schaffen. Heftige Kritik löste das TRIPS-Übereinkommen angesichts der Gesundheitsprobleme vieler Entwicklungsländer mit HIV/AIDS, Malaria, Tuberkulose und anderen Epidemien aus. Das Übereinkommen, das die Patente internationaler Pharmaunternehmen schützte, stand (angesichts der Preispolitik der Firmen) einer angemessenen Versorgung der wirtschaftlich schwachen Länder im Weg. Dem trug die Doha-Ministererklärung vom 14. November 2001 sowie eine Zusatzerklärung Rechnung, indem die Möglichkeit eröffnet wurde, in Notfällen Zwangslizenzen für die Produktion benötigter Medikamente zu erteilen. Zusätzlich wurden die ganz armen Länder durch einen „waiver“ von der Einhaltung der Patent- und Informationsbestimmungen des TRIPS-Übereinkommens bis zum Jahr 2016 befreit. d)

Dynamische Funktion: Die Handelsrunden der WTO

aa) Ziel der Verhandlungen (Handelsrunden) Ziel der Handelsrunden ist die Weiterentwicklung und Durchsetzung des WTO-Rechts. Art III Abs 2 S 2 des WTO-Abkommens bestimmt, dass im Rahmen der WTO auch über die bisher geregelten Sachbereiche hinausgehende Themen verhandelt werden können. Die Abkommen sind damit nicht einzementiert, sondern es ist ausdrücklich deren Fortentwicklung vorgesehen, die maßgeblich durch die Handelsrunden bestimmt wird. bb) Verhandlungsgegenstände Die ersten Verhandlungsrunden hatten vornehmlich die Senkung bzw Beseitigung der Zölle an den Außengrenzen der Mitgliedstaaten zum Zweck. Allmählich fanden auch andere Themenbereiche Eingang in die Verhandlungen, wie zB der Abbau nichttarifärer Handelshemmnisse oder der Schutz der Umwelt. Eine wichtige Rolle in den Verhandlungen spielte auch die institutionelle Weiterentwicklung des GATT/WTO-Systems (im Besonderen in der Uruguay-Runde). Die seit 2001 laufende Handelsrunde, die sog „Doha-Runde“, setzt den Schwerpunkt auf die Entwicklungsländer. Auf der Themenliste der Entwicklungsagenda von Doha (Doha Development Agenda, DDA) stehen ua der Abbau von Agrarsubventionen in den westlichen Ländern zugunsten der Entwicklungsländer, der erleichterte Marktzugang von Produkten aus wirtschaftlich schwächeren Staaten, der Technologietransfer, weitere Liberalisierungen von Dienstleistungen, die Fortentwicklung des Streitbeilegungsmechanismus, etc. Die Verhandlungen in der Ministerkonferenz von Cancún im Jahr 2003 scheiterten allerdings an einer Lösung dieser Fragenkomplexe. Erst die letzte Konferenz von Hongkong 2005 brachte schließlich kleine, aber wesentliche Verhandlungsfortschritte.

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Internationale Wirtschaftsverfassung

Hervorzuheben ist die Einigung über ein Entwicklungspaket zugunsten der wirtschaftlich schwächsten Länder (Least Developed Countries, LDCs). Zentral ist die Einräumung eines zoll- und quotenfreien Zugangs zu den Märkten der Industriestaaten für beinahe alle Produkte der am wenigsten entwickelten Länder bis 2008. Weiters konnte eine Einigung in den für die Entwicklungsländer besonders wichtigen Agrarverhandlungen erzielt werden. Die Ministerkonferenz hat sich auf die Abschaffung aller Exportsubventionen im Agrarbereich bis 2013 und auf einen Abbau der handelsverzerrenden internen Stützungen geeinigt. Davon ist insb die massive Förderung der eigenen Landwirtschaft durch die EU betroffen. Die im Gegenzug von der EU forcierten Verhandlungen über den erleichterten Marktzugang nicht-agrarischer Produkte (Non-Agricultural Market Access, NAMA) und Dienstleistungen führten noch zu keinem konkreten Ergebnis. Die DDAVerhandlungen wurden im Übrigen Ende Juli 2006 von den USA vorerst auf Eis gelegt, der Erfolg der Handelsrunde ist also – wie schon so oft – ungewiss. cc) Ablauf und Beschlussfassung In den Handelsrunden werden parallel verschiedene Themen behandelt, die zumeist alle an einem bestimmten Stichtag abgeschlossen werden (“Nothing is agreed until everything is agreed”, sog „single undertaking“). So tragen etwa die Abkommen der Uruguay-Runde alle dasselbe Datum. Durch das „single undertaking“ soll eine weitgehende Kohärenz der WTO-Rechtsordnung gewährleistet werden, indem sichergestellt wird, dass grundsätzlich alle Mitglieder die Vereinbarungen in einem Werk zusammengefasst unterzeichnen. Die Beschlussfassung in den Handelsrunden beruht – wie auch jene der anderen WTO-Organe – auf dem Konsensprinzip. Dabei kommt es nicht auf die positive Zustimmung aller Mitgliedstaaten (iS einer „Einstimmigkeit“) an, sondern vielmehr auf das Fehlen eines förmlichen (negativen) Widerspruchs. Liegt also keine ausdrückliche Ablehnung vor, gilt der in Frage stehende Verhandlungspunkt als angenommen. Kann der Konsens nicht hergestellt werden, wird idR abgestimmt. Jedes Mitglied verfügt dabei über eine Stimme („one country, one vote“), eine Gewichtung der Stimmen etwa nach dem Anteil am Welthandel oder nach der Höhe des Mitgliedsbeitrags gibt es nicht. Die EG verfügt bei Abstimmungen über die Anzahl der Stimmen, die ihre Mitgliedstaaten innehaben. dd) Überblick über die GATT/WTO-Handelsrunden Runde

Jahr

Wichtigste Verhandlungsgegenstände

Genf

1947

Zollabbau

Annecy

1949

Zollabbau

Torquay

1951

Zollabbau

Genf

1956

Zollabbau

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Die verfassungsrechtlichen Prinzipien der WTO

Runde

71

Jahr

Wichtigste Verhandlungsgegenstände

Dillon-Runde

1960–61

Zollabbau

Kennedy-Runde

1964–67

Zollabbau, Anti-Dumping

Tokio-Runde

1973–79

Zölle, nichttarifäre Handelshemmnisse, Entwicklungsländer, Subventionen

Uruguay-Runde

1986–94

Zölle, Dienstleistungen, geistiges Eigentum, Landwirtschaft, institutionelle Neustrukturierung

Millenium-Runde

1999

gescheitert

Seit 2001

Zölle, Entwicklungsländer, Landwirtschaft, Dienstleistungen, Marktzugang nicht-landwirtschaftlicher Produkte, geistiges Eigentum

Doha-Runde

3.

Die verfassungsrechtlichen Prinzipien der WTO

a)

Zielrichtung der Prinzipien

Den Prinzipien der WTO liegen die Gedanken der Freihandelstheorie und des Neoliberalismus zu Grunde. Ziel ist es, den Zugang ausländischer Produkte und Dienstleistungen zu den jeweiligen Märkten der Mitgliedstaaten, Rechtssicherheit und einen fairen Wettbewerb zu gewährleisten, um eine optimale Allokation und Verteilung der Produktionsfaktoren zu erreichen. Der Marktzugang wird va durch das Diskriminierungsverbot (Meistbegünstigungspflicht und Inländerprinzip) und durch den Abbau tarifärer und nichttarifärer Handelshemmnisse eröffnet. Ein offener Markt ist allerdings für investitionsbereite Unternehmen nicht interessant, wenn keine Rechtssicherheit gegeben ist. Die internationale Wirtschaftsordnung mit ihrer Verpflichtungswirkung für die Staaten gewährleistet daher rechtsstaatliche Berechenbarkeit des politischen und institutionellen Umfelds, was insb Sicherheit vor Enteignung und willkürlichen oder überhöhten Steuern, Garantie der Transferierbarkeit der erzielten Gewinne, Schutz von Auslandsinvestitionen, Rechtsschutz vor Korruption umfasst. Vorschriften des fairen Wettbewerbs – bezüglich Subventionen, Dumping, Auftragsvergabe, etc – richten sich ebenfalls an die Staaten und sollen Schutz vor Handelsverzerrungen bieten. Die folgenden Prinzipien sind der „gemeinsame Bestand“ der drei materiellrechtlichen Säulen der WTO. Sie gelten wohlgemerkt in unterschiedlicher Intensität. Ihren ausgeprägtesten Niederschlag finden sie im GATT-Recht. Im GATS sind sie zu großen Teilen, im TRIPS-Abkommen – nicht zuletzt aufgrund des beschränkten Regelungsbereichs – im geringeren Ausmaß verwirklicht.

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b)

Internationale Wirtschaftsverfassung

Meistbegünstigungsprinzip

aa) Inhalt Zentrales Prinzip des GATT/WTO-Systems ist die Meistbegünstigung (most favoured nation – MFN) als eine Ausprägung des Diskriminierungsverbots. Sie beinhaltet die Pflicht zur Gleichbehandlung aller Mitgliedstaaten und ist damit der „Motor“ zum Abbau von Handelshemmnissen und Diskriminierungen. Das Meistbegünstigungsprinzip stellt sicher, dass zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten vereinbarte Vorteile (zB eine Zollsenkung) „unverzüglich und bedingungslos“ auch allen anderen Mitgliedern gewährt werden, ohne dass dafür eine angemessene Gegenleistung verlangt wird (Art I GATT). Mit ähnlichem Wortlaut fand der Grundsatz auch Eingang in das GATS (Art II) und das TRIPS-Abkommen (Art 4). bb) Anwendungsbereich Die Meistbegünstigungspflicht bezieht sich ausschließlich auf fremde Produkte (Dienstleistungen) – gilt also nicht im Verhältnis ausländischer zu inländischen Produkten. Sie bezieht sich ferner nur auf Belastungen, die anlässlich bzw vor Überschreiten der Grenze (zB Zölle) bestehen. Vom Prinzip der Meistbegünstigung gibt es zahlreiche Ausnahmen. Der Vertrag über die Europäische Gemeinschaft stellt etwa im Grundsatz eine Verletzung dieses Prinzips dar, da die Vergünstigungen, die sich die EGMitgliedstaaten untereinander gewähren, nicht im Verhältnis zu den anderen Staaten gelten. Aufgrund ihrer besonderen integrativen Funktion wurde eine Ausnahme von der Meistbegünstigungspflicht für Zollunionen und Freihandelszonen bereits ins GATT ´47 aufgenommen (vgl Art XXIV GATT). Beispiel: Der „Bananenstreit“ Anlass des Streits war die Bananenmarktordnung der EG. Diese sah Importbegünstigungen für Bananen aus AKP-Staaten und Beschränkungen für sog Dollarbananen aus mittel- und lateinamerikanischen Ländern vor. Die Bevorzugung der AKPStaaten durch die gemeinschaftliche Marktordnung beruhte auf den Abkommen von Lomé. Ecuador, Guatemala, Honduras, Mexiko und die USA, deren Exportunternehmen (zB Chiquita Brands International) hauptsächlich von der europäischen Bananenmarktordnung in Mitleidenschaft gezogen wurden, erhoben Protest. Ein Panel des DSB wurde eingesetzt und prüfte die Frage. Das Panel befand, dass durch die unterschiedliche Behandlung der Waren aus den AKP-Staaten und jenen der Drittländer ua das Prinzip der Meistbegünstigung des Art I GATT verletzt wurde. Die Zugeständnisse der EG an die AKP-Staaten hätten „unverzüglich und bedingungslos“ auch den Drittstaaten, also auch den Klägern, gewährt werden müssen. Der Panelbericht wurde vom Streitbeilegungsgremium der WTO bestätigt. Eine Berufung der EG hatte vor dem Berufungsgremium keinen Erfolg. Die darauf folgenden Änderungen der EG-Bananenmarktordnung wurden von der WTO erneut als unzureichend bewertet, womit der Streitbeilegungsprozess abgeschlossen war. Den USA wurde daraufhin die Erhebung von Strafzöllen in der Höhe des ihren Unter-

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Die verfassungsrechtlichen Prinzipien der WTO

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nehmen erwachsenen Schadens (ca $ 191,4 Mio pro Jahr) auf Exportgüter der EG zugestanden. Der Streit ist bis heute noch nicht gänzlich beigelegt und weiterhin Thema der WTO-Ministerkonferenzen.

c)

Inländerprinzip

aa) Inhalt Das Inländerprinzip (national treatment, Art III GATT, Art XVII GATS, Art 3 TRIPS) ist wie das Meistbegünstigungsprinzip eine Ausprägung des Gebots der Nichtdiskriminierung. Es verbietet im Unterschied zu Ersterem die Ungleichbehandlung von ausländischen Leistungen gegenüber inländischen Produkten oder Dienstleistungen – soweit der Staat für Letztere seinen Markt geöffnet hat. bb) Anwendungsbereich Das Inländerprinzip bezieht sich auf staatliche Maßnahmen, die nach dem Überschreiten der Zollgrenze durch das Produkt oder die Leistung zum Tragen kommen. Damit sollen nicht nur ausländische Produkte untereinander, wie es die Meistbegünstigungspflicht vorsieht, sondern auch im Verhältnis zu inländischen gleichbehandelt werden. Dies betrifft innerstaatliche Rechtsvorschriften über Verkauf bzw Verwendung von Produkten oder die Belastung mit Abgaben, etc. Beispiel: Staat A erhebt eine besondere Steuer auf bestimmte importierte Produkte. Dies führt zu einer Diskriminierung der ausländischen Produkte gegenüber gleichartigen inländischen, wenn auf Letztere eine derartige Steuer nicht erhoben wird. Die Erhebung der Steuer verstößt somit gegen den Grundsatz der Inländergleichbehandlung, soweit keine Rechtfertigung dafür gefunden werden kann.

cc) TRIMs Besonders für ausländische Direktinvestitionen, im Zuge der globalisierten Märkte ein bedeutendes Element des internationalen Wirtschaftsverkehrs, ist der Grundsatz der Inländergleichbehandlung von erheblicher Bedeutung. Staaten können versucht sein, ausländische Investitionen in den Dienst einer protektionistischen Wirtschaftspolitik zu stellen, indem Auflagen gemacht oder Anreize gewährt werden. Solche Maßnahmen können sich in handelspolitischer Hinsicht als Barrieren darstellen oder – aus unternehmerischer Perspektive – zur Verminderung der Profitabilität der Investition führen. Dem „Missbrauch“ von Auslandsinvestitionen wurde durch das Abkommen über handelsbezogene Investitionsmaßnahmen (Agreement on Trade-Related Investment Measures, TRIMs-Agreement) Rechnung getragen. Ziel des Sonderabkommens des GATT ´94 ist es, die Investitionen über die nationalen Grenzen hinweg zu erleichtern und Handelsbeschränkungen und -verzerrungen aufgrund staatlicher Rechtsvorschriften über Investitionen zu verhindern. Dazu wurden Maßnahmen in einer Liste im Anhang des Abkommens zusammengefasst, die gegen Art III Abs 4 (Inländerprinzip) und Art XI Abs 1

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Internationale Wirtschaftsverfassung

(Verbot der mengenmäßigen Beschränkungen) GATT verstoßen. Darunter fallen ua Vorschriften, die das Unternehmen verpflichten, zu einem gewissen Anteil Waren inländischen Ursprungs anzuschaffen („local content requirements“) oder die die Menge bzw den Wert der durch ein Unternehmen eingeführten Waren von der Menge oder dem Wert der von ihm exportierten einheimischen Waren abhängig machen („trade balancing requirements“). Zur Überwachung des Abkommens ist ein Ausschuss für handelsbezogene Investitionsmaßnahmen eingesetzt. d)

Abbau der tarifären und nichttarifären Hemmnisse

aa) Zölle als tarifäre Handelshemmnisse Ein weiterer zentraler Grundsatz des WTO-Systems ist der Abbau von Zöllen und nichttarifären Hemmnissen (non-tariff-barriers, NTBs) für importierte Waren. Das klassische Hauptthema jeder Handelsrunde ist die Zollreduzierung und die vertragliche Zollbindung. Zweck des Zollabbaus ist „trade creation“, dh die Inlandsproduktion soll durch Handel ersetzt werden bzw sich nur auf die Herstellung solcher Waren beschränken, die effizient hergestellt werden können. Das Gegenteil davon ist „trade diversion“: Durch hohe Zölle werden die heimischen Waren vor ausländischen Produkten geschützt und so eine – insb im Vergleich mit anderen Staaten weniger effiziente – heimische Produktion erzwungen. Die Reduzierung der Zolltarife ist mittlerweile weit fortgeschritten. Insgesamt konnten seit dem Inkrafttreten des GATT die Zölle für Industrieprodukte in den Handelsrunden von durchschnittlich 50% auf unter 4% vermindert werden. In den Bereichen Pharmaprodukte, medizinische Geräte, Baugeräte und Landwirtschaftsmaschinen wurde überdies eine vollständige Beseitigung erreicht. Die derzeitige „Doha-Runde“ ist mit Zollsenkungen bzw dem gänzlichen Abbau von Zöllen zugunsten der Entwicklungsländer in der Landwirtschaft befasst. Bezüglich nicht-agrarischer Produkte wird derzeit an einer Zollsenkungsformel gefeilt. Ebenfalls weit fortgeschritten ist der Bindungsgrad der Zölle. Zollbindung bedeutet, dass die Zollzugeständnisse in (umfangreichen) Listen aufgenommen und fortan nicht mehr ohne weiteres erhöht, sehr wohl aber gesenkt werden können. Eine willkürliche Festlegung der Tarife durch die Mitgliedstaaten wird damit unterbunden, was insb die Rechts- und Planungssicherheit des Exporteurs verbessert. Die Industrieländer haben bereits rund 99%, die Entwicklungsländer etwa 73% ihrer Zölle gebunden. Weiters führte die UruguayRunde zur Bindung der Zölle für Agrarprodukte. bb) Nichttarifäre Handelshemmnisse (NTBs) Spätestens seit der Uruguay-Runde stehen neben tarifären auch nichttarifäre Handelshemmnisse im Vordergrund der Verhandlungen. Schließlich führt der Abbau der Außenzölle nicht selten gleichzeitig zum Ausbau „interner“ Hindernisse für ausländische Waren, im Zuge dessen sich die Staaten äußert kreativ zeigen. Zudem stellen NTBs im Vergleich zu Zöllen einen schwerwiegenderen Eingriff in den Wirtschaftsverkehr dar. Letztere sind zumindest nach außen zahlenmäßig transparent, was für nichttarifäre Maßnahmen idR nicht gilt.

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Die verfassungsrechtlichen Prinzipien der WTO

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Überdies führen Zölle zu einer „bloßen“ Verteuerung der Einfuhr, während etwa Kontingentierungen ab einer bestimmten Menge die Einfuhr überhaupt unterbinden. Im Wesentlichen treten NTBs in folgenden Erscheinungsformen auf: – Mengenmäßige Beschränkungen: Import- und Exportquoten sowie Import- und Exportverbote, Local-Content-Vorschriften (zur Fertigung müssen Zwischenprodukte aus dem Inland bezogen werden). – Importverfahrenshemmnisse (zB schikanöse Zollformalitäten). – Bevorzugung von inländischen Bietern bei öffentlichen Vergaben. – Diskriminierende technische Handelshemmnisse in Form von Produktvorschriften (Anforderungen bezüglich Sicherheit, Kennzeichnung, Verbraucher-, Gesundheits- und Umweltschutz) oder in Form von unterschiedlichen Zulassungsverfahren für Produkte. Das GATT enthält außer dem allgemeinen Verbot der mengenmäßigen Beschränkungen (Art XI Abs 1 GATT) und dem allgemeinen Prinzip der Inländerbehandlung keine expliziten Vorschriften bezüglich nichttarifärer Handelshemmnisse. Dementsprechend wurde eine Reihe von Nebenabkommen zum GATT geschlossen, die diese Verpflichtungen konkretisieren und den missbräuchlichen Einsatz von Handelshemmnissen verhindern sollen. Die wichtigsten sind: – Übereinkommen über technische Handelshemmnisse (Technical Barriers to Trade Agreement, TBT-Agreement), – Übereinkommen über gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Maßnahmen (Sanitary and Phytosanitary Measures Agreement, SPSAgreement) sowie die – Übereinkommen über Einfuhrlizenzen, Antidumping, Subventionen und Landwirtschaft. Auch die multilateralen Verträge GATS und TRIPS (Harmonisierung geistiger Eigentumsrechte) sowie das (plurilaterale) Abkommen über das Beschaffungswesen wirken nichttarifären Handelshemmnissen entgegen. Das TBT-Abkommen bezieht sich auf alle Waren einschließlich industrieller und landwirtschaftlicher Erzeugnisse. Erfasst wird sowohl die Beschaffenheit der Produkte als auch die Herstellungsverfahren und Produktionsmethoden. Ziel des Abkommens ist es, sicherzustellen, dass technische Vorschriften und Normen, einschließlich der Erfordernisse der Verpackung, Kennzeichnung, Beschriftung und Konformitätsbewertung (Überprüfung der Produkte auf Übereinstimmung mit den Vorschriften) keine unnötigen Hemmnisse für den internationalen Handel schaffen. Es verlangt, dass nationale Produktregelungen transparent, nicht diskriminierend und weder willkürlich noch protektionistisch angewendet werden. Handelshemmnisse sind aber soweit zulässig, als sie zum Schutz wesentlicher Sicherheitsinteressen des Staats (etwa nationale Sicherheit) oder sonstiger berechtigter Ziele (Schutz der Gesundheit und Sicherheit von Menschen, des Lebens oder der Gesundheit von Tieren und Pflanzen, Verhinderung irreführender Praktiken, etc) notwendig sind. Darüber hinaus wird eine Harmonisierung der technischen Vorschriften angestrebt. Die Mitgliedstaaten haben grundsätz-

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Internationale Wirtschaftsverfassung

lich die Gleichwertigkeit von Vorschriften anderer Staaten zu prüfen bzw einschlägige internationale Normen zu verwenden. e)

Reziprozität

aa) Inhalt Das Prinzip der Reziprozität, das sich sowohl im GATT wie auch im GATS und TRIPS findet, verpflichtet zum wechselseitigen Ausgleich der Interessen der Mitgliedstaaten. Zugeständnisse sollen gegenseitig erfolgen und gleichwertig sein („equivalent concessions“). Dementsprechend bestimmt etwa Art XIX GATS, dass die Verhandlungsrunden zur Liberalisierung der Dienstleistungsmärkte einem insgesamt ausgeglichenen Verhältnis von Rechten und Pflichten der Mitgliedstaaten dienen. Der Reziprozitätgrundsatz ergänzt also die Verfahren des politischen Ausgleichs und der Streitbeilegung der WTO, die insgesamt die Herstellung einer Balance in den zwischenstaatlichen Handelsbeziehungen gewährleisten sollen. bb) Anwendungsbereich Der Grundsatz der Reziprozität ist in allen Verhandlungen zwischen den Staaten zu beachten. Allerdings steht er in seiner Bedeutung hinter jenen der Meistbegünstigung und der Inländergleichbehandlung, da Letztere ja grundsätzlich allen anderen Staaten ohne konkrete Gegenleistung gewährt werden müssen. Dazu kommt noch, dass in der Praxis das wirtschaftliche Gewicht der westlichen Länder eine gewünschte „Gleichheit der Staaten“ und das Erzielen gleichwertiger Zugeständnisse überspielt. Der Verhandlungsmacht der Vereinigten Staaten ist mit dem Prinzip der Reziprozität nicht beizukommen, auch dürften Handelsembargos oder sonstige Gegenmaßnahmen, die ein kleinerer Staat ergreift, zumeist wirkungslos oder gar selbst schädigend sein. f)

Begünstigung der Entwicklungsländer

aa) Problemstellung Mit dem Anwachsen des GATT/WTO-Systems von einem zunächst auf Industrieländer beschränkten Vertragswerk zu einer „Welthandelsordnung“ mit 149 Mitgliedstaaten mussten zunehmend auch die Bedürfnisse der wirtschaftlich schwachen Länder berücksichtigt werden. Die Entwicklungsländer bemängelten va, dass sie angesichts ihrer schwachen Wirtschaft nicht von den Prinzipien des freien Handels profitieren konnten, sondern vielmehr durch diese noch mehr benachteiligt wurden. Die Beseitigung des (wirtschaftlichen) Ungleichgewichts zwischen Nord und Süd rückte dementsprechend ins Zentrum der Aufmerksamkeit des GATT/WTO-Systems. bb) Präferenzen Mit dem Ziel der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Entwicklungsländer, der Erhöhung ihres Anteils am Welthandel und der Gewährleistung des Zugangs ihrer Produkte zu den Weltmärkten wurden den wirtschaftlich schwachen Ländern im Rahmen des GATT/WTO-Systems Präferenzen eingeräumt.

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Die verfassungsrechtlichen Prinzipien der WTO

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Im Jahr 1965 wurde der GATT-Vertrag um den Teil IV ergänzt, der besondere Regelungen für Entwicklungsländer enthält. Auf Basis dieser Bestimmungen wurde das sog Allgemeine Präferenzsystem (Generalized System of Preferences, GSP) eingeführt. Dieses ermächtigt die Industriestaaten, den Entwicklungsländern Handelspräferenzen zu gewähren (zB Allgemeines Präferenzsystem der EG, VO 980/2005/EG, ABl 2005 L 169/1; weltweit operieren zumindest 16 derartiger Präferenzsysteme). Da es sich dabei an sich um einen Verstoß gegen das Meistbegünstigungsprinzip handelt, bedurfte es eines „waivers“ auf Grundlage des Art XXV Abs 5 GATT. Die günstigere Behandlung der Entwicklungsländer wurde später durch die sog „enabling clause“ (Ermächtigungsklausel) aus dem Jahr 1979 permanent im GATT-Recht verankert. Weiters sind vorgesehen: – Ausnahmen von der Reziprozität und des Inländerprinzips, – Sondermaßnahmen (Sonderregeln für Kontingente oder bezüglich der Rücknahme von Zollreduzierungen seitens der Entwicklungsländer), – längere Umsetzungsfristen in verschiedenen WTO-Abkommen, die vereinfachte Aktivierung von Schutzklauseln und die technische Unterstützung der Entwicklungsländer durch das WTO-Sekretariat. Für die Angelegenheiten Handel und Entwicklung wurde zudem ein eigenes Komitee eingerichtet. g)

Umweltschutz

aa) Problemstellung Zu einer weiteren Herausforderung für das GATT/WTO-System entwickelte sich der Themenkomplex Handel und Umweltschutz. Die Gefährdung des Lebensraums Erde durch Umweltzerstörungen bzw -katastrophen (zB Tschernobyl 1986) und durch den Klimawandel sowie die Notwendigkeit raschen Handelns konnten das Welthandelssystem nicht gänzlich unberührt lassen. Die von den Staaten auf Basis ihrer unterschiedlichen Umweltpolitiken erlassenen ökologischen Handelsmaßnahmen (Trade-Related Environmental Measures, TREMs) kollidierten zunehmend mit den Liberalisierungsbestrebungen der WTO und führten zu einer Reihe von Handelsstreitigkeiten (s dazu unten, „Thunfisch-Delphin-Fall“). Zunehmend wurde die Forderung nach dem Einbezug des Umweltschutzes („Greening the GATT“) in das GATT/WTOSystem und nach einer Neuausrichtung der Welthandelsordnung erhoben. In der Uruguay-Runde wurde der Themenkomplex Handel schließlich um jenen der Umwelt erweitert. Grundlage dafür war der „Dunkel-Bericht“ aus dem Jahr 1991. Dieser forderte die Ausrichtung der Wirtschaftsbeziehungen zwischen den Mitgliedstaaten auf die „optimale Nutzung der natürlichen Ressourcen auf dauerhaftem Niveau“ und nicht auf die „volle Erschließung der Hilfsquellen“ wie es das ursprüngliche GATT vorsah. bb) Umweltschutz im WTO-Regelwerk Dieser Gedanke fand Eingang in die Zielbestimmung der Präambel des WTOAbkommens. Diese sieht nun die „optimale Nutzung der Hilfsquellen der Welt im Einklang mit dem Ziel einer nachhaltigen Entwicklung“ vor, die auch den Schutz der Umwelt umfasst. Bezeichnenderweise ist diese Bestimmung jedoch

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Internationale Wirtschaftsverfassung

dem vorrangigen Ziel der „Ausweitung der Produktion und des Handels“ untergeordnet. Konkretisiert wird die Zielbestimmung der Präambel durch die Ausnahmevorschriften des Art XX lit b und g GATT. Hiernach sind Ausnahmen von den Pflichten des Vertrags ua „zum Schutze des Lebens und der Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen“ sowie von „erschöpfbaren Naturschätzen“ (zB Fische, Holz, Energieträger, Metalle) zulässig, soweit diese Maßnahmen nicht zu einer willkürlichen und ungerechtfertigten Diskriminierung oder zu einer verschleierten Handelsbeschränkung führen. Die Schutzmaßnahmen haben also alle Mitgliedstaaten gleichermaßen zu treffen und müssen auch veröffentlicht werden. Die Bestimmung des Art XX GATT befindet sich in einer stetigen und wechselhaften Entwicklung, die insb von der Rechtsprechung der WTOStreitbeilegungsorgane geprägt ist. Dabei gilt grundsätzlich, dass die mitgliedstaatliche Umweltpolitik bei der Lösung lokaler Probleme nur wenig durch die Pflichten aus der WTO-Rechtsordnung berührt wird. Sobald aber umweltbezogene „Handelsrestriktionen“ ausländische Produkte betreffen, werden die Pflichten iSd oben beschriebenen Vorrangs des Handels vor Umweltschutz wieder relevant. Die Ausnahmebestimmungen des Art XX GATT wurden abgesehen vom unten geschilderten „Thunfisch-Delphin“Fall etwa beim Hormonstreit zwischen EG und USA (bezüglich der EGImportrestriktionen für hormongemästetes Rindfleisch), bei den GarnelenImportbeschränkungen der USA und beim Asbest-Streit zwischen der EG und Kanada angewendet. Neben dem GATT ´94 fanden umweltbezogene Vorschriften Eingang in eine Reihe weiterer Abkommen. Ua finden sich solche – im Agrarabkommen, – im Abkommen über technische Handelshemmnisse (TBT), – im Abkommen über gesundheitspolizeiliche und pflanzenschutzrechtliche Maßnahmen (SPS) oder – im Abkommen über Subventionen. In institutioneller Hinsicht wurde das Komitee für Handel und Umwelt mit den Fragen der nachhaltigen Entwicklung und Liberalisierung des Handels befasst. Beispiel: Der „Thunfisch-Delphin-Fall“: Anfang der Neunziger Jahre besetzten Umweltschutzaktivisten kurzzeitig das Sekretariat des GATT in Genf. Sie protestierten dagegen, dass die Welthandelsorganisation angeblich den Umweltschutz auf dem Altar des Freihandels opfere. Ausgelöst wurde die Aktion durch eine vorangegangene Entscheidung des GATT-Panels in einem Handelsstreit zwischen den USA und Mexiko. Grund des Streits waren die Importrestriktionen der USA gegenüber mexikanischem Thunfisch. Während in Mexiko der Thunfischfang mit Beutelnetzen gestattet wurde, war dies aus Gründen des Tierschutzes – mit dieser Methode wurden auch Delphine in Mitleidenschaft gezogen – in den USA verboten. Die strengeren Anforderungen an die Fangmethoden führten zu einem Wettbewerbsnachteil für amerikanische Fischer, woraufhin die USA 1991 ihre Umweltbestimmungen auch auf

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Ausnahmen von den Prinzipien

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Thunfischimporte ausdehnte und ein Importverbot für mexikanischen Thunfisch erließ. Mexiko betrachtete diese Handelsbeschränkung als einen Verstoß gegen Artikel XI (Allgemeine Beseitigung von mengenmäßigen Beschränkungen) und Artikel XIII (Nicht diskriminierende Anwendung mengenmäßiger Beschränkungen) und beantragte ein GATT-Panel. Die USA verteidigten die Importrestriktionen mit dem Hinweis, dass die Beschränkungen gleichsam für In- wie für Ausländer gelten würden und überdies Art XX GATT anwendbar sei. Das GATT-Panel gab Mexiko Recht. Es wurde festgestellt, dass nationale Umweltvorschriften nicht exterritorial ausgelegt werden dürfen. Das bedeutet, dass unabhängig von der Einhaltung der nationalen Produktvorschriften, eingeführte Waren als „gleichartig“ zu behandeln sind und nicht diskriminiert werden dürfen. Ein Land soll seine nationale Umweltgesetzgebung nicht der internationalen Gemeinschaft aufzwingen können. Embargos sind auch nicht aufgrund von Produktionsprozessen (Fang mit Beutelnetzen), sondern nur aufgrund der Produktqualität zulässig. Darüber hinaus habe die USA nicht beweisen können, dass keine anderen alternativen Maßnahmen zum Schutz der Delphine – wie zB der Abschluss eines internationalen Abkommens oder spezielle Kennzeichnungspflichten – eingeleitet werden können.

h)

Transparenz

Grundlage aller zwischenstaatlichen Handelsbeziehungen ist die Vorhersehbarkeit der rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die den grenzüberschreitenden Austausch von Waren und Dienstleistungen betreffen. Vor diesem Hintergrund verpflichtet das Transparenzgebot die Mitgliedstaaten, ihre Handelspolitik und die diesbezüglichen rechtlichen Bestimmungen (außenhandelsrelevante Gesetze, Verordnungen) sowie Gerichtsurteile zu veröffentlichen und ausländischen Regierungen bzw Unternehmen zugänglich zu machen (vgl ua Art X GATT, Art III GATS, Art 63 TRIPS, Art 6 TRIMS). Damit soll zum einen die Rechtssicherheit der Handelspartner und zum anderen die handelspolitische Kontrollfunktion der WTO gewährleistet werden.

4.

Ausnahmen von den Prinzipien

a)

Allgemeine Ausnahmebestimmungen

Art XX GATT sieht Ausnahmen von den Grundprinzipien vor. Dazu zählen ua staatliche Maßnahmen zum Gesundheits- und Umweltschutz (s oben), zum Schutz nationalen Kulturguts oder solche zur Beschränkung der Ausfuhr im Inland benötigter Rohstoffe. Diese Maßnahmen dürfen allerdings nicht zu willkürlichen und ungerechtfertigten Diskriminierungen oder zu verschleierten Beeinträchtigungen des internationalen Handels führen. Überdies sind sie auch nur zulässig, wenn sie zur Erreichung eines berechtigten Ziels geeignet sind. Art XXV Abs 5 GATT sieht vor, dass eine Vertragspartei bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände von den anderen Mitgliedstaaten von einer aus dem Abkommen entspringenden Verpflichtung befreit werden kann (waiver).

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Internationale Wirtschaftsverfassung

Die Bevorzugung der Entwicklungsländer beruhte zunächst auf einer derartigen Freistellung. b)

Schutzklauseln

aa) Einfuhrschutzmaßnahmen Art XIX GATT erlaubt den Mitgliedstaaten die temporäre Aussetzung einzelner vertraglicher Pflichten, wenn es in Folge von unvorhergesehenen Entwicklungen und der Auswirkungen der von einem Mitgliedstaat aufgrund des GATT eingegangenen Verpflichtungen zu einer gravierenden Zunahme des Imports einer Ware kommt. Dadurch muss den inländischen Produzenten gleichartiger oder unmittelbar konkurrierender Waren ein ernsthafter Schaden zugefügt werden oder ein solcher drohen. Der betroffene Mitgliedstaat kann in diesem Fall sämtliche diesbezüglichen Zollzugeständnisse oder Verpflichtungen hinsichtlich nichttarifärer Vorschriften (zB Einführung mengenmäßiger Beschränkungen) aussetzen. Die davon betroffenen Vertragsparteien dürfen allerdings entsprechende Gegenmaßnahmen ergreifen. In der Praxis spielt diese Ausnahmebestimmung nur eine geringe Rolle, da die Anforderungen an die Schädigung der heimischen Wirtschaft hoch sind und überdies Gegenmaßnahmen der anderen Staaten ermöglicht werden. Vielmehr nutzten die Mitgliedstaaten „Grauzonenmaßnahmen“. Dabei verpflichtet sich ein Staat, seine Exporte in einen anderen Mitgliedstaat mengenmäßig zu beschränken. Derartige Selbstbeschränkungsabkommen (zB bei Autos, Textilien, Stahl, landwirtschaftlichen Produkten, etc) schließen eine Gefährdung der einheimischen Wirtschaft durch Importe aus, widersprechen aber dem Freihandelsgedanken. Den Selbstbeschränkungsabkommen wurde das Übereinkommen über Schutzmaßnahmen entgegengestellt, das freiwillige Ausfuhrbeschränkungen und sonstige Selbstbeschränkungsabkommen ausdrücklich für illegal erklärt. bb) Handelspolitische Schutzinstrumente Handelspolitische Schutzinstrumente dienen in erster Linie dem Schutz der heimischen Wirtschaft vor unfairem Wettbewerb, sei es durch subventionierte oder gedumpte Waren. Da diese Instrumente jedem Staat zustehen, wird gleichzeitig ein fairer internationaler Wettbewerb gewährleistet. Subventionen gelten als die wichtigste Ursache für Wettbewerbsverzerrungen im grenzüberschreitenden Handel. Im Gegensatz zum Dumping durch Unternehmen handelt es sich hier um staatlich veranlasste Verfälschungen. Art III Abs 8 lit b GATT nimmt allerdings Subventionen vom Prinzip der Inländerbehandlung aus. Sie sind also GATT-konform, eine schädigende Wirkung eines subventionierten Produkts für das Importland muss durch das Antisubventionsrecht (Art VI GATT, Übereinkommen über Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen, SCMA) behoben werden. Dieses ermöglicht Staaten, die von subventionierten Importen betroffen sind, Ausgleichszölle auf die betreffenden Produkte zu erheben, soweit ein bedeutender Schaden für einen einheimischen Wirtschaftszweig entsteht bzw zu entstehen droht oder die Errichtung eines inländischen Wirtschaftszweigs erheblich verzögert wird (sog „Track I“-

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Der Streitbeilegungsmechanismus

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Verfahren). Der Nachweis über das Bestehen und die Höhe der Subvention, ihrer schädigenden Auswirkung auf das Inland und über die Kausalität zwischen subventionierten Einfuhren und angeblicher Schädigung ist in einem innerstaatlichen Verfahren zu erbringen. Mit diesen Sonderzöllen sollen die schädigenden Auswirkungen von Subventionen beseitigt werden. Daneben wird die Inanspruchnahme des WTO-Streitbeilegungssystems ermöglicht („Track II“, vgl weiterführend Pkt D.IV.2.). Das Antidumpingrecht (Art VI GATT, Übereinkommen zur Durchführung des Art VI GATT) bietet den Mitgliedstaaten Schutz gegen gedumpte Waren. Eine Ware ist gedumpt, wenn für sie ein außergewöhnlich niedriger Preis verlangt wird, der unter dem normalen Wert im Herkunftsland liegt. Unternehmen agieren häufig mit gedumpten Preisen, um den Eintritt in einen anderen Markt zu bewerkstelligen. Liegt Dumping vor, wird die heimische Industrie geschädigt und besteht ein Kausalzusammenhang zwischen Dumping und Schädigung, ist der betroffene Staat berechtigt, nach einem Verfahren Antidumpingmaßnahmen zu ergreifen (Antidumpingzölle in Höhe der Dumpingspanne). c)

Bereichsausnahmen

aa) Regionale Präferenzzonen Eine grundsätzliche Ausnahme von der Meistbegünstigungspflicht besteht für Freihandelszonen und Zollunionen gemäß Art XXIV GATT. Diese müssen allerdings bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Zum einen haben sie nahezu den gesamten Handel ihrer Mitgliedstaaten zu umfassen und zum anderen darf es durch sie nicht zu einer höheren Belastung der internationalen Gemeinschaft durch Zölle oder sonstige Handelsvorschriften kommen. Die EG entspricht diesen Bedingungen und ist gemäß dieser Vorschrift von der Meistbegünstigungspflicht ausgenommen. bb) Landwirtschaft und Textilien Begrenzte Ausnahmen bestehen weiterhin für Agrarprodukte sowie Textilien, sind aber durch die diesbezüglichen Abkommen in das GATT-System einbezogen und werden schrittweise liberalisiert. Dies liegt va im Interesse der Entwicklungsländer, die für eine schnellere Liberalisierung in den genannten Bereichen kämpfen, während westliche Länder, insb die EU, sich nur zögerlich von ihrer protektionistischen Politik entfernen.

5.

Der Streitbeilegungsmechanismus

a)

Entwicklung und Inhalt

Das mit der Uruguay-Runde verbesserte Streitbeilegungssystem wird vielfach als vierte Säule der WTO-Rechtsordnung bezeichnet. Dies folgt daraus, dass das diesbezügliche Abkommen (Dispute Settlement Understanding – DSU) zum einen für alle multilateralen Abkommen gilt und zum anderen bedeutend zur Effektivität der Welthandelsorganisation beiträgt.

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Internationale Wirtschaftsverfassung

Unter dem GATT ´47 war die Streitschlichtung vom Konsensprinzip, das für die Einsetzung eines Panels und die Annahme von Berichten die „Einstimmigkeit“ erforderte, geprägt. Verbindlich wurde eine Entscheidung also nur, wenn sie auch vom unterlegenen Staat angenommen wurde. In der UruguayRunde wurde das umgekehrte Konsensprinzip eingeführt. Panelberichte werden nunmehr „automatisch“ vom Allgemeinen Rat in seiner Funktion als Streitbeilegungsorgan angenommen und damit völkerrechtlich verbindlich. Dies kann nunmehr nur durch einen entgegenstehenden negativen Konsens oder eine Berufung verhindert werden. Weiters wurden die Fristen erheblich verkürzt und ein ständiges Berufungsgremium, der Standing Appellate Body, eingerichtet. b)

Das Verfahren

Zunächst haben die Streitteile zu versuchen, sich in einem Konsultationsverfahren, das auf einen Ausgleich der Interessen zielt, auf diplomatischem Weg zu einigen (Versuch einer gütlichen Einigung). Schlägt dieses fehl, kann innerhalb von 60 Tagen die Einsetzung eines Panels durch den DSB beantragt werden. Nur wenn der DSB zu einem negativen Konsens findet, kann die Einsetzung verhindert werden. Daraufhin nominieren die Streitparteien aus Listen idR drei Experten, die den Streitfall prüfen und dem DSB einen Bericht mit Empfehlungen und Entscheidungsvorschlägen innerhalb von 6 Monaten vorlegen. Der DSB nimmt diesen Bericht an, wenn kein negativer Konsens besteht. Erhebt eine Partei ein Rechtsmittel, hat der Appellate Body innerhalb von weiteren 60 Tagen den Inhalt des Berichts zu überprüfen und wiederum dem DSB einen Bericht vorzulegen, der diesen nach demselben umgekehrten Konsens-Verfahren annimmt oder abweist. Die Umsetzung der Empfehlungen ist vom Streitbeilegungsgremium zu überwachen. Bei mangelhafter Durchführung der Empfehlungen kann die betroffene Partei dazu ermächtigt werden, Gegenmaßnahmen (zB Strafzölle) zu ergreifen oder es kann eine Entschädigung angeboten werden.

6.

Ausblick

Das GATT/WTO-System hat über die fünf Jahrzehnte seines Bestehens die gesetzten Erwartungen zum Großteil erfüllt, ja sogar übertroffen. Mehrmals wurde das GATT/WTO-System schon zu Grabe getragen (etwa in den Siebziger Jahren unter dem Motto „the GATT is dead“ oder „GATTastrophe“), konnte aber letztlich immer wieder belebt werden. Die bisher ermöglichten Fortschritte hin zu einem weltweiten Freihandel beruhen maßgeblich auf den in der WTO erzielten Errungenschaften. Die Zölle konnten weitgehend abgebaut bzw „gebunden“, viele nichttarifäre Handelshemmnisse beseitigt und die Grundzüge eines internationalen Wettbewerbsrechts niedergelegt werden. Freilich bleibt die Welthandelsorganisation nicht frei von Kritik. Vorgeworfen wird ihr va seitens diverser NGOs die einseitige Konzentration auf ökonomische Belange. Ihrem Charakter als Wirtschaftsorganisation entsprechend verfolgt sie schließlich primär die Liberalisierung des Welthandels und die Regu-

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Ausblick

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lierung der internationalen Handelspolitik, während Themen wie Umwelt, Sozialstandards, Gesundheit und Menschenrechte bislang höchstens eine untergeordnete Rolle spielen. Insb negative Phänomene, die mit der (wirtschaftlichen) Globalisierung verbunden werden – Zerstörung der Natur, Verstärkung eines „race to the bottom“ (Abwärtsspirale) bei nationalen Umwelt- und Sozialregelungen aufgrund des internationalen Wettbewerbsdrucks, Ausbeutung der Armen, Zerstörung sozialer und traditioneller Wurzeln durch kulturelle Nivellierung, Förderung des Bedeutungsverlusts des Nationalstaats, etc – werden auf die WTO projiziert. Auf Inhalt und Umsetzung des WTOVertragswerks bezieht sich darüber hinaus die – zutreffende – Kritik der Entwicklungsländer, die eine Benachteiligung gegenüber den westlichen Industriestaaten geltend machen. Besonders die faktische Ausklammerung des Agrarund Textilbereichs, in welchen die Entwicklungsländer komparative Kostenvorteile genießen, aus dem Freihandel fällt ins Gewicht. Trotz der bestehenden Probleme und der mitunter gerechtfertigten Kritik ist die Notwendigkeit einer regelorientierten internationalen Handelsorganisation grundsätzlich außer Streit zu stellen, will man die ökonomischen Vorteile des zwischenstaatlichen Freihandels lukrieren. Die Erfahrung hat gezeigt, dass eine autonome Festlegung der Außenwirtschaftsfreiheit durch die Staaten selbst nicht möglich ist. Es bedarf daher eines internationalen Forums für den Ausgleich der divergierenden Interessen der Nationalstaaten sowie eines zwischenstaatlichen „Schiedsrichters“ für Streitigkeiten zwischen diesen. Übersehen wird auch oft, dass die WTO ein bloßer „Verwalter“ des Vertragswerks und ein Instrument der Mitgliedstaaten ist, von denen letztendlich die Weiterentwicklung des Weltwirtschaftssystems abhängt. Die Fragen Entwicklung, Umwelt, soziale Verantwortung, etc bestimmen derzeit maßgeblich die „Doha-Runde“ der WTO. Hier werden die Weichen für die zukünftige Ausrichtung der Welthandelsorganisation gestellt und die schon lange bestehenden Fragenkomplexe in das internationale Wirtschaftssystem eingebaut. So unklar noch der Ausgang der „Doha-Runde“ ist, eines kann mit Sicherheit vorab gesagt werden: Das WTO-Vertragswerk wird eine Neuinterpretation erfahren, jedoch maßgeblich eine Wirtschaftsorganisation mit dem Hauptthema der Liberalisierung des Handels bleiben. Eine von vielen geforderte WTO als Internationale Organisation für Handel und Soziales wird wohl Wunschdenken bleiben. Fragen: 1. Was ist die WTO? Welche Funktionen hat sie? 1. Erklären Sie die drei materiellrechtlichen Säulen. Welche Ziele und Inhalte haben sie? 2. Welche grundlegenden Prinzipien des WTO-Rechts kennen Sie? 3. Was ist der Unterschied zwischen Inländerprinzip und Meistbegünstigungspflicht? 4. In welchen Erscheinungsformen treten NTBs auf? 5. Was sind TRIMs, was sind TREMs? 6. Welche Ausnahmen von den Prinzipien kennen Sie? 7. Wie kann ein Staat gegen subventionierte oder „gedumpte“ Waren vorgehen? 8. Erläutern Sie das Streitbeilegungsverfahren der WTO.

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Europäische Wirtschaftsverfassung

III. Europäische Wirtschaftsverfassung Literatur: Arndt, Europarecht5 (2001); Badura, Wirtschaftsverfassung und Wirtschaftsverwaltung2 (2005); Bieber/Epiney/Haag, Die Europäische Union6 (2005); Calliess/Ruffert (Hrsg), Kommentar des Vertrages über die Europäische Union und des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft – EUV/EGV2 (2002); Gamharter, Dior und Layher – Zur Anwendbarkeit des TRIPs-Abkommens in der EU, ecolex 2001, 411; Hakenberg, Grundzüge des Europäischen Wirtschaftsrechts (1994); Haller et al (Hrsg), FS-Winkler (1997); Hilpold, Die EU im GATT/WTO-System (1999); Ipsen, Europäisches Gemeinschaftsrecht (1972); Kugelmann, Die DienstleistungsRichtlinie der EG zwischen der Liberalisierung von Wachstumsmärkten und europäischem Sozialmodell, EuZW 2005, 327; Lengauer, EuGH-Urteil Angonese: Drittwirkung von Grundfreiheiten?, ecolex 2001, 97; Müller-Graff (Hrsg), Die Europäische Gemeinschaft in der Welthandelsorganisation: Globalisierung und Weltmarktrecht als Herausforderung für Europa (2000); Nagel, Wirtschaftsrecht der Europäischen Union. Eine Einführung4 (2003); Pauger, Marktwirtschaft durch EU-Recht. Deregulierung am Beispiel der Elektrizitätswirtschaft (1996); Raschauer (Hrsg), Österreichisches Wirtschaftsrecht2 (2003); Regelsberger/Kugelmann, Art 11 EUV, in Streinz (Hrsg), EUV/EGV. Vertrag über die Europäische Union und Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (2003) 60; Ruthig/Storr, Öffentliches Wirtschaftsrecht (2005); Schäffer, Europäische und nationale Wirtschaftsverfassung. Die europäische Währungsunion als ein Schritt in wirtschaftsverfassungsrechtliches Neuland, FS-Winkler (1997) 933; Schlichting/Spelten, Die Dienstleistungsrichtlinie, EuZW 2005, 238; Steinbach, Zur Rechtswirkung von WTO-Streitbeilegungsentscheidungen in der Gemeinschaftsrechtsordnung – zugleich Anmerkung zum EuGH-Urteil Léon van Parys, EuZW 2005, 331; Streinz (Hrsg), EUV/EGV. Vertrag über die Europäische Union und Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (2003); ders, Art 1, in Streinz (Hrsg), EUV/EGV. Vertrag über die Europäische Union und Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (2003) 218; ders, Europarecht7 (2005); ders/Leible, Die unmittelbare Drittwirkung der Grundfreiheiten, EuZW 2000, 459; von Bogdandy (Hrsg), Europäisches Verfassungsrecht. Theoretische und dogmatische Grundzüge (2003); Wimmer/Arnold, Wirtschaftsrecht in Österreich2 (1998).

1.

Das Primärrecht der EG als Kern der europäischen Wirtschaftsverfassung

a)

Allgemeines

In den verfassungsrechtlichen Rahmen der Welthandelsordnung fügt sich das Gemeinschaftsrecht als zweiter Rechtskreis ein (vgl dazu die Schnittstellen zwischen WTO und EG unten Pkt III.2.). Erkennt man schon das Vertragswerk der WTO als (materielle) Wirtschaftsverfassung an, so gilt dies unbestrittenerweise erst Recht für die Bestimmungen des Primärrechts der Europäischen Gemeinschaft und insb für den EGV, der in Funktion und Inhalt einer staatlichen Verfassung sehr nahe kommt. b)

Der Verfassungscharakter des EG-Primärrechts in funktioneller und materieller Hinsicht

Sowohl das Primär- wie auch das abgeleitete Sekundärrecht determinieren maßgeblich das (Wirtschafts)Recht der Mitgliedstaaten. Unmittelbare Gel-

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Das Primärrecht der EG als Kern der europäischen Wirtschaftsverfassung

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tung, die teilweise unmittelbare Anwendbarkeit, der Anwendungsvorrang sowie die Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts durch den EuGH sichern in rechtstechnischer Hinsicht Wirksamkeit und Vorrang des Gemeinschaftsrechts. Funktionell gesehen nimmt der EGV im Rahmen der ersten Säule der Europäischen Union die Stellung als bedeutendstes Mittel zur Fortentwicklung der europäischen Integration ein (s zum „Tempel“, Pkt C.III.3.). Das Primärrecht des EGV bildet hier insofern eine dem Sekundärrecht übergeordnete Verfassungsordnung, als es Grundlage und Maßstab für die rechtlichen Handlungsformen der Gemeinschaftsorgane (insb Verordnung, Richtlinie, Entscheidung) ist. In materieller Hinsicht enthält der EGV die eine Wirtschaftsverfassung prägenden Elemente und geht – was Umfang, Intensität und Dichte der Regelungen betrifft – sogar über die traditionellen staatlichen Verfassungen hinaus. Hervorzuheben ist die im EGV niedergelegte Grundsatzentscheidung für eine offene Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb, die sich in dieser Weise im nationalen Wirtschaftsverfassungsrecht nicht findet. Eingehend regelt der EGV die Instrumente zur Durchsetzung des verfassungsrechtlichen Marktprinzips: Den Binnenmarkt mit seinen Grundfreiheiten, das europäische Wettbewerbsrecht, die Grundlagen der Rechtsangleichung (ergänzt durch die Rechtsprechung des EuGH zur gegenseitigen Anerkennung) und flankierend die Gemeinsame Handelspolitik sowie die Währungspolitik. Schließlich wurden durch die Rechtsprechung des EuGH die – für das traditionelle Verfassungsverständnis ungemein wichtigen – Grundrechte (zB Freiheit des Eigentums, Berufsfreiheit) als allgemeine Rechtsgrundsätze in das EG-Primärrecht einbezogen. Der EGV umfasst allerdings – neben Wettbewerbs-, Handels- und Währungspolitik – noch Politiken, die Abweichungen vom Marktprinzip gestatten (zB Landwirtschaftspolitik). Auch sind im Laufe der Zeit Zuständigkeiten hinzugekommen, die nicht dem Wirtschaftsrecht zugeordnet werden können (zB Umwelt-, Sozial-, Kultur- und Bildungspolitik). Diese sind Zeichen einer nicht nur rein wirtschaftlichen und dem Marktprinzip verpflichteten, sondern einer umfassenden Integrationsfunktion der Gemeinschaft. Gleichwohl wird dem freien Markt ein gewisser Vorrang gegenüber den anderen Zielen eingeräumt. c)

Das Primärrecht der Gemeinschaft im Verfassungsverbund der Staaten

Anzumerken ist, dass es sich beim Primärrecht freilich nicht um eine traditionelle Verfassung im engen staatsrechtlichen Sinne handelt, da weder EU noch die unter ihrem Dach befindliche EG einen (Bundes-)Staat begründen – dazu fehlt es an einem eigenen Staatsvolk und an der für einen Staat eigentümlichen Kompetenz-Kompetenz (vgl zum Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigungen Pkt IV.2.c.aa.). Das Gemeinschaftsrecht ist eine (bewusst) fragmentarische Ordnung geblieben, bei der wesentliche Bereiche der Wirtschaftspolitik wie auch der Vollziehung des Gemeinschaftsrechts in den Händen der Mitgliedstaaten liegen. Von der „europäischen Wirtschaftsverfassung“, die durch wechselseitige Durchdringung und Verflechtung der Rechtsordnungen charakterisiert ist, kann somit nur im Verbund mit den mitgliedstaatlichen Verfassungsordnungen gesprochen werden.

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Europäische Wirtschaftsverfassung

Dementsprechend ist das Primärrecht der Europäischen Gemeinschaft, wie es vom EGV samt seinen Anhängen und den allgemeinen Rechtsgrundsätzen gebildet wird, der Kern der europäischen Wirtschaftsverfassung.

2.

Schnittstellen zwischen internationaler und europäischer Wirtschaftsverfassung

a)

Die EG als regionale Integrationszone

aa) Verstoß gegen das Meistbegünstigungsprinzip Europäische und internationale Wirtschaftsverfassung stehen – wie schon erwähnt – nicht nur widerspruchslos nebeneinander, sondern sind vielmehr eng iS wechselseitiger Beeinflussung, Ergänzung und Nutznießung verbunden. Die Einbettung der Europäischen Gemeinschaft in die Welthandelsordnung erfolgte in einem ersten Schritt durch die Aktivierung einer Bereichsausnahme des GATT. Die Vorgeschichte wurde bereits kurz angesprochen: Die Gründungsstaaten der EWG räumten sich mit deren Gründung 1958, also ein Jahrzehnt nach Inkrafttreten des GATT, gegenseitig Präferenzen (insb die Zollbeseitigung) ein, die naturgemäß nicht gegenüber den Drittstaaten bzw gegenüber den anderen Vertragsstaaten des GATT gelten sollten. Da eine solche Vorgangsweise grundsätzlich gegen die Meistbegünstigungsverpflichtung des GATT verstößt, wäre – ohne Bereichsausnahme – die Errichtung der EWG GATT-widrig gewesen. bb) Legitimation durch Art XXIV GATT Das GATT legitimiert jedoch in seinem Art XXIV (vgl auch Art V GATS) Abweichungen vom Meistbegünstigungsprinzip durch die Errichtung regionaler Präferenzzonen (Zollunionen oder Freihandelszonen). Die Bestimmung geht dabei von deren grundsätzlich freihandelsfördernden Funktion aus. Dies äußert sich in der Anerkennung der GATT-Vertragsstaaten, „daß es wünschenswert ist, durch freiwillige Vereinbarungen zur Förderung der wirtschaftlichen Integration der teilnehmenden Länder eine größere Freiheit des Handels herbeizuführen“ (Art XXIV Abs 4 GATT). Eine wirtschaftliche Kooperation von Staaten ist demnach mit dem GATT nur dann vereinbar, wenn die handelsschaffenden („trade creating effects“) die die übrigen Vertragsstaaten benachteiligenden handelsumlenkenden Wirkungen („trade diverting effects“) überwiegen. Konkret fordert die Ausnahmevorschrift: – Erstens muss die Integrationszone „annähernd den gesamten Handel“ umfassen, um protektionistischen Maßnahmen ihrer Mitgliedstaaten bezüglich einzelner Wirtschaftsbereiche vorzubeugen. Negativ formuliert bedeutet dies ein Verbot der rein sektoralen Integration. – Zweitens darf es durch ihre Gründung zu keiner höheren Belastung des Wirtschaftsverkehrs kommen (zB zu einer Erhöhung des Zollniveaus der Mitgliedstaaten der Integrationszone gegenüber Drittstaaten). Die Mitglieder müssen also im Wesentlichen die gleichen Zölle und Handelsvorschriften im Verkehr mit nicht teilnehmenden Gebieten anwenden, die vor dem

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Schnittstellen zwischen internationaler und europäischer Wirtschaftsverfassung

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Zusammenschluss bestanden (Verbot der Erhöhung der Handelsschranken gegenüber Drittstaaten). Art XXIV GATT hat damit zum Zweck, die Kompatibilität regionaler Wirtschaftsorganisationen mit dem universellen GATT/WTO-System zu gewährleisten und diese in das Welthandelssystem einzubinden. Schon hier werden die Voraussetzungen der „Verzahnung“ der Rechtsordnungen geschaffen: Die erste Voraussetzung fordert eine umfassende Binnenliberalisierung und stellt damit die Anbindung der regionalen Präferenzzone an die sektorenübergreifenden Handelsrunden des GATT/WTO-Systems sicher. Die zweite Voraussetzung gebietet mit dem Verbot der Erhöhung der Handelsschranken gegenüber Drittstaaten eine möglichst offene und – ganz wichtig – möglichst einheitliche Außenwirtschaftspolitik der regionalen Wirtschaftsorganisation. Im Falle der E(W)G fanden beide Forderungen ihren Niederschlag in der Konzeption des „Gemeinsamen Markts“ mit seiner umfassenden Binnenliberalisierung und seinem „Außenreflex“, der (einheitlichen) Gemeinsamen Außenhandelspolitik. Hinsichtlich der konkreten Beurteilung, ob die EWG die Voraussetzungen des GATT erfüllt, herrschte im Übrigen bei der Frage, ob es durch ihre Gründung zu einer höheren Belastung des Handels käme (zweite Voraussetzung), Uneinigkeit. Das betraf va die Berechnungsmethoden, mit denen ein Zollbelastungsvergleich durchgeführt werden sollte. Der Auslegungsstreit führte schließlich dazu, dass die Errichtung der EWG stillschweigend akzeptiert wurde. Mittlerweile erfüllt die EG diese Voraussetzung nach den erfolgten Senkungen des Gemeinsamen Zolltarifs in den Handelsrunden in jeder Hinsicht. b)

Die EG als Mitglied der WTO

aa) Allgemeines Die EG fügt sich nicht nur in der Weise in das Welthandelssystem ein, dass sie dessen grundlegenden Regeln nicht widerspricht, sie ist auch selbst – und zwar das einzige nichtstaatliche – Mitglied der Welthandelsorganisation. Als Mitglied wirkt die EG gewichtig an der Gestaltung des Welthandelssystems mit, unterliegt aber auch den gleichen völkerrechtlichen (Umsetzungs)Verpflichtungen wie die Vertragsstaaten der WTO. Sie ist insb für die Umsetzung der in den Handelsrunden erzielten Zollsenkungen im Rahmen ihrer ausschließlichen Zuständigkeit für den Gemeinsamen Zolltarif (GZT) verantwortlich. bb) Der Beitritt der EG zur WTO Bereits vor der Gründung der WTO war die E(W)G de facto ein Mitglied des GATT ´47. Sie beteiligte sich schon seit den 1960er Jahren im Rahmen ihrer ausschließlichen Zuständigkeit für die Handelspolitik an den Verhandlungsrunden und den Streitbeilegungsverfahren des GATT ´47 im eigenen Namen. Der EuGH stellte dementsprechend fest, dass die EG kraft Funktionsnachfolge bzw Kompetenzeintritt in die Position ihrer Mitgliedstaaten beim GATT ´47

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Europäische Wirtschaftsverfassung

getreten und das Abkommen für sie verbindlich sei (vgl EuGH Rs 21/72 bis 24/72, Slg 1972, 1219, International Fruit Company). Förmlich trat die EG der WTO 1995 im Wege eines „gemischten Abkommens“ zwischen Gemeinschaft und allen ihren Mitgliedstaaten auf der einen Seite und den restlichen WTO-Vertragsstaaten auf der anderen Seite bei. Die praktische Konsequenz eines „gemischten Abkommens“ ist, dass die EG in ihren Beziehungen zu Drittstaaten grundsätzlich nur einstimmig handeln kann sowie neben der Mitgliedschaft der EG eine solche der Mitgliedstaaten weiter besteht. Auch die Zuständigkeit für die Umsetzung des WTO-Rechts ist dementsprechend zwischen EG und ihren Mitgliedstaaten geteilt. Die Notwendigkeit eines „gemischten Abkommens“ wurde vor dem Beitritt in einem Gutachten des EuGH festgestellt (Gutachten 1/94, Slg 1994, I-5267). Dort wurde angeführt, dass der EG zwar die ausschließliche Zuständigkeit für den Warenhandel (GATT ´94) zukäme, die Zuständigkeiten für die in der Uruguay-Runde neu hinzugekommenen Bereiche Dienstleistungen (GATS) und geistiges Eigentum (TRIPS) aber zwischen ihr und den Mitgliedstaaten geteilt seien. Der Vertrag von Nizza 2001 brachte in der Folge eine Abkehr vom Einstimmigkeitsprinzip insofern, als er die EG-Zuständigkeiten im Bereich der Gemeinsamen Handelspolitik (Art 133 EGV) um Dienstleistungen und geistiges Eigentum erweiterte. Nunmehr kann der Rat Handelsabkommen über Dienstleistungen und geistiges Eigentum mit qualifizierter Mehrheit beschließen. Allerdings wurde diesbezüglich nicht die ausschließliche, sondern „nur“ eine konkurrierende Zuständigkeit der EG vorgesehen (zu der Zuständigkeitsverteilung zwischen EG und Mitgliedstaaten s Pkt C.IV.2.c). Zudem bestehen weiterhin Ausnahmen nach dem Grundsatz des „Parallelismus der Innen- und Außenkompetenzen“ für Bereiche, in denen die Gemeinschaft nicht die interne Zuständigkeit zur Harmonisierung besitzt (zB Kultur, Bildung oder Gesundheitswesen). c)

Unmittelbare Anwendbarkeit des WTO-Rechts in der EG

aa) Allgemeines Eine der zentralen Fragen ist, welche Rolle dem WTO-Recht in der Gemeinschaft zukommt. Die unmittelbare Anwendbarkeit hätte zur Folge, dass sich der Einzelne wie auch die Mitgliedstaaten auf WTO-Recht berufen könnten und Rechtsakte der Gemeinschaftsorgane bei Unvereinbarkeit mit den Bestimmungen der Welthandelsorganisation rechtswidrig wären. Anhaltspunkte liefert die Judikatur des EuGH, der bezüglich des Verhältnisses WTO-Recht zu EGRecht festgestellt hat, dass Ersteres ein „integrierender Bestandteil“ des Gemeinschaftsrechts ist. Dies bedeutet allerdings noch nicht, dass die Bestimmungen des Vertragswerks der Welthandelsorganisation auch unmittelbar anwendbar sind.

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Schnittstellen zwischen internationaler und europäischer Wirtschaftsverfassung

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bb) Keine unmittelbare Anwendbarkeit des WTO-Rechts In seiner Entscheidung zum Fall International Fruit Company (s oben Pkt 2.b.bb.) hat sich der EuGH mit der unmittelbaren Anwendbarkeit der Bestimmungen des GATT ´47 beschäftigt. Er verneinte diese aufgrund deren „Geschmeidigkeit“. Diese Rechtsprechung behielt der EuGH auch in Bezug auf das erneuerte WTO-System bei: Auch dieses sei seinem Wesen nach nicht genügend klar und vollständig und damit nicht unmittelbar anwendbar (EuGH verb Rs C-300/98 und 392/98, Slg 2000, I-11307, Dior und Layher; EuGH Rs C-307/99, Slg 2001, I-3159, Fruchthandelsgesellschaft; EuGH Rs C-245/02, Slg 2004, I-10989, Anheuser-Busch). Ebenso sind die Streitbeilegungsentscheidungen des DSB nicht unmittelbar anwendbar. Beispiel: Der „Bananenstreit“, Zweiter Akt (EuGH Rs C-377/02, Slg 2005, I-1465 Léon van Parys) Im Fall Léon van Parys ging es darum, dass ein belgisches Unternehmen, das Bananen aus Ecuador in die Gemeinschaft importierte, die Einfuhrlizenzen von der zuständigen belgischen Behörde nicht für alle beantragten Mengen erhielt. Dagegen erhob das Unternehmen Klage beim „Raad de Staate“ mit der Begründung, die Entscheidung über die Einfuhrlizenzen sei rechtswidrig. Sie beruhe nämlich auf der Gemeinschaftsverordnung zur Bananenmarktordnung, welche ihrerseits nach einer Entscheidung des DSB gegen das GATT verstoße. Die Frage war nun, ob das Unternehmen die Entscheidung des DSB vor einem Gericht eines Mitgliedstaats geltend machen könnte oder anders ausgedrückt, ob diese unmittelbar in der Gemeinschaft anwendbar sei. Der vom „Raad de Staate“ zur Vorabentscheidung angerufene EuGH verneinte dies. Er stellte fest, dass die WTO-Abkommen aufgrund ihrer Natur und Systematik grundsätzlich nicht als Maßstab für die Rechtmäßigkeit einer Maßnahme der EG herangezogen werden können. Selbst wenn das Streitbeilegungsgremium der WTO eine Unvereinbarkeit einer Bestimmung des Gemeinschaftsrechts mit dem WTORecht festgestellt hat, müssen die betroffenen EG-Vorschriften weiterhin eingehalten werden.

Das heißt also, WTO-Recht ist in der EU grundsätzlich nicht gerichtlich durchsetzbar. Es ist erst von dem Gemeinschaftsgesetzgeber im Rahmen seiner Zuständigkeit durch Sekundärrechtsakte (Verordnungen, Richtlinien, Entscheidungen) umzusetzen, die dann Grundlage für unmittelbare Rechte und Pflichten bilden können. cc) Ausnahmen Die mangelnde unmittelbare Anwendbarkeit bedeutet allerdings nicht, dass die Bestimmungen des WTO-Rechts bei der Rechtsanwendung gänzlich außer Betracht bleiben. Wie der EuGH im obigen Fall festgestellt hat, kann die Rechtmäßigkeit der Gemeinschaftshandlungen anhand des WTO-Rechts geprüft werden, wenn die Gemeinschaft WTO-Verpflichtungen umsetzt bzw eine Gemeinschaftshandlung auf eine Bestimmung des WTO-Rechts verweist („indirekte Direktwirkung“, vgl grundlegend dazu EuGH Rs 70/87, Slg 1989, 1781, Fediol III und EuGH Rs C-69/89, Slg 1991, I-2069, Nakajima).

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Europäische Wirtschaftsverfassung

3.

Organisation der Europäischen Gemeinschaft

a)

Die EG in der Europäischen Union

aa) Die Tempelkonstruktion der Union Allgemein verbildlicht wird die Europäische Union durch einen Tempel. Dieser besteht aus einem Dach und einem Sockel, die allgemeine Bestimmungen enthalten (zB fundamentale Grundsätze der Union wie Rechtsstaatlichkeit, Demokratie, Menschenrechte, Regelungen des Beitritts zur EU, Bestimmungen über die Vertragsänderung und das Verhältnis von EUV zu EGV) und die drei Säulen umklammern. Die EU selbst nimmt in der Staatenwelt eine Sonderstellung ein, da sie ohne historisches Vorbild ist: Sie stellt zum einen keinen traditionellen völkerrechtlichen Staatenbund dar und ist zum anderen auch kein Bundesstaat. Vielfach wird die EU als „Staatenverbund“ bezeichnet. Der EU kommt im Gegensatz zur EG (vgl Art 281 EGV) keine ausdrückliche Völkerrechtsfähigkeit zu. Das bedeutet, dass sie selbst keine Verträge mit anderen Staaten oder Internationalen Organisationen abschließen kann. Eine „treaty making power“ und eine damit verbundene Rechtspersönlichkeit wird hingegen von Teilen der Lehre in den Bestimmungen des Art 24 und 38 EUV gesehen, die den Rat ermächtigen, Übereinkünfte in den Bereichen der GASP und der PJZS mit dritten Staaten und Internationalen Organisationen zu schließen, die zuvor vom Vorsitz verhandelt wurden. Eine endgültige Klärung der Frage würde durch das Inkrafttreten des Verfassungsvertrags, der der EU Rechtspersönlichkeit zuspricht, erfolgen. Zur Sicherstellung der Kohärenz und Kontinuität der Maßnahmen zur Erreichung der im EUV niedergelegten Ziele (wirtschaftlicher und sozialer Fortschritt, Behauptung der Identität auf internationaler Ebene, Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, etc) verfügt die EU über einen einheitlichen institutionellen Rahmen, der die drei Säulen miteinander verzahnt. Der institutionelle Rahmen besteht aus einem einheitlichen Organgefüge, das vom Europäischen Rat als oberstes Lenkungsgremium und von den Gemeinschaftsorganen gebildet wird. Unter Kohärenz wird die „Stimmigkeit“ bzw „Widerspruchsfreiheit“ der Maßnahmen im Rahmen der drei Säulen verstanden. Das Kohärenzgebot verlangt sowohl die Abgestimmtheit der Maßnahmen mit Außenbezug (zB muss die Handelspolitik der EG mit einem außenpolitischen Tätigwerden im Rahmen der GASP abgeglichen werden, äußere Kohärenz) wie auch der Maßnahmen im Innenverhältnis (innere Kohärenz). Die Forderung nach der Kontinuität zielt darauf ab, abrupte Richtungsänderungen in den verschiedenen Politikbereichen zu verhindern. bb) Die Europäische Gemeinschaft in der ersten Säule Die erste Säule der Europäischen Union wird von der EG und der EAG gebildet. Während die EG von ihrem Aufgabenbereich her weit angelegt ist und sich in ihrem Gründungsvertrag (EGV) die wesentlichen Bestimmungen der euro-

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Organisation der Europäischen Gemeinschaft

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päischen Wirtschaftsverfassung (Grundfreiheiten, Wettbewerbsrecht, etc) finden, beschränkt sich die EAG im Wesentlichen auf die Kontrolle, die Forschung und Entwicklung im Bereich der Kernenergie. Sie ist in den weiteren Ausführungen daher nur von nachrangiger Bedeutung. Die Gemeinschaften der ersten Säule sind „supranationale Organisationen“. Beide weisen gegenüber anderen internationalen Organisationen einen höheren Grad der Integration auf. Kennzeichen der Supranationalität sind:

Europäische Union Art 2 EUV Ziele: Förderung des wirtschaftlichen und sozialen Fortschritts und eines hohen Beschäftigungsniveaus, Herbeiführen einer ausgewogenen und nachhaltigen Entwicklung, Behauptung der Identität auf internationaler Ebene, Stärkung des Schutzes der Rechte und Interessen der Angehörigen ihrer Mitgliedstaaten, Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, etc.

Einheitlicher institutioneller Rahmen, Gemeinsame Bestimmungen Erste Säule EG/EAG Supranational Ziele Art 2 EGV: – – – – – – –

nachhaltige Entwicklung des Wirtschaftslebens; beständiges Wachstum; hohe Wettbewerbsfähigkeit; hohes Beschäftigungsniveau; hohes Maß an sozialem Schutz; Gleichstellung von Männern und Frauen; hohes Maß an Umweltschutz;

Zweite Säule GASP Intergouvernmental Ziele Art 11 EUV: –

– – – –

Wahrung der gemeinsamen Werte, der Interessen und Unabhängigkeit; Stärkung der Sicherheit der Union; Wahrung des Friedens; Förderung der internationalen Zusammenarbeit; Stärkung von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte.

Dritte Säule PJZS Intergouvernmental Ziele Art 29 EUV: – –

Hohes Maß an Sicherheit; Verhütung und Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit.

etc.

Schlussbestimmungen, Art 46–53 EUV

– Verbindliche Beschlüsse. Die Organisation kann, auch gegen den Willen einzelner Mitglieder, Beschlüsse mit bindender Wirkung fassen (Mehrheitsbeschlüsse). – Unmittelbare Geltung des gemeinschaftlichen Rechts in den Mitgliedstaaten. Es bedarf keiner staatlichen Durchführungsmaßnahmen wie bei völkerrechtlichen Verträgen, um dem Gemeinschaftsrecht in den Mitgliedsländern Geltung zu verschaffen. Damit richtet sich Gemeinschaftsrecht im Gegensatz zum Völkerrecht nicht nur an die Mitgliedstaaten, sondern auch an die einzelnen Bürger, die durch dieses unmittelbar berechtigt und verpflichtet werden können (Durchgriffswirkung, unmittelbare Anwendbarkeit). – Anwendungsvorrang des (unmittelbar anwendbaren) Gemeinschaftsrechts gegenüber nationalem Recht. Entgegenstehendes staatliches Recht tritt gegenüber den betreffenden gemeinschaftsrechtlichen Normen zurück und bleibt unangewendet. – Einrichtung weisungsunabhängiger parlamentarischer Organe (Europäisches Parlament). – Einrichtung eines gerichtlichen Organs mit obligatorischer Gerichtsbarkeit (EuGH).

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Europäische Wirtschaftsverfassung

– Andere Finanzquellen als Beiträge der Mitgliedstaaten (zB Anteil der EG an den Mehrwertsteuereinnahmen der Mitgliedstaaten). cc) Die zweite Säule Als notwendige Ergänzung zur wirtschaftlichen Integration wurde als zweite Säule die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) gegründet. Diese bezweckt die Ausweitung und Stärkung der (außen)politischen Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten (Herausbildung „einer europäischen Stimme“) und bezieht sich darüber hinaus auch auf die Entwicklung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik. Die GASP ist rechtlich außerhalb der Gemeinschaft angesiedelt und im Gegensatz zu dieser intergouvernmental ausgestaltet. Alle Maßnahmen, die im Rahmen der GASP getroffen werden, sind dementsprechend den Mitgliedstaaten – und nicht der GASP selbst – zuzurechnen. Ein wichtiger Schritt der „europäischen Außenpolitik“ mehr Profil und Wirksamkeit zu verleihen, war die Einführung eines „Hohen Vertreters“ (auch: „Mister GASP“), der die Tätigkeit des Europäischen Rats unterstützt und gegebenenfalls den politischen Dialog mit Drittstaaten führt. Dennoch ist das Ziel der Herausbildung „einer europäischen Stimme“ noch lange nicht erreicht. Am eindrücklichsten machte die Uneinigkeit der Mitgliedstaaten bezüglich des Irakkrieges 2003 das Spannungsverhältnis zwischen Partikularinteressen der Länder und einheitlicher „europäischer Stimme“ sichtbar. Die GASP darf nicht mit den wirtschaftlichen Außenbeziehungen der supranationalen EG verwechselt werden, die einen Außenreflex ihrer Binnenkompetenzen darstellen. Die GASP ist demgegenüber rein außenpolitischer Natur. Überschneidungen zwischen beiden Säulen ergeben sich etwa im Falle der Verhängung von politisch motivierten Wirtschaftssanktionen (Aussetzung der Wirtschaftsbeziehungen zu einem dritten Land) durch die EG: Gemäß Art 301 EGV wird dazu ein Tätigwerden im Rahmen der GASP vorausgesetzt. Die Bestimmung ist damit eine besondere Ausprägung des oa Kohärenzgebots. dd) Die dritte Säule Die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen (PJZS), vormals Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres (ZBJI), dient der Erhaltung und Weiterentwicklung eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts in Europa. Dabei wird auf intergouvernmentaler bzw völkerrechtlicher Ebene die Zusammenarbeit der Polizei- und Justizbehörden geregelt (zB Europol, Eurojust) und es werden auch materielle Normen (zB Europäischer Haftbefehl) beschlossen. Die Zuständigkeit für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und der inneren Sicherheit verbleibt allerdings bei den Mitgliedstaaten. Wie in der GASP ist auch hier das Einstimmigkeitsprinzip vorherrschend und die getroffenen Maßnahmen werden den Mitgliedstaaten zugerechnet. Die dritte Säule ist mit der EG über Art 61 EGV eng verbunden. Dieser zielt ebenfalls auf die Schaffung eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des

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Rechts ab und verweist in lit e auf Maßnahmen der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit. Die Bezugnahme des EGV auf die dritte Säule ist im Lichte des Kohärenzgebots zu sehen: Mit der Gewährleistung der Personenfreizügigkeit im Rahmen der ersten Säule, insb durch die Beseitigung der Kontrollen an den Binnengrenzen, treten Probleme der grenzüberschreitenden Kriminalität auf, die einer verstärkten Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten im Strafrecht bedürfen. Die PJZS ergänzt somit den auf Freizügigkeit ausgelegten EGV. Durch den Vertrag von Amsterdam 1999 wurden zwar Teile der vormaligen ZBJI vergemeinschaftet und in die Art 61 ff EGV überführt (Asylpolitik, Außengrenzen, Einwanderungspolitik und justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen), die strafrechtliche Komponente (Raum der Sicherheit) verblieb aber aufgrund der Zurückhaltung der Mitgliedstaaten in der völkerrechtlichen dritten Säule. b)

Organe der Europäischen Gemeinschaft

aa) Der Ministerrat Zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben verfügt die EG über fünf Hauptorgane sowie mehrere sonstige Organe. Der Rat oder Ministerrat (nicht zu verwechseln mit dem Europäischen Rat) ist das Hauptrechtssetzungsorgan der EG. Seine Zusammensetzung, in der er tagt, bestimmt sich nach dem Sachbereich (zB tagt der „Rat für Wirtschaft und Finanzen“ [ECOFIN] in Zusammensetzung der Wirtschafts- bzw Finanzminister der Mitgliedstaaten). Er erlässt alle wesentlichen Legislativakte, schließt Abkommen mit Drittstaaten ab, trifft Einzelfallentscheidungen (zB Ausnahmen vom Beihilfenverbot, außergewöhnliche wirtschaftspolitische Maßnahmen bei gravierenden Schwierigkeiten, Embargobeschlüsse) und kontrolliert die Tätigkeit der Kommission. In Ansehung der vielfältigen Aufgaben des Rats spricht man von einer Vermischung von Legislativ- und Exekutivfunktionen. Ausmaß und Vielfalt dieser Kompetenzen bilden die Grundlage für den Vorwurf des Demokratie- und Rechtsstaatsdefizits der Union. bb) Die Kommission Die Kommission wird als „Motor der Integration“ bezeichnet. Sie hat, frei von jeglicher staatlichen Einflussnahme, das allgemeine Wohl der Gemeinschaft zu wahren. Ihr kommen dabei Initiativ-, Kontroll- und Exekutivrechte zu. Der Schwerpunkt ihrer Tätigkeiten liegt in der Ausarbeitung von Vorschlägen für Rechtsakte, die anschließend vom Rat und vom Europäischen Parlament zu beschließen sind, im Erlass von Durchführungsmaßnahmen, in der Überwachung der Einhaltung des EG-Rechts (zB im Beihilfenrecht) und in der Ausführung des Haushaltsplans. cc) Das Europäische Parlament Das Europäische Parlament (EP) bildet zusammen mit dem Rat die Legislative der Europäischen Gemeinschaft. Es ist im Gegensatz zu Letzterem ein echter

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Europäische Wirtschaftsverfassung

Vertretungskörper, da seine Mitglieder von den europäischen Bürgern direkt gewählt werden. Ähnlich den nationalen Parlamenten, jedoch nicht in dem Umfang, kommen dem EP die klassischen Funktionen der Gesetzgebung, der Wahl und Kontrolle der Exekutive sowie der Einbeziehung gesellschaftlicher Kräfte in die Willensbildung zu. Im besonders wichtigen Bereich der Rechtssetzung hat das Parlament allerdings nur marginale eigenständige Kompetenzen, im Regelfall ist die Gesetzgebung gemeinsam mit dem Rat auszuüben. Dabei ist wiederum zwischen verschiedenen Formen der Beteiligung des Parlaments zu unterscheiden. Weitgehende Einflussnahme auf die Erlassung oder Nichterlassung eines Rechtsakts kommt diesem dabei beim sog Mitentscheidungsverfahren zu. Eine schwächere Position hat das EP im Verfahren der Zusammenarbeit oder im Anhörungsverfahren. Bei bestimmten Angelegenheiten bedarf es jedoch ausdrücklich der Zustimmung des Parlaments (zB Beitritt zur EU, Assoziierungen). dd) Der Europäische Gerichtshof Der Europäische Gerichtshof (EuGH) bildet zusammen mit dem Gericht erster Instanz das Rechtsprechungsorgan der EU. Seine Aufgabe besteht in der Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung des Gemeinschaftsrechts. In diesen Fragen besteht ein Rechtsprechungsmonopol. Die Hauptzuständigkeiten liegen bei Streitigkeiten, an denen Gemeinschaftsorgane, Mitgliedstaaten aber auch Einzelne (insb Unternehmer) beteiligt sind. Ergeben sich für mitgliedstaatliche Behörden oder Gerichte Fragen über die Gültigkeit oder Auslegung von Gemeinschaftsrecht, so können sie diese dem EuGH vorlegen (Vorabentscheidungsverfahren). Weitere wichtige Verfahrensarten sind die Nichtigkeitsklage, die auch vom Einzelnen unter bestimmten Voraussetzungen ergriffen werden kann und auf die Aufhebung von Sekundärrecht zielt sowie das Vertragsverletzungsverfahren. Letzteres ermöglicht es, gegen einen Mitgliedstaat vorzugehen, der seine Verpflichtungen aus dem Vertrag verletzt hat. Allerdings steht dieses Verfahren nur den Mitgliedstaaten und der Kommission (als sog Aufsichtsklage) nach Beendigung eines Vorverfahrens zu. Der Einzelne kann dementsprechend Mitgliedstaaten nicht mit der Vertragsverletzungsklage belangen. ee) Der Europäische Rechnungshof Der Europäische Rechnungshof überprüft die Recht- und Ordnungsmäßigkeit der Einnahmen und Ausgaben der Union sowie die Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung. ff) Sonstige Organe Daneben bestehen noch sonstige Organe: Die Europäische Zentralbank und das Europäische System der Zentralbanken (ESZB), die Europäische Investitionsbank, der Wirtschafts- und Sozialausschuss und der Ausschuss der Regionen.

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Organisation der Europäischen Gemeinschaft

c)

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Rechtsquellen des Gemeinschaftsrechts

aa) Primärrecht Das Primärrecht der EG umfasst den Gründungsvertrag der EG einschließlich seiner Anhänge (zB Protokoll über die Satzung des EuGH). Weiters gehören noch die von den Mitgliedstaaten zur Änderung und Ergänzung geschlossenen Verträge (EEA 1986, die Verträge von Maastricht 1992, Amsterdam 1997 und Nizza 2001) und die vom EuGH entwickelten allgemeinen Rechtsgrundsätze (zB zum Grundrechtsschutz in der EU) dazu. Wie oben festgestellt, hat das Primärrecht eine mit dem nationalen Verfassungsrecht vergleichbare Stellung. Im Primärrecht finden sich die grundlegenden wirtschafts(verfassungs)rechtlichen Regelungen, aus denen sich alle anderen Rechtsnormen und -handlungen der Gemeinschaftsorgane letztlich ableiten. bb) Sekundärrecht: Handlungsformen der Gemeinschaftsorgane Die Gemeinschaftsorgane dürfen ihre Befugnisse nur nach Maßgabe des Primärrechts ausüben und haben die für ihr Handeln vorgesehene Form einzuhalten. Die in Art 249 EGV geregelten Handlungsformen im Rahmen der ersten Säule sind – die Verordnung, – die Richtlinie, – die Entscheidung sowie – die Empfehlungen und Stellungnahmen. Die Verordnung hat allgemeine Geltung, dh sie entfaltet Rechtswirkungen für eine unbestimmte Anzahl von Sachverhalten im Gebiet der Gemeinschaft. Sie gilt unmittelbar, muss also nicht erst durch nationale Organe umgesetzt werden, damit die darin enthaltenen Rechte und Pflichten für den Einzelnen oder die nationalen Behörden wirksam werden. Sie ist, vergleichbar mit dem nationalen Gesetz, eine generell-abstrakte Rechtsnorm, die unmittelbar anwendbar ist. Die Richtlinie richtet sich hingegen nur an den Staat und ist damit nicht unmittelbar anwendbar. Die Mitgliedstaaten werden verpflichtet, die in der Richtlinie bezeichneten Ziele zu erreichen (Umsetzungspflicht, vgl dazu Art 10 EGV), die Wahl der Form und der Mittel bleibt allerdings ihnen überlassen. Zur Umsetzung wird eine bestimmte Frist vorgesehen, um die gleichmäßige und gleichzeitige Anwendung der Bestimmungen der Richtlinie im Gemeinschaftsraum zu garantieren. Verstreicht diese Frist ungenützt, so kann sich der Einzelne ausnahmsweise auf Bestimmungen der Richtlinie berufen (unmittelbare Wirksamkeit der Richtlinie). Allerdings nur unter der Voraussetzung, dass die Bestimmung hinreichend genaue und bestimmte Rechte gegenüber dem Staat einräumt. Gegenüber Privatpersonen gilt dies nicht. Werden diese durch die Richtlinie verpflichtet, scheidet eine Berufung auf ihre Bestimmungen aus. Die unmittelbare Wirksamkeit dient nämlich (nur) dem Zweck zu verhindern, dass dem Staat Vorteile aus der Nichtumsetzung entspringen.

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Europäische Wirtschaftsverfassung

Die Richtlinien dienen primär der Rechtsangleichung der mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen. Sie werden als das für das nationale Recht verträglichere Mittel angesehen, da auf die Besonderheiten des jeweiligen Rechtssystems durch die Umsetzung Bedacht genommen werden kann. Richtlinien sind mit den Grundsatzgesetzen der österreichischen Rechtsordnung vergleichbar. Die Entscheidung ist ein individuell-konkreter Rechtsakt, der an Gemeinschaftsorgane, Staaten wie auch an natürliche und juristische Personen gerichtet sein kann. Sie ist mit dem Bescheid der österreichischen Rechtsordnung vergleichbar, da sie idR ebenfalls an einen bestimmten Kreis von Adressaten gerichtet ist und Einzelfälle regelt. Empfehlungen und Stellungnahmen sind im Gegensatz zu den anderen oa Handlungsformen rechtlich unverbindlich. Empfehlungen können an Mitgliedstaaten aber auch Einzelpersonen (Unternehmen) gerichtet sein. Die Einhaltung von Empfehlungen bringt idR die Vermutung der (Gemeinschafts)Rechtskonformität der jeweiligen Maßnahme mit sich. Stellungnahmen sind zumeist vorbereitende Maßnahmen für spätere Handlungen.

4.

Ziele der Europäischen Gemeinschaft

a)

Zielkohärenz zwischen EUV und EGV

Die Ziele des Vertrags über die Europäische Gemeinschaft stellen eine Konkretisierung des „Oberziels“ der Europäischen Union dar: Sicherung und einheitliche Weiterentwicklung der europäischen Integration. Die im EGV dargelegten abgeleiteten Ziele stimmen mit jenen des EUV überein (Art 2 EUV). Man kann also in diesem Zusammenhang von einer „Zielkohärenz“ zwischen EUV als Dach der drei Säulen und dem EGV als erste Säule der Union sprechen. b)

Zielhierarchie des EGV

Die allgemeinen Bestimmungen über die Ziele der Europäischen Gemeinschaft finden sich verstreut sowohl im EGV wie auch im EUV. Zentrale Grundlage ist dabei Art 2 EGV. Diesem können zum einen Aussagen über die Ziele und zum anderen Aussagen über die Aufgaben, die als Mittel zur Erreichung der Ziele dienen, entnommen werden. Konkretisiert werden die sehr allgemein formulierten Aufgaben durch Art 3 EGV, der der Gemeinschaft bestimmte Tätigkeitsbereiche zuordnet. Wesentliche Bedeutung für die Zielorientierung der Gemeinschaft hat die Grundsatzbestimmung des Art 4 EGV. Hier wird der Grundsatz einer „offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb“ festgeschrieben, nach dem sich die Wirtschaftspolitik der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten zu richten hat. Zu den Zielen gem Art 2 EGV gehören ua die harmonische, ausgewogene und nachhaltige Entwicklung des Wirtschaftslebens, die Erreichung eines hohen Grads von Wettbewerbsfähigkeit und Konvergenz der Wirtschaftsleistungen sowie ein beständiges, nichtinflationäres Wachstum. Zu den Aufgaben zählen: – Die Errichtung eines Gemeinsamen Markts,

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Grundsatz der offenen Marktwirtschaft

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– die Errichtung einer Wirtschafts- und Währungsunion sowie – die Durchführung der gemeinsamen Politiken und Maßnahmen gemäß Art 3 und 4 EGV. Zu den Tätigkeiten der Gemeinschaft zählen ua das Verbot von Zöllen und mengenmäßigen Beschränkungen, der Schutz des Wettbewerbs und die Gemeinsame Außenhandelspolitik. c)

Bedeutung der Zielbestimmungen

Den Zielbestimmungen kommt in Hinblick auf die Dynamik der Rechtsentwicklung und der Rechtsfortbildung durch den EuGH eine bedeutsame Rolle zu. Besonders die vom EuGH praktizierte teleologische Auslegung des Gemeinschaftsrechts, die sich im Grundsatz des „effet utile“ mit der Forderung nach größtmöglicher praktischer Wirksamkeit des EG-Rechts verdichtet, greift auf die kollektiven Zielbestimmungen zurück. Den Zielnormen kommt also die Funktion eines Auslegungs- und Anwendungsmaßstabs zu. Sie allein begründen aber keine Zuständigkeiten der Gemeinschaft, Pflichten für die Mitgliedstaaten oder Rechte des Einzelnen.

5.

Grundsatz der offenen Marktwirtschaft

a)

Bedeutung

Bei der Erreichung der (wirtschaftlichen) Ziele der EG haben sich die Mitgliedstaaten und Gemeinschaftsorgane an dem in Art 4, 98 und 105 EGV statuierten „Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb“ zu orientieren. Inhaltlich verweist der Grundsatz auf – die grundsätzliche Wirtschaftsfreiheit der Individuen, – den freien Markteintritt und -austritt (Marktzugang) sowie auf – die Koordination von Angebot und Nachfrage über den Wettbewerb. Der Grundsatz der offenen Marktwirtschaft dient als Auslegungsmaßstab für alle wirtschaftspolitischen Maßnahmen der Gemeinschaft und der Mitgliedsländer. Die Funktion der Vorschriften der Art 4, 98 und 105 EGV liegt darin, einen Systemwechsel der Mitgliedstaaten wie auch der Gemeinschaft zu einer offensichtlich nicht-marktwirtschaftlichen Wirtschaftspolitik zu verhindern. Dem Marktprinzip widersprechende (planwirtschaftliche) Ordnungen dürfen daher von den Mitgliedstaaten wie auch den Gemeinschaftsorganen nur dann eingeführt werden, wenn dies für die vom Gemeinschaftsrecht umfassten Bereiche ausdrücklich vorgesehen ist. Ferner folgt aus dem Marktprinzip, dass jeglicher Eingriff in die wirtschaftliche Freiheit der Marktteilnehmer als ein Kernelement der Marktwirtschaft einem Rechtfertigungszwang am Maßstab des Verhältnismäßigkeitsprinzips unterliegt. b)

Begrenzung

Die praktische Bedeutung des Grundsatzes der „offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb“ ist allerdings aus zwei Gründen begrenzt:

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Europäische Wirtschaftsverfassung

– Zum einen ist die konkrete gemeinschaftliche Wirtschaftsverfassung nicht allein an diesem Grundsatz orientiert, sondern enthält neben liberalmarktwirtschaftlichen auch interventionistische, wie insb die Bestimmungen über die Gemeinsame Agrarpolitik, soziale und umweltbezogene Elemente (Verbot der Diskriminierung von Frau und Mann, Art 141 EGV, Sozialpolitik, Art 136 EGV, Umweltschutz, Art 6 EGV), die Eingriffe in die Wirtschaftsfreiheit der Marktteilnehmer ermöglichen (gemischte Wirtschaftsverfassung). – Zum anderen lassen sich aus den Bestimmungen der Art 4, 98 und 105 EGV allein – im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH (vgl Rs C-9/99, Slg 2000, I-8207, Échirolles) – noch keine klaren und unbedingten Verpflichtungen für die Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten bzw der Gemeinschaft ableiten. Der Einzelne kann sich vor den nationalen Gerichten also nicht unmittelbar auf den Grundsatz der offenen Marktwirtschaft berufen (kein subjektives Recht). c)

Konkretisierung durch den Gemeinsamen Markt

Die europäische Wirtschaftsordnung wird durch den Gemeinsamen Markt konkretisiert. Dieser umfasst neben dem Binnenmarkt mit seinen Grundfreiheiten, dem Wettbewerbsrecht und der Rechtsangleichung noch weitere sog sektorielle Politiken wie Währungs-, Landwirtschafts-, Umwelt- oder Verkehrspolitik. Für den EuGH steht dabei die Beseitigung aller Hemmnisse im innergemeinschaftlichen Handel mit dem Ziel der Verschmelzung der nationalen Märkte im Vordergrund (ua EuGH Rs 15/81, Slg 1982, 1409, Rn 33, Gaston Schul). Folglich sind Kernbereiche festzustellen, die der Durchsetzung der Vertragsziele und der Absicherung des marktwirtschaftlichen Prinzips dienen: – Der Absicherung der Wirtschaftsfreiheit dienen die Gemeinschaftsgrundrechte (Pkt III.6.). – Der Gewährleistung des Marktzugangs dienen die Rechtsangleichung (Pkt III.8.), das allgemeine Diskriminierungsverbot und die Grundfreiheiten (Pkt III.7.). – Der Absicherung der Koordination von Angebot und Nachfrage über den Wettbewerb dient das europäische Wettbewerbsrecht (s Pkt III.9.). – Flankierend tritt die Wirtschafts- und Währungspolitik der EG hinzu, die ein stabiles Umfeld für den Handel gewährleisten soll (Pkt III.10.b.). – Der Offenheit der Märkte der Gemeinschaft nach außen hin dient die Gemeinsame Handelspolitik (Pkt III.10.c.).

6.

Gemeinschaftsgrundrechte

a)

Absicherung der individuellen Wirtschaftsfreiheit

aa) Grundrechte als Voraussetzung für den Gemeinsamen Markt Die Einräumung individueller, unternehmerischer Handlungsfreiheit und damit verbundener individueller Abwehrrechte gegenüber hoheitlichen Eingriffen ist eine klassische Aufgabe des liberalen Rechtsstaats. Allgemein bestimmen die

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Gemeinschaftsgrundrechte

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Verträge, dass die Achtung der Grund- und Menschenrechte durch die Mitgliedstaaten eine rechtliche Voraussetzung für die Mitgliedschaft in der Union ist (vgl Art 6 Abs 1, Art 49 EUV und Art 309 EGV). Bezogen auf die Errichtung und die Funktionsfähigkeit des Gemeinsamen Markts sind die (wirtschaftlichen) Freiheiten der Unionsbürger unabdingbar. Va die Grundrechte des Schutzes des Eigentums und des freien Zugangs zu den Berufen konstituieren die Kernelemente des marktwirtschaftlichen Systems, auf deren Grundlage die grenzüberschreitende Erbringung von Leistungen im Wege der Grundfreiheiten erst stattfinden kann. Mit der Fortentwicklung des Gemeinschaftsrechts ist der Unionsbürger in seinen Freiheiten nicht mehr nur von hoheitlichen Eingriffen seitens der Mitgliedstaaten in Anwendung nationalen Rechts, sondern im verstärkten Maße auch durch die Anwendung des Gemeinschaftsrechts betroffen. Eine Ausübung von Hoheitsgewalt auf Grundlage des Gemeinschaftsrechts gegenüber dem einzelnen Unionsbürger ist in zwei Konstellationen denkbar: – Einerseits können Handlungen der Gemeinschaftsorgane selbst den Unionsbürger direkt betreffen (zB eine Entscheidung über die Gemeinschaftswidrigkeit einer Beihilfe), – andrerseits kann der Einzelne betroffen sein, wenn die Mitgliedstaaten Gemeinschaftsrecht durchführen (Umsetzung von Richtlinien, Verwaltungsvollzug von Verordnungen). Während also hoheitliche Eingriffe in die Freiheit des Einzelnen von mitgliedstaatlicher Seite unter Beachtung der nationalen Grundrechte zu erfolgen haben, sind solche auf Grundlage des Gemeinschaftsrechts, die entweder von den Gemeinschaftsorganen selbst oder von den vollziehenden Mitgliedstaaten vorgenommen werden, an den eigens entwickelten Gemeinschaftsgrundrechten zu messen. bb) Abgrenzung zu den Grundfreiheiten Grundrechte sind demzufolge von den Grundfreiheiten (Marktfreiheiten) zu unterscheiden. Zwar weisen Letztere einen grundrechtsähnlichen Inhalt auf, sie verpflichten aber vorrangig die Mitgliedstaaten zur Gewährung des Zugangs für die Produkte und Produktionsfaktoren zu ihren Märkten und sind dementsprechend final auf die Schaffung eines Gemeinsamen Markts bezogen (Finalität der Grundfreiheiten). Die Grundrechte hingegen sind die Grundlage der Legitimität der Gemeinschaftsgewalt und enthalten folglich klassische Abwehrrechte des Einzelnen gegen freiheitsbeschränkende Maßnahmen der Gemeinschaftsorgane oder der Gemeinschaftsrecht vollziehenden Staaten. Zusammengefasst steht bei den Grundrechten der Einzelne in seiner Beziehung zur hoheitlichen Gemeinschaftsgewalt im Vordergrund, während es bei den Grundfreiheiten um den Schutz des Gemeinsamen Markts gegenüber mitgliedstaatlichen Vereinnahmungen geht. b)

Rechtsgrundlagen

Der EGV enthält keinen eigenen Grundrechtskatalog. Die im Jahr 2000 feierlich proklamierte Charta der Grundrechte der Europäischen Union ist rechtlich unverbindlich, sie macht aber bereits bestehende Rechte sichtbar. Der

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Europäische Wirtschaftsverfassung

EuGH erkennt seit 1969 (vgl Rs 29/69, Slg 1969, 419, Stauder) die Existenz der Grundrechte als (ungeschriebene) allgemeine Rechtsgrundsätze des primären Gemeinschaftsrechts an. Er leitet die Grundrechte aus den Verfassungsordnungen der Mitgliedstaaten, der EMRK und den EU-Grundrechtserklärungen ab und konkretisiert diese. IdS sieht Art 6 Abs 2 EUV vor, dass die Union die Grundrechte achtet, wie sie in der EMRK gewährleistet sind und wie sie sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten als allgemeine Grundsätze des Gemeinschaftsrechts ergeben. Einen Katalog von Grundrechten enthält Art 6 Abs 2 EUV allerdings nicht; dieser ist vielmehr durch die Rechtsprechung des EuGH in Einzelfällen entwickelt worden. Positivrechtlich verankert sind die Grundrechte nunmehr im Vertrag über eine Verfassung für Europa, der jedoch bislang nicht in Kraft getreten ist. Zu den vom EuGH anerkannten Grundrechten gehören ua: – Der allgemeine Gleichheitsgrundsatz (EuGH verb Rs 117/76 und 16/77, Slg 1977, 1753, Ruckdeschel; der allgemeine Gleichheitsgrundsatz wird nach der Rechtsprechung erst durch die besonderen Diskriminierungsverbote in Art 12, 39, 141, etc EGV konkretisiert). – Die Eigentumsfreiheit (EuGH Rs 44/79, Slg 1979, 3727, Hauer). – Die Freiheit der Berufsausübung (EuGH Rs 44/79, Slg 1979, 3727, Hauer; EuGH Rs 265/87, Slg 1989, 2237, Schräder). – Die Unverletzlichkeit der Wohnung (EuGH verb Rs 46/87 und 227/88, Slg 1989, 2859, Hoechst). – Die Achtung des Privatlebens (EuGH Rs C-404/92 P, Slg 1994, I-4737, Aids-Test). – Die Achtung des Familienlebens (EuGH Rs 249/86, Slg 1989, 1263, Wanderarbeitnehmer). Daneben hat der EuGH eine Reihe sog Verfahrensgrundrechte ausjudiziert, die der Vollständigkeit halber kurz erwähnt werden. Die Beachtung dieser Rechte ist in allen Verfahren geboten, die mit für den Einzelnen beschwerenden Maßnahmen enden können (zB Beihilfeverfahren, Kartellverfahren). Zu den Verfahrensgrundrechten zählen ua der Anspruch auf rechtliches Gehör, das Recht auf Akteneinsicht, der Anspruch auf effektiven Rechtsschutz, die Begründungspflicht, etc. c)

Grundrechtsträger und Adressaten

Die Gemeinschaftsgrundrechte gelten für alle Unionsbürger, also für die Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten sowie für die juristischen Personen, die ihren Sitz im Gemeinschaftsgebiet haben. Daneben ist auch ein Grundrechtsschutz für natürliche und juristische Personen aus dritten Ländern zu bejahen, soweit diese in gleicher Weise wie die Unionsbürger von einer gemeinschaftsrechtlichen Handlung betroffen sind (zB bei Kartellverfahren der Kommission). Adressaten sind in erster Linie die Gemeinschaftsorgane. Darüber hinaus werden auch die Mitgliedstaaten und ihre nationalen Organe an die Gemeinschaftsgrundrechte gebunden, soweit sie Gemeinschaftsrecht vollziehen. Hierbei ist von der Bindung an die Gemeinschaftsgrundrechte jene an die nationalen Grundrechte bei der Ausübung von Hoheitsgewalt zu unterscheiden (doppelte Bindung).

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Gemeinschaftsgrundrechte

d)

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Grundrechtsschranken

Der EuGH hat in seiner Rechtsprechung mit den Grundrechtssystemen der Mitgliedstaaten vergleichbare Schranken entwickelt. Demnach existieren bestimmte „Gesetzesvorbehalte“, auf deren Grundlage Eingriffe in die Freiheit des Einzelnen gestattet sind. Als solche Vorbehalte werden die Kompetenzen der Gemeinschaftsorgane und die jeweiligen Zielbestimmungen herangezogen. Die Grundrechtsvorbehalte unterliegen ihrerseits – wie im nationalen Recht – Schranken. Eingriffe in die Gemeinschaftsgrundrechte sind demnach daran zu messen, ob sie – erstens einem dem Gemeinwohl dienenden Ziel der Gemeinschaft entsprechen, – zweitens keinen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (Geeignetheit, Erforderlichkeit, Angemessenheit) darstellen und – drittens den Wesensgehalt der geschützten Grundrechte nicht antasten. Beispiel: Der „Bananenstreit“, Dritter Akt (EuGH Rs C-280/93, Slg 1994, I-4973, Deutschland/Rat). Ein anschauliches Beispiel der Prüfung einer Gemeinschaftsmaßnahme anhand der Gemeinschaftsgrundrechte ist der Streit um die Einführung der EGBananenmarktordnung (VO 404/93/EWG). Wie schon erwähnt, wurden die einzelstaatlichen Einfuhrregime bezüglich Bananen durch ein einheitliches, gemeinschaftsweites System mit Lizenzen und Einfuhrkontingenten ersetzt. Dies betraf insb Deutschland, das sich bei Abschluss des EWG-Vertrags 1957 für seine Staatsangehörigen ein Privileg zollfreier Einfuhren von Bananen aus Mittelund Südamerika (Dollar-Bananen) ausgehandelt hatte, welches nunmehr aufgrund der – gegen den Widerstand Deutschlands – eingeführten gemeinschaftlichen Marktordnung entfiel. Deutsche Importunternehmen, die sich auf die Einfuhr der Dollar-Bananen spezialisiert hatten, sahen sich daraufhin in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht. Die Bundesrepublik Deutschland schloss sich den Ausführungen „ihrer“ Unternehmen an und focht die VO über die Bananenmarktordnung vor dem EuGH mit Nichtigkeitsklage an. Begründend führte sie an, dass die traditionellen Importeure von Dollarbananen durch die Verordnung in ihren Rechten auf Eigentum und auf freie Berufsausübung verletzt worden seien. Der EuGH prüfte die VO auf die Verletzung von Gemeinschaftsgrundrechten. Er führte dazu an, dass zwar die Rechte auf Eigentum und auf freie Berufsausübung zu den allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts gehören, diese aber unter bestimmten Voraussetzungen Beschränkungen unterworfen werden können. Die Beschränkungen sind demnach zulässig, sofern sie tatsächlich dem Gemeinwohl dienenden Zielen der Gemeinschaft entsprechen und nicht einen in Hinblick auf den verfolgten Zweck unverhältnismäßigen und nicht tragbaren Eingriff darstellen, der die Rechte in ihrem Wesensgehalt antastet. Im Ergebnis wies der EuGH den Vorwurf der Verletzung der Gemeinschaftsgrundrechte zurück. Die Eigentumsfreiheit sah er von der VO nicht berührt, da diese ihrem Wesen nach keine bloßen Marktanteile schütze. Diese stellen eine „augenblickliche wirtschaftliche Position“ dar, die den mit der Änderung der Umstände verbundenen Risiken ausgesetzt und dementsprechend nicht vom Grundrecht auf Eigentum umfasst sei. Hingegen stellte

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Europäische Wirtschaftsverfassung

er einen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit fest, da die Wettbewerbsposition der deutschen Importeure durch die Bananenmarktordnung betroffen sei. Die VO diene allerdings dem im Gemeinwohl liegenden Ziel der Integration der einzelnen Inlandsmärkte sowie der Entwicklungspolitik der E(W)G bezüglich der AKPStaaten und schränke das betreffende Grundrecht auch nicht in seinem Wesensgehalt ein. Folglich stellte der Gerichtshof maßgeblich auf die Prüfung der Verhältnismäßigkeit der VO ab. Hier konnte er allerdings auch keinen Verstoß feststellen, da die VO zur Erreichung der Gemeinwohlziele nicht offensichtlich ungeeignet sei. Dem Gemeinschaftsgesetzgeber wurde somit ein erheblicher Ermessenspielraum zuerkannt, indem der EuGH seine Kontrollbefugnis auf die „offensichtliche Ungeeignetheit“ bzw erweiternd auf die „offensichtliche Irrigkeit“ der Beurteilung der Erforderlichkeit einschränkte. Die Klage wurde demzufolge abgewiesen.

7.

Grundfreiheiten

a)

Zugang zu den grenzüberschreitenden Märkten

Die Umsetzung des Grundgedankens des Zugangs zu den Inlandsmärkten der Mitgliedstaaten und der damit verbundenen grenzüberschreitenden Mobilität der Produkte und Produktionsfaktoren ist die Aufgabe des Binnenmarkts. Dieser umfasst gemäß Art 14 Abs 2 EGV einen Raum ohne Binnengrenzen, in dem Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital frei zirkulieren können. Diese Freiheiten werden als die vier bzw, zählt man noch den freien Zahlungsverkehr hinzu, fünf Grundfreiheiten bezeichnet. Waren und Dienstleistungsverkehr bilden dabei die Gruppe der Produktverkehrsfreiheiten, während die Personenverkehrsfreiheiten die Arbeitnehmerfreizügigkeit und die Niederlassungsfreiheit beinhalten. Die Abgrenzung der Kapitalsverkehrsfreiheit ist umstritten, doch wird sie eher den Produktverkehrsfreiheiten zuzuordnen sein. Der freie Zahlungsverkehr ist die „Hilfsfreiheit“ der anderen Grundfreiheiten. Sie dient der ungehinderten Transferierung von Geldmitteln für die Erbringung von Leistungen im Waren-(Kaufpreis), Dienstleistungs-(Entgelt), Personen- (zB Gehalt) und Kapitalverkehr (Erlöse). Ohne freien Zahlungsverkehr würde die Wahrnehmung der restlichen Grundfreiheiten deutlich erschwert. Die Grundfreiheiten sind auf wirtschaftliche Tätigkeiten bezogene Abwehrrechte des Einzelnen gegen die Mitgliedstaaten. Sie werden mit dem Ziel der Verwirklichung des Binnenmarkts und letztlich der europäischen Integration gewährt (Finalität der Grundfreiheiten). Ihnen kommt also im Gegensatz zu den Grundrechten eine vorrangig ökonomische Zielsetzung zu: Durch den Abbau der Schranken an und hinter den mitgliedstaatlichen Grenzen wird die staatliche Steuerung der Handelsströme durch den Marktmechanismus Angebot und Nachfrage abgelöst. Die Grundfreiheiten bilden damit das Herzstück des marktwirtschaftlichen Prinzips der Gemeinschaft. Es ist allerdings eine allmähliche Loslösung der EG von rein ökonomischen Zielsetzungen zu verzeichnen, die sich in der Konzeption der Grundfreihei-

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Grundfreiheiten

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ten niederschlägt. Ersichtlich wird dies aus der Einführung der allgemeinen Freizügigkeit in den EGV, die von einer wirtschaftlichen Betätigung abgekoppelt ist. Art 18 EGV verleiht nämlich jedem Unionsbürger das Recht sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten aufzuhalten, ohne auf eine besondere Tätigkeit abzustellen. b)

Gemeinsamkeiten der Grundfreiheiten

aa) Adressaten Adressaten der Grundfreiheiten sind in erster Linie die Mitgliedstaaten, aber auch die EG bzw ihre Organe. Dabei ist es unerheblich in welcher Rechtsform die Maßnahmen, die an den Grundfreiheiten zu messen sind, erlassen werden. Manche Grundfreiheiten können darüber hinaus auch Private binden. bb) Unmittelbare Anwendbarkeit Gemeinsam ist den Grundfreiheiten, dass sie unmittelbar anwendbar sind. Der einzelne Unionsbürger kann sich vor nationalen Gerichten und Behörden direkt auf die Grundfreiheiten berufen. Im Rahmen des Vollzugs haben die Verwaltungsbehörden und Gerichte kraft Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts diesen entgegenstehendes nationales Recht unangewendet zu lassen. Beispiel: Rs „van Gend & Loos“ (EuGH, Rs 26/62, Slg 1963, 1) Die Entscheidung in der Rs „van Gend & Loos“ ist eine der Grundsatzentscheidungen des EuGH, mit der er die besondere rechtliche Qualität des Gemeinschaftsrechts gegenüber dem traditionellen Völkerrecht feststellte. In dem Fall ging es um ein niederländisches Unternehmen, das Chemikalien aus Deutschland in die Niederlande einführte. Die Niederlande erhöhten nach dem Inkrafttreten des EWGV den diesbezüglichen Einfuhrzoll von 3% auf 8%. Das Unternehmen erhob Beschwerde gegen die Erhöhung des Zolltarifs ua mit der Begründung, diese verstoße gegen Art 12 EWGV (nunmehr: Art 25 EGV, Verbot von Einund Ausfuhrzöllen). Die zuständigen niederländischen Behörden vertraten hingegen die Ansicht, dass Art 12 EWGV kein subjektives Recht begründe und sich folglich kein Privater in einem Rechtsstreit auf diese Bestimmung berufen könne. Das zuständige Gericht legte den Fall mit der Frage, ob der Einzelne aus Art 12 EWGV subjektive Rechte herleiten könne, dem EuGH zur Vorabentscheidung vor. Der EuGH führte dazu aus: „[…] die Gemeinschaft [stellt] eine neue Rechtsordnung des Völkerrechts dar […], zu deren Gunsten die Staaten, wenn auch in begrenztem Rahmen, ihre Souveränitätsrechte eingeschränkt haben, eine Rechtsordnung, deren Rechtssubjekte nicht nur die Mitgliedstaaten, sondern auch die Einzelnen sind. Das von der Gesetzgebung der Mitgliedstaaten unabhängige Gemeinschaftsrecht soll daher den Einzelnen, ebenso wie es ihnen Pflichten auferlegt, auch Rechte verleihen. Solche Rechte entstehen nicht nur, wenn der Vertrag dies ausdrücklich bestimmt, sondern auch aufgrund von eindeutigen Verpflichtungen, die der Vertrag den Einzelnen wie auch den Mitgliedstaaten und den Organen der Gemeinschaft auferlegt. […] Der Wortlaut von Artikel 12 [jetzt Art 25 EGV] ent-

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hält ein klares und uneingeschränktes Verbot, eine Verpflichtung, nicht zu einem Tun, sondern zu einem Unterlassen. Diese Verpflichtung ist im übrigen auch durch keinen Vorbehalt der Staaten eingeschränkt, der ihre Erfüllung von einem internen Rechtssetzungsakt abhängig machen würde. Das Verbot des Artikels 12 [25 EGV] eignet sich seinem Wesen nach vorzüglich dazu, unmittelbare Wirkungen in den Rechtsbeziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den ihrem Recht unterworfenen Einzelnen zu erzeugen.“

cc) Begründung von Individualrechten und Drittwirkung Den Grundfreiheiten kommt eine konstituierende Funktion für den freien Wirtschafts- und Personenverkehr zu. Sie bilden insofern objektives Recht zwischen EG und Mitgliedstaaten wie auch zwischen den Mitgliedstaaten, als sie Beeinträchtigungen des zwischenstaatlichen Wirtschaftsverkehrs verbieten. Gleichzeitig begründen sie Individualrechte (subjektive Rechte) für den einzelnen Unionsbürger, auf die er sich direkt gegenüber den Mitgliedstaaten berufen kann (unmittelbare Anwendbarkeit) und die so der Durchsetzung des Binnenmarkts dienen. Zwar enthalten die Grundfreiheiten primär staatengewendete Verbote bzw Pflichten. Der EuGH hat allerdings darüber hinausgehend anerkannt, dass sich Einzelpersonen auch gegenüber anderen Privaten auf Grundfreiheiten berufen können (unmittelbare Drittwirkung). Schließlich können auch von Privaten im Rahmen ihrer rechtlichen Autonomie errichtete Hindernisse die Verwirklichung des Binnenmarkts gefährden. Diese Rechtsprechung ist allerdings bislang auf die Arbeitnehmerfreizügigkeit beschränkt geblieben. Hinsichtlich der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit wurde eine Drittwirkung nur bei kollektiven Regelungen, die einer gesetzlichen Vorschrift nahe kommen, angenommen. Es ist erweiternd auch die Wirksamkeit des allgemeinen Diskriminierungsverbots zwischen Privaten zu bejahen. Hinsichtlich der Warenverkehrsfreiheit hat der EuGH hingegen eine unmittelbare Drittwirkung ausdrücklich verneint (vgl ua EuGH Rs 311/85, Slg 1987, 3801, Vlaamse Reisbureaus). Beispiele: Im Urteil Bosman (EuGH Rs C-415/93, Slg 1995, I-4921) führte der EuGH aus, dass Regelungen von privaten Fußballverbänden, die Ablösen und Ausländerklauseln vorsehen, der Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art 39 EGV) widersprechen. Dabei stellte der EuGH auf die Wirkung der Verbandsregeln ab: Derartige kollektive Regelungen kämen für die betroffenen Fußballspieler einer gesetzlichen Regelung gleich. Einen Schritt weiter ging der EuGH im Urteil Angonese (EuGH Rs C-281/98, Slg 2000, I-4139), in dem er eine Vorschrift einer privaten Bank bezüglich eines Einstellungsverfahrens an der Arbeitnehmerfreizügigkeit gemessen hat. Danach widerspreche es Art 39 EGV, von den Bewerbern um eine Arbeitsstelle zu fordern, ihre Sprachkenntnisse ausschließlich durch ein einziges, in einer einzigen Provinz des Mitgliedstaats ausgestelltes Diplom nachzuweisen. Aus einer solchen Vorschrift folgt, dass „Personen, die nicht in dieser Provinz wohnen, wenig Möglichkeiten haben, die Bescheinigung zu erwerben, und dass es für sie schwierig, ja sogar unmöglich sein wird, den betreffenden Arbeitsplatz zu erhalten.“ Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten werden durch eine solche Regelung im Verhältnis

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Grundfreiheiten

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zu den Einwohnern benachteiligt. Insgesamt sind also nach dieser Rechtsprechung von der Arbeitnehmerfreizügigkeit nicht nur kollektive Regelungen, sondern uneingeschränkt alle Verträge zwischen Privatpersonen erfasst.

Einen anderen Lösungsansatz zur Durchsetzung der Grundfreiheiten gegenüber Privaten hat der EuGH in seinem Urteil „Französische Landwirte“ (s gleich unten Pkt ff.) gefunden, indem er Schutzpflichten für die Mitgliedstaaten statuierte. Danach sind diese verpflichtet, Maßnahmen zu ergreifen, um etwa Beeinträchtigungen der Warenverkehrsfreiheit durch Private zu verhindern. dd) Diskriminierungs- und Beschränkungsverbot Alle Grundfreiheiten beinhalten sowohl ein Diskriminierungs- wie auch ein Beschränkungsverbot. Die Diskriminierungsverbote der Grundfreiheiten sind Konkretisierungen des allgemeinen Verbots der Ungleichbehandlung in Art 12 EGV und gehen diesem als leges speciales vor: – Die Personenverkehrsfreiheiten und die Dienstleistungsfreiheit verbieten Ungleichbehandlungen aus Gründen der Staatsangehörigkeit. – Die Waren- und Kapitalverkehrsfreiheit verbieten Diskriminierungen aus Gründen der Herkunft der Ware oder des Kapitals. Neben diesen direkten Diskriminierungen, die unmittelbar auf die Staatsangehörigkeit oder Herkunft abstellen, werden auch indirekte (mittelbare) Diskriminierungen erfasst und verboten. Derartige Ungleichbehandlungen entstehen durch die Verwendung anderer Unterscheidungsmerkmale (zB Wohnort, Sprache), haben aber dieselben Auswirkungen wie direkte Diskriminierungen. Zwischen beiden Formen der Diskriminierung ist genau zu unterscheiden, da direkte Diskriminierungen nur dann mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sind, wenn sie anhand der ausdrücklich im EGV vorgesehenen Gründe gerechtfertigt werden können und verhältnismäßig sind. Indirekte Diskriminierungen können hingegen ebenso wie unterschiedslose Beschränkungen auch bei Vorliegen sog ungeschriebener Rechtfertigungsgründe (und bei Verhältnismäßigkeit) mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sein. Beispiele: Um direkte Diskriminierungen handelt es sich, wenn Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten aufgrund dieses Umstands schlechter behandelt werden als Inländer. Etwa wenn bestimmte Tätigkeiten (zB Fremdenführer, Grundschullehrer, Hafenarbeiter) den eigenen Staatsangehörigen vorbehalten werden. Diesfalls liegt ein Verstoß gegen die Arbeitnehmerfreizügigkeit vor, soweit diese Tätigkeiten nicht in die Bereichsausnahme des Art 39 Abs 4 EGV (öffentliche Verwaltung) fallen. Um eine indirekte Diskriminierung handelt es sich dann, wenn nicht auf die Staatsangehörigkeit oder Herkunft abgestellt wird, sondern auf andere Unterscheidungsmerkmale, die im Wesentlichen und überwiegend EU-Ausländer nachteilig betreffen. Dies gilt zB für vorteilhafte Regelungen, die an den Wohnort eines Arbeitnehmers oder an andere inländische Sachverhalte anknüpfen, die ein EUAusländer schwerer erfüllen kann als ein Inländer (zB Abstellen auf den Besuch ei-

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Europäische Wirtschaftsverfassung

ner speziellen inländischen Hochschule, Erfordernis eines längeren Aufenthalts im Mitgliedstaat vor Aufnahme einer Tätigkeit).

Der EuGH hat den Verbotsbereich der Grundfreiheiten in seiner Rechtsprechung über Diskriminierungen hinaus auf (bloße) Beschränkungen erweitert. Das Beschränkungsverbot gebietet, dass Maßnahmen, die zwar unterschiedslos sowohl für In- wie auch für Ausländer gelten, aber zu tatsächlichen Nachteilen beim Markt- oder Berufszugang aus einem anderen Mitgliedstaat führen, am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu messen sind. Ausreichend ist bereits die Eignung einer Maßnahme, handelsbeschränkende Wirkungen zu entfalten. Somit ist grundsätzlich jede Behinderung der Grundfreiheiten, in welcher Form auch immer, als unzulässig anzusehen und besonders zu rechtfertigen. Beispiel: „Cassis de Dijon“ (EuGH Rs 120/78, Slg 1979, 649) Die deutsche Firma R beantragte bei der deutschen Bundesmonopolverwaltung für Branntwein die Genehmigung, aus Frankreich eine gewisse Menge des Likörs „Cassis de Dijon“ einzuführen, der dort mit einem Alkoholgehalt von 15–20% rechtmäßig im Verkehr ist. Die Bundesmonopolverwaltung lehnte dies, gestützt auf das deutsche Branntweinmonopolgesetz, mit der Begründung ab, dass dieser Likör wegen des zu geringen Weingeistgehalts in Deutschland nicht verkehrsfähig sei. Das fragliche Gesetz bestimme nämlich aus Gründen des Verbraucherschutzes, dass Fruchtliköre einen Mindestweingehalt von 25% haben müssen. Im darauf folgenden Rechtsstreit legte das zuständige Gericht dem EuGH die Frage vor, ob die gesetzliche Regelung mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sei. Der EuGH entschied, dass auch solche Maßnahmen wie die fragliche Vorschrift, die unterschiedslos für einheimische wie auch für Importprodukte gelten, unter das Verbot des Art 28 EGV fallen können. Die 25%-Regelung trifft schließlich Liköre beider Herkunft gleichermaßen. Im Ergebnis führt diese Regelung jedoch zu einer Schlechterstellung ausländischer Likörprodukte, wenn diese den Erfordernissen nicht gerecht werden können. Um in den Markt einzutreten, wären Aufwendungen, va eine Anpassung des Produkts, seitens der ausländischen Hersteller erforderlich, die inländische Produzenten nicht trifft, da deren Produkte ja idR den gesetzlichen Anforderungen bereits entsprechen. Grundsätzlich sollen also alle Waren, die in einem Mitgliedstaat legal hergestellt wurden auch in den anderen Mitgliedstaaten vertrieben werden dürfen.

ee) Grenzüberschreitender Bezug und Inländerdiskriminierung Aus ihrer Funktion der Gewährleistung des Zugangs zu den Märkten der Mitgliedstaaten folgt, dass die Diskriminierungs- und Beschränkungsverbote der Grundfreiheiten nur auf grenzüberschreitende Sachverhalte anwendbar sind. Sie beziehen sich also auf den Import/Export von Waren und die wirtschaftliche Betätigung der Unionsbürger über die Staatsgrenzen hinweg. Rein inländische Sachverhalte werden folglich von den Grundfreiheiten nicht erfasst. Die Inländerdiskriminierung (umgekehrte Diskriminierung, discrimination à rebours), bei der inländische Erzeugnisse bzw Inländer im Gefolge der Anwendung des Gemeinschaftsrechts schlechter gestellt werden als

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ausländische Erzeugnisse bzw EU-Ausländer, steht dem Gemeinschaftsrecht nicht entgegen. Beispiel: Der deutsche Staatsangehörige Steen durchlief bei der Deutschen Bundespost eine zweijährige Ausbildung in einem Angestelltenverhältnis. Danach wurde er in ein Beamtenverhältnis übernommen und nach dem Beamtentarif bezahlt. EGAusländer, die sich in einer vergleichbaren Situation befanden, wurden weiterhin im Angestelltenverhältnis mit höheren Bezügen beschäftigt. Steen sah darin eine Diskriminierung aufgrund seiner Staatsbürgerschaft und klagte beim zuständigen Arbeitsgericht. Der EuGH, dem diese Frage vorgelegt wurde (Art 234 EGV) entschied, dass die Bestimmungen des Vertrags (hier: Allgemeines Diskriminierungsverbot des Art 12 EGV) nicht auf Betätigungen anwendbar sind, deren Elemente sämtlich nicht über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinausweisen. Steen, der niemals sein Recht auf Freizügigkeit ausgeübt hatte, konnte sich somit nicht auf das gemeinschaftsrechtliche Diskriminierungsverbot berufen (vgl EuGH Rs C-332/90, Slg 1992, I-341, Steen).

Zu beachten ist allerdings, dass Inländerdiskriminierungen dem nationalen Verfassungsrecht widersprechen können. So hat der österreichische VfGH bereits mehrfach festgestellt, dass die Schlechterstellung österreichischer Staatsbürger gegenüber ausländischen Staatsangehörigen ua einen Verstoß gegen die Berufsausübungsfreiheit und den Gleichheitssatz darstellt. Damit wurde bekräftigt, dass der Gesetzgeber auch bei der Umsetzung des Gemeinschaftsrechts an die bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben – insb an die nationalen Grundrechte – gebunden ist (doppelte Bindung; vgl ua VfSlg 14.863/1977 und 14.963/1977). ff) Pflichten Die Grundfreiheiten statuieren zum einen Handlungs- und Unterlassungspflichten in der Form, dass die Adressaten Hemmnisse für den Gemeinsamen Markt zu beseitigen haben und auch keine neuen Hemmnisse errichten dürfen. Zum anderen enthalten sie auch Unterbindungspflichten: Mitgliedstaaten haben Beeinträchtigungen des Gemeinsamen Markts durch Private zu unterbinden. Private werden ja außer im Sonderfall der Drittwirkung nicht direkt durch die Grundfreiheiten verpflichtet. Demnach hat der Staat dafür zu sorgen, dass alle erforderlichen und geeigneten Maßnahmen ergriffen werden, um die Beachtung der Grundfreiheiten in seinem Staatsgebiet sicherzustellen. Beispiel: „Französische Landwirte“ (EuGH Rs C-265/95, Slg 1997, I-6959, Kommission/Frankreich) In den Neunziger Jahren verübten französische Staatsangehörige und Protestbewegungen einheimischer Landwirte eine Reihe von Gewalttaten mit dem Ziel der Beschränkung der Einfuhr ausländischer landwirtschaftlicher Erzeugnisse. Diese Taten bestanden ua im Anhalten von Lastwagen, der Vernichtung ihrer Ladung und in Angriffen auf die Lastwagenfahrer. Weiters wurden französische Supermärkte, die Agrarprodukte aus anderen Mitgliedstaaten verkauften, bedroht. Ziel der systematischen Kampagnen waren etwa Erdbeeren aus Spanien und Tomaten aus Belgien. Die Europäische Kommission intervenierte mehrmals bei den französischen Behörden, die zwar die strafbaren Handlungen verfolgten, die Übergriffe aber nicht ver-

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hindern konnten. Die entstandenen Schäden wurden allerdings vom französischen Staat ersetzt. Die Kommission hielt jedoch die getroffenen Maßnahmen Frankreichs für unzureichend und erhob Klage vor dem EuGH. Der EuGH führte aus, die Mitgliedstaaten seien verpflichtet, alle geeigneten und erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um die volle und wirksame Anwendung des Gemeinschaftsrechts im Interesse aller Wirtschaftsteilnehmer sicherzustellen, selbst wenn die Behinderungen von Privaten ausgehen. Der zwischenstaatliche Handelsverkehr könne nämlich ebenso durch eine Untätigkeit oder Säumigkeit des Mitgliedstaats bei der Beseitigung von Hindernissen für den freien Warenverkehr beeinträchtigt werden. Ausgehend von der Dauer und Intensität der Behinderungen und der Reaktionsmöglichkeiten des Staats ist dieser damit zur Unterbindung derartiger Behinderungen verpflichtet. Ein Staat kann sich dabei nicht darauf berufen, dass seine Rechtsordnung (insb das Strafrecht) keine wirksamen Möglichkeiten zur Durchsetzung und Sicherstellung der Grundfreiheiten bietet – vielmehr hat er sein Rechtssystem an die Anforderungen des Binnenmarkts anzupassen. Im Ergebnis kam der EuGH zu dem Schluss, dass sich die französische Regierung offenkundig und beharrlich geweigert hat, ausreichende und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die Sachbeschädigungen zu unterbinden, die in ihrem Gebiet den freien Warenverkehr mit bestimmten landwirtschaftlichen Erzeugnissen aus anderen Mitgliedstaaten gefährdeten, und die Wiederholung solcher Vorfälle zu verhindern. Es lag also ein Verstoß gegen die Warenverkehrsfreiheit vor.

gg) Grenzen der Grundfreiheiten Die Grundfreiheiten gelten freilich nicht unbeschränkt. Hinsichtlich der Grenzen der Grundfreiheiten ist zwischen Tatbestands- und Rechtfertigungsebene sowie zwischen Diskriminierungen und Beschränkungen zu unterscheiden. Auf der Tatbestandsebene existiert eine Bereichsausnahme für die öffentliche Verwaltung im Rahmen der Arbeitnehmerfreizügigkeit, der Niederlassungs- sowie Dienstleistungsfreiheit. Die öffentliche Verwaltung fällt damit von vornherein aus dem Anwendungsbereich der bezeichneten Grundfreiheiten heraus. Bezüglich der Beschränkungen gilt gleiches für tatbestandliche Einschränkungen iSd Keck-Rechtsprechung, die Maßnahmen von einer weiteren Prüfung ausnimmt, welche nur Verkaufs- oder Berufsausübungsmodalitäten – iS wer was, wie, wo und wann verkaufen darf – darstellen. Für alle anderen Maßnahmen gilt grundsätzlich ein Rechtfertigungszwang. Die Rechtfertigungsgründe für handelsbeschränkende Maßnahmen der Mitgliedstaaten sind in Bestimmungen über die Grundfreiheiten vorgesehen (geschriebene Rechtfertigungsgründe zB öffentliche Ordnung und Sicherheit, Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen in Art 30 EGV). Darüber hinaus hat der EuGH in seiner Judikatur („Cassis“-Rechtsprechung, s oben) noch weitere Gründe, die alle denkbaren Gemeinwohlargumente umfassen, entwickelt. Danach sind Hemmnisse für den Handel gerechtfertigt, wenn sie zwingenden Erfordernissen gerecht werden. Dazu zählen etwa Einschränkungen zum Zwecke des Verbraucherschutzes, des Umweltschutzes oder der Gewährleistung der Lauterkeit des Handelsverkehrs (ungeschriebene Rechtfertigungsgründe). Hier gilt für Diskriminierungen, dass direkte auf der Grundlage geschriebener Rechtfertigungsgründe, indirekte hingegen auch zu-

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Grundfreiheiten

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sätzlich auf der Grundlage ungeschriebener Rechtfertigungsgründe gerechtfertigt werden können. Daran schließt eine obligatorische Verhältnismäßigkeitsprüfung (Geeignetheit und Erforderlichkeit der Maßnahme). Für Beschränkungen hat der EuGH in allgemeiner Weise in seiner Entscheidung zur Rs Gebhard (Rs C-55/94, Slg 1995, I-4165) vier Voraussetzungen zu ihrer Rechtfertigung statuiert: – Erstens darf die Vorschrift nicht in diskriminierender Weise angewandt werden, – zweitens muss sie aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein, – drittens muss sie zur Verwirklichung des verfolgten Ziels geeignet sein und – viertens darf sie nicht über das hinausgehen, was zur Zielerreichung erforderlich ist. c)

Freier Warenverkehr

aa) Ziel und Inhalt Ziel der Warenverkehrsfreiheit ist es, alle Beschränkungen des Handelsverkehrs zu beseitigen und damit die freie Zirkulation der Waren im Gemeinschaftsgebiet zu gewährleisten. Die Bestimmungen über den freien Warenverkehr erstrecken sich sowohl auf den Binnenbereich wie auch auf den Außenhandel. Im Binnenbereich war und ist die Warenverkehrsfreiheit unabdingbare Voraussetzung für die wirtschaftliche und politische Vereinigung Europas. Zur Zeit der Gründung der EWG 1957 behinderten va die hohen Zölle zwischen den Staaten, durch die die grenzüberschreitenden Warenströme gelenkt und begrenzt wurden, den Handelsverkehr. Folgerichtig stand zunächst die Beseitigung der tarifären Hemmnisse (Zölle und Abgaben gleicher Wirkung) im Vordergrund. Mit der Abschaffung der Zölle gewannen vermehrt die Regelungen über nichttarifäre Handelshemmnisse (mengenmäßige Beschränkungen und Maßnahmen gleicher Wirkung, diskriminierende Abgaben) an Bedeutung. Erfasst wurde auch die staatliche Wirtschaftstätigkeit in Form von Handelsmonopolen. Neben der Binnendimension entfalten die Bestimmungen über den freien Warenverkehr auch eine Außendimension. Im Verhältnis zu Drittstaaten wurde ein Gemeinsamer Zolltarif eingeführt, der durch die Vorschriften über eine Gemeinsame Handelspolitik ergänzt wird (s Pkt III.10.c.). Die entsprechenden Rechtsgrundlagen der Warenverkehrsfreiheit sind die Art 23–31 und 90 EGV, die die Mittel zur Erreichung des freien Warenverkehrs enthalten. Im Einzelnen gehören dazu: – Die Bestimmungen über die Errichtung einer Zollunion (Art 23 ff EGV), die sich in die Elemente Verbot der Binnenzölle und Abgaben gleicher Wirkung (Art 25 EGV) sowie Aufstellung eines Gemeinsamen Außenzolltarifs (GZT, Art 26 und 133 EGV) unterteilt. – Das Verbot diskriminierender innerstaatlicher Abgaben (Art 90 EGV). – Das Verbot der mengenmäßigen Ein- und Ausfuhrbeschränkungen und der Maßnahmen gleicher Wirkung (Art 28–30 EGV). – Die Pflicht zur Umformung staatlicher Handelsmonopole (Art 31 EGV).

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bb) Anwendungsbereich – – – –

Der Freie Warenverkehr erstreckt sich auf die Einfuhr, Durchfuhr und Ausfuhr von Waren, die aus den Mitgliedstaaten stammen oder die aus Drittländern kommen und sich in den Mitgliedstaaten „im freien Verkehr“ befinden (vgl Art 23 Abs 2 und 24 EGV).

Der Begriff der „Ware“ wird im EGV selbst nicht definiert. Nach der Rechtsprechung des EuGH handelt es sich bei Waren um körperliche Sachen, denen ein Geldwert zukommt, sodass sie Gegenstand von Handelsgeschäften sein können. Die Körperlichkeit ist aber nicht unbedingt erforderlich, da der EuGH pragmatischerweise die Wareneigenschaft von Elektrizität und Gas bejaht hat. Auch Abfällen kommt Warenqualität zu (vgl EuGH Rs C-2/90, Slg 1992, I-4431, Kommission/Belgien). Jedenfalls nicht unter den Begriff fallen Gegenstände, die nicht verkehrsfähig sind, wie zB Rauschgift oder Körperteile. Kommt der Ware aber nur untergeordnete Bedeutung zu, da der Schwerpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit auf einem anderen Gebiet zu suchen ist, scheidet eine Beurteilung nach der Warenverkehrsfreiheit aus. So etwa bei Werbematerial oder Lotterielosen. Einschlägig ist hier die Dienstleistungsfreiheit. Träger der Warenverkehrsfreiheit ist die Ware selbst, die Staatsangehörigkeit des Eigners ist irrelevant. Wesentlich ist damit die Herkunft der Ware. Unter welchen Voraussetzungen eine Ware aus den Mitgliedstaaten stammt, wird in den Ursprungsregeln des Zollkodex der Gemeinschaft (VO 2913/92/EWG, ABl 1992 L 302/1 idF VO 648/05/EG, ABl 2005 L 117/13) bestimmt. Danach gründet sich der mitgliedstaatliche Ursprung einer Ware entweder auf die vollständige Gewinnung oder Herstellung bzw auf eine ausreichende Be- und Verarbeitung in einem EU-Land. „Im freien Verkehr“ befinden sich Waren dann, wenn sie den Zollvorschriften entsprechend legal in einen Mitgliedstaat eingeführt worden sind. Dabei müssen die Einfuhrförmlichkeiten erfüllt, die vorgeschriebenen Zölle und Abgaben gleicher Wirkung eingehoben und nicht wieder ganz oder teilweise rückvergütet worden sein. Für alle anderen Waren (sog Nichtgemeinschaftswaren) gilt die Warenverkehrsfreiheit nicht. Sie unterliegen bei Grenzübertritt den Einfuhrförmlichkeiten und Zollbelastungen. Beispiel: Wird ein Auto von Italien nach Schweden versandt, so fallen keine Zölle an, da sich die Transaktion innerhalb der EU abspielt. Wird das Auto aus den USA eingeführt, ist der im GZT festgelegte Zoll zu erlegen und die Zollförmlichkeiten einzuhalten. Danach befindet es sich im freien Verkehr und es fallen keine weiteren Zölle oder Zollkontrollen mehr an.

Hinsichtlich des Anwendungsbereichs der Warenverkehrsfreiheit sind noch Sonderregeln zu beachten. Zu diesen zählen die Bestimmungen über landwirtschaftliche Produkte (Art 32 ff EGV, s Pkt G.III.) oder über die Erzeugung und den Handel mit Kriegsmaterial (Art 296 EGV). Nicht erfasst sind darüber hinaus radioaktive Materialien, die dem EAG-Vertrag unterliegen.

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Grundfreiheiten

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cc) Die Zollunion Grundlage der Gemeinschaft ist die Zollunion, die sich auf den gesamten Warenaustausch in den Hoheitsgebieten der Mitgliedstaaten erstreckt. Sie besteht aus zwei Elementen: – Zum einen aus dem Verbot der Ein- und Ausfuhrzölle sowie Abgaben gleicher Wirkung zwischen den Mitgliedstaaten und – zum anderen aus dem gemeinschaftlichen Zollregime (Gemeinsamer [Außen]Zolltarif und gemeinschaftlicher Zollkodex). Durch das Verbot von Ein- und Ausfuhrzöllen wurden sämtliche förmlichen Zölle, also finanzielle Belastungen bei der Ein- und Ausfuhr abgeschafft. Weiters sind alle anderen finanziellen Belastungen, die zwar nicht als Zölle bezeichnet werden, aber ebenfalls im Zuge des Grenzübertritts erhoben werden und eine Ungleichbehandlung von Ein- und Ausfuhren gegenüber einheimischen Waren bewirken, verboten (Abgaben zollgleicher Wirkung). Zölle und Abgaben mit zollgleicher Wirkung sind absolut verboten, dh sie können keinesfalls gerechtfertigt werden. Unter die Abgaben gleicher Wirkung wie Zölle fallen – vom Staat vorgenommene oder veranlasste – einseitige finanzielle Belastungen, – die wegen des Grenzübertritts erhoben werden (vgl EuGH verb Rs 2 und 3/69, Slg 1969, 211, Sociaal Fonds). Irrelevant sind dabei die Bezeichnung der Abgabe, die Art ihrer Erhebung, ihr Verwendungszweck sowie die Höhe der Belastung. Beispiele: Als Abgaben gleicher Wirkung verboten sind zB Gebühren für Qualitätskontrollen an den Grenzen. Derartige Gebühren sind einseitig, wenn sie für Tätigkeiten im Allgemeinwohl und nicht für eine dem Importeur erbrachte Dienstleistung erhoben werden. Der Tatbestand „wegen des Grenzübertritts“ wird erfüllt, da diese Gebühren nur beim Import anfallen. Ebenso handelt es sich dabei um staatlich vorgeschriebene Maßnahmen (vgl EuGH Rs 63/74, Slg 1975, 281, Cadsky). Weiters können unter Abgaben zollgleicher Wirkung Statistikgebühren, Lizenzgebühren, Gebühren für gesundheitspolizeiliche Kontrollen oder sog parafiskalische Abgaben fallen. Letztere belasten zwar sowohl in- wie auch ausländische Waren, die Erträge aus den Abgaben kommen aber ausschließlich den heimischen Erzeugnissen zugute, wodurch diese wiederum entlastet werden.

Das gemeinschaftliche Zollregime beruht auf der Kompetenz der EG zur autonomen (Art 26 EGV) und vertraglichen (Art 133, Art 310 EGV) Zollfestsetzung. Auf die vertragliche Zollfestsetzung im Rahmen der Gemeinsamen Handelspolitik wird in Pkt III.10.c. eingegangen. Der Gemeinsame Zollkodex vereinheitlicht das Zollrecht und das Verfahren zur Einhebung von Zöllen an den Außengrenzen der EG. Zum Vollzug des gemeinschaftlichen Zollrechts und damit zur Einhebung der Zölle sind die mitgliedstaatlichen Behörden berufen. Die Zölle ergeben sich aus dem GZT, der eine einheitliche Zollbelastung für Einfuhren von Drittlandswaren vorsieht. Gleich in welchen EU-Mitgliedstaat eine Ware aus einem Drittland importiert wird, es ist immer der gleiche – von der EG festgelegte – Zolltarif zu erlegen.

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Die Mitgliedstaaten dürfen dabei weder den Zolltarif einseitig ändern noch eigene Zölle erheben. Der GZT wurde im Jahr 1968 eingeführt und seitdem kontinuierlich gesenkt. Der mit VO des Rats erlassene und laufend aktualisierte GZT erfasst jede Ware systematisch mit einer individuellen Codenummer und versieht diese mit einem bestimmten Zolltarif, der sich idR aus einem bestimmten Prozentsatz des Warenwerts errechnet. Ein GZT ist der wesentliche Unterschied einer Zollunion zu einer Freihandelszone. Bei Letzterer bestimmt jeder Mitgliedstaat Zolltarife und Handelspolitik selbst. dd) Verbot diskriminierender Abgaben Von dem oben bezeichneten Verbot der Abgaben zollgleicher Wirkung ist das in Art 90 EGV niedergelegte Verbot diskriminierender Abgaben zu unterscheiden. Die Bestimmung zielt auf die Verhinderung steuerlicher Benachteiligungen von Waren aus anderen Mitgliedstaaten, durch die die Warenverkehrsfreiheit ebenfalls beschränkt werden kann, ab. Erfasst werden indirekte Abgaben (Verbrauchssteuern, Umsatzsteuern). Der Unterschied zwischen beiden Verboten liegt darin, dass Abgaben zollgleicher Wirkung ausschließlich auf eingeführte Produkte „wegen des Grenzübertritts“ angewandt werden und (absolut) verboten sind, während Abgaben nach Art 90 EGV „anlässlich des Grenzübertritts“ erhoben werden und demgegenüber zulässig sind, soweit sie nicht diskriminierend sind. Das bedeutet, dass Abgabenvorschriften nach Art 90 EGV dann gemeinschaftswidrig sind, wenn sie für Waren aus anderen Mitgliedstaaten mittelbar oder unmittelbar höhere Belastungen vorsehen als für gleichartige inländische Waren. Zulässig sind sie umgekehrt dann, wenn sie gleichermaßen auf in- wie ausländische Waren erhoben werden oder nur dem Ausgleich einer Abgabenbelastung dienen und somit zu einer einheitlichen Gesamtbelastung führen. Der EuGH stellt dabei maßgeblich darauf ab, ob es sich bei der belastenden Abgabe um einen Teil des allgemeinen inländischen Steuersystems handelt, das die Produkte objektiv und unabhängig von ihrer Herkunft erfasst. Wichtig ist das Tatbestandsmerkmal „gleichartige inländische Ware“. Eine inländische Ware ist nach dem EuGH dann gleichartig, wenn sie sich auf der gleichen Produktions- oder Vertriebsstufe befindet sowie in den Augen der Verbraucher die gleichen Eigenschaften hat und denselben Bedürfnissen dient wie die Importware. Liegt eine „Gleichartigkeit“ der Waren beider Herkunft vor, dürfen diese also nicht unterschiedlich behandelt werden. Das Verbot gilt aber auch, wenn keine gleichartigen inländischen Waren vorhanden sind, die inländische Produktion aber vor einem Substitutionswettbewerb durch Importgüter geschützt werden soll (Art 90 Abs 2 EGV). Beispiel: (EuGH Rs 170/78, Slg 1980, 417 und Slg 1983, 2265, Kommission/Vereinigtes Königreich) Das englische Steuerrecht sah eine unterschiedliche Besteuerung von Wein und Bier vor. Der Anteil der Steuer am Endverkaufspreis betrug bei Bier 25%, bei Wein hingegen 38%. Die Kommission sah darin einen Verstoß gegen Art 90 Abs 2 EGV, da

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Grundfreiheiten

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durch die Regelung das va einheimisch erzeugte Bier mittelbar geschützt und – da das Vereinigte Königreich nicht gerade für den Weinanbau berühmt ist – der idR importierte Wein, der mit Bier im Wettbewerb stünde, benachteiligt werde. Das Vereinigte Königreich verneinte hingegen das Vorliegen eines Wettbewerbsverhältnisses zwischen Bier und Wein und führte weiters aus, dass die Besteuerung keineswegs so unterschiedlich sei, dass sie die Wahl der Verbraucher beeinflusse. Der EuGH folgte im Wesentlichen der Ansicht der Kommission. Er entschied, dass ein Mitgliedstaat, der nicht als Hersteller eines bestimmten Erzeugnisses (Wein) gelten kann, dieses nicht in einer Weise besteuern darf, dass dadurch das stärkste inländische Konkurrenzerzeugnis (Bier) geschützt wird. In diesem Fall nahm er ein Wettbewerbsverhältnis zwischen leichtem, stillen Wein und Bier an, da beide insb in preislicher Hinsicht Gemeinsamkeiten aufweisen und im Wesentlichen dasselbe Publikum ansprechen. Dementsprechend haben alle Mitgliedstaaten, die keinen Wein erzeugen, Wein und Bier unter Berücksichtigung des jeweiligen Alkoholgehalts in vergleichbarer Höhe zu besteuern und sind insofern in ihrer Freiheit, Steuersätze selbst festzusetzen, eingeschränkt.

ee) Verbot von mengenmäßigen Beschränkungen und Maßnahmen gleicher Wirkung Neben den Bestimmungen über die Zollunion ist das Kontingentierungsverbot das zweite zentrale Element der Warenverkehrsfreiheit. Letzteres betrifft die „nichttarifären Handelshemmnisse“, also jene Beschränkungen, die keine Zölle oder zollgleiche Abgaben sind (vgl zur Unterscheidung von tarifären und nichttarifären Handelshemmnissen die Ausführungen zur WTO, Pkt C.II.3.d.bb.). Nicht erfasst sind steuerliche Maßnahmen, da der bereits oben behandelte Art 90 EGV dem Art 28 EGV als lex specialis vorgeht. Mengenmäßige Beschränkungen in Form von Ein- wie Ausfuhrkontingenten sind gemäß Art 28 und 29 EGV verboten. Es geht darum, dass ein Mitgliedstaat nur eine bestimmte Anzahl von Produkten – der Menge oder dem Wert nach begrenzt – für den Im- bzw Export zulässt. Auch Verbote und solche Beschränkungen, die praktisch eine Ein- und Ausfuhr unmöglich machen, sind davon erfasst. In der Praxis spielen derartig offensichtliche Kontingentierungen allerdings keine Rolle mehr. Wichtiger ist, wann eine Maßnahme gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Import- oder Exportbeschränkung vorliegt. Dazu existiert eine beinahe unüberschaubare Rechtsprechung des EuGH, die unterschiedlichste Rechtsvorschriften und Tatbestände betrifft, die in irgendeiner Weise geeignet sind, va den Vertrieb und Absatz EU-ausländischer Waren schwieriger oder teurer zu gestalten als jene von inländischen Produkten. Maßgeblich ist dabei die Wirkung einer staatlichen (Gesetze, Verordnungen, verbindliche technische Normen) oder privaten Maßnahme, die staatlicherseits unterstützt wird (zB Verkaufsförderungsmaßnahmen inländischer Waren durch „Gütesiegel“). Unter Maßnahmen gleicher Wirkung fallen zunächst Regelungen, die offene Diskriminierungen enthalten (zB Nachweis des Ursprungs oder der Echtheit von Waren, Lizenzsysteme bei der Einfuhr oder Vermarktungsregelungen, soweit sie zu einer Ungleichbehandlung ausländischer gegenüber inländischen Waren führen). Hinzu kommen auch solche Maßnahmen, die den Tatbestand

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der versteckten Diskriminierung erfüllen, die zwar „nach außen“ unterschiedslos sind, im Wesentlichen aber Waren aus anderen Mitgliedstaaten betreffen. Die Eigenschaft der Grundfreiheiten und insb der Warenverkehrsfreiheit als Beschränkungsverbot hat zur Folge, dass auch Maßnahmen, die keine Diskriminierung darstellen, unter den Verbotstatbestand des Art 28 EGV fallen können. Ausreichend ist iSd sog Dassonville-Formel die bloße Eignung der Maßnahme, beschränkende Wirkung zu entfalten. Wörtlich führt der EuGH im Fall „Dassonville“ aus, dass unter eine Maßnahme gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Beschränkung „jede Handelsregelung der Mitgliedstaaten [fällt], die geeignet ist, den innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell zu behindern“. Beispiel: „Dassonville“ (EuGH Rs 8/74, Slg 1974, 837). Im diesem Fall ging es um zwei belgische Händler, die schottischen Whiskey in Frankreich gekauft und nach Belgien eingeführt hatten. Nach belgischem Recht ist für Waren mit bestimmten Ursprungsbezeichnungen eine Ursprungsbescheinigung, die die Echtheit der Erzeugnisse nachweisen kann, vorgesehen. Eine solche Vorschrift existierte in Frankreich für den fraglichen Whiskey nicht, weswegen den aus Großbritannien direkt importierten Flaschen keine Bescheinigungen britischer Zollbehörden beilagen. Solche Bescheinigungen konnten somit nur von den Direktimporteuren ohne Schwierigkeiten beschafft werden. Ein belgisches Gericht verurteilte daraufhin die beiden Händler, da sie über keine Bescheinigungen verfügten. Dem EuGH wurde daraufhin die Frage vorgelegt, ob die fragliche belgische Regelung gegen Art 28 EGV verstoße. Dieser stellte zunächst fest, dass die belgische Regelung sowohl für in- wie auch ausländische Produkte mit Ursprungsbezeichnung gleichermaßen gilt. Eine Diskriminierung kam dementsprechend nicht in Frage. Ebenso sei der Import nach Belgien mengenmäßig unbegrenzt zulässig, soweit die Formalitäten des belgischen Rechts eingehalten würden. Gerade die Formalitäten des Nachweises einer Ursprungsbescheinigung schränkten aber den Whiskey-Import faktisch auf einen Direktimport aus Großbritannien ein. Deswegen stellen sie eine Maßnahme gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Beschränkung dar und verstoßen gegen Art 28 EGV. Weiteres Beispiel: Eine lebensmittelrechtliche Vorschrift aus Deutschland erlangte Mitte der Achtziger Jahre vorigen Jhdts Berühmtheit. Das Reinheitsgebot von 1516, aufgenommen im deutschen Biersteuergesetz, sah vor, dass Bier nur Hopfen, Gerstenmalz, Hefe und Wasser zu enthalten habe. Produkte aus anderen Mitgliedstaaten, die dem Reinheitsgebot nicht entsprachen, konnten in Deutschland nicht unter der Bezeichnung „Bier“ in Verkehr gebracht werden. Der EuGH stellte dazu fest, dass die Bundesrepublik Deutschland durch die Anwendung des Verbots gegenüber in anderen Mitgliedstaaten rechtmäßig hergestelltem Bier, das aber weitere Zusatzstoffe enthielt, gegen die Warenverkehrsfreiheit verstoßen hat (EuGH Rs 178/84, Slg 1987, 1227, Reinheitsgebot).

Die weite Formulierung der Dassonville-Formel führte allerdings dazu, dass viele, eher allgemeine Vorschriften wirtschaftspolitischer, aber auch sozialer und kultureller Art unter den Tatbestand der Maßnahmen gleicher Wirkung fielen. Es genügt ja schließlich die bloß mittelbare und potentielle Eignung zur

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Behinderung des Handels. Im Rahmen der „Keck-Rechtsprechung“ (EuGH verb Rs C-267/91 und C-268/91, Slg 1993, I-6097, Keck und Mithouard) ist der EuGH diesem Problem begegnet, indem er „Verkaufsmodalitäten“ aus dem Tatbestand der Maßnahmen gleicher Wirkung ausnahm. Darunter versteht man solche Vorschriften, die allgemeine, von den Produkten unabhängige Regeln enthalten und nicht den Marktzugang betreffen. Beispiele: Im Allgemeinen geht es bei Verkaufsmodalitäten darum, wer, wo, wie, was und wann verkaufen darf. Darunter fallen etwa Ladenschlussregeln, Verkaufsvorbehalte für Vertriebshändler von Tabakwaren oder Beschränkungen der Fernsehwerbung. Keine Verkaufsmodalitäten sind hingegen Produktvorschriften, die zB die Zusammensetzung oder Verpackung von Waren regeln. Solche Vorschriften fallen unter den Tatbestand des Art 28 EGV.

Liegt keine Verkaufsmodalität vor, ist die Maßnahme zu rechtfertigen. Art 30 EGV enthält geschriebene Rechtfertigungsgründe (öffentliche Ordnung, Sicherheit und Sittlichkeit, Gesundheitsschutz, Schutz des nationalen Kulturguts, Schutz des gewerblichen oder kommerziellen Eigentums). Durch die Rechtsprechung des EuGH wurden weiters sog immanente Schranken bzw zwingende Erfordernisse entwickelt, da die restriktiv ausgelegten Gründe des Art 30 EGV nicht hinreichend waren (Verbraucherschutz, Kulturschutz, Umweltschutz, Schutz der Medienvielfalt, Lauterkeit des Handelsverkehrs, vgl dazu oben Cassis-Rechtsprechung). ff) Umformung staatlicher Handelsmonopole Die Umformungspflicht für staatliche Handelsmonopole gemäß Art 31 EGV zielt auf die Beseitigung von Monopolrechten, soweit sie den innergemeinschaftlichen Handel behindern. Sie dient damit der Verwirklichung des Binnenmarkts und tritt flankierend zu den Bestimmungen der Art 25 und 28 EGV hinzu. Sie ist ebenso wie Letztere unmittelbar anwendbar. Ein staatliches Monopol liegt dann vor, wenn der Staat selbst oder eine durch Hoheitsakt bestimmte Einrichtung gewisse Ausschließlichkeitsrechte ausübt. Unter einem Handelsmonopol sind solche Monopole zu verstehen, die sich auf den Austausch mit Waren auswirken (Ein-, Ausfuhr-, Vertriebsund Produktionsmonopole). Reine Finanzmonopole mit dem Zweck der Einnahmenerzielung des Staats oder Dienstleistungsmonopole sind nicht erfasst, soweit sie sich nicht auf den Warenhandel auswirken. Beide unterliegen aber insb den Bestimmungen des Art 86 Abs 2 EGV (s Pkt H.III.2.b.). Ebenfalls nicht umfasst sind private Monopole (vgl „staatliche Handelsmonopole“). Für diese gelten allein die Wettbewerbsregeln (s Pkt D.II. und III.). Der Grund für die Aufnahme der Vorschrift in das EG-Vertragswerk liegt darin, dass die Mitgliedstaaten ihre Handelsmonopole dazu benützen könnten, die Bestimmungen des freien Warenverkehrs zu umgehen und den Wettbewerb zwischen den Staaten zu verzerren. Ein derartiges Monopol eröffnet die Möglichkeit, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu kontrollieren, zu lenken oder ihn über eine zu diesem Zweck geschaffene Einrichtung bzw ein übertragenes

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Europäische Wirtschaftsverfassung

Monopol merklich zu beeinflussen (vgl EuGH Rs 30/87, Slg 1988, 2479, Bodson). Schließlich kann der Monopolträger frei über die Vermarktung ausländischer Waren im Inland entscheiden. Art 31 EGV verpflichtet deswegen die Mitgliedstaaten, ihre Handelsmonopole derart umzuformen, dass jede Diskriminierung in den Versorgungs- und Absatzbedingungen zwischen den Angehörigen der Mitgliedstaaten ausgeschlossen wird. Ausländische Waren dürfen daher weder rechtlich noch tatsächlich gegenüber einheimischen Waren benachteiligt werden. Dabei ist weder die völlige Abschaffung des Monopols geboten noch die Neueinführung von Monopolen verboten. Vielmehr soll den Mitgliedstaaten die Möglichkeit erhalten bleiben, Handelsmonopole als Mittel zur Verfolgung bestimmter Ziele im öffentlichen Interesse beizubehalten, sofern sie marktkonform ausgestaltet sind. In Österreich führte Art 31 EGV zur Umformung des Tabakmonopols sowie zur Abschaffung des Salz- und Alkoholmonopols. Beispiele: Verboten sind zB Regelungen, durch die die Wahl der Bezugsquellen durch die Einzelhändler kontrolliert oder beeinflusst wird, um bestimmte Einfuhrströme aus anderen Mitgliedsstaaten abzublocken oder den Monopolwaren einen Absatzmarkt zu sichern (EuGH Rs C-387/93, Slg 1995, I-4663, Banchero). Gemeinschaftswidrig sind auch Handelsmonopole, die den Ankauf einheimischer Produkte davon abhängig machen, dass keine ausländischen Ausgangsstoffe zu ihrer Herstellung verwendet wurden (EuGH Rs 119/78, Slg 1979, 975, Pereux). Dagegen sah der EuGH im schwedischen Alkoholmonopol keinen Verstoß gegen Art 31 EGV. Es schrieb zwar den Einzelhändlern ein bestimmtes Sortiment an Alkoholika vor, stellte dabei aber nicht auf deren Herkunft ab (EuGH Rs C-189/95, Slg 1997, I-5909, Franzén).

d)

Dienstleistungsfreiheit

aa) Ziel und Inhalt Ziel der Dienstleistungsfreiheit (Art 49 ff EGV) ist die Liberalisierung grenzüberschreitender Dienstleistungen iSv Produkten unternehmerischer Tätigkeit. Gleich den Waren sollen diese unbehindert am gesamten gemeinschaftlichen Markt angeboten und erbracht werden können. Art 49 EGV verbietet in seinem Kernbereich die wenig praxisrelevanten Behinderungen der Aus-, Einreise und des Aufenthalts von Dienstleistungserbringern und -empfängern. Die wesentlichen Beschränkungen für die Dienstleistungsverkehrsfreiheit ergeben sich jedoch nicht an der Grenze, sondern aus den innerstaatlichen Vorschriften der Mitgliedsstaaten. Erfasst werden wie bei den anderen Grundfreiheiten (direkte und indirekte) Diskriminierungen. Beispiele: Für diskriminierend hielt der EuGH ein dänisches Steuergesetz, das bei der Festlegung des zu versteuernden Einkommens die Vermutung aufstellte, dass Fortbildungsveranstaltungen an üblichen Urlaubsorten in anderen Mitgliedstaaten überwiegend Urlaubszwecken dienen und dementsprechend nicht als berufliche Aufwendungen abzugsfähig sind. Dies stellt nach Meinung des EuGH eine verbotene Ungleichbehandlung je nach Ort der Erbringung der Dienstleistung dar, da der steuerliche Abzug von Veranstaltungen im Ausland schwieriger als jener von Ver-

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Grundfreiheiten

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anstaltungen an üblichen Urlaubsorten im Inland, für die diese Vermutung nicht gilt, ist (EuGH Rs C-55/98, Slg 1999, I-7641, Vestergaard). Weiters wurden als Diskriminierungen angesehen: Eine spanische Regelung, die den kostenlosen Eintritt in staatliche Museen nur für Staatsbürger, in Spanien ansässige Ausländer und Personen unter 21 Jahren vorsah (direkte Diskriminierung von ausländischen Touristen über 21 Jahren, EuGH Rs C-45/93, Slg 1994, I-911, Kommission/Spanien); Sondertarife bei Lotsendiensten für Schiffe, die unter inländischer Flagge fahren (mittelbare Diskriminierung, EuGH Rs C-18/93, Slg 1994, I-1783, Corsica); Kontingentierung der Bootsliegeplätze von ausländischen Bootseignern (mittelbare Diskriminierung, EuGH Rs C-224/97, Slg 1999, I-2517, Ciola), etc.

Ebenfalls verboten sind unterschiedslose Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit, die die Erbringung einer Dienstleistung unterbinden, behindern oder „weniger attraktiv machen“ (ua EuGH Rs C-3/95, Slg 1996, I-6511, Reisebüro Broede). Das Beschränkungsverbot ist in Anknüpfung an die „KeckRechtsprechung“ bezüglich des freien Warenverkehrs auf solche Maßnahmen begrenzt, die den Marktzugang betreffen, also keine bloßen Modalitäten der Dienstleistungserbringung darstellen. Erfasst werden insb Fälle, in denen für die Erbringung der Dienstleistung die ständige Anwesenheit im Inland, die Zugehörigkeit zu einer Berufsorganisation oder bestimmte Qualifikationen verlangt werden. Hinzu kommen auch solche Beschränkungen, die der Dienstleistung selbst den Marktzutritt (zB in Form eines Durchführungs- oder Absatzverbots) verwehren (vgl EuGH Rs C-275/92, Slg 1994, I-1039, Schindler). Beispiele: Der EuGH entschied, dass eine Regelung, nach der in anderen Mitgliedstaaten niedergelassene Patentanwälte vor dem italienischen Patentamt Dienstleistungen nur dann erbringen können, wenn sie in das italienische Patentanwälteregister eingetragen sind und einen Wohnsitz oder eine berufliche Niederlassung in Italien haben, gegen die Art 49 ff EGV verstößt (EuGH Rs C-131/01, Slg 2003, I-1659, Kommission/Italien). Ebenfalls unzulässig ist das Erfordernis einer nationalen Arbeitserlaubnis für Arbeitnehmer eines EU-ausländischen Dienstleistungserbringers, die nicht über die Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedstaats verfügen (EuGH Rs C-43/93, Slg 1994, I-3803, Vander Elst).

bb) Anwendungsbereich Dreh- und Angelpunkt des sachlichen Anwendungsbereichs von Art 49 EGV ist der Begriff der Dienstleistung. Art 50 EGV versteht darunter alle „Leistungen, die idR gegen Entgelt erbracht werden, soweit sie nicht den Vorschriften über den freien Waren- und Kapitalverkehr und über die Freizügigkeit der Personen unterliegen“. Demgemäß enthält der Begriff folgende Elemente: – Grenzüberschreitung: IdR werden nur solche Dienstleistungen erfasst, die von einem in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Unternehmer erbracht werden. Diesbezüglich können drei Erscheinungsformen der Dienstleistung unterschieden werden: Die aktive Dienstleistung, bei der sich der Dienstleistungserbringer vorübergehend in das Land des Empfängers begibt, die passive Dienstleistung, bei der sich der Empfänger in das Land des Erbringers begibt und die Korrespondenzdienstleistung, bei der nur die Dienstleistung

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Europäische Wirtschaftsverfassung

selbst die Grenze überschreitet (zB Versicherungsdienste, Telekommunikationsdienstleistungen). Bei aktiver und passiver Dienstleistung ist va das Element „vorübergehend“ bestimmend für die Anwendbarkeit der Dienstleistungsfreiheit (s zur Abgrenzung zur Niederlassungsfreiheit Pkt C.III.7.e.bb.). – Entgeltlichkeit: Als Dienstleistungen kommen nur Tätigkeiten in Betracht, die einen Teil des Wirtschaftslebens ausmachen, dh der Erbringer muss irgendeinen Erwerbszweck verfolgen, wobei damit nicht unbedingt eine Gewinnerzielungsabsicht verbunden sein muss. – Subsidiarität: Die Dienstleistungsfreiheit kommt nur in Frage, wenn nicht andere Grundfreiheiten einschlägig sind. ZB wird gegenüber der Niederlassungsfreiheit va auf die Tätigkeitsdauer, die Häufigkeit, regelmäßige Wiederkehr und Kontinuität, gegenüber der Arbeitnehmerfreizügigkeit auf die Selbständigkeit abgestellt. Wie bei der Niederlassungsfreiheit existiert für die Dienstleistungsfreiheit eine Bereichsausnahme zugunsten Tätigkeiten im Rahmen der öffentlichen Gewalt. cc) Die DienstleistungsRL Die Verwirklichung der Dienstleistungsfreiheit ist in hohem Maße vom Erlass sekundärrechtlicher Vorschriften (Harmonisierung) abhängig. Eindrücklich wird das anhand folgender Zahlen verdeutlicht: Die Dienstleistungen bilden zwar mittlerweile den Hauptteil der Wirtschaftstätigkeit in den Mitgliedstaaten (ca 70%), aber nur einen Bruchteil des grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehrs in der Union (ca 20%). Dieses Missverhältnis soll durch eine Öffnung des Dienstleistungsmarkts im Wege der DienstleistungsRL beseitigt werden. Diese ist ein wichtiger Teil des sog Lissabon-Prozesses, durch den die EU bis zum Jahr 2010 zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt werden soll. Dementsprechend bezweckt die RL eine Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität sowie die Schaffung von Arbeitsplätzen. Derzeit (September 2006) wird die Richtlinie noch im Europäischen Parlament in zweiter Lesung verhandelt. Der besonders umstrittene Kern der RL, das Herkunftslandprinzip, wurde bereits im Februar gekippt. Ersetzt wird es durch das „Freizügigkeitsprinzip" (freedom to provide services), das im Ergebnis eine Mischform zwischen Herkunftslands- und Ziellandsprinzip ist. Gemäß Ersterem müssen alle Mitgliedstaaten den freien Zugang zu ihren Dienstleistungsmärkten sicherstellen. Einzuhalten sind bei der Erbringung der Dienstleistung allerdings die Bestimmungen des Ziellands über die Ausübung der Dienstleistung (zB Arbeits- und Sozialrecht, Umweltschutz). Zudem gelten zahlreiche Ausnahmen vom Freizügigkeitsprinzip, etwa für Finanzdienstleistungen, Gesundheits- und Sozialdienstleistungen, Tätigkeiten in Ausübung der öffentlichen Gewalt, private Sicherheitsdienstleistungen, etc. Die Einführung des Herkunftslandprinzips für wirtschaftliche (entgeltliche) Dienstleistungen hätte zur Folge gehabt, dass der Dienstleistende ausschließlich dem Recht seines Herkunftsstaats unterliegt, und zwar auch dann, wenn er in einem anderen Mitgliedstaat tätig wird, der höhere Standards vorsieht. Zweck dieses Prinzips ist die Aktivierung des Wettbewerbs

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Grundfreiheiten

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zwischen Privatrechtssubjekten. Nach dem Herkunftslandprinzip würden etwa in Österreich die anderen 24 Rechtsordnungen im Dienstleistungsbereich zu berücksichtigen sein. Kritiker befürchteten, dass es dabei zu einem ruinösen Wettlauf um die niedrigsten Standards hinsichtlich Besteuerung, Regulierung, Kontrolle sowie zu einem „Sozialdumping“ in den staatlichen Rechtsordnungen käme. Zusätzlich zum Standortwettbewerb, der maßgeblich durch die Niederlassungsfreiheit forciert wird, würde das Herkunftslandprinzip zu einem Wettbewerb der Rechtsordnungen führen, da Unternehmen die jeweils für sie günstigere Rechtsordnung „wählen“ können. Das Herkunftslandprinzip ist allerdings keineswegs neu: Der EuGH ist bereits in mehreren Entscheidungen bezüglich des Art 49 EGV darauf eingegangen: So betonte er ua in der Rs Bacardi (Rs C-429/02, Slg 2004, I-6613), dass es „für den freien Dienstleistungsverkehr nur auf den Ursprung der jeweiligen Dienstleistung“ ankommt (Rn 36). e)

Niederlassungsfreiheit

aa) Ziel und Inhalt Die Niederlassungsfreiheit (Art 43 ff EGV) betrifft die Überschreitung der Binnengrenzen mit dauerhaften (Zweig)Niederlassungen. Ziel ist, Selbständige und diesen gleichgestellte Gesellschaften in den Freiverkehr des Binnenmarkts einzubeziehen. Dies beinhaltet insb die freie Standortwahl und einen damit ermöglichten Standortwettbewerb zwischen den Mitgliedstaaten. Unternehmer sollen also nicht nur ihre Waren und Leistungen im Gemeinschaftsgebiet ungehindert vertreiben und absetzen können, sondern ihnen soll auch die Möglichkeit gegeben werden, in Mitgliedstaaten ihre Niederlassung zu errichten, in denen die für sie günstigsten Bedingungen herrschen. Die freie Standortwahl ist allerdings bei der Sitzverlegung nach wie vor durch nationale gesellschaftsrechtliche Regelungen (va des Herkunftsstaats) erschwert. Insofern ist die Niederlassungsfreiheit nicht mit der Arbeitnehmerfreizügigkeit zu vergleichen (vgl dazu die Rechtsprechung des EuGH über die Sitzverlegung: EuGH Rs C-208/00, Slg 2002, I- 9919, Überseering). Den Problemen bei der Anerkennung von Sitzverlegungen soll insb durch Harmonisierungen des nationalen Gesellschaftsrechts und durch die Einführung eigener europäischer Gesellschaftsformen (Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung, Europäische Aktiengesellschaft, Europäische Genossenschaft) entgegengewirkt werden. Der EGV enthält zur Niederlassungsfreiheit eine Grundstruktur in Form unmittelbar anwendbarer Bestimmungen (Art 43 ff EGV). Die primärrechtlichen Bestimmungen werden maßgeblich durch sekundärrechtliche Vorschriften ergänzt. Die wichtigsten Rechtsgrundlagen sind Art 44 EGV, der eine Ermächtigung zum Erlass von Richtlinien zur Verwirklichung der Niederlassungsfreiheit für bestimmte Tätigkeiten enthält, und Art 47 EGV, der ua eine solche für die gegenseitige Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise vorsieht. Je nachdem ob es sich um eine natürliche oder juristische Person handelt, umfasst die Niederlassungsfreiheit

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– bei der Ausübung selbständiger Berufe: – Ein Verbot der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit bezüglich der Aufnahme und Ausübung einer selbständigen Tätigkeit bzw der Gründung und Leitung eines Unternehmens, – ein Verbot von sonstigen Beschränkungen sowie – ein Aufenthaltsrecht, auch für Familienangehörige. – bei Gesellschaften, die natürlichen Personen gleichstehen (vgl Art 48 EGV): – Das Recht zur Gründung von Agenturen, Zweigniederlassungen und Tochtergesellschaften und – ein Verbot der Diskriminierung gegenüber nationalen Gesellschaften. Beispiel: „Centros“ (EuGH Rs C-212/97, Slg 1999, I-1459). Die in Großbritannien eingetragene Gesellschaft Centros Ltd beabsichtigte die Errichtung einer Zweigniederlassung in Dänemark und beantragte daher die Eintragung in das Gesellschaftsregister. Nach dänischem Recht ist Centros als „private limited company“ als eine ausländische Gesellschaft mit beschränkter Haftung anzusehen. Die Vorschriften über eine Anmeldung einer Zweigniederlassung sind im dänischen GmbH-Gesetz geregelt. Die zuständige dänische Behörde verweigerte die Eintragung. Begründend führte sie an, dass die Centros Ltd, die seit ihrer Errichtung keine Geschäftstätigkeit im Vereinigten Königreich entfaltet habe, beabsichtige, unter Umgehung der nationalen Vorschriften, insb derjenigen über die Einzahlung eines Mindestgesellschaftskapitals von 200.000 DKR gemäß dem dänischen GmbH-Gesetz, in Dänemark nicht eine Zweigniederlassung, sondern einen Hauptsitz zu errichten. Der Verdacht einer Umgehungskonstruktion erhärtete sich aus folgenden Umständen: Die Centros Ltd verfügte über ein Gesellschaftskapital von nur 100 britischen Pfund, die zudem – allerdings im Einklang mit dem britischen Gesellschaftsrecht – nicht einbezahlt wurden. Hinzu kam, dass die Gesellschafter der Centros Ltd ein in Dänemark ansässiges Ehepaar waren und die Gesellschaft selbst ihren Sitz in Großbritannien an der Adresse eines Freundes hatte. Centros erhob Klage gegen den abschlägigen Bescheid mit der Begründung, es seien alle Voraussetzungen für die Eintragung der Zweigniederlassung erfüllt worden. Da die Gesellschaft im Vereinigten Königreich rechtmäßig errichtet worden sei, habe sie nach Art 43 EGV das Recht, eine Zweigniederlassung in Dänemark zu eröffnen. Dass sie seit ihrer Errichtung im Vereinigten Königreich keine Geschäftstätigkeit entfaltet habe, berühre ihre Niederlassungsfreiheit nicht. Das angerufene Gericht legte die Frage dem EuGH vor. Zunächst stellte dieser fest: „[Rn 17] Eine Sachlage, in der eine nach dem Recht eines Mitgliedstaats, in dem sie ihren satzungsgemäßen Sitz hat, gegründete Gesellschaft eine Zweigniederlassung in einem anderen Mitgliedstaat gründen will, fällt unter das Gemeinschaftsrecht. Daß die Gesellschaft im ersten Mitgliedstaat nur errichtet wurde, um sich in dem zweiten Mitgliedstaat niederzulassen, in dem die Geschäftstätigkeit im wesentlichen oder ausschließlich ausgeübt werden soll, ist dabei ohne Bedeutung.“ Auch die Tatsache, „[Rn 18] dass die Eheleute Bryde die Centros im Vereinigten Königreich zu dem Zweck gegründet haben, das dänische Recht über die Einzahlung eines Mindestgesellschaftskapitals zu umgehen, was weder in

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Grundfreiheiten

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den schriftlichen Erklärungen noch in der mündlichen Verhandlung bestritten wurde, ändert ebenfalls nichts daran, daß die Gründung einer Zweigniederlassung in Dänemark durch diese britische Gesellschaft unter die Niederlassungsfreiheit […] fällt.“ Eine Verweigerung der Eintragung der Zweigniederlassung einer Gesellschaft mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat stelle dementsprechend eine Einschränkung der Niederlassungsfreiheit dar. Damit hat der EuGH klar gestellt, dass das Recht auf die Errichtung von Zweigniederlassungen auch solchen Unternehmen zukommt, die gar keine Geschäftstätigkeit entfalten („Briefkastenfirmen“). Demzufolge kann ohne Missbrauchsvorwurf die günstigste Rechtsordnung zur Gründung einer Gesellschaft gewählt werden (wie etwa die britische), um in weiterer Folge innerhalb des Binnenmarkts Zweigniederlassungen ohne Beschränkungen durch das nationale Recht zu errichten.

bb) Anwendungsbereich Die Niederlassungsfreiheit bezieht sich nur auf die dauerhafte Ausübung einer selbständigen Tätigkeit in einem anderen EU-Staat. Im Einzelnen bedeutet „Niederlassung“: – Die Aufnahme oder tatsächliche Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit – mittels einer dauerhaften Einrichtung in einem anderen Mitgliedstaat (Grenzüberschreitung) – und zwar auf unbestimmte Zeit. Maßgeblich ist die Absicht, sich in die Wirtschaft eines Mitgliedstaats einzugliedern, während für Tätigkeiten im Rahmen des Dienstleistungsverkehrs – wenn überhaupt – der vorübergehende Ortswechsel unter Beibehaltung des Standorts im Herkunftsstaat charakteristisch ist. Die Abgrenzung zur Dienstleistungsfreiheit ist mitunter nicht immer eindeutig (zB bei ständigen, wiederholten Dienstleistungen über die Grenze hinweg), gleichzeitig aber auch nicht nur von akademischem Interesse. In der Rechtsprechung des EuGH weisen beide Grundfreiheiten nämlich Unterschiede dahingehend auf, dass für denjenigen, der die Niederlassungsfreiheit in Anspruch nimmt, eine stärkere Integration in die Rechtsordnung des Zielstaats verlangt wird. Das bedeutet, dass gewisse staatliche Beschränkungen im Allgemeinwohl für den Niederlassenden gelten können, für den „bloß“ grenzüberschreitenden Dienstleistungserbringer aber nicht. In Art 45 EGV wird eine Bereichsausnahme für Tätigkeiten, die in einem Mitgliedstaat dauernd oder zeitweise mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind, festgelegt. Zweck ist, den Mitgliedstaaten die Ausübung öffentlicher Gewalt eigenen Staatsangehörigen vorzubehalten. Dabei handelt es sich beim Begriff der „öffentlichen Gewalt“ um einen gemeinschaftsrechtlichen, dh dass dieser in der Gemeinschaft einheitlich ausgelegt werden muss. Beispiele: Unter die Ausnahme fällt etwa die Ausstellung öffentlicher Urkunden und exekutionsfähiger Rechtstitel durch einen Notar, da dieser in mittelbarer Staatsverwaltung tätig wird. Weiters: Die Tätigkeit von Kapitänen und Ersten Offizieren im Zusammenhang mit der Aufrechterhaltung der Sicherheit, der Ausübung polizeilicher Befugnisse sowie notariellen und personenstandsrechtlichen Zuständigkeiten (EuGH Rs C-405/01, Slg 2003, I-10391, Colegio de Oficiales). Nicht dazu zäh-

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Europäische Wirtschaftsverfassung

len etwa die Tätigkeiten privater Sicherheitsunternehmen (EuGH Rs C-114/97, Slg 1998, I-6717, Kommission/Spanien), die Gutachtertätigkeit eines gerichtlich bestellten Sachverständigen (EuGH, Rs C-306/89, Slg 1991, I-5863, Kommission/Griechenland) oder die Tätigkeit eines Anwaltes (EuGH Rs 2/74, Slg 1974, 631, Reyners).

f)

Arbeitnehmerfreizügigkeit

aa) Ziel und Inhalt Ziel der Arbeitnehmerfreizügigkeit ist es, sämtliche Hindernisse zu beseitigen, die einer vollen Mobilität der Arbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen sowie deren Integration im Aufnahmeland entgegenstehen. Der Mobilität der Arbeitgeber (Unternehmen) muss schließlich auch jene der Arbeitnehmer korrespondieren, um das Funktionieren des Binnenmarkts zu gewährleisten. Inhaltlich bestimmt Art 39 EGV: – Das Recht auf Ausreise aus dem Heimatstaat, – das Recht auf Einreise und Aufenthalt im Aufnahmestaat, – das Recht auf Gleichbehandlung (Verbot direkter und indirekter Diskriminierungen) in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen sowie – ein Beschränkungsverbot. Kern der Arbeitnehmerfreizügigkeit ist die freie Wahl des Arbeitsplatzes in einem anderen Mitgliedstaat. Aus den Regelungen der Arbeitnehmerfreizügigkeit leiten sich darüber hinaus auch Ansprüche der Arbeitnehmer und ihrer Angehörigen auf soziale Vergünstigungen und Sozialversicherungsleistungen ab. Dementsprechend bilden die diesbezüglichen Bestimmungen die Grundlage des EU-Sozialrechts, das zwar kein einheitliches Sozialversicherungssystem bildet, aber Ansprüche auf derartige Leistungen unabhängig vom Wohnort oder Arbeitsort gewährleistet. Beispiel: „Adoui und Cornuaille“ (EuGH, verb Rs 115/81 und 116/81, Slg 1982, 1665). Die französischen Staatsbürgerinnen Adoui und Cornuaille arbeiteten in der belgischen Stadt Lüttich als leicht bekleidete Bardamen und Peepshow-Tänzerinnen. Unter Berufung auf die öffentliche Ordnung und Sittlichkeit wollte die Stadt Lüttich beide ausweisen. Die beiden Damen machten daraufhin geltend, dass die Ausweisung gegen Art 39 EGV verstoße. Insb würden einheimische Personen, die diese Dienste verrichten von den Behörden nicht verfolgt. Der EuGH bejahte zunächst die Arbeitnehmereigenschaft der beiden Damen. Weiters stellte er fest, dass durch die Ausweisung das Diskriminierungsverbot und das Recht auf Aufenthalt verletzt worden sei. Den Rechtfertigungsgrund der öffentlichen Ordnung und Sittlichkeit hielt er für unzutreffend, da die Behörden gegenüber einheimischen Prostituierten keine Sanktionen träfen und dementsprechend auch keine Strafen (Ausweisung) gegenüber Angehörigen anderer Mitgliedstaaten aussprechen dürfen.

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Grundfreiheiten

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bb) Anwendungsbereich Erfasst werden Arbeitnehmer, die in einem anderen Mitgliedstaat arbeiten. Für den Arbeitnehmerbegriff konstituierend sind: – Das Bestehen eines Unterordnungsverhältnisses und der Weisungsgebundenheit, – die tatsächliche Teilnahme am Wirtschaftsleben und die Entgeltlichkeit der Tätigkeit sowie – die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats. Der EuGH hat der Arbeitnehmerfreizügigkeit nicht nur Wirkung gegenüber staatlichen Stellen, sondern auch – in seiner Entscheidung zur Rs „Angonese“ (Rs C-281/98, Slg 2000, I-4139) – gegenüber Privaten zuerkannt (unmittelbare Drittwirkung). Ähnlich wie bei der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit sieht Art 39 Abs 4 EGV eine Bereichsausnahme bezüglich der Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung vor. cc) Die UnionsbürgerRL Im Zusammenhang mit der Arbeitnehmerfreizügigkeit ist die UnionsbürgerRL 04/38/EG zu beachten. Diese erfasst die bislang bereichspezifischen und fragmentarischen Regelungen der Freizügigkeit der Arbeitnehmer, der Selbständigen wie auch der nichterwerbstätigen Personen (zB Pensionisten, Studenten). Generell gilt unabhängig von einer Erwerbstätigkeit für alle Unionsbürger – und ihre Angehörigen – ein Recht auf Einreise und auf Aufenthalt in allen Mitgliedstaaten von bis zu drei Monaten ohne weitere Formalitäten und Bedingungen, abgesehen von der Pflicht, über einen gültigen Personalausweis oder Pass zu verfügen. Nach Ablauf dieses Zeitraums kann der Aufenthalt für Nichterwerbestätige vom Nachweis ausreichender Existenzmittel und eines Krankenversicherungsschutzes abhängig gemacht werden. Erwerbstätige haben allerdings immer ein Aufenthaltsrecht. Einreise und Aufenthaltsrecht dürfen im Übrigen nur aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit eingeschränkt werden, wobei die Entscheidung in keinem Fall wirtschaftlich begründet sein darf. Gegen Unionsbürger, die sich mehrere Jahre im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaats aufgehalten haben, insb wenn sie dort geboren sind und dort ihr ganzes Leben lang ihren Aufenthalt gehabt haben, kann zudem nur unter außergewöhnlichen Umständen aus zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit eine Ausweisung verfügt werden. g)

Kapitalverkehrsfreiheit

aa) Ziel und Inhalt Ziel der Kapitalsverkehrsfreiheit ist die Gewährleistung eines möglichst liberalisierten Kapitalzuflusses, -durchflusses und -abflusses in und zwischen den Mitgliedstaaten. Das Kapital als Produktionsfaktor soll also wie die Waren, Dienstleistungen und Arbeitskraft am Gemeinschaftsmarkt frei zirkulieren können und insb dorthin fließen, wo es den höchsten Ertrag erbringt. Zusam-

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men mit der Integration der Banken- und Finanzmärkte gehört der freie Kapitalverkehr zu den Grundpfeilern der Wirtschafts- und Währungsunion. Art 56 EGV verbietet alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen diesen und dritten Ländern. Die Beschränkungsmöglichkeiten des freien Kapitalverkehrs haben sich durch die Einführung einer einheitlichen Währung (Euro) auf die Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten verlagert. So finden sich Hemmnisse va im Bereich des nationalen Wertpapier-, Börsen- und Steuerrechts. Gerade Letzteres ist ein probates Mittel für die Mitgliedstaaten, Kapital ins Inland (va durch Steueranreize bzw Steuerdumping) zu bringen, dort zu binden und den Kapitalabfluss einzuschränken. Nicht zuletzt deswegen spielt die Harmonisierung im Steuerrecht eine zunehmend größere Rolle in der Europäischen Union. Beispiel: Steuerdumpingmaßnahmen sind nach der Rechtsprechung des EuGH am Grundsatz der Kapitalverkehrsfreiheit zu messen. So etwa eine niederländische Rechtsvorschrift, die die Gewährung einer Befreiung von der Einkommenssteuer auf Dividenden, die an Anteilseigner gezahlt werden, von der Voraussetzung abhängig machte, dass die dividendenzahlende Gesellschaft ihren Sitz in diesem Mitgliedstaat hat. Inländische Steuerpflichtige wurden dadurch von einer Kapitalanlage im Ausland abgeschreckt und für ausländische Gesellschaften war es gleichzeitig schwieriger, in den Niederlanden Kapital zu sammeln (vgl EuGH Rs C-35/98, Slg 2000, I-4071, Verkooijen).

bb) Anwendungsbereich Bei der Kapitalverkehrsfreiheit kommt es nicht auf die Staatsangehörigkeit des Anlegers an. Vielmehr genügt es, wenn einer der Beteiligten in der Gemeinschaft ansässig ist. Die Kapitalverkehrsfreiheit ist somit vergleichbar mit der Warenverkehrsfreiheit und haftet am Kapital selbst. Unter dem Begriff „Kapitalverkehr“ wird allgemein die einseitige Wertübertragung in Form von Sach- und Geldkapital, die zugleich eine Wertanlage darstellt, von einem in den anderen Mitgliedstaat verstanden. Darüber hinaus bezieht sich die Kapitalverkehrsfreiheit auch auf Kapitalbewegungen zwischen Mitgliedstaaten und dritten Ländern. Damit ist sie die einzige Grundfreiheit, die über den Binnenmarkt hinausreicht. Beispiele: Immobilieninvestitionen, Erwerb und Veräußerung von Beteiligungspapieren, Direktinvestitionen zum Erwerb einer Beteiligung an einem Unternehmen, Kreditgeschäfte, Bürgschaften, etc.

Die Art 57 und 58 EGV normieren ausdrücklich Ausnahmen vom Grundsatz des freien Kapitalverkehrs. So etwa für bestimmte Beschränkungen des Kapitalverkehrs gegenüber Drittländer, die bereits am 31.12.1993 bestanden. Weiters sind steuerrechtliche Vorschriften, die Steuerpflichtige mit unterschiedlichen Wohn- oder Kapitalanlageort unterschiedlich behandeln, zulässig. Zudem dürfen die Mitgliedstaaten Maßnahmen treffen, die der Rechtsbruchverhinderung (insb auf dem Gebiet des Steuerrechts und der Aufsicht über Finanzinstitute) oder dem Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dienen. Sie können schließlich auch Meldeverfahren für den Kapitalverkehr vorsehen.

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Rechtsangleichung und gegenseitige Anerkennung

8.

Rechtsangleichung und gegenseitige Anerkennung

a)

Bedeutung

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Die Einräumung der Grundfreiheiten ist der erste, wenngleich bedeutsamste Schritt zur Verwirklichung des Gemeinsamen Markts. Besondere Probleme bereiten allerdings nach wie vor jene Hemmnisse für den grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehr, die sich aus den unterschiedlichen Rechtsvorschriften in den Mitgliedstaaten ergeben. Hier liegt der Teufel im Detail: Die Gewährleistung der Warenverkehrsfreiheit wird faktisch entwertet, wenn 25 nationale Rechtsordnungen verschiedene oder gar widersprechende Umwelt-, Gesundheits-, Sicherheits- oder Verbraucherschutzvorschriften für bestimmte Waren vorsehen. Solchen „Funktionsstörungen“ des Gemeinsamen Markts soll durch die Vereinheitlichung der territorial begrenzt geltenden nationalen Rechtsordnungen im Wege von Verordnungen und Richtlinien entgegengetreten werden. Zur Rechtsangleichung tritt als Alternative und Ergänzung die Pflicht zur gegenseitigen Anerkennung der mitgliedstaatlichen Rechtsvorschriften, wie sie sich aus der Cassis-Rechtsprechung des EuGH ergibt, hinzu. Sowohl Rechtsangleichung wie auch die Pflicht zur gegenseitigen Anerkennung verfolgen das Ziel, die Ausübung der Grundfreiheiten zu ermöglichen bzw zu erleichtern und gleiche Wettbewerbsbedingungen am Binnenmarkt zu schaffen. b)

Rechtsangleichung

Die Rechtsangleichung erfolgt idR durch den Erlass von Richtlinien. Die allgemeinen Rechtsgrundlagen zur Angleichung sind Art 94 (Rechtsangleichung zur Verwirklichung des Gemeinsamen Markts) und Art 95 EGV (Rechtsangleichung zur Verwirklichung des Binnenmarkts). Daneben ergeben sich spezielle Ermächtigungen insb aus Art 44 Abs 2 lit g EGV betreffend das Recht der Kapitalgesellschaften, Art 47 Abs 1 EGV über die gegenseitige Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstiger Befähigungsnachweise, Art 47 Abs 2 EGV über die Aufnahme und Ausübung selbstständiger Tätigkeiten oder aus Art 93 EGV betreffend die Harmonisierung indirekter Steuern. Unterschieden wird hinsichtlich der Dichte der Rechtsangleichung zwischen der – Totalharmonisierung, bei der abweichende nationale Regelungen vollständig verdrängt werden, – der optionellen Harmonisierung, bei der die Mitgliedstaaten das Wahlrecht haben, bestimmte nationale Vorschriften beizubehalten und – der Mindestharmonisierung, bei der (bloß) ein bestimmtes Niveau erreicht werden muss und darüber hinausgehende Regelungen zulässig sind. c)

Pflicht zur gegenseitigen Anerkennung

Die gegenseitige Anerkennung der Gleichwertigkeit der Regelungen der Mitgliedstaaten ergänzt die Rechtsangleichung. Angewandt wird die Pflicht in allen Bereichen, die nicht Gegenstand einer Harmonisierungsmaßnahme der EG sind. Die Pflicht zur gegenseitigen Anerkennung beinhaltet, dass jeder Staat EU-ausländische Produkte in seinem Hoheitsgebiet akzeptieren muss, die legal

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Europäische Wirtschaftsverfassung

in einem anderen Mitgliedstaat, also nach den dortigen Rechtsvorschriften, produziert oder vermarktet werden. Nur wenn zwingende Erfordernisse iSd Cassis-Rechtsprechung bestehen, die dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügen, sind Beschränkungen durch den Mitgliedstaat zulässig. Die Pflicht zur gegenseitigen Anerkennung wird auch im Bereich der Dienstleistungen angewandt. Hier gilt in ähnlicher Weise: Ein rechtmäßig in einem Mitgliedstaat niedergelassener Leistungserbringer kann seine Dienstleistungen in allen anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft anbieten.

9.

Wettbewerbsrecht

a)

Bedeutungszuwachs des Wettbewerbsrechts im öffentlichen Wirtschaftsrecht

Die fortschreitende Liberalisierung des Gemeinschaftsmarkts und der damit verbundene weitgehende Rückzug des Staats aus eigener Wirtschaftstätigkeit und Marktlenkung haben zu einem Bedeutungszuwachs des Wettbewerbsrechts geführt. Gemeinsam mit der Wirtschaftsaufsicht hat die Wettbewerbssicherung die Wirtschaftslenkung als zentrales Rechtsgebiet des Wirtschaftsrechts abgelöst. Dementsprechend werden beide besonders ausführlich unter Pkt D. und F. erörtert. Das unternehmensgerichtete Wettbewerbsrecht tritt an die Stelle des (nationalen) Lenkungsrechts. Direkt lenkende Eingriffe, sei es von Seiten der Staaten oder der Gemeinschaft, sind nur mehr unter engen, genau bestimmten Voraussetzungen möglich – hier greifen nunmehr die Grundfreiheiten und Gemeinschaftsgrundrechte ein. Das Wettbewerbsrecht betrifft aber auch indirekt lenkende Maßnahmen des Staats. Dieses staatengerichtete Wettbewerbsrecht versucht wirtschaftsrelevante Maßnahmen der Mitgliedsstaaten im Bereich Subventionen, Auftragsvergabe und der öffentlichen Unternehmen unter eine gemeinschaftsrechtliche Kontrolle zu stellen. b)

EG-Wettbewerbsrecht als Teil der europäischen Wirtschaftsverfassung

Zudem bildet das EG-Wettbewerbsrecht mit den Grundfreiheiten den Grundpfeiler der europäischen Wirtschaftsverfassung. Beide Bereiche dienen demselben Schutzgut: der Gewährleistung wirtschaftlicher Handlungsfreiheit und der Marktintegration als Kernpunkt der europäischen Wirtschaftsordnung. Das Wettbewerbsrecht ist somit zum (materiellen) Wirtschaftsverfassungsrecht zu zählen, da es für das Funktionieren des Gemeinsamen Markts unabdingbar ist (Funktionsgarantie). Die Grundfreiheiten räumen va individuelle, „subjektiv-öffentliche“ Rechte ein, die der Einzelne gegenüber dem Staat, der Gemeinschaft und sogar gegenüber Privaten geltend machen kann. Insofern sind sie mit den nationalen Grundrechten („Abwehrrechte“) vergleichbar, wenngleich ihre primäre und ursprüngliche Funktion in der Ermöglichung von Wettbewerb durch die Gewährleistung von freiem Marktzugang liegt. Ohne freie Zirkulation der Pro-

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Sonstige Politiken

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dukte und Produktionsfaktoren können diese schließlich nicht in Wettbewerb zu einander treten. Ein funktionierender gemeinsamer Markt setzt allerdings nicht nur die (formale) Einräumung von Marktfreiheiten voraus, sondern auch die freie und selbst bestimmte Wahrnehmung der Grundfreiheiten durch die Wirtschaftsteilnehmer. Nur auf Basis dieser Freiheit der Teilnehmer kann der Markt seine Leitungsfunktion erfüllen. Dem dient die Konzeption der Grundfreiheiten als unmittelbar anwendbare Rechte ebenso wie die Bestimmungen des Wettbewerbsrechts. Die Grundfreiheiten richten sich va auf das Verhältnis Bürger – Staat, während sich die Bestimmungen des Wettbewerbsrechts über Missbräuche von marktbeherrschenden Stellungen, Fusionen, Kartelle und über die Lauterkeit des Wettbewerbsverhaltens auf das Verhältnis der Privaten untereinander richten und der Abwehr wettbewerbsschädlicher Maßnahmen dienen. Darüber hinaus adressiert das Wettbewerbsrecht auch den Staat, in dem es mit Bestimmungen über Beihilfen und öffentliche Vergaben wettbewerbsverzerrende oder -beschränkende Maßnahmen durch die Mitgliedsstaaten zu verhindern sucht. Die Gewährleistungen der Marktfreiheiten sollen schließlich nicht durch die Hintertür staatlicher Subventionen und Auftragsvergaben zunichte gemacht werden und der Staat dementsprechend an Regelungen gebunden werden, die ihn zu einem marktkonformen Verhalten anhalten.

10. Sonstige Politiken a)

Allgemeines

Neben der besonders bedeutsamen Wettbewerbspolitik sieht der Vertrag eine Vielzahl weiterer Politiken und diesbezüglicher Ermächtigungen für die Gemeinschaftsorgane vor, die der Ausgestaltung des wirtschaftlichen Systems der Europäischen Union dienen. Zwei für die Betrachtung der europäischen Wirtschaftsverfassung besonders bedeutsame Politiken sollen hervorgehoben werden. Dabei handelt es sich zum einen um die Wirtschafts- und Währungspolitik und zum anderen um die Gemeinsame Handelspolitik der EG, deren Stellenwert bereits bei der Sichtung der Schnittstellen (Pkt III.2.) erwähnt wurde. b)

Wirtschafts- und Währungspolitik der Europäischen Gemeinschaft

aa) Wirtschaftspolitik Die Bestimmungen über die allgemeine Wirtschaftspolitik finden sich in den Art 98 bis 105 EGV. Bezeichnend ist, dass die Wirtschaftspolitik eine Domäne der Mitgliedstaaten ist. Dementsprechend gibt es auch keine einheitliche gemeinschaftliche Wirtschaftspolitik, die von einem bestimmten Organ der EG wahrgenommen würde. Vielmehr ist zwischen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Wirtschaftspolitik der EG zu unterscheiden, die sich beide unter das Dach des in den Art 4, 98 und 105 EGV grundgelegten Prinzips der offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb fügen. Wichtigste Aufgabe der Gemeinschaft ist daher die Koordinierung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten. Dabei werden die volkswirtschaftlichen Ten-

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Europäische Wirtschaftsverfassung

denzen und die getroffenen strukturpolitischen Maßnahmen in den Mitgliedstaaten beobachtet, die Haushaltspolitik und das Budget der Länder überwacht sowie Steuerreformen gefördert. Die Koordinierung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten selbst läuft auf mehreren Ebenen ab. Zunächst sind die Mitgliedstaaten nicht nur zur Berücksichtigung, sondern ausdrücklich zur Ausrichtung ihrer Wirtschaftspolitik auf die Ziele des Vertrags („harmonische, ausgewogene und nachhaltige Entwicklung des Wirtschaftslebens“, „hohes Beschäftigungsniveau“, „beständiges, nicht inflationäres Wachstum“, etc) und damit zu einem aktiven Handeln zu deren Verwirklichung verpflichtet. Weiterhin müssen die Mitgliedstaaten die vom (ECOFIN-)Rat nach Art 99 Abs 2 EGV beschlossenen Empfehlungen der „Grundzüge der Wirtschaftspolitik“ nicht nur beachten, sondern ihre Politik ebenfalls nach ihnen ausrichten. Der Rat überwacht die nationale Wirtschaftspolitik auf ihre Übereinstimmung mit den Grundzügen („multilaterale Überwachung“). Werden Mängel erkannt, kann er weitere wirtschaftspolitische Empfehlungen gegenüber dem betreffenden Mitgliedstaat aussprechen und diese gegebenenfalls veröffentlichen. Zum Zwecke der multilateralen Überwachung sind die Mitgliedstaaten zur Vorlage regelmäßiger Berichte über wichtige einzelstaatliche Maßnahmen der Wirtschaftspolitik verpflichtet. Besonderes Augenmerk wird auf die Haushaltspolitik der Mitgliedstaaten gelegt. Diese sind nach Art 104 EGV verpflichtet, übermäßige öffentliche Haushaltsdefizite zu vermeiden. Ziel ist die Gewährleistung der obersten Maxime der europäischen Währung: Preisstabilität. Zur Koordinierung ihrer Wirtschaftspolitiken in Hinblick auf dieses Ziel schlossen die Mitgliedstaaten den sog „Stabilitäts- und Wachstumspakt“ (SWP). Die Länder, die an der Währungsunion teilnehmen, werden verpflichtet Stabilitätsprogramme vorzulegen, während für Nichtteilnehmer die Vorlage von Konvergenzprogrammen verbindlich ist. Beide Instrumente sollen ein frühzeitiges Erkennen übermäßiger Defizite gewährleisten und insgesamt eine stabilitätsorientierte Fiskalpolitik fördern. Konkretisiert wird der Begriff „übermäßiges Defizit“ im Protokoll über das Verfahren bei einem übermäßigen Defizit. Hier gilt ein Maximum 3% für das Verhältnis zwischen dem geplanten oder tatsächlichen Defizit und dem BIP sowie von 60% für das Verhältnis zwischen öffentlichem Schuldenstand und dem BIP (Art 1). Bei einem Verstoß gegen die Bestimmungen über das übermäßige Defizit ist ein besonderes Verfahren vorgesehen (vgl Art 104 Abs 6 bis 14 EGV), in dem auch Sanktionen (zB Geldbußen) gegenüber dem betreffenden Mitgliedstaat verhängt werden können. Eine wesentliche Ergänzung dieser Instrumente bilden drei Bestimmungen des EGV. Mit der sog „no bail out“-Klausel des Art 103 Abs 1 EGV wird die Solidarhaftung für eingegangene Verbindlichkeiten einzelner Mitgliedstaaten ausgeschlossen. Weder die Gemeinschaft noch ein anderer Mitgliedstaat haften für Verbindlichkeiten eines Mitgliedlands, womit die Rückzahlung öffentlicher Schulden in eigenstaatlicher Verantwortung verbleibt und so eine angemessene, vernünftige Haushaltspolitik gefördert wird. Hinzu kommt das Verbot der Finanzierung von Haushaltsdefiziten durch Zentral-

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Sonstige Politiken

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banken (Art 101 EGV) und das Verbot des bevorrechtigten Zugangs zu Finanzinstituten für öffentliche Einrichtungen (Art 102 EGV). bb) Währungspolitik Die Währungsunion wurde mit dem Vertrag von Maastricht über die EU primärrechtlich verankert. Seit 1. Jänner 2002 ist die neu eingeführte Währung EURO allgemeines Zahlungsmittel in den Mitgliedstaaten, die an der Währungsunion beteiligt sind (sog „EURO-12“). Damit wurde ein unerlässliches Element für einen umfassenden Binnenmarkt mit einem funktionsfähigen Kapitalmarkt hinzugefügt: eine gemeinsame Währung. Mit der Errichtung der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) ist die Verantwortung für die Geld- und Wechselkurspolitik der beteiligten Staaten auf die Europäische Zentralbank (EZB) und das Europäische System der Zentralbanken (ESZB) übergegangen. Den WWU-Mitgliedern verbleiben somit nur mehr Entscheidungsspielräume in der Sozial-, Fiskal- und Wirtschaftspolitik, die aber in einem engen Wirkungszusammenhang mit der Währungspolitik stehen. Nunmehr begrenzen die Forderungen des SWP die wirtschaftspolitischen Kompetenzen der Länder, was sich zwangsläufig in einem besonderen Spannungsverhältnis zwischen nationalen Interessen und Erfordernissen der Integration, insb der Preisstabilität, widerspiegelt. Zu den grundlegenden Aufgaben des ESZB, das sich aus der EZB und den nationalen Zentralbanken zusammensetzt, gehören die Festlegung der gemeinschaftlichen Geldpolitik, die Durchführung von Devisengeschäften, die Haltung der offiziellen Währungsreserven der Mitgliedstaaten und die Förderung des reibungslosen Funktionierens der Zahlungssysteme. Die EZB, die nationalen Zentralbanken sowie die Mitglieder ihrer Beschlussorgane sind von den Weisungen der nationalen Regierungen und der Gemeinschaft unabhängig, um sich allein auf das vorrangige Ziel der Preisstabilität konzentrieren zu können. Für die operative Umsetzung der geldpolitischen Entscheidungen ist in Österreich die OeNB zuständig. c)

Die Gemeinsame Handelspolitik

aa) Allgemeines Die Gemeinsame Handelspolitik der EG (GHP) ergänzt die Festlegung eines Gemeinsamen Zolltarifs (GZT). Art 133 EGV weist der Gemeinschaft die Wahrnehmung der Handelsbeziehungen mit Drittstaaten und Internationalen Organisationen als ausschließliche Kompetenz zu. Neben dem Handel mit Waren umfasst diese Zuständigkeit seit dem Vertrag von Nizza 2001 nunmehr auch Abkommen über Dienstleistungen und geistige Eigentumsrechte. Die der Gemeinschaft in diesen Bereichen zustehenden handelspolitischen Aufgaben können nach Art 133 EGV sowohl autonom wie auch durch den Abschluss völkerrechtlicher Verträge wahrgenommen werden. bb) Ziele der Handelspolitik In Ansehung der engen Verbundenheit der EG mit dem internationalen Wirtschaftssystem, insb mit der Welthandelsordnung der WTO, statuiert Art 131

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Europäische Wirtschaftsverfassung

EGV als allgemeine Ziele der Gemeinsamen Handelspolitik die harmonische Entwicklung des Welthandels, die schrittweise Beseitigung der Beschränkungen im internationalen Handelsverkehr und den Abbau der Zollschranken. Damit ist die EG auf eine nach außen offene, liberale Handelspolitik festgelegt. cc) Instrumente der Gemeinsamen Handelspolitik Die Gemeinschaft trifft autonome Maßnahmen in der Einfuhr- und Ausfuhrpolitik, bei Dumpingpraktiken und subventionierten Waren sowie bei sonstigen Handelshemmnissen. Die Einfuhrpolitik der EG beruht auf der VO 3285/94/EG (ABl 1994 L 349/53 idF VO 2200/04/EG, ABl 2004 L 374/1) und der VO 519/94/EG (ABl 1994 L 67/89 idF VO 427/03/EG, ABl 2003 L 65/1) über die gemeinsame Einfuhrregelung und die gemeinsame Regelung der Einfuhren aus bestimmten Drittländern (ehemals kommunistische Länder: GUS, Albanien, China, Nordkorea, Vietnam, Mongolei). Die Einfuhrregelungen wurden in Umsetzung der mit dem Beitritt zur WTO eingegangenen Verpflichtungen erlassen. Maßgebend ist der Grundsatz der freien Einfuhr von Waren mit Ursprung in Drittländern, wobei etwaige Schutzmaßnahmen vorgesehen sind. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht allerdings für bestimmte Textilien aus NichtWTO-Ländern. Erfasst sind zwar auch landwirtschaftliche Produkte, hier gelten aber überdies die Spezialregelungen der jeweiligen Marktordnungen. Die Ausfuhrpolitik gründet auf der VO 2603/69/EWG (ABl 1969 L 324/25 idF VO 3918/91/EWG, ABl 1991 L 372/31), die eine generelle Ausfuhrfreiheit für alle Waren aus der EG statuiert. Mengenmäßige Beschränkungen oder Ausfuhrverbote können allerdings, soweit sie zB aus Gründen der öffentlichen Sittlichkeit, Ordnung und Sicherheit gerechtfertigt sind, eingeführt oder beibehalten werden. Dabei gilt, dass Beschränkungen der Ausfuhr nur von Gemeinschaftsorganen verfügt werden dürfen; Mitgliedstaaten können dies nur in Eilfällen und auch nur vorübergehend. Gegenüber Dumpingpraktiken bei der Einfuhr von Waren aus Drittländern wird durch die VO 384/96/EG (ABl 1996 L 56/1 idF VO 2117/05/EG, ABl 2005 L 340/17) eine wirksame Abwehr in Umsetzung des WTO-AntiDumping-Abkommens gewährleistet (Erhebung eines Antidumpingzolls). Die VO gilt für alle Länder, die nicht der EG angehören sowie grundsätzlich für alle Waren. Das Antisubventions-Übereinkommen der WTO wurde durch die VO 2026/97/EG (ABl 1997 L 288/1 idF VO 461/04/EG, ABl 2004 L 77/12) umgesetzt. Nach dieser können Zölle zum Ausgleich einer Subvention erhoben werden (Ausgleichszölle), die mittelbar oder unmittelbar für die Herstellung, die Produktion, die Ausfuhr oder die Beförderung einer Ware mit Herkunft aus einem Drittland gewährt wird, soweit deren Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr der Gemeinschaft eine Schädigung verursacht. Für sonstige Handelshemmnisse bestehen ähnliche Zuständigkeiten (vgl VO 3286/94/EG, ABl 1994 L 349/71 idF VO 356/95/EG, ABl 1995 L 41/3). Hier können im Einklang mit den internationalen Handelsregeln Maßnahmen wie Abwehrzölle, Rücknahmen bzw Aussetzungen von Zugeständnissen oder mengenmäßige Beschränkungen ergriffen werden. Die VO betrifft alle Handelshemmnisse, die die Ausfuhren der Gemeinschaft in Märkte dritter Länder beeinträchtigen können.

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Sonstige Politiken

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Geschützt werden nicht nur Güter, sondern auch (grenzüberschreitende) Dienstleistungen. Im Rahmen ihrer vertraglichen Handelsbeziehungen hat die EG eine Reihe von Abkommen auf Basis des Art 133 EGV geschlossen, auf die bereits eingegangen wurde (zB WTO-Abkommen, Rohstoffübereinkommen). Hervorzuheben sind weiters bilaterale Verträge zur Senkung von Zollsätzen, zum Abbau von nichttarifären Handelshemmnissen oder über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen. Wichtig ist auch die vertragliche Errichtung von Zollunionen oder Freihandelszonen mit dritten Staaten (etwa mit der Türkei), die ihre Grundlage zwar primär in Art 310 EGV (Assoziierungsabkommen) finden, aber ebenso als Bestandteil des handelspolitischen Tätigkeitsspektrums der EG aufzufassen sind. Fragen: 1. Kann man vom EGV als der „europäischen Wirtschaftsverfassung“ sprechen? 2. Welche Schnittstellen bestehen zwischen internationaler und europäischer Wirtschaftsverfassung? 3. Wie ist die EU aufgebaut? Welche Rolle spielt die EG in der Union? 4. Was zeichnet eine supranationale Organisation aus? 5. Über welche Organe verfügt die EG? 6. Welche Handlungsformen stehen den Organen zur Verfügung? 7. Was versteht man unter der „Zielkohärenz“ zwischen EUV und EGV? 8. Was beinhaltet der Grundsatz der offenen Marktwirtschaft? 9. Was ist der „Binnenmarkt“? 10. Gibt es einen Unterschied zum „Gemeinsamen Markt“? 11. Welche Gemeinschaftsgrundrechte kennen Sie? 12. Gibt es einen Unterschied zwischen Gemeinschaftsgrundrechten und Grundfreiheiten? 13. Welches Ziel wird mit der Einräumung von Grundfreiheiten verfolgt? 14. Welche Grundfreiheiten gibt es? 15. Was sind deren Gemeinsamkeiten? 16. Welches sind die Mittel zur Erreichung eines freien Warenverkehrs am Gemeinschaftsmarkt? 17. Was versteht man unter einer Dienstleistung iSd Art 49 ff EGV? 18. Welches Ziel verfolgt die Arbeitnehmerfreizügigkeit und welche Gewährleistungen enthält diese? 19. Stimmt die Aussage: „Die Kapitalverkehrsfreiheit haftet am Eigner des Kapitals“? 20. Was ist die „Rechtsangleichung“, was ist die „Pflicht zur gegenseitigen Anerkennung“? Welchem Zweck dienen beide? 21. Woraus ergibt sich die Zugehörigkeit des EG-Wettbewerbsrechts zur europäischen Wirtschaftsverfassung? 22. Wie wird die Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten koordiniert? 23. Wer ist zuständig für die Geld- und Wechselkurspolitik? 24. Welches sind die Instrumente der autonomen Handelspolitik der EG?

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Nationale Wirtschaftsverfassung

IV. Nationale Wirtschaftsverfassung Literatur: Benedek, Importausgleich und Ausgleichszoll. Fehlinterpretation des GATTSubventionskodex durch den VfGH, ecolex 1996, 328; Berka, Die Grundrechte. Grundfreiheiten und Menschenrechte in Österreich (1999); Bieber/Epiney/Haag, Die Europäische Union6 (2005); Calliess/Ruffert (Hrsg), Kommentar des Vertrages über die Europäische Union und des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft – EUV/EGV2 (2002); Eilmansberger, Zur unmittelbaren Anwendbarkeit des GATTSubventionskodex, wbl 1991, 214; Haller et al (Hrsg), FS-Winkler (1997); Handig, Dienstleistungserbringung ausländischer Unternehmen im Rahmen des GATS. Die komplexe Bestimmung des § 51 GewO, ecolex 2003, 554; Holoubek/Potacs (Hrsg), Öffentliches Wirtschaftsrecht Bd 1 und Bd 2 (2002); Korinek (Hrsg), FS-Wenger (1983); Öhlinger, Verfassungsrecht6 (2005); Öhlinger/Potacs, Gemeinschaftsrecht und staatliches Recht. Die Anwendung des Europarechts im innerstaatlichen Bereich3 (2006); Pauger, Marktwirtschaft durch EU-Recht. Deregulierung am Beispiel der Elektrizitätswirtschaft (1996); Raschauer (Hrsg), Österreichisches Wirtschaftsrecht2 (2003); Schäffer, Europäische und nationale Wirtschaftsverfassung. Die europäische Währungsunion als ein Schritt in wirtschaftsverfassungsrechtliches Neuland, FS-Winkler (1997) 933; ders, Die rudimentäre Wirtschaftsverfassung Österreichs, FS-Wenger (1983) 3; Stolzlechner, Der verfassungsrechtliche Rahmen des Wirtschaftsrechts und seine Konkretisierung durch die verfassungsrechtliche Judikatur, ÖZW 1987, 33; von Bogdandy (Hrsg), Europäisches Verfassungsrecht. Theoretische und dogmatische Grundzüge (2003); Wenger, Grundriß des österreichischen Wirtschaftsrechts, Bd I, Allgemeine Grundlagen. Wirtschaftsverfassungsrecht (1989); Wimmer/Arnold, Wirtschaftsrecht in Österreich und seine europarechtliche Integration2 (1998); Wimmer/Mederer, Das Subsidiaritätsprinzip und seine Entdeckung durch die Europäische Gemeinschaft, ÖJZ 1991, 586.

1.

Schnittstellen zwischen internationaler und nationaler Wirtschaftsverfassung

a)

Allgemeines

Im Gegensatz zum Gemeinschaftsrecht muss das Völkerrecht erst in die nationale Rechtsordnung inkorporiert werden um Geltung zu erlangen. Die jeweilige Inkorporationsmethode ist damit die Schnittstelle zwischen dem internationalen und dem nationalen Wirtschaftsverfassungsrecht, das die Grundlage für das in weiterer Folge erlassene einfache Wirtschaftsrecht bildet. Die Methoden der Inkorporation sind von Staat zu Staat verschieden. In Österreich gelten die Art 16, 50, 65 und 66 B-VG als Inkorporationsbestimmungen bezüglich völkerrechtlicher Verträge. Wichtig ist die Bestimmung des Art 50 B-VG über Staatsverträge des Bundes, welche politischen, gesetzesändernden oder -ergänzenden Inhalt aufweisen. Danach erlangt ein Abkommen, das self-executing, also „vollzugstauglich“, ist, mit seiner Kundmachung im BGBl nach einer parlamentarischen Genehmigung (Art 50 Abs 1 B-VG) und einer anschließenden Ratifikation innerstaatliche Geltung und unmittelbare Anwendbarkeit (Adoption bzw generelle Transformation). Weist es hingegen keinen self-executing-Charakter auf, dann kann bzw muss der Nationalrat beschließen, dass der Vertrag durch den Erlass innerstaatlicher Rechtsnormen zu erfüllen ist (Gesetzesvorbehalt, spe-

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Schnittstellen zwischen internationaler und nationaler Wirtschaftsverfassung

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zielle Transformation; Art 50 Abs 2 B-VG). Der Rang der völkerrechtlichen Verträge in der österreichischen Rechtsordnung bestimmt sich dabei nach dem Verfahren, das bei der Genehmigung durch den Nationalrat gewählt wurde (Art 50 Abs 1 B-VG: Gesetzesrang, Art 44 Abs 1 B-VG: Verfassungsrang). In allen anderen Fällen (Abschluss durch den Bundespräsidenten oder durch das von ihm ermächtigten Organ gem Art 66 Abs 2 und 3 BVG, wenn es sich nicht um unter Art 50 B-VG fallende Staatsverträge handelt) kommt ihnen Verordnungsrang zu. Mit der Frage der Geltung ist auch immer jene der unmittelbaren Anwendbarkeit völkerrechtlicher Normen verbunden, auf deren Grundlage nachgeordnete Verwaltungsbehörden und Gerichte Abkommen anwenden können. Dadurch kommt dem internationalen Wirtschaftsverfassungsrecht die größtmögliche Wirksamkeit zu. Besonders hier ergibt sich auch ein weiterer wichtiger Konnex zwischen den Verfassungen nationaler und internationaler Provenienz: Die Durchführung der materiellen Bestimmungen des zwischenstaatlichen Wirtschaftsrechts obliegt zum Großteil den nationalen Behörden, Gerichten und dem Gesetzgeber. Selbiges gilt freilich auch für das Verhältnis der gemeinschaftsrechtlichen Verfassung zu jenen ihrer Mitgliedstaaten. Die nationale Institutionenverfassung ist also gleichsam der verlängerte „exekutive Arm“ der Völkerrechts- und Gemeinschaftsrechtsordnung. b)

Österreich als Mitglied der WTO

Österreich ist ein Gründungsmitglied der WTO und war bereits zuvor seit 1951 Mitglied des GATT ´47. Das Abkommen über die Errichtung der Welthandelsorganisation wurde vom Nationalrat gemäß Art 50 Abs 1 B-VG genehmigt, da es gesetzes- und teilweise verfassungsändernde sowie -ergänzende Inhalte aufwies (vgl BGBl 1995/1). Dabei war ein Erlass von Erfüllungsgesetzen (Art 50 Abs 2 B-VG) durch den Nationalrat nicht erforderlich, da weite Teile der Abkommen – im Gegensatz zur Rechtsprechung des EuGH – als unmittelbar anwendbar (self-executing) angesehen wurden. Bereits zuvor hatte der VfGH in einem Erkenntnis aus dem Jahr 1990 eine Bestimmung des „Subventionskodex“ des GATT ´47 für den Bereich der Geflügelwirtschaft als unmittelbar anwendbar anerkannt (vgl VfSlg 12.558/1990) und eine diesem widersprechende nationale Importausgleichsverordnung aufgehoben. Diese Rechtsprechung ist allerdings nicht mehr relevant, da das Antisubventionsrecht mittlerweile ausschließliche Gemeinschaftssache ist. Der Beitritt Österreichs zur WTO erfolgte im Gleichklang mit dem Beitritt zur EU: Österreich war also mit 1.1.1995 Mitglied in beiden Organisationen. Der gleichzeitige Beitritt war notwendig, um die Funktionsfähigkeit der Gemeinsamen Handelspolitik der EG zu gewährleisten. Die Tätigkeiten im Rahmen der WTO bilden schließlich einen Schwerpunkt der GHP, die durch eine Nicht-Mitgliedschaft Österreichs in der WTO erschwert worden wäre. Nach dem Beitritt Österreichs zur EU wurden die Außenhandelskompetenzen erheblich eingeschränkt. Verblieben sind allerdings noch Zuständigkeiten im Bereich der Dienstleistungen und der geistigen Eigentumsrechte. Hier richtet sich die Umsetzungspflicht der WTO-Regeln direkt an Österreich.

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Nationale Wirtschaftsverfassung

2.

Schnittstellen zwischen europäischer und nationaler Wirtschaftsverfassung

a)

Allgemeines

Zu einem beträchtlichen Teil wird das nationale Wirtschaftsrecht durch die Rechtsordnung der EG bestimmt. Die Schnittstellen zwischen gemeinschaftlicher und nationaler Rechtsordnung ergeben sich dabei nicht nur aus den staatlichen Verfassungen, sondern va aus dem Gemeinschaftsrecht selbst. Dem Gemeinschaftsrecht kommt eine besondere Qualität zu, die es erheblich vom traditionellen Völkerrecht unterscheidet. Gemeint sind damit die Strukturprinzipien des Gemeinschaftsrechts, autonome und unmittelbare Geltung, unmittelbare Anwendbarkeit und Vorrang (s unten Pkt b). Diese Prinzipien definieren das Gemeinschaftsrecht als eigenständige (supranationale) Rechtsordnung, die den gleichen Adressatenkreis wie das staatliche Recht aufweist und Letzterem im Konfliktfall sogar vorgeht. Die Wirksamkeit dieses Geltungsanspruchs hängt allerdings maßgeblich davon ab, inwieweit sich die nationale Verfassung eines Mitgliedstaats gegenüber dem Gemeinschaftsrecht öffnet. In dem Maß, in dem die staatliche Verfassung inhaltliche Schranken für die Übernahme gemeinschaftlicher Normen oder für die Übertragung von Hoheitsrechten vorsieht, verengt sich die Schnittstelle zwischen beiden Rechtsordnungen und damit der Fluss wechselseitiger Einwirkungen und Rezeptionen. Das Schlüsselproblem liegt hier in der Abgrenzung der durch Übertragung von Hoheitsrechten begründeten Kompetenzen der Gemeinschaft von jenen der Mitgliedstaaten (s gleich unten Pkt c). Dabei bildet die Gemeinschaftsrechtsordnung keineswegs ein geschlossenes System, vielmehr bedarf es zu ihrer Durchführung eines Unterbaus von staatlichen Rechtsordnungen. Eine besonders wichtige Schnittstelle liegt somit im Vollzug des Gemeinschaftsrechts durch die staatlichen Organe (Pkt d). Gerade hier wird das Zusammenwirken der Gemeinschaft und ihrer Mitgliedsländer zur Verwirklichung der gemeinsamen Ziele eindrücklich sichtbar. Für Österreich ergeben sich allfällige verfassungsrechtliche Integrationsschranken aus dem Beitritts-BVG (BGBl 1994/744). Dieses ermächtigte die verfassungsrechtlich zuständigen Organe, den Staatsvertrag über den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union entsprechend dem am 12. April 1994 von der Beitrittskonferenz festgelegten Verhandlungsergebnis abzuschließen. Das BVG enthält dabei keine Integrationsschranken, vielmehr wurde die österreichische Rechtsordnung vorbehaltlos gegenüber dem (primären und sekundären) Gemeinschaftsrecht geöffnet. Eine Schranke für die Integration wird von der hL allerdings in den Baugesetzen der österreichischen Verfassung erblickt. Künftige Änderungen des Gemeinschaftsrechts stehen somit insb unter dem Vorbehalt einer Volksabstimmung, sollte durch sie eine Gesamtänderung der – durch den Beitrittsvertrag modifizierten – österreichischen Verfassungsordnung bewirkt werden.

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Schnittstellen zwischen europäischer und nationaler Wirtschaftsverfassung

b)

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Strukturprinzipien des Gemeinschaftsrechts

aa) Autonome und unmittelbare Geltung Die Gründungsverträge der Gemeinschaft sind zwar völkerrechtlicher Natur, das durch sie geschaffene Gemeinschaftsrecht bildet jedoch eine eigenständige Rechtsordnung, die neben den staatlichen Rechtsordnungen steht (autonome Geltung). Die Eigenständigkeit ist die Voraussetzung dafür, dass das Gemeinschaftsrecht als solches unmittelbar und automatisch in den Mitgliedstaaten gilt (unmittelbare Geltung). Es muss also nicht – wie Völkerrecht – in die staatliche Rechtsordnung inkorporiert werden. Auch gilt es nicht als nationales Recht, sondern eben unmittelbar als Gemeinschaftsrecht in den Staaten. Dementsprechend erlangt es bereits mit der Kundmachung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Geltung und bedarf nicht der Publizierung im österreichischen BGBl. Das Gemeinschaftsrecht fügt sich also unabhängig von der nationalen Gesetzgebung in die mitgliedstaatlichen Rechtssysteme ein. Dementsprechend gliedert sich das in den Mitgliedstaaten bestehende Recht in das nationale (in Österreich: Bundesrecht, Landesrecht, mediatisiertes Völkerrecht) und in das Gemeinschaftsrecht. Daraus ergibt sich auch, dass staatliche Gerichte nicht über die Auslegung und Gültigkeit von Gemeinschaftsrecht entscheiden können. Vielmehr besteht bezüglich dieser Fragen ein Rechtsprechungsmonopol des EuGH. bb) Unmittelbare Anwendbarkeit Das Gemeinschaftsrecht ist teilweise (zB primärrechtliche Bestimmungen über die Grundfreiheiten oder gemeinschaftsrechtliche VO) in den Staaten unmittelbar anwendbar. Es wendet sich dann direkt an nationale Vollzugsorgane (Verwaltungsbehörden und Gerichte) und berechtigt bzw verpflichtet Individuen, ohne dass es einer weiteren Durchführung bedarf („Durchgriffswirkung des Gemeinschaftsrechts“). Die unmittelbare Anwendbarkeit verbessert zum einen die Stellung des Einzelnen erheblich (zB Ausgestaltung der Grundfreiheiten als subjektive Rechte) und verleiht den Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts damit größtmögliche Wirksamkeit. Dabei regelt das Gemeinschaftsrecht kraft seiner Eigenschaft als autonome Rechtsordnung selbst, welche seiner Bestimmungen unmittelbar anwendbar sind, also ob und inwieweit sie sich „nur“ an die Staaten allein richten oder auch den Einzelnen berechtigen bzw verpflichten. Der EuGH sieht Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts immer dann als unmittelbar anwendbar an, wenn sie unbedingt formuliert, in sich vollständig sowie rechtlich vollkommen sind und deshalb zu ihrer Erfüllung oder Wirksamkeit keiner weiteren Handlungen der Mitgliedstaaten oder der Gemeinschaftsorgane bedürfen (vgl EuGH Rs 6/64, Slg 1964, 1251, Costa/ENEL; EuGH Rs 26/62, Slg 1963, 1, Van Gend & Loos). Die zunächst für das Primärrecht (zB Art 12, 28, 39, 43 und 49 EGV) entwickelte Rechtsprechung wurde in Grundsätzen auch auf das Sekundärrecht, konkreter auf RL und an Staaten gerichtete Entscheidungen, übertragen. Die unmittelbare Anwendbarkeit von VO und von an Einzelne gerichteten Entscheidungen ergibt sich bereits aus dem EGV selbst.

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Nationale Wirtschaftsverfassung

cc) Vorrang Die autonome Geltung neben staatlichem Recht und die teilweise unmittelbare Anwendbarkeit des Gemeinschaftsrechts macht eine Regelung für den Fall erforderlich, dass nationale Rechtsvorschriften gemeinschaftsrechtlichen Normen entgegenstehen. Nach der Rechtsprechung des EuGH genießt das Gemeinschaftsrecht Vorrang gegenüber nationalen Normen gleich welchen Ranges (also auch gegenüber Verfassungsrecht; EuGH Rs C-473/93, Slg 1996, I-3207, Kommission/Luxemburg; grundlegend: EuGH Rs 6/64, Slg 1964, 1251, Costa/ENEL). Für den Stufenbau der Rechtsordnung ergibt sich daher, dass Ersteres, sowohl als Primär- wie auch als Sekundärrecht, über dem staatlichen Recht steht. Damit wirkt das Gemeinschaftsrecht auf den gesamten Inhalt des nationalen Wirtschaftsrechts ein, sowohl hinsichtlich der rechtlichen Grundordnung wie auch der untergeordneten Rechtsvorschriften. Der Vorrang ist besonders wichtig, um die Vereitelung der Vertragsziele und Diskriminierungen aufgrund unterschiedlicher nationaler Regelungen zu verhindern. Als Rechtsfolge der Vorrangregel ergibt sich im Fall der Kollision von nationalem mit unmittelbar anwendbarem Gemeinschaftsrecht, dass Ersteres, unabhängig davon, ob es früher oder später erlassen worden ist, unangewendet bleiben muss (Anwendungsvorrang). Diese Rechtsfolge tritt automatisch ein, ohne dass die widersprechende nationale Regelung in irgendeiner Weise beseitigt werden müsste. Dementsprechend haben die nationalen Gerichte und Behörden den Anwendungsvorrang stets zu beachten und im Kollisionsfall das Gemeinschaftsrecht anzuwenden. c)

Kompetenzverteilung zwischen der EG und ihren Mitgliedstaaten

aa) Prinzip der begrenzten Einzelermächtigungen Wichtigstes Merkmal der fehlenden Staatsqualität der EG ist, dass es ihr an der Kompetenz-Kompetenz mangelt. Nur die Mitgliedstaaten als sog „Herren der Verträge“ sind imstande, durch Vertragsänderung die Kompetenzverteilung zu beeinflussen. Dementsprechend sind die Zuständigkeiten der Gemeinschaft zur Rechtserzeugung im EGV niedergelegt. Dort finden sie sich aber nicht in einem systematischen, geschlossenen Kompetenzkatalog, sondern sind vielmehr über den ganzen Vertrag verstreut. Für die Abgrenzung gemeinschaftlicher von mitgliedschaftlichen Kompetenzen gilt das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigungen (auch Prinzip der begrenzten Verbandskompetenz, Art 5 Abs 1 EGV). Danach kann die EG nur insoweit Recht erzeugen, als ihr eine besondere Ermächtigung im Vertrag zukommt. Das Prinzip stellt klar, dass die Gemeinschaft über keine allgemeine Gesetzgebungskompetenz verfügt und schützt so die Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten. bb) Abschwächungen Die Summe der Einzelermächtigungen bewirkt schon umfangreiche Zuständigkeiten der EG. Zusätzlich wird das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigungen noch durch bestimmte Umstände und Klauseln abgeschwächt, die der Ge-

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Schnittstellen zwischen europäischer und nationaler Wirtschaftsverfassung

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meinschaft über die konkrete Einzelermächtigung hinausreichende Rechtssetzungsbefugnisse gewähren. Damit gemeint sind – die Anerkennung impliziter Kompetenzen, – die finale Struktur der Kompetenzen, – die Kompetenzabrundungsklausel des Art 308 EGV und – der Grundsatz des effet utile. Zu den Ermächtigungen, die sich aus den Bestimmungen des EGV ableiten lassen (ausdrückliche Kompetenzen), kommen noch die impliziten Kompetenzen, für die keine Grundlage im Vertrag vorhanden ist. Dabei handelt es sich um solche, die zur wirksamen Erfüllung der ausdrücklichen Kompetenzen erforderlich sind und va judikativ entwickelt wurden („implied-powers“, Gemeinschaftszuständigkeiten kraft Sachzusammenhang). Beispiele: Ausdrücklich vorgesehen sind Kompetenzen im Bereich des Umweltschutzes, des Gesundheitswesens, der Gemeinsamen Handelspolitik, des Abschlusses von Assoziationsverträgen, etc. Implizite Kompetenzen ergeben sich insb aus der in der Judikatur des EuGH entwickelten Doktrin vom Parallelismus der Innen- und Außenkompetenzen (EuGH, Gutachten 1/76, Slg 1977, 741, Stillegungsfonds). Demnach kommt der Gemeinschaft immer dann eine Außenkompetenz zu, wenn ihr im Binnenbereich Kompetenzen zugewiesen wurden und diese zur Erreichung eines Gemeinschaftsziels notwendig. Wurden im Binnenbereich bereits Vorschriften erlassen, handelt es sich dabei um eine ausschließliche Kompetenz, andernfalls um eine konkurrierende Zuständigkeit (vgl auch EuGH Rs 22/70, Slg 1971, 263, AETR; einschränkend: EuGH, Gutachten 1/94, Slg 1994, I-5267 und EuGH, Gutachten 2/94, Slg 1996, I-1759, EMRK).

Mittels der Kompetenzabrundungsklausel in Art 308 EGV kann die Gemeinschaft auch ohne ausdrückliche vertragliche Ermächtigung tätig werden, soweit dies erforderlich ist, um eines ihrer Ziele betreffend den Gemeinsamen Markt zu verwirklichen. Bedeutung kam dieser Bestimmung va im Bereich der Forschungspolitik, des Umweltschutzes und der Regionalpolitik zu, bevor diese in den Vertrag ausdrücklich aufgenommen worden sind. Der Grundsatz des effet utile ist eine Auslegungsmaxime, nach der die Bestimmungen – auch über den Wortlaut – des Vertrags so auszulegen sind, dass ihnen größtmögliche Wirksamkeit zukommt. Dieser Grundsatz spielt auch beim Vollzug des Gemeinschaftsrechts durch nationale Organe eine besondere Rolle. Schließlich lassen sich die Kompetenzen aufgrund ihrer regelmäßig finalen Struktur schwer begrenzen. Diese äußert sich darin, dass die Gemeinschaftszuständigkeiten nicht aufgabenorientiert, sondern zielgerichtet sind. Damit wird alles, was der Zielverwirklichung dient, von den Kompetenzbestimmungen umfasst (zB erfasst Art 95 Abs 1 EGV alle Maßnahmen, die die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarkts zum Gegenstand haben). cc) Gegengewichte Die vorhin genannten Abschwächungen des Prinzips der begrenzten Einzelermächtigung führen de facto dazu, dass es beinahe keine staatlichen Handlungsbereiche mehr gibt, die nicht zumindest vom Gemeinschaftsrecht tangiert wer-

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Nationale Wirtschaftsverfassung

den. Gerade deswegen sieht das Gemeinschaftsrecht selbst Gegengewichte vor, die ein Übermaß gemeinschaftlicher Regelungen verhindern sollen. Als derartige Gegengewichte werden – das Subsidiaritätsprinzip, – der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und – das gegenseitige Treuegebot bezeichnet, die als Kompetenzausübungsschranken für die Gemeinschaftsorgane fungieren. Das Verhältnismäßigkeitsprinzip (Art 5 Abs 3 EGV) und das Treuegebot halten die Gemeinschaft dazu an, nur erforderliche, geeignete und angemessene Maßnahmen zu setzen und diese mit den Mitgliedstaaten zu koordinieren. Das Subsidiaritätsprinzip (Art 5 Abs 2 EGV) sieht demgegenüber schon etwas konkreter vor, dass die Gemeinschaft nur dann tätig werden soll, wenn erstens die Ziele der in Betracht kommenden Maßnahmen auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend, diese aber zweitens auf Gemeinschaftsebene besser erreicht werden können. dd) Struktur der Kompetenzverteilung Je nach Zuordnung zu einem Kompetenztypus ist die Gemeinschaft allein, nur bei Tätigwerden oder nur zur Förderung bzw Unterstützung der Mitgliedstaaten regelungsbefugt. Folgende Typen lassen sich unterscheiden: – ausschließliche, – konkurrierende und – parallele Kompetenzen. Soweit eine ausschließliche Zuständigkeit vorliegt, ist den Mitgliedstaaten jegliche Regelungsbefugnis entzogen. Sie können nurmehr unter bestimmten Voraussetzungen, wenn der Gemeinschaftsgesetzgeber nicht tätig wird, als bloßer „Sachwalter des gemeinsamen Interesses“ vorübergehende Maßnahmen setzen (EuGH Rs 804/79, Slg 1981, 1045, Kommission/Vereinigtes Königreich). Hier gilt der Grundsatz der Subsidiarität – anders als bei der konkurrierenden Zuständigkeit – nicht, da den Staaten jegliche Handlungsgrundlage entzogen ist. Bei Letzterer, die den Großteil ausmacht, ergibt sich eine Handlungsgrundlage sowohl für die Gemeinschaft wie auch für die Mitgliedstaaten. Nur soweit die Gemeinschaft tätig wird, ist den Staaten die Kompetenz entzogen. Dabei ist die EG allerdings an die oben skizzierten Kompetenzausübungsschranken gebunden. Bei parallelen Kompetenzen gilt: Übt die Gemeinschaft diese aus, so begründet dies kein Verbot für die Mitgliedstaaten, vielmehr kann ein Sachverhalt kumulativ von nationalem Recht und Gemeinschaftsrecht geregelt werden. Beispiele: Ausschließliche Zuständigkeiten bestehen bezüglich dem internen Organisations- und Verfahrensrecht der Gemeinschaft, der Festlegung des Gemeinsamen Zolltarifs (Art 26 EGV), der Gemeinsamen Handelspolitik (Art 133 EGV), der Währungspolitik (Art 105 ff), etc. Konkurrierende Kompetenzen ergeben sich in der Agrarpolitik (Art 32 ff EGV), hinsichtlich der steuerlichen Vorschriften (Art 90 ff EGV), der Rechtsangleichung (Art 94 und 95 EGV), etc. Parallele Kompetenzen bestehen etwa bezüglich des Kartellverbots (Art 81 EGV), des Verbots des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung (Art 82 EGV), der Forschungsund Technologiepolitik (Art 163 ff EGV) sowie der Regionalpolitik (Art 158 ff EGV).

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Schnittstellen zwischen europäischer und nationaler Wirtschaftsverfassung

d)

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Vollzug von Gemeinschaftsrecht

aa) Einteilung Der Vollzug von Gemeinschaftsrecht (Primärrecht und abgeleitetes Sekundärrecht) ist zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedstaaten geteilt. Man unterscheidet die – gemeinschaftliche Vollziehung von der – mitgliedstaatlichen Vollziehung. bb) Gemeinschaftliche Vollziehung Gemeinschaftliche Vollziehung bedeutet, dass der Vollzug durch die Organe der Gemeinschaft nach bestimmten, vom Gemeinschaftsrecht selbst aufgestellten Regeln erfolgt (zB durch die Kommission oder andere Einrichtungen wie Fonds, Agenturen, Ämter). In diesem Fall richtet sich auch der Rechtsschutz nach dem Gemeinschaftsrecht (zB Nichtigkeitsklage vor dem EuGH). Beispiele: Durch die Gemeinschaftsorgane vollzogen wird insb das Wettbewerbsrecht, zB Art 88 EGV (Beihilfenverfahren) und das diesbezügliche sekundäre Gemeinschaftsrecht. Wichtig ist auch die Kontrolle der Einhaltung des Gemeinschaftsrechts durch die Kommission (Art 226 EGV, Aufsichtsklage) und der Haushaltsvollzug im gemeinschaftsinternen Bereich. Der Vollzug des gemeinschaftlichen Währungsrechts obliegt der EZB bzw dem ESZB.

cc) Mitgliedstaatliche Vollziehung Der Regelfall ist allerdings die Vollziehung durch die Mitgliedstaaten. Bei der mitgliedstaatlichen Vollziehung ist weiter zu unterscheiden zwischen – unmittelbarer mitgliedstaatlicher Vollziehung und – mittelbarer mitgliedstaatlicher Vollziehung. Um unmittelbare Vollziehung handelt es sich, wenn die Mitgliedstaaten unmittelbar anwendbares primäres und sekundäres Gemeinschaftsrecht anzuwenden haben (zB der Erlass eines Verwaltungsakts auf Grundlage einer GemeinschaftsVO). Mittelbar ist die Vollziehung dann, wenn die Behörden umgesetztes sekundäres Gemeinschaftsrecht (zumeist RL) durchführen. Die mitgliedstaatliche Vollziehung ist also nicht an bestimmte Rechtsakte gebunden, vielmehr beinhaltet diese alle geeigneten Maßnahmen wie Umsetzungsgesetze (Legislativakte), Verwaltungsakte aber auch Urteile. Insofern ist dieser Vollziehungsbegriff nicht mit dem des B-VG zu vergleichen, der nur Akte der Exekutive und der Judikative umfasst. Die Rechtsakte, die vom nationalen Gesetzgeber, von der staatlichen Behörde oder dem Gericht in Vollziehung des Gemeinschaftsrechts erlassen werden, sind allein dem Mitgliedstaat zuzurechnen. Dementsprechend richtet sich der Rechtsschutz nach nationalem Recht. Staatliche Akte können also nur von staatlichen Organen aufgehoben werden; möglich ist hingegen die Prüfung der Vereinbarkeit nationaler Maßnahmen mit dem Gemeinschaftsrecht im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens.

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Nationale Wirtschaftsverfassung

Die nationalen Organe gehen also bei der Durchführung des Gemeinschaftsrechts – soweit keine besonderen EG-Regelungen bestehen – nach den Bestimmungen des nationalen Rechts vor (zB Verwaltungsbehörden nach dem AVG, EGVG, VStG, etc). Dieser Grundsatz gilt allerdings nur insoweit, als durch die Anwendung nationaler Bestimmungen die Wirksamkeit der Gemeinschaftsregelungen nicht in Frage gestellt wird (Effizienzgebot). Weitere Bindungen der nationalen Behörden beim Vollzug ergeben sich auch insb aus dem Äquivalenzgrundsatz bzw dem Diskriminierungsverbot. Zusammengenommen bedeutet dies, dass zum einen die nationalen Verfahren und Rechtsschutzmöglichkeiten bezüglich des Vollzugs von Gemeinschaftsrecht nicht ungünstiger gestaltet werden dürfen als jene betreffend den Vollzug von innerstaatlichem Recht. Zum anderen darf die Durchsetzung der durch die EG-Rechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich oder übermäßig erschwert werden (vgl ua EuGH Rs C-188/95, Slg 1997, I-6783, Fantask). Der Staat haftet dabei unter bestimmten Voraussetzungen für Schäden, die Einzelnen durch ihm zurechenbare Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht (zB Nichtumsetzung oder fehlerhafte Umsetzung einer RL) entstehen (sog Staatshaftung, vgl etwa EuGH verb Rs C-46/93 und C-48/93, Slg 1996, I-1029, Brasserie).

3.

Österreichische Wirtschaftsverfassung

a)

Österreichische Wirtschaftsordnung

aa) Gemischte Wirtschaftsverfassung Das Bundesverfassungsrecht sieht keine Festlegung auf eine bestimmte Wirtschafts- und Sozialordnung vor. Ähnlich dem Gemeinschaftsrecht enthält die österreichische Verfassung damit auch kein bestimmtes ökonomisches Modell. Feststellen lassen sich aber rudimentäre Ansätze einer Wirtschafts- und Sozialverfassung, die die einfachgesetzlich zu konkretisierende Wirtschaftsordnung in erheblichem Ausmaß determinieren. Die Bundesverfassung ist damit zwar (bewusst) unvollständig und schreibt nicht dezidiert eine bestimmte gesellschaftliche Ordnung vor, ist aber keineswegs wirtschaftsordnungspolitisch indifferent. Die rudimentäre Wirtschaftsverfassung Österreichs ist eine „gemischte Wirtschaftsverfassung“, die sich sowohl aus liberalen (marktwirtschaftlichen) wie auch aus wohlfahrtstaatlichen und interventionistischen Elementen zusammensetzt. Man spricht auch von einer „sozialen Marktwirtschaft“ in Österreich, die durch die prinzipielle Gewährleistung einer freien Wirtschaft (private Marktwirtschaft, insb durch die Grundrechte), aber auch durch Eingriffe in diese im Interesse der öffentlichen Ordnung, der Beseitigung sozialer Missstände oder des Umweltschutzes („öko-soziale Marktwirtschaft“, vgl dazu allgemein das B-VG über den umfassenden Umweltschutz, BGBl 1984/491) gekennzeichnet ist. Schon die Wirtschaftsgrundrechte, die die Basis für die freie Wirtschaft bilden, stehen unter sog „Gesetzesvorbehalten“, die verhältnismäßige Eingriffe im öffentlichen Interesse gestatten. Weiters ergibt sich aus den einfachgesetzlich niedergelegten Regelungen sozialen Inhalts (Sozialversicherungspflicht, Pensionssystem) eine grundsätzlich soziale und wohlfahrtstaatliche

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Ausrichtung der Verfassung (vgl etwa die Kompetenztatbestände „Sozialversicherung“, „Arbeitsrecht“, „Einrichtung von Kammern“, „Armenwesen“, „Schulwesen“). Auch die ebenfalls auf Verfassungsebene verankerte staatliche Abgabenhoheit gewährt eine kaum zu beschränkende Möglichkeit zur Umverteilung. Für die Budgetpolitik normieren Art 13 Abs 2 B-VG und § 2 BundeshaushaltsG (BGBl 1986/213 idF BGBl I 2006/89) eine aktive Lenkung zur Sicherstellung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts, zu dem auch ein hoher Beschäftigungsstand gehört. Gleichwohl ist ein verfassungsgesetzliches Sozialstaatsprinzip strittig. Die Verfassung zeichnet noch weitere in den Wirtschaftsablauf eingreifende Maßnahmen wirtschaftslenkender, -polizeilicher und -aufsichtsrechtlicher Natur selbst vor (vgl Pkt E., F. und G.). Eine besonders weit reichende Verfassungsbestimmung zur Wirtschaftslenkung findet sich etwa in § 5a Preisgesetz 1992 (BGBl 1992/145 idF BGBl I 2004/151), der den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten zur Festsetzung eines Höchstpreises für Erdöl und seine Derivate ermächtigt. Auch die indirekte Lenkung etwa durch Subventionen oder öffentliche Aufträge findet ihre Grundlage in der Verfassung (Art 17 und 116 Abs 2 B-VG, Privatwirtschaftsverwaltung, Art 14b B-VG, öffentliches Auftragswesen). An dieser Stelle interessiert aber weniger die soziale Ausrichtung der Verfassung, sondern vielmehr die Frage, welche Gewährleistungen sie für ein prinzipiell marktwirtschaftliches System enthält. Ebenfalls soll erörtert werden, wie das im Gemeinschaftsrecht vorgezeichnete Modell auf die Bundesverfassung einwirkt. bb) Gewährleistungen einer marktwirtschaftlichen Ordnung ISd obigen Ausführungen hat der VfGH in seiner Rechtsprechung mehrmals betont, dass die freie Marktwirtschaft als solche kein Grundsatz des österreichischen Bundesverfassungsrechts ist und dieses folglich keinen solchen Inhalt aufweist, dass dem Gesetzgeber bei der Wahl der Wirtschaftsziele entgegengetreten werden könnte (vgl VfSlg 3092/1956, 5831/1968, 5966/1968). Damit wurde festgestellt, dass sich der Verfassungsgesetzgeber für kein bestimmtes ordnungspolitisches Modell entschieden hat und dementsprechend einzelne Gesetze allein wegen ihres Widerspruchs zu marktwirtschaftlichen Prinzipien nicht verfassungswidrig sein können. Noch weniger gibt es ein Grundrecht auf Marktwirtschaft in der österreichischen Bundesverfassung. Die wirtschaftspolitische Konzeption des Bundesverfassungsrechts ist vielmehr gegenüber den wirtschaftswissenschaftlichen Ordnungsmodellen offen, womit die Ausgestaltung der konkreten Wirtschaftsordnung dem einfachen Gesetzgeber überlassen bleibt. Die prinzipielle „Offenheit“ der Verfassung soll allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie zumindest minimale Garantien einer marktwirtschaftlichen Ordnung enthält und damit – wie eingangs erwähnt – ordnungspolitisch keineswegs indifferent ist. Der einfache Gesetzgeber verfügt nach dem Vorangegangenen zwar formell über einen Spielraum zwischen den Eckpunkten reine Marktwirtschaft und Zentralverwaltungswirtschaft, er ist aber praktisch durch die verfassungsrechtlich niedergelegte Minimalgarantie eines prinzipiell

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marktwirtschaftlichen Systems in Form der (wirtschaftlichen) Grundrechte erheblich beschränkt. Diese Minimalgarantie besteht im Wesentlichen darin, dass die gänzliche Beseitigung der die Marktwirtschaft begründenden Grundrechte (insb Privatautonomie, Eigentums- und Erwerbs[ausübungs]freiheit, Gleichheitsgrundsatz) verfassungswidrig wäre (sog Wesensgehaltssperre). Nach der neueren Judikatur werden grundrechtsbeschränkende Maßnahmen über den schwer definierbaren Wesensgehalt hinaus in differenzierterer Weise daran gemessen, ob sie einem öffentlichen Interesse dienen und verhältnismäßig sind. Beispiel: IdS ist etwa eine Verstaatlichung der gesamten Unternehmungen mit großem Kapitalbedarf und der gesamten Grundstoffindustrie dem Gesetzgeber verwehrt, da dadurch das Recht des Staatsbürgers auf die Freiheit der Erwerbsbetätigung in diesem Sektor beseitigt würde (VfSlg 3118/1956).

Im Zusammenhang mit seiner Judikatur zu den Grundrechten kam der VfGH zu einer weiteren wichtigen Einsicht. So stellte er fest, dass der Verfassungsgesetzgeber das System des freien Wettbewerbs und Konkurrenzkampfes, wie es die Grundrechte ermöglichen, bei der Erlassung der Grundrechtsordnung „mitgedacht hat“ (VfSlg 11.483/1987). Danach beruht das marktwirtschaftliche Ordnungssystem auf der Koordination der Wirtschaftssubjekte durch den Wettbewerb. Staatliche Einschränkungen der Wettbewerbsfreiheit bedürfen damit zum einen der Rechtfertigung. Zum anderen ist der Staat auch verpflichtet, die Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs zu gewährleisten, insb durch den Erlass allgemein verbindlicher Spielregeln in Form des Wettbewerbsrechts. Die Garantien einer marktwirtschaftlichen Ordnung ergeben sich dabei nicht nur aus den Grundrechten selbst, sondern auch aus der Gesamtkonzeption des Bundesverfassungsrechts. Die Grundrechte als Kernpunkt des marktwirtschaftlichen Systems sind Bestandteil des liberalen Prinzips der österreichischen Verfassung und damit der verfassungsrechtlichen Grundordnung (Bauprinzipien oder Baugesetze der österreichischen Verfassung). Damit stehen sie in enger Verbindung mit den weiteren Prinzipien der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit, der Gewaltenteilung, der Republik und der Bundesstaatlichkeit. Inhaltlich geben die Baugesetze eine bestimmte Struktur und Richtung für die Wirtschaftsverfassung vor. Dabei ist zu beachten, dass die durch sie erfolgten Grundlegungen zu einem großen Teil geradezu die Voraussetzung für eine Marktwirtschaft sind. Dies trifft im Besonderen auf das demokratische und das rechtsstaatliche Prinzip zu, die den Nährboden eines liberalen Gesellschaftssystems bilden. cc) Einflüsse des Gemeinschaftsrechts Garantien eines marktwirtschaftlichen Systems lassen sich mit Wirksamkeit für die österreichische Verfassung auch aus dem übergeordneten Gemeinschaftsrecht ableiten. Insb setzt die EG eine marktwirtschaftliche Ordnung in den Mitgliedstaaten zwingend voraus und verbietet einen Systemwechsel hin zu einer Zentralverwaltungswirtschaft (s Pkt C.III.5.). Es verpflichtet somit die Mitgliedstaaten zur Umsetzung der marktwirtschaftlichen Garantien des EG-

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Rechts und zur Ausrichtung ihrer Wirtschaftspolitik am Grundsatz der Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb. Der Spielraum des nationalen Gesetzgebers und der nationalen Vollziehung in Bezug auf wirtschaftsregulierende Maßnahmen wird dabei erheblich von den weiteren, konkretisierenden Bestimmungen des primären und sekundären EGRechts zum Gemeinsamen Markt determiniert (s zu den Funktionsgarantien des marktwirtschaftlichen Prinzips Pkt C.III.5.c.). Die Mitgliedstaaten verfügen zwar noch in weiten Bereichen eigenständig über ihre Wirtschaftspolitik, ihre diesbezüglich getroffenen Maßnahmen sind aber idR rechtfertigungsbedürftig und durch die Funktionsfähigkeit des Gemeinsamen Markts begrenzt. Besonders die im EGV normierten Grundfreiheiten ergänzen die nationale Wirtschaftsverfassung um die für den Binnenmarkt unabdingbare Außenwirtschaftsfreiheit. Die nationalen Grundrechte stehen nämlich als Staatsbürgerrechte Beschränkungen des grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehrs nicht entgegen. So gewährleisten weder der Gleichheitssatz noch das Grundrecht auf Erwerbsfreiheit einen Schutz (EU-)ausländischer Wirtschaftsteilnehmer vor Diskriminierungen oder sonstigen Marktzutrittsbeschränkungen. Hier greifen die Grundfreiheiten mit dem wesentlichen Ziel des Abbaus zwischenstaatlicher Barrieren ein und begründen mit den Grundrechten vergleichbare subjektive Rechte des Einzelnen. dd) Zusammenfassung Festzuhalten bleibt, dass die österreichische Wirtschaftsverfassung zwar keine dezidierte Entscheidung für ein ordnungspolitisches Modell, aber zumindest eine Minimalgarantie zugunsten eines marktwirtschaftlichen Systems mit freiem Wettbewerb enthält. Diese Minimalgarantie wird zusätzlich durch die Bestimmungen des EG-Rechts abgesichert. Bleibt man auf nationaler Verfassungsebene, so ergeben sich neben den konstituierenden Grundrechten (liberales Prinzip) noch weitere Funktionsgarantien aus den Bauprinzipien des österreichischen Verfassungsrechts. Zusammengefasst sind folgende wirtschaftsverfassungsrechtlich relevante Verfassungsbestimmungen und -grundsätze zu nennen: – Das demokratische und das rechtsstaatliche Prinzip als Voraussetzungen eines marktwirtschaftlichen Systems, – das bundesstaatliche Prinzip mit dem Prinzip der Einheit des Wirtschaftsgebiets und der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern und schließlich – die Grundrechte des Wirtschaftslebens (liberales Prinzip), die dem Einzelnen gerichtlich durchsetzbare subjektive Rechte gewähren. b)

Demokratisches und rechtsstaatliches Prinzip

aa) Demokratisches Prinzip Aus empirischer Sichtweise ist die Verknüpfung eines politischen Systems der Demokratie mit dem wirtschaftlichen System einer Marktwirtschaft die Regel. Das demokratische Prinzip gewährleistet die Teilnahme der Staatsbürger an den staatlichen Funktionen in voller Gleichberechtigung, wenn auch mittelbar

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durch einen allgemeinen Vertretungskörper, dem das Gesetzgebungsmonopol zukommt. Dieser bildet quasi ein Spiegelbild der politischen Strömungen, dessen Entscheidungen regelmäßig Kompromisse der von verschiedenen Ordnungsvorstellungen getragenen Parteien sind. Damit wird eine Rationalität der (Wirtschafts)Gesetzgebung gewährleistet und gleichzeitig eine Regierungsgesetzgebung oder der Erlass allgemein verbindlicher wirtschaftsrechtlicher Vorschriften durch berufsständische Vertretungen, wie dies in den autoritären austrofaschistischen und nationalsozialistischen Regimen vorgesehen war, ausgeschlossen. bb) Rechtsstaatliches Prinzip Mit der Demokratie geht idR die Rechtsstaatlichkeit einher. Eine rechtsstaatliche Verfassung ist essentiell für die Stabilität der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, auf der letztlich jede wirtschaftliche Investitionsentscheidung beruht. Das rechtsstaatliche Prinzip gewährleistet dabei Objektivität, Berechenbarkeit und Voraussehbarkeit der Tätigkeit der Verwaltung sowie Rechtsschutz gegenüber behördlichen Handlungen. Kern ist das Legalitätsprinzip gem Art 18 B-VG, wonach die gesamte staatliche Verwaltung nur aufgrund der, vom verfassungsmäßig zuständigen Organ (idR Parlament) erlassenen Gesetze ausgeübt werden darf (Vorbehalt des Gesetzes). Die Verwaltung wird damit an feste Regeln gebunden, die ihr Verhalten für den Bürger vorhersehbar und berechenbar machen. Um dies zu erreichen, müssen die Gesetze selbst das Handeln der Verwaltung hinreichend determinieren (Bestimmtheit der Gesetze). Insgesamt wird dadurch willkürliches Verhalten der Verwaltung ausgeschlossen und eine vorausschauende unternehmerische Planung erst ermöglicht. Für das Wirtschaftsrecht ergeben sich nach der Rechtsprechung des VfGH zum sog „differenzierten Legalitätsprinzip“ Besonderheiten. Demnach gibt es bestimmte Materien, bei denen eine weniger genaue Determinierung genügt, was sich aus der Unmöglichkeit einer exakten Bestimmung des Verwaltungshandelns und dem Rechtsschutzbedürfnis ergibt. Dies ist va dann der Fall, wenn ein Regelungsgegenstand von einer besonderen Dynamik gekennzeichnet ist. So hat der VfGH etwa in Hinblick auf das Börsenrecht keine so weitgehende gesetzliche Determinierung verlangt wie etwa in den Bereichen des Steuerrechts, des Sozialversicherungsrechts oder des Strafrechts. Zulässig ist auch eine finale Programmierung, die der Verwaltung einen größeren (Planungs)Spielraum einräumt, indem ihr lediglich ein Zielkatalog vorgegeben wird (Determinierung durch Zielvorgaben, zB im Raumordnungsrecht). Hingegen werden aus den Grundrechtsbestimmungen zusätzliche Erfordernisse an die hinreichende Bestimmtheit der Gesetze abgeleitet. Hier muss bei sog „eingriffsnahen“ Gesetzen, also bei solchen, die nicht nur ausnahmsweise, sondern idR in ein Grundrecht eingreifen, der Eingriffstatbestand besonders deutlich normiert werden (zB die genaue Regelung eines Enteignungszwecks hinsichtlich des Grundrechts auf Eigentum). Wirksam wird das Legalitätsprinzip allerdings erst, wenn dem Einzelnen auch Rechtsschutz gegen die ihn betreffenden behördlichen Maßnahmen ein-

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geräumt wird. Die Kernidee der Einräumung subjektiver Rechte ist also deren gerichtliche Durchsetzbarkeit. Zur Sicherung der Gesetzmäßigkeit der öffentlichen Verwaltung sind nach den Art 129 ff B-VG der Verwaltungsgerichtshof sowie die UVS (Unabhängigen Verwaltungssenate) berufen. Dem VfGH kommt in Bezug auf die Verwaltung va die Kontrolle von Verordnungen und Bescheiden in Hinblick auf die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte zu (Art 139 und 144 B-VG). Darüber hinaus ergibt sich eine Forderung nach einem effektiven Rechtsschutz in zivil- und strafrechtlichen Angelegenheiten aus Art 6 MRK: Jedem Rechtsunterworfenen wird damit das verfassungsrechtlich gewährleistete Recht auf Zugang zu einem Organ, das die Qualität eines „Tribunals“ erfüllt, eingeräumt. Weitere Forderungen nach einem effektiven Rechtsschutz ergeben sich insb aus dem Gemeinschaftsrecht. Gemeinschaftsrechtlich normierte subjektive Rechte müssen iSd Effizienzgebotes und des Diskriminierungsverbots auf gleiche Weise (gerichtlich) durchsetzbar sein, wie entsprechende, in nationalen Rechtsordnungen eingeräumte Rechte. c)

Bundesstaatliches Prinzip

aa) Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern Das bundesstaatliche Prinzip enthält ein System der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern (Art 10 – 15 B-VG), das Gesetzgebung und Vollziehung im Bereich des Wirtschaftsrechts zwischen beiden aufteilt. Dabei handelt es sich um Ermächtigungsnormen. Diese Bestimmungen berühren allerdings nicht die Stellung des Bundes und der Länder als Träger von Privatrechten (Art 17 B-VG). Soweit die Gebietskörperschaften (für die Gemeinden gilt hier Art 116 Abs 2 B-VG) in privatrechtlicher Weise tätig werden, also etwa Gewerbebetriebe errichten, Subventionen vergeben, etc, sind sie an die Kompetenzverteilung des B-VG nicht gebunden. Dabei sind die Gebietskörperschaften nicht wie bei der hoheitlichen Verwaltung auf eine bestimmte gesetzliche Grundlage angewiesen, um überhaupt tätig zu werden (mangelnde Geltung des Legalitätsprinzips). Freilich dürfen sie nicht gegen bestehende Gesetze verstoßen. bb) Einheit des Wirtschaftsgebiets Der Verfassungsgrundsatz der Einheit des Wirtschaftsgebiets beseitigt alle regionalen Beschränkungen für Personen und Waren, die dem Wirtschaftsverkehr hinderlich entgegenstehen könnten. Innerhalb des Bundes dürfen keine Zolllinien und sonstige Verkehrsbeschränkungen errichtet oder Abgaben erhoben werden, die in ihrer Wirkung Binnenzöllen gleichkommen. Dabei statuiert Art 4 B-VG aber weder ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht noch einen Kompetenztatbestand, sondern ist als eine Kompetenzausübungsschranke zu verstehen, nach der die Gebietskörperschaften von ihren Befugnissen nur in solcher Weise Gebrauch machen können, als dadurch die Einheitlichkeit des Bundesgebiets nicht zerstört wird.

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d)

Nationale Wirtschaftsverfassung

Wirtschaftsgrundrechte (liberales Prinzip)

aa) Grundrechte als Abwehrrechte Den Wirtschaftsgrundrechten ist gemeinsam, dass sie „Abwehrrechte“ gegen den Staat iSd liberalen Prinzips darstellen. Die Wirtschaftsgrundrechte konstituieren eine freiheitlich-individualistische Wirtschaftsverfassung. Das Vorhandensein eines Katalogs staatsbegrenzender Grundrechte ist ein Verfassungsprinzip und wesentlicher Gehalt einer rechtsstaatlichen Verfassung. Damit weisen die Grundrechte Ähnlichkeiten mit den gemeinschaftsrechtlich gewährleisteten Grundfreiheiten auf. Während die gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten aber va der Wettbewerbssicherung am Binnenmarkt dienen, sollen durch Erstere individuelle Freiräume abgesichert werden. bb) Privatautonomie, Eigentums- und Erwerbsfreiheit Die Grundrechte auf Eigentum und auf Erwerbs- und Liegenschaftsfreiheit statuieren die Freiheit wirtschaftlicher Aktivitäten Einzelner von staatlichen Eingriffen in Form von verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten. Nur soweit sich staatliche Maßnahmen (zB Berufszugangs- oder Berufsausübungsbeschränkungen, Enteignungen) durch ein öffentliches Interesse rechtfertigen lassen und überdies dem Verhältnismäßigkeitsprinzip entsprechen, sind sie zulässig. Zusammen mit der Privatautonomie und der Freiheit des Eigentums bildet die Erwerbsfreiheit damit die Grundlage der unternehmerischen Dispositionsfreiheit, des Marktzutritts und des freien Wettbewerbs. Das Grundrecht auf Eigentum schützt alle vermögenswerten Privatrechte (Sacheigentum, Miet- und Pachtrechte, Urheberrechte, Vermögen). Umfasst werden dabei sowohl Eingriffe durch Enteignungen wie auch „bloße“ Beschränkungen des Eigentums (zB Festlegung von Bauverboten, Vorschreibung von Abgaben). Von dem Grundrecht auf Eigentum wird nach hL auch das Recht auf Privatautonomie (§ 16 ABGB), also das Recht zum Abschluss privatrechtlicher Verträge, grundrechtlich abgesichert und Eingriffe nur nach denselben Maßstäben ermöglicht. Von der Erwerbsfreiheit wird jede Form der wirtschaftlichen Betätigung vor staatlichen Beschränkungen geschützt (selbständige gewerbliche Tätigkeiten, freie Berufe, unselbständige Tätigkeiten einschließlich der Beschäftigung im öffentlichen Dienst). Sie bildet zusammen mit Art 18 StGG (Berufswahl- und -ausbildungsfreiheit) eine umfassende Berufsfreiheit von der Ausbildung über den Antritt bis zur Ausübung des Berufs. Bezüglich der Erwerbsfreiheit erkannte der VfGH, dass der mit ihr verbundene freie Wettbewerb und Konkurrenzkampf Teil des Grundrechts ist und nur aus besonderen Gründen unterbunden werden dürfe (VfSlg 11.483/1987). IdS stellte etwa eine Beschränkung des Preiswettbewerbs als Kern der unternehmerischen Dispositionsfreiheit einen Eingriff in die Erwerbsfreiheit dar. cc) Personenfreizügigkeit und Vermögensfreiheit Neben dem Schutz wirtschaftlicher Tätigkeiten und des Eigentums ist auch die Gewährleistung der Freizügigkeit (Mobilität) der Personen und des Kapitals

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Zur Verklammerung von Grundrechten und Grundfreiheiten

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eine Essentiale einer marktwirtschaftlichen Ordnung. Gewährleistungen dieser Art finden sich in Art 4 StGG und Art 2 4. ZP EMRK. Die Personenfreizügigkeit garantiert dem Einzelnen Bewegungsfreiheit innerhalb des Staatsgebiets und die freie Wahl des Wohnsitzes, das Recht, den eigenen Staat ohne Behinderung zu verlassen und auch wieder einzureisen sowie den Schutz vor Ausweisung. Dies gilt allerdings nur für Inländer. EU-Bürgern sichert Art 18 EGV und die UnionsbürgerRL ein gemeinschaftsweites Aufenthaltsrecht. Erwerbstätige und ihre Angehörigen sowie alle anderen EU-Bürger, soweit Letztere über eine ausreichende Krankenversicherung und ausreichende eigene Mittel verfügen, haben das Recht auf Einreise und Aufenthalt in jedem Mitgliedstaat. Für Fremde (also Nicht-EU-Bürger) gilt dies nur, soweit sie sich rechtmäßig im Inland aufhalten, also über eine Aufenthaltsberechtigung verfügen. Art 4 StGG gewährleistet weiters dem Einzelnen die Freiheit, sein Vermögen innerhalb Österreichs ungehindert zu bewegen. Die praktische Bedeutung der Vermögensfreiheit ist allerdings gering, da der VfGH annimmt, dass die Vermögensfreiheit einem allgemeinen ungeschriebenen Gesetzesvorbehalt unterliegt, also nur eine Freiheit im Rahmen der allgemeinen Rechtsordnung ist (VfSlg 8086/1977). Damit verletzt weder die Einhebung einer Straßenmaut noch die Verhängung von Verkehrsbeschränkungen das Grundrecht auf Vermögensfreiheit.

4.

Zur Verklammerung von Grundrechten und Grundfreiheiten

Aus der vorstehenden Darstellung wird ersichtlich, in welch vielfältiger Weise Vorschriften des allgemeinen Verfassungsrechts als Konstituanten der Wirtschaftsverfassung relevant sind. Dass in diesem Zusammenhang das Rechtsstaatsprinzip als Garant für die unternehmerische Planungs- und Investitionssicherheit von grundlegender Bedeutung ist, sei nochmals betont. Die Heranführung des nationalen Verfassungsrechts an die übergeordneten Rechtskreise zeigt überdies, dass die individuellen Garantien der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte zugleich als Anker der Institution der Marktwirtschaft fungieren. Die vom VfGH schon früher anerkannte, aber noch weitgehend disponible Grundausrichtung auf ein marktwirtschaftliches System gewinnt dadurch an Festigkeit. Durch die im EG-Recht verankerten Grundfreiheiten wird diese noch verstärkt und zugleich die Öffnung der Märkte sichergestellt. Bei der Verklammerung von Grundrechten und Grundfreiheiten sind Kollisionen unvermeidlich, wie etwa zwischen der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Versammlungsfreiheit und der Warenverkehrsfreiheit des Gemeinschaftsrechts (vgl dazu EuGH Rs C-112/00, Slg 2003, I-5659, Schmidberger). Solche Disharmonien mögen zwar als unsystematisch erscheinen, sie sind aber letztlich Ausdruck eines von unterschiedlichsten Interessen beherrschten Verfassungsgefüges internationaler, europäischer und nationaler Provenienz. Gesamthaft gesehen wird der nationale verfassungs- und wirtschaftspolitische Gestaltungsspielraum verringert. Dies ist eben die Eintrittskarte für die Teilnahme an der internationalen und europäischen Wirtschaftsintegration.

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Nationale Wirtschaftsverfassung

Fragen: 1. Welche Schnittstellen ergeben sich zwischen internationalem und nationalem Wirtschaftsverfassungsrecht? 2. Schildern Sie die Strukturprinzipien des EG-Rechts. 3. Welche Typen von Kompetenzen gibt es? 4. Welche Determinanten für die mitgliedstaatliche Vollziehung ergeben sich aus dem Gemeinschaftsrecht? 5. Welche Gewährleistungen einer marktwirtschaftlichen Ordnung enthält das österreichische Wirtschaftsverfassungsrecht? 6. Was hat das Rechtsstaatlichkeitsprinzip mit dem Wirtschaftsrecht zu tun? 7. Welche Wirtschaftsgrundrechte kennen Sie?

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D) Wettbewerbssicherung Das Recht der Wettbewerbssicherung stellt heute die „Königsdisziplin“ des Wirtschaftsrechts dar. Dies entspricht dem Siegeszug der Marktwirtschaft in den letzten Jahrzehnten sowohl im internationalen als auch im nationalen Bereich. Zentrales Ordnungsprinzip der Marktwirtschaft ist der Wettbewerb. Bildlich gesprochen ist der Markt für den Wettbewerb das, was der Dom für die Religion, das Theater für die Dichtkunst, das Konzerthaus für die Musik, das Stadion für den Fußball und das Krankenhaus für die Medizin ist. Im Gefolge der Entwicklung des marktwirtschaftlichen Prinzips war auch das Wirtschaftsrecht in den letzten Jahren einem radikalen Paradigmenwechsel unterworfen. Denn bis vor 15 Jahren wurde das Wirtschaftsrecht im Kern als eine etwas erweiterte Form des Wirtschaftslenkungsrechts („Das Wirtschaftsrecht als Instrument der Wirtschaftspolitik“) begriffen. Im Detail lässt sich dieser Wandel am Beispiel der geänderten Bewertung der Funktion von Subventionen verdeutlichen. Waren diese ursprünglich als Gestaltungsmittel der Verwaltung zur Verfolgung von öffentlichen Interessen durchaus positiv eingeschätzt, so stellen sie gemäß der rigiden Beurteilung von Kommission und EuGH unter dem Blickwinkel des Gemeinsamen Markts eine Wettbewerbsverzerrung dar, die als „Beihilfe“ grundsätzlich verpönt ist. Eingriffe in den „freien, fairen und lauteren“ Wettbewerb finden sowohl durch staatliche Stellen als auch durch private Unternehmer statt. Die eben erwähnten Beihilfen und die Vergabe von Staatsaufträgen werden durch „staatsgerichtete“ Wettbewerbsvorschriften geregelt. Die von privaten Unternehmern ausgehenden „selbstzerstörerischen“ Kräfte des Markts wiederum stehen im Visier des Kartellrechts und des Rechts gegen den unlauteren Wettbewerb.

I.

Bedeutung des Wettbewerbsrechts

Literatur: Arndt, Europarecht5 (2001); Borchardt, Die rechtlichen Grundlagen der Europäischen Union2 (2002); Böhm, Freiheit und Ordnung in der Marktwirtschaft (1980); Conrad, Die Notwendigkeit, die Möglichkeiten und die Grenzen einer internationalen Wettbewerbsordnung. Reformansätze vor dem Hintergrund derzeitiger außenwirtschaftlicher Problemfelder und der Doha-Welthandelsrunde (2005); Drexl, Wettbewerbsverfassung, in von Bogdandy (Hrsg), Europäisches Verfassungsrecht. Theoretische und dogmatische Grundzüge (2003) 747; Eilmansberger, Art 81 EGV, in Streinz (Hrsg), EUV/EGV. Vertrag über die Europäische Union und Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (2003) 908; Eucken, Nationalökonomie wozu?5 (2005); Fritsch/Wein/Ewers, Marktversagen und Wirtschaftspolitik5 (2003); Hakenberg, Grundzüge des Europäischen Wirtschaftsrechts (1994); Hatje, Wirtschaftsverfassung, in von Bogdandy (Hrsg), Europäisches Verfassungsrecht (2003) 683; Kahl, Der öffentliche Personennahverkehr auf dem Weg zum Wettbewerb (2005); Knieps, Wettbewerbsökonomie. Regulierungstheorie, Industrieökonomie, Wettbewerbspolitik2 (2005); Schliesky,

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Bedeutung des Wettbewerbsrechts

Öffentliches Wirtschaftsrecht (2000); ders, Öffentliches Wettbewerbsrecht. Verhaltensrechtliche Determinanten von wirtschaftsbezogenem Staatshandeln (1997); Streinz (Hrsg), EUV/EGV. Vertrag über die Europäische Union und Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (2003); von Bogdandy (Hrsg), Europäisches Verfassungsrecht. Theoretische und dogmatische Grundzüge (2003); Wimmer/Arnold, Wirtschaftsrecht in Österreich und seine europarechtliche Integration2 (1998).

1.

Begriff und Funktionen des Wettbewerbs

a)

Begriff des Wettbewerbs

aa) Wettbewerb als Ordnungsprinzip des Markts Die Knappheit der Ressourcen auf der einen Seite und die „unbegrenzten“ Bedürfnisse der Menschen auf der anderen Seite müssen miteinander in Übereinstimmung gebracht werden. In einer Marktwirtschaft besorgt diese Aufgabe der Wettbewerb. Zwar gibt es – aufgrund seiner Vielfältigkeit und Dynamik – keine allgemein gültige Definition von „Wettbewerb“, man kann jedoch das Wesen des Wettbewerbs zumindest darin erkennen, dass auf beiden Marktseiten (Angebot und Nachfrage) zumindest zwei Marktteilnehmer vorhanden sind, sodass die jeweils andere Seite eine Wahlmöglichkeit hat. Die Teilnehmer auf beiden Seiten müssen in dieser Situation miteinander wetteifern, um als Nachfrager bzw Anbieter zum Zug zu kommen. Während der Wettbewerb idR auf der Nachfrageseite gegeben ist, gilt dies nicht immer auch für die Angebotsseite (zB bei Vorhandensein eines Monopols). Dementsprechend beschäftigt sich das Wettbewerbsrecht va mit der Regulierung der Angebotsseite. bb) Unterscheidung von Wettbewerb und Markt Markt und Wettbewerb sind zwar eng miteinander verbunden (Wettbewerb als Ordnungsprinzip der Marktwirtschaft), allerdings begrifflich auseinander zu halten. Dies ergibt sich schon aus dem Umstand, dass Märkte auch ohne das Vorhandensein von Wettbewerb (zB bei einem Monopol) existieren. Der Markt ist der (reale oder virtuelle) Ort, an dem Angebot und Nachfrage zusammenkommen und sich Preise, die den Knappheitsgrad eines Guts angeben, bilden sowie Tauschhandlungen vollzogen werden. Voraussetzung für den Markt ist die Gewährung von (wirtschaftlichen) Grundrechten und Marktfreiheiten (Privatautonomie, Eigentumsrechte, grenzüberschreitende Warenverkehrsfreiheit, etc), die sich als Abwehrrechte primär gegen den Staat richten. Der idS statische Markt bedingt idR den Wettbewerb, soweit auf beiden Seiten zwei oder mehrere Akteure vorhanden sind. Der wettbewerbliche Prozess beinhaltet die Konkurrenz der auf dem Markt zusammentreffenden Akteure um die knappen Güter und gewährleistet zum einen die optimale Allokation der Ressourcen und bietet zum anderen Leistungsanreize, sich gegenüber der Konkurrenz zu verbessern oder sich an diese anzupassen. Es geht in Anlehnung an Hayek um ein spontanes, nicht zentral geplantes Entdeckungsverfahren, das nicht nur den jeweils besten Zustand des Gemeinwohls, sondern auch die technischen und organisatorischen Möglichkeiten zur Verbesserung dieses Zustands aufspürt. Insofern erfüllt der Wettbewerb sowohl eine statische (Alloka-

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Begriff und Funktionen des Wettbewerbs

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tion, Distribution) wie auch eine dynamische Funktion (dynamische Wettbewerbsfunktion durch Anpassungsflexibilität, technischer Fortschritt), durch die eine Weiterentwicklung des Markts gewährleistet wird. Voraussetzung für den Wettbewerb ist dabei die Wettbewerbsfreiheit (Entschließungs- und Handlungsfreiheit) der Teilnehmer, die sich zwar teilweise mit den Grundrechten und Marktfreiheiten deckt (insb Grundrechtsbetätigung), sich aber insofern von diesen unterscheidet, als sie sich nicht nur gegen staatliche Einschränkungen, sondern primär gegen Einschränkungen von privater Seite richtet. b)

Funktionen des Wettbewerbs

Unternehmen treten am Markt in einen Wettkampf um die Kunden, zwischen denen ebenfalls Konkurrenz herrscht. Der Wettbewerb bewirkt idealerweise, dass vorrangig jene Leistungen angeboten werden, die von den Kunden am meisten nachgefragt sind und das beste Preis- Leistungsverhältnis und die beste Qualität aufweisen. Will der Anbieter am Markt überleben, muss er versuchen, Mittel und Wege zu finden, um den Marktbedarf bestmöglich zu befriedigen. Dadurch dient er in seinem Streben nach Maximierung des Eigennutzes (Profit) unbewusst dem Gemeinwohl (Befriedigung des Bedarfs, Steigerung der Produktivität, Senkung der Preise, Erhöhung der Qualität, etc). Adam Smith spricht hier – noch immer treffend – von einer „unsichtbaren Hand“, durch die der Wettbewerb die Eigeninteressen so lenkt, dass sie dem Gesamtinteresse von Wirtschaft und Gesellschaft dienen. Der Wettbewerb erfüllt daher als Ordnungsprinzip einer Marktwirtschaft – zumindest im Ideal – eine Reihe wichtiger wirtschafts- und gesellschaftspolitischer Funktionen: – Der Wettbewerb zwingt die Unternehmer auf dem Markt, ein Angebot bereitzustellen, das dem Bedarf der Konsumenten (Nachfrager) entspricht (Steuerungsfunktion). – Durch den Wettbewerb werden die knappen Mittel in ihre jeweils produktivste Verwendung gelenkt (Allokationsfunktion). Zum einen werden die preisgünstigsten Vorprodukte bei der Produktion eingesetzt, zum anderen kommt jenes Unternehmen auf dem Markt zum Zug, das die kostengünstigste Produktion aufweist und über ein hohes Preissenkungspotential verfügt. – Langfristig gesehen können sich also nur diejenigen Unternehmer am Markt halten, die ihre Ressourcen effizient nutzen (Sanktionsfunktion). Ineffizient arbeitende Unternehmen gehen unter. – Zur Steigerung ihrer Effizienz versuchen die Unternehmer permanent, sich Vorsprünge im Wettbewerb durch neue Produkte oder Produktionsverfahren zu verschaffen (Innovationsfunktion) bzw Wettbewerbsvorteile der Konkurrenten durch Anpassung aufzuholen (Anpassungsfunktion). Insgesamt gesehen müssen die Unternehmen beständig an ihrer Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den inländischen und – mit zunehmender Öffnung der Märkte – den ausländischen Konkurrenten arbeiten. In enger Verbindung mit der Innovationsfunktion stehen die Patentrechte, die zwar kurzfristig den Wettbewerb beschränken (Ausschließung der Konkurrenten von angebotsoptimierenden Erkenntnissen), auf lange Sicht aber erst den Anreiz zur Innovation bilden.

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Bedeutung des Wettbewerbsrechts

– Die Waren und Dienstleistungen werden im wettbewerblichen Markt optimal verteilt und die Marktteilnehmer marktgerecht für ihre Leistungen entlohnt (Distributionsfunktion). Einkommensunterschiede sind also auf Leistungsdifferenziale zurückzuführen. Damit unvereinbar ist etwa die Erzielung von Monopolrenten, die nicht auf eine besondere Leistung zurückzuführen sind. Wichtig ist auch, dass ein gewisses Maß an Sozialstaatlichkeit (Sozial- und Steuerpolitik) vorausgesetzt wird, das Härten in der Verteilung abfedert. – Der Wettbewerb führt zu einer Begrenzung wirtschaftlicher Macht (Kontrollfunktion) und sichert die individuelle Handlungsfreiheit der Marktteilnehmer (Freiheitsfunktion). Wettbewerb setzt dabei das Vorhandensein mehrerer Anbieter bzw Nachfrager voraus. Ist auf einer Marktseite nur ein Marktteilnehmer vorhanden oder haben sich die Konkurrenten zusammengeschlossen, wird der Wettbewerb verhindert und die Handlungsfreiheit beschränkt. Die Verhinderung von Marktübermacht bzw Marktungleichgewichten ist damit Voraussetzung der Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs. c)

Wettbewerb und öffentliche Güter

Anzumerken ist allerdings, dass Markt und Wettbewerb für bestimmte Güter nicht gelten bzw bei der Erbringung dieser Güter „versagen“. Dabei handelt es sich um sog „öffentliche Güter“, die durch die Nichtrivalität der Konsumenten und/oder die Nichtausschließbarkeit anderer von der Nutzung gekennzeichnet sind. Öffentliche Güter können also idR nicht als „Ware“ auf dem Markt verkauft werden und ihre Nutzung steht der Allgemeinheit zu und nicht nur jenen, die auch dafür „gezahlt“ haben. Beispiel: Am Gut „Sicherheit vor äußerem Angriff“ durch die Landesverteidigung lässt sich dies gut veranschaulichen. Derjenige, der keine Leistung zur Verteidigung beiträgt, kann nicht von diesem Gut ausgeschlossen werden, da der potentielle Angreifer nicht zwischen beitragsleistenden und nicht-beitragsleistenden Personen unterscheiden wird. Er kommt also als Trittbrettfahrer in den Genuss des Guts. Markt und Wettbewerb funktionieren hier nicht.

Oft werden zu dem obigen Beispiel noch die Sicherung natürlicher Lebensbedingungen (saubere Luft, Biodiversität), das künstlerische Erbe sowie die Daseinsvorsorge (Verkehrs-, Bildungs-, Kommunikationseinrichtungen, Versorgung mit Energie, etc) zu den öffentlichen Gütern hinzugezählt. Allerdings kann das, was als öffentliches Gut gelten soll idR nicht objektiv beurteilt werden. Ob ein bestimmtes Bedürfnis von privaten oder von öffentlichen Anbietern befriedigt werden soll bzw kann, ist vielmehr eine primär politische Frage.

2.

Wettbewerbssicherung als öffentliche Aufgabe

a)

Beschränkungen des Wettbewerbs durch private und staatliche Akteure

aa) Beschränkungen des Wettbewerbs durch Private Private Unternehmer handeln nicht immer volkswirtschaftlich „richtig“, sondern tendieren dazu, die Gesetze des Wettbewerbs zu ihrem eigenen Nutzen

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Wettbewerbssicherung als öffentliche Aufgabe

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außer Kraft zu setzen, um gegenüber anderen Marktteilnehmern Vorsprünge zu erzielen oder Profite zu erwirtschaften, die unter Wettbewerbsbedingungen nicht möglich wären. Probleme für einen funktionierenden Wettbewerb ergeben sich dabei abstrakt gesehen aus – der Entstehung von Marktmacht, die zur spürbaren Beeinflussung des Markts befähigt, – der Etablierung von Marktzutrittsschranken für potentielle Mitbewerber und – der Anwendung unlauterer Geschäftspraktiken, insb irreführender oder besonders aggressiver Maßnahmen gegenüber Verbrauchern und Konkurrenten. Beispiele: Unternehmen schließen häufig Verträge oder treffen Absprachen (Kartelle) über die Aufteilung der Märkte oder die Festlegung von Preisen, die die Risiken eines freien Wettbewerbs ausschließen. So können sie ihr Verhalten „privat“ anstatt über den Markt und den „unbequemen“ Wettbewerb koordinieren. Unternehmen können weiters auch ihre starke Stellung am Markt ausnützen, um aktuelle Konkurrenten zu verdrängen oder potentiellen Mitbewerbern den Marktzugang zu verwehren. Dies ist für Unternehmen mit Monopolstellung auf einem bestimmten Markt besonders verlockend. Schließlich können sie ohne Konkurrenten ihre Profite maximieren, indem sie ihre Produkte zu erhöhten Preisen anbieten. Ein Anreiz, die Produkte oder Verfahren zu verbessern und Kostensenkungspotentiale auszunützen, besteht hier nicht mehr.

bb) Beschränkungen des Wettbewerbs durch den Staat Zu diesen „privaten“ Beschränkungen des Wettbewerbs im Rahmen der Ausübung von Grundrechten und -freiheiten treten noch solche, die der Staat in Verfolgung von öffentlichen Interessen (zB Förderung einheimischer Wirtschaftszweige) setzt. Dazu zählen die wirtschaftliche Betätigung mittels staatlicher Unternehmen, die Verteilung von Subventionen (Beihilfen) an Unternehmen, die Vergabe öffentlicher Aufträge und iwS auch wirtschaftslenkende Maßnahmen wie die Festsetzung von Preisen. Beispiele: Staatliche Subventionen an ausgewählte Produktionszweige oder Personengruppen können den Wettbewerb verzerren, wenn sie ohne Gegenleistung der Begünstigten vergeben werden und diesen damit ein Wettbewerbsvorteil gegenüber den anderen Marktteilnehmern zukommt. Gleiches gilt für die selektive Vergabe von öffentlichen Aufträgen an Unternehmen, die nicht wegen ihrer Leistungsfähigkeit, sondern aus anderen Gründen (Sitz im Inland, Beschäftigung inländischer Arbeitskräfte) ausgewählt werden.

b)

Wettbewerbsrecht als Aufgabe des Staats und der EG

Die Koordination der Wirtschaftsleistungen über den Wettbewerb bedarf also gewisser Rahmenbedingungen oder Spielregeln, die gewährleisten, dass das System zufriedenstellend arbeitet und seine Funktionen erfüllen kann. Die Wettbewerbsregeln gründen dabei auf der Abwägungsentscheidung, wann noch eine zulässige Ausübung der Grundrechte- und -freiheiten vorliegt bzw ab

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Bedeutung des Wettbewerbsrechts

wann eine derartige Beschränkung des Wettbewerbs entsteht, die zu einer Verwehrung der Grundrechts- bzw -freiheitsbetätigung führen soll. In Bezug auf staatliche Beschränkungen enthalten sie die Entscheidung, wann ein Eingriff von staatlicher Seite im Rahmen der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe in den Wettbewerb noch tolerierbar ist und wann eben nicht mehr. Die Aufgabe des Erlasses von Wettbewerbsrecht übernimmt der Staat bezüglich der nationalen Märkte. Die diesbezügliche Pflicht des Staats zur Sicherung des Wettbewerbs resultiert unmittelbar aus den Grundrechten. Diese umfassen zum einen Abwehrrechte gegen staatliche Eingriffe in den Wirtschaftsprozess und zum anderen auch aktive Handlungspflichten des Staats zum Schutz der Wettbewerbsfreiheit gegen Beeinträchtigungen. Ziel des staatlichen Wettbewerbsrechts ist es somit, ein Optimum der konkurrierenden Grundrechtsbetätigungen der Marktteilnehmer zu erreichen und damit einen funktionsfähigen Wettbewerb zu gewährleisten. Im EU-Raum kommt überdies der Gemeinschaft die Aufgabe der Sicherung des Wettbewerbs in Bezug auf den grenzüberschreitenden Binnenmarkt zu. Das Recht der Gemeinschaft verfolgt somit ebenfalls die Verhinderung von Beschränkungen des Wettbewerbs durch Private. Es unterscheidet sich vom staatlichen Wettbewerbsrecht allerdings insofern, als es im Wege des Beihilfenrechts, des Rechts der öffentlichen Vergabe und des Rechts der öffentlichen Unternehmen noch weitaus rigider und umfassender gegen staatliche Beschränkungen vorgeht. Auf internationaler Ebene sind die Mitgliedstaaten sowie die EG im Rahmen ihrer öffentlichen Aufgabe an Abkommen, die ua der Sicherung des weltweiten Wettbewerbs dienen, beteiligt. Das völkerrechtliche Wettbewerbsrecht erfasst zwar ebenfalls Beschränkungen von staatlicher und privater Seite, ist aber zum einen nicht so ausgeprägt wie jenes auf nationaler und gemeinschaftsrechtlicher Ebene und dient zum anderen primär dem Ausgleich zwischen den Handelsinteressen der Staaten, während der Schutz des Wettbewerbs und der Wirtschaftsbeteiligten in den Hintergrund tritt.

3.

Ziele und Schutzbereiche des Wettbewerbsrechts

a)

Die Ziele des Wettbewerbsrechts

Die Sicherung des Wettbewerbs umfasst drei eng miteinander zusammenhängende Ziele. Wichtig ist zu erkennen, dass der Schutz des Wettbewerbs nicht Selbstzweck ist, sondern maßgeblich dem Schutz des Einzelnen und des Konsumenten dient. Ziel des Wettbewerbsrechts ist es, zu gewährleisten, dass – der Wettbewerb tatsächlich stattfindet und – dass er nicht verfälscht wird sowie fair abläuft (Schutz des Leistungswettbewerbs). – Darüber hinaus hat das Wettbewerbsrecht die Marktintegration zum Ziel. Damit der Wettbewerb tatsächlich stattfindet muss gewährleistet sein, dass die Marktteilnehmer über weitgehende Entscheidungs- und Handlungsfreiheit verfügen. Voraussetzung dafür ist zunächst – wie schon erwähnt – eine (relativ) freie Marktwirtschaft mit weitgehender Privatautonomie und Grundrechten bzw -freiheiten. Ziel des Wettbewerbsrechts ist es, zu verhindern, dass die

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Ziele und Schutzbereiche des Wettbewerbsrechts

155

(missbräuchliche) Ausnützung der Entscheidungs- und Handlungsfreiheit zu einer Beseitigung der Freiheit der anderen Marktteilnehmer führt und damit ein Wettbewerb gar nicht mehr stattfindet. Walter Eucken formulierte diesen Gedanken prägnant: „Freiheit und Ordnung befinden sich in der Wettbewerbsordnung im Gleichgewicht. Sie wahrt die Selbstverantwortung des Einzelnen, aber sie gewährt ihm nicht die Freiheit, durch Schaffung von Machtgebilden die Freiheit anderer zu beseitigen.“ Der Schutz des Wettbewerbs vor Verfälschungen zielt auf die Verhinderung von Wettbewerbsvorsprüngen, die nicht auf der eigenen wirtschaftlichen Leistung von Unternehmen gründen. Unverfälscht ist der Wettbewerb nur dann, wenn sich der wirtschaftliche Erfolg allein nach der Günstigkeit bzw Qualität der Leistung für den Verbraucher bemisst (sog Leistungswettbewerb). Damit in Zusammenhang steht der Schutz eines fairen Wettbewerbs, der Konkurrenten, Verbraucher und die „Allgemeinheit“ vor unlauteren Methoden (zB irreführende Werbung, unzumutbare Belästigungen) schützt. Leistungswettbewerb herrscht dann, wenn die Leistungen der konkurrierenden Unternehmen frei und ungehindert zur Entfaltung kommen und die Abnehmer nach der Qualität oder Preisgünstigkeit frei wählen können. Der Nichtleistungswettbewerb zeichnet sich durch solche Maßnahmen aus, die die Kaufentscheidung des Kunden erschweren, indem sie ihn unsachlich beeinflussen oder die Konkurrenz mit nichtleistungsbezogenen Mitteln (zB Kampfpreisunterbietung) daran hindern, ihre Leistung am Markt zur Geltung zu bringen. Besonders das europäische Wettbewerbsrecht verfolgt darüber hinaus das Ziel der Marktintegration. Verhindert werden soll die territoriale Aufteilung und Abschottung der nationalen Märkte durch private wie staatliche Akteure und die damit verbundene Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Wettbewerbs. b)

Die Schutzbereiche des Wettbewerbsrechts

aa) Schutz der Handlungs- und Entscheidungsfreiheit der Marktteilnehmer Ein funktionierender Wettbewerb hängt maßgeblich vom Bestand der Handlungs- und Entscheidungsfreiheit der einzelnen Wirtschaftsteilnehmer ab. Der auf dieser Erkenntnis gründende wettbewerbsrechtliche Individualschutz richtet sich sowohl gegen die Beschränkungen der Wirtschaftsfreiheit des Einzelnen durch andere (private) Wirtschaftssubjekte als auch durch den Staat. Die Stellung des Einzelnen im Wettbewerb ist zunächst durch die gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten und die nationalen Grundrechte abgesichert, die va Abwehrrechte gegen Beschränkungen der Wirtschaftsfreiheit beinhalten und sich in erster Linie gegen den Staat, durchaus aber auch gegen andere Private richten (Drittwirkung der Grundfreiheiten). Hinzu kommen die hier interessierenden Bestimmungen des klassischen Wettbewerbsrechts (Kartellverbot, Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung sowie das Lauterkeitsrecht), die der Absicherung des Einzelnen gegenüber Wettbewerbsbeschränkungen bzw unlauteren Methoden durch andere Private in Wahrnehmung ihrer grundsätzlich unbeschränkten Privatautonomie dienen.

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156

Bedeutung des Wettbewerbsrechts

Im europäischen Wettbewerbsrecht stand zunächst der Wettbewerb als Institution im Mittelpunkt, der Schutz der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit der Marktteilnehmer wurde nur als Mittel und Reflex eines wirksamen Wettbewerbs gesehen. In der neueren Rechtsprechung sind demgegenüber individualschutzrechtliche Ansätze erkennbar. Im Bezug auf das europäische Kartellrecht (insb Art 81 EGV) hat der EuGH etwa in der Rs Courage entschieden, dass jene Bestimmungen Rechte des Einzelnen (Individualrechte) begründen (EuGH Rs C-453/99, Slg 2001, I-6297). Eine Folge der individualrechtlichen Ausgestaltung der Wettbewerbsregeln ist die Zuerkennung von Schadenersatz-, Unterlassungs- und Beseitigungsansprüchen an denjenigen, der von dem wettbewerbswidrigen Verhalten betroffen ist. Die Anspruchsgrundlagen dafür finden sich im nationalen Recht (zB in Österreich im BG gegen den unlauteren Wettbewerb, UWG). Dabei ist allerdings zu bedenken, dass dem Einzelnen Rechte nicht primär aus Gründen des Schutzes seiner wirtschaftlichen Freiheit zuerkannt werden, sondern vielmehr, um für die Vollzugseffizienz des Wettbewerbsrechts zu sorgen. Der Einzelne wird als „Anwalt des Wettbewerbs“ tätig, wenn er seine eigene wirtschaftliche Freiheit zu verteidigen sucht. Derzeit liegt ein Grünbuch der Kommission vor (KOM[2005], 672 endg), das Vorschläge für eine effektivere Durchsetzung der Schadenersatzansprüche von Unternehmen und Konsumenten wegen Verletzung des EUWettbewerbsrechts ieS (Art 81 und 82 EGV) enthält (sog private Wettbewerbsrechtsdurchsetzung, private enforcement). Ziel ist es, die Hindernisse, die einem wirksamen Rechtsschutz entgegenstehen, zu beseitigen. Im Zentrum stehen dabei die Fragen Zugang der Kläger zu Beweismitteln, das Verschuldenserfordernis beim Schadenersatz, der Umfang des Schadenersatzes, gerichtliche Zuständigkeit, Sammelklagen und der Schutz von Verbraucherinteressen. bb) Schutz der institutionellen Wettbewerbsordnung Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass der Individualschutz gesamthaft gesehen der institutionellen Absicherung des Wettbewerbs dient (Institutionsschutz, Schutz des Wettbewerbs per se). Die Einzelabsicherungen ergeben bzw ermöglichen also in Summe den Wettbewerb. Beide Dimensionen (Individualschutz und Institutionsschutz) stehen damit in einem engen wechselseitigen Verhältnis zueinander. Beim Schutz des Wettbewerbs als Institution steht die Funktionsfähigkeit und Wirksamkeit der wettbewerbsgesteuerten Marktwirtschaft im Zentrum. Der funktionsfähige Wettbewerb soll vor jeglichen Beschränkungen geschützt werden, also insb auch vor solchen, die nicht von der Wahrnehmung der Privatautonomie ausgehen. MaW statuiert der Institutionsschutz ein allgemeines Wettbewerbsprinzip, das jenen wirtschaftlichen Ordnungsrahmen prägt, an dem sich alle staatlichen und privaten Maßnahmen zu messen haben. Auf den Wettbewerb als Institution beziehen sich im Wesentlichen das Beihilfen- und Vergaberecht sowie die Fusionskontrolle. Ersteres will Verfälschungen des Leistungswettbewerbs durch staatliche Vorteilsgewährung an Unternehmen verhindern, während das Vergaberecht erst der Schaffung von

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Einteilung des Wettbewerbsrechts

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Wettbewerb in Bezug auf öffentliche Aufträge dient. Die Fusionskontrolle zielt schließlich auf die Erhaltung einer bestimmten Wettbewerbsstruktur ab. Dass der freie Wettbewerb nicht immer als sinnvoll angesehen wird und das Wettbewerbsprinzip nicht absolut gilt, ergibt sich schon aus den Ausnahmen des Wettbewerbsrechts selbst (zB Art 86 Abs 2 EGV: Ausnahmen vom Wettbewerbsrecht für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse, Art 87 Abs 3 EGV: Ausnahmen vom Beihilfenverbot für bestimmte Beihilfen, die an sich wettbewerbsbeschränkend sind, etc). Dennoch bleibt das Wettbewerbsprinzip die Regel; Abweichungen sind nur unter engen Voraussetzungen möglich und rechtfertigungsbedürftig.

4.

Einteilung des Wettbewerbsrechts

a)

Unternehmensgerichtetes und staatengerichtetes Wettbewerbsrecht

Ein System, das umfassend den Wettbewerb vor unzulässigen Eingriffen schützen will, muss „Störenfriede“ ungeachtet ihrer Herkunft gleichermaßen erfassen. Das Recht der Wettbewerbssicherung umfasst dementsprechend – wie schon – erwähnt sowohl Eingriffe in den Markt von Seiten Privater (Unternehmer) wie auch von Seiten des Staats. Somit erstreckt sich das Wettbewerbsrecht auf folgende Bereiche: Unter dem „unternehmensgerichteten“ Wettbewerbsrecht (Wettbewerbsrecht ieS), dh jenem, das sich auf das Verhalten von Unternehmen bezieht, wird – das Kartellrecht mit – dem Missbrauchsrecht, – dem Kartellrecht ieS (Kartellverbot) und – der Fusionskontrolle sowie – das Lauterkeitsrecht verstanden. Das „staatengerichtete“ Wettbewerbsrecht (Wettbewerbsrecht iwS), dh jenes, das sich auf das Verhalten des Staats bezieht, umfasst – das Beihilfenrecht und – das Vergaberecht. Wettbewerbsrecht unternehmensgerichtet (Wettbewerbsrecht ieS)

staatengerichtet (Wettbewerbsrecht iwS)

Kartellrecht

Beihilfenrecht

– – –

Lauterkeitsrecht

Vergaberecht

Missbrauchsrecht Kartellrecht ieS Zusammenschlussrecht (Fusionskontrolle)

sUppLex

158

Bedeutung des Wettbewerbsrechts

Die Einteilung in staatengerichtetes und unternehmensgerichtetes Wettbewerbsrecht ist freilich nicht frei von Überschneidungen. Trotzdem erscheint aus Gründen der Übersichtlichkeit und der Zielrichtung der Rechtsgebiete (hier va privates, dort va staatliches Handeln) die vorgenommene Einteilung gerechtfertigt. Beispiele: Überschneidungen ergeben sich etwa daraus, dass auch für öffentliche Unternehmen, die durch ein Naheverhältnis zum Staat gekennzeichnet sind, die Bestimmungen des Kartell- und Lauterkeitsrechts gelten oder umgekehrt vergaberechtliche Bestimmungen auch auf die Beschaffungen bestimmter privater Unternehmer (sog Sektorenauftraggeber) anwendbar sind. Weiters ist auch der Staat nach der Rechtsprechung des EuGH (mittelbar) an die Wettbewerbsregeln des Kartellrechts gebunden und darf nicht Unternehmen wettbewerbswidriges Verhalten vorschreiben bzw dieses fördern, erleichtern oder verstärken (vgl EuGH Rs 13/77, Slg 1977, 2115, G.B.-Inno-BM).

b)

Öffentliche Unternehmen und Wettbewerb

Das Recht der öffentlichen Unternehmen und der Liberalisierung von Infrastruktursektoren weist einen starken Bezug zum Wettbewerbsrecht auf: Auch diese Rechtsgebiete dienen der Sicherung von Wettbewerb und in vielen Fällen erst der Herstellung von Wettbewerb. Allerdings bestehen spezifische Regeln („Sonderwettbewerbsrecht“), die das Recht der öffentlichen Unternehmen und der Liberalisierung von Infrastruktursektoren vom „allgemeinen“ Wettbewerbsrecht abheben und die mitunter andere Zielsetzungen als die Herstellung und Sicherung eines offenen und freien Wettbewerbs verfolgen (vgl die Ausnahme für „Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse“, die in der Mehrzahl der Fälle von öffentlichen Unternehmen wahrgenommen werden, Pkt H.III.2.). Zudem ergibt sich aus dem Recht der öffentlichen Unternehmen kein eigener Typus von Wettbewerbsrecht. Vielmehr geht es darum, inwieweit die oben bezeichneten Wettbewerbsregeln auch auf solche Unternehmen angewandt werden sollen. Deswegen erscheint es angebracht, diesen Bereich in einem eigenen Kapitel – außerhalb jenem über die Wettbewerbssicherung – zu behandeln (Pkt H.).

5.

Rechtsgrundlagen des Wettbewerbsrechts

a)

Internationales Wettbewerbsrecht

Der nationale Gesetzgeber kann einen funktionsfähigen Wettbewerb nur für den Inlandsmarkt garantieren, sein Einfluss endet regelmäßig an der Staatsgrenze. Dies hat zur Folge, dass die staatlichen Kompetenzen nicht mehr den globalisierten Märkten entsprechen. Es bedarf daher internationaler Regeln für grenzüberschreitende Sachverhalte. Auf völkerrechtlicher Ebene sind – trotz der zunehmenden Bedeutung des internationalen Wirtschaftsverkehrs und der damit verbundenen Möglichkeiten grenzüberschreitender Wettbewerbsbeschränkungen – allerdings bisher nur erste Ansätze eines zwischenstaatlichen Wettbewerbsrechts zu erkennen.

sUppLex

Rechtsgrundlagen des Wettbewerbsrechts

159

Im Mittelpunkt der Entwicklung des internationalen Wettbewerbsrechts steht die WTO, die mit ihrem Ziel der Schaffung eines freien Welthandels besonders geeignet ist, zwischenstaatlichen Wettbewerbsbeschränkungen entgegenzuwirken. Wettbewerbsrelevante Bestimmungen finden sich bereits in mehreren multilateralen Abkommen, namentlich in den bereits angeführten Abkommen über Subventionen, Dumping und Auftragsvergabe (GPA). Allerdings adressieren die WTO-Abkommen bislang im Wesentlichen nur die Staaten und nicht private Unternehmen. Ein internationales Kartellrecht, das der „Globalisierung“ privater Wettbewerbsbeschränkungen (zB Marktmachtmissbrauch durch Microsoft oder das internationale Vitaminkartell) und der Wettbewerbswirkungen grenzüberschreitender Unternehmenszusammenschlüsse (zB Zusammenschluss von General Electrics mit Honeywell) Rechnung trägt, existiert bislang nicht. Ähnliches gilt für ein internationales Lauterkeitsrecht, das bestenfalls in Ansätzen vorhanden ist. Eine wichtige Rolle spielt beim internationalen Kartellrecht deswegen die Anwendung nationaler Kartellvorschriften auf grenzüberschreitende Sachverhalte nach dem Auswirkungsprinzip. Die Ausbildung eines eigenständigen internationalen Wettbewerbsrechts hängt maßgeblich von zukünftigen multilateralen Verhandlungsrunden im Rahmen der WTO ab und ist derzeit ungewiss. In der Ministerkonferenz von Singapur 1996 wurden auf Betreiben der EU Arbeitsgruppen gebildet, die Verhandlungen über die Themen Investitionen, Handelserleichterungen, Wettbewerb (insb „hard-core“-Kartelle) sowie die Transparenz im öffentlichen Beschaffungswesen vorbereiten sollten. Bis auf das Thema Handelserleichterungen wurden die sog „singapore-issues“ aufgrund des Widerstands von Entwicklungsländern 2004 allerdings wieder gestrichen. Das Thema Wettbewerb bildet dementsprechend keinen Verhandlungsgegenstand der gegenwärtigen Doha-Runde. b)

EG-Wettbewerbsrecht

Im Gegensatz zu den fragmentarischen und unzureichenden internationalen Regelungen finden sich im Gemeinschaftsrecht umfangreiche und präzise Vorschriften über den zwischenstaatlichen Wettbewerb. Das EG-Wettbewerbsrecht ist neben den Grundfreiheiten ein konstitutives Element der europäischen Wirtschaftsverfassung und eine Funktionsgarantie der marktwirtschaftlichen Ordnung. IdS bestimmt der EGV in seinem Art 3 lit g, dass sich die Tätigkeit der Gemeinschaft ua auf ein „System, das den Wettbewerb innerhalb des Binnenmarkts vor Verfälschungen schützt“ erstreckt. Dieses Ziel ist nicht bloß programmatisch, sondern rechtlich zwingend und legt dem Binnenmarkt das ordnungspolitische Leitbild einer marktwirtschaftlichen Wettbewerbsordnung zugrunde. Dieses besagt im Wesentlichen, dass in erster Linie der vom freien Wettbewerb geprägte Markt den Wirtschaftsablauf lenkt. Die marktintegrative Funktion des freien Wettbewerbs dient dabei unmittelbar dem Ziel des Binnenmarkts und der von ihm beabsichtigten gegenseitigen wirtschaftlichen Durchdringung der Mitgliedstaaten. Die Gefahr liegt darin, dass Unternehmen (zB durch Kartelle) bzw die Mitgliedstaaten (zB durch Beihilfen an private Unternehmen) Märkte abschotten bzw den Zugang zu diesen

sUppLex

160

Bedeutung des Wettbewerbsrechts

erschweren und damit den durch die EG bewirkten Abbau staatlicher Handelsschranken (wie Zölle und Kontingente) letztlich konterkarieren. So ist es auch nicht verwunderlich, dass sich wettbewerbsrelevante Vorschriften in ihrer ausgeprägtesten Form auf Gemeinschaftsebene finden. Die Grundlagen des unternehmensgerichteten Wettbewerbsrechts finden sich im Wesentlichen in Art 81 EGV (Kartellverbot), Art 82 EGV (Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung), der FKVO (Fusionskontrollverordnung) und in diversen weiteren sekundärrechtlichen Vorschriften zum Lauterkeitsrecht (zB RL über unlautere Geschäftspraktiken). Zentral für das staatengerichtete Wettbewerbsrecht sind die Bestimmungen des Art 87 EGV (Beihilfenverbot) und die vergaberechtlichen Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts im Primärrecht (insb allgemeines Diskriminierungsverbot) und Sekundärrecht (diverse RL). c)

Nationales Wettbewerbsrecht

Den gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen über die Wettbewerbssicherung korrespondieren nationale Regelungen. Maßgeblich für die Frage, ob auf einen Sachverhalt nationales Recht oder Gemeinschaftsrecht (bzw auch beides) angewandt werden kann, ist die Zwischenstaatsklausel im europäischen Wettbewerbsrecht. Diese besagt, dass Gemeinschaftsrecht dann zur Anwendung kommt, wenn der Sachverhalt geeignet ist, den grenzüberschreitenden Handel zu beschränken. Kommt dies nicht in Frage, ist der Sachverhalt „nur“ nach nationalem Recht zu behandeln. Das unternehmensgerichtete Wettbewerbsrecht bilden in Österreich in erster Linie das UWG und das KartG 2005. Ersteres bildet die Basis für ein umfassendes Lauterkeitsrecht, das in dieser Form im Gemeinschaftsrecht nicht geregelt wird. Das KartG 2005 passt die nationalen Regelungen weitgehend an die gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen über das Kartell-, Missbrauchsund Zusammenschlussrecht an, enthält aber darüber hinaus noch nationale Besonderheiten. Bezüglich des staatengerichteten Wettbewerbsrechts finden sich im nationalen Recht Regelungen zur Vergabe öffentlicher Aufträge, die in Umsetzung der gemeinschaftsrechtlichen Richtlinien ergangen sind. In Österreich ist dies durch das Bundesvergabegesetz (BVergG 2006) geschehen. Eine Reihe von wettbewerbsrelevanten Rechtsgrundlagen findet sich weiters im Recht der öffentlichen Unternehmen und der Liberalisierung von Infrastruktursektoren. Ein dem Gemeinschaftsrecht entsprechendes Beihilfenverbot findet sich im staatlichen Recht nicht. Zwar existiert ein staatliches Subventionsrecht, dem aber primär wirtschaftslenkender Charakter zukommt und dessen Anwendung folglich vom gemeinschaftsrechtlichen Beihilfenverbot begrenzt ist.

sUppLex

Überblick

6.

161

Überblick Internationales Recht

EG-Recht

Nationales Recht

Funktionsfähigkeit des zwischenstaatlichen Wettbewerbs

Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs am Binnenmarkt

Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs am Inlandsmarkt

Multilateral, bilateral

Gebiete der Mitgliedstaaten

Gebiet eines Mitgliedstaats

Normadressat

Nationalstaaten

Mitgliedstaaten, Unternehmen

Öffentliche Stellen Unternehmen

Verbindlichkeit

Soft law: Kodices rechtlich verbindlich: Abkommen

rechtlich verbindlich (autonome Geltung, Anwendungsvorrang, etc)

rechtlich verbindlich

Kodices, Abkommen

Art 81 ff EGV, Sekundärrecht

UWG, KartG 2005 BVergG 2006

Ziel

Geltungsbereich

Rechtsgrundlagen

Fragen: 1. Was versteht man unter „Wettbewerb“? 2. Welche Funktionen erfüllt der Wettbewerb? 3. Was sind die Ziele des Wettbewerbsrechts? 4. Welches sind die Schutzbereiche des Wettbewerbsrechts? 5. Erläutern Sie die Einteilung des Wettbewerbsrechts. 6. Auf welchen Rechtsgrundlagen beruht das gemeinschaftsrechtliche Wettbewerbsrecht? 7. Welche Rechtsgrundlagen finden sich im staatlichen Recht?

II.

Kartell-, Missbrauchsrecht und Fusionskontrolle

Literatur: Bieber/Epiney/Haag, Die Europäische Union6 (2005); CompetitionDirectorate-General of the European Commission (Hrsg), Competition Policy Newsletter, H 1, 2006; Eilmansberger, Art 81 EGV, in Streinz (Hrsg), EUV/ EGV. Vertrag über die Europäische Union und Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (2003) 908; ders, Schadenersatz wegen Kartellverstoßes: Zum EuGH-Urteil CourageCrehan, ecolex 2002, 28; ders et al, Materielles Europarecht. Lehrbuch mit Originalquellen (2005); Gruber, Geldbußen im europäischen Kartellrecht, MR-Int 2005, 11; Immenga, Internationales Wettbewerbsrecht: Unilateralismus, Bilateralismus, Multilateralismus, in Tietje et al (Hrsg), Beiträge zum Transnationalen Wirtschaftsrecht, H 31 (2004); Kahl, Der öffentliche Personennahverkehr auf dem Weg zum Wettbewerb (2005); Matousek, Die Kartellrechtsreform 2005 im Überblick, ecolex 2005, 501; Reidlinger/Hartung, Das neue österreichische Kartellrecht (2006); Schmidt, Wettbewerbspolitik und Kartellrecht: eine interdisziplinäre Einführung8 (2005); Streinz (Hrsg), EUV/EGV.

sUppLex

Überblick

6.

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Überblick Internationales Recht

EG-Recht

Nationales Recht

Funktionsfähigkeit des zwischenstaatlichen Wettbewerbs

Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs am Binnenmarkt

Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs am Inlandsmarkt

Multilateral, bilateral

Gebiete der Mitgliedstaaten

Gebiet eines Mitgliedstaats

Normadressat

Nationalstaaten

Mitgliedstaaten, Unternehmen

Öffentliche Stellen Unternehmen

Verbindlichkeit

Soft law: Kodices rechtlich verbindlich: Abkommen

rechtlich verbindlich (autonome Geltung, Anwendungsvorrang, etc)

rechtlich verbindlich

Kodices, Abkommen

Art 81 ff EGV, Sekundärrecht

UWG, KartG 2005 BVergG 2006

Ziel

Geltungsbereich

Rechtsgrundlagen

Fragen: 1. Was versteht man unter „Wettbewerb“? 2. Welche Funktionen erfüllt der Wettbewerb? 3. Was sind die Ziele des Wettbewerbsrechts? 4. Welches sind die Schutzbereiche des Wettbewerbsrechts? 5. Erläutern Sie die Einteilung des Wettbewerbsrechts. 6. Auf welchen Rechtsgrundlagen beruht das gemeinschaftsrechtliche Wettbewerbsrecht? 7. Welche Rechtsgrundlagen finden sich im staatlichen Recht?

II.

Kartell-, Missbrauchsrecht und Fusionskontrolle

Literatur: Bieber/Epiney/Haag, Die Europäische Union6 (2005); CompetitionDirectorate-General of the European Commission (Hrsg), Competition Policy Newsletter, H 1, 2006; Eilmansberger, Art 81 EGV, in Streinz (Hrsg), EUV/ EGV. Vertrag über die Europäische Union und Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (2003) 908; ders, Schadenersatz wegen Kartellverstoßes: Zum EuGH-Urteil CourageCrehan, ecolex 2002, 28; ders et al, Materielles Europarecht. Lehrbuch mit Originalquellen (2005); Gruber, Geldbußen im europäischen Kartellrecht, MR-Int 2005, 11; Immenga, Internationales Wettbewerbsrecht: Unilateralismus, Bilateralismus, Multilateralismus, in Tietje et al (Hrsg), Beiträge zum Transnationalen Wirtschaftsrecht, H 31 (2004); Kahl, Der öffentliche Personennahverkehr auf dem Weg zum Wettbewerb (2005); Matousek, Die Kartellrechtsreform 2005 im Überblick, ecolex 2005, 501; Reidlinger/Hartung, Das neue österreichische Kartellrecht (2006); Schmidt, Wettbewerbspolitik und Kartellrecht: eine interdisziplinäre Einführung8 (2005); Streinz (Hrsg), EUV/EGV.

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Kartell-, Missbrauchsrecht und Fusionskontrolle

Vertrag über die Europäische Union und Vertag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (2003); Tietje et al (Hrsg), Beiträge zum Transnationalen Wirtschaftsrecht, H 31 (2004); dies (Hrsg), Beiträge zum Transnationalen Wirtschaftsrecht, H 36 (2005); Tremmel, Die Kartellrechtsreform 2005, ÖBl 2005, 38; Wimmer/Arnold, Wirtschaftsrecht in Österreich und seine europarechtliche Integration2 (1998); Wissenbach, Systemwechsel im europäischen Kartellrecht: Dezentralisierte Rechtsanwendung in transnationalen Wettbewerbsbeziehungen durch die VO 1/03, in Tietje et al (Hrsg), Beiträge zum Transnationalen Wirtschaftsrecht, H 36 (2005); Zäch, Wettbewerbsrecht der Europäischen Union. Praxis von Kommission und Gerichtshof (1994).

1.

Grundlagen des Kartellrechts

a)

Aufgabe: Schutz vor privaten Wettbewerbsbeschränkungen

Das Kartellrecht richtet sich – im Gegensatz zum Beihilfen- und Vergaberecht, das sich primär auf staatliche Maßnahmen bezieht – auf das Verhalten von (privaten und öffentlichen, vgl Art 86 Abs 1 EGV) Unternehmen. Es begrenzt zum Schutz der Wettbewerbsfreiheit der Marktteilnehmer (Individualschutz) und eines freien, unverfälschten und wirksamen Wettbewerbs (Institutionsschutz) die Privatautonomie der Unternehmen. Die im Visier des Kartellrechts stehenden, potentiellen Wettbewerbsbeschränkungen können in – horizontale Kartelle (Verhaltensabstimmung von Unternehmen der gleichen Vertriebs- und Produktionsstufe), – vertikale Vereinbarungen (zwischen Unternehmen auf verschiedener Produktions- und Vertriebsstufe, zB Erzeuger und Händler), – Missbrauch von Marktmacht und – Unternehmenszusammenschlüsse (Fusionen) unterteilt werden. Das Kartellrecht enthält also – anders als seine Bezeichnung deuten lässt – neben dem Kartellverbot auch Vorschriften über Marktmachtmissbrauch und Fusionen. Primäres Schutzgut des Kartellrechts ist die Handlungs- und Entscheidungsfreiheit der Marktteilnehmer. Deren Erhalt ist schließlich die Voraussetzung für einen funktionsfähigen Wettbewerb. Die Freiheit umfasst die Versorger- und Kundenebene und gestattet diesen, sich ihre Vertragspartner selbst auszusuchen sowie ihre Unternehmenspolitik am Markt selbständig zu gestalten. Man betrachtet daher die Wirkungen von unternehmerischen Maßnahmen auf die Freiheit der anderen Marktteilnehmer, aber auch auf die Freiheit des handelnden Unternehmens. Beispiel: Bilden mehrere Unternehmen auf einem bestimmten Markt durch eine (privatrechtliche) Vereinbarung ein Preiskartell (horizontales Kartell), so schränken sie ihre Handlungs- und Entscheidungsfreiheit bezüglich der Preisgestaltung und damit einen wirksamen Wettbewerb ein. Kartellabsprachen führen idR zu höheren Preisen, vermindern die Auswahl für die Verbraucher, schädigen langfristig die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmer, da sie durch die künstliche Aufhebung des Wettbewerbsdrucks nicht mehr auf Innovationen im Bereich der Produktentwicklung oder auf die Verbesserung der Produktionsverfahren angewiesen sind und wirken sich letztlich negativ auf die Beschäftigung aus.

sUppLex

Grundlagen des Kartellrechts

163

Der Schutz des Einzelnen und der darauf aufbauende Institutionsschutz des Wettbewerbs sind nicht Selbstzweck, sondern Mittel zur Steigerung der Leistungsfähigkeit der Wirtschaft sowie zur Sicherung der Interessen der Verbraucher (zB Preisgünstigkeit, Qualität, Service). Das Kartellrecht ist insofern vom System Verbot – Ausnahme geprägt. Nicht jede Beschränkung des Wettbewerbs wird also per se verboten. Vielmehr werden solche Wettbewerbsbeschränkungen, die zu einer Leistungssteigerung der Wirtschaft beitragen und den Verbraucher angemessen beteiligen, von den Verboten des Kartellrechts ausgenommen (vgl etwa die Ausnahme des Art 81 Abs 3 EGV). b)

Sicherung der Marktintegration

Besonderes ergibt sich bezüglich des europäischen Kartellrechts, das über Individual- und Institutionsschutz hinaus der Sicherung der Einheit des Gemeinsamen Markts (Marktintegration) dient und dementsprechend auf Beschränkungen des grenzüberschreitenden Handels abstellt, während sich das nationale Kartellrecht primär auf Inlandssachverhalte bezieht. Mit dem Ziel der Marktintegration sind Praktiken zur Abschottung der einzelnen mitgliedstaatlichen Märkte durch „private Handelsschranken“ (zB territoriale Aufteilung des Gemeinsamen Markts, vgl EuGH verb Rs 56/64 und 58/64, Slg 1966, 321, Consten/Grundig) unvereinbar. Insofern ergänzt das europäische Kartellrecht die gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten. c)

Die drei Instrumente des Kartellrechts

Das Kartellrecht umfasst – wie schon dargestellt – drei Rechtsgebiete (Instrumente): – Das Kartellverbot zielt auf Vereinbarungen zwischen zwei oder mehreren Unternehmen oder deren aufeinander abgestimmten faktischen Verhaltensweisen ab, die geeignet sind, den Wettbewerb zwischen diesen zu beschränken oder aufzuheben (horizontale Kartelle). Darüber hinaus werden auch vertikale Kartelle (zB Vertriebsverträge), die geeignet sind, Märkte voneinander abzuschotten, vom Kartellverbot erfasst. – Demgegenüber soll durch das Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung verhindert werden, dass ein Unternehmen – es können allerdings auch mehrere sein – seine starke Marktposition missbraucht, um sich einen wettbewerbswidrigen Vorteil durch einseitige Maßnahmen zu verschaffen. Ein Missbrauch liegt dann vor, wenn das Unternehmen diesen Vorteil mit Maßnahmen des Nichtleistungswettbewerbs (zB Behinderung von Konkurrenten, Ausbeutung von Verbrauchern) erlangt. Insgesamt gelten dadurch für Marktbeherrscher strengere Regeln als für andere Unternehmen, die einem wirksamen Wettbewerb ausgesetzt sind und dementsprechend keine derartigen Maßnahmen setzen können. – Die Fusionskontrolle soll gewährleisten, dass Unternehmenszusammenschlüsse keine dauerhafte Schädigung des Wettbewerbs verursachen. Es handelt sich dabei – im Gegensatz zum Kartell- und Missbrauchsverbot – um eine Vorabkontrolle der Wettbewerbsschädlichkeit von Veränderungen in den Markt- bzw Wettbewerbsstrukturen. Den beteiligten Unternehmen

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164

Kartell-, Missbrauchsrecht und Fusionskontrolle

soll schon im Vorhinein ein Missbrauch einer möglicherweise entstehenden marktbeherrschenden Stellung verunmöglicht bzw eine gewisse Intensität des Wettbewerbs aufrecht erhalten bleiben. d)

Rechtsgrundlagen des Kartellrechts

aa) Internationales Kartellrecht Die Rechtsgrundlagen des Kartellrechts finden sich überwiegend auf gemeinschaftsrechtlicher und nationaler Ebene, während es an materiellen und formellen Regelungen auf internationaler Ebene mangelt. Das internationale Kartellrecht basiert dementsprechend im Wesentlichen auf der unilateralen Rechtsanwendung der nationalen und gemeinschaftsrechtlichen Wettbewerbsregeln. Ein umfassendes multi- bzw plurilaterales Abkommen wurde bislang nicht geschlossen, vielmehr sind nur vereinzelte Ansätze eines internationalen Kartellrechts vorhanden. Neben der unilateralen Rechtsanwendung spielen deswegen bilaterale Verträge zwischen den Staaten bzw zwischen der Gemeinschaft und Drittstaaten eine bedeutende Rolle, die der Koordination und Kooperation bei der Anwendung des nationalen (gemeinschaftlichen) Wettbewerbsrechts dienen. bb) Europäisches Kartellrecht – Kartellverbot und Missbrauchsverbot Das europäische Kartellrecht ist im EGV selbst sowie in verschiedenen VO geregelt: – Auf primärrechtlicher Ebene regelt Art 81 EGV das Kartellverbot, Art 82 EGV den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung. – Für die Anwendung der Art 81 und 82 EGV wurde eine zentrale (sekundärrechtliche) KartellverfahrensVO erlassen. Die VO 1/03/EG zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln, ABl 2003 L 1/1 idF VO 411/04/EG, ABl 2004 L 68/1, enthält Regeln zur Anwendung und Wirkung des Kartellverbots, zur Zuständigkeit der Wettbewerbsbehörden und zum Verhältnis von europäischem und nationalem Kartellrecht. Ziel der VO ist die Modernisierung des europäischen Kartellrechts, insb durch die Einführung eines Legalausnahmesystems und die dezentralisierte Rechtsanwendung der Art 81 und 82 EGV durch die nationalen Wettbewerbsbehörden. – Weiters erwähnenswert ist die VO 773/04/EG über die Durchführung von Verfahren auf der Grundlage der Artikel 81 und 82 EGV durch die Kommission, ABl 2004 L 123/18, betreffend die Einleitung von Verfahren durch die Kommission, die Behandlung von Beschwerden sowie die Anhörung der Parteien. – Überdies sind im europäischen Kartellrecht noch GruppenfreistellungsVO bezüglich des Kartellverbots (Art 81 EGV) zu beachten, die trotz des neu eingeführten Legalausnahmesystems bestehen bleiben. Derartige Verordnungen existieren für vertikale Vereinbarungen (für alle Arten von Vertriebsverträgen und speziell für vertikale Vereinbarungen im Kraftfahrzeug-

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Grundlagen des Kartellrechts

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sektor sowie für Technologietransfer-Vereinbarungen) und für horizontale Vereinbarungen (bezüglich Forschungs- und Entwicklungsvereinbarungen, Spezialisierungsvereinbarungen sowie für Vereinbarungen im Bereich der Versicherungswirtschaft). – Schließlich spielen noch (rechtlich unverbindliche) Leitlinien, Leitfäden und Bekanntmachungen der Kommission bei Anwendung und Auslegung des Kartellrechts eine wichtige Rolle. Dazu zählen etwa die Bekanntmachung über die Definition des relevanten Markts und die De-minimisBekanntmachung der Kommission. – Fusionskontrolle Die Fusionskontrolle ist im Primärrecht nicht geregelt. Sie findet ihre Grundlage in einer sekundärrechtlichen Verordnung, – der sog FusionskontrollVO (FKVO 139/04/EG, ABl 2004 L 24/1). – Die FKVO wird noch durch eine eigene DurchführungsVO 802/04/EG, ABl 2004 L 133/1, ergänzt, die den Gegenstand und Inhalt der in der FKVO vorgeschriebenen Anmeldung von Zusammenschlüssen genauer umschreibt sowie Bestimmungen zu den Fristen, zum rechtlichen Gehör, zur Akteneinsicht, etc enthält. – Hinzu kommen noch eine Reihe von präzisierenden, allerdings rechtlich unverbindlichen Bekanntmachungen, Leitlinien oder auch Mitteilungen der Kommission (zB Mitteilung der Kommission über den Begriff des Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmens, Leitlinien zur Bewertung horizontaler Zusammenschlüsse). cc) Nationales Kartellrecht Das österreichische Kartellrecht (Kartellverbot, Missbrauchsverbot, Fusionskontrolle) ist – im BundesG gegen Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen, kurz KartG 2005, BGBl I 2005/61, geregelt. Durch den Erlass des KartG 2005 wurden die Entwicklungen im europäischen Kartellrecht nachvollzogen. Insb ging es dabei um die Anpassung des nationalen Kartellrechts an die durch die KartellverfahrensVO eingeführten Neuerungen (Legalausnahme und dezentrale Anwendung) und um eine weitgehende inhaltliche Angleichung an das EG-Kartellrecht. – Weiterhin in Kraft sind noch eine Reihe von Gruppenfreistellungsverordnungen, die auf Grundlage des alten KartG 1988 erlassen wurden. – Die Einrichtung einer eigenen Wettbewerbsbehörde sowie bestimmte verfahrensrechtliche Bestimmungen sind im BundesG über die Einrichtung einer Bundeswettbewerbsbehörde (WettbewerbsG 2005, BGBl I 2002/62 idF BGBl I 2006/106) geregelt. – Daneben finden sich noch kartellrechtlich relevante Vorschriften im BuchpreisbindungsG (BGBl I 2000/45 idF BGBl I 2004/113). Dieses sieht eine Ausnahme vom Kartellverbot für den Bücher- und Musikalienhandel sowie eine Pflicht für Verleger und Importeure zur Festlegung von Mindestpreisen vor.

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Kartell-, Missbrauchsrecht und Fusionskontrolle

dd) Übersicht über die wichtigsten Rechtsgrundlagen Gemeinschaftsrecht

Österreichisches Recht

Kartellverbot (Wettbewerbsbeschränkungen zwischen zwei oder mehreren Unternehmen, ex post-Kontrolle)

Art 81 EGV KartellverfahrensVO, VO 1/03/EG, GruppenfreistellungsVO (GVO)

KartG 2005 (insb §§ 1–3)

Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung (einseitiges wettbewerbsschädliches Verhalten von Unternehmen, ex post-Kontrolle)

Art 82 EGV KartellverfahrensVO 1/03/EG

KartG 2005 (insb §§ 4–6)

Fusionskontrolle (Überprüfung von Zusammenschlüssen zwei oder mehrerer Unternehmen, Vorabkontrolle)

FusionskontrollVO (FKVO)

KartG 2005 (insb §§ 7 ff)

e)

Bestimmung des relevanten Markts

Die Anwendung der Wettbewerbsvorschriften hängt oft davon ab, ob die beteiligten Unternehmen über eine bestimmte Markmacht verfügen, was sich idR aus ihren Marktanteilen ergibt. Um diese zu ermitteln, bedarf es zunächst der Feststellung des Markts, auf dem die Unternehmen agieren (relevanter Markt). Besonders bedeutsam ist die Marktabgrenzung bei der Anwendung des Verbots des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung und bei der Fusionskontrolle, die maßgeblich auf die Marktanteile der beteiligten Unternehmen abstellen. Aber auch bei der Durchführung des Kartellverbots sowie des Beihilfenverbots wird – allerdings nicht mit der gleichen ausschlaggebenden Bedeutung – auf eine Abgrenzung des Markts abgestellt. Zur Bestimmung des relevanten Markts haben sich im (europäischen und nationalen) Kartellrecht feste Formeln herausgebildet (vgl dazu etwa die Bekanntmachung der Kommission über die Definition des relevanten Markts, ABl 1997 C 372/5). Zu unterscheiden ist zwischen dem sachlich, dem räumlich und dem zeitlich relevanten Markt sowie zwischen dem Nachfrage- und dem Angebotsmarkt. Zur Abgrenzung des relevanten Markts wird auf die Wettbewerbskräfte im Rahmen der Prüfung der Angebots- oder Nachfragesubstituierbarkeit abgestellt. Insgesamt ergeben diese Kriterien den relevanten Markt. – Der sachlich relevante Markt umfasst in erste Linie die Waren und Dienstleistungen, die aufgrund ihrer Merkmale und ihres Verwendungszwecks von der Marktgegenseite (Verbraucher) als austauschbar betrachtet werden. – Als räumlich relevanter Markt gilt in geographischer Hinsicht jenes Gebiet, in dem einheitliche Wettbewerbsbedingungen bestehen und das sich von den benachbarten Gebieten durch spürbar unterschiedliche Wettbewerbsbedingungen unterscheidet (zB Verbraucherpräferenzen, Handelsströme bzw Lieferstruktur, Transportkosten, etc). – Beim – praktisch weniger bedeutenden – zeitlich relevanten Markt kommt es darauf an, ob die Marktmacht der beteiligten Unternehmen nur für einen

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Internationales Kartellrecht

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bestimmten, bereits im Vorhinein feststellbaren Zeitraum gegeben ist (zB marktbeherrschende Stellung während Olympischer Spiele). Nach der Feststellung des sachlich, räumlich und zeitlich relevanten Markts kommen die Wettbewerbskräfte als dynamischer Faktor ins Spiel, die zu einer noch eingehenderen Analyse des relevanten Markts herangezogen werden. Die Prüfung gründet auf dem Konzept der Substituierbarkeit, die sowohl die Angebots- wie auch die Nachfragesubstituierbarkeit umfasst. – Im ersten Fall wird ermittelt, ob andere Anbieter die Möglichkeit haben, ihre Produktion und ihre Vermarktung auf dem relevanten Markt unmittelbar und wirksam umzustellen. Wettbewerbsdruck erwächst dem zu beurteilenden Unternehmen diesfalls zwar nicht aus aktuell bestehenden Alternativen, aber sehr wohl aus dem Umstand, dass es solcher Konkurrenz Rechnung tragen muss, will es seine Stellung nicht gefährden. Bei der Abgrenzung des Nachfragemarkts kommt es darauf an, ob ein Unternehmen durch seine Nachfrage gegenüber den Herstellern Marktmacht ausüben kann oder ob diese (auch) über andere Vertriebswege oder Abnehmer verfügen. – Im zweiten Fall wird geprüft, ob die Kunden des relevanten Produkts ohne weiteres auf ein Angebot eines Mitbewerbers ausweichen können. Herangezogen wird hier von der Europäischen Kommission der sog SSNIP-Test („Small but Significant Non-Transitory Increase in Price“-Test). Dabei wird ermittelt, wie die Kunden auf geringe, aber spürbare und dauerhafte Änderungen des geltenden Preises (um 5 bis 10%) reagieren und insb ob sie in diesem Fall auf ein gleichartiges Konkurrenzprodukt zurückgreifen würden. Die Möglichkeit der Nachfragesubstitution stellt dabei die unmittelbarste und wirksamste disziplinierende Kraft dar, die auf die Anbieter eines gegebenen Produkts einwirkt, vor allem was ihre Preisentscheidungen betrifft. Ein Unternehmen kann etwa den Preis nicht erheblich beeinflussen, wenn die Kunden in der Lage sind, ohne weiteres auf vor Ort verfügbare Substitute oder ortsfremde Anbieter auszuweichen. Die Nachfragesubstitution ist dementsprechend die Hauptquelle für die Abgrenzung des Markts.

2.

Internationales Kartellrecht

a)

Ansätze eines internationalen Kartellrechts auf multi- und plurilateraler Ebene

aa) WTO Das Regelwerk der WTO bietet eine nur sehr bruchstückhafte rechtlich verbindliche Grundlage zur Verfolgung privater Wettbewerbsbeschränkungen. Grundsätzlich gilt, dass die WTO nur für Handelsverzerrungen durch handelspolitische (staatliche) Maßnahmen zuständig ist, nicht aber für private Wettbewerbsverzerrungen. Schließlich ist die WTO primär eine Handels- und keine Wettbewerbsorganisation oder ein – von den Staaten überwiegend abgelehntes – „Weltkartellamt“. Eine überstaatliche Wettbewerbspolitik, die grenzüberschreitende Wettbewerbsbehinderungen erfasst, existiert derzeit nur auf EUEbene.

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Kartell-, Missbrauchsrecht und Fusionskontrolle

Explizit werden vom WTO-Vertragswerk nur (Preis)Dumpingpraktiken erfasst. Diese können zur Erhebung von Dumpingzöllen durch den betroffenen Staat führen, wenn der Exportpreis erheblich unter dem Inlandspreis bzw den Inlandskosten liegt und die heimische Industrie dadurch nachweislich Schaden erleidet. Dabei ist zu beachten, dass es sich aber nicht um eine wettbewerbspolitische, sondern um eine handelspolitische Regelung handelt. Ein effektiver Wettbewerb schließt nämlich internationale Preisdifferenzen oder den kurzfristigen Verkauf unter den Kosten zum Nachteil anderer Unternehmen nicht aus. Beispiel: Die begrenzten Möglichkeiten gegen wettbewerbswidriges Verhalten Privater mit den handelspolitischen Mitteln des WTO-Vertragswerks vorzugehen und das daraus resultierende „Schnittstellenproblem“ zwischen Handel und Wettbewerb wird eindrücklich am Fall Kodak/Fuji (vgl Panel-Bericht vom 31. März 1998, WT/DS44/R, Japan – Measures Affecting Consumer Photographic Film and Paper) erkennbar: Zwar musste Japan aufgrund der WTO-Regeln seinen Inlandsmarkt für ausländische Filme öffnen, dem US-amerikanischen Unternehmen Kodak gelang der Marktzutritt dennoch nicht, da die japanische Firma Fuji die weggefallenen Außenhandelsschranken durch marktabschottende (vertikale) Kartellbildungen ersetzte. Diese Praktiken sind zwar im japanischen Kartellrecht verboten, die nationalen Wettbewerbsbehörden schritten aber nicht ein. Der darauf folgende Versuch der USA, diesen Fall mit der Begründung, die private Handelsbeschränkung gründe unmittelbar auf einer staatlichen Unterlassung, vor die WTO zu bringen, blieb erfolglos.

bb) Soft Law Weitere Ansätze eines internationalen Wettbewerbsrechts auf multilateraler Ebene finden sich in Form von rechtlich unverbindlichen Kodices oder Leitsätzen (soft law), etwa in Empfehlungen der OECD oder der UNCTAD im sog United Nations Restrictive Business Practices Code (UN-RBP-Kodex) aus dem Jahr 1980. Diesen kam aber bislang nur untergeordnete Bedeutung zu. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang schließlich das im Jahr 2001 als Alternative zu international bindenden Wettbewerbsregeln gegründete International Competition Network (ICN). Das ICN beruht nicht auf einem völkerrechtlichen Vertrag, sondern ist vielmehr eine virtuelle Organisation ohne ständiges Sekretariat, die den nationalen Wettbewerbsbehörden ein Forum zur Kooperation, zur Förderung der Konvergenz der Wettbewerbsvorschriften und zur Entwicklung von „best practices“ bietet. Dabei ist das zentrale Prinzip des ICN die Freiwilligkeit hinsichtlich der Mitarbeit der Wettbewerbsbehörden im Netzwerk. b)

Unilaterale Rechtsanwendung

aa) „Effects doctrine“ Die bisher unzureichenden Regelungen auf internationaler Ebene führten und führen zu einer (einseitigen) Anwendung nationaler Wettbewerbsvorschriften bei zwischenstaatlichen Sachverhalten (unilaterale Rechtsanwendung). Dabei berufen sich die Staaten auf das Auswirkungsprinzip als maßgeblichen Anknüpfungspunkt für die Beanspruchung der Regelungs- und Verfahrenszu-

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Internationales Kartellrecht

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ständigkeit in grenzüberschreitenden Wettbewerbssachen, das erstmals 1945 in einer US-amerikanischen Entscheidung des US-Supreme Courts im Fall „Alcoa“ als sog „effects doctrine“ angewandt wurde. Nach der „effects doctrine“ werden die einschlägigen amerikanischen AntiTrust-Gesetze (insb „Sherman-Act 1890“ und „Clayton Act 1914“) immer dann angewandt, wenn ein Verhalten, wo auch immer und durch wen auch immer gesetzt, darauf abzielt, den zwischenstaatlichen Handels- und Wirtschaftsverkehr auf eine nach amerikanischem Recht gesetzwidrige Weise zu vermindern. Im bezeichneten Fall ging es um eine Verbotsentscheidung der amerikanischen Wettbewerbsbehörden bezüglich eines internationalen Aluminium-Kartells, in dessen Rahmen sich eine kanadische Tochter des USamerikanischen Aluminiumproduzenten Alcoa und eine Reihe europäischer Aluminiumproduzenten auf Quoten für den Export in die USA festgelegt hatten. Der US-Supreme Court entschied, dass diese Entscheidung rechtens war, obwohl keines der beteiligten Unternehmen seinen Sitz in den USA hatte. bb) Exterritoriale Anwendung Das Auswirkungsprinzip hat zum Inhalt, dass Wettbewerbsbeschränkungen mit den Mitteln nationaler (gemeinschaftsrechtlicher) Normen bekämpft werden können und zwar ohne Rücksicht darauf, von welchem Ort – also inländischem wie ausländischem – diese ausgehen, soweit sie sich auf den jeweiligen Inlandsmarkt auswirken. Unerheblich ist also, wo der Verursacher bzw das Unternehmen seinen Sitz hat. Damit können Wettbewerbsregeln auch exterritorial angewandt werden. Bezüglich der EG-Wettbewerbsvorschriften ist mittlerweile auch unstrittig, dass diese grundsätzlich auf Unternehmen mit Sitz in einem Drittland und auf deren Handlungen, die außerhalb der EU vorgenommen werden, angewandt werden können. Zwar haben die nationalen Kartellbehörden keinen unmittelbaren Zugriff auf ausländische Unternehmen, deren Sanktionen können allerdings dann wirksam werden, wenn diese über inländische Töchter verfügen oder generell am Zugang zum Inlandsmarkt großes Interesse haben. Va wirtschaftlich stärkere Länder bzw Gemeinschaften (USA, EG) können im Ausland verortete Unternehmen wettbewerbsrechtlich disziplinieren, da es sich diese idR nicht leisten können, auf einen Zugang zu deren Märkten zu verzichten. cc) Kritikpunkte Die Anwendung des nationalen Wettbewerbsrechts auf Grundlage des Auswirkungsprinzips ist allerdings aus vielerlei Gründen problematisch. – Der Anreiz, gegen Wettbewerbsbeschränkungen heimischer Unternehmen, die überwiegend Unternehmen oder Verbraucher anderer Staaten betreffen, vorzugehen, ist im Allgemeinen gering, während die Tendenz, das Auswirkungsprinzip in den Dienst einer protektionistischen Politik zu stellen, deutlich ausgeprägter ist. – Für (Entwicklungs)Länder mit relativ unbedeutenden Inlandsmärkten ist das Auswirkungsprinzip kein wirksames Mittel, da diese der Verhandlungsmacht größerer Konzerne idR wenig entgegenzusetzen haben (Machtasymmetrie der Jurisdiktionen).

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Kartell-, Missbrauchsrecht und Fusionskontrolle

– Darüber hinaus könnte der Vorwurf erhoben werden, der Auswirkungsstaat mische sich durch die exterritoriale Anwendung seines Kartellrechts in die inneren Angelegenheiten des Verursacherstaats ein, da zumindest eine faktische Regelung seiner Wirtschaft durch den ausländischen Kartellrechtsakt möglich ist. Kurz: Dem Verursacherstaat würde das Kartellrecht des Auswirkungsstaats aufgedrängt und eine Verletzung des völkerrechtlichen Einmischungsverbots stünde im Raum. – Die größte Schwäche des Auswirkungsprinzips wird darin erblickt, dass Unternehmen gleichzeitig einer Vielzahl von nationalen Wettbewerbsvorschriften unterliegen, wenn Parallelverfahren vor verschiedenen Wettbewerbsbehörden mehrerer Länder stattfinden, was die Kosten und auch die Rechtsunsicherheit deutlich erhöht. Die unilaterale Rechtsanwendung führt also nicht selten zu Konflikten, insb bei solchen Fällen, bei deren Beurteilung die Wettbewerbsbehörden verschiedener Länder in Anwendung ihres Wettbewerbsrechts zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene wurde deswegen zur Verhinderung von Inkonsistenzen aufgrund von Parallelverfahren das „one-stop-shop-Prinzip“ in der Fusionskontrolle eingeführt. Beispiel: „GE/Honeywell Merger“ Besondere Aufmerksamkeit erregte die Fusion zweier US-amerikanischer Unternehmen, namentlich eines der größten Unternehmen der Welt, General Electrics (GE) und des Technologieunternehmens Honeywell. Die Fusion mit einem Volumen von 42 Mrd Dollar, durch die GE etwa um ein Drittel gewachsen wäre, wurde durch die amerikanischen Behörden genehmigt, von der Kommission jedoch mit der hauptsächlichen Begründung, dass GE dadurch einen zu hohen Anteil am internationalen Luftfahrtmarkt erhalten würde und der Wettbewerb stark beschränkt würde, untersagt. Dies geschah zum ersten Mal in Bezug auf Unternehmen, von denen keines seinen Sitz in einem Mitgliedstaat der EU hatte und stellt damit einen Fall der exterritorialen Anwendung des EG-Kartellrechts dar. Beachtlich war auch weiters, dass die Kommission an ihrer gegenüber den amerikanischen Behörden unterschiedlichen Wertung festhielt, während sie sich bei früheren strittigen Auslandssachverhalten letztendlich deren Einschätzungen angeschlossen hat. Der „Deal“ zwischen GE und Honeywell war somit geplatzt.

c)

Bilaterale Abkommen

Auf die Verhinderung von Konflikten durch die unilaterale Rechtsanwendung zielt eine Reihe von bilateralen Abkommen ab, die va die Kooperation der Kartellbehörden zum Gegenstand haben. Besonders hervorzuheben ist ein Abkommen zwischen der EG und der USA über die Anwendung ihrer Wettbewerbsregeln, das durch ein weiteres Abkommen über die Anwendung der sog „Positive Comity“ ergänzt wurde. Hiernach kann die Behörde eines Staats, der von einer Wettbewerbsbeschränkung besonders betroffen ist, die Wettbewerbsbehörde jenes Staats, von dem diese Beschränkung ausgeht, ersuchen, das fragliche Verhalten rechtlich zu verfolgen. In diesem Fall werden Wettbewerbsverzerrungen an ihrer „Quelle“ verfolgt und eine exterritoriale Anwendung des Wettbewerbsrechts des betroffenen Staats ist nicht mehr nötig.

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Europäisches Kartellrecht

3.

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Europäisches Kartellrecht

Fall: Das Vitaminkartell (1) (in Anlehnung an die Kommissionsentscheidung vom 22.11.2001, 2003/2/EG). Ende der 1980er Jahre war ein deutlicher, wettbewerbsbedingter Marktpreisverfall für Vitamine zu verzeichnen. Daraufhin trafen sich 1991 Führungskräfte mehrerer Unternehmen, die als Vitaminhersteller einen Großteil des weltweiten und auch des europäischen Markts abdeckten, in Bottmingen (Schweiz). Zu den beteiligten Unternehmen zählte ua die Firmengruppe Hoffmann La-Roche AG, die ihren Sitz in Basel (Schweiz) hat und über mehrere Produktionseinrichtungen in den EUMitgliedstaaten verfügt, ferner die BASF AG mit Konzernsitz in Ludwigshafen (Deutschland) und die Takeda mit Sitz in Osaka (Japan). In einer ersten Sitzung einigten sich die Vertreter ausgehend von den von ihren Unternehmen erzielten Umsätzen und der Einschätzung der Marktanteile der anderen Hersteller auf globale Quoten. Weiters wurden sowohl der Weltmarkt wie auch der EU-Markt und weitere Regionalmärkte aufgeteilt. Ziel der Aufteilung war, die Marktanteile der beteiligten Hersteller zu stabilisieren. Ein beteiligtes Unternehmen konnte nach dieser Abmachung seine Umsätze nur in Übereinstimmung mit dem Marktwachstum, aber nicht zum Nachteil eines anderen beteiligten Unternehmens erhöhen. In weiteren, vierteljährlich stattfindenden Treffen wurden überdies regelmäßig Preissteigerungen und Unterpreisgrenzen festgelegt. Tatsächlich konnte dadurch ein weiteres Sinken der Preise verhindert und diese sogar kontinuierlich angehoben werden. Da die beteiligten Unternehmen an weitgehender Geheimhaltung ihrer Verabredungen interessiert waren, wurden die getroffenen Vereinbarungen nicht schriftlich festgehalten. Man vertraute zwar auf das „Ehrenwort“ der anderen, führte aber trotzdem ein Überwachungssystem mit Berichterstattungspflichten ein. Wie sind die Abmachungen kartellrechtlich zu beurteilen?

a)

Anwendungsbereich des europäischen Kartellrechts

aa) Sachlicher Anwendungsbereich Der sachliche Anwendungsbereich der EG-Kartellvorschriften deckt sich mit dem des EGV. Das bedeutet, dass die Wettbewerbsregeln grundsätzlich auf alle Wirtschaftszweige Anwendung finden, somit auch auf Sektoren, die der staatlichen Aufsicht unterliegen (zB Banken und Versicherungen). Zu berücksichtigen sind weiters Ausnahmen vom sachlichen Anwendungsbereich des europäischen Kartellrechts. Ausnahmen bestehen nur dann, wenn sie ausdrücklich im EGV verankert sind. Zu nennen sind hier die Bereiche der Landwirtschaft, der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse und der militärischen Erzeugnisse. Keine Ausnahmen, aber ebenso erwähnenswerte Sondervorschriften über die Anwendung des Wettbewerbsrechts wurden für den Verkehrsbereich erlassen. – Landwirtschaft Der Agrarpolitik wird in Art 36 EGV ein Vorrang gegenüber der Wettbewerbspolitik eingeräumt. Die Landwirtschaft ist nach dieser Vorschrift nur insoweit den Wettbewerbsregeln unterworfen, als dies vom Rat bestimmt wird.

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Kartell-, Missbrauchsrecht und Fusionskontrolle

Letzterer hat in der VO 1184/06/EG, ABl 2006 L 214/7, vorgesehen, dass die Wettbewerbsvorschriften zwar grundsätzlich anzuwenden sind, gleichzeitig aber eine Ausnahmeregelung bezüglich Art 81 EGV für solche Vereinbarungen getroffen, die wesentlicher Bestandteil einer einzelstaatlichen Marktordnung oder zur Verwirklichung der Ziele der Gemeinsamen Agrarpolitik notwendig sind. Art 82 EGV (Missbrauchsverbot) ist dem gegenüber im Bereich der Landwirtschaft uneingeschränkt anwendbar. – Unternehmen der Daseinsvorsorge (Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse). Art 86 Abs 1 EGV bestimmt, dass die Wettbewerbsregeln (neben dem Kartellrecht insb das Beihilfenrecht) auch für öffentliche sowie mit ausschließlichen oder besonderen Rechten versehene Unternehmen (privilegierte Unternehmen) gelten. 86 Abs 2 EGV sieht dies auch für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut sind (Daseinsvorsorgeunternehmen) sowie für Finanzmonopole vor, nimmt diese aber unter bestimmten Voraussetzungen von der Anwendung des Wettbewerbrechts aus (s Pkt H.III.2.). Aus dieser Bestimmung ergibt sich auch, dass Daseinsvorsorgeleistungen, die nicht-wirtschaftlich sind, nicht dem Wettbewerbsrecht unterfallen. Damit ist das Merkmal der wirtschaftlichen Leistung für die Mitgliedstaaten und insb für deren Kommunen als wesentliche Träger der Daseinsvorsorge der wohl wichtigste Begriff. Neben Aufgaben, die dem Staat typischerweise vorbehalten sind – wie innere und äußere Sicherheit, Justizverwaltung, etc –, hat der EuGH beispielsweise die Überwachung des Luftraums oder die Bekämpfung von Umweltverschmutzungen, für die jeweils vom Staat Gebühren erhoben wurden, als nicht-wirtschaftliche Tätigkeiten mit der Begründung anerkannt, dass es sich dabei um originär hoheitliche Tätigkeiten handle. – Militärische Erzeugnisse Die beschränkte Anwendbarkeit der Wettbewerbsregeln ergibt sich weiters aus der allgemeinen Ausnahmebestimmung des Art 296 EGV für militärische Erzeugnisse. Dieser besagt, dass Mitgliedstaaten Maßnahmen ergreifen können, die ihres Erachtens für die Wahrung wesentlicher Sicherheitsinteressen erforderlich sind, soweit sie die Erzeugung und den Handel von Waffen, Munition und Kriegsmaterial betreffen. Praktische Bedeutung hat diese Bestimmung in wettbewerbsrechtlicher Hinsicht allerdings weniger für die Anwendbarkeit des Kartellrechts, sondern vielmehr für öffentliche Aufträge und Beihilfen im Verteidigungssektor. Speziell Beschaffungen werden in den meisten Fällen unter Berufung auf die Ausnahmevorschrift ohne Wettbewerbsverfahren durchgeführt und der größte Teil der Aufträge an inländische Unternehmen vergeben. Insgesamt bewirkt die systematische Inanspruchnahme von Art 296 EGV durch die Mitgliedstaaten eine weitgehende Abschottung der einzelnen Rüstungsmärkte voneinander. – Verkehr Für den Verkehrsbereich fehlt eine entsprechende Ausnahmevorschrift, womit die Wettbewerbsregeln grundsätzlich auch für diesen Bereich gelten.

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Europäisches Kartellrecht

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Den Besonderheiten des Verkehrssektors wurde allerdings durch den Erlass einer Reihe von Sekundärrechtsakten Rechnung getragen, in denen die Einzelheiten für die Anwendung des Wettbewerbsrechts festgelegt werden. Diese sehen für bestimmte (technische) Vereinbarungen Freistellungen vor, enthalten gleichzeitig aber auch Bestimmungen über eine Missbrauchsaufsicht. Sondervorschriften bestehen für den Eisenbahn,- Straßen,- und Binnenschiffsverkehr (VO 1017/68/EWG, ABl 1968 L 175/1 idF VO 1/03/EG, ABl 2003 L 1/1) sowie für den See- und Luftverkehr (VO 4056/86/EWG, ABl 1986 L 378/4 idF VO 1/03/EG, ABl 2003 L 1/1, VO 3975/87/EWG, ABl 1987 L374/1 idF VO 411/04/EG, ABl 2004 L 68/1). bb) Räumlicher Anwendungsbereich – Territorialer Anwendungsbereich Der räumliche Anwendungsbereich bestimmt das Gebiet, in dem die Wettbewerbsvorschriften hoheitlich angewandt werden können. Geregelt ist der räumliche Anwendungsbereich in Art 299 EGV, nach dem die Vorschriften des EGV grundsätzlich in allen Mitgliedstaaten, darüber hinaus auch für die französischen überseeischen Departements, die Azoren, Madeira und die Kanarischen Inseln Gültigkeit haben. Ausnahmen bestehen für die Färöer Inseln, die Hoheitszonen Großbritanniens sowie für die Kanalinseln und die Isle of Man, die vom Geltungsbereich des EGV nicht umfasst sind. – Exterritoriale Anwendung auf Drittlandsunternehmen Darüber hinaus können die EG-Wettbewerbsvorschriften, wie bereits ausgeführt, exterritorial, dh auch auf Drittlandsunternehmen und auf außerhalb des EU-Raums gesetzte Handlungen, angewendet werden. Unterschiedliche Auffassungen bestehen aber hinsichtlich der im Einzelnen heranzuziehenden Anknüpfungspunkte. Die Kommission favorisiert das Auswirkungsprinzip, während sich der EuGH auf das Territorialitätsprinzip stützt. Ersteres stellt auf die Auswirkung einer wettbewerbsrelevanten Handlung auf den Gemeinsamen Markt ab, ohne Rücksicht auf den Standort der beteiligten Unternehmen und den Ort, an dem die wettbewerbswidrigen Handlungen gesetzt wurden. Zweiteres zielt hingegen darauf ab, ob eine Tochtergesellschaft im Inland ansässig ist, deren Handlungen einer ausländischen Muttergesellschaft zugerechnet werden können (Prinzip der wirtschaftlichen Einheit, etwa EuGH, verb Rs 6 und 7/73, Slg 1974, 223, Commercial Solvents) oder ob sich der Ort der Durchführung der Kartellvereinbarung im EU-Inland befindet (Durchführungsprinzip, EuGH verb Rs 89, 104, 114, 116, 117, 125 bis 129/85, Slg 1988, 5193, Zellstoff). In der letzteren weiten Auslegung nähert sich das Territorialitätsprinzip weitgehend dem Auswirkungsprinzip an. In diesem Zusammenhang ist auch die Rechtsprechung des Gerichts 1. Instanz (EuG) der EG erwähnenswert. In zwei Verfahren hatte dieses über die exterritoriale Anwendbarkeit der EG-Wettbewerbsvorschriften zu entscheiden. In der Rs Gencor (T-102/96, Slg 1999, II-753) stellte das Gericht in Überschreitung des Durchführungsprinzips des EuGH auf das Auswirkungsprinzip ab und rechtfertigte damit die exterritoriale Anwendbarkeit

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Kartell-, Missbrauchsrecht und Fusionskontrolle

der Fusionskontrollbestimmungen der Gemeinschaft. Dabei fand das EuG zu der Formel, dass die Auswirkungen unmittelbar, wesentlich und vorhersehbar sein müssen. cc) Persönlicher Anwendungsbereich Adressaten des europäischen Kartellrechts sind Unternehmen bzw Unternehmensvereinigungen. Beim „Unternehmen“ handelt es sich um einen autonomen, gemeinschaftsrechtlichen Begriff, den der EuGH in seiner Rechtsprechung näher bestimmt hat. Dieser geht dabei von einem weiten und umfassenden funktionellen Unternehmensbegriff aus, indem er auf die Tätigkeit abstellt. Demnach ist als Unternehmen im gemeinschaftsrechtlichen Sinn – jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit, – unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung zu verstehen (EuGH Rs C-41/90, Slg 1991, I-1979, Höfner und Elser). Unter wirtschaftlicher Tätigkeit sind alle selbständigen Handlungen im Zusammenhang mit dem Anbieten von Gütern und Dienstleistungen auf einem bestimmten Markt zu verstehen. Ebensowenig wie auf die Rechtsform und die Finanzierung kommt es auf die Rechtsfähigkeit nach nationalem Recht oder auf eine Gewinnerzielungsabsicht an. Gefordert wird aber eine Entgeltlichkeit der Tätigkeit, also ein Leistungs-Gegenleistungsverhältnis. Beispiele: Grundsätzlich ist die Unternehmereigenschaft auch zu bejahen, wenn der Staat wirtschaftlich tätig wird. Neben privaten werden also auch öffentliche Unternehmen erfasst, ohne Rücksicht darauf, ob sie in öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Rechtsform auftreten. Auch unselbständige, der Staatsverwaltung zurechenbare Einheiten ohne Rechtspersönlichkeit (Dienststellen) können vom gemeinschaftsrechtlichen Unternehmensbegriff erfasst sein, wenn sie eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben (zB staatliche Arbeitsvermittlungsstellen und staatliche Regiebetriebe). Ebenso können natürliche Personen als Unternehmen angesehen werden, da es auf die Rechtsform und auf eine Rechtspersönlichkeit iSd nationalen Gesellschaftsoder Steuerrechts nicht ankommt. Der EuGH hat die Unternehmereigenschaft etwa bei Erfindern, Sportlern, Künstlern, Rechtsanwälten, Ärzten und Schiffslotsen bejaht.

Keine Unternehmereigenschaft begründet hingegen: – Die bloße Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen durch staatliche Einrichtungen oder private Haushalte (Endverbraucher), da hier keine wirtschaftlichen Leistungen am Markt angeboten oder erbracht werden. Für die staatliche Nachfragetätigkeit sind allerdings die Vorschriften des Vergaberechts zu beachten (siehe Pkt D.V.). – Eine rein hoheitliche Tätigkeit (ua EuGH Rs 30/87, Slg 1988, 2479, Bodson). Einrichtungen, die als Träger der öffentlichen Gewalt handeln, fallen auch bei entgeltlich erbrachten Leistungen nicht unter den Unternehmensbegriff, wenn sie dem Allgemeininteresse dienen, die Erbringung der Leistungen mit Vorrechten hoheitlicher Natur verknüpft ist oder die Tätigkeit durch private Unternehmen nicht ausgeübt werden könnte. Dies gilt auch

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Europäisches Kartellrecht

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für private Unternehmen, die mit der Erbringung von Leistungen im Allgemeininteresse betraut und zu diesem Zweck mit Sonderrechten ausgestattet sind. – Eine ausschließlich sozialen Zwecken dienende Tätigkeit (vgl EuGH verb Rs C-159/91 und 160/91, Slg 1993, I-637, Poucet und Pistre). Dies gilt insb für Sozialversicherungssysteme, die auf dem Grundsatz der Solidarität und nicht des Markts beruhen (zB gesetzliche Kranken-, Renten- und Unfallversicherungssysteme). – Tätigkeiten der Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände, wenn diese Tarifverträge aushandeln. – Eine Tätigkeit im Rahmen der Arbeitnehmereigenschaft, da es hier an der Selbständigkeit mangelt. Beispiel: Als Träger der öffentlichen Gewalt wurde zB die „Eurocontrol“, eine internationale Organisation zur Kontrolle und Überwachung des Luftraums angesehen. Der EuGH sah diese Tätigkeiten als typisch hoheitliche Vorrechte an, die keinen wirtschaftlichen Charakter aufweisen (vgl EuGH Rs C-364/92, Slg 1994, I-43, Eurocontrol). In der Rs „AOK Bundesverband“ (verb Rs C-264/01, C-306/01, C-354/01 und C-355/01, Slg 2004, I-2493) hat der EuGH entschieden, dass die Spitzenverbände der deutschen Krankenkassen bei der Festsetzung von Festbeträgen für Arzneimittel keine Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen darstellen, da sie bei dieser Tätigkeit kein eigenes Interesse verfolgen, sondern vielmehr eine rein soziale Aufgabe wahrnehmen, die auf dem Grundsatz der Solidarität beruht und ohne Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt wird. Er hob dabei hervor, dass die Krankenkassen gesetzlich verpflichtet sind, ihren Mitgliedern im Wesentlichen gleiche Pflichtleistungen anzubieten, die unabhängig von der Beitragshöhe sind. Entscheidend für die Verneinung der Unternehmenseigenschaft war dabei der Umstand, dass die Krankenkassen in ihrem Handlungsspielraum durch die gesetzlichen Vorschriften stark eingeschränkt wurden. Dagegen hat der EuGH im Fall „Albany“ (EuGH Rs C-67/96, Slg 1999, I-5751) festgestellt, dass ein Rentenfonds, der nach dem Kapitalisierungsprinzip funktioniert und eine wirtschaftliche Tätigkeit im Wettbewerb mit den Versicherungsgesellschaften ausübt, ein Unternehmen im gemeinschaftsrechtlichen Sinn ist. Diese Einstufung verhindert weder das Fehlen einer Gewinnerzielungsabsicht noch die Verfolgung einer sozialen Zielsetzung.

dd) Verhältnis zwischen europäischem und nationalem Kartellrecht – Zwischenstaatsklausel Grundsätzlich gilt, dass das europäische Kartellrecht dann anzuwenden ist, wenn durch das Verhalten von Unternehmen die zwischenstaatlichen Handelsströme beeinträchtigt werden (Zwischenstaatsklausel) bzw eine Fusion von gemeinschaftsweiter Bedeutung vorliegt. Bei rein innerstaatlichen Sachverhalten ist demgegenüber ausschließlich das nationale Kartellrecht anzuwenden. Der „Zwischenstaatsklausel“ kommt also die Funktion der Abgrenzung des Geltungsbereichs des EG-Wettbewerbsrechts vom nationalen Recht zu. Im Interesse des Funktionierens des Gemeinsamen Markts wird die Klausel vom EuGH und der Kommission extensiv interpretiert und es werden somit bloß geringe Anforderungen an das Vorliegen einer zwischenstaatlichen Han-

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delsbeeinträchtigung gestellt. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH genügt bereits die Eignung einer Maßnahme, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell in einer Weise spürbar zu beeinträchtigen, die für die Verwirklichung eines einheitlichen zwischenstaatlichen Markts nachteilig sein kann (vgl etwa EuGH verb Rs 56 und 58/64, Slg 1966, 321, Consten/Grundig; EuGH Rs 56/65, Slg 1966, 281, Maschinenbau Ulm GmbH). Vereinfacht ist für die Anwendbarkeit des europäischen Kartellrechts also entscheidend, ob eine Maßnahme eines oder mehrerer Unternehmen eine spürbare Veränderung (Beeinträchtigung) des Handels zwischen den Mitgliedstaaten zumindest mittelbar und potentiell zur Folge haben kann. Aus dem Abstellen auf die Eignung der Maßnahme folgt, dass eine Beeinträchtigung des Binnenhandels nicht einmal tatsächlich vorliegen muss. Darüber hinaus kann die Zwischenstaatlichkeitsklausel auch dann erfüllt sein, wenn sich Wettbewerbsbeschränkungen nur auf das Gebiet eines Mitgliedstaats beziehen, den nationalen Markt aber gegenüber Konkurrenten aus anderen Mitgliedstaaten abschotten. Dies wird dann angenommen, wenn das gesamte Gebiet eines Mitgliedstaats von der Wettbewerbsbeschränkung betroffen ist. Die extensive Auslegung führt dazu, dass beinahe jeder kartellrechtlich relevante Sachverhalt dem EG-Recht unterliegt. Dementsprechend stellt sich die Frage, welches Kartellrecht im Einzelfall anzuwenden ist bzw welches Verhältnis zwischen gemeinschaftsrechtlichen und nationalen Kartellnormen besteht. Dabei ist zwischen den drei Instrumenten des Kartellrechts zu unterscheiden. Heranzuziehen ist hierbei die KartellverfahrensVO 1/03/EG sowie für Zusammenschlüsse die FKVO. – Kartellverbot und Verbot einer marktbeherrschenden Stellung Für das Kartell- und Missbrauchsverbot gilt der Grundsatz der parallelen Anwendung von innerstaatlichen und gemeinschaftsrechtlichen Kartellvorschriften, wenn sich Wettbewerbsbeschränkungen zugleich auf den nationalen Markt und auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten nachteilig auswirken. Soweit das Gemeinschaftsrecht wie auch das nationale Recht übereinstimmende Tatbestände und Rechtsfolgen normieren, ergeben sich bei der parallelen Anwendung keine Konflikte. Problematisch sind die Fälle, in denen eine staatliche Erlaubnis einem gemeinschaftsrechtlichen Verbot gegenübersteht oder umgekehrt eine Maßnahme nach EG-Kartellrecht erlaubt, aber nach nationalem Recht verboten ist. Die KartellverfahrensVO sieht als Lösung dieser Konflikte einen Vorrang des europäischen vor dem nationalen Wettbewerbsrecht vor. – Zunächst gilt ein Anwendungszwang der Art 81 und 82 EGV, sobald eine nationale Wettbewerbsbehörde oder ein nationales Gericht ihr innerstaatliches Recht auf einen grenzüberschreitenden Sachverhalt iSd Art 81 und 82 EGV zur Anwendung bringen will (Art 3 Abs 1 VO 1/03/EG). Dabei haben sie nicht nur die Verbote, sondern auch die Legalausnahme des Art 81 Abs 3 EGV heranzuziehen. Dies gilt solange, als die Kommission nicht selbst einschreitet. – Kartellrechtswidrige Vereinbarungen dürfen aufgrund des nationalen Rechts nur noch dann verboten werden, wenn sie auch nach Art 81 EGV verboten sind. Eine Vereinbarung, die wegen ihrer geringen Bedeutung für den Wett-

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bewerb oder nach der Legalausnahme des Art 81 Abs 3 EGV bzw einer GVO dem gemeinschaftsrechtlichen Kartellverbot nicht unterliegt, darf demnach in Anwendung eines strengeren nationalen Kartellrechts nicht untersagt werden. Umgekehrt dürfen nach Gemeinschaftsrecht verbotene Handlungen nicht national erlaubt werden. Das europäische Kartellverbot setzt sich in allen Fällen durch und normiert einen Maximalstandard. Lediglich auf Vereinbarungen von bloß regionaler oder lokaler Bedeutung ist das innerstaatliche Kartellrecht allein anwendbar. – Eine Einschränkung der allgemeinen Vorrangregelung ergibt sich beim Missbrauchsverbot. Bei einseitigen Handlungen iSd Art 82 EGV können gem Art 3 Abs 2 VO 1/03/EG strengere nationale Vorschriften angewandt werden. Das Gemeinschaftsrecht normiert hier also „nur“ einen Minimalstandard. Verstöße gegen Art 82 EGV können demgegenüber aber nicht auf nationaler Ebene erlaubt werden. – Bei Anwendung des nationalen Fusionskontrollrechts besteht keine Pflicht zur gleichzeitigen Anwendung der Art 81 und 82 EGV. Weiters stehen die Bestimmungen des Art 3 VO 1/03/EG der Anwendung staatlichen Rechts nicht entgegen, das überwiegend ein von den Art 81 und 82 EGV abweichendes Ziel verfolgt und mit den allgemeinen Grundsätzen sowie den übrigen Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts in Einklang steht (zB Ahndung unlauterer Handelspraktiken). – Fusionskontrolle Im Verhältnis von europäischer zu nationaler Zusammenschlusskontrolle gilt der „one-stop-shop“-Grundsatz (Prinzip der einzigen Anlaufstelle). Demgemäß wird ein von der FKVO erfasster Sachverhalt – eine Fusion von gemeinschaftsweiter Bedeutung – ausschließlich nach dieser Vorschrift und nur von der Kommission geprüft. Nationales Fusionsrecht darf nicht bzw nur bei Unternehmenszusammenschlüssen, die nicht in den Anwendungsbereich der FKVO fallen, angewandt werden (vgl Art 21 FKVO). Die Mitgliedstaaten können Maßnahmen zum Schutz anderer berechtigter Interessen treffen, die von der FKVO nicht erfasst sind. Darunter fallen die öffentliche Sicherheit, die Medienvielfalt und die Aufsichtsregeln. Darüber hinausgehende öffentliche Interessen sind der Kommission mitzuteilen und von dieser zu genehmigen. Daneben kennt die FKVO auch die Verweisung von Zusammenschlüssen von der Kommission an nationale Fusionskontrollbehörden (sog „deutsche Klausel“). Umgekehrt können aber auch nationale Behörden Zusammenschlüsse mit nicht gemeinschaftsweiter Bedeutung an die Kommission verweisen (sog „niederländische Klausel“). Fall: Das Vitaminkartell (2) Zunächst ist zu beurteilen, ob die fraglichen Maßnahmen der Unternehmen in den Anwendungsbereich des EG-Kartellrechts fallen. –

Sachlicher Anwendungsbereich: Das Kartellrecht erfasst grundsätzlich alle Wirtschaftsbereiche, also auch die (synthetische) Erzeugung von Vitaminen. Diese Tätigkeit fällt zudem unter keinen der Ausnahmebereiche (zB Landwirtschaft). Die Vereinbarungen betreffen den gesamten EU-Raum, womit eine Be-

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einträchtigung des Handels mit Vitaminen zwischen den Mitgliedstaaten nicht prima facie ausgeschlossen werden kann (Zwischenstaatsklausel). Räumlicher Anwendungsbereich: Räumliche Anknüpfungspunkte sind in mehrfacher Hinsicht gegeben. Zunächst ist an den Abmachungen mit der BASF ein Unternehmen aus einem EU-Mitgliedstaat beteiligt. Weiters verfügt die Schweizer Firmengruppe Roche über Tochterunternehmen in der EU, deren Handlungen dem Mutterunternehmen zugerechnet werden könnten. Auch ohne die „physische“ Präsenz eines beteiligten Unternehmens ließe sich der räumliche Anwendungsbereich mit dem Auswirkungsprinzip begründen, da sich die Abmachungen unmittelbar auf den EU-Markt auswirken. Persönlicher Anwendungsbereich: Es besteht kein Zweifel, dass es sich bei den Beteiligten um Unternehmen iSd Gemeinschaftsrechts handelt. Die Herstellung von Vitaminen und deren Verkauf ist unbestreitbar eine wirtschaftliche und entgeltliche Tätigkeit.

Das EG-Kartellrecht ist somit anwendbar.

b)

Netzwerk der europäischen Wettbewerbsbehörden

Mit der Einführung des Grundsatzes der dezentralen Anwendung der Art 81 und 82 EGV wurde eine noch intensivere Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Kommission und den nationalen Wettbewerbsbehörden bzw Gerichten sowie zwischen den nationalen Wettbewerbsbehörden notwendig. Dementsprechend finden sich Regelungen über die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch im Kapitel IV der VO 1/03/EG. Als Forum für die Zusammenarbeit zwischen den Wettbewerbsbehörden wurde 2004 das European Competition Network (ECN, Netzwerk der europäischen Wettbewerbsbehörden) gegründet, in dem die nationalen Wettbewerbsbehörden sowie die Kommission zusammengeschlossen sind. Über das Wettbewerbsnetz tauschen die Beteiligten Informationen und Beweise über neue Kartellsachen und -entscheidungen aus, unterstützen sich gegenseitig bei Untersuchungen und erörtern Themen von gemeinsamem Interesse. Das ECN ist allerdings keine Behörde der EU. Bis heute wurden etwa 579 Kartellfälle von Mitgliedern des Netzwerks eingeleitet. Ebenfalls der Kooperation dient das 2001 gegründete Forum der European Competition Authorities (ECA), dem die Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten des EWR, die Europäische Kommission und die EFTAÜberwachungsbehörde angehören (vgl weiters zum Internationalen Netzwerk der Wettbewerbsbehörden [ICN] oben Pkt 2.a.bb.). c)

Das Kartellverbot des Art 81 EGV

aa) Allgemeines Kennzeichnend für die Vorschrift des (unmittelbar anwendbaren) Art 81 EGV sind das Verbotsprinzip und das Legalausnahmesystem: – Art 81 Abs 1 EGV regelt den Kartelltatbestand und beinhaltet ein Verbot tatbestandsmäßiger Handlungen (Verbotstatbestand, s Pkt bb).

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– Art 81 Abs 3 EGV legt eine Ausnahme vom Kartellverbot (Legalausnahme, s Pkt cc) fest. – Art 81 Abs 2 EGV bestimmt die zivilrechtliche Folge eines Verstoßes gegen das Kartellverbot, namentlich die Nichtigkeit der betreffenden Vereinbarungen oder Beschlüsse (Rechtsfolge, s Pkt dd). bb) Der Verbotstatbestand des Art 81 Abs 1 EGV Art 81 Abs 1 EGV bestimmt: „Mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar und verboten sind alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, welche den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Markts bezwecken oder bewirken […]“. In seiner Rechtsprechung hat der EuGH diese Tatbestandsmerkmale zudem noch durch ein Spürbarkeitskriterium erweitert. – Vereinbarung, Beschluss und abgestimmte Verhaltensweise Alle drei Tatbestandsmerkmale setzen die Selbständigkeit der beteiligten Unternehmen voraus. Damit werden Wettbewerbsbeschränkungen innerhalb eines Konzerns von Art 81 Abs 1 EGV nicht erfasst (Konzernprivileg), wohl können sie aber unter Art 82 EGV fallen. – Unter den Begriff der „Vereinbarung“ fallen idR privatrechtliche Verträge. Diese können schriftlich, mündlich oder konkludent abgeschlossen werden und kommen durch den Austausch wechselseitiger, sich entsprechender Willenserklärungen mit Bindungs- und Rechtsfolgewillen zustande (vgl dazu den Vertragsbegriff des § 861 ABGB). Der EuGH stellt ausgehend von einem weiten Vereinbarungsbegriff darüber hinaus auf eine „bloße“ Willensübereinstimmung der Unternehmen ab. Eine Vereinbarung iSd Art 81 Abs 1 EGV liegt demnach dann vor, wenn die betreffenden Unternehmen ihren gemeinsamen Willen zum Ausdruck bringen, sich auf dem Markt in einer bestimmten Weise zu verhalten. Dazu muss auf einer Seite eine zustimmungsfähige Willensbekundung vorliegen (vgl EuGH Rs C-2/01 P und C-3/01 P, Slg 2004, I-23, Rn 97 ff, Adalat). Allerdings sind weder Bindungswille noch die Art und Weise des Zustandekommens oder eine tatsächliche und vollständige Verwirklichung der Willensübereinstimmung relevant. Damit fallen auch rechtlich unverbindliche „gentlemen´s agreements“ unter den Begriff Vereinbarung. – Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen sind gleichgerichtete Willensäußerungen ihrer Mitglieder bzw eines Organs einer Vereinigung, die im Einklang mit den jeweiligen Statuten zustande gekommen sind. Auch der Begriff des Beschlusses wird vom EuGH weit ausgelegt. So können uU unverbindliche Empfehlungen von Unternehmensvereinigungen Beschlüsse im obigen Sinne darstellen, wenn der Beschluss ein Ausdruck des Willens des Verbands war, das Verhalten seiner Mitglieder auf dem Markt der Empfehlung zu koordinieren (EuGH Rs 45/85, Slg 1987, 405, Verband der Sachversicherer).

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– Mit dem Auffangtatbestand der „aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen“ sollen solche Formen der Koordinierung des Marktverhaltens erfasst werden, die zwar formlos und unverbindlich sind, in wirtschaftlicher Hinsicht aber gleiche Wirkungen zeitigen wie eine Vereinbarung oder ein Beschluss. Der Begriff ergänzt die oben angeführten Tatbestandsmerkmale und soll damit eine möglichst lückenlose Erfassung aller Formen der Verhaltenskoordination gewährleisten. Unter „aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen“ werden solche Verhaltenskoordinierungen verstanden, die noch nicht bis zum Abschluss eines Vertrags gediehen sind, aber eine bewusste praktische Zusammenarbeit an die Stelle des mit Risiken verbundenen Wettbewerbs treten lassen und zu Wettbewerbsbedingungen führen, die nicht den normalen Marktbedingungen entsprechen (vgl EuGH Rs 48/69, Slg 1972, 619, Rn 69, ICI). Nicht nur die unmittelbare Verhaltenskoordination (Preisabsprache), sondern bereits ein Informationsaustausch (über Preise, Umsätze, Liefermengen, Exporte) oder auch die passive Aufnahme von Informationen können eine Abstimmung sein, da die beteiligten Unternehmen damit ihre Ungewissheit über das künftige Verhalten der Konkurrenz minimieren oder gar ausschließen können. Nicht erfasst wird aber das bloße Parallelverhalten von Unternehmen, da es diesen nicht verboten werden kann, sich dem festgestellten oder erwarteten Verhalten seiner Mitbewerber anzupassen (zB Anpassung an die Preise des Marktführers). Gleichwohl kann das Parallelverhalten ein Indiz für eine Verhaltensabstimmung darstellen. – Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels Beim Tatbestandsmerkmal der „Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten“ (auch Zwischenstaatsklausel) kommt es darauf an, ob eine Vereinbarung, ein Beschluss oder eine abgestimmte Verhaltensweise geeignet ist, den Wirtschaftsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Es genügt – wie schon dargestellt – dass „sich mit hinreichender Wahrscheinlichkeit voraussehen lässt, dass die Vereinbarung unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potentiell den Warenverkehr [erfasst ist darüber hinaus der gesamte Wirtschaftsverkehr, Anm. d. Verf] zwischen den Mitgliedstaaten beeinflussen kann“ (EuGH Rs 31/80, Slg 1980, 3775, Rn 18, L´Oreal). Davon erfasst sind auch mehrere Vereinbarungen, die zwar nebeneinander bestehen, aber einen kumulativen Marktabschottungseffekt bewirken (sog Bündeltheorie, vgl EuGH Rs 23/67, Slg 1967, 544, Brasserie de Haecht; EuGH Rs C-234/89, Slg 1991, I-935, Delimitis; EuGH Rs C-214/99, Slg 2000, I-11121, Neste). IdR ist die Zwischenstaatsklausel dann zu bejahen, wenn Unternehmen aus verschiedenen Mitgliedstaaten eine Kartellvereinbarung schließen. Allerdings kann auch bei Vereinbarungen, an denen nur Unternehmen eines einzigen Mitgliedsstaats beteiligt sind oder bei solchen, die ein mitgliedstaatliches Unternehmen mit einem Drittstaatsunternehmen schließt, eine Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten vorliegen. Dies ist etwa dann der Fall, wenn sich das Kartell auf Importe oder Exporte bezieht oder sich auf das gesamte Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats erstreckt.

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– Wettbewerbsbeschränkung Die Handlung muss weiters eine Beschränkung, Verhinderung oder Verfälschung des (potentiellen) Wettbewerbs bezwecken oder bewirken (Wettbewerbsbeschränkung). Ausgangspunkt ist das Selbständigkeitspostulat des EuGH, nach dem jedes Unternehmen sein Marktauftreten und den Einsatz seiner Mittel eigenständig und ohne Abstimmung mit anderen Unternehmen vorzunehmen hat. Diese Entscheidungsfreiräume dürfen weder auf Angebotsseite (zB Preispolitik, Festlegung der Erzeugungsmengen, Qualität der Produkte, Forschung) noch auf Nachfrageseite (Einkaufspreise, Einkaufsmengen) durch Koordinierungen beschränkt oder verfälscht werden. Die Alternativen „bezwecken oder bewirken“ ermöglichen es einerseits, Handlungen zu erfassen, die auf eine Wettbewerbsbeschränkung gerichtet sind, ohne auf die konkreten Auswirkungen abzustellen („bezwecken“). Andrerseits beziehen sie sich auf solche Wettbewerbsbeschränkungen, bei denen ein „Bezwecken“ der beteiligten Unternehmen nicht nachgewiesen werden kann oder die sogar absichtslos „bewirkt“ wurden. Geschützt wird neben dem Interbrand-Wettbewerb (das ist der Wettbewerb zwischen verschiedenen Marken) auch der Intrabrand-Wettbewerb (das ist der Wettbewerb innerhalb einer bestimmten Marke). Wichtig ist weiters, dass nicht nur der Wettbewerb zwischen Unternehmen auf gleicher Wirtschaftsstufe (horizontaler Wettbewerb, zB zwischen Erzeugern), sondern auch der Wettbewerb zwischen Unternehmen auf unterschiedlicher Wirtschaftsstufe (vertikaler Wettbewerb, zB Produktion und Vertrieb), ferner der bloß potentielle Wettbewerb, also die Markteintrittsmöglichkeiten von Konkurrenten, umfasst sind. Hinsichtlich der Beschränkungen selbst wird zwischen nackten Wettbewerbsbeschränkungen (Kernbeschränkungen, „naked restraints“, „hard-core“Kartell) und sonstigen Wettbewerbsbeschränkungen unterschieden. Bei Ersteren wird aufgrund der Schwere des Eingriffs in den Wettbewerb angenommen, dass eine Wettbewerbsbeschränkung von den Unternehmen bezweckt ist. Auf die Wirkung der Absprachen wird also erst gar nicht abgestellt. Dazu zählen – die gemeinsame Preisfestsetzung, – die Festlegung von Produktions- und Absatzbeschränkungen, – die Aufteilung der Märkte und – Exportverbote in vertikalen Verträgen. Ein Unterfall der Marktaufteilung ist die sog Submissionsabsprache. Dabei handelt es sich um ein Übereinkommen zwischen potentiellen Bietern eines Vergabeverfahrens (s Pkt D.V.), bei dem ein Beteiligter für den Zuschlag bestimmt wird, indem die anderen von einem Angebot Abstand nehmen oder absichtlich ein „schlechteres“ Angebot legen und dafür eine Entschädigung erhalten. Damit wird das Ziel des Vergabeverfahrens, die Feststellung eines Wettbewerbspreises, unterlaufen. Bei sonstigen Wettbewerbsbeschränkungen gestaltet sich die Lage komplexer, da sie zwar Beschränkungen bewirken, diese aber durchaus zu Leistungssteigerungen am Markt führen können. Insb können sie für ein Grundgeschäft (sog „ancillary restraints“, beschränkende Vertragsklauseln, etwa ein Wettbewerbsverbot beim Unternehmensübergang) oder für den Eintritt in ei-

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nen anderen Markt notwendig sein. Ausgangspunkt ist auch hier die Beeinträchtigung der Handlungsfreiheit der Parteien. Zur Feststellung der Anwendbarkeit des Kartellverbots bedarf es darüber hinaus einer umfassenden Prüfung der Auswirkungen der Vereinbarungen auf den relevanten Markt. Hier kommt es wohl im Endeffekt darauf an, ob die leistungssteigernden die wettbewerbsbeschränkenden Wirkungen übersteigen (strittig, vgl dazu die ähnliche Zielsetzung des Art 81 Abs 3 EGV, gleich unten Pkt cc.). – Spürbarkeit Nach der Rechtsprechung des EuGH und der Anwendungspraxis der Kommission wird zusätzlich zu den in Art 81 Abs 1 EGV enthaltenen Tatbestandsmerkmalen noch die – im EGV nicht explizit genannte – Spürbarkeit der Wettbewerbsbeschränkung und der Handelsbeeinträchtigung gefordert. Dadurch soll die Kommission in die Lage versetzt werden, wettbewerbsrechtlich belanglose Fälle von einer Prüfung auszunehmen und sich auf problematischere Kartelle zu konzentrieren. Weiters vermindert das Spürbarkeitskriterium den „kartellrechtlichen Druck“ für kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Zumeist wird die Spürbarkeit in quantitativer Hinsicht (Marktanteile der Unternehmen), in Einzelfällen auch in qualitativer Hinsicht (Umfang der Beschränkungen, Bedeutung des betroffenen Wettbewerbsparameters sowie rechtliches und faktisches Umfeld der Beschränkung) beurteilt. Die Kommission hat die quantitative Spürbarkeit in ihrer (nicht verbindlichen) Bagatell- bzw deminimis-Bekanntmachung (ABl 2001 C 368/13) konkretisiert: Demnach fallen Vereinbarungen zwischen Unternehmen nicht unter das Kartellverbot, wenn der insgesamt gehaltene Marktanteil der an einer horizontalen Vereinbarung beteiligten Unternehmen 10% nicht übersteigt bzw bei einer vertikalen Vereinbarung der von jedem der beteiligten Unternehmen gehaltene Marktanteil 15% nicht übersteigt. Bei Vertragsbündeln, also nebeneinander bestehenden gleichartigen Vereinbarungen, die einen kumulativen Marktabschottungseffekt bewirken, wird auf einen Marktanteil eines einzelnen Lieferanten oder Händlers von 5% abgestellt. Wenn dieser nicht überschritten wird, ist anzunehmen dass seine Vereinbarung nicht zum kumulativen Abschottungseffekt beiträgt. Ein solcher liegt überdies auch dann nicht vor, wenn weniger als 30% des relevanten Markts vom Vereinbarungsnetz abgedeckt werden. Ausgeschlossen sind allerdings nackte Wettbewerbsbeschränkungen, denen das de-minimis-Privileg niemals zukommt. Zur Spürbarkeit hat die Kommission weiters in ihrer Bekanntmachung Leitlinien über den Begriff der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels Stellung genommen (s ABl 2004 C 101/81). Die Kommission leitet in Fällen, die in den Anwendungsbereich der deminimis Bekanntmachung fallen, keine Verfahren mehr ein. Die Bekanntmachung ist zwar nicht verbindlich (insb nicht für den EuGH oder nationale Behörden bzw Gerichte), sie begründet aber einen Vertrauensschutz gegenüber der Kommission. Dies äußert sich darin, dass die Kommission keine Geldbußen verhängt, wenn Unternehmen in gutem Glauben, aber irrigerweise davon ausgehen, dass eine Vereinbarung in den Anwendungsbereich der Bekanntmachung fällt.

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Fall: Das Vitaminkartell (3) Zunächst ist die Art der Koordinationsform zwischen den beteiligten Unternehmen zu beurteilen. Nach dem Sachverhalt wurde kein schriftlicher oder mündlicher verbindlicher Vertrag zwischen den Unternehmen abgeschlossen. Allerdings ist ein solcher nicht Voraussetzung, um den Vereinbarungsbegriff zu erfüllen. Die Abmachungen, die auf Grundlage des „Ehrenworts“ getroffen wurden, sind als rechtlich unverbindliche „gentlemen’s agreements“ zu werten, die ebenfalls vom Vereinbarungsbegriff umfasst sind. Bei den Absprachen handelt es sich also um Vereinbarungen iSd Art 81 EGV. Die Prüfung der Zwischenstaatlichkeitsklausel (Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels) ist ebenfalls problemlos. Eine „unmittelbare oder mittelbare, tatsächliche oder potentielle Beeinflussung des Warenverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten“ ist einem weltweiten Kartell immanent. Die Vereinbarungen betreffen direkt den europäischen Markt und sind geeignet, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Eine Wettbewerbsbeschränkung ist ebenso ohne Probleme festzustellen. Die unmittelbare Festsetzung von Preisen, die Einschränkung und Kontrolle der Erzeugung und des Absatzes sowie die Aufteilung der Märkte schränken die wirtschaftliche Handlungsfreiheit der beteiligten Unternehmer gravierend ein und behindern damit einen tatsächlichen Wettbewerb am europäischen Markt für Vitamine. Die vorliegenden Vereinbarungen begründen sogar, da sie Kernbeschränkungen vorsehen, ein „hard-core“-Kartell. Damit kann ohne weiteres angenommen werden, dass die Beschränkung des Wettbewerbs bezweckt wird. Dies genügt an sich schon zur Begründung der Tatbestandsmäßigkeit (s Art 81 Abs 1 EGV „bezwecken oder bewirken“). Darüber hinaus ließe sich auch ohne Zweifel – angesichts des „Erfolgs“ des Kartells – feststellen, dass eine Beschränkung des Wettbewerbs bewirkt wurde. Die Spürbarkeit ist sowohl in quantitativer wie auch in qualitativer Hinsicht gegeben. Abgesehen davon, dass die am Kartell beteiligten Unternehmen einen Großteil des weltweiten und europäischen Markts abdecken, wäre die de-minimisBekanntmachung gar nicht anwendbar, da es sich bei den Vereinbarungen um nackte Wettbewerbsbeschränkungen handelt.

cc) Freistellung vom Kartellverbot: Die Legalausnahme und die GVO´s Art 81 Abs 3 EGV sieht Ausnahmen für tatbestandsmäßige Kartelle vom Verbot des Art 81 Abs 1 EGV vor, wenn vier Voraussetzungen erfüllt werden. Vereinbarungen, Beschlüsse und abgestimmte Verhaltensweisen, die den Tatbestand des Abs 1 erfüllen, sind demnach nicht verboten, wenn – sie zu einer Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts beitragen (Effizienzgewinn), – die Verbraucher (iwS die Abnehmer und die Allgemeinheit) am entstehenden Gewinn angemessen beteiligt werden (Verbraucherbeteiligung), – den teilnehmenden Unternehmen nur solche Beschränkungen auferlegt werden, die zur Verwirklichung dieser Ziele unerlässlich sind (Unerlässlichkeit) und

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– diesen nicht die Möglichkeit eröffnet wird, für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren den Wettbewerb auszuschalten (keine Ausschaltung des Wettbewerbs). Nach Art 1 Abs 2 der KartellverfahrensVO ist Art 81 Abs 3 EGV unmittelbar anwendbar. Es bedarf daher keiner vorherigen Entscheidung, ob die Voraussetzungen des Abs 3 gegeben sind, vielmehr sind Kartelle bei Zutreffen der Legalausnahme automatisch rechtmäßig. Das bedeutet für die an einem Kartell beteiligten Unternehmen, dass sie die Erfüllung der Voraussetzungen selbständig in eigener Verantwortung zu beurteilen haben. Das Vorliegen der Ausnahme ist dementsprechend in einem allfälligen Verfahren vor der Kommission oder vor den nationalen Behörden bzw Gerichten zu beweisen. Nur mehr in solchen Fällen, in denen ein besonderes öffentliches Interesse der Gemeinschaft besteht, kann die Kommission von Amts wegen durch Entscheidung das Vorliegen der Ausnahme nach Art 81 Abs 3 EGV – oder das Nichtvorliegen der Tatbestände des Abs 1 – feststellen (vgl Art 10 VO 1/03/EG). Hinzuweisen ist noch darauf, dass auch die mitgliedstaatlichen Gerichte und Wettbewerbsbehörden bei der Anwendung von Art 81 EGV das Vorliegen der Legalausnahme zu prüfen haben (unmittelbare Anwendbarkeit). Vor der Einführung des Legalausnahmesystems durch die VO 1/03/EG war das Verfahren in Kartellsachen von einem zentralisierten Anmeldesystem geprägt. Kernpunkte waren die Anmeldepflicht und die ausschließliche Zuständigkeit der Kommission zur Freistellung durch Einzelentscheidungen iSd Art 249 EGV, denen konstitutive Wirkung zukam. Das System führte allerdings zu einer erheblichen Belastung der Kommission durch die zahlreichen Anmeldungen und Entscheidungsverfahren. Entlastung verschaffte sich die Kommission zunächst durch Freistellung von ganzen Gruppen von Vereinbarungen im Wege des Erlasses von GVO´s sowie durch die Bestätigung unbedenklicher Kartelle mit informellen Verwaltungsschreiben (sog „comfort-letters“). Die Ersetzung des Freistellungsmonopols durch das Legalausnahmesystem soll das Kartellverfahren nunmehr effizienter machen. Es befähigt die Kommission, sich auf besonders schwerwiegende Verstöße gegen das Kartellrecht zu konzentrieren und entlastet Unternehmen von den Kosten der Anmeldung. Damit geht aber auch ein Verlust der Rechtssicherheit einher, da Unternehmen das Zutreffen der Ausnahme selbst zu beurteilen haben. Daraus ergibt sich der besondere Wert, den die Veröffentlichungen von Kommissionsmitteilungen über die Anwendung von Art 81 EGV für Unternehmen haben. Neben der unmittelbar anwendbaren Legalausnahme des Art 81 Abs 3 EGV bestehen weiterhin die – für Unternehmen hinsichtlich der durch sie gewährten Rechtssicherheit besonders attraktiven – Gruppenfreistellungsverordnungen (GVO´s). Der Vorteil der GVO´s liegt darin, dass sie präzisere Voraussetzungen für die Ausnahmen vom Kartellverbot treffen und den weiten Ermessenspielraum in Art 81 Abs 3 EGV verbindlich ausfüllen. Insoweit dienen sie auch der Information der Unternehmen über die zulässigen Wettbewerbsbeschränkungen. Ist eine Vereinbarung von einer GVO erfasst, gilt diese ebenfalls als automatisch freigestellt. Die Kommission kann allerdings von Amts wegen oder auf eine Beschwerde hin den Rechtsvorteil einer entsprechenden GVO

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entziehen, wenn sie feststellt, dass eine Vereinbarung, ein Beschluss oder eine abgestimmte Verhaltensweise, für die die GVO eigentlich gilt, Wirkungen hat, die mit Artikel 81 Absatz 3 des Vertrags unvereinbar sind (vgl Art 29 VO 1/03/EG). GVO´s bestehen für bestimmte Vertragstypen, die insb keine Kernbeschränkungen enthalten (zB GVO vertikale Vereinbarungen 2790/99/EG, ABl 1999 L 336/21, GVO Spezialisierungsvereinbarungen 2658/00/EG, ABl 2000 L 304/3, GVO Forschungs- und Entwicklungsvereinbarungen 2659/00/EG, ABl 2000 L 304/7, GVO Versicherungswirtschaft 358/03/EG, ABl 2003 L 53/8). Die Vereinbarungen kommen nur bei Erfüllung der in den GVO´s festgelegten Voraussetzungen in den Genuss einer Freistellung. Den meisten GVO´s ist gemeinsam, dass die Vereinbarungen ausschließlich freistellungsfähige Bestimmungen enthalten müssen, sonst fallen sie wiederum unter das Kartellverbot („Alles-oder-Nichts-Prinzip“). In den GVO´s der neueren Generation werden in einer „schwarzen Liste“ die unzulässigen Wettbewerbsbeschränkungen angeführt sowie bestimmte Marktanteilsschwellen festgelegt. Ältere GVO´s enthielten daneben auch eine Liste der ausdrücklich zulässigen Beschränkungen („weiße Liste“). Fall: Das Vitaminkartell (4) Das Vitaminkartell enthält Kernbeschränkungen, die nicht freistellungsfähig sind. Die Beschränkungen führen insb zu keiner Leistungssteigerung, sie haben im Gegenteil eine negative Auswirkung auf den Markt (Preissteigerung). Eine etwaige Freistellung für das Vitaminkartell kommt also nicht in Frage, weder im Wege der Legalausnahme noch durch eine GVO.

dd) Rechtsfolgen und Rechtsschutz – Kommission Die Europäische Komission kann ein Verfahren wegen eines Verstoßes gegen die Art 81 und 82 EGV von Amts wegen sowie auf Beschwerde hin einleiten. Zur Aufklärung des Sachverhalts stehen ihr gemäß der VO 1/03/EG umfangreiche Ermittlungsbefugnisse zur Sachverhaltsaufklärung – wie Auskunftsverlangen, Nachprüfungen in Räumlichkeiten, Befragungen, etc – zur Verfügung (Art 17 ff leg cit). Bei den Ermittlungen wird sie von den nationalen Wettbewerbsbehörden unterstützt (in Österreich die Bundeswettbewerbsbehörde). Stellt die Europäische Komission einen Verstoß gegen das Kartellverbot fest, verfügt sie über eine Reihe von Entscheidungsmöglichkeiten. Zunächst kann sie Verstöße mit Abstellungsverpflichtungen beenden (Art 7 VO 1/03/EG). Besteht die Gefahr eines ernsten, nicht wieder gut zu machenden Schadens für den Wettbewerb bei einem prima facie-Verstoß gegen die Art 81 f EGV, kann sie zudem einstweilige Maßnahmen (Verfügungen) treffen (Art 8 VO 1/03/EG). Sie kann auch sog „Verpflichtungszusagen“ der beteiligten Unternehmen (Art 9 VO 1/03/EG) für bindend erklären, die geeignet sind, die Bedenken der Kommission auszuräumen. Ferner kann die Kommission bereits beendete Zuwiderhandlungen feststellen. Wichtig ist die Befugnis der Kommission, Geldbußen und Zwangsgelder, mit denen sie dem Kartellrecht und ihren Entschei-

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dungen Nachdruck verleihen kann, zu verhängen (Art 23 f VO 1/03/EG). Die Bußgeldentscheidung sowie eine Abstellungsverpflichtung kann von den Adressaten gemäß Art 230 EGV mit Nichtigkeitsklage vor dem EuG angefochten werden. Geldbußen können bei einem schuldhaften (vorsätzlichen oder fahrlässigen) Verstoß von Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen gegen die Art 81 und 82 EGV – also auch beim Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung – sowie gegen bestimmte Verfahrensvorschriften (zB beim Erteilen unrichtiger Auskünfte oder bei einer Verweigerung der Nachprüfung) erteilt werden. Die Höhe der Geldbuße (bis zu 10% des im letzten Geschäftsjahr erzielten Umsatzes) richtet sich nach der Schwere und der Dauer des Verstoßes. Arbeitet allerdings ein beteiligtes Unternehmen mit der Kommission zusammen, so kann ihm iSd sog „Kronzeugenregelung“ (oder „leniency programme“) die Geldbuße ganz oder teilweise erlassen werden. Sinn der Kronzeugenregelung ist es zu verhindern, dass kooperationswillige Unternehmen wegen der Gefahr hoher Bußgelder vor einer Zusammenarbeit mit der Kommission zurückschrecken. Solchen Unternehmen, die insb an der Aufdeckung eines Kartells mithelfen, sollen die Rechtsvorteile des Erlasses bzw der Ermäßigung der Geldbußen zuteil werden. Zwangsgelder dienen zur Durchsetzung bestimmter Entscheidungen der Kommission. Sie werden bis zu einem Höchstbetrag von 5% des im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten durchschnittlichen Tagesumsatzes für jeden Tag des Verzugs bei der Umsetzung der Entscheidung festgesetzt. – Nationale Behörden Zur Durchsetzung der Art 81 und 82 EGV sind nach dem System der dezentralen Anwendung auch die nationalen Behörden berufen. Die Zuständigkeit der mitgliedstaatlichen Wettbewerbsbehörden besteht solange, als die Kommission kein eigenes Verfahren in der gleichen Kartellsache einleitet (Art 11 Abs 6 VO 1/03/EG). Die nationalen Behörden verfügen im Wesentlichen über dieselben Entscheidungsbefugnisse wie die Kommission (ua Abstellungsverpflichtungen, Verpflichtungszusagen, Geldbußen). In Österreich ist das Kartellgericht als Wettbewerbsbehörde iSd genannten VO zur Entscheidungsfindung in Kartellsachen zuständig. Das Verfahren vor dem Kartellgericht wird noch unter Pkt D.II.4.e. eingehend behandelt. – Nationale Gerichte Die zivilrechtliche Rechtsfolge von Verstößen gegen Art 81 Abs 1 EGV ist – wenn keine Freistellung möglich ist – die Nichtigkeit der betreffenden Vereinbarungen und Beschlüsse gemäß Art 81 Abs 2 EGV. Die Rechtsfolge tritt dabei schon mit Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen, also ex tunc, ein und ist absolut. Jedermann kann sich danach auf die Nichtigkeit berufen und sie ist von den Wettbewerbsbehörden amtswegig zu berücksichtigen. Die Feststellung der Nichtigkeit – sowie des Zutreffens einer allfälligen Ausnahme nach Art 81 Abs 3 EGV – obliegt den nationalen Gerichten, die Bestimmung ist also unmittelbar anwendbar. Die Zuständigkeit der (Zivil)Gerichte besteht dabei unabhängig von jener der nationalen Wettbewerbsbehörden oder der Kommission.

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Neben der Nichtigkeitsfolge können Schadenersatz- und Unterlassungsansprüche entstehen. Erstere können nach der Rechtsprechung des EuGH (Rs C-453/99, Slg 2001, I-6297, Rn 24, Courage/Crehan) von Jedermann geltend gemacht werden, was insb neben den Konkurrenten auch die Vertragspartner des Kartells und die vom Kartell betroffenen Verbraucher mit einschließt. Es handelt sich also um gemeinschaftsrechtlich begründete Ansprüche, bei deren Durchsetzung der Äquivalenzgrundsatz und das Effizienzgebot zu berücksichtigen sind. Danach darf die Ausübung der durch das Gemeinschaftsrecht verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert werden (Effizienzgebot) und die Verfahren zur Durchsetzung dieser Ansprüche nicht weniger günstig gestaltet werden, als jene zur Durchsetzung im staatlichen Recht begründeter Ansprüche (Diskriminierungsverbot bzw Äquivalenzgrundsatz). Ein Schadenersatzanspruch gründet sich in Österreich auf die §§ 1295 und 1311 ABGB und wohl auch auf § 1 UWG. Art 81 EGV stellt also aus der Sicht des österreichischen Rechts ein Schutzgesetz dar. In diesem Zusammenhang ist noch einmal auf das derzeit in Diskussion befindliche Grünbuch der Kommission „Schadenersatzklagen wegen Verletzung des EU-Wettbewerbsrechts“ (KOM [2005], 672 endg) mit dem Ziel eines effizienteren Systems von Schadenersatzklagen hinzuweisen. Fall: Das Vitaminkartell (5) Es ergibt sich die absolute Nichtigkeit aller zwischen den Parteien geschlossenen Vereinbarungen aus Art 81 Abs 2 EGV. Jedermann, auch die Vertragspartner des Kartells, können sich auf die Nichtigkeit berufen. Darüber hinaus kommen Schadenersatz- und Unterlassungsansprüche von Wettbewerbern aber auch von Verbrauchern bzw Abnehmern in Frage. Durch die „künstliche“ Preissteigerung ist insb den Abnehmern von Vitaminen (zB Lebensmittelherstellern) ein Schaden erwachsen, dessen Ersatz sie gerichtlich einfordern können. Schließlich wird die Kommission ein kartellrechtliches Verfahren einleiten, in dem sie – sofern das Kartell noch besteht – die Unternehmen zur Abstellung verpflichtet und Geldbußen verhängt. Tatsächlich hat sie dies im konkreten Fall getan: Die am Vitaminkartell beteiligten – insgesamt acht – Unternehmen erhielten Geldbußen in der Höhe von über 855 Mio Eur. Diese wurden allerdings im Instanzenzug vom EuG teilweise herabgesetzt (vgl EuG Urteil vom 15.3.2006, T-15/02, noch nicht in Sammlung, BASF AG/Kommission).

ee) Zusammenfassung Tatbestandsvoraussetzungen Art 81 Abs 1 EGV

1. Unternehmen 2. Kooperationsformen • Voraussetzung: Selbständigkeit der Unternehmen (s Konzernprivileg). • Vereinbarungen: Gemeinsamer Wille, sich auf dem Markt in einer bestimmten Weise zu verhalten (auch konkludent, Bindungswille nicht erforderlich). • Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen.

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Abgestimmte Verhaltensweisen: Auffangtatbestand. Gemeinsame Festlegung des Marktverhaltens durch praktische und unverbindliche Zusammenarbeit (auch: Bloßer Informationsaustausch); reines Parallelverhalten ist nicht erfasst. 3. Zwischenstaatlichkeit • Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten. • Die bloße Eignung ist ausreichend; Zwischenstaatsbezug kann auch bei rein nationalen Kartellen erfüllt sein (zB bei Exportbezug). • Erfasst werden auch Netze von Vereinbarungen (Bündeltheorie). 4. Wettbewerbsbeschränkung • Nackte (bezweckte) Wettbewerbsbeschränkungen: Beschränkung des Wettbewerbsprozesses ist das Ziel (zB Preisabsprachen, Marktaufteilung). • Sonstige (bewirkte) Wettbewerbsbeschränkungen: Können auch die Leistungssteigerung zum Ziel haben (komplexere Prüfung); Ausgangspunkt ist die Beeinträchtigung der Handlungsfreiheit der Parteien; Berücksichtigung der Auswirkungen auf das Marktgeschehen; keine Wettbewerbsbeschränkung uU bei „ancillary restraints“ oder bei Markterschließung. 5. Spürbarkeit • Spürbarkeit der Wettbewerbsbeschränkung und der Handelsbeeinträchtigung. • In quantitativer (Marktanteile) und qualitativer Hinsicht (Bedeutung für den Wettbewerb sowie rechtliches und faktisches Umfeld). • De-minimis-Bekanntmachung der Kommission konkretisiert die Schwellenwerte für Marktanteile (bei horizontalen Vereinbarungen 10%, bei vertikalen Vereinbarungen 15%). • De-minimis-Privileg gilt nicht für nackte Wettbewerbsbeschränkungen. Freistellung vom Kartellverbot (Art 81 Abs 3 EGV und die GVO´s)

1. Legalausnahme des Art 81 Abs 3 EGV für tatbestandsmäßige Kartelle ist unmittelbar anwendbar; es bedarf keiner vorherigen Entscheidung durch die Kommission; Vereinbarungen sind bei Zutreffen der Voraussetzungen automatisch freigestellt. 2. Voraussetzungen der Legalausnahme • Verbesserung der Warenerzeugung und -verteilung oder Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts (Effizienzgewinn). • Beteiligung der Verbraucher (Allgemeinheit) am Gewinn (Verbraucherbeteiligung). • Nur unerlässliche Beschränkungen (Unerlässlichkeit). • Keine gänzliche Ausschaltung des Wettbewerbs. 3. GruppenfreistellungsVO: Vertragstypen werden automatisch freigestellt; GVO´s sehen idR gewisse Marktanteilsschwellen vor und gelten niemals für Kernbeschränkungen; zB: GVO vertikale Vereinbarungen, GVO Forschungs- und Entwicklungsvereinbarungen.

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Rechtsfolgen und Verfahren

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1. Zivilrechtliche Rechtsfolge • Absolute Nichtigkeit der Vereinbarungen/Beschlüsse (ex tunc). • Schadenersatz- und Unterlassungsansprüche: Schadenersatz grundsätzlich für Jedermann (selbst für Partei der Vereinbarung oder etwa betroffene Konsumenten, Rs Courage). 2. Verwaltungsrechtliche Konsequenzen: Entscheidungen der Kommission (wird von Amts wegen oder aufgrund einer Beschwerde tätig) und der nationalen Wettbewerbsbehörden • Abstellungsverpflichtung, • einstweilige Maßnahmen, • Verpflichtungszusagen, • Geldbußen (Erlass bzw Ermäßigung gem der „Kronzeugenregelung“), Zwangsgelder.

d)

Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung des Art 82 EGV

Fall: “Chiquita Bananen” (1) (vgl EuGH Rs 27/76, Slg 1978, 207, United Brands). Die United Brands Corporation (UBC) mit Sitz in New York und einer Tochtergesellschaft in Rotterdam ist mit einem Marktanteil von ca 35% der weltweit größte Exporteur von Bananen. Auf dem EG-Markt verfügt die UBC über einen Marktanteil von ca 45%. Die Bananen der UBC werden unter der Marke „Chiquita“ verkauft, die durch eine aufwändige Marketingpolitik am Markt stark positioniert ist. Trotz der verhältnismäßig hohen Preise der Chiquita-Bananen werden diese von den Verbrauchern bevorzugt. Die Konkurrenten am Bananenmarkt liegen dementsprechend in Bezug auf die Marktanteile weit hinter der UBC. Die Geschäftstätigkeit der UBC erstreckt sich außerhalb der Landwirtschaft (Bananenanbau) auch auf verschiedene weitere Gebiete wie Verpackung und Transport. Insb verfügt die UBC über eine sehr starke Stellung im Seetransport für Bananen und über ein gut ausgebautes, weit verzweigtes Vertriebsnetz in Europa. Da die Banane eine leicht verderbliche Frucht ist, besitzt die UBC darüber hinaus eine Reihe von Reifungsanlagen in der Gemeinschaft. Sie lässt die Reifung der Bananen aber auch durch andere (europäische) Unternehmen vornehmen. Zudem konnte die UBC durch intensive Forschung die Produktion und den Vertrieb ihrer Produkte wesentlich effizienter gestalten als die Konkurrenz. Aufgrund von Beschwerden mehrerer Unternehmen gegen die UBC leitete die Kommission im Jahr 1975 ein Missbrauchsverfahren ein. Die Vorwürfe der Unternehmen bezogen sich auf folgende Punkte: –

– –

Die UBC habe ihren Vertriebshändlern je nach Mitgliedstaat unterschiedliche Verkaufspreise (Abweichungen bis zu 50%) für Bananen derselben Qualität ohne objektive Rechtfertigung verrechnet. Die UBC habe insb von ihren deutschen, dänischen und niederländischen Abnehmern unangemessen hohe Preise verlangt. Weiters habe UBC unabhängigen Vertriebshändlern und Reifereien verboten, die Bananen im grünen Zustand weiterzuverkaufen. Dadurch würden diese dar-

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–

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an gehindert auf der Stufe des Imports, wo der Verkauf unter Zwischenhändlern im grünen Zustand erfolgen müsse, zu UBC in Wettbewerb zu treten, was insgesamt wie ein Ausfuhrverbot wirke und eine Abriegelung des Markts begründe. Zuletzt habe die UBC für einen Zeitraum von zwei Jahren einem dänischen Abnehmer die Belieferung mit Bananen verweigert, da sich dieser an einer Werbekampagne für eine Konkurrenzmarke beteiligt hatte.

Die Kommission sah die Vorwürfe im Wesentlichen als gegeben an und schloss das Verfahren mit einer Entscheidung, in der sie den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch die UBC feststellte und eine Geldbuße verhängte. Gegen die Entscheidung erhob die UBC Nichtigkeitsklage beim EuGH. Wie ist der Fall gemeinschaftsrechtlich zu beurteilen?

aa) Allgemeines Die materiellrechtliche Regelung des Missbrauchsrechts findet sich in Art 82 EGV. Das Verbot des Art 82 EGV ist ebenso wie jenes des Art 81 EGV unmittelbar anwendbar. Es bedarf daher keiner vorherigen (Verbots)Entscheidung durch die Kommission, vielmehr kommt einer solchen nur rein deklaratorische Wirkung zu. Zu berücksichtigen sind weiters folgende Besonderheiten im Verhältnis zu Art 81 EGV: – Erfasst wird im Gegensatz zu Art 81 EGV, der auf das Zusammenwirken von Unternehmen abstellt, das (wettbewerbsschädliche) einseitige Verhalten von Unternehmen, die über eine besondere Marktmacht verfügen. – Die missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung ist stets mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar (Verbotsprinzip). Das Verbot ist dabei im Gegensatz zu jenem des Art 81 EGV von keiner Ausnahme durchbrochen: Es gibt weder eine Legalausnahme, noch ist ein solches Verhalten sonst freistellungsfähig (etwa durch eine GVO). – Art 82 EGV ist neben Art 81 EGV anwendbar. Eine Freistellung nach Art 81 Abs 3 EGV (Legalausnahme) oder nach einer GVO bewirkt nur eine Befreiung vom Kartellverbot, nicht aber eine solche vom Missbrauchsverbot. bb) Der Verbotstatbestand des Art 82 EGV Art 82 EGV bestimmt: „Mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar und verboten ist die mißbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung auf dem Gemeinsamen Markt oder auf einem wesentlichen Teil desselben durch ein oder mehrere Unternehmen, soweit dies dazu führen kann, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Dieser Missbrauch kann insb in Folgendem bestehen: a) der unmittelbaren oder mittelbaren Erzwingung von unangemessenen Einkaufs- oder Verkaufspreisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen; b) der Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung zum Schaden der Verbraucher; c) der Anwendung unterschiedlicher Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen gegenüber Handelspartnern, wodurch diese im Wettbewerb benachteiligt werden;

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d) der an den Abschluß von Verträgen geknüpften Bedingung, daß die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen, die weder sachlich noch nach Handelsbrauch in Beziehung zum Vertragsgegenstand stehen.“ Im Folgenden werden die einzelnen Tatbestandselemente in Art 82 EGV näher erläutert: – Marktbeherrschende Stellung auf dem Gemeinsamen Markt oder auf einem wesentlichen Teil desselben Unter einer marktbeherrschenden Stellung versteht der EuGH eine – wirtschaftliche Machtstellung, die das Unternehmen in die Lage versetzt, die Aufrechterhaltung eines wirksamen Wettbewerbs auf dem relevanten Markt zu verhindern, – indem sie ihm ein von den Konkurrenten, den Abnehmern und schließlich auch von den Verbrauchern unabhängiges Verhalten ermöglicht (EuGH Rs 27/76, Slg 1978, 207, United Brands). Ein marktbeherrschendes Unternehmen hat demnach eine derart hohe Wirtschaftskraft, dass es über einen weitgehend vom Wettbewerb nicht kontrollierten Verhaltensspielraum verfügt. Dies ermöglicht dem Unternehmen, in nennenswertem Umfang ohne Rücksicht auf andere Marktteilnehmer einseitige Maßnahmen zu setzen und so den Wettbewerb erheblich zu beeinflussen. Erfasst wird neben der Angebots- auch die Nachfragemacht (vgl die Wendung „Erzwingung unangemessener Einkaufspreise“ in Art 82 Abs 2 lit a EGV) eines Unternehmens. Bei der Prüfung, ob einem oder mehreren Unternehmen eine beherrschende Stellung zukommt, wird in einer Gesamtwürdigung auf mehrere Faktoren (zB Marktverhalten des Unternehmens, Markt- und Unternehmensstruktur) abgestellt, die je nach den Umständen des Einzelfalls unterschiedlich zu gewichten sind. Praktisch wichtig ist der Marktstrukturtest, der den Marktanteil des zu beurteilenden Unternehmens und die Marktzutrittsschranken in den Vordergrund stellt. Hohe Marktanteile liefern idR ohne weiteres den Beweis für das Vorliegen einer Marktbeherrschung. Die Ermittlung des Marktanteils setzt dabei die vorherige Bestimmung des (sachlich, räumlich und uU zeitlich) relevanten Markts voraus (s Pkt D.II.1.e.). Grundsätzlich gilt nach der Rechtsprechung des EuGH, dass bereits ein 50%-iger Anteil am relevanten Markt für die Begründung einer marktbeherrschenden Stellung genügt (vgl EuGH Rs 62/86, Slg 1991, I-3359, AKZO). Bei Unternehmen mit Anteilen, die unter 50% liegen, sind weitere Indikatoren heranzuziehen, zB Abstand zum nächsten Konkurrenten, Qualität der Marke, technologischer Vorsprung, vertikale Struktur des Unternehmens, etc. Eine Marktbeherrschung gilt bei Anteilen unter 40% als unwahrscheinlich, bei unter 25% kann sie ausgeschlossen werden. Die Wendung in Art 82 Abs 1 EGV „durch ein oder mehrere“ Unternehmen deutet daraufhin, dass ein Markt auch von einer Mehrzahl von Unternehmen beherrscht werden kann (kollektive Marktbeherrschung). Neben Konzernunternehmen, die unter einer einheitlichen Leitung stehen, sind damit auch voneinander unabhängige Unternehmen, die gegenüber den anderen Marktteilnehmern als kollektive Einheit auftreten und sich auch einheitlich verhalten

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können, gemeint. In Frage kommen va vertragliche, strukturelle (wechselseitige Kapitalbeteiligungen, personelle Verflechtungen auf Führungsebene) aber auch wirtschaftliche Verbindungen, insb die strategische Reaktionsverbundenheit in einem Oligopol. Beispiel: In der Rs Airtours (Rs T-342/99, Slg 2002, II-2585) ist das EuG auf die Feststellung einer marktbeherrschenden Stellung aufgrund oligopolistischer Interdependenzen eingegangen. Nach dieser Entscheidung liegt eine kollektive Marktbeherrschung bei einem Oligopol dann vor, wenn erstens der Markt so transparent ist, dass jedes Mitglied mit hinreichender Genauigkeit und Schnelligkeit das geplante Verhalten der anderen in Erfahrung bringen kann (Markttransparenz), wenn es zweitens ausreichende Abschreckungsmittel gibt, so dass keines der Oligopolmitglieder ein Interesse daran hat, zum Nachteil der übrigen Mitglieder vom gemeinsamen Verhalten abzuweichen (Abschreckungsmittel) und wenn drittens das einheitliche Vorgehen des Oligopols nicht von tatsächlichen bzw potentiellen Konkurrenten oder den Verbrauchern gefährdet werden kann.

Die Wendung „marktbeherrschende Stellung auf dem Gemeinsamen Markt oder einem wesentlichen Teil desselben“ legt es nahe, dass nicht unbedingt das Gesamtgebiet der Gemeinschaft betroffen sein muss. Es genügt bereits, wenn eine derartige Stellung auf dem Gebiet eines – wenn auch kleinen – Mitgliedstaats oder auf dessen Teilgebiet (zB London, Süddeutschland) besteht. Ebenso werden – wegen ihrer überregionalen Bedeutung – Flug- und Seehäfen einbezogen. Ob eine beherrschende Stellung auf einem „wesentlichen Teil“ des Gemeinsamen Markts vorliegt, entscheidet sich also an der Bedeutung des fraglichen Gebiets für den Gemeinsamen Markt. Fall: „Chiquita Bananen“ (2) Der EuGH stellte zunächst den relevanten Markt fest. Hinsichtlich des sachlich relevanten Markts ging es um die Frage, ob Bananen ein integrierender Bestandteil des Markts für Frischobst sind, also für die Verbraucher mit anderem Frischobst wie Äpfeln, Weintrauben, Erdbeeren, etc austauschbar seien, oder ob es einen eigenen, hinreichend homogenen Markt für Bananen gibt, der sich vom Markt für Frischobst abgrenzt. Der EuGH stellte dazu fest, dass aufgrund der spezifischen Eigenschaften der Banane nur ein sehr geringer Grad der Austauschbarkeit mit anderem Frischobst bestehe und die Banane einem Wettbewerb mit diesem nur in wenig spürbarer Form ausgesetzt sei. Die Banane sei nämlich „durch ihr Ansehen, ihren Geschmack, ihre weiche Beschaffenheit, das Fehlen von Kernen, eine einfache Handhabung und ein gleich bleibendes Produktionsniveau [das ganze Jahr, Anm. d. Verf.] geeignet, den gleich bleibenden Bedarf einer bedeutenden, sich aus Kindern, Alten und Kranken zusammensetzenden Bevölkerungsgruppe zu befriedigen“. Darüber hinaus sei die Banane auch nur im geringen Maße dem Einfluss fallender Preise anderen Obstes unterworfen. Der Markt für Bananen ist also ein hinreichend sachlich abgrenzbarer, eigener Markt. Den räumlich relevanten Markt hat der EuGH auf sechs (von damals neun) Mitgliedstaaten bezogen, da diese unter dem Gesichtspunkt der gleichen Wettbewerbsbedingungen ein hinreichend homogenes Ganzes darstellten. Hinsichtlich der übrigen drei Mitgliedstaaten wurden besondere Einfuhrregelungen (zB „Commonwealth-Präferenzen“ Großbritanniens) und Verwaltungsvorschriften (zB Festsetzen

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eines Richtpreises, Mindestqualitätserfordernisse) für Bananen festgestellt (damals bestand noch keine gemeinsame Agrarmarktorganisation für Bananen), die zu unterschiedlichen Wettbewerbsbedingungen führten. Die nationale Organisation der drei genannten Märkte hatte zur Folge, dass die UBC-Bananen im Wettbewerb mit anderen in diesen Staaten verkauften Bananen, die eine Vorzugsbehandlung genossen, nicht gleichrangig waren. Bei der Prüfung einer beherrschenden Stellung war daher auf den abgegrenzten räumlichen Markt der sechs Mitgliedstaaten, die ohne Zweifel einen wesentlichen Teil des Gemeinsamen Markts darstellen, abzustellen. Bei der Prüfung, ob eine marktbeherrschende Stellung der UBC vorlag, wurden mehrere Faktoren berücksichtigt. Zwar erreichte der Marktanteil der UBC am relevanten Markt nicht 50%, jedoch sprachen die Struktur des Unternehmens, die Wettbewerbssituation und das Marktverhalten von UBC für eine Marktbeherrschung. Hervorzuheben sind folgende Feststellungen des EuGH: –

Die UBC ist ein weitgehend vertikal integriertes Unternehmen. Dies verschafft ihr die Kontrolle über Anbau (eigene Plantagen in Mittel- und Südamerika), Verpackung (durch eigene Fabriken), Verladung und Transport (insb durch die eigene Bananenflotte), Reifung und Vertrieb (durch ein Netz von Reifereien und Vertriebshändlern) und letztlich über die Festlegung der Verkaufspreise. Insb das Verbot des Weiterverkaufs von Bananen in grünem Zustand verschafft der UBC die vollständige Kontrolle über den Handel mit ihren Produkten. – Die UBC verfügt über besondere technische Kenntnisse aufgrund ihrer fortwährenden Forschung (zB Verbesserung des Bewässerungssystems, Bekämpfung von Pflanzenkrankheiten, neue Reifungsmethoden). Konkurrierende Unternehmen verfügen über keine derartigen Forschungskapazitäten. – Weiters verfügt die UBC mit „Chiquita“ über eine besonders starke Marke, die trotz des durchwegs höheren Preises von den Verbrauchern bevorzugt wird. Die privilegierte Stellung der UBC und ihrer Marke „Chiquita“ hat zur Folge, dass es sich Händler nicht leisten können, diese Marke dem Verbraucher nicht anzubieten. Die Individualität des Erzeugnisses sichert weiterhin eine gleich bleibende Kundschaft und ermöglicht eine Beschaffungspolitik, die trotz Überschussproduktion durch sparsame oder gar unvollständige Befriedigung der Nachfrage gekennzeichnet ist. – In Hinblick auf die Wettbewerbssituation ist die UBC mit Abstand das größte Unternehmen am Bananenmarkt. Insb konnte sie mehreren Versuchen der Konkurrenten, ihren Marktanteil auszuweiten, problemlos widerstehen. Darüber hinaus ergeben sich erhebliche Schranken für den Zutritt von Wettbewerbern auf den Bananenmarkt, va in Bezug auf die hohen Investitions- und Marktzutrittskosten (zB Anlage und Bewirtschaftung von Bananenpflanzungen, Aufbau eines Vertriebs- und Handelsnetzes für leicht verderbliche Waren). Der EuGH stellte somit fest, dass sich aus dem Zusammenwirken der festgestellten Vorteile eine beherrschende Stellung der UBC auf dem Markt für Bananen ergab.

– Missbräuchliche Ausnutzung Das Verbot in Art 82 EGV erfasst nur die missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung. Demnach begründet das bloße Innehaben bzw das Anstreben einer solchen Position für sich allein noch keinen Verstoß

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gegen das Gemeinschaftsrecht, sehr wohl aber deren Ausnutzung zum Nachteil des Wettbewerbs. Ein Verschulden (Vorsatz, Fahrlässigkeit) spielt dabei keine Rolle, vielmehr kommt es auf den (wettbewerbswidrigen) Erfolg der einseitigen Maßnahmen an. Grundsätzlich werden solche Verhaltensweisen als missbräuchlich angesehen, die sich negativ auf die Struktur des Markts auswirken, auf dem der Wettbewerb schon wegen der Existenz eines beherrschenden Unternehmens geschwächt ist. Dem marktbeherrschenden Unternehmen wird die Verantwortung auferlegt, durch sein Verhalten den verbliebenen Wettbewerb nicht noch weiter zu beschränken. Verpönt sind auf alle Fälle Maßnahmen, die außerhalb des Leistungswettbewerbs stehen. Üblicherweise werden dabei drei Fallgruppen missbräuchlicher Verhaltensweisen unterschieden: – Der Ausbeutungsmissbrauch (exploitative abuse), – der Behinderungsmissbrauch (exclusionary abuse) und – der Marktstrukturmissbrauch (structural abuse). Bei einem Ausbeutungsmissbrauch setzt das Unternehmen seine Machtposition gegen seine Handels- und Vertragspartner ein, um Vorteile zu erhalten, die bei einem funktionsfähigen Wettbewerb nicht zu erzielen wären. Darunter fallen folgende Handlungen eines marktbeherrschenden Unternehmens: Die Erzwingung unangemessener Preise sowie unfairer Geschäftsbedingungen (Art 82 Abs 2 lit a EGV), die Produktionsbeschränkung (Art 82 Abs 2 lit b EGV) und die Diskriminierung von Handelspartnern (Art 82 Abs 2 lit c EGV). Das Durchsetzen überhöhter Verkaufs- bzw unangemessen niedriger Einkaufspreise ist der Prototyp einer missbräuchlichen Ausnutzung, gleichzeitig aber in der Praxis nur schwer nachzuweisen. Ein unangemessener (überhöhter) Preis liegt grundsätzlich dann vor, wenn er im Wettbewerb nicht zu erzielen gewesen wäre, also Kosten und Preis in einem Missverhältnis stehen. Es bedarf daher der (schwierigen) Feststellung eines angemessenen Preises, um einen etwaigen Verstoß gegen Art 82 EGV nachzuweisen. Eine Produktionsbeschränkung ist die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung der Produkte eines Unternehmens ohne sachlichen Grund. Derartige Maßnahmen bewirken idR eine Verknappung des Angebots, die dem Unternehmen eine Preissteigerung und letztlich die Maximierung seines Gewinns ermöglicht. Hier besteht die Schwierigkeit darin, zu beurteilen, wie viel das betroffene Unternehmen produzieren könnte oder welchen Umfang seine Forschungsleistungen annehmen müssten. Das Diskriminierungsverbot umfasst alle Ungleichbehandlungen von Handelspartnern, die sie im Wettbewerb benachteiligen. Voraussetzung ist, dass die betroffenen Unternehmen in einem Wettbewerbsverhältnis zueinander stehen. Allgemein diskriminierend ist die Anwendung unterschiedlicher Bedingungen für gleichwertige Leistungen, soweit dies nicht objektiv rechtfertigbar ist. Fall: „Chiquita Bananen“ (3) – Diskriminierung von Handelspartnern UBC setzte die Verkaufspreise ihrer Produkte nach der Herkunft der Abnehmer fest. Für gleichwertige Leistungen mussten Abnehmer aus bestimmten Mitgliedstaa-

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ten bis zu 50% mehr für die Bananen zahlen, obwohl es sich um Produkte der gleichen Sorte und Qualität in vergleichbaren Mengen handelte und die Transportkosten nicht erheblich voneinander abwichen. Der EuGH stellte dazu fest, dass die Politik unterschiedlicher Preise von UBC nicht durch den Markt bestimmt wurde und auch nicht objektiv zu rechtfertigen ist. Im Zusammenwirken mit dem Verbot des Weiterverkaufs grüner Bananen sei eine strenge Abriegelung der nationalen Märkte mit künstlich unterschiedlichem Preisniveau erzielt worden, was bestimmte Handelspartner benachteilige. Der EuGH sah dementsprechend in den unterschiedlichen Preisen für Bananen je nach Mitgliedstaat einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot des Art 82 Abs 2 lit c EGV. –

Erzwingung unangemessener Preise

Die Kommission warf der UBC in diesem Zusammenhang auch einen Preismissbrauch vor, der sich aus dem Vorliegen überhöhter Preise für bestimmte Mitgliedstaaten (nämlich Deutschland, Dänemark, Belgien und Luxemburg), die in keinem Verhältnis zum wirtschaftlichen Wert der Waren stehen, ergebe. Die Problematik der Feststellung überhöhter Preise stellte sich somit auch in der Rs United Brands. Die Kommission verwies auf einen Vergleich mit den deutlich günstigeren Preisen, die etwa Abnehmer aus Irland zu zahlen hatten. Der EuGH war den Ausführungen der Kommission zwar nicht abgeneigt, hielt ihre Nachforschungen allerdings für ungenügend. Er befand, dass die Kommission nicht überzeugend darlegen konnte, ob die von den irischen Abnehmern verlangten Preise tatsächlich noch zu Gewinnen und nicht zu Verlusten geführt hätten. Wären trotz des günstigeren Preises noch angemessene Gewinne in Irland erwirtschaftet worden, hätte die Verhältnismäßigkeit der deutlich höheren Preise für die anderen Mitgliedstaaten in Zweifel gezogen werden können. Weiters habe die Kommission keinen Vergleich der Gestehungskosten mit den Verkaufspreisen der Bananen angestellt, wodurch ebenfalls eine Unverhältnismäßigkeit der Preise abgeleitet hätte werden können. Der Vorwurf der Erzwingung unangemessener Preise wurde also nicht bestätigt.

Unter Behinderungsmissbrauch wird die direkte Behinderung von Mitbewerbern, um diesen das Verbleiben oder das Eindringen in den Markt zu erschweren bzw gar zu verunmöglichen, verstanden. Grundsätzlich ist zwar ein Handeln zuungunsten der Konkurrenten – um etwa den eigenen Umsatz zu steigern – nicht verboten. Soweit ein Vorsprung aber mit Mitteln des Nichtleistungswettbewerbs erlangt wird, greift Art 82 EGV. Zu derartigen Maßnahmen zählen die Geschäftsverweigerung, die Kampfpreisunterbietung („predatory pricing“), die Abnehmer- oder Lieferantenbindung, die Kopplung und Bündelung („tying“, „bundling“) sowie der Rechtsmissbrauch. Einen Missbrauch durch eine Geschäftsverweigerung liegt erstens dann vor, wenn ein Unternehmen seinen Mitwerbern den Zugang zu ihm exklusiv zur Verfügung stehenden und für diese in Bezug auf ihre Wirtschaftstätigkeit unentbehrlichen Einrichtungen („essential facilities“ wie Infrastruktur, zB See- und Flughäfen, Leitungen, Gebäude), Produktkomponenten, Informationen oder Immaterialgüterrechten verweigert. Zweitens liegt ein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung vor, wenn sich die Geschäftsverweigerung auf Produkte oder Dienstleistungen bezieht, die ohne-

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hin für die selbständige Vermarktung bestimmt sind (s gleich unten Chiquita-Bananen [4]). Eine Kampfpreisunterbietung dient der Verdrängung bzw der Verhinderung des Marktzutritts, mithin auch der Vernichtung von Wettbewerbern und ist deswegen wettbewerbsrechtlich verpönt. Als Maßstab für einen „Kampfpreis“ dienen die Kosten, die dem Unternehmen bei der Herstellung eines Produkts entstehen (grundsätzlich die durchschnittlichen variablen Kosten, vgl EuGH Rs C-62/86, Slg 1991, Rn 71, I-3359, AKZO). Einen Missbrauch stellt auch die Bindung von Abnehmern oder Lieferanten dar (zB im Wege langfristiger Verträge mit Ausschließlichkeitsbindungen), die die Absatzmöglichkeiten von Mitbewerbern ernsthaft beeinträchtigen. Ebenfalls verpönt sind Kopplungsgeschäfte, die darin bestehen, den Geschäftspartner zur Abnahme einer weiteren, nicht gewünschten Leistung zu verpflichten. Mit dem Aufzwingen der nicht gewünschten Waren oder Dienstleistungen versucht das Unternehmen idR seine Marktmacht auf benachbarte Märkte auszudehnen (s unten zu Microsoft, weiters: EuGH, Rs C-333/94 P, Slg 1996, I-5951, Tetra Pak II). Unter Rechtsmissbrauch fällt die missbräuchliche Klageerhebung gegen Mitbewerber, die diese im Zusammenwirken mit anderen Maßnahmen vom Markt verdrängen soll. Dies gilt wohlgemerkt nur in außergewöhnlichen Fällen, da der Zugang zu den Gerichten ein Grundrecht und einen allgemeinen Rechtsgrundsatz darstellt (vgl EuG Rs T-111/96, Slg 1998, II-2937, ITT). Fall: „Chiquita-Bananen“ (4) – Geschäftsverweigerung Die UBC stellte die Lieferung von Bananen der Marke „Chiquita“ an ein Unternehmen (Olesen) ein, das zuvor jahrelang ihr Geschäftspartner war. Grund dafür war der Umstand, dass Olesen an einer Werbeaktion für das Konkurrenzprodukt „Dole“-Bananen mitgewirkt hatte. Der EuGH betrachtete die Lieferverweigerung des selbständig vermarkteten Produkts „Chiquita-Banane“ als Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung: „Die Sanktion der Lieferverweigerung […] übersteigt das Maß dessen, was gegebenenfalls billigerweise in Betracht gezogen werden könnte, um gegen ein Verhalten, wie es UBC Olesen vorwarf, vorzugehen. UBC mußte nämlich wissen, dass sie ihre anderen Vertriebshändler/Reifereien mit ihrem Vorgehen davon abhalten würde, die Werbung für andere Marken zu unterstützen, und daß die abschreckende Wirkung der gegen einen Vertriebshändler verhängten Sanktion ihre Machtstellung auf dem relevanten Markt noch wesentlich verstärken würde. […] Im vorliegenden Fall zielt ein solches Vorgehen darauf, den Wettbewerb […] zu verfälschen, denn es läßt nur den Fortbestand von Firmen zu, die von dem beherrschenden Unternehmen abhängig sind“ (Rn 184 ff). – Weiterverkaufsverbot UBC wandte gegenüber ihren Geschäftspartnern eine Klausel an, die den Weiterverkauf von Bananen im grünen Zustand verbot. Dies galt nicht nur für Vertriebshändler, sondern auch für die Reifereien von „Chiquita“-Bananen. Der EuGH stellte dazu fest, dass das Weiterverkaufsverbot die Absatzmöglichkeiten zum Nachteil der Verbraucher einschränkt und den Handel zwischen den Mit-

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gliedstaaten beeinträchtigt, da dadurch die nationalen Märkte abgeschottet wurden. Weiters verweise die Klausel die Reifereien auf eine Rolle als Zulieferer für den örtlichen Markt und hindere sie daran, ihre geschäftlichen Möglichkeiten gegenüber UBC auszubauen. Das fragliche Verhalten wurde dementsprechend als Missbrauch gewertet. Beispiel Zugangsverweigerung zu Information: Ein aktuelles Beispiel einer Verweigerung des Zugangs zu immateriellrechtlich geschützten Informationen ist der Fall Microsoft. Microsoft versucht seit einigen Jahren, sein Quasi-Monopol auf dem Markt für Betriebssysteme (weltweit laufen über 95% der PC´s mit „Microsoft Windows“) auf den Markt für Arbeitsgruppenserver, die die Grundlage für unternehmensinterne IT-Systeme bilden, auszudehnen. Die Kommission entschied, dass Microsoft seine Marktmacht missbraucht hat, indem es seinen Konkurrenten auf dem Arbeitsgruppenservermarkt bewusst die benötigten Schnittstelleninformationen vorenthielt und damit die Dialogfähigkeit zwischen dem eigenen PC-Betriebssystem Windows und nicht von Microsoft stammenden Arbeitsgruppenservern einschränkte. Die Mitbewerber konnten in der Folge keine hinsichtlich Zuverlässigkeit, Sicherheit und Geschwindigkeit konkurrenzfähigen Softwareprodukte herstellen. Durch dieses Verhalten zementierte Microsoft seine beherrschende Stellung bei Betriebssystemen für Arbeitsgruppenserver ein und es bestand die Gefahr, dass der Wettbewerb auf diesem Markt insgesamt ausgeschaltet werden würde. Die Kommission ordnete deswegen in ihrer Entscheidung die Offenlegung der Schnittstelleninformationen an. Beispiel Kopplungsvertrag: Neben der Verweigerung des Zugangs zu den benötigten Schnittstelleninformationen warf die Kommission Microsoft vor, den Wettbewerb am Markt multimedialer Abspielsoftware erheblich zu schwächen, indem das Unternehmen seinen „Windows Media Player“ (WMP) an das allgegenwärtige Windows gekoppelt hat. Die daraus folgende Omnipräsenz des WMP sei eine künstliche Verringerung des Anreizes von Unternehmen aus der Film-, Musik- und Softwarebranche, ihre Produkte auch für andere Abspielprogramme auszulegen, wodurch eine Schwächung der Mitbewerber, der Innovationen in diesem Bereich sowie eine Verringerung des Angebots bewirkt werden würde. Windows könnte damit neben dem Markt für Betriebssysteme auch jenen der digitalen Medien kontrollieren. Die Kommission ordnete daher als Abhilfemaßnahme an, dass Microsoft den PC-Herstellern bzw den Endkunden auch eine Version des PC-Betriebssystems Windows ohne dem WMP zur Verfügung stellen muss (vgl COMP/C-3/37.792, Microsoft).

Unter Marktstrukturmissbrauch wird im Wesentlichen die Übernahme verbleibender Konkurrenten, die die marktbeherrschende Stellung verstärken und den Wettbewerb beeinträchtigen, verstanden. Nach dem Erlass der FKVO hat dieser Missbrauchstyp allerdings weitgehend an Bedeutung verloren. Beispiele: Der Erwerb einer Minderheitsbeteiligung an einem Wettbewerber kann einen Marktstrukturmissbrauch darstellen, wenn damit eine Beeinflussung der Geschäftspolitik ermöglicht wird. Ein Missbrauch kann auch im Erwerb ausschließlicher Lizenzen an konkurrierenden Technologien oder besonders marktstarker Produkte erblickt werden.

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– Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels Die Maßnahme muss geeignet sein, den zwischenstaatlichen Handel zu beeinträchtigen. Wie beim korrespondierenden Tatbestand des Art 81 Abs 1 EGV genügt bereits eine Eignung dazu, die konkreten Wirkungen der betreffenden Maßnahmen auf den Wettbewerb müssen nicht nachgewiesen werden. Im Übrigen ist auf die Ausführungen zum Tatbestand der Zwischenstaatlichkeit des Art 81 EGV zu verweisen (s oben Pkt 3.c.bb.). cc) Rechtsfolgen und Rechtsschutz – Kommission Die Kommission verfügt bei der Anwendung von Art 82 EGV über die in der VO 1/03/EG vorgesehenen Befugnisse. Das Verfahren entspricht also dem des Art 81 EGV. Insb kann die Kommission die Abstellung der festgestellten Zuwiderhandlung oder zunächst einstweilige Verfügungen anordnen, Verpflichtungszusagen der betreffenden Unternehmen für bindend erklären und Geldbußen bzw Zwangsgelder verhängen. – Nationale Behörden Aus dem Grundsatz der dezentralen Anwendung ergibt sich eine Zuständigkeit der nationalen Wettbewerbsbehörden auch bezüglich des Art 82 EGV, soweit die Kommission nicht selbst einschreitet (Art 11 Abs 6 VO 1/03/EG). Das österreichische Kartellgericht verfügt dabei über dieselben Entscheidungskompetenzen wie die Europäische Kommission. Zum konkreten Verfahren sei wiederum auf die Ausführungen zum österreichischen Kartellrecht verwiesen (Pkt D.II.4.e.). – Nationale Gerichte Ein Verstoß gegen Art 82 EGV löst ebenso wie bei Art 81 EGV zivilrechtliche Rechtsfolgen aus. Ein Verstoß gegen das Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung ist auch lauterkeitsrechtlich relevant. Nach österreichischem Recht kommen daher sowohl Schadenersatz- als auch Unterlassungsansprüche nach dem ABGB und nach § 1 UWG in Frage. Im Gegensatz zu Art 81 EGV findet sich keine ausdrückliche Rechtsfolge der Nichtigkeit in Art 82 EGV. Eine (teilweise) Nichtigkeitsfolge ist dementsprechend nach nationalem Recht und zwar je nach Fallkonstellation unter Bedachtnahme auf den Normzweck zu beurteilen. Die Nichtigkeit kommt also nicht in allen Fällen zum Tragen (zB bei Kaufverträgen mit Kampfpreisen oder bei Vereinbarungen über Treuerabatte). Zu bejahen wird die Nichtigkeitsfolge hingegen bei rechtswidrigen Bezugsbindungen, Marktstruktur- und Ausbeutungsmissbräuchen sein. Hier kommt es va darauf an, die Handlungsfreiheit der vom Missbrauch betroffenen Vertragspartner wiederherzustellen. Beispiel: Microsoft wurde durch die oben ausgeführte Entscheidung der Kommission wegen Missbrauchs seiner marktbeherrschenden Stellung zu einer Geldbuße von ca Eur 497 Mio verurteilt. Weiters wurde Microsoft dazu verpflichtet, eine Version von „Windows“ ohne den WMP anzubieten sowie bestimmte Schnittstelleninfor-

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mationen offen zu legen. Gegen die Entscheidung aus dem Jahre 2004 erhob Microsoft Nichtigkeitsklage vor dem EuG, die derzeit noch anhängig ist. Wegen Nichterfüllung der in ihrer Entscheidung festgelegten Auflage der Offenlegung von Schnittstelleninformationen hat die Kommission mittlerweile (Stand Juli 2006) ein Zwangsgeld gegen Microsoft in der Höhe von Eur 280,5 Mio verhängt (1,5 Mio Eur pro Tag für den Zeitraum der Nichteinhaltung der Auflage von ca 6 Monaten).

dd) Zusammenfassung Tatbestandsvoraussetzungen von Art 82 EGV

1. Unternehmen. 2. Marktbeherrschende Stellung auf dem Gemeinsamen Markt oder auf einem wesentlichen Teil desselben. • Voraussetzung: Feststellung des (sachlich, räumlich, zeitlich) relevanten Markts. • Definition: Wirtschaftliche Machtstellung, die das Unternehmen in die Lage versetzt, die Aufrechterhaltung eines wirksamen Wettbewerbs auf dem relevanten Markt zu verhindern, indem sie ihm ein von den Wettbewerbern, den Abnehmern und schließlich auch von den Verbrauchern unabhängiges Verhalten ermöglicht. • Das Missbrauchsverbot bezieht sich auch auf die Nachfragemacht sowie eine kollektive Marktbeherrschung. • Kriterien für die Beurteilung von Marktbeherrschung: – Zentraler Indikator: Marktanteil (50% sind idR ausreichend). – Andere Faktoren: zB Abstand zu den Mitbewerbern, Marktzutrittsbarrieren, Stärke der Marke. 3. Missbräuchliche Ausnützung einer marktbeherrschenden Stellung. • Ausbeutungsmissbrauch: – Erzwingung unangemessener Preise oder unfairer Geschäftsbedingungen. – Produktionsbeschränkungen. – Diskriminierung von Handelspartnern. • Behinderungsmissbrauch: – Geschäftsverweigerung. – Kampfpreisunterbietung. – Abnehmer- oder Lieferantenbindung. – Kopplung und Bündelung. – Rechtsmissbrauch. • Marktstrukturmissbrauch: 4. Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels.

Freistellung vom Missbrauchsverbot

Keine Freistellung möglich.

Rechtsfolgen und Verfahren

1. Zivilrechtliche Rechtsfolge. • Im Einzelfall: Nichtigkeit (ex tunc). • Schadenersatz- und Unterlassungsansprüche.

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2. Verwaltungsrechtliche Konsequenzen: Entscheidungen der Kommission (wird von Amts wegen oder aufgrund einer Beschwerde tätig) und der nationalen Wettbewerbsbehörden: • Abstellung. • Verpflichtungszusagen. • Einstweilige Maßnahmen. • Geldbußen, Zwangsgelder.

e)

Fusionskontrolle nach der FKVO

Fall: SAP/Siemens (in Anlehnung an die Entscheidung der Kommission, COMP/ M.2138 – SAP/Siemens/JV) (1) Die beiden in Deutschland ansässigen Unternehmen SAP AG und Siemens AG planen gemeinsam ein Unternehmen, die Governet GmbH, zu gründen. SAP ist in der Entwicklung, dem Handel und der Pflege von Software und den damit zusammenhängenden Dienstleistungen, Siemens ua in den Bereichen Energieerzeugung, Logistiksysteme und Informations- und Kommunikationstechnik weltweit tätig. Beide Unternehmen erzielen Umsätze von ca Eur 5,1 Mrd (SAP) bis 65 Mrd (Siemens), wovon der Großteil, gleichmäßig verteilt auf die Mitgliedstaaten, in der EG erwirtschaftet wird. Da die beiden Gründerunternehmen bereits – wenn auch nur mit geringfügigen Marktanteilen – im Bereich der IT-Dienstleistungen tätig sind, soll das gemeinsame Unternehmen selbständig elektronische öffentliche Marktplätze für e-commerceTransaktionen aufbauen und betreiben, in denen Unternehmen, Bürger und Behörden vertreten sein sollen (zB Angebot und Nachfrage von Produkten und Dienstleistungen, Erledigung von Behördengängen). Sowohl Siemens wie auch SAP wollen jeweils 50% des Stammkapitals und der Stimmrechte halten. Der Governet werden neben einer umfangreichen Kapitalausstattung auch weitere Ressourcen der beiden Unternehmen SAP und Siemens gewährt. SAP stellt seine Internetsoftware mySAP.com im Wege eines zeitlich unbeschränkten, nicht-exklusiven Lizenzvertrags, und Siemens die Nutzungsrechte an seinem Behördenwegweiser zur Verfügung. Welche Leistungen Governet darüber hinaus von den Gründern oder anderen Unternehmen bezieht, bleibt dessen Geschäftsführung überlassen. Um der Governet einen erfolgreichen Start auf dem hart umkämpften und dynamischen IT-Markt zu ermöglichen, verabreden Siemens und SAP für die Dauer ihrer Beteiligung am Stammkapital der Governet mit dieser nicht in Wettbewerb zu treten. Wie ist der Sachverhalt gemeinschaftsrechtlich zu beurteilen?

aa) Allgemeines Aufgabe des Fusionskontrollrechts ist es, externes Wachstum durch Unternehmenszusammenschlüsse auf seine Vereinbarkeit mit einem wirksamen Wettbewerb zu prüfen. Die Fusionskontrolle soll insb Zusammenschlüsse verhindern, die die Marktmacht der beteiligten Unternehmen spürbar erhöhen und letztlich für den einzelnen Verbraucher schädlich sind (etwa durch die Befähi-

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gung zur Preissteigerung oder zur Begrenzung des Absatzes, der Auswahl und der Qualität der Leistungen). Zur Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen fehlte lange Zeit eine explizite gemeinschaftsrechtliche Grundlage. Deshalb wandten Kommission und EuGH vereinzelt die Art 81 und 82 EGV auf Fusionen an, die jedoch für eine wirksame und umfassende Kontrolle nicht hinreichten (vgl ua EuGH Rs 6/72, Slg 1973, 215, Continental Can; EuGH verb Rs 142/84 und 156/84, Slg 1987, 4487, BAT). Erst Ende der Achtziger Jahre wurde eine selbständige Rechtsgrundlage in Form einer unmittelbar anwendbaren Verordnung über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen erlassen (VO 4064/ 89/EWG), die nunmehr durch die FKVO 139/04/EG abgelöst wurde. Folgende zentrale Inhalte prägen die FKVO: – Die FKVO sieht ein System der präventiven Kontrolle von Unternehmenskonzentrationen mit gemeinschaftsweiter Bedeutung vor (Pkt bb). – Maßstab der Prüfung ist die Behinderung eines wirksamen Wettbewerbs durch den Zusammenschluss (Pkt cc). – Das Verhältnis zwischen europäischer und nationaler Fusionskontrolle bestimmt sich im Gegensatz zum übrigen Kartellrecht nach dem bereits oa „one-stop-shop“-Grundsatz, der eine parallele Zuständigkeit europäischer und nationaler Behörden ausschließt. Daraus ergibt sich abgesehen von eng begrenzten Ausnahmetatbeständen die alleinige Zuständigkeit der Kommission zur Kontrolle von Fusionen mit gemeinschaftsweiter Bedeutung (Verfahren, Pkt dd). Der Grundsatz gilt auch für das Verhältnis der FKVO zu Art 81 und 82 EGV. Mit Ausnahme der Vollfunktionsunternehmen ist die Anwendbarkeit letzterer Bestimmungen bei Zusammenschlüssen, die unter den Anwendungsbereich der FKVO fallen, ausgeschlossen. bb) Zusammenschlüsse von gemeinschaftsweiter Bedeutung Der Anwendungsbereich der FKVO erstreckt sich gem ihres Art 1 Abs 1 auf alle Zusammenschlüsse von gemeinschaftsweiter Bedeutung. – Zusammenschlüsse Unter Zusammenschlüssen werden allgemein solche Vorgänge verstanden, die zu einer dauerhaften Veränderung der Kontrolle an den beteiligten Unternehmen und damit der Marktstruktur führen. Gem Art 3 FKVO wird idS ein Zusammenschluss bewirkt, wenn – zwei oder mehrere bisher voneinander unabhängige Unternehmen fusionieren (Fusion ieS) oder – ein oder mehrere Unternehmen die unmittelbare oder mittelbare Kontrolle über ein anderes Unternehmen erwerben (Kontrollerwerb). Hinzu kommt als Unterfall die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens („joint venture“, Art 3 Abs 4 FKVO). Eine Fusion ieS kann in Form einer Verschmelzung durch Aufnahme oder einer Verschmelzung durch Neugründung stattfinden. Neben dieser rechtlichen Fusion ist auch die wirtschaftliche Fusion erfasst, die durch die Zusammenlegung der Aktivitäten zweier oder mehrerer vorher unabhängiger Unternehmen gekennzeichnet ist. Voraussetzung für das Vorliegen einer Fusion ist

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jedenfalls, dass mindestens eines der am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen seine zuvor bestandene wirtschaftliche Selbständigkeit verliert. Konzerninterne Konzentrationen werden dementsprechend mangels wirtschaftlicher Unabhängigkeit der beteiligten Unternehmen von der FKVO nicht erfasst (Konzernprivileg). Bei der Verschmelzung durch Aufnahme wird das Vermögen eines oder mehrerer Rechtsträger als Ganzes auf einen bereits bestehenden anderen Rechtsträger übertragen. Den Gesellschaftern des oder der übertragenden Unternehmen werden dabei Anteile an der übernehmenden Gesellschaft gewährt. Bei der Verschmelzung durch Neugründung übertragen zwei oder mehrere Rechtsträger ihr Vermögen jeweils als Ganzes auf einen neu zu gründenden Rechtsträger. Mit einem Kontrollerwerb verschafft sich ein Unternehmen durch Rechte, Verträge oder andere Mittel die Möglichkeit, einen bestimmenden Einfluss auf die Tätigkeit eines anderen Unternehmens auszuüben. Maßgeblich ist, dass wesentliche Entscheidungen der Geschäftsführung durch das kontrollierende Unternehmen festgelegt werden können. Das beherrschende Unternehmen muss allerdings seinen Einfluss nicht tatsächlich ausüben. Bestimmenden Einfluss erlangt ein Unternehmen durch Anteilserwerb (zB Mehrheit des Kapitals bzw der Stimmrechte), durch den Erwerb von Vermögenswerten, durch personelle Verflechtungen aber auch in Sonderfällen durch rein wirtschaftliche Beziehungen. Beispiele: Einschlägig ist der Erwerb der Stimmrechtsmehrheit oder von Sonderrechten (zB „golden shares“, Mehrstimmrechtsaktien, Höchststimmrecht). Mithin genügt schon eine bloße Minderheitsbeteiligung, um einen bestimmenden Einfluss zu begründen. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn die restlichen Anteile an einem Unternehmen weit gestreut sind und der betreffende Minderheitsgesellschafter mit einer Mehrheit rechnen kann, da es unwahrscheinlich ist, dass alle Kleinaktionäre an der Hauptversammlung teilnehmen (sog „faktische Hauptversammlungsmehrheit“ des Unternehmens mit bestimmendem Einfluss). Bestimmender Einfluss kann auch begründet werden, wenn einem Unternehmen das Recht auf Beeinflussung der Zusammensetzung oder der Beschlüsse von Unternehmensorganen gewährt wird.

Wird ein Unternehmen von mehreren anderen Unternehmen gemeinsam kontrolliert, spricht man von einem Gemeinschaftsunternehmen. Davon erfasst ist auch der Erwerb von Anteilen, die es Käufer und Verkäufer ermöglichen, gemeinsam die Kontrolle über das betreffende Unternehmen auszuüben. Ein Zusammenschluss liegt allerdings nur vor, wenn das Gemeinschaftsunternehmen über die Ressourcen (finanzielle Mittel, Personal, materielle und immaterielle Vermögenswerte) verfügt, um auf Dauer alle Funktionen einer wirtschaftlichen selbständigen Einheit zu erfüllen (Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmen). Das Gemeinschaftsunternehmen muss also in der Lage sein, selbständig auf einem bestimmten Markt zu agieren und darf nicht etwa nur Hilfstätigkeiten (zB bloße Vertriebs- oder F&E-Tätigkeiten) für seine Mütter erfüllen. Trifft Letzteres zu, so handelt es sich um ein Teilfunktionsgemeinschaftsunternehmen, das nicht nach der FKVO, sondern nach Art 81 EGV zu prüfen ist.

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Vom Zusammenschlussbegriff nicht erfasst sind gemäß Art 3 Abs 5 FKVO: – Der vorübergehende Erwerb von Anteilen an einem Unternehmen durch Kredit- und sonstige Finanzinstitute sowie Versicherungen zum Zweck der Weiterveräußerung, – der Kontrollerwerb durch Träger eines öffentlichen Mandats im Rahmen eines Insolvenzverfahrens und – der Anteilserwerb durch Beteiligungsgesellschaften, soweit die mit den erworbenen Anteilen verbundenen Stimmrechte nur zum Zweck des Erhalts der Investition und nicht zur Bestimmung des Wettbewerbsverhaltens des Unternehmens benutzt werden. Fall: SAP/Siemens (2) Siemens und SAP erwerben durch die Zeichnung von jeweils 50% des Stammkapitals und der Stimmrechte die gemeinsame Kontrolle über die neu zu gründende Governet. Es handelt sich dementsprechend um ein Gemeinschaftsunternehmen der beiden Gründer. Die Governet wird dabei von Siemens und SAP mit den für einen eigenen Marktauftritt benötigten Ressourcen (Kapital, Lizenzen), über die auch die anderen Anbieter elektronischer Marktplätze verfügen, ausgestattet. Weiterhin steht es der Governet frei, auch Leistungen von anderen Unternehmen zu beziehen. Da sie damit zu einer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit befähigt ist, ist sie als Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmen zu betrachten. Dementsprechend liegt ein Zusammenschluss iSd FKVO vor.

– Gemeinschaftsweite Bedeutung Die FKVO ist nur bei Zusammenschlüssen von gemeinschaftsweiter Bedeutung anzuwenden. Das Tatbestandsmerkmal erfüllt vergleichbar mit jenem der „Zwischenstaatlichkeit“ der Art 81 und 82 EGV die Funktion der Abgrenzung des Geltungsbereichs zum nationalen Fusionskontrollrecht. Bei der Beurteilung, ob ein Zusammenschluss von gemeinschaftsweiter Bedeutung ist, wird maßgeblich auf die Umsätze der beteiligten Unternehmen abgestellt. Die FKVO sieht dazu zwei alternative, relativ komplizierte Schwellenwerte vor (Art 1 Abs 2 und 3 FKVO). Wird einer dieser Schwellenwerte erreicht, liegt demnach ein Zusammenschluss von gemeinschaftsweiter Bedeutung vor, der in die ausschließliche Zuständigkeit der Kommission fällt und bei dieser anzumelden ist (Anmeldepflicht gem Art 4 FKVO). Das Erreichen der Schwellenwerte sagt allerdings noch nichts über die Zulässigkeit des Zusammenschlusses aus. Nach Art 1 Abs 2 FKVO hat ein Zusammenschluss gemeinschaftsweite Bedeutung, wenn ein weltweiter Gesamtumsatz aller beteiligten Unternehmen von mehr als 5 Mrd Eur und zugleich ein gemeinschaftsweiter Umsatz von mindestens zwei Unternehmen von jeweils mehr als 250 Mio Eur erzielt wird. Voraussetzung ist allerdings, dass die beteiligten Unternehmen nicht jeweils mehr als zwei Drittel ihres gemeinschaftsweiten Umsatzes in ein und demselben Mitgliedstaat erzielen (2/3-Regel). Alternativ liegt gemäß Art 1 Abs 3 FKVO ein Zusammenschluss von gemeinschaftsweiter Bedeutung dann vor, wenn der weltweite Gesamtumsatz aller beteiligten Unternehmen mehr als 2,5 Mrd Eur beträgt, der Gesamtumsatz aller Unternehmen in mindestens drei Mitgliedstaaten jeweils Eur 100 Mio übersteigt, in jedem

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von mindestens drei Mitgliedstaaten der Gesamtumsatz von mindestens zwei beteiligten Unternehmen jeweils mehr als 25 Mio Eur beträgt und der gemeinschaftsweite Gesamtumsatz von mindestens zwei beteiligten Unternehmen jeweils über Eur 100 Mio beträgt. Auch hier gilt die 2/3-Regel. Fall: SAP/Siemens (3) Die Schwellenwerte des Art 1 Abs 2 FKVO treffen auf die beiden Gründungsunternehmen SAP und Siemens zu. Beide erzielen schon allein jeweils einen weltweiten Umsatz von mindestens Eur 5 Mrd. Dabei ist ebenfalls – ohne auf die konkreten Zahlen einzugehen – von einem gemeinschaftsweiten Gesamtumsatz von mindestens Eur 250 Mio beider Unternehmen auszugehen, da diese einen Großteil ihres Umsatzes im EU-Raum erwirtschaften. Aufgrund der relativ gleichmäßigen Verteilung der Umsätze auf die Mitgliedstaaten trifft die Ausnahmeregelung, nach der keine gemeinschaftsweite Bedeutung vorliegt, wenn zwei Drittel in ein und demselben Mitgliedstaat erwirtschaftet werden, nicht zu. Der Zusammenschluss hat daher gemeinschaftsweite Bedeutung.

cc) Materieller Prüfungsmaßstab – Erhebliche Behinderung eines wirksamen Wettbewerbs Liegt ein tatbestandsmäßiger Zusammenschluss vor, prüft die Kommission diesen auf seine Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt. Voraussetzung für die Prüfung ist die vorherige Bestimmung des sachlich und räumlich relevanten Markts. In der alten FKVO war noch die Begründung oder Verstärkung einer beherrschenden Stellung maßgeblicher Prüfungsmaßstab. Im Wege des „Dominanztests“ hatte die Kommission festzustellen, ob durch den Zusammenschluss eine Marktbeherrschung entsteht bzw erweitert wird, die den wirksamen Wettbewerb behindert. Mit der neuen FKVO 139/04/EG wurde der Dominanztest durch den SIEC-Test („significant impediment to effective competition“ – „erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs“) modifiziert. Zentraler Maßstab der Prüfung ist nunmehr die Behinderung eines wirksamen Wettbewerbs im Gemeinsamen Markt oder in einem wesentlichen Teil desselben. Die Begründung oder Verstärkung einer beherrschenden Stellung ist lediglich ein – wenn auch nach wie vor das praktisch wichtigste – Regelbeispiel für die Behinderung des wirksamen Wettbewerbs. Es kann maW ein Zusammenschluss auch untersagt werden, wenn keine Marktbeherrschung vorliegt oder andersherum trotz Marktbeherrschung genehmigt werden, soweit ein wesentlicher Restwettbewerb verbleibt. Ziel des erweiterten Dominanztests ist es also, alle Arten von wettbewerbswidrigen Wirkungen von Zusammenschlüssen zu erfassen, ohne allein auf eine Marktbeherrschung abzustellen. Erfasst wird nunmehr auch ein solcher Zusammenschluss, der zwar nicht zu einer Marktbeherrschung führt, aber den betreffenden Unternehmen die Möglichkeit eröffnet, wirksamen Wettbewerb durch nicht koordiniertes (einseitiges) Verhalten erheblich zu behindern (unilaterale Effekte, insb bei einem Oligopol). Hier kann der Wettbewerbsdruck der beteiligten Unternehmen untereinander und gegenüber den anderen Anbietern am Oligopolmarkt erheblich eingeschränkt

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werden, ohne dass eine dominante Marktposition entsteht. In stark konzentrierten Märkten kann etwa der Zusammenschluss der Nummer 2 und 3 am Markt derartige Effekte zeitigen. Der SIEC-Test ist allerdings nicht erfüllt, soweit die zusammenschlusswilligen Unternehmen begründete oder wahrscheinliche Effizienzvorteile darlegen können, die die Nachteile für den Wettbewerb, insb den möglichen Schaden für die Verbraucher, ausgleichen können (efficiency defense). Dies ist etwa dann der Fall, wenn die Kostenersparnisse durch die vom Zusammenschluss ermöglichten Synergieeffekten zu einer Senkung des Preisniveaus (zum Vorteil der Verbraucher) am Markt führen. Liegt eine erhebliche Behinderung des wirksamen Wettbewerbs vor, so hat die Kommission den Zusammenschluss zu untersagen. Eine Untersagung eines Zusammenschlusses wegen einer erheblichen Behinderung des wirksamen Wettbewerbs kann aber nur dann vorgenommen werden, wenn die Fusion auch kausal für die Verschlechterung der Wettbewerbsbedingungen ist. Ein Zusammenschluss wird also dann genehmigt, wenn aufgrund der wirtschaftlichen Umstände eine Verschlechterung der Wettbewerbssituation ohnedies eingetreten wäre. Unternehmen können sich dementsprechend mit der „failing company defense“ darauf berufen, dass das übernommene Unternehmen ohne den Zusammenschluss aus dem Markt ausgeschieden wäre, die Marktposition ohnedies dem Erwerber zugewachsen wäre und es keine weniger wettbewerbsschädliche Alternative gäbe (vgl EuGH verb Rs C68/94 und C-30/95, Slg 1998, I-1375, Rn 111, Kali und Salz). – Kartelltest bei kooperativen Gemeinschaftsunternehmen Die bloße Existenz eines der FKVO unterfallenden (Vollfunktions)Gemeinschaftsunternehmens kann zu einem gleichförmigen Verhalten der unabhängig bleibenden Gründungsunternehmen führen. Dieses kann auch andere, vom Zusammenschluss nicht betroffene, Bereiche berühren, in denen die Mütter in Konkurrenz zueinander stehen. Deswegen hat die Kommission neben der Prüfung einer erheblichen Behinderung des Markts durch die Gründung des Gemeinschaftsunternehmens eine Prüfung einer möglichen Koordinierung des Wettbewerbsverhaltens zwischen den Gründern vorzunehmen (Kartelltest). Eine solche Prüfung erfolgt nach den Kriterien des Art 81 EGV. Dabei wird insb berücksichtigt, – ob die Gründerunternehmen auf dem Markt des Gemeinschaftsunternehmens oder auf einem diesem vor- oder nachgelagerten, benachbarten oder eng verknüpften Markt weiterhin tätig sind und – ob die unmittelbar aus der Gründung des Gemeinschaftsunternehmens erwachsende Koordinierung den beteiligten Unternehmen die Möglichkeit eröffnet, den Wettbewerb für die betroffenen Produkte auszuschalten (Art 2 Abs 5 FKVO). Kommt die Kommission bei ihrer Prüfung des kooperativen Gemeinschaftsunternehmens zu dem Schluss, dass der Zusammenschluss den Kriterien des Art 81 Abs 3 EGV nicht entspricht, erlässt sie eine Entscheidung mit der dieser für unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklärt wird (Art 8 Abs 3 iVm Art 2 Abs 4 FKVO).

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– Wettbewerbsbeschränkende Nebenabreden Zusätzlich zu den Vereinbarungen, die die Verwirklichung des eigentlichen Zwecks des Zusammenschlusses betreffen (zB Vertrag über den Verkauf von Unternehmensanteilen), schließen die beteiligten Unternehmen oft weitere Vereinbarungen, die nicht integrale Bestandteile des Zusammenschlusses sind, aber ebenso ihre Handlungsfreiheit auf dem Markt begrenzen können (wettbewerbsbeschränkende Nebenabreden, zB Wettbewerbsverbote, Bezugs- und Lieferpflichten, Lizenzvereinbarungen). Derartige Nebenabreden sind nur zulässig, wenn sie mit der Durchführung des Zusammenschlusses unmittelbar verbunden, notwendig und verhältnismäßig sind („ancillary restraints“). Die unmittelbare Verbundenheit bedeutet, dass die Abreden in wirtschaftlicher Hinsicht an die Durchführung des Zusammenschlusses angeschlossen sind und dem reibungslosen Übergang zur neuen Unternehmensstruktur dienen. Notwendig sind die Vereinbarungen dann, wenn ohne sie der Zusammenschluss gar nicht oder nur unter deutlich ungewisseren Voraussetzungen (höhere Kosten, geringere Erfolgsaussichten) vonstatten gehen würde. Notwendige Vereinbarungen zielen darauf ab, die übertragenen Vermögenswerte zu erhalten, die Versorgungssicherheit nach Auflösung eines Unternehmens zu gewährleisten oder den Start für ein neues Unternehmen zu ermöglichen. Bei der Prüfung einer Vereinbarung ist zudem ihre Geltungsdauer sowie ihr sachlicher und räumlicher Geltungsbereich zu beachten. Treffen diese Voraussetzungen zu, ist die Nebenabrede von der Genehmigungsentscheidung der Kommission mit umfasst und unterliegt nicht mehr dem Art 81 EGV (one-stop-shop-Prinzip). Grundsätzlich haben die Parteien allerdings das Vorliegen der Voraussetzungen selbst, dh auf eigenes Risiko, zu beurteilen. Nur wenn neue und ungelöste Fragen, die zu einer ernsthaften Rechtsunsicherheit führen, aufgeworfen werden, prüft die Kommission die Vereinbarung gesondert. Für die Regelfälle der „Prüfung“ der Vereinbarungen durch die Unternehmen selbst hat die Kommission die Kriterien für die Auslegung des Begriffs „Nebenabrede“ in einer Bekanntmachung veröffentlicht (s die Bekanntmachung der Kommission über Einschränkungen des Wettbewerbs, die mit der Durchführung von Unternehmenszusammenschlüssen unmittelbar verbunden und für diese notwendig sind, ABl 2005 C 56/24). Fall: SAP/Siemens (4) – Marktabgrenzung Eine wettbewerbliche Beurteilung anhand des materiellen Prüfungsmaßstabs bedarf zunächst einer Abgrenzung des sachlich und räumlich relevanten Markts. Unter Bedachtnahme auf die Tätigkeit der Governet kommt als sachlicher Markt jener für IT-Dienstleistungen im Bereich e-commerce und elektronische öffentliche Verwaltung in Frage. In räumlicher Hinsicht ist von einem EG- bzw EWR-weiten Markt für IT-Dienstleistungen auszugehen, der bezüglich der Dienstleistungen für elektronische öffentliche Verwaltung gegebenenfalls eingeschränkt werden kann, da zumeist regionale Behörden eingebunden werden sollen, die sich sowohl in ihren Verwaltungsabläufen wie auch durch die Behördensprache unterscheiden.

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Behinderung eines wirksamen Wettbewerbs

Die Frage, ob die Gründung der Governet eine Behinderung eines wirksamen Wettbewerbs im Gemeinsamen Markt bewirkt, läuft in diesem Fall auf die Entstehung einer marktbeherrschenden Stellung hinaus. Dazu bedarf es einer weiteren genauen ökonomischen Analyse des Markts, die hier nur in Grundzügen dargestellt werden kann. In ihrer Entscheidung stellt die Kommission maßgeblich auf die Dynamik des Markts für IT-Dienstleistungen ab. Der Markt wies zum Entscheidungszeitpunkt Ende 2000 ein Wachstum im zwei- und sogar dreistelligen Prozentbereich auf. Dementsprechend gab es auf dem Markt eine Vielzahl von Wettbewerbern, deren Marktanteile sich rasch entwickelten. Die Begründung einer dominanten Position schien schon aus diesen Gründen unwahrscheinlich. Weiters führten die horizontalen Überschneidungen der Muttergesellschaften auf dem relevanten Markt nur zu geringen Marktanteilen – sowohl Siemens wie auch SAP verfügten auf diesem über Marktanteile von nicht mehr als 5%. Aufgrund der größtenteils unterschiedlichen Tätigkeitsbereiche der Gründungsunternehmen war auch keine Koordinierung des Wettbewerbsverhaltens von SAP und Siemens AG anzunehmen. Dementsprechend wurde keine Behinderung des wirksamen Wettbewerbs am Gemeinsamen Markt oder auf einem wesentlichen Teil festgestellt. – Wettbewerbsverbot Siemens und SAP vereinbaren ein Wettbewerbsverbot für die Dauer ihrer Beteiligung am Stammkapital des Gemeinschaftsunternehmens. Die Parteien sollen dadurch auf dem europäischen Markt nicht in Konkurrenz zum Gemeinschaftsunternehmen treten, um ihm einen gelungenen Marktauftritt zu ermöglichen. Es handelt sich dabei um eine klassische wettbewerbsbeschränkende Nebenabrede, die auf ihre „unmittelbare Verbundenheit“, „Notwendigkeit“ und Verhältnismäßigkeit hin zu prüfen ist. Unmittelbar verbunden mit einem Zusammenschluss im Wege eines Gemeinschaftsunternehmens sind solche Wettbewerbsverbote im Verhältnis der Mütter zu dem zu gründenden Unternehmen, die sich auf die Gebiete beziehen, die in der betreffenden Gründungsvereinbarung oder Satzung festgelegt sind. Zweifellos bezieht sich das Wettbewerbsverbot auf diese Gebiete (IT-Dienstleistungen) und dient in wirtschaftlicher Hinsicht der Durchführung des Zusammenschlusses. Auch das Vorliegen der Notwendigkeit der Vereinbarung kann angenommen werden. Bei einer weiterhin bestehenden Konkurrenzierung des Gemeinschaftsunternehmens durch die Mütter wäre schließlich nur von geringen Erfolgsaussichten des Vorhabens auszugehen. Daraus ergibt sich schon teilweise die Verhältnismäßigkeit des Wettbewerbsverbots (insb die Geeignetheit). Die Vereinbarung ist nach ihrem Wesen erforderlich und auch üblich. Insb gibt es keine ähnlich effektiven Alternativen. Zu prüfen ist auch die Geltungsdauer sowie der sachliche und räumliche Geltungsbereich der Nebenabrede. Dabei darf sich diese insb nicht auf Bereiche erstrecken, auf denen die Gründer nicht schon vor dem Zusammenschluss tätig waren oder solche Dienstleistungen betreffen, die nicht Gegenstand des Gründungsunternehmens sind. In Bezug darauf ist die Vereinbarung zwischen SAP und Siemens nicht zu beanstanden. Hinsichtlich der Geltungsdauer des Wettbewerbsverbots haben sich die Gründer nicht genau festgelegt, was dessen Rechtmäßigkeit allerdings nicht in Frage

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Kartell-, Missbrauchsrecht und Fusionskontrolle

stellt. Hier hält die Kommission einen zeitlichen Rahmen von drei Jahren für angemessen. Die Nebenabreden sind dementsprechend als zulässig zu werten.

dd) Verfahren Geplante Fusionen sind bei der Kommission nach Vertragsabschluss, Veröffentlichung des Übernahmeangebots oder Erwerb einer die Kontrolle begründenden Beteiligung und vor ihrem Vollzug bei der Kommission anzumelden (Prinzip der vorherigen Kontrolle, Notifizierungspflicht, Art 4 FKVO). Die Notifizierungspflicht wird von einem Vollzugsverbot flankiert, nach dem der Zusammenschluss solange nicht durchgeführt werden darf, bis er mit dem Gemeinsamen Markt für vereinbar erklärt worden ist (Art 7 FKVO). An die Anmeldung schließt ein zweistufiges Verfahren an, das sich aus einer ersten Prüfungsphase und einem Hauptprüfungsverfahren zusammensetzt. In beiden Verfahren hat die Kommission bestimmte Fristen zu wahren. Läßt sie diese verstreichen, wird die Genehmigung fingiert. Das Hauptprüfungsverfahren wird dann eingeleitet, wenn sich in der ersten Prüfungsphase ernsthafte Bedenken über die Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem Gemeinsamen Markt ergeben und der angemeldete Zusammenschluss auch unter den Anwendungsbereich der FKVO fällt. Hier stehen der Kommission umfangreiche Nachprüfungs- und Auskunftsbefugnisse zu, bei deren Wahrnehmung sie gegebenenfalls von den nationalen Wettbewerbsbehörden unterstützt wird. Das Verfahren wird mit einer Entscheidung der Kommission abgeschlossen, in der das Vorhaben entweder untersagt oder – uU mit Bedingungen oder Auflagen aufgrund von Verpflichtungserklärungen der betreffenden Unternehmen – genehmigt wird (vgl Art 8 FKVO). Alle Entscheidungen der Kommission sind im Übrigen vor dem EuG anfechtbar. ee) Zusammenfassung Tatbestandsvoraussetzungen

1. Unternehmen 2. Zusammenschluss • Fusion ieS. • Kontrollerwerb (bestimmender Einfluss). • Gemeinschaftsunternehmen (Unterfall des Kontrollerwerbs). 3. Gemeinschaftsweite Bedeutung (alternative Schwellenkombinationen nach Umsatz) 4. Materielle Genehmigungskriterien • Ursprünglich Dominanztest (Begründung einer marktbeherrschenden Stellung durch den Zusammenschluss). • Modifizierung durch den SIEC-Test: Erhebliche Behinderung eines wirksamen Wettbewerbs durch den Zusammenschluss. • Kartelltest bei kooperativen Gemeinschaftsunternehmen. • Genehmigung der Fusion erstreckt sich auch auf wettbewerbsbeschränkende Nebenabreden, soweit diese mit dem Zusammenschluss unmittelbar verbunden und notwendig sind (ancillary restraints). Parteien müssen idR Vereinbarkeit der Nebenabreden auf eigenes Risiko prüfen.

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Nationales Kartellrecht: Das KartG 2005 Verfahren

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1. One stop-shop-Prinzip • Kommission ausschließlich zuständig bei Fusionen von gemeinschaftsweiter Bedeutung. • Prinzip gilt auch im Verhältnis der FKVO zu Art 81 und 82 EGV. 2. Anmeldepflicht 3. Vollzugsverbot 4. Zweistufiges Verfahren • Vorprüfung in der ersten Phase. • Es liegt ein Zusammenschluss iSd FKVO vor und es ergeben sich Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt: Hauptprüfung.

4.

Nationales Kartellrecht: Das KartG 2005

a)

Anwendungsbereich des österreichischen Kartellrechts

aa) Übereinstimmung mit dem Gemeinschaftsrecht Hinsichtlich des sachlichen (alle Wirtschaftsbereiche) und persönlichen Anwendungsbereichs (Unternehmen) stimmen österreichisches und gemeinschaftsrechtliches Kartellrecht weitgehend überein. Zwar definiert das KartG 2005 den Begriff Unternehmen nicht, die österreichische Rechtsprechung hat sich aber dem funktionellen Unternehmensbegriff des EuGH angeschlossen. Im österreichischen Kartellrecht wurde in Hinblick auf den räumlichen Anwendungsbereich ebenfalls das Auswirkungsprinzip verankert: § 24 Abs 2 KartG 2005 bestimmt, dass leg cit dann anzuwenden ist, wenn sich ein Sachverhalt auf den inländischen Markt auswirkt und zwar unabhängig davon, ob er im In- oder im Ausland verwirklicht worden ist. bb) Generelle Ausnahmen vom KartG 2005 Generelle Ausnahmen vom gesamten KartG 2005 sieht § 24 Abs 3 vor. Hinzu kommen noch Ausnahmen von bestimmten Bereichen des KartG 2005 (zB Ausnahmen vom Kartellverbot), die noch gesondert angeführt werden. Bereichsausnahmen vom KartG 2005 als Ganzes bestehen für – Tätigkeiten von Kreditinstituten, Bausparkassen und privaten Versicherungsunternehmen. Diese sind vom KartG 2005 nicht erfasst, soweit sie der Aufsicht der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) unterstehen. Die Bestimmung ist allerdings praktisch bedeutungslos, da sich die Überwachung der FMA (va Einhaltung des BankwesenG – BWG, BGBl 1993/639 idF BGBl I 2006/104) auf keine kartellrechtlich relevanten Sachverhalte bezieht. – Tätigkeiten von Verkehrsunternehmen, die der gesetzlichen Aufsicht des BMVIT (Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie) unterliegen (zB EisenbahnG 1957, BGBl 1957/60 idF BGBl I 2005/163). Hier müssen die einzelnen gesetzlichen Grundlagen darauf geprüft werden, ob sie kartellrechtlich relevante Sachverhalte der gesetzlichen Aufsicht unterwerfen.

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Kartell-, Missbrauchsrecht und Fusionskontrolle

– Tätigkeiten, die staatliche Monopolunternehmen in Ausübung ihrer gesetzlich übertragenen Monopolbefugnisse wahrnehmen. Diese Bestimmung hat aufgrund der weitgehenden Beseitigung staatlicher Monopole durch das Gemeinschaftsrecht kaum mehr Bedeutung. cc) Verhältnis zum EG-Kartellrecht Auf das Verhältnis des österreichischen zum gemeinschaftsrechtlichen Kartellrecht wurde bereits hingewiesen: Das nationale und das gemeinschaftsrechtliche Kartellrecht bestehen nebeneinander und sind grundsätzlich parallel anzuwenden (s Pkt D.II.3.a.dd.). Bei einem Sachverhalt, der sich auf den inländischen Markt – s oben § 24 Abs 2 KartG 2005 – und gleichzeitig – bei Vorliegen der Zwischenstaatlichkeit – auf den Gemeinsamen Markt auswirkt, kommen die einschlägigen Normen beider Rechtsordnungen kumulativ zur Anwendung, wobei das Gemeinschaftsrecht in Konfliktfällen Vorrang genießt. Hingewiesen sei wiederum darauf, dass das Prinzip der parallelen Anwendung auf die Fusionskontrolle keine Anwendung findet, hier gilt vielmehr der oa one-stop-shopGrundsatz. b)

Kartellverbot

aa) Die Reform des Kartellrechts Das österreichische Kartellrecht war vor seiner Reform vom System der Anmeldung von Kartellen und der „Kartellverwaltung“ geprägt. Kernpunkte waren die Anmelde- und Genehmigungspflicht sowie die behördliche Aufsicht und Verwaltung der nationalen Kartelle. Unterschieden wurde dabei zwischen verschiedenen Kartellarten (zB Absichts- und Wirkungskartell, Vereinbarungsund Verhaltenskartelle), für die differenzierte Vorschriften bestanden (zB konnten Wirkungskartelle bis zu ihrer Untersagung durchgeführt werden). Mit dem KartG 2005, in Kraft seit dem 1.1.2006, erfolgte eine Anpassung des österreichischen an das durch die VO 1/03/EG modernisierte EGKartellrecht, während die Institutionen unangetastet blieben. Der Zweck der Reform des österreichischen Kartellrechts ist es, zu verhindern, dass sich die rechtsanwendenden Organe wie auch die dem Kartellrecht unterworfenen Unternehmen an zwei nebeneinander geltende und völlig unterschiedliche Systeme halten müssen. Beim nationalen wie beim gemeinschaftsrechtlichen Kartellrecht handelt es sich nunmehr um weitgehend angeglichene Rechtsbereiche. Die Aufrechterhaltung des alten Systems hätte auch dazu geführt, dass Kartelle von gemeinschaftsweiter Bedeutung bei Erfüllung der Voraussetzungen der Legalausnahme des Art 81 Abs 3 EGV ohne behördliche Befassung, die wirtschaftlich wesentlich unbedeutenderen rein nationalen Kartelle, die nur dem österreichischen Kartellrecht unterliegen, erst – wie im alten System vorgesehen – nach einer Genehmigung durch das Kartellgericht durchgeführt werden könnten. Die unterschiedliche Beurteilung lokaler bzw regionaler und grenzüberschreitender Sachverhalte hätte damit zu einer Schlechterstellung kleinerer oder mittlerer Unternehmen geführt.

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Nationales Kartellrecht: Das KartG 2005

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Insgesamt gesehen erfolgte auch im österreichischen Kartellrecht ein Systemwechsel durch die Einführung des Verbotsprinzips und des Legalausnahmesystems. Folgende Kernpunkte der Reform seien hervorgehoben: – Die Vorschriften über das Kartellverbot und die Legalausnahme wurden inhaltlich an das EG-Kartellrecht angeglichen. § 1 Abs 1 bis 3 KartG 2005 entsprechen nunmehr praktisch wortgleich dem Art 81 EGV. Kartelle können auch nicht mehr angemeldet und genehmigt werden, sondern sind grundsätzlich verboten, ohne dass es einer Entscheidung bedarf. § 2 Abs 1 KartG 2005 enthält eine dem Art 81 Abs 3 EGV entsprechende Ausnahmebestimmung. – Übernommen wurde auch das Sanktionssystem der VO 1/03/EG. So können nunmehr auch im österreichischen Kartellrecht Verpflichtungszusagen von Unternehmen für bindend erklärt oder Zwangsgelder erhoben werden. – Weiters wurde durch die WettbewerbsG-Novelle 2005 (BGBl I 2005/62) eine „Kronzeugenregelung“ in das WettbewerbsG eingeführt. Nach dieser kann die Bundeswettbewerbsbehörde bei Wettbewerbsbeschränkungen iSd § 1 KartG 2005 oder Art 81 EGV unter bestimmten Voraussetzungen überhaupt von der Beantragung einer Geldbuße beim Kartellgericht gegen ein kooperationsbereites Unternehmen absehen oder nur eine geminderte Geldbuße beantragen (s zur EG-Kronzeugenregelung, Pkt D.II.3.c.dd). bb) Der Verbotstatbestand des § 1 Abs 1 KartG 2005 Abgesehen vom Tatbestandsmerkmal der Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels, das naturgemäß in einem nationalen KartellG fehlt, normiert § 1 Abs 1 KartG 2005 wie Art 81 EGV ein allgemeines Verbot von Wettbewerbsbeschränkungen (Verbotsprinzip) für „[…] alle Vereinbarungen zwischen Unternehmern, Beschlüsse von Unternehmervereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken (Kartelle).“ Die einzelnen Kartellarten und die differenzierenden Regelungen über das Verbot ihrer Durchführung entfallen damit ebenso wie die Anzeigepflicht von Kartellen beim Kartellgericht. Gleiches gilt für die bis dahin bestandenen (privilegierenden) Sonderregelungen für vertikale Vertriebsbindungen, die Bestimmungen zur Kontrolle genehmigter Kartelle und das Kartellregister. Der Titel des KartG 2005 lautet dementsprechend auf „BG gegen Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen“, während sein Vorgänger noch ein „BG über Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen“ war. Abweichend vom gemeinschaftsrechtlichen Kartellverbot dehnt § 1 Abs 4 KartG 2005 das Kartellverbot auch auf einseitige Wettbewerbsbeschränkungen durch Empfehlung zur Einhaltung bestimmter Preise, Preisgrenzen, Kalkulationsrichtlinien, Handelsspannen oder Rabatte (sog „Empfehlungskartelle“). Derartige Empfehlungen fallen nach der Rechtsprechung der europäischen Gerichte selbst bei Verbindlichkeit nicht unter den Begriff „Vereinbarung“, wenn keine Zustimmung der Händler vorliegt (vgl ua EuG, Rs T-208/01, Slg 2003, II5141, Volkswagen). Die Abweichung ist von Art 3 der VO 1/03/EG gedeckt, nach dem es den Mitgliedstaaten nicht verwehrt ist, in ihrem Hoheitsgebiet

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Kartell-, Missbrauchsrecht und Fusionskontrolle

strengere Regelungen zur Unterbindung oder Ahndung einseitiger Handlungen von Unternehmen zu erlassen. Das Empfehlungsverbot gilt im Übrigen nur subsidiär zum allgemeinen Kartellverbot. Wie im Gemeinschaftsrecht (Art 81 Abs 2 EGV) ist auch die zivilrechtliche Folge eines Verstoßes gegen das KartG 2005 geregelt. Vereinbarungen und Beschlüsse, die unter das Kartellverbot fallen und für die keine Ausnahme besteht, sind (ex tunc) nichtig (§ 1 Abs 3 KartG 2005). cc) Ausnahmen vom Kartellverbot – Allgemeiner Ausnahmetatbestand nach § 2 Abs 1 KartG 2005 Die Ausnahmebestimmung des § 2 Abs 1 KartG 2005 wurde ebenfalls dem Gemeinschaftsrecht angepasst (Legalausnahmesystem). Ex lege sind nun – wortgleich mit Art 81 Abs 3 EGV – Kartelle mit wettbewerbsfördernder Wirkung vom Verbot des § 1 KartG 2005 ausgenommen, die die Voraussetzungen Effizienzgewinn, Verbraucherbeteiligung, Unerlässlichkeit und keine Ausschaltung des Wettbewerbs erfüllen. Auch hier haben die beteiligten Unternehmen das Zutreffen der Voraussetzungen auf eigenes Risiko zu beurteilen, da das System Anmeldung und Genehmigungsvorbehalt nicht mehr gilt. Der BMJ kann allerdings im Einvernehmen mit dem BMWA GruppenfreistellungsV als generelle Ausnahmen erlassen, die den allgemeinen Ausnahmetatbestand konkretisieren. Ihnen kommt aber bloß deklaratorischer Charakter zu, da sie festlegen, was nach der Legalausnahme ohnehin erlaubt ist. In den österreichischen FreistellungsV kann auch auf bestehende GVO´s nach Art 81 Abs 3 EGV (dynamisch) verwiesen werden, was angesichts der Übereinstimmung der Legalausnahmen sinnvoll ist. – Besondere Ausnahmetatbestände nach § 2 Abs 2 KartG 2005 Neben der allgemeinen Legalausnahme bestehen noch weitere, teils aus dem Gemeinschaftsrecht übernommene, teils „österreichische“ Ausnahmen. Diese gelten unabhängig von der generellen Ausnahme des § 2 Abs 1 KartG 2005. Wie im Gemeinschaftsrecht werden Bagatellkartelle nicht erfasst. Es gelten aber schärfere Schwellenwerte (KartG 2005: Gesamtanteil der beteiligten Unternehmen von nicht mehr als 5% am Inlandsmarkt und in einem allfälligen inländischen Teilmarkt nicht mehr als 25%; Gemeinschaftsrecht: 10% bzw 15% Marktanteil, s Pkt D.II.3.c.bb.). Abweichend vom Gemeinschaftsrecht gilt die österreichische Bagatellausnahme auch für Kernbeschränkungen (zB Preisfestsetzung, Beschränkung der Produktion oder des Absatzes). Eine österreichische Spezialität ist weiters die Ausnahme für Wettbewerbsbeschränkungen zwischen Genossenschaftsmitgliedern sowie zwischen diesen und der Genossenschaft (Genossenschaftsprivileg), soweit die Wettbewerbsbeschränkung durch die Erfüllung des Förderungsauftrags gerechtfertigt ist. Ausgenommen sind weiters (vertikale) Vereinbarungen über die Bindung des Letztverkäufers im Handel mit Büchern, Kunstdrucken, Musikalien, Zeitschriften und Zeitungen an die vom Verleger festgelegten Verkaufspreise (Buchpreisbindung iwS). Die Buchpreisbindung im deutschsprachigen Raum war Gegenstand eines langjährigen wettbewerblichen Verfahrens vor der Kommission, das mit der Etablierung nationaler

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Nationales Kartellrecht: Das KartG 2005

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Buchpreissysteme endete. Die Buchpreisbindung ist nunmehr in Österreich im BG über die Preisbindung von Büchern geregelt (BGBl I 2000/45 idF BGBl I 2004/113). Auf die Ausnahmen für Kreditinstitute, Bausparkassen, Versicherungs- und Verkehrsunternehmen, die unter Aufsicht stehen, sowie für staatliche Monopolunternehmen wurde bereits oben hingewiesen. Die Ausnahme für die Landwirtschaft verweist auf jene des Gemeinschaftsrechts (s Pkt D.II.3.a.aa.). Auch auf diese Ausnahme kann keine Freistellung eines Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung gegründet werden. c)

Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung

aa) Beibehaltung des bisherigen Rechtsbestands Im Gegensatz zur tief greifenden Reform des Kartellverbots erfolgten nur geringfügige Änderungen der Vorschriften über die Marktbeherrschung (zB wurde die Überschrift „Missbrauchsaufsicht“ durch „Missbrauchsverbot“ ersetzt), da diese bereits dem Art 82 EGV entsprachen. Abweichungen vom Gemeinschaftsrecht bestehen allerdings bei den Voraussetzungen, nach denen eine marktbeherrschende Stellung besteht (s gleich unten). bb) Der Missbrauchstatbestand – Marktbeherrschende Stellung Nach § 4 Abs 1 KartG 2005 gelten Unternehmen als marktbeherrschend, die als Anbieter oder Nachfrager keinem oder nur unwesentlichem Wettbewerb ausgesetzt sind oder eine im Verhältnis zu den anderen Wettbewerbern überragende Marktstellung innehaben. Bei der Beurteilung, ob eine dominante Position vorliegt, sind verschiedene Faktoren – wie die Finanzkraft des Unternehmens, seine Beziehungen zu anderen Unternehmen, der Zugang zu Beschaffungs- und Absatzmärkten sowie rechtliche und tatsächliche Marktzutrittsschranken für andere Unternehmer – zu berücksichtigen. Abweichungen ergeben sich im Zusammenhang mit den – dem EG-Kartellrecht fremden – marktanteilsbedingten Marktbeherrschungsvermutungen. So wird eine dominante Position bei einem Anteil von mindestens 30% oder mehr als 5% – wenn das Unternehmen dem Wettbewerb von höchstens zwei anderen ausgesetzt ist oder es zu den vier größten Unternehmen zählt, die gemeinsam einen Marktanteil von mindestens 80% (Oligopol) erreichen – am gesamten inländischen Markt oder einem anderen örtlich relevanten (inländischen) Markt vermutet (vgl § 4 Abs 2 KartG 2005). In diesem Fall muss das Unternehmen den Beweis antreten, dass keine Marktbeherrschung vorliegt. – Missbrauchsverbot Gemäß § 5 Abs 1 leg cit ist der Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung verboten. Die Vorschrift zählt demonstrativ bestimmte Verhaltensweisen auf, die gänzlich aus Art 82 EGV übernommen wurden. Darunter fallen beispielsweise die unmittelbare oder mittelbare Erzwingung unangemessener Einkaufs- oder Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingungen (zB unangemessene Zahlungsfristen) und die Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung zum Schaden der Verbraucher. Zusätz-

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Kartell-, Missbrauchsrecht und Fusionskontrolle

lich fügt die Bestimmung als Beispiel den sachlich nicht gerechtfertigten, systematischen Verkauf von Waren unter dem Einstandspreis hinzu („predatory pricing“) und normiert in Abs 2 für diesen Fall eine Beweislastumkehr zuungunsten des marktbeherrschenden Unternehmens. Bei Anschein eines wesentlich unter den üblichen Einkaufspreisen liegenden Verkaufspreises obliegt es also dem marktbeherrschenden Unternehmen, zumindest plausible Gründe anzuführen, aus denen sich die Abweichungen ergeben (vgl auch OGH als KOG 16.12.2002, 16 Ok 11/02). d)

Fusionskontrolle

aa) Änderungen durch die Kartellrechtsreform 2005 Auch beim österreichischen Zusammenschlussrecht ergaben sich durch die Reform Änderungen, die allerdings nicht so einschneidend wie jene bezüglich des Kartellverbots waren. Neben der Einführung der Anmeldepflicht für Zusammenschlüsse vor der Bundeswettbewerbsbehörde (s gleich unten Pkt cc) wurden die Aufgriffsschwellenwerte für anmeldebedürftige Vorhaben geändert und in Übereinstimmung mit dem EG-Fusionskontrollrecht die Zusammenschlusstatbestände insofern erweitert, als nunmehr auch die Gründung eines kooperativen Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmens als Zusammenschluss gilt. Weiterhin bestehen bleibt der wesentlichste Unterschied zur FKVO, nämlich das maßgebliche Abstellen bei Prüfung des Zusammenschlusses auf die Begründung und Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung und nicht auf den weiteren Maßstab der Behinderung eines wirksamen Wettbewerbs (s zum SIEC-Test Pkt D.II.3.e.cc.). bb) Zusammenschluss – Zusammenschlussbegriff Der Begriff des Zusammenschlusses entspricht weitgehend jenem der FKVO. Nicht erfasst werden ebenfalls rein konzerninterne Umstrukturierungen. Nach § 7 KartG 2005 gilt als Zusammenschluss: – Der (gänzliche oder teilweise) Erwerb eines Unternehmens durch ein anderes, insb durch Verschmelzung oder Umwandlung, – der Erwerb eines Rechts durch einen Unternehmer an der Betriebsstätte eines anderen Unternehmers (Betriebsüberlassungs- oder Betriebsführungsverträge), – der Anteilserwerb (grundsätzlich ab einer 25%-igen Beteiligung an einer Kapital- oder Personenhandelsgesellschaft), – das Herbeiführen der Personengleichheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder der Geschäftsführung oder des Aufsichtsrats, – jede sonstige Verbindung, aufgrund deren ein Unternehmen unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss auf eine andere Gesellschaft ausüben kann (zB „faktische Hauptversammlungsmehrheit“, Sonderrechte), – der Abschluss vertraglicher Verpflichtungen durch Kreditinstitute (Kreditinstitutsgruppe nach § 30 Abs 2 a BWG), – Medienzusammenschlüsse und – die Gründung eines Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmens.

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Nationales Kartellrecht: Das KartG 2005

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Bei den Medienzusammenschlüssen ergeben sich Besonderheiten: Das KartG 2005 dient hier – für das Kartellrecht an sich ungewöhnlich – dem Schutz der Medienvielfalt (§ 13 KartG 2005). Dementsprechend gelten in diesem Bereich abweichende Aufgriffsschwellen und ein strengerer Prüfungsmaßstab. Ebenfalls begründet die Kontrolle von Medienzusammenschlüssen eine Ausnahme vom gemeinschaftsrechtlichen „one-stop-shop“-Prinzip (s gleich unten Pkt cc.). Bezüglich der neu eingeführten kooperativen Gemeinschaftsunternehmen in den Zusammenschlusstatbestand ergibt sich nunmehr auch im österreichischen Fusionsrecht – allerdings mit einer Abweichung – eine doppelte Kontrolle. Zum einen sind diese nach den Bestimmungen des KartG 2005 einem Genehmigungsverfahren zu unterziehen. Zum anderen bedeutet eine Nichtuntersagung des Zusammenschlusses noch keine Freistellung für ein künftiges wettbewerbsbeschränkendes Verhalten der Unternehmen. Diese unterliegen also weiterhin dem Kartellverbot des § 1 Abs 1 KartG 2005. Abweichend von der FKVO (Art 2 Abs 4) fehlt allerdings die Möglichkeit, einen Zusammenschluss unmittelbar im – hinsichtlich der kurzen Fristen günstigen – Fusionskontrollverfahren wegen eines Verstoßes gegen das Kartellverbot zu untersagen. Dazu bedarf es vielmehr eines separaten Verfahrens. – Aufgriffsschwellen Fällt ein Vorhaben unter einen der oben angeführten Zusammenschlusstatbestände, ist in einem nächsten Schritt zu ermitteln, ob die im KartG 2005 bezeichneten Schwellenwerte erreicht werden. Diesbezüglich haben sich Änderungen aus Anlass der Kartellrechtsreform für zwei Schwellenwerte ergeben. Zum einen wurde die Bagatellgrenze von zwei auf fünf Millionen Eur Umsatz angehoben, um zu verhindern, dass weiterhin Zusammenschlüsse angemeldet werden müssen, die keinen spürbaren Einfluss auf die Wettbewerbssituation haben. Angehoben wurde auch der Inlandsumsatz: Durch die Verdoppelung auf Eur 30 Mio sollte der Inlandsbezug des Fusionskontrollrechts verstärkt werden. Wörtlich bestimmt § 9 Abs 1: „Zusammenschlüsse bedürfen der Anmeldung […], wenn die beteiligten Unternehmen im letzten Geschäftsjahr vor dem Zusammenschluss folgende Umsatzerlöse erzielten: 1. weltweit insgesamt mehr als 300 Millionen Euro, 2. im Inland insgesamt mehr als 30 Millionen Euro und 3. mindestens zwei Unternehmen weltweit jeweils mehr als fünf Millionen Euro.“ Wie schon angedeutet, werden nur Zusammenschlüsse erfasst, die auch eine Auswirkung auf das Inland haben (vgl § 24 Abs 2 KartG 2005, Auswirkungsprinzip). Das KartG 2005 ist also nicht anzuwenden, wenn sich ein Sachverhalt nicht spürbar auf den österreichischen Markt auswirkt (Spürbarkeit, vgl ua OGH als KOG 14.2.2005, 16 Ok 1/05). cc) Anmeldepflicht und Prüfungsmaßstäbe Haben die am (tatbestandsmäßigen) Zusammenschluss beteiligten Unternehmen die oben genannten Schwellen überschritten, so bedarf es einer Anmel-

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Kartell-, Missbrauchsrecht und Fusionskontrolle

dung bei der Bundeswettbewerbsbehörde, die diese an den Kartellanwalt weiterzuleiten sowie öffentlich bekannt zu machen hat. Vor der Einführung des KartG 2005 war im Übrigen noch die Anmeldung direkt beim Kartellgericht vorgesehen. Mit der Neuregelung wird es dem Kartellgericht nunmehr ermöglicht, sich nur mit solchen Eingaben (Prüfantrag, s gleich unten Pkt e.) zu befassen, die auch zu einer Entscheidung in der Sache führen. Die Anmeldepflicht bei der Bundeswettbewerbsbehörde gilt nur unter der vorab zu prüfenden Voraussetzung, dass der Zusammenschluss keine gemeinschaftsweite Bedeutung hat, da ansonsten die Kommission ausschließlich zuständig ist („one-stop-shop“). Dies gilt nicht für Medienzusammenschlüsse, die auch dann einer Anmeldepflicht in Österreich unterliegen, wenn sie gemeinschaftsweite Bedeutung haben. Die Ausnahme beruht auf der Bestimmung des Art 21 Abs 4 FKVO, nach der Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen zum Schutz anderer berechtigter Interessen als derjenigen treffen können, welche in dieser VO berücksichtigt werden. Medienzusammenschlüsse werden dementsprechend in Österreich unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der Medienvielfalt geprüft. Maßgeblicher Prüfungsmaßstab für Zusammenschlüsse ist die Begründung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung (§ 12 KartG 2005). § 12 Abs 1 Z 2 KartG 2005, in dem die Voraussetzungen für die Untersagung eines Zusammenschlusses normiert sind, verweist dazu auf die Bestimmung des § 4 KartG 2005. Eine Untersagung ist allerdings wie im EGFusionsrecht nur dann zulässig, wenn der Zusammenschluss kausal für die (prognostizierte) Veränderung der Wettbewerbsbedingungen ist. Wichtig dabei ist, dass der durch die VO 1/03/EG in das Gemeinschaftsrecht eingeführte SIEC-Test nicht in das KartG 2005 übernommen wurde: Der Maßstab der über die Begründung oder die Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung hinausgehenden „erheblichen Behinderung eines wirksamen Wettbewerbs“ wurde also nicht in das Gesetz aufgenommen. Als Grund geben die EB der Regierungsvorlage zum KartG 2005 an, dass die Auswirkungen des SIECKriteriums noch nicht abgesehen werden können. Die Begründung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung führt allerdings nicht automatisch zu einer Untersagung. Das Kartellgericht darf einen Zusammenschluss trotz des Vorliegens einer dominanten Position gem § 12 Abs 2 KartG 2005 nicht untersagen, wenn durch den Zusammenschluss auch Verbesserungen der Wettbewerbsbedingungen eintreten, die die Nachteile der Marktbeherrschung überwiegen oder der Zusammenschluss zur Erhaltung oder Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der beteiligten Unternehmen notwendig und volkswirtschaftlich gerechtfertigt ist. dd) Durchführungsverbot Entsprechend dem Gemeinschaftsrecht gilt für anmeldungsbedürftige Zusammenschlüsse ein flankierendes Durchführungsverbot (§ 17 KartG 2005). Zusammenschlüsse dürfen erst durchgeführt werden, wenn – ein Verzicht der Amtsparteien auf einen Prüfungsantrag vorliegt, – diese innerhalb der Frist keinen Antrag gestellt haben,

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Nationales Kartellrecht: Das KartG 2005

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– eine kartellgerichtliche Entscheidung (Zurückweisung des Antrags, NichtUntersagung des Zusammenschlusses) Rechtskraft erlangt hat oder – das Prüfverfahren eingestellt wurde. e)

Das Verfahren nach dem KartG 2005 und dem WettbewerbsG

aa) Kartellgerichte und -behörden Zuständig für die Entscheidung in Angelegenheiten nach dem KartG 2005 sind das Kartellgericht (Oberlandesgericht Wien) und der OGH als Kartellobergericht. Beide entscheiden bei Anwendung des KartG 2005 sowie des EGKartellrechts idR im Verfahren außer Streitsachen. Die Kartellgerichte werden durch die Bundeswettbewerbsbehörde und den Kartellanwalt als Amtsparteien ergänzt. Beiden kommt dementsprechend im kartellrechtlichen Verfahren immer Parteistellung zu (§ 40 KartG 2005), selbst dann, wenn sie nicht Antragssteller sind. Die durch das WettbewerbsG beim BMWA eingerichtete weisungsfreie und unabhängige Bundeswettbewerbsbehörde ist eine Aufgriffs- und Ermittlungsbehörde. Ihr ist dabei eine Wettbewerbskommission als beratendes Organ beigegeben. Der Bundeswettbewerbsbehörde obliegt im Wesentlichen die Wahrnehmung der Parteistellung vor den Kartellgerichten, die Untersuchung von Wettbewerbsbeschränkungen sowie die Zusammenarbeit mit der Kommission und den Wettbewerbsbehörden anderer Mitgliedstaaten bei der Durchführung der europäischen Wettbewerbsregeln in Österreich. Sie verfügt allerdings über keine Entscheidungsbefugnis wie die Europäische Kommission, sondern ermittelt lediglich den Sachverhalt (zB durch Zeugen, Auskunftsverlangen, Hausdurchsuchungen) und beantragt gegebenenfalls die Einleitung eines Verfahrens vor dem Kartellgericht. Seit 1.1.2006 kommt der Bundeswettbewerbsbehörde zudem die Befugnis zur Antragstellung nach dem NahversorgungsG (BGBl 1977/392 idF BGBl I 2005/62) zur Durchsetzung kaufmännischen Wohlverhaltens zu. Der Bundeskartellanwalt ist eine dem BMJ unterstellte, weisungsgebundene Behörde, die zur Vertretung der öffentlichen Interessen in Angelegenheiten des Wettbewerbsrechts, insb der Einhaltung der Bestimmungen des KartG 2005, beim Kartellgericht berufen ist. Er ist dabei vom Kartellgericht unabhängig. Insgesamt kommt ihm eine ergänzend-korrektive Rolle zu, während die primäre Verfahrensinitiative und -betreibung bei der Bundeswettbewerbsbehörde liegt. bb) Antragsprinzip und Antragsberechtigung Im kartellrechtlichen Verfahren gilt das Antragsprinzip: Das Kartellgericht entscheidet also grundsätzlich nur auf Antrag (§ 36 Abs 1 KartG 2005). Die Amtsparteien (Bundeswettbewerbsbehörde und Bundeskartellanwalt) können in allen kartellrechtlichen Angelegenheiten Anträge stellen. Ihre besondere Stellung wird noch dadurch untermauert, dass nur ihnen die Stellung eines Antrags auf Prüfung eines Zusammenschlusses sowie auf Verhängung von Geldbußen oder Zwangsgeldern vorbehalten ist. Letztere dürfen vom Kartellgericht nicht höher angesetzt werden als beantragt (§ 36 Abs 2 KartG 2005).

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Kartell-, Missbrauchsrecht und Fusionskontrolle

Dies dient der Funktionsfähigkeit der österreichischen „Kronzeugenregelung“ (vgl § 11 Abs 3 WettbewerbsG), nach der die Bundeswettbewerbsbehörde für kooperationsbereite Kartellbeteiligte ua eine geminderte Geldbuße beantragen kann. In diesem Fall entfällt auch die Berechtigung des Kartellanwalts, einen Antrag auf Verhängung der Geldbuße zu stellen. Neben den Amtsparteien können auch die Wirtschaftskammer Österreich, die Arbeiterkammer, die Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs sowie die durch BG eingerichteten Regulatoren (zB die Energie Control GmbH oder die Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH) eine Einleitung eines kartellrechtlichen Verfahrens beantragen und sind zur Abgabe von Stellungnahmen in allen kartellrechtlichen Verfahren berechtigt. Ein Antragsrecht kommt schließlich auch jedem Unternehmer bzw jeder Unternehmensvereinigung zu, der bzw die ein rechtliches oder wirtschaftliches Interesse an der kartellgerichtlichen Entscheidung hat. cc) Entscheidungen der Kartellgerichte Den österreichischen Kartellgerichten kommt bezüglich des Kartell- und Missbrauchsverbots des KartG 2005 und der Art 81 f EGV im Wesentlichen die gleiche Bandbreite an Entscheidungsmöglichkeiten wie der Europäischen Kommission zu. Das KartG 2005 wurde dementsprechend an die Bestimmungen der VO 1/03/EG angeglichen (vgl §§ 26 ff KartG 2005 und Art 5 VO 1/03/EG): – Das Kartellgericht hat zunächst Zuwiderhandlungen gegen die Verbote des KartG 2005 und der Art 81 sowie 82 EGV wirksam abzustellen und kann dazu an die betreffenden Unternehmen verhältnismäßige Aufträge erteilen (Abstellung von Zuwiderhandlungen). – Es kann auch zuvor einstweilige Verfügungen lassen. – Statt der Abstellung kann das Kartellgericht Verpflichtungszusagen der beteiligten Unternehmen für verbindlich erklären, wenn zu erwarten ist, dass dadurch zukünftige Zuwiderhandlungen ausgeschlossen sind. – Weiters kann das Kartellgericht eine Zuwiderhandlung gegen das Kartell-, Missbrauchs- oder Durchführungsverbot förmlich feststellen, wenn diese bereits beendet worden ist und ein berechtigtes Interesse an der Feststellung besteht (Feststellung bereits beendeter Zuwiderhandlungen). – Die Feststellung kann sich aber auch auf die Frage beziehen, ob und inwieweit ein Sachverhalt dem KartG 2005 unterliegt. Damit kann das Kartellgericht eine Art „Negativattest“ für Vereinbarungen von Unternehmen ausstellen, bei denen die Voraussetzungen des § 1 nicht oder jene des § 2 Abs 1 KartG 2005 vorliegen. Dies gilt nicht für die Feststellung der Anwendbarkeit des Gemeinschaftsrechts, da diese Befugnis nur der Kommission zukommt (keine „gemeinschaftsrechtlichen Negativatteste“, vgl Art 10 iVm Art 5 VO 1/03/EG). Bei Zusammenschlüssen kann das Kartellgericht – den Prüfungsantrag zurückweisen, wenn kein anmeldungsbedürftiger Zusammenschluss vorliegt, – den Zusammenschluss untersagen, wenn die Entstehung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung zu erwarten ist oder

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Nationales Kartellrecht: Das KartG 2005

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– aussprechen, dass der Zusammenschluss nicht untersagt wird (§ 12 KartG 2005). – Weiters kann das Kartellgericht einen Einstellungsbeschluss verfügen, wenn der Prüfungsantrag zurückgezogen wurde oder die fünfmonatige Entscheidungsfrist für das Kartellgericht abgelaufen ist (§ 14 Abs 1 KartG 2005). Mit dem KartG 2005 wurde ein an das Gemeinschaftsrecht angelehntes Buß- bzw Zwangsgeldsystem eingeführt. So können ua Verstöße gegen das Missbrauchs- und Kartellverbot, das Durchführungsverbot für Zusammenschlüsse, gegen eingegangene Verpflichtungszusagen oder gegen die Art 81 und 82 EGV bei Verschulden (Vorsatz, Fahrlässigkeit) mit Geldbußen bis zu 10% des im Vorjahr erzielten Gesamtumsatzes geahndet werden (§ 29 KartG 2005). Zwangsgelder können bis zu 5% des im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten durchschnittlichen Tagesumsatzes für jeden Tag des Verzugs verhängt werden (§ 35 KartG 2005). Fragen: 1. Was ist die Aufgabe des Kartellrechts? 2. Was sind die Instrumente des Kartellrechts? 3. In welchen (nationalen und gemeinschaftsrechtlichen) Normen finden sich die maßgeblichen formellen und materiellen Kartellrechtsvorschriften? 4. Welche Tatbestandsvoraussetzungen enthält Art 81 EGV und was sind die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen diese Bestimmung? 5. Sind Kartelle im Gemeinschaftsrecht immer verboten? 6. Kann Art 81 EGV auch national durchgesetzt werden? 7. Wie bestimmt sich das Verhältnis von nationalem zum gemeinschaftsrechtlichen Kartellrecht? Was geschieht im Konfliktfall? 8. Wie bestimmt sich eine marktbeherrschende Stellung nach Art 82 EGV? 9. Welche Fallgruppen von Marktmachtmissbräuchen werden unterschieden? 10. Was versteht man unter „essential facilities“? 11. Gibt es Ausnahmen von Art 82 EGV? 12. Für welche Zusammenschlüsse gilt die FKVO? 13. Was sind die materiellen Prüfungsmaßstäbe in der europäischen Fusionskontrolle? 14. Was bedeutet der „one-stop-shop“-Grundsatz? 15. Welche wesentlichen Änderungen wurden mit dem KartG 2005 in das österreichische Kartellrecht eingeführt? 16. Welche Besonderheiten weist das österreichische gegenüber dem gemeinschaftsrechtlichen Kartellrecht (Kartellverbot, Missbrauchsverbot, Fusionskontrolle) auf? 17. Wer entscheidet Kartellangelegenheiten in Österreich? Welche Behörden bzw Organe gibt es noch? 18. Kann ein Unternehmer einen Verstoß gegen Art 81 EGV vor dem österreichischen Kartellgericht geltend machen? 19. Welche Entscheidungen können die zuständigen Gerichte in Kartellsachen erlassen? 20. Was verstehen Sie unter der „Kronzeugenregelung“?

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Lauterkeitsrecht

III. Lauterkeitsrecht Literatur: Bernhard, Das internationale Privatrecht des unlauteren Wettbewerbs in den Mitgliedstaaten der EG (1994); Emmerich, Das Recht des unlauteren Wettbewerbs4 (1995); Farnleitner/Straberger (Hrsg), Nahversorgungsgesetz. Gesetz zur Verbesserung der Nahversorgung und der Wettbewerbsbedingungen (1978); Fitz/Gamerith, Wettbewerbsrecht. Unlauterer Wettbewerb und Kartelle4 (2004); Gamerith, Die Einflüsse des Gemeinschaftsrechts auf das UWG am Beispiel des Irreführungsverbotes (§ 2 UWG), wbl 1995, 473; ders, Neue Herausforderungen für ein europäisches Lauterkeitsrecht. Eine Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit2 (2003); Handig, Harmonisierung des Lauterkeitsrechts in der EU (2006); Koppensteiner (Hrsg), Österreichisches und europäisches Wirtschaftsprivatrecht. Teil 6/2: Wettbewerbsrecht – UWG (1998); ders, Österreichisches und europäisches Wettbewerbsrecht. Wettbewerbsbeschränkungen, unlauterer Wettbewerb, Marken3 (1997); Krejci/Kessler/Augenhofer (Hrsg), Lauterkeitsrecht im Umbruch. Europa – Deutschland – Österreich (2005); Mahdi, Die Wettbewerbshandlung im UWG (1994); Pöchhacker, Suggestivwerbung und unlauterer Wettbewerb (1990); Rebhahn/Ettmayer, § 1 UWG und die Verletzung arbeitsrechtlicher Vorschriften, wbl 2006, 1; Rüffler, Der Einfluss des Europarechts auf das österreichische UWG, in Koppensteiner (Hrsg), Österreichisches und europäisches Wirtschaftsprivatrecht. Teil 6/2: Wettbewerbsrecht – UWG (1998); Schumacher, Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken, ecolex 2005, 92; Stagl, Multistate-Werbung im Internet. Das künftige Kollisionsrecht des unlauteren Wettbewerbs, ÖBl 2004, 62; Weinand, Europarecht und Recht gegen den unlauteren Wettbewerb. Entwicklung und Harmonisierung des Rechts gegen den unlauteren Wettbewerb im EG-Rechtssystem (1998); Wimmer/Arnold, Wirtschaftsrecht in Österreich und seine europarechtliche Integration2 (1998); Wimmer/Arnold/Bundschuh-Rieseneder, Grundriss des Wirtschaftspolizeirechts (2002).

1.

Grundlagen des Lauterkeitsrechts

a)

Vorbemerkung

Das Lauterkeitsrecht ist im Wesentlichen Privatrecht. Nur soweit Strafen angedroht werden oder das Verfahren geregelt wird, zählt es zum öffentlichen Recht. Zwar geht es diesem Buch um die Darstellung des öffentlichen Wirtschaftsrechts, eine Abhandlung über die wettbewerbliche Grundordnung ohne dieses Rechtsgebiet zumindest in Grundzügen darzustellen wäre allerdings keinesfalls komplett. Aus diesen und aus Gründen der Ökonomie des Lehrbuchs haben sich die Autoren entschieden, das (internationale, europäische und nationale) Lauterkeitsrecht in aller Kürze überblicksmäßig darzustellen und den Fokus auf die wesentlichen Rechtsgrundlagen zu lenken. Insb die Darstellung des internationalen Lauterkeitsrechts beschränkt sich auf eine bloße Kurzbeschreibung der völkerrechtlichen Rechtsgrundlagen. b)

Aufgabe des Lauterkeitsrechts

Das Lauterkeitsrecht ist neben dem Kartellrecht Teil des unternehmensgerichteten Wettbewerbsrechts. Trotz der Eigenständigkeit der beiden Rechtsgebiete können zahlreiche Überschneidungen festgestellt werden, die eine scharfe Trennung verunmöglichen. Vielmehr bilden Kartellrecht und Lauterkeitsrecht zusammengenommen die unternehmensbezogene wettbewerbliche Grundordnung.

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Grundlagen des Lauterkeitsrechts

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Schon auf der „Aufgabenebene“ ist festzuhalten, dass sowohl Kartellrecht als auch Lauterkeitsrecht im Wesentlichen dem Schutz der Allgemeinheit, der Mitbewerber, der Verbraucher und des Bestands des Wettbewerbs am Markt dienen. Trotzdem kann ein unterschiedlicher Fokus beider Rechtsgebiete festgestellt werden: Während das Kartellrecht auf die Freiheit des Wettbewerbs und des wettbewerblichen Handelns abzielt, hat das Lauterkeitsrecht die Gewährleistung eines fairen, lauteren Wettbewerbsverhaltens zum Zweck. Letzteres will also einen schrankenlosen Konkurrenzkampf, in dem jedes erdenkliche Mittel missbräuchlich zum Schaden der Marktteilnehmer und der Allgemeinheit eingesetzt wird, verhindern, während es dem Kartellrecht primär darum geht, dass Wettbewerb überhaupt vorhanden ist. Dies gilt auch für das Verhältnis zwischen Missbrauchsverbot und Lauterkeitsrecht, da sich Ersteres – trotz der teilweise frappierenden Ähnlichkeit der erfassten Verhaltensweisen (zB Behinderung, Rechtsmissbrauch) – auf ganz bestimmte Unternehmer bezieht, nämlich jene mit marktbeherrschender Stellung und gerade den fehlenden oder geschwächten Wettbewerb durch Normen ersetzen will, während das Lauterkeitsrecht alle Unternehmen erfasst und von diesen – bei vorausgesetztem Wettbewerb – ein faires Marktverhalten verlangt. Vielfach wird zur Verdeutlichung auf das Bild des Boxkampfs verwiesen: Während das Kartellrecht sicherstellen soll, dass der Kampf stattfindet und keine Absprachen über dessen Ausgang gemacht werden, dient das Lauterkeitsrecht dazu, Schlägen unter der Gürtellinie im Ring selbst vorzubeugen. c)

Rechtsgrundlagen des Lauterkeitsrechts

aa) Internationales Lauterkeitsrecht Die wichtigste Grundlage für das völkerrechtliche Lauterkeitsrecht bildet die Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums (PVÜ), der derzeit 169 Mitgliedstaaten angehören (Österreich seit 1908). Gemäß der PVÜ hat der Schutz des gewerblichen Eigentums auch die „Unterdrückung“ des unlauteren Wettbewerbs zum Inhalt. Sie verpflichtet die Mitgliedstaaten, die Angehörigen anderer Verbandsländer wie Inländer zu behandeln und ihnen insb geeignete Rechtsbehelfe zu sichern (Art 2 PVÜ). Nach der PVÜ sind Wettbewerbshandlungen dann unlauter, wenn sie den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel zuwiderlaufen. Besonders angeführt werden Nachahmungen, Irreführungen oder Rufschädigungen, die zu untersagen sind (Art 10bis PVÜ). Die Verpflichtung der Übernahme von Teilen der PVÜ ergibt sich im Übrigen auch aus dem TRIPS-Abkommen für alle WTO-Mitglieder (Art 2 TRIPS). Im Abkommen selbst finden sich lauterkeitsrechtliche Bestimmungen zum Schutz geographischer Angaben. Derartige Angaben dürfen demnach nicht irreführend so verwendet werden, dass der Eindruck ihres Ursprungs in einem anderen geographischen Gebiet entsteht (Art 22 Abs 2 lit a TRIPS). bb) Europäisches Lauterkeitsrecht Aus den primärrechtlichen Bestimmungen und der diesbezüglichen Rechtsprechung des EuGH (va über die Grundfreiheiten) ergeben sich in erster Linie Beschränkungen der verschiedenen nationalen Lauterkeitsvorschriften, die sich

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Lauterkeitsrecht

oftmals als Hemmnisse für den zwischenstaatlichen Wirtschaftsverkehr erweisen. In seinen Entscheidungen hat der EuGH zudem inhaltliche Vorgaben für das europäische Lauterkeitsrecht statuiert (vgl unten Pkt 2.a.). Allerdings konnte auf diesem Wege keine (positive) Harmonisierung der unterschiedlichen nationalen Rechtsvorschriften über den unlauteren Wettbewerb bewirkt werden. Die Angleichung erfolgte deswegen durch den Erlass sekundärrechtlicher Rechtsakte. Hervorzuheben ist hierbei die 2005 erlassene RL 05/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken (RL-UGP), ABl 2005 L 149/22, die im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr ein hohes Verbraucherschutzniveau gewährleisten will und dementsprechend den Bereich B2C (Business to Consumer) umfassend regelt. Der Vorschlag zur geplanten Verordnung über Verkaufsförderung im Binnenmarkt für den Bereich B2B (Business to Business), also zu einem die Mitbewerber betreffenden Lauterkeitsrecht, wurde mittlerweile von der Kommission wieder zurückgezogen (vgl ABl 2006 C 64/7). Weitere lauterkeitsrechtliche Regelungen ergeben sich darüber hinaus ua aus der RL 84/450/EWG über irreführende und vergleichende Werbung (ABl 1984 L 250/17 idF RL 05/29/EG, ABl 2005 L 149/22), der FernsehRL (RL 89/552/EWG, ABl 1989 L 298/23 idF RL 97/36/EG, ABl 1997 L 202/60), der E-Commerce-RL (EC-RL, RL 00/31/EG, ABl 2000 L 178/1) oder aus der HumanarzneimittelRL (RL 01/83/EG, ABl 2001 L 311/67 idF RL 04/27/EG, ABl 2004 L 136/34). cc) Nationales Lauterkeitsrecht Die wichtigste Rechtsquelle des österreichischen Lauterkeitsrechts ist das aus dem Jahr 1923 stammende und mehrfach novellierte UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, wiederverlautbart durch BGBl 1984/448 idF BGBl I 2006/106). Das Wettbewerbs-DeregulierungsG (BGBl 1992/147) brachte in Hinblick auf den EWR- bzw EU-Beitritt wichtige Änderungen insofern, als die bisherigen wettbewerblichen Nebengesetze (RabattG, ZugabenG und AusverkaufsG) aufgehoben und zT in das UWG überführt wurden. Im Gegensatz zur oa RL-UGP regelt das UWG sowohl den B2C-Bereich als auch den B2BBereich einheitlich. Auch außerhalb des UWG finden sich zahlreiche Vorschriften über das Verhalten von Unternehmen im Wettbewerb. Zu den wichtigsten gehört das NahversorgungsG (NVG, BGBl 1977/392 idF BGBl I 2005/62), das das Austauschverhältnis zwischen Lieferanten und Abnehmern regelt. Allerdings gehört es aufgrund seiner Zielsetzung, der Aufrechterhaltung einer bestimmten Marktstruktur im Lebensmitteleinzelhandel, konkreter, der Verhinderung des „Greißlersterbens“ und der damit verbundenen Einschränkung der Nahversorgung der Letztverbraucher, eher zum Kartellrecht, weist aber auch einen lauterkeitsrechtlichen Charakter auf (so stellt das NVG auf ein „kaufmännisches Wohlverhalten“ ab). Weitere Bestimmungen über das Wettbewerbsverhalten von Unternehmen finden sich darüber hinaus ua im Gewerberecht, im Lebensmittelrecht oder in den Betriebszeiten- und Öffnungszeitenvorschriften.

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Europäisches Lauterkeitsrecht

2.

Europäisches Lauterkeitsrecht

a)

Die Rechtsprechung des EuGH zu den Grundfreiheiten

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Der EuGH hat zu nationalen Rechtsvorschriften lauterkeitsrechtlichen Charakters va in Bezug auf die Warenverkehrsfreiheit Stellung genommen. Hinzuweisen ist dabei auf die in seiner „Cassis-Rechtsprechung“ entwickelten immanenten Schranken des freien Warenverkehrs. Nach dieser kann eine nationale Vorschrift ua durch zwingende Erfordernisse der Lauterkeit des Handelsverkehrs oder des Verbraucherschutzes gerechtfertigt sein. Zudem hat sich der EuGH im Rahmen seiner „Keck-Rechtsprechung“ auf die Prüfung produktbezogener Vorschriften zurückgezogen und lässt bloße Verkaufsmodalitäten, die ua auch Gegenstand lauterkeitsrechtlicher Bestimmungen sein können, außer Betracht (s dazu Pkt C.III.7.c.ee.). Beispiel: Zwingende Erfordernisse hat der EuGH etwa im Falle eines niederländischen Verbots der sklavischen Nachahmung anerkannt (EuGH Rs 6/81, Slg 1982, 707, Beele). In dieser Rs führte er aus, dass ein solches Verbot als Maßnahme gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung zwar ein Hindernis für den freien Warenverkehr darstellt, aber geeignet ist, die Verbraucher zu schützen und die Lauterkeit des Handelsverkehrs zu fördern und somit – soweit die Verhältnismäßigkeit bejaht wird – gerechtfertigt sein kann. Demgegenüber sah der EuGH ein Verbot bezüglich der Angabe der Angebotsdauer und des früheren Preises in der geschäftlichen Werbung nicht im Interesse des Verbraucherschutzes gerechtfertigt, da dadurch den Verbrauchern der Zugang zu Informationen verwehrt werden würde (vgl EuGH Rs 362/88, Slg 1990, I-667, GB-Inno-BM).

b)

Die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken

Mit der RL-UGP werden zu Zwecken eines hohen Verbraucherschutzniveaus unlautere Geschäftspraktiken in der gesamten EU verboten sowie gemeinsame Regeln zur Definition von „Unlauterkeit“ aufgestellt. Von der Vereinheitlichung sollen neben den Verbrauchern auch grenzüberschreitend tätige Unternehmer profitieren. In der Generalklausel des Art 5 RL-UGP werden alle unlauteren Geschäftspraktiken im Verkehr mit Verbrauchern, die vor, während oder nach dem Abschluss eines Handelsgeschäfts angewandt werden, verboten. Die Einschränkung der RL nur auf Verbraucher schützende Aspekte wurde von Österreich und Deutschland zu Recht kritisiert, da sie – angesichts der einheitlichen Regelungen des UWG für den B2C und B2B-Bereich – eine unwillkommene Aufspaltung des nationalen Lauterkeitsrechts bewirkt, soweit der nationale Gesetzgeber die Vorgaben der Richtlinie nicht freiwillig auf den B2B-Bereich erstreckt. Unlauter ist eine Geschäftspraxis nach der RL-UGP dann, wenn sie – den Anforderungen der beruflichen Sorgfaltspflicht widerspricht und – das wirtschaftliche Verhalten des Durchschnittsverbrauchers wesentlich beeinflusst oder dazu geeignet ist.

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Lauterkeitsrecht

Besonders hervorgehoben werden solche Praktiken, die irreführend oder aggressiv sind (Art 6 ff RL-UGP). Diesbezüglich findet sich im Anhang der RL eine „schwarze Liste“ von Verhaltensformen, die jedenfalls verboten sind. Zu diesen – im Übrigen schon aus dem österreichischen UWG bekannten – Praktiken zählen etwa die Lockvogelwerbung durch Irreführung über die Vorräte, die Irreführung über redaktionelle Werbung, die Belästigung oder die Nötigung. Als Maßstab für den Durchschnittsverbraucher dient der angemessen gut unterrichtete, aufmerksame und kritische Konsument. Demgegenüber wurden nach der bisher geltenden österreichischen Rechtslage auch leichter zu täuschende Kunden geschützt. Ausnahmen von dem Grundsatz des Durchschnittsverbrauchers gelten allerdings für Verbrauchergruppen, die aufgrund bestimmter Eigenschaften wie Alter, geistige bzw körperliche Gebrechen oder Leichtgläubigkeit für eine Geschäftspraxis oder das ihr zugrunde liegende Produkt besonders anfällig sind. Diesfalls orientiert sich das Verbraucherleitbild anhand eines Durchschnittsmitglieds dieser Gruppe.

3.

Nationales Lauterkeitsrecht

a)

Allgemeines

Die Zentralnorm des österreichischen Lauterkeitsrechts besteht aus drei Abschnitten. Der I. Abschnitt (§ 1–26) enthält die zivil- und strafrechtlichen Bestimmungen, wobei hier besonders die einzelnen unlauteren Wettbewerbshandlungen (§ 1–12, s gleich unten Pkt b.) von Interesse sind. § 1 UWG enthält eine Generalklausel, auf die eine Reihe von Sondertatbeständen (zB Irreführung, Zugaben) folgen. Verstöße ziehen zivilrechtliche Rechtsfolgen (s gleich unten Pkt c.) nach sich. Zu diesen treten strafrechtliche Sanktionen in bestimmten Fällen hinzu (zB bei wissentlicher Irreführung oder bei der Verletzung von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen). Im II. Abschnitt finden sich verwaltungsrechtliche Sondertatbestände (§§ 27 ff UWG, zB Verbot des Abschlusses von Verträgen nach dem Schneeballsystem, Verbot glückspielartiger Formen des Vertriebs von Waren, Anmaßung von Auszeichnungen und Vorrechten), deren Missachtung mit Verwaltungsstrafen aber auch zivilrechtlich geahndet wird (§ 34 Abs 3 UWG). Schließlich regelt der III. Abschnitt gemeinsame und Schlussbestimmungen. b)

Die Tatbestände des UWG

aa) Gemeinsame Tatbestandsmerkmale Die meisten Tatbestände des UWG knüpfen an ein „Handeln im geschäftlichen Verkehr“ an und grenzen damit den Adressatenkreis ab. Vom geschäftlichen Verkehr ist jede selbständige, auf Erwerb gerichtete Tätigkeit erfasst, womit rein private und rein hoheitliche Tätigkeiten vom Anwendungsbereich des UWG ausgenommen sind. Gebietskörperschaften oder sonstige Rechtsträger des öffentlichen Rechts unterfallen allerdings dann dem UWG, wenn sie privatwirtschaftlich tätig werden (zB bei der nicht-hoheitlichen Vergabe von Sub-

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Nationales Lauterkeitsrecht

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ventionen). Unerheblich ist, ob eine Gewinnerzielungsabsicht vorliegt, womit insb auch politische und gemeinnützige Organisation erfasst werden. Weiters liegt ein Handeln im geschäftlichen Verkehr auch dann vor, wenn nicht der eigene Wettbewerb, sondern der eines Dritten durch die (unlauteren) Handlungen gefördert wird. Von vielen Tatbeständen wird zudem ein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs gefordert. Darunter wird eine Tätigkeit verstanden, die zum einen objektiv geeignet ist, den Absatz des idR eigenen Unternehmens auf Kosten anderer (gesetzestreuer) Unternehmen zu fördern (Vorliegen eines Wettbewerbsverhältnisses) und die zum anderen auch subjektiv von der entsprechenden Absicht getragen ist (Wettbewerbsabsicht). Zudem muss die Wettbewerbshandlung geeignet sein, eine nicht bloß unerhebliche Nachfrageverlagerung zu bewirken (Spürbarkeit, vgl OGH 4 Ob 59/03k). bb) Die Sondertatbestände des UWG Die sog „kleine Generalklausel“ des § 2 UWG statuiert den Wahrheitsgrundsatz für den lauteren Wettbewerb. Untersagt werden zur Irreführung geeignete Angaben über geschäftliche Verhältnisse. Beispiele: Unter § 2 UWG fallen etwa Irreführungen über die stoffliche Substanz einer Ware, über deren Ursprung, Herstellungsart oder Preisbemessung. Weiters auch Irreführungen über die Menge an Vorräten (insb sog Lockvogelangebote mit günstigen Waren, die nicht in ausreichender Menge bereitgestellt werden) oder über die Größe und Bedeutung eines Unternehmens.

Einen Wettbewerbsvorteil kann ein Unternehmen auch erlangen, indem es über einen Mitbewerber Unwahrheiten verbreitet. § 7 UWG verbietet deswegen die Herabsetzung eines Unternehmens. Ein Verstoß gegen leg cit liegt dann vor, wenn zu Zwecken des Wettbewerbs über das Unternehmen eines anderen, über die Person des Inhabers oder Leiters des Unternehmens oder über Waren und Leistungen eines anderen Tatsachen behauptet werden, die zum einen geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Inhabers zu schädigen und zum anderen nicht nachweislich wahr sind. Beispiele: Der Mitbewerber mache in „ganz Österreich Schweinereien“, der Kläger sei „ein Nationalsozialist“ und gehöre somit einer verbotenen Partei an, ein Mitbewerber sei „völlig ruiniert“ oder ein Wirt, der Bier von einer bestimmten Brauerei beziehe, habe in 8 Tagen keine Gäste mehr, etc.

§ 9 Abs 1 UWG schützt bestimmte Unternehmenskennzeichen (Name, Firma, besondere Bezeichnung eines Unternehmens oder Druckwerks) gegen missbräuchliches Hervorrufen von Verwechslungen. Ein Wettbewerbsverhältnis wird hier nicht vorausgesetzt. Weitere Bestimmungen erfassen Mogelpackungen (§ 6 a UWG), Zugaben (§ 9 a UWG), den Verkauf gegen Vorlage von Einkaufsausweisen, Berechtigungsscheinen und dergleichen (§ 9 c UWG), die Bestechung von Bediensteten und Beauftragten (§ 10 UWG), die Verletzung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen (§ 11 UWG) und den Missbrauch anvertrauter Unterlagen (§ 12 UWG).

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Lauterkeitsrecht

cc) Die Generalklausel des § 1 UWG § 1 UWG ist die „große Generalklausel“ (Fitz/Gamerith) des UWG. Gem leg cit kann derjenige auf Unterlassung und Schadenersatz in Anspruch genommen werden, der im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Handlungen vornimmt, die gegen die guten Sitten verstoßen. Dem § 1 UWG kommt, da das Merkmal der „Sittenwidrigkeit“ weite Auslegungsspielräume zulässt, womit im besonderen Maße der Dynamik des Wettbewerbs und der ständigen Entwicklung neuer Formen von Marktstrategien Rechnung getragen werden kann, in der Praxis eine große Bedeutung zu und er fungiert gegenüber den Sondertatbeständen als Auffangbestimmung. Dies insb hinsichtlich jener Sachverhalte, welche zwar nicht alle Tatbestandsmerkmale eines Sondertatbestands erfüllen, aber in ihrer Wirkung dem dort verpönten Verhalten gleichkommen. Demnach wird § 1 UWG gegenüber den Sondertatbeständen als leges speciales subsidiär angewandt. Die umfangreiche Rechtsprechung zu § 1 UWG wird üblicherweise anhand von vier Fallgruppen dargestellt, die auf typischen Unlauterkeitsmerkmalen basieren. Unterschieden wird im Wesentlichen zwischen: – Kundenfang, – Behinderung, – Ausbeutung und – Rechtsbruch. Unter unlauteren Kundenfang fallen solche Methoden, mit denen der freie Willensentschluss des Kunden beeinträchtigt oder ausgeschlossen wird (zB durch das Ausnützen von Gefühlen oder der Spielleidenschaft, durch physische und psychische Nötigung oder Überrumpelungen aber auch durch Irreführungen). Behinderungen iSd § 1 UWG weisen zahlreiche Überschneidungen zu den Bestimmungen des KartG 2005 auf, wobei uU beide Rechtsgrundlagen zur Anwendung kommen. Den Tatbeständen in dieser Fallgruppe ist gemeinsam, dass der Wettbewerbsvorteil nicht durch eigene Leistung, sondern mit Methoden verwirklicht wird, die den Mitbewerber an der Entfaltung seiner Wirtschaftstätigkeit am Markt behindern. Unlauter kann entweder das Mittel der Behinderung oder eine besondere Absicht, wie die Vernichtung des Wettbewerbers, sein. Zu den Unterfallgruppen zählen hierbei der Boykott, Exklusivbindungsverträge, Liefer- und Bezugssperren, der Preiskampf, die vergleichende Werbung, etc. Unter Ausbeutung fallen solche Verhaltensweisen, mit denen fremde Leistungen ausgenützt werden, um sich einen Vorsprung gegenüber den Konkurrenten zu verschaffen (zB durch das Nachahmen fremder Erzeugnisse, Ausbeuten eines fremden Rufs oder durch das Ausspannen von Beschäftigten oder Kunden). Der Fallgruppe Rechtsbruch kommt die zentrale Funktion der Sicherstellung eines wettbewerblichen Gleichbehandlungsgrundsatzes zu. Die rechtlichen Rahmenbedingungen sollen dementsprechend gleichermaßen für alle Wettbewerber gelten. Damit soll die Erzielung von sachlich nicht gerechtfertigten Vorsprüngen durch Rechtsverletzungen gegenüber den gesetzes- bzw vertragstreuen Konkurrenten verhindert werden. Die Kategorie Rechtsbruch spielt dabei

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Nationales Lauterkeitsrecht

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neben der Verletzung von Verträgen und gesetzlichen Regelungen (zB des österreichischen Arbeits-, Gewerbe-, Raumordnungs- oder Vergaberechts) insb bei der Missachtung des Gemeinschaftsrechts (zB des EG-Beihilfenrechts) eine bedeutende Rolle. c)

Zivilrechtliche Rechtsfolgen

aa) Unterlassung Der in der Praxis weitaus wichtigste Behelf zur Abwehr (künftiger) unlauterer Wettbewerbshandlungen ist der Unterlassungsanspruch (§ 14 UWG). Voraussetzung ist entweder eine Begehungs- oder eine Wiederholungsgefahr, auf ein Verschulden kommt es hingegen nicht an. Anspruchsberechtigt sind die vom Wettbewerbsverstoß unmittelbar Betroffenen, jeder Unternehmer, der Waren oder Leistungen gleicher oder verwandter Art herstellt oder in den geschäftlichen Verkehr bringt (Mitbewerber), Wettbewerbsschutzverbände (zB Schutzverband gegen unlauteren Wettbewerb, Österreichischer Verband der Markenartikel-Industrie, Rechtsanwaltskammer), inländische Verbraucherschutzverbände (Verein für Konsumenteninformation, allerdings nur in den Fällen irreführender Werbung gem § 1 und 2 Abs 1 UWG) und die Amtsparteien (Arbeiterkammer, Wirtschaftskammer, Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern, ÖGB). Mit dem EnergieVersorgungssicherheitsG 2006 (BGBl I 2006/106) wurde auch der Bundeswettbewerbsbehörde ein Antragsrecht auf Unterlassung eingeräumt. Ihr kommt damit ein umfassendes Instrument zur Verfolgung von Marktmachtmissbräuchen sowohl aufgrund des KartG 2005 wie auch des UWG zu. Bei Verstößen in den Fällen irreführender Werbung kommt auch ausländischen Verbraucherschutzverbänden eine Klagebefugnis zu, soweit der Ursprung des Verstoßes in Österreich liegt (zB Werbung in ausländischen Zeitungen, zu den weiteren Voraussetzungen s § 14 Abs 2 und 3 UWG). Die Klageberechtigung von Verbrauchern richtet sich nach den sonstigen Bestimmungen des bürgerlichen Rechts (insb ABGB). bb) Beseitigung Der Anspruch auf Unterlassung umfasst auch das Recht auf Beseitigung des gesetzwidrigen Zustands (§ 15 UWG), soweit dem Verpflichteten die Verfügung hierüber zusteht. Der Beseitigungsanspruch richtet sich im Gegensatz zur Unterlassung auf bereits erfolgte, aber noch fortdauernde Störungen und beinhaltet eine positive Handlungspflicht (zB Gebot, wettbewerbswidrige Werbeschriften aus dem Verkehr zu ziehen, Aufhebung des Boykottübereinkommens). cc) Schadenersatz Bei bestimmten Verstößen (insb gegen die §§ 1, 2 und 7 UWG) kommen auch Schadenersatzansprüche nach dem UWG in Betracht. Darüber hinaus können derartige Ansprüche auch auf die allgemeinen Bestimmungen des ABGB (vgl § 1311 ABGB) gestützt werden. Im Gegensatz zum Unterlassungsanspruch

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Beihilfen- und Subventionsrecht

wird hier idR ein Verschulden (Vorsatz, Fahrlässigkeit) vorausgesetzt. Der Ersatz umfasst auch den entgangenen Gewinn und den immateriellen Schaden (§ 16 UWG). Hervorzuheben ist, dass auch Verbraucher anspruchsberechtigt sind. dd) Sonstige Rechtsfolgen Bei einem Verstoß gegen § 7 UWG (Herabsetzung eines Unternehmens) kann der Geschädigte den Widerruf der behaupteten oder verbreiteten Tatsachen verlangen. Der Urteilsspruch bezüglich einer Unterlassungsklage kann auf Antrag der obsiegenden Partei (also auch des Beklagten) veröffentlicht werden (Anspruch auf Urteilsveröffentlichung, § 25 UWG). Soweit ein Wettbewerbsverstoß den Fall „unechte Geschäftsführung ohne Auftrag“ (vgl § 1039 ABGB, zB bei Missbrauch fremder Unternehmenskennzeichen) verwirklicht oder bei sittenwidriger Nachahmung, kann auch ein Rechnungslegungsanspruch begründet sein. Fragen: 1. Wie verhält sich das Lauterkeitsrecht zum Kartellrecht? 2. Welche völkerrechtlichen Rechtsgrundlagen des Lauterkeitsrechts sind Ihnen bekannt? 3. Was ist die RL-UGP? 4. Was ist die Grundnorm des österreichischen Lauterkeitsrechts? 5. Welche Sondertatbestände unlauterer Wettbewerbshandlungen kennen Sie? 6. Nennen Sie die Fallgruppen des § 1 UWG. 7. Welche zivilrechtlichen Rechtsfolgen ergeben sich bei einem Verstoß gegen das UWG?

IV. Beihilfen- und Subventionsrecht Literatur: Becker, Das WTO-Subventionsübereinkommen. Einfluß auf die Rechtsschutzmöglichkeiten Dritter gegen Beihilfen im Rahmen des EG-Rechts (2001); Bieber/Epiney/Haag, Die Europäische Union6 (2005); Eilmansberger, Neues zur beihilferechtlichen Beurteilung von Quersubventionen: Das Chronopost-Urteil des EuGH, wbl 2004, 101; ders et al, Materielles Europarecht. Lehrbuch mit Originalquellen (2005); Hoffer/Reisner, Beihilfen- und Vergaberecht bei Hochwasser, ecolex 2002, 798; Jaeger, BAWAG-Bürgschaft, Beihilfeverbot und Konkurrentenrechtsschutz, ecolex 2006, 445; Kahl, Der öffentliche Personennahverkehr auf dem Weg zum Wettbewerb. Zugleich ein Beitrag zur Liberalisierung kommunaler Daseinsvorsorgeleistungen (2005); ders, Beihilfen in der Daseinsvorsorge in WiR – Studiengesellschaft für Wirtschaft und Recht (Hrsg), Beihilfenrecht (2004) 225; ders, Der weiterentwickelte Ausgleichsansatz in der Daseinsvorsorge. Erste Analyse der Auswirkungen des Urteils EuGH Rs C-280/00, Altmark Trans ("Magdeburger Verfahren") auf Österreich, wbl 2003, 401; Kletter, Die Finanzierung des ORF mittels Programmentgelten. Eine Betrachtung im Lichte der Novelle des Rundfunkgesetzes und der neuesten Entwicklungen im Gemeinschaftsrecht, MR 2001, 260; Koenig/Kühling/Ritter, EG-Beihilfenrecht (2002); Koenig/Kühling, Art 87 EGV, in Streinz (Hrsg), EUV/EGV. Vertrag über die Europäische Union und Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (2003) 1147; dies, Konvergenz von EG-Beihilfenrecht und Vergaberecht, NVwZ 2003, 779; Koenig/Roth/Schön (Hrsg),

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Beihilfen- und Subventionsrecht

wird hier idR ein Verschulden (Vorsatz, Fahrlässigkeit) vorausgesetzt. Der Ersatz umfasst auch den entgangenen Gewinn und den immateriellen Schaden (§ 16 UWG). Hervorzuheben ist, dass auch Verbraucher anspruchsberechtigt sind. dd) Sonstige Rechtsfolgen Bei einem Verstoß gegen § 7 UWG (Herabsetzung eines Unternehmens) kann der Geschädigte den Widerruf der behaupteten oder verbreiteten Tatsachen verlangen. Der Urteilsspruch bezüglich einer Unterlassungsklage kann auf Antrag der obsiegenden Partei (also auch des Beklagten) veröffentlicht werden (Anspruch auf Urteilsveröffentlichung, § 25 UWG). Soweit ein Wettbewerbsverstoß den Fall „unechte Geschäftsführung ohne Auftrag“ (vgl § 1039 ABGB, zB bei Missbrauch fremder Unternehmenskennzeichen) verwirklicht oder bei sittenwidriger Nachahmung, kann auch ein Rechnungslegungsanspruch begründet sein. Fragen: 1. Wie verhält sich das Lauterkeitsrecht zum Kartellrecht? 2. Welche völkerrechtlichen Rechtsgrundlagen des Lauterkeitsrechts sind Ihnen bekannt? 3. Was ist die RL-UGP? 4. Was ist die Grundnorm des österreichischen Lauterkeitsrechts? 5. Welche Sondertatbestände unlauterer Wettbewerbshandlungen kennen Sie? 6. Nennen Sie die Fallgruppen des § 1 UWG. 7. Welche zivilrechtlichen Rechtsfolgen ergeben sich bei einem Verstoß gegen das UWG?

IV. Beihilfen- und Subventionsrecht Literatur: Becker, Das WTO-Subventionsübereinkommen. Einfluß auf die Rechtsschutzmöglichkeiten Dritter gegen Beihilfen im Rahmen des EG-Rechts (2001); Bieber/Epiney/Haag, Die Europäische Union6 (2005); Eilmansberger, Neues zur beihilferechtlichen Beurteilung von Quersubventionen: Das Chronopost-Urteil des EuGH, wbl 2004, 101; ders et al, Materielles Europarecht. Lehrbuch mit Originalquellen (2005); Hoffer/Reisner, Beihilfen- und Vergaberecht bei Hochwasser, ecolex 2002, 798; Jaeger, BAWAG-Bürgschaft, Beihilfeverbot und Konkurrentenrechtsschutz, ecolex 2006, 445; Kahl, Der öffentliche Personennahverkehr auf dem Weg zum Wettbewerb. Zugleich ein Beitrag zur Liberalisierung kommunaler Daseinsvorsorgeleistungen (2005); ders, Beihilfen in der Daseinsvorsorge in WiR – Studiengesellschaft für Wirtschaft und Recht (Hrsg), Beihilfenrecht (2004) 225; ders, Der weiterentwickelte Ausgleichsansatz in der Daseinsvorsorge. Erste Analyse der Auswirkungen des Urteils EuGH Rs C-280/00, Altmark Trans ("Magdeburger Verfahren") auf Österreich, wbl 2003, 401; Kletter, Die Finanzierung des ORF mittels Programmentgelten. Eine Betrachtung im Lichte der Novelle des Rundfunkgesetzes und der neuesten Entwicklungen im Gemeinschaftsrecht, MR 2001, 260; Koenig/Kühling/Ritter, EG-Beihilfenrecht (2002); Koenig/Kühling, Art 87 EGV, in Streinz (Hrsg), EUV/EGV. Vertrag über die Europäische Union und Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (2003) 1147; dies, Konvergenz von EG-Beihilfenrecht und Vergaberecht, NVwZ 2003, 779; Koenig/Roth/Schön (Hrsg),

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Grundlagen des Beihilfen- und Subventionsrechts

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Aktuelle Fragen des EG-Beihilfenrechts (2001); Pechan, Rechtswegaspekte bei der Bekämpfung hoheitlicher Subventionen, ecolex 2001, 785; Rodi, Subventionsrechtsordnung. Die Subvention als Instrument öffentlicher Zweckverwirklichung nach Völkerrecht, Europarecht und deutschem innerstaatlichen Recht (2000); Streinz (Hrsg), EUV/ EGV. Vertrag über die Europäische Union und Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (2003); WiR – Studiengesellschaft für Wirtschaft und Recht (Hrsg), Beihilfenrecht (2004).

1.

Grundlagen des Beihilfen- und Subventionsrechts

a)

Aufgabe

aa) EG-Beihilfenrecht Die von der Kommission ausgeübte Aufsicht über mitgliedstaatliche Beihilfen ist eines der effektivsten Instrumente der europäischen Wettbewerbspolitik. Erfasst werden solche Maßnahmen, mit denen die Mitgliedstaaten bestimmte Unternehmen oder eine Gruppe von Unternehmen fördern, um deren Stellung auf einem Markt zu verbessern. Soweit diese Maßnahmen eine grenzüberschreitende, wettbewerbsverfälschende Wirkung zeitigen, sind sie mit dem Gemeinsamen Markt grundsätzlich unvereinbar. Aufgabe des EG-Beihilfenrechts ist somit zunächst der Schutz des Gemeinsamen Markts vor Wettbewerbsverfälschungen, die durch Beihilfen des Staats an bestimmte Unternehmen bzw Produktionszweige ausgelöst werden. Damit sollen für alle am europäischen Binnenmarkt tätigen Unternehmen gleiche Wettbewerbsbedingungen geschaffen werden. Der Schutz des Wettbewerbs ist allerdings nicht Selbstzweck, sondern dient vielmehr dem übergeordneten Ziel der Integration (Integrationsfunktion). Damit beinhaltet Art 87 EGV auch eine Gestaltungskompetenz der Gemeinschaftsorgane, den Einsatz der mitgliedstaatlichen Beihilfenpolitiken auf die gemeinschaftsrechtlichen Zielsetzungen auszurichten (Beihilfenpolitik der EG). Dementsprechend enthält Art 87 EGV auch kein absolutes Verbot von Beihilfen, sondern sieht ausdrücklich Ausnahmen für Beihilfen vor, die Ziele von gemeinsamem Interesse verfolgen und insb zu einer Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit führen. Das Beihilfenverbot in Art 87 EGV bezieht sich allerdings nicht auf Gemeinschaftsbeihilfen, was sich bereits aus dem Wortlaut der Bestimmung ergibt. Gemeinschaftsförderungen unterliegen (nur) den sonstigen Bestimmungen (zB Diskriminierungsverbot) des Vertrags. Derartige Beihilfen können aber sehr wohl völkerrechtlich relevant sein (s gleich unten zum Subventionsrecht der WTO, Pkt D.IV.2.). bb) Internationales Subventionsrecht Das auf WTO-Ebene angesiedelte internationale Subventionsrecht hat hingegen nicht primär den Wettbewerbsschutz, sondern den Ausgleich der handelspolitischen Interessen der Mitgliedstaaten durch die Koordinierung der nationalen Subventionspolitiken zur Aufgabe. Es geht hier also um den gleichberechtigten und koordinierten Einsatz von Subventionen durch die Mitgliedstaaten.

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Beihilfen- und Subventionsrecht

cc) Nationales Subventionsrecht als Zielobjekt Streng von den beiden oben genannten Rechtsgebieten ist das nationale Subventionsrecht zu unterscheiden, das va Wirtschaftslenkungsrecht ist (s zur Subvention als Lenkungsinstrument Pkt G.I.2.b.). Es regelt im Wesentlichen die Förderungsfälle und -voraussetzungen, das Verhältnis zwischen Geber und Empfänger und den Rechtsschutz für Nichtgeförderte. Das nationale Subventionsrecht stellt damit quasi das Zielobjekt des EG-Beihilfen- und des WTOSubventionsrechts dar. Allerdings sieht weder das EG- noch das WTO-Recht ein absolutes Verbot von staatlichen Zuwendungen vor. Vielmehr erlauben beide sogar ausdrücklich die Verfolgung von Gemeinwohlinteressen mit den Mitteln der Subvention (vgl dazu Art 87 Abs 2 und 3 EGV sowie die Positivliste des Art 8 Subventionskodex). In beiden Rechtsordnungen ist es also anerkannt, dass die Subvention als Handlungsinstrument des Staats erhalten bleiben soll. Die Grenzen der staatlichen Subventionstätigkeit liegen bei den Interessen der anderen Mitgliedstaaten (internationales Subventionsrecht) bzw beim „gemeinsamen Interesse“ der EU. Die folgenden Ausführungen beschäftigen sich somit nur mit dem internationalen und europäischen Beihilfenrecht, wobei der deutliche Schwerpunkt auf Letzterem liegt. b)

Rechtsgrundlagen

Das Internationale Subventionsrecht findet seine Grundlage im Subventionsabkommen (Subventionskodex ´94, SCMA – Agreement on Subsidies and Countervailing Measures) sowie in den Bestimmungen der Art VI (Zulässigkeit von Ausgleichzöllen) und XVI ([Ausfuhr]Subventionen und Notifikationspflicht) GATT ´94. Das EG-Beihilfenrecht ist primärrechtlich in den Art 87–89 EGV niedergelegt. Art 87 EGV normiert das grundsätzliche Beihilfenverbot. Art 88 EGV sieht dazu ein Anmeldesystem für neue Beihilfen und ein Kontrollsystem für bestehende Behilfen vor. Art 89 EGV ermächtigt den Rat zum Erlass von DurchführungsVO.

2.

Internationales Subventionsrecht

a)

Der Begriff der Subvention

Der Subventionsbegriff des SCMA ähnelt dem Begriff der staatlichen Beihilfe im Gemeinschaftsrecht. Eine „international relevante“ Subvention liegt nach dem Abkommen dann vor, wenn sie erstens aus staatlichen Mitteln stammt, sie zweitens einem bestimmten (spezifischen) Unternehmen zukommt, sie drittens einen tatsächlichen wirtschaftlichen Vorteil für den Empfänger bewirkt und sie schließlich viertens insgesamt eine handelsbeeinträchtigende (importhemmende oder exportfördernde) Wirkung entfaltet. Im Vergleich zum EG-Beihilfenrecht fehlt hier einzig das Tatbestandsmerkmal der Wettbewerbsbeeinträchtigung. Aus dem Fehlen dieses Merkmals wird die abweichende Zielsetzung von WTO-Subventionsrecht und gemein-

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Internationales Subventionsrecht

231

schaftlichem Beihilfenrecht ersichtlich. Ersteres dient nämlich nicht primär der Sicherung des Wettbewerbs an sich, sondern vielmehr einem Interessensausgleich zwischen den Staaten. Es anerkennt die Subvention als politisches Gestaltungsmittel und versucht deren Nutzung durch die Staaten (bloß) zu koordinieren. Das Gemeinschaftsrecht sieht demgegenüber ein grundsätzliches Verbot für Subventionen (Beihilfen) mit dem Ziel vor, den freien Wettbewerb (an sich) zu schützen. Das WTO-Subventionsrecht hat also handelspolitischen, das EGBehilfenrecht wettbewerbspolitischen Charakter. b)

Verfahren und Rechtsfolgen

Die unterschiedliche Zielrichtung (hier: Interessensausgleich zwischen den Staaten, dort Schutz des Wettbewerbs) von internationalem Subventions- und gemeinschaftlichem Beihilfenrecht äußert sich auch in verschiedenen Verfahren und Rechtsfolgen der Gewährung einer Subvention. Im EG-Beihilfenrecht trifft allein die Kommission für die Mitgliedstaaten verbindliche und zwangsbewehrte Entscheidungen. Das WTO-Recht unterscheidet hingegen zwischen zwei im Wesentlichen voneinander unabhängigen Verfahren (Doppelgleisigkeit der WTO-Subventionsordnung). Im Falle des „Track I“-Verfahrens können die Mitgliedstaaten allein Ausgleichszölle verhängen, um eine festgestellte (drohende) Schädigung eines inländischen Wirtschaftszweigs zu vermeiden (vgl dazu oben Pkt C.II.4.b.bb.). Im „Track II“-Verfahren entscheidet hingegen das WTO-Streitschlichtungsorgan über eine Ermächtigung zur Ergreifung von Gegenmaßnahmen. Ziel des „Track II“-Verfahrens ist insb die Verbesserung der Absatzchancen inländischer Produzenten im subventionsgewährenden Land oder auf Drittmärkten. Hier unterscheidet das Abkommen im Gegensatz zum allgemeinen Beihilfenverbot des Gemeinschaftsrechts zwischen stets unzulässigen „verbotenen Subventionen“ (prohibited subsidies) und „anfechtbaren Subventionen“ (actionable subsidies), die bei Vorliegen einer Handelsbeeinträchtigung unzulässig sind. Zur Erhebung einer Beschwerde sind nur die Mitgliedstaaten berechtigt, den konkret benachteiligten Konkurrenzunternehmen kommt diese Möglichkeit nicht zu. Zu den erwähnten Subventionen zählen nach dem sog (mittlerweile hinkenden) „Ampelsystem“ solche, die an den Export oder an die Verwendung von inländischen zu Lasten ausländischer Waren anknüpfen (verbotene „rote“ Subventionen). Weiters solche, die die Industrie eines anderen WTO-Landes schädigen, Handelsvorteile zunichte machen bzw schmälern oder zu einer ernsthaften Schädigung der Interessen eines anderen Mitgliedstaats führen (anfechtbare „gelbe“ Subventionen). Letzteres wird ua dann vermutet, wenn die Subventionen einen bestimmten Anteil (etwa fünf Prozent) am Warenwert übersteigen oder Verluste eigener Betriebe ausgeglichen werden. Nicht darunter fallen Subventionen etwa im Bereich der Forschung oder für benachteiligte Regionen (nicht anfechtbare „grüne“ Subventionen). Die Kategorie „grüne Subvention“ wurde allerdings mittlerweile fallengelassen.

sUppLex

232

3.

Beihilfen- und Subventionsrecht

EG-Beihilfenrecht

Fall: Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (1). Seit langem ist die Frage umstritten, ob die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in den Mitgliedstaaten mit dem EG-Beihilfenrecht vereinbar ist. In Österreich stellt sich diese Frage hinsichtlich der Gebührenfinanzierung des ORF. –

Einrichtung und Finanzierung des ORF

Der ORF ist eine durch das ORF-G (BGBl 1984/379 idF BGBl I 2005/159) eingerichtete Stiftung des öffentlichen Rechts, deren Stiftungszweck in der Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags liegt. Letzterer besteht aus einem technischen Versorgungsauftrag mit Radio- und Fernsehprogrammen, einem inhaltlichen Programmauftrag und weiteren besonderen Aufträgen. Der ORF hat als öffentlichrechtliche Rundfunkanstalt ein ausgewogenes Programmangebot zu gestalten, das sich an der Vielfalt der Interessen und Bedürfnisse der Konsumenten orientiert und Information, Kultur, Unterhaltung und Sport für alle umfasst (Programmauftrag). Neben dem im öffentlichen Interesse erbrachten Versorgungsauftrag wird dem ORF gestattet, gewinnorientierte Programme zu führen, die organisatorisch und rechnerisch von den Tätigkeiten des öffentlichen Auftrags zu trennen sind. Der ORF finanziert sich so zusätzlich zum Programmentgelt (s gleich unten) durch Werbeeinnahmen auf rein privatrechtlicher Grundlage (duale Rundfunkfinanzierung). Letztere sind hier allerdings nicht weiter von Bedeutung. Das bedeutendste Organ des ORF ist der aus 35 Mitgliedern bestehende Stiftungsrat, der mehrheitlich von der Bundesregierung und den Ländern bestellt wird. Ihm kommt eine mit den Kollegialorganen Aufsichtsrat und Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft vergleichbare Stellung als Leitungsorgan der Stiftung öffentlichen Rechts ORF zu. Zu seinen wesentlichen Aufgaben zählen die Bestellung des Generaldirektors, die Festsetzung der Programmentgelte, die Genehmigung von Budgets und Rechnungsabschlüssen, die Zustimmung zu zahlreichen Rechtsgeschäften, etc. Überdies unterliegt der ORF der finanziellen Kontrolle durch eine eigens eingerichtete Prüfungskommission sowie durch den Rechnungshof. Zum Empfang der Hörfunk- und Fernsehsendungen des ORF ist gemäß dem ORFG ein fortlaufendes Entgelt vom Konsumenten zu entrichten, das vom ORF festgesetzt wird (Programmentgelt). Aus diesen Gebühren finanziert der ORF jene Programme, die im Rahmen des Versorgungsauftrags ausgestrahlt werden. Eingetrieben werden diese von der im Eigentum des ORF stehenden „GIS Gebühren Info Service GmbH“ (GIS). Die GIS ist gesetzlich mit der bescheidmäßigen Vorschreibung der Gebühren und den damit verbundenen behördlichen Aufgaben (zB Verhängung von Verwaltungsstrafen) beliehen und gilt als Abgabenbehörde erster Instanz. Dabei steht sie unter der Aufsicht des Finanzministers, dem ein Weisungsrecht gegenüber der Geschäftsführung zukommt. Wie ist der Sachverhalt gemeinschaftsrechtlich zu beurteilen?

a)

Beihilfenpolitik der EG

Trotz eines feststellbaren Abwärtstrends des Beihilfevolumens in den Mitgliedstaaten werden immer noch beträchtliche Mittel zu Beihilfezwecken aufgewen-

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EG-Beihilfenrecht

233

det. Schätzungsweise Eur 62 Mrd wurden im Jahr 2004 – ohne Berücksichtigung des Schienenverkehrs – als (potentiell wettbewerbsverzerrende) Beihilfen gewährt, was ca 0,6% des EU-Gesamt-BIP entspricht. Der größte Anteil entfiel auf die Sektoren verarbeitendes Gewerbe und Dienstleistungen (65%), gefolgt von Landwirtschaft und Fischerei (24%) und Kohlebergbau (9%). Die verbleibenden 2% wurden für den Verkehrssektor mit Ausnahme des Schienenverkehrs aufgewendet (vgl dazu den Anzeiger für staatliche Beihilfen der Kommission vom 9.12.2005, KOM [2005] 624 endg). Der Europäischen Kommission obliegt neben der Kontrolle staatlicher Beihilfen auch eine aktive, gestaltende Beihilfenpolitik. So wurde im Jahr 2005 mit dem „Aktionsplan Staatliche Beihilfen“ ein umfassendes Reformpaket der Kommission verabschiedet. Ziel des Aktionsplans ist die Schaffung von mehr Berechenbarkeit bei der Kontrolle der staatlichen Beihilfen, die Erzielung besserer wirtschaftlicher Ergebnisse und eine effektivere Verwaltung. Die Beihilfenstrategie der Kommission lässt sich dabei mit den Schlagworten „weniger und zielgerichtetere Beihilfen“ umschreiben, was auf eine Abwägung zwischen den negativen Auswirkungen staatlicher Beihilfen auf den Wettbewerb und ihrer positiven Auswirkungen auf die Ziele von gemeinschaftlichem Interesse hinausläuft. Dazu hat sich die Kommission zu einem stärker wirtschaftsorientierten Ansatz (more economic approach) bei der Beihilfenkontrolle bekannt, der eine Ausrichtung der staatlichen Beihilfen auf die Lissabon-Strategie, mit der die EU bis 2010 zur wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaft werden soll, erlaubt. In diesem Zusammenhang wird gefordert, das allgemeine Niveau der staatlichen Beihilfen weiter zu senken und frei werdende Mittel zugunsten bestimmter horizontaler Ziele, also solcher, die sich nicht auf bestimmte Wirtschaftszweige beschränken – wie Forschung und Innovation, Umweltschutz, Unterstützung kleiner oder mittlerer Unternehmen, Regionalförderung oder Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse –, zu verwenden. Dies zeigt, dass bestimmte Beihilfen nicht nur mit dem Binnenmarkt vereinbar, sondern sogar für diesen förderlich sein können. Der Europäische Rat von Barcelona hat bereits im März 2002 bezüglich der Forschungs- und Entwicklungsausgaben das Ziel formuliert, diese in der EU auf 3% des BIP zu steigern um damit die Wettbewerbsfähigkeit und das Wachstum der europäischen Wirtschaft zu stärken. Dabei können sich neben Investitionen des Privatsektors (zwei Drittel) auch tatbestandsmäßige staatliche Beihilfen zur Zielerreichung als förderlich erweisen. Im Entwurf zu einem „Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen für Forschung, Entwicklung und Innovation“ vom 20.4.2006 (COMP-2006-01051-00-00DE-TRA-00.DOC) hat die Kommission die Kriterien für die Abwägungsprüfung bei FuEuI-Beihilfen (Forschung, Entwicklung, Innovation) präzisiert (Vorliegen eines Marktversagens, Geeignetheit, Anreizeffekt und Notwendigkeit, Verhältnismäßigkeit der Beihilfe, Überwiegen der positiven Auswirkungen).

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b)

Beihilfen- und Subventionsrecht

Instrumente des EG-Beihilfenrechts

aa) Anmelde- und Kontrollsystem sowie Durchführungsverbot Art 88 EGV sieht ein Anmeldesystem für neue und ein Kontrollsystem für bereits bestehende Beihilfen vor. Die Überwachung des Beihilfenverbots ist hierbei grundsätzlich der Kommission überantwortet. Die diesbezüglichen konkreten Verfahrensvorschriften sind in der VerfahrensVO des Rats (VVO 659/99/EG, ABl 1999 L 83/1) geregelt. Die – va in verfahrensrechtlicher Hinsicht – wichtige Unterscheidung zwischen neuen und bestehenden Beihilfen wird noch unter Pkt D.IV.6 (Verfahren) ausführlich behandelt. Hier bleibt nur festzuhalten, dass die Notifizierungspflicht (Anmeldepflicht) der Mitgliedstaaten bei neuen Beihilfen die Kommission in die Lage versetzen soll, von allen neu geschaffenen Beihilfenregelungen Kenntnis zu erlangen und diese auf ihre Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt zu prüfen. Diese Pflicht wird von einem Durchführungsverbot (Art 88 Abs 3 S 3 EGV) flankiert, das die Umsetzung einer Beihilfenregelung vor einer abschließenden Genehmigungsentscheidung der Kommission verbietet. Durchführungsverbot und Notifizierungspflicht gelten freilich nicht für bestehende, insb von der Kommission bereits genehmigte, Beihilfen. Um den wirtschaftlichen Entwicklungen Rechnung tragen zu können, werden diese allerdings laufend auf ihre Gemeinschaftskonformität geprüft. bb) Beschwerderecht Die Kommission prüft jegliche Informationen, gleich welcher Herkunft über angeblich rechtswidrige Beihilfen. Besonders praktisch bedeutsam sind Informationen von privaten Personen. Diesen kommt auch ein Recht auf Einbringung einer Beschwerde bei der Kommission (Art 20 Abs 2 VVO) zu. Insb die Konkurrenten eines begünstigten Unternehmens können somit eine mutmaßlich rechtswidrige Beihilfe anzeigen und bei der Kommission ein Prüfverfahren anregen, an dem sie dann beteiligt sind. Die Kommission hat die Beschwerde dabei sorgfältig und unvoreingenommen zu prüfen, ist aber nicht zur Setzung bestimmter Maßnahmen verpflichtet. Erachtet die Kommission die staatliche Maßnahme, gegen die sich die Beschwerde richtet, für beihilfenrechtlich relevant, so wendet sie sich gegebenenfalls mit einem Auskunftsverlangen an den betreffenden Mitgliedstaat (Art 10 Abs 2 VVO). Jedenfalls hat die Kommission den Beschwerdeführer über das Unterlassen weiterer Maßnahmen unter Anführung der Gründe zu unterrichten bzw diesem eine Kopie einer allfälligen Genehmigungsentscheidung (die eine inhaltliche „Abweisung“ der Beschwerde impliziert) zukommen zu lassen. Alternativ oder auch parallel zur Einreichung einer Beschwerde bei der Kommission können Dritte, deren Interessen durch die Gewährung einer rechtswidrigen Beihilfe geschädigt wurden, auch die nationalen Gerichte anrufen.

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EG-Beihilfenrecht

235

cc) Rechtsakte der Kommission Der Vollzug der Art 87 f EGV durch die Kommission erfolgt va mit sekundärrechtlichen Entscheidungen, mit denen sie in rechtlich verbindlicher Weise über die Gemeinschaftsrechtskonformität nationaler Beihilfenregelungen befindet. Sie kann darin insb auch die Rückforderung unstatthafter Beihilfen, die bereits ausbezahlt wurden, anordnen. Zur Entlastung von reinen Routinefällen ist die Kommission aufgrund der Delegationsverordnung des Rats (VO 994/98/EG, ABl L 142/1) ermächtigt, bereits aus dem Kartellverbot bekannte, GVO´s zu erlassen, die für bestimmte Beihilfenregelungen eine automatische Genehmigung, also ohne Durchlaufen eines Verfahrens, bewirken. Weitere wichtige Rechtsquellen des Beihilfenrechts sind die von der Kommission im Rahmen ihrer Beihilfenaufsicht erlassenen Mitteilungen, Leitlinien, zweckdienlichen Maßnahmen und Gemeinschaftsrahmen. In Mitteilungen teilt die Kommission der Öffentlichkeit ihre Auslegungsgrundsätze in erster Linie bezüglich des Beihilfentatbestands von Art 87 Abs 1 EGV mit, um mehr Rechtssicherheit bei der Vergabe von staatlichen Beihilfen zu schaffen. Die Mitteilungen dienen somit als Orientierungshilfe für den Beihilfengeber und -empfänger und bewirken überdies eine Selbstbindung der Kommission an die eigenen Auslegungsgrundsätze. In Leitlinien teilt die Kommission mit, wie sie ihr Ermessen bei der Anwendung der Ausnahmetatbestände des Art 87 Abs 3 EGV ausüben wird, um den Mitgliedstaaten die Möglichkeit zu eröffnen, ihre Beihilfenmaßnahmen dementsprechend zu gestalten. Die Grenze zu den Mitteilungen ist fließend. Zweckdienliche Maßnahmen betreffen die Beseitigung und Änderung bereits bestehender Beihilfenregelungen und werden mit der Zustimmung der betroffenen Mitgliedstaaten (auch gegenüber Dritten) verbindlich. Gemeinschaftsrahmen enthalten Auslegungs- und Anwendungsgrundsätze für die Überprüfung von neuen und bestehenden Beihilfen für gesamte Industriesektoren. Sie können damit sowohl die Funktion einer Leitlinie (bei neuen Beihilfen) wie auch einer zweckdienlichen Maßnahme (bei bestehenden Beihilfen) bzw beide Funktionen übernehmen. Hinsichtlich bestehender Beihilfen erlangen Gemeinschaftsrahmen mit Zustimmung der Mitgliedstaaten rechtliche Verbindlichkeit und können die Anwendung bereits bestehender Beihilfenregelungen beschränken. dd) Überwachung der Kommissionsentscheidungen Zur Sicherung der praktischen Wirksamkeit ihrer Entscheidungen ist die Kommission befugt, vor Ort Nachschau zu halten, ob diese auch befolgt werden. Dazu kann sie alle Räumlichkeiten und Grundstücke des betroffenen Unternehmens betreten und ua dessen Bücher und Geschäftsunterlagen überprüfen (Art 22 VVO). Die nationalen Behörden sind dabei zur Zusammenarbeit verpflichtet. Die Mitgliedstaaten unterbreiten der Kommission zudem Jahresberichte über alle bestehenden Beihilfenregelungen (allgemeine Berichterstattungspflicht). Die Kommission kann darüber hinaus auch in Entscheidungen besondere Berichterstattungspflichten festlegen (Art 21 VVO).

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Beihilfen- und Subventionsrecht

ee) Rechtsschutz durch die europäischen und nationalen Gerichte In beihilfenrechtlichen Fällen können das EuG und der EuGH nach den im EGV geregelten Verfahrensarten angerufen werden. In Frage kommen die Kommission bzw ihre Entscheidung betreffende Nichtigkeits-, Untätigkeitsund Schadenersatzklagen. Hervorzuheben ist weiters die Möglichkeit der Kommission, den EuGH unmittelbar – also ohne Vorverfahren – mit Vertragsverletzungsklage anzurufen, wenn ein Mitgliedstaat einer Beihilfenentscheidung nicht nachkommt. Eine wichtige Rolle kommt weiters den nationalen Gerichten bei der Durchsetzung des Durchführungsverbots und des Konkurrentenschutzes zu. Zu den Einzelheiten s Pkt D.IV.7. c)

Inhalt des Art 87 EGV

aa) Kein absolutes Verbot Art 87 Abs 1 EGV bestimmt, dass tatbestandsmäßige Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt prinzipiell unvereinbar und damit verboten sind: „Soweit in diesem Vertrag nicht etwas anderes bestimmt ist, sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.“ Dennoch beinhaltet Art 87 Abs 1 EGV kein absolutes oder unbedingtes Verbot von staatlichen Beihilfen, vielmehr sind diese unter bestimmten Voraussetzungen genehmigungsfähig. Daraus ergibt sich, dass Art 87 Abs 1 vor einer konkretisierenden Entscheidung der Kommission nicht unmittelbar anwendbar ist. Die bezeichneten Ausnahmen vom Beihilfenverbot sehen Art 87 Abs 2 (Legalausnahmen) und Abs 3 (Ermessensausnahmen) sowie Art 86 Abs 2 EGV (Ausnahmen für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut sind und für Finanzmonopole) vor. Deren Zutreffen wird von der Kommission in einem beihilfenrechtlichen Verfahren geklärt. bb) Tatbestandsmäßigkeit und Ausnahmebestimmungen Über das Vorliegen einer nach Art 87 EGV verbotenen Beihilfe ist dementsprechend in einer zweistufigen Prüfung zu entscheiden: – Zuerst ist die Tatbestandsmäßigkeit der Beihilfenregelung zu prüfen. Die Frage lautet hier: Erfüllt die Beihilfenregelung alle in Art 87 Abs 1 EGV genannten Tatbestandsmerkmale (s unten Pkt D.IV.4.). – Erst wenn die staatliche Regelung eine Beihilfe iSd Art 87 Abs 1 EGV darstellt, kann geprüft werden, ob die Ausnahmebestimmungen des Art 87 Abs 2 und 3 EGV bzw jene des Art 86 Abs 2 EGV zur Anwendung gebracht werden können (s unten D.IV.5.). Wesentlich ist hier die Beurteilung der Beihilfe in Hinblick auf die von ihr verfolgten und die von ihr beeinträchtigten (gemeinschaftlichen) Interessen. Ist eine Beihilfenregelung gem Art 87 Abs 1 EGV tatbestandsmäßig und kommen auch keine Ausnahmebestimmungen zur Anwendung, so handelt es

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Tatbestandsvoraussetzungen des EG-Beihilfenverbots

237

sich um eine mit dem Gemeinsamen Markt nicht vereinbare und deswegen verbotene staatliche Beihilfe. Dies gilt allerdings nur eingeschränkt für bereits bestehende Beihilfen. Diese können, trotz einer etwaigen Unvereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt, solange beibehalten werden, als die Kommission nichts Gegenteiliges entscheidet. Die Qualifizierung einer Maßnahme als Beihilfe schließt im Übrigen nicht aus, dass sie auch gegen andere gemeinschaftsrechtliche Verbote verstoßen kann. Dies gilt va in Bezug auf das Verbot der Maßnahmen gleicher Wirkung nach Art 28 EGV, das Verbot der Abgabendiskriminierung sowie hinsichtlich der Verbote der Art 81 f EGV.

4.

Tatbestandsvoraussetzungen des EG-Beihilfenverbots

a)

Allgemeines zum Beihilfenbegriff

aa) Weites Begriffsverständnis der Beihilfe Die Wendung des Art 87 Abs 1 EGV, wonach Beihilfen „gleich welcher Art“ erfasst werden, deutet auf ein weites Begriffsverständnis der Beihilfe hin. Die weite Auslegung des Beihilfenbegriffs ermöglicht die Erfassung aller staatlichen Maßnahmen, die in einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise zu einer Bevorteilung eines oder mehrerer Unternehmen am Markt führen. Eine abschließende Definition würde demgegenüber den Anwendungsbereich und damit die Effizienz des gemeinschaftlichen Beihilfenrechts erheblich beschränken und die Erreichung des Ziels, Verzerrungen gleich welcher Herkunft und Art zu verhindern, in Frage stellen. bb) Abgrenzung des gemeinschaftlichen Beihilfen- vom nationalen Subventionsbegriff Die Zugrundelegung eines weiten Begriffsverständnisses führt auch dazu, dass sich der gemeinschaftsrechtliche Begriff der Beihilfe nur teilweise mit dem nationalen Begriff der Subvention deckt und in vielen Fällen weit über Letzteren hinausgeht. Von einer Subvention wird im Allgemeinen dann gesprochen, wenn von dritter Seite (dem Staat) eine Zuwendung in Geld oder Geldeswert für ein bestimmtes förderungswürdiges Verhalten erfolgt. Nicht erfasst sind idR aber Verminderungen von Belastungen, die ein Unternehmen üblicherweise treffen. Diese begünstigen aber ebenso wie direkte (Geld)Zuwendungen das betreffende Unternehmen, wodurch der Wettbewerb beeinträchtigt werden könnte. In der Rs Piaggio (C-295/97, Slg 1999, I-3735, Rn 34) stellte der EuGH fest, dass der „[gemeinschaftsrechtliche] Begriff der Beihilfe weiter als der [staatliche] Begriff der Subvention [ist], denn er umfasst nicht nur positive Leistungen wie Subventionen selbst, sondern auch Maßnahmen, die in verschiedener Form die Belastungen vermindern, die ein Unternehmen normalerweise zu tragen hat und die somit zwar keine Subventionen im strengen Sinne des Wortes darstellen, diesen aber nach Art und Wirkung gleichstehen.“ Maßnahmen, denen also innerstaatlich gar kein Subventionscharakter zukommt, können ungeachtet dessen eine gemeinschaftsrechtlich verpönte Beihilfe darstellen.

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Beihilfen- und Subventionsrecht

Nationale Subventionen haben lenkungsrechtlichen Charakter, dh sie dienen der Verwirklichung bestimmter wirtschafts- oder steuerungspolitischer Ziele. Demgegenüber ist der gemeinschaftsrechtliche, wettbewerbliche Beihilfenbegriff gerade von den Gedanken der Nichtintervention und der Selbstregulierung des Markts geprägt und zielt somit auf die Beseitigung staatlicher Eingriffe in den Markt. Ausschlaggebend ist hier im Gegensatz zum nationalen Subventionsbegriff nicht die Zielsetzung einer Maßnahme, sondern deren wettbewerbsverfälschende Wirkung. Der gemeinschaftsrechtliche Beihilfenbegriff stellt dementsprechend auch nicht auf einen Leistungsaustausch zwischen Zuwendung und subventionsgerechtem Verhalten ab. cc) Die Tatbestandsmerkmale des gemeinschaftsrechtlichen Beihilfenbegriffs Art 87 Abs 1 EGV sieht fünf Tatbestandsmerkmale vor, bei deren Erfüllung eine staatliche Maßnahme als Beihilfe anzusehen ist: – Die Beihilfe ist staatlich oder wird aus staatlichen Mitteln gewährt (Staatlichkeit, Pkt b.). – Sie wird an bestimmte Unternehmen oder bestimmte Produktionszweige vergeben (Selektivität, Pkt c.) und – verschafft diesen einen wirtschaftlichen Vorteil (Begünstigung, Pkt d.). – Die staatliche Maßnahme verfälscht den Wettbewerb oder droht diesen zu verfälschen (Wettbewerbsverfälschung, Pkt e.) und – beeinträchtigt den Handel zwischen den Mitgliedstaaten (Handelsbeeinträchtigung, Pkt f.). Die Tatbestandsmerkmale müssen dabei kumulativ vorliegen. Mangelt es nur an einem Merkmal, liegt keine Beihilfe vor, womit die staatliche Maßnahme weder der Notifizierungspflicht noch dem Durchführungsverbot unterliegt. b)

Begriff der „Staatlichkeit“ und der „staatlichen Mittel“

aa) Allgemeines Das erste Tatbestandsmerkmal verlangt, dass die im Rahmen einer Beihilfenregelung zu vergebenden Mittel der öffentlichen Hand bzw dem Staat zurechenbar sind (Zurechenbarkeit der Beihilfe an die öffentliche Hand, Pkt bb.) und dessen Budget unmittelbar belasten (Budgetwirksamkeit, Pkt cc.). bb) Zurechenbarkeit der Beihilfe an die öffentliche Hand Anzuwenden sind die EG-Beihilfenvorschriften nur auf solche Zuwendungen, die vom Staat oder aus staatlichen Mitteln, dh solchen Mitteln, über die der Staat Verfügungsgewalt besitzt, gewährt werden. Daraus ergibt sich zunächst, dass der Beihilfengeber selbst staatlich oder zumindest staatsnah sein muss. Es handelt sich also immer dann um eine staatliche Beihilfe, wenn diese letztlich der öffentlichen Hand zurechenbar ist. Fördermaßnahmen von öffentlichen Hoheitsträgern sind damit immer umfasst, während Unterstützungen von privater Seite grundsätzlich aus dem Beihilfenbegriff ausscheiden. Staatlich sind idS Zuwendungen – von zentralen, regionalen und lokalen Gebietskörperschaften (Bund, Länder, Gemeinden),

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Tatbestandsvoraussetzungen des EG-Beihilfenverbots

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– von autonomen innerstaatlichen Rechtsträgern (zB Sozialversicherungsträgern) und – von öffentlichen Unternehmen, wenn im Einzelfall eine konkrete Einflussnahme der öffentlichen Hand auf die Finanzierungsentscheidung vorliegt. Der EuGH hat letzteres Erfordernis in der viel beachteten Rs Stardust (EuGH Rs C-482/99, Slg 2002, I-4397) entwickelt. Dabei ging es ihm aber nicht um eine Ausweitung des Begriffs der Staatlichkeit, sondern vielmehr um dessen Einschränkung. Zuvor war nämlich das Tatbestandsmerkmal der Herkunft aus staatlichen Mitteln schon allein dann als erfüllt angesehen worden, wenn ein öffentliches Unternehmen unter der Kontrolle oder dem beherrschenden Einfluss des Staats stand. Seit Stardust muss noch zusätzlich das Erfordernis der konkreten staatlichen Mitwirkung an der fraglichen Maßnahme erfüllt sein. In Rn 52 der Rs Stardust führt der EuGH aus: „Auch wenn der Staat in der Lage ist, ein öffentliches Unternehmen zu kontrollieren und einen beherrschenden Einfluss auf dessen Tätigkeiten auszuüben, kann nicht ohne weiteres vermutet werden, dass diese Kontrolle in einem konkreten Fall tatsächlich ausgeübt wird. Ein öffentliches Unternehmen kann je nach dem Maß an Selbständigkeit, das ihm der Staat belässt, mehr oder weniger unabhängig handeln. […]. Die bloße Tatsache, dass ein öffentliches Unternehmen unter staatlicher Kontrolle steht, genügt daher nicht, um Maßnahmen dieses Unternehmens wie die fraglichen finanziellen Unterstützungsmaßnahmen dem Staat zuzurechnen. Es muss außerdem geprüft werden, ob davon auszugehen ist, dass die Behörden in irgendeiner Weise am Erlass dieser Maßnahmen beteiligt waren.“ In ähnlicher Weise fallen auch private Unterstützungen unter den „Staatlichkeitsbegriff“. Nach der Rechtsprechung des EuGH können nämlich auch Zuwendungen, die nur aus privat organisierten Beiträgen finanziert werden, aber nicht freiwillig erfolgen, unter den Beihilfenbegriff fallen. Staatliche Mittel liegen idS dann vor, wenn der Staat eine zweckgebundene Abgabe verbindlich anordnet, welche von einer von ihm benannten bzw errichteten öffentlichen oder privaten Einrichtung eingetrieben und zur Unterstützung bestimmter Unternehmen bzw Industriezweige verwendet wird (sog parafiskalische Abgaben wie Fondsbeiträge; vgl EuGH Rs 173/73, Slg 1974, 709, Italien/Kommission; EuGH verb Rs C-34/01 bis C-38/01, Slg 2003, I-14243, Enirisorse). Es ist also ohne Bedeutung, ob die Beihilfe vom Staat selbst unmittelbar zugewendet wird oder ob sich dieser einer zwischengeschalteten Institution bedient, die auch privatrechtlich organisiert sein kann. Umgekehrt liegt bei Zuwendungen, die den privaten Bereich niemals verlassen, keine Beihilfe vor (EuGH Rs C-379/98, Slg 2001, I-2099, PreussenElektra). Fall: Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (2). Fraglich ist zunächst, ob bei der gesetzlich angeordneten Rundfunkfinanzierung eine Verwendung von staatlichen Mitteln vorliegt, schließlich werden die Gebühren (Programmentgelte) ja von den privaten Haushalten finanziert und es findet dementsprechend – zumindest auf den ersten Blick – keine direkte Mittelzuwendung des Staats an den ORF statt.

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Beihilfen- und Subventionsrecht

Dem kann aber Folgendes entgegengehalten werden: Zum einen werden die Gebühren gesetzlich verpflichtend vorgeschrieben, womit zunächst eine Freiwilligkeit der Zahlung ausgeschlossen ist. Jeder, der ein Fernsehgerät betreibt, muss eine Abgabe entrichten, und zwar unabhängig davon, ob er die öffentlich-rechtlichen Programmangebote nützt oder nicht. Derartige vom Gesetzgeber verbindlich angeordnete Gebühren führen dazu, dass die auf dieser Grundlage gewonnenen Einnahmen staatliche Mittel darstellen können. Die auf gesetzlicher Grundlage vorgeschriebenen Gebühren werden von der GIS eingehoben und von dieser an den ORF weitergegeben. Die GIS ist selbst ein öffentliches Unternehmen, da sie zum einen unter der Aufsicht des Finanzministers steht, dem ein Weisungsrecht gegenüber der Geschäftsführung zukommt und zum anderen mit Hoheitsgewalt ausgestattet ist. Hinzu kommt, dass sie im alleinigen Eigentum des ORF steht, der seinerseits ein öffentliches Unternehmen ist. Damit ist festgestellt, dass die eingehobenen Gebühren zumindest durch staatliche Hände fließen. Schließlich macht es keinen Unterschied, ob der Staat Einnahmen durch Steuern oder Abgaben lukriert und dann selbst weiterverteilt oder ob er eine von ihm verschiedene Einrichtung benennt und zur Abgabenerhebung ermächtigt. Die gesetzliche Anordnung und die Beteiligung eines öffentlichen Unternehmens an den Finanztransaktionen deuten also darauf hin, dass die Gebührenfinanzierung letztlich der öffentlichen Hand zurechenbar ist.

cc) Budgetwirksamkeit der Maßnahme Neben dem Erfordernis der Zurechenbarkeit der Maßnahme an die öffentliche Hand wird die Belastung des öffentlichen Haushalts (staatliche Haushalte und Haushalte staatlich benannter Einrichtungen) gleich welcher Art vorausgesetzt. Man spricht hier auch von einer (potentiellen oder aktuellen) unmittelbaren Budgetwirksamkeit der gewährten Vergünstigung. Zu einer solchen Belastung öffentlicher Finanzmittel führt sowohl eine direkte Leistung als auch ein Einnahmeverzicht der öffentlichen Hand. Damit reicht es aus, dass dem Staat Einnahmen entgehen, die er unter gewöhnlichen Umständen hätte erwirtschaften können. Beispiele: Unter den gemeinschaftsrechtlichen Beihilfenbegriff fallen damit nicht nur direkte Geldzuwendungen, sondern auch Steuer- und Abgabenerleichterungen, die Übernahme von Bürgschaften oder von sonstigen Haftungsverpflichtungen, die unentgeltliche oder besonders günstige Überlassung von Gebäuden, Grundstücken und Arbeitskraft oder Erleichterungen bei der Leistung von Sozialabgaben. Derartige Maßnahmen führen als Einnahmeverzicht zu einer zusätzlichen Belastung des Staatshaushalts. Nicht unter den Beihilfenbegriff fällt hingegen die Schaffung günstigerer rechtlicher Rahmenbedingungen (Festsetzung von Mindestpreisen, Absenkung des sozialen Schutzes oder des Niveaus der Produktionsvorschriften, etc), da keine staatlichen Mittel aufgebracht werden müssen, um den Vorteil für die betroffenen Unternehmen zu finanzieren und folglich keine Belastung des öffentlichen Haushalts vorliegt.

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Tatbestandsvoraussetzungen des EG-Beihilfenverbots

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Fall: Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (3). Die Frage, ob die Regelung der Gebührenfinanzierung des ORF zu einer Belastung des staatlichen Haushalts führt, ist auf den ersten Blick nicht einfach zu beantworten. Dagegen spricht, dass die Gebühren von Privaten eingehoben und direkt an den ORF weitergegeben werden. Es findet somit keine direkte Übertragung von Geldmitteln aus dem staatlichen Budget statt. Für eine Belastung des öffentlichen Haushalts spricht zunächst der Umstand, dass sich der Staat überhaupt seiner Finanzhoheit im Bereich der Programmentgelte begeben hat. Schließlich werden dem ORF kraft Gesetz die Gebühren und auch die Befugnis zur Festsetzung der Höhe der Entgelte zugesprochen. Damit verzichtet der Staat auf (potentielle) Einnahmen aus dem Bereich der Programmentgelte und die Regelung ist folglich budgetwirksam. Mithin reicht es aber schon aus, dass ein öffentlicher Haushalt (hier jener der GIS) zwischen private Gebührenzahler und ORF geschaltet wird, der durch die Weitergabe der lukrierten Einnahmen belastet wird.

c)

Bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige: Selektivität

aa) Allgemeines Art 87 Abs 1 EGV verlangt, dass die fragliche Zuwendung nur bestimmten Unternehmen oder Produktionszweigen zugute kommt. Zunächst ist zu klären, was unter einem Unternehmen oder einem Produktionszweig zu verstehen ist, also wer Beihilfenempfänger sein kann (Pkt bb. und cc.). Danach wird auf das Bestimmtheitserfordernis (Selektivität, Pkt dd.) eingegangen. bb) Begriff des Unternehmens Der Begriff des „Unternehmens“ im Beihilfenrecht entspricht im Wesentlichen – mit nicht weiter zu behandelnden geringfügigen Anpassungen – jenem des EG-Kartellrechts (vgl Pkt D.II.3.a.cc.). Er umfasst also ganz allgemein jede wirtschaftlich tätig werdende Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform oder ihrer Finanzierungsart. Demnach kommen als Beihilfenempfänger in Frage: – Private, öffentliche und gemischtwirtschaftliche Unternehmen (ds solche, an denen sowohl private Unternehmen wie auch die öffentliche Hand beteiligt sind), – wirtschaftlich tätige natürliche Personen (insb Freiberufler) wie auch – der Staatsverwaltung zurechenbare Einheiten ohne eigene Rechtspersönlichkeit, wenn sie selbständig Leistungen am Markt anbieten. Nicht erfasst sind Privathaushalte, die Ausübung rein hoheitlicher Tätigkeiten sowie unter bestimmten Voraussetzungen Systeme der sozialen Sicherheit. Beispiele: Eine Beihilfe, die Privatpersonen gewährt wird, fällt nicht unter Art 87 Abs 1 EGV, da diese keine Unternehmen sind. Dementsprechend ist etwa die an Einzelpersonen gewährte Wohnbeihilfe in beihilfenrechtlicher Hinsicht unbedenklich. Etwas anderes gilt aber, wenn die Beihilfe mittelbar bestimmten Unternehmen zukommt. Dies ist beispielsweise bei solchen staatlichen Maßnahmen der Fall, die

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Beihilfen- und Subventionsrecht

die Gewährung der Zuwendung davon abhängig machen, dass sich die Einzelperson für eine inländische Leistung entscheidet. IdS beihilfenrechtlich bedenklich wäre die staatliche Gewährung von Vergünstigungen an inländische Autofahrer, um diese dazu anzuhalten, bei bestimmten inländischen, in Grenzregionen befindlichen Tankstellen und nicht bei den (billigeren) Konkurrenten im Ausland zu tanken. Damit würde diesen Tankstellenbetreibern indirekt ein wirtschaftlicher Vorteil gegenüber den ebenfalls grenznahen ausländischen Tankstellen zukommen.

cc) Begriff des Produktionszweigs Eine staatliche Beihilfe iSd Gemeinschaftsrechts kann auch dann vorliegen, wenn sie nicht nur einzelnen Unternehmen, sondern einem gesamten Produktions- bzw Wirtschaftszweig zugute kommt (zB Förderungen der Textilindustrie). Der Begriff des Produktionszweigs wird wie jener des Unternehmens extensiv ausgelegt und erfasst sämtliche Gewerbezweige wie auch die freien Berufe. dd) Begriff der Selektivität (Bestimmtheit) Art 87 Abs 1 EGV fordert weiters, dass die Beihilfe (einem oder mehreren) bestimmten Unternehmen oder Produktionszweigen gewährt wird. Folgendes ist dabei zu beachten: – Der Kreis der Begünstigten muss begrenzt und nach objektiven Merkmalen bestimmbar sein. – Nicht erforderlich ist, dass die Unternehmen in der Beihilfenregelung namentlich genannt werden. Es genügt bereits, wenn etwa Unternehmen eines bestimmten Gebiets, eines bestimmten Wirtschaftszweigs oder Unternehmen mit einer bestimmten Marktorientierung (zB Exportunternehmen) bzw die Nutzer eines bestimmten Produktionsmittels in den Genuss der Beihilfe kommen. – In seiner Rechtsprechung hat der EuGH weiters auch solche Beihilfenregelungen als bedenklich bezeichnet, die zwar nicht auf einen bestimmten Wirtschaftszweig zugeschnitten waren, aber der zuständigen beihilfengewährenden Einrichtung einen Ermessenspielraum bei der Bestimmung der Beihilfenempfänger einräumten (vgl EuGH Rs C-256/97, Slg 1999, I-3913, DMT) oder die faktisch nur auf bestimmte Unternehmen angewandt wurden (EuGH Rs C-295/97, Slg 1999, I-3735, Piaggio). Das Kriterium der Selektivität schließt allerdings solche begünstigenden Maßnahmen vom Beihilfenverbot aus, die unterschiedslos der gesamten Wirtschaft, also allen Wirtschaftstreibenden sämtlicher Wirtschaftszweige zugute kommen (sog allgemeine wirtschaftspolitische Maßnahmen). Maßgebliches Unterscheidungsmerkmal einer allgemeinen wirtschaftspolitischen Maßnahme von einer selektiven Begünstigung ist deren Unterschiedslosigkeit in den Anspruchsvoraussetzungen. Beispiele: Als allgemeine wirtschaftspolitische Maßnahmen anerkannt sind Infrastruktur- und Fördermaßnahmen. Soweit diese allen Unternehmen unterschiedslos und zu gleichen Bedingungen zur Verfügung stehen, erfüllen sie nicht die Tatbe-

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Tatbestandsvoraussetzungen des EG-Beihilfenverbots

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standsvoraussetzung der Selektivität und fallen damit nicht unter das Beihilfenverbot. Klassisches Beispiel für eine allgemeine Infrastrukturmaßnahme ist die Errichtung eines städtischen Verkehrswegenetzes, soweit allen in Frage kommenden Unternehmen gleichermaßen Zugang zu diesen Verkehrswegen gewährt wird und auch gewährt werden kann. Kommt aber etwa nur einem bestimmten Unternehmen die Nutzung eines Verkehrswegs exklusiv zu, ist das Kriterium der Selektivität erfüllt. Bei der Gewährung von Steuervorteilen an Unternehmen stellen EuGH und Kommission auf die innere Systematik des Steuersystems ab. Ist die staatliche Maßnahme durch das Wesen und die Struktur des Steuersystems gerechtfertigt, liegt keine selektive Vorteilsgewährung vor (vgl EuGH, Rs C-75/97, Slg 1999, I-3671, Maribel). Umgekehrt liegt ein selektiver Vorteil vor, wenn die staatliche Maßnahme eine Abweichung von den allgemeinen Regeln des Steuersystems darstellt.

Allgemeine wirtschaftspolitische Maßnahmen bevorzugen also keine bestimmten Unternehmen oder Branchen, können aber zu Wettbewerbsverfälschungen zwischen den Mitgliedstaaten führen. Da sie nicht unter das Beihilfenverbot fallen, müssen deren negative Auswirkungen auf den Binnenmarkt (zB bei einem schädlichen Steuerwettbewerb zwischen den Staaten) im Wege der Harmonisierung (s Pkt C.III.8.) beseitigt werden. Beispiel: Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (4) Zunächst wird auf die Frage eingegangen, ob es sich beim ORF um ein Unternehmen iSd Gemeinschaftsrechts handelt und er damit potentieller Beihilfenempfänger ist. Dies wurde bereits zuvor bejaht, soll im Folgenden aber noch konkretisiert werden. Nach dem ORF-G ist der ORF eine Stiftung des öffentlichen Rechts, somit eine juristische Person. Da die Rechtsform für die Beurteilung der Unternehmenseigenschaft unerheblich ist, kommt es zunächst allein darauf an, ob der ORF eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, also Güter oder Dienstleistungen auf einem Markt anbietet. Dies ist unbestreitbar der Fall. Der ORF ist zudem kein „normales“ Unternehmen, sondern ein öffentliches Unternehmen. Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass die öffentliche Hand beherrschenden Einfluss auf ihn ausüben kann, da mehr als die Hälfte der Mitglieder des Stiftungsrats von Bundesregierung und Ländern ernannt werden und er zudem der Kontrolle des Rechnungshofs unterliegt (vgl zum Begriff des öffentlichen Unternehmens Art 2 der TransparenzRL 80/723/EWG). Der ORF kann somit nicht nur Beihilfenempfänger, sondern auch Beihilfengeber sein. Die Frage der Selektivität der Beihilfe ist ebenfalls problemlos zu beantworten. Die Gebühren kommen kraft Gesetz nur dem ORF zu und entfalten ihre begünstigende Wirkung auch nur ihm gegenüber. Der ORF ist also ein „bestimmtes Unternehmen“ iSd Art 87 Abs 1 EGV.

d)

Begünstigung

aa) Begriff Die Begünstigung ist das zentrale Tatbestandsmerkmal des Art 87 Abs 1 EGV. Sie liegt nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH dann vor, wenn das

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Beihilfen- und Subventionsrecht

Unternehmen in den Genuss einer Leistung ohne angemessene bzw marktübliche Gegenleistung gelangt. Wesentlich ist, dass dem begünstigten Unternehmen dabei ein tatsächlicher marktrelevanter Vorteil erwächst. Die Frage, ob eine Begünstigung vorliegt, konzentriert sich dementsprechend auf das Verhältnis zwischen gewährter Leistung (Pkt bb.) und einer allfälligen Gegenleistung (Pkt cc.). Das Abstellen auf die Angemessenheit bzw Marktüblichkeit der Gegenleistung stellt klar, dass es der öffentlichen Hand unbenommen bleiben soll, Geschäfte unter Marktbedingungen abzuwickeln. Die Marktüblichkeit eines Geschäfts hängt maßgeblich davon ab, ob die geltenden Marktpreise für staatliche Leistungen erbracht werden. Sie bezieht sich aber auch auf das Verhalten des Staats selbst: Grundsätzlich gilt, dass sich der Staat auf dem Markt wie ein marktwirtschaftlich handelnder privater Unternehmer zu verhalten hat und solche Geschäfte unterlässt, die auch von einem Privaten nicht getätigt werden würden. Nur mehr in eng begrenzten Ausnahmebereichen (s dazu die Ausnahmebestimmungen Art 87 Abs 2 und 3 EGV) kann der Staat ohne Rücksicht auf die marktwirtschaftliche Perspektive noch weiterhin wirtschaftsfördernde Maßnahmen setzen. bb) Gewährung einer Leistung durch den Beihilfengeber Unter einer Leistung wird jeder geldwerte Vorteil für den Empfänger verstanden (Zuführung von Geld- oder Sachmitteln, Erbringung von Dienstleistungen, Verminderung der Belastungen, die das Unternehmen üblicherweise treffen). Entscheidend ist die ökonomisch begünstigende Wirkung, die regelmäßig in einem staatlich veranlassten Kostensenkungseffekt beim betreffenden Unternehmen besteht. Die Motivation für die Gewährung des Vorteils ist daher unerheblich. So kann sich der Mitgliedstaat nicht darauf berufen, mit der fraglichen Maßnahme keine Begünstigung zu intendieren. Die Leistung muss auch nicht durch aktives Tun erbracht werden, sondern kann auch durch eine Unterlassung gewährt werden, etwa dann, wenn bestehende Forderungen marktunüblich nicht oder verspätet eingetrieben werden. Beispiele: Ein geldwerter Vorteil durch Zuführung von Mitteln entsteht dem Unternehmen etwa dann, wenn ihm Zuschüsse zu Zinsen und Kreditkosten bzw günstige Darlehen gewährt werden oder der Staat als Bürge auftritt (dies kann zugleich auch eine Beihilfe für den Kreditgeber darstellen). Weiters wenn der Staat die Garantie für Verluste aus Geschäften oder überhaupt die Haftung für ein Unternehmen übernimmt (zB für Banken), wenn er unentgeltlich oder zu günstigen Bedingungen Arbeitskräfte, Infrastruktur oder Produktionsmittel überlässt. Zu einer Verminderung von Belastungen führen Steuernachlässe, die Erstattung von Abgaben, die Gewährung marktunüblicher Zahlungsaufschübe, das Nichteintreiben von Mietforderungen, etc. Aktuell (Stand Juli 2006) prüft die Kommission das österreichische BG betreffend die Haftungsübernahme zur Zukunftssicherung der BAWAG P.S.K. Bank für Arbeit und Wirtschaft und Österreichische Postsparkasse AG (BAWAG P.S.K.-SicherungsG, BGBl I 2006/61), mit dem der BMF ermächtigt

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wird, die Haftung als Bürge für die ins Trudeln geratene Bank zu übernehmen. Hier ist davon auszugehen, dass es sich bei der Regelung um eine tatbestandsmäßige Beihilfe handelt, bei der neben der Anmeldungspflicht insb das Durchführungsverbot bis zu einer genehmigenden Entscheidung der Kommission zu beachten ist. Besonders bedeutsam wird die Beurteilung der Ermessensausnahmetatbestände des Art 87 Abs 3 EGV durch die Kommission sein.

cc) Angemessenheit der Gegenleistung Eine Begünstigung liegt nur dann vor, wenn dem oben bezeichneten geldwerten Vorteil keine angemessene Gegenleistung gegenübersteht und dem Unternehmen damit ein tatsächlicher marktrelevanter Vorteil erwächst. Ein im öffentlichen Interesse gelegenes subventionsgerechtes Verhalten durch den Begünstigten ist für sich allein nicht als eine marktgerechte Gegenleistung anzusehen. Der Begünstigungsbegriff umfasst sowohl – die einseitige staatliche Zuwendung ohne Gegenleistung als auch – eine solche, für die zwar eine Gegenleistung vom Unternehmen erbracht wird, diese aber nicht dem Wert der staatlichen Leistung entspricht (unangemessene oder marktunübliche Gegenleistung, s unten Pkt dd). Eine einseitige staatliche Leistungserbringung lässt sich idR problemlos unter den Begünstigungsbegriff subsumieren, während bei Vorliegen einer Gegenleistung des Unternehmens eine intensive Untersuchung der Beziehungen zwischen Staat und Unternehmen vonnöten ist. Dabei ist ein synallagmatisches (Gegenseitigkeits-)Verhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung nicht erforderlich. Es kommt vielmehr auf eine wirtschaftliche Gesamtbetrachtung der Beziehungen des Staats zum Unternehmen an, bei der auch jene Leistungen des Begünstigten in Rechnung gestellt werden, die nicht direkt mit der staatlichen Maßnahme verknüpft sind, aber zumindest in einen ökonomischen Zusammenhang mit jenen des Staats gebracht werden können (zB Übernahme einer Bürgschaft durch den Staat für ein Unternehmen, dem dieser einen höheren Betrag aus anderen kommerziellen Tätigkeiten schuldet). dd) Maßstäbe für die Marktüblichkeit und Angemessenheit der Gegenleistung Welche Arten von Leistungen allerdings grundsätzlich berücksichtigungsfähig sind, ist noch weitgehend ungeklärt. Durch die Rechtsprechung des EuGH und die Anwendungspraxis der Kommission wurden allerdings allgemeine Maßstäbe für die Beurteilung, ob eine Gegenleistung angemessen ist und somit der Begünstigungscharakter einer staatlichen Maßnahme verneint werden kann, entwickelt. Die wichtigsten Maßstäbe sind – bei Kapitalbeteiligungen, Darlehen und Zahlungserleichterungen durch die öffentliche Hand der market economy investor-test, – in anderen Fällen der Marktpreis oder – wenn kein Marktpreis ermittelt werden kann, die Durchführung eines objektiven Bietverfahrens oder die Erstellung eines objektiven Wertgutachtens durch einen Sachverständigen. Der market economy investor-test (Privatinvestor-Test) stellt darauf ab, ob der Staat Unternehmen finanzielle Mittel unter Bedingungen gewährt, die

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Beihilfen- und Subventionsrecht

für einen privaten Kapitalgeber unannehmbar wären. In diesem Fall ist eine Begünstigung zu bejahen. Das bedeutet aber umgekehrt, dass der Staat alle Maßnahmen setzen kann, die auch von einem marktwirtschaftlich handelnden, unter normalen wirtschaftlichen Verhältnissen tätigen Privatinvestor vorgenommen werden würden. Es geht maW darum, ob sich der Staat in marktwirtschaftlich sinnvollerweise verhält. Ein solcher Vergleich ist freilich nur dann möglich, wenn ein Markt feststellbar ist. Bedeutsam ist, dass der im Test herangezogene hypothetische private Vergleichsinvestor (zB eine Bank oder eine private Unternehmensgruppe) bei Kapitalbeteiligungen nicht unbedingt nur an einem kurz- bzw mittelfristigen Ertrag interessiert ist, sondern auch langfristige Rentabilitätsaussichten – dazu zählt neben dem Ertrag etwa auch der Goodwill, das Know-How oder die Reputation des Unternehmens – in die Investitionsentscheidung einbezieht. Das bedeutet, dass der Staat auch eine auf kurzer Frist unrentabel erscheinende Strukturpolitik verfolgen und etwa einem in Schwierigkeiten befindlichen Unternehmen Kapital zuwenden kann (vgl EuGH Rs C-303/88, Slg 1991, I-1433, ENI/Lanerossi; EuGH Rs C-305/89, Slg 1991, I-1603, Alfa Romeo). Bei staatlichen Kapitalbeteiligungen an öffentlichen und daseinsvorsorgenden Unternehmen sind zusätzlich die Bestimmungen der TransparenzRL 80/723/EWG zu beachten. Deren Ziel ist die Sicherstellung der Transparenz der Finanzbeziehungen zwischen öffentlicher Hand und ihren Unternehmen sowie die Offenlegung der Finanz- und Organisationsstruktur dieser Unternehmen, um Transaktionen zwischen ihren Geschäftsbereichen sichtbar zu machen und Quersubventionen zu verhindern (s dazu Exkurs, Pkt 2.). Als Maßstab für die Angemessenheit der Gegenleistung außerhalb von Kapitalbeteiligungen bzw Darlehen und Zahlungserleichterungen kommt der Marktpreis in Frage. Eine Begünstigung des Unternehmens liegt danach dann vor, wenn – das Unternehmen einen geringeren als den Marktpreis für die staatliche Leistung bzw – der Staat (bei einem öffentlichen Auftrag) einen höheren als den marktüblichen Preis an das Unternehmen bezahlt. Das Bestehen und die Höhe einer Beihilfe kann damit durch die Errechnung der Differenz zwischen dem Marktwert der tatsächlich erbrachten Leistung und der tatsächlich erhaltenen Gegenleistung festgestellt werden (Beihilfenäquivalent). Allerdings ist ein transparenter Marktpreis, wie er etwa beim Kauf oder Verkauf börsennotierten Aktien besteht, nicht immer ermittelbar. Für diesen Fall hat die Kommission formelle Kriterien entwickelt, die die Angemessenheit der Gegenleistung durch objektive Verfahren sicherstellen. Das von der Kommission favorisierte Verfahren ist ein offenes Bietverfahren, das einen transparenten Markt schafft und die objektive Feststellung eines Marktpreises ermöglicht. Voraussetzung dabei ist, dass dieses Verfahren offen, diskriminierungsfrei, bedingungsfrei und transparent bzw hinreichend publiziert ist. Damit wird auch der enge Zusammenhang zwischen Vergaberecht (s Pkt D.V.) und Beihilfenrecht erkennbar.

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Beispiel: Das Vergaberecht spielt eine bedeutende Rolle beim Verkauf von öffentlichen Unternehmen: Will die öffentliche Hand ihre Unternehmen „versilbern“, dann muss sie darauf achten, das betroffene Unternehmen nicht unter dessen Marktpreis zu veräußern, da ja dem Erwerber dadurch ein wirtschaftlicher Vorteil zukäme, der beihilfenrechtlich relevant ist. Um sicherzugehen, sollte der Verkauf mittels öffentlicher Vergabe abgwickelt werden. Schließlich verhindert die Durchführung eines Vergabeverfahrens in aller Regel die Einstufung einer staatlichen Maßnahme als Beihilfe, da angenommen wird, dass durch ein derartiges Verfahren ein transparenter Markt geschaffen wird.

Die zweite Möglichkeit zur Feststellung eines angemessenen Preises ist die Erstellung eines objektiven Wertgutachtens durch einen unabhängigen Sachverständigen. Auch hier besteht die Vermutung, dass keine Begünstigung und somit auch keine verbotene Beihilfe vorliegt.

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Beihilfen- und Subventionsrecht

Exkurs: Die Begünstigung bei Ausgleichszahlungen für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse und bei Quersubventionen 1.

Finanzierung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse

a)

Problemstellung

Die Maßstäbe des market economy investors und des Marktpreises setzen immer einen bereits vorhandenen Markt und „normale Marktbedingungen“ zu Vergleichszwecken voraus. In manchen Fällen ist aber ein Vergleich mit diesen Maßstäben nicht möglich, da entweder kein Markt ermittelbar ist oder sich das betreffende Unternehmen typischerweise anders verhält als seine privaten Konkurrenten. Die Maßstäbe versagen im Besonderen bei der Finanzierung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse, für die regelmäßig kein Markt existiert (Marktversagen) oder für die die marktwirtschaftlichen Bedingungen nicht gelten sollen. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist für die Einordnung als Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse entscheidend, dass an der betreffenden Leistung ein allgemeines wirtschaftliches Interesse besteht, das gegenüber dem Interesse an anderen Tätigkeiten des Wirtschaftslebens spezifische Merkmale aufweist (ua EuGH Rs C-242/95, Slg 1997, I-4449, GT Link). Inhaltlich wird darunter die Versorgung der Bevölkerung mit wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Dienstleistungen sowie die Sicherstellung von Infrastruktureinrichtungen verstanden, bei der es nicht auf die Gewinnaussichten, sondern auf die Sicherheit, Kontinuität, Flächendeckung, Qualität, einheitliche soziale Tarifgestaltung, etc ankommt. Zu diesen Versorgungsleistungen zählen etwa die flächendeckende Versorgung mit Energie und Wasser, Verkehrsdienstleistungen auf defizitären Strecken, Postzustellungen in entlegene Gebiete, die Abfallbeseitigung, etc. Maßgebliches Merkmal dieser Leistungen ist also die regelmäßig fehlende Rentabilität. Dies führt dazu, dass der Staat, will er die Wahrnehmung der Versorgungsleistungen sicherstellen, dem Unternehmen eine Entschädigung für deren Erbringung zukommen lassen muss. In beihilfenrechtlicher Hinsicht stellt sich hier die Frage, ob durch die Entschädigungsleistung bzw Ausgleichszahlung des Staats das Tatbestandsmerkmal der Begünstigung des Art 87 Abs 1 EGV erfüllt ist.

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b)

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Die Altmark-Entscheidung des EuGH

Der EuGH hat in seiner Entscheidung zur Rs Altmark-Trans („Magdeburger Verfahren“, EuGH Rs C-280/00, Slg 2003, I-7747) ein besonderes Regime bezüglich Ausgleichszahlungen für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse entwickelt. Keine Beihilfe iSd Art 87 Abs 1 EGV mangels Begünstigung liegt nach seiner Auffassung grundsätzlich dann vor, wenn die Zahlung als „Ausgleich anzusehen ist, der die Gegenleistung für Leistungen bildet, die von den Unternehmen, denen sie zugute kommt, zur Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen erbracht werden, so dass diese Unternehmen in Wirklichkeit keinen finanziellen Vorteil erhalten und die genannte Maßnahme somit nicht bewirkt, dass sie gegenüber den mit ihnen im Wettbewerb stehenden Unternehmen in eine günstigere Wettbewerbsstellung gelangen“ (vgl Rn 87). Demnach ist also eine Zuwendung von staatlicher Seite keine Beihilfe, wenn es sich um eine angemessene Kompensation des Mehraufwands, der dem Unternehmen entsteht, handelt. Im Umkehrschluss liegt eine Beihilfe bei einer Überkompensation des Mehraufwands vor. Zur Beurteilung der Angemessenheit der Ausgleichszahlung für Dienstleistungen in allgemeinem wirtschaftlichen Interesse legt der EuGH in dieser Entscheidung vier Voraussetzungen fest, bei deren kumulativer Erfüllung keine staatliche Beihilfe vorliegt: – Erstens muss das begünstigte Unternehmen tatsächlich mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut und diese Verpflichtungen klar definiert sein (Betrauung und klare Definition). – Zweitens sind die Parameter, anhand derer der Ausgleich berechnet wird, zuvor objektiv und transparent aufzustellen, um zu verhindern, dass der Ausgleich einen wirtschaftlichen Vorteil für das Unternehmen mit sich bringt, das dieses gegenüber seinen Konkurrenten begünstigt (Vorherigkeits- und Transparenzgebot). – Drittens darf der Ausgleich nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist, um die Kosten der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen unter Berücksichtigung der dabei erzielten Einnahmen und eines angemessenen Gewinns aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen ganz oder teilweise zu decken (Erforderlichkeit). – Viertens muss die Wahl des mit den gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen betrauten Unternehmens in einem Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge erfolgen. Durch dieses soll gewährleistet werden, dass derjenige Bewerber zum Zug kommt, der die Dienstleistung für die Allgemeinheit zu den geringsten Kosten erbringen kann. Findet kein Vergabeverfahren statt, so sind als Vergleichsmaßstab jene Kosten heranzuziehen, die einem durchschnittlichen, gut geführten Unternehmen entstünden (Kostenminimierung).

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Beihilfen- und Subventionsrecht

Erfüllt die Finanzierung einer gemeinwirtschaftlichen Leistungserbringung eines der vier Kriterien nicht, so ist festgestellt, dass zum einen eine staatliche Beihilfe iSd Art 87 Abs 1 EGV und zum anderen auch eine Überkompensation vorliegt. Für den überschießenden Teil der Kompensation kommt zugleich auch keine Rechtfertigung nach Art 86 Abs 2 EGV in Betracht. Art 86 Abs 2 EGV nimmt ja Unternehmen, die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse erbringen, dann von den Wettbewerbsvorschriften aus, wenn durch deren Anwendung die Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Aufgaben rechtlich oder tatsächlich verhindert würde. Wird aber bereits auf der Tatbestandsebene des Art 87 Abs 1 EGV, der systematisch vor Art 86 Abs 2 EGV zu prüfen ist, festgestellt, dass eine Überkompensation vorliegt, so kann die Anwendung der Wettbewerbsvorschriften auf diesen überschießenden Teil keinesfalls die Wahrnehmung der Daseinsvorsorgeleistungen gefährden. Insoweit nimmt – was allerdings umstritten ist – die Prüfung des Tatbestandsmerkmals der Begünstigung jene der Kriterien des Art 86 Abs 2 EGV vorweg. c)

Effizienzgebot für Unternehmen der Daseinsvorsorge

Aus der Altmark-Entscheidung lässt sich zudem ein grundsätzliches Effizienzgebot für Unternehmen der Daseinsvorsorge ableiten. Das „durchschnittlich gut geführte Unternehmen“, das als Vergleichsmaßstab außerhalb eines Vergabeverfahrens herangezogen wird, ist darauf bedacht, seine Kosten zu minimieren. Das ergibt für die betreffenden Unternehmen eine besondere Verpflichtung zu einer effizienten Arbeitsweise bei der Erbringung der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse. Jede Förderung, die zum Ausgleich vermeidbarer Verluste eines ineffizient wirtschaftenden Unternehmens gewährt wird, ist damit eine Beihilfe. Die Kommission hat allerdings in ihrer Praxis eine nähere Ausgestaltung des unbestimmten Begriffes des „durchschnittlichen, gut geführten Unternehmens“ unterlassen. Sie stellt also bei der Beurteilung der Höhe der Ausgleichszahlungen nicht auf dieses Kriterium, sondern „bloß“ auf die tatsächlichen Kosten, die dem Unternehmen entstanden sind, ab. Das entspricht jedoch nicht der Effizienzforderung des EuGH. Beispiel: Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (5) –

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk als Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse

Die Erbringung von Fernsehdiensten im allgemeinen Interesse, zu denen (allein) der ORF aufgrund des gesetzlich begründeten öffentlichen Auftrags verpflichtet ist, stellt eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse dar (vgl dazu grundsätzlich: EuGH Rs 155/73, Slg 1974, 409, Sacchi). Schädlich für eine solche Einordnung wäre allerdings die überwiegende Ausstrahlung von Unterhaltungssendungen (Filme,

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Shows), mit denen der ORF zu privaten Anbietern verstärkt in Konkurrenz tritt. Eine Privilegierung des ORF wäre in diesem Fall nicht haltbar. Dem trägt die ausdrücklich im Programmauftrag vorgesehene Verpflichtung des ORF zur Darbietung eines ausgewogenen Gesamtprogramms Rechnung, die eine überdurchschnittliche Betonung eines Teilbereichs des öffentlichen Auftrags verhindern soll. – Prüfung der Altmark-Kriterien Nimmt man die praktische Erfüllung eines differenzierten Programms an, so sind hinsichtlich der Finanzierung der Leistungen von allgemeinem Interesse die vom EuGH in der Rs Altmark entwickelten Kriterien zu prüfen. Dabei bereitet das erste Kriterium keine Probleme, da der ORF gesetzlich mit der Erbringung der Fernsehdienste betraut ist und die im öffentlichen Auftrag vorgesehenen Verpflichtungen auch klar definiert (vgl dazu insb den detaillierten Programmauftrag) sind. Schwieriger zu beurteilen sind die restlichen drei Voraussetzungen. Hier bedürfte es einer genauen Überprüfung des Finanzierungssystems des öffentlichen Rundfunks, insb der Buchführung des ORF hinsichtlich der entstehenden Kosten und der Höhe der eingebrachten Gebühren sowie der Berechnungsmethoden. Da keine Ausschreibung des öffentlichen Rundfunkauftrags stattfindet, in dem ein Marktwert der erbrachten Leistungen ermittelt werden könnte, müsste ein Kostenvergleich mit einem „durchschnittlichen, gut geführten Unternehmen“ (Kriterium Nr 4) angestellt werden, was allerdings – gerade im Bereich der Fernsehdienste – nicht einfach zu bewerkstelligen ist. Bezeichnend für die Schwierigkeit eines solchen Vergleichs ist die oben beschriebene Praxis der Kommission: Diese stellt bei der Beurteilung der Begünstigungswirkung nämlich nicht auf diesen Vergleichsmaßstab ab, sondern auf die leichter zu ermittelnden Kosten, die dem betroffenen Unternehmen tatsächlich entstehen. Die Frage in diesem Fall – folgt man der Kommission – lautet demnach nicht, ob der ORF einem Vergleich mit einem „durchschnittlichen, gut geführten Unternehmen“ standhalten könnte und ihm bloß die Kosten ersetzt werden, die einem solchen Unternehmen entstünden. Vielmehr müsste danach gefragt werden, ob ihm nicht mehr als die tatsächlich entstandenen Kosten ersetzt werden. Diese Frage kann aber – wie schon erwähnt – nur anhand des konkreten Zahlenmaterials beantwortet werden.

2.

Quersubventionen

a)

Problemstellung

Quersubventionen betreffen im Gegensatz zum bisher Ausgeführten rein unternehmens- bzw konzerninterne Sachverhalte. Voraussetzung für eine beihilfenrechtlich relevante Quersubvention ist, dass das Unternehmen in zwei Bereichen tätig wird:

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Beihilfen- und Subventionsrecht

– In einem Bereich, in dem es über Sonderrechte (reservierter Bereich) verfügt und keinem Wettbewerb unterliegt bzw in dem es für die Erbringung gemeinwirtschaftlicher Leistungen subventioniert wird und – in einem dem Wettbewerb unterworfenen Bereich, sei es selbst durch eine Zweiggesellschaft oder durch eine Tochtergesellschaft. Regelmäßig können Abnehmer im reservierten Bereich nicht auf andere Anbieter ausweichen. Das Unternehmen verfügt somit hier über einen sicheren Markt und kann uU hohe Einnahmen lukrieren. Beihilfenrechtlich bedenklich ist es, wenn die Einnahmen des ersten Bereichs zur Finanzierung (Subventionierung) bzw allgemein zum Ausbau der Wettbewerbsstellung des zweiten Bereichs verwendet werden, ohne dass dem eine angemessene Gegenleistung gegenübersteht. Damit ist regelmäßig ein wirtschaftlicher Vorteil des dem Wettbewerb unterliegenden Unternehmensbereichs gegenüber seinen Konkurrenten verbunden. Ebenso können Ausgleichszahlungen für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse (s oben Pkt 1.) in Wirklichkeit dazu verwendet werden, ganz oder teilweise Wettbewerbsaktivitäten des Unternehmens zu unterstützen. Mit der Problematik der Quersubvention befasst sich insb die TransparenzRL. Diese enthält Publizitätspflichten für öffentliche und daseinsvorsorgende Unternehmen, die auch Quersubventionen verhindern sollen. Besonders hervorzuheben ist die Pflicht zur Führung einer getrennten Buchhaltung für gemeinwirtschaftlich tätige Unternehmen, die für die Erbringung dieser Dienste staatliche Ausgleichszahlungen erhalten, gleichzeitig aber noch in anderen, dem Wettbewerb unterliegenden Bereichen tätig sind. Beispiele: Die Übertragung von Mitteln von einem Unternehmensbereich auf den anderen erfolgt va durch buchhalterische Maßnahmen, durch die Erbringung von Leistungen (Dienstleistungen, Warenlieferungen) oder durch die Überlassung von Unternehmensressourcen (Vermögen, Infrastruktur, Mitarbeiter, etc). Plakativ ist die Rs SFEI (EuGH Rs C-39/94, Slg 1996, I-3547), in der es um die französische Post und eines ihrer Tochterunternehmen ging. In Frankreich steht der Sektor der Expresszustellung anders als der unter das Postmonopol fallende gewöhnliche Zustellungsdienst dem freien Wettbewerb offen. Für diesen Markt gründete die französische Post ein privatrechtliches Unternehmen und gewährte diesem Mittel zum Ausbau seiner Wettbewerbsstellung (zB Abstellung von Postpersonal, Nutzungsrechte der Postdienststellen, Verkaufsförderungsleistungen). Der EuGH entschied in diesem Fall, dass eine derartige logistische und kommerzielle Unterstützung, die ein öffentliches Unternehmen (hier: die Post) seiner privatrechtlichen Tochtergesellschaft gewährt, die eine dem Wettbewerb unterworfene Tätigkeit ausübt, eine staatliche Beihilfe sein kann. Dies sei dann der Fall, wenn die als Gegenleistung für die Unterstützung erhaltene Vergütung niedriger als jene ist, die von einem (Vergleichs)Unternehmen, das unter normalen Marktbe-

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Tatbestandsvoraussetzungen des EG-Beihilfenverbots

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dingungen tätig ist, gefordert worden wäre. Die französische Post hätte also – um sich nicht dem Vorwurf eines Verstoßes gegen Art 87 Abs 1 EGV auszusetzen – ein angemessenes Entgelt verlangen müssen

In der Rs SFEI ließ der EuGH allerdings offen, was unter „normalen Marktbedingungen“ zu verstehen ist. Ein bloßes Abstellen auf den Marktpreis bzw auf eine Art market economy investor-Test ist bei gemeinwirtschaftlich tätigen Unternehmen – wie schon oben ausgeführt – problematisch. Unternehmen, denen besondere Aufgaben im allgemeinem wirtschaftlichen Interesse zugewiesen sind, verhalten sich idR typischerweise anders als dies rein marktwirtschaftlich orientierte Unternehmen tun. Daneben ist für diesen Bereich bezeichnend, dass oft gerade kein Markt, der als Vergleichsmaßstab herangezogen werden könnte, existiert. b)

Das „Chronopost“-Urteil des EuGH

In der Rs Chronopost (verb Rs C-83/01 P, C-93/01 P und C-94/01 P, Slg 2003, I-6993) ist der EuGH auf diese Problematik eingegangen und hat sich in der Folge klar gegen einen Privatinvestortest bei Quersubventionen von Unternehmen, die sich typischerweise anders verhalten als private, entschieden. Wiederum ging es um eine logistische und kommerzielle Unterstützung (va Nutzung des Postnetzes), die die französische Post einem Tochterunternehmen gewährte. Erstere ist mit einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut (Verpflichtung zur Sammlung, Beförderung und Verteilung aller Postsendungen zugunsten sämtlicher Nutzer im gesamten Mitgliedstaat) und wurde dazu mit besonderen Mitteln, insb dem weit verzweigten Postnetz, ausgestattet. Der EuGH befand, dass es unmöglich sei, die Situation der Post mit der einer privaten Unternehmensgruppe zu vergleichen, da Errichtung und Aufrechterhaltung des Postnetzes keinen kommerziellen Erwägungen gehorche und es ein solches Netz auf dem Markt nicht gebe bzw niemals von einem privaten Unternehmen errichtet worden wäre. Die Angemessenheit der Kosten ließe sich demnach nicht durch einen Vergleich mit privaten Unternehmen ermitteln. Als Alternativmaßstab für das Vorliegen einer Begünstigung des Tochterunternehmens und damit einer staatlichen Beihilfe zog der EuGH schließlich die Vergütung der Vollkosten heran. Soweit also die Gegenleistung des wettbewerblich tätigen Tochterunternehmens – die variablen Zusatzkosten, die durch die Gewährung der logistischen und kommerziellen Unterstützung entstanden sind, – einen angemessenen Beitrag zu den Festkosten infolge der Nutzung des Postnetzes sowie – eine angemessene Vergütung des Eigenkapitals, soweit es zur wettbewerblichen Tätigkeit des Tochterunternehmens eingesetzt wird umfasst, liegt keine staatliche Beihilfe vor.

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e)

Beihilfen- und Subventionsrecht

Wettbewerbsverfälschung

Art 87 Abs 1 EGV setzt voraus, dass die in Frage kommende staatliche Maßnahme den Wettbewerb verfälscht oder zu verfälschen droht. Voraussetzung ist also, dass in dem betroffenen Sektor überhaupt Wettbewerb herrscht bzw ein Markt feststellbar ist (vgl EuGH C-372/97, Slg 2004, I-3679, Italien/Kommission). Ergibt ein Vergleich der Konkurrenzlage vor und nach der Gewährung der Maßnahme, dass sich die Position des Begünstigten zu Lasten seiner Mitbewerber verbessert hat, ist der Tatbestand erfüllt. Es kommt also maßgeblich auf eine Veränderung der Marktbedingungen durch die Beihilfe an. Dabei ist darauf Bedacht zu nehmen, dass nicht nur der aktuelle, tatsächliche Wettbewerb, sondern auch der potentielle, also ein unter Umständen zur Entstehung kommende Wettbewerb, geschützt wird. Weiterhin muss die fragliche Maßnahme bloß geeignet sein, den Wettbewerb zu verfälschen. Es müssen also weder Wettbewerbsverhältnis noch Wettbewerbsverfälschung tatsächlich vorliegen. IdR lässt sich schon allein aus dem Umstand, dass eine Beihilfe gewährt wird, durch die dem Unternehmen ja ein wirtschaftlicher Vorteil gegenüber seinen Konkurrenten erwächst, das Vorliegen der Wettbewerbsverfälschung ableiten. Nur in Ausnahmefällen ist eine weitere Prüfung einer tatsächlichen oder potentiellen Verfälschung erforderlich. f)

Handelsbeeinträchtigung

Eine Handelsbeeinträchtigung zwischen den Mitgliedstaaten liegt dann vor, wenn die staatliche Maßnahme eine künstliche Erleichterung der Ausfuhr oder eine Erschwerung der Einfuhr bewirkt (Zwischenstaatsklausel). Es kommt hier auf die Wirkungen der Beihilfe auf den Binnenmarkt an. Wiederum genügt die bloße Eignung zur Beeinträchtigung des Handels. Voraussetzung ist, dass in dem betroffenen Sektor überhaupt Handelsbeziehungen zwischen den Mitgliedstaaten bestehen. Dabei ist vom Begriff des Handelsverkehrs der gesamte Wirtschaftsverkehr (inklusive Dienstleistungen) umfasst. Maßgeblich ist der Einfluss der staatlichen Maßnahme auf die Entwicklung des gemeinschaftlichen Wirtschaftsverkehrs, wobei auch potentielle Beeinträchtigungen umfasst sind. IdR kann vom Vorliegen der Handelsbeeinträchtigung dann ausgegangen werden, wenn das begünstigte Unternehmen selbst Handel betreibt bzw ein Sektor von der Beihilfe betroffen ist, der typischerweise grenzüberschreitend tätig ist. Auch hier gilt, dass eine Handelsbeeinträchtigung angesichts der dichten Wirtschaftsbeziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und der fortschreitenden Liberalisierung regulierter Sektoren nur ausnahmsweise zu verneinen sein wird. Letzteres ist dann der Fall, wenn die staatliche Maßnahme eine ausschließlich lokale bzw regionale Begünstigung darstellt. Dies ist wiederum unter dem Gesichtspunkt des Marktzutritts zu beurteilen. Soweit nämlich ein gemeinschaftsweiter Markt und damit potentieller oder tatsächlicher Handel existiert, können auch bloß regionale Begünstigungen den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen. Damit kann auch eine Begünstigung eines Unternehmens, das auf einem lokalen Markt tätig ist und überhaupt keine grenz-

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Tatbestandsvoraussetzungen des EG-Beihilfenverbots

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überschreitende Tätigkeit entfaltet, eine staatliche Beihilfe sein, wenn durch sie die Exportchancen EU-ausländischer Unternehmen beeinträchtigt werden (etwa EuG Rs T-55/99, Slg 2000, II-3207, CETM). Nach der Feststellung eines existierenden Markts ist es also sehr schwierig auch noch so räumlich begrenzte Förderungen aus dem Beihilfenbegriff „hinaus zu argumentieren“. Beispiele: Die Kommission kam bezüglich der Tätigkeit eines öffentlichen Nahverkehrsunternehmers in der Lagune von Venedig zum Schluss, dass es sich um eine rein örtliche Dienstleistung ohne potentielle Konkurrenz aufgrund des ausschließlichen Rechts des Betreiberunternehmens handelt und damit auch keine Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten vorliegt (vgl KomE 00/394/EG, Rn 90, ABl 2000 L 150/50). Ähnlich entschied sie im Fall eines deutschen Freizeitbads, das mit einem Einzugsbereich von ca 50 km nicht über die Grenzen Deutschlands hinausweist und damit einen bloß örtlichen Markt (Stadt Dorsten und Nachbargemeinden) bedient (KomE N 258/00/EG, ABl 2001 C 172/16, Freizeitbad Dorsten). Demgegenüber nahm die Kommission im Fall eines Yachthafens an der süditalienischen Küste des Tyrrhenischen Meeres an, dass dieser eine – wenn auch begrenzte – Nachfrage bis zur südfranzösischen Küste auslösen kann und eine staatliche Beihilfe dementsprechend den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen könne (vgl mwN XXIX. Wettbewerbsbericht der Kommission 1999, 101).

g)

Spürbarkeit

Umstritten ist die Frage, ob Art 87 EGV auch ein Spürbarkeitserfordernis enthält. Die europäischen Gerichte lehnen dies ab. Nach ihrer Ansicht werden auch nur geringfügige Verfälschungen des zwischenstaatlichen Wettbewerbs vom Beihilfenverbot erfasst. Maßgeblich wird somit nicht auf eine bestimmte Schwelle (Höhe der Beihilfe, Größe des Unternehmens), sondern auf die Intensität des Wettbewerbs am betreffenden Markt abgestellt, also darauf, ob die begünstigten Unternehmen auf einem Sektor mit besonders lebhaftem Wettbewerb tätig sind (EuGH C-372/97, Slg 2004, I-3679, Rn 52 ff, Italien/Kommission). Demgegenüber stellt die Kommission bei der Prüfung von mutmaßlichen Beihilfen sehr wohl auf ein Spürbarkeitskriterium ab. Diesbezüglich hat sie eine allgemeine GVO 69/01/EG über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EGV auf „De-minimis“-Beihilfen, ABl 2001 L 10/30, erlassen, in der sie die Schwelle für geringfügige Beihilfen mit EUR 100.000,– bezogen auf einen Zeitraum von drei Jahren ansetzt (vgl dazu die damit ersetzte De-minimis-Mitteilung, ABl 1996 C 68/9). Wird diese Schwelle nicht überschritten, erfüllt die Begünstigung die Tatbestandsmerkmale des Art 87 Abs 1 EGV (Wettbewerbsverfälschung und/oder Handelsbeeinträchtigung) nicht und es besteht dementsprechend auch keine Notifizierungspflicht. Die allgemeine De-minimis-GVO gilt allerdings nicht – in Übereinstimmung mit dem WTO-Übereinkommen über Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen – für Exportbeihilfen oder für solche Beihilfen, die von der Verwendung einheimischer Erzeugnisse (zu Lasten ausländischer Produkte) abhängig gemacht werden. Weiters ausgenommen sind Beihilfen im Verkehrs- und Agrar- sowie Fischereisektor, für die spezielle Vorschriften mit jeweils differierenden Schwellen bestehen.

sUppLex

256

h)

Beihilfen- und Subventionsrecht

Überblick über die Tatbestandsvoraussetzungen des Art 87 Abs 1 EGV

1. Staatlichkeit bzw Gewährung aus staatlichen Mitteln

–

–

2. Bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige (Unternehmensbegriff und Selektivität)

–

–

–

3. Begünstigung

–

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–

4. Wettbewerbsverfälschung

–

–

Zurechenbarkeit der Maßnahme an die öffentliche Hand: Mittel werden von staatlichen Stellen vergeben (Gebietskörperschaften, autonome Rechtsträger) oder über vom Staat benannte öffentliche oder private Unternehmen. Budgetwirksamkeit: Die gewährte Vergünstigung (direkte Leistung, Einnahmeverzicht) führt zu einer (tatsächlichen oder potentiellen) Belastung öffentlicher Finanzmittel. Ein Unternehmen ist im funktionellen Sinn jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform und Finanzierung. Unter den Unternehmensbegriff fallen insb nicht: Privathaushalte und die Ausübung hoheitlicher Gewalt. Unter Produktions- bzw Wirtschaftszweig werden alle in einem bestimmten Wirtschaftssektor (alle Gewerbezweige und freien Berufe) tätigen Unternehmen verstanden. Die Beihilfe darf nur bestimmten (nicht sämtlichen) Unternehmen oder Produktionszweigen gewährt werden. Der Kreis der Begünstigten muss also begrenzt und nach objektiven Merkmalen bestimmbar sein. Die Voraussetzung der Bestimmtheit ist bei allgemein wirtschaftspolitischen Maßnahmen nicht erfüllt. Gewährung einer Leistung: Dem Empfänger wird ein geldwerter Vorteil gewährt (Zuführung von Geld- und Sachmitteln, Erbringung von Dienstleistungen, Verminderung von Belastungen). Der Leistung steht keine angemessene bzw marktübliche Gegenleistung gegenüber. Abgestellt wird va auf den Marktpreis, den das Unternehmen üblicherweise für die Leistung zu erbringen hätte. Liegt kein Marktpreis vor, so kann die Höhe der Gegenleistung durch ein objektives Bietverfahren oder durch ein objektives Wertgutachten festgestellt werden. Insb bei Kapitalbeteiligungen wird auf den market economy investor-Test abgestellt. Sonderfälle bei der Begünstigung: Finanzierung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse (Altmark-Entscheidung des EuGH) und Quersubventionen (Chronopost-Entscheidung des EuGH). Die staatliche Maßnahme verfälscht oder droht den Wettbewerb zu verfälschen (eine bloße Eignung der Maßnahme dazu genügt; geschützt ist neben dem aktuellen auch der potentielle Wettbewerb). Die Verfälschung liegt in der Veränderung der Marktbedingungen für die Mitbewerber.

sUppLex

Die Ausnahmen vom EG-Beihilfenverbot 5. Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten (Zwischenstaatsklausel)

–

6. Spürbarkeit

–

–

–

257

Die Begünstigung hat mögliche Auswirkungen auf den grenzüberschreitenden Handel (Eignung genügt). Eine Grenzüberschreitung wird nur dann ausgeschlossen, wenn eine ausschließlich lokale bzw regionale Wirtschaftstätigkeit begünstigt wird, die keinem Wettbewerb in der Gemeinschaft ausgesetzt ist. Grundsätzlich sind auch geringfügige Beihilfen von Art 87 EGV umfasst (Rechtsprechung der europäischen Gerichte). Nach der De-minimis-GVO der Kommission werden aber solche Beihilfen nicht vom Beihilfenverbot erfasst, die EUR 100.000,– bezogen auf einen Zeitraum von drei Jahren nicht überschreiten.

5.

Die Ausnahmen vom EG-Beihilfenverbot

a)

Allgemeines

Wie schon erwähnt gilt das Beihilfenverbot des Art 87 Abs 1 EGV nicht absolut. Auch wenn eine staatliche Maßnahme tatbestandsmäßig ist, kann sie noch immer mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sein. Abgesehen von Art 86 Abs 2 EGV (s Pkt D.II.3.a.aa. und Pkt H.III.2.), der zugunsten von Unternehmen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse und Finanzmonopolen unter bestimmten Voraussetzungen eine generelle Ausnahme von den Wettbewerbsregeln vorsieht, enthalten die Abs 2 und 3 des Art 87 EGV Ausnahmebestimmungen. Darüber hinaus kann der Rat einstimmig gem Art 88 Abs 2 UAbs 3 EGV eine Beihilfe bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände vom Beihilfenverbot ausnehmen. b)

Die Legalausnahmen in Art 87 Abs 2 EGV

In Art 87 Abs 2 EGV sind drei Kategorien von Beihilfen bezeichnet, die ex-lege vom Anwendungsbereich des Beihilfenverbots ausgenommen sind (Legalausnahmen). Der Kommission kommt damit bei der Prüfung des Abs 2 kein Ermessen zu, sie hat lediglich den Sachverhalt festzustellen und zu prüfen, ob Tatsachen vorliegen, die die Ausnahmetatbestände erfüllen. In der Praxis kommt diesen Bestimmungen aufgrund ihres eng umrissenen Anwendungsbereichs (besondere soziale Umstände bzw außergewöhnliche Schadensereignisse) allerdings kaum Bedeutung zu. Ausgenommen sind – Beihilfen sozialer Art an einzelne Verbraucher (zB Heiz- und Lebensmittelzuwendungen an bedürftige Bevölkerungsgruppen), wenn sie ohne Diskriminierung nach der Herkunft der Waren gewährt werden, – Beihilfen zur Beseitigung von Schäden infolge von Naturkatastrophen (zB Hochwasser, Erdbeben, anhaltende Trockenheit) oder sonstigen außergewöhnlichen Ereignissen (zB Kriege, Terroranschläge, schwere Industrieunfälle) und – Beihilfen zum Ausgleich der durch die Teilung Deutschlands verursachten wirtschaftlicher Nachteile (sog Teilungsklausel).

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258

Beihilfen- und Subventionsrecht

Die Teilungsklausel für Deutschland hat mit der fortschreitenden Überwindung der teilungsbedingten Nachteile kaum praktische Bedeutsamkeit. Dies gilt auch für die Verbraucherbeihilfen. Schon der Tatbestand der staatlichen Beihilfe schließt idR Vergünstigungen an Privatpersonen vom Beihilfenbegriff aus. Die Ausnahmebestimmung regelt damit nur den Fall der mittelbaren (indirekten) Begünstigung, die unter der Voraussetzung ihrer sozialen Ausrichtung, der Beachtung des Diskriminierungsverbots (einseitige Begünstigungen inländischer Unternehmen sind unzulässig) und der Bestimmtheit („an einzelne Verbraucher“) mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist. Der Ausnahmebestimmung für Naturkatastrophen und außergewöhnliche Ereignisse kommt demgegenüber schon mehr praktische Bedeutung zu. Als vereinbar gelten allerdings nur solche Beihilfen, die dem bloßen Schadensausgleich dienen. Geht der Ausgleich über den Schaden hinaus, handelt es sich wiederum um eine mit dem Gemeinsamen Markt nicht vereinbare staatliche Beihilfe. c)

Die Ermessensausnahmen in Art 87 Abs 3 EGV

Hohe praktische Relevanz kommt den Ermessensausnahmen des Abs 3 zu. Gemäß dieser Bestimmung kann die Kommission mittels Entscheidung feststellen, dass eine Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist. Die Ausübung des Ermessens unterliegt dabei der Missbrauchskontrolle durch die Gemeinschaftsgerichte. Maßgeblich kommt es auf die Abwägung der positiven Effekte der Beihilfe und deren schädlichen Wirkungen auf den Wettbewerb an. Die Kommission hat dazu in Leitlinien und Gemeinschaftsrahmen Kriterien der Ermessensausübung festgelegt, an die sie bei der Prüfung von Beihilfen gebunden ist. Bei den Ausnahmebestimmungen in Art 87 Abs 3 EGV handelt es sich um – Beihilfen zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung von Gebieten mit außergewöhnlich niedriger Lebenshaltung oder erheblicher Unterbeschäftigung (regionale Beihilfen für erheblich unterentwickelte Gebiete), – Beihilfen zur Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder -gebiete (sektorale Beihilfen, regionale und horizontale Beihilfen, zB Beihilfen für die Textilindustrie, Ausbildungsbeihilfen, Beihilfen für KMU´s), – Beihilfen zur Förderung wichtiger Vorhaben von gemeinsamem europäischen Interesse (zB Beihilfen für Forschung und Entwicklung, für Umweltschutzmaßnahmen, für europäische Infrastrukturvorhaben) oder zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben (zB Beihilfen zur Behebung schwerer wirtschaftlicher oder sozialer Krisenerscheinungen), – Beihilfen zur Förderung der Kultur und zur Erhaltung des kulturellen Erbes (zB Beihilfen für die Filmwirtschaft, Beihilfen zur Denkmalpflege) sowie – sonstige vom Rat bestimmte Beihilfen (zB Beihilfen für den Schiffbau). d)

Gruppenfreistellungsverordnungen

Im Zusammenhang mit den Ausnahmebestimmungen hat die Kommission eine Reihe von Gruppenfreistellungsverordnungen (GVO´s) erlassen, womit eine wesentliche Vereinfachung des Beihilfeverfahrens durch die Kodifikation der Praxis sowie die Übernahme der in Gemeinschaftsrahmen und Leitlinien enthaltenen Grundsätze beabsichtigt wird. Fällt eine staatliche Maßnahme unter

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Das beihilfenrechtliche Verfahren

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die Bestimmungen einer GVO, gilt sie als automatisch genehmigt, ohne dass zunächst ein Verfahren nach Art 88 EGV durchlaufen werden müsste. Dementsprechend gilt hier auch keine Anmeldepflicht und, da keine Genehmigungsentscheidung erforderlich ist, kein Durchführungsverbot. Neben der bereits angeführten allgemeinen De-minimis-GVO und jener für den Agrar- und Fischereisektor (VO 1860/04/EG, ABl 2004 L 325/4) zählen dazu die GVO für Ausbildungs- (VO 68/01/EG, ABl 2001 L 10/20 idF VO 1040/06/EG, ABl 2006 L 187/8) und Beschäftigungsbeihilfen (VO 2204/02/EG, ABl 2002 L 337/3 idF VO 1040/06/EG, ABl 2006 L 187/8) und für Beihilfen zugunsten von kleinen und mittleren Unternehmen (ua VO 70/01/EG, ABl 2001 L 10/33 idF VO 1040/06/EG, ABl 2006 L 187/8; für den Agrar- und den Fischereisektor existieren daneben noch spezielle GVO). Weitere Ermächtigungen bestehen für die Bereiche Forschung und Entwicklung, Umweltschutzmaßnahmen sowie für Beihilfen in bestimmten Fördergebieten.

6.

Das beihilfenrechtliche Verfahren

a)

Allgemeines

Art 88 EGV begründet eine umfassende Zuständigkeit der Kommission zur Beihilfenkontrolle und zur Setzung von Maßnahmen gegen unstatthafte Beihilfen. Da leg cit das Verfahren nur in groben Zügen regelt und das Verfahrensrecht lange Zeit nicht kodifiziert wurde, ist jenes zunächst durch die Anwendungspraxis der Kommission und die Rechtsprechung des EuGH entwickelt worden. Auf dieser Basis wurde 1999 mit der VVO 659/99/EG, ABl 1999 L 83/1, erstmals ein kodifiziertes Verfahrensrecht geschaffen. Folgende Eckpunkte des Verfahrens sind zu beachten: – Das beihilfenrechtliche Verfahren spielt sich grundsätzlich zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten ab (bilaterales Verfahren). Dementsprechend kommt den Mitgliedstaaten ein Beteiligungsrecht am Verfahren zu und die Entscheidung der Kommission über die Beihilfe richtet sich an den betroffenen Mitgliedstaat. Sonstige Beteiligte – wie etwa die konkrete beihilfenvergebende Stelle (zB eine Gemeinde, ein öffentliches Unternehmen) oder der Begünstigte und seine Konkurrenzunternehmen – verfügen über nur eingeschränkte Rechte (zum Rechtsschutz s unten Pkt 7.b.). – Inhaltlich ist das beihilfenrechtliche Verfahren von der Unterscheidung zwischen bereits bestehenden Beihilfen und Neubeihilfen geprägt. Während für Erstere ein System der nachträglichen Kontrolle gilt (repressives Verfahren, Pkt b.), wird die Vereinbarkeit Letzterer mit dem Gemeinsamen Markt in einem präventiven Verfahren (Pkt c.) überprüft. Die beiden Verfahren weisen dabei erhebliche Unterschiede auf. – Die VVO sieht neben einem Verfahren für bestehende und neue Beihilfen zudem ein Verfahren für rechtswidrige – dh ohne Notifizierung eingeführte – und für genehmigte Beihilfen, die aber missbräuchlich – also entgegen einer positiven Entscheidung der Kommission – angewendet werden, vor. Im Folgenden wird iSd Ökonomie des Lehrbuchs nur auf die Grundzüge des repressiven und präventiven Beihilfenverfahrens eingegangen, während das

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Beihilfen- und Subventionsrecht

Verfahren bei rechtswidrigen Beihilfen und bei missbräuchlicher Anwendung von Beihilfen nur auszugsweise behandelt wird. b)

Repressives Verfahren bei bestehenden Beihilfenregelungen

aa) Begriff der „bestehenden Beihilfenregelung“ Bestehend ist eine Beihilfenregelung im Wesentlichen dann, wenn sie – zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des EGV bzw zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Beitrittsvertrags bereits bestanden hat (sog Altbeihilfen; in Österreich insb Beihilfen, die bereits vor dem Inkrafttreten des EWR-Abkommens gewährt wurden und unverändert blieben), – rechtmäßig eingeführt oder umgestaltet wurde, etwa wenn sie der Kommission bereits (als Neubeihilfe) gemeldet und von dieser genehmigt wurde. – Als bestehende Beihilfen gelten weiters jene Unterstützungsmaßnahmen, die aufgrund der Entwicklung des Gemeinsamen Markts erst zu gemeinschaftsrechtlich relevanten Beihilfen wurden. bb) Zweistufiges Verfahren Bestehende Beihilfenregelungen sind von der Kommission in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten fortlaufend zu überprüfen, insb müssen Letztere alle erforderlichen Auskünfte und Jahresberichte über die bestehenden Beihilfenregelungen übermitteln (Art 17 Abs 1 und Art 21 Abs 1 VVO). Damit kann die Kommission den Entwicklungen des Gemeinsamen Markts und ihrer Auswirkungen auf die Beihilfentätigkeit Rechnung tragen. Andrerseits können Beihilfenregelungen – auch wenn sie mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar (geworden) sind – bis zu einer negativen Entscheidung der Kommission beibehalten werden (vgl EuGH Rs C-387/92, Slg 1994, I-877, Banco Exterior). Das Verfahren bei bestehenden Beihilfen ist nach der VVO zweistufig gestaltet. Gelangt die Kommission zur Auffassung, dass eine Regelung nicht oder nicht mehr mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist, setzt sie den betreffenden Mitgliedstaat davon in Kenntnis und gibt ihm Gelegenheit zur Stellungnahme (Art 17 Abs 2 VVO). Besteht weiterhin Anlass zu Bedenken, schlägt die Kommission dem betroffenen Mitgliedstaat zweckdienliche Maßnahmen vor. Diese können die inhaltliche Änderung, die Einführung von Verfahrensvorschriften oder die gänzliche Aufhebung der Beihilfe zum Inhalt haben. Bei den zweckdienlichen Maßnahmen handelt es sich nur um Empfehlungen (s dazu oben Pkt 3.b.cc.), dh die Mitgliedstaaten sind nicht verpflichtet, ihnen Folge zu leisten und die Maßnahmen umzusetzen. Auch kann durch den Erlass einer zweckdienlichen Maßnahme die Beihilfe nicht rechtswidrig werden. Wenn der Mitgliedstaat allerdings der zweckdienlichen Maßnahme zustimmt, ist er auch zu deren Umsetzung verpflichtet (Art 19 Abs 1 VVO). Stimmt der Mitgliedstaat der Empfehlung der Kommission nicht zu, so muss die Kommission, besteht sie weiterhin auf der Umgestaltung oder Abschaffung der Beihilfenregelung, das förmliche Prüfverfahren einleiten (Art 19 Abs 2 VVO). In diesem kann sie ihrer Ansicht mit einer (Negativ)Entscheidung Ausdruck verleihen und dem Mitgliedstaat in rechtlich verbindlicher Weise die Umgestaltung oder Aufhebung der Beihilfenregelung auftragen. Eine Entschei-

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Das beihilfenrechtliche Verfahren

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dung der Kommission hat dementsprechend nur Wirkungen für die Zukunft, da das Durchführungsverbot im repressiven Verfahren nicht gilt. c)

Präventives Verfahren bei Neubeihilfen

aa) Begriff der „Neubeihilfe“ Die VVO grenzt Neubeihilfen von den bestehenden Beihilfen negativ ab. Alle Beihilfen, also Beihilfenregelungen und Einzelbeihilfen, die die Tatbestandsvoraussetzungen des Art 87 Abs 1 EGV erfüllen und die keine bestehenden Beihilfen sind, einschließlich der Änderung Letzterer, fallen unter diesen Begriff. Neubeihilfen sind damit insb solche, die nach Inkrafttreten des EGV (bzw des EWRV) geschaffen und noch nicht von der Kommission (bzw von der EFTAÜberwachungsbehörde) genehmigt wurden. bb) Notifizierungspflicht Der erste wichtige verfahrensrechtliche Unterschied zu den bestehenden Beihilfen ist die Notifizierungspflicht für Neubeihilfen (Art 88 Abs 3 S 1 EGV und Art 2 VVO). Um die Vereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt überprüfen zu können, muss die Kommission von deren Einführung oder Umgestaltung unterrichtet werden. Die Anmeldungspflicht betrifft allerdings nur tatbestandsmäßige Neubeihilfen. Ausgenommen von der Notifizierungspflicht sind insb Beihilfen, die zwar tatbestandsmäßig sind, aber unter eine GVO fallen (zB De-minimis-GVO). Die Notifizierungspflicht besteht hingegen auch für solche Beihilfen, die nach Art 87 Abs 2 und 3 EGV genehmigungsfähig sind. Die Entscheidung über das Zutreffen der Ausnahmebestimmungen obliegt schließlich der Kommission. cc) Durchführungsverbot Der zweite wichtige Unterschied zum repressiven Verfahren ist das unmittelbar anwendbare Durchführungsverbot gem Art 88 Abs 3 S 3 EGV und Art 3 VVO, das die Anmelde- und Genehmigungspflicht für Neubeihilfen flankiert. Aus der unmittelbaren Anwendbarkeit folgt, dass sich auch Konkurrenten des begünstigten Unternehmens auf das Verbot vor nationalen Gerichten berufen können (s unten Pkt 7.b.). Inhaltlich besagt das Durchführungsverbot, dass keine (angemeldete oder unangemeldete) Beihilfenregelung durchgeführt werden darf, bevor sie von der Kommission mittels Entscheidung genehmigt worden ist (Stand-Still-Gebot) oder als genehmigt gilt. Das Durchführungsverbot gilt also grundsätzlich bis zum Erlass einer endgültigen Entscheidung durch die Kommission und zwar auch dann, wenn das begünstigte Unternehmen möglicherweise unter Art 86 Abs 2 EGV fällt. Auch das Durchführungsverbot ist nur auf tatbestandsmäßige Beihilfen anwendbar. Dh, dass nicht tatbestandsmäßige Vergünstigungen vor einer Entscheidung der Kommission gewährt werden dürften. Die Entscheidung darüber, ob eine staatliche Maßnahme dem Durchführungsverbot unterliegt oder nicht, muss dementsprechend der Mitgliedstaat auf eigene Gefahr selbst treffen. Ein Verstoß gegen das Durchführungsverbot wird im Übrigen

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Beihilfen- und Subventionsrecht

auch nicht durch eine (nachträgliche) Genehmigung der Beihilfe durch die Kommission geheilt. Die Entscheidung der Kommission wirkt nämlich nur ex-nunc und niemals rückwirkend. dd) Vorläufige Prüfung Die Kommission muss das Vorhaben zunächst einer vorläufigen Prüfung unterziehen, die auf zwei Monate (sog Lorenzfrist) begrenzt ist (Art 4 VVO). In dieser Prüfung kann sie feststellen, dass entweder – die angemeldete Maßnahme keine tatbestandsmäßige Beihilfe iSd Art 87 EGV ist oder – diese zwar eine tatbestandsmäßige Beihilfe darstellt, die aber mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist (auf Grundlage der Ausnahmebestimmungen des Art 87 Abs 2 und 3 oder des Art 86 Abs 2 EGV). In beiden Fällen gilt die staatliche Maßnahme als genehmigt. Lässt die Kommission jedoch die Entscheidungsfrist verstreichen, die mit der vollständigen Anzeige zu laufen beginnt, kann der Mitgliedstaat die Kommission von der beabsichtigten Durchführung der Beihilfenregelung verständigen (Inkraftsetzungsanzeige). Daraufhin hat die Kommission weitere 15 Tage Zeit, eine Entscheidung zur Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens zu treffen. Bei Nichtäußerung kann der Mitgliedstaat die Maßnahme durchführen. Derart genehmigte oder nicht beanstandete Beihilfen gelten als bestehende Beihilfen, auf die das oben (Pkt c.) beschriebene Verfahren anzuwenden ist. Dies gilt auch für im förmlichen Prüfverfahren genehmigte Beihilfen. ee) Förmliches Prüfverfahren Hat die Kommission Anlass zu Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt, so leitet sie das förmliche Prüfverfahren ein (Art 6 f VVO). Dabei kommt ihr kein Ermessen zu, insb kann sie nicht aus verfahrensökonomischen Überlegungen ein Hauptprüfverfahren unterlassen. Die Einleitung wird im ABl der EG veröffentlicht. In der Entscheidung zur Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens fordert die Kommission den betroffenen Mitgliedstaat und die anderen Beteiligten (begünstigtes Unternehmen sowie die Mitgliedstaaten, Personen und Unternehmen, denen aus der Gewährung der Beihilfe Wettbewerbsnachteile erwachsen könnten, insb die Wettbewerber und Berufsverbände) zu einer Stellungnahme auf. Nach Prüfung der betroffenen privaten und öffentlichen Interessen hat die Kommission mit begründeter Entscheidung festzustellen (Art 7 VVO), – dass die Maßnahme keine Beihilfe darstellt, – dass sie zwar tatbestandsmäßig eine Beihilfe ist, aber – gegebenenfalls unter Bedingungen und Auflagen – mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist (Positiventscheidung) oder – dass sie mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar ist und die Einführung der Beihilfe somit untersagt wird (Negativentscheidung). Das förmliche Verfahren ist möglichst binnen 18 Monaten abzuschließen. Nach Ablauf dieser Frist kann der betroffene Mitgliedstaat eine Entscheidung

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Rechtsfolgen und Rechtsschutz

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innerhalb von zwei Monaten verlangen. Zieht der Mitgliedstaat die Anmeldung zurück, wird das Verfahren eingestellt. Kommt der Mitgliedstaat den Bedingungen oder Auflagen einer Positiventscheidung nicht nach, so kann die Kommission den EuGH unmittelbar – ohne Vorverfahren nach Art 226 EGV – anrufen. Gleiches gilt, wenn der Mitgliedstaat einer Negativentscheidung nicht nachkommt.

7.

Rechtsfolgen und Rechtsschutz

a)

Rückforderung

Stellt die Kommission nach Abschluss des förmlichen Prüfverfahrens fest, dass eine Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar ist (Negativentscheidung), dann muss der rechtswidrige Zustand sowie die verursachte Wettbewerbsverfälschung beseitigt werden. Dementsprechend hat die Kommission, falls die Beihilfe bereits ganz oder teilweise ausbezahlt wurde, dem Mitgliedstaat die Rückforderung aufzutragen (Rückforderungsentscheidung, Art 14 VVO). Dies gilt allerdings nur, wenn die materielle Unvereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht mittels einer Negativentscheidung festgestellt worden ist. Bei einem bloßen Verstoß gegen das Durchführungsverbot – also bei einer rein formellen Rechtswidrigkeit – ist die Kommission zur Anordnung der Rückforderung nicht berechtigt. Dafür sind vielmehr die nationalen Gerichte zuständig, denen insofern der Schutz der Wettbewerber vor Verletzungen des Durchführungsverbots obliegt (vgl ua EuGH Rs 301/87, Slg 1990, I-307, Rn 20 f, Boussac; EuGH Rs C-39/94, Slg 1996, I-3547, Rn 38 ff, SFEI). Von der Rückforderungsentscheidung ist allerdings die Rückforderungsanordnung zu unterscheiden: Besteht schon vor Abschluss des Verfahrens kein Zweifel am Charakter als (rechtswidrige) Beihilfe und ist ein Tätigwerden dringend geboten, um einen erheblichen, nicht wieder gutzumachenden Schaden für einen Konkurrenten abzuwehren, kann die Kommission eine vorläufige Rückforderung anordnen (Rückforderungsanordnung, Art 11 Abs 2 VVO). Zudem kann die Kommission gegenüber dem Mitgliedstaat eine Aussetzungsanordnung erlassen. Danach hat der Mitgliedstaat alle rechtswidrigen Beihilfen solange auszusetzen, bis die Kommission eine Entscheidung über die Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt trifft. b)

Rechtsschutz

aa) Auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene Die Entscheidung der Kommission richtet sich grundsätzlich an die betreffenden Mitgliedstaaten (bilaterales Verfahren) und kann dementsprechend schon aufgrund ihrer Parteistellung von diesen angefochten werden. Eine privilegierte Stellung kommt allen anderen Mitgliedstaaten, dem Parlament und dem Rat zu, für die eine unwiderlegbare Vermutung eines Rechtsschutzinteresses besteht (privilegierte Kläger). Demgegenüber haben nicht privilegierte Kläger ein Rechtsschutzinteresse (konkret: Die unmittelbare und individuelle Betroffenheit) nachzuweisen. Als solche kommen der Beihilfenempfänger, seine Konkur-

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Beihilfen- und Subventionsrecht

renten, Berufsverbände und Interessensvereinigungen wie auch Gebietskörperschaften in Frage. Der Nachweis des Rechtsschutzinteresses ist zumindest beim Beihilfenempfänger idR problemlos. Beim Konkurrenten kommt es bei der Beurteilung der Klagslegitimation insb darauf an, ob er im Verfahren eine Stellungnahme abgegeben oder eine Beschwerde bei der Kommission eingereicht hat (vgl EuGH Rs 169/84, Slg 1986, 391, Cofaz). Im Zentrum der Anfechtungsrechte stehen die Nichtigkeitsklage gem Art 230 EGV sowie die Untätigkeitsklage nach Art 232 EGV. Im Wesentlichen: – Der betroffene, beihilfengewährende Mitgliedstaat kann grundsätzlich jede Entscheidung der Kommission mit Nichtigkeitsklage anfechten. – Gegen eine Negativentscheidung, gegen eine Positiventscheidung, insb wenn sie mit Auflagen und Bedingungen versehen ist oder gegen eine Rückforderungsanordnung bzw -entscheidung kann das begünstigte Unternehmen Nichtigkeitsklage gem Art 230 Abs 4 EGV erheben. – Die Entscheidung der Kommission, dass keine Beihilfe vorliegt oder die Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar ist (Positiventscheidung), kann der Konkurrent, soweit er nachweist, in seinen berechtigten Interessen beeinträchtigt zu sein und er sich überdies bereits im Aufsichtsverfahren geäußert hat, anfechten. Weiterhin dürfte diese Möglichkeit auch für andere Mitgliedstaaten interessant sein. – Hat der Konkurrent oder ein anderer Mitgliedstaat bei der Kommission eine Beschwerde über ein Beihilfenvorhaben eingebracht und unternimmt diese nichts, kommt eine Untätigkeitsklage in Betracht. Für den beihilfengewährenden Mitgliedstaat sowie für den Begünstigten kommt diese in Frage, wenn sich die Kommission nicht fristgerecht zu einer angemeldeten Beihilfe äußert. bb) Auf nationaler Ebene In Österreich bewirkt ein Verstoß gegen das Durchführungsverbot grundsätzlich die Nichtigkeit der fraglichen Rechtsakte. Diese kann von jedermann – insb vom Konkurrenten – geltend gemacht werden. Wurde die Beihilfe in privatrechtlicher Form (Vertrag) gewährt, kommen Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche (Rückzahlung) auf Grundlage des UWG gegen den Beihilfengeber und -empfänger in Frage. Erfolgt die Beihilfengewährung hingegen auf Grundlage des öffentlichen Rechts (durch Gesetz oder Bescheid), gilt dies nur eingeschränkt. Zumindest gegen den Beihilfenempfänger kommt eine Klage nach dem UWG nach wie vor in Frage. Insofern ist die Annahme der Begünstigung rechtswidrig. Gegen die staatliche Beihilfenentscheidung dürfte allerdings nur nach Maßgabe des öffentlichen Rechts vorgegangen werden, da eine Klage gegen den staatlichen Beihilfengeber nach dem UWG die Aufhebung des Bescheids impliziert, was unzulässig ist. Möglich wäre bei einer bescheidmäßigen Beihilfengewährung die Erwirkung der Parteistellung und das anschließende Einlegen von Rechtsmitteln (die Erfüllung der Vorausset-

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Rechtsfolgen und Rechtsschutz

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zungen für die Parteistellung nach dem AVG wird sich idR für den Mitbewerber aber äußerst schwierig darstellen) oder der Antrag eines Mitbewerbers auf amtswegige Aufhebung eines Subventionsbescheids durch die sachlich zuständige Oberbehörde gem § 68 Abs 4 Z 4 AVG. Hier gilt einschränkend, dass eine Nichtigerklärung des Bescheids nur dann möglich ist, wenn die Rechtswidrigkeit auch ausdrücklich durch eine gesetzliche Vorschrift mit Nichtigkeit bedroht ist. Insgesamt ergeben sich hier also nur unzureichende Möglichkeiten für Mitbewerber, was allerdings durch den Umstand gemildert wird, dass der Großteil der Beihilfen im Wege der Privatwirtschaftsverwaltung vergeben wird. Fragen: 1. Was ist die Aufgabe des EG-Beihilfenrechts? 2. Existiert ein vergleichbares österreichisches Beihilfenrecht? 3. Gibt es Bestimmungen über Subventionen im Völkerrecht? 4. Erläutern Sie die Instrumente des EG-Beihilfenverbots. 5. Welche Tatbestandsvoraussetzungen sieht Art 87 Abs 1 EGV vor? 6. Wer kann Beihilfengeber iSd Gemeinschaftsrechts sein? 7. Welche Maßstäbe werden zur Beurteilung der Begünstigungswirkung einer Beihilfe herangezogen? 8. Wieso können diese Maßstäbe nicht uneingeschränkt auf Unternehmen der Daseinsvorsorge angewandt werden? 9. Wann ist eine Quersubvention beihilfenrechtlich bedenklich? 10. Welche Ausnahmen vom Beihilfenverbot kennen Sie? 11. Welche Möglichkeiten hat ein Unternehmen, gegen die Gewährung einer Beihilfe an seinen Konkurrenten vorzugehen? 12. Erläutern Sie das Verfahren bei bestehenden Beihilfen. 13. Was ist der Unterschied zum Verfahren bei Neubeihilfen? 14. Kann das begünstigte Unternehmen gegen eine Negativentscheidung der Kommission vorgehen? 15. Welche Folgen hat ein Verstoß gegen das beihilfenrechtliche Durchführungsverbot?

V.

Recht der öffentlichen Auftragsvergabe

Literatur: Bauer, In-House-Vergabe: Slimmed Fast. Die Entwicklung der In-HouseVergabe – Rückblick auf ein bewegtes Jahr 2005, ecolex 2006, 107; Damjanovic/Fuchs, Gemischtwirtschaftliche Kooperationen. Der steinige Weg auf der Suche nach dem privaten Partner, juridikum 2005, 138; Eilmansberger et al, Materielles Europarecht (2005); ders, Gegengeschäfte und Gemeinschaftsrecht, wbl 2003, 501; Elsner, BVergG 2006. Das neue Vergaberecht 2006 (2006); ders, Wichtige Neuerungen im Bundesvergabegesetz 2006, RFG 2006, 3; Elsner/Keisler/Hahnl, Vergaberechtsschutz in Österreich. Kommentierung aller 10 Vergabenachprüfungsgesetze in systematischer Gesamtdarstellung (2004); Fink, Änderungen im Vergaberechtsschutz, ecolex 2006, 100; Fruhmann, Das Agreement on Government Procurement (GPA), ecolex 1996, 64; Gast, Das österreichische Vergaberecht (2002); Gruber/Hartlieb/Stief, Schwellenwerte – Verordnung 2005, Rechtsprechung des OGH in Kürze, UVS OÖ zum Ersatz der Pauschalgebühren, Inhouse-Vergabe und Abgrenzung Dienstleistungsauftrag – Dienstleistungskonzession, EuGH zur Vorarbeitenproblematik, Aktivlegitimation von Bietergemeinschaften und

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Rechtsfolgen und Rechtsschutz

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zungen für die Parteistellung nach dem AVG wird sich idR für den Mitbewerber aber äußerst schwierig darstellen) oder der Antrag eines Mitbewerbers auf amtswegige Aufhebung eines Subventionsbescheids durch die sachlich zuständige Oberbehörde gem § 68 Abs 4 Z 4 AVG. Hier gilt einschränkend, dass eine Nichtigerklärung des Bescheids nur dann möglich ist, wenn die Rechtswidrigkeit auch ausdrücklich durch eine gesetzliche Vorschrift mit Nichtigkeit bedroht ist. Insgesamt ergeben sich hier also nur unzureichende Möglichkeiten für Mitbewerber, was allerdings durch den Umstand gemildert wird, dass der Großteil der Beihilfen im Wege der Privatwirtschaftsverwaltung vergeben wird. Fragen: 1. Was ist die Aufgabe des EG-Beihilfenrechts? 2. Existiert ein vergleichbares österreichisches Beihilfenrecht? 3. Gibt es Bestimmungen über Subventionen im Völkerrecht? 4. Erläutern Sie die Instrumente des EG-Beihilfenverbots. 5. Welche Tatbestandsvoraussetzungen sieht Art 87 Abs 1 EGV vor? 6. Wer kann Beihilfengeber iSd Gemeinschaftsrechts sein? 7. Welche Maßstäbe werden zur Beurteilung der Begünstigungswirkung einer Beihilfe herangezogen? 8. Wieso können diese Maßstäbe nicht uneingeschränkt auf Unternehmen der Daseinsvorsorge angewandt werden? 9. Wann ist eine Quersubvention beihilfenrechtlich bedenklich? 10. Welche Ausnahmen vom Beihilfenverbot kennen Sie? 11. Welche Möglichkeiten hat ein Unternehmen, gegen die Gewährung einer Beihilfe an seinen Konkurrenten vorzugehen? 12. Erläutern Sie das Verfahren bei bestehenden Beihilfen. 13. Was ist der Unterschied zum Verfahren bei Neubeihilfen? 14. Kann das begünstigte Unternehmen gegen eine Negativentscheidung der Kommission vorgehen? 15. Welche Folgen hat ein Verstoß gegen das beihilfenrechtliche Durchführungsverbot?

V.

Recht der öffentlichen Auftragsvergabe

Literatur: Bauer, In-House-Vergabe: Slimmed Fast. Die Entwicklung der In-HouseVergabe – Rückblick auf ein bewegtes Jahr 2005, ecolex 2006, 107; Damjanovic/Fuchs, Gemischtwirtschaftliche Kooperationen. Der steinige Weg auf der Suche nach dem privaten Partner, juridikum 2005, 138; Eilmansberger et al, Materielles Europarecht (2005); ders, Gegengeschäfte und Gemeinschaftsrecht, wbl 2003, 501; Elsner, BVergG 2006. Das neue Vergaberecht 2006 (2006); ders, Wichtige Neuerungen im Bundesvergabegesetz 2006, RFG 2006, 3; Elsner/Keisler/Hahnl, Vergaberechtsschutz in Österreich. Kommentierung aller 10 Vergabenachprüfungsgesetze in systematischer Gesamtdarstellung (2004); Fink, Änderungen im Vergaberechtsschutz, ecolex 2006, 100; Fruhmann, Das Agreement on Government Procurement (GPA), ecolex 1996, 64; Gast, Das österreichische Vergaberecht (2002); Gruber/Hartlieb/Stief, Schwellenwerte – Verordnung 2005, Rechtsprechung des OGH in Kürze, UVS OÖ zum Ersatz der Pauschalgebühren, Inhouse-Vergabe und Abgrenzung Dienstleistungsauftrag – Dienstleistungskonzession, EuGH zur Vorarbeitenproblematik, Aktivlegitimation von Bietergemeinschaften und

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266

Recht der öffentlichen Auftragsvergabe

deren einzelner Mitglieder, ZVB 2005, 32; Heid & Partner Rechtsanwälte/Preslmayr Rechtsanwälte (Hrsg), Handbuch des Vergaberechts2 (2004); Hoffer/Barbist/Innerhofer, Bundesvergabegesetz 2006 (2006); Hoffer/Innerhofer, Umgehung des Vergaberechts bei PPPs?, ecolex 2006, 80; Holoubek/Fuchs/Weinhandl, Vergaberecht (2005); Hornbanger, Kann man dem BVergGgeber 2006 noch vergeben?, ecolex 2006, 95; Kahl, Der öffentliche Personennahverkehr auf dem Weg zum Wettbewerb (2005); Korinek, Vergaberecht, in Raschauer (Hrsg), Österreichisches Wirtschaftsrecht2 (2003) 313; Öhler/Schramm, Europäisches und internationales Vergaberecht, in Schramm et al (Hrsg), Bundesvergabegesetz 2002. Kommentar (2004) 1; Raschauer (Hrsg), Österreichisches Wirtschaftsrecht2 (2003); Sachs/Hahnl, Das neue Bundesvergaberecht 2006. Leitfaden für Länder und Gemeinden (2006); Schnitzer, Zehn Jahre WTO-Abkommen über das öffentliche Beschaffungswesen (GPA). Are the rules effective?, ZVB 2006, 5; Schramm et al (Hrsg), Bundesvergabegesetz 2002. Kommentar (2004); Steiner/Röblreiter/Windisch, BVergG 20062 (2006); Stempkowski/Hesse, EU-Vergaberecht 2005: Ein Jahr der Entscheidungen..., RFG 2006, 2; Wilhelm, Vierundzwanzig Eurofighter –, da waren's nur noch ..., ecolex 2003, 477; Wimmer/Arnold, Wirtschaftsrecht in Österreich und seine europarechtliche Integration2 (1998).

1.

Grundlagen des Vergaberechts

a)

Der öffentliche Auftrag

aa) Der Staat als Nachfrager am Markt Der Staat beeinflusst den Wettbewerb nicht nur als Gesetzgeber, der die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft schafft, sondern auch selbst als anbietender und nachfragender Marktteilnehmer. Den im Zuge der Erfüllung seiner öffentlichen Aufgaben entstehenden Bedarf an Sachgütern und Dienstleistungen deckt der Staat zu einem Teil durch Eigenleistungen (etwa durch Regiebetriebe oder öffentliche Unternehmen, s dazu Pkt H.) sowie – in weit geringerem Ausmaß – durch zwangsweise Beschaffung (zB Enteignung) ab. Den Großteil der benötigten Wirtschaftsleistungen beschafft er sich allerdings wie ein Privater auf dem Markt: Er kauft Grundstücke, Geräte, Büromaterial, lässt Gebäude oder Straßen errichten und verwalten, mietet Räumlichkeiten, least PKW’s oder nimmt Finanzdienstleistungen in Anspruch. Dazu schließt er mit den anbietenden Unternehmen privatrechtliche Verträge (zB Kauf-, Werk-, Miet-, Leasingverträge). Die öffentliche Nachfrage hat im europäischen Binnenmarkt eine enorme Bedeutung: In Summe erreicht sie eine Höhe von ca 16,3% des BIP der (EU-15)Mitgliedstaaten – oder insgesamt ca Eur 1.500 Mia. Im Jahr 1988 wurden etwa vom öffentlichen Sektor in Österreich Aufträge im Wert von 207 Mia Schilling (ca Eur 15 Mia) vergeben, im Jahr 1999 in Höhe von ca Eur 35 Mia, was 17,9% des BIP entspricht. Im Jahr 2002 betrug dieser Wert noch 16,49% des BIP. bb) Öffentliche Auftragsvergabe als Regelungsgegenstand Das Recht der öffentlichen Auftragsvergabe (Vergaberecht) bezieht sich auf die Beschaffungen von Waren und Dienstleistungen seitens staatlicher Stellen

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Grundlagen des Vergaberechts

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(Bund, Länder und Gemeinden) oder staatsnaher Einrichtungen (zB öffentliche Unternehmen, Sozialversicherungsträger) durch die Vergabe öffentlicher Aufträge. Es betrifft also den Staat als Nachfrager von Waren und Dienstleistungen am Markt. Konkret wird unter einem öffentlichen Auftrag ein privatrechtlicher Vertrag verstanden, in dem sich ein Unternehmer zu einer bestimmten Leistung und der öffentliche Auftraggeber zu einem bestimmten Entgelt verpflichten. Die Vergabe eines öffentlichen Auftrags zählt dementsprechend nicht zur hoheitlichen Tätigkeit der Verwaltung, sondern zur Privatwirtschaftsverwaltung, da der Staat in rechtlich gleich geordneter Weise zu den anbietenden Unternehmern auftritt. Demgegenüber stellt etwa die bescheidmäßige Konzessionsvergabe keinen öffentlichen Auftrag dar, da sie hoheitlich erfolgt. Dem Abschluss des Vertrags geht allerdings idR ein bestimmtes Verfahren (Ausschreibung, Angebotsstellung und Zuschlag) voraus, das durch das Vergaberecht normiert wird. Der Staat ist also bei seinen Beschaffungen am Markt hinsichtlich Leistungsinhalt und Wahl des Vertragspartners nicht frei wie ein privater Unternehmer, sondern muss vor dem Abschluss des privatrechtlichen Vertrags ein bestimmtes, öffentlich-rechtlich normiertes Prozedere einhalten. b)

Ziele des Vergaberechts

aa) Wettbewerb und Bedarfsdeckung Das Ziel des Vergaberechts besteht dabei darin, die staatliche Nachfragemacht derart zu kanalisieren, dass sie zur Verstärkung bzw Herstellung von Wettbewerb auf den öffentlichen Beschaffungsmärkten (Pkt bb.) und – durch die vom Wettbewerb bewirkte Steigerung der Qualität sowie Dämpfung der Preise – zu einer optimalen Deckung des staatlichen Bedarfs (Pkt cc.) führt. Hier schließt sich also wieder der Kreis zum globalen Ziel der Wettbewerbssicherung. Ein intensivierter und fairer Wettbewerb liegt nicht nur im Interesse der Marktteilnehmer, sondern auch im Interesse der Volkswirtschaft, da mit diesem idR eine Wohlfahrtssteigerung verbunden ist. Neben Wettbewerbssicherung und optimaler Bedarfsdeckung als wesentlichste Ziele bilden die Sicherung von Beschäftigung, von Sozialstandards sowie die „Grüne“ Vergabe ergänzende (vergabefremde) Ziele. So werden idR Bieter vom Vergabeverfahren ausgeschlossen, denen schwere Verfehlungen gegen die Bestimmungen des Arbeits- und Sozialrechts anzulasten sind. Die „Grüne“ Vergabepolitik richtet ihre Aufmerksamkeit auf die Nachhaltigkeit des Wachstums. Neben kurz- und mittelfristigen ökonomischen Aspekten können dementsprechend auch langfristige Nachhaltigkeitsaspekte bei Vergaben berücksichtigt werden (vgl dazu die „Nachhaltigkeitsrechtsprechung“ des EuGH Rs C-513/99, Slg 2002, I-7213, Rn 69, Helsinki Bus; EuGH Rs C-448/01, Slg 2003, I-14527, Rn 31 ff, Wienstrom). bb) Verstärkung bzw Herstellung von Wettbewerb Der Staat verfügt als Nachfrager über eine besonders starke Machtposition (bis hin zu einem Nachfragemonopol, etwa im Bereich des Tiefbaus: Bau von Brü-

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Recht der öffentlichen Auftragsvergabe

cken, Straßen, Tunnels) und ist den anbietenden Unternehmen, die idR im Wettbewerb zueinander stehen, weitaus überlegen. Das Marktungleichgewicht kann eine missbräuchliche Ausnutzung der Nachfragemacht und unfaire, insb wettbewerbsbeschränkende Verhaltensweisen auf Unternehmerseite zur Folge haben. Es bedarf daher bestimmter Regeln, um das Marktungleichgewicht zwischen staatlichen Nachfragern und Anbietern auszugleichen sowie einen fairen Wettbewerb unter den Bietern zu gewährleisten (Ausgleich des Marktungleichgewichts, Sicherung eines fairen Wettbewerbs). Ziel ist also die Herstellung marktähnlicher Verhältnisse und der Schutz bzw die Errichtung eines funktionsfähigen Wettbewerbs im öffentlichen Beschaffungswesen. Die öffentliche Hand tendiert idR aus politischen Gründen oder wegen der persönlichen Nähe dazu, Anbieter aus ihrer näheren Umgebung zu beauftragen und so Unternehmen aus anderen Ländern oder Regionen zu übergehen. Damit werden unfaire Bedingungen für die Anbieter geschaffen und es wird jenen Unternehmen, die sich der Beauftragung sicher sein können, der Anreiz zu Innovation und Kostenminimierung genommen. Insgesamt führt dies zu einer Einschränkung der Effizienz der Märkte und zugleich zu einer erhöhten Belastung des aus Steuergeldern finanzierten öffentlichen Budgets. Das Vergabeverfahren simuliert einen marktkonformen Wettbewerb, indem den Anbietern die gleichen Zutrittsmöglichkeiten zum öffentlichen Beschaffungsmarkt sowie die gleichen Chancen auf die Auftragserteilung gewährt werden. Aufgrund der Transparenz der Verfahren und des Abbaus von Marktzutrittsbeschränkungen ist damit auch die Bieterseite zu einem fairen Leistungswettbewerb gezwungen. Die Einhaltung der Bestimmungen des Vergaberechts wird zudem durch die den Bietern gewährten Rechtsschutzmöglichkeiten gesichert. cc) Optimale Bedarfsdeckung Ein weiteres – eng zusammenhängendes – Ziel ist die Erreichung eines optimalen Kosten-Nutzenverhältnisses für Beschaffungen seitens des Staats. Der Staat tritt zwar in privatrechtsförmiger Weise auf, doch unterscheidet sich sein wirtschaftliches Verhalten typischerweise von jenem Privater. Im Besonderen gibt es für den Staat keine Wirtschaftlichkeitskontrolle durch den Markterfolg. Eine wirtschaftliche, sparsame und zweckmäßige Beschaffung kann somit nur durch ein formalisiertes Verfahren erreicht werden, in dem die Anbieter in einen Leistungswettbewerb zueinander treten und der Bestbieter nach objektiven, nachvollziehbaren Kriterien den Zuschlag erhält (ökonomische Auftragsvergabe, Effizienzprinzip oder „best value for public money“). Durch leistungsfähige Beschaffungssysteme kann der Staat beträchtliche Einsparungen erzielen, die letztlich dem Steuerzahler zugute kommen. Insb durch die rein sachliche Beurteilung der Bieter und Angebote, durch die Feststellung angemessener, marktgerechter Preise im Wettbewerb und durch das Best(Billigst)Bieterprinzip sollen die Beschaffungssysteme leistungsfähiger und öffentliche Mittel effizienter eingesetzt werden. Überdies kann so das volkswirtschaftlich schädliche Betrugs- und Korruptionsrisiko vermindert werden.

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Grundlagen des Vergaberechts

c)

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Rechtsquellen des Vergaberechts

aa) Völkerrechtliche Grundlagen Von der zunehmenden Verschränkung der grenzüberschreitenden wirtschaftlichen Beziehungen sind auch die (bisher) weitgehend abgeschotteten nationalen Beschaffungsmärkte betroffen. Der Einbezug dieser Märkte in das WTOSystem wurde durch den Abschluss des Übereinkommens über das öffentliche Auftragswesen (Agreement on Government Procurement – GPA) im Rahmen der Uruguay-Runde bewerkstelligt, das den sog GATT-Beschaffungskodex ablöste und am 1.1.1996 in Kraft trat. Es bindet als plurilaterales Abkommen nur jene Mitgliedstaaten, die es ratifiziert haben (EG und ihre Mitgliedstaaten, Norwegen, Schweiz, Vereinigte Staaten, Hongkong China, etc). Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass nach hM die EG das Abkommen lediglich hinsichtlich des Warenverkehrs abgeschlossen hat und die übrigen Bereiche, Dienstleistungen und Bauleistungen, den einzelnen Mitgliedstaaten überlassen bleiben. Für Österreich, das das Abkommen nicht ratifiziert hat, ergibt sich daraus wohl, dass das GPA in den letztgenannten Bereichen (Bau- und Dienstleistungen) nicht relevant ist (strittig, vgl dazu Schnitzer). Neben dem GPA beinhalten auch andere Abkommen vergaberechtliche Bestimmungen, die einen wechselseitigen Zugang zu den nationalen Beschaffungsmärkten gewährleisten. Dazu zählen etwa das EWR-Abkommen, das EFTA-Abkommen, die Assoziierungsabkommen (Europaabkommen) der EG mit Bulgarien und Rumänien sowie weitere bilaterale Abkommen der Gemeinschaft (zB EG – USA, EG – Schweiz, EG – Mexiko). Beispiel: Das EWR-Abkommen bewirkt, dass Unternehmer aus den EWR- und damit auch aus den EFTA-Mitgliedstaaten Norwegen, Island, Liechtenstein den österreichischen Unternehmen gleichgestellt sind und vice versa. Diese Unternehmen können dementsprechend gleichberechtigt mit den inländischen am jeweils anderen Beschaffungsmarkt als Bieter auftreten und gegebenenfalls Rechtsschutz in Anspruch nehmen.

bb) Gemeinschaftsrechtliche Grundlagen Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben für die Vergabe öffentlicher Aufträge ergeben sich bereits aus dem Primärrecht. Die bedeutendsten Normen sind hierbei Art 12 EGV (allgemeines Diskriminierungsverbot), Art 28 EGV (Warenverkehrsfreiheit), Art 43 EGV (Niederlassungsfreiheit) und Art 49 EGV (Dienstleistungsfreiheit). Ein funktionierender gemeinschaftsweiter Beschaffungsmarkt konnte allerdings nicht allein durch die Liberalisierungspflichten der Grundfreiheiten herbeigeführt werden. Der Gemeinschaftsgesetzgeber entschloss sich deswegen zu einer Harmonisierung des Vergaberechts durch RL. Zu den derzeit in Kraft stehenden sekundärrechtlichen Vorschriften zählen zwei materielle RL, die die Vergaberechtsvorschriften der Mitgliedstaaten vereinheitlichen, eine gemeinschaftsweite Ausschreibung vorsehen und die vormaligen vier EinzelRL erset-

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Recht der öffentlichen Auftragsvergabe

zen sowie zwei RechtsmittelRL, die für den Vergaberechtsschutz gemeinschaftsweite Grundstandards normieren. Im Einzelnen sind dies: – Die Bau-, Liefer- und DienstleistungskoordinierungsRL (Richtlinie für den sog klassischen Bereich; horizontale Richtlinie), – die SektorenRL für Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und – die zwei RechtsmittelRL für den klassischen und den Sektorenbereich. cc) Innerstaatliche Rechtsgrundlagen In Österreich bestanden zunächst überhaupt keine, dann weitgehend zersplitterte und zudem unzureichende gesetzliche Bestimmungen über die Vergabe öffentlicher Aufträge. Trotz der schon weit zurückreichenden Forderung nach einer gesetzlichen Regelung sollte eine solche erst in den 1990ern erfolgen. Verfahrensnormen ergaben sich zuvor aus der (an sich unverbindlichen) ÖNORM A 2050 vom 30.3.1957 des Österreichischen Normungsinstituts, der „schwerhörigen und altersblinden Großmutter“ (Wilhelm) aller Vergabevorschriften. Diese wurde mit Ministerratsbeschluss vom 18.6.1963 sowie durch interne Erlässe bzw VerwaltungsV der Bundesminister für ihre jeweiligen Ressorts für verbindlich erklärt. Daraus ergaben sich freilich nur rein verwaltungsinterne Bindungswirkungen und keinesfalls, für ein effizientes Auftragswesen notwendige, subjektive Rechte der Bieter. Gesetzlich geregelt wurde das Vergaberecht erstmals – in Hinblick auf den EWR- bzw EU-Beitritt – mit dem BVergG 1993 (BundesvergabeG 1993, BGBl 1993/462). Dieses galt allerdings zum einen nur für größere Aufträge oberhalb bestimmter Schwellenwerte und war zum anderen noch von einer strikten kompetenzrechtlichen Zweiteilung zwischen Bund und Ländern geprägt. Dementsprechend erfasste das BVergG 1993 nur Auftragsvergaben durch den Bund oder dem Bund zurechenbare Einrichtungen, während hinsichtlich öffentlicher Aufträge von Ländern und Gemeinden eigene LandesvergabeG erlassen wurden. Eine zumindest materielle Vereinheitlichung des Vergaberechts wurde mit dem BVergG 2002 (BGBl I 2002/99) erreicht. Dieses bezog alle öffentlichen Auftraggeber in seinen Anwendungsbereich ein und war dementsprechend nicht mehr nur auf Bundesvergaben beschränkt. Zudem galt es auch für Vergaben unterhalb der Schwellenwerte. Die Regelung des Rechtsschutzes blieb allerdings weiterhin zwischen Bund und Ländern gespalten. Das BVergG 2002 wurde mit 1.2.2006 durch das BVergG 2006 (BGBl I 2006/17 idF BGBl II 2006/193 [Beitragsanpassung durch SchwellenwerteV]) abgelöst. Unmittelbarer Anlass für das neue Gesetz war die Umsetzung der RL 04/17/EG und RL 04/18/EG, die Anpassung an die neuere EuGHRechtsprechung, die Abschaffung gewisser Besonderheiten des österreichischen Vergaberechts (zB Abschaffung der Bundes-Vergabekontrollkommission) und nicht zuletzt die Verbesserung der Lesbarkeit und die Reduktion von Verweisungen. Beibehalten bleibt nach wie vor die verfassungsgesetzlich normierte Gesetzgebungskompetenz der Länder zum Erlass von Landesvergabenachprüfungsgesetzen (Rechtsschutz). Deswegen existieren noch immer – bedauerlicherweise – zusätzlich zum (materiellen) BVergG 2006 neun Vergaberechtsschutzgesetze.

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Internationales Vergaberecht

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dd) Überblick über die wesentlichen Rechtsgrundlagen Völkerrecht

GPA (Government Procurement Agreement) Weitere Abkommen (zB EWR-Abkommen, Assoziierungsabkommen)

Gemeinschaftsrecht

Primäres Gemeinschaftsrecht (Diskriminierungsverbot, Grundfreiheiten gem EGV) Sekundäres Gemeinschaftsrecht: Materielle RL: – RL über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge, sog horizontale oder „klassische“ RL 04/18/EG, ABl 2004 L 134/114 idF VO 2083/05/EG, ABl 2005 L 333/28). – RL zur Koordinierung der Zuschlagserteilung durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste, sog SektorenRL 04/17/EG, ABl 2004 L 134/1 idF VO 2083/05/EG, ABl 2005 L 333/28). RechtsmittelRL: – Allgemeine RechtsmittelRL 89/665/EWG, ABl 1989 L 395/33 idF RL 92/50/EWG, ABl 1992 L 209/1. – SektorenrechtsmittelRL 92/13/EWG, ABl 1992 L 76/14.

Nationales Recht

BVergG 2006 seit 1.2.2006 (BGBl I 2006/17 idF BGBl II 2006/193 [Beitragsanpassung durch SchwellenwerteV]) und Neun LandesvergaberechtsschutzG

2.

Internationales Vergaberecht

a)

Anwendungsbereich des GPA

aa) Unterschiedliche Liberalisierungsgrade Die Regelungen über den Anwendungsbereich des GPA gestalten sich äußerst komplex. Dies liegt daran, dass es sich um ein Abkommen auf Basis der Reziprozität handelt, dessen persönlicher und sachlicher Anwendungsbereich stark von den Zugeständnissen der jeweiligen Vertragspartner abhängig ist. Die unterschiedlichen Liberalisierungsgrade zwischen den Vertragsparteien werden dabei aus den Annexen zum GPA ersichtlich, die noch zusätzlich laufenden Änderungen unterliegen. bb) Sachlicher Anwendungsbereich Das Abkommen gilt grundsätzlich – in Übereinstimmung mit dem EGVergaberecht – für Liefer-, Dienstleistungs- und Bauaufträge (sachlicher Anwendungsbereich). Allgemein gilt, dass die Zugeständnisse im Bereich der Liefer- und Bauaufträge als umfassend zu bezeichnen sind, während jene für Dienstleistungen erheblich geringer ausfielen.

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Recht der öffentlichen Auftragsvergabe

Den Lieferungen liegt das „Negativlistenmodell“ zugrunde, nach dem prinzipiell jede Warenart vom GPA umfasst ist, die nicht ausdrücklich von dessen Anwendungsbereich ausgenommen ist. Demgegenüber ist für Dienstleistungen das „Positivlistenmodell“ maßgeblich. Demnach sind nur solche Dienstleistungen umfasst, die in einem der Annexe explizit genannt sind. Auch hinsichtlich der Bauaufträge regelt jeder Mitgliedstaat den Umfang seiner Zugeständnisse selbst. cc) Persönlicher Anwendungsbereich Grundsätzlich gilt das GPA nur für öffentliche Beschaffungsstellen. Welche Auftraggeber konkret vom GPA erfasst werden, ergibt sich ebenfalls aus seinen Anhängen. In diesen werden bestimmte zentrale, regionale und lokale Beschaffungsstellen sowie Auftraggeber im Sektorenbereich (Wasser, Energie, städtische Verkehrsversorgung) genannt. Überhaupt nicht erfasst ist ua der Telekommunikations- und Eisenbahnsektor sowie der Öl- und Gassektor. Österreich hat sämtliche Ministerien sowie generell unterhalb der Ebene der Zentralregierung angesiedelte Stellen, die nicht industriell oder kommerziell tätig werden, in die Liste aufgenommen. dd) Schwellenwerte Das GPA kommt überdies nur zur Anwendung, soweit bestimmte Schwellenwerte erreicht oder überschritten werden. Die Höhe der Schwellen richtet sich, wie bei den Vergaberichtlinien, zunächst nach der Auftragsart. Sie sind allerdings auch hier nicht einheitlich, sondern wurden von den Vertragspartnern einzeln ausgehandelt. Grundsätzlich beträgt der Schwellenwert für öffentliche Liefer- und Dienstleistungsauftrage SZR 130.000,–, auf Ebene unterhalb der Zentralregierung SZR 200.000,–. Demgegenüber wurde der Wert für Sektorenauftraggeber mit SZR 400.000,– festgelegt, während jener für Bauaufträge stark variiert (für die EU-Mitgliedstaaten gilt zB ein Wert von SZR 5.000.000,–, für Japan und Korea teilweise der dreifache Wert). b)

Grundsätze, Verfahren und Rechtsschutz

aa) Grundsätze Das GPA basiert auf den Grundsätzen der Transparenz, der Inländergleichbehandlung und Meistbegünstigung. Fällt die Leistung, der Auftraggeber und das Auftragsvolumen in den Anwendungsbereich des GPA, so ist die Leistung gem den Bestimmungen des Abkommens in einem – von den Vertragstaaten benannten – Publikationsmedium auszuschreiben. Nach dem Grundsatz der Inländergleichbehandlung ist es einem Vertragspartner des Abkommens untersagt, Waren und Dienstleistungen eines anderen Vertragspartners ungünstiger zu behandeln als inländische Waren und Dienstleistungen. Zudem ist es untersagt, inländische Unternehmen auf Grundlage der Herkunft der Waren bzw Dienstleis-

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Internationales Vergaberecht

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tungen zu diskriminieren wie es auch verboten ist, ausländische Waren und Dienstleistungen untereinander ungleich zu behandeln (Meistbegünstigung). bb) Verfahren Das GPA kennt drei Vergabeverfahren: – das vom GPA favorisierte offene Verfahren (open procedure), – das selektive Verfahren (selective tendering procedure) und – das beschränkte Verfahren (limited tendering procedure). Alle drei Verfahren entsprechen im Wesentlichen jenen auf gemeinschaftsbzw nationalrechtlicher Ebene. Beim offenen Verfahren ist es allen Bietern gestattet, Angebote einzureichen, was ein großes Maß an Transparenz mit sich bringt. Beim selektiven Verfahren steht die Angebotslegung nur denjenigen Bietern zu, die zuvor von der Beschaffungsstelle dazu aufgefordert wurden. Demgegenüber kontrahiert der Auftraggeber beim beschränkten Verfahren direkt mit einem Anbieter, ohne die Vergabe vorher veröffentlicht zu haben. Ein solches ist dabei nur unter besonderen Umständen (zB bei besonderer Dringlichkeit) möglich. Als Zuschlagskriterium gilt der niedrigste Preis oder das vorteilhafteste Angebot. cc) Rechtsschutz Das GPA verpflichtet die Vertragsstaaten auch für einen angemessenen Rechtsschutz gegen Handlungen von Auftraggebern zu sorgen, die dem Abkommen entgegenstehen. Die Signatarstaaten müssen ein sog Widerspruchsverfahren vor einem Gericht oder einer unparteiischen und unabhängigen Prüfungsinstanz einrichten. Die Verpflichtung zur Einrichtung eines derartigen Verfahrens stellt im Rahmen der WTO ein Novum dar und ist gleichzeitig als einer der Kernpunkte des Abkommens aufzufassen. Schließlich trägt das Widerspruchsverfahren wesentlich zur effektiven Umsetzung des Abkommens bei, indem es jedem einzelnen, an einer Vergabe iSd GPA interessierten Unternehmer Zugang zu nationalen Rechtsschutzeinrichtungen gewährt. In einem solchen Verfahren kann das Gericht bzw die unabhängige Prüfungsinstanz die Rechtsverletzung korrigieren (Aufhebung oder Nichtigerklärung), einstweilige Verfügungen erlassen oder gegebenenfalls Schadenersatz zusprechen. Neben den Bestimmungen über das Widerspruchsverfahren gelten noch jene über das WTO-Streitbeilegungssystem. Zu dessen Aktivierung sind allerdings nur die Regierungen der Vertragsstaaten legitimiert. dd) Unmittelbare Anwendbarkeit des GPA in der Gemeinschaft? Der EuGH nimmt – wie bereits besprochen – eine unmittelbare Anwendbarkeit des WTO-Rechts nur in Ausnahmefällen an. Eine Ausnahme ist die sog „indirekte Direktwirkung“, der zufolge eine Gemeinschaftshandlung am Maßstab des WTO-Rechts geprüft werden kann, wenn die Gemeinschaft eine bestimmte, im Rahmen der WTO übernommene Verpflichtung umsetzt oder die Gemeinschaftshandlung ausdrücklich auf WTO-Recht verweist. Da die gemeinschaftsrechtlichen VergabeRL zT der Umsetzung des GPA dienen, dürfte dem-

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Recht der öffentlichen Auftragsvergabe

entsprechend eine unmittelbare Berufung auf das GPA, das zum größten Teil hinreichend präzise und klar textiert ist, zulässig sein (strittig).

3.

Das europäische Vergaberecht

a)

Primärrechtliche Schranken für die öffentliche Auftragsvergabe

aa) Primärrecht und Vergaberichtlinien Das EG-Vergaberecht ist im Wesentlichen in den einschlägigen RL geregelt. Daneben kommen aber auch die Bestimmungen des Primärrechts, insb die Grundfreiheiten und das allgemeine Diskriminierungsverbot, zur Anwendung. Folgende Besonderheiten gilt es dabei zu beachten: – IdR verdrängen die spezielleren VergabeRL die generellen Bestimmungen des Primärrechts. Letztere sind also nur subsidiär anzuwenden. Innerhalb des Primärrechts wird zudem das allgemeine Diskriminierungsverbot nur hilfsweise dann herangezogen, wenn die Grundfreiheiten nicht greifen. – Besondere Bedeutung kommt den primärrechtlichen Bestimmungen dementsprechend außerhalb des Anwendungsbereichs der VergabeRL, insb bei Auftragsvergaben unter den Schwellenwerten der RL (also im Unterschwellenbereich) und bei der Vergabe von Dienstleistungskonzessionen (vgl EuGH, Rs C-231/03, Slg 2005, I-7287, Coname), zu. – Der Anwendungsbereich des allgemeinen Diskriminierungsverbots und der Grundfreiheiten ist zudem aufgrund des Umstands beschränkt, dass sie nur auf Sachverhalte mit grenzüberschreitendem Bezug anwendbar sind. – Die Grundfreiheiten und das allgemeine Diskriminierungsverbot sind im Gegensatz zu den VergabeRL stets unmittelbar anwendbar (zur unmittelbaren Wirksamkeit der RL vgl gleich unten Pkt b.gg.). Weiters können Abweichungen von den primärrechtlichen Vergabegrundsätzen (Pkt dd.) mit den im Vertrag vorgesehenen Gründen bzw mit sonstigen zwingenden Erfordernissen gerechtfertigt werden. bb) Allgemeines Diskriminierungsverbot Das Diskriminierungsverbot verbietet allgemein jede Bevorzugung inländischer Unternehmen oder Produkte bzw Dienstleistungen gegenüber ausländischen Unternehmen oder Leistungen bei der öffentlichen Auftragsvergabe. Der EuGH wendet Art 12 EGV insb dann an, wenn vergabefremde Entscheidungskriterien herangezogen werden. Darunter werden solche Kriterien verstanden, die nicht unmittelbar mit der staatlichen Nachfragetätigkeit verbunden sind (zB soziale Interessen, Umweltschutz- oder Konsumentenschutzinteressen). Diese können nämlich oft nur unter großen Schwierigkeiten unter die speziellen Grundfreiheiten subsumiert werden. Beispiel: Die Vergabe von öffentlichen Aufträgen nach politischen (vergabefremden) Kriterien ist generell ein umstrittenes Thema. Grundsätzlich soll bei der Vergabe ja nur der „niedrigste Preis“ oder das „wirtschaftlich günstigste Angebot“ Kriterium für den Zuschlag sein, womit insb EU-ausländischen Unternehmen ein

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Das europäische Vergaberecht

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gleichberechtigter Zugang zum inländischen Beschaffungsmarkt gesichert wird. Der EuGH hat sich in seiner Rechtsprechung mit dieser Problematik mehrfach auseinandergesetzt (s EuGH Rs 31/87, Slg 1988, 4635, Beentjes; EuGH Rs C-225/98, Slg 2000, I-7445, Kommission/Französische Republik). Dabei hat er Vergaben unter Berücksichtigung vergabefremder Kriterien (zB Bekämpfung lokaler Arbeitslosigkeit) für zulässig erklärt, soweit sie den Bestimmungen des Diskriminierungsverbots entsprechen. In der Leitentscheidung zur Rs Beentjes stellte der EuGH fest, dass ein Vergabekriterium, nach dem ein potentieller Auftragnehmer eine bestimmte Anzahl von Langzeitarbeitslosen, die bei einem regionalen Arbeitsamt gemeldet sind, beschäftigen müsse, gegen das Diskriminierungsverbot verstoßen kann. Dies ist dann der Fall, wenn dieses Kriterium nur von einheimischen Unternehmern bzw von den ausländischen Bietern nur unter größten Schwierigkeiten erfüllt werden könnte. Darüber hinaus müssen öffentliche Auftraggeber – falls sie bei der Erteilung des Zuschlags nicht ausschließlich das Kriterium des niedrigsten Preises anwenden, sondern sich auf verschiedene Kriterien stützen – diese Kriterien entweder in der Bekanntmachung der Ausschreibung oder in den Verdingungsunterlagen angeben.

cc) Grundfreiheiten Der EuGH hat in einer Reihe von Fällen immer wieder auf die Grundfreiheiten zurückgegriffen. Häufig hatte er Sachverhalte zu beurteilen, die mit mehreren Grundfreiheiten gleichzeitig in Konflikt gerieten. Zu diesen zählen etwa die Schaffung administrativer Hürden für ausländische Bieter oder die Herkunft der Waren bzw die Staatsangehörigkeit der eingesetzten Arbeitnehmer als Zuschlagskriterium. Beispiel: Rs Storebaelt (EuGH Rs C-243/89, Slg 1993, I-3353) Ein dänischer Auftraggeber hatte in einer Ausschreibung zum Bau einer Brücke über den Storebaelt eine Klausel aufgenommen, nach der der potentielle Auftragnehmer dänische Baustoffe, Verbrauchsgüter, Arbeitskräfte und Geräte für das Vorhaben zu verwenden habe. Der EuGH stellte fest, dass diese Klausel mit der Waren- und Dienstleistungsfreiheit sowie der Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art 28, 39 und 49 EGV) unvereinbar ist.

dd) Mindeststandards für die Vergabe öffentlicher Aufträge Der EuGH leitet gewisse Mindeststandards für die Vergabe öffentlicher Aufträge aus dem Primärrecht ab, die unabhängig von den VergabeRL gelten und vor den nationalen Gerichten durchsetzbar sind (insb bei Vergaben unter den Schwellenwerten oder bei Dienstleistungskonzessionen). Konkret hat der Auftraggeber zugunsten der potentiellen Bieter bei der öffentlichen Beschaffung – Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit zu unterlassen (Diskriminierungsverbot). Aus dem Diskriminierungsverbot ergibt sich die Pflicht, – die Fairness und die Gleichbehandlung aller Bieter im Verfahren sicherzustellen und insb – für einen angemessenen Grad von Öffentlichkeit zu sorgen, der den Beschaffungsmarkt für den Wettbewerb öffnet und eine Nachprüfung dahin-

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Recht der öffentlichen Auftragsvergabe

gehend ermöglicht, ob die Vergabeverfahren unparteiisch durchgeführt wurden (Transparenzgebot, vgl ua EuGH Rs C-324/98, Slg 2000, I-10745, Telaustria). b)

Sekundäres Gemeinschaftsrecht: Die materiellen Vergaberichtlinien

aa) Harmonisierung des Vergaberechts Die primärrechtlichen Mindeststandards reichen allerdings nicht hin, allen Unternehmen den gleichen Zugang zu den öffentlichen Beschaffungsmärkten der Mitgliedstaaten zu sichern. Die nationalen Vergaberechtsordnungen wurden deswegen durch RL umfassend harmonisiert und die innerstaatlichen Beschaffungsmärkte für den Wettbewerb geöffnet. Der entscheidende Vorteil der mittlerweile mehrfach novellierten RL gegenüber dem Primärrecht liegt darin, dass sie auch Wirkung für nicht grenzüberschreitende Sachverhalte zeitigen. bb) Sachlicher Anwendungsbereich: Bau-, Liefer-, und Dienstleistungsaufträge Von den RL werden nur öffentliche Aufträge, also zweiseitige Verträge über die entgeltliche Erbringung von Leistungen, erfasst. Inhaltlich sind die VergabeRL auf öffentliche Bau(konzessions)-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge anzuwenden. Nicht erfasst sind Dienstleistungskonzessionen, also das ausschließliche Recht des Dienstleistungserbringers, unter eigenem Risiko seine im öffentlichen Interesse liegende Leistung zu verwerten (EuGH Rs C-324/98, Slg 2000, I-10745, Telaustria und EuGH Rs C-231/03, Slg 2005, I-7287, Coname; für diese gelten aber die Grundsätze des Primärrechts). Während die klassische RL (Bau-, Liefer- und DienstleistungskoordinierungsRL) diese Aufträge allgemein für alle öffentlichen Auftraggeber erfasst (horizontale Richtlinie), regelt die SektorenRL die öffentliche Vergabe in Bezug auf bestimmte Wirtschaftsbereiche (Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie Postdienste). cc) Persönlicher Anwendungsbereich: Öffentliche Auftraggeber Beide VergabeRL finden auf Beschaffungen von öffentlichen Auftraggebern Anwendung. Es muss sich dabei also um den Staat oder um eine staatsnahe Einrichtung handeln. Der EuGH versteht den Begriff des öffentlichen Auftraggebers dabei nicht in einem organisatorischen, sondern in einem funktionellen Sinn. Unter den Staatsbegriff lassen sich auch solche Auftraggeber subsumieren, die zwar nicht förmlich Bestandteil der staatlichen Verwaltung sind, aber letztlich für bzw im Namen des Staats oder der Gebietskörperschaft tätig werden (EuGH Rs 31/87, Slg 1988, 4635, Beentjes). Diese weite Auslegung hat allerdings mit der Einführung der „Einrichtungen des öffentlichen Rechts“ an Bedeutung verloren. Öffentliche Auftraggeber sind nach der klassischen VergabeRL – der Staat und seine Gebietskörperschaften, – Einrichtungen des öffentlichen Rechts und – Verbände, die aus solchen Körperschaften oder Einrichtungen bestehen. Eine Einrichtung des öffentlichen Rechts, womit insb ausgegliederte Rechtsträger mit eigener Rechtspersönlichkeit angesprochen sind, liegt dann

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Das europäische Vergaberecht

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vor, wenn dessen operative Entscheidungen und Tätigkeiten von anderen öffentlichen Auftraggebern beeinflusst werden können. Insgesamt müssen drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt werden, damit ein Auftraggeber als Einrichtung des öffentlichen Rechts gelten kann: – Die Einrichtung ist zu dem besonderen Zweck gegründet worden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben, die nicht gewerblicher Natur sind, zu besorgen. – Sie besitzt eigene Rechtspersönlichkeit (privat- oder öffentlich-rechtlicher Natur). – Sie wird überwiegend vom Staat, von den Gebietskörperschaften oder von anderen Einrichtungen des öffentlichen Rechts finanziert oder sie unterliegt hinsichtlich ihrer Leitung der Aufsicht durch Letztere oder die Mitglieder ihres Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgans werden mehrheitlich vom Staat, von den Gebietskörperschaften oder von anderen Einrichtungen des öffentlichen Rechts ernannt (Beherrschung). Die SektorenRL ist hinsichtlich des persönlichen Anwendungsbereichs weiter als die klassische RL. Dies ergibt sich daraus, dass hier die Vergabe in ganz bestimmten Wirtschaftsbereichen abschließend geregelt werden soll. Maßgeblich kommt es darauf an, ob der Auftraggeber in den bezeichneten Sektoren tätig ist (tätigkeitsbezogener Auftraggeberbegriff). Dementsprechend werden neben den oa öffentlichen Auftraggebern auch mit Ausschließlichkeitsrechten bzw besonderen Rechten ausgestattete private Unternehmen, soweit sie jeweils in den fraglichen Wirtschaftssektoren (Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie Postdienste) tätig sind, erfasst. Im Gegenzug gelten gegenüber der klassischen RL gewisse Erleichterungen für Sektorenauftraggeber. dd) Schwellenwerte Die vergaberechtlichen Bestimmungen des Sekundärrechts sind wie jene des GPA nur dann anwendbar, wenn bestimmte Schwellenwerte bei der Auftragsvergabe überschritten werden (vgl dazu VO 2083/05/EG, ABl 2005 L 333/28). Unterhalb dieser Schwellenwerte ergeben sich vergaberechtliche Verpflichtungen für den Auftraggeber allein aus dem Primärrecht. – Für einen Bauauftrag (alle Auftraggeber und für Baukonzessionsverträge) ist eine Schwelle von Eur 5,278 Mio vorgesehen. – Bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen von zentralen Beschaffungsstellen sieht die horizontale RL Eur 137.000,–, für andere öffentliche Auftraggeber Eur 211.000,– vor. Für Auftraggeber im Sektorenbereich gelten diesbezüglich höhere Schwellen (Eur 422.000,–). ee) Sonderfall: „In-House-Vergabe“ Dem Vergaberecht unterliegen nur entgeltliche Verträge, die zwischen einem öffentlichen Auftraggeber und einer von diesem verschiedenen Rechtsperson abgeschlossen werden. Es bedarf also maW einer externen, vertraglichen Leistungsbeziehung. Nicht in den Anwendungsbereich sowohl des primärrechtlichen wie auch des sekundärrechtlichen Vergaberegimes fällt dementsprechend eine sog „In-House-Vergabe“ (In-House-Privileg). Dies gilt also insb auch für die nur vom Primärrecht erfassten öffentlichen Dienstleistungskonzessionen.

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Recht der öffentlichen Auftragsvergabe

Eine „In-House-Vergabe“ liegt dann vor, wenn ein öffentlicher Auftraggeber eine Leistung mit seinen eigenen administrativen, technischen oder sonstigen Mitteln erfüllt (etwa durch seine eigenen Dienststellen) und es dementsprechend zu keinem Vertragsschluss kommt. Kurz: Bleibt die Leistungserbringung „im Hause“, so kommen die Vergaberichtlinien nicht zur Anwendung und dem öffentlichen Auftraggeber bleibt der Aufwand der Durchführung eines Vergabeverfahrens erspart. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass es einem öffentlicher Auftraggeber durch das Vergaberecht nicht erschwert werden soll, Leistungen wie ein privates Konzernunternehmen selbst herzustellen oder durch ihm in besonderer Weise verbundene Unternehmen erbringen zu lassen. Fehlt es allerdings an einer besonderen Verbundenheit, so müssen die Bestimmungen des Vergaberechts wiederum herangezogen werden. Die Frage, ob eine „In-House-Vergabe“ vorliegt oder nicht, stellt sich also insb dann, wenn der beauftragte Leistungserbringer ausgegliedert wurde und damit eine von der Gebietskörperschaft unterscheidbare Einrichtung darstellt. In einem solchen Fall spricht man auch von einer „Quasi-In-House-Vergabe“, da sich der Vergabevorgang außerhalb des Verwaltungsbereichs abspielt und ein Vertragsschluss zwischen auftraggebender Gebietskörperschaft und ausgegliederter Einrichtung zumindest möglich ist. Zu dieser Frage liegen mehrere Entscheidungen des EuGH vor, in denen er die Voraussetzungen für eine vergaberechtsbefreite „Quasi-In-House-Vergabe“ festlegt hat. In der Grundlagenentscheidung zur Rs Teckal (EuGH Rs C-107/98, Slg 1999, I-8121) führte der EuGH aus, dass eine „Quasi-In-House-Vergabe“ dann vorliegt, wenn – der öffentliche Auftraggeber (Gebietskörperschaft) über den Auftragnehmer eine Kontrolle wie über seine eigenen Dienststellen ausübt und – wenn der Auftragnehmer im Wesentlichen seine Tätigkeit für den bzw die öffentlichen Auftraggeber entfaltet, die seine Anteile innehaben. Nach dieser Rechtsprechung kommt es also im Wesentlichen auf den Grad der Beherrschung und das Ausmaß der Leistungserbringung (zuletzt: EuGH 11.5.2006, Rs C-340/04, noch nicht in Slg, Carbotermo) für den öffentlichen Auftraggeber an. Allerdings hatte der EuGH ersteres Merkmal in Teckal nicht näher konkretisiert. Als Konsequenz der Entscheidung wurden zahlreiche ausgegliederte Rechtsträger gegründet, wobei man vielfach bereits die einfache Beteiligungsmehrheit (51%) der öffentlichen Hand an gemischtwirtschaftlichen Unternehmen als ausreichend für die Erfüllung der Voraussetzung der „Kontrolle wie über eine eigene Dienststelle“ ansah. Dementsprechend kam es auch zu einem signifikanten Anstieg von (mutmaßlichen) „In-House-Vergaben“. Der EuGH schob dieser Praxis allerdings im nachfolgenden „Entscheidungsquartett“ (Bauer) zum Beherrschungskriterium und zu Umgehungskonstruktionen einen Riegel vor. – In der ersten einschneidenden Rs Stadt Halle (Rs C-26/03, Slg 2005, I-1, s unten ausführlich im Beispiel) ging es gerade um die Frage, ob eine „InHouse-Vergabe“ auch noch dann vorliegt, wenn am beauftragten Unternehmen – wie oft praktiziert – neben der öffentlichen Hand ein Privater

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bloß minderheitlich beteiligt ist. Dies verneinte der EuGH kategorisch und erklärte damit gleichzeitig die Unzulässigkeit einer ausschreibungsfreien Vergabe an gemischtwirtschaftliche Unternehmen. – Unmittelbar in Anschluss an Stadt Halle schränkte der EuGH in seiner Entscheidung zur Rs Kommission/Spanien (Rs C-84/03, Slg 2005, I-139) den Anwendungsbereich der „In-House-Vergabe“ weiter ein. In diesem Fall ging es nicht um ein gemischtwirtschaftliches Unternehmen, sondern um eine „öffentlich-öffentliche“ Partnerschaft, also um eine Kooperation von Gebietskörperschaften. Solche Partnerschaften können nach Ansicht des EuGH nicht generell vom Vergaberecht ausgenommen werden, sondern nur dann, wenn sie die Teckal-Kriterien erfüllen. Sie unterliegen dementsprechend dann nicht dem Vergaberecht, wenn die auftraggebende öffentliche Stelle über die beauftragte Körperschaft eine Kontrolle wie über eine eigene Dienststelle ausübt und Letztere im Wesentlichen für die Auftraggeberin tätig wird. Gerade in den häufigen Fällen der interkommunalen Zusammenarbeit (zB bei der Abwasserentsorgung und Abfallbeseitigung) dürften diese Voraussetzungen nur schwer zu erfüllen sein. – In der Rs Parking Brixen (Rs C-458/03, Slg 2005, I-8612) erweiterte der EuGH seinen Ansatz von Stadt Halle. Hier stellte er bei der Frage „ähnliche Kontrolle wie über seine eigene Dienststelle“ allerdings nicht auf die Beteiligungsverhältnisse, sondern auf die Marktausrichtung des Auftragnehmers (hier: kommunale Aktiengesellschaft) ab, die uU die Kontrolle durch den öffentlichen Auftraggeber (hier: Gemeinde) erschwert. Demnach müssen vergaberechtliche Bestimmungen auch dann angewandt werden, wenn der öffentliche Auftraggeber etwa aufgrund der Natur der Gesellschaftsform (zB AG, deren Geschäftsführung alleine dem Vorstand obliegt und Beeinflussungen nicht zugänglich ist), der Öffnung der Gesellschaft für Fremdkapital oder der Ausweitung des geographischen Tätigkeitsbereichs und des Gesellschaftszwecks keine – hinsichtlich strategischen und wichtigen Entscheidungen – effektive Kontrolle über das Unternehmen ausüben kann. Dies gilt auch dann, wenn der Auftraggeber – wie in diesem Fall – Alleineigentümer des Unternehmens ist. – Das Entscheidungsquartett zur „In-House-Vergabe“ wurde mit der Rs Stadtgemeinde Mödling (Rs C-29/04, Slg 2005, I-9705) abgerundet, in der es der EuGH mit einer Umgehungskonstruktion zu tun hatte. Konkret ging es um eine zunächst im Alleineigentum einer Gemeinde stehende GmbH, der ohne Durchführung eines Vergabeverfahrens quasi als „Mitgift“ ein zeitlich unbefristeter Auftrag (insb Abfallentsorgung) erteilt wurde, kurz bevor Anteile der GmbH in der Höhe von 49% an ein privates Unternehmen abgetreten wurden. Der EuGH erklärte eine solche Konstruktion – wenig überraschend – für unzulässig. Die Vergabe des Auftrags sei nämlich nicht anhand der zeitlichen Abfolge (Gründung der GmbH durch den öffentlichen Auftraggeber, Vergabe des öffentlichen Auftrags, erst danach Abtretung der Anteile an einen Privaten), nach der ja eine „In-House-Vergabe“ vorläge, sondern im Gesamtzusammenhang aller Einzelschritte und unter Berücksichtigung der Zielsetzung (verschleierte Vergabe an ein gemischtwirtschaftliches Unternehmen) zu prüfen.

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Recht der öffentlichen Auftragsvergabe

Beispiel: Rs Stadt Halle In dieser Rs ging es um eine Auftragsvergabe der deutschen Stadt Halle an die RPL Lochau, die ohne Einleitung eines förmlichen Vergabeverfahrens erfolgte. Das Kapital der RPL Lochau steht zu 75,1% im Besitz der Stadt Halle. Der Rest des Kapitals (24,9%) ist in privater Hand. Als die TREA Leuna, die ebenfalls an dem Auftrag interessiert war, von der Vergabe erfuhr, beantragte sie bei der Vergabekammer die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens, mit dem Ziel, die Stadt Halle zu einem förmlichen Vergabeverfahren zu zwingen. Hinsichtlich der Frage, ob in diesem Fall ein Vergabeverfahren durchzuführen gewesen wäre, führte der EuGH in Anlehnung an die Rs Teckal an, dass ein öffentlicher Auftraggeber keine Ausschreibung durchführen muss, wenn dieser über die zu beauftragende Einrichtung eine ähnliche Kontrolle ausübt wie über seine eigenen Dienststellen und diese Einrichtung ihre Tätigkeit im Wesentlichen für die öffentliche Stelle (Gebietskörperschaft) verrichtet, die ihre Anteile innehat. Eine auch nur minderheitliche Beteiligung eines privaten Unternehmens am Kapital einer Gesellschaft, an der auch der betreffende öffentliche Auftraggeber beteiligt ist, schließe es allerdings aus, dass dieser über die Gesellschaft eine Kontrolle iSd Rs Teckal ausübt. Schließlich sei die Beziehung zwischen öffentlichem Auftraggeber und seinen Dienststellen durch Überlegungen und Erfordernisse bestimmt, die mit der Verfolgung von im öffentlichen Interesse liegenden Zielen zusammen hängt. Hingegen hänge die Anlage von privatem Kapital mit privaten Interessen und Überlegungen zusammen und verfolge deswegen andere Ziele. Weiters beeinträchtige eine Vergabe eines Auftrags an ein gemischtwirtschaftliches Unternehmen ohne Ausschreibung das Ziel eines freien und unverfälschten Wettbewerbs und den Grundsatz der Gleichbehandlung, da dies dem am Kapital dieser Gesellschaft beteiligten privaten Unternehmen einen Vorteil gegenüber seinen Konkurrenten verschaffe. Aus diesen Gründen befand der EuGH, dass die Teckal-Kriterien nicht erfüllt waren und dementsprechend keine „In-House-Vergabe“ vorlag.

ff) Zusammenfassung Sachlicher Anwendungsbereich

Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge bei Erreichen der Schwellenwerte – Die klassische RL gilt für alle genannten Aufträge, – die SektorenRL nur für Aufträge in bestimmten Wirtschaftsbereichen (Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie Postdienste). Nicht erfasst sind Dienstleistungskonzessionen

Persönlicher Anwendungsbereich

Öffentlicher Auftraggeber Bei klassischer RL: – Staat, Gebietskörperschaften – Einrichtungen des öffentlichen Rechts – Verbände Bei der SektorenRL zusätzlich private Unternehmen mit besonderen oder Ausschließlichkeitsrechten; Voraussetzung: Auftraggeber muss in einem der geregelten Sektoren tätig sein. Sonderfall: „In-House-Vergabe“:

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Das nationale Vergaberecht: Das BVergG 2006 – – –

– Schwellenwerte

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Vom Anwendungsbereich des Vergaberechts ausgenommen. EuGH: Grundlagenentscheidung Rs Teckal. Zwei Voraussetzungen: – Kontrolle wie über eine eigene Dienststelle, – Tätigkeit im Wesentlichen für den Auftraggeber. Einschränkung durch die Rs Stadt Halle, Kommission/Spanien, Parking Brixen, Stadtgemeinde Mödling.

Vgl oben Pkt dd.

gg) Bedeutung der Vergaberichtlinien für das nationale Vergaberecht Die VergabeRL enthalten streckenweise sehr detaillierte Bestimmungen (zB bezüglich der Bekanntmachungsvorschriften und des Nachweises der Eignungskriterien) und lassen dem nationalen Gesetzgeber nur einen geringen Umsetzungsspielraum. Zudem kann nach der Rechtsprechung des EuGH der Großteil der materiellen Bestimmungen der RL unmittelbar wirksam werden. Bei nicht ordnungsgemäßer Umsetzung (Nicht- oder fehlerhafte Umsetzung) kann sich dementsprechend der einzelne Bieter direkt auf die RL-Bestimmungen vor nationalen Gerichten und Behörden berufen. In Österreich wurde der Umsetzungspflicht durch das BVergG 2006 entsprochen, das die Bestimmungen der RL wie auch die Rechtsprechung des EuGH in nationales Recht überträgt. Eine weitere Behandlung des gemeinschaftsrechtlichen Vergaberechts kann deswegen an dieser Stelle unterbleiben. Bezüglich des konkreten Vergabeverfahrens reicht für die Zwecke des Lehrbuchs eine Erörterung der Bestimmungen des BVergG 2006.

4.

Das nationale Vergaberecht: Das BVergG 2006

a)

Kompetenzrechtliche Grundlagen

Die Kompetenzbestimmung des Art 14 b B-VG unterscheidet zwischen der Regelung des Vergabeverfahrens und jener der Vergabekontrolle. Daraus ergibt sich Folgendes: – Hinsichtlich des materiellen Vergaberechts weist das B-VG die Zuständigkeit zur Gesetzgebung dem Bund zu (Art 14 b Abs 1 B-VG), während die Vollziehung – also die Durchführung der Bestimmungen des bundesgesetzlich geregelten materiellen Vergaberechts – zwischen Bund und Ländern geteilt ist (Art 14 b Abs 2 B-VG). Der Bund ist demnach zuständig für die Vollziehung des BVergG 2006 bei Vergaben von ihm selbst, von bestimmten, ihm zuzurechnenden Einrichtungen (Stiftungen, Fonds, Anstalten, bestimmte Unternehmungen, bundesgesetzlich eingerichtete Selbstverwaltungsträger, etc) sowie von Sektorenauftraggebern. Landessache ist die Vollziehung bei der Vergabe durch das Land, die Gemeinden und Gemeindeverbände sowie diesen zuzurechnenden Einrichtungen. – Anderes gilt hinsichtlich der Zuständigkeitsverteilung zur Vergabekontrolle, also der Regelung des vergabespezifischen Rechtsschutzes. Hier sind sowohl Gesetzgebung als auch Vollziehung zwischen Bund und Ländern geteilt. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einem dezentralen

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Recht der öffentlichen Auftragsvergabe

Rechtsschutz im österreichischen Vergaberecht, der sich daraus ergibt, dass neben den Rechtsschutzbestimmungen des BVergG 2006 eigene Landesvergabekontrollgesetze bestehen. Ob die Rechtsschutzvorschriften des BVergG 2006 oder jene der Landesvergabekontrollgesetze zur Anwendung kommen, bestimmt sich nach dem Vollzugsbereich. Beispiel: Die kompetenzrechtliche Lage führt also dazu, dass zwar ein einheitliches BVergG, aber kein einheitliches, bundesweites VergabekontrollG besteht. So hat zB das Land Tirol bei einer Vergabe die materiellen Bestimmungen des BVergG 2006, hinsichtlich des Vergaberechtsschutzes ihr eigenes Tiroler VergabenachprüfungsG 2002, LGBl 2002/123, anzuwenden. Die Kontrolle der Landesvergabe erfolgt dabei durch den UVS als Nachprüfungsbehörde des Landes. Ist der Auftraggeber hingegen eine Bundesdienststelle (zB ein Bundesministerium) oder eine Gesellschaft des Bundes (zB ASFINAG, ÖBB), ist das Bundesvergabeamt (BVA) als Rechtsschutzbehörde zuständig.

b)

Systematik des BVergG 2006

Das BVergG 2006 gliedert sich systematisch in sechs Teile. Hier sind die ersten vier von Interesse: – Der erste Teil enthält den Regelungsgegenstand und Begriffsbestimmungen, – der zweite Teil regelt das Vergabeverfahren für öffentliche Auftraggeber und – der dritte Teil normiert das Verfahren für Sektorenauftraggeber. – Der vierte Teil enthält Bestimmungen über den Rechtsschutz bei Bundesvergaben. c)

Anwendungsbereich des BVergG 2006

aa) Allgemeines Der Anwendungsbereich des BVergG 2006 deckt sich weitgehend mit den materiellen RL des Gemeinschaftsrechts (Beschaffung von Leistungen durch öffentliche Auftraggeber und Sektorenauftraggeber), und geht – bei den Dienstleistungskonzessionen – sogar darüber hinaus. Hinsichtlich Letzterer wurden die Verpflichtungen aus dem gemeinschaftsrechtlichen Primärrecht im unbedingt erforderlichen Ausmaß umgesetzt. Ein weiterer Unterschied zu den VergabeRL ist die grundsätzliche Anwendbarkeit des BVergG 2006 (inklusive seiner Rechtsschutzbestimmungen) auch im Unterschwellenbereich. Vergaberechtliche Bestimmungen gelten also schon beim „1-Cent-Auftrag“. Diesbezüglich hatte der VfGH zuvor entschieden, dass eine Beschränkung des Verfahrens (nur) auf den Oberschwellenbereich gleichheitswidrig ist. Zudem sei auch das Fehlen eines vergabespezifischen Rechtsschutzes im Unterschwellenbereich sachlich nicht zu rechtfertigen, da den Bewerbern und Bietern damit ein effektiver Rechtsschutz vorenthalten werden würde (ua VfSlg 15.106/1998,16.027/2000). Damit hat der VfGH wiederum bestätigt, dass gesetzliche Regelungen einer doppelten Bindung unterliegen, da sie sowohl den gemeinschaftsrechtlichen als auch den verfassungsrechtlichen Vorgaben entsprechen müssen.

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Das nationale Vergaberecht: Das BVergG 2006

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bb) Sachlicher Anwendungsbereich Das BVergG 2006 findet nur Anwendung auf bestimmte Auftragstypen (vgl §§ 4–8). In Anlehnung an die gemeinschaftsrechtlichen VergabeRL sind dies: – Bauaufträge, – Lieferaufträge, – Dienstleistungsaufträge, – Baukonzessionsverträge und – Dienstleistungskonzessionsverträge. Unter einem öffentlichen Bauauftrag wird ein schriftlicher, entgeltlicher Vertrag zwischen dem Auftraggeber und dem Unternehmer verstanden. Inhalt des Vertrags ist im Wesentlichen die Ausführung oder die Ausführung und Planung von Tief- und Hochbauarbeiten oder die Ausführung eines Bauwerks oder die Erbringung von Bauleistungen durch Dritte (zB durch einen Bauträgervertrag). Erfasst sind auch sog Baukonzessionen. Diese unterscheiden sich von den vorhin genannten Verträgen dadurch, dass die Gegenleistung für die Arbeiten ausschließlich in dem Recht zur Nutzung des Bauwerks oder in diesem Recht zuzüglich der Zahlung eines Entgelts besteht. Dabei trägt der Baukonzessionär auch alle Risiken, die sich aus der Nutzung ergeben. Baukonzessionen kommt im Vergaberecht eine Sonderstellung zu. Dies ergibt sich erstens daraus, dass für sie erleichterte Regeln vorgesehen sind (vgl §§ 142 bis 145). Zweitens ist der Konzessionär – der selbst nicht öffentlicher Auftraggeber ist – bei der Vergabe von Aufträgen an weitere Unternehmer an bestimmte Mindeststandards (Bekanntmachungsvorschriften) gebunden. Ein öffentlicher Lieferauftrag ist ein entgeltlicher Vertrag, der zwischen dem Auftraggeber und dem Auftragnehmer über Kauf, Leasing, Miete, Pacht oder Ratenkauf von Waren geschlossen wird. Eine Lieferung kann auch Nebenleistungen enthalten, etwa die Installation oder das Anbringen der gelieferten Waren. Ein öffentlicher Dienstleistungsauftrag ist ebenfalls ein entgeltlicher Vertrag. Negativ formuliert liegt ein solcher vor, wenn es sich um keinen Bau- oder Lieferauftrag handelt. Die dem BVergG 2006 unterfallenden Dienstleistungen werden wie bei den materiellen Vergaberichtlinien zwei verschiedenen Kategorien zugeordnet: Den prioritären und den nicht prioritären Dienstleistungen. Der Unterschied zwischen beiden Kategorien besteht darin, dass Erstere den Vergabevorschriften zur Gänze unterliegen, während für Letztere das BVergG 2006 nur sehr eingeschränkt gilt. Beispiele: Zu den prioritären Dienstleistungen zählen etwa die Postbeförderung im Landverkehr, Versicherungsdienstleistungen, die Abfall- und Abwasserbeseitigung oder die Fracht- und Personenbeförderung im Flugverkehr. Nicht prioritär ist hingegen zB die Rechtsberatung, das Unterrichtswesen und die Berufsausbildung, die Arbeits- und Arbeitskräftevermittlung (vgl Anhang III und IV des BVergG 2006).

Eingeschränkt gilt das BVergG 2006 weiters für die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen, also solcher Verträge, bei denen das Entgelt für den Auftragnehmer ganz oder teilweise in der Nutzung der Dienstleistung besteht und

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Recht der öffentlichen Auftragsvergabe

dieser auch das wirtschaftliche Risiko der Verwertung trägt (zB Betrieb von öffentlichen Parkplätzen, flächendeckende Versorgung mit Breitbandinternet, Abfallentsorgung, etc). Beispiel: Der Grund für die – im Gegensatz zu den materiellen VergabeRL – erfolgte Aufnahme der Dienstleistungskonzessionen in das BVergG 2002 war die Entscheidung des EuGH in der Rs Telaustria (Rs C-324/98, Slg 2000, I-10745). In diesem Fall ging es um einen Vertrag zwischen der Telekom Austria AG als Sektorenauftraggeber und der Herold Business Data AG, in dem Letztere ua verpflichtet wurde, gedruckte Telefonverzeichnisse herzustellen. Zwar wurde kein direktes Entgelt vereinbart, der Herold Business Data AG aber gestattet, die erbrachten Leistungen kommerziell (zB durch Werbeinserate) zu nutzen. Der EuGH entschied, dass derartige Konzessionen nicht in den Anwendungsbereich der RL fallen, die öffentlichen Auftraggeber bei der Vergabe aber die primärrechtlichen Mindeststandards (Diskriminierungsverbot, Transparenz) zu beachten haben. Dies beinhaltet allerdings nicht, dass auch der vergabespezifische Rechtsschutz zur Anwendung gelangen muss. Dementsprechend gelten zwar die Bestimmungen über die Bekanntmachung der Vergabeabsicht, der Bieterschutz obliegt bei Dienstleistungskonzessionen aber den Zivilgerichten.

cc) Persönlicher Anwendungsbereich Das BVergG 2006 gilt für Beschaffungen von – öffentlichen Auftraggebern (klassischer Bereich, § 3 Abs 1) sowie – von Sektorenauftraggebern (§ 163). Bezüglich des Begriffs des öffentlichen Auftraggebers gilt das bereits zu den VergabeRL Ausgeführte, da der österreichische Gesetzgeber deren Terminologie – abgesehen von marginalen sprachlichen Abweichungen – gänzlich übernommen hat. Daraus folgt insb, dass der Begriff des Auftraggebers zwingend gemeinschaftsrechtskonform interpretiert werden muss, womit auch die diesbezügliche Judikatur des EuGH von unmittelbarer Relevanz ist. Öffentliche Auftraggeber sind die Gebietskörperschaften (Bund, Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände), die Einrichtungen öffentlichen Rechts (zB ASFINAG, BIG, Austro Control GmbH) sowie aus mehreren öffentlichen Auftraggebern bestehende Verbände (§ 3 Abs 1 Z 1 bis 3). Darüber hinaus ist das BVergG 2006 auf Auftraggeber anzuwenden, die zwar die Voraussetzungen des „öffentlichen Auftraggebers“ nicht erfüllen, aber trotzdem zur Beachtung der Vergabebestimmungen verpflichtet sind. Dazu zählen bei subventionierten Bauaufträgen die privaten Förderungsnehmer, Baukonzessionäre bei der Vergabe von Bauaufträgen an Dritte und bestimmte Einrichtungen, denen Sonder- oder Alleinrechte zur Ausführung einer Dienstleistung zuerkannt wurden bei der Vergabe von Lieferaufträgen. Im Sektorenbereich (§ 163 ff) gilt das BVergG 2006 – wie die RL – auch für bestimmte private Auftraggeber, soweit sie in den bezeichneten Wirtschaftsbereichen tätig sind (tätigkeitsbezogener Auftraggeberbegriff). Sektorenauftraggeber können also öffentliche Auftraggeber, öffentliche Unternehmen wie auch private Unternehmen sein (zB private Elektrizitätsversorgungsunter-

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Das nationale Vergaberecht: Das BVergG 2006

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nehmen). Die Unterscheidung von den klassischen öffentlichen Auftraggebern ist wichtig, da im Sektorenbereich vereinfachte Verfahren vorgesehen sind. Als Sektorentätigkeiten (§ 167 ff) gelten Tätigkeiten in den Bereichen Gas, Wärme, Elektrizität, Wasser, Verkehrsleistungen, Postdienste, Häfen und Flughäfen sowie das Aufsuchen und die Förderung von Erdöl, Gas, Kohle und anderen festen Brennstoffen. Unter einem öffentlichen Unternehmen versteht das BVergG 2006 ganz iSd Gemeinschaftsrechts (insb der RL 04/17/EG) ein Unternehmen, auf das ein öffentlicher Auftraggeber aufgrund von Eigentum, finanzieller Beteiligung oder der für das Unternehmen geltenden Vorschriften unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann. Ein beherrschender Einfluss wird bei Kapitalsmehrheit, bei Stimmmehrheit oder beim Recht, mehr als die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans des Unternehmens bestellen zu können, vermutet. Der Begriff des öffentlichen Unternehmens ist weiter als jener der Einrichtung des öffentlichen Rechts (klassische Auftraggeber), da das Erfordernis der Erfüllung von Aufgaben im Allgemeininteresse fehlt. So hat der EuGH etwa in der oa Rs Telaustria die Telekom Austria AG als öffentliches Unternehmen und damit als Sektorenauftraggeber qualifiziert, da diese im 100%-igen Eigentum der Republik Österreich stand und daher dem beherrschenden Einfluss der staatlichen Behörden unterlag. Ein privates Unternehmen ist Sektorenauftraggeber, soweit es seine Tätigkeit aufgrund besonderer oder ausschließlicher Rechte ausübt. Darunter werden solche Rechte verstanden, die von der zuständigen Behörde aufgrund von Rechts- oder Verwaltungsvorschriften gewährt werden und dazu führen, dass die Ausübung einer Sektorentätigkeit einem oder mehreren Unternehmen vorbehalten bzw die Möglichkeit, dass andere Unternehmen diese Tätigkeit ausüben können, erheblich beeinträchtigt wird. dd) Schwellenwerte Das BVergG 2006 erfasst sämtliche Beschaffungen, also sowohl im Oberschwellen- wie auch im Unterschwellenbereich. Die Unterscheidung zwischen beiden Bereichen ist aber dennoch wichtig, da sich daraus die anzuwendenden Bestimmungen ergeben. Allgemein gilt für den Unterschwellenbereich ein gelockertes Vergaberegime, das dem Auftraggeber mehr Wahlmöglichkeit hinsichtlich der Vergabeverfahren (zB Direktvergabe) gewährt oder verkürzte Fristen vorsieht. Die Schwellenwerte im BVergG 2006 gestalten sich recht komplex und sind ihrerseits wieder nach Auftragsart und nach Person des Auftraggebers unterschiedlich. Auch gibt es innerhalb des Unterschwellenbereiches verschiedene Werte. Die Höhe der Schwellen richtet sich nach der EG-SchwellenwerteVO (s oben Pkt 3.b.dd.). Im Einzelnen: Für Liefer- und Dienstleistungsaufträge von öffentlichen Auftraggebern Eur 137.000,– (zentrale Auftraggeber) bzw Eur 211.000,– (§ 12); bei Sektorenauftraggebern Eur 422.000,– (§ 180). Für Bauaufträge beider Auftraggeber und Baukonzessionsverträge der klassischen Auftraggeber Eur 5.278.000,– (§ 12, § 180). Daneben gelten noch sog „Subschwel-

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Recht der öffentlichen Auftragsvergabe

lenwerte“ im Unterschwellenbereich, die die Wahl vereinfachter Vergabeverfahren zulassen (zB Direktvergabe, § 41 Abs 2). ee) Ausnahmen Für bestimmte Vergabeverfahren gilt das BVergG 2006 nicht (§§ 10 und 175). Dazu zählen Vergaben von Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträgen im Bereich der Landesverteidigung, soweit Art 296 EGV anwendbar ist. Nach diesem kann ein Mitgliedstaat Maßnahmen ergreifen, die zur Wahrung seiner wesentlichen Sicherheitsinteressen erforderlich sind, was insb einen Ausschluss eines öffentlichen Bietverfahrens ermöglicht. Ausgenommen sind ua auch die bereits oben erörterten „In-House-Vergaben“, weiters Forschungs- und Entwicklungsdienstleistungen, Arbeitsverträge, etc. Beispiel: Der Kauf der „Eurofighter“-Abfangjäger im Juli 2003 erfolgte, da es sich um einen Auftrag im Bereich der Landesverteidigung handelte, ohne ein vorangehendes Verfahren nach dem BVergG. Die Vergabe beruhte auf der „Vorgängerregelung“ der ÖNORM A 2050 vom 30. März 1957. Durchgeführt wurde die Beschaffung nach Einholung mehrerer Angebote im Wege einer freihändigen Vergabe – also nach „freiem Ermessen“ – ohne förmliches Verfahren. Als bester Bieter erhielt schließlich die Eurofighter GmbH den Auftrag über die Lieferung von 18 Abfangjägern.

d)

Das Vergabeverfahren nach dem BVergG 2006

aa) Grundsätze des Verfahrens Grundsätzlich ist ein Vergabeverfahren nur dann durchzuführen, wenn auch die Absicht sowie die budgetären Möglichkeiten bestehen, die Leistung auch tatsächlich zur Vergabe zu bringen (Vergabeabsicht). Ein Verfahren zur reinen Eruierung des Marktpreises ohne Vergabeabsicht ist demnach unzulässig. Gleichwohl ist der Auftraggeber aber nicht verpflichtet, ein Vergabeverfahren immer mit Zuschlag zu beenden (zB wenn kein geeignetes Angebot gelegt wird). Weiters sind alle Vergaben nach dem BVergG 2006 unter Beachtung der gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten und des Diskriminierungsverbots entsprechend den Grundsätzen des freien, fairen und lauteren Wettbewerbs und der Gleichbehandlung aller Bewerber und Bieter durchzuführen. Zudem hat die Vergabe nur an geeignete, ds befugte, leistungsfähige und zuverlässige Unternehmer zu angemessen Preisen zu erfolgen (§§ 19 und 187). Die Grundsätze sind zur Auslegung der weiteren Bestimmungen des BVergG 2006 heranzuziehen. Der freie, faire und lautere Wettbewerb unter Wahrung der Gleichbehandlung der Bieter und Bewerber ist Zweck und Schutzobjekt des Vergabeverfahrens. Der freie Wettbewerb bezieht sich auf einen ungehinderten Wettbewerb ohne Zugangs- und Ausübungsbeschränkungen. Der faire Wettbewerb betrifft das Verhältnis zwischen Auftraggeber und Bewerber bzw Bieter, während der lautere Wettbewerb das Verhältnis Letzterer untereinander

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erfasst. Der Grundsatz schließt generell – jedoch mit einigen Ausnahmen (s gleich unten) – wettbewerbs- bzw vergabefremde Ziele und Motive für die Zuschlagsentscheidung aus. Weiters gebietet er, dass unfaire und wettbewerbsverzerrende Handlungen von Bietern (zB Absprachen in Bezug auf die Angebote) unterbunden werden und nicht zum Zuschlag führen dürfen. Ebenso sind Bieter auszuschließen, die an der Erarbeitung der Unterlagen für die Ausschreibung beteiligt waren, soweit dadurch ein fairer und lauterer Wettbewerb – aufgrund des Informationsvorsprungs – nicht mehr möglich ist (sog Vorarbeitenproblematik, vgl § 20 Abs 5). UU sind auch Bieter auszuschließen, die – insb nicht vertragskonforme – Beihilfen vom öffentlichen Auftraggeber selbst oder von anderen Auftraggebern erhalten haben und damit zu Preisen anbieten können, die erheblich unter denen ihrer Konkurrenten liegen. Die Vergabe nur an geeignete Unternehmen bedeutet, dass der Auftraggeber Nachweise verlangen und prüfen muss, ob die in Frage kommenden Bieter wirtschaftlich, technisch und finanziell leistungsfähig und auch beruflich befugt und zuverlässig sind (§§ 69 ff). Aus bestimmten Gründen können Bieter auch von einem Verfahren ausgeschlossen werden (§ 68), etwa wenn sie wegen bestimmter Delikte (zB Betrug, Bestechung, Förderungsmissbrauch) rechtskräftig verurteilt wurden, gegen sie ein Konkursverfahren eingeleitet wurde, sie im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit schwere Verfehlungen (insb gegen die Bestimmungen des Arbeits-, Sozialoder Umweltrechts) begangen haben oder der Zahlung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen nicht nachkommen. Die Vergabe nur zu angemessenen Preisen soll durch den Wettbewerb der Bieter, durch die (vertiefte) Angebotsprüfung und das etwaige Ausscheiden von betriebswirtschaftlich nicht nachvollziehbaren Angeboten sowie durch die Zuschlagskriterien des wirtschaftlich günstigsten Angebots oder des Angebots mit dem niedrigsten Preis (vgl §§ 125, 129 Abs 1 Z 3, 130, 268, 269 Abs 1 Z 3, 271) sichergestellt werden. Darüber hinaus finden auch ökologische und soziale Aspekte im Vergabeverfahren Beachtung. So ist etwa auf die Umweltgerechtheit der Leistung Bedacht zu nehmen (zB durch Berücksichtigung ökologischer Aspekte bei der Leistungsbeschreibung, vgl § 19 Abs 5). Weiters kann der Auftraggeber ua auch die Beschäftigung von Frauen, von Langzeitarbeitslosen oder von Behinderten sowie generell Maßnahmen zur Umsetzung sozialpolitischer Belange als Zuschlagskriterien heranziehen (§ 19 Abs 6). bb) Verfahrensablauf Vor der Einleitung eines Vergabeverfahrens muss sich der Auftraggeber zunächst entscheiden, um welche Art von Auftrag es sich handelt und wie hoch die Auftragssumme ist. Diese Entscheidungen sind grundlegend, denn nach ihnen richtet sich die Anwendbarkeit der Bestimmungen des BVergG 2006. Die Zahl und Dichte der anzuwendenden Bestimmungen ergibt sich also aus – der Person des Auftraggebers (öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber), – dem Gegenstand des Verfahrens und – der Einordnung des Auftrags in den Ober- oder Unterschwellenbereich.

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Sind diese Fragen geklärt, entscheidet sich der Auftraggeber im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten für eine bestimmte Vergabeverfahrensart (Pkt cc). Das Verfahren beginnt idR mit der Einladung des Auftraggebers zur Stellung von Angeboten durch interessierte Unternehmer, die sich auf die fragliche Ausschreibung beziehen. Diese Angebote werden vom Auftragnehmer entgegengenommen und geprüft. Auf Grundlage der Prüfung trifft die vergebende Stelle dann ihre Vergabeentscheidung (Zuschlagsentscheidung) und schließt daraufhin mit dem Unternehmen einen Vertrag ab (Zuschlagserteilung). Tatsächlich weichen die verschiedenen Vergaberegime und Verfahren zT erheblich voneinander ab. Im Folgenden können deswegen nur die Grundzüge des Verfahrens in abstrakter Weise dargestellt werden, was auch insb für den am Ende eingefügten Überblick (Pkt kk) gilt. cc) Arten der Vergabeverfahren Das BVergG 2006 zählt eine Reihe von Vergabeverfahrensarten taxativ auf. Diese dürfen weder miteinander vermischt, noch darf zwischen ihnen gewechselt werden (Typenzwang). Wichtig ist dabei, dass den Bietern schon auf Grundlage des § 19 Abs 1 ein Recht auf die rechtskonforme Wahl und Durchführung des Vergabeverfahrens zukommt. Zu den im BVergG 2006 angeführten Verfahren (§§ 25 und 192) zählen die Vergaben von Leistungen im Wege – eines offenen Verfahrens, – eines nicht offenen Verfahrens, – eines Verhandlungsverfahrens, – einer Rahmenvereinbarung, – eines dynamischen Beschaffungssystems, – eines wettbewerblichen Dialogs, – einer Direktvergabe. Nicht zu den Vergabeverfahren zählen die Wettbewerbe (§ 26), da diese nicht mit einem Vertragsabschluss enden. Sie können aber einem Vergabeverfahren vorgeschaltet sein. Wettbewerbe dienen idR der Suche nach Ideen oder der Erarbeitung von Lösungsvorschlägen durch die Teilnehmer, ohne zwingende nachfolgende Auftragsvergabe. Unterschieden wird zwischen Ideenwettbewerben und Realisierungswettbewerben. Mit Ersteren verschafft sich der Auftraggeber va auf den Gebieten Architektur, Raumplanung und Werbung einen Plan oder Planungen, wobei die Auswahl mittels eines Preisgerichts mit oder ohne Preisverteilung erfolgt. Bei Realisierungswettbewerben knüpft hingegen ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung an das Auslobungsverfahren an. – Offenes Verfahren Beim offenen Verfahren (§§ 101, 249) wird eine unbeschränkte Anzahl von Unternehmern durch öffentliche Bekanntmachung zur Abgabe von Angeboten aufgefordert. Charakteristisch ist, dass sich jedermann am Verfahren beteiligen kann und es dem Auftraggeber verwehrt ist, den Zugang zum offenen Verfahren zu beschränken. Insb sind jedem Unternehmer, der vor Ablauf der Ange-

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botsfrist sein Interesse am Auftrag bekundet, die Ausschreibungsunterlagen unverzüglich auszufolgen. – Nicht offenes Verfahren Im Gegensatz zum offenen Verfahren wird im nicht offenen Verfahren (§§ 102 ff, 250 ff) nur eine beschränkte Anzahl von Unternehmern zur Abgabe von Angeboten aufgefordert. Dabei teilt sich dieses Verfahren in eines ohne vorherige Bekanntmachung und eines mit vorheriger Bekanntmachung (bzw Aufruf zum Wettbewerb im Sektorenbereich). Bei Letzterem wird zuvor eine unbeschränkte Anzahl von Unternehmern aufgefordert, öffentlich einen Teilnahmeantrag zu stellen. Die vergebende Stelle wählt daraufhin die geeigneten Bewerber aus und fordert sie schließlich zur Angebotsabgabe auf (zweistufiges Verfahren). Beim Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung entfällt die erste Phase, dh ein beschränkter Kreis von Unternehmen wird direkt zur Angebotsabgabe aufgefordert. Sowohl beim nicht offenen wie auch beim offenen Verfahren ist es dem Auftraggeber verwehrt, mit einem Bieter über eine Angebotsänderung zu verhandeln (§§ 101 Abs 4, 104 Abs 2, 249 Abs 4, 253 Abs 2). Hinzu kommt, dass auch der Bieter während der Zuschlagsfrist an sein Angebot gebunden ist (§ 112 Abs 2, 260 Abs 2) und der Zuschlag somit nur zu jenem Preis erfolgt, der bei Angebotsöffnung verlesen wurde. Damit wird sichergestellt, dass alle Bieter gleichbehandelt werden und die gleiche Chance auf Zuschlagserteilung haben. – Verhandlungsverfahren Das Verhandlungsverfahren (§§ 103, 250 ff) unterteilt sich ebenfalls in ein Verfahren mit und eines ohne vorherige(r) Bekanntmachung. Beim Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung (wiederum ein zweistufiges Verfahren) werden, nachdem eine unbeschränkte Zahl von Unternehmern (Bewerbern) zur Stellung von Teilnahmeanträgen aufgefordert wurde, ausgewählte Bewerber zur Abgabe von Angeboten aufgefordert. Dies entfällt beim Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung; hier wird eine beschränkte Anzahl von geeigneten Unternehmern direkt zur Angebotsabgabe aufgefordert. In beiden Verfahren wird nach der Angebotsabgabe – im Gegensatz zu den oa Verfahren – über den gesamten Auftragsinhalt verhandelt. Dabei sind die Grundsätze des fairen und lauteren Wettbewerbs sowie des Diskriminierungsverbots dringend zu beachten. Wichtig ist auch, dass der Auftraggeber während des Verhandlungsverfahrens seine Zuschlagskriterien nicht ändern darf, soweit er dies in den Ausschreibungsunterlagen nicht festgelegt hat (§§ 105 Abs 5, 254 Abs 5). – Rahmenvereinbarung Eine Rahmenvereinbarung (§§ 25 Abs 7, 150 ff) dient der Festlegung der Bedingungen (insb bezüglich Preis und Menge) durch den Auftraggeber und ein oder mehrere Unternehmen, unter denen Aufträge während eines bestimmten Zeitraums (3, in Ausnahmefällen 5 Jahre) vergeben werden. Dieses Verfahren ist va bei Beschaffungen in Bereichen, die stetigen Innovationen und Preisschwan-

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kungen (zB EDV-Bereich) ausgesetzt sind, für öffentliche Auftraggeber interessant. Die Rahmenvereinbarung selbst wird nach einem regulären Vergabeverfahren – wohlgemerkt fiktiv, da es zu keinem Zuschlag kommt – geschlossen. Die Vereinbarung beinhaltet – ähnlich einer Option – allerdings noch keine Abnahmeverpflichtung für den Auftraggeber. Welches der Unternehmen, die Parteien der Rahmenvereinbarung sind, schließlich den Auftrag für eine bestimmte (Einzel)Leistung erhält, wird erst nach der Abgabe von Angeboten mit oder ohne erneutem Aufruf zum Wettbewerb festgestellt. – Dynamisches Beschaffungssystem Ein dynamisches Beschaffungssystem (§§ 156 ff, 288 ff) ist ein vollelektronisches (Online-)Verfahren zur Vergabe von bestimmten, marktüblichen Leistungen (sog „off-the-shelf-Produkte“). Es dient zum einen der Verbesserung der Effizienz des Beschaffungssystems (Verringerung des Zeitaufwands, Einsparungen) und zum anderen der Ausweitung des Wettbewerbs, da die elektronischen Mittel ein weites Spektrum an Angeboten ermöglichen. Das dynamische Beschaffungssystem weist Ähnlichkeiten mit der Rahmenvereinbarung auf, ist allerdings im Gegensatz zu dieser während seiner Laufzeit für alle Unternehmer zugänglich. Letztere geben zunächst nur eine unverbindliche Erklärung zur Leistungserbringung ab und werden daraufhin idR zum System zugelassen. Der Auftraggeber gibt dann für jeden Einzelauftrag eine gesonderte Aufforderung zur Angebotsabgabe ab und erteilt dem am besten bewerteten Angebot den Zuschlag. In diesem Zusammenhang sind auch elektronische Auktionen zu erwähnen, bei denen Aufträge für standardisierte Leistungen (zB Büromaterial, Computer, sonstige wiederkehrende Leistungen) über das Internet versteigert werden. Die elektronische Auktion ist aber kein selbständiges Verfahren, es kann vielmehr nur in Verbindung mit einem gesetzlich geregelten Verfahren zur Ermittlung des Angebots herangezogen werden, das den Zuschlag erhalten soll. – Wettbewerblicher Dialog Das Verfahren des wettbewerblichen Dialogs (§§ 159 ff) ist dadurch gekennzeichnet, dass der Auftraggeber zu Beginn des Verfahrens bloß Vorstellungen über seine Bedürfnisse hat. Aufträge können im Rahmen des wettbewerblichen Dialogs vergeben werden, wenn sie sich besonders komplex darstellen (zB bei bedeutenden Verkehrsinfrastrukturprojekten oder großen Computernetzwerken) und eine Vergabe im Wege eines offenen oder nicht offenen Verfahrens nach Ansicht des Auftraggebers nicht möglich ist. Nach einer Bekanntmachung des wettbewerblichen Dialogs fordert der Auftraggeber zunächst eine unbeschränkte Anzahl von Unternehmen zur Stellung von Teilnahmeanträgen auf und tritt hernach mit den ausgewählten Bewerbern in einen Dialog über alle Aspekte des Auftrags. In dessen Rahmen soll ermittelt werden, welche Lösung am besten zur Erreichung der Ziele des Auftraggebers geeignet ist. Auf der Grundlage des Ergebnisses werden die jeweiligen Bewerber zur Angebotsabgabe aufgefordert.

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– Direktvergabe Bei einer Direktvergabe wird die Leistung formfrei und unmittelbar von einem ausgewählten Unternehmer gegen Entgelt bezogen (§§ 25 Abs 10, 41, 201). Sie kommt für Beschaffungen mit einem niedrigen Auftragsvolumen in Frage, bei denen die Durchführung eines Vergabeverfahrens in Hinblick auf den Wert der Leistung ökonomisch nicht vertretbar ist. Dementsprechend ist die Direktvergabe nur im Unterschwellenbereich und zudem nur in bestimmten Ausnahmefällen oder bis zu bestimmten Schwellenwerten zulässig. Letztere betragen im klassischen Bereich Eur 40.000,– und im Sektorenbereich Eur 60.000,–. Trotz der Formfreiheit der Direktvergabe ist der Auftraggeber an die Grundsätze des Vergabeverfahrens gebunden, insb an das Diskriminierungsverbot und an das Gebot zur Vergabe nur an geeignete Bieter. dd) Wahl der Verfahrensart im Oberschwellenbereich Seit dem BVergG 2002 kann der klassische Auftraggeber im Oberschwellenbereich frei zwischen dem offenen und dem nicht offenen Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung wählen (§ 27). Die freie Wahlmöglichkeit wird damit begründet, dass auch das nicht offene Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung ein ausreichendes Maß an Transparenz und Publizität gewährleistet. Allerdings ist dieses als zweistufiges Verfahren wesentlich komplexer als das offene. Bezüglich des nicht offenen Verfahrens mit vorheriger Bekanntmachung sind im Oberschwellenbereich zudem längere Fristen einzuhalten und können Unternehmer die Nicht-Zulassung zur Teilnahme gesondert anfechten. Als vorteilhaft erweist sich dieses Vergabeverfahren aber dann, wenn die Durchführung eines offenen Verfahrens in wirtschaftlicher Hinsicht nicht vertretbar erscheint (zB wenn zu viele Angebote eingehen würden) oder wenn ein besonderes Interesse an der Geheimhaltung oder Vertraulichkeit bei einer Vergabe besteht. Demgegenüber stellt das Verhandlungsverfahren eine Ausnahme dar (§§ 28 ff). Die Inanspruchnahme des Verfahrens mit oder ohne vorherige Bekanntmachung kann nur aus bestimmten, im Gesetz taxativ bezeichneten Gründen erfolgen. Der Auftraggeber hat die (restriktiv auszulegenden) Gründe anzuführen, warum er dieses Verfahren wählt. Im Wesentlichen kommt ein Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung in Frage, wenn in einem offenen oder nicht offenen Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung bzw im Rahmen eines wettbewerblichen Dialogs keine ordnungsgemäße oder nur unannehmbare Angebote (zB bei fehlender Eignung) gestellt wurden, wenn es sich um Leistungen handelt, bei denen eine vorherige globale Preisgestaltung nicht möglich ist, weiters bei bestimmten Leistungen, wie zB Bauleistungen für Forschungs-, Versuchs- und Entwicklungszwecke oder geistige Dienstleistungen, deren vertragliche Spezifikationen a priori nicht hinreichend genau festgelegt werden können (zB Bauplanungsdienstleistungen). Ohne vorherige Bekanntmachung kann das Verhandlungsverfahren gewählt werden, wenn zB dringliche, zwingende Gründe im Zusammenhang mit unvorhersehbaren Ereignissen vorliegen, die Leistung nur von einem ganz bestimm-

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ten Unternehmen erbracht werden kann, es sich um eine Lieferung von Waren handelt, die an Warenbörsen notiert und gekauft werden oder es sich um „Schnäppchen“ im Rahmen eines Insolvenzverfahrens handelt. Im Oberschwellenbereich kommen weiters unter bestimmten Voraussetzungen der Abschluss von Rahmenvereinbarungen, die Vergabe im Wege eines dynamischen Beschaffungssystems und des wettbewerblichen Dialogs sowie elektronische Auktionen in Frage. Nicht zulässig sind Direktvergaben im Oberschwellenbereich. Für den Sektorenauftraggeber ergeben sich insofern Erleichterungen, als für ihn der Vorrang des offenen und nicht offenen Verfahrens mit vorheriger Bekanntmachung nicht gilt. Er kann also auch das Verhandlungsverfahren frei wählen. Voraussetzung ist allerdings die vorherige Durchführung eines Aufrufs zum Wettbewerb (§ 194). ee) Wahl der Verfahrensart im Unterschwellenbereich Nur im Unterschwellenbereich zugelassen sind das nicht offene Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung (§ 37) und die Direktvergabe (§ 41) – allerdings jeweils bis zu bestimmten Schwellenwerten. Daneben werden in diesem Bereich noch zusätzliche Möglichkeiten für die Wahl des Verhandlungsverfahrens (§ 38), der Rahmenvereinbarung (§ 40) und für Wettbewerbe (§ 39) normiert. Für Sektorenauftraggeber gilt im Wesentlichen das Gleiche (§§ 200 ff). ff) Bekanntmachung der Vergabe Die Bekanntmachungsvorschriften zählen zu den fundamentalen Regelungen des Vergaberechts. Das Unterbleiben einer Bekanntmachung bewirkt schließlich, dass potentielle Interessenten von vornherein vom Verfahren ausgeschlossen werden und damit der Zweck des Vergaberechts, Schaffung und Verstärkung von Wettbewerb, nicht erreicht werden kann. Deswegen legen der Gemeinschaftsgesetzgeber und der EuGH in seiner Rechtsprechung ihr Gewicht auf eine möglichst transparente Gestaltung der Vergabeverfahren. Das BVergG 2006 enthält in seinen §§ 46 und 207 die Umsetzung der EG-rechtlichen Bekanntmachungsvorschriften. Über den Umfang der Bekanntmachungspflicht entscheidet wiederum die Einordnung in den Unter- oder den Oberschwellenbereich. Bezüglich klassischer und Sektorenauftraggeber gelten – mit gewissen Abweichungen – im Wesentlichen die gleichen Verpflichtungen. Im Oberschwellenbereich hat der Auftraggeber Bekanntmachungen und Mitteilungen unverzüglich – im elektronischen Weg – der Europäischen Kommission unter Verwendung der einschlägigen Standardformulare (abrufbar unter http://simap.eu.int) zu übermitteln, die diese dann veröffentlicht (im TEDTender Electronics Daily, abrufbar unter http://ted.europa.eu). In Umsetzung des EG-Vergaberechts schreibt das BVergG 2006 dabei die Verwendung des Common Procurement Vocabulary (CPV – Gemeinsames Vokabular für öffentliche Aufträge, vgl dazu VO 2195/02/EG, ABl 2002 L 340/1 idF VO 2151/03/EG, ABl 2003 L 329/1) vor (§ 51). Dadurch soll jedem Unternehmer in der Gemeinschaft die Beurteilung erlaubt werden, ob die gefragte Leistung für ihn von Interesse ist. Neben der gemeinschaftsweiten hat eine Bekanntmachung

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grundsätzlich auch in Österreich zu erfolgen. Der Bundeskanzler und die Landesregierungen haben die Publikationsmedien mit V festzulegen, soweit dies zur Gewährleistung eines ausreichenden wirtschaftlichen Wettbewerbs erforderlich ist (§ 52). Sollte allerdings die Ansicht bestehen, dass die Veröffentlichung auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene bereits für eine ausreichende Transparenz sorgt und eine darüber hinaus gehende innerstaatliche Publikation nicht mehr erforderlich ist, kann die Festlegung zusätzlicher Publikationsmedien unterlassen werden. Eine gemeinschaftsweite Publikation ist hingegen im Unterschwellenbereich nicht zwingend erforderlich. Hier gilt wie im Oberschwellenbereich, dass die Veröffentlichung in nationalen Publikationsmedien vorgesehen werden kann (§ 55). Dennoch muss der Auftraggeber, um dem Transparenzerfordernis des Primärrechts zu entsprechen, grundsätzlich eine Bekanntmachung vornehmen und zwar unabhängig davon, ob ein Publikationsmedium per Verordnung vorgeschrieben wird oder nicht (in Frage kommt zB ein Aushang an der Amtstafel oder eine Bekanntmachung auf elektronischem Weg). gg) Ausschreibung der Leistung Die Ausschreibungsunterlagen sind ein weiteres Kernstück des Vergaberechts. Das BVergG 2006 enthält dazu in seinen §§ 79 ff, 236 ff umfangreiche Regelungen. Als Grundsatz gilt, dass die Ausschreibung so rechtzeitig zu erfolgen hat, dass ein Verfahren nach dem BVergG 2006 noch möglich ist sowie den Bieter über den Inhalt des gewünschten Leistungsvertrags möglichst vollständig informiert. Weiters ist der Auftraggeber an seine Ausschreibungsunterlagen gebunden und darf von ihnen grundsätzlich nicht mehr abgehen. Welche Leistung konkret vom Auftraggeber nachgefragt wird, ergibt sich aus der Leistungsbeschreibung (§§ 95 ff). Eine solche kann konstruktiv oder funktional sein. Eine konstruktive Leistungsbeschreibung gliedert die gewünschten Leistungen in einem Verzeichnis auf und beschreibt sie näher, während eine funktionale Leistungsbeschreibung im Wesentlichen nur das Ziel des Auftrags definiert, die Erreichung des Ziels aber der unternehmerischen Gestaltungsfreiheit überlässt. Der Auftraggeber hat beide Arten von Beschreibungen eindeutig, vollständig sowie hinreichend genau und neutral zu gestalten und die geforderten technischen Spezifikationen anzugeben. Dabei ist besonders darauf zu achten, dass eine Präzisierung nur so weit erfolgen darf, als dadurch nicht bestimmte Bieter von vornherein in den Genuß von Wettbewerbsvorteilen gegenüber den anderen kommen. Dies ist etwa dann der Fall, wenn Produkte eines ganz bestimmten Unternehmens in der Leistungsbeschreibung genannt werden. Nur wenn besondere Umstände vorliegen (zB Wahrung der technischen Einheit), können Produkte eines bestimmten Anbieters in die Beschreibung aufgenommen werden. Weiters sieht das BVergG 2006 als zusätzliche inhaltliche Erfordernisse einer Ausschreibung vor: – Die genaue Bezeichnung der vergebenden Stelle, – die Angabe, ob der Auftrag im Ober- oder Unterschwellenbereich angesiedelt ist und

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– welche Nachweise über die Eignung von den Unternehmern zu erbringen sind. – Weiters ist anzugeben, ob der Zuschlag dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot (Bestbieterprinzip) oder dem Angebot mit dem niedrigsten Preis (Billigstbieterprinzip) erteilt werden soll. Bei Ersterem hat der Auftraggeber alle Zuschlagskriterien im Verhältnis der ihnen zuerkannten Bedeutung anzugeben. – Zudem ist festzulegen, ob Alternativangebote über einen anderen, aber gleichwertigen Leistungsvorschlag sowie Subunternehmerleistungen zulässig sind. – Schließlich sind die Angebots- und Zuschlagsfristen festzulegen. Erstere bezeichnen den Zeitraum, der dem Bieter verbleibt, sein Angebot zu stellen (etwa im offenen Verfahren im Oberschwellenbereich mindestens 52 Tage, kann unter bestimmten Umständen auf 22 bzw 15 Tage verkürzt werden, §§ 60 ff), Letztere die zeitliche Spanne zwischen Ende der Angebotsfrist und der Zuschlagserteilung (höchstens 5 Monate, § 112). hh) Öffnung der Angebote, Eignungs- und Angebotsprüfung Die auf Grundlage der Ausschreibung eingelangten Angebote werden vom Auftraggeber entgegengenommen, geöffnet – beim offenen und nicht-offenen Verfahren durch eine Kommission unter Teilnahme der Bieter – und geprüft (§§ 117 ff). Zuerst wird festgestellt, welche Bieter die Voraussetzungen zur Teilnahme am weiteren Vergabeverfahren erfüllen (Eignungsprüfung). Diese umfasst die Befugnis (allgemeine und spezielle Genehmigungen, Berechtigungen, usw), die wirtschaftliche, finanzielle und technische Leistungsfähigkeit sowie die allgemeine und besondere berufliche Zuverlässigkeit des Bieters bzw – bei einer Weitergabe von Leistungen – des Subunternehmers. Danach erfolgt eine Prüfung der Angebote der geeigneten Bieter, bei der insb auf die Übereinstimmung mit der Leistungsbeschreibung, die rechnerische Richtigkeit und die Angemessenheit der Preise abgestellt wird (Angebotsprüfung). Bei ungewöhnlich hohen oder niedrigen Preisen ist eine vertiefte Angebotsprüfung durchzuführen, in der es um die betriebswirtschaftliche Erklärbarkeit und Nachvollziehbarkeit geht. Auch bei sonstigen Unklarheiten oder bei der Feststellung von Mängeln ist der Bieter zu einer schriftlichen Aufklärung aufzufordern. ii)

Das Zuschlagsverfahren

Von den eingelangten Angeboten sind zunächst jene auszuscheiden, die einen der in den §§ 129 und 269 taxativ aufgezählten Mängel aufweisen. Dazu zählen ua Angebote von Bietern, deren Befugnis, finanzielle, wirtschaftliche oder technische Leistungsfähigkeit nicht gegeben ist, verspätet eingelangte Angebote, rechnerisch fehlerhafte Angebote, Angebote von Bietern, die wettbewerbsverzerrende Absprachen untereinander getätigt haben, Angebote, die eine in der vertieften Angebotsprüfung festgestellte nicht plausible Preiszusammensetzung aufweisen. Nach der Ausscheidung hat sich der Auftraggeber für eines der übrig gebliebenen Angebote zu entscheiden (Zuschlagsentscheidung, §§ 130, 271). Bei

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der Zuschlagsentscheidung handelt es sich um eine nicht verbindliche Absichtserklärung, welchem Bieter der Zuschlag erteilt werden soll. Je nach Festlegung in der Ausschreibung obsiegt das technisch und wirtschaftlich günstigste Angebot (Bestbieterprinzip) oder jenes mit dem niedrigsten Preis (Billigstbieterprinzip). Die Entscheidung ist den im Vergabeverfahren verbliebenen Bietern unverzüglich mit den Gründen für die Ablehnung ihrer Angebote mitzuteilen. Daneben sind noch die Vergabesumme und die Merkmale des erfolgreichen Angebots anzuführen. An die Bekanntgabe schließt eine Stillhaltefrist von 14 Tagen, innerhalb derer – bei sonstiger Nichtigkeit – der Zuschlag nicht erteilt werden darf (§§ 132, 273). Somit ist die Zuschlagsentscheidung von der Zuschlagserteilung getrennt. Die Bekanntgabe der mit Gründen versehenen Zuschlagsentscheidung soll die nicht erfolgreichen Bieter schon zu Beginn der Stillhaltefrist in die Lage versetzen, alle benötigten Informationen für einen etwaigen Nachprüfungsantrag in Händen zu halten. Die Stillhaltefrist, die Bekanntgabe der Entscheidung sowie deren Trennung von der endgültigen Zuschlagserteilung dienen somit va dem Rechtsschutz des Einzelnen. Nach Ende der Stillhaltefrist kann der Auftraggeber schließlich den Zuschlag erteilen (Zuschlagserteilung), also das Angebot annehmen und mit dem erfolgreichen Bieter den Vertrag abschließen. Dieser kommt – innerhalb der Zuschlagsfrist – durch die schriftliche Verständigung des Auftraggebers, das Angebot anzunehmen, zustande. Wird die Zuschlagsfrist überschritten, bedarf es darüber hinaus einer schriftlichen Erklärung des Bieters, dass er den Auftrag annimmt. Über den vergebenen Auftrag hat der Auftraggeber schließlich einen Vergabevermerk anzufertigen, der die wesentlichen Ergebnisse des Verfahrens festhält. jj)

Ende des Vergabeverfahrens

Das Vergabeverfahren kann ausschließlich auf zwei Arten beendet werden: Durch das Zustandekommen des Leistungsvertrags oder durch den Widerruf des Vergabeverfahrens (§ 135). Vor Ablauf der Angebotsfrist muss widerrufen werden, wenn es zu einer Änderung der Ausschreibungsgrundlagen kommt. Darunter werden Umstände verstanden, die, wären sie schon vor Einleitung des Vergabeverfahrens bekannt gewesen, eine Ausschreibung ausgeschlossen oder zu einer inhaltlich wesentlich anderen Ausschreibung geführt hätten (zB erst nachträglich zur Kenntnis gelangte mangelnde budgetäre Deckung oder Rechtswidrigkeit eines Zuschlagkriteriums). Der Auftraggeber kann darüber hinaus bei Vorliegen von sachlichen Gründen widerrufen (zB wenn er die Leistung nicht mehr benötigt oder wenn kein oder nur ein Teilnahmeantrag gestellt wird). Für Widerrufe nach Ablauf der Angebotsfrist gelten ähnliche Gründe. Dazu zählt etwa auch die Änderung der Ausschreibungsgrundlagen oder der Umstand, dass nach dem Ausscheiden kein Angebot übrig bleibt. Über den Widerruf des Vergabeverfahrens hat der Auftraggeber wie bei der erfolgreichen Vergabe einen Vermerk anzufertigen. Die Absicht zu widerrufen ist unverzüglich und nachweislich allen am Vergabeverfahren teilnehmenden und bekannten Unternehmen mitzuteilen.

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Darauf folgt eine Stillhaltefrist von 14 Tagen. Erst nach Ablauf der Frist kann der Auftraggeber eine Widerrufserklärung abgeben, mit der das Verfahren beendet wird. Es gilt also auch hier ein zweistufiges System (Widerrufsentscheidung/Widerrufserklärung), das im Wesentlichen dem Rechtsschutz der Bieter dient. kk) Kurzübersicht über das Vergabeverfahren (insb offenes Verfahren) Entscheidung des Auftraggebers über die Vergabe einer Leistung Welche Leistung? Welche Vergabesumme (Schwellenwerte)? Sektorenauftraggeber oder öffentlicher Auftraggeber?

Wahl eines Vergabeverfahrens Oberschwellenbereich: Offenes Verfahren, nicht offenes Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung, Verhandlungsverfahren ohne/mit vorheriger Bekanntmachung, Rahmenvereinbarung, dynamisches Beschaffungssystem, wettbewerblicher Dialog Unterschwellenbereich: Zusätzlich Direktvergabe, nicht offenes Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung und erweiterte Möglichkeiten für die anderen Verfahren

Bekanntmachung, Ausschreibung der Leistung Entgegennahme der Angebote Öffnung und Prüfung (der Bieter und der Angebote) durch den Auftraggeber ggf Ausscheiden von Angeboten

Zuschlagsentscheidung Erfolgt nach Bestbieterprinzip oder Billigstbieterprinzip Bekanntmachung der Entscheidung

Stillhaltefrist 14 Tage, Zuschlagserteilung innerhalb der Frist nichtig

Zuschlagserteilung Abschluss des Vertrags Vergabevermerk

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e)

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Grundzüge des Vergaberechtsschutzes

aa) Allgemeines Das vergaberechtliche Rechtsschutzsystem beruht auf zwei Pfeilern: Gemeinschaftsrechtliche Vergabekontrolle und innerstaatlicher Rechtsschutz. Letzterer unterteilt sich in einen vergabespezifischen Rechtsschutz vor unabhängigen Vergabekontrollbehörden und den Rechtsschutz vor ordentlichen Gerichten. Hinsichtlich des vergabespezifischen Rechtsschutzes ist die Kompetenz zur Gesetzgebung und Vollziehung – wie schon erwähnt – zwischen Bund und Ländern geteilt. Neben den Bestimmungen des BVergG 2006 über den Rechtschutz bei Bundesvergaben bestehen neun eigenständige Landesvergabekontrollgesetze für Landesvergaben, die jeweils die Zuständigkeit entweder des UVS oder – in Salzburg und Wien – der unabhängigen Vergabekontrollsenate (VKS) für Nachprüfungsverfahren vorsehen (dezentraler Rechtsschutz). Die im Folgenden zu besprechenden Rechtsschutzbestimmungen des BVergG 2006 sehen für die Kontrolle von Bundesvergaben die Zuständigkeit des eigens eingerichteten Bundesvergabeamts (BVA) vor. Gegen die Entscheidungen (Bescheide) des BVA eröffnet sich grundsätzlich ein weiterer Rechtsweg zum VwGH bzw VfGH. bb) Vergabespezifischer Rechtsschutz vor dem BVA Das Bundesvergabeamt (BVA) ist eine bundesverfassungsrechtlich eingerichtete Sonderkontrollbehörde mit einem hauptberuflich tätigen Vorsitzenden, die idR in Senaten unter Beteiligung fachkundiger Laien entscheidet (neben dem Vorsitzenden und der stellvertretenden Vorsitzenden gehören ihm derzeit 14 weitere Senatsvorsitzende und 36 sonstige Mitglieder an). Die Mitglieder des BVA sind in Ausübung ihres Amts unabhängig und weisungsfrei. Die Kontrollbefugnis des BVA erstreckt sich auf alle Auftraggeber iSd BVergG 2006 (öffentliche und Sektorenauftraggeber), soweit sie in den Bereich der Bundesvollziehung fallen. Damit unterliegen auch Vergabeentscheidungen der obersten Verwaltungsorgane der Kontrolle der BVA (vgl Art 14 b Abs 6 B-VG). Die Zuständigkeit des BVA erstreckt sich in concreto auf – die Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens, – den Erlass einstweiliger Verfügungen (Provisorialverfahren) und – die Durchführung eines Feststellungsverfahrens (§ 312). Das Nachprüfungsverfahren (§§ 320 ff) dient der Durchsetzung subjektiver Rechte der Bewerber und Bieter in einem Vergabeverfahren. Daraus ergibt sich, dass ein solches nur auf Antrag eines Unternehmers (und nicht etwa von Amts wegen) eingeleitet werden kann, der ein Interesse am Abschluss des Vertrags behauptet und dem durch die mutmaßliche Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist bzw zu entstehen droht. Das BVA kann in dem Verfahren Entscheidungen des Auftraggebers für nichtig erklären und eine neuerliche, rechtskonforme Entscheidung ermöglichen. Dementsprechend kann das Nachprüfungsverfahren auch nur bis zur Zuschlagserteilung bzw bis zur Widerrufserklärung, also solange das Vergabeverfahren noch nicht erledigt ist, beantragt

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werden. Gegenstand der Kontrolle sind nur gesondert anfechtbare Entscheidungen (zB Zuschlags- und Widerrufsentscheidung), für die zusätzlich – je nach gewähltem Vergabeverfahren – bestimmte Präklusionsfristen vorgesehen sind. Der Nachprüfungsantrag richtet sich daher auf die Nichtigerklärung von gesondert anfechtbaren Entscheidungen im Vergabeverfahren (§ 325). Dem Antrag auf Nachprüfung kommt zwar keine aufschiebende Wirkung zu, dafür bewirkt die Bekämpfung der Zuschlagsentscheidung eine Hemmung der Zuschlagsfrist. Eine Nichtigerklärung einer Entscheidung erfolgt dann, wenn diese subjektive Rechte des Antragstellers verletzt. Das Provisorialverfahren (§§ 328 ff) dient der Sicherung des vorläufigen Rechtsschutzes und bezieht sich wie das Nachprüfungsverfahren auf gesondert anfechtbare Entscheidungen (Untersagung der Zuschlagserteilung, der Widerrufserklärung oder Unterlassung der Angebotsöffnung). Es kann unabhängig von einem Nachprüfungsantrag beantragt werden, dient aber im Wesentlichen der Verhinderung von Handlungen des Auftraggebers, die den Zweck eines folgenden Nachprüfungsverfahrens unterliefen. Antragslegitimiert sind deshalb Unternehmer, die einen Nachprüfungsantrag stellen können. Neben dem Antragsteller ist nur der Auftraggeber Partei. Das BVA hat bei seiner Entscheidung eine Interessensabwägung vorzunehmen. Überwiegen die nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, so ist der Antrag abzuweisen (§ 329). Das Feststellungsverfahren (§§ 331 ff) ist im Gegensatz zum Nachprüfungsverfahren erst nach der Zuschlagserteilung bzw nach Beendigung des Verfahrens zulässig. Parteien des Feststellungsverfahrens sind wie im Nachprüfungsverfahren neben dem Antragsteller und dem Auftraggeber auch der allfällige Zuschlagsempfänger. Antragslegitimiert sind Unternehmer, die ein Interesse am Abschluss des zu vergebenden Vertrags hatten und denen durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden erwachsen ist. Nicht zulässig ist ein Feststellungsverfahren, wenn der behauptete Verstoß bereits in einem Nachprüfungsverfahren hätte geltend gemacht werden können (Subsidiarität des Feststellungsverfahrens). Das BVA kann in diesem Verfahren ua feststellen, dass die Wahl einer Direktvergabe bzw eines Verfahrens ohne vorherige Bekanntmachung rechtswidrig war, der Zuschlag nicht nach dem Bestbieter- bzw Billigstbieterprinzip oder die Widerrufserklärung nicht zu Recht erfolgte. Liegt ein Rechtsverstoß vor und hatte dieser wesentlichen Einfluss auf den Ausgang des Verfahrens, so erlässt das BVA einen diesbezüglichen Feststellungsbescheid. Ein solcher ist Zulassungsvoraussetzung für die Erhebung von Schadenersatzklagen. cc) Rechtsschutz vor ordentlichen Gerichten Bei schuldhafter Verletzung des BVergG 2006 kann ein zu Unrecht übergangener Bieter den Ersatz der Kosten der Angebotsstellung und der Kosten der Teilnahme am Vergabeverfahren (Vertrauensschaden) vor den ordentlichen Gerichten geltend machen (§ 338). Voraussetzung ist ein Feststellungsbescheid des BVA. Allerdings scheidet der Schadenersatzanspruch aus, wenn das BVA festgestellt hat, dass der Antragsteller auch bei Einhaltung des BVergG 2006 keine echte Chance auf die Zuschlagserteilung gehabt hätte oder wenn der Geschädigte den Schadenseintritt durch die Stellung einer einstweiligen Verfügung sowie eines Nachprüfungsantrags hätte verhindern können.

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Das nationale Vergaberecht: Das BVergG 2006

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Darüber hinausgehende Schadenersatzansprüche bleiben vom BVergG 2006 unberührt. Insb hat der OGH auch den Ersatz des Erfüllungsinteresses (entgangener Geschäftsgewinn) für zulässig erachtet, wenn ohne Verstoß gegen das Vergaberecht der Vertrag mit dem übergangenen Unternehmen zustande gekommen wäre, dieser also eigentlich Bestbieter gewesen wäre (OGH 7 Ob 200/00p). Neben dem Schadenersatz kommen auch Ansprüche der Bieter auf Unterlassung bzw Beseitigung nach § 1 UWG sowohl gegen Mitbieter wie auch gegen den Auftraggeber in Betracht, da die Vergaberechtsbestimmungen auch vor unlauterem Wettbewerb schützen. Gegenüber einem Mitbieter kämen Unterlassungsansprüche etwa dann in Frage, wenn dieser durch die Mitwirkung an Vorarbeiten zur Vergabe einen erheblichen Wettbewerbsvorteil erlangt hat und daher vom Verfahren auszuschließen wäre, aber trotzdem im Vergabeverfahren ein Angebot legt und den Auftraggeber bewusst zu einem gesetzwidrigen Handeln veranlasst (vgl OGH 4 Ob 155/99v). § 1 UWG ist auch dann anwendbar, wenn der Mitbieter an unlauteren Absprachen mit anderen Bietern beteiligt ist. dd) Vergabekontrolle durch die Gemeinschaft Da das Primärrecht und die VergabeRL weitgehende (Umsetzungs)Verpflichtungen für die Mitgliedstaaten vorsehen, stehen auch den Gemeinschaftsorganen Instrumente zur Kontrolle öffentlicher Beschaffungsvorgänge zur Verfügung. Hinsichtlich der Vergabekontrolle durch Gemeinschaftsorgane kommt zunächst das Vertragsverletzungsverfahren der Kommission gegen einen Mitgliedstaat vor dem EuGH in Frage. Dieses könnte insb bei einer fehlerhaften Umsetzung der VergabeRL angestrengt werden. Da der Einzelne keinen Anspruch auf Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens hat, bleibt einem Bieter nur die Möglichkeit, eine unverbindliche Beschwerde an die Kommission zu richten. Neben einem Vertragsverletzungsverfahren kommt weiters die Anstrengung eines Vorabentscheidungsverfahrens vor dem EuGH über Auslegungs- und Anwendungsfragen bezüglich des EG-Vergaberechts in Frage. Auch hier gilt, dass der Bieter keinen Rechtsanspruch auf die Einleitung des Verfahrens hat. Vorlageberechtigt bzw -verpflichtet sind schließlich nur Gerichte iSd Gemeinschaftsrechts, worunter etwa auch die Vergabekontrollbehörden (BVA, UVS, VKS) zu verstehen sind. Weitere – allerdings praktisch bedeutungslose – in den RechtsmittelRL vorgesehene Kontrollmöglichkeiten bezüglich Beschaffungsvorgängen ergeben sich aus dem Korrekturmechanismus, dem Bescheinigungsverfahren und der außerstaatlichen Schlichtung (umgesetzt in den §§ 335, 336 und 337). Der Korrekturmechanismus enthält Konkretisierungen zu Art 10 EGV (insb Mitwirkungspflichten des Mitgliedstaats) und ein spezifisches Verfahren, das bei einer Aufforderung der Kommission an die Republik Österreich zu einer Stellungnahme bezüglich Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens oder bezüglich der Beseitigung eines Verstoßes gegen gemeinschaftsrechtliche Vergabevorschriften zum Tragen kommt. Im Rahmen des Bescheinigungsverfahrens können sich Sektorenauftraggeber durch einen

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Recht der öffentlichen Auftragsvergabe

Attestor oder eine Bescheinigungsstelle die Übereinstimmung ihrer Vergabeverfahren und -praktiken mit dem Gemeinschaftsrecht bestätigen lassen. Eine – auf dem Grundsatz der Freiwilligkeit beruhende – außerstaatliche Schlichtung kann jeder an einem Sektorenauftrag interessierte Bewerber oder Bieter, der behauptet, dass ihm durch einen Verstoß gegen das gemeinschaftliche oder nationale Vergaberecht ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht, vor der Kommission beantragen. Die von den Parteien akzeptierten Schlichter haben anschließend auf eine gütliche Einigung hinzuwirken und der Kommission über ihre Schlussfolgerungen und über alle Ergebnisse des Verfahrens zu berichten. ee) Überblick zum Rechtsschutz im Vergaberecht BVA (bzw Landesvergabekontrolleinrichtungen) Nachprüfungsverfahren (vor Zuschlagserteilung) Primärer Rechtsschutz Einstweilige Verfügungen Feststellungsverfahren (nach Zuschlagserteilung) Subsidiär, Voraussetzung für gerichtlichen Schadenersatz

Ordentliche Gerichte (Zivilgerichte) Schadenersatz Vertrauensschaden, Erfüllungsinteresse Unterlassung

Gemeinschaftsorgane Kommission Vertragsverletzungsklage EuGH Vorabentscheidung

Fragen: 1. Was bezweckt das Vergaberecht? 2. Was ist das GPA? 3. Welche Erfordernisse für Vergaben lassen sich aus dem Primärrecht ableiten? 4. In welchen Rechtsakten finden sich die wichtigsten sekundärrechtlichen Vergabebestimmungen? 5. Was ist deren persönlicher und sachlicher Anwendungsbereich?

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Das nationale Vergaberecht: Das BVergG 2006

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6. Wie wurden die sekundärrechtlichen Rechtsakte in das österreichische Recht umgesetzt?

7. Wie läuft ein Vergabeverfahren in Grundzügen ab? 8. Welche Faktoren bestimmen den Umfang der anzuwendenden Bestimmungen des BVergG 2006?

9. Welche Verfahrensarten gibt es? 10. Was ist und unter welchen Voraussetzungen kann eine Direktvergabe gewählt werden?

11. Wie ist die Bekanntmachungspflicht ausgestaltet? 12. Was hat eine Ausschreibung zu beinhalten? 13. Nach welchen Kriterien hat sich der Auftraggeber für ein Angebot zu entscheiden? 14. Was ist die Stillhaltefrist? 15. Wie endet ein Vergabeverfahren? 16. Welche Rechtsschutzmöglichkeiten gibt es im Vergaberecht?

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E) Wirtschaftspolizei Entwicklungsgeschichtlich stellt das Wirtschaftspolizeirecht die älteste Schicht des Wirtschaftsrechts dar. Es lässt sich zurückverfolgen in das 15. und 16. Jhdt, wo die policey des absoluten Fürsten die Erhaltung der allgemeinen „Glückseligkeit“ garantierte. Mannigfaltige Gebote und Verbote regelten das Leben des Staatsbürgers. Durch die Bindung der Verwaltungspolizei an das Gesetz (zunächst im Wege von Gesetzesvorrang, später des Gesetzesvorbehalts bis hin zum Legalitätsprinzip in Art 18 B-VG) wurde auch diese Staatstätigkeit dem Rechtsstaat unterworfen. Zugleich dehnte sich die Verwaltungspolizei – entsprechend den wachsenden gesellschaftlichen Bedürfnissen – auf immer weitere Bereiche der Gesellschaft und Wirtschaft aus. Das Wirtschaftspolizeirecht bekämpft nicht nur defensiv die mit jeder wirtschaftlichen Tätigkeit verbundenen Gefährdungen für Leben, Gesundheit, Eigentum, etc, sondern sorgt sich im Zeichen des Konsumentenschutzes ganz allgemein um die Qualität des Waren- und Dienstleistungsangebots. Vom Unternehmer werden diese Vorschriften oft als bürokratische Last, die Zeit und Geld kostet, empfunden. Das Wirtschaftspolizeirecht ist in eine Vielzahl von Verwaltungsmaterien zersplittert und dementsprechend uneinheitlich. Seine Gemeinsamkeit ist – wenn überhaupt – lediglich durch seine Wirtschaftsbezogenheit gegeben. Ob dadurch eine eigene Disziplin begründet werden kann, ist fraglich.

I.

Allgemeines

Literatur: Aicher/Holoubek/Korinek, Gemeinschaftsrecht und Wirtschaftsrecht (2000); Stolleis, Geschichte des öffentlichen Rechts in Deutschland, Bd I 1600–1800 (1988); Vallender, Wirtschaftsfreiheit und begrenzte Staatsverantwortung3 (1995); Wiederin, Sicherheitspolizeirecht (1998); Wimmer/Arnold, Wirtschaftsrecht in Österreich und seine europarechtliche Integration2 (1998).

1.

Die Entwicklung der Polizei

a)

Von der „Beförderung der Glückseligkeit“ zur Verwaltungspolizei

Eine, wenn nicht überhaupt die wichtigste Aufgabe des Staats ist es, die Ordnung des Gemeinwesens, insb ein gefahrloses Zusammenleben seiner Bürger, zu gewährleisten. Die Vorstellungen, was darunter zu verstehen ist, haben sich im Laufe der Zeit gewandelt. ISd Absolutismus lag die Bestimmung des Staats in der „Beförderung der Glückseligkeit“ seiner Untertanen. Damit war faktisch eine Allzuständigkeit des Staats gegeben, der dieser durch seine Polizei gerecht zu werden versuchte. Ausgehend von der Devise: „Alles für den Bürger, nichts durch den Bürger“, regelten die ab dem 16. Jhdt erlassenen Polizeiordnungen

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Wirtschaftspolizeirecht und gleiche Wettbewerbsbedingungen

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das Arbeits- und Sanitärwesen, die Handwerke, den Markt mit seinen Standplätzen, Preisen und Gewichten bis zum Bau- und Feuerschutz (Stolleis). Der Staat war Polizeistaat, der die gute Ordnung des Gemeinwesens gewährleistete. Der Liberalismus brachte in zweifacher Hinsicht eine Präzisierung der polizeilichen Tätigkeit: Zum einen wurde die Polizei dem Legalitätsprinzip und damit der gerichtsförmigen Kontrolle unterworfen. Zum anderen erfolgte eine genauere Festlegung ihrer Aufgabeninhalte, die nunmehr die Abwehr von Gefahren für Freiheit, Sicherheit und Eigentum umfassten. Die inhaltliche Eingrenzung des Polizeibegriffs auf die Gefahrenabwehr hat freilich den Umfang der Polizeiverwaltung nicht wesentlich verkleinert. Denn was auch immer durch den Wegfall des „Glückseligkeitsauftrags“ an Verwaltungsaufgaben obsolet wurde, kompensierten im Bereich der Gefahrenabwehr die immer komplexer werdenden Lebensumstände und die damit verbundenen steigenden Gefahren. Unter dem Gesichtswinkel der Kompetenzverteilung ist zwischen Sicherheitspolizei (Art 10 Abs 1 Z 7 B-VG) und Verwaltungspolizei zu unterscheiden. Aufgabe Ersterer ist es, die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit zu erhalten, wobei es nicht darauf ankommt, in welchem Verwaltungsgebiet es zur Störung gekommen ist (Abwehr allgemeiner, nicht bereichsspezifischer Gefahren). Demgegenüber umfasst die Verwaltungspolizei alle Angelegenheiten, die im B-VG ausdrücklich angeführt sind – zB Fremdenpolizei (Art 10 Abs 1 Z 7 B-VG), Straßenpolizei (Art 11 Abs 1 Z 4 B-VG), Marktpolizei (Art 118 Abs 3 Z 6 B-VG) – sowie die aus den Kompetenzmaterien ableitbaren Maßnahmen der besonderen Gefahrenabwehr. So ergeben sich eine Vielzahl von Polizeimaterien, wie Gewerbepolizei, Lebensmittelpolizei, Gesundheitspolizei, Baupolizei, Naturschutzpolizei, Forstpolizei oder Wasserpolizei. b)

Begriff

Unter Wirtschaftspolizei wird die Abwehr von Gefahren verstanden, die sich aus den einzelnen wirtschaftsbezogenen Verwaltungsmaterien ergeben, wobei neben repressiven auch präventive Maßnahmen (Sicherstellung der persönlichen Eignung für eine wirtschaftliche Tätigkeit) zum Einsatz kommen. Zur Wirtschaftspolizei zählen weiters Maßnahmen zur Sicherung der Gebrauchsqualität. Diese Definition knüpft am Polizeibegriff des B-VG an, erfasst darüber hinaus aber auch die rechtsinhaltlichen Schwerpunkte der wirtschaftlichen Gefahrenabwehr.

2.

Wirtschaftspolizeirecht und gleiche Wettbewerbsbedingungen

Das Wirtschaftspolizeirecht ist nach wie vor eine nationale Domäne. Das Gros der einschlägigen Vorschriften ist innerstaatliches Recht. So sehr die Gefahrenabwehr einerseits positiv zu beurteilen ist und ja auch der staatlichen Verantwortung für eine freie Wirtschaft entspricht, stellt das Wirtschaftspolizeirecht andrerseits eine latente Bedrohung des freien Wettbewerbs dar. Dies ist dann der Fall, wenn durch das Wirtschaftspolizeirecht Hemmnisse geschaffen werden, die den freien Austausch von Waren und Dienstleistungen unterbinden

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304

Allgemeines

oder erschweren. So könnten zB unterschiedliche nationale Gewerbeantrittsvoraussetzungen aber auch abweichende Produktionsvorschriften den freien Wirtschaftsverkehr beeinträchtigen. Aus diesem Grund umfasst das Wirtschaftspolizeirecht auch eine Fülle von Harmonisierungsmaßnahmen der EG, mit denen die einschlägigen Grundfreiheiten effektuiert werden. Das Ziel, Angleichung der Wettbewerbsbedingungen in allen Mitgliedstaaten, wird nur dort zurückgestellt, wo dies durch übergeordnete öffentliche Interessen (zB öffentliche Ordnung und Sicherheit, Gesundheit) unbedingt erforderlich ist. Eine zusätzliche Aufgabe der Harmonisierungsvorschriften liegt in der rechtlichen Umsetzung eigenständiger gemeinschaftlicher Politiken (etwa Lebensmittelpolitik, zB Allergene, Mindesthaltbarkeitsdatum, Hygienevorschriften; Arzneimittelpolitik).

3.

Einteilung des Wirtschaftspolizeirechts

a)

Einteilung nach den geschützten Rechtsgütern

Unter diesem Gesichtspunkt ist zu unterscheiden zwischen – dem Schutz individueller Rechtsgüter wie Leben, Freiheit, Eigentum, Gesundheit, Ehre, sittliche Integrität, etc sowie – dem Schutz grundlegender Ordnungsprinzipien der Wirtschaftsordnung, wie etwa Fairness des Wettbewerbs und Transparenz des Markts. Dies entspricht durchaus dem schon erwähnten verfassungsrechtlichen Entwicklungsbogen vom grundrechtlichen Individualschutz zum Schutz des Markts als Institution. b)

Einteilung nach der Wirkung

Nach der Wirkung sind – präventive Instrumente, insb behördliche Genehmigungen, Anzeigepflichten, Instrumente des Wirtschaftsaufsichtsrechts und – repressive Maßnahmen, insb Sanktionen der klassischen Hoheitsverwaltung zu unterscheiden. c)

Einteilung nach dem Anknüpfungspunkt

Je nach dem an welcher potentiellen Gefährdungsquelle das Wirtschaftspolizeirecht anknüpft, ist zu unterscheiden zwischen – personenbezogener Gefahrenabwehr und – produktbezogener Gefahrenabwehr, die wiederum – die Erzeugung des Produkts, – sein In Verkehr bringen oder – einzelne Eigenschaften des Produkts selbst betreffen kann. Diese Gliederung ist an realen Bezugspunkten des einschlägigen Rechtsbestands orientiert und insofern gegenstandsadäquat. Eine besondere juristische Bedeutung in der Form, dass mit den einzelnen Kategorien spezielle normative Eigenheiten (etwa eigene Wertprinzipien, Instrumente, Interpretationsma-

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Allgemeines

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ximen, etc) verbunden wären, kommt ihr jedoch nicht zu. Die Kategorien sind auch nicht iS eines (erschöpfenden) Systems, sondern lediglich als Versuch zu verstehen, einzelne Grundstrukturen in einem fast uferlosen Rechtsgebiet zu veranschaulichen. Im Vordergrund steht also ihr didaktischer und nicht ihr dogmatischer Wert.

II.

Personenbezogene Gefahrenabwehr

Literatur: Bachmann et al (Hrsg), Besonderes Verwaltungsrecht5 (2004); BundschuhRieseneder, Gewerberecht, in Rath-Kathrein/Weber (Hrsg), Besonderes Verwaltungsrecht5 (2006) 83; Ennöckl/Raschauer, Eckpunkte der Gewerberechts-Nov 2005, ecolex 2005, 870; Feik, Gewerberecht, in Bachmann et al (Hrsg), Besonderes Verwaltungsrecht5 (2004) 145; ders, Gewerbenebenrecht, in Holoubek/Potacs (Hrsg), Öffentliches Wirtschaftsrecht, Bd 1 (2002) 105; Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO-Kommentar2 (2003); Holoubek/Potacs (Hrsg), Öffentliches Wirtschaftsrecht, Bd 1 (2002); Potacs, Gewerberecht, in Holoubek/Potacs (Hrsg), Öffentliches Wirtschaftsrecht, Bd 1 (2002) 5; Wimmer, Der Begriff des Handwerks im österreichischen Gewerberecht, ÖJZ 1967, 117; Wimmer/Arnold/Bundschuh-Rieseneder, Grundriss des Wirtschaftspolizeirechts (2002); Winkler, Die Ausübung gewerblicher Tätigkeiten durch EWR-Unternehmer in Österreich, ZfV 2004, 884.

1.

Allgemeines

Zur Gefahrenabwehr stehen dem Gesetzgeber im Wesentlichen zwei Techniken zur Verfügung: So kann er für das gesamte Spektrum wirtschaftlicher Tätigkeit im Interesse einzelner Schutzgüter Gebote und Verbote erlassen, bei deren Nicheinhaltung eine Strafe verhängt wird. Wer also verfälschte Lebensmittel verkauft, sich durch unlautere Werbung einen Vorteil verschafft, Preise nicht auszeichnet oder die Öffnungszeiten überschreitet, begeht eine Ordnungswidrigkeit und wird bestraft. Dabei ergeben sich folgende Nachteile: – Die Ordnungswidrigkeit wird oftmals erst im Schadensfall aufgedeckt; – das Opfer muss allfällige Ersatzansprüche im Regelfall im Zivilrechtsweg erstreiten; – die Überwachung erfordert einen hohen bürokratischen Aufwand; – für den Wirtschaftstreibenden kostet die Regelungsflut Zeit und Geld. Dieser Regelungsdruck wird durch die personenbezogene Gefahrenabwehr gemildert. Hier geht es um die Sicherstellung der persönlichen Eignung zu einer wirtschaftlichen Tätigkeit, im Wesentlichen um eine ausreichende Sachkenntnis sowie gesundheitliche und charakterliche Voraussetzungen. Sind alle diese Voraussetzungen erfüllt, ist damit auch die Ordnungskonformität des wirtschaftlichen Handelns – soweit vorhersehbar – garantiert. Eine gewisse Gefahr der personenbezogenen Gefahrenabwehr liegt darin, dass die Regelungen, die der Sicherstellung der Eignung dienen, sich zugleich auch als Berufszugangs- und -ausübungsschranken darstellen. Ein hohes Maß an Sachkenntnis, das einem Wirtschaftstreibenden abverlangt wird, kommt ja nicht nur der Qualität seiner Produkte zu Gute, sondern beschränkt notwendigerweise auch den Kreis der Anbieter. Forderungen nach einem „Anziehen“ der Regulierungsschraube (zB nach technischen Unglücken) bzw nach einer

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Allgemeines

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ximen, etc) verbunden wären, kommt ihr jedoch nicht zu. Die Kategorien sind auch nicht iS eines (erschöpfenden) Systems, sondern lediglich als Versuch zu verstehen, einzelne Grundstrukturen in einem fast uferlosen Rechtsgebiet zu veranschaulichen. Im Vordergrund steht also ihr didaktischer und nicht ihr dogmatischer Wert.

II.

Personenbezogene Gefahrenabwehr

Literatur: Bachmann et al (Hrsg), Besonderes Verwaltungsrecht5 (2004); BundschuhRieseneder, Gewerberecht, in Rath-Kathrein/Weber (Hrsg), Besonderes Verwaltungsrecht5 (2006) 83; Ennöckl/Raschauer, Eckpunkte der Gewerberechts-Nov 2005, ecolex 2005, 870; Feik, Gewerberecht, in Bachmann et al (Hrsg), Besonderes Verwaltungsrecht5 (2004) 145; ders, Gewerbenebenrecht, in Holoubek/Potacs (Hrsg), Öffentliches Wirtschaftsrecht, Bd 1 (2002) 105; Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO-Kommentar2 (2003); Holoubek/Potacs (Hrsg), Öffentliches Wirtschaftsrecht, Bd 1 (2002); Potacs, Gewerberecht, in Holoubek/Potacs (Hrsg), Öffentliches Wirtschaftsrecht, Bd 1 (2002) 5; Wimmer, Der Begriff des Handwerks im österreichischen Gewerberecht, ÖJZ 1967, 117; Wimmer/Arnold/Bundschuh-Rieseneder, Grundriss des Wirtschaftspolizeirechts (2002); Winkler, Die Ausübung gewerblicher Tätigkeiten durch EWR-Unternehmer in Österreich, ZfV 2004, 884.

1.

Allgemeines

Zur Gefahrenabwehr stehen dem Gesetzgeber im Wesentlichen zwei Techniken zur Verfügung: So kann er für das gesamte Spektrum wirtschaftlicher Tätigkeit im Interesse einzelner Schutzgüter Gebote und Verbote erlassen, bei deren Nicheinhaltung eine Strafe verhängt wird. Wer also verfälschte Lebensmittel verkauft, sich durch unlautere Werbung einen Vorteil verschafft, Preise nicht auszeichnet oder die Öffnungszeiten überschreitet, begeht eine Ordnungswidrigkeit und wird bestraft. Dabei ergeben sich folgende Nachteile: – Die Ordnungswidrigkeit wird oftmals erst im Schadensfall aufgedeckt; – das Opfer muss allfällige Ersatzansprüche im Regelfall im Zivilrechtsweg erstreiten; – die Überwachung erfordert einen hohen bürokratischen Aufwand; – für den Wirtschaftstreibenden kostet die Regelungsflut Zeit und Geld. Dieser Regelungsdruck wird durch die personenbezogene Gefahrenabwehr gemildert. Hier geht es um die Sicherstellung der persönlichen Eignung zu einer wirtschaftlichen Tätigkeit, im Wesentlichen um eine ausreichende Sachkenntnis sowie gesundheitliche und charakterliche Voraussetzungen. Sind alle diese Voraussetzungen erfüllt, ist damit auch die Ordnungskonformität des wirtschaftlichen Handelns – soweit vorhersehbar – garantiert. Eine gewisse Gefahr der personenbezogenen Gefahrenabwehr liegt darin, dass die Regelungen, die der Sicherstellung der Eignung dienen, sich zugleich auch als Berufszugangs- und -ausübungsschranken darstellen. Ein hohes Maß an Sachkenntnis, das einem Wirtschaftstreibenden abverlangt wird, kommt ja nicht nur der Qualität seiner Produkte zu Gute, sondern beschränkt notwendigerweise auch den Kreis der Anbieter. Forderungen nach einem „Anziehen“ der Regulierungsschraube (zB nach technischen Unglücken) bzw nach einer

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Personenbezogene Gefahrenabwehr

Liberalisierung durch Absenken der Zugangshürden müssen daher immer in ihren gegensätzlichen Konsequenzen bedacht werden. Richtschnur für den Gesetzgeber ist hier insb der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Die einzelnen Elemente der persönlichen Eignung sind in zentraler Weise in der Gewerbeordnung geregelt. Im Folgenden werden die wichtigsten Gewerbeantrittsvoraussetzungen nur exemplarisch wiedergegeben, hinsichtlich der Details auf das ausführliche Schrifttum zum Gewerberecht verwiesen.

2.

Die persönliche Eignung

a)

Eigenberechtigung

„Jeder Mensch hat angeborene, schon durch die Vernunft einleuchtende Rechte“ (§ 16 ABGB). Der Mensch ist also ein Rechtssubjekt und besitzt daher Rechtsfähigkeit. Aus der Rechtsfähigkeit leitet sich die Handlungsfähigkeit ab. Diese wiederum ist Voraussetzung für die Geschäftsfähigkeit, also der Fähigkeit, sich selbst durch eigenes rechtsgeschäftliches Handeln zu berechtigen oder zu verpflichten. Mit dem 18. Lebensjahr wird im Allgemeinen die volle Geschäftsfähigkeit (Volljährigkeit oder auch Eigenberechtigung) erlangt. Voraussetzung jeglicher wirtschaftlichen Tätigkeit ist die volle Geschäftsfähigkeit (Eigenberechtigung). Aus der Eigenberechtigung leitet sich die Gewerberechtsfähigkeit als Fähigkeit, Träger gewerberechtlicher Rechte und Pflichten zu sein, ab. IdS setzt § 8 Abs 1 GewO 1994 für die Ausübung eines Gewerbes durch eine natürliche Person deren Eigenberechtigung voraus. Auch nicht eigenberechtigte Personen können ein Gewerbe anmelden. In diesem Fall ist für die Ausübung des Gewerbes jedoch ein Geschäftsführer zu bestellen. Einen Geschäftsführer brauchen auch juristische Personen, die ein Gewerbe ausüben wollen. b)

Staatsbürgerschaft und Wohnsitz

Natürliche Personen, die ein Gewerbe antreten wollen, müssen im Besitz der österreichischen Staatsbürgerschaft sein und ihren Wohnsitz im Inland haben. Gewerbeinhaber, die keinen Wohnsitz im Inland haben, müssen gem § 39 Abs 1 GewO 1994 einen Geschäftsführer bestellen. Juristische Personen und Personengesellschaften des Handelsrechts ohne Unternehmenssitz im Inland dürfen Gewerbe gem § 14 Abs 2 GewO 1994 nicht ausüben, soweit nicht Staatsverträge Anderes vorsehen. Ausländische natürliche Personen dürfen Gewerbe wie Inländer ausüben, wenn dies in Staatsverträgen festgelegt worden ist, Gegenseitigkeit vorliegt oder eine Gleichstellung erteilt wurde (EU- und EWR-Bürger, § 373b GewO 1994, sowie Schweizer Staatsbürger, § 373a Abs 2 GewO 1994, dürfen Gewerbe wie Inländer ausüben). Solche Verträge sind etwa der EWR-Vertrag (BGBl 1993/909) und der EU-Beitrittsvertrag (BGBl 1995/45). Der Grundsatz der Gegenseitigkeit wird durch den „Inländervorbehalt“ durchbrochen. Aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit ist die Ausübung bestimmter Gewerbe ausschließlich Personen mit österreichischer Staatsbürgerschaft und Wohnsitz im Inland vorbehalten. Dazu zählen zB das Gewerbe der Rauchfangkehrer (§ 121 GewO 1994) und das Waffengewerbe (§ 141 GewO 1994).

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Die persönliche Eignung

c)

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Keine Ausschließungsgründe und Zuverlässigkeit

Wie schon eingangs erwähnt, spielt die charakterliche Eignung für den Antritt eines Gewerbes eine besondere Rolle. Durch die Normierung einzelner Ausschließungsgründe und das zusätzliche Erfordernis der Zuverlässigkeit will der Gesetzgeber sicher gehen, dass die charakterlichen, wirtschaftlichen und gesundheitlichen Voraussetzungen für eine bestimmte wirtschaftliche Tätigkeit vorliegen. Ausschließungsgründe sind ua: Gerichtliche Freiheitsstrafen (über drei Monate) oder Geldstrafen (mehr als 180 Tagessätze), Schmuggel und Steuerhinterziehung, wirtschaftliche Unzuverlässigkeit (Konkurs, wenn das Vermögen des Schuldners nicht einmal ausreicht, die Kosten des Konkursverfahrens abzudecken), betrügerische Krida. Unter Zuverlässigkeit ist „eine solche Geisteshaltung und Sinnesart zu verstehen, die Gewähr dafür bietet, dass bei Ausübung des Gewerbes die hierbei zu beachtenden öffentlichen Rücksichten gewahrt werden“ (VwGH 27.11.1990, 89/04/0018). Die Zuverlässigkeit ist in Bezug auf die besondere Gefährdungslage des betreffenden Gewerbes zu prüfen. Der Antragsteller muss also durch rechtswidriges Verhalten gerade jene öffentlichen Interessen beeinträchtigt haben, die den Grund für die besondere Regelung des betreffenden Gewerbes darstellen. Beispiel: So begründet die Anklageerhebung wegen des Verbrechens der Neutralitätsgefährdung durch unerlaubte Kriegsmateriallieferungen Zweifel an der Zuverlässigkeit bei der Ausübung des Waffengewerbes (VwGH 21.8.1990, 88/04/0036). Beim Immobilienmaklergewerbe sind schwerer Betrug und Veruntreuung dazu geeignet, die öffentlichen Interessen an der Ausübung dieses Gewerbes zum Schutz vor qualifizierten Vermögensschäden zu berühren (VwGH 28.6.1994, 93/04/0034).

Für die Wiedererlangung der Zuverlässigkeit im gewerberechtlichen Sinn genügt es nicht, dass seit der Verurteilung einige Zeit verstrichen ist, sondern es kommt auf die Änderung der Geisteshaltung und Sinnesart an (VwGH 27.04.1993, 92/04/0247). d)

Sachkunde

aa) Allgemeines Allgemein betrachtet soll der Nachweis einer besonderen Sachkunde – der nahezu alle Gewerbe mit Ausnahme der freien Gewerbe umfasst – das Vorliegen der notwendigen kaufmännischen und fachlichen Befähigung sichern (s dazu ua VfSlg 13.094/1992). Der mittels Befähigungsnachweis gewährleistete qualitative Mindeststandard der Leistungen liegt sowohl im Interesse der Konsumenten wie auch des jeweiligen Berufsstands selbst. Einerseits sollte sich der Verbraucher darauf verlassen können, dass die bestellte Arbeit bestimmten Anforderungen entspricht; andrerseits werden durch den Befähigungsnachweis auch die Gewerbetreibenden gegen etwaige Konkurrenzbetriebe, die durch mindere Leistungen gegebenenfalls auch die Preise unterbieten, geschützt. Insofern sind die mit dem Befähigungsnachweis verbundenen Beschränkungen der Gewerbefreiheit durchaus angebracht.

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Personenbezogene Gefahrenabwehr

Freilich muss die geforderte Sachkunde in einem adäquaten Verhältnis zur wirtschaftlichen Tätigkeit und deren potentiellen Gefährlichkeit stehen. In Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist der Gesetzgeber auch gezwungen, die sachlichen Anforderungen an den Befähigungsnachweis gemäß der jeweiligen Tätigkeit abzustufen. Es findet sich daher in den einschlägigen Vorschriften ein unterschiedliches Anspruchsniveau, angefangen von einem Verwendungsnachweis über den Besuch von Lehrgängen, die Ablegung von Prüfungen bis hin zur Kombination dieser Erfordernisse. bb) Europäische Diplomanerkennungsrichtlinien Im Zuge beschäftigungspolitischer Maßnahmen und zur Förderung der allgemeinen Mobilität wurde vom Europäischen Rat beschlossen, dass die Mitgliedstaaten für Vereinfachungen bei der Anerkennung von Befähigungsnachweisen und erworbenen Kenntnissen und Fähigkeiten zu sorgen haben (Beschluss 01/63/EG, ABl 2001 L 22/18). Bereits in Geltung stehende (und auch künftige) europäische DiplomanerkennungsRL (zB RL 05/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen, ABl 2005 L 255/22) führen dazu, dass in Österreich Befähigungen von EU- oder EWR-Staatsangehörigen anerkannt werden, die nach der Art der Tätigkeit und der Ausbildungsdauer österreichischen Voraussetzungen entsprechen; dies unabhängig davon, ob die Berufserfahrung in einem EWR-Vertragsstaat oder im Inland erworben wurde. Im Gegenzug werden die österreichischen BefähigungsnachweisV an die Anforderungen der EU angepasst, um eine Diskriminierung und Beeinträchtigung österreichischer Gewerbetreibender bei der Gewerbeausübung möglichst zu unterbinden.

3.

Gewerbearten

a)

Allgemeines

Seit der GewO-Novelle 2002 kann man die von der GewO erfassten Erwerbstätigkeiten nach verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für den Antritt des Gewerbes oder nach dem erforderlichen Befähigungsnachweis unterscheiden in – Anmeldungs- und bescheidbedürftige Gewerbe, – reglementierte und freie Gewerbe sowie in – Industrie- und Gewerbebetrieb. Die Einteilung nach der Art (dem Inhalt) der gewerblichen Tätigkeit – also in Erzeugungsgewerbe, Handelsgewerbe und Dienstleistungsgewerbe – wurde durch die genannte Novelle bedeutungslos. b)

Anmeldungsgewerbe – bescheidbedürftige Gewerbe

Nach den verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für den Gewerbeantritt lassen sich die Gewerbe in Anmeldungsgewerbe (§ 5 Abs 1) und bescheidbedürftige Gewerbe (§ 95) unterteilen. Die meisten Gewerbe dürfen nunmehr bei Erfüllung der allgemeinen und gegebenenfalls vorgeschriebenen besonderen Voraussetzungen bereits aufgrund der Anmeldung des betreffenden Gewerbes aus-

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Gewerbearten

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geübt werden. Die Behörde überprüft aufgrund der Anmeldung, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewerbeausübung durch den Anmelder im betreffenden Standort vorliegen. Sind diese gegeben, hat die Behörde den Anmelder in das Gewerberegister einzutragen und ihm einen Gewerberegisterauszug zu übermitteln; ein Gewerbeschein wird nicht mehr ausgestellt (§ 340 Abs 1). Bescheidbedürftige Gewerbe sind die in § 95 genannten Gewerbe (Baumeister, Elektrotechniker, Inkassoinstitute, Vermögensberatung, Zimmermeister, etc) sowie das Rauchfangkehrergewerbe. Bei Anmeldung eines dieser Gewerbe hat die Behörde über das Ergebnis der Voraussetzungsprüfung einen Feststellungsbescheid zu erlassen (§ 340 Abs 2). Erst nach Eintritt der Rechtskraft dieses Bescheides hat die Behörde den Anmelder in das Gewerberegister einzutragen. Liegen die Voraussetzungen nicht vor, ist dies bescheidmäßig festzustellen und die Ausübung zu untersagen. Weiters muss jener Gewerbeanmelder die Rechtskraft eines Feststellungsbescheides abwarten, der seine Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen zur Gewerbeausübung durch einen individuellen Befähigungsnachweis (§ 19) belegen möchte. Für die Anmeldeverfahren ist grundsätzlich die Bezirksverwaltungsbehörde zuständig (§§ 339, 340). Ausgenommen davon ist die Erteilung der Gewerbeberechtigung für das Waffengewerbe betreffend militärische Waffen; in diesem Fall ist der BMWA im Einvernehmen mit dem BMI zuständig (§ 148). c)

Reglementierte Gewerbe – freie Gewerbe

Die gewerblichen Tätigkeiten werden in reglementierte Gewerbe und freie Gewerbe eingeteilt, je nach Erfordernis eines Befähigungsnachweises. Dieser ist Kriterium für reglementierte Gewerbe (§§ 18, 22), welche in § 94 aufgezählt sind. Einige der in § 94 aufgelisteten Gewerbe sind als Handwerke gekennzeichnet (zB Bäcker, Bodenleger, Hafner, Kosmetik), für welche die Meisterprüfung (§ 20) einen möglichen Befähigungsnachweis darstellt. Nach der langjährigen Judikatur des VwGH ist der Begriff des Handwerks ua durch folgende Merkmale gekennzeichnet: – Hauptsächlich manuelle Tätigkeit, wobei der einzelne Arbeiter (Geselle) grundsätzlich das ganze Arbeitserzeugnis in allen seinen Stadien herstellt. – Überwiegen individueller Leistung, also qualitativ hoch stehende Einzelanfertigungen auf Bestellung. – Ein wichtiges Zuordnungsmerkmal bildet weiters die Funktion des Unternehmers im Betrieb. Der handwerksmäßige Betrieb bezieht zum Unterschied vom fabriksmäßigen die persönliche Kunstfertigkeit des Meisters wesenhaft ein; die Tätigkeit des Fabrikanten hingegen erstreckt sich nur auf die kommerzielle, betriebswirtschaftliche und allenfalls technische Leistung des Unternehmens. Die in § 31 Abs 2 genannten Teilgewerbe sind Teil eines reglementierten Gewerbes, also keine eigene Gewerbeart. Sie umfassen Tätigkeiten eines reglementierten Gewerbes oder eines Handwerks, welche auch Personen erbringen können, die ihre Befähigung auf vereinfachte Art nachweisen können (zB Lehrabschlusszeugnis). Gemäß der 1. Teilgewerbe-V (BGBl II 1998/11) zählen dazu ua Autoverglasung, Friedhofsgärtnerei oder Speiseeiserzeugung.

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Produktbezogene Gefahrenabwehr

Gewerbe, die nicht ausdrücklich als reglementierte Gewerbe oder als Teilgewerbe angeführt sind, gelten als freie Gewerbe, welche keinen besonderen Befähigungsnachweis erfordern. Spezielle Ausübungsvorschriften (zB für Adressverlage gem § 151) sind jedoch zu beachten (§ 5 Abs 2). Über die Frage, ob eine gewerbliche Tätigkeit ein freies Gewerbe sein kann oder einem reglementierten Gewerbe oder Teilgewerbe vorbehalten ist, entscheidet gem § 349 Abs 1 Z 2 der BMWA. d)

Industriebetrieb – Gewerbebetrieb

Nach Form und Umfang der gewerblichen Tätigkeit wird zwischen Industrie- und Gewerbebetrieben unterschieden. Ein Industriebetrieb liegt gem § 7 Abs 1 vor, wenn im Wesentlichen folgende Merkmale zutreffen: Hoher Kapitaleinsatz, Einsatz von Maschinen und technischen Einrichtungen, serienmäßige Erzeugung, typisierte Verrichtungen, weitgehende Arbeitsteilung im Rahmen eines vorbestimmten Arbeitsablaufs, eine größere Zahl von ständig beschäftigten Arbeitnehmern, organisatorische Trennung von technischer und kaufmännischer Führung. Die Kriterien müssen jedoch nicht kumulativ vorliegen (§ 7 Abs 2). Diese Unterscheidung ist insofern von Bedeutung, als für Gewerbe, die in Form eines Industriebetriebs ausgeübt werden, mit Ausnahme der in § 7 Abs 5 aufgezählten Gewerbe (zB Baumeister, Zimmermeister, Herstellung von Arzneimitteln und Giften), kein Befähigungsnachweis erforderlich ist. Handelsbetriebe, Tourismusbetriebe, Verkehrsgewerbe sowie Gewerbe, deren Waren und Dienstleistungen überwiegend auf Einzelbedürfnisse abgestimmt sind, fallen jedoch nicht unter diese Begünstigung (§ 7 Abs 6). Wenn offenkundig ist, dass eine industrielle Ausübung eines Gewerbes nicht beabsichtigt oder in dieser Form überhaupt nicht möglich ist, hat die Behörde die Ausübung des Gewerbes bescheidmäßig zu untersagen (§ 347).

III. Produktbezogene Gefahrenabwehr Literatur: Aicher/Holoubek (Hrsg), Der Schutz von Verbraucherinteressen (2000); Aicher et al, (Hrsg), Der Schutz von Verbraucherinteressen. Ausgestaltung im öffentlichen Recht und Privatrecht. Schriften zum gesamten Recht der Wirtschaft (2000); Bachmann et al (Hrsg), Besonderes Verwaltungsrecht5 (2004); Bundschuh-Rieseneder, Gewerberecht, in Rath-Kathrein/Weber, Besonderes Verwaltungsrecht5 (2006) 83; Feik, Gewerberecht, in Bachmann et al (Hrsg), Besonderes Verwaltungsrecht5 (2004) 145; ders, Gewerbenebenrecht, in Holoubek/Potacs (Hrsg), Öffentliches Wirtschaftsrecht, Bd 1 (2002) 105; Holoubek, Verbraucherschutz durch Produktrecht, in Aicher et al, (Hrsg), Der Schutz von Verbraucherinteressen. Ausgestaltung im öffentlichen Recht und Privatrecht. Schriften zum gesamten Recht der Wirtschaft (2000) 63; Holoubek/Potacs (Hrsg), Öffentliches Wirtschaftsrecht, Bd 1 (2002); Korinek (Hrsg), Gewerberecht – Grundfragen der GewO 1994 in Einzelbeiträgen (1995); Krejci, Gewerbeordnung und Konsumentenschutz, in Korinek (Hrsg), Gewerberecht – Grundfragen der GewO 1994 in Einzelbeiträgen (1995) 227; Morscher/Christ, Rundfunkrechtliche Werberegelungen für öffentlich-rechtliches und privates Fernsehen, wbl 2005, 393; Pöschl, Die Geschichte des Anmeldungsgewerbes – ein legistisches quid pro quo, ZfV 2005, 662; Potacs, Gewerberecht, in Holoubek/Potacs (Hrsg), Öffentliches Wirtschaftsrecht, Bd 1 (2002) 5; Raschauer, Verbraucherschutzrechtliche Dimensionen im Wirtschaftsordnungs- und Wirtschafts-

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Produktbezogene Gefahrenabwehr

Gewerbe, die nicht ausdrücklich als reglementierte Gewerbe oder als Teilgewerbe angeführt sind, gelten als freie Gewerbe, welche keinen besonderen Befähigungsnachweis erfordern. Spezielle Ausübungsvorschriften (zB für Adressverlage gem § 151) sind jedoch zu beachten (§ 5 Abs 2). Über die Frage, ob eine gewerbliche Tätigkeit ein freies Gewerbe sein kann oder einem reglementierten Gewerbe oder Teilgewerbe vorbehalten ist, entscheidet gem § 349 Abs 1 Z 2 der BMWA. d)

Industriebetrieb – Gewerbebetrieb

Nach Form und Umfang der gewerblichen Tätigkeit wird zwischen Industrie- und Gewerbebetrieben unterschieden. Ein Industriebetrieb liegt gem § 7 Abs 1 vor, wenn im Wesentlichen folgende Merkmale zutreffen: Hoher Kapitaleinsatz, Einsatz von Maschinen und technischen Einrichtungen, serienmäßige Erzeugung, typisierte Verrichtungen, weitgehende Arbeitsteilung im Rahmen eines vorbestimmten Arbeitsablaufs, eine größere Zahl von ständig beschäftigten Arbeitnehmern, organisatorische Trennung von technischer und kaufmännischer Führung. Die Kriterien müssen jedoch nicht kumulativ vorliegen (§ 7 Abs 2). Diese Unterscheidung ist insofern von Bedeutung, als für Gewerbe, die in Form eines Industriebetriebs ausgeübt werden, mit Ausnahme der in § 7 Abs 5 aufgezählten Gewerbe (zB Baumeister, Zimmermeister, Herstellung von Arzneimitteln und Giften), kein Befähigungsnachweis erforderlich ist. Handelsbetriebe, Tourismusbetriebe, Verkehrsgewerbe sowie Gewerbe, deren Waren und Dienstleistungen überwiegend auf Einzelbedürfnisse abgestimmt sind, fallen jedoch nicht unter diese Begünstigung (§ 7 Abs 6). Wenn offenkundig ist, dass eine industrielle Ausübung eines Gewerbes nicht beabsichtigt oder in dieser Form überhaupt nicht möglich ist, hat die Behörde die Ausübung des Gewerbes bescheidmäßig zu untersagen (§ 347).

III. Produktbezogene Gefahrenabwehr Literatur: Aicher/Holoubek (Hrsg), Der Schutz von Verbraucherinteressen (2000); Aicher et al, (Hrsg), Der Schutz von Verbraucherinteressen. Ausgestaltung im öffentlichen Recht und Privatrecht. Schriften zum gesamten Recht der Wirtschaft (2000); Bachmann et al (Hrsg), Besonderes Verwaltungsrecht5 (2004); Bundschuh-Rieseneder, Gewerberecht, in Rath-Kathrein/Weber, Besonderes Verwaltungsrecht5 (2006) 83; Feik, Gewerberecht, in Bachmann et al (Hrsg), Besonderes Verwaltungsrecht5 (2004) 145; ders, Gewerbenebenrecht, in Holoubek/Potacs (Hrsg), Öffentliches Wirtschaftsrecht, Bd 1 (2002) 105; Holoubek, Verbraucherschutz durch Produktrecht, in Aicher et al, (Hrsg), Der Schutz von Verbraucherinteressen. Ausgestaltung im öffentlichen Recht und Privatrecht. Schriften zum gesamten Recht der Wirtschaft (2000) 63; Holoubek/Potacs (Hrsg), Öffentliches Wirtschaftsrecht, Bd 1 (2002); Korinek (Hrsg), Gewerberecht – Grundfragen der GewO 1994 in Einzelbeiträgen (1995); Krejci, Gewerbeordnung und Konsumentenschutz, in Korinek (Hrsg), Gewerberecht – Grundfragen der GewO 1994 in Einzelbeiträgen (1995) 227; Morscher/Christ, Rundfunkrechtliche Werberegelungen für öffentlich-rechtliches und privates Fernsehen, wbl 2005, 393; Pöschl, Die Geschichte des Anmeldungsgewerbes – ein legistisches quid pro quo, ZfV 2005, 662; Potacs, Gewerberecht, in Holoubek/Potacs (Hrsg), Öffentliches Wirtschaftsrecht, Bd 1 (2002) 5; Raschauer, Verbraucherschutzrechtliche Dimensionen im Wirtschaftsordnungs- und Wirtschafts-

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Allgemeines

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aufsichtsrecht, in Aicher/Holoubek (Hrsg), Der Schutz von Verbraucherinteressen (2000) 17; Rath-Kathrein/Weber, Besonderes Verwaltungsrecht5 (2006); Stolzlechner, Verbraucherschutz durch Produktsicherheit. Gedanken zum PSG 2004, FS-Schäffer (2006) 805; Wimmer/Arnold, Optimierung der Staatlichkeit. Anmerkungen zur Deregulierung in Österreich, FS-Klecatsky (1990) 291; Wimmer/Arnold/Bundschuh-Rieseneder, Grundriss des Wirtschaftspolizeirechts (2002).

1.

Allgemeines

Unter dieser Kategorie werden zum einen Regelungen erfasst, die der umfassenden Information des Konsumenten (Pkt III.2.) hinsichtlich der von ihm verwendeten Produkte und Dienstleistungen dienen und damit nicht nur vor möglichen Gefahren schützen, sondern auch die Voraussetzung für einen transparenten Markt schaffen. Zum anderen geht es um Vorschriften, die die Herstellung und das In Verkehr bringen eines Produkts Beschränkungen unterwerfen (Produktions- und Verkehrsbeschränkungen, Pkt III.3.). Dabei treten neben den Aspekt der Gefahrenabwehr zunehmend auch die Ziele der Gewährleistung einer ausreichenden Sicherheitsqualität und Gebrauchstauglichkeit und – weiter noch – das Ziel der Sicherung eines Mindeststandards. Im Rahmen der Produktion spielen naturgemäß auch technische Anlagen und das betriebliche Umfeld eine wesentliche Rolle. Zwecks Illustration der Breite des Wirtschaftspolizeirechts werden hiefür einschlägige Vorschriften erwähnt (Pkt III.3.d. und III.3.e.), die bei einer verfeinerten Systematik auch als selbständige Kategorien ausgewiesen werden könnten. Dies betrifft insb die Arbeits- und Betriebszeitenregelungen, die an der Schnittstelle von Wirtschafts- und Arbeitsrecht liegen.

2.

Informationsregelungen

a)

Bedeutung

Bei den Informationsregelungen wird die Doppelfunktion des Wirtschaftspolizeirechts besonders deutlich. Für die Verbraucher geht es um Gefahrenabwehr (Gesundheitsschädigungen, Irreführung, Diskriminierung gegenüber anderen Konsumenten, etc). Vom Standpunkt der Mitbewerber aus gesehen, also der Produzenten und Dienstleister, sind Informationsregelungen Voraussetzung für einen funktionierenden Wettbewerb. Denn sachliche Kaufentscheidungen setzen eine entsprechende Produkt- und Leistungstransparenz voraus. Der Markt muss für Anbieter und Konsumenten gleichermaßen „durchschaubar“ sein. Wettbewerbsvorteile aus Täuschung und Desinformation sollen ausgeschlossen werden und sich insofern die bessere Leistung am Markt durchsetzen. Die Informationsregelungen stellen damit zugleich einen wesentlichen Bestandteil des Lauterkeitsrechts dar. Die gesetzlichen Informationsregelungen lassen sich unter verschiedenen Gesichtspunkten gliedern. Im Folgenden wird eine Unterscheidung in – Betriebskennzeichnungsvorschriften (Pkt b), – Werbung (Pkt c) und – Produktdeklarationen (Pkt d) getroffen.

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b)

Produktbezogene Gefahrenabwehr

Betriebskennzeichnung

Durch die Betriebskennzeichnung (insb durch Beschilderungen und Fassadenaufschriften) wird dem Konsumenten eine allgemeine Orientierung geboten. Das Auffinden einzelner Geschäfte wird erleichtert. Deshalb sehen die §§ 63 ff GewO 1994 die Pflicht zur Betriebskennzeichnung vor (Name plus Hinweis auf den Gegenstand des Gewerbes). Alle Angaben müssen den Grundsätzen der Wahrheit und Klarheit Rechnung tragen. Fantasienamen („Cafe Regenbogen“, Konditorei „Leckermäulchen“) sind zulässig, dürfen aber nicht irreführend sein. Für einzelne Gewerbe gibt es auch einen besonderen Bezeichnungsschutz. Dazu zählen zB: – Kreditunternehmen: Bezeichnungsschutz für „Geldinstitut“, „Kreditinstitut“, „Bank“ (§ 94 BWG, BGBl 1993/532 idF BGBl I 2006/ 104); – Freie Berufe: Bezeichnungsschutz für Notare (§ 186 NO, RGBl 1871/75 idF BGBl I 2006/92), Rechtsanwälte (§ 8 Abs 4 RAO, RGBl 1868/96 idF BGBl I 2006/93), Ärzte (§§ 43 f ÄrzteG 1998, BGBl I 1998/169 idF BGBl I 2005/156) oder Wirtschaftstreuhänder (§ 84 WTBG, BGBl I 1999/58 idF BGBl I 2005/120). c)

Werbung

aa) Rechtsvorschriften und Grundsätze Werbung bezweckt die Beeinflussung der Nachfrage. Sie ist einerseits notwendig für die Markttransparenz; andrerseits kann ihre missbräuchliche Verwendung sowohl dem fairen Wettbewerb als auch dem Verbraucherschutz zuwider laufen. Die zentrale Rechtsgrundlage für die Werbung bildet das UWG. Dazu kommen weitere Verwaltungsvorschriften wie zB die GewO 1994, das Lebensmittelsicherheits- und VerbraucherschutzG, das WeinG 1999, das ArzneimittelG 1983 oder das MedienG 1981. Werberechtliche Vorschriften finden sich auch in natur-, landschaftsschutz- und straßenpolizeilichen Regelungen. Insgesamt ist das Werberecht von folgenden allgemeinen Grundsätzen geleitet: – Irreführungsverbot: Die Werbung darf keine Angaben enthalten, die falsch sind und den Verbraucher zu einer Annahme verleiten, die den Tatsachen nicht entspricht (§ 2 UWG). – Sachinformation: Mit dem Wahrheitsgrundsatz verbunden ist das Gebot eines Mindestmaßes an Sachinformation im Bereich der Werbung. Dadurch soll sichergestellt werden, dass der potentielle Kunde jene Informationen erhält, die für eine objektive Kaufentscheidung erforderlich sind. Besonders strenge Vorschriften bestehen hinsichtlich der Arzneimittelwerbung, die so gestaltet sein muss, dass der Werbecharakter deutlich zum Ausdruck kommt. Abgesehen davon ist festzuhalten, dass das Gebot der Sachinformation in der Werbung durchaus in einem Spannungsverhältnis zur Vielfältigkeit, Ausdrucksfähigkeit und Fantasie der Werbebotschaft stehen kann. – Offenkundigkeitsgrundsatz: Dem Werbeempfänger muss offenkundig sein, dass es sich bei den Informationen um Werbung handelt. Nur so ist eine kritische Beurteilung der Werbeaussage möglich.

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Informationsregelungen

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Beispiel: Der Offenkundigkeitsgrundsatz verbietet zB Werbemaßnahmen, die unter der Wahrnehmungsgrenze liegen (subliminale Werbung). Nach dem MedienG müssen redaktionelle Texte von Werbeblöcken abgegrenzt sein. Zu den besonders wichtigen Werbebeschränkungen im Fernsehen zählen ua Schleichwerbung, Product Placement, Sponsoring, Telepromotion, unterschwellige Werbung, Teleshopping, virtuelle Werbung, Split-Screen-Technik, Cross Promotion und Eigenwerbung.

bb) Gemeinschaftsrechtliche Vorschriften Im Bereich der Werbung weisen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten erhebliche Unterschiede auf, wodurch Behinderungen des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs auftreten und Wettbewerbsverzerrungen hervorgerufen werden könnten. Als Korrektiv wurde die RL über irreführende und vergleichende Werbung (RL 84/450/EG, ABl 1984 L 250/1 idF RL 05/29/EG, ABl 2005 L 149/ 22) erlassen. Sie enthält ein europäisches Mindestschutzniveau zugunsten der Verbraucher und des lauteren Wettbewerbs. Zudem soll der Abbau von Handelshemmnissen – bedingt durch die unterschiedlichen mitgliedstaatlichen Werbevorschriften – gefördert werden. Weitere wichtige gemeinschaftsrechtliche Vorschriften betreffen die Öffentlichkeitswerbung für Arzneimittel sowie die Fernsehwerbung (Verbot der Fernsehwerbung für Zigaretten, Tabakwaren sowie rezeptpflichtige Arzneimittel, strenge Kriterien für die Werbung für alkoholische Erzeugnisse). d)

Produktdeklarationen

aa) Begriff und Einteilung Unter Produktdeklaration wird die Beschreibung der wesentlichen Elemente und Merkmale eines Produkts oder einer Leistung verstanden. Im Gegensatz zur Werbung steht hier der objektive Informationsgehalt im Vordergrund. Zu den Produktdeklarationen zählen – Preisauszeichnungsregeln (Pkt bb) und – sonstige Produktdeklarationen (Pkt cc). bb) Das PreisauszeichnungsG Die Preisauszeichnung war bis zum Inkrafttreten des PrAG 1992 im PreisG 1976 geregelt. Mit dem PrAG wurde die Preisauszeichnung getrennt von der behördlichen Preisbestimmung in einem unbefristeten Gesetz geregelt. Das PrAG, BGBl 1992/146 idF BGBl I 2006/6, gilt für jene Sachgüter und Leistungen, deren Anbieten der GewO unterliegt. Der Verkauf von eigenen Naturprodukten, zB der „Ab-Hof-Verkauf“ fällt daher nicht in den Geltungsbereich dieses Gesetzes. Nach § 9 PrAG sind die Preise als Bruttopreise (inklusive sämtlicher Abgaben und Zuschläge) auszuzeichnen. Spezialvorschriften befinden sich ua im MedienG, EisenbahnbeförderungsG, BWG und im UWG. Der Sinn des PrAG liegt in der Information. Diese ermöglicht es den Konsumenten, unbeeinflusst vom Verkaufspersonal umfassend Preisvergleiche und sonstige wichtige Überlegungen anzustellen und damit zu einer sachlichen Entscheidung über einen Geschäftsabschluss zu kommen. Die Verbesserung der

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Produktbezogene Gefahrenabwehr

Marktübersicht fördert zugleich den Preiswettbewerb. Zudem schützt sie auch den redlichen Unternehmer vor unlauterem Wettbewerb. cc) Sonstige Produktdeklarationen Zu diesem Bereich zählen alle Informationen über die wesentlichen Eigenschaften eines Produkts (Menge, Beschaffenheit, Zusatzstoffe, Gebrauch und Pflege, Haltbarkeit, etc). Derartige Informationen sind entweder am Produkt direkt oder auf seiner Verpackung anzubringen. In einzelnen Verwaltungsvorschriften werden im Interesse des Konsumentenschutzes aber auch des Schutzes der Mitbewerber weiter gehende Produktdeklarationen angeordnet: – Standardisierungen: Einzelne Waren dürfen nur in festgelegten Mengen, bestimmten Verpackungsgrößen, etc angeboten werden (§ 32 Abs 1 UWG); – Qualitätsnormen: Vorschriften über die Beschaffenheit, Größe, Verpackung und Kennzeichnung landwirtschaftlicher Produkte. Qualitätsklassen sind nach dem Grad der Qualität abgestufte und für jede Stufe zu einer Einheit zusammengefasste Gruppen von Qualitätsnormen, denen landwirtschaftliche Produkte entsprechen müssen, damit sie verkauft werden dürfen (QualitätsklassenG, BGBl 1967/161 idF BGBl I 2003/78). Beispiel: So werden zB Champignons in die Qualitätsklassen I (Champignons im Ganzen) bis III (geschnittene Champignons) eingeteilt, mit entsprechendem Vermerk auf der Dose.

– Amtliche Zeichen: Durch sie wird das Vorliegen einer bestimmten rechtlich vorgegebenen Produktbeschaffenheit bestätigt. Beispiel: So wird zB auf Edelmetallgegenständen (Platin, Gold oder Silber) eine amtliche Punze aufgeschlagen, mit der die Richtigkeit des vom Erzeuger angegebenen Feingehaltes (Edelmetallanteil) bestätigt wird (PunzierungsG 2000, BGBl I 2001/24 idF BGBl I 2004/26). Amtliche Zeichen sind weiters für Handfeuerwaffen aufgrund der besonderen Gefährlichkeit der Produkte in Form von Beschuss- und Typenprüfzeichen, die von Beschussämtern iSd Prüfzeichen-V 1999, BGBl II 1999/387, angebracht werden, erforderlich. Darüber hinaus werden bestimmte elektrische Geräte gem ETG 1992, BGBl 1993/106 idF BGBl I 2001/136, mit staatlich autorisierten Prüfzeichen versehen.

3.

Produktions- und Verkehrsbeschränkungen

a)

Einteilung

Die Produktions- und Verkehrsbeschränkungen betreffen die einzelnen Eigenschaften wirtschaftlicher Güter bzw technischer Anlagen, wobei grundsätzlich alle Phasen des Erzeugungs- und Vertriebsprozesses erfasst sind. Sie umfassen große Teile des Besonderen Verwaltungsrechts und bilden den Kernbereich des Wirtschaftspolizeirechts. Ihr Zweck liegt zum einen in der Gefahrenabwehr, zum anderen in der Sicherung eines Mindeststandards bestimmter Produkte. Im Folgenden werden einige Anwendungsbereiche dargestellt: – Regelungen der Urproduktion (Pkt b), – Lebens- und Arzneimittelrecht (Pkt c),

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Produktions- und Verkehrsbeschränkungen

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– Technische Anlagen und Produkte (Pkt d), – Arbeits- und Betriebszeitregelungen (Pkt e). b)

Regelungen der Urproduktion

aa) Allgemeines Angesichts der lebenswichtigen Bedeutung der Nahrungsmittel unterliegt die Urproduktion einer besonders intensiven Regelung. Sie umfasst im Wesentlichen pflanzliche und tierische Produkte. Für pflanzliche Produkte sind folgende gesetzliche Bestimmungen von Bedeutung: SaatgutG 1997 (BGBl I 1997/72 idF BGBl I 2004/83), GentechnikG (BGBl 1994/510 idF BGBl I 2005/127, RebenverkehrsG 1996 (BGBl 1996/418 idF BGBl I 2002/110), DüngemittelG 1994 (BGBl 1994/513 idF BGBl I 2005/87) und auch das PflanzenschutzG 1995 (BGBl 1995/532 idF BGBl I 2005/87). Regelungen für tierische Produkte enthalten die Tierzuchtgesetze der Länder und das FuttermittelG 1999 (BGBl I 1999/139 idF BGBl I 2005/87). bb) SaatgutG 1997 Einwandfreies Saatgut (Samen, die zur Erzeugung von Pflanzen bestimmt sind) ist die Voraussetzung für eine qualitativ hochwertige Ernte. Das SaatgutG 1997 regelt die Saatgutanerkennung, die Saatgutzulassung und den Verkehr mit Saatgut sowie die Sortenzulassung. Für die österreichische Saatgutwirtschaft sind weiters eine Fülle gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften (insgesamt rund 80) erheblich, die sich auf Saat- und Pflanzengut beziehen. cc) GentechnikG Hier finden sich Regelungen betreffend den Umgang mit gentechnisch veränderten Organismen, deren Freisetzen und In Verkehr bringen und die Anwendung von Genanalyse und Gentherapie am Menschen. Ziel des GTG ist zum einen der Schutz des Menschen einschließlich seiner Nachkommenschaft vor Schäden, zum anderen die Anwendung der Gentechnik zum Wohle des Menschen durch Festlegung eines rechtlichen Rahmens für die gentechnische Forschung. Grundsätzlich sind Arbeiten mit gentechnisch veränderten Organismen nur zulässig, wenn dadurch nach dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik keine nachteiligen Folgen für die Sicherheit der menschlichen Gesundheit zu erwarten sind (Vorsorgeprinzip). Die näheren Voraussetzungen für die Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen sind in der FreisetzungsV 2005, BGBl II 2005/260 idF BGBl II 2005/320, enthalten. Gentechnisch veränderter Mais darf derzeit in Österreich nicht in Verkehr gebracht werden. EU-rechtlich sind als wesentliche Rechtsgrundlagen neben der FreisetzungsRL 01/18/EG, ABl 2001 L 106/1 idF VO 183/03/EG, ABl 2003 L 27/6, die SystemRL 90/219/EWG, ABl 1990 L 117/1 idF RL 98/81/EG, ABl 1998 L 330/1, sowie die RL 98/44/EG, ABl 1998 L 213/3, über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen – gemäß deren Art 1 biotechnologi-

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Produktbezogene Gefahrenabwehr

sche Erfindungen durch das mitgliedstaatliche Patentrecht geschützt werden – zu berücksichtigen. dd) RebenverkehrsG 1996 Im RebenverkehrsG 1996 finden sich Bestimmungen über die Anforderungen an Rebsorten, deren Kennzeichnung, Zulassung und Kontrolle, das Rebsortenverzeichnis sowie Ein- und Ausfuhrbestimmungen. Dadurch wird das In Verkehr bringen von vegetativem Vermehrungsgut von Reben geregelt. ee) DüngemittelG 1994 Hier werden Düngemittel, Bodenhilfsstoffe, Kultursubstrate und Pflanzenhilfsmittel definiert sowie deren Zulassung, Kennzeichnung, Verpackung und In Verkehr bringen geregelt. ff) PflanzenschutzG 1995 Das PflanzenschutzG 1995 legt Maßnahmen zum Schutz gegen das Verbringen von Schadorganismen der Pflanzen und Pflanzenerzeugnisse fest. Insb werden Pflanzen, Pflanzenerzeugnisse und Schadorganismen begrifflich abgegrenzt, Schutzgebiete samt Kontrollorganen festgelegt sowie Verbringungsverbote ausgesprochen. c)

Lebens- und Arzneimittelrecht

aa) Allgemeines Das Lebensmittelwesen hat in den letzten Jahrzehnten eine umfassende Erneuerung erfahren. Der noch um die vorletzte Jahrhundertwende dominierende Verkehr mit Grundnahrungsmitteln ist heute hinter einen der bedeutendsten Industriezweige, der Lebens- und Arzneimittelindustrie, die sich vielfach der modernsten technischen und wissenschaftlichen Methoden bedient, zurückgetreten. Das ursprünglich vorherrschende Naturprodukt ist einem mit unterschiedlichsten Methoden – zB durch chemische Behandlung – aufbereiteten Lebens- und Arzneimittel gewichen. Zudem ist die moderne Produktwerbung überwiegend suggestiv aufgebaut, sodass der eigentliche Wert der angepriesenen Lebens- und Arzneimittel für den Konsumenten im Einzelnen nur schwer erkennbar ist. Im Folgenden werden als besonders wichtige lebensmittelrechtliche Vorschriften nationaler Herkunft das Lebensmittelsicherheits- und VerbraucherschutzG, das WeinG 1999 und das QualitätsklassenG dargestellt. Zusätzlich wird das ArzneimittelG erwähnt, das im Wesentlichen dieselben Anliegen wie das Lebensmittelrecht verfolgt. Das gemeinschaftsrechtliche Lebensmittelrecht basiert im Wesentlichen auf der RahmenVO 178/02/EG, ABl 2002 L 31/1 idF VO 575/06/EG, ABl 2006 L 100/3, auf HygieneVO (852/04/EG, 853/04/EG, 854/04/EG) sowie der amtlichen KontrollVO (882/04/EG). Dazu treten vertikale und horizontale Harmonisierungsvorschriften.

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Produktions- und Verkehrsbeschränkungen

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bb) Lebensmittelrecht – Lebensmittelsicherheits- und VerbraucherschutzG Gegenstand des LMSVG, BGBl I 2006/13 idF BGBl II 2006/95, sind neben den Lebensmitteln (Nahrungs- und Genussmittel) Wasser für den menschlichen Gebrauch, Gebrauchsgegenstände und kosmetische Mittel. Gem der zentralen lebensmittelrechtlichen Norm (§ 5 LMSVG) dürfen diese nicht in Verkehr gebracht werden, wenn sie folgende Eigenschaften haben: – Gesundheitsschädlich: Maßstab der Gesundheitsschädlichkeit ist der gesunde Mensch bzw der typische Vertreter jener Konsumentenkategorie, für welche die Ware bestimmt ist (Diabetiker, Säugling, etc). – Für den menschlichen Verzehr ungeeignet: Wenn die bestimmungsgemäße Verwendbarkeit nicht gegeben ist. – Verfälscht: Wenn ihnen insb wertbestimmende Bestandteile, deren Gehalt vorausgesetzt wird, nicht oder nicht ausreichend hinzugefügt oder ganz oder teilweise entzogen wurden. Wird der berechtigten Erwartung des Konsumenten rein qualitativ nicht entsprochen, liegt Verfälschung vor. Beispiele: So ist Marillenmarmelade, die als Orangenmarmelade bezeichnet wird, eine falsch bezeichnete Marillenmarmelade. Marillenmarmelade ist verfälscht, wenn sie mit für Marmelade unzulässigen Bestandteilen gestreckt ist. Nachgemachte Marillenmarmelade liegt dann vor, wenn gefärbte Zuckerpaste als Marillenmarmelade angeboten wird. Inländerrum ist zB verfälscht, wenn er einen geringeren als den vorgeschriebenen Alkoholgehalt hat.

– Wert gemindert: Eine Wertminderung liegt im Wesentlichen dann vor, wenn Produkte nach der Herstellung eine erhebliche Minderung an Wert bestimmenden Bestandteilen erfahren haben, soweit nicht Verdorbenheit vorliegt. § 6 LMSVG enthält eine zentrale Verordnungsermächtigung für den BMGF, mit der das In Verkehr bringen und die Kennzeichnung von Lebensmitteln näher geregelt werden können. Dabei geht es nicht nur um bloße Gefahrenabwehr, sondern auch um die Gewährleistung einer hochwertigen Nahrung iSd Qualitätssicherung. Vielfach sind dabei die Grenzen zwischen polizeilicher Wohlfahrt und Wirtschaftslenkung fließend. Der dahinter stehende Gedanke einer aktiven staatlichen Gesundheitspolitik ist zu befürworten; freilich besteht dabei auch die Gefahr, dass der Staat in innovationshemmender Weise in die Lebensmittelindustrie eingreift. Diese Vorgangsweise wird jedoch bei der Abwägung von Gefahrenabwehr und wirtschaftlichen Verzögerungstendenzen zu rechtfertigen sein. – Harmonisierungsvorschriften Von dieser Vorstellung geht auch das gemeinschaftsrechtliche Lebensmittelrecht aus, das sich in vertikale und horizontale Harmonisierungsvorschriften gliedert: – Vertikale Harmonisierung betrifft einzelne, ganz bestimmte Lebensmittel, für die konkrete Produktanforderungen (zB ihre Etikettierung) geregelt werden. So wird durch derartige Normen festgelegt, unter welchen Bedingungen ein bestimmtes Produkt als „Mineralwasser“ oder als „Kakao“ bezeichnet werden darf.

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Produktbezogene Gefahrenabwehr

Beispiel: Ein Beispiel für eine vertikale Harmonisierungsvorschrift ist die RL 80/777/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Gewinnung von und den Handel mit natürlichen Mineralwässern, ABl 1980 L 229/1 idF VO 1882/03/EG, ABl 2003 L 284/1. Ziel dieser RL ist primär die Sicherung eines fairen Handels und der Gesundheitsschutz der Verbraucher durch ein spezielles Irreführungsverbot sowie ein prinzipielles Verbot gesundheitsbezogener Angaben; für das Verbot gesundheitsbezogener Angaben gelten jedoch genau festgelegte Ausnahmen.

– Horizontale Harmonisierungsregelungen beziehen sich auf mehrere oder alle Produkte und setzen einen allgemeinen Rahmen für die Produktion und Vermarktung der Ware. Dieser „Rahmen“ dient dem Schutz der öffentlichen Gesundheit, dem Bedürfnis der Verbraucher nach Information, dem lauteren Wettbewerb sowie der Notwendigkeit amtlicher Überwachung. Beispiel: Die zentrale horizontale Regelung bildet die RL 2000/13/ EG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür, ABl 2000 L109/29 idF RL 03/89/EG, ABl 2003 L 308/15.

Entsprechend dem lebensmitteltechnischen Fortschritt werden die Kennzeichnungsvorschriften ständig verschärft. So müssen seit dem Jahr 2003 Lebensmittel, die genmanipuliertes Ausgangsmaterial enthalten (zB Tomatenketchup aus gentechnisch veränderten Tomaten), speziell gekennzeichnet werden. Dies gilt auch für Lebensmittel, die mit genmanipulierten Produkten versetzt sind (zB Maiskeimöl). cc) Weingesetz 1999 Das WeinG 1999, BGBl I 1999/141 idF BGBl I 2005/87, regelt das In Verkehr bringen von Wein, versetztem Wein, Obstwein, weinhaltigen Getränken, alkoholarmem sowie entalkoholisiertem Wein. Ähnlich dem LMSVG liegen die Ziele des WeinG in der Gewährleistung einer einwandfreien Beschaffenheit des Weines, der Abwehr von Gesundheitsschäden sowie dem Schutz vor Täuschungen. Zentrales Anliegen des Gesetzes ist es, den Wein als Naturerzeugnis zu bewahren. Bei versetzten Weinen gilt dieses „Reinheitsgebot“ uneingeschränkt für den Ausgangswein, für das Endprodukt insoweit, als in die natürliche Zusammensetzung nur eingegriffen werden darf, soweit es der Charakteristik der jeweiligen Weinart entspricht. Gemeinschaftsrechtlich bildet die VO 1493/99/EWG, ABl 1999 L 179/1 idF VO 2165/05/EG, ABl 2005 L 345/1, den rechtlichen Rahmen für die gemeinsame Marktorganisation für Wein. Sie enthält eine Mischung aus wirtschaftspolizeilichen und wirtschaftslenkenden Maßnahmen und regelt ua Marktmechanismen, Erzeuger- und Branchenorganisationen, önologische Verfahren, Bezeichnungen, Aufmachung und Schutz sowie den Handel mit Wein. dd) QualitätsklassenG Das QualitätsklassenG, BGBl 1967/161 idF BGBl I 2003/78, enthält nicht nur die schon erwähnten Kennzeichnungsvorschriften, sondern verbietet es auch,

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Produktions- und Verkehrsbeschränkungen

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Waren in Verkehr zu bringen, die nicht zumindest den Anforderungen der gesetzlich typisierten letzten Klasse entsprechen. Damit geht das QualitätsklassenG über die Förderung des Qualitätswettbewerbs hinaus und setzt selbst Mindeststandards iSd Sicherung einer ordnungsgemäßen Gebrauchsqualität. Zudem enthält das QualitätsklassenG eine Verordnungsermächtigung, welche den BMLF berechtigt, für landwirtschaftliche Produkte durch Verordnung Qualitätsklassen festzulegen. Aufgrund dieser Ermächtigung wurde eine Vielzahl von Verordnungen erlassen, beispielsweise die V über Qualitätsklassen für Speisekartoffeln (BGBl 1994/76 idF BGBl II 2003/404) oder die V über Vermarktungsnormen für Eier (BGBl II 2004/347). Durch die QualitätsklassenG-Nov 1995 (BGBl 1995/523) erfolgte eine Anpassung des Gesetzes an die Verwaltungsnormen der EU betreffend landwirtschaftliche Erzeugnisse. Demgemäß sind landwirtschaftliche Erzeugnisse iSd § 1 Abs 2 QualitätsklassenG jene Waren, die unter bestimmten Codes (Kennzahlen) in der VO 2658/87/EWG, ABl 1987 L 256/1 idF VO 996/06/EG, ABl 2006 L 179/26, über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif, angeführt sind. ee) ArzneimittelG 1983 Das Arzneimittelrecht geht in seinen wesentlichen Anliegen und Instrumentarien weitgehend mit dem Lebensmittelrecht konform. Dies drückt sich nicht zuletzt darin aus, dass in verschiedenen Staaten Lebensmittel- und Arzneimittelwesen in ein- und demselben Gesetz geregelt sind (zB in Großbritannien oder in den USA). Zentrales Anliegen des nationalen ArzneimittelG 1983 (BGBl 1983/185 idF BGBl I 2005/153) ist der Schutz vor Gesundheitsschäden, die Sicherung eines qualitativ hochwertigen Arzneimittelangebots und der Schutz vor Täuschungen. So normieren die §§ 6 und 7 leg cit unterschiedliche Verbote wie zB gesundheitlich bedenkliche Arzneimittel oder solche, die in ihrer Qualität dem jeweiligen Stand der Wissenschaft nicht entsprechen, in Verkehr zu bringen. Diese, auf höchste Qualität abzielende Anordnung wird insb dann nicht erfüllt, wenn Arzneimittel den Qualitätsanforderungen des Arzneibuchs nicht entsprechen. – Das Arzneibuch besteht aus dem „Europäischen Arzneibuch“ und dem „Österreichischen Arzneibuch“ und schreibt verbindliche Regelungen über die Herstellung, Gewinnung, Zusammensetzung, Beschaffenheit, Aufbewahrung, Abgabe und Dosierung von Arzneimitteln sowie über die Beschaffenheit von Arzneimittelbehältnissen vor (vgl § 1 ArzneibuchG, BGBl 1980/195 idF BGBl I 2002/33). Da ein Großteil der in Österreich in Verkehr stehenden Arzneimittel aus dem Ausland stammt, kommt dem „Europäischen Arzneibuch“ im Vergleich zum „Österreichischen Arzneibuch“ eine stetig steigende Bedeutung zu. – Die Abgabe von Arzneimittelspezialitäten ist grundsätzlich zulassungspflichtig. Für einen Großteil der Arzneimittel besteht überdies Rezeptpflicht iSd RezeptpflichtG (BGBl 1972/413 idF BGBl I 2006/122) für den Konsument. Die gemeinschaftsrechtliche Harmonisierung im Bereich des Arzneimittelrechts erfolgt va durch Richtlinien zum Schutz der öffentlichen Gesundheit.

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Produktbezogene Gefahrenabwehr

Die zentrale Rechtsgrundlage bildet die RL 01/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel, ABl 2001 L 311/67 idF RL 04/27/EG, ABl 2004 L 136/34. Diese RL enthält Begriffsbestimmungen hinsichtlich der Bezeichnung und der Funktion der Arzneimittel sowie Regelungen über das In Verkehr bringen der Produkte. Weitere zentrale Regelungen der RL 01/83/EG finden sich in den Art 86 ff hinsichtlich der Werbung für Humanarzneimittel. Sie unterliegt strengen Voraussetzungen und ist einer wirksamen Kontrolle unterworfen. Nach dem Irreführungsverbot muss Arzneimittelwerbung den zweckmäßigen Einsatz eines Arzneimittels durch objektive Eigenschaftsdarstellung fördern und darf zudem nicht irreführend sein. In diesem Zusammenhang ist noch auf Art 14 der „FernsehRL“, RL 89/552/EWG, ABl 1989 L 298/23 idF RL 97/36/EG, ABl 1997 L 202/60, hinzuweisen. Demnach ist jede Fernsehwerbung für Arzneimittel und medizinische Behandlungen verboten, die in einem Mitgliedstaat nur auf ärztliche Verordnung erhältlich sind. Damit die FernsehRL angewendet werden kann, muss die Fernsehanstalt der Rechtshoheit des betreffenden Mitgliedstaats unterworfen sein. d)

Technische Anlagen und Produkte

aa) Allgemeines Im Gegensatz zur durchgehenden Reglementierung der Urproduktion und des Nahrungs- und Arzneimittelwesens sind Beschränkungen für technische Anlagen und Produkte keineswegs flächendeckend. Sie konzentrieren sich auf Produkte und Betriebsanlagen, mit denen besondere Gefährdungen verbunden sind. Die Entwicklung dieses Regelungsfelds geht weitgehend konform mit dem technischen Fortschritt und den mit ihm verbundenen Auswirkungen auf das tägliche Leben. So spannt sich der Bogen staatlicher Regulierungsmaßnahmen vom Dampfkessel- und Elektrotechnikwesen über Bauprodukte bis hin zu Kraft- und Luftfahrzeugen (DKBV, BGBl 1993/735 idF BGBl 1996/258; ETG 1992, BGBl 1993/106 idF BGBl I 2001/136; BauPG, BGBl I 1997/55 idF BGBl I 2001/136; LuftfahrtG, BGBl 1957/253 idF BGBl I 2006/88). Die systematische Darstellung dieser kaum überblickbaren Vorschriften mit wirtschaftsrechtlichem Bezug ist Aufgabe des Besonderen Verwaltungsrechts. Zu diesen nationalen Vorschriften treten gemeinschaftsrechtliche Regelungen wie zB die sog IPPC-RL, RL 96/61/EG über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung, ABl 1996 L 257/26 idF VO 166/06/EG, ABl 2006 L 33/1 oder die Seveso II-ÄnderungsRL, RL 03/105/EG zur Änderung der RL 96/82/EG zur Beherrschung der Gefahren bei schweren Unfällen mit gefährlichen Stoffen, ABl 2003 L 345/97. Den Anlass für letztere RL bildeten mehrere schwere Industrieunfälle (Cyanidverseuchung der Donau in Baia Mare [Rumänien], Unfall mit Feuerwerkskörpern in Enschede und die Explosion in einer Düngemittelfabrik in Tolouse). Daher wurde der Anwendungsbereich der Seveso-RL ausgedehnt und neue Mengenschwellen für verschiedene Stoffe festgelegt. In nationales Recht wurde diese gemeinschaftsrechtliche Vorschrift durch die Gewerberechts-Novelle 2005 umgesetzt.

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Produktions- und Verkehrsbeschränkungen

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bb) Verordnungsermächtigung der GewO Hinzuweisen ist weiters auf die §§ 69 bis 71 GewO 1994, die in allgemeiner Form die Möglichkeit der Anwendung von Maßnahmen im Rahmen von Verordnungen eröffnen, um eine Gefährdung von Leben oder Gesundheit von Menschen oder Belastungen der Umwelt zu vermeiden. So kann gem § 69 Abs 1 GewO 1994 der BMWA zur Vermeidung einer Gefährdung von Leben oder Gesundheit von Menschen durch Verordnung festlegen, welche Maßnahmen die Gewerbetreibenden bei der Gewerbeausübung hinsichtlich der Einrichtung der Betriebsstätten, hinsichtlich der Waren, die sie erzeugen oder verkaufen und hinsichtlich der Dienstleistungen, die sie erbringen, zu treffen haben. Bisher wurden auf der Basis des § 69 Abs 1 GewO 1994 einige V erlassen, so ua betreffend das Gewerbe der Hörgeräteakustiker, BGBl 1976/72 idF BGBl 1990/676, für Kontaktlinsenoptiker, BGBl 1976/698 idF BGBl 1996/13, hinsichtlich bestimmter Schutzmaßnahmen für Dekorationsleuchten, BGBl 1979/255 und für das Drogistengewerbe, BGBl 1981/177. Außerdem kann durch Verordnung festgelegt werden, welche Maßnahmen die Gewerbetreibenden bei der Gewerbeausübung hinsichtlich der oben genannten Tätigkeiten zum Schutz vor Vermögensschäden oder vor Belästigung – wie etwa durch Eindringen in die Privatsphäre – zu treffen haben (Ausübungsregeln). Zudem können bestimmte Verhaltensweisen, die bei der Ausübung eines bestimmten Gewerbes einzuhalten sind, vorgeschrieben werden (Standesregeln). Dabei ist auf die Gewohnheiten und Gebräuche, die in diesem Gewerbe üblich sind, Bedacht zu nehmen. Aufgrund dieser Bestimmung – die va auch dem Konsumentenschutz dient – wurden ua V bezüglich der Standesregeln der Bestatter, BGBl II 2004/476, der Standesregeln für Betreiber von Technischen Büros, BGBl 1990/726 und hinsichtlich der Standes- und Ausübungsregeln für Immobilienmakler, BGBl 1996/297 idF BGBl II 2001/490, erlassen. § 71 GewO 1994 regelt die Voraussetzungen für das In Verkehr bringen potentiell gefährlicher Maschinen, Geräte, Ausrüstungen, etc. Die Gewerbeordnung sieht auch einstweilige Zwangs- und Sicherungsmaßnahmen zur Abwehr von Gefahren für das Leben oder die Gesundheit von Menschen sowie für das Eigentum in Form zusätzlicher Auflagen vor; ebenso die Verhängung von Verwaltungsstrafen bis hin zur Entziehung der Gewerbeberechtigung (s § 360 GewO 1994). cc) Technische Normsetzung durch Private Grundsätzlich ist das NormenG, BGBl 1971/240 idF BGBl I 2001/136, Rechtsgrundlage nationaler Normungstätigkeit. Gem § 1 Abs 3 leg cit ist nur das Österreichische Normungsinstitut (ON) als Verein berechtigt, nationale Normen (ÖNORMEN) zu schaffen und herauszugeben. Da diese ÖNORMEN jedoch nicht eo ipso rechtswirksam sind, sieht § 5 NormenG vor, diese Normen per Gesetz oder Verordnung für verbindlich zu erklären.

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Produktbezogene Gefahrenabwehr

In vielen Bereichen übernehmen Verordnungen technische Normen von anderen privaten Organisationen. Ein Beispiel dafür ist die ElektrotechnikV 2002, BGBl II 2002/222 idF BGBl II 2006/33, die gem § 2 leg cit österreichische Bestimmungen für die Elektrotechnik sowie Vorschriften über die Normalisierung und Typisierung für verbindlich erklärt. Bei den ebengenannten Sicherheitsvorschriften handelt es sich um Normen des österreichischen Verbands für Elektrotechnik. Ganz allgemein ist festzuhalten, dass auch nicht formell verbindlich erklärte technische Normen eine beachtliche Bindungswirkung entfalten. Aus Gründen des Qualitätswettbewerbs können sich die Unternehmer solchen Standards meist nur schwer entziehen. dd) Europäische Normung Grundsätzlich werden HarmonisierungsRL gem Art 95 und Art 251 EGV erlassen, um die unterschiedlichen Schutzniveaus der einzelnen Mitgliedstaaten zu beseitigen. Diese Richtlinien – wie zB die BauprodukteRL, RL 89/ 106/EWG, ABl 1989 L 40/12 idF KonformitätsE 06/190/EG, ABl 2006 L 66/47 – legen die für das jeweilige Produkt notwendigen Sicherheitsanforderungen im Rahmen von Generalklauseln fest und regeln, wie der einzelne Hersteller die Konformität seines Produkts mit diesen Sicherheits- und Umweltanforderungen nachweisen kann. Auf dieser Basis erarbeiten die europäischen Normungsorganisationen Comité Européen de Normalisation (CEN) und das Comité Européen de Normalisation Electrotechnique (CENELEC) europäische Normen, die diese Anforderungen konkretisieren. Die Mitgliedstaaten sind nun wiederum verpflichtet, diese harmonisierten Normen innerstaatlich zu übernehmen und das In Verkehr bringen von Produkten, die diesen Anforderungen genügen, nicht zu behindern. e)

Arbeits- und Betriebszeitregelungen

aa) Allgemeines Bei den Arbeits- und Betriebszeitregelungen zeigt sich in besonderer Weise die Multifunktionalität des Wirtschaftsrechts. Die vorrangigen Ziele Arbeitnehmerschutz sowie Gewährleistung gleicher Wettbewerbsvoraussetzungen stehen in einem Spannungsfeld zum Konsumentenschutz. Weiters dienen die zeitlichen Beschränkungen speziell dem Umweltschutz, dem Nachbarschutz sowie dem Schutz religiös-sittlicher Werte. Die gesetzliche Systematik der zeitlichen Produktions- und Verkehrsbeschränkungen ist einigermaßen kompliziert. Zum einen beziehen sich die Bestimmungen auf die Arbeitszeit und Arbeitsruhe der Dienstnehmer. Dazu zählen das ARG, BGBl 1983/144 idF BGBl I 2004/175, das AZG, BGBl 1969/461 idF BGBl I 2004/175 sowie das EU-Nachtarbeits-AnpassungsG, BGBl I 2002/122. Zum anderen legen die Regelungen Betriebszeiten der Betriebe fest. Dazu gehören die GewO 1994, das ÖffnungszeitenG 2003, BGBl I 2003/48 idF BGBl I 2004/151, und das BZG, BGBl 1984/129 idF BGBl I 2003/48.

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Produktions- und Verkehrsbeschränkungen

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bb) Arbeitszeitregelungen Grundsätzlich ist bei den zeitlichen Beschränkungen der enge Konnex zwischen Wirtschafts- und Arbeitsrecht hervorzuheben. So haben einerseits dem Wirtschaftsrecht zugeordnete zeitliche Beschränkungen regelmäßig auch eine arbeitsrechtliche Dimension. Umgekehrt beeinflussen Arbeitszeitregelungen (zB die 40 Stunden Woche) in eminenter Weise die Produktions- und Vertriebskapazität und damit die Wettbewerbsfähigkeit. – ArbeitsruheG Dieses G regelt die wöchentliche Ruhezeit (Wochenruhe), die Wochenendruhe und die Arbeitsruhe an Feiertagen. Gem § 2 Abs 1 ARG ist Wochenruhe eine ununterbrochene Ruhezeit von 36 Stunden in der Kalenderwoche, Wochenendruhe eine ununterbrochene Ruhezeit von 36 Stunden, in die der Sonntag fällt und Feiertagsruhe eine ununterbrochene Ruhezeit von 24 Stunden, die frühestens um 0 Uhr und spätestens um 6 Uhr des gesetzlichen Feiertags beginnt. Während dieser Ruhezeiten darf nur die unumgänglich notwendige Anzahl von Arbeitnehmern beschäftigt werden. Der Landeshauptmann kann durch Verordnung Ausnahmen zulassen, wenn ein außergewöhnlicher regionaler Bedarf für Versorgungsleistungen besteht (§ 13 ARG). Für Arbeitnehmer in Kranken- und Kuranstalten sowie in Betrieben des Bewachungsgewerbes kann die wöchentliche Ruhezeit durch Kollektivvertrag abweichend von den Bestimmungen des ARG geregelt werden (§§ 20 f ARG). – ArbeitszeitG Das AZG regelt die Arbeitszeit als Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen, die Tagesarbeitszeit als Arbeitszeit innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von 24 Stunden sowie die Wochenarbeitszeit als Arbeitszeit von Montag bis einschließlich Sonntag und gilt für die Beschäftigung von Arbeitnehmern, die das 18. Lebensjahr vollendet haben. Zudem finden sich hier ua Regelungen bezüglich Überstunden und deren Abgeltung sowie Sonderbestimmungen für Lenker von Kraftfahrzeugen oder für Arbeitnehmer in Betrieben des öffentlichen Verkehrs. Weitere Arbeitszeitregelungen finden sich auch im KA-AZG, BGBl I 1997/8 idF BGBl I 2005/155, welches für Angehörige von Gesundheitsberufen in Kranken-, Pflegeanstalten und ähnlichen Einrichtungen geschaffen wurde. – EU-Nachtarbeits-AnpassungsG Durch dieses Gesetz, das insb das AZG und das KA-AZG novelliert, wurden bestehende Nachtarbeitsregelungen an die EU-Rechtslage angepasst, insb die sog „GleichbehandlungsRL“, RL 76/207/EWG zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsausbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen, ABl 1976 L 39/40 idF RL 02/73/EG, ABl 2002 L 269/15 und die RL 03/88/EG über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung, ABl 2003 L 299/9, umgesetzt. Diese RL regelt den Schutz der Arbeitnehmer vor einer Beeinträchtigung ihrer Sicherheit und ihrer Gesundheit infolge übermäßig langer Ar-

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Produktbezogene Gefahrenabwehr

beitszeiten, unzureichender Ruhepausen oder einer unausgewogenen Arbeitsorganisation. Konkret sind eine Mindestruhezeit von elf zusammenhängenden Stunden pro Tag, eine Ruhepause bei einer täglichen Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden, eine Mindestruhezeit von einem Tag pro Woche oder ein bezahlter Jahresurlaub von vier Wochen vorgesehen. cc) Betriebszeitenregelungen – GewO 1994 ISd GewO 1994 dürfen Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde betrieben werden, wenn sie geeignet sind, das Leben oder die Gesundheit der Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub oder Erschütterung zu gefährden (s § 74 Abs 2 GewO 1994). Unter Berücksichtigung dieser Aspekte ist die Gewerbebehörde zur Festlegung auch zeitlicher Beschränkungen als Auflagen berechtigt. So kann etwa verfügt werden, dass eine Betriebsanlage bzw ihre Zufahrt nur zu bestimmten Tageszeiten benützt werden darf. Weiters dürfen gem § 112 leg cit Gastgärten, die sich auf öffentlichem Grund befinden oder an öffentliche Verkehrsflächen angrenzen, von 8.00 Uhr bis 23.00 Uhr betrieben werden. – Sonn- und Feiertags-BetriebszeitenG Das BZG ist auf gewerbliche Produktions- und Dienstleistungsbetriebe anwendbar. Diesem Gesetz entsprechend dürfen Betriebsstätten an Sonn- und Feiertagen nur für die Ausübung von Tätigkeiten, die in § 2 Abs 1 Z 1 bis 3 BZG taxativ aufgezählt sind (zB Gastgewerbebetriebe im Rahmen der Sperrzeitenregelungen oder Tätigkeiten mittels Automaten, die für die Selbstbedienung durch Kunden bestimmt sind), offen gehalten werden. Der Landeshauptmann kann für Tätigkeiten, für welche an Sonn- und Feiertagen ein besonderer regionaler Bedarf besteht, iSd § 3 BZG mittels V gesonderte Öffnungszeiten festlegen. – ÖffnungszeitenG 2003 Über die Zweckmäßigkeit der in Österreich bestehenden Ladenschlusszeiten wird seit Jahrzehnten diskutiert; ihre weitgehende Liberalisierung stößt va beim Österreichischen Gewerkschaftsbund und bei der katholischen Kirche auf Widerstand. So dürfen iSd ÖffnungszeitenG 2003 die Verkaufsstellen von Montag 5.00 Uhr bis Samstag 18.00 Uhr offen gehalten werden, wobei die Gesamtöffnungszeit 66 Stunden nicht überschreiten darf. An Samstagen nach 18.00 Uhr, an Sonn- und Feiertagen sowie an Montagen bis 5.00 Uhr dürfen sie nicht geöffnet werden, es sei denn, der Landeshauptmann hat mittels V anderes festgelegt (Verordnungsermächtigung gem §§ 4 f ÖffnungszeitenG 2003).

4.

Entwicklungstendenzen

Zusammenfassend lässt sich die aktuelle Entwicklung des Wirtschaftspolizeirechts durch folgende Tendenzen charakterisieren: – Liberalisierung und Deregulierung

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Entwicklungstendenzen

325

– Optimierung und – Harmonisierung. Was die Liberalisierung betrifft, so hat sie – wie sich auch aus dem geschichtlichen Abriss ergibt – schon lange vor der aktuellen Deregulierungsdiskussion begonnen. Die angestrebte Rückkehr zu einer relativen Gewerbefreiheit und damit zur Substanz der Gewerbeordnung 1859 ist freilich nur halb gelungen. Das einschlägige gesetzgeberische Verwirrspiel hat Magda Pöschl wie folgt umschrieben: „Betrachtet man die nunmehr geltende Gewerbeordnung nicht isoliert, sondern als den Endpunkt einer fast 150 Jahre dauernden Entwicklung, dann wird deutlich, wie tief der Graben ist, der zwischen ihr und der historisch ersten Gewerbeordnung 1859 liegt. Novelle um Novelle hat der Gesetzgeber ein rechtliches Phänomen nach dem anderen neu benannt, immer wieder etwas als etwas anderes ausgegeben, bis die ursprünglich klaren Begriffe des bewilligungspflichtigen, des freien und des Anmeldungsgewerbes im Jahr 1997 ihre Konturen verloren haben: Gewerbe, die nicht mit der Anmeldung angetreten werden dürfen, wurden dennoch in die Kategorie der Anmeldungsgewerbe eingereiht. Gewerbe, für die neben allgemeinen auch besondere Voraussetzungen erforderlich waren, wurden gleichwohl ‚frei’ genannt. Freie Gewerbe waren plötzlich nicht mehr automatisch Anmeldungsgewerbe. Und Gewerbe wurden als ‚frei’ bezeichnet, obwohl sie bewilligungspflichtig sind.“ Einer unbeschränkten Deregulierung sind aber auch sachadäquate Grenzen gesetzt. Dies zeigt sich etwa in den zT strengeren Bestimmungen des Arzneimittel- und Lebensmittelrechts, mit denen der Gesetzgeber der technologisch– wissenschaftlichen Entwicklung Rechnung getragen hat und – in besonderer Schärfe – auch bei jenen Regelungen, die der Staatsaufgabe Umweltschutz folgend, immer intensiver in die Produktion bzw in den Bereich der technischen Anlagen und des betrieblichen Umfelds eingreifen. Gerade diese neuen Regulierungsmaßnahmen machen deutlich, dass Deregulierung nicht im quantitativen, sondern im qualitativen Sinn zu verstehen ist, nämlich als eine Optimierung der Rahmenbedingungen für die Wirtschaft, in deren Zentrum das Prinzip der Verhältnismäßigkeit des Eingriffs liegt. Dieser Optimierungsgedanke geht nahtlos in die Harmonisierungsmaßnahmen über und vergrößert so die Schnittflächen zwischen nationalem Rechtsbestand und Gemeinschaftsrecht auch im Bereich der Wirtschaftspolizei. Denn immer mehr sind auch die europarechtlichen Harmonisierungsvorschriften nicht nur vom Bestreben gekennzeichnet, Handelshemmnisse in der Gemeinschaft abzuschaffen, sondern stellen (meist) anlassbezogene Maßnahmen einer gemeinschaftsübergreifenden Gefahrenabwehr dar. Insofern verliert auch das Wirtschaftspolizeirecht Stück für Stück seinen Charakter als staatliches Binnenrecht und wird im selben Ausmaß „europäisiert“. Fragen: 1. Schildern Sie den Wandel des Polizeibegriffs vom Absolutismus zum Liberalismus. 2. Erklären Sie die wesentlichen Aufgaben der heutigen Wirtschaftspolizei. 3. Wie kann die Wirtschaftspolizei eingeteilt werden?

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326

Produktbezogene Gefahrenabwehr

4. 5. 6. 7. 8.

Welche Voraussetzungen sind zu erfüllen um ein Gewerbe anzutreten? Wodurch unterscheidet sich das Handwerk von der Industrie? Geben Sie Beispiele für verbotene Werbemaßnahmen. Nennen Sie einzelne Produktionsbeschränkungen. Beurteilen Sie Marillenmarmelade, die hauptsächlich aus Kürbissen hergestellt wird, nach dem LMSVG. 9. Nennen Sie wirtschaftspolizeiliche Vorschriften, die dem Konsumentenschutz dienen. 10. Können Gastgärten „rund um die Uhr“ geöffnet sein?

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F)

Wirtschaftsaufsicht

Die Wirtschaftsaufsicht kann als kleine Schwester des Wirtschaftspolizeirechts bezeichnet werden. Dies deswegen, weil sie vom Umfang her mit der Vielzahl polizeilicher Vorschriften nicht Schritt halten kann. Das Wirtschaftsaufsichtsrecht konzentriert sich auf wenige, volkswirtschaftlich bedeutsame Wirtschaftsbereiche. Dort, wo durch unternehmerisches Fehlverhalten, etwa im Bereich der Banken oder Versicherungen, eine große Anzahl von Kunden und darüber hinaus ganze Volkswirtschaftszweige geschädigt werden können oder wo technisches Versagen zu Katastrophen führen kann, kommt es zu einem massierten Einsatz staatlicher Aufsichtsmittel. Dass damit dennoch nicht alle Risken ausgeschlossen werden können, macht letztlich deutlich, dass auch die staatlichen Kontrollmöglichkeiten begrenzt sind.

I.

Allgemeines

Literatur: Borns, Aufsichtsziele als Basis für die Organisation der Bankenaufsicht, ÖBA 2001, 277; Bullinger, Staatsaufsicht in Verwaltung und Wirtschaft, VVDStRL 22 (1965) 264; Griller, Zur Systembildung im Wirtschaftsrecht (1989); Holoubek, Organisation und Aufgaben der Elektrizitätsaufsicht, in Pauger (Hrsg), Das Elektrizitätsrecht nach der ElWOG-Novelle (2001) 55; Holoubek/Lang (Hrsg), Organhaftung und Staatshaftung in Steuersachen (2002); Holoubek/Potacs (Hrsg), Öffentliches Wirtschaftsrecht Bd 1 (2002); Korinek, Rechtsaufsicht über Versicherungsunternehmen. Eingriffsmöglichkeiten der österreichischen Versicherungsaufsichtsbehörde (2000); Laurer, Wirtschafts- und Steueraufsicht über Kredit- und Versicherungsunternehmungen (1972); ÖJK (Hrsg), Neuere Entwicklungen des österreichischen Bankrechts – eine verfassungsrechtliche und grundrechtliche Analyse (2002); Pauger, Marktwirtschaft durch EURecht. Deregulierung am Beispiel der Elektrizitätswirtschaft (1996); ders (Hrsg), Das Elektrizitätsrecht nach der ElWOG-Novelle (2001); Raschauer (Hrsg), Österreichisches Wirtschaftsrecht2 (2003); ders, Bankaufsicht, Amtshaftung und Beihilfenverbot, ÖJZ 2005, 1; Rebhahn, Haftung für fehlerhafte Staatsaufsicht, in Holoubek/Lang (Hrsg), Organhaftung und Staatshaftung, in Steuersachen (2002) 277; Rill, Verfassungsrechtliche Fragen der Finanzmarktaufsicht, in ÖJK (Hrsg), Neuere Entwicklungen des österreichischen Bankrechts – eine verfassungsrechtliche und grundrechtliche Analyse (2002) 27; Schäffer, Wirtschaftsaufsicht. Grundzüge und Entwicklungstendenzen im österreichischen Recht, ÖZW 1979, 1; ders, Wirtschaftsaufsichtsrecht, in Raschauer (Hrsg), Österreichisches Wirtschaftsrecht2 (2003) 181; Schramm, Finanzmarktaufsicht verfassungsrechtlich abgesichert. Oder: Wie man die Verfassung weiter demontiert, JBl 2003, 19.

1.

Abgrenzung

Das Wirtschaftsaufsichtsrecht steht systematisch zwischen dem Wirtschaftspolizeirecht und dem Wirtschaftslenkungsrecht.

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328

Allgemeines

Im Gegensatz zu Ersterem, das die mit jeglicher wirtschaftlichen Betätigung verbundenen Gefährdungen zu beschränken sucht, konzentriert sich das Wirtschaftsaufsichtsrecht auf die Sicherung der Funktionsfähigkeit einzelner volkswirtschaftlicher Schlüsselbranchen. Die (schwierigere) Abgrenzung der Wirtschaftsaufsicht von der Wirtschaftslenkung hängt mit der Autonomie der unternehmerischen Entscheidungsbefugnis zusammen. Ungeachtet ihrer behördlichen Eingriffsbefugnisse ist mit der Wirtschaftsaufsicht eine grundsätzliche Wertentscheidung für marktwirtschaftliche Strukturen verbunden. Wirtschaftsaufsicht ist daher die staatliche Aufsicht über selbständige Wirtschaftssubjekte und setzt deren Handeln Grenzen, aber keine (Plan)Daten wie das Lenkungsrecht (Schäffer in Raschauer).

2.

Begrenzung staatlicher Lenkung

Wirtschaftsaufsicht setzt also die Unterscheidbarkeit von wirtschaftlicher Autonomie und staatlicher Kompetenz voraus. Je mehr der Staat selbst lenkt, dh in die unternehmerischen Entscheidungsbefugnisse eingreift, desto weniger kann und braucht er zu beaufsichtigen. Insofern ist die Wirtschaftsaufsicht auch als ein Instrument zu verstehen, das die staatliche Lenkung begrenzt. Dem entspricht, dass sich die Wirtschaftsaufsicht in der liberalen Epoche als ein Instrument der staatlichen Krisenbewältigung entwickelt hat (s Pkt B.I.3.a.). Dieser grundsätzlichen Bestimmung der Wirtschaftsaufsicht entspricht es, dass sie im Vorfeld der Setzung von marktwirksamen Entscheidungen der Unternehmen eingreift. Damit ist allerdings nur eine grundsätzliche Tendenz angesprochen, die in der Praxis zT durchbrochen wird. Wirtschaftsaufsicht greift mitunter auch in die eigentlichen Unternehmensentscheidungen ein, wenn die ihr gesetzten Ziele nicht über die Beeinflussung der Rahmenbedingungen erreicht werden können (zB die Einflussnahme des Staats auf die Vergabe von Großkrediten zur Verhinderung unangemessener Geschäftsrisiken). Solche Eingriffe haben allerdings nur punktuellen Charakter und es fehlt ihnen regelmäßig die Lenkungsabsicht.

3.

Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit

Durch die Wirtschaftsaufsicht soll – wie bereits erwähnt – die Eigenverantwortlichkeit der Unternehmer nicht verdrängt werden. Daraus folgt, dass die Wirtschaftsaufsicht letztlich eine Reservefunktion einnimmt. Die Korrektur unternehmerischen Fehlverhaltens soll nicht durch die Wirtschaftsaufsichtsorgane, sondern durch den Unternehmer erfolgen. Nur wenn eine solche Selbstkorrektur unterbleibt, müssen staatliche Maßnahmen gesetzt werden. Wirtschaftsaufsicht ist also primär eine beratende, bewachende und mitunter berichtigende Tätigkeit, mit der neben betriebswirtschaftlichen Aspekten va öffentliche Interessen aufgezeigt werden sollen. Die daraus resultierenden Aufsichtsmittel müssen nicht nur deshalb, sondern auch aus volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten angemessen sein (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit).

sUppLex

Dichte und Systematik

4.

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Dichte und Systematik

Ein weiteres institutionelles Kennzeichen der Wirtschaftsaufsicht ist deren Dichte und Systematik. Im Gegensatz zur polizeilichen Gefahrenabwehr, die auf wirtschaftliches Fehlverhalten mit punktuellen Sanktionen reagieren kann, bedarf es zur Sicherung eines funktionskonformen Verhaltens in sensiblen Wirtschaftsbereichen eines Bündels von Aufsichtsmitteln, die systematisch und kontinuierlich eingesetzt werden müssen (begleitende Kontrolle).

5.

Begriff

Zusammenfassend ergibt sich folgender Begriff: Wirtschaftsaufsicht ist die primär beratende, überwachende und im Bedarfsfall berichtigende Tätigkeit von spezialisierten Fachorganen oder Regulierungsbehörden zur Gefahrenprävention bzw zur Sicherung der Funktionsfähigkeit (zT auch Marktkonformität) einzelner Unternehmen in volkswirtschaftlich bedeutsamen Wirtschaftsbereichen.

II.

Ziele der Wirtschaftsaufsicht

Literatur: Borns, Aufsichtsziele als Basis für die Organisation der Bankenaufsicht, ÖBA 2001, 277; Bullinger, Staatsaufsicht in Verwaltung und Wirtschaft, VVDStRL 22 (1965) 264; Griller, Zur Systembildung im Wirtschaftsrecht (1989); Holoubek, Organisation und Aufgaben der Elektrizitätsaufsicht, in Pauger (Hrsg), Das Elektrizitätsrecht nach der ElWOG-Novelle (2001) 55; Holoubek/Lang (Hrsg), Organhaftung und Staatshaftung in Steuersachen (2002); Holoubek/Potacs (Hrsg), Öffentliches Wirtschaftsrecht Bd 1 (2002); Korinek, Rechtsaufsicht über Versicherungsunternehmen. Eingriffsmöglichkeiten der österreichischen Versicherungsaufsichtsbehörde (2000); Laurer, Wirtschafts- und Steueraufsicht über Kredit- und Versicherungsunternehmungen (1972); ÖJK (Hrsg), Neuere Entwicklungen des österreichischen Bankrechts – eine verfassungsrechtliche und grundrechtliche Analyse (2002); Pauger, Marktwirtschaft durch EURecht. Deregulierung am Beispiel der Elektrizitätswirtschaft (1996); ders (Hrsg), Das Elektrizitätsrecht nach der ElWOG-Novelle (2001); Raschauer (Hrsg), Österreichisches Wirtschaftsrecht2 (2003); ders, Bankaufsicht, Amtshaftung und Beihilfenverbot, ÖJZ 2005, 1; Rebhahn, Haftung für fehlerhafte Staatsaufsicht, in Holoubek/Lang (Hrsg), Organhaftung und Staatshaftung in Steuersachen (2002) 277; Rill, Verfassungsrechtliche Fragen der Finanzmarktaufsicht, in ÖJK (Hrsg), Neuere Entwicklungen des österreichischen Bankrechts – eine verfassungsrechtliche und grundrechtliche Analyse (2002) 27; Schäffer, Wirtschaftsaufsicht. Grundzüge und Entwicklungstendenzen im österreichischen Recht, ÖZW 1979, 1; ders, Wirtschaftsaufsichtsrecht, in Raschauer (Hrsg), Österreichisches Wirtschaftsrecht2 (2003) 181; Schramm, Finanzmarktaufsicht verfassungsrechtlich abgesichert. Oder: Wie man die Verfassung weiter demontiert, JBl 2003, 19.

1.

Funktionsschutz

Das Ziel der Wirtschaftsaufsicht geht über die Sicherung eines gesetzeskonformen, dh maßstabsgetreuen Verhaltens der Unternehmer hinaus (Maßstabstheorie), das ja ohnehin schon durch das Legalitätsprinzip geboten ist. Nach der heute herrschenden Funktionsschutztheorie liegt der Sinn der Wirtschaftsauf-

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Dichte und Systematik

4.

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Dichte und Systematik

Ein weiteres institutionelles Kennzeichen der Wirtschaftsaufsicht ist deren Dichte und Systematik. Im Gegensatz zur polizeilichen Gefahrenabwehr, die auf wirtschaftliches Fehlverhalten mit punktuellen Sanktionen reagieren kann, bedarf es zur Sicherung eines funktionskonformen Verhaltens in sensiblen Wirtschaftsbereichen eines Bündels von Aufsichtsmitteln, die systematisch und kontinuierlich eingesetzt werden müssen (begleitende Kontrolle).

5.

Begriff

Zusammenfassend ergibt sich folgender Begriff: Wirtschaftsaufsicht ist die primär beratende, überwachende und im Bedarfsfall berichtigende Tätigkeit von spezialisierten Fachorganen oder Regulierungsbehörden zur Gefahrenprävention bzw zur Sicherung der Funktionsfähigkeit (zT auch Marktkonformität) einzelner Unternehmen in volkswirtschaftlich bedeutsamen Wirtschaftsbereichen.

II.

Ziele der Wirtschaftsaufsicht

Literatur: Borns, Aufsichtsziele als Basis für die Organisation der Bankenaufsicht, ÖBA 2001, 277; Bullinger, Staatsaufsicht in Verwaltung und Wirtschaft, VVDStRL 22 (1965) 264; Griller, Zur Systembildung im Wirtschaftsrecht (1989); Holoubek, Organisation und Aufgaben der Elektrizitätsaufsicht, in Pauger (Hrsg), Das Elektrizitätsrecht nach der ElWOG-Novelle (2001) 55; Holoubek/Lang (Hrsg), Organhaftung und Staatshaftung in Steuersachen (2002); Holoubek/Potacs (Hrsg), Öffentliches Wirtschaftsrecht Bd 1 (2002); Korinek, Rechtsaufsicht über Versicherungsunternehmen. Eingriffsmöglichkeiten der österreichischen Versicherungsaufsichtsbehörde (2000); Laurer, Wirtschafts- und Steueraufsicht über Kredit- und Versicherungsunternehmungen (1972); ÖJK (Hrsg), Neuere Entwicklungen des österreichischen Bankrechts – eine verfassungsrechtliche und grundrechtliche Analyse (2002); Pauger, Marktwirtschaft durch EURecht. Deregulierung am Beispiel der Elektrizitätswirtschaft (1996); ders (Hrsg), Das Elektrizitätsrecht nach der ElWOG-Novelle (2001); Raschauer (Hrsg), Österreichisches Wirtschaftsrecht2 (2003); ders, Bankaufsicht, Amtshaftung und Beihilfenverbot, ÖJZ 2005, 1; Rebhahn, Haftung für fehlerhafte Staatsaufsicht, in Holoubek/Lang (Hrsg), Organhaftung und Staatshaftung in Steuersachen (2002) 277; Rill, Verfassungsrechtliche Fragen der Finanzmarktaufsicht, in ÖJK (Hrsg), Neuere Entwicklungen des österreichischen Bankrechts – eine verfassungsrechtliche und grundrechtliche Analyse (2002) 27; Schäffer, Wirtschaftsaufsicht. Grundzüge und Entwicklungstendenzen im österreichischen Recht, ÖZW 1979, 1; ders, Wirtschaftsaufsichtsrecht, in Raschauer (Hrsg), Österreichisches Wirtschaftsrecht2 (2003) 181; Schramm, Finanzmarktaufsicht verfassungsrechtlich abgesichert. Oder: Wie man die Verfassung weiter demontiert, JBl 2003, 19.

1.

Funktionsschutz

Das Ziel der Wirtschaftsaufsicht geht über die Sicherung eines gesetzeskonformen, dh maßstabsgetreuen Verhaltens der Unternehmer hinaus (Maßstabstheorie), das ja ohnehin schon durch das Legalitätsprinzip geboten ist. Nach der heute herrschenden Funktionsschutztheorie liegt der Sinn der Wirtschaftsauf-

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Organisation

sicht darin, Wirtschaftsbereiche von gesamtwirtschaftlicher Bedeutung in ihrer Funktion zu sichern. Dabei geht es etwa bei der Versicherungsaufsicht nicht lediglich um den Schutz der Belange der Versicherten, sondern zugleich um den gesamtwirtschaftlichen Aspekt eines funktionierenden Versicherungswesens.

2.

Weitere Ziele

Der Funktionsschutz stellt allerdings nur einen, wenngleich auch zentralen Aspekt der Wirtschaftsaufsicht dar. Wirtschaftsaufsicht ist insofern mehrdimensional, als sie auch zusätzliche Ziele – zB Umweltschutz oder Gefahrenabwehr – umfasst. Als äußerst dynamischer gesetzlicher Regelungsbereich muss sich die Wirtschaftsaufsicht pragmatisch auf neu entstehende Gefährdungslagen einstellen. Beispiele: Die Aufsichtsziele in den einzelnen betroffenen Wirtschaftszweigen sind relativ allgemein gehalten. So besteht zB das primäre Aufsichtsziel des BWG (BGBl 1993/532 idF BGBl I 2006/104) im Schutz eines volkswirtschaftlich funktionsfähigen Bankwesens. Aufsichtsziel nach dem VAG (BGBl 1978/569 idF BGBl I 2006/104) ist die Funktionsfähigkeit einer wirtschaftlich gesunden Versicherungswirtschaft und der Schutz der Versicherten (Konsumentenschutz). Unterziele bilden hierbei eine ausreichende Risikodeckung und Liquidität, damit einzelne Schadensfälle gedeckt werden können, sowie die Erfüllung der volkswirtschaftlichen Kapitalbildungsfunktion. Nach dem EisenbahnG 1957 (BGBl 1957/60 idF BGBl I 2005/163) ist Ziel der dort vorgesehenen Regulierungsaufsicht die wirtschaftliche und effiziente Nutzung der Schienenbahnen in Österreich, va durch Herstellung eines chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs (§ 57 EisenbahnG 1957).

Angesichts der geringen Präzision der einzelnen Aufsichtsziele kommt der Herausbildung konkreter Aufsichtsmaßstäbe durch Verordnungen, ständige Verwaltungspraxis sowie die Bekanntgabe von Aufsichtsgrundsätzen besondere Bedeutung zu.

III. Organisation Literatur: Antoniolli/Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht3 (1996); Damjanovic/Holoubek/Kassai/Lehofer/Urbantschitsch, Handbuch des Telekommunikationsrechts (2006); Feiel/Urbantschitsch, Die neuen Strom-Regulatoren. Elektrizitäts-Control GmbH und Elektrizitäts-Control Kommission, ecolex 2000, 826; Grabenwarter/Holoubek, Demokratie, Rechtsstaat und Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag. Zu den verfassungsrechtlichen Grenzen der Einrichtung von Kollegialbehörden nach Art 20 Abs 2 und Art 133 Z 4 B-VG, ZfV 2000, 194 (Teil I), 520 (Teil II); Holoubek, Organisation und Aufgaben der Elektrizitätsaufsicht, in Pauger (Hrsg), Elektrizitätsrecht nach der ElWOG-Novelle (2001) 55; Korinek, Staatsrechtliche Bedingungen und Grenzen der Ausgliederung und Beleihung, ÖZW 2000, 46; Lewisch, Eisenbahnregulierungsrecht. Kommentar zum EisenbahnG (2002); Pauger (Hrsg), Elektrizitätsrecht nach der ElWOG-Novelle (2001); Raschauer, Keine Grenzen für Privatisierungen?, ecolex 1994, 434; Wimmer/Kahl, Die öffentlichen Unternehmen im freien Markt (2001).

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Organisation

sicht darin, Wirtschaftsbereiche von gesamtwirtschaftlicher Bedeutung in ihrer Funktion zu sichern. Dabei geht es etwa bei der Versicherungsaufsicht nicht lediglich um den Schutz der Belange der Versicherten, sondern zugleich um den gesamtwirtschaftlichen Aspekt eines funktionierenden Versicherungswesens.

2.

Weitere Ziele

Der Funktionsschutz stellt allerdings nur einen, wenngleich auch zentralen Aspekt der Wirtschaftsaufsicht dar. Wirtschaftsaufsicht ist insofern mehrdimensional, als sie auch zusätzliche Ziele – zB Umweltschutz oder Gefahrenabwehr – umfasst. Als äußerst dynamischer gesetzlicher Regelungsbereich muss sich die Wirtschaftsaufsicht pragmatisch auf neu entstehende Gefährdungslagen einstellen. Beispiele: Die Aufsichtsziele in den einzelnen betroffenen Wirtschaftszweigen sind relativ allgemein gehalten. So besteht zB das primäre Aufsichtsziel des BWG (BGBl 1993/532 idF BGBl I 2006/104) im Schutz eines volkswirtschaftlich funktionsfähigen Bankwesens. Aufsichtsziel nach dem VAG (BGBl 1978/569 idF BGBl I 2006/104) ist die Funktionsfähigkeit einer wirtschaftlich gesunden Versicherungswirtschaft und der Schutz der Versicherten (Konsumentenschutz). Unterziele bilden hierbei eine ausreichende Risikodeckung und Liquidität, damit einzelne Schadensfälle gedeckt werden können, sowie die Erfüllung der volkswirtschaftlichen Kapitalbildungsfunktion. Nach dem EisenbahnG 1957 (BGBl 1957/60 idF BGBl I 2005/163) ist Ziel der dort vorgesehenen Regulierungsaufsicht die wirtschaftliche und effiziente Nutzung der Schienenbahnen in Österreich, va durch Herstellung eines chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs (§ 57 EisenbahnG 1957).

Angesichts der geringen Präzision der einzelnen Aufsichtsziele kommt der Herausbildung konkreter Aufsichtsmaßstäbe durch Verordnungen, ständige Verwaltungspraxis sowie die Bekanntgabe von Aufsichtsgrundsätzen besondere Bedeutung zu.

III. Organisation Literatur: Antoniolli/Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht3 (1996); Damjanovic/Holoubek/Kassai/Lehofer/Urbantschitsch, Handbuch des Telekommunikationsrechts (2006); Feiel/Urbantschitsch, Die neuen Strom-Regulatoren. Elektrizitäts-Control GmbH und Elektrizitäts-Control Kommission, ecolex 2000, 826; Grabenwarter/Holoubek, Demokratie, Rechtsstaat und Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag. Zu den verfassungsrechtlichen Grenzen der Einrichtung von Kollegialbehörden nach Art 20 Abs 2 und Art 133 Z 4 B-VG, ZfV 2000, 194 (Teil I), 520 (Teil II); Holoubek, Organisation und Aufgaben der Elektrizitätsaufsicht, in Pauger (Hrsg), Elektrizitätsrecht nach der ElWOG-Novelle (2001) 55; Korinek, Staatsrechtliche Bedingungen und Grenzen der Ausgliederung und Beleihung, ÖZW 2000, 46; Lewisch, Eisenbahnregulierungsrecht. Kommentar zum EisenbahnG (2002); Pauger (Hrsg), Elektrizitätsrecht nach der ElWOG-Novelle (2001); Raschauer, Keine Grenzen für Privatisierungen?, ecolex 1994, 434; Wimmer/Kahl, Die öffentlichen Unternehmen im freien Markt (2001).

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Fachspezifische Organisation

1.

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Fachspezifische Organisation

Der stetige Kooperationsprozess der Wirtschaftsaufsicht erfordert eine intensive Fachkenntnis und Zuwendung seitens der Behörde. Mit der Wirtschaftsaufsicht sind daher spezialisierte Fachaufsichtsbehörden betraut, die mit entsprechendem Fachwissen ausgestattet sind. Die fachbehördliche Aufsicht kann sowohl von spezialisierten Fachabteilungen im Rahmen der allgemeinen Behördenorganisation (Bundesministerien, Landesregierungen) als auch von spezialisierten Behörden und vermehrt von ausgegliederten Rechtsträgern wahrgenommen werden. Die Spezialisierung der Fachaufsichtsbehörden bewirkt naturgemäß eine Zersplitterung der Aufsicht. Die damit verbundene Doppelgleisigkeit belastet die Wirtschaft. Gleichwohl erscheint die zT geforderte Zusammenfassung aller behördlichen Aufsichtskompetenzen im Rahmen einer Superaufsichtsbehörde schon deshalb bedenklich, weil die dadurch bewirkte Zusammenballung staatlicher Wirtschaftskontrollmacht den Freiraum der Wirtschaft einengt. Im Übrigen zeigen Beispiele aus jüngster Zeit („BAWAG-Krise“), dass die Organisation allein keine Garantie für die Schlagkraft der Wirtschaftsaufsicht ist, sondern jedenfalls auch von einer „ehrlichen“ Kooperation zwischen Aufsichtsorgan und Beaufsichtigtem abhängt. Ohne Informationen, die einen wahrheitsgetreuen Unternehmensstatus widerspiegeln, muss die Aufsicht zahnlos bleiben.

2.

Unabhängige Regulierungsbehörden

a)

Zwischen Eigenverwaltung und Ausgliederung

In jüngerer Zeit wurden zwecks Effizienzsteigerung in zunehmendem Maß unabhängige Regulierungsbehörden mit der Fachaufsicht betraut (s dazu Pkt H.). Bei diesen handelt es sich um handelsrechtliche Gesellschaften, insb Gesellschaften mit beschränkter Haftung. Ihnen zugeordnet ist regelmäßig eine weisungsfreie Behörde gem Art 133 Z 4 B-VG, um den rechtsstaatlichen Anforderungen (Art 6 MRK) zu entsprechen. Sie sind insb zuständig für Berufungen gegen Entscheidungen der GmbH, der üblicherweise selbst Behördenfunktion zukommt. Teils fungieren sie auch als erste Instanz. b)

Verfassungsrechtliche Voraussetzungen

aa) Unabhängige Verwaltungsbehörden Was die Schaffung weisungsfreier Behörden betrifft, ist festzuhalten, dass iSd österreichischen Verfassung öffentliche Aufgaben durch weisungsgebundene Verwaltungsorgane wahrzunehmen sind. Weisungsfreies Verwaltungshandeln bedarf daher einer besonderen verfassungsrechtlichen Legitimation. Abgesehen von einer speziellen verfassungsgesetzlichen Ermächtigung kann diese auch in einer einfachgesetzlichen Errichtung einer Kollegialbehörde gem Art 133 Z 4 B-VG erfolgen. Allerdings hat der VfGH festgestellt, dass „Ausmaß und Gewicht der von Kollegialbehörden mit richterlichem Einschlag zu besorgenden Aufgaben sich

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Die Aufsichtsmittel

der Grenze des verfassungsrechtlich Zulässigen“ bedenklich angenähert habe und deshalb einer besonderen Rechtfertigung bedürfe (VfSlg 15.427/1999). Nach der Judikatur des VfGH (VfSlg 14.473/1996, 15.427/1999, 15.886/2000, 16.048/2000) ist daher die Errichtung einer weisungsfreien Regulierungsbehörde nur zulässig, wenn – der Regulator bestimmte Aufgaben als Berufungs- bzw Beschwerdeinstanz wahrnimmt (Kontrollfunktion), – als Schlichtungs- bzw Schiedsinstanz fungiert, – Entscheidungen über civil rights iSd Art 6 MRK zu fällen sind (zB bei den Grundverkehrsbehörden), – es um Fragen besonderer Komplexität, die spezifische Sachkenntnisse erfordern, geht. Überdies müssen das allgemeine Sachlichkeitsgebot und die Effizienzmaxime beachtet werden und ausreichende Leitungs- und Aufsichtsbefugnisse der politisch verantwortlichen obersten Organe gewährleistet sein. bb) Ausgliederung und Beleihung Wie schon ausgeführt geht die Schaffung unabhängiger Regulierungsbehörden (Art 133 Z 4 B-VG) Hand in Hand mit der Übertragung einzelner Verwaltungsaufgaben auf selbständige Rechtsträger. Diesen Vorgang bezeichnet man als Ausgliederung oder Beleihung. Auch für diese Flexibilisierung der Verwaltungsorganisation hat der VfGH Grenzen gezogen. Zunächst hat er festgestellt, dass nur vereinzelte Aufgaben unter Berücksichtigung des Sachlichkeits- und Effizienzgebots ausgegliedert werden dürfen. Überdies besteht ein ausgliederungsfester „Kernbereich“ der staatlichen Verwaltung (zB innere und äußere Sicherheit, Ausübung der [Verwaltungs-]Strafgewalt, die auch nicht vereinzelt übertragen werden darf, VfSlg 16.400/2001). Letztlich verlangt das Organisationskonzept der Bundesverfassung prinzipiell eine Unterstellung der hoheitlich wahrzunehmenden Aufgaben unter ein oberstes, parlamentarisch verantwortliches Organ und die Gewährleistung des Leitungs- und Weisungszusammenhangs (organisatorische Beherrschungsrechte).

IV. Die Aufsichtsmittel 1.

Gliederungsmöglichkeiten

Die Aufsichtsmittel können nach verschiedenen Gesichtspunkten gegliedert werden: – Eingriffsintensität: Am geringsten wird die wirtschaftliche Dispositionsfreiheit durch psychologische Beeinflussung seitens der Aufsichtsbehörde beschränkt, wie insb die Erteilung von Empfehlungen und Ratschlägen. Kann dadurch die Funktionswidrigkeit nicht abgestellt werden, kommen berichtigende Zwangsmittel zum Einsatz. – Präventive und repressive Wirkung: Durch präventive Aufsichtsmittel soll abstrakten Gefährdungslagen begegnet werden (zB Anzeigepflichten). Die repressiven Aufsichtsmittel knüpfen an ein unternehmerisches Fehlverhalten an.

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Die Aufsichtsmittel

der Grenze des verfassungsrechtlich Zulässigen“ bedenklich angenähert habe und deshalb einer besonderen Rechtfertigung bedürfe (VfSlg 15.427/1999). Nach der Judikatur des VfGH (VfSlg 14.473/1996, 15.427/1999, 15.886/2000, 16.048/2000) ist daher die Errichtung einer weisungsfreien Regulierungsbehörde nur zulässig, wenn – der Regulator bestimmte Aufgaben als Berufungs- bzw Beschwerdeinstanz wahrnimmt (Kontrollfunktion), – als Schlichtungs- bzw Schiedsinstanz fungiert, – Entscheidungen über civil rights iSd Art 6 MRK zu fällen sind (zB bei den Grundverkehrsbehörden), – es um Fragen besonderer Komplexität, die spezifische Sachkenntnisse erfordern, geht. Überdies müssen das allgemeine Sachlichkeitsgebot und die Effizienzmaxime beachtet werden und ausreichende Leitungs- und Aufsichtsbefugnisse der politisch verantwortlichen obersten Organe gewährleistet sein. bb) Ausgliederung und Beleihung Wie schon ausgeführt geht die Schaffung unabhängiger Regulierungsbehörden (Art 133 Z 4 B-VG) Hand in Hand mit der Übertragung einzelner Verwaltungsaufgaben auf selbständige Rechtsträger. Diesen Vorgang bezeichnet man als Ausgliederung oder Beleihung. Auch für diese Flexibilisierung der Verwaltungsorganisation hat der VfGH Grenzen gezogen. Zunächst hat er festgestellt, dass nur vereinzelte Aufgaben unter Berücksichtigung des Sachlichkeits- und Effizienzgebots ausgegliedert werden dürfen. Überdies besteht ein ausgliederungsfester „Kernbereich“ der staatlichen Verwaltung (zB innere und äußere Sicherheit, Ausübung der [Verwaltungs-]Strafgewalt, die auch nicht vereinzelt übertragen werden darf, VfSlg 16.400/2001). Letztlich verlangt das Organisationskonzept der Bundesverfassung prinzipiell eine Unterstellung der hoheitlich wahrzunehmenden Aufgaben unter ein oberstes, parlamentarisch verantwortliches Organ und die Gewährleistung des Leitungs- und Weisungszusammenhangs (organisatorische Beherrschungsrechte).

IV. Die Aufsichtsmittel 1.

Gliederungsmöglichkeiten

Die Aufsichtsmittel können nach verschiedenen Gesichtspunkten gegliedert werden: – Eingriffsintensität: Am geringsten wird die wirtschaftliche Dispositionsfreiheit durch psychologische Beeinflussung seitens der Aufsichtsbehörde beschränkt, wie insb die Erteilung von Empfehlungen und Ratschlägen. Kann dadurch die Funktionswidrigkeit nicht abgestellt werden, kommen berichtigende Zwangsmittel zum Einsatz. – Präventive und repressive Wirkung: Durch präventive Aufsichtsmittel soll abstrakten Gefährdungslagen begegnet werden (zB Anzeigepflichten). Die repressiven Aufsichtsmittel knüpfen an ein unternehmerisches Fehlverhalten an.

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Überwachungsmittel

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– Personen- und unternehmensbezogene Aufsichtsmittel: Personenbezogene Aufsichtsmittel knüpfen wie im Wirtschaftspolizeirecht an der persönlichen Eignung zur Leitung eines Unternehmens an (etwa Befähigung und Zuverlässigkeit). Unternehmensbezogene Aufsichtsmittel können sowohl die Unternehmensform (zB Ausschluss von Personengesellschaften von der Tätigkeit eines Kreditunternehmens), die finanzielle Ausstattung von Unternehmen (zB Eigenkapitalausstattung und flüssige Mittel bei Versicherungs- und Kreditunternehmen), sicherheitstechnische Aspekte und letztlich auch den Geschäftsablauf (Einwirkungen der Aufsichtsbehörde auf die allgemeinen Geschäftsbedingungen, die Gebarungskontrolle und den Jahresabschluss) betreffen. – Funktion der Aufsichtsmittel: Die Aufsichtsziele werden durch stufenweisen Einsatz der Aufsichtsmittel erreicht. Ob in einem Unternehmen Fehler gemacht werden, kann die Behörde nur durch entsprechende Informationen feststellen. Primäres Aufsichtsmittel ist daher die Überwachung. Liegen Fehler vor, muss die Möglichkeit bestehen, diesen Zustand zu verbessern. Der Überwachung schließt sich demnach die Berichtigung an. Es entspricht der Reservestellung der Aufsichtsbehörde, dass die Berichtigung nicht durch sie selbst, sondern durch das betroffene Unternehmen erfolgt. Erst wenn entsprechende Anregungen nicht fruchten, sind durch die gesetzlich vorgesehenen Sanktionen die erwünschten Korrekturen durchzusetzen. Die Aufsichtsmittel gliedern sich somit ihrer Funktion nach in Überwachungs-, Berichtigungs- und Sanktionsmittel. Die Überwachung deckt den Fehler auf, die Berichtigung erfolgt entweder durch den Unternehmer selbst oder wird durch Sanktionen erzwungen.

2.

Überwachungsmittel

Generell hat die Überwachung eine präventive Wirkung. Beobachtung allein soll Fehler vermeiden. Im Konkreten dienen die Überwachungsmittel der Informationsbeschaffung. Durch Anzeige-, Melde-, Berichts- und Vorlagepflichten sollen den Aufsichtsorganen die gewünschten Auskünfte vermittelt werden. Der Objektivierung der Informationen dienen zusätzliche Kontrollen, wie etwa Einschaurechte oder die Mitwirkung von Aufsichtsorganen an bestimmten Geschäftsvorgängen (zB Teilnahme an Sitzungen der Unternehmensorgane, Prüfung des Jahresabschlusses, Vorlage geschäftlicher Unterlagen, etc).

3.

Berichtigungsmittel

Fehler müssen berichtigt werden. Nach der allgemeinen Aufsichtsphilosophie erfolgt dies zunächst durch „gutes Zureden“ in Form von Ratschlägen, unverbindlichen Richtlinien, etc. Ob der Ratschlag befolgt wird, hängt auch von der Autorität der Aufsichtsbehörde ab. Ist sie gering, droht Ineffektivität, sie kann aber auch zur beratenden Bevormundung des Unternehmens führen. Setzt sich die Aufsichtsbehörde mit ihren Ratschlägen nicht durch, muss sie zu juristisch erhärteten Berichtungsmitteln greifen. Dazu zählen Einsprüche, Anordnungen, Auflagen, die Unwirksamerklärung von Verträgen, die Aus-

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Übersicht über die wesentlichen Aufsichtsbereiche

setzung von Unternehmenshandlungen, das Verbot bestimmter Teile des Geschäftsbetriebs oder die Abberufung der Unternehmensleitung und die Bestellung eines Unternehmensverwalters. Als letztes Mittel verbleibt der Entzug der Konzession.

4.

Sanktionsmittel

Den Aufsichtsbehörden stehen zur Durchsetzung der Überwachungs- und Berichtigungsmittel die allgemeinen staatlichen Sanktionsmittel zur Verfügung. Die Funktionsgerechtigkeit des Unternehmens kann durch Zwangsstrafe, Ersatzvornahme und unmittelbaren Zwang wieder hergestellt werden. Ist das Ziel erreicht, sind die Zwangsmittel abzusetzen. Als weitere Sanktionsmittel kommen auch Verwaltungsstrafen und gerichtliche Strafen zum Einsatz.

V.

Übersicht über die wesentlichen Aufsichtsbereiche

1.

Allgemeine Gesichtspunkte

a)

Überblick

Die wichtigsten Aufsichtsbereiche sind: – Aufsicht über Finanzunternehmen (Börse, Banken und Sparkassen, Bausparkassen, Versicherungen); – Verkehr (Eisenbahn, Luftfahrt, Binnenschifffahrt, PersonenbeförderungStraße, Güterbeförderung-Straße); – Energie (Elektrizität, Gas und Rohrleitungen); – Kommunikationsdienstleistungen (Post, Telekommunikation, Rundfunk). b)

Von der Gefahrenabwehr zum Funktionsschutz

Versucht man übergeordnete Gesichtspunkte für die Gliederung der nachstehenden Aufsichtssektoren zu finden, so ergeben sich – ausgehend von den grundsätzlichen Zielsetzungen der einzelnen Aufsichtsbereiche – zwei große Aufsichtsfamilien: Zum einen dient die Wirtschaftsaufsicht der klassischen Gefahrenprävention, mit der tatsächlichem Gefährdungspotential in den einzelnen Wirtschaftszweigen entgegen getreten werden soll. Ein typisches Beispiel hiefür bildet der Verkehr, bei dem die Gefährdung des Einzelnen evident ist. Mehr in Richtung eines umfassenden Funktionsschutzes greift die Kapitalmarktaufsicht, die mit dem Schutz des Markts zugleich den Einzelnen vor Schaden bewahren will. c)

Vom Funktionsschutz zur Regulierung

Die Überlagerung des klassischen Aufsichtsrechts durch das Regulierungsrecht ist eine Entwicklung der jüngsten Zeit. Ein Grund dafür ist, dass gemeinwirtschaftliche Aufgaben, die vormals durch staatliche Monopolbetriebe besorgt wurden, nunmehr unter marktwirtschaftlichen Bedingungen erfüllt werden. Dies bedeutet allerdings nicht, dass hier ausschließlich wettbewerbli-

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Übersicht über die wesentlichen Aufsichtsbereiche

setzung von Unternehmenshandlungen, das Verbot bestimmter Teile des Geschäftsbetriebs oder die Abberufung der Unternehmensleitung und die Bestellung eines Unternehmensverwalters. Als letztes Mittel verbleibt der Entzug der Konzession.

4.

Sanktionsmittel

Den Aufsichtsbehörden stehen zur Durchsetzung der Überwachungs- und Berichtigungsmittel die allgemeinen staatlichen Sanktionsmittel zur Verfügung. Die Funktionsgerechtigkeit des Unternehmens kann durch Zwangsstrafe, Ersatzvornahme und unmittelbaren Zwang wieder hergestellt werden. Ist das Ziel erreicht, sind die Zwangsmittel abzusetzen. Als weitere Sanktionsmittel kommen auch Verwaltungsstrafen und gerichtliche Strafen zum Einsatz.

V.

Übersicht über die wesentlichen Aufsichtsbereiche

1.

Allgemeine Gesichtspunkte

a)

Überblick

Die wichtigsten Aufsichtsbereiche sind: – Aufsicht über Finanzunternehmen (Börse, Banken und Sparkassen, Bausparkassen, Versicherungen); – Verkehr (Eisenbahn, Luftfahrt, Binnenschifffahrt, PersonenbeförderungStraße, Güterbeförderung-Straße); – Energie (Elektrizität, Gas und Rohrleitungen); – Kommunikationsdienstleistungen (Post, Telekommunikation, Rundfunk). b)

Von der Gefahrenabwehr zum Funktionsschutz

Versucht man übergeordnete Gesichtspunkte für die Gliederung der nachstehenden Aufsichtssektoren zu finden, so ergeben sich – ausgehend von den grundsätzlichen Zielsetzungen der einzelnen Aufsichtsbereiche – zwei große Aufsichtsfamilien: Zum einen dient die Wirtschaftsaufsicht der klassischen Gefahrenprävention, mit der tatsächlichem Gefährdungspotential in den einzelnen Wirtschaftszweigen entgegen getreten werden soll. Ein typisches Beispiel hiefür bildet der Verkehr, bei dem die Gefährdung des Einzelnen evident ist. Mehr in Richtung eines umfassenden Funktionsschutzes greift die Kapitalmarktaufsicht, die mit dem Schutz des Markts zugleich den Einzelnen vor Schaden bewahren will. c)

Vom Funktionsschutz zur Regulierung

Die Überlagerung des klassischen Aufsichtsrechts durch das Regulierungsrecht ist eine Entwicklung der jüngsten Zeit. Ein Grund dafür ist, dass gemeinwirtschaftliche Aufgaben, die vormals durch staatliche Monopolbetriebe besorgt wurden, nunmehr unter marktwirtschaftlichen Bedingungen erfüllt werden. Dies bedeutet allerdings nicht, dass hier ausschließlich wettbewerbli-

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Die einzelnen Aufsichtsbereiche

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che Kräfte wirksam werden. Im Gegenteil: Den Marktteilnehmern werden Zielsetzungen vorgegeben, etwa Versorgungssicherheit, Kostengünstigkeit und Bereitstellung des Universaldiensts, die sich aus der Daseinsvorsorge ergeben. Die Erfüllung dieser Modalitäten durch die Unternehmen muss von Regulierungsbehörden überwacht werden. d)

Internationalisierung

Ein weiteres Merkmal der Wirtschaftsaufsicht ist ihre Tendenz zur Internationalisierung bzw Vergemeinschaftung. Dies ergibt sich zum einen folgerichtig aus der Internationalisierung der einzelnen Sektoren (zB Luftfahrt, Kommunikation, etc) und zum anderen aus den allgemeinen Harmonisierungserfordernissen des Gemeinsamen Markts. So ist zB unmittelbar einsichtig, dass sich eine (wirksame) Aufsicht über Banken aufgrund ihrer weitgehenden europäischen und internationalen Vernetzung nicht national begrenzen lässt.

2.

Die einzelnen Aufsichtsbereiche

Im Folgenden werden einzelne Aufsichtsfelder in Form von Tabellen dargestellt. Dabei wird durch den gemeinsamen Raster die Vergleichbarkeit erleichtert; insb werden auch die für alle Aufsichtsfelder – im Wesentlichen – gemeinsamen rechtlichen Ziele und Strukturen sichtbar gemacht. Genau so deutlich werden allerdings die Unterschiedlichkeiten, die sich zT aus der historischen Entwicklung, zT aus den sachlichen Besonderheiten der einzelnen Sektoren ergeben und damit der Grund dafür sind, dass die Wirtschaftsaufsicht keine einheitliche Institution mit gemeinsamen Zielen, Mitteln und einheitlichem Apparat ist, sondern als differenzierte Einrichtung in Erscheinung tritt. a)

Aufsicht über Finanzunternehmen

aa) Kapitalmarkt Kurzbeschreibung des Sektors Ein leistungsfähiger Kapitalmarkt (Börsen und Wertpapierdienstleistungen) soll Anlegern eine größtmögliche Rendite ermöglichen und gleichzeitig den Finanzierungsbedarf von Investoren abdecken. Dem Kapitalmarkt kommt somit eine volkswirtschaftliche Schlüsselfunktion zu, was eine intensive staatliche Aufsicht legitim erscheinen lässt.

– – – –

Wesentliche Rechtsgrundlagen Gemeinschaftsrecht RL 05/60/EG zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, ABl 2005 L 309/15 RL 04/39/EG über Märkte für Finanzinstrumente, ABl 2004 L 45/1 idF RL 06/31/EG, ABl 2006 L 114/6 RL 03/6/EG über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation (Marktmissbrauch), ABl 2003 L 96/16 RL 97/9/EG über Systeme für die Entschädigung der Anleger, ABl 1997 L 84/22

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– – – –

Übersicht über die wesentlichen Aufsichtsbereiche

Nationales Recht BörseG 1989 (BörseG), BGBl 1989/555 idF BGBl I 2006/104 KapitalmarktG (KMG), BGBl 1991/625 idF BGBl I 2006/48 WertpapieraufsichtsG (WAG), BGBl 1996/753 idF BGBl I 2006/48 FinanzmarktaufsichtsG (FMAG), BGBl I 2001/97 idF BGBl I 2006/48

Rechtliche Voraussetzungen für die Aufnahme der Tätigkeit Börsen – Konzession für die Aufnahme einer Börsetätigkeit (Leitung und Verwaltung) Voraussetzungen: Fachliche Eignung der Geschäftsführer; Rechtsform einer AG; Anfangskapital Eur 5 Millionen; Bedachtnahme auf volkswirtschaftliche Interessen Wertpapierdienstleistungen – Konzession zur Führung eines Wertpapierdienstleistungsunternehmens – Voraussetzungen: Fachliche Eignung der Geschäftsführer; Rechtsform einer Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft; qualifizierte Ausstattung mit Eigenkapital; ausreichende Versicherungsbedeckung Nationale Aufsichtsbehörde(n) – FMA – BMWA Aufsichtsziele – Sicherung der Funktionsfähigkeit des österreichischen Kapitalmarkts – Schutz von Anlegerinteressen – Förderung der Attraktivität Österreichs als Finanzmarkt – – – – – – – –

Aufsichtsmittel Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten besondere Rechnungslegungsvorschriften Melde- und Anzeigepflichten Auskunfts- und Einsichtsrechte Bestellung von Staatskommissaren Funktionsenthebung der Funktionäre/Schließung des Instituts behördliche Vornahme notwendiger Maßnahmen bei Säumigkeit Konzessionsrücknahme

bb) Banken Kurzbeschreibung des Sektors Wie der Kapitalmarkt erfüllt auch der Banksektor eine wichtige volkswirtschaftliche Funktion. Im Vordergrund der Bankaufsicht stehen Funktions- und Anlegerschutz. Wesentliche Rechtsgrundlagen Gemeinschaftsrecht – RL 06/48/EG über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute, ABl 2006 L 177/1

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Die einzelnen Aufsichtsbereiche

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– RL 00/46/EG über die Aufnahme, Ausübung und Beaufsichtigung der Tätigkeit von E-Geld-Instituten, ABl 2000 L 275/39 – RL 02/87/EG, über die zusätzliche Beaufsichtigung der Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen und Wertpapierfirmen eines Finanzkonglomerats, ABl 2003 L 35/1 idF RL 05/1/EG, ABl 2005 L 79/9 – RL 05/60/EG zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, ABl 2005, L 309/1 – RL 94/19/EG über Einlagensicherungssysteme, ABl 1994 L 135/5, idF RL 05/1/EG, ABl 2005 L 79/9 Nationales Recht – BankwesenG (BWG), BGBl 1993/532 idF BGBl I 2006/104 – FinanzmarktaufsichtsG (FMAG), BGBl I 2001/97 idF BGBl 2006/48 Rechtliche Voraussetzungen für die Aufnahme der Tätigkeit Kreditinstitute – Konzession – Voraussetzungen: Persönliche und fachliche Eignung der Geschäftsführer; Rechtsform einer Kapitalgesellschaft, Genossenschaft oder Sparkasse; Anfangskapital Eur 5 Millionen Finanzinstitute – Gewerbeberechtigung nach der GewO Nationale Aufsichtsbehörde(n) – FMA – OeNB Aufsichtsziele – Sicherung der Funktionsfähigkeit des österreichischen Bankensektors – Schutz von Anlegerinteressen Aufsichtsmittel – Auskunfts- und Einsichtsrechte – Bestellung von Regierungs- und Staatskommissären ab einer Bilanzsumme von über Eur 375 Millionen pa – Bescheidmäßige Anordnungen befristeter Maßnahmen (insb Untersagung von Kapital- und Gewinnentnahmen) – Funktionsenthebung der Geschäftsleiter – Konzessionsrücknahme cc) Sparkassen/Bausparkassen Kurzbeschreibung des Sektors Historisch sollten Sparkassen ärmeren Bevölkerungsschichten Anlagemöglichkeiten bieten, Bausparkassen günstige Kredite zur Wohnraumschaffung gewähren. IS dieser gemeinwirtschaftlichen Aufgabenstellung garantierten die Gebietskörperschaften als Eigentümer zu Anfang noch eine Ausfallsbürgschaft unter der Bedingung gewisser Aufsichtsrechte. Heute agieren Sparkassen und Bausparkassen selbständig, auch ihr Name ist nicht mehr geschützt und sie unterliegen im Wesentlichen den selben Aufsichtsmitteln wie Banken.

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Übersicht über die wesentlichen Aufsichtsbereiche

Wesentliche Rechtsgrundlagen Gemeinschaftsrecht RL 06/48/EG über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute ABl 2006 L 177/1 RL 00/46/EG über die Aufnahme, Ausübung und Beaufsichtigung der Tätigkeit von E-Geld-Instituten, ABl 2000 L 275/39 RL 02/87/EG über die zusätzliche Beaufsichtigung der Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen und Wertpapierfirmen eines Finanzkonglomerats, ABl 2003 L 35/1 idF RL 05/1/EG, ABl 2005 L 79/9 RL 05/60/EG zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, ABl 2005 L 309/15 RL 94/19/EG über Einlagensicherungssysteme, ABl 1994 L 135/5 idF RL 05/1/EG, ABl 2005 L 79/9 Nationales Recht SparkassenG, BGBl 1979/64 idF BGBl I 2006/48 BausparkassenG, BGBl 1993/532 idF BGBl I 2006/48 FinanzmarktaufsichtsG (FMAG), BGBl I 2001/97 idF BGBl I 2006/48 BankwesenG (BWG), BGBl 1993/532 idF BGBl I 2006/104

Rechtliche Voraussetzungen für die Aufnahme der Tätigkeit Sparkassen – Konzession – Voraussetzungen: Persönliche und fachliche Eignung der Geschäftsführer; Rechtsform einer Kapitalgesellschaft, Genossenschaft oder Sparkasse; Anfangskapital Eur 5 Millionen Bausparkassen – Konzession – Voraussetzungen: Eignung und Zuverlässigkeit; Rechtsform der AG; dem BSpG entsprechende AGB; Bedachtnahme auf die Interessen der Bausparer Nationale Aufsichtsbehörde(n) – FMA – Sparkassen-Prüfungsverband Aufsichtsziele – Sicherung der Funktionsfähigkeit des Sparkassen-/Bausparkassensektors – Schutz von Anlegerinteressen – – – –

Aufsichtsmittel allgemeine Aufsichtsmittel gem BWG Prüfungen des Sparkassen-Prüfungsverbands verpflichtende Bestellung eines Staatskommissärs Konzessionsrücknahme

dd) Versicherungen Kurzbeschreibung des Sektors Die Sozialisierung fast aller Lebensrisiken (Alter, Krankheit, Unfall) durch Versicherungsinstitute stellt einen fundamentalen Baustein einer modernen Ge-

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Die einzelnen Aufsichtsbereiche

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sellschaft dar. Auch der Strukturwandel von großen Familienverbänden hin zu einer Kultur der individuellen Freiheit geht auf ein funktionierendes Versicherungswesen zurück, denn nur ein solches kann (auch) dem anonymisierten Einzelmenschen ausreichende Sicherheit bieten. Das heute herrschende Versicherungssystem ist ein komplexer Teilbereich der Hochfinanz. Unter dem Gesichtspunkt der großen volkswirtschaftlichen Bedeutung des Versicherungssektors wird die Notwendigkeit einer intensiven Wirtschaftsaufsicht deutlich.

– – – –

Wesentliche Rechtsgrundlagen Gemeinschaftsrecht RL 02/83/EG über Lebensversicherungen, ABl 2002 L 345/1 idF RL 05/68/EG, ABl 2005 L 323/1 RL 92/49/EWG zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (mit Ausnahme der Lebensversicherung), ABl 1992 L 228/1 idF RL 05/68/EG, ABl 2005 L 323/1 RL 05/60/EG zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, ABl 2005 L 309/15 RL 02/92/EG über Versicherungsvermittlung, ABl 2003 L 9/3

Nationales Recht – VersicherungsaufsichtsG (VAG), BGBl 1978/569 idF BGBl I 2006/104 – FinanzmarktaufsichtsG (FMAG), BGBl I 2001/97 idF BGBl I 2006/48 Rechtliche Voraussetzungen für die Aufnahme der Tätigkeit Versicherungsunternehmen – Konzession – Voraussetzungen: Persönliche und fachliche Eignung der Geschäftsführer; Rechtsform einer AG oder Versicherungsverein; ausreichende Eigenmittel Nationale Aufsichtsbehörde(n) – FMA Aufsichtsziele – Sicherung der Funktionsfähigkeit des österreichischen Versicherungssektors – Schutz der Versicherungsnehmer – – – – b)

Aufsichtsmittel Anzeige- und Berichtspflichten Auskunfts- und Einschaurechte behördliche Anordnungen Widerruf der Konzession Aufsicht über Verkehrsunternehmen

aa) Luftfahrt Kurzbeschreibung des Sektors Die gewerbliche Luftfahrt ermöglicht einen zwar teuren, aber umso rascheren Transport von Personen und Gütern. Kernbereich des Luftfahrtrechts ist

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Übersicht über die wesentlichen Aufsichtsbereiche

die Gewährleistung eines sicheren, reibungslosen Verkehrs im österreichischen Luftraum. Die Luftfahrtaufsicht erstreckt sich auf Flughäfen und Luftfahrtunternehmen. Wesentliche Rechtsgrundlagen Völkerrecht – Abkommen über die Internationale Zivilluftfahrt, BGBl III 1999/41 Gemeinschaftsrecht – VO 2407/92/EWG über die Erteilung von Betriebsgenehmigungen an Luftfahrtunternehmen, ABl 1992 L 240/1 – RL 94/56/EG über Grundsätze für die Untersuchung von Unfällen und Störungen in der Zivilluftfahrt, ABl 1994 L 319/14 Nationales Recht – LuftfahrtG, BGBl 1957/253 idF BGBl I 2006/88 – BundesG über die Austro Control Gesellschaft mit beschränkter Haftung, BGBl 1993/898 idF BGBl I 2004/173 – BundesG über den zwischenstaatlichen Luftverkehr 1997 (BGzLV 1997), BGBl I 1997/101 idF BGBl I 2006/88 – Flughafen-BodenabfertigungsG (FBG), BGBl I 1998/97 idF BGBl I 2002/32 Rechtliche Voraussetzungen für die Aufnahme der Tätigkeit Flughäfen – Bewilligung – Voraussetzungen: Fachliche Eignung; finanzielle Leistungsfähigkeit; öffentliches Interesse; Vereinbarkeit mit Verkehrsaufgaben bestehender Flughäfen Luftfahrtunternehmen – Betriebsgenehmigung – Voraussetzungen: Fachliche Eignung; finanzielle Leistungsfähigkeit; Kontrolle durch EWR-Bürger oder -Staaten; ausreichende Versicherungsbedeckung; Nachweis eines Luftverkehrsbetreiberzeugnisses Nationale Aufsichtsbehörde(n) – BMVIT – Austro-Control Kommission – Austro-Control GmbH Aufsichtsziele – Gewährleistung eines reibungslosen, sicheren Luftverkehrs – Erhaltung der Verkehrsfähigkeit von Zivilflugplätzen Aufsichtsmittel – fortlaufende Kontrolle und Aufsicht – Auskunfts- und Einschaurechte – Teilnahme eines rechtskundigen Behördenvertreters an Haupt- und Generalversammlungen sowie an Ausschuss- und Aufsichtsratsitzungen – Einschränkung bzw Widerruf der Konzession

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Die einzelnen Aufsichtsbereiche

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bb) Binnenschifffahrt Kurzbeschreibung des Sektors Die Binnenschifffahrt nutzt die tragende Kraft des Wassers für die Beförderung von Gütern und Personen. Kernbereich des Schifffahrtsrechts ist die Gewährleistung eines sicheren, reibungslosen Verkehrs auf den österreichischen Gewässern durch die Aufsicht über Schifffahrtsanlagen und -unternehmen. Wesentliche Rechtsgrundlagen Völkerrecht – Konvention über die Regelung der Schiffahrt auf der Donau (Donaukonvention), BGBl 1960/40 idF BGBl III 1999/188 – Übereinkommen über die Schiffahrt auf dem Bodensee, BGBl 1975/632 Gemeinschaftsrecht – RL 87/540/EWG über den Zugang zum Beruf des Unternehmers im innerstaatlichen und grenzüberschreitenden Binnenschiffsgüterverkehr und über die gegenseitige Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise für diesen Beruf, ABl 1987 L 322/20 – RL 96/75/EG über die Einzelheiten der Befrachtung und der Frachtratenbildung im innerstaatlichen und grenzüberschreitenden Binnenschiffsgüterverkehr in der Gemeinschaft, ABl 1996 L 304/12 idF VO 1882/03/EG, ABl 2003 L 284/1 Nationales Recht – SchiffahrtsG (SchFG), BGBl I 1997/62 idF BGBl I 2005/123 Rechtliche Voraussetzungen für die Aufnahme der Tätigkeit Schifffahrtsanlagen – Bewilligungspflicht – Voraussetzungen: Bedachtnahme auf die Erfordernisse der Schifffahrt, des Umweltschutzes und anderer öffentlicher Interessen Schifffahrtsunternehmen – Konzessionspflicht – Voraussetzungen: Fachliche Eignung; finanzielle Leistungsfähigkeit; Nachweis der Verfügungsgewalt über die notwendigen Schifffahrtsanlagen, Fahrzeuge und Schwimmkörper Nationale Aufsichtsbehörde(n) Schifffahrtsanlagen – BMVIT – BVB Schifffahrtsunternehmen – BMVIT – LH – LReg Aufsichtsziele – nachhaltige, umweltschonende, dem Stand der Technik entsprechende Nutzung der Binnengewässer für den Verkehr

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Übersicht über die wesentlichen Aufsichtsbereiche

– Erhaltung der Verkehrsfähigkeit von Gewässern und Wasserstraßen – Gewährleistung eines reibungslosen, sicheren Binnenschifffahrtsverkehrs – – – –

Aufsichtsmittel fortlaufende Kontrolle der Schifffahrtsanlagen und -unternehmen Auskunfts- und Einschaurechte Genehmigungspflicht von Tarifen Einschränkung bzw Widerruf der Konzession

cc) Eisenbahnwesen Kurzbeschreibung des Sektors Die Eisenbahn ermöglicht eine zuverlässige, ökologisch wie ökonomisch verträgliche Überlandbeförderung von Personen und Gütern. Der Sektor unterscheidet sich von den meisten anderen Verkehrssektoren durch eine außerordentlich hohe Abhängigkeit von einer dezentralisierten, kapitalintensiven Infrastruktur (Schienennetz). Aus diesem Grund stellt die Gewährleistung einer liberalen Marktorganisation neben dem bereichstypischen Schutz vor technischen Gefährdungen eine wesentliche Funktion der Wirtschaftsaufsicht dar.

– – – –

Wesentliche Rechtsgrundlagen Gemeinschaftsrecht RL 91/440/EWG zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft, ABl 1991 L 237/25 idF RL 04/51/EG, ABl 2004 L 164/164 RL 01/12/EG zur Änderung der Richtlinie 91/440/EWG des Rates zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft, ABl 2001 L 75/1 RL 95/18/EG über die Erteilung von Genehmigungen an Eisenbahnunternehmen, ABl 1995 L 143/70 idF RL 04/49/EG, ABl 2004 L 164/44 RL 01/14/EG über die Eisenbahnsicherheit, ABl 2001 L 75/29 idF RL 04/49/EG, ABl 2004 L 164/44

Nationales Recht – EisenbahnG 1957, BGBl 1957/60 idF BGBl I 2006/125 – BundesbahnG, BGBl 1992/825 idF BGBl I 2006/125 Rechtliche Voraussetzungen für die Aufnahme der Tätigkeit Unternehmensbetrieb – Konzession bzw Verkehrsgenehmigung – Voraussetzungen: Finanzierungsplan; öffentliches Interesse, Zuverlässigkeit; finanzielle Leistungsfähigkeit; fachliche Eignung; ausreichende Versicherungsbedeckung Bau und Inbetriebnahme von Anlagen – eisenbahnrechtliche Baubewilligung – Voraussetzungen: Gewährleistung des Standes der Technik; eisenbahnfachliche Eignung zur Ausführung – Betriebsbewilligung – Voraussetzungen: Leitung durch fachlich ausgewiesene Personen; Gewährleistung eines sicheren, ordnungsgemäßen Betriebs

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Die einzelnen Aufsichtsbereiche

– – – –

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Nationale Aufsichtsbehörde(n) BMVIT LH Schienen-Control Kommission Schienen-Control GmbH

Aufsichtsziele – Gewährleistung eines sicheren Eisenbahnverkehrs – Schaffung einer den EG-rechtlichen Vorgaben entsprechenden Marktorganisation – – – –

Aufsichtsmittel behördliche Auskunfts- und Einschaurechte behördliche Herstellung des rechtmäßigen Zustands vorübergehende Betriebseinstellung Konzessionsentzug

dd) Personenbeförderung – Straße Kurzbeschreibung des Sektors Die flächendeckende Gewährleistung eines bedarfsgerechten Liniennetzes zur straßengebundenen Personenbeförderung ist Voraussetzung für die gesellschaftliche Mobilität. Sie ist allerdings zumeist strukturell defizitär, weshalb eine Ausfallsdeckung durch Mittel der öffentlichen Hand notwendig ist. Schon aus diesem Grund, aber auch zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit ist eine entsprechende Aufsicht notwendig. Die Öffnung der Nahverkehrsmärkte stellt eines der umstrittensten europäischen Liberalisierungskonzepte dar, weil es sich beim Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) um einen klassischen Bereich der kommunalen Daseinsvorsorge handelt, in dem wettbewerbliche Strategien nur schwer zu verwirklichen sind. Wesentliche Rechtsgrundlagen Gemeinschaftsrecht – RL 96/26/EG über den Zugang zum Beruf des Güter- und Personenkraftverkehrsunternehmers im innerstaatlichen und grenzüberschreitenden Verkehr sowie über die gegenseitige Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise für die Beförderung von Gütern und die Beförderung von Personen im Straßenverkehr und über Maßnahmen zur Förderung der tatsächlichen Inanspruchnahme der Niederlassungsfreiheit der betreffenden Verkehrsunternehmer, ABl 1996 L 124/1 idF RL 04/66/EG, ABl 2004 L 168/35 – VO 684/92/EWG zur Einführung gemeinsamer Regeln für den grenzüberschreitenden Personenverkehr mit Kraftomnibussen, ABl 1992 L 74/1 idF VO 11/98/EG, ABl 1998 L 4/1 Nationales Recht – Gelegenheitsverkehrs-G 1996 (GelverkG), BGBl 1996/112 idF BGBl I 2006/24 – KraftfahrlinienG (KflG), BGBl I 1999/203 idF BGBl I 2006/12 – Öffentlicher Personennah- und RegionalverkehrsG 1999 (ÖPNRV-G 1999), BGBl I 1999/204 idF BGBl I 2002/32

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Übersicht über die wesentlichen Aufsichtsbereiche

Rechtliche Voraussetzungen für die Aufnahme der Tätigkeit Gelegenheitsverkehrsunternehmen – Konzession – Voraussetzungen: Bewilligungspflichtiges gebundenes Gewerbe lt GewO; Zuverlässigkeit; finanzielle Leistungsfähigkeit; fachliche Eignung Kraftfahrlinienverkehrsunternehmen – Konzession/Genehmigung – Voraussetzungen: Zuverlässigkeit; finanzielle Leistungsfähigkeit; fachliche Eignung; Befriedigung eines in Betracht kommenden Verkehrsbedürfnisses Nationale Aufsichtsbehörde(n) – BMVIT – LH Aufsichtsziele – Gewährleistung der Verkehrssicherheit – Ausgleich der Verkehrsinteressen – Optimierung des öffentlichen Personennahverkehrs – – – – –

Aufsichtsmittel Genehmigungspflicht für Tarife Genehmigung der AGB Aufsichts- und Einschaurechte vorläufige Sicherheitsleistung Entzug der Konzession

ee) Güterbeförderung – Straße Kurzbeschreibung des Sektors Der gewerbsmäßige Güterverkehr mittels Lastkraftwagen stellt einen wichtigen Distributionskanal der vielfältig miteinander vernetzten europäischen Wirtschaft dar. Zum einen ist ausschließlich der Transport mittels LKW flexibel genug, um den Ziel- und Quellverkehr der Wirtschaftsbetriebe zufriedenstellend zu besorgen. Zum anderen bildet der Ferntransit mittels LKW die für den Frächter billigste Transportmodalität, solange negative externe Effekte auf die Umwelt weiterhin nur unzureichend abzugelten sind. Wesentliche Rechtsgrundlagen Gemeinschaftsrecht – VO 3118/93/EWG zur Festlegung der Bedingungen für die Zulassung von Verkehrsunternehmen zum Güterkraftverkehr innerhalb eines Mitgliedstaats, in dem sie nicht ansässig sind, ABl 1993 L 279/1 idF VO 484/02/EG, ABl 2002 L 76/1 – VO 881/92/EWG über den Zugang zum Güterkraftverkehrsmarkt in der Gemeinschaft für Beförderungen aus oder nach einem Mitgliedstaat oder durch einen oder mehrere Mitgliedstaaten, ABl 1992 L 95/1 idF VO 484/02/EG, ABl 2002 L 76/1 – VO 4058/89/EWG über die Preisbildung im Güterkraftverkehr zwischen den Mitgliedstaaten, ABl 1989 L 390/1

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Die einzelnen Aufsichtsbereiche

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– VO 3916/90/EWG über Maßnahmen bei Krisen auf dem Güterkraftverkehrsmarkt, ABl 1990 L 375/10 Nationales Recht – GüterbeförderungsG 1995 (GütbefG), BGBl 1995/593 idF BGBl I 2006/23 Rechtliche Voraussetzungen für die Aufnahme der Tätigkeit Unternehmensbetrieb – Konzession – Voraussetzungen: Bewilligungspflichtiges gebundenes Gewerbe lt GewO; Zuverlässigkeit; finanzielle Leistungsfähigkeit; fachliche Eignung Nationale Aufsichtsbehörde(n) – BMVIT – LH – BVB Aufsichtsziele – Gewährleistung der Verkehrssicherheit – Ausgleich der Verkehrsinteressen Aufsichtsmittel – periodische Überprüfung der Konzessionsvoraussetzungen – Festlegung von Tarifen – Entzug der Konzession c)

Aufsicht über Energieunternehmen

aa) Elektrizität Kurzbeschreibung des Sektors Die Stromversorgung ist der Nerv des täglichen Lebens und insb der Wirtschaft. Wegen der fortschreitenden Liberalisierung der E-Wirtschaft hat sich die Marktsituation von Grund auf gewandelt. Anstelle eines Gebietsschutzes und ausschließlicher Versorgungsrechte trat eine völlig neue Marktorganisation, in der jeder Marktteilnehmer über einen freien, nicht diskriminierenden Zugang zur Netzinfrastruktur verfügt. Das Netz blieb zwar als natürliches Monopol bestehen, wurde aber neutralisiert und dient nun als „Marktplatz“. Dadurch hat sich auch die Funktion der Wirtschaftsaufsicht wesentlich geändert. Heute steht neben dem Schutz vor technischen Gefährdungen die Gewährleistung der liberalen Marktorganisation im Vordergrund. Wesentliche Rechtsgrundlagen Gemeinschaftsrecht – RL 03/54/EG über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt, ABl 2003 L 176/37 idF RL 04/85/EG, ABl 2004 L 236/10 – RL 01/77/EG zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen im Elektrizitätsbinnenmarkt, ABl 2001 L 283/33 Nationales Recht – Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsG (ElWOG), BGBl I 1998/143 idF BGBl I 2006/106

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Übersicht über die wesentlichen Aufsichtsbereiche

– Energie-Regulierungsbehördengesetz (E-RBG), BGBl I 2000/121 idF BGBl I 2006/106 – Regelung der Ausübungsvoraussetzungen, Aufgaben und Befugnisse der Verrechnungsstellen (EnergieliberalisierungsG), BGBl I 2000/121 idF BGBl I 2004/25 – ÖkostromG, BGBl I 2002/149 idF BGBl I 2006/105 Rechtliche Voraussetzungen für die Aufnahme der Tätigkeit Netzbereich – Konzession – Voraussetzungen: Fachliche Eignung; finanzielle Leistungsfähigkeit; tatsächlich vorgenommene Entflechtung; Verfügungsgewalt über das Netz Erzeugung und Handel – Anzeigepflicht – Voraussetzungen: Bereitstellung der notwendigen Daten zur Sicherstellung des Netzbetriebs; Nachweis der Bilanzgruppenmitgliedschaft, um den Netzbetrieb technisch (Erstellung von Fahrplänen) wie buchhalterisch (verursachergerechte Verrechnung) sicherzustellen – Genehmigungserfordernis für Erzeugungsanlagen – – – –

Nationale Aufsichtsbehörde(n) BMWA LReg (nur mehr Konzessionsbehörde) Energie-Control Kommission (ECK) Energie-Control GmbH (ECG)

Aufsichtsziele – Schaffung einer den europarechtlichen Vorgaben entsprechenden, liberalen Marktorganisation – Energiepreissenkung zur Attraktivitätssteigerung des Wirtschaftsstandorts Österreich – Gewährleistung der Versorgungssicherheit – Umwelt- und Sozialverträglichkeit – – – – –

Aufsichtsmittel laufende Überwachung und Aufsicht behördliche Einschaurechte Genehmigung der AGB von Netzbetreibern Einweisung Konzessionsentzug

bb) Gas Kurzbeschreibung des Sektors Der kontinuierlich steigende Erdgasverbrauch führte zu einer starken Importabhängigkeit der österreichischen Gaswirtschaft. Die Beseitigung der monopolartigen Strukturen und die Liberalisierung des Zugangs zum internationalen Gasmarkt wirken sich daher sowohl für die Volkswirtschaft als auch für die Kunden besonders positiv aus. Ähnlich wie im Elektrizitätssektor steht neben dem Schutz vor technischen Gefährdungen die Gewährleistung einer liberalen Marktorganisation im Vordergrund.

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Die einzelnen Aufsichtsbereiche

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Wesentliche Rechtsgrundlagen Gemeinschaftsrecht – RL 03/55/EG über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt, ABl 2003 L 176/57 – RL 04/67/EG über Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Erdgasversorgung, ABl 2004 L 127/92 – VO 1775/05/EG über die Bedingungen für den Zugang zu den Erdgasfernleitungsnetzen, ABl 2005 L 289/1 Nationales Recht – GaswirtschaftsG (GWG), BGBl I 2000/121 idF BGBl I 2006/106 – Energie-RegulierungsbehördenG (E-RBG), BGBl I 2000/121 idF BGBl I 2006/106 – MineralrohstoffG (MinroG), BGBl I 1999/38 idF BGBl I 2006/113 Rechtliche Voraussetzungen für die Aufnahme der Tätigkeit Netzbereich – Genehmigung für Leitungsunternehmen – Voraussetzungen: Fachliche Eignung; voraussichtliche Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Aufgaben; Abschluss einer Haftpflichtversicherung; Bestellung eines technischen Betriebsleiters – Genehmigung von Leitungen Förderung und Speicherung – Überlassung der Rechte durch den Bund an geeignete juristische oder natürliche Personen – – – –

Nationale Aufsichtsbehörde(n) BMWA LReg ECK ECG

Aufsichtsziele – Schaffung einer den europarechtlichen Vorgaben entsprechenden, liberalen Marktorganisation – Energiepreissenkung zur Attraktivitätssteigerung des Wirtschaftsstandorts Österreich – Gewährleistung der Versorgungssicherheit; Umwelt- und Sozialverträglichkeit – – – – –

Aufsichtsmittel laufende Überwachung und Aufsicht behördliche Einschaurechte Genehmigung der AGB von Verteilernetzbetreibern Maßnahmen zur Sicherstellung der Erdgasversorgung Entzug der Genehmigung

cc) Rohrleitung Kurzbeschreibung des Sektors Rohrleitungen dienen dem gewerbsmäßigen Transport von Energieträgern. Nicht erfasst werden Erdgasleitungen und jene Leitungen, die bergrechtlichen

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Übersicht über die wesentlichen Aufsichtsbereiche

Bewilligungen unterliegen. Neben dem Schutz vor technischen Gefährdungen hat die Wirtschaftsaufsicht va einen Ausgleich mit anderen öffentlichen Interessen vorzunehmen und die Einhaltung volkswirtschaftlicher sowie neutralitätspolitischer Kriterien sicherzustellen. Wesentliche Rechtsgrundlagen Gemeinschaftsrecht – VO 2964/95/EG zur Schaffung eines Registrierungssystems für Rohöleinfuhren und -lieferungen in der Gemeinschaft, ABl 1995 L 310/5 – VO 736/96/EG über die Mitteilung der Investitionsvorhaben von gemeinschaftlichem Interesse auf dem Erdöl-, Erdgas- und Elektrizitätssektor an die Kommission, ABl 1996 L 102/1 Nationales Recht – RohrleitungsG, BGBl 1975/411 idF BGBl I 2004/115 Rechtliche Voraussetzungen für die Aufnahme der Tätigkeit Unternehmensbetrieb – Konzession – Voraussetzungen: Zuverlässigkeit; wirtschaftliche und technische Befähigung; voraussichtlicher volkswirtschaftlicher Bedarf Bau und Inbetriebnahme von Anlagen – Genehmigung – Voraussetzungen: Vorlage eines technischen Bauentwurfs; Erfüllung allfälliger Auflagen; ausreichende Versicherungsbedeckung; Nationale Aufsichtsbehörde(n) – BMVIT – LH Aufsichtsziele – Sicherheit der Rohrleitungsanlage – volkswirtschaftliche Verträglichkeit – – – – – d)

Aufsichtsmittel Zutritts-, Auskunfts- und Einschaurechte Berichtspflicht des technischen Betriebsleiters Widerruf der Genehmigung der Bestellung zum Betriebsleiter Einstellung des Betriebs Zurücknahme der Konzession Aufsicht über Kommunikationsdienstleistungsunternehmen

aa) Rundfunk Kurzbeschreibung des Sektors Freiheitliche Demokratien zeichnen sich durch mediale und kulturelle Vielfalt aus. Dies können nur unabhängige Medien und die rechtlich durchsetzbare Meinungsfreiheit garantieren. Daher hat die (ebenfalls unabhängige) Rundfunksaufsicht neben der Marktöffnung auch gewisse inhaltliche Mindeststandards zu überwachen.

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Die einzelnen Aufsichtsbereiche

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Wesentliche Rechtsgrundlagen Gemeinschaftsrecht – RL 89/552/EWG zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit, ABl 1989 L 298/23 idF RL 97/36/EG, ABl 1997 L 202/60 – RL 02/21/EG über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (RahmenRL), ABl 2002 L 108/33 – RL 02/19/EG über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung (ZugangsRL), ABl 2002 L 108/7 – – – –

Nationales Recht ORF-G, BGBl 1984/379 idF BGBl I 2005/159 PrivatfernsehG (PrTV-G), BGBl I 2001/84 idF BGBl I 2006/66 PrivatradioG (PrR-G), BGBl I 2001/20 idF BGBl I 2004/169 KommAustria-G (KOG), BGBl I 2001/32 idF BGBl I 2006/9

Rechtliche Voraussetzungen für die Aufnahme der Tätigkeit öffentlich-rechtliches Fernsehen – gesetzliche Einrichtung gem ORF–G Privatfernsehen – Zulassung – Voraussetzungen: Fachliche und organisatorische Eignung; finanzielle Leistungsfähigkeit; Einhaltung der Programmgrundsätze Privatradio – Zulassung – Voraussetzungen: Fachliche und organisatorische Eignung; finanzielle Leistungsfähigkeit; Einhaltung der Programmgrundsätze – – – – –

Nationale Aufsichtsbehörde(n) BMVIT Rundfunk und Telekom Regulierungs-Kommission Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR-GmbH) Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) Bundeskommunikationssenat

Aufsichtsziele – Schaffung einer den europarechtlichen Vorgaben entsprechenden, liberalen Marktorganisation – Bewahrung und Förderung der medialen Vielfalt – Sicherstellung des Kinder-, Jugend- und Konsumentenschutzes – Optimierung der Nutzung des Frequenzspektrums für den Rundfunk – Schaffung und Bewahrung einer qualitativ hoch stehenden Kommunikationsinfrastruktur zur Förderung der Standortqualität Aufsichtsmittel – Auskunfts- und Aufzeichnungspflichten – Berichtspflicht

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Übersicht über die wesentlichen Aufsichtsbereiche

– durchsetzbarer Zugang zu Infrastruktureinrichtungen – Entscheidung über Beschwerden durch die RTR – Entzug der Zulassung bb) Post Kurzbeschreibung des Sektors Trotz der zahlreichen modernen Kommunikationsformen ist und bleibt die „Gelbe“ Post eine notwendige Institution für das Funktionieren einer stark vernetzten Gesellschaft. Die Besorgung des Postdiensts obliegt heute allerdings nicht mehr der allgemeinen staatlichen (Leistungs-)Verwaltung, sondern privatrechtlich organisierten Gesellschaften. Weite Teile des Postsektors werden nunmehr von den freien Kräften des Markts bestimmt und unterliegen nur noch spärlicher Aufsicht. Der schrittweise eingeengte Bereich des reservierten Postdiensts ist hingegen weiterhin monopolistisch strukturiert und daher Gegenstand intensiver Wirtschaftsaufsicht. Wesentliche Rechtsgrundlagen Völkerrecht – Satzung des Weltpostvereins samt Zusatzprotokollen, BGBl 1965/350 idF BGBl 1987/453 Gemeinschaftsrecht – RL 97/67/EG über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität, ABl 1998 L 15/14 idF VO 1882/03/EG, ABl 2003 L 284/1 Nationales Recht – PostG 1997, BGBl I 1998/18 idF BGBl I 2006/70 – Post-UniversaldienstV, BGBl II 2002/100 Rechtliche Voraussetzungen für die Aufnahme der Tätigkeit Reservierter Postdienst – Legalkonzession der Österreichischen Post AG – Voraussetzungen: Flächendeckende Erbringung des Universaldiensts; Kontrahierungszwang Wettbewerbsdienste – Anzeigepflicht Nationale Aufsichtsbehörde(n) – BMVIT – Postbüro Aufsichtsziele – Schaffung einer den EG-rechtlichen Vorgaben entsprechenden, liberalen Marktorganisation – Gewährleistung eines zufriedenstellenden, preiswerten Postdiensts im gesamten Bundesgebiet

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Die einzelnen Aufsichtsbereiche

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Aufsichtsmittel Auskunftsrechte Erhebungen und Untersuchungen Anhalte- und Durchsuchungsrechte Anordnungen des BMVIT als oberste Postbehörde bescheidmäßiger Auftrag zur Behebung von Leistungsmängeln Übertragung des reservierten Postdiensts auf einen anderen Betreiber

cc) Telekommunikation Kurzbeschreibung des Sektors Der Telekommunikationssektor – ehemals auch „Fernmeldewesen“ – war aufgrund seiner wirtschaftlichen, (militär)strategischen und politischen Bedeutung schon seit seiner Entstehung von einer starken staatlichen Beeinflussung geprägt und gehörte auch lange Zeit zur öffentlichen Verwaltung. Die Implementierung der sprunghaft neu entwickelten Technologien und die steigende Nachfrage nach Telekommunikationsdienstleistungen konnte von den eingerichteten öffentlichen Monopolunternehmen Ende des 20. Jhdts nicht mehr bewältigt werden, zudem änderten sich die Kostenstrukturen des Sektors, womit das Argument des „natürlichen Monopols“ entfiel. Es setzte sich schließlich die Auffassung durch, dass Telekommunikationsleistungen auch im Wettbewerb erbracht werden können und sollten. Die darauf folgende, durch das EGRecht veranlasste Liberalisierung des Telekommunikationssektors ist nunmehr besonders weit fortgeschritten. Der Einfluss des Staats beschränkt sich im Wesentlichen auf die Wirtschaftsaufsicht, die va durch unabhängige, mit dem notwendigen Sachverstand ausgestattete Regulierungsbehörden wahrgenommen wird. Die Aufsicht zielt auf die Sicherung vitaler Schutzgüter, insb des Datenschutzes, der Gewährleistung des Marktzugangs und der Bereitstellung gewisser Basisleistungen im Rahmen eines Universaldiensts ab.

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Wesentliche Rechtsgrundlagen Gemeinschaftsrecht RL 02/21/EG über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (RahmenRL), ABl 2002 L 108/33 RL 02/19/EG über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung (ZugangsRL), ABl 2002 L 108/7 RL 02/20/EG über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste (GenehmigungsRL), ABl 2002 L 108/21 RL 02/22/EG über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten (UniversaldienstRL), ABl 2002 L 108/51 RL 02/58/EG über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (DatenschutzRL für elektronische Kommunikation), ABl 2002 L 201/37 idF RL 06/24/EG, ABl 2006 L 105/54 VO 2887/00/EG über den entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss, ABl 2000 L 336/4

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Übersicht über die wesentlichen Aufsichtsbereiche

Nationales Recht – TelekommunikationsG 2003 (TKG 2003), BGBl I 2003/70 idF BGBl I 2005/133. – Universaldienstverordnung (UDV), BGBl II 1999/192 idF BGBl II 2000/173. Rechtliche Voraussetzungen für die Aufnahme der Tätigkeit Bereitstellung eines Kommunikationsdiensts bzw -netzes – Anzeigepflicht Universaldienst – Vergabe nach periodischer Ausschreibung – Voraussetzungen: Flächendeckende Erbringung des Universaldiensts; Bestbieter Errichtung und Betrieb einer Funkanlage – Bewilligungspflicht – Voraussetzungen: Bedachtnahme auf Umweltschutz und andere Anlagen Nationale Aufsichtsbehörde(n) – BMVIT, Fernmeldebüros, Büro für Funkanlagen und Telekommunikationseinrichtungen – Telekom-Control-Kommission (TKK) – Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR-GmbH) – Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) Aufsichtsziele – Schaffung einer den EG-rechtlichen Vorgaben entsprechenden, liberalen Marktorganisation – Gewährleistung eines zufriedenstellenden, preiswerten Telekommunikationsdiensts im gesamten Bundesgebiet – – – – –

Aufsichtsmittel Informationspflichten Überprüfung des Universaldiensts Durchsuchungsrechte Anordnungen und bescheidmäßige Aufträge Betriebseinstellung

Fragen: 1. Was unterscheidet die Wirtschaftsaufsicht von der Wirtschaftslenkung? 2. Welche Ziele verfolgt die Wirtschaftsaufsicht? 3. Wozu braucht man Regulierungsbehörden? 4. Nennen Sie einzelne Aufsichtsmittel. 5. Welche Bedeutung hat der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz für den Einsatz der Aufsichtsmittel? 6. Worin liegt das gemeinsame Ziel der Aufsicht über die Finanzunternehmen? 7. Wo liegen die Grenzen der Beleihung und Ausgliederung? 8. Nennen Sie typische Ziele und Instrumente der Wirtschaftsaufsicht, wie sie sich aus der Übersicht ergeben. 9. Welche Entwicklungstendenzen kann man im Bereich der Wirtschaftsaufsicht feststellen?

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G) Wirtschaftslenkung Dass die „große Zeit“ der Wirtschaftslenkung fürs Erste vorbei ist, wurde schon bei den Ausführungen zur Wettbewerbssicherung deutlich. Dennoch ist auch diese Kategorie nicht außer Acht zu lassen. Zum einen ist davon auszugehen, dass auch in Zukunft die Wirtschaftslenkung bei krisenhaften Erscheinungen an Bedeutung wieder zunehmen wird. Zum anderen gibt es heute wichtige Wirtschaftsbereiche, die den Marktkräften nicht überantwortet werden können, weil die damit verbundenen Konsequenzen ökonomisch (Marktversagen!) oder sozial inakzeptabel wären. Dazu zählt insb die Landwirtschaft, die zwar im Verhältnis zu den früheren (nationalen) Marktbewirtschaftungsmaßnahmen heute „marktnäher“ agieren kann, letztendlich aber dennoch von einem umfassenden Lenkungssystem beherrscht wird, das – unter hohen Kosten – versucht, die Interessen von Produzenten und Verbrauchern zu koordinieren. Auch die ebenfalls kostenintensive Erdölbevorratung ist schwerlich über ein marktwirtschaftliches Profitsystem zu realisieren und muss daher staatlich gelenkt werden.

I.

Allgemeines

Literatur: Brohm, Strukturen der Wirtschaftsverwaltung. Organisationsformen und Gestaltungsmöglichkeiten im Wirtschaftsverwaltungsrecht (1969); Funk, Das System des österreichischen Wirtschaftslenkungsrechts, in Korinek/Rill (Hrsg), Grundfragen des Wirtschaftslenkungsrechts (1982) 53; Griller/Holoubek, Europäisches und öffentliches Wirtschaftsrecht, Bd II (2002); Holoubek/Potacs (Hrsg), Öffentliches Wirtschaftsrecht, Bd 2 (2002); Kirchhoff, Subventionen als Instrument der Lenkung und Koordinierung (1973); Kneihs, Preis- und Versorgungssicherungsrecht, in Holoubek/Potacs (Hrsg), Öffentliches Wirtschaftsrecht, Bd 2 (2002) 749; Korinek/Rill (Hrsg), Grundfragen des Wirtschaftslenkungsrechts (1982); Pöhn, Wirtschaftslenkung in den Formen des öffentlichen Rechts und des Zivilrechts – verfassungsrechtliche und europarechtliche Vorgaben (2002); Potacs, Währungs- und Devisenrecht, in Holoubek/Potacs (Hrsg), Öffentliches Wirtschaftsrecht. Bd 2 (2002) 647; Puck, Wirtschaftslenkungsrecht, in Raschauer (Hrsg), Österreichisches Wirtschaftsrecht2 (2003) 239; Raschauer (Hrsg), Österreichisches Wirtschaftsrecht2 (2003); Schulev-Steindl, Wirtschaftslenkung und Verfassung (1996); Wimmer/Arnold, Wirtschaftsrecht in Österreich und seine europarechtliche Integration2 (1998); Wenger, Zur rechtlichen Problematik wirtschaftslenkender Maßnahmen, WipolBl 1978, H 2, 97.

1.

Allgemeines

a)

Begriff und Abgrenzung

Der Zweck der Wirtschaftslenkung liegt in der Marktkorrektur. Der Staat beeinflusst den Wirtschaftsablauf sowohl auf Betriebs- wie auch auf volkswirt-

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354

Allgemeines

schaftlicher Ebene, um bestimmte wirtschaftspolitische Ziele (zB Versorgungssicherheit, Preisniveaustabilität, Konjunkturbelebung) zu verwirklichen. Demgegenüber geht es dem Wettbewerbsrecht um die Schaffung von Rahmenbedingungen für die Wirtschaft und die Kontrolle der Einhaltung derselben, ohne die gleiche Intensität des Eingriffs aufzuweisen. Die Wirtschaftsaufsicht nimmt hier eine Zwischenstellung insofern ein, als der Funktionsschutz zT auch lenkende Maßnahmen enthält. Die Grenzen zwischen den Rechtsgebieten sind freilich fließend. Dies liegt bezogen auf das Wirtschaftslenkungsrecht daran, dass die Eingriffsintensität variiert und vom hoheitlichen, zwangsbewehrten Befehl zum subtileren, nicht hoheitlichen Anreizsystem reicht. An der Intensität des Eingriffs orientiert sich auch die im Folgenden zu erörternde Unterscheidung zwischen direkter und indirekter Lenkung. b)

Direkte Wirtschaftslenkung

aa) Einschränkung der unternehmerischen Dispositionsfreiheit Die intensivste Form des Eingriffs in den Wirtschaftsablauf ist die direkte Wirtschaftslenkung. Sie erfolgt zwangsläufig aufgrund ihrer Eingriffsintensität durch hoheitliche Anordnungen, also durch (verwaltungs)strafrechtlich sanktionierte Gebote und Verbote in Form von Gesetzen, Verordnungen oder individuellen Verwaltungsakten. Zwecks effektiver Verfolgung des Lenkungsziels werden solche Maßnahmen aber auch mit nicht-hoheitlichen bzw indirekten Lenkungsinstrumenten verknüpft (zB in den landwirtschaftlichen Marktordnungen als Kombination von Mengen- oder Kapazitätseinschränkungen mit Beihilfen). Die direkte Wirtschaftslenkung knüpft im Wesentlichen an einzelwirtschaftlichen Planelementen an, die grundsätzlich der unternehmerischen Dispositionsfreiheit unterliegen, und ersetzt diese durch staatliche Entscheidungen. Erfasst werden auch – obgleich sich das Lenkungsrecht primär an Unternehmen richtet – Entscheidungen von Konsumenten, die ebenfalls Adressaten des Wirtschaftslenkungsrechts sein können. Die erfassten Planelemente sind im Wesentlichen – die Produktionsart und -menge, – die Preise, – die Art und Menge der zu beschaffenden Konsumgüter und – die Investitionen. Direkte Lenkungsmittel können sich dabei auf die gesamte Güterkette beziehen, also auf Produktion (Anbauverbote, Quotenregelungen), Transport, Lagerung, Verteilung und Abgabe, Ein- und Ausfuhr sowie Warenverwendung. bb) Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit Die direkte Wirtschaftslenkung ermöglicht drastische Eingriffe in die individuelle Freiheit der Unternehmer. Grenzen der direkten Wirtschaftslenkung ergeben sich dabei nicht nur aus dem Gemeinschaftsrecht (Grundfreiheiten), sondern auch aus dem nationalen Verfassungsrecht (Grundrechte, Kompetenzverteilung), dem eine marktwirtschaftliche Ausrichtung immanent ist. Allgemein gilt, dass diese Grenzen umso enger werden, je intensiver sich der Ein-

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Allgemeines

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griff in Privatautonomie und Markt gestaltet. Zusammengefasst haben direkte Lenkungsmaßnahmen den Grundsätzen der Effizienz, der Verhältnismäßigkeit und Subsidiarität zu entsprechen. Voraussetzung für die meisten staatlichen Eingriffe ist eine bereits eingetretene oder zumindest unmittelbar drohende Versorgungsstörung. Diese Beschränkung auf den Krisenfall wird dadurch unterstrichen, dass Lenkungsmittel nur dann und insoweit eingesetzt werden dürfen, als sich die Notlage nicht durch marktkonforme Maßnahmen, dh Maßnahmen der indirekten Lenkung, beseitigen lässt. Angewendet werden dürfen nur geeignete Lenkungsmittel und zwar nur solange und in einem solchen Ausmaß, als dies in Hinblick auf die Lenkungsziele unbedingt erforderlich ist. Die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und Subsidiarität machen schließlich auch den Unterschied aus, den die Wirtschaftslenkung in einer Marktwirtschaft gegenüber einer umfassend lenkenden Zentralverwaltungswirtschaft aufweist. Erstere ist nämlich grundsätzlich von der Reichweite her (auf einzelne Sektoren oder bestimmte Unternehmensentscheidungen) und auch zeitlich (zB nur in Krisenzeiten) begrenzt. c)

Indirekte Wirtschaftslenkung

aa) Schaffung von Anreizen Im Rahmen der indirekten Lenkung versucht der Staat den Wirtschaftsablauf durch positive oder negative Anreize zu beeinflussen. Bei grundsätzlicher Wahrung der Unternehmerfreiheit sollen betriebliche Maßnahmen in eine (wirtschaftspolitisch) gewünschte Richtung gelenkt werden. Im Gegensatz zur direkten Lenkung bleibt hier die Unternehmerfreiheit gewahrt. Die rechtliche Umsetzung solcher Maßnahmen erfolgt im Wesentlichen durch „zwangsfreie“ nicht-hoheitliche Techniken, etwa die vertragliche Zuerkennung einer Subvention. Bei indirekten Lenkungsmaßnahmen liegt es im Belieben des Unternehmers, die Voraussetzungen zu erfüllen, um in den Genuss der Förderung zu gelangen. Freilich wird diese „Freiheit“ oftmals durch wirtschaftliche Zwänge ausgehöhlt, die ihm keine andere Möglichkeit lassen, als das staatliche „Angebot“ anzunehmen. So war zB der Verkauf von Milch über der zugestandenen Milchquote nicht verboten, durch den Verlust an Förderungen aber unrentabel. Auch im Rahmen des staatlichen Beschaffungswesens steht es dem Unternehmer frei, sich um einen öffentlichen Auftrag zu bewerben oder nicht. Der Zuschlag kann aber für ihn – insb dort, wo der Staat ein Nachfragemonopol besitzt, etwa bei Straßen, Rüstungsgütern, etc – „überlebenswichtig“ sein. Der Staat erzielt im Wege der indirekten Lenkung Steuerungseffekte durch die Änderung von Plandaten, die – im Gegensatz zu den oben genannten Planelementen – von den einzelnen Unternehmen nicht oder kaum beeinflusst werden können. Dazu zählen etwa die Variation der Steuersätze, die Festlegung der Subventionsvolumina oder die staatliche Nachfragetätigkeit in Form von öffentlichen Aufträgen. Indirekte Lenkung belässt nicht nur dem Individuum

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Allgemeines

die formale Entscheidungskompetenz, sie besitzt im Allgemeinen auch eine größere Verträglichkeit mit den Prinzipien der Marktwirtschaft. Sie wird daher als marktkonforme Lenkung bezeichnet. bb) Globalsteuerung und partikuläre Lenkung Die Wirtschaftslenkung kann sich entweder partikulär auf bestimmte Wirtschaftsbereiche, einzelne Unternehmen bzw Planelemente oder global auf die gesamte Volkswirtschaft beziehen. Diese Unterscheidung macht speziell bei der indirekten Lenkung Sinn, da direkte Lenkungsmaßnahmen in einer Marktwirtschaft im Wesentlichen nur partikulär sind. Dementsprechend unterscheidet man bei der indirekten Lenkung: – Globalsteuerung, mit der gesamtwirtschaftliche Größen beeinflusst werden. Im Wesentlichen zählen dazu die Konjunktursteuerung (Fiskalpolitik) und die Geld- und Währungspolitik (die nunmehr der EZB und dem ESZB obliegt, s Pkt C.III.10.b.). – Partikuläre Lenkung, also die Beeinflussung einzelwirtschaftlicher Planelemente (betreffend Art, Umfang, Methoden der Produktion, Standortwahl, etc). Die wichtigsten begünstigenden Instrumente sind hier die Subventionen und die öffentlichen Aufträge.

2.

Die einzelnen Bereiche der Wirtschaftslenkung

a)

Arten der direkten Lenkung

Im Rahmen der direkten Lenkung lassen sich folgende Kernbereiche unterscheiden: Die Bewirtschaftung, das Preisrecht und die Agrarmarktordnungen. – Unter Bewirtschaftung wird im Allgemeinen die direkte Lenkung zur Vermeidung oder zur Bewältigung gefährlicher Versorgungsengpässe aufgrund eines unzureichenden Güterangebots verstanden. Es geht hier um die zweckmäßige Verteilung des Mangels auf die verschiedenen Bedarfsträger (Konsumenten, Unternehmer, öffentliche Einrichtungen). – Durch die Festlegung volkswirtschaftlich gerechtfertigter Preise soll die Erschwinglichkeit wichtiger Bedarfsgüter und Leistungen für die Bevölkerung sichergestellt werden (zB Brot, Benzin, Arzneimittel). Dieses Lenkungsmittel ist heute – Krisenfälle ausgenommen – weitgehend bedeutungslos. – Im Bereich der landwirtschaftlichen Produktion spielen Marktordnungen schon seit geraumer Zeit eine bedeutende Rolle. Waren sie ursprünglich zur gerechten Verteilung knapper landwirtschaftlicher Güter gedacht, so dienen sie heute der Verringerung des Überschusses von landwirtschaftlichen Produkten bzw deren Verwertung. Hinzu kommt der Schutz der Existenz eines leistungsfähigen Bauernstands sowie der Versorgungssicherheit der Bevölkerung (s Pkt G.III.). b)

Arten der indirekten Lenkung

Im Rahmen der indirekten Lenkung ist in volkswirtschaftlicher Sicht zwischen Konjunktursteuerung (Fiskalpolitik) und geldpolitischer Steuerung (Geldund Währungspolitik) zu unterscheiden.

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Die einzelnen Bereiche der Wirtschaftslenkung

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Für die betriebswirtschaftliche Ebene sind die Subventionen und das Vergabewesen von zentraler Bedeutung. – Die öffentliche Finanzwirtschaft befasst sich mit der optimalen Deckung des öffentlichen Finanzbedarfs der Gebietskörperschaften (zB Straßen, Schulen, Krankenhäuser, Universitäten, etc). Neben dieser fiskalischen Zielsetzung hat sie auch eine fiskalpolitische Aufgabe, nämlich Störungen des gesamtwirtschaftlichen Ablaufs, insb Konjunktur- und Wachstumsstörungen (Nachfragelücken, Angebotsüberschuss), entgegen zu wirken. Im Vordergrund stehen als Handlungsmaßstäbe die Sicherung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts (hoher Beschäftigungsstand, hinreichend stabiler Geldwert, Sicherung des Wachstumspotentials, Wahrung des außenwirtschaftlichen Gleichgewichts, magisches Viereck, vgl § 2 Abs 2 BHG, BGBl 1986/213 idF BGBl I 2006/89) und die Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit. Zudem ergeben sich aus dem Gemeinschaftsrecht, va im Interesse der Währungsstabilität, klare Grenzen (vgl etwa Art 104 EGV, Vermeidung übermäßiger Defizite und Haushaltsdisziplin) Beispiel: In den Siebziger und Achtziger Jahren des vorigen Jhdts wurde in der österreichischen Praxis versucht, Nachfragelücken in der Volkswirtschaft durch den antizyklischen Einsatz von Budgetmitteln zu schließen. Diese Form der Fiskalpolitik wurde auch als „Austro-Keynesianismus“ bezeichnet. Die Methode des „deficit-spending“ führte aber á la longue zu immer höheren Budgetdefiziten und war damit zugleich auch der Anlass für die Forderung nach Deregulierung, Liberalisierung und Rückzug des Staats aus Gesellschaft und Wirtschaft („schlanker Staat“). Mittlerweile sind einer solchen Politik enge gemeinschaftsrechtliche Grenzen gesetzt.

– Die Geld- und Währungspolitik wirkt auf den Geld- und Währungsfluss mit dem vorrangigen Ziel der Preisstabilität sowohl im Innenverhältnis (Nichtinflation) wie auch im Außenverhältnis (Wechselkurs) ein. Ansatzpunkte geldpolitischer Maßnahmen sind die Geldmenge, der Zinssatz und die Liquidität. Die ursprünglich der OeNB obliegenden Aufgaben sind heute weitgehend auf Gemeinschaftsebene übertragen worden (EZB und ESZB, s Pkt C.III.10.b.). – Subventionen bzw Beihilfen sind vermögenswerte Leistungen aus öffentlichen Mitteln, die die öffentliche Hand an Unternehmen zur Erreichung bestimmter wirtschaftspolitischer Ziele (Schaffung von Arbeitsplätzen, Steigerung, Umstellung oder Einstellung der Produktion, Qualitätssteigerung, etc) vergibt. Kennzeichnend für Subventionen ist die einzelwirtschaftliche Steuerung und Marktkorrektur auf der Grundlage einer bestimmten Wirtschafts- bzw Fiskalpolitik. Neben den staatlichen Subventionen, denen durch das EG-Wettbewerbsrecht enge Grenzen gesetzt werden (s oben Pkt D.IV.), erlangen Gemeinschaftsbeihilfen zunehmend an Bedeutung (besonders im Agrarbereich, s unten Pkt G.III.). – Der Staat braucht zur Erfüllung seiner Aufgaben Wirtschaftsgüter (Waren und Dienstleistungen). Entweder erfolgt diese Bedarfsdeckung durch staatliche Eigenleistungen oder durch Beschaffung am Markt im Wege öffentlicher Aufträge. Neben der Beschaffung benötigter Güter dienen öffentliche Aufträge – allerdings nur nachrangig – auch der Wirtschaftslenkung, insb der Konjunktursteuerung und der Strukturverbesserung. Die Nachran-

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Allgemeines

gigkeit des Lenkungscharakters wird noch durch die Entwicklung des internationalen und gemeinschaftlichen Vergaberechts verstärkt: Durch die Einbindung dieser Beschaffungsvorgänge in das Wettbewerbsrecht spielt der Lenkungseffekt des Vergabewesens nur mehr eine geringe Rolle (allgemein zum Vergaberecht s Pkt D.V.). c)

Übersicht Wirtschaftslenkung

direkte (verbindliche Festlegung von Planelementen)

indirekte (Beeinflussung von Planelementen durch Veränderung von Plandaten)

Bewirtschaftung Agrarmarktordnung Preisrecht

– Energielenkung – Erdölbevorratung – Versorgungssicherung – Lebensmittelbewirtschaftung – Preisregelung

Globalsteuerung partikuläre Lenkung (Beeinflussung gesamtwirtschaftlicher Größen)

Konjunktursteuerung

geldpolitische Steuerung

Beihilfen Vergabewesen

direkte

indirekte

3.

Gemeinschaftliche und staatliche Wirtschaftslenkung

a)

Gemeinschaftsrechtliche Grenzen staatlicher Lenkung und Übergang von Lenkungskompetenzen auf die EG

Wie schon mehrfach ausgeführt stellte die Wirtschaftslenkung in der Vergangenheit nicht nur eine zentrale Kategorie des Wirtschaftsrechts dar, sondern unterlag weitgehend der innerstaatlichen Regelungskompetenz. Mit dem Beitritt zur Europäischen Union hat sich dieses Bild grundlegend geändert: – Zum einen wird der Spielraum des lenkenden Staats durch das Gemeinschaftsrecht (insb Grundfreiheiten, Beihilfenrecht) radikal eingeengt. – Zum anderen kam es zu einer Vergemeinschaftung der Wirtschaftslenkung insofern, als wesentliche einschlägige Regelungskompetenzen nunmehr durch die EG selbst wahrgenommen werden (zB Landwirtschaft, Währungsrecht).

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Gemeinschaftliche und staatliche Wirtschaftslenkung

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Die Lenkungskompetenzen sind also nunmehr geteilt (Kompetenzverteilung). Dementsprechend ist zwischen Lenkungsakten der Gemeinschaft und solchen der Mitgliedstaaten zu unterscheiden. b)

Gemeinschaftsrechtliche Ziele

Die Begrenzung staatlicher Lenkung durch das Gemeinschaftsrecht führt auch zu einer Änderung der Ausrichtung des Lenkungsrechts. Nicht mehr allein das nationale öffentliche Interesse, sondern vielmehr das gemeinsame (europäische) Interesse steht im Vordergrund. Letzteres ist wesentlich von der Sicherung der Funktionsfähigkeit des Gemeinsamen Markts geprägt, weswegen staatliche (Lenkungs)Maßnahmen auf ihre Marktkonformität zu prüfen sind und gegebenenfalls einer Rechtfertigung bedürfen. Beispiele: Im Wege der Beihilfenpolitik beeinflusst die EG das nationale Lenkungsrecht erheblich und richtet staatliche Beihilfen (indirekte Wirtschaftslenkung) auf die Ziele der Gemeinschaft aus. Erfüllen staatliche Maßnahmen die Tatbestandsmerkmale des Art 87 Abs 1 EGV, sind sie zwar grundsätzlich verboten, können aber unter die vorgesehenen Ausnahmen fallen, die im Wesentlichen dann schlagend werden, wenn die Beihilfen gemeinschaftliche Interessen fördern oder diesen zumindest nicht zuwiderlaufen (vgl etwa den Ermessenstatbestand des Art 87 Abs 3 lit. b EGV für Beihilfen zur Förderung wichtiger Vorhaben von gemeinsamem europäischen Interesse, zB Forschung und Entwicklung, Umweltschutz, europäische Infrastrukturmaßnahmen). Für öffentliche Vergaben als indirektes Lenkungsinstrument neben den Beihilfen wurde ein nach gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben gestaltetes Vergaberechtsregime eingeführt. Lenkungsrechtliche – und idR vergabefremde – Aspekte spielen nunmehr kaum eine Rolle; es kommt auf die ökonomischen Kriterien des Best- bzw Billigstbieters an. Entgegen diesen Vorgaben vergebene Aufträge sind nicht nur vergaberechtswidrig, sondern können auch eine gemeinschaftsrechtlich verbotene Beihilfe darstellen. Ein rezentes Beispiel einer staatlichen Preisregulierung (direkte Wirtschaftslenkung), die am Gemeinschaftsrecht zu messen ist, ist die unter dem Titel des Gesundheitsschutzes erlassene Verordnung über die Festsetzung des Mindestkleinverkaufspreises für Tabakerzeugnisse zur Sicherstellung eines Mindestpreisniveaus (Mindespreisregelungsverordnung, BGBl II 2006/171) der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen. Die Europäische Kommission vertritt hier die Auffassung, dass Mindestpreise gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßen (insb gegen die RL 95/59/EG über die anderen Verbrauchsteuern auf Tabakwaren als die Umsatzsteuer, ABl 1995 L 291/40 idF RL 02/10/EG, ABl 2002 L 46/26), den Wettbewerb verzerren und ausschließlich die Gewinnspannen der Hersteller sichern und kündigte bereits Maßnahmen gegen Mitgliedstaaten mit derartigen Regelungen an.

c)

„Restbestand“ des staatlichen Lenkungsrechts

Das staatliche Lenkungsrecht ist allerdings keineswegs gänzlich beseitigt worden, vielmehr wurde es den Erfordernissen des Gemeinsamen Markts angepasst. Erhalten geblieben ist als Kernbereich das staatliche Lenkungssystem für den Krisenfall und bei Marktversagen. Das staatliche Wirtschaftslen-

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Übersicht über die wesentlichen Bereiche der direkten Lenkung

kungsrecht ist maW ein Notlauf, der dann anspringt, wenn die Funktionsfähigkeit von Markt und Wettbewerb ernstlich in Frage gestellt ist. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass gem Art 100 EGV auch dem Rat ein Instrument des Krisenmanagements zur Verfügung steht, das insb bei bereits eingetretenen oder unmittelbar bevorstehenden gravierenden Versorgungsschwierigkeiten Anwendung findet. Unter dem Begriff „Notlauf“ (fail-safe) werden Programme und Maßnahmen verstanden, durch die verhindert werden soll, dass durch Betriebsfehler Schäden am Gesamtsystem entstehen, die zu einem allgemeinen Funktionsverlust führen. Eine besondere Rolle spielt der Begriff Notlauf in technisch komplexen Bereichen, insb im KfZ-Bereich (Notlaufreifen, manuell zu bedienende Fensterkurbel bei Ausfall der Elektronik). Allerdings gibt es noch außerhalb der Krise staatliche Gestaltungsmöglichkeiten, insb bei der Preisgestaltung. Hinzu kommt noch die Außenhandelslenkung (zB Bewilligungspflichten, Ein- und Ausfuhrverbote), die Abfallwirtschaft, die Subventionstätigkeit sowie die Vergabe öffentlicher Aufträge im Rahmen der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben.

II. 1.

Übersicht über die wesentlichen Bereiche der direkten Lenkung Allgemeine Gesichtspunkte

Im Folgenden soll ein kurzer Überblick über die wichtigsten Bereiche der direkten staatlichen Lenkung gegeben werden. Die Bereiche der indirekten Lenkung (Subventionen, öffentliche Aufträge, Geld- und Währungspolitik) wurden ja bereits zum Großteil an anderer Stelle behandelt. Zu den hier darzustellenden Kernbereichen der direkten Lenkung zählen das staatliche Lenkungssystem für den Krisenfall sowie die staatliche Preisfestsetzung. Im Einzelnen: – Energielenkung – Erdölbevorratung – Versorgungssicherung – Lebensmittelbewirtschaftung – Preisregelung Wie bei der Übersicht über die Aufsichtsbereiche soll durch einen gemeinsamen Raster die Ökonomie des Lehrbuchs gewahrt, die Vergleichbarkeit erleichtert sowie die gemeinsamen Strukturen und Instrumente sichtbar gemacht werden. Dies ist deshalb von besonderer Bedeutung, da die einzelnen Lenkungsvorschriften im Wesentlichen Maßnahmecharakter haben und deshalb durch eine genuine Zielsetzung und Instrumentalität geprägt sind. Im Anschluss findet sich unter Pkt III. eine Einführung in den wichtigsten EG-Lenkungsbereich, die Agrarmarktordnungen, einschließlich eines Exkurses zu den Regionalförderungen. Dieser Abschnitt soll verdeutlichen, dass auch die Gemeinschaft neben dem Ziel der Sicherung eines freien Markts mit

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Übersicht über die wesentlichen Bereiche der direkten Lenkung

kungsrecht ist maW ein Notlauf, der dann anspringt, wenn die Funktionsfähigkeit von Markt und Wettbewerb ernstlich in Frage gestellt ist. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass gem Art 100 EGV auch dem Rat ein Instrument des Krisenmanagements zur Verfügung steht, das insb bei bereits eingetretenen oder unmittelbar bevorstehenden gravierenden Versorgungsschwierigkeiten Anwendung findet. Unter dem Begriff „Notlauf“ (fail-safe) werden Programme und Maßnahmen verstanden, durch die verhindert werden soll, dass durch Betriebsfehler Schäden am Gesamtsystem entstehen, die zu einem allgemeinen Funktionsverlust führen. Eine besondere Rolle spielt der Begriff Notlauf in technisch komplexen Bereichen, insb im KfZ-Bereich (Notlaufreifen, manuell zu bedienende Fensterkurbel bei Ausfall der Elektronik). Allerdings gibt es noch außerhalb der Krise staatliche Gestaltungsmöglichkeiten, insb bei der Preisgestaltung. Hinzu kommt noch die Außenhandelslenkung (zB Bewilligungspflichten, Ein- und Ausfuhrverbote), die Abfallwirtschaft, die Subventionstätigkeit sowie die Vergabe öffentlicher Aufträge im Rahmen der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben.

II. 1.

Übersicht über die wesentlichen Bereiche der direkten Lenkung Allgemeine Gesichtspunkte

Im Folgenden soll ein kurzer Überblick über die wichtigsten Bereiche der direkten staatlichen Lenkung gegeben werden. Die Bereiche der indirekten Lenkung (Subventionen, öffentliche Aufträge, Geld- und Währungspolitik) wurden ja bereits zum Großteil an anderer Stelle behandelt. Zu den hier darzustellenden Kernbereichen der direkten Lenkung zählen das staatliche Lenkungssystem für den Krisenfall sowie die staatliche Preisfestsetzung. Im Einzelnen: – Energielenkung – Erdölbevorratung – Versorgungssicherung – Lebensmittelbewirtschaftung – Preisregelung Wie bei der Übersicht über die Aufsichtsbereiche soll durch einen gemeinsamen Raster die Ökonomie des Lehrbuchs gewahrt, die Vergleichbarkeit erleichtert sowie die gemeinsamen Strukturen und Instrumente sichtbar gemacht werden. Dies ist deshalb von besonderer Bedeutung, da die einzelnen Lenkungsvorschriften im Wesentlichen Maßnahmecharakter haben und deshalb durch eine genuine Zielsetzung und Instrumentalität geprägt sind. Im Anschluss findet sich unter Pkt III. eine Einführung in den wichtigsten EG-Lenkungsbereich, die Agrarmarktordnungen, einschließlich eines Exkurses zu den Regionalförderungen. Dieser Abschnitt soll verdeutlichen, dass auch die Gemeinschaft neben dem Ziel der Sicherung eines freien Markts mit

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Die einzelnen Lenkungsbereiche

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funktionierendem Wettbewerb selbst Eingriffe in das Wirtschaftsgeschehen an neuralgischen Stellen vornimmt.

2.

Die einzelnen Lenkungsbereiche

a)

Energielenkung

Kurzbeschreibung des Sektors Das Energielenkungsrecht dient der Sicherung der Energieversorgung in Krisenzeiten. Im Konkreten sollen drohende Störungen der Energieversorgung abgewendet bzw bereits eingetretene Störungen behoben werden. Wesentliche Rechtsgrundlagen Völkerrecht – IEP-Übereinkommen, BGBl 1976/317 idF BGBl 1976/497 Gemeinschaftsrecht – RL 03/54/EG betreffend gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt, ABl 2003 L 176/37 idF RL 04/85/EG, ABl 2004 L 236/10 Nationales Recht – EnergielenkungsG 1982, BGBl 1982/545 idF BGBl I 2006/106 Regelungsziel – Aufrechterhaltung einer ungestörten Gütererzeugung und Versorgung – Deckung des lebenswichtigen Bedarfs an Energie – Erfüllung völkerrechtlicher Verpflichtungen – – – –

Bewirtschaftete Güter Erdöl und Erdölprodukte flüssige Brenn- und Treibstoffe feste fossile und gasförmige Brennstoffe Elektrizität

– – – – – –

Nationale Lenkungsbehörde(n) BMWA LH Energie-Control GmbH Beiräte Elektrizitätsbeirat Energielenkungsbeirat

– – – – – – –

Lenkungsmaßnahmen Meldepflichten Mehrverbrauchsgebühren für Elektrizität Verkehrsbeschränkungen Vorschriften über Produktion, Transport, Lagerung Landesverbrauchskontingente für Elektrizität Verfügungs-, Zugriffs- und Beschlagnahmerechte für Energieträger Verwaltungsstrafen

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b)

Übersicht über die wesentlichen Bereiche der direkten Lenkung

Erdölbevorratungs- und Meldewesen

Kurzbeschreibung des Sektors Das Erdölversorgungsrecht entspricht der Pflicht zur „Selbstversorgung in Notständen“ gem dem IEP-Übereinkommen. Es stellt damit eine wichtige Ergänzung der Energielenkung dar. Insb soll durch Pflichtnotstandsreserven im Krisenfall der Verbrauch längerfristig gedeckt werden können. Wesentliche Rechtsgrundlagen Völkerrecht – IEP-Übereinkommen, BGBl 1976/317 idF BGBl 1976/497 Gemeinschaftsrecht – RL 68/414/EWG zur Verpflichtung der Mitgliedstaaten der EWG, Mindestvorräte an Erdöl und/oder Erdölerzeugnissen zu halten, ABl 1968 L 308/14 idF RL 98/93/EG ABl 1998 L 358/100 – RL 73/238/EWG über Maßnahmen zur Abschwächung der Auswirkungen von Schwierigkeiten bei der Versorgung mit Erdöl und Erdölerzeugnissen, ABl 1973 L 228/1 Nationales Recht – Erdöl-Bevorratungs- und MeldeG 1982, BGBl 1982/546 idF BGBl I 2006/106 Regelungsziel – Sicherung der Versorgung mit fossilen Brennstoffen – Erfüllung völkerrechtlicher Verpflichtungen Bewirtschaftete Güter – Erdöl – Erdölprodukte – Fossile Brennstoffe Nationale Lenkungsbehörde(n) – BMWA – – – – – – c)

Lenkungsmaßnahmen Melde- und Auskunftspflichten stichprobenweise Überprüfung Erhebungen Haltung von Notstandsreserven Brennstoffbevorratung von Kraftwerken Verwaltungsstrafen Versorgungssicherung

Kurzbeschreibung des Sektors Das Versorgungssicherungsrecht stellt insofern ein „allgemeines“ Bewirtschaftungsrecht dar, als es eine Vielzahl von taxativ aufgezählten Bedarfsgütern erfasst. Sein Ziel liegt in der Aufrechterhaltung bzw Wiederherstellung einer ungestörten Erzeugung und Herstellung von Waren.

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Die einzelnen Lenkungsbereiche

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Wesentliche Rechtsgrundlagen Gemeinschaftsrecht – VO 2603/69/EWG zur Festlegung einer gemeinsamen Ausfuhrregelung, ABl 1969 L 324/25 idF VO 3918/91/EWG, ABl 1991 L 372/31 – VO 3285/94/EG über die gemeinsame Einfuhrregelung, ABl 1994 L 349/53 idF VO 2200/04/EG, ABl 2004 L 374/1 Nationales Recht – VersorgungssicherungsG (VerssG 1992), BGBl 1992/380 idF BGBl I 2006/91 Regelungsziel – ungestörte Erzeugung und Verteilung von Waren – Erfüllung völkerrechtlicher Verpflichtungen – – – – – – – –

Bewirtschaftete Güter wichtige Rohstoffe Kunststoffe und Kautschuk Tierhäute, Felle, Leder, Pelze, Bekleidung Holzwaren, Papier, Pappe Metalle und deren Abfälle Maschinen und Apparate Waren aus Stein, Gips, Zement, Asbest, Glas und Keramik Maß-, Prüf- und Präzisionsinstrumente usw

– – – – –

Nationale Lenkungsbehörde(n) BMWA LH Beiräte Bundes-Versorgungssicherungsausschuss Landes-Versorgungssicherungsausschuss

– – – – – –

Lenkungsmaßnahmen Datenermittlungen Meldepflichten Anweisungen Gebote, Verbote und Bewilligungspflichten Beschlagnahmerechte Verwaltungsstrafen

d)

Lebensmittelbewirtschaftung

Kurzbeschreibung des Sektors Die Lebensmittelbewirtschaftung soll in Krisenzeiten und bei einem damit einhergehenden unzureichenden Güterangebot die Grundversorgung mit Lebensmitteln sicherstellen. Wesentliche Rechtsgrundlagen Gemeinschaftsrecht – VO 2603/69/EWG zur Festlegung einer gemeinsamen Ausfuhrregelung, ABl 1969 L 324/25 idF VO 3918/91/EWG, ABl 1991 L 372/31

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Übersicht über die wesentlichen Bereiche der direkten Lenkung

– VO 3285/94/EG über die gemeinsame Einfuhrregelung, ABl 1994 L 349/53 idF VO 2200/04/EG, ABl 2004 L 374/1 Nationales Recht – LebensmittelbewirtschaftungsG 1997, BGBl 1996/789 idF BGBl I 2006/87 Regelungsziel – Sicherung der Produktion und der Versorgung mit Lebensmitteln – Erfüllung völkerrechtlicher Verpflichtungen – – – –

Bewirtschaftete Güter Lebensmittel inklusive Trinkwasser Marktordnungswaren Dünge-, Pflanzenschutz- und Futtermittel Saat- und Pflanzgut

– – – – – –

Nationale Lenkungsbehörde(n) BMLFUW LH AMA Beiräte Bundeslenkungsausschuss Landeslenkungsausschüsse

– – – – – –

Lenkungsmaßnahmen Meldepflichten Duldungs-, Mitwirkungs- und Auskunftspflichten Anweisungen Gebote, Verbote und Anordnung von Bewilligungspflichten Verbot des gewerblichen Verkaufs bis zu 48 Stunden Verwaltungsstrafen

e)

Preisregulierung

Kurzbeschreibung des Sektors Das PreisG bezweckt die Gewährleistung eines volkswirtschaftlich gerechtfertigten Preises. Preisstörungen – aufgrund von Krisenfällen, Preistreibereien oder der missbräuchlichen Anwendung von Marktmacht – soll entgegengewirkt und eine sichere Versorgung zu angemessenen Preisen gewährleistet werden. Wesentliche Rechtsgrundlagen Gemeinschaftsrecht – VO 3285/94/EG über die gemeinsame Einfuhrregelung, ABl 1994 L 349/53 idF VO 2200/04/EG, ABl 2004 L 374/1 Nationales Recht – PreisG 1992, BGBl 1992/145 idF BGBl I 2004/151 – BG über die Preisbindung bei Büchern, BGBl I 2000/45 idF BGBl I 2004/113 Regelungsziel – Vermeidung oder Beseitigung von Versorgungsstörungen – Gewährleistung eines volkswirtschaftlich gerechtfertigten Preises

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Allgemeines

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Bewirtschaftete Güter – Sachgüter und Nebenleistungen, ausgenommen Lieferung elektrischer Energie und Erdgas – Bücher – Lebensmittel – bestimmte Arzneimittel – Fernwärmepreise – – – – –

Nationale Lenkungsbehörde(n) BMWA BMSG LH Beirat Preiskommission

– – – – –

Lenkungsmaßnahmen Melde- und Auskunftspflichten Höchst-, Fest- oder Mindestpreise, Preisbänder Preisbestimmung unter Bedingungen und Auflagen Preisstopp Verwaltungsstrafen

III. Agrarmarktordnungen Literatur: Arnold/Walzel v Wiesentreu, Agrarmarktordnungen – Ein Beispiel für den europa- und völkerrechtlich bedingten Wandel einer zentralen Einrichtung des Wirtschaftsrechts, FS-Pernthaler (2005) 17; Beckerath et al (Hrsg), Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, Bd VI (1959); Berger, Das Institut der Marktordnung als Instrument der wirtschaftslenkenden Verwaltung, ÖZW 1981, 35; Bieber/Epiney/Haag, Die Europäische Union6 (2005); Herlemann, Landwirtschaftliche Marktordnungen, in Beckerath et al (Hrsg), Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, Bd VI (1959) 493; Puck, Wirtschaftslenkungsrecht, in Raschauer (Hrsg), Österreichisches Wirtschaftsrecht2 (2003) 239; Raschauer (Hrsg), Österreichisches Wirtschaftsrecht2 (2003); Weber/Wimmer (Hrsg), FS-Pernthaler (2005).

1.

Allgemeines

a)

Ursachen

Marktordnungen bedeuten Marktkorrektur. Sie entstehen dann, wenn der Markt seine typischen Funktionen (va Allokation als optimale Verteilung der Ressourcen und Distribution als optimale Einkommens- und Vermögensverteilung) nicht erfüllt oder seine Ergebnisse als unbefriedigend erachtet werden. Solches Marktversagen findet sich insb in der Agrarwirtschaft. Einerseits beeinträchtigt eine Reihe von Faktoren – wie zB die Abhängigkeit der Produktion von Jahreszeit, Witterung und Lage, die mangelnde Preiselastizität und die begrenzte Aufnahmefähigkeit des Markts bei Agrarprodukten – die „natürliche Koordinierung“ zur Herstellung des Marktgleichgewichts. Andrerseits ist im Agrarsektor die typische Wirkung des Wettbewerbs, ungünstig produzierende

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Allgemeines

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Bewirtschaftete Güter – Sachgüter und Nebenleistungen, ausgenommen Lieferung elektrischer Energie und Erdgas – Bücher – Lebensmittel – bestimmte Arzneimittel – Fernwärmepreise – – – – –

Nationale Lenkungsbehörde(n) BMWA BMSG LH Beirat Preiskommission

– – – – –

Lenkungsmaßnahmen Melde- und Auskunftspflichten Höchst-, Fest- oder Mindestpreise, Preisbänder Preisbestimmung unter Bedingungen und Auflagen Preisstopp Verwaltungsstrafen

III. Agrarmarktordnungen Literatur: Arnold/Walzel v Wiesentreu, Agrarmarktordnungen – Ein Beispiel für den europa- und völkerrechtlich bedingten Wandel einer zentralen Einrichtung des Wirtschaftsrechts, FS-Pernthaler (2005) 17; Beckerath et al (Hrsg), Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, Bd VI (1959); Berger, Das Institut der Marktordnung als Instrument der wirtschaftslenkenden Verwaltung, ÖZW 1981, 35; Bieber/Epiney/Haag, Die Europäische Union6 (2005); Herlemann, Landwirtschaftliche Marktordnungen, in Beckerath et al (Hrsg), Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, Bd VI (1959) 493; Puck, Wirtschaftslenkungsrecht, in Raschauer (Hrsg), Österreichisches Wirtschaftsrecht2 (2003) 239; Raschauer (Hrsg), Österreichisches Wirtschaftsrecht2 (2003); Weber/Wimmer (Hrsg), FS-Pernthaler (2005).

1.

Allgemeines

a)

Ursachen

Marktordnungen bedeuten Marktkorrektur. Sie entstehen dann, wenn der Markt seine typischen Funktionen (va Allokation als optimale Verteilung der Ressourcen und Distribution als optimale Einkommens- und Vermögensverteilung) nicht erfüllt oder seine Ergebnisse als unbefriedigend erachtet werden. Solches Marktversagen findet sich insb in der Agrarwirtschaft. Einerseits beeinträchtigt eine Reihe von Faktoren – wie zB die Abhängigkeit der Produktion von Jahreszeit, Witterung und Lage, die mangelnde Preiselastizität und die begrenzte Aufnahmefähigkeit des Markts bei Agrarprodukten – die „natürliche Koordinierung“ zur Herstellung des Marktgleichgewichts. Andrerseits ist im Agrarsektor die typische Wirkung des Wettbewerbs, ungünstig produzierende

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Agrarmarktordnungen

Marktteilnehmer vom Markt zu verdrängen, insoweit unerwünscht, als der Untergang des Bauernstands, insb der Bergbauernschaft, nicht zuletzt aus Gründen der Landschaftspflege als unvertretbar angesehen wird. Marktordnungen für einzelne Agrarprodukte sind daher schon in der Zwischenkriegszeit entstanden und wurden in der Folge wesentlich ausgebaut. Die in Österreich bis zum EU-Beitritt in Geltung gestandenen Regeln für den Milch-, Getreide-, Vieh- und Fleischmarkt waren typische Beispiele für Marktordnungen. b)

Begriff

Herlemann hat eine Marktordnung als relativ geschlossenes, auf Dauer angelegtes und auf Interessenausgleich der Marktteilnehmer zielendes Regulierungssystem beschrieben. Diese Definition ist auch heute in der österreichischen Lehre herrschend. Das Regulierungssystem besteht aus einer Kombination direkter und indirekter Lenkungsinstrumente: Produktions-, Lagerhaltungs-, Verteilungs-, Import- und Export-, Preis- und Ausgleichsregelungen. Durch die Kombination einzelner Instrumente entsteht ein genuiner Eingriffstypus, der durch erhöhte Intensität gekennzeichnet ist. Dichte und Breite des Regulierungssystems sind je nach den einzelnen unterworfenen Agrarprodukten verschieden. Besonders ausgeprägt war in Österreich die Milchmarktordnung, die bis zum EU-Beitritt bestand. Hier war der Wettbewerb fast gänzlich zurückgedrängt und der Übergang zur Zentralverwaltungswirtschaft nur deshalb nicht vollzogen, weil nach wie vor die Bauern Eigentümer der Produktionsmittel waren und persönlich, nicht im Kollektiv Zugang zum Markt hatten.

2.

Ziele der Agrarmarktordnungen

Das österreichische Marktordnungsrecht diente ursprünglich – dh in der Zwischenkriegszeit und in der Nachkriegszeit – der Beseitigung von Versorgungsengpässen, war also ein Instrument der Mangelwirtschaft. Die in den Siebziger Jahren erlangte weitgehende Versorgungsautarkie und die sich daran knüpfende Überschussproduktion erzwangen äußerst kostspielige Instrumente der Überschussverwertung und der Produktionsverringerung: Absatzförderung in Form von Werbung, Verbilligungsaktionen im Inland und staatliche Exportstützungen; Festlegung von Produktionsrichtmengen, bei deren Überschreitung ein zusätzlicher Absatzförderungsbeitrag zu bezahlen war; Prämien bei freiwilliger Reduzierung der Erzeugungsmenge, etc. Neben der Bewältigung der Überschussproduktion war primäres Ziel auch die Einkommenssicherung der Landwirte in Österreich, die durch erhöhte Produktpreise und nicht über die Direktförderungen der Landwirte im Wege von Beihilfen erfolgte. Der Landwirt konnte sich als Marktteilnehmer und nicht als Beihilfenempfänger („Landschaftsgärtner“) fühlen, was sein „Selbstwertgefühl“ (Puck) stärkte und sohin der Landflucht entgegenwirkte.

3.

Gemeinsame Marktordnungen

Mit dem Beitritt Österreichs zur Europäischen Union wurden die nationalen Marktordnungen durch die Marktordnungen der Gemeinschaft („Marktorga-

sUppLex

Umsetzung der Gemeinsamen Marktordnungen

367

nisationen“) abgelöst. Sie bestehen aus GrundVO des Rats und den diese durchführenden VO der Kommission. Grundlage der Gemeinsamen Marktorganisationen bildet die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP), deren Ziele in Art 33 Abs 1 EGV wie folgt definiert sind: – Steigerung der Produktivität der Landwirtschaft, – Gewährleistung einer angemessenen Lebenshaltung für die landwirtschaftliche Bevölkerung, – Stabilisierung der Märkte, – Sicherstellung der Versorgung und – Belieferung der Verbraucher zu angemessenen Preisen. Die mehr als zwei Dutzend Agrarmarktordnungen der Gemeinschaft umfassen mehr als 90% der Agrarerzeugnisse. Sie reichen von Milchprodukten über Getreide und Fleisch bis hin zu Obst und Gemüse, Zucker, Bananen und Wein.

4.

Umsetzung der Gemeinsamen Marktordnungen

a)

Allgemeines

Die Gemeinsame Agrarpolitik beruht auf dem Prinzip der Einheit des Agrarmarkts. Dies bedeutet die Aufgabe der nationalen Abschottung und führt zugleich zu Einkommenseinbußen der heimischen Bauern aufgrund des niedrigeren Preisniveaus in der Gemeinschaft. Ein gewisser Ausgleich ergibt sich aus dem Grundsatz der Gemeinschaftspräferenz, der eine Bevorzugung der Gemeinschaftserzeuger gegenüber den auswärtigen Konkurrenten vorsieht. Was die Instrumente der Gemeinsamen Marktordnungen betrifft, so ist zwischen internen Regelungen, die sich auf gemeinschaftsinterne Sachverhalte beziehen und Außenschutzbestimmungen, die dem Schutz der innergemeinschaftlichen Erzeugung vor ausländischer Konkurrenz dienen, zu unterscheiden. b)

Interne Regelungen

Im Zentrum der gemeinschaftlichen Regelungen stehen häufig Richt- und Interventionspreise. Werden Letztere am Markt unterschritten, kaufen Interventionsstellen die zum Interventionspreis nicht absetzbaren Waren so lange auf, bis der Marktpreis entsprechend angestiegen ist (Abnahmegarantie, Kontrahierungszwang). Der Absicherung der gestützten Preise dienen Zölle, die das Preisniveau der eingeführten Waren auf das innergemeinschaftliche Niveau heben sollen. Weitere interne Regelungen sind: – Qualitäts- und Vermarktungsregeln: Vorschreibung bestimmter Qualitätsstandards oder die Pflicht zur Qualitätskennzeichnung (zB Herkunft eines Erzeugnisses, Herkunft aus dem ökologischen Landbau, etc); – Maßnahmen gegen Überschusserzeugung: Dazu zählt insb das Absenken der Interventionspreise, die Einführung von Quotensystemen, Prämien für die Umstellung oder Auflassung von Produktionen bzw das Verbot der Neuanpflanzung; – Einkommensbeihilfen (Direktzahlungen): Seit der Agrarreform der GAP im Jahr 1992 wurde die Marktpreisstützung für die landwirtschaftlichen

sUppLex

368

Agrarmarktordnungen

Produkte verringert und damit die Erzeugerpreise gesenkt. An ihre Stelle treten nunmehr Direktzahlungen an die Bauern, die nicht produktions-, sondern flächenabhängig sind. Das Einkommen der Bauern setzt sich somit aus den erzielten Produkterlösen und der Einkommensbeihilfe zusammen. c)

Außenschutzbestimmungen

Der Außenschutz richtet sich gegen billigere landwirtschaftliche Erzeugnisse aus Drittländern. Als Ergebnis des „Übereinkommens über die Landwirtschaft“ (Anhang 1A zum WTO-Abkommen) werden die Marktbarrieren immer mehr abgebaut. Das betrifft im Besonderen das Ausmaß der internen Stützungsmaßnahmen sowie der Ausfuhrsubventionen. Nicht-tarifäre Handelshemmnisse (Einfuhrkontingente, Abschöpfungen, nicht-automatische Einfuhrlizenzen, etc) werden durch Zölle ersetzt, die grundsätzlich nicht erhöht werden dürfen (s dazu allgemein die Ausführungen zur WTO, Pkt C.II.).

5.

Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisationen

a)

AMA

Die Rechtssetzung der Gemeinsamen Marktorganisationen erfolgt in überwiegendem Ausmaß durch Verordnungs- und somit unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht. Im Gegensatz dazu erfolgt die Vollziehung nicht durch die Gemeinschaft selbst (unmittelbare Vollziehung), sondern durch die Mitgliedstaaten (mittelbarer Vollzug). Zuständige Marktordnungs- und Interventionsstelle iSd gemeinschaftlichen Marktordnungsrechts ist die Nachfolgeorganisation der Agrarfonds (Milchwirtschafts- und Getreideausgleichsfonds), die Agrarmarkt Austria (AMA). Sie ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts. Ihre Organe sind der Vorstand, der Verwaltungsrat, die Fachausschüsse und der Kontrollausschuss. Das BMLFUW fungiert als Aufsichtsbehörde und hat das Recht, Einspruch gegen gesetzwidrige Beschlüsse zu erheben und Weisungen zu erteilen. b)

EAGFL

Der finanzielle Aufwand der in den Marktordnungen vorgesehenen und von den Mitgliedstaaten zu vollziehenden Maßnahmen wird im Wesentlichen über das allgemeine Budget der EG finanziert. Zuständig hierfür ist der Europäische Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL), der sich in zwei Abteilungen gliedert. Die Abteilung Garantie bestreitet den mit den Marktordnungen verbundenen Aufwand, also im Wesentlichen die Ausfuhrerstattungen und die Interventionen zur Regelung der Agrarmärkte. Die Abteilung Ausrichtung ist für die Finanzierung der gemeinsamen Agrarstrukturpolitik zuständig. Die hier vorgesehenen Maßnahmen werden gemeinsam von der Gemeinschaft und den einzelnen Mitgliedstaaten finanziert (Prinzip der Ko-Finanzierung). Die AMA selbst hebt einen Agrarmarketingbeitrag ua von den Molkereien, Mühleninhabern, Schlachtbetrieben, Legehennenhaltern, Winzergenossenschaften, etc ein und finanziert damit Förderungs- und Werbemaßnahmen im Agrarbereich (zB AMA-Gütesiegel-Aktion).

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Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisationen

369

Exkurs: Regionalförderung 1.

Ziele

Der EAGFL ist einer von drei Strukturfonds (weiters: Europäischer Sozialfonds [ESF] und Europäischer Fond für regionale Entwicklung [EFRE]). Der EFRE ist das Instrument der Förderung im Rahmen der Regionalpolitik. Regionalpolitik ist gezielte Wirtschaftspolitik zum Ausgleich regionaler Unterschiede durch die Förderung von Investitionen und Infrastrukturvorhaben (Bieber et al). Sie steht unter dem Grundgedanken der Solidarität (Begünstigung von Regionen, die, gemessen am EU-Durchschnitt, wirtschaftlich und sozial benachteiligt sind) und der Kohäsion (Verringerung der Kluft zwischen den ärmeren und den wohlhabenderen Regionen, Stärkung des gemeinschaftlichen Zusammenhalts). Die Grundlagen der Regionalpolitik sind in der VO 1260/99/EG, ABl 1999 L 161/1 idF VO 173/05/EG, ABl 2005 L 29/3, enthalten. Im Besonderen geht es um: – Förderung der Entwicklung und der strukturellen Anpassung der Regionen mit Entwicklungsrückstand (Ziel Nr 1); – Anpassung der Gebiete in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht, die von strukturellen Schwierigkeiten (wirtschaftlicher Art) betroffen sind (Ziel Nr 2); – Förderung der Anpassung und Modernisierung der Bildungs-, Ausbildungs- und Beschäftigungspolitik (Ziel Nr 3).

2.

Zusätzliche Programme

Zusätzlich zu diesen Maßnahmen der Regionalförderung gibt es noch weitere Gemeinschaftsinitiativen mit ähnlicher Zielsetzung. Dazu zählen insb: – INTERREG III: Aufbau von grenzübergreifenden Partnerschaften. – INTERREG III C: Interregionale Zusammenarbeit. – EQUAL: Kampf gegen Ungleichheiten und Diskriminierungen auf dem Arbeitsmarkt. – LEADER+: Entwicklung von innovativen Strategien für eine nachhaltige Entwicklung. – URBAN II: Erneuerung von Städten und Problemvierteln. Speziell für die neuen Mitgliedstaaten wurden für den Zeitraum von 2000–2006 Finanzierungsprogramme mit folgendem Inhalt erstellt: – ISPA: Strukturpolitisches Instrument zur Vorbereitung auf den Beitritt für die Finanzierung von Umwelt-Verkehrsprojekten.

sUppLex

370

Agrarstrukturpolitik

– Sapard: Förderung der Landwirtschaft und der Entwicklung des ländlichen Raums. In der Anwendungspraxis obliegt es dem Geschick der einzelnen Förderungswerber, durch Verknüpfung mehrerer Fördertöpfe ein Maximum an gemeinschaftlicher Finanzierung zu erzielen (zB Verknüpfung von KMU-Förderung mit Ziel 3-Förderung).

6.

Agrarstrukturpolitik

a)

Ziele

Agrarstrukturpolitik und Agrarmarktpolitik haben zum gemeinsamen Ziel die Sicherung der Lebensfähigkeit und Effizienz der Landwirtschaft sowie der Stabilität der Agrarmärkte im Interesse der Konsumenten. Ihre Unterschiede liegen in der instrumentellen Ausstattung. Im Gegensatz zur Agrarmarktpolitik, die an einzelnen Produkten anknüpft und Existenzsicherung der Bauern bisher vorwiegend über Preisstützung und Außenschutz betrieb, knüpft die Agrarstrukturpolitik – wie schon ihr Name sagt – an der landwirtschaftlichen Betriebs- und Infrastruktur an. Wesentlich erscheint, dass im Rahmen grundsätzlicher Vorgaben des Gemeinschaftsrechts in der Agrarstrukturpolitik nach wie vor bedeutende nationale Spielräume bestehen; dies im Gegensatz zur Agrarmarktpolitik. b)

Einzelne Maßnahmen

Mit der „Agenda 2000“ und der aus ihr hervorgegangenen „Politik des ländlichen Raums“ wurde die Strukturpolitik zu einem zweiten Pfeiler der Agrarpolitik aufgewertet (Arnold/Walzel von Wiesentreu). Die Neuausrichtung der Agrarpolitik („Fischler-Reform“) sieht zum einen eine noch stärkere Politik zur Entwicklung des ländlichen Raums, zum anderen das weitere Absenken der Interventionspreise und die noch stärkere Entkoppelung der Einkommensstützung von der Produktion durch Einführung einer einheitlichen Betriebsprämie vor. Sie soll nur ausbezahlt werden, wenn der Bauer die vorgesehenen Auflagen für Umwelt, Tierschutz und Produktqualität erfüllt und alle Flächen des Betriebs in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand erhält („cross-compliance“). Als Beispiele für einschlägige Förderungsmaßnahmen seien erwähnt: Beihilfen für die Umstellung oder (teilweise) Einstellung der Produktion, für Ausbildungsaktivitäten, Investitionen, forstwirtschaftliche Maßnahmen, Bergbauernförderung sowie für Maßnahmen im Interesse des Umweltschutzes. Fragen: 1. Was bezweckt die Wirtschaftslenkung? 2. Wodurch unterscheidet sich die direkte von der indirekten Wirtschaftslenkung? 3. Welche Arten der indirekten Lenkung kennen Sie? 4. Geben Sie einen kurzen Überblick über die Bereiche direkter Lenkung. 5. Kann die Behörde „vorsorglich“ Getreide beschlagnahmen, um einem befürchteten Ernteausfall durch Schlechtwetter zu begegnen?

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Agrarstrukturpolitik

371

6. Wie kann die Behörde gegen erhöhte Schwarzmarktpreise bei einer Lebensmittelknappheit vorgehen?

7. Worin bestanden und was sind die Ziele der Agrarmarktordnungen? 8. Warum klagen die Bauern angesichts der Gemeinsamen Marktorganisationen über Einkommensverluste?

9. Auf welche Konkurrenz müssen sich unsere Bauern in Zukunft einstellen? 10. Was verstehen Sie unter Regionalförderung? 11. Schildern Sie die Aufgaben des EAGFL und des EFRE. 12. Was ist der Unterschied zwischen Agrarmarktpolitik und Agrarstrukturpolitik?

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H) Die öffentlichen Unternehmen Die öffentlichen Unternehmen stellten in der Zweiten Republik ein wichtiges wirtschaftspolitisches Gestaltungsmittel dar. Teilweise durch Monopolstellungen, sonstige Privilegien und hoheitlich festgesetzte Preise abgesichert und von jeder Konkurrenz geschützt, widmeten sie sich insb Aufgaben der Daseinsvorsorge. Die hohe Qualität der Versorgungsleistungen korrespondierte allerdings auch mit hohen (volkswirtschaftlichen) Kosten. So musste schon Ende des vorigen Jhdts der Staat immer öfter die Defizite „seiner“ Unternehmen ausgleichen, oftmals auch am Rande seiner Leistungsfähigkeit. Letzteres traf auch für die „bloß“ erwerbswirtschaftlichen Unternehmen zu. Das EU-Recht hat der Privilegierung der staatlichen Unternehmen grundsätzlich einen Riegel vorgeschoben. Auch öffentliche Unternehmen müssen sich nunmehr am Markt behaupten. Das hat zum einen zu einer Gesundschrumpfung der erwerbswirtschaftlich tätigen öffentlichen Unternehmen geführt und zum anderen auch dazu, dass im Bereich der Versorgungswirtschaft öffentliche mit privaten Unternehmen in Konkurrenz stehen. Die früher durchaus zu konstatierende Abgehobenheit mancher Repräsentanten öffentlicher Unternehmen ist einem „normalen“ Dienstleistungsverständnis gewichen. Auch konnten in vielen Bereichen Kosten eingespart und sohin die Preise für die Konsumenten gesenkt werden. Ob allerdings in Zukunft angesichts des Konkurrenzdrucks die gewohnte Qualität der Leistungserbringung aufrechterhalten werden kann, ist fraglich. Festzuhalten ist auch, dass die durch die Entprivilegisierung erfolgte Kostenreduktion zT durch neue Kosten egalisiert wird, die der Aufbau umfangreicher Regulierungsbehörden im Bereich der öffentlichen Wirtschaft bewirkt.

I.

Der Begriff des öffentlichen Unternehmens

Literatur: Aicher/Holoubek/Korinek (Hrsg), Gemeinschaftsrecht und Wirtschaftsrecht (2000); Berka, Die Gemeinde als Unternehmer, in Rebhahn (Hrsg), Beiträge zum Kärntner Gemeinderecht (1998) 181; Eichhorn (Hrsg), Perspektiven öffentlicher Unternehmen in der Wirtschafts- und Rechtsordnung der Europäischen Union, Bd I (1995); Fremuth, Grundlagen der öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft, in Verband der Öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft Österreichs (Hrsg), Öffentliche Wirtschaft und Gemeinwirtschaft in Österreich (1992) 21; ders (Hrsg), Wirtschaft und öffentliches Interesse (1998); Holoubek, Der Staat als Wirtschaftssubjekt und Auftraggeber, VVDStRL 60 (2001) 513; Holoubek/Potacs (Hrsg), Handbuch des öffentlichen Wirtschaftsrechts2 (in Druck); Kahl, Der öffentliche Personennahverkehr auf dem Weg zum Wettbewerb (2005); ders, Öffentliche Unternehmen, in Holoubek/Potacs (Hrsg), Handbuch des öffentlichen Wirtschaftsrechts2 (in Druck); Korinek (Hrsg), FS-Wenger (1983); Leitl, Regulierungsbehörden im österreichischen Recht (2006); Morscher, Kommunale Unternehmungen zwischen Eigenwirtschaftlichkeit und öffentlichem Auftrag – Rechts- und politikwissenschaftliche Analyse, in Morscher/Smekal, Kommunale Unternehmungen

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Allgemeines

373

zwischen Eigenwirtschaftlichkeit und öffentlichem Auftrag (1982) 9; Morscher/Smekal, Kommunale Unternehmungen zwischen Eigenwirtschaftlichkeit und öffentlichem Auftrag (1982); Obermann/Soukop, Öffentliche Unternehmen und die europäische Integration (1992); Pauger, Zur Funktionalität der privaten Gesellschaftsformen AG und GmbH für Wirtschaftstätigkeiten der öffentlichen Hand. Plädoyer für eine „Gesellschaft des öffentlichen Rechts“, FS-Wenger (1983) 999; Potacs, Öffentliche Unternehmen unter dem Einfluß des Gemeinschaftsrechts, in Aicher/Holoubek/Korinek (Hrsg), Gemeinschaftsrecht und Wirtschaftsrecht (2000) 263; Püttner, Die öffentlichen Unternehmen2 (1985); Rebhahn (Hrsg), Beiträge zum Kärntner Gemeinderecht (1998); Schroeder/Weber (Hrsg), Daseinsvorsorge durch öffentliche Unternehmen und das Europäische Gemeinschaftsrecht (2004); Verband der Öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft Österreichs (Hrsg), Öffentliche Wirtschaft und Gemeinwirtschaft in Österreich (1992); Wenger, Die öffentliche Unternehmung (1969); Wimmer, Öffentliche Unternehmen und EWG-Vertrag, in Verband der Öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft Österreichs (Hrsg), Öffentliche Wirtschaft und Gemeinwirtschaft in Österreich (1992) 115; ders, „Service Public“ in Österreich. Öffentliche Aufgabenbesorgung im Spannungsfeld zwischen staatlicher Verantwortung und Marktmechanismus, in Fremuth (Hrsg), Wirtschaft und öffentliches Interesse (1998) 31; Wimmer/Kahl, Die öffentlichen Unternehmen im freien Markt (2001).

1.

Allgemeines

Im Wirtschaftsleben der Zweiten Republik haben die öffentlichen Unternehmen von Beginn an eine besondere Stellung eingenommen. Die „Verstaatlichte Industrie“ war bis in die jüngere Vergangenheit ein prägendes Element der österreichischen Wirtschaftslandschaft. Der Begriff des öffentlichen Unternehmens knüpft entweder an einem funktionalen oder einem organisatorischen Merkmal an: – Öffentliche Unternehmen im funktionalen Sinn dienen der Erfüllung eines öffentlichen Zwecks im Rahmen der Daseinsvorsorge. Sie besorgen Verwaltungsaufgaben und sind insofern ein Gestaltungsmitttel der Verwaltung (Wenger). Im Wesentlichen deckt sich diese Zielsetzung mit dem Begriff der Gemeinwirtschaftlichkeit. – Öffentliche Unternehmen im organisatorischen Sinn sind durch öffentliche Trägerschaft (Eigentümer) gekennzeichnet. Öffentlich sind demnach all jene Unternehmen, die durch eine qualifizierte Beteiligung der öffentlichen Hand bzw durch ein entsprechendes Naheverhältnis zu ihr charakterisiert werden. Nicht wesentlich bei dieser Begriffsbestimmung ist, ob das Unternehmen gemeinwirtschaftliche oder erwerbswirtschaftliche Ziele verfolgt. Beide Begriffe sind nicht im gegensätzlichen, sondern im komplementären Sinn zu verstehen, wobei je nach der konkreten Fragestellung einmal organisatorische, einmal funktionale Aspekte von juristischer Relevanz sind.

2.

Einzelne Begriffsmerkmale

a)

Unternehmensbegriff des B-VG

Sowohl die organisatorische als auch die funktionale Begriffsbildung stellt auf das Unternehmen ab. Verfassungsrechtlich ist darunter nach Ansicht des

sUppLex

374

Der Begriff des öffentlichen Unternehmens

VfGH eine in einer bestimmten Organisationsform in Erscheinung tretende wirtschaftliche Tätigkeit zu verstehen, die sich auf Vermögenswerte stützt und mit Einnahmen und Ausgaben verbunden ist. Nicht maßgeblich ist ihre Organisationsform, ob sie Rechtspersönlichkeit besitzt und ob für sie besondere Berechtigungen notwendig sind. Auch muss sie nicht unbedingt auf Gewinn gerichtet sein (VfSlg 3296/1957, 3552/1959, 10.609/1985). Unverzichtbar ist allerdings eine organisatorische Verfestigung der wirtschaftlichen Tätigkeit. Darunter versteht man va die unternehmerische Selbständigkeit. Wenn die Unternehmensorgane in Fragen der unmittelbaren Betriebsleitung aus dem direkten Weisungsbereich der allgemeinen Verwaltungsorganisation ausgegliedert sind, dann ist das für die Unternehmenseigenschaft wesentliche Merkmal der Selbständigkeit gegeben. b)

Beherrschender Einfluss der öffentlichen Hand

Liegen im beschriebenen Sinne die Kriterien für ein Unternehmen vor, ist weiters danach zu fragen, ob es sich dabei um ein öffentliches Unternehmen handelt. Das schon angesprochene spezifische Abhängigkeitsverhältnis eines Unternehmens von einem öffentlichen Eigentümer (Gebietskörperschaft) manifestiert sich im Kriterium eines beherrschenden Einflusses der öffentlichen Hand auf die Unternehmensführung. Die Mittel einer solchen Einflussnahme sind in Art 2 Abs 1 lit b TransparenzRL (RL 80/723/EWG über die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten und den öffentlichen Unternehmen sowie über die finanzielle Transparenz innerhalb bestimmter Unternehmen, ABl 1980 L 195/35, idF RL 05/81/EG, ABl 2005 L 312/47) zusammengefasst. Demnach gelten als öffentliche Unternehmen solche, auf die die „öffentliche Hand aufgrund Eigentums, finanzieller Beteiligung, Satzung oder sonstiger Bestimmungen, die die Tätigkeit des Unternehmens regeln, unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann“. Ein solcher beherrschender Einfluss wird vermutet, wenn die öffentliche Hand – wiederum zumindest mittelbar – „die Mehrheit des gezeichneten Kapitals des Unternehmens besitzt ... oder über die Mehrheit der mit den Anteilen des Unternehmens verbundenen Stimmrechte verfügt oder ... mehr als die Hälfte der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans des Unternehmens bestellen kann“ (Art 2 Abs 2 TransparenzRL). Eine organisatorische Beherrschung liegt also insb dann vor, wenn die das Unternehmen leitenden Personen durch die ihre Bestellung bestimmenden organisatorischen Regelungen unmittelbar oder mittelbar von der Gebietskörperschaft abhängig sind, so dass es der Gebietskörperschaft rechtlich möglich ist, die Betriebsführung und Vermögensgebarung in ihrem Sinne zu gestalten (VfSlg 3552/1959). Mittel dazu sind insb Bestellungs- und Vorschlagsrechte sowie sonstige Sonderregelungen für Gesellschaftsorgane, Zustimmungs- und Weisungsrechte, Bindung an Richtlinien, Auskunfts- und Informationsrechte sowie Vorbehaltsrechte des Trägergemeinwesens.

sUppLex

Gliederungsgesichtspunkte

c)

375

Wirtschaftliche Tätigkeit

Öffentliche Unternehmen sind nicht nur durch einen Mix an Selbständigkeit und Abhängigkeit gekennzeichnet, sondern müssen auch typisch wirtschaftliche Tätigkeiten verrichten. Zum Begriff der wirtschaftlichen Tätigkeit gibt es keine eindeutige Definition, sehr wohl aber eine kasuistische Rechtsprechung des EuGH. Ihr zu Folge stellt der Unterricht an staatlichen Schulen und an Hochschulen, aber auch die Tätigkeit der öffentlich-rechtlichen Sozialversicherungsträger oder auch der Organisation für Flugsicherung (Eurocontrol) keine wirtschaftliche Tätigkeit dar. Abgerundet wird dieses Bild durch die Auffassung der Kommission, wonach die Tätigkeiten von Gewerkschaften, politischen Parteien, Kirchen und religiösen Gemeinschaften, Verbraucherverbänden, wissenschaftlichen Gesellschaften, Wohlfahrtseinrichtungen sowie Schutz- und Hilfsorganisationen aufgrund ihrer Nicht-Wirtschaftlichkeit (Besorgung weitgehend sozialer Aufgaben ohne Gewinnabsicht) vom europäischen Wettbewerbsrecht ausgenommen sind (vgl die Mitteilung der Kommission – Leistungen der Daseinsvorsorge in Europa, KOM [2000] 580 endg, Rn 30). Der Begriff der wirtschaftlichen Tätigkeit erfasst die Produktion bzw Bereitstellung von wirtschaftlich werthaften Gütern und Dienstleistungen, wobei im Normalfall zumindest Kostendeckung anzustreben ist. Bei struktureller Verlusttätigkeit und entsprechender Alimentationspflicht durch den Unternehmensträger ist die unternehmerische Autonomie und damit die Selbständigkeit gefährdet.

II.

Einteilung der öffentlichen Unternehmen

Literatur: s Pkt I.

1.

Gliederungsgesichtspunkte

Die öffentlichen Unternehmen können ua nach folgenden Gesichtspunkten gegliedert werden: – Unternehmensträgerschaft, – Rechtsform und – Ziel.

2.

Gliederung nach der Unternehmensträgerschaft

ISd formell organisatorischen Unternehmensbegriffs ist Träger eines öffentlichen Unternehmens jener (öffentliche) Rechtsträger, der auf das Unternehmen einen beherrschenden Einfluss ausübt. Nach der Unternehmensträgerschaft kann daher zwischen Bundes-, Landes- und Gemeindeunternehmen unterschieden werden. Bundesunternehmen waren insb die heute zum Großteil privatisierten Unternehmen der „Verstaatlichten“. Zu den Landesunternehmen zählen bzw zählten die Landes-Elektrizitäts- und -Gasgesellschaften, die Landes-Hypothekenbanken und Versicherungsunternehmen.

sUppLex

Gliederungsgesichtspunkte

c)

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Wirtschaftliche Tätigkeit

Öffentliche Unternehmen sind nicht nur durch einen Mix an Selbständigkeit und Abhängigkeit gekennzeichnet, sondern müssen auch typisch wirtschaftliche Tätigkeiten verrichten. Zum Begriff der wirtschaftlichen Tätigkeit gibt es keine eindeutige Definition, sehr wohl aber eine kasuistische Rechtsprechung des EuGH. Ihr zu Folge stellt der Unterricht an staatlichen Schulen und an Hochschulen, aber auch die Tätigkeit der öffentlich-rechtlichen Sozialversicherungsträger oder auch der Organisation für Flugsicherung (Eurocontrol) keine wirtschaftliche Tätigkeit dar. Abgerundet wird dieses Bild durch die Auffassung der Kommission, wonach die Tätigkeiten von Gewerkschaften, politischen Parteien, Kirchen und religiösen Gemeinschaften, Verbraucherverbänden, wissenschaftlichen Gesellschaften, Wohlfahrtseinrichtungen sowie Schutz- und Hilfsorganisationen aufgrund ihrer Nicht-Wirtschaftlichkeit (Besorgung weitgehend sozialer Aufgaben ohne Gewinnabsicht) vom europäischen Wettbewerbsrecht ausgenommen sind (vgl die Mitteilung der Kommission – Leistungen der Daseinsvorsorge in Europa, KOM [2000] 580 endg, Rn 30). Der Begriff der wirtschaftlichen Tätigkeit erfasst die Produktion bzw Bereitstellung von wirtschaftlich werthaften Gütern und Dienstleistungen, wobei im Normalfall zumindest Kostendeckung anzustreben ist. Bei struktureller Verlusttätigkeit und entsprechender Alimentationspflicht durch den Unternehmensträger ist die unternehmerische Autonomie und damit die Selbständigkeit gefährdet.

II.

Einteilung der öffentlichen Unternehmen

Literatur: s Pkt I.

1.

Gliederungsgesichtspunkte

Die öffentlichen Unternehmen können ua nach folgenden Gesichtspunkten gegliedert werden: – Unternehmensträgerschaft, – Rechtsform und – Ziel.

2.

Gliederung nach der Unternehmensträgerschaft

ISd formell organisatorischen Unternehmensbegriffs ist Träger eines öffentlichen Unternehmens jener (öffentliche) Rechtsträger, der auf das Unternehmen einen beherrschenden Einfluss ausübt. Nach der Unternehmensträgerschaft kann daher zwischen Bundes-, Landes- und Gemeindeunternehmen unterschieden werden. Bundesunternehmen waren insb die heute zum Großteil privatisierten Unternehmen der „Verstaatlichten“. Zu den Landesunternehmen zählen bzw zählten die Landes-Elektrizitäts- und -Gasgesellschaften, die Landes-Hypothekenbanken und Versicherungsunternehmen.

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376

Einteilung der öffentlichen Unternehmen

Gemeindeunternehmen stellen beispielsweise Unternehmen im Bereich der Wasserversorgung, der Abwasserbeseitigung, der Versorgung mit Strom und Gas, der Verkehrsbedienung oder der Müllabfuhr sowie die Gemeindesparkassen dar. In größeren Gemeinden waren und sind die einzelnen Betriebszweige zu Stadtwerken (heute Kommunalbetriebe) zusammengefasst, die nunmehr zT privatisiert sind, zT im Eigentum der „mächtigeren“ Landesversorger stehen. In Zukunft ist auch hier mit einer Internationalisierung zu rechnen.

3.

Gliederung nach der Rechtsform

a)

Allgemeines

Die wichtigste Gliederung leitet sich von der öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Grundlage des Unternehmens ab. Hinzu tritt der Grad an kaufmännischer Selbständigkeit bzw organisatorischer Beherrschung. b)

Öffentlich-rechtliche Unternehmensformen

aa) Regiebetrieb Gem Art 116 Abs 2 B-VG sind die Gemeinden befugt „wirtschaftliche Unternehmungen zu betreiben“. In klassischer Form tritt diese Unternehmenstätigkeit als Regiebetrieb in Erscheinung. Er ist eine in die Gemeindeverwaltung integrierte Wirtschaftseinheit ohne institutionalisierte Selbständigkeit. Dementsprechend ähnelt er aus organisatorischer Sicht Dienststellen der allgemeinen Verwaltung. Aufgrund seiner wirtschaftlichen Zielvorgaben kann er aber im weitesten Sinn als Unternehmen in funktionaler Hinsicht qualifiziert werden. Dies allerdings auch nur dann, wenn das betriebliche Leistungsangebot direkt auf die Allgemeinheit zielt, wie dies zB bei Schlachthöfen, der Müllabfuhr oder bei Reklamebetrieben der Fall ist. Kennzeichen des Regiebetriebs ist eine wirtschaftliche Zwecksetzung. Dadurch unterscheidet er sich auch von den Anstalten, die – bei ähnlicher organisatorischer Ausstattung – va kulturellen oder sozialen Aufgaben dienen. Zu ihnen zählen Messen, Orchester, Badeanstalten, Altersheime, Friedhöfe, Leihbibliotheken, Kindergärten, Heime, etc. Die Betriebsleitung ist den vorgesetzten Verwaltungsstellen weisungsgebunden. Für die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit trifft sie keine Verantwortung. Eigeninitiative kann sie nur nach Maßgabe der ihr übertragenen Zeichnungs- und Approbationsbefugnisse entfalten. Im Vergleich zur Hoheitsverwaltung wird eine klare Vorgabe des Ziels des Regiebetriebs sowie die Verpflichtung, dieses Ziel durch kaufmännische Führung zu verwirklichen, den Betriebsleitern eine größere Einflussnahme auf die laufenden Geschäfte ermöglichen. bb) Betriebsähnliche Einrichtungen Betriebsähnliche Einrichtungen sind den Regiebetrieben ähnlich. Sie weisen analoge Strukturen und zT auch ein gleiches Leistungsangebot auf. Sie dienen

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Gliederung nach der Rechtsform

377

der öffentlichen Aufgabenerfüllung, wobei sie sich an wirtschaftlichen Grundsätzen orientieren und Kostendeckung anstreben. Auf Bundesebene sind kaum mehr nennenswerte betriebsähnliche Einrichtungen verblieben. Obwohl die einschlägigen Verordnungen allesamt weiterhin in Geltung stehen, sind die Unternehmen entweder völlig substanzentleert oder der Betrieb wurde realiter eingestellt. So wurden zB die von der Bundesgebäudeverwaltung verwalteten Immobilien zum Großteil an die BIG veräußert („Bundesimmobiliengesellschaft mbH“ mit ihrer Tochtergesellschaft „Immobilienmanagementgesellschaft des Bundes“, IMB), die Heeresforstverwaltung Allentsteig in die Heeres-, Liegenschafts- und Forstdirektion eingegliedert, während das Kurhaus Semmering seit 1989 leer steht und inzwischen an eine Wohnungseigentums GmbH zwecks Veräußerung übertragen wurde. Auf Landesund Gemeindeebene finden sich solche Einrichtungen auch in Form von Wirtschaftshöfen, Fuhrparks, Schlachthöfen, Viehmärkten, Lager- und Kühlhäusern, Märkten, Musikschulen, Heimatmuseen, etc. cc) Eigenbetrieb Der Eigenbetrieb steht – was sein Verhältnis zur allgemeinen Verwaltung betrifft – zwischen dem Regiebetrieb und der AG oder GmbH (Eigengesellschaft). Vom Regiebetrieb hebt er sich durch seine organisatorische und finanzielle Selbständigkeit ab, von der Eigengesellschaft unterscheidet ihn seine mangelnde rechtliche Selbständigkeit. Tragender Gedanke des Eigenbetriebsrechts ist, dass die politischen Instanzen sich nicht in die Besorgung laufender Geschäfte einmischen. Lediglich grundlegende betriebliche Entscheidungen (zB die Änderung des Geschäftsumfangs, die Festsetzung der Tarifgrundsätze, die Prüfung und Genehmigung des Wirtschaftsplans oder Maßnahmen zur Verlustabdeckung) fallen in die Kompetenz der politischen Führungsorgane. Dadurch soll der Betriebsführung ermöglicht werden, sich an kaufmännischen Grundsätzen zu orientieren. Da sich diese Vorstellung in der Vergangenheit oftmals als illusorisch erwiesen hat, ist der Eigenbetrieb – zumindest in den Großstädten – weitgehend privatrechtlich verankerten Unternehmensformen (also AG oder GmbH) gewichen. c)

Privatrechtliche Unternehmensformen

aa) Allgemeines Die wichtigste Rolle bei den privatrechtlichen Unternehmensformen spielen – wie schon erwähnt – die Kapitalgesellschaften, also die AG und die GmbH. Beide sind dann den öffentlich-rechtlichen Konstruktionen vorzuziehen, wenn kaufmännische Gesichtspunkte im Vordergrund stehen sollen. Unternehmen der Erwerbswirtschaft sind daher im Regelfall Aktiengesellschaften. Die Rechtsform der Kapitalgesellschaft wird im steigenden Ausmaß für Unternehmen der Versorgungswirtschaft verwendet. Neben der Rechtsform der AG wird die GmbH herangezogen, weil hier der politische Durchgriff erleichtert ist. bb) Aktiengesellschaft In einer AG obliegt die Geschäftsführung und Leitung dem Vorstand in eigener Verantwortung. Er ist einziges Führungs- und Leitungsorgan; seine Ver-

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Einteilung der öffentlichen Unternehmen

tretungsmacht ist allumfassend. Die Geschäftsführungsbefugnis ist durch die Satzung beschränkt, weder Aufsichtsrat noch Hauptversammlung können sie an sich ziehen. Im Falle einer Einmanngesellschaft besteht die Hauptversammlung nur aus vertretungsbefugten Organen des (öffentlichen) Rechtsträgers. Der Aufsichtsrat, dessen Mitglieder von der Hauptversammlung bestellt werden, ist Aufsichtsorgan und überwacht die Geschäftsführung des Vorstands. Er ist nicht in der Lage, selbst Geschäftsführungshandlungen zu setzen oder dem Vorstand Weisungen zu erteilen. Die Satzung oder der Aufsichtsrat können aber anordnen, dass bestimmte Arten von Geschäften nur mit Zustimmung des Aufsichtsrats vorgenommen werden können (§ 95 Abs 5 AktienG 1965 – AktG, BGBl 1965/98 idF BGBl I 2006/103). Diese Möglichkeit besteht jedoch nicht bei laufenden Geschäften. Die AG ist jene Unternehmensform, bei der im Vergleich zur GmbH die größere unternehmerische Autonomie und Beweglichkeit der Leitungsorgane gegeben ist. Freilich kann durch entsprechende Genehmigungsvorbehalte der Freiraum des Vorstands als Leitungsorgan auch bei der AG bis auf Routinegeschäfte beschränkt werden, sodass er letztlich nicht mehr Entscheidungsfreiheit hat als die Leitung eines Eigenbetriebs. Transparenz der politischen Verantwortung wie Unternehmenskultur leiden darunter gleichermaßen. cc) Gesellschaft mit beschränkter Haftung Während das Organisationsstatut der AG durch klar abgegrenzte Zuständigkeiten der Organe charakterisiert ist, kommt bei der GmbH im Gegensatz dazu der Gesellschafterversammlung eine dominierende Stellung zu; die umfassende Sachkompetenz ist hier den Gesellschaftern eingeräumt. Diese sind in der Lage, die Befugnisse des Geschäftsführers nach Belieben zu begrenzen – nicht nur durch den Gesellschaftsvertrag, sondern auch durch ad hoc-Beschlüsse. Auch können die Gesellschafter jede Angelegenheit der Geschäftsführung an sich ziehen. Außergewöhnliche Maßnahmen und die Unternehmenspolitik sind den Gesellschaftern ohnehin zugewiesen. Die Gesellschafter haben zudem das Recht, dem Geschäftsführer Einzelweisungen zu geben (§ 20 Abs 1 GmbH-G, RGBl 1906/58 idF BGBl I 2006/103). Darüber hinaus kann die Satzung anordnen, dass bestimmte Arten von Geschäften der Zustimmung des Aufsichtsrats unterliegen, sofern ein solcher eingerichtet wurde. Auf der Basis von Einzelweisungen bzw entsprechender Satzungsgestaltung kann bei einer EinmannGmbH die öffentliche Hand im Ergebnis somit den gleichen Einfluss auf die Geschäftsführung ausüben wie bei einem Eigenbetrieb. Aus all diesen Gründen hat sich in der Vergangenheit die GmbH nur als bedingt tauglich erwiesen, die wirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand zu entpolitisieren.

4.

Gliederung nach dem Unternehmensziel

Ausgehend von den unterschiedlichen Unternehmenszielen können Unternehmen der Versorgungswirtschaft und Unternehmen der Erwerbswirtschaft unterschieden werden. Unternehmen der Versorgungswirtschaft versorgen die Bevölkerung mit Dienstleistungen, die ein privater Betreiber nicht oder nicht zu angemessenen

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Gliederung nach dem Unternehmensziel

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Bedingungen bereitstellen würde. Da diese Leistungen für ein Funktionieren der gesellschaftlichen Ordnung unverzichtbar sind („Gemeinwirtschaft“), werden sie von öffentlichen Unternehmen erbracht. Sofern diese Leistungen nicht dem Kernbereich der Daseinsvorsorge zugehören, werden sie entsprechend den gemeinschaftsrechtlichen Rahmenbedingungen zunehmend dem beschränkten Wettbewerb unterstellt. Unternehmen der Erwerbswirtschaft dienen dem Staat neben der Finanzhoheit als dessen primäres Instrument zur Mittelbeschaffung als weitere Einkunftsquelle. Nachdem die historischen Staatsmonopole, die mit dem Gemeinschaftsrecht nicht zu vereinbaren waren, schrittweise abgebaut wurden, sehen sich die verbleibenden erwerbswirtschaftlichen öffentlichen Unternehmen ungeschützt der privaten Konkurrenz gegenüber. Dabei zeigt sich, dass der Staat bzw dessen gewählte politische Organe aufgrund ihrer vielfältigen Interessen schlechte Unternehmer sind. Diese Erkenntnis wurde zur ideologischen Grundlage der Privatisierung zuerst durch die ÖIG und nun durch die ÖIAG. Gegner dieser neoliberalistischen Strömung betonen die wirtschaftspolitische Verantwortung des Staats. Auch mit dauerhaft defizitär wirtschaftenden Unternehmen ließe sich vernünftige Politik, insb Arbeitsmarktpolitik, betreiben.

III. Gemeinschaftsrechtliche Grundlagen Literatur: Aicher/Holoubek/Korinek (Hrsg), Gemeinschaftsrecht und Wirtschaftsrecht. Zentrale Probleme der Einwirkung des Gemeinschaftsrechts auf das österreichische Wirtschaftsrecht (2000); Calliess/Ruffert (Hrsg), Kommentar zu EU-Vertrag und EGVertrag2 (2002); Cox, Perspektiven öffentlicher Unternehmen in der Wirtschafts- und Rechtsordnung der Europäischen Union, Bd II (1996); Eilmansberger et al, Materielles Europarecht (2005); Fremuth (Hrsg), Wirtschaft und öffentliches Interesse (1998); ders, Grundlagen der öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft, in Verband der Öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft Österreichs (Hrsg), Öffentliche Wirtschaft und Gemeinwirtschaft in Österreich (1992) 21; Jung, Art 86, in Calliess/Ruffert (Hrsg), Kommentar zu EU-Vertrag und EG-Vertrag2 (2002) 1131; Kahl, Neue Bedeutung der „Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse“ durch den Vertrag von Amsterdam, wbl 1999, 189; Kingreen, Art 295, in Calliess/Ruffert (Hrsg), Kommentar zu EU-Vertrag und EG-Vertrag2 (2002) 2455; König/Kühling, Art 86 EGV, in Streinz (Hrsg), EUV/EGV. Vertrag über die Europäische Union und Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (2003) 1117; dies, Art 295 EGV, in Streinz (Hrsg), EUV/EGV. Vertrag über die Europäische Union und Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (2003) 2435; Potacs, Öffentliche Unternehmen unter dem Einfluß des Gemeinschaftsrechts, in Aicher/Holoubek/Korinek (Hrsg), Gemeinschaftsrecht und Wirtschaftsrecht (2000) 263; Streinz (Hrsg), EUV/EGV. Vertrag über die Europäische Union und Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (2003); Verband der Öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft Österreichs (Hrsg), Öffentliche Wirtschaft und Gemeinwirtschaft in Österreich (1992); Wimmer, Öffentliche Unternehmen und EWG-Vertrag, in Verband der Öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft Österreichs (Hrsg), Öffentliche Wirtschaft und Gemeinwirtschaft in Österreich (1992) 115; ders, „Service Public“ in Österreich – Öffentliche Aufgabenbesorgung im Spannungsfeld zwischen staatlicher Verantwortung und Marktmechanismus, in Fremuth (Hrsg), Wirtschaft und öffentliches Interesse (1998) 31; Wimmer/Kahl, Die öffentlichen Unternehmen im freien Markt (2001).

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Gliederung nach dem Unternehmensziel

379

Bedingungen bereitstellen würde. Da diese Leistungen für ein Funktionieren der gesellschaftlichen Ordnung unverzichtbar sind („Gemeinwirtschaft“), werden sie von öffentlichen Unternehmen erbracht. Sofern diese Leistungen nicht dem Kernbereich der Daseinsvorsorge zugehören, werden sie entsprechend den gemeinschaftsrechtlichen Rahmenbedingungen zunehmend dem beschränkten Wettbewerb unterstellt. Unternehmen der Erwerbswirtschaft dienen dem Staat neben der Finanzhoheit als dessen primäres Instrument zur Mittelbeschaffung als weitere Einkunftsquelle. Nachdem die historischen Staatsmonopole, die mit dem Gemeinschaftsrecht nicht zu vereinbaren waren, schrittweise abgebaut wurden, sehen sich die verbleibenden erwerbswirtschaftlichen öffentlichen Unternehmen ungeschützt der privaten Konkurrenz gegenüber. Dabei zeigt sich, dass der Staat bzw dessen gewählte politische Organe aufgrund ihrer vielfältigen Interessen schlechte Unternehmer sind. Diese Erkenntnis wurde zur ideologischen Grundlage der Privatisierung zuerst durch die ÖIG und nun durch die ÖIAG. Gegner dieser neoliberalistischen Strömung betonen die wirtschaftspolitische Verantwortung des Staats. Auch mit dauerhaft defizitär wirtschaftenden Unternehmen ließe sich vernünftige Politik, insb Arbeitsmarktpolitik, betreiben.

III. Gemeinschaftsrechtliche Grundlagen Literatur: Aicher/Holoubek/Korinek (Hrsg), Gemeinschaftsrecht und Wirtschaftsrecht. Zentrale Probleme der Einwirkung des Gemeinschaftsrechts auf das österreichische Wirtschaftsrecht (2000); Calliess/Ruffert (Hrsg), Kommentar zu EU-Vertrag und EGVertrag2 (2002); Cox, Perspektiven öffentlicher Unternehmen in der Wirtschafts- und Rechtsordnung der Europäischen Union, Bd II (1996); Eilmansberger et al, Materielles Europarecht (2005); Fremuth (Hrsg), Wirtschaft und öffentliches Interesse (1998); ders, Grundlagen der öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft, in Verband der Öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft Österreichs (Hrsg), Öffentliche Wirtschaft und Gemeinwirtschaft in Österreich (1992) 21; Jung, Art 86, in Calliess/Ruffert (Hrsg), Kommentar zu EU-Vertrag und EG-Vertrag2 (2002) 1131; Kahl, Neue Bedeutung der „Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse“ durch den Vertrag von Amsterdam, wbl 1999, 189; Kingreen, Art 295, in Calliess/Ruffert (Hrsg), Kommentar zu EU-Vertrag und EG-Vertrag2 (2002) 2455; König/Kühling, Art 86 EGV, in Streinz (Hrsg), EUV/EGV. Vertrag über die Europäische Union und Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (2003) 1117; dies, Art 295 EGV, in Streinz (Hrsg), EUV/EGV. Vertrag über die Europäische Union und Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (2003) 2435; Potacs, Öffentliche Unternehmen unter dem Einfluß des Gemeinschaftsrechts, in Aicher/Holoubek/Korinek (Hrsg), Gemeinschaftsrecht und Wirtschaftsrecht (2000) 263; Streinz (Hrsg), EUV/EGV. Vertrag über die Europäische Union und Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (2003); Verband der Öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft Österreichs (Hrsg), Öffentliche Wirtschaft und Gemeinwirtschaft in Österreich (1992); Wimmer, Öffentliche Unternehmen und EWG-Vertrag, in Verband der Öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft Österreichs (Hrsg), Öffentliche Wirtschaft und Gemeinwirtschaft in Österreich (1992) 115; ders, „Service Public“ in Österreich – Öffentliche Aufgabenbesorgung im Spannungsfeld zwischen staatlicher Verantwortung und Marktmechanismus, in Fremuth (Hrsg), Wirtschaft und öffentliches Interesse (1998) 31; Wimmer/Kahl, Die öffentlichen Unternehmen im freien Markt (2001).

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380

1.

Gemeinschaftsrechtliche Grundlagen

Art 295 EGV

Gem Art 295 lässt der EGV die Eigentumsordnungen iSd umfassenden verfassungsmäßigen Gefüges der Eigentumsrechte unberührt. Es ist Sache der Mitgliedstaaten, ihre Eigentumsordnung als Mittel der nationalen Wirtschafts-, Finanz- und Ordnungspolitik zu gestalten und zu entscheiden, ob sie öffentliche Unternehmen führen oder nicht. Den Mitgliedstaaten kommt – im Unterschied zu den Gemeinschaftsorganen – das Recht zu, Verstaatlichungen und Privatisierungen vorzunehmen. Die diesbezügliche Grenze stellen die den Binnenmarkt sichernden Vorgaben des EGV dar. Dies ergibt sich auch aus Art 31 Abs 1 EGV, nach dem staatliche Handelsmonopole einerseits grundsätzlich zulässig sind. Andrerseits gilt dies nur insofern, als solche Handelsmonopole derart ausgestaltet sind, dass jede Diskriminierung in den Versorgungs- und Absatzbedingungen zwischen den Angehörigen der Mitgliedstaaten ausgeschlossen ist (vgl dazu Pkt C.III.7.c.ff.).

2.

Öffentliche Unternehmen und Wettbewerb

a)

Liberalisierung der öffentlichen Unternehmen durch Art 86 Abs 1 EGV

Art 86 Abs 1 EGV normiert, dass die Mitgliedstaaten in Bezug auf öffentliche sowie mit ausschließlichen oder besonderen Rechten ausgestattete Unternehmen keine dem Vertrag widersprechende Maßnahmen treffen oder beibehalten dürfen. Die Bestimmung enthält also eine Sondervorschrift für zwei Kategorien von Unternehmen: Öffentliche und privilegierte Unternehmen. Diese unterfallen – was an sich eine Selbstverständlichkeit ist – in umfassender Weise genauso wie sonstige Unternehmen den Vertragsbestimmungen und somit insb der EG-Wettbewerbsordnung. Die eigentliche Zweckrichtung der Norm erschließt sich aus dem Umstand, dass beiden Kategorien von Unternehmen die Abhängigkeit vom Staat gemeinsam ist: Es soll verhindert werden, dass der Staat den Einfluss auf „seine“ Unternehmen dazu missbraucht, den Wettbewerb auf dem Binnenmarkt zu verfälschen oder maW diese für eigene Vertragsverstöße zu instrumentalisieren. Das für öffentliche Unternehmen bestimmende Kriterium ist die Möglichkeit der Einflussnahme der öffentlichen Hand. Unter privilegierten Unternehmen werden solche verstanden, denen besondere oder ausschließliche Rechte eingeräumt werden. Derartige Unternehmen verfügen allgemein gesprochen über Rechte, die ihnen einen Schutz verleihen, der andere Marktteilnehmer an der Entfaltung ihrer Wirtschaftstätigkeit unter gleichen Wettbewerbsbedingungen am fraglichen Markt wesentlich beeinträchtigen kann (EuGH Rs C-475/99, Slg 2001, I-8089, Rn 24, Ambulanz Glöckner). Ein mit besonderen Rechten ausgestattetes Unternehmen erlangt gegenüber anderen eine begünstigte Stellung auf dem Markt, während einem solchen mit ausschließlichen Rechten die Ausübung einer Tätigkeit zur Gänze vorbehalten und damit der Wettbewerb im Markt von vornherein ausgeschlossen ist (zB die Einrichtung und der Betrieb eines öffentlichen Fernmeldenetzes, das Einsammeln und die Verteilung von Briefen). Dies schließt allerdings

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Öffentliche Unternehmen und Wettbewerb

381

nicht aus, dass ein Wettbewerb um den Markt stattfindet, bei dem sich die Unternehmen um die Erlangung des Ausschließlichkeitsrechts bemühen. Aus Art 86 EGV ergibt sich allerdings noch nicht, dass öffentliche Unternehmen oder die Einräumung von ausschließlichen oder besonderen Rechten per se mit dem EGV unvereinbar sind. Ein Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht kommt erst dann in Betracht, wenn ein Mitgliedstaat eine verbotene Handlungsweise vorschreibt, eine solche erleichtert oder verstärkt. Um derartige mitgliedstaatliche Verletzungen zu unterbinden, enthält Art 86 Abs 1 EGV ein Besserstellungsverbot für öffentliche und privilegierte Unternehmen. Dabei bezieht sich Art 86 Abs 1 EGV auf alle – sowohl unternehmens- wie staatsbezogene – Vertragsbestimmungen, was im Ergebnis darauf hinausläuft, dass öffentliche und privilegierte Unternehmen auch jene Vorschriften zu beachten haben, die an sich nur an den Mitgliedstaat gerichtet sind (insb die Grundfreiheiten und das Beihilfenverbot). Weiters ergibt sich, dass Art 86 Abs 1 EGV als Verweisungsnorm grundsätzlich nur dann unmittelbar anwendbar ist, wenn die verletzte Norm (zB Art 82 EGV) selbst unmittelbar anwendbar ist. Beispiel: Praktisch bedeutsam sind Verstöße gegen das EG-Wettbewerbsrecht. Einen Verstoß gegen Art 82 iVm Art 86 Abs 1 EGV nimmt der EuGH allgemein dann als gegeben an, wenn das betreffende Unternehmen durch die bloße Ausübung der ihm übertragenen ausschließlichen Rechte seine beherrschende Stellung missbräuchlich ausnutzt oder wenn durch diese Rechte eine Lage geschaffen wird, in der dieses Unternehmen einen solchen Missbrauch begeht. Dies ist etwa dann der Fall, wenn das betreffende Unternehmen offenkundig gar nicht in der Lage ist, die Nachfrage auf dem Markt nach den entsprechenden Leistungen zu befriedigen (EuGH verb Rs C-180/98 bis C-184/98, Slg 2000, Rn 127, I-6451, Pavlov). Auch darf der Staat nicht zur Bildung von Kartellen (Art 81 EGV iVm Art 86 Abs 1 EGV) beitragen bzw die Unternehmen zu einem wettbewerbsbeschränkenden, gleichförmigen Verhalten zwingen.

b)

Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse gem Art 86 Abs 2 EGV

Bei der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse spielen öffentliche und privilegierte Unternehmen eine bedeutende Rolle. Die Vorschrift des Art 86 Abs 2 EGV stellt aber nicht auf Unternehmen ab, die in einem Abhängigkeits- oder Naheverhältnis zur öffentlichen Hand stehen, sondern erfasst vielmehr sämtliche Unternehmen, die mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse – ds Aktivitäten zur Sicherung der Infrastruktur und Daseinsvorsorge – durch Hoheitsakt oder privatrechtlichen Vertrag vom Staat betraut (Betrauungskriterium) sind oder den Charakter eines Finanzmonopols haben (Unternehmen mit Sonderaufgaben). Auf die Unternehmensform (öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich) kommt es dabei nicht an (Neutralität). Hervorzuheben ist, dass es in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fällt, die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse zu definieren

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382

Gemeinschaftsrechtliche Grundlagen

(Gestaltungsfreiheit der Mitgliedstaaten). Generell kann allerdings festgehalten werden, dass derartige Dienstleistungen unter bestimmten charakteristischen Modalitäten erbracht werden. Maßgeblich ist die sichere, kontinuierliche und flächendeckende Dienstleistungserbringung unter den Gesichtspunkten einer einheitlichen und sozialen Tarifgestaltung sowie des Ausgleichs regionaler Unterschiede. Unter Finanzmonopolen werden mit einem ausschließlichen Recht ausgestattete Unternehmen verstanden, die der Lukrierung besonderer Einnahmen für den Staatshaushalt dienen („revenue producing monopoly“, zB das frühere Branntwein- und Salzmonopol). Beispiele: Der EuGH hat ua in Bezug auf ein regionales Stromversorgungsunternehmen ausgeführt, dass die ununterbrochene Versorgung aller Abnehmer – lokale Versorgungsunternehmen oder Endverbraucher – mit Strom im gesamten Konzessionsgebiet zu jeder Zeit in den geforderten Mengen, zu einheitlichen Tarifen und unter Bedingungen, die grundsätzlich für alle Kunden gelten und nur nach objektiven Kriterien unterschiedlich sein dürfen, eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse darstellt. Diesbezüglich sind Beschränkungen des Wettbewerbs zuzulassen, soweit sie erforderlich sind, um dem Unternehmen die Erfüllung seiner Aufgaben zu ermöglichen (EuGH Rs C-393/92, Slg 1994, I-1477, Rn 47 ff, Almelo). Zum selben Ergebnis kam er auch in Bezug auf bestimmte Postdienste. Hier stellte er fest, dass die Pflicht zur Sammlung, Beförderung und Verteilung von Postsendungen zugunsten sämtlicher Nutzer im gesamten Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats, zu einheitlichen Gebühren, in gleichmäßiger Qualität und ohne Rücksicht auf Sonderfälle oder die Wirtschaftlichkeit jedes einzelnen Vorgangs ebenfalls eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse sei (Rs C-320/91, Slg 1993, Rn 15, I-2533, Corbeau).

Diese Unternehmen sind zwar grundsätzlich auch der gemeinschaftlichen Wettbewerbsordnung unterworfen, leg cit gewährt aber insoweit eine Ausnahme vom – unternehmens- wie staatsbezogenen (insb Beihilfenrecht) – EGWettbewerbsrecht, als dessen Anwendung die Erfüllung der einem Unternehmen übertragenen besonderen Aufgabe rechtlich oder tatsächlich verhindern würde (Verhinderung der Aufgabenerfüllung). Dies gilt allerdings nur insoweit, als das Aussetzen der Anwendung der Vertragsvorschriften nicht den Interessen der Gemeinschaft an einem freien Handelsverkehr zuwiderläuft (Verhältnismäßigkeit). Hinter Art 86 Abs 2 EGV steckt der Gedanke, dass bestimmte Aufgaben im öffentlichen Interesse nicht unter Wettbewerbsbedingungen erfüllt werden können. Insb die flächendeckende Wasser-, Energie-, Telekommunikationsund Verkehrsversorgung kann nicht immer rentabel besorgt werden (mangelnde Rentabilität). Marktwirtschaftlich handelnde Unternehmer würden dementsprechend nur auf den gewinnbringenden Gebieten tätig werden, die aber gerade von den privilegierten Unternehmen zur Finanzierung der nicht-rentablen Tätigkeiten benötigt werden. Dementsprechend können solche Unternehmen nicht in gleicher Weise behandelt werden wie rein marktwirtschaftlich orientierte.

sUppLex

Allgemeines

383

Der Bestimmung des Art 86 Abs 2 EGV kommt eine Funktion als Schnittstelle zwischen Gemeinwirtschaft und Wettbewerbswirtschaft zu. Die Bedeutung der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse für den sozialen und territorialen Zusammenhalt in der Union wurde noch zusätzlich durch die mit dem Vertrag von Amsterdam eingeführte Grundsatzbestimmung des Art 16 EGV hervorgehoben. Diese fordert insb bei der Auslegung und Anwendung der Grundfreiheiten und der Wettbewerbsregeln die Berücksichtigung der Funktionsfähigkeit der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse.

IV. Unternehmen der Versorgungswirtschaft Literatur: Burmeister, Der Wettbewerb der Eisenbahnen im europäischen Binnenmarkt (2001); Damjanovic, Regulierung der Kommunikationsmärkte unter Konvergenzbedingungen (2002); Damjanovic/Holoubek/Kassai/Lehofer/Urbantschitsch, Handbuch des Telekommunikationsrechts (2006); Dullinger/Holoubek/Segalla (Hrsg), Recht und Praxis der Eisenbahnliberalisierung (2004); Feuerstein, Vom landesfürstlichen Kommissär zur Finanzmarktaufsicht. Wirtschaftsaufsicht über österreichische Sparkassen, Dissertation (in Druck); Heidinger/Schneider, Wettbewerb gibt Gas, ecolex 1998, 807; Jaeger, Bestand und Betrieb öffentlicher Kreditinstitute als Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse. Der Staat und "seine" Banken im gemeinschaftlichen Rechtsrahmen, JBl 2005, Teil I, 419, Teil II, 487; Kahl, Der öffentliche Personennahverkehr auf dem Weg zum Wettbewerb (2005); Kneihs, Regulierungsrecht – Eine neue rechtswissenschaftliche Kategorie?, ZÖR 2005, 1; Lust, Telekommunikationsrecht im Überblick (2004); Pauger, Reform des Strom- und Gasrechts durch das Energieliberalisierungsgesetz, ÖZW 2001, 2; ders (Hrsg), Das Elektrizitätsrecht nach der ElWOG-Novelle (2001); ders, Österreichisches Bankrecht (1989); Resch, Die Austro Control GmbH, ZfV 1998, 272; Schaumayer, Kreditinstitute mit öffentlichen Aufgaben, in Verband der Öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft Österreichs (Hrsg), Öffentliche Wirtschaft und Gemeinwirtschaft in Österreich (1992) 249; Segalla, Offener Netzzugang im Schienenverkehr (2002); Urbantschitsch/Feiel, Schienenverkehrsmarkt-Regulierungsgesetz: Verfassungs- und verwaltungsrechtliche Fragestellungen. Einige Anmerkungen zum österreichischen „Rail-Regulator“, JBl 2000, 431; Verband der Öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft Österreichs (Hrsg), Öffentliche Wirtschaft und Gemeinwirtschaft in Österreich (1992); Wimmer/Kahl, Die öffentlichen Unternehmen im freien Markt (2001); Winkler, Das Elektrizitätsrecht (2000); Zanon, Das 2. Verstaatlichungsgesetz 1947 im Lichte der europarechtlichen Entwicklung (1996); Zellhofer, Der Wettbewerb auf den Europäischen Schienenverkehrsmärkten (2003).

1.

Allgemeines

Klassische Aufgabe der öffentlichen Unternehmen ist es, die Bevölkerung mit Dienstleistungen zu versorgen, die ein privater Betreiber (im Wettbewerb) gar nicht, nicht in angemessener Qualität oder nicht zu angemessenen Bedingungen bereit halten würde. Solche Dienstleistungen sind häufig defizitär, für eine funktionierende Infrastruktur aber unverzichtbar. Sie werden unter dem Begriff der Versorgungswirtschaft zusammengefasst. Die gemeinschaftsrechtlich erzwungene Marktöffnung hat zu oft radikalen organisatorischen Änderungen geführt.

sUppLex

Allgemeines

383

Der Bestimmung des Art 86 Abs 2 EGV kommt eine Funktion als Schnittstelle zwischen Gemeinwirtschaft und Wettbewerbswirtschaft zu. Die Bedeutung der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse für den sozialen und territorialen Zusammenhalt in der Union wurde noch zusätzlich durch die mit dem Vertrag von Amsterdam eingeführte Grundsatzbestimmung des Art 16 EGV hervorgehoben. Diese fordert insb bei der Auslegung und Anwendung der Grundfreiheiten und der Wettbewerbsregeln die Berücksichtigung der Funktionsfähigkeit der Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse.

IV. Unternehmen der Versorgungswirtschaft Literatur: Burmeister, Der Wettbewerb der Eisenbahnen im europäischen Binnenmarkt (2001); Damjanovic, Regulierung der Kommunikationsmärkte unter Konvergenzbedingungen (2002); Damjanovic/Holoubek/Kassai/Lehofer/Urbantschitsch, Handbuch des Telekommunikationsrechts (2006); Dullinger/Holoubek/Segalla (Hrsg), Recht und Praxis der Eisenbahnliberalisierung (2004); Feuerstein, Vom landesfürstlichen Kommissär zur Finanzmarktaufsicht. Wirtschaftsaufsicht über österreichische Sparkassen, Dissertation (in Druck); Heidinger/Schneider, Wettbewerb gibt Gas, ecolex 1998, 807; Jaeger, Bestand und Betrieb öffentlicher Kreditinstitute als Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse. Der Staat und "seine" Banken im gemeinschaftlichen Rechtsrahmen, JBl 2005, Teil I, 419, Teil II, 487; Kahl, Der öffentliche Personennahverkehr auf dem Weg zum Wettbewerb (2005); Kneihs, Regulierungsrecht – Eine neue rechtswissenschaftliche Kategorie?, ZÖR 2005, 1; Lust, Telekommunikationsrecht im Überblick (2004); Pauger, Reform des Strom- und Gasrechts durch das Energieliberalisierungsgesetz, ÖZW 2001, 2; ders (Hrsg), Das Elektrizitätsrecht nach der ElWOG-Novelle (2001); ders, Österreichisches Bankrecht (1989); Resch, Die Austro Control GmbH, ZfV 1998, 272; Schaumayer, Kreditinstitute mit öffentlichen Aufgaben, in Verband der Öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft Österreichs (Hrsg), Öffentliche Wirtschaft und Gemeinwirtschaft in Österreich (1992) 249; Segalla, Offener Netzzugang im Schienenverkehr (2002); Urbantschitsch/Feiel, Schienenverkehrsmarkt-Regulierungsgesetz: Verfassungs- und verwaltungsrechtliche Fragestellungen. Einige Anmerkungen zum österreichischen „Rail-Regulator“, JBl 2000, 431; Verband der Öffentlichen Wirtschaft und Gemeinwirtschaft Österreichs (Hrsg), Öffentliche Wirtschaft und Gemeinwirtschaft in Österreich (1992); Wimmer/Kahl, Die öffentlichen Unternehmen im freien Markt (2001); Winkler, Das Elektrizitätsrecht (2000); Zanon, Das 2. Verstaatlichungsgesetz 1947 im Lichte der europarechtlichen Entwicklung (1996); Zellhofer, Der Wettbewerb auf den Europäischen Schienenverkehrsmärkten (2003).

1.

Allgemeines

Klassische Aufgabe der öffentlichen Unternehmen ist es, die Bevölkerung mit Dienstleistungen zu versorgen, die ein privater Betreiber (im Wettbewerb) gar nicht, nicht in angemessener Qualität oder nicht zu angemessenen Bedingungen bereit halten würde. Solche Dienstleistungen sind häufig defizitär, für eine funktionierende Infrastruktur aber unverzichtbar. Sie werden unter dem Begriff der Versorgungswirtschaft zusammengefasst. Die gemeinschaftsrechtlich erzwungene Marktöffnung hat zu oft radikalen organisatorischen Änderungen geführt.

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Unternehmen der Versorgungswirtschaft

2.

Elektrizitätswirtschaft

a)

Geschichte der österreichischen E-Wirtschaft

Auch wenn das Zweite VerstG (BGBl 1947/81) nicht mehr in Kraft ist, prägt es die österreichische Elektrizitätswirtschaft auch heute noch. Dies liegt daran, dass die Elektrizitätswirtschaft – anders als dies beim Ersten VerstG in Bezug auf die Grundstoffindustrie der Fall war – im Zuge der Verstaatlichung eine systematische Neuordnung erfahren hat. Der tragende Gedanke war dabei, eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Strom zu angemessenen Preisen sicherzustellen. Zur Erfüllung dieser Aufgabe wurden die Elektrizitätsversorgungsunternehmen (EVU) als öffentliche Unternehmen eingerichtet und wie folgt organisiert: – Die Verbundgesellschaft („Österreichische Elektrizitätswirtschafts-Aktiengesellschaft“), die va die Verbundwirtschaft zu führen – dh den Ausgleich zwischen Erzeugung und Bedarf herzustellen sowie den Stromex- und -import zu steuern – hatte; – die Sondergesellschaften, die die Errichtung und den Betrieb von Großkraftwerken besorgten, deren Kapazität über den Bedarf eines einzigen Landes hinausging; – die Landesgesellschaften, denen die Allgemeinversorgung mit elektrischer Energie oblag und – die städtischen EVU der Landeshauptstädte Graz, Innsbruck, Klagenfurt und Linz, die gem der gesetzlichen Bestandsgarantie in § 6 Zweites VerstG eingerichtet wurden. Im Ergebnis war die E-Wirtschaft nach dem Zweiten VerstG ein geschlossenes System, dessen tragende Pfeiler einerseits die Verbundwirtschaft, ausschließliche Versorgungskonzessionen und den EVU ausschließlich zugewiesene Versorgungsgebiete sowie andrerseits allgemeine Anschluss- und Versorgungspflichten der EVU zu einheitlichen Bedingungen waren. Dieses System war zudem durch eine administrative Strompreisfestsetzung abgesichert. b)

Europäische Liberalisierung

Auf europäischer Ebene wurde durch die Elektrizitäts-BinnenmarktRL 96/92/EG die Ära nationaler Versorgungsmonopole beendet. Die Schlüsselbestimmungen dieser RL betrafen die Beseitigung ausschließlicher Rechte für die Elektrizitätserzeugung (die bisher den nationalen EVUs zugekommen waren), die „Entflechtung“ („Unbundling“) und Transparenz der Betriebsbereiche Erzeugung, Übertragung und Verteilung von Strom, sowie den freien, nichtdiskriminierenden Netzzugang für die Marktteilnehmer. Die reale europäische Entwicklung hinkt allerdings noch aus vielerlei Gründen der Zielvorstellung eines europaweiten Binnenmarkts hinterher. Neben dem faktischen Problem nicht ausreichender Übertragungskapazitäten für den zwischenstaatlichen Transit (TEN-Problematik) behindern auch ungleiche Marktöffnungsgrade einen fairen, ausgewogenen Wettbewerb. Sowohl in temporärer wie auch in rechtsqualitativer Hinsicht differiert die Umsetzungspraxis der Mitgliedstaaten noch immer wesentlich. Aus diesen Gründen wurde die

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Elektrizitätswirtschaft

385

Elektrizitäts-BinnenmarktRL durch die RL 03/54/EG betreffend gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt, ABl 2003 L 176/37 idF RL 04/85/EG, ABl 2004 L 236/10 (sog BeschleunigungsRL) ersetzt, die engere Umsetzungsvorgaben vorsieht. c)

Das ElWOG

Die europarechtlichen Vorgaben haben in Österreich dazu geführt, dass das Zweite VerstG mit 19.2.1999 außer Kraft gesetzt wurde und die österreichische Elektrizitätswirtschaft auf der Grundlage des neu erlassenen Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetzes (ElWOG, BGBl I 1998/143 idF BGBl I 2006/106) eine tief greifende Neuordnung erfahren hat. Die Schwerpunkte dieser Neuordnung lassen sich wie folgt zusammenfassen: aa) Ziel Das übergeordnete Ziel der Strommarktliberalisierung ist nach der Regierungsvorlage die wirtschaftliche Effizienzsteigerung der europäischen E-Wirtschaft, die über ein Marktmodell, in dem alle Kunden ihre Vertragspartner frei wählen können, erreicht werden soll. Die hievon erwartete nachhaltige Strompreissenkung soll die Kaufkraft stärken und insgesamt zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Volkswirtschaften führen. bb) Aufbau einer Marktorganisation Die Marktteilnehmer wurden (zumindest für die Bereiche der Erzeugung und Versorgung) in die rechtliche Selbständigkeit entlassen. An die Stelle der allgemeinen Versorgungspflicht traten frei auszuhandelnde Verträge, deren ordnungsgemäße Durchsetzung nunmehr auch den Zivilgerichten obliegt. Dazu mussten die bestehenden „natürlichen Monopole“ integrierter EVU´s, die neben dem Netzbetrieb auch die Erzeugung von und die Versorgung mit Strom besorgten, aufgebrochen werden. Die notwendigen Infrastruktureinrichtungen („essential facilities“) sollten schrittweise allen Marktteilnehmern geöffnet werden. Österreich nahm den Schritt einer Vollöffnung der Energiemärkte bereits im Jahr 2000 vorweg. cc) Zugang zum Leitungsnetz Das Netz stellt als unverzichtbare Infrastruktur den Marktplatz für den neu zu bildenden Strommarkt dar. Jeder Anbieter (Stromerzeuger) speist sein Produkt in das Netz ein und jeder Nachfrager (Verbraucher) bezieht aus dem Netz die gewünschte Menge elektrischer Energie. Daher stellen die Beseitigung des jahrzehntelang praktizierten natürlichen Monopols und die Einführung eines freien beiderseitigen Zugangs zum Netz die notwendigen Voraussetzungen für das Entstehen eines echten Markts dar. Sowohl Kunden wie auch Erzeuger können vom Netzbetreiber Zugang zum Leitungsnetz unter objektiven, nicht diskriminierenden Bedingungen verlangen. Der Netzzugang ist auf Basis behördlich genehmigter allgemeiner Geschäftsbedingungen zu gewähren. Man spricht von einem regulierten Netzzugang („regulated third party access“). Dieser Anspruch kann vor der EnergieControl-Kommission oder dem Kartellgericht durchgesetzt werden.

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386

Unternehmen der Versorgungswirtschaft

Hiezu korrespondiert die Verpflichtung der Netzbetreiber, jedermann an „ihr“ Netz anzuschließen. Die bezüglichen Kosten sind aufwandsbezogen zu vergüten. Darüber hinaus hat der Netzbetreiber die notwendigen infrastrukturellen Schritte zur Aufrechterhaltung eines sicheren und effizienten Netzbetriebs zu setzen. Da dafür ein justiziables Instrument gegenwärtig gesetzlich nicht statuiert ist, verbleibt dem Regulator nur eine Globalsteuerung der Investitions- bzw Infrastrukturmaßnahmen über die Festsetzung der Netztarife. Ein echtes Anreizmodell, das die Netzbetreiber tatsächlich zu ganz bestimmten Investitionen veranlassen würde, fehlt bisher. dd) „Unbundling“ Die Schaffung eines Strommarkts setzt voraus, dass Geschäftsbereiche der historisch gewachsenen EVU´s entflochten werden, um die vollständige Unabhängigkeit des Netzes als „Marktplatz“ zu gewährleisten („Unbundling“). Der Netzbereich eines integrierten Unternehmens muss buchhalterisch, informatorisch, organisatorisch und inzwischen auch gesellschaftsrechtlich unabhängig von den übrigen Geschäftsaktivitäten des EVU betrieben werden. Dies bedeutet nicht nur hohe innerbetriebliche Kosten, sondern bringt auch vielfältige technische Probleme. In Zeiten nationaler Strommonopole kontrollierten integrierte, öffentliche Unternehmen sowohl die Erzeugungskapazitäten wie auch den Netzbetrieb. Durch die – für den liberalisierten Markt unerlässliche – Entflechtung gingen die Vorteile der seinerzeit integrierten Netz- und Kraftwerksführung verloren. Die Netzbetreiber haben keinen Zugriff mehr auf die Erzeugungskapazitäten, was zur Steuerung der Systemdienstleistung (Frequenz-und Leistungsregelung) komplexe Informations- und Koordinationsinstrumente zwischen Netzbetreibern und Stromerzeugern notwendig macht. ee) Bilanzgruppensystem Dieses komplexe technisch–physikalische Modell zieht ein zumindest ebenso vielschichtiges buchhalterisches Verrechnungssystem nach sich. Da elektrische Energie einige Besonderheiten aufweist (zB keine direkte Speicherbarkeit), ist bei einem Markt für diese Energieform eine besondere Abwicklung und Verrechnung erforderlich. Dazu kommt, dass Verbraucher, die am weit „vermaschten“ Elektrizitätsnetz angeschlossen sind, normalerweise nie die gleiche Menge pro Zeiteinheit aus dem Netz entnehmen, wie sie ein Lieferant ins Netz einspeist. Dafür ist ein Ausgleichsmechanismus erforderlich, bei dem weniger die technischen als die organisatorischen Fragen im Vordergrund stehen. Österreich ist damit dem skandinavischen Modell eines Bilanzgruppensystems gefolgt, das darauf basiert, dass Kunden, Erzeuger und Lieferanten, die miteinander Lieferverträge abgeschlossen haben, zu virtuellen Gruppen zusammengeschlossen werden. Innerhalb dieser Gruppen kommt es zu einem statistischen Ausgleich zwischen dem vorweg pauschalierten Bedarf der Kunden und der Einspeisung der Erzeuger, da eine laufende exakte Bedarfserfassung aller Kunden nicht wirtschaftlich wäre. Der Zusammenschluss zu Bilanzgruppen ermöglicht insofern einen wirtschaftlichen Vorteil, als nur mehr die Summenabweichung der Bilanzgruppe zu vergüten ist.

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Gaswirtschaft

3.

387

Gaswirtschaft

Die Lage der Gaswirtschaft weist weitgehende Parallelen zur Elektrizitätswirtschaft auf. Nach den Vorschriften der Erdgas-Binnenmarkt-RL (RL 98/30/EG betreffend gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt, ABl 1998 L 204/1, ersetzt durch RL 03/55/EG, ABl 2003 L 176/57) musste der von den öffentlichen Unternehmen auf Landes- bzw Stadtebene beherrschte Gasmarkt schrittweise geöffnet werden. Seit 1.10.2002 ist der Gasmarkt vollständig liberalisiert. Im Zuge der Umsetzung dieser Richtlinien wurden die gasrechtlichen Vorschriften vom österreichischen Gesetzgeber im GaswirtschaftsG (GWG, BGBl I 2000/121 idF BGBl I 2006/106) kodifiziert. So wie die E-Wirtschaft beruht auch die Gaswirtschaft auf dem Grundsatz des geregelten Netzzugangs (Zugang zu genehmigten Allgemeinen Bedingungen und veröffentlichten Netzzugangstarifen). Bei den Erdgasunternehmen handelt es sich nunmehr zT um öffentliche Unternehmen, insb auf Landes- und Stadtebene. Das bedeutendste Erdgasunternehmen, die OMV, ist ein privates Unternehmen, wobei der Bund noch 31,5% der Eigentumsanteile hält. Pläne, die OMV und die Verbundgesellschaft zu einem „großen Energieplayer“ zusammenzuführen, sind vorerst gescheitert.

4.

Eisenbahnverkehr

a)

Gemeinschaftlicher Rechtsrahmen

Der Eisenbahnverkehr ist eine öffentliche Aufgabe mit entsprechenden Verpflichtungen wie Betriebs-, Tarif- und Beförderungspflicht. Als quasi nationales Reservat war die Eisenbahn lange Zeit weitgehend dem Wettbewerb entzogen. Eine Wende der europäischen Eisenbahnverkehrspolitik brachte das Untätigkeitsurteil des EuGH (Rs 13/83, Slg 1985, 1513, Parlament/Rat), in dem der Gerichtshof feststellte, dass der Rat seiner Verpflichtung, die Dienstleistungsfreiheit auf dem Verkehrssektor herzustellen, nicht nachgekommen sei. Mit der RL 91/440/EWG (RL zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft, ABl 1991 L 237/25 idF RL 04/51/EG, ABl 2004 L 164/164) wurden Maßnahmen zur Liberalisierung des Eisenbahnverkehrs wie folgt gesetzt: – Unabhängigkeit der Geschäftsführung der Eisenbahnunternehmen von staatlicher bzw politischer Seite, – Trennung des Betriebs der Infrastruktur von der Erbringung der Verkehrsdienstleistungen durch die Eisenbahnunternehmen sowie – diskriminierungsfreier Zugang zum Schienennetz. In drei sog „Eisenbahnpaketen“ wurden weitere Liberalisierungs- und Harmonisierungsmaßnahmen wie folgt zusammengefasst: – Der grenzüberschreitende Güterverkehr wurde mit 1.1.2006 vollständig für den Wettbewerb geöffnet, – der inländische Güterverkehr (Kabotage) ab 1.1.2007. – Die Marktöffnung im Personenverkehr soll mittelfristig (ab dem Jahr 2010) erfolgen.

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388

b)

Unternehmen der Versorgungswirtschaft

Die ÖBB

Die Aufgaben der ÖBB bestehen in der Beförderung von Personen und Gütern sowie der Herstellung und Erhaltung der erforderlichen Infrastruktur. Ihr Betriebszweck ist die Sicherstellung einer modernen und leistungsfähigen Verkehrsbedienung, die den Anforderungen des Markts und den Interessen der Verkehrspolitik entspricht. Dazu zählt auch die Erbringung gemeinwirtschaftlicher Dienstleistungen auf vertraglicher Basis. Entsprechend den Vorgaben der RL 91/440/EWG führten die ÖBB als integriertes Unternehmen bisher die einzelnen Geschäftsbereiche iSd Transparenz rechnerisch voneinander getrennt. Im Zuge der Neustrukturierung des ÖBB Konzerns durch das BundesbahnstrukturG 2003 (BGBl I 2003/138) wurden die Geschäftsbereiche in gesellschaftsrechtlich selbständige, operative Tochterunternehmen der neu gegründeten ÖBB-Holding AG eingebracht, um mehr Transparenz im österreichischen Eisenbahnsektor zu schaffen und die Effizienz der bundeseigenen Betriebe zu erhöhen. Die ÖBB-Holding weist nunmehr folgende Struktur auf: ÖBB-Holding AG ÖBBPersonenverkehr AG

Rail Cargo Austria AG

ÖBB-Traction GmbH ÖBB-Technische Services GmbH ÖBBPostbus GmbH

Speditions Holding GmbH

ÖBBInfrastruktur Betrieb AG

ÖBBInfrastruktur Bau AG

ÖBBDienstleistungsGmbH

ÖBB Immobilienmanagement GmbH Brenner Eisenbahn GmbH

(Quelle: ÖBB)

Das Schienennetz wird von der ÖBB-Infrastruktur-Betriebs AG verwaltet und betrieben (zB Trassenvergabe, Benützungsentgeltberechnung und -einhebung). Alle in der EU zugelassenen Eisenbahnverkehrsunternehmen können bei den ÖBB um die Zuteilung von Trassen ansuchen. Zur Erbringung von Verkehrsleistungen muss der Zugang zum Schienennetz von den ÖBB als Infrastrukturunternehmen den Eisenbahnverkehrsunternehmen gem § 56 EisbG 1957 diskriminierungsfrei zur Verfügung gestellt werden. Für die Benützung ihrer Schieneninfrastruktur ist der ÖBB-Infrastruktur-Betrieb AG als Fahrwegbetreiber ein Benützungsentgelt zu erstatten. Einen angemessenen Teil dieser Mittel muss die ÖBB-Infrastruktur Betrieb AG als Fahrwegbetreiber an die ÖBB-Infrastruktur-Bau AG als vertraglich vereinbarte Entgelte abführen. Diese Gesellschaft steht zur Gänze im Eigentum der ÖBB-Holding und soll jene Voraussetzungen in der österreichischen Schieneninfrastruktur schaffen, die für eine umweltfreundliche, nachhaltige und leistbare Mobilität erforderlich sind.

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Kraftfahrlinienverkehr

5.

Kraftfahrlinienverkehr

a)

Die Lage

389

Ähnlich wie die Wirtschaftssektoren Strom- und Gasversorgung noch vor einigen Jahren ist der Bereich des Kraftfahrlinienverkehrs in Österreich heute noch durch dauerhafte Monopolstrukturen und ein dichtes Regulierungsnetz gekennzeichnet. Die (faktischen) Monopole der öffentlichen Nahverkehrsunternehmen ergeben sich vorwiegend aus einer Kombination von Beihilfenzahlungen und mit den Kraftfahrlinienkonzessionen verbundenen ausschließlichen Rechten zur Bedienung der Linien. Private Unternehmen werden so vom Markt fern gehalten. Die Liberalisierung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) ist nicht unumstritten. ZT bereiten sich die Unternehmen durch umfassende organisatorische Entflechtungsmaßnahmen auf den zu erwartenden Wettbewerb vor (zB Innsbrucker IVB/Innbus), zT legen die Unternehmen auch eine eher abwartende Haltung an den Tag. Die beiden größten österreichischen Kraftfahrunternehmen (Postbus und Bahnbus) wurden mit 1.1.2005 zu einem gemeinsamen Busunternehmen mit der Marke „Postbus – ein Unternehmen der ÖBB“ fusioniert. b)

Der kontrollierte Wettbewerb

Bei der Liberalisierung des Kraftfahrlinienverkehrs geht die Kommission vom Konzept des kontrollierten Wettbewerbs aus. Dabei bleiben die Betreiber in einem gewissen Gebiet eine bestimmte Zeit lang vor Konkurrenz geschützt. Voraussetzung dafür ist, dass sie zuvor ein wettbewerbliches Ausschreibungsverfahren für dieses Gebiet für sich entschieden haben. Das Ausschließlichkeitsrecht ist somit räumlich und zeitlich begrenzt. Der Wettbewerb ist dem Markt vorgelagert und findet nicht „auf dem Markt“, sondern „um den Markt“ statt. Öffentliche Förderungen, wie sie heute üblich sind, werden somit auch in einem liberalisierten ÖPNV-Markt nicht unzulässig, sie müssen aber periodisch, in angemessenen Zeitintervallen auf transparente, nicht-diskriminierende Art und Weise vergeben werden. Im Klartext bedeutet dies, das va die einzelnen Gemeinden die von ihnen benötigten Verkehrsdienstleistungen nicht automatisch an ihre eigenen Verkehrsbetriebe vergeben dürfen, sondern diese sich im Konkurrenzkampf mit privaten Anbietern darum bewerben müssen. Der Bestbieter, ob öffentlich oder privat, erhält den Zuschlag. Der österreichische Rechtsrahmen, der von zwei Gesetzen gebildet wird – dem KraftfahrlinienG und dem ÖPNRV-G 1999 – widerspricht zT diesen gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben. Dies va deshalb, weil die Finanzierung des ÖPNV mit öffentlichen Mitteln nicht beihilferechtskonform ist, dh insb auf eine Ausschreibung verzichtet wird (Kahl).

6.

Bankensektor

a)

Privatisierung der verstaatlichten Großbanken

Mit dem Ersten VerstG 1946 (BGBl 1946/168) wurden die Anteilsrechte der größten inländischen Banken (Creditanstalt-Bankverein [CA], Länderbank

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390

Unternehmen der Versorgungswirtschaft

AG, Hypotheken- und Creditinstitut AG [ÖCI]) in das Eigentum des Bundes übergeführt, was dem Zustand von vor 1938 entsprach. In der Folge war die politische Einflussnahme (Proporz) auch im Bankensektor stark ausgeprägt. Erste Privatisierungsbestrebungen – ua aufgrund von Budgetengpässen – setzten bereits 1956 ein, als je 40% der Aktien der CA und der Länderbank verkauft wurden (BGBl 1956/274). 1975 wurde das ÖCI von der Länderbank aufgekauft, 1987 die Anteile des Bundes an CA und Länderbank auf 51% reduziert (BGBl 1987/323). Aus der Fusionierung der Länderbank mit der Wiener Zentralsparkasse ging 1990 die Bank Austria hervor, an die Anfang 1997 schließlich die Aktien des Bundes an der CA verkauft wurden. Im ersten Halbjahr 2002 wurden die Bank Austria und die CA zur „Bank Austria Creditanstalt AG“ fusioniert. Die vollständige Privatisierung der erwerbswirtschaftlichen Kreditwirtschaft hat erwartungsgemäß zu einer starken Internationalisierung des österreichischen Bankensektors geführt. Dies wird am Schicksal der Bank Austria, dem Flaggschiff der österreichischen Bankenlandschaft deutlich, die zunächst an die Bayerische Hypovereinsbank verkauft wurde, die ihrerseits nunmehr mit einer italienischen Bank (UniCredit) fusioniert wurde. In wie weit der ursprünglichen Bank Austria in diesem Verbund zumindest noch eine operative Selbständigkeit verbleiben wird, wird die Zukunft weisen. b)

Banken mit öffentlichem Auftrag

aa) Unternehmensziele Im Bereich des Bundes zählen gegenwärtig nur mehr die OeNB und die Austria Wirtschaftsservice GmbH, die aus der Fusion der Bürges Förderungsbank, der Finanzierungsgarantie GmbH und der Innovationsagentur hervorging, zum Kreis der öffentlichen Unternehmen. Sie verfolgen keine erwerbswirtschaftlichen Zwecke, sondern öffentliche Aufgaben, insb in den Bereichen Währungspolitik und Wirtschaftsförderung. Auf Landes- und Gemeindeebene verblieben als öffentliche Unternehmen teilweise die Landes-Hypothekenbanken und die Sparkassen. Beide waren ihrer ursprünglichen Zwecksetzung nach Wohlfahrtseinrichtungen. Die Sparkassen dienten den armen Bevölkerungsschichten in Städten und Gemeinden, die „Hypos“ vornehmlich den Bauern. Diese ursprüngliche Bestimmung ist durch die inzwischen erfolgte Ausweitung des Geschäftszwecks weitgehend obsolet geworden. bb) Die Österreichische Nationalbank Die Nationalbank kann auf eine fast zweihundertjährige Geschichte zurückblicken. Sie wurde 1816 als von der Staatsverwaltung unabhängiges Kreditunternehmen gegründet. Durch das NationalbankG 1955 (NBG – derzeit NBG 1984, BGBl 1984/50 idF BGBl I 2006/61) wurden die ihr bis dahin übertragenen geld- und währungspolitischen Aufgaben um die Mindestreserven- und Offenmarktpolitik erweitert. Durch die Mitgliedschaft in der Europäischen Währungsunion wurde die OeNB in das Europäische System der Zentralbanken (ESZB) eingegliedert.

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Bankensektor

391

Die Aufgabe der OeNB liegt nunmehr in der operativen Umsetzung der geldpolitischen Entscheidungen der EZB bzw des EZB-Rats in Österreich. Das ESZB, dem die Ausführung der Währungspolitik im EURO-Raum obliegt, setzt sich aus der EZB mit Sitz in Frankfurt und den Notenbanken der Mitgliedstaaten zusammen (näheres zur Europäischen Währungspolitik s Pkt C.III.10.b.). cc) Die Landes-Hypothekenbanken Die Gründung öffentlich-rechtlicher Hypothekenbanken geht auf die Grundvorstellung zurück, dass die Ordnung des Bodenkredits als dringendes öffentliches Anliegen der Agrarpolitik primär Aufgabe der Länder sei. Um die Verschuldung des Bauernstands nach der Bodenreform 1848 in den Griff zu bekommen, schufen daher die Länder an der Schwelle zum 20. Jhdt die Hypothekenbanken als Spezialbanken für kostengünstige landwirtschaftliche Kredite. Dem Trend zur Universalbank entsprechend, wurde der Firmentitel 1974/75 von Landes-Hypothekenanstalten (LHA) auf Landes-Hypothekenbanken (LHB) geändert. Diese Kreditinstitute nach dem BWG, die mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattet sind, bestehen in jedem der neun Bundesländer und haben die Aufgabe, mit ihren Bankdienstleistungen „ihr“ Bundesland bzw dessen wirtschaftspolitische Aufgaben zu unterstützen sowie den Geld- und Kreditverkehr und damit insb die wirtschaftliche Entwicklung des Landes zu fördern. Der überwiegende Tätigkeitsbereich liegt in der Emission von Pfand- und Kommunalbriefen, deren Erlös in Hypothekar- und Kommunaldarlehen vergeben wird. Die Geschäfte der Bank sind unter Bedachtnahme auf die Interessen des Landes als Haftungsträger (Ausfallsbürge gem § 1356 ABGB) nach kaufmännischen Grundsätzen zu führen. Der öffentliche Auftrag der Landeshypothekenbanken geht allerdings Hand in Hand mit dem Ausbau zu Universalbanken immer mehr zurück. Dies zeigt sich auch darin, dass die Länder bzw die von ihnen eingerichteten Beteiligungsgesellschaften (Holdings) Eigentumsanteile an „ihren Hypos“ verkauft und damit den Einstieg privater Aktionäre ermöglicht haben. Dies hat die Unabhängigkeit der Hypothekenbanken gestärkt. Sie erbringen ihre Leistungen wie jede andere Bank für Bankkunden jeglicher Provinienz und nicht mehr für ihren öffentlichen Auftraggeber. dd) Die Sparkassen Die Gründung der ersten Sparkassen erfolgte in Österreich als sog „Ersparniskassen“ zu Beginn des 19. Jhdts als Wohlfahrtseinrichtungen. Ziel war es, den armen Bevölkerungsschichten („Taglöhnern, Dienstboten, Matrosen und Soldaten“) eine sichere und Ertrag bringende Veranlagung auch kleinster Ersparnisse sowie günstige Kreditmöglichkeiten in den Zeiten des Frühkapitalismus zu ermöglichen. Die humanitären Gedanken der Hilfe zur Selbsthilfe und der Förderung des Kleinsparens standen dabei im Vordergrund. Nach einer katastrophalen Missernte erließ Kaiser Franz I. 1817 eine Kabinettsorder, in der er die Vereinigte Hofkanzlei beauftragte, ein Gutachten zu erstatten, „wie den Not leidenden Bewohnern der Gebirge und den armen Klassen der Bevölkerung in den Städten künftig schneller und wirksamer

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392

Unternehmen der Versorgungswirtschaft

geholfen werden könne“. Das Statut der Ersten österreichischen Spar-Casse wurde am 30.5.1819 der niederösterreichischen Landesregierung zur Bewilligung übergeben. Nachdem die Genehmigung erteilt wurde, konnte die Erste österreichische Sparkasse am 4.10.1819 ihre Tätigkeit beginnen. Weitere Sparkassen wurden nach diesem Vorbild in der gesamten Monarchie gegründet und bis 1844 waren insgesamt 17 Sparkassen errichtet. Gem § 1 Abs 1 SparkassenG (SpG, BGBl 1979/64 idF BGBl I 2006/48) sind zwei Arten von Sparkassen zu unterscheiden: – Gemeindesparkassen, die von Gemeinden errichtet werden, wobei die Gemeinde im Falle der Zahlungsunfähigkeit als Ausfallsbürge haftet. In Entsprechung dazu übt die Gemeinde einen beherrschenden Einfluss auf die Sparkasse aus. – Vereinssparkassen (§§ 4 ff SparkassenG) werden nicht von Gemeinden sondern von Sparkassenvereinen gegründet. Sie stehen unter der Aufsicht des Landeshauptmanns, eine Haftung für Verbindlichkeiten ihrer Sparkasse trifft sie nicht. Mit der KWG-Novelle 1986 (BGBl 1986/325) und der aus dem gleichen Jahr stammenden Novelle des SpG (BGBl 1986/326) wurde das Modell der Sparkassen-Aktiengesellschaft geschaffen, da bei dieser Rechtsform die Organisationsstruktur und die Haftkapitalsaufbringungsmöglichkeiten am besten ausgebildet sind. Die Sparkassen-Aktiengesellschaft ist die Gesamtrechtsnachfolgerin der Sparkasse, die lediglich in der Form der sog Anteilsverwaltungssparkasse bestehen bleibt. Anteilsverwaltungssparkassen sind somit jene Sparkassen, die ihr gesamtes Unternehmen oder ihren bankgeschäftlichen Teilbetrieb in eine Sparkassen-Aktiengesellschaft eingebracht haben. Sie halten Aktien ihrer Tochter-AG, dürfen aber selbst keine Bankgeschäfte betreiben.

7.

Elektronische Kommunikation

a)

Vorbemerkung

Traditionell waren die wichtigsten Kommunikationsmittel in der zweiten Hälfte des letzten Jhdts Festnetztelefon, Radio und Fernseher, wobei die Telefonie (und in den letzten Jahren auch das Internet) vom Begriff Telekommunikation, Fernsehen und Hörfunk vom Begriff Rundfunk umfasst wurden. In diesen Wirtschaftsbereichen spielten und spielen in Österreich öffentliche Unternehmen eine zentrale Rolle. Angesichts der rasanten technischen Entwicklungen (Mobiltelefonie, Internet) kommt es seit einigen Jahren zusehends zur Verschränkung der ehemals getrennten Bereiche Telekommunikation und Rundfunk. Dabei spielen auch neue Übertragungstechniken, allen voran die Digitalisierung, eine zentrale Rolle. Die wesentliche Steigerung der Übertragungskapazität bietet die Grundlage für erweiterte und neue Multimediadienste wie zB Teleshopping, Homebanking oder den Empfang von Fernsehprogrammen mit paralleler Verfügbarkeit von Text und Graphiken sowie Online-Aktivitäten. Für die Bezeichnung dieses Verschmelzens der Bereiche Telekommunikation und Rundfunk auf technischer Ebene hat sich das Schlagwort „Konvergenz“ etabliert. Diese tritt in zwei Erscheinungsformen auf: Als Konvergenz

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Elektronische Kommunikation

393

der Netze und als Konvergenz der Endgeräte. Unter Konvergenz der Netze ist die Möglichkeit zu verstehen, ein und denselben Dienst über verschiedene Netzplattformen zur Verfügung zu stellen. So werden heute Kabelanlagen längst nicht mehr nur zur Übermittlung von Fernseh- und Hörfunkprogrammen genutzt; vielmehr sind auch Sprachtelefonie und Internet auf diesem Weg verfügbar. Konvergenz der Endgeräte bezeichnet die Verschmelzung von Telefon, Fernseher und Computer. Beispielsweise vereinigen heute Mobiltelefone Funktionen wie Telefonieren, Versenden von E-mails, Internetsurfen, Fotografieren, Computerspiele und Radiohören in einem Gerät. Für die dazu notwendige höhere Datentransferkapazität sorgt die wohl bald zum Standard gehörende UMTS-Technologie (Universal Mobile Telecommunication System). Die ehemals getrennten Bereiche Telekommunikation und Rundfunk wachsen also zusammen zu einem einheitlichen Wirtschaftsbereich „elektronische Kommunikation“. b)

Telekommunikation

aa) WTO- und EG-Vorschriften Das Telekommunikationsrecht ist sowohl vom WTO-Recht als auch vom Gemeinschaftsrecht geprägt. Auf der Grundlage des GATS verpflichtet Ersteres die Mitgliedstaaten zur Öffnung ihrer Inlandsmärkte für Basistelekommunikationsdienste (Netz, Sprachtelefonie und Datenübermittlung) sowie zur Einhaltung regulatorischer Prinzipien, insb der Verhinderung wettbewerbswidriger Praktiken, der Sicherstellung eines Universaldiensts, der Unabhängigkeit der Regulierungsbehörden und der objektiven Lizenzvergabe. Ganz iS dieses Regelwerkes sieht auch das Gemeinschaftsrecht eine Liberalisierung des Telekommunikationsmarkts vor. Wesentliche Schritte auf diesem Weg waren bisher: – Aufhebung der ausschließlichen Rechte hinsichtlich des Imports, des Vertriebs und der Wartung von Endgeräten. – Vollständige Liberalisierung der Telekommunikationsdienste nunmehr auch unter Einschluss des Sprachtelefondiensts, der ursprünglich ausgeklammert war. – Öffnung und Vereinheitlichung des Zugangs zu Netzen und Diensten (Open Network Provisions-RL, RL 98/10/EG, ABl 1998 L 101/24, ersetzt durch die RahmenRL 02/21/EG, ABl 2002 L 108/33). Damit wurde insb neuen Wettbewerbern der Zugang zu den Infrastrukturen (Netzen) und Diensten der ehemaligen Telekommunikationsmonopolisten ermöglicht. Überdies wurden für einzelne entsprechende Bereiche (Mietleitungen, Sprachtelefonie und Zusammenschaltung) stufenweise sog ONP-Bedingungen festgelegt. Im Zentrum stehen die Grundsätze der Transparenz, Objektivität und Nichtdiskriminierung. bb) Österreichischer Rechtsrahmen In materiell-rechtlicher Hinsicht wurde mit dem TelekommunikationsG 1997 der rechtliche Rahmen für die Einführung des vollständigen Wettbewerbs am Telekom-Markt geschaffen. Dieses wurde vom TKG 2003 (BGBl I 2003/70 idF

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394

Unternehmen der Versorgungswirtschaft

BGBl I 2005/133) abgelöst, das die gemeinschaftsrechtskonforme Umsetzung der einschlägigen Richtlinien gewährleisten sollte. Die Ausformung der konkreten Rahmenbedingungen bleibt einer Vielzahl von Verordnungen vorbehalten, wie beispielsweise der Rahmenrichtlinien-V (BGBl 1994/756), der TelekomTarifgestaltungs-V (BGBl 1996/650), der Universaldienst-V (BGBl II 1999/192 idF BGBl II 2000/173) und der ZusammenschaltungsV (BGBl II 1998/14). Was die organisatorische Entwicklung betrifft, so hatte die Post- und Telegraphenverwaltung ihre Dienstleistungen Jahrzehnte lang in der Form eines Eigenbetriebs des Bundes, also mit entsprechender politischer Einflussnahme seitens der jeweils zuständigen Ressortleiter erbracht. Erst in den Neunziger Jahren wurde versucht, ihre kaufmännische Autonomie iSd vom Gemeinschaftsrecht vorgegebenen Wettbewerbsbedingungen zu stärken. Dies erfolgte durch Ausgliederungen aus dem ministeriellen Bereich und durch die Schaffung der Post- und Telekom Austria AG (PTA). 1998 wurde der Teilbereich der Telekommunikation aus der PTA herausgelöst und in die „Telekom Austria AG“ eingebracht. Damit waren die Geschäftsbereiche Telekommunikation und „gelbe Post“ strukturell von einander getrennt. Im Zuge der Neuordnung des ÖIAG-Bereichs wurden schließlich ÖIAG, PTA und PTBG ex lege fusioniert (§ 12 ÖIAG-G 2000, BGBl I 2000/24 idF BGBl I 2006/73). Aufgabe der ÖIAG ist es nun, die kumulierten, durch Bundeshaftung abgesicherten Verbindlichkeiten – die Schulden der PTBG (ca 80 Mrd öS) gingen auf die ÖIAG über – durch Privatisierungen und Dividendeneinnahmen zu tilgen. Dementsprechend wurden Ende des Jahres 2000 von der ÖIAG weitere 25,8% der im Eigentum der PTA stehenden Telekom-Anteile im Zuge des bis dahin größten Börsengangs Österreichs verkauft, so dass der Staatsanteil an der Telekom Austria auf 44,4% sank. Per September 2006 hielt die ÖIAG an der Telekom Austria AG einen Anteil von 25,18%. Die Telekom ist daher im organisatorischen Sinn kein öffentliches Unternehmen mehr. c)

Rundfunk

aa) Begriff Der Begriff des Rundfunks umfasst sowohl den terrestrischen Rundfunk (UKW-Radio, terrestrisches analoges und digitales Fernsehen) als auch den Kabel- und Satellitenrundfunk. Die verfassungsrechtliche Grundlage für den Rundfunk in Österreich bildet das BVG-Rundfunk (BGBl 1974/396). Das 1984 wieder verlautbarte ORF-G 1974 (BGBl 1984/379 idF BGBl I 2005/159) ist bis heute die Rechtsgrundlage des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Daneben traten aber im Zuge der Marktöffnung auch Rechtsgrundlagen, die den Betrieb von privatem Rundfunk gestatteten. bb) Das duale Rundfunksystem Das Monopol des ORF wurde mit der Rundfunkreform 2001 endgültig gebrochen. Das PrivatradioG (BGBl I 2001/20 idF BGBl I 2004/169) und das PrivatfernsehG (BGBl I 2001/84 idF BGBl I 2006/66) garantieren nunmehr den Marktzugang privater Anbieter.

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Post

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cc) Der ORF Zwar nicht mehr als gesetzlich geschütztes Monopol, aber als marktbeherrschendes Unternehmen dominiert der ORF die innerösterreichische Medienlandschaft noch immer. Das Gesetz unterscheidet im Wesentlichen zwischen (technischem) Versorgungsauftrag und (inhaltlichem) Programmauftrag. Nach dem Versorgungsauftrag (§ 3 ORF-G) hat der ORF drei Österreich weit und neun bundeslandweit empfangbare Programme des Hörfunks und zwei Österreich weit empfangbare Programme des Fernsehens bereitzustellen. Insb müssen in Bezug auf Programm- und Empfangsqualität alle zum Betrieb eines Rundfunkempfangsgeräts (Hörfunk und Fernsehen) berechtigten Bewohner des Bundesgebiets gleichmäßig und ständig mit jeweils einem bundeslandweit und zwei Österreich weit empfangbaren Programmen des Hörfunks und zwei Österreich weit empfangbaren Programmen des Fernsehens versorgt werden. Der Programmauftrag umfasst gem § 4 ORF-G ua – die Information der Allgemeinheit über alle wichtigen politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und sportlichen Fragen (Informationsauftrag), – die Verbreitung und Förderung von Bildung (Bildungsauftrag), – die Vermittlung und Förderung von Kunst und Wissenschaft (Kulturauftrag), – die Darbietung einwandfreier Unterhaltung (Unterhaltungsauftrag). Als „Organe“ des ORF werden neben dem Generaldirektor der Stiftungsrat, der Publikumsrat sowie die Prüfungskommission genannt. Hinzu treten noch 4–6 Direktoren und die 9 Landesdirektoren, die vom Stiftungsrat auf Vorschlag des Generaldirektors ernannt werden. Die Mitglieder der Kollegialorgane sind wie der Generaldirektor bei der Ausübung ihrer Funktionen an keine Weisungen gebunden. Die Direktoren und Landesdirektoren unterstehen ausschließlich dem Generaldirektor.

8.

Post

a)

Geschichte

Der Postsektor hat eine organisatorische Nahebeziehung zur Telekommunikation. So liefen die Fäden beider Bereiche über Jahrzehnte in der Post- und Telegraphenverwaltung des Bundes zusammen. Die vom Gemeinschaftsrecht ausgehenden Liberalisierungsimpulse haben dieser Tradition freilich ein Ende bereitet. Im Vergleich zum Telekommunikationssektor, der seit dem 1.1.1998 vollständig liberalisiert ist, hinkt der Bereich der Post hinsichtlich einer Liberalisierung hinterher. Die Geschichte der österreichischen Postbeförderung reicht bis zum Ende des 15. Jhdts zurück. Damals richtete Kaiser Maximilian I. eine Reiterpost quer durch Europa ein, wobei auch die Mitnahme privater Post gestattet war. Zum Staatsmonopol wurde das Postwesen 1722 durch Kaiser Karl VI. erklärt. Das PostG aus dem Jahr 1837 wurde schließlich 1957 durch das BG über das Postwesen (BGBl 1957/58) ersetzt, womit eine Anpassung an die völlig veränderten Verhältnisse und Bedürfnisse der modernen Zeit angestrebt wurde. Nach

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396

Unternehmen der Versorgungswirtschaft

zahlreichen Novellen wurde 1997 aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit, aber auch zur Umsetzung einschlägiger Richtlinien der EG (insb PostRL 97/67/EG über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarkts der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität, ABl 1998 L 15/14 idF RL 02/39/EG, ABl L 2002 176/21) eine umfassende Neukodifikation der Rechtsgrundlagen des Bereichs „Gelbe Post“ unumgänglich, die im PostG 1997 (BGBl I 1998/18 idF BGBl I 2006/70) ihren Niederschlag fand. Dieses Gesetz definiert als „Postdienstleistungen“ die Abholung, Annahme, Sortierung, Weiterleitung und Abgabe von Postsendungen (§ 2 Z 3 PostG 1997). Zum bundesweiten Universaldienst (Universaldienst im Bereich der Post ist die Beförderung von Postsendungen bis zu einem Gewicht von zwei Kilogramm, von Pakten bis zu 20 Kilogramm sowie die Sonderbehandlungen Einschreiben und Wertversand) wird grundsätzlich die PTA verpflichtet (§ 5 PostG 1997). Als wirtschaftlicher Ausgleich dafür ist ihr gem § 6 Abs 1 PostG 1997 das Erbringen von Postleistungen für persönlich beanschriftete Briefsendungen mit schriftlichen Mitteilungen bis zu einem Gewicht von 50 Gramm vorbehalten („Beförderungsvorbehalt“ als ausschließliches Recht der PTA). b)

Organisation

Angelegenheiten des Postwesens wurden bis Mitte der Neunziger Jahre von der Post als Anstalt des Bundes ohne Rechtspersönlichkeit erbracht. Die Generaldirektion für die Post- und Telegraphenverwaltung war eine Dienststelle, die beim Bundesministerium für Öffentliche Wirtschaft und Verkehr eingerichtet war. Ihr waren die einzelnen Post- und Telegraphendirektionen sowie die einzelnen Postämter untergeordnet. Mit dem PoststrukturG 1996 (PTSG, BGBl 1996/201 idF BGBl I 2003/71) wurde die Ausgliederung und Umwandlung der staatlichen Post- und Telegraphenverwaltung in eine Aktiengesellschaft angeordnet. Ziel war, das neu geschaffene Unternehmen „Post und Telekom Austria AG“ (PTA) vermehrt nach kaufmännischen Grundsätzen zu führen und unter den von der Gemeinschaft vorgegebenen neuen Wettbewerbsbedingungen optimal zu positionieren. Unternehmensgegenstand der AG war hinsichtlich der Post die Erbringung von Postdienstleistungen und Paketdiensten (§ 2 PTSG). Die Aktien der PTA wurden ins Eigentum der gleichzeitig errichteten „Post- und Telekombeteiligungsverwaltungsgesellschaft mbH“ (PTBG) übertragen. Mit 1.1.1998 wurde schließlich der Teilbereich der Telekommunikation aus der PTA herausgelöst. Damit waren die Geschäftsbereiche Telekommunikation und „gelbe Post“ erstmals strukturell voneinander getrennt. Durch das ÖIAG-G 2000 wurden die PTBG und die PTA mit der ÖIAG als übernehmende Gesellschaft verschmolzen. Die „Österreichische Post AG“ wurde am 3.3.1999 gegründet. In der Folge wurden die Geschäftszweige „Gelbe Post“ und „Postautodienst“ von der „Post und Telekom AG“ rückwirkend zum 1.1.1999 abgespalten und auf das neu gegründete Unternehmen Österreichische Post AG übertragen. Rückwirkend mit 1.1.2000 wurde in der Folge der Bereich Postautodienst von der Post AG abgespalten und zur Privatisierung der ÖIAG übertragen. Während die Anteile der Österreichischen Post AG noch immer zu 100% von der ÖIAG

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Regulierungsbehörden

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gehalten werden, steht die Postbus AG seit September 2003 im Alleineigentum der ÖBB. Seit 2005 wird der gesamte Kraftfahrlinienverkehr des ÖBB – Konzerns von der ÖBB – Postbus GmbH besorgt. Schlussendlich sollen alle diese Schritte im Einklang mit der PostRL zu einer gänzlichen Liberalisierung des Postsektors bis zum Jahr 2009 führen. In Vorbereitung darauf sind in den vergangenen Jahren bereits Rationalisierungsmaßnahmen getroffen, eine erhebliche Anzahl von Postämtern geschlossen und die Versorgung der Bevölkerung in den betroffenen Gebieten auf Post-Geschäftsstellen, Landzusteller oder „mobile Postämter“ umgestellt worden. Mit Mai 2006 wurde die Börseneinführung der Postaktie (bis zu 49% des Aktienkapitals) in die Wege geleitet.

9.

Regulierungsbehörden

a)

Entmonopolisierung und Marktöffnung

Wie bereits ausgeführt (s Pkt F. Wirtschaftsaufsicht) wurden im Zuge der Entmonopolisierung der öffentlichen Versorgungswirtschaft eigene Rechtsträger zur Wahrnehmung marktregulierender Aufgaben eingerichtet. Solche Gesellschaften finden sich in Wirtschaftsbereichen, in denen der Staat im Rahmen ehemaliger Monopole nicht nur für die Erbringung der jeweiligen Dienstleistung selbst gesorgt hat, sondern auch die für die Erbringung der Leistungen unverzichtbaren Infrastruktureinrichtungen betrieben hat. Mit der Öffnung dieser Infrastruktursektoren sollte dem Missbrauch von (noch) marktbeherrschenden Stellungen vorgebeugt werden. In Hinblick auf ihre wirtschaftliche Bedeutung werden im Folgenden einzelne Regulierungsbehörden kurz dargestellt, obwohl sie mangels Wahrnehmung wirtschaftlicher Tätigkeit nur schwer als öffentliche Unternehmen qualifiziert werden können. Funktional gehören sie zur Wirtschaftsaufsicht. b)

Austro Control GmbH

Die Austro Control GmbH hat die Agenden des früheren Bundesamts für Zivilluftfahrt übernommen und besorgt zahlreiche behördliche Aufgaben, wie zB die Bewilligung von Ein-, Aus- und Überflügen, die Prüfung der Luft- und Betriebstauglichkeit, die Bewilligung von und die Aufsicht über zivile Luftfahrtschulen und die Erteilung, Verlängerung und den Widerruf von Zivilluftfahrerpersonalausweisen. c)

Energie Control GmbH

Zwecks Wahrnehmung der Aufsichts- und Regulierungsfunktionen im liberalisierten Elektrizitätsmarkt wurden als Regulierungsbehörde eine EnergieControl GmbH und eine Energie-Control Kommission geschaffen. Beide stehen unter der Aufsicht des BMWA als oberste Elektrizitätsbehörde. Diese besitzt die Richtlinienkompetenz für die Tätigkeit der nicht gewinnorientierten Energie-Control GmbH. Die Gesellschaft hat sämtliche Aufgaben wahrzunehmen, die va aber nicht nur im ElWOG „der Regulierungsbehörde“ übertragen sind, soweit nicht die Energie-Control Kommission zuständig ist. Darunter

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Unternehmen der Versorgungswirtschaft

fallen auch hoheitliche Tätigkeiten, so dass die Energie-Control GmbH als „Beliehene“ bezeichnet werden kann. Als Überwachungs- und Aufsichtsfunktion sind der Gesellschaft va die allgemeine Wettbewerbsaufsicht, die Überwachung des Unbundling sowie die Aufsicht über die Verrechnungsstellen für Transaktionen und Preisbildung für die Ausgleichsenergie übertragen. Stellt die Energie-Control GmbH im Rahmen ihrer Aufsichts- und Überwachungsfunktion einen Missstand fest, hat sie unverzüglich alle Maßnahmen zu ergreifen, die erforderlich sind, um diesen Missstand abzustellen und den gesetzmäßigen Zustand wieder herzustellen. Regulierend wird die Gesellschaft durch die Erstellung von Vorschlägen für Marktregeln, für technische und organisatorische Vorschriften und für Bedingungen betreffend die Reziprozität sowie durch das Treffen von Vorkehrungen zur Erfüllung der Vorgaben der Gemeinschaft im Bereich grenzüberschreitender Elektrizitätslieferungen tätig. Die Energie-Control Kommission ist als Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag bei der Energie-Control GmbH angesiedelt, der auch ihre Geschäftsführung obliegt. Das Personal der Gesellschaft ist im Rahmen seiner Tätigkeit für die Energie-Control Kommission an die Weisungen des laut Geschäftsordnung zuständigen Kommissionsmitglieds gebunden. Die Kommission ist Berufungsbehörde gegen Entscheidungen der Gesellschaft und hat neben Schlichtungsbefugnissen insb noch Aufgaben im Bereich der Genehmigung allgemeiner Bedingungen der Netzbetreiber, der Bestimmung von Systemnutzungstarifen und der Entscheidung über die Netzzugangsverweigerung. Ihre Entscheidungen können bei beiden Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts bekämpft werden. d)

Telekomregulierung

Mit der Regulierung im Telekommunikationsbereich ist seit 2001 die „Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR-GmbH)“ befasst. Die RTRGmbH gliedert sich als „Konvergenzregulator“ in einen Fachbereich Telekommunikation und einen Fachbereich Rundfunk, der als Geschäftsapparat der KommAustria fungiert. Die 2001 durch das KommAustria-G (KOG, BGBl I 2001/32 idF BGBl I 2006/9) eingerichtete „Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria)“ ist zur Verwaltungsführung in Angelegenheiten der Rundfunkregulierung eingerichtet und übernahm die Agenden der Privatrundfunkbehörde sowie der Kommission zur Wahrung des Regionalradiogesetzes. e)

Postregulierung

Die Regulierungsbehörde für die Post ist derzeit noch der BMVIT. Gem der Novelle zum PostG 2005 (BGBl I 2006/2) soll mit 1.1.2008 an seine Stelle die Telekom-Control Kommission und die RTR-GmbH treten. f)

Schienenregulierung

Der Schienenregulator entspricht dem Vorbild der Regulierung auf dem Telekommunikationssektor. Die auf der Grundlage des „SchienenverkehrsmarktRegulierungsG (BGBl I 1999/166)“ eingerichtete Schienen-Control GmbH

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Regulierungsbehörden

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steht im Eigentum des Bundes und ist eine nicht gewinnorientierte Gesellschaft, die mit der Wahrnehmung hoheitlicher Befugnisse betraut ist. Sie handhabt die Wettbewerbsaufsicht am Schienenverkehrsmarkt in technischer, rechtlicher, betriebs- und volkswirtschaftlicher Hinsicht. Die Schienen-Control Kommission ist eine Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag iSd Art 133 Z 4 B-VG und zur Entscheidung über Berufungen gegen Bescheide der Schienen-Control GmbH zuständig. Fragen: 1. Definieren Sie die öffentlichen Unternehmen anhand von Beispielen. 2. Schildern Sie die wesentlichen Merkmale der öffentlichen Unternehmen. 3. Was versteht man unter organisatorischer Beherrschung? 4. Ist die Gewerkschaft ein öffentliches Unternehmen? 5. Wodurch unterscheidet sich die Leitungsfunktion beim Regiebetrieb vom Eigenbetrieb? 6. Beantworten Sie dieselbe Frage hinsichtlich Aktiengesellschaft und Gesellschaft mit beschränkter Haftung. 7. Was sind Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse? 8. Welche Stellung räumt das Gemeinschaftsrecht Unternehmen ein, die solche Dienstleistungen erbringen? 9. Was wird unter „Unbundling“ verstanden? 10. Welche Maßnahmen wurden bisher zur Liberalisierung des EisenbahnG gesetzt? 11. Was wird unter „kontrolliertem Wettbewerb“ verstanden? 12. Inwiefern unterscheiden sich die „Hypos“ und die Sparkassen von sonstigen Banken? 13. Was versteht man unter Konvergenz? 14. Warum kann der ORF nicht nur „quotenträchtige“ Unterhaltungssendungen bringen? 15. Was umfasst der Universaldienst der Post? 16. Nennen Sie die wichtigsten Regulierungsbehörden.

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I) I.

Ausblick

Systembezüge

Betrachtet man am Ende der Darstellung des Wirtschaftsrechts die Systembezüge dieses Rechtsgebiets, dann ist das Ergebnis zwiespältig. Zum einen ist festzuhalten, dass es ein inneres System des gesamten Wirtschaftsrechts nicht gibt. Sehr wohl hingegen sind die einzelnen Zweige des Wirtschaftsrechts einer Systematisierung zugänglich. Naturgemäß schwankt der Homogenitätsgrad und damit der Grad an Systematisierungsfähigkeit. Das Wettbewerbsrecht zB zerfällt in zwei unterschiedliche Teile, die außer dem Oberziel der Sicherung des Wettbewerbs kaum etwas miteinander zu tun haben. Insgesamt ist gerade am Beispiel dieses Rechtsgebiets festzustellen, dass mit steigendem Umfang die innere Kohärenz abnimmt und somit auch die Systematisierungsfähigkeit dieser Rechtsmaterie sinkt. Ausnahmen davon sind möglich. Dies zeigt sich etwa am Beispiel der öffentlichen Unternehmen. Die hier realiter bestehende Formenvielfalt spiegelt sich in einer systematisch gegliederten Teildisziplin des Wirtschaftsrechts wider. Ebensolches kann vom Beihilfenrecht und vom Vergaberecht behauptet werden. Der EuGH hat dazu Grundsätze entwickelt, die systematisch darstellbar sind und eine wesentliche Erweiterung der Wettbewerbssicherung bewirken. Einen noch höheren Grad an Geschlossenheit weisen wohl nur die „historisch“ gewachsenen Rechtsgebiete des Kartellrechts und des Lauterkeitsrechts auf. Demgegenüber bildet das Wirtschaftspolizeirecht trotz seiner historisch weit zurückreichenden Wurzeln eine noch junge dogmatische Kategorie, bei der es zweifelhaft ist, ob sie sich im Rahmen der allgemeinen Verwaltungspolizei verselbständigen wird und soll.

II.

Materielle Ordnungsprinzipien

Letztlich haben freilich alle diese Überlegungen zur disziplinären Entwicklung des Wirtschaftsrechts nur Hilfscharakter. Primär kommt es darauf an, wohin sich das Wirtschaftsrecht als Materie selbst entwickelt. Hier steht eines außer Zweifel: Der anlassbezogene Maßnahmecharakter des Wirtschaftsrechts, ein Kennzeichen seiner frühen Tage, verliert an Gewicht zu Gunsten einer Rechtssetzung, die sich an allgemeinen Ordnungsprinzipien orientiert. Vom Standpunkt des Rechts ist dies zweifellos ein Fortschritt. Von besonderer Bedeutung sind dabei die Prinzipien mittlerer Reichweite, die zum einen inhaltlich über programmatische Zielsetzungen hinausgehen und zum anderen aber nicht in punktuelle Kasuistik verfallen. Deshalb verbleibt der Verwaltung auch die

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Möglichkeit, ihre Einzelentscheidungen im Rahmen des Rechtsvollzugs auch an den Kriterien der Sachgerechtigkeit und Effizienz auszurichten. Dies ist einem richtig verstandenen Rechtsstaatsgebot jedenfalls angemessener als eine überzogene Legistik. Wichtige Ordnungsprinzipien idS finden sich im marktwirtschaftlichen Prinzip zusammen mit dem Wettbewerbsprinzip, aber auch im Prinzip der funktionellen und sozialen Angemessenheit. Letzteres stellt sicher, dass die einzelnen Wettbewerbsfreiheiten nicht ausschließlich vom Gedanken der Maximierung und Effektuierung beherrscht sind, sondern auch als Gesichtspunkte der sozialen Verträglichkeit und der technischen Sicherung, also insgesamt als Aspekte der Optimierung berücksichtigt werden. Ähnliches gilt für den Grundsatz des Umweltschutzes, der die technische Machbarkeit in ein Koordinatensystem ökologischer Interessen einbettet und insofern begrenzt ist. Was die Wettbewerbsprinzipien im Besonderen betrifft, so lassen sie sich in materielle, prozedurale und institutionelle Prinzipien unterteilen. Zu den materiellen Prinzipien zählen etwa die Prinzipien der staatlichen Nichtintervention, der Nichtdiskriminierung, der Entprivilegisierung und Entmonopolisierung, der Verhinderung und Begrenzung von Marktmacht (Kartelle, Missbrauch einer dominant position), der Transparenz, etc. Zu den prozeduralen Prinzipien, die den Wettbewerb durch Verfahren umsetzen, gehören ganz allgemein gerichtlich durchsetzbare Ver- und Gebote, Informationspflichten, Ausschreibungsverfahren, Benchmarking, Unbundling, Third Party-Access, Durchführungsverbote (im Kartell- und Beihilfenrecht) oder auch technische Normsetzung durch Private. Letztlich hat das Wettbewerbsrecht in einzelnen Fällen über die bestehende Gerichts- und Verwaltungsorganisation hinaus in Verwirklichung der institutionellen Prinzipien der Dezentralisation und der Dekonzentration neue Formen geschaffen, zB die Regulierungsbehörden oder die Vergabekontrolleinrichtungen. Auch das Prinzip der funktionellen und sozialen Angemessenheit äußert sich unterschiedlich. Es tritt etwa als Ausnahmebestimmung zu Wettbewerbsregelungen in Erscheinung, zB in der Einräumung von Präferenzen für Entwicklungsländer oder auch in der besonderen Kategorie der „Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse“. Auch die Modalitäten der Leistungserbringung öffentlicher Unternehmen zählen dazu (zB Kontrahierungszwang, flächendeckende Versorgung, soziale Angemessenheit, etc) sowie die Vorschriften betreffend Sicherheitsqualität und Gebrauchstauglichkeit. Das augenscheinlichste Beispiel sind sicherlich die Rechtfertigungsgründe (öffentliche Ordnung und Sicherheit, Gesundheit, etc), die die Reichweite der gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten begrenzen.

III. Schnittstellen als Gelenke Eine besonders strukturierende Funktion wird in Zukunft auch den beschriebenen Schnittstellen zwischen den Rechtskreisen zukommen. Sie bilden die wichtigsten Gelenke des Wirtschaftsrechts und dienen gleichermaßen dem wechselseitigen Austausch sowie der Angleichung des Rechtsstoffs. Dabei profitiert der internationale Rechtskreis von der fortgeschrittenen Bestimmtheit

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des gemeinschaftsrechtlichen und nationalen Rechtskreises, während umgekehrt internationale und europäische Wertungsgesichtspunkte zu einer Fortentwicklung des nationalen Rechts beitragen. Das heute in Österreich geltende Wirtschaftsrecht wäre auf weiten Strecken ohne diese Hebelwirkung kaum denkbar.

IV. Dynamik des Wirtschaftsrechts Trotz dieser wachsenden Homogenität wird das Wirtschaftsrecht wohl auch in Zukunft eine schwer überblickbare Materie bleiben. Dies schon einmal aufgrund seines Umfangs, der in Summe sich wohl kaum verringern wird. Brechen auch einzelne Teile weg (zB die erwerbswirtschaftlichen Unternehmen oder einzelne Bewirtschaftungsmaßnahmen), werden sie garantiert durch neue Regelungsfelder ersetzt (zB Regulierungsrecht oder Verdichtung des Wirtschaftspolizeirechts als Antwort auf neue Umweltbedrohungen). Zum anderen ist das Wirtschaftsrecht eben ein Kind unterschiedlicher Interessenlagen, deren Harmonisierung weniger dem Maßstab der Folgerichtigkeit, dafür umso mehr den Gesichtspunkten der Machbarkeit und des Kompromisses folgt. Der ständige Zwang zur Optimierung macht jeden noch so großen rechtlichen „Wurf“ zur Etappenlösung, die über kurz oder lang durch neue Regelungen ersetzt wird. Diese innere Dynamik des Wirtschaftsrechts stellt für den Rechtsanwender eine Herausforderung dar. Ist es doch gar nicht einfach, rechtliche Sinnzusammenhänge oft technisch und fachspezifisch geprägter Normenkomplexe zu erkennen und die im Einzelfall richtigen Vorschriften zu finden. Für die Studierenden erschwert es die Aneignung des Stoffes. Daher sollte die fortschreitende Systematisierung des Wirtschaftsrechts für beide eine Hilfestellung sein.

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J)

Glossar

wichtiger wirtschaftswissenschaftlicher und -rechtlicher Begriffe A Abgestimmte Verhaltensweise Abstimmung zwischen Unternehmen, die keine Vereinbarung im eigentlichen Sinne ist. Im Besonderen die direkte oder indirekte Kontaktaufnahme zwischen Unternehmen mit dem Ziel, das Marktverhalten der anderen zu beeinflussen oder diese über eigenes Verhalten in Kenntnis zu setzen. Abkommen, gemischtes Abkommen, das die Europäische Gemeinschaft plus ein oder mehrere Mitgliedstaaten mit einem Drittstaat oder einer Internationalen Organisation schließen. Absprache, horizontale Vereinbarung zwischen aktiven oder potentiellen Konkurrenzunternehmen, die sich auf der gleichen Stufe der Produktions- oder Distributionskette befinden (zB im Bereich Einkauf, Produktion, F+E) Absprache, vertikale Vereinbarung zwischen zwei oder mehreren Unternehmen auf unterschiedlicher Produktions- oder Distributionsstufe, die die Bedingungen für den Kauf, Verkauf und Weiterverkauf der Güter und Dienstleistungen enthält (zB Vereinbarung zwischen produzierendem und vertreibendem Unternehmen). Abwehr/Ausgleichszoll Zoll, der von einem Staat an seinen Grenzen auf Dumpingwaren oder subventionierte Waren zum Schutz der inländischen Produktion erhoben wird. In Form des Antivalutazolls richtet er sich gegen eine ausländische Währungsabwertung (→Abwertung). Abwertung Senkung des Außenwerts einer Währung (Wechselkurs), womit die ausländische Währung teurer wird und Exportchancen inländischer Exporteure steigen, während Importe idR sinken. Ziel ist der Ausgleich einer defizitären Zahlungsbilanz. Acquis communautaire Gesamtbestand an Rechten und Pflichten, der für die Mitgliedstaaten der EU verbindlich ist. Er besteht aus dem Primärrecht der Verträge, dem Sekundärrecht, den Entscheidungen der europäischen Gerichte (EuGH und EuG), Rechtsakten der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik und der Zusammenarbeit im Bereich der Justiz und des Inneren, Erklärungen, Entschließungen und internationalen Abkommen sowie bestimmten Abkommen zwischen den Mitgliedstaaten. B „Beggar thy neighbourhood“-Politik Politik, die versucht Arbeitslosigkeit eines Landes zu Lasten anderer Länder zu „exportieren“ und diese quasi an den Bettelstab zu bringen. Mittel sind va die Einführung

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Glossar

von Zöllen und Handelskontingenten zur Steigerung der Nachfrage nach inländischen Waren und die →Abwertung der eigenen Währung zur Stärkung der Exporte. Auch „St.Florians“-Politik genannt: „Heiliger St. Florian, verschon´ unser Haus, zünd´ andere an“. BIP (Bruttoinlandsprodukt) Messgröße für die wirtschaftliche Gesamtleistung eines Landes. Es gibt den Geldwert aller volkswirtschaftlichen Endprodukte (Waren und Dienstleistungen), die gem dem Inlands- oder Territorialkonzept im Inland (von Inländern und Ausländern) in einer bestimmten Periode (meist im Kalenderjahr) hergestellt worden sind, an. BNP (Bruttonationalprodukt) Wie das →BIP eine Messgröße für die wirtschaftliche Leistung einer Volkswirtschaft, jedoch mit dem Unterschied, dass hier die Erhebung auf der Basis des so genannten Inländerkonzepts erfolgt. Danach werden alle von Inländern (im Inland oder Ausland) produzierten Güter und Dienstleistungen erfasst. D Deflation Allgemeiner und anhaltender Rückgang des Preisniveaus von Waren und Dienstleistungen (s im Gegensatz dazu →Inflation). Der gesamtwirtschaftlichen Gütermenge steht eine zu geringe Nachfrage und Geldmenge gegenüber. Damit steigen der Geldwert und die Kaufkraft. Grund kann die Überproduktion von Gütern oder eine übermäßige Verringerung der Geldmenge durch die Zentralbank oder sein. DSU (Dispute Settlement Understanding) Abkommen im Rahmen der →WTO über die Streitbeilegung bei Handelstreitigkeiten der Mitgliedstaaten. Dumping Liegt grundsätzlich vor, wenn der Preis einer exportierten Ware niedriger ist als der Preis einer gleichartigen Ware im Ausfuhrland. E ECA (European Competition Authorities) Informelles Kooperationsforum der nationalen Wettbewerbsbehörden der EU- und EFTA Mitgliedstaaten sowie der Kommission und der EFTA-Überwachungsbehörde. Nicht zu verwechseln mit dem →ECN und →ICN. ECN (European Competition Network) Europäisches Wettbewerbsnetz, in dem die Europäische Kommission und die nationalen Wettbewerbsbehörden der EU-Mitgliedstaaten zusammengeschlossen sind. Das 2004 gegründete Netzwerk dient insb einer kohärenten Anwendung des EU-Wettbewerbsrechts in Fällen mit grenzüberschreitender Dimension. EFTA (European Free Trade Association) Europäische Freihandelsassoziation (→Freihandelszone). 1960 als Alternative zur EWG von Dänemark, Großbritannien, Norwegen, Österreich, Portugal, Schweiz und Schweden gegründet. Derzeitige Mitglieder sind Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz. EGV Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft. Ursprünglich Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), der 1957 von Frankreich,

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Deutschland, Italien und den Benelux unterzeichnet wurde. Er wurde durch den Vertrag von Maastricht neu benannt (EGV) und durch den Vertrag von Amsterdam neu nummeriert. Er gilt für unbegrenzte Zeit. ERP (European Recovery Program) Europäisches Wiederaufbauprogramm von 1948 bis 1952 auf Initiative der USA. Auch: Marshall-Plan (benannt nach dem damaligen amerikanischen Außenminister George C. Marshall, der den Plan 1947 vorschlug). ESZB (Europäisches System der Zentralbanken) Setzt sich aus der Europäischen Zentralbank (EZB) und den nationalen Zentralbanken der EU-Mitgliedstaaten zusammen. Die wichtigsten Aufgaben des ESZB bestehen in der Festlegung und Ausführung der Geldpolitik der Gemeinschaft und in der Haltung der offiziellen Währungsreserven der Mitgliedstaaten. Zudem fördert das ESZB das reibungslose Funktionieren der Zahlungssysteme. EUV Vertrag über die Europäische Union. Auch als Vertrag von Maastricht bezeichnet, der 1992 unterzeichnet wurde und neben Änderungen für den E(W)GV und EAGV den Gründungsakt der Europäischen Union beinhaltet. F FAO Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der UNO. Aufgabe ist die Förderung von Produktion und weltweiter Verteilung von landwirtschaftlichen Produkten und Nahrungsmitteln. Freihandelszone Gebiet innerhalb eines oder mehrerer Länder, in dem Zölle und sonstige Handelsbeschränkungen abgeschafft sind (zB EFTA, EWR, NAFTA). Im Gegensatz zu einer →Zollunion können die Mitgliedstaaten weiterhin die Zolltarife gegenüber Drittstaaten selbstständig bestimmen. Zur Verhinderung der Einschleusung von Drittstaatswaren über einen Mitgliedstaat mit niedrigen Zöllen und der dadurch entstehenden wirtschaftlichen Nachteile für die anderen Mitgliedstaaten werden →Ursprungsregeln aufgestellt. Die Freihandelszone ist gegenüber einer →Zollunion, einer →Wirtschaftsunion und einer →Wirtschafts- und Währungsunion eine losere Form der wirtschaftlichen Integration. Fusion (s Verschmelzung) G GATS General Agreement on Trade in Services, das mit der WTO 1995 eingeführt wurde. Wie das →GATT und das →TRIPS ein multilateraler völkerrechtlicher Vertrag. Regelt den grenzüberschreitenden Handel mit Dienstleistungen mit dem Ziel der Liberalisierung. GATT General Agreement on Tariffs and Trade. Das GATT ´47 war nur ein Provisorium zur Liberalisierung des Welthandels, das durch das GATT ´94 abgelöst wurde. Gemischtes Abkommen → Abkommen, gemischtes

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Globalisierung Prozess der politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Vernetzung mit einer Tendenz zur Beschleunigung dieser Vorgänge. Wichtigste Antriebskräfte sind die Wirtschaft und Technologie. GPA Übereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen (Agreement on Government Procurement). Plurilaterales Abkommen im Rahmen der WTO, das den Signatarstaaten Zugang zum öffentlichen Beschaffungsmarkt der anderen unterzeichnenden Staaten gewährt. H Hardcore-Kartell Vereinbarung zwischen Unternehmen, die auf die Einschränkung oder Ausschaltung des Wettbewerbs gerichtet ist. Ziel ist va die Erhöhung der Preise und Profite für die beteiligten Unternehmen ohne dafür eine Mehrleistung zu bringen (zB Festlegung von Preisen, Beschränkung von Produktionsmengen, Marktaufteilung). I ICN (International Competition Network) Internationales Netzwerk von nationalen Wettbewerbsbehörden. Gegründet 2001 als virtuelle Organisation ohne ständiges Sekretariat mit den Zielen der Vereinfachung und Systematisierung der Kooperation zwischen Wettbewerbsbehörden bei grenzüberschreitenden Fällen, der Förderung einer freiwilligen Konvergenz bei verfahrensrechtlichen und materiellen Regeln sowie der Entwicklung und Publikation von „best practices“. ICSID (International Center for Settlement of Investment Disputes) Internationales Zentrum für die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten. Das ICSID wurde durch ein Übereinkommen von 1965 als ein Teil der →Weltbankgruppe gegründet. Es hält Regeln (zB Verfahrensrecht) für die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zwischen ausländischem Investor und Gastgeberland bereit und übernimmt die administrative Unterstützung, ist aber selbst kein Schiedsgericht. IEP-Übereinkommen Übereinkommen über ein Internationales Energieprogramm vom 18.11.1974. Verpflichtet die Vertragsstaaten im Rahmen eines Systems der Selbstversorgung mit Öl für Notstände ausreichende Reserven zu unterhalten. Umgesetzt in Österreich mit dem Erdöl-Bevorratungs- und Meldegesetz 1982. Inflation Ständiger oder länger anhaltender Prozess der Geldentwertung, der sich durch eine allgemeine Erhöhung des Preisniveaus für Waren und Dienstleistungen bemerkbar macht. Die Kaufkraft des Geldes verringert sich dementsprechend stetig, man muss immer mehr für ein und dieselbe Leistung bezahlen. Je nach Zuwachsrate des Preisniveaus unterscheidet man schleichende, galoppierende oder Hyperinflation. Integration, wirtschaftliche Zusammenschluss nationaler Wirtschaftsräume zu einem übernationalen Wirtschaftsraum. Folgende Integrationsstufen werden unterschieden: →Freihandelszone, →Zollunion, →Wirtschaftsunion, →Wirtschafts- und Währungsunion. ITO (International Trade Organization) Internationale Handelsorganisation, die nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet werden sollte, allerdings nie zustande kam. Vorläufig in Kraft blieb das →GATT ´47.

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K Kartell Als Kartelle gelten alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs bezwecken oder bewirken (§ 1 Abs 1 KartG 2005, Art 81 EGV). Für Kartelle gilt das Verbotsprinzip. Keynesianismus Wirtschaftspolitische Schule, nach der durch staatliche Beeinflussung der Gesamtnachfrage im Wege der Fiskal- und Geldpolitik Vollbeschäftigung gesichert und Konjunkturschwankungen abgefedert werden sollen. Nach der grundlegenden Theorie der antizyklischen Fiskalpolitik sollen die im Zuge der staatlichen Kriseninterventionen entstehenden öffentlichen Defizite (deficit spending, zB kreditfinanzierte Ausgabenerhöhung bei schwacher privatwirtschaftlicher Nachfrage) durch Überschüsse in prosperierenden Phasen ausgeglichen werden. Der Keynesianismus geht also nicht davon aus, dass sich der Markt selbst regulieren kann. Begründer ist der britische Nationalökonom John Maynard Keynes. Konzern Zusammenfassung rechtlich selbständiger Unternehmen zu wirtschaftlichen Zwecken unter einheitlicher Leitung. L Liberalisierung Allgemein die Aufhebung von Hemmnissen für den Güter-, Dienstleistungs- und Personenverkehr. Steht nunmehr auch für Deregulierung (Rücknahme staatlicher Eingriffe in den Wirtschaftsprozess) und Privatisierung. Liberalismus Staats-, Wirtschafts- und Gesellschaftsauffassung, die die Freiheit des Einzelnen in den Vordergrund stellt. In politischer Hinsicht richtete sich der Liberalismus im 18. und 19. Jhdt gegen den absolutistischen Obrigkeitsstaat durch die Forderung eines Verfassungs- und Rechtsstaats, der die Freiheitsrechte (insb Vertragsfreiheit, Gewerbefreiheit) des Einzelnen sichern sollte. In wirtschaftlicher Hinsicht richtete er sich gegen den merkantilistischen Dirigismus sowie die ständischen Vorrechte (insb Privilegien des Adels) und forderte im Wesentlichen das freie Spiel der Marktkräfte („laissez faire“) und den Freihandel zwischen den Staaten. LLDC (Least Developed Countries) Am wenigsten entwickelte Länder. Die Klassifizierung ergibt sich ua aus dem BIP, der Lebenserwartung, Kalorienversorgung, Alphabetisierungsrate und Bevölkerungszahl. Derzeit sind etwa 50 Länder LLDC´s, 34 davon in Afrika. M Markt Im weiten wirtschaftswissenschaftlichen Sinn der Ort des Zusammentreffens von Angebot und Nachfrage, auf dem der Preis gebildet und der Tausch vollzogen wird. Marktabgrenzung Feststellung des relevanten Markts (insb beim Kartellrecht). Der Markt wird in räumlicher, sachlicher und zeitlicher Hinsicht va aus der Sicht der Marktgegenseite abgegrenzt.

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Marktbeherrschung Weitgehende Unabhängigkeit eines Unternehmers vom Wettbewerb, die ihn in die Lage versetzt, sein Verhalten einseitig gestalten zu können. Ein Marktbeherrscher ist idR gegenüber dem Verhalten seiner Kunden, aber auch gegenüber dem seiner Konkurrenten unempfindlich. Marktversagen Ein Versagen des Markts liegt allgemein vor, wenn der Wettbewerb seine Funktionen (Allokation, Distribution, Innovation, etc) nicht mehr voll erfüllen kann. Ursachen für ein Marktversagen sind ua Monopole und Wettbewerbsbeschränkungen zwischen Marktteilnehmern. Marktwirtschaft Wirtschaftssystem, in dem alle relevanten wirtschaftlichen Entscheidungen von Privaten (Unternehmer und Verbraucher) getroffen werden. Die Koordinierung von Angebot und Nachfrage erfolgt anders als bei der →Zentralverwaltungswirtschaft nicht über den Plan, sondern über den Markt. Dadurch soll eine optimale Allokation und Distribution der Waren und Dienstleistungen gewährleistet werden. Dem Staat obliegt dabei die Schaffung der notwendigen Rahmenordnung (Wirtschaftsfreiheiten, Wettbewerbsrecht) und die Rolle des Ordnungshüters (Durchsetzung der Regeln). Meistbegünstigung (MFN, most-favoured-nation) Jedes Mitglied der WTO muss die günstigen Bedingungen, die es einem anderen Mitglied gewährt, unverzüglich und bedingungslos auch den restlichen Mitgliedstaaten gewähren. MIGA (Multilateral Investment Guarantee Agency) Multilaterale Investitions-Garantie-Agentur. Die MIGA wurde als Teil der →Weltbankgruppe 1988 durch eine Konvention gegründet. Primäres Ziel ist die Absicherung von ausländischen Investitionen gegen politische oder „non-commercial-risks“ wie Enteignungen, Krieg und innere Unruhe, Vertragsbruch. Darüber hinaus berät sie Regierungen, insb der Entwicklungsländer, und stellt investitionsrelevante Informationen bereit. Multilateral Allgemein die Beziehung zwischen mehr als zwei Vertragsparteien. N Neoliberalismus Steht für die →Liberalisierung der Märkte und des grenzüberschreitenden Waren-, Personen- und Dienstleistungsverkehrs und für die Beschränkung des Staats auf die Herstellung günstiger Rahmenbedingungen. Nichttarifäre Handelshemmnisse (NTBs, non-tariff-barriers) Hemmnisse, die keine Zölle sind, aber ebenso den Marktzutritt verhindern bzw erschweren (zB Importquoten, besondere Verwaltungsgebühren, Zertifikate, medizinische Kontrollen). Sie basieren va auf den Eigenschaften von bestimmten Produkten und Dienstleistungen und sind dazu geeignet, den Wettbewerb zwischen inländischem und ausländischem Produkt zu verzerren bzw zu hindern. O OECD (Organization for Economic Co-operation and Development) Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung mit Sitz in Paris. Als Nachfolgerin der OEEC (Organization for European Economic Co-operation) 1961

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gegründet. Aufgabe ist die Koordinierung und Intensivierung der Wirtschafts- und Entwicklungspolitik. ÖIAG (Österreichische Industrie Holding AG) Beteiligungs- und Privatisierungsagentur, die aus der Österreichischen Industrieverwaltungs-GmbH (ÖIG) hervorgegangen ist. Oligopol Bezeichnet einen Markt mit wenigen Anbietern und einer großen Zahl von Nachfragern (Angebotsoligopol) oder mit wenigen Nachfragern und vielen Anbietern (Nachfrageoligopol). OPEC (Organization of the Petroleum Exporting Countries) 1960 gegründete Organisation Erdöl ausführender Länder, die ein → Rohstoffkartell bildet. P Paritätische Kommission (für Preis- und Lohnfragen) Zentrale Einrichtung der →Sozialpartnerschaft. Kennzeichen sind die paritätische Besetzung der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite durch die vier Interessensvertretungen (Wirtschaftskammer, Landwirtschaftskammer, Arbeiterkammer, ÖGB), Einstimmigkeit der Beschlussfassung und Nichtöffentlichkeit. Obwohl sie auf keiner gesetzlichen Grundlage beruht, ist die Paritätische Kommission faktisch für die staatliche Wirtschaftspolitik unumgänglich, da die legistischen Maßnahmen zu ihrer Wirksamkeit häufig der Sanktionierung durch die Paritätische Kommission bedürfen. Insb mit dem Beitritt zur EU und der Veränderung der Parteienlandschaft schwindet die Bedeutung der Paritätischen Kommission und mit ihr die der Sozialpartnerschaft. Planwirtschaft → siehe Zentralverwaltungswirtschaft. Positive Comity, Prinzip der Prinzip nach dem Land A das Land B ersucht, Wettbewerbsbeschränkungen zu verfolgen, die ihren Ursprung in B, aber ihre Wirkungen (auch) in A haben. Dabei sollen die Wettbewerbsgesetze des um die Verfolgung ersuchten Staates (B) zur Anwendung kommen. Eine exterritoriale Anwendung des Wettbewerbsrechts des Landes A ist somit nicht mehr notwendig. Präferenzsystem Instrument der Außenhandelspolitik, mit dem sich bestimmte Staaten gegenseitig wirtschaftlich günstige Zugeständnisse einräumen (zB Präferenzzoll). Protektionismus Bezeichnung für Maßnahmen in Bezug auf ökonomische Sachverhalte, die ein Staat ergreift, um die Handelsströme zu seinem eigenen Vorteil künstlich zu lenken. Insb sollen inländische Unternehmer am eigenen Markt gegenüber ausländischen geschützt (zB durch hohe Zölle) und die heimische Wirtschaft angekurbelt werden. Der Protektionismus steht im Gegensatz zur Forderung nach globalem Freihandel. R Regulierung Allgemein alle staatliche Regeln, die in die Privatautonomie eingreifen, um Marktversagen zu korrigieren oder gemeinwirtschaftliche Ziele durchzusetzen. Bedeutung kommt der Regulierung auch bei der Schaffung von Wettbewerb zu, etwa indem neuen Anbietern der Marktzutritt ermöglicht wird.

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Rohstoffabkommen Abkommen zwischen Erzeuger- und Verbraucherländern über Produktion, Exportmengen und Preise von bestimmten Rohstoffen. Dient der Garantie angemessener und stabiler Preise zugunsten der Erzeugerländer sowie der gleich bleibenden Versorgung der Verbraucherländer mit den benötigten Rohstoffen. Rohstoffkartell Abkommen zwischen Exportstaaten, die mit dem Ziel abgeschlossen werden, die Angebotsseite zu kontrollieren. S Schnittstelle Teil eines Systems, das dem Austausch mit anderen Systemen dient. Sozialpartnerschaft Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeberverbänden und Arbeitnehmervertretungen (Wirtschaftskammer, Landwirtschaftskammer, Arbeiterkammer, Gewerkschaft). In Österreich insb auch Kooperation mit der Regierung, va im Bereich der Einkommenspolitik und der Koordinierung konjunktureller Maßnahmen. Besondere Bedeutung kommt dabei der →Paritätischen Kommission zu. SPS (Agreement on the Application of Sanitary and Phytosanitary Measures) Sonderübereinkommen im Rahmen der →WTO über die Anwendung der gesundheitspolizeilichen und pflanzenschutzrechtlichen Maßnahmen. Dient va der Minimierung von nachteiligen Auswirkungen derartiger Vorschriften auf den internationalen Handel. T TRIPS Trade Related Aspects of Intellectual Property Rights. Das TRIPS-Abkommen wurde mit dem GATS und der WTO 1995 eingeführt. Es umfasst Immaterialgüterrechte und regelt Minimalanforderungen an den Schutz geistigen Eigentums, richtet sich aber auch gegen Schranken des internationalen Wirtschaftsverkehrs, die durch Immaterialgüterrechte entstehen können. U UNCTAD (United Nations Conference on Trade and Development) Welthandels- und Entwicklungskonferenz der Vereinten Nationen mit Sitz in Genf. Die UNCTAD wurde 1964 mit dem hauptsächlichen Ziel der Förderung des Handels zwischen Industrie- und Entwicklungsländern als ständiges Organ der Generalversammlung der UNO eingerichtet. Unternehmen Im gemeinschaftsrechtlichen, wettbewerblichen Sinn jede wirtschaftlich tätig werdende Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform oder ihrer Finanzierungsart. Ursprungsregeln Vorschriften zum Zweck der Ursprungskennzeichnung von Waren, mit denen die „wirtschaftliche“ Staatszugehörigkeit einer Ware festgestellt wird. Der nichtpräferenzielle Ursprung ist die Grundlage für die Anwendung zahlreicher handelspolitischer Maßnahmen (zB Zölle, Kontingente). Der präferenzielle Ursprung begründet die Gewährung von Begünstigungen oder Verkehrsfreiheiten (zB Zollbefreiung). Ursprungsregeln haben besondere Bedeutung in wirtschaftlichen Integrationsräumen, da anhand dieser

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Glossar

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Güter der Mitgliedstaaten von Drittlandsgütern, denen die Begünstigungen der wirtschaftlichen Integration idR nicht zugute kommen, unterschieden werden können. V Verbändestaat Bezeichnet die enge Verflechtung von Wirtschaftsverbänden und Politik. Erstere nehmen eine besondere Stellung bei der politischen Willensbildung und Entscheidungsfindung ein. In Österreich übt va die →Sozialpartnerschaft diese Funktion aus. Verhaltenskodex Bezeichnung für eine idR unverbindliche und freiwillige Vereinbarung, sich in einer bestimmten Weise zu verhalten. Verschmelzung (auch Fusion) Unterschieden werden die Verschmelzung zur Aufnahme und die Verschmelzung zur Neugründung: Bei ersterer Form der Verschmelzung wird das Vermögen eines oder mehrerer Rechtsträger als Ganzes auf einen bereits bestehenden anderen Rechtsträger übertragen. Bei der Verschmelzung durch Neugündung übertragen zwei oder mehrere Rechtsträger ihr Vermögen jeweils als Ganzes auf einen neuen, von ihnen dadurch gegründeten Rechtsträger. W Weltbankgruppe Besteht aus der Internationalen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (IBRD), der Internationalen Entwicklungsorganisation (IDA), der Internationalen FinanzKooperation (IFC), der Multilateralen-Investitionsgarantie-Agentur (→MIGA) und dem Internationalen Zentrum für die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (→ICSID). Wirtschaftsordnung Bezeichnung für die politische und rechtliche Form der wirtschaftlichen Abläufe innerhalb eines Staates. Ausprägungen sind etwa Liberalismus bzw Neoliberalismus, Merkantilismus, Sozialismus, Kommunismus und entsprechende Mischformen (zB soziale Marktwirtschaft). Wirtschaftsunion Erweitert eine →Zollunion um die freie Mobilität aller Produkte und Produktionsfaktoren und um die Harmonisierung der nationalen Wirtschaftspolitiken. Wirtschafts- und Währungsunion Die →Wirtschaftsunion wird um eine gemeinsame Währung und eine gemeinsame Geldpolitik erweitert. WTO (World Trade Organization) Welthandelsorganisation. Gegründet am Ende der GATT-Uruguay-Runde 1994. Internationale Organisation mit eigener Struktur, die das Dach für die multilateralen Verträge →GATT ´94, →GATS, →TRIPS und →DSU sowie für weitere plurilaterale Verträge bildet.

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Glossar Z

Zentralverwaltungswirtschaft (Planwirtschaft) Im Gegensatz zur →Marktwirtschaft wird hier der Markt durch den Plan ersetzt (Planwirtschaft). Die Zuteilung der Betriebsmittel und Arbeitskräfte an Unternehmen sowie die Produktion und der Verbrauch (die Verteilung) werden weitgehend zentral von der Regierung durch staatliche Planung bestimmt. Ziel ist eine „gesamtwirtschaftliche Optimierung“ durch Aufstellung eines Produktionsplans unter Berücksichtigung der Informationen über die Bedürfnisse der Menschen sowie der vorhandenen Produktionsfaktoren und -verfahren. Aus dem gesamtwirtschaftlichen Plan leiten sich die Produktionspläne für die einzelnen Betriebe ab, die hierarchisch in die Wirtschaftsorganisation des Staats eingebunden sind. Voraussetzung der Steuerung der Produktion und Verteilung ist insb das Staatseigentum an den Produktionsfaktoren. Für die Zentralverwaltungswirtschaft haben sich als Probleme erwiesen: Mangelnde Flexibilität gegenüber inneren und äußerenVeränderungen, mangelnde Konkurrenzfähigkeit der eigenen Produkte, fehlende Anreize für Innovationen und effiziente Produktion, Begrenztheit der Planungsmöglichkeiten, etc. Zollunion Wie in einer →Freihandelszone werden interne Handelshemmnisse beseitigt. Darüber hinaus übertragen die Mitgliedstaaten ihre Kompetenz zur Festlegung des Außenzolls auf ein idR supranationales Organ der Union (gemeinsamer Außenzoll gegenüber Drittstaaten).

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K) Sachregister Die Zahlen verweisen auf die Seiten

A Abkommen –, gemischte 88, 403 –, multilaterale 42, 47, 52, 66, 75, 81, 159 –, plurilaterale 66, 75, 164, 269 Abkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS) 44, 65, 66, 68 f, 71, 72, 73, 75, 76, 79, 88, 221, 410 Absolutismus 302, 407 acquis communautaire 55, 403 Adoui und Cornuaille 122 AETR 137 Agenda 2000 370 Agrarmarktordnungen –, AMA 364, 368 –, Begriff 366 – der EG 365 ff –, Interventionspreis 367 –, nationale 28, 356 –, Ziele 28, 366 Agrarmarktpolitik 28, 370 Agrarstrukturpolitik 28, 370 Aids-Test 100 AKP-Staaten 53 AKZO 191, 196 Albany 175 Alcoa 169 Alles-oder-Nichts-Prinzip 185 allgemeine Gewerbesperre 23

Allgemeines Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen (GATS) 44, 66, 68, 71, 72, 73, 75, 76, 79, 86, 88, 393, 405 Allgemeines Präferenzsystem 76 f Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen (GATT) 4, 19, 38, 42 ff, 50 f, 66, 67, 71 ff, 86 f, 88, 89, 133, 230, 269 Almelo 382 Altmark Trans 249 ff ancillary restraints 181 f, 206 anfechtbare Subvention 231 Angonese 104 f, 123 Anlagenrecht 13 Antidumpingrecht 81 Antisubventionsrecht 80f, 133 Antragsprinzip im kartellrechtlichen Verfahren 217 Anwendungsvorrang 84 f, 91, 103, 136 AOK Bundesverband 177 Arbeitnehmerfreizügigkeit 122 f Arbeitsruhegesetz 323 Arbeitszeitgesetz 323 ARG s Arbeitsruhegesetz Arzneibuch –, europäisches 319 –, österreichisches 319 Arzneimittelgesetz 319 f Ausbeutungsmissbrauch 194 f Ausfuhrpolitik 27, 130 Außenhandelslenkung 27, 360

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Sachregister

Austrian Industries AG 33 Auswirkungsprinzip 173 f autonome Geltung des Gemeinschaftsrechts 135 AZG s Arbeitszeitgesetz B Bananenstreit 72, 89, 101 Banchero 116 Banco Exterior 260 Bankenaufsicht 336 ff Bau-, Liefer- und Dienstleistungskoordinierungsrichtlinie 270, 276 ff Baukonzession 283 Bedarfsprüfung 20, 29 f Beentjes 274 f, 276 beggar-thy-neighbour-Politik 38, 403 f Behinderungsmissbrauch 195 f Beihilfenrecht 228 ff –, Aufgabe 229 f –, EG-Beihilfenrecht 232 ff – –, Beihilfenverbot des Art 87 Abs 1 EGV 236 ff – – –, Ausnahmen 257 ff – – –, Begünstigung 243 ff – – –, Handelsbeeinträchtigung 254 f – – –, Selektivität 241 ff – – –, Spürbarkeit 255 – – –, Staatlichkeit 238 ff – – –, Wettbewerbsverfälschung 254 – –, Durchführungsverbot 261 f – –, EG-Beihilfenpolitik 232 f – –, Instrumente 234 ff – –, Notifizierungspflicht 261 – –, Rechtsfolgen und Rechtsschutz 263 ff – –, Verfahren 259 ff – – –, präventives Verfahren 261 ff – – –, repressives Verfahren 260 f

–, internationales Subventionsrecht 229, 230 f – –, Begriff der Subvention 230 – –, Verfahren und Rechtsfolgen 231 – – –, Track I-Verfahren 80 f, 231 – – –, Track II-Verfahren 81, 231 –, nationales Subventionsrecht 230 Beitrittsassoziierungen 53 Berufsausübungsmodalitäten 108, 117 Beschleunigungsrichtlinie 384 f Beschränkungsverbot 105, 114, 117 Bestbieterprinzip 294 f Bewirtschaftung 9, 12, 13, 19, 23, 28, 356, 358, 362, 402 Bilanzgruppensystem 386 f Billigstbieterprinzip 294 f Binnenmarkt, europäischer –, Entwicklung 50 f –, und Grundfreiheiten 85, 98, 102 ff –, und Rechtsangleichung 125 –, und Wettbewerbsrecht 159 f Bosman 104 Boussac 263 Börsenkrach 20 Branntweinmonopol 31, 106, 116, 382 Brasserie 140 Bretton Woods, System von 42, 44, 46 Buchpreisbindung 165, 212 f Bundeskartellanwalt 217 f Bundesvergabeamt 282, 297 f Bundesvergabegesetz 2006 270, 281 ff Bundeswettbewerbsbehörde 165, 185, 211, 214, 216 ff, 227 Bündeltheorie 180 BVA s Bundesvergabeamt BVergG 2006 s Bundesvergabegesetz 2006

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BZG s Sonn- und FeiertagsBetriebszeitengesetz C Carbotermo 278 Cassis de Dijon 106, 108, 115, 125 f, 223 Centros 120 f Chiquita-Bananen 189 f, 192 f, 194 f, 196 f Chronopost 253 Ciola 117 Commercial Solvents 173 Coname 274, 276 Consten/Grundig 163, 176 Corbeau 382 Costa/ENEL 135 f Courage 156, 187 CPV s Gemeinsames Vokabular für das öffentliche Auftragswesen

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Direktwirkung, indirekte 89, 273 Diskriminierungen –, direkte 105, 113, 117 –, indirekte 105 f, 113 f, 117 Diskriminierungsverbote –, gemeinschaftsrechtliche 98, 100, 104, 105 f, 108 f, 113 f, 116, 120, 122, 140, 145, 160, 187, 194 f, 229, 237, 257 f, 269, 274 f, 284, 286, 380, 387 –, internationale 43, 64 f, 71, 72, 73, 78, 79 –, nationale 107, 289, 291, 388 DMT 242 Doha-Runde 67, 69, 74, 83, 159 doppelte Bindung 100, 107, 282 DSU s Vereinbarung über die Regeln und Verfahren zur Streitbeilegung Durchführungsprinzip 173 Düngemittelgesetz 316

D Daseinsvorsorge 10, 21, 31, 34, 152, 172, 246, 250, 252, 335, 343, 373, 379, 381 ff Dassonville 114 de minimis-Privileg 165, 182, 255, 259, 261 deficit spending 29, 357, 407 Delimitis 180 Demokratisches Prinzip 143 f Deutsches Eigentum 25, 32 Devisenbewirtschaftung 27 f Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse 157, 171 f, 233, 236, 248 ff, 381 ff Dienstleistungsfreiheit 116 ff Dienstleistungskonzession 274, 275, 276 f, 282, 283 f DienstleistungsRL 118 f Dior und Layher 89

E EAG s Europäische Atomgemeinschaft EAGFL s Europäischer Ausrichtungsund Garantiefonds für die Landwirtschaft ECN s Netzwerk der europäischen Wettbewerbsbehörden EEA s Einheitliche Europäische Akte effects doctrine 168 f effet utile 97, 137 Effizienzgebot 5, 140, 145, 187, 268, 332, 355, 401 – für Unternehmen der Daseinsvorsorge 250 f

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EFRE s Europäischer Strukturfonds für regionale Entwicklung EFTA s Europäische Freihandelsassoziation EG s Europäische Gemeinschaft EGKS s Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl Eigentumsfreiheit 146 Einheit des Wirtschaftsgebiets 145 Einheitliche Europäische Akte 51, 95 einheitlicher institutioneller Rahmen 90 einheitliches Währungs-, Wirtschafts- und Zollgebiet 145 Einheitsabkommen, Prinzip des 44 Elektrizitäts-Binnemarktrichtlinie 384 Elektrizitätswirtschaft 32, 35, 46, 384 ff –, Aufsicht 345 f, 397 f –, Elektrizitätsversorgung als Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse 248, 382 –, Verstaatlichung 32, 384 Elektrizitätswirtschafts- und organisationsgesetz 394 f ELWOG s Elektrizitätswirtschafts- und organisationsgesetz Empfehlungskartelle 211 enabling clause 77 EnergielenkungsG 28, 361 Enirisorse 239 Entwicklungsassoziierung 53 Entwicklungsländer –, Begünstigung 43, 76 f, 80, 401 –, Lomé-Abkommen/Cotonou 53 –, und Doha-Runde 69 f, 74 –, und IWF/Weltbankgruppe 46 f –, und TRIPS 68 f

Erdöl-Bevorratungs- und MeldeG 28, 362 ERP s European Recovery Program Erster Weltkrieg 2, 9, 21 f, 25 Erwerbsfreiheit, Grundrecht der 146 ESF s Europäischer Sozialfonds essential facilities 195, 385 ESZB s Europäisches System der Zentralbanken EU s Europäische Union EU-Nachtarbeits-Anpassungsgesetz 323 f Eucken, Walter 38, 155 EuGH s Europäischer Gerichtshof Europaabkommen 53, 269 Europarat 42 Europäische Atomgemeinschaft 51, 90 f Europäische Freihandelsassoziation –, Beziehungen zur EG 54 f –, Gründung 53, 404 –, Ziele 53 f Europäische Gemeinschaft – als Mitglied der WTO 52, 62, 67, 70, 72 f, 77, 78, 81, 86 ff, 133 – als supranationale Organisation 90 ff, 135 f –, außenpolitische Dimension 52 f –, Beziehungen zur EFTA 54 f –, Entwicklung 51 f –, Kompetenzverteilung zwischen EG und Mitgliedstaaten 136 ff –, Organe 93 f –, Organisation 90 ff –, Ziele 96 f Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl –, als sektorale Integration 50 f –, in der ersten Säule der Union 51

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– und GATT ´47 50 f Europäische Union –, Rechtsnatur 90 –, Tempelkonstruktion 90 ff –, Vertrag über 51 f –, Ziele 91, 96 Europäische Wirtschaftsgemeinschaft 42, 45, 50 f, 53 f, 86 f, 109 Europäische Zentralbank 52, 129, 139, 356, 357, 391, 405 Europäischer Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft 368 europäischer Binnenmarkt s Binnenmarkt, europäischer Europäischer Gerichtshof 94 Europäischer Rat 90 Europäischer Rechnungshof 90 Europäischer Sozialfonds 369 Europäischer Strukturfonds für regionale Entwicklung 369 Europäischer Wirtschaftsraum –, Gründung 52, 55 –, Ziel 55 Europäisches System der Zentralbanken 52, 94, 129, 139, 356, 357, 390 f, 405 Europäisches Währungssystem 45 European Recovery Program 25, 55 f EUV s Vertrag über die Europäische Union EWG s Europäische Wirtschaftsgemeinschaft EWR s Europäischer Wirtschaftsraum EWS s Europäisches Währungssystem EZB s Europäische Zentralbank

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F Fachaufsichtsorgane 9, 331 Fantask 140 Fernsehrichtlinie 222, 320 Finanzierung des öffentlichrechtlichen Rundfunks 232, 239 f, 241, 243, 250 f Finanzmarktaufsichtsbehörde 209, 336, 337, 338, 339 Fischler-Reform 370 Fiskalpolitik 128, 129, 356 f, 407 Floaten der Wechselkurse 45 FMA s Finanzmarktaufsichtsbehörde Forsthoff 21 Franzén 116 Französische Landwirte 107 f Freihandel – als Forderung des Neoliberalismus 40, 71 – und internationale Arbeitsteilung 3, 43 – und Selbstbeschränkungsabkommen 80 –, weltweiter 37 f, 42, 43, 44, 67, 82 f, 409 Freihandelsabkommen 43, 52, 53 ff, 57, 404 Freihandelszone 51 ff, 72, 81, 86, 112, 131, 404, 405, 406, 412 Fremdsteuerung, staatliche 8, 14 Friedman, Milton 38, 41 Fusionskontrolle –, Aufgabe 163 f – nach dem KartG 2005 214 ff – nach der FKVO 200 ff – –, gemeinschaftsweite Bedeutung 203 f – –, wettbewerbsbeschränkende Nebenabreden 206 f – –, Zusammenschlüsse 201 ff

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–, one-stop-shop 170, 177, 201, 206, 210, 215 f Führerprinzip 23 f G GAP s Gemeinsame Agrarpolitik GASP s Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik Gaston Schul 98 GATS s Allgemeines Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen GATT s Allgemeines Zoll- und Handelsabkommen GE/Honeywell Merger 170 gegenseitige Anerkennung, Pflicht zur 125 f Gemeinsame Agrarpolitik 367 Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik 51, 90, 92 Gemeinsame Handelspolitik 27, 85, 98, 109, 129 ff, 133 Gemeinsamer Zolltarif 87, 109, 111 f, 129 Gemeinsames Vokabular für das öffentliche Auftragswesen 292 f Gencor 173 f Genossenschaftsprivileg 212 GentechnikG 30, 315 f gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht 29, 141, 357 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 222, 224 ff Gesetzesbegriffe, unbestimmte 15 Gewerbefreiheit 19, 20, 23, 29, 307, 325 Gewerbeordnung 12, 20, 29 f, 306, 321, 325 –, Novelle 1883 20 –, Novelle 1907 20

–, Novelle 1952 29 –, Novelle 1992 30 –, Novelle 2002 30, 308 –, Novelle 2005 320 Gewerbesperre 23, 29 GHP s Gemeinsame Handelspolitik Gläubigerschutz 9, 30 Globalisierung 37, 83, 406 – privater Wettbewerbsbeschränkungen 159 – und wirtschaftliche Entwicklung 37 f Gold-Dollar-Standard 44 f GPA s Übereinkommen über das öffentliche Auftragswesen Grundfreiheiten –, als Beschränkungs- und Diskriminierungsverbote 105 f –, als Funktionsgarantie der offenen Marktwirtschaft 102 –, als subjektive Rechte 104 –, als Unterbindungspflichten 107 f –, Arbeitnehmerfreizügigkeit 122 f – –, Anwendungsbereich 123 – –, UnionsbürgerRL 123 –, Begriff 102 f –, Dienstleistungsfreiheit 116 ff – –, Anwendungsbereich 117 f – –, Begriff der Dienstleistung 117 f – –, DienstleistungsRL 118 f –, Gemeinsamkeiten 103 ff –, Grenzen 108 f –, Grenzüberschreitung 106 f –, Kapitalverkehrsfreiheit 123 f – –, Anwendungsbereich 124 –, Niederlassungsfreiheit 119 ff – –, Anwendungsbereich 121 f –, Warenverkehrsfreiheit 109 ff – –, Anwendungsbereich 110 – –, Begriff der Ware 110 – –, Umformungspflicht für staatliche Handelsmonopole 115 f

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– –, Verbot diskriminierender Abgaben 112 f – –, Verbot mengenmäßiger Beschränkungen und Abgaben gleicher Wirkung 113 ff – –, Zollunion 111 Grundrechte –, in der EG 98 ff –, in der österreichischen Verfassung 146 f Grundsatz der parallelen Anwendung 176 Grundzüge der Wirtschaftspolitik, Empfehlung über die 128 GT Link 248 Gutachten 1/94 88, 137 GZT s Gemeinsamer Zolltarif H Handelsbezogene Umweltmaßnahmen 78 Handelshemmnisse –, nichttarifäre 40, 43, 67, 69, 71, 74 ff, 109, 113, 130 f, 313, 368, 408 –, tarifäre 40, 43, 67, 71, 74, 109 Handelsmonopole, staatliche –, Umformungspflicht 115 f, 380 Hauer 100 Haushaltsdefizit 128 Hayek, Friedrich 38 Helsinki Bus 267 Herkunftslandprinzip 118 f Hoechst 100 Hoheitsverwaltung 5, 9, 22, 304, 376 Höfner und Elser 174 I ICSID s Internationales Zentrum für die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten

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IDA s Internationale Entwicklungsorganisation IEP-Abkommen 28, 361, 362 IFC s Internationale FinanzKooperation implizite Gemeinschaftskompetenzen 137 In-House-Vergabe 277 ff, 286 indirekte Direktwirkung s Direktwirkung, indirekte Inkorporation 132 f Inländerbehandlung, Prinzip der 4, 68, 73 ff, 76, 77, 80, 272 Inländerdiskriminierung 106 f Interbrandwettbewerb 181 Interessenstheorie 5 International Fruit Company 87 f, 89 Internationale Entwicklungsorganisation 47, 411 Internationale Finanz-Kooperation 47, 411 Internationaler Währungsfonds 4, 38, 41, 42, 44 ff, 47 Internationales Zentrum für die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten 47, 49, 406, 411 Intrabrandwettbewerb 181 IPPC-Richtlinie 320 IWF s Internationaler Währungsfonds K Kali und Salz 205 Kapitalverkehrsfreiheit 123 f Kartellgericht 186, 198, 210, 211, 216, 217 ff Kartellobergericht 217 Kartellrecht –, Aufgabe 162 f –, Einteilung 157, 163 f, 220

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–, europäisches/gemeinschaftsrechtliches 164 f, 171 ff, 241 – –, Anwendungsbereich 171 ff – –, Verhältnis zwischen europäischem und nationalem Kartellrecht 175 ff, 210 –, exterritoriale Anwendung 169 –, Grundsatz der parallelen Anwendung 176 –, Instrumente 163 f –, internationales 159, 164, 167 ff –, nationales 165, 209 ff – –, Anwendungsbereich 209 f – –, Verfahren 217 ff –, Rechtsgrundlagen 164 f –, Zwischenstaatsklausel 175 ff Kartellverbot –, Aufgabe 163 – des Art 81 EGV 178 ff – –, Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels 180 – –, Legalausnahmesystem 183 ff – –, Rechtsfolgen und Rechtsschutz 185 ff – –, Spürbarkeit 182 – –, Vereinbarung, Beschluss und abgestimmte Verhaltensweise 179 – –, Wettbewerbsbeschränkung 181 f – des KartG 2005 210 ff Keck 108, 115, 117, 223 Keynesianismus 38 –, Austro- 29, 357, 407 Klecatsky 5 Kodak/Fuji 168 Kohärenzgebot 90, 92 f kollektive Marktbeherrschung s Marktbeherrschung, kollektive Kommission/Spanien 379 Kommunalwirtschaft 21, 35 f, 172 Kompetenzabrundungsklausel 137 Kompetenzverteilung zwischen EG und Mitgliedstaaten 136 ff Konsens von Washington 46 Konsensprinzip 70, 82

Konsumentenschutz 9, 12, 30, 55, 60, 106, 108, 115, 125, 222, 223, 274, 312, 314, 316 f, 321, 322, 330, 349 Kontingentierungen 4, 67, 74 ff, 80, 97, 109, 113 ff, 130, 223 Konvention von Vaduz 54 Konzernprivileg 179, 202 Korea-Krise 19, 28 Kostenvorteile, komparative 40 Kriegswirtschaftliches ErmächtigungsG 21 Krisenbewirtschaftung 27 L Landes-Hypothekenbanken 391 Lauterkeitsrecht 220 ff –, Aufgaben 220 –, europäisches 223 f –, nationales 224 ff – –, Generalklausel des § 1 UWG 226 f – –, Sondertatbestände des UWG 225 –, Rechtsgrundlagen 221 Lebensmittelbewirtschaftung 360, 363 f Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz 317 Legalitätsprinzip 15, 144, 303 – und nicht-hoheitliche Verwaltung 145 Liberalismus 19 f, 41, 303 Lissabon-Strategie 118, 233 LMSVG s Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz M Maastrichter Kriterien 29 Maribel 243 Markt –, Instabilität 41 –, Selbststeuerung 13 f, 39

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–, Transparenz 41, 46, 192, 304, 312 –, Zugang 41, 68, 69 f, 71, 97, 98, 126, 153, 351, 394 – – im Rahmen der KeckRechtsprechung 115, 117 Marktbeherrschung, kollektive 191 f Marktordnungen –, Begriff 366 –, europäische 72, 130, 365 ff –, nationale 28, 172, 366 Marktstrukturmissbrauch 197 Marktwirtschaft –, Gewährleistungen der 98, 141 f, 143 –, Grundsatz der offenen 4, 61, 62, 85, 96, 97 f, 99, 102, 127, 154, 401 –, soziale 140 – und Wettbewerb 150 f, 156, 159 – und Wirtschaftsaufsicht 328 – und Wirtschaftslenkung 354 f, 356 Marshall-Plan 25, 55 f Mechanismus zur multilateralen Überprüfung der Handelspolitiken der Mitgliedstaaten 44, 66 Meistbegünstigung –, Ausnahmen 81 –, Prinzip der 4, 10, 50, 62, 66, 68, 71, 72 f, 76, 77, 272 f Mengenmäßige Beschränkungen s Kontingentierungen MFN (most favoured nation) s Meistbegünstigung MIGA s MultilateraleInvestitionsgarantie-Agentur Mill, John St. 40 Mises, Ludwig von 38 Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung, Verbot des –, Aufgaben 163 – des Art 82 EGV 189 ff – –, Beeinträchtigung des zwischenstaatlichen Handels 198

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– –, Marktbeherrschende Stellung 191 ff – –, Missbräuchliche Ausnutzung 193 ff – – –, Ausbeutungsmissbrauch 194 f – – –, Behinderungsmissbrauch 195 f – – –, Marktstrukturmissbrauch 197 – –, Rechtsfolgen und Rechtsschutz 198 f – des KartG 2005 213 f mixed economy 61 Monetarismus 39 Monnet, Jean 50 Monopole, staatliche 31, 35, 109, 115 f, 172, 210, 236, 257, 379, 380 ff, 397 Multilaterale-InvestitionsgarantieAgentur 47, 49, 408, 411 N Nachtwächterstaat 19 NahversorgungsG 217, 222 Nakajima 89 Negativlistenmodell 272 Neoliberalismus 38 ff, 71, 379 Netzwerk der europäischen Wettbewerbsbehörden 178 Niederlassungsfreiheit 119 ff no bail out-Klausel 128 Normungsorganisationen, europäische 323 O OAPEC s Organisation der arabischen Erdöl exportierenden Staaten OECD s Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OEEC s Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit

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OeNB s Österreichische Nationalbank ON s Österreichisches Normungsinstitut OPEC s Organisation Erdöl exportierender Länder Ordnungsrecht 13 Ordoliberalismus 39, 41 ORF s Österreichischer Rundfunk Organisation der arabischen Erdöl exportierenden Staaten 48 Organisation Erdöl exportierender Länder 48, 409 Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit 55 f Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung 55 f, 168, 408 f ÖBB s Österreichische Bundesbahnen Öffentliche Unternehmen –, Begriff 10, 372 ff –, Daseinsvorsorge durch 10, 158, 381 ff – der Versorgungswirtschaft – –, Bankensektor 389 ff – –, Eisenbahnverkehr 387 f – –, Elektrizitätswirtschaft 384 ff – –, elektronische Kommunikation 392 ff – –, Gaswirtschaft 387 – –, Kraftfahrlinienverkehr 389 – –, Post 395 ff – –, Regulierungsbehörden 397 ff –, Einteilung 375 ff –, Entwicklung 31 ff –, gemeinschaftsrechtliche Grundlagen 379 ff –, im funktionalen Sinn 10, 373 –, im organisatorischen Sinn 10, 373 – und Wettbewerb 158, 380 ff

Öffnungszeitengesetz 324 ÖIAG s Österreichische Industrie Holding AG ÖIG s Österreichische Industrieverwaltungs-Gesellschaft mbH Ölkrise 19, 28, 33, 38, 48 ÖNORM A 2050 270 Österreichische Bundesbahnen 388 Österreichische Industrie Holding AG 33 f, 379, 394, 396 f, 409 Österreichische Industrieverwaltungs-Gesellschaft mbH 33, 379 –, ÖIG-Gesetzesnovelle 1969 33 Österreichische Nationalbank 27, 129, 337, 357, 390 f Österreichischer Rundfunk 232, 239 f, 241, 243, 250 f Österreichisches Normungsinstitut 321 P Parallelismus der Innen- und Außenkompetenzen 137 Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums 68, 221 Parking Brixen 279 Pavlov 381 Pereux 116 Personenfreizügigkeit 149 Pflanzenschutzgesetz 316 Pflicht zur gegenseitigen Anerkennung s gegenseitige Anerkennung, Pflicht zur Piaggio 237, 242 PJZS s Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen Plurilaterale Abkommen s Abkommen, plurilaterale

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Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen 51, 90, 92 f Positivlistenmodell 272 Post 395 ff Potsdamer Abkommen 25, 32 Poucet und Pistre 175 Preisgesetz 27, 141, 313, 364 Preisregelung 9, 19, 27, 356, 358, 360, 364 f PreussenElektra 239 Prinzip der wirtschaftlichen Einheit 173 Privatautonomie 2, 6, 12, 20, 60, 61, 142, 146, 150, 154, 155, 156, 162, 355 Private Sector Development 47 Privatisierung – der verstaatlichten Großbanken 389 f – der Verstaatlichten Industrie 33, 34 – und kontrollierter Wettbewerb 35 –, Zwang zur 39 f, 46, 47, 379 Privatwirtschaftsverwaltung 5, 141, 265, 267 Produktrecht 13 Protektionismus –, neuer 38 –, staatlicher 20, 38, 409 PSD s Private Sector Development PVÜ s Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums Qu Qualitätsklassengesetz 318 f Querverbund 35

Reaganomics 41 Rebenverkehrsgesetz 316 Rechtfertigungsgründe, ungeschriebene 105, 108 f Rechtsangleichung 125 Rechtskreise, drei konzentrische 3 f, 19, 60, 62, 63, 147, 401 rechtsstaatliches Prinzip 144 f regulated third party access 385 Regulierungsbehörden –, Austro Control GmbH 397 –, Energie-Control GmbH; EnergieControl Kommission 397 –, KommAustria 398 –, Rundfunk- und Telekom Regulierungs-GmbH 398 –, Schienen-Control GmbH; Schienen-Control Kommission 398 f Regulierungsrecht 13, 334, 402 Reichsnährstand 24 Reinheitsgebot 114 Reisebüro Broede 117 relevanter Markt 166 f –, Angebots- und Nachfragesubstituierbarkeit 167 –, sachlich, räumlich und zeitlich 166 Reziprozität 62, 76, 77, 271 RGW s Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe Ricardo, David 40 Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken 223 f RL-UGP s Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken Rohstoffabkommen 47 f, 52, 410 Rohstoffkartelle 48 Röpke, Wilhelm 38

R Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe 56

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S Saatgutgesetz 315 Sacchi 250

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Sachlichkeitsgebot 5, 332 SAP s Strukturanpassungsprogramm SAP/Siemens 200, 203, 204, 206 ff Schindler 117 Schmidberger 147 Schuman-Plan 50 Schutzinstrumente, handelspolitische 80 f SCMA s Übereinkommen über Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen Sektorenrichtlinie 270, 276 ff Sekundärverteilung 39 Selbständigkeitspostulat 181 Selbstbeschränkungsabkommen 80 Seveso II-Änderungsrichtlinie 320 SFEI 252 f SIEC-Test 204 f, 216 Smith, Adam 40, 151 SMV s Sowjetische Mineralölverwaltung Sonderziehungsrechte 45 f, 410 Sonn- und FeiertagsBetriebszeitengesetz 324 Sowjetische Mineralölverwaltung 25 Sozialisierungsdebatte 22 Sozialpartnerschaft –, Bedeutung 26, 61 –, Entwicklung 23, 26 –, Krise 26 –, Paritätische Kommission für Preis- und Lohnfragen 26 Sparkassen 391 f SPS-Übereinkommen s Übereinkommen über die Anwendung gesundheitspolizeilicher und pflanzenschutzrechtlicher Maßnahmen SSNIP-Test 167 Stabilitäts- und Wachstumspakt 128 f

Stadt Halle 278 f, 280 Stadtgemeinde Mödling 278 Stardust 239 Stauder 100 Steen 107 Stockholm-Konvention 53 Storebaelt 275 Strukturanpassungsprogramm 41, 46 f Strukturprinzipien des Gemeinschaftsrechts 135 ff –, autonome Geltung 135 –, unmittelbare Anwendbarkeit 135 f –, unmittelbare Geltung 135 –, Vorrang 136 Subjektstheorie 5 Subsidiaritätsprinzip 138 SZR s Sonderziehungsrechte T Tabakmonopol 31, 116 TBT-Übereinkommen s Übereinkommen über technische Handelshemmnisse Teckal 278 ff Teilfunktionsgemeinschaftsunternehmen 202 Teilungsklausel 257 f Telaustria 275 f Territorialitätsprinzip 173 f Thatcherismus 41 Thunfisch-Delphin-Fall 78 f TPRM s Mechanismus zur multilateralen Überprüfung der Handelspolitiken der Mitgliedstaaten Transparenzrichtlinie 243, 246, 252, 374 TREMs s Handelsbezogene Umweltmaßnahmen

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Sachregister

TRIMs-Übereinkommen s Übereinkommen über handelsbezogene Investitionsmaßnahmen TRIPS-Abkommen s Abkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums U Umweltschutz 6, 9, 30, 47, 52, 401 –, im österreichischen Wirtschaftsrecht 140, 322, 325, 330, 341, 352 –, im Rahmen der EG 91, 98, 108, 115, 118, 137, 233, 258 f, 274, 359, 370 –, im Rahmen der WTO 64, 75, 77 ff unabhängige Verwaltungssenate 145, 282, 297, 299 Unbundling 386 ungeschriebene Rechtfertigungsgründe s Rechtfertigungsgründe, ungeschriebene unilaterale Effekte 204 f unilaterale Rechtsanwendung 164, 168 ff UnionsbürgerRL 123 United Brands 189 f, 191 unmittelbare Geltung des Gemeinschaftsrechts 135 UNO s Vereinte Nationen Unternehmen –, Begriff des EuGH 174 f UntersagungsG 23, 29 Ursprungsregeln 54, 55, 67, 110, 405, 410 f Uruguay-Runde 43, 67, 68, 70, 74, 77, 81 f, 88, 269, 411 USIA s Verwaltung sowjetischer Güter in Österreich

425

UVS s unabhängige Verwaltungssenate UWG s Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb Übereinkommen über das öffentliche Auftragswesen 269, 271 ff Übereinkommen über die Anwendung gesundheitspolizeilicher und pflanzenschutzrechtlicher Maßnahmen (SPS) 67, 75, 78, 410 Übereinkommen über handelsbezogene Investitionsmaßnahmen 49, 67, 73 f, 79 Übereinkommen über Schutzmaßnahmen 80 Übereinkommen über Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen 80 f, 230 f Übereinkommen über technische Handelshemmnisse 75 f, 78 Überseering 119 V van Gend & Loos 103 f, 135 Verbändestaat 23 Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung s Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung, Verbot des verbotene Subvention 231 Verbraucherschutzverbände 227 Vereinbarung über die Regeln und Verfahren zur Streitbeilegung 44, 66, 81 f, 404 Vereinigte Österreichische Eisenund Stahlwerke-Alpine Montan AG 24, 33 f Vereinte Nationen 42, 405, 410 Verfahrensgrundrechte 100 Vergabekontrollsenate 297, 299 Vergaberecht 266 ff

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Sachregister

–, Begriff des öffentlichen Auftrags 260 f –, europäisches 274 ff – –, In-House-Vergabe 277 ff – –, Primärrecht 274 ff – –, Sekundärrecht 276 f –, internationales 271 ff –, nationales 281 ff – –, Anwendungsbereich des BVergG 2006 282 ff – –, Rechtsschutz 297 ff – –, Vergabeverfahren nach dem BVergG 2006 286 ff – – –, Direktvergabe 291 – – –, dynamisches Beschaffungssystem 290 – – –, nicht offenes Verfahren 289 – – –, offenes Verfahren 288 f – – –, Rahmenvereinbarung 289 f – – –, Verhandlungsverfahren 289 – – –, wettbewerblicher Dialog 290 –, Ziele 267 f Verkaufsmodalitäten 115, 117, 223 Vermögensfreiheit 149 Versorgungswirtschaft 10, 21, 31, 34 ff, 377, 378 f, 383 ff Verstaatlichte Industrie –, Bedeutung 10, 373, 375 –, Entwicklung 31 ff –, Privatisierung 34, 389 f –, Verwaltung 32 f Verstaatlichungsgesetz –, Erstes 32, 384, 389 f –, Zweites 32, 384, 385 Vertrag über die Europäische Union –, Amsterdam 52, 93, 95, 383 –, Maastricht 51 f, 95, 129, 405 –, Nizza 52, 88, 95, 129 Vertrag über eine Verfassung für Europa 52, 90, 100 Verwaltung sowjetischer Güter in Österreich 25 Vestergaard 116 f

Vitaminkartell 159, 171, 177, 183, 185, 187 VOEST-Alpine s Vereinigte Österreichische Eisen- und Stahlwerke-Alpine Montan AG Vollfunktionsgemeinschaftsunternehmen 165, 202 f, 214 Vollziehung von Gemeinschaftsrecht –, gemeinschaftliche 139 –, mitgliedstaatliche 139 f Vorrang des Gemeinschaftsrechts 136 W waiver 50 f, 69, 77, 79 f Wanderarbeitnehmer 100 Währungspolitik –, der EG 129 Weingesetz 318 Weltbank 38, 41, 42, 44, 46 f, 411 Welthandelsorganisation 4, 40, 42 ff, 49, 52, 61, 62, 63 ff, 84, 86 ff, 129, 130, 133, 159, 167 f, 221, 229, 230 f, 255, 269, 273, 368, 393 –, Funktionen 65 ff –, Organe 65 –, Regelwerk 66 ff – –, GATS 68 – –, GATT 67 – –, TRIPS 68 –, verfassungsrechtliche Prinzipien – –, Abbau der tarifären und nichttarifären Hemmnisse 74 ff – –, Begünstigung der Entwicklungsländer 76 f – –, Inländerprinzip 73 f – –, Meistbegünstigung 72 f – –, Reziprozität 76 – –, Transparenz 79 – –, Umweltschutz 77 ff –, Ziele 64 f Weltwirtschaftskrise 22, 37, 41 f, 44

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Sachregister

Wettbewerb –, Begriff 150 f –, Beschränkungen durch den Staat und durch Private 23, 28, 80 f, 152 f –, Funktionen 151 f –, kontrollierter 35 – und Markt 8, 13 f, 39, 41, 61, 62, 71, 85, 96, 97 f, 142 f, 150 f – und öffentliche Güter 152 Wettbewerbskommission 217 Wettbewerbsrecht –, als öffentliche Aufgabe 152 ff –, Aufgaben 151 f –, Bedeutung 149 ff –, Begriff 150 f –, Einteilung 7, 157 f –, europäisches/gemeinschaftsrechtliches 34, 55, 61, 85, 91, 98, 126 f, 139, 156, 159 f, 164, 175, 176, 187, 357, 375, 381, 382 –, internationales 82, 158 f, 167 ff –, nationales 142, 160, 164, 175, 176 –, Rechtsgrundlagen 158 ff –, Schutzbereiche 155 ff –, staatengerichtetes 157 f, 160 –, unternehmensgerichtetes 157 f, 160, 220 –, Ziele 6, 8, 154 ff, 400 Wettbewerbssicherung, Recht der s Wettbewerbsrecht Wienstrom 267 WIPO s World Intellectual Property Organization Wirtschaft, Begriff der 2 Wirtschaftlichkeitsgebot 5, 357 Wirtschafts- und Währungsunion 51, 129, 411 Wirtschaftsaufsicht –, Aufgaben 6, 9, 329 f –, Begriff 9, 327 f , 329, 354 –, Bereiche 335 ff – –, Energieunternehmen

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– – –, Elektrizität 345 f – – –, Gas 346 f – – –, Rohrleitung 347 f – –, Finanzunternehmen – – –, Banken 336 f – – –, Kapitalmarkt 335 f – – –, Sparkassen/Bausparkassen 337 f – – –, Versicherungen 338 f – –, Kommunikationsdienstleistungsunternehmen – – –, Post 350 f – – –, Rundfunk 348 ff – – –, Telekommunikation 351 f – –, Verkehrsunternehmen – – –, Binnenschifffahrt 341 f – – –, Eisenbahnwesen 342 f – – –, Güterbeförderung – Straße 344 f – – –, Luftfahrt 339 f – – –, Personenbeförderung – Straße 343 f –, Entwicklungstendenzen 30 f –, Instrumente 9, 332 ff –, Organisation 330 ff, 397 Wirtschaftslenkung 9, 10, 13, 21, 23, 126, 141, 230, 317, 327 f, 353 ff –, Agrarmarktordnungen 365 ff –, Begriff 9, 353 f – direkte 9, 21, 27 ff, 354 ff – –, Energielenkung 361 – –, Erdölbevorratungs- und Meldewesen 362 – –, Lebensmittelbewirtschaftung 363 f – –, Preisregulierung 364 f – –, Versorgungssicherung 362 f – gemeinschaftsrechtliche 358 ff, 365 ff – indirekte 9, 29, 355 ff – –, Globalsteuerung 356, 357 f – –, partikuläre Lenkung 356, 357 f Wirtschaftsorganisationen –, internationale 42 ff

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Sachregister

–, regionale 49 ff Wirtschaftspolitik – der EG 52, 54, 85, 87, 96 f, 127 ff, 369 –, nationale 9, 26, 37, 39 f, 46, 73, 96, 98, 142 f, 409, 411 Wirtschaftspolizei 6, 8, 9, 10, 11, 20, 29 ff, 302 ff, 333, 400, 402 –, Begriff 303 –, Einteilung 304 f –, Entwicklungstendenzen 324 f –, personenbezogene Gefahrenabwehr 305 ff –, produktbezogene Gefahrenabwehr 310 ff Wirtschaftsrecht – als Integrativrecht 5 f – als Unternehmensrecht 4 f – der öffentlichen Hand 13 –, Begriff 1 ff, 5 f –, Eigenarten 13 ff – – als instrumentelles und bewegliches Recht 14 – – als Kompromiss 14 – –, Bipolarität 13 f – – und Legalitätsprinzip 15 –, Geltungsgrund des 3 f –, Internationalisierung 37 –, privates und öffentliches 5 f Wirtschaftsverfassung –, Begriff 8, 59 ff –, europäische 52, 62, 84 ff, 159 –, formelle 1, 61 –, gemischte 61, 140 f

– im juristischen Sinn 59 ff – im ökonomischen Sinn 59 f –, internationale 62, 63 ff, 86 ff –, liberale 19 –, materielle 8, 12, 61 –, österreichische 4, 132 ff Wirtschaftsverwaltungsrecht –, allgemeines 12 –, besonderes 12 f –, formelles 12 –, materielles 12 World Intellectual Property Organization 68 WTO s Welthandelsorganisation WWU s Wirtschafts- und Währungsunion Z Zahlungsverkehrsfreiheit 28, 102 ZBJI s Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres Zellstoff 173 Zollbindung 74 Zollunion 43, 50 f, 54, 72, 81, 86 f, 109, 111 f, 412 Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres 51, 92 f Zweiter Weltkrieg 23 f, 27, 37, 38, 41, 46 f, 49

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Besonderes Verwaltungsrecht (Springers Kurzlehrbucher Der Rechtswissenschaft)

Besonderes Verwaltungsrecht (Springers Kurzlehrbucher Der Rechtswissenschaft)

Handbuch des Fernabsatzrechts (Springers Handbucher der Rechtswissenschaft) (German Edition)

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Vergaberecht (Springers Kurzlehrbücher der Rechtswissenschaft)

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Österreichisches Strafrecht. Fälle und Lösungen (Springers Kurzlehrbucher Der Rechtswissenschaft)

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Österreichisches Finanzstrafrecht (Springers Handbücher der Rechtswissenschaft)

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Bürgerliches Recht VI. Erbrecht (Springers Kurzlehrbücher der Rechtswissenschaft) German

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Handbuch des Telekommunikationsrechts (Springers Handbücher der Rechtswissenschaft)

Handbuch des Telekommunikationsrechts (Springers Handbücher der Rechtswissenschaft)

Österreichische Privatrechtsgeschichte (Springers Kurzlehrbücher der Rechtswissenschaft)

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Allgemeines Verwaltungsrecht (Springers Kurzlehrbücher der Rechtswissenschaft)

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Osterreichisches Bankvertragsrecht: Band I: Geschaftsbeziehung (Springers Handbucher der Rechtswissenschaft) (German Edition)

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Osterreichisches Bankvertragsrecht: Band VI: Kapitalmarkt (Springers Handbucher der Rechtswissenschaft) (German Edition)

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Zivilprozessrecht: Sammlung kommentierter Fälle 3. Auflage (Springers Kurzlehrbücher der Rechtswissenschaft)

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Europaisches und offentliches Wirtschaftsrecht II, 5. Auflage (Springer Notes Rechtswissenschaft) (German Edition)

Europaisches und offentliches Wirtschaftsrecht II, 5. Auflage (Springer Notes Rechtswissenschaft) (German Edition)

Österreichisches Bankvertragsrecht: Band III: Zahlungsverkehr (Springers Handbücher der Rechtswissenschaft)

Österreichisches Bankvertragsrecht: Band III: Zahlungsverkehr (Springers Handbücher der Rechtswissenschaft)

Europäisches und öffentliches Wirtschaftsrecht II, 4. Auflage (Springer Notes Rechtswissenschaft)

Europäisches und öffentliches Wirtschaftsrecht II, 4. Auflage (Springer Notes Rechtswissenschaft)

Österreichisches Bankvertragsrecht: Band II: Konto und Depot (Springers Handbücher der Rechtswissenschaft) German

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Der Fremde (German Edition)

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Der Atem (German Edition)

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Internationales Wirtschaftsrecht

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Lehrbuch Verfassungsrecht: Grundzüge des österreichischen Verfassungsrechts für das juristische Studium (Springers Kurzlehrbücher Der Rechtswissenschaft)

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Wörterbuch der Psychotherapie (German Edition)

Wörterbuch der Psychotherapie (German Edition)

Messtechnik der Akustik (German Edition)

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Der erste Thort (German Edition)

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Osterreichisches Bankvertragsrecht: Band V: Akkreditiv und Garantie (Springers Handbucher der Rechtswissenschaft)

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Österreichisches Strafrecht. Besonderer Teil II (§§ 169 bis 321 StGB) (Springers Kurzlehrbücher der Rechtswissenschaft)

Österreichisches Strafrecht. Besonderer Teil II (§§ 169 bis 321 StGB) (Springers Kurzlehrbücher der Rechtswissenschaft)

Der logische Aufbau der Welt (German Edition)

Der logische Aufbau der Welt (German Edition)

Handbuch des Sachverstandigenrechts: Praxisleitfaden fur das Verwaltungsverfahren (Springers Handbucher der Rechtswissenschaft)

Handbuch des Sachverstandigenrechts: Praxisleitfaden fur das Verwaltungsverfahren (Springers Handbucher der Rechtswissenschaft)

Bürgerliches Recht I. Allgemeiner Teil, 4. Auflage (Springers Kurzlehrbücher der Rechtswissenschaft)

Bürgerliches Recht I. Allgemeiner Teil, 4. Auflage (Springers Kurzlehrbücher der Rechtswissenschaft)

Österreichisches Strafrecht. Besonderer Teil I (§§ 75 bis 168e StGB), 11. Auflage (Springers Kurzlehrbücher der Rechtswissenschaft)

Österreichisches Strafrecht. Besonderer Teil I (§§ 75 bis 168e StGB), 11. Auflage (Springers Kurzlehrbücher der Rechtswissenschaft)

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