Manfred Fuchs Sozialkapital, Vertrauen und Wissenstransfer in Unternehmen
WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFT
Manfred Fuchs
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Manfred Fuchs Sozialkapital, Vertrauen und Wissenstransfer in Unternehmen
WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFT
Manfred Fuchs
Sozialkapital, Vertrauen und Wissenstransfer in Unternehmen
Deutscher Universitats-Verlag
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet (iber abrufbar.
Habilitationsschrlft Universitat Graz, 2004
1.AuflageMarz2006 Alle Rechte vorbehalten © Deutscher Universitats-Verlag I GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2006 Lektorat: Ute Wrasmann / Anita Wilke Der Deutsche Universitats-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.duv.de Das Werk einschlieBlich aller seiner Telle ist urheberrechtlich geschutzt. Jede Verwertung aulJerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fiir Vervielfaltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher von jedermann benutzt werden diirften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Druck und Buchbinder: Rosch-Buch, ScheBlitz Gedrucktauf saurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 3-8244-0779-5
Vorwort Seit Jahrzehnten wird in der einschiagigen Literatur eine Diskussion geftihrt, die darauf hinweist, dass MSrkte, Markttransaktionen und wirtschaftliches Handeln ganz allgemein in soziale Strukturen eingebettet sind. Aus dieser Perspektive heraus werden effiziente Markte als Ergebnis einer effizienten sozialen Struktur interpretiert. Das zentrale Problem, das hier angesprochen wird, ist, dass wirtschaftliches Handeln nicht nur das Ergebnis von Entscheidungen singularer nutzenmaximierender Akteure, sondem in soziale und kulturelle Strukturen (Institutionen) eingebettet ist. Der Nutzen von Institutionen wird in der Organisationsokonomik nicht bestritten, aber sehr oft bleibt unklar, wie diese Institutionen entstanden sind und wie sie sich verandem. Auch ist unklar, wie die Institutionen das Handeln einzelner Akteure beeinflussen und umgekehrt, wie aus den Wirkungen der einzelnen Akteure eben diese Institutionen emergieren. Dasselbe Problem tritt bei der Beschaftigung mit Fragen der Wirkung und Entstehung von Sozialkapital auf. Sozialkapital, so wie es hier in dieser Arbeit verstanden wird, und das PhSnomen Vertrauen sind zentrale Bestandteile dieser Institutionen und diese Arbeit ist der Versuch, die Wirkungen von Sozialkapital und Vertrauen, als auch die Entstehung von Sozialkapital und Vertrauen zu diskutieren, well beide PhSnomene einen wesentlichen Einfluss auf die FShigkeit zeigen, wie in Untemehmen Wissen produziert und ausgetauscht wird. Ich mochte mich an dieser Stelle ftir jeden Kommentar und Hinweis bedanken, den ich erhalten habe, insbesondere bei meinen Studenten und Studentinnen, deren Fragen ftir mich immer eine besondere Anregung darstellten. Danken mSchte ich auch Frau Heidemarie Schober ftir die Hilfe bei der Erstellung des Manuskripts. Ein besonderer Dank gilt meinen Kolleginnen und KoUegen am Institut ftir Internationales Management an der Karl Franzens Universitat Graz, die mich mit ihren anregenden Kommentaren und Diskussionen ebenfalls untersttitzten.
Manfred Fuchs
Inhaltsverzeichnis Vorwort V Inhaltsverzeichnis VII Tabellenverzeichnis XI Abbildungsverzeichnis XIII 1. Problemstellung: Von der Organisation der manuellen Arbeit zur Organisation der Wissensarbeit 1 2. Fragestellungen 4 3. Theoretische Verankerung der Frage- und Problemstellung 6 4. Vorgehensweise undAufbau der Arbeit 10 I. Die Produktion von Wissen und die Organisation der Wissensarbeit 15 1. Das Modell von Max Boisot 16 1.1. Boisots Theorie - Pramissen und Definitionen 17 1.1.1. Kodifizierung 18 1.1.2. Abstraktion 19 1.1.3. Diffusion 22 1.1.4. Der I-Space (I-Information) oder soziale Lemzyklus 24 1.1.5. InstitutionenOkonomische LOsungen spezifischer Defizite im sozialen Lemzyklus von Organisationen 28 1.1.5.1. Markte 29 1.1.5.2. Burokratien 30 1.1.5.3. Klan 32 1.1.5.4. Fiefs (Patron-Klientel-Beziehungen) 33 Exkurs implizites und explizites Wissen 35 2. Hedlunds konzeptionelle Skizze der N-Form als Modell des Wissensmanagements 37 2.1. Artikuliertes und stillscJmeigendes Wissen (tacit knowledge) und die Interaktion von Individuen und Gruppen 37 2.1.1. OrganisationsUbergreifende Formen des Wissenstransfers 40 2.1.2. Intemalisierung 40 2.1.3. Reflexionsfahigkeit 40 2.1.4. Dialogisierung und Dialogfahigkeit 41 2.2. Das Rugby-Spiel als Metapher der Wissensproduktion (Nonakas SECI-Modell) 44 2.3. Das Konzept Ba als Erweiterung und Revision des SECI-Modells 50 3. Die Wissensaktivisten von Kdser und Miles 55 4. Die individualisierte Unternehmung als Konzept einer wissensorientierten Organisationsform 61 4.1. Was ist das Neue am Modell von Bartlett und Ghoshal? 62 4.1.1. Das Modell der individualisierten Unternehmung 64 VII
4.1.2. Der behavioristische Kontext der traditionellen Untemehmung 4.1.3. Die Emeuerung der behavioristischen Grundlagen im Untemehmen. Wie soil das geschehen? 4.1.4. Der emeuerte behavioristische Kontext der Untemehmung 5. Resumee II. Sozialkapital und Vertrauen 1. Zum BegriffSozialkapital 1.1. Sozialkapitaldefmitionen 1.2. Sozialkapitaltheorien 1.2.1. Pierre Bourdieu 1.2.2. James Samuel Coleman 1.2.3. Robert Putnam 1.2.4. Zur gegenwSrtigen Sozialkapitaltheorie 1.2.5. Die Sozialkapitaltheorie von Nahapiet und Ghoshal 1.2.6. Nan Lin's Sozialkapitaltheorie 1.3. Arbeitsdefmition von Sozialkapital 1.3.1. Wie entsteht der Wert von Sozialkapital? 1.3.2. Der Wert der Ressourcen und die Verfugbarkeit bzw. Kontrolle von Ressourcen 1.3.2.1. Stabilitat als Voraussetzung ftir den Aufbau von sozialem Kapital 1.4. Vertrauen als Bestandteil und Voraussetzung zur Bildung von Sozialkapital 2. Die Struktur sozialer Netzwerke als Sozialkapital 2.1.Netzwerkanalyse 2.1.1. Grundbegriffe und Methoden der sozialen Netzwerkanalyse 2.1.2. Dichte 2.1.3. Ego-Netzwerk 2.1.4. Cliquen in Netzwerken 2.1.5. Position desAkteurs in Netzwerkstrukturen 2.1.5.1. Netzwerkredundanz 2.1.6. Effekte der Netzwerkredundanz , 2.1.6.1. Zwei Arten von Redundanz in Netzwerken 2.1.6.2. Structural holes - weak ties and strong ties 2.1.6.3. Tertium Gaudens Strategien 2.1.7. Empirische Arbeiten der Netzwerkanalyse 2.2. Zusammenfassung der Netzwerkeffekte III. Das Modellfiberden Zusammenhang von Vertrauen und Sozialkapital 7. Zwei allgemeine Szenarien - ein konzeptionelles Modell. 1.1. Modellzusammenhang - Szenario 1 1.2. Modellzusammenhang - Szenario II (negativer Zyklus) VIII
66 68 69 71 77 83 84 86 86 88 90 91 94 97 105 109 Ill 115 116 125 129 134 137 137 138 139 140 141 145 146 149 152 153 159 162 164 165
1.3. Soziales Kapital und Vertrauen als abhangige Variablen 167 1.4. Faktorenanalyse ausgewShlter Fragebogen-Items (abhangigen Variable) 172 1.4.1. Ergebnisse und Interpretation derFaktoren , 173 1.4.1.1. Faktor 1 - idiosynkratischer Arbeitsinhalt 173 1.4.1.2. Faktor 2 - partizipationsfbrdemde Managementsysteme (Partizipation). 174 1.4.1.3. Faktor 3 - feedbackorientierte Managementsysteme (Feedback) 176 1.4.1.4. Faktor 4-Aufgabenkontrolle (Autonomic) 178 1.4.1.5. Faktor 5 - individualisierte Entgeltsysteme und Leistungskontrolle 180 1.4.1.6. Faktor 6 - Arbeitsdruck und Stress 180 1.4.1.7. Faktor 7 - Untemehmenserfolg 181 1.4.1.8. Kontrollvariablen 182 2. Hypothesentest der Modellvarianten, Ergebnisse der Regressionsanalyse 182 2.1. Modellzusammenfassung Entstehung von Vertrauen (N = 245) 183 2.2. Modellzusammenfassung Entstehung von Sozialkapital (N = 245) 185 2.3. Entstehung von Vertrauen bei unbefristeten ArbeitsvertrSgen (N=187) 186 2.4. Entstehung von Sozialkapital bei unbefristeten ArbeitsvertrSgen (N = 187) 187 2.5. Aufbau von Sozialkapital bei befristeten Arbeitsvertragen (N = 49) 189 2.6. Aufbau von Vertrauen bei befristeten Arbeitsvertragen (N = 49) 190 2.7. Aufbau von Vertrauen und Sozialkapital bei Vollzeitbeschafligten (N=128) 193 2.8. Aufbau von Sozialkapital und Vertrauen bei Teilzeitarbeitskraften (N = 43) 194 3. Zusammenfassung der empirischen Ergebnisse der Untersuchung 196 IV. AbschlieBende Bemerkung 199 V. Anhang: Deskriptive Analyse der Untersuchung 209 2.1. Datenerhebung 211 2.2. Zusammenfassung und Interpretation 212 2.2.1. Ausbildungsgrad 212 2.2.2. Beschaftigungsvertrag, Art des Dienstverhaltnisses 212 2.2.3. Beschaftigungsdauer 213 2.2.4. Mobilitat der Beschaftigten 214 2.2.5. Vertrauen in KoUegen und Vertrauen in Vorgesetzte 215 2.2.6. Intcrdependenz 217 2.2.7. Identifikation 219 2.2.8. Feedback, Partizipation und Fehlertoleranz 220 2.2.9. Kontrolle 223 2.2.10. Aufgabensignifikanz, Aufgabenvielfalt, Arbeitszufriedenheit, Arbeitsdruck 224 2.2.11. Wissenstransfer, Wissensaustausch mit KoUegen 229 2.2.12. Soziales Kapital, Kontakt zu Mitarbeitem, VerlSsslichkeit von Kontakten ...233 2.2.13. Akzeptanz, Feedback und Partizipation bei Entscheidungsprozessen 239 Literaturverzeichnis 243 IX
Tabellenverzeichnis Tabelle 1 Informationseigenschaften und die entsprechende Institutionenform
35
Tabelle 2 Differenzierung der charakteristischen Eigenschaften zwischen N- und M-Form
43
Tabelle 3 Ein Ausschnitt und Uberblick uber Sozialkapitaldefmitionen
93
Tabelle 4 Handlungsmotive und Ressourcenausstattung
99
Tabelle 5 Effekte der Netzwerkstruktur
155
Tabelle 6 Ergebnis der Regressionsanalyse - abhSngige Variable Vertrauen
184
Tabelle 7 Modellzusammenfassung Entstehung Sozialkapital, Koeffizienten
185
Tabelle 8 Entstehung von Vertrauen bei unbefristeten ArbeitsvertrSgen
187
Tabelle 9 Sozialkapital bei unbefristeten AV
188
Tabelle 10 Aufbau von Sozialkapital bei befristeten ArbeitsvertrSgen
190
Tabelle 11 Aufbau von Vertrauen bei befristeten AV
191
Tabelle 12 Aufbau von Vertrauen bei VoUzeitbeschaftigten
193
Tabelle 13 Modell Entstehung von Sozialkapital Vollzeitbeschaftigte Koeffizienten(a)
194
Tabelle 14 Entstehung von Sozialkapital bei BeschSftigung Teilzeit
195
Tabelle 15 Entstehung von Vertrauen bei Beschaftigten Teilzeit Koeffizienten (a,b)
196
Tabelle 16 Ausbildung
212
Tabelle 17 Beschaftigungsvertrag (AusmaB der vertraglichen Beschaftigungsdauer)
213
Tabelle 18DauerderBeschaftig;ung(Wochenarbeitszeit)
213
Tabelle 19 MobilitSt der Arbeitnehmer (Wie lange machten Sie im Untemehmen bleiben?)
214
Tabelle 20 Finde rasch neue Arbeit
215
Tabelle 21 Gegentiber Vorgesetzten einefreundschaftlicheHaltung
216
Tabelle 22 Vertraue meinen Kollegen
216
Tabelle 23 Ausmafi des Vertrauens, das in den unmittelbaren Vorgesetzten gesetzt wird
217
Tabelle 24 Ohne Unterstutzung der Kollegen nicht erfolgreich
217
Tabelle 25 Meine Arbeitsergebnisse sind sehr stark von Arbeitsergebnissen anderer abhMngig
218
Tabelle 26 Identifikation mit den Zielen des Untemehmens ist hoch
219
Tabelle 27 Verstehe mich mit Kollegen sehr gut
220
Tabelle 28 Fehler ansprechen ist in unserer Organisation kein Problem
221
Tabelle 29 Arbeiten von Kollegen zu kritisieren ist in unserer Organisation kein Problem
221
Tabelle 30 Fehler ansprechen in der Organisation ist positiv
222
Tabelle 31 Verbesserungsvorschlage werden sehr positiv aufgenommen
223
Tabelle 32 AufgabenerfUUung wird detailliert kontroUiert
224
Tabelle 33 Bin meinen Aufgaben gewachsen
225
Tabelle 34 Aufgaben machen SpaB
226
XI
Tabelle35 Bin mit erbrachter Leistung zufrieden
227
Tabelle 36 Aufgaben, die ich erfulle sind sehr wichtig (Aufgabensignifikanz)
228
Tabelle 37 Die eigenen Fahigkeiten und Qualifikation sind sehr vielfaltig (Aufgabenvariabilitat)...229 Tabelle 38 Die eigenen Qualifikationen sind nicht in kurzer Zeit erlembar (R)
230
Tabelle 39 Wissen ist in meinem Aufgabenbereich nur sehr schwer direkt Kollegen mitzuteilen ....230 Tabelle 40 QuaHfikationen sind sehr schwer in kurzer Zeit transferierbar
231
Tabelle 41 Zusammenarbeit mit Kollegen finde ich anregend, interessant und bereitet mir Freude .232 Tabelle 42 Viele meiner TStigkeiten sind in keiner expliziten Arbeitsbeschreibung erfasst
233
Tabelle 43 Mit unmittelbaren Kollegen ist dauerhafte Freundschaft mSglich
235
Tabelle 44 Kann bei Problemen auf Kollegen zahlen
235
Tabelle 45 Anzahl der Kontakte zu Kollegen pro Tag
237
Tabelle 46 Anzahl der privaten Kontakte zu Kollegen im letzten Monat
238
Tabelle 47 Personen, auf die Sie sich hundertprozentig verlassen kSnnen
239
Tabelle 48 Finde, bin von Kollegen akzeptiert
239
Tabelle 49 Eigene Meinung ist ftir den Vorgesetzten wichtig
240
XII
Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Der Informationsraum (I-Space (Boisot, 1998))
21
Abbildung 2: Der kreisformige Verlauf der Wissensproduktion (Boisot, 1998)
25
Abbildung 3: Die sechs Lemstufen im I-Space (Boisot, 1998)
28
Abbildung 4: Verbreitung von Wissen und die entsprechende Institutionenform (Boisot, 1998)
29
Abbildung 5 :Wissensfluss in der N-Form(Hedlund, 1994)
41
Abbildung 6: Das Seci Modell (Nonaka und Takeuchi, 1995)
47
Abbildung 7: Das Konzept Ba, die Revision des SECI-Modells (Nonaka und Konno, 1998)
52
Abbildung 8: Formen des Austauschs bei Wissensaktivisten (KSser und Miles, 2002b)
56
Abbildung 9: Kontext der individualisierten Untemehmung (Bartlett und Ghoshal, 1997)
68
Abbildung 10: Anderung der behavioristischen Grundlagen (Bartlett und Ghoshal, 1997)
69
Abbildung 11: Emeuerung der individuaHsierten Untemehmung (Bartlett/Ghoshal, 1997)
70
Abbildung 12: Konzept Sozialkapital (Nahapiet und Ghoshal, 1998)
96
Abbildung 13: Der relative Effekt von Sozialkapital (Nan Lin, 2001)
100
Abbildung 14: MessgrSBen von Sozialkapital (Nan Lin, 2001)
101
Abbildung 15: Relativer Vorteil der Position (Nan Lin, 2001)
102
Abbildung 16: Vorteile der Nahe zu strukturellen Brucken in Netzwerken (Nan Lin, 2001)
104
Abbildung 17: Die Sozialkapitaltheorie von Lin (Nan Lin, 2001)
105
Abbildung 18: Sozialkapital und Structural Holes (Burt, 1992)
110
Abbildung 19: Hierarchie in Netzwerkstrukturen (eigene Darstellung)
135
Abbildung 20: Egalitare Netzwerkstruktur (eigene Darstellung)
137
Abbildung 21: Position eines Akteurs imNetzwerk (eigene Darstellung)
139
Abbildung 22: Wachstum und Netzwerkredundanz (Burt, 1992)
140
Abbildung 23: Effekte der Netzwerkredundanz auf die Wissensproduktion (eigene Darstellung).... 142 Abbildung 24: Auswirkung der Reduktion von Redundanz auf die Wissensproduktion (eigene Darstellung)
144
Abbildung 25: Kohasion und strukturelle Aquivalenz (Burt, 1992)
145
Abbildung 26: Bruckenfunktion und Wissenstransfer (eigene Darstellung)
148
Abbildung 27: Tertium Gaudens Strategie Beispiel A (Burt, 1992)
150
Abbildung 28: Tertium Gaudens Strategie Beispiel B (Burt, 1992)
151
Abbildung 29: Stabile Beschaftigung Szenario I (eigene Darstellung)
164
Abbildung 30: Instabile Beschaftigung Szenario II (eigene Darstellung)
166
XIII
1. Problemstellung: Von der Organisation der manuellen Arbeit zur Organisation der Wissensarbeit Unilever, Motorola, General Electric, Ford und viele andere Untemehmen verbreiten in ihren Jahresberichten die Botschaft, dass ihre Mitarbeiter die wichtigsten Ressourcen im Untemehmen sind. "The people are the glue that holds our company together!" (Unilever, 1999). Microsoft untemimmt groUe Anstrengungen auch fUr temporare Arbeitskrafte attraktiv zu bleiben. Der Mensch gilt als entscheidender Produktionsfaktor in einer extrem rasch und diskontinuierlich sich wandelnden Umwelt. Dennoch werden massiv Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen freigesetzt. Traditionelle Organisationsstrukturen von Untemehmen werden im Zuge von Downsizing und Reengineering umgestaltet und auf Dauer ausgerichtete Arbeitsverhaitnisse aufgelost. Charles Handy, Beobachter der Untemehmenswelt bringt die Stimmung des Managements in Unternehmen prSgnant auf den Punkt: "Why keep people working full-time, when you need them only two or three days a week", so der Tenor von Fiihmngskraften in Unternehmen (Handy, 1996:24). Diese Zeitdiagnose erinnert an Henry Ford, der einmal gesagt haben soil: "When all I want is a good pair of hands, unfortunately I must take them with a person attached" (Bartlett und Ghoshal, 1997:6). Vor dem Hintergmnd des globalen Wettbewerbs sehen sich Untemehmen zunehmend gezwungen, massive Umstmkturiemngs- und Rationalisierungsmafinahmen durchzufiihren. Beispielsweise hat Philips seit 1994 mehr als 82.000 Beschaftigte entlassen und viele weltweite Produktionsstandorte geschlossen. Im gleichen Zeitraum stieg der weltweite EOT von 964 Mio. € auf 2,3 Mrd. € (siehe Philips, 2000 und 2004). In vielen Konzemen schmmpft die Zahl der Kembelegschaft. Handy spricht in diesem Zusammenhang davon, dass sich zukiinftige Untemehmensformen nur mehr einen kleinen Kem von permanent Beschaftigten leisten werden. In welcher Form werden Beschaftigte in Zukunft fiir ein Untemehmen arbeiten. Und es ist zunehmend schwierig, festzustellen, wo ein Untemehmen anfSngt und wo es aufliQrt: "It isn't even clear where the organization begins and ends, with customers, suppliers, and allied organizations linked into a networked organization. Work no longer means, for everyone, having a 'job' with an employer. As organizations disperse and contract themselves, more and more of us will be working for ourselves, often by ourselves" (Handy, 1994:79). Diese Entwicklungen bestimmen Untemehmen und die Gesellschaft. Untemehmen schlieBen sich in immer groBeren Netzwerken zusammen, um effizienter und wettbe1
werbsfMhiger zu werden. Lauberbach und Malone (1997b), die sich in mehreren Arbeiten mit der Aufl5sung der traditionellen Organisationsgrenzen auseinandersetzen, diagnostizieren eine "Modularisierung" der einzelnen Untemehmensbereiche. Picot, Reichwald und Wiegand hingegen sehen in der "Virtualisierung" der Untemehmensformen eine Antwort auf diese weltweiten Herausforderungen und sprechen davon, dass die virtuelle Untemehmung flexibler, innovativer und erfolgreicher ist als die traditionelle Organisationsform (Picot, Reichwald und Wigand, 1996:273). Auch wenn bis heute eine Virtualisierung nur in einzelnen funktionalen Teilbereichen der Unternehmung realisiert wurde, so wird diese Organisationsform als Vorhaben der Zukunft gezeichnet, durch das einzelne LeistungsauftrSge an quasi-selbstSndige, unabhSngige Kontraktarbeiter, die als freie Dienstnehmer agieren, erbracht werden. Die Idealvorstellung dabei scheint zu sein, dass sich diese abhangigen, quasi-freien Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in einem losen Netzwerk zusammenschliefien, um damit eben auch komplexere AuftrSge erfiillen zu konnen. Rosabeth Kanter fasst diese Entwicklung unter den Stichwort "From Companies to Communities" (Kanter, 1995:29) zusammen. Die hier angesprochene AuflOsung der Untemehmensgrenzen wird als eine MaBnahme thematisiert, mit der so genannte alte Organisationsstrukturen ersetzt werden. Der Erfolg der Umsetzung eines derartigen Programms ist jedoch mit der Schaffung flexibler inner- und interorganisationeller Strukturen in den Untemehmen selbst verkntipft. Gelingt es die traditionelle Organisationsform und insbesondere die traditionellen Beschaftigungsformen durch weit reichende, aber zum Teil auch nur kurzfristig angelegte Netzwerke zu ersetzen? Werden permanente, durch befristete und zunehmend prekSre Beschaftigungsverhaltnisse ersetzt (vgl. dazu Laubacher und Malone, 1997b; Nohria und Ghoshal, 1997; Laubacher und Malone, 1997a)? Wie stark wird die Bindung der einzelnen netzwerkartigen Zusammenschlusse sein? Diese und zahlreiche andere Klischees fmden sich in den Forderungen von Managem und in der popularen Managementliteratur ist die Rede von der Neuerfindung der Organisation, Handlungsempfehlungen lauten: ''small is better than larger", "less diversification is better than more", "competition must be replaced by collaboration" oder "formal authority must be diminished' (Eccles und Nohria, 1992:18). Zum Teil dient dieser Diskurs, die AuflOsung der Organisationsgrenzen und die politischen und wirtschaftlichen Krafle, die diese Auflosung einfordem, zu legitimieren. Im Zuge dessen werden gleichzeitig bestehende Arbeitsverhaltnisseflexibilisiertund aufgeldst.
Unstrittig ist freilich die Zunahme atypischer Arbeitsformen. Wenn auch uber das AusmaB der Zunahme unterschiedliche Auffassungen vorherrschen. Unstrittig ist zudem, dass viele Formen so genannter atypischer Beschaftigungsformen entstehen, wie z.B. kontingente Arbeitsverhaltnisse, neue Teilzeitarbeitsformen, kapazitStsorientierte Arbeitsformen und/oder Portfolio-Worker. Bin zentrales Merkmal dieser neuen Arbeitsformen ist darin zu sehen, dass groBteils auf Dauer eingerichtete und formelle Arbeitsbeziehungen durch weitgehend informelle und vielfach prekSre Arbeitsverhaltnisse ersetzt werden (vgl. hierzu Felstead und Jewson, 1999; Thompson und Warhurst, 2000). UnabhSngig von dem tatsSchlichen AusmaB stehen damit herkommliche - und vielfach jahrzehntelang erfolgreiche - Organisationsprinzipien der Arbeit zur Disposition. Die damit einhergehenden VerSnderungen werden auch mit der Entstehung einer Wissensokonomie und einer impliziten Aufwertung wissensorientierter Arbeit in Verbindung gebracht. Ein grofier Teil der Arbeitstatigkeiten wird als "wissensvermittelnd" und/oder "wissensproduzierend" in diesem Diskurs klassifiziert (vgl. Stehr, 2001:254). Wiederum, unhangig vom tatsachlichen AusmaB der Wissensarbeit in unserer Gesellschaft werden dadurch die bisherigen Formen der Arbeitsorganisation in Frage gestellt. Peter Drucker (1999) vertritt hierzu in einem interessanten Uberblick zum Thema "Knowledge-Worker Productivity" die These, die Erfolgsstory des Managements im 20. Jahrhundert bestehe darin, die Produktivitat der manuellen Arbeit in einem noch nie da gewesenen AusmaB gesteigert zu haben. Als zentralen Faktor dieses Erfolgs identifiziert Drucker (1999:80) die konsequente Anwendung der wissenschaftlichen Methoden von Taylor. Dabei wird folgendermaBen argumentiert: Die Produktivitat der manuellen Arbeit konnte seit der Einflihrung der Fabriksproduktion, so Drucker, deshalb um das 50-fache verbessert werden, well (1) die einzelnen Arbeitsaufgaben einer genauen Analyse unterzogen wurden, (2) die Arbeitsschritte exakt isoliert wurden, (3) diese einzelnen Arbeitsbewegungen aufgezeichnet wurden, (4) tiberfltissige Arbeitsbewegungen dadurch eliminiert werden konnten, (5) und sich so zeigtc, welche Arbeitsschritte tatsachlich zur ErfuUung einer Aufgabe notwendig sind. (6) SchlieBlich wurde durch die konsequente Anwendung der Prinzipien von Taylor, die verbleibenden Arbeitsschritte so einfach wie mSglich gestaltet, das heiBt alles unnStige Beiwerk wurde entfemt. (7) Danach wurden diese einzelnen Arbeitsschritte zu einem ''job'' zusammengefasst. (8) Und schlieBlich entwarfen die Ingenieure auch die notwendigen Werkzeuge, damit die im Detail festgeschriebenen Arbeiten dem vorgegebenen Entwurf entsprechend auch ausgefiihrt wurden (siehe hierzu Drucker, 1999:80). Ein Ef-
fekt dieser kontrollierten Organisation der Arbeit war die Moglichkeit der peniblen Messung des exakten Arbeitsergebnisses des Einzelnen im gesamten Arbeitsprozess. Arbeit selbst wurde damit auf das messbare Ergebnis reduziert und die Organisation und die Gestaltung des gesamten Arbeitsprozesses in die Euros und in die K6pfe der Ingenieure verlagert. Wesentlichstes Prinzip dieser Form der Arbeitsorganisation war die von Taylor postulierte strikte und penibel durchgesetzte Trennung zwischen Handund Kopfarbeit. In der Organisation der Wissensarbeit werden diese GrundsStze und das damit verbundene Erfolgsrezept aber auBer Kraft gesetzt. Aber das Management will weiter in herkommlicher Weise die Arbeit kontrollieren und die Steuerung der Organisationsprozesse wird nicht leichtfertig aus der Hand gegeben. Und wShrend der Input von Wissen immer wichtiger wird, lasst sich der Beitrag des Produktionsfaktors Wissen am Output gar nicht oder nur sehr schwer messen (Lev, 2001). Hier mochte ich an die angezeigte Auflosung von Organisationsgrenzen und der Entstehung vermehrt unverbindlicher Beschaftigungsformen ankntipfen. Wenn, wie in der einschlagigen Literatur zitiert, Wissen und organisationales Lemen als zentrale Erfolgsfaktoren verstanden werden und davon auszugehen ist, dass die Produktion und Diffusion von Wissen selbst - so eine wesentliche Uberlegung in dieser Arbeit - auf stabile intersubjektive Bindungen und Beziehungen angewiesen ist, dann scheint es plausibel zu sein, sich die Frage zu stellen, welche Folgen die Auflosung von Organisationsgrenzen und die damit einhergehende Auflosung stabiler Beschaftigungsformen auf die FShigkeit eines Untemehmens hat, innerhalb ihrer Untemehmensgrenzen Wissen als Ressource nicht nur zu produzieren, sondem auch zu verwerten. Es drSngen sich mit dieser knapp skizzierten Problematisierung folgende Fragen auf
2. Fragestellungen Eine Frage, vor dem Hintergrund der Auslosung von Organisationsgrenzen, ist wie in einschlagigen AnsStzen zum Wissensmanagement die Entstehung und die Verbreitung von Wissen erklart wird. Bei der Beschaftigung mit dieser Frage geht es mir nicht so sehr darum, wie nun Wissen in Organisationen zu managen ist, sondem von welchen sozialen Beziehungen die Produktion und die Verteilung von Wissen in Organisationen abhSngt und unter welchen Voraussetzungen diese sozialen Beziehungen in Organisationen ermoglicht werden. Bei der Auseinandersetzung mit dieser Frage ist eine Grunduberlegung der meisten Wissensmanagement-Modelle, dass das Wissen in den K6pfen einzelner Individuen als implizites Wissen evolviert und die Diffusion uber die Transformation von impliziten in explizite, d. h. artikulierte, systematisierte
und leicht mitteilbare Wissensformen zu voUziehen ist. Gerade aus diesem Grund wird Wissen, dass nicht explizit mitteilbar ist, und sich damit einer Kontrolle entzieht, als etwas damonisches bzw. nutzloses betrachtet. Wissen entsteht jedoch keineswegs isoliert in den K6pfen einzelner Individuen. Eine weitere Uberlegung beschaftigt sich deshalb mit der Frage, in welchem Zusammenhang soziale Bindungen, Sozialkapital und Vertrauen mit der FShigkeit Wissen zu generieren, auszutauschen und neues Wissen zu schaffen, stehen. In der Beschaftigung mit dieser Frage soil zuerst geklSrt werden, welchen wirtschaftlichen Wert Sozialkapital und Vertrauen in Untemehmen haben kann und wie dieser wirtschaftliche Wert mit der Struktur sozialer Netzwerke verkniipft ist. In der Behandlung dieser Frage gehe ich davon aus, dass idiosynkratische (besondere und eigentumliche) Wissensformen, eben auch implizites Wissens und Know-how, zwischen einzelnen Wissenstrdgern in vertrauenswtirdigen Beziehungen nicht nur mit geringeren Transaktionskosten ausgetauscht wird, sondem dass die Vermittlung und Entstehung dieses Wissens erst durch die intensiven Bindungen in sozialen Netzwerken moglich wird. In der Beantwortung dieser Fragen mochte ich zeigen, wie die vielfMltigen organisationalen Beziehungsgeflechte, konkret die jeweiligen sozialen Netzwerke und ihre Struktur in Untemehmen, die Entstehung und die Diffusion von Wissen beeinflussen. In dieser Arbeit wird die These diskutiert, warum die angesprochenen sozialen Netzwerke nicht nur soziales Kapital und Vertrauen produzieren, sondem einen essentiellen Faktor in der Produktion und Diffusion von Wissen darstellen. Mithilfe der sozialen Netzwerkanalyse und den in diesem Bereich verwendeten Untersuchungsmethoden, werden konkrete Strukturen sozialer Netzwerke identifiziert, die fur die Wissensproduktion bzw. fur den Wissenstransfer von Bedeutung sind. Mithilfe einer Analyse der konkreten Netzwerkstrukturen zeigt sich deutlich der vimlente Widerspmch zwischen der beabsichtigten Kontrolle und dem Anspmch der moglichst raschen Verbreitung von Wissen. In diesem Zusammenhang gehe ich schlieBlich der Frage nach, unter welchen konkreten Bedingungen in Untemehmen soziales Kapital aufgebaut wird. Dabei unterstelle ich, dass durch die Auflosung von permanenten BeschSftigungsformen soziales Kapital sehr viel schwerer eingerichtet wird, als im Fall stabiler bzw. permanenter Beschafligungsformen. Um diese Fragen nicht nur theoretisch zu diskutieren, wurde eine empirische Untersuchung durchgefiihrt. Ziel der Untersuchung ist es, das in Unternehmen existierende soziale Kapital und Vertrauen zu erfassen und jene organisa-
tionalen Eigenschaften herauszuarbeiten, die soziales Kapital und Vertrauen bestimmen. Zur Beantwortung der Fragen unter welchen Bedingungen Vertrauen und soziales Kapital in Organisationen entsteht, habe ich unter Einbeziehung der Ergebnisse der einschiagigen Organisationsforschung eine Fragebogenuntersuchung durchgefiihrt. Dabei habe ich einzelne Items konstruiert, die es ermQglichen, zu ausgewShlten organisationalen Eigenschaften, die Einstellung der BeschSftigten zu Fragen der Arbeitsqualitat, Arbeitssignifikanz, Partizipation, Fragen zur Feedbackqualit^t, Fragen zur Kooperation zwischen einzelnen Organisationsmitgliedem, um nur die wichtigsten hier herauszugreifen, zu erheben. Mithilfe einer konfirmatorischen Faktorenanalyse wurden einzelne Gruppen von Fragebogen-Items zusammengefasst, um eine brauchbare Zahl von Faktoren zu erhalten. Den Einfluss der Faktoren, die ausgewahlte organisational Eigenschaften bezeichnen, auf die zwei unabhSngigen Variablen Vertrauen und Sozialkapital wurde mithilfe einer multiplen Regressionsanalyse uberpriift. Diese Fragen werden hier vor dem Hintergrund der diskutieren AuflOsung der Organisationsgrenzen und der damit in Verbindung stehenden AuflOsung traditioneller Beschaftigungsformen thematisiert. In der Beantwortung der Fragen, wird jedoch nicht die Auflesung der Organisationsgrenzen diskutiert, auch wird keine Untersuchung uber den aktuellen Stand und das AusmaB bestehender flexibler Beschaftigungsformen vorgenommen, sondem es wird anhand der in der Untersuchung erhobenen Beschaftigungsformen (befristete, unbefristete Beschaftigungsverhaltnisse, Vollzeit- und Teilzeitzeitarbeit) der Frage nachgehen, ob und in welchem AusmaB Unterschiede festzustellen sind, hinsichtlich der Wirkung der einzelnen Faktoren auf die Entstehung von Vertrauen und Sozialkapital.
3. Theoretische Verankerung der Frage- und Problemstellung Zur Beantwortung der angesprochenen Fragen greife ich auf mehrere Theorien zuriick. Ein wichtiger Ausgangpunkt ist die ressourcenorientierte Theorie der Firma (Penrose, 1959; Wemerfelt, 1984; Barney, 1986 und 1991; Mahoney und Pandian, 1992; Peteraf, 1993) und der kompetenzorientierte Ansatz (Prahalad und Hamel, 1990; Teece, Pisano und Shuen, 1997), well beide Theorien, die Untemehmung als 'processor of knowledge' (vgl. Fransman, 1994) konzeptionalisieren. Verbindungen stelle ich auch zur Transaktionskostentheorie her, well innerhalb dieses Ansatzes die Firma als Instrument konzeptionalisiert wird, mit dem 'Informationen' verarbeitet werden (Amin und Cohendet, 2000:93).
In der ressourcen- und kompetenzorientierten Perspektive wird die Firma als Organisation charakterisiert, deren Aufgabe es ist, nicht nur verschiedenste Leistungserstellungsprozesse zu koordinieren, sondem primSr geht es darum, schwer imitierbare, intangible und unverwechselbare, kurz firmenspezifische Ressourcen zu entwickeln und fur die verschiedenen Leistungserstellungsprozesse zugSnglich zu machen. Uber den tatsSchlichen Bestand und Nutzung dieser schwer imitierbaren und unverwechselbaren firmenspezifischen Ressourcen differenziert sich das Untemehmen gegenuber Konkurrenten (Kogut und Zander, 1996:503). Diese Fahigkeit sich gegentiber Konkurrenten zu differenzieren fiihrt Penrose auf organisationale Fdhigkeiten, (Penrose, 1959) zuriick. Die als zentral betrachteten organisationalen F^igkeiten entstehen erst durch die Nutzung materieller Produktionsfaktoren. In der ressourcenorientierten Theorie der Firma wird deshalb immateriellen Faktoren wie z. B. dem Talent, der Fahigkeit und der Kompetenz in einem Untemehmen ein spezifischer Wert zugesprochen, der dann von groBer Bedeutung ist, wenn er unverwechselbar ist. Penrose sieht in diesem Zusammenhang nicht einzelne Ressourcen, sondem jeweils ein ganzes "Btindel an Ressourcen" bzw. ineinandergreifende organisationale FShigkeiten als Quelle von Wettbewerbsvorteilen. Penrose selbst bezeichnete dieses BUndel an Ressourcen auch als repository of knowledge (Penrose, 1959). DarUber hinaus verdeutlicht sie, dass nicht einzelne Ressourcen und auch nicht der bloBe Bestand eines ganzen BUndels an Ressourcen als Input in den Produktionsprozess einflieBen, sondem die "Leistungen", die sie als das Ergebnis der Verwendung dieser Ressourcen versteht (Penrose, 1959). In der ressourcenorientierten Theorie der Firma werden diese Leistungen als Wissen begriffen. Dieses Wissen wie einzelne Produktionsfaktoren zu Gutem und Dienstleistungen verarbeitet werden, wird in der ressourcenorientierten Theorie der Firma als FShigkeiten, "capabilities" bezeichnet. "It's never resources themselves that are the 'inputs' in the production process, but only the services that the resources can render" (Penrose, 1959:25). Es wird in der ressourcenorientierten Theorie der Firma nicht die Ressource selbst, als Quelle nachhaltiger Wettbewerbsvorteile verstanden, sondem die UmstSnde oder wie es Penrose nennt, die "organisationalen Fahigkeiten" mit denen die firmeneigenen Ressourcen verwendet, eingesetzt und weiterentwickelt werden. Es ist in diesem VerstSndnis also dann so, dass nicht nur Ressourcen, z. B. Wissen und Kompetenz als wichtige Faktoren eines Untemehmenserfolges gelten, sondem hinzukommt, dass die Verwendung, der Einsatz im Rahmen der Leistungserstellungsprozesse in einer Firma thematisiert werden muss. Problematisch dabei ist, dass der Bestand an Ressourcen im Fall von Kompetenz, Wis-
sen, Know-how zum einen schwer erfassbar und zum anderen die kausale Wirkung ambivalent ist (vgl. Teece, Pisano und Shuen, 1997; Lippman und Rumelt, 1992; Schneider, 2001). Die ressourcenorientierte Theorie unterstreicht, dass die Kompetenzen und/oder Fahigkeiten in einer Untemehmung nicht nur schwer zu greifen, sondem dass der Entstehungszusammenhang und die Wirkung ambivalent sind. Wenn der Entstehungszusammenhang der Fahigkeiten nicht konkret nachvollziehbar ist, dann entzieht sich dieser einer direkten Kontrolle und Steuerung. Die Verwendung und der Einsatz von Wissen, Know-how und Kompetenz unterscheiden sich daher in der Verwertung von herkOmmlichen materiellen Produktionsfaktoren im Untemehmen. Inputund Output-Beziehungen lassen sich im Fall der Ressource "Geschicklichkeit", "Fahigkeit" oder am Beispiel von "Kompetenz" nicht exakt feststellen. Der Beitrag einzelner Organisationseinheiten und einzelner Organisationsmitglieder fliefit in ein Gesamtergebnis der Untemehmung ein und lasst sich nicht exakt messen. Wie diese Fahigkeiten innerhalb einer Untemehmung evolvieren, bleibt in der ressourcenorientierten Theorie der Firma vage. Erganzend dazu bauen die hier angestellten Uberlegungen auf den TransaktionskostenAnsatz auf. Werden die organisationalen Fahigkeiten als eine idiosynkratische Leistung (= eigentumliches, schwer greifbares Wissen) defmiert, dann zeigen sich die in der Transaktionskostentheorie typischen Ubertragungsprobleme. Die Transaktionskostentheorie geht bekanntlich davon aus, dass einzelne Transaktionen, d. h. spezifische Schritte in einem Leistungserstellungsprozess, dann innerhalb einer Unternehmung durchgefiihrt werden, wenn es dafiir keine funktionierenden Markte gibt. Der Vorteil der Untemehmung gegenuber dem Markt wird darin gesehen, dass innerhalb der Untemehmung das Management auf Weisungen und Kontrollrechte zuriickgreifen kann, um die Ubertragimg idiosynkratischer Leistungen zu koordinieren (vgl. Williamson, 1985:19). Der grundsatzliche Vorzug der Untemehmung gegenuber dem Markt, so Williamson liegt in der Fahigkeit ein direktes Kontrollrecht auf schwer greifbare Transaktionsprozesse auszutiben. W5rtlich heifit es: der Vorzug der Firma "inheres in its capacity to control information and achieve plan consistency among interdependent activities, which may be regarded as an information processing advantage" (Williamson, 1999:18). Im Fall von Wissen, Kompetenz und Know-how ist jedoch einschrankend anzumerken, dass Wissensaktivitaten innerhalb der Unternehmung ebenso schwer zu kontroUieren und zu tiberwachen sind, wie die voUstandige Ubertragung auf Markten grofie Probleme bereitet, wenngleich die Sanktionsmoglichkeiten innerhalb der Untemehmung ausgepragter sind als auf Markten. 8
Vor dem Hintergrund dieser Uberlegungen greife ich schliefilich auf eine dritte Theorie zuriick, die sich in den letzten zwei Jahrzehnten innerhalb der Wirtschaftssoziologie entwickelte. Diese Theorie wird als neue Wirtschaftssoziologie (new economic sociology) bezeichnet und mit Arbeiten von Mark Granovetter (1985), Neil Fligstein (2001) und Harrison White (2002) verbunden. Das Forschungsprogramm dieser neuen Wirtschaftssoziologie zeigt, dass MSrkte, Markttransaktionen und wirtschaftliches Handeln in soziale Strukturen eingebettet sind. EfFiziente MSrkte werden als Ergebnis effizienter sozialer Strukturen interpretiert (siehe dazu Jacoby, 1997; Fligstein, 2001; White, 2002; Granovetter, 1985), well sie in einem ganz erheblichen AusmaB Transaktionskosten senken. Zudem werden Handlungen einzelner Akteure nicht isoliert von den sozialen Strukturen, sondem in ihrer rekursiven Wechselwirkung untersucht (vgl. Fligstein, 2001; White, 2002). Ganz ahnliche Uberlegungen werden in der neuen Institutionenokonomie angestellt. In der Institutionen(5konomie wird zwar nicht von sozialen Strukturen und von Einbettung einzelner Akteure in diese Strukturen gesprochen, aber der zentrale Wert von Institutionen und die positiven Wirkungen auf die wirtschaftlichen Handlungen einzelner Akteure und auf den wirtschafllichen Erfolg ganzer Gesellschaften ist unstrittig (North, 1990). Unter Institutionen verstehen Institutionenokonomen: "ein auf ein bestimmtes Zielbiindel abgestelltes System von Normen einschlieBlich deren Garantieinstrumente (die 'Spielregeln') mit dem Zweck, das individuelle Verhalten in eine bestimmte Richtung zu lenken" (Richter und Furobothn, 1996:12). Die sozialen Spielregeln sind gewissermafien eingelassen in die gesellschaftlichen Institutionen. North sieht den Efifekt von Institutionen unter anderem darin, dass institutionelle Regeln Unsicherheit reduzieren: "Institutions reduce uncertainty by providing a structure to everyday life. They are a guide to human interaction ... [They] include any form of constraint that human beings devise to shape human interaction ... [They] consist of formal written rules as well as typically unwritten code of conducts that underlie and supplement formal rules ..." (North, 1990:3f). Der Nutzen von Institutionen wird also in der neuen Institutionenokonomie nicht bestritten (Williamson, 1985; Coase, 1937; Picot, Dietl und Franck, 2002). Ganz allgemein formuliert teilt die Institutionenokonomie mit der neuen Wirtschaftssoziologie wesentliche Forschungsfragen und Ergebnisse. Ein Unterschied besteht: Die neue Institutionenokonomie teilt drei zentrale verhaltenswissenschaftliche Prtoissen mit der Neoklassik, die von Vertretem der neuen Wirtschaftssoziologie abgelehnt werden. Dazu zahlen der methodologische Individualismus, die individuelle Nutzenmaximierung und der potenzielle Opportunismus der Akteure (Picot, Dietl und Franck,
2002:31). Die rationalen Handlungen der Akteure* werden als Ergebnis dieser drei Postulate konzeptionalisiert und nicht wie in der neuen Wirtschaftssoziologie als emergente PhSnomene der sozialen Stmkturen, die InstitutionenSkonomen wurden hier von Institutionen sprechen, in die die Akteure eingebettet sind. In dieser Hinsicht stehen sich die zwei Theorien unversShnlich gegeniiber (Etzioni, 1994; Durlauf und Young, 2002a). Gemeinsam ist den beiden Theorien jedoch, dass der Effekt von Institutionen auf die Effizienz der wirtschaftlichen Austauschbeziehungen thematisiert wird. Zudem wird von beiden Disziplinen Vertrauen als ein PhSnomen betrachtet, das Transaktionskosten senkt. Und in beiden Fallen wird nicht bestritten, dass dauerhafte Beziehungen zwischen wirtschaftlichen Akteuren Unsicherheiten reduzieren und stabile Strukturen schaffen, in denen idiosynkratische Austauschbeziehungen tiberhaupt erst produktiv mSglich werden (siehe North, 1990:50).
4. Vorgehensweise und Aufbau der Arbeit Im ersten Kapitel dieser Arbeit werden einige ausgewahlte Wissensmanagementkonzeptionen kritisch beleuchtet, um zu zeigen, wie die Nutzung und die Produktion der Ressource Wissen konzipiert ist. Die Auswahl der Modelle ist keine vollstandige. Es geht mir in diesem Abschnitt nicht um eine Beantwortung der Frage, wie in einem Untemehmen Wissen zu managen sei, auch nicht um eine allgemeine Kritik an bestehenden Wissensmanagementkonzepten. Vielmehr geht es darum, sich damit auseinanderzusetzen, in welcher Weise in den einzelnen Modellen die Produktion, Diffusion und letztlich immer die Kontrolle von Wissen gedacht wird und iiber einen Diskurs der sich auf die groBe Bedeutung von Wissen in unseren Gesellschaften stutzt, legitimiert wird. Als Einstieg in diese Frage soil das Wissensmodell von Boisot (1995) diskutiert werden. Daran anschliefiend folgt die Besprechung der konzeptionellen Skizze der NForm (N steht fur Neu) als Modell des Wissensmanagements von Hedlund (1994). In diesem Teil soil gezeigt werden, dass die Ubertragung verschiedener Wissensformen
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Die Annahmen die mit rationalen Akteuren, oft unausgesprochen, in Verbindung stehen, sind folgende: (1) Akteure sind im Besitz von Ressourcen ("resourceful"); (2) Akteure sind in ihren MOglichkeiten eingeschrankt; (3) sie erwarten bestimmte Ergebnisse ihrer Handlungen ("expecting"); (4) sie bewerten die Ergebnisse ihrer Handlungen ("evaluating"); (5) und sie versuchen Handlungen so auszurichten, dass die erwarteten Ergebnisse maximiert werden ("maximising"); deshalb ist vom REEM (resourcefiil, expecting, evaluating and maximising men) die Rede.
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innerhalb der Organisation als das zentraie Problem identifiziert wird. Zweck der Diskussion des Ansatzes von Hedlund ist es hervorzuheben, in welcher Weise interaktive Prozesse zwischen Individuen, zwischen Gruppen und in Organisationen mit der Verbreitung und Emeuerung von Wissen in Zusammenhang gebracht werden. An die Diskussion von Boisot und Hedlund schliefit die Besprechung des SECI-Modells von Nonaka und Takeuchi (1995b) und des Konzepts Ba von Nonaka und Konno (1998) an. Anhand der Diskussion der zentralen Voraussetzung beider Modelle soil gezeigt werden, inwieweit auf soziale Beziehungen verwiesen wird, damit Wissen nicht nur in Organisationen ausgetauscht wird, sondem auch der Umgang mit und die Schaffung von neuem Wissen produktiv sind. Daran schlieBe ich eine Diskussion des Modells der Wissensaktivisten von KSser und Miles (2002) an, well die beiden Autoren zeigen, dass Vertrauen in sozialen Beziehungen ein wesentlicher Aspekt in der Wissensproduktion und im Wissensaustausch ist. Diesen Aspekt greifen Ghoshal und Bartlett (1997) in ihrer Konzeption der individualisierten Untemehmung auf. Sie propagieren, dass nur Vertrauen wissensintensive WertschOpfungsprozesse hervorbringt. Das ist der Grund, warum es in Zusammenhang mit den ausgewahlten Wissensmanagement-Modellen besprochen wird. In ihrer Darstellung der individualisierten Untemehmung, die die beiden Autoren als neues Managementmodell favorisieren, werden organisationstypische Verhaltensorientierungen thematisiert, die als soziale Infrastruktur eines wissensorientierten bzw. im weitesten Sinne als Modell des lemenden Untemehmens gelten konnen. Ich sehe das Modell der individualisierten Untemehmung von Ghoshal und Bartlett deshalb als Erganzung, weil sie explizit feststellen, dass Organisationen nur dann jene organisationalen Fahigkeiten und Kompetenzen entwickeln k6nnen, wenn Vertrauen in Organisationen in ausreichendem AusmaB existiert. Im daran anschliefienden zweiten Kapitel wende ich mich dem Thema Sozialkapital und Vertrauen zu. In diesem Abschnitt entwickle ich die generelle These, dass in Untemehmen intakte und vertrauenswurdige Beziehungen ein zentraler wirtschaftlicher Wert sind, der mit dem Aufbau von Sozialkapital in Zusammenhang steht. In diesem Abschnitt werden verschiedene Sozialkapitaltheorien er5rtert. Anschliefiend bespreche ich die Sozialkapitaltheorie von Nahapiet/Ghoshal und Nan Lin, weil hier direkt der Zusammenhang mit der Produktion von Wissen thematisiert wird. In diesem Abschnitt wird erlautert, warum Sozialkapital ein intangibler Verm6genswert ist, der durch die reziproken Verpflichtungen in sozialen Netzwerken entsteht und fiir 11
wissensorientierte Untemehmen unverzichtbar ist, um vorhandenes Know-how zu nutzen. Der Zweck des Abschnitts ist es zudem, eine Begriffsklarung von Sozialkapital und Vertrauen fur die daran anschliefiende empirische Untersuchung vorzunehmen. Ein wesentlicher Aspekt von Sozialkapital hSngt mit der konkreten Struktur von sozialen Beziehimgen zwischen einzelnen oder mehreren Akteuren zusammen. Inwieweit die Struktur dieser Beziehungen den Austausch von Wissen beeinflusst, wird anschliefiend erlSutert. Es geht hier im Besonderen darum, wie die Struktur sozialer Netzwerke mit der Wirkung und dem Umfang von Sozialkapital in Verbindung steht und wie die konkrete Struktur solcher sozialen Netzwerke analysiert werden kann. Dabei greife ich auf Begriffe und Methoden der sozialen Netzwerkanalyse zuruck. Erganzend dazu erlautere ich die einschlagige Sozialkapitaltheorie von Ron Burt (1982, 1992), die mir in dieser Arbeit als Fokus dient, um die Struktur sozialer Netzwerke und die Wirkung von Sozialkapital auf die Wissensproduktion und Wissensdifflxsion zu illustrieren. Dabei werden einzelne Begriffe der Netzwerkanalyse, wie Netzwerkredundanz, strukturelle Brucken, Netzwerkdichte, starke und schwache Bindungen {strong vs. weak ties) diskutiert, well damit die strukturellen Eigenschaften und die damit verbundenen Effekte von Sozialkapital erklart werden k6nnen. Im dritten Kapitel der Arbeit werde ich schliefilich anhand einer empirischen Untersuchung die Entstehung von Sozialkapital und die Entstehung von Vertrauen untersuchen. Im ersten Abschnitt in diesem Teil der Arbeit stelle ich mein konzeptionelles Modell uber den Zusammenhang von Vertrauen und Sozialkapital dar. Zur empirischen Oberprufung des Modells habe ich eine Fragebogenuntersuchung zu ausgewahlten Eigenschaften und Charakteristiken von Organisationen durchgefUhrt um den Einfluss zentraler Merkmale auf die Entstehung von Sozialkapital und Vertrauen zu zeigen. Mit der Fragebogenuntersuchung habe ich einzelne Merkmale untersucht tiber die Vertrauen und Sozialkapital in Organisationen in einen kausalen Zusammenhang stehen. Dabei soil allerdings nicht nur der kausale Zusammenhang, sondem das jeweilige Gewicht der einzelnen unabhangigen Faktoren auf die Entstehung der abhangigen Faktoren Vertrauen und Sozialkapital tiberpriift werden. Im Detail werden die einzelnen Faktoren Arbeitsinhalt, Partizipation, Feedback, individualisierte Entgeltsysteme, Aufgabenkontrolle, Arbeitsdruck und Untemehmenserfolg auf ihre Wirkung in der Entstehung von Vertrauen und Sozialkapital geprtift. Im letzten Abschnitt des Kapitel III werden die empirischen Ergebnisse der Hypothesenpriiftmg aus den einzelnen Modellvarianten und die Ergebnisse der jeweiligen Regressionsanalyse dargestellt. 12
Im vierten Abschnitt dieser Arbeit fasse ich die Ergebnisse noch einmal zusammen und stelle sie in eine Diskussion der Gesamtzusammenhange. In diesem abschlieBenden Teil der Arbeit greife ich ruckblickend noch einmal die zentralen Fragen dieser Arbeit auf und skizziere die wesentUchen Ergebnisse. Im funften Abschnitt der Arbeit werden die deskriptiven Ergebnisse der Fragenbogenuntersuchung vorgestellt und diskutiert.
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I. Die Produktion von Wissen und die Organisation der Wissensarbeit Wie in der Einleitung angekiindigt soil hier diskutiert werden, wie in einschlSgigen Wissensmanagement-Ansatzen die Produktion und Diffusion von Wissen konzipiert wird. Diese Konzeptionen sind nicht nur als theoretisches Modell zu verstehen, sondem auch als managementpolitischer Diskurs. Ziel hier ist neben einer Darstellung auch eine Reflexion der Modelle. Stacey meint, dass der GroBteil der Wissensmanagement-Modelle von der naiven Vorstellung ausgeht, dass das Wissen in den K(3pfen einzelner Individuen entsteht und es das Ziel ist, dieses personliche Wissen durch die Transformation in explizites, d.h. artikuliertes und systematisiertes Wissen der Organisation als Ganzes zur Verfiigung zu stellen (Stacey, 2001:14). Ein weiterer Aspekt in den meisten Wissensmanagement-Modellen ist die Unterscheidung zwischen Daten, Informationen und Wissen. Diese dreistufige Hierarchie in der Organisation von Wissensarbeit bezeichnen Depres und Chauval (2002:89) als Eckpfeiler aller bekannten Wissensmanagement-Modelle. Damit iSsst sich grundsatzlich in der Organisation der Wissensarbeit eine Arbeitsteilung umsetzen, die auch der Kontrolle und dem Zugriff von Wissen dienen kann. In einschlSgigen Wissensmanagement-Modellen wird diese Hierarchie jedoch nicht mehr strikt vollzogen, wenngleich sie in den konzeptionellen Modellen welter besteht. Auf der untersten Stufe dieser Hierarchie sind die Daten, die Rohstoffe von Informationen und von Wissen. Aus rohen Daten werden Informationen gewonnen. Aus den Informationen wird Wissen produziert. Dieses Wissen selbst wird sehr oft in implizites und explizites Wissen unterschieden. Entsprechend der hierarchischen Stufe in der Wissensarbeit wird der Verarbeitung von Daten, der Produktion von Informationen und der Wissensgenerierung jeweils ein unterschiedlich hoher Grad an WertschQpfung zugesprochen. Die Daten, als unverarbeitete Rohstoffe, haben aus der Sicht eines wertorientierten Wissensmanagements den geringsten Stellenwert. Nehmen Wissensmanagement-Modelle auf den sozialen Kontext der Organisation der Wissensarbeit Rticksicht, dann versuchen sie zumindest, das Ineinandergreifen der Datenverarbeitung, der Informationsgewinnung und der Wissensproduktion zu thematisieren. Aufgabe des Wissensmanagements ist es, diese einzelnen Arbeitsprozesse zu integrieren (Schneider, 2001:25ff.). Ich werde im Folgenden die Wissensmodelle von Boisot (1995 und 1998), von Hedlund (1994) und von Nonaka und Takeuchi (1995a) einer kritischen Diskussion unterziehen. Die hier ausgewShlten Arbeiten stehen stellvertretend fur eine ganze Reihe von Entwtirfen zum Management des Wissens, die insbesondere in der Praxis des Wis15
sensmanagements einen groBen Einfluss zeigen. AusgewShlt habe ich diese Arbeiten, well sie theoretisch die anspruchsvollsten und in der Literatur die am haufigsten zitierten sind. Wahrend ich in der Darstellung versucht habe, die Modelle in unterschiedlichem Umfang - soweit eben notwendig - zu diskutieren, habe ich im Anschluss daran, die einzelnen Modelle einer kritischen Wtirdigung unterzogen. In vielen einschlagigen Wissensmanagement-Modellen werden verschiedene Wissensformen und deren Produktions- und Zugriffsbedingungen thematisiert (siehe Schneider, 2001:19). Ziel der meisten Ansatze ist es, die Prozesse der Produktion und die Verteilung des Wissens in der Untemehmung einer effizienten Steuerung zuzuflihren. Dabei scheint es in erster Linie darum zu gehen, wie Schneider es nennt: "vorhandene[s] Wissen zu identifizieren, zu sichten und zu verdichten, darzustellen und in aktualisierter Form zur Verfugung zu halten." Problematisch dabei ist, dass fiir dieses „sehr aufwendige Projekt" ... „fur die Selektionsentscheidung, was als relevant und daher aufzeichnungswiirdig gelten soil, keine eindeutigen Kriterien zu Verfugung [stehen]" (Schneider, 2001:37). Bin Aspekt, der sich in den meisten Wissensmanagement-Modellen fmdet, ist wohl der, dass Wissen nicht nur als Ressource individueller Akteure verstanden wird, sondem durch den Austausch zwischen einzelnen Akteuren und konsequenterweise durch die Weitergabe und Transformation in verschiedene Wissensformen institutioneller Bestand der Untemehmung wird (Boisot, 1995; Nonaka und Takeuchi, 1995a; Schneider, 1996; Hedlund, 1994). In der Diskussion der ausgewahlten Modelle wird insbesondere auf diesen Aspekt eingegangen.
1. Das Modell von Max Boisot Im Folgenden mochte ich das Konzept von Boisot (1995) erortem und die wesentlichen Aspekte seines Modells kurz darstellen. AnschlieBend soil der von ihm als zentraler Aspekt der Wissensarbeit in Organisationen herausgearbeitete soziale Lemzyklus erklart werden. Daran anschlieBend werden die von Boisot in Zusammenhang mit der Organisation der Wissensarbeit genannten vier Institutionenformen (Markt, Biirokratie, Klan- und Patron-Klientel-Strukturen) beschrieben. Boisot entwirft in seinem Modell einen konzeptionellen Rahmen uber den der Austausch von impliziten (personlichen) Wissensformen und expliziten (abstrakten) Wissensformen untersucht werden kann. Er nennt diesen konzeptionellen Rahmen Informationsraum oder I-Space. Der I-Space setzt sich aus drei Ebenen zusammen. Eine Untersuchungsebene, nennt er E-Space (Episteme), well auf dieser Stufe epistemologi16
sche Grundsatzentscheidungen getroffen werden, z.B. welche Daten selektiert werden. Die zweite Ebene wird U-Space (Utility) bezeichnet, weil auf dieser Stufe der Nutzen von Wissen bzw. von Informationen durch den Grad der Verbreitung in einer Organisation bestimmt wird. Die dritte Ebene wird C-Space (Culture) genannt, weil hier der Einfluss von Kultur, die die Aufhahme neuer Wissensformen fordert oder einschrankt, untersucht werden kann. Alle drei Ebenen werden zum einem dreidimensionalen Raum, der als I-Space bezeichnet wird, zusammengefasst, um das gegenseitige ineinandergreifen der drei Untersuchungsebenen zu zeigen. Die einzelnen Ebenen des I-Space, sowie die im I-Space zu beobachtenden Wissensproduktions- und Wissensdiffusionsprozesse und die verschiedenen Stufen einschlagiger sozialer Lemzyklen werden weiter unten noch im Detail besprochen. Dabei soil gezeigt werden, dass Boisot die Produktion und den Austausch von Daten, Informationen und Wissen aufeinander aufbaut und in seinem Konzept des sozialen Lemzyklus als rekursiven Prozess anlegt. Boisot betrachtet die Produktion und den Austausch von Wissen als das Ergebnis komplexer ineinander greifender Informationsfliisse. Diese ineinander greifenden Prozesse werden als Ergebnis spezifischer Daten/Informations-ZWissensverarbeitungsverfahren verstanden. Zentrale These in dem Modell von Boisot ist, dass die Aufarbeitung von Daten, die Gewinnung von Information und die Produktion von Wissen in einer Organisation dann funktionieren wird, wenn pers5nliches Wissen, das als kontextabhangiges und lokales Wissen verstanden wird, in kontextwwgebundenes und abstraktes, explizites Wissen transformiert wird und so von einzelnen Personen oder Gruppen uber diese Transformation far die Organisation unabhangig von den Personen zuganglich ist. 1.1. Boisots Theorie - Pramissen und Definitionen Wissen ist eine Fahigkeit, die durch die Verwertung, Verwendung und den Gebrauch von Daten und Informationen entsteht. Informationen werden konzipiert als das Ergebnis der Auswertung von Daten. Wahrend die Reproduktion von digitalisierten Informationen nahezu grenzkostenlos erfolgt (Shapiro und Varian, 1999:35) trifft dies bis zu einem gewissen Grad auch auf Wissen zu. Um den Zugriff bzw. die Reproduktion von Wissen auf verschiedenen organisatorischen Ebenen zu ermoglichen, muss Wissen in Fluss gehalten werden. Ein Argument von Boisot ist, dass Wissen, das sich in Bewegung beflndet, niitzliches Wissen in Organisationen ist. Personliches und kontextgebundenes Wissen ist hingegen schwieriger zu verbreiten und hat einen geringeren Nutzen. Grundsatzlich geht es Boisot daher darum, welche Eigenschaften 17
jeweils die von ihm identifizierten Wissenstypen annehmen miissen, damit sie leicht verbreitet werden konnen. Dabei identifiziert er drei zentrale Eigenschaften, namlich den Grad an Kodifiziemng, den Grad an Abstraktion und den Diffusionsgrad von Wissensformen. 1.1.1. Kodifiziemng Boisot beginnt seine Analyse mit der Frage, wie tiberhaupt Informationen aus Daten gewonnen werden und wie - daran anschliefiend - aus Informationen Wissen entsteht. Zuallererst thematisiert er, dass bei der Auswahl von Daten immer Selektionsleistungen durchgefuhrt werden miissen. In Organisationen werden hierftir institutionalisierte Verfahren verwendet. In diese institutionalisierten Verfahren sind Kodiflzierungsmuster eingebettet, deren Ursprung nicht fUr jedermann zugSnglich ist. Boisot beschreibt daher Verfahren mit dem in Organisationen Daten, Informationen und Wissen verarbeitet werden, als Anwendung bereits existierender Kodifizierungsregeln. Kodierungsregeln sind Instrumente mit denen Wahmehmung m^glich wird, aber auch einer spezifischen EinschrSnkung unterworfen wird. Bereits bei der Aufarbeitung von Daten werden also kognitive Vorleistungen genutzt. Wissensproduktion beginnt fiir Boisot deshalb mit der Aufarbeitung von Daten. Um grofie Datenmengen effizient aufzuarbeiten, so Boisot (1995), mtissen Selektionsleistungen erbracht werden. Das Ziel dieser Selektionsprozesse besteht darin, nur ganz bestimmte Daten wahrzunehmen und andere Daten auszuschliefien. Das gelingt nur liber die Etablierung von Kodierungsschemata. Der Prozess der Kodifiziemng von Ph^omenen ist, wie Boisot es formuliert: "fraught with problems and ambiguities" (Boisot, 1998:42). Neben der Anwendung von Kodes zur Selektion von Daten, werden Daten, um sie wirtschafllich verarbeiten zu kOnnen, mithilfe von Kategorien klassifiziert, mit dem Resultat, dass alle Phanomene, die der ausgewahlten Klassifizierung nicht entsprechen, als unpassend aussortiert werden. Boisot defmiert den Prozess der Kodifiziemng "als ein Verfahren in dem konzeptionelle Kategorien verwendet werden, um PhSnomene zu klassifizieren" (Boisot, 1998:42). Problematisch dabei ist jedoch, dass in einer Organisation dieser Prozess der Standardisierung der Wahmehmung institutionalisiert wird. Die konkrete Zuweisung einzelner Phanomene zu Klassen wird als Kodifiziemng defmiert. Diese Arbeit der Kodifizierung kann umso rascher durchgefuhrt werden, je effizienter entsprechende Klassifiziemngen verwendet werden (vgl. Boisot, 1998:42). Je groBer die Heterogenitat einzelner PhSnomene, umso schwieriger gestaltet sich die Kodifizierung, wenn eine Organisation gewissermafien noch sensibel auf die Unter18
schiedlichkeiten reagieren will. Einzelne Kategorien (z. B. die Kategorisiemng von GroBe, Farbe, Gewicht, usw.) mtissen jeweils auf das wahrgenommene Phanomen anwendbar sein. Kategorien sollen zwar Merkmale genau erfassen, d. h. sie mtissen eindeutig sein und mehrere angewandte Kategorien mtissen sich gegenseitig ausschliefien. Das AusmaB zur Verfiigung stehender Kategorien, h&igt, so Boisot (1998:43), von der jeweils zur Verfiigung stehenden Erfahrung und vom Training der Anwender einer Kategorie ab. Boisot sieht in diesem Zusammenhang durchaus den ambivalenten Charakter der Kodifizierung im Prozess der Wissensgenerierung. Er spricht davon: "Codification constitutes a selection from competing perceptual and conceptual frames ... with repeated use, it acquires inertia and becomes in consequence hard to modify or replace" (Boisot, 1995:48). Diese Ambivalenz von einmal etablierten Kodifizierungsschemen ist fUr den Prozess der Produktion und Diffusion von Wissen zentral, well die Effizienz von Kodierungsschemen von ihrer wwproblematisierten Anwendung bestimmt wird. Kodierungsinstrumente sind deshalb wirtschafllich, weil sie groBe Mengen von Daten aufarbeiten, aber die hohe Leistung der Datenverarbeitung wird durch eine Anderung der Kodierungswerkzeuge zerstort. In Organisationen treten deshalb Effekte der Immunisierung existierender Wahmehmungsinstrumente gegen ihre in Frage Stellung und Veranderung in Kraft. Eine einmal getroffene Auswahl einer Kategorie, mit der PhSnomene perzipiert werden, ist also ambivalent, weil die die tatsSchliche Entscheidung im Laufe der Anwendung nicht mehr thematisiert wird, zumindest soweit die Wirtschaftlichkeit der Anwendung einer Kategorie nicht in Frage gestellt wird. Der Prozess der Kodifizierung ist gerade deshalb auch damit verkntipft, dass eine ganze Menge von Daten einer Wirklichkeit zugedeckt und ausgegrenzt wird. In Krafl wird dieser Prozess durch die anvisierte Effizienz der Kodifizierung gesetzt, der in der kompromisslosen Umsetzung und Wirksamkeit der etablierten Filter der Wahmehmung und Perzeption besteht. 1.1.2. Abstraktion Da die Auswahl von Klassifizierungsschemen bereits konzeptionelle Uberlegungen einschliefit, ist weiter zwischen perzeptiven und konzeptionellen Prozessen zu differenzieren. Boisot vermerkt hierzu: "where codification appears to be more conceptual, it is either directly or indirectly the result of an abstraction from perceptual data" (Boisot, 1998:48). Die konzeptionelle Vorstellung von ZusammenhSngen, die im Design von Kategorie und Klasse vorgenommen wird, sieht Boisot bereits als Abstrahie-
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rung von Phanomenen an. Die Leistung der Abstraktion selbst steht in Verbindungen mit einer konzeptiven Vorstellung tiber vermutete oder erwiesene kausale Zusammenhange der wahrgenommenen PhSnomene. Wichtig hierbei ist, dass das einmal ausgewShlte, ftir mSglichst realistisch gehaltene konzeptionelle Modell iiber die WirkungszusammenhSnge die Inforaiationsgewinnung insofem pragt, weil aus der Fulle von uniiberschaubaren und komplexen PhSnomenen schlieBlich nur jene Daten herausgefiltert werden, die ftir eine ganz bestimmte ErklSrung als notwendig erachtet werden. Insofem versteht Boisot Kodifizierung und Abstrahierung zwar als zwei Verfahren, die eng miteinander verbunden sind, aber den Unterschied sieht er darin, dass mit der Kodifizierung wahrgenommenen PhSnomenen eine Form und mit der Abstrahierung den Phanomenen eine Struktur gegeben wird. Der Vorteil der Abstraktion liegt, so Boisot (1995), in der Generalisierung wahrgenommener PhSnomene. Idealtypisch wird hier angenommen, dass der Prozess der Wahmehmung, der durch die Abstraktion erst mSglich wird, dazu fUhrt, dass wir konkrete unterschiedliche Kategorien (heterogene PhMnomene) in einem generalisierbaren (d. h. homogenen) Zusammenhang verstehen, d.h. als Information verarbeiten, ohne persSnlich oder tatsachlich eine Datenselektion durchfiihren zu mussen. Am effizientesten wird dieser Selektionsprozess von Maschinen durchgefiihrt, wenn es gelingt, Daten in binSre Zeichensysteme zu transkribieren. Die Prozesse der Kodifizierung (also die Produktion von Selektionskriterien in einer Organisation) und die Tatigkeit der Abstraktion (die Produktion von Generalisierungen, also die Produktion von Sinn) bilden in seinem epistemologischen Modell zwei Ebenen des I-Space. Jede Wissensform wird deshalb nach der AusprSgung des Kodifizierungsgrades und nach der H6he des Abstraktionsgrades unterschieden. Boisot geht also in seinem Modell von folgenden Uberlegungen aus: Um Daten effizient zu verarbeiten miissen sie kodifiziert werden. Je besser das System der Kodifizierung, umso wirtschafllicher konnen Daten verarbeitet werden. Mit der Kodifizierung selbst sind jedoch konzeptionelle, das heifit bereits Vermutungen uber kausale ZusammenhSnge impliziert, die einmal getroffen, in Organisationen nicht mehr so ohne weiteres in Frage gestellt werden. Die konzeptionellen Uberlegungen und die daraus gewonnen Informationen werden schlieClich durch die Abstraktion, deren Zweck es ist, aus dem Besonderen allgemeine Begriffe, Normen, Prinzipien abzuleiten, die den kontextabhSngigen Informationen ein kontextunabhSngiges VerstSndnis verschaffen. Der Kontext in dem Wissen generiert wird, ist hierbei jedoch primSr einmal eine pers5nliche Erfahrung (Polanyi, 1967), vielfach eingebettet in organisationale Routinen, aber auch Teil eines habituellen Verhaltens. 20
Kontextunabhangigkeit heiCt hier die Trennung von Erfahrung und Person, mit dem Ziel, Erfahnmgen unabhSngig von der konkreten Person zu verwerten. Vor dem Hintergrund dieser Problematik fragt Boisot nach Voraussetzungen, uber die die Wissensproduktion und der Wissensfluss in Organisationen in Gang gebracht werden k5nnen. Br verpackt diese Uberlegungen in sein Modell des I-Space, das er als dreidimensionalen Wurfel konstruiert, wobei jede Dimension, jeweils ftir den Grad der Kodifikation, den Grad der Abstraktion und den Grad an Diffusion von Wissen steht. Personliches, kontextgobundenQS und lokales Wissen ist dementsprechend gering kodifiziertes und nicht abstraktes Wissen (vgl. hierzu die Abbildung 1). Im E-Space werden also erhebliche erkenntnistheoretische Weichenstellungen getroffen, die in der Praxis des Wissensmanagements Konsequenzen haben. Durch die im E-Space gesetzten MaBnahmen und Entscheidungen, die ja nicht zuf^llig erfolgen, wird aus einer Fulle von Phanomenen Sinn in der Organisation produziert (vgl. hierzu Weick, 1995). Es werden Kategorisierungen etabliert, Klassifizierungen ubemommen und konzeptionelle und perzeptive Filter eingerichtet, die nicht beliebig revidierbar sind. Abbildung 1: Der Informationsraum (I-Space (Boisot, 1998))
abstraktes, kodifiziertes und diffundiertes Wissen
Kodfizierungsgrad
diffused Diffussionsgrad ricodifizierl abstrakt
konkre^ Abstraktionsgrad
lokales personliches Wissen 21
Es iSsst sich hier argumentieren, dass das Ausmafi der Effizienz der Kodifizierung und der Abstraktion in einer Organisation, letztendlich auf die ReflexionsfShigkeit zurUckwirkt. Etablierte Kodifizierungssysteme schrSnken so gesehen, unterschiedliche Wahrnehmungen, verschiedene Perspektiven und vielfSltige Interpretationen ein.^ l.L 3, Diffusion Die dritte Dimension bezeichnet das Ausmafi der Diffusion von Wissen im I-Space. 1st Wissen ausreichend kodifiziert und in ein abstraktes Zeichensystemtibersetzt,so lasst es sich leichter verbreiten, als gering kodifiziertes und kaum abstrahiertes Wissen. In diesem Zusammenhang steilt Boisot fest, je hSher der Verbreitungsgrad von Wissen in einer Organisation, umso grSfier der Nutzen (Boisot, 1995). Boisot unterscheidet hier zwischen Nutzen und Wert von Wissen. Der Marktwert von Wissen reduziert sich durch seine Verbreitung, wShrend der Nutzen durch die Diffusion nicht eingeschrSnkt wird. Um pers5nliches, konkretes und in organisationale Routinen eingebettetes Wissen in einer Organisation zu verbreiten, muss es soweit wie mOglich kategorisiert und kiassifiziert und in eine abstrakte Sprachetibersetztwerden. Ein Problem in diesem Zusammenhang in Organisationen ist, dass sehr viele lokale, persSnliche Wissensformen in eine nicht bewusste organisationale Praxis eingebettet sind. Die jeweiligen Erfahrungen und das damit verbundene Wissen kann in vielen Fallen nicht artikuliert werden, d.h. die persQnlichen Erfahrungen sind schwer in allgemeine Begriffe bzw. in eine abs-
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Dazu ein Beispiel: In ein und derselben Situation ist es mOglich, dass zwei Personen oft ganz unterschiedliche Wahmehmungen machen. Ob das wOnschenswert ist oder nicht wird hier nicht in Frage gestellt. Czamiawska-Joerges berichtet (iber einen Vortrag, den zwei ihrer Kollegen gemeinsam besucht haben. Beide haben einen ganzlich unterschiedlichen Eindruck gewonnen: "My two colleagues went to hear a speech given by a wellknown businessman. One participated in a most exciting encounter between the wisdom of practice and curiosity of theory, whereas the other took part in an extremely boring meeting with an elderly gentleman who told old jokes" (Czamiawska-Joerges, 1999:33). Kodifizierungen sind demnach nur dann effizient, wenn unterschiedliche Wahmehmungen innerhalb der Organisation ausgeschlossen werden k5nnen. Anders formuliert, je effizienter Kodifizierung durchgeflihrt wird, umso wahrscheinlicher ist es, dass die EfFektivitat in der Organisation der Wissensarbeit leidet. Kodifizierung ist Selektion und Kategorisiemng von Daten gleichermaBen. Die Frage ist darm immer, gerade im Kontext der Organisation, mit welchem Kodierungsverfahren Daten organisiert werden. Wer entscheidet iiber die Auswahl des Kodierungsverfahrens? Gibt es dariiber aberhaupt eine Entscheidung? Im zitierten Beispiel von Czamiawska-Joerges (1999) haben beide Kollegen, obgleich sie eine gemeinsame Organisationskultur teilen, unterschiedliche Kodierungsverfahren verwendet. Wissen ist mit spezifischen Kategorisierungen, die bewusst und unbewusst verwendet werden, verflochten.
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trakte Sprache zu ubersetzen. Boisot stellt zwar fest, dass lokales Wissen in vielen seiner Eigenschaften unkommunizierbar ist und stellt grundsatzlich den Nutzen persOnlicher und lokaler Wissensformen nicht in Frage. Er Mlt jedoch fest: Wissen, das in Organisationen zirkuliert, schafft einen grSBeren Nutzen. Insofem wird personliches, lokales Wissen, den objektivierbaren, abstrakten Wissensformen gegenubergestellt (vgl. Boisot, 1995:130). Boisot geht es hier darum, dass Organisationen nur dann neues Wissen schaffen und sozusagen Lernen, wenn lokales Wissen, das in unkodifizierter, gering abstrahierter und nicht-diffundierter Form vorliegt, in Wissensformen tibersetzt wird, die stark kodifiziert sind und daran anschliefiend in abstrakte Sprache, d.h. allgemein verstSndliche Begriffssysteme ubersetzt werden milssen, damit sie sich leicht verbreiten lassen. Entsprechend verortet Boisot die Probleme in der Verbreitung von Wissen in erster Linie in Zusammenhang mit den Auswirkungen unvereinbarer Interpretationskontexte, die einen "Stqffwechser existierender Wissensformen blockieren; etwa wenn unterschiedliche Kategorien und Klassifizierungen miteinander konkurrieren. In dieser Konzeptionalisierung wird nicht-diffundiertes und diffundiertes Wissen gegentibergestellt. (1) Nicht-diffundiertes Wissen ist eingebettet in die personliche Erfahrung einzelner Individuen, entweder well es schwer mSglich ist, spezifische Erfahrungen auszusprechen Oder weil diese Erfahrungen in einen Wissensvorrat eingebettet sind, der selbst nicht bewusst ist und nicht artikuliert werden kann (Berger und Luckmann, 1984; Schutz, 1972). Beispiele dafiir k^nnen spezifisches Know-how und ganz konkrete Erfahrungen einzelner Arbeitnehmer sein, die sie im Rahmen ihrer TStigkeit erwerben und die in organisational Routinen eingebettet sind. Es ist dies das praktische Wissen iiber die konkrete Verwendung von Werkzeugen in spezifischen Arbeitssituationen. In Organisationen ist diese Form des Wissens keinesfalls nutzlos, sondem im Kontext der Organisation der Wissensarbeit ist es schwer ubertragbar und entzieht sich der kontextunabhangigen Reproduktion. Der interessante Aspekt ist in diesem Zusammenhang der, dass die kontextunabhSngige Reproduktion dieser Wissensformen zum Teil sehr zeitaufwendige soziale Interaktion in kleinen Arbeitsteams verlangt, damit dieses Wissen innerhalb von Gruppen transferiert werden kann. (2) Diffundierbares Wissen kann hingegen mit anderen Organisationsmitgliedem sehr viel einfacher geteilt werden. In der Regel ist dieses Wissen Faktenwissen, wie z.B. explizite Gebrauchsanweisungen und Anleitungen zur Verwendung und zum Gebrauch von Maschinen und Apparaten. Es handelt sich dabei um systematisiertes 23
Wissen. Bin Beispiel dafur ist die chemische Zusammensetzung eines Impfstoffes, die fur jeden Chemiker verstandlich ist. Fur solche Formen des Wissens zeigen Organisationen eine besondere Praferenz und Nachfrage. Die Anwendung dieses systematisierten Wissens selbst ist aber verbimden mit kontextspezifischen Fahigkeiten, mit einem Know-how, das als implizites Wissen verstanden wird. Beispielsweise ist die Herstellung des Impfstoffs ohne die Beherrschung komplexer Produktionsverfahren nicht so ohne weiteres durchfUhrbar. Bei der Unterscheidung zwischen diffundierten und nicht-diffundierten Wissensformen wird deutlich, dass Wissensformen zwar immer persSnliche, d.h. individuelle Wissensformen sind, aber in ihrer Entstehung von der sozialen Umwelt gepragt werden (Scheuble, 1998:18). DefmitionsgemaB sind diffundierte Wissensformen permanent einer eigenmachtigen, souverSnen und eigensinnigen Gestaltung und Manipulation ausgesetzt, soweit das in Organisationen zugelassen wird und damit grundsatzlich, so Boisot, der Rohstoff des Lemens in einer Organisation. 1.1.4. Der I-Space (I-Information) oder soziale Lernzyklus Wie in der folgenden Abbildung 2 zu sehen ist, bilden die Dimensionen Abstraktion, Kodifizierung und Diffusion die drei Ebenen der Analyse im I-Space. Wird personliches, unkodifiziertes Wissen ausreichend kodifiziert und schlieBt daran ein Prozess der Abstraktion an, diffundiert groBteils kontextgebundenes und lokales Wissen in der Organisation (Boisot, 1998:60). Konkretes personliches Wissen, eingebettet in organisational Routinen, befindet sich in diesem dreidimensionalen Modell, dargestellt in der Abbildung 2 im vorderen Bereich, rechts unten. Abstraktes, kodifiziertes und stark diffundiertes Wissen ist in der Abbildung im hinteren Bereich links oben lokalisierbar. Eine Entwicklung von Wissensformen, die im dreidimensionalen Raum rechts unten im vorderen Feld lokalisierbar sind, hin zu Wissensformen im vorderen Bereich links oben, bildet den Idealfall einer Konversion von pers5nlichen und lokalen Wissensformen in artikuliertes, systematisiertes Wissen, das jedoch noch nicht diffundiert ist. Wird dieses Wissen, z.B. in Organisationen weiterverbreitet, so wandert es vom vorderen Bereich links oben in den hinteren Bereich des dreidimensionalen Raums. Boisot argumentiert nun, dass sich fiir einen vollstSndigen Lernzyklus dieser kreisfbrmige Verlauf fortsetzen muss. Die einzelnen Phasen sind als sequentieller Prozess dargestellt, die im I-Space entlang der Dimensionen Kodifizierung, Abstraktion und Diffusion analysiert werden. Ein vollstandiger Lernzyklus besteht aus sechs aufeinander aufbauenden Schritten. Im I-Space verlauft dieser Zyklus im Uhrzeigersinn. In 24
der folgenden Abbildung ist ein vollstandiger Lemzyklus im dreidimensionalen ISpace nachgezeichnet. Als Ausgangspunkt im sozialen Lemzyklus wird Wissen als konkrete pers5nliche Erfahrung im dreidimensionalen Raum im vorderen Feld rechts unten generiert (Boisot, 1995:187). Dieses Wissen ist lokales, idiosynkratisches und auf alien drei Ebenen, bezogen auf den Abstraktionsgrad, Kodifikationsgrad und Diffusionsgrad, auf der untersten Stufe der AusprSgung. Die generelle These von Boisot (1995:186f.) in diesem Zusammenhang lautet, dass die V/QitQrbewegung auf dieser Stufe des sozialen Lemens, entlang der skizzierten Schleife, von Punkt X, der in der Abbildung pers5nliches, lokales Wissens anzeigt, nur tiber einen zunehmenden Kodifizierungs- und Abstraktionsgrad im I-Space stattfmdet. Wird der Kodifizierungsund Abstraktionsgrad erhoht, kann Wissen diffundieren und es bewegt sich in einer sfbrmigen Schleife nach oben iiber den als Punkt A gekennzeichneten Bereich zum Punkt B. Abbildung 2: Der kreisfBrmige Verlauf der Wissensproduktion (Boisot, 1998)
abstraktes, kodifiziertes und diffiindiertes Wissen
Kodfizierungsgrad
diffused Diffiissionsgrad
abstrakt Abstraktionsgrad
lokales personliches Wissen
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Im Bereich A, bezogen auf den Wissensbestand einer Organisation, ist ein maximaler Grad an Strukturgebung erreicht, der gleichzeitig ein Minimum an Entropie^ bedeutet. Wissensformen auf der H6he von Punkt A werden in dieser Phase relativ schnell und mit relativ geringem Aufwand difiundieren, wenn sie bestehende Wissensformen ergSnzen bzw. erweitem. Ist das der Fall, diffundiert Wissen in Richtung Punkt B. Boisot nimmt nun an, dass nicht nur Wissensformen diffundieren, die bereits etablierte WissensbestSnde ergSnzen, sondem zusehends Wissensformen, die gemeinsam und/ Oder in Konkurrenz zu bestehenden WissensbestSnden sich verbreiten. Dadurch bewegt sich der Wissensfluss in Richtung - des in der Abbildung eingezeichneten Punkt Y. An dieser Stelle emergieren verschiedene Wissensformen in der Organisation, die einen geringen Kodifizierungsgrad und einen geringen Abstraktionsgrad aufweisen. Dadurch erhSht sich die Entropie bezogen auf die existierenden Wissensbestande in der Organisation. Durch den hohen Grad an Unordnung im System wird es in der Organisation mCglich, unterschiedliche, neue, nicht etablierte Wissensformen in lokalen/konkreten Kontexten zu verwenden. Das auf dieser Stufe entstehende Wissen ist schlieBlich wieder personliches, kontextgebundenes und spezifisches Wissen, das einen geringen Kodifizierungsgrad, einen geringen Abstraktionsgrad und einen geringen Diffusionsgrad aufweist. Boisot (1995:189) differenziert in seinem Modell des sozialen Lemzyklus im I-Space mehrere aufeinander folgende und miteinander zusammenhangende Prozesse, die er in zwei Phasen unterteilt. Im Modell von Boisot wird in Phase I Wert (value) von Wissen produziert. In Phase II des sozialen Lemzyklus wird der organisationale Wert von Wissen realisiert. Ein wichtiger Aspekt der das Ineinandergreifen der verschiedenen Phasen des organisationalen Lemzyklus beeinflusst ist das AusmaB an organisationalem Freiraum (Slack), den sich eine Organisation leistet oder leisten kann. Die Frage stellt sich hier also, wie viel Freiraum (organisational slack) die Organisation den singulSren "Daten verarbeitenden Agenten" in den einzelnen Phasen gewahrt, damit Blockaden autonom aufgearbeitet werden konnen. Davon hangt die Qualitat der Weiterverarbeitung von Wissen in Organisationen ab. Die Produktion von neuem Wissen beginnt mit dem ge-
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D. h. ein Entropiegrad in einem System von 0 entspricht einem Maximum an Ordnung in der Struktur des Systems. Ein Entropiegrad von 1 entspricht einem Maximum an Unordnung. In diesem Umfeld der Unordnung wird es nach Boisot nun mOglich, neues Wissen in etablierte Kodifizierungs- und Kategorisierungssysteme zu importieren.
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zielten Durchsuchen von Datenmengen imd dem Herausfiltem von brauchbaren Informationen zur Losung konkreter Fragestellungen. Bereits auf dieser Ebene ist theoretische Arbeit zu leisten. Das im sozialen Lemzyklus implizierte Abarbeiten der einzelnen Phasen ist in der Realitat ein stSndiges Vor und Zuruck und ein Hin und Her zwischen den folgenden und vorangehenden Phasen im sozialen Lemzyklus. Dazu benOtigen die informationsverarbeitenden Akteure Zeit und Raum, die ihnen jedoch im Alltagsgeschaft nicht zugestanden werden. Der organisatorische Wissensprozess beginnt (wie in der Abbildung 3 zu sehen ist) mit der (1) Phase der Sondierung (S) von Datenmengen. Der Daten verarbeitende Agent reduziert auf dieser Stufe die notwendige Menge an Daten durch den Prozess der Kodifizierung. Dabei werden nur diejenigen Daten- und Informationsmengen berticksichtigt, die fiir die (2) Phase der Problemstellung (p) relevant sind. Auf dieser Ebene entscheidet sich, wieweit die Selektion und Filterung von Datenmengen eigenstandig in Bezug auf den Kontext der konkreten Problemstellung erfolgt, oder als ein heteronomer, d.h. fremdbestimmter Prozess voUzogen wird. Mit der Phase (p) beginnt die eigentliche Beschaftigung mit der Losung von Problemen. Sind ausreichend befriedigende Losungen gefunden, so werden diese Losungen auf der nachsten Stufe in eine abstrakte systematisierte Sprache iibersetzt (at). Zusammengefasst sind die drei Phasen s, p, at (Phase I) der Prozess der Wissensgenerierung in der Untemehmung.
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Abbildung 3: Die sechs Lemstufen im I-Space (Boisot, 1998)
abstraktes, kodifiziertes und difflindiertes Wissen
Kodfizierungsgrad
diffused Diffussionsgrad rfcodifizierl abstrakt
konkret\ Abstraktionsgrad
lokales personliches Wissen In der Phase II des sozialen Lemzyklus, die aus den Stufen d (Diffusion), ar (absorption) und I (Impakt) besteht, wird existierendes Wissen verwertet (Boisot, 1995:189). Die Verwertung ist dann erfolgreich, wenn lokale Wissensformen kontextunabhangig in andere Organisationsbereiche diffundieren. 7.7.5. Institutionenokonomische Losungen speziflscher Defizite im sozialen Lemzyklus von Organisationen Sowohl die fur die organisational Wissensproduktion notwendigen Prozesse der Kodifizierung, Abstraktion und Diffusion, als auch der soziale Lemzyklus sind in Organisationen nur denkbar als komplexe soziale Interaktion. Neben den drei zentralen Dimensionen (Kodifizierung, Abstraktion und Diffusion) und der Analyse des sozialen Lemens als zyklisches Ineinandergreifen verschiedener Wissenstypen, greift Boisots in seinem Wissensmodell zusatzlich eine wichtige Frage auf. Ftir ihn sind der Erfolg der Verbreitung personlicher und lokaler Wissensformen und der gesamte Prozess des Lemens nicht nur uber die epistemologischen Kategorien im I-Space zu erklaren. Ausgehend von den unterschiedlichen "Informationseigenschaften" der verschiedenen Wissensformen (Boisot, 1998:125) zeigt er, dass unterschiedliche institutionelle Govemance-Stmkturen Jewells idealtypischen Wissensformen in seinem 28
Modell entsprechen. Boisot unterscheidet hierbei vier institutionelle Arrangements, nSmlich Markte, Biirokratien, Klan- und Patron-Klientel-Beziehungen.'* Auf welcher Ebene jeweils welches institutionelle Arrangement den effizientesten Modus sozialer Interaktion darstellt, ist in Abbildung 4 illustriert. Abbildung 4: Verbreitung von Wissen und die entsprechende Institutionenform (Boisot, 1998)
BiirokratJe F^trbn -Klientel
abstrakt
.
,, , . ,*^onkret Abstraktionsgrad
LI.5.1. Markte Auf Markten werden kodifizierte und abstrakte Informationen bereitgestellt, ohne dass personliche Beziehungen zwischen KSufer und Verkaufer fur das Zustandekommen und fur die Abwicklung der Transaktionen notwendig waren. Der Austausch von Wissensaustausch auf Markten fmdet dann statt, wenn die Ubertragung der Wissensleistung tatsachlich vollstandig durchgefuhrt werden kann. Das schlieBt ein, dass die Leistung durch die Preisinformation in einem ausreichenden AusmaB bewertet werden
Boisot verwendet den Begriff Fiefs in seinem Modell, der jedoch im deutschen korrekterweise als Feudalherr iibersetzt werden musste. Die sozialen Bindungen und Beziehungen, die er mit dem institutionellen Arrangement, das er Fiefs nennt beschreibt, lassen sich jedoch als Patron-Klientel-Beziehungen charakterisieren.
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kann. Das ware der Fall in dem erwahnten Beispiel der chemischen Zusammensetzung eines Impfstoffes. Im Grofien und Ganzen wtirde der Verkauf dieses Wissens keine Probleme bereiten. Kaufpreis und Ubertragung lassen sich festschreiben und der Schutz konnte durch Patentrechte gewahrleistet sein. Dartiber hinaus mussten KSufer und Verkaufer keine gemeinschaftlichen Werte und kulturellen Eigenschaften teilen, damit sie das iibertragene Wissensgut nutzen konnen. MOglicherweise wtirde sogar ein kompetitiver Preis fur diese Form des Wissens festzumachen sein. Markte als Institutionen werden als effizientes Instrument betrachtet, wenn die mit der Ubertragung notwendigen verfUgungsrechtlichen Eigenschaften von Wissen im Rahmen vollstandiger Vertrage geklart werden. Lasst sich also der Austausch von Wissensleistungen durch Vertrage vollstandig regeln, konnen Mangel festgestellt werden und ist es moglich, vereinbarte aber nicht gelieferte Leistungsbestandteile festzustellen und einzufordem, dann sind MSrkte effiziente Institutionen in der Ubertragung von Wissen. Beim Kauf einer Idee besteht ftir den KSufer jedoch bereits ein hohes Risiko, ob tatsachlich z. B. eine Nachfrage existiert. Grundsatzlich wird der Kaufer einer Produktidee dieses Risiko mit dem Verkaufer teilen. Das ist okonomisch kein Problem. Aber in diesem Fall musste bereits eine auf Dauer angelegte Bindung zwischen Kaufer und Verkaufer eingerichtet werden. Ein Vertrag uber den Verkauf einer Produktidee wtirde moglicherweise nur dann zustande kommen, wenn keine allzu hohen Informationsasymmetrien zwischen Verkaufer und Kaufer existieren. Je unvollkommener Markte, umso wahrscheinlicher werden Tauschakte nur dann zustande kommen, wenn zwischen Kaufer und Verkaufer von Wissen langerfristige Beziehungen etabliert werden. Wenn das nicht der Fall ist, mtissen andere institutionelle Formen gefunden werden. Im dreidimensionalen I-Space werden Markte im hinteren Bereich links oben lokalisiert (Boisot, 1998:127). 1.1.5.2. Burokratien Btirokratien werden als effiziente Institution im Fall von kodifizierten und abstrakten Wissensformen betrachtet, bei denen keine personlichen Beziehungen notwendig sind, um den Austausch und die Diffusion von Wissen in Gang zu setzen. In Btirokratien sind kodifizierte und abstrakte Wissensformen nur beschrankt verbreitet und werden zentral verwaltet und koordiniert. Der Wissensfluss wird in Hierarchien durch Weisungen und Anordnungen koordiniert (Boisot, 1998:127). In Btirokratien besteht 30
nicht die Notwendigkeit gemeinsame Werte und kulturelle Eigenschaften zu teilen. Bin GroBteil der Unsicherheit auf Markten - ganz im Sinne von Williamson (1985) soil von Burokratien abgefangen werden. Wie Markte sind BUrokratien abhangig von ausreichend kodifizierten und abstrakten Informationen (z.B. Bilanzkennzahlen). Da Boisot (1995:245) von der Uberlegung ausgeht, dass Informationen eine naturliche Tendenz haben sich zu verbreiten, soweit sie ausreichend kodifiziert und abstrahiert sind, wird die Btirokratie als Instrument eingesetzt, kiinstliche Schranken einzurichten, um den freien (nicht-kontroUierten) Wissensfluss zu regulieren. Btirokratie ist insofem ein Instrument mit dem Wissensfltisse reguliert, kontrolliert und eine als schadlich eingestufte Verbreitung von Informationen oder Wissen eingeschrankt werden kann. In Btirokratien ist ein freier Informationsfluss nicht immer wtinschenswert, und es ist Aufgabe einer effizienten Organisationsgestaltung, den Informationsfluss zu regulieren. Das wichtigste Instrument hierzu ist die arbeitsteilige Hierarchic. Das entspricht der Vorstellung von Weber (1922), der in der Btirokratie ein Instrument zur rationalen Steuerung von Informationen sieht. Die Zuschreibung von Kompetenz ist in der btirokratischen Organisation ein Instrument der KontroUe von Wissensfltissen. Damit wird gewShrleistet, dass tatsachlich nur diejenigen die Informationen bekommen, far die sie bestimmt sind. Damit wird gleichermaBen sichergestellt, dass einzelne Ebenen in der Organisation gezielt mit Informationen versorgt werden und andere davon ausgeschlossen. Das funktioniert in Hierarchien nicht immer besonders gut, aber sehr viel besser als auf Markten. Ein weiteres Kriterium in Organisationen, Informationsfltisse zu regulieren, ist der privilegierte Zugang zu Informationen, um den missbrauchlichen Umgang damit einzuschrSnken. Die hier genannten Eigenschaften werden von Boisot (1995:247f.) als Requisiten der Kontrolle klassifiziert, die in die formalen und informalen Strukturen der btirokratischen Organisation eingebettet sind. Die Werte der btirokratischen Organisation wie Stabilitat, Hierarchic, Aktenmafiigkeit, Vollzug von Gesetzen und Anordnungen und die Ausschaltung der Willktir einzelner Akteure sind Prinzipien, die der Effizienz von Anordnung und Unterordnung dienen. Boisot (1995:250) versteht die Btirokratie als Werkzeug der "Nicht-Verbreitung" von Wissen. Anzumerken ist hier, dass Burokratien in ihrem strengen Entwurf (Weber, 1922) gar nicht konzipiert sind, Wissen zu produzieren, sondem dazu, den Vollzug von Anordnungen zu gewShrleisten. Btirokratien sind nicht konzipiert, um den Zweck von Anordnungen zu reflektieren, sondem den angeordneten Aufgabenvollzug umzu31
setzen. Die Burokratie ist also kein Organisationsdesign, das zur Produktion von Wissen geeignet ist, sondem zum Vollzug von Anordnungen. Wer also im Rahmen des Wissensmanagements die Steuerung der Wissensverteilung als zentrale Aufgabe begreift, wird mit den hier erwahnten "Eigenschaflen der Burokratie"^ konfrontiert werden. Im I-Space sind Burokratien im vorderen Bereich links oben lokalisiert (Boisot, 1998:127). LL5.3.Klan Der Klan mit seinen verwandtschafllichen sozialen Bindungen wird von Boisot (1998:132) als Institution klassifiziert, mit der personliche, unkodifizierte und konkrete Wissensformen uber face-to-face Beziehungen effizient ausgetauscht werden. Klanstrukturen zeichnen sich gegeniiber MSrkten und Burokratien dadurch aus, dass sie Werte und kulturelle Glaubensgrundsatze teilen. Aufgrund der engen verwandtschafllichen Bindungen wird der Klan als Instrument gesehen, mit dem die Diffusion von Wissen kontroUiert werden kaim, ohne die chronischen Defizite der Btirokratie zu ubemehmen. Im Klan sind AutoritSten und Kompetenzen klar markiert. Bin Klan ist eine soziale Gruppe, deren IdentitSt und Beziehungen sich uber familiSre Bindungen defmieren. Klans werden defmiert als Gruppen, die uber Heirat verbunden sind und die auf der Basis gemeinsamer kultureller Erfahrungen zusammenarbeiten. Innerhalb dieser Gruppe gibt es Hierarchien, der soziale Zusammenhalt ist jedoch sehr viel groBer als in MSrkten und in Burokratien. AuBerhalb dieser Gruppen wird Information nur begrenzt verbreitet. Zwischen "Insidem" fmdet ein intensiver Austausch statt, vorwiegend aufgrund der hohen Affmitat in der Gruppe, dadurch entstehen sehr eng miteinander verkntipfte Wissensvorrate gemeinsamer Lebenswelten der Klanmitglieder. Die einzelnen Klanmitglieder sind uber persOnliche Bindungen miteinander verknupft. In der Kegel existieren ein oder mehrere patemalistische Patriarchen, die uber die gegenwartige und zukunftige Verwendung der existierenden Ressourcen entscheiden. Ausbildung und Aufgaben werden auf einzelne Klanmitglieder verteilt, das Risiko tragt der Klan.
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SchreyOgg greift folgende Merkmale der Burokratie heraus: (1) strikte Regelgebundenheit der Amtsflihrung; (2) Abgrenzung von Autoritat und Verantwortung; (3) festgelegtes System der Uber- und Unterordnung (Hierarchie); (4) AktenmaBigkeit der Organe; (5) sachgemaBe Entscheidungsregeln; und (6) fachlich ausgebildete Sachbearbeiter (SchreySgg, 1999:35).
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Sind bei bestimmten Wissensformen die damit verbundenen Informationsasymmetrien unuberwindbar, findet z. B. auf MMrkten kein Leistungsaustausch statt. Der Klan verteilt diese Effekte auf die gesamte Gruppe und federt so das Risiko bei einzelnen Transaktionen ab. Der Austausch von Wissen uber die Klangrenzen hinweg bereitet Probleme (vgl. Banfield, 1958). Bezogen auf den Austausch von Wissen argumentiert Boisot (1995:250), dass sich der im Uhrzeigersinn fortlaufende Zyklus von Schaffung und Verteilung von Wissen in seiner Entwicklungsrichtung umkehrt, wenn innerhalb von Organisationen keine dem Klan entsprechenden institutionellen Arrangements existieren. Klanstrukturen im Verstandnis von Boisot lassen sich mit der Funktion von Communities of Practice vergleichen, wenngleich die sozialen Bindungen innerhalb von Communities of Practice als sehr viel schwacher einzustufen sind (Wenger, 2001). In Klanstrukturen ist interpersonales Vertrauen eine wichtige Voraussetzung stabiler sozialer Strukturen.^ Die Institutionenform des Klans ist im dreidimensionalen I-Space von Boisot (1998:126) im hinteren Bereich rechts unten zu lokalisieren. 1.1.5.4. Fiefs (Patron-Klientel-Beziehungen) Fiefs, im iibertragenen Sinn verstanden als dyadische Beziehung zwischen Patron und Klientel, werden als Gegenstuck zum Markt im I-Space eingeordnet. In PatronKlientel-Strukturen wird unkodifiziertes und konkretes Wissen ausgetauscht. Die Verbreitung des Wissens ist gering und durch face-to-face Kommunikation vermittelt. Die Beziehungen in Patron-Klientel-Strukturen werden als feudal und/oder charismatisch bezeichnet (Boisot, 1998:127). Der Austausch von Wissensformen findet innerhalb fester personlicher Bindungen statt. Innerhalb dieser Bindungen existiert eine eindeutige Hierarchic. Patron-Klientel-Strukturen charakterisieren sich durch gemein-
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Hall (1990) unterscheidet Klans, die in High-Kontext-Kulturen (HKK) und Low-Kontext-Kulturen (LKK) leben. FUr den Austausch idiosynkratischen Wissens wOrden sich demnach High-KontextKulturen besser eignen als Low-Kontext-Kulturen, well sie lokales, konkretes, unkodifiziertes Wissen in einem geringeren AusmaB artikulieren mUssen, damit es verbreitet wird. In High-Kontext-Kulturen wird die Kommunikation als komplex, multidimensional und subtil bezeichnet (Hall, 1990). Insofem muss nicht jedes Detail erklart oder angesprochen werden, sondem wird tiber den Kontext der Kommunikation eingebettet. Low-Kontext-Kulturen orientieren sich hingegen am selektiven Gebrauch kodifizierter, abstrakter Informationen, die klar und einfach mitzuteilen sind. Low-Kontext-Kulturen wiirden also kodifizierte und abstrakte Wissensformen effizienter verbreiten, weil sie in unpers5nlichen Kommunikationssituationen Informationen gut ubermitteln (vgl. Hall, 1990; Boisot, 1995)
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same Werte und Glaubenssysteme. Boisot argumentiert, dass in all jenen Fallen, in denen Markte, Burokratien und Klanstmkturen keine effizienten Strukturen bereitstellten, um nicht-kodifiziertes, lokales und konkretes Wissen weiterzugeben, die personliche Abhangigkeit zwischen Patron-Klientel der Modus sei, um Know-how und schwer mitteilbares Wissen zu iibertragen. Die Beziehung zwischen Meister und Geselle ist ein Beispiel fiir eine Patron-KlientelBeziehung, in der durch enge personliche Beziehungen idiosynkratische Wissensformen gelemt und weitergegeben werden. Uber die Patron-Klientel-Beziehung hinaus ist der Austausch jedoch problematisch und Wissen diffundiert nur durch die AuflQsung der Bindung zwischen Patron und Klientel. Damit diese AuflOsung nicht stattfmdet, werden sehr oft soziale und wirtschaftliche Abhangigkeiten eingerichtet, die als Notwendig erachtet werden, um wirtschaftliche Einheiten, z. B. Familienuntemehmen, zusammenzuhalten (North, 1990). Fiefs geniefien soziale Akzeptanz, solange sie sich gegeniiber ihrer Klientel fair verhalten. D.h. solange sie durch ihre wirtschaftlichen Eigeninteressen die reziproken Verpflichtungen nicht verletzen. Die Akzeptanz von Autoritat wird uber loyale Familienmitglieder oder tiber loyale Klientel produziert, die ihrerseits nur dann diese AbhSngigkeit als legitim erfahren, wenn ihre eigenen wirtschaftlichen und sozialen Interessen befriedigt werden. In Patron-Klientel-Beziehungen existieren kaum Informationsasymmetrien, es existieren jedoch soziale und wirtschaftliche Ungleichheiten. Im dreidimensionalen Raum des I-Space von Boisot (1998:127) sind Fiefs (bzw. die Patron-Klientel-Strukturen) im vorderen Bereich rechts unten lokalisiert.
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In den Kulturwissenschaften und in der Ethnologic ist die von Boisot getroffene Unterscheidung nicht neu. Ruth Benedict, Margret Mead, George Bateson und Mary Douglas haben an ahnlichen konzeptionellen Ansatzen gearbeitet. Fiir sie stand allerdings nicht der Aspekt der Kontrolle und des Zugriffs auf Wissen im Vordergrund, sondem die Frage, wie archaische Gemeinschaften ihre Beziehungen regulieren. Die fiir mich wichtige Unterscheidung, die in den genannten AnsStzen getroffen wird, ist die zwischen anonymen und persOnlichen identitatsstiftenden Sozialisationsstrukturen. Mary Douglas (1996) hat in ihrem Buch "Natural Symbols" die Beziehungen zwischen Wertesystemen und Kosmologien verschiedener sozialer Gruppen untersucht. Sie zeigt, dass in Familienstrukturen Werte, Glaubenssysteme, Regeln des Anstandes etc. und ihre Formen der Sanktionierung des Missbrauchs und der Weiterverbreitung (Sozialisation) kausal zusammenhSngen.
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In der folgenden Tabelle sind die Informations- und Institutioneneigenschaften von MSrkten, Burokratien, Kians und Patron-Klientei-Beziehungen noch einmal iibersichtlich zusammengefasst. Tabelle 1 Informationseigenschaften \irnd die entsprechende Institutionenform Attribute Markt Klan BUrokratie
Soziale BeUnpersSnlich ziehungen Untemehmensform Divisional Informationseigenschaften Kodifikation Hoch Abstraktion Hoch Diffusion Hoch Bedeutung gemeinGering samer Werte und Normen KoordinationsSelbstregulierend mechanismus Quelle: Boisot, 1998:145-151.
Unpersdnlich
PersOnlich
Patron-KlientelBeziehungen (Fiefs) Pers6nlich
Funktional
Netzwerk
Start-up
Hoch Hoch Gering Gering
Mittel Mittel Mittel Mittel
Gering Gering Gering Mittel bis Hoch
Hierarchie Weisung
Verhandlung
Loyalitat
Exkurs implizites und explizites Wissen Die Frage, inwiefem ein sozialer Kontext fiir die Schaffung und Verbreitung von Wissen eine wesentiiche Voraussetzung darstellt, hSngt mit der jeweiligen Definition und mit dem verwendeten VerstMndnis von Wissen zusammen. Wird, wie Schneider es fordert, stillschweigendes, also implizites Wissen nicht ais Gegensatz zum expliziten Wissen gefasst, wie dies "ein Gutteil der Wissensmanagementiiteratur tut" dann muss "Wissensmanagement ...daher nicht nur Management des Wissens (z.B. Artikulation bisher nicht artikulierter Erfahrungen), sondem vor allem auch Management des kommunikativen Kontexts" sein (Schneider, 2002b: 10). Und wenn "organisationales Wissen als komplexes, verteiltes" Wissen betrachtet wird, muss "die soziale Dynamik der Organisation, der Einfluss von Raum und Zeit und die individuellen Lemgeschichten der Organisationsmitglieder ins Spiel" (Schneider, 2002b: 15) gebracht werden. Damit dies auch tatsachlich passiert, mussen die Betroffenen in Beziehung treten, und diese Beziehung muss umso starker sein, so die Uberlegung, je weniger greifbar und je weniger artikulierbar das Wissen, das vermittelt und ausgetauscht werden soil, ist. Scheuble (1998) stellt in seiner Dissertation den Zusammenhang zwischen impliziten/ expliziten und artikulierten, artikulierbaren und transferierbaren Wissen folgendermaBen dar. Er versteht in der Kategorisierung explizites Wissen als Teil von artiku-
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lierten und artikulierbaren Wissensformen; alle drei Wissensbegriffe sind Bestandteil des impliziten Wissens. Polanyi wiirde sogar von einem konstitutiven Teil sprechen (1957). Transferierbares Wissen selbst uberschneidet sich mit artikulierbaren, artikulierten und expliziten Wissensformen. Diese Kategorisierung dient Scheuble (1998:24) dazu, den Unterschied herauszustreichen, inwieweit Wissen artikulierbar ist und in Sprache iibersetzt werden kann. Scheuble geht hierbei von folgender Uberlegung aus, nSmlich dass die Fahigkeit Wissen zu artikulieren, den Sender betriffl und die Fahigkeit Wissen aufzunehmen den Empf^ger. Dabei ist fur den Empfanger die Frage wichtig, inwieweit er das artikulierte Wissen als explizites aufnehmen, d.h. in erster Linie auch verstehen kann. In einer Organisation ist jedoch nicht nur die Artikulation von Wissen bedeutsam, sondem eben auch die Transferierbarkeit (Scheuble, 1998:27). Mit diesen Fragen der Ubermittlung von Wissen in Organisationen hat sich auch Szulanski (2003) beschaftigt. Er stellt deutlich fest: "The transfer of knowledge within the firm takes time, sometimes as much as three years, and incurs costs and uncertainty..." (Szulanski, 2003:11). Wissenvermittlung in Organisation ist also nicht nur sehr zeitaufwendig, sondem auch von einer ganzen Reihe spezifischer organisationaler Faktoren beeinflusst. Szulanski identifiziert in seinen Arbeiten sieben Pradiktoren, die den Transfer von Wissen bestimmen. Pradiktor (1) ist die kausale Ambiguitat, Pradiktor (2) ist der fehlende Beweis, dass das Wissen niitzlich ist, Pradiktor (3) die fehlende Motivation der Quelle Wissen zu transferieren, Pradiktor (4) fehlende Glaubwiirdigkeit der Quelle, Pradiktor (5) fehlende Motivation des Rezipienten, Pradiktor (6) fehlende AufhahmefMhigkeit des Rezipienten und Pradiktor (7) fehlende Fahigkeit des Rezipienten, das Wissen zu behalten (Szulanski, 2003:25-32). Transferiert und produziert wird dieses Wissen jedoch immer in einem sozialen Kontext und durch soziale Interaktion, so eine zentrale Uberlegung in dieser Arbeit. Polanyi (1957) hat auf einen weiteren wichtigen Aspekt hingewiesen. In seiner Erklarung der beiden Wissensformen explizit und implizit, hat er mit Nachdruck argumentiert, dass auf verschiedenen Ebenen die Schaffung von implizitem und explizitem Wissen untrennbar miteinander verbunden ist und das eine nicht vom anderen zu trennen ist (siehe Gill, 2000:39). Daran anschliefiend charakterisieren Nonaka und Takeuchi implizites Wissen als "personliches, kontext-spezifisches und daher als schwer zu formalisierendes und kommunizierendes Wissen" (Nonaka und Takeuchi, 1995a:59). Und sie unterstreichen: „Having an insight or a hunch that is highly personal is of little value to the company unless the individual can convert it into explicit knowledge, thus allowing it to be shared with others in the company" (Nonaka und 36
Takeuchi, 1995a: 11). Der intuitive und subjektive Charakter von impliziten Wissensfonnen macht es schwierig sich dieses Wissen systematisch anzueignen. Um dieses Wissen zu kommunizieren muss es in Worte oder Zahlen konvertiert werden, die jedermann versteht. Implizites Wissen wird nach Nonaka und Takeuchi mithilfe von Metaphem, Analogien und figurativen Bildem kommuniziert. Explizites Wissen hingegen ist grundsatzlich eindeutig und mithilfe fonnaler Sprachen kommunizierbar. Nonaka und Takeuchi greifen in ihrer Unterscheidung zwischen impliziten und expliziten Wissensformen auf die Arbeiten von Polanyi (1957) zuriick. Der Begriff implizites Wissen wird von Polanyi (1957) favorisiert, jedoch nicht in dieser scharfen gegenseitigen Abgrenzung. Ganz im Gegenteil zeigt Polanyi in seinen konzeptionellen Uberlegungen, dass sowohl implizite als auch explizite Wissensformen sich jeweils gegenseitig erganzen. Polanyi spricht von Interpenetration und Intersektion (1957) dieser beiden Wissensformen und unterstreicht explizit die Verbundenheit und Zusammengehorigkeit beider Wissenstypen. Bei Reber (1989) ist implizites Wissen inzidentiell, d. h. es wird produziert bzw. akkumuliert ohne Intention und das Ergebnis des impliziten Lernens ist keine bewusste Wissensbasis. Nur ein sehr geringer Teil des Wissens lasst sich artikulieren. Dennoch iibertragt eine ganze Reihe von Wissensmanagementkonzepten diese Polarisierung beider Wissenstypen in ihre Konzeptionen und etliche Konzepte, die sich mit dem Management von Wissen beschaftigten, schreiben diese Polarisierung fest.
2. Hedlunds konzeptionelle Skizze der N-Form als Modell des Wissensmanagements Vor dem Hintergrund der Debatte uber die effiziente Organisationsgestaltung beschaftigt sich Hedlund (1994), in einem Essay, das auf Vorarbeiten mit Nonaka (1991) zuriickgeht, mit Fragen des Wissensmanagements. Fur ihn ist dabei die Frage von Bedeutung, wie es einer Organisation gelingt, den Grofiteil ihres in organisational Routinen eingebetteten Wissens, bereichsubergreifend zu nutzen. Dabei konzentrieren sich seine Uberlegungen, die er im Grenzbereich von Organisationstheorie, Organisationsokonomik und Strategieforschung ansiedelt, auf die Frage des Organisationsdesigns. 2.1. Artikuliertes und stillschweigendes Wissen (tacit knowledge) und die Interaktion von Individuen und Gruppen Neben der bekannten Typologisierung von impliziten (tacit) und artikulierten {explicit) Wissensformen in der Untemehmung (vgl. Nonaka und Takeuchi, 1995a; Choo, 2002; 37
Schneider, 2002b) entwickelt Hedlund (1994) das Modell der N-Form (N steht fiir Neu) als Gegenentwurf zur M-Form (M steht fur multidivisionale Organisationsform). Ausgangspunkt seiner tfberlegungen bilden Wissensformen einer Organisation, die eingebettet sind in die tagliche Praxis und in Fertigkeiten von Arbeitsgruppen. Hedlund geht in seinem Ansatz, den er als neues Organisationsmodell versteht, welches der Generierung und Verbreitung von wissensintensiven Leistungen gerecht werden soil, auf die zentrale Frage ein, wie die Transformation und der Austausch von nicht-artikulierbaren und artikulierten Wissenstypen in einer Organisation verbessert werden kann. Fiir ihn ist also die Frage von Bedeutung, wie in Organisationen implizites Wissen, soweit es artikulierbar ist, transferiert werden kann. Hedlund ubemimmt die Unterscheidung zwischen impliziten und artikulierten, also expliziten Wissensformen auf und stellt fest, dass in Organisationen und (iber Organisationen hinausgehend, ein groBer Teil des impliziten Wissens in Produkte und Leistungen eingebettet ist und so an andere Untemehmensbereiche weitergereicht wird. Wissen, das allerdings nicht in Produkte und Dienstleistungen eingeht, die von anderen Untemehmensbereichen als Vorleistungen verarbeitet werden, bleibt relativ immobil. Deshalb geht es darum, wie in Organisationen dieses Wissen weiterverarbeitet und in vor- oder nachgelagerten Leistungserstellungsprozessen auch genutzt werden kann. Hedlund sieht das Problem der Diffusion primSr darin, wie von einzelnen Bereichen Wissen in andere Untemehmensbereiche iibertragen werden kann. Als Antwort entwirft er eine Strategic, auf der von der Ebene des Individuums, iiber Arbeitsgruppen und von der Arbeitsgruppe in andere Bereiche implizites Wissen transferiert werden soil. Die Stufen auf denen der Austausch von verschiedenen Wissenstypen favorisiert werden soil, sind die Ebene der sozialen Interaktion zwischen Individuen, der Austausch von Wissen in Gruppen im Zuge der sozialen Interaktion, die Verteilung von Wissen in der Organisation als Ganzes und der organisationsubergreifende Austausch von Wissen. Transferprobleme von Wissen identifiziert Hedlund zwischen Individuen, innerhalb von Gruppen, zwischen Gruppen und zwischen Organisationen. Die Grtinde dafiir werden aber nicht erlautert. Das mag mit seinem Verstandnis von impliziten und expliziten Wissenmodi zu tun haben. Die Entstehung von Wissen begreifl Hedlund als einen Austauschprozess zwischen impliziten und expliziten Wissensformen. Auf den organisationalen Ebenen thematisiert Hedlund dabei die jeweils fiir diesen Prozess notwendigen sozialen Interaktionsformen. Diese sozialen Interaktionsformen identifiziert er als Formen der Intemalisierung, der Reflexion und des Dialogs. Hedlund behauptet, dass zwischen Individuen 38
implizites Wissen im Zuge der Sozialisation neuer Mitglieder und uber die Internalisierung praktizierter organisationaler Routinen ubertragen wird. In sozialen Gruppen selbst, so Hedlund, wird die Ubeitragung impliziter Wissensformen durch kongeniale Reflexionsfahigkeit bestimmt. Der Transfer von Wissen zwischen einzelnen organisationalen Gruppen wird uber in Gang gesetzte Prozesse der Dialogisierung in einer Organisation realisiert. Einmal davon abgesehen, wie tatsachlich diese soziale Interaktion umgesetzt werden kann, sieht Hedlund als einer der ersten in der Literatur zum Management des Wissens in komplexen multidivisionalen Unternehmen, dass jedes Untemehmen mikroorganisationale und kontextuelle Bedingungen schaffen muss, um den Transfer impliziter Wissensformen zu fordem. Bei Hedlund (1994:75) wird also die Frage der Transferierbarkeit von Wissen mit einer spezifischen Qualitat der Kommunikation und der sozialen Interaktion in einer Organisation verzahnt. Diesen Schwerpunkt auf qualitative Aspekte legt er deshalb, well er den GroBteil des Wissens in Untemehmen als organisational Routine interpretiert, die in bereichsspezifische Verfahren und in sozialen Praktiken, eingebettet ist. Dieses Wissen ist inzidentiell und implizit, so gesehen Know-how, also Wissen, wie man eine Sache praktisch verwirklicht oder anwendet (Cyert und March, 1963; Nelson und Winter, 1982; Teece, 2001:125f). Da diese Form des Wissens nicht so ohne weiteres artikulierbar ist, kann es nur iiber kontextgebundene und personliche soziale Beziehungen oder gruppendynamische Kommunikationsformen (dem Dialog) erschlossen werden. Insofem grenzt Hedlund implizites Wissen nicht mehr auf persSnliches oder individuelles Wissen ein, sondem verwendet den Begriff auch fiir koUektive Wissensformen, was im Weiteren von daran anschliefienden Arbeiten aber nicht mehr aufgegriffen wird. Individuelles Wissen wird dementsprechend nicht in eine strikte Opposition zum organisationalen Wissen gesetzt. Es geht vielmehr darum, das koUektive Wissen in mehreren verschiedenen Untemehmensbereichen anzuwenden. Hedlund iSsst weniger stark als Boisot (1995) den ambivalenten Zusammenhang zwischen individuellen und organisationalen Wissensformen auf die Konstruktion seines Modells durchschlagen. Das gelingt ihm vielleicht gerade deshalb, weil er die von ihm herausgestellten qualitativen Eigenschaften, wie die Intemalisierung auf individueller Ebene, die Reflexionsfahigkeit in Gruppen und die Dialogfahigkeit der Organisation mit der Aneignung und Ausweitung bestehender Wissensformen in Zusammenhang sieht. In diesem Zusammenhang stellt Hedlund ausdriicklich fest: "that the texture of social ecology matters a great dear (Hedlund, 1994:75). 39
2.1.1. Organisationsubergreifende Formen des Wissenstransfers Hedlund differenziert drei Formen des inter- und intrafirmalen Wissenstransfers in der Untemehmung. Erstens wird durch den Verkauf von Produkten Wissen verauBert und tiber Organisationsgrenzen hinaus verbreitet. Zweitens wird durch Lizenzierungen Wissen an Dritte weitergeben. Und drittens werden durch Direktinvestitionen vollstandige ''sets of skills" transferiert. Mein Interesse gilt jedoch den organisationsintemen Prozessen mit denen Hedlund den Transfer von Wissen verbindet. 2.1.2. Internalisierung Im Hinblick auf den problematisierten Wissenstransfer in der Organisation selbst unterscheidet Hedlund, wie bereits erwahnt, die Internalisierung, die Reflexionsfahigkeit und die Dialogfahigkeit. Wissen wird auf der individuellen Ebene uber die Sozialisation neuer Mitglieder vermittelt. Sozialisationsprozesse sind langwierig und sind nur dann erfolgreich, wenn Organisationsmitglieder sich mit den Zielen einer Untemehmung identifizieren. Deshalb, so Hedlund (1994:76) miissen permanente Beschaftigungsbeziehungen in der N-Form eingerichtet werden, damit Intemalisierungsprozesse ihre Wirkung zeigen. Die Internalisierung im Rahmen derartiger Sozialisationsprozesse dient dazu, implizite Wissensformen, die in organisational Routine eingebettet sind, an neue Organisationsmitglieder weiterzugeben. Die Internalisierung selbst lasst sich insofem als reflexionsarmes Verfahren klassifizieren, weil die im Zuge der praktizierten Tatigkeiten aufgenommenen impliziten Wissensformen groBteils unbewussttibemommenwerden. 2.1.3. Reflexionsfdhigkeit Ein aktiveres und bewussteres Verfahren implizite und explizite Wissensformen auszutauschen ist die Reflexion. Hedlund versteht den Reflexionsprozess als wesentliches Moment uber das in Gruppen nicht artikulierbare und artikulierbare Wissensformen ausgetauscht und generiert werden konnen (Hedlund, 1994:76). Reflexion bzw. Reflexionsfahigkeit ist mit Weick (1985:277) als Aktivitat zu verstehen, die es moglich macht, aus einem Strom von Erlebnissen herauszutreten und iiber das Erlebte zu reflektieren. Dabei wird die Aufmerksamkeit auf das "was bereits passiert" ist gerichtet (Weick, 1985:277). Uber Reflexion wird, so Hedlund, Wissen in Gruppen erweitert und revidiert. Fiir diese Riickschau und dieses reflexive Betrachten muss aber in einer Organisation Zeit und Raum vorhanden sein und es miissen auch die entsprechenden sozialen Beziehungen und sozialen Interaktionen moglich sein. 40
2.1.4. Dialogisierung und Dialogfdhigkeit Uber Gruppengrenzen hinaus wird Wissen erweitert, reproduziert und angeeignet, wenn in Organisationen Dialoge auf verschiedenen organisationalen Ebenen praktiziert werden. Dialog ist als ZwiegesprSch, WechselgesprSch oder ais Gesprach ganz allgemein zu verstehen. Im dialogischen Gesprach kommt es nicht darauf an, eigene Standpunkte und Uberzeugung mitzuteilen oder durchzusetzen, sondem darum, dass unterschiedliche Auffassungen und Einsichten ausgetauscht werden. Abbildung 5: Wissensfluss in der N-Form (Hedlund, 1994)
Assimilierung
Individuum
Interorganisational
Organisation
Gruppe
^ Ausweitung
i
1
.
§1
'•$•
1'
1
s,
^
1'
Dialog
Expansion
]3
"
Im Verstandnis von Hedlund ist der Prozess der Artikulation von Wissen auf den Ebenen des Individuums, der Gruppe und der Organisation mit den beschriebenen intersubjektiven sozialen Prozessen der Intemalisierung, der Reflexion und des Dialogs verkettet. Damit verlagert sich die Problemstellung auf die Umsetzung und das reibungslose Zusammenspiel der verschiedenen sozialen Ebenen. Der Reibungspuffer auf der untersten Ebene ist die Intemalisierung, d.h. gelingt es der Organisation neue Organisationsmitglieder auf die "implizite Routine" einzuschw6ren. Auf der Ebene der Gruppe ist dieser Puffer die Reflexion. Beim Austausch von Wissen innerhalb von Gruppen und im Austausch von Wissen einzelner Gruppen untereinander in der Orga41
nisation setzt Hedlund auf die Leistimg des Dialogs. Auf den Ebenen zwischen den Organisationen selbst soil das der Export von Wissen, das in Produkten eingebettet ist, leisten. Fiir Hedlund ist die traditionelle, multidivisionale Organisationsform ungeeignet Prozesse der Intemalisierung und der Reflexion zuzulassen und ist auch nicht zum Dialog innerhalb und zwischen den einzelnen Abteilungen fShig. Gerade durch die Reflexion und DialogfShigkeit soil ja sichergestellt werden, dass nicht nur Wissen transferiert wird, sondem existierende "Gewissheiten" in Frage gestellt und thematisiert werden und insofem neue Wissensformen emergieren. Hedlund ist davon uberzeugt, dass sein Modell der N-Form das bessere Design fiir die Transformation und den intrafirmalen Export der verschiedenen Wissensformen bietet. Das Modell selbst dient vorwiegend dazu, den in der Literatur herausgegriffenen Erfolg japanischer Untemehmen im Vergleich zu westlichen Untemehmen zu diskutieren. Innovationsprozesse, so wird argumentiert, bauen in westlichen Untemehmen auf umfangreiche explizite Wissensbestande auf, wahrend die japanischen Unternehmen in kleinen Schritten, inkrementell bestehende Wissensbestande emeuem und verbessem und dadurch schneller innovieren als ihre westlichen Konkurrenten (Hedlund, 1994:78). Das hat in den Uberlegungen von Hedlund aber vor allem auch mit dem Organisationsdesign selbst zu tun. Neben der Struktur der N-Form, die uber flache Hierarchien bereichsiibergreifende Kommunikations- und Reflexionsprozesse fordert, wird in der Personalpolitik das Ziel verfolgt, auf Dauer die Beschaftigten an das Untemehmen zu binden. Zum einen damit das Wissen nicht verloren geht, zum anderen, damit die Bereitschaft gefordert wird, Humankapital in anderen Organisationsbereichen einzubringen (Hedlund, 1994:80f). Hedlund setzt die alte multidivisionale Organisationsform mit der N-Form in Kontrast, um seine Argumente zu verdeutlichen. Er begreifl die N-Form als effizienteres Gegenstiick zur behabigen M-Form. Die Starke der N- Form soil vor allem darin liegen, dass die in der M-Form strikt getrennten Divisionen uber miteinander verknupfte Prozesse integriert werden. Diese Integration soil uber die mit wechselnden Aufgaben betrauten Humanressourcen erfolgen, die sich mit dem Untemehmen stark identifizieren und permanent an das Untemehmen gebunden sind. Die Vorteile bzw. die Leistung der NForm, besteht in der Integration, die uber die sozialen Prozesse der Intemalisiemng, Reflexion und Dialogisiemng realisiert werden. Im Detail sind es folgende Eigenschaften der N- Form, die dies leisten soUen: 42
•
Die N-Form fuhrt getrennte funktionale WertschSpflingsbereiche zusammen und konzentriert sich auf die Kombination von Ressourcen verschiedener Organisationsbereiche.
•
Die N-Form fordert die temporare Koalition (Zusammenarbeit) von Personen und Abteilungen. Dafiir werden dauerhafte Beschaftigungsbeziehungen als notwendige Voraussetzung erachtet.
•
Die N-Form bindet Mitarbeiter auf den untersten Ebenen in die Gesamtarchitektur des Untemehmens ein, weil iiber sie ein interfiinktionaler und interdivisionaler Austausch des Wissens in der Untemehmung voUzogen wird, wenn es tats^chlich gelingt, Reflexions- und Dialogfahigkeit zu realisieren.
•
Die N-Form ist effizient, weil sie laterale Kommunikationsprozesse in der Unternehmung zulasst. Vertikale Hierarchien werden abgebaut.
•
SchlieBlich verzichtet die N-Form auf die Hierarchie als Organisationsmittel. Als Organisationsform wShlt die N-Form die Heterarchy (Hedlund, 1994:83; siehe hierzu auch Kutschker und Schmidt, 2002:294f).
In der folgenden Tabelle sind die unterschiedlichen qualitativen Eigenschaften der beiden Organisationsformen als Ubersicht noch einmal gegeniibergestellt. Die von Hedlund getroffene Gegenuberstellung zwischen N- und M-Form ist auf dichotome Eigenschaften hin ausgerichtet und in Teilbereichen iiberzeichnet. Die Gegenuberstellung unterstreicht jedoch, dass die im Zuge der Divisionalisierung beabsichtigten Vorteile durch die Marktnahe innerhalb der Untemehmung nicht genutzt werden konnen, weil sich die Divisionen untereinander nicht austauschen, sondem als Konkurrenten begreifen. Tabelle 2 Differenzierung der charakteristischen Eigenschaften zwischen N- und M-Form M-Form N-Form Teilung in Divisionen Technologische Interdependenz Kombination Fixe Strukturen, Wechsei des Interdependenz von Personal TemporSre KonstellatioPersonals nen, Zugriff auf einen vorhandenen Pool von Humanressourcen Mittleres Management Top Management Kritische Ebene in der Organisation Vertikale Gestaltung Kommunikationsnetzwerk Laterale Ausrichtung Monitoring, RessourcenzuAufgaben des Top-Managements Kataiysator, Architekt, teilung Protektor Scale und Scope, semi-unabWettbewerbsfokus Economies of Depth, hangige Telle Komplementaritat Heterarchy Hierarchy Organisationsform Quelle: Hedlund (1994:83)
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Der bemerkenswerteste Vorteil des Modells von Hedlund ist vor allem in den qualitativen Eigenschaften der Reflexions- und Dialogfahigkeit zu sehen, die er mit der Wissensproduktion und mit der Wissensdiffusion verbindet. Diese oft als weich bezeichneten organisationalen Eigenschaften, so Hedlund, entwickeln sich dann, wenn wie in der N-Form angelegt - zu den Beschaftigten aufDauer angelegte Beziehung gepflegt werden. Hedlund sieht dafiir zwei wichtige GrQnde: (1) Durch die zugesicherte Stabilitat zeigen Mitarbeiter eine grOBere Bereitschaft, sich flexibler in verschiedenen Projekten einzubringen. Der flexible Einsatz in verschiedenen Organisationsbereichen wird als Abwechslung und Herausforderung gesehen. (2) Der Wechsel zu verschiedenen Arbeitsbereichen uber die "Versetzung" in andere Arbeitskontexte assimiliert neues Wissen und bereichsfremdes, nicht-artikuliertes und nicht-artikulierbares Wissen kann absorbiert werden (Hedlund, 1994:84). 2.2. Das Rugby-Spiel als Metapher der Wissensproduktion (Nonakas SECI-Modell) Als eines der bekanntesten Wissensmanagement-Modelle kann das SECI-Modell von Nonaka und Takeuchi (1995a) bezeichnet werden. Nonaka hat in Analogic zum Netzwerk das Wissensmanagement mit einem Rugby-Spiel verglichen, in dem Wissen von nach vome stiirmenden Spielem untereinander weitergereicht und so erfolgreich neue Produktideen als gemeinsame Anstrengung ins Ziel getragen werden. In mehreren Arbeiten hat Nonaka (1991) das SECI-Modell ausgearbeitet (Nonaka und Takeuchi, 1995a), erweitert und grofiteils umfassend erganzt. Zum Teil in wesentlichen Aspekten revidiert, hat er das SECI-Modell in einer Arbeit mit Noburo Konno. In dieser Arbeit argumentiert Nonaka auf der Basis einer existentialistischen Vorstellung uber die Bedeutung des organisationalen Raumes, der "Ba" genannt wird, dass soziale und intersubjektive Beziehungen uneriassliche Faktoren in der Wissensgenerierung sind (Nonaka und Konno, 1998). Nonakas zentrales Argument ist dabei, dass das durch die abendlSndische Philosophic gepragte Managementdenken in westlichen Untemehmen Wissensprozesse vorwiegend als individualistische denkt. In asiatischen Untemehmen hingegen stehen kollektive Wissensprozesse im Mittelpunkt, well das Grundprinzip "Einheit der Gemeinschaff als zentraler soziokultureller Wert gepflegt wird. In Nonakas Vorstellung interagiert das Individuum mit anderen Individuen und Gruppen (Nonaka und Takeuchi, 1995a:IX) in der Wissensproduktion; primSr geht es jedoch darum, das implizite Wissen einzelner Personen im Zuge interpersonaler 44
Kommunikation in explizites Wissen zu ubersetzen, damit die Zuganglichkeit und Verwertbarkeit sichergestellt ist. Nonaka begreift organisationales Wissen als Ergebnis zwei ineinander greifender Prozesse: Einmal unterscheidet er den Prozess der Wissensinteraktion und zum anderen den eigentlichen Prozess der Wissensproduktion. Interaktion wird bei Nonaka als Prozess bezeichnet in dem impiizite Wissensformen in explizite Wissensformen transformiert und dadurch zwischen Individuum und Organisation ausgetauscht werden (Nonaka und Takeuchi, 1995a:X). Dabei unterscheiden Nonaka und Takeuchi vier Stufen in der Wissensproduktion und der Wissenstransformation. Auf Stufe 1 wird tacit knowledge als tacit knowledge zwischen Individuen ausgetauscht. Nonaka und Takeuchi nennen den damit verkniipften Prozess Sozialisation. Auf Stufe 2 wird tacit knowledge in explizites Wissen transformiert, diesen Prozess nennen sie Externalisierung. Auf Stufe 3 wird explizites Wissen als explizites an andere Organisationsbereiche weitergeben, was Nonaka und Takeuchi als Kombination von Wissen bezeichnen. Auf Stufe 4 wird explizites Wissen wieder in tacit knowledge konvertiert. Diesen Prozess nennen sie Intemalisierung (Nonaka und Takeuchi, 1995a:62). AUe vier Stufen verstehen Nonaka und Takeuchi einmal als Konversionsprozess (Stufe 1 und Stufe 3), zum anderen als Ubertragung von Wissen (Stufe 2 und Stufe 4). Nonaka und Takeuchi sprechen im Vorwort ihres Bestsellers „The KnowledgeCreating Company", dass das Ergebnis, welches der Leser in den Handen halt, explizites Wissen ist. Dieses explizite Wissen stellen sie als Ergebnis vieler Gesprache und Diskussionen mit einer groBen Anzahl von Personen vor. Die GesprSche von Nonaka und Takeuchi sind mit konkreten Konversionsprozessen der Stufe 1 bis 4 vergleichbar. Es werden 50 Personen angegeben, die sie als unverzichtbar in der Produktion ihres Wissensmodells ansehen. Aber wie wird daraus wertvoUes Wissen fur ein Untemehmen. Als organisationales Wissen charakterisieren Nonaka und Takeuchi allein die FShigkeit neues Wissen in Organisationen zu schaffen: "the capability of a company as a whole to create new knowledge, disseminate it throughout the organisation, and embody it in products, services and systems" (Nonaka und Takeuchi, 1995a:3). Wie noch zu zeigen ist, setzen diese damit verbundenen Konversions- und Ubertragungsprozesse auf soziale Interaktion, damit uberhaupt tacit knowledge von einzelnen Individuen aufgenommen und 45
weitergegeben werden kann. Ahnlich, wie in den skizzierten Ansatzen von Boisot (1998) und Hedlund (1994) ist der Ausgangspunkt der Uberlegungen von Nonaka und Takeuchi, dass auf der untersten Stufe der Wissensproduktion, sozusagen als originarer erster Schritt, implizites Wissen in den Kopfen der Individuen emergiert. An diese originSre Phase schlieBen weitere kognitive Prozesse an, die primar als Austauschprozesse zwischen Individuen einerseits und andererseits als soziale Interaktion in Gruppen konzeptionalisiert werden. Diese Konversions- und Austauschprozesse pflanzen sich idealerweise, so postulierten die Autoren, spiralfbrmig auf immer hoheren organisationalen Ebenen in einer Untemehmung fort. So schreitet die Entwicklung und Verwertung von Wissen von der individuellen Ebene zur Gruppe weiter. Auf jeder Ebene werden Transformationsprozesse zwischen impliziten und expliziten Wissenstypen initiiert. Transformiert werden diese verschiedenen Wissenstypen aber immer nur durch soziale Interaktion. Der alle vier Stufen umfassende gesamte Vorgang wird von Nonaka und Takeuchi als Wissensspirale bezeichnet. Antriebskraft, hinter der sich sequentiell, Schritt fiir Schritt fortschreibenden Wissensspirale, sind die strategischen Ziele der Wissensunternehmung. "The knowledge spiral is driven by organizational intention, which is defined as an organization's aspiration to its goals" (Nonaka und Takeuchi, 1995a:74). Die Wissensspirale, wie in der folgenden Abbildung skizziert, tiber die der Austausch jeweils als einer zwischen impliziten und expliziten Wissensformen gedacht wird, beginnt beim Individuum, schreitet fort zur Ebene der Gruppe(n) und mundet in ein Produktwissen, das fiir die gesamte Organisation steht.
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Abbildung 6: Das Seci Modell (Nonaka und Takeuchi, 1995)
Die spiralformige Transformation von Wissen Individuum
Gruppe Kombination
Organisation Extemalisierung
Explizites Wissen o o (D
Implizites Wissen Sozialisation
Quelle: Nonaka und Takeuchi, 1995:73
Intemalisierung
Ontologische Dimension
Damit auf der untersten Ebene der Wissensprozess uberhaupt in Gang kommt, muss fur die sog. ''front-line worker'' das mittlere Management als Vermittler und Ubersetzer der Visionen des Managements aufbereiten. Nonaka und Takeuchi verstehen Wissen, das die front-line-worker im Zuge ihrer Arbeitspraxis und der damit verbundenen Erfahrungen sammeln, als praktische Information. Aber diese praktische Information, oder das praktische Wissen ist weit davon entfemt „wertvolles Wissen'' ftir die Organisation zu sein. Die Aufgabe dieses praktische Wissen in „wertvolles organisationales Wissen" zu ubersetzen, kommt im SECI-Modell dem mittleren Management zu, das zugleich als Ubersetzer der visionaren Strategien des TopManagements fungiert. Das mittlere Management nimmt so im SECI-Modell die Funktion eines Transformators ein. Wahrend das Top-Management die grundsatzliche StoBrichtung der Untemehmung festsetzt und fiir die Corporate Vision verantwortlich zeichnet, ist das mittlere Management dazu da, diese Corporate Vision und die allgemeinen Richtlinien in eine Konzeption zu ubersetzen, die dem "front-line Worker" hilft, aus seinen personlichen Erfahrungen, jenes Wissen herauszufiltem, das fiir die Organisation wichtig ist (Nonaka und Takeuchi, 1995a: 16). Insofem sprechen Nonaka und Takeuchi davon, dass das mittlere Management die Aufgabe hat: "to remake reality" (Nonaka und Takeuchi, 1995a: 16).
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Implizites Wissen ist nach Nonaka (1991) schwer zu fonnalisierendes und personliches Wissen. Diese Form des Wissens ist verwurzelt in den Handlungen eines Individuums und zeigt sich als „Fahigkeit" (skill) oder Know-how. Entsprechend identifizieren Nonaka und Takeuchi als eine der wesentlichen Schwierigkeiten in der Wissensproduktion, das implizite, groBteils unbewusste Wissen bewusst zu machen, mit anderen Individuen auszutauschen und schlieBlich zu formalisieren. In der Gestaltpsychologie ist beispielsweise der dichotome Charakter, den Wissensmanagement-Modelle ihren Konzepten zugrunde legen, nicht iiblich. Zum Beispiel wird behauptet, wie im Fall von Nonaka und Takeuchi (1995a: 16), dass die ''frontline-Worker'' viele Informationen haben, aber daraus kein Wissen generieren konnen. In der Gestaltpsychologie, die ihre Erkenntnisse aus einer Vielzahl an Experimenten bezieht, ist bekannt, dass die Bilder, die wir erkennen, erst dadurch als Bilder erkennbar werden, well wir iiber Jahre hinweg so sozialisiert wurden, bestimmte selektive Anreize als solche zu interpretieren. Maturana zeigt das an einem Beispiel: "Das Wort griin [bezeichnet] keinen auBeren Sachverhalt, sondem lediglich ein inneres Erleben..." (1996:44). Bartlett (1932) hat in seinen experimentellen Forschungen gezeigt, dass das, was wir als Wirklichkeit wahmehmen, sehr stark von unseren intemalisierten Uberzeugungsvorraten bestimmt ist. Er hat z.B. Personen sehr exotische Geschichten aus Indien erzShlt und beobachtet, wie diese Geschichten von den Personen (miindlich und schriftlich) wiedergegeben wurden. Dabei war auffallig, dass fremde Phanomene sehr haufig vergessen wurden bzw. in einer Form wiedererzahh, die an sehr pers5nliche und vertraute Situationen geknupfl waren. Ohne auf diese Ergebnisse hier weiter einzugehen: Was ich hier deutlich machen mochte, ist, dass das Wissen und unsere Erfahrungen immer im Austausch mit anderen Individuen generiert werden bzw. dieser Austausch als bewusster und/oder unbewusster Vorrat an Wissen in uns existiert, aber nicht naher problematisiert wird (vgl. dazu Habermas, 1981; Berger und Luckmann, 1984; Mead, 1934). Tsoukas streicht in diesem Zusammenhang heraus, dass Polanyi (1957) implizites und explizites Wissen nicht als getrennt gedacht, sondem immer im Zusammenspiel und in ihrer gegenseitigen ErgSnzung erortert hat: „Tacit knowledge is the necessary component of all knowledge; it is not made up of discrete beans which may be ground, lost or reconstituted ...to split tacit from explicit knowledge is to miss the point - the two are inseparably related" (Tsoukas, 1997:10). Nonaka und Takeuchi streichen jedoch mehrmals explizit heraus, dass ihr Modell der Wissensgenerierung auf die dynamischen Prozesse sozialer Interaktion aufbaut: „Our model of knowledge creation is anchored to a critical assumption that human know48
ledge is created and expanded through social interaction between tacit knowledge and explicit knowledge. We call this interaction ,knowledge conversion'. It should be noted that this conversion is a ,social'process between individuals and not confined within an individual''(NonQka und Takeuchi, 1995a: 10). Sie streichen heraus, wie wichtig dabei die intersubjektiven Kommunikationsformen mittels Metaphem, Symbolen und intuitive Verstandigungsprozesse, also z. B. Gesten sind (Nonaka und Takeuchi, 1995a: 12). Und sie sprechen von redundanten und ambiguitaren Kontexten in denen Wissen entsteht (Nonaka und Takeuchi, 1995a: 12). Wie Stacey hervorhebt, verweisen Nonaka und Takeuchi zwar immer wieder auf die Notwendigkeit sozialer Interaktion als essentielles Element in den konzipierten Konversionsprozessen, so favorisieren sie Dialoge und Diskussion in Organisationen (Nonaka und Takeuchi, 1995a: 13), aber offen bleibt, wie diese Prozesse selbst zu erklaren sind. Wenngleich sie nachdrucklich auf diese sozialen Prozesse verweisen, zentrieren sie die eigentliche Wissensgenerierung im Individuum: „In a strict sense, knowledge is created only by individuals. The organization supports creative individuals or provides contexts for them to create knowledge. Organizational knowledge creation, therefore, should be understood as a process that,organizationally' amplifies the knowledge created by individuals and crystallizes it as a part of the knowledge network of the organization. The process takes place within an expanding ^community of interaction,' which crosses intra- und interorganizational levels and boundaries... Tacit knowledge is personal, context-specific" (Nonaka und Takeuchi, 1995a:59). Die Entstehung von Wissen wird hier wieder als ein individueller Prozess verstanden, insofem als implizites Wissen, das Individuen in Zuge ihrer Erfahrungen sammeln, welches sichtbar und greifbar werden muss, damit es in den Kontext der Organisation einflielJen kann. Das kann es nur, wenn es artikuliert und mit anderen Personen ausgetauscht wird. Wie Stacey demonstriert, fuhrt diese Vorstellung zu einer linearen und sequentiellen Sicht, wie implizites Wissen ausgetauscht wird. Nonaka und Takeuchi halten jedoch fest: „The knowledge spiral is driven by organisational intention, which is defined as an organization's aspiration to its goals. Effort to achieve the intention usually takes the form of strategy within a business setting. From the viewpoint of organizational knowledge creation, the essence of strategy lies in developing the organizational capability to acquire, create and accumulate, and exploit knowledge. The most critical element of corporate strategy is to conceptualize a vision about what kind of knowledge should be developed and to operationalize it into a management system for implementation... Organizational intention provides the most important criterion 49
for judging the truthfulness of a given piece of knowledge. If not for intention, it would be impossible to judge the value of information or knowledge perceived or created" (Nonaka und Takeuchi, 1995a:74). Nachdem Nonaka und Takeuchi auf die - wie Teece und seine Koautoren es nennen kausale Unsicherheit im Prozess der Wissensgenerierung hinweisen (vgl. Teece, Pisano und Shuen, 1997), wenden sie sich der Diskussion zu, welche Untemehmensstrategien in der Wissensproduktion erfolgreich sind. Stacey kritisiert in diesem Zusammenhang Nonaka und Takeuchi dafiir, dass sie uber den bloBen Hinweis auf die Bedeutung sozialer Interaktion zwischen Individuen und innerhalb von Gruppen nicht hinausgehen: „[They] do not pay much attention to the ever-present possibility of groups of people becoming stuck in some stable dynamic, or some fragmenting one that kills off the knowledge-creating process" (Stacey, 2003:162). Mit dieser Perspektive, die sich auf das Management von Wissen festschreibt, wird die ungluckliche Dichotomisierung von impliziten und expliziten Wissen verstSndlich, well erst durch die Trennung des impliziten Wissen von der eigentUmlichen Person der Zugriff und die gezielte Steuerung realisierbar wird. Deutlich wird dieser Anspruch, wenn tatsSchlich das mittlere Management die Aufgabe hat, "to remake reality" (Nonaka und Takeuchi, 1995a: 16). Weil damit das mittlere Management in eine Funktion gedrangt wird, die an den "training officer" Taylors erinnert oder an Fayols "Administrator" (vgl. dazu Jacques, 1996). In einer weiteren Arbeit beschafligt sich Nonaka (Nonaka und Konno, 1998) jedoch ausfUhrlich zumindest mit der Frage, welche organisationalen RSume den Wissensprozess unterstiitzen. 2.3. Das Konzept Ba als Erweiterung und Revision des SECI-Modells In einem Essay mit dem Titel "The Concept ofBa" erweiterten und revidieren Nonaka und Konno (1998) das bekannte SECI-Modell. Sie verwenden den japanischen Begriff Ba als Metapher fur sozialen Raum in Organisationen in denen Beziehungen entstehen. "Ba can be thought of as a shared space for emerging relationships. This space can be physical (e. g., office, dispersed business space), virtual (e. g., e-mail, teleconference), mental (e. g., shared experience, ideas and ideals)" (Nonaka und Konno, 1998:40). Von bloBen Raumlichkeiten unterscheiden sie das Konzept Ba dadurch, dass sie es als Raum verstehen, in dem individuelles und koUektives Wissen generiert wird. Ba und Wissensgenerierung stehen insofem in Verbindung, da Ba als Kontext fiir gemeinsame Bedeutungen steht. Nonaka und Konno sehen nun Wissensprozesse eingebettet in diese sozialen RSume, die sie mit ihrer Metapher des Ba umschreiben: 50
"Knowledge is embedded in ba (in these shared spaces), where it is then acquired through one's own experience or reflections on the experience of others. If knowledge is separated from ba, it turns into information, which can then be communicated independentlyfromba" (Nonaka und Konno, 1998:41). Wissensproduktion wird nicht mehr auf die Konversion von impliziten in explizite Wissensformen eingeschrankt, sondem als Ergebnis intensiver sozialer Austauschprozesse begriffen, wie sie beispielsweise in kleinen Arbeitsgruppen mSglich werden. "Within an organization, knowledge-creating teams or projects play a key role... Value creation in knowledge-creating companies emerges from interactions within shared ba but is not restricted to the physical ba. The concept of ba unifies the physical space, the virtual space, and the mental spaces. Ba is the world where the individual realizes himself as part of the environment on which his life depends" (Nonaka und Konno, 1998:41). Partizipieren Individuen im Ba (Sozialen Raum), dann teilen sie ihre eigenen lebensweltlichen Erfahrungen mit, sie transzendieren ihren eigenen lebensweltlichen Vorrat an Erfahrung im Austausch mit anderen und gleichzeitig beziehen sie ihr Verstandnis, verschiedene Werte und einzelne Bausteine ihrer eigenen Lebenswelt daraus. Wissen ist so streng genommen kein individualistischer Prozess mehr. In der mit dem Konzept Ba revidierten und erweiterten Version des SECI-Modells werden - wie bereits in der ersten Version des SECI-Modells - vier Stufen der Wissensgenerierung identifiziert. In der folgenden Abbildung sind diese vier Stufen nachgezeichnet und sollen kurz erlSutert werden. Im linken oberen Feld (siehe Abbildung 8) werden implizite ErfahrungentiberSozialisationsprozesse ausgetauscht. "Socialization involves the sharing of tacit knowledge between individuals" (Nonaka und Konno, 1998:42). Auf dieser Stufe werden "pure experience", reine Erfahrungen ausgetauscht. Der Austausch selbst erfolgt durch gemeinsame TStigkeiten, durch das Zusammensein und dadurch dass Individuen gemeinsame Zeit in einem spezifischen sozialen Milieu verbringen. Die eigenen Vorstellungen und lebensweltlichen Erfahrungen, Nonaka und Konno sprechen hier von "the larger self, werden so gesehen in einen intersubjektiven Prozess eingebracht und gleichzeitig wird das eigene SelbstverstSndnis im Austausch mit anderen Personen erweitert und geformt.
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Abbildung 7: Das Konzept Ba, die Revision des SECI-Modells (Nonaka und Konno, 1998)
r^ TACIT KNOWLEDGE
- EXPLICIT KNOWL.
TACIT KNOWLEDGE
EXPLICIT KNOWL.
I = Individuum G = Gruppe O = Organization Insofem sehen Nonaka und Konno die Uberschreitung (Transzendierung) eigener Erfahrungen im Austausch mit anderen als den eigentlichen Prozess uber den tacit knowledge geteilt wird. In der Praxis heifit dies, dass der Austausch impliziter Wissensbestande nur durch physische Nahe erfolgen kann. Es wird also nicht mehr davon gesprochen, dass tacit knowledge, das eingebettet in den Kopfen einzelner Individuen, transformiert werden muss, um ausgetauscht zu werden. Die zweite Stufe der Wissensgenerierung ist die Externalisierung von tacit knowledge in explizites Wissen. Auf dieser Stufe werden nun implizite Wissensbestande artikuliert. Nonaka und Konno sprechen in diesem Zusammenhang von der Notwendigkeit die inneren und auBeren Grenzen des eigenen Selbstverstandnisses zu iiberwinden. Individuen werden dadurch Teil einer Gruppe. In der Gruppe, illustriert in der Abbildung 7 durch die offenen Kreise der Individuen (i) und dem geschlossenen Kreis in der Gruppe (g), fusionieren die Individuen in ein gemeinsames koUektives 'WIR".
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"The sum of the individuals' intentions and ideas fuse and become integrated with the group's mental world" (Nonaka und Konno, 1998: 44). In der Praxis einer Unternehmung wird dieser Prozess der Extemalisierung durch die in einer Gruppe entwickelten und benutzten Kommunikationsformen untersttitzt. Derartige Identifikations- und Austauschprozesse entstehen in peer-groups. Als kollektiver Prozess wird dann implizites Wissen in explizites Wissen konvertiert. Hierbei werden Bilder verwendet, figurative Sprache, Metaphem, Analogien und ErzShlungen benutzt, die erst durch die "Gemeinsamkeit" entstehen und verstanden werden k5nnen. Auf der nachsten Stufe werden auf der Ebene der Organisation, die in Gruppen eingebetteten Wissensformen, miteinander verbunden. In peer groups artikulierte Wissensformen werden dabei ausgetauscht. Der Prozess wird von Nonaka und Konno als Kombination verschiedener expliziter Wissensformen gesehen. Auf dieser Stufe werden explizite Wissensformen in der Organisation verbreitet. Hier kommt es darauf an, in welchem AusmaB neue Wissensformen angenommen werden. Nonaka und Konno sprechen von der Fahigkeit "to capture and integrate new knowledge" (Nonaka und Konno, 1988:45). Vorausgesetzt wird, dass die geschlossenen mentalen und physischen Grenzen der einzelnen Gruppen in Organisationen aufgelost werden und der Austausch von explizitem Wissen gruppenubergreifend realisiert wird. Auf der vierten Stufe, die Intemalisierung genannt wird, entwickelt sich mit importierten expliziten Wissensbestanden neues organisationales implizites Wissen. "This requires the individual to identify the knowledge relevant for one's self within the organisational knowledge" (Nonaka und Konno, 1998:45). Notwendig hierzu ist es, wie in der Abbildung illustriert, dass sich Organisationsgrenzen und Gruppengrenzen - bezogen auf den Wissenstransfer - offnen, aber nicht auflosen! In der Praxis der Untemehmen vollzieht sich dieser Prozess durch die Einbettung expliziter Wissensformen in die tagliche Arbeitsroutine (Nonaka und Konno, 1998:45). Fiir jede dieser vier Stufen der Wissensproduktion und -konversion identifizieren Nonaka und Konno eine charakterisierende Form des Ba, Im Folgenden sollen diese vier Typen noch kurz dargestellt werden. Eine Form nennen sie originating ba. Dort werden Sozialisationsprozesse realisiert und implizite Wissensformen intemalisiert. "Originating ba is the world where individuals share feelings, emotions, experiences, and mental models. An individual sympathizes or further empathizes with others, removing the barrier between the self and others'' (Nonaka und Konno, 1998:46). Uber diese originare Form des Ba werden allerdings nicht nur gemeinsame Erfahrungen, Geflihle und Emotionen ausgetauscht, sondem sie entstehen erst im Austausch mit 53
anderen Individuen. Grundsatzlich geschieht dies iXber face-to-face Interaktionen zwischen Individuen. Diese originSre Fonn des Ba ist Ausgangspunkt der Entstehung von Wissen im Konzept von Nonaka und Konno. Die zweite Form des Ba wird als interacting ba bezeichnet und steht mit der zweiten Stufe der Wissensproduktion, der Extemalisierung in Zusammenhang in der implizite Wissensformen artikuliert werden. Im Vergleich zur Form des originating ba ist das interacting ba bewusst; meistens entwickelt sich interacting ba nur im Austausch mit ausgewShlten Personen. In der Untemehmung wird dieser Prozess durch die Auswahl der Personen gezielt beeinflusst, um einen passenden Mix verschiedener WissensbestSnde und Erfahrungen in einem Projektteam zu schaffen, so die Vorstellung von Nonaka und Konno. Im interaction ba wird implizites, persOniiches Wissen in explizites, koUektives Wissen transformiert. Dabei spielt der Dialog bzw. die Dialogfahigkeit eine besondere Roile. "Dialogue is a key for such conversions ...individuals share mental models of others, but also reflect and analyse their own" (Nonaka und Konno, 1998:47). Die dritte Form des Ba bezeichnen Nonaka und Konno als cyber ba. Cyber Ba steht ftir den virtuellen Raum uber den mithilfe von Informationstechnologien existierende WissensbestSnde erweitert werden. Cyber Ba steht in Verbindung mit Stufe drei der Wissensproduktion, auf der explizites Wissen verschiedener Gruppen miteinander kombiniert wird. Cyber Ba funktioniert am besten, so Nonaka und Koono, wenn kooperationsf^rdemde Informationstechnologien diesen Prozess untersttitzen (Nonaka und Konno, 1998:47). Exercising ba nennen die beiden Autoren die vierte Form, mit der die Intemalisierung auf der vierten Stufe der Wissensproduktion realisiert werden soil. Exercising Ba wird als "focused training with senior mentors and colleagues" bezeichnet (Nonaka und Konno, 1998:47). Damit fokussiertes Training im Rahmen einer Mentorenschafl erfolgreich umgesetzt werden kann, muss eine "aktive Partizipation" sichergestellt werden (Nonaka und Konno, 1998:47). Zusammenfassend iSsst sich also feststellen, dass in der erweiterten Form des SECIModells durch das Konzept Ba primar soziale Interaktionsprozesse als wesentliche Charakteristiken der Wissensgenerierung in Organisationen thematisiert werden. Insofem schliefien Nonaka und Konno (1998) die in der ersten Version des SECI-Modells noch deutlich konzeptionalisierte Trennung zwischen individueller und kollektiver/organisationaler Wissensproduktion. Sie schenken sehr viel mehr Aufmerksamkeit der zirkulSren, systemischen Interaktion zwischen Individuen auf der einen und der Interaktion von Gruppen in Organisationen auf der anderen Seite. Sie arbeiten im Konzept Ba stSrker heraus, dass Wissensgenerierung, im weitesten Sinn organisa54
tionales Lemen, auf interaktive soziale und kognitive Prozesse nicht verzichten kann. Stacey meint hierzu: "Effective learning and knowledge creation require widespread sharing of values to do with openness, trust, affirmation, dialogue and empowerment. Effectiveness of these processes is also said to require particular forms of leadership that establish values of this kind and provide a central vision to guide the learning and knowledge-creation process" (Stacey, 2003:166).
3. Die Wissensaktivisten von Kaser und Miles Mit deutlichen Ankntipfungspunkten zur herkSmmlichen Literatur thematisieren Kaser und Miles den Austausch verschiedener Wissensformen in Organisationen. Dabei interessiert die Autoren, welchen Einfluss intrinsische Motivation und Vertrauen auf den Austausch von Wissen ausuben. Sie vertreten die These, dass die H6he der intrinsischen Motivation (vgl. Deci und Flaste, 1995; Deci, Connel und Ryan, 1989; Frey, 1997) in einem positiven kausalen Zusammenhang mit dem AusmaB des Vertrauens in Organisationen steht (Kaser und Miles, 2002a und 2002b). Mit Drucker (1999) stellen sie fest, dass sich Firmen auf die Abhangigkeit von Wissensaktivisten einstellen milssen und streichen heraus, dass verschiedene Typen von WissensaktivitSten jeweils unterschiedliche Wissensformen besser oder schlechter innerhalb einer Organisation aufnehmen und weitergeben. Zentrales Argument dabei ist, dass unterschiedliche Agency-Beziehungen zwischen Empfanger und Sender von Wissen mit einem unterschiedlichen Vertrauen zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer nur jeweils einzelne Wissensformen wirtschaftlich transferieren. Abhangig davon wie hoch das Vertrauen zwischen Prinzipal und Agent und wie stark die intrinsische Motivation des Gebers von Wissen ausgepragt ist, unterscheiden K^ser und Miles funf verschiedene Transaktionsmuster. Auf der untersten Stufe, mit sehr geringer intrinsischer Motivation und einem geringen Grad and Vertrauen identifizieren sie pekuniSre Wissenstauschformen. Diese pekuniaren Tauschformen lassen sich mit Marktbeziehungen vergleichen, verlangen also in der Ubertragung von Wissen die Form und die MSglichkeit von voUstandigen Vertragen. Sie unterscheiden pekuniMre Austauschbeziehungen von sozialen Tauschformen, wie dem kommunitaren Tausch, Mentorenbeziehungen zwischen Prinzipal und Agent und koUaborative Tauschformen. In der folgenden Abbildung 8 sind die funktionalen Zusammenhange zwischen der H6he des Vertrauens, dem Grad an intrinsischer Motivation und den verschiedenen Tauschformen und dem damit implizierten sozialen Beziehungen illustriert.
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Abbildung 8: Formen des Austauschs bei Wissensaktivisten (Kaser und Miles, 2002b)
KollaborativeJ CO
i
gemeinwirtschaftliche TauschfjjjiiffSi
soziale Tau^dWbrmen Mentorenbezogenen Tauschformen
Pekuni are Tauschformen
Hohe der intrinsischen Motivatior Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber in Organisationen werden von Kaser und Miles (2002b: 162) als pekunidre
Tauschformen bewertet. Damit unter-
stellen sie, dass Arbeitsvertrage und die mit diesen VertrSgen vereinbarte Leistungsverpflichtung praktisch iiber materielle Anreize (so gesehen aufierhalb der eigentlichen Tatigkeit angesiedelte Anreizgestaltungssysteme) und somit eine extrinsische Motivation vorherrschen. Sie teilen hiermit ein sehr Mufiges Menschenbild in der Managementlehre, nachdem Arbeiten nur aufgrund materieller Vergiitungen verrichtet werden. Intrinsisch motivierte Tauschakte flnden, so die Autoren, in gemeinwirtschaftlichen und „koUaborativen" Tauschformen statt. Ein intrinsischer Anreiz besteht darin, dass die eigentliche Tatigkeit Freude bereitet. Bei pekuniSren Tauschakten sehen sie die hierarchische Organisation der Beziehung zwischen Prinzipal-Agent und die vertragliche Gestaltung der Pflichten und Rechte als charakterisierendes Merkmal. Im Rahmen der vertraglichen Vereinbarung verpflichten sich Beschaftigte Auftrage gegen Entgelt auszuftihren. Der Anreiz diese Auftrage vereinbarungsgemSB auszufuhren ist das in Aussicht gestellte Entgelt. Die Leistungsbereitschaft wird neben den materiellen Anreizen dadurch erreicht, dass bei Nichterfullung Sanktionen drohen. Die beiden Autoren stellen fest, dass in derartigen Fallen der Austausch von impliziten, schwer greifbaren wissensintensiven Leistungen problematisch ist. Ihre ErklMrung greift aller56
dings etwas zu kurz, wenn sie davon ausgehen, dass aufgrund der hierarchischen Organisation der Auftragsbeziehungen die intrinsische Motivation gering ist und die Verhaltenssteuerung deshalb ausschliefilich uber materielle Anreize umgesetzt werden muss. Der Grad an Vertrauen wird in dieser Auflragsbeziehung ais gering eingeschatzt. Die in dieser Beziehung wirksame Form des Vertrauens nennen KSser und Miles calculus-based trust (kalktilisierendes Vertrauen). Kalkulbasiertes Vertrauen defmieren sie folgendermaBen: „[it] exists if individuals do what they say not primarily because they fear the consequences of deceit but because they look forward to the benefits of compliance" (Kaser und Miles, 2002b: 162). Sie unterstellen damit die Verhaltensannahmen der Transaktionstheorie von Oliver Williamson (1985) und nehmen an, dass aufgrund der bestehenden Hierarchic in der betreffenden Beziehung der Grad an intrinsischer Motivation gering bleibt und implizite Wissensformen daher kaum Oder nur unzureichend ausgetauscht werden kOnnen, weil die Leistungstibertragung nicht kontrollierbar ist und daher Sanktionen nicht greifen. In diesem Fall wird hier modellhaft eine Verhaltensrealitat konstruiert, die so nicht existiert. Sozialer Tausch ersetzt groBteils die Defizite der unvoUkommenen Verhaltenssteuerung der pekuniaren Tauschakte. Sozial wird diese Tauschform wohl deshalb genant, weil soziale Normen (kurz ein gesellschaftlicher Zwang) die in Hierarchien fehlende SanktionsmSglichkeit ersetzt. Wenn allerdings in pekuniSren Tauschformen die Leistungstibertragung nicht kontroUiert werden kann, z.B. weil es sich um nichtgreifbare intangible Leistungen und Dienste handelt, dann muss man sich fragen, warum dieselben nicht-greifbaren intangiblen Leistungen durch sozialen Zwang erbracht werden sollen, wenn die Erbringung selbst nicht greifbar ist. Um dieses Dilemma zu umgehen, scheint es, dass hier der Begriff Reziprozitat eingefiUirt wird, um die Erbringung nicht-greifbarer intangibler Leistungen zu erklSren. KSser und Miles stellen fest, sozialer Tausch funktioniert deshalb, weil dieser als reziproke Beziehung praktiziert wird und Uber freiwillig gekniipfte und selbstbestimmte Beziehungen erfolgt. Es handelt sich hierbei vorwiegend um laterale Bindungen, die sich jedoch dann in Richtung einer vertikalen bzw. hierarchischen Beziehung verandem, wenn der jeweilige Beitrag, den einzelne in die soziale Beziehung einbringen, nicht mit dem erwarteten Ertrag (ibereinstimmen (vgl. dazu Blau, 1964). Der Anteil an intrinsischer Motivation ist beim sozialen Tausch nicht gering, aber er halt sich in Grenzen, so Kaser und Miles: „Intrinsic motivation for sharing is about medium in social exchange because the framework would suggest that, on the one hand, individuals may share knowledge to gain hierarchical recognition or knowingly to move
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upward in an informal status hierarchy. This increases extrinsic motivation for sharing"(Kaser und Miles, 2002b: 163). Andererseits bestehen K^ser und Miles darauf, dass ihr Konzept erklSren kann, dass die mit dem Austausch von Wissen verbundene intrinsische Motivation selbst den Austausch ermSglicht. „[I]ndividuals also share knowledge because they value the relationship and/or because they simply enjoy sharing so that intrinsic motivation increases" (Kaser und Miles, 2002b: 163). Gemeinwirtschaftliche Beziehungen, KSser und Miles verwenden den Begriff community relationships, werden groBteils als nicht-hierarchische Beziehung eingestuft und die Tauschakte selbst als Beziehung zwischen Individuum und Gemeinschaft begriffen und eben nicht als Austausch zwischen einzelnen Individuen. Die Mitglieder der Gemeinschaft teilen Werte, verstehen sich selbst als gleichrangig und ein Wettbewerb untereinander, um den eigenen Status zu verbessem, wird als illegitim betrachtet. Austauschsbeziehungen werden in der Kegel freiwillig gekniipft und das Vertrauen einzelner Mitglieder ist hoch. „Community relationships are typically marked by identification-based trust so that the level of trust is almost medium-high. This type of trust is developed among those sharing parties who start to identify themselves strongly with one another and share common goals and needs. The sharing parties stop calculating the balance of giving and receiving" (KSser und Miles, 2002b: 163). Insofem produziert die Beziehung selbst den intrinsischen Wert und die Leistungen, die in diese Gemeinschaft eingebracht werden. Eine weitere Tauschform, die KSser und Miles in ihrem Konzept der Wissensaktivisten unterscheiden, ist die kooperative Beziehung und die damit einhergehenden Tauschbeziehungen. Zusammenarbeit oder Collaboration, wie Kaser und Miles diese Form der Beziehung nennen, ist im weitesten Sinn nicht-hierarchisch, wird zwischen zwei oder mehreren Individuen im Zuge einer gemeinsamen AktivitSt oder eines zeitlich begrenzten Arbeitsprojekts gekniipft. Die einzelnen BeitrSge der Kooperierenden werden - soweit m5glich - bewertet. Im Unterschied zu community relations sehen sich die Mitglieder eines gemeinsamen Projektes als eigenverantwortliche Akteure. Kaser und Miles argumentieren, dass kooperative Beziehungen am leichtesten unter erfahrenen und aktiven (self-actualizing) Personen gekniipft werden, well die in der Lage sind die erbrachten Leistungen anderer Projektmitglieder zu bewerten. "Individuals who engage in collaborative knowledge sharing are highly intrinsically motivated. Collaborators are highly self-determined because they take full responsibility for their sharing behavior." (Kaser und Miles, 2002b: 164). Vertrauen entspringt in dieser Beziehungsform dem hohen Grad an Identifikation den partizipierende Mit58
glieder zeigen. In derartigen Beziehungen wird in einem hohem AusmaB Wissen ausgetauscht. "High intrinsic motivation for sharing and caring-based trust allows collaborators to fully explore their creative potentials and to share knowledge in a genuine and non-manipulative manner" (KSser und Miles, 2002b: 164). Eine Eigenschaft in diesem Beziehungstypus besteht also in der aktiven Bereitschafl verschiedene Wissensformen einzubringen und dem damit verbundenen Engagement, Bindungen einzugehen, die die eigene Entwicklung fbrdem. Als fUnfte - in ihrem Konzept typische - Beziehungsform, diskutieren Kaser und Miles (2002b: 165) Beziehungen, die im Zuge einer Mentorenschafl aufrechterhalten und gepflegt werden. Der Mentor, ein „vaterliche Freund und Erzieher" ist Vertrauter und Lehrer. Er nimmt die Rolle eines Fursprechers und F5rderers. Die Beziehung, die zwischen Mentor und „Schtiler" aufgebaut wird, ist charakteristischerweise durch die Rolle des Lehrers und/oder Erziehers und durch die dem Schiller zugewiesene Rolle des Lemenden bestimmt. Der Schiller selbst wird oft als Proteg^ bezeichnet. "Intrinsic motivation for sharing is about medium in a mentoring relationship because [it is] assumed that mentoring is practiced to gain hierarchical and social recognition as well as to grow personally" (Kaser und Miles, 2002b: 165). Vertrauen wird hier erst im Laufe der aufrechten Beziehung aufgebaut. Kaser und Miles ziehen drei grundsatzliche Schlussfolgerungen aus ihren theoretischen Uberlegungen ilber den Zusammenhang von Vertrauen, der H5he der intrinsischen Motivation und den jeweiligen Tauschbeziehungen. Einmal vermuten sie, dass Wissensaktivisten versuchen werden, Hierarchien und damit verbundene Schranken zu umgehen oder zu vermindem, um Wissen effektiv austauschen zu konnen. Formale Hierarchien werden also in Prozessen des Wissensaustauschs umgangen. Zweitens denken KSser und Miles, dass der so genannte VerdrSngungseffekt zwischen extrinsischer und intrinsischer Motivation, wie er in den Wirtschaftswissenschaften diskutiert wird (vgl. hierzu Prey, 1997:24), starker berilcksichtigt werden muss, wenn organisational Beziehungen eingerichtet werden, die den Wissensaustausch fordem sollen. Zwei zentrale psychologische Krafte erklSren den VerdrSngungseffekt. (a) Eingriffe von aufien, die als kontrollierend empftinden werden verdrangen die intrinsische Motivation, weil die Selbstbestimmung eingeschrMnkt wird und sich dieser Eingriff negativ auf die individuelle SelbstwertschStzung auswirkt. (b) Eingriffe von aufien verstarken jedoch die intrinsische Motivation, wenn sie als Unterstiitzung empftmden werden, weil in diesen Fallen die individuelle Selbstwerrschatzung positiv beeinflusst 59
wird (Frey, 1997:25). Wie Frey (1997:25) anmerkt, sind diese Faktoren immer von subjektiven EinscMtzungen eingefarbt und es kann durchaus sein, dass ein und derselbe Eingriff von verschiedenen Personen einmal als kontroUierend und ein anderes mal als nicht kontroUierend interpretiert wird. Von Bedeutung ist also, dass materielle Anreize und kontroUierende Eingriffe von auBen die intrinsische Motivation verdrSngen, wenn dabei die Selbstbestimmung eingeschrankt wird und die Selbsteinschatzung bzw. der Sclhstwert geschmalert wird (Frey, 1997:25; vgl. hierzu insbesondere die Arbeiten von Deci, Ryan, Gagne, Leone, Usunov und Komazheva, 2001; Deci, Eghrari, Patrick, und Leone, 1994; Gagne und Deci, 2005). Die dritte zentrale Schlussfolgerung, die Kaser und Miles aus ihren Uberlegungen heraus Ziehen, ist die, dass das Zusammenspiel von Vertrauen und Motivation einen wesentlichen Einfluss auf die Bereitschaft austibt, Leistungen auszutauschen und auf die Gestaltung von Austauschbeziehungen selbst Einfluss nimmt. Osterloh und Frey (2000:538) behaupten beispielsweise hierzu in einer Arbeit, dass Vertrauen in Austauschbeziehungen Folge des AusmaBes an intrinsischer Motivation ist. Erganzend dazu stellen Kaser und Miles jedoch fest: "that individuals may gain intrinsic satisfaction from sharing even though the sharing relationship is characterized, at best, as reflecting calculative trust. Thus, while motivation and trust are essentially independent, each may well moderate the other" (KSser und Miles, 2002b: 167). Ich habe bereits in der Diskussion der ausgewahlten Wissensmanagement-Modelle zu zeigen versucht, dass soziale Interaktion, das heifit sowohl verbale als auch non-verbale Kommunikation, im Zuge persQnlicher Begegnungen als Voraussetzung fur den Wissenstransfer und flir die Wissensproduktion gedacht wird. Ein kritischer Blick auf die Wissensmanagementmodelle lasst vermuten, dass es vordergriindig nur darum geht, implizites, nicht greifbares Wissen in explizites und damit in der Organisation beliebig verfiigbares Wissen zu transformieren. In vielen Fallen ist dies aber gar nicht moglich und auch nicht sinnvoll. Zudem wird dieser grobe Eingriff als vehemente EinschrSnkung der Selbstbestimmung betrachtet (Cagne und Deci, 2005). Aufierdem wird sehr oft nicht berucksichtigt, dass in vielen Untemehmen ja gerade das nicht-greift)are und implizite Wissen Bestandteil der "organisationalen Fdhigkeiten" ist. Dieses Wissen ist eingebettet in organisational Routinen und fmdet sich in den Institutionen von Organisationen und Gesellschaften. Implizites Wissen ist vielfach auch Teil habitualisierter Handlungen (Bourdieu, 1997) die im Zuge der Praxis von Akteuren und im Zusammenspiel mit den sozialen Institutionen emergieren (Bourdieu, 1997). Dieses Wissen ist, wie noch weiter unten erlSutert wird, Teil des symbolischen Kapitals in 60
ganz speziflschen sozialen Feldem, die fiir die einzelnen Akteure vorherbestimmen, was als wertvoUes Wissen anerkennt wird (Bourdieu, 1997). Bei Kaser und Miles (2002b) wird deutlich, dass komplementare Austauschprozesse von idiosynkratischem Wissen nicht auf Abruf und Anordnung von oben flinktionieren. Sie gehen aber tiber diese Feststellung auch nicht hinaus. Sie beklagen, dass Wissen sehr oft innerhalb von Abteilungsgrenzen zirkuliert und es sehr aufwendig und schwierig ist, uber spezifische Gruppeninteressen hinaus, Wissen zu transferieren. Diesen Umstand erklaren sie hauptsachlich durch fehlendes Vertrauen und eine mangelhafte intrinsische Motivation in einschlagigen wissensintensiven Tauschakten. Beides, Vertrauen und intrinsische Motivation scheinen miteinander verkniipft zu sein, aber sie zeigen nicht, in welchem sozialen Feld das Zusammenspiel von Vertrauen und intrinsischer Motivation stattfindet, um Wissen auszutauschen. Die von den beiden Autoren verwendeten Kategorien sozialer Tausch, pekuniarer und kommunitarer Tausch stellen sich fur eine tiefergehende Beantwortung dieser Frage als zu grob heraus. Das hat mehrere Grunde auf die ich spater noch zuruckkommen werde. Diese Problematik greifen Kaser und Miles zwar auf, indem sie beide Faktoren als wesentliche Eigenschaften wirtschaftlicher Beziehungen in Untemehmen verstehen. Unklar bleibt aber, warum einzelne Mitarbeiter aktiv nicht-greifbares Wissen austauschen, wenn ein hoher Grad an Vertrauen in den Transaktionsbeziehungen existiert und fiir die Betroffenen selbst dieser Austausch und die damit einhergehenden sozialen Beziehungen Befriedigung erbringen. Unstrittig hingegen ist, dass intrinsische Motivation dann entsteht, wenn der Austausch im Rahmen existierender Arbeitsbeziehungen nicht auf Anordnungen von "oben" erfolgt, sondem aufgrund "freiwilliger" intersubjektiver Zusammenarbeit die den Selbstwert der Akteure stSrken (vgl. Deci, Ryan, Gagne, Leone, Usunov und Komazheva, 2001; Deci, Eghrari, Patrick, und Leone, 1994). Mit ahnlichen Fragen beschaftigten sich Bartlett und Ghoshal (1997) in ihren Uberlegungen zur Theorie der individualisierten Untemehmung. Wenngleich die Perspektive eine andere ist. 4. Die individualisierte Unternehmung als Konzept einer wissensorientierten Organisationsform Bartlett und Ghoshal bezeichnen ihren Ansatz zu einer Theorie der individualisierten Untemehmung als neuen Zugang zu zentralen Managementfragen. Wobei sie als zentrale Herausforderung den Wissenstransfer ansehen, den Untemehmen mit traditionellen Organisationsstrukturen und herkommlichen Managementmethoden nicht 61
sicherstellen. Bartlett und Ghoshal fixieren ihr Interesse also an der Steuerung von Wissen. In ihr Managementmodell fliefien verschiedenste Aspekte aus ihren fruheren Arbeiten ein. Der Titel ihrer Arbeit ist zudem eine Anspielung darauf, dass traditionelle Organisationsformen fur individuelle Talente, Kreativitat und individuelle Entscheidungskompetenz wenig bzw. keinen Freiraum zur Verfiigung stellen. Die traditionellen Organisationsformen fSrdem nicht, sondem zerstQren die Kreativitat der Menschen in Untemehmen. Ahnlich wie Nonaka und Konno (1998) in ihrem Konzept Ba sind sie davon uberzeugt, dass explizites Wissen als wichtige Quelle der Wissensproduktion gilt. Bartlett und Ghoshal begreifen ihre Forderungen jedoch sehr viel starker als Alternative bzw. als Kontrastprogramm zu den klassischen, an Taylor ausgerichteten Organisationsformen und Managementsystemen. Sie selbst sprechen von einem radikal neuen Organisations- und Managementmodell in ihrer Arbeit (Bartlett und Ghoshal, 1997:3) und sie sind davon Uberzeugt, dass ihr neues Managementmodell nur dann wirklich verstanden werden kann, wenn die Ursachen der Defizite von Organisationen, die sie mit ihrem neuen Managementmodell iiberwinden wollen, klar geworden sind. 4.1. Was ist das Neue am Modell von Bartlett und Ghoshal? Im ersten Teil ihrer Arbeit werden zum Teil bekannte Defizite der klassischen Organisationsform erortert. Bartlett und Ghoshal kritisieren dabei den fraglos umfangreichen Einfluss von Frederick W. Taylor auf die Organisationsgestaltung und argumentieren in ihrer Diskussion, dass in den meisten Fallen das Management noch an den Prinzipien von Taylor festhait und zeigen an ausgewahlten Beispielen, dass viele Unternehmen immer noch durch die Auflosung von Aufgaben in ihre einzelnen Teilschritte und durch das exakte Studium der einzelnen Arbeitsvorgange, die Effizienz der Arbeitsorganisation revolutionieren mochten. Dabei interessieren sie sich fur die Frage, in welcher Weise die alten Organisationsprinzipien auf Motivation, KontroUe und Koordination hochspezialisierter Wissensarbeiter wirken. Sie greifen damit implizit die beriihmte These des Fordismus auf, in dem die Auffassung vorherrschte, dass mit zunehmender Teilung der Aufgaben und der damit einhergehenden Spezialisierung die mit den Einzelaufgaben betrauten Beschafligten ihre Motivation verlieren. Sie sprechen davon, dass in den traditionellen Managementkonzeptionen und in den K5pfen der Manager eine Vorstellung von Arbeit vorherrscht, die im GroBen und Ganzen mit der von Henry Ford zu vergleichen ist. In einem Zitat, das Henry Ford zugeschrieben wird, lasst sich dieses Verstandnis illustrieren: ''When all I want is a good 62
pair of hands, unfortunately I must take them with a person attached' (Bartlett und Ghoshal, 1997:6). Mit diesem figurativen Beispiel soil deutlich gemacht werden, dass die traditionelle Organisationsform die Arbeitskraft, nicht aber die KreativitSt und das Talent der Beschaftigten nutzte. Das heifit nichts anderes, dass traditionelles Management noch immer von der Vorstellung ausgeht, der Arbeiter soil nicht denken, sondem arbeiten. Aus heutiger Sicht, in der auf das Wissen der Arbeiter nicht verzichtet werden kann, wird die Ambivalenz dieser Denkform offensichtlich. Sie zeigt ja damit auch deutlich, dass es sich hier nicht nur um eine Form der Organisation von Arbeit, sondem eben auch um eine Herrschaftsform handelt. GewissermaBen, so Ghoshal und Bartlett, schreibt sich diese an dem Begriff der Kontrolle haftende Vorstellung in der strikten Planung der Produktion fort, die als Voraussetzung fur reibungslose Organisationsprozesse in der Untemehmung angelegt war. Ironischerweise wurde damit die Forderung des Managements, namlich Eigeninitiative, damit es zu keiner Storung der auf reibungslose Ausfiihrung geplanten Arbeitsprozesse komme, ausgeschlossen und als StSrung identifiziert. Als Storung wird alles betrachtet was das unmittelbare Arbeitsvermogen, soweit nicht von oben gesteuert, beeintrachtigt. Mit zunehmender Planung und Steuerung der Arbeitsprozesse wird Arbeit als kreativer Faktor aus den Organisations- und Arbeitsprozessen hinausgedrSngt. In unterschiedlicher AusprSgung schreibt sich diese Tendenz uber mehr als vier Jahrzehnte in der Struktur der traditionellen Untemehmung fest. Ghoshal und Bartlett hierzu: "yet through all the adjustment, redesigns and change programs, the deeply embedded assumptions remained unchallenged" (Ghoshal und Bartlett, 1997:7). Mit dem von ihnen vorgeschlagenen neuen Organisationsmodell soil also der Produktionsfaktor Mensch revitalisiert werden. Das Wissen des Arbeiters wird als neue Ressource entdeckt! Wie soil das geschehen? Percy Bamevik, der Corporate Executive Officer von Asea Brown Boveri wird mit vielsagenden Worten zitiert: "There is tremendous unused potential in our people. Our organizations ensure they only use 5 or 10 % of their abilities at work" (Bartlett und Ghoshal, 1997:9). Das Problem wird jedoch nicht darin gesehen, dass die Beschaftigten nur 5 oder 10 % ihres Talentes und ihrer Kreativitat nutzen, sondem im Umstand, dass das traditionelle Untemehmen durch ihre Organisationsstmktur nicht mehr Kreativitat verarbeiten kann. Das liegt gmndsStzlich daran, so Bartlett und Ghoshal, dass: "Organisationen der zweiten Generation mit Strategien der dritten Generation arbeiten, die von Managem der ersten Generation implementiert werden" (Bartlett und Ghoshal, 1997:9).
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4.1.1, Das Modell der individualisierten Unternehmung Was kennzeichnet also nun die individualisierte Unternehmung und worin bestehen die charakteristischen Merkmale dieser Organisationsform? Ganz allgemein werden drei Merkmale, die das Wesen der "individualized company" ausmachen, hervorgehoben: (1) Soil die FShigkeit und Kreativitat der Mitarbeiter wieder reaktiviert werden. (2) Geht es in der individualisierten Unternehmung darum, neugierige und wissbegierige Mitarbeiter zu schaffen. (3) Wird eine Organisationsstruktur in Aussicht gestellt die flexibel genug ist diese geforderten Emeuerungen zu ermSglichen. Bartlett und Ghoshal sehen den GroBteil dieser Vorhaben in Untemehmen wie ABB und 3M verwirklicht. In den von ihnen untersuchten Fallbeispielen, so behaupten sie, sei es dem Management gelungen, einen tief greifenden Wandel herbeizufuhren und umzusetzen. Fur Bartlett und Ghoshal (1997:13) ist es den genannten Untemehmen tatsachlich gelungen, traditionelles Denken umzubauen und Hierarchien abzuschaffen und durch ein neues ''Portfolio von Prozessen" zu ersetzen (Bartlett und Ghoshal, 1997:15). Dieses Portfolio stellt sich als metaphorisches Programm einer Netzwerkorganisation heraus. Nicht mehr eine pyramidenfSrmige Hierarchie mit einer steilen und eindeutigen Befehls- und Aufgabenstruktur, sondem ein Netzwerk von wenigen, kaum mehr als 200 Mitarbeitem, lenkt - so das Beispiel ABB - die Geschicke des Untemehmens. Hierzu Bamevik: „The only way to manage a large, complex company like ABB is to make it as simple and local as possible. The press may describe us as a $30 billion diversified global company, but we see ourselves as a portfolio of 1,200 companies, each with an average of two hundred employees. This is where the real work gets done, and these people need well-defmed responsibilities, clear accountability, and maximum degrees of freedom to execute" (Bartlett und Ghoshal, 1997:27). Hier wird die Netzwerkidee ins Zentrum der Organisationsgestaltung gerUckt. Die Netzwerkmetapher wird jedoch auch in ihrer symbolischen Wirkung instrumentalisiert. Anstelle von fixen Strukturen der Autoritat - die sich in einem Auflosungsprozess befinden und die zunehmend als unbrauchbar und delegitimisiert verstanden werden, wird die offene, fur die Eigeninitiative und selbstverantwortliche Eigenleistung bereite Netzwerkorganisation propagiert. Weil die exakte Bestimmung der Arbeitsaufgaben immer ambivalenter wird, soil dieses Defizit in der Arbeitsgestaltung durch Eigeninitiative ersetzt werden. In einer Arbeitswelt in der sich permanent das Aufgabenspektrum verandert, greift die Autoritat und Befehlshoheit des Managers ins Leere. Nicht nur, dass der Manager keine direkte Kontrolle mehr uber den konkreten 64
Arbeitsprozess ausuben kann, sondem auch die ergebnisabhSngige Entlohnung, wie sie im Fordismus ublich war, stellt sich als inhaltsleeres Instrument heraus, Arbeiter zu motivieren. Zum anderen wird der Erfolg einer Organisation unmittelbar davon in Abhangigkeit gebracht, ob es gelingt, souverdne, selbststdndige und zu unternehmerischen Entscheidungen befdhigte Mitarbeiter zu schaffen. Man kOnnte auch meinen, dass sich hier die auf Erfolg ausgerichtete Handlungsorientierung vom Typus instrumentelles und strategisches Handeln auf den Typus kommunikatives Handeln verschiebt (Habermas, 1981). Offensichtlich ist freilich, dass die Vermittlung von Wissen selbst auf kommunikative Kompetenz aufbaut. Aber hier geht es keinesfalls um eine naive Vorstellung, denn die Selbstdndigkeit wird in der Managementpraxis gleichsam wieder instrumentalisiert: Beispielsweise war es das Ziel bei ABB "[to] enable people to think and act entrepreneurially within the boundaries of the company" (Bartlett und Ghoshal, 1997:26). Bamevik erklart, seine Ingenieure wurden Untemehmer, die ihrem Geschaftsbereich stark verbunden sind und sich mit den Zielen des Untemehmens identifizieren. In der klassischen, divisionalen Untemehmung hat dies nicht funktioniert, im positiven wie im negativen. Grundsatzlich deshalb, weil die Funktion der Managementinformationssysteme in der Untemehmung nicht primar der Steuerung dienten, sondem als KontroUinstrumente, als effizientes aber keinesfalls effektives Werkzeug eingesetzt wurden. Diese Informationssysteme hatten zwar das Ziel die Geschaftseinheiten bei ihren Aufgaben zu unterstutzten, aber tatsachlich mutierten sie zu einem Kommunikationsritual mit dem das Headquarter mit Informationen versorgt wurde, die es fiir seine strategischen Zwecke erwartete und die in den Geschaftseinheiten die geringsten Nachteile in der nachsten Planungsperiode erwarten lieBen. In diesem Zusammenhang argumentieren Bartlett und Ghoshal (1997:55), dass es einem Untemehmen von innen heraus gelingen muss, sich zu disziplinieren, wenn das herkommliche Design und die Funktion der betrieblichen Informationssysteme fallen gelassen werden (Bartlett und Ghoshal, 1997:56). Hemntergebrochen auf einen zentralen Kem heifit dies aber auch, dass die Steuemng und Kontrolle von oben, durch eine von innen ersetzt werden soil. Fiir Bartlett und Ghoshal ist das Problem der traditionellen Organisationsform, dass die Initiativen anderer Organisationsbereiche nicht aufgegriffen werden, sondem jeweils als Bedrohung eigener Vorhaben und Handlungsfreiraume interpretiert werden. Dadurch entsteht zwangslaufig ein Klima, in dem Erfolge und Innovationen fremder Bereiche mit Misstrauen betrachtet werden (Bartlett und Ghoshal, 1997: 59) und der Erfolg des anderen eiferstichtig als Bedrohung der eigenen Leistung betrachtet wird. 65
Nach Bartlett und Ghoshal (1997:101) zeichnet sich die individualisierte Unternehmung durch drei Eigenschaften aus: •
formalisierte horizontale Bindungen und Beziehungen;
•
ein vollkommen neues Controlling und Steuerungsverstandnis des Managements;
•
eine auf Vertrauen aufgebaute Organisationskultur, die Transparenz und Offenheit fbrdert, Fairness und Gleichheit pflegt und in denen die Mitglieder gemeinsame Werte teilen.
Formal ist die individualisierte Untemehmung eine integrierte Netzwerkorganisation (Bartlett und Ghoshal, 1997:101; Nohria und Ghoshal, 1997:33), die der traditionellen, funktionalen Organisationsstruktur gegenubergestellt ist. WShrend die funktionale Organisationsstruktur Effizienz nur dadurch gewinnt, jede betriebliche Funktion getrennt zu spezialisieren, soil die Netzwerkorganisation ihre Effizienz aus der integrierten Nutzung spezialisierter Wissensformen der einzelnen Bereiche gewinnen und verzichtet auf die Zentralisierung von Kommunikation und Entscheidungen. Ghoshal und Bartlett sprechen hier von integrierter Interdependenz. Dieses Modell ist von einer Reihe altemativer Verhaltensannahmen getragen, die den utilitaristischen und ZweckMittel-orientierten Handlungsstrategien scheinbar widersprechen. Aber diese herkommlichen Verhaltensannahmen haben tatsSchlich auch etwas mit unserem technischen Verstandnis von Management - wie es innerhalb der traditionellen Organisationsform jahrzehntelang kultiviert wurde - zu tun. Um herauszufmden, was dies heifit, ist es nur notwendig auf die Bedeutung von Technik selbst einzugehen. Technik ist im engeren Sinn die Naturbeherrschung und dient der Verwirklichung der Lebensfuhrung und Daseinsgestaltung und im weiteren Sinn ist unter Technik die Art zu verstehen, wie Mittel fur vorgesetzte Zwecke angewendet werden (Gehlen, 2004:170). 4.1.2. Der behavioristische Kontext der traditionellen Untemehmung Das zentrale Argument von Bartlett und Ghoshal ist nun, dass das individualisierte Untemehmen, die verhaltenswissenschafllichen Grundpfeiler der traditionellen Organisationsform aufgibt und durch neue ersetzt. In der folgenden Abbildung, die als "behavioristischer Kontext der Untemehmensfiihrung"tiberschriebenist, sind diese vier Parameter und ihre hypothetischen kausalen Wirkungen und ihr Symbolgehalt zusammengefasst. Auf einen Nenner gebracht, das Ergebnis der klassischen Organisationsstruktur ist die Kontrolle (control), die ausgetibt die noch vorhandenen Initiativen vielfSltig beschrdnkt (constraint) und damit im Laufe der Zeit abtStet. Es tritt eine 66
organisatorische Lahmung ein (organisational inertia). Die einzelnen Akteure verandem ihre Verhaitensweisen und passen sich den Werkzeugen der Kontrolle an. Angepasst an diese Beschrankungen und der Kontrolle kultivieren sie im Laufe der Zeit ein passives EinverstSndnis {compliance) und verwenden diese Werkzeuge so effizient es ihnen moglich ist. Sie treffen selbst keine Entscheidungen mehr, sondem warten bis in der Organisation Entscheidungen getroffen werden (neue Werkzeuge zur Verftigung gestellt werden). AUes was zu tun ist, wird soweit wie mOglichtiberexplizite Vertrage {contract) festgeschrieben, was wiederum die Eigeninitiative einschrSnkt. Das Werkzeug wird entsprechend der Gebrauchsanleitung verwendet. Es wird auf Anordnung und nach Vereinbarungen gearbeitet. Mit dem Werkzeug des Hammers wird gehSmmert, egal auf was. Wichtig erscheint nur, ob gut gehSmmert wird. Die vier Faktoren stehen in einem kohSrenten aber rekursiven Zusammenhang. Sie stellen die Struktur dar, tiber die die einzelnen Akteure ihre Handlungen setzen, und die jeweiligen vor dem Hintergrund dieser Struktur gesetzten Handlungen selbst verstSrken den Effekt dieser Struktur. So entsteht ein sich gegenseitig verstMrkendes Zusammenspiel zwischen den vier Faktoren. McGregor hat in den 60er Jahren ein sehr ahnliches Konzept diskutiert. Er hat seine Uberlegungen Theorie Y und Theorie X genannt und damit das jeweilige negative und/oder positive Menschenbild mit einer negativen und/oder positiven Organisationsdynamik in Zusammenhang gebracht. McGregor war davon tiberzeugt, dass ein negatives Menschenbild zu kontroUorientierten Organisationsstrukturen fiihrt, diese Strukturen die betroffenen BeschSftigten demotiviert und ein Desinteresse und eine zunehmende Passivitat erzeugt und dass diese Demotivation und Passivitat vom Management als Bestatigung daftir verwendet wird, um die getroffenen MaBnahmen zu legitimieren. Argyris hat daran anschliefiend an einem vergleichbaren negativen Zyklus gearbeitet, bei dem durch die traditionelle Organisationsgestaltung, die auf Arbeitsteilung und Autoritat nicht verzichten will, unreife Mitarbeiter produziert werden (Argyris, 1957).
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Abbildung 9: Kontext der individualisierten Untemehmung (Bartlett und Ghoshal, 1997)
Die strikte Linienverantwortlichkeit und die formalen Beziehungen in der traditionellen Organisation entsprechen diesem verhaltenswissenschaftlichen Modell (Bartlett und Ghoshal, 1997:145). Die Kontrolle in der Untemehmung wurde uber strenge hierarchische Verantwortlichkeiten und Befehlsmuster verstSrkt. Damit produzierte die Organisation quasi-automatisch ein defensives und passives Verhalten bei den einzelnen Akteuren. Beziehungen wurden liber vertragliche Vereinbarungen festgeschrieben (Bartlett und Ghoshal, 1997:149). Bartlett und Ghoshal argumentieren nun, dass ihr neues Modell diese alten Verhaltensparameter ersetzt. 4.1.3. Die Erneuerung der behavioristischen Grundlagen im Unternehmen. Wie soil das geschehen? Die neuen Prinzipien der Verhaltenssteuerung sind uberschrieben als stretch, support, discipline und trust. Frei ubersetzt substituieren FlexibilitSt (Stretch), Unterstiitzung (Support), Disziplin (Discipline) und Vertrauen (Trust) die alten Eckpfeiler der Organisationsgestaltung, control, constraint, contract und compliance. Die Beziehungen zwischen Management und Mitarbeitem werden nicht mehr als hierarchische Beziehungen zwischen Vorgesetzten und Untergebenen begriffen, die in einem strikten Autoritatsverhaltnis stehen, sondem das Management nimmt die Rolle des Coaches, des Betreuers, oder Mentors ein. Disziplin wird als Gegenstuck zu compliance (= etwas Oder jemandem Folge leisten) verstanden und als Ergebnis eigenverantwort68
licher und aktiver Selbstverpflichtung verstanden, um die gesetzten Ziele zu verfolgen und umzusetzen (vgl. Argyris, 1957 und 2000). Vertrauen ersetzt die in der klassischen Organisationsform tibliche Fixiemng und Kontroile samtlicher Leistungsprozesse durch Vorgesetzte. Durch das in dem Untemehmen existierende Vertrauen entsteht mehr Transparenz und Offenheit, die in weiterer Folge den Austausch und die Kommunikation zwischen verschiedenen Organisationseinheiten verbessert. Stretch als vierte Dimension - (bezeichnet als das Streben nach mehr) ist zu verstehen als Eigenschaft, die am besten damit umschrieben werden kann, dass in der individualisierten Untemehmensform jedes Organisationsmitglied und jeder GescMftsbereich, seine Fahigkeiten und sein Wissen ganz im Sinne des Kemkompetenzgedankens permanent in neue und alternative Anwendungen und Bereiche einbringt und verbessert. Abbildung 10: Anderung der behavioristischen Grundlagen (Bartlett und Ghoshal, 1997)
4.1.4. Der erneuerte behavioristische Kontext der Unternehmung Im Zusammenspiel der vier Dimensionen stretch, support, trust und discipline entwickelt die individualisierte Unternehmung neue Verhaltensparameter und daraus emergieren neue Verhaltensorientierungen in der Organisation. Bartlett und Ghoshal 69
hierzu: "Discipline is more than compliance to directives or conformity to policies; it is an embedded norm that makes people live by their promises and commitments ... if discipline substitutes for compliance, then support replaces control... the relationship between bosses and subordinates is then defined by characteristics of coaching, helping, and guiding..." (Bartlett und Ghoshal, 1997:154). In diesem Umfeld entwickelt sich schliefilich auch Vertrauen und darauf aufbauend Reziprozitat. "People who trust one another rely on each other's judgment and depend on reciprocal commitment", so die Autoren (Bartlett und Ghoshal, 1997:155). Stretch interpretieren sie als "the liberating and energizing element ... that raises individual aspiration levels and encourages people to lift their expectations of themselves and others..." (Bartlett und Ghoshal, 1997:157). Abbildung 11: Emeuerung der individualisierten Untemehmung (Bartlett/Ghoshal, 1997)
Durch das Zusammenwirken von Stretch, "dem Streben nach mehr" - oder anders Ubersetzt der Nutzung stotlicher Produktionsmittel und dem in der Organisation existierenden Vertrauen evolvieren neue selbstemeuemde, energisierende Verhaltensformen, wie "commitment (Leistungsbereitschaft) von den einzelnen Beschaftigten, die fortan aus Eigeninitiative heraus ihre Aufgaben erfiillen. Durch das Zusammenspiel von Vertrauen und Support (UnterstUtzung durch Management und Organisationsstruktur) entwickelt sich die fur die individualisierte Untemehmung typische Ko70
operation und gegenseitige UnterstUtzung verschiedenster Arbeitsbereiche. Uber das Zusammenwirken der Dimensionen Vertrauen und Selbstdisziplin entsteht VerlSsslichkeit {confidence). Durch das Ineinandergreifen der Faktoren Disziplin und Support entwickelt sich die fur diese Organisationsform typische Umsetzungsstarke („Execution"). Das Zusammenwirken der Dimensionen Support und Stretch steigert die Lemfahigkeit (Bartlett und Ghoshal, 1997:173). Diesen emeuerten behavioristischen Kontext und die daraus emergierenden Verhaltensmuster in der individualisierten Untemehmung, erklSren Bartlett und Ghoshal wie folgt: "The ability and willingness of people to take initiative is rooted in the tension between stretch and discipline: the former serving as the source of energy and the later converting that energy into tangible and time-bound action. Stretch without discipline leads to dreaming, while discipline without stretch locks the company into an ever narrowing spiral of refining existing operations without the courage to make a creative lap [...] Similarly, it is the combination of trust and support that motivates cooperation and collaboration. Trust makes cooperation desirable; support enables individuals to convert that desire into action. Each is a necessary element of the organizational glue, but only in combination do they create the sufficient conditions for integrating the disparate actions of dispersed people [...] Beyond initiative and cooperation, renewal also requires some other kinds of behaviors in people - an openness to learning, the courage of selfconfidence, the willingness to commit, and the ability to execute. It is the same four attributes of context that, in different combinations, provide the enabling conditions for each of these behaviors" (Bartlett und Ghoshal, 1997:174). 5. Resiimee Wie dargestellt, setzen in unterschiedlichem Umfang, alle hier diskutierten Wissensmanagement-Modelle den Schwerpunkt in der Konversion von impliziten in explizite Wissensformen. Diese Festsetzung ist eine wichtige Voraussetzung, von der die Modelle nicht so ohne weiteres loskommen und an der die Praxis des Wissensmanagements leidet. Damit die Transformation verschiedener Wissensformen effizient und effektiv realisiert werden kann, haben die Autoren mit ihrer unterschiedlichen Perspektive die Notwendigkeit institutioneller Arrangements erOrtert. Boisot thematisiert die Frage, wie ambivalente Wissensproduktion und -konversion sich uber institutionelle Organisationsbereiche verteilt und beschaftigt sich hierbei mit dem Problem, wie einzelne organisatorische, groBteils in sich abgeschlossene Wissensprozesse wieder zusammengebracht werden kOnnen. Ziel ist es, getrennt kognitive Prozesse wieder miteinander zu verbinden. Die Verbindung selbst soil aber weitreichend sein und ge71
wahrleisten, dass einzelne Prozesse der Wissensproduktion wieder ineinander greifen. Hierzu greift Boisot auf vier institutionelle Formen zuriick, die in der einschlagigen Literatur grofiteils andere Aufgaben erfiillen. Interessant hierbei ist, dass in den vier institutionellen Idealtypen jeweils eigene normative Regeln die Wissensproduktion in Gang halten. Organisatorisches Lemen wird ais zyklische Wissensproduktion konstruiert, die kreisformig die einzelnen institutionellen Typen durchlauft. In dem als idealen Wissensprozess konstruierten sozialen Lemzyklus bedeutet dies, dass in den konkreten Phasen der Wissensproduktion die sozialen Bindungen und normativen Muster des Klans, abgel5st werden von den Regeln und Formen der Biirokratie, die Funktion der Biirokratie durch die Funktionalitat des Marktes ersetzt wird und schliefilich der Markt selbst durch sehr stark verpflichtende Patron-Klientel-Beziehung ersetzt wird, um somit einen neuen, eben „alteritaren" Prozess der Wissensproduktion zu initiieren. Eine Organisation benotigt damit alle vier Institutionenformen, um den komplexen Stoffwechsel zwischen den verschiedenen Wissensformen zu garantieren. Insbesondere ist in den singulSren Phasen des sozialen Lemzyklus, die Boisot als Prozess konzipiert, mit dem Organisationen neues Wissen generieren, erkennbar, dass die sechs Phasen nur dann ineinander greifen, wenn die dafur notwendigen intersubjektiven sozialen Kontexte vorhanden sind. Diese sozialen Strukturen werden allerdings nicht betrachtet. Auch bleibt bei Boisot voUkommen offen, wie jeweils die ganz eigentumlichen Organisationsmuster, beispielsweise wie die Regeln und Handlungsmuster der Biirokratie abgelOst werden von den Regeln auf Markten. Das Problem 16st er damit, dass in einer Institutionenform jeweils die fiir die andere Institutionsform idealtypische Wissensform bereits angelegt ist und somit den sensiblen Ubergang von einem Ordnungsmuster in ein anderes sicherstellt. Die sozialen Regeln in den einzelnen Feldem der herausgegriffenen Institutionen werden aber nicht im Detail diskutiert. Sie werden auch nicht mit einer besondem Bedeutung versehen, primSr deshalb, so ist zu vermuten, well die dringliche Uberlegung darin besteht, die jeweils entstehenden Formen des Wissen zum einen innerhalb der institutionellen Felder zu kontrollieren, was nichts anderes heiBt als in der Organisation den abstrakten Zugriff sicher zu stellen und zum anderen, den Wissensfluss in Gang zu halten, der aber eben dadurch bestimmt ist, Wissen von einem Ort (der Anwendung) zu einem weiteren Ort (der Kontrolle) zu transplantieren. Interessant ist allerdings, dass diese spezifischen Orte der Anwendung und Kontrolle eigentlich soziale Felder darstellen, die mit ganz unterschiedlichen Macht- und Krafleverhaltnissen zwischen ihren Akteuren und der Umwelt arbeiten.
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Auch Hedlund selbst zeigt in seinem Design der N-Form, dass Wissensproduktion und -diffusion in wesentlichem auf komplexe Interaktionen zurQckgreifl. Diese Interaktionsformen kreisen um die Begriffe Dialog, Kommunikation und/oder Organisationsroutine. Die in Organisationen stattfindenden sozialen Prozesse, wie die Internalisierung, die Reflexion und die Dialogisierung, die mit diesen Prozessen, die einen sehr starken symbolischen Charakter im Managementdiskurs einnehmen, werden als Kommunikationsprinzipien gebraucht bzw. an ein spezifisches Organisationsdesign gehSngt, damit das in organisational Routinen eingebettete Wissen weitergeben werden kann und bestehende Wissensbestande reflektiert und emeuert werden kSnnen. Auch in diesem Modell sind die zentralen sozialen Prozesse nicht ohne soziale Interaktion in Organisationen praktikabel. Auch wird das soziale Feld in dem diese Handlungsakte und die eigentliche Handlungspraxis erfolgt ausgeklammert. Hedlund verweist darauf, dass gerade organisational Eigenschaften, die Reflexions- und DialogfMhigkeit ermoglichen, erst im Kontext der auf Dauer angelegten Beziehungen emergieren und es darum gehen muss, soziale Bedingungen, unter denen neues Wissen assimiliert und bestehendes Wissen infrage gestellt werden kann, zu schaffen (Hedlund, 1994:84). Nonaka und Takeuchi (1995a) und in weiterer Folge Nonaka und Konno (1998) konstruieren die ''soziale Gemeinschqft" als Idealtypus der Wissensproduktion (Nonaka und Takeuchi, 1995:DC). Im Gegensatz zu Boisot agiert die „soziale Gemeinschaft" im insititutionenfreien Raum. Auf den verschiedenen Ebenen der Wissensproduktion und auf den einzelnen Stufen der Wissenskonversion sind die kognitiven und sozialen Prozesse auf den Austausch zwischen Individuen und Gruppe verwiesen. Nonaka und Takeuchi insistieren mehrmals und ganz explizit in ihren Texten darauf: "knowledge creation is anchored to a critical assumption that human knowledge is created and expanded through social interaction" (Nonaka und Takeuchi, 1999a: 10). Gleichzeitig gehen sie - wie die Kognitionswissenschaflen - davon aus, dass Wissen in den Kopfen einzelner Individuen sich befindet und produziert wird. In der Erg&izung und Erweiterung des urspriinglichen Modells der Wissensproduktion verweist Nonaka mit Nachdruck, dass organisational Wissensproduktion Ergebnis intersubjektiver Austauschprozesse ist, die ihrerseits intensiv in Gruppenstrukturen eingebettet sind. "The sum of individuals' intentions and ideas fuse and become integrated with the groups mental world" (Nonaka und Konno, 1998:44). KMser und Miles (2002a und 2002b) schliefien an diese Uberlegung an, wenngleich aus einer anderen Perspektive und zeigen, dass der Austausch idiosynkratischer Wissens73
formen von Vertrauen und intrinsischer Motivation bestimmt wird. Eine zentrale These in ihrer Argumentation ist, dass idiosynkratische Wissensfonnen nur in iSnger andauemden vertrauenswiirdigen sozialen Beziehungen ausgetauscht werden. Bartlett und Ghoshal (1997) thematisieren die Probleme im Umgang mit KreativitSt und Talent in Organisationen vor dem Hintergrund der Defizite der traditionellen Organisationsform und entwerfen, Shnlich wie Hedlund (1994) ein Organisationsdesign, das jedoch weitreichender auf behavioristische PrSmissen zuruckgreift. Die verhaltensorientierten Dispositionen, die Bartlett und Ghoshal fiir das individualisierte Untemehmen entwerfen, heften sie an die Begriffe Vertrauen, Untersttitzung, Disziplin und Stretch (das Streben nach Verbesserungen). Uber diese Eigenschaften sehen sie Verhaltensmuster emergieren, die in Organisationen soziale und vertrauenswOrdige Beziehungen begrtinden. Sie bringen hier die Idee selbstorganisierender Systeme ins Spiel, bei der auf die zentrale Gestaltung von Strukturen verzichtet wird und das Management auf Selbststeuerung im GroBen und Ganzen vertraut. Auch in diesem Kontext sind es jeweils konkrete soziale Strukturen, in die die Handlungen der Akteure eingebettet sind, die tiber Erfolg oder Misserfolg entscheiden. Unberiicksichtigt bleibt in alien hier diskutierten Varianten, dass die Handlungen einzelner Akteure selbst wieder auf die Strukturen zurUckwirken (vgl. Giddens, 1984), wenngleich soziale Strukturen als Voraussetzung thematisiert werden, damit Wissensproduktion und Wissensdiffusion mSglich wird. Ich mOchte mich deshalb im folgenden Abschnitt mit dem Okonomischen Wert sozialer Strukturen beschaftigen und auch - wo es notwendig ist - genauer auf die Frage der Institutionen eingehen. Im Rahmen der Sozialkapitalliteratur wird der wirtschaftliche Wert sozialer Netzwerke als soziales Kapital bezeichnet. Der GroBteil der Sozialkapitalliteratur begrundet die Tatsache, warum einzelne Akteure in soziale Beziehungen investieren, mit dem Utilitarismus. Diese ErklSrung ist jedoch unvoUstandig und es ist notwendig zu zeigen, wie im Zusammenspiel von Institutionen mit habitualisierten Handlungen soziales Kapital erklart werden kann. Vorerst ist es aber notwendig sich mit dem Thema und Begriff Sozialkapital auseinanderzusetzen. Im folgenden Teil werde ich mich deshalb mit dem Begriff Sozialkapital auseinandersetzen. Ich werde dabei einzelne Sozialkapitaldefinitionen herausgreifen. Im Vordergrund steht dabei, wie der 6konomische Wert von sozialen Netzwerken entsteht. ErgSnzend zu den Sozialkapitaltheorien von Bourdieu, Coleman und Putnam bespreche ich zwei spezielle Varianten von Nahapiet und Ghoshal und von Nan Lin. 74
Daran anschlieBend diskutiere ich den Zusammenhang zwischen der Stmktur sozialer Netzwerke und der Entstehung von Sozialkapital. Dabei greife ich auf zentrale Begriffe der sozialen Netzwerkanalyse und auf die Sozialkapitaltheorie von Burt (1982, 1992, 1997) zuriick. In diesem Abschnitt schien es mir notwendig, auf wesentliche Begriffe und Definitionen der sozialen Netzwerkanalyse naher einzugehen, damit gezeigt werden kann, in welcher Form Eigenschaflen wie die Netzwerkredundanz, strukturelle Briicken, "strong ties", "weak ties", Ego-Netzwerke und Cliquen auf die Produktion und Diffusion von Wissen wirken.
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II. Sozialkapital und Vertrauen Kogut und Zander (1996) verstehen die Firma als ein soziales Konstrukt, das sich auf die Produktion und Koordination von spezialisiertem Wissen konzentriert. In diesem Zusammenhang wird die Produktion und Verwertung von Wissen als zentrale Fahigkeit eines Untemehmens thematisiert (Teece, Pisano und Shuen, 1997). Die ressourcenorientierte Theorie der Firma, die kompetenzorientierte Theorie der Firma und die wissensorientierte Theorie der Firma beschSftigten sich mit der Frage wie durch den Gebrauch von Ressourcen nachhaltige Vorteile erworben werden. Die Imitation der als firmenspezifisch bezeichneten Ressourcen wird jedoch als problematisch betrachtet, weil es sich um inharente Spezialisierungsvorteile handelt, wie Know-how Oder tacit knowledge (Lippman und Rumelt, 1982), das in organisational Tatigkeiten eingebettet ist. Die Schwierigkeit, dieses Wissen zu imitieren, trifft jedoch, wie vielfach diskutiert, nicht nur auf konkurrierende Firmen zu, sondem bereitet bereits innerhalb der Firma Probleme. Diese Schwierigkeiten sind vor allem damit verbunden, dass sog. best practices und Verbesserungsprozesse im Untemehmen nur sehr langsam und unvoUstandig in andere Bereiche diffundieren (Szulanski, 2003). Erstaunlicherweise hangt die Diffusion letztlich aber zu einem groBen Teil davon ab, inwieweit erfolgreiche Praxis imitiert wird. Wissen wird also zur zentralen Ressource erklart und einschlagige Wissensmanagement-Modelle, wie die im vorigen Abschnitt besprochenen, diskutieren detailreich und voraussetzungsvoU wie Wissen produziert wird und unter welchen Bedingungen dieses Wissen in Organisationen unabhangig von Produzenten zur Verfiigung gestellt werden kann (vgl. Schneider, 1996 und 2001). Dabei wird uber den Verweis auf Vertrauen, die Frage diskutiert, welchen Effekt vertrauenswiirdige soziale Beziehungen auf den Austausch von Wissen haben. Im Rahmen der Sozialkapitaltheorie, die den Begriff Sozialkapital verwendet, um herauszustreichen, dass soziale Beziehimgen, einen wirtschaftlichen Wert haben konnen, stehen interpersonale Austauschprozesse im Zentrum des Forschungsprogramms. In diesem Zusammenhang interessiert mich in diesem Abschnitt die Frage, welchen Effekt Sozialkapital auf die Produktion und den Austausch von Wissen hat. Die von Kogut und Zander angesprochene soziale Konstruktion, kann auf die Funktionalitat sozialer Beziehungen gar nicht verzichten, damit die Produktion realisiert und die Koordination wissensintensiver Leistungen umgesetzt werden kann. Und wie von den beiden Autoren in ihrer Begriffsverwendung beabsichtigt, ist Funktionalitat in der 77
Organisation nur iiber Vertrauen und soziale Bindungen zwischen einzelnen Akteuren machbar. Es scheint, dass in den einfachsten Fallen die Durchftihrung einer Aufgabe zwangslaufig ein MindestmaB an Vertrauen und eine ganze Reihe von sozialen Kontakten erfordert. Vielfach schenken wir Vertrauen unbewusst und nutzen soziale Beziehungen zu Kollegen und Freunden, ohne dass wir uns dariiber im Klaren sind. Diese Selbstverstandlichkeit mit der wir Vertrauen schenken und soziale Kontakte eingehen, verstarken wir mit unserem habitualisierten (gewohnheitsmSBigen) Handeln im Alltag bzw. in alltaglichen Arbeitsroutinen. Cohen and Prusak stellen hierzu fest: "Most of us know from experience that trusted colleagues help us to accomplish work. ...We know too that we are more likely to give our energy, talent, and loyalty to an organization if those around us are helpful and honest as opposed to uncooperative and devious, and if the leadership of the organization takes a fair and equitable approach to the people who work for it." (Cohen und Prusak, 2001 :IX). Cohen und Prusak erklaren hier, dass Arbeit als soziale Aktivitat erlebt wird und sie betonen: "Social activity that engages the same social needs and responses as the other parts of our lives: the need for connection and cooperation, support and trust, a sense of belonging, fairness, and recognition" (Cohen und Prusak, 2001 :X). Sie sprechen hier dem sozialen Kontakt selbst einen intrinsischen Wert zu. Aber dieses intrinsische Bedlirfnis nach sozialen Kontakten nehmen wir, soweit es erfiiUt ist, gar nicht explizit wahr (Gehlen, 2004). Wie im vorigen Abschnitt erwahnt, sind elementare Prozesse in der Wissensproduktion auf soziale Eigenschaften wie Vertrauen, Kooperation und Reziprozitat aufgebaut und es ist unstrittig, dass ganz allgemein Vertrauen, Kooperation und Reziprozitat Merkmale sozialer Beziehungen sind. Vertrauen, Kooperation und Reziprozitat sind keine Ergebnisse utilitaristischer Motive, sondem sind in Institutionen eingebettet. Die Frage, die im ersten Abschnitt dieser Arbeit anhand der Diskussion einschlagiger Wissensmanagement-Modelle erortert wurde, ist also nicht nur, wie implizite Wissensformen, die zu einem uberwiegenden Teil in organisational Routinen der Organisation eingebettet sind, weitergegeben werden konnen, sondem wie vertrauenswUrdige soziale Bindungen in Organisationen entstehen und unter welchen Voraussetzungen die fur die Wissensproduktion notwendigen sozialen Netzwerke sich entwickeln. Soziale Netzwerke sind far die Beantwortung dieser Frage deshalb von Bedeutung, well sie nicht nur Rahmenbedingungen evozieren unter denen idiosynkratische Ressourcen ausgetauscht und produziert werden, sondem well diese sozialen Beziehungen selbst eine wertvolle Ressource in der Wissensproduktion sind. 78
In einem Netzwerk sozialer Beziehungen werden also nicht nur einzelne Wissensressourcen der Akteure getauscht, sondem durch die interaktiven Beziehungen emergiert Wissen und es entstehen neue Ressourcen, die den Akteuren ftir ihre Handiungsoptionen zur Verftigung stehen. Die aufrechten Beziehungen schaffen nicht nur Zugang zu bereits bestehenden Wissensressourcen, sondem durch den Austausch, den unmittelbaren sozialen Kontakt und durch die Reflexion vorhandener Ideen und Wissensbest^de entsteht neues Wissen. Folgende Uberlegung ist hier bedeutend: Wissensorientierte Leistungserstellungsprozesse sind auf soziales Kapital angewiesen, damit tiberhaupt nicht greifbare Erfahrungen (z. B. Know-how) oder implizites Wissen sich effizient in Untemehmen verbreiten kann. Eine Zielsetzung der wissensorientierten Organisation mtisste es demnach sein, in den Aufbau vertrauenswurdiger und stabiler Beziehungen zu investieren. Vertrauenswtirdige und stabile Beziehungen sind aber keine rationalen sozialen Konstrukte, sondem das Ergebnis und Folge der Funktion von Institutionen (Ostrom, 1990:51). Diese Institutionen ermOglichen erst das, was Bourdieu als „praktische Schltissigkeit der Praktiken und Werke" (Bourdieu, 1997:169) bezeichnet. Konkrete Handlungen werden erst in Abstimmung mit den damit existierenden formalen und informellen Institutionen moglich. Gerade in Bezug auf die Wirkung von Vertrauen, Reziprozitat und Stabilitat sind Institutionen das „Herz der Antriebe" der Handlungen des Menschen (Gehlen, 1986:9). Institutionen bewirken flir das Indivfduum in seinen Handlungen eine Entlastung von vielen Entscheidungen. Gehlen versteht ganz in diesem Sinn Institutionen als Formen der BewSltigung lebenswichtiger Aufgaben oder UmstSnde (Gehlen, 1986). Warum sind hier der Begriff und die Bedeutung von Institution so zentral? Versuchen wir verstSrkt die Wirkung und Bedeutung von Institutionen fur unser individuelles Handeln zu verstehen, wird die in den Wirtschaflswissenschaflen dominante Stellung der utilitaristischen Konzeption des homo oeconomicus, der als Einzelmensch, nutzenmaximierend und rational handelt, zurechtgeriickt. Hier ist folgendes festzuhalten: Akteure, auch wenn sie im Eigeninteresse handeln, kniipfen zahlreiche soziale Beziehungen, gehen gegenseitig Verpflichtungen ein und kommen diesen Verpflichtungen nach (Wasserman und Faust, 1999:13). Sie tun dies, well sie auf die Kooperationsbereitschaft anderer Netzwerkmitglieder nicht verzichten wollen und weil sie uber diese Kooperationsbereitschafl auch in Zukunft ihre HandlungsfMhigkeit erhalten (so das utilitaristische Argument). Dieser Uberlegung gegengestellt sind Verhaltensannahmen, wie sie in der Organisationsokonomik verwendet werden. Beispielsweise muss eine Organisation MaBnahmen ergreifen, um sich gegen
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das schadigende Verhalten einzelner Mitglieder oder Gruppen zu schiitzen, die ihre eigenen Interessen verfolgen. Organisationen, die sich gegen den Missbrauch ihrer Mitglieder nicht schiitzen, so die Begrundung, sind kurzlebig, weil der Opportunismus ihrer Mitglieder eine Bedrohung darstellt (Williamson, 1985:64f.). Die behavioristische Annahme, die hinter dieser Pramisse steht, ist der Modellmensch, der homo oeconomicus der Neoklassik, der auch mit Arglist seine Eigeninteressen verfolgt (Williamson, 1985:65). Die Schlussfolgerung, die die 5konomische Organisationstheorie daraus zieht, ist die, dass jede Organisation, die es verabsaumt, sich gegen diese Arglist zu schiitzen, dem Untergang geweiht ist. Die angebotene LcJsung dieses zentralen Problems besteht ganz generell in der Schaffung von Anreizen, die die Interessen des Akteurs (Auftragnehmers) und der Organisation (Auftraggeber) in Ubereinstimmung bringen. Das lasst sich - in der herkommlichen Losung der Organisationsokonomik - aber nur dann erfolgreich durchsetzen, wenn der rational handelnde Akteure auf extrinsische Anreize anspricht. Von dieser Warte aus nicht thematisiert wird der Umstand, dass eine Ubereinstimmung der Handlungsinteressen im umfangreichen AusmaB von Institutionen erbracht wird. Aber nicht alle Handlungen, insbesondere nicht habitualisierte, sind immer auf ein Eigeninteresse des Akteurs reduzierbar. Ganz im Gegenteil: Akteure kniipfen soziale Beziehungen und halten die damit verbundenen Verpflichtungen ein, weil es ihnen die formalen und informalen institutionellen Regeln gebieten. Einzelne Akteure stehen so gesehen in vielfaltigen Beziehungen zu anderen Akteuren, sind Teil sozialer Produktionsverhaltnisse, knupfen neue Beziehungen und verstarken existierende Beziehungen. Sie tun dies entweder aus Eigeninteresse oder sie folgen dabei habitualisierten Gewohnheiten und verstarken damit institutionelle Regeln und das eigene habitualisierte Handeln. Akteure handeln also aus dem Kontext der sozialen Strukturen heraus, in die ihre Handlungen, ihre Interessen und ihre Handlungsmoglichkeiten eingebettet sind. Die Handlungen eines Akteurs sind aber vor allem dadurch Teil der Handlungen anderer Akteure (Granovetter, 1985; Wasserman und Faust, 1999; Macaulay, 1963). Aber dies sind sie nicht nur aufgrund der ReziprozitSt ihrer Handlung, sondem weil sie durch ihre Handlungen die formgebende Ordnung der Institutionen verstarken und in Kraft setzen (Bourdieu, 1997:169). Granovetter hat in seinem klassischen Essay mit dem Titel ''Economic Action and Social Structure: The Problem of Embeddedness" argumentiert, dass das Verhalten einzelner Akteure und die Entstehung von Institutionen von den sozialen Beziehungen in ganz erheblichem AusmaB beeinflusst werden, das gilt auch - oder erst recht - fur 80
wirtschaftliches Handeln (Granovetter, 1985:481).^ Daruber hinaus haben Weingast und Marshall in einer Studie uber den Einfluss US-amerikanischer Senatoren demonstriert, dass die Handlungsfahigkeit (der politische Einfluss und die Wirkung einzelner Senatoren) das Ergebnis informeller ("unwritten constraints") Riicksichtnahmen ist, die im Kontext wiederholter Kooperation und gegenseitiger Unterstutzung unter den Senatoren entsteht (1987:133). Diesem informellen in Kraft setzen einer Verhaltensregel der Riicksichtsnahme auf die Interessen anderer Senatoren fiigt Douglass North hinzu: "...formal rules, in even the most developed economy, make up a small (although a very important) part of the sum of constraints that shape choices; ...in our daily interactions, or business activities, the governing structure is overwhelmingly defined by codes of conduct, norms of behavior, and conventions" (North, 1990:36). Diese Verhaltensregeln evolvieren im Zuge ihrer Anwendung und werden im Laufe der Zeit verfestigt. Zur Gewohnheit geworden entwickeln sie eine eigene Stabilitat und Ordnung (Gehlen, 1986). Wir investieren in soziale Beziehungen nicht nur deshalb, weil wir niichteme Rechenmaschinen sind! Granovetter unterstreicht dies, wenn er darauf insistiert: "This view sees the economy as an increasingly separate, differentiated sphere in modem society, with economic transactions defined no longer by the social or kinship obligations of those transacting but by rational calculations of individual gain. It is sometimes further argued that the traditional situation is reversed: instead of economic life being submerged in social relations, these relations become an epiphenomenon of the market" (Granovetter, 1985:482).^
In den Wirtschaftswissenschaflen wird davon ausgegangen, dass das wirtschaftliche Verhalten des Akteurs von den sozialen Strukturen, in die die Handlung des Akteurs eingebunden ist, vollkommen unabhSngig zu betrachten ist. Soziale Verpflichtungen, Normen etc. werden bestenfalls - wenn liberhaupt als StOrfaktor klassifiziert. In der Analyse findet wirtschaftliches Handeln losgelQst von den tatsSchlichen sozialen Beziehungen statt, in die die Akteure eingebettet sind. Es wird vorausgesetzt, dass vollkommene Effizienz nur dann zu realisieren sei, wenn keine sozialen Verpflichtungen und Bindungen die eigentlichen wirtschaftlichen Transaktionen stOren. Falls dann doch aus der Perspektive des nutzenmaximierenden homo oeconomicus erkiarungsbediirftige Sonderf^le auftreten, werden Handlungen als altruistisch oder untypisch klassifiziert (vgl. Boulding, 1969:6; Kasper und Streit, 1998:61fif.). Wahrend also soziale Verpflichtungen und Bindungen als Ursache resp. als schadlich fiir einen effizienten Austausch verstanden werden, wird umgekehrt sehr wohl der positive Effekt von Beziehungen und Bindungen (vgl. Lamming, 1993; Dyer, 1996 und 2003) im Rahmen der Debatte strategischer Netzwerke diskutiert. In dieser Ausrichtung erfShrt das Thema Uber den Begriff "Netzwerk" eine regelrechte Konjunktur. Netzwerkstrukturen werden als hybride Organisationsformen, die zwischen der Institution Markt und der Organisation angesiedelt sind, verstanden. Die interorganisationalen Beziehungen, die damit Untemehmen eingehen, werden als strategische Ressource erfasst (Sydow,
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Der positive wirtschaftliche Effekt sozialer Beziehungen - so die These hier - hangt damit zusammen, dass durch den Aufbau dichter, reziproker und dauerhafter sozialer Beziehungen nicht nur Verpflichtungen aufgebaut werden, denen sich opportune Akteure entziehen mSchten, sondem organisationale FShigkeiten und neue Ressourcen in diesen sozialen Beziehungen emergieren, die ganz im Sinne von Penrose (1959) die eigenen und die koUektiven Handlungsmoglichkeiten verbessem und erweitem. Im folgenden Abschnitt mOchte ich zunSchst Sozialkapital definieren und ausgewShlte Ansatze kritisch darstellen. Dabei werden einige der zentralen Arbeiten zum Thema Sozialkapital zusammengefiihrt. Es geht mir dabei darum, die in der Sozialkapitalliteratur verwendeten Begriffe Sozialkapital, Vertrauen, und Reziprozitat gegeneinander abzugrenzen und ihre gegenseitige interdependente Verbindung aufzuzeigen. Der Zweck dieses Abschnittes ist es, die These zu erlSutem, dass Sozialkapital eine wesentliche Voraussetzung daftir ist, um in Untemehmen uberhaupt idiosynkratische Wissensformen zu produzieren und auszutauschen. Ich argumentiere hier, dass Sozialkapital iiber den funktionalen Wert der Kultur, wie sie Boisot (1995), Nonaka und Takeuchi (1995a) oder Hedlund (1994) und z. T. auch Bartlett und Ghoshal (1997) in ihren Uberlegungen aufnehmen, weit hinausgeht. Was hingegen sehr wohl thematisiert werden muss ist der Zusammenhang zwischen Sozialkapital, Institutionen und Handlungsm5glichkeiten. Mit Sozialkapital wird, so die These in aller Kiirze, erst jenes "Biindel an Ressourcen" und jene „organisationalen Fdhigkeiten'' (Penrose, 1959) aktiviert, wir konnen hier auf von institutionellen Rahmenbedingungen sprechen, die in der ressourcenorientierten Theorie der Firma als unverwechselbare Quelle von Wettbewerbsvorteilen gelten. Die Uberlegung dabei ist, dass dieses BUndel an Ressourcen eines Untemehmens in die organisationalen FShigkeiten und in ihr institutionelles Regelwerk eingebettet ist. Konkrete Ressourcen und FShigkeiten sind aber, so die Argumentation hier, in weitgehend habitualisierten Kontext die Praxis von sozialen Beziehungen. Sozialkapital ist deshalb ein intangibler Vermogenswert, der nicht ohne die Pflege der dazugehorigen sozialen Normen und koUektiven Werte und nicht ohne die sozialen Verpflichtungen und Bindungen verwertet werden kann. Vertrauen ist
1993). Die FShigkeit von Untemehmen, Netzwerke mit anderen Untemehmen, Zulieferem oder Abnehmem zu bilden, wird dabei als wesentlicher Faktor von Untemehmenserfolg konzeptionalisiert (Nohria und Ghoshal, 1997; Gulati und Singh, 1998:781). Ganz allgemein wird in der einschiagigen Literatur und Forschung zu diesem Thema festgestellt, dass w/erorganisationale Netzwerke generell als positiver Faktor von Untemehmenserfolg interpretiert werden (Gulati und Gargiulo, 1999).
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unter anderen ein zentraler Baustein von Sozialkapital. So wie Sozialkapital ist Vertrauen in Organisationen dafiir verantwortlich Transaktionskosten im Austausch schwer greifbarer Wissensformen zu senken. Vertrauen ist nicht gleichzusetzen mit Sozialkapital. WShrend der Effekt von Vertrauen darin besteht, auf kostspielige VertrSge verzichten zu kOnnen, ist einer der Effekte von Sozialkapital, dasstiberdie existierenden Bindungen in einem Netzwerk zusStzlich zu den vorhandenen Ressourcen neue Ressourcen und Handlungsm6glichkeiten sich erst ergeben (Coleman, 1990). Der existierende Vorrat an sozialem Kapital in Organisationen steht damit in einem kausalen Zusammenhang mit der FShigkeit der Organisationen firmenspezifisches und schwer greifbares Wissen zu verarbeiten und weiterzugeben (Leana und van Buren, 1999). Die Weitergabe von Wissen ist nicht als einfacher Transformationsprozess von impliziten in explizite Wissensformen zu verstehen, wie ich im ersten Teil dieser Arbeit gezeigt habe, sondem als untrennbares Zusammenspiel verschiedener Wissensarten. Wissen ist Teil einer Handlungspraxis, die im Zuge organisationaler Handlungsroutinen erworben wird und ganz im Sinne der Komplementaritat ineinander greifender Ressourcen, die, wie Milgrom und Roberts es auf den Punkt bringen, durch die Verknupfung und Kombination mehr Wert schaffen als voneinander isoliert: ''each makes the other more valueable" (Milgrom und Roberts, 1992:17).
1. Zum Begriff Sozialkapital In den Sozialwissenschaften ist der Begriff Sozialkapital seit fast zwei Jahrzehnten Thema fachspezifischer Forschungen (Lin, 2001). In den letzten Jahren erfuhr der Begriff zudem in der einschlSgigen betriebswirtschaftlichen, insbesondere in der Managementliteratur, eine regelrechte Konjunktur und ist in Mode gekommen. Die Auseinandersetzung mit dem Thema Sozialkapital ist allerdings nicht neu. Die bloBe Feststellung, dass soziales Kapital einen positiven Entwicklungseffekt auf Gesellschaften hat geht auf die Arbeiten des Politologen Hanifan (1916) zurilck. Der Begriff wird allerdings in Zusammenhang mit dem Untemehmenserfolg erst seit kurzem verwendet. Das ist mehrfach verwunderlich, well erstens sowohl in der Unternehmenstheorie als auch in der Organisationsforschung das Thema "Netzweik" umfangreich diskutiert wird. Zweitens wird ganz allgemein festgestellt, dass Netzwerke, Kooperationen und AUianzen grundsatzlich einen Wert darstellen. Das wird in der Netzwerktheorie gar nicht bestritten, aber die Frage, wie dieser Wert entsteht, bleibt oft unklar (vgl. Sydow, 1993; Gulati und Singh, 1998). Inzwischen gibt es mehrere Ansatze zu
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einer Theorie des Sozialkapitals, davon sind einige sehr umfassend (z.B. insbesondere dieArbeiten von Ron Burt, 1982 und 1992; Putnam, 2000; Lin, 2001). Bezogen auf die Produktion von Wissen in Untemehmen sind die AnsStze von Nahapiet und Ghoshal (1998) und von Cohen und Prusak (2001) bedeutend. Was ist also Sozialkapital? Sozialkapital ist ganz im Sinne des Kapitaibegriffs eine Ressource, deren Einsatz eitragreich ist. Im strikt Okonomischen Sinn sind die Kosten der Herstellung und Aufrechterhaltung sozialer Bindungen dem Ertrag bzw. der Rente der sozialen Beziehungen gegentibergestellt. Sowohl die Quelle als auch das Ergebnis von Sozialkapital lasst sich als Ressource verstehen. Nan Lin (2001), ein US-amerikanischer Soziologie, unterscheidet in diesem Zusammenhang QinQn personlichen und einen sozialen RessourcenbegrifF. Die Unterscheidung trifft er, weil der Ertrag von Sozialkapital den Charakter einer personlichen Ressource haben kann und damit in das Eigentum einer Person ubergeht und die Nutzung von Vorteilen, die sich aus sozialkapitalreichen Beziehungen ergeben, einzelnen Personen zugeschrieben bzw. von ihnen akquiriert werden konnen. Eine rivalisierende Nutzung ist hierbei ausgeschlossen, der Ertrag sozialer Ressourcen fliefit hingegen einer gesamten Gruppe zu und ist quasi innerhalb der Gruppe ein offentliches Gut, eine rivalisierende Nutzung durch einzelne Akteure ist ausgeschlossen. 1.1. Sozialkapitaldeflnitionen Sozialkapital kann als privates und 5ffentliches Gut behandelt werden. In der Theorie ist diese Trennung einfach vorzunehmen und es zeigt sich auf dieser Ebene der Betrachtung welche Vor- und Nachteile diese Unterscheidung mit sich bringt (z. B. das Freerider-Problem). In der tatsachlichen Handlungspraxis der Akteure ist diese Unterscheidung jedoch nicht exakt vorzunehmen. Cohen und Prusak defmieren Sozialkapital als "the stock of active connections among people: the trust, mutual understanding, and shared values and behaviors that bind the members of human networks and communities and make cooperative action possible" (Cohen and Prusak 2001:4). Cohen und Prusak verstehen also Sozialkapital als den Vorrat der aktiven sozialen Kontakte zwischen einzelnen Akteuren die durch Vertrauen, gemeinsames Verst^dnis und gemeinsame Werte und durch ihre Handlungen miteinander verbunden sind und dadurch in ihrer Gruppe kooperatives Handeln ermOglichen. Diese Definition ist ergSnzungsbedurflig. Tatsachlich ist der Vorrat an Sozialkapital das Ergebnis "existierender Beziehungen", also der Bestand aktiver Bindungen zwischen einzelnen Personen. Vertrauen, gegenseitiges Verstandnis, gemeinsame Werte und gemeinsame Verhaltensweisen sind jedoch nicht sozi84
ales Kapital, sondem Eigenschaften, die die Qualitat und Stabilitat dieser "aktiven Bindungen" bestimmen und sie sind zum institutionellen Bestand von Organisationen zu zShlen, die in ihrem Zusammenwirken soziales Kapital bilden. Wiederum von den Lebensumstanden und den Handlungen der Akteure in dieser sozialen Gruppe hangt es ab, in welchem AusmaB der Bestand an sozialem Kapital fur einzelne Mitglieder oder fUr die Gruppe als gesamtes einen Ertrag abwirft. Beispielsweise ist eine „aktive Bindung" nur dann im engeren Sinn ertragreich, wenn ein Akteur mit einem gegebenen Ressourcenbestand seine Handlungsmoglichkeiten dadurch erweitert oder anderen Akteuren deren Handlungsmoglichkeiten vergroBert. StoUe und Lewis hingegen erweitem diese ressourcenzentrierte Definition um den Begriff Reziprozitat. Sie charakterisieren Sozialkapital folgendermaBen: "social capital characterizes a set of widely held expectations that other citizens will reciprocate. In other words, when social capital exists in a group, village, region, or nation, selfinterested participants will want to cooperate because the institutionalized expectations point to the fact that this is the most beneficial thing to do. The reason being that cooperation, trust, and reciprocity become generalized and widely held norms guiding decisions connected to everyday life" (Stolle und Lewis, forthcoming:3). Grootaert und van Bastelaer definieren soziales Kapital wie folgt: "The social capital of a society includes the institutions, the relationships, the attitudes and values that govern interactions among people and contribute to economic and social development (Grootaert und van Bastelaer, 2002:4). Beide Definitionen unterstreichen den positiven Effekt sozialen Kapitals auf die wirtschaftliche und soziale Entwicklung. Beide Zugange zum Thema unterscheiden sich nicht unwesentlich: Stolle und Lewis verstehen soziales Kapital als ein Resultat reziproker Verpflichtungen, die im AUgemeinen rationale Akteure einhalten, well sie ihnen vorteilhaft erscheinen. Grootaert und van Bastelaer sehen Sozialkapital als Ergebnis koUektiver Normen und Werte, deren positiver wirtschaftlicher Effekt in der Abstimmung und Koordination interagierender Individuen besteht. Beide Interpretationen sind in der Sozialkapitalliteratur zu finden.^^
Es wUrde hier zu weit fiihren, eine kritische Diskussion der existierenden Sozialkapitalliteratur zu untemehmen. Einen Uberblick uber die Sozialkapitalliteratur bieten Portes (1998), Lin (2001), Adler und Kwon (1998) und Woolcock (1998).
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In den meisten Fallen korrespondiert ein hoher Vorrat an Sozialkapital in Organisationen mit einem hohen Grad an Vertrauen. Sozialkapital ist der okonomische Wert, den aufrechte Beziehungen stiflen und insofem vom Konstrukt Vertrauen zu unterscheiden. Wenngleich es in den meisten Fallen so ist, dass soziales Kapital und Vertrauen miteinander auftreten, scheint es aus konzeptionellen Griinden von Vorteil zu sein, Sozialkapital und Vertrauen jeweils als zwei PhMnomene zu betrachten. Ich mSchte im Folgenden die Theorie des kulturellen Kapitals von Bourdieu, die Theorie von Coleman und die Sozialkapitaltheorie von Putnam kurz diskutieren. Daran anschliefiend soil die Sozialkapitaltheorie von Nahapiet und Ghoshal (1998) und die Theorie von Nan Lin (2001) dargestellt werden. Im Anschluss daran sollen ausgewahlte Aspekte der zentralen Elemente von Sozialkapital erQrtert werden. 1.2. Sozialkapitaltheorien 1.2.1. Pierre Bourdieu Der franz()sische Soziologe Pierre Bourdieu hat in seinen Schriften nach und nach das Konzept Sozialkapital entwickelt. Sein Zugang zu dem Thema soziales Kapital fand er im Rahmen seiner Arbeiten uber die Entstehung von sozialen Klassen und den damit in Verbindung stehenden Formen sozialer Ungleichheit. In seinen friihen Studien uber die Entwicklung kultureller Werte und Normen verschiedener Klassen, prSgte er den Begriff „Habitus". Als Habitus bezeichnete er Werte, die jeweils eine bestimmte soziale Gruppe annimmt und sich aneignet und mit denen sie sich gegenuber anderen gesellschaftlichen Klassen abgrenzt. Ein Habitus ist das Ergebnis der Sozialisation in einem bestimmten sozialen Raum. Diesen sozialen Raum grenzt Bourdieu als soziales Feld (Milieu) ein. Habitusformen versteht er als „Systeme dauerhafter und ubertragbarer Dispositionen, als strukturierte Strukturen" die ftlr unsere Handlungen „als Erzeugungs- und Ordnungsgrundlagen fiir Praktiken und Vorstellungen" darstellen, jedoch nicht bewusst von Zwecken bestimmt sind (Bourdieu, 1997:98f). Bourdieu geht davon aus, dass unsere Handlungen „objektiv geregelt und regelm^ig sind, ohne irgendwie das Ergebnis der Einhaltung von Regeln zu sein" (Bourdieu, 1997:99). Die Praxis unseres Tuns ist im „Verhaltnis zum Habitus als System kognitiver und motivierender Strukturen" zu begreifen und die „Zwecke", „Gebrauchsanleitungen", „Wegweisungen" und „Institutionen" sind bereits angelegt, die unser Handeln strukturieren (Bourdieu, 1997:100). Innerhalb der verschiedenen Felder und sozialen Milieus existieren verschiedene Zwecke, Gebrauchsanleitung, Wegweisungen und Institutionen. Das was „objektiv" an Handlungen mSglich ist unterscheidet sich von 86
sozialem Raum zu sozialem Raum. Die Abgrenzung selbst erfolgt, so Bourdieu's Argument, uber symbolisches Kapital mit dem eine soziale Differenzierung und Zugehfirigkeit zu den verschiedenen sozialen RSumen aufrechterhalten wird. Jedes Mitglied eines sozialen Raums verfugt so Uber bestimmte kulturelle Ressourcen, die exklusiv fur die Mitglieder der eigenen Klasse reserviert sind. Der zentrale Punkt dabei ist, dass das Mitglied eines sozialen Raums deshalb Mitglied ist, well es sich dadurch von anderen Mitgliedem anderer sozialer RSume unterscheidet (Bourdieu, 1998:22). Habitus ist - wie Bourdieu herausstreicht - ein Produkt der Geschichte und die Strukturen des Habitus produzieren, begrenzen und ermCglichen die „Grundlage der Wahmehmung und Beurteilung" (Bourdieu, 1997:101). Der Habitus pragt so unsere individuellen und kollektiven Praktiken und „gewahrleistet die aktive Prasenz fruherer Erfahrungen" (Bourdieu, 1997:101). Im Habitus sind also vergangene Erfahrung, vergangenes eigenes und kollektives Wissen eingebracht und lebt weiter. Bourdieu spricht hier ahnlich wie Polanyi (1967) von einverleibten Erfahrungen (Bourdieu, 1997:135). Fur den wirtschaftlichen Effekt, der mit dieser Ausgrenzung/Abgrenzung zu anderen gesellschaftlichen Klassen verbunden war, pragte Bourdieu den Begriff „kulturelles Kapital". Er umschrieb damit jenen materiellen Wert, der auf den kulturellen Status einer sozialen Gruppe, u. a. akademische Titel, aristokratische Traditionen usw. zuruckgefuhrt wird. Der wirtschaftliche Wert von kulturellem Kapital aus einem sozialen Raum kann nicht nur zu materiellen Vorteilen in dem einen sozialen Raum fuhren in dem die kulturellen Symbole vermittelt und produziert werden, sondem kann durch den erleichterten Zutritt/oder den verweigerten Zugang materiellen Wert in anderen sozialen Raumen bringen/verlieren. Der kulturelle Wert ist nach Bourdieu also nicht nur ein sozialer Unterschied, den sich eine Klasse zuschreibt und aus dem heraus sie ihre soziale Identitat gewinnt, sondem vor allem ein Effekt der Statuszuweisung (Bourdieu, 1987:48). Den Begriff kulturelles Kapital verwendete er ursprunglich, um das unterschiedliche Bildungsniveaus der verschiedenen Statusklassen in Frankreich zu erklaren. Er argumentierte dabei, dass wohlhabende Familien in das kulturelle Kapital ihrer Kinder investieren und dadurch die Karrieren ihrer Nachkommen sichem. Er glaubte auch, dass Investitionen in kulturelles Kapital einen starken generationeniibergreifenden Effekt auf den 5konomischen Erfolg von einzelnen sozialen Gruppen bilden (Bourdieu, 1986). Den Begriff Sozialkapital verwendete Bourdieu, um auf den Effekt der Reproduktion sozialer Ungleichheit hinzuweisen. Dabei fand Bourdieu, dass die Dichte und die 87
Dauer von Beziehungen insofem ein wesentlicher Aspekt von Sozialkapital sind, da die einzelnen Kontakte (die Anzahl und die QualitSt) innerhalb eines sozialen Raums Zugang zu ganz bestimmten Ressourcen versprechen (Bourdieu, 1986:248). Er sprach auch davon, dass der Wert der Beziehungen eines Individuums, bzw. der Bestand an Sozialkapital, von der Anzahl der Kontakte abhangt, die mobilisiert werden konnen (Bourdieu, 1986:249), um bestimmte wirtschaftliche Ziele zu erreichen. Bourdieu fand, dass Okonomisches Kapital die Wurzel aller anderen Formen von Kapital sei (Bourdieu, 1986:252) und untersuchte das Zusammenspiel zwischen kulturellem, okonomischem und sozialem Kapital, indem er die Laufbahn der Mitglieder bestimmter Berufsgruppen iiber mehrere Jahre hinweg ausftihrlich dokumentierte. 1.2.2. James Samuel Coleman Der zweite Vertreter auf den sich ein groBer Teil der Sozialkapitalansatze bezieht, ist der US-amerikanische Soziologe James S. Coleman. Coleman beschaftigte sich in mehreren bildungssoziologischen Arbeiten mit der Frage, inwieweit der soziale Status bzw. die soziale Herkunft Erfolg in der Schulausbildung erklSren kann. In seinen Untersuchungen iiber die Leistung sozial schwacher Gruppen an US-amerikanischen Schulen kam er zu dem Befund, dass soziales Kapital nicht nur positive Effekte in wohlhabenden Klassen, sondem auch in sozial schwachen Klassen zeigt. Coleman defmiert Sozialkapital als den wirtschaftlichen Effekt, der durch die in sozialen Beziehungen zur Verfugung stehenden bzw. zuganglichen Ressourcen entsteht. Er geht dabei von der Uberlegung aus, dass Ressourcen urspriinglich im Besitz von Individuen stehen, uber die „sie eine Kontrolle ausuben" (Coleman, 1991:389). In Netzwerken in denen vertrauenswurdige soziale Beziehungen existieren, stehen diese Ressourcen zur Nutzung bereit. Coleman geht davon aus, dass soziale Beziehungen immer dann von rationalen Akteuren gekntipfl werden, wenn sie versuchen ihre ihnen zur Verfugung stehenden Ressourcen einzusetzen. Mit dem Begriff Sozialkapital wird so der Bestand an Ressourcen, der in Familien, Gruppen und/oder sozialen Organisationen der Gemeinschaft zur Verfugung steht, erklart. Diese Ressourcenausstattung und dieser Zugang vergroBem die Handlungsoptionen der jeweiligen Mitglieder in einem Netzwerk (Coleman, 1990:30). Coleman argumentiert ahnlich wie Bourdieu, wenngleich mit der Ausnahme, dass Coleman immer von Ressourcen spricht und Bourdieu den Begriff Ressource auch auf Symbole und kulturelle Unterschiede anwendet, well letzterer sieht, dass in verschiedenen sozialen Raumen Zugange und Ausgrenzungen zu den verschiedenen Kapitalformen iiber kulturelle Unterschiede 88
markiert und aufrechterhalten werden. Der Bestand an den in der Gemeinschaft vorhandenen Ressourcen, so Coleman, fordert wiederum die Entwicklung des Humankapitals der Mitglieder (Coleman, 1991:389). Coleman unterstreicht dabei, dass die Herrschafts- und Vertrauensbeziehungen Formen des sozialen Kapitals darstellen. Den Nutzen der Verwendung des Begriffs Sozialkapital sieht Coleman darin, dass er bestimmte „Aspekte der Sozialstruktur tiber ihre Funktion identifiziert ...". Wobei Coleman die Funktion, die der Begriff ,soziales Kapital' erfiillt, als Wert bezeichnet "den diese Aspekte der Sozialstruktur fUr Akteure haben, und zwar in Gestalt von Ressourcen, die von den handelnden Akteuren dazu benutzt werden kSnnen, ihre Interessen zu realisieren" (Coleman, 1991:395). Mit Sozialkapital selbst sind bestimmte Verpflichtungen und Erwartungen verbunden. Wenn beispielsweise eine Person A eine Leistung fiir die Person B erbringt und in B das Vertrauen setzt, dass B in Zukunft eine Gegenleistung erbringt, so wird dadurch in Person A eine Erwartung entwickelt und in B eine Verpflichtung (Coleman, 1991:396). Coleman spricht hier von einer Art „Gutschrift" die Person A besitzt. Hat Person A viele Gutschriften einer gr56eren Anzahl von Personen, dann spricht Coleman von sozialem Kapital, das zu einem spSteren Zeitpunkt zur Verfugung steht (Coleman, 1991:397). Existiert eine grofie Anzahl von Gutschriften innerhalb eines Netzwerkes sozialer Beziehungen so ist von einem grofien Vorrat an Sozialkapital zu sprechen. Coleman verweist auf zwei Bedingungen, dieftirdiesen Typus Sozialkapital von Bedeutung sind. (1) Zum einen spielt das AusmaB an Vertrauenswiirdigkeit eine Rolle und (2) zum anderen das AusmaB der tatsSchlich eingelosten Verpflichtungen (Coleman, 1991:397). Insofem sind in Fallen, wo sich Individuen auf eine groBe Anzahl von Verpflichtungen berufen konnen, ganz unabhangig, um welche Art von Verpflichtungen es sich handelt, mit einem hohen Vorrat an Sozialkapital ausgestattet (Coleman, 1991:399). Ein wesentlicher Unterschied zu anderen Sozialkapitaltheorien ist der, dass Coleman die Entstehung von Sozialkapital vor dem Hintergrund der GrundprSmissen der Rational Choice Theory erklart. Fiir Coleman (1990), der sich im Rahmen seiner Sozialtheorie auch ausftihrlich mit dem Entstehen von Vertrauen beschSftigt, ist es wichtig, dass soziales Kapital von einer Gruppe von Individuen als gemeinschaftlicher Vermogenswert geschaffen wird und dass dieser gemeinschaftliche VermQgenswert, die Lebensm5glichkeiten der Gruppenmitglieder verbessert.
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Coleman (1990) sieht darUber hinaus Sozialkapital als Teil der sozialen Struktur einer Gesellschafl, tiber die sich erst die Handlungsmoglichkeiten der Akteure konstituieren. Er versteht Sozialkapital insofem als den Bestand tatsachlicher oder potenzieller Ressourcen, die durch soziale Kontakte geschaffen werden. Sozialkapital ist demnach das tatsSchliche (oder potenzielle) Ergebnis der Nutzung und der zur Verfugung stehenden Ressourcen in einem Netzwerk von Kontakten (Coleman, 1990; hierzu auch Burt, 1992; Bourdieu, 1983). 1.2.3, Robert Putnam Die dritte zentrale Sozialkapitaltheorie auf die die Sozialkapitalliteratur zurtickgreift, sind die Arbeiten des US-amerikanischen Politologen Robert Putnam, der seit dem Erscheinen seiner umfangreichen Studie „Bowling Alone" (Putnam, 2000), als der wichtigste Vertreter der Sozialkapitaltheorie gilt. Wahrend, wie Field (2003) in einem Kommentar herausstreicht, Coleman oder Bourdieu nur sehr begrenzt aufierhalb ihrer eigenen Disziplin bekannt wurden, zeigt Putnams Arbeit weit uber den eigenen Fachbereich hinaus Wirkung. Putnam beschaftigt sich in der genannten Arbeit mit den Ursachen und Folgen der von ihm festgestellten Erosion des zivilen Engagements in den USA. Seine erste Arbeit, die sich mit diesem Thema beschaftigte, war eine Studie tiber die politische Stabilitat und den wirtschaftlichen Erfolg in Italien (Putnam, 1993). Den Begriff Sozialkapital verwendete Putnam zum ersten Mai in seiner Studie tiber Italien und erklSrte damit den wirtschaftlichen Unterschied zwischen den nSrdlichen und sudlichen Regionen Italiens. Putnam defmierte Sozialkapital in dieser Studie wie folgt: „Social capital here refers to features of social organisations, such as trust, norms and networks, that can improve the efficiency of society by facilitating coordination actions" (Putnam, 1993:167). Den positiven Effekt von Sozialkapital in sozialen Gemeinschaften erklart Putnam dadurch, dass die Kosten einer defektierenden Handlung durch wirksame Normen und reziproke Bindungen fur die einzelnen Mitglieder einer sozialen Gemeinschaft sehr hoch sind. Einen weitere positive Wirkung von Sozialkapital identifiziert Putnam durch die verbesserten Informationsfltisse in Netzwerken mit hohen SozialkapitalbestSnden, dabei schliefit er Informationen tiber die Reputation einzelner Akteure mit ein (Putnam, 1993:173). Wahrend Coleman den Wert von Sozialkapital daran festmacht, dass gegenseitige Verpflichtungen in vertrauenswurdigen Gemeinschaften zur Ansammlung von zuktinftig zu erwarteten Gegenleistungen fuhrt und durch die Einlosung von 90
sozialen Gutschriften Wert erhalten, erklart Putnam den Effekt von sozialem Kapital dadurch, dass kollektive Handlungen effizienter, d.h. mit geringeren Transaktionskosten durchgeftihrt werden konnen. Diesen Effekt fuhrt er auf die Wirkung reziproker Normen und die positive Wirkung der bereitgestellten Informationen tiber die VerlSsslichkeit und Kooperationsbereitschaft einzelner Mitglieder zuruck. In seiner umfangreichen empirischen Studie uber den Zustand des freiwilligen zivilen Engagements in den USA greift er das Bov^ling-Spiel als Metapher heraus, um zu zeigen, in v^elchem AusmaB verschiedene Formen der Solidaritat seit den 1940er Jahren zuruckgegangen sind. Damit greift er ein altes aber wichtiges Argument in der Sozialkapitaltheorie auf Bereits 1916 zeigte Hanifan an Studien kommunaler Entwicklungspolitik, auf den sich auch Putnam beruft, wie wichtig soziales Kapital fur die produktive Entwicklung von Gesellschaften sein kann (Hanifan, 1916:130ff). Hanifan streicht den privaten und effentlichen Nutzen von Sozialkapital heraus: "Die ganze Gemeinschaft wird von der Zusammenarbeit ihrer Teile profitieren, und der Einzelne wird infolge seiner Verbindungen Vorteile wie Hilfeleistungen, Mitgefuhl und den Gemeinschaftsgeist seiner Nachbam erfahren" (Hanifan, 1916:130). In weiterer Folge hat schliefilich Jacobs (1961) den Begriff soziales Kapital verwendet, um ganz allgemein den materiellen Wert nachbarschaftlicher Beziehungen zu bezeichnen. Daran anschlieBend hat Loury (1987) wie Bourdieu (Bourdieu und Steinriicke, 1992) soziales Kapital mit der Diskriminierung bzw. Beft)rderung individueller Karrieren verkniipft. Bourdieu versteht wie erwahnt - soziales Kapital einmal als symbolisches und dann wieder als kulturelles Kapital, das dazu dient, einer privilegierten Gruppe gegeniiber anderen sozialen Gruppen Ressourcen zu sichem.^^ 1.2.4. Zur gegenwdrtigen Sozialkapitaltheorie Insgesamt teilen alle drei Vertreter die jeweils fiir eine HauptstrOmung in der Sozialkapitalliteratur stehen, die Auffassung, dass soziales Kapital einen materiellen und im-
"Das ekonomische Kapital ist unmittelbar und direkt in Geld konvertierbar und eignet sich besonders zur Institutionalisierung in der Form des Eigentumsrechts; das kulturelle Kapital ist unter bestimmten Voraussetzungen in Skonomisches Kapital konvertierbar und eignet sich besonders zur Institutionalisierung in Form von schulischen Titeln; das soziale Kapital, das Kapital an sozialen Verpflichtungen oder 'Beziehungen', ist unter bestimmten Voraussetzungen ebenfalls in Skonomisches Kapital konvertierbar und eignet sich besonders zur Institutionalisierung in Form von Adelstiteln" (Bourdieu und Steinriicke, 1992:49).
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materiellen Wert darstellt, der sich in besseren Entwicklungschancen der Mitglieder einer Gemeinschaft mit sozialem Kapital niederschlagt. Dieser Aspekt wird auch von einer Reihe von anderen Vertretem der Literatur herausgestrichen. Z.B. der niederlandische Soziologe Flap (1991 und 1994) zeigt wie Coleman (1990), dass Sozialkapital Ressourcen mobilisiert. Die tatsachliche Fahigkeit Ressourcen zu mobilisieren wird von Flap mit drei elementaren Bestandteilen von Sozialkapital erklSrt. Bin Element ist die Anzahl der Personen, die miteinander in Beziehung stehen und die die Bereitschaft haben, sich gegenseitig behilflich zu sein. Ein zweites Element ist die Starke bzw. Tragfahigkeit dieser Beziehungen und Bereitschaft diese gegenseitige Hilfe dauerhaft zu gewahren. Oder anders formuliert, in welchem AusmaB die bestehende Gegenseitigkeit als verlasslich gelten kann. Und das dritte Element sind die jeweiligen Ressourcen der Personen, die in das bestehende Netzwerk von Beziehungen eingebracht werden. Auf diesen Aspekt greifen auch Adler und Kwon (1998) zuriick. Sie fmden in ihrer zusammenfassenden Darstellung verschiedener Arbeiten zum Thema Sozialkapital zu folgender Definition, die diesen Aspekt der Bereitschaft einer Gegenseitigkeit herausheben: "Social capital is the goodwill available to individuals or groups. Its source lies in the structure and content of the actor's social relations. Its effects flow from the information, influence, and solidarity it makes available to the actor" (Adler und Kwon, 1998:93). Sehr viel starker auf die strukturellen Aspekte von Sozialkapital setzt die Netzwerkanalyse, die mit einer Reihe von empirischen Arbeiten sich mit dem Thema beschaftigt. Vor allem der in Chicago lehrende Soziologe Ron Burt (1982) beschaftigt sich schon seit geraumer Zeit mit den wirtschaftlichen Effekten von Sozialkontakten. Burt (1982 und 1992) - dessen Sozialkapitaltheorie noch ausfiihrlicher erortert wird betont in seinem VerstSndnis von Sozialkapital, dass die Struktur der Beziehungen in einem Netzwerk personlicher Kontakte unterschiedliche Vorteile produziert, abhangig von der jeweiligen Position eines Akteurs. Diesen strukturellen Aspekt von Sozialkapital macht Nan Lin zum zentralen Ausgangspunkt seiner im Kontext der Netzwerktheorie stehenden Ausarbeitung einer Sozialkapitaltheorie, die weiter unten, eriSutert wird. Bei der Beschaftigung mit dem Thema Sozialkapital ist es inzwischen eher ein Problem, dass das Thema und der Begriff Sozialkapital in Mode gekommen ist. Er wird in den meisten Arbeiten sehr vage gebraucht und eine Differenzierung zwischen Quelle und Wirkung von Sozialkapital findet sich eher selten. Grundsatzlich sehe ich es positiv, dass eine FuUe von Arbeiten existiert, die sich mit dem Thema Sozialkapital aus92
einandersetzen. Aber schon alleine ein sehr knapper Uberblick tiber die zur Zeit gelaufigsten Sozialkapitaldefinitionen zeigt die zunehmende Unscharfe im Gebrauch. Offensichtlich wird der Terminus Sozialkapital nicht wie bei Bourdieu als Teil einer komplexeren Handlungs- und Gesellschaftstheorie verwendet, sondem vorwiegend um wirtschaftliche Entwicklungseffekte einzelner Gruppen oder Akteure zu erklaren. Die folgende Tabelle bietet einen Uberblick iiber die inzwischen in verschiedenen Arbeiten verwendeten Definitionen. Die Tabelle wurde von Adler und Kwon (1998) entnommen und mit zusatzlichen Definitionen aus der Literatur erganzt. In alien hier herausgegriffenen Sozialkapitaldefinitionen ist der Begriff Ressource zentral. Zusatzlich findet sich immer der Verweis auf die Bedeutung informeller Eigenschaften wie Vertrauen, Normen und Werte, um den Zugang zu den genannten Ressourcen, die uber soziales Kapital bereitgestellt werden, zu regeln. Die Regelung selbst erfolgt hierbei uber Zugang oder Ausgrenzung. Tabelle 3 Ein Ausschnitt und Uberblick Uber Sozialkapitaldefinitionen Autoren Baker
Belliveau, O'ReillyAVade Bourdieu
Boxman et al. Burt
Coleman
Portes Brehm/Rahn Fukuyama
Definition „a resource that actors derive from specific social structures and then use to pursue their interests; it is created by changes in relationships among actors" (1990:619). „an individual's personal network and elite institutions affiliations" (1996:1572) „the aggregate of the actual and the potential resources which are linked to possession of a durable network of more or less institutionalized relationship of mutual acquaintance or recognition" „made up of social obligations (connections), which is convertible, in certain conditions into economic capital and may be institutionalized in the form of a title of nobility" (1986:243). „the number of people who can be expected to provide support and the resources those people have at their disposal" (1991:119) „friends, colleagues, and more general contacts through whom you receive opportunities to use your financial and human capital" (1992:52). „the brokerage opportunities in a network" (1997:355) „Social capital is defined by its function. It is not a single entity, but a variety of different entities having two characteristics in common: They all consist of some aspect of social structure, and they facilitate certain actions of individuals who are within the structure. Like other forms of capital, social capital is productive, making possible the achievement of certain ends that would not be attainable in its absence" (1990:302) „the ability of actors to secure benefits by virtue of membership in social networks or other social structures" (1998:6) „the web of cooperative relationships between cititizens that facilitate resolution of collective action problems" (1997:999) „the ability of people to work together for common purposes in groups and organizations" (1995:10). "Social capital can be defined simply as the existence of a certain set of informal values or norms shared among members of a group that permit cooperation among them" (1997)
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Inglehart Thomas Fortes/ Sensenbrenner Putnam
Loury
Nahapiet/ Ghoshal
Schiff
Woolcock Adler/Kwon
„a culture of trust and tolerance, in which extensive networks of voluntary associations emerge" (1997:188) „those voluntary means and processes developed within civil society which promote development fort he collective whole" (1996:111) „those expectations for action within a collectivity that affect the economic goals and goal-seeking behavior of its members, even if these expectations are not oriented toward the economic sphere" (2001:1323) „features of social organizations such as networks, norms, and social trust that facilitate coordination and cooperation for mutual benefit" (1995:67). "Whereas physical capital refers to physical objects and human capital refers to the properties of individuals, social capital refers to connections among individuals - social networks and the norms of reciprocity and trustworthiness that arise from them. In that sense social capital is closely related to what some have called "civic virtue." The difference is that "social capital" calls attention to the fact that civic virtue is most powerful when embedded in a sense network of reciprocal social relations. A society of many virtuous but isolated individuals is not necessarily rich in social capital." (2000: 19) „naturally occurring social relationships among persons which promote or assist the acquisition of skills and traits valued in the marketplace ... an asset which may be as significant as financial bequests in accounting for the maintenance of inequality in our society" (1992:100) „the sum of the actual and potential resources embedded within, available through, and derived from the network of relationships possessed by an individual or social unit. Social capital thus comprises both the network and the assets that may be mobilized through that network" (1998:243) „the set of elements of the social structure that affects relations among people and are inputs or arguments of the production and/or utility function" (1992:160) „the information, trust, and norms of reciprocity inhering in one's social networks" (1998:153). "Social capital is the goodwill available to individuals or groups. Its source lies in the structure and content of the actor's social relations. Its effects flow from the information, influence, and solidarity it makes available to the actor" (1998:93).
1.2.5. Die Sozialkapitaltheorie von Nahapiet und Ghoshal In einen breiteren Zusammenhang mit der Wissensproduktion in Untemehmen stellen Nahapiet und Ghoshal ihr Verstandnis von Sozialkapital, das als Voraussetzung genommen wird, wie sie es nennen, um intellektuelles Kapital in einem Untemehmen zu nutzen und aufzubauen. Produktion und Nutzung von Wissen skizzieren sie als einen komplexen reflexiven Prozess, der von drei zentralen Dimensionen bestimmt ist. Sie unterscheiden in ihrer konzeptionellen Erklarung der Wirkung von Sozialkapital auf die Bildung von intellektuellem Kapital drei zentrale Gruppen von Einflussfaktoren. (1) Einmal differenzieren sie, ganz in der Tradition der Netzwerkanalyse stehend die eigentliche Struktur der Beziehungen. (2) Zweitens unterscheiden sie kognitive Dimensionen, vor allem eine gemeinsame Sprache (Zeichen, Symbole) damit die in diese Struktur eingebetteten Akteure sich auch tatsachlich verstandigen kOnnen. SchlieBlich kategorisieren sie (3) die Beziehungen zwischen diesen Dimensionen 94
selbst als eigenen Einflussfaktor und nennen diesen die relationalen Dimensionen von Sozialkapital. Die strukturellen Eigenschaften von Sozialkapital thematisieren sie im Riickgriff auf die besprochene Literatur als Netzwerkstmktur. Sie bestimmen die strukturellen Eigenschaften von Sozialkapital weitgehend uber die Anzahl der Bindungen, der Konfiguration des Netzwerkes, also des Strukturmusters und uber die Eigenschaften, die Zugriff und Aneignung, ebenso Diffiision und Kombination von intangiblen Ressourcen erm5glichen. Als kognitive Dimension von Sozialkapital erfassen sie die existierenden Symbole, Kodes und die gemeinsame Sprache. Kognitive Eigenschaften von Beziehungen sind fiir die beiden Autoren deshalb so wichtig, well sie sehen, dass Uber die Verwendung von Symbolen, Werten und verbalen und non-verbalen Artefakten in Organisationen Bedeutung konstituiert wird. Sie nehmen dabei jedoch keinen Bezug zu Bourdieu (1997 und 1998) der diese Aspekte im Detail als zentrale Elemente seiner Theorie des Handelns erklart und damit die Funktion und Bedeutung von Sozialkapital festmacht. Wichtig sind diese kognitiven Elemente ftir Nahapiet und Ghoshal deshalb, weil uber gemeinsame Kodes und Kodifizierungen, also durch den Gebrauch einer gemeinsamen Sprache Sinn gestiftet wird, der fur die Diffusion von Wissen unerlasslich ist. Sie verstehen deshalb Narrationen in Organisationen als ein Element, wenngleich nicht das ausschlieBliche, um Sinn in Organisationen zu stiften. Kognitive Dimensionen nehmen die Funktion der Sinnstiftung und der - wie Nahapiet und Ghoshal (1998:133) es nennen - Antizipation von gemeinsamen Werten ein. Als relationale Dimensionen von Sozialkapital verstehen Nahapiet und Ghoshal Vertrauen, Normen, Verpflichtungen und Identifikation. Alle drei Dimensionen nehmen Einfluss auf die FShigkeit einer Organisation, intellektuelles Kapital zu produzieren und auszutauschen. Intellektuelles Kapital defmieren Nahapiet und Ghoshal in diesem Zusammenhang folgendermaBen: „The term ,intellectual capital' [...] refers to the knowledge and knowing capability of a social collectivity, such as an organization, intellectual community, or professional practice. [...] Intellectual capital thus represents a valuable resource and a capability for action based in knowledge and knowing" (Nahapiet und Ghoshal, 1998:124).
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Abbildung 12: Konzept Sozialkapital (Nahapiet und Ghoshal, 1998) Sozialkapital A. Strukturelle Netzwerkbeziehungen Netzwerkkonfiguration Aneignung
I s
B. Kognitive gemeinsame Kodes gemeinsame Sprache Sinnstiftung und Identitat
C. Relationalitat Vertrauen Normen Verpflichtungen Identifikation
Austausch/Kom bination von Wissensformen
Entstehung von neuem Intellektuellen Kapital
Zugang der Akteure zu gemeinsamen Ressourcen Fahigkeit Wissen auszutauschen
Kombination und Austauscl von Wissen
Motivation Wissen auszutauschen und zu kombinieren Fahigkeit Wissen zu kombinieren
Quelle: Nahapiet/Ghoshal, 1998
Beide Autoren verweisen in ihrem Konzept auf das dialektische Zusammenspiel der drei Dimensionen. Die Pfeile zeigen hier in der Abbildung die kausale Wirkung ausgehend von den einzelnen Dimensionen auf konkrete organisational Eigenschaften. Die drei Dimensionen nehmen jeweils in einem unterschiedlichen AusmaB Einfluss auf die Prozesse/Fahigkeiten mit denen - in unserer Lesart - jene organisationalen Fahigkeiten entstehen, die zur Produktion und fiir den Austausch und die Kombination neuer Wissensformen zentrale Problemfelder darstellen. Wie in der Abbildung 12 illustriert, wirken die strukturellen Dimensionen des Sozialkapitals auf die Faktoren Zugang, Zusammenfuhrung und Austausch von Wissen. Die Struktur von Netzv^erkbeziehungen wirkt zudem auf den Faktor Antizipation von Wissenswert. Die kognitiven Dimensionen bilden die Voraussetzung um verschiedene Wissensformen zusammenzufuhren; kognitive Eigenschaften erleichtem den Zugang zu Wissensformen und die Antizipation von Wissensv^ert, wenn Akteure eine gemeinsame Sprache sprechen und sich mit der Organisation identifizieren. Die relationalen Dimensionen von Sozialkapital nehmen Einfluss auf die Eigenschaften Motivation, Antizipation und Zugang zu Ressourcen. Vertrauen verbessert den Zugang zu vor96
handenen Wissensressourcen, erleichtert den Austausch und die Kombination von Wissen, vermehrt die Motivation unter den Akteuren dieses Wissen auszutauschen und erhoht die FShigkeit der Organisation, Wissen zu kombinieren. Wie dargestellt wirken die vier Merkmale Zugang, Antizipation, Motivation und organisational Fahigkeit auf die Bildung von neuen Wissensformen positiv. Neues Wissen nimmt wiederum rekursiv Einfluss auf die Bildung der Dimensionen von Sozialkapital. Nahapiet und Ghoshal argumentieren, dass eine starke Auspragung der relationalen und kognitiven Dimensionen sich auf die Effektivitat der Netzwerkstruktur auswirkt. Die beiden Faktoren verweisen zudem auf die Bedeutung von face-to-face Kommunikation in der Ubertragung von Wissen (Nahapiet und Ghoshal, 1998:133). In der Abbildung ist Jewells die Wirkung der einzelnen Dimensionen durch die Pfeilrichtung angezeigt. Die strukturelle Dimension des Faktors Sozialkapital verweist auf eine fundamental Proposition der Netzwerktheorie, namlich dass Netzwerkbeziehungen Zugang zu Ressourcen ermoglichen. Eine Sozialkapitaltheorie, die sich speziell mit dieser Facette und mit dieser Wirkung von Sozialkapital auseinandersetzt, ist das Modell von Nan Lin (2001), das im Folgenden diskutiert werden soil. 1.2.6, Nan Lin's Sozialkapitaltheorie Neben Burt (1982, 1992) ist Lin (2001) ein Vertreter der Sozialkapitaltheorie, der den kausalen Zusammenhang zwischen der Position eines Akteurs und den daraus resultierenden Handlungsergebnissen aufgrund des Zugriffs zu Ressourcen anderer Netzwerkkontakte in sein theoretisches Modell iiber den Zugang von Sozialkapital einbringt. Dabei stellt er die Frage, welchen Einfluss die soziale Struktur auf die Verwertung der zur Verftigung stehenden Ressourcen nimmt ins Zentrum seiner Uberlegungen. Ganz im Sinne der Netzwerktheorie defmiert Lin die soziale Struktur als "set of social units (positions) that possess differential amounts of one or more types of valued resources" (Lin, 2001:33). Dieses Set - hier verstanden als Menge von Kontakten einer begrenzten sozialen Einheit besteht aus Akteuren, die in jeweils unterschiedlichen hierarchischen Positionen zueinander stehen und ihre personlichen materiellen und immateriellen Ressourcen in diese Menge von Beziehungen einbringen. Ein Ergebnis der unterschiedlichen Position der Akteure in dieser Menge von Kontakten ist, dass durch die in der Struktur der Beziehungen angelegte Hierarchic der einzelnen Kontakte es zu einem unterschiedlichen Zugang und einer unterschiedlichen Kontrolle iiber vorhandene Ressourcen bzw. zur Verftigung gestellte Ressourcen in einem so97
zialen Netzwerk kommt. Die iiber die bloBen Kontakte hinausgehenden Normen und Werte versteht Lin als Elemente, durch die gemeinsame Regeln fur die Verwendung von Ressourcen fUr die Mitglieder festgelegt werden. Lin versteht in seiner Theorie Embeddedness insofem, als auch dann, wenn die Akteure ihre Position in der Hierarchie selbst andem, die mit der Position verbundenen Ressourcen an die Position fixiert sind. Vor aliem deshalb erklSrt Lin den Bestand und Zugang zu Ressourcen mit der existierenden hierarchischen Struktur in Netzwerken. Die Hierarchic begreift er im Extremfall als eine Pyramide, in der nach oben hin die Menge der Kontakte abnimmt, aber diese kleinere Menge an Kontakten immer wertvoUere Ressourcen und/oder Positionen mit den jeweiligen Ressourcen (z. B. Macht, Wohlstand, Reputation) darstellen. Der Austausch von bzw. der Zugang zu Ressourcen erfolgt immer iiber zwei interagierende Positionen in der Hierarchic. Dabei unterscheidet Lin (2001:38) zwischen homophilen (mit gleichen Ressourcen ausgestatteten) und heterophilen (mit unterschiedlichen Ressourcen ausgestatteten) Positionen. Redundanz im Sinne von Burt ist also nur zu homophilen Mengen von Kontakten mOglich. Zwischen homophilen Positionen werden eher gleiche Ressourcen ausgetauscht bzw. wird der Zugang zu gleichen Ressourcen mOglich. In der Beziehung zwischen heterophilen Positionen werden unterschiedliche bzw. "«ewe" Ressourcen ausgetauscht. Mit diesen Uberlegungen differenziert Lin (2001:42) zwischen pers5nlichen und sozialen Ressourcen. Personliche Ressourcen sind solche die tatsSchlich zum Besitz einzelner Positionen gehoren und in das Eigentum der Personen ubergehen und unabhangig von anderen Akteuren verwendet werden kOnnen. Soziale Ressourcen sind hingegen jene, die einzelne Akteure nur gemeinsam, d.h. in AbhSngigkeit von anderen Akteuren konsumieren oder nutzen konnen. Die Nutzung und/oder Aneignung der materiellen oder immateriellen Gewinne aus den sozialen Kontakten ist nicht personenbezogen, sondem kommt der Gemeinschaft zu gute. Kurz: der Konsum des Nutzens der Menge der sozialen Kontakte in einem Netzwerk ist nicht-rivalisierend und der Charakter der Leistung ist Qffentlich. Lin leitet hiervon zwei Handlungsmotive her. Er bezeichnet das Streben (= Interesse) eines Akteurs eine bestehende Ressourcenausstattung zu erhalten und seine jeweilige Position in einer sozialen Einheit zu befestigen als ein expressives Handlungsmotiv (Lin, 2001:48). Hingegen sind Interessen als instrumentelle Handlungsmotive zu defmieren, wenn die Handlungen des Akteurs darauf ausgerichtet sind, eine bestehende Position in einer gegebenen Menge von sozialen Kontakten zu verbessem (Lin, 2001:48). Werden diese Annahmen und Uberlegungen in einer Matrix zusammengefasst, so ergeben sich die folgenden 98
Interaktionsformen zwischen Akteuren in einem Netzwerk von Beziehungen. Mit diesen Annahmen entwirft Lin (2001:56) eine Sozialkapitaltheorie, die darauf Rticksicht nimmt, dass einerseits die Handlungen der Akteure in die soziale Struktur eingebettet sind und andererseits sie uber ihre Handlungen selbst die Ressourcenausstattung der Sozialstruktur verandem. Man konnte somit davon sprechen, dass die Handlungen der Akteure die Struktur des Netzwerkes strukturieren und die Struktur des Netzwerkes die Handlungen der Akteure strukturiert. Tabelle 4 Handlungsmotive und Ressourcenausstattung Handlungmotivation
Ressourcen der interagierenden Partner Gleiche Ressourcenausstattung Homophilitat
Erhaltung der bestehenden Ressourcen (expressiv)
geringe Anstrengung/hoher Ertrag
unterschiedliche Ressourcenausstattung Heterophilitat hohe Anstrengung/geringer Ertrag
Verbesserung/Ausweitung bestehender Ressourcen (instrumentell)
geringe Anstrengung/geringer Ertrag
hohe Anstrengung/hoher Ertrag
Quelle: Lin, 2001:48
Die grundsatzliche theoretische Uberlegung von Lin ist die: Akteure greifen, damit sie ihre Ressourcenausstattung erhalten (= expressive Motivation) oder verbessem (= instrumentelle Motivation) auf intermediSre Positionen zu, d.h. sie nutzen die Kontakte zu anderen Akteuren im sozialen Netzwerk. Dabei unterstellt Lin, dass der Erfolg von Handlungen einzelner Akteure positiv mit dem Sozialkapitalstand in Zusammenhang steht (Lin, 2001:60). Die verschiedenen Wirkungen von Sozialkapital werden von Lin (2001:60) in seiner Sozialkapitaltheorie anhand von sechs Propositionen erortert, die im Folgenden dargestellt werden.
99
Abbildung 13: Der relative Effekt von Sozialkapital (Nan Lin, 2001)
hoch
el: ego 1 al: Alter 1 e2: ego 2 a2: Alter 2
o
I S
gering
Quelle: Lin, 2001:61
Die Proposition (1) erklSrt, wie sich Vorteile, aus einer konkreten strukturellen Position ftir einen Akteur in einem sozialen Netzwerk ergeben. In der Abbildung 13 ist dieser Effekt illustriert. Argumentiert wird folgendermafien: Da ai in der Hierarchie die hohere Position einnimmt und den Annahmen von Lin entsprechend eine groBere Ressourcenausstattung hat, ist der Ertrag der Beziehung fur den Akteur ei gr613er als der von Akteur e2. Die Beziehung von e2 zu a2 bietet im Vergleich zur Beziehung von ei zu ai also einen geringeren Ressourcenertrag. Lin (2001:63) argumentiert nun, dass die Hohe des Sozialkapitals von drei weiteren Eigenschaften der Positionen in einem Netzwerk bestimmt wird. Einmal geht er davon aus, dass jeweils der Rang des Kontaktes in der Hierarchie den Ertrag beeinflusst. Je hoher ein Kontakt in der Hierarchie, umso besser seine Ressourcenausstattung, so die Annahme. Der ranghochste Kontakt, der fiir einen Akteur zugSnglich ist, wird von Lin als "upper reachability" bezeichnet. Der Wert einer Beziehung wird durch die "am hochsten positionierten Kontakte", die von einem Akteur erreichbar sind, bestimmt.
100
Abbildung 14: MessgroBen von Sozialkapital (Nan Lin, 2001) hoch upper reachability
HeterogenitSt
I I
Anzahl der Positionen Extensity
s is
gerrng
Quelle: Lin, 2001:62
Waiters argumentiert Lin, dass das AusmaB an HeterogenitSt der existierenden Kontakte die Hohe des Ertrages von Beziehungen im Netzwerk beeinflusst. Angenommen wird dabei, dass das AusmaB an Heterogenitat positiv auf den Ertrag wirkt, weil in einem Netzwerk der Wert der zuganglichen Ressourcen durch die Unterschiedlichkeit der Kontakte und damit die Unterschiedlichkeit der Ressourcenausstattung, die einem Akteur zur Verfiigung steht, vergrOBert wird. Lin nennt das den Effekt von Heterogenitat. Drittens nimmt Lin an, dass die Anzahl der potenziellen Kontakte/Positionen, die einem Akteur zur Verfugung stehen, den Ertrag von Netzwerkbeziehungen beeinflussen. Lin nennt diesen Faktor auch Extensity und nimmt an, dass mit steigender Anzahl zur Verfugung stehender Kontakte in einem Netzwerk der Bestand an Sozialkapital positiv beeinflusst wird. Mit diesen Uberlegungen werden von Lin weitere Propositionen gebildet. Neben den drei genannten Faktoren nimmt nun Lin an, dass nicht nur Eigenschaften der Struktur der Beziehungen, sondem auch die Eigenschaften der Beziehungen zwischen einzelnen Akteuren auf den Ertrag der Bindungen einen wesentlichen Einfluss nehmen. Dabei sieht er ganz generell vier Faktoren als wesentlich an: Die Starke der Position, die Starke der Bindung, die Starke schwacher Bin101
dungen und die Lokalisierung der Akteure. Alle vier Faktoren beschreiben strukturelle Vorteile bezogen auf die jeweilige Position und auf die jeweilige Starke der Beziehung eines Akteurs. Abbildung 15: Relativer Vorteil der Position (Nan Lin, 2001) hoch el: ego 1 al: Alter 1 e2:ego 2 a2: Alter 2
I e
germg
Quelle: Lin, 2001:64
Die (3) Proposition in Lin's Sozialkapitaltheorie erklSrt den Einfluss der StSrke einer Position {^'strength of position''). Lin nimmt an, dass der Akteur (el), der relativ zu einem anderen Akteur (e2) eine bessere Position in der Hierarchie einnehmen, mit groBer Wahrscheinlichkeit zu wertvolleren Ressourcen Zugang haben und daher iiber mehr Sozialkapital verfugen kann. Dabei geht er von der Uberlegung aus, dass die Ndhe zu einem in der Hierarchie hShergestellten Kontakt einen positiven Einfluss ausiibt (= Lokalisierungsvorteil). Die Zusammenhange sind in Abbildung 15 illustriert. Hier ist zu sehen, dass Kontakt e2 der innerhalb der Hierarchie eine rangtiefere Position einnimmt, der Annahme von Lin entsprechend zu Kontakt a2 und nicht zu Kontakt ai eine Beziehung herstellt. Proposition (4) von Lin lautet: "The Strength-of-tie" (Lin, 2001:64). Hier nimmt Lin einen positiven Effekt der StMrke einer Bindung auf den Ertrag an. Seine These hierzu lautet: "the stronger the tie, the more likely that the social capital accessed will 102
positively affect the success of expressive action" (Lin, 2001:65). Begriindet wird die These mit der Annahme der Homophilitat. Dabei wird angenommen, dass starke Bindungen zu eher gleichen Akteuren gekntipft werden. Je starker die Bindung also, umso eher die Wahrscheinlichkeit, dass Zugang zu einer Shnlichen oder gleichen Ressourcenausstattung gewonnen wird. Daher also die Annahme von Lin, dass auch der Ressourcenbestand in Zuge solcher starken Beziehungen erhalten bleibt (expressives Handeln). Starke Bindungen sind durch eine hohe Frequenz, einen hohen Grad an Vertrauenswiirdigkeit und durch ein hohes MaB an gegenseitigen Verpflichtungen (Reziprozitat) gekennzeichnet. Lin unterstreicht in diesem Zusammenhang: "stronger ties based on sentiment, trust, and sharing resources and lifestyles support the maintanence and reinforcement of existing resources" (Lin, 2001:66). Proposition (5) in Lin's Theorie, steht in Verbindung zur Wirkung schwacher Bindungen zwischen Akteuren, die er "The Strength-of-Weak-Tie" nennt. Seine These hierzu: "The weaker the tie, the more likely ego will have access to better soical capital for instrumental action" (Lin, 2001:67); also je schwacher die Bindung, umso groBer der instrumentelle Effekt, d.h. dass durch schwache Beziehungen bestehende Ressourcenbestande erweitert werden. Schwache Bindungen werden hier als "Briicken" zwischen verschiedenen heterogenen Gruppen mit jeweils eigener Ressourcenausstattung interpretiert. Woolcock (1998) nennt diese Form des Sozialkapitals auch bridging social capital. Das Kennzeichen schwacher Bindungen ist die geringe Frequenz; Beziehungen werden nur gelegentlich geknupft. Schwache Bindungen weisen sich eher durch einen geringeren Grad an sozialen Verpflichtungen aus und einen geringeren Grad an Reziprozitat. Weil weak ties Ressourcen zu heterogenen Gruppen erschliefien, also bestehende Ausstattungen erweitem, hat Granovetter (1973) auch von der Starke schwacher Beziehungen {strength of weak ties) gesprochen. Mit Proposition (6) erklart Lin (2001:71) den positiven Effekt von Positionen einzelner Akteure, die sich in der Nahe eines intermediaren Akteurs in einem Netzwerk befmden. Diese intermediaren Knoten werden - ich komme darauf welter unten noch zu sprechen - auch Briicken genannt. Je naher ein Akteur zu einer Brucke lokalisiert ist, deshalb auch die Bezeichnung "the-strength-of-localisation" (2001:72), umso groBer der positive instrumentelle Effekt im Zugang zu und in der Verwertung von Ressourcen anderer Positionen. Befmdet sich also ein Akteur in der Nahe einer BrUcke, so ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein bestehender Ressourcenvorrat erweitert 103
wird, groBer, als in jenen Fallen, in denen sich Akteure weit (d. h. viele Kontakte von einer Brticke) entfemt befinden (dieser Effekt ist in der Abbildung 16 illustriert). Lins These in diesem Zusammenhang: "The closer individuals are to a bridge in a network, the better social capital they will access for instrumental action" (Lin, 2001:69). Lin argumentiert, dass ein Kontakt, der sich jeweils in der Nahe der intermedidren Kontakte befmdet mit grofierer Wahrscheinlichkeit als weiter entfemte Kontakte die eigene Ressourcenausstattung vergrSBem kann (In unserem Beispiel sind dies die Kontakte C und D, die sich in der NMhe des Kontaktes YOU befinden, der eine Briicke zu den heterogenen Kontakten A und B einnimmt). Abbildung 16: Vorteile der Nahe zu stmkturellen BrOcken in Netzwerken (Nan Lin, 2001)
hoch
u u
gering
Quelle: Lin, 2001:72
Lin fasst nun seine Uberlegungen in ein Modell tiber die Entstehung von Sozialkapital zusammen. Dabei nimmt er an, dass die drei Faktoren, die strukturelle Position in einem hierarchischen Netzwerk, die Lokalisation in einer Struktur und die instrumentellen oder expressiven Handlungsmotive Zusammensetzung und Hohe des Sozialkapitals bestimmen. In seinem Modell gelingt es ihm, relativ einfache und auch empirisch greifbare Zusammenhange in eine Theorie des Sozialkapitals zu integrieren. 104
Die konkreten Zusammenhange der einzelnen Faktoren sind in der folgenden Abbildung nachgezeichnet. Dabei ist zu sehen, dass die strukturelle Position sowohl einen direkten Effekt auf die Produktion von Sozialkapital ausUbt, als auch einen indirekten Effekt iiber die Lokalisierung der Akteure in einer konkreten Netzwerkstruktur. Die (instrumentellen und expressiven) Handlungsmotive zeigen in Lin's Modell ebenfails einen indirekten Effekt auf die Bildung von Sozialkapital. Uber die Faktoren strukturelle Position, Netzwerk-Lokalisierung und Handlungsabsichten, werden je nach AusprSgung der upper reachability, der Heterogenitat und der Extensitdt in einem konkreten Netzwerk der Bestand an Sozialkapital beeinflusst, der wiederum den Ertrag des Sozialkapitals (Einfluss/Macht, Reputation und Wohlstand) bestimmt. Abbildung 17: Die Sozialkapitaltheorie von Lin (Nan Lin, 2001) Structural Position hierarchy
Network Location tie strength and bridging
SOCL\L CAPITAL — upper reachability, heterogeneity, and extensity of embedded resources
Purpose of Action instrumental/expressive
-• Return Wealth, Power, Reputation
Quelle: Lin, 2001:76
1.3. Arbeitsdefinition von Sozialkapital Soziales Kapital ist eine Ressource, die in die soziale Struktur von Beziehungen eingebettet ist und Mitgliedem der begrenzten Menge von Kontakten in dem Netzwerk fUr ihre Handlungsinteressen zur Verfagung steht. Der Wert besteht darin, dass einzelne Mitglieder mit Sozialkapital Interessen realisieren k5nnen, die sie ohne Zugriff und Nutzung auf die bereitgestellten Ressourcen im Netz von sozialen Beziehungen nicht umsetzen konnten. Eine solche Sichtweise hat drei Vorteile: (1) nimmt sie Rticksicht darauf, dass Ressourcen in einem Netzwerk von Beziehungen wesentliche Bestandteile von Sozialkapital sind. (2) Wird dadurch unterstrichen, dass die jeweiligen Ressourcen 105
in die Struktur der Beziehungen eingebettet sind. (3) Wird hervorgehoben, dass die Stmktur und Position einzelner Akteure Uber den Wert von Sozialkapital entscheiden. Dieser Effekt ist umso ausgeprSgter, je hierarchischer die Struktur in einem bestehenden Netzwerk ist. UnabhSngig von der Struktur der Hierarchie in einem Netzwerk bestimmt der Grad an Heterogenitat der existierenden Menge an Kontakten den Bestand an Sozialkapital. Soziales Kapital ist zudem in den meisten Fallen ein intangibler Verm5genswert, der dadurch entsteht, dass einzelne Personen in soziale Beziehungen investieren, die sie in Netzwerken unterhalten (Burt, 1997; Coleman, 1990; Nahapiet und Ghoshal, 1998) und durch diese Beziehungen symbolisches Kapital produzieren und einsetzen k5nnen (Bourdieu, 1997). Hierbei wird angenommen, dass Akteure in soziale Beziehungen deshalb investieren, well die damit geschaffenen Bindungen und Verbindlichkeiten fUr sie in der Realisierung ihrer Handlungsinteressen einen Wert darstellen. Wenn Sozialkapital als intangibler Vermogenswert bezeichnet wird, dann deshalb, weil der matenelle und immaterielle Wert von Sozialkapital nicht so ohne weiteres greifbar ist und nicht jederzeit zur Verwendung steht. Die Realisierung eines symbolischen Wertes ist nicht jederzeit gegeben und hangt von verschiedenen Faktoren ab. Mit dieser Eingrenzung von Sozialkapital soil gezeigt werden, dass soziale Bindungen, aus denen der Wert von Sozialkapital entsteht, nicht statische Bausteine sind, sondem fragil, sich stSndig verandem und damit sie stabil und brauchbar bleiben, gepflegt werden mtissen (Bourdieu, 1997). Michael Woolcock und Deepa Narayan haben in ihren Versuch Sozialkapital vor dem Hintergrund der expandierenden Literatur in diesem Genre einzugrenzen folgende Definition vorgeschlagen: „The basic idea of social capital is that a person's family, friends, and associates constitute an important asset, one that can be called on in a crisis, enjoyed for its own sake, and leveraged for material gain. What is true for individuals, moreover, also holds for groups. Those communities endowed with a diverse stock of social networks and civic associations are in a stronger position to confront poverty and vulnerability, resolve disputes, and take advantages of new opportunities" (Woolcook and Narayan, 2000:226). Sozialkapital ist - wenn dieses Zitat genauer betrachtet wird - also iiber die Untersttitzung familiarer, freundschaftlicher und vereinsbezogener Kontakte hinausgehend, die aus diesen Kontakten erwachsende Sicherheit bei Bedarf auf die Hilfe anderer zu106
ruckgreifen zu konnen. Die Wirklichkeit und Wirksamkeit von Sozialkapital hSngt also von einem auf Dauer eingerichteten Zustand der Gegenseitigkeit ab, der nicht im Bedarfsfall beliebig verweigert werden kann. Das paradoxe am Begriff Sozialkapital scheint mitunter zu sein, dass gerade dann, wenn ganz gezielt in den Aufbau wertvoller Beziehungen investiert wird, der versprochene Ertrag dennoch nicht ohne ISngerfristige Bindung im Zuge sozialer Verpflichtungen und ReziprozitSt zu vereinnahmen ist. Auch ist die angelegte Dauer einer auf Gegenseitigkeit aufgebauten sozialen Bindung von Bedeutung, wenn versucht wird, den Wert von Sozialkapital zu bestimmen. Wenngleich der tatsSchliche Wert sehr oft kaum greifbar ist. Wie in den konzeptionellen Uberlegungen von Lin (2001) ersichtlich, hat jede Position und jede Bindung einen unterschiedlichen Wert in einem Netzwerk. Die Frage ist jedoch nicht ausschliefilich, wie hoch der Wert von konkreten Beziehungen zu bewerten ist, die geknupft werden, sondem welchen Effekt Sozialkapital fiir das gesamte Netzwerk hat und in welchem Zusammenhang dieser Effekt mit der Ubertragung und Produktion von idiosynkratischen Wissensformen steht? Coleman grenzt in seinem Verstandnis Sozialkapital von Humankapital und dem eigentlichen Kapital der Okonomie ab: "Just as physical capital and human capital facilitate productive activity, social capital does as well. For example, a group within there is extensive trustworthiness and extensive trust is able to accomplish much more than a group without that trustworthiness and trust" (Coleman, 2000:22). Er zeigt mit dieser Perspektive auf, dass nicht nur die Struktur der Beziehung von Bedeutung ist, sondem in einem ganz entscheidendem AusmaBe die normative Qualit^t der sozialen Beziehungen. Coleman mochte damit deutlich machen, dass die im Rahmen von Sozialkapital aufgebauten Beziehungen deshalb wertvoll sind, well wie Hirschman (1987) es ausdruckte, soziale Beziehungen eine "moralische Ressource" darstellen. Das heifit, bestehenden Verpflichtungen gegeniiber Mitgliedem in intakten sozialen Beziehungen wird Folge geleistet, well sie einen koUektiven Wert darstellen. Der Grad an Vertrauenswurdigkeit gewinnt hier deshalb als Teil von Sozialkapital einen spezifischen Wert, well angenommen wird, dass in extrem unsicheren Umwelten, dieselben Austauschbeziehungen mit sehr hohen Transaktionskosten verbunden waren. Dieser Aspekt verschwindet jedoch hinter der Argumentation von Reziprozitat in den sozialen Bindungen der Akteure, wenn argumentiert wird, dass die Verpflichtung eine einmal erhaltene Leistung im Zuge der Sozialisationsprozesse intemalisiert wird und in kulturelle Normen und in gesellschaftliche Werte einer Gemeinschaft eingebettet ist. Es handelt sich also hier um jenen zweckmSBigen Effekt, der den Aufbau von Sozial-
107
kapital beeinflusst und als Vertrauen charakterisiert wird, aber diese Zweckmafiigkeit lasst sich nicht auf die Handlung einzelner Akteure zuriickflihren. Nahapiet und Ghoshal (1998) umschreiben diesen Effekt uber ihre relationalen Dimensionen von Sozialkapital. Die Starke der Verpflichtung in sozialen Beziehungen ist ein konstitutives Merkmal und eine zentrale Eigenschafl von sozialem Kapital. In archaischen Gesellschaften ist Reziprozitat als normativer Wert in verschiedenen wirtschaftlichen Beziehungen stark ausgepragt (vgl. Maus, 1954; Henrich et al, 2001). Putnam identifiziert ganz allgemein soziales Kapital als Wert in Gemeinschaften und betont: "Im Mittelpunkt des Sozialkapitals steht ein auBerordentlich schlichter Gedanke: Soziale Netzwerke rufen Wirkungen hervor. Vor allem weisen Netzwerke ftir die ihnen angeh5rigen Menschen einen Wert auf und im weiteren defmiert er soziales Kapital als "connections among individuals - social networks and the norms of reciprocity and trustworthiness that arise from them'' (Putnam, 2000:19f). In der Soziologie wird Wert unterhalb der Norm positioniert. Werte stellen etwas „wilnschbares" dar „ohne dass dahinter ein Imperativ" stunde, der diesem Wert in der Gemeinschafl mehr Bedeutung geben wiirde. Werte konkurrieren mit anderen Werten, hingegen stehen Normen fiir sich allein. Aber interessant ist, dass in den Kulturwissenschaften davon ausgegangen wird, dass Gewohnheiten (= habitualisiertes Handeln) Werte werden konnen und Werte konnen sich zu Normen entwickeln (Hansen, 2003:151). Angetrieben wird die Transformation von Gewohnheiten zu Werten und von Werten zu Normen von der Standardisierung, die wiederum auf eine VerhaltensregelmaBigkeit zurUckzuftihren ist. Die Einhaltung gegenseitiger Verpflichtungen lasst sich also als gewohnheitsmafiiges Handeln, als Handeln das Werten folgt oder als normiertes Handeln begreifen. Die Einhaltung gegenseitiger Verpflichtungen bildet also ein konstitutives Element von Sozialkapital und diese Konstituierung ist je nachdem, ob sie auf der Grundlage von Gewohnheiten, Werten oder Normen entsteht, unterschiedlich stark. In jedem sozialen Netzwerk entstehen soziale Verpflichtungen, denen sich die Mitglieder nicht so ohne weiteres entziehen, ohne den Bestand an Sozialkapital zu geMirden auf den sie zugreifen. Je starker die relationalen Dimensionen (Gewohnheiten, Werte und Normen) umso schwieriger ist es soziale Verpflichtungen zu ignorieren, ohne einen Schaden zu erleiden. Rationale Akteure, so Coleman (1990), halten Verpflichtungen deshalb ein, well sie in Zukunfl auf Ressourcen der sozialen Gemeinschafl zugreifen wollen und auf deren Kooperation weiterhin zahlen mochten. 108
Dennoch gibt es in Netzwerken, insbesondere in sehr groBen, immer Falle, in denen einzelne Mitglieder reziproke Verpflichtungen nicht einhalten. Auf Dauer scMdigt dies den Vorrat an Sozialkapital, unabhangig von den zu erwartenden Sanktionen, weil durch die Zunahme einer immer grofier werdenden Zahl an Akteuren, die ihren sozialen Verpflichtungen nicht nachkommen, insgesamt die Bereitschaft in einem sozialen Netzwerk abnimmt, freiwillig und in Voraussicht auf zuktinftig garantierte Gegenleistungen, zu kooperieren. Banfield (1958) hat die Strukturen der sozialen Verpflichtung in suditalienischen GroBfamilien untersucht, die diesen Punkt deutlich machen. Er hat festgestellt, dass "ftir die Mitglieder einer Gruppe" eine bedingungslose gegenseitige Verpflichtung einen hohen Stellenwert einnimmt. In den von Banfield untersuchten Fallen war es so, dass dann, wenn Verpflichtungen nicht eingehalten wurden, dem Mitglied drastische Konsequenzen drohten und seine Reputation auf Dauer litt. Dieses Merkmal einer verbindlichen Verpflichtung ist insofem als eine zentrale und konstitutive Eigenschafl zu interpretieren, weil die Qualitdt des Sozialkapitals dadurch bestimmt wird (Lin, 2001:7; Coleman, 1990; Binmore, 1994). Reziprozitat lasst sich so begriffen, als Bindemittel in Netzwerken bezeichnen. Ohne dieses Bindemittel wurden die Beziehungen in einem Netzwerk zerfallen. Insofem halt Reziprozitat die Struktur von Netzwerken intakt und vergroBert damit den Wert des sozialen Kapitals. 1.3.1. Wie entsteht der Wert von Sozialkapital? Lin hat gezeigt, unter welchen Voraussetzung sich die Hohe des Sozialkapitals in einem Netzwerk bestimmen ISsst. Ein Teil der Sozialkapitaltheorie, der tiber das Blickfeld des rationalen Akteurs hinausgeht, thematisiert die moralische Verpflichtung und die dadurch entstehende Reziprozitat als zentrale Variable in der Entstehung von Sozialkapital. Beitrage von Vertretem der "Rational Choice Schule" in der Sozialkapitalliteratur (wie z. B. Coleman, 1988 und 1990; Burt, 1992 und 1997; Lin, 2001) definieren den Wert den Sozialkapital in einem Netzwerk sozialer Beziehungen stiflet, allein dadurch, dass individuelle Akteure in die Beziehungen investieren, weil sie ihren eigenen Nutzen dadurch maximieren. Dabei geht es nutzenmaximierenden Akteuren darum, die Struktur der Beziehungen in bestehenden Netzwerken so zu gestalten, dass sie jeweils eine Position einnehmen, die ihnen - abhangig von alien anderen Kontakten - einen optimierten Zugang zu den im Netzwerk bereitgestellten Ressourcen gewShrt (vgl. Lin, 2001). Burt (1982, 1992) argumentiert in diesem Zusammenhang, dass rationale Akteure in die Beziehungen zu jenen Kontakten investieren, die ihnen „neue" Ressourcen und/oder Informationen erschlieBen.
109
Abbildung 18: Sozialkapital und Structural Holes (Burt, 1992)
YOU.
B
Structural holes und schwache Bindungen (weak ties) Vertreter der Rational Choice Richtung in der Sozialkapitalliteratur wie Burt und Lin nehmen an, dass jeweils einzelne Positionen in einem sozialen Netzwerk sehr viel ertragreicher sind als andere Positionen (in der gezeigten Abbildung sind dies die Kontakte You, A und B). Bin rationaler Akteur You investiert also in die Kontakte A und B und reduziert seine Investitionen entweder zu Kontakt C oder D, Vor diesem Hintergrund hat Burt (1992) seine Theorie der strukturellen BrUcken (struktural holes) formuliert, auf die spater in der Diskussion der sozialen Netzwerkanalyse noch zuruckgekommen wird. In dem hier angeftihrten Beispiel ist zu sehen, dass die Kontakte You, A und 5, die uber so genannte schwache Bindungen (punktierte Linien) Zugang zu einer Menge anderer Kontakte in dem Netzwerk mit starken Bindungen (feste Linien) haben, jeweils unterstellte ertragreichere Positionen einnehmen als die anderen Kontakte. In der skizzierten Menge von Netzwerkkontakten sind drei Gruppen zu erkennen, die jeweils untereinander intensive (d.h. dichte) Netzwerkstrukturen bilden und von denen angenommen wird, dass sie untereinander deshalb weniger ertragreiche Kontakte unterhalten, weil sie redundant sind und daher die gleichen Ressourcen austauschen.
110
1.3.2. Der Wert der Ressourcen unddie Verjugbarkeit bzw. Kontrolle von Ressourcen Esser (1999:140) definiert vertrauenswiirdige Beziehungen in Netzwerken als Ressource: "Die Kontrolle uber eine Ressource ist der Grad der Verfugbarkeit daruber im Moment des Handelns. Die unter Kontrolle stehenden Ressourcen sind das Budget, das Einkommen bzw. das Kapital des Akteurs, das er fiir die Nutzenproduktion einsetzen kann. Die Kontrolle uber eine Ressource ist zunachst eine Angelegenheit des Akteurs, eine Frage seiner Moglichkeiten, seiner physischen KrSfte, seiner psychosozialen Kunste und aller seiner Mittel, die ihm zur Verftigung stehen, eine schlagkraftige Faust oder sein Fachwissen zum Beispiel. Es ist aber auch eine Angelegenheit, bei der die Umgebung mitspielen muss: Ob jemand zum Beispiel ein Stiick Land als Ressource unter Kontrolle bekommen und dann nutzen kann, hangt von der Einrichtung von sog. Eigentumsrechten ab" (Esser, 1999:140). Worauf es ankommt sind also keineswegs bloB die eigenen subjektiven physischen und psychischen Ressourcen, sondem inwieweit die objektive "soziale Umgebung" es den einzelnen Akteuren ermoglicht diese Ressourcen nutzbringend einzusetzen. Wobei hier subjektiv und objektiv nicht in der Trennung und gegenseitigen Abgrenzung des traditionellen Denkens zu verstehen ist. Insofem ist ein soziales Netzwerk, das es einer konkreten Menge von einzelnen Personen ermoglicht personliche Ressourcen im Austausch mit anderen Akteuren nutzbringend einzusetzen, ein Bestandteil von sozialem Kapital. Braucht also die Person A in der Ausiibung ihrer Aufgaben bzw. in der Umsetzung ihrer Handlungsinteressen das Wissen/die Ressourcen der Person B, oder die Kooperation von Person B, dann ist anzunehmen, dass die Kooperationsbereitschaft vom Grad des existierenden Vertrauens abhSngt. Die Handlungsinteressen und der Erfolg der Handlungen von Person A ist aber in jedem Fall von der Verfugbarkeit der Ressourcen, die Person B kontrolliert abhangig. Insofem ist Vertrauen als Bestandteil von Sozialkapital anzusehen, der den Zugang zu Ressourcen erleichtert oder uberhaupt erst moglich macht. Besteht also zwischen Personen eine vertrauenswiirdige Beziehung, die es moglich macht, dass Person A auf die Unterstutzung und/oder Ressourcen von Person B zugreifen kann, dann kann diese Beziehung als Sozialkapital definiert werden. Anzumerken ist hier: Jeder Leistungsaustausch von intangiblen VermQgenswerten ist mit den typischen Problemen, die eine Informationsasymmetrie hervorruft, konfrontiert, wie von der Agency-Theorie thematisiert (vgl. Richter und Furubotn, 1996:163ff.). Fiir die Okonomen ist dies deshalb ein Problem, well keine voUstandigen Vertrage uber den Austausch dieser Leistungen geschlossen werden konnen. Sozialkapital kann diese negativen Effekte minimieren und zum Teil voU111
kommen ausschliefien (Ostrom, 1990), weil Leistungen zwischen Mitgliedem in sozialen Netzwerken ohne moralisches Risiko ausgetauscht werden, solange bestehende Werte und Normen ihre Giiltigkeit besitzen. Sieht man die unter Kontrolle stehenden Ressourcen als Kapital der aufrechten Beziehungen an, so gewinnt man ein Verstandnis von soziaiem Kapital, das dem von Bourdieu (1983) sehr ahnlich ist. Fur mich ist hier von Bedeutung, dass jedes Mitglied eines sozialen Netzwerks im Rahmen seiner Aufgaben auf die Ressourcen eines Netzwerks zugreifen kann, weil als Mitglied dieses sozialen Netzwerks im Gegenzug anderen Mitgliedem die gleichen Rechte und Ressourcen gewahrt werden. Das heiUt aber nichts anderes, als dass die QualitSt der Beziehungen in einem sozialen Netzwerk von besonderer Bedeutung ist. Die Qualitat erschSpft sich aber nicht in dem im Netzwerk existierenden Vertrauen. Durch die Nutzung und den Zugang zu Ressourcen in einem Netzwerk konnen Leistungen und Rechte erworben werden. Was ist darunter zu verstehen. "Erwerb meint, dass erst gewisse Leistungen zur Kontrolle uber die Eigenschaft fiihren: Wissen wird - beispielsweise - durch die Leistung des Lemens erworben. Der Akteur kann dabei also selbst etwas fur die Kontrolle der Eigenschaft tun. Zuschreibung heifit: Der Akteur hat es nicht selbst in der Hand, ob er die Kontrolle ubemimmt oder nicht, ob er sie abgeben kann oder nicht" (Esser, 1999:141). In Netzwerken kSnnen also Leistungen erworben Oder zugeschrieben werden. Anzunehmen ist, das Person B die Unterstiitzung der Handlungsinteressen von Person A aber nur dann auf Dauer durchflihren wird, wenn Person B in der Umsetzung eigener Handlungsinteressen auf die Unterstiitzung entweder von A oder auf andere Akteure innerhalb des existierenden sozialen Netzwerkes zahlen kann. Warum werden reziproke Beziehungen aufrechterhalten? Sozialkapital entsteht dadurch, weil sich einzelne oder eine begrenzte Menge von Akteuren in der Umsetzung ihrer Handlungsinteressen gegenseitig unterstutzt. Der Bestand von Sozialkapital ist nicht nur von der spezifischen Position und von der strukturellen Eigenschaft einer Bindung abhSngig, sondem im Wesentlichen auch davon, dass innerhalb von sozialen Netzwerken kooperiert wird. Der Zugang zu Ressourcen ist fur einzelne Akteure immer nur soweit gegeben, insofem andere Akteure, die den Zugang zu bestimmten Ressourcen kontrollieren, die Nutzung notwendigen Ressourcen ermoglichen. Kontrollieren einzelne Akteure den Zugang so sprechen wir von Brokerage Positionen (Burt, 1992). Hierzu ein sehr allgemeines Beispiel: Ist ein Akteur zur Nutzung eigener Ressourcen auf Zufahrtsrechte die von anderen Akteuren kontrolliert werden angewiesen, z.B. kann durch die Gewahrung eines Zufahrtsrechts uberhaupt erst die eigene 112
Grundstucksparzelle genutzt werden, so hat die Gewahrung des Zufahrtsrechts einen konkreten wirtschaftlichen Wert. Wahrend in diesem Fall eine vertragliche Regelung iiber die vollstSndige Gewahrleistung der Nutzung in der Kegel moglich ist und kein vertragstechnisches Problem darstellt, sind jedoch viele Nutzungsrechte nicht eindeutig definierbar und der wirtschaftliche Wert der Nutzung von Ressourcen ist deshalb von, allgemein definiert, "intakten sozialen Beziehungen" abhangig. In jeder Gesellschaft existieren Eigentumsrechte, Rechtsysteme die die Nutzung von Eigentum mOglich machen. Ganz allgemein haben diese institutionellen Rahmenbedingungen, wie sie in der neuen Institutionenokonomik thematisiert werden, einen ganz konkreten okonomischen Wert. Dieser okonomische Wert wird aber in einem hohen MaB durch sozial verpflichtende Normen geschaffen. Institutionen sind aber sehr wohl auch das Ergebnis von Gewohnheiten und Werten (Gehlen, 1986). Es bildet kein Problem, die Bereitstellung materieller Leistungen iiber VertrSge vollstandig auszuverhandeln und festzuschreiben. Es existieren jedoch daruber hinaus jede Menge sozialer Bindungen, die selbst einen okonomischen Wert haben. In den meisten Vereinbarungen gibt es eine Menge von Erwartungen (Werte) von denen ganz allgemein ausgegangen wird, dass sie eingehalten werden. Daruber hinaus ist aber nicht nur der Wert der gegenseitigen Unterstutzung in der Umsetzung eigener und im Weiteren auch kollektiver Handlungsinteressen ein wichtiges Merkmal von Sozialkapital, welches die konkrete Struktur der Beziehungen einzelner Akteure in einem Netzwerk bestimmt. Aus der Sicht der Untemehmung ist die Frage interessant, warum soziale Netzwerkbeziehungen fur die Mitglieder so wertvoll sind? (vgl. Gulati und Gargiula, 1999). Die Funktionalitat der Bindung in Netzwerken steht mit der Reziprozitat in Verbindung. In den eingangs herausgegriffenen Sozialkapitaldefmitionen, ist immer wieder von sozialen Verpflichtungen und von Reziprozitat als ein Bestandteil von Sozialkapital die Rede. Gegenseitige Verpflichtungen sind Teil der Funktionalitat von Sozialkapital. Was aber unter Reziprozitat zu verstehen ist, daruber gibt es zwischen Vertretem der Rational Choice Theorie und Institutionalisten grobe Missverstandnisse. Wie Binmore herausstreicht, der als Vertreter der Rational Choice Theorie gilt, ist Reziprozitat nicht das Ergebnis einer einmalig ausgefiihrten Interaktion zwischen zwei Oder mehreren Akteuren: "It is impossible for reciprocity to emerge in a one-shot game" (Binmore, 1998:10). Binmore der darauf besteht Entscheidungen als rationale Handlungen zu untersuchen, fiihrt fiir seine These ein eindrucksvoUes Beispiel an, das auf den ersten Blick sehr uberzeugend und rational aussieht: "The gains available to Adam from betraying Eve today will then outweigh the advantages to be gained from 113
maintaining their relationships" (Binmore, 1998:110). Worum geht es in diesem Zitat? Ein Betrug Adams wtirde ihn der noch ausstSndigen Vorteile aus einer aufirechten Beziehung zu Eva berauben. Das ist offensichtlich einleuchtend. Weniger offensichtlich ist allerdings, ob Adam tatsSchlich im Fall eines Betruges alle zuktinftigen Folgen seiner Handlung einzuschatzen vermag. Es ist auch im Weiteren sehr wohl mOglich, dass Adam vor einem Betrug Evas zuruckschreckt, well es ihm institutionalisierte Werte und Normen verbieten. Das Beispiel von Binmore zeigt uns also zwar dass Reziprozitat ein auf Dauer angelegter Wert in sozialen Beziehungen ist, aber es beweist keineswegs, dass rationale Entscheidungen diesen Wert begrllnden. Ein anderes Beispiel: Putnam streicht Reziprozitat als wesentlichen Bestandteil von Sozialkapital heraus: "Social connections are also important for the rules of conduct that they sustain. Networks involve (almost by definition) mutual obligations; they are not interesting as mere 'contacts.' Networks of community engagement foster sturdy norms of reciprocity: I'll do this for you now, in the expectation that you (or perhaps someone else) will return the favor. [...]Yogi Berra who offered the most succinct definition of reciprocity: "If you don't go to somebody's funeral, they won't come to yours" [...] Even more valuable, however, is a norm of generalized reciprocity: I'll do this for you without expecting anything back from you, in the confident expectation that someone else will do something for me down the road" (Putnam, 2000:19-20). Coleman erklart die Motivation eines rationalen Akteurs in reziproke Beziehungen zu investieren, folgendermaBen: "When I do a favor for you, this ordinarily occurs at a time when you have a need and involves no great cost to me. If I am rational and purely self-interested, I see that the importance to you of this favor is merely the lending of money, since a unit of money holds about the same interest to a person over time. When the favor involves services, expenditure of time, or some other nonfungible resource, however, or when it is of intrinsically more value to the recipient than to the donor (such as help with a task that can be done by two persons but not by one), this kind of mutually profitable exchange is quite possible. The profitability for the donor depends on the recipient's not repaying the favor until the donor is in need. ...Thus creating obligations by doing favors can constitute a kind of insurance policy..." (Coleman, 1990:310). Coleman folgt hier der Argumentation von Hume. David Hume beschreibt die Griinde fur reziprokes Verhalten in einem interessanten Beispiel folgendermaBen und zeigt, wie vor dem Hintergrund rationaler Nutzenerwartungen einzelner Akteure reziproke Handlungen entstehen: "Your com is ripe today; mine will be so tomorrow. 'Tis profitable for us both, that I shou'd labour with you today, and 114
that you shou'd aid me tomorrow. I have no kindness for you, and know you have as little for me. ...Hence I learn to do a service to another, without bearing him any real kindness; because I foresee that he will return my service, in expectation of another of the same kind, and in order to maintain the same correspondence of good offices with me or with others" (Hume, 1784: 86). Unter der Annahme rationaler Nutzenerwartungen, wie sie von der Theorie des rationalen Handelns vorausgesetzt wird, entsteht Soziales Kapital, wenn in einer Gruppe von Personen gegenseitige Bindungen eingegangen werden, die Beziehungen Mitgliedem eine Leistung versprechen und von den Mitgliedem erwartet wird, dass die eingebrachten Leistungen erwidert werden. Sozialkapital baut damit auf die reziproken Bindungen in einer Gemeinschaft auf. Die positive Wirkung von Sozialkapital hinsichtlich reziproker Verpflichtungen setzt auf Dauer angelegte Beziehungen voraus. Hinzukommt, dass die positive Wirkung von Normen und Werten, die in Verbindung mit Sozialkapital stehen, nach Coleman (1988 und 1990; siehe auch Burt, 1982) ftir den Aufbau von sozialem Kapital selbst wichtig, nur dann ihre Gtiltigkeit und Wirkung entfalten, wenn Bindungen in einer Gruppe auf Dauer angelegt sind. Reziprozitat in einer Gruppe funktioniert, so gesehen nur dann, wenn gtiltige Normen existieren, die dieses Verhalten belohnen bzw. eine Verletzung des erwarteten Verhaltens bestrafen. 1.3.2.1. Stabilitdt als Voraussetzungfur den Aufbau von sozialem Kapital Der Zugang zu Ressourcen, bzw. der Gebrauch und die Nutzung und der damit begriindete Wert von Sozialkapital setzt jedoch in vielen Fallen die dauerhafte Kooperation in einem Netzwerk von Beziehungen voraus. Aus der Perspektive der Rational Choice Schule liefie sich argumentieren, dass rationale Akteure nur insofem in soziale Beziehungen und der damit verbundenen Kooperation investieren, wenn sie annehmen konnen, dass die Beziehung zumindest so lange andauert, bis der Zugang gewahrt bzw. die Nutzung der Ressource abgeschlossen ist. Insofem argumentiere ich ja auch, dass es plausibel ist anzunehmen, dass Organisationsmitglieder, die befristete bzw. auf kurze Dauer angelegte ArbeitsvertrSge haben, in einem weitaus geringeren AusmaB in soziale Beziehungen investieren als BeschSftigte mit unbefristeten bzw. auf langere Dauer ausgerichtete Arbeitsbeziehungen. Hingegen ist anzunehmen, dass Organisationsmitglieder deren Arbeitsvertrage auf Dauer angelegt sind, in soziale Beziehungen investieren, weil sie erwarten konnen, in Zukunfl den Wert dieser sozialen Beziehungen zu nutzen. 115
Den positiven Effekt stabiler Arbeitsbeziehungen hat Pfeffer (1994 und 1998) in mehreren Arbeiten untersucht. Er argumentiert, dass uber verschiedene MaBnahmen^^, die die StabilitSt der Beziehimgen der Mitarbeiter zum Untemehmen verbessem, die Leistung des Untemehmens gesteigert werden kann (Pfeffer, 1998:301). Die Ursache der positiven Wirkung vennutet Pfeffer in der hOheren Identifikation der Mitarbeiter mit dem Untemehmen. ^^ Insofem ist also die Bereitschaft einzelner Akteure in einem Netzwerk bei Bedarf UnterstUtzung zu gewahren ein wichtiger Bestandteil von sozialem Kapital. Im Gegensatz zur idealtypischen Konzeption anonymer und einmaliger Markttransaktionen, bei der weder Kaufer noch VerkSufer Uber die Transaktion hinaus eine Beziehung aufrechterhalten mussen, bieten soziale Netzwerke den Vorteil, dass Bindungen und Beziehungen nicht stSndig aufgebaut, beendet und bei Bedarf wieder hergestellt werden mtissen. 1.4. Vertrauen als Bestandteil und Voraussetzung zur Bildung von Sozialkapital Die Netzwerktheorie argumentiert, dass in sozialen Netzwerken die Kontrolle Uber existierende Ressourcen von der Struktur der Beziehungen abhangt. Fukuyama hingegen fmdet nicht nur die Struktur der Beziehungen, sondem das existierende Vertrauen ein zentrales Merkmal von Sozialkapital ist (Fukuyama, 1995). Die VertrauenswUrdigkeit der Beziehungen ist bei Fukuyama das Kapital, Uber das Akteure verfiigen und das sie zur Realisierung ihrer Interessen einsetzen. Da die jeweilige Struktur der Beziehungen in einem Netzwerk Uber die Verfiigbarkeit vorhandener Ressourcen be-
12 Pfeffer (1998) verweist in diesen Arbeiten nicht auf die Bedeutung von sozialem Kapital. Likert und Hayes (1957), die sich mit Shnlichen Fragen beschaftigten, haben dies in ihren empirischen Arbeiten zu kohSsiven Arbeitsgruppen gemacht. Diese Uberlegungen greifen einschlagige Humanressourcenpolitiken auf. Der positive Effekt von High Performance Work Systems bzw. von High Involvement Work Systems auf den Erfolg von Untemehmen ist inzwischen in zahlreichen empirischen Studien untersucht worden. Diese Arbeiten schlieBen in ihren Intentionen an den bereits in den Hawthome-Experimenten von Mayo (siehe Roethlisberger und Dickson, 1961) festgestellten, positiven Effekt psychohygienischer Managementpolitik an. High Performance Work Systems bzw. High Involvement Work Systems gehen aber nur teilweise Ober die Konzepte von Hackman und Oldham (1980) in der Neugestaltung hinaus. (Beispiele dafUr sind Arthur (1994) und Seiling (1997), die jeweils in ausftihrlichen Feldstudien den Erfolg der an HPWS orientierten Beschaftigungspolitik bestatigen (vgl. dazu Cappelli und Singh, 1992). In diesen Studien ist jedoch der Zusammenhang, warum BeschSftigungsformen die Stabilitat der Bindung zwischen Mitarbeiter und Untemehmen verbessem, nicht erklSrt.
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stimmt und der Wert einer Ressource dadurch zustandekommt, wenn bei Bedarf der Zugriff gewahrt wird, kann zwar die Struktur eines Netzwerkes selbst als eine Ressource begriffen werden (Esser, 1999:140; Burt, 1992:30) aber die Handlungsfahigkeiten und Handlungsmoglichkeiten hangen nicht nur vom Zwgr/^selbst, sondem vom in der Gemeinschaft existierenden Vertrauen ab (Putnam, 2000; Fukuyama, 2000). Vertrauen verbessert bzw. ermoglicht soziale Interaktion unter der Bedingung von Unsicherheit. Die Verwendung und der Zugriff auf immaterielle Ressourcen - wie zum Beispiel nicht-artikulierbares Wissen - ist in einem erheblichen Grad von der freiwilligen Kooperation anderer bestimmt. Beispielsweise wird implizites Wissen im Zuge von Arbeitsroutinen erworben, dabei kann man als einzelne Person lemen, oder man lemt mit der Unterstutzung einer Gruppe. Likert hat gezeigt, dass in Arbeitsgruppen mit einem hohen Grad an Vertrauen produktiver gearbeitet wird als in Arbeitsgruppen mit einem geringen Grad an Vertrauen (Likert, 1961). Durch diese Unterstutzung kann sich alleine die Leistung des Lemens erheblich verbessem. Insofem sind die Beziehungen in einem Netzwerk okonomisches Wissenskapital (Esser, 1999:141). Das Ergebnis der Leistung des Lemens ist eine Ressource, die von der Struktur und dem Grad der Kooperation in einem sozialen Netzwerk bestimmt wird. Also nicht nur die Verbreitung und der Zugang zu konkreten Ressourcen, sondem die organisational Fahigkeit uberhaupt zu kooperieren und das damit verbundene Ergebnis des "Lemens" ist als Wert existierender sozialer Bindungen zu defmieren. Diese Uberlegungen sind eigentlich nichts Neues. In Organisationen mit einem hohen Vorrat an Sozialkapital ist diese Leistung des Lemens, die hier mit Edith T. Penrose (1959) als organisational Fahigkeit interpretiert wird, effektiver und effizienter zu erbringen, als in Organisationen mit einem geringen Vorrat an Sozialkapital. Die Leistung des Lemens einzelner Akteure, bzw. die Leistung eines Kollektivs sich Wissen anzueignen, ist also von der Stmktur der Bindungen der einzelnen Akteure und dem in Netzwerken vorhandenen Grad an Vertrauen bestimmt. ^"^
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Die zentralen Bausteine des individualisierten Untemehmens, die Bartlett und Ghoshal (1997) allgemein als "stretch", "support" und im Kompetenzansatz von Prahalad und Hamel (1990) als "leverage" bezeichnet werden, sind als soziale Beziehungsfaktoren zu interpretieren, die einen ganz konkreten Qkonomischen Wert haben, der iiber die Struktur der vertrauenswiirdigen Bindungen in einem sozialen Netzwerk als Sozialkapital zu verstehen ist.
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Damit ist eine wesentliche Qualitat der wissensorientierten bzw. lemenden Organisation angesprochen. Bin Akteur kann zwar eine FShigkeit selbst erwerben und die Kontrolle uber diese Fahigkeit (Ressourcen) ausuben, d.h. souverSn und eigenstandig (Coleman 1990:307) uber den Gebrauch entscheiden/^ Bzw. entscheidet in vielen Fallen der Akteur selbst, in welchem AusmaB Wissen weitergegeben wird. KSser und Miles (2002) haben das AusmaB an Vertrauen - wie diskutiert - mit der Freiwilligkeit und dem Grad an Selbstbestinmitheit^^ im Zuge des Austauschs von Wissen als intrinsische Motivation bezeichnet.*^ Salam versteht Vertrauen als Grundlegung fUr den Erfolg sozialer Beziehungen, in seinen Worten: „a foundation of any beneficial and successful relationship between individuals and between organizations" (Salam, 2000:274). Coleman, der sich ausfUhrlich mit der Wirkung von Vertrauen im Rahmen seiner Sozialtheorie beschafligt, macht auf einen weiteren Aspekt von Vertrauen aufmerksam: "The first point to note is that the placement of trust allows an action on the part of the trustee that would not have been possible otherwise" (Coleman, 1990:97). Der wesentliche Punkt ist also der, dass die GewShrung von Vertrauen fur das Zustandekommen von Austauschbeziehungen unerlSsslich ist. Ganz allgemein ist es einsichtig, dass in Vertragsverhaltnissen, in denen zwei Parteien sich verpflichten eine Leistung auszutauschen, darauf zu vertrauen ist, dass die vereinbarte Leistung auch erbracht wird, gerade dann, wenn es sich um schwer eingrenzbare, also intangible Leistungen handelt. Bin Aspekt von Vertrauen, besteht in der Wirkung Kosten unter unsicheren Transaktionsbedingungen
Ganz im Sinne der Definition elementarer Handlungssysteme von Coleman (1990:28f) besteht eine Handlungssituation aus einem Akteur, aus einer Ressource und der iiber diese Ressource auszuiibenden oder vorhandenen Kontrolle (siehe dazu Esser, 1999:37). In der traditionellen Organisationsform wird diese Frage Uber die Zuweisung und Ubertragung von Kompetenz, Recht und AutoritSt iiber das Design der Struktur gelOst. Das zentrale Instrument dieser Zuweisung ist dabei die Hierarchie. TatsSchlich ist dies jedoch kein effizientes Instrument zur Steuerung der Verbreitung von impliziten Wissensformen (Drucker, 1999:80) Zudem ist es innerhalb von Organisationen wichtig, inwieweit erworbene Ressourcen reproduzierbar sind und innerhalb der Organisation weitergegeben werden kOnnen. Das ist problematisch im Fall von Wissen bzw. intangiblen VermOgenswerten. In diesen Fallen ist auch die Obertragung und die Oberwachung bzw. die Gestaltung ein grunds^tzliches, aber lOsbares Problem. Hingegen sind intangible Ressourcen nur schwer ubertragbar, der Gebrauch und der Kreis der Nutzniefier sind nicht streng kontrollierbar. Die Ubertragung an Dritte vielfach problematisch. "Herrschaft und Rechte sind vor allem dann wichtig, [wenn] die Kontrolle Uber eine Ressource nicht vom isolierten Handeln eines Akteurs allein, sondem von den kollektiven Handlungen einer Mehrzahl von Akteuren abhSngig ist" (Esser, 1999:141).
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zu minimieren (Jost, 2000:583; Dyer, 2003; Arrow, 1974). Die Minimierung bezieht sich allerdings auf die Reduzierung von Kosten bei aufwendigen Vertragserstellungsprozessen. Der Begriff Vertrauen selbst wird in der Sozialkapitalliteratur oft synonym mit dem Begriff Sozialkapital verwendet. Das mag damit zu tun haben, dass auch Vertrauen einen wirtschaftlichen Wert hat. Die synonyme Verwendung beider Begriffe ist aber unprSzise. Unstrittig ist jedoch, dass Vertrauen ein elementarer Bestandteil sozialer Beziehungen ist (Seligman, 2000) und als Ergebnis vergangener Erfahrungen angesehen wird. "The existence of trust is an essential component of all enduring social relationships. ...You can do anything with bayonets except sit on them' ....Power, dominance, and coercion can ...be a temporary solution to the problem of social order and the organization of the division of labor therein, but they will not in themselves provide the basis for the maintenance of said order over time" (Seligman, 2000:13). Die Arbeiten von Seligman (2000) und Stompka (1999) zeigen die unterschiedlichen Facetten des Begriffs Vertrauen. Stompka verweist darauf, dass es in komplexen Gesellschaften nicht mehr mSglich ist, eine voUkommene KontroUe uber Personen und Situationen auszuuben. Deshalb kann ohne Rtickgriff auf Vertrauen nicht gehandelt werden: "It is very rarely that we have fiall control over others. It is only the extremes of physical coercion that fall under this rubric. In such cases there is no place for trust" (Stompka, 1999:23). In all jenen Fallen in denen also keine direkte oder vollkommene KontroUe uber Situationen und Personen ausgeubt werden kann, mlissen wir, um handlungsMiig zu bleiben, auf Vertrauen zu bauen. Stompka defmiert mit dieser Perspektive im Hintergrund Vertrauen wie folgt: "Trust is a bet about the fiiture contingent actions of others" (Stompka, 1999:25). Vertrauen hat also im weitesten Sinn immer etwas mit Erwartungen zu tun, die wir hinsichtlich zukiinftiger Handlungen oder Ergebnisse vornehmen, aber nicht mit Sicherheit einschatzen konnen (vgl. Luhmann, 1968). Luhmann argumentiert, dass nur wenn eine vollkommene Beherrschung uber die Handlungen von Personen und uber zukiinftige Ereignisse sichergestellt werden kann, kein Vertrauen notwendig sei (Luhmann, 1968:19). Insofem reduziert Vertrauen unuberschaubare Komplexitat. Vertrauen dient so der Uberbrtickung von Unsicherheit. "In dem MaBe, als der Bedarf fUr Komplexitat wachst und der andere Mensch als alter ego, als Mitverursacher dieser Komplexitat und ihrer Reduktion, in den Blick kommt. 119
muss das Vertrauen erweitert werden ..." (Luhmann, 1968:27). Je umfangreicher die Komplexitat in Austauschbeziehungen, umso wichtiger wird Vertrauen, um uberhaupt handlungsf^ig zu bleiben. Fehlendes Vertrauen fiihrt in wechselseitigen Beziehungen zu erheblichen Problemen. In unserem Zusammenhang von Interesse ist jedoch, dass fehlendes Vertrauen es vielfach unmoglich macht, Austauschbeziehungen zu etablieren und in weiterer Folge auch aufrechtzuerhalten. Dennoch zeigt sich die Organisationsokonomik in Bezug auf die positive Wirkung von Vertrauen skeptisch. Williamson (1999) und Levi (2000) vertreten neuerdings den Standpunkt, dass nicht Vertrauen, sondem Misstrauen fiir eine efFiziente Gestaltung von Transaktionen notwendig ist. Levi stellt sich hierzu die Frage: "Do we really need trust and social capital to improve exchange relationships" (Levi, 2000:137)? Ihre Antwort ist Nein. Fur Levi ist es nachrangig zu fragen, welchen Vorteil Vertrauen in wechselseitigen Austauschbeziehungen stiftet. Sie interessiert sich allein dafiir, welche Kosten bzw. welche Schaden durch vorzeitiges Misstrauen zu vermeiden sind. Levi (2000:138) begriindet ihre Position damit, dass sie zuerst einmal annimmt, dass Menschen faul oder fleiBig sind und dass in all jenen Fallen, in denen die Handlungen der Akteure nicht beobachtbar sind, sich Akteure dafiir entscheiden, faul zu sein bzw. sich wenig anstrengen. Um dies zu vermeiden, miisse man in organisationalen Beziehungen entsprechende Vorsichtsmafinahmen und eine entsprechende Vorsorge treffen. Vor dem Hintergrund dieses Menschenbildes argumentiert nun Levi (2000), aufbauend auf Williamson (1985), dass rationale Akteure, wenn ihnen die Gelegenheit dazu geboten wird, mit Arglist tauschen, und sich einseitig Vorteile verschaffen, wenn ihr Verhalten nicht kontrolliert wird. Organisationen, die sich auf Vertrauen stutzen, sind nicht iiberlebensfdhig, so Williamson (1985), weil sie sich nicht effektiv gegen opportunistisches Verhalten schutzen: "One of the implication of opportunism is that 'ideal' cooperative modes of economic organization, by which I mean those where trust and good intentions are generously imputed to the membership, are very fragile. Such organisations are easily invaded and exploited by agents who do not possess those qualities" (Williamson, 1985:65). Diesen Effekt stelle ich nicht voUkommen in Abrede. Ich bezweifle allerdings, ob dies eine Beschreibung des zentralen Problems in Organisationen ist, die ihre Beziehungen zu ihren Organisationsmitgliedem auf Dauer auszurichten (Coleman, 1990:96ff.). Das Problem an dieser Argumentation ist nicht, dass opportunes Verhalten und die schadigende Absicht individueller Akteure ins Zentrum der Aufgaben der Organisationsgestaltung gestellt wird, sondem dass dadurch Handlungen die auf Vertrauen aufbauen, ausgeschlossen bleiben 120
bzw. gar nicht zustande kommen. Die damit verbundenen Residualverluste nicht zustande gekommener Austauschbeziehungen mussten dann eigentlich als Kosten des fehlenden Vertrauens in Betracht gezogen werden. Arrow beispielsweise hat Vertrauen als uneriassliches ''Schmiermitter wirtschaftlicher Transaktionen klassifiziert (Arrow, 1974). Und selbst Williamson bestreitet den Effekt von Vertrauen auf die H(3he der Transaktionskosten nicht, storend findet er alleine den Umstand, dass Vertrauen schwierig zu operationalisieren ist (Williamson, 1985:405). Umgekehrt lasst sich jedoch auch argumentieren, dass Misstrauen in wechselseitigen Austauschbeziehungen hohe Kosten verursacht. Und es aus derselben Uberlegung heraus vemunflig ist, in vertrauenswurdige Beziehungen zu investieren. Investitionen in Vertrauen machen aber nur dann einen Sinn, wenn die Beziehungen auf Dauer angelegt sind.^* Coleman hat Uberlegungen angestellt, unter welchen Voraussetzungen es fiir einen rationalen Akteur sinnvoll ist, in Vertrauen zu investieren. Eine Investition in Vertrauen ist, so Coleman, dann ertragreich, wenn die Kosten des Misstrauens grOfier sind als die Kosten des Vertrauens (1990). Seine Argumentation soil hier kurz skizziert werden. In vertrauensvollen Beziehungen interagieren zumindest zwei Parteien, eine Person, die Vertrauen schenkt und eine Person, der Vertrauen gewShrt wird. Coleman unterscheidet zwischen den Handlungsmotiven des Akteurs der Vertrauen gewShrt und den Handlungsmotiven des Akteurs dem Vertrauen gewShrt wird: "It is not only the
Nun lieBe sich aber auch argumentieren, dass durch die bloBe BeschSftigung mil alien mCglichen Auswirkungen und Folgen von Misstrauen unsere Aufmerksamkeit praktisch von dem Thema "Misstrauen" gefangen wird und wir durch unsere intensive BeschSftigung mit Misstrauen ein besonderes FingerspitzengefUhl entwickeln, in jeder wechselseitigen Austauschbeziehung potentiell schadliche Effekte zu identifizieren, die dadurch vermieden werden k5nnen, indem ausreichende Schutz- und VorsichtsmaBnahmen getroffen werden. Der optimale Schutz bei Misstrauen ist allerdings, keine Transaktionen durchzufUhren. Dann kOnnen wir sicher sein, nicht enttSuscht zu werden. Aber wie wahrscheinlich ist es, dass Vertrauen gebrochen oder eingehalten wird? Der klassische Fall in der traditionellen Organisationstheorie ist der positive und negative Zyklus von Vertrauen und Misstrauen, wie er von McGregor (1960) in seiner Theorie X und Y identifiziert wurde. Ein Vorwurf, der von der Organisationspsychologie (vgl. von Rosenstiel, 2000) und der Organisationstheorie kommen kann (SchreySgg, 1999) ist der, dass wir alleine durch unser misstrauisches Vorgehen gewissermaBen die unverrOckbaren Fundamente zum Aufbau einer auf Misstrauen basierenden Organisationskultur implizieren. SchreySgg (1999) meint, dass damit die tatsSchlichen Organisationspathologien erst produziert werden.
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potential trustor whose decision must be considered. In many cases the trustee has a choice between keeping the trust or breaking the trust. The trustee may in certain cases, find it is to his benefit to break the trust, when he stands to gain in the short run but lose in the long run by never again being trusted by that trustor (Coleman, 1990:96). Der Treuhander, dem Vertrauen gewShrt wird, kann das in ihn gesetzte Vertrauen rechtfertigen oder brechen. Wesentlich zuerst einmal ist aber, dass Handlungen dadurch erst mOglich werden, well dem TreuhSnder Vertrauen gewahrt wird. Coleman diskutiert in diesem Zusammenhang das Beispiel eines Bankdirektors der einem FrSchter einen Kredit gewShrt, ohne die entsprechende Uberprufung der Bonitat durchzuftihren, well er aus der Vergangenheit im Umgang mit dem Kreditnehmer nur gute Erfahrungen gemacht hat und darauf vertraut, dass dies auch in Zukunft so bleiben wird. Durch den gewShrten Kredit wird die Reparatur eines Transportfahrzeuges bezahlt und dadurch die Aufi-echterhaltung des Geschaftsbetriebes des FrSchters mOglich (Coleman, 1990:97). Coleman skizziert hierfiir auch ein Modell unter welchen Bedingungen Vertrauen gewahrt wird mit dem dieser Fall betrachtet werden kann (Coleman, 1990:97). Ftir das Modell gelten folgende Annahmen: Wenn p die Wahrscheinlichkeit des zu erwartenden Gewinns ist, L der potenzielle Verlust, wenn das gewShrte Vertrauen vom Treuhander gebrochen wird, und G der potenzielle Gewinn, wenn das gewahrte Vertrauen gerechtfertigt war, dann lassen sich drei Handlungssituationen differenzieren (Coleman, 1990:97). (1) Wenn - ^ > — dann gewahrt der rationale Akteur Vertrauen. \ —p G (2) Indifferent verhah sich der Akteur, wenn folgende Bedingung herrscht - ^ = —; 1-/7
G
(3) kein Vertrauen gewahrt der rationale Akteur wenn, -^— < —. 1-/7
G
Mit diesem Modell im Hintergrund definiert Coleman, in Anlehnung an Deutsch (1962), vertrauensvolles Verhalten als eine Situation "that increases one's vulnerability to another whose behavior is not under one's control in a specific type of situation in which the loss one suffers if the other (trustee) abuses that vulnerability is 122
greater than the gain one receives if the other does not abuse that vulnerability" (Coleman, 1990:100). Das Modell zeigt nicht, dass Akteure umso vorsichtiger Vertrauen gewahren, je unverbindlicher der Zusammenhalt innerhalb einer konkreten Gruppe von Akteuren tatsachlich ist. Diese Uberlegungen gelten auch fiir Organisationen. Existiert tiber eine einmalig gekniipfte wirtschaftliche Beziehung hinaus zwischen zwei Personen keine verpflichtende Bindung, so ist es wahrscheinlich, dass eine Gelegenheit, sich eigennutzig zu verhalten, wahrgenommen wird. Der Anreiz eigene Interessen, die den anderen Akteur mSglicherweise schadigen, zurtickzustellen ist bei einmaligen und kurzfristigen Beziehungen gering. Existieren jedoch uber die konkrete wirtschaftliche Beziehung hinaus verpflichtende Verbindungen, dann ist es, so die Uberlegung, sehr viel unwahrscheinlicher, dass opportunes Verhalten praktiziert wird.^^ Besteht zusStzlich ein Interesse auch in Zukunft eine wirtschaftliche Beziehung einzugehen, dann ist es wahrscheinlich, dass eigene Interessen, die den anderen Akteur benachteiligen, zuriickgestellt werden. In der von Coleman skizzierten Situation ist das Handeln der Akteure durch die Gewinnerwartung bzw. den mfiglichen Verlust abhangig. Zu bedenken ist jedoch, dass in den meisten Handlungssituationen weder der wahrscheinliche Gewinn noch der wahrscheinliche Verlust in die Kalkulation aufgenommen werden kann, sondem auf eine mehr oder weniger vage Einschatzung zuriickgegriffen wird, wenn iiberhaupt eine solche vorgenommen wird. Das von Coleman (1990) skizzierte Modell des rationalen Akteurs, der aufgrund erwarteter ErtrSge, bekannter Kosten und bekannter Wahrscheinlichkeiten Vertrauen gewahrt oder nicht gewShrt, ist zumindest am Beispiel der Vertrauensguter nicht anwendbar (vgl. Picot, Dietl und Franck, 2002:24), well hier der rationale Akteur keine Informationen hat, ob seine Erwartungen erfiillt wurden und in den meisten Fallen auch gar nicht uberpnifen kann, ob das von ihm gewahrte Vertrauen gebrochen wurde. Das von Coleman als allgemeines Paradigma formalisierte Handlungsmodell trifft jedoch nur in wenigen Fallen zu, so meine Uberlegung. Es ist auch gewissermafien erstaunlich, dass die von ihm angefiihrten Beispiele gerade mit seinem Schema nicht
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Mit Arrow ist festzuhalten, dass die Effizienz altemativer Transaktionsformen in verschieden Kulturen aufgrund der Unterschiede im Vertrauen variiert. Im Original heil3t es: "The efficacy of alternative modes of contracting will thus vary among cultures because of differences in trust" (Arrow, 1974:62).
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uberzeugend analysiert werden konnen (z.B. der Bankier, der einen kurzfristigen Kredit gewahrt, well er alle notwendigen inoffiziellen Informationen iiber die Kreditwurdigkeit und VertrauenswUrdigkeit des Kreditnehmers besitzt). Ganz im Gegenteil ist festzustellen, dass sehr oft Vertrauen dann gewahrt wird, wenn kaum oder keine verlasslichen Informationen liber potenzielle Kooperationspartner vorhanden sind (Axelrod, 1984). Unabhangig von existierenden Anreizen schenken wirtschaftliche Akteure Vertrauen in der Mehrheit der Falle ohne hinreichende Griinde dafiir nennen zu konnen. Wie ist also die Frage zu beantworten, warum in wechselseitigen Austauschbeziehungen Akteure anderen Akteuren Vertrauen schenken? Wie entsteht in wechselseitigen Austauschbeziehungen Vertrauen? Worauf grunden wir unsere Annahmen, dass in wechselseitigen Austauschbeziehungen nicht einseitig schadigendes Verhalten virulent wird. Was sind gute Griinde, eine wechselseitige Beziehung vor einseitigem Missbrauch zu schutzen. Oder was sind vemtinftige Bedingungen, wechselseitige Austauschbeziehungen auf Vertrauen zu errichten?^^ In vielen wichtigen Entscheidungssituationen handeln Individuen vertrauenswiirdig, ohne Griinde dafiir zu nennen und sie sind in vielen Fallen misstrauisch, ohne fUr ihr Misstrauen Griinde zu haben. Vertrauen dient, wie bereits erwahnt, der Reduktion von Komplexitat (Luhmann, 1968). Oder wie es Gambetta formuliert: "Trust is particularly relevant in conditions of ignorance or uncertainty with respect to unknown or unknowable actions of others" (Gambetta, 1990:218). In vielen Situationen, in denen keine sicheren Informationen zur Verfiigung stehen, greifen Akteure auf Vertrauen zuriick (March, 1999; Gambetta,
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Die NIE (Neue InstitutionenOkonomik) sieht die Organisation als soziales Interaktionssystem, als einen Nexus von Vertragen und als Ort Okonomischer Aktivitaten (Jost, 2000:17). Die an der NIE orientierte Skonomische Organisationstheorie, der sehr viel abgewonnen werden kann, nimmt die Organisation als soziales Interaktionssystem auf eine ganz spezifische Weise wahr, die sich von meinen Uberlegungen aber in wesentlichen Teilen ganz erheblich unterscheidet. Die Organisation als soziales Interaktionssystem wird in der NIE vorwiegend (wenn nicht ausschliefilich) aus der strikten Perspektive des nutzenmaximierenden Individuums heraus gesetzt. Jedes rationale Individuum, als Mitgiied einer Organisation, setzt entsprechend dieser Theorie Handlungen als einzelnes Entscheidungssubjekt (Richter und Furobotn, 1996:3). Damit ist gemeint, jede Person entscheidet aufgrund persSnlicher, eigener und eigenstSndiger Praferenzen, hat eigene Ziele, verfolgt eigene Zwecke und hat eigene Ideen und verfolgt diese unabhangig von dem sozialen Kontext, in den das Individuum eingebettet ist. Der Fokus ist damit nicht das Kollektiv der interagierenden Individuen, sondem alleine das mit anderen Individuen interagierende einzelne Entscheidungssubjekt. Mit dem Ergebnis, dass die Okonomische Entscheidungstheorie grundsatzlich noch immer davon ausgeht, handeln wir als singulare Einzelpersonen, die ausschlieBlich persQnliche und individuelle Interessen maximieren.
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1990). Dabei lassen sich verschiedene Formen des Vertrauens unterscheiden. Von dyadischem (zweiseitigem) Vertrauen wird Vertrauen abgegrenzt, das in einer grOBeren, generalisierten Gnippe existiert. Der Grad an Vertrauen steht in Zusammenhang mit der Qualitat der zur Verfugung stehenden Informationen. Aber auch Misstrauen wird von vorhandenen Informationen genahrt. In beiden Fallen ist es jedoch so, dass Vertrauen und Misstrauen in einem ganz entscheidenden AusmaC von den eigenen Erfahrungen aktueller und vergangener Beziehungen bestimmt wird.
2. Die Struktur sozialer Netzwerke als Sozialkapital Die Netzwerktheorie geht von der zentralen Annahme aus, dass Akteure nicht unabhangig, sondem interdependent handeln (Sydow, 1993:75). Individuen sind keine isolierten Einzelwesen, die auf der Grundlage ihrer genetischen Disposition deterministisch handeln, sondem ebenso von Kultur in ihrem Denken und Handeln beeinflusst werden. Die Biologie spricht deshalb von einer Ko-Evolution von Genen und Kultur (Wilson, 1998:171). Insofem sind in einem Netzwerk die existierenden Bindungen bzw. der Umfang und die Qualitat der Beziehungen zwischen Akteuren von Bedeutung, weil sie nicht nur das Handeln der Akteure beeinflussen, sondem auch die kulturellen Institutionen die ihr Handeln beeinflusst in Kraft setzen. Unsere Wahrnehmungen und unsere Erfahrungen sind von unseren sozialen Beziehungen stark beeinflusst (Kilduff und Tsai, 2003:5). Die Netzwerkstmktur sozialer Beziehungen wird als Kontext der individuellen Handlungen verstanden und als Muster der Beziehungen interdependenter Akteure untersucht (Wasserman und Faust, 1999:4). Netzwerke sind so gesehen mehr als methodische Konstmkte. Das Verhalten und die Handlungen einzelner Akteure begreift die Netzwerktheorie also nicht unabhangig voneinander, sondem eingebettet in eine Stmktur von Beziehungen. Sie lehnt hierbei die zentralen Annahmen des methodologischen Individualismus ab. Dementsprechend konzentriert sich die Netzwerktheorie und Analyse auf die formale Beschreibung bestehender Strukturen sozialer Beziehungen. Mitglieder in einem Netzwerk, so die Theorie, erhalten essentielle Informationen schneller als Nicht-Mitglieder (Burt, 1992:206). Der Charakter der Mitgliedschaft in einem bestimmten Netzwerk kann zwischen einer sehr verbindlichen bis hin zu einer eher unverbindlichen Mitgliedschaft schwanken. Netzwerke mit vielen Bindungen fur Mitglieder gelten als attraktiver als Netzwerke mit wenigen Mitgliedem. Eine rein auf Kosten/Nutzen Kalkulen basierende Mitgliedschaft musste die tatsachlichen Auszahlungen/Ergebnisse der Mitgliedschaft permanent einer Bewertung unterziehen und 125
die weitere Aufrechterhaltung der sozialen Bindungen danach ausrichten. In Netzwerken ist das nur in wenigen Fallen moglich. Soziales Kapital ist nicht nur das Ergebnis rationaler Akteure. Zum Teil ist das so, weil komplexe Informationsasymmetrien, unterschiedliche Risikoneigungen und Anreizstrukturen fur die in einem Netzwerk Beteiligten zu beobachten sind. Mitglieder in einem Netzwerk partizipieren nicht nur am sozialen Kapital des Netzwerkes, sondem vermehren durch ihre Teilnahme und Nutzung bestehendes Sozialkapital. In diesen bestehenden Vorrat an Sozialkapital investieren Mitglieder im Zuge der Aufrechterhaltung der Beziehungen auch ihre eigenen Fahigkeiten, ihre Talente und ihre materiellen und immateriellen Ressourcen, sie greifen dabei auf die Fahigkeiten, Talente und Ressourcen anderer Mitglieder zu und vermehren dadurch den vorhandenen Bestand an Sozialkapital. Diese Wirkung ist ganz besonders in der Nutzung und bei der Produktion von intangiblen Leistungen zu beobachten. Je unvoreingenommener in einem Netzwerk Fahigkeiten und Ressourcen zirkulieren, je offener existierende Arbeitsroutinen in Zweifel gezogen werden konnen, umso grOfier ist der Wert des sozialen Kapitals, der in einer Menge von Netzwerkkontakten produziert wird. Netzwerke sind so gesehen nicht nur soziale Raume in denen Reflexion von Handlungspraxen stattfmdet Bourdieu (1997) wurde hier von sozialem Feld sprechen - sondem in der hervorgebrachten sozialen Interaktion, wird permanent soziales Kapital reproduziert und neu bewertet. Gleichzeitig werden durch die Handlungen der Akteure Gewohnheiten, Werte und Normen in Kraft gesetzt und verstarkt und so die Wirkung von Institutionen selbst evoziert. Institutionen stabilisieren so ihrerseits die Handlungen und „der Stoff aus dem die Institutionen sich erheben", wie Gehlen es nennt „sind wiederum die ineinander verschrankten, regulierten, obligatorisch gewordenen wirklichen Handlungen selbst" (Gehlen, 1986:9). Vertrauen wirkt in diesen rekursiven Prozessen in der Nutzung und Produktion von sozialem Kapital als Katalysator. Je hOher das Vertrauen, umso produktiver - so die Uberlegung - ist die Nutzung bestehender VorrSte an Sozialkapital. Das zeigt sich insbesondere dann, wenn es darum geht, zwischen einer bestimmten Menge an Kontakten in einem Netzwerk intangible Leistungen (Wissen) auszutauschen. In diesen Fallen existieren zwar Informationsdefizite zwischen Spezialisten und Nicht-Spezialisten, die negativen Effekte, so meine These, sind in Netzwerken mit einem hohen Grad an Vertrauen und mit einem hohen Bestand an Sozialkapital 126
weniger ausgepr^gt als in steilen Hierarchien, well der Anreiz fehlt, exzessiv zu betrtigen oder well die existierenden Institutionen (hervorgebracht durch die geltenden uber die Handlungen ausgedriickten Gewohnheiten, Werte und Normen) es nicht zulassen, weil die Handlungen selbst durch den Akteur immer vor dem Hintergrund dessen was als angemessen gilt, gesetzt werden (Bourdieu, 1997). Diese Wirkung iSsst sich dadurch erklaren, weil der Wert sozialer Netzwerke nicht durch kurzfristige Bindungen, sondem erst durch dauerhafte Beziehungen und durch die in Kraft gesetzten Gewohnheiten, Werte und Normen entsteht. ZusStzlich hat dieses als angemessen bewertete Handeln, als habitualisiertes (auf Gewohnheiten basierendes Handeln), auf Werte sich beziehendes und den existierenden Normen entsprechendes Handeln auch einen intrinsischen Wert fur die Akteure. Ganz im Sinne von Coleman entsteht Sozialkapital, weil ganz bestimmte soziale Beziehungen einen intrinsischen Wert evozieren: "Social relations are self-sustaining in the sense that incentives to both parties to continue the relation are intrinsic to the relation. The incentives are generated by the relation itself, and continuation of the relation depends on its generating sufficient incentives for both parties" (Coleman, 1990:43). Soziale Netzwerke sind efflzient, weil sie nicht nur Normen, Werte und Gewohnheiten in Kraft setzen (Coleman, 1990; Bourdieu, 1998, 1997; Gehlen, 1986), die Opportunisten bestrafen, sondem die intakte Struktur besitzen diese Bestrafung auch umzusetzen, weil die Institutionen habitualisiertes Verhalten verstarkt, das als angemessen in dem jeweils konkreten sozialen Raum gilt.^^ Vertrauenswurdige soziale Beziehungen bieten jedoch zusatzlich einen intrinsischen Wert. Damit dieser intrinsische Wert entsteht, mtissen Netzwerke ganz bestimmte
Viele der Ressourcen in einem Netzwerk sozialer Beziehungen sind grundsatzlich nicht greifbar. Wenn allerdings ein vollstSndig rationales Verhalten neu eintretender Mitglieder unterstellt wird, dann dUrfte der Neuzutritt nur dann erfolgen, wenn die erwarteten Ertrage (die Rente des Netzwerks) h6her eingeschatzt werden, als die Kosten. Der effektive Sanktionswert von "starken Beziehungen" in sozialen Netzwerken besteht darin, dass durch die "intensiven" gegenseitigen Kontakte der Mitglieder untereinander Trittbrettfahrer identifiziert werden. Reputation ist deshalb ein essentieller Wert in Netzwerken. Die Kosten der Defektion sind dann als Verlust entgangener zukiinftiger Renten zu verstehen. In Netzwerken, in denen der Reputationseffekt wirksam ist, sinken daher auch die Beobachtungskosten, weil jedes Mitglied einen Anreiz hat, defektierendes Verhalten anderer publik zu machen. Diese Fahigkeit, in einem Netzwerk Publizitat zu erzeugen, hSngt von den strukturellen Eigenschaften des Netzwerks ab. Soziale Netzwerke reduzieren also typische Informationsasymmetrien.
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qualitative Eigenschaften haben. Ganz allgemein lassen sich diese qualitative!! Eigenschaften mit Begriffen wie Selbstbestimmtheit, Selbsteffizienz, Vertrauen, Reziprozitat und Identifikation umschreiben. Es soil hier nicht der Eindruck vermittelt werden, dass soziale Netzwerke immer und iiberall idealtypische Organisationsformen darstellen, aber in all jenen Fallen, in denen idiosynkratisches Wissen und Werte produziert und ausgetauscht werden, sind die positiven Effekte unstrittig (vgl. hierzu Gulati und Singh, 1998; Blau, 1982). Dichte und bestandige Netzwerke produzieren einen Vorrat an Sozialkapital und Vertrauen und sind effizienter und effektiver im Austausch und in der Produktion intangibler Ressourcen als MSrkte (Nahapiet und Ghoshal, 1998). Markte mit ihren zum Teil extremen Informationsasymmetrien sind ungeeignet Wissen zu verwerten, well die tatsachliche VerauBerung von einer Reihe von Wissenstypen, wie z.B. von Software, praktisch grenzkostenlos erfolgen kann (Shapiro und Varian, 1999). Deshalb investieren Untemehmen ungeheure Summen an materiellen und immateriellen Kapital um dies zu verhindem und die Ware Wissen kiinstlich knapp zu halten (Gorz, 2004). Auf dieses Problem verweist auch Gorz, wenn er insbesondere kritisiert, dass alles formalisierte Wissen, um dessen Herstellung es im Wissensmanagement primSr geht, „von seinen stofflichen und menschlichen Tragem abgetrennt" werden kann und „praktisch kostenlos vervielfaltigt werden und in Universalmaschinen unbeschrankt gentitzt werden" (Gorz, 2004:10) kann. Wie Shapiro und Varian (1999), allerdings aus einer vollkommen anderen Perspektive heraus, stellt Gorz fest, dass der „Warenwert" (also der wahre Wert) „hingegen schwindet mit seiner Verbreitung und es wird zum allgemein zuganglichem Gemeingut [...] Um hingegen als Ware verkauflich und als Kapital verwertbar zu sein, muss Wissen folglich in Privateigentum verwandelt und verknappt werden" (Gorz, 2004:11). Die Netzwerkstruktur und die Diffusion von Wissen und Information ist mit derselben Problematik konfrontiert. Soziale Netzwerke reduzieren die Koordinationskosten, die in jeder Organisation mit zunehmender Ausdifferenzierung der Arbeitsteilung entstehen und sie sichem die Appropriierbarkeit der erstellten tangiblen und intangiblen Leistungen (Gulati und Singh, 1998: 789). Das heifit hier nichts anderes, als dass das Wissen von seinen - wie Gorz es nennt „stofflichen und menschlichen Tragem" abgetrennt wird. Auf der anderen Seite ist es offensichtlich, dass die schrankenlose und damit auch unkontrollierte Verbreitung von Wissen niemand, und schon gar nicht das Management als wunschenswert erachtet. Und so werden schlieBlich durch kostspielige MaBnahmen die Verbreitung und der Zugriff auf Wissen eingegrenzt. Das 128
Problem im Wissensmanagement besteht in diesem Punkt wohl nur darin, dass diese Aneignung durch eine strenge imd vollstandige Kontrolle erfolgen soil und dadurch die Voraussetzungen der Produktion, bzw. die Bedingungen, unter denen Wissen evoziert, zerstort werden. Wie diese sozialen Netzwerke in denen Wissen zirkuliert, kontrolliert und die Verbreitung einem strengen Reglement unterworfen wird tatsachlich aussehen (kurz welche Struktur sie haben), lasst sich durch die Analyse sozialer Netzwerke untersuchen. Im Folgenden mochte ich deshalb einen Uberblick uber die hier verwendeten Grundbegriffe der Netzwerktheorie und Netzwerkanalyse darstellen und ftir die Zwecke dieser Arbeit zusammenfassen. 2.1. Netzwerkanalyse Neben den vorab diskutierten qualitativen Problemen und den erlauterten Voraussetzungen unter denen Sozialkapital entsteht, soil hier nun die Struktur von sozialen Netzwerken diskutiert werden. Einer der Griinde dafiir ist, dass sich zeigen lasst, unter welchen strukturellen Mustem jeweils unterschiedliche Bedingungen fiir die Produktion und Diffusion von Wissen ergeben. Die Netzwerkanalyse ist in den letzten Jahrzehnten nicht zuletzt deshalb ein sehr interessanter und in vielen Disziplinen verwendeter Ansatz geworden, well die Struktur von Netzwerken wissenschaftlich beschrieben werden kann, sondem well mit der Netzwerkanalyse mathematische Methoden verwendet werden, um die Struktur der Netzwerke exakt zu untersuchen. Die ganze Vielfalt und Tiefe dieses Ansatzes soil hier nicht dargestellt werden. Zu diesem Zweck stehen bereits einige sehr wertvolle Arbeiten zur Verfiigung. Zum Beispiel erlauben Wasserman und Faust (1999) einen sehr umfangreichen und genauen Uberblick uber die Methoden und Inhalte der Netzwerkanalyse. Einen sehr informativen Uberblick iiber die Entstehung der Netzwerkanalyse bietet Scott (1991). Ausgehenden von den Wurzeln der Netzwerkanalyse, die in der Gestalttheorie liegen, die eine recht eigenstandige Entwicklung innerhalb der Psychologic durchgemacht hat, setzen sich die Entwicklung und die Auslaufer uber die Organisationsforschung, insbesondere in den Arbeiten zur Gruppendynamik weiter (Lewin, 1938). Wichtige Telle dieser Verzweigungen der Ursprunge fmden sind auch in der Logistik und in der Wegeplanung, die mit der mathematischen Graphentheorie arbeiten. Elton Mayo, kein Unbekannter, hat in den 1920er und 1930er Jahren die Entwicklung der Netzwerkanalyse stark mitgepragt. Vielfach sind diese Wurzeln aus der Sicht der heutigen Netzwerkanalyse etwas aus dem Blickfeld geraten. In erster Linie ist die struktural-funktionalistische Schule um Homan (1961) zentraler Angelpunkt in 129
der sozialen Netzwerkanalyse (z. B. Burt, 1982; White, 2002; Granovetter, 1973). Wesentliche Impulse erhielt die Netzwerktheorie auch von der interpretativen Soziologie von Georg Simmel (1922). Siehe hierzu auch die Gesamtdarstellung von Kilduff und Tsai (2003). Eine der wichtigsten Vertreter, der gerade in Bezug auf Fragen des Wissensmanagements Antworten diskutiert ist Ronald Burt, der sich in mehreren Arbeiten mit methodischen Fragen beschafligt (1982 und 1992). Hier im Folgenden wird die Netzwerkanalyse in zentralen Aspekten dargestellt. Bei der Auswahl der Themen war folgende Uberlegung von Bedeutung. Der Wert von Sozialkapital hSngt nicht nur von der Qualitat der Beziehungen ab (z. B. wie hoch das Vertrauen in einer Organisation ist und wie tragMig die existierenden Beziehungen sind), sondem ebenso sehr von der konkreten Struktur der Beziehungen zwischen einer bestimmten Menge von Akteuren in einem Netzwerk. In jeder Organisation stehen einzelne Mitglieder in einem unterschiedlichen AusmaC miteinander in Verbindung. Jedoch ergibt sich durch die Arbeitsteilung in einer Gesellschaft eine Struktur von Beziehungen, die in einigen Bereichen als sehr dicht bezeichnet werden kann und in anderen Bereichen praktisch keine Beziehungen/ Bindungen existieren. tjberspitzt formuliert sind damit immer eine konkrete Menge von Akteuren, die untereinander in Kontakt stehen gleichzeitig von einer unbestimmten Menge anderer moglicher Kontakte getrennt. Die Verbreitung von Wissen stellt zwischen den Gruppen mit dichten Kontakten und anderen Gruppen mit dichten Kontakten, die aber untereinander nicht verbunden sind, ein zentrales Problem dar. Mit zunehmender Ausdifferenzierung einer Gesellschaft verstarkt sich dieses Problem als Ergebnis arbeitsteiliger Systeme. In hochgradig arbeitsteiligen Systemen ist die Struktur der Arbeitsbeziehungen reduziert auf eine anonyme funktionale Verkettung. Diese funktionale Anonymitat wird - nicht nur bei immer wiederkehrenden Dysfunktionalitaten - in Frage gestellt, und zumindest innerhalb einer Organisation auf vielfaltige Weise von informellen Kontakten und personlichen Netzwerken uberbruckt. In der Netzwerkanalyse geht es darum, die Struktur der Verbindungen einzelner Akteure zu beschreiben und zu analysieren. Dabei wird angenommen, dass das Handeln und die Rationalitat des Akteurs iiber seine Beziehungen zu anderen Akteuren erklart werden kann bzw. in einem erheblichen AusmaB beeinflusst wird. Ziel der Netzwerkanalyse ist es, die bestehenden Bindungen in einem Netzwerk und das daraus erkennbare Muster der interdependenten Vemetzung einzelner Akteure zu analysieren (Scott, 1991:8). Als Akteure werden Personen, Firmen, Abteilungen und/ oder Organisationen 130
untersucht. In der sozialen Netzwerkanalyse stehen das Verstandnis der Beziehungen sozialer Einheiten und deren Wirkungen auf die soziale Einheit im Vordergrund. Wasserman und Faust unterstreichen: „social network analysis is concerned with understanding the Unkages among social entities and the implications of these linkages" (Wasserman und Faust, 1999:17). Die Netzwerkanalyse richtet ihr Interesse auf eine jeweils begrenzte Menge von Kontakten. Den Akteuren werden haufig die Bezeichnung Knoten oder Kontakt gegeben, weil durch jede bestehende bzw. fehlende Beziehung zwischen den in einem Netzwerk existierenden Punkten jeweils ein bestimmtes Muster erkennbar ist. Die zwischen Akteuren zustande kommenden Beziehungen werden als Bindung oder ties bezeichnet. Diese Bindungen kSnnen einseitig Oder zweiseitig sein. Ziel der Netzwerkanalyse ist es die Struktur dieser Austauschbeziehungen zu untersuchen. Wasserman und Faust stellen dazu fest: „The defining feature of a tie is that it establishes a linkage between a pair of actors'' (Wasserman und Faust, 1999:18). Die Bindungen werden als ties bezeichnet und kOnnen sehr unterschiedliche Beziehungen zwischen jeweils zwei oder mehreren Akteuren kennzeichnen. Bindungen konnen verschiedene Beziehungen zwischen einzelnen Kontakten sein: z.B. kann es in einer Beziehung um die Bewertung eines Akteurs A durch einen anderen Akteur B handeln (etwa eine existierende Freundschaft, vorhandene Sympathie, das Ausmafi an Respekt); oder es wird als Beziehung der Transfer oder Austausch materieller Ressourcen zwischen einzelnen Akteuren erhoben (wie z. B. geschaftliche Transaktionen, Zulieferbeziehungen, Kredite, Zahlungen, etc.); Bindungen kSnnen ebenfalls die Vereinszugehorigkeit oder eine im Verein mit anderen Akteuren erfolgte Tdtigkeit sein, wie z.B. der gemeinsame Besuch einer Veranstaltung von einer bestimmten Menge von Akteuren, die ZugehOrigkeit zu einem Verein. Es werden ebenso verhaltensbezogene Eigenschqften einer Beziehungen zwischen einzelnen Kontakten untersucht, wie z. B. die Anzahl der Telefonate, die Anzahl der Email-Nachrichten oder die Anzahl der personlichen GesprSche pro Beobachtungseinheit. Es kQnnen aber ebenso physische Verbindungen, wie ein Verkehrsnetz, beispielsweise die Verkehrsverbindungen zwischen verschiedenen Orten (Knoten) oder die Anzahl der Brucken untersucht werden. Als Beziehung lassen sich auch hierarchische Beziehungen zwischen Vorgesetzten und Untergebenen untersuchen (z. B. die Entscheidungswege und -strukturen in einer Organisation, welcher Akteur anweisungsbefugt gegentiber anderen Akteuren ist) und es werden in der Netzwerkanalyse auch der Aufbau von Verwandtschaftssystemen untersucht (Wasserman und Faust, 1999:18).
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Durch die gesamte Anzahl der moglichen paarweisen Beziehungen ergibt sich die konkrete Stmktur in Netzwerken. Sowohl die Beziehungen als auch die Struktur (das Muster) werden in der Netzwerktheorie untersucht, weil angenommen wird, dass die Struktur der Beziehungen die Handlungen (Granovetter, 1985) bzw. die Handlungsoptionen Burt, 1992) der Akteure beeinflusst. Der Hintergrund dieser Untersuchungsmethode ist eine theoretische Position, die darauf beruht, dass jede Handlung in ein Netzwerk bestehender persSnlicher Beziehungen eingebettet ist und nicht das Ergebnis eines atomisierten Akteurs: „Economic action is embedded in ongoing networks of personal relationships rather than being carried out by atomized actors" (Granovetter und Swedberg, 2001:11). Als eine bemerkenswerte Pramisse der sozialen Netzwerktheorie ist zu nennen, das sie die Handlung eines Akteurs mit der Beziehung, die durch diese Handlung zu anderen Akteuren hergestellt wird, erklart. Die unterste Ebene der Analyse ist also die Bindung zwischen zwei Akteuren durch eine Beziehung. Diese Beziehung wird nicht als Ergebnis eines einzelnen Akteurs betrachtet, sondem in ihrer Wirkung auf beide Akteure, die mit dieser Bindung in Zusammenhang stehen: „At the most basic level, a linkage or relationship establishes a tie between two actors. The tie is inherently a property of the pair and therefore is not thought of as pertaining simply to an individual actor'' (Wasserman und Faust, 1999:18). Vor diesem Hintergrund verstehen Granovetter und Swedberg unter einem sozialen Netzwerk „a regular set of contacts or social connections among individuals or groups. And action by a network member is embedded, since it is expressed in interaction with other people" (Granovetter und Swedberg, 2001:11). Eine der wichtigsten Verhaltensannahmen der sozialen Netzwerktheorie ist dementsprechend, dass das Verhalten eines Akteurs i, durch die Bindung und das Verhalten eines anderen Akteurs j beeinflusst (Wasserman und Faust, 1999:7).^^
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In der Netzwerktheorie wird welters zwischen Dyaden (zweiseitigen Bindungen; d.h. einzelne miteinander verbundene Paare von Akteuren), Triaden (dreiseitige Bindungen, d.h. mOgliche oder tatsSchliche Verbindungen zwischen drei Akteuren in einem Netzwerk), Subgruppen unterschieden. Wenn Mitglieder dieser Subgruppen untereinander vollstSndig verbunden sind, wird auch von einer Clique gesprochen. Gruppen sind wie folgt definiert: ,A finite set of actors who for conceptual, theoretical, or empirical reasons are treated as a finite set of individuals on which network measures are made" (Wasserman und Faust, 1999:19).
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Der Terminus soziales Netzwerk bezieht sich immer auf eine Gruppe von Akteuren, die imtereinander in Beziehung stehen (Wasserman und Faust, 1999:9). Die soziale Netzwerktheorie geht also bereits davon aus, dass die Verbindungen zwischen einzelnen Akteuren, und nicht der unmittelbare, kurzfristige Kontakt, zentrales Strukturmerkmal ist. Es ist also nicht der Akteur, der als Referent der Handlung X eine Bedeutung verleiht, sondem erst durch die Struktur der Bindungen zwischen den Akteuren gewinnt die Handlung X an Bedeutung. Dabei ist wesentlich, dass das Handlungsinteresse und die HandlungsmOglichkeiten der Akteure durch die Netzwerkkontakte erst entstehen. Die Struktur der Beziehungen strukturiert die Handlungsmoglichkeiten der Akteure. Die Struktur eines sozialen Netzwerks steht, so die These hier, mit der FShigkeit einer Organisation in Verbindung, Wissen zu produzieren und dieses Wissen innerhalb der Organisation zur Verfugung zu stellen. Der Ubergang von einer Netzwerkstruktur zu einer anderen stellt allerdings ein zentrales Problem dar (siehe unsere Kritik an der Wissensmanagementkonzeption von Boisot und Nonaka). Es ist also nicht das Individuum, das Wissen produziert, sondem die Struktur der Beziehungen in einer begrenzten Menge von Kontakten strukturiert die kognitiven Moglichkeiten unter denen Wissen evoziert. Durch die Analyse der Struktur eines Netzwerks lasst sich zeigen, in welchem AusmaB verschiedene Wissensformen innerhalb existierender Beziehungen ausgetauscht und verbreitet werden. Was die Netzwerkanalyse interessant macht, ist dass sie die konkrete Struktur von Beziehungen identifiziert, uber die verschiedene Wissenstypen generiert und ausgetauscht werden konnen. In der sozialen Netzwerktheorie werden also nicht isolierte Akteure, sondem der strukturelle Kontext der sozialen Bindungen untersucht. Wesentliche Annahme dabei ist: "actor exists within a system of actors and evaluates altemative actions within that context" (Burt, 1982:331). Das heifit nichts anderes, als dass die Netzwerkanalyse der simplen Tatsache verpflichtet ist, dass Handlungen einzelner Akteure interdependent sind (Weick, 1995; Giddens, 1984) und gerade im Austausch idiosynkratischer Leistungen vielfaltige, reziproke Verpflichtungen und dauerhafte Handlungsreferenzen hergestellt werden. Nicht der einzelne nutzenmaximierende Akteur ist Untersuchungsgegenstand, sondem die Strukturen, in denen seine Handlungen und seine Handlungsmoglichkeiten eingebettet sind und die dadurch hervorgebrachte Handlung.
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2.1 A. Grundbegriffe und Methoden der sozialen Netzwerkanalyse Im Folgenden soil hier allerdings nur ein Uberblick Uber zentrale Grundbegriffe der Netzwerkanalyse geboten werden. Dieser Uberblick kann freilich kein vollstSndiger sein (vgl. hierzu die Ubersicht von Scott, 1991; Burt 1982; Wasserman und Faust, 1999). Ganz allgemein wird in der einschlagigen Literatur festgehalten, soziale Netzwerke bieten Informationsvorteile. Informationsvorteilsreiche Netzwerke sind solche, die reich an Kontakten sind und die Zugange zu neuen Informationen garantieren (vgl. Burt, 1992:15). Mit dieser Perspektive zeigt sich jedoch bereits ein wesentlicher bias der Netzwerkanalyse. Informationen sind nur dann wertvoU, wenn sie neu sind und sie werden als wertvoll nur dann betrachtet, wenn sie nicht mit jedem Kontakt in einem Netzwerk geteilt werden. Das hat den banalen aber schwerwiegenden Effekt, dass Informationen an Wert gewinnen, wenn sie durch eine eingeschrankte Verbreitung ktinstlich verknappt werden. Die tatsachliche Netzwerkstruktur bildet so gesehen die Grundlage Wissen knapp zu halten und den Wissensstrom zu beherrschen. Das zentrale Paradox ist, dass die meisten Wissensformen durch ihre Kontrolle zerst5rt werden. In diesem eingeschrankten Sinn bieten wertvolle soziale Netzwerke selektiv Kontakte, das heilit, die Anzahl der Bindungen - aus strategischen Uberlegungen heraus - wird minimiert. So dienen hierarchische Netwerkstrukturen immer einem Herrschaftsinteresse. Informationsreiche und informationsarme Netzwerke lassen sich an ihrer Struktur differenzieren. Zur Illustration dieses zentralen Merkmals ein fiktives Beispiel, das die Eigenschaft der Hierarchic und seiner Folgen in einer Netzwerkstruktur zeigt (siehe Abbildung 19).
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Abbildung 19: Hierarchic in Nctzwcrkstrukturcn (cigenc DarstcUung)
Das hier dargestellte Netzwerk besteht aus 11 Kontakten, wobei der Kontakt mit der Bezeichnung EGO zu alien anderen jeweils eine Bindung unterhSlt. Es handelt sich hierbei um ein informationsreiches Netzwerk, well keine redundanten Kontakte im Netzwerk existieren. Untereinander haben die einzelnen Kontakte keine Verbindung. Das heifit, dass all die Informationen, die jeweils andere Kontakte in diesem Netzwerk besitzen, nur iiber den Kontakt Ego zugeteilt werden. Das dargestellte Netzwerk ist, ein sehr hierarchisches Beziehungsmuster. Hierarchie in Netzwerken hat den Effekt, das es einzelnen Kontakten moglich ist, Informationen oder ganz allgemein formuliert, Austauschbeziehungen zu kontroUieren. Ihre privilegierte Position hat aber auch einen entscheidenden Nachteil, sie sind umgekehrt ebenso abhSngig von alien anderen Kontakten. In hierarchischen Netzwerken haben einzelne privilegierte Kontakte die Moglichkeit den Zufluss und die Diffusion von Information zu regulieren. Der Effekt der Hierarchie in Netzwerkstrukturen, wie in dem betrachteten Beispiel ist der, dass die Kontakte 1 bis 10 keinen direkten Zugang zu Ressourcen der anderen Kontakte haben. Z.B. hat Kontakt 9 keinen direkten Zugang zu Ressourcen von Kontakt 7. Das gilt far alle Kontakte, die Ego, als privilegierter Kontakt, der den gesamten Informationsfluss kontrolliert. Ego hat in dem dargestellten Netzwerk die zentrale Stellung, von der heraus die KontroUe uber bestehende Ressourcenflusse ausgetibt wird. Das dargestellte Netzwerk ist allerdings keine realistische Darstellung sozialer Beziehung, allerdings 135
haben alle baumartigen Netzwerkstrukturen die Tendenz zur Kontrolle (Zunickhaltung) von Informationen. Das Gegenstuck hierzu stellt eine Netzwerkstruktur dar, in dem jeder Akteur mit jedem anderen Akteur direkt in Verbindung steht. Ein solches Netzwerk ist in der folgenden Abbildung 20 dargestellt. In dem gezeigten Netzwerk unterhalt jeder Kontakt mit jedem anderen Kontakt eine Verbindung. Es existieren sehr viele redundante Bindungen, d. h. es werden sehr oft gleiche oder ahnliche Informationen zirkulieren, jedoch ist zugleich keine privilegierte Position mehr in der Netzwerkstruktur vorhanden. Der Kontakt Ego ist nicht mehr privilegiert und besitzt keine Kontrolle mehr uber die Ressourcenfltisse durch seine Position in der Struktur des Netzwerkes, da alle anderen Kontakte unabhangig von seiner Position Zugriff auf Ressourcen der anderen Kontakte besitzen. Es besteht also die Moglichkeit die beschrankende Position von Kontakt Ego zu umgehen. Eine Kontrolle der Ressourcenfltisse von einem Punkt aus ist nicht mehr moglich. Informationen und Ressourcen konnen frei in der Netzwerkstruktur diffimdieren. In derartigen Netzwerken ist die Wahrscheinlichkeit sehr groB, dass Ressourcen, die im Netzwerk zirkulieren, grundsStzlich alien Kontakten zur Verftigung stehen. Ein weiterer Effekt ist, dass sehr ahnliche oder tiberhaupt die gleichen Informationen und Ressourcen zirkulieren. Handelt es sich aber im Fall der jeweiligen Kontakte um Akteure, die beispielsweise nicht artikulierbares Wissen oder idiosynkratische Erfahrungen mit andere Kontakten teilen, so kann eigentlich nicht argumentiert werden, dass die gleichen Informationen oder Ressourcen verteilt bzw. geteilt werden. Im idealtypischen Fall ist es in diesem - hier als egalitar bezeichneten - Netzwerk so, dass jeder Akteur, unabhangig von EGO, der keine privilegierte Position mehr einnimmt, auf die Ressourcen der anderen Kontakte im Netzwerk Zugang hat. Ein typisches Merkmal in dem hier gezeigten Netzwerk von Beziehungen ist zudem, dass es keine Lucken aufweist. Es bietet somit keine Moglichkeit, dass sich einzelne Akteure gegentiber anderen Akteuren Vorteile verschaffen, auf diesen Punkt komme ich spater noch zurtick.
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Abbildung 20: Egalitare Netzwerkstruktur (eigene Darstellung)
3^
6.
2.1.2. Dichte Die Dichte informiert uber das AusmaB, mit dem ein Akteur im Netzwerk mit anderen Knoten verkniipft ist. Burt beschreibt die Dichte eines Netzwerkes als die Anzahl der m5glichen Paare (d. h. die Anzahl der mSglichen Zweierbeziehungen in einer Menge von Akteuren) geteilt durch die tats^chliche Anzahl der Beziehungen (Burt, 1982:45). Die Eigenschaft der Dichte ist also ein sehr aufschlussreicher Parameter in einer Netzwerkstruktur und es lasst sich argumentieren, je dichter ein Netzwerk von vertrauenswtirdigen Kontakten, umso grOfier die FShigkeit in dem jeweiligen sozialen Netzwerk idiosynkratische Wissensformen auszutauschen. 2.1.3. Ego-Netzwerk Eine weitere MOglichkeit die Struktur eines Netzwerkes zu untersuchen ist die Betrachtung der zu- und abfliefienden Bindungen aus der Sicht eines einzelnen ausgewShlten Akteurs. Das Netzwerk dieses ausgewahlten Akteurs wird in der Netzwerkanalyse als Ego-Netzwerk bezeichnet. Burt (1982:31) defmiert ein Ego-Netzwerk durch die direkten Kontakte, die ein Akteur (j) mit anderen Akteuren (i) in einem 137
Netzwerk (z) unterhalt. Solche Netzwerke werden in der Literatur auch als primare Netzwerke, primare Sterne oder als pers5nliche Netzwerke bezeichnet. Aus der Betrachtung der Ego-Netzwerke kdnnen Reichweite und Dichte als soziometrische Daten im Netzwerk erfasst werden. Borgatti, Everett und Freeman (2002) schlagen folgende soziometrischen Parameter ftir die Analyse eines Netzwerkes vor: •
die Gr66e des Ego-Netzwerks, defmiert durch die Zahl der direkten Bindungen des Kontaktes EGO zu anderen Kontakten im Netzwerk,
•
die Anzahl der gesamten Bindungen im Ego-Netzwerk (also nicht nur der Kontakte von Ego, sondem auch alle anderen Kontakte werden mitgezahlt;
•
die Paare im Ego-Netzwerk, defmiert durch die gesamte Zahl der mOglichen Bindungen im Netzwerk;
•
die Dichte (Density) defmiert als die Anzahl der aufrechten Bindungen durch die Anzahl der mSglichen Verbindungen;
•
die langste Distanz im Netzwerk, defmiert als jene Distanz, die die beiden am weitesten entfemten Knoten tiberwinden miissen, um eine Verbindung miteinander herzustellen (= Anzahl der notwendigen Bindungen, die uberbrUckt werden miissen).
2.1.4. Cliquen in Netzwerken In der Netzwerkanalyse wird einer Gruppe von Akteuren die untereinander in Kontakt stehen, eine besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Diese Gruppen bilden sich aus verschiedenen Cliquen. Als Clique wird in der Netzwerkanalyse eine Menge von Kontakten bezeichnet bei denen jeder Kontakt mit jedem Kontakt in Beziehung steht. Eine Clique wird als vollstandiger Sub-Graph bezeichnet und besteht aus zumindest drei Kontakten. Cliquengrenzen konnen sich innerhalb von Gruppenkontakten Uberschneiden. Eine paarweise Beziehung wird nicht als Clique betrachtet. Bindung in einer Clique werden als starker ausgeprSgte Bindungen in einem Netzwerk betrachtet. Festinger (1957:175) stellt hierzu fest, je gr613er die KohSsion innerhalb einer Gruppe ist, umso mehr Freundschaften existieren in der Gruppe und umso grOfier ist der Effekt der Homophilitdt (d.h., dass Kontakte mit gleichen Eigenschaften sich mit grSfierer Wahrscheinlichkeit in Cliquen zusammenschlieBen bzw. von ihren Attributen her gesehen ahnliche Kontakte stabilere Beziehungen unterhalten). Granovetter bezeichnet diesen Effekt als Transitivity (Granovetter, 1973). 138
2.1.5, Position des Akteurs in Netzwerkstrukturen Die Position eines Akteurs im Netzwerk hangt nicht nur von der Gestaltung der aufrechten Bindungen zu anderen Akteuren ab, sondem von den fehlenden Bindungen des Akteurs zu alien iibrigen potenziellen Kontakten. Der soziometrische Parameter, der diese Eigenschafl in einem Netzwerk misst, ist die Zentralitat. Ein ZentralitatsmaB wird ftir die Position eines Akteurs in einem Netzwerk dadurch ermittelt, dass die Anzahl seiner Bindungen durch die Anzahl der moglichen Bindungen im Netzwerk geteilt wird. Der Zweck einer Positionsanalyse ist die Reduktion von Information Uber die komplexe Struktur in einem Netzwerk (Wasserman und Faust, 1999:361). Abbildung 21: Position eines Akteurs im Netzwerk (eigene Darstellung)
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Netzwerkzentralitat lasst sich durch die kurzeste Distanz einer Position zu alien anderen Positionen in einem Netzwerk ebenso definieren. Wichtig dabei ist, dass die LSnge eines Weges die Anzahl der Bindungen zwischen den Knoten ist. Ein Eckpunkt in einem Netzwerk ist dadurch defmiert, dass kein weiterer Weg (Kontakt) zu anderen Knoten im Netzwerk fUhrt, in dem gezeigten Beispiel trifft diese Eigenschafl auf die Knoten 1, 2, 3 und 4 zu (vgl. Freeman, 1979; Borgatti, Everett und Freeman, 2002). Position, Dichte, GrOBe des Ego-Netzwerkes z. B. zeigen, inwieweit Kontakte in der Lage sind, auf die Expertise bzw. Unterstutzung anderer Kontakte zuzugreifen. In 139
diesem Zusammenhang diskutiert Burt (1992) die Netzwerkredundanz, also die Anzahl sich wiederholender Bindungen, als zentralen Netzwerkparameter. 2.1.5.1. Netzwerkredundanz Wird der Wert von Kontakten danach beurteilt, in welchem AusmaB gleiche oder ahnliche Ressourcen zuganglich werden, dann ist die Gr56e des Netzwerks ein ambivalentes Kriterium fiir die Effizienz. Burt argumentiert deshalb, dass informationsvorteilsreiche Netzwerke jene sind, in denen selektiv Kontakte unterhalten werden (vgl. Burt, 1992:15). Das begrundet er damit, dass Kosten der Aufrechterhaltung von redundanten Kontakten mit dem Ertrag der Kontakte in Beziehung zu setzen sind. Illustrieren lasst sich seine Uberlegung durch die folgende Abbildung. In dieser Abbildung ist in der oberen Reihe ein auf drei Stufen expandierendes Netzwerk dargestellt (Burt, 1992:16). Abbildung 22: Wachstum und Netzwerkredundanz (Burt, 1992)
Quelle: Burt, 1992:17 u. 20 140
Im Netzwerk Ai unterhalt der Kontakt Ego (A) vier primare Bindungen zu anderen Kontakten. Keine der vier illustrierten Bindungen zu den peripheren Kontakten ist redundant. Weil die peripheren Kontakte untereinander nicht in Verbindung stehen, ist jede Information, die Ai von den vier peripheren Kontakten bekommt neu. Im zweiten Beispiel Bi ist dieses Netzwerk um vier weitere Kontakte vergroBert. In diesem Fall unterhalt Kontakt B jedoch vier redundante Bindungen zu den peripheren Kontakten, well diese Kontakte in der Peripherie miteinander in Beziehung stehen und Bi zu jedem einzelnen Kontakt eine eigene Verbindung unterhalt. Im Netzwerk Bi werden insgesamt 12 Bindungen und im Netzwerk Ci 40 Bindungen unterhalten. Fiir den Akteur B sind im Fall Bi ein Viertel der Bindungen redundant. Fiir den Akteur C sind im Fall Ci 12 Bindungen redundant. Burt (1992) zeigt, dass mit steigender Anzahl nicht-redundanter Kontakte die Wahrscheinlichkeit zunimmt, neue Informationen zu erhalten und umgekehrt, dass mit steigender Anzahl redundanter Kontakte die Menge neuer Informationen abnimmt. So gesehen sind Netzwerke dann far Akteure effizient, wenn die Anzahl der Kontakte zunimmt, aber die Redundanz der Kontakte reduziert wird oder gleich bleibt. Das heifit je hoher die Anzahl der Kontakte und je geringer die Anzahl der Bindungen der Kontakte untereinander, umso mehr Informationen sind in diesem Netzwerk zuganglich. Dieser Effekt ist umso groBer, je geringer die Verbindungen der Kontakte untereinander sind. Burt erganzt, dass der Unterhalt einer Bindung Kosten verursacht und diese Kosten dem Ertrag (Informationswert) gegenuberstehen. Burt (1992) argumentiert deshalb, dass nicht die Anzahl der Kontakte, sondem die Anzahl der nicht-redundanten Bindungen iiber die Effizienz von Netzwerkstrukturen entscheidet. Im illustrierten Ego-Netzwerk Ai (in der Abbildung 23) bestehen keine redundanten Beziehungen der Kontakte untereinander. Die Netzwerkredundanz des Ego-Netzwerks Ai ist 0 (vgl. Borgatti, Everett und Freeman, 2002). Die im Ego-Netzwerk Ci unterhaltenen Bindungen zeigen hingegen eine hohe Redundanz. Die hohe Redundanz der Bindungen verursacht hohe Kosten, well jeder einzelne Kontakt unterhalten werden muss, ohne dass dadurch die Effizienz erhoht wird (beurteilt nach dem Grad der Neuheit der Informationen). 2.1.6. Effekte der Netzwerkredundanz Aus dieser Perspektive heraus wird daher argumentiert, [a] "sparse network provides more information benefits" (Burt, 1992:17). Plausibel sind diese Uberlegungen von Burt (1992) allerdings nur, wenn in redundanten Netzwerken Kontakte Informationen 141
teilen, die alle anderen Kontakte bereits besitzen. Unstrittig ist, dass Redundanz Kosten verursacht. Die Kosten betreffen die Herstellung, Unterhaltung und Aufrechterhaltung von Bindungen ohne mit Sicherheit den Zugang zu neuen Informationen zu gewahren. Deshalb ist ein Netzwerk mit hoher Redundanz, nach Burt ein ineffizientes Netzwerk und ein Netzwerk mit einer hohen Anzahl an nicht-redundanten Bindungen ein effizientes (vgl. Burt, 1992:24). In Abbildung 23 sind unterschiedliche Effekte bezogen auf die Effizienz des Austauschs von Daten, Informationen und Wissen und den Zusammenhang zur Netzwerkredundanz illustriert. Die These dabei ist, dass differenziert werden muss, ob jeweils Daten, Informationen oder Wissen in dem Netzwerk zirkulieren. Burts Theorie der Netzwerkeffizienz und der effektiven GroBe eines Netzwerks ist zuzustimmen, wenn innerhalb eines Netzwerks Daten und Informationen zirkulieren. Ganz anders verhalt es sich jedoch, wenn implizite Wissensformen in Organisationen ausgetauscht werden. In der folgenden Abbildung habe ich den Aufsvand, verstanden als die Kosten der Aufrechterhaltung von Bindungen und den Ertrag, den die Kontakte abwerfen fur die Beispiele des Daten-, Informations- und Wissenstransfers skizziert. Abbildung 23: Effekte der Netzwerkredundanz auf die Wissensproduktion (eigene Darstellung)
Ertrag/Aufwand f
Daten
J
(informationen)
f
J
Wissen
Redundanz V hoc h
Effekt
steile
gering flache
Hierarchie Effizienz
Effektivitat
Ausreichend kodifizierte Daten konnen, so die These der Redundanz in Netzwerken, in nicht redundanten Strukturen ohne Qualitatsverlust transferiert werden. Insofem trifft die Annahme von Burt zu, dass Redundanz Kosten verursacht, aber keinen weiteren Ertrag abwirft. Die Ubermittlung von Informationen, soweit sie ausreichend 142
kodifiziert sind, kann in nicht-redundanten Stmkturen effizient durchgeflihrt werden. Zudem ISsst sich in nicht-redundanten Stmkturen der Zugang zu Informationen besser kontrollieren als in redundanten Stmkturen. Das heiBt, dass in der Ubermittlung von Daten und Informationen, Nicht-Redundanz als effizientes und effektives Kriterium gelten kann, uber das der Informations- und Datentransfer einer effektiven KontroUe unterliegt. Ganz anders steht es mit den Wirkungen von Redundanz bei der Transmission von schwer artikulierbaren Wissens- und Praxisformen. Die Verbreitung von nichtartikuiierbarem Wissen ist auf personliche, dauerhafte Kontakte angewiesen; Cliquen mit ihren redundanten, sehr oft transitiven Bindungen eignen sich demnach als Netzwerk-Struktur ftir die Verbreitung und Ubermittlung von nicht-artikulierbaren Wissensformen. Bin effizientes Netzwerk fiir die Verbreitung von Informationen ist dann eines mit einer hohen Zahl nichtredundanter Kontakte, ein effektives Netzwerk fur die Produktion von Wissen ist ein Netzwerk mit einer groBen Anzahl redundanter Kontakte. Die Optimierung der Effizienz eines Netzwerks erfolgt durch die VergroBerung der Zahl der nicht-redundanten Kontakte bzw. durch die Reduzierung vorhandener redundanter Kontakte. Burt bezeichnet deshalb auch das Design der Netzwerkbindungen als Mittel, um die Netzwerkstruktur zu optimieren: „Maximize the number of nonredundant contacts in the network to maximize the yield in stmctural holes per contact. Given two networks of equal size, the one with more nonredundant contacts provides more benefits. There is little gain from a new contact redundant with existing contacts. Time and energy would be better spent cultivating a new contact to unreached people" (Burt, 1992:20). In beiden Fallen wird der Ertrag des Netzwerks gesteigert, wenn die Anzahl der unterhaltenen Kontakte gleich bleibt. Ein einfaches Beispiel wie der Ertrag eines Netzwerks erhoht wird, ist in der folgenden Abbildung illustriert (vgl. Burt, 1992:20).
143
Abbildung 24: Auswirkung der Reduktion von Redundanz auf die Wissensproduktion (eigene Darstellung)
Hohe Redundanz Effiziente Produktion und Austausch idiosynkratischer Wissensformen und
Geringe Redundanz Effiziente Kontrolle und Daten- und Informationsaustausch
Wie dargestellt ist, lasst sich die Rentabilitat der Informationsverarbeitung von Netzwerken durch eine geringe Veranderungen des Designs der Struktur verbessem. Optimiert Kontakt Ci zu jeder der peripheren Kontaktgruppe seine Bindungen, indem er drei Beziehungen zu jeder Subgruppe aufgibt, so verbessert sich die Netzwerkstruktur deshalb, weil dadurch keine Informationen verloren gehen. Es gehen C2 deshalb keine Informationen verloren, weil die Subgruppen selbst jeweils untereinander Kontakte unterhalten. Fur C2 ist es wichtig, eine primare Bindung zu einem peripheren Kontakt zu unterhalten, der mit alien anderen Bindungen unterhalt. Kontakt Ci reduziert also seine Bindungen in C2 von 16 auf 4. Dadurch erhoht sich, in dem hier diskutierten Beispiel, der Informationswert bei gleich bleibendem Informationsertrag von 0,0625 auf 0,125 (vgl. Burt, 1992:21). Allerdings ist anzumerken, dass hier Burt den Effekt der Informationsasymmetrie vollkommen auBer Acht lasst. In der Praxis ist dieser Effekt dadurch zu erreichen, dass redundante Bindungen durch einen vertrauenswurdigen und verldsslichen Kontakt ersetzt werden. Dadurch lassen sich Informationsflusse effizienter gestalten, jedoch nicht, so meine These, wenn es 144
um den Austausch nicht artikulierbarer Wissensformen geht. Problematisch erscheint mir dieser Fall der Optimienmg einer Netzwerkstruktur aber in nichtvertrauenswtirdigen Organisationen, da dadurch die potentiell negativen Folgen von Informationsasymmetrien vergr613ert werden. 2.1.6.1. Zwei Arten von Redundanz in Netzwerken Redundanz begreift Burt also eher als negatives Strukturdesign, was allerdings in Zweifel zu Ziehen ist. Burt unterscheidet deshalb in Netzwerken zwei Arten von Redundanz. Redundanz, die durch Kohasion in Netzwerken entsteht, z.B. in einer Clique, und Redundanz, die aus strukturell aquivalenten Beziehungen von Kontakten hervorgeht. Von Kohasion wird in der Netzwerkanalyse immer dann gesprochen, wenn zwei Kontakte oder mehrere durch starke Beziehungen {strong ties) verbunden sind. Daraus wird ein starkerer Zusammenhalt abgeleitet. Beispiele dafur sind familiare Bindungen zwischen Vater-Sohn-Tochter; Mutter-Tochter-Sohn, enge Freundschaften und lange Partnerschaften). Abbildung 25: Kohasion und strukturelle Aquivalenz (Burt, 1992)
Redundanz durch Kohasion
Beispiel A
Redundanz durch strukturelle Aquivalenz C
Beispiel B
Quelle: Burt, 1992: 18 145
Unter struktureller Aquivalenz ist zu verstehen, wenn einzelne Kontakte in einem Netzwerk, die zu strukturell gleichen Kontakte unterhaiten. Hierbei werden, im VerstSndnis von Burt (1992), grundsatzlich keine neuen Informationen im Netzwerk generiert. In der Abbildung 26 ist dargestellt, dass Kontakt A, B und C zwar untereinander keine direkten Bindungen aufrechterhalten, aber jeder Kontakt fiihrt zu einer Menge von gleichen Beziehungen. Diesen Fall bezeichnet Burt (1992:19) als Redundanz durch strukturelle Aquivalenz. Kontakte A, B oder C besitzen theoretisch also keine Informationsvorteile untereinander. Insofem argumentiert Burt (1992), dass strukturelle Aquivalenz in Netzwerkstrukturen Informationsasymmetrien reduzieren aber keine neuen Informationen generieren. Das bedeutet, dass alle Knoten als Sender und EmpfSnger die gleichen Informationen oder potentiell den gleichen Zugang zu vorhandenen Ressourcen teilen. In diesem Zusammenhang verwendet Burt seine Theorie der struktural holes. Den Begriff strukturelle LOcher verwendet Burt (1992:18) als Kennzeichnung jener Kontakte in einem Netzwerk, die zwischen nichtredundanten Kontakten eine Verbindung herstellen, also die strukturellen Locher im Netzwerk uberbriicken. Die Anzahl der strukturellen Locher wird deshalb von Burt als ein Merkmal gesehen, das den strategischen Wert von Netzwerken steigert. 2.1.6.2. Structural holes - weak ties and strong ties Mit der Theorie der strukturellen L6cher steht die These uber die Starke schwacher Bindungen in Netzwerken von Granovetter (1973) in Zusammenhang. Zum Teil ist sie eine Weiterfuhrung dieser berUhmten These. Granovetter untersuchte in seiner Dissertation, ob zwischen der Struktur von Netzwerken und dem Erfolg bei der Suche nach Arbeitsplatzen ein Zusammenhang existiert. In dieser Studie zeigte Granovetter, dass innerhalb eines bestimmten sozialen Milieus von Arbeitssuchenden sich schwache Bindungen (weak ties) bei der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz als hilfreicher herausstellen, als starke Beziehungen (strong ties). Das verbluffende Ergebnis in dieser Studie war, dass in den meisten Fallen die befragten Personen nicht aufgrund ihrer Kontakte zu Personen mit starken/engen Beziehungen erfolgreich waren, sondem durch Kontakte zu Personen, zu denen sie schwache/gelegentliche Beziehungen hatten. Das wurde damit erklSrt, dass Arbeitslose zumeist (unter der Annahme der Transitivitat) mit anderen Arbeitslosen strong ties unterhaiten und daher durch schwache Bindungen eher einen Kontakt fmden, der zu einem neuen Job fiihrt. Das Ergebnis seiner Untersuchung zeigte, dass Beziehungen zu distanzierten Kontakten 146
eine groBere Erfolgsquote hatten, um einen neuen Arbeitsplatz zu finden. In einem viel zitierten Aufsatz mit dem Titel ''The strength of weak ties'' hat Granovetter gezeigt, dass Starke Bindungen (strong ties) transitiv sind (Granovetter, 1973). Transitivitat bedeutet fUr Granovetter (1973), dass Kontakte in Netzwerken, die gegenseitig durch eine starke Verbindung verknupft sind, mit grofier Wahrscheinlichkeit zu anderen ahnlichen Kontakten in einem Netzwerk fUhren. In einem hypothetischen Beispiel, siehe die folgende Abbildung, wurde dies bedeuten, dass Paula und Martin, die miteinander durch starke Bindungen verknupft sind, und Martin zu Elisabeth eine starke Beziehung unterhSlt, es sehr wahrscheinlich ist, dass auch Elisabeth zu Paula eine starke Beziehung knupft. Wegen dieser Eigenschaft transitiver Bindungen schreibt Burt (1992:27) schwachen, nicht transitiven Bindungen die Funktion zu, intra- und intemetzwerkformige BrUckenfunktionen einzunehmen. Burt (1992:18) sieht diesen Effekt durch seine These der strukturellen Brucken in Netzwerken bestatigt. Intra- und intemetzwerkformige Briicken werden als strategische Positionen verstanden. Aus der Eigenschaft schwacher Beziehungen entsteht also das strategische Potential der weak ties in Netzwerken. Die Starke einer Bindung {strength) kann mit quantifizierbaren Attributen gemessen werden z. B. wie hSufig Informationen zwischen Kontakten ausgetauscht werden (Frequenz), mit welcher Geschwindigkeit Inft)rmationen ubertragen werden, wie groB die Distanz zwischen den Knoten im Netzwerk ist und wie hoch die Frequenz (Haufigkeit) sonstiger sozialer Interaktionen zwischen den Kontakten ist. Starke Verbindungen sind eingebettet in enge, homophile Cluster von Kontakten und sind gleichzeitig auch das Ergebnis dieser Kontakte. Starke Bindungen sind verbindliche reziproke Bindungen zwischen Kontakten (z.B. innerhalb der Familie). WShrend weak ties Verbindungen zu heterogenen Personen sind, stellen strong ties Verbindungen zu homogenen Personengruppen her. Da enge, homophile Cluster tiber strukturelle Brticken mit anderen engen homophilen Clustem verbunden werden kSnnen sind strukturelle L6cher Voraussetzungen, um heterogene (neue) Inft)rmationen in homophile Gruppen zu importieren.
147
Abbildung 26: BrUckenfunktion und Wissenstransfer (eigene Darstellung)
.Franz
Elisabeth
Martin
In der gezeigten Abbildung 26 ist weiters zu sehen, dass die jeweiligen Cluster (Martin/Elisabeth/Paula und Fritz/Heidrun/Karl) nur uber die strukturelle Brucke, die Paula und Fritz unterhalten, verbunden sind. Diese Brucke bezeichnet Burt (1992) als structural hole. Sowohl Granovetter (1973) als auch Burt (1992) argumentieren nun, dass uber derartige Broker-Positionen, die in der Netzwerktheorie als Brucken bezeichnet werden, jeweils neue Informationen in bestehende Netzwerkstrukturen importiert werden. Wird diese Brucke nur gelegentlich benutzt, dann sprechen beide von einer schwachen Bindung. Die Kontakte in der Beziehung von Paula und Fritz, die die Eigenschaften haben, zwei Cluster von Beziehungen zu verbinden, werden in der Netzwerkanalyse als Brucken oder cutpoints bezeichnet. Burt argumentiert, dass in groBen Netzwerken strukturelle Brucken den Kontakt zu heterogenen Gruppen aufrechterhalten. Fur Burt ist deshalb die Anzahl der strukturellen Brucken ein wichtiges Kriterium in der Bewertung von Netzwerken. Akteure, denen eine BrUckenfunktion zukommt, nehmen daher eine besondere strategische Stellung ein. Weil beispielsweise Paula und Fritz jeweils dariiber entscheiden, in welchem AusmaB neue Informationen in die von ihnen kontrollierte Clique fliefien. Folgende Uberlegung kann hier angestellt werden: Der Unterschied zwischen den Uber strong ties verbundenen homophilen Gruppen und den tiber weak ties hergestellten Verbindungen ist der, dass Informationen in homophilen Gruppen uber starke Bindungen symmetrischer verteilt werden als tiber schwache Bindungen {weak ties). Anders formuliert, je vertrauenswiirdiger die Kontakte, umso grofier der positive Effekt fiir die gesamte Zahl der Kontakte; je weniger vertrauenswiirdig die Kontakte, 148
und je groBer das Eigeninteresse der Kontakte mit einer Bruckenfunktion, umso geringer der positive Effekt fiir die gesamte Anzahl der Kontakte. Einen weiteren Effekt aus dieser Form der Positionierung in einem Netzwerk diskutiert Burt als tertium gaudens Strategien. 2.1.6.3. Tertium Gaudens Strategien Kontakte in Netzwerken, mit denen structural holes uberbruckt werden, bieten groBeren Verhandlungsspielraum und Einfluss. Diese Verhandlungsmacht ist Folge des Zugangs zu altemativen und/oder exklusiven Kontakten in anderen Clustem. Kontakte in Netzwerken k6nnen diese zusatzlichen Informationen weitergeben oder zuruckhalten. Zugang erhalten sekundare Kontakte nur (iber den primaren Kontakt. Der Zugang zu altemativen und/oder exklusiven Ressourcen ist sekundaren Kontakten also nicht moglich bzw. nur im Konsens mit dem outpoint. Ein Cluster von Kontakten entsteht dadurch, dass Personen uber strong ties, d. h. intensive Beziehungen untereinander verbunden sind.^^ Informationen zirkulieren in diesen Clustem mit einer hohen Geschwindigkeit. Da Kontakte mit der Moglichkeit, mehrere strukturelle Locher zu uberbrucken, den strategischen Spielraum in Netzwerken maximieren, gewinnt das Ziel, redundante Kontakte zu minimieren, seinen strategischen Charakter. Rational ist diese Strategic aber nur bezogen auf die Verteilung, die KontroUe und den Zugang zu bereits vorhandenen Informationen und in Bezug auf stark kodifizierte und/oder artikulierte Wissensformen. Diese Uberlegungen sind in der Darstellung der Netzwerkstruktur in der folgenden Abbildung illustriert. Dichte Netzwerke mit hoher Redundanz eignen sich weniger fur tertium gaudens Strategien als groBe, extensive Netzwerke mit einer geringen Anzahl nicht-redundanter Bindungen. Die Vorteile strategischer Netzwerkpositionen sind davon bestimmt, welchen Spielraum einzelne Kontakte in Verhandlungen mit anderen Kontakten ein-
23
Diese Perspektive wurde schon in den 50er-Jahren von Likert Uber einen personenzentnerten Ftihrungskontext (aufgabenorientierter Managementprozesse) eingefordert. Er stellte fest, dass wenig produktive Arbeitsgruppen systematisch kontrolliert werden, hingegen in produktiven Arbeitsgruppen geringer Kontrollaufwand notwendig ist bzw. zu beobachten war. Die Fiihrungsebenen, so Likert, reagieren auf Fehler von Gruppen in produktiven Organisationen mit VerstSndnis, in gering produktiven mit Sanktionen und negativer Kritik. Davon abgeleitet wurden in vielen Untemehmen sog. "freieautonome" Arbeitsgruppen, die dann am produktivsten sind, wenn die Ziele allgemein formuliert sind (vgl. Likert und Hayes, 1957).
149
nehmen. Dieser Spielraum ist nicht nur von der Zahl der strukturellen Locher im Netzwerk abhSngig, sondem auch von bestehenden sekundSren Bindungen. Burt (1992:38) spricht von sekundSren strukturellen Lochem, wenn innerhalb eines Clusters redundanter Bindungen strukturelle L6cher existieren, bei denen tertium gaudens Strategien w^irksam werden konnen. In dem hier dargestellten Beispiel handelt es sich um einen KSufer und zwei Verkaufer. Der Kaufer, der in Verhandlungen mit zwei nicht miteinander in Verbindung stehenden VerkSufem kann - well die beiden VerkSufer untereinander keine Informationen austauschen kSnnen - beide VerkSufer gegeneinander ausspielen. Bei Verhandlungsstrategien lassen sich dementsprechend die zwei im Anschluss skizzierten Situationen beobachten. Im Beispiel A handelt es sich um einen funktionierenden Wettbewerb zwischen Kaufer und VerkSufer (siehe dazu Burt, 1992:39). Abbildung 27: Tertium Gaudens Strategic Beispiel A (Burt, 1992)
kVk2
'Vkl In diesem Fall kann der KSufer Ka von beiden Kontakten (VerkSufem) Vkl und Vk2 Angebote einholen und entscheiden, welches attraktiver ist. Oufer Ka kann jeweils den anderen Anbieter mit einem geringeren Angebot unter Druck setzen und abwarten, ob einer der Verkaufer sein urspriingliches Angebot verbessert. Da beide Verkaufer (Vkl und Vk2) in keiner Beziehung zueinander stehen, argumentiert nun Burt, dass sie jeweils sehr gut gegeneinander ausgespielt werden kOnnen. Burt (1992:30) nennt diesen Fall eine tertium gaudens Strategic. Anders ist dies im nachsten Fall der in Abbildung 28 illustriert ist.
150
Abbildung 28: Tertium Gaudens Strategic Beispiel B (Burt, 1992)
.Vk3
Vkl
Vk2 In diesem zweiten Beispiel B stehen dem Kaufer Ka vier alternative VerkSufer (Vkl, Vk2, Vk3, und Vk4) gegenuber. Der Unterschied zum Beispiel A ist nicht die groBere Anzahl der VerkSufer, sondem dass diese Verkaufer untereinander in Beziehung stehen und anzunehmen ist, dass Informationen iiber ihre Verhandlungsstrategien zu Kontakt Ka austauschen. Dadurch ist der KSufer Ka nicht mehr in der Lage einen der Verkaufer Vkl, Vk2, Vk3 oder Vk4 mit nicht richtigen besseren Angeboten anderer Verkaufer unter Druck zu setzen und sie gegeneinander auszuspielen. Die Kontrollvorteile entstehen in dieser spezifischen Netzwerkstruktur durch gegnerische bzw. feindliche Positionen. Erst daraus entstehen Kontrollvorteile bei tertium gaudens Strategien. Daraus lasst sich aber folgem, dass Netzwerkstrukturen mit einem hohen Grad an Vertrauen und vielen redundanten Bindungen weniger anfSllig fiir tertium gaudens Strategien sind. Hingegen sind Netzwerkstrukturen mit einem hohen MaB an Misstrauen und mit effizienten Netzwerkstrukturen im Sinne von Burt eher geeignet fiir tertium gaudens Strategien. GleichermaBen kann argumentiert werden, dass Kontrollvorteile der tertium gaudens Strategien sich nicht in einem kooperativen und vertrauenswurdigen Organisationsumfeld umsetzen lassen. Die Schlussfolgerungen sind hier folgende: Dissens der Kontakte Vk fSrdert tertium gaudens Strategien und macht es fur den Kontakt Ka einfacher tertium gaudens Vorteile zu generieren. Bin Konsens der Kontakte Vk erschwert es oder macht es unmOglich tertium gaudens Vorteile zu lukrieren. 151
2.1.7. Empirische Arbeiten der Netzwerkanalyse In einer Untersuchung uber die sozialen Eigenschaflen von Netzwerken, in denen Wissen geteilt und entwickelt wird, zeigen Cross, Borgatti und Parker (2001) einige zum Teil verbluffende, zum Teil auch erwartete Ergebnisse uber das AusmaB der sozialen Interaktion in Organisationen im Zuge des Austauschs idiosynkratischen Wissens. Ausgehend von der wesentlichen Bedeutung der sozialen Interaktion in Wissensproduktions- und Wissensaustauschprozessen haben Cross, Borgatti und Parker (2001) mithilfe von Tiefeninterviews 40 Manager einer globalen Unternehmensberatung nach einzelnen Projekten befragt (Cross, Borgatti und Parker, 2001:216). In dieser Untersuchung wurden die Befragten gebeten, jeweils drei Personen zu nennen, von denen sie denken, dass sie fiir ihre Karriere eine besondere Bedeutung hatten. Anschliefiend wurden sie gefragt, inwiefem die genannten Personen eine spezielle Hilfe in beruflich sehr wichtigen Projekten waren und ob sie angeben konnten, in welcher Weise die genannten Personen sie mit "wichtigen" Informationen versorgt haben. Die Ergebnisse von Cross, Parker und Borgatti (2002:44) zeigen, dass die Personen in dem untersuchten Netzwerk grundsatzlich funf (wissensorientierte) Hilfeleistungen in Anspruch nahmen. (a) Hilfe in der Losung bestimmter Probleme, (b) Meta-Wissen, (c) Hilfe bei der Neuformulierung der Problemstellung, (d) Validierung der Ergebnisse oder der Fragestellung und (e) Legitimierung der Ergebnisse bzw. der angestrebten LOsung. In 57 % der Falle gaben die Befragten an, dass die konsultierten Kontakte ihnen bei der Formulierung der Losung eine wichtige Hilfe waren; in 45 % der Falle wurde angegeben, dass die konsultierten Kontakte Meta-Wissen anboten (d.h. wer fiir die Frage oder ftir das jeweilige Problem zustandig ist und weiterhelfen kann), in der Mehrheit bestand dieses Wissen darin, einen Kontakt zu einer Person herzustellen; in 45 % der Falle bestand die bereitgestellte Hilfe darin, dass das Problem umformuliert wurde und so eine effektivere Losung mSglich war. In 49 % der Falle bestand die Hilfe darin, dass der Kontaktierte die "Richtigkeit" der angestrebten Losung bestatigte; und in 36 % der Falle wurden Personen kontaktiert, damit die angestrebte L5sung legitimiert werden konnte. Von den insgesamt 68 aufgenommen Fallen, in denen bei einer Kontaktierung eine Losung thematisiert wurde, waren es 9 % der Falle, in denen die Befragten angaben, dass sich die Hilfestellung in einer Klarung des Know-what zeigte und in 68 % der Falle bestand die Hilfeleistung in der KlSrung des Know-how (Cross, Borgatti und Parker, 2001:218). Handelte es sich bei den Konsultationen um die Bereitstellung von Meta-Wissen, so wurde von den Befragten behauptet, dass die konsultierten Kontakte in der Halfte der 152
Falle sehr starke Bindungen zum Befragten unterhielten. Bemerkenswert ist, dass in 70 % der FSlle Meta-Wissen darin bestand, dass der Kontakt zu Personen hergestellt wurde, die Losungen anbieten konnten und nur in knapp 30 % die Befragten auf das in der Organisation vorhandene explizite Wissen (Computerdatenbanken, Memoranden, etc.) verwiesen wurden. Ein Ergebnis dieser Forschungen ist: 'People do matter* oder 'matter more than paper work or explicit knowledge'. Wurden Personen konsultiert und das Ergebnis war eine Reformulierung des Problems bzw. der angestrebten Losung, dann antworteten die Befragten, dass 45 % der Kontakte hilfreich waren. In diesen Fallen kann man die Hilfestellung so interpretieren, dass die Arbeit dadurch effektiver wurde. Anzumerken ist jedoch, dass die traditionelle Organisationsgestaltung fur diese Form der Hilfestellung keinen Platz bzw. keine Legitimierung vorsieht, da sie auf den schlichten VoUzug vordefmierter Aufgaben ausgerichtet ist. Die beiden letztgenannten Vorteile, die in der Untersuchung genannt wurden, Validierung einer angestrebten oder fertigen Losung und die Legitimierung einer Losung, sind in dieser Hinsicht schon weitaus kompatibler mit der traditionellen Organisationsgestaltung. Was die Validierung betrifft, so wurde bestatigt, dass sie zur Konformitat der angestrebten Ergebnisse fuhrt; noch starker ist dieser Effekt in der von Befragten gesuchten Legitimierung von Losungen zu beobachten. In der Studie wird aber bestatigt, dass die Legitimisierung von LOsungen, die am geringsten beanspruchte Hilfeleistung war und wenn, dann nur durch hierarchisch Vorgesetzte erfolgte, die in den anderen Fallen nicht als hilfreiche Kontakte genannt wurden (Cross, Borgatti und Parker, 2001:220). 2.2. Zusammenfassung der Netzwerkeffekte Ronald Burt, ein Schtiler von Coleman, der an einer Strukturtheorie des Handelns arbeitet, hat wesentliche Beitrage zur Netzwerkanalyse geliefert (Burt, 1982 und 1997). In mehreren empirischen Arbeiten hat er den Verlauf von Karrieren einzelner Manager mit dem sozialen Kapital, auf das sie im Zuge ihrer beruflichen Laufbahn zugreifen konnten, erklart. In seiner bekanntesten Arbeit mit dem Titel "Structural Holes: The Social Structure of Competition" (Burt, 1992) wurde argumentiert, dass nicht nur die Verbindungen, die Akteure in ihrem Netzwerk von Beziehungen haben, eine wesentliche RoUe spielen, sondem eben auch die Lucken in den jeweiligen Netzwerken. Diese Lucken, so die tjberlegung, bieten in einzelnen Fallen spezielle Moglichkeiten, um aus einer strategisch vorteilhaften Position Zugang und KontroUe zu Informationen (und anderen wichtigen Leistungen) in Netzwerken herzustellen.
153
Jedes Netzwerk bildet konkrete Muster von Beziehungen aus, es entwickeln sich Subgruppen oder Untergruppen (sie werden auch Cliquen genannt). Gruppen uberlappen sich. Einzelne Akteure nehmen unterschiedliche Position ein, wie dies beispielsweise in der bereits diskutierten Sozialkapitaltheorie von Lin (2001) erOrtert wurde. Uber die Aufzeichnung der gesamten existierenden Bindungen aller Akteure in einer Organisation lieBe sich eine vollstMndige Netzwerkstruktur nachzeichnen. Es wtirde sich dabei zeigen, dass sich kleinere Gruppen von anderen Gruppen abspalten und iiber einzelne Kontakte zu anderen Gruppen im Netzwerk verbunden sind. Es wtirden sich dichte und weniger dichte Netzwerkstrukturen offenbaren. Die Bindungen konnen als Netzwerk der informellen freiwilligen Hilfeleistungen der existierenden Kontakte skizziert werden. Je nachdem, welche Forschungsfrage in Zentrum steht, werden konkrete Bindungen (informeller Austausch von Expertise, Hilfe, Unterstutzung in schwierigen Fragen) untersucht. Burt (1982, 1992) identifiziert die Vorteile der Netzwerkstrukturen primer Uber vorhandene Lucken, die er structural holes nennt. Liicken in einem Netzwerk sind Unterbrechungen von einzelnen Gruppen mit engen bzw. starken Bindungen (vgl. dazu Burt, 1992:2). Einzelne Personen, die in einem Netzwerk Positionen besetzen, die structural holes verbinden, werden als Briicken oder "cutpoint" bezeichnet und nehmen jeweils privilegierte Positionen ein, weil sie den Kommunikations- bzw. Informationsfluss in der Gesamtstruktur aus diesen strategischen Positionen heraus regulieren bzw. kontrollieren kOnnen. Strukturelle BrUcken bieten den Vorteil eines privilegierten Zugangs. Damit in Zusammenhang stehen die Kontrollvorteile der von Burt (1992) diskutierten tertium gaudens Strategien, die jedoch nur dann wirksam werden, wenn Kontakte untereinander in Konkurrenz stehen. In vertrauenswiirdigen Netzwerken sollte demnach der Erfolg von tertium gaudens Strategien weniger wahrscheinlich sein. Damit steht jedoch auch der Zugang zu den Ressourcen im Netzwerk in Verbindung. Insofem ISsst sich also annehmen, dass eine grofie Anzahl von strukturellen Briicken in wenig vertrauenswiirdigen Kontexten zwar fur einzelne privilegierte Kontakte Vorteile erwarten lassen, sich also aus der Sicht der privilegierten Kontakte die Netzwerkeffizienz erhOht, aber bei der Betrachtung der Gesamtstruktur die Effizienz des Netzwerkes darunter leidet. Ressourcen konnen in diesem Sinn Fahigkeiten, Talente, GeschSftsmoglichkeiten und viele andere intangible und tangible Verm5genswerte sein, die iiber die Struktur des Netzwerks ausgetauscht werden. Diese Ressourcen werden durch die Beziehungen (ties), die einzelne Personen unterhalten (Knoten, Untemehmen, Geschaftsbereiche 154
usw.), erschlossen (Knoke und Kuklinski, 1982). Werden die Bindungen betrachtet, die Akteure in Netzwerken unterhalten, dann iSsst sich eine Tendenz zur kulturellen, materiellen bzw. sozialen AfFinitat von Personen, die miteinander auf Dauer Kontakte aufrechterhalten, beobachten (lacobucci, 1999:150; Granovetter, 1973). Ein Uberblick der Effekte ausgewShlter Netzwerkeigenschaften ist in Tabelle 5 zusammengestellt. Dieser Uberblick zeigt, dass der die Grofie eines Netzwerks, die Dichte, die Heterogenitat, die Qualitat der Zusammensetzung, die effektive GroBe und der Constraint, als Parameter der Netzwerkeigenschaften, sehr unterschiedliche Effekte auf die Bildung von sozialem Kapital zeigen. Unterschiede sind aber - und dies ist mir hier besonders wichtig - auch bezogen auf die Auswirkung auf die Produktion, Verbreitung und Kontrolle von Wissensformen erkennbar. Tabelle 5 Effekte der Netzwerkstruktur Definition Begriffund Autor (Quelle) Gr66e/Grad Die Anzahl der Bindungen, die (size/degree) Ego direkt hat (gewichtet mit der (Burt, 1982) Starke der Verbindung) Dichte (density) Das Verhaitnis der Anzahl der (Burt, 1982) aufrechten Bindungen zur Anzahl der mSglichen Bindungen
Heterogenitat (heterogenity) (Burt, 1982)
Die Varianz der einzelnen Bindungen bezogen auf den Inhalt (Geschlecht, Beruf, Talent, Fahigkeiten etc.)
Qualitat der Zusammensetzung (Compositional Quality) Effektive GrOBe (Burt, 1992)
Die Anzahl der Verbindungen mit einem hohen Auspragung der jeweiligen Eigenschaft (Wohlstand, Wissen, Einfluss, Macht) Die Anzahl der Bindungen, gewichtet mit der Starke der Verbindung, durch die Kontakt Ego direkt mit anderen Kontakten verbunden ist, abzuglich der redundanten Kontakte
Wirkung auf Sozialkapital Je grOBer die Anzahl der Verbindungen, umso hOher Sozialkapital Je hOher die Dichte des Netzwerks, umso h5her die Anzahl redundanter Verbindungen (Einfluss negativ auf Informationswert, Einfluss positiv auf Wissensproduktion und Wissensdiffusion) Positive Wirkung auf den Vorrat an Sozialkapital, da viele verschiedene Ressourcen in das Netzwerk eingebracht werden; positiver Einfluss auf die Produktion von Wissen (viele heterogene Eigenschaften werden importiert); Konflikt mit Homophilitat Je heher die Qualitat der Zusammensetzung umso grOBer der positive Effekt von Sozialkapital
Positive Wirkung auf Sozialkapital, weil die Heterogenitat der eingebrachten Ressourcen erhSht wird; negativer Effekt auf den Austausch idiosynkratischer Wissensformen; positiver Effekt auf den Austausch expliziter Wissensformen und auf den Austausch von Informationen Auswirkungen negativ, weil die HandBeschrankung Das AusmaB der von Ego unter(constraint) haltenen singuiaren Beziehungen lungsmOglichkeiten eingeschrankt werden; positiv bezogen auf den Austausch (Burt, 1992) (d.h. Bindungen zu "sonst isoidiosynkratischer Wissensformen isolierten Kontakten" lierter Bereiche Quelle: zusammengestellt aus Burt, 1982 und 1992; Borgatti und Cross, 2003
155
In Netzwerken, in denen viele strukturelle Locher uberbriickt werden, vergroBert sich zwar der Verhandlungsspielraum und die Verhandlungsmacht einzelner effektiv positionierter Akteure, aber gleichzeitig vergroBert sich die Informationsasymmetrie im Netzwerk und die damit verbundenen negativen Folgen. •
Fiir die Produktion von Wissen und fiir den Austausch nicht artikulierbarer Wissensformen lassen sich insofem zwei zentrale Effekte identifizieren.
•
In Netzwerken mit vielen redundanten und starken Verbindungen wird der reziproke Austausch von nicht-artikulierbarem Wissen gefordert.
•
EingeschrSnkt wird dadurch jedoch der Austausch von Informationen und/oder expliziten Wissensformen iiber die Netzwerkgrenzen hinaus.
Coleman nannte diesen zweiten Effekt closure (Coleman, 1990:318), verstand jedoch diesen Closure-Effekt nicht als negative Eigenschaft von sozialen Gruppen, sondem als wichtige Voraussetzung, damit Vertrauen innerhalb von Netzwerkbeziehungen entwickelt wird. Von dieser Annahme ausgehend nahm Coleman an, dass die Wirkung der Stabilitat, die das Ergebnis von Closure-Ejfekten ist, als wichtiges Element betrachtete, dass sich in einer begrenzten Menge von Kontakten Sozialkapital entstehen kann (Coleman, 1990:320). Als weiteren Closure-Effekt ist die verstarkende Wirkung von Normen und Ideologien in geschlossenen Netzwerkstrukturen zu nennen. Hierzu stellt Coleman fest: "One indirect and somewhat surprising effect has been noted from the comparison of religious and secular schools. Religiously affiliated private schools in the United States, despite their more rigid disciplinary standards, have dropout rates much lower than those of secular private schools or public schools. ...The apparent cause is a quantity of social capital available to the religiously affiliated school that does not exist for most other schools, private or public. This depends in part on the social-structural connections between school and parents, through the religious community" (Coleman, 1990:321). Trifft dies zu, dann wOrden sich die Bedingungen unter denen nicht-artikulierbare Wissensformen einerseits ausgetauscht werden, andererseits uberhaupt erst dadurch hervorgebracht werden, in Netzwerkstrukturen mit einer geringen Anzahl von structural holes verbessem, well hierbei innerhalb der einzelnen Clustergruppen mehr Vertrauen und ein hoherer Grad der Verpflichtung innerhalb der Gruppen durch den Closure-Effekt geschaffen wird. Idealerweise mussten nun iiber Clustergrenzen hinaus mithilfe von einzelnen, vertrauenswiirdigen Kontakten Briicken zu anderen Netzwerken geknupft werden, ohne dabei die intemen Clusterverpflichtungen zu schadigen oder einzelne Akteure in der Gruppe zu ubervorteilen. 156
Die Absicht dieses Abschnittes war es, eine Zusammenfassung und soweit in diesem Rahmen moglich, eine Beschreibung der Netzwerkanalyse zu geben. Wichtig scheint mir, dass das Ego-Netzwerk als eine Struktur von Beziehungen eines Akteurs gesehen wird, die Vorteile in empirischen Netzwerken deutlich werden lasst und auf die Schwierigkeiten und Moglichkeiten der Transaktionen zwischen Akteuren aufmerksam macht. Die Netzwerkanalyse erlaubt es, Bindungen zu Freunden, Arbeitsbeziehungen und intime, idiosynkratische Formen der Beziehungen zu erfassen und mit quantifizierbaren GroBen eine Beschreibung und Analyse der QualitSt der Struktur eines Netzwerks als Binnenstruktur zu analysieren. Die Daten, die von einem Netzwerk auf diese Weise erfasst werden, ermCglichen es, die Position von Akteuren zu analysieren und die ihnen durch diese Position erwachsenden Rollenerwartungen. Diese Positionen selbst ergeben sich aus der Struktur des gesamten Netzwerkes und ermoglichen es einzelnen Akteuren bestimmte strategische Schliefiungsprozesse als cutpoint zu kontrollieren. Dieses strategische Handeln einzelner Akteure kann zum Nachteil einzelner nachgeordneter Positionen fuhren, muss aber nicht. Neben der Position der Akteure ist die Differenzierung und Zentralisierung des Netzwerks identifizierbar, well iiber die Distanz, die zwischen einzelnen Akteuren existiert, und der Position (Hierarchic) qualitative Aussagen gemacht werden konnen. Die Stratifikation des Netzwerks ist deshalb eine interessante Eigenschaft der Struktur von Netzwerken, weil damit die Beziehungen (und die nicht vorhandenen Beziehungen) deutlich ausgewiesen werden konnen. Welters ist anzunehmen, dass in strukturell aquivalenten Netzwerkstrukturen die Diffusion von Wissen gleichmaBiger erfolgt als in sehr starken hierarchisch ausgepragten Netzwerkstrukturen. Wahrend in hierarchischen Netzwerkstrukturen die Kontrolle der Wissensdiffusion als einfacher zu realisieren erscheint, wirkt sich dieser Nachteil an Kontrollierbarkeit in strukturell aquivalenten Beziehungen offenbar als Vorteil der Wissensgenerierung und Diffusion aus, weil dadurch nicht nur strukturelle Dimensionen der Wissensproduktion (vgl. Nahapiet und Ghoshal, 1998) verbessert werden, sondem daruber hinaus die kognitiven und relationalen Dimensionen sich gegenseitig unterstutzen. Insbesondere das Ineinandergreifen der relationalen und kognitiven Dimensionen fiihrt - so unsere These - zu einer VerstSrkung von habitualisierten Handlungen, zu einer Verstarkung von Werten und zur Festigung von Normen und somit insgesamt zur in Kraflsetzung des institutionellen Rahmens, der die Handlungen der Akteure ermoglicht und einschrankt.
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Dichte Netzwerke erlauben es unterschiedliche Wissensformen (und ganz allgemein Austauschbeziehungen) im Netzwerk effizienter zu gestalten und ftihren dazu nichtgreifbare Wissenstypen besser (iber ein breiteres Spektmm an Kontakten zu verteilen. Der Zugriff auf Wissen in Organisationen kann so durch die Netzwerkanalyse empirisch exakt untersucht und zentrale Defizite dargestellt werden. Beispielsweise kann durch eine Analyse der Muster der Beziehungen der Akteure in einem Dendogramm erkenntlich gemacht werden, iiber welche Kontakte jeweils einzelne Cliquen in einem Netzwerk miteinander in Verbindung stehen. Und schiieClich ist anzumerken, wenn ein Muster von Beziehungen in Netzwerken identifiziert werden kann, dann ist es auch moglich, die Effizienz des Austauschs in den Beziehungen iiber die tatsSchliche Struktur der Bindungen zu untersuchen. Die Netzwerkanalyse ist in dem hier verwendeten Verstandnis nicht nur ein methodisches Werkzeug um Netzwerkstrukturen zu analysieren, sondem auch eine empirisch fundierte Theorie, weil die einzelnen Akteure im Netzwerk ihre Handlungen immer im Kontext der Beziehungen, in die sie eingebettet sind durchfuhren und damit die Struktur in Kraft setzen, die wiederum ihre Handlungen bestimmt (vgl. Giddens, 1984).
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III. Das Modell iiber den Zusammenhang von Vertrauen und Sozialkapital In diesem Teil der Arbeit mOchte ich die in den beiden vorangehenden Abschnitten diskutierten Uberlegungen in ein konzeptionelles Modell zusammenfassen und daran anschliefiend zentrale Telle des Modells einer empirischen Uberprtiflmg unterziehen. Aufgabe dieses Abschnittes ist es, im Rahmen einer empirischen Untersuchung die im Modell formulierten Hypothesen zu uberprufen. Sowohl Vertrauen als auch Sozialkapital wird von makroorganisationalen, als auch von mikroorganisationalen Faktoren bestimmt. Handlungsanreize sind nicht nur das Ergebnis individueller nutzenmaximierender Entscheidungen, sondem werden durch die Einbettung der Akteure in eine soziale Struktur beeinflusst (Granovetter/Swedberg, 2001). Die Schwierigkeit besteht hier darin, dass weder individuelles Handeln vollstandig die soziale Struktur, noch die soziale Struktur das individuelle Handeln bzw. die individuellen Handlungsmoglichkeiten determiniert, sondem beide sich gegenseitig beeinflussen. Wie in den vorangehenden Abschnitten festgestellt, ist soziales Kapital ein intangibler Vermogenswert, der den Erfolg von Untemehmen bestimmt. In meiner zentralen Uberlegung, gehe ich davon aus, dass Firmen, die prekare BeschSftigungsformen unterhalten, den Aufbau einer dauerhaften sozialen Bindung erschweren, und dadurch weniger soziales Kapital bilden. Es ist also zuerst einmal die Frage interessant, wie Vertrauen und Sozialkapital entsteht? Und in weiterer Folge in welchem AusmaB Unterschiede zwischen Vollzeit- und Teilzeitbeschaftigten, befristeten und unbefristeten Arbeitnehmem im Aufbau von Vertrauen und Sozialkapital zu beobachten ist. In meiner Diskussion ausgewShlter Wissensmanagement-Modelle habe ich zu zeigen versucht, dass die Voraussetzungen, unter denen Wissen ausgetauscht und produziert wird mit komplexen, sehr intensiven sozialen Beziehungen verbunden sind. In der Praxis des Wissensmanagements wird vielfach jedoch nur von der Speicherung, Verwaltung und Kontrolle expliziter WissensbestSnde gesprochen (Probst, Raub und Reinhardt, 1997). Man gewinnt den Eindruck, als wiirde es nur darum gehen, Wissen zu verwalten und dass diese Verwaltungsanstrengung dazu dient, um das Wissen weitgehend unabhSngig von Personen zu verarbeiten und zu nutzen. Arbeiten wie die von Pelz und Andrews (1966), die Untersuchungen von Mintzberg (1973) und die Studie von Bums und Stalker (1961) haben gezeigt, dass Individuen bevorzugt andere Individuen um Informationen und um RatschlSge bitten und nur relativ selten auf Wissen in Dokumenten zurtickgreifen. Cross (2001) fand heraus, dass in Forschungsein159
richtungen funfmal ofter auf personliches Wissen von Kollegen zuriickgegriffen wird als auf Wissen, das in Datenbanken zur Verfiigung gestellt wird. Er zeigt in seinen Untersuchungen, dass sogar in Firmen, die tiber hoch entwickelte elektronische Datenbanken verfugen, eine signifikant hohere Nachfrage nach personlichem Wissen und Gespralchen mit Kollegen besteht, als nach Wissen, das in Datenbanken gespeichert vorliegt. Burt (1992) hat in mehreren Studien herausgefunden, dass personliche Kontakte eine wichtige Quelle von Informationen sind?"* Wenger (2001) hat zeigen konnen, dass sozialen Beziehungen eine zentrale Rolle am Arbeitsplatz zukommt, um eingespielte Arbeitsroutinen von Kollegen zu lemen. Eine Reihe von empirischen Studien hat nachweisen konnen, je starker die Bindung zwischen einzelnen Individuen, umso wahrscheinlicher ist ein erfolgreicher Wissensaustausch zu realisieren (vgl. Hansen, 1999; Szulanski, 2003; Uzzi, 1997). Krackhardt hat in mehreren Arbeiten zeigen konnen, dass die Starke der Bindung zwischen zwei Akteuren, eine Voraussetzungen darstellt, damit Wissen iiberhaupt ausreichend verstanden wird, und somit ausgetauscht werden kann (Krackhardt, 1992:218f.). Warum sollen aber feste Beziehungen (also strong ties) vorteilhafter in der Ubertragung von Wissen sein? Tsai und Ghoshal (1998) stellen fest, dass starke Bindungen, strong ties in einem sehr viel starkeren Umfang Vertrauen aufbauen und fiir den Austausch von Wissen unersetzlich sind, erganzend merken sie an: "knowledge generated by individual units does not come to bear on an organization independently [...] Knowledge and ideas are shared and common meanings are developed through interactions. Knowledge is socially constructed, and organizational learning involves a complex social process in which different units interact with each other [...] An organization is a repository of knowledge. The ability to access knowledge and to integrate it effectively is truly a source of competitive advantage" (Tsai and Ghoshal, 1998:1014). Szulanski fugt in diesem Zusammenhang hinzu: "knowledge is difficult to spread across different units within an organization in which pre-existing relationships among units are absent. Indeed, innovative ideas are often at the nexus of interunit links. To foster innovation, information and knowledge should be deliberately dis-
Ich verwende hier den Begriff Informationen, persOnliches Wissen so wie sie von den Autoren jeweils in der entsprechenden Literatur verwendet wurden. Damit ist zwar nicht der Unterschied deutlich gemacht, der zwischen impliziten und expliziten Wissensformen existiert; aber es ist ein Verfahren, so denke ich, das der ursprunglichen Verwendung und der Quelle, aus der der Begriff entnommen wurde, gerechter wird.
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tributed. A network of interunit links provides channels for distributing information and knowledge in such a way as to stimulate and support innovative activities. A central network position is associated with innovation outcomes for individual units within an organization" (Szulanski, 1996:27f) Im vorigen Abschnitt wurde erortert, dass Vertrauen und soziales Kapital nicht nur die Transaktionskosten in der Wissensproduktion reduzieren, sondem konkrete Strukturen sozialer Netzwerke erst das Talent, die Kreativitat, bzw. das implizite und/oder nicht artikulierbare Wissen verteilen und zwischen den Kontakten zur Verfligung stellen. Ein hoher Grad an Vertrauen und dichte soziale reziproke Bindungen erhohen zudem die intrinsische Motivation zu kooperieren (Deci, Ryan, Gagne, Leone, Usunov und Komazheva, 2001; Deci, Eghrari, Patrick, und Leone, 1994). Wahrend im traditionellen Managementverst^ndnis, das vorwiegend durch den Fordismus gepragt war, es hauptsachlich - wenn nicht ausschlieBlich - darum ging (bzw. geht), "die menschliche [...] Arbeit und [das] menschliche [...] Zusammenleben durch die Technik des Zerlegens" wie McLuhan vor mehr als vierzig Jahren (1964:22) feststellte "zu bestimmen", scheint mir, dass dies eine giiltige Beschreibung fur die Praxis des Wissensmanagements von heute ist. Dabei ist es vollkommen gleichgultig, wie dieser Prozess des Zerlegens genannt wird, er dient der Kontrolle. Paradox wird dieses Vorhaben der Kontrolle erst dann, wenn durch das Zerlegen das zu KontroUierende verloren geht. Auch organisationsokonomische Ansatze wie der Transaktionskostenansatz verstehen Vertrauen als einen essentiellen Bestandteil funktionaler Organisationsroutinen. Wie ich noch zeigen werde, unterstelle ich in dem hier diskutierten Modell, dass mit einer sinkenden, subjektiv wahrgenommenen Beschaftigungssicherheit die Bereitschaft der Mitarbeiter abnimmt, in die sozialen Beziehungen am Arbeitsplatz zu investieren. Dadurch werden, so meine Argumentation, reziproke und interdependente Austauschbeziehungen formeller und informeller Natur in der Organisation briichig, und in dem relativ kurzen Zeitraum einer Beschaftigung nur weniger intensiv in den Aufbau von Vertrauen und Sozialkapital investiert. Fehlt es in der Untemehmung an Sozialkapital, so gelingt es der Organisation als ganzes nur schwer, idiosynkratische Ressourcen (d. h. implizite, nicht-artikulierbare oder nicht artikulierte Wissensformen und persOnliche Erfahrungen und personengebundenes Know-how) auszutauschen. An dieser Fahigkeit, personliche, lokale (Hayek, 1937) und implizite Wissensformen (Polanyi, 1957) auszutauschen, hangt letztlich die Fahigkeit, so die These hier, uberhaupt Wissen in einem Untemehmen zu generieren. Gerade deshalb ist ganz im Sinne der ressourcenorientierten Perspektive die Untemehmung als "Repositorium von 161
Wissen" (Penrose, 1959; Foss, 1998:2) zu konzeptionalisieren. Penrose (1959) bezeichnete die Firma nicht nur als ein Repositorium produktiver Wissensformen, sondem verwies auch darauf, dass ein Untemehmen als Institution zu denken ist die Wissen produziert. Dieses Wissen ist allerdings kein materieller Vermogensbestandteil, sondem entsteht erst durch das Zusammenspiel von materiellen Produktionsfaktoren und immateriellen Leistungen des Humankapitals. Konkret verweist Penrose darauf, dass die Produktion und das Management des Wissens wie ein Untemehmen produziert, nicht in der Theorie, erst recht nicht in der Praxis zu trennen ist. Aber gerade das scheint das Ziel eines auf das Untemehmen zugespitzten Wissensmanagement zu sein. Aber im Vordergrund steht nicht die abstrakte Festschreibung von personenbezogenen Wissensformen, die vielfach in habitualisierten Praktiken und organisationalen Routinen stecken, sondem die Produktion und Diffusion dieser idiosynkratischen Ressourcen. Diese Produktion und Diffusion ist als zentrale Voraussetzungen zu sehen, um firmenspezifische Kompetenz und firmenspezifische Ressourcen aufzubauen, also jene FShigkeiten, die Nelson und Winter (1982) in Anlehnung an Penrose (1959) als ganzes Biindel von Fahigkeiten "bundle of resources" und Teece, Pisano und Shuen (1997 als dynamische Fahigkeiten ausweisen. Dementsprechend mOchte ich im Folgenden der Frage nachgehen, unter welchen organisationalen Bedingungen Vertrauen und Sozialkapital entstehen? Warum engagieren sich Beschaftigte und investieren sie Zeit und Energie in soziale Beziehungen und von welchen organisationalen Rahmenbedingungen hSngt dieses Engagement ab? Unter welchen Voraussetzungen investieren Organisationsmitglieder in den Aufbau von Sozialkapital? Und von welchen Faktoren wird der Aufbau von Vertrauen in Organisationen beeinflusst?
1. Zwei allgemeine Szenarien - ein konzeptionelies Modell Um diese Frage zu beantworten, gehe ich von einem konzeptionellen Modell aus, das im Folgenden erortert wird. Im dem ersten Fall unterstelle ich einen positiven Zusammenhang zwischen der Stabilitat von ArbeitsverhSltnissen und dem Aufbau von Sozialkapital und Vertrauen. In sozialen Netzwerken mit einem hohen Vorrat an Sozialkapital und Vertrauen ist eine positive Wirkung auf den Austausch von idiosynkratischen Wissensformen zu vermuten (Hansen, 1999; Uzzi, 1997; Szulanski, 2003). Wenn das so ist, dann hat ein Untemehmen jene Voraussetzungen erfUllt, die es in die Lage versetzt firmenspezifische Kompetenzen und Ressourcen zu entwickeln, die wiederum eine positive Wirkung auf den Untemehmenserfolg zeigen (Tsai und Ghoshal, 162
1998). In weiterer Folge unterstelle ich eine positive Wirkung des Untemehmenserfolges auf die Stabilitat von Beschaftigungsverhaltnissen. Damit setzt sich in diesem Modell ein positiver Zyklus in Gang, der bestehendes Vertrauen verbessert und erweitert, der die Motivation der Mitarbeiter verstSrkt vorhandene soziale Kontakte weiter zu pflegen und in neue Kontakte zu investieren. Damit erhSht sich der existierende Bestand an Sozialkapital und Vertrauen und die Bedingungen werden weiter verbessert, um nicht-artikuliertes und nicht-artikulierbares Wissen, das in organisational Routinen eingebettet ist, auszutauschen. In diesem Szenario kann eine Organisation die Transaktionskosten in der Ubertragung und in der Nutzung idiosynkratischer Erfahrungen gering halten, wenn es gelingt ein soziales Klima zu initiieren in dem die Kooperation zwischen Mitarbeitem und dem Management nicht nur gewahrleistet wird, sondem auch einen hohen intrinsischen Wert fur die Betroffenen bringt (Deci, Ryan, Gagne, Leone, Usunov und Komazheva, 2001). Sozialkapital und Vertrauen ermQglichen es, so verstanden, Organisationen Kompetenz und firmenspezifische Ressourcen auszubauen und produktiv zu nutzen. Dieser erweiterte Bestand an firmenspezifischen Kompetenzen und FShigkeiten wirkt sich wiederum positiv auf das Gesamtergebnis der Untemehmen aus. Die ressourcenorientierte Theorie der Firma geht davon aus, dass intangible VermSgenswerte wichtige Quellen von Wettbewerbsvorteilen sind (Wemerfelt, 1984; Barney, 1991 und 2001). In dem hier skizzierten Modell werden der Austausch und die Produktion von impliziten Wissensformen als Voraussetzung verstanden, damit in einem UntemehmenfirmenspezifischeRessourcen und Kompetenzen aufgebaut werden konnen. Damit jedoch nicht-artikulierbares Wissen iiberhaupt ausgetauscht werden kann, mussen zum einen ein hoher Grad an Vertrauen und zum anderen ein hoher Vorrat an Sozialkapital vorhanden sein, so die These. Nur in einer vertrauenswiirdigen Organisation mit einem hohen Vorrat an Sozialkapital, so die Uberlegung, entstehen jene positiven, rekursiven, sich selbstverstarkenden sozialen Interaktionen, die den Austausch und die Generierung neuen Wissens fSrdem. Ein hoher Bestand an Sozialkapital verbessert dariiber hinaus die AufhahmefShigkeit neuer Wissensformen und sichert nicht nur den Zugang zum impliziten Wissen einzelner oder koUektiver Akteure. Sozialkapital und Vertrauen werden also nicht nur als Bedingungen konzeptionalisiert, damit in Untemehmen Wissensproduktion und Wissensaustausch stattfinden, sondem ein hoher Grad an Vertrauen minimiert zusatzlich im Austausch intangibler Leistungen die damit verbundenen Transaktionskosten und verbessert die AufiiahmefShigkeit nicht artikulierbarer und nicht-artikulierter Wissensformen (Szulanski, 2003).
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1.1. Modellzusammenhang - Szenario I Abbildung 29: Stabile Beschaftigung Szenario I (eigene Darstellung)
Aufbau firmenspezifischer Kompetenz und Ressourcen
Zugriff und Produktion idiosynkratischen Wissens
Untemehmenserfolg Sozialkapital Vertrauen
Stabile Beschaftigungsverhaltnisse In der folgenden Abbildung sind die einzelnen Zusammenhange illustriert. Erfolgreiche Untemehmen, so die Uberlegung kQnnen langerfristige und stabile Beziehungen zu ihren Beschaftigten aufbauen und garantieren. Von dieser Voraussetzung ausgehend, so die zentrale Uberlegung, ist es Organisationsmitgliedem eher moglich vertrauenswiirdige Beziehungen aufzubauen und in soziales Kapital zu investieren. Es ist plausibel anzunehmen, dass kurzzeitig Beschaftigte, oder nur im Rahmen eines einzigen Auftrages beschaftigte freie Mitarbeiter beispielsweise, kaum Energie und Zeit in den Aufbau von dauerhaflen sozialen Beziehungen investieren werden. Anzunehmen ist, dass jeweils nur in dem AusmaB in soziales Kapital investiert wird, damit der jeweilige Auflrag erfolgreich bzw. zufrieden stellend durchgefiihrt werden kann. Es ist zudem plausibel, dass in diesen Fallen nur insoweit kooperiert wird, wie dies zur Erfiillung des Auflrages notwendig ist. LSngerbindende soziale Verpflichtungen und Hilfestellungen, die erst in Zukunft erwidert werden konnen, werden dann gar nicht erbracht. Die beschriebenen Zusammenhange sind in der dargestellten Abbildung noch einmal zusammengefasst. Folgende Uberlegungen sind hier also skizziert. Unterstellt wird, dass stabile Beschafligungsformen einen positiven Einfluss auf den Aufbau von Sozialkapital zeigen. Gleichzeitig wird uber stabile Beschafligungsformen auch der
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Aufbau von Vertrauen in Organisationen beeinflusst. Ich gehe davon aus, dass Vertrauen ebenso wie Sozialkapital von einer Reihe mikro-organisationaler Variablen die ich im weiteren ausfuhrlich bespreche - wie z. B. idiosynkratischer Arbeitsinhalt, partizipationsfordemde Managementstrukturen, feedbackorientierte Managementstrukturen, Fehlerakzeptanz in der Untemehmung, partizipative Managementstrukturen, individualisierte Entgeltsysteme und individuelle Leistungskontrolie, Stress und Kontrolle, bestimmt werden. Unterstellt wird dabei, dass ein hoher Grad an Sozialkapital und Vertrauen positiv auf den Zugriff und auf die Produktion von idiosynkratischem Wissen wirkt. Damit baut sich - so die Uberlegung - ein Untemehmen einen nachhaltigen Vorrat an firmenspezifischen Ressourcen und Kompetenzen auf. Von der Nutzung dieses Vorrats an firmenspezifischen Ressourcen und Kompetenzen, der mit Teece, Pisano und Shuen (1997) als ''dynamic capabilities'' konzeptionalisiert wird, ist der Erfolg des Unternehmens bestimmt (Penrose, 1959). Ein erfolgreiches Untemehmen wird sehr viel wahrscheinlicher in dauerhafte Beschaftigungsbeziehungen investieren kOnnen und damit das Wissen, das Talent und die Fahigkeiten von Mitarbeitem binden konnen. 1.2. Modellzusammenhang - Szenario II (negativer Zyklus) Im Szenario II - illustriert in der Abbildung 30 - sind die negativen Zyklen der Zusammenhange skizziert. Ausgangspunkt sind unbest^ndige und kurzfristige Arbeitsbeziehungen in Untemehmen. Angenommen wird, dass BeschSftigte in prekaren und unsicheren Beschaftigungsformen weniger Energie und Zeit in den Aufbau von sozialem Kapital investieren.
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Abbildung 30: Instabile Beschaftigung Szenario II (eigene Darstellung)
Erosion firmenspezifischer Kompetenz und Ressourcen Verschlechterung des Untemehmenserfolg
instabile und kurzfristige Beschaftigungsverhaltnisse
Erschwerter Zugriff und ^geringere Produktion idiosynkratischen Wissens Weniger Vorrat an Sozialkapital Geringeres Vertrauen
Wenn ilberhaupt, so ist zu vennuten, dass sie dies nur dann tun, wenn sie tiber das veraiutete BeschaftigungsausmaB hinaus Vorteile erwarten. Entsprechend ist anzunehmen, dass unsicher Beschaftigte auch kein groBes Interesse haben werden in soziale Verpflichtungen zu investieren, die tiber ihren zeitlich befristeten Horizont der Beschaftigung hinausgehen. Angenommen wird auch, dass sie ein geringeres Interesse haben, in vertrauenswurdige Beziehungentiberden engsten Kreis ihrer KoUegenschaft hinaus zu investieren. Es ist zu vermuten, dass BeschSftigte in prekSren Arbeitsverhaltnissen in einem geringeren AusmaB in reziproke Verpflichtungen investieren, ais Beschaftigte mit stabilen und dauerhaften Arbeitsvertragen. Weniger plausibel ist es, anzunehmen, dass kurzfristig Beschaftigte auf Vertrauen gSnzlich verzichten. Es ist allerdings keineswegs anzunehmen, dass komplexe, unsichere Umwelten Misstrauen automatisch aufbauen. Gerade das Gegenteil ist der Fall. Weick (2001:33If.) sieht Organisationen in komplexen unsicheren Situationen immer nur dann fahig mit unvorhergesehenen Pannen erfolgreich umzugehen, wenn sie ein hohes MaB an Vertrauen ausgebildet haben. Das ist keine nebensachliche These, sondem stellt sich als elementare Voraussetzung heraus. Vertrauen ist so verstanden ein essentieller Bestandteil um in komplexen und unsicheren Situationen angemessen reagieren und handeln zu kSnnen.
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1.3. Soziales Kapital und Vertrauen als abhangige Variablen Karl Weick zeigt, dass mit zunehmender Unsicherheit Vertrauen eine immer grSBere Rolle spielt (Weick, 2001:331) urn Uberhaupt die Handlungsfahigkeit in komplexen Situationen aufrechtzuerhalten. Nicht viel anders Luhmann (1968), er sieht die Funktion von Vertrauen primSr in der Reduktion von Komplexitat. Vertrauen reduziert in sozialen Beziehungen aufwSndige Kommunikationsrituale und minimiert gerade in Okonomisierten Beziehungen auftretende Transaktionskosten. Es liefie sich hier die These vertreten, dass vollkommen okonomisierte Beziehungen in einer Gesellschaft, ebenso in einem Untemehmen, in der Praxis nicht umsetzen lieBen, weil sie mit extrem hohen Transaktionskosten in Verbindung sttinden. Es konstituieren sich also vielfSltige Austauschbeziehungen erst durch ein gewisses MaB an Vertrauen. Vertrauen wurde in der vorliegenden Untersuchung tiber Fragebogen-Items operationalisiert, bei denen die Einstellung erhoben wurde, in welchem AusmaB Befragte Kollegen und Vorgesetzten Vertrauen schenken und wie hoch Befragte das Vertrauen, das Kollegen und Vorgesetzte in sie setzen, einschatzen. Soziales Kapital und Vertrauen wurden in der vorliegenden Untersuchung als zwei abhangige Variable konstruiert. Unter Bezugnahme auf die existierende Sozialkapitalliteratur werden oft beide Konstrukte zusammenzufuhren. Vertrauen bildet aber eine Voraussetzung fiir die Ausbildung von sozialem Kapital (Putnam, 2000). Werden beide Merkmal sozusagen ftisioniert, gehen - so die hier vertretene Auffassung - wichtige Informationen verloren. Die in der Untersuchung verwendeten Fragebogen-Items lassen sich fiir das Konstrukt Vertrauen als auch filr das Konstrukt Sozialkapital in einer Gegenuberstellung mit der existierenden Literatur zum Thema Sozialkapital als approximative Variable legitimieren. Die Fragebogen-Items fiir das Konstrukt Vertrauen wurden als fiinfstufige Ratingskala formuliert. Soziales Kapital wird in dieser Untersuchung durch die tatsachliche Anzahl verschiedener sozialer Kontakte gemessen. Auch wenn in der einschlSgigen Literatur eine Vielzahl verschiedener Sozialkapitaldefmitionen existiert, haben alle mehr oder weniger gemeinsam, dass es dabei um die Quantitat und Qualitat der sozialen Kontakte in einer sozialen Gemeinschaft geht. In dem hier in dieser Untersuchung implizit verwendeten Verstandnis, geht es aber in dem Versuch, soziales Kapital festzumachen, immer um das AusmaB der sozialen Einbettung einzelner Akteure in einen Verband anderer sozialer Akteure und den Ressourcen, die dadurch zur Verfiigung stehen.
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Im vorhergehenden Abschnitt wurde die Vielfalt der verschiedenen Sozialkapitaldefinitionen diskutiert. Es ging dabei nicht eine Perspektive gegeniiber einer anderen zu diskriminieren. Wie gezeigt wurde, ist mit dem Begriff Sozialkapital eine komplexe soziale Wirklichkeit von sehr verschiedenen Standpunkten heraus beschrieben. In einer empirischen Untersuchung stellt sich aber immer die Frage, in welchem AusmaB diese Vielfaltigkeit eines Konstrukts auf eine messbare Grofie, die reliable und valide fiir das Konstrukt steht, heruntergebrochen werden kann. Einen Vorteil dieser Untersuchung sehe ich darin, dass ein erster Versuch gemacht wird, um dieses komplexe Phanomen zu beschreiben und einer empirischen Uberprufung zuzufuhren. Zentrales Erkenntnisinteresse hierbei ist es einzelne Faktoren herauszuarbeiten, die das AusmaB und das Entstehen von sozialem Kapital erklaren. Die tatsSchliche empirische Realitat dieser Faktoren kreist - wie sich zeigen wird - um die Frage der Integration (Eingrenzung) und Ausgrenzung sozialer Akteure in einer konkreten Menge von sozialen Beziehungen. Allerdings soil hier nicht der Eindruck vermittelt werden, dass die Struktur das bestimmende Element ist bzw. die einzelnen Moglichkeiten und Handlungen der Akteure determiniert. Putnam beispielsweise hat Sozialkapital hauptsachlich mit dem zivilgesellschaftlichen Engagement gleichgesetzt. Den von ihm verwendeten Sozialkapitalindex hat er aus folgenden vierzehn Indikatoren zusammengesetzt (siehe hierzu: Putnam, 2000:414ff.). Folgende Fragebogen-Items verwendet Putnam zur Generierung des Vorrats an Sozialkapital. 1. Agree that "I spend a lot of time visiting friends"; 2. Agree that "Most people can be trusted"; 3. Agree that "Most people are honest"; 4. Attendance at any public meeting on town or school affairs in last year (percent); 5. Number of civic and social organizations per 1000 population; 6. Average number of club meetings attended in last year; 7. Average number of group memberships; 8. Average number of times volunteered in last year; 9. Average number of times entertained at home in last year; 10. Average number of times worked on community project in last year; 11. Number of non-profit organizations per 1000 population; 12. Served as officer of some club or organization in last year (percent); 13. Served on committee of some local organization in last year (percent); 14. Turnout in presidential elections, 1988 and 1992. Putnams Ansatz soziales Kapital zu messen hat Vor- und Nachteile. Der zentrale Vorteil liegt darin, dass es sich hierbei um relativ einfach zu erhebende Daten handelt. Auch sind die Daten eindeutig messbar, was ein wichtiges, jedoch sehr oft tibergangenes Kriterien in sozialwissenschaftlichen Untersuchungen ist. Insbesondere in den USA sind tiber mehrere Jahrzehnte hinweg umfangreiche Datensatze zu den von Putnam herausgegriffenen Fragen vorhanden. Putnam hat auch auf seiner Webseite die Datensatze zur Verfiigung gestellt. Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass hier das Konstrukt Sozial168
kapital mit der Annahme verbunden ist, dass ein freiwilliges und unentgeltliches Engagement in gesellschaftlichen Bereichen (z. B. in Vereinen, Nachbarschaftsgruppen etc.) das soziale Engagement einer untersuchten Population zeigt. Ein Nachteil ist jedoch, dass diese Methode der Messung des zivilen Engagements mit Reziprozitat gleichgesetzt wird (vgl Putnam, 2000: 505). Ich der vorliegenden Untersuchung wurde durch die foigenden Fragebogen-Items Soziaies Kapital operationalisiert. Aus den einzelnen Fragebogen-Items wurde ein Index konstruiert, der aus der Summe der jeweiligen sozialen Kontakte des Befragten besteht. Die abhSngige Variable Sozialkapital wurde also durch •
die Anzahl der Kontakte die Beschaftigte mit Kollegen unterhalten,
•
die Anzahl der Kontakte zu Kollegen, auf die sich - in ihrer EinschStzung - die Befragten 100%ig verlassenkonnen;
•
die Anzahl der Kontakte zu Kollegen und die Anzahl der Kontakte zu Vorgesetzten, die von den Probanden alsfreundschaftlicheKontakte eingestuft werden; und durch
•
die Anzahl der sozialen Kontakte zu Kollegen mit denen aktiv Freizeit verbracht wird.
Welters bin ich von der Uberlegung ausgegangen, dass jene Kontakte besonders starke Bindungen aufweisen, mit denen die Befragten auBerhalb der Arbeitszeit Freizeitaktivitaten durchftihren. Vertrauen zu messen erscheint auf den ersten Blick problematischer. In einer wissenschaftlichen Analyse von Vertrauen lassen sich einige zentrale Komponenten identifizieren. In der durchgefuhrten Untersuchung ging es primSr darum, festzuhalten, in welchem Ausmafi einzelne Akteure anderen Kollegen und ihren Vorgesetzten Vertrauen schenken und welche Einschatzung sie selbst haben, in welchem Ausmafi Kollegen und Vorgesetzte ihnen selbst Vertrauen schenken. Gemessen wurde dies mit der Formulierung geeigneter Fragebogen-Items mit einer ftinf-stufigen Ratingskala und es wurde daraus ein Index fur das Konstrukt Vertrauen gebildet. Die ganze Komplexitat von Vertrauen und die einzelnen Funktionen von Vertrauen standen also hier nicht im Vordergrund. Gemessen wurde die Einschatzung der Befragten wer ihnen vertraut und wem sie selbst Vertrauen schenken. Das andert nichts daran, dass Vertrauen die im konzeptionellen Modell dieser Untersuchung unter-
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stellten Funktionen erfUUt. Wie in den vorigen Abschnitten erlSutert, besteht diese Funktion darin, dass Vertrauen die Handlungsfdhigkeit von Akteuren in komplexen und groBteils unsicheren Umwelten sicherstellt. Vertrauen ist ein unerlSssliches Schmiermittel in wirtschaftlichen Transaktionen (Arrow, 1974). Mit Luhmann iSsst sich feststellen, wie erwahnt, dass Vertrauen Komplexitat reduziert und damit erst eine Systemfunktionalitat herstellt. Auf dieser Ebene Vertrauen zu messen ist schwierig. Ein weiterer angesprochener Aspekt von Vertrauen bezieht sich auf die Einschatzung von Risiken, die jegliche Handlung eines Akteurs einschliefit. Vertrauen impliziert somit immer das Risiko der Enttauschung durch eine Handlung Oder ein Handlungsergebnis, das erst in der Zukunfl eintritt. Der Versuch Vertrauen auf dieser kognitiven und handlungspraktischen Ebene zu messen ist schwierig, well damit mit groBer Wahrscheinlichkeit nicht das Vertrauen, sondem das AusmaB an Enttauschung gemessen wird. Da Vertrauen immer mit einer zukiinftigen Verhaltenserwartung in Zusammenhang steht, ist es zudem problematisch konkrete Einstellungen von gegenwartigen, vergangenen und erwarteten zukiinftigen Handlungen abzugrenzen. Vor dem Hintergrund dieser Uberlegungen habe ich mich entschieden, standardisierte Fragebogen-Items in der Untersuchung zu verwenden, die sich darauf beschrSnken den jeweiligen Grad an Vertrauen der Befragten in Kollegen und Vorgesetzte mit einer fiinfstufigen Ratingskala zu messen. Der Vorteil standardisierter Fragebogen-Items mit einer Ratingskala liegt darin, dass es sich hier um ein bewShrtes Testverfahren handelt, mit dem Einstellungen gemessen werden konnen. Vertrauen als abhangige Variable habe ich aus den Fragebogen-Items konstruiert, die primSr direkt die Einstellimg der Befragten messen, ob sie ihren unmittelbaren Kollegen Vertrauen schenken, ob sie ihren Vorgesetzten Vertrauen schenken, und inwiefem sie fmden, dass ihre Vorgesetzten Vertrauen in sie setzen. Sozialkapital und Vertrauen wurden aus pragmatischen Grthiden als zwei getrennte abhangige Variable konstruiert. Primar deshalb, well ich die Anzahl der freundschaftlichen und verlasslichen Kontakte ein ganz zentrales Merkmal von Sozialkapitaldefmitionen ist. Innerhalb der Sozialkapitalliteratur lassen sich zwei Richtungen festmachen in denen diese beiden Defmitionen gebrauchlich sind. Eine Richtung betrifft hauptsachlich Arbeiten von Burt (1992, 1997), Fortes (1998) und Lin (2001) die Sozialkapital mit der Struktur und der Qualitat von sozialen Netzwerken in Verbindung bringen. Woolcock (1998) bezeichnet diese Form der Messung von Sozialkapital als 170
eine Bewertung des sog. linking social capital, well vorwiegend die Anzahl der Bindungen bewertet werden. Eine andere Richtung in der Sozialkapitalliteratur, die mit Arbeiten von Putnam (2000) in Verbindung gebracht wird, versucht Sozialkapital Uber die Eigenschaft der Solidaritat, des zivilen Engagements und des Vertrauens, das in soziaien Gruppen oder Gesellschaften existiert zu messen. Grundsatzlich geht es in dieser Untersuchung ja darum, diejenigen organisationalen Faktoren herauszuarbeiten, die das AusmaB von Vertrauen und Sozialkapital beeinflussen. Zurzeit existiert in der einschlSgigen Literatur zum Thema Sozialkapital und Vertrauen keine einschlagige empirische Untersuchung zu dieser Frage. Neuere Arbeiten konzentrieren sich primSr darauf, die Dimensionen von Sozialkapital zu erheben (vgl. hierzu Grootaert, Narayan, Jones, und Woolcock, 2003). Andere Arbeiten konzentrieren sich auf die Untersuchung der Wirkung von Sozialkapital und konzentrieren sich auf die Frage, welchen wirtschaftlichen Wert Vertrauen in Organisationen einnimmt (Woolcock, 1998). Die generelle These in dieser Arbeit ist, dass prekSre und instabile Beschafligungsformen kaum oder in einem sehr geringen AusmaB den Aufbau von Vertrauen und Sozialkapital ermQglichen. Daruber hinaus ist es von Interesse, von welchen organisationalen Faktoren der Vorrat an Vertrauen und Sozialkapital in Organisationen bestimmt wird. Um diese Frage zu beantworten wurde eine Fragebogenuntersuchung durchgefuhrt mit der verschiedene organisational Eigenschaften gemessen wurden. In der Erstellung des Fragebogens konzentrierte ich mich darauf, jene Merkmale einer Organisation als Fragebogen-Items zu formulieren, die mit der Produktion und dem Austausch von Wissen in Zusammenhang stehen und von denen im Ruckgriff auf die existierende Literatur angenommen werden kann, dass sie sowohl den Bestand an Vertrauen als auch den Vorrat an Sozialkapital beeinflussen. In der Untersuchung wurden daher die folgenden Faktoren erhoben: •
die Kritikfahigkeit der Organisation;
•
das AusmaB des praktizierten Feedbacks in einem Untemehmen;
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die Kooperationsbereitschaft der Mitarbeiter;
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den Umfang der Einbindung der Mitarbeiter in organisationale Entscheidungsprozessen;
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die Identifikation der Probanden mit den eigenen organisationalen Arbeitsaufgaben;
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das AusmaB der von den Befragten wahrgenommen Aufgaben-Interdependenz; 171
•
der Umfang der Abgeltung der individualisierten Leistungserbringung in der Einschatzung der Befragten;
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in weichem Umfang Befragte, die eigenen Arbeitsaufgaben unter Stress und Arbeitsdruck ausiiben;
•
dariiber hinaus wurden allgemeine soziodemografische Merkmale erfasst, wie z.B. EinkommenshShe, Alter, Beschaftigungsdauer im Untemehmen, Einschatzung der eigenen Mobilitat und Fragen zur Stellung in der Hierarchie in der Organisation, neben den sonst iiblichen soziodemografischen Angaben.
Das erkenntnisleitende Interesse in der vorliegenden Arbeit richtete sich darauf, mikro-organisationale Faktoren herauszuarbeiten, die die Entstehung von Sozialkapital und Vertrauen erklaren. Im empirischen Teil dieser Arbeit steht jedoch weniger die Sichtweise bzw. die Bewertung des Managements und der leitenden Angestellten im Mittelpunkt des Interesses, sondem die Befragung richtete sich auf die Messung der Einstellungen einfacher und mittierer Beschaftigter in Untemehmen. Mit dem Ergebnis der Befragung wurde eine konfirmatorische Faktorenanalyse durchgefiihrt. Ergebnis dieser Faktorenanalyse waren mikro-organisationale Faktoren, die als unabhangige Variable in das Modell und in die Hypothesenformulierung einfliefien. 1.4. Faktorenanalyse ausgewahlter Fragebogen-Items (abhangigen Variable) Bei der Faktoranalyse geht es um die Reduktion von Informationen. In diesem Verfahren werden Kommunalitaten einer groBeren Anzahl von Variablen reduziert, indem Items mit sehr ahnlichem Antwortverhalten zusammengefasst werden. Hinter den zusammengefassten Items steht ein Konstrukt, das fiir das gemessene Merkmal steht. Die Faktorenanalyse ist ein Verfahren, mit dem einzelne Gruppen von Faktormustem identifiziert werden. Das Verfahren pruft, inwieweit eine Gruppe von Items starker miteinander zusammenhangt und welche Gruppe von Items nicht mit dem ausgewiesenen Faktor in Zusammenhang steht. Im Rahmen der fur diese Arbeit durchgefuhrten Faktorenanalyse wurden die im Folgenden diskutierten Faktoren extrahiert. Die Darstellung der Ergebnisse der Faktorenanalyse dient nicht nur der Beschreibung der in die Modellrechnung eingebrachten unabhangigen Variablen, sondem dient auch der Diskussion der Faktoren vor dem Hintergrund der einschlagigen Literatur und hat zum Ziel, die zentralen Thesen, die einer empirischen Prtifung unterzogen werden, vorzustellen.
172
1.4.1. Ergebnisse und Interpretation der Faktoren 1.4.1.1. Faktor 1 - idiosynkratischer Arbeitsinhalt Die Gestaltung von Arbeitsaufgaben ist in der Organisationsforschung eine der zentralen Herausforderungen. Ausgehend von den Hawthome-Studien hat sich die Organisationsforschung immer wieder mit ArbeitsgestaltungsmaBnahmen auseinandergesetzt, um die Produktivitat in Untemehmen zu verbessem. Eine kritische Auseinandersetzung mit dieser Thematik steht dabei jedoch in der einschlagigen Literatur nicht im Vordergrund. Das mag damit zu tun haben, dass die Fragestellung und die Auftraggeber der Forschungsfragen, von der privilegierten Sicht des Managements ausgehend sich mit dieser Problematik auseinandersetzten und die Perspektive des Forschers dabei eine sehr eingeschrankte blieb. Arbeitsgestaltungsaufgaben sind immer eingebettet in einen Diskurs der in konkreten sozialen Feldem Macht und Herrschaft legitimiert (Bourdieau, 1999). Fragen der ArbeitsqualitSt, Uberlegungen zum Anreicherung von Arbeitsaufgaben, die in der US-amerikanischen Literatur unter dem Etikett Job enrichment diskutiert werden und damit in Verbindung stehende ArbeitsgestaltungsmaBnahmen, die Anreicherung der Entscheidungsfreiheit in der Ausfiihrung von Arbeitsaufgaben, oder die Autonomisierung von Arbeitsaufgaben, im US-amerikanischen Kontext als empowerment diskutiert werden, haben vorwiegend einen instrumentellen Charakter und sind seit geraumer Zeit implizite Elemente in der existierenden Forschungsliteratur (Lawler, 1992; Ichniowski, Kochan, Levine, Olson und Strauss, 1996). Dieser Diskurs ist zum GroBteil darauf zuriickzuftihren, dass einschlagige Arbeitsaufgaben in der industriellen Produktion und im Speziellen personenbezogene Dienstleistungen sich in einem immer groBeren AusmaB einer direkten Kontrolle durch das Management entziehen und es deshalb zunehmend darum geht, den personlichen Einsatz der ArbeitskrSfte, ihr Engagement durch MaBnahmen der Integration zu verbessem. In der Organisationstheorie und im Humanressourcenmanagement wird dabei unterstellt, dass ArbeitsgestaltungsmaBnahmen, die im Modell der "High-Involvement-Work-Systeme" gipfeln (vgl. hierzu Becker, Huselid und Ulrich, 2001), einzelne Arbeitnehmer in die Lage versetzen, Informationen besser zu verarbeiten und zu verstehen (Spreitzer, 1996). Empirische Studien zum Thema streichen heraus, dass high involvement work practices positive Effekte auf die Produktivitat und den Untemehmenserfolg zeigen (Guthrie, 2001; Kochan und Osterman, 1994; Lawler, 1992; Pfeffer, 1998). In diesen Untersuchungen wird implizit die These vertreten, dass die Humanressourcen eine zentrale Quelle nachhaltiger Wettbewerbsvorteile sind (Barney, 1991; Wemerfelt, 1984; Huselid, 1995). 173
Die Auswertung und Interpretation der Faktorenanalyse weist darauf hin, dass die in der neu generierten Variablen (Arbeitsinhalt) zusammengefassten Items fur das von den Probanden selbsteingeschatzte und in ihrer personlichen Realitat wahrgenommene AusmaB der Qualifikation und der Qualitat der ausgeubten Tatigkeiten steht. In diesen Faktor fliefien folgende Fragebogen-Items ein: Einmal steht der Faktor Arbeitsinhalt fiir die Einschatzung der Befragten inwieweit eigene FShigkeiten und Qualifikationen als abwechslungsreich wahrgenommen werden (task variety); weiters sammeh der Faktor die Einstellung der Befragten, ob die eigenen beruflichen Qualifikationen und Fertigkeiten schwer anzueignen sind; weiters steht der Faktor fiir die Einsch^tzung, ob die eigenen Arbeitsaufgaben als wichtig eingeschatzt werden und schlieBlich ist in dem Faktor Arbeitsinhalt die Einstellung zusammengefasst, in welchem Ausmafi sich die Befragten mit ihren Arbeitsaufgaben identifizieren. In diesem Faktor sind also Merkmale zusammengefasst, die die Aufgabenvariabilitat, die Aufgabensignifikanz und im weitesten Sinn die Zufriedenheit mit der ausgetibten Tatigkeit bewerten. Der Faktor "Arbeitsinhalt" steht sowohl als MaB ftir den Grad der Qualifikation und fur die Qualitat des Arbeitsinhaltes als auch fur die Identifikation mit den jeweiligen Arbeitsaufgaben. Die mit diesem Faktor in Verbindung stehende These nimmt an, dass die Aufgabensignifikanz, die Identifikation und die Variabilitat der Arbeitsaufgaben einzelne BeschSfligte motivieren, in die Festigung und in den Ausbau existierender sozialer Beziehungen und in den Aufbau von Vertrauen zu investieren. Entsprechend lautet Hypothese 1 (HI): Idiosynkratischer Arbeitsinhalt erhoht die intrinsische Motivation und fbrdert die Bereitschafl eines Beschaftigten in den Aufbau von Sozialkapital und Vertrauen zu investieren. 1.4.1.2. Faktor 2 - partizipationsfordernde Managementsysteme (Partizipation) Eine daran anschlieBende Uberlegung ist die Frage, in welchem AusmaB Beschaftigte im Rahmen ihrer Arbeitstatigkeit in organisational - und ihren Aufgabenbereich betreffende - Entscheidungen durch das Management eingebunden sind oder im weitesten Sinn durch die Organisation die Partizipation in Entscheidungsstrukturen fordert. In einschlagigen Studien wird darauf verwiesen, dass partizipative Managementstrukturen zu besseren Entscheidungen in Organisationen fuhren (Pasmore und Friedlander, 1982: 343). Der Erfolg partizipativer Managementmodelle wird insbesondere damit in Verbindung gebracht, well damit die Ideen und das Wissen der Mitarbeiterinnen in die Losung von Organisationsproblemen integriert werden. Beschaftigte akzeptieren auch sehr viel eher Entscheidungen, wenn sie daran partizipieren und 174
nehmen Veranderungen positiver wahr, die mit organisationalen Entscheidungen zusammenhangen, wenn sie in die Entscheidungsprozesse selbst integriert wurden. Die von Hersey und Blanchard aus ihrer situativen Perspektive heraus entwickelten Fiihrungskonzeptionen, identifizieren beispielsweise den partizipativen Fiihrungsstil als einen, der bezogen auf das beziehungsorientierte Verhalten der Mitarbeiter einen hohen Grad an Unterstutzung entstehen iasst (Hersey und Blanchard, 1988). Partizipation fbrdert also die Kooperation in Organisationen. Dieser auf der Beziehungsebene hohe Grad an Unterstutzung, so Hersey und Blanchard (1988) erlaubt es, die Ideen und die Unterstutzung der Beschaftigten zu nutzen. Einmal abgesehen von der Gefahr der Instrumentalisierung von partizipativen FuhrungsansStzen, ist es unstrittig, dass Mitarbeiter in Zuge der Teilhabe an Entscheidungsprozessen prinzipiell mehr Engagement entwickeln und sich in einem sehr viel grOBeren AusmaB in die Organisation einbringen, als ohne Partizipation. Welters ist anzumerken, dass wir als Personen nicht isoliert lemen, sondem in einen sozialen Kontext eingebettet sind. Der thematische Hintergrund dieser Frage zielt darauf ab, dass es eine Bedeutung hat, ob Aufgabenbereiche als eigenbestimmt oder fremdbestimmt wahrgenommen werden. Argyris unterstrich: "all people learn from experience" (Argyris, 1957:15). Erfahrung ist das Ergebnis des Austauschs impliziter und expliziter Wissensformen (Polanyi, 1957). Die Bedingungen dieses Austauschs sind eingebettet in organisational Routinen. In der einschlagigen Literatur wird das AusmaB, in dem Beschaftigte sich in verschiedene Entscheidungsroutinen einbringen konnen, als wesentlicher Prozess konzeptionalisiert (Argyris, 1965; Likert und Hayes, 1957; Deci und Flaste, 1995). Die Organisationstheorie hat verschiedene Faktoren identifiziert, die die Bereitschaft von Beschaftigten fordert/zerstort, sich aktiv mit ihren konkreten Fahigkeiten einzubringen (March, 1994 und 1999; Deci, Ryan, Gagne, Leone, Usunov und Komazheva, 2001). Die in diesem Faktor zusammengefassten Items beziehen sich auf die von den Befragten subjektiv wahrgenommene Partizipation im Zuge getroffener Entscheidungen der unmittelbaren Vorgesetzten. Es handelt sich um folgende Fragebogen-Items: Entscheidungen, die mich betreffen, werden ohne mich getroffen; Entscheidungen, die meine Arbeit betreffen, werden mir nur mitgeteilt, wenn sie gefallen sind; ich habe Probleme bei Anwesenheit von Vorgesetzten, eine abweichende Meinung zu vertreten; die eigene Meinung istftirden Vorgesetzten bei Entscheidungsprozessen wichtig. Bei der Formulierung dieser Fragebogen-Items ging ich von der Uberlegung aus, dass die Integration von Beschaftigten als wesentliches Kriterium einer lemenden resp. wissensorientierten Organisation gelten kann. Daruber hinaus zeigen Deci und Flaste 175
(1995) im Rahmen vieler Experimente, dass Integration ein konstitutives Element von Selbstwert ist. Vor diesem Hintergrund scheint es plausibel, folgende Hypothese Nr. 2 zu formulieren. H2: Partizipative Managementsysteme unterstutzen die Bereitschaft von Beschaftigten, in den Aufbau von Vertrauen und Sozialkapital zu investieren. 1.4.1.3. Faktor 3 -feedbackorientierte Managementsysteme (Feedback) In komplexen Organisationsumwelten ist Feedback eine wesentliche und bestandskritische Eigenschaft. Feedback dient der Steuerung von Untemehmen und ist unverzichtbar um die Produktion und den Austausch von Wissen zu unterstutzen. Systemorientierte Ansatze in der Managementforschung sprechen in diesem Zusammenhang von der Notwendigkeit eine lemende Architektur zu schaffen (Sanchez, 2002:223). Diese lemende Architektur ist ganz unzweideutig der Bauplan oder die Struktur ftir die handelnden Akteure. Einzelne Handlungsergebnisse werden als Interaktion (interagierender Personen) konzeptionalisiert (Weick, 1995) und Koordinations- und KontroUaufgaben in einer Organisation werden dabei als Reaktionen auf bereits stattgefundene Handlungen und Handlungsprozesse problematisiert, die nicht von isolierten, sondem von in einer Struktur von Handlungen miteinander interagierenden Akteuren erfolgen. Weick sieht darin das Ergebnis bzw. die „Entstehung von dauerhaften sozialen Beziehungen" (Weick, 1995:131). Organisieren wird hier als Prozess begriffen und dieser Prozess ist bestimmt durch ineinandergreifende Handlungen von zwei oder mehreren Personen. Weick vertritt die These, dass dabei eine wechselseitige Aquivalenz (das heifit anders formuliert eine ReziprozitSt) entsteht mit einer minimalen Gemeinsamkeit (Weick, 1995:148). Minimale Gegenseitigkeit kann sich zu dauerhaft wechselseitig vorteilhaften Interaktionen entwickeln (Weick, 1995:152; Axelrod, 1984). Sozialkapital und Vertrauen werden hier als konstitutive Elemente einer ubergreifenden Infrastruktur der wissensorientierten Organisationsform verstanden, die die Entwicklung wechselseitig vorteilhafler Interaktionen dauerhaft unterstutzen. Ein unverzichtbares Element, das Lemen und Wissensaufl^au ermoglicht, ist, ob es einer Untemehmung gelingt, selbstreferentielle Feedbackschleifen zu installieren (Weick, 1995). In diesem Zusammenhang ist es von Bedeutung, inwiefem das Management sich ftir die Perspektiven, Ansichten und Angelegenheiten der Beschaftigten interessiert (Deci, Eghrari, Patrick und Leone, 1994). Wesentliche Teilbereiche der Organisationstheorie gehen ja davon aus, dass ganz allgemein die "gemeinsame Interpretation" von Tatsachen als Bindemittel zu verstehen ist, die das Konstrukt Organisation zusammenhalt 176
(Smircich, 1983; Weick, 1995 und 2001). Aus ganz unterschiedlichen methodologischen Positioner! heraus sehen Hayek (1937) und Polanyi (1957), Wissen erst durch den Austausch gemeinsamer Erfahnmgen entstehen. Wenn gemeinsame Erfahnmgen, die eingebettet sind in soziale Strukturen, als wichtig verstanden werden, dann ist es notwendig, dass Organisationen Feedback zulassen. Vor diesem Hintergrund und mit diesen Uberlegungen habe ich einzelne Fragebogen-Items konstruiert, die dieses Merkmal messen. Die in diesem Faktor zusammengefassten Fragebogen-Items soUen die Einstellung der Befragten, die in Zusammenhang mit dem Feedback stehen, erheben. Dabei wurde untersucht, ob die Befragten der Meinung sind, dass Vorgesetzte sich fiir die Sichtweise der Mitarbeiter interessieren; ob Verbesserungsvorschiage in der Organisation positiv angenommen werden und ob die Befragten den Eindruck haben, dass sie tiber Informationen verfiigen, mit denen die eigenen Arbeitsprozesse verbessert werden konnen. Feedbackfahige Management- und Organisationsstrukturen verstehe ich also als Voraussetzung einer wissensorientierten Untemehmung, well die Anforderung in einer komplexen Aufgabenumwelt, Korrekturen auch bei eingespielten Organisationsroutinen und Handlungspraxen vorzunehmen, von dem in der Organisation produzierten Feedback abhangt. Dieses Feedback kann negativ oder positiv sein. Unabhangig davon ist Feedback als Information zu interpretieren, die uber die von der Umwelt wahrgenommene Qualitat des Outputs Auskunfl gibt. Es ist anzunehmen, dass Mitarbeiter, die Feedbackprozesse als positive Organisationsprozesse kennen lemen, sehr viel aktiver in den Aufbau von Sozialkapital und Vertrauen investieren. Unabhangig vom Grad und der Qualitat des Feedbacks ist es nicht unbedeutend, wie Organisationen mit Fehlem umgehen. Die Frage lautet daher, ist eine Organisation in der Lage Fehler anzusprechen und zu verarbeiten oder werden Fehler ignoriert oder iiberhaupt nicht verarbeitet? Wie Organisationen mit unliebsamen Entscheidungen umgehen, haben March und Olsen (1989) mit ihrer Metapher des "garbage can" umschrieben. Unangenehme und schwierige Entscheidungen werden aufgeschoben oder unter den Tisch gekehrt. Komplexe und unsichere Entscheidungssituationen bleiben unangegriffen. Virulente Probleme manifestieren sich so in nicht voUzogenen Entscheidungen und werden uber komplexe Prozesse der VerdrSngung im Laufe der Zeit delegitimiert. Sachzwange und Zeitdruck sind zentrale Bestandteile dieser Delegitimierungsstrategien einer Organisation und des prinzipiell dafur zustandigen Managements. Feedbackprozesse stSren diese Verdrangungsprozesse. Wesentlich hierbei ist, 177
dass die Qualitat der Feedbackprozesse daruber entscheidet, ob identifizierte Fehler in die offiziellen Kommunikationsprozesse eingespeist werden. In diesen Faktor sind also Fragebogen-Items zusammengefasst, die die Sensibilitat und die positive Aufnahme von Fehlem in der Organisation messen. Ich interpretiere den Faktor 3 ais eine Organisationsvariable, die dazu beitrSgt, ob tiberhaupt Fehlermeldungen in einer Organisation als Motivation gelten. Eine geringe AusprSgung der Variable weist hingegen auf eine organisational Pathologie bin, die es den Beschaftigten quasi unmoglich macht, im Arbeitsalltag Fehler einzugestehen und wahrzunehmen, well SachzwSnge und Zeitdruck eine Auseinandersetzung mit Fehlem als Stoning, im schlimmsten Fall als lamentieren erscheinen lassen. Mit den in diesem Faktor zusammengefassten Items wurde die Einstellung der Befragten zu den folgenden Aussagen gemessen: 1st das Ansprechen von Fehlem eine positive Erfahrung im Untemehmen? Werden VerbesserungsvorschlSge positiv aufgenommen? Interessieren sich Vorgesetzte fur die Sichtweise der Mitarbeiter? In alien drei Fragebogen-Items habe ich eine positive Einstellung zur Formuliemng, zur Artikulation und zur Aufnahme von Fehlem ausformuliert und die Einstellung der Befragten gepruft. Ich nehme also an, dass eine so verstandene Fehlerakzeptanz der Organisation sich positiv auf den Aufbau von Vertrauen und Sozialkapital auswirkt. Hypothese Nr. 3 lautet daher: (H3) Feedbackorientierte Organisationen untersttitzen Mitarbeiter in ihrer Bereitschaft in Sozialkapital und Vertrauen zu investieren. 1.4.1.4. Faktor 4 - Aufgabenkontrolle (Autonomie) Organisationen untersttitzen und zerstOren in vielfHltiger Weise die Kooperationsbereitschaft interdependenter Organisationsmitglieder. Fiir den Austausch einer intangiblen Leistungen (wie z. B. Wissen) ist dies im besonderen AusmaB von Bedeutung, weil die konkreten Inhalte vielfach nicht vor, noch nach der Ubertragung eines Leistungsaustauschs festzumachen sind. In der Okonomischen Theorie spricht man deshalb von Vertrauensgtitem. Nun ist es aber gerade so, dass in sehr vielen Organisationen nicht Vertrauen vorherrscht, sondem in vielen Fallen kultivieren Organisationen ein Klima des Misstrauens und der Kontrolle, das freiwillige Kooperation zerstSrt bzw. erschwert. UmstmkturierungsmaBnahmen, standige VerSnderungen von Leistungsvereinbarungen, MaBnahmen im Zuge von Dovmsizing und Reengineering Projekten haben gezeigt, dass Sozialkapital und Vertrauen in einem groBen AusmaB in den Untemehmen zerstort (Herriot, Hirsh und Reilly, 1998:17). Tatsache ist, dass Unter178
nehmen, in denen ein hoher Grad an Misstrauen existieit, grundsStzlich auf die intelligente Steuerung durch Selbstreferenz ihrer Organisationsmitglieder verzichten. An die Stelle von Kritikfahigkeit und Selbstandigkeit treten Fremdbestimmung und instrumentelles Denken. Managementsysteme, die ihre Planungssicherheit uber strikte Hierarchien gewinnen, laufen Gefahr, mit ihren Kontrollinstrumenten permanente Ubersteuerungen vorzunehmen, die in ihrer Wirkung kontraintuitiv (Crozier und Friedberg, 1993) und kostenintensiv sind. Misstrauen und strikte Kontrolle zeigen sich als kontraproduktive Steuerungs- und Koordinationsinstrumente in Organisationen. Tatsachiich verzichten Organisationen damit auf die Fahigkeiten und das Talent ihrer Beschaftigten (Leonard-Barton, 1992 und 1998). Deci und Flaste (1995) zeigen in ihren experimentellen Studien den Einfluss verhaltenswissenschaftlicher Faktoren auf die Entstehung intrinsischer Motivation. Sie weisen nach (Deci, Driver, Hotchkiss, Robbins und Wilson, 1993), dass autonome und selbstbestimmte Aufgaben (im Gegensatz zu kontroUierten und fremdbestimmten) den Grad der intrinsischen Motivation bestimmen. Intrinsische Motivation versteht Deci (Deci, Connel und Ryan, 1989) als Prototyp autonomen Handelns (Gagn^ und Deci, 2005). An diese Forschungsarbeiten anschliefiend argumentiere ich, dass idiosynkratische Fahigkeiten und Wissensformen nur freiwillig in vollem Umfang weitergegeben werden, wenn der Sender idiosynkratischer Wissensformen intrinsisch motiviert ist, so die These, dann ist der Einfluss der Faktoren Autonomic und Selbstbestimmung von Bedeutung. Das AusmaB der intrinsischen Motivation, die implizit tiber den Umfang der Autonomic, bzw. wie Deci es formuliert, den Grad an Selbstbestimmung bestimmt wird (Gagne und Deci, 2005) ist ein ganz zentrales Element einer Organisationskultur in der Vertrauen und Sozialkapital willig sind. Die Verkntipfung zwischen Autonomic und Selbstbestimmung und dem Aufbau von Sozialkapital sehe ichtiberfreiwillig eingegangene reziproke Verpflichtungen gegeben. Diese reziproken Verpflichtungen sind, wie ich im vorigen Abschnitt zu zeigen versucht habe, eingebettet in cine soziale Struktur. Die Uberlegung ist aber die, dass diese Einbettung von interdependenten Beziehungen nur dann positiv auf Vertrauen auf Sozialkapital wirkt, wenn Autonomic und Selbstbestimmtheit nicht beschrSnkt werden. In Organisationen ist die Eingrenzung von Selbstbestimmtheit vor allem durch cine strikte Aufgabenkontrolle gegeben. Einzelne Fragebogen-Items in der vorliegenden Untersuchung, die ftir das Merkmal Autonomic im positiven und fiir das Merkmal Aufgabenkontrolle im negativen Sinne stehen, wurden durch die konfirmatorische Faktorenanalyse bestatigt.
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Hypothese Nr. 4 lautet daher (H4): Bin hoher Grad an Aufgabenkontrolle wirkt sich negativ auf den Grad an Selbstbestimmtheit aus und wirkt negativ auf die Merkmale Vertrauen und Sozialkapital. L4.L5. Faktor 5 - individualisierte Entgeltsysteme undLeistungskontrolle In der Organisationsforschung ist die Frage der Anreizgestaltung eine zentrale (Jost, 2000) - aber inzwischen auch umstritten, da eine wachsende Anzahl von BeitrSgen in der einschlagigen Literatur existieren, die sich mit den kontr^ren Effekten extrinsischer und intrinsischer Motivation auseinandersetzen (vgl. Frey, 1997; Fehr, Gachter und Kirchsteiger, 1997). Extrinsische Leistungsanreize werden in der Untemehmung nur dann als effizientes Instrument der Verhaltenssteuerung interpretiert, wenn es sich um so genannte einfache Aufgaben {simple Jobs) handelt. Insofem ist es also interessant, Informationen iiber das Ausmafi der individuell gestalteten Entgelt- und Leistungssysteme zu sammeln. Im Faktor 5 wurden Fragebogen-Items zusammengefasst, die ich unter der Rubrik "individualisiertes Leistungs- und Entgeltsystem" gestellt habe. Ein Item misst die Einstellung des Befragten, ob die eigene Leistung in der Untemehmung individuell festgestellt wird. Das zweite Item misst die Einstellung, ob der Befragte denkt, dass seine individuelle Aufgabenerfullung detailliert kontrolliert wird. Bei beiden Items liegt die Vermutung nahe, dass eine hohe Auspragung des Faktors "individuelle Entgelt- und Leistungskontrolle" einen negativen Zusammenhang auf die Kooperationsneigung hat und sich damit, so meine Uberlegung, ein negativer Einfluss auf die Bildung von Vertrauen und auf die Bereitschaft in Sozialkapital zu investieren zeigen wird. Hypothese Nr. 5 lautet daher folgendermafien (H5): Individualisierte Leistungskontrolle und Entgeltsysteme zeigen einen negativen Einfluss auf die Variable Sozialkapital und Vertrauen. 1.4.1.6. Faktor 6 - Arbeitsdruck und Stress Allgemein wird Stress als Reaktion auf bedrohliche Situationen verstanden. Stress wird in diesen Situationen als Antrieb interpretiert, latente Energien zu mobilisieren. Der Begriff Stress stammt aus der Physik. Stress bezeichnet in diesem Fall jene Kraft, die elastische K6rper angreift. Im Deutschen sprechen wir daher von Belastung. Was die Arbeitssituation betrifft, so ist es sinnvoU, von "Beanspruchung" zu sprechen. Als Stressoren werden in der einschlSgigen Literatur ungiinstige Bedingungen (z. B. Larm, Hitze, Konflikte) bezeichnet, die Stress auslosen. Uber die Bedeutung von Stress existiert ein heftiger Streit. Dabei geht es um die Frage, ob Stress als "Reiz" oder "Re180
aktion" anzusehen ist (Semmer, 1984:744). Als positives Steuerungsinstrument wird insbesondere durch den politisch nicht neutralen Diskurs des Managements der Begriff als Handlungsreiz versucht zu installieren, wenngleich ganz allgemein Bum Out und andere stressbedingte Erkrankungen sehr stark zunehmen. Damit in Zusammenhang wird in der Literatur von Coping-Strategien, d. h. wie mit Stress umgegangen wird, bzw. wie Stress verarbeitet wird, gesprochen. GemaB dem Streit, ob Stress positiv, negativ oder neutral definiert werden soil, werden positive und negative CopingStrategien genannt. Semmer (1984:750) ftihrt zwei Argumente an, die fiir eine negative Definition von Stress sprechen. Erstens wurde nachgewiesen, dass Stress Erkrankungen begiinstigt und zweitens ist eine positive oder neutrale Definition von Stressfolgen so allgemein und unprazise, dient dem instrumentellen Denken, dass in der Regel damit nichts anzufangen ist. Dementsprechend wird Stress, der Folge von hohem Arbeitsdruck ist, als Faktor interpretiert der die Fahigkeit autonom und selbstbestimmt zu handeln einschrankt. Entsprechend lautet These Nr. 6, dass "work pressure" und "stress" einen negativen Einfluss auf die Bildung von Vertrauen und Sozialkapital zeigen wird. Hypothese Nr. 6 ist daher folgendermaBen zu formulieren: (H6) Der Grad an Stress und Arbeitsdruck, den BeschSftigte erfahren, hat einen negativen Einfluss auf die Bildung von Sozialkapital und Vertrauen. 1.4.1.7. Faktor 7 - Unternehmenserfolg Die Hauptidee der ressourcenorientierten Theorie der Firma ist die, dass die Unternehmung als ein "pool of resources, the utilization of which is organized in an administrative framework" (Penrose, 1959:149) konzipiert wird. Hedlund (1994) hat in seiner Skizze der N-Form die Wichtigkeit eines permanenten Pools an Humanressourcen, der fix an ein Untemehmen gebunden ist, herausgestrichen. In der Theorie der Untemehmung werden dynamische Faktoren (sog. dynamic capabilities) wie Innovationsfahigkeit, Lemen, das leveraging und stretching vorhandener Ressourcen (Bartlett und Ghoshal, 1997; Foss, 1998:15; Prahalad und Hamel, 1994) in einem komplexen Verstandnis als Erfolgsfaktoren stilisiert. Granovetter (1985) und Uzzi (1997) haben gezeigt, dass die spezifischen Fahigkeiten einer Untemehmung von den sozialen Stmkturen, in die die einzelnen Akteure eingebettet sind, abhangen. In einer Reihe von Studien wird - wie im Faktor 1 bereits erlSutert - darauf hingewiesen, das sog. HighIvolvement-Human-Resource-Strategien positiv zum Unternehmenserfolg beitragen. Die Frage der Kausalitat ist dabei jedoch oft unklar. Wirken die genannten Personalstrategien auf den Untemehmenserfolg, oder tragt der Untemehmenserfolg dazu bei, dass Personalagenden mit der notigen Ausstattung und den notwendigen Budget181
mitteln ausgestattet werden, dass Mitarbeiter besser ausgebildet werden konnen und iSngerfristig dadurch starker integriert werden. In der vorliegenden Fragebogenuntersuchung wurden Items formuliert, die die Einschatzung der Befragten testen, inwieweit sie personlich denken, dass das Untemehmen, in dem sie arbeiten, erfolgreich ist. Die einschlagigen Items wurden in den Faktor Untemehmenserfolg zusammengefasst. Die These ist nun folgende, dass wir davon ausgehen, dass in erfolgreichen Unternehmen, Beschaftigte eher in Soziales Kapital und Vertrauen investieren ais in Unternehmen, die „als wenig erfolgreich" eingeschatzte werden. Hypothese Nr. 7 lautet daher (H7): Untemehmenserfolg zeigt einen positiven Einfluss auf die abhangige Variable Sozialkapital und Vertrauen. 1.4.1.8. Kontrollvariablen Fur den Hypothesentest wurden folgende Kontrollvariablen verwendet. Einmal wurde in der Untersuchung erhoben, wie lange der/die Befragte in den gegenwMigen Unternehmen tatig ist (BeschSftigungsdauer); zum anderen wurden Daten iiber das monatliche Nettoeinkommen erhoben (Einkommen). Es ist naheliegend anzunehmen, dass Beschaftigte die bereits langere Zeit in einem Untemehmen tatig sind, mehr Sozialkapital aufgebaut haben als Beschaftigte, die erst kurze Zeit in einem Untemehmen tatig sind. Einkommen wird ebenso als Kontrollvariable verwendet, weil in der einschlagigen Literatur (insbesondere bei Burt, 1992 und 2000) die These vertreten wird, dass einkommensstarkere soziale Schichten einen hSheren Vorrat an Sozialkapital besitzen (vgl. hierzu auch Bourdieu und Steinbrucke, 1992; Granovetter, 1973 und 1985). Ein positiver Einfluss ist auch von der Variable Alter anzunehmen, weil es nahe liegend ist, dass altere Arbeitnehmerinnen mehr soziale Kontakte in einem Unternehmen haben als jiingere Arbeitnehmerinnen.
2. Hypothesentest der Modellvarianten, Ergebnisse der Regressionsanalyse und Interpretation Im Folgenden werden die Ergebnisse der verschiedenen Varianten der multiplen Regressionsanalyse vorgestellt. Es wird jeweils der Einfluss der Pradiktoren auf die abhangige Variable Vertrauen und auf die abhangige Variable Sozialkapital diskutiert. Nach der Vorstellung der empirischen Ergebnisse wird anschliefiend im Gesamtzusammenhang eine Interpretation und Einordnung der Ergebnisse in die vorhergehenden Kapitel durchgefiihrt. Im folgenden Abschnitt werden ausgewahlte Modellvarianten und Hypothesen zur Entstehung von Vertrauen und Sozialkapital einer empirischen Pruftmg unterzogen. In den modelltheoretischen Konzepten bin ich davon 182
ausgegangen, dass in der Unterstutzung der Hypothesen zwischen den Gruppen der Falle mit stabilen (unbefristeten), instabilen (befristeten) Beschaftigimgsformen und den Fallen der VoUzeitbeschaftigten, der Teilzeitbeschaftigten, der freien Mitarbeiter Unterschiede festzustellen sind. In den vorhergehenden Abschnitten habe ich argumentiert, dass diese Unterschiede, sowohl in der Bereitschaft Vertrauen als auch in dem Vermogen Sozialkapital aufzubauen, auftreten werden. In einem ersten Schritt geht es mir daher darum, das allgemeine Modell (iber den Einfluss der PrSdiktoren (Faktoren 1 bis 7) auf die abhangigen Variablen Vertrauen und Sozialkapital zu uberpnifen. 2.1. Modellzusammenfassung Entstehung von Vertrauen (N = 245) Der Grad an Vertrauen, so die Uberlegung, wird durch Zusammenhange, wie sie in den Hypothesen Nr. 1 bis 7 skizziert wurde, bestimmt. Zum Test der einzelnen Modellvarianten wurde jeweils eine multiple Regressionsanalyse durchgefuhrt. Dabei wurden die PrSdiktoren schrittweise in die Modellrechnung integriert. In der Ubersicht der Ergebnisse sind jeweils die Regressionskoeffizienten und die B-Werte (in standardisierter und nicht-standardisierter Form), die T-Werte und die Signifikanz der Beta Werte ausgewiesen. In der folgenden Tabelle ist das Ergebnis der Regressionsgleichung dargestellt. Wie ersichtlich, wird die Varianz des Kriteriums Vertrauen durch die im Modell aufgenommenen Pradiktoren zu 44 % (korr. R^ = 0,44) erklart. Die Faktoren Alter, Einkommen pro Monat und Beschaftigungsdauer im Untemehmen sind in die Modellrechnung als Kontrollvariablen aufgenommen. Bemerkenswert ist, dass die Faktoren Arbeitsinhalt, Partizipation und Feedback einen groBen Einfluss auf die Entstehung von Vertrauen einnehmen. Die Hypothesen 1, 2, und 3 werden also bestatigt. Alle drei Faktoren sind auf einem sehr hohen Signifikanzniveau. Ich interpretiere dieses Ergebnis dahingehend, dass die Merkmale Aufgabenvariabilitat, Aufgabensignifikanz, der Grad der Identifikation mit dem Untemehmen, die im Faktor Arbeitsinhalt zusammengefasst sind, alles Merkmale sind, die die Bereitschaft eines Beschaftigen positiv beeinflussen, in vertrauenswurdige Beziehungen zu investieren.
183
Tabelle 6 Ergebnis der Regressionsanalyse -- abhangige UnabhSngige Variablen (Konstante) Arbeitsinhalt Partizipation Aufgabenkontrolle (fehlende Autonomic) Feedback Untemehmenserfolg Arbeitsdruck individualisiertes Entgelt Alter Einkommen in € pro Monat (netto) Beschaftigungsdauer im Untemehmen
R R2 korrigiertes R2
Variable Vertrauen Beta SF B 0,60 9,28 0,34 0,17 1,02 0,35 0,16 1,07 -0,16 0,16 -0,50 0,41 0,16 1,27 0,13 0,17 0,40 -0,16 0,16 -0,49 0,09 0,19 0,33 0,16 0,02 0,04 0,06 0,00 0,00 0,02 0,03 0,01 0,685 0,470 0,443
T-Wert 15,60 5,97 6,49 -3,07 7,85 2,45 -3,07 1,71 1,88 0,86 0,21
Sign. 0,000 0,000 0,000 0,002 0,000 0,015 0,002 0,088 0,062 0,391 0,832
Der ausgewiesene Beta-Wert der Faktoren zeigt, dass den Merkmalen Arbeitsinhalt, Partizipation und Feedback das grofite Gewicht auf die Hohe der AusprSgung des Faktors Vertrauen zuzuschreiben ist. Einen negativen Einfluss nimmt hingegen der Faktor Arbeitskontrolle, der - wie erwahnt - im Rahmen der Faktorenanalyse als fehlende Autonomie interpretiert wurde, ein. Positiv wirkende Faktoren wie Arbeitsinhalt, Partizipation, Feedback und negativ Einfluss nehmende fehlende Autonomie sind hoch signifikant (die ersten drei Faktoren haben ein Signifikanzniveau von p < 0,001, der letzte ein Niveau von p < 0,002). Einen ebenfalls positiven Einfluss auf die Entstehung von Vertrauen nimmt der Faktor Untemehmenserfolg ein. Entgegen den hypothetischen Uberlegungen nimmt der Faktor individualisiertes Entgelt einen positiven Einfluss auf die Entstehung von Vertrauen, jedoch ist der Einfluss nicht signifikant. These Nr. 5 wird also nicht bestatigt. Die Kontrollvariablen Alter, Einkommen und Beschaftigungsdauer zeigen zwar alle einen leicht positiven, wenn auch einen sehr geringen Einfluss, jedoch ist der Wirkungszusammenhang kein signifikanter. Einen negativen Einfluss nimmt der Faktor Arbeitsdruck in der AusprSgung des Faktors Vertrauen ein, dieser Wirkungszusammenhang ist zudem signifikant (auf dem Niveau von 0,002). Arbeitsdruck und Aufgabenkontrolle, werden also als negativer Einfluss in einer Organisation gesehen und wirken sich negativ auf das Merkmal Vertrauen aus. These Nr. 6 wird also bestatigt. Das Ergebnis interpretiere ich folgendermafien: Kompetente Mitarbeiter, die eigenstandige Aufgabenbereiche und Entscheidungen durchfuhren, entwickeln eine grOBere Bereitschaft in vertrauenswurdige Beziehungen zu investieren, als Mitarbeiter die sich inkompetent und fremdbestimmt wahmehmen. Hier mag das Zusammenwirken der Merkmale Arbeitsqualifikation, Aufgabensignifikanz und Aufgabenvariabilitat ins 184
Spiel kommen, da anzunehmen ist, dass kompetente und selbsteffiziente Mitarbeiter, diese Wahmehmung nicht unabhSngig von der Bedeutung der Aufgaben, die sie in einem Untemehmen erfiillen, entwickeln. Zusatziich ist im Modell der Einfluss der Variable Feedback und Partizipation nicht zu tibersehen; auch der Faktor Arbeitsdruck ist in die ErklSrung einzuschliefien. 2.2. Modellzusammenfassung Entstehung von Sozialkapital (N = 245) Die Faktoren Feedback, Arbeitsinhalt und Partizipation sind auch fiir die ErklSrung von Sozialkapital von Bedeutung. AUerdings ist der Erklarungswert der in die Modellgleichung inkludierten Variablen geringer als im Fall von Vertrauen. Jedoch ist das Ergebnis der Regressionsgleichung brauchbar. Immerhin werden mit den im Modell verwendeten Faktoren knapp 18 Prozent der Varianz erklSrt. Das Merkmal Feedback, Arbeitsinhalt, und Partizipation nehmen jeweils einen hoch signifikanten Einfluss auf die Auspragung der abhSngigen Variable Sozialkapital. Einen ebenso positiven Einfluss nimmt die Variable Untemehmenserfolg auf die AusprSgung von Sozialkapital. Unsere Thesen 1,2,3 und 7 werden also bestatigt. Der Einfluss der Merkmale Arbeitskontrolle, Arbeitsdruck und Entgelt sind auf die Auspragung des Merkmals Sozialkapital nicht signifikant. Sie konnen also in der ErklSrung vemachlassigt werden. Die Thesen Nr. 5 und 6 werden in Bezug auf die Entstehung von Sozialkapital nicht bestatigt. Auch die Kontrollvariablen Beschaftigungsdauer, Einkommen und Alter nehmen haben keinen signifikanten Erklarungswert. Was bedeutet dieses Ergebnis. Tabelle 7 Modellzusammenfassung Entstehung Sozialkapital, Koeffizienten Modell Abhangige Variable: Sozialkapital (Konstante) Arbeitsinhalt Partizipation Aufgabenkontrolle (Autonomie) Feedback Untemehmenserfolg Arbeitsdruck individualisiertes Entgelt Alter Beschaftigungsdauer Einkommen in € pro Monat (netto) R R2 Korrigiertes R2
B
SF
Beta
T-Wert
18,094 0,849 0,611 -0,134 1,060 0,504 0,033 0,185 0,041 0,070 0,000 0,465 0,217 0,176
0,905 0,260 0,251 0,252 0,246 0,251 0,272 0,293 0,035 0,048 0,000
0,225 0,159 -0,034 0,276 0,129 0,008 0,041 0,120 0,145 -0,095
19,999 3,269 2,436 -0,534 4,313 2,006 0,121 0,633 1,174 1,482 -1,202
Signifikanz ,000 ,001 ,016 ,594 ,000 ,046 ,904 ,527 ,242 ,140 ,231
Zum einen heiBt dies, dass Mitarbeiter in einem Untemehmen soziales Kapital aufbauen, wenn sie in interessanten und wichtigen Aufgabenbereichen tatig sind und uber 185
partizipative Entscheidungsstnikturen in die Gestaltung von Arbeitsprozessen, die fur sie wichtig sind, eingebunden werden. Bin ganz wesentliches Element in diesem Komplex von Merkmalen, die den Aufbau von Sozialkapital erkl^ren, spielt die Variable Feedback. Der Einfluss auf den Aufbau von Sozialkapital kann so erklart werden, dass Mitarbeiter in soziale Beziehungen investieren, wenn sie Feedback als positive Kommunikationsprozesse wahmehmen. Dieser Gesamtzusammenhang wird dadurch verstarkt, dass soziales Kapital in Untemehmen aufgebaut wird, die von den eigenen Mitarbeitem als erfolgreich wahrgenommen werden. Von Bedeutung ist nicht nur der allgemeine Zusammenhang iiber die Entstehung von Vertrauen und Sozialkapital, sondem dass der Einfluss der unabhSngigen Faktoren auf die Bildung von Vertrauen und der Einfluss auf die Bildung von Sozialkapital sich darin unterscheiden, je nachdem, welches Beschaftigungsverhaltnis besteht. Im Folgenden habe ich die DatensStze des Fragenbogensamples nach den Kriterien "Beschaftigungsvertrag" differenziert. Dabei wurden alle Falle, die iiber einen unbefristeten Arbeitsvertrag verfugen, zusammengefasst und von den Fallen mit befristeten ArbeitsvertrSgen getrennt. Die befristeten BeschaftigungsverMltnisse wurden in der Fragebogenuntersuchung in einjahrige, ein- bis zweijShrige und dreijahrige ArbeitsvertrSge unterschieden. In der verwendeten Modellvariante habe ich sie alle in eine Kategorie der befristeten ArbeitsvertrSge zusammengefasst. 2.3. Entstehung von Vertrauen bei unbefristeten Arbeitsvertragen (N=187) Neben der zentralen Frage, von welchen Merkmalen die Faktoren Vertrauen und Sozialkapital erklSrt werden, ist die Uberlegung wichtig, ob zwischen den einzelnen Beschaftigungsgruppen Unterschiede festzustellen sind. Abgesehen davon, dass der ErklMrungswert in den einzelnen Modellgruppen unterschiedlich ist, was aber auch zu einem erheblichen Teil darauf zurUckzuftihren ist, dass die Gr5Be der Samples in den einzelnen Beschaftigungsgruppen variiert (vgl. hierzu Hair et al, 1998), ist fur mich von Interesse, ob ftir die einzelnen Beschaftigungsgruppen selbst die einzelnen mikroorganisationalen Variablen in ihrer Erklarung von Vertrauen und Sozialkapital differieren? Welches Ergebnis liegt also bei der Entstehung von Vertrauen in der Gruppe der unbefristeten Beschafligungsverhaitnisse vor? Das Ergebnis der Auswertung zeigt, dass der Regressionskoeffizient 34 Prozent der Varianz der Faile in der Gruppe der unbefristeten Beschafligungsverhaitnisse erklart. Das Gewicht der einzelnen unabhangigen Faktoren und ihr jeweiliges Signifikanzniveau sind in der folgenden Tabelle ausgewiesen. Welches Gewicht kommt den ein186
zelnen Faktoren in der ErklSmng von Vertrauen zu? Wie in den Thesen formuliert, bin ich davon ausgegangen, dass die Faktoren Arbeitsinhalt, Partizipation, Feedback einen positiven Einfluss auf das Merkmal Vertrauen ausiiben. Dies wird auch in der Gruppe der unbefristeten BescMftigten bestatigt. Wenngleich es nur geringe Unterschiede zur Gruppe der gesamten Beschaftigten sind, zeigt sich dennoch, dass die Merkmale Partizipation und Feedback einen gro6eren Einfluss fur die unbefristeten Beschaftigten ausiiben. Auch ist der Einfluss hoch signifikant. Der Einfluss des Untemehmenserfolges bei der Gruppe der unbefristeten Beschaftigten ist wie in der Gesamtgruppe der Beschaftigten auch positiv, aber etwas geringer. Tabelle 8 Entstehung von Vertrauen bei unbefristeten ArbeitsvertrSgen Modell Beta B SF (Konstante) Arbeitsinhalt Partizipation Aufgabenkontrolle (Autonomic) Feedback Untemehmenserfolg Arbeitsdruck individualisiertes Entgcit Alter Beschaftigungsdauer Einkommen in € pro Monat (nctto) R R2 Korr.R2
9,448 0,894 1,067 -0,498 1,061 0,402 -0,438 0,357 0,041 0,014 0,000
0,701 0,212 0,194 0,189 0,189 0,184 0,179 0,227 0,026 0,035 0,000
0,298 0,372 -0,174 0,370 0,144 -0,161 0,104 0,164 0,038 0,028
T-Wert
Sign.
13,479 4,219 5,493 -2,633 5,604 2,188 -2,449 1,573 1,576 0,385 0,350
,000 ,000 ,000 ,009 ,000 ,030 ,016 ,118 ,117 ,701 ,727
0,619 0,383 0,341
Mit der entsprechenden Vorsicht lasst sich folgende Schlussfolgerung daraus ableiten. Fiir die Entstehung von Vertrauen ist der Einfluss von Partizipation und Feedback bei den Arbeitnehmem mit unbefristeten Arbeitsvertragen geringfugig starker ausgepragt als im gesamten Sample der Befragten. Die Faktoren individualisiertes Entgelt, Alter, Einkommen und Beschaftigungsdauer zeigen keinen signifikanten Wirkungszusammenhang. Ahnlich negativ (und ebenfalls sehr signifikant) ist die Wirkung des Merkmals Aufgabenkontrolle bzw. fehlender Autonomic auf die Auspragung des Merkmals Vertrauen. 2.4. Entstehung von Sozialkapital bei unbefristeten Arbeitsvertragen (N = 187) In Tabelle 9 ist zu sehen, dass der zentrale Einfluss auf die Entstehung von Sozialkapital in der Gruppe der unbefristeten Beschaftigten durch das Merkmal Feedback ausgeubt wird. Das Gewicht dieser Variable ist hoch signifikant. Daneben ist noch ein signifikanter Einfluss durch die Variablen Partizipation und Untemehmenserfolg fest187
zustellen. Insgesamt wird in dem Modell knapp 20 Prozent der Varianz der Falle erklart. Die ErklSrung von Sozialkapital in der Gruppe der unbefristeten BeschSftigten muss sich also auf die Variablen Feedback, Partizipation und Untemehmenserfoig konzentrieren. Die anderen im Modell aufgenommen Variablen, zeigen zwar einen unterschiedlichen Einfluss, aber auf einem unbrauchbaren Signifikanzniveau. Bin solches Ergebnis wurde also grundsatzlich unserer allgemeinen These zuerst einmal widersprechen, dass die einzelnen Merkmale bei unbefristeten BeschSftigungsformen in einem hQheren Ausmafi soziales Kapital erklSren; dazu ist es jedoch wichtig sich zuerst die Gruppen der befristeten Beschaftigungsverhaltnisse genauer anzusehen. Allerdings lasst sich zwischen der Gruppe der gesamten Beschaftigungstypen und der Gruppe der unbefristeten Beschaftigten ein Unterschied feststellen, der wohl dahingehend zu interpretieren ist, dass die unbefristeten Beschaftigten weniger sensible auf zentrale mikro-organisationale Variablen reagieren. Tabelle 9 Sozialkapital bei unbefristeten AV Modell B (Konstante) Arbeitsinhalt Partizipation Aufgabenkontrolle (Autonomie) Feedback Untemehmenserfoig Arbeitsdruck individualisiertes Entgelt Alter BeschSftigungsdauer Einkommen in € pro Monat (netto) R R2 Korr.R2
18,026 0,751 0,511 -0,199 1,025 0,425 -0,015 0,118 0,053 0,077 -0,001 0,450 0,203 0,148
Standardfehler 1,054 0,320 0,294 0,286 0,285 0,277 0,308 0,343 0,039 0,053 0,000
Beta
T-Wert
Sign.
0,190 0,135 -0,052 0,271 0,115 -0,004 0,026 0,158 0,162 -0,163
17,110 2,349 1,737 -0,695 3,598 1,537 -0,050 0,345 1,333 1,438 -1,769
,000 ,020 ,085 ,488 ,000 ,126 ,960 ,731 ,185 ,153 ,079
In der Interpretation der Ergebnisse ist also zu beriicksichtigen, dass reziproke Arbeitsbeziehungen und kooperationsfordemde Ftihrungsstrukturen, die Mitarbeitem erlaubt, an konkreten Entscheidungen zu partizipieren, die Mitarbeiter motiviert in Sozialkapital zu investieren. Untemehmen in denen Partizipation und Kooperation einen geringen Stellenwert einnehmen, kurz auf ein instrumentelles Managementverstandnis setzen, haben schlechtere Voraussetzungen, um Sozialkapital aufzubauen. Zudem ist die Interpretation zulassig, dass bei unbefristeten Arbeitsvertragen, die Wirkung dieser Faktoren geringer ausfallt. Hingegen ist in beiden Gruppen das subjektiv eingeschatzte Merkmal Untemehmenserfoig von groBer Bedeutung, sowohl in der Erklarung von Vertrauen als auch in der Erklarung von Sozialkapital. Daruber hinaus ist es aber ins188
besondere wichtig, dass soziales Kapital insgesamt nur dann gebildet wird, wenn in den entsprechenden Untemehmen partizipative, kooperationsfordemde und reziproke Arbeitsbeziehungen existieren. Die hier favorisierte Lesart der Ergebnisse bestatigen die in dieser Arbeit formulierte Kritik am instrumenteilen Verstandnis vieler Wissensmanagement-Modelle und unterstreichen die Forderung eines systemischen Ansatzes, wonach den organisationalen Eigenschaften Feedback, Partizipation und Reziprozitat, alles Eigenschaften, die der lemenden Organisation zugeschrieben werden (Stacey, 2001; Bartlett und Ghoshal, 1997), mehr Bedeutung beigemessen werden muss, wenn eine Organisation nicht auf soziales Kapital verzichten will. 2.5. Aufbau von Sozialkapital bei befristeten Arbeitsvertragen (N = 49) Wahrend zwischen der Gruppe der gesamten Beschaftigten und der Gruppe der unbefristeten Beschaftigten noch kein so groBer Unterschied zu erwarten war, ist bei den befristeten Beschaftigungstypen sehr wohl ein deutlicher Unterschied zu erkennen. Die in der Modellzusammenfassung ausgewiesenen Regressionskoeffizienten zeigen jedoch keine grofien Unterschiede zu dem weiter oben diskutierten Regressionsmodell fiir die unbefristeten Arbeitsvertrage. Das ist aber in zweifacher Hinsicht erklarungsund interpretationsbediirftig. Statistisch betrachtet erklSrt das verwendet Modell 35 Prozent der Varianz in der Gruppe der befristeten Beschaftigten. In diese Gruppe wurden einjShrige, ein- bis zweijahrige und auf 3 Jahre befristete ArbeitsverhSltnisse aus dem Sample herausgegriffen. Fur die Gruppe der befristeten Beschaftigten lasst sich folgendes - von den empirischen Ergebnissen unterstutzt - formulieren. Ein ganz wesentlicher Punkt, der den Auft^au von Sozialkapital bestimmt, ist der konkrete Arbeitsinhalt. Es ist also fUr die befristeten Beschaftigten von groBer Bedeutung, in welchem AusmaB sie sich mit ihren eigenen Arbeitsaufgaben identifizieren und ob sie die eigenen Arbeitsaufgaben als wichtige ansehen. Kurz: nur wenn sich befristet Beschaftigte mit ihren Arbeitsaufgaben identifizieren, investieren sie in soziales Kapital. Die Gruppe der befristet Beschaftigten erachten zwar - ebenso wie die Gruppe der gesamten Beschaftigten - Partizipation und Feedback als wichtige Faktoren, aber ihnen ist keine signifikanter Wirkung zuzuschreiben. Auch dem Faktor Untemehmenserfolg ist keine signifikante Wirkung auf die Entstehung des Merkmals Sozialkapital in der Gruppe der befristet Beschaftigten zuzuschreiben. Das vorliegende Ergebnis lasst also vermuten, dass bei befristeten Arbeitsvertragen die Bereitschaft der Beschaftigten geringer ist, in Sozialkapital zu investieren. Tatsachlich scheint es so, dass in der Gruppe der befristet Beschaftigten nur mehr der Arbeitsinhalt 189
einen Einfluss auf ihre Bereitschaft, in soziales Kapital zu investieren ausiibt, alle anderen organisationalen Faktoren sind hingegen fiir diese Gruppe nicht unwichtig, aber in ihrer Wirkung bedeutungslos. Tabelle 10 Aufbau von Sozialkapital bei befristeten Arbeitsvertragen Modell B Standard Beta fehler (Konstante) 2,675 18,299 0,318 0,528 1,081 Arbeitsinhalt 0,253 0,627 1,009 Partizipation 0,047 0,745 0,211 Aufgabenkontrolle (Autonomic) 0,273 0,605 1,096 Feedback 0,188 0,830 0,955 Untcmehmenserfolg 0,105 0,769 0,502 Arbeitsdruck 0,142 0,636 individualisicrtes Entgelt 0,688 -0,039 0,105 -0,019 Alter -0,003 0,124 -0,002 Beschaftigungsdaucr 0,188 0,001 0,001 Einkommen 0,597 R 0,357 R2 0,168 Korr.R2
T-Wert
Sign.
6,842 2,046 1,609 0,282
0,000 0,049 0,117 0,779
1,811 1,151 0,653 0,924 -0,186 -0,016 1,153
0,079 0,258 0,518 0,362 0,853 0,987 0,257
Interpretiert werden kann dieses Ergebnis dahingehend: Bei unbefristeten Arbeitsvertragen wird durch die Merkmale Arbeitsinhalt, Partizipation, Feedback und Unternehmenserfolg die Variable Sozialkapital positiv beeinflusst. 2.6. Aufbau von Vertrauen bei befristeten Arbeitsvertragen (N = 49) Welchen Einfluss die ausgewahlten Variablen auf den Aufbau von Vertrauen bei Arbeitnehmem mit befristeten Arbeitsvertragen austiben, zeigen die folgenden Ergebnisse. Wieder fallt zuerst einmal auf, dass in der Gruppe der befristeten Arbeitsverhaltnisse die erklarte Varianz im Regressionsmodell hoch ist (korr. R^ = 0,70). Das ist dadurch zu erklaren, dass die Anzahl der Beobachtungen in dem herausgegriffenen Sample gering ist. Zunachst ist bemerkenswert, dass drei Faktoren Feedback, Arbeitsinhalt und Partizipation hoch signifikant bzw. signifikant die Auspragung von Vertrauen erklaren. Im Vergleich zu unbefristeten Arbeitsvertragen fallt jedoch auf, dass der Faktor Feedback viel mehr Einfluss auf Vertrauen einnimmt. Gegeniiber den anderen Beschafligungsgruppen ist das Gewicht dieses Faktors fast doppelt so hoch. Das Ergebnis zeigt, dass befristete Mitarbeiter, in ihrer Einschatzung des Vertrauens, das ihnen entgegengebracht wird und das sie entgegenbringen durch das Merkmal Feedback erklSrt werden kann. Zusatzlich sind sie in ihrer Einschatzung von der ihnen gewahrten Partizipation und den Arbeitsaufgaben beeinflusst. Im Vergleich zu den anderen Gruppen in einem sehr viel starkeren AusmaB. 190
Tabelle 11 Aufbau von Vertrauen bei befristeten A V Modell B Standardfehler 7,473 1,504 (Konstante) Arbeitsinhalt 1,301 0,297 0,718 0,353 Aufgabenkontrolle (Autonomic) -0,126 0,419 2,270 0,340 Feedback 0,526 0,467 Untemehmenserfolg -0,702 0,433 Arbeitsdruck 0,266 0,387 individualisiertes Entgelt 0,097 0,059 Alter -0,054 0,070 Beschaftigungsdauer 0,001 0,001 Einkommen 0,877 R 0,770 R2 0,702 Korrigiertes R2
Beta
T-Wert
Sign.
0,407 0,191 -0,030 0,601 0,110 -0,156 0,063 0,207 -0,090 0,132
4,968 4,378 2,034 -0,300 6,671 1,128 -1,622 0,688 1,644 -0,776 1,351
0,000 0,000 0,050 0,766 0,000 0,267 0,114 0,496 0,109 0,443 0,186
Fur die Gruppe der befristet Beschaftigten sind aber auch der konkrete Inhalt und die Identifikation mit ihren Aufgaben, ihre Einschatzung ob sie wichtige Aufgaben wahrnehmen, zentrale Faktoren, die Vertrauen bestimmen. Hingegen sind die Faktoren Aufgabenkontrolle, Untemehmenserfolg, Alter, Einkommen und Beschaftigungsdauer EinflussgroBen, die keine signifikante Wirkung auf die abhangige Variable Vertrauen zeigen. Folgende Schlussfolgerung lasst sich also formulieren: Beschaftigte mit einem befristeten Arbeitsvertrag investieren nur dann in Vertrauen, wenn sie selbst ihre Arbeitsaufgaben als qualifizierte einstufen, die eigenen Aufgaben als wichtig bewerten und wenn sie in eine Organisation so eingebunden sind, dass sie ein ftir sie wichtiges Feedback uber ihre Arbeitsaufgaben bekommen und in Entscheidungsprozesse integriert werden, die ihre Arbeitsprozesse betreffen. Verkniipft damit ist die besondere Bedeutung des Faktors feedbackorientierte Managementmafinahmen, tiber den Mitarbeiter motiviert werden, sich aktiv in Kommunikationsprozesse einzubringen und entsprechend unserer Interpretation sich dadurch als kompetente Mitarbeiter wahrnehmen. Derartige Kommunikationskulturen sind anscheinend bei befristeten Beschaftigten noch sehr viel bedeutender, um ein vertrauensbasiertes Arbeitsklima einzurichten. Umgekehrt heifit dies aber auch, dass gering qualifizierte Beschaftigte in befristeten Arbeitsverhaltnissen, bei fehlendem Feedback und wenig partizipationsorientierten Managementstrukturen kein oder sehr wenig Vertrauen aufbauen. Es ist also die Interpretation zulassig, dass bei befristeten ArbeitsvertrSgen die Variablen Feedback, Partizipation und Arbeitsinhalt, entscheidende EinflussgrOBen ftir den einzelnen Arbeitnehmer sind, um in vertrauenswiirdige Beziehungen zu investieren. Iden191
tifizieren sich Arbeitnehmer nicht mit den Aufgaben und Zielen des Untemehmens, werden keine vertrauenswurdigen Beziehungen aufgebaut. Besonders diskussionswtirdig ist der Einfluss der Variable Feedback im Modell: das Merkmal Feedback wurde in der Untersuchung iiber die Einstellung der Befragten zu den folgenden Fragebogen-Items gemessen, (1) Fehler konnen in der Organisation offen diskutiert werden, (2) Verbesserungsvorschlage werden positiv aufgenommen und (3) Vorgesetzte interessieren sich fur die Sichtweise ihrer Mitarbeiter. Es zeigt sich also, dass diese Eigenschaften gerade bei unsicheren und/oder befristeten Arbeitsverhaltnissen eine zunehmende Wichtigkeit einnehmen, wenn es darum geht, vorhandenes oder fehlendes Vertrauen in einer Organisation zu erklaren. Es ist nun durchaus anzunehmen, dass Beschaftigte mit befristeten Arbeitsvertragen unvoreingenommener "Fehler ansprechen" und "auf Verbesserungen hinweisen" als die Gruppe der Beschaftigten mit unbefristeten Arbeitsvertragen, aber dennoch muss fiir eine derartige Kommunikationskultur die entsprechende Unterstutzung vorhanden sein. Umgekehrt liefie sich argumentieren, dass unbefristet Beschaftigte sich eher zuriickhalten in ihrer Kritik gegenuber anderen Organisationsmitgliedem, um das Verhaltnis zwischen Kollegen nicht zu belasten. Dies wiirde jedoch auf eine eher negative oder regressiv wirkende Organisationskultur hinweisen, was durch das Modell nicht unterstutzt wird. Das ware kein positiver Beflind. Insgesamt zeigt sich in dem Zusammenspiel der einzelnen Faktoren, dass Arbeitnehmer mit befristeten Arbeitsvertragen Kommunikationsspielraume und die Integration in Entscheidungen sehr wichtig nehmen, zumindest bezogen auf das Merkmal Vertrauen wichtiger als unbefristet Beschaftigte. Von letzteren lieBe sich durch so einen Befiind annehmen, dass sie sich im Laufe der Zeit gegen die negativen Auswirkungen einer fehlenden Kommunikationskultur und Unterstutzung durch das Management immunisiert haben. Von Interesse ist hier auch, wie groB der Unterschied zwischen Voll- und Teilzeitbeschaftigten ist; darauf komme ich noch zuriick. In den Hypothesen bin ich von der Uberlegung ausgegangen, dass Arbeitnehmer mit unbefristeten Arbeitsvertragen sehr viel aktiver in Vertrauen und in Sozialkapital investieren, als befristete Beschaftigte. Wie dargestellt, sind zwar Unterschiede vorhanden, aber die Aussage ist nicht zulassig, dass befristete Beschaftigte nicht in den Aufbau von Vertrauen und Sozialkapital investieren. Vielmehr ist festzuhalten, dass diese beiden Beschaftigungsgruppen aus ganz verschiedenen Voraussetzungen heraus in Sozialkapital und Vertrauen investieren und den unabhangigen Variablen ein ganz unterschiedliches Gewicht zukommt. Als vorlaufiges Fazit liefie sich formulieren, dass befristet Be192
schaftigte sehr viel sensibler auf positive und auch negative Kommunikations- und Partizipationsstrukturen reagieren, fiir beide Gruppen ist jedoch die Bedeutung und Identifikation mit den eigenen Arbeitsaufgaben wichtig. Im Foigenden soil gepriift werden, in v^elcher Form Unterschiede im Aufbau von Vertrauen und Sozialkapital bei den jeweils herausgegriffenen Fallen der VoUzeitbeschaftigten und der Teilzeitbeschaftigten festzustellen sind. 2.7. Aufbau von Vertrauen und Sozialkapital bei Vollzeitbeschaftigten (N=128) Es ist zu vermuten, dass zwischen VoUzeit- und Teilzeitbeschaftigten ein geringerer Unterschied als zwischen unbefristet und befristet Beschaftigten festzustellen ist. Im Detail sind fiir die Gruppe der Vollzeitbeschaftigten die Ergebnisse der Regressionsanalyse in der foigenden Tabelle dargestellt. Durch die in die Regressionsgleichung aufgenommenen unabhangigen Variablen wird in diesem Fall fast 55 Prozent der Varianz des Kriteriums Vertrauen erklart. Tabelle 12 Aufbau von Vertrauen bei Vollzeitbeschaftigten Modell StandardB fehler 0,854 (Konstante) 9,715 0,235 1,369 Arbeitsinhalt 0,240 1,170 Partizipation 0,218 -,384 Aufgabenkontrolle (Autonomie) 0,231 1,298 Feedback 0,203 0,322 Untemehmenserfolg 0,201 -0,708 Arbeitsdruck 0,274 0,411 individualisiertes Entgelt 0,030 0,034 Alter 0,037 0,023 Beschaftigungsdauer 0,000 0,000 Einkommen 0,754 R 0,568 R2 0,523 KorrR2
Beta
T-Wert
Sign.
0,410 0,344 -0,121 0,385 0,108 -0,239 0,106 0,124 0,064 0,033
11,378 5,815 4,876 -1,764 5,616 1,586 -3,520 1,497 1,147 0,615 0,421
,000 ,000 ,000 ,081 ,000 ,116 ,001 ,138 ,254 ,540 ,675
Der Unterschied der Gruppe der Vollzeitbeschaftigten zur Gruppe der unbefristet Beschaftigten ist erwartungsgemaB nicht groB. Die Merkmale Feedback, Arbeitsinhalt und Partizipation nehmen das grSfite Gewicht in der Erklarung des Merkmals Vertrauen ein. Bemerkenswert ist, dass die Wahmehmung von Arbeitsdruck einen signifikanten negativen Einfluss auf Vertrauen ausiibt und Aufgabenkontrolle zwar einen negativen Einfluss einnimmt, aber keinen signifikanten Zusammenhang zeigt. Die Kontrollvariablen Alter, Beschaftigungsdauer und Einkommen zeigen einen geringen aber keinen signifikanten Einfluss. Die Frage ist nun, in welcher Weise sich ein Unterschied zwischen Vollzeitbeschaftigten und Teilzeitbeschaftigten zeigt. 193
Was die Auspragung des Merkmals Sozialkapital in der Gruppe der Vollzeitbeschaftigten betrifft, so ist bemerkenswert, dass nur mehr die Faktoren Feedback und Arbeitsinhalt eine Auswirkung auf die Hohe der Auspragung des Merkmals zeigen. Insgesamt erklSren diese Faktoren aber nahezu 19 Prozent der Varianz von Sozialkapital. Die Faktoren individualisiertes Entgelt, Arbeitsdruck und Aufgabenkontrolle sind in ihrer Wirkung zwar negativ aber nicht signifikant. Auch der positive Einfluss des Merkmals Untemehmenserfolg ist kein signifikanter. ErwMhnenswert ist zudem, dass die Kontrollvariablen Alter, Beschaftigungsdauer und Einkommen keinen bemerkenswerten Einfluss auf die Auspragung der abhangigen Variable Sozialkapital zeigen, wenngleich es plausibel ist, anzunehmen, dass bei zunehmender Beschaftigungsdauer die sozialen Kontakte in einer signifikanten Weise positiv beeinflusst werden. Die Ergebnisse sind in der folgenden Tabelle dargestellt. Tabelle 13 Modell Entstehung von Sozialkapital VoUzeitbeschaftigte Koeffizienten(a) Modell
B
(Konstante) Arbeitsinhalt Partizipation Aufgabenkontrolle (Autonomie) Feedback Untemehmenserfolg Arbeitsdruck individualisiertes Entgelt Alter Beschaftigungsdauer Einkommen R R2 Korr.R2
18,719 1,045 1,018 -0,283 1,075 0,198 -0,229 -0,300 0,032 0,088 -0,001 0,519 0,269 0,193
Standard- Beta fehler 1,367 0,254 0,382 0,243 0,390 -0,073 0,349
T-Wert
Sign.
13,690 2,735 2,609 -,810
,000 ,007 ,011 ,420
0,260 0,054 -0,052 -0,063 0,092 0,197 -0,136
2,894 ,610 -,577 -,683 ,654 1,462 -1,312
,005 ,544 ,565 ,496 ,515 ,147 ,193
0,372 0,326 0,397 0,440 0,048 0,060 0,001
2.8. Aufbau von Sozialkapital und Vertrauen bei Teilzeitarbeitskraften (N = 43) Werfen wir einen Blick auf die Ergebnisse der Regressionsrechnung in der folgenden Tabelle, so fallt zuerst einmal auf, dass fur Teilzeitbeschaftigte der Einfluss der Variablen Untemehmenserfolg auf die Auspragung des Merkmals Sozialkapital hoch ausfallt und dieser Zusammenhang signifikant ist. Einen etwas geringem Einfluss nimmt das Merkmal Feedback ein, hat aber eine sehr signifikante Auspragung. Noch signifikant bleibt der Einfluss des Merkmals Arbeitsinhalt in der Gruppe der Teilzeitbeschaftigten. Die in die Regressionsgleichung aufgenommenen Variablen erklaren 15 Prozent der Varianz des Merkmals soziales Kapital. Die Ergebnisse sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst. 194
Tabelle 14 Entstehung von1 Sozialkapital bei Beschaftigung Teilzeit Modell (Konstante) Arbeitsinhalt Partizipation Aufgabenkontrolle (Autonomic) Feedback Untemehmenserfolg Arbeitsdruck individualisiertes Entgelt Alter Besch^ftigungsdauer Einkommen R R2 Korr.R2
" Standardfehler 1,411 18,282 0,389 0,789 0,335 0,238 0,379 -0,001
B
0,921 1,060 0,464 0,601 0,029 0,004 0,000 0,490 0,240 0,154
0,342 0,461 0,397 0,418 0,053 0,092 0,001
Beta
T-Wert
Sign.
0,219 0,068 0,000
12,958 2,031 0,711 -0,002
,000 ,045 ,479 ,998
0,260 0,244 0,115 0,143 0,074 0,006 0,030
2,694 2,302 1,169 1,440 0,546 0,045 0,267
,008 ,024 ,246 ,153 ,587 ,964 ,790
Wie in der folgenden Modellzusammenfassung zu sehen, werden durch die Faktoren Aufgabenkontrolle, Feedback, Partizipation und den Faktor Arbeitsinhalt die Auspragung des Faktors Vertrauen in der Gruppe der TeilzeitbeschSftigten erklSrt. AUe vier Faktoren zeigen eine signifikante oder sehr signifikante Wirkung. Das Modell erkiart in der Gruppe der Teilzeitbeschaftigten 33 Prozent der Varianz der abhSngigen Variable Vertrauen. Im Vergleich zur ErklSrung des Merkmals Sozialkapital ist interessant, dass fur den Aufbau von Vertrauen das Merkmal Untemehmenserfolg keinen signifikanten Einfluss nimmt, fiir die Auspragung von Sozialkapital aber in der Gruppe der Teilzeitbeschaftigten ein wichtiger und signifikanter Faktor ist. Dieser Unterschied M\t auch zur Gruppe der VoUzeitbeschaftigten auf. Die Ergebnisse fiir die Gruppe der Teilzeitbeschafi;igten sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst.
195
Tabelle 15 Entstehung von Vertrauen bei Beschaftigten Teilzeit Koeffizienten (a,b) Beta
T-Wert
Sign.
9,226 0,675 0,970
Standardfehler 0,980 0,270 0,233
0,240 0,356
9,415 2,501 4,169
,000 ,014 ,000
-0,708
0,264
-0,228
-2,688
,009
1,070 0,518 -0,018 0,250 0,053 -0,042 0,000 0,631 0,398 0,329
0,237 0,320 0,276 0,290 0,037 0,064 0,001
0,387 0,153 -0,006 0,076 0,173 -0,081 0,040
4,506 1,621 -0,066 0,861 1,431 -0,653 0,395
,000 ,109 ,948 ,392 ,156 ,515 ,694
B (Konstante) Arbeitsinhalt Partizipation Aufgabenkontrolle (Autonomic) Feedback Untemehmenserfolg Arbeitsdruck individualisiertes Entgelt Alter Beschaftigungsdauer Einkommen R R2 Korr.R2
3. Zusammenfassung der empirischen Ergebnisse der Untersuchung Welche Schlussfolgerungen sind aus dem hier vorliegenden Befund zu ziehen? Bezogen auf die ErklMrung des Faktors Vertrauen zeigt sich, dass kompetente und eigenstSndige Mitarbeiter, die an Entscheidungen partizipieren, mehr Vertrauen ausbilden, als wenig kompetente und unselbstSndige Mitarbeiter, die kaum oder gar nicht in organisationale Entscheidungsprozesse integriert sind. ZusStzlich zeigt sich die positive und signifikante Wirkung von feedbackfShigen Organisationsstrukturen auf die Entstehung von Vertrauen. Der Aufbau von Vertrauen und das Merkmal Feedback stehen in einem zentralen Wirkungszusammenhang. Das heifit, Organisationen mit Managementstrukturen die Feedback von kompetenten und selbstbestimmten Mitarbeitem zulassen, kurz Organisationen in denen Offenheit und Transparenz zugelassen wird, fbrdem gleichzeitig den Aufbau von Vertrauen. Eine damit vergleichbare jedoch negative Wirkung zeigt der von Beschaftigten wahrgenommene Stress und Arbeitsdruck. Zusammengefasst uben die Merkmale Arbeitsinhalt und Partizipation den deutlichsten Einfluss aus. Daraus ISsst sich folgende Schlussfolgerung ziehen: Qualifizierte Mitarbeiter, die ihrer eigenen Einschatzung zufolge kompetent und selbstbestimmt sind und daher intrinsisch motiviert, entwickeln in feedback-orientierten Organisationen leichter Vertrauen als geringqualifizierte, ihrer eigenen Einschatzung zufolge wenig-kompetente und fremdbestimmte Beschaftigte in feedback-aversen Organisationen. In der Gruppe der Beschafligten mit befristeten Arbeitsvertragen wird Vertrauen ebenso durch die Merkmale Arbeitsinhalt, Partizipation und Feedback erklart. Im Vergleich zur Gruppe aller Beschafligten nimmt die subjektive Einschatzung, in welchem Um196
fang qualifizierte Aufgaben durchgefuhrt werden, einen hoheren Stellenwert ein; geringfugig starker ist auch der Faktor Partizipation zu bewerten. Ein im Vergleich zu den beiden genannten Faktoren jedoch hSheres Gewicht auf die Entstehung von Vertrauen nehmen feedbackorientierte Fuhrungs- und Managementstrukturen bei befristetet Beschaftigten ein. Welche Schlussfoigerungen sind daraus zu Ziehen? Bei befristetet Beschaftigten Arbeitnehmem ist die EinschStzung, inwieweit sie selbst qualifizierte, kompetente und selbstbestimmte Aufgaben ausfuhren und in welchem AusmaB feedbackorientierte Managementstruktur als Unterstutzung vorhanden ist, ausschlaggebend dafur, ob Vertrauen in Organisationen ausgebiidet wird. In alien Bereichen ubt jedoch der Untemehmenserfolg, bzw. seine Einschatzung einen positiven Einfluss auf die Bildung von Vertrauen aus. Welche Schlussfoigerungen sind mit den vorliegenden Ergebnissen im Bezug auf die Entstehung von Sozialkapital zu ziehen? Im Sample der gesamten Beschaftigten nehmen das gr5Bte Gewicht die Faktoren Feedback, Arbeitsinhalt und partizipative Management- und Fuhrungsstrukturen ein. Beide Faktoren legen die Schlussfolgerung nahe, dass die Mitarbeiter durch diese Merkmale hochgradig motiviert werden, in den Aufbau von Sozialkapital zu investieren. Merkmale wie der subjektiv wahrgenommene Stress und Arbeitsdruck lassen keinen Einfluss erkennen. Hingegen sind feedbackorientierte und partizipative Management- und Fiihrungsstrukturen Merkmale, die mit dem Bestand an Sozialkapital in Organisationen positiv in Zusammenhang stehen. Was den Aufbau von Sozialkapital in Organisationen betrifft, so ist also festzuhalten, dass nur Mitarbeiter in partizipativen und feedbackorientierten Organisationsstrukturen in den Aufbau von Sozialkapital investieren. Die Nutzung von Sozialkapital ist also verknUpft mit Managementstrukturen die Feedback und Partizipation fordem. Da der Einfluss von individualisierten Entgeltsystemen, d.h. auf die personliche Leistung abgestellte Entgelt oder Pramiensysteme praktisch keinen Einfluss zeigt, ist die Schlussfolgerung zulassig, dass partizipations- und kooperationsfordemde Strukturen die intrinsische Motivation bestimmen und nicht extrinsische Anreize. Ein solcher Befund sollte einen erheblichen Einfluss auf die Gestaltung von Arbeitsaufgaben nehmen. Vermutlich steht damit auch der positive kausale Effekt auf den Vorrat an Sozialkapital in Zusammenhang. Unterscheidet sich nun dieser Befund in den jeweiligen Beschafligungsgruppen? Bei der Gruppe der Beschaftigten mit unbefristeten Arbeitsvertragen lasst sich ein erkennbarer Unterschied in der relativen Wirkung der genannten Faktoren erkennen. In dieser Gruppe ist das Gewicht der genannten Faktoren ein geringeres. Bei unbefristeten Be197
schaftigten lassen partizipative und kooperationsfSrdemde Organisationsstrukturen einen leicht geringeren Effekt auf den Bestand an Sozialkapital erkennen. Das relative Gewicht von partizipativen und kooperationsfSrdemden Organisationsstrukturen ist jedoch wieder starker ausgepragt in der Gruppe der TeiizeitbeschSftigten. Hier spielt auch der Faktor Feedback wieder eine relativ gr56ere RoUe in der ErklSrung von Sozialkapital. Welche Schlussfolgerung konnen aus diesem Ergebnis gezogen werden: Bei befristeten ArbeitsverhSltnissen zeigen partizipative und kooperationsf<5rdemde Organisationsstrukturen eine geringere Wirkung in Bezug auf den Bestand an Sozialkapital. Der Befund legt nahe, dass gerade wenig stark an das Untemehmen gebundene Beschaftigte sehr viel starker auf die positive Wirkung von Partizipation und Feedback ansprechen. Umgekehrt zeigt sich aber auch, dass befristete BescMftigte davon ausgehen, dass aufgrund der begrenzten Dauer ihres BeschaftigungsverMltnisses es weniger sinnvoll scheint in soziales Kapital zu investieren. Hingegen zeigen die Ergebnisse in der Gruppe der TeilzeitbeschSftigten, dass partizipative und kooperationsfbrdemde Organisationsstrukturen, und insbesondere eine feedbackorientierte Organisationsstruktur teilzeitbescMftigte Mitarbeiter starker motivieren, in soziales Kapital zu investieren.
198
IV. AbschlieBende Bemerkung Der ressourcenorientierte Ansatz wird innerhalb der Strategieforschung als neuer und rigoroser Ansatz bezeichnet, der ganz im Gegensatz zu herkommlichen Managementansatzen, den Erfolg von Untemehmen durch den unterschiedlichen Bestand an Ressourcen, uber den eine Firma verftigt, erklSren (Foss, 1998). Wie zu Beginn dieser Arbeit angesprochen, unterscheidet sich der ressourcenorientierte Ansatz in mehrfacher Hinsicht von traditionellen AnsStzen. Das liegt daran, dass der ressourcenorientierte Ansatz die Unterschiede zwischen Untemehmen dadurch erklM, dass Ressourcen, unterschiedlich effizient und effektiv eingesetzt und verwendet werden. Der ressourcenorientierte Ansatz ist interessant, weil der Erfolg einer Untemehmung iiber die unterschiedliche Ausstattung mit Ressourcen erklM wird. Untemehmen unterscheiden sich also nicht dadurch, dass sie eine starkere/schwachere Position mit ihren Produkten in einer bestimmten Branche gegenuber ihren Konkurrenten einnehmen, sondem weil Ressourcen in einer Art und Weise eingesetzt, entwickelt und verwendet werden, die anderen konkurrierenden Untemehmen nicht zur Verftigung stehen. Edith Penrose ist die Idee zuzuschreiben, dass der Einsatz von Ressourcen ein "dynamischer Interaktionsprozess ist, den das Management der Firma organisiert" (Penrose, 1959:5). Von Penrose stammt die Uberlegung, dass die "internen Ressourcen einer Firma" als die "produktiven, zur Verfugung stehenden Leistungen" (Penrose, 1959:5) zu konzeptionalisieren sind. Daraus leitet sie in ihrer Theorie die "begrenzten M5glichkeiten" (Penrose, 1959:18) des Wachstums der Firma her. Dierickx und Cool (1989:1504) haben diese Sichtweise insofem ergSnzt, indem sie darauf verweisen, dass nicht einzelne Ressourcen, sondem ein ganzes "Bundel an Ressourcen" in Untemehmen eingesetzt wird, um privilegierte Produkt-Markt-Positionen zu erreichen und zu verteidigen und sie verweisen darauf, dass dieses Btindel an Ressourcen nicht einfach zugekauft werden kann oder innerhalb einer Firma nicht einfach zuganglich ist. Wichtige untemehmensspezifische Ressourcen sind also nicht so ohne weiteres reproduzierbar und zuganglich. Es ist keine Frage, dass Wissen eine unverzichtbare Ressource in einem Untemehmen darstellt. Aber vor dem Hintergrund der ressourcenorientierten Perspektive habe ich mir die Frage gestellt, wie diese Ressource produziert, zur Verfugung gestellt und genutzt wird, wenn sich traditionelle Organisationsgrenzen und damit einhergehend, traditionelle Beschaftigungsformen auflosen. In dieser Arbeit wurde deshalb argumentiert, dass gerade vor dem Hintergrund der Veranderung einer "old economy" hin zu einer "new economy", wobei im Zuge dieser Verandemng immaterielle und intangible Ressourcen einen immer grSfieren Stellen199
wert einnehmen und damit die Organisation, die Produktion und die Nutzung von Wissen eine wesentliche Quelle von Untemehmenserfolg ist. Die Verarbeitung von Wissen wird in den einschlagigen Wissensmanagement-Modellen als arbeitsteiliger Prozess verstanden, bei dem Daten und Informationen verarbeitet werden und daraus in Organisationen Wissen produziert wird. Ganz zentral ist dabei das Verstandnis, dass in den einschlagigen Wissensmanagement-Modellen zwischen impliziten und expliziten Wissensformen differenziert wird. Wie Dierickx und Cool (1989) aber in ihrer Auseinandersetzung mit der Position von Barney (1986) gezeigt haben, geht es nicht nur um die Produktion unverwechselbarer, knapper und schwer imitierbarer Ressourcen, sondem eben darum, diese Ressourcen im Produktionsprozess zur Verfugung zu stellen. Die Implikationen fUr das Management einer Untemehmung sind damit klar: Es geht nicht (oder nicht nur) um die Positionierung am Markt, sondem der Fokus der Aufgaben muss sich auf die Nutzung und damit den Einsatz der "einzigartigen Fahigkeiten und Ressourcen" richten (Dierickx und Cool, 1989:1504). Dass zum einen "einzigartige FShigkeiten und Ressourcen" nicht auf Faktormarkten zur Verfugung stehen, sondem in der Untemehmung produziert werden, ist ein wichtiger Aspekt der Argumentation. Zum anderen machen jedoch Dierickx und Cool (1989:1508) darauf aufmerksam, dass die Spezifitat von Ressourcen vielfach erst durch die Interdependenz mit anderen spezifischen Ressourcen und Fahigkeiten entsteht. Penrose hat beispielsweise argumentiert: "It is the heterogeneity ... of productive services available or potentially available from its resources that gives each firm its unique character" (Penrose, 1959:75).^^ Der wesentliche Vorteil der ressourcenorientierten Theorie der Firma, gegeniiber herkommlichen Theorien (Schmidt, 1998) ist nicht nur der, dass die Organisation der Wertsch5pfungsprozesse, also die Produktion, nicht als "Black Box" betrachtet wird, sondem die Herstellung und Verwendung wesentlicher untemehmensspezifischer Ressourcen als Ergebnis endogener Faktoren gesehen wird.^^ In diesem Zusammenhang wird der Entstehungs-
25
"Productive services are not man-hours, or machine-hours or bales of cotton, or tons of coal, but the actual services rendered by the men, machines, cotton, or coal in the productive process" (Penrose, 1959:74). Mahoney und Pandian (1992) differenzieren fUnf Schulen in der OrganisationsOkonomik: Agency Theory (Eisenhardt und Martin, 2000), Property-Rights-Ansatz (Alchian und Woodward, 1988), der Transaktionskostenansatz (Williamson, 1985), evolutionSre Ansatz (Nelson und Winter, 1982) und der ressourcenorientierte Ansatz (Barney, 1986; Penrose, 1959).
200
prozess untemehmensspezifischer Ressourcen als ein stochastischer begriffen, well nicht alle relevanten Variablen (a) identifiziert und (b) kontrolliert werden kQnnen (Dierickx und Cool, 1989:1509). Es l^sst sich also folgende Uberlegung formulieren: Untemehmensspezifische Ressourcen und Fahigkeiten sind elementare Quellen nachhaltiger Wettbewerbsvorteile. Die relevanten Organisationsvariablen ihrer Entstehung kOnnen weder voUstandig identifiziert, noch kontrolliert werden. Wenn diese Feststellung emsthaft in die weitere Uberlegungen aufgenommen wird, dann sollte sich zeigen, dass nicht spezifische Faktoren jeweils kontrolliert bzw. gesteuert werden konnen, sondem - was hier nicht strittig sein soil - allgemeine Eigenschaften der Organisation (wie sie im empirischen Teil dieser Arbeit diskutiert wurden). In einschlSgigen Wissensmanagement-Ansatzen ist es das Ziel die Produktion und Distribution von Wissen in Organisationen zu managen. Die zentrale Aufinerksamkeit widmet man dabei der Transformation von impliziten in explizite Wissensformen. Ich habe in dieser Arbeit argumentiert, dass ein Grofiteil des tatsachlichen Wissens einer Organisation implizit bleibt und in organisationalen Routinen eingebettet ist. Vielfach wird dieses Wissen als lokales Wissen bezeichnet. Man geht davon aus, dass der Umstand, dass es lokal ist, etwas Negatives an sich hat. Lokales Wissen wird im extremen Fall als ein isoliertes Wissen verstanden. Es ist Wissen, das unmittelbar durch Erfahrungen generiert wird und in Zusammenhang mit einer konkreten Tatigkeit erworben wurde. Aus der Sicht der Wissensmanagement-Modelle ist dieses Wissen in einer Organisation nur von begrenztem Nutzen, well es sich dabei um persOnliche Erfahrungen handelt, die fur andere Organisationsmitglieder nicht unmittelbar greifbar und zugMnglich sind (vgl. Boisot, 1995:115). Wie ich in dieser Arbeit zu zeigen versucht habe, telle ich diese Schlussfolgerungen nicht. Der GroBteil dieser persSnlichen Wissensformen Wirdtiberinformelle Beziehungen ausgetauscht. Wahrend - so meine Interpretation - die Wissensmanagement-Modelle den Reflexionsprozess, der in der Produktion und Reproduktion von Wissen ein wichtiges Element darstellt, auf der Ebene der Experten (d. h. des Managements, Stabstellen, konkreter Hierarchien) konzipiert, sehe ich es als unverzichtbar, auf der persOnlichen Ebene, bzw. dort wo lokales und konkretes Wissen entsteht. Reflexion zu erm5glichen und zuzulassen. Wie ich argumentiert habe, ist dieser Reflexionsprozess nur dann tatsachlich moglich, wenn neue Wissensformen nicht als Bedrohung bestehender Routinen, Kompetenzen und Hierarchien interpretiert werden, sondem als Verbesserung und Emeuerung derselben. Ist das nicht so, dannriickendie KontroUe des Wissensaustauschs und die Kontrolle der Mechanismen der Wissensgenerierung und 201
-verbreitung in den Vordergmnd. Die effizientesten Mechanismen der Kontrolle bleiben dann die Strukturierung der Information, die Selektion und Sondierung von Daten, mit denen ein fest etablierter Filter (Kode) installiert wird, damit Wissen greifbar und zugSnglich wird. Aus der Sicht des Wissensmanagements wird dadurch der Wert Ressource Information erhSht, weil der Kreis der NutznieBer beschrSnkt werden kann. Gleichzeitig werden damit aber Wissensformen depersonalisiert. Der Effekt ist jedoch, dass die Produktion und die Verbreitung von Wissen nicht zwangslSufig verbessert werden. Fiir die Organisationsgestaltung stellt sich damit die Frage, ob Transparenz und Freiraum, partizipative Entscheidungsstrukturen und selbstbestimmtes und selbst-effizientes Handeln gefordert wird. Ich habe zu zeigen versucht, dass die wesentliche Barriere fiir die effiziente Verbreitung von Wissen die in der Praxis fehlende Integration der ausdifferenzierten Aufgaben darstellt. In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass die Abstimmung intangibler Leistungserstellungsprozesse erhebliche Koordinationskosten verursacht. Diese Kosten entstehen aber niclit nur dadurch, dass Informationsasymmetrien existieren, sondem sie entstehen vor allem dadurch, dass bei einem hohen Abstraktionsgrad, der fiir eine effiziente Diffusion von Wissen eingefordert wird, in der Anwendung des Wissens Probleme auftreten, weil der Kontext der Interpretation und der Kontext der Abstraktion nicht mehr zugSnglich ist. Mit diesen Uberlegungen habe ich dann zu zeigen versucht, dass jedes Organisationsmitglied in einem unterschiedlichen AusmaB in ein soziales Netzwerk von Beziehungen eingebettet ist. In meiner Diskussion der N-Form von Hedlund (1994) habe ich herausgestrichen, dass der "Kontext der sozialen Struktur" eine wichtige Funktion nicht nur in der Diffusion, sondem gerade auch in der Produktion von Wissen einnimmt. Diesen von Hedlund (1994:75) eingeforderten Kontext der sozialen Struktur habe ich in dieser Arbeit mit den Uberlegungen von Penrose (1959) in Verbindung gesetzt. Wie ich zeigte, sieht Penrose (1959) und im Anschluss an sie eine Reihe von Autoren (Barney, 1986; Peteraf, 1993) gerade das "organisationale Beziehungsgeflecht von Fahigkeiten" als zentrales Konzept, das erklart, warum Firmen unverwechselbare Ressourcen nicht nur produzieren, sondem auch produktiv nutzen. Damit verlagert sich jedoch die Problemstellung (vgl. Boisot, 1995; Nonaka und Takeuchi, 1995a) von der Transformation impliziter Wissensformen auf die Herstellung und Gestaltung jener sozialen Struktur und/oder jenes organisationalen Beziehungsgeflechts mit der/dem Firmen "ihre produktiven Ressourcen nutzen" (Penrose, 1959:15). In diesem Kontext habe ich die Struktur sozialer Netzwerke thematisiert. 202
In meiner Diskussion von Nonaka und Takeuchi (1995a) habe ich kritisiert, dass ihr Managementkonzept sich darauf beschrankt, das Management zu beraten, ohne sich tatsachlich mit der Population der Wissensarbeiter im Untemehmen auseinanderzusetzen. Wie erwShnt, scheint das paradoxe an diesem Modell zu sein, dass das Problem, wie es sich vor nahezu 100 Jahren fur Taylor stellte, auf den Kopf gestellt wird. Wahrend Taylor nicht die Absicht hatte den eigentlichen Arbeiter in seine Vision der effizienten Fabriksproduktion einzubeziehen, soil im SECI-Modell das Management dafur sorgen, dass Wissen produziert und verteilt wird, aber die tatsSchlichen Wissensproduzenten spielen dabei eine Nebenrolle. An diese Kritik anschliefiend habe ich deshalb den Ansatz von Kaser und Miles (2002) diskutiert, die sich mit der Funktion von Vertrauen und der Wirkung der intrinsischen Motivation auf den Austausch von Wissen beschafligen. Sie unterscheiden dabei zwischen extrinsischen und intrinsischen Anreizen, greifen diese Idee von Deci und Flaste (1995) auf und zeigen, dass implizite Wissensformen nur dann ausgetauscht werden, wenn der Grad an intrinsischer Motivation hoch ist. ErgSnzend stellen sie fest, dass Vertrauen selbst ein notwendiger Bestandteil ist, damit uberhaupt zwischen Akteuren implizite Wissensformen ausgetauscht werden. In meiner Diskussion des Konzepts der individualisierten Untemehmung von Bartlett und Ghoshal (1997) habe ich in einer kritischen Aufarbeitung der Argumente der Autoren zu zeigen versucht, welche Eigenschaften eine Organisation entwickeln muss, damit Wissen produziert werden kann. In meiner Darstellung habe ich darauf aufmerksam gemacht, dass eines der wesentlichen Probleme, mit denen sich das Modell von Bartlett und Ghoshal auseinandersetzt, jenes ist, wie Organisationen die Kreativitat und das Talent ihrer Mitarbeiter freisetzen konnen. Auch sie setzen auf vertrauenswiirdige interpersonale Beziehungen in Organisationen, die sie flir den Austausch und fur die Produktion von Wissen als unverzichtbar erachten. Ich habe deshalb jene Strukturen thematisiert, unter denen Vertrauen, Kooperation, Wissensproduktion und diffusion in Untemehmen moglich werden. Das zentrale Thema dabei ist Sozialkapital, das ich als wesentliche Infrastruktur verstehe, die es ermOglicht, Wissen nicht nur zu produzieren, sondem produktiv zu teilen. Ganz im Gegensatz zur Transaktionskostentheorie (Williamson, 1985) argumentierte ich, dass die Produktion und Koordination von spezialisiertem Wissen in eine soziale Struktur von Beziehungen eingebettet ist. Ich habe zu zeigen versucht, dass in jeder Organisation soziale Bindungen existieren, die nicht ausschliefilich iiber den rationalen, nutzenmaximierenden Akteur erklSrt werden kOnnen. Akteure sind keineswegs nur herzlose Rechenmaschinen, sondem 203
setzen ihre Handlungen eingebettet in soziale Beziehungen (vgl. Wassermann und Faust, 1999:13). Einzelne Akteure stehen in vielfaltigen reziproken Beziehungen zu anderen Akteuren. Sie sind in diese Beziehungen unterschiedlich stark eingebettet. Das AusmaB dieser Einbettung beeinflusst in unterschiedlichem AusmaB die tatsachlichen Handlungen der Akteure (vgl. Granovetter, 1985). Wie ich argumentiert habe, ist auf Dauer jenes Verhalten, das nicht uber materielle Anreize gesteuert wird, wie der informelle Austausch von Wissen, oder die Kooperation zwischen Akteuren in Organisationen, nur uber wirksame Normen und Regeln, die in den institutionellen Apparat der Organisation eingebettet sind, zu gewahrleisten. Meine zentrale These in diesem Zusammenhang war, dass die Effizienz und die EffektivitSt des Austauschs idiosynkratischer Ressourcen vom existierenden Sozialkapital und dem bestehenden Vertrauen bestimmt werden. Wahrend in der orthodoxen Wirtschaftstheorie, soziale Verpflichtungen und Normen iiberhaupt als Storfaktor klassifiziert werden, lasst sich zeigen, dass vielfach wirtschaftliche Transaktionen uberhaupt erst stattfinden, wenn zwischen Anbieter und Abnehmer eine vertrauenswiirdige Beziehung existiert. Ist das nicht der Fall, entstehen zum Teil erheblich h5here Transaktionskosten, oder es findet uberhaupt kein Austausch statt. Zudem ist festzuhalten, dass wir als Personen, permanent in soziale Beziehungen investieren. Ein Effekt davon ist, dass die damit konstituierte soziale Struktur, in die wir eingebettet sind, uns erst als wirtschaftliche Akteure handlungsfahig werden lasst. Wahrend beispielsweise Williamson (1985) und Levi (2000) argumentieren, dass soziale Verpflichtungen sich schadlich auf wirtschaftliche Transaktionen auswirken, zeigen eine Reihe von empirischen Studien (z. B. Lamming, 1993; Dyer, 1997), dass vertrauensvoUe soziale Bindungen und Beziehungen, die auf Dauer angelegt sind, einen positiven wirtschaftlichen Effekt erkennen lassen. Dieser Punkt ist in der Netzwerktheorie unumstritten. In der Netzwerktheorie wird beispielsweise argumentiert, dass uber interorganisationale, feste, d. h. dauerhafte Bindungen "strategische Ressourcen" (vgl. Sydow, 1993; Gulati und Singh, 1998:781) erschlossen werden. Dies ist nicht nur zwischen Organisationen ein wichtiges Element, um Ressourcen zu nutzen, sondem auch innerhalb der Organisationsgrenzen. Ich habe in diesem Zusammenhang meine These diskutiert, dass der wirtschaftliche Erfolg sozialer Beziehungen damit zusammenhangt, dass dichte, reziproke und dauerhafte soziale Bindungen erst die Produktion, den Austausch und den Zugang zu idiosynkratischen Wissensformen in einer Organisation ermoglichen. Ich habe dabei argumentiert, dass Sozialkapital uber den funktionalen Wert der Kultur, wie sie Boisot 204
(1995), Nonaka und Takeuchi (1995a), Hedlund (1994) oder Bartlett und Ghoshal (1997) in ihren Ansatzen diskutieren, hinausreicht. Zentral in den Uberlegungen in dieser Arbeit war, dass soziales Kapital ein intangibler Vermogenswert in Unternehmen ist. Die Intangibilitat besteht darin, dass soziales Kapital erst den Wert des als essentiell betrachteten Bundels an Ressourcen in Untemehmen aktiviert und als einzigartige und unverwechselbare Quelle von Wettbewerbsvorteilen greifbar und produktiv werden lasst. Wahrend der Effekt von Vertrauen darin besteht, auf Weisungsrechte und kostspielige Vertrage zu verzichten, ist der Effekt von Sozialkapital, dass durch die bestehenden Bindungen nicht nur vorhandene Ressourcen erschlossen werden, sondem neue Ressourcen uberhaupt erst entstehen. Sozialkapital ist so interpretiert die soziale Infrastruktur fiir ein intelligentes Untemehmen. Soziales Kapital wurde vor dem Hintergrund dieser Uberlegungen in dieser Arbeit als der Vorrat an aktiven Beziehungen definiert. Sozialkapital ist so gesehen ein VermSgenswert, der durch die intensive Nutzung der existierenden Beziehungen erst aktiviert wird. Es ist somit das Ergebnis intakter sozialer Bindungen. Ein wichtiger Aspekt in der Diskussion meiner Thesen ist, dass die Bereitschaft in soziale Beziehungen zu investieren, von der Dauer der Beschaftigung in einem Unternehmen abhSngt. Dies ist auch der Punkt, an dem ich meine These aufhSnge, warum in all jenen Fallen, in denen in Organisationen prekare und kurzfristige Beschaftigungsformen existieren, weniger Sozialkapital aufgebaut wird. Ganz generell war es mir ein wichtiges Anliegen in dieser Arbeit, nicht nur die positiven Effekte von Sozialkapital in einer allgemeinen Theorie auszuarbeiten, sondem vor allem auch Hypothesen zu generieren, die im Rahmen einer empirischen Untersuchung iiberpruft werden konnten. Ich habe mich daher in einem eigenen Abschnitt mit der sozialen Netzwerkanalyse beschafligt und gezeigt, mit welchen Instrumenten und mit welchen Methoden der Vorrat an Sozialkapital und die tatsachliche Struktur des sozialen Netzwerkes in Untemehmen untersucht werden konnen. Dabei habe ich versucht herauszuarbeiten, dass Mitglieder in einem Netzwerk nicht nur am Vorrat an Sozialkapital partizipieren, sondem durch die Nutzung der vorhandenen Ressourcen und Beziehungen das vorhandene Sozialkapital vergroBem. Ich nenne dies, wie erwahnt, die intelligente Infrastruktur funktionierender sozialer Bindungen in Organisationen. Soziale Netzwerke sind so verstanden effizient, well sie nicht nur die Normen und Werte konstituieren (Coleman, 1990), die z.B. Opportunisten bestrafen, sondem die intakte Struktur besitzen, die Bestrafung effektiv auch umzusetzen. So205
ziale Netzwerke sind in diesem Sinne effizient, weil sie nicht nur die Struktur besitzen, mit der Fahigkeiten, Talent, tangible und intangible Ressourcen bereitgestellt werden, sondem diese Ressourcenflusse in hohen MaBe selbst steuem und dadurch permanent neue Ressourcen schaffen. Im empirischen Teil der Arbeit wurde vor diesem konzeptionellen Hintergrund ein Modell skizziert, das zeigen soil, unter welchen Bedingungen Sozialkapital und Vertrauen in Organisationen entstehen. Zu diesem Zweck wurde eine Fragebogenuntersuchung durchgefiihrt. Vor dem Hintergrund einer kritischen Diskussion der einschlagigen Literatur wurden Items konstruiert, mit denen konkrete Organisationsvariablen im Rahmen der Befragung erfasst wurden. Mithilfe einer Faktorenanalyse wurden mikro-organisationale Variablen generiert. Unter Rtickgriff auf die einschlagige Organisations- und Wissensmanagementliteratur habe ich, bezogen auf die einzelnen Variablen sieben Hypothesen konstruiert. Die Diskussion der generierten mikro-organisationalen Faktoren hatte den Zweck zu zeigen, unter welchen Bedingungen einerseits Vertrauen und Sozialkapital in Organisationen gebildet wird. Dieser empirische Befund ist allerdings als ein erster Schritt zu sehen, von dem aus es vor allem darum geht, sich mit dem Thema und der Entstehung von Vertrauen und Sozialkapital noch weiter zu beschaftigten. Der Befund zeigt sehr deutlich, dass Arbeitsinhalt, Partizipation, Feedback und der Untemehmenserfolg wichtige Wirkungszusammenhange markieren, um Vertrauen und Sozialkapital in Untemehmen zu erklaren. Daruber hinaus zeigt der Befund, dass wissensorientierte Untemehmen letztlich nicht auf partizipative Managementstrukturen verzichten konnen und es primar darum geht autonomiefordemde ArbeitsgestaltungsmaBnahmen einzurichten, um die Produktion und die Diffusion von Wissen zu starken. Die vorherrschende Doktrin der Kontrolle von Wissensproduktions- und Wissensdiffusionsprozessen zeigt sich hierbei offensichtlich als kontraproduktiv. In der empirischen Analyse hat sich gezeigt, dass der Aufbau von Vertrauen von den Faktoren Arbeitsinhalt, Partizipation, Feedbackorientierung, Selbstbestimmtheit positiv und von den Faktoren Arbeitsdruck/Stress negativ beeinflusst wird. Der Vorrat an Sozialkapital wird jedoch, wie der Befund nahe legt, von den Faktoren Partizipation und Feedbackorientierung erklart. Ein Aspekt der empirischen Priifung der formulierten Hypothesen war, konkret jene Unterschiede zu priifen, die zwischen den verschiedenen Gruppen von Beschaftigungsformen festzustellen sind (VoUzeitbeschaftigte, Teilzeitbeschaftigte, befristet und unbefristet Beschaftigte). Dabei wurde angenommen, dass zwischen Vollzeit- und Teilzeitbeschafligten einerseits und zwi206
schen befristet und imbefristeten Beschaftigten jeweils gravierende bzw. deutliche Unterschiede festzustellen sind. Diese Vermutung hat sich nur zum Teil bestatigt. Insofem ist dem zuzustimmen, well zwischen den einzelnen Gruppen, z. B. den befristet und unbefristet Beschaftigten und zwischen den VoUzeit- und Teilzeitbeschaftigten tatsachlich Unterschiede, sowohl im Aufbau von Vertrauen, als auch im Aufbau von Sozialkapital zu beobachten sind. Der Unterschied zeigt sich in den verschiedenen Gruppen darin, wie in der Zusammenfassung der empirischen Ergebnisse dargelegt, dass jeweils die Faktoren mit denen Vertrauen und Sozialkapital erklSrt werden, jeweils ein sehr unterschiedliches Gewicht bzw. einen unterschiedlichen Einfluss auf die abhSngigen Variablen einnehmen. Letztlich zeigt sich deutlich, dass Organisationen, die ihre intangiblen Ressourcen produktiv nutzen, in kompetente und selbstandige ArbeitsgestaltungsmaBnahmen investieren mussen und nicht darauf verzichten konnen, Mitarbeiter in Entscheidungsprozesse zu integrieren. Wissensorientierte Untemehmen benotigen feedbackorientierte Management- und Fuhrungsstrukturen, wenn sie Vertrauen und Sozialkapital in ihren Organisationen aktivieren wollen. Und diese Untemehmen werden auf Managementkonzepte setzen, die mit Offenheit und Transparenz arbeiten, well damit Voraussetzungen geschaffen werden, dass Mitarbeiter selbstverantwortlich in den Aufbau von Vertrauen investieren und aktiv soziales Kapital generieren.
207
V. Anhang: Deskriptive Analyse der Untersuchung Im Rahmen der fur diese Arbeit durchgefuhrten Untersuchung wurden mithilfe eines strukturierten Fragebogens 278 Interviews mit Beschaftigten in osterreichischen und deutschen Untemehmen, die ihren Standort in Osterreich haben, durchgefiihrt. Ziel der empirischen Untersuchung war es, fur das in dieser Arbeit skizzierte konzeptionelle Modell und die explizierten Hypothesen einen empirischen Test durchzufiihren. Die empirische Arbeit verstehe ich als explorative Studie, die dazu dienen soil, eine empirische Uberprufung der Hypothesen Nr. 1 bis 7 vorzunehmen. Ziel der empirischen Arbeit ist es nicht, ein neues Wissensmanagementmodell zu entwerfen. Der Weg einer empirischen Studie mithilfe eines strukturierten Fragebogens wurde gewahlt, um konkrete Bedingungen und Charakteristika in einer Organisation im Rahmen dieser explorativen Studie herauszuarbeiten. Der Fragebogen ist im Anhang dieser Arbeit wiedergegeben. Ich habe auf die in derartigen Arbeiten sehr oft beliebte Darstellung der Ergebnisse in Form von Kreuztabellen verzichtet. Vor allem deshalb, well es hier primar darum geht, den generellen Zusammenhang zwischen den herausgearbeiteten Variablen im Rahmen einer multiplen Regressionsanalyse und durch die Berechnung der einzelnen B-Werte der ausgewiesenen Faktoren das jeweilige Gewicht der einzelnen Faktoren zu untersuchen. Im Vordergrund steht also der empirische Test der Hypothesen Nr. 1 bis 7. Im Rahmen dieser empirischen Studie geht es mir nicht primSr darum, eine representative Bestandsaufnahme des Wissensaustauschs in ausgewahlten osterreichischen und deutschen Untemehmen - unter Berucksichtigung der einschlagigen Variablen - herauszuarbeiten. Mir geht es vielmehr darum, eine empirische Arbeit durchzufiihren, mit deren Ergebnissen weitere Untersuchungen initiiert werden konnen. Es geht also, einmal einen ersten Schritt in der Erhebung valider und verlasslicher Daten durchzuftihren, um die theoretischen Uberlegungen im Rahmen des empirischen Modells zu testen. Mir ist bewusst, dass derartige empirische Arbeiten immer nach Verbesserungen und Erganzungen verlangen. Beispielsweise ware es wunschenswert, Daten zur Verfugung zu haben, die das Ergebnis einer Langsschnittanalyse in ausgewahlten Untemehmen sind. Eine Vergleichbarkeit iiber mehrere Untemehmen und uber mehrere Jahre hinweg wurde es erlauben, eine Vergleichbarkeit iiber den Verlauf der von mir hier ausgewahlten organisationalen Variablen, gerade in Bezug auf Aussagen iiber den Aufbau 209
von Vertrauen und sozialem Kapital in Untemehmen zu erzielen. Aus pragmatischen GrOnden habe ich mich jedoch entschieden, an der Verfeinerung meines konzeptionellen Modells zu arbeiten und die Verbesserung und Absicherung meiner Hypothesen in den Vordergrund zu steilen, auch deshalb, um den Rahmen dieser Arbeit nicht zu sprengen. Es zeigt sich aber an derartigen Anmerkungen, in welche Richtung zusatzliche und an diese Arbeit anschliefiende empirische Vorhaben gehen mussen. Zur Berechnung der ZusammenhSnge in meinem konzeptionellen Modell (bzw. in den verschiedenen Modellvarianten) habe ich mich fur die gSngige multiple Regression (Bortz und D5ring, 1995:298) entschieden, da es das in den sozialwissenschafllichen Disziplinen noch immer am haufigsten verwendete statistische Verfahren darstellt. Der Vorteil dieses Verfahrens besteht meines Erachtens darin, dass die im Rahmen des getesteten Modells aufgestellten Hypothesen einem sehr brauchbaren empirischen Test unterworfen werden. ZusammenhSnge, die also im Modell eine sehr wichtige RoUe spielen und als Hypothesen ausformuliert sind, kSnnen einem expliziten Test unterzogen werden. Vor allem kann ich damit Aussagen iiber den Erklarungswert der Hypothesen treffen und muss nicht auf mehr oder weniger plausible Vermutungen Oder konstruierte Einzelfallbeispiele in der Argumentation zuriickgreifen. Im Rahmen des Fragebogens habe ich neben den tiblichen soziodemographischen Daten (Alter, Einkommen, Geschlecht etc.) im Wesentlichen versucht, zwei Aspekte zu untersuchen. Einmal ging es mir darum, spezifische Charakteristika der Organisation (des Untemehmens), der die Befragten angehoren, zu erheben. Die Ergebnisse dieser Fragebogenuntersuchung habe ich im vorangestellten Teil der Faktorenanalyse diskutiert. Zum anderen diente die Untersuchung dazu, sowohl das vorhandene Sozialkapital zu bewerten bzw. zu messen und den Vorrat an Vertrauen zu erheben. Da ich in dieser Arbeit primSr daran interessiert bin, den Einfluss auf die Bildung von Sozialkapital und Vertrauen herauszuarbeiten und die gewonnenen Ergebnisse resp. Zusammenhange mit der Qualitat der Beschaftigungsverhaitnisse in Zusammenhang zu steilen, war die Schwierigkeit, mit welchen Fragebogen-Items am verlSsslichsten Eigenschaften der Organisation (wie Kooperationsbereitschafl, Reziprozitat, Vertrauen, Zufriedenheit, Ehrgeiz, Feedback) erhoben werden konnen. Was die empirische Literatur zu diesen Fragen betrifft existieren wenige unmittelbar brauchbare Vorarbeiten, auf die ich mich in der Befragung stUtzen konnte. Einzelne Aspekte habe ich von Likert (1961), Hackman und Oldham (1980) und Deci und Flaste (1995) aufgenommen und in meine Formulierung der Fragebogen-Items eingearbeitet. Auch 210
habe ich versucht, Fragebogen-Items zu formulieren, um die Identifikation und die Loyalitat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber gegeniiber festzustellen. Dabei war die Uberlegung die, von welchen Faktoren die Bindung des Arbeitnehmers an die Organisation (bzw. an den Arbeitgeber) abhSngig ist. Ganz zentral in meinem konzeptionellen Modell ist die Uberlegung, dass die Loyalitat vom Beschaftigungsverhaltnis selbst (der Vertragsform, befristet bzw. unbefristet und/ Oder Dauer der Beschaftigung) abhSngt. Freilich spielt dabei die Uberlegung eine RoUe, ob die Qualitat des Beschaftigungsverhaltnisses selbst (Arbeitsinhalt, Beziehungen zu KoUegen und Vorgesetzten resp. die Einstellung der Organisation zu Fragen der Partizipation) eine Wirkung zeigt. Aber der Unterschied zwischen einem standardisierten VoUzeitarbeitsplatz, der in der Kegel unbefristet ist, und verschiedenen atypischen Arbeitsformen - so meine Vermutung - soUte sich in der unterschiedlichen Wirkung der verwendeten Faktoren zeigen. Die Gr66e dieses Unterschiedes soUte sich in der Annahme und in der Ablehnung der Hypothesen bezogen auf die Differenzierung der verschiedenen Arbeitsverhaltnisse zeigen. Aus erkenntnistheoretischen Uberlegungen heraus wSre nattirlich die Frage interessant, wie grol3 in der gemessenen Einstellung Unterschiede zwischen den Geschlechtem, bei verschiedenen Alters- und Einkommensgruppen und auf verschiedenen hierarchischen Ebenen zum Tragen kommen. Diese Fragen standen aber nicht im Vordergrund der hier untersuchten Uberlegungen. Ich habe mich letztlich entschieden, den Fragebogen so gestalten, dass sich die Befragten auf eine jeweils ausformulierte Aussage festlegen sollten. Fiir den Grofiteil der Fragen habe ich mich fiir eine fiinfstufige Likert-Skala entschieden, um die Einstellung der Befragten zu einem vorformulierten Item festzustellen. Die von Likert verwendeten Rating-Skalen erlauben es, zu verschiedenen Behauptungen die Einstellung der Befi-agten festzustellen. Likert-Skalen haben den Vorteil, dass die Einstellung zu schwer quantifizierbaren Merkmalen getestet werden kSnnen. Der Nachteil liegt darin, dass der mittlere Skalenwert sehr oft nicht eindeutig interpretierbar ist (Bortz und Doring, 1995:204). 2.1. Datenerhebung Im Rahmen von zwei Serien einer Fragebogenuntersuchung (eine im Herbst 2001 und eine im Fruhjahr 2002) v^oirden insgesamt 278 Fragebogeninterviews durchgefuhrt. 93 Fragebogeninterviews wurden mit Unterstiitzung von Studierenden und der Rest vom Autor selbst durchgefiihrt. Die Arbeitnehmer, die den Fragebogen ausfiillten, ar211
beiteten in osterreichischen und deutschen Untemehmen in Osterreich. Das Datensample umfasst dabei 53 Untemehmen aus verschiedenen Branchen. 2.2. Zusammenfassung und Interpretation 2.2.1. Ausbildungsgrad Einen Uberblick Uber den Ausbildungsgrad und die Verteilung der Ausbildung ist in Tabelle 16 zu sehen. Mehr als 50 % verfugen uber eine Matura, ein Studium ohne Abschluss bzw. Studium mit Abschluss; 35 % der Befragten geben an, eine Lehre oder Matura und Lehre abgeschlossen zu haben. Tabelle 16 Ausbildung
GUltig
Fehlend Gesamt
Pflichtschule abgeschlossene Lehre Lehre mit Matura Matura ohne Lehre Studium ohne Abschluss Studium mit Abschluss Gesamt System
HSufigkeit
Prozent
GUltige Prozente
Kumulierte Prozente
12 69 16 96 45 33 271 7 278
4,3
4,4
4,4
24,8
25,5
5,8
5,9
34,5 16,2 11,9 97,5
35,4 16,6 12,2 100,0
29,9 35,8 71,2 87,8 100,0
2,5 100,0
Das durchschnittliche Alter der Befragten liegt bei 31,7 Jahren. Das durchschnittliche monatliche Nettoeinkommen liegt bei den Befragten bei knapp €1.270,--; 55 % der Befragten sind Manner, 45 % Frauen. Im Ausbildungsgrad ist in dem Fragebogensample kein wesentlicher geschlechtsspezifischer Unterschied festzustellen. Sehr wohl aber ist in dem Sample der Befragten deutlich sichtbar, dass Frauen erheblich weniger verdienen als Manner. 2.2.2. Beschdftigungsvertrag, Art des Dienstverhdltnisses Eines der wesentlichen Ziele der Fragebogenerhebung war es, Daten zu gewinnen, mit denen, Unterschiede zwischen der Mobilitat von Arbeitnehmem, der Bereitschafl von Beschaftigten in vertrauenswiirdige Beziehungen mit KoUegen und Vorgesetzten zu investieren und der Dauer und Art der Beschafligung im Untemehmen zu gewinnen. In dem Fragebogensample wurden folgende Beschaftigungsverhaltnisse bei den Befragten erhoben. Tabelle 17 gibt dazu einen Uberblick.
212
Tabelle 17 Beschaftigungsvertrag (AusmaB der vertraglichen Beschaftigungsdauer) GUltige Kumulierte Prozent HSufigkeit Prozente Prozente GUltig 10,1 27 befristet (< 1 Jahr) 10,1 9,7 16,8 Befristet(>l < 2 J ) 6,5 6,7 18 21,6 befristet > 3 Jahre 4,7 4,9 13 98,9 77,2 unbefristet 207 74,5 100,0 ungliltige Angaben 3 1,1 1,1 Gesamt 96,4 100,0 268 System 3,6 10 Fehlend Gesamt 278 100,0
Ganz in Sinne des allgemeinen Trends sind 10 % der Befragten in einem Arbeitsverhaltnis, das auf weniger als 1 Jahr befristetet ist. 6,7 % der Befragten verfugen iiber einen auf weniger als zwei Jahre befristeten Arbeitsvertrag. Knapp 5 % verfugen iiber ein auf drei Jahre befristetes Arbeitsverhaltnis; 74,5 % der Befragten stehen in einem unbefristeten Arbeitsverhaltnis. 2.2.3. Beschdftigungsdauer Knapp 20 % der Befragten geben an, weniger als ein Jahr bei dem gegenwSrtigen Arbeitgeber beschaftigt zu sein; immerhin knapp 30 % geben an, seit fiinf Jahren beim gegenwartigen Arbeitgeber beschaftigt zu sein; 20 % der Befragten geben mindestens 10 Jahre und wieder 20 % mehr als 10 Jahre als gegenwSrtige Dauer der Beschaftigung beim aktuellen Arbeitgeber an. Tabelle 18 Dauer der BeschSftigung (Wochenarbeitszeit) Prozent HSufigkeit GUltig
Fehlend Gesamt
Vollzeitbeschaftigung Teilzeit > 20 h Teilzeit < 20 h geringfiigig B freie(r) MA Gesamt System
146 47 12 39 27 271 7 278
52,5 16,9
GUltige Prozente 53,9 17,3
4,3
4,4
14,0
14,4 10,0 100,0
9,7 97,5
Kumulierte Prozente 53,9 71,2 75,6 90,0 100,0
2,5 100,0
Tabelle 18 zeigt einen Uberblick iiber die Verteilung von Teil- und Vollzeitbeschaftigung bzw. geringfiigig Beschaftigten und freien Mitarbeitem bei den Befragten. Fast 54 % der Befragten sind in einem VoUzeitbeschaftigungsverhaltnis, etwa 17 % geben an, in einem TeilzeitarbeitsverhSltnis mit 20 Wochenarbeitsstunden zu arbeiten, nur 4,4 % geben an, eine Teilzeitbeschaftigung mit einer Wochenarbeitszeit von weniger als 20 Stunden zu haben. 15 % der Befragten sind geringfiigig beschaftigt und immerhin 10 Prozent sind freie Mitarbeiter. 213
2.2.4. Mobilitdt der Beschdftigten Eine der Fragen der Untersuchung lautete, wie hoch die Loyalitat der Mitarbeiter gegenuber ihrem gegenwartigen Arbeitgeber ist. Eine MSglichkeit dies festzustellen ist, zufragen,wie lange der Befragte die Absicht hat, beim aktuellen Arbeitgeber weiterhin beschafligt zu sein. Dabei ist es interessant, gewisse Abstufungen zu unterscheiden; wollen Arbeitnehmer auf jeden Fall bei dem jetzigen Arbeitgeber weiterbeschaftigt sein, wie lange noch, oder suchen sie z. B. schon aktiv eine neue Beschaftigung bzw. wiirden sie einem guten Freund empfehlen in dem Untemehmen in dem sie selbst tatig sind, zu arbeiten. Tabelle 19 gibt tiber das Antwortverhalten einen Uberblick. Tabelle 19 Mobilitat der Arbeitnehmer (Wie lang(; mQchten Sie im Untemehmen bleiben?) HSufigkeit GUltig
Fehlend Gesamt
so lange ich kann 97 IMnger als 5 Jahre 19 3 bis 5 Jahre 31 2 bis 3 Jahre 30 1 bis 2 Jahre 36 solange ich kein anderes Angebot habe 33 suche aktiv einen anderen Job 24 Gesamt 270 System 8
278
34,9
GUltige Prozente 35,9
6,8
7,0
11,2 10,8 12,9 11,9
11,5 11,1 13,3 12,2
8,6
8,9
97,1
100,0
Prozent
Kumulierte Prozente 35,9 43,0 54,4 65,6 78,9 91,1 100,0
2,9 100,0
Es ist plausibel, wenn die Daten in der Tabelle 19 angesehen werden, zumindest fiir 36 % der Beschaftigten anzunehmen, dass sie eine hohe Loyalitdt zu ihren Arbeitgebem besitzen. Knapp 20 % (darunter etwa 9 %, die bereits aktiv einen anderen Job suchen und immerhin 12 % der Befragten, die solange im jeweiligen Untemehmen arbeiten, bis sie ein anderes, bessere Angebot haben) lieBen sich in die Kategorie von Beschaftigten einordnen, die ihre zukiinftigen Karrierechancen auBerhalb der Unternehmung suchen. Fast ein Drittel der Befragten sind aber (wenn auch in unterschiedlichen Zeitperspektiven von 1 bis 5 Jahren) darauf eingestellt, in der gegenwSrtigen Firma zu bleiben. Insgesamt ist dieses Antwortverhalten als Indikator brauchbar, um uber die Mobilitat der Beschdftigten Aussagen zu trefFen. Es ist sinnvoll davon auszugehen, dass die Einschatzung der Mobilitat in groBem AusmaB davon abhangt, welcher Wert den eigenen Qualifikationen beigemessen wird bzw. welche Einschatzung uber die existierende Nachfrage dieser Qualifikationen auf dem Arbeitsmarkt aktuell existiert.
214
Die Tabelle 20 fasst die Ergebnisse der Einschatzung der Befragten uber den potenziellen Wert ihrer Quaiifikationen am Arbeitsmarkt zusammen. Zu sehen ist das Antwortverhalten auf die Frage, wie sehr die Befragten glauben, mit den eigenen Quaiifikationen relativ rasch eine andere Arbeit zu fmden. Es ist offensichtlich, dass dieses Antwortverhalten insgesamt sowohl von subjektiven Faktoren (Selbstbewusstsein) als auch von objektiven Faktoren (Arbeitsmarktiage, Konjunktur etc.) abhSngt; ich gehe jedoch von der Uberlegung aus, dass der Verbleib in der Firma mit der EinscliStzung dieser Frage in Zusammenhang steht. Ein sehr loyaler Mitarbeiter ware dann eine Person, die aufgrund ihrer Quaiifikationen am Arbeitsmarkt relativ rasch einen anderen Job annehmen konnte und sich dennoch entscheidet, in der gegenwartigen Firma zu bleiben bzw. die eigene Karriereplanung in der aktuellen Firma verfolgt. Tabelle 20 Finde rasch neue Arbeit
GUltig
trifft sehr stark zu trifft eher zu welB nicht so recht trifft eher nicht zu trifft iiberhaupt nicht zu Gesamt Fehlend System Gesamt
HSufigkeit
Prozent
Gultige Prozente
65 110 71 18 7 271 7 278
23,4 39,6 25,5
24,0 40,6 26,2
6,5 2,5
6,6 2,6
97,5
100,0
Kumulierte Prozente 24,0 64,6 90,8 97,4 100,0
2,5 100,0
Es ist zu sehen, dass 64 % der Befragten davon uberzeugt sind, relativ rasch eine andere Arbeit zu fmden. Knapp 27 % wissen nicht so recht, ob das zutrifft oder ob das ftir ihre Situation nicht zutrifft. Nur knapp 10 % (6,6 und 2,6) - und das fmde ich erstaunlich - sehen es keinesfalls so, dass sie in relativ kurzer Zeit eine andere Arbeit in einer anderen Firma fmden wiirden. LieBe man die Ergebnisse so einfach stehen, hiefie das, dass nur 10 % der Befragten aufgrund mangelnder oder fehlender Altemativen in der Firma verbleiben und mehr als zwei Drittel aller Befragten fest daran glauben, mit ihren Quaiifikationen in anderen Firmen eine Arbeit zu finden, die ihren Interessen entspricht. Man kann sich natiirlich auch fragen, ob dieses Bild der einzelnen Befragten in der Mehrzahl der Falle nicht ein sehr positives ist, das mit der tatsachlichen Realitat nicht in Uberstimmung zu bringen ist. 2.2.5. Vertrauen in Kollegen und Vertrauen in Vorgesetzte In Tabelle 21 und Tabelle 22 ist das Antwortverhalten auf die Fragebogen-Items zusammengefasst, mit denen das AusmaB des Vertrauens gegeniiber Kollegen und gegentiber Vorgesetzten bewertet wurde. 215
Tabelle 21 GegenUber Vorgesetzten eine freundschaftliche Haltung Prozent Haufigkeit Giiltig
Fehlend Gesamt
trifift vollkommen zu 88 trifft eher zu 104 weiB nicht so recht 42 trifft eher nicht zu 35 trifft tiberhaupt nicht zu1 7 Gesamt 276 System 2
N
278
31,7 37,4 15,1 12,6
GUltige Prozente 31,9 37,7 15,2 12,7
2,5
2,5
99,3
100,0
Kumulierte Prozente 31,9 69,6 84,8 97,5 100,0
0,7 100,0
Zwei Drittel der Befragten (siehe Tabelle 21) geben an, dass sie gegeniiber ihrem unmittelbaren Vorgesetzten eine freundschaftliche Haltung einnehmen. Nur knapp 14 % finden, dass sie eher keine oder (nur 2 %) uberhaupt keine freundschaftliche Haltung ihrem Vorgesetzten gegeniiber einnehmen. Auch hier lieBe sich vermuten, dass sich hinter dem Antwortverhalten eine prinzipiell positive Bewertung einer vielleicht gar nicht so positiven Situation versteckt. Fur die Einschatzung des Grades an Vertrauen, der in einer Organisation existiert, ist dies zwar zu berucksichtigen, es ist aber immerhin auch zulassig, davon auszugehen, dass in einem weniger positiv wahrgenommenen Arbeitsumfeld noch immer "positive Einstellungen" generiert werden. Ein ahnliches Bild zeigt das Antwortverhalten in Bezug auf die Frage "Wie hoch das Vertrauen in KoUegen eingeschatzt wird". Tabelle 22 gibt dazu einen Uberblick. Tabelle 22 Vertraue meinen KoUegen
GUltig
Fehlend Gesamt
trifft vollkommen zu trifft eher zu weiB nicht so recht Trifft eher nicht zu trifft Uberhaupt nicht zu Gesamt System
Haufigkeit
Prozent
83 127 51 12 1 274 4 278
29,9 45,7 18,3
GOltige Prozente 30,3 46,4 18,6
4,3 0,4
4,4 0,4
98,6
100,0
Kumulierte Prozente 30,3 76,6 95,3 99,6 100,0
1,4 100,0
Immerhin 30 % der Befragten fmden, dass sie ihren unmittelbaren KoUegen uneingeschrankt vertrauen und 45,7 % denken, dass sie "eher" ihren unmittelbaren KoUegen vertrauen. Immerhin 20 % kOnnen diese Frage weder bejahen noch vemeinen. Die Frage ist zweckmSBig, ob dieses indifferente Antwortverhalten tatsachlich als Indifferenz zu interpretieren ist oder doch eher als Zuriickhaltung, sich in dieser Frage positiv oder negativ zu auBem. Knapp 4,5 % der Befragten geben an, ihren unmittelbaren KoUegen eher kein und 0,5 % uberhaupt kein Vertrauen zu schenken. 216
Tabelle 23 AusmaB des Vertrauens, das in den unmittelbaren Vorgesetzten gesetzt wird.
GUltig
Fehlend Gesamt
sehr hoch eher hoch mehr oder weniger eher gering sehr gering Gesamt System
Haufigkeit
Prozent
55 149 48 20 4 276 2 278
19,8 53,6 17,3 7,2 1,4 99,3
Gultige Prozente 19,9 54,0 17,4 7,2 1,4 100,0
Kumulierte Prozente 19,9 73,9 91,3 98,6 100,0
,7 100,0
In der Tabelle 23 zeigt sich ebenso ein recht positives Bild des Vertrauens der Beschaftigten gegeniiber ihrem unmittelbaren Vorgesetzten. In den hier getroffenen Uberlegungen wird davon ausgegangen, dass Vertrauen als Arbeitsgrundlage eine wesentliche Voraussetzung ist, um die intangible Ressource Wissen, die nicht (iber formale Kommunikations- und Auflragswege weitergegeben werden kann, zu nutzen. In hochgradig misstrauischen Arbeitsumwelten ist es wahrscheinlich, dass existierende Informationsasymmetrien in der AufgabenerfuUung hohe Transaktionskosten in der Zusammenarbeit und im Austausch impliziter Leistungserstellungsprozesse hohe Kosten verursachen. Neben derartigen Uberlegungen ist deshalb auch wichtig, wieweit die Zusammenarbeit zwischen Mitarbeitem als sehr gut bzw. erfolgreich eingeschatzt wird. 2.2.6. Interdependenz Im Rahmen der Befragung habe ich die Einstellung zu folgender Frage erfasst: Kann ich ohne Unterstutzung von Kollegen meine eigenen Aufgaben erfolgreich ausfiihren? Im Normalfall zeigt das Antwortverhalten auf diese Frage den Grad an Interdependenz fur eine erfolgreiche Aufgabenerflillung. In der Tabelle 24 ist das Antwortverhalten zusammengefasst. Dabei ist zu erkennen, dass knapp 5 % in hohem MaBe auf die Unterstutzung anderer Kollegen angewiesen sind. Noch immerhin bei knapp 22 % der Befragten lautet die Antwort auf die eingangs formulierte Frage "trifft eher zu". Tabelle 24 Ohne Unterstutzung der Kollegen nicht erfolgreich Haufigkeit Prozent GUltig
trifft vollkommen zu trifft eher zu weiB nicht so recht trifft eher nicht zu trifft uberhaupt nicht zu Gesamt
13 61 73 86 45 278
GUltige Prozente
Kumulierte Prozente
4,7
4,7
4,7
21,9 26,3 30,9 16,2 100,0
21,9 26,3 30,9 16,2 100,0
26,6 52,9 83,8 100,0
217
Fast 27 % der Befragten sind von der Unterstutzung anderer Kollegen und Kollegen abhSngig. Immerhin etwas mehr als 26 % konnen (oder wollen) diese Frage weder positiv noch negativ beantworten; knapp 31 % sind der Uberzeugung, dass sie ihre eigenen Arbeiten eher ohne Unterstutzung der Kollegen durchfiihren kSnnen und 16 % vertreten die Auffassung, dass sie ihrer Einschatzung nach voUstandig auf die Unterstutzung von Kollegen verzichten kCnnen. Das ergibt insgesamt ein interessantes Bild von der Einschatzung der Befragten iiber die notwendige und die existierende Interdependenz in ihrem unmittelbaren Arbeitsumfeld. Des Weiteren ist die Frage interessant, wie groB die einzelnen BeschSftigten die gegenseitige AbhSngigkeit einscMtzen. In der Tabelle 25 geben 6,8 % der Befragten an, von den Arbeitsergebnissen anderer Abteilungen in einem sehr starken AusmaB abhangig zu sein. 23,4 % finden, dass diese Feststellung auf ihre konkrete Arbeitssituation "eher zutrifft". Knapp 15 % der Befragten wollten sich zu dieser Frage nicht SuBem. Immerhin - und das fmde ich erstaunlich - denken 30,3 % der Befragten, dass ihre Arbeitsergebnisse "eher nicht" und 22,3 %, dass ihre Arbeitsergebnisse "iiberhaupt nicht" von anderen Kollegen abhSngen. Tabelle 25 Meine Arbeitsergebnisse sind sehr stark von Arbeitsergebnissen anderer abhangig Kumulierte Prozent Gultige Haufigkeit Prozente Prozente Gtiltig triflft vollkommen zu 7,3 6,8 6,9 19 31,0 trifft eher zu 23,4 23,7 65 46,7 weiB nicht so recht 15,5 15,7 43 77,0 trifft eher nicht zu 29,9 30,3 83 99,3 trifft Uberhaupt nicht zu 21,9 22,3 61 Gesamt 98,6 100,0 274 System fehlende 4 1,4 Gesamt 278 100,0
Dieses Antwortverhalten ist insgesamt bedeutsam, da mehr als 50 % der Befragten davon ausgehen, von anderen Arbeitsergebnissen unabhSngig zu sein. Das wtirde bedeuten, dass fremder "throughput", also vorgelagerte Inputs und nachgelagerte Arbeitsprozesse als "irrelevant" ftir die eigene Arbeit eingestuft werden. Aus der Perspektive der wissensorientierten Untemehmung ist dies paradox. Das Antwortverhalten kann aber dahingehend interpretiert werden, dass subjektiv ineinander greifende Arbeitsprozesse nicht wahrgenommen werden. Das kann positiv und negativ verstanden werden. Positiv dann, wenn Zusammenarbeit einfach funktioniert und kein Problem in Organisationen darstellt, negativ, wenn davon ausgegangen werden kann, dass Zusammenarbeit einfach vermieden wird. 218
2.2.7. Identiflkation Eine andere Frage ist, wie hoch die Mitarbeiter ihre Identiflkation mit den Zielen des Untemehmens einschatzen. In der Tabelle 26 ist das Antwortverhalten auf dieses Fragebogen-Item zusammengefasst. Knapp 55 % der Befragten identifizieren sich mit den Zielen der Untemehmung. Tabelle 26 Identiflkation mit den Zielen des Untemehmens ist hoch Prozent HSufigkeit GUltig
Fehlend Gesamt
trifft vollkommen zu trifft eher zu weiB nicht so recht trifft eher nicht zu trifft (iberhaupt nicht zu Gesamt System
44 109 72 37 14 276 2 278
15,8 39,2 25,9 13,3
GUltige Prozente 15,9 39,5 26,1 13,4
5,0
5,1
99,3
100,0
Kumulierte Prozente 15,9 55,4 81,5 94,9 100,0
0,7 100,0
Etwas mehr als ein Viertel der Befragten gibt auf diese Frage keine positive oder negative Antwort. Immerhin fast 20 % identifizieren sich mit den Zielen der Untemehmung uberhaupt nicht (4,5 %) bzw. eher nicht (14,5 %). Interessant ist dieses Antwortverhalten deshalb, well angenommen wird, dass der Grad an Identiflkation mit den Zielen der Untemehmen in Zusammenhang mit der Bereitschaft steht, in Sozialkapital und Vertrauen zu investieren. Es ist meines Erachtens plausibel anzunehmen, dass Mitarbeiter, die sich nicht mit den Zielen der Untemehmung identifizieren, sehr viel weniger in die sozialen Beziehungen investieren, als Mitarbeiter, die sich hochgradig mit der Untemehmung identifizieren k6nnen. So gesehen, ist die Identiflkation des Mitarbeiters mit dem Untemehmen ein Indikator bzw. eine Voraussetzung, dass in den Aufbau sozialen Kapitals Zeit und Energie investiert wird. Die Identiflkation von Mitarbeitem mit einem Untemehmen ist aber nicht unabhSngig von ihrem subjektiven und (soweit mSglich) objektiven Grad an Zufiiedenheit mit ihrer jeweiligen Arbeitssituation, die wiedemm nicht unabhSngig von verschiedenen auBerbetrieblichen Faktoren zu sehen ist. Die Tabelle 27 zeigt einen Uberblick tiber das Antwortverhalten der Befragten auf die Frage, wie gut sich der Befragte mit unmittelbaren Kollegen versteht. Erstaunlich ist, dass 46,7 % ihr Verhaltnis mit Kollegen als "sehr gut" bezeichnen, 38 % der Befragten bezeichnen das Verhaltnis zu ihren Kollegen als eher gut. Diese hochgradig positive Einschatzung ist bemerkenswert. Sie dtirfte aber zum Teil darauf zuruckzuftihren sein, dass wir dazu neigen, Situationen positiver einzuschatzen als sie es tatsSchlich sind. 219
Tabelle 27 Verstehe mich mit KoUeg;en sehr gut Haufigkeit Gultig
Fehlend Gesamt
trifft vollkommen zu trifift eher zu weiB nicht so recht trifft eher nicht zu trifft iiberhaupt nicht zu Gesamt System
129 105 37 3 2 276 2 278
46,4 37,8 13,3
Gultige Prozente 46,7 38,0 13,4
1,1 0,7
1,1 0,7
99,3
100,0
Prozent
Kumulierte Prozente 46,7 84,8 98,2 99,3 100,0
0,7 100,0
Knapp 13,5 % geben keine eindeutig positive oder negative EinschStzung auf diese Frage an. Erstaunlich ist, dass nur knapp 2 % und darunter nur 0,7 % sich subjektiv eingestehen, dass sie sich mit Kollegen eher nicht bzw. iiberhaupt nicht verstehen. 2.2.8. Feedback, Partizipation und Fehlertoleranz Wissensintensive Leistungserstellungsprozesse konnen auf den intensiven, kommunikativen Austausch innerhalb der Organisation nicht verzichten. Die Weitergabe und die Produktion von Wissen stellt ein zentrales, konstitutives Element in der Wissensorganisation dar. Ich habe deshalb in der Fragebogenerhebung Items konstruiert, die es erlauben, den Grad an Partizipation, Feedback, Reziprozitat und Fehlertoleranz in Organisationen zu bewerten. Hintergrund dieser Fragebogen-Items ist die Uberlegung, dass Organisationen mit einem hohen Grad an Vertrauen und einem hohen Grad an Sozialkapital mit geringen Transaktionskosten Wissen innerhalb und zwischen Abteilungen austauschen. Zudem scheint es vorerst plausibel, dass in Untemehmen, in denen Mitarbeiter sowohl untereinander als auch gegentiber ihren Vorgesetzten, und in denen Vorgesetzte gegeniiber ihren Mitarbeitem Vertrauen haben, sehr viel produktiver mit Kritik und Fehlem, die in einem Untemehmen formuliert und entdeckt werden, umgegangen wird. Umgekehrt ist es offensichtlich, dass Organisationen, die als konstitutives Element ihrer Organisationskultur Misstrauen pflegen, gegenUber intemen und extemen Partnem bzw. Mitarbeitem einen pathologischen Umgang mit Fehlem und Kritik praktizieren.
220
Tabelle 28 Fehler ansprechen ist in unserer Organisation kein Problem
Giiltig
Fehlend Gesamt
trifft vollkommen zu trifft eher zu weiB nicht so recht trifft eher nicht zu trifft aberhaupt nicht zu Gesamt System
HSufigkeit
Prozent
GUltige Prozente
Kumulierte Prozente
27 83 67 88 12 277 1 278
9,7
9,7
9,7
29,9 24,1 31,7
30,0 24,2 31,8
4,3
4,3
39,7 63,9 95,7 100,0
99,6
100,0
,4 100,0
Die Frage, ob die Organisationskultur den konkreten Mitarbeiter unterstiitzt eine abweichende Meinung kundzutun, haben 9,7 % als vollkommen zutreffend und 29,9 % als eher zutreffend bezeichnet (immerhin fast 40 % der Befragten). Mitarbeiter, die diese Bewertung abgeben, gehen also davon aus, dass eine abweichende Meinung im GroBen und Ganzen positiv wahrgenommen wird. Knapp ein Viertel der Befragten nimmt auf die formulierte Feststellung eine indifferente Haltung ein. Immerhin sind es aber 32 % der Befragten, die die Einstellung vertreten, dass eine abweichende Meinung zu auBem im Untemehmen eigentlich nicht erwiinscht ist und 4,3 % geben an, dass es uberhaupt nicht zutrifft, dass die jeweilige Organisationskultur eine abweichende Meinung zulSsst. Eine andere Frage ist, welche Einschatzung die Mitarbeiter in Bezug auf die Bereitschafl "Arbeiten anderer Kollegen zu kritisieren" haben. In der Tabelle 29 ist das Antwortverhalten der Befragten zu diesem Fragebogen-Item zusammengefasst. Tabelle 29 Arbeiten von Kollegen zu kritisieren ist in unserer Organisation kein Problem Kumulierte Prozent Gtiltige HSufigkeit Prozente Prozente 5,8 GUltig trifft vollkommen zu 16 5,8 5,8 34,9 trifft eher zu 28,8 29,1 80 50,2 42 15,1 15,3 weifl nicht so recht 90,5 39,9 40,4 trifft eher nicht zu 111 100,0 9,4 9,5 trifft Uberhaupt nicht zuI 26 Gesamt 98,9 100,0 275 Fehlend 3 1,1 Gesamt 278 100,0
Das Antwortverhalten der Befragten zur Frage in Tabelle 28 kommt also hier noch deutlicher zum Tragen, so die hier vertretene Interpretation der Ergebnisse. Dieses Fragebogen-Item ist in der Absicht formuliert worden, festzustellen, ob eine Messung der Kritikfahigkeit der Organisation als Ganzes vorgenommen werden kann. Das Antwortverhalten auf die Frage der Kritikfahigkeit der Organisation ist bemerkenswert: Knapp 6 % fmden, dass es "vollkommen zutreffend" ist, Kritik zu auBem; noch 221
28,8 % finden, es "trifft eher zu" Kritik zu auBem. Von den Befragten wissen 15 % nicht, ob sie diese Frage zustimmend oder ablehnend beantworten soUen. Erstaunlich ist, dass 40,4 % die Auffassung vertreten, es trifft eher zu, dass Kritik als negatives Element interpretiert wird und 9,5 %, dass dies "vollkommen zutrifft". Das heiBt, dass immerhin 50 % der Befragten eine negative Einstellung zur KritikauBerung haben. In der klassischen Organisation, in der Uberwachungs- und Kontrollmechanismen zum Alltag und zu den konstitutiven Elementen der praktizierten Managementphilosophie zShlen, ist dies kein uberraschender Befund; fur eine wissensorientierte Untemehmung ist dieser Gesamtbefund jedoch bedenklich. Es zeigt sich in der Bewertung dieser Frage, dass die vorwiegende Mehrheit der Befragten Kritik als negativ erfahren. Es ist also plausibel anzunehmen, dass Kritik subjektiv als "Verargerung, Misstrauen, Feindseligkeit" (Weinert, 1998:593) interpretiert wird. Das Antwortverhalten auf einzelne Fragebogen-Items hangt naturgemaB in einem sehr starken AusmaB von der gewahlten Formulierung ab. Ich habe deshalb versucht, die Frage der Fehlertoleranz bzw. der Kritikfahigkeit der Organisationskultur in verschiedenen Abstufungen und Formulierungen zu variieren. Eine Moglichkeit diese wichtige Frage zu bewerten ist das Fragebogen-Item, mit dem ich versucht habe, die Einstellung der Befragten zu messen, wie positiv ihrer Meinung nach die Organisationen auf Verbesserungsvorschlage ihrerseits reagiert. Tabelle 30 "Fehler ansprechen ist positiv" und Tabelle 31 "Verbesserungsvorschlage" fassen das Antwortverhalten der Befragten zusammen. AuffMllig ist, dass der Hinweis auf Fehler sowohl subjektiv als auch im Kontext der Organisationskultur eine sehr positive Bewertung erkennen lasst. Tabelle 30 Fehler ansprechen in der Organisation Haufigkeit GUltig 35 trifft vollkommen zu trifft eher zu 139 weiB nicht so recht 37 trifft eher nicht zu 59 trifft Uberhaupt nicht zu 7 Gesamt 277 Fehlend System 1 Gesamt 278
ist positiv Prozente 12,6 50,0 13,3 21,2
Gultige Prozente 12,6 50,2 13,4 21,3
2,5
2,5
99,6
100,0
Kumulierte Prozente 12,6 62,8 76,2 97,5 100,0
0,4 100,0
Etwas weniger als zwei Drittel der Befragten finden, dass es "vollkommen zutrifft" (12,6 %) bzw. "eher zutrifft" (50,2 %), dass das Ansprechen von Fehlem positiv aufgenommen wird. Aber immerhin knapp die Halfte ist indifferent (13,4 % der Be222
fragten), 21,3 % finden, dass es "eher nicht positiv" ist, auf Fehler hinzuweisen und immerhin 2,5 % meinen, dass dies tiberhaupt nicht positiv gesehen wird. Noch differenzierter fallt das Antwortverhalten aus, wenn das Item in die Frage umformuliert wird, ob es in der Untemehmimg gem gesehen wird, wenn Verbesserungsvorschlage eingebracht werden. Tabelle 31 Verbesserungsvorschiage werden sehr positiv aufgenommen Prozent GUltige Haufigkeit Prozente Giiltig trifft vollkommen zu 11,2 11,2 31 trifft eher zu 46,0 46,0 128 weiB nicht so recht 33,8 33,8 94 trifft eher nicht zu 8,6 8,6 24 0,4 0,4 trifft tiberhaupt nicht zu 1 100,0 100,0 Gesamt 278
Kumulierte Prozente 11,2 57,2 91,0 99,6 100,0
Mehr als die Halfte der Befragten interpretiert das Einbringen von Verbesserungsvorschlagen als positive Erfahrung bzw. sieht die allgemeine Reaktion im Kontext der Organisationskultur positiv. Darunter sind 11,2 %, fiir die dies "vollkommen zutrifft" und 46 % der Befragten meinen, dies wiirde "eher zutreffen". Bemerkenswert ist dennoch, dass knapp 34 % die Frage weder positiv noch negativ beantworten - was im Vergleich zu den anderen Fragen ein relativ hoher Anteil ist. Immerhin etwas mehr als 8 % der Befragten fmden, dass dies "eher nicht zutrifft" und 0,4 % vertreten die Auffassung, dass dies "tiberhaupt nicht zutrifft". Der Befund ist eindeutig - die Halfte aller Befragten kann festhalten, dass "Verbesserungsvorschiage" im Organisationsalltag positiv aufgenommen werden. Auch dieses Fragebogen-Item interpretiere ich als Indikator der Funktionalitat einer wissensorientierten Organisation. 2.2,9. Kontrolle Der Eindruck, den Uberwachungs- und KontroUmechanismen bei Mitarbeitem hinterlassen, hat bis zu einem gewissen Grad Einfluss auf die Effizienz und Effektivitat der praktizierten Kommunikation. Deci und Flaste (1995) vertreten die Auffassung, je hoher der Grad der subjektiv wahrgenommenen Kontrolle ist, verstanden auch als Einschrankung der Autonomic und SouverSnitat des Einzelnen, umso geringer ist die Bereitschaft, "eigenstandig" und intrinsisch motiviert zu handehi. Es ist daher die Frage interessant, wie einzelne Beschaftigte ihrer Einschatzung nach die "Kontrolle der Aufgabenerfullung" wahmehmen. Die Tabelle 32 "AufgabenerfUUung wird detailliert kontroUiert" fasst das Antwortverhalten der Befragten zusammen. Von den Befragten fmden 44,2 %, dass die AufgabenerfUUung detailliert kontroUiert wird. 12,2 % fmden. 223
dass eine detaillierte Kontrolle "voUkommen zutrifft" und 32,2 % finden, eine detaillierte Kontrolle "trifft eher zu"; ein relativ hoher Anteil (31,3 %) ist in dieser Frage indifferent. Tabelle 32 Aufgabenerftillung wird detailliert kontrolliert HSufigkeit Giiltig
trifift vollkommen zu trifft eher zu weiB nicht so recht trifft eher nicht zu trifft uberhaupt nicht zu Gesamt
34 89 87 52 16 278
12,2 32,0 31,3 18,7
GUltige Prozente 12,2 32,0 31,3 18,7
5,8
5,8
100,0
100,0
Prozent
Kumulierte Prozente 12,2 44,2 75,5 94,2 100,0
Aber immerhin 18,7 % finden, dass ihre AufgabenerfUllung "eher nicht detailliert kontrolliert wird" und noch 5,8 % denken, dass ihre Aufgabenerfiillung "iiberhaupt nicht detailliert kontrolliert", wird. Insgesamt interpretiere ich das Antwortverhalten auf einzelne Fragebogen-Items aber nicht isoliert, sondem denke, dass die Gesamtheit der einzelnen Charakteristiken, die mit diesen Fragebogen-Items in Zusammenhang stehen, herausgearbeitet werden kSnnen. 2.2.10. Aufgabensigniflkanz, Aufgabenvielfalt, Arbeitszufriedenheit, Arbeitsdruck Fur das in dieser Arbeit vorliegende Forschungsinteresse ist es hilfreich der Frage nachzugehen, in welchem AusmaB Beschaftigte den Eindruck haben, ihren Aufgaben gewachsen zu sein. Das Geftihl der Uber- und Unterforderung bei der Arbeit bildet wie bereits erwahnt - ein wesentliches Element der intrinsischen Motivation, d.h. der tiber die Arbeit unmittelbar erfahrbaren Befriedigung. Hackman und Oldham (1980) haben in mehreren Arbeiten in den 1970er und SOer Jahren gezeigt, dass Mitarbeiter dann zufriedener sind, wenn sie Gelegenheit haben, aktiv an Entscheidungen, die ihre Arbeitssituation betreffen mitzuwirken. Hackman und Oldham (1980) haben als eines ihrer Ergebnisse der Motivationsforschung zum Teil recht konkrete Hinweise zur Umgestaltung der Arbeitsprozesse {job enrichment, job enlargement etc.) entwickelt. Diese Vorschlage wurden von einer Reihe von Untemehmen in produktiver Weise tibemommen (SchreySgg, 1999). Im Rahmen dieser Forschung geht man von der Uberlegung aus, dass Mitarbeiter durch die gezielte Umgestaltung der Arbeit insgesamt "motivierter, produktiver und zufriedener" sind (Weinert, 1998:182). Diese AnsStze stehen in der Tradition der bekannten Hawthome-Experimente, die soziale Beziehungen als produktiven Faktor identifizierten (vgl. Roethlisberger und Dickson, 1961). Insgesamt haben derartige empirische Arbeiten auf die Praxis einen relativ 224
groBen Einfluss. Dies ist erstaunlich, da der Zusammenhang zwischen Arbeitszufriedenheit und Arbeitsleistung in vielen verschiedenen Studien als sehr gering (r=0,17) ausgewiesen wurde (vgl. Weinert, 1998:81). Hingegen ist der Einfluss von "Partizipation" auf den Faktor Arbeitszufriedenheit und auf die Leistung der Beschaftigten weitaus starker nachweisbar (siehe dazu Weinert, 1998:82) und dennoch wird der Faktor "Partizipation" bei Arbeitsgestaltungsmafinahmen kaum berucksichtigt. Vor dem Hintergrund dieser empirischen Ergebnisse habe ich in der Konstruktion meines Fragebogen-Items versucht, einzelne Einstellungen von Mitarbeitem bezogen auf den konkreten Arbeitsinhalt zu messen. Ein interessantes Datum in diesem Zusammenhang ist, wie sehr Mitarbeiter die Auffassung vertreten, dass sie den Aufgaben, die sie im Rahmen ihrer Arbeit erfullen, gewachsen sind. Studien weisen in dieser Frage immer wieder aus, dass Beschaftigte das Gefuhl haben, der Arbeitsdruck sei in den letzten Jahren permanent gestiegen (vgl. Merllie und Paoli, 2000). Von den Befragten im Sample geben mehr als 93 % an, dass sie ihren konkreten Arbeitsaufgaben gewachsen sind. Diese hochgradige Zustimmung lasst vermuten, dass die subjektive Wahmehmung moglicherweise verzerrt ist und die These wahrscheinlich, dass Personen dazu neigen, nach aufien eine positive Darstellung einer nicht so rosigen Realitat abzugeben. Bemerkenswert an diesem Antwortverhalten ist wohl auch, dass sich keiner der Befragten "als vollkommen uberfordert" einstuft. Fur die Untemehmung selbst ist dieses Ergebnis positiv als auch negativ: Positiv ist es in dem Sinne, well das Antwortverhalten auf sehr selbstbewusste und souverane Mitarbeiter verweist; negativ hingegen kann dieser Befund interpretiert werden, well es den Befragten moglicherweise nicht gelingt, eine kritische Selbstreflexion vorzunehmen. Aufierdem kann ein derartiges Antwortverhalten auf eine sehr stark ausgepragte Konkurrenz und einer daraus folgenden Belastung hinweisen. Tabelle 33 Bin meinen Aufgaben gewachsen Haufigkeit Gultig
Fehlend Gesamt
trifft vollkommen zu trifft eher zu weiB nicht so recht trifft eher nicht zu Gesamt System
141
115 14 5 275 3 278
50,7 41,4
Gultige Prozente 51,3 41,8
5,0 1,8
5,1 1,8
98,9
100,0
Prozent
Kumulierte Prozente 51,3 93,1 98,2 100,0
1,1 100,0
225
Eine ahnlich hochgradig positive Einschatzimg zeigt das Fragebogen-Item "Die Aufgaben, die ich bei der Arbeit zu erfiillen habe, machen mir im Grofien und Ganzen Spafi". Die Verteilung der Antworten ist in Tabelle 34 zusammengefasst. Fiir 31,2 % der Befragten trifft diese Aussage "vollkommen zu", fiir 55 % der Befragten trifft diese Aussage "eher zu" - insgesamt verbinden also 86,2 % der Befragten mehr oder weniger ein positives Erlebnis mit den ihnen zugewiesenen Aufgaben. Tabelle 34 Aufgaben machen SpaB
Gttltig
Fehlend Gesamt
trifft vollkommen zu trifft eher zu weiB nicht so recht trifft eher nicht zu trifft Uberhaupt nicht zu Gesamt System
HSufigkeit
Prozent
86 152 17 17 4 276 2 278
30,9 54,7
Gultige Prozente 31,2 55,1
6,1 6,1 1,4
6,2 6,2 1,4
99,3
100,0
Kumulierte Prozente 31,2 86,2 92,4 98,6 100,0
0,7 100,0
Immerhin sind es 7,8 % der Befragten, die sich eingestehen, mit den ihnen zugewiesenen Aufgabe "eher keinen" bzw. "uberhaupt keinen" SpaB zu haben. Was ich hier nicht beabsichtige, ist eine fur den Praktiker nahe liegende Schlussfolgerung zu unterstiitzen, dass mit dieser Einschatzung des jeweiligen Fragebogen-Items eine Aussage iiber die Qualitat der erbrachten Leistung zu machen sei. Bodek unterstreicht hierzu: "Above all, people need to feel valued for their skills, their knowledge, and their participation in the creative improvement process. Without this, people can be comparatively well paid and still be dissatisfied with the quality of their work life". (Bodek, 2003:36) In einem zu diesem Fragenkomplex ergSnzenden Fragebogen-Item (siehe Tabelle 35) wurde die Frage formuliert "Im Grofien und Ganzen bin ich mit der Leistung, die ich im Untemehmen erbringe, zufrieden." Hier fallt das Antwortverhalten der Befragten wieder differenzierter aus. Obwohl noch immer ein relativ hoher Anteil der Befragten eine "sehr starke" oder "eher starke" Zustimmung zur Aussage "mit der erbrachten Leistung zufrieden" abgibt, zeigt sich, dass zumindest ein Viertel der Befragten "eher unzufrieden" mit der erbrachten Leistung ist. Knapp zwei Drittel der Befragten (63 %) sind mit der erbrachten Leistung entweder "vollkommen" oder "eher" zufrieden. Nur 1,5 % der Befragten geben an, "uberhaupt nicht zufrieden" mit der erbrachten Leistung zu sein.
226
Tabelle 35 Bin mit erbrachter Leistung zufrieden Haufigkeit GOltig
Fehlend Gesamt
trifft vollkommen zu trifft eher zu weiB nicht so recht trifft eher nicht zu trifft iiberhaupt nicht zu Gesamt System
84 88 33 63 4 272 6 278
Prozent
GUltige Prozente
Kumulierte Prozente
30,2 31,7 11,9 22,7
30,9 32,4 12,1 23,2
30,9 63,2 75,4 98,5 100,0
1,4
1,5
97,8
100,0
2,2 100,0
Diese Einschatzung ist insgesamt ein interessanter Indikator, inwiefem eine Organisation bzw. ihre Mitglieder sich mit den erbrachten Leistungen zufrieden geben. Die in der Literatur diskutierten Motivationstheorien legen nahe, dass das Ergebnis in vielerlei Hinsicht diskussionswurdig ist. Die Einschatzung von "Zufriedenheit" hSngt, so die einschiagige empirische Organisationsforschung, davon ab, wie groB der Grad der subjektiven Einflussnahme auf den Erfolg von Arbeitsprozessen ist. Weinert unterscheidet in diesem Zusammenhang zwischen zwei Personentypen. Ein Typus, der "intem-orientierte", findet, dass sein eigenes Verhalten sehr wohl eine positive Wirkung auf den Arbeitserfolg austibt und ein dem gegentiber gestellter Typus, der "extem-orientierte", findet, dass der Arbeitserfolg durch "exteme" von ihm nicht beeinflussbaren Faktoren bestimmt wird (Weinert, 1998:107). Einen nicht kontrSren, aber qualitativ anderen Standpunkt vertritt Deci und Flaste (1995), die beide aufgrund ihrer empirischen Arbeiten davontiberzeugtsind, dass Mitarbeiter, die als souver^ne und autonome Personen in Arbeitsprozesse integriert sind, in einem hohen MaBe intrinsisch motiviert auch eine positive Einstellung zur Leistungserbringung haben. Selbststeuerung und Self-Monitoring sind qualitative Eigenschaflen von Arbeitsprozessen, die als Ergebnis dieser Einstellung interpretiert werden kSnnen. Ebenso ist die Einschatzung des eigenen Wertes und der Selbstwirksamkeit (Bandura, 1977 und 1997) als Konstrukt dieser Einstellungen zu verstehen. Nicht untypisch ist, dass die empirische Forschung gezeigt hat, dass die konstruktiven Eigenschaflen "Selbstwirksamkeit" und "Selbstwertschatzung" miteinander in hohem MaBe korrelieren (vgl. Bandura, 1997). Ohne auf die komplexen Details dieser personlichen Charakteristika hier weiter einzugehen, ist es dennoch plausibel anzunehmen, dass ein hoher Grad an Selbstwirksamkeit und Selbstwertschatzung als positiver Input zu interpretieren ist, da ich annehme, dass die Reflexionsfahigkeit der Organisation als Ganzes (vgl. Oldham und Cummings, 1996:614) von diesen organisationalen Eigenschaften abhSngt.
227
Zwei weitere Fragebogen-Items erganzen diesen hier angesprochenen Fragekomplex der ReflexionsMigkeit einer Organisation. Zum einen ist es fiir einzelne Mitarbeiter wichtig, wie bedeutend zugewiesene Aufgaben eingestuft werden. Und zum anderen ist es von Bedeutung, wie abwechslungsreich die eigenen Aufgaben eingestuft bzw. wahrgenommen werden. In der Tabelle 36 "Aufgaben sind sehr wichtig" ist das Antwortverhalten zusammengefasst. Zu sehen ist, dass 21,6 % der Befragten die Signifikanz der Aufgaben als sehr wichtig einschatzen; noch immerhin 55,8 % sehen die von ihnen durchgefuhrten Aufgaben als "eher" sehr wichtig an. Insgesamt schatzen etwas mehr als drei Viertel der Befragten in meinem Sample die von ihnen durchgefUhrten Aufgaben als "signifikant" ein. Tabelle 36 Aufgaben, die ich erftille sind sehr wichtig (Aufgabensignifikanz) Prozent GUltige ProHSufigkeit zente GUltig trifft vollkommen zu 21,6 21,6 60 trifft eher zu 55,8 55,8 155 weiB nicht so recht 11,5 11,5 32 9,7 9,7 trifft eher nicht zu 27 trifft tiberhaupt nicht zu 1,4 1,4 4 Gesamt
278
100,0 _
Kumulierte Prozente 21,6 77,3 88,8 98,6 100,0
100,0
Etwas weniger als 12 % nehmen zu diesem Fragebogen-Item eine indifferente Position ein. Knapp 10 % der Befragten stufen die von ihnen durchgefuhrten Aufgaben als "eher nicht signifikant" und nur 1,4 % der Befragten stufen die Aufgaben, die sie durchfiihren, als "tiberhaupt nicht signifikant" ein. Auch diese Organisationsvariable sehe ich als ein konstitutives Element wissensfundierter Leistungserstellungsprozesse. In den Uberlegungen dieser Arbeit ist dieses Item bedeutsam, well davon ausgegangen wird, dass Mitarbeiter mit "wichtigen" Aufgaben (vgl. Oldham und Cummings, 1996:614) sehr viel aktiver und positiver Lemprozesse aufgreifen (Bandura, 1997) als Mitarbeiter, die glauben, eher unbedeutende Aufgaben zu erfUUen. Aufgabensignifikanz als Eigenschaft sehe ich vor dem Hintergrund der empirischen Befunde, zudem als Voraussetzung und/oder Indikator eines hohen Grades potenzieller intrinsischer Motivation bei den Mitarbeitem. Ein weiterer Aspekt - inwieweit einzelne Mitarbeiter ihre FMhigkeiten und Qualifikation, die sie im Rahmen der ihnen zugewiesenen Aufgaben einsetzen, als "vielfaltig" bzw. "abwechslungsreich" interpretieren bzw. einschatzen, sehe ich ebenso als wesentlichen Faktor, der die intrinsische Motivation der Beschaftigten und ihr Selbstwertgefuhl beeinflusst.
228
Tabelle 37 Die eigenen Fahigkeiten und Qualifikation sind sehr vielfdltig (Aufgabenvariabilitat) Haufigkeit Prozent GultigePro- Kumulierte Gultig
trifft voUkommen zu trifft eher zu weiB nicht so recht trifft eher nicht zu trifft uberhaupt nicht zu
72 112 33 48 13
25,9 40,3 11,9 17,3
zente 25,9 40,3 11,9 17,3
4,7
4,7
Gesamt
278
100,0
100,0
Prozente 25,9 66,2 78,1 95,3 100,0
Auch in der Frage der "Aufgabenvariabilitat" fallt zunachst die sehr positive Einschatzung der Befragten auf. 26 % vertreten die Auffassung, dass es "vollkommen zutreffend ist", dass die eingesetzten Qualifikationen und Fahigkeiten "sehr vielfaltig" sind. Noch immerhin 40 % schatzen, dass dies "eher zutrifft" und nur knapp 12 % der Befragten sind in dieser Frage indifferent. Obschon 17, 3 % der Befragten finden, dass die notwendigen Qualifikationen und Fahigkeiten eher nicht "vielfaltig" sind und 4,7 %, dass die eingesetzten Fahigkeiten und Qualifikationen uberhaupt nicht als "vielfaltig" einzuschatzen sind, uberrascht der eher positive Eindruck der Befragten. 2.2.11. Wissenstransfer, Wissensaustausch mit Kollegen In wissensorientierten Leistungserstellungsprozessen ist die Frage des zeitlichen Aufwands, der investiert werden muss, um sich wichtige einschlagige Qualifikationen zur Aufgabenerfiillung anzueignen von Bedeutung. Daneben ist die Frage wesentlich, wie schwer oder wie leicht dieses Wissen transferierbar ist. Neben qualifikationsspezifischen Aspekten beeinflussen den Transfer von Wissen nicht nur personenspezifische Eigenschaflen, sondem auch allgemeine Charakteristika der Organisationskultur. Eine Reihe von Aspekten wurde in diesem Zusammenhang in der Diskussion der Faktorenanalyse und in der Entwicklung meiner Hypothesen angesprochen (z.B. Reflexionsund Kritikfahigkeit der Organisation). Wissen zu transferieren, setzt voraus, dass dieses Wissen in einer mitteilbaren Form vorliegt. Ich habe in der Untersuchung eine Reihe von Fragebogen-Items konstruiert, um diese Frage beurteilen zu konnen. In einschlagigen Wissensmanagement-Modellen wird diese Frage viel diskutiert. GroBteils so mein Eindruck - werden offensichtliche Fragen der Informationsasymmetrie in der einschlagigen Diskussion in den Wissensmanagement-Modellen aber vemachlassigt. Die von mir in der Befragung konstruierten Items erfassen jedoch nicht die vielfach typischen Informationsasymmetrien, die zwischen einzelnen Bereichen und Personen gerade im Hinblick auf die unterschiedlichen Wissensformen auftreten konnen.
229
Dennoch ist es interessant zu wissen, wie aufwSndig die Erarbeitung einzelner einschlagiger Qualifikationen und Fahigkeiten eingeschatzt wird. Diese Einschatzung ist nicht mit dem tatsachlichen Aufwand zu verwechseln. Sie kann aber als Indikator verwendet werden, der Auskunft darUber gibt, ob berufliches Wissen bezogen auf konkrete Aufgabenerfullungen eher schwer oder eher leicht zu erwerben ist. Tabelle 38 Die eigenen Qualifikationen sind nicht in kurzer Zeit erlembar (R)
gUltige Faile
trifft vollkommen zu trifft eher zu weiB nicht so recht trifft eher nicht zu trifft iiberhaupt nicht zu Gesamt
HSufigkeit 30 54 58 97 39 278
Prozent
kumulative Prozent 10,8 30,2 51,1 86,0 100,0
giiltige Prozente 10,8 19,4 20,9 34,9 14,0 100,0
10,8 19,4 20,9 34,9 14,0 100,0
Tabelle 38 gibt einen Uberblick der EinschStzung der Befragten zu diesem Fragebogen-Item. Bemerkenswert ist allemal, dass immerhin knapp 11 % denken, die eigenen beruflichen Fertigkeiten sind in relativ kurzer Zeit erlembar und knapp 20 % meinen, dies wiirde "eher zutreffen". Knapp 21 % der Befragten nehmen zu dieser Frage eine indifferente Stellung ein. Knapp 35 % fmden, dass ihre eigenen Qualifikationen und Fertigkeiten "eher nicht" in kurzer Zeit erlembar und 14 % finden, dass ihre Qualifikationen und Fertigkeiten "iiberhaupt nicht" in kurzer Zeit erlembar sind. Damit in Zusammenhang ist noch keine Information dartiber gewonnen, ob das erworbene Wissen einfach oder schwer an andere Kollegen und an andere Abteilungen weiterzugeben ist bzw. wie schwierig oder diffizil sich dieses Wissen kommunizieren lasst. Tabelle 39 Wissen ist in meinem Aufgabenbereich nur sehr schwer direkt Kollegen mitzuteilen
GOltig
Kumulierte Prozente
Haufigkeit
Prozent
GUltige Prozente
trifft vollkommen zu trifft eher zu weifi nicht so recht trifft eher nicht zu trifft Uberhaupt nicht zu
11 72 50 112 33
4,0
4,0
4,0
25,9 18,0 40,3 11,9
25,9 18,0 40,3 11.9
29,9 47,8 88,1 100,0
Gesamt
278
lOOjO
100^0
In der Tabelle 39 ist das Antwortverhalten auf das Fragebogen-Item "Wissen ist in meinem Arbeitsbereich nur sehr schwer direkt anderen Kollegen mitteilbar" zusammengefasst. Knapp ein Drittel der Befragten fmden, dass das Wissen ihres Aufgabenbereichs sehr schwer direkt Kollegen mitzuteilen ist; darunter sind 4 %, die diese Ein230
schatzung als "vollkommen zutreffend" bewerten und knapp 26 %, die sie als "eher zutreffend" bewerten. Etwas mehr als die HSlfte der Befragten findet, dass diese Einschatzung "eher nicht" bzw. "uberhaupt nicht" zutrifft. 40 % der Befragten finden, dass Wissen aus ihrem Arbeitsbereich "eher nicht schwer" bzw. fast 12 % als "uberhaupt nicht schwer" mitteilbar ist. Die subjektive Einschatzung des Schwierigkeitsgrades von Wissenstransfer ist in einer Organisation nicht unabhangig von der Auspr^gung spezifischer mikro-organisationaler Variablen zu treffen. Vordergrundig ist die allgemeine Kommunikationsfahigkeit der Organisation zu nennen; ich gehe hier von der Uberlegung aus, dass eine ganz spezifische Struktur des sozialen Netzwerks (der Dichte der Bindungen, der Qualitat der Beziehungen) die Diffusion von Wissen beeinflusst. Ich denke allerdings auch, dass konkrete personliche Erfahrungen, die im Rahmen der alltaglichen Routine gemacht werden, zwar als Wissen fur die Organisation von groBer Bedeutung ist, aber nicht im Detail explizit vorliegt und maximal als "Erfahrungsaustausch" anderen Organisationsmitgliedem in impliziter Form zur Verfiigung gestellt werden kann. Tabelle 40 Qualifikationen sind sehr schwer in kurzer Zeit transferierbar
trifft vollkommen zu
35
12,6
GUltige Prozente 12,7
trifft eher zu weifi nicht so recht trifft eher nicht zu trifft uberhaupt nicht zu
86 68 63 24
30,9 24,5 22,7 8,6
31,2 24,6 22,8 8,7
Gesamt System
276 2
99,3 0,7 100,0
100,0
Haufigkeit Gultig
Fehlend Gesamt
278
Prozent
Kumulierte Prozente 12,7 43,8 68,5 91,3 100,0
Dabei spielt die Einschatzung der Beteiligten eine RoUe, wie aufwandig in zeitlicher Hinsicht der Transfer eigener FShigkeiten und Qualifikationen gesehen wird. Die Einschatzung des Zeitaufwandes ist in Tabelle 40 wiedergegeben. Immerhin fmden 43,9 % der Befragten, dass die Qualifikationen "sehr schwer" (diese Einschatzung teilen 12,7 % der Befragten) und dass Qualifikationen "eher schwer" (diese Einschatzung teilen 31,2 % der Befragten) transferierbar sind. Knapp ein Viertel beantwortet diese Frage indifferent. Interessant ist, dass fast 30 % die Einschatzung teilen, dass die eigenen Qualifikationen "eher nicht" (22,8 %) bzw. "uberhaupt nicht" (8,7 %) in kurzer Zeit transferierbar sind. Dieser Befund ist interessant, es ist aber nicht mQglich daraus abzuleiten, dass 43,8 % der Falle "Wissen in schwer transferierbarer Form" und in 30 % der Falle "Wissen in leicht transferierbarer Form" in Organisationen vorliegt. 231
Diese EinscMtzung und dieser Befund mussen wohl dahingehend interpretiert werden, dass sie teilweise auf einer vagen Beurteilung dessen beruhen, was als "Wissen bzw. Qualifikation" bewertet wird. Damit in Zusammenhang ist aber dennoch die Frage wichtig, wie "gut die Zusammenarbeit zwischen Kollegen und Kollegen" funktioniert. Ich ging in der Konstruktion diesbezuglicher Fragebogen-Items davon aus, dass einzelne Mitarbeiter die "Zusammenarbeit mit Kollegen" auch als anregend, interessant und als positives Erlebnis erfahren mussen, damit schwierige Abstimmungsprozesse funktionieren konnen. Zumindest vertrete ich die Auffassung, dass Mitarbeiter, die Interaktionen mit anderen Kollegen als anregend, interessant und als freudiges Ereignis wahmehmen, mit sehr viel geringeren Transaktionskosten mit anderen Kollegen interagieren als Mitarbeiter, die eine Zusammenarbeit als belastend und uninteressant interpretieren. In der Tabelle 41 ist das Antwortverhalten auf das Fragebogen-Item "Zusammenarbeit ist anregend" zusammengefasst. Tabelle 41 Zusammenarbeit mit Kollegen fmde ich anregend, interessant und bereitet: mir Freude
Gaitig
Fehlend Gesamt
trifft vollkommen zu trifft eher zu weiB nicht so recht trifft eher nicht zu trifft tiberhaupt nicht zu Gesamt System
HSufigkeit
Prozent
39 181 32 20 5 277 1 278
14,0 65,1 11,5 7,2 1,8 99,6
Gultige Prozente 14,1 65,3 11,6 7,2 1,8 100,0
Kumulierte Prozente 14,1 79,4 91,0 98,2 100,0
0,4 100,0
Fast 80 % der Befragten fmden die Zusammenarbeit mit Kollegen interessant und anregend. Das ist ein hoher Anteil. 14 % der Befragten fmden die Aussage "Zusammenarbeit mit Kollegen sei anregend und interessant" als vollkommen zutreffend fiir ihre eigene Arbeitssituation. Immerhin sehen 9 % der Befragten die Zusammenarbeit als "eher nicht" oder (1,8 %) als "tiberhaupt" nicht anregend und interessant. Knapp 12 % deklarieren sich in dieser Frage nicht. Ganz allgemein fallt die sehr positive Einschatzung auf. Welters soUte mithilfe der Fragebogenuntersuchung festgestellt werden, wie stark die Arbeitsaufgaben durch Vorgaben strukturiert sind. Damit kann eine Information gewonnen werden, die zeigt, wie groB der Grad an eigenstandiger Aufgabenstrukturierung ist und damit kann gezeigt werden, wie groB der Anteil des personlichen und idiosynkratischen Wissens an der Leistungserstellung ist. Das Antwortverhalten zu diesem Fragebogen-Item ist in der Tabelle 42 zusammengefasst. 232
Tabelle 42 Viele meiner TStigkeiten sindI in keiner expliziten Arbeitsbeschreibung erfasst < Kumulierte Prozent Guhige Haufigkeit Prozente Prozente Gaitig trifft vollkommen zu 20,2 56 20,1 20,2
Fehlend Gesamt
trifft eher zu weifi nicht so recht trifft eher nicht zu trifft Uberhaupt nicht zu
100 62 46 13
36,0 22,3 16,5 4,7
36,1 22,4 16,6 4,7
Gesamt
277 1 278
99,6
100,0
System
56,3 78,7 95,3 100,0
0,4 100,0
56,3 % der Befragten finden, dass fur ihre Tatigkeiten, die sie im Rahmen ihrer Arbeit durchfUhren, keine explizite Arbeitsbeschreibung vorhanden ist. 22,4 % der Befragten deklarieren sich in dieser Frage nicht. Immerhin 21 % der Befragten meinen, dass viele ihrer Tatigkeiten sehr wohl tiber eine explizite Arbeitsbeschreibung verfugen. Ganz allgemein ist hier festzuhalten, dass nahezu 50 % der Befragten in der Aufgabenerfullung sehr stark auf eigene Entscheidungs- und Handlungsoptionen zurQckgreifen konnen, wahrend 21 % iiber explizite Arbeitsbeschreibungen bzw. Arbeitsauftrage verfugen. Dieser empirische Befund iSsst zuerst einmal keine positive oder negative Bewertung dieser unterschiedlichen Auspragung vermuten. Anzunehmen ist jedoch, dass in den Fallen, in denen explizite Arbeitsbeschreibungen vorhanden sind, die Organisation als solche davon ausgeht, "eindeutig" zu wissen "welche Aufgaben" in konkreten Fallen "wie" zu erfullen sind. In dieser Hinsicht fmde ich die Interpretation zuiassig, dass die Organisation Mitarbeitem "zumindest" formal einen geringeren Handlungsspielraum zugesteht, als in den Fallen, in denen explizite Arbeitsbeschreibungen fehlen. 2.2.12. Soziales Kapital, Kontakt zu Mitarbeitem, Verldsslichkeit von Kontakten Soziales Kapital in Untemehmen entsteht, wenn einzelne Personen mit anderen Personen Beziehungen unterhalten. Der Wert des sozialen Kapitals entsteht auch durch den Zugang zu den Ressourcen der verbundenen Personen, die untereinander Kontakte unterhalten. Ganz im Sinne der ressourcenorientierten Theorie der Firma stelle ich fest, dass nicht nur die Kontakte und die Bindungen wichtige Ressourcen sind, sondem was daraus entsteht oder in der Organisation aus diesem organisationalen Beziehungsgeflecht (Penrose, 1959) gemacht wird. Eine der zentralen Uberlegungen in dieser Arbeit ist ja, dass Sozialkapital Transaktionskosten beim Austausch idiosynkratischer Wissensformen senkt bzw. uberhaupt erst entsprechende Transaktionen ermOglicht. Ohne Sozialkapital - so meine These - kommt es zu standigen Blockaden im sozialen 233
Lemzyklus in der Organisation (zum sozialen Lemzyklus siehe meine Diskussion von Boisot, 1995), die nur dann uberbriickt werden kOnnen, wenn Wissen in explizite Formen transformiert wird oder in expliziter Form vorliegt. In der Untersuchung, die ich fiir diese Arbeit durchgefiihrt habe, ging es darum, Fragebogen-Items zu konstruieren, die es mir erlauben, die abhangige Variable "Sozialkapital" zu messen. Ich habe dies mit mehreren Fragebogen-Items versucht. Zum einen wollte ich wissen, mit wie vielen Personen der Befragte im Rahmen seiner Aufgabenerftillung pro Tag Kontakt hat? Welters habe ich danach gefragt, mit wie vielen Personen der Befragte im letzten Monat auBerberuflich Kontakt hatte? Dann schien mir die Frage wichtig, auf wie viele Personen sich der Befragte seiner Einschatzung nach hundertprozentig verlassen kann? Eine Shnliche Frage lautete, in welchem AusmaB sich der Befragte bei Problemen auf Kollegen verlassen kann? Mit diesen FragebogenItems habe ich die Variable Sozialkapital konstruiert. Es ist aber insgesamt nicht nur die Anzahl der Kontakte von Bedeutung, so meine ich in Anlehnung an die bestehende Literatur zu diesem Thema, sondem es ist sinnvoll davon auszugehen, dass die Bereitschaft, Kontakte zu knupfen, die im Rahmen der Aufgabenerfiillung hilfreich sind, von Eigenschaften gepragt sind, die im weitesten Sinne von einer vertrauensorientierten Organisationskultur abhangen. Neben den konkreten Fragen der Einschatzung der Hohe des Vertrauens gegeniiber Vorgesetzten, Kollegen etc. sehe ich deshalb die Bereitschaft in soziales Kapital zu investieren, also soziale Beziehungen aufzubauen, primar davon bestimmt, ob Personen mit ihren unmittelbaren Kollegen einefreundschaftlicheBeziehung unterhalten. In der Regel ist es doch so, dass in Untemehmen sehr strikt zwischen reinen Arbeitsbeziehungen und freundschaftlichen Beziehungen unterschieden wird. Ich gehe also davon aus, dass in Arbeitsbeziehungen, die zusStzlichtiberfreundschaftliche Bindungen verstSrkt werden, idiosynkratisches Wissen in sehr viel starkerem AusmaB verbreitet wird und dass dieser Austausch mit sehr viel weniger opportunen Elementen durchsetzt ist.
234
Tabelle 43 Mit unmittelbaren Kollegen ist dauerhafte Freundschaft m^glich
Gtiltig
17,3 48,6 17,3 12,2
GUltige Prozente 17,3 48,6 17,3 12,2
Kumulierte Prozente 17,3 65,8 83,1 95,3
13
4,7
4,7
100,0
278
100,0
100,0
HSnfigkeit
Prozent
48 135 48 34
trifft Uberhaupt nicht zu Gesamt
trifft vollkommen zu trifft eher zu weiB nicht so recht trifft eher nicht zu
Tabelle 43 fasst das Antwortverhalten der Befragten fur das Fragebogen-Item "mit unmittelbaren Kollegen dauerhafte Freundschaft" zusammen. 17,3 % der Befragten fmden, dass die Moglichkeit einer dauerhaften Freundschaft mit Kollegen ihrer Einschatzung nach "vollkommen zutrifft"; 48,6 % der Befragten (also fast die Halfte) fmden, dass dies "eher zutrifft". Immerhin 17,3 % wollen oder kOnnen sich in dieser Frage nicht deklarieren. 12,2 % fmden, dass sie eher keine Freundschaft mit ihren Kollegen eingehen kOnnen/woUen und immerhin 4,7 % meinen, dass sie mit der Vorstellung, eine freundschaftliche Beziehungen mit ihren Kollegen einzugehen "uberhaupt nichts" anfangen kSnnen. Eine andere interessante Frage ist, wie sehr sich die Befragten nach eigener Einschatzung auf ihre unmittelbaren Arbeitskollegen verlassen konnen. Mit der Antwort auf diese Frage glaube ich einen brauchbaren Hinweis darauf zu haben, welche Qualitat die sozialen Bindungen aufweisen. In kniffligen Arbeitsprozessen und ganz besonders bei Verbesserungsprozessen, wie sie die lemende Organisation in den Mittelpunkt stellt, sehe ich es als notwendig an, dass sich Beschaftigte, wenn Probleme auftreten, "auf die Hilfe von Kollegen" verlassen kOnnen. In der Tabelle 44 sind die Antworten auf diese Frage zusammengefasst. Tabelle 44 Kann bei Problemen auf Kollegen zShlen Haufigkeit Gultig
Fehlend Gesamt
trifft vollkommen zu trifft eher zu weiB nicht so recht trifft eher nicht zu trifft Uberhaupt nicht zu Gesamt System
96 119 47 11 4 277 1 278
34,5 42,8 16,9
GUltige Prozente 34,7 43,0 17,0
4,0 1,4
4,0 1,4
99,6
100,0
Prozent
Kumulierte Prozente 34,7 77,6 94,6 98,6 100,0
0,4 100,0
Bemerkenswert scheint zunachst, dass sich knapp 35 % "vollkommen" und noch immerhin 43 % "eher" auf ihre Kollegen verlassen konnen; so gesehen ist das ein sehr 235
hoher Prozentsatz. 17 % der Befragten geben eine indifferente Antwort. Ein relativ geringer Prozentsatz der Befragten findet, dass sie "eher nicht" (4 %) und nur 1,4 % denken, dass sie "uberhaupt nicht" auf ihre Kollegen zShlen konnen. Der Befund ist interessant. Auf der Ebene "der Kollegen" scheint ein recht groBer Grad an Zusammenhalt gewahrleistet zu sein. Das ist fur die Frage des Sozialkapitals insofem von Bedeutung, da mit groBer Wahrscheinlichkeit angenommen werden kann, dass Personen mit Personen, zu denen eine hohe Affinitat gegeben ist, in sehr viel grofierem Umfang "Bindungen aufrechterhalten" als mit Personen, zu denen keine AffmitSt besteht (vgl. Granovetter, 1973; Wasserman und Faust, 1999:30). Fiir den Wissensaustausch kQnnte das dann bedeuten, dass der Austausch von formalen und informalen Wissensformen, darunter fielen auch implizite und idiosynkratische Wissensformen, gerade auf der Ebene der unmittelbar zusammenarbeitenden Kollegen effizient flinktionieren musste. Dariiber hinaus der Austausch aber Probleme bereitet. Im AUgemeinen wiirde dies die soziale Lemzyklus-Theorie von Boisot (1995) unterstlitzen. Damit stellt sich aber auch die Frage, mit wie vielen Personen grundsStzlich ein Mitarbeiter pro Tag im Durchschnitt Kontakt hat. Eine vollstandige Erhebung sSmtlicher Kontakte, wie sie in der sozialen Netzwerkanalyse vorgenommen wird, wiirde ein sehr konkretes Bild des sozialen Netzwerks einer Untemehmung liefem. In der Befragung habe ich aus Zeit und Kostengrunden darauf verzichten mussen und mich darauf beschrSnkt zu fragen, mit wie vielen Personen Kontakte pro Tag unterhalten werden. Die Tabelle 45 "Kontakt zu Mitarbeitem pro Tag" zeigt eine Zusammenfassung der Antworten. Im Detail ist das Ergebnis interessant. Von den 274 gultigen Antworten, die in die Auswertung aufgenommen worden sind, weisen mehr als 50 % aus, dass sie mit 5 Personen pro Tag im Durchschnitt Kontakt haben. Fast 34 % der Befragten haben mit nicht mehr als 10 Personen Kontakt. Weitere 10 % geben an, mit durchschnittlich 20 Personen Kontakt zu unterhalten. Es zeigt sich, dass die Zahl der Personen, mit denen pro Tag im Durchschnitt Kontakt besteht, relativ gering ist. Fur die Frage der Wissensproduktion und Wissensdiffusion bedeutet dies, dass sich der intensive Austausch auf eine relativ kleine Gruppe von Personen eingrenzt.
236
Tabelle 45 Anzahl der Kontakte zu Kollegen pro Tag Haufigkeit Prozent GUltig
Fehlend Gesamt
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 12 13 15 18 19 20 25 30 36 40 50 250 Gesamt System
5 12 25 36 31 35 18 5 13 1 49 4 1 14 1 1 8 4 6 1 2 1 1 274 4 278
1,8 4,3 9,0 12,9 11,2 12,6 6,5 1,8 4,7 ,4 17,6 1,4 ,4 5,0 ,4 ,4 2,9 1,4 2,2 ,4 ,7 ,4 ,4 98,6 1,4 100,0
Gultige Prozente Kumulierte Prozente 1,8 1,8 6,2 4,4 15,3 9,1 28,5 13,1 39,8 11,3 52,6 12,8 59,1 6,6 60,9 1,8 65,7 4,7 66,1 ,4 83,9 17,9 85,4 1,5 85,8 ,4 90,9 5,1 91,2 ,4 91,6 ,4 94,5 2,9 96,0 1,5 98,2 2,2 98,5 ,4 99,3 ,7 99,6 ,4 100,0 ,4 100,0
Die Frage der Qualitat der Kontakte ist damit jedoch noch nicht untersucht. In der Regel wird im Rahmen der sozialen Netzwerkanalyse unterstellt, dass die Beziehungen, die Mitarbeiter untereinander im privaten Rahmen in ihrer Freizeit aufrechterhalten, qualitativ sehr viel wertvoller sind als rein berufliche. Plausibel ist, dass im Rahmen von privaten Kontakten - im Sinne der Netzwerktheorie - starke Bindungen bestehen {strong ties) mit denen, so meine These, sehr viel intensiver idiosynkratisches Wissen ausgetauscht werden als uber schwache Bindungen (weak ties). Als zusatzliche qualitative Auszeichnung privat unterstutzter beruflicher Beziehungen ist zu nennen, dass grundsatzlich in der Anknupfung und Aufrechterhaltung von Beziehungen eine hohe Transitivitat festzustellen ist. Tabelle 46 fasst die Antworten auf die Frage "Mit wie vielen Kollegen hatten Sie im letzten Monat auBerberuflich Kontakt" zusammen.
237
Tabelle 46 Anzahl der privaten Kontakte zu Kollegen im letzten Monat GUltige Prozent HSufigkeit Prozente GOltig 0 14,0 37 13,3 15,5 14,7 41 1 20,8 19,8 55 2 14,7 14,0 39 3
4 5 6 7 8 10 12 15 20 40 Fehlend Gesamt
Gesamt System
21 28 7 9 2 13 3 5 4 1 265 13 278
7,6
7,9
10,1
10,6
2,5 3,2 ,7 4,7 1,1 1,8 1,4 0,4
2,6 3,4 ,8 4,9 1,1 1,9 1,5 0,4
95,3
100,0
Kumulierte Prozente 14,0 29,4 50,2 64,9 72,8 83,4 86,0 89,4 90,2 95,1 96,2 98,1 99,6 100,0
4,7 100,0
Die Halfte der Befragten gibt an, im letzten Monat mit zwei Personen auBerberuflich Kontakt gepflegt zu haben. 34 % der Befragten unterhalten mindestens zu fiinf Personen pro Monat Kontakt. Abgesehen von eher extremen AusreiBem unterhalten 10 % der Befragten im Durchschnitt pro Monat zu 10 Personen auBerberuflichen Kontakt. Erganzend zu den beiden diskutierten Fragen hat mich interessiert, auf wie viele Personen sich die Befragten hundertprozentig verlassen kSnnen. In der Tabelle 47 sind die Antworten zu dieser Erhebung zusammengefasst. Es ist erstaunlich, dass sich fast zwei Drittel der Befragten auf einen relativ kleinen Kreis von Personen hundertprozentig verlassen konnen. 3 bis 4 Personen sind im unmittelbaren Arbeitsumfeld fiir knapp zwei Drittel der Befragten sozusagen "absolut" vertrauenswtirdig. Ich interpretiere dieses Ergebnis dahingehend, dass in meinem Sample der Kreis der "absolut vertrauenswurdigen Personen" eine relativ kleine Gruppe von 3 bis 4 Personen ausmacht (immerhin fiir fast 70 % der Befragten). Diese Gruppe der "absolut vertrauenswurdigen Personen" defmiere ich als "eine Gruppe mit sehr starken, strapazierfahigen sozialen Bindungen" und ich verstehe diese Ergebnisse gemeinsam mit den anderen Fragebogen-Items als aussagefahigen Messwert des vorhandenen Sozialkapitals in Untemehmen.
238
Tabelle 47 Personen, auf die Sie sich hundertprozentig verlassen konnen Prozent Giiltige Haufigkeit Prozente GUltig 0 4,3 4,4 12 11,2 11,5 31 1 ,4 ,4 1 2 20,9 21,5 58 2 20,1 20,7 56 3 10,8 11,1 30 4 11,2 11,5 31 5 4,7 4,8 13 6 2,2 2,2 6 7 2,2 2,2 6 8 0,4 0,4 1 9 4,7 4,8 13 10 0,7 0,7 2 12 1,8 1,9 5 15 1,8 1,9 5 20 97,1 100,0 Gesamt 270 System Fehlend 2,9 8 Gesamt 100,0 278
Kumulierte Prozente
4,4 15,9 16,3 37,8 58,5 69,6 81,1 85,9 88,1 90,4 90,7 95,6 96,3 98,1 100,0
2.2.13. Akzeptanz, Feedback und Partizipation bei Entscheidungsprozessen Die Fahigkeit, wie intensiv einzelne Personen in einem Untemehmen in soziale Beziehungen Zeit und Energie investieren, hangt, so die hier angestellte Uberlegung, nicht nur von makrosozialen, sondem auch von mikrosozialen Variablen der Organisation ab. Ein Faktor, der konkret untersucht wurde, ist die eigene EinscMtzung der sozialen Akzeptanz. Ich bin dabei davon ausgegangen, dass Personen, die ein hohes MaB an sozialer Akzeptanz erfahren, eher Kontakte zu anderen Kollegen kntipfen als Personen mit einer subjektiv wahrgenommenen geringen sozialen Akzeptanz. Diese Interpretation wird von Bandura (1977 und 1997) in seinen Arbeiten gestutzt. In der Tabelle 48. "Finde bin von Kollegen akzeptiert" ist das Antwortverhalten zu diesem Fragebogen-Item zusammengefasst. Tabelle 48 Finde, bin von Kollegen akzeptiert Haufigkeit GUltig
Fehlend Gesamt
trifft vollkommen zu
126
45,3
GUltige Prozente Kumulierte Prozente 45,7 45,7
trifft eher zu wei6 nicht trifft eher nicht zu trifft Uberhaupt nicht zu Gesamt System
124 23 3 0 276 2 278
44,6
44,9
8,3 0
M
8,3 1,1 0
99,3
100,0
Prozent
90,6 98,9 100,0
0,7 100,0
239
Was uberrascht, ist die hochgradig positive Einschatzung der sozialen Akzeptanz der eigenen Person. Ein Anteil von etwas mehr als 45 % der Befragten schatzt sich als "vollkommen akzeptiert" ein, und weitere 45 % finden, dass sie "eher akzeptiert" werden. Nur 1,1 % finden, dass dies "eher nicht zutrifft" und 8,3 % der Befragten deklarieren sich in dieser Frage nicht eindeutig. Offensichtlich ist, dass in dieser Frage ein sehr positives Bild gezeichnet wird. Auch in diesem Fall ist die Wahrscheinlichkeit groB, dass die Befragten sehr stark dazu neigen, eine sehr positive Realitat zu zeichnen. Ftir die Organisation als heiBt dies aber dann, dass Personen in sehr starkem AusmaB "soziale Akzeptanz" als extrem wichtigen mikro- und makrosozialen Faktor einstufen. Es ist plausibel, dass Konstrukte wie die "soziale Akzeptanz" einen erheblichen Einfluss auf die Effizienz und Effektivitat von Kommunikationsprozessen und damit auch auf die Wissensproduktion und -diffusion in Organisationen haben. Wie dieser Einfluss gestaltet ist, darauf gibt wieder die soziale Netzwerktheorie bei Vorliegen konkreter Daten Auskunft, weil dann die entstehenden und vorliegenden Cluster in einem Netzwerk mit der existierenden sozialen Akzeptanz der Gruppenmitglieder verglichen werden konnen. Das wurde aber in einer empirischen Untersuchung dieser speziellen Frage die Erhebung der kompletten Ego-Netzwerke in einem Untemehmen erfordem, was ein sehr kostenintensives und aufwendiges Forschungsvorhaben bedeuten wurde. Ein Fragebogen-Item, das in dieser Hinsicht aufschlussreich sein kann, ist die von mir im Rahmen der Untersuchung gestellte Frage, "wie wichtig die eigene Meinung far den Vorgesetzten bei Entscheidungen ist". Das ist - so meine Uberlegung - aber nur dann der Fall, wenn einzelne Personen davon uberzeugt sind, dass ihre Meinung bzw. ihr Input auch in das generelle Verhalten der Organisation einfliefit, d.h. die personlichen Erfahrungen diesen Eindruck auch bestatigen. In der Tabelle 49 "eigene Meinung ist fur den Vorgesetzten wichtig" ist das Antwortverhalten auf diese Frage zusammengefasst. Tabelle 49 Eigene Meinung ist fUr den Vorgesetzten wichtig Haufigkeit Prozent Giiltig
240
trifft vollkommen zu trifft eher zu weiB nicht so recht trifft eher nicht zu trifft uberhaupt nicht zu Gesamt
52 102 77 41 6 278
18,7 36,7 27,7 14,7
Gultige Prozente 18,7 36,7 27,7 14,7
2,2
2,2
100,0
100,0
Kumulierte Prozente 18,7 55,4 83,1 97,8 100,0
Als langerfristige Auswirkung dieses Konstrukts einer Feedbackqualitat bzw. der FShigkeit zur Selbstreferenz einer Organisation hat Fiedler (1967) in seinen Untersuchungen zur Dynamik des Verhaltens von Gruppen zwischen "interagierenden, koagierenden und konteragierenden Gruppen" gesprochen. Es lieBe sich so gesehen also argumentieren, dass in all jenen Fallen, in denen der eigene Input "eher nicht" oder "uberhaupt nicht" fur den Vorgesetzten zahlt bzw. als wichtig erachtet wird, sich langerfristig kaum interagierende bzw. koagierende Handlungsstrukturen herausbilden, sondem eher konteragierende Verhaltensmuster. Ich glaube, fiir die Produktion und die Verbreitung von Wissensformen ist das ein wichtiger Faktor. In der ausgewiesenen Tabelle 49 ist zu sehen, dass immerhin fast 19 % der Befragten finden, dass ihre Meinung als Input "sehr wichtig" ist, noch 36,7 % der Befragten denken, dass dies "eher zutrifft". Ein relativ grofier Anteil von 27,7 % weiB nicht genau "ob die Meinung wichtig oder nicht wichtig ist". Fast 15 % der Befragten finden jedoch, dass ihre eigene Meinung "eher nicht wichtig ist" und 2,2 % der Befragten finden, dass ihre Meinung als Input "uberhaupt nicht" als wichtig betrachtet wird. Damit in Zusammenhang sehe ich das Antwortverhalten auf das Fragebogen-Item (siehe Tabelle 30 und Tabelle 31), mit dem die Einstellung der Befragten erfasst wurde, ob Verbesserungsvorschlage bzw. die Ansprache von Fehler als positiver Input in der Organisation aufgenommen wird.
241
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