Martin Mende Strategische Planung im Beschwerdemanagement
GABLER EDITION WISSENSCHAFT Focus
Dienstleistungsmarketing
Herausgegeben von Universitatsprofessor Dr. Dr. h.c. Werner Hans Engelhardt, Ruhr-Universitat Bochum, Universitatsprofessorin Dr. Sabine FlieB, FernUniversitat in Hagen, Universitatsprofessor Dr. Michael Kleinaltenkamp, Freie Universitat Berlin, Universitatsprofessor Dr. Anton Meyer, Ludwig-Maximilians-UniversitatMunchen, Universitatsprofessor Dr. Hans Muhlbacher, Leopold-Franzens-Universitat Innsbruck, Universitatsprofessor Dr. Bernd Stauss, Katholische Universitat Eichstatt-lngolstadt und Universitatsprofessor Dr. Herbert Woratschek, Universitat Bayreuth (schriftfijhrend)
Der Wandel von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft ist de facto langst vollzogen, er stellt jedoch mehr denn je eine Herausforderung fur Theorie und Praxis, speziell im Marketing, dar. Die Schriftenreihe will ein Forum bieten fur wissenschaftliche Beitrage zu dem bedeutenden und immer wichtiger werdenden Bereich des Dienstleistungsmarketing. In ihr werden aktuelle Ergebnisse der betriebswirtschaftlichen Forschung in diesem Bereich des Marketing prasentiert und zur Diskussion gestellt.
Martin Mende
Strategische Planung im Beschwerdemanagement Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Bernd Stauss
Deutscher Universitats-Verlag
Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothel
abrufbar.
Dissertation Katholische Universitat Eichstatt-lngolstadt, 2006
l.AuflageDezember2006 Alle Rechte vorbehalten © Deutscher Universitats-Verlag I GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2006 Lektorat: Brigitte Siegel / Sabine Scholler Der Deutsche Universitats-Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.duv.de Das Werk einschlieBlich aller seiner Telle ist urheberrechtlich geschiitzt. Jede Verwertung auBerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fiir Vervielfaltigungen, (Jbersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und dahervon jedermann benutztwerden diJrften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Druck und Buchbinder: Rosch-Buch, ScheSlitz Gedruckt auf saurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8350-0564-8
Geleitwort Die Bedeutung des Beschwerdemanagements fur Zwecke der Kundenbindung und der Qualitatssicherung ist seit Jahren bekannt. Doch zeigen empirische Studien, dass der tatsachliche Stellenwert eines unternehmerischen Beschwerdemanagements nur selten dieser Bedeutung entspricht. Eine wesentliche Ursache hierfur liegt in einem Mangel an strategisciier Planung fur diesen Funktionsbereich. Diesem Defizit in der Praxis entspricht ein theoretisches Defizit. In der Beschwerdemanagement-Forschung wurde die Thematik der strategischen Planung bisher vollig vernachlassigt und daher fehlte bisher ein theoriegestutztes Konzept, das eine situationsgerechte Anpassung des generellen strategischen Planungsansatzes auf den Bereich des Beschwerdemanagements vorsieht. Diese Erkenntnislucke ist Ausgangspunkt fur die vorliegende umfangreiche und innovative Dissertation. Martin Mende entwirft erstmals einen strategischen Planungsansatz fur das Beschwerdemanagement, der auf die Generierung funktionaler Wettbewerbsvorteile gerichtet und dazu geeignet ist, die Effektivitat dieses Bereichs im Gesamtunternehmen zu optimieren. In seiner sehr klar strukturierten und auBerordentlich fundierten Argumentation ubertragt Herr Mende auf hervorragende Weise das Konzept der Funktionsbereichsplanung auf das Beschwerdemanagement. Dabei gelingt es ihm uberzeugend, verschiedene strategische Geschaftsfelder fur das Beschwerdemanagement zu identifizieren und prazise zu entwickeln. In seinem Werk verbindet Martin Mende exzellent eine tiefgehende theoretische Erorterung mit einer reallstlschen, praxisnahen Perspektive. Insofern erfahrt nicht nur die Forschung zum Beschwerdemanagement wesentlich neue Impulse, sondern auch die BeschwerdemanagementPraxis, die bei Anwendung der Erkenntnisse die Qualitat ihrer externen
W
Geleitwort
und intemen Dienstleistungen und damit auch ihre innerbetriebliche Bedeutung erheblich steigem kann. Es ist daher zu hoffen, dass die vielfaltigen Anregungen dieses Buches in breitem Umfang aufgegriffen werden.
Ingolstadt, 24. August 2006
Bernd Stauss
Vorwort Die Frage nach Stil und Umfang des Vorwortes zur eigenen Dissertation muss jeder Doktorand offensichtlich fur sich selbst beantworten. Ich habe mich dafur entschieden es kurz zu machen, und mich auf das Wesentliche zu fokussieren. Das zentrale Aniiegen meines Vorwortes ist es, mich sciiiicht aber aufrichtig bei den Menschen zu bedanken, die mich wahrend der Entstehungsgeschichte der vorliegenden Dissertation begleitet und mafJgeblich unterstutzt haben. In erster Linie gebuhrt meinem sehr verehrten akademischen Lehrer, Herrn Professor Dr. Bernd Stauss, mein allerherzlichster Dank fur wundervolle und lehrreiche Jahre an seinem Lehrstuhl in Ingolstadt. Herr Professor Stauss verstand es, mich nachhaltig fur die wissenschaftliche Herausforderung ,Dienstleistungsmanagement' zu begeistern, und auf eine im besten Sinne ,doktorvaterliche' Weise zu fordern und zu fordern. Meine Promotion bei Herrn Professor Stauss hat mich zweifellos nicht nur fachlich, sondern auch personlich in hohem Mafie wachsen lassen. Herrn Professor Dr. iVIax Ringlstetter bin ich fur die Ubernahme des Korreferats meiner Arbeit sehr dankbar. Meinen lieben Eltern und meinem Bruder Stefan danke ich auf das Herzlichste fur die Unterstutzung wahrend meiner akademischen Ausbildung, fur das Interesse an meiner Arbeit und vor allem fur die unerschutterliche Loyalitat. Ich bedanke mich fur das bedingungslose Vertrauen und den aufmunternden Zuspruch, den mir meine Familie in alien Lebenszyklusabschnitten des Diplom- und Promotionsstudiums zuteil werden lie(J. Eine Dissertation lasst sich kaum verfassen, ohne den emotionalen Ruckhalt wirklich guter Freunde. Mein herzlichster Dank gilt Nadja Rappold, die mir in unnachahmlicher Weise vor und wahrend des gesamten
VIII
Vorwort
Promotionszeitraumes ein unerschopflicher Quell unwiderstehlicher Ermutigung war. Ganz besonders verbunden bin ich auch meinen guten Freunden Christian Coenen und Bernhard Schenkel, die mich beide bedingungslos und pernnanent auf dem Weg zur Vollendung meiner Dissertation unterstutzt haben und nnir nach der Lekture der .Rohversion' kompetente Ansprech- und Diskussionspartner waren. Gleiches gilt fur meine lieben Mit-Doktorandinnen Maxie Schmidt und Katrin Plein, die sich ebenfalls dem zweifelhaften Vergnugen der Manuskriptlekture unterzogen und mich durch zahlreiche Anregungen und wertvolle Hinweise inspiriert haben. Nicht vergessen mochte ich auch meine weiteren liebenswerten Weggefahrten in der ,dlm-community', Frank und Eva Hoffmann sowie Hans-Friedrich und Kirsten Breithaupt, mit denen mich eine tief empfundene Freundschaft verbindet. Allen Sprachbarrieren zum Trotz richte ich Worte des Dankes an meine transatlantischen Freunde. Wahrend meines Forschungsaufenthaltes in den USA wurde mir das grofJe Privileg zuteil, Gastfreundschaft in nie gekanntem Made genieBen und Freundschaften knupfen zu konnen, die mir nach wie vor besonders am Herzen liegen. In diesem Sinne bin ich Mike und Kathy Howley sowie Maura Scott auf das Herzlichste verbunden. Zuguterletzt mochte ich Dr. Michael Hutt, Dr. Mary Jo Bitner und Dr. Stephen Brown dafur danken, mich zur Realisierung meines Lebenstraumes ermuntert zu haben.
Martin Mende
Inhaltsverzeichnis Geleitwort
V
Vorwort
VII
Abbildungsverzeichnis Tabellenverzeichnis Abkurzungsverzeichnis 1
Einleitung 1.1 Problemstellung 1.2 Gang der Untersuchung
2
Grundlagen, strategische Potenziale und Defizite des Beschwerdemanagements in der Unternehmung 2.1
2.2
XXV XXXV XXXVII
Begriffliches Verstandnis und Referenzkonzeption des Beschwerdemanagennents 2.1.1 Begriff der Beschwerde und des Beschwerdemanagennents 2.1.2 Die Beschwerdemanagement-Konzeption nach Stauss und Seidel als Referenzmodell der weiteren Diskussion 2.1.2.1 Zielsystematik des Beschwerdemanagements 2.1.2.2 Funktionales Beschwerdemanagement-Verstandnis 2.1.2.3 Institutionales Beschwerdemanagement-Verstandnis Der Beitrag zur Wettbewerbsfahigkeit der Unternehmung als strategisches Potenzial des Beschwerdemanagements 2.2.1 Ratio des Beschwerdemanagements im Lichte der Wettbewerbsfahigkeit der Unternehmung
1 1 6 11 11 11
16 16 20 29
40 40
Inhaltsverzeichnis
2.2.2
2.3
Direktes Beschwerdemanagement als Kern des Kundenbeziehungsmanagements 43 2.2.3 Indirektes Beschwerdemanagement als zentrale Komponente des Qualitatsmanagements 50 Identifikation bestehender Defizite und der Notwendigkeit strategischer Planung im Beschwerdemanagement...56 2.3.1 Belege einer defizitaren ErschliefJung des strategischen Potenzials des Beschwerdemanagements 57 2.3.1.1 Defizite im direkten Beschwerdemanagement 57 2.3.1.2 Defizite im indirekten Beschwerdemanagement 62 2.3.2 Primar operatives Bereichsmanagement als fundamentals Hemmnis der ErschlieUung des strategischen Potenzials des Beschwerdemanagements 65 2.3.2.1 Schwachen im Management der Bereichsleitung als denkbare Ursache des defizitaren direkten und indirekten Beschwerdemanagements 65 2.3.2.2 Notwendigkeit zur Erganzung des operativen Beschwerdemanagements durch eine strategische Perspektive im Bereichsmanagement 70 2.3.3 Strategische Planung als bislang ignorierte obligatorische Managementaufgabe der Bereichsleitung Beschwerdemanagement 72
Strategische Planung als Instrument der Strategieformulierung und strategischen Ausrichtung der Unternehmung 3.1
77
Begriffliche Grundlagen strategischer Planung und strategischen Managements 77 3.1.1 Zum Begriff der strategischen Planung 78 3.1.2 Das Zusammenspiel von strategischer Planung, Strategien und strategischem Management 80
Inhaltsverzeichnis
3.2
3.3 4
3.1.2.1 Zum Begriff der Strategie 80 3.1.2.2 Zum Begriff des strategischen Managements 82 Forschungsansatze der Inhaltsdimension und Prozessdimension strategischer Planung 84 3.2.1 Forschungsansatze der Inhaltsdimension strategischer Planung 84 3.2.1.1 Der industrieokonomische Forschungsansatz: Market Based View 85 3.2.1.2 Der ressourcenorientierte Forschungsansatz: Resource Based View 89 3.2.1.3 Zusammenspiel und situative Fokussierung von Market Based View und Resource Based View 94 3.2.2 Forschungsansatze der Prozessdimension strategischer Planung 95 3.2.2.1 Der synoptisch-praskriptive Ansatz der Strategieprozessforschung 97 3.2.2.2 Der inkremental-deskriptive Ansatz der Strategieprozessforschung 101 3.2.2.3 Der logisch-inkrementale Ansatz der Strategieprozessforschung 104 3.2.2.4 Synoptisch-praskriptive Planung als dominante, situativ modifizierbare Strategieprozessdimension 107 Die drei Hierarchieebenen strategischer Planung im Unternehmen
Entwurf einer strategischen Planungskonzeption fur den Funktionsbereich Beschwerdemanagement 4.1
4.2
XI
109 113
Funktionsberelchsplanung als konzeptioneller Anknupfungspunkt strategischer Planung im Beschwerdemanagement
114
Ratio der strategischen Funktionsberelchsplanung im Beschwerdemanagement
115
XII
Inhaltsverzeichnis
4.3
4.4
5
6
Bestimmung einer geeigneten Strategieinhaltsdimension 4.3.1 Bisherige konzeptionelle Verortung des Beschwerdemanagements in der Marketingtheorie 4.3.2 Einordnung des Beschwerdemanagements in das strategisclie Konzept marktorientierter Unternehmensfuhrung 4.3.3 Market Based View als theoretisciier Bezugsrahmen zur Ableitung strategisciier Verhaltensoptionen eines marktorientierten Beschwerdemanagements Bestimmung einer geeigneten Strategieprozessdimension 4.4.1 Zweckmafiigkeit der Modifikation synoptischpraskriptiver anhand logisch-inkrementaler Planungslogik 4.4.2 Komponenten des vorgeschlagenen Strategieformulierungsprozesses
118
118
122
125 129
130 134
Analyse der globalen Umwelt als Rahmenfaktor der Strategieformulierung im Beschwerdemanagement 5.1 Rechtlich-politische Umweltdimension 5.1.1 Rechtliche Umweltdimension 5.1.2 Politische Umweltdimension 5.2 Kulturelle und gesellschaftliche Umweltdimension 5.2.1 Kulturelle Umweltdimension 5.2.2 Gesellschaftliche Umweltdimension
143 144 144 149 155 155 157
5.3
Wirtschaftliche Umweltdimension
163
5.4
Technologische Umweltdimension
166
Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters Beschwerdemanagement 6.1 Identifikation strategischer Geschaftsfelder und strategischer Geschaftseinheiten des Beschwerdemanagements als vorlaufiges Analyseziel
171
173
Inhaltsverzeichnis
6.2
6.3
XIII
Identifikation strategischer Geschaftsfelder: Funktionale Analyse und Konzeptualisierung des Beschwerdemanagements als Dienstleistung 175 6.2.1 Der Dienstleistungsbegriff als Ausgangspunkt... 177 6.2.2 Beschwerdemanagement als Sekundardienstleistung im Primarmarkt der Unternehmung 181 6.2.2.1 Zum Verstandnis von Primar- und Sekundar(dienst)leistungen 181 6.2.2.2 Beschwerdemanagement als Sekundardienstleistungsangebot 183 6.2.3 Beschwerdemanagement als unternehmensinterne Dienstleistung 190 6.2.3.1 Zum Verstandnis interner Dienstleistungen 190 6.2.3.2 Einordnung des Beschwerdemanagements als unternehmensinternes Dienstleistungsangebot 192 6.2.3.3 Prazisierung des internen Dienstleistungsangebots des Beschwerdemanagements 197 6.2.4 Sekundare, tertiare und quartare Dienstleistungen als die drei strategischen Geschaftsfelder des Beschwerdemanagements 210 Identifikation strategischer Geschaftseinheiten: Institutionale Analyse des Beschwerdemanagements im Lichte des Konzepts organisatorlscherZentralbereiche 214 6.3.1 Das Konzept organisatorischer Zentralbereiche als grundlegendes Analyseraster 216 6.3.1.1 Geschaftsbereichsorganisation als organisatorische Rahmenstruktur der Zentralbereiche 217 6.3.1.2 Definition und charakteristische Merkmale von Zentralbereichen 219 6.3.1.3 Zentralbereiche mit Service- und Steuerungsfunktion 222
XIV
Inhaltsverzeichnis
6.4
6.3.1.4 Die Zentralbereichstypologie nach Kreisel 225 6.3.2 Beschwerdemanagement im Lichte des Analyserasters organisatorischerZentralbereiche 230 6.3.2.1 Beschwerdemanagement als Zentralbereich der Unternehmung 231 6.3.2.2 Analyse des Zentralbereichs Beschwerdemanagement im Kontext der Service- und Steuerungsmodelle ...233 6.3.2.3 Analytischer Ansatz zur Bestimmung der strategischen Geschaftseinheiten im Zentralbereich Beschwerdemanagement 243 6.3.3 Reflexion der Analyseerkenntnis: Der zentrale Kernbereich Beschwerdemanagement als Gegenstand der weiteren Strategieformulierung 254 6.3.3.1 Beschwerdemanagement als zentraler Kernbereich - Zentrale Kernbereiche als Gegenstand der Kritik 254 6.3.3.2 Kernbereichsmodelle und die Notwendigkeit zu erhohter Markt- und Wettbewerbsorientierung 257 6.3.3.3 Differenzierung zweier strategischer Gestaltungsebenen 263 Analyse der unternehmensinternen Steuerungsformen und Marktkonstellationen als Rahmenbedingungen des zentralen Dienstleisters Beschwerdemanagement...266 6.4.1 Analyse der Steuerungsformen des Beschwerdemanagements als interner Dienstleister 267 6.4.1.1 Center-Konzepte als Steuerungsformen fur interne Dienstleister 269 6.4.1.2 Analyse der Steuerungsform des Beschwerdemanagements im Lichte der Center-Konzepte 272
Inhaltsverzeichnis
XV
6.4.2
6.5 7
Analyse und Reflexion der untemehmensinternen Marktkonstellation des Beschwerdemanagements 278 6.4.2.1 Analyse der aktuellen unternehnnensinternen Marktkonstellation des Beschwerdemanagements 279 6.4.2.2 Reflexion zunehmenden Wettbewerbsdrucks fur das Beschwerdemanagement im Kontext fiktiver interner Markte 283 Implikationen der Analyse der Ausgangssituatlon fur die weitere Strategieformulierung 295
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt und Strategieoptionen fur das strategische Geschaftsfeld der sekundaren Unterstutzungsdienstleistung Beschwerdemanagement 299 7.1 Spannungsfeld des Beschwerdemanagements als Anbieter einer sekundaren Unterstutzungsdienstleistung 300 7.1.1 Unternehmensleltung als Auftrag- und Budgetgeberdes Beschwerdemanagements 301 7.1.2 Geschaftsbereiche als Stakeholder der Sekundardienstleistung Beschwerdemanagement 304 7.1.3 Beschwerdefuhrer als Empfanger der Sekundardienstleistung Beschwerdemanagement 306 7.1.4 Reflexion des spezifischen Spannungsfeldes des Beschwerdemanagements als Dienstleister fur Unternehmensleltung, Geschaftsbereiche und Beschwerdefuhrer 308 7.2
Beschwerdeverhaltens- und Beschwerdezufriedenheitsforschung als Grundlage fur die strategische Ausgestaltung der Sekundardienstleistung Beschwerdemanagement 310
XVI
Inhaltsverzeichnis
7.2.1
7.3
7.4
Beschwerdeartikulation als notwendige Voraussetzung zur Erzielung von Beschwerdezufriedenheit 310 7.2 A A Strategische Relevanz der Beschwerdeartikulation 311 7.2.1.2 Erkenntnisse der Beschwerdeverhaltensforschung zur Beschwerdeartikulation und deren Determinanten ..314 7.2.2 Beschwerdezufriedenheit als zentraler Erfolgsfaktor der Sekundardienstleistung Beschwerdemanagement 324 7.2.2.1 Rekapitulation der strategischen Relevanz der Beschwerdezufriedenheit 324 7.2.2.2 Erkenntnisse der Beschwerdeverhaltensforschung zur Beschwerdezufriedenheit und deren Determinanten 325 7.2.3 Reflexion der Erkenntnisse aus der Beschwerdeverhaltens- und Beschwerdezufriedenheitsforschung 341 Das Konzept generischer Wettbewerbsstrategien als Bezugsrahmen der strategischen Ausrichtung des Beschwerdemanagements als Anbieter einer sekundaren Unterstutzungsdienstleistung 343 7.3.1 Das Konzept generischer Wettbewerbsstrategien nach Porter 344 7.3.2 Fornnen hybrider Wettbewerbsstrategien 346 7.3.3 Voruberlegungen zur Adaption der Wettbewerbsstrategien im Kontext der sekundaren Unterstutzungsdienstleistung Beschwerdemanagement 348 Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie im Kontext des direkten Beschwerdemanagements als sekundare Unterstutzungsdienstleistung 350 7.4.1 Voraussetzungen fur die Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie 350
Inhaltsverzeichnis
7.4.2
7.5
XVII
Potenzielle Ansatzpunkte zur Verfolgung einer Kostenfuhrerschaftsstrategie im Uberblick 352 7.4.3 Gewahrleistung der Beschwerdeartikulation und Erreichung von Beschwerdezufriedenheit als Grundnutzen des direkten Beschwerdemanagements 356 7.4.4 Ansatz zur Ausgestaltung des direkten Beschwerdemanagements unter Maligabe der Kostenfuhrerschaftsstrategie 359 7.4.4.1 Konzeptioneller Ansatz zur Bestimmung des Leistungsprogramms eines am Grundnutzen orientierten direkten Beschwerdemanagements 359 7.4.4.2 Funktionale Marktforschung als SchliJssel zur Erhebung der Muss- und SollLeistungen 362 7.4.4.3 Ausgestaltung des grundnutzenorientierten direkten Beschwerdemanagements 372 7.4.5 Wurdigung der Kostenfuhrerschaft als Option zur Ausgestaltung des direkten Beschwerdemanagements als sekundare Unterstutzungsdienstleistung 396 Adaption der Differenzierungsstrategle im Kontext des direkten Beschwerdemanagements als sekundare Unterstutzungsdienstleistung 397 7.5.1 Voraussetzungen fur die Adaption der Differenzierungsstrategle 398 7.5.2 Beschwerdebegeisterung als Zusatznutzen des Beschwerdemanagements im Kontext der Differenzierungsstrategle 399 7.5.3 Ansatz zur Ausgestaltung des direkten Beschwerdemanagements unter Maligabe der Differenzierungsstrategle 401
XVIII
Inhaltsverzeichnis
7.5.4
7.6
7.7
7.5.3.1 Ausweitung des Leistungsprogramms durch Kann-Leistungen als Schlussel zur Beschwerdebegeisterung 402 7.5.3.2 Strategische Leitlinien zur Konfiguration des ausgeweiteten Leistungsprogramms 405 7.5.3.3 Ausgestaltung des direkten Beschwerdemanagements unter MalJgabe der Differenzierungsstrategie 408 Wurdigung der Differenzierungsstrategie als Option zur Ausgestaltung des direkten Beschwerdemanagements als sekundare Unterstutzungsdienstleistung 426
Skizzierung des Mass Customization-Ansatzes als Hybridstrategie im strategischen Geschaftsfeld sekundarer Unterstutzungsdienstleistungen Konkurrenzanalyse und Implikationen der strategischen Ausrichtung fur das konkurrenzgerichtete Marktverhalten des Beschwerdemanagements 7.7.1 Verstandnis von Konkurrenz und Konkurrenzanalyse auf der Ebene des Beschwerdemanagements 7.7.2 Identlfikation der Konkurrenten des Beschwerdemanagements als Anbieter einer Sekundardienstleistung 7.7.2.1 Identlfikation der Konkurrenten des Beschwerdemanagements durch Reflexion der vertikalen Wettbewerbsdimension 7.7.2.2 Identifikation der Konkurrenten des Beschwerdemanagements durch Reflexion der horizontalen Wettbewerbsdimension 7.7.3 Reflexion der Erfolgsfaktoren des Beschwerdemanagements im Vergleich zu funktionalen Hauptkonkurrenten
429
433
433
435
437
451
453
Inhaltsverzeichnis
11A
8
XIX
Strategische Verhaltensoptionen des Beschwerdemanagements im Lichte der identifizierten Konkurrenzverhaltnisse 459 7.7.4.1 Das Konzept konkurrenzgerichteter Marktverhaltensstrategien 460 7.7.4.2 Adaption der konkurrenzgerichteten Marktverhaltensstrategien im Kontext des direkten Beschwerdemanagements 462
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt und Strategieoptionen fur das strategische Geschaftsfeld der tertlaren Dienstleistungen des Beschwerdemanagennents 473 8.1 Spannungsfeld des Beschwerdemanagements als Anbieter tertiarer Unterstutzungsdienstleistungen 475 8.1.1 Unternehmensleitung als Auftrag- und Budgetgeber des Beschwerdennanagements 475 8.1.2 Geschaftsbereiche als Ennpfanger der Tertiardienstleistungen des Beschwerdemanagements 477 8.1.3 Reflexion des spezifischen Spannungsfeldes des Beschwerdemanagements 478 8.2 Forschungserkenntnisse uber interne Kunden und deren Marktinformationsnutzungsverhalten als Grundlage fur die strategiegeleitete Ausgestaltung der tertiaren Dienstleistungen des Beschwerdemanagements....479 8.2.1 Forschungserkenntnisse uber das Verhalten interner Dienstleistungsnachfrager im Rahmen interner Kunden-Lieferanten-Beziehungen 480 8.2.2 Analyse des Nutzungsverhaltens interner Kunden im Hinblick auf Beschwerdeinformationen 482 8.2.2.1 Rekapitulation der strategischen Relevanz der Beschwerdeinformationsnutzung 482
XX
Inhaltsverzeichnis
8.2.2.2
8.2.3
Empirische Erkenntnisse uber und theoretische Erklarungsansatze fur das Nutzungsverhalten von Beschwerdeinformationen 485 Erweiterung der Analyseperspektive zur Bestimmung von SteuergroBen der Beschwerdeinformationsnutzung 494 8.2.3.1 ErschlieBung der Forschungserkenntnisse zum Nutzungsverhalten von unternehmensinitiierten Marktforschungsinformationen 495 8.2.3.2 ErschlieBung der Forschungserkenntnisse zur innerbetrieblichen Ubermittlung von Controlling-lnformationen 501
8.3
Das Konzept generischer Wettbewerbsstrategien als Bezugsrahmen der strategischen Ausrichtung des Beschwerdemanagements als Anbieter tertiarer Unterstutzungsdienstleistungen
8.4
Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie im Kontext der tertiaren Unterstutzungsdienstleistungen des Beschwerdemanagements 518 8.4.1 Die interne Informationsfunktion des Beschwerdemanagements als Grundnutzen 519 8.4.2 Ansatz zur Ausgestaltung der tertiaren Unterstijtzungsdienstleistung Beschwerdemanagement unter MaSgabe der Kostenfuhrerschaftsstrategie 524 8.4.2.1 Total Information Quality Management als Garant fur die Erreichung der ZielgroBe Jnformationsqualitat' 525 8.4.2.2 Ansatzpunkte fur den Informationsdienstleister Beschwerdemanagement zum Aufbau kundenseitigen Vertrauens 541
517
Inhaltsverzeichnis
8.5
XXI
8.4.2.3 Ausgestaltung der Frequenz und Formalitat des Reportingprozesses im Beschwerdemanagement 546 8.4.2.4 Umsetzung der Lempotenziale aus dem Berichtswesen des Controlling 554 8.4.3 Wurdigung der Kostenfuhrerschaftsstrategie als Option zur Ausgestaltung des Beschwerdemanagements als tertiare Unterstutzungsdienstleistung 578 Adaption der Differenzierungsstrategie im Kontext der tertiaren Unterstutzungsdienstleistungen des Beschwerdemanagements 580 8.5.1 Ausweitung des Leistungsprogramms durch die interne Impuls- und Bildungsfunktion als Zusatznutzen 581 8.5.2 Die Weiterentwicklung des Beschwerdemanagements zum Anbieter wissensintensiver Dienstlelstungen 586 8.5.3 Ansatz zur Ausgestaltung des Beschwerdemanagements im Sinne der Realisierung des Zusatznutzens 590 8.5.3.1 Weiterentwicklung der Bildungsfunktion zur internen Weiterbildungsdienstleistung: Die angebotsorientierte Ausgestaltung der Bildungsfunktion 590 8.5.3.2 Weiterentwicklung der Impulsfunktion zur internen Beratungsdienstleistung: Modellierung einer internen Beratungsstrategie 601 8.5.4 Erhebung der Qualitatswahrnehmung und Zufriedenheit interner Kunden des Beschwerdemanagements als Tertiardienstleister 614 8.5.5 Wurdigung der Differenzierungsstrategie als Option zur Ausgestaltung der tertiaren Unterstutzungsdienstleistungen des Beschwerdemanagements 622
XXII
Inhaltsverzeichnis
8.6
8.7
9
Skizzierung des Mass Customization-Ansatzes als Hybridstrategie im strategischen Geschaftsfeld tertiarer Unterstutzungsdienstleistungen 625 Konkurrenzanalyse und Implikationen der strategischen Ausrichtung fur das konkurrenzgerichtete Marktverhalten des Beschwerdemanagements 631 8.7.1 Reflexion der vertikalen und horizontalen Wettbewerbsdimension 632 8.7.2 Beschwerdemanagement im Lichte unternehmensinterner Wettbewerbsverhaltnisse 633 8.7.3 Beschwerdemanagennent inn Lichte unternehmensexterner Wettbewerbsverhaltnisse 639 8.7.4 Adaption der konkurrenzgerichteten Marktverhaltensstrategien im strategischen Geschaftsfeld der tertiaren Unterstutzungsdienstleistungen 644
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt und Strategieoptionen fur das strategische Geschaftsfeld der quartaren Steuerungsdienstleistung des Beschwerdemanagements 9.1 Spannungsfeld des Zentralbereichs Beschwerdemanagement als interner Anbieter quartarer Steuerungsdienstleistungen 9.1.1 Unternehmensleitung als Auftrag- und Budgetgeber sowie Nachfrager im engeren Sinne 9.1.1.1 Unternehmensleitung als Auftrag- und Budgetgeber der Steuerungsdienstleistung ,Kontrollfunktion' 9.1.1.2 Unternehmensleitung als Nachfrager im engeren Sinne 9.1.2 Geschaftsbereiche als Betroffene und Nachfrager der quartaren Steuerungsdienstleistungen im weiteren Sinne 9.1.3 Die Kontrollfunktion als quartare Steuerungsdienstleistung jenseits von Markt und Wettbewerb
651
652 654
654 656
659
663
Inhaltsverzeichnis
9.2
10
Strategieoptionen jenseits der generischen Wettbewerbsstrategien im strategischen Geschaftsfeld der quartaren Steuerungsdienstleistungen 669 9.2.1 Skizzierung ausgewahlter Malinahmen fur die Ausgestaltung der Erbringung von Steuerungsdienstleistungen 670 9.2.2 Der Professional Concern-Ansatz als strategische Verhaltensleitlinie des Steuerungsdienstleisters Beschwerdemanagement gegenuber den Geschaftsbereichen 674 9.2.2.1 Eignung des Professional ConcernAnsatzes zur Einbettung der Kontrollfunktion in das Dienstleistungsangebot des Beschwerdemanagennents ..675 9.2.2.2 Interpretation des Professional ConcernAnsatzes fur den Steuerungsdienstleister Beschwerdemanagement 677
Bewertung und Auswahl der strategischen Verhaltensoptionen des zentralen Dienstleistungsbereichs Beschwerdemanagement 10.1 Das Fit-Konzept als Leitgedanke der Strategiebewertung auf Funktionsbereichsebene 10.1.1 Grundzuge des allgemeinen Fit-Konzepts 10.1.2 Die Adaption des Fit-Konzepts zur Strategiebewertung im Kontext der Funktionsbereichsplanung 10.2 10.3
XXIII
Die Dimension des horizontalen Fits der Strategiebewertung im Beschwerdemanagement
689 690 690
692 695
Die Dimension des vertikalen Fits: Die geschaftsbereichsstrategische Ausrichtung der Unternehmung als determinierender Orientierungsrahmen der Strategiebewertung 699 10.3.1 Voruberlegungen zur Adaption des vertikalen Fits als Leitgedanke der Strategiebewertung im Beschwerdemanagement 699
XXIV
Inhaltsverzeichnis
10.3.2 Die unternehmensstrategische Typologie nach Miles und Snow als Bezugsrahmen des vertikalen Fits 702 10.3.3 Implikationen der Archetypen nach Miles und Snow fur die strategische Ausrichtung des Beschwerdemanagements 705 10.3.3.1 Implikationen fur die strategische Ausrichtung im Geschaftsfeld der sekundaren Unterstutzungsdienstleistung Beschwerdemanagement 707 10.3.3.2 Implikationen fur die strategische Ausrichtung im Geschaftsfeld der tertiaren Unterstutzungsdienstleistungen des Beschwerdemanagements 711 10.3.3.3 Implikationen fur die strategische Ausrichtung im Geschaftsfeld der quartaren Steuerungsdienstleistungen des Beschwerdemanagements 716 11
Zusammenfassung zentraler Erkenntnisse und Fazit 11.1 Zusammenfassung zentraler Erkenntnisse 11.2 Fazit
Literaturverzeichnis
723 723 738 741
Abbildungsverzeichnis Abb. 1-1:
Die Struktur der Arbeit im Oberblick
10
Abb. 2-1:
Das Zielsystem des Besciiwerdemanagements
18
Abb. 2-2:
Die Aufgaben des Besciiwerdemanagements
21
Abb. 2-3:
Die Funktionen des Beschwerdemanage-
25
ments Abb. 2-4:
Das Zusammenspiel der Aufgaben, Funktionen und Ziele des Beschwerdemanagements
28
Abb. 2-5:
Die Vor- und Nachteile einer (De-) Zentralisierung des Beschwerdemanagements
30
Abb. 2-6:
Die Wirkungspfade des Beschwerdemanagements auf den Unternehmenserfolg
42
Abb. 2-7:
Verknijpfung der Ziele des Beschwerde- und Qualitatsmanagements
53
Abb. 2-8:
Der Zusammenhang zwischen Problemauftritt und Wiederkaufabsicht
55
Abb. 2-9:
Der Zusammenhang zwischen Beschwerdezufriedenheit und Wiederkaufabsicht
60
Abb. 2-10:
Planung als obligatorische Managementver-
73
antwortung im Beschwerdemanagement Abb. 3-1:
Verortung strategischer Planung als Teilaufgabe strategischen Managements
83
XXVI
Abbildungsverzeichnis
Abb. 3-2:
Market Based View und Resource Based View als zentrale Ansatze der Strategieinhaltsforschung
85
Abb. 3-3:
Das Structure-Conduct-PerformanceParadigma
86
Abb. 3-4:
Das Resource-Conduct-PerformanceParadigma
90
Abb. 3-5:
Zentrale Ansatze der Strategieprozessforschung im Uberblick
97
Abb. 3-6:
Grundstruktur eines synoptisch-praskriptiven Strategiebildungsprozesses
99
Abb. 4-1:
Die Konzeption des Besciiwerdemanagements nach Stauss/Seidel (2002) im Lichte der Market Orientation nach Kohli/Jaworski (1990)
124
Abb. 4-2:
Die vorgeschlagene Struktur der strategisciien Analyse im Uberblick
137
Abb. 5-1:
Ausgewahlte Items des Messlnstruments zum
162
Konzept des Consumerism Life Cycle Abb. 5-2:
Das Konzept des Consumerism Life Cycle
163
Abb. 6-1:
Die Struktur des sechsten Tells der Arbeit im Uberblick
172
Abb. 6-2:
Das kundenbezogene Wirkungsgefuge im direkten Beschwerdemanagement
185
Abb. 6-3:
Beschwerdemanagement im Lichte der Merkmale Interner Dienstleistungen
196
Abbildungsverzeichnis
XXVII
Abb. 6-4:
Das Funktionsbundel des direkten Beschwerdemanagements im Kontext interner Unterstutzungsdienstleistungen
201
Abb. 6-5:
Das Funktionsbundel des indirekten Beschwerdemanagements im Kontext interner Dienstleistungen
204
Abb. 6-6:
Die derivativen Leistungszusammenhange inneriiaib des Dienstleistungsangebots des Besciiwerdennanagements
212
Strukturierung strategischer Gesciiaftsfelder
214
Abb. 6-7:
des Beschwerdemanagements Abb. 6-8:
Untersciieidung der Servicefunktion und der
223
Steuerungsfunktion von Zentralbereichen Abb. 6-9:
Die Zentralbereichstypologie nacii Kreisel
226
Abb. 6-10:
Merkmale der Zentralbereichstypen nach Kreisel (1995) im Uberblick
230
Abb. 6-11:
Empirische Erkenntnisse uber die Priorisierung der Funktionen des Beschwerdemanagements in der Unternehmenspraxis
236
Abb. 6-12:
Verrichtungszentralisation als Analyseindikator zur Bestimmung des Zentralbereichscharakters des Beschwerdemanagements
238
Abb. 6-13:
Empirische Erkenntnisse zu den Einflussrech-
245
ten des Beschwerdemanagements in der Unternehmenspraxis
XXVIII
Abbildungsverzeichnis
Abb. 6-14:
Strategische Geschaftsfelder und strategische Geschaftseinheiten des Beschwerdemanagements im Uberblick
253
Abb. 6-15:
Handlungsoptionen im Lichte der Kritik an Kernbereichen
260
Abb. 6-16:
Analyse der Voraussetzungen des Beschwerdemanagements zur Anwendung des Konzepts fiktiver interner Markte
290
Abb. 7-1:
Struktur des siebten Teils der Arbeit im Uberblick
300
Abb. 7-2:
Das Spannungsfeld des Beschwerdemanagements als Anbieter einer sekundaren Unterstutzungsdienstleistung
308
Abb. 7-3:
Systematisierung der Verhaltensalternativen unzufriedener Kunden
317
Abb. 7-4:
Vereinfachte Darstellung des Entsciieidungsprozesses unzufriedener Kunden zur Beschwerdeartikulation
322
Abb. 7-5:
Vereinfachtes Erklarungsmodell zur Entste-
327
hung unterschiedlicher Auspragungen von Besciiwerdezufriedenheit Abb. 7-6:
Der Wirkungszusammenhang kundenseitig wahrgenommener Fairness im Beschwerdemanagement auf Beschwerdezufriedenheit sowie Commitment und Vertrauen
330
Abbildungsverzeichnis
XXIX
Abb. 7-7:
Zuordnung der sechs Stellgrofien der Beschwerdezufriedenheit nach Davidow (2000) zu den Faimessdimensionen des Beschwerdemanagements
334
Abb. 7-8:
Der Aufgabenbereich der Facilitation in Abgrenzung zur Beschwerdestimulierung
338
Abb. 7-9:
.Werkzeugkasten' zur strategieorientierten
341
Konfiguration der sekundaren Unterstutzungsdienstleistung Beschwerdemanagement Abb. 7-10:
Das Konzept generischer Wettbewerbsstrategien nach Porter
345
Abb. 7-11:
Das Zusammenspiel der Preis- und Nutzendimension im Konzept der generischen Wettbewerbsstrategien nach Porter
346
Abb. 7-12:
Beschwerdezufriedenheitstreiber im Lichte des Konzepts der Muss-, Soil- und KannLeistungen
361
Abb. 7-13:
Systematisierung der Verfahren zur Erhebung
363
von Kundenzufriedenheit Abb. 7-14:
iVIalinahmenmix der Beschwerdestimulierung
374
Abb. 7-15:
Beurteilung von Beschwerdekosten der Beschwerdekanale
378
Abb. 7-16:
Einordnung von Beschwerdeerwartungen als
384
Muss-, Soil- und Kann-Leistungen am Beispiel der Daten von Johnston/Fern (1999)
XXX
Abb. 7-17:
Abbildungsverzeichnis
Schematisierung des mit unterschjedlichen
387
Varianten der unternehmensseitigen Entschuldigung verbundenen Kostenaufwands Abb. 7-18:
Entscheidungswurfel zur Gestaltung der Soil-
393
Leistungen Abb. 7-19:
Wirkungskette der Entstehung allgemeiner
400
Kundenbegeisterung Abb. 7-20:
Beschwerdezufriedenheitstreiber im Lichte
406
strategischer Differenzierungsleitlinien Abb. 7-21:
,Werkzeugkasten' zur Differenzierung der
409
Beschwerdestimulierung Abb. 7-22:
Entscheidungsmatrix zur strategiegeleiteten
412
Konfiguration der Beschwerdestimulierung Abb. 7-23:
Beschwerdereaktionen von Dienstleistungsun-
414
ternehmen, die zu Beschwerdebegeisterung fuhren konnen Abb. 7-24:
Implizit ermittelte Kann-Leistungen
416
Abb. 7-25:
Explizit ermittelte Kann-Leistungen
417
Abb. 7-26:
Begeisterungspotenziale im direkten Be-
419
schwerdemanagement Abb. 7-27:
Erkenntnisse der Beschwerdeverhaltensfor-
439
schung im Lichte der Konkurrenzanalyse des Beschwerdemanagements Abb. 7-28:
Motivkonglomerat zur Erklarung der Nutzung von Meinungsforen
444
Abbildungsverzeichnis
Abb. 7-29:
Basales Raster zur Konkurrenzanalyse des
XXXI
457
Beschwerdemanagements Abb. 7-30:
Konkurrenzgerichtete Marktverhaltensstrategien im Uberblick
461
Abb. 7-31:
Beispielhafte Umsetzung konkurrenzgerichteter Marktverhaltensstrategien durch das Beschwerdemanagement
463
Abb. 8-1:
Struktur des achten Teils der Arbeit im Uber-
474
blick Abb. 8-2:
Das Spannungsfeld des Beschwerdemanagements als Anbieter tertiarer Unterstutzungsdienstleistungen
479
Abb. 8-3:
Kosten-Nutzen-Matrix der Marktinformationsnutzung
490
Abb. 8-4:
Determinanten der Beschwerdeinformationsnutzung in Unternehmen
491
Abb. 8-5:
Schlusseldeternninanten der Nutzung allgemeiner Marktforschungsinformationen in Unternehmen
497
Abb. 8-6:
Effekte von Formalitat und Frequenz des Reportingprozesses auf wahrgenommene Informationsqualitat und Nutzung von Marktforschungsinformationen
499
Abb. 8-7:
Analyseraster zur Untersuchung innerbetrieb-
504
licher Reportingprozesse
XXXII
Abb. 8-8:
Abbildungsverzeichnis
Die interne Informationsfunktion des Be-
523
schwerdemanagements und deren Einfluss auf das primarmarktbezogene Kennen, Konnen und Wollen der Infornnationsadressaten Abb. 8-9:
Zusammenspiel aus Qualitatsdimension und
529
Qualitatsindikatoren zur Beurteilung der Qualitat von Beschwerdeinformationen Abb. 8-10:
Der Total Information Quality Management-
532
Zyklus Abb. 8-11:
Informationsqualitat als multidimensionales
536
Konstrukt Abb. 8-12:
Zusammenwirken von Frequenz und Formali-
549
tat des Beschwerdereporting zur Beeinflussung der Beschwerdeinformationsnutzung Abb. 8-13:
Die drei Intensitatsstufen zur Beeinflussung
550
der Beschwerdeinformationsnutzung Abb. 8-14:
Instrumentenportfolio zur Vermeidung von
556
Storungen auf der sach-rationalen Ebene der Informatlonsaufnahme Abb. 8-15:
Beispiel zur Eriauterung der Wirkung von Re-
559
dundanz in tabellarischen Darstellungen zur Unterstutzung einer effektiven Informatlonsaufnahme Abb. 8-16:
Konzeptionelles Modell zur Analyse der Diskrepanz von Empfangerstandpunkt und Informationsinhalt
564
Abbildungsverzeichnis
XXXIII
Abb. 8-17:
Diskrepanz des Informationsinhalts zur ursprunglichen Empfangerposition und deren Auswirkungen
565
Abb. 8-18:
Der Funktionsdreiklang des Beschwerdema-
586
nagements und dessen Wirkung auf das primarmarktbezogene Kennen, Konnen und Wollen Abb. 8-19:
Das Leistungsangebot der ABB Management Consulting GmbH
589
Abb. 8-20:
Formen marktorientierter Weiterbildung
591
Abb. 8-21:
Die drei Bausteine der angebotsorientierten Bildungsfunktion des Besciiwerdemanagements
594
Abb. 8-22:
Komponenten der internen Beratungsstrategie
602
Abb. 8-23:
Matrix zur Charakterisierung von Beratungsstilen
608
Abb. 8-24:
Rollen interner Beratungseinheiten als Ausdruck der internen Beratungsstrategie
612
Abb. 8-25:
Das Gap-Modell interner Dienstleister
616
Abb. 8-26:
Messansatze zur Bestimmung der internen Dienstleistungsqualitat inn Oberblick
619
Abb. 8-27:
Erweitertes Eriiebungskonzept zur Bestim-
621
mung der Qualitat der internen Zusammenarbeit zwischen Beschwerdemanagement und seinen Nachfragern
XXXIV
Abbildungsverzeichnis
Abb. 9-1:
Das Spannungsfeld der Kontrollfunktion als Steuerungsdienstleistung
654
Abb. 9-2:
Wirkungszusammenhang des Professional Concern-Ansatzes
678
Abb. 10-1:
Strategische Hybridvarianten im Lichte der Begutachtung des horizontalen Fits im Beschwerdemanagement
696
Abb. 10-2:
Der funktionalstrategische Fokus von Defender und Prospector inn Customer Service
708
Abb. 10-3:
Strategische Ausrichtung des Beschwerdemanagements im strategischen Geschaftsfeld der sekundaren Unterstutzungsdienstleistung im Kontext von Defender und Prospector
711
Abb. 10-4:
Strategisciie Ausrichtung des Beschwerdemanagements in den strategischen Geschaftsfeldern der sekundaren und tertiaren Unterstutzungsdienstleistungen im Kontext von Defender und Prospector
716
Abb. 10-5:
Strategische Gesamtkonfigurationen des Zentralbereichs Beschwerdemanagement im Kontext von Defender und Prospector
720
Tabellenverzeichnis Tab. 6-1:
Tab. 6-2:
Tab. 6-3:
Tab. 6-4:
Tab. 6-5:
Tab. 6-6:
Analyse der Verrichtungszentralisation im strategischen Geschaftsfeld der sekundaren Unterstutzungsdienstleistung Beschwerdemanagement Analyse der Verrichtungszentralisation im strategischen Geschaftsfeld der tertiaren Unterstutzungsdienstleistung Beschwerdemanagennent Analyse der Verrichtungszentralisation im strategischen Geschaftsfeld der quartaren Kontrolldienstleistung Beschwerdemanagement Analyse der Prozessverantwortung im strategischen Geschaftsfeld der sekundaren Unterstutzungsdienstleistung Beschwerdemanagement Analyse der Prozessverantwortung im strategischen Geschaftsfeld der tertiaren Unterstutzungsdienstleistung Beschwerdemanagement Analyse der Prozessverantwortung im strategischen Geschaftsfeld der quartaren Kontrolldienstleistung Beschwerdemanagement
239
240
242
248
249
251
Abkurzungsverzeichnis Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschaftsbedingungen
AGBG
AktG
-
Aktiengesetz
Anm. d. Verf.
=
Anmerkung des Verfassers der vorliegenden Arbeit
Aufl.
=
Auflage
BAFin
=
Bundesanstalt fur Finanzdienstleistungsaufsicht
B.B.B.
=
Better Business Bureau(s)
BEUC
=
Bureau Europeen des Unions de Con sommateurs (Europaisches Buro der Verbraucherorganisationen)
BMVEL
Bundesministerium fur Verbrauciiersciiutz, Ernahrung und Landwirtschaft
CIPM
Complaint Information Product Manager
CoC
Center of Competence
ebd.
ebenda
etal.
et alii
XXXVIII
Abkurzungsverzeichnis
EU
Europaische Union
f.
folgende (Seite)
ff.
folgende Seiten
FMEA
Fehlermoglichkeits-Einfluss-Analyse
FRAB
Frequenz-Relevanz-Analyse fur Beschwerden
GWB
Gesetz gegen Wettbewerbsbeschrankungen
Herv. d. Verf.
Hervorhebung des Verfassers der vorliegenden Arbeit Hervorhebung im Original
Herv. im Orig. i.e. IMSN
it est International Marketing Supervision Network
IPM
Information Product Manager
IQ
Information Quality
Jg.
Jahrgang
No.
Number
XXXIX
Abkurzungsverzeichnis
Nr.
Nummer
Orig.
Original
o. Nr.
ohne Nummer
o. S.
ohne Seite
0. V.
ohne Verfasser
P-
page
PP-
pages
PIMS
Profit Impact of Marketing Strategy
PIQ
Perceived Information Quality
PWI
Problemwertindex
SGE
Strategische Geschaftseinheit
SGF
Strategisches Geschaftsfeld
TARP
Technical Assistance Research Program
TQM
Total Quality Management
TIQM
Total Information Quality Management
XL
UWG
Abkurzungsverzeichnis
=
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb
USD
=
US Dollar
Vol.
=
Volume
vzbv
=
Verbraucherzentrale Bundesverband
worn
=
word of mouth
1
Einleitung
1.1 Problemsteilung Untemehmen zahlreicher Branchen sehen sich einem zunehmend dynamischen und intensiven Wettbewerb ausgesetzt. Kundenbedurfnisse werden von einem GroBteil der Marktanbieter auf hohem Niveau befriedigt und nur langsam wachsende bzw. stagnierende Markte fuhren oft dazu, dass Absatzzuwachse eines Unternehmens ausschlieUlich zu Lasten seiner Konkurrenten erzielt werden konnen. Ein derartiges Wettbewerbsumfeld erfordert eine spezifische Orchestrierung des unternehmerischen Marketing. Eine Fokussierung auf lediglich offensive Marketingaktivitaten, die auf die blofie Gewinnung neuer Kunden gerichtet sind, erweist sich fur viele Unternehmen mittlerweile als unzureichend. Deshalb ruckt die Intensivierung des defensiven Marketing zusehends in das Zentrum wissenschaftlichen und unternehmerischen Interesses. Die Zielsetzung einer defensiven Marketingpolitik besteht im Aufbau langfristiger Kundenbeziehungen, die zur Loyalitat der Nachfrager gegenuber einenn Unternehmen fuhren sollen (de Ruyter/Brack 1993, S. 153f.). Fundamentale Voraussetzung eines nachhaltigen Beziehungsaufbaus ist die Zufriedenheit der Konsumenten mit der Unternehmung und deren Leistungsangebot. Der Erfolg eines Unternehmens grundet sich damit in zunehmendem Made auf der Fahigkeit, im Rahmen seines defensiven Marketing Kundenzufriedenheit zu gewahrleisten bzw. insbesondere Kundenunzufriedenheit zu minimieren. FornellA/Vernerfelt (1987, S. 338) erklaren unter diesen Marktbedingungen unzufriedene Kunden gar zum eigentlichen Gegenstand wettbewerbsstrategischer Uberlegungen und stellen fest: "In nongrowth markets, competition centers around the (more or less) dissatisfied customers." Die zentrale Verantwortung fur den Umgang mit unzufriedenen Kunden liegt beim Beschwerdemanagement einer Unternehmung. Dessen Aufgabe ist es zum einen, gefahrdete Kundenbeziehungen wieder zu stabilisieren und den negatlven Konsequenzen von Kundenunzufriedenheit fur
2
Einleitung
das Unternehmen entgegenzuwirken. Zum anderen jst das Beschwerdemanagement dafur verantwortlich, die in Beschwerden entiiaitenen Informationspotenziale zur Verbesserung des unternehmerisciien Leistungsangebots zu erschliefien und damit die Grundlage fur die Vermeidung zukunftiger Unzufriedenheit zu schaffen (Stauss 2003, S. 312f.; Stauss/Seidel 2002, S. 81ff.). Bescliwerdemanagement stellt daher eine eigenstandige, strategische Komponente innerliaJb einer defensiven Marketingpolitik dar, die von Unternehmen betrieben wird, urn die eigene Wettbewerbsfaliigkeit zu verbessern. An diesem Beitrag zur Starkung der Wettbewerbsposition des Gesamtunternehmens wird die Leistungsfahigkeit des Beschwerdemanagements und damit letztlich dessen Existenzberechtigung im Unterneiimen bemessen. Im Liclite verschiedener Forschungserkenntnisse sclieint eben jene Existenzberechtigung des Beschwerdemanagements tatsachlich fraglich zu sein. Bislang liegen zwar noch keine empirischen Langzeitstudien vor, die den okonomischen Beitrag des Beschwerdemanagements zur Wettbewerbsfahigkeit der Unternehmung quantifizieren. Gleichwohl deuten verschiedene empirische Erhebungen darauf hin, dass es dem betriebliChen Beschwerdemanagement nicht bzw. nur sehr bedingt gelingt, die angesprochene Unterstutzung der unternehmerischen Wettbewerbsfahigkeit faktisch zu erbringen. Hinsichtlich der Aufgabe, gefahrdete Kundenbeziehungen wieder zu stabilisieren und damit fur die Unternehmung zu erhalten, stellen mehrere Studien gar einen gegenteiligen Effekt fest: Die Unzufriedenheit eines erheblichen Anteils der Beschwerdefuhrer, teilweise eine Quote von mehr als 50% (Hart et al. 1990, S. 150), wird durch das Beschwerdemanagement fatalerweise noch gesteigert, was eine negative Hebelwirkung hinsichtlich der eigentlich zu vermeidenden Kundenabwanderung befurchten lasst (Hofmann/Kelly 2000, S. 419; Spreng et al. 1995, S. 16). Auch bei der Erschliefiung der informatorischen Potenziale fur eine Verbesserung des betrieblichen Marktangebots, der zweiten Hauptverantwortung des Beschwerdemanagements,
Problemstellung
belegen empirische Erhebungen beachtliche Defizite (Kasouf et al. 1995, S. 62; Kasper 1985; Riemer 1986, S. 184; Stauss/Scholer 2003, S. 115), die dem Untemehmen in der Konsequenz die Chance verwehren, der Entstehung von Kundenunzufriedenheit zukunftig vorbeugen zu konnen. Aus Sicht der Gesamtunternehmung verkehrt sich vor dem Hintergrund dieser Erkenntnisse das ursprunglich intendierte Wettbewerbsvorteilspotenzial des Beschwerdemanagements in einen doppelt nachteiligen Impetus: Zum einen wird das AusmafJ der Kundenunzufriedenheit nicht nur nicht gesenkt, sondern durch das Beschwerdemanagement noch gesteigert, was die Gefahr der Kundenabwanderung potenziert. Zum anderen sind erhebliche Anteile der Ressourcenaufwendungen fur das Beschwerdemanagement als Ausgaben ohne betrieblichen Nutzen zu betrachten, wodurch die Wettbewerbsposition des Unternehmens zusatzlich geschwacht wird. Da sich aber die aus Sicht der Unternehmensfuhrung zugrunde liegende Ratio, uberhaupt ein Beschwerdemanagement zu betreiben, ursachlich auf dessen Effektivitat zur Erhohung der gesamtunternehmerischen Wettbewerbsfahigkeit begrundet, besteht dringender Handlungsbedarf fur die Fuhrungskrafte, die fur das betriebliche Beschwerdemanagement verantwortlich zeichnen. Ansonsten ware unter der Mafigabe des eben beschriebenen, defizitaren Leistungsniveaus und der daraus resultierenden Negativeffekte auf die Wettbewerbsposition der Unternehmung die Existenzberechtigung eines betrieblichen Beschwerdemanagements (zu Recht) in Frage zu stellen. Das Ziel und die Verantwortung der Beschwerdemanager muss daher die umfassende(re) Erschlieliung des wettbewerbsstrategischen Potenzials des Beschwerdemanagements im Interesse der Gesamtunternehmung sein, um auf diese Weise die Effektivitat des eigenen Verantwortungsbereichs nachhaltig zu belegen. Damit dies den fur das Beschwerdemanagement verantwortlichen Managern gelingen kann, bedarf es der Reflexion folgender Fundamentalerkenntnis: „Effective service recovery does not occur by luck (...). It needs to be a planned and well-managed process" (Boshoff/Leong 1998, S. 24).
4
Einleitung
Dieser Hinweis auf die Notwendigkeit einer systematischen Planung aller Aktivitaten des Beschwerdemanagements ist zentraler Anknupfungspunkt der folgenden Uberlegungen. Die vorliegende Arbeit wird vorschlagen, die Effektivitat des Beschwerdemanagements zu optimieren, indem die Idee, die eigene Wettbewerbsfahigkeit zu planen, niclit meiir nur auf die Gesamtunterneiimung bezogen, sondern sie vielmehr auch auf die Ebene des Besciiwerdemanagements transformiert wird. Die Fuhrungskrafte im Besciiwerdemanagement mussen strategiscli Denken und Handein lernen, d.h. auf der funktionalen Stufe des Besciiwerdemanagements den Aufbau, den Erhalt und die Siclierung von Erfolgspotenzialen planen, um den Beitrag des Beschwerdemanagements zur Wettbewerbsfahigkeit des Gesamtunternehmens gewahrleisten zu konnen. Das geeignete konzeptionelle Fundament hierfur bietet die Theorie der strategischen Planung, denn sie dient dazu, Strategien zu formulieren, die Erfolgspotenziale aufbauen und so die nachhaltige Wettbewerbsfahigkeit eines Unternehmens sicherstellen (Galweiler 1990, S. 28; Kreikebaum 1993, S. 26). Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, unter Erschliefiung der Theorie der strategischen Planung, einen fur das Beschwerdemanagement konzeptualisierten strategischen Planungsansatz zu entwerfen, der auf die Generierung funktionaler Wettbewerbsvorteile des Beschwerdemanagements gerichtet und in der Lage ist, die Effektivitat des Beschwerdemanagements im Dienste der Gesamtunternehmung zu optimieren. Eine Anknupfung an bereits bestehende Planungskonzepte fur das Beschwerdemanagement ist dabei kaum moglich. Zwar erkennt die einschlagige Literatur zum Beschwerdemanagement die grundlegende Relevanz strategisch-planerischen Denkens und benennt Planung als ein grundlegendes, konstitutives Element jeglichen Beschwerdemanagements (de Ruyter/Brack 1993, S. 154; TARP 1979; Wimmer 1985, S. 233). Gleichzeitig aber bleibt sie konkrete Ansatze, die die Planungsaufgaben des Beschwerdemanagements differenziert erortern, bislang weit-
Problemstellung
gehend schuldig. Die wenigen planungsbezogenen Ausfuhrungen thematisieren lediglich rein operative Planungsdimensionen (z.B. Personaleinsatzplanung), wahrend strategische Planungsfacetten in der wissenschaftlichen Diskussion nahezu vollumfanglich ignoriert werden. Dies stellt eine zentrale Erkenntnislucke der Forschung zum Beschwerdemanagement dar. Neben diesem Theoriedefizit diagnostizieren verschiedene Arbeiten der empirischen Beschwerdeforschung die Existenz eines analogen Strategieplanungsproblems in der betrieblichen Praxis des Besciiwerdemanagennents (Graf 1990, S. 57; Riemer 1986, S. 184; Schober 1997, S. 134). Vor diesenn Hintergrund kann die von Homburg/Furst (2003, S. 37) getroffene Feststellung, dass nur „relativ wenige Unternehmen" sich uberhaupt ihrer grundlegenden Planungsverantwortung im Beschwerdenrianagement bewusst sind und dieser gerecht werden, als treffende Beschreibung der aktuellen Situation der Unternehmenspraxis gelten. Zusannmenfassend lasst sich daher die folgende, paradoxe Ausgangssituation feststellen: Zum einen erkennt die wissenschaftliche Literatur Planung als konstitutives Elennent eines Beschwerdemanagements. Zum anderen aber vernaciiiassigt sie Planungsaspekte generell und Ignoriert insbesondere die Relevanz der strategischen Planungsdimension. Ferner verkennt auch die betrlebliche Beschwerdemanagement-Praxis diese Managementherausforderung weitest gehend, obgleich sich die negativen Konsequenzen dieses Deflzits empirisch belegen lassen und die ErschliefJung der gewunschten wettbewerbsstrategischen Effekte eines Beschwerdemanagements fur die Gesamtunternehmung blockieren. Die notwendige strategische Ausrichtung des Beschwerdemanagements auf die Erzielung funktionaler Wettbewerbsvorteile bleibt damit von Theorie und Praxis bislang unberucksichtigt. Die vorliegende Arbeit will zur Schliefiung dieser Wissenslucke beitragen, indem sie, wie angesprochen, ein auf das spezifische Aufgabenfeld des Beschwerdemanagements abgestimmtes strategisches Planungskonzept modelliert. Hierfur wird die folgende Vorgehensweise gewahlt.
6
Einleitung
1.2 Gang der Untersuchung Zunachst wird Teil 2 Beschwerdemanagement definieren und die der Arbeit zugrunde liegende Beschwerdemanagement-Referenzkonzeption (Stauss/Seidel 2002) vorstellen (2.1). AnsciiJiefJend wird das strategisciie Potenzial des Beschwerdemanagements zur Eriiohung der Wettbewerbsfahigkeit der Unternehmung detailliert bestimmt, wobei der Fokus auf die Effekte des Beschwerdemanagements fur das Kundenbeziehungs- und das Qualitatsmanagement gericiitet wird (2.2). Allerdings wird Kapitel 2.3 aniiand empirischer Erkenntnisse dezidiert belegen, dass es dem Besciiwerdemanagement bislang nicht gelingt, dieses strategische Potenzial vol! zu realisieren und effektiv fur die Stabilisierung bzw. Verbesserung der unternehmerischen Wettbewerbsposition zu nutzen. Als Losungsansatz zur Uberwindung dieser Problematik wird deshalb der Ruckgriff auf die Theorie der strategischen Planung vorgeschlagen. Teil 3 dient der Einfuhrung in die problemrelevanten Grundlagen strategischen Planungsdenkens. Ausgangspunkt ist die Begriffsklarung der strategischen Planung; ferner werden Strategien als das Ergebnis strategischer Planung und strategische Planung ihrerseits als Teilfacette strategischen Managements verortet (3.1). Daruber hinaus soil eriautert werden, welche inhaltlichen Perspektiven strategischer Planung zugrunde gelegt und welche prozessualen Ansatze zur Formulierung von Strategien unterschieden werden konnen (3.2). Kapitel 3.3 wird abschlieBend auf die drei zentralen strategischen Planungsebenen, die Gesamtunternehmensebene, die Geschaftsbereichsebene und die Funktionsbereichsebene eingehen. Teil 4 fuhrt die beiden Grundlagenteile zusammen und entwirft eine strategische Planungskonzeption fur das Beschwerdemanagement. Diese basiert auf dem Konzept der Funktionsbereichsplanung (4.1), deren Ratio auf das Beschwerdemanagement ubertragen wird (4.2). Bel der Erarbeitung des Planungsansatzes sind sowohl inhaltliche als auch prozessuale
Gang der Untersuchung
Dimensionen der Funktionsbereichsplanung im Beschwerdemanagement zu adaptieren. Kapitel 4.3 widmet sich der Inhaltsdimension strategischer Planung, wie sie in Teil 3 eingefuhrt wurde, und erarbeitet mit dem Konzept „marktorientierten Beschwerdemanagements" ein eigenstandiges Strategieinhaltsverstandnis. Kapitel 4.4 erortert unter Ruckgriff auf die Prozessdimension strategischer Planung die Frage, anhand welcher Prozessfolge Beschwerdemanagementstrategien formuliert werden sollen. Dieses Kapitel (4.4) dient somit auch dazu, das Vorgehen in den sich anschliefienden Teilen der Arbeit zu konzeptualisieren. Ausgangspunkt der vorgeschlagenen strategischen Planung ist eine aus der Funktionsbereichsperspektive durchzufuhrende Analyse der globalen Umwelt, die einen generellen Rahmenfaktor der Strategieformulierung bildet (Teil 5). Anschliefiend ist die strategische Ausgangssituation des Beschwerdemanagements mit hoherem Detaillierungsgrad zu analysieren (Teil 6). Diese Untersuchungsebene beinhaltet drei Analysekomponenten: Zunachst wird der Identifikation strategischer Geschaftsfelder des Beschwerdemanagements Beachtung zu schenken sein. Hierfur wird eine funktionale Analyseperspektive Beschwerdemanagement als Dienstleistungsangebot untersuchen und mit den sekundaren Unterstutzungsdienstleistungen, tertiaren Unterstutzungsdienstleistungen und quartaren Kontrolldienstleistungen die drei strategischen Geschaftsfelder des Beschwerdemanagements identifizieren (6.2). Auf der zweiten Analyseebene wird zur Bestimmung strategischer Geschaftseinheiten des Beschwerdemanagements eine institutionale Sichtweise die Untersuchung leiten. Diese wird Beschwerdemanagement als strategischen Akteur konzeptualisieren und den Blick auf dessen spezifischen Charakter als zentralem Dienstleistungsbereich im Unternehmen freigeben (6.3). Um den angestrebten Analysedreiklang zu komplettieren, sind auf der dritten Untersuchungsebene die unternehmensinternen Rahmenbedingungen der Dienstleistungserbringung bzw. des Dienstleistungsanbieters Beschwerdemanagement zu analysieren (6.4). Die weiteren Uberlegungen werden auf diese Analyseergebnisse aufbauen und den zentralen Dienstleister Beschwerdemanagement auf seine Geschaftsfelder, das der sekundaren Unterstutzungsdienstleistung (Teil 7), das der tertiaren Unterstutzungs-
8
Einleitung
dienstleistung (Teil 8) und das der quartaren Kontrolldienstleistung (Teil 9), strategisch ausrichten. Die Telle 7 und 8 weisen dabei eine analogs, siebenstufige Struktur auf: Einleitend wird jeweils das Spannungsfeld in den beiden strategischen Geschaftsfeldern skizziert, in dem Beschwerdemanagement als Dienstleistungsanbieter agiert (7.1 und 8.1). AnschlieBend bildet eine verfeinerte Analyse des Nachfrageverhaltens der Empfanger der sekundaren und tertiaren Dienstleistungen das Fundament der spateren strategischen Ausrichtung des Beschwerdemanagements (7.2 und 8.2). Die Kapitel 7.3 und 8.3 werden die generischen Wettbewerbsstrategien nach Porter (1980), namentlich die Kostenfuhrerschafts- und die Differenzierungsstrategie sowie deren Verknupfung zu hybriden Wettbewerbsstrategien, als konzeptionellen Rahmen der strategischen Orientierung des Beschwerdemanagements vorstellen. Diese drei strategischen Varianten werden in den Folgekapitein als denkbare Strategieoptionen fur das Beschwerdemanagement interpretiert. Den Ausgangspunkt bildet jeweils die Adaption der Kostenfuhrerschaft (7.4 und 8.4), an die sich die Diskussion der Differenzierung des Beschwerdemanagements anschliellt (7.5 und 8.5). Die Hybridstrategien, die ja die Synthese der beiden ausfuhrlich diskutierten Porter'schen Grundvarianten abbilden, sollen lediglich am Rande betrachtet und anhand des Mass Customization-Ansatzes nur kurz skizziert werden (7.6 und 8.6). Breitere Beachtung verdient dagegen die Konkurrenzsituation, der sich Beschwerdemanagement in den beiden strategischen Geschaftsfeldern ausgesetzt sieht. Daher wird in den Kapiteln 7.7 und 8.7 eine Konkurrenzanalyse sowie die Ableitung konkurrenzgerichteter Marktverhaltensstrategien die strategische Ausrichtung des Beschwerdemanagements komplettieren. Teil 9 betrachtet das strategische Geschaftsfeld der quartaren Kontrolldienstleistungen des Beschwerdemanagements. Erneut wird einleitend zunachst das Spannungsfeld innerhalb des strategischen Geschaftsfeldes umrissen (9.1). Diese Betrachtung wird offenbaren, dass die hier
Gang der Untersuchung
vorhandenen Rahmenbedingungen des Dienstleistungsanbieters Beschwerdemanagement die Adaption der Kostenfuhrerschafts- bzw. Differenzierungsstrategie sowie auch der konkurrenzgerichteten Strategien als ungeeignet erscheinen lassen. Daiier wird in Kapitel 9.2 mit dem Managementansatz Professional Concern' eine andere, gleichwohl aber nnit den Vorschlagen der Teile 7 und 8 stimmige, strategische Verhaltensoption angeregt. Nachdem in den Teilen 7, 8 und 9 jeweils Strategieopfcner? fur das Beschwerdemanagement ausgearbeitet wurden, muss sich in Teil 10 die Strategiebewertung bzw. -auswahl als letzte Phase des strategischen Planungsprozesses anschliefien. Als Leitgedanke wird das „Fit-Konzept" dienen (10.1), das der Strategieauswahl mit dem horizontalen und dem vertikalen Fit zwei maligebliche Bewertungskriterien zugrunde legt. Zunachst wird der horizontale Fit beurteilt (10.2), der die Stimmigkeit innerhalb der strategischen Verhaltensweisen des Beschwerdemanagements beleuchtet. Anschlieliend wird dem vertikalen Fit des Beschwerdemanagements mit dem unternehmensinternen Umfeld zentrale Bedeutung zuerkannt (10.3). Der vertikale Fit bestimmt sich uber die Stimmigkeit der Funktionsbereichsstrategien mit den Zielsetzungen der ubergeordneten Strategieebenen. Diese vertikale strategische Stimmigkeit eines marktorientierten Beschwerdemanagements wird im Lichte der Strategietypologie nach Miles/Snow (1978) reflektiert und damit den Kern der Arbeit abschiielien. Teil 11 fasst die zentralen Erkenntnisse zusammen und rundet die Diskussion mit einem Fazit ab. Abbildung 1-1 gibt die beschriebene Struktur der Arbeit wieder.
10
Einleitung
0 0
Einleitung
Problemrelevante Grundlagen der strategischen Planung
Entwurf einer strategischen Planungskonzeption fttr den Funktionsbereich Beschwerdemanagement
0
Globale Umweltanalyse des Beschwerdemanagements
0 0
0
Problemrelevante Grundlagen des Beschwerdemanagements
X
Analyse der strategischen Ausgangssituation des Beschwerdemanagements
Analyse der strategischen Geschaftsfelder: Funktionale ^ Analyse ^^J" strategischen Analyse _______-:==^^ Geschaftseinheiten: Institutionale Analyse Analyse der untemehmensintemen Rahmenbedingungen
J. Verfeinerte Analyse und Ableitung von Strategieoptionen in den drei strategischen GeschMftsfeldern des Beschwerdemanagements
I7 I Sekundare — Unterstiitzungsdienstleistungen
Abb. 1-1:
10
Bewertung und Auswahl der Strategieoptionen anhand des Fit-Konzepts
s
Zusammenfassung und Fazit
i
Die Struktur der Arbeit im Uberblick; Quelle: Eigene Abbildung
2 Grundlagen, strategische Potenziale und Defizite des Beschwerdemanagements in der Unternehmung Dieser Teil der Arbeit soil dem Leser in drei Kapitein ein prazises Verstandnis uber die Grundlagen, strategischen Potenziale und Defizite des Beschwerdemanagements vermitteln. Auf einer ersten Stufe wird Beschwerdemanagement zunachst definiert und die der Arbeit zugrunde liegende Referenzkonzeption eines Beschwerdemanagements vorgestellt (2.1). AnschlieRend werden die strategischen Potenziale aufgezeigt, die mit dieser Beschwerdemanagement-Konfiguration erschlossen werden konnen (2.2). Abschlieliend werden bestehende Defizite im Beschwerdemanagement aufgezeigt, die die Realisierung der strategischen Potenziale verhindern (2.3). Dies mundet in dem von der Arbeit zur Uberwindung der erkannten Defizite postulierten Losungsvorschlag einer strategischen Planung fur das Beschwerdemanagement.
2.1
Begriffliches Verstandnis und Referenzkonzeption des Beschwerdemanagements
Ausgangspunkt dieses Kapitels wird die Festlegung einer Definition des Beschwerde- bzw. Beschwerdemanagement-Begriffs sein (2.1.1). Daran anknupfend wird Abschnitt 2.1.2 das der Diskussion zugrunde liegende Referenzmodell eines Beschwerdemanagements nach Stauss/Seidel (2002) vorstellen. 2.1.1
Begriff der Beschwerde und des Beschwerdemanagements
Zur begrifflichen Bestimmung von Beschwerden stellen Stauss/Seidel (2002. S. 47), basierend auf den Vorarbeiten von Wimmer (1985, S. 227f.) und Stauss (1989, S. 42), ein bewusst allgemein gehaltenes Verstandnis vor, das Beschwerden versteht als „Artikulationen von Unzufriedenhelt, die gegenuber Unternehmen oder auch Drittinstitutionen mit dem Zweck geaufJert werden, auf ein subjektiv als schadigend empfun-
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Grundlagen, strategische Potenziale und Defizite des Beschwerdemanagements
denes Verhalten eines Anbieters aufmerksam zu machen, Wiedergutmachung fur eriittene Beeintrachtigungen zu erreichen und/oder eine Anderung des kritisierten Verhaltens zu bewirken." ^ Beschwerden konnen anhand verschiedener Kriterien feiner differenziert werden, z.B. nach Beschwerdewegen, Adressaten einer Beschwerde, dem einer Beschwerde zugrunde liegenden juristischen Anspruch Oder denn jeweiligen Ausloser der Unzufriedenheit (Hansen et al. 1995, S. 77; Homburg/Krohmer 2003, S. 790; Stauss/Seidel 2002, S. 47ff.). Ein unter strategischen Gesichtspunkten elementares Kategorisierungskriterium ist der Beschwerdefuhrer. Hierbei kann zwischen Beschwerden von Seiten der Kunden eines Unternehmens und Beschwerden von Seiten anderer Anspruchsgruppen, z.B. Verbanden, Lieferanten Oder Vertriebspartnern, unterschieden werden (Stauss/Seidel 2002, S. 47). Zentraler Interessensgegenstand der weiteren Ausfuhrungen wird ein Beschwerdeverstandnis sein, das unzufriedene Kunden und deren Beschwerdeartikulation in den Mittelpunkt der Betrachtung stellt. Hierunter sind sowohl direkt an das Unternehmen artikulierte als auch indirekt, d.h. an Drittparteien (z.B. Schieds- und Schlichtungsstellen, Verbraucherschutzverbande, Medien) kommunizierte Kundenbeschwerden uber unternehmerisches Verhalten zu subsumieren. Vor dem Hintergrund eines solchen vergleichsweise welt gefassten Beschwerdebegriffs ist offensichtlich, dass Unternehmen regelmafJig mit artikulierter Kundenunzufriedenheit konfrontiert sind. Um sich adaquat auf das Management unzufriedener Kunden vorzubereiten, bietet sich das Instrument des unternehmerischen Beschwerdemanagements an.
Ausfuhrlich widmet sich auch Graf (1990, S. 31ff.) dem Begriff der Verbraucherbeschwerde.
Begriffliches Verstandnis und Referenzkonzeption des Beschwerdemanagements
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Wenngleich die Internationale wissenschaftliche Diskussion uber den Umgang mit Kundenbeschwerden bis in die spaten 70er Jahre zuruckverfolgt werden kann,^ liegt bislang kein einheitliches Begriffsverstandnis des Beschwerdemanagements vor. Die prazise begriffliche Abgrenzung wird insofern erschwert, als sich die vorgeschlagenen Definitionen durch eine gewisse Heterogenitat auf terminologischer und inhaltlicher Ebene auszeichnen.^'"^ Trotz autorenlndividueller definitorischer Akzentuierungen im Detail, lassen sich jedoch zwei grundsatzliche Auffassungen erkennen, die dem Beschwerdemanagement unterschiedlich weit gefasste Verantwortungsberelche zuweisen:
Zwar finden sich einzelne Veroffentlichungen zu diesem Thema bereits zu fruheren Zeitpunkten (z.B. Kurth 1965 Oder Namias 1964), das wissenschaftliche Interesse ist jedoch primar in den spaten 70er und fruhen 80er Jahren insbesondere im Kontext der in den USA gefuhrten Konsumehsmus-Diskussion angewachsen und kann seither als stetig zunehmend bezeichnet werden. In der englischsprachigen Literatur pragen zwei alternative Termini, zum einen „Service Recovery" und zum anderen „Complaint Management", die Diskussion. Insbesondere im Rahmen jungerer Publikationen ist eine zunehmend starkere Orientierung am Begriff der Service Recovery zu beobachten. Dies ist allerdings weniger auf inhaltliche Abgrenzungskriterien zuruckzufuhren, als vielmehr auf die zunehmende Erkenntnis, dass jedes Unternehmen seinen Kunden eine Kombination von Produkten und Dienstleistungen anbietet. Somit sind nicht nur Dienstleistungsunternehmen sondern auch vormals als reine Produktanbieter bezeichnete Unternehmen Anbieter von Serviceleistungen und konkurrieren auf der Basis dieser Services mit den jeweiligen Mitbewerbern (Bitner et al. 2000, S. 138; Zeithaml/Bitner 2003). Im Rahmen der weiteren Ausfuhrungen werden allerdings allein aufgrund der VenA/endung der Bezeichnungen Service Recovery bzw. Complaint Management keine inhaltlichen Unterscheidungen impliziert, da durchaus identische Inhalte unter beiden Begriffen gefasst werden. In der deutschsprachigen Forschung finden sich ebenfalls zwei Bezeichnungen: „Beschwerdepolitik" (Wimmer 1985; Wimmer/Roleff 1998) und ..Beschwerdemanagement" (Gunter 2003; Homburg/Fijrst 2003; Riemer 1986; Stauss/Seidel 2002). Dass hiermit jedoch ebenfalls keine Unterschiede hinsichtlich der inhaltlichen Abgrenzung intendiert sind, macht die verschiedentlich anzutreffende explizit bzw. implizit, substitutive Verwendung der Begriffe deutlich (Hansen et al. 1995, S. 77; Meffert/Bruhn 2003, S. 414; Wegmann 2001, S. 9). Im Weiteren wird allerdings auf die Bezeichnung „Beschwerdepolitik" verzichtet. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass sich vereinzelt ebenfalls Bezeichnungen wie „Recovery" (z.B. Gronroos 1988; Spreng et al. 1995), ,.Complaint handling" (Chebat/Slusarczyk 2005; Fornell 1981; Maxham/Netemeyer 2003) Oder „Response to dissatisfaction" (Etzel/Silverman 1981, S. 126) finden, die deutliche Mehrheit der englischsprachigen Beitrage aber den beiden oben genannten Bezeichnungen (Service Recovery und Complaint Management) folgt. Dieser Mehrheit schliefit sich die vorliegende Arbeit an.
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Grundlagen, strategische Potenziale und Defizite des Beschwerdemanagements
•
Eine erste Gruppe von Autoren sieht die Verantwortung des Beschwerdemanagements darin, im Falle bereits entstandener Unzufriedenheit das ursprungliche Zufriedenheitsniveau des Kunden wiederherzustellen bzw. noch zu ubertreffen und somit den Fortbestand der Kundenbeziehung fur das Unternehmen zu sichern. Diesem Verstandnis liegt eine primar reaktive Wiedergutmachung als zentrale Zielsetzung des Besciiwerdemanagements zugrunde. Typisciie Vertreter dieser Auffassung sind beispielsweise Boshoff/Allen (2000, S. 63), die Service Recovery definieren als alle unternehmensseitigen Bemuhungen, „to return an aggrieved customer to a state of satisfaction following a service failure (...)." DeWitt/Brady (2003, S. 193) charakterisieren Beschwerdemanagement als das Bestreben einer Unternehmung "to lessen or eliminate any damage done and, ultimately, to retain a once-dissatisfied customer" und Johnston/Hewa (1997, S. 467) verstehen Beschwerdemanagement als die „actions of a service provider to mitigate and/or repair the damage to a customer that results from the provider's failure to deliver service as it is designated".
•
Eine zweite Gruppe von Forschern schlagt ein weiter gefasstes Beschwerdemanagement-Verstandnis vor (Fornell 1981; Fornell/Westbrook 1984; Fornell/Wernerfelt 1987, 1988; RIemer 1986; Stauss 1989; TARP 1979; Wimmer 1985). Auch diese Autoren betonen die Notwendigkeit, die negativen Auswirkungen bereits eingetretener Unzufriedenheit eines Kunden fur das Unternehmen minimieren zu mussen. Daruber hinaus konzeptualisieren sie Complaint Management allerdings als den Prozess der unternehmensinternen Analyse von Kundenbeschwerden, mit dem Ziel, die Ursachen entstandener Kundenunzufriedenheit zu identifizieren und nachhaltig zu eliminieren. Fornell (1981, S. 193) benennt daher zwei zentrale Verantwortungsbereiche des Beschwerdemanagements:
Begriffliches Verstandnis und Referenzkonzeption des Beschwerdemanagements
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(1) Zum einen die Beschwerdebearbeitung und Problemlosung auf individueller Kundenebene und (2) zum anderen die aggregierte Beschwerdeanalyse zur Verbesserung des unternehmerischen Leistungsangebots. In der Tradition dieses Verstandnisses sind Beschwerdemanagementkonzepte erarbeitet worden (z.B. Gilly et al. 1991; Johnston 1995), die die umfassende Relevanz der Beschwerdeinformationen fur eine kundenorientierte Unternehmensfuhrung betonen und Beschwerdemanagement typischerweise verstehen als „a process that identifies service failures, effectively resolves customer problems, classifies their root cause(s), and yields data that can be integrated with other measures of performance to assess and improve the service system" (Tax/Brown 2000, S. 272). Im Lichte eines so interpretierten Beschwerdemanagements wird offenbar, dass die zuerst vorgestellte Auffassung als verkurzt zu kritisieren ist, da sie die Erschlieliung der einer Beschwerde inharenten Informationsund Verbesserungspotenziale fur die Unternehmung ausblendet. Konsequenterweise folgt das im Weiteren zugrunde gelegte Verstandnis der zweiten Forschungstradition und definiert Beschwerdemanagement folgendermalien: „Complaint management (...) deals with the whole spectrum of consumer dissatisfaction responses regardless of whether they are voiced or not. It operates to minimize the harmful effects of consumer dissatisfaction on the firm, to analyze and address the marketing opportunities presented by consumer problems and to reduce consumer dissatisfaction" (Fornell 1981, S. 193). Ebenfalls auf Basis dieser Forschungsauffassung entwickein Stauss/Seidel (2002) ihre Beschwerdemanagement-Konzeption, die das Referenzmodell der weiteren Ausfuhrungen bilden wird.
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Grundlagen, strategische Potenziale und Defizite des Beschwerdemanagements
2.1.2
Die Beschwerdemanagement-Konzeption nach Stauss und Seidel als Referenzmodell der weiteren Diskussion
Die Konzeption eines Beschwerdemanagements wie sie von Stauss/Seidel (2002) entworfen wird, spiegelt den State-of-the-Art der Beschwerdeforschung wider. Ausgangspunkt der Betrachtung ist das Zielsystem, das die Autoren fur das Beschwerdemanagement vorselien (2.1.2.1). Um dem Leser das fur die spatere Diskussion notwendige Verstandnis des Beschwerdemanagements als strategischem Akteur zu vermittein, steht ferner eine auf der Referenzkonzeption basierende, zweidimensionale Charakterisierung des Beschwerdemanagements im Mittelpunkt: Zum einen wird Beschwerdemanagement unter funktionalen Gesichtspunkten charakterisiert (2.1.2.2). Zum anderen ist die institutionale Dimension des Beschwerdemanagements als eigenstandige Organisationseinheit in der Unternehmung zu betrachten (2.1.2.3). Beide Facetten werden unter strategischen Planungsgesichtspunkten in Teil 6 der Arbeit von grofler Bedeutung sein und sind deshalb entsprechend zu wurdigen bzw. aufzubereiten. 2.1.2.1
Zielsystematik des Beschwerdemanagements
Nach den ersten fruhen Vorschlagen zu den Zielen eines Beschwerdemanagements (Fornell 1981; FornellA/Vestbrook 1984) erfuhr die Zielbetrachtung im Zeitverlauf eine erhebliche Ausdifferenzierung, Erweiterung und problembezogene Modifikation, wobei zwischen reinen Zielkatalogen einerseits (z.B. Gierl 2000; Hansen/Schoenheit 1987; Homburg/Furst 2003; Jeschke/Schuize 1999; Johnston 2001; Tax/Brown 2000) und Zielsystematisierungen bzw. -hierarchien andererseits (z.B. Hansen et al. 1995; Schober 1997; Stauss/Seidel 2002; Wegmann 2001, S. 12; Wimmer 1985, S. 234ff.) zu differenzieren ist. Da bloBe Zielkataloge gegenuber Zielsystematiken als konzeptionell unterlegen angesehen werden konnen, sei auf Erstere hier nicht welter eingegangen.
Begriffliches Verstandnis und Referenzkonzeption des Beschwerdemanagements
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Trotz der breiten Diskussion finden sich nur selten dezidiert strategisch ausgerichtete Zielhierarchien. Hansen et al. (1995, S. 81f.) gehoren zu den wenigen Forschern, die dem Beschwerdemanagement uber ihre Zielsystematisierung explizit eine strategische Dimension zuweisen und den Managem im Beschwerdemanagement ihre entsprechende strategische Handlungsrelevanz im Gesamtunternehmenskontext aufzeigen. Die Autoren differenzieren explizit in strategische und taktisch-operative Ziele des Beschwerdemanagements. Als strategische Zielsetzungen gelten die positiven Wirkungen des Beschwerdemanagements auf das Unternehmensimage sowie die Kundenbindung. Ein strategisches Ziel ist ferner der Aufbau von Markteintrittsbarrieren gegenuber (potenziellen) Wettbewerbern und die Erschlieflung der Beschwerdeinformationen fur die Generierung von gesamtunternehmerischen Erfolgspotenzialen. Die taktisch-operativen Ziele dienen als Grundlage zur Erfolgsbemessung des Beschwerdemanagements und werden in okonomische und vorokonomische Ziele aufgeteilt. Die vorokonomischen Ziele bilden ihrerseits die Voraussetzung zur Erreichung der okonomischen Zielzustande. Auch Stauss/Seidel (2002, S. 79ff.) erarbeiten fur ihr Beschwerdemanagement-Konzept eine Zielhierarchie, die drei Kategorien umfasst: (1) Ein Globalziel sowie (2) umsatzrelevante und (3) kostenrelevante Teilziele. Das alien anderen Zielen ubergeordnete Globalziel des Beschwerdemanagements ist die Erhohung des Gewinns und die Starkung der Wettbewerbsfahigkeit des Unternehmens. Damit kommt Stauss/Seidel ebenfalls das Verdienst zu, den Beitrag zur Generierung von Wettbewerbsvorteilen fur die Gesamtunternehmung als die Maxime des Beschwerdemanagements vorzugeben.^ Diese Verknupfung des Beschwerdemanagements mit der Wettbewerbsfahigkeit des Gesamtunternehmens reprasentiert die unternehmensstrategische Dimension in Wettbewerbsfahigkeit basiert auf der Kompetenz einer Unternehmung, sich Wettbewerbsvorteile zu erarbeiten. Wettbewerbsvorteile lassen sich wiederum an okonomischen Grofien wie dem Gewinn bemessen (Reckenfelderbaumer 2001, S. 198).
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Grundlagen, strategische Potenziale und Defizite des Beschwerdemanagements
diesem Zielsystem. Die Erreichung des Globalziels gelingt uber die Erfullung der umsatzrelevanten und kostenrelevanten Teilziele des Beschwerdemanagements, die in der folgenden Abbildung 2-1 aufgefuiirt sind.
Globalziel: Erhohung von Gewinn und Wettbewerbsfahigkeit des Gesamtunternehmens
1 Umsatzrelevante Teilziele:
Kostenrelevante Teilziele:
• Stabilisierung gefahrdeter Kundenbeziehungen durch Herstellung von (Beschwerde-) Zufriedenheit
• Vermeidung von Abwanderungskosten
• Erhohung der Kaufintensitat und Kauffrequenz sowie Forderung des Cross-Buying-Verhahens • Umsetzung und Verdeutlichung einer kundenorientierten Untemehmensstrategie
• Vermeidung von Auseinandersetzungskosten
• Vermeidung weiterer extemer Fehlerkosten
• Schaffung zusatzlicher Werbeeffekte mittels Beeinflussung der Mundkommunikation
• Vermeidung intemer Fehlerkosten
• Verbesserung der Qualitat von Produkten und Dienstleistungen durch Nutzung der in Beschwerden enthaltenen Informationen
Abb. 2-1:
Das Zielsystem
des
Beschwerdemanagements;
Quelle:
In Aniehnung
an
Stauss/Seidel (2002, S. 79).
Beide Subkategorien sollen kurz skizziert werden, wobei die umsatzbezogenen Teilziele den Ausgangspunkt bilden (Stauss/Seidel 2002, S. 79ff.): •
Durch eine adaquate unternehmensseitige Reaktion auf Beschwerden, soil eine spezifische Beschwerdezufriedenheit bei vormals unzufriedenen Kunden erzeugt werden. Die Beschwerdezufriedenheit kann sich positiv auf die globale Zufriedenheit des Kunden mit dem Unternehmen auswirken und so die Kundenbeziehung stabilisieren. Dies soil die Abwanderung eines Kunden verhindern und dessen zu-
Begriffliches Verstandnis und Referenzkonzeption des Beschwerdemanagements
•
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kunftige Umsatz- und Deckungsbeitragspotenziale fur das Untemehmen sichern. Aus der gesteigerten Zufriedenheit konnen weitere positive Effekte auf das Konsumverhalten des ehemaligen Beschwerdefuhrers resultieren. Insbesondere sind eine hohere Kaufintensitat, eine gesteigerte Kauffrequenz sowie die mitunter grollere Bereitschaft zum Cross-Buying zu beobachten.
•
Beschwerdemanagement belegt den Kunden sowie den eigenen Mitarbeitern gegenuber die Selbstverpfiichtung einer Unterneiimung zur konsequenten Kundenorientierung. Dies steigert die Glaubwurdigkeit eines vom Unternehmen kommunizierten kundennahen Images.
•
Kunden thematisieren die Erfahrungen, die sie mit einem Unternehmen generell bzw. im Rahmen ihrer Beschwerdefuhrung machen, in ihrem sozialen Umfeld. Dieses Piianomen wird als Mundkommunikation (word-of-mouth) bezeichnet. Durch die Gewahrleistung von Beschwerdezufriedenheit soil negatives word-of-nnouth vernnieden und stattdessen positive Mundkonnnnunikation bezuglich des Unternehmens stimuliert werden. Auf diese Weise kann abermals das Unternehnnensinnage gestarkt und zusatzliches Umsatzpotenzial erschlossen werden.
•
Das letzte umsatzbezogene Teilziel fokussiert das Potenzial der in Beschwerden enthaltenen Informationen. Zunn einen eroffnen Beschwerden Einblicke uber Kundenprobleme beim Konsunn des betrieblichen Leistungsangebots. Diese Informationen sind fur das Qualitatsmanagement und die hier zu leistende, permanente Verbesserung der Produkte bzw. Dienstleistungen eines Unternehmens eminent wichtig. Zum anderen konnen sie mannigfaltige marktrelevante Einsichten (uber z.B. Verbrauchereinstellungen und -verhalten, Neuproduktideen, etc.) beinhalten, die zur Starkung der Wettbewerbsposition des Unternehmens beitragen konnen.
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Grundlagen, strategische Potenziale und Defizite des Beschwerdemanagements
Die kostenbezogenen Teilziele des Beschwerdemanagements manifestieren sich in der Vermeidung von Abwanderungs-, Auseinandersetzungs- und Fehlerkosten (Stauss/Seidel 2002, S. 81). •
Die Abwanderungskosten reprasentieren die Umsatzerlose, die einer Unternehmung im Falle der Kundenabwanderung entgehen.
•
Durch ein Beschwerdemanagement erhalt der Kunde die Chance, sein Problem direkt mit dem Unternehmen zu losen. Schaltet er stattdessen Dritte ein (z.B. Schlichtungsstellen, Verbraucherschutzverbande, etc.) oder leitet er rechtliche Schritte ein, sind damit deutlich hohere Auseinandersetzungskosten fur das Unternehmen verbunden. Durch erfolgreiches Beschwerdemanagement konnen diese vermieden werden.
•
SchliefJIich reduziert die Beschwerdeinformationsnutzung externa und interne Fehlerkosten des Unternehmens. Externe Fehlerkosten sind Aufwendungen fur Garantie- und Gewahrleistungsfalle, die durch effektive Informationsumsetzung gesenkt werden konnen. Die Nutzung von Beschwerdeinformationen kann daruber hinaus zur Optimierung interner Prozessablaufe dienen, die Falsch- und Doppelarbeiten vermeiden hilft und somit zur Verringerung interner Fehlerkosten dient.
Um diesem Zielsystem gerecht werden zu konnen, bedarf es unterschiedlicher Aufgabenbereiche, die nun anhand des funktionalen Verstandnisses eines Beschwerdemanagements eriautert werden. 2.1.2.2
Funktionales Beschwerdemanagement-Verstandnis
Als funktionales Verstandnis wird an dieser Stelle das Zusammenspiel aus den Aufgabenfeldern (2.1.2.2.1) und den sich aus der Aufgabenerfijllung ableitenden Funktionen des Beschwerdemanagements (2.1.2.2.2) bezeichnet.
Begriffliches Verstandnis und Referenzkonzeption des Beschwerdemanagements
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2.1.2.2.1 Aufgaben des Beschwerdemanagements Stauss/Seidel (2002, S. 81 ff.) trennen generell zwei Aufgabenfeder im Beschwerdemanagement. Sie bezeichnen den Verantwortungsbereich der akuten Problemlosung fur den individuellen BeschwerdefiJhrer als den direkten Beschwerdemanagementprozess. Die Phase der aggregierten Beschwerdeanalyse und Erschliedung der Beschwerdeinformationspotenziale wird als indirekter Beschwerdemanagementprozess verstanden. Die Systennatisierung der Aufgabenfelder erfolgt also in Abhangigkeit davon, ob der Kunde unmittelbar in die Aufgabenerfullung integrlert ist (direkter Beschwerdemanagementprozess) Oder ob das Beschwerdemanagement Aufgaben fur die Unternehmung wahrnimmt, die ohne eine Integration des Beschwerdefuhrers ablaufen (indirekter Beschwerdemanagementprozess). Sowohl der direkte als auch der indirekte Beschwerdemanagementprozess umfassen jeweils vier aufeinander aufbauende Aufgabenbausteine, die in Abbildung 2-2 dargestellt sind und kurz skizziert werden sollen (siehe im Weiteren Stauss/Seidel 2002, S. 83ff.).
Direkter Beschwerdemanagementprozess Beschwerdestimulierung
Beschwerdeannahme
Beschwerdebearbeitung
Beschwerdereaktion
Indirekter Beschwerdemanagementprozess
Abb. 2-2:
Die Aufgaben des Beschwerdemanagements; Quelle: Stauss/Seidel (2002, S. 90).
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Grundlagen, strategische Potenziale und Defizite des Beschwerdemanagements
Der direkte Beschwerdemanagementprozess beginnt mit der Beschwerdestimulierung. In diesem Aufgabenfeld ist es Ziel, einen moglichst groBen Anteil der unzufriedenen Kunden zu ermutigen, entstandener Unzufriedenheit in Fornn einer Beschwerde an das Unternehmen Ausdruck zu verleihen. Urn den Beschwerdefiihrern die Artikulation der Besciiwerde weitest gehend zu erieichtern, gehort es zum Verantwortungsbereich der Beschwerdestimulierung, geeignete (mundliche, telefonische, schriftliche oder elektronische) Beschwerdekanale einzurichten, die Existenz dieser Beschwerdewege aktiv im Markt zu kommunizieren sowie die Erreichbarkeit der jeweiligen Beschwerdestellen zu gewahrleisten. Die Entgegennahme der artikulierten Beschwerde durcii das Unternehmen, die so genannte Beschwerdeannahme, stellt einen Schlusselmoment der Beschwerdefuhrung dar, da sich im Rahmen dieser Phase haufig bereits entscheidet, ob die Unzufriedenheit des Kunden abgebaut und in (Beschwerde-) Zufriedenheit umgewandelt werden kann, oder seine Unzufriedenheit sogar noch gesteigert wird. Die Beschwerdeannahme beinhaltet daher zwei zentrale Aufgabenkomplexe: Zum einen sind im Rahmen der Organisation des Beschwerdeeingangs klare Kompetenzen festzulegen und die Mitarbeiter adaquat auf die (erfolgreiche) Interaktion mit Beschwerdefuhrern vorzubereiten. Zum anderen ist eine vollstandige, rasche und strukturierte Erfassung der Beschwerdeinformationen zu gewahrleisten. Nach erfolgter Annahme beginnt die Beschwerdebearbeitung, die alle internen Bearbeitungsschritte des Beschwerdehandlings umfasst. Hierunter verstehen Stauss/Seidel (2002, S. 85) „die Gestaltung der Bearbeitungsprozesse, die Festlegung von Verantwortlichkeiten, die Definition von Bearbeitungsterminen, die Installation von Mechanismen zur Uberwachung der Termineinhaltung, die Ausgestaltung der internen Kommunikation sowie (...) die Dokumentation der Beschwerdebearbeitung als Bearbeitungshistorie." Die vierte und letzte Stufe des direkten Beschwerdemanagementprozesses bildet die Beschwerdereaktion, worunter alle Aktivitaten des Beschwerdemanagements verstanden wer-
Begriffliches Verstandnis und Referenzkonzeption des Beschwerdemanagements
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den, die der Kunde wahrend der Beschwerdeabwicklung wahmimmt. Hierzu gehoren sowohl der generelle Umgang mit den Beschwerdefuhrern, die erzielte Problemlosung bzw. Wiedergutmachung durch das Unternehmen, als auch die kundengerichtete Kommunikation wahrend der Beschwerdebearbeitung und deren zeitliche Ausgestaltung. Der erste Aufgabenbaustein im indirekten Beschwerdemanagementprozess ist die Beschwerdeauswertung, die die erhaltenen Beschwerdeinformationen kriteriengeleitet aufbereitet. Es geht darum, mittels quantitativer und qualitativer Auswertungsverfahren konkrete Hinweise auf Schwachen des unternehmerischen Leistungsangebots bzw. Marktverhaltens und sich abzeichnende Markttrends bzw. sich potenziell ergebende Marktchancen zu identifizieren. Das Beschwerdemanagement-Controlling umfasst mit dem Evidenz-, dem Aufgaben- und dem Kosten-NutzenControlling drei Teilkomplexe mit jeweils unterschiedlicher Zielsetzung (Stauss/Seidel 2002, S. 871). •
•
•
Das Evidenz-Controlling knijpft an das Ziel der Maximierung der Beschwerdeartikulation unzufriedener Kunden an und untersucht die Fahigkeit des Beschwerdemanagements, den Grad der Kundenunzufriedenheit in Form von Beschwerden fur das Unternehmen sichtbar (evident) zu machen. Das Aufgaben-Controlling widmet sich der Gute der Aufgabenerfullung durch das Beschwerdemanagement. Hierfur empfehlen Stauss/Seidel (2002, S. 293ff.), geeignete Qualitatsdimensionen In Bezug auf das Beschwerdemanagement auszuwahlen und deren Erreichung permanent zu uberprufen. Das Kosten-Nutzen-Controlling untersucht die Wirtschaftlichkeit des Beschwerdemanagements Im Sinne der Relation von Ertrag (Leistung) und Aufwand (Kosten). Deshalb werden hier den quantlflzierten Kostengrolien die quantifizierten bzw. monetar bewerteten
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Grundlagen, strategische Potenziale und Defizite des Beschwerdemanagements
Nutzenkomponenten des Beschwerdemanagements gegeniibergestellt. Beide Aufgabenbereiche, die Beschwerdeauswertung und das Beschwerdemanagement-Controlling generieren eine Vielzahl von Informationen, die das Fundament des Beschwerdereporting bilden. Aufgabe des Beschwerdereporting ist es, relevante interne (und potenzielle externe) Zielgruppen proaktiv mit Informationen der Beschwerdauswertung und des Beschwerdemanagement-Controlling zu versorgen. Um schliefllich eine Verbesserung des unternehmerischen Leistungsangebots auf Basis des kritischen Kundenfeedbacks zu gewahrleisten, ist eine aktive und systematische Beschwerdeinformationsnutzung angezeigt. Dies erfordert sowohl den Einsatz geeigneter Managementinstrumente und -madnahmen, wie z.B. Qualitatsplantechniken und/oder Qualitatszirkel, als auch die Integration der Beschwerde(management-)informationen in das kundenbezogene Wissensmanagement des Unternehmens. In engem Zusammenhang mit den acht hier beschriebenen Teilaufgaben stehen die verschiedenen Funktionen, die das Beschwerdemanagement fur die Unternehmung erfullt und die die zweite Facette des funktionalen Beschwerdemanagement-Verstandnisses bilden. 2.1.2.2.2
Funktionen des Beschwerdemanagements
Mit der Wahrnehmung der Aufgaben des direkten und indirekten Beschwerdemanagements werden unterschiedliche Funktionen des Beschwerdemanagements angestrebt, die sich in kundengerichtete (externe) und unternehmensgerichtete (interne) Funktionen systematisieren lassen. Beide Wirkungsfelder sind mit ihren jeweiligen Einzelfunktionen in Abbildung 2-3 aufgefuhrt und werden im Folgenden kurz eriautert (siehe hierzu im Weiteren Hansen/Stauss 1985, S. 153ff.; Stauss/Seidel 2002, S. 51 Iff.).
Begriffliches Verstandnis und Referenzkonzeption des Beschwerdemanagements
Unternehmensexterne Funktionen
Abb. 2-3:
Unternehmensinterne Funktionen
•
Abhilfefunktion
• Interne Informationsfunktion
•
Zugangsfunktion
•
•
Kanalisiemngsfunktion
•
Bildungsfunktion
• Exteme Informationsfunktion
•
KontroUfunktion
•
•
Rationalisierungsfunktion
•
Pufferfunktion
Selbstregulierungsfunktion
• Public Relations-Funktion
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Impulsfunktion
Die Funktionen des Beschwerdemanagements; Quelle: Stauss/Seidel (2002, S. 511ff.) en/veitert anhand Hansen/Stauss (1985, S. 153ff.).
Als externe Funktionen gelten Abhilfe-, Zugangs-, Kanalisierungs-, exteme Informations-, Selbstregulierungs- und Public-Relations-Funktion. Im Zentrum der kundengerichteten Funktionen steht die Abhilfefunktion. Unabhangig davon, ob die entstandene Kundenunzufriedenheit auf Fehlinformationen, Missverstandnissen oder faktischen Fehllelstungen des Unternehmens beruht, zielt die Abhilfefunktion darauf ab, durch eine professionelle Losung des Kundenproblems Kundenunzufriedenheit umgehend zu beseitigen und In Kundenzufriedenheit unnzuwandeln. Die Abhilfefunktion wird durch die Zugangsfunktion unterstutzt, die sich unmittelbar aus der Aufgabe der Beschwerdestimulierung ergibt. Im Sinne der Erleichterung der Beschwerdeartikulation sorgt Beschwerdemanagement hierbei fur den Abbau eventueller Beschwerdeartikulations- bzw. Kommunikatlonsbarrieren, indem es Kunden proaktiv vorhandene Beschwerdekanale aufzeigt, sie zu deren Nutzung ermuntert und sich selbst eindeutig zum unternehmerischen Ansprechpartner fur unzufriedene Kunden erklart. In engem Zusammenhang damit ist die Kanalisiemngsfunktion zu sehen, die die Lenkung und Bundelung vorhandener Kundenunzufriedenheit auf das Unternehmen beinhaltet. Dadurch soil Kundenabwanderung, negativer Mundkommunikation, offentlichem Protest und anderen Reaktionsformen unzufriedener Konsumenten vorgebeugt werden. Wie bereits angedeutet, konnen Beschwerden auf einer kundenseitigen Fehlinformation bzw. einem Informationsdefizit beruhen. Hier setzt die externe Infor-
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Grundlagen, strategische Potenziale und Defizite des Beschwerdemanagements
mationsfunktion an, in deren Rahmen unzufriedene Kunden mit problemlosungsbezogenen Informationen versorgt werden. Als externe Funktionen von sekundarer Bedeutung nennen Stauss/Seidel (2002, S. 511f.) die Selbstregulierungsfunktion und die Public-Relations-Funktion des Beschwerdemanagements. Durcii die Selbstregulierungsfunktion sollen allgemeine Regulierungs- bzw. KundenschutzmaBnahmen staatlicher Institutionen verhindert werden, wie sie in Form von Gesetzen, Verordnungen Oder Auflagen denkbar sind.^ Die Public-Relations-Funktion zielt darauf ab, gegenuber dem Unternehmensumfeld die Selbstverpflichtung der Unternehmung zu einer kundenorientierten Grundhaltung zu unterstreichen, um so eine Verbesserung des Unternehmensimages in der Offentlichkeit zu erreichen. Die zweite Kategorie von Funktionen riciitet sich auf das eigene Unterneiimen. Als interne Funktionen gelten die interne Informations-, Impuls-, Bildungs-, Kontroll-, Rationalisierungs- sowie die Pufferfunktion (Hansen/Stauss 1985, S. 159; Stauss/Seidel 2002, S. 512ff.). Wie bereits betont, beinhalten Beschwerden umfangreiche und differenzierte Informationspotenziale uber das eigene Unternehmen und das Wettbewerbsumfeld. Das Aniiegen der internen Informationsfunktion ist die innerbetriebliche Gewinnung, Aufbereitung und Verbreitung dieser Erkenntnisse. Die Impulsfunktion geht daruber hinaus, da dem Beschwerdemanagement hier die Verantwortung ubertragen wird, auf Basis der Beschwerdeinformationen eigene Verbesserungsvorschlage zur Optimierung des Leistungsangebots auszuarbeiten. Auf einer alternativen Nutzung des Informationspools des Beschwerdemanagements beruht die Bildungsfunktion, die in der Weiterbildung (der Mitarbeiter) von anderen Unternehmenseinheiten zum Ausdruck kommt und z.B. durch Schulungen uber die Relevanz von Beschwerdesituationen und den adaquaten
In pragmatisch-pointierter Form fassen Knoblich/Arnold (1974, S. 29) analoge Uberlegung zusammen, wenn sie feststellen: „Wenn Verbraucherschutz, dann moglichst viel in eigener Regie und in Einl
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Umgang mit Beschwerdefuhrern ausgeubt werden kann. Aus dem Ziel der effektiven Beschwerdeinformationsnutzung resultiert die Kontrollfunktion des Beschwerdemanagements. Diese beruht auf der Notwendigkeit, zum einen die Einhaltung der definierten Beschwerdestandards im direkten und indirekten Beschwerdemanagementprozess sicherstellen, zum anderen, die tatsachliche Umsetzung der aufbereiteten Beschwerdeerkenntnisse in der gesamten Unternehmung uberprufen, Abweichungen identifizieren und gegebenenfalls abstellen zu mussen. SciiiiefJIich kann das Beschwerdemanagement eine Rationalisierungsfunktion fur die Gesamtunternehmung erfullen, sofern durch die (zumindest weitgehend) zentralisierte Bearbeitung der Kundenbeschwerden und die damit einhergehende Kompetenzbundelung Effizienzwirkungen erzielt werden (Stauss/Seidel 2002, S. 514). In der Ursprungsfassung dieser funktionalen Konzeptualisierung beschreiben Hansen/Stauss (1985, S. 159) mit der Pufferfunktion noch einen weiteren internen Wirkungseffekt des Beschwerdemanagements, der in der Abpufferung des Marketingbereichs von der kommunizierten Kundenunzufriedenheit besteht, um so das Marketing von der Beschwerderegulierung und dem direkten Kontakt mit kritischen Verbrauchern und Verbraucherorganisationen zu entlasten. Abbildung 2-4 gibt das in den bisherigen Ausfuhrungen beschriebene Zusammenspiel aus Aufgaben, Funktionen und Zielen im Beschwerdemanagement wider. Die Basis erfolgreichen Beschwerdemanagements ist die Erfullung der acht Aufgabenbausteine des direkten und indirekten Beschwerdemanagementprozesses. Beide Prozesse ermoglichen in ihrer Bandbreite situativer Ausgestaltungen die Erfullung der externen und internen Funktionen des Beschwerdemanagements fur die Unternehmung^ Dies mundet in der Erreichung der umsatz- und kostenbezogenen Teil-
Wie an spaterer Stelle noch ausfuhrlich diskutiert wird, impliziert die Abbildung nicht, dass der direkte (indirekte) Besciiwerdemanagementprozess zwangslaufig zu den externen (internen) Funktionen fuhrt; vielmehr resultieren einzelne Funktionen teilweise aus dem gemeinsamen Wirkungsgeflecht beider Beschwerdemanagementprozesse.
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ziele, die ihrerseits das Fundament des Globalziels im Beschwerdemanagement sind. Anhand dieses Wirkungsgefuges tragt Beschwerdemanagement zur Erhohung des Gewinns und zur Starkung der Wettbewerbsfahigkeit des Untemehmens bei.
Abb. 2-4:
Das Zusammenspiel der Aufgaben, Funktionen und Ziele des Beschwerdemanagements, Quelle: Eigene Abbildung.
Urn das fur die spatere Diskussion notwendige Grundverstandnis des Beschwerdemanagements als strategischem Akteur zu schaffen, ist neben dieser funktionalen Reflexion die Bestimmung eines institutionalen Verstandnisses des Beschwerdemanagements unbedingt erforderlich. Der folgende Unterabschnitt wird deshalb Beschwerdemanagement als organisatorische Einheit im Unternehmen betrachten, die maBgeblich mit dem Management der Kundenunzufriedenheit betraut ist.
Begriffliches Verstandnis und Referenzkonzeption des Beschwerdemanagements
2.1.2.3
29
Institutionales Beschwerdemanagement-Verstandnis
Die Aufgabe dieses Unterabschnitts ist es, das institutionale Verstandnis zu skizzieren, das Stauss/Seidel (2002) in ihrer Beschwerdemanagement-Konzeption vorschlagen und das in Teil 6 der Arbeit erneut intensiv zu diskutieren sein wird. Urn an dieser Stelle das notwendige theoretische Fundament zu schaffen, ist zunachst die Existenzberechtigung einer eigenstandigen Organisationseinheit ,Beschwerdemanagennent' anhand der einschlagigen Literatur nachzuweisen (2.1.2.3.1). Erst daran anschiiefiend kann, basierend auf dem Referenzmodell, ein konzeptionell stimmiger Aufbau des Beschwerdemanagement-Bereichs vorgestellt werden (2.1.2.3.2). Schlie(ilich sind die Ansatze zur Einbettung dieser organisatorischen Instanz in die Unternehnnung zu eriautern (2.1.2.3.3). 2.1.2.3.1
Zur Frage eines eigenstandigen BeschwerdemanagementBereichs
Grundsatzlich kann die aufbauorganisatorische Ausgestaltung des Beschwerdemanagements auf einem Kontinuum mit den Extrempunkten des rein zentralen und rein dezentralen Beschwerdemanagements verortet werden (Schober 1997, S. 38; Stauss/Seidel 2002, S. 487).^ Wahrend im Fall des zentralen Beschwerdemanagements alle acht Aufgabenbereiche vollstandig von einer zentralisierten Stelle abgedeckt werden, existiert Im dezentralen Fall eine solche Organisationseinheit uberhaupt nicht, womit diese Auspragung also die Ablehnung eines eigenstandigen Beschwerdemanagement-Bereichs bedeutet. Die anfallenden Beschwerdeaufgaben werden dann (ausschlielilich) in dezentralen Einheiten abgewickelt. Mit den beiden Alternativen der zentralen und dezentralen Verantwortungszuweisung gehen jeweils unterschiedliche Vor- und Nachteile
Fur eine allgemeine, organisationstheoretisch fundierte Aufarbeitung der generellen Ausgestaltungsoptionen der Zentralisation bzw. Dezentralisation siehe z.B. Beuerman (1992) Oder Frese/von Werder (1993, S. 11), die sich dieser Fragestellung unter den Bezeichnungen ,Konzentration bzw. Diffusion' widmen.
30
Grundlagen, strategische Potenziale und Defizite des Beschwerdemanagements
im Sinne eines (wechselseitigen) ,Flipside-Zusammenhangs' einher, wie sie in der folgenden Abbildung 2-5 aufgefuhrt sind:^ Vorteile der Zentralisierung von Beschwerdemanagement-Aufgaben
Vorteile der Dezentralisierung von Beschwerdemanagement-Aufgaben
• Einfachere und einheitlichere Beschwerdebearbeitung
• Einfachere Beschwerdemoglichkeiten fur die Kunden durch hohere Kundennahe
• Geringerer Koordinations-, Informations- und Schulungsaufwand
• Schnellere Annahme und Bearbeitung von Beschwerden aus Kundensicht
• Bessere KontroUe der Beschwerdekontakte
• Moglichkeit einer flexiblen, kunden- und probleninahen Beschwerdelosung
• Spezialisierungseffekte der Mitarbeiter • Qualitativ hochwertigere Beschwerdeinformationsgenerierung durch geringere Gefahr der Beschwerdeunterdriickung, -verzerrung oder selektion innerhalb des Untemehmens
Abb. 2-5:
• Entlastung der Fiihrungskrafte von operativem Beschwerdehandling
Die Vor- und Nachteile einer (De-) Zentralisierung des Beschwerdemanagements; Quellen: Eigene Abbildung basierend auf Gunter (2003, S. 305); Hansen et al. (1982a, S. 539); Homburg/Furst (2003, S. 12).
Trotz der hier angefuhrten Vorteile einer Dezentralisierung von Beschwerdemanagement-Aufgaben, die sich offensichtlich insbesondere auf das direkte Beschwerdemanagement beziehen, kommen Stauss/Seidel (2002, S. 497) nach der Abwagung moglicher Ausgestaltungsalternativen des Beschwerdemanagements zu folgendem Schluss: Es zeigt sich, „dass in keinem der dargestellten Falle eine rein dezentrale Losung angemessen erscheint. Es kann sogar grundsatzlich bezweifelt werden, ob eine solche Variante uberhaupt sinnvoll ist." Diesbezuglich sei festgehalten, dass die individuelle Abwagung der Vor- und Nachteile einer der denkbaren Losungen letztlich nur unter Berucl<sichtigung der situationsspezifischen Einflussfaktoren der Unternehmung erfolgen kann. Hansen et al. (1995, S. 83) beziehen beispielsweise die Struktur der originaren Leistungserstellung (z.B. nach dem Funktional- oder Divisionalprinzip) in ihre Entscheidung ein. Stauss/Seidel (2002, S. 488ff.) legen als Kriterien fur diese Entscheidungsfindung beispielhaft das angebotene Produkt, die Kundenanzahl, das vorliegende Vertriebssystem und die Zentralitat des Kundenkontaktes zugrunde.
Begriffliches Verstandnis und Referenzkonzeption des Beschwerdemanagements
31
Im Lichte der aber dennoch zu konstatierenden Vorzuge der Dezentralisierung einzelner Aufgabenbausteine finden sich in Literatur und Praxis Besclnwerdemanagement-Ansatze, die darauf abzielen, durch eine geeignete Syntiiese die jeweiligen (De-) Zentraiisierungsvorteile zu bundein und gleiciizeitig die entsprechenden Nachteile zu vermeiden. Die hierbei mehriieitJicii referierte Losung sieht einen zentralen Bereich Beschwerdenrianagement vor, der im Zusammenspiel mit anderen, dezentralen Unternehmenseinlieiten die Gestaltung und Durchfuhrung des Beschwerdemanagements verantwortet. Diese Losung wird als „duales Beschwerdemanagement" bezeichnet (Stauss/Seidel 2002, S. 488). Doch aucli im Falle dualer Beschwerdemanagement-Konfigurationen bleibt eine eigenstandige organisatorisciie Besciiwerdemanagement-lnstanz das Fundament erfolgreichen Beschwerdemanagements. Die in der einschlagigen Literatur nachdrucklich und einhellig vertretene Forderung nach einer Zentralisierung der Aufgabenverantwortungs- und -durchfuhrungskompetenzen in einer Beschwerdemanagement-Abteilung begrundet sich insbesondere auf der Bedeutung der (potenziell) zu generierenden Beschwerdeinformationen fur das Unternehmen (Hansen et al. 1982a, S. 539; Hansen et al. 1995, S. 84; Lapidus/Schibrowsky 1994, S. 54; Schibrowsky/Lapidus 1994a; Schober 1997, S. 201). Anhand ihrer empirischen Studie resumiert Graf (1990, S. 174; S. 187) gar, dass eine umfassende Einsicht in die Probleme der Konsumenten ausschliefllich dann moglich sei, wenn die Bearbeitung, Analyse und Interpretation der Kundenbeschwerden einer speziellen, unabhangigen Instanz im Unternehmen zugewiesen wird. Diese Ansicht vertreten auch Wirtz/Tomlin (2000, S. 214), die festhalten, dass „(...) the most effective organizational structure for managing customer feedback system is a centralized customer feedback unit (CFU) that owns the 'system' and encourages the various departments and branches actively to provide inputs to the system and use the customer and process knowledge gained from it."
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Grundlagen, strategische Potenziale und Defizite des Beschwerdemanagements
Dieser zentralisierten Organisationseinheit werden neben den operativen Tatigkeiten des direkten und indirekten Beschwerdemanagements dispositive Aufgaben des Bereichsmanagements ubertragen. So pladieren Stauss/Seidel (2002, S. 497) dafur, unabhangig von der jeweiligen Situation des Untemehmens, ausgewahlte Besciiwerdemanagement-Verantwortungen stets in dieser Teileinheit zu verankern. Derartige Verantwortungsfelder sind in erster Linie „die konzeptionelle Einbindung des Beschwerdemanagementsystems in den strategisciien Rahmen einer unternehmensweiten Kundenorientierung", die Uberwachung der Einhaltung von grundlegenden Prinzipien des direkten und indirekten Beschwerdemanagements sowie die Absicherung der Funktionsfahigkeit des Beschwerdemanagements durch die „Bereitstellung von Ressourcen und die Schaffung der erforderlichen Infrastruktur" (Stauss/Seidel 2002, S. 497f.; im Orig. teilweise fett). Ferner ist dieser zentrale Bereich fur das abteilungsbezogene Personalmanagement, die mitarbeiterbezogene Anreizgestaltung und vor allem die Planung und Kontrolle der Beschwerdeaktivitaten im Unternehmen verantwortlich (Schober 1997, S. 200). Den zuletzt angesprochenen Aspekt, der fur den zentralen Forschungsgegenstand der vorliegenden Arbeit von besonderem Interesse Ist, untersuchen auch Stauss/Scholer (2003, S. 131) in der ersten umfassenden emplrlschen Studle zum State-of-the-Art des Beschwerdemanagements In Deutschland. Nach den Ergebnissen der Autoren Ist die dispositive und bereichsstrategische Aufgabe der „ubergrelfenden Planung und Weiterentwlcklung der Beschwerdemanagementaktivltaten" In nahezu 75% der befragten Unternehmen einem zentralen Organisatlonsberelch Be10
schwerdemanagement ubertragen.
10
Im Einzelnen haben 38,5% der Unternehmen eine vollstandig zentrale, 34,5% eher zentrale und 16,2% eine duale Planungs- und Entwicklungsverantwortung implementiert. Im Gegensatz hierzu gaben lediglich 3,4% der Unternehmen an, diese Aufgabe dezentral verankertzu haben (Stauss/Scholer 2003, S. 131).
Begriffliches Verstandnis und Referenzkonzeption des Beschwerdemanagements
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Offensichtlich ist die Einrichtung einer eigenstandigen Beschwerdemanagement-lnstanz sowohl aus theoretisch-konzeptioneller Sicht als sinnvoll als auch aus praktischer Sicht als real existierende Gegebenheit zu betrachten. Deshalb wird im Weiteren davon ausgegangen, dass ein zentraler Beschwerdemanagement-Bereich in der Unternehmung eingerichtet ist, der mitunter im Zusammenspiel mit dezentralen Einheiten im Rahmen eines dualen Beschwerdemanagements agieren kann. Gleichwohl tragt dieser Beschwerdemanagement-Bereich die weitest gehende Verantwortung fur die Prozesse, die Planung sowie die zukunftige Weiterentwicklung des Beschwerdemanagements.^^ Wie dieser Bereich Beschwerdemanagement aufgebaut ist, wird im folgenden Abschnitt erlautert. 2.1.2.3.2
Struktureller Aufbau des Beschwerdemanagement-Bereichs
Zur aufbauorganisatorischen Ausgestaltung des Beschwerdemanagement-Bereichs unterbreiten Stauss/Seidel (2002, S. 499ff.) den Vorschlag, zwei instltutionale Managementeinheiten innerhalb des Beschwerdemanagements einzurichten: •
Zum einen das Beschwerde-Center, das in erster Linie die operative Kundenkontaktabwicklung im Rahmen des direkten Beschwerdemanagementprozesses verantwortet.
•
Zum anderen ubernimmt die Bereichsleitung Beschwerdemanagement die konzeptionell-steuernden Aufgabenstellungen.
Das Beschwerde-Center stellt die direkte Schnittstelle zum Beschwerdefuhrer dar. Es ist primar fur Inbound-Kontakte zustandig und weitge-
Die organisationstheoretische Begrundung und Zweckmaliigkeit eines solchen eigenstandigen Bereiclis kann an dieser Stelle im Sinne des Forschungsziels der Arbeit nicht weiter ausgefuhrt bzw. belegt werden. Der diesbezuglich interessierte Leser sei auf Kreisel (1995, S. 145) verwiesen, der eine Effizienzanaiyse seibstandiger Organisationseinheiten anhand der Markt-, Ressourcen-, Prozess-, Kompatibilitats-, Anreiz- und Kontrolleffizienz durciifuhrt.
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Grundlagen, strategische Potenziale und Defizite des Beschwerdemanagements
hend analog zu einem traditionellen Call-Center aufgebaut. Demnach umfasst das Beschwerde-Center operative Einheiten zur Bearbeitung sowohl telefonisch, elektronisch als auch schriftlich eingehender Beschwerden. Die Leitung des Beschwerde-Centers ist vor allem mit operativen Managementaufgaben betraut (Stauss/Seidel 2002, S. 505). Hinsichtlich des direkten Beschwerdemanagementprozesses steht die Erfullung der Qualitatsstandards in der Beschwerdestimulierung, -annahme, bearbeitung und -reaktion im Mittelpunkt. Im Rahmen des indirekten Beschwerdemanagementprozesses kann die Leitung des BeschwerdeCenters einzelne Teilaufgaben der Beschwerdeauswertung, des Reporting Oder des Beschwerdemanagement-Controlling unterstutzen, mitunter aber auch vollstandig ubernehmen. Daneben tragt die Center-Leitung die Verantwortung fur das operative Personalmanagement, beispielsweise fur Aspekte der Personalbedarfs- und -einsatzplanung oder Mitarbeiterrekrutierung, -training und -supervision. SchliefJIich ist die Funktions- und Leistungsfahigkeit der eingesetzten Informationstechnologie ein weiterer fundamentaler Verantwortungsberelch der Beschwerde-Center-Fijhrung. Im Gegensatz zu dieser operativen Ausrichtung der Center-Leitung ist die Bereichsleitung Beschwerdemanagement als ubergeordnete Instanz fur die Erarbeitung der konzeptionell-steuernden Vorgaben im Hinblick auf das direkte und indirekte Beschwerdemanagement verantwortlich, die anschlieliend im Beschwerde-Center umzusetzen sind. Als weitere zentrale Fuhrungsaufgaben der Bereichsleitung Beschwerdemanagement erachten Stauss/Seidel (2002, S. 507) die folgenden Verantwortungsfelder: •
Das direkte Beschwerdemanagement ist permanent weiterzuentwickeln und zu optimieren. Dm dies zu gewahrleisten, bedarf es z.B. einer systematischen Planung entsprechender Beschwerdestimulierungskampagnen, Leitfaden und Prozessablaufe. Ferner ist zu analysieren, inwieweit die bei der Beschwerdeannahme erhobenen Infor-
Begriffliches Verstandnis und Referenzkonzeption des Beschwerdemanagements
35
mationen ergiebiger zu nutzen oder ob zusatzliche bzw. andere Informationen zu erheben sind. •
•
Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Verantwortung fur den indirekten Beschwerdemanagementprozess. Hier mussen sowohl die einzusetzenden Beschwerdeinformations-Analyseverfahren erarbeitet und anschlieliend angewendet als auch die Beschwerdemanagement-Reports konzipiert werden. Schliefilich ist die Bereichsleitung fur die Betreuung der Schnittstellen mit anderen Unternehmensbereichen zustandig, wie sie sich z.B. hinsichtlich des Beschwerdereporting, des BeschwerdemanagementControlling oder der Beschwerdeinformationsnutzung ergeben.
Insgesannt wird deutlich, dass es diese Instanz ,Bereichsleitung Beschwerdemanagement' ist, die sich als im Vergleich zum BeschwerdeCenter vorgesetzte Einheit primar dem strategischen Denken und Handein verpflichtet fuhlen muss, und die fur die oben bereits erwahnte und von Stauss/Scholer (2003, S. 131) empirisch untersuchte „ubergreifende Planung und Weiterentwicklung der Beschwerdemanagementaktivitaten" im und fur das Unternehmen verantwortlich zu machen ist. Wenn es also Ziel der vorliegenden Arbeit ist, die Notwendigkelt und Zweckmafiigkeit strategischer Planungsuberlegungen im Beschwerdemanagement aufzuzeigen, so ist es der Verantwortungsberelch der Fuhrungskrafte in der Bereichsleitung Beschwerdemanagement, der den zentralen Gegenstand der weiteren Diskussion darstellen wird. Um dem oben formulierten Anspruch, ein ganzheitliches institutionales Verstandnis der Organisationseinheit Beschwerdemanagement skizzieren zu wollen, gerecht zu werden, ist nunmehr zu erortern, wie die organisatorische Einbettung des Beschwerdemanagement-Bereichs im Unternehmen vollzogen werden kann. An diesen Aspekt wird in der Planungsdiskussion des Hauptteils der vorliegenden Arbeit unmittelbar anzuknupfen sein, weshalb auch er fur die spateren Uberlegungen adaquat aufzubereiten ist.
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Grundlagen, strategische Potenziale und Defizite des Beschwerdemanagements
2.1.2.3.3
Reflexion alternativer Ansatze zur organisatorischen Einbettung des Beschwerdemanagement-Bereichs
Stauss/Seidel (2002, S. 522ff.) erortern die Alternativen, das Beschwerdemanagement als Stabsstelle, Matrixlosung oder Linienfunktion anzusiedeln und wagen jeweils die Vor- und die Nachteile der einzelnen Ausgestaltungsformen gegeneinander ab. Ein Untemehmen, in das der Beschwerdemanagement-Bereich als (1) Stabsstelle bzw. (2) Matrixlosung integriert wird, ist dabei als eine so genannte Geschaftsbereichsorganisation konfiguriert. Dagegen ist Beschwerdemanagement als (3) Linienfunktion in eine Funktionalorganisation eingebettet. Bevor auf die Integration des Beschwerdemanagements eingegangen werden kann, sind die Geschaftsbereichs- und die Funktionalorganisation zu definieren. MaRgeblich fur die Klassifikation einer Organisation als Geschaftsbereichs- Oder Funktionalorganisation ist die Strukturierung der unternehmerischen Gesamtaufgabe auf der Ebene unmittelbar unterhalb der Unternehmensfuhrung, also auf der zweiten Hierarchieebene (Braun/Beckert 1992, Sp. 641; Buhner 1992, Sp. 2276; Reckenfelderbaumer2001, S. 63f.; Ruhli 1993, Sp. 3033f.): •
Eine Geschaftsbereichsorganisation fasst auf dieser zweiten Hierarchieebene all jene Funktionen zusammen, die sich auf ein bestimmtes Objekt, z.B. Produkt- und Kundengruppen aber auch Regionen, beziehen. Die durch die Zusammenlegung entstehenden Einheiten werden als Geschaftsbereiche, Sparten oder Divisionen bezeichnet und sind in sich, und damit (erst) auf der dritten Hierarchieebene, funktional gegliedert.
•
Eine funktionale oder verrichtungsorientierte Organisation strukturiert das Untemehmen dagegen bereits auf der zweiten Hierarchieebene anhand der wahrgenommenen Funktionen, wie sie haufig in Beschaffung, Produktion und Absatz unterschieden werden.
Begriffliches Verstandnis und Referenzkonzeption des Beschwerdemanagements
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Zunachst soli die Geschaftsbereichsorganisation betraclitet werden, fur die Stauss/Seidel (2002, S. 522ff.) das Beschwerdemanagement entweder als Stabs- Oder Matrixeiniieit vorselien. Die Verantwortung von Stabsabteilungen besteht darin, Fuhrungsinstanzen untersciiiedliciier Hierarchiestufen im Rahmen der Entscheidungsvorbereitung und Kontrolle umfassend durcii spezialisiertes Fachwissen zu entlasten, urn so eine eriiohte Entscheidungskapazitat und insbesondere verbesserte Entsciieidungsqualitat zu gewahrleisten (Ringlstetter 1997, S. 89; Steinle 1992, Sp. 2312). Da Stabsstellen also Managementaufgaben unterstutzen, nicht aber ubernehmen sollen (Kreisel 1995, S. 136), sind sie typischerweise mit Informations- und Beratungskompetenzen ausgestattet (Steinle 1992, Sp. 2312). Stauss/Seidel (2002, S. 522f.) diskutieren Beschwerdemanagement als eine solche Stabsstelle der Unternehmensfijhrung und betrachten neben jener Nahe zur Geschaftsleitung und dem daraus resultierenden unternehmensinternen Statusgewinn vor allem die vergleichsweise hohe funktionale Unabhanglgkeit des Stabes als zentrale Vorteile dieser Alternative. Als Nachteil erkennen sie die Unvereinbarkeit des Stabskonzepts mit der operativen Aufgabenerfullung im Bereich des direkten und indirekten Beschwerdemanagements und kommen daher zu dem Schluss, dass eine Stabslosung nur sehr bedingt geeignet erscheint. Die Integration des Beschwerdemanagements als Komponente einer Matrixkonfiguration bezieht sich ebenfalls auf den Kontext der Geschaftsbereichsstruktur.^^ In der Matrixorganisation stehen sich zwei hie-
12
Mit der funktionsorientierten und der objektorientierten Spezialisierung lassen sich grundlegend zwei Arten der Spezialisierung unternehmerischer Teileinheiten unterscheiden, die ihrerseits noch naher aufgegliedert werden konnen; eine Matrixorganisation zeichnet sich nun dadurch aus, dass auf der gleichen Hierarchieebene, also ohne eine hierarchische Uber- bzw. Unterordnung, verschiedene Spezialisierungsarten miteinander kombiniert werden (Homburg/Krohmer 2003, S. 955ff.).
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Grundlagen, strategische Potenziale und Defizite des Beschwerdemanagements
rarchisch gleichrangige, aber nach unterschiedlichen Bezugsobjekten gebildete Einheiten gegeniiber, wodurch die Uberlagerung der objektund funktionsorientierten Problemsicht angestrebt wird (Kreisel 1995, S. 133; Ringlstetter 1997, S. 90). Urn eine entsprechende Matrixstruktur zu erzeugen, legen Stauss/Seidel (2002, S. 525f.) eine Gliederung nach Kundengruppen als Strukturierungsmerkmal zugrunde und kreuzen diese mit dem Marketing, Vertrieb, Service sowie dem Kundenbeziehungsmanagement, innerhalb dessen sie Beschwerdemanagement als eine Subfunktion verorten. Die Vorteile einer solchen Matrixorganisation liegen in der relativ hohen Unabhangigkeit des Beschwerdemanagements von traditionellen Bereichen wie Marketing Oder Vertrieb und der stattdessen gegebenen hohen Motivation der Kundenmanager, gefahrdete Kundenbeziehungen zu erhalten. Nachteilig konnte sich das hohe Konfliktpotenzial und die nicht eindeutig definierte Kooperation zwischen dem Beschwerdemanagement und den anderen Bereichen des Unternehmens auswirken (Stauss/Seidel 2002, S. 526). Um Beschwerdemanagement in die Funktionalorganisation einzubetten, sehen Stauss/Seidel (2002, S. 524) die Linienlosung vor. Beschwerdemanagement wird hier als Teil eines eigenstandigen Funktionalbereichs ,Kundenbeziehungsmanagement' angesiedelt, in dem auch das Marketing, der Vertrieb und der Service angeordnet sind. Vorteilhaft an dieser Losung ist das hohe Ausmali der Integration mit alien anderen kundengerichteten Aktivitatsfeldern im Unternehmen. Gleichzeitig besteht jedoch die Gefahr, dass dem Beschwerdemanagement in der Wahrnehmung des Top-Managements im Vergleich zu den traditionellen Aufgabenbereichen Marketing und Vertrieb eine lediglich untergeordnete Rolle zuteil wird. Eine Entscheidung hinsichtlich der einzelnen Alternativen kann letztlich nur unter Betrachtung der jewelligen Unternehmensgegebenheiten erfolgen. Es soil hier auch nicht das Ziel sein, detailliert auf Organisationskon-
Begriffliches Verstandnis und Referenzkonzeption des Beschwerdemanagements
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figurationen einzugehen. Vielmehr leitet sich der Erkenntniswert fur die weitere Untersuchung aus der Reflexion der von Stauss/Seidel gegeneinander abgewogenen Vor- und Nachteile der einzelnen Alternativen ab. Diese lassen sich zu folgenden Anforderungen an die Integration des Beschwerdemanagements verdichten und werden im Rahmen der spateren Uberlegungen erneut aufzugreifen sein: •
Die Autoren betonen, dass die organisatorische Ausgestaltung zum einen eine eindeutige Verantwortungszuweisung auch fur Beschwerdebereichs-interne Ziele zulassen und zum anderen eine weitgehende funktionale Unabhangigkeit des Beschwerdemanagements ermoglichen sollte (Stauss/Seidel 2002, S. 522f.).
•
Dabei ist eine moglichst groRe kommunikative Nahe bzw. ein (potenziell) direkter Zugang zur Unternehmensfuhrung anzustreben, weshalb Stauss/Seidel (2002, S. 524) die Ansiedlung unmittelbar „unterhalb der Ebene des Top-Managements" als vorteilhaft einstufen.
Mit diesen Ausfuhrungen zur institutionalen Dimension ist das Referenzmodell eines Beschwerdemanagements umfassend charakterisiert, das der weiteren Diskussion zugrunde liegt. Auf dieses konnen nunmehr die weiteren Uberlegungen aufgebaut werden. In einem ersten Schritt wird das folgende Kapitel 2.2 unmittelbar an den in ihrer Zielsystematik zum Ausdruck gebrachten Vorschlag von Stauss/Seidel (2002) ankniipfen, Beschwerdemanagement explizit im Lichte der Wettbewerbsfahigkeit des Unternehmens zu diskutieren. Dieser bisher lediglich nur kurz angesprochene Aspekt der wettbewerbsstrategischen (Mit-) Verantwortung des Beschwerdemanagements verdient hinsichtlich des zentralen Forschungsziels der vorliegenden Arbeit eine Vertiefung bzw. Prazisierung.
40
Grundlagen, strategische Potenziale und Defizite des Beschwerdemanagements
2.2
Der Beitrag zur Wettbewerbsfahigkeit der Unternehmung als strategisches Potenzial des Beschwerdemanagements
Ausgangspunkt soil es sein, eine unternehmensstrategische Perspektive einzunehmen und die grundlegende Ratio eines Beschwerdemanagements im Lichte der Wettbewerbsfahigkeit des Gesamtunternehmens zu reflektieren (2.2.1). AnschlieBend werden die beiden zentralen strategischen Wirkungseffekte des Beschwerdemanagements herausgearbeitet, die sich zum einen im Kunden(beziehungs)management (2.2.2) und zum anderen im Qualitatsmanagement (2.2.3) manifestieren. 2.2.1
Ratio des Beschwerdemanagements im Lichte der Wettbewerbsfahigkeit der Unternehmung
Unternehmen betreiben Beschwerdemanagement mit der Absicht, die eigene Wettbewerbsfahigkeit zu starken. Letztlich strebt jede Unternehmung nach der Generierung und Verteidigung von Wettbewerbsvorteilen. Diese sollen es dem Unternehmen ermoglichen, sich gegen seine Konkurrenten durchzusetzen und so die Erhaltung bzw. Erhohung der unternehmerischen Wettbewerbsfahigkeit gewahrleisten (Reckenfelderbaumer 2001, S. 197).^^ Die Entstehung von Wettbewerbsvorteilen beruht dabei auf dem Vermogen eines Unternehmens, Marktieistungen anzubieten, die den Konkurrenzangeboten in der Wahrnehmung der Kunden uberlegen sind. Die Fahigkeit, die Erarbeitung von Wettbewerbsvorteilen fur die Gesamtunternehmung unterstutzen zu konnen, bildet die Existenzgrundlage des Beschwerdemanagements. Gelingt es dem betrieblichen Beschwerdemanagement unter Wahrung eines aus Sicht der Unternehmensleitung adaquaten Kosten-Nutzen-Verhaltnisses nicht, diesen Beitrag zur Starkung der Wettbewerbsposition der Unternehmung zu leisten,
13
Fijr eine fundierte Vertiefung zu den Begriffen der Wettbewerbsfahigkeit und der Wettbewerbsvorteile siehe Reckenfelderbaumer (2001, 8. 209ff.).
Identifikation bestehender Defizite and der Notwendigkeit strategischer Planung
41
Jst seine Uberlebenschance in einem Unternehnnen gering" (Riemer 1986, S. 137). Trotz stellenweiser Kritik hat sich der okonomische Erfolg als der bislang am besten geeignete Mafistab fur die Bemessung unternehmerischer Wettbewerbsvorteile etabliert (Reckenfelderbaumer 2001, S. 198). Der Beitrag des Beschwerdemanagements zur Wettbewerbsfahigkeit des Unternehmens ist daher inn Lichte dieser Beurteilungsgrofie zu bemessen, weshalb letztendlich auch Stauss/Seidel (2002, S. 79) die Erhohung des Gewinns als das Globalzlel des Beschwerdemanagements ansehen. Allerdings existieren kaum Forschungsarbeiten, die den so verstandenen wettbewerbsstrategischen Effekt des Beschwerdemanagements anhand empirischer Daten nachweisen.^"^ Dies gelingt allerdings Johnston (2001), der auf Basis einer Benchmarking-Studie in 40 britischen Unternehmen die Wirkung des Beschwerdemanagements auf den okonomischen Unternehmenserfolg empirisch belegt. Anhand seiner Ergebnisse kommt Johnston (2001, S. 60) zu der wettbewerbsstrategisch-orientierten Grundauffassung: „(...) complaint management should result in customer satisfaction but more importantly it should lead to operational improvement and improved financial performance." Offensichtlich entspricht diese Anspruchshaltung an das Beschwerdemanagement dem hier zugrunde liegenden Referenzkonzept und kann daher mit diesem in dem folgenden Wirkungsgefuge zusammengefuhrt werden (Abbildung 2-6).
14
Zwar spricht die einschlagige Literatur dem Beschwerdemanagement eben diese Fahigkeit mannigfach zu, dies geschieht aber meist auf beispielbezogene und enumerative Weise (siehe z.B. Fornell/Westbrook 1984, 8. 68; Harrison-Walker 2001, S. 401).
42
Grundlagen, strategische Potenziale und Defizite des Beschwerdemanagements
1 1 1 1 1 1
Direktes Beschwerdemanagement (+).
1 1
Kundenzufriedenheit
itKl
Kundenbindung
1 (+): j
O: O 03
1
Beschwerdemanagement
1 » I 1 1 1
11 1 1 1 1 1
Abb. 2-6:
(+)
ErschlieBung der Beschwerdeinformationen
Verbesserung der j untemehmerischen (+) Leistungsangebote
M O
1 1
3 § 3- ^y 1 ft)
O
1
II
f+)i
^g OTQ O' 11 CD C/>
1 1
Indirektes Beschwerdemanagement
Die Wirkungspfade des Beschwerdemanagements auf den Unternehmenserfolg; Quellen: Eigene Abbildung basierend auf Johnston (2001, S. 62ff.) und Stauss/Seidel (2002, S. 82ff.).
Die Grafik verdeutlicht zwei^^ zentrale strategische Potenziale des Beschwerdemanagements fur die Steigerung der Wettbewerbsfahigkeit der Gesamtunternehmung: •
15
Zum einen werden positive Effekte auf den okonomischen Unternehmenserfolg erzielt, wenn Kunden im Rahmen des direkten Beschwerdemanagements zufrieden gestellt und dadurch an das Unternehmen gebunden werden. Dieser Wirkungszusammenhang fokussiert das dem Marketing zuzuordnende Kundenbeziehungsmanagement.
Johnston (2001, S. 62ff.) spricht daruber hinaus mit dem Effekt auf die Mitarbeiter (zufriedenheit und -loyalitat) einen dritten Wirkungspfad eines erfolgreichen Beschwerdemanagements an. In der Forschung wurde diesem eine, im Vergleich zu den beiden in der Abbildung aufgefuhrten Effekten, bislang untergeordnete Beachtung zuteil. Der Autor geht davon aus, dass ein qualitativ hoch einzustufendes Beschwerdemanagement zu einer Reduktion des von den Mitarbeitern in Beschwerdesituationen wahrgenommenen Stress-Levels fuhrt. Diese erhoht nicht nur die Arbeitszufriedenheit und qualitat sowie das Commitment der Mitarbeiter gegenuber dem Unternehmen, sondern reduziert gleichzeitig auch den Krankenstand, was letztlich das finanzielle Ergebnis des Unternehmens verbessert (Johnston 2001, S. 64). Wenngleich die Wirkungskette eines Beschwerdemanagements auf die Mitarbeiterzufrledenheit und -bindung stellenweise auch von anderen Autoren anhand konzeptionelier Oberlegungen betont wird (Tax/Brown 2000), ist der empirische Nachweis bislang letztlich nicht allgemeingultig erbracht. Daher wird dieser Effekt auf die Mitarbeiter zwar als plausibel anerkannt, aber nicht im Zentrum der weiteren Oberlegungen stehen.
Identifikation bestehender Defizite und der Notwendigkeit strategischer Planung
•
43
Zum anderen wirkt sich die aggregierte Beschwerdeanalyse erfolgssteigernd aus, wenn es basierend auf dem indirekten Beschwerdemanagement gelingt, die Erkenntnisse in einer Verbesserung des unternehmerischen Leistungsangebots umzusetzen. Hierbei entfaltet Beschwerdemanagement in erster Linie einen Beitrag zum Qualitatsmanagement.
Wenngleich im Kontext der Referenzkonzeption bereits angesprochen, verdienen die zum Teil umfangreichen Forschungserkenntnisse zu diesen beiden Wirkungsebenen eine zumindest streiflichtartige Erorterung in den beiden folgenden Unterabschnitten. Ziel ist es dabei vor allem, die bislang weitgehend konzeptionellen Ausfuhrungen anhand der empiriscinen Beschwerdeforschung zu fundieren. 2.2.2
Direktes Beschwerdemanagement als Kern des Kundenbeziehungsmanagements
Die primare Bedeutung des direkten Beschwerdemanagements fur das Kundenbeziehungsmanagement leitet sich aus der zunehmenden Wettbewerbsintensitat in zahlreichen Markten ab. Hier ist die permanente Akquisition von Erstkaufern mit deutlich hoheren Kosten verbunden, als die Bindung bereits gewonnener Kunden an das eigene Unternehmen (Reichheld/Sasser 1990). Kundenzufriedenheit und Kundenbindung stellen deshalb fundamentaie, strategische und zunehmend bedeutende Erfoigsfaktoren fur jede Unternehmung dar, die auf wettbewerbsintensiven Markten agiert (Graf 1990, S. 186; Hansen/Jeschke 2001, Sp. 1168; Morgan/Hunt 1999). Diese Einsicht spiegelt sich in dem intensiv diskutierten ,Paradigmenwechsel' des Marketing wider, der eine Neuorientierung weg von einer rein akquisegetriebenen Transaktionsperspektive hin zu einer Fokussierung des systematischen Aufbaus, der Kontinuitat und Stabilitat profitabler Kundenbeziehungen propagiert (Diller/Kusterer 1988; Dwyer et al. 1987; Gronroos 1994; Webster 1992). Der Ansatz des Beziehungsmanagements ist im Kontext des Beschwerdemanagements von
44
Grundlagen, strategische Potenziale und Defizite des Beschwerdemanagements
grofler Relevanz und daher kurz zu skizzieren: Morgan/Hunt (1994, S. 22) definieren Beziehungsmarketing^^ als „all marketing activities directed toward establishing, developing, and maintaining successful relational exchange." Wenngleich die Autoren dieses Verstandnis auf diverse Stakeholder beziehen,^^ kann das K^ynofenbeziehungsmanagement als Zentrum des Interesses in Wissenschaft und Praxis gelten.^^ Das Kundenbeziehungsmanagement lasst sich anhand eines Kundenbeziehungslebenszyklus' konzeptualisieren (Stauss 2000a) und umfasst die Managementaufgaben der (1) Akquisition potenzieller Kunden bzw. Interessenten, (2) Bindung aktueller Kunden sowie (3) Ruckgewinnung ehemallger Kunden (Bruhn 1999a, S. 191; Stauss/Seidel 2002, S. 31). Beschwerdemanagement leistet einen zweifachen Beitrag zu einem erfolgreichen Kundenbeziehungsmanagement, indem es sowohl die Kundenakquisitionsphase als auch das Kundenbindungsmanagement unterstutzt.^^ Die akquisitorische Wirkung des Beschwerdemanagements vor der Kaufentscheidung, also fur das Interessentenmanagement, charakterisieren Blodgett et al. (1995, p. 31; Herv. im Orig.) folgendermaflen: „Many times consumers make their choices based not only on the level of service provided at the time of sale, but also on their perception of the level of customer service they can expect to receive after the sale, should a problem arise." Bereits das bloRe Wissen uber die Existenz eines Be16
Die Begriffe Beziehungsmarketing und Beziehungsmanagement werden synonym verwendet. 17 Morgan/Hunt (1994) stellen insgesamt zehn Stakeholder vor, denen gegenuber Beziehungsmarketing betrieben werden kann und fassen diese in die vier Kategorien laterale Beziehungen, interne Beziehungen, Lieferanten- und Kundenbeziehungen zusammen. 18 In der einschlagigen Literatur findet sich mittlerweile eine breite Vielfalt verschiedener Verstandnisse zum Kundenbeziehungsmanagement; fur einen Uberbiick siehe z.B. Ballantyne et al. (2003), Gummesson (2003) oder Rao/Perry (2002). 19 Fraglos konnen Beschwerdeinformationen (z.B. Erkenntnisse uber die Ursachen von Kundenabwanderungen) auch im Rahmen des Ruckgewinnungsmanagements (Stauss/Friege 1999) eingesetzt werden. Auf die detaillierte Ausfuhrung dieses Aspektes muss hier aber verzichtet werden.
Identifikation bestehender Defizite und der Notwendigkeit strategischer Planung
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schwerdemanagements kann demnach zur Erzeugung von Konsumpraferenzen bei potenziellen Kunden gegenuber Konkurrenzangeboten fuhren und eine effektive Differenzierung des eigenen Unternehmens vom Wettbewerb unterstutzen.^° Das Bewusstsein uber das unternehmerische Beschwerdemanagement-Angebot entfaltet damit einen zusatzlichen Kaufimpuls, indem es bei den Nachfragern zur Absenkung des aus der Entscheidung fur das Kernprodukt resultierenden, wahrgenomnnenen Risikos fijhrt (Rosada 1990, S. 54; Schlomer 1997, S. 169). Inn Rahmen einer empirischen Studie wurde diese Signalwirkung bereits fruhzeitig belegt (BBE 1981, zitiert nach Fassott 1995, S. 120). Die Erhebung analysierte die Bedeutung verschiedener Serviceleistungen im Vorfeld der Kaufentscheldung im Bereich von Haushaltsgro(igeraten und Unterhaltungselektronik. In beiden Produktkategorien war fur die befragten Konsumenten das Kulanzverhalten inn potenziellen Reklamationsfalle die eindeutig wichtigste^^ After-Sales-Leistung einer Unternehmung.^^ Trotz dieses Effekts liegt das eigentliche strategische Potenzial des direkten Beschwerdemanagements im Kundenbindungsmanagement (Hansen/Jeschke 1995, Sp. 1927). Kundenbindungsmanagement umfasst alle Mafinahmen, „die der systematischen Konzeption, Planung, Implementation und Kontrolle von Aktivitaten dienen, mit denen sich im Ergebnis die Intensitat der Kundenbindung erhohen" lasst (Diller/Muller 1998, S. 1223). Die angestrebte Bindung eines Kunden sehen Diller/Muller (1998, S. 1222) dann als erreicht an, wenn Jnnerhalb eines zweckmafJig definierten Zeitraums wiederholte Informations-, Guter- oder
20
Eine ahnliche positive Wirkung kann auch bei aktuellen Kunden zu Zusatzkaufen (Cross-Buying) fuhren und, wenngleich dann nicht mehr dem Interessentenmanagement zuzurechnen, den okonomischen Erfolg des Unternehmens fordern. 21 Die Befragten wiesen dem Beschwerdemanagement einen Durchschnittswert von 1,5 auf einer Skala von 1-4 zu (1 = sehr wichtig) (ebd.). 22 Verstarkt werden kann dieser risikoreduzierende Effekt nochmals durch das integrierte Angebot von Gewahrleistungsdiensten im Rahmen des Beschwerdemanagements, beispielsweise verbindliche Garantiezusagen (Kashyap 2001).
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Grundlagen, strategische Potenziale und Defizite des Beschwerdemanagements
Finanztransaktionen zwischen zwei Geschaftspartnern stattgefunden haben bzw. geplant sind."^^ Kundenbindung ist demnach eine Voraussetzung des erfolgreichen Kundenbeziehungsmanagements einer Unternehmung und spiegelt sich in dem vergangenen Kaufverhalten, den aktuellen Wieder- und Zusatzkaufabsichten sowie dem Weiterempfehlungsverhalten eines Kunden wider (Homburg/Bucerius 2003, S. 56; Stauss 2003, S. 312). Loyale Kunden steigern somit unmittelbar und mittelbar die Umsatze einer Unternehmung.^"^ Die erfolgreiclie Realisierung einer so verstandenen Kundenbindung wird maBgeblich von drei Schlusselvariablen determiniert (Hennig-Tliurau/Hansen 2000, S. 8; Morgan/Hunt 1994): (1) Der Zufriedenheit des Kunden mit den marktiichen Leistungen des Unternehmens, (2) dem Vertrauen eines Kunden in die Zuverlassigkeit und Integritat des Anbieters sowie (3) dem Commitment des Kunden, verstanden als die emotionale und kognitive Bereitschaft des Naciifragers zu einer langfristigen Geschaftsbeziehung mit dem Unternehmen.^^ Die fundamentale Managementiierausforderung liegt darin, dass Zufriedenheit, Vertrauen, Commitment und damit letztlich Loyalitat der Nachfrager sich „weder erzwingen noch erkaufen lassen" (Stauss/Seidel 2002, S. 22), sondern nur aufgrund positiver Erfahrungen im Rahmen der Geschaftsbeziehung erzeugt bzw. aufgebaut werden konnen. Konsequentes Beziehungsmanagement bedeutet daher, einen Kunden nicht nur in der Vorkaufphase zu umwerben, sondern ihn in alien Geschaftsbeziehungsphasen intensiv zu be-
23
Fur eine Erlauterung der hier nicht zu besprechenden unterschiedlichen Auffassungen zu Kundenbindung und deren Abgrenzung zu Kundenloyalitat siehe z.B. Diller (1996) Oder Hennig-Thurau/Hansen (2000, 8. 6f.). 24 Den positiven Effekt der Kundenloyalitat auf die finanzielle Unternehmensperformance identifizieren u.a. Anderson et al. (1994), Loveman (1998), Rust/Zahorik (1993) und auch Rust etal. (1995). 25 Moorman et al. (1992, S. 316) definieren Commitment als „an enduring desire to maintain a valued relationship." Inhaltlich ahnlich verstehen Rusbult/Buunk (1993, 8. 176) Commitment als „a subjective state involving both cognitive and emotional components, and being long-term in nature with a desire to maintain the relationship."
Identifikation bestehender Defizite und der Notwendigkeit strategischer Planung
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gleiten und ihm jeweils auf seine Bedurfnisse abgestimmte Problemlosungen anzubieten (ebd.). Dies gilt umso mehr fur Beschwerden, da in diesen Monnenten die Zufriedenheit des Kunden mit den marktiichen Leistungen der Untemehmung gerade nicht gegeben ist. Beschwerden stellen Gefahrdungsphasen der Geschaftsbeziehung dar, woraus sich die grofJe Bedeutung des Beschwerdemanagements fur das Kundenbindungs- und -beziehungsmanagement ergibt. Beschwerdeanlasse treten zwar aus Kundensicht vergleichsweise selten auf, sind im Hinblick auf die Kundenloyalitat aber als aufierordentiich relevant einzuordnen und konnen den weiteren Verlauf der Geschaftsbeziehung mafigeblich determinieren. Das Beschwerdennanagement hat die Aufgabe, gefahrdete Kundenbeziehungen wieder zu stabillsieren und moglichst langfristig fur die Unternehnnung zu sichern (Stauss/Seidel 2002, S. 31). Konsequenterweise sind dabei die Schlusselgrofien des Kundenbeziehungsmanagements (Zufriedenheit, Vertrauen und Commitment) die primaren Ansatzpunkte, da diese ihrerseits die gewunschten Loyalitatswirkungen (Wiederkauf und Weiterempfehlung) auslosen sollen. Ohne der umfassenden Literatur gerecht werden zu konnen, sollen einige wenlge empirische Forschungsergebnisse prasentiert werden, die die positiven Wirkungen erfolgreichen Beschwerdemanagements auf die oben angefuhrten Erfolgsdeterminanten des Kundenbindungs- und Kundenbeziehungsmanagements belegen. Erster Bezugspunkt ist die globale Kundenzufriedenheit, die durch das Beschwerdemanagement wieder hergestellt werden soil, da diese sich positiv auf die Loyalitat vormaliger Beschwerdefuhrer dem Unternehmen gegenuber auswirkt. Dieser Wirkungszusammenhang zwischen Globalzufriedenheit und loyalem Konsum- bzw. Kommunikationsverhalten kann heute mit der herrschenden Meinung als akzeptiert gelten (Homburg/Krohmer 2003, S. 105). Um auf die Globalzufriedenheit des Beschwerdefuhrers einwirken zu konnen, muss die Beschwerde zu dessen
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Grundlagen, strategische Potenziale und Defizite des Beschwerdemanagements
Zufriedenheit bearbeitet und gelost werden. Beschwerdezufriedenheit, also die Zufriedenheit des Bescliwerdefuhrers mit der untemehmensseitigen Reaktion auf seine Beschwerde, stellt desiialb die eigentiiciie Voraussetzung fur die erfolgreiche Bindung vormals unzufriedener Kunden dar(Stauss2003, S. 314). •
Den Zusamnnenhang zwisciien Beschwerdezufriedenheit und Globalzufriedenheit bestatigen versciiiedene Forsciiungsergebnlsse (Hennig-Thurau 1998; Smith/Bolton 1998; Spreng et al. 1995, S. 18; Stauss 2002, S. 178ff.). iVIehrere Studien belegen dabel sogar das so genannte .Service Recovery Paradox' (Michel 2001; Smith/Bolton 1998). So wird das Phanomen bezeichnet, durch eine erfolgreiche Beschwerdebearbeitung die Globalzufriedenheit eines Kunden mit dem Unternehmen nach dem Beschwerdevorfall auf ein hdheres Niveau steigern zu konnen, als es vorderr\ Beschwerdeauftritt der Fall gewesen ist.^^
•
Hohe Relevanz 1st ferner der Studie von Tax et al. (1998) zuzusprechen. Die Autoren welsen empirisch einen direkten, positiven und signifikanten Zusammenhang zwischen Beschwerdezufriedenheit und Vertrauen sowie Commitment nach und verknupfen Beschwerdemanagement damit mit den beiden zentralen Erfolgsgrofien des Beziehungsmarketings.
Daruber hinaus wurden direkte Zusammenhange zwischen Beschwerdezufriedenheit und dem beabsichtigten sowie faktisch erfolgten Wiederkauf bzw. der intendierten und/oder vollzogenen Weiterempfehlung als den beiden Indikatoren der Kundenloyalitat nachgewiesen. Nach den Erkenntnissen von Miller et al. (2000, S. 392) bestatigen von 179 zufrieden gestellten Beschwerdefuhrern 170 eine Wiederkaufabsicht. Liu et al. ^^ Gleichwohl ist zu konstatieren, dass sich das Service Recovery Paradox nicht immer in entsprechenden Studien nachweisen liefi (z.B. Andreassen 2001; Maxham 2001). Die Beschwerdeforschung ist daher bislang geteilter Meinung, was die Verallgemeinerbarkeit dieser Hebelwirkung erfoigreichen Beschwerdemanagements betrifft.
Identifikation bestehender Defizite und der Notwendigkeit strategischer Planung
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(2000, S. 171) berichten im Falle wieder zufriedener vormaliger Beschwerdefuhrer von Steigerungsraten der Wiederkaufabsicht von bis zu 20% und Goodman et al. (2000, S. 291) sprechen von bis zu 50%. Einen Wert von sogar 90% beabsichtigten Wiederkaufs weisen Goodman et al. (1987, S. 174) in einer ihrer fruheren Studien nach. Dem Einfluss von Beschwerdezufriedenheit auf das Weiterempfehlungsverhalten, als der „most effective form of advertising" (Goodman et al. 2000, S. 292), wldmen sich ebenfalls diverse Forschungsarbeiten (Blodgett et al. 1997; Collier 1995; Hoffman/Kelley 2000; Liljander 1999). Es zeigt sich, dass zufrieden gestellte Beschwerdefuhrer nicht nur eine grundlegend hohere potenzielle Weiterempfehlungsbereitschaft aufweisen als vor ihrer Beschwerde (Liu et al. 2000, S. 171; Maxham 2001, S. 21), sondern auch faktisch ihre positiven Erfahrungen kommunizieren. Beispielsweise zeigen Goodman et al. (2000, S. 292) anhand ihrer Daten, dass jeder der wieder zufrieden gestellten Kunden im Durchschnitt funf Personen in seinem sozialen Umfeld von der retrospektiv erfreulichen Beschwerdefuhrung berichtet hat. Dieser knappe Uberblick soil ausreichen, um die Relevanz eines erfolgreichen Beschwerdemanagements fur das Kundenbindungsmanagement und damit letztlich das Kundenbeziehungsmanagement aufzuzeigen. Angesichts dieser Forschungsergebnisse kann es nicht uberraschen, dass Jeschke/Schuize (1999, S. 402) Beschwerdemanagement als unverzichtbaren Bestandteil fur die Aufrechterhaltung und Intensivierung von Kundenbeziehungen bezeichnen, Boshoff (1999, S. 248) von „service recovery as a minimim requirement for effective relationship marketing" spricht und Stauss/Seidel (2002, S. 35) Beschwerdemanagement als „die eigentliche Wurzel des Kundenbeziehungsmanagements" einstufen. Doch auch der zweite Beitrag des Beschwerdemanagements fur die Wettbewerbsfahigkeit des Unternehmens verdient Beachtung: Die Erschlieliung der Beschwerdeinformationen im Rahmen des betrieblichen Qualitatsmanagements.
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Grundlagen, strategische Potenziale und Defizite des
Beschwerdemanagements
2.2.3
Indirektes Beschwerdemanagement als zentrale Komponente des Qualitatsmanagements
Neben den akquisitorischen und kundenbindenden Potenzialen fur das Unternehmen erschlieflt Beschwerdemanagement auch informatorische Potenziale (Chadwick 1991, S. 57; Mitchell 1993, S. 21f.).^^ Dabei ist neben dem Feedback uber sich aktuell im Markt befindliche Produkte eines Unternehmens auch an weitere Informationsinhalte zu denken, beispielsweise Erkenntnisse uber Entwicklungen zukunftiger Nachfragerbedurfnisse Oder Einsichten uber Konkurrenten und eigene Marktpartner (z.B. Absatzmittler) (Fassott 1995, S. 130). Beschwerdemanagement eroffnet somit die Chance zur Marktforschung (Gierl 2000, S. 161) und bietet demnach mit seinen Beschwerdelnformationen eine spezifische Form von Marktforschungsinformationen an (Kasouf et al. 1995, S. 59; Ross/Oliver 1985 S. 70). Trotz der Mannigfaltigkeit denkbarer Nutzungsoptionen, stellen Beschwerdelnformationen primar fur das Qualltatsmanagement einer Unternehmung eine Kernkomponente dar (Ross/Oliver 1985, S. 70). „Complaint data are key in quality management efforts because they can be used to correct problems with service design and delivery, which makes it more likely that performance will be done right the first time" (Tax et al. 1998, S. 61). Deshalb wird an dieser Stelle das strategische Potenzial des Beschwerdemanagements fur ein Qualltatsmanagement bzw. ein
27
Diese konnen nach ihrer Kommunikationsrichtung als kundengerichtet oder unternehmensgerichtet gruppiert werden. Das kundenbezogene Informationspotenzia! spiegelt die externe Informationsfunktion des Beschwerdemanagements wider, da ihre Aufgabe die Informationsubermittlung an den Beschwerdefuiirer im Sinne einer adaquaten Nutzung der Primarleistung und einer sicii daraus ergebenden Zufriedenstellung ist. Nacii dem von Stauss (2002b) und Stauss/Seidel (2002, 8. 451) eingefuhrten Verstandnis stelit Besciiwerdemanagement in diesem Falle „Wissen fur den Kunden" zur Verfugung, d.h. der Kunde weist Wissensdefizite auf und das Unternehmen liefert die benotigte Information zur Schliefiung der Wissenslucke. Allerdings erfahrt der unternehmensgerichtete Informationsfluss nicht nur in der Literatur die weitaus grofiere Beachtung (Wimmer 1985, 8. 235), sondern stelit auch den fur diese Arbeit relevanten Ansatzpunkt dar.
Identifikation bestehender Defizite und der Notwendigkeit strategischer Planung
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unternehmensweites, ganzheitliches Total Quality Management (TQM) fokussiert. Qualitatsmanagement umfasst alle unternehmerischen Prozesse der Planung, Organisation, Fuhrung und Kontrolle, die zur Sicherung und permanenten Steigerung der erreichten Qualitat dienen (Gierl 2000, S. 151). Im Hinblick auf die Philosophie des TQM sind aus Sicht des Beschwerdemanagements folgende Aspekte von zentraler Bedeutung (Gierl 2000, S. 151; Kasouf et al. 1995, S. 61f.; Stauss/Seidel 2002, S. 43; 425f.): •
Qualitat wird als das aus Sicht der Kunden wahrgenommene Ausmafi angesehen, in dem ein fokaler Anbieter in der Lage ist, die Anforderungen seiner Kunden zu erfullen. Kasouf et al. (1995, S. 61) stellen fur ein TQM entsprechend fest: "A cornerstone of this movement is that quality has no meaning except as defined by the customer."
•
Das wesentliche Ziel des TQM besteht darin, Kunden zufrieden zu stellen und an das Unternehmen zu binden, indem die erbrachten Leistungen anhand der Kundenerwartungen gestaltet werden. Dieses Zusammenspiel aus uberlegener Qualitat, Kundenzufriedenheit und bindung soil die Wettbewerbsfahigkeit des Unternehmens erhohen.
•
Ein TQM priorisiert stets die praventive Fehlervermeidung im Vergleich zur nachtraglichen Fehlerbehebung. Demnach betont ein Qualitatsmanagement die Notwendigkeit kontinuierlicher Bemuhungen, um die Verbesserung unternehmerischer Leistungen und Prozesse zu gewahrleisten.
•
Diese permanente Optimierung der Qualitat soil damit durch die erreichte Kundenzufriedenheit einerseits Umsatzanstiege, durch die verbesserte Effizienz im Unternehmen andererseits Kostenreduktionen ermoglichen.
52
Grundlagen, strategische Potenziale und Defizite des Beschwerdemanagements
Die hier zum Ausdruck kommende konzeptionell-inhaltliche Nahe des Beschwerde-
und
des
Qualitatsmanagements
veranschaulichen
Stauss/Seidel (2002), indem sie die umsatz- und kostenrelevanten Ziele eines Qualitatsmanagements mit den bereits eriauterten Zielsetzungen des Beschwerdemanagements verknupfen. Wie in Abbildung 2-7 dargestellt, fuhrt erfolgreiches Beschwerdemanagement uber die erzielte Beschwerdezufriedenheit zu Wieder- und Zusatzkaufverlialten und unterstutzt die Entstehung von Kundenloyalitat. Uber die systematische und erfolgreiche Erschlieliung der Beschwerdeinformationen werden aktuelle IVIarktIeistungen verbessert, Produktivitat und Effizienz gesteigert, Fehlerkosten gesenkt und zukunftige Fehlleistungen reduziert.^^'^^
28
Nicht zuletzt deshalb fordern alle wichtigen Qualitatsmanagementkonzepte (EN ISO Normen, TQM-Preise wie das europaische EFQM-Modell Oder der US-amerikanische Malcolm Baldrige National Quality Award) ein adaquates unternehmerisches Beschwerdemanagement (Kasouf et al. 1995, 8. 61; Stauss/Seidel 2002, S. 41ff.). ^^ In ahnlicher Weise regt diese Verknupfung auch Gierl (2000, S. 155) an.
Identifikation bestehender Defizite und der Notwendigkeit strategischer Planung
53
Ziele des Qualitatsmanagements
Umsatzrelevante Ziele
Hohes Qualitatsimage
Kostenrelevante Ziele
m
Qualitatsverbesserung
Kundenzufriedenheit
meidung Erhohung der Kauffrequenz/ Cross Buying
besserung
Produktivitatserhohung
IL
Fehlerkostensenkung
Kundenloyalitat
Nutzung von Beschwerdeinformationen iiber Produktmangel
Herstellung von Beschwerdezufriedenheit
Umsatzrelevante Ziele
Nutzung von Beschwerdeinformationen iiber ProzessmMngel
Kostenrelevante Ziele
Ziele des Beschwerdemanagements
Abb. 2-7: Verknupfung der Ziele des Beschwerde- und Qualitatsmanagements; Quelle: Stauss/Seidel (2002, S. 425).
Kasouf et al. (1995, S. 61) schlagen vor, die Erschliedung der Beschwerdeinformationen im Kontext organisationalen Lernverhaltens zu untersuchen. Unternehmerisches Lernen kann dabei als das Zusammenspiel von Identifikation und Beseitigung von Fehlern aufgefasst und in einschleifige und doppelschleifige Lernmuster unterschieden werden. •
Einschleifiges Lernen (Single-loop learning) bezeichnet die Entdeckung eines Fehlers und dessen Korrektur. Allerdings wird aus dem Auftreten des Fehlers keinerlei Anderung des Unternehmensverhaltens abgeleitet. Die kundenindividuelle Beschwerdelosung beschreibt ein solches organisatorisches Lernmuster.
•
Im Gegensatz dazu werden bei doppelschleifigem Lernen (Doubleloop-learning) aus den Fehlern konkrete Modifikationen durch das Unternehmen beschlossen, um eine Wiederholung desselben Problems moglichst auszuschlleUen. Die hier beschriebene Nutzung von
54
Grundlagen, strategische Potenziale und Defizite des
Beschwerdemanagements
Beschwerdeinformationen im Rahmen des Qualitatsmanagements kann somit als dieses qualitativ hoherwertige, doppelschleifige Lernmuster einer Unternehmung verstanden werden (ebd.). Im Vergleich zum direkten Beschwerdemanagement liegen nur vereinzelte Forschungsarbeiten vor, die Umfang und Wirkung der Beschwerdeinformationsnutzung empirisch aufzeigen. Gleichwohl wurden verschiedentlich konzeptionelle Entwurfe so genannter Marktschadensreciinungen vorgelegt (siehe z.B. Goodman et al. 2000; Stauss/Seidel 2002, S. 272ff.), die die bisweilen erheblichen Kostenpositionen bzw. Umsatzverluste erahnen lassen, die durcii effektives doppelschleifiges Lernen aus Beschwerden vermieden werden konnen. Ein pragnantes diesbezugiiciies Beispiel geht ebenfalls auf die Arbeiten der Forscher um Goodman bzw. TARP zuruck. So belegen branchenubergreifend erhobene Daten, dass alleine durch das Auftreten eines Problems die vom Kunden artikulierte Loyalitat dem Unternehmen gegenuber um 21 bis 37 Prozentpunkte sank (Goodman et al. 2000, S. 290) (Abbildung 2-8).^°
30
Als Problem wurde dabei bereits eine ..unpleasant surprise" im Bezug auf ein erworbenes Produkt bzw, eine in Anspruch genommene Dienstleistung eingestuft (Goodman et al. 2000, 8. 290). Anzumerken ist ferner, dass diese Prozentwertreduktionen unabhangig davon belegt wurden, ob die sich anschlieflende Beschwerdebearbeitung zur Zufriedenheit des Kunden verlief Oder nicht.
Identifikation bestehender Defizite und der Notwendigkeit strategischer Planung
1 -37 1
-29 1
1 -30 1
55
1 -21 1
T T T T »^
^
83 75
74
80 ]
x: •^
60 H
1
40 ]
•^
20 j
50
0 4-
II"
II-"
lililill
KtZ-bezDgene Dienstleistungen
Abb. 2-8:
II
Finanzdienstleistungen
Kurzlebige Verbrauchsguter
HI Kein Problem aufgetreten • Problem aufgetreten
Telefondienste
Der Zusammenhang zwischen Problemauftritt und Wiederkaufabsicht; Quelle: In Aniehnung an Goodman et al. (2000, S. 292).
Wurde annahmegemafi die durchschnittliche Abnahme der Wiederkaufabsicht bei 20 Prozentpunkten liegen, hieUe das fur ein fokales Unternehmen, dass von funf Kunden, die mit einem beliebigen Problem konfrontiert werden, einer sicher abwandern wird. Die Grafik illustriert diesen Effekt auf die Kundenloyalitat in verschiedenen Branchen und unterstreicht die Notwendigkeit, Probleme auf Basis von Beschwerdeinformationen umgehend und nachhaltig beheben zu mussen, urn weitest gehend zu verhindern, dass zusatzliche Kunden mit bereits bekannten Problemen konfrontiert und so Umsatzpotenziale aufs Spiel gesetzt werden. Der bisherige Uberblick soil ausreichen, um das strategische Potenzial des Beschwerdemanagements anzudeuten. Diese bedeutende Verantwortung eines Beschwerdemanagements fur die Marktaktivitaten der Gesamtunternehmung lassen sich nun abschlieftend zu drei zentralen Anforderungen verdichten, denen ein Beschwerdemanagement gewachsen sein muss, will es seine Existenzberechtigung im Kontext der Wettbewerbsfahigkeit des Unternehmens als gerechtfertigt nachweisen. Johnston (2001, S. 67) spricht in diesem Zusammenhang illustrierend von drei ,Lackmustests', die das Beschwerdemanagement erfolgreich zu
56
Grundlagen, strategische Potenziale und Defizite des Beschwerdemanagements
bestehen hat und die freilich auch die Essenz der in dieser Arbeit propagierten Beschwerdemanagement-Konzeption reprasentieren: •
Im direkten Beschwerdemanagement ist (1) die Zufriedenstellung der BeschwerdefiJhrer zu gewaiirleisten, urn auf diese Weise (2) den angestrebten Kundenbindungseffekt erzielen zu konnen.
•
Im Verantwortungsbereich des indirekten Beschwerdemanagements sind (3) Beschwerdeinformationen effektiv zu erschlieBen, um so zur Optimierung bzw. Verbesserung der unternehmerischen Leistungen beizutragen.
Gleichwohl scheinen im Hinblick auf alle drei Lackmustests erhebliche Defizite auszumachen zu sein, die eine nachhaltige Skepsis daran aufkommen lassen, ob Beschwerdemanagement diesen von ihm geforderten Beitrag zur Wettbewerbsfahigkeit des Unternehmens faktisch erbringt. Dieser Vorwurf wird sich anhand des folgenden Kapitels erharten.
2.3
Identifikation bestehender Defizite und der Notwendigkeit strategischer Planung im Bescliwerdemanagement
Das vorangegangene Kapitel hat die unternehmensstrategische Tragweite der Aufgabenstellung im Beschwerdemanagement offenbart. Die nun folgenden Ausfuhrungen werden belegen, dass die groBe Mehrheit der betrieblichen Beschwerdemanagement-Bereiche bislang dieser strategischen Verantwortung nicht gerecht wird und stattdessen erhebliche Defizite im Beschwerdemanagement auszumachen sind. Die Vorgehensweise dieses Kapitels ist dreistufig angelegt. Zunachst belegt Abschnitt 2.3.1 Defizite im direkten und indirekten Beschwerdemanagement. Abschnitt 2.3.2 wird daran anknupfend eine bewertende Problemdiagnose stellen und ein unzureichendes, primar operatives Bereichsmanagement
Identifikation bestehender Defizite und der Notwendigkeit strategischer Planung
57
der Bereichsleitung Beschwerdemanagement als mogliche Ursache der benannten Defizite und zentrales Hemmnis der Erschliefiung des strategischen Potenzials im Beschwerdemanagement identifizieren. Dies fuhrt zu dem auf der dritten Stufe unterbreiteten Losungsansatz strategischer Planung im Beschwerdemanagement (2.3.3). 2.3.1
Belege einer defizitaren ErschlieRung des strategischen Potenzials des Beschwerdemanagements
Die Schwachstellen sollen im Weiteren getrennt fur das direkte und indirekte Beschwerdemanagement aufgezeigt werden. 2.3.1.1
Defizite im direkten Besctiwerdemanagement
Unternehmen kann es kaum gelingen, jegliche Verargerung ihrer Kunden a priori zu vermeiden (Craighead et al. 2004, S. 307; DeWitt/Brady 2003, S. 193; Swanson/Kelley 2001, S. 50).^^ Umso wichtiger ist es aus Unternehmenssicht, ein effektives Beschwerdemanagement zu installieren, um in Verargerungsfallen die Unzufriedenheit der Beschwerdefuhrer reduzieren und den Fortbestand der Kundenbeziehung als Voraussetzung okonomischen Erfoigs moglichst sicherstellen zu konnen. Dies aber scheint der Beschwerdemanagement-Praxis nur bedingt zu gelingen. Estelami (2000, S. 286f.) jedenfalls resumiert im Lichte der Erkenntnisse einschlagiger Forschungsarbeiten: "Sadly, despite the business advantage gained by active resolution of consumer complaints, surveys indicate that business responses to consumer complaints are often unsatisfactory, resulting in consumer disappointment, frustration, and defection." Im Folgenden sollen empirisch gestutzte Einblicke diese Einschatzung Estela31
Das tatsachlich enorme Ausmafi mit dem Unternehmen ihre Kunden verargern, belegt eine jungst durchgefuhrte Studie einer Unternehmensberatung zum Beschwerdemanagement in Deutschland (Imagin 2003). Von den circa 1.000 befragten Konsumenten bestatigen mehr als 80% sich innerhalb der zwolf Monate vor Erhebungszeitpunkt uber ein erworbenes Produkt bzw. eine in Anspruch genommene Dienstleistung geargert zu haben (Imagin 2003, 8. 14). Diesbezuglich ist jedoch anzumerken, dass mit der Verargerung nicht notwendigerweise die Artikulation einer Beschwerde an das betroffene Unternehmen verknupft war.
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Grundlagen, strategische Potenziale und Defizite des Beschwerdemanagements
mis fundieren. Im Zentrum werden dabei die ersten beiden Lackmustests nach Johnston (2001) steiien, die sich auf das direkte Besciiwerdemanagement beziehen. Der Fokus wird also darauf gerichtet, inwieweit faktiscii (1) Beschwerdezufriedenheit und (2) Kundenbindung durch das direkte BescJiwerdeiTianagement erreicht wird. (1) In Bezug auf die Beschwerdezufriedenheit offenbart sich ein erstes zentrales Defizit. Nachdem bereits Kundenunzufriedenheit im Rahmen der Leistungserbringung durch das Unternehmen ausgeldst wurde, erzeugt ein GroBteil der direkten Beschwerdemanagementprozesse zusatzlich Beschwerdeunzufriedenheit.^^ Dass es sich hierbei nicht um Einzelfalle handelt, belegen unterschiedliche Forscher. Adamson (1993, S. 442) ermittelt einen Prozentsatz von 23 unzufriedener Beschwerdefuhrer, Best/Andreassen (1977) sprechen von 50% und laut Andreassen (1988) sind 44% (bei Dienstleistungen) und 66% (bei kurzlebigen Verbrauchsgutern) aller Kunden mit dem eriebten Beschwerdemanagement unzufrieden. Unterschiedliche Arbeiten bestatigen, dass mehr als die Halfte aller Kunden von dem Umgang mit Ihrer Beschwerde enttauscht waren (Hart et al. 1990, S. 150; Hofmann/Kelly 2000, S. 419; Spreng et al. 1995, S. 16; Tax et al. 1998, S. 60). Jungste Daten des ,Kundenmonitor Deutschland 2004' (Servicebarometer 2005) untermauern die Nachhaltigkeit dieses unternehmerischen Defizits. Beisplelsweise bewerten die hier befragten Kunden ihre Beschwerdezufriedenheit bei Infrastrukturdienstleistern mit der Gesamtnote 3,42, bei Finanzdienstleistern mit 3,56 und bei Logistikdienstleistern sogar nur mit der Note 3,70.^^ Angesichts der angefuhrten Forschungsergebnisse scheint Beschwerdemanagement den ersten der von Johnston angesprochenen
32
Dieses Phanomen wird in der Beschwerdeforschung als ..Double Deviation" bezeichnet (Bitneretal. 1990; 8. 80; Johnston/Fern 1999, 8. 69; Maxham/Netemeyer 2002, 8. 57). Die Detailabstufungen der Beschwerdezufriedenhelts-8kala lauten: (1) vollkommen zufrieden, (2) sehr zufrieden, (3) zufrieden, (4) weniger zufrieden, (5) unzufrieden.
Identifikation bestehender Defizite und der Notwendigkeit strategischer Planung
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Lackmustests, namlich Beschwerdefuhrer zufrieden stellen zu mussen, kaum bestehen zu konnen. (2) Damit ist unweigerlich ein negativer Impetus auf die Kundenloyalitat verbunden, der sich in einer erhohten Abwanderungsbereitschaft und einer entsprechend niedrigeren Wiederkaufabsicht als Folge der Beschwerdeunzufriedenheit manifestiert. Clark et al. (1992, S. 10) analysieren diese Konsequenz branchenubergreifend und finden heraus, dass 52% derjenigen Kunden, die auf ihre Beschwerde keine Reaktion des Unternehmens erhalten haben, eine Abwanderung zu Mitbewerben erwagen. Gemafi der gemeinsam von TARP (1986) und denn US Office of Consunner Affairs durchgefuhrten Studie zum Beschwerdemanagement in den USA planen 81% der befragten Konsumenten die Geschaftsbeziehung zu beenden, sofern ihre Beschwerde nicht zu ihrer Zufriedenheit gelost wird. TARP-Daten bestatigen diesen Effekt branchenubergreifend anhand der Wiederkaufabsichten zufriedener bzw. unzufriedener Beschwerdefuhrer (Abbildung 2-9).
60
Grundlagen, strategische Potenziale and Defizite des Beschwerdemanagements
-49
100
1 1
•S 60
i
40
I
20
-49
-25
941 -71-
73
-f-'^^"
^
-56
1 Zufrieden gestellte Beschwerdefiihrer
I 145
N_
I Unzufriedene Beschwerdefiihrer
22
KfZ-bezogene Dienstleistungen
Abb. 2-9:
Finanzdienstleistungen
Kurzlebige Verbrauchsgiiter
Telefondienste
Der Zusammenhang zwischen Beschwerdezufriedenheit und Wiederkaufabsicht; Quelle: In Aniehnung an Goodman et al. (2000, S. 292).
Deutlich zeigt sich ein erheblicher Negativeffekt der Beschwerdeunzufriedenheit auf die Wiederkaufbereitschaft, wobei die Reduktion im Finanzdienstleistungsbereich mit minus 56 Prozentpunkten besonders drastisch ausfalit. Auch der ,Kundenmonitor Deutschland 2004' (Servicebarometer 2005) bestatigt diesen Zusammenhang zwischen Beschwerdeunzufriedenheit und Kundenilloyalitat. Am Beispiel der Banken und Sparkassen belegt diese Studie, dass von den insgesamt 29% der Beschwerdefuhrer, die mit der Behandlung ihrer Beschwerde durch ihr Kreditinstitut vollkommen Oder sehr zufrieden waren, lediglich funf Prozent ankundigen, bei der nachsten Inanspruchnahme entsprechender Dienstleistungen die fokale Bank/Sparkasse ,bestimmt nicht' zu berucksichtigen. Im Gegensatz dazu sind von den 46% aller Beschwerdefuhrer, die mit dem direkten Beschwerdemanagement weniger zufrieden bzw. unzufrieden waren, 29% entschlossen, den jeweiligen Finanzdienstleister ,bestimmt nicht' mehr in Anspruch zu nehmen. Besondere Beachtung an dieser Stelle verdienen schlieRlich die Ergebnisse von Keaveney (1995), die nicht Verhaltensaftsichten, sondern faktisches Abwanderungsverhalten untersucht, um die
Identifikation bestehender Defizite und der Notwendigkeit strategischer Planung
61
(nachteilige) wettbewerbsstrategische Hebelwirkung der Double Deviation zu analysieren. Keaveney weist nach, dass im Dienstleistungssektor unzureichendes direktes Beschwerdemanagement in 60% der Falle zu einem faktischen Abbruch der Geschaftsbeziehung bzw. zur Abwanderung der betroffenen (Dienstleistungs-) Kunden zu Konkurrenzunternehmen gefuhrt hat.^"^ In Bezugnahme auf den zweiten Lackmustest nach Johnston (2001) uberrascht es angesichts dieser Kundenverluste nicht, dass das direkte Beschwerdemanagement die Fahigkeit unzufriedene Kunden an das eigene Unternehmen zu binden, nicht in ausreichendem Mafie aufzuweisen scheint. Da beide Lackmustests, die Johnston (2001) dem direkten Beschwerdemanagement vorgibt, als nicht erfullt anzusehen sind, kann der Beitrag des direkten Beschwerdemanagements zur Wettbewerbsfahigkeit des Gesamtunternehmens insgesamt nur als unzureichend eingestuft werden. So erheblich also das vom Beschwerdemanagement zu generlerende Kundenbindungspotenzial ausfallen kann, so unternehmensstrategisch fatal wirkt sich die negative Hebelwirkung eines solchermaBen insuffizienten direkten Beschwerdemanagements aus. „As such, poor service recoveries may translate into lost revenues (due to customer turnover) for a failing firm. Given that it oftentimes costs considerably less to keep a current customers than it does to attract a new one (Hart et al. 1990), poor service recoveries may also increase a firm's sales and administration costs associated with recruiting new customers" (Maxham 2001, S. 20). Der hier von Maxham beschriebene negative Kosteneffekt im Bereich der Kundenakquise vernachlassigt dabei sogar den zweiten nachteiligen wettbewerbsstrategischen Impuls eines defizitaren Beschwerdemanagements. Denn in solchen Fallen sind auch (mindestens)
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Damit geht ein weiterer negativer Effekt einher, denn unzufriedene Kunden werden nicht nur keine positive IVIundkommunikation betreiben, sondern sich vielmehr verstarkt negativ uber das fokale Unternehmen gegenuber ihrem sozialen Umfeld auliern (Blodgett et al. 1993; Haistead/Droge 1991; Richins 1983; Singh 1990a).
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Grundlagen, strategische Potenziale und Defizite des Beschwerdemanagements
Anteile der getatigten Aufwendungen fur das direkte Beschwerdemanagement (z.B. Stimulierungs-, Annahme-, Bearbeitungs- und Reaktionskosten) als Ausgaben ohne betrieblichen Nutzen anzusehen. Nunmehr ist das indirekte Beschwerdemanagement zu untersuchen. Es gilt zu eruieren, ob dieses den dritten Lackmustest nach Johnston (2001) zu bestehen vermag, indem es Beschwerdeinformationen einer effektiven Nutzung zur Verbesserung des unternehmerischen Leistungsangebots zufuhrt. 2.3.1.2
Defizite im indirei^ten Bescfiwerdemanagement
Wenngieicii dem indirekten Beschwerdemanagement in der einschlagigen Literatur eine bislang nur begrenzte Aufmerksamkeit zuteil wird, so weisen bereits diese wenigen Forschungsarbeiten ebenfalls auf Schwachen hin. Schon fruh benennen Fornell/Westbrook (1984, S. 68) das Problem der mangelnden Effektivitat des indirekten Beschwerdemanagementprozesses hinsichtlich der Informationsumsetzung im Unternehmen: „(...) apparently consumer affairs units have been largely unable (...) to eliminate or modify the organizational practices that give rise to the discontent, thus allowing perpetuation of the problems causing dissatisfaction." Als Kasper (1985) die Informationsnutzung aus Beschwerden auf empirischer Basis untersucht, diagnostiziert er einen "lack of systematic efforts aimed at integrating complaint information in firms' strategic decision making." Kasper kritisiert insbesondere, dass betriebliche Entscheidungstrager trotz formaler Berichtssysteme die Beschwerdeinformationen in nur unzureichendem Malie wahrnehmen und damit der Wissensschatz des Beschwerdemanagements nicht erschlossen wird. Auch Riemer (1986, S. 184) bestatigt anhand seiner empirischen Erhebung hinsichtlich der Informationsgewinnung aus Beschwerden, dass das Nutzenspektrum der Beschwerdeinformationen nicht voll erschlossen wird. In ihrer deutlich jungeren Fallstudie untersuchen Lam/Dale (1999) das Beschwerdemanagement eines Industrieunternehmens. Im Einklang mit den
Identifikation bestehender Defizite und der Notwendigkeit strategischer Planung
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fruheren Forschungsarbeiten belegen die Autoren Schwachstellen vor allem in der Beschwerdeauswertung als dem Fundament des indirekten Beschwerdemanagennents: Diese Schwachen „(...) account for the inaccurate data and misinterpretation of data which are compiled for management reviews. The data are only of limited value, providing little indication of the real problems the company is facing and thereby limiting the degree of accurate preventive analysis" (Lam/Dale 1999, S. 847). Auf Basis der jungsten empirischen Erkenntnisse zur Beschwerdeinformationsnutzung in deutschen Unternehmen (Stauss/Scholer 2003, S. 115ff.) sind im Vergleich zu diesen kritischen Meinungen erste Fortschritte erkennbar. Immerhin Ziehen mehr als 40% der befragten Unternehmungen Beschwerdeinformationen systematisch fur eine zukunftige Fehlervermeidung heran. Gleichwohl fallt der Anteil der Unternehmen, die Beschwerdeinformationen im Rahmen von Prozessinnovationen ,voll und ganz' nutzen mit 19,6% deutlich niedriger aus. Bemerkenswert ist ferner, dass gleichzeitig 30% aller Unternehmen die Informationsinhalte der Beschwerden im Rahmen der Prozessinnovation tendenziell nicht berucksichtigen. Ein noch drastischeres Bild zeichnet der Blick auf die Integration von Beschwerdeinformationen in Produktinnovationsprozesse. Hier erschliefien nur knapp 7% der Unternehmungen die Beschwerdeinformationen systematisch, wahrend eine Mehrheit von etwa 62% kritisches Kundenfeedback nicht in die Produktentwicklung einbezieht. Stauss/Scholer (2003, S. 115) diagnostizieren zusammenfassend das „Bild einer starker reaktiven Verwendung von Beschwerdeinformationen und eines weitgehenden Verzichts auf die in ihnen enthaltenen innovativen Impulse." Trotz einiger positiver Entwicklungen Ist deshalb insgesamt Stephens (2000, S. 295) zuzustimmen, die folgende Kritik am Stand des indirekten Beschwerdemanagements ubt: „Too many companies do not take full advantage of the diagnostic potential of complaints. They may respond to
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Grundlagen, strategische Potenziale and Defizite des Beschwerdemanagements
the customer but may not have developed a clear way to save, organize, and use complaints." Stephens bescheinigt den Unternehmen damit der Stufe des einschleifigen Lernmusters verhaftet zu sein und das strategische Potenzial eines doppelschleifigen Lernverhaltens zu verkennen. Ferner sieht sich das Beschwerdemanagement dem Vorwurf ausgesetzt, eine seiner zentralen strategischen Aufgabenstellungen nicht zu erfullen, indem es im Rahmen seines funktionalen Verantwortungsbereichs nicht zu einer Erfolg versprechenden strategischen Ausrichtung des Gesamtunternehmens an ein sich permanent wandelndes Umfeld beizutragen vermag. Aber gerade in dieser Abstimmung der unternehmerischen Potenziale und Marktieistungen auf die Kundenanforderungen und Konkurrenzangebote besteht die Verantwortung des indirekten Beschwerdemanagements. Seine Bestimmung ist es, analog zu ahnlich installierten Organisationseinheiten, zu einem „Regulator und Katalysator der Unternehmenspolitik" zu werden (Mann 1998, S. 83), und die Generierung von Wettbewerbsvorteilen fur das Gesamtunternehmen zu fordern. Diese von Hansen (1985, S. 112ff.) ahnlich prominent diskutierte und als FriJhwarnfunktion bezeichnete Verantwortung des Beschwerdemanagements verpufft anscheinend bislang nahezu vollig bzw. wird erst gar nicht ausgefijllt. AbschlieUend ist deshalb zu konstatieren, dass Beschwerdemanagement damit auch den dritten von Johnston (2001) vorgesehenen Lackmustest nicht bestehen kann. Reflektiert man diese Defizite, scheinen Zweifel daran berechtigt, dass die Mehrheit der Beschwerdemanagement-Bereiche die von ihnen erwarteten Beitrage zur Wettbewerbsfahigkeit der Unternehmung faktisch realisiert. Eine Funktionseinheit, die der ihr ubertragenen Verantwortung im Unternehmen derart nicht gerecht wird, degradieren Grunig/Grunig (2000, S. 312) aber als „routine and ineffective", hinterfragen deren unternehmensinterne Existenzberechtigung und pladieren schlieRlich dafur, die entsprechenden Aufgaben an spezialisierte unternehmensexterne Dienstleistungsanbieter zu ubertragen.
Identifikation bestehender Defizite und der Notwendigkeit strategischer Planung
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Zur Losung dieser sowohl aus bereichs- als auch unternehmensstrategischer Sicht inakzeptablen Situation beizutragen, ist das Ziel der vorliegenden Arbeit. Dafur sollen die weiteren Uberlegungen in Abschnitt 2.3.2 dienlich sein, der die Managennentverantwortung der Bereichsleitung Beschwerdemanagement in den Mittelpunkt der Diskussion stellen wird. 2.3.2
Primar operatives Bereichsmanagement als fundamentales Hemmnis der Erschlie&ung des strategischen Potenzials des Beschwerdemanagements
Ziel dieses Abschnitts ist es, anhand eines zweistufigen Vorgehens die Ableitung eines Losungsansatzes fur die oben diagnostizierte Problematik zu ermoglichen. Auf einer ersten Stufe wird an die Managennentverantwortung der Bereichsleitung Beschwerdemanagement angeknupft und gezeigt, dass gerade hier Versaumnisse zu bestehen scheinen, die eine denkbare Ursache der Defizite im direkten und indirekten Beschwerdemanagement darstellen konnten (2.3.2.1). Diese Ursachenreflexion wird anschlieliend verdichtet und so den Blick auf das zugrunde liegende Primarproblem, namentlich die Unzulanglichkeit eines lediglich operativ orientierten Bereichsmanagements durch die Bereichsleitung Beschwerdemanagement, freigeben (2.3.2.2). 2.3.2.1
Schwachen im Management der Bereichsleitung als denkbare Ursache des defizitaren direkten und indirekten Beschwerdemanagements
Als Ausgangspunkt sei an dieser Stelle daran erinnert, dass die Bereichsleitung Beschwerdemanagement die konzeptionell-steuernde Verantwortung fur das Beschwerdemanagement tragt. Insbesondere ist die Bereichsleitung mit der ubergreifenden Planung, Kontrolle und Optimierung bzw. Weiterentwicklung des Beschwerdemanagements betraut (Schober 1997, S. 200; Stauss/Scholer 2003, S. 131; Stauss/Seidel 2002, S. 507ff.). Spiegelt man die folgenden Forschungseinsichten an
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Grundlagen, strategische Potenziale und Defizite des Beschwerdemanagements
dieser Managementverantwortung, werden erhebliche Versaumnisse deutlich. Es liegt gerade im Beschwerdemanagement in hohem MalJe nahe, fur die Kontrolle und Optimierung der eigenen Leistung die Zufriedenheit der Nachfrager heranzuziehen. Die ,Kunden' des direkten Beschwerdemanagements sind die Beschwerdefuhrer des Untemehmens. Es ware aus Managementperspel
Identifikation bestehender Defizite und der Notwendigkeit strategischer Planung
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genauso viele Unternehmungen (30,9%) haben uberhaupt keine Vorstellung uber die Anzahl ihrer unzufriedenen Kunden. Eng verknupft damit ist die (Un-)Kenntnis der Beschwerdemanager uber den Anteil abwanderungsgefahrdeter Kunden. Knapp die Halfte der Unternehmen (44%) verfijgt diesbezuglich uber keine Vorstellung und lediglich eines von funf Unternehmen kann abschatzen, wie viele seiner Kunden als faktisch abwanderungsgefahrdet anzusehen sind (Stauss/Scholer 2003, S. 80). Gerade weil aber unzufriedene bzw. abwanderungsgefahrdete Kunden die zentrale Zielgruppe des direkten Beschwerdemanagements sind, ist festzuhalten, dass die iVIeiirheit aller Beschwerdennanagement-Bereiche das Volumen seines primaren ,Zielmarkts' nicht kennt. Diese vergleichsweise ausgepragte Ignoranz den eigenen, funktionalen Nachfragern gegenuber setzt sicii in einer ebenfalls nur geringen Sensibilitat liinsichtiich des aufgabenspezifisciien Umfelds im direkten Beschwerdemanagement fort. Beispielsweise wurde eine tatsachlich systematische Planung und Weiterentwicklung des direkten Beschwerdemanagements von der Bereichsleitung verlangen, sich mit potenziellen Konkurrenten des Beschwerdemanagement-Bereichs zu befassen. Dies wurde fur Unternehmen beispielsweise bedeuten, der Empfehlung Estelamis (2000, S. 298) Folge zu leisten und „not only to benchmark their offensive marketing mix strategies (e.g. advertising, pricing) against the competition but also to gauge their defensive strategies by comparing their complaint handling practices with those of key competitors. (...) Such initiatives, however, require a long-term strategic perspective (...)." Eine solche langfristige, strategische Benchmarking-Philosophie scheint in der Unternehmenspraxis, dies legen zumlndest die Ergebnisse von Stauss/Scholer (2003, S. 102) im Hinblick auf deutsche Unternehmungen nahe, noch nicht gegeben zu sein. Einen weiteren Denkanstoli zum vollstandigeren Verstandnis der funktionalen Umwelt liefern ebenfalls Stauss/Scholer (2003, S. 151ff.), indem sie mit den virtuellen Beschwerdeforen auf eine hoch relevante Entwicklung im Aufgabenumfeld des
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Grundlagen, strategische Potenziale und Defizite des Beschwerdemanagements
Beschwerdemanagements hinweisen. Es kann hier nicht mehr uberraschen, dass die Mehrheit der befragten Beschwerdemanager Beschwerdeforen kaum beachtet bzw. fur die eigene Aufgabenstellung als nicht relevant einschatzt. Eine effektive Kontrolle oder gar systematische Planung bzw. Weiterentwicklung des direkten Beschwerdemanagements im Lichte seiner aufgabenspezifischen Umwelt kann einer Bereichsleitung ohne die angefuhrten Informationen aber kaum gelingen. Die oben identifizierten Defizite im direkten Beschwerdemanagement sind (auch) auf diese Versaumnisse der Bereichsleitung hinsichtllch der ihr ubertragenen steuernd-konzeptlonellen Managementverantwortung zuruckzufuhren. Ahnlich defizitar gestaltet sich das Bild im Hinblick auf das indirekte Beschwerdemanagement. Hier sei zunachst an die Verantwortung der Bereichsleitung fur die Betreuung der internen Schnittstellen des Beschwerdemanagements angeknupft (Stauss/Seidel 2002, S. 508). Diesbezuglich sprechen Goodman et al. (1987, S. 197) den Beschwerdemanagern schon fruh die Kompetenz ab, die Bedurfnis- und Motivationslagen der Internen Beschwerdeinformationsempfanger richtig einschatzen zu konnen. Dies, so die Forscher, manifestiert sich in teilweise fur die Informationsadressaten unrelevanten Informationen und/oder einer unzureichenden Aufbereitung und Prasentation der Beschwerdeinformationen. Diese Vermutung einer mangelnden internen Kundenorientierung des Beschwerdemanagements erhartet sich auch anhand der Ergebnisse von Stauss/Scholer (2003, S. 105). Die Autoren belegen erhebliche Umsetzungsdefizite im Hinblick auf eine zielgruppenorientierte Aufbereitung der Beschwerdereports, individuelle Sonderanalysen fur einzelne interne Kundengruppen und den horizontalen Beschwerdeinformationsfluss in andere Organisationseinheiten der Unternehmung. Die mangelnde Sensibilitat gegenuber internen Kunden spiegelt sich nicht zuletzt darin wider, dass lediglich eine Minderheit von 10% der Beschwerdemanagement-
Identifikation bestehender Defizite und der Notwendigkeit strategischer Planung
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Bereiche interne Kundenzufriedenheitsmessungen durchfuhrt, wohingegen in knapp zwei Drittel (65%) aller Unternehmen entsprechende Befragungen nicht vorgesehen sind (ebd.). Erneut fehit der Bereichsleitung deshalb das (nunmehr interne) Kundenfeedback, urn die Effektivitat der eigenen Leistungen bewerten und ggf. Verbesserungspotenziale ausmachen zu konnen. Als ein letzter Anknupfungspunkt sei die Verantwortung der Bereichsleitung fur die Beschwerdemanagement-interne Allokation der zur Verfugung stehenden Ressourcen beleuchtet (Stauss/Seidel 2002, S. 497f.). Diesbezuglich vernnutet Adamson (1993, p. 439) anhand seiner Forschungsarbeiten, dass der GroBteil der Unternehmen ca. 95% der Beschwerdemanagement-Ressourcen dafur verwendet, auf individuelle Beschwerden zu reagieren, und nur etwa 5% dafur, Beschwerden auf aggregiertenn Niveau zu analysieren und daraus Verbesserungsnnallnahnnen abzuleiten. Bei einer derartigen Vernachlassigung des indirekten Beschwerdemanagements scheint eine nur mangelhafte Erschlieflung der Informationspotenziale fur die Verbesserung und langfristige Optimierung des unternehmerischen Leistungsangebots die notwendige, wenngleich bedenkliche, Konsequenz zu sein. Angesichts dieser Ausfuhrungen kann der Mehrheit der Bereichsleitungen im Beschwerdemanagement eine nur sehr begrenzte Wahrnehmung ihrer Managementverantwortung bescheinlgt werden. Wurde die von Stauss/Scholer (2003, S. 131) als „systematische Planung und Weiterentwicklung der Beschwerdemanagennentaktivitaten" der Bereichsleitung zugeschriebene Aufgabe hier als ein vierter Lacknnustest angesehen werden, so wurde den Bereichsmanagern erneut ein Bestehen dieses Tests versagt werden mussen. Nachdem es in diesem Abschnitt aber weniger urn blofle Kritik als vielmehr unn die Erarbeitung eines Losungsansatzes geht, sollen die bisher benannten Defizite inn folgenden Ab-
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Grundlagen, strategische Potenziale und Defizite des Beschwerdemanagements
schnitt abermals verdichtet und auf eine tiefer liegende Ursache zuruckgefuhrt werden. 2.3.2.2
Notwendigkeit zur Erganzung des operativen Beschwerdemanagements durch eine strategische Perspel^tive im Bereichsmanagement
Die eben angestellten Uberlegungen bezuglich eines defizitaren Bereichsmanagements durch die Bereichsleitung, das fur die mangelnde ErschliefJung des strategischen Potenzials des Beschwerdemanagements (mit-) verantwortlich zu machen ist, lassen sich auf die folgenden zentralen Mankos komprimieren: •
•
•
•
Im Bereich des direkten Beschwerdemanagements liegt eine nur geringe Sensibilitat dafur vor, die eigene Effektivitat reflektieren zu mussen, wie dies z.B. anhand von Beschwerdezufriedenheitsmessungen moglich ware. Bin Groflteil der Beschwerdemanagement-Bereiche kennt daher auch die Anforderungen/Bedurfnisse der Beschwerdefuhrer, als den externen Kunden, nur in ungenugendem MafJe. Im indirekten Beschwerdemanagement scheint kaum ein Bewusstsein dafur vorhanden zu sein, die eigene Leistungserbringung auch an internen Kunden und deren Bedurfnissen ausrichten zu mussen. Die Bereichsleitungen scheinen ein nur begrenztes Bewusstsein uber faktische bzw. potenzielle Konkurrenzverhaltnisse auf der Ebene des Beschwerdemanagements ausgebildet zu haben.
Ergrundet man abermals die denkbaren Ursachen fur diese Probleme im Bereichsmanagement, so zeigt sich, dass die genannten Vorwurfe durchgehend die Frage eines gezielt und systematisch geplanten Erfoigs des Beschwerdemanagements in seiner Aufgabenumwelt und damit die funktionsstrategische Dimension eines Beschwerdemanagements betreffen. So sollte die Effektivitat des direkten und indirekten Beschwerdemanagementprozesses eine der fundamentalen Beurteilungs- und Steuergro-
Identifikation bestehender Defizite und der Notwendigkeit strategischer Planung
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Q>en fur die langfristige Erfolgssicherung im Beschwerdemanagement durch die Bereichsleitung darstellen. Ferner ware gerade die damit eng verknijpfte Konfiguration der Bereichsaktivitaten im Lichte der aufgabenbezogenen Umwelt, insbesondere im Spannungsfeld aus unternehmensexternen wie -internen Nachfragern und (potenziellen) Wettbewerben des Beschwerdemanagements und die Bestimmung sich daraus ableitender Marktverhaltensoptionen, der Kern strategischen Vorgehens im Beschwerdemanagement. Die These, dass offensichtlich eine Vernachlassigung der strategischen Komponente im Beschwerdemanagement festzustellen ist, scheint zusatzlich gestutzt zu werden, wenn sie vor dem Hintergrund der folgenden Kritik zum Bereichsmanagement des Beschwerdemanagements gesehen wird: •
Zu einem Zeitpunkt, zu dem Beschwerdemanagement schon eine vergleichsweise umfassende Beachtung seitens der Forschung und der Praxis zuteil wird, mahnen de Ruyter/Brack (1993, S. 154) an, dass in „many organizations complaint handling is viewed as an adhoc activity", dem keine langfristige Perspektive zugrunde liegt.
•
Meyer/Specht (1999, S. 493) pflichten - im Lichte einer stetig zunehmenden Intensitat praktischer und wissenschaftlicher Prominenz des Beschwerdemanagements - bei und weisen darauf hin: „Obwohl die Relevanz von Kundenzufriedenheit und Beschwerdemanagement nun hinreichend deutlich geworden sein dijrfte, haftet diesen Bereichen doch noch sehr oft das Etikett des rein operativen, gleichsam aktionistischen an, ohne dass ein Bezug zur strategischen und profitablen Entwicklung des Unternehmens zwingend gegeben ist."
•
Gerade hinsichtlich dieser unternehmensstrategischen Dimension vertritt Boshoff (1999, S. 236) die Ansicht, dass das Management von Kundenbeschwerden fur ein Unternehmen einen strategischen, und damit langfristigen sowie praventiven, Charakter annehmen kann. Gleichzeitig aber stellt er fest, dass sich Wissenschaft und Unternehmenspraxis bislang in weiten Teilen mit der Untersuchung eines
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Grundlagen, strategische Potenziale und Defizite des Beschwerdemanagements
reaktiven und primar transaktionsspezifischen Beschwerdemanagements begnugen. Die Managementperspektive, so Boshoffs (1999, S. 236) Forderung, muss daher um eine strategisch-langfristige Dimension erweitert werden, „if large-scale desertion of the firm is to be avoided". Das aus den vorangegangenen Uberlegungen abzuleitende Fazit lautet: Die Bereichsleitung hat in deutlich hoherem MaRe als bisher alle Beschwerdemanagementaktivitaten strikt auf die konsequente ErschlieBung der Erfolgspotenziale des Beschwerdemanagements im Interesse des Gesamtunternehmens auszurichten. Das seit Jahrzehnten in Wissenschaft und Unternehmenspraxis etablierte Konzept fur die derartige strategische Ausrichtung eines Unternehmens(-bereichs) stellt die langfristig orientierte, strategische Planung dar. Sie wird als ein zentraler Losungsansatz fur die eben diagnostizierte Problematik des primar operativen Managementfokus im Beschwerdemanagement betrachtet und muss als obligatorische Komponente des Bereichsmanagements erkannt werden. Gleichwohl ist sie, wie der folgende Abschnitt belegen wird, bislang eine von Theorie und Praxis weitest gehend ignorierte Managementverantwortung der Bereichsleitung Beschwerdemanagement. 2.3.3
Strategische Planung als bislang ignorierte obligatorische Managementaufgabe der Bereichsleitung Beschwerdemanagement
Die grundlegende Relevanz planerischen Denkens und Handelns wird in der einschlagigen Literatur zum Beschwerdemanagement mehrfach und nachdrucklich unterstrichen. So bezeichnet die Unternehmensberatung TARP (1979) in ihren richtungweisenden Arbeiten Planung bereits fruh als eine zentrale Fuhrungsaufgabe im Beschwerdemanagement. Wimmer (1985, S. 233, Herv. d. Verf.) definiert Beschwerdemanagement als die „Planung, Durchfuhrung und Kontrolle aller Mafinahmen, die ein Unternehmen im Zusammenhang mit Beschwerden ergreift" und analog hierzu
Identifikation bestehender Defizite und der Notwendigkeit strategischer Planung
73
identifizieren de Ruyter/Brack (1993, S. 154) Planung in dem von ihnen vorgeschlagenen Beschwerdemanagement-Ansatz als den Ausgangspunkt jeglichen Handelns im Beschwerdemanagennent. Gerade das aufeinander abgestimnnte Zusammenspiel von ex-ante Planung und ex-post Kontrolle, das de Ruyter/Brack (1993, S. 155) als die direktive Managementaufgabe bezeichnen, liefert erst den Orientierungsrahmen aller Beschwerdemanagennentaktivitaten (Abbildung 2-10).
Planning ^r
Organizing Managing People Managing Resources
^
Collecting Data Processing People Communicating Information
* Control
Abb. 2-10: Planung als obligatohsche Managementverantwortung im Beschwerdemanagement; Quelle: de Ruyter/Brack (1993, S. 154).
Paradoxerweise hat dieser vermeintliche Konsens bezuglich der Notwendigkeit planen zu miissen, nicht dazu gefuhrt, Wissenschaft oder unternehmerische Praxis des Beschwerdemanagements zu einer vertieften Diskussion des Planungsaspekts zu stimulieren. Vielmehr ist eine erhebliche Ignoranz der langfristigen Planungsverantwortung festzustellen. Diese beklagt Adamson (1993, S. 440) auf Basis einer Reflexion verschiedener Beschwerdemanagement-Ansatze und fordert: „The new approach dennands a radically new cast of nnind. The emphasis is on .planned recovery'". Dieser Appell scheint in der Wissenschaft ungehort verhallt zu sein. Die Literatur bietet kaum Ansatze, die die Hinweise der zitierten Autoren auf-
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Grundlagen, strategische Potenziale und Defizite des Beschwerdemanagements
greifen und Planungsaufgaben des Beschwerdemanagements differenziert erortem. Die wenigen planungsbezogenen Ausfuhrungen thematisieren operative Planungsdimensionen (z.B. Boshoff/Leong 1998, S. 24ff.; Homburg/Furst 2003, S. 37f.; Schober 1997), wahrend langfristige, strategische Planungsfacetten in der wissenschaftlichen Diskussion nach wie vor weitgehend ausgeblendet bleiben. Damit ist festzuhalten, dass in der Theorie durch diese Vernachlassigung der strategischen Planungsdimension bislang kein Versuch unternommen wurde, Beschwerdemanagementaktivitaten in einem strategischen Kontext zu gestalten. Dies stellt eine zentrale Erkenntnislucke der Forschung zum Beschwerdemanagement dar. Im Hinblick auf die betriebliche Praxis des Beschwerdemanagements untermauern verschiedene Arbeiten der empirischen Beschwerdeforschung die bereits oben formulierte Vermutung einer Vernachlassigung (strategischer) Planungsansatze. Riemer (1986, S. 184) beklagt das Fehlen einer strategischen Leitlinie fur die Beschwerdemanagementaktivitaten, wie sie die strategische Planung typischerweise vorgibt. Die Untersuchung von Graf (1990, S. 57) belegt die generelle Vernachlassigung der Planungsaufgabe in der Beschwerdemanagement-Praxis. Schober (1997, S. 134) kann in seinen Fallstudien lediglich eine operative Mitarbeitereinsatzplanung feststellen, daneben aber keine weiteren Planungsaktivitaten des Beschwerdemanagements identifizieren und auf die Erkenntnis von Homburg/Furst (2003, S. 37), dass nur „relativ wenige Unternehmen" ihrer grundlegenden Planungsverantwortung im Beschwerdemanagement gerecht werden, wurde bereits eingangs der Arbeit verwiesen. Diese Ausgangssituation stellt eine zentrale theoretische Herausforderung fur die Beschwerdeforschung dar: Planung als konstitutive Managementkomponente wird - im deutlichen Gegensatz zu anderen funktional orientierten Forschungsfeldern der Betriebswirtschaft - lediglich am Ran-
Identifikation bestehender Defizite und der Notwendigkeit strategischer Planung
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de der wissenschaftlichen Diskussion urn das Beschwerdemanagement erwahnt bzw. nahezu vollig vemachlassigt. Die notwendige strategische Ausrichtung des Beschwerdemanagements auf die Steigerung der Wettbewerbsfahigkeit der Gesamtunternehmung wird dadurch verhindert. Gleichzeitig fehit der Ausgestaltung des ,direkten und indirekten Beschwerdemanagement-Mixes' der Bezugsrahmen, den zu erarbeiten, gerade die Kernaufgabe strategischer Planung im Beschwerdemanagement darstellt. Die aufgezeigten, kaum akzeptablen Negativeffekte auf die Wettbewerbsposition des jeweiligen Gesamtunternehmens sind die notwendige Konsequenz eines solchermalien operativ agierenden Beschwerdemanagements. Um zur Uberwindung dieser Problematik beizutragen, zielt die vorliegende Arbeit darauf ab, ein geeignetes strategisches Planungskonzept fur das Beschwerdemanagement zu entwerfen. Dazu werden im nachsten Teil die notwendigen Grundlagen strategischer Planung problemorientiert dargelegt.
3 Strategische Planung als Instrument der Strategieformulierung und strategischen Ausrichtung der Unternehmung Nachdem die zum Verstandnis des weiteren Fortgangs notwendigen Grundlagen des Beschwerdemanagements vorgestellt und die dort herrschenden Defizite strategischer Planungsaktivitaten identifiziert wurden, wird dieser Teil der Arbeit in das Theoriefeld der strategischen Planung einfuhren. Hierfur wird in Kapitel 3.1 zunachst ein Verstandnis zentraler Begriffe vereinbart. Die sich anschliefienden Kapitel verdeutlichen, dass die Forschung zur strategischen Planung verschiedene wissenschaftliche Perspektiven beinhaltet, ohne deren knappe Vorstellung die weitere DIskussion nicht prazise zu fuhren ist. Zentral ist einerseits die Inhaltsdimension und andererseits die Prozessdimension strategischer Planung (Kapitel 3.2). Ferner sind drei unterschiedliche Hierarchieebenen zu unterscheiden, auf die sich strategische Planungsuberlegungen beziehen konnen (Kapitel 3.3). Primarzlel dieses dritten Teils ist es, einen Uberblick ijber die zentralen Forschungsfelder innerhalb strategischer Planungstheorie zu geben, urn Im vierten Teil auf diese Grundlagen zuruckgreifen und das dieser Arbeit zugrunde gelegte strategische Planungskonzept fur ein Beschwerdemanagement entwickein zu konnen.
3.1
Begriffliche Grundlagen strategischer Planung und strategischen Managements
Dieses Kapitel wird ein zuerst allgenneines Grundverstandnis von Planung umreiften, urn danach prazise auf die strategische Planungsdimension fokussieren und diese von operativer Planung abgrenzen zu konnen (3.1.1). Anschlieftend wird strategische Planung zu den Termini ,Strategie' und ,strategisches Management' in Beziehung gesetzt (3.1.2).
78
Strategische Planung als Instrument der Strategieformulierung
3.1.1
Zum Begriff der strategischen Planung
In der betriebswirtschaftlichen Literatur herrscht Einigkeit daruber, dass Planung neben der Organisation, der Personalbereitstellung, der Fuhrung und der Kontrolle als eine der funf Grundfunktionen der Unternehmensfuhrung anzusehen ist (Scherm/Fey 1999a, S. 9). Hungenberg (2000, S. 18) bezeichnet Planung dabei als den logischen Ausgangspunkt des Managementprozesses und Schreyogg (2000, S. 38) nennt Planung gar die „K6nigsfunktion" unter den funf Managementaufgaben. Aufgrund des gro(Jen Forschungsinteresses an der betriebswirtschaftlichen Planung ist die Literatur jedoch durch ein stark ausdifferenziertes Begriffsverstandnis gekennzeichnet. Dabei hat die Vielzahl unterschiedlicher Planungsinterpretationen nicht notwendigerweise zur inhaltlichen Begriffsklarung beigetragen (Schernn/Fey 1999a, S. 11f.). Insofern ware es hier nicht zielfuhrend, die verschiedenen Definitionsansatze gegeneinander abwagen zu wollen. Vielmehr gilt es, die den unterschiedlichen Begriffsfassungen gemeinsamen Charakteristika der Planung zu ergrunden. In diesem Sinne kennzeichnen Scherm/Fey (1999a, S. 12) folgende Merkmale als planungsspezifisch: •
Reflexion: Planung zeichnet sich durch die Reflexion zukunftigen Handelns mittels Antizipation aus.
•
Gestaltung: Planung zielt auf die Beeinflussung und/oder Gestaltung des zukunftigen Geschehens zur Erreichung vorgegebener Unternehmensziele.
•
Informationsverarbeitung: Urn die Beeinflussung zielgerichtet ausuben zu konnen, bedarf es einer Informationsbeschaffung und Informationsverarbeitung.
•
Subjektivitat: Es gilt zu berucksichtigen, dass Planung durch Personen erfolgt und damit typischerweise von einem bestimmten Mali an Subjektivitat gekennzeichnet ist.
•
Rationalitat: Trotz dieser Subjektivitat ist das Streben nach Rationalitat ein wesentliches Charakteristikum der Planung und bedeutet, zu-
Begriffliche Grundlagen strategischer Planung und strategischen Managements
79
kunftiges Handein durch bewusstes, zielorientiertes Denken und systematische Analysen zu fundieren. Diese Planungsmerkmale sollen genugen, urn als Basis fur die Prazisierung der Diskussion auf die strategische Planung zu dienen. Hierfur wird die so genannte Sachdimension der Planung herangezogen, die eine Differenzierung nach Planungsstufen vomimmt (Scherm/Fey 1999a, S. 29). In fruheren Forschungsarbeiten wurden die strategische, die taktische und die operative Planungsstufe unterschieden (Pfohl 1981, S. 122ff.; Topfer 1976, S. 145ff.). Die jijngere Planungsliteratur beschrankt sich darauf, die strategische und operative Planungsebene wie folgt voneinander abzugrenzen (Hammer 1992, S. 49ff.; Hungenberg 2000, S. 39ff.): •
Die zentrale Relevanz und eine inhaltliche Bestimmung der strategischen Planung beschreibt Schreyogg (2000, S. 391) mit folgenden Worten: „Den Ausgangspunkt fur die Unternehmenssteuerung soil die Planung bilden, besser: die strategische Planung, als geistiger Entwurf der zukunftig zu erreichenden Ziele mit den hierzu zu ergreifenden Mafinahmen." Ein prazlseres Bild ergibt sich anhand des detaillierten Verstandnisses nach Bea/Haas (2001, S. 12f.), die strategische Planung als den informationsverarbeitenden Prozess zur Abstimmung von Anforderungen der Umwelt mit den Potenzialen des Unternehmens verstehen, dessen Absicht es ist, mit Hilfe von Strategien den langfristigen Erfolg des Unternehmens zu sichern.
•
Wahrend der Zweck der strategischen Planung in der Schaffung und Erhaltung von zukunftigen Erfolgspotenzialen fur das Unternehmen besteht, zielt die operative Planung darauf ab, bereits vorhandene Erfolgsbedingungen und -potenziale optimal zu nutzen (Grunig/Kuhn 2000, S. 36f.). Die strategische Planung gibt also die grobe Leitlinie vor, die jedoch Freiheitsgrade offen lasst, welche spater durch die operative Planung ausgestaltet werden (Galweiler 1987, S. 27ff.; Grunig 1992, S. 268). Die operative Planung knupft damit an die Vor-
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Strategische Planung als Instrument der Strategieformulierung
strukturierung der strategischen Planung an und setzt deren Zielvorgaben in operationale, konkrete Ziele und Mafinahmen fur die unterschiedlichen Unternehmenseinheiten urn (Galweiler 1987, S. 28). 3.1.2
Das Zusammenspiel von strategischer Planung, Strategien und strategischem Management
Im Kontext der strategischen Planung werden haufig die Begriffe der Strategie und des strategischen Managements diskutiert, die ebenfalls zunachst begrifflich zu fixieren und anschliedend in ein Verhaltnis zur strategischen Planung zu setzen sind. 3.1.2.1
Zum Beghff der Strategie
In der betriebswirtschaftlichen Literatur gehoren der Strategiebegriff bzw. das Adjektiv „strategisch" zu den am haufigsten verwendeten Termini. Allerdings finden sich mannigfache, stellenweise sehr freie Interpretationen, die auch diesbezuglich eine inhaltliche Bestimmung erfordern.^^ Die erste Anwendung des Strategiebegriffs im betriebswirtschaftlichen Kontext findet sich kurz nach Mitte des 20. Jahrhunderts in der Spieltheorie (Welge/AI-Laham 2001, S. 12). AngestoBen insbesondere von Forschern der Harvard Business School (Andrews 1971; Chandler 1962; Learned et al. 1965) wurde strategisches Denken im Anschluss von der individuellen Ebene eines .Spielers' auf den unternehmerischen Kontext ubertragen. Ziel war es, langfristige betriebliche Entscheidungen vor dem Hintergrund der zukunftigen unternehmensinternen und unternehmensexternen Entwicklungen treffen zu konnen. Seit diesen Ursprungen wurde das Strategieverstandnis zusehends ausdifferenziert, womit teilweise sehr unterschiedliche Definitionen einhergingen. Nicht zuletzt deshalb 35
Auf eine etymologisch fundierte Beghffsherleitung anhand der griechischen Wortwurzein und der Interpretation im militarischen Sinne soil dabei an dieser Stelle bewusst zugunsten einer Fokussierung der betriebswirtschaftlichen Inhalte verzichtet werden. Der diesbezuglich interessierte Leser sei auf die entsprechenden Ausfuhrungen bei z.B. Muller-Stewens/Lechner (2001, 8. 7), Scherm/Fey (1999a, 8. 16) Oder Welge/AI-Laham (2001, 8. 12)verwiesen.
Begriffliche Grundlagen strategisctier Planung und strategiscfien Managements
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halt Hinterhuber (1990, S. 49) fest: „Eine einwandfreie und erschopfende Definition fur Strategie gibt es nicht (...)." Es kann desiialb nicht das Ansinnen des Verfassers sein, zu dieser Diskussion um die Definitionsfindung des Strategiebegriffs durch eine Abwagung der verschiedenen Ansatze beitragen zu wollen.^^ Angesichts der Begriffsvielfalt muss es vielmeinr darunn gehen, ein theoretisch fundiertes Grundverstandnis vorzustellen, das im Weiteren der Diskussion zugrunde gelegt wird. Als seiches dient die Begriffsfassung Hammers (1992, S. 55ff.), der Strategien als einen Rahmen fur alle Entscheidungen uber Ziele, Mafinahmen und Mittel zur Erreichung von dauerhaften Wettbewerbsvorteilen versteht. Hierbei konnen Strategien sowohl reaktiv ausgerichtet sein, also eine Adaption des Unternehmens an Umweltgegebenheiten vorsehen, als auch proaktiv die Veranderung der Umwelt zum Ziel haben. Abschliefiend gilt es, Strategien und strategische Planung zueinander in Beziehung zu setzen. Die vorliegende Arbeit wird strategische Planung als das Instrument zur Strategieformulierung und Strategien folglich als das Ergebnis des strategischen Planungsprozesses begreifen. Ein seiches Verstandnis von strategischer Planung und Strategien legen beispielsweise auch Galbraith/Kazanjian (1986, S. 3) zugrunde, indem sie Strategien definieren „as specific directions and actions emanating from the strategy formulation process."^'' 36 37
Eine grobe Strukturierung und Wurdigung bisher in der Literatur vorgestellter Strategieverstandnisse bieten z.B. Welge/AI-Laham (2001, 8. 13ff.). In analoger Weise definieren KiJhn/Grunig (2000, 8. 44) strategische Planung als einen systematischen Prozess mit dem Zweck, unternehmensrelevante Erfolgspotenziale zu definieren und Vorstellungen von Wegen zu deren Aufbau und Erhaltung zu entwickeln. Strategien dagegen beschreiben die Autoren als Dokumente in Form von Planen, die langfristige Vorgaben zum Aufbau und zur Sicherung von Erfolgspotenzialen beinhalten.
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3.1.2.2
Strategische Planung als Instrument der Strategieformulierung
Zum Begriff des strategischen Managements
Strategische Planung wird oft im Zusammenhang strategischen iVIanagements erortert, wobei auch hier begriffliche bzw. inhaltliche Abgrenzungen vorzunehmen sind. Der inhaltliche Kerngedanke strategischen Managements ist die Generierung von Wettbewerbsvorteilen und die Erhaltung der Wettbewerbsfahigkeit einer Unternehmung (Simon 1988, S. V; Stock 1991, S. 620). Allerdings wurde auch dieses Basisverstandnis in einer kaum noch zu uberblickenden Vielfalt theoretischer Ansatze ausdifferenziert, auf die hier nicht annahernd eingegangen werden kann. Grundlegende Einigkeit besteht in der betriebswirtschaftlichen Forschung daruber, dass strategisches Management die Formulierung von Strategien und anschlieftend die Steuerung und Kontrolle der Strategieumsetzung, also die Strategieimplementierung, umfasst (Hungenberg 2000, S. 45; Welge/AI-Laham 2001, S. lOf.). Dem strategischen Management wird demnach nicht nur die strategische Planung als Teilbereich zugeordnet, sondern ebenfalls die Verantwortung fur die Ausgestaltung der unternehmensinternen Konfiguration in Form der Strukturen und Systeme zugewiesen. Grunig/Kuhn (2000, S. 29) stimmen diesem Verstandnis zu, unterstreichen aber daruber hinaus die Bedeutung einer strategischen Kontrolle der beiden ersten Module und legen ein in diesem Sinne konzeptioniertes Modell strategischen Managements vor (Abbildung 3-1).
Begriffliche Grundlagen strategischer Planung und strategischen Managements
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Strate gisches Manag(sment
Strategische Plan ung
Abb. 3-1:
Strategieumsetzung
Strategische Kontrolle
Verortung strategischer Planung als Teilaufgabe strategischen Managements; Quelle: Eigene Abbildung basierend auf den Ausfuhrungen von Grunig/Kuhn (2000, S. 29).
Dieser Ansatz ist im Kontext der vorliegenden Arbeit insofern bemerkenswert, als die Autoren explizlt die drei Komponenten (1) strategische Planung, (2) Strategieumsetzung und (3) strategische Kontrolle wie folgt zueinander verorten: „Die strategische Planung bildet die Basis fur die beiden anderen strategischen Teilaufgaben. Die Erarbeitung erfolgversprechender Strategien steht deshalb nicht nur in der Literatur, sondern auch fijr die Unternehmenspraxis im Vordergrund, wenn strategische Fragen diskutiert werden" (Grijnig/Kuhn 2000, S. 29). Diese Bestimmung strategischer Planung innerhalb der Theorle strategischer Unternehmensfuhrung bildet das Fundannent der weiteren DIskusslon. Die vorliegende Arbeit wird strategische Planung demnach als Instrument zur Strategleformulierung in den Mittelpunkt stellen. Aspekte der Strategieimplementierung und der Strategiekontrolle werden dagegen nicht ausgefuhrt. Unn in Teil 4 eine strategische Planungskonzeption fur das Beschwerdemanagement entwerfen zu konnen, sind weitere Einzelaspekte strategischer Planungstheorie zu erortern. Das folgende Kapitel wird daher die inhaltliche und die prozessuale Strategieplanungsdinnension voneinander abgrenzen.
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3.2
Strategische Planung als Instrument der Strategieformulierung
Forschungsansatze der Inhaltsdimension und Prozessdimension strategischer Planung
In der Theorie der strategischen Planung haben sich im Zeitverlauf verschiedene Forschungsstrange entwickelt. Eine fur die vorliegende Arbeit besonders relevante Forschungsperspektive unterscheidet einerseits die Inhaltsdimension und andererselts die Prozessdimension strategischer Planung (Ensign 2001, S. 292). Daher werden im Folgenden die wichtigsten Denkschulen sowohl der Strategieinhaltsforschung (3.2.1) als auch der Strategieprozessforschung (3.2.2) einzufuhren und deren Relevanz fur die folgenden Ausfuhrungen herauszuarbeiten sein. 3.2.1
Forschungsansatze der Inhaltsdimension strategischer Planung
Der Inhaltsdimension wurde traditionell breite Beachtung in der strategischen Managementforschung zuteil. Vor allem in den 90er Jahren sind zahlreiche Arbeiten zu einer „content theory of strategy" veroffentlicht worden (Ruhli/Schmidt 2001, S. 532). Grundlegend geht es dieser Forschungsrichtung um den inhaltlichen Gegenstand strategischer Entscheidungen, also um die Frage, ,was' beschlossen wird (Fahey/Christensen 1986, S. 168; Ketchen et al. 1996, S. 231). Die Strategieinhaltsforschung untersucht, inwieweit generische Strategien existieren, die sich anhand inhaltlicher Merkmale abgrenzen lassen und unter welchen Bedingungen diese zu ergreifen sind, um strategiebedingte Renten fur ein Unternehmen zu erzielen (Fahey/Christensen 1986, S. 169; Ruhli/Schmidt 2001, S. 532). Im Zuge der fortschreitenden Strategieinhaltsforschung haben sich zwei zentrale Perspektiven entwickelt: Zum einen der primar industrieokonomisch ausgerichtete Market Based View und zum anderen der ressourcenorientierte Ansatz strategischer Unternehmensfuhrung, der Resource Based View (Abbildung 3-2).
Forschungsansatze der Inhaltsdimension und Prozessdimension strategischer Planung 85
Forschungsstrange strategischer Planung (3.2)
1
1 Forschung zum Strategieinhalt (3.2.1)
1
i Market Based View (3.2.1.1) Abb. 3-2:
3.2.1.1
i Forschung zum Strategieprozess (3.2.2)
1 Resource Based View (3.2.1.2)
Market Based View und Resource Based View als zentrale Ansatze der Strategieinhaitsforschung; Quelle: Eigene Abbildung.
Der industheokonomische Forschungsansatz: Market Based View
Der Market Based View (MBV) entwickelte sich aus der industrieokonomischen Theorie, die sich ursprunglich der Analyse von Industriezweigen bzw. Branchen widmet (Scherm/Fey 1999b, S. 20). Eine Branche wird dabei als Gruppe von Unternehmen verstanden, die gleichartige bzw. grundsatzlich verwandte Leistungen anbietet (Franke 2002, S. 43; Porter 1999, S. 34f.; Thiele 1996, S. 27). In Anknijpfung an die ersten Forschungsarbeiten befasste sich die fruhe Industrieokonomik zunehnnend nnit der Entstehung des erzielbaren Markterfoigs in einer spezifischen Branche (Scherm/Fey 1999b, S. 20). Als diesbezuglich zentrales Erklarungsmodell gilt das von Bain (1956) entwickelte „Structure-ConductPerformance-Paradigma" (Muller-Stewens/Lechner 2003, S. 145; Welge/AI-Laham 2001, S. 36). Das Paradigma legt eine Outside-ln-Perspektive zugrunde, d.h. es wird angenommen, dass sich basierend auf gegebenen Rahnnenbedingungen eine Branchenstruktur (Structure) ausbildet, die das strategische Unternehmensverhalten (Conduct) determiniert und dieses wiederum das Marktergebnis, also den Erfolg (Performance) des Unternehmens, beeinflusst (Abbildung 3-3).
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Strategische Planung als Instrument der Strategieformulierung
Branchenstruktur (Structure)
Abb. 3-3:
Untemehmensverhalten (Conduct)
Untemehmenserfolg (Performance)
Das Structure-Conduct-Performance-Paradigma; Quelle: Eigene Abbildung.
In dieser Denkwelt besteht die zentrale Managementherausforderung darin, die Attraktivitat verscliiedener Branchen zu analysieren und anschliefJend mit dem eigenen Untemehmen in einem moglichst attraktiven Industriezweig aktiv zu werden (Muller-Stewens/Lechner 2003, S. 145). Durch dieses Vorgehen kann ein Unternehmen (branchen-) strukturbedingte Wettbewerbsvorteile generieren (Thiele 1996, S. 28). Die eigentliche Relevanz des MBV fur die strategische Planung liegt jedoch in der starker verhaltensorientierten Weiterentwicklung der traditionellen Industrieokonomie in Richtung einer unternehmensstrategischen Perspektive und der damit einhergehenden Betonung der unternehmensindlvlduellen Untersuchungsebene (Porter 1981, S. 614f.). Maligeblich fur diese Weiterentwicklung war es, die (Modell-) Annahme der strengen Kausalitat zwischen Branchenstruktur und Untemehmensverhalten bzw. Unternehmensergebnis aufzugeben, wodurch die folgende Neuausrichtung der Uberlegungen erzielt wurde (Muller-Stewens/Lechner 2003, S. 146; Scherm/Fey 1999b, S. 26f.): Es steht nicht mehr die klassischindustrieokonomische Frage gesamtwirtschaftlich optimaler Ressourcenallokation im Mittelpunkt, sondern die Optimierung der unternehmerischen Marktposition vor dem Hintergrund der Starken und Schwachen eines individuellen Unternehmens und somit das Ziel der betrieblichen Gewinnrealisierung innerhalb einer Branche. Dies bedeutet, dem Einfluss individuellen Unternehmensverhaltens auf den okonomischen Erfolg Rechnung zu tragen und zu unterstreichen, dass verschiedene Verhaltensweisen eines Unternehmens unterschiedlich erfolgreich sein konnen. Das nunmehr modifizierte Managementziel lautet daher, innerhalb der Branchenstruktur uber geeignetes Untemehmensverhalten eine attraktive Position fur das eigene Unternehmen zu erreichen. Der Fokus strategi-
Forschungsansatze der Inhaltsdimension und Prozessdimension strategischer Planung 87
scher Planungsuberlegungen wurde dadurch weg von strukturbedingten und hin zu positionsbedingten Wettbewerbsvorteilen verschoben (Thiele1996, S. 28). Besondere Beachtung im Rahmen dieser jungeren Industrieokonomik erfuhren die - an spaterer Stelle noch detailliert vorzustellenden - Arbeiten Michael Porters (1980, 1999), der als einer der prominentesten Vertreter des IVIBV gilt. Porter vollzieht konsequent die Ubertragung industrieokonomischer Prinzipien auf die strategische Planungsebene der Unternehmung und versteht Erfolg als Funktion aus Branchenattraktivitat und Positionierung einer Unternehmung. Dabei argumentiert er insofern industrieokonomisch, als er die bedingt exogen vorgegebene Branchenumwelt als Determinante des Unternehmensverhaltens sowie den Ursprung von Wettbewerbsvorteilen anerkennt. Daher sieht er als Ausgangspunkt die Analyse der Branchenstruktur vor, urn das betriebliche Verhalten auf diese ausrichten zu konnen. Als Analyseinstrument entwickelt er das Modell der funf Wettbewerbskrafte.^^ Die Analyseergebnisse werden anschlieUend in Strategien umgesetzt, die dazu dienen, fur das Unternehmen angesichts der betreffenden Branchenbedingungen positionsbedingte Wettbewerbsvorteile zu erarbeiten. Nur diejenigen Unternehmen, die sich durch ihre Strategie erfolgreich in ihrer Branche positionieren, generieren einen Wettbewerbsvorteil und konnen ihre Existenz nachhaltig sichern (Zou/Cavusgil 2002, S. 44). Porter (1980, S. 34ff.) sieht zwei generische Positionierungsstrategien vor, die sich letztllch danach bestimmen, ob den Nachfragern ein Preis- oder Nutzenvorteil geboten wird: •
Zum einen kann eine im Branchenkontext vergleichbare Leistung auf dem Niveau eines Grundnutzens kostengunstiger produziert und den
38
Porter (1980, 8. 4ff.) betrachtet dabei das Zusammenspiel der folgenden funf Grofien als Attraktivitatstreiber einer Branche: Die Maciit der (1) Lieferanten und (2) der Kunden, (3) die Bedrohung durch neue Wettbewerber und (4) Substitutionsprodukte sowie (5) die Intensitat des Wettbewerbs unter den bereits etablierten Unternehmen einer Branche.
88
•
Strategische Planung als Instrument der Strategiefonvulierung
Nachfragern billiger angeboten werden, als die Wettbewerber dies zu tun vermogen (Kostenfuiirerschaftsstrategie). Zum anderen l
Die Idee strategischer Planung aus Sicht des MBV kann nunmehr wie folgt zusammengefasst werden: "The main focus of a strategy in the market-based view is to select an attractive industry and to position an organization attractively within this industry through one of the two generic strategies cost-leadership or differentiation" (Maier/Remus 2002, S. 106). Damit wird die Bedeutung der richtigen Strategie als Determinante der Unternehmensperformance unterstrichen und es ist aus Sicht des MBV die Hauptaufgabe des Managements, basierend auf einer Umfeldanalyse, geeignete Positionierungsstrategien fur das Unternehmen zu entwickeln. Eben jene industrieokonomische Grundannahme, wonach die unternehmerische Umwelt eine wichtige Determinante des Unternehmensverhaltens und -erfoigs darstellt und diese deshalb primarer Untersuchungsgegenstand sein musse, ist ein zentraler Vorwurf gegenuber den Strategieansatzen des MBV (Scherm/Fey 1999b, S. 28). Die Kritiker betrachten den MBV als vor allem reaktive und defensive Grundposition, die die Unternehmen zu oft als ,Black Box' ansieht und die individuellen Merkmale einzelner Betriebe vernachlassigt (Thiele 1996, S. 33).^^ Entsprechend 39
In der Auseinandersetzung mit dieser kritischen Haltung wurden von Vertretern des MBV verfeinerte Instrumente der Umfeldanalyse erarbeitet, die in hoherem Made die Charakteristika der einzelnen Unternehmungen einbeziehen. Insbesondere der Ansatz der strategischen Gruppe ist hierbei erwaiinenswert (sieiie hierzu vertiefend z.B. Homburg/Sutterlin 1992). Die empirisch fundierte Grundidee der strategischen Gruppen ist es, dass sich die in einer Branche aktiven Unternehmen anhand ihres strategischen Verhaltens zu mehreren Gruppen mit jeweils unterschiedlicher strategischer Ausrichtung zusammenfassen lassen. Diesem Ansatz kommt damit das Verdienst zu, eine analytische Ebene zwischen der Gesamtbranche einerseits und dem Einzelunternehmen andererseits in die Diskussion eingefuhrt zu haben, die im Vergleich zur traditionelien
Forschungsansatze der Inhaltsdimension und Prozessdimension strategischer Planung 89
fordern sie, eine starkere Fokussierung auf die Relevanz der gegebenen Untemehmensspezifika fur die Entstehung des unternehmerischen Erfolgs vorzunehmen. Die daraus entstandene Forschungsrichtung wird ais ressourcenorientierter Ansatz bezeichnet. 3.2.1.2
Der ressourcenorientierte Forschungsansatz: Resource Based View
Der Resource Based View (RBV) nimmt im Vergleich zur Outside-ln-Perspektive der Industrieokonomik eine kontrare Inside-Out-Position ein (Barney 2001, S. 644ff.; zu Knyphausen-Aufsess 1995, S. 82f.; Rasche/Wolfrum 1994, S. 502). Grundgedanke ist, die Qualitat der unterneiinnensinternen Potenziale, so genannter Ressourcen, oder die im Vergleich zur Konkurrenz uberlegene Ressourcennutzung als die Quelle dauerhafter Wettbewerbsvorteile und damit des Unternehmenserfolgs zu betrachten (Maier/Remus 2002, S. 106). Aus ressourcenorientierter Sicht wird ein Unternehmen als Komplex verschiedener materieller und immaterieller Ressourcen aufgefasst, die die Grundlage der Wettbewerbspositionierung bilden (Penrose 1959; Wernerfelt 1984). Als Kern strategischer Unternehmensfuhrung wird im RBV die Identifikation, der Aufbau, die Weiterentwicklung und der Schutz derjenigen Ressourcen definiert, die einem Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil verschaffen konnen (Lienemann/Reis 1996, S. 257; Theuvsen 2001, S. 1644). Die Unternehmensstrategien zur Generierung der Wettbewerbsvorteile werden nicht vor dem Hintergrund der Unternehmensumwelt, sondern auf Basis der vorhandenen Unternehmensressourcen abgeleitet (RascheAA/olfrum 1994,8.502). Die Entstehung und Bewahrung von Wettbewerbsvorteilen wird im RBV anhand der Pramissen der Ressourcenheterogenitat und der Ressourindustrieokonomischen Vorgehensweise eine starkere Berucksichtigung der Eigenschaften einzelner Unternehmen ermoglicht. Doch auch dieses Konzept war zalilreichen Kritikern nicht unternehmensindividuell genug.
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Strategische Planung als Instrument der Strategieformulierung
cenimmobilitat erklart (zu Knyphausen 1993, S. 776f.; Lienemann/Reis 1996, S. 257f.; Rasche/Wolfrum 1994, S. 503; Theuvsen 2001, S. 1645): •
Die Annahme der Ressourcenheterogenitat besagt, dass die Ausstattung der Unternehmen in einer Branche mit den fur die Generierung nachhaltiger Wettbewerbsvorteile notwendigen Ressourcen verschieden ist. Diese heterogenen Ressourcenpools begrunden den unterschiediicii ausgepragten Erfolg der Wettbewerber inneriiaib eines Industriezweigs.
•
Die Pramisse der Ressourcenimmobilitat erklart, warum diese heterogene Ressourcenausstattung im Zeitverlauf stabil ist. Der Grund ist, dass die Faktormarkte, auf denen Ressourcen gehandelt werden, unvollkommen sind bzw. entsprechende Faktormarkte fur bestimmte Ressourcen gar nicht existieren. Diese im Vergleich zum MBV gegenlaufige Argumentation fuiirt zum Resource-Conduct-Performance-Paradigma des RBV, das in Abbildung 3-4 veranschaulicht ist.
Untemehmenspotenziale (Resources) Abb. 3-4:
Untemehmensverhalten (Conduct)
Untemehmenserfolg (Performance)
Das Resource-Conduct-Performance-Paradigma; Quelle: Eigene Abbildung.
Im Gedankengebaude des RBV stellen also die Unternehmensressourcen den Ausgangspunkt strategischen Denkens und Handelns dar. Eine entsprechend breite wissenschaftliche Aufmerksamkeit wird dem Ressourcenbegriff geschenkt. Doch gerade dessen exakte Abgrenzung bereitet Probleme bzw. ist eine bislang nicht geloste Forschungsherausforderung, weshalb keine allgemein anerkannte Definition betrieblicher Ressourcen vorliegt (Freiling 2001a, S. 14ff.; Muller-Stewens/Lechner 2003, S. 359). Da an dieser Stelle keine kritische Wurdigung der ressourcenori-
Forschungsansatze der Inhaltsdimension und Prozessdimension strategischer Planung 91
entierten Terminologie erarbeitet werden kann,'^^ seien lediglich einige illustrierende Ressourcenverstandnisse angefuhrt, die die inhaltliche Heterogenitat des Ressourcenbegriffs erkennen lassen. Wemerfelt (1984, S. 172) definiert Ressourcen beispielsweise als „anything which could be thought of as a strength or weakness of a given firm", wahrend Grant (1991, S. 118f.) selbige schlicht als Jnputs into the production process" versteht. Bea/Haas (2001, S. 27) sehen Ressourcen als Speicher spezifischer Starken an, „die es ernnoglichen, die Unternehmung in einer veranderlichen Umwelt erfolgreich zu positionieren und somit den langfristigen Unternehmenserfolg zu sichern." Neben der rein definitorischen Abgrenzung ist eine zweite zentrale Frage, aufgrund welcher spezifischen Eigenschaften welche Ressourcen uberhaupt geeignet sind, als Basis fur die Entwicklung von nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen zu dienen. Wennglelch auch hier keine vollstandige Ubereinstimmung innerhalb der Literatur herrscht, werden ubiicherweise die folgenden Merkmale wettbewerbsvorteil-generierender Ressourcen angefuhrt (Bamberger/Wrona 1996, S. 135ff.; Barney 1991, 103ff., 1995, S. 50ff.; Lienemann/Reis 1996, S. 257f.; Rasche/Wolfrunn 1994, S. 503ff.). •
Eine Grundvoraussetzung ist der Wertschopfungscharakter einer Ressource, der letztlich darin zum Ausdruck kommt, dass sie einen aus Markt- bzw. Kundensicht als relevant erachteten, uberlegenen Nutzen stiftet.
•
Gleichzeitig wird der Wettbewerbsvorteil, den eine Ressource zu erzeugen vernnag, umso ausgepragter ausfallen, je weniger Konkur-
40
Siehe hierzu die fundierte Aufarbeitung bei Freiling (2001a 14f; 2001b, 8. 73ff.) und die dort geaufterte Kritil< an den existierenden Ressourcendefinitionen; siehe auch die von Freiling vorgelegte Neuinterpretation der ressourcenorientierten Terminologie aus Inputgutern (Produktionsfaktoren und Ressourcen) und deren Erschlieflung zum Aufbau von Wettbewerbsvorteilen mittels (Kern-) Kompetenzen. Ahnlich kritisch setzen sich Priem/Butler (2001) mit dem RBV auseinander, wobei ihre Uberlegungen in einem detailliert ausgearbeiteten Vorwurf der Tautologie im Theoriegebaude des Ressourcenansatzes munden.
92
Strategische Planung als Instrument der Strategieformulierung
renten Verfugungsgewalt uber eine fokale Ressource haben. Die betreffende Ressource sollte sich daher durch ein gewisses MaR an Knappheit auszeichnen. •
Das strategische Potenzial hangt ferner von der Nicht-lmitierbarkeit der Ressource ab. Die wettbewerbsstrategische Bedeutung steigt, je schwieriger die Imitation ist, d.h. je zeitaufwandiger und teurer die Beschaffung Oder der Aufbau der Ressource ist.
•
Gleichfalls zeiciinen sich solche Ressourcen durch NichtSubstituierbarkeit aus, d.h. es sollte nicht moglich sein, eine spezifische wettbewerbsvorteils-generierende Ressource schlicht durch eine andere Ressource zu ersetzen.
Ausgehend von dieser Argumentationsbasis wurden im Zeitverlauf Weiterentwicklungen des RBV vorgenommen und inhaltlich verwandte Ansatze vorgelegt, auf die an dieser Stelle nicht welter eingegangen werden kann."^^ Wichtiger ist es, die Relevanz des RBV fur die strategische Planung herauszustellen. Diesbezuglich kommt der ressourcenorientierten Perspektive das Verdienst zu, den Fokus strategischer Planungsuberlegungen auf den Aufbau, die Akkumulation und Erhaltung der unternehmensinternen Potenziale gerichtet zu haben. Damit scharfen die Vertreter des RBV den Blick fur die Originalitat der strategischen Ausrichtung einer Unternehmung (Scherm/Fey 1999b, S. 40). Der RBV stellt somit auch das theoretische Fundament einer spezifischen internen Unternehmensanalyse dar, die vor allem auf die eigenen Starken und Schwachen gerichtet ist (Bresser 1998, S. 303). Wenngleich dem RBV grofles Forschungsinteresse zuteil wird, kann der stellenweise geforderten Ablosung der marktbasierten durch die ressourcenbasierte Perspektive nicht zugestimmt werden. Hierfur sprechen u.a. zwei zentrale Schwachstellen des RBV: Von Bedeutung sind insbesondere der Kernkompetenzen-Ansatz (Hamman 2002, 8. 346ff.; Pousttchi/Herrmann 2001; Prahalad/Hamel 1991; Steinle et al. 1997; Thomsen 2001) sowie der Knowledge Based View (Grant 1997; Muller-Stewens/Lechner 2003, S. 359ff.).
Forschungsansatze der Inhaltsdimension und Prozessdimension strategischer Planung 93
•
Zum einen werfen Rasche/Wolfrum (1994, S. 513) dem RBV eine simplifizierende Auseinandersetzung mit anderen Forschungsrichtungen des strategischen Managements, insbesondere denn MBV, vor. Die Vertreter der Ressourcenorientierung kritisieren den MBV aufgrund seiner vermeintlich einseitigen Fokussierung der strategischen Planung auf das Branchenumfeld. Unberucksichtigt bleibt dabei haufig, dass der MBV bzw. Porter mit den horizontalen und vertikalen Koordlnationsnotwendigkeiten (z.B. der Wertkette) durchaus Aspekte einer ressourcenorientierten Unternehmensfuhrung In seine Uberlegungen einbezieht (RascheA/Volfrum 1994, S. 513; Thiele 1996,5.65).
•
Zum anderen verwelsen Scherm/Fey (1999b, S. 39f.) darauf, dass auch der RBV nur unter Bezugnahme auf das Umfeld strategische Aussagen treffen kann. Die Kriterlen zur Charakterislerung wettbewerbsrelevanter Ressourcen bezlehen sich weitest gehend auf die Unternehmensumwelt bzw. auf die aktuellen und potenziellen Nachfrager sowie Wettbewerber. Damit entfaltet auch der RBV seine Aussagekraft erst unter Bezugnahme auf das (Wettbewerbs-) Umfeld und gesteht damit mittelbar ein, dass auch ressourcenbasierte Wettbewerbsvorteile nur auf Basis der kontinuierlichen Auseinandersetzung mit den sich wandelnden Markt- und Branchengegebenheiten erreichbarsind."^^
42
Folgende weitere Schwachpunkte des RBV werden in der einschlagigen Literatur angefuhrt (Rasche/Wolfrum 1993, 8. 51 Off.; Muller-Stewens/Lechner 2003, 8. 359): (1) In erster Linie fallt die terminologische Uneinheitlichkeit auf, die stellenweise eine Orientierung hinsichtlich des Betrachtungsobjekts zwischen .capabilities, invisible/intangible assets, competencies, skills und resources' erheblich erschwert bzw. ganzlich verhindert. Freiling (2001a, 8. 13) spricht in diesem Zusammenhang nicht nur von begrifflicher VenA/irrung, sondern von einer zum Teil nichtssagenden Terminologie des RBV. (2) Zwar leistet der RBV einen wichtigen theoretischen Beitrag, indem er Eigenschaften von Erfolgspotenzialen identifiziert. Daruber hinaus aber bleibt er bislang verhaltnismafiig unprazise. Problematisch ist insbesondere, dass keine Aussagen daruber getroffen werden konnen, wie sich wettbewerbsvorteilgenerierende Ressourcen ex ante und nicht lediglich ex post von denjenigen Ressourcen unterscheiden lassen, die nicht zum Aufbau von Wettbewerbsvorteilen geeignet sind. Dies verhindert Entscheidungen daruber zu treffen, welche Ressourcen entwickelt werden sollen (BambergerA/Vrona 1996, 8.
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Strategische Planung als Instrument der Strategieformulierung
Im Lichte dieser Kritik ist ein Alleinstellungsanspruch des RBV gegenuber dem MBV nicht gerechtfertigt. Fruchtbarer ist es, beide Inhaltsansatze der strategischen Planung grundsatzlich als gerechtfertigt anzuerkennen und sie in ihrem Zusammenspiel zur Geltung zu bringen bzw. je nach Forschungskontext situativ eine Priorisierung vorzunehnnen (Freiling 2001a, S. 78ff.; Jenner 1997, S. 42). 3.2.1.3
Zusammenspiel und situative Fokussierung von Market Based View und Resource Based View
Es ist plausibel, dass die Erfolgspotenziale zur Generierung von Wettbewerbsvorteilen sowohl unternehmensexternen als auch unternehmensinternen Ursprungs sein konnen (Scherm/Fey 1999b, S. 39). Daherfordern verschiedene Autoren, inn Unterschied zu den Ansichten der akademischen Diskussion insbesondere der 80er Jahre, beide Ansatze nicht langer als Gegensatze zueinander sondern als kompatible Konzeptionen zu betrachten, die sich im Sinne eines gesteigerten Erklarungsbeitrags erganzen konnen (BannbergerA/Vrona 1996, S. 148f.; Downar 2003, S. 12; zu Knyphausen 1993, S. 785f; Rasche/Wolfrum 1993, S. 513). „Demarkationslinien zwischen den Ansatzen, wie sie von einzelnen Vertretern des ressourcenorientierten Ansatzes kunstlich geschaffen wurden, stellen eine Fehlinterpretation strategischen Gedankenguts dar" (Thiele 1996 S. 67). MBV und RBV reprasentieren komplementare Elemente der strategischen Planung, „die seit jeher darauf gerichtet ist, die sich aus der Umwelt bietenden Chancen und Risiken nnit den Starken und Schwachen des Unternehmens so zusammenzufuhren, dass eine einzigartige strategische Ausrichtung resultiert, durch die letztlich Wettbewerbsvorteile erzielbar sind" (Scherm/Frey 1999b, S. 40). Deshalb fordern Rasche/Wolfrum (1994, S. 513, Herv. im Orig.), die beiden Perspektiven zusammenzufuhren, „wobeije nach Umwelt- und Unternehmenssituation 141). (3) Ein weiteres Problem ist, dass bislang ungeklart bleibt, ob und auf welche Weise Ressourcen entstehen, die Wettbewerbsvorteile erbringen konnen (IVIullerStewens/Lechner 2003, S. 359).
Forschungsansatze der Inhaltsdimension und Prozessdimension strategischer Planung 95
entweder die interne Oder die externe Orientierung dominieren kann und ein situationsbedingter Perspektivenwechsel nicht nur zugelassen, sondern explizit gefordert wird""^^ Dieser modernen Sichtweise, die situativ einen der beiden Ansatze in den Mittelpunkt der Uberlegungen stellt, ohne dabei den jeweils anderen fur ungultig zu erklaren, wird inn Weiteren gefolgt. Inwiefern der MBV bzw. der RBV fur die Anwendung im Beschwerdemanagement von groBerer Relevanz sein kann, wird in Teil 4 erortert. Zuvor aber ist das Theoriegebaude strategischer Planung weiter auszubauen. Wie erwahnt, stellt neben der Strategieinhaltsdimension der Strategieprozess den zweiten bedeutenden Forschungsstrang dar. 3.2.2
Forschungsansatze der Prozessdimension strategischer Planung
Das Forschungsinteresse an der Prozessdinnension strategischer Planung resultiert aus einem Defizit der Inhaltsdimension. So wird anhand der eben erfolgten Charakterisierung deutlich, dass die Strategieinhaltsforschung die Frage aufJer acht lasst, „durch welche Handlungsablaufe Unternehnnungen zu Kernkonnpetenzen konnnnen und wie erfolgrelche Positionierungen in attraktiven Branchen gesucht und gefunden werden konnen" (Ruhli/Schmidt 2001, S. 532). Diese Wissenslucke versucht die Strategieprozessforschung zu schlieflen und widmet sich dem ,wie' der Strategiefindung (Ketchen et al. 1996, S. 231). Die Strategieprozessforschung untersucht, wie sich der Erfolg eines Unternehmens durch die Gestaltung von Entscheidungsprozessen der Strategiefindung beeinflussen lasst (Ruhli/Schmidt 2001, S. 535) und entwickelt Vorschlage dafur, wie ein Unternehmen Strategien erarbeiten sollte (Scherm/Fey 1999b, S. 43). Die Prozessforschung basiert auf mehreren wissenschaftlichen Disziplinen, wie beispielswelse der Organisationstheorie, der Theorie der Grup43
Inhaltlich analog auflern sich Thiele (1996, S. 66) sowie Ruhli (1994, 8. 52).
96
Strategische Planung als Instrument der Strategieformulierung
pendynamik, der Managementverhaltenstheorie und der Institutionentheorie (Burgelman 1983, S. 63; Garvin 1994, S. 86ff.). Diese Heterogenitat des theoretischen Fundaments fuhrte im Zeitverlauf zur Entwicklung gegensatzlicher Strategieprozessmodelle. Verschiedene Autoren haben daher den Versuch unternommen, die einzelnen Vorschlage zur Strategieformation zu gruppieren bzw. zu systematisieren. So identifiziert Chaffee (1985) drei grundlegende Modelle, Bailey/Johnson (1992) erkennen sechs und Mintzberg (1990a) unterscheidet in seinem Ansatz zehn Denkschulen der Strategieformulierung (Bresser 1998, S. 11). Diesbezuglich verweist Bresser (1998, S.11) darauf, dass die Anzahl der Kategorien in Klassifikationsschemata primar von den gewaliiten Abgrenzungskriterien abhangt und eine derartige Streuung deshalb niclit uberrasciit. So untersciiiediich die Erkenntnisse hinsichtlich einer Einordnung im Detail auch sein mogen, so einhellig unterscheidet die Strategieforschung zwei grundlegende Auffassungen der Strategieformation: Zum einen das synoptisch-praskriptive und zum anderen das inkremental-deskriptive Planungs-prozessverstandnis (Bresser 1998, S.11; DeWitt/Meyer 1994, S. 37). Beide Planungsansatze werden in den folgenden Unterabschnitten (3.2.2.1 und 3.2.2.2) in ihren jeweiligen Grundzugen vorgestellt und kritisch gewurdigt, da sie als die beiden Extrema eines Kontinuums aufgefasst werden, das die vielen verschiedenen Vorschlage zum Strategieformulierungsprozess umfasst. Das dritte hier betrachtete Verstandnis der Strategieableitung, der logische Inkrementalismus, stellt einen Versuch dar, beide Ansatze zu integrieren und wird malJgeblich dazu beitragen, die im weiteren Verlauf vertretene Auffassung strategischer Planungsprozesse im Beschwerdemanagement zu entwickein (3.2.2.3). Eine knappe Reflexion der drei Planungsprozessentwurfe wird abschlielJend belegen, dass das synoptisch-praskriptive Leitbild der Planung zwar das dominante Prozessverstandnis darstellt, dieses jedoch situativ durch die beiden anderen Ansatze modifiziert werden kann (3.2.2.4). Abbildung 3-5 zeigt die drei Strategieprozessansatze im Uberblick und veranschaulicht ferner die Vorgehensweise in diesem Abschnitt.
Forschungsansatze der Inhaltsdimension und Prozessdimension strategischer Planung 97
Forschungsstrange strategischer Planung (3.2)
1
Forschung zum Strategieinhalt (3.2.1)
Forschung zum Strategieprozess (3.2.2)
Synoptischpraskriptiver Planungsansatz (3.2.2.1)
Inkrementaldeskriptiver Planungsansatz (3.2.2.2)
Logischinkrementaler Planungsansatz (3.2.2.3)
T Synoptisch-praskriptive Planung als dominantes, situativ modifizierbares Planungsprozessverstandnis (3.2.2.4)
Abb. 3-5:
Zentrale Ansatze der Strategieprozessforschung im Uberblick; Quelle: Eigene Abbildung.
3.2.2.1
Der synoptisch-praskriptive Ansatz der Strategieprozessforschung
Erster Anknijpfungspunkt zur Charakterisierung des synoptisch-praskriptiven Planungsansatzes ist dessen blofie Bezeichnung. Grundsatzlich fuflt eine synoptische Planungslogik auf der Pramisse, „dass der Leistungserstellungsprozess des Unternehmens nur durch eine umfassende und vollstandig strukturierte Unternehmensplanung gesichert werden kann" (Scherm/Fey 1999a, S. 5). Charakteristisch fur praskriptive Planungsansatze ist es, normative, idealtypische Gestaltungsempfehlungen fur die Durchfuhrung der Strategieformulierung in Unternehmen entwickeln zu wollen, ohne dabei notwendigerweise eine ennpirische Fundierung anzubieten (Welge/AI-Laham, 2001, S. 30ff.). Die Grundlagen dieses Ansatzes wurden in den 60er Jahren von Forschern an der Harvard Business Scinool im Hinblick auf die Formulierung von Gesamtunternehmensstrategien erarbeitet (Scherm/Fey 1999b, S. 43). Verschiedene Autoren (Ansoff 1965; Hofer/Sciiendei 1978) knupfen an diese Vorarbeiten an und entwickein die typischen synoptisch-pra-
98
Strategische Planung als Instrument der Strategieformulierung
skriptiven Planungsansatze der Strategieformulierung als lineare Prozesse mit den folgenden Stufen (Muller-Stewens/Lechner 2003, S. 65; Scherm/Fey1999b, S. 47): •
Ausgangspunkt sind die Zielsetzungen der Unternehmung, die durch die zu planende Strategie erreicht werden sollen.
•
Der Strategieformulierungsprozess im engeren Sinne wird mit der strategischen Umwelt- und Unternehmensanalyse initiiert.
•
Die Analyseergebnisse bilden die Grundlage fur die Bestimmung moglicher Strategieoptionen.
•
Diese werden im Lichte der Zielsetzungen bewertet und es wird schliefJIich die Strategiealternative mit dem hochsten Zielerreichungsgrad ausgewahlt.
•
Kennzeichnend fur synoptisch-praskriptive Planungslogik ist es, die so ermittelte Gesamtunternehmensstrategie als den obersten Orientierungspunkt aller nachfolgenden strategischen Ebenen zu verstehen. Da Gesamtunternehmensstrategien typischerweise relativ abstrakt formuliert werden, sind sie stufenweise fur nachgeordnete strategische Ebenen zu konkretisieren. Das Ergebnis dieses Prazisierungsprozesses sind derivativ abgeleitete strategische Programme der Organisations(tell-)einheiten, die die Anknupfungspunkte der Strategieimplementierung bilden. Das Grundprinzip dieses synoptisch-praskriptiven Strategiebildungsprozesses ist in Abbildung 3-6 vereinfacht"^"^ dargestellt.
^^ Die Darstellung kann insofern lediglich vereinfacht erfolgen, als beispielsweise Ansoff (1965) bereits mehr als 50 Einzelschritte im Rahmen seines strategischen Planungsansatzes vorsieht.
Forschungsansatze der Inhaltsdimension und Prozessdimension strategischer Planung 99
Untemehmensziele als Ausgangspunkt
1 Analyse der strategischen Ausgangssituation 1
1
S
!
"""
•;
Untemehmensanalyse
1
; !
1
Umweltanalyse
1
T
^s
Generierung strategischer Altemativen V
Bewertung und Auswahl strategischer Altemativen
i Konkretisierung fiir nachgelagerte strategische Ebenen
Strategieimplementierung Abb. 3-6:
Grundstruktur eines synoptisch-praskriptiven Strategiebildungsprozesses; Quelle: Modifiziert nach Scherm/Fey (1999b, S. 46).
Basierend auf dieser Forschungstradition konnen die folgenden Merkmale als charakteristisch fur die synoptisch-praskriptive Planungslogik gelten (Welge/AI-Laham 2001, S. 30): •
Typisch ist das Verstandnis von Strategieformulierung und innplementierung als voneinander getrennte, sequenziell aufeinander folgende Aufgaben."^^
•
Die Strategieformulierung wird als bewusster, rational verlaufender Entscheidungsprozess verstanden, der es (annahmegemafi) ermoglicht, die Konsequenzen der denkbaren Handlungsalternativen immer vollstandig abzubilden und vor dem Hintergrund der gesetzten Ziele zu bewerten.
45
Auf die Arbeiten dieses Forschungsfeldes (und hier mafigeblich Andrews 1980) geht daher letztlich auch die Trennung von Strategieformulierung und -implementierung zuruck, die die Grundlage fur die heute akzeptierte Einordnung strategischer Planung als Teilbereich des strategischen Managements bildete (siehe Kapitel 3.1).
100
Strategische Planung als Instrument der Strategieformulierung
•
Die Umwelt wird als vollkommen prognostizierbar und die Ablaufe im Untemeiinnen als vollumfanglich beschreibbar bzw. beherrschbar erachtet.
•
Es wIrd von einer zentralen Plankoordination ausgegangen, d.h. die Erreichung der angestrebten Unternehmensziele soil uber eine Hierarchie von Teilplanen systematisch gewahrlelstet werden. Aufgrund der sich daraus ergebenden Komplexltat ist eine zentrale Plankoordination sicherzustellen. Im Rahmen dieser Zentralkoordlnation wird ein integrierender Gesamtplan entwickelt, der die Interdependenzen aller Teilplane berucksichtigt. Fur die Durchfuhrung und Kontrolle des Strategieprozesses ist lediglich das Top-Management verantwortlich.
• •
Die Strategieformulierung endet mit einer vollstandig spezifizierten, unternehmensindividuellen und einzigartigen Strategie, die explizit formuliert und daher gegenuber Stakeholdern kommunizierbar ist.
Aufgrund dieser Charakteristika sah sich die synoptisch-praskriptive Planungsperspektive bisweilen heftiger Kritik ausgesetzt, die an dieser Stelle jedoch nicht detailliert ausgefuhrt werden kann. In erster Linie aber bezogen sich die Kritiker auf die Realitatsferne der Pramissen und fuhrten typischerweise folgende Argumente an (Scherm/Fey 1999a, S. 52): •
Die angenommene Rationalitat ist nicht haltbar, da die Einflusse menschlichen Verhaltens im Strategiebildungsprozess (z.B. individuelle und gruppenspezifische Einflusse, Auswirkungen der Unternehmenskultur, politische Prozesse) hierdurch ausgeblendet werden. Da aber alle Planungsentscheidungen durch subjektive Wertvorstellungen und Praferenzen beeinflusst werden, ist die vollstandige Analyse aller Handlungsalternativen und deren objektive Bewertung unrealistisch.
•
Die Annahme eines komplett ausdifferenzierten Zielsystems, anhand dessen ein aufeinander abgestimmtes Netz von Teilplanen abgeleitet
Forschungsansatze der Inhaltsdimension und Prozessdimension strategischer Planung 101
wird, das alle potenziellen Handlungsaltemative bewertbar macht, ist in praxi nicht gegeben. •
•
Die Bewaltigung der Komplexitat einer zentralen Planungskoordination scheitert an der begrenzten Informationsverarbeitungskapazitat der Planungstrager. Entscheidungen werden stets vor dem Hintergrund nur unvollstandiger Informationsgrundlagen getroffen, da die Erarbeitung einer vollstandigen Informationsbasis aufgrund von Zeit- und Kostenrestriktionen nicht moglich ist.
Aus derartiger Kritik, die nnadgeblich von Mintzberg (1990b, 1994a) vorgetragen wurde, resultierte die Entwicklung eines Gegenansatzes zur synoptisch-praskriptiven Planung. Auf Basis ennpirisch belegter und verhaltenswissenschaftlich fundierter Erkenntnisse wird dafiJr pladiert, das synoptische Planungsverstandnis als zu eng abzulehnen und das Aufgabenfeld der strategischen Planung weiter zu fassen. Die rein analytische Verarbeitung von Infornnationen zur Generierung von Handlungsalternativen wird nunmehr erganzt durch die Aufgabe, die in Unternehmen vorherrschenden Handlungs- und Entscheidungsmuster zu ergrunden und in die Planungsaktivitaten einzubeziehen (Hungenberg 2000, S. 11f.; Scherm/Fey 1999b, S. 58). Dies fuhrt zum inkremental-deskriptiven Ansatz der Strategieprozessforschung. 3.2.2.2
Der inkremental-deskriptive Ansatz der Strategieprozessforschung
Das Ziel der deskriptiven Ansatze ist es, Erklarungsmodelle zunn real ablaufenden Entstehungsprozess von Strategien in Unternehmen zu entwickeln und aus diesen Gestaltungsempfehlungen abzuleiten (MullerStewens 2001, S. 47). Weshalb dieser Ansatz als inkremental-deskriptiv tituliert wird, zeigen Scherm/Fey (1999a, S. 5) wenn sie feststellen: Inkrementale Planungslogik knupft an „empirischen Erkenntnissen uber das tatsachliche Planungs- und Entscheidungsverhalten an - z.B. begrenzte Verfugbarkeit von Informationen und begrenzte Informationska-
102
Strategische Planung als Instrument der Strategieformulierung
pazitat der Planungstrager - und empfiehit, sich bei der Suche nach Zielen und Handlungsalternativen auf den Bereich des Vertrauten zu beschranken und immer nur kleine Veranderungsschritte zu planen." Folgende Beobachtungen und Empfehlungen grunden auf der empirischen Planungsforschung und kennzeichnen die inkremental-deskriptive Planungslogik (Lindblom 1959, 1965; Meyer zu Selhausen 1989, Sp. 746ff.; Mintzberg 1994b; Schreyogg 2000, S. 399; Welge/AI-Laham 2001, S. 33): •
Planungsprozesse orientieren sich eiier an dem gegebenen Ausgangszustand des jeweiligen Problennfeldes als an einem gewunsciiten Zukunftszustand. Diese Ausriciitung resultiert in einer Reduktion moglicher Handlungsalternativen auf lediglich diejenigen L6sungen, die nur kleine (inkrementale) Veranderungen bedeuten und rasch wieder revidiert werden konnen."^^ Die Inkrementalplanung befurwortet dieses Planungsverhalten mit dem Hinweis auf geringere I nfornnationsbeschaffu ngskosten.
•
Ferner wird die Inkrementalitat und weitreichende Revidlerbarkeit der Veranderungen damit gerechtfertigt, dass sich konnplexe Planungsproblenne ohnehin nicht vollstandig durchdringen lassen und die Fokussierung isolierter Einzelprobleme deshalb zu bevorzugen ist. Daneben lost die inkrementale Planung auch die eindeutige Nachrangigkeit der MaRnahmen im Verhaltnis zu Zielvorgaben auf. Sie geht davon aus, dass Interdependenzen zwischen Ziel- und Malinahmenebene bestehen, also nicht nur die Ziele die zu ergreifenden Mafinahmen bestimmen, sondern umgekehrt auch die moglichen MaRnahmen die Zielvorgaben beeinflussen.
•
^^ Daher bezeichnete Lindblom (1965, S. 148ff.) dieses Verhaltensmuster auch als „Muddling through" (Durchwurstein).
Forschungsansatze der Inhaltsdimension und Prozessdimension strategischer Planung 103
•
Eine weitere Beobachtung ist, dass die Analyse und Bewertung der Konsequenzen verschiedener strategischer Handlungsoptionen von meiireren Individuen bzw. Gruppen und typischerweise nur eingeschrankt durchgefuhrt werden. Damit gibt die deskriptive Sichtweise die Annahme des rein rational-analytischen Pianungsvorgeiiens auf und identifiziert eine multipersonale und multilokale Strategieerarbeitung. In diesem Kontext weisen diese Planungsmodelle darauf hin, dass Strategien nnitunter entstehen konnen, ohne explizit beabsichtigt bzw. formal geplant worden zu sein. Diese Strategievariante wird als ,emergente Strategie' bezeichnet (Mintzberg 1995, S. 136ff., S. 414f.; Mintzberg/McHugh 1985).
•
All dies wird mit Hinweis darauf akzeptiert, dass zur Beurteilung von Handlungsalternativen kein ubergeordnetes Ziel- und Plansystem vonnoten sei, da es ohnehin keine objektiven Gutekriterien zur Beurteilung der Alternativen gibt und deshalb einzig akuter Problemdruck strategischen Handlungsbedarf auslosen sollte.
•
Ein letztes aber insbesondere fur die weitere Diskussion wichtiges Merkmal ist, dass in alien inkremental-deskriptiven Modellen die strategische Initiative von den hochsten Entscheidungsgremien wegverlagert und der Unternehmensleitung untergeordneten Hierarchieebenen zugewiesen wird.
Wenngleich hier keine detaillierte kritische Wurdigung der inkrementaldeskriptiven Planungslogik erfolgen kann,"^^ ist bereits der VenA/eis auf die fundamentale Kritik erkenntnisfordernd, die Scherm/Fey (1999a, S. 54) an der deskriptiven Inkrementalplanung uben. Als problematisch erachten die Autoren in erster Linie, dass die hier vertretene Planungsinterpretation eine weitgehende Abkehr von konstitutiven Planungsmerkmalen impliziert. Es steht nicht mehr die zukunftsgerichtete, gestaltungsorientierte Problemlosung im Zentrum der Planung, sondern „die Reaktion auf Siehe hierzu ausfuhrlich Schreyogg (1984, 8. 234f.) und Welge/AI-Laham (1992, 8. 3543).
104
Strategische Planung als Instrument der Strategieformulierung
akute Entscheidungszwange wird zum handlungsleitenden Prinzip" erklart (ebd.). Das Paradigma der Inkrementalplanung propagiert also nahezu die Abwendung von einer Planung hin zu einer Nicht-Planung.'^® Deshalb erwiesen sich die rein deskriptiven Inkrementalplanungsansatze als wenig tragfahiges Fundament fur eine antizipativ gestaltende Planungsphilosophie (Scherm/Fey 1999a, S. 54). Im Lichte der rezitierten Schwachstellen beider Planungslogiken wurde allerdings der Versuch unternommen, mittels integrativer Ansatze die Vorteile beider Reinformen miteinander zu vereinen. Als ein besonders bedeutender Hybridansatz gilt der logische Inkrementalismus. 3.2.2.3
Der logisch-inkrementale Ansatz der Strategieprozessforschung
Der logisch-inkrementale Ansatz beruht primar auf den Arbeiten Quinns (1980,1981, 1989), der auf Basis intensiver Fallstudien erfolgreiche Ansatze einer Strategieentwicklung identifiziert. Die Fundamentalerkenntnis seiner Untersuchungen fassen Scherm/Rohde (1999, S. 79) wie folgt zusammenfassen: „Strategien entstehen nicht zentral, sondern werden auf unteren Hierarchieebenen bzw. einzelnen Bereichen angestoBen und vorformuliert. Sie bilden innovative Problennlosungen, die sich inn konkreten Fall in Trial-and-Error-Prozessen als konsensfahig enA/iesen haben und entziehen sich daher einer analytischen Planung." Mit der Betonung des Trial-and-Error-Prinzips und der uber die Konsensfahigkeit zum Ausdruck kommenden Integration gruppendynamischer und politischer Planungsprozessaspekte bleibt Quinn zwar einem grundsatzlich emergenten Strategieverstandnis verhaftet. Dennoch erkennt er, dass Manager Handlungs- und Ereignisstrome in erfolgreichen Unternehmen in gleichzeitig rationaler, proaktiver und inkrementaler Weise auf die bewusste und explizite Formulierung von Strategien lenken. Dieses integrative Strategie48
Bresser (1998, S. 11) verdeutlicht dies, indem er das diesbezuglich relevante Kapitel in seiner Aufarbeitung strategischer Managementtheorie uberschreibt mit „Der Streit zwischen Planern und Inkrementalisten".
Forschungsansatze der Inhaltsdimension und Prozessdimension strategischer Planung 105
formulierungsverhalten bezeichnet er als logischen Inkrementalismus (Miiller-Stewens/Lechner 2003, S. 71). Die Forschungseinsichten des logischen Inkrementalismus lassen sich zu folgenden, durchaus als normativ aufzufassenden Erfolgskhterien der Strategieformulierung verdichten (Scherm/Fey 1999a, S. 54f.; Welge/AILaham 2001,3.75): •
Der logische Inkrementalismus unterstreicht die Notwendigkeit der Dezentralisierung strategischer Planungsverantwortung im Unternehmen noch starker als die ursprunglich inkremental-deskriptive Denkschule. Strategische Handlungsoptionen werden nicht, wie die synoptisch-praskriptive Planung annimmt, auf der zentralen Ebene der Unternehmensleitung erdacht und anschliefJend einer wohlgeordneten Umsetzung zugefuhrt. Vielmehr erfolgt der AnstoB der Strategieplanung bis hin zur Formulierung spezifischer Strategien auf der Ebene strategischer Teileinheiten, wie es Sparten, Funktionsbereiche, informale Gruppen oder einzelne Abteilungen sein konnen (Schreyogg 2000, S. 399). Den auf diesen Ebenen tatigen Planungstragern ist die Chance zu eroffnen, im Sinne der organisatorischen Flexibilitat vor dem Hintergrund des spezifischen Bereichskontexts strategische StofJrichtungen zu identifizieren.
•
Im Gegenzug wird dem Top-Management eine im Vergleich zur synoptischen Praskriptivplanung veranderte Rolle zugewiesen, die eine Planungssteuerung und Katalysatorenfunktion beinhaltet. Die Unternehmensleitung muss im Rahmen eines Gegenstromprinzips, also unter Einbeziehung der Teileinheiten, die strategischen Globalziele bestimmen und den niederen Hierarchien vorgeben. Diese Globalzielvorgaben sind dabei weniger als absolut verbindlich sondern vielmehr als handlungsleitend zu verstehen, und dienen dazu, die Aktivitaten aller Teileinheiten im Kontext einer gemeinsamen strategischen Stoflrichtung zu synchronisieren. Schreyogg (2000, S. 399) unterstreicht, dass mit dieser Redefinition der Rolle des Top-Mana-
106
•
Strategische Planung als Instrument der Strategieformulierung
gements im logischen Inkrementalismus endgultig von der Idee Abschied genommen wird, dass strategische Entscheidungen ausschliedlich ,echte Fuhrungsentscheidungen' seien, die exklusiv dem Aufgabenbereich der Unternehmensleitung vor(zu)belialten sind. Der logische Inkrementalismus sieht aber gleichzeitig durchaus ein formales Planungssystem (z.B. in Form von Planungseinheiten) vor, um die Unternehmensfuhrung bei ihrer Planungssteuerungsfunktion zu unterstutzen, den Teilbereichen die Verarbeitung umweltspezifischer Einflusse zu ermoglichen und die Informationsbereitstellung sowie die Planabstimmung mit den anderen Organisationseinheiten sicherzustellen. Dies kann beispielsweise bedeuten, dass Planungsabteilungen das Management der planenden (Sub-) Teileinheiten mit den entsprechenden Methoden vertraut machen bzw. die Subeinheits-Manager entsprechend methodisch unterstutzen (Muller-Stewens/Lechner 2003, S. 70).
Als Integrativansatz wurde dem logischen Inkrementalismus zunachst breite Beachtung zuteil. Jedoch stoflt das Konzept der Planung in inkrementalen Schritten nach wie vor an Grenzen und kann die grundsatzliche Kritik an diesem Planungsverstandnis nicht entkraften (Scherm/Fey 1999b, S. 55). RabI (1990, S. 38) unterstreicht, dass selbst in einer logisch-inkremental ausgerichteten Planung sowohl die Prozesskoordination als auch die fruhzeitige, strategische Ausrichtung auf relevante Umweltentwicklungen problematisch bleiben. Folglich fuhren der logischinkrementale, wie auch der inkremental-deskriptive Ansatz zu einer konservativen, am Status quo orientierten Strategieformulierung, die von einer kurzfristigen Erfolgsorientierung zu Ungunsten einer ganzheitlichen, langfristigen Erfolgsausrichtung des Unternehmens gepragt ist. Die Idee der Planung in kleinen Schritten behindert deshalb ex definitione die Adaption der Unternehmensstrategle an eine sich verandernde Umwelt (RabI 1990, S. 38). Die Eignung rein inkrementaler Planungsprinzipien
Forschungsansatze der Inhaltsdimension und Prozessdimension strategischer Planung 107
zur Strukturierung von strategischen Planungsprozessen ist daher zu bezweifeln (RabI 1990,8.38). 3.2.2.4
Synoptisch-praskriptive Planung als dominante, situativ modifizierbareStrategieprozessdimension
Es zeigt sich, dass es die inkrementalen Planungsansatze trotz der intensiven theoretisch-konzeptionellen Debatte nicht vermochten, die synoptiscine Praskriptivplanung als das dominante Paradigma der Strategieprozessforschung abzulosen. Dies beruht auf den folgenden Argumenten (Bresser 1998, S. 66; Schreyogg 1984, S. 280f.; Welge/AI-Laham 2001, S. 35): •
Trotz der mitunter gerechtfertigten Kritik liegt der Wert der synoptischen Planungsmodelle insbesondere darin, komplexe Problemstellungen besser strukturieren und rationalisieren zu konnen, als dies inkrementale Entwurfe vermogen.
•
Die synoptische Planung wurde seit Mintzbergs Arbeiten deutlich weiterentwickelt, so dass dessen fundamentale Kritikpunkte aus Sicht der aktuellen praskriptiven Planungstheorie als weitgehend entkraftet bzw. teilweise gar als obsolet betrachtet werden konnen.
•
Die breite Akzeptanz synoptischer Planungsmuster grundet ferner auf empirischen Erkenntnissen iiber deren Zusammenhang mit dem okononnischen Unternehmenserfolg. Miller/Cardinal (1994) legen eine diesbezugliche Meta-Analyse empirischer Forschungsergebnisse vor. Die Autoren belegen anhand ihrer Erkenntnisse die These von Ansoff (1991), dass synoptisch-praskriptives Planungsvorgehen positiv mit dem Unternehmenserfolg korreliert und generell zu besseren okonomischen Ergebnissen fuhrt als inkrementale Planung.
•
Zweifellos fuhren die Erkenntnisse der deskriptlv-inkrementalen Strategieforschung, beispielsweise die empirisch nachgewiesene Existenz emergenter Strategien, zu einer Erweiterung der synoptischen Planungsperspektive. Davon unberuhrt bleibt der Anspruch des praskriptiven Strategieformulierungsprozesses, die zukunftige Entwick-
108
Strategische Planung als Instrument der Strategieformulierung
lung des Unternehmens anhand seiner Umwelt proaktiv mitgestalten zu wollen, weiterhin gerechtfertigt (Scherm/Fey 1999b, S. 58). Die ausschlielilich auf emergenten Strategien basierende inkrementale Planung zum Leitprinzip zu machen, „wurde einem Verzicht gleichkommen, mogliche Entwicklungen in der Unternehnnensumwelt zu antizipieren, urn etwaige Malinahnnen zur Sicherung des Unternehmensbestandes (rechtzeitig) einleiten zu konnen. Damit bliebe der Blick auf eine auf .systematische Weise' gewonnene - unter Umstanden effektivere - strategische Veranderung a priori verstellt" (ebd.). Aus diesen Grunden hat sich der synoptisch-praskriptive Planungsansatz sowohl in der (englisch- und deutschsprachigen) Literatur als auch der Unternehmenspraxis als das den Gegenentwurfen uberlegene Grundmuster strategischer Planung durchgesetzt (Bresser 1998, S. 65; WelgeAl-Laham 2001, S. 23). Als grundlegendes Ordnungsschema ist ein synoptisch-praskriptlves Planungsprozessmodell, wie es illustrativ in Abbildung 3-6 dargestellt wurde, daher insgesamt gut geeignet, alle Fragestellungen und Kontroversen der kontemporaren Strategieforschung abzudecken (Bresser 1998, S. 65). Gleichwohl lasst sich, analog zum Integrationstrend der Strategieinhaltsforschung hinsichtlich des MBV und RBV, auch inn Forschungsfeld des Strategieprozesses die Bereitschaft erkennen, je nach Planungskonstellation das synoptisch-praskriptive Planungsgrundmuster durch einzelne Facetten tendenziell inkrementaler Planungslogik situativ zu erganzen. Insbesondere die Maxime logischer Inkrementalplanung wird teilweise durch ennpirische Longitudinalstudien unterstutzt, die zeigen, dass in der Unternehmensrealitat auch eine Kombination synoptischen und logischinkrementalen Planungsverhaltens erfolgversprechend sein kann (Ruhli/Schmidt 2001, S. 534; Scherm/Fey 1999b, S. 55). Verschiedene Autoren haben daher Varianten entsprechend integrativer Ansatze vorgeschlagen (Burgelman 1983, Hall 1984, Jemison/Sitkin 1986, Murray
Die drei Hierarchieebenen strategischer Planung im Unternehmen
109
1984). Inwieweit auch fur das Beschwerdemanagement eine derartige Modifikation der traditionellen synoptisch-praskriptiven Planungslogik durch den logischen Inkrementalismus hilfreich erscheint, wird im folgenden Teil 4 (Kapitel 4.4) erortert, in dem die konkrete Ausgestaltung des Planungsprozesses im Beschwerdemanagement zu bestimmen sein wird. Zuvor jedoch verdient ein letzter, in den bisherigen Abschnitten dieses dritten Teils bereits angedeuteter Aspekt nahere Beachtung, der angesichts der Zielsetzung der vorliegenden Arbeit von grofler Bedeutung ist. Es geht um das Verhaltnis der strategischen Planung auf Gesamtunternehmensebene gegenuber denjenigen Ebenen, die in der Literatur als ,strategisch nachgelagert' bezeichnet werden.
3.3
Die drei Hierarchieebenen strategischer Planung im Unternehmen
Um das fur die weitere Diskussion erforderliche Planungsverstandnis zu komplettieren, werden als eine letzte Facette in diesem Kapitel die drei Hierarchieebenen erortert, auf die sich strategische Planungsuberlegungen beziehen konnen. Die Notwendigkeit strategisch planen und handein zu mussen, erstreckt sich auf das gesamte Unternehmen. Eine lediglich auf die Gesamtunternehmensperspektive begrenzte Betrachtung greift allerdings zu kurz, well auch Planungsuberlegungen im Hinblick auf z.B. Geschaftsbereiche oder funktionale Teilbereiche anzustellen sind (Kirsch/Ringlstetter 1995, S. 114f.; Welge/AI-Laham 2001, S. 323). Daraus leitet sich die ZweckmafJigkeit einer vertikalen Differenzierung strategischer Planung nach Unternehmensebenen ab (Blohm 2000, S. 13). Nach dem organisatorischen Geltungsbereich wird mit der herrschenden Meinung die strategische Planung auf Gesamtunternehmens-, Geschaftsbereichs- und Funktions-
110
Strategische Planung als Instrument der Strategieformulierung
bereichsebene unterschieden (Hofer/Schendel 1978, S. 27ff.; Vancil/Lorange 1977, S. 22ff.; Welge/AI-Laham 1992, S. 179). Damit bezieht sich das gangige Forschungsverstandnis der strategischen Planung auf die Geschaftsbereichsorganisation (Suhr 2002, S. 56), wie sie im Unterabschnitt 2.1.2.3 definiert wurde. Charakteristisch fur Geschaftsbereichsorganisationen ist die Zusamnnenfassung aiier objektbezogenen Funktionen auf der zweiten Hierarciiieebene. Die durch die Zusammenlegung entstehenden Einheiten werden als Geschaftsbereiche Oder Sparten bezeichnet, die im Zusammenspiel mit der ihnen ubergeordneten Unternehmensleitung sowie den Funktionalbereichen das betriebliche Leistungsangebot erbringen. Die strategische Planung wird dabei auf den drei Ebenen der Geschaftsbereichsorganisation jeweils unterschiedlich interpretiert. Strategische Planung auf Gesamtunternehmensebene (Corporate Planning Level) stellt die hochste Strategieplanungsstufe dar und erarbeitet die Gesamtunternehmensstrategie (Corporate Strategy), die Entscheidungen von gesamtunternehmerischer Tragweite festlegt. Prinnarer Gegenstand der Gesamtunternehnnensstrategien ist es, die Produkt-MarktSegmente, also das Geschaftsbereichsportfolio aus Markten und Branchen zu bestimmen, in denen das Unternehmen zukunftig engagiert sein will (Scherm/Fey 1999b, S. 17; Suhr 2002, S. 55). Auf der zweiten Planungsebene werden die Geschaftsbereichsstrategien entwickelt und durch diese festgelegt, welches Wettbewerbsverhalten die Sparten innerhalb der nnittels der Corporate Strategy gewahlten Produkt-Markt-Segmente zu verfolgen planen (Business Planning Level bzw. Business Strategy). Gegenstand der Geschaftsbereichsstrategie ist also nicht die Wettbewerbspositionierung des Unternehmens als Ganzes, sondern der einzelnen Divisionen in ihren jeweiligen Geschaftsfeldern (Suhr 2002, S. 55). Das charakteristische Verhaltnis zwischen Business Strategy und Corporate Strategy beschreiben Hatten/Hatten (1988, S. 235) wie folgt: „Corporate strategy is concerned more with the question of
Die drei Hierarchieebenen strategischer Planung im Unternehmen
111
where to compete than with how to compete in a particular business - the latter is the province of business strategy." Aus diesem Grund werden Geschaftsbereichsstrategien haufig auch als Wettbewerbsstrategien bezeichnet, die auf Basis individueller Analysen der strategischen Ausgangssituation innerhalb des von der Gesamtunternehmensstrategie gesetzten Rahmens ergriffen werden."^^ Auf der dritten Ebene strategischer Planung werden Funktionsbereichsstrategien formuliert (Functional Planning Level bzw. Functional Strategy). In der Literatur wird der Funktionsbereichsbegriff sehr unterschledllch verwendet. Als Minimalkonsens wird unter einer Funktion ein grob umrissenes Spektrum von Tatlgkeiten verstanden, die als gleichartig erachtet werden (Kreisel 1995, S. 94). Ein Funktionsbereich ist demnach eine Organisationseinheit innerhalb des Unternehmens, die mit der Koordination und/oder der Erbringung gleichartiger Tatigkeiten betraut wird, um diese wirkungsvoller ausfuhren zu konnen (z.B. Forschung & Entwicklung, Beschaffung, Produktion, Personal, etc.) (Muller-Stewens/Lechner 2003, S. 476). Funktionsbereichsstrategien bestimmen die strategischen Ziele, Verhaltensweisen und Maflnahmen fur die Funktionsbereiche im Interesse der Unternehmung. In ihrem ganzheitlichen Zusammenspiel kommt den drei Strategieplanungsebenen die Aufgabe zu, „in einem kontinuierlichen Prozess der Verarbeitung von Umwelt- und Unternehmensinformationen aufeinander abgestimmte Strategien fur das Gesamtunternehmen, die Geschaftsbereiche und die Funktionsbereiche zu erarbeiten, die jeweils der Erreichung der formulierten Unternehmensziele dienen sollen" (Scherm/Fey 1999b, S. 18). Mit diesen Ausfuhrungen ist der fur die weitere Arbeit erforderliche konzeptionelle Bezugsrahmen der strategischen Planungstheorie entfaltet. 49
Dieser Ebene ist das bereits erwahnte Konzept generischer Wettbewerbsstrategien nach Porter (1980, S. 34ff., 1999, 8. 70ff.) ursprunglich zuzuordnen.
112
Strategische Planung als Instrument der Strategieformulierung
Dieser wird nun auf den Kontext des Beschwerdemanagements bezogen. Ziel im folgenden vierten Teil ist es, eine konzeptionell begrundete Planungskonfiguration, also das Zusammenspiel der Strategieinhalts- mit der Strategieprozessdinnension auf der adaquaten Hierarchieebene, fur das Beschwerdemanagement zu entwerfen.
4
Entwurf einer strategischen Planungskonzeption fur den Funktionsbereich Beschwerdemanagement
Teil 2 der Arbeit zeigte diverse Defizite auf, die eine umfassende Entfaltung des strategischen Potenzials des betrieblichen Beschwerdemanagements bislang verhindern. Die strategische Planung stellt einen Erfolg versprechenden Losungsansatz zur Uberwindung der benannten Defizite dar. Deshalb wurden in Teil 3 die problemrelevanten Grundzuge strategischer Planung vorgestellt. Das Ziel in diesem Teil der Arbeit ist es nun, die vorangegangenen Grundlagen zusammenzufuhren, unn so eine strategische Planungskonzeption fur das Beschwerdemanagement zu entwerfen. Dabei sind folgende Uberlegungen anzustellen: •
•
•
•
Zunachst ist die geeignete Hierarchieebene strategischer Planung zu bestimnnen, an die aus konzeptioneller Sicht bei der strategischen Planung im Beschwerdemanagement anzuknupfen ist. Kapitel 4.1 wird den Vorschlag unterbreiten, die Funktionsbereichsebene als konzeptionellen Bezugspunkt zu wahlen. AnschiiefJend wird die allgemeine Ratio strategischer Funktionsbereichsplanung fur das Beschwerdemanagement interpretiert (Kapitel 4.2). Vor dem Hintergrund dieser Interpretation wird Kapitel 4.3 die Frage der Strategieinhaltsdimension, dem ,was' strategischer Planung, aufgreifen und die Relevanz des Market Based View bzw. des Resource Based View fur die Funktionalplanung im Beschwerdemanagement erortern. Schliefllich ist mit der Strategieprozessdimension dem ,wie' der Strategieerarbeitung nachzugehen. Auf dem Kontinuum aus synoptischpraskriptiver und inkremental-deskriptiver Planung ist ein fur das Beschwerdemanagement adaquater Strategieformulierungsprozess zu bestimmen (Kapitel 4.4).
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Entwurf einer strategischen Planungskonzeption
4.1 Funktionsbereichsplanung als konzeptioneller Anknupfungspunkt strategischer Planung im Beschwerdemanagement Als Ausgangspunkt gilt es im Dreiklang der drei Hierarchieebenen strategischer Planung (Gesamtunternehmens-, Geschaftsbereichs- und Funktionsbereichsplanung) die angemessene Planungsstufe fur das Beschwerdemanagement zu bestimmen. Hierfur ist das institutionale Verstandnis des Beschwerdemanagements als Organisationseinheit im Referenzmodell nach Stauss/Seidel (2002, S. 499ff.) (slehe Abschnitt 2.2.2.3) der geeignete Bezugspunkt. Stauss und Seidel konzeptualisieren Beschwerdemanagement mit der herrschenden Forschungsmeinung als eigenstandige, spezialisierte Organisationseinheit. Mit der operativen Wahrnehmung des direkten und indirekten Beschwerdemanagementprozesses ist in erster Linie das Beschwerde-Center betraut. Die Primarverantwortung fur die Managementund Fuhrungsaufgaben tragt die Bereichsleitung Beschwerdemanagement. Diese von den Autoren vorgeschlagene, weitgehende Bundelung aller beschwerdebezogenen Vorgange und Verantwortlichkeiten im Bereich Beschwerdemanagement mundet sowohl in einem hohen MafJ an fachlicher sowie sozialer Kompetenz als auch in einer ausgepragten Verfahrensroutine. Damit wird die ErschlieUung von Spezialisierungs- und GroReneffekten gewahrleistet. Die erzielte Effizienzsteigerung bezeichnen Stauss/Seidel (2002, S. 514) als Rationalisierungsfunktion des Beschwerdemanagement-Bereichs. Dieses Verstandnis des Beschwerdemanagement-Bereichs bildet den MaBstab, dem nun die Definition eines Funktionsbereichs (siehe Kapitel 3.3) gegenubergestellt werden kann. Als Funktionsbereich gilt eine Organisationseinheit innerhalb der Unternehmung, die mit der Koordination und/oder der Erbringung gleichartiger Tatigkeiten betraut wird, um diese wirkungsvoller auszufuhren (Muller-Stewens/Lechner 2003, S. 476). Der
Ratio der strategischen Funktionsbereichsplanung im Beschwerdemanagement
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Abgleich der Charakterisierung des Beschwerdemanagement-Bereichs einerseits und des Funktionsbereichs andererseits offenbart, dass der Bereich Beschwerdemanagement einen Funktionsbereich im Unternehmen reprasentiert. Folglich wird als adaquates theoretisches Fundament im Weiteren die Perspektive der strategischen Funktionsbereichsplanung eingenommen. Gleichwohl hat diese fur das Beschwerdemanagement zu modellierende funktionale strategische Planung grundsatzlich der gleichen Logik zu folgen, wie sie auf der Gesamtunternehmensebene zugrunde gelegt wird, da „Strategieentscheidungen beim Ubergang der Betrachtung von einer hierarchisch ubergeordneten Planungsebene zu einer untergeordneten Planungsebene nicht ,operativer'" werden (Steffenhagen 2002, S. 140). Dieser Hinweis von Steffenhagen erfordert es, sich die Ratio strategischer Planung im spezifischen Kontext von Funktionsbereichen zu verdeutlichen und diese fur das Beschwerdemanagement zu interpretieren.
4.2 Ratio der strategischen Funktionsbereichsplanung im Beschwerdemanagement Eine Unternehmung strebt nach Wettbewerbsfahigkeit, die sich letzten Endes in der Kompetenz aufJert, im Spannungsfeld von Nachfrage, Konkurrenz und Umwelt Wettbewerbsvorteile zu erzielen.^° Die Erarbeitung, Erhaltung und Verteidigung von Wettbewerbsvorteilen ist die Kernaufgabe des (strategischen) Managements (Reckenfelderbaumer 2001, S. 197). Wenngleich Reckenfelderbaumer mit dieser Feststellung zwar auch auf das Management der Gesamtunternehmung abstellt, so unterstreicht er nachdrucklich, dass eine Unternehmung sich nur dann Wettbewerbsvorteile erarbeiten kann, wenn sie sich „auf jeder Stufe" fahiger als Ihre Konkurrenten erweist (Reckenfelderbaumer 2001, S. 199). Ist dies nicht 50
Unternehmensformen, fur die das Streben nach Wettbewerbsvorteilen nur eingeschrankt gilt (z.B. Non-Profit-Organisationen), seien von dieser Annahme ausgenommen.
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Entwurf einer strategischen Planungskonzeption
der Fall, so wirken sich Schwachen in Funktionsbereichen negativ auf die Marktieistungen aus und unterminieren die Wettbewerbsposition der gesamten Untemehmung. Gerade diese Verknupfung der funktionalstrategischen Potenziale mit der gesamtunternehmerischen Wettbewerbsfahigkeit wurde lange Zeit ausgeblendet, was zu einem strategischen Schattendasein funktionaler Bereiche gefuhrt hat (Welge/AI-Laham 2001, S. 403; Zahn 1985). Funktionsbereiche sahen ihre Bestimmung lediglich darin, mit ihren funktionalen Counterparts betreffender Konkurrenzunternehmen Schritt zu halten, nicht aber darin, ihre funktionalen Leistungspotenziale auf die Entwicklung funktionsbezogener Wettbewerbsvorteile auszurichten (Zahn 1985, S. 11). Diese Ignoranz der funktionalstrategischen Dinnension ist angesichts der inn Zeitverlauf stetig wachsenden Wettbewerbsintensitat suboptimal (Subba-Narashima 2001, S. 221). Heute sind Unternehmensstrategien nicht mehr nur durch Geschaftsbereichsstrategien, sondern auch durch Funktionsbereichstrategien zu unterstutzen (Reckenfelderbaumer 2001, S. 199; Zahn 1985, S. 7). Alle drei Hierarchieebenen des Unternehmens sind zur Entwicklung und Erhaltung von Wettbewerbsvorteilen im Interesse des Gesamtunternehmens aufgefordert. In jungerer Zeit rucken deshalb die Wettbewerbs(vorteils)potenziale der Funktionsbereiche verstarkt in den Fokus strateglscher Planungsuberlegungen (Welge/AI-Laham 2001, S. 403). Ketchen (2003, S. 95) verdichtet diese Uberlegungen, indem er von den Funktionsbereichsmanagern fordert, strategische Planung fur ihre Unternehmenseinheiten zu betreiben, deren zentrale Aufgabe die Beantwortung folgender Frage ist: „How will each of the organization's functional areas support our business and corporate level strategies?". Dass Beschwerdemanagement seinen Beitrag zum Aufbau und zur Sicherung von unternehmerischen Wettbewerbsvorteilen bislang nur in ungenugendem Umfang erbringt, wurde in Kapitel 2.3 ausfuhrlich belegt. Gerade dieses Defizit gilt es mittels strateglscher Funktionsbereichspla-
Ratio der strategischen Funktionsbereichsplanung im Beschwerdemanagement
117
nung im Beschwerdemanagement zu beheben, um die Existenz des Beschwerdemanagement-Bereichs nachhaltig zu rechtfertigen. Dafur ist eine wettbewerbsstrategische Position im Beschwerdemanagement zu beziehen, die sich auf folgende Ratio grundet: Beschwerdemanagement stellt als Funktionalbereich eine der von Reckenfelderbaumer angesprochenen (Wertschopfungs-) Stufen im Unternehmen dar, die sich als den funktionalen Konkurrenten uberlegen zu erweisen hat, um einen eigenstandigen Beitrag fur die Wettbewerbsfahigkeit des Gesamtunternehmens zu leisten. Der Schlijssel zur Starkung der Wettbewerbsfahigkeit der Unternehmung sind demnach Wettbewerbsvorteile auf der Funktionsebene des Beschwerdemanagements. Um diese zu generieren, mussen die Fuhrungskrafte im Beschwerdemanagement in ihrem funktionsspezifischen Umfeld strategisch denken und handein lernen, d.h. die Aktivitaten des Beschwerdemanagements auf die Generierung funktionaler Wettbewerbsvorteile ausrichten. Diese Uberlegungen lassen sich nunmehr zu dem folgenden Verstandnis strategischer Funktionsbereichsplanung im Beschwerdemanagement verdichten: Im Rahmen seiner strategischen Funktionsbereichsplanung formuliert Beschwerdemanagement funktionale Strategien, die sich auf seinen organisatorischen Teilbereich erstrecken. Die Funktionsbereichsstrategien des Beschwerdemanagements sind darauf gerichtet, langfristige Wettbewerbspotenziale in seinen funktionalen Aktivitatsfeldern aufzubauen bzw. zu sichern und dadurch die Wettbewerbsfahigkeit des Gesamtunternehmens zu verbessern. Ferner fixieren die Funktionalstrategien des Beschwerdemanagements dessen grundsatzliche Verhaltensweisen und geben dadurch den Planungsrahmen fur die nachgestuften, operativen Planungsebenen des Funktionsbereichs Beschwerdemanagement (z.B. das Beschwerde-Center) vor (analog Brink 1983, S. 1096; Carr/Pearson 1999, S. 499; Krause et al. 2001, S. 499; Pekayvaz 1985, S. 66).
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Entwurf einer strategischen Planungskonzeption
Strebt das funktional-strategische Beschwerdemanagement dieses Ziel an, fuhrt dies zu der Herausforderung, die Strategieiniialts- und die Strategieprozessdimension fur das Besciiwerdemanagement zu interpretieren. Dies ist der naciiste Schritt zur Erarbeitung eines Planungskonzepts fur das BescJiwerdemanagement.
4.3 Bestimmung einer geeigneten Strategieinhaltsdimension Die Strategieiniialtsdimension wurde in Absciinitt 3.2.1 vereinfaciit als das .was' der strategisciien Planung charakterisiert. Die beiden dominanten Forschungsstrange sind hierbei der Market Based View und der Resource Based View. Diese Theorien offerieren unterschiedliche Vorgeiiensweisen zur Generierung von Wettbewerbsvorteilen. Vor diesem Hintergrund gilt es die Uberlegungen mit dem Ziel fortzufuhren, eine geeignete inhaltllche Leitlinie der Strategieformulierung im Beschwerdemanagement zu bestimmen. Ausgangspunkt Ist die Reflexion der Grundbestimmung des Beschwerdemanagements, die im Kontext des Marketing (4.3.1) bzw. der marktorientierten Unternehmensfuhrung (4.3.2) zu sehen ist. Auf diesem Fundament wird die auf dem MBV beruhende strategieinhaltliche Leitlinie eines marktorientierten Beschwerdemanagements erarbeitet (4.3.3). 4.3.1
Bisherige konzeptionelle Verortung des Beschwerdemanagements in der Marketingtheorie
Um die Relevanz des MBV bzw. RBV fur die Strategieinhalte des Beschwerdemanagements beurteilen zu konnen, wird vorgeschlagen, zunachst die theoretisch-konzeptionelle Verortung des Beschwerdemanagements im (strategischen) Marketing als Orientierungsgrolie heranzuziehen. Der letztendliche Bezugspunkt aller bisherigen konzeptionellen Einordnungen des Beschwerdemanagements ist das Marketing Concept. Das
Bestimmung einer geeigneten Strategieinhaltsdimension
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Marketing Concept gilt als das Fundament jeder Marketingtheorie und alien praktischen Marketinghandelns (Kinnery/Rinehart 1998, S. 117; Levitt 1960, S. 51ff.; Valentin 1996, S. 16): „The nnarketing concept is supposed to be the philosophy that guides all nnarketing decision nnaking. If properly implemented, it should lead to a firmwide customer orientation that places the understanding of customer needs and wants at the center of efforts to tailor product or service offerings to satisfy those needs" (Boshoff 1999, S. 236). Wie dieses Verstandnis verdeutlicht, steht die Orientierung an den Bedurfnissen des Kunden und die Erreichung von Kundenzufriedenheit im Mittelpunkt des unternehmerischen Marketing. Zentrale Grunduberlegung ist dabei, dass zufrieden gestellte Kunden zum Wiederkauf der angebotenen Marktieistung und damit zur Loyalitat gegenuber der Unternehmung stimuliert werden. Im Falle entstandener Unzufriedenheit der Nachfrager mit einem Unternehmen ist hingegen mit der Abwanderung zu Wettbewerbern und negativer Mundpropaganda zu rechnen (Riemer 1986, S. 14). Da Beschwerden explizite UnzufriedenheitsaufJerungen von Kunden darstellen, wird dem Beschwerdemanagement insbesondere seit den 80er Jahren eine stetig wachsende Beachtung in der wissenschaftlichen Marketingdiskussion und der Unternehmensfuhrung zuteil, so dass Hansen et al. (1995, S. 77) gar von der Karriere des Beschwerdemanagements als strategischem Konzept im Rahmen einer kundenorientierten Unternehmensfuhrung sprechen. Im Zuge der Ausdifferenzierung der Marketingforschung wurden die Konzeptionen unternehmerischen Beschwerdemanagements dabei im Lichte verschiedener Forschungsfelder interpretiert. Hansen et al. (1995, S. 78f.) zeichnen die Entstehungsgeschichte des Beschwerdemanagements detailliert nach und fuhren vier theoretische Ansatze an, von denen die Beschwerdemanagement-Forschung befruchtet wurde. Im Einzelnen sind dies (1) der verbraucherzentrierte Ansatz des Marketing, (2) der Exchange-Relationship-Ansatz im Investitionsgutermarketing, (3) der An-
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Entwurf einer strategischen Planungskonzeption
satz des Kundenbindungsmanagements im strategischen Marketing des Konsumgutersektors und schliefilich (4) das Qualitatsmanagement. Diese vier Konzeptionen seien kurz skizziert (im Weiteren maBgeblich Hansen etal. 1995, S. 78f.). (1) Der verbraucherzentrierte Ansatz des Marketing stellt den gedanklichen Ursprung des Beschwerdemanagements dar. Der Anspruch des Marketing auf eine grundsatzlich kundenorientierte Unternehmensfuhrung wurde hier konsequent weitergedacht, da Verbraucherkritik als potenzieller Indikator fur Defizite in der Marktbearbeitung eines Unterneiimens verstanden wird. Beschwerdemanagement ist daher Ausdruck eines aktiven Dialogs zwischen Unternehnnung und Verbrauciier, dessen zentrales Ziel eine Verbesserung der Konsumentenzufriedenheit ist. (2) Als zweite Grundlage der Entstehung des Beschwerdemanagements gilt der Exchange-Relationship-Ansatz im Investitionsgutermarketing, der das Zusammenwirken vor, wahrend und nach dem Kauf auftretender (sozio-okonomischer) Interaktionsprozesse fokussiert und dabei die besondere Relevanz einer aktiven Gestaltung der Nachkaufphase fur die erfolgreiche Aufrechterhaltung langfristiger Geschaftsbeziehungen betont. (3) Als dritte theoretische Stromung forderte das strategische Marketing die Genese des Beschwerdemanagements, als zu Beginn der 90er Jahre die Orientierung an Kundenzufriedenheit und Kundenbindung eine Renaissance im Konsumguter- und Dienstleistungssektor eriebte. Zum einen setzte sich die Erkenntnis durch, dass die Kosten der Kundenbindung regelmaflig geringer ausfallen als die Aufwendungen der Kundenneugewinnung (Hart et al. 1990; Reichheld/Sasser 1991, S. 109). Zum anderen wurde die okonomische Vorteilhaftigkeit langfristiger Kundenbeziehungen zunehmend erkannt (z.B. Cross-Buying, hohere Kaufintensitat, Weiterempfehlungsverhalten). Schliefllich forderte auch ein intensiver werdender
Bestimmung einer geeigneten Strategieinhaltsdimension
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Verdrangungswettbewerb die Reorientierung des Marketinghandelns weg von einem Transaktions- und hin zu einem Beziehungsfokus. Als theoretisch-konzeptionelles Ergebnis entwickelte sich das Kundenbindungs- bzw. das Beziehungsmarketing, fur das Beschwerdemanagement heute eine fundamentale Komponente darstellt (siehe Abschnitt 2.2.2).^^ (4) Als vierter Katalysator fur die iieutige Prominenz des Beschwerdemanagements sind qualitatsstrategische Managementkonzepte (z.B. das Total Quality Management) zu nennen. Beschwerden dienen diesen als Signal des Marktes fur Qualitatsmangel bzw. sich andernde Qualitatsanspruche der Nachfrager inn Absatzmarkt. Beschwerdemanagement wird hier zum Instrument der Qualitatssicherung bzw. -steuerung „und erfahrt im Zusammenhang mit der Entwicklung des Qualitatsmanagements eine strategisch neue Bedeutung" (Hansen et al. 1995, S. 79) (siehe Abschnitt 2.2.3). Offensichtlich bestehen bereits unterschiedliche Verknupfungen des Beschwerdemanagements mit theoretischen Ansatzen im Marketing. Dennoch wird an dieser Stelle vorgeschlagen, und dies insbesondere vor dem Hintergrund der in dieser Arbeit geforderten strategischen Perspektive, Beschwerdemanagement nunmehr im Kontext des zentralen marke-
51
In dem Forschungsfeld des strategischen Marketing lasst sich auch das von Hansen et al. (1995) nicht einbezogene defensive Marketing verorten, dem in der englischsprachigen Forschung zum Beschwerdemanagement grofie Beachtung zuteil wurde (Davidow/Dacin 1997; de Ruyter/Brack 1993; Fomell/Wernerfelt 1987; 1988; Lotayif 2004). Fornell/Wernerfelt (1988, 8. 287) definieren defensive Marketingstrategien wie folgt: ..Defensive strategy in this sense is concerned with reducing customer turnover or patronage switching." Die damit von Unternehmen intendierte Wirkungskette fasst Lotayif (2004, S. 152) zusammen, wenn er defensives Marketing aus Sicht der Unternehmen metaphorisch wie folgt skizziert: "Defensive marketing is the body of knowledge that uses customers as a shield in their battle with their rival in a specific market." Auf dem Fundament dieses hier zum Ausdruck gebrachten Primarziels, die Abwanderung von eigenen Kunden zu einem Wettbewerber verhindern zu wollen, bezeichnen Davidow/Dacin (1997, 8. 453) das Beschwerdemanagement als die eigentliche Implementierung des defensiven Marketing.
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Entwurf einer strategischen Planungskonzeption
tingstrategischen Ansatzes, der,Market Orientation' bzw. der marktorientierten Unternehmensfuhrung, zu betrachten. 4.3.2
Einordnung des Beschwerdemanagements in das strategische Konzept marktorientierter Unternehmensfuhrung
Dieser Abschnitt wird Beschwerdemanagement konzeptionell als Kernkomponente marktorientierter Unternehmensfuhrung einstufen. Damit sieht sich die vorliegende Arbeit in der Tradition der eben umrissenen Verortungen des Beschwerdemanagements innerhalb der (strategischen) Marketingtheorie. Gleichwohl bietet sie mit dieser Einordnung eine zusatzliche und fur die weiteren Uberlegungen aufschlussreiche theoretische Perspektive. Das Konzept der marktorientierten Unternehmensfuhrung gilt als konsequente Umsetzung des Marketing Concepts in der Unternehmung. Es ist nicht nur als "the very heart of modern marketing management and strategy" (Narver/Slater 1990, S. 20) akzeptiert, sondern gilt mittlenA/eile als zentrales Vehikel zur Erzielung von Wettbewerbsvorteilen (Gunter 2003, S. 293; Ruekert 1992, S. 225). Das konzeptionelle Fundament und den primaren Bezugspunkt der wissenschaftlichen Diskussion zur unternehmerischen Marktorientierung bilden die Arbeiten von Narver/Slater (1990) und Kohli/Jaworski (1990). Fur Narver/Slater (1990, S. 21f.) bedeutet marktorientierte Unternehmensfuhrung die gezielte Beschaffung von Informationen uber Kunden und Konkurrenten sowie die interfunktionale Koordination aller Teileinheiten zur ErschlieBung dieser Informationen fur die uberlegene Leistungsgestaltung und damit die Generierung von Wettbewerbsvorteilen des Unternehmens. Kohli/Jaworski (1990, S. 4ff.) wahlen eine weitgehend analoge, aber noch starker prozessorientierte Sichtweise ihres Marktorientierungs-Ansatzes als "the organizationwide generation, dissemination, and responsiveness to market intelligence." Damit sind drei Module angesprochen:
Bestimmung einer geeigneten Strategieinhaltsdimension
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•
Als Fundament jeder Marktorientierung betrachten die Autoren die (pro-)aktive Beschaffung von ,Market Intelligence'. Im Zentrum steht die Analyse und Erschlieliung dieser Marktinformationen mit dem Fokus auf den Kunden und Wettbewerbern der Untemehmung.
•
Aufbauend auf dieser Informationsbasis beinhaltet die zweite Prozessphase die organisationsweite, horizontale und vertikale Komnnunikation der Erkenntnisse uber das marktliche Umfeld der Untemehmung.
•
Der dritte und letzte Schritt sieht vor, auf Basis der Informationsauswertung Reaktionsmafinahmen fur die Unternehmung abzuleiten bzw. umzusetzen. Diese ausgepragte Prozesssicht der Market Orientation bei Kohli/Jaworski (1990) eignet sich in hohem MalJe fiir die Synthese mit dem ebenfalls von einer Prozessperspektive gepragten Referenzmodell des Beschwerdemanagements nach Stauss/Seidel (2002) (Abbildung 4-1).
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Entwurf einer strategischen Planungskonzeption
;
i
Kanalisierungsfimktion
I
i
Interne InformationsfUnktion
Abhilfefunktion
1 §^ 1b
t
Bildungsfunktion r--i Kontroll ftinktion -
Zugangsfimktion I
Impulsfunktion
1
-
4
••--'
1 1
Beschwerdeinformationsnutzung
...
i i
1g <
Beschwerdestimulierung
f
•
Beschwerdeannahme
1
Beschwerdeauswertung
1
H
Beschwerdereporting
1
f
Beschwerdemanagement-ControUing
M- - -1 1
;
i L § 1 (U '-S
Generation of customer and competitor oriented market intelligence
Dissemination of market intelligence
A
A
•
'' Abb. 4-1:
Responsiveness to market intelligence
...
!
Die Konzeption des Beschwerdemanagements nach Stauss/Seidel (2002) im Lichte des Konzepts der Market Orientation nach Kohli/Jaworski (1990); Quelle: Eigene Abbildung.
Die Betrachtung lasst sich sowohl anhand der (in diesem Zusammenhang primar relevanten) Funktionen wie auch der Aufgaben des Beschwerdemanagements vollziehen. Das instrumentarium zur ,Generation of market intelligence' wird zum einen durch das Zusammensplel der Kanalisierungs-, Abhilfe- und Zugangsfunktion reprasentiert, wobei die Abhilfefunktion den zentralen Anreiz fur die Informationsubermittlung der Kunden an das Unternehmen darstellt. Zum anderen entsprechen auf der Aufgabenebene die Beschwerdestimulierung, -annahme und -auswertung dieser ersten Prozessphase. Die interne Informationsfunktion sowie das Beschwerdereporting spiegein die .Dissemination of market intelligence' wider. Schliefllich gewahrleistet das Zusammensplel der Impuls-, Bildungs- und Kontrollfunktion die Beschwerdeinformationsnutzung, die der .Responsiveness to market intelligence' entspricht.
Bestimmung einer geeigneten Strategieinhaltsdimension
125
Der zentrale Erkenntnisgewinn fur die weitere Diskussion und die hier angestrebte Bestimmung einer adaquaten Strategieinhaltsdimension liegt darin zu erkennen, dass Beschwerdemanagement nicht nur als effektives Schlusselelement, sondern als prazises Abbild der Prozessstruktur marktorientierter Unternehmensfuhrung auf einer Funktionsbereichsebene angesehen werden kann. Daraus kann freilich nicht gefolgert werden, dass die alleinige Implementierung eines Beschwerdemanagements bereits ausreicht, um ein Unternehmen marktorientiert zu fuhren. Der wettbewerbsstrategische Erfolg der Market Orientation hangt vielmehr davon ab, dass sich alle Unternehmensbereiche am Ziel marktorientierter Unternehmensfuhrung ausrichten (Meffert 2000, S. 976), d.h. die erfolgreiche Umsetzung der unternehmerischen Marktorientierung beinhaltet „die Forderung nach einem grundsatzlichen (absatz-) marktorientierten Denken und Handein aller Wertschopfungsphasen zur Schaffung von Wettbewerbsvorteilen" (Mann 1998, S. 82). Auf dem Fundament dieser bisherigen theoretisch-konzeptionellen Charakterlsierung des Beschwerdemanagements kann nun die Strategieinhaltsdimension bestimmt werden. 4.3.3
Market Based View als theoretischer Bezugsrahmen zur Ableitung strategischer Verhaltensoptionen eines marktorientierten Beschwerdemanagements
Die im Folgenden postulierte Strategieinhaltsdimension grundet auf der Erkenntnis, dass sich alle angefuhrten theoretischen Bezugspunkte des Beschwerdemanagements durch die Verortung im unternehmerischen Marketing auszeichnen. Aus diesem Grund wird Beschwerdemanagement einhellig als Komponente des Marketing bzw. als Marketinginstrument zur aktiven Gestaltung der Marktbeziehungen einer Unternehmung eingeordnet (Hansen 1990, S. 449ff.; Hansen et al. 1995, S. 78; Riemer 1986, S. 22ff.). Marketing seinerseits gilt als ein „funktionsubergreifendes und integratives Konzept, das alle Funktions- und Unternehmensbereiche auf die spezifischen Marktbedingungen ausrichtet" (Mann 1998, S. 81).
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Entwurf einer strategischen Planungskonzeption
Die (strategische) Marketingtheorie ist aus diesem Selbstverstandnis heraus im Wesentlichen durch die Adaption des industrieokonomischen Ansatzes strategischer Planung gepragt. Bemerkenswert ist dabei nicht nur, dass die Industrieokonomik Empfehlungen fur die grundlegende Formulierung und Auswahl von Marketingstrategien in spezifischen Marktkonstellationen lieferte, sondern vielmeiir die eigentiiciie Basis fur die Entwicklung des Ansatzes marktorientierter Unternehmensfuiirung bildete (Homburg/Krohmer 2003, S. 171).^^ In diesem Lichte gilt es die bisherigen Uberlegungen wie folgt zu rekapitulieren bzw. zu verdichten, urn die Strategieinhaltsdimension zu bestimmen: •
•
•
^
Beschwerdemanagement muss auf funktionaler Ebene Wettbewerbsvorteile generieren, urn zur Wettbewerbsfahigkeit des Gesamtunternehmens belzutragen; hierfur bietet sich der Ruckgriff auf die Denkschulen des MBV bzw. RBV an. Aufgrund seiner theoretischen Entwicklungshistorie ist Beschwerdemanagement konzeptionell eindeutig dem (strategischen) Marketing zuzuordnen. Anhand der konzeptionellen Verknupfung des Beschwerde-managements mit dem Ansatz marktorientierter Unternehmensfuhrung wird ferner deutlich, dass Beschwerdemanagement ein Elementarbaustein der Market Orientation ist. Das (strategische) Marketing im Allgemeinen und das Konzept marktorientierter Unternehmensfuhrung im Besonderen weisen ihrerseits nicht nur eine ausgepragte konzeptionelle Nahe zum Gedankengut des MBV auf. Vielmehr reprasentiert das Konzept marktorientierter Unternehmensfuhrung die eigentliche marketingstrategische Adaption des MBV und stellt als solche ein effektives Managementkonzept zur Generierung von Wettbewerbsvorteilen dar. Das fruher postulierte Primat der Kundenorientierung wurde im Zuge der fortschreitenden strategischen Marketingforschung aufgegriffen und zur Maxime marktorientierter Unterneiimensfuhrung weiterentwickelt (Homburg/Krohmer 2003, S. 9).
Bestimmung einer geeigneten Strategieinhaltsdimension
•
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Erfolgreiche Marktorientierung basiert darauf, dass alle Unternehmensbereiche bzw. alle Wertschopfungsphasen zur Schaffung von Wettbewerbsvorteilen an der Maxime marktorientierter Untemehmensfuhrung ausgerichtet werden.
Wenn aber (1) eine marktorientierte Gestaltung aller untemehmerischer Aktivitaten ein effektiver Weg fur die Erarbeitung von Wettbewerbsvorteilen ist, und (2) Beschwerdemanagement Ausdruck einer solchen marktorientierten Unternehmensfuhrung ist, und schlieliiich (3) gefordert wird, Beschwerdemanagement musse Wettbewerbsvorteile auf seiner Funktionsebene generieren, liegt es nahe, den Market Based View bzw. die Maxime marktorientierter Unternehmensfuhrung als erfolgversprechenden Anknupfungspunkt fur die weiteren strategischen Planungsuberlegungen heranzuziehen und fur die Funktionsbereichsebene des Beschwerdemanagements zu interpretieren: Es gilt demnach ein marktorientiertes Beschwerdemanagement als Leitlinie der Strategieformulierung zu etablieren. Diese Fokussierung der Marktorientierung knupft an die in Teil 3 besprochene Forderung von Rasche/Wolfrum (1994, S. 513) an, die Relevanz des MBV bzw. RBV stets in Abhangigkeit der jeweiligen Planungssituation zu bewerten und darauf aufbauend eine primar markt- oder ressourcenorientierte Strategieformulierungsperspektive zugrunde zu legen. Wenngleich die Fruchtbarkeit des RBV fur strateglsche Planungsuberlegungen des Beschwerdemanagements, beispielsweise anhand der Interpretation der Beschwerdeinformationen als unternehmerische Ressource, nicht in Abrede gestellt werden soil, wird im Lichte des theoretisch-konzeptionellen Grundcharakters des Beschwerdemanagements vorgeschlagen, die weitere Strategieformulierung im Sinne eines marktorientierten Beschwerdemanagements auf der Theorie des MBV zu fundieren. Da sich die hierbei vorgeschlagene Strategieinhaltsdimension aus der Theorie des MBV und dem Konzept marktorientierter Unternehmensfuh-
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Entwurf einer strategischen Planungskonzeption
rung speist, sind abschlieflend die Einflusse beider Perspektiven zu verdeutlichen. Das zentrale Theoriefundament stellt der Market Based View dar. Dabei konnte sowohl auf die industrieokonomischen Forschungen iiinsichtJich der Branchenattraktivitat als auch der Positionierung zuruckgegriffen werden. Die Maxime des branciienstrukturbedingten Unterneiimenserfolgs besagt, das eigene Unterneiimen nur in Branchen mit einer mogliciist iiohen Branchenattraktivitat agieren zu lassen. Der Positionierungsansatz von Porter zielt darauf ab, mittels der Kostenfuhrerschaftsbzw. Differenzierungsstrategie fur ein Unternehmen innerhalb einer Branciie eine langfristig uberlegene Wettbewerbsposition zu erreiciien. Im Kontext der Funktionsbereichsplanung sclieint der branciienstrukturorientierte Ansatz nicht relevant zu sein. Ein Funktionsbereich reflektiert im Rahmen seiner strategischen Planung nicht, inwieweit er in einer anderen Branche, und damit einem anderen funktionalen Bereich, agieren sollte. Sein funktionales Verantwortungsfeld wird von der Unternehmensleitung vorgegeben und soil im Weiteren als nicht disponibel angesehen werden. Somit werden fur das Beschwerdemanagement die generischen Wettbewerbsstrategien der KostenfiJhrerschaft und der Differenzierung im Mittelpunkt der Planung stehen, um sich uber diese in seinem funktionalen Umfeld erfolgreich positionieren und Wettbewerbsvorteile erarbeiten zu konnen. Auch das Konzept der Marktorientierung spiegelt sich in der weiteren Strategieformulierung des Beschwerdemanagements wider. Brady/Cronin (2001, S. 242) verknupfen Marktorientierung wie folgt mit der Unternehmensplanung: „Usually, this term is described as an organizational culture that stresses the customer as the focal point of strategic planning and execution."^^ Dabei beziehen Brady/Cronin (2001, S. 250) neben den Kunden auch explizit die Wettbewerber in die strategische Betrachtung Ahnlich argumentieren Deshpande et al. (1993, 8. 27).
Bestimmung einer geeigneten Strategieprozessdimension
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mit ein und empfehlen: Jnvestigating the role of competitor actions in this process also appears justified."^^ Dennnach sollen inn Weiteren Kunden und Konkurrenten des Funktionsbereichs die beiden zentralen Gegenstands- und Bezugsfelder der strategischen Planung im Beschwerdemanagement bilden. Nachdem nunmehr eine inhaltliche Orientierung der Strategieformulierung vorgegeben ist, bleibt die Frage nach dem fur den Funktionsbereich Beschwerdemanagement geeigneten Strategieformulierungsprozess zu beantworten.
4.4 Bestimmung einer geeigneten Strategieprozessdimension In Grundlagenteil 3 wurde die synoptisch-praskriptive Planungslogik als der in der Wissenschaft und Unternehmenspraxis dominante Strategieprozessansatz vorgestellt. Allerdings blieb offen, inwieweit eine Modifikation der synoptischen Praskriptivplanung anhand des Inkrementalisnnus fur die strategische Planung im Beschwerdemanagement zu empfehlen sein konnte. Ziel dieses Kapitels ist es nun, den fur ein Beschwerdemanagement geeigneten Planungsprozess zu bestimmen, der die weitere Diskussion strukturleren wird. Dabei begrundet Abschnitt 4.4.1 zunachst die Entscheidung, ein synoptisch-praskriptives Planungsverstandnis zugrunde zu legen, dieses jedoch faktisch durch Facetten des logischen Inkrementalismus zu erganzen. In Abschnitt 4.4.2 werden anschlieliend die in der weiteren Arbeit zu durchlaufenden Planungsschritte des vorgeschlagenen Prozessverstandnisses vorgestellt.
54
Analog bemerkt Mann (1998, 8. 240), dass die „konsequente Realisierung der Marktorientierung von Untemehmen auch explizit die Berucksichtigung der Wettbewerbssituation erfordert."
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4.4.1
Entwurf einer strategischen Planungskonzeption
ZweckmaHigkeit der Modifikation synoptisch-praskriptiver anhand logisch-inkrementaler Planungslogik
Die synoptisch-praskriptive Planungsperspektive hat sich als uberlegenes Ordnungsschema der Strategieformulierung etabliert. Dennoch, so wurde in Teil 3 angemerkt, kann je nacii vorherrschender Struktur des Planungsproblems eine spezifische Akzentuierung bzw. situative Modifikation dieser synoptischen Grundstruktur zielfuhrend sein (Scherm/Fey 1999a, S. 55). Vor diesem Hintergrund wird in der vorliegenden Arbeit die folgende, integrative Position bezogen: Grundmuster der Strategieformulierung ist das synoptisch-praskriptive Planungsprozessverstandnis. Dieses aber wird anhand logisch-inkrementaler Anregungen erganzt. Freilich ist diese hier vertretene Modifikation der synoptisch-praskriptiven Perspektive durch den logischen Inkrementalismus im spezifischen Kontext des Beschwerdemanagements naherzu eriautern. Die strikte Forderung eines rein synoptisch-praskriptiven Planungsmodells scheint fur die strategische Planung im Beschwerdemanagement aus folgendem Grunde verfehit: Streng synoptisch-praskriptiv konzeptionierte Planungsansatze versehen Funktionsbereichsstrategien mit einem reinen Derivativcharakter hinsichtlich der beiden ubergeordneten Strategieplanungsebenen. Eine ,Funktionsbereichsplanung' bestunde dann lediglich darin, die Vorgaben der Unternehmensstrategie unreflektiert umzusetzen, dabei jedoch keine eigenen, originaren Strategieinhalte im Lichte des funktionalen Umfelds zu entwickeln. Das Aniiegen der vorliegenden Arbeit ist jedoch gerade, die Bereichsleitung Beschwerdemanagement als strategischen Akteur zu definieren, der die strategische Ausrichtung des Beschwerdemanagements systematisch reflektiert. Deshalb ist das strikte Praskriptivverstandnis im Sinne des logischen Inkrementalismus in zweifacher Weise zu modifizieren: (1) Der logische Inkrementalismus betont die ZweckmafJigkeit der Dezentralisierung strategischer Planung und die Relativierung der Vorstellung, dass strategische Fuhrungsentscheidungen lediglich durch
Bestimmung einer geeigneten Strategieprozessdimension
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die Unternehmensleitung zu treffen sind. Vielmehr wird argumentiert, dass gerade in den Teileinheiten des Unternehmens Spezialwissen und langjahrige Erfahrung vorhanden sind, die es im Rahmen der strategischen Planung zu erschiielien gilt und die sich nicht Oder nur sehr begrenzt in die oberste Hierarchieebene (bzw. dort angesiedelte Planungsstabe) veriagem lassen (Schreyogg 2000, S. 395). Ferner ist es der vielfaltige Kontakt dieser Teileinheiten mit ihrer jeweiligen funktionalen Umwelt, der ein besonderes Potenzial fur die Entwicklung strategischer Optionen, z.B. im Kontext ganz bestimmter Problemkonstellationen oder auch sich plotzlich ergebender Chancen, erwarten lasst. Denn wenngleich "corporate and functional strategies are developed in the same environment; (...) each level must be aware of different variables in the environment" (Carr/Smeltzer 1997, S. 200; inhaltlich analog Hofer/Schendel 1978, S. 27). Damit unterstreichen Carr und Smeltzer die Spezifitat der Umwelt unter Funktionsbereichsgesichtspunkten, die von ubergeordneten Planungsebenen nicht zu erheben Ist. Auch Link (1988, S. 62f.) verweist darauf, dass am ehesten aus der Perspektive der kleinsten, ihrem funktionalen Markt am nachsten stehenden Subsysteme eines Unternehmens beurteilt werden kann, ob die jeweiligen Teilmarkt- bzw. Branchenanforderungen aus funktionaler Sicht erfullt werden und wie sich ergebende Chancen zum Aufbau von funktionalen Wettbewerbsvorteilen genutzt werden konnen. Des Weiteren Ist davon auszugehen, dass durch die jeweilige Fachperspektive der Teileinheiten das Risiko fur das Gesamtunternehmen sinkt, strategisch bedeutsame Informationen nicht als solche zu erkennen. Erst im Rahmen einer multiperspektivischen Informationsverarbeitung und -nutzung wIrd es moglich, der Generierung von Wettbewerbsvorteilen fur die Unternehmung ein Optimum strategisch relevanter Informationen zuganglich zu machen (Scherm/Fey 1999a, S. 13). Die vorliegende Arbeit folgt dieser Ratio und spricht die Planungsverantwortung unmittelbar der Bereichsleitung Beschwerdemanagement zu, die jetzt „zum
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Entwurf einer strategischen Planungskonzeption
dynamischen Kern des Strategieentwicklungsprozesses" wird (Schreyogg 2000, S. 399). Der Bereichsleitung wird zugestanden bzw. aufgetragen, spezifische strategische Stoflrichtungen fur das Beschwerdemanagement zu entwerfen. Diese Sichtweise einer strategischen Funktionsbereichsplanung erweitert die streng synoptisciie Planungstheorie und sieht sicii in der Tradition logisch-inkrementalen Denkens. (2) Damit eng verknupft ist das im Folgenden zugrunde gelegte Verstandnis der Gesamtunternehmens- und Geschaftsbereichsstrategie. Diese werden nicht als zwingend vorgeschriebene, sondern als mit Freiheitsgraden versehene Leitlinien fur das Beschwerdemanagement interpretiert. Ziel ist es, die in den Teilbereichen entwickelten Initiativen zur Erschlieliung der dort vorhandenen Erfolgspotenziale zu betonen (Schreyogg 2000, S. 395). Basierend auf einer solchen Sichtweise sehen verschiedene Autoren (Carr/Smeltzer 1997, S. 200; Wright/Snell 1991, S. 204) die Aufgabe der Funktionsbereichsplanung darin, Strategiealternativen zunachst im Funktlonsbereichskontext grob zu entwerfen und anschlieflend in einem interaktiven, iterativen Prozess mit den anderen Strategieebenen eine Feinabstimmung vorzunehmen. Die vorliegende Arbeit wird dieser Sichtweise folgen und strategische Optionen im Lichte des funktionalen Kontexts des Beschwerdemanagements entwickeln. Dem handlungsleitenden Charakter der Gesamtunternehmens- bzw. Geschaftsbereichsstrategien wird insofern Rechnung getragen, als diese ein maligebliches Kriterium im Rahmen der Strategiebewertung und -auswahl darstellen werden (siehe Teil 10). Zusammenfassend bleibt festzuhalten: Im Weiteren fuhrt die vorliegende Arbeit beide Planungsprozessansatze dergestalt zusammen, als zum einen ein synoptisch-praskriptiv verlaufender Planungsprozess das Fundament der Strategieformulierung bildet. Zum anderen wird die Verantwortung fur den Strategieformulierungsprozess jedoch unmlttelbar auf
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der Ebene der Bereichsleitung Beschwerdemanagement verortet. Das damit hier vertretene Strategieprozessverstandnis lasst sich wie folgt beschreiben: Von strategischer Planung im Beschwerdemanagement sphcht man, wenn die Bereichsleitung danach strebt, den Prozess der Strategieerarbeitung systematisch anzugehen und die auf diesem Weg entstehenden Strategien rational und datengestutzt zu begrunden. „Strategieformulierungen, die auf nicht nachvollziehbarer unternehmerischer Intuition beruhen oder als Ergebnisse von subjektiv gepragten Aushandlungsprozessen, Kompromissen und Machtkampfen entstehen, werden somit nicht als Planungsprozesse bezeichnet" (Grunig/Kuhn 2000, S. 39).^^ Dieses Planungsprozessverstandnis erzielt einerseits hinsichtllch der Funktionsbereichsplanung eine hohere Realitatsnahe als traditionelle synoptische Praskriptivplanungen, aber erschliefJt andererselts die Vorzuge synoptischer Planung, namentlich deren Rationalitat, Ganzheitlichkeit und Systematik. Gleichzeitig ist die so verstandene Akzentuierung der synoptischen Praskriptivplanung durch logisch-inkrementale Komponenten konzeptionell stimmig, da auch der logische Inkrementalismus grundlegend ein formales Planungssystem akzeptiert, insbesondere um die funktionale Umwelt fokaler Teileinheiten des Unternehmens informa-
Mit dieser Charakterisierung wind politisches Verhalten einzelner Akteure oder Teileinheiten im Strategiebiidungsprozess, das in der inkrementalen Forschung stellenweise breite Beaciitung fand, als Betrachtungsgegenstand ausgeschlossen. Hierfur sprechen zwei Grunde: (1) Die politische Planungsdinriension widerspricht denri bewusst rationalen Planungscharakter der synoptisch-praskriptiven Perspektive. Zwar soil das Vorgehen im Beschwerdemanagement als hierarchische Planungseinheit betrachtet werden; aufgrund der Priorisierung einer rational-entscheidungslogischen Perspektive wird dies aber weitest gehend losgelost von dem Gesichtspunkt zwischenmenschlicher Interaktion im Innenverhaltnis einer Planungseinheit oder im Aulienverhaltnis zu anderen Planungseinheiten des Unternehmens erfolgen (Scherm/Fey 1999a, S. 19; Steffenhagen 2002, 8. 141). (2) Der primare Orientierungspunkt der Planung wird nicht die Nutzenmaximierung des Bereichs Beschwerdemanagement, sondern der Gesamtunternehmung sein und dies ist durch politische Strategieformulierung nicht (zwangslaufig) gewahrleistet. Zu politischen Prozessen in Organisationen siehe Scholl (1992, Sp. 1993ff.) und zur politischen Dimension der Strategieformulierung siehe Bone-Winkel (1997).
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Entwurf einer strategischen Planungskonzeption
torisch erfassen und verarbeiten zu konnen (Muller-Stewens/Lechner 2003, S. 70, Scherm/Fey 1999a, S. 55). Welche konkreten Schritte dieser Planungsprozess zur Formulierung von Funktionalstrategien im Beschwerdemanagement vorsieht und welche einzelnen Planungsstufen somit inn Rahmen der weiteren Diskussion zu durchlaufen sein werden, skizziert der folgende Abschnitt. 4.4.2
Komponenten des vorgeschlagenen Strategieformulierungsprozesses
Trotz des Vorschlags, der Bereichsleitung Beschwerdemanagement die Planungsverantwortung zu ubertragen, impliziert der hier postulierte Entwurf einer Funktionsbereichsplanung nicht, dass die etablierten Vorgehensweisen der synoptisch-praskriptiven Planungslehre ihre Funktlonalitat verlieren. Vielmehr konnen sie wirksam herangezogen werden, wenn sie, im Sinne der vom Autor vertretenen logisch-inkrementalen Abwandlung, „aus den Stuben der Planungsstabe herausgeholt" und der Bereichsleitung verfugbar gemacht werden (Schreyogg 2000, S. 401). Deshalb legt die Mehrheit der in der Literatur vorzufindenden strategischen Funktionsbereichsplanungen die charakteristischen Planungsschritte und -instrumentarien klassischer Unternehmensplanungsmodelle zugrunde. Kanter (1983, S. 20) fordert deshalb Funktionsmanager dazu auf, den Strategieplanungsprozess nach einer Philosophie des „running a minibusiness" auszugestalten, in einer Weise also, die den Funktionsbereich als Quasi-Unternehmen innerhalb des Gesamtunternehmens versteht. Grundlegend soil diese Planungsphilosophie die weiteren Uberlegungen leiten. Lediglich auf die abermalige Eriauterung der Ziele des Beschwerdemanagements sei hier verzichtet und auf die im Grundlagenteil 2 (Unterabschnitt 2.1.2.1) vorgestellte Zielsystematik im Referenzmodell nach Stauss/Seidel (2002) verwiesen. Die dort fixierten Zielsetzungen, insbesondere das Globalziel, die Wettbewerbsfahigkeit des Gesamtunternehmens zu starken, werden das Primat der weiteren Planung im Beschwer-
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demanagement darstellen. Unter Bezugnahme auf das in Abbildung 3-6 dargestellte synoptisch-praskriptive Ordnungsschema umfasst der hier vorgeschlagene Planungsprozess im Beschwerdemanagement demnach den folgenden Dreiklang (analog Hammer 1992, S. 164ff.; Homburg/Krohmer 2003, S. 368ff.):^^ (1) Analyse der strategischen Ausgangssituation (2) Generierung strategischer Altemativen bzw. Strategieoptionen (3) Bewertung und Auswahl der Strategiealternativen (1) Analyse der strategischen Ausgangssituation des Beschwerdemanagements: Die Formulierung und Auswahl einer Funktionalstrategie im Beschwerdemanagement sollte auf einer adaquaten Informationsbasis beruhen. Das Fundament bzw. „die erste logische Phase des strategischen Planungsprozesses" stellt daher eine umfassende strategische Situationsanalyse bzw. Ist-Analyse dar (Scherm/Rohde 1999, S. 7).^^ Das zentrale Ziel der strategischen Analyse ist es, die gegenwartige Ausgangssituation des fokalen Planungsgegenstands in seinen Umfeldern aufzuzeigen, d.h. auf systematische Weise aktuelle und potenzielle strategische Herausforderungen zu erheben, mit denen das Unternehmen in seiner Umwelt konfrontiert ist, um so die Ableitung geeigneter Strategieoptionen zu ermoglichen (Aeberhard 1996, S. 40; Grunig/Kuhn 2000, S. I l l ; Hungenberg 2000, S. 8). Wie diese Ausfuhrungen andeuten, umfasst die strategische Situationsanalyse klassischerweise die 56
Hinsichtlich dieser Zerlegung des Strategieformulierungsprozesses ist zu konstatieren, dass es sich um eine aus Grunden der Anschaulichkeit vorzunehmende, erhebliche Vereinfachung handelt. In der Unternehmensrealitat umfassen Planungsprozesse in hohem Ma(ie interdependente und sich uberlagernde Einzelstufen. Daher erfordern Planungssysteme selbst eine (Meta-) Planung, die als eigenes Forschungsfeld ihrerseits mannigfaltige theoretische Modellansatze umfasst, deren detaillierte Diskussion an dieser Stelle jedoch nicht zielfuhrend ware und daher unterbleibt. Der diesbezuglich interessierte Leser sei verwiesen auf z. B. Bleicher (1989), Bircher (1989) oder auch Hill (1989). 57 Analog verorten z.B. Hammer (1992, 8. 164f.), Menon et al. (1999, 8. 23) oder auch Pekayvaz (1985, 8. 35) die Situationsanalyse als Ausgangspunkt des strategischen Planungsprozesses.
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Entwurf einer strategischen Planungskonzeption
Betrachtung der Umwelt und des eigenen Unternehmens (Welge/AILaham 2001, S. 183). Beide Analysefelder gilt es in die Funktionalplanung des Beschwerdemanagements einzubeziehen. Mit der herrschenden Meinung werden bei der Umweltanalyse nochmals zwei Umweltdimensionen getrennt voneinander betraclitet. Zum einen wird empfohlen, den Einfluss der globalen Umwelt (auch als Makroumwelt bezeichnet) auf die Unternehmenstatigkeit zu untersuchen (Grunig/Kuhn 2000, S. 113; Homburg/Krohmer 2003, S. 375; Mann 1998, S. 233). Da diese jedoch lediglich einen mittelbaren Einfluss auf das Beschwerdemanagement ausubt, dient sie zur Bestimmung der strategischen Ausgangssituation im weiteren Sinne. Als zweite, deutlich wichtigere Umweltdimension stuft die Planungsliteratur die jeweilige unternehmerische Branche ein, die hier treffender als Aufgabenumwelt oder Mikroumwelt des Beschwerdemanagements bezeichnet werden soil (analog Franke 2002, S. 46; Grunig/Grunig 2000, S. 309; Mann 1998, S. 233). Im Rahmen der Unternehmensanalyse wird der Funktionsbereich Beschwerdemanagement als ,Quasi-Unternehmen im Unternehmen' zu betrachten sein. Das Zusammenspiel aus der Analyse der Aufgabenumwelt und der Analyse des Funktionsbereichs als Quasi-Unternehmen beschreibt die strategische Analyse der Ausgangssituation im engeren Sinne. Damit ergibt sich die in Abbildung 4-2 dargestellte Analysestruktur.
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Strategische Analyse des Funktionsbereichs Beschwerdemanagement
L
1
Umweltanalyse
Analyse der globalen Umwelt
Unternehmensanalyse
Analyse der Aufgabenumwelt
Analyse des Beschwerdemanagements als QuasiUntemehmen im Untemehmen
Strategische Analyse der Ausgangssituation im engeren Sinne
Strategische Analyse der Ausgangssituation im weiteren Sinne
Abb. 4-2:
Die vorgeschlagene Struktur der strategischen Analyse im Uberbiick; Quelle: Eigene Abbildung.
Die drei Analysefelder und die in dieser Arbeit gesetzten Akzentuierungen der diesbezuglichen Analyseprozesse seien kurz eriautert, da sie maflgeblich die Struktur der weiteren Ausfuhrungen pragen. Die globale Umwelt besteht aus unternehmensexternen Faktoren, die die Aktivitaten des Funktionsbereichs zwar beeinflussen konnen, dennoch aber einen (lediglich) indirekten Bezug zum Beschwerdennanagennent aufweisen. Ihr Einfluss ist nicht unternehmensspezifisch, sondern wirkt sich mehr oder minder stark auf alle Unternehnnen einer fokalen Branche aus (Mann 1998, S. 234). Bei der marktorientierten strategischen Unternehmensplanung werden hinsichtlich der globalen Umwelt ijblicherweise rechtlich-politische, kulturell-gesellschaftliche, wirtschaftliche und technologische Entwicklungen auf ihre Relevanz fur die Unternehmenstatigkeit durchleuchtet (Reckenfelderbaumer 2001, S. 206f.). Da die Gesamtunternehmensplanung kaum Beschwerdemanagement-spezifische Aspekte der Globalumwelt herauszufiltern vermag, sollte Beschwerdemanagement eine (grobe) eigenstandige Analyse der generel-
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Entwurf einer strategischen Planungskonzeption
len Umwelt durchfuhren. Primarziel ist es, Entwicklungen und Trends im globalen Umfeld aufzuspuren, die den Aufgabenbereich des Beschwerdemanagements grundlegend verandern k6nn(t)en (analog Grunig/Kuhn 2000, S. 113). Da die Untersuciiung der globalen Umwelt des Beschwerdemanagements zur Erkundung der strategischen Ausgangssituation im weiteren Sinne dient, wird sie den folgenden Analysestufen vorgelagert und in Teil 5 erfolgen. Die Analyse der Aufgabenumwelt eines Unternehmens stellt das zweite und in der Regel das zentrale, gleichzeitig aber auch „komplexeste Untersuchungsfeld der strategischen Analyse" dar (Aeberhard 1996, S. 49). Als Funktionsbereich ist Beschwerdemanagement in eine spezifische Aufgabenumwelt eingebettet, die es vor dem Hintergrund funktionalstrategische Optionen erarbeiten zu wollen, zu analysieren gilt. Aufgrund der sehr ausdifferenzierten Diskussion hinsichtlich der Aufgabenumweltanalyse herrscht jedoch keine Einigkeit uber die im Einzelnen zu betrachtenden Analysegegenstande (Aeberhard 1996, S. 49)^^ Gleichwohl dient hier in besonderem MafJe die verelnbarte Strategieinhaltsdimension als Orientierungsbasis, um Aussagen uber die relevanten Analyseelemente eines marktorientierten Beschwerdemanagements abzuleiten. Im konzeptionellen Einklang mit der vorangegangenen Bestimmung der Marktorientierung als Leitlinie der Strategieformulierung wird der Analysefokus auf Kunden und Konkurrenten des Beschwerdemanagements gerichtet. Die Strategieinhaltsdimension stellt jedoch lediglich eine erste Strukturierungshilfe dar. Um noch feinere Analyseergebnisse zu erzielen, bietet sich im Rahmen einer marktorientierten Strategieplanung die Analyse unterschiedlicher Produkt-Markt-Kombinationen, so genannter strategischer Geschaftsfelder, des Beschwerdemanagements an (analog Scherm/Fey 1999b, S. 13f.). Die herausragende Bedeutung der Identifikation strategischer Geschaftsfelder als Plattform der Strategieformulie^^ Einen Uberblick uber die Heterogenitat der von verschiedenen Autoren vorgeschlagenen Analysebereiche gibt Aeberhard (1996, S. 49).
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rung wird daran deutlich, dass diese in der einschlagigen Literatur als erster Schritt (Drucker 1964, S. 67) bzw. als Metaentscheidung im Vorfeld der Strategieableitung angesehen wird (Brink 1983, S. 1100). Entsprechend intensiv wird in Teil 6 (Kapitel 6.2) die Bestimmung strategischer Gesciiaftsfelder des Beschwerdemanagements, als Tell der Aufgabenumweltanalyse im engeren Sinne, betrieben. Die Unternehmensanalyse stellt neben der Umweltanalyse den zweiten zentralen Untersuchungsbereich innerhalb der Analyse der strategischen Ausgangssituation im engeren Sinne dar (Workman et al. 1998, p. 27f). Im Rahmen der Funktionsbereichsplanung ist der Beschwerdemanagement-Bereich als Analogon zum Unternehmensverstandnis der Gesamtunternehmensplanung anzusehen. Die Bereichsleitung Beschwerdemanagement wird somit zum fokalen Akteur, der, wie es Kanter oben gefordert hat, als ,Minibusiness' bzw. als ,Quasi-Unternehmen im Unternehmen'^^ strategisch zu planen und seine gegebene Situation zu analysieren hat. Aufgrund der Vielzahl denkbarer Anknupfungspunkte ist erneut eine Fokussierung bzw. Spezifizierung dieser Analysestufe geboten. Hierbei wird dem Hinweis Mosieks (2002, S. 150) gefolgt, der unterstreicht, dass sich die von einem Funktionsbereich angebotene Leistung, seine Nachfrager und seine Organisation gegenseitig bedingen und daher idealerweise einer simultanen strategischen Analyse bedurfen. In diesem Sinne wird die Organisationseinheit Beschwerdemanagement analysiert und als Spiegelbild der strategischen Geschaftsfelder in strategische Geschaftseinheiten aufgegliedert. Dies ist der zweite Schwerpunkt der Analyse in Teil 6 (Kapitel 6.3) der vorliegenden Arbeit. Um ein fundiertes Verstandnis der Ausgangssituation des Beschwerdemanagements zu erzielen, bedarf es eines dritten Analyseschwerpunkts im sechsten Teil der Arbeit. Es wird zu untersuchen sein, unter MaUgabe
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Diese Bezeichnung dient zur Veranschaulichung und impliziert nicht notwendigerweise ein innerbetriebliches Unternehmertum im Sinne der Theorie der Unterneiimerfunktionen (siehe hierzu Reckenfelderbaumer 2001).
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welcher innerbetrieblichen Rahmenbedingungen das Beschwerdemanagement als Quasi-Unternehmen agiert (Kapitel 6.4). (2) Generierung strategischer Alternativen: Anschliefiend wird auf diese Informationsbasis aufzubauen und die Analyseperspektive zur letztendlichen Generierung strategischer Alternativen abermals zu verfeinern sein. Es gilt alternative Funktionsbereichsstrategien zu reflektieren, die als langfristig ausgerichtete Verhaltensleitlinien die Bereichsaktivitaten zielorientiert bundein und aufeinander abstimmen. Beschwerdemanagementstrategien sollen den Orientierungsrahmen fur die detaillierte inhaltliche Ausgestaltung und Konfiguration der Instrumentalebenen des direkten und indirekten Beschwerdemanagements darstellen. Ferner mussen sie geeignet sein, einen kanalisierenden Weg zur Erreichung der funktionalen Ziele im und fur das Unternehmen zu dienen, sowie daruber hinaus Kontinuitat und Konsistenz im Management von Beschwerden zu gewahrleisten. Das konzeptionelle Fundament fur die Bestimmung alternativer Strategieoptionen in den Teilen 7, 8 und 9 wird die vereinbarte Strategieinhaltsmaxime eines marktorientierten Beschwerdemanagements bilden. (3) Bewertung und Auswahl der Strategiealternativen: Strategiebewertung und -auswahl bilden den logischen Abschluss der strategischen Planung und die Voraussetzung der Strategieimplementierung (Scherm/Rohde 1999, S. 66). Als Funktionalstrategien sind die Beschwerdemanagementstrategien im Lichte der Situation des Gesamtunternehmens zu beurteilen. Fur die Bewertung der strategischen Optionen des Beschwerdemanagements wird dabei das so genannte ,Stimmigkeitskonzept' (,Concept of Fit') herangezogen. Zentraler Bewertungsgegenstand im Concept of Fit ist, die Kompatibilitat mit anderen Strategien und Rahmenbedingungen dergestalt zu gewahrleisten, dass „sie sich in ihrer Finalitat unterstutzen oder zumindest in ihren gegenseitigen Einflussen neutral hinsichtlich der verfolgten Ziele sind" (Scherm/Rohde 1999, S. 68). Diese Strategiebeurteilung wird in Teil 10 vorzunehmen sein.
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Ausgangspunkt der Uberlegungen ist jedoch zunachst die globale Umweltanalyse als erste Phase der Ist-Analyse. Sie stellt eine Vorstufe der beiden sich anschlieflenden Ebenen der Situationsanalyse im engeren Sinne dar, die in Teil 6 im Mittelpunkt stehen werden.
5 Analyse der globalen Umwelt als Rahmenfaktor der Strategieformulierung im Beschwerdemanagement Als globale Oder generelle Umwelt des Beschwerdemanagements konnen alle nicht untemehmensspezifischen Rahmenbedingungen innerhalb eines bestimmten geographischen Raumes aufgefasst werden, die zwar den Handlungsspielraum des Beschwerdemanagements beeinflussen, aber lediglich als mittelbare Einflussfaktoren einzustufen sind (analog Scherm/Fey 1999, S. 16; Welge 1980, S. 260). Da es dem Beschwerdemanagement selbst kaum moglich ist, diese Umfeldaspekte zu kontrollieren oder zu steuern, ist die globale Umwelt als gegebene Rahmenordnung der Strategieformulierung anzusehen. Entsprechend geht es in erster Linie darum, relevante Veranderungen in verschiedenen Umweltdimensionen zu identifizieren und deren zukunftige Relevanz fur die Aufgabenstellung des Beschwerdemanagements zu reflektieren. Prioritat erfahren dabei diejenigen Untersuchungsfelder mit dem hochsten Einflusspotenzial auf die bestehenden und/oder kunftigen Tatigkeitsfelder des Beschwerdemanagements. Gerade in ihrer potenziell enormen Untersuchungsbreite liegt jedoch die Hauptgefahr der globalen Umweltanalyse, die mitunter das Risiko des Ausuferns belnhaltet (Grunig/Kuhn 2000, S. 113). Daher ist es ein der globalen Umweltanalyse inharentes Faktum, dass die Abgrenzung der betrachteten Felder letztlich immer intuitiv erfolgt und auf die spezifische Unternehmenskonfiguration abzustimmen ist (Aeberhard 1996, S. 40). Demnach kann der Anspruch an dieser Stelle lediglich sein, einige wenige, fur ein Beschwerdemanagement im Allgemeinen relevante Umweltentwicklungen schlaglichtartig zu skizzieren. Die globale Umwelt wird fur die Analysezwecke in die vier benannten Dimensionen rechtlich-politisches, kulturell-gesellschaftliches, wirtschaftliches und technologisches Umfeld aufgeteilt und in dieser Reihenfolge im Weiteren analysiert (Welge/AI-Laham 2001, S. 185).
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Analyse der globalen Umwelt als Rahmenfaktor der Strategieformulierung
5.1 Rechtlich-politische Umweltdimension Die rechtliche und die politische Umweltdimension umfassen alle Einflijsse des Staates sowie aller anderen gesetzgebenden Korperschaften auf eine Untemehmung (Welge/AI-Laham 2001, S. 186). Die grundlegende Bedeutung dieses Umweltbereichs erwachst aus seinem Einflusspotenzial, auf nationaler, intemationaler und eventuell supranationaler Ebene verbindiiche Reciitsvorschriften eriassen und damit den Betatigungsspielraum des Beschwerdemanagements bzw. die Raiimenbedingungen fur dessen Aufgabenerfullung gestalten zu konnen. Auf einer ersten Stufe muss sich Beschwerdemanagement daiier mit den besteiienden Rechtsnormen befassen, die eine Wirkung auf den eigenen Aufgabenbereich entfalten (5.1.1). Eine zweite Reflexionsebene sollte die politische Dimension erfassen, die ihrerseits den Rechtsrahmen determiniert und folglich als mittelbare Einflussgrofie des Beschwerdemanagements gelten kann (5.1.2). 5.1.1
Rechtliche Umweltdimension
Rechtliche Normen lassen sich nach ihrem primaren Wirkungsbereich strukturieren, d.h. danach, ob sie tendenziell die interne oder externe Sphare eines Unternehmens regulieren (Scherm/Rohde 1999, S. 17). Unternehmensinterne Auswirkungen entfalten beispielsweise gesellschafts-, arbeits-, und tarifrechtliche Regelungen, sowie Sicherheits- und Prufvorschriften. Dagegen werden die externen Unternehmensbeziehungen grundlegend von Gesetzen und Verordnungen im Bereich z.B. der Finanz-, Wirtschafts-, Steuer-, Wettbewerbs- und Konjunkturpolitik sowie des Aufienhandels, Patentschutzes oder Umweltschutzes bestimmt. Einzelne Gesetze wirken sowohl in der internen wie auch der externen Unternehmenssphare, so z.B. der Sozial- und Gesundheitsschutz. Da VerstoUe gegen diese einschlagigen Gesetzgebungen sanktioniert werden, ist deren Beachtung in der Regel eine notwendige Voraussetzung fur jede Strategieformulierung (Scherm/Rohde 1999, S. 17). Zweifelsohne
Rechtlich-politische Umweltdimension
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sind diese Aspekte auch fur die Analyse des Rechtsrahmens eines Beschwerdemanagements relevant. Beispielsweise sind im internen Bereich unterschiedliche Rechtsnormen aus Datenschutz-, Mitbestimmungs- Oder Kundigungsschutzgesetz vom Beschwerdemanagement zu beachten. Ziel des Beschwerdemanagements muss aber sein, noch Funktionsbereichs-spezifischere, also auf die eigene Aufgabenstellung bezogene, Rechtsnormen bei der Strategieableitung zu berucksichtigen. Eine zentrale Herausforderung hierbei ist allerdlngs, dass die bundesdeutsche Gesetzgebung keine spezifischen Rechtsvorschriften fur ein unternehmerisches Beschwerdemanagement vorsieht. Daher muss die Bereichsleitung potenziell relevante Bereiche der Gesetzgebung bzw. Rechtsprechung selbst identifizieren. Wie aus den vorangegangenen Ausfuhrungen hervorging, ist Beschwerdemanagement grundsatzlich dem Marketing zuzurechnen. Als erster Orientierungspunkt kann daher der Rechtsrahmen unternehmerischer Marketingaktivitaten dienen, wie er beispielsweise durch Vorschriften des Produkt-, Marken-, Preis- und Werbe- bzw. Medienrechts bestimmt wird (Mann 1998, S. 256; Schroder 1995, Sp. 2215ff.). Von vergleichsweise grofierer Relevanz fur das Beschwerdemanagement sind die Rechtsnormen, die sich auf Service- bzw. Kundendienstangebote des Unternehmens beziehen. Doch auch fur Kundendienstleistungen existiert kein eigenes Gesetz. Vielmehr wird das unternehmerische Serviceangebot von einer Vielzahl unterschiedlicher Gesetze beeinflusst (Steckler 1999, S. 289ff.). Von Bedeutung sind vor allem Regelungen im Bereich der Produzenten- bzw. Produkthaftung (Standop 1982; Zerres 2002, S. 7), der Gewahrleistungsanspruchsnormen wie sie sich aus dem Kaufvertragsrecht und dem Gesetz zu den Ailgemeinen Geschaftsbedingungen ergeben (Dahms 1989, S. 48; Zerres 2002, S. 7ff.), dem Verbraucher(schutz)recht sowie der Garantie- und Re-
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Analyse der globalen Umwelt als Rahmenfaktor der Strategieformulierung
klamationsregelung (Ahlert/Schroder 1996, S. 157ff.).^° Im Beschwerdemanagement muss in diesen einschlagigen Bereichen der Gesetzgebung eine Mindestkompetenz aufgebaut und erhalten werden. Da nicht alle Gesetzgebungsfelder an dieser Stelle beleuchtet werden konnen, ist eine Strukturierung der Rechtsnormen im Lichte des Beschwerdemanagements hiifreicii. Dabei istzu unterscheiden in Rechtsnormen, die (1) den Aniass der Inanspruchnahme des Besciiwerdemanagements durch einen Kunden begrunden, (2) mit dem Angebot eines Beschwerdemanagements einhergeiien bzw. aufgrund der Inanspruchnahme durch den Kunden greifen, (3) den Aktionsrahmen des Beschwerdemanagements abgrenzen (analog Ahlert/Flocke 1982, S. 242ff.; Fassott 1995, S. 179ff.; Mann 1998, S. 256ff; Muser 1988, S. 221; Schroder 1995, Sp. 2220). (1) Rechtliche Verpflichtungen des Unternehmens als Aniasse fur die Einrichtung des Beschwerdemanagements bzw. dessen Inanspruchnahme durch den Kunden: Die hier zu betrachtenden Rechtsnormen stellen eine zentrale Notwendigkeit dafur dar, uberhaupt ein Beschwerdemanagement im Markt anzubieten. Primare Bedeutung ist den Gewahrleistungsanspruchen der Konsumenten aus §§459-492 BGB bzw. §§633ff. BGB zuzusprechen, die die Wandelung, die Minderung der Kaufsumme sowie die Nachbesserung durch den Verkaufer regein (Dahms 1989, S. 48; Fassott 1995, S. 180; Steckler 1999, S. 308). Von Relevanz sind ferner die auf Basis des Gesetzes zur Regelung Allgemeiner Geschaftsbedingungen (AGBG) abgegebenen Garantiezusagen eines (produzierenden bzw. handelnden) Unternehmens an seine Kunden (Ahlert/Schroder 1996, Derartige Rechtsnormen sollten vom Beschwerdemanagement in Grundzugen beherrscht werden, urn die Beschwerdereaktion bewusst planen zu konnen (z.B. kann eine vormals grofizugige Regelung nach Gesetzesmodifikation faktisch nicht mehr als besonders kulant sondern ggf. sogar kaum akzeptabel angesehen werden oder gar einen juristischen Anspruch des Kunden begrunden. Man denke beispielhaft an die jungst neu geregelten Entschadigungsanspruche von Bahn- und Alrlinekunden).
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S. 156f.; Steckler 1999, S. 302). Daruber hinaus sind die bundesdeutschen bzw. europaischen Richtlinien zur Produzentenhaftung zu bedenken (Zerres 2002, S. 7ff.). Das in diesem Kontext zu verortende Produktsiciierheitsgesetz verpflichtet Hersteller beispielsweise dazu, eine Produktsicherheitsorganisation im Unternehmen einzuriciiten und ist eine juristische Grundlage fur eine tendenzieli zuneinmende Verantwortung der Anbieter hinsichtlich der Produktbeobachtungspflicht und eine Versciiarfung der Anbieterhaftung (Steckler 1999, S. 307). GemaU dieser Rechtsvorschriften haftet ein Unternehmen auch ohne eigenes Verschulden berelts dann, wenn durch die Nutzung seiner iiergesteiiten Marktieistung Schaden auf Nachfragerseite entstanden sind (Mann 1998, S. 257). Beschwerdemanagement erfullt hier uber die interne Informationsfunktion eine wichtige Fruhwarnfunktion im Hinblick auf potenzielle Marktrisiken. Gleichzeitig kann es im Rahmen der externen Informationsfunktion des Beschwerdemanagements aber auch zur Aufklarung und Instruktion der Nachfrager wahrend der Marktphase einer Leistung dienen, um das Risiko einer Produzentenhaftung abzuwenden bzw. zu reduzieren. Beschwerdemanagement wird somit zum Praventivinstrument der Produktuberwachung (Fassott 1995, S. 180). (2) Rechtliche Verpflichtungen als Folge der Einhchtung eines Beschwerdemanagements und dessen Inanspruchnahme durch den Kunden: Sofern ein Unternehmen Beschwerdemanagement betreibt, unterliegt dieses verschiedenen Rechtsnormen. Dies sei anhand zweier unterschiedlicher Beispiele verdeutlicht. Das erste Beispiel bezieht sich erneut auf die §§459 mit 463 BGB. Diese regein auch die Haftungsanspruche des Beschwerdefuhrers im Kontext einer mangelhaften Leistung im Rahmen des Beschwerdemanagements selbst, die mittel- oder unmittelbar zu Schaden beim Kunden Oder der von ihm in Anspruch genommenen Kernleistung des Unternehmens gefuhrt haben (analog Mann 1998, S. 257). Hier resultiert
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Analyse der globalen Umwelt als Rahmenfaktor der Strategieformulierung
also die unzulangliche Leistungserbringung Oder eine falsche bzw. missverstandliche Instruktion des Beschwerdemanagements in einem Rechtsanspruch des geschadigten Beschwerdefuhrers gegen das Unternehmen (analog Schroder 1995, Sp. 2220). Beschwerdemanagement kann somit offensichtlich selbst der Verursacher eines so genannten Marktfolgeschadens bzw. Mangelschadens werden (Stockier 1999, S. 300f.). Das zweite Beispiel knupft an den Charakter des Beschwerdemanagements als Kulanzleistung des Unternehmens an, die dem Kunden gegenuber kostenlos erbracht wird und fur die mitunter keine rechtliche Verpflichtung aufgrund einer Garantiezusage oder Gewahrleistungsbedingung besteht. Daraus ergeben sich (in Unternehmen entsprechender Rechtsform) Konsequenzen aus dem Aktiengesetz. So sind die fur das Beschwerdemanagement bereit zu stellenden Kulanzbudgets in den Posten fur „Ruckstellungen fur Gewahrleistungen, die ohne rechtliche Verpflichtung erbracht werden" (§ 152 VII Nr. 2 AktG) einzustellen (Dahms 1989, S. 48). Die Hohe dieser Ruckstellungen wird durch das Aktiengesetz begrenzt, da der genannte Ruckstellungsposten das nach den betrieblichen Verhaltnissen angemessene MaR> nicht uberschreiten darf (Dahms 1989, S. 48). Damit wird der finanzielle Spielraum eines Beschwerdemanagements mitunter beschrankt. (3) Rechtliche Beschrankungen des Aktionsrahmens eines Beschwerdemanagements: Derartige Limitierungen des Spielraums im Beschwerdemanagement bestehen vor allem im Lichte des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschrankung (GWB) und des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) (analog Ahlert/Schroder 1996, S. 167; Vorbrugg/Berrar 1998, S. 80f.; Zerres 2002, S. 15f.). Beispielhaft sei die Relevanz des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschrankung anhand des §15 GWB belegt. Dieser Paragraf greift, wenn ein produzierendes Unternehmen sein Beschwerdemanagement in Kooperation mit Absatzmittlern betreibt und untersagt rechtliche Einflussmoglich-
Rechtlich-politische Umweltdimension
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keiten eines Herstellers auf die Gewahrleistungspolitik der mit ihm zusammenarbeitenden Handelsuntemehmen (Fassott 1995, S. 183). Die Konsequenz dieser Rechtsnorm kann fur das Beschwerdemanagement erheblich sein, sofern einzelne Absatzmittler eine mit der Herstellerpolitik nicht vereinbare Gewahrleistungsphilosophie verfolgen. Diese zwangslaufig nur holzschnittartig aufgezeigten Beispiele relevanter Rechtsnormen sollen genugen, urn die Komplexitat angedeutet zu haben, der sich eine Bereichsleitung Beschwerdemanagement bei der Reflexion der juristischen Umweltdimension gegenubersehen kann. Letztlich ist die konkrete Relevanz verschiedener Rechtsregelungen stets im entsprechenden Entscheidungskontext des jeweiligen Unternehmens zu beurteilen (Mann 1998, S. 249). Da die hierfur erforderlichen Fachkompetenzen aber kaum im Beschwerdemanagement, sondern vielmehr In der betrieblichen Rechtsabteilung konzentriert sind, ist es in hohem Mafle denkbar, dass hinsichtlich der skizzierten Gesetzgebungsanalyse eine enge Abstimmung mit diesem spezialisierten Funktionsbereich erfolgt. 5.1.2
Politische Umweltdimension
Die politische Umwelt ist eine in hohem Mafie diffuse und komplexe Analysedimension. Ein Beschwerdemanagement-Bereich kann daher nur ansatzweise die Entwicklungen unter funktionalen Gesichtspunkten verfolgen. Einen Schwerpunkt der fur ein Beschwerdemanagement relevanten politischen Umwelt stellt die Frage der Verbraucherpolltik dar (Andreasen/Manning 1980, S. 77f.; Kuhlmann 1990, S. 426ff.; Meier 1984, S. 99; Warland et al. 1975, S. 156f.), die sowohl auf nationaler als auch europaischer Ebene gestaltet werden kann. Die Verbraucherpolltik der Europaischen Union (EU) gibt die Handlungssplelraume fur nationale verbraucherpolitische Madnahmen und Strategien der Mitgliedsstaaten vor (Reisch 2003, S. 7), weshalb die Betrachtung zunachst mit der europaischen Ebene beginnt, bevor die bundesdeutsche Verbraucherpolltik
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Analyse der globalen Umwelt als Rahmenfaktor der Strategieformulierung
umrissen wird. Abschliefiend ist die Relevanz der Verbraucherpolitik fur ein Beschwerdemanagement zu reflektieren. Zuvor aber soil Verbraucherpolitik begriffllch abgegrenzt und ihre Bedeutung aufgezeigt werden. Kuhlmann (1995, Sp. 2530, Herv. im Orig.) definiert Verbraucherpolitik als das Handein offentlicher und privater Handlungstrager, das primar auf die „Sicherung und Verbesserung des Bedurfnisbefriedigung der Mitglieder privater Haushalte (Verbraucher) ausgerichtet ist." Reisch (2003, S. 5) spezifiziert dieses Verstandnis und beschreibt Verbraucherpolitik im engeren Sinne als „alle fur die Verbraucher relevanten Rechts-, Sicherheits- und Wirtschaftsfragen, unter Einschluss von Fragen des gesundheitlichen Verbraucherschutzes und der Ernahrung; hinzu kommen die Themen Verbraucherforschung, Verbraucherinformation und -bildung sowie die Forderung der Verbraucherverbande und kooperativen Aktionen, urn die strukturbedingte Schwache der Verbraucherseite bei Informationsbeschaffung, Organisationsgrad und Interessenvertretung auszugleichen und die Marktbalance zwischen den Marktteilnehmern herzustellen bzw. zu wahren." Wie diese Definitionen verdeutlichen, ist es, basierend auf der Pramisse der Gleichrangigkeit von Konsumenten- und Produzenteninteressen, das zentrale verbraucherpolitische Ziel, die Chancengleichheit zwischen Konsumenten und Anbietern eines Marktes zu gewahrleisten (Mahling 1983, S. 25f.).^^ Einem Staat kommt die Aufgabe zu, die Rahmenbedingungen fur ein sozialvertragliches Markthandeln zu schaffen und den Verbraucher zu schutzen ohne ihn zu bevormunden. Dem Konsumenten soil stets die Moglichkeit gegeben sein, individuell oder organisiert, seine Interessen zum Ausdruck bringen und das Marktgeschehen durch Abwanderung, Widerspruch oder Loyalitat beeinflussen zu konnen (Reisch 2003, S. 22).
^^ Ein detallliertes Zielsystem der Verbraucherpolitik entwickelt Kuhlmann (1990,S. 73ff.).
Rechtlich-politische Umweltdimension
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Verschiedene Entwicklungen der globalen okonomischen Rahmenbedingungen fuhrten zu einer zunehmenden Bedeutung der Verbraucherpolitik. Insbesondere sind die gestiegene Komplexitat der Marktbeziehungen sowie die Deregulierung und Offnung internationaler Markte zu nennen (Reisch 2003, S. 11). Vor dem Hintergrund dieser modernen Marktanforderungen ist es ein Aniiegen der verbraucherpolitischen Verantwortung, den Konsumenten faire Chancen im Marktgeschehen einzuraumen und gleichzeitig ihre Konsumkompetenz zu fordern. Neben dieser Veranderung der okonomischen Gegebenheiten losten aber auch verschiedene Lebensmittel- bzw. Arzneimittelskandale (z.B. BSE, Schweinepest, Lipobay) eine umfassende gesellschaftliche Diskussion verbraucherpolitischer Fragen aus. Dies erzeugte politischen Handlungsdruck, der zu einer verstarkten Beachtung der Verbraucherpolitik fuhrte und diese von einem vergleichsweise unwichtigen Teilbereich der Wirtschaftspolitik zu einer bedeutenden Komponente im Kanon der europaischen und deutschen Wirtschafts-, Gesellschafts- und Nachhaltigkeitspolitik werden lie(J (Reisch 2003, S. 16). Die europaische und deutsche Dimension soil kurz skizziert werden. Auf europaischer Ebene sind verschiedene Initiativen eingeleitet worden, die eine verstarkte Selbstverpflichtung der Politik zum Verbraucherschutz erkennen lassen. Eine fundamental Komponente bildet die erarbeitete „Verbraucherpolitische Strategie 2002 - 2006" der Europaischen Kommission, die drei zentrale Ziele verfolgt (o.V. 2002a, S. 14ff.): (1) Innerhalb der Mitgliedsstaaten der EL) soil ein gleichmaUig hohes Verbraucherschutzniveau gewahrleistet werden. (2) Ein zweites Ziel ist die wirksame Durchsetzung und einheitliche Anwendung der Rechtsvorschriften zum Schutz der Verbraucher unter einer grenzuberschreitenden Kooperation nationaler Vollzugsorgane. Erganzt wird diese Zielsetzung durch den Aufbau eines ,International
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Analyse der globalen Umwelt als Rahmenfaktor der Strategieformulierung
Marketing Supervision Network (IMSN)' zur Beobachtung der unternehmerischen Marketingpraktiken.^^ (3) Das dritte Ziel sieht vor, europaische Verbraucherzentren einzurichten und Verbraucherverbande generell verstarkt zu fordern. Beispielsweise sollen Verbraucherverbande inhaltlich und prozessual in erhohtem Malie in die EU-Politik einbezogen werden (u.a. wird ein Ausbau der Kompetenzen der Verbraucherverbande angestrebt). Die europapolitische Grundverantwortung setzt sich maligebiich in der bundesdeutschen Politik fort. Hinsichtlich der nationalen Ebene gilt es staatliche und zivilgesellschaftliche Akteure der Verbraucherpolitik zu unterscheiden (Reisch 2003, S. 6). •
Auf staatlicher Seite sind Im Parlannent der Ausschuss fur Verbraucherschutz, Ernahrung und Landwirtschaft und in der Regierung das zu Beginn des Jahres 2001 geschaffene Bundesministerium fur Verbraucherschutz, Ernahrung und Landwirtschaft (BMVEL) nnit der Gestaltung und Umsetzung der Verbraucherpolitik beauftragt.
•
Als zivilgesellschaftliche Akteure gelten die verschiedenen Selbstund Fremdorganisationen der Konsumenten und hierbei insbesondere die Verbraucherorganisationen. Das Selbstverstandnis von Verbraucherorganlsationen (im engeren Sinne) ist es, sich hauptsachlich fur die allgenneinen Belange der Verbraucher einzusetzen (Reisch 2003, S. 6).^^ Die bekanntesten Verbraucherorganisationen im engeren Sinne sind in Deutschland der „Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv)", der als Dachorganisation 16 angeschlossene
Das IMSN ist ein Zusammenschluss von Aufsichtsbehorden aus 29 Landern. Die Aufgabe dieses Netzwerks ist es, samtiiche Informationen uber grenzuberschreitende Handelspraktiken zu erheben und miteinander auszutauschen, die die Interessen der Verbrauclier beruhren konnten (o.V. 2002a, S. 23). Als Verbraucherorganisationen im weiteren Sinne gelten Organisationen, die sich nur dann mit verbraucherpolitischen Fragen befassen, wenn diese im Zusammenhang mit den Zielen der jeweiligen Organisationen Bedeutung eriangen (z.B. Organisationen des Natur- und Umweltschutzes Oder der DGB) (ebd.).
Rechtlich-politische Umweltdimension
153
Verbraucherzentralen der Bundeslander sowie 22 weitere Verbraucherorganisationen vertritt (o.V. 2002b, S. 20). Daneben widmen sich weitere Organisationen entweder branchen- oder themenspezifischen Verbraucherfragen, wie z.B. der ,Bund der Versicherten', ,foodwatch e.V.' oder .ProBahn'.^"^ Ohne auf weitere Details eingehen zu konnen, wird die Relevanz der Verbraucherpolitik fur das Beschwerdemanagement, und hier in erster LInie fur dessen Selbstregulierungsfunktion, bereits deutlich. Aus Sicht des Beschwerdemanagements kommt es darauf an, die aus dem verbraucherpolitischen Rahmen resultierenden Entwicklungen bzw. Konsequenzen fur das eigene Aufgabenfeld zu identifizieren und unternehmerische Implikationen abzuleiten. Derartige Schnittstellen zwischen Beschwerdemanagement und Verbraucherpolitik ergeben sich insbesondere dort, wo Verbraucherpolitik sowohl die individuelle Schadensvermeidung der Verbraucher als auch die Forderung wirksamer Verbraucherorganisationen im Zusammenspiel der Marktteilnehmer (also Konsument 64
Das Zusammenwirken staatlicher (europaischer sowie nationaler) und nicht-staatlicher Instanzen zum Verbraucherschutz wird am Beispiel des Ombudsmannsystems im (Privat-) Banl<ensektor deutlich. Im Jahre 1990 richtete die damalige EG-Kommission eine Aufforderung an die nationalen Regierungen, Kundenbeschwerdestelle fur (grenzuberschreitende) Finanztransaktionen entweder bei einer staatlichen Behorde oder der Zentralbank vorzusehen bzw. die Grundung einer speziellen Instanz zu fordern. Nicht zuletzt diese EnA/artung der EG-Kommission fuhrte dazu, dass der Bundesverband deutscher Banken im Jahre 1991 die Einrichtung einer Ombudsmannstelle als unabhangige Instanz zur Schlichtung von Konflikten zwischen Kunden und privaten Banken beschloss (Hellner 1991, S. 667; Fluckiger et al. 2002, S. 4). Jeder Kunde, der meint, durch das Verhalten seines Kreditinstituts Nachteile eriitten zu haben, kann sich kostenlos und bis zu einem Streitwert von bis zu € 5.000 an diese Ombudsstelle wenden, deren Schlichterspruch fur die am System teilnehmenden Banken bindende Wirkung hat (o.V. 2004a, S. 3f.). Aus Sicht eines Beschwerdemanagements im Bankensektor wird die Relevanz derartiger branchenspezifischer Schlichtungsstellen anhand zweier Indikatoren nachdrucklich unterstrichen: Zum einen wird der Instanz des Ombudsmannes im Bankensektor eine ausgepragte Medienprasenz eingeraumt, so dass allein im Jahre 2003 in Deutschland nahezu 20 Millionen Leser von Zeitungen und Zeitschriften uber das Ombudsmannverfahren der Privatbanken informiert wurden. Zum anderen, und dieser Aspekt ist mit ersterem verknupft, weist diese Schlichtungsstelle, wie analoge Instanzen in anderen Branchen ebenfalls, eine eindeutige Wachstumstendenz hinsichtlich der eingegangenen Beschwerden auf, die sich im Zeitraum der letzten zwei Jahre auf 56% belief und in einem historischen Hochststand von mehr als 3.100 Beschwerdeeingangen resultiert (o.V. 2004b, 8. 32f.).
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Analyse der globalen Umwelt als Rahmenfaktor der Strategieformulierung
und Anbieter) betreibt. Anknupfend an die eben zitierte „Verbraucherpolitische Strategie 2002 - 2006" der EU ist also beispielsweise dem dort vorgesehenen ,International Marketing Supervision Network (IMSN)' ebenso grofie Bedeutung beizumessen wie dem Vorhaben, die Stellung der Verbraucherverbande generell zu starken. Ferner kann es zur Analyse der globalen Umwelt gehoren, die Einrichtung einschlagiger politischer Arbeitsgruppen zu beobachten und eventuell in die Diskussion mit diesen eingebunden zu werden. Ferner konnen Gesetzesvorhaben bzw. eingeleitete Gesetzgebungsverfahren auf ihre Beschwerdemanagement-Relevanz innerhalb einer fokalen Branche beobachtet werden. Daruber hinaus konnte die Selbstregulierungsfunktion des Beschwerdemanagements dergestalt interpretiert werden, dass Beschwerdemanagement mit verbraucherpolitischen Instanzen zusammenarbeitet. Hansen/Schoenheit (1986, S. 453f.) berichten diesbezuglich bereits fruhzeitig von Beispielen aus den USA. Unter der Obhut des ,Office of Consumer Affairs' wurde eine "National Consumer Week" etabliert, in deren Rahmen Unternehmen der Offentlichkeit ihr jeweiliges verbraucherpolitisches Engagement vorstellen. Auch das Buro des ,Advisor on Consumer Affairs to the President' veroffentlicht ein "Consumer's Resource Handbook", in dem Konsumenten aktiv dazu aufgefordert werden, sich mit den betreffenden Unternehmen zur Klarung der Beschwerden in Verbindung zu setzen (ebd.). Deshalb enthalt diese Publikation die Kontaktdaten der Beschwerdemanagement-Bereiche in den wichtigsten Unternehmen. Derartige Initiativen sind in Deutschland bislang die Ausnahme. Insbesondere scheinen nur wenige Beschwerdemanagement-Bereiche ihre Selbstregulierungsfunktion (pro-)aktiv wahrzunehmen. Beispielsweise veroffentlicht das Land Niedersachsen jahrlich eine Schrift mit dem Titel "Konfliktschlichtung: Audergerichtliche Streitvermittlung in Niedersachsen" (o.V. 2004c), die aktuell auf nahezu 30 Seiten Drittinstitutionen als Aniaufstelle fur unzufriedene Kunden auffuhrt; Kontaktdaten von betrieblichen Beschwerdemanagern sucht der Leser allerdings vergebens.
Kulturelle und gesellschaftliche Umweltdimension
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5.2 Kulturelle und gesellschaftliche Umweltdimension Im Zuge der Intemationalisierung bzw. Globalisierung wirtschaftlicher Aktivitaten erfahrt die Kultur als Einflussfaktor des Konsumentenverhaltens zunehmend wissenschaftliche Aufmerksamkeit. Auch im Kontext des Beschwerdemanagements gilt es Zusammenhange zwischen Kultur und Kundenverhaltensweisen zu berucksichtigen (5.2.1). Daneben sind allgemeine gesellschaftliche Entwicklungen fur ein Beschwerdemanagement von Bedeutung, da diese als generelles Phanonnen einen Groliteil der Kunden (und Beschwerdefuhrer) einer Untemehmung betreffen (5.2.2) (Homburg/Krohmer 2003, S. 378). 5.2.1
Kulturelle Umweltdimension
Beschwerdemanagement ist der Kern des Kundenbeziehungsmanagements (Stauss/Seidel 2005a). Daher sind Erkenntnisse uber kulturelle Besonderheiten der Kunden im Kontext des Beziehungsmarketing von groflem Interesse. Bine umfassende Wurdigung der vor allem jungst intensivierten diesbezuglichen Forschungsarbeiten kann hier nicht geleistet werden (siehe z.B. Arnold/Bianchi 2001; Batonda/Perry 2003; Leo et al. 2005). Stattdessen sollen einzelne Forschungserkenntnisse die grundlegende Relevanz der Kultur im Beschwerdekontext illustrieren; dabei wird zum einen die Kunden- und zum anderen die Mitarbeiterseite beleuchtet. Bereits in einer fruhen Veroffentlichung weisen Day et al. (1981) auf den Einfluss des kulturellen Umfelds auf die Beschwerdeneigung der Kunden hin. So gilt belspielsweise in verschiedenen Landern, insbesondere Ostasiens, die Artikulation einer Beschwerde als wenig erwunschtes Verhaltensmuster (Chiu et al. 1988; Liu/McClure 2001). Daraus ergibt sich die Notwendigkeit besonders sensitiver bzw. intensiver Beschwerdestimulierung und einer entsprechend empathisch gepragten Beschwerdeannahme auf Seiten der Unternehmen. Neben Besonderheiten hinsichtlich
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Analyse der globalen Umwelt als Rahmenfaktor der Strategieformulierung
Beschwerdestimulierung und -annahme sind kulturelle Einflusse auch fur die Beschwerdereaktion und deren Zusammenhang mit dem Nach-Beschwerdeverhalten der Kunden zu berucksichtigen. RichJnsA/erhage (1985) weisen deshalb vor dem Hintergrund des von ihnen untersuchten Beispiels US-amerikanischer und niederlandischer Beschwerdefuhrer schon fruh auf die Notwendigkeit hin, die Beschwerdebearbeitung und reaktion auf die kulturellen Spezifika abstimmen zu mussen. Jungst untersucht Wong (2004) in den USA, Singapur und Australien inwieweit sich eine im Rahmen der Abhilfefunktion geauflerte Entschuldigung im Vergleich zu einer materiellen Entschadigung in unterschiediiciier Weise auf Kundenzufriedenheit, Mundkommunikation (word-of-mouth = worn) und Wiederkaufabsicht nacii der Beschwerdeerfahrung auswirkt. Sie zeigt, dass sich eine materielle Entschadigung lediglich in den USA positiv auf Mundkommunikation und Wiederkaufabsicht niederschlagt, wahrend sich diese intendierte Wirkung bei Kunden in Australien und Singapur nicht feststellen Jasst. Umgekehrt steigert eine als ,aufrichtig' empfundene Entschuldigung seitens des Unternehmens die Kundenzufriedenheit in Australien und Singapur, hat aber keinen Effekt auf die Zufriedenheit USamerikanischer Konsumenten. Analog bestatigen Mattlla/Patterson (2004a; 2004b) einen im Vergleich zu Nachfragern in Ostasien grundlegend hoheren Einfluss materieller Entschadigungen fur aufgetretene Fehlleistungen auf die Zufriedenheit der Konsumenten in den USA. Bemerkenswert ist ferner, dass kulturelle Einflusse im Umgang mit Beschwerden und Beschwerdeinformationen nicht nur auf der Kundenseite sondern ebenfalls auf der Mitarbeiterseite nachgewiesen wurden (Elsey/Leung 2004), wenngleich den Mitarbeitern unter interkulturellen Gesichtspunkten bislang vergleichsweise wenig Forschungsaufmerksamkeit zuteil wird. Lorenzoni/Lewis (2004) widmen sich diesem Phanomen im Detail und vergleichen die Einstellung und das Verhalten britischer und italienischer Kundenkontaktmitarbeiter einer Fluglinie gegenuber Be-
Kulturelle und gesellschaftliche Umweltdimension
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schwerdefuhrern.^^ Anhand ihrer Daten belegen die Autorinnen u.a., dass italienische Mitarbeiter in Beschwerdesituationen tendenziell eher eine vorgesetzte Fuhrungskraft einbeziehen, wahrend britische Kundenkontaktmitarbeiter vergleichbare Beschwerdesituationen selbstandiger zu losen versuchen (Lorenzoni/Lewis 2004, S. 17). Interessant ist ferner, dass von den britischen Servicekraften 45% angaben, im Rahnnen der Beschwerdeinteraktion die eigene Gefuhlslage dem Beschwerdefuhrer nicht offenbaren zu wollen; dieser Prozentsatz belauft sich bei den befragten Italienern lediglich auf 33 (ebd.). Es bedarf keiner detaillierten Begrundung, dass derartige Erkenntnisse insbesondere fiir die Bildungsfunktion des Beschwerdemanagements von ausgesprochener Bedeutung sein konnen, z.B. unn Kundenkontaktmitarbeiter auf den Umgang mit kulturfremden Beschwerdefuhrern vorzubereiten (Stauss/Mang 1999, S. 342f.; Watkins/Liu 1996, S. 91). Dieser Uberblick soli genugen, unn die Relevanz kultureller Einflusse fiir ein erfolgreiches Beschwerdennanagement anzudeuten. Dass diese Aspekte nicht nur im Rahmen eines Auslandsengagements die Beachtung des Managements verdienen, wird im Kapitel zur wirtschaftiichen Umweltdimension noch anzusprechen sein. 5.2.2
Gesellschaftliche Umweltdimension
In dem der kulturellen Umwelt eng verbundenen gesellschaftlichen Umfeld sind Werte, Einstellungen und Normen relevant, die sich auf die grundlegenden Verhaltensweisen der Konsumenten gegenuber Produkten und Dienstleistungen bzw. deren Anbietern auswirken konnen (Welge/AI-Laham 2001. S. 187). Zweifelsohne lassen sich Auswirkungen verschiedenster Gesellschaftsdimensionen auf den Aufgabenbereich des Beschwerdemanagements erdenken. Gerade deshalb stellt sich hier in besonderem Malie das Problem der Abgrenzung relevanter Betrach65
Dabei wurden sowohl Check-ln-Mitarbeiter, Mitarbeiter im Telefon- und Direktvertrieb sowie fliegendes Personal in die Studie einbezogen (Lorenzoni/Lewis 2004, 8. 16f.).
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Analyse der globalen Umwelt als Rahmenfaktor der Strategieformulierung
tungsgegenstande aus der Grundgesamtheit zu analysierender Umweltelemente.^^ Von hoher Bedeutung fur das Beschwerdemanagement scheint aber das Phanomen des Consumerism (Konsumerismus) zu sein, das ursprunglich sogar als eine Art „Anti-Marketing-Bewegung" interpretiert werden konnte (Stauss 1985, S. 66; ahnlich Straver 1978, S. 323) und deshalb im Mittelpunkt der hiesigen Uberlegungen stehen soil. Kotler (1972, S. 49) definiert Konsumerismus "as a social movement designed to augment the rights and powers of buyers in relation to sellers." Wenngleich sich die Konsumerismus-Bewegung in besonderem AusmafJ in den Vereinigten Staaten entfaltete (Selter 1982), ist auch in der Bundesrepublik ein im Nachgang des Konsumerismus deutlicher Trend einer wachsenden Konsumentensouveranitat ^^ zu beobachten. Die Bedeutung dieser Entwicklung spiegelt sich in verschiedenen Facetten der Gesellschaft wider. •
66
Erneut sei auf die bereits in Kapitel 5.1 erwahnte Verknupfung der nicht-staatlichen Verbraucherpolitik der Verbraucherorganisationen mit der politisch-staatlichen Verbraucherpolitik verwiesen, die sich beispielsweise im Bildungsbereich, also in Lehrplanen der Schulausbildung sowie der universitaren Forschung und Lehre manifestiert. Im Schulbereich kann eine Diskussion entsprechender verbraucherpolitischer Aspekte zwar (noch) nicht als Basisinhalt angesehen werden. Dennoch sind Beispiele wie das von der Bertelsmann Stiftung getra-
Denkbar sind z.B. sich verandernde Zeitwahrnehmungen der Kunden (Mann 1998, 8. 358f.), die Konsequenzen fur die Akzeptanz von Beschwerdebearbeitungszeiten und Wartezeiten mit sich bringen konnen. 67 Die Konsumentensouveranitat stellt ein positives, normatives Leitbild im Rahmen der bereits erwahnten Verbraucherpolitik dar und beschreibt eine Marktkonstellation, in der Verbraucher unter vollstandiger Information uber ihre Bedurfnisse und uber „Guter als Mittel der Bedurfnisbefriedigung ihre Entscheidungen nutzenmaximierend treffen und ihre Nachfrage das Guterangebot lenkt" (Kuhlmann 1995, Sp. 2530). Ordnungspolitisch interpretiert Ist Konsumentensouveranitat ein Prinzip, das Konsumfreiheit vorsieht und Konsumzwang ausschlieflt (Steffens 1999, S. 2f.). Dies resultiert in dem beschriebenen Effekt, dass die Wirtschaft ihre Impulse letztlich von den Verbrauchern erhalt und sich Anbieter bei der Bereitstellung von Gutern und Dienstleistungen zumindest langfristig an den Konsumentenbedurfnissen orientieren (mussen).
Kulturelle und gesellschaftliche Umweltdimension
•
159
gene Projekt „Wirtschaft in die Schule", das Schulern u.a. detailliert die Verbraucherpolitik naher bringt, Belege fur den Trend einer wachsenden Konsumentensouveranitat. Betrachtet man die Hochschulebene so konnen vor allem die spaten 70er und die 80er Jahre als „Blutezeit der verbraucherpolitisch orientierten Forschung in Deutschland" (Reisch 2003, S. 14) gelten, die von einem intensiven universitaren Interesse an Fragen der Verbraucherpolitik gekennzeichnet waren.^^ Wenngleich dieser Forschungsfokus in den 90er Jahren stagnierte bzw. sich zuruckentwickeite, ist im Zuge des europaischen Binnenmarktes eine Renaissance des verbraucherpolitischen Interesses zu erkennen (o.V. 2002b, S. 2). Als weiterer Katalysator der zunehmenden Konsumentensouveranitat ist bereits seit Langerem die Medienlandschaft anzusehen, der sich das fokale Beschwerdemanagement ausgesetzt sieht (Hansen/Schoenheit 1986, S. 452). Hierbei sind insbesondere Verbraucherschutzberichte bzw. -sendungen in den Medien Ausschlag gebend, die durchaus eine Veranderung der grundsatzlichen Beschwerdeneigung bzw. -verhaltensweisen unzufriedener Kunden gegenuber Unternehmen (mit-) auslosen konnen.^^
Im Lichte der von Konsumerismus und zunehmend souveranen Konsumenten gepragten Umfeldveranderungen weist Stauss (1985, S. 66f.) frijh darauf hin, dass seit den 70er Jahren das unternehmerische Verhalten eine zunehmend kritische Beobachtung und Bewertung durch die Offentlichkeit erfahrt, die sich in verbraucher-, umwelt- und geselischafts68
Siehe hierzu stellvertretend die intensiven Forschungsarbeiten am Marketinglehrstuh! der Universitat Hannover, die teilweise in Hansen et al. (1982b) und Hansen (1995) zusammengestellt wurden. 69 Beispielhaft sei die Fernsehsendung „Wie bitte?!" angefuhrt, die im Zeitraum von 1992 bis 1999 auf dem Kanal RTL Plus wochentlich ausgestrahit wurde. Zu attraktiven Sendezeiten (Freitag 22.15 Uhr sowie Samstag 22.00 Uinr) war das Ziel dieser Verbrauchershow, sich auf satirische Art und Weise fur die Rechte unzufriedener Konsumenten gegenuber Unternehmen und offentlichen Institutionen einzusetzen. Die Quoten dieses Formats beliefen sich in Spitzenzeiten auf mehr als funf Millionen und auch kurz vor Absetzung noch auf mehr als zwei Millionen Zuschauer pro Woche (o.V. 2004d).
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Analyse der globalen Umwelt als Rahmenfaktor der Strategieformulierung
politischen Forderungen an die Unternehmen manifestiert. Er mahnt daher an, im Rahnnen strategischer Uberlegungen grundlegende Vorkehrungen fur eine systematische Umweltforschung zur Identifikation relevanter ,au(Jerokonomischer' Faktoren vorzusehen (Stauss 1985, S. 76). Diese Form der Unnweltforschung darf nicht mit der klassischen Marktforschung verwechselt werden, die fur derartige Untersuchungsgegenstande nur begrenzt dienlich ist, da sie primar die Konsumentenreaktion auf vorgegebene Stimuli betrachtet. Eine umfassende Analyse marketingspezifischer Problemfelder auf Gesellschaftsebene aber kann die Marktforschung kaum leisten (Stauss 1985, S. 77). Eine solchermaden angemahnte Sensibilitat fur das gesellschaftliche Umfeld scheint jedoch in der Unternehmens- bzw. Beschwerdemanagement-Praxis bislang kaum vorhanden zu sein. Darauf lassen die empirlschen Ergebnisse nach Stauss/Scholer (2003, S. 74) schlieUen. Die Autoren belegen, dass Kundenbeschwerden uber das gesellschaftspolitische Verhalten eines Unternehmens in 71% aller Falle nicht In die Beschwerdeauswertung eingehen. Wenn dies nicht fur die strategische Planung des Gesamtunternehmens geschieht, so liegt der Schluss nahe, dass es bei strategischen Uberlegungen fur den Funktionsbereich Beschwerdemanagement nicht grundsatzlich anders ist. Daher ist es nach wie vor geboten, die von Stauss (1985) angesprochene Problematik aufzugreifen und mogliche Losungsansatze einer systematischen Umwelterforschung des Beschwerdemanagements jenseits rein okonomischer Aspekte zu eruieren. Als ein hierfur geeignetes Instrument soil das Konzept des ,Consumerism Life Cycle' vorgeschlagen werden. Wie die folgende basale Beschreibung des Consumerism Life Cycle-Ansatzes verdeutlichen wird, offeriert dieses Konzept ein umfassendes, integratives Untersuchungsraster, das wertvolle Einsichten fur die Analyse der gesellschaftlichen Umwelt erdffnet. Damit wird der von Stauss (1985) postulierten Forderung einer systematischen Umweltforschung hinsichtlich auBerokonomischer Umfeldfaktoren im Bezug auf das Beschwerdemanage-
Kulturelle und gesellschaftliche Umweltdimension
161
ment Rechnung getragen. Das Konzept des Consumerism Life Cycle sei deshalb kurz illustriert. Die Idee des Consumerism Life Cycle „suggests that consumers' opinions follow a life cycle pattern reflecting the stage of development of national consumer movements" (Varadarajan/Thirunarayana 1990, S. 6). Das Konzept beruht auf zwei Komponenten: Einem Messinstrument und der Positionierung der Messergebnisse auf einer Lebenszykluskurve des Konsumerimus. Dm die grundlegenden Einstellungen der Konsumenten gegenuber Unternehmen und deren Marktgebaren zu ermittein, erarbeiten Barksdale/Darden (1972) ein elementares Messinstrument, das die Zustimmung der Befragten (,disagree/uncertain/agree') zu vorgegebenen Statements eines Fragebogens erhebt. Hieran knupfen Varadarajan/Thirunarayana (1990) an, modifizieren dieses Messinstrument jedoch bis sie schliefJIich einen 44 Items umfassenden Fragenkatalog vorlegen, mit dem die Einstellungen der Verbraucher zu den folgenden acht Umweltdimensionen analysiert werden konnen: (1) ,Consumerism', (2) .Product Quality', (3) .Advertising', (4) .Consumer Responsibilites', (5) .Marketing Activities', (6) .Philosophy of Business'. (7) .Government Regulation' und (8) .Prices and Price Controls'. Da hier nicht auf alle Einzelaspekte eingegangen werden kann. soil der Hinweis darauf genugen. dass sich zahlreiche Items unterschiedlicher Dimensionen auf die Einstellungen der Konsumenten gegenuber dem betrieblichen Beschwerdemanagement beziehen oder aber wichtige Ruckschlusse auf die Grundhaltung der Verbraucher zulassen. In Abbildung 5-1 sind einige Items mit besonders hoher Relevanz fur das Beschwerdemanagement aufgefuhrt.
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Analyse der globalen Umwelt als Rahmenfaktor der Strategieformulierung
Consumerism: • Manufacturers seem to be more sensitive to consumer complaints now than they were in the past. • When consumers have problems with products they have purchased, it is usually easy to get them corrected. • Most business firms make sincere effort to adjust to consumer complaints fairly. • From the consumer's viewpoint, the procedures followed by most manufacturers in handling complaints and settling grievances of consumers are satisfactory. • Organized consumer movements have not been an important factor in changing business practices and procedures. Product Quality: • From the consumer's point of view, style changes are not so important as improvements in product quality. Marketing Activities: • In general, quality of repair and maintenance service provided by manufacturers and dealers is getting better. Philosophy of Business: • Manufacturers disown their responsibility to the consumer, if something goes wrong with their product. • Most manufacturers are more interested in making profits than in serving consumers. Government Regulation: • In general, self-regulation by business itself is preferable to strict control of business by the government.
Abb. 5-1:
Ausgewahlte Items des Messinstruments zum Konzept des Consumerism Life Cycle, Quelle: In Aniehnung an Varadarajan/Thirunarayana (1990, S. Ilff.).
Anhand der Auswertung der uber die Items erhobenen Daten lassen sich anschliedend einzelne Lander unterschiedlichen Lebenszyklusphasen des Konsumerismus zuordnen (Abbildung 5-2). Kaufman/Channon (1973, S. 4) stellen vier unterschiedliche Entwicklungsstufen des Konsumerismus vor und unterscheiden die (1) .Crusading Stage', (2) .Popular Movement Stage', (3) ,Organizational/Managerial Stage' und (4) .Bureaucracy Stage'. Da der Lebenszyklus primar illustrative Zwecke verfolgt, verzichten die Autoren allerdings auf eine detaillierte Operationalisierung der einzelnen Phasen und verweisen auf eine weitgehende Analogie zum klassischen Produktiebenszyklus und dessen Einfuhrungs-, Wachstumsund Reife-Phasen (ebd). Lediglich im Vergleich zur Abschwungphase unterstellen Kaufman und Channon einen Unterschied, indem sie davon ausgehen, dass ein etablierter und institutionalisierter Konsumerismus in der ,Bureaucracy stage' keinen solchen Abschwung aufweist, sondern sich lediglich nicht auf ein noch hoheres Niveau weiterentwickelt.
163
Wirtschaftliche Umweltdimension
Norway Canada,---''''''^
M^Ky^ Australia England India 1
Crusading
(I) Consumerism (6 Items)
Abb. 5-2:
^
^
Israel ^______^—2
Popular
Stage
Movement Stage
t
T (2) Product Quality (7 Items)
(3) Advertising (4 Items)
(4) Consumer Responsibilities (7 Items)
3
Organizational/
4
Managerial Stage
Bureaucracy Stage A
1 (5) Marketing Activities (5 Items)
(6) Philosophy of Business (5 Items)
(7) Government Regulation (5 Items)
(8) Prices and Price Controls (5 Items)
Das Konzept des Consumerism Life Cycle; Quelle: Modifiziert nach Varadarajan/Thirunarayana (1990, S. 9).
Die Verortung des eigenen Landes auf dem Lebenszyklus zu einem Zeitpunkt bzw. die Trends, die ein Beschwerdemanagement im Zeitverlauf anhand des Konsumerismus-Lebenszyklus ableiten kann, bilden eine wichtige Grundlage fur die Einschatzung der gesellschaftlichen Umweltdimension/°
5.3 Wirtschaftliche Umweltdimension Im Bereich der okonomischen Umwelt werden typischerweise gesamtwirtschaftliche Entwicklungen anhand geeigneter Einflussfaktoren analysiert, beispielsweise die Globalisierung der Markte, die Entwicklung von Umfang und Struktur der Bevolkerung oder die Einkommensentwicklung und -verwendung (Welge/AI-Laham 2001, S. 187). Haufig erfolgt eben-
70
Kaufman/Channon (1973, 8. 4) verweisen freilich darauf, dass das Konzept des Konsumerismus-Lebenszyklus seine voile Erkenntniskraft erst dann entfalten kann, wenn empirische Daten aus mehreren Landern miteinander verglichen werden.
164
Analyse der globalen Umwelt als Rahmenfaktor der Strategieformulierung
falls ein Screening entsprechender Indikatoren z.B. des Bruttosozialprodukts, der Arbeitslosenquote oder der verschiedenen Konjunkturprognosen. Die Relevanz derartiger Faktoren ergibt sich, insofern diese einen Einfluss auf die Markte des fokalen Unternehmens reprasentieren (z.B. Humanressourcen-, Kapital-, Beschaffungs-, Absatzmarkt) (Scherm/ Rohde1999, S. 16). Freilich ist denkbar, dass die zuletzt genannte (steigende) Arbeitslosenquote zu einem hoheren Angebot gut qualifizierter Mitarbeiter z.B. fur das Beschwerde-Center fuhren konnte. Relevante Entwicklungen fur das Beschwerdemanagement resultieren auflerdenn aus der Globalisierung der Markte, wobei hier eine grofie Nahe zu der bereits angesprochenen Kulturdimension der globalen Umweltanalyse besteht. Denn im Zuge der Globalisierung ist zunehmend mit Fallen internationaler d.h. grenzuberschreitender Transaktionen zu rechnen. Auch die zumindest teilweise auf die wirtschaftliche Dimension zuruckzufuhrende Volkernnigration fuhrt zu einer steigenden Anzahl internationaler und interkultureller Kundenkontakte im Inland.^^ Mit den damit einhergehenden Interaktionen zwischen Marktpartnern verschiedener Sprach-, Kultur- und Rechtsraume resultiert eine grofiere Wahrscheinlichkeit von Beschwerdefallen (Raven/Foxman 1994; Joustra 1992). Beschwerdemanagement darf also nicht ubersehen, dass die oben angesprochenen kulturellen Spezifika keineswegs nur im Falle eines Engagements im Ausland zutage treten, sondern durch die Veranderungen der wirtschaftlichen Umweltdimension auch im jeweiligen Stammland ihre Wirkung entfalten. Daher konnten als ein erster denkbarer Schritt im Rahmen des Kundenbeziehungsmanagements Analysen des eigenen Kundenportfolios angestellt und untersucht werden, inwieweit Kunden entsprechender Kulturkreise die eigenen Marktieistungen (im Inland) nachfragen. Dies kann dazu fuhren, dass entsprechende Kompetenzen im Beschwerdemanagement im Hinblick auf unterschiedli-
^^ Auch die Einfuhrung des Euro fordert dies, da innereuropaisciie Markte nunmehr weniger uber Landergrenzen als vielmehr uber Sprachraume definiert werden.
Wirtschaftliche Umweltdimension
165
Che Beschwerdefuhrersegmente aufzubauen und verschiedene Mafinahmen des Beschwerdemanagements segmentspezifisch zu modifizieren sind (z.B. Beschwerdestimulierung, -annahme und -reaktion in verschiedenen Sprachen). Ein Beschwerdemanagement-Bereich muss sich dieser Entwicklung bewusst sein und entsprechende Managementimplikationen auf Basis eines umfassenden intemationalen Beschwerdemanagementkonzepts ableiten/^ Auch die, ebenfalls im weiteren Kontext der Marktglobalisierung zu sehende, wachsende Relevanz von Zertifikaten entfaltet zunehmende Bedeutung fur das Beschwerdemanagement. Nachdenn inhaltlich dem Besciiwerdemanagement zuzuordnende Aspekte bisher als Teilfacetten der DIN ISO-Reihe berucksichtigt waren, wurde im Zuge der ISO 9000-Revision eine Reihe unterstutzender Begleitnormen entwickelt, „die insbesondere den Verbraucherschutzinteressen noch starker Rechnung tragen sollen" (Schmidt 2004, S. 3). In erster Linie ist hier die Norm ISO 10002 anzufijhren, die mit dem Titel „Qualitatsmanagement - Kundenzufriedenheit - Leitfaden zur Behandlung von Beschwerden" uberschrieben ist (ebd.)/^ Dies ermoglicht nunmehr, dass sich der Funktionsbereich Beschwerdemanagement einer Zertifizierung unterzieht und so unternehmensextern wie auch unternehmensintern das Vertrauen in seine funktionale Kompetenz starkt. Abschliefiend ist auf die Notwendigkeit zu verweisen, die Globalanalyse der wirtschaftlichen Umwelt auch dazu zu nutzen, sich mit fur ein Beschwerdemanagement relevanten Spezifika der Branche zu befassen, in
72
Der diesbezuglich interessierte Leser sei auf Wegmann (2001) verwiesen, der die Managementherausforderung eines intemationalen Beschwerdemanagements detailliert diskutiert. Des Weiteren seien diesbezugiicii auch die Ausfuhrungen bei Stauss/Seidel (2002, S. 559-568) empfohlen. 73 Daneben ist auch den Normen ISO 10001 „Quality Management - Customer Satisfaction - Guidelines for Codes of Conduct" sowie ISO 10003 ..Quality Management - Customer Satisfaction - Guidelines for Disputes Resolution" Beachtung zu schenken.
166
Analyse der globalen Umwelt als Rahmenfaktor der Strategieformulierung
der das Gesamtunternehmen agiert. Beispielsweise kann hierbei an die Verkurzung der Produktentwicklungszeiten und der Produktiebenszyklen sowie die Homogenisierung der Marktieistungen in versciiiedenen Branciien gedacht werden. Die sicii verkurzenden Produktentwicklungs- und lebenszyklen steigern die Bedeutung des Besciiwerdemanagements fur die schneilstmogiiciie Identifizierung eventuell bestehender ,Kinderkrankiieiten' neu eingefuiirter Produkte. Die fortsciireitende Homogenisierung der Produkt- und Dienstleistungsangebote in zuneJimend gesattigten Branchenmarkten und die immer starkere Angleiciiung der funktionalen Komponenten von Leistungsangeboten unterstreiciien die waciisende Relevanz des Beschwerdemanagements als Differenzierungsinstrument im Berelch naciikauforientierter Dienstleistungen (analog Schlomer 1997, S. 113).
5.4 Technologische Umweltdimension Vor dem Hintergrund des zunehmenden technologischen Wandels und der damit einhergehenden, teilweise massiven Veranderung der Spielregeln des Wettbewerbs stellt die Analyse der Technologie das vierte Untersuchungsfeld im Rahmen der globalen Umweltanalyse dar. Die technologische Umwelt beinhaltet Produktions-, Verfahrens- sowie insbesondere Informations- und Kommunikationstechnologien (Scherm/Rohde 1999, S. 17). Technologische Entwicklungen, in erster Linie das Internet, haben fur Unternehmen zu neuen Chancen aber auch ernst zu nehmenden Bedrohungen gefuhrt (Homburg/Krohmer 2003, S. 378). Diesen gilt es im Beschwerdemanagement, als einer informationsbeschaffenden, verarbeitenden und -verbreitenden Unternehmenseinheit, die erforderliche Aufmerksamkeit zu schenken. Einige wenige Aspekte sollen getrennt fur direktes und indirektes Beschwerdemanagement aufgezeigt werden. Erste Ansatze einer Technologiefokussierung des direkten Beschwerdemanagements fanden sich bereits vor ca. 20 Jahren in Form kostenloser OSOOer-Telefonnummern in den USA (Hansen/Schoenheit 1986, S.
Technologische Umweltdimension
167
453). Im Jahre 1982, so eine Studie der amerikanischen Unternehmensberatung TARP (zitiert nach Hansen/Schoenheit 1986, S. 453), konnten durch diesen gebuhrenfreien Kommunikationskanal nahezu 200 Millionen Telefonate im Bereich des Customer Service stimuliert werden. Seither wurden vielfaltige Telefontechnologien im Bereich des Customer Care entwickelt, die auch die Praxis des Beschwerdemanagements nachhaltig verandert haben. Wie in nahezu alien Unternehmensbereichen wird sich das Beschwerdemanagement jedoch in erster Linie mit der fundamentalen Relevanz des Internets fur sein Aufgabenfeld auseinanderzusetzen haben,^"^ weshalb sich die weiteren Ausfuhrungen an dieser Stelle auf dieses Medium beschranken. Die Beschwerdestimulierung und -annahme wird bereits haufig durch Unternehmensselten Im Internet unterstutzt, auf denen Beschwerdefuhrer unmittelbar ihre Beschwerde platzieren konnen. Die fortschreitende Technologie beeinflusst das direkte Beschwerdemanagement auch insofern, als sich die Kommunikationsmedien permanent weiterentwickeln. Denkbar sind beispielsweise interaktive Echtzeit-Chats der unzufriedenen Kunden mit den Mitarbeitern des Beschwerde-Centers (Harrison-Walker 2001, S. 406). Ferner konnte in naher Zukunft Internet-basierte Bild-Telefonie die Arbeitsplatze im Beschwerde-Center pragen. Dies bedeutet zusatzliche Managementherausforderungen, da dann z.B. das physische Umfeld eines Call-Centers bzw. das Erscheinungsbild der Mitarbeiter zum Management-Gegenstand avanciert. Gleichzeitig kommt Self-Service-Technologien im direkten Beschwerdemanagement wachsende Bedeutung zu, die die Beschwerdebearbeitung in erheblichem MaRe verkurzen und ggf. auf den Kunden ubertragen konnen. Schlielilich kann auch die Beschwerdereaktion Internet-basiert erfolgen, wenn beispielsweise Gutscheine elektronisch verschickt Oder E-Books als Wiedergutmachung ubersandt werden.
74
Fur die detaillierte Diskussion der einzelnen Dienste des Internets (WorldWideWeb, EMail, File Transfer Protocol und Usenet) im Rahmen des Beschwerdemanagements siehe Stauss/Seidel (2002, 8. 554ff.).
168
Analyse der globalen Umwelt als Rahmenfaktor der Strategieformulierung
Das Internet kann also offensichtlich ein effektives Instrument des direkten Beschwerdemanagements darstellen. Gleichzeitig bedienen sich aber auch die (unzufriedenen) Kunden dieser Informations- und Kommunikationsplattform (Hennig-Thurau/Hansen 2001; Stauss 1997; 1998). Diese Tatsache scheinen die unternehmerischen Beschwerdemanagementbereiche kaum ins Kalkul zu Ziehen. Denn z.B. Internet-Meinungsforen bleiben als relevanter Ort der Beschwerdekommunikation von Beschwerdemanagern bislang quasi vollig unbeachtet (Harrison-Walker 2001, S. 404f.; Stauss/Scholer 2003, S. 151ff.). Im Rahmen der technologieorientierten globalen Umweltanalyse sollte Beschwerdemanagement stets reflektieren, welche innovatlven Kommunikationsmogllchkelten sich unzufriedenen Kunden erdffnen und welche Konsequenzen dies mitunter fur das fokale Unternehmen haben kann. Die Bedeutung des technologischen Fortschritts grundet sich im indirekten Beschwerdemanagement vor allem auf spezifische Softwarelosungen, die als unternehmensintegriertes Instrument die Effizienz und Effektivitat der Aufgabenerfullung des Beschwerdemanagements zu steigern ermoglichen (Stauss/Seidel 2002, S. 533ff.). Es ist offensichtlich, dass diese Softwarelosungen bereits im direkten Beschwerdemanagementprozess zum Einsatz kommen, z.B. zur Erfassung der Beschwerdeinformationen. Gerade daraus erwachst der eigentliche Nutzen im indirekten Beschwerdemanagement, denn nunmehr stehen die entsprechenden Informationen der Beschwerdeauswertung, dem BeschwerdemanagementControlling wie auch dem Beschwerdereporting bereits in elektronischen Datenformaten zur Weiterverarbeitung bereit (Stauss/Seidel 2002, S. 546). Dies eriaubt es, beispielsweise auch umfangreiche Analysen in kurzer Zeit auszuarbeiten und zeitnah an die internen Informationsempfanger, mitunter sogar vollstandig automatisiert, weiterzuleiten. Dadurch lassen sich deutliche Effizienzsteigerungen erzielen. Der Effektivitatseffekt beruht in erster Linie auf den technologiebasierten Moglichkeiten im Beschwerdemanagement-Controlling. Stauss/Seidel (2002, S. 549) ver-
Technologische Umweltdimension
169
weisen beispielsweise auf die vergleichsweise kosten- und zeitsparende Moglichkeit elektronischer Beschwerde-zufhedenheitsbefragungen, die zur Identifikation von Verbesserungspotenzialen im Beschwerdemanagement dienen und damit die Effektivitat erhohen. Diese lllustrationen sollen die Betrachtung der globalen Umwelt abschlieflen und die Diskussion nunmehr zu der spezifischeren und praziseren Form der Situationsanalyse fuhren. In diesem Sinne ist der folgende sechste Teil der Arbeit der Analyse der Ausgangssltuation inn engeren Sinne gewidmet.
6 Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters Beschwerdemanagement Nachdem die vorangegangene globale Umweltanalyse Faktoren identifiziert hat, die einen mittelbaren Einfluss auf das Handlungsfeld des Beschwerdemanagements ausuben, konnen nun die zweiten und dritten Analyseschritte, namentlich die Ist-Analyse der spezifischen Aufgabenumwelt und die Ist-Analyse des Funktionsbereichs Beschwerdemanagement als ,Quasl-Unternehnnen im Unternehmen', inltiiert werden. Dieser Tell der Arbeit versteht sich dabei insofern als basale Analyse, als das in den folgenden Kapitein erarbeitete Erkenntnisfundament in den spateren Teilen 7, 8 und 9 nochmals durch verfeinerte Analysestufen zu erganzen sein wird, um letztlich die Ableitung von Strategieoptionen zu ermoglichen. Das vorrangige Ziel in diesem sechsten Teil ist es, grundlegende Analyseschritte durchzufuhren, die einen ersten Zugang zur Konzeptualisierung der Aufgabenumwelt und grundsatzliche Ruckschlusse auf die Rolle des Beschwerdennanagements innerhalb dieser Aufgabenumwelt erlauben. Einleitend wird Kapitel 6.1 zunachst einen Uberblick hinsichtlich der Analyseperspektive vermittein und verdeutlichen, dass die folgende IstAnalyse zunachst zur Identifikation strategischer Geschaftsfelder und strategischer Geschaftseinheiten des Beschwerdemanagements dient. Kapitel 6.2 ist der Bestimmung der strategischen Geschaftsfelder eines Beschwerdemanagennents gewidmet. Um diese identifizieren und dabei den Leistungscharakter des Beschwerdemanagements prazise herausarbeiten zu konnen, wird dieses als Dienstleistung konzeptualisiert und anhand unterschiedlicher DIenstleistungssystematiken verortet. Kapitel 6.3 spiegelt eine an die Funktionsbereichsperspektive angepasste Unternehmensanalyse wider und dient zur Identifizierung der strategischen
172 Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
Geschaftseinheiten des Beschwerdemanagements. Hierfur wird die organisationstheoretische Typologie unternehmerischer Zentralbereiche als Analyseraster herangezogen. Auf diese Weise wird es moglich, den Beschwerdemanagement-Bereicii im Lichte unterschiedlicher Archetypen zentraier Dienstleistungsbereiche zu reflektieren und dessen eigentlichen institutionalen Charakter akkurat zu bestimmen. Kapitel 6.4 fuhrt die beiden vorausgegangenen Kapitel zusammen und untersucht auf einer letzten Analysestufe die spezifischen untemehmensintemen Rahmenbedingungen der Dienstieistungserbringung durch den zentralen Dienstleistungsbereich Beschwerdemanagement: Zum einen wird die Steuerungsform des Beschwerdemanagements im Kontext der Center-Konzepte untersucht und zum anderen die interne Marktkonstellation des Dienstleisters Beschwerdemanagements beleuchtet. Abbildung 6-1 gibt die Struktur des sechsten Teils der Arbeit im Uberblick wider. Funktionale Analysedimension: Beschwerdemanagement als Dienstleistungsangebot
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Institutionale Analysedimension: Beschwe rdemanagement als zentraier Diisnstleistungsbereich
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6.4 Analyse der unternehmensinternen Rahmenbedingungen des Beschwerdemanagements SGF = Strategische Geschaftsfelder; SGE = Strategische Geschaftseinheiten
Abb. 6-1:
Die Struktur des sechsten Teils der Arbeit im Uberblick; Quelle: Eigene Abbildung.
Identifikation strategischer Geschaftsfelder und strategischer Geschaftseinheiten
173
6.1 Identifikation strategischer Geschaftsfelder und strategischer Geschaftseinheiten des Beschwerdemanagements als vorlaufiges Analyseziel Die folgende Ist-Analyse orientiert sich an der konzeptionellen Unterscheidung zwischen der Aufgabenumwelt einerseits und der planenden Unternehmung(-seinheit) andererseits (Muller-Stewens/Lechner 2003, S. 159), in der vorliegenden Arbeit also dem Beschwerdemanagement-Bereich. Es hat sich bewahrt, die Umwelt in so genannte ,strategische Geschaftsfelder' und die fokale Planungseinheit in ,strategische Geschaftseinheiten' zu zerlegen. Wie in Abschnitt 4.4.2 bereits erwahnt, ist die Identifikation strategischer Geschaftsfelder bzw. -einheiten im Rahnnen der Ist-Analyse eine „unabdingbare Voraussetzung fur die Strategieentwicklung" (Hammer 1992, S. 133). Fur Drucker (1964, S. 67) stellt die Bestimmung strategischer Geschaftsfelder den ersten Schritt strategischer Planung dar. In der Abgrenzung strategischer Geschaftseinheiten sieht Dunst (1979, S. 56) eine Grundvoraussetzung jeder Strategieableitung, da erst auf diese bezogen effektive Strategien formuliert werden konnen. Offensichtlich wird beiden Analysegegenstanden enorme Relevanz fur die erfolgreiche Strategieformulierung zugesprochen, weshalb sie in den folgenden zwei Kapitein gleichberechtigt gewurdigt werden. Zuvor aber bedarf es einer begrifflich-inhaltlichen Prazisierung. Die Literatur bietet zahlreiche Begriffsfassungen strategischer Geschaftsfelder und -einheiten, die sich insbesondere in der Anzahl und inhaltlichen Ausrichtung der zu ihrer Bestimmung herangezogenen Kriterien (teilweise erheblich) unterscheiden. Wenngleich stellenweise beide gar analog verwendet werden (z.B. Lucking/Haas 2001, Sp. 1621; Tenhagen 1992, S. 93ff.), soil hier der inhaltlichen Differenzierung beider Planungskonstrukte die notwendige Beachtung geschenkt werden.
174 Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
Strategische Geschaftsfelder stellen nach bestimmten Kriterien abgegrenzte, planungstechnische bzw. gedankliche Ausschnitte eines gesamten marktiichen Aktivitatsfelds einer Unternehmung dar (LeistungsMarkt-Kombination), die den Gegenstand eigenstandiger strategjscher Entscheidungen bilden (Muller 1995, Sp. 761; Ringlstetter 1991, S. 22; Kirsch/Ringlstetter 1991). Vereinfacht begreifen Muller-Stewens/Lechner (2003, S. 159) strategische Geschaftsfelder als die „marktbezogene Strukturierung der aktuellen Aktivitaten eines Unternehmens (...)." Der primare Zweck dieser Strukturierung ist es, die prinzipiell gegen unendlich strebende Komplexitat der Umwelt zu reduzieren und Handlungsfelder zu konstruieren, die sich gezielt bearbeiten lassen (MullerStewens/Lechner 2003, S. 160). In der weiteren Diskussion werden strategische Geschaftsfelder als die gedankliche Zusammenfassung von moglichst isolierten Tatigkeitsfeldern des Beschwerdemanagements verstanden, die im Hinblick auf leistungsund marktbezogene Merkmale ein Ausmall an Homogenitat aufweisen, das eine gemeinsame strategische Betrachtung rechtfertigt und fur das relativ eigenstandige Strategien formuliert werden konnen (analog Lucking/Haas 2001, Sp. 1621; Trux et al. 1984, S. 77). Ziel wird es demnach sein, mittels angebots- und/oder nachfrageorientierter Konzepte eindeutig definierbare Leistungs-Markt-Kombinationen des Beschwerdemanagements zu benennen, die sich hinsichtlich der Kundenbedurfnisse und Marktverhaltnisse klar von anderen Geschaftsfeldern abgrenzen lassen. Dabei gilt es zu beachten, dass strategische Geschaftsfelder stets eine bestimmte Funktion zu erfullen haben, die sich von der anderer Leistungs-Markt-Kombinationen eindeutig abheben muss, damit die Einstufung als separates strategisches Geschaftsfeld gerechtfertigt ist (Lucking/Haas 2001, Sp. 1621; Muller 1995, Sp. 767; Tenhagen 1992, S. 93f.).
Identifikation strategischer Geschaftsfelder und strategischer Geschaftseinheiten
175
Strategische Geschaftseinheiten stehen diesen Geschaftsfeldern innerhalb des Beschwerdemanagements gegenuber. Deshalb warden strategische Geschaftseinheiten in der vorliegenden Arbeit als zur Bearbeitung der strategischen Geschaftsfelder gebildete marktstrategische Planungseinheiten im Beschwerdennanagennent abgegrenzt (analog Mauser 1995, S. 463; Mijller 1995, Sp. 761; MiJller-Stewens/Lechner 2003, S. 165ff.). Diese Idee, das Zusamnnenspiel aus strategischen Geschaftsfeldern und -einheiten zum Zwecke strategischer Planung auf Funktionsbereiche analog zu ubertragen, hat sich bereits verschiedentlich bewahrt (Brink 1983; Stock 1991). Daher steht der Zerlegung der Unnwelt des Beschwerdemanagements in strategische Geschaftsfelder und einer Strukturierung des Beschwerdemanagement-Bereichs in strategische Geschaftseinheiten theoretisch-konzeptionell nichts entgegen. Wie aus den eben eingefuhrten Definitionen klar hervorgeht, ist die Bestimmung der Geschaftsfelder zwangslaufig die Voraussetzung der Bildung von Geschaftseinheiten und stellt folglich den Ausgangspunkt dar.
6.2 Identifikation strategisclier Geschaftsfelder: Funktionale Analyse und Konzeptualisierung des Beschwerdemanagements als Dienstleistung Ziel dieses Kapltels ist die Bestimmung strategischer Geschaftsfelder (SGF), also mdglichst isoliert funktionierender Ausschnitte aus dem Aktionsraum des Beschwerdemanagements, fur die sinnvollerweise eigene Strategien formuliert werden konnen (analog Muller-Stewens/Lechner 2033, S. 159). Die Strukturierung der Umwelt in SGF kann allerdings uber mannigfaltige Kriterien erfolgen, die letztlich in Abhangigkeit der situativen Umfeldbedingungen miteinanderzu kombinieren sind. Das Grundpro-
176 Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
blem bei der Identifikation der SGF ist deshalb, dass diese eher „als Kunst, denn als Wissenschaft" gilt und daher auf nur wenige nutzbringende Systematisierungs- und Formalisierungshilfen zuruckgegriffen warden kann (Hannmer 1992, S. 130). Tenhagen (1992, S. 95) wahit als Ausgangspunkt fur die Ableitung von SGF die Bestimmung von Leistungsbundeln, die auf die Losung spezifischer Kundenprobleme gerichtet sind und fuhrt diese mit der Identifikation unterschiedlicher Kundengruppen zusammen. Auch Muller-Stewens/Lechner (2003, S. 160) sehen in der Reflexion der angebotenen Produkte und den von diesen hervorgerufenen Kundennutzendimensionen einen viel versprechenden Ansatz zur Bestimmung von Geschaftsfeldern. Fur die Identifikation der SGF des Beschwerdemanagements sollen diese Hinweise aufgenommen und in der Prazisierung des Leistungsangebots eines Beschwerdemanagements umgesetzt werden. Es wird die funktionale Analysedimension des Beschwerdemanagements zu ergrunden sein, also die Frage, welche Leistungsbundel ein Beschwerdemanagement zur Befriedigung welcher Kundenbedurfnisse welchen Nachfragern gegenuber erbringt. Den zentralen Gedankenanstofl hierfur llefern Hansen et al. (1995, S. 86), die nach einer Betrachtung der bisherigen „Karriere des Beschwerdemanagements" zukunftige Managementherausforderungen insbesondere uber eine „lnterpretation des Beschwerdemanagements als eigenstandige unternehmerische Dienstleistung" zu erschliefien fordern. Daher wird eine solche Konzeptualisierung des Beschwerdemanagements als Dienstleistung des Unternehmens den ersten Analysegegenstand bilden. Anknupfungspunkt wird das Zusammenspiel der von Stauss/Seidel (2002) vorgeschlagenen Aufgaben des direkten und indirekten Beschwerdemanagementprozesses sowie der externen und internen Funktionen des Beschwerdemanagements bilden, wie es in Unterabschnitt 2.1.2.2 vorgestellt wurde.
Identifikation strategischer Geschaftsfelder: Funktionale Analyse
177
Die Anregung, Beschwerdemanagement als Dienstleistung aufzufassen und die sich daraus ergebenden Konsequenzen zu erortern, findet sich bereits verschiedentlich in der einschlagigen Literatur (Hansen et al. 1995, S. 84f.; Jeschke/Schuize 1995, S. 408; Stauss/Seidel 2002, S. 527). Aiierdings wurde dieser Denkansatz bislang nicht weiterverfolgt und prazisiert. Deshalb soil die Konzeptualisierung des Beschwerdemanagements als Dienstleistungsangebot Gegenstand der folgenden Uberlegungen sein. Als Fundannent der Diskussion ist zunachst der Begriff der Dienstleistung prazise zu bestimmen (6.2.1). AnschliefJend wird eine zweidimensionale Aufgabenstellung des Beschwerdemanagements identifiziert. Zum einen, so wird gezeigt, lasst sich Beschwerdemanagement als so genanntes sekundares Dienstleistungsangebot des Unternehmens an unzufriedene, externe Kunden verstehen (6.2.2) und zum anderen stellt das Beschwerdemanagement eine interne Dienstleistung dar (6.2.3). 6.2.1
Der Dienstleistungsbegriff als Ausgangspunkt
Die betriebswirtschaftliche Forschung blickt zuruck auf eine intensive Diskussion daruber, wie Dienstleistungen zu definieren sind und welche Charakteristika sie aufweisen, ohne dass diese Debatte zu einem einheitlichen Begriffsverstandnis gefuhrt hatte (Corsten 1990, S. 17; Homburg/Krohmer 2003, S. 810; Sanche 2002, S. 16). Grundlegend wurden drei unterschiedliche Ansatze zur Erarbeitung einer Definition verfolgt (Meffert/Bruhn 2003, S. 27). Einige Autoren praferieren einen enumerativen Ansatz und listen schlicht alle Leistungen auf, die sie als Dienstleistung erachten (z.B. Langeard 1981). Da diese Perspektive als uberholt gelten kann, soil sie hier nicht weiter verfolgt werden. Andere Forscher grenzen Dienstleistungen, insbesondere gegen Sachleistungen, uber eine Negativdefinition ab, indem sie Eigenschaften bestimmen, die fur Dienstleistungen gerade nicht zutreffen (siehe beispielsweise Altenburger 1981). Auch dieser Definitions-
178 Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
versuch, der „eher eine Verlegenheitslosung" (Suhr 2002, S. 22) darstellt, kann nur als begrenzt erkenntnisfordernd bezeichnet werden und ist daher vom dritten Ansatz abgelost worden. Diese dritte Forschungslinie definiert Dienstleistungen uber konstitutive, die Dienstleistung ausmachende, Eigenschaften. Hier werden also eindeutige Merkmale identifiziert, die generell und ausschlieUlich zur Definition einer jeden Dienstleistung dienen konnen. Zwar erwies sich diese Forschungsperspektive, vor allem im deutschen Sprachraum, als besonders fruchtbar (fur viele Berekoven 1974, S. 24ff.; Corsten 1986; Engelhardt et al. 1993; Hiike 1989, S. lOff.; Stauss 1992), verhinderte aber durch die Vielzahl der vorgeschlagenen Konstitutiva bzw. die Uneinigkeit hinsichtlich des faktischen Konstitutivcharakters einzelner Merkmale die Festlegung auf ein allgemeines Dienstleistungsverstandnis. Die unterschiedlichen Definitionsvorschlage lassen sich jedoch anhand der von Donabedian (1980) erarbeiteten Dienstleistungsdimensionen in potenzial-, prozess- und ergebnisorientierte Definitionen einteilen (Corsten 1990, S. 17ff.; Meffert/Bruhn 2003, S. 28ff.). •
Potenzialorientierte Definitionen verstehen Dienstleistungen ais das immaterielle Leistungsversprechen eines Anbieters an einen Nachfrager, die Dienstleistung fur diesen erbringen zu wollen und zu konnen (Hentschel 1992, S. 19f.; Meffert/Bruhn 2003, S. 28). Illustrativ sei das Verstandnis von Meyer (1991, S. 198) angefuhrt, der Dienstleistungen aus dieser potenzialorientierten Perspektive als die Bereithaltung einer Kombination leistungsfahiger und leistungsbereiter Faktoren (Menschen, Maschinen, Gebaude, Informationen, etc.) versteht.
•
Prozessorientierte Definitionen fokussieren den Erstellungsprozess der Dienstleistung. Dieser Erstellungsvorgang wird, so die Auffassung, erst in dem Moment ausgelost, in dem der Nachfrager das bereitgehaltene Leistungspotenzial des Anbieters in Anspruch nimmt.
Identifikation strategischer Geschaftsfelder: Funktionale Analyse
179
Hierbei muss von Nachfragerseite stets der so genannte externe Faktor in die Dienstleistungsproduktion eingebracht werden. Darunter kann sowohl die Person des Kunden selbst als auch ein in seinem Besitz befindliches Objekt bzw. eine Infornnation verstanden werden. Eine zentrale Feststellung ist daher, dass eine Dienstleistungsproduktion ohne die Integration des externen Faktors unmoglich ist. Aus dieser prozessorientierten Sichtweise folgen zwei weitere wichtige Einsichten (Fassott 1995, S. 17). Zum einen verlaufen Produktion und Konsunn einer Dienstleistung stets simultan (Hentschel 1992, S. 20), ein Phanomen das in der Literatur als ,Uno-aGtu-Prinzip' der Dienstleistung bezeichnet wird (Haller 2002, S. 6; Meffert/Bruhn 2003, S. 65). Zum anderen ist der Erstellungsprozess aufgrund seines Prozesscharakters eine Verrichtung, die nicht stofflich sein kann und daher als immateriell gelten muss (Hentschel 1992, S. 20). •
An das Merkmal der Intangibilitat knupfen auch die ergebnisorientierten Definitionen an. Wenngleich berucksichtigt wird, dass stellenweise materielle Komponenten wie Hilfs- Oder Tragermedien (z.B. Papier, Datentrager, etc.) zum Einsatz kommen konnen, interpretiert dieses Verstandnis Dienstleistungen als „das immaterielle Ergebnis einer dienstleistenden Tatigkeit" (Suhr 2002, S. 24).^^
Trotz der eriangten Einsichten aus der jeweils isolierten Zugrundelegung einer der drei Perspektiven, besteht das eigentliche Erkenntnispotenzial in einer phasenubergreifenden Gesamtsicht (Meffert/Bruhn 2003, S. 28). Diese Integration der potenzial-, prozess- und ergebnisorientierten Definitionsansatze ermoglicht es, potenzielle konstitutive Merkmale der Dienstleistung zu diskutieren. Auf Basis einer Literaturanalyse benennt Rosada (1990, S. 16f.) die folgenden sechs, als die zentral in der Literatur zur 75
Fur eine fundierte Auseinandersetzung mit den inhaltlichen Unterschieden zwischen Immaterialitat und Intangibilitat sei der Leser auf Hentschel (1992, 8. 24ff.) verwiesen. Im Weiteren sollen beide Begriffe synonym verwendet werden.
180 Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
Abgrenzung von Dienstleistungen herangezogenen, Charakteristika: (1) Intangibilitat, (2) Nicht-Lagerfahigkeit, (3) fehlende Eigentumsubertragung, (4) Individualitat, (5) Simultanitat von Produktion, Absatz und Verbrauch sowie die (6) Integration des externen Faktors. Aiierdings konnen aufgrund von Interdependenzen zwischen diesen Merkmalen, die ursachlich auf die Intangibilitat zuruckzufuhren sind, nach herrschender Forschungsauffassung lediglich zwei dieser Charakteristika als die konstitutiven Merkmale der Dienstleistung angesehen werden: Zum einen die Intangibilitat und zunn anderen die Notwendigkeit der Integration eines externen Faktors (Corsten 1990, S. 23; Hentschel 1992, S. 24ff.; Reckenfelderbaumer 2001, S. 40). Da eine welter gehende Erorterung der rein definitionsorientierten Diskussion zunn Dienstleistungsbegriff fur das Forschungsziel der vorliegenden Arbeit als wenig zielfuhrend anzusehen ist, werden Dienstleistungen im Weiteren daher verstanden als „Produkte, die des direkten Kontakts zwischen Anbieter und Nachfrager bedurfen und sich vor, wahrend und nach denn Kontakt als uberwiegend intangibel darstellen" (Hentschel 1992, S. 26). Basierend auf diesem Dienstleistungsverstandnis wird in den folgenden Abschnitten die Frage unterschiedlicher Dienstleistungskategorien erortert. Ausgangspunkt ist die Einsicht, dass Unternehmen unterschiedliche Dienstleistungen erbringen, die entweder am Markt (Beschaffungs- und Absatzmarkt) angeboten oder fur interne Zwecke erstellt und genutzt werden (Grafiy 1993, S. 83; Mann 1998, S. 43). Somit ergeben sich die beiden fur den weiteren Fortgang der Untersuchung zentralen Dienstleistungsfokusse, in deren Kontext Beschwerdennanagement als Dienstleistung einzuordnen sein wird: •
Zunn einen sind am Markt angebotene Dienstleistungen dahingehend feiner zu unterscheiden, inwieweit sie eigenstandige Absatzobjekte inn Sinne einer unternehnnerischen Kernleistung darstellen (Prinnardienstleistungen), oder lediglich zur Erweiterung bzw. Erganzung
Identifikation strategischer Geschaftsfelder: Funktionale Analyse
des Kernleistungsangebots (6.2.2). •
dienen
181
(Sekundardienstleistungen)
Zum anderen gilt es Dienstleistungen praziser zu differenzieren, die innerhalb des eigenen Untemehmens fur interne Zwecke erbracht werden (interne Dienstleistungen) (6.2.3).
6.2.2
Beschwerdemanagement als Sekundardienstleistung im Primarmarkt der Unternehmung
Im Folgenden wird Beschwerdemanagement im Kontext von Primarleistungen und Sekundarlelstungen verortet. Dafur ist zunachst ein Verstandnis uber die Charakteristika und Aufgaben der beiden Lelstungskategorien zu erarbeiten. 6.2.2.1
Zum Verstandnis von Phmar- und Sekundar(dienst)teistungen
Den Ausgangspunkt der Uberlegungen bildet das marktgerichtete Leistungsangebot eines Unternehmens. Dieses Leistungsprogramm kann, unabhangig von Sach- bzw. Dienstleistungen, in Primar- und Sekundarlelstungen differenziert werden: •
Primarleistungen, die auch als Kernleistungen bezeichnet werden, sind eigenstandige Absatzleistungen (Topfer 1996, S. 23), die sich aus dem Unternehmenszweck ergeben. Als Primarleistungen sind diese von anderen Absatzleistungen vollig unabhangig und auf eine direkte Gewinnerzielung ausgerichtet (Noch 1995, S. 25; Mann 1998, S. 43). Von ihnen sind die Sekundar- bzw. Erganzungsleistungen zu unterscheiden.
•
Sekundarlelstungen sind nicht zwangslaufig deckungsgleich mit dem eigentlichen Unternehmenszweck und bilden daher nicht die Grundlage bzw. den Hauptbereich der Unternehmenstatigkeiten (Noch 1995, S. 24; Mann 1998, S. 44; Topfer 1996, S. 25). Grundsatzlich konnen Sekundarlelstungen verschledenen Marktpartnern,
182 Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
wie z.B. Absatzmittlern, Lieferanten, Kooperationspartnern und (Primarleistungs-) Kunden, angeboten werden. Da aber fur Kunden erbrachte, so genannte kundenbezogene sekundare Sach- und Dienstleistungen den fur den Markterfolg eines Unternehmens bedeutendsten Typus darstellen (Schlomer 1997, S. 65), werden lediglich diese den weiteren Ausfuhrungen zugrunde gelegt/^ Das Ziel eines Sekundarleistungsangebots besteht darin, das Primarleistungsangebot zu erganzen und damit entweder den unmittelbaren Produktnutzen, die Zufriedeniieit des Kunden mit einer Transaktion und/oder den grundsatzlichen Kundennutzen aus der Beziehung mit dem Unterneiimen zu steigern (Deppe 1992, S. 301ff.; Topfer 1996, S. 25). Aus dieser Zielsetzung resultieren die folgenden Merkmale sekundarer Leistungsangebote (Mann 1998, S. 44, S. 71; Rosada 1990, S. 27ff.; Sclilomer1997, S. 61ff.): •
Sekundarleistungen sind Bestandteil(e) eines Leistungsbundels, das von der Primarleistung dominiert und den Kunden eines Unternehmens fur iiire Bedarfsbefriedigung offeriert wird.
•
Sekundarleistungen sind Leistungsangebote, die eine absatzpolitische Unterstutzungsfunktion fur die Primarleistung erfullen und deshalb im Markt nicht zwangslaufig vor dem Hintergrund einer direkt zurechenbaren Gewinnerwirtschaftung angeboten werden. Vielmehr sollen sie die Vermarktung der Primarleistung fordern bzw. deren akquisitorisches Potenzial erhohen.
•
Sekundarleistungen konnen trotz ihres Erganzungscharakters als ein effektives Instrument zur Individualisierung und Flexibilisierung der Marktieistung eine bedeutende Rolle fur die Erzeugung von Kundenpraferenzen ubernehmen. Im Wettbewerb mit der Konkurrenz ist es Wenn im Weiteren von Sekundar(dienst)leistungen gesprochen wird, dann beziehen sich die Ausfuhrungen, wenn nicht explizit anders bezeichnet, also auf kundenbezogene sekundare Leistungen des Unternehmens.
Identifikation strategischer Geschaftsfelder: Funktionale Analyse
183
deshalb ratsam, Sekundarleistungen als Profilierungs- und Differenzierungsinstrument eigenstandig zu managen. Da die Primarleistung eines Unternehmens durch sekundare Sachund/oder Dienstleistungen erganzt werden kann, lassen sich Sekundarleistungen entsprechend aufgliedem. Aufgrund der hier zentralen Dienstleistungsperspektive werden sekundare Sachleistungen nicht betrachtet. Der weiteren Untersuchung liegt demnach folgende Definition zugrunde: Sekundardienstleistungen sind Dienstleistungen, die von einem Unternehmen angeboten werden, urn zur Herstellung, Verbesserung und Erhaltung der Vermarktungsfahigkeit bzw. der marktiichen Erfolgsaussichten einer Prinnarleistung positiv beizutragen (Hamnnann 1974, S. 136ff.; Rosada 1990, S. 27). Dies gilt unabhangig davon, ob die zugrunde liegende Primarleistung eine Sach- oder ihrerseits eine Dienstleistung darstellt. 6.2.2.2
Beschwerdemanagement als Sekundardienstleistungsangebot
Anhand des vorgestellten Verstandnisses von Beschwerdemanagement auf der einen und Sekundardienstleistungen auf der anderen Seite kann nun im Rahmen eines dreistufigen Vorgehens erortert werden, inwieweit sich Beschwerdemanagement berechtigterweise als eine kundengerichtete, sekundare Dienstleistung des Unternehmens einordnen lasst. Auf einer ersten Stufe ist zu uberdenken, inwieweit sowohl der direkte als auch der indirekte Beschwerdemanagementprozess bzw. welche Aufgaben und Funktionen des Beschwerdemanagements in die folgenden Uberlegungen einzubeziehen sind. Auf der zweiten Stufe werden die Konstitutiva der Dienstleistung, also Integration des externen Faktors (Integrativitat) und Intangibilitat, zur Reflexion des Dienstleistungscharakters des Beschwerdemanagements herangezogen. AbschlielJend wird auf der dritten Stufe uberpruft, ob Beschwerdemanagement einen sekundaren Leistungscharakter aufweist.
184 Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
Urn zunachst zu entscheiden, ob sowohl der direkte als auch der indirekte Beschwerdemanagementprozess an dieser Stelle in den Sekundardienstleistungskontext einzuordnen ist, sei daran erinnert, dass in der vorliegenden Arbeit iedigiicii kundenbezogene Sekundardienstleistungen diskutiert werden. Nun ist es ferner wiciitig, das von Stauss/Seidel (2002) vorgeschlagene Kriterium zur Untersciieidung des direkten und indirekten Bescliwerdennanagementprozesses zu rekapitulieren. Die Autoren grunden ihre Abgrenzung gerade darauf, dass der Kunde des UnterneJimens in seiner Rolle als Beschwerdefuiirer in die Aufgaben des direkten BescJiwerdemanagements eingebunden ist, wohingegen ein Beschwerdefuhrer am indirekten Beschwerdemanagement „nicht unmittelbar beteiligt ist" (Stauss/Seidel 2002, S. 83). Der indirekte Beschwerdemanagementprozess kann folglich keine kundengerichtete Sekundardienstleistung des Unternehmens darstellen. Der zentrale Gegenstand der weiteren Betrachtungen ist demnach das Wirkungsgefuge aus Aufgaben und Funktionen des direkten Beschwerdemanagementprozesses. Dieses Zusammenspiel aus Aufgaben und Funktionen verdient zum besseren Verstandnis der Verortung des direkten Beschwerdemanagements im Sekundarleistungskontext eine prazisierende Erorterung. Der direkte Beschwerdemanagementprozess umfasst auf der Aufgabenebene die Beschwerdestimulierung, -annahme, -bearbeitung und -reaktion. Mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben erfullt Beschwerdemanagement unterschiedliche Funktionen, die als ein Funktionsbundel zu interpretieren sind/'' Das Kriterium eine unmittelbar kundenbezogene Funktion zu sein, erfullen allerdings lediglich die Abhilfe-, die externe Informations- sowie die Zugangsfunktion des Beschwerdemanagements/^ Somit 77
Es sei an dieser Stelle daran erinnert, dass keine zwingende Kopplung der Aufgaben des direkten (indirekten) Beschwerdemanagements an die externen (internen) Funktionen unterstellt werden kann. 78 Alle anderen Funktionen des Beschwerdemanagements, wie dies an spaterer Stelle noch zu vertiefen sein wird, bieten nicht dem Kunden in seiner Rolle als Beschwerdefuhrer, sondern dem Unternehmen einen Nutzen.
Identifikation strategischer Geschaftsfelder: Funktionale Analyse
185
lasst sich das kundenbezogene Wirkungsgefuge im direkten Beschwerdemanagement wie folgt illustrieren (Abbildung 6-2).
Aufgabenebene
Funktionenebene Exteme \ Informationsfunktion;
Zugangsfunktion
Abb. 6-2:
Das kundenbezogene Wirkungsgefuge im direkten Beschwerdemanagement; Quelle: Eigene Abbildung.
Die Grafik verdeutlicht, dass die Abhilfefunktion als Kern des direkten Beschwerdemanagements positioniert ist. Diese Sichtweise stutzt sich auf das auf dem ,Molekular-Modeir von Dienstleistungen (Shostack 1977, S. 74ff.) aufbauende ,Schwerpunktprinzip' (Rosada 1990, S. 30ff.). Das Schwerpunktprinzip fordert, die strategische Analyse bei Leistungsbundeln auf den eigentlichen Kern des Leistungskonnplexes zu fokussieren, da dieser einen pradispositiven Einfluss auf die grundsatzliche Ausrichtung der spateren Strategieformulierung ausubt (Rosada 1990, S. 31). Nacii Auffassung des Verfassers ist die Abhilfefunktion, die explizit auf die „Beseitigung von individueller Kundenunzufriedenheit" zur Stabilisierung einer gefahrdeten Kundenbeziehung abzielt (Stauss/Seidel 2002, S. 511), inn Vergleich zur Zugangs- und externen Informationsfunktion als der so verstandene Kern des direkten Beschwerdemanagements anzu-
186 Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
sehen. Letztlich spiegelt sie die eigentliche Grundbestimmung des Beschwerdemanagements als Problemlosungsangebot an den Beschwerdefuhrer wider. Die weiteren, an die Aufgaben des direkten Besciiwerdemanagements gekoppelten Funktionen werden demnach als die Abhilfefunktion unterstutzende bzw. diese erganzende Funktionen eingestuft. Diese Einschatzung wird durcii die empirischen Erkenntnisse von Stauss/Sclidier (2003, S. 137) gestutzt, die die Abhilfefunktion in ihrer Befragung deutscher Besciiwerdemanager als die eindeutig wichtigste Aufgabe des direkten Beschwerdemanagements bestatigen/^ Vor diesem Hintergrund sind nun die Dienstleistungskonstitutiva (Integrativltat und Intangibilitat) fur das direkte Beschwerdemanagement zu erortern. Das Kriterium der Integrativltat ist erfullt, wenn entweder der Kunde selbst, ein sich in dessen Eigentum/Besitz befindliches Objekt bzw. kundenseitige Informationen als externer Faktor in die Leistungserstellung des Beschwerdemanagements integriert wird (analog Haller 2002, S. 7; 79
Stauss/Scholer (2003, S. 136) erheben die Prioritaten, die den externen Funktionen des Beschwerdemanagements in deutschen Unternehmen zugedacht werden. Im Rahmen der Studie Ziehen die Autoren jedoch nicht den kompletten Kataiog externer Funktionen nach Stauss/Seidel (2002) heran. Es werden lediglich die Abhilfe-, Zugangs- und externe Informationsfunktion abgefragt, wahrend Kanalisierungs-, Public Relations- sowie Selbstregulierungsfunktion nicht berucksichtigt werden. Dies lasst die Vermutung zu, dass Stauss und Scholer die drei betrachteten externen Funktionen als die zentralen Wirkungsrichtungen ansehen. Unterstutzt wird diese Interpretation ferner dadurch, dass Stauss/Seidel (2002, S. 511) selbst mit Bezug auf Selbstregulierungs- und PublicRelatlons-Funktion von „sekundaren" externen Funktionen sprechen. Wie nun die drei erhobenen Funktionen in der Unternehmenspraxis gegeneinander priorisiert sind, zeigt sich anhand der quantitativen Auswertung eindeutig: (1) Im Zentrum der Aufgabenstellung des direkten Beschwerdemanagements steht fur (87%) der Unternehmen die Abhilfefunktion, also die Verantwortung dafur, individuelle Unzufriedenheit der Kunden zu beseitigen (Stauss/Scholer 2003, S. 137). (2) Im Gegensatz dazu wird die externe Informationsfunktion, die Aufgabe unzufriedene Kunden mit problembezogenen Informationen zu versorgen und Informationsdefizite zu reduzieren, als deutlich unwichtiger eingeschatzt; nur etwas mehr als die Halfte der Unternehmungen (51%) sehen das Beschwerdemanagement in dieser Verantwortung. (3) Fur lediglich 43% der Befragten ist die Zugangsfunktion, die sich in erster Linie in der Kommunlkation vorhandener Beschwerdemoglichkeiten und der Zustandigkeit des Beschwerdemanagements fur aufgetretene Kundenunzufriedenheit widerspiegelt, eine relevante Verantwortung des Beschwerdemanagements.
Identifikation strategischer Geschaftsfelder: Funktionale Analyse
187
Homburg/Krohmer 2003, S. 810; Meffert/Bruhn 2003, S. 30). Da die vorliegende Arbeit eine Beschwerde als kundenseitig initiierte Unzufriedenheitsartikuiation ansieht, wird deutlich, dass Beschwerdemanagement ohne diese Bereitschaft des Kunden zur AuUerung seiner Beschwerde nicht tatig werden bzw. die Abhilfefunktion nicht leisten kann. Ferner muss der Beschwerdefuhrer dem Unternehmen spezifische Informationen bezuglich der Beschwerdeinhalte mitteilen, urn die Beschwerdebearbeitung zu ermoglichen (Wegmann 2001, S. 14). Stauss/Seidel (2002, S. 166) verstehen Beschwerdeinformationen deshalb als Input fur den sich anschliefienden Beschwerdebearbeitungsprozess. Dieser Input, als conditio sine qua non und Ausloser der weiteren Bearbeitung, wird dem Unternehmen von Kundenseite zur Verfugung gestellt. Daneben kann es erforderlich werden, dass der Kunde nicht nur Informationen, sondern auch ein Objekt aus seinem Eigentumsbereich in die Leistungserstellung einbringen muss, wie es z.B. bei der Uberlassung eines beanstandeten Produkts zur Begrundung von Gewahrleistungsanspruchen der Fall sein kann. Zusammenfassend kann daher festgehalten werden, dass die Beschwerderegelung durch den Anbieter typischerweise eine Integration des Kunden bzw. eine kundenseitige Mitwirkung erfordert (Gunter 2003, S. 301; Hansen et al. 1995, S. 85; Stauss/Seidel 2002, S. 83ff.). Das direkte Beschwerdemanagement kann deshalb als eine interaktionsabhangige Leistung angesehen werden, die das Dienstleistungsmerkmal der Integrativitat aufweist. Als Dienstleistung kann es jedoch nur gelten, sofern es auch das Kriterium der Intangibilitat erfullt. Die Intangibilitat einer Dienstleistung fokussiert das Ergebnis des Leistungsprozesses, das sich definitionsgemali primar intangibel darstellt, wenngleich materielle Ergebniskomponenten (z.B. Trager- und/oder Hilfsmedien) Verwendung finden konnen (Hentschel 1992. S. 24f.). Betrachtet man das damit zentral angesprochene Aufgabenfeld der Beschwerdereaktion und der darauf aufbauenden Abhilfefunktion, so wird die Immaterialitat der Leistung des direkten Beschwerdemanagements
188 Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
offenbar. Verschiedene empirische Studien belegen, dass die (immaterielle) unternehmensseitige Formulierung einer Entschuldigung eine fundamentale Komponente der erfolgreichen Beschwerdereaktion darstellt, die allerdings durchaus mit materiellen Entschadigungen kombiniert werden kann (Boshoff 1997; Davidow 2003; Estelami 2000). Einen dominant immateriellen Charakter des Beschwerdemanagements unterstreichen Stauss/Seidel (2002, S. 165f.) wenn sie von der Wiederherstellung der Kundenzufriedenheit als einem zentralen Output bzw. der Wertschopfung des Besciiwerdemanagements fur den Kunden sprechen. SchlieBlich besciireiben de Ruyter/Brack (1993, S. 156) die Kommunikatlon von Informationen an die Beschwerdefuhrer als das primare Ergebnis des Beschwerdemanagementprozesses und betonen damit ebenfalls dessen immateriellen Charakter. Daher kann auch die Intangibilitat als fur das direkte Beschwerdemanagement gegeben erachtet werden. Auf einer Zwischenstufe ist der Dienstlelstungscharakter des direkten Beschwerdemanagements somit belegt. Inwieweit aber die weitergehende Einstufung als sekundare Dienstleistung des Unternehmens gerechtfertigt erscheint, ist nun zu klaren. Oben wurden Sekundardienstleistungen als Dienstleistungen eines Unternehmens charakterisiert, die (1) keine eigenstandigen Absatzobjekte darstellen und nicht zwingend mit direkt zurechenbarer Gewinnerzielungsabsicht angeboten werden. Sie reprasentieren nicht den eigentlichen Unternehmenszweck, sondern werden (2) zur Erganzung der Kernleistung angeboten. Dennoch zielen sie (3) auf die Erhohung des Kundennutzens aus der Produktnutzung bzw. der Geschaftsbeziehung und fordern dadurch die Absatz- bzw. Markterfolgschancen der Primarleistung. Vor dem Hintergrund dieser Sekundarleistungsmerkmale ist das direkte Beschwerdemanagement zu reflektieren: •
Zum Aspekt der Gewinnerzielungsabsicht stellt Wegmann (2001, S. 15) fest, dass Beschwerdemanagement nicht mit einem eigenstandi-
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189
gen Marktpreis versehen werden kann. Beschwerdemanagement wird offensichtlich nicht mit der Absicht einer unmittelbaren, direkt zurechenbaren Gewinnerzielung angeboten. •
Zur Einschatzung des Beschwerdemanagements als potenziell eigenstandiges Absatzobjekt gilt es zu bedenken, dass Beschwerdemanagement von Kunden dann in Anspruch genommen wird, wenn aufgrund der unternehmerischen, primaren Marktieistung bzw. des betrieblichen Marktverhaltens Unzufriedenheit entstanden ist. Die Nachfrage nach den Leistungen des Beschwerdemanagements ist damit aus der Primarleistung abgeleitet. Beschwerdemanagement ist folglich eine derivative Dienstleistung und keine eigenstandige Absatzleistung. Daher stellt ein auf das Marktangebot einer Unternehmung bezogenes Beschwerdemanagement nicht den Gegenstand bzw. den Unternehmenszweck dar, sondern nur eine Erganzung und Abrundung des Kernleistungsangebots.
•
Gleichzeitig ist unbestritten, dass Beschwerdemanagement als Instrument zur Erhohung des vom Kunden wahrgenommenen Nutzens aus der Geschaftsbeziehung eingesetzt wird (Stauss/Seidel 2002, S. 167). Die beiden letztgenannten Aspekte bestatigt Schober (1997, S. 155) mit der Feststellung, dass „die Aufgaben des Beschwerdemanagements lediglich Nebenaufgaben darstellen, die zur Unterstutzung von Hauptleistungen erbracht werden. Durch diese Nebenleistungen kann sowohl der Wert der Hauptleistungen als auch die Kundenbindung nachhaltig erhoht werden."
Insgesamt konnen alle Kriterien als erfullt gelten, die eine Sekundar- von einer Primar(dienst)leistung abgrenzen, weshalb zusammenfassend festzustellen ist: Das direkte Beschwerdemanagement stellt aus Sicht der Beschwerdefuhrer eine Sekundardienstleistung des Unternehmens dar. Anhand dieser Erkenntnis kann nun auch das erste strategische Geschaftsfeld des Beschwerdemanagements bestimmt werden: Unzufriede-
190 Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
nen Kunden der Primarleistung des Unternehmens bietet Beschwerdemanagement die sekundare Dienstleistung des direkten Beschwerdemanagements an. Die Aufgabenfelder der Beschwerdestimulierung, -annahme, -bearbeitung und -reaktion bilden die Grundlage fur die Abhilfefunktion und die diese erganzenden kundenbezogenen Funktionen. Dieses Leistungsbundel stellt einen ersten gedanklichen Ausschnitt des Aktivitatsfeldes im BescJiwerdemanagement dar, der eine gemeinsame strategische Betrachtung verdient und eigenstandige Strategien reciitfertigt. Beschwerdemanagement als sekundare Dienstleistung ist das erste strategische Geschaftsfeld des Beschwerdemanagements. 6.2.3
Beschwerdemanagement als unternehmensinterne Dienstleistung
Bei der Diskussion des Beschwerdemanagements im Kontext interner Dienstleistungen wird eine analoge Vorgehensweise gewahit, wie sie bei der Einbettung in die Sekundarleistungsthematik zugrunde gelegt wurde. Es wird zunaciist die interne Dienstleistung begrifflich abzugrenzen (6.2.3.1) und darauf aufbauend Beschwerdemanagement als Erscheinungsform einer internen Dienstleistung einzuordnen sein (6.2.3.2). Der elgentliche Schwerpunkt dieses Abschnitts liegt jedoch auf der Prazlsierung der unternehmensinternen Leistungsfacetten des Beschwerdemanagements, die anhand verfeinerter Klassifikatlonen interner Dienstleistungen aufgezeigt werden (6.2.3.3). 6.2.3.1
Zum Verstandnis interner Dienstleistungen
Die einschlagige Literatur unterscheidet Dienstleistungen nach ihrem Wirkungsbereich grundsatzlich in unternehmensintern und unternehmensextern orientierte Leistungen (GralJy 1993, S. 80; Noch 1995, S. 23; Sanche 2002, S. 21f.; Topfer 1996, S. 28). Graliy versteht (1993, S. 88) interne Dienstleistungen als Dienstleistungen, die von einer Unternehmenseinheit fur eine andere erbracht werden, von derivativem, vorleistungsorientiertem Charakter sind und als unternehmensinterne Beitrage
Identifikation strategischer Geschaftsfelder: Funktionale Analyse
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fur den eigenen Bedarf erstellt werden. Sie „werden im Rahmen innerbetrieblicher Arbeitsteilung in bestimmten internen Leistungsprozessen eingesetzt und dienen (...) zur Vorbereitung und Herstellung der Vermarktungsfahigkeit der abzusetzenden Primarleistung" (Schlomer 1997, S. 64). Trotz dieser vermeintlichen Definitionen kann aufgrund der Vielzahl funktionaler Erscheinungsformen interner Dienstleistungsangebote in diesenn Forschungsfeld nicht von einenn einheitlichen Begriffsverstandnis gesprochen werden (Reckenfelderbaumer 2001, S. 23). Deshalb leitet Reckenfelderbaumer (2001, S. 23ff.), auf Basis seiner Kritik der bisherigen uneinheitlichen Begriffsverwendung, einen kriterienbasierten Ansatz zur Abgrenzung interner Dienstleistungen ab.^° Interne Dienstleistungsangebote zeichnen sich, so Reckenfelderbaunner (2001, S. 50f.), durch die folgenden drei Merkmale aus: (1) Es handelt sich urn eigenstandige Leistungen, die inhaltlich abgeschlossene Aufgabenbereiche als Aggregation verschiedener, sachlich zusammenhangender Tatigkeiten unnfassen, die ferner (2) unternehmensintern^^ erbracht werden und deren Anbieter und Nachfrager daher der einheitlichen Willensbildung der Unternehnnensleitung unterliegen, und die schlielilich (3) die Merkmale einer Dienstleis-
80
Reckenfelderbaumer (2001, S. 50) erhebt dabei nicht den Anspruch, eine generell gultige Definition vorzulegen, die Konstitutiva einer internen Dienstleistung besciireibt. Es geiit iiim darum, eine wissenschaftlicii fundierte, tragfahige Arbeitsdefinition interner Dienstleistungen vorzulegen. Allerdings gilt es vor dem Hintergrund des in der Praxis vermehrt anzutreffenden Phanomens der Unternehmensausgrundung innerhalb eines Konzerns zu erortern, inwieweit Leistungen eines vormals internen Dienstleisters noch immer als Jntern" gelten konnen, wenn dieser als rechtlich eigenstandiges Unternehmen im Markt agiert. In diesem Falle zieht Reckenfelderbaumer als Entscheidungsmafistab die Freiheitsgrade der Willensbildung solcher Unternehmen heran. Er stellt diesbezuglich fest, dass trotz ihrer formalen juristischen Unabhangigkeit, eine grundsatzliche wirtschaftliche Abhangigkeit besteht, die sich daraus ableitet, dass Anbieter und Nachfrager der Leistung der einheitlichen Willensbildung einer ubergeordneten Unternehmensleitung (bzw. Konzernleitung) unterliegen. Daher folgert er, dass alle „Austauschprozesse, die sich innerhalb der Konzerngrenzen vollziehen und der einheitlichen Willensbildung unterliegen" als intern zu bezeichnen sind (Reckenfelderbaumer 2001, 8. 37).
192
Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
tung in hohem MaBe^^ aufweisen. Fur die Verortung des Beschwerdemanagements in den Kontext intemer Dienstleistungen wird dieses grundlegende Verstandnis nach Reckenfelderbaumer (2001) als geeignete Bezugsbasis dienen. 6,2.3.2
Einordnung des Beschwerdemanagements als unternehmensintemes Dienstleistungsangebot
Bei der Ergrundung der Frage, ob Beschwerdemanagement eine interne Dienstleistung darstellt, soil nicht verschwiegen werden, dass Stauss/Seidel (2002, S. 528) im Hinblick auf sowohl den direkten als auch den indirekten Beschwerdemanagementprozess bereits feststellen: „Der Bereicii Bescliwerdemanagement hat tatsachlich die Rolle eines internen Dienstleisters inne." Die folgenden Ausfuhrungen werden deshalb bewusst kurz geiiaiten, da sie weniger prufenden, sondern vielmelnr bestatigenden, illustrierenden Zwecken dienen. Anhand des kriterienbasierten Kategorisierungsansatzes von Reckenfelderbaumer (2001, S. 28ff.) wird Beschwerdemanagements knapp als (1) inhaltlich abgeschlossene Leistung und (2) als interne Leistung eingestuft, die sich (3) durch die weitgehende Erfullung der grundlegenden Dienstleistungscharakteristika auszeichnet. Hierbei werden der direkte und indirekte Beschwerdemanagementprozess getrennt betrachtet. (1) Inhaltliche Abgeschlossenheit der Leistungen im Beschwerdemanagement: Eine interne Dienstleistung setzt sich, gemali Reckenfelderbaumer (2001, S. 28ff.) typischen/veise aus einem Bundel sachlich zusammenhangender Einzeltatigkeiten bzw. -leistungen zusammen. Das direkte Beschwerdemanagement zielt auf die fallindivi82
Reckenfelderbaumer (2001, S. 40ff.) betrachtet Integrativitat und Immaterialitat als die bedeutendsten Kriterien zur Abgrenzung der Dienstleistung. Allerdings weist er darauf hin, dass angebotene Leistungsbundel eines Unternehmens nur In den aller wenigsten Fallen die beiden Konstitutiva in Reinform aufweisen und spricht deshalb davon, dass Dienstleistungen solche Leistungen sind, die Immaterialitat und Integrativitat „\n hohem Malie" aufweisen (Reckenfelderbaumer 2001, S. 45f.).
Identifikation strategischer Geschaftsfelder: Funktionale Analyse
193
duelle Beseitigung der Kundenunzufriedenheit und die Gewahrleistung von Beschwerdezufriedenheit ab. Hierzu umfasst es die sequenziell ablaufenden Prozesskomponenten der Beschwerdestimulierung, -annahme, -bearbeitung und -reaktion. Zentrales Ziel des indirekten Beschwerdemanagements ist die ErschlieRung der Besciiwerdeinformationen und deren Nutzung zur kontinuieriichen Verbesserung der unternehmerischen Leistungen mittels der Beschwerdeauswertung, des Beschwerdereporting sowie der Beschwerdeinformationsnutzung. Beide Beschwerdemanagementprozesse stellen offensichtlich in sich abgeschlossene Aufgaben dar, die sich ihrerseits aus einer Vielzahl einzelner Verantwortungsfelder und weiterer (Einzel-) Tatigkeiten zusammensetzen. (2) Interne Leistungserbringung durch das Beschwerdemanagement: Die zweite Voraussetzung fur das Vorliegen einer internen Dienstleistung ist, dass Anbieter und Nachfrager derselben Unternehmung angehoren und die Leistungsprozesse der einheitlichen Willensbildung der Unterneiinnensieitung unterliegen (Reckenfelderbaumer 2001, S. 50). Das direkte Beschwerdemanagement hat die Kernaufgabe, die negativen Auswirkungen von Kundenunzufriedenheit fur das Unternehmen zu minimieren, indem gefahrdete Kundenbeziehungen wieder stabilisiert und Kundenabwanderungen vernnieden werden (Stauss/Seidel 2002, S. 79). Die Realisierung dieser Ziele aber kommt nicht in erster Linie dem Beschwerdemanagement selbst, sondern dem Gesamtunternehmen bzw. dessen Geschaftsbereichen in ihren jeweiligen Markten zugute.^^ Die erfolgreiche Leistungserstellung durch das Beschwerdemanagement sichert die Kundenertragspotenziale bzw. vermeidet Kundenabwanderungskosten 83
Entsprechend dient die Wahmehmung der Abhilfe-, Kanalisierungs-, Zugangs-, externen Informations-, Selbstregulierungs- Puffer- und Public Relations-Funktion ebenfalls nicht dem Bereich Beschwerdemanagement, sondern primar dem Gesamtunternehmen bzw. den von den Beschwerden betroffenen Sparten der Unternehmung.
194 Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
fur andere Unternehmenseinheiten. Das direkte Beschwerdemanagement ist daher nicht nur als eine fur die Beschwerdefuhrer (als externa Nachfrager), sondern gleichzeitig als eine fur die Geschaftsbereiche (als primare interne Zielgruppe) erbrachte Leistung aufzufassen. Im Rahmen des indirekten Beschwerdemanagementprozesses stellt der Beschwerdemanagement-Bereich unternehnriensinternen Zielgruppen entscheidungsunterstutzende Informationen zur Verfugung (Jeschke/Schuize 1995, S. 408; Stauss/Seidel 2002, S. 249, S. 413). Beschwerdemanagement erbringt seine Dienste offensichtlich fur interne Leistungsempfanger, weshalb die Zugehorigkeit des Anbieters und Nachfragers der Beschwerdemanagement-Leistungen zum selben Unternehmen zu bejahen ist. (3) Intangibilitat und Integrativitat des Beschwerdemanagements: Urn die Intangibilitat des Leistungsergebnisses im direkten Beschwerdemanagement zu beurteilen, ist primar an dessen Kern, die Abhilfefunktion, anzuknupfen. Diese dient, wie oben gezeigt, zur Wiederherstellung der Zufriedenheit und dannit Schaffung der Grundlage fur Commitment und Vertrauen des vormals unzufriedenen Kunden. Erganzt wird dies z.B. durch die „Verbesserung des Ansehens der Unternehmung bel Kunden und in der Offentlichkeit" (Stauss/Seidel 2002, S. 512) uber die Public-Relations-Funktion. Beide Ergebnisdimensionen des direkten Beschwerde-managements sind als in hohem Made intangibel zu bezeichnen. Die fundamental Zielsetzung des indirekten Beschwerdemanagementprozesses besteht in der Aufbereitung, Verteilung und Nutzung von Beschwerdeinformationen. Damit stellt Beschwerdemanagement eine spezifische Form von Marktforschungsinformationen bereit, die sich durch einen in hohem Made immateriellen, teilweise komplexen Gharakter auszeichnen und deren Wirkung grundsatzlich schwer zu fassen, geschweige denn prazise zu bewerten ist (Roleff 2001, S. 119f.). Die Nutzung dieser vom Beschwerdemanagement geschaffenen Informations- und Wis-
Identifikation strategischer Geschaftsfelder: Funktionale Analyse
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senspotenziale ruft eine informatorische Zustandsveranderung, d.h. eine Veranderung des Informations- und Wissensstandes der internen Nachfrager und optimalerweise eine Erweiterung deren Fahigkeiten hervor (Schlonner 1997, S. 56). Diese hier angefuhrten Merkmale verdeutlichen die ausgepragte Intangibilitat des indirekten Beschwerdemanagements. Die Betrachtung der I n teg rati vi tat beinhaltet die Notwendigkeit, im Rahmen der Leistungserbringung den internen Nachfrager direkt oder durch ihn zur Verfugung zu stellende Outer, Rechte Oder Informationen integrieren zu mussen (Schlonner 1997, S. 58; Suhr 2002, S. 29). Die Integrativitat des direkten Beschwerdemanagements offenbart sich durch die Einbindung der betreffenden Unternehmenseinheit im Rahmen der Abhilfefunktion (also in Beschwerdestimulierung, -annahme, -bearbeitung und/oder -reaktion).^"^ Anknupfungspunkt zur Bestimmung der Integrativitat im indirekten Beschwerdemanagement sind die Aufgabenfelder der Beschwerdeauswertung, des Beschwerdemanagement-Controlling, des Beschwerdereportings sowie der Beschwerdeinformationsnutzung. Fur eine Bejahung der Integrativitat dieser Aufgabenbausteine spricht, dass die Verwendung von Beschwerdeinformationen durch unternehmensinterne Einheiten vom Informationsnachfrager bei der Aufnahme stets 84
Stauss/Scholer (2003, 8. 129ff.) belegen empirisch, dass dezentrale Unternehmenseinheiten auflerhalb des Beschwerdemanagement-Bereichs regelmafiig in die Erbringung des direkten Beschwerdemanagements eingebunden sind. Beispielsweise sind Ruckfragen des Beschwerdemanagements im Fachbereich oder die Einbindung eines Mitarbeiters (z.B. Kundenberater einer spezifischen Filiale eines Kreditinstituts) dieser Organisationseinheit zur Erarbeitung und Umsetzung einer adaquaten Beschwerdereaktion denkbar. Selbst wenn keine direkte Interaktion zwischen dem Beschwerdemanagement und einer anderen Unternehmenseinheit stattfindet, so wird das Beschwerdemanagement ubiicherweise zur Losung des Kundenproblems auf Daten bzw. Informationen zuruckgreifen (mussen), die von dieser Unternehmenseinheit zur Verfugung zu stellen sind (z.B. Daten uber Kundenumsatze/Kundenwert, die von den Geschaftsbereichen in einer zentralen Datenbank hinterlegt und dort im Falle der Beschwerdefuhrung direkt vom Beschwerdemanagements abgerufen werden).
196 Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
bestimmte Verarbeitungsvorgange erfordert, d.h. eine Mitwirkung des Empfangers und damit den Einsatz bereits vorhandener, anderer Informationen voraussetzen (Roleff 2001, S. 117f.). Die Einbindung der internen Informationsnachfrager wind anhand der Beispiele der Bildungs- Oder auch der Impulsfunktion des indirekten Beschwerdemanagements besonders augenscheinlich. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass ein Beschwerdemanagement - im Verstandnis des Referenzmodells nach Stauss/Seidel (2002) - grundsatzlich alle Voraussetzungen erfullt, die Reckenfelderbaumer an das Vorliegen einer jnternen Dienstleistung' geknupft hat und als solche zu interpretieren ist (Abbildung 6-3).
Abgeschlossenheit der Aufgabe Untemehmensinteme Leistung Dienstleistungskonstitutiva
Abb. 6-3:
Direktes Beschwerdemanagement
Indirektes Beschwerdemanagement
IZI EI EI
El El El
Beschwerdemanagement im Lichte der Merkmale interner Dienstfeistungen; Quelle: Eigene Abbildung.
Allerdings umfasst das Spektrum interner Dienstleistungen ein sehr iieterogenes Bundel verschiedener Leistungen. Deshalb ist - im Sinne einer prazise auf die spatere Strategieableitung ausgerichteten Diskussion eine noch genauere funktionale Differenzierung des internen Dienstleistungsangebots des Beschwerdemanagements aniiand geeigneter inhaltlicher Typologisierungsansatze vonnoten. 6.2.3.3
Prazisierung des internen Dienstleistungsangebots des Beschwerdemanagements
Da interne Dienstleistungen in der betriebswirtschaftlichen Forschung nur am Rande betrachtet werden, existieren vergieiciisweise wenige funktio-
Identifikation strategischer Geschaftsfelder: Funktionale Analyse
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nale Klassifikationsansatze (Reckenfelderbaumer 2001, S. 54).®^ Von diesen wiederum hat lediglich die auf Sayles (1964) zuruckgehende Systematisierung, die spater von Davis (1991) sowie Stauss (1995) bzw. Stauss/Neuhaus (1999) erweitert wurde, nennenswerte Verbreitung gefunden (Reckenfelderbaunner 2001, S. 60). Diese Forschungsarbeiten sind fur die Verknupfung mit dem Beschwerdemanagement in besonderem Mafie geeignet und werden daher inn Weiteren zugrunde gelegt. 6.2.3.3.7
Problemrelevante Typologien interner Dienstleistungen
In seinem Ausgangsmodell identifiziert Sayles (1964) mit den ,Work Flow Relationships' und den ,Service Relationships' zwei grundlegende Beziehungsformen, die interne Dienstleister mit ihren Nachfragern verbinden: •
,Work Flow Relationships' sind dadurch charakterisiert, dass die einzelnen Prozessstufen der Leistungserstellung „in einen starren Arbeitsablauf mit festgeschriebenen Schnittstellen und vereinbarten Input-/Outputbeziehungen eingebunden sind, wobei eine Stufe ihre Arbeit erst aufnimmt, wenn der vollstandige Input durch die vorangegangene Prozefistufe (sic) erfolgt ist" (Neuhaus 1996, S. 47).
•
Im Gegensatz dazu ist das Kopplungsverhaltnis zwischen Anbieter und Abnehmer bei ,Service Relationships' als vergleichsweise lose zu bezeichnen. Auf eine Fixierung von Schnittstellen und Input/Outputverhaltnissen wird weitgehend verzichtet und das Ergebnis der internen Dienstleistung geht in die internen Prozesse der internen Abnehmer ein (Neuhaus 1996, S. 48; Suhr 2002, S. 45).
Diese beiden Grundformen unternehmensinterner Beziehungen werden von Sayles (1964, S. 83) anhand von vier inhaltlich-akzentuierten Managementaufgaben (Advisory, Auditing, Stabilization, Innovation) naher bestimmt. Davis (1991, 1992, 1993) baut auf dieser Konzeptbasis auf, um interne Dienstleistungen unter Management- und Fuhrungsaspekten zu Fur einen Uberblick siehe Reckenfelderbaumer (2001, 8. 55f.).
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beleuchten und Ansatzpunkte zu deren Effektivitatssteigerung aufzuzeigen. Aufgrund dieses Managementfokus der Kategorisierung von Davis ist ihr fur die hier zentrale strategische Fragestellung iioiie Bedeutung beizumessen. Davis verknupft seinerseits die beiden Dienstleistungs-Grundtypen mit den vier Managementaufgaben nach Sayles. Durch eine andersartige Verdichtung schlagt er aber die folgenden drei Typen interner Dienstleistungsbeziehungen vor: •
Work Flow Services: Analog zum ursprunglichen Verstandnis nacii Sayles (1964) beschreibt Davis (1992. S. 7) diese als folgende Konstellation: "Departments that are linked together in this way are dependent on those departments performing work in the preceding stages; likewise, they are subject to the pressures and demands placed on them by departments that follow." Work Flow-Service-Beziehungen entsprechen damit weitgehend industriellen Fertigungsprozessen und verlaufen routinemaUig (Bruhn 1999, S. 540).
•
Support Services and Advice: Support Services erieichtern bzw. ermoglichen die Aufgabenerfullung des internen Abnehmers und zeichnen sich ferner dadurch aus, dass sie prinzipiell extern eingekauft werden konnen (Bruhn 1999, S. 540f.). Davis (1992, S. 12) charakterisiert diese wie folgt: "(...) a free-standing support or staff unit provides service to another division or department. In this case, the department is not integrated into a discernable work-flow; rather It functions on an as-needed basis."
•
Audit and Evaluative Services: Diese dritte, typischerweise im Auftrag der Unternehmensleitung, erbrachte Form interner Dienstleistungen ist darauf gerichtet, die Aktivitaten anderer Unternehmenseinheiten zu uberprufen und zu bewerten (Davis 1993, S. 306ff.). Aufgrund ihres evaluativ-kontrollierenden Charakters werden sie kaum freiwillig nachgefragt (Bruhn 1999, S. 541).
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Diese Klassifizierung erfahrt nun durch Stauss (1995) und Stauss/Neuhaus (1999) eine zusatzliche Prazisierung. Die beiden Autoren entwickein ihre Typologie vor allenn im Hinblick auf ein Qualitatsmanagement interner Dienstleistungen und differenzieren die folgenden zwei Dimensionen: (1) Inhaltliche Aufgabenstellung und (2) Einbindung der internen Dienstleistung in unternehmerische Ablaufe. Nach der inhaltlichen Aufgabenstellung grenzen Stauss/Neuhaus (1999, S. 138) interne Untersttitzungsdienstleistungen und Kontrolldienstleistungen voneinander ab. Unterstutzungsdienstleistungen^^ entsprechen inhaltlich den ,Support/Advice Services' nach Davis. Diese Arten interner Dienstleistungen, z.B. Marktforschungs-, Beratungs- oder Schulungsangebote, sollen interne Leistungsnachfrager in die Lage versetzen, „bestimnnte eigene Leistungen uberhaupt erst oder effizienter zu erbringen" (Neuhaus 1996, S. 50). Andererseits benennen die Autoren interne Kontrolldienstleistungen^'', die auf die ,Audit/Evaluative Services' nach Davis zurijckgehen. Ziel der Kontrolldienstleistungen ist die Uberwachung und Bewertung anderer Unternehnnensbereiche bzw. Abteilungen (Neuhaus 1996, S. 50). Klassische Beispiele hierfur sind interne Leistungen des Controlling oder des Rechnungswesens (ebd.). Als zweites Kriteriunn legen Stauss/Neuhaus (1999, S. 137) die Einbindung der internen Dienstleistungen in die unternehmerischen Ablaufe zugrunde und unterscheiden sequenzintegrierte von sequenzunabhangigen internen Dienstleistungen. Sequenzintegrierte interne Dienstleistungen entsprechen den ,Work Flow Relationships' nach Davis bzw. Sayles und sind starr in den Arbeitsablauf integriert. Inn Gegensatz dazu werden Zeitpunkt, Quantitat und Qualitat der zu erstellenden sequenz-
Unterstutzungsdienstleistungen werden im Folgenden auch Unterstutzungsleistungen bzw. -dienste genannt. Kontrolldienstleistungen werden im Weiteren auch als Kontrollleistungen bzw. -dienste bezeichnet.
200 Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
unabhangigen Dienstleistungen situativ bestimmt (Stauss/Neuhaus 1995, S. 137). Diese beiden von Stauss und Neuhaus abgeleiteten Dimensionen sollen nun den MalJstab darstellen, anhand dessen der Leistungscharakter des Beschwerdemanagements als interne Dienstleistung naher bestimmt wird. 6.2.3.3.2
Inhaltliche Aufgabenstellung des Beschwerdemanagements als Unterstutzungs- und Kontrolldienstleistung
Um Beschwerdemanagement als Unterstutzungsdienstleistung einstufen zu konnen, musste ihm die Aufgabe zukommen, andere Unternehmenseinheiten durch Dienstleistungen zu unterstutzen, die von diesen nicht so wirtschaftlich oder nicht mit selber Qualitat erbracht werden konnen (Neuhaus 1996, S. 50; Reckenfelderbaumer 2001, S. 73). In der Konzeptualisierung des Beschwerdemanagements als interne Kontrolldienstleistung musste es dagegen seine Bestimmung sein, andere Unternehmensbereiche zu steuern bzw. zu uberwachen. Geeignete Anknupfungspunkte zur Bestimmung der von einem Beschwerdemanagement erbrachten Unterstutzungs- bzw. Kontrolldienstleistungen sind die beiden Hauptprozesse des direkten und indlrekten Beschwerdemanagements und die mit ihnen verknupften externen/internen Funktionen. Eine erste Unterstutzungsdienstleistung konnte das Funktionsbundel des direkten Beschwerdemanagements darstellen. Wie die Abbildung 6-4 verdeutlicht, ist das Wirkungsgeflecht des direkten Beschwerdemanagements im Kontext interner Dienstleistungen allerdings erheblich weiter zu fassen, als es oben hinsichtlich der kundenbezogenen Sekundardienstleistung geschehen ist.
201
Identifikation strategischer Geschaftsfelder: Funktionale Analyse
/
Exteme Informationsfunktion Pufferfunktion
f Public RelationsV Funktion
Abhilfefunktion
/ Selbstregulierungs- y ^ V funktion J
7 Rationalisieruiigs- ] funktion
Abb. 6-4:
f
^
Zugangsfunktion
V
Kanalisierungsfunktion
\ J
\ J
\ J
Das Funktionsbundel des direkten Beschwerdemanagements im Kontext interner UnterstiJtzungsdienstleistungen; Quelle: Eigene Abbildung.
Basierend auf dem bereits eriauterten Schwerpunktprinzip (Rosada 1990, S. 30ff.; Shostack 1977) wird die Abhilfefunktion erneut als der eigentliche funktionale Schwerpunkt des direkten Beschwerdemanagements aufgefasst. Aus Unternehmenssicht sind mit dem direkten Beschwerdemanagement daneben sieben weitere, erganzende Funktionen verknupft, die in unterschiedlich hohem Mafie eine unterstutzende Wirkung fur das Gesamtunternehmen bzw. die Geschaftsbereiche entfalten. Wenngleich der Public-Relations- und Selbstregulierungsfunktion, wie dies Stauss/Seidel (2002, S. 511) selbst nahe legen, lediglich untergeordnete Bedeutung beizumessen ist, lasst sich der Charakter des Beschwerdemanagements als Unterstutzungsdienstleistung anhand der Abhilfe-, externen Informations-, Zugangs-, Kanalisierungs-, Puffer- und Rationalisierungsfunktion deutlich belegen. Anzuknupfen ist hierbei an die Merkmale der Unterstutzungsdienstleistungen, also an die Aufgabe andere Unternehmenseinheiten zu unterstutzen bzw. eine unter Qualitats- und
202 Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
Wirtschaftlichkeitsaspekten uberlegene Leistung zu erbringen (Neuhaus 1996,8.50): •
Kern des direkten Beschwerdemanagements ist die Abhilfefunktion, ggf. erganzt durch die externe Informationsfunktion. Grundsatzlich ist davon auszugehen, dass neben dem BeschwerdemanagementBereich auch andere Unternehmenseinheiten uber die Fahigkeit verfugen, ein in der Beschwerde zum Ausdruck gebrachtes Problem losen zu konnen. Dennoch wird das Beschwerdemanagement beauftragt, die potenziellen Auswirkungen der Kundenunzufriedenheit fur das Unternehmen moglichst zu verhindern bzw. zu minimieren. Der Grund hierfur ist in der uberlegenen Qualitat der Leistungserbringung durch das Beschwerdemanagement zu suchen. Im Beschwerdemanagement ist das „unternehmerische Wissen uber Details und Ursachen von Kundenproblemen sowie Losungsmoglichkeiten" gebundelt und damit eine hohe fachliche Qualifikation hinsichtlich des Umgangs mit unzufriedenen Kunden im Rahmen der externen Informationsund Abhilfefunktion gewahrleistet (Stauss/Seidel 2002, S. 512; S. 514). Durch diese beiden Funktionen stabilisiert Beschwerdemanagement gefahrdete Kundenbeziehungen der Geschaftsbereiche, wodurch der Unterstutzungscharakter unterstrichen wird.
•
Der Unterstutzungscharakter manifestiert sich daruber hinaus in der Zugangsfunktion bzw. der dieser im Kontext interner Dienstleistungen sehr ahnlichen Kanalisierungsfunktion. Gegenstand beider Funktionen ist eine eindeutige und explizite Zustandigkeitserklarung des Beschwerdemanagements fur Kundenprobleme und deren Behebung (Stauss/Seidel 2002, S. 511). Neben der von Stauss und Seidel angesprochenen externen Wirkung gegenuber den (unzufriedenen) Kunden ist ebenso von einer internen Ausstrahlung dieser Zustandigkeitserklarung hinsichtlich der anderen Unternehmensbereiche auszugehen. Im Falle von Beschwerdeartikulationen konnen
Identifikation strategischer Geschaftsfelder: Funktionale Analyse
203
sich die betreffenden Einheiten also auf diese Primarverantwortung des Beschwerdemanagements berufen und dessen Unterstutzung zur Losung von Kundenproblemen in Anspruch nehmen. •
Kern der Pufferfunktion 1st es, die anderen Unternehmensbereiche bzw. operative Marketingeinhelten von der Bearbeltung bzw. Regulierung erzeugter Kundenprobleme zu entlasten (Hansen/Stauss 1985, S. 159). Hansen und Stauss bringen hier den Unterstutzungscharakter des direkten Beschwerdemanagements expressis verbis zum Ausdruck.^^
•
EIn weiterer charakterlstischer Aspekt fur Unterstutzungsdienstlelstungen ist die hohere Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung. Genau diese effiziente Bearbeitung der Kundenbeschwerden durch die Bundelung beschwerderelevanter Vorgange in spezialisierten Unternehmenseinheiten ist Gegenstand der Rationalisierungsfunktion des Beschwerdemanagement-Bereichs (Stauss/Seidel 2002, S. 514).
Angesichts dieser Uberlegungen bleibt festzuhalten: Das Leistungsbundel des direkten Beschwerdemanagements mit dem Kern der Abhilfefunktion und den diesen erganzenden internen/externen Funktionen stellt eine interne Unterstutzungsdienstleistung des Beschwerdemanagements gegenuber dem Gesamtunternehmen bzw. dessen Geschaftsbereichen dar. Der Blick kann nun auf das indirekte Beschwerdemanagement und die sich hieraus ableitenden internen Funktionen gerichtet werden. Angesprochen sind die interne Informations-, Impuls-, Bildungs-, Kontroll- und Rationalisierungsfunktion (Abbildung 6-5).
Nach Ansicht des Verfassers ist die Pufferfunktion, obwohl als interne Funktion eingestuft, daher in erster Linie mit dem direkten Beschwerdemanagement verknupft. Damit wird erneut deutlich, dass die Zuordnung der Funktionen als extern bzw. intern nicht automatiscii als Analoggrofie zu dem direkten bzw. indirekten Beschwerdemanagementprozess zu verstehen ist.
204 Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
f Interne \ A Informationsflinktion )-*^
f V
Bildungsfunktion
\ A%^
/ RationalisierungsV funktion
Abb. 6-5:
f ^y\
Impulsfunktion
Kontrollfunktion
\ J
>. J
Das Funktionsbundel des indirekten Beschwerdemanagements im Kontext intemer Dienstleistungen; Quelle: Eigene Abbildung.
Die Grafik zeigt ein ausgewogenes Wirkungsgefuge der mit dem indirekten Beschwerdemanagement gekoppelten Funktionen. Zwar weisen Stauss/Scholer (2003, S. 136f.) empirisch nach, dass die hochste Prioritat in der Beschwerdemanagement-Praxis der internen Informationsfunktion, vor der Bildungs- und der Impulsfunktion zukommt, eine mit der Stellung der Abhilfefunktion vergleichbar dominante Rolle nimmt hierbei jedoch keine der Funktionen ein.^^ Deshalb sollen sie im Weiteren als Im Rahmen ihrer Studie analysieren Stauss/Scholer (2003, S. 136f.) die Bedeutung der internen Informations-, Bildungs- und Impulsfunktion in der Unternehmenspraxis. Die quantitative Auswertung lasst zwar eine tendenzielle Schwerpunktsetzung erkennen, insgesamt aber stellt sich ein immer noch ausgewogenes Bild dar: (1) Die grofite Bedeutung kommt der internen Informationsfunktion zu, die von 4 1 % der Befragten mit Nachdruck („trifft voll und ganz zu") und von weiteren 42% tendenziell („trifft eher zu") als vom Beschwerdemanagement erfullte Funktion bestatigt wird. (2) Die Bildungsfunktion des Beschwerdemanagements stellt die zweitwichtigste interne Funktion dar. So bestatigen mehr als ein Drittel der von Stauss/Scholer (2003, S. 137) befragten Unternehmen, dass ihr Beschwerdemanagement diese Aufgabe „voll und ganz" wahrnimmt und immerhin weitere 41% bejahten tendenziell diese interne Weiterbildungsrolle des
Identifikation strategischer Geschaftsfelder: Funktionale Analyse
205
gleichrangig angesehen werden. Dass auch und gerade im indirekten Beschwerdemanagement eine analoge Rationalisierungsfunktion erzielt werden kann, sei hier vorab erwahnt, urn auf deren erneute Erlauterung verzichten zu konnen. Folglich bleibt zu untersuchen, inwieweit interne Infornnations-, Impuls-, Bildungs- und Kontrollfunktion Unterstutzungs- bzw. Kontrolldienstleistungen darstellen. •
Die interne Informationsfunktion basiert auf der Wertschopfungskette des direkten und indirekten Beschwerdemanagements und umfasst die „Gewinnung, Aufbereitung und problemgerechte Weiterleitung der aus Beschwerden gewonnenen Infornnationen" (Stauss/Seidel 2002, S. 513). Die Informationsfunktion weist daher unter funktioneilen Gesichtspunkten eine grofle Nahe zur internen Dienstleistung der Marktforschung auf. Daruber hinaus stellen Beschwerdeinformationen unter inhaltlichen Gesichtspunkten eine spezifische Form von Marktforschungsinformationen dar (Ross/Oliver 1985). Ein drifter fur die Charakterisierung wichtiger Aspekt ist das eigentliche Ziel der internen Informationsfunktion: Es geht nicht um eine blofie Informationsbereitstellung, sondern vielmehr darum, (potenzielle) Problembereiche des unternehmerischen Lelstungsangebots zu identifizieren, um letztlich die Effektivitat bzw. Effizienz der Geschaftsbereiche in ihren Primarmarkten zu steigern. Alle drei Aspekte sprechen dafiJr, die interne Informationsfunktion als Unterstutzungsdienstleistung einzustufen.
•
Die Steigerung der internen Informationsfunktion fijhrt zur Impulsfunktion des Beschwerdemanagements, die insofern eine gewichtiBeschwerdemanagements. (3) Eine geringere Bedeutung wird der Impulsfunktion als der eigenstandigen Erarbeitung von Losungsansatzen durch das Beschwerdemanagement zugestanden; 19% der Befragten sehen eine solche Funktion als „voll und ganz" erfijllt; immerhin aber stimmen 45% einer solchen Rolle des Beschwerdemanagements „tendenzieH" zu. Eine Analyse im Hinblick auf die Kontrollfunktion erfolgte bei Stauss/Scholer (2003) nicht.
206
Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
gere Rolle des Beschwerdemanagements vorsieht, als hier vom (indirekten) Beschwerdemanagement „eine eigenstandige Interpretationen und konstruktive Verarbeitung der Informationen vorgenommen" wird (Stauss/Seidel 2002, S. 513). Damit weist die Impulsfunktion erste Ansatze einer untemehmensgerichteten Beratungsdimension auf. Interne Beratungsdienste werden in der Literatur ebenfalls schwerpunktmaliig als klassische Unterstutzungsdienstleistungen angesehen (Reckenfelderbaumer2001, S. 60). •
Im Rahmen der Bildungsfunktion bietet das Beschwerdemanagement die „Schulung von Mitarbeitern uber Grundlagen des Beschwerdemanagements und richtlges Verhalten gegenuber unzufriedenen Kunden" an (Stauss/Seidel 2002, S. 513). Die Bildungsfunktion eines Beschwerdemanagements tragt also dazu bei, die aktuellen und zukijnftigen Personalressourcen einer Unternehmung in qualitativer Hinsicht sicherzustellen. Offensichtlich handelt es sich um eine Facette der unternehmensinternen Personal-(weiterbildungs)funktion. Diese umfasst all jene systematisch geplanten Maflnahmen, die aufbauend auf einer Grundausbildung der Erhaltung, Entwicklung und dem Erwerb von Kenntnissen, Fahigkeiten und Verhaltensweisen der Mitarbeiter dienen (Cramer 1987, S. 13f.). Neben der eigentlichen Kernaufgabe, dem Abhalten von z.B. Semlnaren oder Workshops, sind mit der Bildungsfunktion auch vor- und nachbereitende Tatigkeiten verbunden, die sich von der grundlegenden inhaltlichen Konzeptualisierung der WeiterbildungsmaBnahme, uber didaktische Aspekte von Lehr- und Lernmethoden bis hin zur Lernerfolgskontrolle erstrecken konnen (Kreisel 1995, S. 113). Beschwerdemanagement erbringt daher im Rahmen der Bildungsfunktion eine Unterstutzungsdienstleistung.
•
Als vierte Funktion ist die Kontrollfunktion in die Konzeptualisierung des Beschwerdemanagements als interne Dienstleistung einzubeziehen. Die Kontrollfunktion des Beschwerdemanagements beschreiben
Identifikation strategischer Geschaftsfelder: Funktionale Analyse
207
Stauss/Seidel (2002, S. 513) als die standige und systematische „Uberwachung der Einhaltung von Beschwerdemanagementstandards und des kundenorientierten Verhaltens anderer Einheiten". Wichtige Komponenten der Kontrollfunktion sind dabei zum einen die Ursachenanalyse fur Abweichungen sowie zum anderen die sich daran anknupfende Ableitung von notwendigen Korrekturnnaflnahmen. Schlieftlich bildet die Uberprufung, inwieweit andere untemehmerische Einheiten faktische Konsequenzen aus den vom Beschwerdemanagement bereitgestellten Probleminformationen und Losungsvorschlagen Ziehen, eine letzte zentrale Facette der Kontrollfunktion (Stauss/Seidel 2002, S. 513).^° Diese Charakterisierung lasst freilich eine EInstufung als Kontrolldienstleistung vermuten. Davis (1992, S. 16f.) definiert Kontrolldienstleistungen als interne Dienstleistungen mit der Aufgabe, inn Auftrag der Unternehnnensleitung die Aktivitaten anderer Unternehmenseinheiten zu uberwachen bzw. zu evaluieren. Reckenfelderbaumer (2001, S. 339) erganzt, dass die erfolgreiche Erfullung eines Kontrollauftrags interner Dienstleister das erfolgreiche Zusammenspiel aus prufenden und uberwachenden Aktivitaten aber auch planenden Aufgaben voraussetzt. Augenscheinlich spiegein sich hier alle von Stauss und Seldel angesprochenen Aspekte der Kontrollfunktion eines Beschwerdennanagements wider und begrunden die Einordnung der Kontrollfunktion als Kontrolldienstleistung des Beschwerdennanagements. Unter dem Aspekt der inhaltlichen Aufgabenstellung zeigt sich also, dass Beschwerdemanagement mit der internen Informations-, der Impuls- und
90
Die Kontrollfunktion ist daher der eigentliche Indikator fur die Lernfahigkeit des Unternehmens. Sie lasst Rijckschlusse auf das Double-loop learning einer Unternehmung bzw. deren Fahigkeit zur Erschliefiung des strategischen Potenzials des Beschwerdemanagements im Qualitatsmanagement zu.
208
Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
der Bildungsfunktion drei Arten interner Unterstutzungsdienstleistungen^^ und mit der Kontrollfunktion eine interne Kontrolldienstleistung anbietet. Nun ist die zweite von Stauss/Neuhaus (1999) betrachtete Dimension, die Sequenz(un)abhangigkeit, im Kontext des Beschwerdemanagements zu betrachten. 6.2.3.3.3
Zur Sequenzunabhangigkeit des Beschwerdemanagements als interne Dienstleistung
Sequenzintegrierte interne Dienstleistungen sind feststehende Komponenten einer Prozesskette und beschreiben standardisierte Arbeitsablaufe, die den beteiligten Parteien kaum Spielraume bei der Leistungserstellung lassen (Neuhaus 1995, S. 50). Davis (1992, S. 7ff.) unterstellt, dass die Nachfrager dieser internen Dienste von den Leistungserbringern abhangig sind, urn ihre eigenen Aufgaben ausfuhren zu konnen. Sequenzunabhangige interne Dienstleistungen sind dadurch gekennzeichnet, dass „sie niciit in einen starren Arbeitsablauf integriert" sind, sondern von den Anbietern bezugllch Zeitpunkt, Quantitat und Qualitat der Leistungserstellung in Abstimmung auf die jeweilige Situation erbracht werden (Neuhaus 1995, S. 50). Fur das Besciiwerdemanagement lieUen sicii zahlreiche Beispiele dafur anfuhren, dass einzelne Funktionen sowohl als sequenzunabhangige als auch sequenzintegrierte (Standard-) Dienste gestaltbar sind. Wenn hier auf eine detailliertere Erorterung der Sequenz(un)abhangigkeit der Beschwerdemanagement-Dienste verzichtet wird, so ist der Grund dafur darin zu sehen, dass diese Frage fur die angestrebte Identifikation der strategischen Geschaftsfelder bzw. die spatere strategische Ausrichtung des Beschwerdemanagements im Vergleich zu der inhaltlichen Aufga91
Es sei darauf hingewiesen, dass die drei angesprochenen internen Funktionen auch als Facetten von Steuerungsdienstleistungen konstruierbar waren. Die mehrheitlich vertretene wissenschaftliche Meinung aber ordnet derartige Leistungen als Unterstutzungsdienstleistungen ein (Cramer 1987, S. 20ff.; Kreisel 1995, 8. 117; Neuhaus 1995, S. 50; Reckenfelderbaumer2001, 8. 60f.).
Identifikation strategischer Geschaftsfelder: Funktionale Analyse
209
benstellung (als Unterstutzungs- bzw. Kontrolldienstleistung) von nachrangiger Bedeutung ist (analog Reckenfelderbaumer 2001, S. 61ff.)- An dieser Stelle wird deshalb lediglich eine wissenschaftlich fundierte Position zur Sequenzunabhangigkeit der Dienstleistungen des Beschwerdemanagements bezogen, die den weiteren Ausfuhrungen zugrunde liegt, die jedocin in der spateren Diskussion nicht detailliert aufzugreifen sein wird. Das hier vertretene Verstandnis orientiert sich an der bisher von der einschlagigen Literatur vorgeschlagenen Zuordnung der Unterstutzungsund Kontrolldienstleistungen zu den beiden Kategorien der Sequenzintegration. Fur Davis (1992, S. 12) stellen Unterstutzungs- und Kontrolldienstleistungen stets sequenzunabhangige interne Dienstleistungen dar. Reckenfelderbaumer (2001, S. 60) schliefit sich dieser Ansicht grundsatzlich an. Stauss/Neuhaus (1999) entscheiden sich fur eine verfeinerte Sichtweise, indem sie die Zuordnung als sequenzintegriert bzw. sequenzunabhangig unter Abstraktion der inhaltlichen Ausgestaltung der Dienstleistung vornehmen (Neuhaus 1996, S. 50). Ferner unterstreicht Stauss (1995, S. 66) ausdrucklich, dass das heterogene Portfolio der Unterstutzungsdienstleistungen sowohl standardisierte Dienstleistungen, die dann als sequenzabhangig gelten konnen, als auch nicht-standardisierte DIenste umfasst, die folglich sequenzunabhangigen Charakter aufweisen. Gleichwohl basiert Stauss (ebd.) seine weitere Diskussion von Managementherausforderungen fur Unterstutzungsdienstleistungen auf deren Charakter als nicht-standardisierte, sequenzunabhangige Dienstleistungen. Die
vorliegende
Arbeit
stimmt
mit
der
analogen
Position
von
Stauss/Neuhaus (1999) uberein und geht davon aus, dass im Kontext der Unterstutzungs- und Kontrolldienste des Beschwerdemanagements theoretisch beide Kategorien interner Dienstleistungen denkbar sind. Im Weiteren folgt sie jedoch der Vorgehensweise von Stauss (1995, S. 66ff.)
210
Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
und sieht die internen Unterstutzungs- und Kontrolldienstleistungen des Beschwerdemanagements als weitgehend sequenzunabhangig an. Damit sei die Prazisierung des internen Dienstleistungsangebots im Beschwerdemanagement abgeschlossen. Offen bleibt nunmehr, die Einsichten uber das interne Dienstleistungsangebot des Beschwerdemanagements in den Kontext der strategischen Geschaftsfelder einzubetten. 6.2.4
Sekundare, tertiare und quartare Dienstleistungen als die drei strategischen Geschaftsfelder des Beschwerdemanagements
In diesem Abschnitt ist der letzte Schritt zur Bestimmung der strategischen Geschaftsfelder des Beschwerdemanagements zu vollziehen. Die Erkenntnisse aus der Konzeptualisierung des Beschwerdemanagements als sekundares und internes Dienstleistungsangebot werden nun auf einer letzten Stufe prazisiert, indem die unterschiedlichen Dienstleistungsfacetten zueinander in Beziehung gesetzt werden. Dem Beschwerdeverlauf chronologisch folgend, ist das Leistungsbundel im direkten Beschwerdemanagement der Ausgangspunkt, wobei hier zwei Perspektiven zu bedenken sind. Aus Sicht der Beschwerdefuhrer stellt die Abhilfefunktion als Kern des direkten Beschwerdemanagements eine derivative, kundenbezogene Sekundardienstleistung dar, deren Nachfrage sich aus dem (unbefriedigenden) Konsum der Primarleistung des Unternehmens ableitet. Aus der Perspektive des Unternehmens aber stellt das direkte Beschwerdemanagement gleichzeitig eine interne Unterstutzungsdienstleistung dar. Vereint man beide Sichtweisen, so lasst sich das direkte Beschwerdemanagement als mittelbare sekundare Unterstijtzungsdienstleistung fur das Gesamtunternehmen bzw. dessen Geschaftsbereiche verstehen, die jedoch unmittelbar gegenuber dem Beschwerdefuhrer erbracht wird.
Identifikation strategischer Geschaftsfelder: Funktionale Analyse
211
Aus dem direkten Beschwerdemanagement leiten sich die unterstutzenden Funktionen des indirekten Beschwerdemanagements, die interne Informations-, Impuls- und Bildungsfunktion ab. Der Begriff „ableiten" ist an dieser Stelle bewusst gewaiilt, urn das erneut besteiiende derivative Verhaltnis zwischen indirektem und direktem Beschwerdemanagementprozess zu verdeutlichen. Alle drei genannten Funktionen beruhen auf sich aus dem direkten Beschwerdemanagement ableitenden Aufgabenstellungen des indirekten Beschwerdemanagements^^. Wenn dies so ist, und das direkte Beschwerdemanagement eben als sekundare Unter-stutzungsdienstleistung identifiziert wurde, dann sind diese internen Funktionen des Beschwerdemanagements als die Derivate einer sekundaren Leistungsebene und damit als tertiare Unterstutzungsdienstleistungen zu bezeichnen, die unmittelbar fur die Geschaftsbereiche erbracht werden. Es verbleibt die Betrachtung der Kontrollfunktion. Die Kontrollfunktion erwachst zwar prinzipiell aus der sekundaren Dienstleistung des direkten Beschwerdemanagements. Gleichwohl bezieht sie sich auf die Umsetzung der vom Beschwerdemanagement im Rahmen der internen Informations-, Impuls- und Bildungsfunktion bereitgestellten Informationen. Diese Informationsbereitstellung muss zwangslaufig vorher erfolgt sein, damit (im zeitlichen Nachgang) eine Umsetzungskontrolle erfolgen kann. Deshalb ist abermals ein derivatives Leistungsverhaltnis zu erkennen. Da die Informationsbereitstellungsleistungen auf einer tertiaren Dienstleistungsebene eingestuft wurden, wird die Kontrollfunktion als quartare Kontrolldienstleistung des Beschwerdemanagements im Auftrag der Unternehmensleitung verstanden. In Abbildung 6-6 sind die beschriebenen stufenweisen, derivativen Leistungszusammenhange und die primaren internen Kundengruppen dargestellt. 92
Also dem Zusammenspiel aus Beschwerdeauswertung, Beschwerdereporting, Beschwerdemanagement-Controlling und Beschwerdeinformationsnutzung.
212
Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
Unternehmensleitung
GeschSftsbereiche (GB)
i
GBA
GBB
I
GBC
B
Quartare KontroUdienstleistungen Kontrollftinktion
H
H Sekundare Unterstiitzungsdienstleistungen Abhilfefiinktion
0
Beschwerdeartikulation
0 Abb. 6-6:
Tertiare Unterstiitzungsdienstleistungen Interne Informationsflinktion Impulsfunktion Bildungsfiinktion
Derivatives Leistungsverhaltnis
Derivatives Leistungsverhaltnis
Derivatives Leistungsverhaltnis
Unzufriedener Kunde auf Primarleistungsebene
Die derivativen Leistungszusammenhange innerhalb des Dienstleistungsangebots des Beschwerdemanagements; Quelle: Eigene Abbildung.
Ausgangspunkt ist die Beschwerdeartikulation eines Kunden aufgrund seiner Unzufriedenheit mit der Primarleistung des Unternehmens (symbolisiert durch die Ziffer „1"). Durch die Beschwerdeartikulation ergibt sich die Erbrlngung der Abiiilfefunktion (und der diese erganzenden Funktionen) als kundenbezogene Sekundardienstleistung an den Beschwerdefuhrer und als sekundare Unterstutzungsdienstleistung fur die Geschaftsbereiche („2"). Aus dieser sekundaren Unterstutzungsdienstleistung leiten sich die tertiaren Unterstutzungsdienstleistungen des indirekten Beschwerdemanagennents derivativ ab, die erneut fur die Geschaftsbereiche des Unternehmens erbracht werden („3"). Die quartare Kontrolldienstleistung wird zeitlich nachgelagert gegenuber den Geschaftsbereichen wahrgenommen aber fur den Nachfrager ,Unternehnnensleitung'
Identifikation strategischer Geschaftsfelder: Funktionale Analyse
213
erstellt, der diese Informationen fur die Steuerung der Geschaftsbereiche heranzieht („4"). Aus diesen Uberlegungen resultieren nunmehr die strategischen Geschaftsfelder des Beschwerdemanagements. Strategische Geschaftsfelder wurden oben verstanden als die marktbezogene Bundelung der aktuellen Aktivitaten zu moglichst isolierten Tatigkeitsfeldern im Beschwerdemanagement, deren leistungsbezogene Merkmale ein AusmaR) an Homogenitat aufweisen, das eine gemeinsame strategische Betrachtung rechtfertigt und fur das eigenstandige Strategien formuliert werden kdnnen (Lucking/Haas 2001, S. Sp. 1621; Muller-Stewens/Lechner 2003, S. 159;Tenhagen 1992, S. 93). Die Strukturierung des Dienstleistungsangebots in sekundare und tertiare Unterstutzungsdienstleistungen sowie quartare Kontrolldienstleistungen ist als eine solche marktbezogene Zusammenfassung zu isolierten Tatigkeitsbereichen des Beschwerdemanagements zu verstehen, die eine eigenstandige Strategie-formulierung erfordert. Daher ergibt sich die in Abbildung 6-7 dargestellte Strukturierung strategischer Geschaftsfelder des Beschwerdemanagements.
214
Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
Funktionale Analyse des Beschwerdemanagements als Dienstleistung
X
1
i
Beschwerdemanagement als Untersttitzungsdienstleistung Sekundare Untersttitzungsdienstleistung
Abhilfefunktion
Strategisches Geschaftsfeld 1
Abb. 6-7:
Beschwerdemanagement als quartare Kontrolldienstleistung
Tertiare Untersttitzungsdienstleistung
Interne Informationsfunktion
Impulsflmktion
Strategisches Geschaftsfeld 2
Bildungsfimktion
Kontrollflmktion
Strategisches Geschaftsfeld 3
Strukturierung strategischer Geschaftsfelder des Beschwerdemanagements; Quelle: Eigene Abbildung.
Nachdem mit der Bestimmung der strategischen Geschaftsfelder das erste Zwischenziel der Analyse der strategischen Ausgangssituation erreicht ist, wenden sich die weiteren Uberlegungen der Identifikation der strategischen Geschaftseinheiten im Bereich Beschwerdemanagement zu.
6.3 Identifikation strategischer Geschaftseinheiten: Institutionale Analyse des Beschwerdemanagements im Lichte des Konzepts organisatorischer Zentralbereiche Ziel dieses Analysekapitels ist die Identifikation strategischer Geschaftseinheiten (SGE) des Beschwerdemanagements. Strategische Geschaftseinheiten sollen als Segmente innerhalb des Bereichs Beschwerdemana-
Identifikation strategischer Geschaftsfelder: Funktionale Analyse
215
gement verstanden werden, die fur die Bearbeitung eines (oder mehrerer) seiner SGF verantwortlich sind. Die Bildung der SGE sollte marktorientiert erfolgen, d.h. sich an der Einteilung der SGF orientieren, um so eine zielgenaue, maflgeschneiderte Strategieformulierung fur die SGF zu ermogiiciien und damit letztlich die Grundlage fiir den Aufbau von Erfolgspotenzialen und Wettbewerbsvorteilen des Besciiwerdennanagements in den verschiedenen Geschaftsfeldern zu gewahrleisten (analog Muller-Stewens/Lechner 2003, S. 165). Um die SGF effektiv bearbeiten zu konnen, spielt aber nicht nur die bereichsinterne Struktur, sondern auch die Verortung der Beschwerdemanagement-Einheit im Unternehnnen eine bedeutende Rolle. Folglich werden diese beiden, eng nniteinander verknupften, Aspekte zu analysieren sein. Die weitere Analyse knupft an die institutionale Dimension des Beschwerdemanagements als Dienstleistungen anbietende Instanz in der Organisation an und speist sich aus einer empirischen und einer konzeptionellen Quelle. Das empirische Datenfundament, auf das im Laufe des gesamten Kapitels zuruckgegriffen wird, stellt die State-of-the-Art-Studie zum Beschwerdemanagement in Deutschland von Stauss/Scholer (2003) dar. Als konzeptionelles Analyseraster, an dem die Erkenntnisse von Stauss und Scholer zur Bestimmung der strategischen Geschaftseinheiten gespiegelt werden, bietet sich das Konzept organisatorischer Zentralbereiche an, das in hohem MafJe geeignete und bedeutsame Organisationsformen fur interne Dienstleistungsanbieter beschreibt (Reckenfelderbaumer 2001, S. 70). Ein besonderer Vorteil des ZentralbereichsKonzepts ist, dass es sowohl die Frage der hierarchischen Einordnung als auch der bereichsinternen Strukturierung des Beschwerdemanagements zu untersuchen vermag. Damit spannt es einen adaquaten Analyserahmen auf, um Beschwerdemanagement in strategische Geschaftseinheiten aufzugliedern. Die konzeptionellen Grundlagen zu Zentralbereichen werden in Abschnitt 6.3.1 vorgestellt. AnschliefJend wird Beschwerdemanagement im Lichte des Analyserasters organisatorischer Zentral-
216
Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
bereiche verortet (6.3.2). Abschnitt 6.3.3 wird die bis dahin erarbeiteten Analyseerkenntnisse uber die strategischen Geschaftseinheiten des Dienstieistungsbereichs Beschwerdemanagement reflektieren und ferner dazu dienen, den strategischen Handlungsspielraum des Beschwerdemanagement-Bereichs im Hinblick auf die Strategieformulierung naher zu bestimmen. 6.3.1
Das Konzept organisatorischer Zentralbereiche als grundlegendes Analyseraster
In Teil 2 wurden die Grundlagen zum institutionalen Verstandnis des Beschwerdemanagements aufbereitet (siehe 2.1.2.3). Dort wurde unter Bezugnahnne auf das Referenzmodell nach Stauss/Seidel (2002) von der Existenz eines eigenstandigen, zentralen Beschwerdemanagement-Bereichs in der Unternehmung ausgegangen, der ein Beschwerde-Center und eine Bereichsleitung Beschwerdemanagement umfasst. Ferner ist daran zu erinnern, dass Stauss/Seidel (2002, S. 524) anraten, den Beschwerdemanagement-Bereich in einer Weise auszugestalten, die eine eindeutige Verantwortungszuweisung zulasst, eine weitgehende funktionale Unabhangigkeit des Beschwerdemanagements gewahrleistet und eine grofJe kommunikative Nahe bzw. den (potenziell) direkten Zugang zur Unternehmensfuhrung eriaubt. Die Autoren erarbeiteten hiermit ein konzeptionelles Grundverstandnis des Beschwerdemanagement-Bereichs, das dem zentraler Dienstleistungsbereiche bzw. so genannter Zentralbereiche in hohem Made nahe kommt. Deshalb empfiehit es sich, im Weiteren das Konzept organisatorischer Zentralbereiche als Analyseraster zugrunde zu legen. Das Zentralbereichs-Konzept wird es im Rahmen der folgenden Ist-Analyse ermoglichen, das bisherige Verstandnis von Beschwerdemanagement-Abteilungen in Unternehmen zu vertiefen bzw. zu prazisieren und so schliefilich die strategischen Geschaftseinheiten zu identifizieren.
Identifikation strategischer Geschaftsfelder: Funktionale Analyse
217
Bevor Beschwerdemanagement im konzeptionellen Zusammenhang der Zentralbereiche untersucht werden kann, sind deren organisationstheoretische Grundlagen darzustellen.^^ Hierfur wird ein vierstufiges Vorgehen gewahlt. Einleitend wird die Geschaftsbereichsorganisation als die organisatorische Rahmenstruktur rekapituliert, in die Zentralbereiche eingebettet sind (6.3.1.1). Anschliefiend sind Zentralbereiche zu definieren und deren charakteristische Merkmale vorzustellen (6.3.1.2). Auf der dritten Stufe sollen Zentralbereiche anhand ihrer inhaltlichen Aufgabenstellung inn Unternehmen feiner unterschieden werden (6.3.1.3). Dies ernnoglicht es auf der letzten Stufe eine Typologie von Zentralbereichen einzufuhren (6.3.1.4), die das Fundament der spateren Verortung des Beschwerdennanagements bilden wird. Eine notwendige Voraussetzung fur die Einfuhrung in das Konzept der Zentralbereiche ist die Prazisierung der Rahnnenstruktur des Gesamtunternehmens, d.h. des organisatorischen Umfelds, innerhalb dessen Zentralbereiche agieren. 6.3.1.1
Geschaftsbereichsorganisation als organisatorische Rahmenstruktur der Zentralbereiche
Zentralbereiche konnen (Idealtypisch) sowohl im Kontext einer Funktional- als auch einer Geschaftsbereichsorganisation diskutiert werden. •
Wie bereits erklart (siehe 2.1.2.3), gliedert eine verrichtungsorientierte bzw. funktionale Organisation ihre Struktur auf der zweiten Hierarchieebene anhand der erfullten Funktionen, beispielsweise in Beschaffung, Produktion und Absatz (Reckenfelderbaumer 2001, S. 63).
93
Der besseren Orientierung wegen sei darauf hingewiesen, dass der Terminus des Zentralbereichs stellenweise mit der in der englischsprachigen Literatur anzutreffenden Bezeiciinung Corporate Staff gleichgesetzt wird; wie zu zeigen sein wird, darf dies jedoch nicht lediglich als eine Stabsabteilung (miss-) interpretiert werden (siehe liierzu vertiefend Frese/von Werder 1993, S. 8f.).
218
•
Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
Im Gegensatz dazu werden bei der Geschaftsbereichsorganisation (auch Divisional- bzw. Spartenorganisation) all jene Funktionen auf der zweiten Hierarchieebene zusammengefasst, die sich auf ein bestimmtes Objekt, z.B. Produkt- und Kundengruppen oder auch Regionen, beziehen (Buhner 1992, Sp. 2276; Reckenfelderbaumer 2001, S. 63f.; Ruhli 1993, Sp. SOSSf.). Allerdings weisen divisionale Unternehmen auf der dritten Strukturierungsebene, also innerhalb der Geschaftsbereiche, dann meist eine verrichtungsorientierte Aufbauorganisation auf (Buhner 1992, Sp. 2276; Reckenfelderbaumer 2001, S. 65).
Die weitere Diskussion wird sich aus den folgenden Grunden auf Zentralbereiche in einer Geschaftsbereichsorganisation beziehen: •
Das hier im Zentrum der Untersuchung stehende Theoriegebaude strategischer Planung legt mit der herrschenden Forschungsmeinung selbst weitest gehend das Verstandnis einer Spartenorganisation zugrunde, wie es anhand der drei Planungsebenen (Gesamtunternehmens-, Geschaftsbereichs- und Funktionsbereichsebene) deutlich wurde (siehe 3.3). Im Sinne einer harmonischen konzeptionellen Verknupfung der beiden Theoriefelder, strategischer Planung zum einen und dem Konzept der Zentralbereiche zum anderen, empfiehit sich die Fokussierung auf die Geschaftsbereichsstruktur.
•
Ein zweiter gewichtiger Grund dafur, Bezug auf die Spartenorganisation zu nehmen, ist daruber hinaus, dass gerade sie es ist, die einem Unternehmen eriaubt, „sehr viel flexibler und schneller in seiner Produktpolitik zu agieren bzw. auf Veranderungen im Nachfragerverhalten der Endverbraucher zu reagieren als dies mit einer funktionalen Unternehmensgliederung moglich ware" (Roleff 2001, S. 26). Die Geschaftsbereichsorganisation kommt somit in besonderer Weise den Zielsetzungen des Marketing bzw. der marktorientierten Unternehmensfuhrung entgegen, da in erster Linie die Marktieistung in den
Identifikation strategischer Geschaftsfelder: Funktionale Analyse
219
Vordergrund der Uberlegungen geruckt wird (Kreikebaum 1992, Sp. 2606; Meffert 1998, S. 987; Roleff 2001, S. 26). •
Schliefllich reprasentiert die Geschaftsbereichsorganisation nicht nur eine Vielzahl aktueller Organisationsformen der Untemehmenspraxis, sondern gerade in Spartenorganisationen kommt den Zentralbereichen eine besonders grofie Bedeutung zu (Kreisel 1995, S. llOf.; Reckenfelderbaunner2001, S. 64; Schuster 1998, S. 13f.).
6,3.1.2
Definition und cliaral^teristisclie IVierl^maie von Zentralbereictien
Zentralbereiche entstehen innmer dann, wenn die organisatorische Grundstruktur eines Unternehnnens in der Weise starker ausdifferenziert wird, dass Aufgaben in der Sphare der Unternehmensleitung gesonderten, ihr nachgeordneten Einheiten und Aufgaben der Geschaftsbereiche gesonderten, ihnen uber- bzw. nebengeordneten Einheiten zugewiesen werden (Frese 1998, S. 463; Frese/von Werder 1993, S. 3; Reckenfelderbaumer 2001, S. ZOf.).^"^ Definiert werden Zentralbereiche daher als sekundare Funktionsbereiche der Unternehnnung, die durch die Ausgliederung von Aufgaben in spezifische (Teil-)Einheiten zur Verankerung einer bereichsubergreifenden Perspektive gebildet werden (Frese 1998, S. 464; Kreisel 1995, S. 48). In dieser Definition kommen drei Charakteristika der Zentralbereiche zum Ausdruck: Es handelt sich unn (1) sekundare (2) Funktionsbereiche, die (3) eine bereichsubergreifende Aufgabenstellung ubernehnnen. Diese Merknnale erfordern eine kurze Betrachtung. (1) Zur Einstufung der von den Zentralbereichen erbrachten Leistungen als sekundar kann unmittelbar auf die Ausfuhrungen zu den Sekun94
Typische Ursachen fur diesen Ausdifferenzierungsprozess stellen die Ausweitung bestehender Tatigkeitsfelder bzw. das Wachstum eines Unternehmens dar; ebenso konnen sicii neu ergebende Anforderungen der Unternehmensumwelt Ausloser der Einrichtung von Zentralbereichen sein (Kreikebaum 1992, 8. 2605f.).
220 Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
darleistungen eines Untemehmens verwiesen werden, wonach Sekundarleistungen die Primarleistungen eines Untemehmens flankieren (siehe 6.2.2.2). Folglich erganzen die Leistungen typischer Zentralbereiche das marktiiche Kernangebot und/oder weisen lediglich mittelbaren Bezug zur Hauptleistung des Untemehmens auf (Kreisel 1995, S. 49, S. 100f.). Eine zusatzliche Begrundung dafur, dass Zentralbereiche typischerweise als sekundar eingestuft werden, sieht Kreisel (1995, S. 48) darin, dass sie „lediglich die Erganzung einer gegebenen Rahmenstruktur darstellen." Eine derartige Sicht kommt auch implizit in der eingangs zitierten Beschreibung zum Ausdruck, die Zentralbereiche als das Ergebnis einer Ausdifferenzierung der bisherigen, also bereits bestehenden Organisationsstruktur charakterisiert. (2) Das zweite Charakteristikum beschreibt Zentralbereiche als einen spezifischen Typus von Funktionsbereichen. Da dieser Aspekt in Kapitel 3.3 bereits besprochen wurde, sei an das dortige Verstandnis erinnert, das Funktionsbereiche definiert als Organisationseinheiten des Untemehmens, die mit der Koordination und/oder der Erbringung gleichartiger Tatigkeiten betraut werden, um diese wirkungsvoller auszufuhren (Muller-Stewens/Lechner 2003, S. 476). Durch diese Zusammenlegung in sich homogener und wiederkehrender Tatigkeiten in Funktionsbereichen sollen insbesondere Spezialisierungs-^^ bzw. GroBeneffekte erzielt werden (Kreikebaum 1992, Sp. 2603). (3) Das dritte Charakteristikum, die bereichsubergreifende Aufgabenstellung der Zentralbereiche, beruht darauf, dass die Bildung von Funktionsbereichen eine Zusammenfassung gleichartiger Tatigkeiten 95
Spezialisierungseffekte resultieren zum einen daraus, dass sich ihr Kompetenzinhalt nur auf einen Teilaspekt der ursprunglichen Geschaftstatigkeit bezieht und zum anderen aus einem hoheren Professionalisierungsgrad der Zentralbereichsmitarbeiter, denen eine spezielle auf die betreffende Funktion ausgerichtete Berufsausbildung unterstellt wird; derartigen Spezialisten wird eine hohere Informationsverarbeitungskapazitat in iiirem Expertisefeld bescheinigt (Kreisel 1995, 8. 107).
Identifikation strategischer Geschaftsfelder: Funktionale Analyse
221
impliziert, die vorher in verschiedenen dezentralen Untemehmenseinheiten erbracht wurden. Diese Aufgabenbereiche werden aus den diversen Stellen des Untemehmens wegverlagert und im neu geschaffenen Zentralbereich zusammengezogen. „Durch die Zusammenfassung gleichartiger Teilfunktionen aus verschiedenen Bereichen, entstehen zentrale Einheiten, deren Aufgabeninhalte sich uber die gesamte oder zumindest weite Teile der Untemehmung erstrecken" (Kreisel 1995, S. 49). Daraus resultiert zwangslaufig die bereichsijbergreifende Zustandigkeit des Zentralbereichs bezuglich seines jeweiligen Aufgabengebiets. Es ist gerade diese bereichsubergreifende Aufgabenstellung, die „das eigentlich konstituierende Element zentraler Bereiche" darstellt (Kreisel 1995, S. 49). Kreikebaum (1992, Sp. 2604) halt daher fest: „Die Zentralbereiche uben Tatigkeiten aus, die im Prinzip alien anderen Organisationseinheiten zugute kommen." Der organisatorische Nutzen dieser bereichsubergreifenden Ansiedlung erwachst aus der einem Zentralbereich inharenten Eigenstandigkeit, mit der die fokalen funktionsspezifischen Probleme im Unternehmen bearbeitet werden und der damit institutionalisierten, autarken Problemlosungsperspektive. Denn im Gegensatz zu Geschaftsbereichs-internen Fachabteilungen, die sich in hohem MafJe an den Interessen ihrer Sparten ausrichten mussen, konnen die Zentralbereiche Teilfunktionsentscheidungen weitgehend losgelost von hierarchischen Weisungen der Geschaftsbereichsleitungen treffen (Kreisel 1995, S. 108). Durch die Bildung entsprechender Zentralbereiche kann die Unternehmensleitung somit auch der Bedeutung Ausdruck verleihen, die sie einzelnen Aufgabenkomplexen beimisst (ebd.). Trotz der Charakterisierung anhand dieser drei Merkmale und verschiedener Forschungsarbeiten mit entsprechender Zielsetzung konnte bislang kein feststehender Kreis von Zentralbereichen in der Unterneh-
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Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
menspraxis identifiziert werden (Reckenfelderbaumer 2004, Sp. 1666).^^ Gleichwohl lessen sich reprasentative Beispiele fur Zentralbereiche anfuhren. Als solche gelten z.B. die Unternehmensplanung, die Finanzund Steuerabteilung, die Rechtsabteilung, die Offentlichkeitsarbelt oder Bereiche wie die Logistik und der EInkauf (Kreikebaum 1992, Sp. 2604). LaBmann (1992, S. 98ff.) fuhrt als klassische Vertreter von Zentralbereichen zentral verankerte Unternehmenseinhelten an, die mit Aktivltaten zur Gewinnung, Verarbeitung und Weiterleitung von Informationen beziiglich des dispositiven Faktors betraut sind. Kreikebaum (1992, Sp. 2608) prazisiert diese spezielle Verantwortung von Zentralbereichen als die Aufgabe, die „zahlreich eingehenden Informationen unterschiedlichster Qualltat kritisch zu sichten und so zu verdichten, dass sie der Unternehmensleitung gewissermaUen als Rohmaterial fur den unternehmerischen Entscheidungsprozess zur Verfugung stehen." Beispielhaft hierfur sei an die Aufgabe von z.B. Controlling- oder Marktforschungsbereichen gedacht. SchliefJIich gelten auch Aktivitaten des Personalmanagements, die sich auf die Beschaffung und den Aufbau adaquater Mitarbeiterpotenzlale richten, als typische Leistungen unternehmerischer Zentralbereiche (LaUmann 1992, S. 98ff.). Diese Beispiele verdeutlichen die inhaltliche Vielfalt interner Leistungen, die mit Zentralbereichen verknupft wird. Um diese auf einer ersten Stufe zu strukturieren, lassen sich Zentralbereiche danach unterscheiden, ob sie primar eine Service- oder Steuerungsfunktion erfullen. 6.3.1.3
Zentralbereiche mit Service- und Steuerungsfunktion
Mit der Einrichtung von Zentralbereichen innerhalb einer Spartenorganisation verfolgt ein Unternehmen die beiden folgenden Primarzielsetzun-
96
Schuster (1998, S. 15) wie auch Reckenfelderbaumer (2001, S. 85ff.) bieten einen tabellarischen Uberblick in Bezug auf die empirisch belegte Heterogenitat der Zentralbereiche.
Identifikation strategischer Geschaftsfelder: Funktionale Analyse
223
gen (Buhner 1992, Sp. 2276f.; Kreikebaum 1992, Sp. 2606; Kreisel 1995, S. 15; Reckenfelderbaumer2001, S. 72): •
Zentralbereiche sollen die Geschaftsbereiche durch die Erstellung von Dienstleistungen unterstutzen, die diese nicht, nicht so wirtscinaftiich Oder nicht in gleicher Qualitat erbringen konnen. Dies soli auch die bereits angesprochene Erschliefiung von Spezialisierungsvorteilen und Grofiendegressionseffekten in den Zentralbereichen ermoglichen.
•
Zentralbereiche sollen das Top-Managennent bei der Ausubung seiner Fuhrungsfunktionen unterstutzen, indenn sie im Auftrag der Unternehnnensleitung Planungs-, Steuerungs-, und Kontrollaufgaben ubernehmen und gewahrleisten, dass alle Sparten im Interesse der Gesanntunternehmung handeln.
Diese Zielsetzungen lassen sich zu zwei grundlegenden, idealtypischen Funktionen verdichten, mit denen Zentralbereiche betraut sind. So werden Zentralbereiche mit Servicefunlction von Zentralbereichen mit Steuerungsfunktion differenziert (inn Weiteren Kreisel 1995, S. 118ff.) (Abbildung 6-8).
Zentralbereichsmodelle i Servicefunktion
Abb. 6-8:
1
1 Steuerungsfiinktion
Unterscheidung der Servicefunktion und der Steuerungsfunktion von Zentralbereichen; Quelle: Eigene Abbildung basierend auf den Ausfuhrungen von Kreisel (1995,8. 118ff.).
Diese Unterscheidung stellt offensichtlich das institutionale Spiegelbild zur funktionalen Dienstleistungskategorisierung dar, wie sie oben mit den Unterstutzungs- und Kontrolldienstleistungen vorgestellt wurde. Die Service- und die Steuerungsfunktion der Zentralbereiche sind daher als viel
224
Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
versprechender Anknupfungspunkt fur die spatere Bestimmung strategischer Geschaftseinheiten kurz zu charakterisieren. Zentralbereiche mit Servicefunktion erbringen spezifische Hilfsleistungen, die niclit zu den Kernleistungen der Unternehmung zahlen, aber durch die andere Organisationseinheiten entlastet und bei der Wahrnehmung ihrer jeweiligen Hauptaufgaben unterstutzt werden. Kennzeichnend fur diese auch als Servicemodelle bezeichneten Zentralbereiche ist, dass sie die entsprechenden Aktivitaten selbst durchfuhren, d.li. „mit der Einrichtung eines zentralen Servicebereiches auch unmittelbar eine zentrale Durchfuhrung der betreffenden Aktivitaten bezweckt wird" (Kreisel 1995, S. 119). Typischerweise wird von diesen Zentralbereichen erwartet, dass sie „die jeweiligen Aufgaben wirtschaftlicher oder sogar qualitativ besser durchfuhren, well sie uber eine spezielle Ressourcenausstattung in Form von Spezialisten oder besonderen Aniagen verfugen" (Kreisel 1995, S. 118). Unter die Servicefunktion werden beispielsweise interne WeiterbildungsmafJnahmen, aber auch beratende Servicetatigkeiten eines Zentralbereiches subsumiert, wie sie z.B. Marktforschungseinheiten als einen „Service of Knowledge" erbringen (Kreisel 1995, S. 50). Dagegen sind Zentralbereiche mit Steuerungsfunktion von der Unternehmensleitung damit beauftragt, die jeweils fokalen Aktivitaten aller Organisationseinheiten aufeinander bzw. auf die Gesamtziele der Unternehmung auszurichten und so eine Abstimmung der funktionsspezifischen Aktivitaten innerhalb des Unternehmens zu gewahrleisten. Der fundamental Unterschied zu der Servicefunktion ist, dass dem steuernden Zentralbereich nicht die unmittelbare Durchfuhrung der fokalen Aufgaben ubertragen wird (Kreisel 1995, S. 50). Ihrer Steuerungsfunktion kommen diese Zentralbereiche stattdessen dadurch nach, dass sie auf die Leistungserbringung der operativen Einheiten Einfluss nehmen. Ein Controllingbereich kann beispielsweise eine Vertriebseinheit steuern und deren Leistungserbringung beeinflussen, ohne fur diese faktisch als
Identifikation strategischer Geschaftsfelder: Funktionale Analyse
225
Dienstleister das Kostenmanagement zu ubemehmen. Damit bleibt die eigentliche, operative Durchfuhrung der Kontrollaufgaben in der Vertriebseinheit, waiirend Controlling lediglich die erhobenen Indikatoren/Messgrofien kontrolliert und bei Bedarf nachsteuert. Wie dieses Beispiel verdeutlicht, geht die Schaffung zentraler Steuerungseinheiten regelmaliig mit der Einschrankung der Autonomie der Geschaftsbereiche einher (Kreisel 1995, S. 120). Urn den Beschwerdemanagennent-Bereich vor dem Hintergrund der Service- und Steuerungsfunktion spater prazise im Zentralbereichskontext charakterisieren zu konnen, bietet sich die Betrachtung einer zweistufigen Klassifikation von Zentralbereichen an, die Kreisel (1995), basierend auf den emplrischen Arbeiten von Frese/von Werder (1993) vorlegt. 6.3.1.4
Die Zentralbereichstypotogie nach Kreisel
Die Zentralbereichstypologie nach Kreisel (1995) baut auf der eben vorgestellten Unterscheidung der inhaltlichen Aufgabenstellung der Zentralbereiche (Service- und Steuerungsfunktion) auf. Je nach Fokussierung der verschiedenen Ziel- und Aufgabenstellungen lassen sich auf einer zweiten Stufe innerhalb der Service- und Steuerungsnnodelle insgesamt funf unterschiedliche Typen von Zentralbereichen unterscheiden, die Frese/von Werder (1993) anhand ennpirischer Untersuchungen in deutschen Groliunternehmen identifizieren konnten. Diese Typen greift Kreisel (1995) auf und entwickelt die in Abbildung 6-9 dargestellte Kategorisierung.
226
Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
Zentralbereichsmodelle
I
X
Steuerungsfunktion
Servicefunktion
i
Servicemodelle
Kembereichsmodell
Abb. 6-9:
Steuerungsmodelle
Wettbewerbsmodell
Weisungsmodell
Matrixmodell
Stabsmodell
Die Zentralbereichstypologie nach Kreisel; Quelle: Eigene Abbildung basierend auf den Ausfuhrungen von Kreisel (1995, S. 121ff.).
Urn in den spateren Analyseschritten den Charakter des Beschwerdemanagements praziser untersuchen zu konnen, sind diese funf Archetypen innerhalb der beiden Kategorien in ihren Grundzugen zu umreifJen. 6.3.1.4.1
Zentralbereiche als Servicemodelle
Die Kategorie der Servicemodelle umfasst mit dem Kernbereichsmodell und dem Wettbewerbsmodell zwei Formen von Zentralbereichen, die zur unmittelbaren Durchfuhrung von Unterstutzungsleistungen eingerichtet werden und denen fur ihre Aufgabenerfullung typischerweise eigene, besonders leistungsfahige Ressourcenpools zur Verfugung gestellt werden (Kreisel 1995, S. 121). Das Kernbereichsmodell reprasentiert das traditionelle Verstandnis zentraler Dienstleistungs- und Verwaltungseinheiten und sieht vor, eine Teilfunktion in mafigeblichem Umfang bzw. bisweilen vollstandig aus den Geschaftsbereichen auszulagern und permanent in einem Zentralbereich zusammenzufassen (Kreisel 1995, S. 121). Ein Kernbereich ubernimmt weitest gehend die Zustandigkeit fur samtliche geschaftsbereichsbezogenen Entscheidungen innerhalb seiner Funktionsverantwortung (Schafmeister 1998, S. 60). „Der Kernbereich, der intern naturlich weiter untergliedert sein kann, beschlieBt allein uber die vorzunehmenden Aktivitaten und besorgt auch ihre Durchfuhrung. Er liefert mit anderen Worten die
Identifikation strategischer Geschaftsfelder: Funktionale Analyse
227
Ergebnisse seiner Entscheidungen und Realisationsmadnahmen gleichsam ,ungefragt' (...) an die operativen Einheiten" (Frese 1998, S. 464). Damit wird bereits ersichtlich, dass, wenngleich ein Kernbereich in erster Linie einen unterstutzenden Charakter aufweist, durch die inharente Beschrankung der Kompetenzen in den verschiedenen Geschaftsbereichen stets auch eine erganzende steuemde Funktion des Zentralbereichs intendiert ist (Kreisel 1995, S. 122). Dem Wettbewerbsmodell als Ausgestaltungsform des Zentralbereichs ist vor allem bei der organisatorischen Verankerung von Aufgaben mit ausgepragtem Dienstleistungscharakter grolie Bedeutung zuzusprechen (Frese 1998, S. 466). Das charakteristische Kennzeichen der Wettbewerbsmodelle ist die folgende Zuordnung jeweils spezifischer Kompetenzarten hinsichtlich der zu erfullenden Aufgaben zur Zentraleinheit bzw. zu den Geschaftsbereichen des Unternehmens (Frese 1998, S. 466; Reckenfelderbaumer 2001, S. 82): •
Die Geschaftsbereiche sind regelnnafJig fur die Entscheidungen uber die Art der aufgabenbezogenen MalJnahmen zustandig; d.h. die Sparten entscheiden unabhangig vonn Zentralbereich sowohl uber das „0b" als auch das „Was" und erteilen entsprechende Auftrage zur Wahrnehmung der jeweiligen Funktion an den Zentralbereich.
•
Denn zentralen Dienstleister wird dagegen die Entscheidungskompetenz uber das „Wie" der Auftragserfullung zugeordnet, d.h. der Zentralbereich bestimmt weitgehend autonom uber die Art der Leistungserstellung (Schuster 1998, S. 15). Uber Entscheidungskonnpetenzen gegenuber den Sparten verfugen die Wettbewerbsberelche allerdings nicht, d.h. auf die Einschrankung der Entscheidungskonnpetenzen der Geschaftsbereiche wird im Wettbewerbsnnodell vollstandig verzlchtet (Kreisel 1995, S. 125f.; Reckenfelderbaumer 2001, S. 325), weshalb ein im Rahmen des Kernbereichsnnodells denkbarer, die Service-
228
Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
funktion erganzender Steuerungscharakter des Zentralbereichs im Wettbewerbsmodell nicht realisierbar ist. 6.3.1.4.2
Zentralbereiche als Steuerungsmodelle
Im Gegensatz zu den ServJcebereichen sind steuernde Zentralbereiche nicht selbst an der operativen Durchfuhrung der fokalen Aufgaben beteiligt; die elgentliche Verrichtung erfolgt im Falle der Steuerungsmodelle in dezentralen (Geschaftsbereichs-) Einheiten (Kreisel 1995, S. 128). Die primare Aufgabe der Steuerungsbereiche besteht darin, die von den Geschaftsbereichen wahrgenommenen Aktivitaten des vom Zentralbereich verantworteten Funktionsfeldes direkt Oder indirekt zu beeinflussen bzw. im Einklang mit den Unternehmenszielen abzustimmen. Je nach dem AusmaR des dem Zentralbereich zugestandenen Einflusses werden Weisungs-, Matrix- und Stabsmodelle unterschieden (Frese/von Werder 1993, S.40ff.). Das Weisungsmodell reprasentiert die starkste Form eines Zentralbereichs und stattet diesen vollumfangllch mit einer funktionsbezogenen Richtlinienkompetenz aus (Kreisel 1995, S. 129). Die Zentraleinheit gibt Grundsatzentscheidungen mit einer langerfristigen Gultigkeit vor, die dezentralen Einheiten lediglich geringe operative Handlungsspielraume belassen (Frese/von Werder 1993, S. 40). Bei dieser auf dem Hierarchieprinzip aufbauenden Ausgestaltungsform verfugt der Zentralbereich hinsichtlich zu treffender Grundsatzentscheidungen entsprechend uber eine verbindliche Weisungs- bzw. Entscheidungsbefugnis gegenuber den Sparten (Frese 1998, S. 465). Die operative Wahrnehmung von Detailfunktionen im Rahmen der Vorgaben der Zentralinstanz wird an die Geschaftsbereiche delegiert (Schuster 1998, S. 15).
Identifikation strategischer Geschaftsfelder: Funktionale Analyse
229
Im Falle des Matrixmodells^'^ liegt dagegen eine ausgeglichene Entscheidungsstruktur zwischen Zentral- und Geschaftsbereich vor. Die Aufgabe ist sowohl in den Sparten als auch der zentralen Einheit verankert, indem die Entscheidungs- und Fuhrungsverantwortung gleichgewichtig auf beide Instanzen verteilt und dem Zentralbereich lediglich das Recht zur Mitwirkung bei der Entscheidungsfindung eingeraumt wird (Schafmeister 1998, S. 61; Schuster 1998, S. 15). Beide Organisationsebenen sind nicht unabhangig voneinander, sondern aufgrund einer bewusst herbeigefuhrten Konnpetenzverknupfung nur gemeinsam, typischerweise mittels so genannter Matrixausschusse, entscheidungsbefugt (Frese 1998, S. 466). Dadurch soil inn Rahmen der Entscheidungsprozesse eine Zusammenfuhrung unterschiedlicher Problemperspektiven erreicht werden (Kreisel 1995, S. 133). In Stabsform werden haufig Zentralbereiche mit Steuerungsfunktion eingerichtet, die ausschliefJIich Leistungen fur die ihnen ubergeordneten Instanzen erbringen (Kreisel 1995, S. 136; Schuster 1998, S. 15). Hauptsachlich ubernimmt ein Stabsbereich Aufgaben, die den Entscheidungsprozess der Unternehmensfuhrung vorbereiten und unterstutzen, verfugt aber selbst uber keine Entscheidungskompetenzen. „Auf der Grundlage dieser Vorarbeiten kann das oberste Leitungsorgan die Entscheidungsspielraume der Geschaftsbereiche in einem starkeren Umfang strukturieren und teilfunktionsspezifische Beziehungen zwischen den operativen Einheiten berucksichtigen" (Kreisel 1995, S. 136). Einen zusannmenfassenden Uberblick zu den funf Archetypen anhand der zentralen Klassifizierungsmerkmale bietet die Abbildung 6-10.
97
Hier gilt es zu berucksichtigen, dass Stauss/Seidel (2002) sich mit ihrem Verstandnis des Stabs- bzw. Matrixbereiciies nicht auf die hier vorgeschlagene Zentralbereichstypologie von Kreisel (1995) und dessen Abgrenzungskritehen beziehen.
230
Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
Zuordnung von Ressourcen zum Zentralbereich nein
ja
Wettbewerbsmodell
Stabsmodell Matrixmodell
^ N Kernbereichsmodell
00 T3
Weisungsmodell nein
ja Serviceflinktion des Zentralbereichs
Abb. 6-10: Merkmale der Zentralbereichstypen nach Kreisel (1995) im Uberblick; Quelle: In Aniehnung an Kreisel (1995, S. 138).
Nachdem das Grundkonzept der Zentralbereiche umrissen ist, gilt es Beschwerdemanagement im Lichte dieses konzeptionellen Rahmens zu analysieren. 6.3.2
Beschwerdemanagement im Lichte des Analyserasters organisatorischer Zentralbereiche
Urn Beschwerdemanagement nun auf der Plattform der ZentralbereichsKonzeption zu untersuchen, wird ein dreistufiger Analyseprozess vorgesciniagen. Auf der ersten Stufe ist zu eruieren, ob sich ein Beschwerdemanagement-Bereicii uberhaupt als Zentralbereich der Unternehmung auffassen lasst (6.3.2.1). Auf der zweiten Stufe gilt es eine eventuelle Service- bzw. Steuerungsfunktion des Beschwerdemanagements zu bestimmen (6.3.2.2), um schliefilich auf der dritten Stufe Beschwerdemanagement im Kontext der funf Zentralbereichs-Archetypen zu verorten (6.3.2.3).
Identifikation strategischer Geschaftsfelder: Funktionale Analyse
6.3.2.1
231
Beschwerdemanagement als Zentralberelch der Unternehmung
Beschwerdemanagement kann dann als Zentralbereich eingestuft werden, wenn es dessen charakteristische Kriterien, namentlich (1) die Erbringung sekundarer Leistungen, (2) die Einordnung als Funktionsbereich sowie (3) die bereichsubergreifende Aufgabenstellung, erfullt. (1) WIe oben ausfuhrlicher diskutiert, stellen weder das direkte noch das indlrekte Beschwerdemanagement Kemleistungen des Untemehmens dar. Beide Aufgabengebiete sind als unternehmerische Nebenaufgaben zu betrachten und stehen daher in einem mittelbaren Verhaltnis zur Primarleistung des Untemehmens (siehe 6.2.2). Folglich sind die von Beschwerdemanagement-Bereichen erbrachten Leistungen als sekundare Aktivitaten einzustufen. Dafur spricht auch, dass Beschwerdemanagementaktivitaten im Zuge der oben angesprochenen Ausdifferenzierungsprozesse, und durchaus erst aufgrund von Veranderungen der Wettbewerbsumwelt, in den letzten Jahren in eigenstandigen Einheiten innerhalb bestehender Unternehmensstrukturen gebundelt wurden. (2) Beschwerdemanagement wurde berelts in Kapitel 4.1 als Funktionsbereich definiert. Als solcher wird es als spezialisierte Organisationseinheit mit der Koordination und/oder Erbringung aller Aufgaben des direkten und indirekten Beschwerdemanagements betraut, um diese wirkungsvoller ausfuhren und insbesondere Spezialisierungs- und Grolieneffekte realisieren zu konnen (Rationalisierungsfunktion) (Kreisel 1995, S. 49; Muller-Stewens/Lechner 2003, S. 476; Stauss/Seidel 2002, S. 514). (3) SchliefJIich ist zu hinterfragen, inwieweit Beschwerdemanagement bereichsiJbergreifend agiert. In Bezug auf das direkte Beschwerdemanagement ist es hilfreich, sich dessen Zielgruppe vor Augen zu fuhren, die Stauss/Seidel (2002, S. 35) als diejenigen Kunden verste-
232 Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
hen, „die sich wegen ihrer Unzufriedenheit mit einer Beschwerde an das Unternehmen gewandt haben." Offensichtlich erfullt der Bereich Beschwerdemanagement seine Aufgaben und Funktionen grundsatzlich fur alle unzufriedenen Kunden eines Unternehmens. Es erfolgt also keine Beschrankung auf einzelne Kunden z.B. ausgewahlter Geschaftsbereiche Oder Produktgruppen. Nicht zuletzt spiegelt sich diese bereichsubergreifende Verantwortung in der bereits beschriebenen Zugangsfunktion eines Beschwerdemanagements wider, uber die sich Beschwerdemanagement (unternehmensintern wie -extern) explizit als genereller Ansprechpartner fur alle Kundenprobleme positioniert. Noch deutlicher tritt die bereichsubergreifende Aufgabenstellung im indirekten Beschwerdemanagement zutage. Denkbare unternehmensinterne Interaktionspartner des Beschwerdemanagements sind dabei die Unternehmensleitung, aber ebenso geschaftsbereichsubergreifend alle Empfanger der Beschwerdereports in Linienberelchen, Mitarbeiter als Teilnehmer von entsprechenden Bildungsmafinahmen und auch andere Zentralbereiche wie Einkaufs-, Qualitatssicherungs- oder Personalbereiche. Der Tatigkeitscharakter des Beschwerdemanagements kann damit als ,bereichsubergreifend' gelten. Als Zwischenfazit ist festzuhalten, dass Beschwerdemanagement die drei Merkmale eines Zentralbereichs erfullt und als solcher in die Unternehmensorganisation eingeordnet werden kann. Auf der zweiten Stufe der Zentralbereichstypologie ist Beschwerdemanagement im Lichte der Service- und Steuerungsfunktion zu betrachten. Hierfur wird an dieser Stelle die Synthese der bisherigen Ausfuhrungen zur funktionalen und institutionalen Dimension des Beschwerdemanagements vorgeschlagen.
Identifikation strategischer Geschaftsfelder: Funktionale Analyse
6.3.2.2
233
Analyse des Zentralbereichs Beschwerdemanagement im Kontext der Service- und Steuerungsmodelle
Von fundamentaler Relevanz fur die weitere Analyse ist die oben erarbeitete Erkenntnis, dass das Leistungsportfolio des Beschwerdemanagements in der funktionalen Dimension sowohl Unterstutzungs- als auch Kontrolidienstleistungen umfasst. Unter Hinzuziehung der institutionalen Perspektive des Beschwerdemanagennents als Zentralbereich der Unternehmung folgt demnach: Beschwerdemanagement stellt einen Zentralbereich im Unternehmen dar, der gleichzeitig mit der Erbringung von Unterstutzungs- und Kontrolidienstleistungen betraut ist. Vor diesem Hintergrund ist der Zentralbereich Beschwerdennanagement nun mit der Differenzierung hinsichtlich der Service- und der Steuerungsfunktion zu verknupfen, die das institutionale Analogon zu den oben diskutierten funktionalen Dienstleistungstypologien darstellt. Die Erfullung der Servicefunktion erfolgt primar uber Unterstutzungsdienstleistungen in Servicemodellen, wohingegen die Steuerungsfunktion vor allem uber Kontrolidienstleistungen in Steuerungsmodellen wahrgenommen wird (Reckenfelderbaumer 2001, S. 73ff^ Da Beschwerdemanagement mit belden Funktionen beauftragt ist, lassen sich konzeptionell hinsichtlich der Balance zwischen unterstutzenden und steuernden Dienstleistungen im Beschwerdemanagement drei Grundkonstellationen unterscheiden (analog Reckenfelderbaumer 2001, S. 403): •
Konstellation 1: Beschwerdemanagement erfullt in hoherem Made die Steuerungsfunktion als die Servicefunktion. Konstellation 2: Beschwerdemanagement ubt die Steuerungs- und die Servicefunktion in vergleichbarem Umfang aus.
98
In Aniehnung an die einschlagige Literatur werden mit der Verwendung der Begriffe Kontroll- bzw. Steuerungsdienstleistung keine inhaltlichen Unterschiede verbunden; die Termini werden daher im Weiteren synonym venA/endet.
234
•
Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
Konstellation 3: Beschwerdemanagement erfullt in hoherem Made die Servicefunktion als die Steuerungsfunktion.
Damit entsteht moglicherweise innerhalb des Dienstleistungsangebots des Zentralbereichs Beschwerdemanagement selbst eine Abstufung im Sinne einer funktionalen Kern- und Erganzungsleistung, die sich in einem Uber- und Unterordnungsveriiaitnis der inhaltlichen Ausrichtung als Service- bzw. Steuerungsbereich widerspiegelt. In den Konstellationen , 1 ' und ,3' wurde die primar ausgeubte Funktion um Facetten der jeweils anderen erganzt und diese untergeordnet als ,Zweitfunktion' zu interpretieren sein. Diesen Zweitfunktionen kommt im Hinblick auf den Hauptzweck des betreffenden Zentralbereichs ein lediglich unterstutzender Charakter zu, der darin besteht, die Ausubung der jeweils vorrangigen Funktion zu erieichtern. Dies hat zur Folge, dass die Bemuhungen des fokalen Zentralbereichs, aber auch die GestaltungsmaUnahmen der Unternehmensleitung primar auf die Erfullung seiner Hauptaufgabe gerlchtet bleiben mussen, die entweder in der Service- Oder der Steuerungsfunktion besteht (Reckenfelderbaumer 2001. S. 404). Eine spezifische Ausgestaltung des Beschwerdemanagements als Dienstleister nach einer der drei beschriebenen Orientierungen kann und soil hier nicht generell empfohlen werden. Zum einen ist diese Entscheidung in hohem MalJe von der jeweiligen Unternehmenssituation abhangig. Zum anderen ist es das Ziel dieses Kapitels, eine Ist-Analyse der Ausgangssituation des Beschwerdemanagements vorzulegen. Insofern bietet es sich vielmehr an, die Untersuchung prazise auf die aktuell in der Unternehmenspraxis gegebene funktionale Ausrichtung des Beschwerdemanagements zu fokussieren. In diesem Sinne eroffnet erneut die State-of-the-Art-Studie zum Beschwerdemanagement in Deutschland (Stauss/Scholer 2003) wertvolle Einblicke daruber, wie Unternehmungen ihr Beschwerdemanagement konfigurieren. Um die Balance zwischen dem Servicemodell- und Steuerungsmodellcharakter (bzw. Unterstut-
Identifikation strategischer Geschaftsfelder: Funktionale Analyse
235
zungs- und Kontrolldienstleistungen) analysieren zu konnen, wird der folgende Indikatorenzweiklang betrachtet: •
Indikator 1: Die Prioritat, die die Unternehmen den externen/internen Funktionen des Beschwerdemanagements zuweisen.
•
Indikator 2: Das Ausmafi der Verrichtungszentralisation (Grad der Durchfuhrung) der Beschwerdemanagementaufgaben im Zentralbereich bzw. dezentralen Einheiten des Unternehmens.
Indikator 1: Die Prioritat der externen sowie internen Funktionen des Beschwerdemanagements: Stauss/Scholer (2003, S. 136f.) analysieren das Ausmafi, mit dem Beschwerdemanagement in der Unternehmenspraxis mit den verschiedenen (ausgewahlten) Funktionen betraut ist.^^ Anhand ihrer Untersuchung ergibt sich die in Abbildung 6-11 wiedergegebene Priorisierung der Funktionen im Beschwerdemanagement.
99
Die Frage der Autoren lautete: „Wie weit treffen die folgenden Aussagen auf die Funktion des Beschwerdemanagements in Ihrem Unternehmen zu?" Die hier angegebenen Prozentwerte ergeben sich anhand des ,Top-two-box-Ansatzes' (Fiedler 1996, S. 7), entsprechen also der Summe der beiden Antwortkategorien „Trifft voll und ganz zu" sowie „Trifft eher zu". Im Rahmen der Studie wurden keine Daten zur Kanalisierungs-, Selbstregulierungs-, Public-Relations-, Puffer-, Rationalisierungs- und Kontrollfunktion erhoben.
236
T3
Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
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83
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Abb. 6-11: Empirische Erkenntnisse uber die Phohsierung der Funktionen des Beschwerdemanagements in der Unternehmenspraxis; Quelle: Eigene Abbildung auf Basis der Daten nach Stauss/Scholer (2003, S. 136f.).
Eindeutig stehen Dienstleistungen im Mittelpunkt, die oben bereits als Unterstutzungsdienste kategorisiert wurden und demnach eine Servicefunktion des Beschwerdemanagement-Bereichs nahe legen. Ferner ist bemerkenswert, dass Stauss und Scholer die Wahrnehmung der Kontrollfunktion in der Praxis niciit eriioben liaben. Daher liegen zwar keine Daten diesbezugiicii vor, doch konnte allein die Tatsache, dass die Autoren diese Funktion ausklammern, ebenfalls fur einen eher unterstutzenden Ciiarakter des Zentralbereiciis Beschwerdemanagement sprechen. Diese Tendenzaussagen lassen sich uberprufen bzw. anhand weiterer Daten fundieren. Hierfur ist der zweite Indikator, namentlicii das von Kreisel als primares Unterscheidungsmerkmal zwischen Service- und Steuerungsmodellen bezeiciinete ,Ausmafi der Verrichtungszentralisation', zu untersuchen. Indikator 2: Das AusmaR der Verrichtungszentralisation kann als exaktester Indikator fur die Identifikation des Beschwerdemanagements
Identifikation strategischer Geschaftsfelder: Funktionale Analyse
237
als Service- oder Steuerungsbereich angesehen werden. Die Verrichtungszentralisation beschreibt das AusmaR der operativen Durchfuhrung in der zentralen bzw. dezentralen Einheit; praziser gesagt: Die Einstufung als Service- oder Steuerungsmodell erfolgt in Abhangigkeit davon, „ob die bereichsubergreifende Einheit unmittelbar zur Durchfuhrung oder lediglich zur Steuerung der Teilfunktionsaktivitaten eingerichtet ist" (Kreisel1995, S. 120): •
Servicebereiche werden mit der unmittelbaren, zentralen Durchfuhrung der jeweiligen unterstutzenden Aufgaben betraut und zu diesem Zweck mit einem eigenen Ressourcenpool ausgestattet (Kreisel 1995, S. 121).
•
Steuerungsbereiche sind inn Gegensatz dazu nicht fur die unmittelbare operative Durchfuhrung der fokalen Teilaufgaben, sondern lediglich fur deren Abstimmung verantwortlich; die Durchfuhrung der betreffenden Aufgaben erfolgt dezentral (Kreisel 1995, S. 129).
Stauss/Scholer (2003, S. 129ff.) analysieren detailliert die Frage der operativen Durchfuhrung der Aufgaben des Beschwerdemanagements. Der Erklarungswert der Ergebnisse lasst sich nochmals steigern, wenn die Prozessdurchfuhrung getrennt nach den drei strategischen Geschaftsfeldern des Beschwerdemanagements betrachtet wird, die oben wie folgt identifiziert wurden (siehe Abb. 6-7): •
Das um den Kern der Abhilfefunktion gestaltete direkte Beschwerdemanagement stellt eine sekundare Unterstutzungsdienstleistung fur das Unternehmen und dessen Geschaftsbereiche dar, deren unmittelbare Nachfrager die Beschwerdefuhrer sind (SGF 1).
•
Aus dieser Sekundardienstleistung leiten sich tertiare Unterstutzungsdienstleistungen des Beschwerdemanagements ab (interne Informations-, Impuls- und Bildungsfunktion), deren primare Nachfrager die Geschaftsbereiche sind (SGF 2).
238
•
Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen DIenstleistungsanbieters
Mit der Kontrollfunktion erbringt Beschwerdemanagement schlieRlich eine quartare Kontrolldienstleistung gegenuber den Geschaftsbereichen im Auftrag der Unternehmensleitung (SGF 3).
Wie in Abbildung 6-12 dargestellt, werden nun diese drei strategischen Geschaftsfelder vor dem Hintergrund des Zentralbereichscharakters als Service- bzw. Steuerungsmodell analysiert.
Strategische Geschaftsfelder
1
J: Sekundare Unterstiitzungsdienstleistung (SGF 1) ' Abhilfefunktion
Tertiare Unterstutzungsdienstleistung (SGF 2)
Quartare Kontrolldienstleistung (SGF 3) Kontrollfunktion
' Interne Informationsfunktion ' Impulsfunktion ' Bildungsflinktion
Verrichtungszentralisation als Analyseindikator
1
Servicemodell
t
1
Steuerungsmodell
+ + 1 Primarcharakter des Zentralbereichs Beschwerdemanagement
Abb. 6-12: Verrichtungszentralisation als Analyseindikator zur Bestimmung des Zentralbereichscharakters des Beschwerdemanagements; Quelle: Eigene Abbildung.
SGF 1: Die sekundare Unterstiitzungsdienstleistung entspricht dem direkten Beschwerdemanagement mit dem Kern der Abhilfefunktion. Als Primarindikator eignen sich demnach die Werte bezuglich der Prozess-
239
Identifikation strategischer Geschaftsfelder: Funktionale Analyse
durchfuhrung in den vier Aufgabenbereichen des direkten Beschwerdemanagementprozesses (Stauss/Scholer 2003, S. 129ff.) (Tabelle 6-1).''°° VollstSndlg/eher
Sowohl
VollstSndlg/eher
zentrale Durch-
zentrale als
dezantrale
fiihrung
auch dezen-
DurchfCihrung
trale DurchfOhrung Beschwerde-
43%
29%
27%
Beschwerdeannahme
32%
39%
23%
Beschwerdebearbeltung
37%
35%
24%
Beschwerdereaktion
37%
37%
22%
stimulierung
Tab. 6-1:
Analyse der Verrichtungszentralisation im strategischen Geschaftsfeld der sekundaren Unterstutzungsdienstleistung Beschwerdemanagement; Quelle: Daten nach Stauss/Scholer (2003, S. 132).
In alien vier Teilaufgaben weist das Beschwerdemanagement einen deutlich hoheren Prozentsatz hinsichtlich einer zentralen als einer dezentralen Durchfuhrungsverantwortung auf. Offensichtlich ist der Zentralbereich Beschwerdemanagement deutlich starker in die Durchfuhrung der Prozesse zur Erbringung der sekundaren Unterstutzungsdienstleistungen eingebunden, als die dezentralen Einheiten. Beschwerdemanagement daher als Steuerungsbereich zu verorten, entspricht nicht diesem Leistungscharakter, da die Durchfuhrung ansonsten (zumindest mehrheitlich) 100
Die Summe der Prozentwerte entspricht nicht 100, da die ebenfalls von Stauss und Scholer erhobenen Werte zu einem Outsourcing in den hier aufgefuhrten Tabellen nicht berucksichtigt werden.
240 Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
in den operativen Bereichen verortet sein musste. Im Lichte dieses Zuordnungsfiiters wird deutlich, dass der Grundcharakter des Beschwerdemanagements in diesem SGF tendenziell einem der beiden Servicemodelle (Kernbereichs- bzw. Wettbewerbsmodell) zuzuordnen ist. SGF 2: Im zweiten strategisciien Geschaftsfeld wurden die tertiaren Unterstutzungsdienstleistungen des Bescliwerdemanagements, namentlich die interne Informations-, Impuls- und die Bildungsfunktion, gebundelt. Auch hier gilt es das Kriterium der Prozessdurchfuhrung heranzuziehen. Als relevante Anknupfungspunkte fur die interne Informationsund die Impulsfunktion dienen die dem indlrekten Beschwerdemanagementprozess zuzuordnenden Aufgabenbaustelne der Beschwerdeauswertung und des Beschwerdereporting (Tabelle 6-2). Voilstandig/eher
Sowohl
Vollstan-
zentrale Durch-
zentrafe ats
dig/eher
ftihrung
auch dezen-
dezantrale
trale Durch-
DurchfClhrung
fuhrung Beschwerdeauswertung
78%
15%
6%
Beschwerdereporting
79%
11%
7%
Tab. 6-2:
Analyse der Verrichtungszentralisation im strategischen Geschaftsfeld der tertiaren Unterstutzungsdienstleistung Beschwerdemanagement; Quelle: Daten nach Stauss/Scholer (2003, S. 133).
Erneut zeigt sich, und dies in besonders deutlichem Malie, dass die hier angesprochenen tertiaren Unterstutzungsdienstleistungen nahezu vollumfanglich im Zentralbelreich Beschwerdemanagement erfullt werden. Da sich anhand der empirischen Daten von Stauss/Scholer kein unmittelbarer Schluss auf die Bildungsfunktion ergibt, ist diese, auf konzeptionel-
Identifikation strategischer Geschaftsfelder: Funktionale Analyse
241
le Uberlegungen gestutzt, separat zu erortem. Hilfreich ist die Charakterisierung der Bildungsfunktion nach Stauss/Seidel (2002, S. 513; Herv. d. Verf.), die in diesem Kontext von der „Durchfuhrung von Trainings fur Kundenkontaktnnitarbeiter" sprechen, was eine ausgepragte Verrichtungszentralisation im Beschwerdemanagement nahe legt. Die Analyse legt in diesem SGF eine Ausrichtung des Beschwerdemanagement-Bereichs als Servicemodell nahe. Dies ist mit der funktionalen Perspektive stimmig, da die drei angesprochenen Funktionen die Geschaftsbereiche zum einen von der Durchfuhrung der Beschwerdemanagement-Aufgaben entlasten und zum anderen durch die jeweilige Informationsvermittlung hinsichtlich ihrer Primarmarktaktivitaten unterstutzen sollen. SGF 3: Als drittes SGF ist die Kontrollfunktion als quartare Kontrolldienstleistung gegenuber den Geschaftsbereichen im Auftrag der Unternehmensleitung zu untersuchen. Neben den eben betrachteten Werten zu Beschwerdeauswertung und -reporting wird als zusatzlicher Indikator die Prozessdurchfuhrung des Beschwerdemanagement-Controlling herangezogen, da in diesem Aufgabenbereich die der Kontrollfunktion zugrunde liegenden Daten ermittelt werden (z.B. Analyse der Beschwerdequotenentwicklung eines Geschaftsbereichs im Zeitraum nach Alarmierung uber ein bestehendes Problem durch das Beschwerdemanagement) (Tabelle 6-3).
242 Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
VollstSndig/elier
Sowohl rent-
Voilstindlg/eher
zentrale Dutch*
rale als auch
dezentrale
dezentrale
DurchfOhrung
fOhrung
DurchfOhaing Beschwerdemanage-
80%
11%
8%
ment-ControllJng Tab. 6-3:
Analyse der Verrichtungszentralisation im strategischen Geschaftsfeld der quartaren Kontrolldienstleistung Beschwerdemanagement; Quelle: Daten nach Stauss/Scholer (2003, S. 133).
Dieses deutliche Ergebnis, namlich die ebenfalls in einer zentralen Einiieit gebundelte Durchfuiirung des Besciiwerdemanagement-Controliing, legt die Sciilussfolgerung nahe, selbst bei der Ausgestaltung des Kontrolldienstleisters Beschwerdemanagement eine Variante der Servicemodelle zugrunde zu legen. Zusammenfassend lasst sicii feststellen, dass die iiier zugrunde gelegten Indikatoren einhellig die oben als ,Konstellation 3' beschriebene Fokussierung des Beschwerdemanagements belegen und als vorlaufiges Analyseergebnis den folgenden Zentralbereichscharakter des Beschwerdemanagements offenbaren: •
Die Hauptaufgabe des zentralen Dienstleistungsbereichs Beschwerdemanagement liegt in der Erbringung der Servicefunktion (uber sekundare und tertlare Unterstutzungsdienstleistungen), die durch die als Nebenaufgabe zu verstehende Steuerungsfunktion (mittels der Erbringung einer quartaren Kontrolldienstleistung) erganzt wird. Der Zentralbereich Beschwerdemanagement ist demnach uber eine der zwei Ausgestaltungsvarianten des Servicemodells (Kernbereichs- oder Wettbewerbsmodell) konfiguriert.
Identifikation strategischer Geschaftsfelder: Funktionale Analyse
243
Dieser Primarausrichtung als Servicemodell gilt es bei den weiteren Uberlegungen und auch der letztlich erfolgenden Strategieformulierung Rechnung zu tragen, ohne allerdings die Steuerungsfunktion des Zentralbereichs Beschwerdemanagement ganzlich zu vernachlassigen. Wie die Bezeichnung als ,vorlaufiges' Analyseergebnis erahnen lasst, ist im Sinne der in diesem Kapitel angestrebten Bestlmmung strategischer Geschaftseinheiten die Untersuchung auf einer finalen Stufe fortzufuhren. Es gilt Beschwerdemanagement als eine der beiden Ausgestaltungsformen des Servicemodells zu benennen. 6.3,2.3
Analytischer Ansatz zur Bestimmung der strategischen Geschaftseinheiten im Zentralbereich Beschwerdemanagement
Auf dieser letzten Analyseebene, der Charakterisierung des Beschwerdemanagements als Kernbereichs- oder Wettbewerbsmodell, wird die Strukturierung des Beschwerdemanagement-Bereichs In unterschiedliche Geschaftseinheiten abgeschlossen. Um Beschwerdemanagement prazise und konzeptionell stimmig als Kernbereichs- oder Wettbewerbsmodell identiflzieren zu konnen, wird an die Merkmale der beiden Varianten bei Kreisel (1995) und an die empirische Grundlage von Stauss/Scholer (2003, S. 138f.) angeknupft. Erneut werden zwei Indikatoren herangezogen: •
Indikator 1: Als erster Indikator wird die Betrachtung der Einflussrechte des Beschwerdemanagements dessen generellen Charakter als Kern- oder Wettbewerbsmodell bereits erahnen lassen.
•
Indikator 2: Als zweiter Indikator wird das Ausmafi der dem Beschwerdemanagement eingeraumten Prozessverantwortung eine noch exaktere Zuordnung ermoglichen.
Indikator 1: Die Ratio, die Einflussrechte des Beschwerdemanagements als Indikator heranzuziehen, beruht auf dem Grundverstandnis der beiden Zentralbereichstypen nach Kreisel (1995, S. 122ff.). Der Autor
244 Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
benennt als madgebliches Kriterium zur Unterscheidung von Kern- und Wettbewerbsmodell deren jeweiliges Recht, die Kompetenzen der Geschaftsbereiche einzuschranken. Trotz seines primar unterstutzenden Charakters sieht der Kernbereich eben jene Einschrankung der Sparten innerhalb seiner Funktionalverantwortung vor, weshalb mit einem Kernbereich stets eine, wenngleicii untergeordnete, steuernde Funktion intendiert ist (Kreisel 1995, S. 122). Im Gegensatz dazu wird dem Wettbewerbsnnodell keinerlei Kompetenz zur Besciirankung der Geschaftsbereiciie eingeraumt (Kreisel 1995, S. 125). An diesem Verstandnis sind nun die ennpirischen Daten von Stauss/Scholer (2003, S. 139) uber die Ausstattung des Beschwerdennanagements mit Einflussrecliten^°^ in der Unternehmung zu spiegeln. Die Ergebnisse der Autoren sind in Abbildung 6-13dargestellt.
Die Einflussrechte werden wie folgt beschrieben (Stauss/Scholer 2003, S. 139): (1) Informationsrecht: Weiterleitung von Beschwerdeinformationen an Entscheidungstrager anderer Abteilungen; (2) Beratungsrecht: Erarbeitung und Vorlage von Initiativen und Vorschlagen gegenuber anderen Abteilungen; (3) Mitentscheidungsrecht: Teilnahme an Zwischen- und Abschlussentscheidungen anderer Abteilungen; (4) Einspruchsrecht: Verhinderung der Durchfuhrung von Entscheidungen anderer Abteilungen; (5) Kontrollrecht: Uberprufung von Entscheidungen anderer Abteilungen; (6) Alleinentscheidungsrecht von Zwischen- und Abschlussentscheidungen, die auch andere Abteilungen betreffen.
Identifikation strategischer Geschaftsfelder: Funktionale Analyse
245
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Beratin^edit 'i^:i''!,iif;irii*'!t.i!ii!isitT' i!'f!1iiiii!iiiiiiii 41 Emspnxhsredit :;i;mM:wiffM'&T 323
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0
10
20
30
40
50
60
70
90
Prazent
Typisches Einflussrecht eines Wettbewerbsmodells
Typisches Einflussrecht eines Kembereichsmodells
Abb. 6-13: Empirische Erkenntnisse zu den Einflussrechten des Beschwerdemanagements in der Untemehmenspraxis; Quelle: Modifiziert nach Stauss/Scholer (2003, S. 139).
Die Mehrheit der Beschwerdemanagement-Bereiche verfugt uber ein Informationsrecht (81%) bzw. ein Beratungsrecht (67%). Beide Balken sind graphisch gleich gestaltet, um so auszudrucken, dass es sich urn Einflussrechte handelt, die in erster Linie charakteristisch fiir das Wettbewerbsmodeii sind. Dagegen reprasentieren das Mitentscheidungs-, Einspruchs-, Kontroll- und Alleinentscheidungsrecht des Beschwerdemanagennents eindeutige Eingriffe in die Entscheidungskompetenz der Geschaftsbereiche und charakterisieren das Kembereichsnnodell. Wenngleich nur ein kleiner Teil (16%) der Beschwerdemanagennent-Bereiche uber ein Alleinentscheidungsrecht verfugt, wird ihnen das Mitentscheidungsrecht in 41% der befragten Unternehmen zugestanden. Uber weiter gehende Einflusspotenzlale in Form des Kontroll- bzw. Einspruchsrechtes
246
Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
verfugen immerhin jeweils 23% der untersuchten Beschwerdemanagement-Bereiche.^°^ Dieses empirische Bild der Beschwerdemanagement-Praxis unterstreicht zunachst generell den primaren Unterstutzungscharakter des Beschwerdemanagements. Der eigentliche Erkenntnisgewinn liegt jedoch darin, den Zentralbereich Beschwerdemanagement anhand dieser Daten tendenziell als Kernbereich im Unternehmen einordnen zu konnen, da ein Wettbewerbsmodell uber keinerlei Entscheidungskompetenzen verfugen wurde, die es zur Einschrankung der Geschaftsbereiche berechtigen. Diese vorlaufige Einstufung ist anhand des zweiten Indikators zu verifizieren. Indikator 2: Als zweiter Analyseindikator wird das Kriterium der Prozessverantwortung hinzugezogen. Dieses ist insofern von Bedeutung, als ein hohes AusmalJ der dem Beschwerdemanagement zugestandenen Prozessverantwortung die Spielraume hinsichtlich des „Was" und des „0b" erweitert. In analoger Vorgehensweise zu oben soil die Prozessverantwortung des Beschwerdemanagements im Kontext der drei strategischen Geschaftsfelder analysiert werden. SGF 1: Von der im Rahmen des direkten Beschwerdemanagements gegenuber den Beschwerdefuhrern erbrachten sekundaren Unterstutzungsdienstleistung profitieren die Geschaftsbereiche und das Gesamtunternehmen in Form der externen Funktionen sowie der Puffer- und Rationalisierungsfunktion. Tatsachlich sprechen einzelne Charakteristika der sekundaren Unterstutzungsdienstleistung (mit dem Kern Abhilfefunktion) vermeintlich dafur, Beschwerdemanagement als Wettbewerbsmodell zu beschreiben. Das 102
Bemerkenswert ist, dass die Einflussreclite des Besciiwerdemanagements branchenspezifisch unterschiedlich ausgepragt sind. Beispielsweise zeigt sich, dass insbesondere Beschwerdemanagementbereiche in der Automobilindustrie mit Werten von z.B. 57% (Mitentscheidungsrecht) bzw. 33% (Einspruchsrecht) uber deutlich weiter gehende Einflusspotenziale verfugen als der Gesamtdurchschnitt (Stauss/Scholer 2003, 8. 139).
Identifikation strategischer Geschaftsfelder: Funktionale Analyse
247
zentrale Merkmal des Wettbewerbsmodells ist es, dass andere Unternehmenseinheiten einen Auftrag an den Zentralbereich erteilen und damit uber die Entscheidungskompetenz des „Was" und des „0b" verfugen. Das „Wie", also die Ausgestaltung der Leistungserbringung verbleibt in der Verantwortung des Wettbewerbsmodells. Als eine Nachfrageentscheidung inn Sinne des „Was" bzw. „0b" konnte die eine Beschwerde auslosende, fehlerhafte bzw. unbefriedigende Leistung untemehmerischer Geschaftsbereichseinheiten im Primarmarkt interpretiert werden. Andere Unternehmenseinheiten wurden somit die Dimension des „Was" und des „0b" determinieren, wohingegen das „Wie" in hohem Mafle dem Beschwerdemanagement uberlassen bleibt. Dies sprache fur den Charakter als Wettbewerbsmodell. Gegen die Einstufung als Wettbewerbsmodell spricht jedoch die Verantwortung, die dem Beschwerdemanagement im Vergleich zu den Sparten in Bezug auf das direkte Beschwerdemanagement zugesprochen wird. Wenngleich die Geschaftsbereiche sowohl in die Prozessdurchfuhrung als auch in die -verantwortung einbezogen sind, ist die Managementverantwortung fur das direkte Beschwerdemanagement schwerpunktmaflig beim Zentralbereich Beschwerdemanagement verortet, wie dies aus Tabelle 6-4 hervorgeht (Stauss/Scholer 2003, S. 129).''°^
103
Die Aussagen zur Prozessverantwortung ergeben sich aus der Aggregation der Prozentwerte der Kategorien „Vollstandig zentral" und „Eher zentral" und deren Gegenuberstellung mit den Prozentwerten der iVIittelkategorie „Sowohl zentral als auch dezentral" und der Summe der Kategorien „Eher dezentral" und „Vollstandig dezentral" in den vier Aufgabenfeldern des direkten Beschwerdemanagements, wie sie von Stauss/Scholer (2003, 8. 129f.) erhoben wurden.
248 Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
Vollstin-
Sowohl zentra-
Vollst§ndig/eher
dig/eher
lealsauch
dezentrale
zentrale Ver-
dezentrale
Verantwortung
antwortung
Verantwortung
Beschwerdestimulierung
47%
32%
22%
Beschwerdeannahme
40%
38%
22%
Beschwerdebearbeitung
45%
32%
24%
Beschwerdereaktion
44%
34%
23%
Tab. 6-4:
Analyse der Prozessverantwortung im strategischen Geschaftsfeld der sekundaren Unterstutzungsdienstleistung Beschwerdemanagement; Quelle: Daten nach Stauss/Scholer (2003, S. 129).
Damit ist von einer deutlichen Einflussnahme des Beschwerdemanagement-Bereichs auf die Beschwerdemanagement-Aktivitaten in den Geschaftsbereichen auszugehen. Im Zweifelsfall ist mindestens zu unterstellen, dass Beschwerdemanagement-bezogene Entscheidungen nur im Zusammenspiel dezentraier Geschaftsbereichseinheiten mit dem Zentralbereich getroffen werden konnen. Das Beschwerdemanagement als bloflen Auftragsempfanger in Form des Wettbewerbsmodells zu verstehen, wird daiier weder der theoretisciien Konzeption des direkten Beschwerdemanagements noch den Gegebenheiten der Unternehmenspraxis gerecht. Dies bestatigt die Konfiguration des Kernbereiclis im direkten Beschwerdemanagement und fuhrt zu folgender Feststellung: •
Das strategische Geschaftsfeld des direkten Beschwerdemanagements, also der „sekundaren Unterstutzungsdienstleistungen", wird von einer strategischen Geschaftseinheit in der Konfiguration eines Kernbereichs bearbeitet.
SGF 2: Ruckschlusse auf die tertiaren Unterstutzungsdienstleistungen der internen Informations- und der Impulsfunktion ergeben sich unmittelbar anhand der Datenbasis von Stauss/Scholer (2003). Die Bil-
Identifikation strategischer Geschaftsfelder: Funktionale Analyse
249
dungsfunktion ist, da sie nicht direkt im Lichte der Daten interpretiert werden kann, separat zu betrachten. Die interne Informations- und die Impulsfunktion weisen Parallelen mit Marktforschungs- bzw. Marktforschungsberatungsleistungen auf, dienen sie doch der Erschlieflung der Beschwerdeinformationen als einer spezifischen Form von Marktforschungsinformationen. In ihren empirischen Studien belegen Kruger/von Werder (1993, S. 247) eine Dominanz zentraler Marktforschungsbereiche als Wettbewerbsmodell, das grundsatzlich nur nach Beauftragung durch die operativen Einheiten tatig wird, die Marktuntersuchungen dann aber in Eigenverantwortung durchfuhrt. Vor dem Hintergrund der hohen Durchfuhrungszentralisation im indirekten Beschwerdemanagement ware die Einordnung als Wettbewerbsmodell bezuglich der internen Informations- und Impulsfunktion denkbar. Dagegen sprechen jedoch die Daten von Stauss/Scholer (2003, S. 130) hinsichtlich der Prozessverantwortung (Tabelle 6-5). Vollstan-
Sowohl zentra-
Vollstandig/eher
dig/eher
le als auch
dezentrale
zentrale Ver-
dezentrale
Verantwortung
antwortung
Verantwortung
Beschwerdeauswertung
83%
11%
15%
Beschwerdereporting
84%
9%
14%
Tab. 6-5:
Analyse der Prozessverantwortung im strategischen Geschaftsfeld der tertiaren Unterstutzungsdienstleistung Beschwerdemanagement; Quelle: Daten nach Stauss/Scholer (2003, S. 130).
Diese Prozentwerte offenbaren unzwelfelhaft den Charakter eines Kernbereichs. Oben wurde bereits aufgezeigt, dass im indirekten Beschwerdemanagement eine hohe Verrichtungszentralisation festzustellen ist. Diese wird nun durch die stark zentralisierte Verantwortung fur Beschwerdeauswertung und Beschwerdereporting erganzt. Damit sind nicht nur die Entscheidungskompetenzen hinsichtlich des „Wie", sondern auch
250 Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
des „0b" und des „Was" (z.B. Einfuhrung zyklischer, spezifischer Sonderauswertungen fur einzelne Produktgruppen oder Regionen) weitest gehend dem Beschwerdemanagement vorbehalten und konnen ohne einen Auftrag anderer Einheiten genutzt werden.^°^ Stauss/Seidel (2002, S. 528) untermauern diesen Eindruck, indem sie anraten, „fur relevante Zielgruppen die Abnahme eines Standardauswertungs- und Reportingprogramms zur Verpflichtung" zu nnachen. Dies belegt die Ausgestaltung des Beschwerdemanagements als Kernbereich, der seine Informationsleistung mehr oder minder ,ungefragt' (und nicht wie im Wettbewerbsmodell lediglich nach Auftrag) an die operativen Einheiten der Geschaftsbereiche liefert. Die Ausubung der Bildungsfunktion eines Beschwerdemanagements wird von insgesamt 75% der von Stauss/Scholer (2003, S. 137) befragten Unternehmen bejaht.^^^ Hinsichtlich der Bildungsfunktion lassen sich allerdings keine unmittelbaren Erkenntnisse uber die Verantwortungszuweisung an zentrale und dezentrale Einheiten aus der Studie von Stauss und Scholer ableiten. Daher werden im Sinne von Analoguberlegungen die empirischen Erkenntnisse nach Kruger/von Werder (1993, S. 265) uber die Ausgestaltung der mit der Personalausbildung beauftragten Zentralbereiche herangezogen. Es zeigt sich, dass die untersuchten Unternehmen eindeutig das Kernberelchsmodell als organisatorische L6sung wahlen. Ausschlaggegend dafur ist die im Rahmen der Personalausbildung gewunschte unternehmensweite Einheitlichkeit der jeweiligen Ausbildungskonzepte (Kruger/von Werder 1993, S. 266). Um diese Einheitlichkeit gewahrleisten zu konnen, ist der im Rahmen des Kernbereichsmodells (im Vergleich zum Wettbewerbsmodell) grdUere Einfluss Im Gegenzug wird den Geschaftsbereichen im Regelfall die Kompetenz zur unabhangigen Durchfuhrung dieser Aktivitaten des indirekten Beschwerdemanagements wie auch die IVIoglichkeit zur Beauftragung unternehmensexterner Dienstleister entzogen bzw. eingeschrankt. 105
Dieser Prozentsatz basiert erneut auf dem Top-two-box-Ansatzes (siehe Fiedler 1996, S.7).
Identifikation strategischer Geschaftsfelder: Funktionale Analyse
251
des zentralen Dienstleisters unumganglich. Dies steht in besonderem Einklang mit der Grundaufgabe der Bildungsfunktion des Beschwerdemanagements, wie sie Stauss/Seidel (2002, S. 513) als die Verdeutlichung der Riciitlinien des Beschwerdemanagements im Rahmen von PersonalweiterbildungsmafJnahmen charakterisieren. Auch die Erfullung der Bildungsfunktion des Beschwerdemanagements legt somit eine Kernbereichsform nahe. Deshalb ist zusammenfassend festzuhalten: •
Das strategische Geschaftsfeld der „tertiaren Unterstutzungsdienstleistungen" wird von einer strategischen Geschaftseinheit in der Konflguration eines Kernbereichs bearbeitet.
SGF 3: Fur die Einstufung der quartaren Kontrolldienstleistung liefern die Daten zur Verantwortungsdelegation im BeschwerdemanagementControlling wertvolle Erkenntnisse (Stauss/Scholer 2003, S. 130) (Tabelle 6-6). Vollstan-
Sowohl zentra-
Vollstan-
dig/eher
le als auch
dig/eher
zentrale Ver-
dezentrale
dezentrale
antwortung
Verantwortung
Verantwortung
Beschwerdemanagement-
83%
8%
6%
Controlling Tab. 6-6:
Analyse der Prozessverantwortung im strategischen Geschaftsfeld der quartaren Kontrolldienstleistung Beschwerdemanagement; Quelle: Daten nach Stauss/Scholer (2003, 8. 130).
Neben diesen (eindeutigen) Prozentsatzen ist es vor allem die inhaltliche Aufgabenstellung der Kontrollfunktion des Beschwerdemanagements, die ein Wettbewerbsmodell als nicht adaquat erscheinen lasst. Die Aufgabe des Beschwerdemanagements in seiner Steuerungsfunktion ist die Uberwachung der operativen Geschaftsbereichseinheiten im Auftrag der
252 Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
Unternehmensleitung. Es geht bei Kontrolldienstleistungen nicht in erster Linie urn die Interessen eines einzelnen Geschaftsbereiches, sondern vor allem darum, den Nutzen des Gesamt-unternehmens, reprasentiert durcli die Unternehmensleitung, zu optimieren (Frese/von Werder 1993, S. 40f.; Kreisel 1995, S. 123). Dies beinhaltet a priori eine Beschranl
Das strategische Geschaftsfeld der „quartaren Kontrolldienstleistungen" wird von einer strategischen Geschaftseinheit in der Konfiguration eines Kernbereichs bearbeitet. ^°^
In der Zusammenstellung der bisherigen Analyseuberlegungen ergibt sich die in Abbildung 6-14 gezeigte Gesamtkonstellation strategischer Geschaftsfelder und strategischer Geschaftseinheiten des Beschwerdemanagements.
An dieser Stelle sei daran erinnert, dass eine Variante der Steuerungsmodelle (Weisungs-, Matrix- bzw. Stabsmodell) zur Bearbeitung des SGF der quartaren Kontrolldienstleistungen an der in hohem MaRe ausgepragten Verrichtungszentralisation im Beschwerdemanagement scheitert. Steuerungsmodelle sind typlscherweise nIcht an der eigentlichen Durchfuhrung der fokalen Tatigkeiten beteiligt.
253
Identifikation strategischer Geschaftsfelder: Funktionale Analyse
Strategische Geschaftsfelder des Beschwerdemanagements als Dienstleistung Beschwerdemanagement als Unterstiitzungsdienstleistung
Sekundare Unterstiitzungsdienstleistung (SGF 1)
Beschwerdemanagement als KontroUdienstleistung
\ Tertiare Unterstiitzungsdienstleistung (SGF 2)
Quartare KontroUdienstleistung (SGF 3)
Kembereich
Strategische Geschaftseinheiten des Beschwerdemanagements als Dienstleister
Abb. 6-14: Strategische
Geschaftsfelder
und strategische Geschaftseinheiten
des Be-
schwerdemanagements im Uberblick; Quelle: Eigene Abbildung.
Beschwerdemanagement bearbeitet aktuell drei verschiedene strategische Geschaftsfelder. Dabei beruhen zwei auf der Erstellung von Unterstutzungsdienstleistungen, eines auf dem Ansatz der Kontrolldienstleistungen. Fur die Bearbeitung aller drei Geschaftsfelder findet sich in der Unternehmenspraxis die Konfiguration des Beschwerdemanagements nach dem Modell des Kernbereichs. Diese Analyseerkenntnis bildet das Fundament des weiteren Planungsprocedere. Insbesondere der hier offenbarte Charakter des Beschwerdemanagements als Kernbereich erfordert im folgenden Abschnitt eine detaillierte Wurdigung, da diese Ausgestaltungsvariante in der jungeren Literatur heftiger Kritik unterzogen wurde.
254
Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
6.3.3
Reflexion der Analyseerkenntnis: Der zentrale Kernbereich Beschwerdemanagement als Gegenstand der weiteren Strategieformulierung
Anhand der bisherigen Analyse konnte Beschwerdemanagement als eine zentrale Dienstleistungseinheit identifiziert werden, die ihre drei strategischen Geschaftsfelder auf Basis der Kernbereichskonfiguration bearbeitet. Diese Zentralbereichsform wird zunehmend kritlsch diskutiert (Unterabschnitt 6.3.3.1). In diesem Zuge wird eine verstarkte Markt- und Wettbewerbsorientierung der Kernberelche als notwendig erachtet (Unterabschnitt 6.3.3.2). Gleichwohl gilt es zu berucksichtigen, dass die Behebung der von den Kritikern benannten Defizite nicht ausschliedlich im Kompetenzbereich der Zentralbereichsleitungen liegt. Vielmehr sind Veranderungen durch zwei unterschiedliche Ebenen, die Zentralbereichs- und die Unternehmensleitungsebene vorzunehmen, um die Kernberelche weiterzuentwickeln. Diesen beiden Ebenen und deren jewelligen Entscheidungskompetenzen widmet sich der Unterabschnitt 6.3.3.3. 6.3.3.1
Beschwerdemanagement als zentraler Kernbereich - Zentrale Kernberelche als Gegenstand der Kritik
Zentralbereiche generell sehen sich in der jungeren wissenschaftlichen und praxisorientierten Diskussion einer wachsenden Kritik ausgesetzt, die zentrale Dienstleister nicht selten „als Inbegriff fur mangelnde Kunden- und Kostenorientierung und damit als Barriere auf dem Weg zu einer verbesserten Wettbewerbsfahigkeit" einstuft (Suhr 2002, S. 115). Gerade das Kernbereichsmodell aber als die Ausgestaltungsvariante, die „traditionell mit zentralen Dienstleistungs- und Verwaltungsbereichen assoziiert" wird (Kreisel 1995, S. 121), weist nach Meinung der Kritiker besonders dringenden Handlungsbedarf auf. Dies wird primar mit den folgenden Vorwurfen begrundet (Davis 1996, S. 71 f.; Quirke 1998, S. 19; Reckenfelderbaumer 2001, S. 111):
Identifikation strategischer Geschaftsfelder: Funktionale Analyse
255
•
Haufig wurden Kembereiche aufgrund sich verandernder Wettbewerbsbedingungen erst in der jungeren Vergangenheit installiert. Daraus resultieren teilweise erhebliche und tendenziell stetig wachsende (Gemein-) Kosten, die das Geschaftsergebnis der Gesamtunternehmung nachhaltig reduzieren. Verscharft wird dieser Kostenvorwurf zusatzlich dadurch, dass die angebotenen Dienstleistungen typiscinerweise keine direkten externen Eriose erwirtschaften, so dass oft eine „einseitig negative Belastung des Geschaftsergebnisses" durch zentrale Dienstleistungsbereiche ausgemacht wird (Reckenfelderbaumer 2001, S. 111).
•
Ein zweiter Kritikpunkt beruht darauf, dass den Geschaftsbereichen inn Kernbereichsmodell regeimaliig die Kompetenzen zur eigenstandigen Durchfuhrung der fokalen Aktivitaten wie auch zur Beauftragung unternehmungsexterner Dienstleister vorenthalten werden. Dies fuhrt zu einer relativ grofJen Abhangigkeit der Sparten vonn Kernbereich. Dieses interne ,Quasi-Monopor der Kembereiche, so die Kritiker, resultiert in einer unzureichenden Marktorientierung, die sich in der mangelnden Berucksiclitigung interner und externer Kunden sowie einer Ignoranz hinsichtiich potenzieller Wettbewerber manifestiert.
•
Eng verknupft nnit den beiden vorgenannten Kritikpunkten ist die Skepsis hinsichtiich der Produktivitatsorientierung innerhalb der Zentralbereiche, da fur die Zentralbereichsnnanager (bislang) kaunn die Notwendigkeit zu einer Produktivitatsfokussierung besteht.
•
Bemangelt wird daruber hinaus die Qualitat der fur die Unternehmung erbrachten Dienstleistungen, was freilich auf eine ebenfalls nur selten gegebene Anreizkompatibilitat der Zentralbereichsfijhrungen zurijckgefuhrt wird.
•
Schliefilich werden, und hierin sehen nicht wenige Kritiker eine zentrale Ursache der vorgenannten Missstande, unmittelbar den Zentral-
256
Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
bereichsleitungen erhebliche Managementdefizite in der Fuhrung ihrer Zentralbereiche vorgeworfen. Diese Kritikpunkte erinnem in hohem Ma(ie an die in Kapitel 2.3 identifizierten Defizite im direkten und indirekten Beschwerdemanagementprozess bzw. im Management der Bereichsleitung Beschwerdemanagement. Dort wurden erhebliche Schwachstellen im State-of-the-Art des Beschwerdemanagements diagnostiziert, die eine ausgepragte inhaltliche Kongruenz zu den eben zitierten Vorwurfen aufweisen. Ohne an dieser Stelle die Diskussion erneut ausbreiten zu wollen, sei lediglich exemplarisch daran erinnert, dass •
eine Steuerung des Beschwerdemanagements im Lichte der eigenen Effektivitat (z.B. anhand externer Beschwerdezufriedenheitsmessungen und interner Kundenzufriedenheitserhebungen) kaum erfolgt,
•
auch das Beschwerdemanagement nur unzureichend uber die Anforderungen der externen und in noch geringerem MafJe uber die Bedurfnisse seiner internen Kunden informiert 1st und
•
im Beschwerdemanagement nur eine sehr geringe Sensibilitat hinsichtlich des eigenen marktiichen (Wettbewerbs-) Umfelds vorhanden ist, wie z.B. die geringe Beachtung der Beschwerdeforen und das kaum umgesetzte Benchmarking gezeigt haben.
Anhand dieser Gegenuberstellung der Kritik an Kernbereichen auf der einen Seite und der skizzenhaften Rekapitulation der Defizite im Beschwerdemanagement auf der anderen Seite wird offensichtlich, dass Beschwerdemanagement-Bereiche weitgehend von der artikulierten Kritik angesprochen sind. Umso wichtiger ist es fur die Bereichsleitungen im Beschwerdemanagement, sich den angezeigten Veranderungsbedarf zu vergegenwartigen.
Identifikation strategischer Geschaftsfelder: Funktionale Analyse
6.3.3.2
257
Kernbereichsmodelle und die Notwendigkeit zu erhohter Markt- und Wettbewerbsorientierung
Kembereiche werden im Lichte der Kritik regelmaliig zu eigenstandigem unternehmerischen Denken und Handein aufgefordert. Auf die Prazisierung konkreter damit einhergehender Implikationen wird allerdings meist verzichtet. An dieses Manko knupft Reckenfelderbaumer (2001, S. 114) an und verdichtet die prinnar implizierten zukunftigen Anforderungen an Kembereiche auf die folgenden Aspekte: •
Kembereiche mussen ihre Existenz uber eine Mehrwertgenerierung fur das Gesamtuntemehmen und speziell fur die Geschaftsbereiche rechtfertigen.
•
Eine zweite Fundamentalforderung besteht darin, Kembereiche, sofern moglich, anhand okonomischer SteuerungsgroBen zu beurteilen, ihnen aber zumindest Kostenverantwortung zu ubertragen. In diesem Kontext wird vernnehrt die Adaption der Genter-Konzepte in Zentralbereichen angeregt, unn ein Mindestmafi an Kosten- und Erfolgsbewusstsein zu etablieren.
•
Schliefilich wird eine verstarkte Marktorientierung inn Management der Zentralbereiche fur notwendig erachtet. Die zentralen Dienstleister sollen vor allem einem intensiveren Wettbewerbsdruck ausgesetzt werden, um so eine starkere Orientierung an ihren (externen und intemen) Nachfragern zu motivieren. Als hierfur probates Mittel wird insbesondere die Modifikation der intemen Marktgegebenheiten erachtet, z.B. die Offnung fur externe Dienstleister, also das Recht der intemen Kunden, die fokaien Dienste von untemehmensexternen Anbietern beziehen zu konnen.
Es ist klar erkennbar, dass die Bereichsleitungen zentraler Dienstleister generell, und damit auch die Fuhrungskrafte des Beschwerdemanagements, vor einer strategischen Neuausrichtung stehen. Quirke (1998, S. 19) fordert Zentralbereiche daher dazu auf, "to do internally what their
258 Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
organizations do externally - define a clear value proposition which their Internal customers will value as advancing the business strategy. They have to communicate that proposition clearly to manage expectations. Then they have to organize themselves and acquire the skills to deliver." Die hier skizzierte kritische Debatte um Kernbereichsmodelle entfaltet bereits verschiedene Konsequenzen fur die betroffenen Dienstlelster. So gehen Unternehmensleitungen beispielsweise verstarkt dazu uber, Rationallsierungsprogramme gegenuber zentralen Dienstleistern zu initiieren (ReiU/Schuster 1998, S. 1301). Ein grundsatzlicherer Trend knupft an die von Quirke geforderte Neudefinition der Zentraibereiche an und besteht darin, Kernbereichsmodelle in der Philosophie von Dlenstleistungsanbietern zu betreiben, um diese starker an den Anforderungen interner Kunden auszurichten (Kreisel 1995, S. 123). Primares Bestreben ist es, die Dienstleistungsorientierung des Zentralbereichs gegenuber seinen internen Abnehmern dadurch zu intensivieren, dass die Quasi-Monopolstellung des Kernbereichs aufgelost und durch eine tendenzlell wettbewerbliche Konfiguration fur den internen Leistungsanbieter ersetzt wird (Kreisel 1995, S. 127). Auf Basis dieser erhohten Wettbewerbsorientierung, die dem Zentralbereich die marktiichen Alternativen und seine potenzielle Substituierbarkeit verdeutllcht, eroffnen sich fur die internen Kunden bzw. die Unternehmensleitung auch (zumindest indirekte) Moglichkelten, die Qualitat und Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung im Zentralbereich zunehmend einschatzen bzw. kontrollieren zu konnen (Kreisel 1995, S. 183). Im Kontext der vorgestellten Zentralbereichstypen sind zwei unterschiedliche Reorganisationsoptionen fur einen Kernbereich wie das Beschwerdemanagement zu erkennen. Als erste Option konnte fur grundsatzlich marktfahige interne Dienstleistungen die Umwandlung in ein Wettbewerbsmodell vorgesehen werden, um damit einen Marktdruck aus der Gegenuberstellung mit unternehmensexternen Dienstleistern zu erzeu-
Identifikation strategischer Geschaftsfelder: Funktionale Analyse
259
gen (analog Kreisel 1995, S. 126). Eine im Vergleich zur unmittelbaren Uberfijhrung in ein Wettbewerbsmodell gemafJigtere, zweite Option besteht in der Strukturierung des Kernbereichsmodells in zwei SubKonfigurationen. Zunn einen konnten die im Vordergrund stehenden, unterstutzenden Serviceaufgaben von einer strategischen Geschaftseinheit in der Philosophie einer ,moderaten' Variante des Kernbereichs als .Dienstleistungszentrum' erbracht werden. Zum anderen wurden die erganzenden Kontrollaufgaben des Kernbereichs (weiterhin) durch eine strategische Geschaftseinheit in der ,extremen' Variante des Kernbereichs als ,traditionelle Verwaltungsstelle' wahrgenomnnen werden (Abbildung 6-15). Beide Optionen werden kurz vorgestellt.^^''
107
Stellenweise wird eine dritte Option darin gesehen, einen Zentralbereich mit paralieler Service- und Steuerungsfunktion organisatorisch ganzlich zu trennen und stattdessen zwei separate Zentralbereiche zu etablieren (Kreisel 1995, 8. 187f.). Von dieser Losung wird hier aufgrund des derivativen Charakters der Kontrollfunktion Abstand genommen. Es ist zu vermuten, dass die Trennung der quartaren von der tertiaren Leistungsebene des Beschwerdemanagements mit zusatzlichen Koordinations- und Transaktionskosten einliergehen wurde, die diese Restrukturierungsoption als wenig sinnvoll erscheinen lassen. Ferner gilt es diesbezuglich auch zu bedenken, dass die Mehrheit der Beschwerdemanagement-Bereiche die entsprechende Grofte (im Sinne der dort tatigen Mitarbeiter) fur eine sinnvolle Aufspaltung nicht erreicht (siehe hierzu die Erkenntnisse von Stauss/Schoier (2003, S. 124)).
260 Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
Option 1 Kembereichsmodell
Wettbewerbsmodell
Subkonfiguration 1
Option 2
, Kembereichsmodell
^
Dienstleistungszentrum (moderate Variante des Kembereichs) Subkonfiguration 2 1 Venvaltungsstelle (extreme Variante des Kembereichs)
Abb. 6-15: Handlungsoptionen im Lichte der Kritik an Kernbereichen; Quelle: Eigene Abbildung basierend auf den Ausfuhrungen von Frese/von Werder (1993, S. 39f.) undKreisel(1995, S. 121ff.).
Die mit der ersten Option angestrebte Erzeugung eines Marktdrucks fur den Kernbereich Beschwerdemanagement beruiit grundsatzlich darauf, dass die erbrachten Dienste weitgehend auf externen Markten beziehbar sind und resultiert aus den folgenden Facetten des Wettbewerbsmodells (Kreisel 1995, S. 125f.; Reckenfelderbaumer 2001, S. 82; Schafmeister1998, S. 61): •
Die marktiiche Wettbewerbssituation wird durch eine konsequente Verrechnung (zu Marktpreisen) der zentral erbrachten Serviceleistungen kreiert und der Zentralbereich durch den damit (theoretisch) moglichen Preis-Leistungs-Vergleich in unmittelbare Konkurrenz mit externen Leistungsanbietern gesetzt.
•
Das Wettbewerbsmodell sieht hinsichtlich der angebotenen, internen Dienstleistungen eine faktische Freiheit der Geschaftsbereiche zur Beschaffung der Serviceleistung am (unternehmens-) externen Markt vor.
•
Eine Konkurrenzsituation entsteht fallweise und in Abhangigkeit der fokalen Aufgabenstellung aus Sicht des Zentralbereichs auch dann.
Identifikation strategischer Geschaftsfelder: Funktionale Analyse
261
wenn die Geschaftsbereiche statt die Funktionserfullung an unternehmensexterne Dienstleister zu vergeben, diese autonom, d.h. in iiirem eigenen Bereich, ubernehmen konnen. Auch diese Freiheit raumt das Wettbewerbsmodell den Geschaftsbereichen ein. Die Kritiker der Kernbereiche fordern, in erster Linie Unterstutzungsdienstleistungen, die prinzipiell auf unternehnnensexternen Markten zu beziehen sind, nach diesem Wettbewerbsmodell zu erbringen. Konsequenterweise wurde dies bedeuten, die Abhilfefunktion, die Interne Infornnations-, Impuls- und Bildungsfunktionen des Beschwerdennanagennents auf Basis der eben beschriebenen Regularien zur Disposition zu stellen. Allerdings ist bei diesem Ansatz zu bedenken, dass zunachst spezifische Voraussetzungen fur den betreffenden Zentralbereich zu schaffen sind, damit eine Vergleichbarkeit mit externen Dienstleistern faktisch gegeben ist. Prinzipiell ist davon auszugehen, dass externen Anbietern das voile Spektrum unternehmerischer Freiheit zur Verfugung steht, um die eigene Wettbewerbsfahigkeit zu gewahrleisten (z.B. in den Bereichen MarketingMix, Einkauf, Personal, etc.) (Reckenfelderbaumer 2001, S. 334). Eine adaquate Befugnis zu unabhangigem unternehmerischen Denken und Handein erhalten interne Dienstleister nicht zwangslaufig in gleichem Ausmafi. Reckenfelderbaumer (2001, S. 337) urteilt gar: „lm Normalfall findet sich eine derart weitreichende Ausstattung zentraler Dlenstleistungsbereiche mit Rechten und Pflichten (...) in der Praxis nicht." Dies konnte fur die zweite Reorganisationsoptlon, die Modifikation des traditionellen Kernbereichs in zwei Sub-Konfigurationen, sprechen. Die zweite Alternative zur Neuausrichtung des Kernbereichs bedeutet, innerhalb des Beschwerdemanagements zwei strategische Geschaftseinheiten vorzusehen, die als moderate bzw. extreme Sub-Konfiguration auf die Wahrnehmung ihrer jeweiligen Aufgabenstellungen ausgerichtet werden (analog Frese/von Werder 1993, S. 39f.; Kreisel 1995, S. 125ff.).
262
Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
•
Die moderate Kernbereichs-Subkonfiguration sieht einen ausgepragten Informations- und Know-How-Austausch des Zentralbereichs mit seinen internen Nachfragern auf Gesamtunternehmens- aber vor allem auf Geschaftsbereichsebene vor. Entscheidungen des Kernbereichs beruhen desiiaib sowohl auf dessen eigener Perspektive als auch auf den Kenntnissen und Informationen der Geschaftsbereiciie (Frese/von Werder 1993, S. 40). Diese Subeinheit des Kernbereichs wird in der Piiilosophie eines Dienstleistungszentrums betrieben und strebt danach, die Leistungserbringung starker an den Bedurfnissen der internen Kunden zu orientieren (Kreisel 1995, S. 123). GieiciiwohJ wird der Kernbereich aucii iiier marktaiinJichen Bedingungen ausgesetzt, z.B. indem Geschaftsbereichen das Recht eingeraumt wird, ihren Bedarf (schrittweise und in Grenzen) eigenstandig festzulegen und diesen an den Zentraibereicii zu kommunizieren bzw. mitunter auch unternehmensexterne Dienstleistungsanbieter als VergleichsmaBstab heranziehen zu konnen. Anknupfungspunkte fur diese Art des Kernbereichs waren die sekundaren und tertiaren Unterstutzungsdienste des Beschwerdemanagements.
•
Die extreme Subkonfiguration des Kernbereichs, die auch als Verwaltungskonfiguration bezeichnet wird (Kreisel 1995, S. 123), impliziert dagegen eine geringere organisatorische Kommunikationsstruktur zwischen dem zentralen Kernbereich und den Geschaftsbereichen. Diese Subeinheit des Kernbereichs entscheidet in hohem Malie autonom auf Basis der ihr verfugbaren Informationen und Kenntnisse (Frese/von Werder 1993, S. 39). Es geht ,Verwaltungseinheiten' weniger darum, den Erwartungen der Geschaftsbereiche gerecht zu werden, als vielmehr darum, sich an den Interessen des Gesamtunternehmens bzw. der Unternehmensleitung auszurichten (Kreisel 1995, S. 123). Denkbar ware diese Kernbereichsvariante fur die Kontrolldienstleistungen des Beschwerdemanagements.
Identifikation strategischer Geschaftsfelder: Funktionale Analyse
263
Eine generelle Entscheidung fur eine der beiden Optionen lasst sich hier fur das Beschwerdemanagement (noch) nicht treffen, da eine solchermaG>en vorzunehmende Re-Konfiguration des Beschwerdemanagements auch und nicht zuletzt von den Rahnnenbedingungen abhangt, die die Untemehmensleitung den Zentralbereichen vorgibt. Diese Erkenntnis fijhrt die Diskussion zu einem weiteren wichtigen Analyseaspekt. Denn so berechtigt die angefuhrten Kritikpunkte und die daraus abgeleiteten Handlungsnotwendigkeiten sind, so regelmafiig wird ubersehen, dass im Rahmen der strategischen Neuausrichtung der Zentralbereiche die Kompetenzspielraume zweier unterschiedJiciner Gestaltungsebenen angesprociien sind. 6.3.3.3
Differenzierung zweier strategischer Gestaltungsebenen
Hinsichtlich der eingeforderten Markt- und Wettbewerbsorientierung traditioneller Kernbereiche sind zwei durch ein Uber- bzw. Unterordnungsverlialtnis gekennzeichnete Ebenen zu unterscheiden, auf denen strategische Entscheidungen fur die Neuausrichtung zentraler Dienstleistungsbereiche getroffen werden konnen (Reckenfelderbaumer 2001, S. 309ff.; Suhr 2002, S. 12). Sowohl auf der Ebene der Unternehnnensleitung (6.3.3.3.1) als auch der Bereichsleitung Beschwerdemanagement (6.3.3.3.2), sind entsprechende, freilich unterschiedliche Entscheidungskompetenzen im Sinne der Behebung der Defizite zu nutzen. 6.3.3.3.1
Gestaltungsebene der Untemehmensleitung
Die Gestaltungsebene der Untemehmensleitung ist der des Zentralbereichs Beschwerdemanagement hierarchisch ubergeordnet, da interne, zentrale Dienstleistungsbereiche letztlich als „Auftragshandelnde der Untemehmensleitung" agieren (Reckenfelderbaumer 2001, S. 311). Auf diese Entscheidungsebene hat das Beschwerdemanagement nur einen (sehr) begrenzten Einfluss, ist aber potenziell, wie grundsatzlich jeder zentrale Dienstleistungsbereich, von den auf Untemehmensebene ge-
264 Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
fallten Entscheidungen unmittelbar betroffen. Die Relevanz dieser Entscheidungsinhalte ergibt sich nicht nur, weil sie „die Identitat und das Selbstverstandnis" interner Dienstleistungsanbieter maBgeblich beeinflussen (Suhr 2002, S. 97), sondern die hinsichtlich der intemen Dienstleistungsbereiche gefassten Beschlusse des Top-Managements auch den (strategischen) Handlungsspielraum der Bereichsleitung Bescliwerdemanagements determinieren. Wie Suhr (2002, S. 56) anhand ihrer empirischen Untersuchung deutscher GroRunternehmen belegt, sind die folgenden Entscheidungsinhalte im Hinblick auf Zentralbereiche der Unternehmensleitung vorbehalten: •
Das Top-Management entscheidet uber das Steuerungskonzept, unter dessen MalJgabe der Zentralbereich agiert, wobei sich die Bandbreite denkbarer Steuerungsgrolien von Budgetvorgaben bis zum Gewinn des fokalen Dienstleisters erstreckt.
•
Uber die Ausgestaltung interner Markte determiniert die Unternehmensleitung die Kooperations- und Kommunikationsformen zwischen intemen Dienstleistern und deren Nachfragern.
•
SchlieUlich kommt der Unternehmensleitung auch die Wahl der Organisationsform interner Dienstleistungsbereiche zu.
Da die Unternehmensleitung durch diese Entscheidungen den strategischen Rahmen fur die Bereichsleitung Beschwerdemanagement vorgibt, tragt sie Mitverantwortung fur das Potenzial des Beschwerdemanagements zur Erarbeitung von Wettbewerbsvorteilen fur die Gesamtunternehmung. Das Top-Management ist daher aufgefordert, internen Dienstleistern adaquate Moglichkeiten einzuraumen, damit diese ihren Beitrag zur Wettbewerbsfahigkeit des Gesamtunternehmens zu optimieren in der Lage sind.
Identifikation strategischer Geschaftsfelder: Funktionale Analyse
6.3.3.3.2
265
Gestaltungsebene der Zentralbereichsleitung Beschwerdemanagement
Auf der zweiten Gestaltungsebene trifft die Zentralbereichsleitung selbst Entscheidungen uber die strategische Ausrichtung des Beschwerdennanagennents. Wenngleich die ohnehin vergleichsweise wenigen Untersuchungen zu Zentralbereichen diese Gestaltungsebene des Managements haufig ausblenden (Reckenfelderbaumer 2001, S. 361), stellt gerade sie den primaren Einfluss- und Handlungsspielraunn aus Sicht des Beschwerdennanagements dar. Folglich werden sich die weiteren Ausfuhrungen der vorliegenden Arbeit in erster Linie auf diese Entscheidungsebene inn Verstandnis eines faktisch von der Zentralbereichsleitung zu gestaltenden Aktionsraums konzentrieren (im Gegensatz zu den als vorgegeben angenommenen Entscheidungen durch die Unternehnnensleitung). Diesen ihnen eingeraunnten Handlungsrahmen gilt es aus Sicht der Zentralbereichsmanager zu erschliefien, urn ihre (teilweise umstrittene) Existenzberechtigung zu belegen und ihren Fortbestand besonders im Lichte alternativer Formen der Bedarfsdeckung zu sichern. Reckenfelderbaumer (2001, S. 313) mahnt Zentralbereichsleitungen daher an, ihr Leistungsangebot dazu zu nutzen, sich gegenuber (potenziellen) Substituten bzw. Konkurrenten einen „internen Wettbewerbsvorteil" zu erarbeiten. Diesen strategischen Handlungsspielraum der Zentralbereichsleitungen konkretisiert Suhr (2002, S. 153ff.) anhand ihrer Studie. Der UntersuChung zufolge, raumt das Top-Management in deutschen GrofJunternehmen den Zentralbereichsmanagern die folgenden, strategisch relevanten Entscheidungskompetenzen ein: •
Die Unternehmensleitung kann im Zuge der Entscheidung uber die unternehmensinterne Marktkonfiguration teilweise erheblichen Wettbewerbsdruck auf interne Dienstleistungsbereiche erzeugen. Dabei bleibt den Zentralbereichen jedoch die Entscheidung darijber uberlassen, anhand welcher Wettbewerbsstrategien sie sich in diesem quasi-marktiichen Umfeld zu positionieren streben.
266 Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
•
Eng verknupft damit ist die Entscheidungskompetenz uber die Ausgestaltung des Leistungsprogramms zentraler, interner Dienstleister.^°«
Es werden gerade diese beiden strategischen Gestaltungsfelder se\n, die Wettbewerbsstrategie und die Konfiguration des Leistungsprogramms, die im Zentrum der weiteren Strategieformulierung fur den Zentralbereich Beschwerdemanagement stehen. Zuvor aber ergibt sich aus der Differenzierung der beiden Gestaltungsebenen fur das Beschwerdemanagement ein letzter Analyseschritt zur Bestimmung der eigenen Ist-Situation: Die Reflexion der von der Unternehmensleitung bevorzugten Steuerungsund Marktform, als die Rahmenbedingungen, innerhalb derer der zentrale DIenstleistungsbereich Beschwerdemanagement aktuell agiert.^°^
6.4 Analyse der unternehmensinternen Steuerungsformen und Marktkonstellationen als Rahmenbedingungen des zentralen Dienstleisters Beschwerdemanagement Einem Zentralbereich stehen nur sehr geringe Moglichkeiten zur Verfugung, Entscheidungen der Unternehmensleitung zu revidieren bzw. zu verandern. Daher sind die oben identifizierten, dem Top-Management 108
Das Leistungsprogramm beschreibt den Gesamtumfang des Angebots eines Dienstleistungsanbieters und kann demnach als die Summe aller dem Kunden angebotenen Leistungen begriffen werden (Meyer/Dullinger 1998, S. 713). 109
Auf eine Betrachtung des dritten Gestaltungsspielraumes des Top-Managements, der Organisationsform des Zentralbereichs, sei verzichtet, da diese ijber das Konzept der Zentralbereiche abgedeckt wurde.
Analyse der unternehmensinternen Steuerungsformen und Marktkonstellationen
267
vorbehaltenen Entscheidungsinhalte uber Steuerungsform und interne Marktkonstellation weitest gehend als Rahmenvorgaben bzw. Auspragung einer spezifischen unternehmensinternen Aufgabenumweit des Beschwerdemanagements zu betrachten. Die in den zwei folgenden Abschnitten besprochenen Analyseinhalte bilden damit einen weiteren Baustein zur Bestimmung der strategischen Ausgangssituation des Beschwerdemanagements als ,Quasi-Unternehmen im Unternehmen' und eine wichtige Voraussetzung zur Ableitung maRgeschneiderter Strategieoptionen fur den Zentralbereich Beschwerdemanagement. Abschnitt 6.4.1 widmet sich den auf den Center-Konzepten beruhenden Steuerungsformen und Abschnitt 6.4.2 eriautert die damit eng verwobenen internen Marktkonfigurationen des Beschwerdemanagements. 6.4.1
Analyse der Steuerungsformen des Beschwerdemanagements als interner Dienstleister
Aus Sicht der Unternehmensleitung ist die Schaffung eindeutiger Verantwortungsbereiche in Form von Zentraleinheiten nur ein erster Schritt zur Steuerung interner Dienstleistungsbereiche. Gleichzeitig ist die Definition abgestimmter Erfolgskriterien zur Beurteilung von Effektivitat und Effizienz der Aufgabenerfullung in hierarchisch nachgelagerten Dienstleistungsbereichen eine wichtige Voraussetzung fur die zielorientierte Entscheidungsfindung und Verhaltenssteuerung der Teileinheiten des Gesamtunternehmens (Lehmann 2002, S. 85). Dies trifft auf zentrale Dienstleistungseinheiten in besonderem Mafie zu, da diese von ihren jeweiligen Bereichsleitungen haufig nur wenig professionell gefuhrt und kontrolliert werden (Suhr 2002, S. 114). Als zusatzliche Herausforderung sind die fur die Dienstleistungsproduktion vergleichsweise hohen Personalkostenanteile und gleichzeitig niedrigen Rationalisierungspotenziale interner Dienstleistungsbereiche zu betrachten (ebd.). SchlieRlich ist der bereits mehrfach diskutierte Aspekt zu bedenken, dass einem Groliteil zentraler Dienstleistungsbereiche, insbesondere den Kernbereichen, ohnehin eine mangelnde Kosten- und Kundenorientierung unterstellt wird
268 Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
(ReifJ/Schuster 1998, S. 1301; Suhr 2002, S. 115). Konsequenterweise wird gefordert, Zentralbereiche anhand ihres messbaren Beitrags zum Unternehmenserfolg zu beurteilen. Damit rucken die so genannten Center-Konzeptionen zunehmend in den Mittelpunkt des interesses. Ausgangspunkt der Center-ldee ist die Verknupfung von Organisationsstruktur und Bewertung des Erfolgsbeitrags, die zu so genannten ,Responsibility Centers' der Unternelimung fuhrt (Leiimann 2002, S. 86). Ein Responsbility Center wird definiert als „(...) a part, segment, or subunit of an organization whose manager is accountable for specific sets of activities" (Horngren et al. 2001, S. 194). Kernidee der Responsibility Center ist, dass ein Bereich nur diejenigen Ergebnisse zu verantworten hat, deren Entstehung und umfangmaBige Auspragung auf dessen eigene Entscheidungen zuruckzufuhren sind (Lehmann 2002, S. 91). Das Responsibility-Center-Konzept lasst dabei zunachst offen, welche Kriterien zur Beurteilung des Bereichserfoigs herangezogen werden sollen. Denkbar sInd qualitative (z.B. Steigerung der Kundenzufriedenheit Oder der Innovationsfahigkeit) und/oder quantitative BewertungsmafJstabe (z.B. Erreichung wertmafJig erfassbarer ZielgrofJen, Erhohung des Marktanteils Oder Verringerung der Durchlaufzeiten) (Lehmann 2002, S. 86). Eine im Hinblick auf interne Dienstleistungsbereiche viel versprechende Auspragung der Responsibility-Center-Konzeption knupft an die okonomischen Steuerungsgrolien an, die der Leistungsbeurteilung der Zentralbereiche zugrunde gelegt werden (Lehmann 2002, S. 87; Suhr 2002, S. 115). Diese Kategorisierung beinhaltet funf Idealtypen unternehmensinterner Center, die jeweils unterschiedlichen Leistungsbeurteilungsmalistaben unterliegen: (1) Expense Center, (2) Cost Center, (3) Revenue Center, (4) Profit Center und (5) Investment Center.
Analyse der unternehmensinternen Steuerungsformen and Marktkonstellationen
6.4.1.1
269
Center-Konzepte als Steuerungsformen fur interne Dienstleister
Die funf Steuerungsmodelle sollen, systematisiert nach abnehmender Einflussnahme der Unternehmensleitung auf den zentralen Dienstleistungsanbieter, in ihren Grundzugen skizziert werden. AnschlieUend kann eine entsprechende Verortung des Beschwerdennanagements vorgenommen werden. (1) Expense Center: Zentrale Dienstieistungsbereiche werden als Expense Center ausgestaltet, wenn die genaue Definition des gewunschten bereichsbezogenen Leistungsergebnisses nur schwer nnoglich ist oder die Relation zwischen dem vorgegebenem Output und dem benotigten monetar bewerteten Input keinen deterministischen Regein folgt und sich dannit einer detaillierten (Kosten-) Planung entzieht (Lehnnann 2002, S. 90; Schuster 1998, S. 72). Die Bereichsleitung des Expense Centers wird nicht anhand der fur die Bereitstellung eines konkreten Outputs entstandenen Kosten beurteilt; stattdessen wird die Leistungsfahigkeit dieses Dienstleistungsbereichs an der EInhaltung von Budgetvorgaben bemessen (Mosiek 2002, S. 117). Die Leistungsbewertung beruht also nicht auf Kostenbasis, sondern auf der Betrachtung der innerhalb eines fixierten Zeitraumes getatigten Ausgaben (Suhr 2002, S. 115). Aufgrund der nur schwer messbaren und nicht deternninistisch verknupften InputOutput-Relationen werden als erganzende Beurteilungskriterien haufig nicht-monetare, qualitative Groflen (z.B. Qualitatsziele) herangezogen, weshalb die Leistungsbewertung im Falle der Expense Center in hohem Malie einer subjektiven Einschatzung der evaluierenden Instanz unterliegt (Lehmann 2002, S. 90; Suhr 2002, S. 115f.). (2) Cost Center: Haufig werden Dienstieistungsbereiche als Cost Center gefuhrt, well typischerweise eine Erioserzielung durch den fehlenden Zugang zum externen Absatznnarkt unmoglich ist oder von der Unternehmensfuhrung auf eine eriosbasierte Steuerung anhand unterneh-
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Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
mungsinterner Leistungsverrechnung verzichtet wird (Lehmann 2002, S. 88; Mosiek 2002, S. 117). Ein als Cost Center gesteuerter Dienstleistungsbereich kann lediglich seine vanablen Kosten beeinflussen, wahrend der mengenmafJig messbare Leistungs-Output vorgegeben ist (Schuster 1998, S. 72). Im Gegensatz zum Expense Center lasst sich im Cost Center eine deterministische Beziehung zwischen Input und Output herstellen, so dass die Kostenverursachung ins Verhaltnis zu den erbraciiten Leistungen gesetzt und begutachtet werden kann (Mosiek 2002, S. 117). Als zentrale BeurteilungsgrolJe des Cost Centers dient die Kosteneffizienz, als die Differenz zwischen Planund Ist-Kosten, weshalb das Primarziel die Einhaltung des im Rahmen der Kostenplanung ermittelten Kostenbudgets ist (Lehmann 2002, S. 89; Suhr 2002, S. 116). Daher wird die Bereichsleitung regelmadig bestrebt sein, durch eine Minimierung der Verbrauchsmengen die variablen Kosten moglichst niedrig zu halten (Suhr 2002, S. 116f.). Um dabei jedoch zu vermeiden, dass Kosteneinsparungen bzw. Effizienzvorteile zu Lasten der Effektivitat erzielt werden, sind Cost Center auch durch zusatzliche, am Periodenbeginn vereinbarte, Leistungsstandards (z.B. Qualitat des Outputs) zu bewerten (Lehmann 2002, S. 89). (3) Revenue Center: Im Revenue Center werden, im Unterschied zu den Budget-gesteuerten Expense und Cost Centern, monetar bewertete Outputgroflen als Steuerungs- und Beurteilungsinformationen zugrunde gelegt (Lehmann 2002, S. 91; Schuster 1998, S. 72). Revenue Center tragen also Umsatzverantwortung und sehen eine verursachergerechte (interne) Verrechnung der abgesetzten Leistungen vor (Wunderer/von Arx 2002, S. 258). Als zentraler Bewertungsmafistab fur das Revenue Center dient der Umsatzerlos, oder aber der erzielte Deckungsbeitrag, sofern eine freie Preisbildung moglich ist (Suhr 2002, S. 116). Voraussetzung dafur, einen Dienstleistungsbereich als Revenue Center fuhren zu konnen ist, dass „die erbrachten
Analyse der unternehmensinternen Steuerungsformen und Marktkonstellationen
271
Leistungen nach Art, Quantitat und Qualitat klar bestimmt werden konnen" (ebd.). (4) Profit Center: Dem Profit Center wurde als Instrument zur Steuerung arbeitsteiliger AufgabenerfiJllung inn Rahmen der Center-Konzepte die grofite wissenschaftliche Aufmerksamkeit zuteil (Lehmann 2002, S. 92). Profit Center konnen als organisatorische Einheiten verstanden werden, denen Ergebnisverantwortung in Bezug auf den zurechenbaren Bereichsgewinn, als der Differenz der in einer Abrechnungsperiode realisierten Eriose und angefallenen Kosten, ubertragen wird (Schuster 1998, S. 72). Bei gegebenenn Kapitaleinsatz stellt dieses Ergebnis die zentrale Beurteilungsgrofie fur das Profit Center dar (Suhr 2002, S. 116). Da die Leistungen eines Profit Centers typischerweise auch ann unternehmensexternen Markt angeboten werden (Frese 1998, S. 21 If.; Mosiek 2002, S. 119), erfolgt die Vermarktung regelmaflig zu Marktpreisen (Suhr 2002, S. 116). (5) Investment Center: Das Investment Center stellt den hochsten Grad wirtschaftlicher Unabhangigkeit eines Unternehmensbereichs dar und zeichnet sich dadurch aus, dass samtliche Entscheidungen uber betrieblich bedingte Ein- und Auszahlungen unter Einbeziehung von Investitionen im Verantwortungsbereich der Center-Leitung liegen (Schuster 1998, S. 73; Suhr 2002, S. 116f.). „Wahrend fur den Profit Center-Erfolg allein die wahrend einer Abrechnungsperiode anfallenden ,laufenden' Kosten ausschlaggebend sind, werden bei den Investment Centern zur Leistungserbringung - oder allgemeiner, fur Aufbau und Aufrechterhaltung der Leistungsbereitschaft - erforderlichen Investitionen ebenfalls in die Erfolgsermittlung einbezogen" (Lehmann 2002, S. 93). Das bedeutet, dass im Gegensatz zum Profit Center der Kapitaleinsatz nicht mehr vorgegeben, sondern vom Investment Center selbst bestimmbar ist und folglich die Kapitalrendite das wichtigste Kriterium bei der Bewertung des Investment Centers darstellt (Suhr 2002, S. 116).
272 Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
Angesichts dieser funf Idealtypen als VergleichsmaUstab ist die aktuelle Steuerungsform des Beschwerdemanagements zu analysieren. 6.4.1.2
Analyse der Steuerungsform des Beschwerdemanagements im Lichte der Center-Konzepte
Sowohl in der wissenschaftlichen Diskussion als auch in der Unternehmenspraxis mehren sicii seit langerem die Forderungen, zentrale Dienstleistungsbereiche niciit mehr als Expense oder Cost Center, sondern in der Philosophie von Revenue oder Profit Centern zu fuhren (z.B. Allen 1987; Vandermerwe/Gilbert 1989).''^° Auch im Hinblick auf Beschwerdemanagement-Abteilungen wurde diese Anregung bereits stellenweise in der einschlagigen Forschung aufgegriffen (Graf 1990, S. 171f.; Hoffmann 1991; Riemer 1986, S: 205; Stauss/Seidel 2002, S. 526ff.). Im Zentrum der Erorterung stand hierbei das Profit Center-Konzept, das daher zuerst zu betrachten ist. Skeptisch auliert sich Graf (1990, S. 173), die eine Ubertragung des Profit Center-Konzepts auf das Beschwerdemanagement weder fur sinnvoll noch umsetzbar erachtet. Zu einem gegenteiligen Ergebnis kommen Stauss/Seidel (2002, S. 527), die einen besonderen Vortell darin erkennen, dass Beschwerdemanagement als Profit Center „die unternehmerische Relevanz der eigenen Arbeit in der innerbetrieblich wirksamsten Sprache, namlich in ihrem Gewinnbeitrag, zum Ausdruck bringen" konnte. Voraussetzung, so die Autoren, ist allerdings, dass es dem Beschwerdemanagement gelingt, zum einen seinen Gewinnbeitrag zu belegen und zum anderen fur die erbrachten Dienstleistungen eine Leistungsverrechnung erzielen zu konnen (ebd.). Beide Komponenten seien kurz angesprochen.
^^° Fur eine kritische Analyse der Obertragung des Profit Center-Konzepts auf Zentralbereiche siehe Kreisel (1995, S. 246ff.).
Analyse der unternehmensinternen Steuerungsformen and Marktkonstellationen
273
In Bezug auf die Gewinnermittlung des Beschwerdemanagements entwickein Stauss/Seidel (2002, S. 329ff.) ein detailliertes KostenNutzen-Controlling. Auf der Kostenseite werden vor allem Kennzahlen in Bezug auf den Gesanntbereich Beschwerdemanagement, die beiden (direkten bzw. indirekten) Teilprozesse sowie die Leistungsverflechtungen des Beschwerdennanagements erarbeitet. Diesen Kosten stehen vier zentrale Nutzendinnensionen gegenuber, die als Einstellungs-, Wiederkauf-, Kommunikations- und Informationsnutzen bezeichnet werden konnen.^^^ An dieser Stelle kann nicht vertieft auf die Kosten-NutzenBemessung eingegangen werden. Wichtiger jedoch als eine Detailbetrachtung ist festzuhalten, dass es Stauss und Seidel uber diese Identifikation relevanter Kostengroflen und die Operationalisierung der zentralen Nutzendimensionen auf konzeptioneller Basis gelingt, den vom Beschwerdemanagement erzielten Gewinn abzuleiten. Allerdings raumen die Autoren ein, dass besondere Herausforderungen bislang noch u.a. darin bestehen, die fur die Implementierung dieses Controlling-Ansatzes erforderliche datentechnische Infrastruktur zu schaffen, die notwendigen Informationen Ciber aktuelle und abgewanderte Kunden zu erheben und diese mit den Umsatz- und Gewinnentwicklungen des Unternehmens zusammenzufuhren sowie die Frage der Zurechenbarkeit einer erfolgreichen Sicherung gefahrdeter Kundenbeziehungen zwischen dem Beschwerdemanagement und anderen Unternehmensbereichen zu beantworten (Stauss/Seidel 2002, S. 528). Hinsichtlich der Verrechnung der erbrachten Dienstleistungen sind der direkte und indirekte Beschwerdemanagementprozess getrennt voneinanderzu betrachten. •
Fijr das direkte Beschwerdemanagement, also die sekundaren Unterstutzungsdienstleistungen, betrachten es Stauss/Seidel (2002, S. Siehe fur eine fruhe Diskussion der Nutzenquantifizierung im Beschwerdemanagement Wimmer (1986) und Goodman et al. (1987 et al.).
274 Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
528) als nur konsequent, die „entstandenen Kosten dem jeweils verursachenden Bereich zu Marktpreisen zu verrechnen", urn so Anreize fur eine kunftige Problemprophylaxe zu schaffen. •
Im indirekten Beschwerdemanagement beziehen sich die Autoren insbesondere auf die Aufgaben der Beschwerdeauswertung und des Beschwerdereportings, raten dabei aber von einer individuellen Bepreisung ab, urn kostenbasierte Nachfragehemmnisse interner Kunden zu vermeiden. Vielmehr empfehlen sie, grundlegende Informationsdienstleistungen im Rahmen der internen Informations- und Impulsfunktion als von anderen Unternehmenseinheiten obligatorlsch nachzufragende Dienstleistungen festzuschreiben und diese als Mindest- bzw. Standardleistungsbundel zu verrechnen (Stauss/Seidel 2002, S. 528).
Sofern beide Voraussetzungen erfullt sind, also die Gewinne nachgewiesen und die internen Dienstleistungen weiterverrechnet werden konnen, fassen Stauss/Seidel (2002, S. 529; Im Orig. teilweise fett) zusammen, „erscheint eine Profit Center-Organisation fur den Bereich Beschwerdemanagement angebracht." Konsequenterwelse gilt es den aktuellen Stand hinsichtlich dieser beiden Grundvoraussetzungen in der Unternehmenspraxis zu analysieren. Einmal mehr dient die empirische Studie nach Stauss/Scholer (2003) als Erkenntnisgrundlage. In Bezug auf die Gewinnermittlung des Beschwerdemanagements ergibt sich sowohl im Bereich der Kosten- als auch der Nutzenanalyse ein erstaunliches Gesamtbild: Erhebliche Defizite zeigen sich bereits In der als vergleichsweise einfach zu bezeichnenden Kostenanalyse im Beschwerdemanagement (Stauss/Scholer 2003, S. 90ff.). Uberraschend ist insbesondere, dass •
mehr als die Halfte der Bereichsleitungen (56%) die Personalkosten nicht bzw. nur unregelmaliig erheben.
Analyse der unternehmensinternen Steuerungsformen und Marktkonstellationen
275
•
58% der Beschwerdemanagement-Bereiche die eigenen Verwaltungskosten nicht kennen und
•
71% der Beschwerdemanagement-Einheiten die Kommunikationskosten niciit analysieren, die im Rahmen der Problemlosung mit dem Kunden anfallen.
•
So muss es als nahezu unumgangliche Konsequenz anmuten, dass 70% der befragten Unternehmen die Kosten pro bearbeiteter Beschwerde nicht zu benennen in der Lage sind.
Ein noch unvollstandigerer Kenntnisstand ist hinsichtlich der Nutzenanalyse zu diagnostizieren: Lediglich der Infornnationsnutzen wird von etwa der Halfte der Unternehmen (52%) bestimmt, wohingegen der Einstellungs-, der Wiederkauf- und der Kommunikationsnutzen in jeweils mindestens 80% der Unternehmen nicht erhoben wird. Diese nur unzureichende Kosten-Nutzen-Ermittlung mundet darin, dass nur knapp 10% aller befragten Unternehmen eine Profitabilitatsanalyse ihres eigenen Beschwerdemanagement-Bereichs durchfuhren, wahrend in nahezu 70% der Beschwerdemanagement-Bereiche uberhaupt keine Erhebung der Profitabilitat stattfindet (Stauss/Scholer 2003. S. 99f.). Zu einem analogen Ergebnis gelangt eine von einer Unternehmensberatung durchgefuhrte Studie zum Beschwerdemanagement in deutschen Unternehmen, die in lediglich 9% der betrachteten Falle eine erfolgreiche und umfassende Kosten-Nutzen-Analyse der Beschwerdemanagement-Bereiche belegen kann (Imagin 2003, S. 35). Damit ist zu konstatieren, dass die Gewinnermittlung im Beschwerdemanagement als Voraussetzung fur die Anwendung des Profit Center-Konzepts als nicht gegeben angesehen werden muss. Ahnlich stellt sich die aktuelle Situation in Bezug auf die - fraglos eng mit der Kostenermittlung verknupften Frage der - Weiterverrechnung der fur die Problemlosung angefallenen Kosten dar. In knapp 60% aller Unternehmungen werden keinerlei Kosten an die Organisationseinheiten wei-
27Q Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
terverrechnet, die die Beschwerde ausgelost haben. Eine nennenswerte Belastung findet lediglich im Falle entstandener Kulanzkosten (ca. 37%) sowie Gewahrleistungskosten (ca. 29%) statt (Stauss/Scholer 2003, S. 96). Wenngleich fur die aus dem indirekten Beschwerdemanagement ableitbaren tertiaren Unterstutzungsdienstleistungen keine empirischen Daten vorliegen, ist aufgrund des sich hier abzeichnenden State-of-theArt davon auszugehen, dass weder eine Erhebung noch eine Verrechnung der entsprechenden Kosten erfolgt. Zusammenfassend ist festzustellen, dass die notwendigen Voraussetzungen fur eine Erfolg versprechende Adaption des Profit Center-Konzepts in Beschwerdemanagement-Bereichen bislang nicht gegeben sind. Vielmehr wird offensichtlich, dass kein Center-Konzept zuganglich ist, das auf der Beurteilung anhand monetarer Erfolgsgroden des Beschwerdemanagements beruiit, neben dem Profit Center also aucii nicht das Revenue Center bzw. das Investment Center. Dies richtet den Analysefokus auf die beiden verbleibenden Center-Konzepte, das Expense bzw. Cost Center. Dm die aktuelle Steuerungsform der Beschwerdemanagement-Bereiche zu bestimmen, ist an den Hinweis von Homburg/Furst (2003, S. 37f.) anzuknupfen, die im Lichte ihrer empirischen Studie zum Beschwerdemanagement In Deutschland die Aufstellung und die „Kontrolle der Elnhaltung des Beschwerdemanagement-Budgets" als eine wichtige Verantwortung der Beschwerdemanagement-Bereichsleltungen identifizieren. Dies konnte auf das Expense Center hinweisen. Gleichwohl raten Homburg und Furst dazu, Plan- und Ist-Kosten gegenuberzustellen und anschlieUend Optlmierungspotenziale abzuleiten, was den Ansatz des Cost Centers nahe legt. Im Lichte der obigen empirischen Daten ist dies Insofern skeptisch zu betrachten, als aufgrund der defizitaren Kostenerfassung zu bezweifein ist, dass die fur das Cost Center vorauszusetzende Plan-lst-Kosten-Analyse uberhaupt (fundiert) durchgefuhrt werden kann.
Analyse der unternehmensinternen Steuerungsformen and Marktkonstellationen
277
Deshalb scheint vielmehr das Expense Center den heutigen Stand der Steuerungsform
fur
Beschwerdemanagement-Bereiche
als
interne
Dienstleister widerzuspiegeln. Freilich ist festzustellen, dass die Bereichsleitungen des Beschwerdemanagements durch ihre nur mafJig ausgebildete Kompetenz zur KostenNutzen-Analyse die Unternehmungsfuhrungen nicht in die Lage versetzen, ein auf monetar bewertbaren Kriterien basierendes Steuerungskonzept zugrunde legen zu konnen. Zwar tolerieren die Unternehmensleitungen bislang diese vergleichsweise unabhangige Steuerungsform fur das Beschwerdemanagement. Angesiciits der besprochenen Kritik an den Zentralbereichen und des Trends zur Marktorientierung interner Dienstleister ist allerdings davon auszugehen, dass sich Beschwerdemanagement zukunftig erhointen Wettbewerbsanforderungen bzw. ansprucinsvoileren Steuerungskonzeptionen gegenuber sehen wird. Daher liegt es nur im Eigeninteresse des Beschwerdemanagements, die informatorischen Grundlagen dafur zu schaffen, grundsatzlich alternative Center-Konzepte erwagen zu konnen. Dieser Verantwortung wird das Beschwerdemanagement in der Mehrheit der Unternehmen bislang nicht gerecht. Im Sinne einer stufenweisen Weiterentwicklung ist daher von den Bereichsleitungen zu fordern, in einem ersten Schritt die Voraussetzungen fur das Konzept des Cost Centers zu schaffen und eine exakte Kostenerfassung zu gewahrleisten, die wiederum eine Plan-lst-KostenRechnung eriaubt. Neben den Center-Konzepten verfugt die Unternehmensleitung uber einen zweiten Stellhebel, um den Wettbewerbsdruck auf Zentralbereiche zu variieren. Es geht um die Frage der marktiichen Plattform, auf der der Dienstleistungsaustausch innerhalb der Unternehmung basiert. Dies fuhrt zum Konzept interner Markte und deren motivationaler Effekte auf interne Dienstleistungsanbieter.
21Q Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
6.4.2
Analyse und Reflexion der unternehmensinternen Marktkonstellation des Beschwerdemanagements
Aufgrund der in Bezug auf interne Dienstleistungsbereiche geaufierten Kritik wird in der jungeren Literatur das Konzept interner Markte als vie! versprechendes Instrument im Sinne einer gesteigerten Wettbewerbsorientierung der Leistungserbringung propagiert (Mills/Ungson 2001, S. 253).^^^ In zunehmendem Mafie entschlieden sich Unternehmensleltungen daher fur den Verzicht auf Hierarchie bzw. Planungsstrukturen und Ziehen es stattdessen vor, interne Dienstleister nnit Marktmechanismen innerhalb des Unternehmens zu konfrontieren. Unn seine unternehmensinterne Aufgabenumwelt richtig einschatzen und dieser bei der spateren Strategiefornnulierung adaquat Rechnung tragen zu konnen, ist die Analyse der eigenen Marktkonstellation fur das Beschwerdennanagement, insbesondere angesichts seines kritisierten Kernbereichscharakters, eine unabdingbare Voraussetzung. Dafur wird dieser Abschnitt in zwei Stufen untergliedert. Auf einer ersten Stufe werden unterschiedliche interne Marktkonstellationen im Kontext des Beschwerdemanagements reflektiert und die aktuell vorherrschende Marktkonstellation identifiziert (6.4.2.1). Auf einer zweiten Stufe werden ,fiktive interne Markte' vorgestellt (6.4.2.2). Diese gelten als populares Instrument, um traditionelle Zentralbereiche zunehmendem Markt- und Wettbewerbsdruck auszusetzen und kdnnten daher zukunftig einen moglichen internen Marktmechanismus des Kernbereichs Beschwerdemanagement bilden.
Exemplarisch sei auf Mills/Ungson (2001, S. 253) und deren folgende Feststellung verwiesen: „(...) for emerging contemporary organizations, competitive advantage from internal services is more effectively realized within the concept of what academicians term quasi-internal market structures, heretofore called internal market structures."
Analyse der unternehmensinternen Steuerungsformen and Marktkonstellationen
6.4.2.1
279
Analyse der aktuellen unternehmensinternen Marktkonstellation des Beschwerdemanagements
Die Grundidee interner Markte ist der Versuch, Marktprinzipien in unterschiedlicher Ausgestaltung untemehmensintern einzufuhren und somit marktohentiertes Verhalten zwischen intemen Leistungsanbietem und nachfragern zu etablieren (Frese 1998, S. 194; Suhr 2002, S. 99). Obwohl interne Markte in jungerer Zeit als ein innovatives Instrunnent zur Losung organisatorischer Problennstellungen inn Unternehmen nachdrucklich ennpfohlen werden, steht eine profunde, die „strategische und organisatorische Dimension einbeziehende Auseinandersetzung mit internen Markten (...) noch weitgehend aus" (Frese 1998, S. 196). Eine Annaherung an das Thema wird niciit zuletzt dadurch erschwert, dass in der Literatur keine Einigkeit daruber herrscht, welche Phanomene unter den Terminus ,interner Markt' zu subsumieren sind (Frese 1998, S. 197; Mills/Ungson 2001,8.253). Um angesichts dieser rudimentaren konzeptionellen Basis dennoch eine erste Beschreibung interner Markte vorzulegen, charakterisiert Frese den zentralen Unterschied zwischen externen und internen Markten anhand der (zumindest potenziellen) Einschrankung der Entscheidungs- und Verhandlungsfreiheit der Transaktionspartner durch Arbeits- oder Gesellscinaftsvertrage. Fur Frese (1998, S. 320) verlaufen Transaktionen dann unter der Maligabe eines internen Marktkonzepts, wenn die Entscheidungsautonomie des Anbieters und des Naciifragers „aufgrund arbeitsund gesellschaftiiciier Bindungen durch Planungsaktivitaten hierarchisch ubergeordneter Einheiten beschnitten wird." Als Grundlage einer weiteren Diskussion verfasst Frese (1998, S. 198) folgendes Verstandnis interner Markte: „lnterne Markte sind das Ergebnis einer marktorientierten Gestaltungsphilosophie und lassen sich als eine Kategorie von Organisationsstrukturen interpretieren, die dadurch gekennzeichnet ist, dass bei der
280
Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
Ausrichtung von Einzelentscheidungen auf die ubergeordneten Unternehmungsziele primar auf marktliche Prinzipien abgestellt wird."^^^ Auf Basis dieser Begriffsfassung kann nun eine erste Analyse der unternehmensinternen Transaktionsbasis zwischen dem Beschwerdemanagement und den Geschaftsbereichen als dessen primare interne Nachfrager vorgenommen werden. Zur Strukturierung werden funf unterschiedliche interne Marktformen zwischen den Extremformen des bilateralen Monopols und des Polypols unterschieden (Suhr2002, S. 100ff.): •
Das bilaterale Monopol, von Davis (1992, S. 6) aucii als „internal market monopoly" eingestuft, verpflichtet beide internen Marktseiten aufeinander. Ferner haben weder der Nachfrager noch der Anbieter die Moglichkeit, mit unternehmensexternen Transaktionspartnern zu interagieren.
•
Das unilaterale Monopol raumt, wie die Bezeichnung nahe legt, einer der beiden Marktseiten einen Spielraum hinsichtlich der Auswahl seines Transaktionspartners ein. o
Im Falle des anbieterseitigen unilateralen Monopols steht es dem internen Dienstleister frei, seine Leistung an unternehmensexterne Dritte abzusetzen. Im Gegensatz dazu ist der interne Nachfrager verpflichtet, die Leistung des internen Anbieters in Anspruch zu nehmen.
o
Analog bietet das kundenseitige unilaterale Monopol den internen Nachfragern die Chance, die Leistung eines externen Dienstleistungsanbieters zu beziehen, wobei interne Leistungsanbieter ihre Dienste nicht gegenuber externen Kunden erbringen dtirfen.
113
Fur weitere, inhaltlich ahnlich gelagerte Definitionen interner Markte siehe Lehmann (2002, S. 169) Oder auch Mills/Ungson (2001, 8. 253).
Analyse der unternehmensinternen Steuerungsformen und Marktkonstellationen
281
•
Im Falle eines Oligopols steht beiden internen Marktparteien die Transaktion mit untemehmensextemen Partnern offen, wobei die Auswahlfreiheit der internen Nachfrager jedoch durcii die Unternehmensleitung reglementiert wird. Suiir (2002, S. 101) bezeichnet diese Marktform daher als „besclirankten Wettbewerb", dem sich ein interner Dienstleister ausgesetzt sieht.
•
Das Polypol schliefllich zeichnet sich durcii reinen marktiichen Wettbewerb aus, d.h. beide Seiten unterliegen keinerlei Restriktionen in der Auswahl ihrer Leistungsanbieter bzw. -nachfrager.
Bei der Betrachtung dieser Marktkonstellationen fallt auf, dass insbesondere die Monopolformen das Interaktionsverhaltnis des Beschwerdemanagennents mit den Geschaftsbereichen zu beschreiben scheinen. Diese Vermutung sei im Hinblick auf die drei strategischen Geschaftsfelder des Beschwerdemanagements belegt. Im strategischen Geschaftsfeld der sekundaren Unterstiitzungsdienstleistungen des direkten Beschwerdemanagements scheint das bilaterale Monopol zuzutreffen: Beschwerdemanagement hat keinen Einfluss darauf, fur welche Sparte(n) es die Kundenprobleme losen wird; dies determinieren die Beschwerdefuhrer und damit auch die Geschaftsbereiche im Rahmen ihrer Primarmarktaktivitaten.^^"^ Gleichzeitig besteht fur die Sparten durch die von der Unternehmensleitung getroffene Entscheidung, einen Zentralbereich Beschwerdemanagement im Unternehmen einzurichten, typischerweise ebenfalls keine Moglichkeit zur Interaktion mit untemehmensextemen Beschwerdemanagement-Dienstleis-
114
Eine unternehmensexterne Vermarktung der sekundaren Dienstleistung Beschwerdemanagement an andere Unternehmen wird bislang ebenfalls nicht diskutiert.
282
Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
tern.^^^ Eine Offnung dieses Monopols bleibt dem Top-Management vorbehalten. Eine analoge Argumentation gilt auch im strategischen Geschaftsfeld der sich aus dem direkten Beschwerdemanagement ableitenden tertiaren UnterstiJtzungsdienstleistungen: Die interne Informations- und Impulsfunktion werden weitest gehend auf Initiative des Beschwerdemanagements gegenuber denjenigen Geschaftsbereichen erbracht, die entsprechende Beschwerden ausgelost haben. Zwar steht dem Beschwerdemanagement hierbei offen, diese Leistungen auch an andere unternehmensinterne Nachfrager zu erbringen, aber die Interaktion mit unternehmensexternen Kunden ist bisher nicht vorgesehen. Auch hier scheint es sich in weiten Zugen als eine beidseitig monopolitische Interaktionsstruktur zu handeln. Etwas anders ist die Situation hinsichtlich der Bildungsfunktion zu beurteilen. Hierbei ist durchaus anzunehmen, dass internen Kunden die Moglichkeit offen steht, externe Seminar- und Schulungsangebote mit entsprechendem Inhalt wahrzunehmen. Diesbezuglich ist demnach von einem kundenseitigen unilateralen Monopol auszugehen. Offnet die Unternehmensleitung den externen Markt auch fur das Beschwerdemanagement, entsteht ein Ollgopol fur die Bildungsfunktion des Beschwerdemanagements. Wenn der Leistungsaustausch der quartaren Kontrolldienstleistung uberhaupt anhand einer Marktkonstellation beschrieben werden soil, ist diese als bilaterales Monopol anzusehen, die weder dem Beschwerdemanagement noch dem Geschaftsbereich einen Spielraum hinsichtlich der Transaktionspartner lasst. Die Geschaftsbereiche werden durch ihr eigenes Primarmarktverhalten zum „Empfanger" der Kontrolldienstleis-
^^^ Auf potenziell bestehende Substitutionsgefahren fur das Beschwerdemanagement durch externe Dienstleister wird im Rahmen der Konkurrenzbetrachtung in den Teilen 7 und 8 eingegangen.
Analyse der unternehmensinternen Steuerungsformen und Marktkonstellationen
283
tung des Beschwerdemanagements, die dieses im Auftrag der Unternehmensleitung erbringt. Mit Ausnahme der Bildungsfunktion scheint Beschwerdemanagement auf Quasi-Monopol-Basis seine Dienstleistungen gegenuber den Geschaftsbereichen der Unternehmung zu erbringen. Es ist eben jene Marktstellung, die im Hinblick auf die Kernbereiche als eine zentrale Ursache nnangelnder Qualitats-, Kunden- und Wettbewerbsorientierung kritisiert und als veranderungsbedurftig erkannt wurde. Diese weitgehende Monopolstellung daher als einen Vorteil zu interpretieren, ware verkurzt und wurde ein trugerisches Analyseergebnis uber die Position des Beschwerdennanagements vernnitteln. Vielmehr muss im Rahmen der hier vorgelegten strategischen Analyse reflektiert werden, dass die Unternehmensleitung diese monopolistische Marktsituation im Kontext der oben angesprochenen Reorganisationsbestrebungen in zunehmendem Mafle aufzulosen strebt und eine erhohte Wettbewerbsorientierung forciert. Um die (zumindest mittelfristig zu erwartende) Marktkonstellation der Beschwerdemanagement-Bereiche daher treffender charakterisieren zu konnen, soil das Konzept fiktiver interner Markte erortert werden.^^^ 6.4.2.2
Reflexion zunehmenden Wettbewerbsdrucks fur das Beschwerdemanagement im Kontext fiktiver interner Markte
Wie die obigen Ausfuhrungen zu den Center-Konzepten zeigen, konnen unternehmensinterne Markte in verschiedener Weise bzw. auf Basis unterschiedlicher Allokationsmechanismen ausgestaltet werden. Die Implementierung interner Marktformen ist dabei an verschiedene Voraussetzungen geknupft, beispielsweise die Anwendbarkeit des Profit CenterKonzepts. Wie in Bezug auf die Steuerungsformen gezeigt wurde, sind
Es sei also angemerkt, dass die folgende Reflexion der intemen fiktiven Markte auf einer zu erwartenden Zukunftskonstellation fur das Beschwerdemanagement beruht. Die grundlegende Verantwortung, zukunftige Situationen mittels Antizipation zu reflektieren, wurde in Teil 3 (Kapitel 3.1) allerdings als fundamentales Charakteristikum der Unternehmensplanung beschrieben.
284
Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
diese Rahmenbedingungen im Beschwerdemanagement weitgehend noch nicht geschaffen.^^^ Dennoch stehen der Unternehmensleitung Marktkonzeptionen zur Verfugung, urn auch Cost Center einem hdheren Wettbewerbsdruck auszusetzen. Von besonderer Bedeutung ist das Konzept Jiktiver interne Markte" (Frese 1998, S. 230ff.). Deshalb soil die Anwendbarkeit dieses Marktnnechanismus' im Kontext des internen Dienstleisters Beschwerdemanagement diskutiert werden. Fiktive interne Markte wurden zur Erzeugung von Marktbedingungen in sehr spezifischen internen Dienstleistungsdyaden entworfen. Sie beruhen auf einer Marktfiktion und entfernen sich entsprechend weit von der Referenzgrofie des externen Marktes (Frese 1998, S. 234f.). Unter welchen Regularien ein solchermaflen fiktiver Markt typischerweise etabliert wird, soil kurz umrlssen und an der Situation des Beschwerdemanagements gespiegelt werden. In der Regel beruht die Entscheidung einer Unternehmensleitung fur die Einfuhrung interner Marktstrukturen auf zwei Beweggrunden: (1) Koordination und/oder (2) Motivation der an den internen Transaktionen beteiligten Organisatlonseinheiten (Frese 1998, S. 200). Das Ziel fiktiver interner Markte ist es, auf Basis von zentral festgelegten Verrechnungspreisen interne Kunden-Lieferanten-Bezlehungen ,lediglich' zu simulleren und dadurch ausschlieBlich Motivationseffekte auszulosen (Lehmann 2002, S. 521f.; Roleff 2001, S. 186). Koordinationsziele werden mit diesem Marktmechanismus nicht verfolgt, weshalb Abstimmungs- und Steuerungsaufgaben weiterhin Gegenstand der Planung bleiben und nicht dem Marktmechanismus uberantwortet werden. Diese spezifische Ausrichtung des internen Marktes begrundet dessen Fiktionscharakter.
Deshalb lassen sich einzelne Konzeptionen interner iVIarkte, wie z.B. der Ansatz Jnterner realer MSrkte" (siehe Frese 1998, S. 230ff.) (noch) nicht auf das Beschwerdemanagement beziehen.
Analyse der unternehmensinternen Steuerungsformen und Marktkonstellationen
285
Wie bei anderen internen Marktkonzeptionen bedient sich die Unternehmensleitung also unterschiedlich ausgestalteter interner Verrechnungspreise,^^^ urn auch bei fehlendem Marktzugang die Voraussetzungen fur einen monetaren Erfolgsausweis interner Dienstleistungsbereiche zu schaffen (Lehnnann 2002, S. 521f.). Frese (1998, S. 218) beschreibt die besondere Rolle dieser Verrechnungspreise wie folgt: „Auf fiktiven internen Markten ubernehnnen Verrechnungspreise (...) die Funktion einer Entkopplung von Bereichen, zwischen denen Interdependenzbeziehungen existieren. Das Abstimmungsproblem wird durch alternative (planorientierte) Koordinationsinstrumente gelost. Verrechnungspreise werden lediglich eingefuhrt, unn den Ausweis des Bereichserfoigs auch fur organisatorische Einheiten zu ermoglichen, die den Anwendungsvoraussetzungen des Profit Center-Konzepts nicht in vollenn Unnfang gerecht werden." Die Zeckmadigkeit bzw. die Anwendbarkeit fiktiver interner Markte sieht Frese (1998, S. 230f.) in erster Linie in Marktkonstellationen gegeben, die sich durch die folgenden drei Marktelemente auszeichnen: (1) Die Moglichkeit zur freien Wahl des Transaktionspartners ist erheblich eingeschrankt; (2) das zur Disposition stehende Transaktionsspektrum wird nnafigeblich von planerischen Uberlegungen hierarchisch ubergeordneter Instanzen determiniert und (3) die Ressourcenkompetenz der ,Marktpartner' ist stark beschnitten. Es gilt zu eruieren, inwieweit Beschwerdemanagement diese drei Merkmale aufweist und somit zu einem
118
Die Verrechnungspreise konnen dabei modelltheoretisch sowohl anhand von Marktpreisen als auch uber die anfallenden Kosten (Ist- bzw. Plankosten) als so genannte Kostenpreise festgelegt werden (Frese 1998, 8. 218ff.). Vor dem Hintergrund des bisherigen, oben aufgezeigten Entwicklungsstandes im Kostenmanagement der Beschwerdemanagement-Bereiche wird im Weiteren eine Verrechnung auf Kostenbasis (d.h. ,Kostenpreise') zu unterstellen sein. Zwar kritisiert Lehmann (2002, 8. 89) die Ausgestaltung eines zentralen Dienstleisters als Cost Center insofern, als diese mit den gangigen Vorstellungen einer funktionsfahigen Marktsteuerung konfligieren kann. Der Autor konstatiert aber auch, dass „bereits das Vorhandensein von (kostenorientierten) Verrechnungspreisen als Beleg der Existenz eines internen Marktes gewertet werden" und daher auch ein Cost Center auf Anbieterseite als Element eines marktiichen Regelungsmodells im Unternehmen interpretiert werden kann (ebd.).
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Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
potenziellen Aspiranten avanciert, dessen Dienstleistungserbringung zukunftig auf Basis der Marktfiktion ablaufen konnte. (1) Fiktive interne Markte kommen dort zur Anwendung, wo die Auswahlfreiheit der Transaktionspartner beschrankt ist, d.h. leistungsanbietende und -naciifragende Bereiche zwei Teileinheiten einer Unternehmung sind, die, anders als Akteure auf externen Markten, in der Wahl iiirer Transaktionspartner bestimmten (engen) Vorgaben vorgesetzter Instanzen unterworfen sind. Die Auswahifreiiieit ist im Kontext der Dienstleistungen des Besciiwerdemanagements faktiscii weitgehend beschrankt. o
Bei der sekundaren Unterstutzungsdienstleistung (Abhilfefunktion) besteht weder fur das Beschwerdemanagement noch die Geschaftsbereiciie die Option, den Transaktionspartner frei zu wahlen.
o
Die tertiaren Unterstutzungsdienstleistungen sehen etwas groBere Spielraume vor. Das Beschwerdemanagement kann in Grenzen auswahlen, welche internen Zielgruppen es mit der internen Informationsfunktion bedient, wobei die Primarzielgruppe vom Beschwerdeaufkommen automatisch determiniert wird. Hinsichtlich der Impuls- und Bildungsfunktion ist zwar von grolieren Freiheitsgraden fur das Beschwerdemanagement und die internen Nachfrager auszugehen, diese aber hangen letztlich in hohem Mafle von der situativen Ausgestaltung der beiden Funktionen ab.
o
Bei der quartaren Kontrolldienstleistung (Kontrollfunktion) ist koine Auswahlfreiheit gegeben, da mit der Unternehmensleitung der Auftraggeber und der Zentralbereich Beschwerdemanagement als Lieferant a priori feststehen. Die Geschaftsbereiche stellen den Empfanger dieser Dienstleistung dar und konnen sich der Erbringung nicht verwehren.
Analyse der unternehmensinternen Steuerungsformen und Marktkonstellationen
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(2) Fiktive interne Markte eignen sich ferner zur Erhohung des Wettbewerbsdrucks fur Austauschbeziehungen, in deren Rahmen das Transaktionsspektrum, also die Bandbreite der disponiblen Leistungsnnerknnale und Konditionen der ausgetauschten Guter, inn Vergleich zu externen Marktbedingungen (erheblich) eingeschrankt ist. Verschiedene Leistungsmerknnale und Konditionen sind also nicht Gegenstand von Verhandlungen, sondern werden bereits im Vorfeld durch hierarchische Planungen festgelegt. o
Bei den sekundaren und tertiaren Unterstutzungsdienstleistungen bestehen fur das Beschwerdennanagement und die Geschaftsbereiche bedingte Spielraume zur Vereinbarung der Ausgestaltung der Beschwerdennanagement-Dienstleistungen. Urn die (Mindest-)Effektivitat des Beschwerdemanagements jedoch nicht zu gefahrden, sind im Hinblick auf die Abhilfefunktion, die ja gegenuber den Beschwerdefuhrern zu erbringen ist, und die interne Informationsfunktion die Verhandlungsspielraunne vernnutlich geringer ausgepragt als bei der Impuls- und Bildungsfunktion.
o
Die quartare Kontrolldienstleistung wird fur die Unternehnnensleitung erbracht. Dieser steht es weitest gehend offen, das Leistungsspektrum und die Konditionen des Beschwerdemanagements festzulegen. Die einzige Begrenzung stellt die funktionale Bestimmung des Beschwerdemanagements dar. Umgekehrt hat das Beschwerdemanagement eine bedingte Freiheit, die Kontrollfunktion nach eigenem Ermessen inhaltlich auszugestalten (z.B. welche Analysen durchgefuhrt und welche Kennzahlen erhoben werden). Erneut haben die Geschaftsbereiche als Objektbereich der Kontrollfunktion keinen nennenswerten Einfluss auf das fokale Leistungsspektrum.
(3) Schlielilich empfehlen sich fiktive interne Markte fur Dienstleistungsdyaden, die den Transaktionspartnern nur (sehr) geringe, teilweise
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Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
gar keine Ressourcenkompetenzen einraumen, d.h. keine Entscheidungsspielraume der Transaktionspartner in Bezug auf den Einsatz ihrer Ressourcen vorsehen. o
Die sekundaren Unterstutzungsdienstleistungen sind davon gepragt, dass die Naciifrage nach der Abhilfefunktion maRgeblicii vom Primarmarktverhalten der Geschaftsbereiche (mlt-)determiniert wird. Die Spielraume der Ressourcenverwendung im Beschwerdemanagement werden dadurch erheblicii beschnitten. Da bislang keine Kostenverrechnung fur die Dienste des Besciiwerdemanagements erfolgt, ist die Ressourcenverwendung auf Seiten der Geschaftsbereiclie gering. Das Konzept der fiktiven Markte wurde jedoch (zumindest theoretisch) die Cliance zur Kostenverreciinung fur die erbraclite Abhilfefunktion eroffnen. In diesem Falle wird auch die Ressourcenkompetenz eines Gescliaftsbereichs stark eingeengt, da die Kosten in Abhangigkeit des Beschwerdeaufkommens entstehen. Es bleibt den Sparten nur ein seiir mittelbarer Einfluss auf die Weiterverrechnung. Letztlicii konnen sie nur ilir Primarmarktverhalten in der Weise anpassen, dass weniger Beschwerden ausgelost werden, um so die vom Beschwerdemanagement verrechneten Kosten fur die Abhilfefunktion zu reduzieren. Eben darin wurde ein fundamentaler Wirkungsmechanismus des fiktiven Marktes im direkten Beschwerdemanagement liegen.
o
Im Bereich der tertiaren Unterstutzungsdienstleistungen ist der Spielraum des Beschwerdemanagements fur die interne Informationsfunktion ebenfalls stark beschrankt, da betroffene Bereiche und a priori festgelegte interne Zielgruppen informiert werden mussen. Die Ressourcenkompetenz des Beschwerdemanagements besteht lediglich darin, die Ausgestaltung der Informationsprodukte (z.B. Reports) steuern zu konnen. Eindeutigere
Analyse der unternehmensinternen Steuerungsformen und Marktkonstellationen
289
Freiheitsgrade bestehen fur das Beschwerdemanagement hinsichtlich der Impuls- und Bildungsfunktion, die es vergleichsweise unabhangig ausgestalten kann. Freilich wird der Bedarf auch hier wieder vom Beschwerdeaufkommen induziert. Analog verhalt sich die Nachfrageseite. Die interne Informationsfunktion ist zwangslaufig in Anspruch zu nehmen. Dagegen bestehen bei der Innpuls- und Bildungsfunktion auch fur die Geschaftsbereiche umfassendere Nachfragespielraume bzw. grofiere Einbeziehungsmoglichkeiten in Fragen der Ausgestaltung von Impulsund Bildungsfunktion. o
Beschwerdennanagement hat die quartare Kontrolldienstleistung fur die Unternehnnensleitung zu erbringen. Die Intensitat der Kontrollfunktion bzw. der sich ergebenden Handlungsinnplikationen bestimmt jedoch nicht das Beschwerdemanagement allein, sondern das Primarmarktverhalten der Geschaftsbereiche. Die sehr begrenzte Ressourcenkompetenz liegt daher lediglich darin, den Aufwand fur die Erfullung der Kontrollfunktion variieren zu konnen. Umgekehrt ist auch das Top-Management an bestimmte (fixe) Ressourcenaufwendungen gebunden, wenn es Beschwerdemanagement mit der Kontrollfunktion betraut. Werden die Aufwendungen fur die Kontrollfunktion an die Geschaftsbereiche weiterverrechnet, bleibt diesen keinerlei Einflussmoglichkeit auf ihre Ressourcenverwendung.
Die folgende Abbildung 6-16 wird diese Einstufungen nochmals zusammenfassen und verdeutlichen, dass die Wahl der Transaktionspartner, die Disponibilitat des Transaktionsspektrums und auch die Ressourcenkompetenz des Beschwerdemanagements (mitunter) deutlich beschrankt und damit die Voraussetzungen in hohem Malie gegeben sind, die Frese an die Einfuhrung fiktiver interner Markte knupft. Dabei zeichnen sich insbesondere die Abhilfefunktion, die interne Informationsfunktion und die
290
Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
Kontrollfunktion durch eine ausgepragte Erfullung der Voraussetzungen fur interne fiktive Markte aus. Die Impulsfunktion und die Bildungsfunktion weisen insofern weniger stark ausgepragte Rahmenbedingungen eines fiktiven Marktes auf, als sie aufgrund ihrer vergleichsweise groUeren Spielraume naher am Referenzmodell realer interner Markte verortet werden konn(t)en. Der Anwendung motivationsfordernder Verrechnungspreise steht dies freiiicii in keiner Weise entgegen.
Sekundare Unterstutzungsdienstleistung Abhilfefunktion
1
Wahl der Transaktionspartner
BM
Int. Informationsfunktion
e
BM
©
GB
Impulsfunktion
€
• •
GB UL
Transaktionsspektrum
Tertiare UnterstUtzungsdienstleistung
€ €
Quartare Steuerungsdienstleistung
Bildungsfunktion
€ €
Kontrollfunktion
en • •
€ •
UL BM Ressourcenkompetenz
€
GB
(^
Nicht bes ;hranli t
^T^ Kaum beschran ct
•
€
UL fl| ^ ^
j Bedingt beschrankt Weitgehend beschrankt
n v Beschrankt
BM = Beschwerdemanagement GB = Geschaftsbereiche UL = Untemehmensleitung
Abb. 6-16: Analyse der Voraussetzungen des Beschwerdemanagements zur Anwendung des Konzepts fiktiver interner Markte; Quelle: Eigene Abbildung.
Insgesamt scheint es fur die Zentralbereichsleitung angesichts der zunehmenden Bemuhungen des Top-Managements, interne Wettbewerbsbedingungen kreieren zu wollen, unumganglich zu sein, sich auf die Implementierung der hier vorgestellten fiktiven Marktkonfiguration (oder aim-
Analyse der unternehmensinternen Steuerungsformen and Marktkonstellationen
291
licher interner Marktmodelle) vorbereiten zu mussen. Besonders dringender Handlungsbedarf ergibt sich hinsichtlich der insuffizienten Kostenermittlung des Beschwerdemanagements, da in vielen Unternehmen bislang kaum (verlassliche) Verrechnungspreise auf Kostenbasis gebildet werden konnten. Diese Forderung steht im Einklang mit der oben postulierten Weiterentwicklung des Beschwerdemanagements zum Cost Center. Ferner ist die Bereichsleitung Beschwerdemanagement aber auch gefordert, sich uber die von der Unternehmensleitung angestrebten Motivationsmechanismen fiktiver Markte und die sich daraus ableitenden Konsequenzen fur das Beschwerdemanagement detailliert bewusst zu sein. Dieser Aspekt sol! abschiieliend angesprochen werden. Aus Sicht der Unternehmensleitung lassen sich in der Ausgangssituationen des Kernbereichs Beschwerdemanagement uber fiktive interne Markte zwei unterschiedliche Motivationswirkungen erzielen: Zum einen wird das Top-Management Druck hinsichtlich einer effizienten Ressourcenverwendung ausuben und/oder der Bereichsleitung Beschwerdemanagement zum anderen eine Autonomieillusion vermittein (analog Frese1998, S. 235). •
Der erste Motivationseffekt fiktiver Markte beruht auf der Erzeugung eines Marktdrucks bzw. der Druckausubung durch die Unternehmensleitung hinsichtlich einer effizienten Ressourcenverwendung im Zentralbereich. Wenngleich Beschwerdemanagement bislang grundsatzlich nicht uber einen Zugang zum Absatzmarkt verfugt, sieht sich die Bereichsleitung uber die vorgesehenen Verrechnungspreise doch einer fingierten Konkurrenzsituation ausgesetzt. Diese Wirkung fiktiver Markte illustriert Frese (1998, S. 235f.) am Beispiel eines Produktionsbereichs: „Durch die Bewertung der Produktionsleistungen zu Marktpreisen abzuglich intern nicht anfallender Verwaltungs- und Vertriebskosten, wird versucht, die Produktion mit dem Leistungsstandard der Konkurrenz zu konfrontieren. Die Veranschaulichung der Leistungsfahigkeit externer Wettbewerber verbunden mit dem
292 Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
Hinweis auf mogliche Konsequenzen fur den Unternehmungsbereich entfaltet unter Umstanden starke Anreize zur Steigerung der Effizienz." Im Lichte externer Dienstleister, die sich auf das betriebliche Beschwerdemanagement spezialisiert haben und angesichts des in jungerer Zeit zu beobachtenden Outsourcing-Trends, ist im Beschwerdemanagement ein grundlegend analoger Effekt zu erwarten. •
Ein zweiter angestrebter Motivationseffekt fiktiver Markte ergibt sich aus der Erzeugung einer Autonomieillusion auf Seiten der Bereichsleitung Beschwerdemanagement, die unternehmerisches Denken und Handein fordern und mittelfristig ggf. sogar den Ausweis eines Bereichserfoigs ermoglichen soil. Damit ist die intrinsische Motivationswirkung fiktiver Markte angesprochen. Intrinsische Motivationseffekte erwachsen aus dem „Gefuhl der Befriedigung uber erbrachte Leistungen und sind vor allem zu erwarten, wenn nach Einschatzung der Betroffenen das Leistungsergebnis von ihnen zu beeinflussen ist" (Frese 1998, S. 201).^^^ Flktive Interne Markte fordern nicht nur die Anpassung interner Dienstleistungen an Kundenbedurfnisse sondern losen bei den eingebundenen Mitarbeitern eine gesteigerte Sinnvermittlung hinsichtlich ihrer Tatigkeit aus (Roleff 2001, S. 186f.). Fur die Mitarbeiter des Zentralbereichs Beschwerdemanagement, der stellenweise eine nur schwache interne Reputation genlefJt (Fornell/Westbrook 1984), konnen diese Effekte von besonderer Bedeutung sein, insbesondere deshalb, well „intrinsische Motivationseffekte innerhalb interner Kunden-Lieferanten-Beziehungen eine groBere Bedeutung bzw. ,Schubkraft' entfalten als extrinsische" (Roleff 2001,8.187). Aus Sicht des Beschwerdemanagements leiten sich aus diesen vom TopManagement angestrebten Motivationseffekten unterschiedliche Konse119
Extrinsische Motivationseffekte werden dagegen durch positive oder negative Anreize des ubergeordneten Managements ausgelost (Frese 1998, 8. 201).
Analyse der unternehmensinternen Steuerungsformen and Marktkonstellationen
293
quenzen ab, die sich insbesondere manifestieren werden in (1) einer Einseitigkeit des Markt- / Leistungsdrucks auf das Beschwerdemanagement als Anbieter, (2) der Integration zusatzlicher, nicht-kostenbasierter Kontrollindikatoren und (3) der Selbstverpflichtung der Unternehmensleitung, die marktlichen Indikatoren zur Leistungsbewertung des Beschwerdemanagements faktisch heranzuziehen (siehe inn Weiteren Frese 1998, S. 236f.). •
Einseitigkeit des Marktdrucks: Wenngleich marktiiche Prinzipien im Idealfall sowohl fur den Leistungsanbieter als auch den Leistungsnachfrager interner Dienste positive Motivationswirkungen entfalten, erzeugen fiktive interne Markte in erster Linie Leistungsdruck auf der Anbieterseite. Aus Sicht der Unternehmensleitung ist dies insofern unproblematisch, als es gerade darum geht, das Beschwerdemanagement angesichts seines Kernbereichscharakters starkerem Wettbewerbsdruck auszusetzen. Dies wird im Falle des Beschwerdemanagements durch die gesteigerte Kostentransparenz und eine Verdeutlichung der potenziellen Substituierbarkeit erreicht. Als Sekundareffekt sind auch bei den Geschaftsbereichen motivierende Wirkungen zu erwarten, vor allem durch die Option, die Unterstutzungsdienstleistungen (z.B. Abhilfe- und interne Informationsfunktion) in unterschiedlichem Mafie zu verrechnen.
•
Integration zusatzlicher Kontrollindikatoren: Wie ausgefuhrt, werden fiktive interne Markte typischerweise in Anbieter-NachfragerKonstellationen implementiert, die sich durch eine hohe Starrheit der Leistungsbeziehungen auszelchnen, in denen das Transaktionsspektrum also nur bedingt Gegenstand marktiicher Aushandlungsprozesse ist. Der Leistungsaustausch wird vielmehr von hierarchisch vorgesetzten Planungsinstanzen bestimmt und die zugrunde gelegten Kontrollindikatoren fokussieren vor allem auf das Kostenverhalten des Beschwerdemanagements. Um zu vermeiden, dass dabei die
294
Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
Bedarfe der internen/externen Kunden und deren Anforderungen an das Beschwerdemanagement (weiterhin) nur eingeschrankt berucksichtigt werden, wird die Unternehmensleitung unter Maflgabe fiktiver Markte weitere aufschlussreiche Informationen uber das Leistungsniveau des Beschwerdemanagements zu erheben suchen. Geeignet sind unter anderem Befragungen zur Zufriedenheit der (internen/externen) Kunden mit den bereitgestellten Leistungen, die „Beobachtung von Konflikten zwisciien den Transaktionspartnern, eine begrenzte Offnung interner Markte fur externe Anbieter (und Naclifrager) zur Eriiohung des Marktdrucks sowie die erganzende Einiiolung von Expertenurteilen. Auf fiktiven internen Markten besitzt das Element der Fremdsteuerung damit ein ahnjicii starkes Gewicht wie die marktilche Steuerung" (Frese 1998, S. 237). •
Selbstverpflichtung der Unternehmensleitung: Ein besonders zentraler Faktor fur die Motivationswirksamkeit fiktiver Markte ist die Nutzung der auf Basis des internen Markthandelns zu beobaciitenden Performance im Raiimen der unternehmerischen Anreizmeciianismen. Es ist zu vermuten, dass sich die blolJe Erzeugung eines diffusen internen Marktdrucks und die Durchfuhrung eines Abrechnungsrituals, das jedoch letztiicli fur die involvierten Bereiclie weltest gehend ohne Konsequenzen bleibt, langfristig nicht mit Aussicht auf Erfolg praktizieren lieRe. Folglich bedarf „unternehmungsintern die ,invisible hand' des Marktes einer Erganzung durch die ,visible hand' des Managements" (Frese 1998, S. 238). Die Unternehmensleitung verpflichtet sich mit der Einrichtung fiktiver Markte also notwendigerweise selbst dazu, gegenuber dem Kernbereich Beschwerdemanagement anhand der Ergebnisse des fiktiven Markthandelns Konsequenzen zu ergreifen, sofern die gewunschten Effizienz- und Effektivitatseffekte im Zeitverlauf ausbleiben sollten. Nicht nur diese hier zuletzt angestellten Uberlegungen zu fiktiven Marktmechanismen, sondern auch die vorher erarbeiteten Erkenntnisse zur
Analyse der unternehmensinternen Steuerungsformen und Marktkonstellationen
295
Steuerungsform lassen vermuten, dass sich die innerbetrieblichen Rahmenbedingungen des zentralen Dienstleistungsbereichs Beschwerdemanagement mittelfristig nachhaltig verandem werden. Sowohl die Weiterentwicklung des Beschwerdemanagements zum Cost Center als auch die Einfuhrung interner fiktiver Markte sind denkbare Herausforderungen fur das Beschwerdemanagement, denn beide Mafinahmen stellen fur die Unternehmensleitung probate Mittel dar, urn den Kernbereich Beschwerdemanagement einem erhohten Marktdruck auszusetzen. Daher sollen nunmehr die Analyseergebnisse der Steuerungsform und der Marktkonstellation des Beschwerdemanagements mit den vorangegangenen Erkenntnisse zusammengefuhrt und abschliefiend deren Implikationen fur die weitere Strategieformulierung aufgezeigt werden.
6.5 Implikationen der Analyse der Ausgangssituation fur die weitere Strategieformulierung Kapitel 6.2 analysierte den funktionalen Aktionsraum des Beschwerdemanagements als Dienstleistung und strukturierte diesen in drei strategische Geschaftsfelder. Kapitel 6.3 widmete sich der institutionalen Dimension des Beschwerdemanagements als Dienstleistungsanbieter und offenbarte anhand des Analyserasters der Zentralbereiche, dass Beschwerdemanagement seine SGF in der Konfiguration eines Kernbereichs bearbeitet. Abschnitt 6.3.3 knijpfte an diese Analyseerkenntnis an und thematisierte die zunehmend kritische Debatte uber diesen Zentralbereichstypus. Als Konsequenz dieser Kritik wird eine strategische Neuausrichtung im Sinne einer intensiveren Markt- und Wettbewerbsorientierung der Kernbereiche gefordert, die freilich genau der von dieser Arbeit verfolgten Strategleinhaltsmaxime eines ,marktorientierten Beschwerdemanagements' entspricht und sich letztlich in zwei zentrale Reorganisationsoptionen transformieren lasst: Zum einen die Umwandlung des Kernbereichs in ein Wettbewerbsmodell (Option 1) oder aber die Etablierung
296 Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
zweier strategischer Geschaftseinheiten innerhalb des Kernbereichs, die als Dienstleistungs- und Verwaltungseinheit operieren (Option 2). Diese Entscheidung kann im Falle des Beschwerdemanagements nicht oiine die Einbindung der Untemehmensleitung getroffen werden. Denn nicht nur die Kernbereiciisleitungen tragen Verantwortung in diesem Prozess der strategischen Neuausrichtung, sondern auch und gerade die Unternehmensleitungen haben eine Veranderung der Rahmenbedingungen vorzunehmen, urn die starkere Marktorientierung zu fordern. In der Entscheidungskompetenz der Untemehmensleitung liegt die hierfur vor allem bedeutsame Frage nach der Steuerungsform und der Ausgestaltung der Marktkonstellation, unter der Beschwerdemanagement als interner Dienstleister agiert. Die diesbezuglichen Uberlegungen legen nahe, dass Unternehmensleitungen im Sinne starkeren Wettbewerbsdrucks Beschwerdemanagement zur Weiterentwicklung zu einem Cost Center auffordern und parallel dazu internen fiktiven Markten aussetzen werden. Auf diese internen Rahmenbedingungen ist die weitere Strategieformulierung auszurichten. Es gilt sich angesichts der zu erwartenden Veranderungen als interner Kernbereich zu positionieren und nun zunachst eine der beiden Reorganisationsoptionen zu wahlen, die in Abschnitt 6.3.3 aufgezeigt wurden: Die weitere Diskussion wird der zweiten Reorganisationsoption folgen. Diese sieht vor, Beschwerdemanagement in eine Dienstleistungs- und eine Verwaltungs-Subkonfiguration zu strukturieren. Fur die Bevorzugung dieser Option sprechen zwei zentrale Argumente: •
Zum einen entspricht diese Re-Konfigurationsoption exakt dem Grundcharakter des Beschwerdemanagements als Unterstutzungsund gleichzeitig Kontrolldienstleistungen anbietender Zentralbereich, wohingegen das Wettbewerbsmodell, wie oben diskutiert (6.3.2.3) mit dem Steuerungscharakter des Beschwerdemanagements unvereinbar ist. Dass die zunehmende Marktorientierung eine Entbindung
Implikationen der Analyse der Ausgangssituation fur die weitere Strategieformulierung 297
des Beschwerdemanagements von seiner Kontrollfunktion mit sich bringt, istjedoch nicht abzusehen. •
Zunn anderen hat die Analyse der Rahnnendingungen (und hier insbesondere der Steuerungsformen und des Kostenmanagements) gezeigt, dass inn Lichte des State-of-the-Art des Beschwerdemanagements in deutschen Unternehmen eine kurzfristige Einfuhrung des Wettbewerbsmodells als kaum Erfolg versprechend einzustufen ist. Wenn an dieser Uberlegung dennoch festgehalten werden soil, so hat die Entwicklung stufenweise zu erfolgen. Eine solche Umgestaltung in mehreren Stufen verlangt jedoch ihrerseits zunachst die Ausbildung der beiden Sub-Konfigurationen, um anschlieliend im Hinblick auf die Dienstleistungszentren die Uberfuhrung in das Wettbewerbsmodell zu uberdenken.
Nachdem strategische Geschaftsfelder als der eigentliche Gegenstand strategischer Entscheidungen definiert wurden, werden sich die weiteren Ausfuhrungen auf die drei identifizierten strategischen Geschaftsfelder des Beschwerdemanagements beziehen. HIerbei wird der oben aufgezeigte strategische Gestaltungsspielraum der Zentralbereichsleitungen auszuschopfen sein, um die geforderten internen Wettbewerbsvorteile fur das Beschwerdemanagement zu erarbeiten. Der Bereichsleitung Beschwerdemanagement stehen hierfur zwei zentrale Stellhebel zur Verfugung (siehe 6.3.3.3.2): •
Zum einen konnen Wettbewerbsstrategien adaptiert werden, um das Beschwerdemanagement als Dienstleister in seinem (zunehmend) marktiichen Umfeld zu positionieren.
•
Zum anderen bietet sich der damit eng verknupfte Aspekt der strategiegeleiteten Ausgestaltung des Leistungsprogramms des Beschwerdemanagements als interner Dienstleister an, um die Wettbewerbspositionierung zu unterstutzen.
298
Analyse der strategischen Ausgangssituation des zentralen Dienstleistungsanbieters
Die weiteren Uberlegungen werden, konzeptionell stimmjg, beide Gestaltungsspielraume der Bereichsleitung Beschwerdemanagement miteinander verkniipfen und im Sinne einer starkeren Markt- und Wettbewerbsorientierung des Kembereichs erschlielien. Teil 7 wird die sekundare Unterstutzungsdienstleistung erortern. Teii 8 diskutiert die Strategieformulierung fur die tertiaren Unterstutzungsdienstleistungen. Teil 9 wird die strategische Ausrichtung im Geschaftsfeld der quartaren Kontrolldienstleistungen des Besciiwerdemanagements erwagen.
7 Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt und Strategieoptionen fur das strategische Geschaftsfeld der sekundaren Unterstutzungsdienstleistung Beschwerdemanagement In den vorangegangenen strategischen Analyseschritten wurde das Beschwerdemanagement als Kernbereich identifiziert, der unzufriedenen Kunden im Auftrag der Unternehmensleitung und zu Gunsten der Geschaftsbereiche eine Sekundardienstleistung anbietet. An dieses Vorverstandnis wird nun angeknupft, urn verfeinerte Analyseschritte durchfuhren und letztlich konkrete Strategieoptionen fur das Beschwerdemanagement entwickein zu konnen. Zunachst ist aufbauend auf den bisherigen Erkenntnlssen das Spannungsfeld des Beschwerdemanagements als Dienstleister gegenuber Unternehmensleitung, Geschaftsbereichen und Beschwerdefuhrern welter zu prazisieren (Kapitel 7.1). Da jedoch die BeschwerdefiJhrer die eigentlichen Empfanger der Sekundardienstleistung darstellen, ist das Verhalten unzufriedener Kunden ein letzter notwendiger Analysebaustein, um die Sekundardienstleistung Beschwerdemanagement marktorientiert ausrichten zu konnen. Deshalb stellt Kapitel 7.2 zentrale Erkenntnisse der Beschwerdeverhaltens- und der Beschwerdezufriedenheitsforschung vor. Daran anknijpfend konnen grundlegende strategische Verhaltensweisen fur das Beschwerdemanagement innerhalb seines spezifischen Aufgabenumfeldes erwogen werden. Hierfur wird Kapitel 7.3 an das theoretische Fundament des Market Based View anknupfen und die generischen Wettbewerbsstrategien der Kostenfuhrerschaft bzw. Differenzierung als die beiden geeigneten Strategieoptionen vorschlagen. Auf dieser Grundlage kann die Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie (Kapitel 7.4) und der Differenzierungsstrategie (Kapitel 7.5) im Zentralbereich
300
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Beschwerdemanagement diskutiert werden. In Kapitel 7.6 wird die Synthese beider Strategieoptionen im Rahmen des Mass CustomizationAnsatzes skizziert. Die vorgestellten Strategiealternativen beinhalten Implikationen fur das Verhalten gegenuber den Konkurrenten des Beschwerdennanagements, die in Kapitel 7.7 betrachtet und diesen Teil der Arbeit abschlieBen werden. Abbildung 7-1 gibt diese Grobstruktur wieder. Fundament zur Erarbeitung von Strategieoptionen 7.1
Spannungsfeld des Beschwerdemanagements im SGF der sekundaren Unterstutzungsdienstleistungen
Forschungserkenntnisse zur Analyse der Beschwerdefuhrer als primare Kunden
Strategieoptionen des Beschwerdemanagements 7.3
7.4
Generische Wettbewerbsstrategien nach Porter als Rahmenkonzept zur Ableitung von Strategieoptionen fur das Beschwerdemanagement I Kostenfuhrerschaftsstrategie als Strategieoption des Beschwerdemanagements
7.5
Differenzierungsstrategie als Strategieoption des Beschwerdemanagements
Skizzierung des Mass Customization-Ansatzes als hybride Strategieoption
7.7
Abb. 7-1:
Konkurrenzanalyse und Implikationen der strategischen Ausrichtimg fiir das konkurrenzgerichtete Marktverhalten des Beschwerdemanagements
Struktur des siebten Teils der Arbeit im Uberblick; Quelle: Eigene Abbildung.
7.1 Spannungsfeld des Beschwerdemanagements als Anbieter einer sekundaren Unterstutzungsdienstleistung im strategischen Geschaftsfeld der sekundaren Unterstutzungsdienstleistung gilt es, das Zusammenspiel der drei zentralen Stakeholder des Beschwerdemanagements, der Unternehmensleitung, der Geschaftsbereiche und der Beschwerdefuhrer, zu betrachten. Da die Existenz des
Spannungsfeld sekundare Unterstutzungsdienstleistungen
301
Zentralbereichs Beschwerdemanagement letztlich von der Untemehmensleitung abhangt, soil diese den Ausgangspunkt bilden. 7.1.1
Unternehmensleitung als Auftrag- und Budgetgeber des Beschwerdemanagements
Die Installation des Zentralbereichs Beschwerdemanagement geht auf eine Praferenzentscheidung des Top-Managements zuruck, das annahmegemaR) die Notwendigkeit erkannt hat, gefahrdete Kundenbeziehungen fur das Unternehmen stabilisieren zu mussen. Trotz anderer Optionen (z.B. rein dezentrales Beschwerdemanagement Oder Beauftragung eines externen Dienstleisters) betrachtet die Unternehmensleitung die Losung, einen eigenstandigen internen Zentralbereich mit dieser Aufgabe zu betrauen, als die attraktivste Alternative. Der Zentralbereich Beschwerdemanagement handelt daher im Auftrag der Unternehmensleitung und im Interesse des Gesamtunternehmens. Neben dieser Rolle als Auftraggeber ist die Unternehmensleitung bislang auch der wichtigste Budgetgeber des Beschwerdemanagements. Die vorangegangene Analyse offenbarte, dass in der betrieblichen Praxis aktuell nahezu keine Verrechnung der Kosten fur die Beschwerdebearbeitung an die die Beschwerden verursachenden Einheiten in den Geschaftsbereichen vorgesehen ist (Stauss/Scholer 2003, S. 96). Daher bleibt es die grundlegende Verantwortung der Unternehmensleitung zum einen Ruckstellungen fur Garantieaufwendungen (bzw. in rechtlich beschranktem Umfang auch Kulanzaufwendungen) vorzusehen und zum anderen ein (Gemeinkosten-) Budget zuzuteilen, aus dem fixe und variable Kosten eines Beschwerdemanagements gedeckt werden konnen (Riemer 1986, S. 204).^^° Die Rolle der Unternehmensleitung als Budgetgeber des Beschwerdemanagements ist daher eine wichtige Komponente im Rahmen der strategischen Planungsuberlegungen. 120
Fur eine detaillierte Aufschlusselung zentraler Kostenarten und deren Verrechnung im Beschwerdemanagement siehe Stauss/Seidel (2002, S. 330ff.).
302
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Allerdings liegen kaum detaillierte Erkenntnisse uber die finanzielle Verhaltnisdimension zwischen Beschwerdemanagement und Unternehmensleitung in der einsciiiagigen Literatur vor. Zhu et al. (2004, S. 496) kommen gar zu der Feststellung: „(...) scholarly research focusing on the financial aspects of service recovery is virtually nonexistent."^^^ Lediglich zwei jungst erschienene Arbeiten (Simons/Kraus 2005; Zhu et al. 2004) thematisieren als erste Beitrage ansatzweise die Kosten des Beschwerdemanagements im Kontext der Finanzstruktur des Gesamtunternehmens, dessen Reprasentant die Unternehmensleitung darstellt. Wenngleich nur am Rande von den jeweiligen Forschern diskutiert, ergeben sich erste Hinweise auf die Ausstattung des Beschwerdemanagements mit einem entsprechenden Budget. Zhu et al. (2004) verstehen Beschwerdemanagement als Akteur in einer strong nach okonomischen Prinzipien handelnden Organisation, der mit der folgenden Aufgabenstellung konfrontiert ist: Auf der einen Seite soil Beschwerdemanagement die Kundenbeziehung fur das Unternehmen sichern; auf der anderen Seite „the firm attempts to minimize the overall recovery expenditure" (Zhu et al. 2004, S. 497). In einer ahnlichen Argumentationslinie sind die Uberlegungen von Simons/Kraus (2005, S. 281) zu verorten. Diese Autoren legen ein okonomisches Optimierungsmodell vor, das u.a. vorsieht, die Beschwerdemanagement-Kosten bei einem als akzeptabel angesehenen Prozentsatz unzufriedener Kunden zu minimieren.^^^
121 Diese Feststellung trifft nach Ansicht des Verfassers tendenziell starker auf die englischsprachige Literatur zu. In der deutschsprachigen Diskussion wurden wenigstens vereinzelt finanzielle Aspekte betrachtet; fur erste Anknupfungspunkte siehe Hoffmann (1991), Stauss/Seidel (2002, S. 329ff.), Stauss/Scholer (2003, S. 99f.) sowie Homburg/Furst (2003, 8. 23f). Richtig ist jedoch, dass auch in diesen Arbeiten Beschwerdennanagement nicht unmittelbar im Kontext der gesamtunternehmerischen Budgetierungssituation betrachtet wird. 122 Allerdings handelt es sich um eine auf der Grundlage okonomischer Theorie abgeleitete Lagrange-Optimierung, die, wie die Autoren selbst feststellen, „would not demonstrate how to design the recovery actions themselves" (Simons/Kraus 2005, S. 288). Daher wird dieses Modell nicht weiterverfolgt.
Spannungsfeld sekundare Unterstutzungsdienstleistungen
303
Die hier zum Ausdruck gebrachten Minimierungsperspektiven legen nahe, dass sich Beschwerdemanagement gegenuber der Unternehmensleitung tendenziell einem Kosten(rechtfertigungs)druck ausgesetzt sieht. Zweifelsohne wird dieser Kostendruck unternehmensindividuell variieren. Anhand der beiden angefuhrten Publikationen aber scheint es berechtigt, der Unternehmensleitung ein streng okonomisches Denkmuster zu unterstellen, anhand dessen sie ihre Erwartungshaltungen gegenuber dem zentralen Dienstleistungsanbieter Beschwerdemanagement ableitet. Wie die einschlagige Literatur zum Management interner Dienstleistungsbereiche zeigt, zieht die Unternehmensleitung hierbei neben den anfallenden Kosten als zweiten Schlusselaspekt die Qualitat der intern erbrachten Dienstleistungen im Vergleich zu unternehmensexternen Dienstleistungsangeboten heran (Reckenfelderbaumer 2001, S. 331ff.; Suhr 2002, S. 174f.). Dies spiegelt sich in den folgenden, typischerwelse im Kontext interner fiktiver Markte formulierten Anforderungen wider (analog Reckenfelderbaumer 2001, S. 332): •
Die Erbringung von Unterstutzungsdienstleistungen, wie dem dlrekten Beschwerdemanagement, soil dem Gebot der Kostengunstigkelt gerecht werden, d.h., die Kosten sollen weitgehend an denjenigen vergleichbarer Dienstleister orientiert sein.
•
Gleichzeitig soil Beschwerdemanagement ein mindestens gleichwertiges Qualitatsniveau erreichen, wie es vergleichbaren Leistungsanbietern gelingt.
Im Lichte dieser Anspruchshaltungen der Unternehmensleitung muss sich Beschwerdemanagement als Anbieter der Sekundardienstleistung ausrichten und Uberlegungen daruber anstellen, mittels welcher strategischer Verhaltensoptionen es diesen Erwartungen der Unternehmensleitung gerecht werden kann. In diese Abwagung gilt es freilich die Rolle der Sparten einzubeziehen.
304
7.1.2
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Geschaftsbereiche als Stakeholder der Sekundardienstleistung Beschwerdemanagement
Neben der Unternehmensleitung ist unternehmensintem auch den Geschaftsbereichen eine Stakeholderrolle zuzuschreiben, die insbesondere im Rahmen der intensiveren Markt- und Wettbewerbsorientierung des Kembereichs von wachsender Relevanz fur das Beschwerdemanagement sein wird. Zunachst ist daran zu erinnern, dass es gerade das in der Wahrnehmung der Kunden unzulangliche Primarmarktgebaren der Sparten ist, aus dem sicii die Naciifrage nacii der Sekundardienstleistung Besciiwerdemanagement ableitet. Es sind also die Kundenbezieiiungen der Sparten, die Beschwerdemanagement stabilisiert. Die Geschaftsbereiche sind daher die eigentlichen Profiteure erfolgreichen Beschwerdemanagements, denn fur sie vermeidet Beschwerdemanagement Kosten und fur sie sichert der Zentralbereich zukunftige Umsatze. Dennoch werden die Geschaftsbereiche bislang kaum direkt bzw. verursachungsgerecht zur Finanzierung des Beschwerdemanagements herangezogen. Mit der prognostizierten Reorganisation des Beschwerdemanagements, also der Mafigabe der Weiterentwicklung zu einem Cost Center und der Etablierung interner fiktiver Markte, konnten die Voraussetzungen dafur geschaffen werden, die Geschaftsbereiche im Zeitverlauf weitgehend in die Rolle eines Auftrag- und Budgetgebers hineinwachsen zu lassen, in die Position also, die bislang der Unternehmensleitung zuzuschreiben ist. Freilich ist den Geschaftsbereichsleitungen ein grundsatzlich gleiches okonomisches Denk- und Verhaltensmuster zu unterstellen, wie es hinsichtlich der Unternehmensleitung zugrunde gelegt wurde. Deshalb ist davon auszugehen, dass die Sparten vom Beschwerdemanagement ebenfalls eine faktische Mehrwertgenerierung im Lichte ihrer Primarmarktaktivitaten einfordern und das Beschwerdemanagement einem intensiven Wettbewerbsvergleich aussetzen werden, sofern sie mit
Spannungsfeld sekundare Unterstutzungsdienstleistungen
305
Verrechnungspreisen belastet werden. Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden demnach auch die Geschaftsbereichsleitungen die Kosten und die Qualitat vergleichbarer Dienstleistungsangebote heranziehen und die Leistungsfahigkeit des Zentraibereichs Beschwerdemanagement daran messen. Festzuhalten bleibt daher, dass sich der zentrale DienstJeister Beschwerdemanagement sowohl in der Wahrnehmung des Top-Managements als auch der Geschaftsbereichsleitungen hinsichtlich der zwei Schlusselgro(ien Kosten und Qualitat als zu praferierende Losung im Vergleich zu anderen Beschwerdemanagement-Optionen zu erweisen hat. Im Kontext des direkten Beschwerdemanagements ist hinsichtlich dieser beiden Bewertungsmafistabe jedoch eine besondere Situation gegeben. Wahrend sich die Kosten des direkten Beschwerdemanagements (theoretisch) relativ prazise erfassen lassen, stellt die Einschatzung der Qualitat ein vergleichsweise komplexes Beurteilungsproblem dar. Stauss/Seidel (2002, S. 294) schlagen hierfur eine Kombination objektiver und subjektiver Qualitatsindikatoren vor. Objektive Qualitatsindikatoren werden vom Management vorgegeben und beurteilen die Giite des direkten Beschwerdemanagements weitgehend unabhangig von der Wahrnehmung der Dienstleistung durch die Betroffenen. Im Gegensatz dazu fokussieren subjektive Qualitatsindikatoren die Zufriedenheit der Betroffenen mit der Dienstleistungserstellung im direkten Beschwerdemanagement. Wie diese Ausfijhrungen andeuten, verdient die Reflexion der ,Betroffenen' des direkten Beschwerdemanagements anscheinend grode Beachtung. Betroffen vom direkten Beschwerdemanagement ist aber weder die Unternehmensleitung noch die Sparten, „Betroffene sind in Bezug auf die Aufgaben des direkten Beschwerdemanagementprozesses die Beschwer-
306
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
defiJhrer" (...) (Stauss/Seidel 2002, S. 295, Herv. im Orig.).''^^ Die Wahrnehmung der Qualitat des Beschwerdemanagements durch die Beschwerdefuhrer bzw. die Erwartungen unzufriedener Kunden an ein Beschwerdemanagement sind damit von fundamentaler Bedeutung fur die strategische Planung des Beschwerdennanagements. 7.1.3
Beschwerdefuhrer als Empfanger der Sekundardienstleistung Beschwerdemanagement
Unzufriedene Kunden eines Unterneiimens stellen die primare Zielgruppe des Beschwerdemanagements dar und sind, so sie ihre Unzufriedenheit in einer Beschwerde artikulieren, Betroffene bzw. Empfanger dieser sekundaren Dienstleistung. Sie sind es, fur die die Abiiiifefunktion in erster Linie erbracht werden soil, damit die Geschaftsbeziehung fur die Geschaftsbereiche nachhaltig stabilisiert werden kann. Da Beschwerdemanagement seine Dienstleistung unmittelbar in der Interaktion mit unzufriedenen Kunden erbringt, ist aus strategischer Planungsperspektive relevant, welche wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Verhalten unzufriedener Kunden vorliegen. Gleichwohl genugt es nicht, das im Bezug auf die Primarleistung herrschende Verstandnis uber Nachfrager und deren Verhalten bzw. Bedurfnisse schlicht fur die Sekundarleistung zu ubernehmen. Beschwerdemanagement sieht sich spezifischen Kundenanforderungen in seinem funktionalen Sekundarmarkt gegenuber, die es dezidiert in einer separaten Analyse zu ergrunden gilt. Unter Ruckgriff auf die reichhaltige Beschwerdeverhaltensforschung sind insbesondere die zwei folgenden Aspekte zu analysieren:
123
Der Vollstandigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass Beschwerdefuhrer nicht nur der Mafistab hinsichtlich der subjektiven Qualitatsindikatoren sind. Vielmehr ist auch bei der Festlegung der objektiven Qualitatsvorgaben durch das Management darauf zu achten, „dass sie an den Erwartungen der Kunden orientiert sind, damit die Prozesse konsequent auf die angestrebte Beschwerdezufriedenheit ausgerichtet werden" (Stauss/Seidel 2002, 8. 295).
Spannungsfeld sekundare Unterstutzungsdienstleistungen
307
•
Zum einen muss Beschwerdemanagement erkennen, dass die Voraussetzung seiner Dienstleistungserstellung die Entscheidung unzufriedener Kunden ist, sich mit einer Beschwerde uberhaupt an das Unternehmen zu wenden, denn auch unzufriedenen Kunden steiit der Ruckgriff auf im weitesten Sinne alternative Dienstleistungsangebote und damit der Verziciit auf die Nachfrage der Abhilfefunktion offen.^^"^ Deshalb ist im Hinblick auf das Beschwerdeartikulationsverhalten zunachst die Frage zu beantworten, was unzufriedene Kunden dazu veranlasst bzw. was sie hindert, sich mit einer Bescinwerde an das Unternehmen zu wenden. Erst nach Beantwortung dieser Frage, lassen sich strategische Optionen zur Steigerung der Beschwerdeartikulation planen.
•
Zum anderen kann eine gefahrdete Geschaftsbeziehung nur dann faktisch stabilisiert werden, wenn der Beschwerdefuhrer mit der unternehmensseitigen Reaktion auf seine Beschwerde zufrieden ist. Die zentrale Schlusselgrofie in diesem Kontext ist daher die Beschwerdezufriedenheit. Daraus leitet sich die Frage ab, welche Erwartungen Beschwerdefuhrer an die unternehmerische Reaktion haben und was ihre Zufriedenheit mit der Sekundardienstleistung Beschwerdemanagement beeinflusst. Nur auf Basis dieser Kenntnis konnen strategische Handlungsoptionen geplant werden, die einer uberlegenen, am Konstrukt der Beschwerdezufriedenheit ausgerichteten, Konfiguration des direkten Beschwerdemanagements dienen.
Die Zusammenschau des hier skizzierten Stakeholdergefuges fijhrt zu einem spezifischen Spannungsfeld, vor dessen Hintergrund die Strategieformulierung des Beschwerdemanagements im strategischen Geschaftsfeld der sekundaren Unterstutzungsdienstleistung zu erfolgen hat.
124
Welche Alternativen unzufriedenen Kunden im Vergleich zum Beschwerdemanagement zur Verfugung stehen, wird im Rahmen der Konkurrenzanalyse (Kapitel 7.7) aufgezeigt.
308
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
7.1.4
Reflexion des spezifischen Spannungsfeldes des Beschwerdemanagements als Dienstleister fur Unternehmensleitung, Geschaftsbereiche und Beschwerdefuhrer
Wie die vorausgegangenen Uberlegungen verdeutlichen, muss der Zentralbereich Beschwerdemanagement die Unternehmensleitung, die Geschaftsbereiche und die Beschwerdefuhrer als Stakeholder in die Bestimmung seiner strategischen Ausrichtung einbeziehen (Abbildung 7-2). Vergleichbare Dienstleistungsangebote
•
4
Unternehmensleitung bzw. Geschaftsbereiche
Unzufriedene Kunden
• Kostenanforderungen • Qualitatsanforderungen
Abb. 7-2:
kx^ryj ^ ^
/
managementX
^ B
• Beschwerdeartikulation • Beschwerdezufriedenheit
Das Spannungsfeld des Beschwerdemanagements als Anbieter einer sekundaren Unterstutzungsdienstleistung; Quelle: Eigene Abbildung.
Unternehmensintern ist zunachst an die Kosten- und Qualitatsvorgaben der Unternehmensleitung und der Geschaftsbereichsleitungen zu denken. Die Erwartungshaltungen beider Stakeholder resultieren nicht zuletzt aus der Gegenuberstellung des betrieblichen Beschwerdemanagements mit dem Kosten- und Qualitatsniveau vergleichbarer Dienstleistungsangebote. Insofern hat sich der Zentralbereich Beschwerdemanagement in diesem Vergleich als die vorteilhaftere Alternative zu enA/eisen und sich in der Wahrnehmung seiner internen Auftrag- und Budgetgeber einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Dafur bietet es sich an, an den vom Management zugrunde gelegten Bewertungskriterien Kosten und Qualitat anzusetzen und diese im Rahmen der Strategieformulierung in unterschiedlicher Weise miteinander zu kombinieren. Auf der anderen Seite stellt die Erfullung der Erwartungen unzufriedener Kunden an das Beschwerdemanagement und die daraus resultierende
Spannungsfeld sekundare Unterstutzungsdienstleistungen
309
Zufriedenheit der Beschwerdefuhrer letztlich das eigentliche Vehikel dar, um die Unternehmens- und Geschaftsbereichsleitungen von der Leistungsfahigkeit, Effektivitat und damit der Vorteilhaftigkeit des Zentralbereichs Beschwerdemanagennent im Vergleich zu alternativen Losungen uberzeugen zu konnen. Unabdingbare Voraussetzung hierfur ist, dass es denn Beschwerdemanagement gelingt, unzufriedene Kunden zur Beschwerdeartikulation gegenuber dem Unternehmen zu nnotivieren und gleichzeitig davon abzuhalten, Dienstleistungsangebote nachzufragen, die aus Sicht unzufriedener Kunden mit dem Beschwerdemanagement vergleichbar erscheinen. Fraglich bleibt, inwieweit die internen oder externen Stakeholder die primare Orientierungsgrofie der strategischen Ausrichtung des Beschwerdemanagements bilden werden. Diesbezuglich wird in der vorliegenden Arbeit davon ausgegangen, dass es dem Dienstleistungsanbieter Beschwerdemanagement nicht moglich ist, sich einzig an den Anforderungen der Beschwerdefuhrer auszurichten. Vielmehr sind deren Erwartungen stets im Kontext der Vorgaben der Unternehmensleitung aber auch vor dem Hintergrund der Anforderungen der Geschaftsbereiche zu sehen. Der Gestaltungsrahmen des direkten Beschwerdemanagements wird sich demnach, so die hier vertretene Auffassung, an den Mafigaben der Unternehmensleitung bzw. der Geschaftsbereiche und an dem zur Verfugung stehenden Budgetspielraum zu orientieren haben. Je nach den Kosten-Qualitats-Praferenzen des Managements auf Unternehmensund Geschaftsbereichsebene gilt es daher, die direkte Beschwerdemanagement-Dienstleistung effektiv zu modellieren. Die Effektivitat der unter strategischen Gesichtspunkten gewahlten Beschwerdemanagement-Konfiguration kann allerdings nur dann sichergestellt werden, wenn sie auf den Erkenntnissen der Beschwerdeverhaltensforschung basiert. Da die Beschwerdefuhrer das eigentliche Vehikel zur strategischen Positionierung gegenuber Unternehmens- und Ge-
310
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
schaftsbereichsleitungen bleiben, ist es unumganglich, die Sekundardienstleistung Beschwerdemanagement auf einer profunden Wissensbasis uber das Verhalten unzufriedener Kunden zu konfigurieren. Das folgende Kapitel 7.2 wird daher in einem letzen Analyseschritt relevante Erkenntnisse der Beschwerdeverhaltens- und Beschwerdezufriedenheitsforschung aufbereiten. Diese ,Kundenverhaltensanalyse' wird die strategischen Steiliiebei identifizieren, die Beschwerdemanagement zur Verfugung steiien, um, im Lichte der Anforderungen seiner internen Stakeholder, eine effektive Sekundardienstleistung ,Abhilfefunktion' anbieten zu konnen.
7.2 Beschwerdeverhaltens- und Beschwerdezufriedenheitsforschung als Grundlage fur die strategische Ausgestaltung der Sekundardienstleistung Beschwerdemanagement Ohne sich mit den Grundlagen des Beschwerdeartikulationsverhaltens unzufriedener Kunden sowie der Entstehung von Beschwerdezufriedenheit zu befassen, kann das direkte Beschwerdemanagement nicht strategieorientiert modelliert werden. Der Chronologie des Beschwerdemanagements folgend wird die Beschwerdeartikulation den Ausgangspunkt bilden (7.2.1), bevor die Forschungserkenntnisse zur Beschwerdezufriedenheit aufgearbeitet werden (7.2.2). 7.2.1
Beschwerdeartikulation als notwendige Voraussetzung zur Erzielung von Beschwerdezufriedenheit
Die Beschwerdeartikulation stellt fur das Beschwerdemanagement die notwendige Voraussetzung dafur dar, die ZweckmaUigkeit seiner Existenz gegenuber Unternehmens- und Spartenleitung nachweisen zu konnen. Die Beschwerdeartikulation ist daher von funktionalstrategischer Relevanz. Diese ist zunachst zu beleuchten (7.2.1.1), um anschlieUend
Beschwerdeverhaltens- und Beschwerdezufriedenheitsforschung
311
zu ergrunden, warum sich unzufriedene Kunden (nicht) beschweren (7.2.1.2). 7.2.1.1
Strategische Relevanz der Beschwerdeartlkulation
In Teil 2 wurden Beschwerden als von Kunden initiierte bzw. zu initiierende Unzufriedenheitsartikulationen definiert (Graf 1990, S. 32; Wimmer 1985, S. 228). Entscheidet sich ein unzufriedener Kunde aber gegen diese Kommunikation seiner Beschwerde an das Unternehmen, fiihrt dies zu mehreren strategischen Negativeffekten (Stephens/Gwinner 1998, S. 172): •
Zum ersten erhalt das Beschwerdemanagement keine Gelegenheit, den wahrgenonnmenen Schaden des Kunden zu beheben und durch die Wiederherstellung von Kundenzufriedenheit die gestorte Kundenbeziehung (und die zukunftigen Unnsatzpotenziale) zu sichern.
•
Zunn zweiten ist die Entscheidung gegen die Beschwerdeartlkulation auch deshalb von Bedeutung, da sle sich auf das weitere Kundenverhalten auswirkt: "Prior research has found that dissatisfied consumers who chose not to seek redress (I.e. noncomplainers) might instead ,get even' (Folkes 1984) by telling others about their dissatisfaction (...)" (Blodgett/Anderson 2000, S. 322). Somit sind aufgrund negativer Mundkommunikation Imageschaden zu befurchten, die sich negativ auf die bestehende Kundenbasis sowie die Kundenakqulsltionsbemuhungen des Unternehmens auswirken konnen. SchliefJIich entgeht dem Beschwerdemanagement das marktseltlge Feedback, das die Basis einer Evaluation und ggf. Modifikation des bestehenden Leistungsprogramms im Lichte der Kundenerwartungen hatte sein konnen.
•
Vor diesem Hintergrund ist Davidow/Dacin (1997, S. 450) zuzustimmen, die den Verzicht auf eine Beschwerde als eine ,Lose-lose-Situation' bezeichnen: "When consumers do not voice their complaint, an organization
312
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
loses the opportunity to recognize and redress the problem leaving both the consumer and organization dissatisfied." Dieser hier beschriebene nachteilige Impetus auf die Wettbewerbsfahigkeit des Unternehmens wird durch die Forschungsergebnisse uber die Haufigkeit einer solchen Nicht-Artikulation nachhaltig unterstrichen. Wenngleich die Einzelergebnisse variieren, werden regelmadig Prozentwerte von mehr als 50% (Stauss/Seidel 2002, S. 95), 60% (Stephens/Gwinner 1998, S. 172), 80% (Goodman et al. 2000) und stellenweise gar bis zu 90% (Bitner et al. 2000, S. 145) als Quoten derjenigen Kunden erhoben, die ihrer wahrgenommenen Unzufriedenheit gegenuber dem Unternehmen nicht Ausdruck verleihen und stattdessen entweder abwandern, negative Mundkommunikation betreiben oder sogar beides (Stephens/Gwinner 1998, S. 172). Konsequenterweise unterstreicht die einschlagige Forschung im Lichte dieser Erkenntnisse bereits fruh die Notwendigkeit, Beschwerden proaktiv stimulieren zu mussen (Fornell/Wernerfelt 1987, 1988). Diese Problemlage ist nun aus funktionalstrategischer Sicht des Sekundardienstleisters Beschwerdemanagement zu interpretieren: •
Ausgangspunkt der Interpretation aus funktionalem Blickwinkel ist, dass sich Beschwerdemanagement als Anbieter eines Dienstleistungsbundels versteht, dessen Kern die Abhilfefunktion darstellt. Als Marktgegenseite, also potenzielle Nachfrager dieser Dienstleistung, ist die Summe aller unzufriedenen Kunden des fokalen Unternehmens anzusehen.
•
Als faktische Nachfrageentscheidung ist die Beschwerdeartikulation eines unzufriedenen Kunden dem Unternehmen gegenuber aufzufassen, die somit als Analogon zur klassischen Kaufentscheidung eines Kunden in einem Primarmarkt zu betrachten ist.
•
Non-Voicing unzufriedener Kunden ist demnach als ein Nicht-Konsum des Dienstleistungsangebots des Beschwerdemanagements zu
Beschwerdeverhaltens- und Beschwerdezufriedenheitsforschung
313
interpretieren. Vor dem Hintergrund dessen, dass die von der Unternehmensleitung an das Beschwerdemanagement delegierte Aufgabenstellung eine ,Nachfragequote bzw. Marktabdeckung' von (theoretisch bzw. optimalerweise) 100% impliziert, sind die bisherigen Artikulationsquoten offensichtlich steigerungsbedurftig.^^^ Nochmals verstarkt wird diese Forderung einer zu steigernden Nachfrage angesichts der Auswirkungen eines Non-Voicing auf die weiteren Wertschopfungsstufen des zentralen Dienstleistungsbereichs Beschwerdemanagement: Ohne eine erfolgreiche Erfullung der Kanalisierungs- und Zugangsfunktion konnen, wie eben erwahnt, die sekundaren und tertiaren Dienstleistungen des Beschwerdemanagements nicht erbracht und damit die strategischen Potenziale fur Kundenbeziehungs- und Qualitatsmanagement nicht erschlossen werden. Ein Beschwerdemanagement-Bereich, der sich als interner Dienstleister versteht, hat damit keinen Zugang zu den Produktionsfaktoren, die das Fundament eines erheblichen Toils seines derivativen, internen Leistungsangebots bilden. Die unzufriedenen Kunden sind aus dieser Sicht als eine besondere Form eines „Beschaffungsmarktes fur kritisches Kundenfeedback" des internen Dienstleisters Beschwerdemanagement zu interpretieren, auf dem es eine moglichst hohe Marktabdeckung anzustreben gilt. Die oben zitierten geringen Beschwerdeartikulationsquoten untermauern die Forderung, die Gesamtheit unzufriedener Kunden eines Unternehmens als die primare Zielgruppe des Sekundardienstleisters Beschwerdemanagement auffassen, und unter wettbewerbstrategischen Gesichtspunkten, im Interesse des Zentralbereichs und des Gesamtunternehmens, bearbeiten bzw. Nachfrage nach der eigenen Dienstleistung .Abhilfefunktion' stimulieren zu mussen.
125
Freilich ist eine Artikulationsquote von 100% unter Effizienzgesichtspunkten faktisch kaum eine reaiistische Zielgrofle. Die zitierten (Niciit-) Artikulationsquoten sciieinen jedocii deutiicii suboptimai bzw. nicht akzeptabel zu sein.
314
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Urn geeignete Ansatzpunkte einer Nachfragestimulierung bestimmen zu konnen, sollten aus marktbasierter Perspektive Einsichten uber die Entscheidung des (Nicht-) Beschwerdeverhaltens unzufriedener Kunden die Grundlage der strategischen Uberlegungen im Beschwerdemanagement sein. Hierfur stellt die Beschwerdeverhaltensforschung den wesentlichen Erkenntnisraum dar. 7.2.1.2
Erkenntnisse der Beschwerdeverhaltensforschung zur Beschwerdeartikulation und deren Determinanten
Die Beschwerdeverhaltensforschung liefert dem Beschwerdemanagement unerlassliche Erkenntnisse uber das Beschwerdeverhalten als das ,beobachtbare Nachfrage- bzw. Beschaffungsmuster' unzufriedener Kunden. Aus Anbleterperspektive ist es wichtig zu wissen, welche Einflussgroflen die Nachfrage nach der Sekundardienstleistung Beschwerdemanagement bestimmen. Ausgangspunkt fur die verhaltenswissenschaftliche Analyse der Beschwerdeentscheidung ist jedoch die kundenseitig wahrgenommene Unzufriedenheit mit der Primarleistung des Unternehmens, denn diese ist die Voraussetzung dafur, dass der Kunde die Handlungsmoglichkelt einer Beschwerde uberhaupt in Erwagung zieht. Die Entstehung von Unzufriedenheit wird mit der herrschenden Forschungsmeinung uber das so genannte Confirmation-DisconfirmationParadigma (C/D-Paradigma) erklart (Homburg/Stock 2003, S. 20ff.; Oliver 1997, S. 99; Stauss 1999, S. 6; Stauss/Seidel 2003, S. 156). Dieses beschreibt einen Soll-lst-Abgleich der Erwartungshaltung eines Kunden mit seiner tatsachlichen Konsumerfahrung. Unzufriedenheit entsteht nach dem C/D-Paradigma, sofern die kundenseitigen Erwartungen an die betriebliche Leistung vom Unternehmen nicht erfullt werden. In einer verfeinerten Modellbetrachtung gilt es das Konzept der so genannten Toleranzzone zu berucksichtigen. Dieses besagt, dass die Erfullung der Erwartungen nicht zwangslaufig zur Zufriedenheit eines Kunden fuhrt. Vielmehr sei davon auszugehen, dass Konsumenten ein gewunschtes Ideal-
Beschwerdeverhaltens- und Beschwerdezufriedenheitsforschung
315
niveau und ein ,noch akzeptables' Leistungsniveau unterscheiden. Zwischen diesen beiden Erwartungsebenen liegt die Toleranzzone der Kundenzufriedenheit. Erfulit die Marktieistung zwar die akzeptierte Leistungserwartung, aber nicht die gewunschte Idealleistung, so resultiert daraus Indifferenz bzw. eine nur maflig ausgepragte Zufriedenheit auf Seiten des Kunden. Wird das akzeptable Leistungslevel sogar noch unterschritten, so wird der Kunde mit der Leistungsinanspruchnahme unzufrieden sein (Stauss/Seidel 2002, S. 57). Die so entstandene Kundenunzufriedenheit stellt die Plattform der Beschwerdeverhaltensdiskussion dar. Beschwerdeverhalten kann vereinfacht verstanden werden als „an attempt of the customer to change an unsatisfactory situation" (Fornell/Wernerfelt 1987, S. 339) oder als „a set of consumer dissatisfaction responses" (Crie 2003, S. 60). Von grundlegender Bedeutung fur die Beschwerdeverhaltensforschung sind die Uberlegungen Hirschmans (1970), der mit Loyalty (Loyalitat), Exit (Abwanderung) und Voice (Widerspruch) die drei generellen Verhaltensalternativen eines unzufriedenen Konsumenten gegenuber einer Unternehmung identifiziert: •
Die kundenseitige Inaktivitat trotz Unzufriedenheit beschreibt die von Hirschman als Loyalitat bezeichnete Verhaltensalternative. Obgleich ein Konsument unzufrieden ist, verhalt er sich passiv und setzt seine Nachfrage nach den Leistungen des Unternehmens fort. Alternativ zur Inaktivitat verfugen Kunden mit Exit und/oder Voice uber zwei aktive, korrektive Feedbackmoglichkeiten, um dem Management des betreffenden Unternehmens gegenuber ihre Unzufriedenheit zum Ausdruckzu bringen.
•
Exit ist als primar okonomisches Verhalten aufzufassen, das als zeitweiser oder endgultiger Konsumverzicht hinsichtlich einer Unternehmung bzw. deren einzelner Leistungen verstanden wird (Crie 2003, S. 61; Graf 1990, S. 42). Der Exit-Mechanismus vertraut darauf, dass
316
•
Verfeinerte Analyst der Aufgabenumwelt
erfolgreiche Unternehmen vom Regulativ marktiicher Wettbewerbskrafte genotigt werden, auf Kundenabwanderungen durch eine Verbesserung der fokalen Unternehmensleistung zu reagieren (Hirschman1970, S. 21ff.). Im Gegensatz dazu gilt Voice als „a constructive response witii an expectation of change in an organisation's practices, policies and responses" (Crie 2003, S. 61). Voice beschreibt die Unzufriedenheltskommunikation unmittelbar gegenuber Marktpartnern, dem sozialen Umfeld (Freunden, Verwandten und Bekannten) oder relevanten Drittinstitutionen (Graf 1990, S. 42). Die Beschwerdeartikulation 1st als primar politisches Phanomen zu verstehen, mittels dessen Beschwerdefuhrer die Veranderung unternehmerischen Verhaltens oder aktuell angebotener Leistungen und eine Wiedergutmachung fur die vom Unternehmen verursachte Unzufriedenheit anstreben (Fornell/Wernerfelt 1987, S. 339; Hirschman 1970, S. 15).
Hirschmans Uberlegungen zum Widerspruch (Voice) wurden in den Folgejahren Im Rahmen der Erforschung des Beschwerdeverhaltens erheblich ausdifferenziert (Davidow/Dacin 1997; Day 1984; Richins 1980; Stephens 2000; Valle/Walendorf 1977). Eine bedeutende Modifikation nehmen Day/Landon (1977, S. 425ff.) mit der Unterscheidung in ,private' und ,offentliche' Aktionen vor. Als private Handlungen werden zum einen der Konsumboykott (z.B. einzelner Produkte, Marken, Einkaufsstatten oder Herstellerunternehmen) sowie zum anderen die negative Mundkommunikation (word-of-mouth = wom) im sozialen Umfeld gruppiert. Als offentliche Aktionen bezeichnen Day und Landon die Beschwerdefuhrung gegenuber dem betroffenen Unternehmen, die Einschaltung spezifischer Drittinstitutionen und die Einleitung rechtlicher Schritte. In Abbildung 7-3 sind die erwahnten Verhaltensalternativen unzufriedener Kunden in einem systematisierenden Uberblick dargestellt.
Beschwerdeverhaltens- und Beschwerdezufriedenheitsforschung
317
Mangel der Leistung erkannt (Kundenunzufriedenheit)
Keine Aktivitat (Loyalty)
r
Offentliche Aktivitat
Private Aktivitat
, Kaufverlagerung/ -verzicht (Exit)
Abb. 7-3:
Privatkommunikation (Voice/negatives worn)
Beschwerde bei Untemehmen (Voice)
Beschwerde bei Drittinstitution (z.B. Verbraucherverband) (Voice)
Klage (Voice)
Systematisierung der Verhaltensaltemativen unzufriedener Kunden; Quelle: In Aniehnung an Kuhlmann (1990, S. 204f.); modifiziert nach Day et al. (1981, S. 88) und Crie (2003, S. 63).
Im Zuge weiterer Forschungsbemuhungen entstanden verschiedene Ansatze, die die Verhaltensformen unzufriedener Kunden nochmals detaillierter auffachern und die Entscheidungsprozesse fur bzw. gegen die jeweiligen Alternativen analysieren.^^^ Im Rahnnen dieser Forschungen hat es sich bewahrt, die Abwagung eines unzufriedenen Kunden zwischen den Verhaltensaltemativen als nnehrstufigen, sequenziellen Entscheidungsprozess in Analogie eines Entscheidungsbaumes zu betrachten (Blodgett et al. 1993; Blodgett/Anderson 2000, S. 322; Day et al. 1981, S. 93). An dieser Stelle kann die umfangreiche Forschung zum Beschwerdeverhalten nicht in all ihren Facetten gewurdigt werden.^^^ Vielmehr soil dieser kurze Uberblick ausreichen, unn nun direkt den von unzufriedenen Kunden zu durchlaufenden Entscheidungsfindungspro126
127
Besonderer Stellenwert kommt dabei der von Singh (1988) vorgelegten Beschwerdeverhaltens-Taxonomie zu, die mittlerweile als die in der Wissenschaft am breitesten akzeptierte Klassifikation des Beschwerdeverhaltens angesehen werden kann (Boote 1998, S. 140; Davidow/Dacin 1997, S. 451; Prakash 1991; Slama/Williams 1991). Fur weiterfuhrende Betrachtungen zum Beschwerdeverhalten siehe z.B. ausfuhrlich Crie (2003) oder in einem Uberblick Kolodinsky (1995, S. 31 ff.) sowie Stephens (2000, S. 288ff.).
318
Verfeinerte Analyse der A ufgabenumwelt
zess fur oder gegen die Beschwerdeartikulation und die liierfur primar relevanten EinflussgrolJen zu untersuciien. Aniiand der empirisciien Forschung, die sich der Beschwerdefuhrung gewidmet hat, identifizieren Stauss/Seidel (2002, S. 63ff.) die folgenden sechs zentralen Determinanten des Beschwerdeartikulationsverhaltens: (1) WaJirgenommene Besciiwerdekosten, (2) erwarteter Bescliwerdenutzen, (3) Produkt- bzw. Leistungsmerkmale, (4) Problemmerkmale sowie (5) personenspezifische und (6) situationsspezifische Merkmale. Die erste EinflussgroRe stellen die vom Kunden wahrgenommenen Beschwerdekosten, also die Kosten fur die Inanspruclinahme der Abhilfefunktion, dar. Der Begriff der Beschwerdekosten wird in der einschlagigen, primar konzeptionellen Literatur unterschiedlich gefasst.^^® Tax/Chandrashekaran (1992, S. 57) unterscineiden drei Arten von Besciiwerdekosten: Zeitliche, finanzielle und psycliisclie Besciiwerdekosten. Diese sind vom Beschwerdefuhrer als Vorleistung und in der Regel unwiederbringlich aufzuwenden. Im besten Falle konnen sie sich lediglich als Erfahrungswissen in zukunftigen Beschwerdefallen des Kunden ,auszahlen' (Crie 2003, S. 72). Die Literatur orientiert sich in weiten Teilen nach wie vor an diesen drei Kostenarten. Allerdings werden Modifikationen und Weiterentwicklungen prasentiert, die insbesondere darauf abzielen, die verschiedenen Beschwerdekostendimensionen zu einer Betrachtung des vom Beschwerdefuhrer in Kauf zu nehmenden Aufwands (Effort) zusammenzufuhren. Jungst legt Huppertz (2003) mit dem "Effort Model" ein entsprechendes auf den bisherigen Forschungserkenntnissen 128
Crie (2003, 8. 72) berucksichtigt beispielsweise, dass die Beschwerdefuhrung zeitlichen und emotionalen Aufwand erfordert, "thus generating a mixture of different types of costs, e.g. opportunity cost of the elapsed time, deliberation costs, transportation costs." Davidow/Leigh (1998, 8. 92) sprechen von „all of the consumer's financial and psychological costs." 8tauss/8eidel (2002, 8. 66) klassifizieren in materielle (finanzieller Aufwand) und immaterielle Kosten (argerliche Auseinandersetzungen) der Beschwerde. Weitere Verstandnisse bieten z.B. Firnstahl (1989) und Goodwin/Ross (1990, 1992).
Beschwerdeverhaltens- und Beschwerdezufriedenheitsforschung
319
beruhendes Gesamtkonzept vor, das Effort als das Aggregat der unterschiedlichen Beschwerdekosten versteht. Gleichwohl verzichtet Huppertz darauf, die Effort zugrunde liegenden Kostendimensionen zu definieren. Daher soil unter Ruckgriff auf die drei oben genannten Kostenarten Beschwerdeaufwand als die Summe der in der Wahrnehmung des Beschwerdefuhrers entstehenden zeitlichen, finanziell/monetaren und psychischen Beschwerdekosten verstanden werden.^^^ Huppertz' Kernerkenntnisse bestatigen weitest gehend die bereits in der Literatur vertretene Auffassung, dass die Wahrscheinlichkelt der Beschwerdeartikulatlon steigt, je geringer der von einenn unzufriedenen Kunden dabei zu erbringende Beschwerdeaufwand ist. Der wahrgenonnnnene Beschwerdeaufwand wird vom unzufriedenen Kunden im Rahmen einer Kosten-Nutzen-Abwagung im Lichte des potenziell aus der Beschwerdefuhrung resultierenden Beschwerdenutzens reflektiert. Die zweite zentrale Determinante des Beschwerdeartikulationsverhaltens ist deshalb der erwartete Beschwerdenutzen. Dieser richtet sich jedoch stark nach der jeweiligen subjektiven Nutzenpraferenz eines unzufriedenen Kunden. Der Beschwerdenutzen kann ebenso in der konkreten Behebung eines Problems bestehen, wie auch darin, als unzufriedener Kunde die Chance zur Mitteilung der Problemwahrnehnnung bzw. zur Aufierung der Verargerung gegenuber der Unternehmung erhalten zu haben (Nyer 2000, S. 10f.; Stauss 2004, S. 80f.). Als quasi-institutionalisierte Fornn des wahrgenonnmenen Beschwerdenutzens konnen beispielsweise unternehmensseitige Garantien angesehen werden (Kashyap 2001). Hier wird unzufriedenen Kunden ein bestimmtes Beschwerdenutzenniveau z.B. hinsichtllch einer Geld-Ruckzahlung im Beschwerdefall
129
Hier wird also ein weites, pragmatisches Verstandnis von Beschwerdekosten vorgeschlagen, wie es Rosenberger (2000, 8. 352) analog fur die monetaren, zeitlichen und psychischen Konsumkosten von (allgemeinen) Dienstleistungsnachfragern vorstellt.
320
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
zugesichert (Stauss/Seidel 2002, S. 116).''^° Je hoher der Nutzen einer Beschwerdefuhrung eingeschatzt wird, umso eher wird ein unzufriedener Kunde sich fur diese Option entscheiden. Eine dritte EinflussgroRe der Beschwerdeartikulation sind die Produktbzw. Leistungsmerkmale, auf die sich die waiirgenommene Unzufriedenheit des Kunden bezieht. Im Mittelpunkt steiit dabei die kundenseitige Relevanz des Konsumereignisses. Daher ist bei fur den Kunden besonders bedeutenden Konsumerfaiirungen (z.B. bei hociipreisigen, prestigetraciitigen Giitern aber aucii im Falle kritisciier emotionaler Erfahrungen wie der Verletzung des Selbstwertgefuhls) von einer eriiohten Besciiwerdeneigung auszugehen (Stauss/Seidel 2002, S. 66). Problemmerkmale spielen insofern eine Rolle, als unzufriedene Kunden die Entscheidung uber die Besciiwerdeartikulation auch vor dem Hintergrund der objektiven Belegbarkeit eines Problems und dessen Ursachenattribution abwagen (Stauss/Seidel 2002, S. 67). Je eindeutiger eine Minderleistung nachzuweisen bzw. je offensichtlicher deren Existenz ist (z.B. Unfreundlichkeit der Mitarbeiter vs. Produktfehlfunktion), umso hoher wird tendenziell die Beschwerdebereitschaft ausfallen. Analog wird ein Kunde, der davon uberzeugt ist, dass (primar) der Leistungsanbieter die Fehlleistung zu vertreten hat, eine grofiere Beschwerdeneigung aufweisen als ein Kunde, der daruber im Zweifel ist. Personenspezifische Merkmale lassen sich grob in die Kategorien der soziodemographischen Merkmale (Alter, Geschlecht und Bildungsgrad), psychographischer Charakteristika (Selbstbewusstsein, bisherige Beschwerdeerfahrung) sowie Verhaltensmerkmale (z.B. generelles Kommunikations- und Interaktionsverhalten) unzufriedener Kunden gruppieren (Stauss/Seidel 2002, S. 68). Stephens (2000, S. 291) fasst wichtige Erkenntnisse der diesbezuglichen Forschung wie folgt zusammen: „A 130
Siehe fur eine ausfuhrliche Diskussion des Beschwerdenutzens Kolodinsky (1995, S. 32f. und die dort angegebene Literatur) Oder Davidow/Dacin (1997, 8. 453).
Beschwerdeverhaltens- and Beschwerdezufriedenheitsforschung
321
fairly consistent finding is that compiainers occupy higher socioeconomic levels in society. Their higher income, education, and social involvement give them the knowledge, confidence, and motivation to speak up when they feel wronged."^^^ Schlielilich beeinflussen situationsspezifische Merkmale, ob ein Kunde sich zur Artikulation seiner Beschwerde entschlieRt. Zu denken ist beispielsweise an den von einem Kunden wahrgenommenen Zeitdruck, oder auch den Einfluss anderer in die Beschwerdesituation involvierter Personen auf das jeweilige Beschwerdeverhalten (Stauss/Seidel 2002, S. 68). Innerhalb dieser Einflussgrofien ist der Beschwerdekosten-Nutzen-Abwagung eine prioritare Bedeutung zuzuschreiben (Huppertz 2003, S. 136). Die Entscheidung eines Kunden, seine wahrgenommene Unzufriedenheit dem betreffenden Unternehmen gegenuber zum Ausdruck zu bringen, ist mit der herrschenden Meinung als "a cognitively driven activity" aufzufassen (Singh/Wilkes 1996, S. 361), wie es bereits Hirschman Liber die okonomische Grundperspektive seines Ursprungsmodells zum Ausdruck brachte. Deshalb geht Crie (2003, S. 71) davon aus, dass "[a]n arbitration is thus achieved between cost and profit of every possible action so as to gain maximum utility." Zu einer Beschwerdeartikulation gegenuber dem Unternehmen wird es also nur dann kommen, „if the payoffs from complaining are worth the effort" (Landon 1977, S. 33), bzw. wenn ein Nettonutzen aus der Beschwerdefuhrung zu erwarten ist. Diese okonomisch-rationale Perspektive belegen Singh/Wilkes (1996, S. 361), wenn sie auf Basis umfangreicher empirischer Studien in Bezug auf die Beschwerdeartikulation in drei unterschiedlichen Dienstleistungsbranchen zu dem Schluss kommen: „Not surprisingly, the key antecedents are the EV judgments (...)", wobei sie mit EV den Erwartungswert (Expected Value) als das Ergebnis der Kosten-Nutzen-Abwagung bezeich131
Erkenntnisse hinsichtlich Alter und Geschlecht variieren, siehe z.B. Kolodinsky (1995, 8. 31f.).
322
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
nen. Auch Davidow/Dacin (1997, S. 451) folgern nach der Durchsicht der einschlagigen Literatur: "(•••) the literature primarily focuses on the role of cost/benefit analyses as driving factors of consumers' decisions to complain, with moderating roles for personality and situational variables (...)." Dieser Zusammenhang ist (vereinfacht) unter Einbeziehung der moderierenden Determinanten in Abbildung 7-4 wiedergegeben.
Monetare Beschwerdekosten +
Zeitliche Beschwerdekosten
+
Psychische Beschwerdekosten Wahrgenommener Beschwerdeaufwand
1
ErwartungsWahmehmungsAbgleich (C/D-Paradigma)
Wahrgenommene •
Unzufriedenheit
Abwagung Beschwerdeaufwand vs. Beschwerdenutzen
•
Entscheidung iiber Beschwerdeartikulation
1
Abb. 7-4:
•
Personenspezifische Merkmale
•
Situative Merkmale
•
Produktmerkmale
•
Problemmerkmale
Vereinfachte Darstellung des Entscheidungsprozesses unzufriedener Kunden zur Beschwerdeartikulation; Quellen: Eigene Abbildung basierend auf Huppertz (2003, 8. 136ff.) und Stauss/Seidel (2002, S. 65ff.).
Im Lichte dieses Wirkungsgefuges gilt es Chancen und Grenzen der Einflussmoglichkeiten durch den Dienstleistungsanbieter Beschwerdemanagement zu eruieren. Hinsichtlich der moderierenden EinflussgrofJen bestehen nur limitierte Spielraume fur das Beschwerdemanagement. Zunachst ist zu konstatieren, dass sowohl personen- wie auch situationsspezifische Merkmale unzufriedener Kunden durch das Unternehmen kaum zu beeinflussen sind. Auch die Beschwerdeverhaltens-bezogenen Effekte der angebotenen Primarleistung (Produktmerkmale) lassen sich nicht kurzfristig bzw. unmittelbar andern. Gleichwohl aber hat sich Beschwerdemanagement mit diesen drei Determinantenkategorien vertraut
Beschwerdeverhaltens- und Beschwerdezufriedenheitsforschung
323
zu machen und die eigene Sekundardienstleistung darauf abzustimmen. Die Problemmerkmale moglichst erst gar nicht (erneut) entstehen zu lassen, ist ohnehin zentrale Aufgabe des Beschwerdemanagements. Da eine vollstandig fehlerfreie Leistungserbringung aber unrealistisch ist, sind die wichtigsten Problemmerkmale anhand der Beschwerdeauswertung zu identifizieren und zukunftig durch eine effektive Beschwerdeinformationsnutzung zu reduzieren bzw. moglichst zu beseitigen. Das vergleichsweise groliere Beeinflussungspotenzial fur das Beschwerdemanagement beinhaltet die Kosten-Nutzen-Abwagung als zentrale Steuergrofie der Beschwerdeartikulation. Zum einen, dies wurde von der Forschung zur Beschwerdestimulierung auf bereits vielfaltige Weise belegt, verfugen Unternehmen uber diverse Instrumentarien, um die zeitlichen, monetaren und psychischen Beschwerdekosten ihrer Kunden zu senken. Demnach liegt es (zumindest teilweise) im Einflussbereich einer Unternehmung, den Beschwerdeaufwand fur Kunden zu reduzieren und die Artikulationsquote so zu steigern. Zum anderen kann auch der erwartete Beschwerdenutzen eines unzufriedenen Kunden direkt vom Unternehmen variiert werden (z.B. durch die Gestaltung der angebotenen Problemlosung). Dieses Zusammenspiel aus Kosten und Nutzen stellt damit einen zentralen Stellhebel fur die beabslchtigte Stimulierung der Beschwerdefuhrer und gleichzeitig einen wichtigen Gestaltungsgegenstand im Rahmen der strategischen Ausrichtung des Dienstleistungsanbieters Beschwerdemanagement dar. An dieser Stelle darf jedoch nicht ubersehen werden, dass die erfolgreiche Beschwerdestimulierung lediglich als ein ,Etappenzier des direkten Beschwerdemanagements anzusehen ist. Die Stabilisierung der Kundenbeziehung und die Minimierung der negativen Effekte der Kundenunzufriedenheit ist regelmaflig nur dann zu realisieren, wenn ein Mindestmafi an Beschwerdezufriedenheit gewahrleistet wird. Der folgende Ab-
324
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
schnitt dient deshalb dazu, ein fundiertes Verstandnis der Beschwerdezufriedenheit als Erfolgsfaktor im Beschwerdemanagement zu vermitteln. 7.2.2
Beschwerdezufriedenheit als zentraler Erfolgsfaktor der Sekundardienstleistung Beschwerdemanagement
Analog zu 7.2.1 soil zunachst die strategische Relevanz der Beschwerdezufriedenheit rekapituliert werden (7.2.2.1), bevor der Entstehungsprozess und die zentralen Determinanten der Beschwerdezufriedenheit eruiert werden (7.2.2.2). 7.2.2.1
Rekapitulation der strategischen Relevanz der Beschwerdezufriedenheit
Die strategische Bedeutung der Beschwerdezufriedenheit wurde bereits in Abschnitt 2.2.2 detailliert gewurdigt. An dieser Stelle werden sich die Ausfuhrungen deshalb auf eine kurze Vergegenwartigung der Wirkungszusamnnenhange beschranken. Wirtz/Mattila (2004, S. 161) stellen fest: „(...) the effects of service recovery dimensions on behavioral responses is entirely mediated by satisfaction, highlighting the critical role of satisfaction in service recovery research." Diese Einschatzung der Autoren grundet sich auf zahlreiche empirische Studlen, die die Beschwerdezufriedenheit als zentrale, mediierende Einflussgrolie auf das zukunftige Verhalten der unzufriedenen Kunden gegenuber dem Unternehmen bestatigen. Im Einzelnen sind damit vor allem die folgenden Effekte angesprochen: •
Beschwerdezufriedenheit dient zur Wiederherstellung ggf. zur Steigerung der Globalzufriedenheit der Beschwerdefuhrer (Hennig-Thurau 1998; Smith/Bolton 1998; Spreng et al. 1995).
•
Beschwerdezufriedenheit wirkt direkt auf die zwei SchlusselgroUen erfolgreichen Kundenbeziehungsmanagements, Vertrauen und Commitment (Tax et al. 1998).
Beschwerdeverhaltens- und Beschwerdezufriedenheitsforschung
•
•
325
Positive Zusammenhange wurden ferner zwischen der Beschwerdezufriedenheit und dem Wiederkaufverhalten nachgewiesen (Goodman et al. 2000; Liu et al. 2000; Miller et al. 2000). Schliefilich ist der positive Zusammenhang zwischen der Beschwerdezufriedenheit und der positiven Mundkommunikation (Weiterempfehlungsverhalten) mehrfach empirisch belegt worden (Blodgett et al. 1997; Goodman et al. 2000; Hoffman/Kelley 2000).
Es ist daher von essenzieller Bedeutung, sich mit dem Konstrukt der Beschwerdezufriedenheit und dessen Determinanten auseinanderzusetzen. SchlieUlich wird es im Rahmen der spateren Strategieformulierung darum gehen, die Sekundardienstleistung Beschwerdemanagement im Lichte der Anforderungen von Unternehmens- und Spartenleitung aber zur Zufriedenheit der Beschwerdefuhrer zu modellieren. HIerfur sind die folgenden Erkenntnisinhalte unverzichtbar. 7.2.2.2
Erkenntnisse der Beschwerdeverhaltensforschung zur Beschwerdezufriedenheit und deren Determinanten
In diesem Unterabschnitt wird ein dreistufiges Vorgehen vorgeschlagen. Zunachst ist zu ergrunden, wie Beschwerdezufriedenheit entsteht (7.2.2.2.1). Anschlieflend wird ein gerechtigkeitstheoretisches Modell vorgestellt, das geeignet ist, erste Ruckschltisse auf die Steuergrofien der Beschwerdezufriedenheit (Beschwerdezufriedenheitstreiber) zu Ziehen (7.2.2.2.2). Schlieftlich wird die Gerechtigkeitstheorle anhand empirischer Ergebnisse der Beschwerdemanagement-Forschung prazisiert, um konkretere Anknupfungspunkte fur eine strategiegeleitete Konfiguration des direkten Beschwerdemanagements zu identifizieren (7.2.2.2.3). 7.2.2.2.7
Erklarungsmodell zur Entstehung der Beschwerdezufriedenheit
Die Entstehung der Beschwerdezufriedenheit wird analog zur generellen Kundenzufriedenheit anhand des C/D-Paradigmas erklart, also uber den
326
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Abgleich von Kundenerwartungen an das Beschwerdemanagement eines Unternehmens mit dem faktisch eriebten Beschwerdemanagementprozess (Estelami 2000, S. 286; Stauss/Seidel 2002, S. 69). Entspricht das wahrgenommene Beschwerdehandling der Erwartungshaltung, entsteht Beschwerdezufriedenheit; falls nicht, wird Beschwerdeunzufriedenheit die Folge sein (Stauss 2003, S. 315f.). Wie bei der generellen Kundenzufriedenheit ist dieser grundlegende Zusammenhang durch eine Beschwerde-bezogene Toleranzzone zu modifizieren. Beschwerdezufriedenheit bildet sich demnach im Spannungsfeld aus einem Optimalniveau („gewunschte Beschwerdeantwort") und einem Minimalniveau („akzeptable Beschwerdeantwort") (Stauss 2003, S. 316f.). Die Beschwerde-Toleranzzone liegt zwischen diesen beiden Grenzlinien. Unterschreitet ein Beschwerdennanagement das Minimalniveau, erzeugt es Beschwerdeunzufriedenheit. Eine Beschwerdereaktion, die in der Wahrnehmung des Kunden in der Toleranzzone einzuordnen ist, wird eine geringe Beschwerdezufriedenheit bzw. eine Indifferenz beim Beschwerdefuhrer hervorrufen. Die Auspragung der entstandenen Beschwerdezufriedenheit bemisst sich letztlich danach, in welchenn AusmafJ das Unternehmen mit seiner Reaktion das MindestenA/artungsniveau ubertroffen und sich dem Level der „gewunschten Beschwerdeantwort" angenahert hat. AuBergewohnlich hohe Beschwerdezufriedenheit, die als Beschwerdebegeisterung zu bezeichnen ist, wird ein Unternehmen jedoch nur erzielen, wenn auch das Erwartungsniveau der gewunschten Beschwerdereaktion noch deutlich ubertroffen wird (Estelami 2000, S. 286; Johnston/Fern 1999; Stauss 2003, S. 317). Dieses Grundmodell der Entstehung von unterschiedlichen Auspragungen der Beschwerdezufriedenheit ist in Abbildung 7-5 dargestellt.
327
Beschwerdeverhaltens- und Beschwerdezufriedenheitsforschung
^ Erwartete 1 V^ Beschwerdeantwort
Gewunschte Beschwerdeantwort
Wahrgerlommene Beschwerdeantwort
^ y
•
/^ BeschwerdeV^ zufriedenheitsniveau Beschwerdebegeisterung
|
(Hohe)
1
^ ^ B
^ 2
4
(Geringe) Beschwerdezufriedenheit bzw. Indifferenz |
J Beschwerdeunzufriedenheit
Abb. 7-5:
\ J
Beschwerdezufriedenheit |
V
Akzeptable Beschwerdeantwort
\ J
|
Vereinfachtes Erklarungsmodell zur Entstehung unterschiedlicher Auspragungen von Beschwerdezufriedenheit; Quelle: In Aniehnung an Stauss/Seidel (2002, S. 70).
Aus Sicht des Beschwerdemanagements ist es von grofler Bedeutung, im Rahmen einer funktionsspezifischen Marktforschung die Erwartungshaltungen der Beschwerdefuhrer an den Umgang mit ihrer Beschwerde zu ergrunden. Ohne ein solches Verstandnis fehit denn Beschwerdemanagement die erforderliche Grundlage, urn die Effektivitat des direkten Beschwerdemanagennentprozesses gewahrleisten zu konnen. Marktforschungsbedarf besteht insbesondere deshalb, weil die fur die Entstehung der Beschwerdezufriedenheit relevanten Beurteilungsaspekte sich von den Einfiussgrolien der Primar(leistungs)zufriedenheit unterscheiden (Richard/Adrian 1995, S. 82). Gleichwohl bzw. gerade deshalb bedarf diese funktionale IVIarktforschung einer theoretisch-konzeptionellen Unterfutterung, an der sie ausgerichtet werden kann. Als fruchtbarer Erklarungsansatz fur die Ergrundung der Beschwerdezufriedenheit hat sIch in der jungeren Forschung die Gerechtigkeitstheorle erwiesen.
328
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
7.2.2.2.2
Gerechtigkeitstheoretische Erkenntnisse uber die zentralen Determinanten der Entstehung von Beschwerdezufriedenheit
Die Gerechtigkeits- bzw. Fairnesstheorie (Justice/Fairness Theory)^^^ hat sich als viel versprechender Forschungsstrang zur Ergrundung der Beschwerdezufriedenheit und deren Einfluss auf das Nach-Beschwerdeverhalten etabliert (Davidow 2003, S. 247). Insbesondere die jungere Literatur spricht ihr eine zunehmende Vorrangsteiiung fur die Konzeptualisierung der kundenseitigen Wahrnehmung von Beschwerdeprozessen zu. Wirtz/Mattila (2004, S. 150f.) unterstreichen daiier: „Justice tiieory appears to be the dominant theoretical framework applied to service recovery (...), and holds that customers evaluate the fairness of service recovery along three factors: outcome, procedural, and interactional fairness (...)." Davidow (2003, S. 247) fugt hinzu: „lf we really want to understand postcomplaint customer behaviour, we must first understand the three justice dimensions." Daher muss sich eine Bereichsleitung Beschwerdemanagement zumindest mit den Grundzugen der Gerechtigkeitstheorie vertraut machen. Die Fairnesstheorie konzeptualisiert die Beschwerde als Konflikt des Kunden mit dem Unternehmen innerhalb dessen Losung der Beschwerdefuhrer die drei erwahnten Bewertungsdimensionen zugrunde legt (Tax etal. 1998, S. 61ff.): •
Die Fairness der gefundenen Problemlosung (Ergebnisgerechtigkeit = Distributive justice),
•
Die Fairness der Vorgehensweisen zur Problemlosung (Verfahrensgerechtigkeit = Procedural justice),
•
Die Fairness im personlichen Umgang bzw. der Interaktion mit dem Beschwerdefuhrer (Interaktionsgerechtigkeit = Interactional justice).
132
Wie von Tax et al. (1998) angeregt, werden die Begriffe Justice Theory und Fairness Theory und deren deutsche Ubersetzungen Gerechtigkeits- und Fairnesstheorie im Weiteren synonym verwendet.
Beschwerdeverhaltens- and Beschwerdezufriedenheitsforschung
329
Distributive Justice: Die Ergebnisgerechtigkeit spricht den Aspekt der Beschwerdereaktion an. Die Reaktionsformen konnen dabei immaterieller Natur sein und ennotionale Beschwerdekosten zu kompensieren suchen, z.B. durch die Entschuldigung eines Unternehmensvertreters. Daneben kann auch eine prinnar materielle Entschadigung erfoigen, beispielsweise in Form einer Ruckzahlung des Kaufpreises, einer kostenlosen Reparatur, einer Wandelung oder eines Gutscheins (Kelley et al. 1993, S. 438f.). Die Beurteilung dieser Reaktionsformen durch den Beschwerdefuhrer erfolgt in Abhangigkeit (1) der bisherigen Beschwerdeerfahrungen des Kunden mit dem fokalen und anderen Unternehmen, (2) seines Wissensstandes uber Beschwerdeerlebnisse anderer Kunden, und (3) des ihm entstandenen bzw. des von ihm empfundenen Schadens (Tax et al. 1998,8.62). Procedural Justice: Die Verfahrensgerechtigkeit betrifft die Fairness, die der Kunde dem Entscheidungs- bzw. Problemlosungsprocedere des Unternehmens zuspricht. Aus Sicht des Kunden kommen hier Facetten wie z.B. die Wahlfreiheit zwischen verschiedenen Entschadigungsformen aber auch die Zeitdauer der Beschwerdebearbeitung zum Tragen. Die Bedeutung der prozeduralen Gerechtigkeitsdimension im Beschwerdemanagementprozess beschreiben Tax et al. (1998, S. 62) wie folgt: „Procedural justice is meaningful because it aims to resolve conflicts in ways that encourage the continuation of a productive relationship between the disputants, even when outcomes are unsatisfactory to one or both parties". Interactional Justice: Die Interaktionsfairness betrifft die personlichen Umgangsformen der Mitarbeiter gegenuber den Beschwerdefuhrern wahrend des gesamten (direkten) Beschwerdemanagements. Die Untersuchung der Interaktionsgerechtigkeit ist bedeutsam, well die empirische Forschung zeigen konnte, dass (1) Kunden trotz einer ansprechenden Ergebnis- und Verfahrensgerechtigkeit mit dem Beschwerdemanagement
330
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
unzufrieden waren (Tax et al. 1998, S. 62) und (2) Beschwerdefuhrer im Vergleich zu Primarleistungskunden besonders anspruchsvolle Erwartungen in Bezug auf die personliche Interaktion mit den iVIitarbeitern des Unterneiimens haben (Blodgett et al. 1997; Goodwin/Ross 1992; Mblir/Bitner1995). Die Bedeutung der Fairnessdimensionen zeigt sich in dem von Tax et al. (1998) empirisch bestatigten Zusammenhang der Beschwerdezufriedenheit als "the central mediator that links perceptions of the fairness dimensions to postcomplaint attitude and behaviors" (Tax et al. 1998, S. 63). Tax et al. belegen damit die Bedeutung der drei Gerechtigkeitsaspekte als Determinanten der Beschwerdezufriedenheit und verknupfen diese ihrerseits mit den beiden beherrschenden Einflussgroflen erfolgreichen Beziehungsmarketings: Commitment und Vertrauen (Morgan/Hunt 1994). Dieses Wirkungsgefuge (Abbildung 7-6) unterstreicht zum einen die Erklarungskraft der Gerechtigkeltstheorie und belegt zum anderen die Relevanz der Gerechtigkeitsdimensionen fur die Strategieformulierung des Beschwerdemanagements. Distributive Justice 1 Procedural Justice
/ y
*\
Trust
1
•]
Commitment
|
Satisfaction with \ complaint handling J
Interactional Justice
Abb. 7-6:
Der Wirkungszusammenhang kundenseitig wahrgenommener Fairness im Beschwerdemanagement auf Besciiwerdezufriedenheit sowie Commitment und Vertrauen; Quelle: Vereinfacht nach Tax et al. (1998, S. 61).
Wenngleich sich die Gerechtigkeltstheorie zunehmend als dominantes Paradigma der Beschwerdezufriedenheitsforschung durchsetzt, gilt es bislang bestehende Forschungslucken zu berucksichtigen. Sie ermoglicht es zwar, mit der Ergebnis-, Verfahrens- und Interaktionsgerechtigkeit die drei grofJen Qualitatsdimensionen und damit eine erste Stufe von Be-
Beschwerdeverhaltens- und Beschwerdezufriedenheitsforschung
331
schwerdezufriedenheitstreibern abzugrenzen, die die Entstehung von Beschwerdezufriedenheit determinieren. Allerdings wurde sie trotz ihres Erklarungsgehalts stellenweise als zu abstrakt und damit fur die Bestimmung konkreter Mafinahmen im Beschwerdemanagennent als nur bedingt hilfreich kritisiert (Davldow 2003, S. 232). Dm dieser Limitierung der Praktikabilitat im Beschwerdemanagement entgegenzuwirken, schlagt Davidow (2003, S. 226) vor, konkrete(re) Mafinahmenbereiche eines Beschwerdemanagements im Kontext der Gerechtigkeitstheorie zu diskutieren. Dieser Vorschlag wird hier aufgenommen und der Erklarungsgehalt gesteigert, indem die Gerechtigkeitstheorie mit empirischen Ergebnissen zusammengefuhrt wird, die konkrete Einzeldimensionen des Beschwerdemanagements und deren Effektivitat im Lichte des Kundenbeziehungsmanagements untersucht haben. Als vorlaufiges Ziel soil ein effektiver ,Werkzeugkasten' zusammengestellt werden, der als Fundament der spateren strategieorientierten Konfiguration des direkten Beschwerdemanagements dienen wird. 7.2.2.2.3
Identifikation konkreter Ansatzpunkte zur Beeinflussung der Beschwerdezufriedenheit
Fur das beschriebene Ziel, ein Portfolio strategischer Stellhebel zur Modellierung der Sekundardienstleistung erarbeiten zu wollen, scheint eine Vielzahl geeigneter empirischer Arbeiten zur Verfugung zu stehen. Bei genauerer Betrachtung weist ein Grofiteil der veroffentlichten Studien jedoch ein zentrales Manko auf, das Davidow (2003, S. 246) wie folgt offen legt: „Most of the current studies have focused only on satisfaction as the behavioral variable that is affected by the organizational response. Although satisfaction is a critical mediating variable, it is not an end in itself. Complaint handling is judged not by satisfaction with the organizational response, but by postcomplaint customer behaviour (...)." Dieser Kritik an verschiedenen Forschungsdesigns 1st grundsatzlich beizupflichten. Da letztlich der Erfolg der Sekundardienstleistung Beschwer-
332
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
demanagement in der faktischen Sicherung der Kundenbeziehung und der Minimierung der negativen Effekte von Kundenunzufriedenheit gesehen werden muss, sollen Studien im Weiteren nur dann herangezogen werden, wenn sie die Effektivitat fokaler Instrumentaldimensionen sowohl im Hinblick auf die Beschwerdezufriedenheit als auch anhand des Nach-Beschwerdeverhaltens belegen. Ferner soil ein zweites Kriterium die Auswahl geeigneter Studien leiten: Wie angesprochen, untersuciien verschiedene Autoren zwar die Entstehung von Beschwerdezufriedenheit, betrachten dabei aber den Effekt des Beschwerdemanagements als Ganzes, ohne einzelne Dimensionen des Unternehmensverhaltens in ihrer Wirkung auf die Zufriedenheit der Beschwerdefuhrer zu berucksichtigen (Andreassen 2001, Liu et al. 2000, Maxham 2001). Da jedoch gerade strategische Stellhebel zur Feinsteuerung der Konfiguration des direkten Beschwerdemanagements benannt werden sollen, sind Modellansatze zu bevorzugen, die eine moglichst feine Aufgliederung einzelner Mafinahmen des Beschwerdemanagements vornehmen und diese auf ihre Wirksamkeit auf Beschwerdezufriedenheit und Nach-Beschwerde verhalten analysieren. Anhand der ersten umfassenden Literaturdurchsicht zur sekundaren Dienstleistung Beschwerdemanagement (Davidow 2003) zeigt sich allerdings, dass es mit den Arbeiten von Boshoff (1999) und Davidow (2000) lediglich zwei Studien gibt, die diesen Anforderungen gerecht werden. Boshoff (1999) legt unter der Bezeichnung RECOVSAT einen Ansatz zur Messung der Beschwerdezufriedenheit vor. Auf Basis einer Fokusgruppe, personlichen Interviews, einer Literaturanalyse sowie empirischer Studien identifiziert er uber eine exploratorische Faktorenanalyse sechs Einzeldimensionen^^^, die zusammen das multidimensionale Konstrukt 133
Boshoff bennent die folgenden sechs Einzeldimensionen der Beschwerdezufriedenheit: Tangibles, Communication, Explanation, Atonement, Feedback und Empowerment. Diese werden uber 16 Einzelitems erhoben. Ursprunglich umfasst RECOVSAT 17 Items (Boshoff 1999); 2003 werden diese im Zuge der empirischen Oberprufung auf 16 Items reduziert (Boshoff/Staude 2003).
Beschwerdeverhaltens- und Beschwerdezufriedenheitsforschung
333
,Beschwerdezufriedenheit' abbilden und dieses damit einer Messung zuganglich machen sollen. Allerdings sind methodische Vorbehalte dahingehend geltend zu machen, dass Boshoff fur die Erarbeitung des Messansatzes keine faktischen Beschwerdefuhrer sondern Haushalte befragt (Stauss 2003, S. 325). Zudem bezieht sich RECOVSAT explizit auf reine ,Face-fo-face-Beschwerdeinteraktionen'. Aufgrund dieser beiden Vorbehalte, soil im Weiteren die ennpirische Studie nach Davidow (2000) zur konkreteren Beschreibung der Gerechtigkeitsdimensionen herangezogen werden. Davidow (2000; 2003) identifiziert ebenfalls sechs unterschiedliche Dimensionen des Umgangs eines Untemehmens mit Beschwerdefuhrern und kann sowohl deren Abgrenzung voneinander als auch deren Effektivitat hinsichtlich Beschwerdezufriedenheit und Nach-Beschwerde-verhalten (Wiederkaufabsicht und Word-of-mouth) empirisch nachweisen. Er unterscheidet (1) Redress, (2) Apology, (3) Facilitation, (4) Timeliness, (5) Attentiveness und (6) Credibility (Davidow 2003, S. 226). Die sechs Dimensionen konnen folgendermafien mit der Gerechtigkeitstheorie verknupft werden (Abbildung 7-7):
334
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Dimension der Unternehmensreaktion
Definition/ Operationalisierung (nach Davidow 2003, S. 232)
Dimension der Gerechtigkeitstheorie
Definition der Dimensionen (nach Tax et al. 1998, S. 62ff.)
Redress
The benefits or response outcome that a customer receives from the organization in response to the complaint
Distributive justice
Outcome of the complaint handling
Apology
An acknowledgement by the organization of the complainant's distress
Distributive justice
Therefore, the decision was made to include apologies as a distributive rather than an interactional justice element
Facilitation
The policies, procedures and structures that a company has in place to support customers engaging in complaints and communications
Procedural justice
Complaint handling procedure
Timeliness
The perceived speed with which an organization responds or handles a complaint
Procedural justice
Timing/Speed = Perceived amount of time taken to complete a procedure
Attentiveness
The interpersonal communication and interaction between the organizational representative and the customer
Interactional justice
Politeness = well-mannered, courteous behaviour; Empathy = Provision of caring, individual attention
Credibility
Abb. 7-7:
The organization's willingness to present an explanation or account for the problem
Interactional justice
Explanation/Causal Account = provision of reason for a failure
Zuordnung der sechs Stellgroften der Beschwerdezufriedenheit nach Davidow (2000) zu den Fairnessdimensionen des Beschwerdemanagements; Quellen: Eigene Abbildung basierend auf Davidow (2000) und Tax et al. (1998).
Wie sich zeigt, lassen sich alle sechs von Davidow (2000) belegten Dimensionen, und zwar jeweils zwei, den drei gerechtigkeitstheoretischen Kategorien zuordnen. Das somit entstandene Portfolio zentraler SteuergroUen der Gerechtigkeitsdimensionen bzw. der Werkzeugkasten verfeinerter Beschwerdezufriedenheitstreiber ist kurz zu charakterisieren.
7.2.2.2.3.1 Beeinflussung der Ergebnisgerechtigkeit Die vom Kunden wahrgenommene Ergebnisgerechtigkeit (Distributive Justice) kann uber die Wiedergutmachung bzw. Entschadigung (Redress) auf der materiellen Konnpensationsebene und/oder durch eine Entschuldigung (Apology) auf der innnnateriellen Ergebnisebene gesteuert werden.
Beschwerdeverhaltens- und Beschwerdezufriedenheitsforschung
335
Redress Der materiellen Wiedergutmachung und Entschadigung ist das vergleichsweise breiteste Forschungsinteresse zuteil geworden (Davidow 2003, S. 236). Ziel ist es, den dem Kunden entstandenen Schaden auszugleichen bzw. ihn fur seine Unannehnnlichkeiten zu entschadigen (Boshoff 1999, S. 238). Entsprechend dem grofien Forschungsinteresse ist die strategiscine Relevanz der materiellen Entschadigung eindeutig belegt. Davidow (2003, S. 236) fuhrt 21 empirische Studien an, die einen positiven Zusammenhang zwischen einer Wiedergutmachung des Unternehmens und der Zufriedenheit des Beschwerdefuhrers nachweisen konnten. Ahnlich einhellig wird die positive Wirkung auf die Wiederkaufabsicht und positive Mundkommunikation empirisch bestatigt. Umso uberraschender ist es, dass bislang keine ubereinstimmenden Ergebnisse Ljber eine optimale Form der Wiedergutmachung vorliegen (Davidow 2003, S. 237). Zwar geht die Mehrheit der Forscher davon aus, dass im Hinblick auf das Nach-Beschwerdeverhalten stets eine materielle Entschadigung im Vergleich zu einer blofien Entschuldigung zu bevorzugen ist, wie diese aber auszugestalten ist, lasst sich aus der bisherigen Forschung nicht eindeutig ableiten (ebd.). Daher sind verschiedene Kompensationsformen denkbar, beispielsweise finanzielle Wiedergutmachungen (z.B. Preisnachlass, Geldruckgabe) Oder materielle Entschadigungen (Umtausch, Reparatur, Geschenke, etc.) (Estelami 2000, S. 295). Apology Die Entschuldigung eines Unternehmens gegenijber einem unzufriedenen Kunden ist als eine Form psychologisch-emotionaler Kompensation anzusehen (Boshoff 1999, S. 239; Davidow 2000, S. 477). Wenngleich mit einer Entschuldigung nicht die generelle Ubernahme der Verantwortlichkeit fur das fokale Problem verbunden sein muss, erkennt das Unternehmen doch zumindest an, dass dem Kunden Unannehmlichkeiten entstanden sind und diese ernst genommen werden (Boshoff 1999, S.
336
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
239). Im Rahmen der Entstehung der Beschwerdezufriedenheit dient eine Entschuldigung dazu, das emotionale Gleichgewicht des Kunden unterstutzen bzw. wieder herstellen zu konnen (Davidow 2000, S. 477). Die unternehmensstrategische Bedeutung der Entschuldigung im Beschwerdefall erwaciist aus iiirer Wirkung auf das Nach-Beschwerdeverhalten. Wenngleich sich die einschlagige Forschung weitgehend einig ist, dass eine alleinige Entsciiuldigung kaum Effekte auf Besciiwerdezufriedeniieit und Loyalitatsverhalten erzielen kann (Bosiioff 1997; Hoffmann/Chung 1999), entfaitet diese eine deutlich starkere Wirkung, wenn sie mit einer materiellen und/oder finanziellen Kompensation einhergeiit (Goodwin/Ross 1992). Als Parallelinstrument zu Redress eingesetzt, wird eine vom Kunden als aufrichtig wahrgenommene Entschuldigung des Unternehmens die Beschwerdezufriedenheit steigern (Boshoff/Leong 1998; Johnston/Fern 1999; Martin/Smart 1994), positive Mundkommunikation stimulieren (Davidow 2000) und die Wiederkaufbereitschaft fordern (Kelley et al. 1993). Insofern ist eine Entschuldigung des Unternehmens als quasi-obligatorische Reaktionsform einzustufen, weshalb Davidow (2003, S. 241) festhalt: „Give one if you believe the complaint is legitimate. Customers expect it, and it shows courtesy and respect."
7.2.2.2.3.2
Beeinflussung der Verfahrensgerechtigkeit Die vom Kunden wahrgenommene Fairness hinsichtlich des Entscheidungs- bzw. Problemlosungsprocedere (Procedural Justice) ist uber die zwei Subdimensionen der Facilitation und der Timeliness gestaltbar. Facilitation Als Facilitation beschreibt Davidow (2003, S. 235) „the policies and procedures that a company has in place to facilitate complaint handling." Bedeutende Facetten der Facilitation sind ein umfassendes Empowerment (Boshoff 1999; Boshoff/Leong 1998) und fur den Kunden unkomplizierte Beschwerdeprozesse (Durvasula et al. 2000). Facilitation bezieht
Beschwerdeverhaltens- und Beschwerdezufriedenheitsforschung
337
sich auf die Erieichterung des Problemlosungsprozesses, den der Kunde erfahrt, nachdem er seine Beschwerde artikuliert hat; „that is, the decision to complain has already been made and carried out" (Davidow 2003, S. 235). Wahrend sich die Beschwerdestimulierung also darauf fokussiert, dem Kunden den Zugang zum Unternehmen im Zeitraum zwischen Problemauftritt und Beschwerdeartikuiation zu erieichtern, steht nun der Aufwand fur den Beschwerdefuhrer wahrend und nach der Beschwerdeartikuiation im Mittelpunkt. Abbildung 7-8 fuhrt den Beschwerdeaufwand, ausgedruckt uber die Kostendimensionen des Kunden, mit dieser Aufgabenstellung der Facilitation zusammen und grenzt diese gleichzeitig gegen die Beschwerdestimulierung ab.^^"^
134
Dabei ist eine exakte Trennung der Beschwerdestimulierung und Facilitation nur bedingt moglich, da einzelne Stimulierungsinstrumente (z.B. 0800er Telefonnummern) sich auch auf die Artikulationsphase auswirken. Deshalb konnte in einem umfassenderen Managementverstandnis die Beschwerdestimulierung auch als Komponente der Facilitation aufgefasst werden.
338
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Von Problemauftritt bis Beschwerdeartikulation
Wahrend der Beschwerdeartikulation
Von Beschwerdeartikulation bis Problemlosung
Monetare Beschwerdekosten Zeitliche Beschwerdekosten Psychische Beschwerdekosten
^ Aufgabenfeld der
Aufgabenfeld
Beschwerde-
der 'Facilitation'
stimulierung
Abb. 7-8:
Der Aufgabenbereich der Facilitation in Abgrenzung zur Beschwerdestimulierung; Quellen: Eigene Abbildung basierend auf Davidow (2003, S. 235), Rosenberger (2000, S. 352) und Stauss/Seidel (2002, S. 174).
Timeliness Der Zeitraum, den ein Unternehmen benotigt, urn auf eine Beschwerde zu reagieren bzw. diese zu losen, gehort zu den vergleichsweise haufig untersuchten Groflen inn direkten Beschwerdemanagement. Wenngleich die Ergebnisse iiinsiciitiich der Wirkung auf die Beschwerdefuhrer voneinander abweichen,^^^ lassen sich die bisherigen Einsichten auf folgende Tendenzaussagen verdichten (Davidow 2003, S. 233): •
135
Liegt der Beschwerde ein finanzieller/materieller Sciiaden auf Seiten des Kunden zugrunde, ist die Bedeutung der Reaktionszeit fur diesen geringer als in Fallen ohne die Notwendigkeit des Schadensersatzes durch das Unternehnnen.
Anhand seiner Literaturanalyse zeigt Davidow (2003, S. 233), dass von 18 entsprechenden Studien neun einen positiven Zusammenhang zwischen der Kiirze der Reaktionszeit und dem gewunschten Nach-Beschwerdeverhalten bestatigen; sechs Studien kommen hinsichtlich des Nach-Beschwerdeverhaltens zu gemischten Ergebnissen und drei Forsciiungsarbeiten konnen keinen Zusammenhang nachweisen.
Beschwerdeverhaltens- und Beschwerdezufriedenheitsforschung
•
339
Absolute Zeitvorgaben scheinen fur die Beeinflussung der Verfahrensgerechtigkeit in unterschiedlichen Branchen nur sehr bedingt mogiicli zu sein. Vieimelir ist eine ausgepragte Kontextabiiangigkeit zu vermuten (Davidow 2003, S. 134). Wie Boshoff (1997, S. 125) beobachtet, konnen kurze Reaktionszeiten eines Beschwerdemanagements aus Sicht der Kunden sogar ,zu schnell' sein und einen negativen Effekt auf die Beschwerdezufriedenheit auslosen. Boshoff unterstreicht deshalb inn Einklang mit fruheren Forschungsarbeiten (Gilly 1987), zur Ausgestaltung der Reaktionszeit in erster Linie die branchenspezifisclnen Kundenerwartungen zugrunde zu legen, urn herauszufinden, „what constitutes a reasonable waiting time" (Boshoff 1997, S. 125).
7.2.2.2.3.3 Beeinflussung der Interaktionsgerechtigkeit Als dritte Fairnessdinnension muss die Interaktionsgerechtigkeit gestaltet werden, die den personlichen Umgang der Mitarbeiter gegenuber den Beschwerdefuhrern im Rahmen des Beschwerdemanagements beschreibt und mittels der Attentiveness und der Credibility zu beeinflussen ist. Attentiveness "Attentiveness refers to the care and attention that the customer gets from the organization or its representatives" (Davidow 2003, S. 243). Hinter dieser Definition verbirgt sich ein komplexes Bundel verschiedener Komponenten, das vor allem Respekt, Freundlichkeit, Empathie sowie die Bereitschaft zum Zuhoren und zu aufJergewohnlichen Anstrengungen im Sinne der Problemlosung beinhaltet (Davidow 2000, S. 478). Gerade diese aus der menschlichen Interaktion resultierende Komplexitat der Attentiveness-Dimension lasst sie zu einem der anspruchsvollsten Gestaltungsfelder im direkten Beschwerdemanagement werden. Gleichzeitig ist ihr eine sowohl positive wie auch negative Hebelwirkung zuzuspre-
340
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Chen. Zum einen belegen verschiedene Studien die starken positiven Effekte der Attentiveness auf Beschwerdezufriedenheit und Nach-Beschwerdeverhalten (Blodgett et al. 1997; Davidow 2000; Estelami 2000). Zum anderen zeigen mehrere Untersuchungen, dass gerade das Mitarbeiterverhalten Ursache erneuter Unzufriedenheit auf Seiten der Kunden sein kann (Double Deviation) (Bitner et al. 1990; Mohr/Bitner 1995). Credibility Als letzte Einflussgrofle beschreibt Credibility die Bereitschaft eines Unternehmens, Verantwortung fur ein aufgetretenes Problem zu ubernehmen, dessen Ursachen zu ergrunden und dem Kunden eine entsprechende Erklarung anzubieten (Davidow 2000, S. 477). Daruber hinaus umfasst Credibility auch die Notwendigkeit MafJnahmen zu ergreifen, um eine kunftige Wiederholung des Problemfalls zu vermeiden (Davidow/Dacin 1996, S. 453). Die Bedeutung der so unterstrichenen Glaubwurdigkeit zelgt sich insbesondere in stark positiven Zusammenhangen mit der Wiederkaufbereltschaft des Kunden (Conlon/Murray 1996; Davidow 2000). Diese sechs skizzierten Stellgrofien reprasentieren den ,Werkzeugkasten' zur strategieorientierten Konflguration des direkten Beschwerdemanagements als Sekundardienstleistungsbundel. Insgesamt ergibt sich das folgende Wirkungsgefuge der strategischen Stellhebel des Beschwerdemanagements zur Steuerung der Beschwerdezufriedenheit und des Nach-Beschwerdeverhaltens (Abbildung 7-9).
Beschwerdeverhaltens- and Beschwerdezufriedenheitsforschung
Apology
^
Distributive Justice Beschwerde-
h Credibility
341
Procedural Justice zufriedenheit
Post-Complaint Trust Commitment
Post-Complaint-Behavior Wiederkauf - WOM
Interactional Justice
Abb. 7-9:
,Werkzeugkasten' zur strategieorientierten Konfiguration der sekundaren Unterstutzungsdienstleistung Beschwerdemanagement; Quelle: In Aniehnung an Davidow (2000, S. 484; 2003, S. 247) und Tax et al. (1998, S. 61).
7.2.3
Reflexion der Erkenntnisse aus der Beschwerdeverhaltensund Beschwerdezufriedenheitsforschung
Ziel dieses Kapitels war die verhaltenstheoretische Untersuchung der Beschwerdeartikulation und der Beschwerdezufriedenheit als Grundlage fur die strategiegeleitete Konfiguration des direkten Beschwerdemanagements. Folgende Erkenntnisse gilt es festzuhalten: •
Der Beschwerdeartikulation kommt strategische Relevanz zu, weil sie die Voraussetzung dafur ist, dass Beschwerdemanagement seine Dienstleistung uberhaupt erbringen und seine Effektivitat der Unternehmens- und Geschaftsbereichsleitung gegenuber nachweisen kann. Wahrend die situations- und personenbezogenen Merkmale kaum zu beeinflussen sind, kann sich Beschwerdemanagement auf die produktbezogenen Probleme sowie auf die problembezogenene Merkmale einstellen. Die Beschwerdeverhaltensforschung belegt ferner, dass die Abwagung der wahrgenommenen Beschwerdekosten im Lichte des erwarteten Beschwerdenutzens die zentrale Determinante der Beschwerdeartikulationsentscheidung darstellt. Gerade hinsichtlich dieses Zusammenspiels bestehen die primaren Einfluss-
342
•
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
moglichkeiten fur das Beschwerdemanagement, indem es Beschwerdekosten senkt, den Nutzen erhdht oder beides gleichzeitig. Die fundamentale Schlusselgrofie zur Realisierung der vom direkten Beschwerdemanagement beabsichtigten Loyalitatseffekte ist die Beschwerdezufriedenheit. Desiiaib muss die Zufriedenstellung der Beschwerdefuiirer als grundlegendes Ziel im direkten Beschwerdemanagement erachtet werden. Zur Gewahrleistung von Beschwerdezufriedenheit sind die Erwartungshaltungen unzufriedener Kunden an ein Beschwerdemanagement zu untersuchen. Diese Erwartungen konnen uber die drei Gerechtigkeitsdimensionen inhaltlich naher bestimmet werden. Aufgrund der Abstraktheit der Gerechtigkeitstheorie wurde das Model! von Davidow (2000) integriert, das sechs konkrete Stellhebel zur Ausgestaltung eines effektiven Beschwerdemanagements identifiziert. Die Synthese der Gerechtigkeitstheorie mit den Erkenntnissen Davidows fuhrte zu dem gezeigten ,Werkzeugkasten' als dem Fundament zur strategieorientierten Konfiguration der Sekundardienstleistung Beschwerdemanagement.
Zweifelsohne sind die vorgestellten Theorieansatze trotz der empirischen Studienergebnisse nicht vollumfanglich allgemeingultig und bedurfen einer Anpassung bzw. Erganzung im Lichte der jeweiligen Unternehmensgegebenheiten. Dennoch liefern die diskutierten Grundlagen das geeignete Fundament dafur, nun konkrete Strategieoptionen im Kontext des direkten Beschwerdemanagements zu diskutieren. Freilich bedarf die Ableitung der Strategieoptionen fur das hier betrachtete Geschaftsfeld eines konzeptionellen Rahmens. Dieser wurde in Teil 3 der Arbeit als industrieokonomische Schule der strategischen Planung bzw. Market Based View eingefuhrt und in Teil 4 als Maxime eines marktorientierten Beschwerdemanagements festgelegt. Dieses Strategiekonzept gilt es nun im Kontext der sekundaren Dienstleistung Beschwerdemanagement zu adaptieren. Vorher jedoch ist das strategische
Das Konzept generischer Wettbewerbsstrategien
343
Grundkonzept zu prazisieren, das aus dem Theoriefundus des Market Based View zur Positionierung des Zentralbereichs Beschwerdemanagement herangezogen wird.
7.3 Das Konzept generischer Wettbewerbsstrategien als Bezugsrahmen der strategischen Ausrichtung des Beschwerdemanagements als Anbieter einer sekundaren Unterstutzungsdienstleistung Der Zentralbereich Beschwerdemanagement wird in der vorliegenden Arbeit als ein quasi-eigenstandiger Dienstleistungsanbieter gegenuber der Unternehmensleitung bzw. den Spartenleitungen auf der einen Seite und den Beschwerdefuhrern auf der anderen Seite angesehen. Urn sich in diesem Spannungsfeld strategisch auszurichten, gilt es fur die Zentralbereichsleitung des Beschwerdemanagements die beiden von Suhr (2002, S. 153ff.) empirisch identifizierten strategischen Spielraume effektiv zu nutzen: (1) Die Bestimmung einer funktionalen Wettbewerbsstrategie und (2) die Konfiguration des Leistungsprogramms des zentralen Dienstleisters. Die weiteren Uberlegungen werden einen Ansatz vorstellen, der beide Gestaltungsraume miteinander zu kombinieren eriaubt, um Wettbewerbsvorteile auf der funktionalen Ebene des Beschwerdemanagements zu generieren. Hierfur wird eines der prominentesten Konzepte strategischen Marktverhaltens herangezogen: Es wird vorgeschlagen, die generischen Strategieoptionen nach Porter (1980, 1999) im Beschwerdemanagement-Kontext zu adaptieren. Diese sind zunachst in ihren Grundzugen zu skizzieren (7.3.1 und 7.3.2) und anschliedend entsprechend fur eine Adaption im Beschwerdemanagement aufzubereiten (Abschnitt 7.3.3).
344
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
7.3.1
Das Konzept generischer Wettbewerbsstrategien nach Porter
Ursprunglich richten sich die von Porter vorgestellten Wettbewerbsstrategien auf unternehmerische Geschaftsbereiche und dienen dazu, fur diese Wettbewerbsvorteile gegenuber den jeweiligen Konkurrenten zu schaffen bzw. den Geschaftsbereich vorteilhaft in der Wahrnehmung der Nachfrager zu positionieren (Simon/Homburg 1995, Sp. 2754). Ein Wettbewerbsvorteil ist dabei eine im Konkurrenzvergleich als uberlegen anzusehende Leistung, die sich dadurch auszeichnet, dass sie •
ein Leistungsmerkmal betrifft, das aus Sicht des Kunden wichtig ist,
•
vom Nachfrager wahrgenommen wird und
•
nachhaltig von einer Substitution, Kompensation bzw. Imitation durcii die Konkurrenz geschutzt ist (Homburg/FafJnacht 1998, S. 528f.).
Porter (1999, S. 70ff.) identifiziert zwei alternative Wege, uber die sich eine Sparte derartige Wettbewerbsvorteile erarbeiten kann. Zum einen Kostenvorteile und zunn anderen Differenzierungsvorteile, die als branchenweite Einzigartigkeit einer Marktielstung verstanden werden (Fleck 1995, S. lOff; Simon/Homburg 1995, Sp. 2754; Porter 1999, S. 73). Im Rahmen einer umfassenden Kostenfuhrerschaft verfolgt ein Unternehmen das Ziel, eine mit den Angeboten der Konkurrenten vergleichbare Leistung am kostengunstigsten herzustellen (Fleck 1995, S. 12), um diese Kostenvorteile letztlich in einer Preisfuhrerschaft im Zielmarkt umsetzen zu konnen (Corsten 1998, S. 1435). Die hierfur notwendigen Kostendegressionseffekte werden typischerweise durch die Bearbeitung vieler Branchensegmente realisiert (Porter 1999, S. 72; Weishaupl 2003, S. 96). Zentral fur die angestrebte tiberdurchschnittliche Rendite ist dabei, dass die Produkte aus Kundensicht als akzeptabel und mit Konkurrenzprodukten in etwa vergleichbar angesehen werden; andernfalls ist der zu erzielende Marktpreis so niedrig, dass die gunstigere Kostenposition aufgezehrt wird (Simon/Homburg 1995, Sp. 2755).
Das Konzept generischer Wettbewerbsstrategien
345
Ziel der umfassenden Differenzierungsstrategie ist es, Wettbewerbern in Bezug auf von den Nachfragem als relevant erachteten Leistungsmerkmalen eindeutig uberlegen zu sein, urn so hohere Absatzpreise realisieren zu konnen (Porter 1999, S. 73f.; Simon/Homburg 1995, Sp. 2755). Dabei konnen unterschiedliche Fornnen von Differenzierungsstrategien parallel in einer Branche erfolgreich sein (Porter 1999, S. 73), sofern nnehrere Leistungsmerknnale von den potenziellen Nachfragern als Kaufentscheidungs-relevant wahrgenommen werden (Homburg/FaUnacht 1998,3.530). Porter (1999, S. 75) sieht ferner vor, beide Wettbewerbsvorteile nicht inn Gesamtmarkt, sondern lediglich innerhalb eines begrenzten Wettbewerbsfeldes (Marktnische) anzustreben. Diese dann verfolgten Fokussierungsstrategien basieren auf der optimalen Ausrichtung auf das entsprechende Zielsegment, das sich aus Kaufern mit spezifischen Bedurfnissen zusammensetzen soUte (Simon/Homburg 1995, Sp. 2756). Aus dem Zusammenspiel dieser Marktverhaltensweisen ergibt sich das in Abbildung 7-10 dargestellte Konzept generischer Wettbewerbsstrategien. Strategischer Wettbewerbsvorteil Branchenweit
Strategisches Zielobjekt Segmentspezifisch
Differenzierung (Einzigartigkeit aus Sicht des Kaufers)
Kostenfiihrerschaft (Kostenvorsprung)
Fokussierungsstrategie (Konzentration auf Nischen)
Abb. 7-10: Das Konzept generischer Wettbewerbsstrategien nach Porter; Quelle: In Anlehnung an Porter (1999, 8. 75).
Wie anhand der Kurzcharakterisierung der Strategieansatze deutlich wird, beruhen beide auf einer jeweils unterschiedlichen Kombination der Kosten- und der Qualitats- bzw. Nutzenkomponente. Die Kostenfiihrerschaftsstrategie basiert auf einem preis- und konditionenpolitischen
346
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Wettbewerbskonzept (Fassott 1995, S. 218). Folglich ist sie auf die Marktschicht der preissensiblen Nachfrager gerichtet und bietet ein mit einer Mindestqualitat ausgestattetes, Grundnutzen-orientiertes Basisprodukt in einer auRerst gunstigen Preisstellung (Becker 2002, S. 174). Die Differenzierungsstrategie offeriert den Nachfragern dagegen einen gesteigerten Nutzen, den sie im Vergleicii zu Konkurrenzangeboten als qualitativ uberlegen wahrnehmen sollen. Diese zusatzlich gebotene Nutzendimension soil die eigene Leistung von Wettbewerbsangeboten differenzieren, bei den Kunden dadurch eine Praferenz erzeugen und letztlich die Erschlieflung (quasi-)monopolistischer Preisspielraume eriauben (Becker 2000, S. 73). Abbildung 7-11 verdeutlicht dieses aufeinander abgestimmte Zusammenspiel der Prels- und Nutzenebene beider Strategieoptionen. Kostenfiihrerschaft
Differenzierung
Preisebene Gunstige Preisstellung
Nutzenebene
+
Abb. 7-11: Das Zusammenspiel der Preis- und Nutzendimension im Konzept der generisciien Wettbewerbsstrategien nach Porter; Quelle: Eigene Abbildung basierend auf den Ausfuhrungen von Becker (2002, S. 180ff.).
Im Zeitverlauf wurde dieses Grundmuster strategischen Verhaltens erweitert und hybriden Strategievarianten zunehmende Beachtung geschenkt. 7.3.2
Formen hybrider Wettbewerbsstrategien
Die heutige Forschung zum strategischen Management ist sich daruber einig, fur eine nachhaltlge Wettbewerbspositionierung auch hybride Formen der beiden strategischen Grundvarianten in Betracht Ziehen zu konnen (Becker 2002, S. 181; Fassott 1995, S. 218; zu Knyphausen/
Das Konzept generischer Wettbewerbsstrategien
347
Ringlstetter 1991, S. 546ff.). Damit wind der ursprunglich von Porter (1999, S. 78) uber die „Zwischen-den-Stuhlen-Hypothese" antizipierten Unvereinbarkeit beider Strategieoptionen widersprochen. Vielmehr wird ihr eine Simultanitatshypothese entgegengestellt, nach der es wettbewerbsstrategisch vorteilhaft sein kann, die beiden als vermeintlich unvereinbar geltenden Strategietypen Kostenfuhrerschaft und Differenzierung parallel anzuwenden (Downar 2003, S. 39; Fleck 1995; S. 84ff). Anstatt der Verfolgung einer der beiden Reinformen sieht der Hybridansatz als Fundannent einer erfolgreichen, umfassenden Marktbearbeitung also das parallele Zusammenspiel aus Differenzierungs- und Kostenfuhrerschaftsstrategie vor, urn fur die verschiedenen Marktschichten eine adaquate Preis-Nutzen-Kombination anbieten zu konnen (Becker 2000, S. 106;Bresser1998, S. 438). Homburg/Fafinacht (1998, S. 530) schlieflen sich zwar grundsatzlich dieser Ansicht uber die Vereinbarkeit der Kostenfuhrerschafts- und Differenzierungsstrategie an, bennerken aber, dass eine planende Einheit stets eine Tendenzaussage fur das Anstreben einer der beiden Wettbewerbsvorteile zu formulieren hat. Die Prioritat, so die Autoren, ist stets auf die Erzlelung eines Wettbewerbsvorteils zu legen. „Folglich hat jede Geschaftseinheit eine Grundsatzentscheidung daruber zu fallen, welcher der beiden Wettbewerbsvorteile vorrangig verfolgt wird" (ebd.; Herv. inn Orig.). Wenngleich die vorliegende Arbeit die Zweckmadigkeit hybrider Strategievarianten mit der herrschenden Meinung anerkennt, werden diese, der Ratio von Homburg/Faflnacht (1998) folgend, eine nur untergeordnete Betrachtung in der weiteren Diskussion erfahren und lediglich knapp anhand des spater noch vorzustellenden Mass CustomizationAnsatzes sklzziert. Im Zentrum der Uberlegungen werden dagegen die Kostenfuhrerschafts- und die Differenzierungsstrategie stehen. Freilich sind diese fur die Diskussion inn funktionalen Kontext des Beschwerdennanagements aufzubereiten.
348
7.3.3
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Vorubertegungen zur Adaption der Wettbewerbsstrategien im Kontext der sekundaren Unterstutzungsdienstleistung Beschwerdemanagement
Die vorliegende Arbeit vertritt die Maxime eines marktorientierten Beschwerdemanagements, die die strategische Ausrichtung des zentralen Dienstleistungsbereichs gegenuber Kunden und Konkurrenten erfordert. Die Adaption der generischen Wettbewerbsstrategien bildet das hierfur passende strategisciie Fundament, da die generischen Wettbewerbsstrategien exakt dieses Spannungsfeld aus Nachfragern und Mitbewerbern abdecken. Hierin ist aucii der Grund dafur zu sehen, dass, wenngleich die Wettbewerbsstrategien ursprungiicii ftir Geschaftsbereiche interpretiert wurden, ihre grundlegenden Prinzipien bereits meiirfach auf den Sekundarleistungsbereich einer Unternehmung ubertragen wurden (sieiie Fassott 1995, S. 219; Schlomer 1997, S. 251 ff.). Damit spannen sie den konzeptionellen Rahmen auf, der die gezielte strategisciie Ausrichtung der Sekundardienstleistung Beschwerdemanagement gegenuber der Unternehmensleitung bzw. Geschaftsbereichen anhand der beiden Schlusselgrofien Kosten und Qualitat eriaubt und gleichzeitig den Gestaltungsspielraum fur die Konfiguration des Leistungsprogramms im direkten Beschwerdemanagement gegenuber den unzufriedenen Kunden vorgibt. Dennoch konnen die vorgestellten Strategien nicht ohne spezifische Voruberlegungen auf das Beschwerdemanagement ubertragen werden. Es gilt insbesondere zu uberdenken, welche Prioritaten den Nachfragersegmenten Unternehmensleitung, Sparten und Beschwerdefuhrern zugedacht werden. Die Unternehmensleitung ist die Instanz, die uber die Existenz des Beschwerdemanagements entscheidet, den Zentralbereich letztlich mit dem Management der Kundenunzufriedenheit beauftragt und Ihn mit (s)einem Budget ausstattet. Die Analyseergebnisse aus Teil 6 lassen allerdings erwarten, dass die Sparten im Zeitverlauf in diese Rolle hineinwachsen werden. Nach Ansicht des Verfassers sind Positionie-
Das Konzept generischer Wettbewerbsstrategien
349
rungsstrategien daher auf die Wahrnehmung des Top-Managements und der Geschaftsbereichsleitungen zu richten. Das diesen beiden unterstellte streng okonomische Verhalten, muss freilich an dieser Stelle modelltheoretisch vereinfacht diskutiert werden. Daher wird im Weiteren, basierend auf der Literatur zum strategischen Management intemer Dienstleister, davon ausgegangen (Reckenfelderbaumer 2001, S. 331ff.; Suhr 2002, S. 174f.), dass sich Beschwerdemanagement gegenuber der Untemehmensleitung bzw. den Sparten mittels einer der beiden generischen Wettbewerbsstrategien erfolgreich positionieren kann, da das TopManagement bzw. die Geschaftsbereichsleitungen eine der zwei folgenden polaren Grundhaltungen einnehmen: •
Zum einen konnen die Nachfragepraferenzen des Managements uber eine Kostenfuhrerschaftsstrategie des Beschwerdemanagements befriedigt werden. Unter konzeptionellen Gesichtspunkten bedeutet dies, dass Beschwerdemanagement fur seine internen Stakeholder einen Basisnutzen generiert, der zu moglichst geringen Kosten realisiert wird.
•
Zum anderen konnen Unternehmens- und Geschaftsbereichsleitungen eine weniger ausgepragte Kostenorientierung verfolgen und es dem Zentralbereich damit ermoglichen, eine Differenzierungsstrategie anzustreben. Hier erzeugt das Beschwerdemanagement zusatzliche Nutzendimensionen in der Wahrnehmung seiner internen Nachfrager und kann dafiir im Vergleich zur Kostenfuhrerschaftsstrategie grofiere Kostenspielraume nutzen.
Diese beiden Grundvarianten sollen in den folgenden Kapitein 7.4 (Kostenfuhrerschaftsstrategie) und 7.5 (Differenzierungsstrategie) im Kontext der Sekundardienstleistung Beschwerdemanagement adaptiert werden.
350
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
7.4 Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie im Kontext des direkten Beschwerdemanagements als sekundare Unterstutzungsdienstleistung Die in diesem Kapitel zu eruierende Adaption der Kostenfuiirerschaft ist an spezifisciie Voraussetzungen geknupft, die in Abschnitt 7.4.1 beschrieben werden. AnschlieBend wird Abschnitt 7.4.2 generelle in der Literatur vorgesciiJagene Ansatzpunkte zur Umsetzung einer Kostenfuhrersciiaftsstrategie skizzieren. Einer der dort vorgestellten Ansatze wird als Leitlinie der weiteren Diskussion ausgewaiilt. Angeknupft wird dabei an das Grundkonzept der Kostenfuhrerschaft, das auf einem zu besonders niedrigen Kosten erzielten Grundnutzen beruht. Abschnitt 7.4.3 wird sich daher mit der Frage des Grundnutzens des direkten Beschwerdemanagements befassen. Im Abschnitt 7.4.4 wird dieses Grundnutzenverstandnis in einer konkreten Ausgestaltung des direkten Beschwerdemanagements im Rahmen der Kostenfuhrerschaftsstrategie umgesetzt. Eine kritische Wurdigung der Zweckmafiigkeit der Kostenfuhrerschaft im Beschwerdemanagement schlielit dieses Kapitel ab (7.4.5). 7.4.1
Voraussetzungen fur die Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie
Im Rahmen der Kostenfuhrerschaftsstrategie kommt es darauf an, die Kosten des Beschwerdemanagements moglichst gering zu halten, um die angestrebte vorteilhafte Kostenposition erreichen zu konnen. Deshalb ist es eine grundlegende Voraussetzung fur die Umsetzung der Kostenfuhrerschaft durch den internen Dienstleistungsbereich Beschwerdemanagement, dass die Unternehmensleitung dem Zentralbereich den notwendigen Einfluss auf die Gestaltung des eigenen Kosten- und Preisgefuges einraumt, also beispielsweise die Beeinflussung der eigenen Personalkosten (z.B. durch Stellenausstattung und -besetzung bzw. Stellenreduk-
Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie
351
tion), die Einflussnahme auf die technische Ausstattung (z.B. EDV) sowie die Steuerung der Ge- und Verbrauchsmaterialien durch den Zentralbereich ermoglicht (Reckenfelderbaumer 2001, S. 367). Im Beschwerdemanagement sind in erster Linie die vier Kostenarten der Personal-, Verwaltungs-, Konnnnunikations- und Reaktionskosten^^^ von Bedeutung (Stauss/Seidel 2002, S. 330f.). Zur Relation dieser vier Kostenkategorien im direkten Beschwerdemanagement liegen nach Kenntnis des Verfassers in der wissenschaftlichen Literatur keine empirischen Daten vor. Ein von Stauss/Seidel (2002, S. 336) prasentiertes Kostenrechnungsbeispiel legt jedoch nahe, dass zum einen die Reaktionskosten und zum anderen die Personalkosten mit jeweils ca. 40% Kostenanteil die bedeutenderen Kostenblocke im direkten Beschwerdemanagement darstellen. Verwaltungskosten machen im Beispiel 15% und die Kommunikationskosten 5% aus. Im Lichte der hier unterstellten, durch die Unternehmensleitung initiierten Wettbewerbsorientierung des Kernbereichs Beschwerdemanagement soil davon ausgegangen werden, dass der Zentralbereichsleitung die notwendigen Spielraume zur Beeinflussung dieser vier Kostenarten vom Top-Management zugestanden werden. Theoretisch ist ebenfalls an die Gestaltung der BeschwerdemanagementPreispolitik zu denken. Da aber (bislang) Beschwerdemanagement-Bereiche mehrheitlich als Expense Center organisiert zu sein scheinen, soil davon ausgegangen werden, dass die mit der Einfijhrung fiktiver Markte (zumindest teilweise) vorgesehene Weiterverrechnung auf Kostenbasis erfolgt. Die hierfur notwendigen KostengrofJen werden im Rahmen der Weiterentwicklung des Beschwerdemanagements zu einem Cost Center erhebbar. Auf weitere, alternative Verrechnungspreismodelle soil daher hinsichtlich der Kostenfuhrerschaft im Sekundarleistungsbereich nicht eingegangen werden.
Reaktionskosten umfassen dabei die beiden Subkategorien der Wiedergutmachungsbzw. Kulanz- und Gewahrleistungskosten (ebd.)-
352
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Die hier getroffenen Annahmen ermoglichen es dem Beschwerdemanagement grundsatzlich eine Kostenfuhrerschaftsstrategie zu verfolgen. Die einsciilagige Literatur hat freilich mannigfaltige (teilweise sich uberlagernde) Vorgehensweisen zur Erreichung der Kostenfuiirersciiaft bei Dienstleistungsanbietern identifiziert. 7.4.2
Potenzielle Ansatzpunkte zur Verfolgung einer Kostenfuhrerschaftsstrategie im Uberblick
Innerlialb der bislang vorgescliiagenen Ansatzpunkte haben die folgenden vier Aspekte besondere Bedeutung fur die Realisierung der Kostenfuiirerschaftsstrategie bei (internen) Dienstleistungsanbietern eriangt (Homburg/Fafinaciit 1998, S. 531; Reckenfelderbaumer 2001, S. 368): (1) Die Automatisierung der Leistungserbringung, (2) die Externalisierung von Teilleistungen, (3) die Veranderung der Kostenstruktur, sowie (4) die Standardisierung von Prozessen und Ergebnissen. Diese vier Alternativen sollen kurz skizziert und iiire Wirkung im Bezug auf einzelne Kostenarten im Beschwerdemanagement beispieliiaft illustriert werden. (1) Automatisierung der Leistungserbringung: Im Rahmen einer Automatisierung wird der Produktionsfaktor ,menschliche Arbeitskraft' durch den Einsatz von Maschinen (Technologien) substituiert, um so Kosten- und Flexibilitatsvorteile maschineller im Vergleich zu menschlicher Leistungserbringung erschliefien zu konnen (Meyer 1987; Reckenfelderbaumer 2001, S. 369f.). Folglich generiert die Automatisierung Reduktionspotenziale insbesondere im Bereich der Personalkosten des Beschwerdemanagements. Hoffmann (1991, S. 243) regt vergleichsweise fruh die Substitution des Schreibburos durch Schreibautomaten im Beschwerdemanagement als Kostensenkungspotenzial an. Diese Diskussion hat sich fortgesetzt und als typische Form eines Automatisierungsansatzes konnen heute diverse EDV-Systeme Im Beschwerdema-
Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie
353
nagement^^'' gelten, die im Vergleich zu Mitarbeitern die Prozesseffizienz steigern. Beispielsweise konnen Text-Mining-Tools an die Beschwerdefuhrer gerichtete Schrlftstucke halbautomatisiert vorformulieren; diese Entwurfe sind anschliefiend lediglich von einem Mitarbeiter zu kontrollieren bzw. leicht zu modifizieren. Auch die Reaktionskosten konnen durch Automatisierung inn direkten Beschwerdemanagement gesenkt werden. Hat zum Beispiel ein Buchhandier traditionell Buchgeschenke als Beschwerdereaktion eingesetzt, so konnen diese nun durch E-Books ersetzt und deutlich kostengunstiger an Beschwerdefuhrer versandt werden (Zhu etal. 2004, S. 516). (2) Externalisierung von Teilleistungen: Mit dem Begriff der Externalisierung von Teilleistungen wird im Dienstleistungsnnanagennent die Ubertragung einzelner Telle der Leistungserstellung auf den Nachfrager beschrieben, wie es inn Rahnnen vielfaltiger Selbstbedienungskonzepte vorgesehen ist (Corsten 2000, S. 151). Ziel der Externalisierung ist es, Kosten der Leistungserstellung, und hier insbesondere Personalkosten, zu eliminieren (Reckenfelderbaumer 2001, S. 370). Beispielsweise lasst sich die Beschwerdeerfassung mittels Internet-Formularen auf den Beschwerdefuhrer ubertragen (Brown 1997, S. 25; Swanson 1998). Damit konnen die Hunnanressourcen im Aufgabenbereich der Beschwerdeannahme erhebllch reduziert werden. Eine noch umfassendere Umsetzung der Externalisierung konnte vorsehen, eine „Self-Recovery-Politik" zu verfolgen, d.h. bei Fehlleistungen Im Rahmen von z.B. elektronischen Selbstbedienungsdienstleistungen auch den gesamten direkten Beschwerdemanagementprozess auf den Kunden zu ubertragen (Zhu et al. 2004, S. 516; ahnlich Shaw/Craighead 2003). So wurde ein Kunde im Falle eines Servicefehlers beim Kauf eines EBooks unmittelbar zusatzliche Downloads beziehen konnen und sich fur 137
Einen umfangreichen Uberblick zu den Potenzialen einschlagiger Software-Systeme im Beschwerdemanagement geben Stauss/Seidel (2002, S. 533ff.).
354
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
den Fehler ,selbst entschadigen', ohne dass ein eigenstandiger Beschwerdemanagementprozess ausgelost und von Mitarbeitern im Beschwerde-Center bearbeitet werden musste (Zhu et al. 2004, S. 516). (3) Veranderung der Kostenstruktur: Diese Uberlegung stellt die Optimierung bzw. Flexibilisierung des Verhaltnisses von fixen und variablen Kosten des Beschwerdemanagements in den Mittelpunkt (Suhr 2002, S. 190). Reckenfeiderbaumer (2001, S. 371) sciilagt vor, einen moglichst iiohen variablen Kostenanteil zu gewahrleisten. In Dienstleistungsbereichen wie dem Beschwerdemanagement stellen vor allem die Personalkosten Ansatzpunkte zu einer Umwandlung von fixen in variable Kosten dar (Suhr 2002, S. 190). Urn entsprechenden Einfluss auf die Kostenstruktur interner Dienstleistungsabteilungen zu nehmen, konnen beispielsweise in Zeiten hoher Kapazitatsauslastungen zusatzlich erforderliche Mitarbeiter lediglich auf Stundenbasis beschaftigt werden (Reckenfelderbaunner 2001, S. 371). Thomas (1983, S. 46) regt zur Veranderung der Kostenstruktur an, das Personalgefuge in sich zu andern und lediglich in Kundenkontaktbereichen (z.B. der Beschwerdeannahme) hoher qualifiziertes Personal einzusetzen, wohingegen in kundenfernen Aufgabenfeldern (z.B. Beschwerdebearbeitung und Vorbereitung der Beschwerdereaktion) einfacher ausgebildete Krafte eingesetzt werden konnen. Daruber hinaus kann die Bereichsleitung ihrerseits erwagen, uberschussige Beschwerdevolumina in Spitzenzeiten aus dem Beschwerde-Center auszulagern und an externe Dienstleister zu vergeben. (4) Standardisierung von Prozessen und Ergebnissen: Zum einen bieten, trotz der in der Literatur intensiv diskutierten Individualitat von Dienstleistungen, die Leistungsprozesse von Sekundardienstleistungen Standardisierungspotenziale und somit Ansatzpunkte, im Sinne der Kostensenkung die Individualitat der Leistung zu reduzieren (Dee et al. 2004, S. 41; Meffert/Bruhn 2003, S. 231ff.; Rosada 1990, S. 226). Zum anderen kann sich die Standardisierung der Ergebnisse in Form einer Einengung
Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie
355
der Breite und/oder der Tiefe des angebotenen Leistungsprogramms niederschlagen (Reckenfelderbaumer 2001, S. 368). Hinsichtlich der Personalkosten vermindert eine Standardisierung der Beschwerdemanagementprozesse das Anforderungsniveau an die Mitarbeiter, was zu einer Reduktion der Schulungs- und Weiterbildungskosten aber vermutlich auch der Lohnkosten fuhrt. Beispielsweise sind Standardbeschwerden zu definieren, die anhand verbindlicher Richtlinien zu bearbeiten sind, urn so (potenzielle) Fehlerursachen eliminieren zu konnen (Fornell/Wernerfelt 1987, S. 345; Hoffmann 1991, S. 242; Stauss/Seidel 2002, S. 179). Damit kann zudem das AusmaU von Fehlerkosten im Beschwerdemanagennent reduziert werden und sich mittelbar ebenso positiv auf die Personalkosten auswirken. Auch die Reaktionskosten konnen uber eine Standardisierung des Leistungsergebnisses im direkten Beschwerdemanagement gesenkt werden, wenn hinsichtlich der Entschadigung/Wiedergutmachung beispielsweise auf umfangreiche Wahlmoglichkeiten fur den Beschwerdefuhrer verzichtet und lediglich eine (kostengunstige) Basisvariante angeboten wird. Wie diese kurze Ubersicht zeigt, besteht ein breites Portfolio unterschiedlicher Kostensenkungsmechanismen, die sich teilweise uberlagern bzw. gegenseitig erganzen (konnen). Im Lichte der vier vorgestellten Ansatze sind unterschiedliche Verfahrensweisen fur die weitere Diskussion denkbar. Zum einen konnten alle vier Mechanismen einbezogen und jeweils schlaglichtartig auf das Beschwerdemanagement angewendet werden. Zum anderen konnte eine der vier Optionen die grundlegende, detailliert besprochene Leitlinie der weiteren Ausfuhrungen bilden. Hier wird die zweite Vorgehensweise bevorzugt und demnach eine der vier Alternativen ausgewahit, um die KostenfiJhrerschaft auf die Sekundardienstleistung Beschwerdemanagement zu adaptieren. Der Grund hierfur ergibt sich aus den bisherlgen Uberlegungen zum strategischen Handlungsspielraum der Zentralbereichsleitung Beschwerdemanagement (siehe
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Verfeinerte Analyse der A ufgabenumwelt
Abschnitte 6.3.3 und 6.4.3). Dort wurde ausgefuhrt, dass der Bereichsleitung zwei Stellhebel fur die strategische Ausrichtung des Zentralbereichs zur Verfijgung stehen: Einerseits die Auswahl einer Wettbewerbsstrategie und andererseits der damit eng verknupfte Aspekt der strategiegeleiteten Ausgestaltung des Leistungsprogramms des Beschwerde-managements. Beide strategischen Spielraume, Wettbewerbsstrategie und Leistungsprogrammkonfiguration, finden sich in dem vierten Ansatz zur Realisierung der Kostenfuhrerschaft, der ,Standardisierung der Prozesse und Ergebnisse' wieder. Insbesondere die hier angesprochene Option der Einengung des Leistungsprogramms im Rahman der Kostenfuhrerschaft eriaubt es der Zentralbereichsleitung offensiciitlich, beide ihr offen stehenden Gestaltungsspielraume miteinander zu vereinen. Die Beschrankung des Leistungsprogramms soil daher im Weiteren als grundlegende Leitlinie fur die Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie durch das Beschwerdemanagement dienen. Freilich ist zu klaren, anhand welcher Kriterien die adaquate Begrenzung des Leistungsprogramms des Sekundardienstleisters erfolgen kann. Hilfreich hierfijr ist es, sich auf das konzeptionelle Fundament der Kostenfuhrerschaft zu besinnen: Das direkte Beschwerdemanagement soil zu moglichst geringen Kosten ein Grundnutzenniveau erreichen. Die Prazisierung dieses Grundnutzens ist der Anknupfungspunkt fur die Konfiguration des direkten Beschwerdemanagements im Rahmen der Kostenfuhrerschaft. 7.4.3
Gewahrleistung der Beschwerdeartikulation und Erreichung von Beschwerdezufriedenheit als Grundnutzen des direkten Beschwerdemanagements
Um die Diskussion der Kostenfuhrerschaft uberhaupt fuhren zu konnen, stellt sich an dieser Stelle also die Frage nach dem Grundnutzen des direkten Beschwerdemanagements. Eine Antwort hierauf ergibt sich an-
Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie
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hand einer problembezogenen Rekapitulation der bisherigen Uberlegungen. Zunachst ist erneut an das komplexe Zusammenspiel der Stakeholder des Zentralbereichs Beschwerdemanagement zu denken. Aus Sicht der Unternehmens- und Geschaftsbereichsleitung(en) ist die nachhaltige Stabilisierung gefahrdeter Kundenbeziehungen und somit die Sicherung zukunftiger Umsatzpotenziale als Grundnutzen zu bezeichnen. Im Hinblick auf die Beschwerdefuhrer wurde unter Ruckgriff auf die Beschwerdeverhaltensforschung festgestellt, dass diese bei minimalem Aufwand zu einem zufrieden stellenden Ergebnis gelangen mochten (Huppertz 2003, S. 134). Daher ist die Erzielung von Beschwerdezufriedenheit als Grundnutzen aus Sicht der Beschwerdefuhrer zu interpretieren. Nun ist daran zu erinnern, dass Beschwerdezufriedenheit als zentraler Mediator zwischen den von einem Unternehmen ergriffenen Maflnahmen im Rahmen des Beschwerdemanagements und dem zukunftigen Loyalitatsverhalten vormaliger Beschwerdefuhrer gilt (Tax et al. 1998). Deshalb kann aus Sicht des Unternehmens der direkte Beschwerdemanagementprozess nur dann als erfolgreich bezeichnet werden, wenn Beschwerdezufriedenheit auf Seiten der vormals unzufriedenen Kunden erzielt wurde. Offenbar ist die Erreichung des Grundnutzens fur die internen Stakeholder (Sicherung der Kundenbeziehung) an die Gewahrleistung des Grundnutzens der Beschwerdefuhrer (Erzielung von Beschwerdezufriedenheit) gekoppelt. Schliefilich wurde ausgefijhrt, dass Beschwerde(un)zufriedenheit aus dem Abgleich der kundenseitigen Erwartungen an ein Beschwerdemanagement mit dem eriebten Beschwerdeprozess entsteht. Der Schlussel zur Konfiguration eines am Grundnutzen orientierten direkten Beschwerdemanagements liegt somit in (1) der Erhebung der von unzufriedenen Kunden und Beschwerdefuhrern angelegten EnA/artungshaltungen an das Beschwerdemanagement und (2) der anschliefJenden Messung der er-
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
zielten Beschwerde(un)zufriedenheit. Eine so verstandene, funktionsspezifische Marktforschung bildet die Voraussetzung dafur, die Besciiwerdeinteraktionen zwisciien Kunden und Unternehmen effektiv managen zu konnen. Da aber Beschwerdemanagement, urn den angestrebten Grundnutzen realisieren zu konnen, darauf angewiesen ist, dass sich unzufriedene Kunden an das betroffene Unternehmen wenden, ergibt sich folgende Konsequenz: Auch unter der Mafigabe der Kostenfuhrerschaft sind unzufriedene Kunden zunachst zur Artikulation ihrer Beschwerde gegenuber dem Unternehmen zu motivieren. Auf einer zweiten Stufe ist zu gewahrleisten, dass das direkte Beschwerdemanagement den basalen Erwartungen der Beschwerdefuhrer gerecht wird, damit Beschwerdezufriedenheit grundsatzlich erzeugt werden kann. Die Orientierung an den basalen Erwartungen der unzufriedenen Kunden leitet sich offensichtlich aus der Maxime ab, den Grundnutzen zu einem moglichst geringen Kostenaufwand erzielen zu wollen. Ein Beschwerdemanagement wird unter der MafJgabe der Kostenfuhrerschaft deshalb nicht nach auflergewohnlich hoher Beschwerdezufriedenheit (Beschwerdebegeisterung) streben. Vielmehr wird es versuchen, lediglich den Mindesterwartungen der Beschwerdefuhrer nachzukommen und eine im Sinne des C/D-Paradigmas der Beschwerdezufriedenheit ,akzeptable Beschwerdeantwort' anzubieten, die gerade ausreicht, um eine kundenseitige Beendigung der Geschaftsbeziehung zu verhindern. Mit anderen Worten geht es darum, dem Kundenbindungsauftrag des Beschwerdemanagements mit dem denkbar geringsten Ressourcenaufwand gerecht zu werden. Diese Idee greift der folgende Abschnitt auf und entwickelt einen Vorschlag zur kostenorientierten Konfiguration des direkten Beschwerdemanagements, das ein ,basales Beschwerdezufriedenheitsniveau' anstrebt. Den konzeptionellen Mecha-nismus zur Reduktion der anfallenden Kosten stent dabei die oben aufgezeigte Standardisierung von Prozessen
Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie
359
und Ergebnissen im Beschwerdemanagement dar, die sich in der Einschrankung des Leistungsprogramms widerspiegelt. 7.4.4
Ansatz zur Ausgestaltung des direkten Beschwerdemanagements unter Maftgabe der Kostenfuhrerschaftsstrategie
Urn das Nutzenniveau des direkten Beschwerdemanagements im Sinne einer Kostenfuiirerschaft auf die Erzielung basaler Beschwerdezufriedenheit auszurichten, wird ein dreistufiges Vorgeiien gewahit: Ausgangspunkt sind die Erwartungen unzufriedener Kunden an das Beschwerdennanagement. Fur ein am Grundnutzen orientiertes Leistungsprogramm im Beschwerdemanagement sind jedoch nicht alle Kundenanforderungen gieichermafJen relevant. Daiier wird das Konzept der Muss-, Soil- und Kann-Leistungen dazu dienen, auf der ersten Stufe die kundenseitigen Erwartungen unter strategisciien Gesichtspunkten zu kategorisieren (7.4.4.1). Auf der zweiten Stufe ist zu eriautern, wie die relevanten Kundenerwartungen messteciinisch erhoben werden konnen (7.4.4.2). Auf der dritten Stufe ist schliefllich eine grundnutzenbezogene Ausgestaltung des Beschwerdemanagements im Hinblick auf die Beschwerdeartikulation sowie die Beschwerdezufriedenheit und ihre drei Gerechtigkeitsdimensionen vorzustellen (7.4.4.3). Dabei werden Marktforschungsdaten herangezogen, um konkrete Konfigurationen des direkten Beschwerdemanagements skizzieren zu konnen. 7.4.4.1
Konzeptioneller Ansatz zur Bestimmung des Leistungsprogramms eines am Grundnutzen orientierten direkten Beschwerdemanagements
Dieser Unterabschnitt wird die Frage beantworten, wie sich das Leistungsniveau eines am Grundnutzen orientierten direkten Beschwerdemanagements bestimmen lasst. Anhand des C/D-Paradigmas konnte gefolgert werden, dass schlicht die Erwartungen der Beschwerdefuhrer zu erfullen sind. Wenngleich grundsatzlich richtig, ist diese Aussage zu prazisieren, da sich die Anforderungen der Kunden individuell unterscheiden
360
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
und nicht alle in gleichem MaBe von Bedeutung sind, wenn sich ein Beschwerdemanagement lediglich auf die Erzielung eines Basisnutzens fokussiert. Daher sind auf konzeptioneiier Ebene die Erwartungen der Beschwerdefuhrer nach ihrer Relevanz fur das die Kostenfuhrerscliaft verfolgende Bescliwerdemanagement abzustufen. Bine solclie Rangreihung eriaubt die aus dem Kundendienstmanagement stammende Typologie der ,Muss-, Soil- und Kann-Leistungen' (Schonrock 1982, S. 85f.). Da diese Dreiteilung fur die Ausgestaltung von Sekundarleistungsangeboten anhand kundenseitiger Erwartungshaltungen entwickelt wurde, ist sie gut geeignet, urn als Anknupfungspunkt fur die Konzeption des Leistungsangebots im Bescliwerdemanagement zu dienen. Folgende Verstandnisse werden den Muss-, Soli- und Kann-Leistungen zugrunde gelegt: •
Muss-Leistungen sind all jene sekundaren Leistungen, die aus rechtlichen oder marktbedingten Grunden angeboten werden mussen, da sie die Nutzungsmoglichkeiten und die Leistungsfahigkeit der Primarleistung des Unternehmens maligeblich unterstutzen (Mann 1998, S. 67). Im Kontext des Beschwerdemanagements sind beispielsweise Gewahrleistungs- und teilweise Garantieleistungen als juristisch bedingte Muss-Leistungen anzusehen. Uber die gesetzlichen Mindestanforderungen hinaus gelten allerdings auch jene Sekundarleistungskomponenten als Muss-Leistungen, die von den Abnehmern als Marktstandard in einer Branche erwartet werden (Mann 1998,8.68).
•
Soll-Leistungen werden von einem Tell der unzufriedenen Kunden implizit erwartet und sollten vom Beschwerdemanagement angeboten werden, um Wettbewerbsnachteile zu vermeiden (analog Mann 1998, S. 68). Die hier angesprochene Erwartungshaltung der Nachfrager basiert auf fruheren Erfahrungen mit Unternehmen der eigenen oder anderer Branche(n).
Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie
•
361
Kann-Leistungen eines Beschwerdemanagements sind weder typisch fur die Branche, noch werden sie von unzufriedenen Kunden als Standardleistung angesehen.
Diese Typologie der Muss-, Soil- und Kann-Leistungen kann nun auf das Leistungsangebot des Beschwerdemanagements ubertragen werden. Dabei ist es sinnvoll, die in Kapitel 7.2 identifizierten Beschwerdezufriedenheitstreiber zugrunde zu legen, also die drei Gerechtigkeitsdimensionen und die diesen wiederum zuzuordnenden sechs SteuergrofJen. Auf diese Weise entsteht ein Grundraster fur die strategiegeleitete Gestaltung des Leistungsangebots im Beschwerdemanagement (Abbildung 7-12). MussLeistung
1
Distributive Justice
SoULeistung
KannLeistung
Redress
Apology
Facilitation
Procedural Justice
Timeliness
N
o PQ
Interactional Justice
Attentiveness
Credibility
Abb. 7-12: Beschwerdezufriedenheitstreiber im Lichte des Konzepts der Muss-, Soil- und Kann-Leistungen; Quelle: Eigene Abbildung.
Damit werden bereits erste konzeptionelle Ansatzpunkte fur die Umsetzung der Kostenfuhrerschaft erkennbar. Strategische Zielsetzung wird es sein, lediglich die Muss- und ggf. die Soll-Leistungen zu erbringen, um so zu moglichst niedrigen Kosten Beschwerdezufriedenheit erzielen zu konnen. Dafur sind jedoch zunachst die Erwartungshaltungen der unzufrie-
362
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
denen Kunden und die Zufriedenheit der Beschwerdefuhrer mittels einer funktionsbereichsspezifischen Marktforschung zu erheben. 7.4.4.2
Funktionale Marktforschung als Schlussel zur Erhebung der Muss- und Soll-Leistungen
Fur die Vorstellung von Verfahren zur Identifikation von Muss- und SollLeistungen ist zunaciist an die allgemeinen Methoden zur Erhebung von Kundenzufriedenheit bzw. von Dienstleistungsqualitat anzuknupfen (7.4.4.2.1). AnschliefJend soil eine auf die spezifisciie Identifikation der Muss- und Soll-Leistungen im direkten Beschwerdemanagement ausgerichtete Methodenkombination vorgestellt werden (7.4.4.4.2.) 7.4.4.2.1
Oberblick genereller Verfahren zur Erhebung von Kundenzufriedenheit und Dienstieistungsqualitat
Bevor die Verfaiiren vorgestellt werden konnen, ist zunachst das Verhaltnis der in diesem Zusammenhang eng miteinander verwobenen Begriffe Qualitat und Zufriedenheit anzusprechen. Die betriebswirtschaftliche Diskussion des Qualitatsbegriffs unterscheidet ein objektives und ein subjektives Qualitatsverstandnis (Bruhn 1999, S. 557f.; Meyer/Mattmuller 1987, S. 189f.). Objektive Qualitat bezieht sich auf die technisch-funktionale Beschaffenheit einer Leistung bzw. eines Produkts (Roleff 2001, S. 106). Wie anhand der Bezeichnung ,objektiv' deutlich wird, bleiben die subjektiv-personlichen Bedurfnisse, Anforderungen und Erwartungshaltungen eines Leistungsnachfragers aus dieser Perspektive in hohem Ma(ie unberucksichtigt (ebd.). Es gilt daher, die individuellen Bedurfnisse in die Qualitatsdiskussion zu integrieren und die objektiven durch subjektive Bewertungskriterien zu erganzen Oder ggf. zu ersetzen (Bruhn 1999, S. 558). Dies ist vorteilhaft, da letztlich der Nachfrager entscheidet, ob die Qualitat einer Leistung gut oder schlecht ist (Hentschel 2000, S. 293). Hier setzt das subjektive Qualitatsverstandnis an und beschreibt Qualitat eines Produkts bzw. einer Dienstleistung
363
Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie
als den Erfullungsgrad der individuellen, an sie gestellten Kundenerwartungen (Mann 1998, S. 307; Roleff 2001, S. 106). Dieses subjektive, nachfragerbezogene Qualitatsverstandnis wird in der wissenschaftlichen Marketingdiskussion dann weitgehend mitdem Verstandnisvon (Kunden-) Zufriedenheit gleichgesetzt (Roleff 2001, S. 106; Stauss 1999, S. 6f.). Zur Erhebung dieser subjektiv wahrgenommenen Kundenzufriedenheit stehen mehrere Verfahren zur Verfugung, die kurz systematisiert werden sollen.^^® Abbildung 7-13 fuhrt vier Unterscheidungsmerkmale an, nach denen sich die Vorgeinensweisen klassifizieren lassen (im Weiteren Beutin2003, S. 119ff.).^^^ Direktheit
Orientierung
Dimensionalitat
i
1
1
Messzeitpunkt
i
•
Implizit
•
Ereignis
•
Eindimensional
•
Ex ante
•
Explizit
•
Merkmal
•
Mehrdimensional
•
Ex ante + ex post
•
Ex post
T
t
t
t
Abb. 7-13: Systematisierung der Verfahren zur Erhebung von Kundenzufriedenheit; Quelle: In Aniehnung an Beutin (2003, 8. 118).
Ein erstes Kategorisierungskriterium stellt die Direktheit der IVIessung dar, aniiand dessen implizite und explizite Messansatze unterschieden werden. •
138
Implizite Verfahren knupfen typischerweise selbst am (indirekten) Beschwerdemanagement an. Sie zielen auf die Identifikation bestehender Leistungsdefizite ab, die auf der Beschwerdeauswertung und -informationsnutzung bzw. der Analyse eingegangener Reklamationen beruht. Dieser Ansatz bedient sich eines impliziten Ruckschlus-
Auf die Eriauterung der objektiven Methoden wird entsprechend verzichtet; siehe hierzu Beutin (2003, S. 118f.). 139 Eine andere Systematisierungsweise der Verfahren zur Messung der Dienstleistungsqualitat findet sich z.B. bei Hentschel (2000, S. 296).
364
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
ses von den gewonnenen Beschwerdeinformationen auf die im Markt herrschende Kundenzufriedenheit. •
Dagegen erfolgt im Rahmen expliziter Verfahren eine direkte Befragung der Kunden hinsichtlich des Erfullungsgrades ihrer Erwartungen bzw. der wahrgenommenen Zufriedenheit mit den Marktieistungen eines Unternehmens.
Eine zweite Unterscheidungsdimension knupft an der Orientierung des Messinhalts an und trennt ereignis- und merkmalsorientierte Verfahren. •
Ereignisorientierte Verfahren erheben die Zufriedenheit mit einem (stellenweise auch mehreren miteinander verknupften) als besonders wichtig empfundenen Kundenkontaktereignis(sen). Als wohl prominentestes Beispiel ist hier die Methode der kritischen Ereignisse (Critical Incident Technique) anzufuhren.
•
Umfassender erheben merkmalsorientierte Verfahren die Zufriedenheit der Kunden. Diese beziehen sich auf die im Zeitverlauf gebildete Zufriedenheit mit einem breiten Spektrum an Produkt-, Service- und Interaktionsmerkmalen.
Nach der Dimensionalitat der Messverfahren lassen sich eindimensionale und mehrdimensionale Ansatze differenzieren. •
Eindimensionale Messungen erheben die Zufriedenheit anhand eines Faktors/lndikators bzw. untersuchen lediglich eine inhaltliche Dimension der Kundenzufriedenheit.
•
Deutlich besser werden mehrdimensionale Messverfahren dem Zufriedenheitskonstrukt gerecht, weshalb diese Ansatze sehr breite Anwendung finden.^'^^ Das bereits angesprochene Messinstrument RECOVSAT Oder der im Kontext der Dienstleistungsqualitat promi-
140
Fur einen Uberblick uber multiattributive Verfahren im Dienstleistungskontext siehe Hentschel (2000, S. 289).
Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie
365
nent diskutierte SERVQUAL-Ansatz^"^^ stellen beispielsweise solche multidimensionalen Verfahren dar. SchlieBlich werden hinsichtlich des Zeitpunkts der Messung ,ex ante-' ,ex ante/ex-post-' und reine ,ex post-Verfahren' unterschieden. •
Eine ex ante-Erhebung zielt darauf ab, (lediglich) die kundenseitigen Erwartungen an eine fokale Dienstleistung zu bestimmen, unn so diejenigen Leistungsdimensionen zu identifizieren, die zur Zufriedenstellung der Nachfrager zu gewahrleisten sind. Da in diesem Messprocedere kein Konsum der Dienstleistung erfolgt, wird hier eine kundenseitig antizipierte Zufriedenheit bestimmt. Eine faktische Zufriedenheitsmessung, i.S. des Abgleichs von Erwartung und Wahrnehmung, ist nicht intendiert.
•
Ex ante/ex post-Verfahren erheben im Vorfeld (ex ante) des Konsums die Erwartungshaltung der Nachfrager. Nach der Leistungsinanspruchnahme (ex post) erfolgt die (zweite) Messung des Erfullungsgrades der Erwartungen.
•
Ein ex post-Ansatz sieht lediglich eine Erhebung nach dem Leistungskonsum vor, wobei zwei Varianten Anwendung finden: Zum einen wird angeregt, die Messung von Erwartungshaltung und Erfullungsgrad zu trennen, diese aber zu einem Zeitpunkt mittels eines Fragebogens zu erheben. Zunn anderen finden sich ex post-Messungen, die auf die separate Erhebung verzichten und lediglich den Erfullungsgrad der Erwartungshaltung messen.
Wennglelch hier lediglich dieser schlaglichtartige Uberblick moglich ist, wird doch offensichtlich, dass dem Beschwerdemanagement ein reichhaltiger Fundus unterschiedlicher Verfahrensweisen zur Erhebung der 141
Im Bereich der multiattributiven Verfahren kann dieser von Parasuraman, ZeithamI und Berry (1985, 1988) entwickelte und empirisch belegte Messansatz als der bedeutendste Beitrag gelten (Homburg/Krohmer 2003, S. 815). Die Autoren identifizieren dabei mit (1) Zuverlassigkeit, (2) dem tangiblen Umfeld, (3) Reaktionsbereitschaft, (4) Leistungskompetenz und (5) Einfuhlungsvermogen die funf Dimensionen der Dienstleistungsqualitat.
366
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Kundenzufriedenheit bzw. der vom Beschwerdemanagement erbrachten Dienstleistungsqualitat zur Verfugung steht. Zweifelsohne muss deren jeweilige Eignung im situativen Kontext des Unternehmens und im Lichte der Vor- und Nachteile der einzelnen Verfahren abgewogen werden. Fur die hier primar verfolgte Zielsetzung der Bestimmung von Muss- und SollLeistungen sollen drei Verfahren angeregt werden. 7.4.4.2.2
Methoden zur Identifikation von Muss- und Soll-Leistungen
Die vorzuschlagenden Metiioden mussen in der Lage sein, diejenigen Muss- und Soll-Leistungen zu bestimmen, die ein Beschwerdemanagement in der Kostenfuhrerschafts-Konfiguration anzubleten hat, um das Niveau einer basalen Beschwerdezufriedenheit zu erreichen. In diesem Kontext bieten sich generell Messkonzepte an, die auf die Bestimmung von Minimum- bzw. Werterhohungsqualitaten abzielen. An dieser Stelle soil die Kombination zweier entsprechender Vorgehensweisen, dem Penalty-Reward-Verfahren und der Critical Incident Technique, angeregt werden. ^"^^ Kritisch anzumerken ist jedoch, dass, wie sich zeigen wird, Penalty-Reward-Verfahren und Critical Incident Technique vor allem zur Identifikation der Muss-Leistungen dienen, wohingegen die Soll-Leistungen nur bedingt mittels beider Ansatze zu ermittein sind. Deshalb wird vorgeschlagen, diese Methoden durch ,ex ante-Experimente' als ein drittes Verfahren zu erganzen. Wenngleich ex ante-Experimente nicht auf eine faktische, sondern eine nachfragerseitig antizipierte Zufriedenheitserhebung gerichtet sind, eriauben sie dennoch das Spektrum der kundenseitigen Soll-Erwartungen praziser zu erfassen als Penalty-Reward-Verfah142
Freilich ist hier neben den beiden genannten Verfahren an weitere IVIethoden zur Bestimmung der fokalen Leistungen zu denl<en. Beispielsweise gilt das Kano-IVIodell (Kano et al. 1984) und die daran geknupfte Erhebungsmethodik als gut geeignet, um Kundenanforderungen zu strukturieren und ihren Einfluss auf die Zufriedenheit der Kunden zu bestimmen. Das Kano-Verfahren stellt daher eine adaquate Alternative zu PenaltyReward-Analyse und CIT dar. Siehe ausfuhrlich zum Kano-Ansatz Sauerwein (2002).
Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie
367
ren und Critical Incident Technique. Dieser Methodendreiklang ist daher (erst) in seinem Zusammenspiel in besonderem Malie geeignet, um einem die Kostenfuhrerschaft anstrebenden Beschwerdemanagement die Identifikation der Muss- und Soll-Leistungen zu ermoglichen. Die drei Verfahren sollen kurz umrissen werden. Das Penalty-Reward-Verfahren Das Grundprinzip des Penalty-Reward-Faktoren-Ansatzes ist es, Dienstleistungen als Bundel zahlreicher Attribute anzusehen, die in unterschiedlicher Weise das Quaiitatsurteil des Nachfragers beeinflussen (Gocke 1999, S. 28; Haller 1993, S. 25). Einzelne der Leistungsfaktoren zielen darauf ab, die minimalen Anforderungen der Kunden zu erfullen. Diese Faktoren konnen so lediglich Unzufriedenheit beim Kunden vermeiden und auch bei exzellenter Erfullung keine Zufriedenheit erzeugen; sie werden als Dissatisfiers Oder Penalty-Faktoren bezeichnet (Gocke 1999, S. 28; Roller 2000, S. 30). In umgekehrter Weise wirken Satisfiers Oder Reward-Faktoren. Die Existenz von Reward-Faktoren wird Zufriedenheit auslosen, ihr Fehlen aber nicht zu Unzufriedenheit fuhren (Haller 1993, S. 25). Leistungselemente, die sowohl Zufriedenheit als auch Unzufriedenheit hervorzurufen vermogen, werden als Hybrid-Attribute Oder Criticals bezeichnet (Haller 1993, S. 26; Matzler et al. 2000, S. 13). Die Identifikation der drei Faktorkategorien erfolgt mittles spezifisch gestalteter Kundenbefragungen, die anhand einer Variante der multiplen Regressionsanalyse ausgewertet werden (Haller 1993, S. 26; Matzler et al. 2000, S. 14). Das Penalty-Reward-Verfahren eignet sich im Besonderen zur „effizienten Allokation begrenzter Ressourcen" (Haller 1993, S. 27). Die Idee des Penalty-Reward-Verfahrens im Kontext der Kostenfuhrerschaft auf das direkte Beschwerdemanagement zu ubertragen, scheint daher viel versprechend zu sein. Im Rahmen einer Kostenfuhrerschaft wird das Beschwerdemanagement bestrebt sein, schrittweise alle Dissatisfiers und
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Criticals im Einklang mit den Kundenerwartungen zu benennen und zu gestalten, denn diese Leistungskategorien sind es, die Beschwerdemanagement als die von Besciiwerdefuhrem wahrgenomnnenen Muss- bzw. Soll-Leistungen interpretieren kann. In erster Linie sind die Dissatisfiers in der kundenseitig geforderten Weise zu erbringen, unn Unzufriedeniieit a priori zu vermeiden. Dissatisfiers spiegein somit die Idee der Muss-Leistungen wider. Eine detaillierte Reflexion erfordern die Criticals, die als Analogon der Soll-Leistungen anzusehen sind. Hinsichtlich der Criticals scheint eine fallweise Einschatzung vonnoten, da eine Nicht-Erfullung in der Wahrnehnnung bestinnmter Beschwerdefuhrer (aber nicht generell bei alien Kunden) Unzufriedenheit auslosen kann. Eine allgemein gultige Regel lasst sich bezuglich des Umgangs nnit Criticals allerdings kaunn formulieren, was als Nachteil des Penalty-Reward-Ansatzes betrachtet werden muss. Erst nachdem alle Dissatisfiers und als relevant erachteten Criticals in das Leistungsprogramm integriert und entsprechend ausgestaltet wurden, werden in einem letzten Schritt eventuell noch verfugbare Ressourcen fur die Ausgestaltung einzelner Satisfiers aufgewendet, da diese als Kann-Leistungen einzuordnen sind. Welche Leistungsfacetten eines Beschwerdemanagements allerdings tatsachlich als Dissatisifers, Criticals und Satisfiers gelten konnen, bleibt bislang von der Forschung unbeantwortet, da das Penalty-Reward-Verfahren noch nicht auf die sekundare Dienstleistung Beschwerdemanagement angewendet wurde. Trotz der prinzipiellen Eignung des Penalty-Reward-Verfahrens zur Gestaltung eines Leistungsportfolios gilt es, die angesprochene Problematik der Entscheidungsfindung hinsichtlich der Criticals zu bedenken. Zudem wird der Aussagewert einer isoliert durchgefuhrten Penalty-Reward-Analyse in der einschlagigen Literatur stellenweise als gering eingestuft (Mailer 1993, S. 39; Matzler et al. 2000, S. 15). Daher scheint der parallele Ruckgriff auf die ereignisorientierte Critical Incident Technique ratsann.
Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie
369
Die Critical Incident Technique Die Idee der Critical Incident Technique (CIT) ist es, mittels standardisierter offener Fragestellungen kritische Ereignisse des Kunden in der Interaktion mit dem fokalen Dienstleistungsanbieter detailliert zu erheben (Bitner et al. 1990; Stauss 2000b, S. 332f.). Als ,kritisch' wird ein Ereignis bezeichnet, das von Kunden als aufiergewohnlich positiv oder negativ wahrgenommen und im Gedachtnis behalten wurde (Stauss 2000b, S. 332). Mittels dieses Verfahrens wird es moglich, die Hintergrunde derjenlgen Kontaktsituationen zu ergrunden, die Kunden als besonders zufriedenstellend oder aber als in besonderem MaBe unzufrledenstellend eingestuft haben (Honnburg/Krohmer 2003, S. 823). Fur die hier angestrebte Konfiguration des Leistungsprogramms inn Beschwerdemanagement weist die CIT zwei entscheidende Vorteile auf: •
Zunn einen ermoglicht sie konkrete Ruckschlusse auf „Mindesterwartungen der Kunden an das Niveau der Leistungserstellung" (Stauss 2000b, S. 332) und beschreibt dannit gerade jenes Anspruchsniveau, das fur die Identifikation der Muss-Leistungen im Beschwerdemanagement entscheidend ist.
•
Zum anderen erweist sie sich als „uberlegenes Verfahren", um besonders intensiv empfundene positive bzw. negative Ereignisse im Rahmen der Dienstlelstungserstellung zu identifizieren (Stauss 2000b, S. 333). Diese negativen Ereignisse dienen insofern der Umsetzung der Kostenfuhrerschaftsstrategie, als es sich hierbei um unbedingt zu vermeidende Fehlleistungen handelt, die auch im Rahmen einer Kostenfuhrerschaft vom Kunden nicht akzeptlert werden. Mit anderen Worten beschreiben die von Kunden als in hohem Mafte negativ eingestuften Eriebnisse Muss-Leistungen, die ein Beschwerdemanagement zu erbringen hat, um das im Rahmen der Kostenfuhrerschaft angestrebte basale Niveau der Beschwerdezufriedenheit erreichen zu konnen.
370
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Die CIT zeichnet sich durch eine besondere Reichhaltigkeit der gewonnenen Informationen aus, da sie die Analyse der zugrunde liegenden Ursachen von (Un-) Zufriedenheit eriaubt, wie es traditionelle Kundenbefragungen nicht zulassen (Homburg/Krohmer 2003, S. 824; Stauss 2000b, S. 333). Daher fand dieses Verfahren breite Anwendung fur die Identifikation und Klassifikation von Dienstleistungsproblemen auf der Primarleistungsebene. Oberrasciienderweise aber liegt, nacii Kenntnis des Verfassers, bisher lediglich eine Studie vor (Estelami 2000), die die Metiiodik explizit auf die Sekundardienstleistung Beschwerdemanagement ubertragt und deren Erkenntnisse nocii zu bespreciien sein werden. Gleiciiwoiil wird aniiand der Ciiarakterisierung der CIT auch deutlich, dass sie zwar unmittelbare Ruckschlusse auf Muss-Leistungen eriaubt, allerdings, wie bereits die Penalty-Reward-Analyse, nur bedingt zur Identifikation der Soll-Leistungen dienlich ist. Deshalb soil hier zusatzlich die Methode der ex ante-Experimente in die Diskussion einbezogen werden, die sich fur eine ganzheitliche Identifikation kundenseitiger Erwartungshaltungen eignet. Ex ante-Experimente Grundsatzlich stellen Experimente Mischformen aus Befragungen und Beobachtungen dar, wobei die Akzentuierung je nach Fragestellung unterschiedlich ausgepragt sein kann (Homburg/Krohmer 2003, S. 204). Im Rahmen so genannter Laborexperimente wird versucht, unter kunstlichen Bedingungen die Realitat in vereinfachter Weise nachzubilden, um das fokale Verhalten der Versuchspersonen zu studieren (ebd.). Einer der besonderen Vorteile von Laborexperimenten besteht in der relativ hohen Kontrolle der Forscher. Dies eriaubt es, auf Basis gleicher Experimente bei ahnlichen Testpersonen zu vergleichbaren Ergebnissen zu gelangen (Homburg/Krohmer 2003, S. 205). Vor allem aufgrund dieses Kontrollaspekts finden Laborexperimente in der Beschwerdeforschung verschie-
Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie
371
dentlich Anwendung (z.B. Boshoff 1997; Brown et al. 1996; Johnston/Fern 1999). Wie erwahnt, fokussiert ein ex ante-Experimentalansatz gerade die Erwartungen, die unzufriedene Kunden an ein Beschwerdemanagement richten. Das ex ante-Experiment erschliefJt folglich die ganze Bandbreite der Kundenerwartungen an ein Beschwerdemanagennent, ohne dabei die Extremkategorien der Muss- und Kann-Leistungen in den Mittelpunkt zu stellen, wie es bei Penalty-Reward-Methode und CIT tendenziell der Fall ist. Urn aber die erhobenen Erwartungshaltungen in Muss-, Soil- und Kann-Leistungen transformieren zu konnen, bedarf es einer Operationalisierung der Leistungsklassen. Im weiteren Verlauf der Arbeit soil hierfur ein Prozentwert-Ansatz vorgeschlagen werden. Als relevanter Malistab fur die Einstufung einer fokalen Leistungsfacette als Muss-, Soil- Oder Kann-Leistung wird die Hohe des Prozentsatzes der Kunden zugrunde gelegt, der die jeweilige Leistung als ubiich betrachtet bzw. vom Beschwerdemanagement einfordert. Da die Literatur bislang kelne Aussagen uber entsprechende Prozentwerte trifft, werden die drei Leistungskategorien im Weiteren wie folgt voneinander abgegrenzt: •
Im Hinblick auf Muss-Leistungen wird davon ausgegangen, dass nur dann von einer grundlegenden bzw. standardmaRigen Erwartung gesprochen werden kann, wenn eine Mehrheit der Beschwerdefuhrer diese Anspruchshaltung teilt. Deshalb werden ausschliefilich solche Leistungen als Muss-Leistungen des Beschwerde-managements eingeordnet, die von mehr als 50% der Beschwerdefuhrer eingefordert werden.^^^
143
Dieser Grenzsatz ist zum einen obsolet, wenn eine gesetzliche Verpflichtung gegeben ist; zum anderen ist der jeweilig relevante Prozentwert in hohem Mafle unternehmensbzw. branchenspezifisch zu fixieren.
3 72
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
•
Als Soll-Leistungen konnen Beschwerdemanagement-MaBnahmen eingestuft werden, die mehr als 20% aber nicht mehr als 50% der Beschwerdefuhrer vom Beschwerdemanagement erwarten.^'^'^
•
Als Kann-Leistungen gelten solche Beschwerdereaktionen, die von weniger als 20% der Beschwerdefuhrer erwartet werden.
Die Erhebung der Erwartungshaltungen der Beschwerdefuhrer anhand dieses vorgeschlagenen Methodendreiklangs eriaubt es, detaillierte Erkenntnisse fur die Ausgestaltung des Beschwerdemanagements abzuleiten. Da, wie erwahnt, bislang aber nur wenige (stellenweise keine) Forschungsarbeiten anhand dieser Verfahren durchgefuhrt wurden, kann der Nutzen dieser Methodenkombination im Weiteren nur bedingt anhand existenter Marktforschungsergebnisse aufgezeigt werden. Dennoch lasst sich im folgenden Unterabschnitt eine konkrete Konfiguration des direkten Beschwerdemanagements unter MafJgabe der Kostenfuhrerschaft illustrieren, die aus dem ex ante-Experimentalansatz abgeleitet wird. 7.4.4.3
Ausgestaltung des grundnutzenorientierten direkten Beschwerdemanagements
Da die Beschwerdeartikulation die Voraussetzung fur die Dienstleistungserbringung durch das Beschwerdemanagement darstellt, gilt es auch im Kontext der Kostenfuhrerschaft Maflnahmen einzuleiten, die es unzufriedenen Kunden erieichtern, ihre Beschwerde an das Unternehmen zu richten (7.4.4.3.1). Darauf aufbauend kann die Ausgestaltung des direkten Beschwerdemanagements im Rahmen des Kostenfuhrerschaftsprinzips erfolgen (7.4.4.3.2). Der hier vorgeschlagene untere 20%-Grenzwert beruht auf der Adaption des ,ParetoPrinzips' bzw. der so genannten ,80-20-Reger, nach der Ursache und Wirkung in einem IVIissverhaltnis stehen. Freilich ist dieses IVIissverhaltnis hier aus Sicht des Beschwerdemanagements zu interpretieren: Auch wenn nur ein vergleichsweise geringer Prozentsatz von z.B. 25% der Kunden die fokale Leistungsdimension erwartet, konnen diese Kunden, so die hiesige Annahme, einen erheblichen negativen Einfluss (z.B. durch Verargerung bzw. Enttauschung) auf das Unternehmen haben. Deshalb wird die untere Grenze, im Einklang mit dem Pareto-Prinzip, auf 20% festgelegt.
Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie
7.4.4.3.1
373
Ansatzpunkte zur Ausgestaltung der Beschwerdestimulierung
Unzufriedene Kunden treffen die Entscheidung fur oder gegen die Beschwerdefuhrung in erster Linie anhand einer Beschwerdekosten-NutzenAbwagung. Da Beschwerdefuhrer bestrebt sind, den fur sie entstehenden Beschwerdeaufwand zu minimieren (Huppertz 2003, S. 134), fordert Crie (2003, S. 73): „AII must be done in order that the various costs associated with this behaviour [Anm. d. Verf.: gemeint ist die Beschwerdeartikulation] are reduced, so that complaints are encouraged, facilitated and even solicited in order for companies to take corrective action." Das Beschwerdemanagement muss also, will es seine Zugangs- und Kanalisierungsfunktion effektiv erfullen, den Aufwand auf Seiten des unzufriedenen Kunden fur die Inanspruchnahme der Dienste des Beschwerdemanagements minimieren. Diese Erkenntnis wurde bereits von verschiedenen Forschungsarbeiten unter dem Schlagwort der Beschwerdestimulierung unterstrichen (Davidow/Davin 1997; FornellA/Vernerfelt 1987, 1988; Gilly/Gelb 1982; Gilly/Hansen 1985; Landon 1977). Ohne vollumfanglich auf die Beschwerdestimulierungsforschung eingehen zu konnen, sollen im Weiteren grundsatzlich geeignete Ansatzpunkte aufgezeigt werden, um den Beschwerdeaufwand unzufriedener Kunden zu reduzieren. Dabei basiert die erfolgreiche Beschwerdestimulierung auf dem Zusammenspiel der (1) Einrichtung geeigneter Zugangskanale fur unzufriedene Kunden und (2) der effektiven Kommunikation der Existenz dieser Beschwerdekanale gegenuber Kunden und Mitarbeitern des Unternehmens (Abbildung 7-14) (Homburg/Furst 2003, S. 14; Stauss/Seidel 2002, S. 98ff.). Beide Teilaspekte sind unter MaUgabe der Kostenfuhrerschaft zu gestalten.
374
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Arten geeigneter Beschwerdekanale §1 >
M3
11
1 i Schriftlicher Beschwerdekanal • Varianten von Comment Cards • Beschwerdebriefkasten
i Miindlicher Beschwerdekanal • Proaktive Nachfrage im Kundenkontakt • Customer Relations/ Feedback Desks
i Telefonischer Beschwerdekanal •
Verschiedene Rufhummervarianten (z.B. 0800; 0180, etc.)
i Elektronischer Beschwerdekanal • E-Mail-System • Homepage • Kiosksysteme
^ Kommunikationsmix
'SI
Generelle Korrespondenz- und Kommunikationsmittel
Eigene Kommunikationsmittel
Massenmedien
Briefformulare Kataloge Broschiiren
Plakate Beschwerdebroschtiren
Anzeigen in Printmedien Spots in HorfUnk/ TV
Sonstige "Kontakte" des Kunden Gebrauchsanweisungen Firmenfahrzeuge Verpackungen
Abb. 7-14: Mafinahmenmix der Beschwerdestimulierung; Quelle: Eigene Abbildung basierend auf Stauss/Seidel (2002, S. 98ff.)-
Einem Untemehmen steht eine grofle Bandbreite von Instrumenten zur Verfugung, urn die dem Kunden entstehenden (monetaren, zeitlichen und psychischen) Beschwerdekosten zu reduzieren (Huppertz 2003, S. 132; Stauss/Seidel 2002, S. 66). Die hier aber im Vordergrund steiiende Frage ist, welche Beschwerdekanale ein Beschwerdemanagement im Kontext der Kostenfuhrerschaftsstrategie bevorzugt nutzen sollte, um die Nachfrage nach der Abhilfefunktion zu steigern. Diese Entscheidung ist anhand einer Gegenuberstellung der Beschwerdekosten zu treffen, die einerseits fur den Beschwerdefuhrer und andererseits fur das Untemehmen mit dem (1) schriftlichen, (2) mundlichen, (3) telefonischen und (4) elektronischen Beschwerdekanal verknupft sind (im Weiteren Stauss/Seidel 2002, S. 99ff.).
Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie
375
(1) Bei der Evaluation des schriftlichen Beschwerdekanals gilt es folgende Aspekte zu betrachten: o
Aus Kundensicht erfordert das Verfassen eines Briefes ein erhebliches Mad an Zeit und Muhe und ist als Treiber der zeitllchen und psychischen Beschwerdekosten anzusehen. Ferner wird das Risiko bestehen, dass das Verargerungsgefuhl des Kunden wahrend des Abfassens des Briefes erneut in Erinnerung gerufen und quasi ,konserviert' wird. Dadurch konnten die psychischen Kosten nochmals erhoht werden. Monetar sind (mindestens) eventuelle Portokosten des Kunden zu berucksichtigen.^"^^ Allerdings konnen die zeitlichen, vor allem aber die monetaren Kosten durch den Einsatz von portofreien Meinungskarten (Comment Cards) vermindert werden.
o
Aus Sicht des Unternehmens sind mit dem schriftlichen Beschwerdekanal regelmafJig hohe Kosten verbunden, z.B. deshalb, well Briefe meist manuell in das elektronische Beschwerdemanagement-System ubertragen werden mussen. Kommen Meinungskarten zum Einsatz, so entstehen Herstellungs- und Distributionskosten. Ferner kann die Aktualisierung der Comment Cards Uberarbeitungs- bzw. erneute Herstellungskosten trotz noch vorhandener Bestande erzeugen. SchliefJIich sind eventuell vom Unternehmen zu tragende Portokosten zu bedenken, die fur an Kunden ausgegebene Meinungskarten entstehen.
(2) Die Beurteilung des mundlichen Beschwerdekanals zeigt folgendes Kostengefuge: o
Die mijndliche Beschwerde ist regelmafJig mit geringen monetaren und zeitlichen Beschwerdekosten fur Kunden verbunden, da
145
Diese wie auch die zeitlichen Kosten konnen durch Wegekosten zu Poststellen ausgeweitet werden.
376
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
sie bereits vor Ort sind. So kann entstandene Unzufriedenheit unmittelbar dem Kundenkontaktmitarbeiter gegenuber zum Ausdruck gebracht werden. Allerdings sind die wahrgenommenen psychischen Beschwerdekosten als eher hoch einzuschatzen, da eine unangenehme Auseinandersetzung im Beisein anderer Kunden zu erwarten sein kann. Die psyciiischen Beschwerdekosten werden zusatzlicii erhoht, wenn die Dienstleistung ein Maciitveriialtnis zwisciien Kunde und Unternehmensmitarbeiter impliziert (Reciitsanwalte, Arzte, etc.).^"^^ o
146
Der mundliche Besciiwerdekanal eroffnet dem Unternehmen die Ciiance, Kundenfeedback im Raiinnen von Dienstleistungsinteraktionen zu geringeren Kosten zu eriialten, als es uber sciiriftliciie Beschwerden moglicii ist. Zwar wurden die Kosten im Falle eines Customer Feedback Desks gesteigert, die proaktive Kommunikation der Erwunsciitiieit von Beschwerden im Service Encounter ist im Gegenzug aber mit nur geringen Kosten verbunden (Davidow/Dacin 1997, S. 453; Smith et al. 1999). Das Kostenvolumen ist insgesamt als mittelwertig einzustufen, da verschiedentlich erheblicher Ressourcenaufwand (Arbeitszeit des betref-
Die psychischen Beschwerdekosten konnen reduziert werden, indem a priori kommuniziert wird, dass Beschwerden willkommen und erwunscht sind. Ein unzufriedener Kunde wird vor dem Hintergrund seiner wahrgenommenen Unzufriedenheit z.B. keinem innerlichen Konflikt hinsichtlich der Artikulationsentscheidung ausgesetzt. Generell sind aus Sicht des Kunden peinliche bzw. unangenehme Situationen im Rahmen des Beschwerdemanagements zu vermeiden (Chiu et al. 1988, S. 178f.; Davidow/Dacin 1997, 8. 454). Chiu et al. (1988, 8. 178f.) beschreiben in ihrer Studie uber das Beschwerdeverhalten von in Hong Kong studierenden Chinesen ein Beispiel fur die psychischen Kosten der Beschwerdeartikulation wie folgt: „When complaint action involved direct personal confrontation, these Chinese students tended not to complain. The perceived cost of losing face may be the intervening variable mediating between face situation and noncomplaining. The demoralizing repercussions of losing face place high costs on complaining. This perceived cost would then reduce consumers' willingness to complain. Should this be true, then Chinese complaint behaviour can also be described as costsensitive and cost-aversive."
Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie
377
fenden Mitarbeiters) auf Seiten des Unternehmens aus einer mundlich vorgebrachten Beschwerde resultieren kann. (3) Hinsichtlich des telefonischen Beschwerdekanals sind auf Kundenwie auch Untemehmensseite geringere Kosten zu diagnostizieren: o
Fur den Kunden sind die zeitlichen Kosten fur die telefonische Artikulation seiner Beschwerden als niedrig einzustufen. Die monetaren Kosten sind im Falle der kompletten Ubernahnne der Telefongebijhren durch das Unternehmen gleich Null und auch im Falle der Shared Cost-Nunnmern noch als niedrig anzusehen. Die psychischen Kosten sind ebenfalls gering, da der Kunde weifJ, dass im Beschwerde-Center die Aufgabe der Mitarbeiter in der Beschwerdelosung besteht; zudem ist eine 1:1-lnteraktion (also ohne Anwesenheit weiterer Personen) der Reduktion psychisch wahrgenommener Beschwerdekosten forderlich.
o
Im Unternehmen sind Insbesondere gegenuber schriftlichen Beschwerden erhebliche Kosteneinsparungspotenziale durch den telefonischen Beschwerdekanal zu erwarten. Stauss/Seidel (2002, S. 105) beziffern mit Hart et al. (1991) die durchschnittlichen Bearbeitungskosten einer telefonischen im Vergleich zu einer schriftlich eingegangenen Beschwerde auf ca. 50%. Kosteneinsparungs-potenziale ergeben sich ferner dadurch, dass mittels verschiedener Kostenmodelle, so genannter Shared CostNummern, die Kunden an den Telefongebuhren beteiligt werden konnen (z.B. Varianten der 0180x-Nummern).
(4) Auch fur den elektronischen Beschwerdekanal sind auf beiden Seiten niedrige Kosten festzustellen: o
Aus Kundensicht liegen die Vorteile in der Asynchronitat und Schnelligkeit des Mediums sowie in dem, im Vergleich zu klassischen schriftlichen Beschwerden, niedrigeren zeitlichen und fi-
378
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
nanziellen Aufwand. Ebenfalls empfinden Beschwerdefuhrer geringere psychische Kosten, da sie keiner unmittelbaren, kritischen Gesprachssituation ausgesetzt sind. o
Fiir das Unternehmen gestalten sich die Bearbeitungskosten elektronisch eingegangener Beschwerden (E-Mail-Beschwerden) typischerweise niednger als Kosten fur mijndlich, schriftlich oder telefonisch entgegengenommene Beschwerden. Wenngleich exakte Kostenanalysen bislang ausstehen, deuten erste Erkenntnisse auf urn etwa 20% niedrigere Bearbeitungskosten einer EMail-Beschwerde im Vergleich zu den drei anderen Beschwerdekanalen iiin (Stauss/Scholer 2003, S. 95). Ein Kostenvorteil beim Einsatz von Internet-Formularen ergibt sicii insbesondere daraus, dass die Datenerfassung vom Kunden ubernommen wird (Stauss/Seidel 2002, S. 109).
Kosten fiir Beschwerdefuhrer monetar Schriftlicher Beschwerdekanal Miindlicher Beschwerdekanal Telefonischer Beschwerdekanal Elektronischer Beschwerdekanal
zeitlich
Kosten fiir Unternehmen
psychisch
mm g mm 0 ^ El m
tj 1 ^
E M M \
Mittlere 1^1 I I Beschwerdekosten
^ k ^
f\M
Eher hohe/niedrige Beschwerdekosten
Abb. 7-15: Beurteilung von Beschwerdekosten der Beschwerdekanale; Quelle: Eigene Abbildung.
Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie
379
Im Lichte dieser in Abbildung 7-15 zusammengefassten Kostenbetrachtung lassen sich nun RuckschliJsse fur die Beschwerdestinnulierung eines die Kostenfuhrerschaft verfolgenden Beschwerdemanagements Ziehen: Aus kundenseitigen und unternehmensseitigen Kostengrunden kann der schriftliche Beschwerdekanal als vergleichsweise unattraktiv eingestuft werden. Auch die Fokussierung auf den mundlichen Beschwerdekanal ist aus Kundenperspektive mit einer psychischen Barriere und aus Sicht des Beschwerdemanagements mit einem Kostenrisiko verbunden. Der Schwerpunkt der Mafinahmen zur Beschwerdestimulierung wird daher auf dem telefonischen und elektronischen Beschwerdekanal liegen. Im Optimalfall ist so eine fur beide Seiten vorteilhafte Situation erreichbar, da diese Beschwerdekanale nicht nur fur die Beschwerdefuhrer, sondern auch fijr das Unternehmen mit den vergleichsweise geringsten Kosten verbunden sind. Ein Unternehmen kann dann durch die Ausgestaltung der entsprechenden telefonischen und elektronischen Beschwerdewege die Beschwerdeartikulation gewahrleisten und die eigenen Kosten senken. Um aber die Kosteneffekte realisieren zu konnen, mussen unzufriedene Kunden uber die Existenz dieser Beschwerdekanale informiert werden. Daher ist nun die zweite Teilfacette angesprochen, namentlich die Frage nach der effektiven Kommunikation der Beschwerdekanale, die erneut vor dem Kostenhintergrund zu eruieren ist. Stauss/Seidel (2002, S. 11 Iff.) schlagen vier verschiedene Kommunikationsansatze vor (siehe Abbildung 7-14): (1) Den Ruckgriff auf bereits im Unternehmen generell eingesetzte Korrespondenz- und Kommunikationsmittel, (2) eigens fur das Beschwerdemanagement produzierte Kommunikationsmittel, (3) die Nutzung der Massenmedien sowie (4) die Erschliefiung sonstiger ,Kontakte' eines Kunden mit dem Unternehmen uber z.B. Gebrauchsanweisungen, Verpackungen oder Firmenfahrzeuge.
380
Verfeinerte Analyse der A ufgabenumwelt
Es ist zu vermuten, dass sich der Kostenfokus im Beschwerdemanagement auf die externen Kommunikationsmadnahmen auswirken wird. Eine intensive Bewerbung in Massenmedien erscheint daiier ebenso wenig moglich wie der umfassende Einsatz eigens fur das Beschwerdemanagement hergestellter Kommunikationsinstrumente. Gieichwoiil ist durch eine systematisciie und stringente Platzierung, z.B. der entsprechenden Telefonnummer oder Internet-Adresse auf oiinehin eingesetzten Korrespondenz- und Kommunikationsnnittein sowie auf Produktverpackungen, ein Werbeeffekt zu relativ geringen Kosten zu erwarten. Dieser kann durch die unternehmenseigene Homepage (z.B. Banner oder Pop-UpFenster) unterstutzt werden, urn so ebenfalls zu relativ geringen Kosten eine hocii relevante Zielgruppe anzusprechen. Die Reallsierung der iiier besciiriebenen Kostensenkungseffekte iiangt madgebiich davon ab, inwieweit die Zielgruppe der unzufriedenen Kunden differenziert oder aber einheitlich vom Beschwerdemanagement .bearbeitet' wird. Es scheint vorstellbar, nur fur bestimmte Segmente der Beschwerdefuhrer die Beschwerdekosten zu minimieren, wohingegen fur andere Kundensegmente hohere (insbesondere monetare oder zeitliche) Beschwerdekosten aus Sicht des Unternehmens vertretbar erscheinen konnen. So konnten im Umkehrschluss die Kosten fur das Unternehmen zusatzlich gesenkt werden. Eine derartige Beschwerdekostenstaffelung ist anhand unterschiedlicher Kriterien denkbar. Zunachst sind die Beschwerdekanale selbst als Ansatzpunkt geeignet, indem beispielsweise die Telefonkosten entsprechend hoher ausgestaltet werden, um Beschwerdefuhrer zur Nutzung bestehender Internet-Formulare zu motivieren. Beschwerdekosten lassen sich ferner in Abhangigkeit des Kundenwerts, anderer spezifischer (soziodemographischer) Personlichkeitskriterien des Kunden (z.B. Aktionar des Unternehmens) oder des erworbenen Primarprodukts und dessen Lebenszyklusphase variieren. SchlieUlich konnten die Beschwerdekostenreduktionen auch auf verschiedene Beschwerdefuhrersegmente ausgerichtet werden, sofern diese nach ihrem
Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie
381
bisherigen Beschwerdeverhalten identifiziert werden konnten.^'^'' Beispielsweise konnte es sich empfehlen, die Beschwerdekosten fur Wiederhol-Beschwerdefuhrer, sofern diese nicht als Querulanten einzustufen sind, zu minimieren. Dm aber diese selektiv-fokussierte Vorgehensweise verfolgen zu konnen, bedarf es detaillierter empirischer Einsichten uber die kundenseitige Wahrnehmung der drei Beschwerdekostendimensionen und eventueller Wechselwirkungen oder Kompensationseffekte. Aufgrund des weitgehend konzeptionellen Charakters der Beschwerdekosten-Forschung liegen derartige Forschungsergebnisse (bisher) nicht vor. Daher scheint es der Effektivitat der Sekundardienstleistung Beschwerdemanagement dienlich zu sein, die Konfiguration der den Kunden zugemuteten Beschwerdekosten auf Basis unternehmensspezifisch erhobener Kundendaten zu planen. Der Grobentwurf einer unter der Maligabe der Kostenfuhrerschaft ausgestalteten Beschwerdestimulierung sei dannit abgeschlossen. Wie bereits unterstrichen, stellt die (erfolgreiche) Beschwerdestimulierung lediglich eine notwendige Bedingung fur die Effektivitat eines Beschwerdemanagements dar. Es ist zu vermuten, dass es sich bei geringen Beschwerdekosten lediglich urn eine Minimunnqualitat des Beschwerdemanagements handelt. Diese IVIinimumqualitat wird von den potenziellen Nachfragern nicht als eine eigene Nutzendimension wahrgenommen, sondern als gegeben vorausgesetzt, urn die Inanspruchnahme eines Leistungsangebots uberhaupt in Betracht zu Ziehen. Im Sinne der beschriebenen Penalty-Reward-Analyse konnten niedrige Beschwerdekosten im Rahmen der Beschwerdestimulierung deshalb als Penalty-Faktor Interpretiert werden, der lediglich eine erneute Unzufriedenheltssteigerung der Beschwerdefuhrer vermeiden, nicht aber zu Beschwerdezufriedenheit fuhren kann. Deshalb besteht die eigentliche Herausforderung darin, die 147
Anknupfungspunkt konnte beispielsweise die von Singh (1990b) empirisch fundierte Aufteilung in die vier Beschwerde-bezogenen Segmente (1) Passives, (2) Voicers, (3) Irates und (4) Activists sein.
382
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Beschwerdefuhrer nach erfolgter Beschwerdeartikulation unter Maflgabe der Kostenfuhrerschaft zufrieden zu stellen. 7.4.4.3.2
Illustrative Ausgestaltung des direkten Beschwerdemanagements uber Muss- und Soll-Leistungen
In diesem Unterabschnitt geht es urn die Beantwortung der Frage, wie das Leistungsprogramm eines an der Kostenfuhrerschaft orientierten (direkten) Beschwerdemanagements auszugestalten ist. Hierfur wird die Pramisse, das Leistungsprogramm auf Muss- und Soll-Leistungen zu fokussieren, auf das Zusammenspiel der oben identifizierten Gerechtigkeitsdimensionen und deren sechs Steuergroflen ubertragen. Freilich kann hier keine allgemeingultige Leistungskonfiguration vorgestellt werden, da die Modellierung des direkten Beschwerdemanagements stets Im Kontext unternehmens- oder zumindest branchenspezifisch erhobener Erwartungshaltungen unzufriedener Kunden bzw. Beschwerdezufriedenheitsdaten zu erfolgen hat. Um den vorgeschlagenen Konfigurationsansatz dennoch beispielhaft zu veranschaulichen, wird an dieser Stelle auf die Experimentalstudie von Johnston/Fern (1999) aus dem Bankensektor zuruckgegriffen.^"^^ Zuerst soil die Untersuchung kurz charakterisiert werden, bevor anhand der empirischen Daten Ruckschlusse auf die Konfiguration des direkten Beschwerdemanagements gezogen werden. Das Ziel der Autoren ist es, im Rahmen eines ex ante-Experimentaldesigns idealtypische Erwartungshaltungen unzufriedener Kunden an ein Beschwerdemanagement zu erheben, um dadurch „effective recovery strategies from a customer's point of view" zu bestimmen (Johnston/Fern 1999, S. 70). Johnston und Fern messen also eine kundenseitig antizipierte Beschwerdezufriedenheit, die auf der unterstellten Erfullung der im
148
Diese Fokussierung auf den ex ante-Experimentalansatz beruht darauf, dass bisher weder das Penalty-Reward-Verfahren noch die CIT in vergleichbar detaillierter Weise auf die Sekundardienstleistung Besciiwerdemanagement angewendet wurden.
Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie
383
Experiment artikulierten Kundenerwartungen beruht. Dafur legen sie folgendes Szenario zugrunde: "You requested your branch to set up a new standing order to your building society and they failed to carry this out. This has resulted in the mortgage company sending you a letter stating that you have defaulted on your first payment" (Johnston/Fern 1999, S. 76). Die Erwartungshaltungen der Bankkunden werden nunmehr mit folgender Frage erhoben: „What would the bank have to do to make you feel OK/satisfied with their response?" (Johnston/Fern 1999, S. 76). Die Formulierung ^OK/saf/sZ/ed" verdeutlicht, dass es faktisch um eine als Grundnutzen zu interpretierende, niedrig ausgepragte Beschwerdezufriedenheit geht, wodurch die Eignung dieser Untersuchung fur die Bestimmung der an dieser Stelle der Arbeit fokalen Muss- und Soll-Leistungen nochmals unterstrichen wird. Entsprechend lassen sich nun die auf diese Weise erhobenen Erwartungen anhand der oben vorgeschlagenen Prozentwerte in die Kategorien der Muss-Leistungen (>50%), Soll-Leistungen (50-20%) und Kann-Leistungen (<20%) einordnen (Abbildung 716).^^^
149
Da Johnston/Fern (1999) keine konzeptionelle Verknupfung ihrer Studie mit der Gerechtigkeitstheorie vomehmen, erfolgte die Zuordnung zu den drei Justice-Dlmensionen durch den Autor anhand der Begriffsverstandnisse wie sie Davidow (2000, 2003) sowie Tax et al. (1998) zugrunde legen.
384
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Muss-Leistung (>50%)
g
Apology
s 'C
Redress
• Apology to customer (88%)
r-*- ' Put it right
SoU-Leistung (50-20%) 1 1
• Written apology to customer (20%)
1 1
• Refund any charges incurred (32%)
1 . .
• Letter to third party (involved in the failure) (38%) • Written confirmation to customer (38%) • Give assurance it won't happen again (34%)
Kann-Leistung (<20%)
«
• Provide compensation (4%)
Q
3 2
Timeliness
2^
• Put it right immediately (100%)
'-•
Credibility
• immediately
s ' '
e
^
Attentiveness
1 1 I | i
• Acknowledge mistake (14%) • Explanation as to why the error occurred (8%) • Research and investigate error (4%) • Apologize to third party (4%)
• Helpfiil attitude (6%) • Be polite/courteous (4%) • Listen and be understanding (4%)
Abb. 7-16: Einordnung von Beschwerdeerwartungen als Muss-, Soil- und Kann-Leistungen am Beispiel der Daten von Johnston/Fern (1999); Quelle: Eigene Abbildung, basierend auf den Ergebnissen von Johnston/Fern (1999).
Anhand der empirischen Daten bzw. der Prozentwerte zeigt sich, dass der Fokus der kundenseitigen Erwartungen auf der Ergebnis- und der Verfahrensgerechtigkeit liegt, wohingegen der Interaktionsgerechtigkeit nachrangige Beachtung^^° zuteil wird.^^^ In dem fiktiven Beschwerdefall betrachten die Kunden eine formal zum Ausdruck gebrachte Entschuldigung des Kreditinstituts verbunden mit der sofortigen Problembehebung als Muss-Leistungen, die ein kostenorientiertes Beschwerdemanage150
151
Auffallig in diesem Kontext ist, dass der Interaktionsgerechtigkeit in der vorliegenden Studie eine vergleichsweise nachgeordnete Bedeutung zukommt, wohingegen andere empirische Erhebungen die Interaktionsgerechtigkeit als den dominanten Einflussfaktor der Beschwerdezufriedenheit bestatigen (Blodgett et al. 1997; Davidow 2000; Estelami 2000). Dies kann eventuell auf den Experimentalcharakter des Forschungsdesigns zuruckzufijhren sein. Zwar werden die Kunden in einer Bankfiliale befragt, aber den Befragungen liegen keine selbst eriebten Ereignisse zugrunde. Die Facilitation-Dimension wurde von den EnA^artungen der befragten Kunden nicht angesprochen, weshalb sie in der Abbildung nicht aufgefuhrt ist.
Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie
385
ment als absolutes Minimum seiner Beschwerdereaktion zu betrachten hat. Diese Muss-Reaktionen konnen durch die diversen Komponenten der Soll-Leistungen erganzt werden. Diesbezuglich ist allerdings zu konstatieren, dass Johnston/Fern keine Daten uber das von den Kunden erwartete Bundel, also zufrieden stellende Kombinationen der verschiedenen Reaktionsweisen vorlegen. Dies Ist (optimalerweise) fur die tatsachliche Festlegung des Leistungsprogramms ratsam und durch indivlduelle Untersuchungen fokaler Unternehmungen zu erheben. Dennoch ergeben sich aus diesen Ergebnissen erste Implikationen fur ein Beschwerdemanagement, das auf die Minimierung seiner Kosten bedacht ist. Zunachst soil die Ausgestaltung der Muss-Leistungen, anschliefJend die der Soll-Leistungen betrachtet werden. Die Ausgestaltung der Muss-Leistungen Wie Abbildung 7-16 zeigt, sind im Bereich der Muss-Leistungen lediglich die Ergebnisgerechtigkeit mit den beiden Facetten Apology und Redress sowie die Verfahrensgerechtigkeit mit der Teildimension Timeliness angesprochen. Den Prozentwerten folgend kommt den Dimensionen Redress und Timeliness die hochste Prioritat zu, weshalb diese zuerst erortert werden sollen. Hinsichtlich des Redress erwarten 100% der befragten Kunden von der Bank, das geschilderte Problem zu losen, d.h. die ausstehende Uberweisung an die Bausparkasse auszufuhren und den gewunschten Dauerauftrag einzurichten. Diese Erwartungshaltung ist insofern fur eine Bank von grofiem Interesse, als sie der herrschenden Forschungsmeinung entgegensteht, die haufig von der Notwendigkeit einer materiellen Kompensation ausgeht (siehe Davidow 2003, S. 237). Es zeigt sich, dass keine materielle oder finanzielle Wiedergutmachungs- bzw. Kompensationsleistung erbracht werden muss, um die Mindesterwartung der Kunden zu erfullen. Dies unterstutzt die Strategie der Kostenfuhrerschaft und impliziert keine Entscheidungsnotwendigkeit zwischen der MafJgabe mi-
386
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
nimaler Kosten und der Zufriedenheit der Beschwerdefuhrer abwagen zu mtissen. Allerdings erwarten alle Kunden im Hinblick auf die Timeliness, dass das Problem sofort bei Beschwerdeartikulation oder zumindest rasch gelost wird (Johnston/Fern 1999, S. 77). Da die Kosten der Durchfuhrung einer Uberweisung bzw. der Einrichtung eines Dauerauftrags als weitest gehend zeitpunktunabhangig angesehen werden konnen, ergibt sich auch hier aus Sicht der Kostenfuhrerschaft kein Widersprucii zwischen Kosten und Beschwerdezufriedenheit. Offensichtlich konnen die Mindestanspruche aller Kunden bei minimalen Kosten erfullt werden. Ein erstes Abwagungsproblem konnte sicii hinsichtlich der Apology ergeben, da 88% der Kunden eine Entsciiuidigung als notwendige Reaktion des Unternehmens voraussetzen. Zwar erkennt Zemke (1994, S. 17f.) einen zentralen Vorteil der Entschuldigung darin, dass sie nichts kostet und gleichzeitig erheblichen Einfluss auf die Beschwerdezufriedenheit auslost. Allerdings ist diese Einschatzung hinsichtlich der Kostenkomponente zu praziseren. Die entstehenden Kosten richten sich nach der Ausgestaltung der Entschuldigung. Diesbezuglich kann danach unterschieden werden, ob sich Mitarbeiter personlich, telefonisch oder schriftlich entschuldlgen (Boshoff 1999, S. 239). Des Weiteren konnen Entschuldigungen von Mitarbeitern unterschiedlicher Hierarchieebenen zum Ausdruck gebracht werden (Boshoff 1997). Hier bestehen die Ansatzpunkte der Kostenfuhrerschaft. Der mit den verschiedenen Varianten verbundene Kostenaufwand ist schematisch in Abbildung 7-17 wiedergegeben.
Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie
Per Brief Kostenfaktor 3
387
C2
13
Telefonisch Kostenfaktor 2
Personlich vor Ort Kostenfaktor 1
'' •
fakforeii: 5
Bl X Kostcnfaktoren: 3
B2 £ Kosteiifaktoreii: 4
B3 " Kosteii faktoreii: 5
Al X Kostenfaktoren: 2
A2 X Kostenfaktoren: 3
A3 V Kosteiifaktorea: 4
K OS ten
^
§
1
CI T Kosteiifaktoreii: 4
^M ^1
H H
1 < ' I
Niedrig
Mittel
Hoch
Kostenfaktor 1
Kostenfaktor 2
Kostenfaktor 3
Hierarchieebene des Mitarbeiters Abb. 7-17: Schematisierung des mit unterschiedlichen Varianten der unternehmensseitigen Entschuldigung verbundenen Kostenaufwands; Quelle: Eigene Abbildung.
In einer vereinfachten Sichtweise sei hierbei unterstellt, dass die Kosten einer personlich inn Face-to-Face-Service Encounter vorgetragenen Entschuldigung geringer sind als die einer telefonlschen Entschuldigung und diese wiederunn geringer als die eines Entschuldigungsschreibens. Dies wird iJber die Kostenfaktoren 1, 2 und 3 zum Ausdruck gebracht. Analog werden die Kosten mit der Hierarchieebene des Mitarbeiters anstelgen, der die jeweilige Entschuldigung ubernnittelt. Deshalb ist auch hier von einenn dreistufigen Kostenniveau, ausgedruckt uber die Kostenfaktoren 1, 2 und 3, auszugehen.^^^
152
Die Kostenfaktoren dienen lediglich veranschaulichenden Zwecken. Deshalb sei darauf hingewiesen, dass kein linearer Kostenverlauf uber die Kostenfaktoren zum Ausdruck gebracht werden soil; ebenso wenig ist unterstellt, dass die Kosten des Kostenfaktors 1, 2 und 3 in beiden Dimensionen (Ausgestaltungsform und Hierarchieebene) notwendigerweise denselben Betrag reprasentieren.
388
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Wie sich zeigt, konnen funf verschiedene Kostenintensitaten unterschieden werden. Ein Beschwerdemanagement, das die Kostenfuhrerschaft verfolgt, wird vermutlich primar auf die Kombination der Kostenfaktorensumme 2 (Variante A1) bzw. eine der beiden Entschuldigungsvarianten mit der Kostenfaktorensumme 3 (Varianten A2 und B1) zuruckgreifen. Diese Entschuldigungsvarianten konnen im Rahmen einer Standardisierungspolitik in den Beschwerdebearbeitungsrichtlinien vorgegeben werden. Im hier betrachteten Beschwerdeszenario von Johnston/Fern kommen, da sich der Kunde vor Ort in der Filiale beschwert, lediglich die Varianten der untersten, horizontalen Reihe in Frage (Varianten A1, A2, A3). Aus Kostengrunden scheint die Variante A1 vorzuziehen zu sein. Die Bank wurde ihre Kundenkontaktmitarbeiter demnach darauf vorbereiten und dazu anhalten, sich in entsprechenden Beschwerdefallen personlich und aufrichtig beim Kunden fur die Unannehmlichkeiten zu entschuldigen. Ein negativer Zusammenhang zwischen dem niedrigen Hierarchieniveau eines Kundenkontaktmitarbeiters und der Beschwerdezufriedenheit konnte in einer entsprechend angelegten Studie nicht nachgewiesen werden (sieheBoshoff1997, S. 125). Damit ist die Konfiguration der Muss-Leistungen abgeschlossen. Offensichtlich sind trotz der angestrebten Kostenminimierung keine Negatlveffekte auf die Beschwerdezufriedenheit zu erwarten. Nun konnen die SollLeistungen betrachtet werden. Die Ausgestaltung der Soll-Leistungen: Die Soll-Leistungen betreffen erneut die beiden Ergebnisdimensionen Redress und Apology, die zuerst betrachtet werden sollen. Anschlieflend ist nun aber auch die Interaktionsgerechtigkeit in ihrer Teildimension Credibility anzusprechen.
Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie
389
Hinsichtlich der Ergebnisgerechtigkeit erwarten die Kunden (1) eine Rijckerstattung eventuell entstandener Kosten (32%) (Redress) sowie (2) eine schriftliche Entschuldigung der Bank (20%) (Apology). Auf Basis der Erkenntnisse aus der Beschwerdeforsciiung scheint die Entscheidung hinsichtlich der Ruckerstattung vergleichsweise einfach moglich zu sein, weshalb diese zuerst erortert wird. Wenngleich sich in der einschlagigen Literatur unterschiedliche Kategorisierungen fur Wiedergutmachungslelstungen (Redress) finden, eignet sich hier eine relative Perspektive ann besten, die sich zur Bestimmung der Wiedergutmachung an denn fur den Kunden entstandenen Schaden orientiert. Es werden drei Entschadigungsstufen unterschleden (Boshoff 1997; Boshoff 1999, S. 238; Goodwin/Ross 1989): (1) Die gerlngste ist im Vergleich zu denn Schaden des Kunden als ,Teilentschadigung' zu bezeichnen und bedeutet in der Wahrnehmung des Kunden einen nnateriellen/finanziellen Verlust; (2) eine ,Break-Even-Losung' sieht eine Entschadigung in Hohe des wahrgenommenen Schadens vor und (3) eine ,Break-Even-Plus-Entschadigung' bzw. eine Uberkompensation bedeutet einen nnateriellen/finanziellen Gewinn des Kunden. Rund ein Drittel der Bankkunden enA/artet im gegebenen Fall eine Ruckerstattung in Hohe der entstandenen Gebuhren, also eine Break-EvenKompensation. Wie die Beschwerdeforschung nahe legt, wurde der Vorschlag einer Teilkompensation durch die Bank Beschwerdeunzufriedenheit erwarten lassen, wohingegen die Break-Even-Losung zu nachhaltiger Beschwerdezufriedenheit fuhren sollte (Boshoff 1999; Blodgett/Tax 1993; Davidow 2000; Smith et al. 1999). Von einer Uberkompensation wird das fokale Beschwerdemanagement im Lichte der Kostenfuhrerschaft vermutlich ohnehin absehen. Ferner weisen einzelne Autoren darauf hin, dass aufJergewohnlich hohe Wiedergutmachungsangebote leicht als Manipulationsversuche interpretiert werden und negative Effekte auf das Nach-Beschwerdeverhalten auslosen konnen (Garrett 1999; Mack et
390
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
al. 2000; Stauss/Seidel 2002, S. 221). Zusammenfassend scheint daher an dieser Stelle die Notwendigkeit zu bestehen, eventuell dem Kunden entstandene finanzielle Auslagen in vollem Umfang monetar zuruckzuerstatten. Ebenfalls vergleichsweise einfach gestaltet sicli das Entscheidungsproblem hinsichtlich der sciiriftiichen Entschuldigung (Apology). Insgesamt 20% der Kunden erwarten ein entspreciiendes Entschuldigungsschreiben. Dieser Wert liegt auf der Grenze zu Kann-Leistungen und ist daher unter dem Gesichtspunkt der Kostenfuhrerschaftsstrategie und den mit einem Schreiben verbundenen Kosten (zunachst) als nachrangig zu bezeichnen. Strategisch ist es vertretbar, dass ein Kostenfuhrer die Erstellung und Versendung dieses Entschuldigungsbriefes nicht vorsieht. Allerdings ist diese Entscheidung im Gesamtkontext mit der Interaktionsgereciitigkeit zu betrachten. Die Entscheidungsproblematik hinsichtlich der Interactional Justice gestaltet sich komplexer. Anhand der hier angesprochenen Teildimension Credibility beurteilen Beschwerdefuhrer die Aufrichtigkeit und Glaubwurdigkeit des Bedauerns auf Seiten des Kreditinstituts. Die Kunden erachten folgende Reaktionen der Bank als Credibility-Soll-Leistungen: •
Einen Brief an die Bausparkasse, der den Sachverhalt richtig stellt (38%).
•
Eine schriftliche Bestatigung an den Kunden, dass das Problem behoben ist (38%).
•
Eine Zusicherung, dass dieses Problem nicht mehr auftreten wird (34%).
Offensichtlich stellt sich erneut die Frage nach der Ausfertigung von Briefen. Analog zu den bereits erorterten Entschuldigungsschreiben sind diese mit bestimmten Kosten verbunden. Zwar konnen diese Kosten durch eine auf Beschwerdemanagement-Software-Systemen beruhende
Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie
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Automatisierung bzw. Standardisierung reduziert werden. Dennoch werden die Bearbeitungskosten der Beschwerde erhoht, wenn ein Schreiben an den Kunden und ggf. an die Drittpartei verschickt wird. Nahe liegend ist zweifelsohne der Gedanke, eine schriftliche Bestatigung der Problemlosung an den Kunden mit der schriftlichen Entschuldigung des Unternehmens zu koppein, die von den erwahnten 20% der Kunden erwartet wird und so die Gesamtkosten gering zu halten. Letztlich bleibt aber das Entscheidungsproblem fur das Kreditinstitut, in welchenn Ausmali es im Lichte der Kostenorientierung die gestellten Erwartungen erfullen sollte Oder nicht. Zur Vorbereitung dieser Entscheidung muss inn Beschwerdemanagennent eine exakte Vorstellung daruber vorliegen, welche Kosten mit den unterschiedlichen Antwortalternativen verbunden sind. Diese sind nicht fallweise zu ermittein, sondern zyklisch zu erheben und in die Planung des Beschwerdemanagements einzubeziehen. Zur konkreten Entscheidungsfindung sind ferner verschiedene Kriterien denkbar. Die Option, entsprechende Briefe zu versenden, mit dem Hinweis auf die Kosten generell auszuschliefien, scheint bedenklich, da uber ein Drittel der Kunden diese Schreiben erwartet. Andererseits resultieren aus der standardmafilgen Erstellung und Versendung beider Schreiben Kostenpositionen, die ein Kostenfuhrer zu vermeiden sucht. Eine mogliche Losung besteht in einer fokussierten Beschwerdereaktion, d.h. einer differenzierten Verhaltensweise des Unternehmens. Als Kriterium steht vor allem das jeweilige Kundensegment, dem der Beschwerdefijhrer angehort, im Mittelpunkt des Interesses. Wie im Falle einer Bank eine auf Kundensegmente abgestimmte Losung gefunden werden kann, soil kurz skizziert werden. Hierfur bieten sich die Ergebnisse von Lewis/Spyrakopoulos (2001) an, die die Zufriedenheit von Beschwerdefuhrern im Bankensektor untersuchen. Zentral fur die Fragestellung der differenzierten Beschwerdereaktion ist das folgende Ergebnis von Lewis/Sparakopoulos (2001, S. 44):
392
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
„Customers with longer relationships with the bank and higher deposits appear to be more demanding as far as service recovery is concerned." Diese Erkenntnis kann nun die Entscheidung lelten. Naturlich konnen hierbel absolute GrolJen hinsichtlich der Beziehungsdauer und der bei der fokalen Bank gehaltenen EInlagen zugrunde gelegt werden. Denkbar ist aber auch eine relative Einordnung anhand des durchschnittlichen Einlagenvolumens und der durchschnittlichen Beziehungsdauer (ubervs. unterdurchschnittlich). Wenngleich von Lewis/Spyrakopoulos (2001) nicht untersucht, stellt vermutlich auch der Kundenwert eine zentrale Entscheidungsgrofie fur die Reaktionspolitik eines Unternehmens dar. Daher soil auch dieser als Determinante mit den beiden Auspragungen uber- und unterdurchschnittlich einbezogen werden.^^^ Durch die Zusammenfuhrung der drei Dimensionen entsteht der folgende Entscheidungswijrfel zur Ausgestaltung der Soll-Leistungen (Abbildung 7-18).
153
Dabei wird eine Unabhangigkeit des Kundenwerts von den beiden anderen Grofien unterstellt, die sich freilich in Abiiangigkeit von der Bereciinungsmethodik im jeweiligen Unternehmen bestimmt.
Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie
393
X Recovery-Faktor: 5
Uberdurchschnittlich
Unterdurchschnittlich
^ RecoveryFaktor: 4
X RecoveryFaktor: 3 Unterdurchschnittlich
y
X Recovery-Faktor: 6 /
X RecoveryFaktor: 5
Xi RecoveryFaktor: 4 Uberdurchschnittlich
Hohe der Einlage des Beschwerdefuhrers
Uberdurchschnittlich Unterdurchschnittlich
t^ 'b' ,^ ^ ^<3*^
^4^
^^J^
Unterdurchschnittlich = Recovery-Faktor 1; Uberdurchschnittlich = Recovery-Faktor 2
Abb. 7-18: Entscheidungswurfel zur Gestaltung der Soll-Leistungen; Quelle: Eigene Abbildung.
Die acht Wurfelsegmente entsprechen jeweils der Summe einzelner Recovery-Faktoren. 1st ein Beschwerdefuhrer auf einer der drei Dimensionen als .unterdurchschnittlich' einzuordnen, so ist ein Recovery-Faktor von 1 anzusetzen; daher ist die minimale Summe der Recovery-Faktoren 3 (=1+1+1); wird mit der Einstufung als .uberdurchschnittlich' der Recovery-Faktor 2 angenommen, kann ein Beschwerdefuhrer maximal eine Faktorsumme von 6 (=2+2+2) erreichen. Diese vereinfachte Vorgehensweise kann freilich noch verfeinert werden, worauf hier verzichtet wird. Nun kann ein Beschwerdemanagement vor dem Kostenhintergrund und im Kontext der angestrebten Beschwerdezufriedenheit seine Reaktionspolitik gestalten. Beispielsweise ware folgende Abstufung moglich: •
Fur Kunden mit der Faktorensumme 3 wurde das Beschwerdemanagement keines der Schreiben vorsehen.
394
•
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Im Falle der Faktorensumme 4 ist denkbar, dem Kunden gegenuber mittels einer E-Mail die Entschuldigung nochmals zum Ausdruck zu bringen.
•
Beim Summenwert 5 wird ein Schreiben an den Kunden verschickt, das die Entschuldigung wiederholt und auch die Behebung des Fehlers bestatigt.''^'^
•
Schliefilich kann fur Kunden mit der Recovery-Faktorensumnne 6 sowohl das Entschuldigungsschreiben als auch das Erklarungsschreiben an die Bausparkasse vorgesehen sein (das in Kopie beigelegt werden kann).
Im Kontext der hier angeregten Vorgehensweise, auf verglelchbare Beschwerden unterschiedlich zu reagieren, sind jedoch auch negative Effekte zu bedenken. DIese konnten belspielsweise darin bestehen, dass Kunden sich im Rahmen von word-of-mouth uber ihre Erfahrungen austauschen und aufgrund der differenzierten Reaktionspolitik Unzufriedenheit erst ausgelost wird. Ferner sind auch Kundenwerteinschatzungen mit Problemen behaftet bzw. setzen fundierte Kundendaten voraus. Dennoch ist die grundsatzliche Idee, Im Rahmen der Wiedergutmachung die einzelne Kundenkonfiguration in die Entscheidung uber die Reaktion einzubezlehen, vertretbar und lasst sich durchaus als Facette eines konsequenten, individuellen Kundenbeziehungsmanagements interpretieren. Verblieben ist noch die dritte Soll-Leistung in Bezug auf die Interaktionsgerechtigkeit: Etwa ein Drittel der Kunden (34%) erwartet eine Zusicherung der Bank, dass der fokale Fehler in Zukunft nicht mehr auftreten wird. Zunachst scheint diese Erwartung vergleichsweise leicht erfullbar zu sein, belspielsweise indem in den ausgefertigten Schreiben eine derartige Zusage gegeben wird. Allerdings ist schwer vorstellbar, wie die 154
Zweifelsohne sind verschiedene weitere Spielarten denkbar: So kdnnte die Bausparkasse beispielsweise aucii telefonisch von der Bank uber den Fehler in Kenntnis gesetzt werden und dies dem Kunden in dem Brief mitgeteilt werden.
Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie
395
Bank diesen oder einen ahnlichen Fehler zukunftig garantiert ausschliefien kann. In diesem Falle wurde neben denn dann abernnaligen Fehler auch die Enttauschung uber das nicht eingehaltene Versprechen hinzutreten. Aus dieser dadurch eventuell gesteigerten, zukunftigen Kundenunzufriedenheit konnte ein hoheres Abwanderungsrisiko des Kunden resultieren.^^^ Wenngleich also eine Zusicherung dahingehend, dass ein Problem in Zukunft nicht mehr entstehen wird, als quasi kostenneutral anzusehen ist, sollte sie dennoch nur mit grofler Sensibilitat ausgesprochen werden. Damit ist auch die Konfiguration der Soll-Lelstungen abgeschlossen. Die Betrachtung der Kann-Leistungen ist im Kontext der Kostenfuhrerschaft nicht erforderlich, da ein Beschwerdemanagement sein Leistungsprogramm In diesem Falle lediglich anhand der Muss- und Soll-Erwartungen der Nachfrager gestalten wird. Bevor die Eignung der Kostenfuhrerschaft im direkten Beschwerdemanagement reflektiert werden soil, gilt es kurz darauf hinzuweisen, dass die aufgezeigten Ansatzpunkte sich lediglich auf ein Beschwerdeszenario bezogen haben. Fur die faktische Planung des Leistungsprogramms wird die Analyse eines Beschwerdefalles kaum ausreichen. Zu empfehlen ware deshalb, dass beispielsweise die anhand des Beschwerdeaufkommens zehn bedeutendsten Probleme herangezogen werden, um entsprechende Einsichten uber die Erwartungshaltungen der Beschwerdefuhrer zu gewinnen. Die grundlegende Vorgehensweise aber scheint fur die Konfiguration des direkten Beschwerdemanagements geeignet.
155
Zu den negativen Auswirkungen einer zweimaligen Beschwerde auf die Kundenloyalitat siehe Maxham/Netemeyer (2002).
396
7.4.5
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Wurdigung der Kostenfiihrerschaft als Option zur Ausgestaltung des direkten Beschwerdemanagements als sekundare Unterstutzungsdienstleistung
Dieser Uberblick soil ausreichen, urn aufzuzeigen, dass eine Kostenfuhrerschaft des Beschwerdemanagements gegenuber den intemen Stakeholdern (Unternehmens- und Spartenleitungen) in ihrer spezifischen Nachfragerrolle als Budgetgeber denkbar ist. Trotz der bestehenden Moglichkeiten, strategische Optionen aus den aufgezeigten Alternativenraumen aufzugreifen, ist die ZweckmalJigkeit einer reinen Kostenfuhrerschaft im Beschwerdemanagement skeptisch zu bewerten. Wurde ein Beschwerdemanagement diese Strategie verfolgen wollen, um sich gegenuber externen Dienstleistungsanbietern als kostengunstiger zu erweisen, so ist die erfolgreiche Realisierung der dafur notigen Groflenvorteile vor dem Hintergrund des von externen Konkurrenten abgewickelten Beschwerdevolumens fraglich. Externe Dienstleister daher preislich unterbieten zu konnen, scheint unwahrscheinlich. Daruber hinaus gibt Mann (1998, S. 335) zu bedenken, dass Uberlegungen im Kontext einer Kostenfuhrerschaft fur Sekundardienstleistungen stets vor dem Hintergrund der anvisierten Marktsegmente zu reflektieren sind. Neben den spezifischen Wettbewerbsverhaltnissen im Primarmarkt ist dabei insbesondere das spezifische Konsumverhalten der Beschwerdefuhrer zu berucksichtigen. Wie das Modell der Beschwerdezufriedenheit bzw. der Beschwerdetoleranzzone eriautert, besteht die Gefahr, dass mit einem lediglich an den Muss- und Soll-Leistungen ausgerichteten Beschwerdemanagement nur der Zustand einer Indifferenz der Beschwerdefuhrer erreicht wird. Dies beinhaltet das Risiko, dass die mit einem Beschwerdemanagement angestrebten Loyalitatseffekte bezuglich des Nach-Beschwerdeverhaltens nicht oder nicht im denkbaren Ausmafi erzielt werden konnen. Eine diesbezuglich exakte Analyse, anhand derer sich eine fundierte Prognose uber die Wirkungszusammenhange unter
Adaption der Differenzierungsstrategie
397
schiedlich stark ausgepragter Beschwerdezufriedenheit ableiten liefJe, bleibt die Beschwerdeforschung bislang schuldig. Zur Skepsis in Bezug auf die Zweckmafligkeit einer Kostenfijhrerschaft im Beschwerdemanagement geben schlieftlich die Dienstleistungscharakteristika des direkten Beschwerdemanagements Aniass (analog Mann 1998, S. 335f.). Die Integrativitat des direkten Beschwerdemanagements begrenzt die ErschlieUung von Grofiendegressionseffekten, da eine Produktion auf Vorrat nicht moglich ist. Daher schliefit Rosada (1990, S. 206) in Bezug auf Sekundardienstleistungen, dass aufgrund der nicht realisierten Kostensenkungspotenziale eine Leistungsdifferenzierung von Sekundardienstleistern zu keiner nachhaltigen Verschlechterung der Kostensituation fuhrt. Grundlegend stimmen Homburg/Faflnacht (1998, S. 540) zu und zeigen, dass keines der Dienstleistungsmerkmale fur die Umsetzung einer reinen Kostenfuhrerschaft forderlich ist. Ihre Empfehlung lautet daher: Leistungsanbieter, die als typische Dienstleister eingeordnet werden konnen, sollten „tendenziell uberlegen, eine Differenzierungsstrategie zu verfolgen (...)" (ebd.). Dieser Option widmet sich das folgende Kapitel.
7.5 Adaption der Differenzierungsstrategie im Kontext des direkten Beschwerdemanagements als sekundare Unterstutzungsdienstleistung Wie im Falle der Kostenfijhrerschaftsstrategie ist die ZweckmaUigkeit einer Differenzierungsstrategie an gewisse Voraussetzungen zu knupfen, die in Abschnitt 7.5.1 einfuhrend erortert werden. Besonderer Fokus der Differenzierungsstrategie eines Beschwerdemanagements ist es, den internen Stakeholdern einen Zusatznutzen zu offerieren, der in Abschnitt 7.5.2 als Beschwerdebegeisterung erkannt und prazisiert wird. Anschiiefiend wird Abschnitt 7.5.3 Ansatze zur konkreten Ausgestaltung des di-
398
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
rekten Beschwerdemanagements unter Mafigabe einer Differenzierungsstrategie aufzeigen, bevor eine Wurdigung der Differenzierungsstrategie im direkten Beschwerdemanagement dieses Kapitel abschliefJt (7.5.4). 7.5.1
Voraussetzungen fur die Adaption der Differenzierungsstrategie
Die grundlegende Idee der Differenzierungsstrategie ist es, eine qualitative Vorzugsstellung fur die eigene Leistung in der Wahrnehmung der potenziellen Nachfrager zu erreichen, urn so entsprechende Preisspielraume erschliefien zu konnen (Becker 2002, S. 182; Weishaupl 2003, S. 102). Auf das Beschwerdemanagement ubertragen bedeutet dies, dass der Zentralbereich Beschwerdemanagement danach strebt, In der Wahrnehmung des Top-Managements und der Geschaftsbereichsleitungen eine leistungsbasierte Alleinstellung zu eriangen, die Spielraume hinsichtlich der Budgetzuteilung ermoglicht. Um diese Strategie Erfolg versprechend verfolgen zu konnen, mussen jedoch zwei Voraussetzungen erfullt sein (analog Reckenfelderbaumer 2001, S. 374; Suhr 2002, S. 177): •
Zum einen muss die Unternehmensleitung dem Beschwerdemanagement die notwendigen Handlungsspielraume einraumen, die fur die Gestaltung der Dienstleistungen des Zentralbereichs nach Art und Umfang im Sinne einer Differenzierungsstrategie notwendig sind. Nachdem aber das Beschwerdemanagement oben als Kernbereich identifiziert wurde (siehe Kapitel 6.3), kann aufgrund der ausgepragten Prozessdurchfuhrung und -verantwortung im Beschwerdemanagement grundsatzlich von der Existenz entsprechender Handlungsfreiheiten ausgegangen werden.
•
Zum anderen durfen in der Wahrnehmung der internen Stakeholder nicht mehr die Kosten das primare Beurteilungskriterium in Bezug auf das Beschwerdemanagement darstellen. Vielmehr ruckt fur das Top-
Adaption der Differenzierungsstrategie
399
Management die Erzielung aufJerordentlich hoher Beschwerdezufriedenheitswerte in den Mittelpunkt des Interesses. Dieser eben angesprochene Punkt hinsichtlich der Prioritaten der internen Stakeholder soil kurz aufgegriffen und vertieft eriautert werden. Es geht urn die Frage, was das Top-Management und die Spartenleitungen veranlassen kann, hohe Beschwerdezufriedenheit anzustreben und dafur eventuell hohere Beschwerdemanagement-Budgets zu bewilligen. 7.5.2
Beschwerdebegeisterung als Zusatznutzen des Beschwerdemanagements im Kontext der Differenzierungsstrategie
Das strategische Ziel des Beschwerdemanagements ist es, fur die internen Stakeholder einen Zusatznutzen zu generieren, um sich so eine Vorzugsstellung zu erarbeiten. Dieser Zusatznutzen besteht in der Erreichung besonders hoher Beschwerdezufriedenheitswerte, die dann als Beschwerdebegeisterung bezeichnet werden. Im Folgenden soil kurz der Zusatznutzen der Beschwerdebegeisterung fur das Gesamtunternehmen und die Sparten aufgezeigt werden. Oliver et al. (1997) widmen sich als eine der wenigen Autoren dem Konstrukt der Kundenbegeisterung unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten. Ausgangspunkt ist das C/D-Paradigma der Kundenzufriedenheitsforschung (Oliver 1997). Darauf fufJend kann Kundenbegeisterung als eine spezifische Form positlver Diskonfirmation und das Ergebnis der folgenden Wirkungskette interpretiert werden (Oliver et al. 1997, S. 328): „Delight (...) is a function of arousal and affect with surprise as an initiator of the affect-arousal sequence" (Abbildung 7-19).
400
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Surprise
>
> Arousal
>
> Pleasure
>
>
Delight
Abb. 7-19: Wirkungskette der Entstehung allgemeiner Kundenbegeisterung; Quelle: Eigene Abbildung basierend auf den Ausfuhrungen von Oliver et al. (1997, S. 328).
Der auslosende Impuls fur die Begeisterung ist also eine nicht erwartete Leistungsfacette im Rahmen des Konsumerlebnisses, die beim Kunden positive, affektive Erregung erzeugt und tiber einen als angenehm empfundenen Zustand des Wohlbefindens schlieflllch zu Begeisterung fuhrt. Dabei unterstelien Oliver et al. (1997, S. 328) ferner, dass „the more unexpected the level of 'positive surprise' the greater the consumer's delight." Der strategische Nutzen dieser Begeisterungszustande liegt darin, dass Extremabweichungen zwischen kundenseitiger Erwartung und Wahrnehmung von Marktieistungen nicht nur langer erinnert werden, sondern auch besonders intensive und nachhaltige, positive Effekte auf das kunftige Kundenverhalten nach sich Ziehen (Estelami 2000, S. 286). Diesen Effekt gilt es im Beschwerdemanagement zu realisieren. Zu beachten ist jedoch, dass die Erreichung von Kundenbegeisterung zwei Beschrankungen unterworfen ist (Oliver et al. 1997, S. 329f.): (1) Die Nachfrager mussen ein Mindestmali an Involvement in Bezug auf die nachgefragte Leistung wahrnehmen: „For example, it is hard to imagine how the common telephone connection can delight" (Oliver et al. 1997, S. 329). In Beschwerdesituationen ist allerdings von der Uberschreitung dieses Mindestmalies auszugehen, da die Artikulation einer Beschwerde regelmaflig mit einem hohen emotionalen Involvement des Kunden (Mattsson et al. 2004, S. 941), bisweilen sogar hochst emotionalen Zustanden wie Frustration (Stauss 2004, S. 77ff.), verbunden ist.
Adaption der Differenzierungsstrategie
401
(2) Die fokale Marktieistung muss variabel ausgestaltbar sein; „that is, there must exist a range of exceedingly pleasing performance that is unexpected either because of its low frequency or because it did not exist in the consumer's schema" (Oliver et al. 1997, S. 330). Auch diese zweite Voraussetzung ist im direkten Beschwerdemanagement erfijllt. Schliefilich nimmt der BeschwerdefiJhrer im Hinblick auf die Dienstleistung Beschwerdemanagement allein drei (gerechtigkeitstheoretische) Qualltatsdimensionen wahr, die ihrerseits uber sechs Telldimensionen steuerbar sind. Eine variable Gestaltung des direkten Beschwerdemanagements, die den Zugang zu den notwendigen ,Uberraschungsmomenten' eroffnet, ist daher grundsatzlich zu unterstellen. Damit konnen theoretisch auch BeschwerdefiJhrer in einen Begeisterungszustand versetzt werden. Verschiedene Autoren haben belegt, dass das im Erfolgsfall erzielte hohe Beschwerdezufriedenheitsniveau in besonderem MafJe Wiederkaufabsicht und positive Mundkommunikation fordert sowie die Abwanderungsbereitschaft mindert (Bitner et al. 1990; Singh 1990; TARP 1986). In diesen beabsichtigten Wirkungen fur das Unternehmen besteht der Grund dafiir, dass Beschwerdemanagement uber Beschwerdebegeisterung eine Vorzugsstellung in der Wahrnehmung seiner internen Stakeholder gegenuber alternativen Beschwerdemanagement-Losungen erreichen kann. Der Schlussel zu einer erfolgreichen DIfferenzierung ist es freillch, Differenzierungspotenziale identifizieren und anschliefJend in Marktieistungen des direkten Beschwerdemanagements umsetzen zu konnen. Beiden Aspekten widmet sich der folgende Abschnitt. 7.5.3
Ansatz zur Ausgestaltung des direkten Beschwerdemanagements unter MaRgabe der Differenzierungsstrategie
Dieser Abschnitt wird sich mit der Ausgestaltung des Leistungsprogramms im direkten Beschwerdemanagement unter MafJgabe der Diffe-
402
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
renzierungsstrategie auseinandersetzen. Hierfur wird erneut auf das oben diskutierte Konzept der Muss-, Soil- und Kann-Leistungen zuruckgegriffen und die Erganzung des Leistungsprogramms durch Kann-Leistungen als Kern einer Differenzierungsstrategie im Beschwerdemanagement erkannt (7.5.3.1). In Unterabschnitt 7.5.3.2 wird gezeigt, wie das dann ausgedehnte Leistungsprogramm anhand von drei strategischen Leitlinien im Sinne einer Differenzierungsstrategie feiner konfigurlert werden kann. Abschlieliend wird eine konkrete Ausgestaltung des direkten Beschwerdemanagennents inn Rahmen einer Differenzierungsstrategie skizziert (7.5.3.3). 7.5.3.1
Ausweitung des Leistungsprogramms durch KannLeistungen als Sclilussel zur Besciiwerdebegeisterung
Eine Differenzierungsstrategie zielt darauf ab, die Beschwerdefuhrer aufierordentlich zufrieden zu stellen. Eine lediglich an Muss- und SollLeistungen orientierte Leistungspalette ist hierfur ungeeignet, da sie eine positive Ubererfijllung der Kundenerwartungen nicht zulasst. Dagegen stellt die Erganzung des Leistungsprogramms durch Kann-Leistungen den Schlussel zur Beschwerdebegeisterung dar (7.5.3.1.1). Allerdings mussen Kann-Leistungen anhand geeigneter Methoden zielsicher bestimmtwerden (7.5.3.1.2). 7.5.3.1.1
Kann-Leistungen als Schlussel zur Beschwerdebegeisterung
Kann-Leistungen wurde oben als Leistungsfacetten charakterisiert, die weder leistungsnotwendig noch typisch fur eine Branche sind und folglich von Kunden nicht als Standardleistung angesehen werden. Gerade darin, dass diese Leistungskomponenten nicht von den Beschwerdefuhrern erwartet werden bzw. noch nicht in fruheren Beschwerdeinteraktionen eriebt wurden, liegt ihr strategischer Hebeleffekt. Denn wie Oliver et al. (1997, S. 313) unterstreichen, ist der Fokus „on what is currently unknown or unexpected by the customer" der Schlussel zu erfolgreich
Adaption der Differenzierungsstrategie
403
erzielter Kundenbegeisterung. Diese Leistungsfacetten sind es, die im Rahmen des Abgleichs von erwartetem und wahrgenommenem Beschwerdemanagementprozess die positive Abweichung bzw. Uberraschung darstellen und damit Beschwerdebegeisterung auslosen konnen. insofern ruckt erneut die Erwartungshaltung der BeschwerdefiJhrer in das Zentrum der strategischen Uberlegungen. Nur wenn die Erwartungshaltungen bekannt sind, kann ein Beschwerdemanagement fur die Kunden unerwartete Leistungskomponenten konzeptualisieren. Wie aucii iiinsicintlich der Muss- und Soll-Leistungen besteht die Herausforderung darin, die Kann-Leistungen aniiand geeigneter Verfahren zu erheben. 7.5.3.1.2
Methoden zur Bestimmung der Kann-Leistungen
Zur Ableitung von Kann-Leistungen stehen unterschiedliche Verfahren zur Verfijgung. Laakman (1995, S. 107ff.) besciireibt und bewertet beispielsweise 19 Methoden, die zur Bestimmung wertsteigender Sekundardienstleistungen geeignet sind, hier aber freilich nicht diskutiert werden konnen. Wichtiger als die Beschreibung zusatzlicher Methoden ist zu erkennen, dass sich das oben vorgeschlagene Methoden-Set aus Penalty-Reward-Ansatz, Critical Incident Technique und Experimenten in diesen bei Laakman als geeignet bezeichneten Verfahren wiederfindet und somit ein effektives Instrumentarium fur die Identifikation der KannLeistungen bildet.^^^ Dies sei kurz belegt: •
Anhand des Penalty-Reward-Verfahrens lassen sich die fur die Differenzierungsstrategie zentralen Satisfiers oder Reward-Faktoren identifizieren, die Faktoren also, deren Angebot einen zusatzlichen Wert fur den Nachfrager generiert. Diese Reward-Faktoren sind als die zentralen Zufriedenheitstreiber anzusehen und konnen als solche
156
Aus Ressourcenuberlegungen ist es ohnehin wunschenswert, sowohl Muss- und Sollals auch Kann-Leistungen im Rahmen derselben Methoden zu erheben.
404
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
die Grundlage einer auRergewohnlich hohen, positiven Diskonfirmation bilden. •
Die Critical Incident Technique eriaubt es, die Hintergrunde von Dienstleistungsinteraktionen zu erforschen, die ein Kunde als auflerordentlicii zufrieden stellend eriebt hat. Ausgesprochene Zufriedenheit impliziert auch hier eine besonders hohe Abweichung von Erwartung und Wahrnehmung der Kunden. Konnen die Ursachen fur diese positive Diskonfirmation isoliert werden, stellen sie das Fundament fur die Ableitung von Kann-Leistungen des Beschwerdemanagements dar.
•
Experimente, wie die Studie von Johnston/Fern (1999) gezeigt hat, dienen dazu, die Erwartungshaltungen von Nachfragern in ihrer ganzen Bandbreite zu erheben. Neben Mindesterwartungen lassen sich auch diejenigen Anforderungen eruieren, die lediglich von wenigen Kunden artikuliert werden und damit in Bezug auf die Grundgesamtheit aller Beschwerdefuhrer ein besonders hohes Uberraschungsund Begeisterungspotenzial erwarten lassen.^^'^ Diese nur vereinzelt angesprochenen Leistungsmodule bieten deshalb relevante Ansatzpunkte fur die Ausarbeitung von Kann-Leistungen.
Sind die Kann-Leistungen mittels einer entsprechenden Methodik identifiziert, mussen sie mit dem basalen Leistungsprogramm der Muss- und Soll-Leistungen abgestimmt werden. Das Leistungsprogramm wird somit ausgeweitet und als Instrumentalraum der Differenzierungsstrategie stehen alle drei Leistungskategorien zur Verfugung. Die alleinige Fokussierung des Beschwerdemanagements auf Kann-Leistungen greift daher zu kurz. Auch die Muss- und Soll-Leistungen sind in die Differenzierungsstrategie einzubinden. Vielmehr bedarf es Uberlegungen, wie die Kombination aus Muss-, Soil- und Kann-Leistungen im Zusammenspiel model-
157
Es sei daran erinnert, dass die vorliegende Arbeit diejenigen Leistungen als KannLeistungen betrachtet, die von weniger als 20% der Kunden erwartet werden.
Adaption der Differenzierungsstrategie
405
liert werden kann, um die Erwartungen der Beschwerdefuhrer zu iJbertreffen. Hierfur werden im folgenden Unterabschnitt drei strategische Leitlinien aufgezeigt. 7.5.3.2
Strategische Leitlinien zur Konfiguration des ausgeweiteten Leistungsprogramms
Die allgemeine wissenschaftliche Diskussion zur Differenzierungsstrategie hat einen reichhaltigen Fundus potenzieller Differenzierungsmerknnale erarbeitet, der hier nicht vollumfanglich gewurdigt werden kann.^^^ Einen zentralen Differenzierungsansatz legt Fleck (1995) vor, der Differenzierungspotenziale auf den drei Konzeptionsebenen Qualitat, Innovativitat und Varietat verortet (Fleck 1995, S. 85ff.; ahnlich Meffert/Bruhn 2003, S. 228ff.; Reckenfelderbaumer2001, S. 376f.; Ringlstetter/Kirsch 1991): •
Beschwerdemanagement konnte sich an einer vertikalen Differenzierung orientieren, deren Ziel eine besonders hohe Qualitat des direkten Beschwerdemanagements ist. Dabei bleibt die Zusammensetzung der Leistungsbausteine unverandert, einzelne Leistungselemente werden jedoch qualitativ verbessert.
•
Differenzierungsvorteile konnen ferner durch ein systematisches Innovationsmanagement bzw. uber aufiergewohnlich innovative Leistungen des Beschwerdemanagements generiert werden. Im Rahmen dieser so genannten lateralen Differenzierung werden vorhandene Leistungsbestandteile der Gesamtleistung eliminiert und durch neu konzeptionierte Leistungskomponenten ersetzt oder bisherige Angebote um diese innovativen Leistungsfacetten erweitert.
158
Siehe fur eine umfassende Aufarbeitung und kritische Wurdigung des Konzepts der Differenzierungsstrategie Bohn (1993).
406
•
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Anstelle der Entwicklung und Markteinfuhrung echter Innovationen konnen Dienstleistungsanbieter eine Differenzierung auch uber eine geschickte Varietat, also besonders variable Leistungsgestaltungen (= Bundling) erzielen. Hierbei werden verschiedene bereits vorhandene Leistungsbestandteile auf eine innovative Weise so nniteinander verknupft, dass eine neuartige Leistungsvariante entsteht. Fleck (1995, S. 89) bezelchnet dies als horizontale Differenzierung.
Anhand dieser Leitlinien gilt es die einzelnen Beschwerdezufriedenheitstreiber zu instrumentalisieren. Dies fuhrt zuruck zur Gerechtigkeitstheorie und den jeweils zwei SteuergroUen innerhalb der Ergebnis-, Verfahrensund Interaktionsgerechtigkeit. Diese sechs Einzeldimensionen sind vollumfanglich oder zumindest teilweise so auszugestalten, dass sie den Erwartungen der Beschwerdefuhrer im positiven Sinne nicht entsprechen. Daraus ergibt sich die folgende Matrix (Abbildung 7-20). StrategischeDifferenzierungsleitlinie Qualitat
'S
Distributive Justice
Innovativitat
Varietat
Redress Apology
~
u
^
~
Vi
*s c
s
Procedural Justice
Facilitation
pa
Interactional Justice
H
1
Timeliness
N u
s:
_l
Attentiveness
Lj L
V
I
Credibility
1
^
^r2>^i ru^—
1
Abb. 7-20: Beschwerdezufriedenheitstreiber im Lichte strategischer Differenzierungsleitlinien; Quelle: Eigene Abbildung.
Adaption der Differenzierungsstrategie
407
Konzeptionell lassen sich abermals drei Ansatzpunkte zur Differenzierung des Beschwerdemanagements ableiten: (1) Ein Beschwerdemanagement kann konsequent eines der drei Differenzierungspotenziale in alien Beschwerdezufriedenheitsdinnensionen anwenden. So deutet der vertikale Pfeil an, dass basierend auf detaillierten Erkenntnjssen uber die Bedurfnisse der Beschwerdefijhrer ein qualitativ aufJerordentlich hochwertiges direktes Beschwerdemanagement konzipiert werden kann. Allerdings ist auch zu erwagen, durch Innovationen oder eine geschickte Varietal eine in der Wahrnehmung der Kunden begeisternde Beschwerdemanagement-Dienstleistung zu konfigurieren. (2) Eine zweite grundsatzliche Vorgehensweise fokusslert eine der sechs Stellgrofien oder eine der drei Gerechtigkeitsdimensionen (horizontaler Pfell). Strategisches Ziel ist dann, in Bezug auf diese Dimension die Erwartungen der Beschwerdefuhrer deutlich zu ubertreffen, wobei parallel die jeweils anderen Dimensionen zur Zufriedenheit der Beschwerdefuhrer erfullt werden. Die Alleinstellung wurde also beispielsweise mittels des Zusammenspiels qualitativ hochwertiger, faktisch innovativer bzw. neu kombinierter Komponenten in Bezug auf die Ergebnis-, Verfahrens- oder Interaktionsgerechtigkeit angestrebt werden konnen. (3) SchliefJIich ist auch eine punktuell-orientierte Verfahrensweise denkbar, die auf die WIrkung einzelner Differenzierungspotenziale hinsichtlich ausgewahlter Beschwerdezufriedenheitstreiber setzt. In Abbildung 7-20 ist beispielhaft das Angebot besonders innovativer Wiedergutmachungsleistungen angedeutet. Anhand der bisherigen Forschungsergebnisse uber die Wirkungen der drei Gerechtigkeitsdimensionen und ihrer sechs Teildimensionen lassen sich jedoch noch keine allgemeingultigen Empfehlungen aussprechen.
408
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Die Zweckmafiigkeit dieser konzeptionell denkbaren Vorgehensweisen muss daher im Lichte der Kundenerwartungen innerhalb einer Branche Oder in Bezug auf ein fokales Unternehmen beurteilt werden. Nun sind zwei sich gegenseitig befruchtende Komponenten der Differenzierung des direkten Beschwerdemanagements entwickelt worden. Zum einen wird das Leistungsprogramm uber Kann-Leistungen auszudehnen sein. Zum anderen kann sich die Gesamtkonfiguration des ausgedehnten Leistungsangebots an den Leitlinien der Qualitat, Innovativitat und Varietal orientieren. Beide Aspekte sollen nun in einer konkreten Ausgestaltung des Beschwerdemanagements zusammengefuhrt werden. 7.5.3.3
Ausgestaltung des direkten Beschwerdemanagements unter Maligabe der Differenzierungsstrategie
Da die Beschwerdeartikulation eine notwendige Voraussetzung fur die Begeisterung der Beschwerdefuhrer ist, muss eine Differenzierungsstrategie bereits bei der Beschwerdestimulierung ansetzen (7.5.3.3.1). Daruber hinaus ist das Leistungsprogramm auf eine Weise zu konfigurieren, die die Erwartungen unzufriedener Kunden positiv ubererfullt und Beschwerdebegeisterung auszulosen vermag (7.5.3.3.2). 7.5.3.3.1
Ansatzpunkte zur Ausgestaltung der Beschwerdestimulierung
Oben wurde deutiich, dass ein Beschwerdemanagement unabhangig von seiner strategischen Ausrichtung ein Interesse an einer moglichst hohen Artikulationsquote haben muss. Kunden scheuen allerdings haufig die mit einer Beschwerde verbundenen monetaren, zeitlichen und psychischen Kosten. Ein Unternehmen kann die Artikulationsquote dennoch steuern, indem es geeignete Beschwerdekanale einrichtet und diese aktiv an die Kunden kommuniziert. Die Diskussion der Beschwerdestimulierung erfolgte im Kontext der Kostenfuhrerschaft anhand strikter Kostenuberlegungen. Im Falle der Differenzierungsstrategie ist davon auszugehen,
409
Adaption der Differenzierungsstrategie
dass neben den basalen Beschwerdekanalen, die ein Kostenfiihrer bietet, zusatzliche Beschwerdestimulierungsimpulse gegeben werden. Es steht das Ziel im Vordergrund, unzufriedene Kunden durch unubliche bzw. nicht erwartete Beschwerdestimulierungsvarianten zur Beschwerde zu motivieren und dadurch die Artikulationsquote zu optimieren. Der Instrumentalraum, der dem Beschwerdemanagement dafur zur Verfijgung steht, ergibt sicii aus den beiden Komponenten der Beschwerdekanale und deren Kommunikation auf der einen Seite und den strategisciien Leitlinien zur Leistungskonfiguration uber Qualitat, Innovativitat und Varietat auf der anderen Seite. Dieser ,Werkzeugkasten' einer sich differenzierenden Beschwerdestimulierung ist in Abbildung 7-21 dargestellt. Qualitat Miindlicher Beschwerdekanal 'p , 5-> Tz*
Schriftlicher Beschwerdekanal
o \A
Telefonischer Beschwerdekanal
M
Innovativitat
n
2 :^^
Elektronischer Beschwerdekanal
^
Eigene Kommunikationsmittel
•^ 'S ^
g g O ^
3
Generelle Korrespondenzund Kommunikationsmittel
_o '^ ^ M
Varietat
Massenmedien Sonstige "Kontakte" des Kunden
A7
nu n/~ D
3
Abb. 7-21: .Werkzeugkasten' zur Differenzierung der Beschwerdestimulierung; Quelle: Eigene Abbildung.
410
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Werden die drei strategischen Leitlinien der Qualitat, Innovativitat und Varietat auf die Beschwerdestimulierung angewendet, ergeben sicii analog drei strategische Veriiaitensweisen zur Erschiieliung der Differenzierungspotenziale: (1) Der vertikale Pfeil bescinreibt die Vorgehensweise, sich auf ein Differenzierungspotenzial zu konzentrieren und dieses stringent uber alle Besciiwerdekanaie und die verschiedenen Facetten der ,Kommunikatlonspolitik' des Beschwerdemanagements umzusetzen. (2) Im Rahmen des mit dem zweiten Pfeil beschriebenen Ansatzes wird versucht, die Teilfacetten innerhalb eines einzelnen Beschwerdekanals bzw. eines fokussierten Kommunikationsansatzes auf qualitativ hohem Niveau zu gestalten und dabei durch innovative Leistungsfacetten und Komponenten-Bundling in der Wahrnehmung der Kunden zu differenzieren. Beispielsweise konnte der elektronische Beschwerdekanal fokussiert werden: Die Beschwerdehomepage eines Unternehmens wurde nach den Erkenntnissen zu Qualitatskriterien von Internetseiten bzw. Gesichtspunkten der Nutzerfreundlichkeit gestaltet werden (Qualitat). Daruber hinaus konnte diese Beschwerdeseite innovative Elemente anbieten, beispielsweise eine EchtzeitBeschwerdeinteraktion via Internet-TV-Konferenz mit den Mitarbeitern des Beschwerde-Centers (Innovativitat). Ein Bundling (Varietat) kann vorsehen, auf der Unternehnnensseite bereits etablierte Features (z.B. Gewinnspiele) nun spezifisch fur Beschwerdefuhrer anzubieten. (3) Schlielilich konnen Unternehmen ihre Beschwerdestimulierung durch selektive Ansatze in einzelnen Feldern der Matrix vom Branchendurchschnitt^^^ zu differenzieren suchen. So wurde ein TV-Spot zur
159
Primarer Vergleichsmadstab fur das Uberraschungsmoment ist, wie dies auch Oliver et al. (1997) festlialten, der Leistungsstand in der fokalen Branche.
Adaption der Differenzierungsstrategie
411
Hauptsendezeit, der sich explizit der Beschwerdestimulierung widmet, vermutlich ein verglejchsweise hohes Uberraschungsmoment in der Wahrnehmung der Kunden beinhalten (Innovativitat). Auch konnte die Idee der Internet-Bannerwerbung auf das Beschwerdemanagement ubertragen und diese beispielsweise auf Internetseiten von Melnungsforen platziert werden (z.B. ciao.com). Welche Instrumente in welcher Kombination einzusetzen sind, kann nicht allgemeingultig vorgegeben, sondern muss auf der Grundlage von Unternehmensdaten festgelegt werden. Gleichwohl lasst sich das Erfolgspotenzial einzelner Vorgehensweisen fur das Beschwerdemanagement anhand von zwei Beurteilungskriterien abschatzen: •
Zum einen sollen Mafinahmen danach beurteilt werden, inwieweit sie dem Ziel der Beschwerdestimulierung dienen und den Beschwerdeaufwand fur unzufrledene Kunden reduzieren.
•
Zum anderen folgt Beschwerdemanagement der Maxime der Beschwerdebegeisterung. Daher muss es eine positive Diskonfirmation von Erwartungshaltung und Wahrnehmung des (unzufriedenen) Kunden erreichen.
Werden diese beiden Kriterien zusammengefuhrt, ergibt sich die folgende Beurteilungsmatrix der einzelnen Maflnahmen (Abbildung 7-22).
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
412
fi
hoch
III
II
e
Untemehmen ruft "FeedbackWoche" aus, die mit spezifischen StimulierungsEvents einhergeht
0800-BeschwerdeHotline
Social Event: Pro reklamiertem, fehlerhaften Produkt spendet Hersteller 1 € an Aktion xy
^ o
pfl
S|
In-StoreCustomer Relations Desk
^
Abdruck der Postanschrift des Beschwerdemanagements in Produktkatalogen
C3
o tC ,:^ ^
niedrig
TV-Spot zur Beschwerdestimulierung
IV
I nie ng
AusmaB der positiven Diskonfirmation (Uberraschungsmoment) aus Kundensicht (ermittelt iiber Marktforschung)
^^
Abb. 7-22: Entscheidungsmatrix zur strategiegeleiteten Konfiguration der Beschwerdestimulierung; Quelle: Eigene Abbildung.
Es zeigt sich, dass Maflnahmen, die sich im Quadranten III der Beurteilungsmatrix verorten lassen, das hochste Potenzial beinhalten, urn njcht nur effektiv Beschwerden zu stimulieren, sondern dabei die Kunden zu uberraschen. Ein Beschwerdemanagement wird unter MaBgabe der Differenzierungsstrategie aber auch Instrumente einsetzen konnen, die entweder in sehr deutlichem Ma(Je zur Reduktion des Beschwerdeaufwands geeignet sind (Quadrant II) Oder sich durch ein hohes Uberraschungsmoment auszeichnen (Quadrant IV). Die Malinahmen im Quadranten I stellen aus Sicht der Differenzierung lediglich die Ausgangsplattform dar,
Adaption der Differenzierungsstrategie
413
die durch die Quadranten ll-IV auszubauen ist, urn die Kundenerwartungen zu ubertreffen. 7.5.3.3.2
Illustrative Ausgestaltung des direkten Beschwerdemanagements unter MaHgabe der Differenzierungsstrategie
Dieser Unterabschnitt wird eine denkbare Ausgestaltung des direkten Beschwerdemanagements im Rahmen einer Differenzierungsstrategie beispielhaft umreifien. Dabei werden, wie dies oben ausgefuhrt wurde, zunachst Kann-Leistungen im Beschwerdemanagement anhand von IVIarktforschungsmethoden identifiziert (7.5.3.3.2.1). Im Lichte der KannLeistungen sind Implikationen fur die Konfiguration des Leistungsprogramms zu reflektieren (7.5.3.3.2.2). Schliefllich wird das Leistungsprogramm uber die strategischen Leitlinien der Qualitat, Innovativitat und Varietat gesamthaft modelliert (7.5.3.3.2.3). Identifikation der Kann-Leistungen mittels funktionaler Marktforschung Mit der Identifikation von Kann-Leistungen im Beschwerdemanagement setzt sich die einschlagige Forschung bislang kaum auseinander. So finden sich lediglich zwei empirische Arbeiten (Estelami 2000; Johnston/Fern 1999), auf die an dieser Stelle zuruckgegriffen werden kann. Beide widmen sich der Erforschung extrem hoher Beschwerdezufriedenheitswerte. Ziel ist es, diejenigen unternehmerischen Verhaltensweisen zu identifizieren, die solche Beschwerdebegeisterungszustande auslosen konnen. Den strategischen Gesichtspunkt solcher Untersuchungen beschreibt Estelami (2000, S. 286) wie folgt: „(...) the study of outstandingly positive responses to consumer complaints may help identify best practices in responding to complaints (...)." Freilich ist gerade dies das Aniiegen eines Beschwerdemanagements im Kontext der Differenzierungsstrategie. Daher soil nun auf die Erkenntnisse von Estelami (2000) sowie Johnston/Fern (1999) eingegangen werden, bevor ein Gestal7.5.3.3.2.1
414
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
tungsansatz des Beschwerdemanagements im Lichte der Differenzierungsstrategie beispielhaft skizziert wird. Estelami (2000) wahit als Forschungsdesign eine Kombination aus Critical Incident Technique und schriftlicher Befragung. Dabei werden Beschwerdefuhrer branchenubergreifend nach kritischen Beschwerdeereignissen befragt. Estelami (2000, S. 295) identifiziert die folgenden in Abbildung 7-23 aufgefuhrten Beschwerdereaktionsweisen, die zu Beschwerdebegeisterung bei Beschwerdefuhrern von Dienstleistungsunternehmen gefuhrt haben:^^° 1 > Free future service (43%)
Redress
Distributive Justice
|
1 > Prompt response (41%)
Timeliness
Procedural Justice
|
1 > Re-execute service (30%)
Redress
Distributive Justice
1
1 > Fix billing error (23%)
Redress
Distributive Justice
|
1 > Polite behavior (22%)
Attentiveness
Interactional Justice
1 > Apologize (13%)
Apology
Distributive Justice
1 > Refund (7%)
Redress
Distributive Justice
|
1 > Honor promised price (5%)
Redress
Distributive Justice
|
1 > No questions asked (3%)
Facilitation
Procedural Justice
|
1 > Pay for caused expenses (2%)
Redress
Distributive Justice
1
Abb. 7-23: Beschwerdereaktionen von Dienstleistungsunternehmen, die zu Beschwerdebegeisterung fuhren konnen; Quelle: Eigene Abbildung basierend auf den Daten von Estelami (2000, S. 295). ^^^
Offenkundig stellt die Ergebnisgerechtigkeit (Distributive Justice) mit sieben von zehn Nennungen die zentrale Stellgrolie dar, um vormals unzufriedene Kunden im Rahmen des Beschwerdemanagements zu begeistern. Dieses Ergebnis ist von Bedeutung, well Estelami damit eine empirisch-gestutzte Rangreihung der drei Gerechtigkeitsdimensionen erar160
Estelami (2000) untersucht ebenfalls Beschwerdebegeisterung in Produktmarkten; da die Ergebnisse hinsichtlich der Rangreihung der drei betrachteten Beschwerdezufriedenheitstreiber den Ergebnissen in Dienstleistungsmarkten weitest gehend entsprechen, wurde auf die Darstellung der Produktmarkt-bezogenen Daten verzichtet. 161 Die Zuordnung zu den Gerechtigkeitsdimensionen erfolgte durch den Autor der vorllegenden Arbeit.
Adaption der Differenzierungsstrategie
415
beitet. Allerdings verzichtet Estelami darauf, das Zusammenwirken der einzelnen Maflnahmen bzw. der Fairnessdimensionen (Interaktionseffekte) zu untersuchen. Ein weiteres Defizit dieser Studie besteht vor allem darin, dass den Beschwerdefuhrern im Rahmen der Befragung einzelne gerechtigkeitstheoretische Teildimensionen vorgegeben wurden. Fraglich ist insofern, inwieweit die dargestellte Rangordnung ohne ein dernnaBen vordeternniniertes Untersucinungsdesign ebenfalls zustande gekommen ware. Aus diesem Grunde liefern die Daten von Estelami (2000) zwar erste, grundlegende Einsiciiten zur Beschwerdebegeisterung, sollen jedoch nicht im Zentrum der weiteren Diskussion stehen. Stattdessen bietet die bereits diskutierte Untersuchung von Johnston/Fern (1999) weitere wertvolle Anknupfungspunkte fur die Bestimmung von Reaktionsmafinahmen, die Beschwerdebegeisterung hervorrufen konnen. Dieser Studie liegt das bereits eriauterte Experimental-Setting zugrunde, das zwei grundlegende Vorgehensweisen zur Bestimmung von Kann-Leistungen eriaubt. Diese beiden Ansatze sollen als implizite und explizite Vorgehensweise bezeichnet werden. Die implizite Vorgehensweise greift auf die oben besprochenen Daten von Johnston/Fern (1999) zuruck. Beschwerdefuhrer wurden hier danach gefragt, wie die Bank in einem Beschwerdefall reagieren sollte, um die Kunden zufrieden zu stellen. Der Erhebungsgegenstand war also Beschwerdezufriedenheit. Anhand der (vereinbarten) 20%-Grenze konnen nun Kann-Leistungen identifiziert werden. Diese sind in der Abbildung 724 dargestellt und werden im Rahmen der konkreten Leistungskonfiguration aufzugreifen sein.
416
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
X] Miuss-L«i$(ting {>50%) • A|>oiog>'to tustomtr
a
Apology
Kann-Lelstiiiig (<20* b)
SoU-Lelstuiig (50-20%) • WiHttu itpo!t>g>' to MBtomer (20%)
• Provide coiupcnsatiou (4%)
J5 r * • Put it right
M
i t
• Rtfimd sBiy tharges iiiciUTcd
Recliess
1 Timdiuess
• Putjtridit inuuc
Cre-
1 1 2
• Ackiiawledgc mistake (14%) • Esplmiation as to vAry tlic ciTor occiured (8%) • Research and investigate eiTor (4?''o) • Apologize to third party (4%)
" Letter to Ibiid p»1y (im'oivtd m lh« fsMfcire) 08%) custouiti (38?«) • (S^-« asaffauce it wo«»'t kappeti again {54%)
Att«i{iveness • Hclpfiil attitude (6%) • Be polite/courteous (4%) • listen and be miderstaiidiiig
^^^^^^^^-^ 1
(4%)
Abb. 7-24: Implizit ermittelte Kann-Leistungen; Eigene Abbildung auf Basis der Daten von Johnston/Fern (1999).
Die explizite Vorgehensweise beruht auf der Reflexion der Aufgabenstellung, die den Kann-Leistungen im Rahmen der Differenzierungsstrategie zugedacht ist. Das Ziel der Differenzierung ist es, Beschwerdefuhirer durch die Ubererfijllung ihrer Erwartungen zu begeistern. Daher konnen Beschwerdefuhrer im Rahmen von ex ante-Experimenten aucii explizit danach befragt werden, wie ein Unternehmen auf ihre Beschwerde reagieren sollte, um sehr iiohe Beschwerdezufriedeniieitswerte zu erzielen. Der Erhebungsgegenstand ist dann nicht mehr blofie Beschwerdezufriedenheit, sondern Beschwerdebegeisterung (,complaint delight'). Um die Ausloser von Beschwerdebegeisterung zu ergrunden, knupfen Johnston/Fern (1999, S. 76) an ihr Ausgangsszenario des nicht eingerichteten Dauerauftrags an die Bausparkasse an. Im Unterschied zur Erhebung
Adaption der Differenzierungsstrategie
417
der Erwartungen an eine den Kunden (lediglich) zufrieden stellende Beschwerdereaktion^^^ wurde nun folgende Frage formuliert: "What extra would the bank have to do, which you might not necessarily expect, to make you feel very happy with their response?" (ebd.). Anhand dieser Fragestellung identifizieren die Autoren Verhaltensweisen, die Beschwerdefuhrer explizit begeistern: „...it was found that one set of actions can restore the customer to a satisfied state whereas an enhanced set of actions will delight the customer" (Johnston/Fern 1999, S. 69). Diese Reaktionsvarianten der Bank, die von den Beschwerdefuhrern nicht unbedingt erwartet wurden, sind ebenfalls als Kann-Leistungen anzusehen. Gemali der Experimentalstudie wird die Bank ihre Beschwerdefuhrer begeistern, wenn sie die in Abbildung 7-25 aufgefuhrten fijnf Beschwerdereaktionen zusatzlich zu den Muss- und Soll-Leistungen erbringt.
1 > Follow-up call or letter (58%)
Credibility
Interactional Justice
|
1 > Apology letter from manager (50%)
Apology
Distributive Justice
|
1 > Letter to third party (8%)
Credibility
Interactional Justice
|
1 > Personal attention (6%)
Attentiveness
Interactional Justice
|
1 > Compensation (4%)
Redress
Distributive Justice
|
Abb. 7-25: Explizit ermittelte Kann-Leistungen; Quelle: Eigene Abbildung auf Basis der Daten von Johnston/Fern (1999, S. 78).
Offensichtlich bestehen Begeisterungspotenziale vor allem darin, dass das Unternehmen das Problem ernst nimmt, seine Verantwortung akzeptiert und dies durch Follow-up-Ma(inahmen (58%) und eine schriftliche Entschuldigung eines Managers (50%) belegt. Erst mit deutlichem Abstand folgt der Brief an die involvierte Drittpartei (8%) sowie der Wunsch Dort wurde erfragt: „What would the bank have to do to make you feel OK/satisfied with their response?" (Johnston/Fern 1999, S. 76).
418
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
nach personlicher Sonderbehandlung (6%) und materieller Kompensation (4%), die uber eine blolie Ruckerstattung der entstandenen Kosten hinausgeht. Im Vordergrund stehen also Interaktions- und Ergebnisgerechtigkeit. Wenngleich auch diese Studie ,nur' erste Ergebnisse vorlegt, ergeben sich doch Implikationen fur die Ausgestaltung des direkten Bescliwerdemanagements uber die Kann-Leistungen im Zusammenspiel mit den Muss- und Soll-Leistungen. 7.5.3.3.2.2 Implikationen aus der Identifikation der Kann-Leistungen fur die Gestaltung des Leistungsprogramms Bezugspunkt der folgenden Ausgestaltung soil das direkte Beschwerdemanagement der fiktiven Bank sein, die Johnston/Fern (1999) ihrer Studie zugrunde legen und deren Muss- und Soll-Leistungen im Kontext der Kostenfuhrerschaft bereits ausgearbeitet wurden.^^^ Zunachst sollen die Erkenntnisse der impliziten und expliziten Ermittlung kurz miteinander verglichen werden. Danach ist zu eruieren, durch welche Kann-Reaktionsweisen das Leistungsprogramm uber die Muss- und Soll-Leistungen hinausgehend erganzt werden kann. Erste Aufschlusse gibt die Vereinigung der Kann-Leistungen mittels der impliziten und expliziten Bestimmung, wie sie in Abbildung 7-26 wiedergegeben ist. Die Abbildung fuhrt die Leistungen zusammen, die implizit anhand der 20%-Grenze ermittelt wurden ( Jmplizite Ermittlung").''^'^ Diesen sind die Leistungen gegenubergestellt, die mittels der Frage nach
^^^ Dabei sind aufgrund der Methodik als Experimentalstudie und der relativ geringen Anzahl der von Johnston/Fern (1999) befragten Kunden (n = 50) nur vorsichtige Ruckschlusse auf die Beschwerdemanagementpraxis moglich. Ein Anspruch auf Allgemeingultigkeit wird hier ohnehin nicht erhoben. ^^^ Die Entschuldigung an die Drittpartei (Apologize to third party, 4%) dient im Gegensatz zu der EntscliuJdigung eines Unternehmens gegenuber dem Kunden zur Untermauerung der Glaubwurdigkeit des Bedauerns auf Seiten des Unternehmens und ist daher als Dimension der Credibility einzustufen.
419
Adaption der Differenzierungsstrategie
besonders hoher Beschwerdezufriedenheit erhoben wurden („Explizite Ermittlung"). So wird das maximale Begeisterungspotenzial erschlossen.
Implizite Ermittlung
a,
Explizite Ermittlung
• Apology letter from manager (50%)
Apology
> •r- oi
S
•a
Redress
• Provide compensation (4%)
Credibility
• Acknowledge mistake (14%)
• Follow-up call or letter (58%)
• Explanation as to why the error occurred (8%)
« Letter to third party (8%)
• Compensation (4%)
^
« .a 2 S
• Research and investigate error (4%)
.2 S
• Apologize to third party (4%) e "^
Attentiveness
• Helpful attitude (6%) • Be polite/courteous (4%) • Listen and be understanding (4%)
• Personal attention (6%)
Abb. 7-26: Begeisterungspotenziale im direkten Beschwerdemanagement; Quelle: Eigene Abbildung auf Basis der Daten von Johnston/Fern (1999).
Der Vergleich der Einsichten auf Basis der beiden Ermittlungsansatze zeigt Parallelen, aber auch bemerkenswerte Unterschiede: •
Beide Ermittlungsverfahren gelangen zu einem identischen Ergebnis hinsichtlich des nur vergleichsweise geringen Differenzierungspotenzials LJber eine materielle Entschadigung (4%).
•
165
Auch stimmen beide darin uberein, dass uber Verfahrensgerechtigkeit keine Begeisterung der Bankkunden erzielt werden kann. 165
Dies steht im Widerspruch zu Estelamis (2000, 8. 295) Ergebnis, wonach die Geschwindigkeit der Problemlosung das zweitwichtigste Begeisterungsmerkmal war. Dies verdeutlicht die Bedeutung von branchenindividuellen Daten fur die strategische Ausrichtung des Beschwerdemanagements.
420
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
•
Ebenfalls zu einem als parallel anzusehenden Ergebnis gelangen implizite und explizite Ermittlung im Hinblick auf die Bedeutung der Attentiveness, die auch ein relativ geringes Begeisterungspotenzial zu erschliefJen scheint.
•
Ein erster von zwei wichtigen Unterschieden liegt in den auszunnachenden Schwerpunkten der identifizierten Managennentmalinahmen. Uber die implizite Methodik wird das Zentrum der Begeisterungsaktivitaten in der Dimension der Credibility verortet. Die explizite Vorgehensweise bestatigt dies mit dem Maximalwert des Follow-ups (58%). Bemerkenswert aber ist, dass uber die explizite Ermittlung ein zweiter Schwerpunkt in der Apology-Dimension erkennbar wird, den die implizite Methode nicht zutage fordern konnte: 50% der Beschwerdefuhrer erwarten die schriftliche Entschuldigung einer Fuhrungskraft.
•
Der zweite Unterschied zwischen beiden Ansatzen liegt darin, dass die explizite Ermittlung, insbesondere in der Glaubwurdigkeitsdimension, konkretere Managementmalinahmen erkennen lasst.
Zusammenfassend ist daher zwar das Zusammenspiel bolder Verfahren wunschenswert, im Zweifelsfall aber scheint die explizite Vorgehensweise zu bevorzugen zu sein. Nun gilt es Erkenntnisse hinsichtlich der Ausgestaltung des Leistungsprogramms abzuleiten: •
Eine im Vergleich zu den Muss- und Soll-Leistungen neu zu erganzende Reaktionsmalinahme stellt die uber die bloBe Ruckerstattung (Refund) hinausgehende Wiedergutmachung (Compensation) gegenuber den Beschwerdefuhrern dar. Dieser ist allerdings in dem vorliegenden Szenario kein primares Begeisterungspotenzial zuzuschreiben.
•
Die restlichen Anforderungen verlangen keine Erweiterung des Leistungsprogramms, sondern implizieren vielmehr die Notwendigkeit, bereits bestehende Muss- und Soll-Malinahmen zu modifizieren. Bei-
Adaption der Differenzierungsstrategie
•
421
spielsweise ist eine deutliche Steigerung der Erwartungshaltung hinsichtlich der Entschuldigung iiber die drei Stufen der Muss-, Soil- und Kann-Leistungen festzustellen (von der mundlichen Entschuldigung bis hin zum Entschuldigungsbrief einer Fuhrungskraft). Gleiches trifft auf die Ausgestaltung des Schreibens an die Bausparkasse als involvierte Drittpartei zu. Das zentrale Begeisterungspotenzial liegt in Follow-up-Maftnahmen (58%), was als eine Form des ,MetaNachkaufmarketings' interpretiert werden konnte. Damit ist an die bereits im Kontext der Kostenfuhrerschaft diskutierten Schreiben an die Beschwerdefuhrer anzuknupfen, die nun modifiziert ausgestaltet bzw. durch Telefonanrufe erganzt werden konnen. Bemerkenswert ist auch, dass die Verfahrensgerechtigkeit (Procedural Justice) im fokalen Szenario offensichtlich nicht dazu dient, besonders hohe Werte der Beschwerdezufriedenheit hervorzurufen. Die befragten Kunden nennen diesbezuglich keine spezifischen Erwartungshaltungen. Daher werden die Ergebnis- und Interaktionsgerechtigkeit im Zentrum der weiteren Uberlegungen stehen.
Das in Abbildung 7-26 aufgefuhrte Portfolio zusatzlicher Reaktionsweisen des direkten Beschwerdemanagements stellt gemeinsam mit den bisherigen Muss- und Soll-Leistungen den Gestaltungsraum dar, der nun abschliefiend anhand der Leitlinien der Qualitat, Varietat und Innovativitat aufeinander abzustimmen ist. 7.5.3.3.2.3
Gestaltung des Leistungsprogramms anhand der strategischen Differenzierungsleitlinien
Oben wurden drei strategische Leitlinien vorgestellt, auf denen bzw. auf deren Zusammenspiel eine Differenzierungsstrategie erfolgreich begrundet werden kann. Die Differenzierung lasst sich durch (1) eine aufiergewohnliche Qualitat, eine (2) besonders geschickte Verknupfung bestehender Leistungen in Form einer somit erzielten Varietat (Bundling) und (3) durch ein hohes Mafi an Innovativitat des Leistungsprogramms errei-
422
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Chen. Einige Umsetzungsbeispiele der drei Leitlinien unter Ruckgriff auf die vorausgegangenen Erkenntnisse sollen kurz angefuhrt werden. Die strategische Leitlinie der Qualitat richtet den strategischen Fokus darauf, die Erwartungen der Kunden hinsichtlich der Gute der angebotenen Leistungsmerkmale zu ubertreffen. Unter dieser Maligabe ist vorstellbar, dass sich Beschwerdemanagennent nicht der ganzen Bandbreite denkbarer Reaktionsweisen bedient, die in der Abbildung 7-26 aufgefuhrt sind. Vielmehr wird der Schwerpunkt auf den explizit ermittelten Begeisterungspotenzialen liegen. Innerhalb dieser Kategorie konnen ferner die Prozentwerte der einzelnen Kann-Leistungen als Richtlinie fur deren Angebot zugrunde gelegt werden. Dannit wurden die beiden MaUnahmen des Follow-up-Briefes/Anrufes (58%) und der von einer iiohen Fuhrungskraft unterschriebene Entschuldigungsbrief (50%) in das Leistungsprogramm aufgenonnmen werden. Bereits diese zwei Instrumente eriauben es, auf die Begeisterungspotenziale eines eriiebiichen Teils der Kunden einzugehen. Da aber im Lichte der Qualitats-Leitlinie das Bestreben darin besteht, qualitativ besonders iiochwertige Leistungen anzubieten, wird Besciiwerdemanagement bestrebt sein, die Follow-up-Ma(inahmen in diesem Sinne zu nutzen. In erster Linie ist dabei an Besciiwerdezufriedeniieitsmessungen im Naciigang der Beschwerde zu denken. Je nacii Beschwerdeaufkommen konnen diese bei einem bestimnnten Prozentsatz der Beschwerdefuhrer schriftlicii Oder telefonisch durciigefuhrt werden, urn stets deren Qualitatserwartungen zu ergrunden und auch zukunftig ubererfullen zu konnen. Als Messinstrument sind unterschiedliche Fragebogen denkbar. Beispielsweise ist auf den von Boshoff (1999) vorgelegten RECOVSAT-Ansatz zu verweisen, der in hohem Made deckungsgleich mit fiJnf der sechs in der vorliegenden Arbeit betrachteten Teildimen-
Adaption der Differenzierungsstrategie
423
sionen der Beschwerdezufriedenheit ist.^^^ Anknupfend an die Qualitatsmessung ist davon auszugehen, dass unter dem hier besonders ausgepragten Qualitatsfokus im Beschwerdemanagement zusatzliche Zentralbereichs-bezogene Mafinahmen ergriffen werden, z.B. regelmaliig Qualitatszirkel abgehalten und Qualitatsverbesserungsteams gebildet werden,^^'^ die die Dienstleistungsqualitat im Beschwerdemanagement optinnieren (sollen). Daneben bietet die Forschung zum Qualitatsmanagement zahlreiche weitere Ansatzpunkte auf die hier nicht weiter eingegangen werden kann. Konzeptionell entspricht die Orientierung an der strategischen Leitlinie der Qualitat zweifelsohne der Aufgabe, die das Beschwerdemanagement fur das Gesamtunternehmen erfullt. Nur geht es hier darum, marktseitiges Feedback zur systematischen und permanenten Leistungsverbesserung auf der Zentralbereichsebene ein- bzw. umzusetzen und das eigene Leistungsangebot im Beschwerdemanagement permanent zu verbessern. Ein im Vergleich zur Qualitatsorientierung hoheres Innovationsniveau weist ein Leistungsangebot auf, das an der Leitlinie der Varietat ausgerichtet ist. Die Idee der Varietat ist es, aus einem Spektrum von weitgehend bereits bestehenden Leistungskomponenten neuartige Module zu konzipieren. Dabei stehen einem Beschwerdemanagement erneut unterschiedliche Vorgehensweisen offen: •
Eine eng verstandene Varietat kombiniert Komponenten innerhalb einer der sechs Teildimensionen (Redress, Apology, etc.), wie es oben am Beispiel der Matrix zum Kostenaufwand unterschiedlicher
Freilich gilt es dabei den oben angefuhrten Kritikpunkt zu berucksichtigen, dass RECOVSAT eine Face-to-Face-Beschwerdeinteraktion voraussetzt. Alternative Ansatze zur Ergrundung der Beschwerdezufriedenheit legen Davidow/Leigh (1998), Richard/Adrian (1995) und auch Stauss (2002) vor. Wie Stauss/Seidel (2002, 8. 440f.) diese fur die Qualitat der Primarmarktieistungen vorschlagen.
424
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Entschuldigungsvarianten bereits veranschaulicht wurde. Auf eine erneute Vertiefung sei daher verzichtet. •
Eine breiter ausgerichtete Varietat kann die jeweils beiden Facetten einer Gerechtigkeitsdimension miteinander kombinieren, also z.B. Entschadigungs- und Entschuldigungsmodule zu Varianten der Ergebnisgerechtigkeitausgestalten.
•
Schiieliiich lassen sicii Kombinationen von jeweils zwei der drei Oder aller drei Ergebnisgerechtigkeiten konzipieren, also beispielsweise eine Positionierung uber die anhand der Daten von Johnston/Fern offensichtlich im Bankgewerbe besonders dominant wirkenden Ergebnis- und Interaktionsgerechtigkeiten. Hierfur sei ein entsprechendes Beispiel angefuhrt: Als Soll-Leistung wurde von 20% der Kunden ein Entschuldigungsschreiben der Bank erwartet (Apology). Dieses Entschuldigungsschreiben ist eine bereits bestehende Leistungskomponente. Die Bestimmung der Kann-Leistungen zeigt ferner, dass 8% der Kunden eine Untersuchung des Problemauftritts und eine entsprechende Erklarung von der Bank erwarten (Credibility). Da die Ursachenanalyse ohnehin im indirekten Beschwerdemanagement durchgeftihrt wird, konnte nun eine individuelle Eriauterung des Problems und der eingeleiteten Mafinahmen durch die Bank in das Entschuldigungsschreiben integriert werden (Bundling). Dieser BundlingAnsatz ist insbesondere im Beispielfall Erfolg versprechend, da bei 58% der Beschwerdefuhrer ein entsprechender Follow-up-Brief Begeisterung auslost.
Fur die erfolgreiche Umsetzung der Varietatsmaxime sind jedoch exakte Kenntnisse uber die Auswirkungen eines kombinierten Leistungsprogramms auf die Beschwerdefuhrer vonnoten. Das heilJt, das Zusammenspiel der Effekte der Ergebnis-, Verfahrens- und Interaktionsgerechtigkeit auf die erzielte BeschwerdezufriedenheitZ-begeisterung ist branchenspezifisch zu erheben. Wie eine Durchsicht der diesbezuglich bisher vorliegenden Forschungserkenntnisse zeigt, kann die einschlagige Beschwer-
Adaption der Differenzierungsstrategie
425
deliteratur hier nur von geringem Nutzen sein, da sich die Ergebnisse durch eine ausgesprochene Heterogenitat bzw. sogar Widerspruchlichkeit auszeichnen (z.B. Davidow 2003, S. 244f.). Es bleibt daher der Verantwortung der Zentralbereichsleitungen uberlassen, wahrend der Konzeptionsphase verschiedener Bundling-Module die zu erwartende Wirkung in der fokalen Branche durch funktionsspezifische Marktforschung zu untersuchen. Die letzte der drei strategischen Leitlinien impliziert das hochste Ausmad an Innovativitat. Ein erstes Beispiel lasst sich unmittelbar aus den Daten von Johnston/Fern (1999) ablelten. Der von 58% der Kunden genannte Aspekt des Folge-Anrufes/Briefes ist von diesen nicht genannt worden, als sie von den Autoren befragt wurden, wie sich die Bank zu verhalten hatte, unn Besch\Ner6ezufriedenheit auszulosen (implizite Ermittlung). Erst als explizit Beschwerdebege/sferiyng erhoben wurde, fuhrten die Testpersonen diese Erwartungshaltung an. Damit weist diese Mafinahme bereits ein erstes Innovationspotenzial auf und kann (zunnindest innerhalb der fokalen Branche) als Begeisterungspotenzial eingesetzt werden. Ein Beschwerdemanagement konnte sich ferner vor Augen fuhren, dass eine uber die blo(3)e Ruckerstattung von Auslagen hinausgehende Kompensation von einigen Kunden als Begeisterungspotenzial genannt wurde. Nun kann nach Wegen gesucht werden, wie diese Kompensation im Vergleich zum branchenublichen Leistungsniveau besonders innovativ ausgestaltet werden kann. Zur Erieichterung konnten hierfur branchenubergreifende Daten herangezogen werden, wie sie oben anhand der Studie von Estelami (2000) vorgestellt wurden. Dort zeigte sich, dass in Dienstleistungsbranchen Beschwerdefuhrer ann leichtesten durch die Kompensation „Free future service" zu begeistern sind. In Anwendung auf die Dienstleistungen einer Bank kann beispielsweise das Wertpapierdepot ein Jahr kostenfrei gefuhrt werden oder aber ein Monat InternetBanking ohne Gebuhren angeboten werden. Unter Mafigabe der Innovativitatsmaxime sind dann eventuell auch weitere Methoden zur Generie-
426
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
rung innovativer Leistungsangebote hinzuzuziehen, wie die beispielsweise von Laakman (1995, S. 165) angefuhrten Kreativitatstechniken ,Methode 6-3-5' oder Brainstorming. Es lieBen sich weitere Beispiele fur alle drei strategischen Leitlinien anfuhren. Da es jedoch iediglicii darum ging, das grundsatzliche Vorgehen zu illustrieren, soil dieser Uberblick zur Differenzierung des direkten Beschwerdemanagements genugen und nunmeiir Vor- und Nachteile der aufgezeigten Differenzierungsstrategie im direkten Besciiwerdemanagement reflektiert werden. 7.5.4
Wurdigung der Differenzierungsstrategie als Option zur Ausgestaltung des direl^ten Bescliwerdemanagements als sel^undare Unterstutzungsdienstleistung
Ein erster Vorteil der aufgezeigten Vorgehensweise knupft an die KannLeistungen als dem Schlussel zur Erzielung der Beschwerdebegeisterung an. Die Grundvoraussetzung zur Umsetzung der Kann-Leistungen ist es, diese mittels einer funktionsspezifischen Marktforschung zu identifizieren. Stellenweise kann der Kostenaufwand fur Marktforsciiungsvorhaben durchaus betraclitiich sein. Die Ausfuhrungen zu dem iiier angeregten Metiiodendreikiang iiaben jedoch verdeutlicht, dass die drei vorgestellten Verfaiiren (Penalty-Reward-Ansatz, CIT und Experimente) in hoiiem Malie zur Identifikation sowohl der Muss- bzw. Soil-, als auch der Kann-Leistungen dienlich sind. Es entsteht also durch die Verfolgung der Differenzierungsstrategie im Zentralbereich Beschwerdemanagement kein bzw. ein nur geringer zusatzlicher Kostenaufwand zur Erhebung der Datengrundlage. Als ein zweiter Vorteil kann gewertet werden, dass sich die Vermutung von Rosada (1990, S. 206), nach der eine Differenzierungsstrategie bei Sekundardienstleistungen zu keiner nachhaltigen Verschlechterung der Kostensituation fuhrt, auch im Hinblick auf die konkrete Leistungsprogrammgestaltung zu bestatigen scheint. Die obigen Ausfuhrungen haben gezeigt, dass im Vergleich zur Beschwerdezufriedenheit
Adaption der Differenzierungsstrategie
427
das Streben nach Beschwerdebegeisterung durchaus nicht mit zahlreichen zusatzlichen Leistungskomponenten und entsprechendem Ressourcenaufwand verbunden sein muss. Vielmehr deuten die prasentierten Ergebnisse darauf hin, dass sich eine Begeisterung der Beschwerdefuhrer durch mit moderaten Kosten verbundene Modifikationen der im Raiimen einer Kostenfuhrerschaft olinehin erbrachten Dienstleistungskomponenten erreichen lasst. Die Erfoigstrachtigkeit bzw. Effektivitat der hier vertretenen Konzeptualisierung einer Differenzierungsstrategie als das systematische Streben nach dem Ubertreffen der in der fokalen Branche ijblichen Abhilfefunktion sieiit sich ferner im Einklang mit einer zunehmenden empirischen Erkenntnisbasis. So resumieren McDougall/Levesque 1999, S. 12f.) im Lichte ihrer Untersuchung: "service recovery strategies (...) that were representative of industry practices did not lead to positive future intentions towards the service provider. In these situations, 'bonding' of the customer to the firm through the service recovery strategy did not occur (...). This finding, that industry practice may not be effective at recovering, suggests that 'bonding' the customer requires further efforts by the service provider." Dennoch stehen den genannten Vorteilen auch Nachteile gegenuber. Dabei ist in erster Linie an das Konstrukt der Beschwerdebegeisterung anzuknupfen. Bislang steht eine konzeptionelle Fundierung des Begeisterungskonstrukts im Kontext des Beschwerdemanagements aus. Auch die zitierten Autoren (Estelami 2000; Johnston/Fern 1999) verzichten darauf, sich einer Diskussion auf der Konstruktebene anzunehmen. Es ist daher bislang unklar, wie Beschwerdebegeisterung exakt von Beschwerdezufriedenheit abzugrenzen ist. Die bislang in der Literatur angefuhrte und auch von der vorliegenden Arbeit akzeptierte Unterscheidung zwischen Beschwerdezufriedenheit und einer aufiergewohnlich hohen Beschwerdezufriedenheit, die dann als Beschwerdebegeisterung aufgefasst wird,
428
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
ist diesbezuglich zu prazisieren. Eng damit verknupft ist die Frage nach der validen und reliablen Messung dieses Phanomens, die bisher ebenfalls unbeantwortet bleibt. Schliefilich ist auch der genaue Wirkungszusammenhang der Beschwerdebegeisterung auf das Nach-Beschwerde verhalten (Wiederkauf- und Weiterempfehlungsverhalten) im Vergleich zu blofler Beschwerdezufriedenheit bislang unerforscht. Diese Defizite stellen zwar primare Herausforderungen fur die Wissensciiaft dar, konnen aber gieiciizeitig auch dazu fuiiren, dass es einem die Differenzierungsstrategie verfolgenden Zentraibereicii Besciiwerdemanagement in Budgetzuteiiungsveriiandiungen mit denn Top-Management mitunter schwer fallen kann, die, wenngleich moderaten Zusatzaufwendungen fur die angestrebte Beschwerdebegeisterung, zu vertreten. SchlieRlich ist ferner auf das Risiko der Anspruchsinflation im Rahmen einer solchen Differenzierungsstrategie hinzuweisen. Deshalb hat der Zentralbereich zu beobachten, ob die Erwartungshaltungen der Beschwerdefuhrer im Zeitverlauf auf ein Niveau ansteigen, dem mit vertretbarem Ressourcenaufwand nicht mehr Rechnung getragen werden kann. Sollte die Unternehmensleitung faktisch eine Reduzierung des Differenzierungsbudgets vorsehen, aber nicht notwendigen^/eise auf der Verfolgung einer reinen Kostenfuhrerschaft bestehen, ergibt sich fur das Beschwerdemanagement noch die Chance, auf eine hybride Marktverhaltensstrategie, z.B. den prominent diskutierten Mass Customization-Ansatz, auszuweichen. Angesichts der vergleichsweise ausfuhrlichen Diskussion zu Kostenfuhrerschaft und Differenzierung soil das hybride Verhalten des Beschwerdemanagements, das die Synthese beider Grundstrategien vorsieht, hier lediglich skizziert werden.
Skizzierung des Mass Customization-Ansatzes als Hybridstrategie
429
7.6 Skizzierung des Mass Customization-Ansatzes als Hybridstrategie im strategischen Geschaftsfeld sekundarer Unterstiitzungsdienstleistungen Das Strategiekonzept der Mass Customization ist darauf ausgelegt, „die Wettbewerbsfahigkeit standardisierter Leistungen (Mass Services, Mass Production) mit den Vorteilen der kundenindividuellen Problemlosung (Customization)" und damit die Kostenoption mit der Differenzierungsoption zu verknupfen (Downar 2003, S. 40). Mass Customization im Beschwerdemanagement stellt den Versuch dar, die angebotene Sekundardienstleistung fur die Gesamtheit aller unzufriedenen Kunden zu erbringen, dabei aber die unterschiedlichen Bedurfnisse der einzelnen Beschwerdefuhrer weitest gehend zu erfullen und dies zu Kosten, die mit denen einer standardisierten (.massenhaften') Leistungsproduktion vergleichbar sind (analog Filler 2001, S. 206; Robra-Bissantz/Raasch 2003, S. 9). Zur erfolgreichen Realisierung der Mass Customization stehen primar vier (sich gegenseitig teilweise erganzende) Ansatze zur Verfugung, die an unterschiedlichen Punkten des Wertschopfungsprozesses ansetzen und auch im Dienstleistungsprozess des Beschwerdemanagements Anwendung finden konnen. Dies sind (1) Service-lndividualisierung, (2) Selbst-Customizing, (3) Splitting des Leistungsprozesses sowie (4) Leistungs-Modularisierung (Downar 2003, S. 41ff.). (1) Service-lndividualisierung beschreibt die Erganzung einer weitgehend standardisierten, also variantenarmen
Leistungserbringung
durch einzelne begleitende, kundenspezifische Dienste (Downar 2003, S. 42). Dadurch wird die vom Beschwerdemanagement angestrebte kostengunstige Erbringung seiner Abhilfefunktion mit der aus Sicht des Beschwerdefuhrers attraktiven Individualisierung der Sekundardienstleistung verknupfbar. In diesem Zusammenhang sei auf
430
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
die oben bereits erwahnte Standardisierung der Beschwerdemanagement-Prozesse zuruckgegriffen. Durch das geschickte Zusammenspiel aus Standardisierung und Flexibilitat kann ein Beschwerdemanagement diese Service-lndividualisierung erreichen. Zentral hierfur ist, den Kundenkontaktmitarbeitern innerhalb der grundsatzlich standardisierten Prozessvorgaben Entscheidungsspielraume zu eroffnen (Empowerment). Ein Mitarbeiter kann diese dafur nutzen, etwaige Beschwerden unmittelbar und vor allem kundenindividuell zu losen, ohne dass weitere Prozesskosten bzw. Abstimmungskosten mit Vorgesetzten anfallen (Hoffmann 1991, S. 242; Stauss/Seidel 2002, S. 179f.). Beispielsweise kann die Prozessrichtlinie in der Redress-Dimension (der Ergebnisgerechtigkeit) zwei Kompensationsalternativen vorsehen, die der Mitarbeiter dem Beschwerdefuhrer zur Wahl stellen kann. Da in dem betrachteten Bank-BeschwerdeSzenario Beschwerdebegeisterung allerdings in erster Linie uber Follow-Up-Aktivitaten erzielt werden konnte, ist den Mitarbeitern ggf. auch das Recht einzuraumen, eine entsprechende MaUnahme aus einem vorgegebenen Standard-Pool von Follow-Up-lnstrumenten zu initiieren (z.B. Folgeanruf drei Tage nach Problemlosung). (2) Im Rahmen des Selbst-Customizing kann der Kunde die Leistungsindividualisierung selbst vornehmen. Um die Effektivitat des SelbstCustomizing aus Sicht des Beschwerdemanagements zu gewahrleisten, muss dieses auf Basis seines EDV-Systems und unter Einbindung seiner Intra- bzw. Internetdienste grundsatzlich von alien Beschwerdefuhrern zu nutzende, aber leicht zu adaptierende Leistungen bereitstellen, um auf diese Weise Skalen- und Standardisierungseffekte moglichst umfassend zu realisieren. Uber die finale Ausgestaltung seiner Individualvariante der .Abhilfefunktion' entscheidet der Beschwerdefuhrer gemaU seinen personlichen Anspruchen dann aber selbst. Die entsprechenden Kosten der Individualisierung im Beschwerdemanagement, erinnert sei an den Hauptkosten-
Skizzierung des Mass Customization-Ansatzes als Hybridstrategie
431
block Personalkosten, konnen so eingespart werden. Beispielsweise ist denkbar, dem von Zhu et al. (2004) angefuhrten unzufriedenen Kaufer eines E-Books nicht mehr nur eine Download-Alternative sondern diverse Download-Optionen zu verschiedenen Inhaltsbereichen als Entschadigung zur Verfugung zu stellen, aus denen er frei wahlen kann. Eventuell liefien sich sogar Cross-Selling-Potenziale im Rahmen des direkten Beschwerdemanagement-Prozesses realisieren, wenn der Beschwerdefuhrer als eine der Wahloptionen beispielsweise auflergewohnliche Rabatte auf den Kauf eines Produkts des betroffenen Unternehnnens angeboten bekommt. (3) Das Splitting des Leistungsprozesses sieht vor, die Wertkette in eine abnehmerfern erstellte Standardkomponente und die vor Ort ablaufenden interaktiven Individualkomponenten aufzuteilen. Entsprechend werden bestimmte Wertschopfungsaktivitaten zur Realisierung kostenreduzierender Volumen- und Synergieeffekte zentral geleistet, und andere Prozessschritte dezentral kundenindividuell durchlaufen (Downar 2003, S. 44). Diese Idee liegt dem dualen Beschwerdemanagement und der angestrebten Rationalisierungsfunktion ohnehin zugrunde. Allerdings kann dieses Prinzip insofern seine Fortsetzung finden, als operative Einheiten (physisch) aus dem Unternehmen ausgelagert und an kostengunstigeren Standorten zentralisiert werden. Im Kontext des (direkten) Beschwerdemanagements ist dabei insbesondere an die zunehmende Tendenz des Call Center Offshoring (Taylor/Bain 2004) zu denken. Dieses Phanomen beschreibt die unter Effizienzgesichtspunkten betriebene, grenzuberschreitende Verlagerung von Call Centern, wie sie z.B. aktuell besonders augenscheinlich von Groftbritannien nach Indien festzustellen ist (ebd.). (4) Leistungs-Modularisierung soil dem Anbieter die Moglichkeit eroffnen, auf der Basis weniger, standardisierter und gegeneinander aus-
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
tauschbarer Leistungskomponenten eine breite Vielfalt an Endleistungen bei gleichzeitig verminderter Komplexitat des Erstellungsprozesses anzubieten. Offensichtlich geht es also urn die Erschlie(Jung von Kombinationseffekten im Sinne eines Baukastenprinzips, das verschiedene Modultypen wie Standardmodule, Variantenmodule und kundenspezifische Module umfassen kann (Downar 2003, S. 46). Voraussetzung fur die Modularisierung im Beschwerdemanagement 1st, dass die sechs SteuergroBen der Gerechtigkeitsdimensionen als Leistungsprogrammbausteine begriffen werden, die in unterschiedlichen Konfigurationen erbracht werden konnen. Diese lassen sich dann miteinander zu standardisierten Leistungsmodulen kombinieren. Freilich sind dabei nicht alle Komponenten a priori festzulegen. Typischerweise wird der Komnnunikationsstil (Attentiveness) situativ anzupassen sein und daher ein kundenindividuelles „Modul" bleiben. Andererseits ist eine Modularisierung hinsichtllch der erbrachten Entschadigung (Redress), der Reaktions- und Bearbeitungszeit (Timeliness) Oder auch der Form der Entschuldlgung (Apology von verbal bis zum Brief des Managements) vorstellbar. Offensichtlich weist die Leistungs-Modularisierung eine weitgehende Parallelitat zur diskutierten Maxime der Varietat innerhalb der Differenzierungsstrategie auf. Ein wichtiger Unterschied besteht jedoch darin, dass der Fokus hier starker auf Kostenuberlegungen gerichtet ist, wohingegen im Rahmen der reinen Differenzierungsstrategie die Kundenerwartungen im Zentrum stehen. Diese Skizze der Hybridstrategie soil die Ausfuhrungen zur nachfragergerichteten Adaption der generischen Wettbewerbsstrategien abschlieUen. Die Diskussion wird sich nun der Wettbewerbsdimension im strategischen Geschaftsfeld der Sekundardienstleistung zuwenden. Die Notwendigkeit einer expliziten Betrachtung der Konkurrenz ergibt sich zum einen aus der Maxime einer marktorientierten strategischen Planung im Be-
Konkurrenzanalyse und Implikationen der strategischen Ausrichtung
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schwerdemanagement und zum anderen aus der Tatsache, dass die KostenfiJhrerschaft aber insbesondere die Differenzierungsstrategie die Konkurrenten und deren Verhaiten in nur bedingtem Umfange in ihre Uberlegungen einbeziehen (Bohn 1993, S. 59f.).
7.7 Konkurrenzanalyse und Implikationen der strategischen Ausrichtung fur das konkurrenzgerichtete Marktverhalten des Beschwerdemanagements In der bisherigen Diskussion wurde bereits mehrfach angedeutet, dass ein (Zentralberelch) Beschwerdemanagement im Wettbewerb mit unterschiedlichen Konkurrenten agiert. Allerdings schenkt die einschlagige Literatur den verschiedenen Wettbewerbsdimensionen des Beschwerdemanagements bislang kaum Beachtung. Deshalb soil in diesem Kapitel eine unnfassende, funktionsspezifische Wettbewerberbetrachtung erfolgen, wie es dem Konzept der hier postulierten marktorientierten Strategiefornnulierung fur das Beschwerdemanagement entspricht. Hierfur wird in einem ersten Schritt ein Verstandnis zur Konkurrenz und der Konkurrenzanalyse vereinbart (7.7.1). Im zweiten Schritt werden die verschiedenen Wettbewerber identifiziert (7.7.2) und diese dem Beschwerdemanagement im dritten Schritt anhand zentraler Erfolgsfaktoren gegenubergestellt (7.7.3). Das Konzept der konkurrenzgerichteten Marktverhaltensstrategien bildet schliefllich das theoretische Fundament, um Verhaltensoptionen gegenuber den Mitbewerbern im Lichte der Kostenfijhrerschafts- bzw. Differenzierungsstrategie des Beschwerdemanagements zu eruieren (7.7.4). 7.7.1
Verstandnis von Konkurrenz und Konkurrenzanalyse auf der Ebene des Beschwerdemanagements
Um fijr die weitere Strategiefindung notwendige Schlusse Ziehen zu konnen, ist zunachst eine grundlegende Konzeptualisierung des strategi-
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
schen Spannungsfeldes eines Beschwerdemanagements gegenuber denkbaren Konkurrenten erforderlich. Eine Voraussetzung dafur ist, das Verstandnis des Markt-, Wettbewerbs- bzw. Konkurrenzbegriffs^^^ und der Konkurrenzanalyse aus Sicht des Beschwerdemanagements genauer zu bestimmen. Grundsatzlich setzt sich ein Markt aus zwei Marktseiten zusammen, der Angebots- und der Nachfrageseite. Wahrend Marktverhaltnisse die Interaktionen dieser beiden Marktseiten miteinander umfassen, werden als Wettbewerb allein die Vorgange auf einer Marktseite, also entweder der Angebots- oder der Naciifrageseite beschrieben (Schneider 1997, S. 492f.). Als Angebotswettbewerb wird das Konkurrenzverhaltnis zwischen Anbietern bezeichnet, das folgende wesentliche Elemente beinhaltet (Link 1988, S. 43f.; Schneider 1997, S. 492ff.): •
Im betreffenden Markt agieren mehrere, also mindestens zwei, Anbieter.
•
Diese bieten mit Hilfe Ihres absatzwirtschaftlichen Instrumentariums Guter-und/oder Dienstlelstungskombinationen an, die auf die Befrledigung eines bestimmten, mehr oder minder abgrenzbaren Nachfragebedurfnisses abzielen. Das Streben bzw. die Fahigkeit der jeweiligen Anbieter, die bestehende Nachfrage (potenziell) durch die eigene Outer- und/oder Dienstleistungskombination decken zu konnen, begrundet den Wettbewerb.
•
Um Beschwerdemanagement adaquat auf potenzielle Wettbewerbsverhaltnisse auf der Angebotsseite auszurichten, bedarf es einer Konkurrenzanalyse. Deren Ziel ist die Erfassung und Beurteilung der relevanten Informationen uber die Hauptkonkurrenten bzw. uber diejenigen Unternehmen, die fur strategische Entscheidungen des Beschwerdemanage^^^ Die Termini „Wettbewerber" und „Konkurrenten" werden im Weiteren als synonym betrachtet.
Konkurrenzanalyse und Implikationen der strategischen Ausrichtung
435
merits primar bedeutend sind (analog Aeberhard 1996, S. 141; Welge/AILaham 2001, S. 225). Wie sich zeigen wird, ist fur die Systematisierung der spezifischen Wettbewerbsverhaltnisse eines Beschwerdemanagements auch die Definition nach Link (1988, S. 11) erkenntnisfordernd, der vorschlagt, unter der Konkurrenzanalyse „das systematische Vorgehen zur Erkundung der Frage, wer auf welche Weise an den gleichen Nachfragepotentialen partizipiert", zu verstehen. Dieses eher nachfragerorientierte Verstandnis wird hilfreich sein, urn Konkurrenzdimensionen eines Beschwerdennanagements zunachst einnnal zu identifizieren. 7.7.2
Identifikation der Konkurrenten des Beschwerdemanagements als Anbieter einer Sekundardienstleistung
Die Basis der Konkurrenzbetrachtung ist die Identifikation moglicher Wettbewerber im nnarktiichen Umfeld des Beschwerdemanagements. Bereits auf dieser ersten Stufe stellt sich jedoch mit der Abgrenzung der relevanten Wettbewerbsarena ein zentrales Problem der Konkurrenzanalyse. Wenngleich sich Markt- und Wettbewerbsverhaltnisse, wie eben geschehen, auf theoretischer Ebene vergleichsweise leicht konzeptualisieren lassen, „existiert bislang kein objektives Verfahren, das den relevanten Markt aus Nachfragersicht Oder erst recht aus Anbietersicht abgrenzbar macht und unumstofllich Gultigkeit besitzt" (Link 1988, S. 58). Im konkreten Falle der Wettbewerberanalyse kann daher letztlich nur unter Zugrundelegung subjektiver Wertungen die Eingrenzung des zu betrachtenden Konkurrenzumfeldes erfolgen (Link 1988, S. 57f.). Es bleibt somit der Bereichsleitung Beschwerdemanagement uberlassen, ,ihren' fokalen Markt und ,ihre' Konkurrenten zu definieren. Gleichwohl werden fur die Identifikation relevanter Mitbewerber in der Literatur verschiedene Ansatze diskutiert (z.B. Bergen/Peteraf 2002; Pekayvaz 1985, S. 50; Peteraf/Bergen 2001, 2003). Angesichts der in der vorliegenden Arbeit vertretenen marktorientierten Planungsperspektive soil hier eine Vorgehensweise gewahit werden, die den Versuch unter-
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
nimmt, nicht nur einen Anbieterbezug, sondern auch einen Nachfragerbezug in die Uberlegungen zu integrieren. In diesem Sinne betont Link (1988, S. 58) die Notwendigkeit, bei der von der Bereichsleitung vorzunehmenden „subjektiven Markteinschatzung auch das tatsachliche Nacinfragerverhalten einzubezieiien", urn brauchbare Aniiaitspunkte fur bestehende Wettbewerbsverhaltnisse zu gewinnen. Urn diesen Hinweis aufzunehmen, wird fur die Benennung relevanter Konkurrenten des Beschwerdemanagements die konzeptionelle Reflexion der horizontalen und vertikalen Wettbewerbsdimension vorgeschlagen: •
Die horizontale Konkurrenzdimension (auch Produktkonkurrenz) abstrahiert vergleichsweise stark von den Nachfragern und beschreibt ein Wettbewerbsverhaltnis zwischen den Anbietern gleichartiger Leistungsangebote (Link 1988, S. 44ff.). Im Zentrum der Betrachtung steht daher das Beschwerdemanagement als Sekundardienstleister und all jene Anbieter, die in einer vergleichbaren Marktkonstellation eine analoge Marktofferte erbringen.
•
Die vertikale Konkurrenzdimension (auch Bedurfniskonkurrenz) erweitert das Wahrnehmungsfeld und bringt eine starker nachfrageorientierte Perspektive zum Ausdruck, da hier der generelle Wettbewerb zwischen Marktieistungen bezeichnet ist, die die gleichen Nachfragerbedurfnisse bedienen bzw. denselben Verwendungszweck erfullen (Link 1988, S. 44). Das relevante Kriterium vertikaler Konkurrenz ist dannit, inwieweit aus Konsumentensicht ein Substitutionsverhaltnis zwischen zwei Marktangeboten besteht (Bergen/Peteraf 2002, S. 160). Deshalb gilt es sich bei der Analyse dieser Konkurrenzdimension das Stakeholdergefuge des Zentralbereichs Beschwerdennanagennent (Unternehmensleitung, Spartenmanagement und BeschwerdefiJhrer) zu vergegenwartigen.
Freilich bezieht sich nicht nur die vertikale, sondern (implizit) auch die horizontale Konkurrenzebene auf die Nachfrager des fokalen Leistungs-
Konkurrenzanalyse und Implikationen der strategischen Ausrichtung
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angebots, weshalb die beiden konzeptionellen Wettbewerbsebenen in der Realitat unter Umstanden nicht immer strikt voneinander trennbar sind (Link 1988, S. 47). Wichtiger als eine exakte Unterscheidung der Konzeptionsebenen aber sind die Einblicke in die Konkurrenzverhaltnisse eines Zentralbereichs Beschwerdemanagement, die im Zusammenspiel der Reflexion vertikalen und horizontalen Wettbewerbs gewonnen werden konnen. Da die vertikale Wettbewerbsdinnension eine starkere Nachfragerorientierung und umfassendere Perspektive zugrunde legt, soil sie der Ausgangspunkt der Analyse sein (7.7.2.1). Anschliefiend ist zu untersuchen, ob die Perspektive der (horizontalen) Produktkonkurrenz noch zusatzliche Wettbewerber zu identifizieren vermag (7.7.2.2). 7.7.2.1
Identifikation der Konkurrenten des Beschwerdemanagements durch Reflexion der vertikalen Wettbewerbsdimension
Die vertikale Wettbewerbsdimension bezieht sich auf das von den Konsumenten wahrgenommene Substitutionsverhaltnis zweier Leistungsangebote, weshalb den internen und externen Nachfragern des Zentralbereichs Beschwerdemanagement an dieser Stelle maUgebliche Bedeutung zuzusprechen ist. Die Substitutionsperspektive soil zuerst fur die Unternehmens- bzw. Spartenleitung(en) und anschliefiend fur die BeschwerdefiJhrer erortert werden. Beschwerdemanagement agiert als zentraler Dienstleistungsbereich im AuftragderUnternehmensleitungundzugunstenderGeschaftsbereichs-
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
leitungen.^^^ Die Bereichsleitung Beschwerdemanagement ist gegenuber diesen internen Stakeholdern fur die Planung, Durchfuhrung und Kontrolle aller Ma(inahmen im Umgang mit von unzufriedenen Kunden artikulierten Beschwerden verantwortlich. Wie bereits skizziert, stehen dem Top-Management auch Alternativen zur Zentralbereichslosung offen, die der Bereichsleitung nicht zuletzt uber fiktive interne Markte zunehmend verdeutlicht werden. Als wichtlger VergleichsmafJstab wird dem Sekundardienstleistungsangebot des Kernbereichs insbesondere das Leistungsvermogen entsprechend spezialisierter Dienstleistungsanbieter auflerhalb der eigenen Unternehmung gegenubergestellt. Diese Dienstleister stellen aus Sicht der internen Stakeholder eine Substitutionsoption dar, weshalb sie fur den Kernbereich Beschwerdemanagement eine erste Konkurrenzebene bedeuten. Bemerkenswert hinsichtlich dieser Konkurrenzsituation ist es, dass fruhere Arbeiten (zum Beispiel hinsichtlich des Kundendienstes) dafur pladierten, Unternehmen, deren Hauptleistungen eine fokale Sekundardienstleistung substituieren konnten, im Rahmen einer Konkurrenzanalyse gar nicht zu berucksichtigen (Lobel 1966, S. 54; Mollberg 1983, S. 91). Dieser Auffassung soil hier mit der Mehrheit jungerer Publikationen (Bergen/Peteraf 2002; Fassott 1995, S. 205f.; Muser 1988, S. 217) nicht gefolgt und externe Dienstleister in die Wettbewerberanalyse einbezogen werden. Nun gilt es die Beschwerdefiihrer als das zweite zentrale Nachfragersegment der Sekundardienstleistung zu betrachten. Auch hier soil das wahrgenommene Substitutionsverhaltnis die Leitlinie fur die Identifikation weiterer Konkurrenzebenen bilden. Dafur sind die Erkenntnisse der Beschwerdeverhaltensforschung zu rekapitulieren, die die einem unzufrie169
Es sei nochmals daran erinnert, dass sich mit der zunehmenden Etablierung interner, fiktiver Markte die Rolle der Geschaftsbereichsleitungen weitgehend der Position angleichen wird, die bislang die Unternehmensleitung gegenuber dem Beschwerdemanagement erfullt. im Zeitverlauf werden Spartenmanager daher in iioherem IVIafie als Auftrag- und (zumindest teilweise) als Budgetgeber des Beschwerdemanagements anzusehen sein.
439
Konkurrenzanalyse und Implikationen der strategischen Ausrichtung
denen Kunden offen stehenden Alternativen zum Dienstleistungsangebot des Zentralbereichs Beschwerdemanagement erkennen lassen.
Mangel der Leistung erkannt (Kundenunzufriedenheit)
Keine Aktivitat __(Lo^altj/)
Offentliche Aktivitat
Private Aktivitat
Kaufverlagerung (Exit)
Negatives wordof-mouth (Voice)
Beschwerde bei Absatzmittlern (Voice)
tH
Beschwerde bei Drittinstitution (Voice)
a.
Klage (Voice)
[5]
Abb. 7-27: Erkenntnisse der Beschwerdeverhaltensforschung im Lichte der Konkurrenzanalyse des Beschwerdemanagements; Quelle: In Aniehnung an Kuhlmann (1990, S. 204f.), modifiziert nach Day et al. (1981, S. 88) und Che (2003, S. 63).
Abbildung 7-27 zeigt funf Substitutionsoptionen. Die Kategorie der so genannten ,privaten Aktivitaten' umfasst (1) die Option der Kaufverlagerung und (2) der negativen Mundkommunikation (word-of-mouth). Als ,offentliche Aktivitaten' werden dagegen die Beschwerdefuhrung gegenuber (3) Absatzmittlern oder (4) einer Drittinstitution und schliefJIich (5) die Einleitung rechtlicher Schritte (bis hin zur Klageerhebung) bezeichnet.^''° Die wettbewerbsstrategische Relevanz dieser hier drohenden Substitution der Sekundardienstleistung begrundet sich durch die dem Beschwerdemanagement potenziell genommene Chance, die gefahrdete Kundenbeziehung zu stabilisieren, kritisches Feedback als Produktionsfaktor fijr die tertiaren Unterstutzungsdienstleistungen zu erschliefJen und 170
Zu beachten ist allerdings, dass die Wahrnehmung einer einzelnen Alternative nicht bedeutet, auf eine andere Option verzichten zu mussen (z.B. Beschwerdefuhrung bei Unternehmen und gleichzeitiger Besuch in einem virtuellen Meinungsforum) (Halstead/Droge 1991, 8. 212).
440
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
die Gefahr von Leerkosten im Zentralbereich. Daher verdienen die funf Substitutionsoptionen eine nahere Betrachtung. (1) Ein unzufriedener Kunde kann sich zur Abwanderung entschiiefien und seinen Bedarf nach der Primarleistung zukunftig durch das Angebot von Konkurrenten im Kernleistungsmarkt decken (Exit-Option). Gerade weil „the basic purpose of offensive marketing (in nongrowth markets) is to attract competitors' dissatisfied buyers" (FornellA/Vernerfelt 1987, S. 338), wird die Kundenakquisition der Primarmarktkonkurrenten zum Gegenspieler des Beschwerdemanagements im ,Wettbewerb um die zukunftigen Umsatzpotenziale unzufriedener Kunden'. Fur das Beschwerdemanagement heifit das, die kundenakquisitorischen Aktivitaten der Primarleistungskonkurrenten in das eigene strategische Kalkul einflieden lassen zu mussen. Diese namlich zielen darauf ab, die fundamental Zielerreiciiung des Beschwerdemanagements, die Kundenbeziehung wieder zu stabilisieren, zu verhindern und den unzufriedenen Kunden fur ein konkurrierendes Unternehmen zu gewinnen, iiin also gerade zur Substitution der Primarleistung zu bewegen. Dabei ist die Bedeutung der verschiedenen Primarmarktkonkurrenten in Relation zur eigenen Primarleistung zu staffein, da die eigene Kernleistung dem Konkurrenzangebot uberlegen, gleichwertig oder unterlegen sein kann (Muser 1988, S. 217f.).^'^ •
Ist die eigene Pasrimarmarktieistung deutlich uberlegen, reduziert sich die strategische Relevanz der Kundenakquisitionsmalinahmen der unterlegenen Konkurrenten aus Sicht des Beschwerdemanagements.
•
Im Gegenzug ist diesen umso hohere Bedeutung zuzusprechen, sollte die konkurrierende Primarmarktieistung in Bezug auf die eigene
^^^ Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass diese vereinfachte Verortung zweier Marktieistungen zueinander im konkreten Fall anhand verschiedenster Bewertungskriterien zu prazisieren ist, um zu aussagefahigen Ergebnissen zu gelangen.
Konkurrenzanalyse und Implikationen der strategischen Ausrichtung
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vergleichbar oder aber gar uberlegen sein. In beiden Konstellationen sind die Kundenakquisitionsbestrebungen der Primarleistungskonkurrenten unbedingt zu beobachten und in die Ausgestaltung des Beschwerdennanagennents einzubeziehen. Die Beschwerdeforschung ist sich ferner daruber einig, dass die Abwanderungsbereitschaft unzufriedener Kunden von der Wettbewerbsintensitat im Primarmarkt determiniert wird. Je intensiver der Wettbewerb im Kernmarkt ist, umso geringer fallt die Bereitschaft der Nachfrager zur Beschwerdefuhrung aus und umso hoher ist das Abwanderungsrisiko (Dolinsky 1994; Fornell/Didow 1980; Fornell/Robinson 1983; Hogarth et al. 2001; Kolodinsky 1995). Die strategische Relevanz dieser ersten Wettbewerbsdimension ist deshalb auch vor dem Hintergrund der iierrschenden Konkurrenzintensitat auf der Primarieistungsebene zu beurteilen. (2) Ein zweiter Ansatzpunkt zur Ergrundung eventueller Substitutionsoptionen. denen das Beschwerdemanagement ausgesetzt sein konnte, ist das negative Kommunikationsverhalten unzufriedener Kunden im Freundes- und Bekanntenkreis. Nachteilige Auderungen im sozialen Umfeld des Kunden an dieser Stelle aber als eine ,Konkurrenzebene' betrachten zu wollen, ware aus konzeptioneller Sicht streitig. Vielmehr geht es um Institutionen, Unternehmen und Organisationen, die aus Sicht unzufriedener Nachfrager Substitutivleistungen zur Beschwerdeartikulation an das betriebliche Beschwerdemanagement anbieten. Im Hinblick auf (negatives) Weiterempfehlungsverhalten wird dabei durch die mittlerweile enorm ausgebaute technologische Infrastruktur in erster Linie Plattformbetreibern fur das so genannte elektronische word-of-mouth eine erhebliche Relevanz im Rahmen des unternehmerischen Umgangs mit unzufriedenen Kunden zugesprochen (Hennig-Thurau/Hansen 2001; Stauss 1997; 1998). Grundsatzlich zuganglich fur die Konkurrenzanalyse des Zentralbereichs Beschwerdemanagement sind (nicht-) kommerzielle
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Beschwerde- und Meinungsforen im Internet. Zahlreiche Kunden Ziehen es vor, ihre negativen Erfahrungen in eines dieser Meinungsforen einzustellen und im Gegenzug auf die Beschwerdefuhrung beim Unternehmen zu verzichten (Hennig-Tliurau/Hansen 2001). Die von versciiiedenen Autoren (Harrison-Walker 2001; Stauss/Scholer 2003, S. 151ff.)^^^ belegte Ignoranz dieser Kundenbindungs- und Informationspotenziale, die die Mehrheit der Unternehmungen diesbezuglich an den Tag legt, uberrascht. Dies gilt umso mehr, bedenkt man den potenziell enormen Adressatenkreis elektronisch veroffentlichter, negativer Kundenmeinungen und den daraus resultierenden Imageschaden fur eine Unternehmung (Meffert 2000, S. 942; Stauss 1998, S. 141f.). Unter Managementgesichtspunkten ist zum einen zu hinterfragen, ob sich bestimmte Kundenprofile, z.B. anhand soziodemographischer Merkmale, identifizieren lassen, die in besonderem Malie zur Nutzung der Meinungsforen neigen. Zum anderen konnte Beschwerdemanagement die Motivlage derjenigen Kunden ergrunden, die von den Meinungsforen Gebrauch machen, um anschlieflend Ansatzpunkte abzuwagen, wie diese Nutzungsmotive auch durch den Zentralbereich Beschwerdemanagement befriedigt werden konnten. •
Die soziodemopraphischen Merkmale versucht Harrison-Walker (2001) zu benennen, scheitert aber daran, dass 81% der von ihm befragten Beschwerdefuhrer ihre Identitat nicht preisgaben. So stellt er lediglich einen deutlich uberwiegenden Anteil mannlicher Beschwerdefuhrer fest. Zu aufschlussreicheren Ergebnissen gelangen jungst Hennig-Thurau et al. (2004, S. 44f.). Die Autoren, die im Rahmen ihrer Studie die soziodemographischen Merkmale von mehr als
172
Harrison-Walker (2001, 8. 403f.) weist z.B. nach, dass eine nordamerikanische Fluglinie im Zeitraum von sechs Monaten auf lediglich sieben von insgesamt 551 Beschwerden reagiert hat, die uber sie in einem elektronischen Meinungsforum veroffentlicht wurden. Stauss/Scholer (2003, S. 152) belegen beispielsweise, dass 63% der befragten Beschwerdemanager das Meinungsforum ,ciao.com' unbekannt ist.
Konkurrenzanalyse und Implikationen der strategischen Ausrichtung
•
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2000 deutschen Beschwerdefuhrern in virtuellen Meinungsforen analysieren, belegen einen Anteil von ca. 63% nnannlichen und etwa 37% weiblichen Beschwerdefuhrern. Insgesannt knapp 70% der hier betrachteten unzufriedenen Kunden sind zwischen 20 und 40 Jahren alt, wohingegen lediglich ca. 17,5% uber 40 Jahre bzw. knapp 14% aller Beschwerdefuhrer zwischen 14 und 19 Jahren alt sind. Anhand derartiger Einsichten, lassen sich erste RuckschliJsse auf das Risiko virtueller Beschwerdefuhrung im Lichte der jeweiligen Primarmarktzielgruppe fokaler Unternehmen Ziehen. Mit der Motivstruktur derjenigen Kunden, die virtuelle Meinungsplattformen fur die Artikulation ihrer Unzufriedenheit nutzen, setzen sich Hennig-Thurau/Hansen (2001) umfassend auseinander. Die Autoren belegen anhand ennpirischer Daten, dass nicht ein dominant wirkender Faktor die Nutzung der Meinungsforen auslost, sondern dies vielmehr aus dem komplexen Zusammenspiel aus acht Einzelfaktoren resultiert, das Hennig-Thurau/Hansen (2001, S. 564ff.) daher als Motivkonglomerat bezeichnen (Abbildung 7-28).
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
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Einflussnahme auf das Untemehmen • Nachricht wird weitergeleitet • Plattformbetreiber setzt sich fiir mich ein • Offentlich machen hilft • Fuhle mich emst genommen Community Eriebnis
• Gemeinsam mehr Macht als alleine
Unterstiitzung von Untemehmen
• Plausch mit Gleichgesinnten
• Nicht so aufwandig
• Untemehmen helfen
• Community Austausch
• Gute Untemehmen unterstiltzen
• Nette Leute kennen lemen
1
Positive Selbsterganzung (Extraversion) • Kauferfolge weiterberichten • Gute Erfahrung mitteilen
1
Motivkonglomerat zur Erklarung der Nutzung virtueller Meinungsforen
Okonomische Anreize • Anreize erhalten • Pramien bekommen
Arger abbauen
Ratsuche
• Untemehmen schaden
• Tipps von anderen Usem bekommen • Rat von anderen Usem bekommen
• An Untemehmen rachen • Frust loswerden • Wut von der Seele schreiben
Altruismus gegeniiber anderen Konsumenten • Andere vor negativen Erfahrungen bewahren • Andere vor schlechten Produkten wamen • Anderen mit positiven Erfahrungen helfen • Anderen zum richtigen Kauf verhelfen
Abb. 7-28: Motivkonglomerat zur Erklarung der Nutzung von Meinungsforen; Quelle: Eigene Abbildung basierend auf den Erkenntnissen von Hennig-Thurau/Hansen (2001).
Ohne auf die einzelnen Motive eingehen zu konnen, verdeutlicht die Betrachtung der Abbildung, dass berecintigter Grund zu der Annahme besteht, dass alle acht einzelnen Motive gezielt und explizit im Rahmen des betrieblichen Beschwerdemanagements (bzw. der Beschwerdestinnulierung) angesprochen werden konnen. Sogar das eventuell grenzwertig anmutende Bedurfnis „Arger abbauen" konnte unzufriedenen Kunden explizit und systematisch angeboten werden (Bennet 1997, S. 167; Stauss 2004, S. 80f.). Durch eine solche Ausrichtung bliebe lediglich der (geringe) Anteil unzufriedener Kunden unerreicht, der einem Untemehmen bewusst Schaden zufugen bzw. sich rachen will. (3) Eine dritte spezifische Konkurrenzebene fur die Sekundardienstleistung Beschwerdemanagement konnten, sofern entsprechende Vertriebsstrukturen vorhanden sind, Absatzmittler in der Vertriebskette darstellen. Entsprechenden Handelsunternehmen ist eine besondere Bedeu-
Konkurrenzanalyse und Implikationen der strategischen Ausrichtung
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tung im Kontext des direkten Beschwerdemanagements zuzusprechen, die sich aus folgenden Aspekten ableitet (Hansen et al. 1982, S. 540f.): Handelsunternehmen verfugen Ciber eine institutionelle Marktprasenz, mit der typischerweise personliche Kontaktsituationen nnit den Nachfragern einhergehen, die Herstelier nur selten haben. Dies fiihrt zu einem aus Sicht unzufriedener Kunden vergleichsweise niedrigem Beschwerdeaufwand dem Handel gegenuber. Dieser geringe Beschwerdeaufwand ist, wie in Kapitel 7.2 belegt, zentraler Ausloser dafur, dass wenn ein Beschwerdeanlass gegeben ist, Kunden ihre Unzufriedenheit haufig direkt an den Handel als Ansprechpartner und nicht an den Herstelier kommunizieren. Damit wird ein Handelsunternehmen zur Substitutionsoption gegenuber dem betrieblichen Beschwerdemanagement und begrundet potenziell eine Wettbewerbssituation. Aus Sicht des Zentralbereichs Beschwerdemanagement besteht das Problem im Hinblick auf diesen Mitbewerber darin, dass im Einzelhandel geaufiertes Feedback nur selten an die Herstelier weitergeleitet wird (Goodman et al. 2000, S. 291; TARP 1997, S. 6f.), da die Absatzmittler ein primares Interesse daran haben, eine Handlerloyalitat auf Seiten der Kunden, nicht aber notwendigenA/eise eine Herstellerbindung, aufzubauen (Mann 1998, S. 430). Des Weiteren sind auch die Einflussmoglichkeiten auf die einzelnen Aufgabenbereiche des direkten Beschwerdemanagements, sofern diese beim Handelspartner durchlaufen werden, begrenzt, was z.B. hinsichtlich der Qualitat der Dienstleistungserbringung problematisch sein kann.^*"^ In diesen Fallen sind aufgrund einer potenziell negativ verlaufenen Beschwerdesituation Ausstrahlungseffekte auf die Marke des Herstellers zu befurchten, ohne, dass dieser Einfluss auf
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Hier sei an die Ausfuhrungen der globalen Umweltanalyse erinnert, bzw. daran, dass beispielsweise das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschrankung (§15) einem produzierenden Unternehmen untersagt, auf die Gewahrleistungspolitik seiner Absatzmittler Einfluss auszuuben.
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
das Beschwerdemanagement nehmen konnte (analog Fassott 1995, S. 203).^'" Neben den bereits betrachteten Optionen stehen unzufriedenen Kunden auch noch zwei ,drastische Beschwerdeformen' (Feick 1987, S.I78) offen, d.h. sie wenden sich entweder an Drittinstitutionen oder leiten juristische Schritte ein. (4) Drittinstitutionen definiert Singh (1989, S. 333) als "one or more agencies tiiat are not directly involved in the exchange relationship." Die wichtigsten Adressaten solcher Drittpartei-Beschwerden sind staatliche Verbraucherschutz- bzw. -beratungsstellen und privat organisierte Schiedsstellen. Schon fruh in der Beschwerdeforschung unterstreichen Hansen/Schoenheit (1986, S. 449) die Relevanz der Drittinstitutionen indenn sie darauf hinweisen, dass diese aus Sicht des Beschwerdennanagements als „substitutionary opportunities for a dialogue" fur einen unzufriedenen Nachfrager zu betrachten sind.^^^ Den sprunghaften Zuwachs aber gleichzeitig auch die Kostenrisiken derartiger Vermittlungsinstanzen beschreibt Singh (1989, S. 329) nnit den Worten: „several third party agencies have mushroomed with the goal of mediation between consumers and businesses. (...) Researchers and practitioners agree that seeking redress from third parties (rather than from providers) almost always increases costs to society in general and the focal industry in
Fraglos sind im Kontext des Handels noch weitere Aspekte zu betrachten: Zum einen l
Konkurrenzanalyse und Implikationen der strategischen Ausrichtung
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particular."^''^ McAlister/ Erffmeyer (2003, S. 342) prazisieren die Brisanz auf der untemehmensindividuellen Ebene: "Although the number of consumers who take third-party actions is relatively small, these complaints can result in extensive legal costs, regulatory intervention, and corporate reputation problems."^'''' Drittinstitutionen ist daher eine eminent wichtige Rolle im Rahmen der funktionalen Konkurrenzanalyse eines Beschwerdemanagementszuzusprechen. Aufgrund der mit der Eskalationsstufe der Drittinstltution teilweise verbundenen Kosten und Imageverluste fur die Unternehmung, muss es Ziel des Beschwerdemanagements sein, diese Auselnandersetzungsform zu vermeiden. Als diesbezuglich wichtige Erkenntnisbausteine konnen Einsichten daruber hilfreich sein, (1) welche Kundenmerkmale die Wahrscheinlichkeit einer Drittparteibeschwerde zu erhohen scheinen und (2) aufgrund welcher Entscheidungsprozesse diese Option von den Kunden gewahit wird. Auf beide Aspekte soil kurz Bezug genommen werden. Die Marketingforschung hat verschiedentlich versucht, typische Profile derjenigen Kunden zu zeichnen, die besonders zur Kontaktierung einer Drittinstltution neigen (Cornwell et al. 1991; Hogarth/English 2002, Reibolt 2000; Robinson et al. 1980). Dabei wurde zum einen der Einstellung gegenuber Unternehmen und zum anderen spezifischen soziodemographischen Merkmalen besondere Bedeutung zugesprochen:
Die Bedeutung, die Drittinstitutionen in zunehmendem Mafie zukommt, sei am Beispiel der Bundesanstalt fur Finanzdienstleistungsaufsicht (BAFIn) illustriert. Die Bundesanstalt richtete im Jahre 2002 nicht nur eine eigene Abteilung fur Verbraucherfragen ein, sondern wurde durch die „Flut an Beschwerden" (o.V. 2002c, 3. 6) auch zu einer Personalaufstockung in diesem Aufgabenbereich gezwungen. insgesamt beziffert die BAFin die Anzahl der jahrlich eingehenden Beschwerden von Kunden im Finanzdienstleistungsgewerbe auf 40.000 (ebd.). Welche Kostenvolumina im Kontext der Drittpartei-Beschwerden mitunter entstehen konnen, lasst sich anhand der empirischen Studie von Schibrowsky/Lapidus (1994b, 8. 47) erahnen, die fur die Direktmarketing-Branche eine Quote von einer DrittparteiBeschwerde pro 442 Kaufern nachweisen.
448
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
•
Mit der Einstellung dieses besonderen Segments der Beschwerdefuhrer befasst sich bereits zu einem fruhen Zeitpunkt Richins (1982, S. 504), die zu dem Schluss kommt, dass "third party complainers perceived businesses to be less responsive to complaints and believed more strongly that people should complain when dissatisfied." Tipper (1997) bestatigt in seiner jungeren Studie, dass der grundlegenden Einstellung der Konsumenten gegenuber dem Unternehmensverhalten eine zentrale Bedeutung fur die Kontaktierung einer Drittinstitution zukommt. Deshalb stellt sich die Frage der entsprechenden Einstellungsmessung, zu deren Beantwortung sich unmittelbar an die globale Umweltanalyse (Teil 5) anknupfen lasst. Dort wurde der Consumerism-Life-Cycle als Messansatz vorgestellt, um dem Beschwerdemanagement Einsichten uber sein gesellschaftliches Umfeld zu vermitteln. Insbesondere die Konsumerismusbezogene Fragenbatterie kann an dieser Stelle erneut herangezogen werden und zu einer Einschatzung der Grundhaltung der Kunden dienen.
•
Eine noch umfassendere Forschung etablierte sich im Hinblick auf die soziodemographischen Charakteristika derjenigen Kunden, die sich mit ihrer Beschwerde an eine Drittinstitution gewandt haben. Hogarth et al. (2001, S. 78) fassen die umfangreichen Erkenntnisse zusammen und stellen fest, dass: „(...) consumers who complain to third parties tend to be younger, better educated, better informed, more politically active, and have higher incomes".^''^
178
Ansatzpunkte liefert beispielsweise die Analyse der Zustimmung der Kunden zu den verschiedenen Statements des Consumer Life Cycle-Ansatzes (Varadarajan/Thirunarayana 1990), die in Abschnitt 5.2.2 fokussiert wurden (siehe Abb. 5-1). Allerdings sciieint insbesondere im Hinblick auf Drittpartei-Beschwerden die Notwendigkeit von branchen- oder gar unternehmensspezifischen Erhebungen gegeben zu sein, da trotz des von Hogarth et al. (2001) prasentierten Konsenses die empirischen Ergebnisse in verschiedenen Marktieistungskategorien voneinander abweichen (Cornwell et al. 1991, 8. 7). So belegen beispielsweise McAlister/Erffmeyer (2003, 8. 341 ff.), dass in der Versicherungsbranche ein erheblicher Teil der Drittpartei-Beschwerden gerade nicht von jungeren, sondern von alteren Kunden stammt.
Konkurrenzanalyse und Implikationen der strategischen Ausrichtung
449
Eine zweite fur das Beschwerdemanagement relevante Frage bezieht sich auf den grundlegenden Entscheidungsprozess eines unzufriedenen Kunden, sich bei der Suche nach einer Problemlosung uberhaupt an Drittparteien zu wenden. Diesem Aspekt widmet sich nur eine vergleichsweise geringe Anzahl wissenschaftlicher Veroffentlichungen. McAlister/Erffmeyer (2003, S. 342) vermuten, dass die Entscheidung durch die folgenden Voraussetzungen ausgelost wird, wenn Kunden: "1) perceive that the company's initial remedy was not adequate; 2) have good access to the legal system and other formal agencies; 3) believe that all other complaining options have been unsuccessful; 4) experience high anxiety levels about the complaint situation; 5) have generally negative attitudes toward business practices." Dass diese Grundannahmen nicht generell fur alle Branchen zutreffen, belegt Singh (1989), der als einer der wenigen Autoren ein empirisches Modell zum Entscheidungsprozess fur Drittinstitutionen am Beispiel unzufriedener Patienten vorlegt. Hiernach beruht die Kontaktierung einer Drittinstitution im Gesundheitswesen auf dem Zusammenspiel aus der kundenseitigen Einstellung der Leistung gegenuber, der generellen Einstellung zur Beschwerdefuhrung, bisheriger Erfahrungen mit Drittinstitutionen, der wahrgenommenen Erfolgswahrscheinlichkeit sowie einer Kosten-Nutzen-Abwagung (Singh 1989, S. 353ff.). Dies unterstrelcht die bereits angesprochene Notwendigkeit, das Drittpartei-Beschwerdeverhalten der Kunden stets branchenbzw. unternehmensindividuell betrachten zu mussen. (5) Eine letzte Verhaltensoption unzufriedener Kunden besteht in der Einleitung rechtlicher Schritte gegenuber einer Unternehmung. Dieses Verhalten stellt die hochste Eskalationsstufe des Beschwerdeprozesses dar und tritt in vergleichsweise geringen Fallzahlen auf. Die Zustandigkeit des Beschwerdemanagements fur klagende Kunden konnte ohnehin insofern hinterfragt werden, als juristische Auseinandersetzungen des Unternehmens primar den Aufgabenbereich der Rechtsabteilung betreffen. Zwei interdependente Aspekte aber bilden die Grundlage dafur, dass
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
sich auch das Beschwerdemanagement mit dieser Option befassen sollte: •
Erstens ist bei einer Klage ein uberproportional hoher Bearbeitungsund Kostenaufwand auf Seiten des Unternehmens zu erwarten,^®° der sich in Form eines Imageschadens nocii potenzieren kann (DeRuyter/Brack 1993; Estelami 2000, S. 286).
•
Zweitens ist es gerade die Aufgabe des direkten Beschwerdemanagements, eine derartige Eskalation und somit die Einschaltung der Rechtsabteilung a priori zu verliindern.
Das Piianomen klagender Kunden sollte daher zumindest am Rande einer strategischen Planung des Besciiwerdemanagements im Liclite des eigenen Unterneiimens betracintet werden. Relevant waren deshalb Forsciiungserkenntnisse uber z.B. die faktischen Kosten- und Imageeffekte derart eskalierter Besciiwerden, die Modellierung quasi-typischer Profile derjenigen Kunden, die Klagen anstrengen und Einsichten uber den diesem Verhalten zugrunde liegenden Entscheidungsprozess. Die Marketingwissenschaft widmet sich allerdings kaum den Konsequenzen aus Klagen bzw. den Kundenprofilen potenzieller und faktischer Klager, so dass hier auf keine entsprechenden Modelle venA/iesen werden kann. Nur wenig mehr Forschungsinteresse wird dem Entscheidungsprozess zuteil, den unzufriedene Kunden durchlaufen, wenn sie sich zur Losung eines Problems an juristische Institutionen wenden. Neben der Untersuchung von Brown/Swartz (1984), die das Klageverhalten branchenspezifisch (im Gesundheitsbereich) studieren, liegt mit der Studie nach Ursic (1985) 180
Goodman et al. (1987, 8. 183) beziffern die Prozesskosten zur Losung einer Beschwerde (im Jahre 1987) z.B. fur Hersteller pharmazeutischer Produkte auf 40.000 USD. Ferner belegen Goodman und Kollegen auch die Einsparpotenziale, die durch eine aktive Beschwerdestimulierungspolitik realisiert werden konnen. So berichten die Autoren, dass ein Soft-Drink-Hersteller seine Versicherungs- und Regulierungskosten um 2 Millionen USD zu verringern vermochte, indem eine kostenlose Telefonleitung fur Konsumenten installiert wurde. So konnten unzufriedene Kunden das Ursprungsproblem (z.B. explodierende Flaschen) direkt an den Hersteller berichten und die Hinzuziehung eines Anwalts konnte teilweise vermieden werden.
Konkurrenzanalyse und Implikationen der strategischen Ausrichtung
451
lediglich eine frijhe Publikation vor, die ein generelles Model! entwirft und dieses anschiiefiend empirisch uberpruft. Wenn Ursics Modell hier nicht weiter verfolgt wird, so ist dies in der spezifischen (damaligen) US-amerikanischen Rechtsordnung begrundet, die eine Ubertragung der Ergebnisse auf die deutschen juristischen Rahmenbedingungen kaum sinnvoll erscheinen lasst.^^^ Gleichwohl ist Ursics (1985, S. 34) Feststellung, wonacii die Bescinwerdeforschung "suffers from a lack of studies examining consumers use of the courts and, in particular, from a lack of studies on how consumers decide to go to court" auch aus heutiger Sicht noch zuzustimmen. Wenngleich bereits eine Fulle relevanter Konkurrenzverhaltnisse erkennbar wird, eriaubt die folgende Reflexion der horizontalen Wettbewerbsdimension ein zusatzliches Segment von Mitbewerbern zu identifizieren. 7.7.2.2
Identifikation der Konkurrenten des Beschwerdemanagements durch Reflexion der horizontalen Wettbewerbsdimension
Die horizontale Wettbewerbsdimension fokussiert die Produkt- bzw. Leistungskonkurrenz und betrachtet Anbieter als Konkurrenten, die die gleiche Marktieistung erbringen. Auf Basis dieser Perspektive rucken zusatzlich Leistungsanbieter in das Zentrum der Uberlegungen, die in einer dem Beschwerdemanagement-Bereich analogen Marktkonstellation agieren. Dies sind die Beschwerdemanagement-Einheiten anderer Unternehmen, deren Relevanz sich unmittelbar aus der Beschwerdeverhaltensforschung ergibt. Diese erklart die Entstehung von Beschwerdezufriedenheit als den Abgleich von Erwartungen an das betriebliche Beschwerdemanagement und dessen tatsachlicher Wahrnehmung durch den BeschwerInsbesondere ist kritisch anzumerken, dass Ursic (1985) explizit den Fall betrachtet, in dem Konsumenten ihre Falle vor einem so genannten „small claims court" vorbringen, vor dem gemafi dem damaligen Gesetz keine Anwalte zugelassen waren. Daher sind Verantwortungsgebiete wie z.B. die Beweissammlung, Beweisfuhrung und gerichtliche Debatte Aufgaben des jeweils die Klage anstrengenden Konsumenten (Ursic 1985, S. 22ff.).
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
defuhrer. Offensichtlich begegnen Kunden dem Beschwerdemanagement mit bestimmten im Vorfeld der Beschwerdefuhrung generierten Erwartungshaltungen. Eine wichtige EinflussgroBe dieser Erwartungen sind bisherige eigene Erfahrungen des Kunden und/oder die einenn Beschwerdefuhrer bekannten Eriebnisse anderer Konsumenten mit Beschwerdemanagement-Bereichen der eigenen Branche und Untemehmen in anderen Industriesektoren (Tax et al. 1998, S. 62ff.). Dies kann dazu fuhren, dass sich ein branchen- oder auch funktionstypisches Erwartungsniveau (z.B. hinsichtlich Leistungsqualitat, -umfang, und -art) ableitet, das fur alle Beschwerdemanagement-Bereiciie ein zu erfullendes MindestmaB reprasentiert (analog Muser 1988, S. 218). In erster Linie ist den Beschwerdemanagement-Berelchen der Konkurrenten im Primarleistungsmarkt eine besondere Aufmerksamkeit zu widmen, wobei insbesondere der Moderator ,Wettbewerbsintensitat im Primarmarkt' in die Uberlegungen einzubeziehen ist. Die empirische Beschwerdeforschung hat belegt, dass mit hoherer Wettbewerbsintensitat auf der Primarleistungsebene (1) die Bemuhungen der Unternehmen, unzufriedene Kunden durch ein Beschwerdemanagement zu binden, intensiver werden (Estelami 2000; Singh 1991; Taylor 2001) und (2) folglich die Kompetenzen der Unternehmen im Funktionsbereich Beschwerdemanagement hoher entwickelt sind (FornellA/Vernerfelt 1987; Singh 1991). Umso intensiver der Wettbewerb einer fokalen Branche also ausfallt, umso hoher ist auch die Relevanz anderer Beschwerdemanagement-Bereiche als zweidimensionaler Vergleichsmaflstab der eigenen Leistungsfahigkeit: Zum einen fur die Bereichsleitung selbst und zum anderen fur die Beschwerdefuhrer. Fasst man die bisherigen Uberlegungen zusammen, so zeigt sich ein ausgesprochen heterogenes Konkurrenzumfeld. Beschwerdemanagement sieht sich im Wettbewerb mit externen auf Beschwerdemanagement spezialisierten Dienstleistern, den Kundenakquisitionseinhelten
Konkurrenzanalyse und Implikationen der strategischen Ausrichtung
453
anderer Unternehmen im Primarmarkt, virtuellen Meinungsforen, ggf. den eigenen Absatzmittlern, Drittinstitutionen und den Beschwerdemanagement-Bereichen anderer Unternehmen. Es gilt nun einen Weg aufzuzeigen, unn diese Mitbewerber systematisch analysieren und sich mit den Wichtigsten von ihnen vergleichen zu konnen. 7.7.3
Reflexion der Erfolgsfaktoren des Beschwerdemanagements im Vergleich zu funktionalen Hauptkonkurrenten
Der spezifischen funktionalen Wettbewerbsarena des Beschwerdemanagements scheint die Unternehmenspraxis bislang nur sehr bedingt durch entsprechende Analysen Rechnung zu tragen. Ein Grund dafur konnte der mitunter beachtliche Ressourcenaufwand sein, den eine vollumfangliche Untersuchung der angesprochenen Wettbewerbsfelder erfordert. Dieser resultiert daraus, dass ein fundiertes, ganzheitliches Wettbewerbsverstandnis letztlich der Analyse auf der Makroebene der .Branche des Beschwerdemanagements', der Zwischenebene der strategischen Gruppen innerhalb dieser Branche und der Individualebene einzelner Konkurrenten des Beschwerdemanagements bedarf.^^^ Auch die vorliegende Arbeit muss auf die Ausfuhrung dieses dreistufigen Analyserasters verzichten. Vielmehr gilt es, die vorausgegangene Konkurrenzanalyse zu verdichten, um so wenigstens ein erstes Grundverstandnis der eigenen Leistungsfahigkeit im Spiegel der wichtigsten Mitbewerber zu erzielen. Ein diesbezuglicher, pragmatischer Ansatz soil im folgenden Abschnitt umrissen werden. Es wird angeregt, auf einer ersten Stufe Erfolgsfaktoren und Hauptkonkurrenten des Beschwerdemanagements zu bestimmen und eine basale Gegenuberstellung vorzunehmen. Auf einer potenziellen zweiten Stufe kann dann eine Prazisierung des KonkurrenzverDie Untersuchung auf der Ebene der Gesamtbranche konnte beispielsweise anhand des prominentesten Konzepts zur Branchenanalyse, dem Funf-Krafte-Modell nach Porter (1999, S. 34ff.), erfolgen. Zum Konzept der strategischen Gruppen, das sich besonders fur eine heterogene Branchenstruktur eignet, wie sie im Falle des Beschwerdemanagements gegeben ist, siehe z.B. Grunig/Kuhn (2000, 8. 166) und insbesondere Homburg/Sutterlin (1992).
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
gleichs erfolgen, indem Besonderheiten im Vergleich zu einzelnen Konkurrenzsegmenten fokussiert werden. Um Ruckschlusse auf das Leistungsvermogen im Konkurrenzumfeld des direkten Beschwerdemanagements ableiten zu konnen, sind auf der ersten Stufe die Erfolgsfaktoren eines BescJiwerdemanagements zu bestimmen. Aeberiiard (1996, S. 163) spricht Leidecker/Bruno (1984) das Verdienst zu, „als erste ausdrucklich darauf hingewiesen [zu] iiaben, dass trotz der Mehrkausalitat des strategischen Erfolges wenige, aber grundlegende Einflussgroflen existieren, die fur den Erfolg des Unternehmens und seiner Geschafte entscheidend sind." Diese werden nach ihrem Geltungsbereich in generelle und branciienspezifisciie Erfolgsfaktoren unterschieden (Aeberhard 1996, S. 164). Generelle Erfolgsfaktoren sind auf alle denkbaren Markte und Branchen zu beziehen, wohingegen spezifische Faktoren den Erfolg in der jeweiligen Branche erklaren. Inn Weiteren wird der Fokus auf generelle Erfolgsfaktoren eines Beschwerdemanagements gerichtet, also unabhangig von einer konkreten Primarleistungsbranche des Gesamtunternehmens. Es geht darum zu ergrunden, welche Grofien den Erfolg des Zentralbereichs im direkten Beschwerdemanagement begrunden, um anhand dieser Erfolgsfaktoren eine Gegenuberstellung mit den (Haupt-) Konkurrenten vornehmen zu konnen. Da sich in der Literatur hinsichtlich der Verfahrensweisen zur Bestimmung der Erfolgsfaktoren kaum ubereinstimmende Aussagen finden (Seller 1992, S. 75), bietet sich die Fortfuhrung der Uberlegungen aus den vorangegangenen Planungsschritten in diesem siebten Tell der vorliegenden Arbeit an. Das Ziel der Sekundardienstleistung ist die Sicherung der durch Unzufriedenheit gefahrdeten Kundenbeziehung(en) fur das Unternehmen. Der Erfolg des Beschwerdemanagements bemisst sich deshalb anhand derjenigen Kundenbindungstreiber, die im funktionalen Einflussbereich des Beschwerdemanagements liegen. Dies fuhrt zu den
Konkurrenzanalyse und Implikationen der strategischen Ausrichtung
455
beiden bereits diskutierten ErfolgsgroBen im Kontext des direkten Beschwerdemanagements (Stauss/Seidel 2002, S. 404): Artikulationsquote und Beschwerdezufriedenheit. Anhand dieser beiden Erfolgsfaktoren kann eine basale Gegenuberstellung des Zentralbereichs Beschwerdemanagennent nnit seinen Hauptkonkurrenten erfolgen. Hierfur liegt es nahe, zunn einen auf die Gestaltungsfelder der Beschwerdestimulierung (sielne 7.4.4.3.1)^®^ und zunn anderen auf die Steuergrolien der Beschwerdezufriedeniieit (siehe 7.2.2.2) zuruckzugreifen. Bevor dies gesciiehen kann, sind jedoch die in den Vergleich einzubeziehenden Hauptkonkurrenten zu benennen. Nach der Identifikation der Erfolgsfaktoren ist aufgrund der beschriebenen Heterogenitat des wettbewerblichen Umfelds die Frage zu beantworten, mit welchen Konkurrenten sich das Beschwerdemanagement in erster Linie anhand der zwei Erfolgsgrofien vergleichen wird. Ein geeignetes Auswahlkriterium hierfur stellt die jeweilige Wertschopfungskette der Konkurrenten dar, die zur Erbringung der Abhilfefunktion als dem Kern der Sekundardienstleistung durchlaufen wird. Es sollen all jene Mitbewerber als so genannte Hauptkonkurrenten erachtet werden, die ihre Marktieistung auf Basis einer weitgehend analogen, funktionalen Wertschopfungskette erbringen. Dies fuhrt zu folgenden Uberlegungen: •
Externe, auf Beschwerdemanagement spezialisierte, Dienstleister weisen eine quasi analoge Wertschopfungskette zum betrieblichen Beschwerdemanagement auf und sind als Hauptkonkurrent zu bezeichnen.
•
Gleiches gilt fur Beschwerdemanagement-Bereiche anderer Unternehmen, in der eigenen Branche, aber mitunter auch in fremden Industriezweigen. Stauss/Seidel (2002, 8. 294) nennen folgende Qualitatsdimensionen fiir die Beschwerdestimulierung, die ebenfalls zugrunde gelegt werden konnten: (1) Umfang der Beschwerdeartikulation unzufriedener Kunden, (2) Nutzung eingerichteter Beschwerdewege, (3) leichte Zuganglichkeit.
456
•
•
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Absatzmittler weisen eine ahnliche Wertschopfungskette in ihrem Beschwerdemanagement auf. Gleichzeitig stellen sie freilich Beschwerdemanagement-Bereiche anderer Untemehmen dar und sollen in der weiteren Diskussion in dieser Kategorie aufgehen.^®"^ Eine grundlegende Analogie der Wertschopfungsketten ist auch im Hinblick auf Drittinstitutionen zu unterstellen, die diese durchlaufen, urn ihre spezifische Abhilfefunktion zu erbringen. Deshalb sind auch Drittinstitutionen als Hauptkonkurrenten zu eraciiten.
•
Aufgrund einer teilweisen Analogie der Wertsciiopfungskette (z.B. im Hinblick auf die Beschwerdestimulierung) konnten auch Meinungsforen als Vergleichsmaflstab herangezogen werden, wenngleich sie keine unmittelbare Abhilfefunktion offerieren. Da die Betrachtung sich hier auf die Konkurrenten mit der hochsten Analogie in der Wertschopfungskette fokussiert, sei auf diese Diskussion verzichtet.
•
Folglich werden auch die Kundenakquisitionsabteilungen anderer Unternehmen und die juristischen Institutionen nicht welter analysiert, da deren Wertschopfungsprozesse unter Managementgesichtspunkten erheblich von denen des Beschwerdemanagennents abweichen.
Es ergibt sich das folgende, basale Konkurrenzanalyse-Raster zunn Vergleich der Erfolgsfaktoren nnit den Hauptkonkurrenten (Abbildung 7-29). Durch eine nur leichte Modifikation dieses Rasters kann sich der fokale Zentralbereich Beschwerdemanagement auch auf individueller Ebene anhand der Erfolgsfaktoren mit seinen Konkurrenten vergleichen. Auf die grafische Illustration eines dann entstehenden Starken-SchwachenProfils sei hier aber verzichtet.
184
Soil die Abstraktion noch weiter erhoht werden, konnten theoretisch auch die externen Dienstlelster in die Konkurrentenkategorie ..Beschwerdemanagement anderer Unternehmen" eingeordnet werden.
457
Konkurrenzanalyse und Implikationen der strategischen Ausrichtung Externe Dienstleister
Andere Beschwerdemanagement-Bereiche
Drittinstitutionen
Artikulationsquote
ll
Nutzungsgrad der Beschwerdekanale Aktive Kommunikation der Beschwerdekanale Distributive Justice
^"^'''' . , Apology
-1 PQ .2i
„
,
1
Facilitation
Procedural Justice Timeliness
Attentiveness
Abb. 7-29: Basales Interactional Raster zur Konkurrenzanalyse des Beschwerdemanagements; Quelle: Justice Eigene Abbildung. Credibility
Dieser Abgleich der eigenen Leistung mit den Fahigkeiten der Wettbewerber kann lediglich ein basales Grundraster darstellen und ein vergleichsweise generelles Bild liefern. Auf einer zweiten Stufe ist deshalb eine Prazisierung des Konkurrenzvergleichs anzuraten. Hier gilt es, auf spezifische Konkurrentensegmente Oder sogar einzelne Wettbewerber bezogene Merkmale zu integrieren bzw. diese im Lichte spezifischer Angebotskonstellationen der Konkurrenten zu beurteilen. Es sollte hier nicht ubersehen werden, dass individuelle Spezifika bei der Gegenuberstellung des fokalen Beschwerdemanagements mit diesen Konkurrenten zu berucksichtigen sind, die ggf. sehr unterschiedliche MafJstabe bei der Bewertung der Konkurrenzsituation notwendig erscheinen lassen. Beispielsweise sind insbesondere die Kostenstrukturen anderer Beschwerdemanagement-Bereiche und/oder externer Dienstleister fur den Zentralbereich Beschwerdemanagement von Interesse, weshalb die oben
458
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
angefuhrten Erfolgsfaktoren durch kostenspezifische Konkurrenzkriterien zu erganzen sind. Ruckschlusse auf die Kostenstrukturen der extemen Dienstleister konnen beispielsweise durch (fingierte) Preisanfragen gezogen werden. Gleichwohl sind bei derartigen Kostenvergleiciien die unterschiedlichen Rahmenbedingungen beider Vergieiciispartner zu berucksichtigen (z.B. Branciienspezifika anderer BeschwerdemanagementBereiche oder das Volumen der bearbeiteten Beschwerden und entsprechende Kostendegressionseffekte als Wettbewerbsvorteil der extemen Dienstleister). Eine besondere Sensibilitat im Raiimen des Wettbewerbsvergleichs ist ferner im Hinblick auf die Drittinstitutionen zu gewahrleisten. Zunachst ist augensciieiniicii, dass einzelne Vergleichsdimensionen (z.B. Apology') nicht sinnvollerweise herangezogen werden konnen. Zum anderen gilt es zu beruckslchtigen, dass Beschwerdefuhrer an Drittinstitutionen andere (und haufig geringere) Anspruchshaltungen im Hinblick auf einzelne Beschwerdezufriedenheitstreiber zu richten scheinen als an das Beschwerdemanagement von Unternehmen. Beispielsweise zeigen Hogarth/English (2002, S. 223f.), dass die Sensitivitat hinsichtlich der Bearbeitungszeit erheblich sinkt. Auch sprechen Beschwerdefuhrer den Drittinstitutionen ein im Vergleich zu betrieblichen BeschwerdemanagementEinheiten hohes Mad an Glaubwurdigkeit und Unabhanglgkeit zu (Hansen 1985, S. 115). Andererseits scheint Beschwerdemanagement gegenuber Drittinstitutionen uber zwei zentrale Vorteile zu verfugen. Zum einen werden Verbraucherorganisationen (zumindest teilweise) aus 6ffentlichen Mittein finanziert. Dies bedeutet nicht nur eine Abhangigkeit vom polltisch-burokratischen System, sondern impliziert haufig eine begrenzte Ressourcenausstattung (Schoenheit 1985, S. 213, 215). Neben dieser hoheren Flexibilitat und der vermutlich groReren Ressourcenverfugbarkeit des betrieblichen Beschwerdemanagements ist der zweite der eigentlich zentrale Wettbewerbsvorteil: Typischerweise „ist die erste Stufe des Widerspruchs die individuelle Beschwerde des Konsumenten (...)
Konkurrenzanalyse und Implikationen der strategischen Ausrichtung
459
beim Hersteller" (Hansen 1985, S. 117). Erst wenn dieser Problemlosungsversuch gescheitert ist, erwagen Beschwerdefuhrer sich an Drittinstitutionen zu wenden oder gar gerichtliche Schritte einzuleiten (Hogarth et al. 2001, S. 81). Der Zentralbereich hat es folglich in hohenn Malie selbst in der Hand, die Drittinstitutionen als Mitbewerber von seinem Nachfragerpotenzial fernzuhalten. Beispielsweise ist denn Segment derjenigen Beschwerdefuhrer grofJere Beachtung zu schenken, die bei der (anzuratenden) Beschwerdezufriedenheitsbefragung angeben, mit der Beschwerdereaktion unzufrieden gewesen zu sein (bzw. explizit weitere Schritte androhen). Dass hier noch Optimierungspotenziale bestehen, unterstreicht die Tatsache, dass sich 30% der Beschwerden, die von einer Drittinstitution an ein Unternehmen herangetragen werden, unmittelbar losen lassen (McAlister/Erffmeyer 2003, S. 348). Unter strategischen aber auch finanziellen Aspekten ware eine a priori grofizugigere Verhaltensweise des Beschwerdennanagements im Rahmen der ursprunglichen Beschwerdefuhrung vermutlich die zu bevorzugende Losung gewesen. Damit ist die Skizze eines basalen Konkurrenzvergleichs abgeschlossen. Unn die Wettbewerbsanalyse abzurunden, ist nun noch die Frage zu stellen, welche strategischen Verhaltensoptionen gegenuber den Konkurrenten erwogen werden konnen. 7.7.4
Strategische Verhaltensoptionen des Beschwerdemanagements im Lichte der identifizierten Konkurrenzverhaltnisse
Urn in diesem letzten Schritt der Konkurrenzbetrachtung das strategische Verhalten des Beschwerdemanagements gegenuber den identifizierten Wettbewerbern zu bestimmen, soli auf das Konzept konkurrenzgerichteter Marktverhaltensstrategien zurijckgegriffen werden. Da hinsichtlich der Ableitung wettbewerbsgerichteter Verhaltensstrategien keine wesentlichen Besonderheiten im Dienstleistungsmarketing zu berucksichtigen
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
sind (Meffert/Bruhn 2003, S. 252), lassen sich die etablierten Strategieansatze von Sachguterunternehmen auf Dienstleistungsanbieter und auch Anbieter von Sekundardienstleistungen (Fassott 1995, S. 233ff.; Mann 1998, S. 316ff.) transferieren. Zuerst sind die grundlegenden Veriialtensoptionen darzustellen (7.7.4.1), urn diese anschlieliend inn Besciiwerdemanagement anzuwenden (7.7.4.2). 7.7.4.1
Das Konzept konkurrenzgerichteter Marktverhaltensstrategien
Mittels wettbewerbsgerichteter IVIarktverhaltensstrategien legen Unternehmen iiiren Konkurrenzbezug fest, das heillt, sie eruieren denkbare Kooperationsaspekte sowie den praferierten Stil der Auseinandersetzung mit den Konkurrenten (Rosada 1990, S. 208). Das konkurrenzgericiitete Marktverhalten wird uber zwei grundlegende VerJiaitensdimensionen gegenuber Mitbewerbern konzeptualisiert (Meffert/Bruhn 2003, S. 252f.). Innerhalb einer ersten Dimension lasst sich ein innovatives von einenn imitativen Wettbewerbsverhalten unterscheiden. Die zweite Dimension differenziert wettbewerbsvermeidendes und wettbewerbsstellendes Marktgebaren und subsumiert all jene Verhaltensstile, „die in der Literatur unter den Aspekten des offensiven und defensiven beziehungsweise proaktiven und reaktiven Verhaltens diskutiert werden" (Meffert/Bruhn 2003, S. 253). Wettbewerbsvermeidendes Verhalten ist durch die defensiv-reaktive Anpassung der eigenen unternehmerischen Entscheidungen an die Handlungen der Wettbewerber charakterisiert. Im Gegensatz dazu liegt wettbewerbsstellendes Verhalten vor, wenn Unternehmen bereits auf erste Anzeichen im Vorfeld wettbewerblicher Anstrengungen der Konkurrenten offensiv-proaktiv reagieren. Durch die Zusammenfuhrung der beiden Verhaltensdimensionen ergeben sich die in Abbildung 730 dargestellten vier wettbewerbsgerichteten Verhaltensstrategien, die kurz zu umreilien sind (im Weiteren Meffert/Bruhn 2003, S. 253ff.).
Konkurrenzanalyse and Implikationen der strategischen Ausrichtung
Wettbewerbsstellend (Hohe Aggressivitat)
Wettbewerbsvermeidend (Geringe Aggressivitat)
Innovativ
Imitativ
Konfliktstrategie
Kooperationsstrategie
Ausweichstrategie
Anpassungsstrategie
461
Abb. 7-30: Konkurrenzgerichtete Marktverhaltensstrategien im Uberblick; Quelle: In Anlehnung an Meffert/Bruhn (2003, S. 253), modifiziert nach Mann (1998, S. 319).
•
Kooperationsstrategien (wettbewerbsstellend, imitativ) empfehlen sich fur Unternehmen, die „uber keinen deutlichen Wettbewerbsvorteil beziehungsweise nicht uber die Ressourcen verfugen, langfristige Konkurrenzauseinandersetzungen zu fuhren" (Meffert/Bruhn 2003, S. 253). Die Kooperationen konnen sowohl als informale Kooperationen in Form eines impliziten Einverstandnisses uber das Wettbewerbsgebaren als auch als formale Kooperation, also typischerweise mittels einer schriftlich fixierten Zusammenarbeitserklarung, ausgestaltet werden.
•
Im Gegensatz zur Kooperationsstrategie zeichnet sich die Konfllktstrategie (wettbewerbsstellend, innovativ) durch ein aggressivinnovatives Wettbewerbsverhalten aus. Ziel der Konfliktstrategie ist es, durch ein vergleichsweise unterschiedliches Verhalten Marktanteile zu gewinnen.
•
Auch die Auswelchstrategie (wettbewerbsvermeidend, innovativ) ist durch innovatives Wettbewerbsverhalten charakterisiert. Im Unterschied zur Konfliktstrategie zielt sie jedoch nicht darauf ab, die Wettbewerber zu stellen, sondern der Leistungsanbieter versucht, durch seine innovativen Aktivitaten (z.B. neuartige Leistungen und/oder
462
•
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Leistungsprozesse, Abschirmen einzelner Marktsegmente) dem Wettbewerbsdruck zu entgehen. Die Anpassungsstrategie (wettbewerbsvermeidend, imitativ) strebt nach der Sicherung der aktuellen Produkt-Markt-Situation und dient dazu, das eigene Verhalten dem der Konkurrenten (lediglich) anzugleichen.
Diese vier Strategieoptionen spannen den Aktionsraum auf, uber den sich Beschwerdemanagement gegenuber seinen Konkurrenten positionieren kann. 7.7.4.2
Adaption der konkurrenzgerichteten Marktverhaltensstrategien im Kontext des direkten Beschwerdemanagements
Die vier konkurrenzgerichteten Verhaltensoptionen sind nun in den Kontext der strategischen Ausrichtung des Beschwerdemanagements einzubetten. Neben der Illustration denkbarer Strategieansatze gegenuber den benannten Hauptkonkurrenten (7.7.4.2.1) wird vor allem zu eruieren sein, unter Maligabe welcher generischen Wettbewerbsstrategie welche konkurrenzgerichtete Marktverhaltensstrategie in besonderem Mafte fur das Beschwerdemanagement geeignet erscheint (7.7.4.2.2.). 7.7.4.2.1
Illustration der konkurrenzgerichteten Marktverhaltensstrategien im Beschwerdemanagement
Ausgangspunkt soil eine kurze Veranschaulichung der vier beschriebenen Strategien im Wettbewerbskontext des Beschwerdemanagements sein. Einen Uberblick beispielhafter Strategieansatze gibt die Abbildung 7-31.
Konkurrenzanalyse und Implikationen der strategischen Ausrichtung
Externe Dienstleister
(1) Kooperationsstrategie
(2) Konfliktstrategie
(3) Ausweichstrategie
• Auslagerung von Teilfunktionen bzw. Uberkapazitaten an Dienstleister • Benchmarking
• Erkundung der Kosten-/ Preisstrukturen durch tlngierte Angebotsanfragen • Offensives Marketing an interne Nachfrager (z.B. Sammlung von negativen Presseberichten uber externe Dienstleister) • Betonung der eigenen Untemehmenszugehorigkeit • Zufriedenheits- und Werteanalyse der Untemehmensleitung • Beziehungsmanagement mit TopManagement
(4) Anpassungsstrategie
• Systematische Erkundung der PreisLeistungsniveaus der extemen Dienstleister und eigene Adaption (z.B. Ausrichtung der intemen Verrechnungspreise an der Preispolitik der extemen Dienstleister)
463
Beschwerdemanagement anderer Unternehmen
Drittinstitutionen
• Kooperation zum Aufbau einer gemeinsamen oder zur Verhinderung unabhangiger Schiedsstellen • Teilfunktionale Netzwerke (z.B. Beschwerdestimulierung und -annahme) • Ubertragung einzelner Subfunktionen auf Absatzmittler • Benchmarking
• Gegenseitige Verlinkung der Homepages
• Gezielte Steigerung der Mindesterwartungen unzufriedener Kunden • Vergleichendes Beschwerde-Marketing
• Vergleichendes BeschwerdeMarketing und Betonung der eigenen Vorziige im Lichte der Schwachen der 3"" Party • Unterminierung der Glaubwiirdigkeit und Unabhangigkeit der Drittpartei(en)
• Gemeinsame Beschwerdestimulierung • Benchmarking
• Extreme Orientierung am spezifischen Verhalten • Starke Fokussierung auf der eigenen Beschwerdefuhrer und Ausrichtung Beschwerdezufriedenheitsbefragung des Leistungsprogramms auf deren Wiinsche • Fokussieumg auf ein fiir die eigene Branche • Starke Fokussierung der Zugangs- und hoch innovatives Leistungsprogramm Kanalisierungsfunktion (z.B. Beschwerde-Gutscheine mit materiellen Anreizen) • Systematische Erkundung der Leistungsstandards in der eigenen Branche und Gestaltung des eigenen Leistungsprogramms nur zur Sicherung des Status-quo
Abb. 7-31: Beispielhafte Umsetzung konkurrenzgerichteter Marktverhaltensstrategien durch das Beschwerdemanagement; Quelle: Eigene Abbildung.
Da nicht alle Felder der Abbildung angesprochen werden konnen, sollen einige wenige Beispiele die Adaption der vier konkurrenzgerichteten Marktverhaltensstrategien im Beschwerdemanagement illustrieren. (1) Im Gegensatz zu den drei anderen Strategievarianten wird der Kooperationsstrategie in der Literatur zum Beschwerdemanagement bereits vergleichsweise groUe Beachtung zuteil. Beispielsweise regen Singh/Wilkes (1996, S. 364) eine Zusammenarbeit mit Beschwerdemanagement-Berelchen anderer Unternehmen im Primarmarkt an: „Collective action at the industry level may be necessary. Industries such as automotive repair, medical care, and banking services may especially wish to consider collective actions to manage consumer alienation." Verknijpft man diese Empfehlung mit der An-
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
merkung von Meffert/Bruhn (2003, S. 253), dass Kooperationen insbesondere auf funktionaler Ebene interessant erscheinen, eroffnen sich unmittelbar Ansatzpunkte der Umsetzung. Aus Sicht des Beschwerdemanagements stellen beispielsweise die Beschwerdestimulierung und -annahme Subfunktionen dar, die mit anderen Beschwerdemanagement-Bereichen innerhaib derselben Branche oder auch branchenubergreifend betrieben werden konnen (z.B. gemeinsame Beschwerdestimulierung mehrerer Fluglinien an Flughafen). Freilich konnen diese Uberlegungen auch auf die Beschwerdebearbeitung ausgedehnt werden. Analoge Kooperationsformen verschiedener Kreditinstitute, die die operativen, EDV-basierten Kontofuhrungsbereiche zusammengelegt haben, belegen die generelle Umsetzbarkeit dieser Idee.^^^ Als eine weitere, geeignete Form der Kooperationsstrategie betrachten verschiedene Forscher das Benchmarking zwischen Beschwerdemanagement-Bereichen (Estelami 2000, S. 298; Stauss/Scholer 2003, S. 102). Benchmarking beruht auf der Idee eines systematischen Vergleichs von Unternehmen bzw. Unternehmenseinheiten anhand von standardisierten Vergleichsgroflen und Richtwerten, die als ,Benchmarks' bezeichnet werden (Homburg/Krohmer 2003, S. 398). Als Systematisierungskriterien des Benchmarking konnen zum einen das Benchmarking-Objekt und zum anderen der Branchenbezug herangezogen werden (Schmidt 2000, S. 27ff.): o
Prinzipiell sind hinsichtlich des Benchmarking-Objekts drei Varianten zu unterscheiden (Schmidt 2000, S. 13ff.), die alle grund-
Im Zeitverlauf konnten diese basalen Kooperationsformen zu BeschwerdemanagementNetzwerken weiterentwickelt werden (zu Dienstleistungsnetzwerken generell siehe Bruhn/Stauss 2003 und Ahlert/Evanschitzky 2003). Beschwerdemanagement-Bereiche konnten diesbezuglich auch das Kooperationsnetzwerk .United Charity' nachahmen, auf dessen Basis Spendenorganisationen gemeinsam Spenden sammeln (siehe Oberhansberg 2001, S. 178ff.) und entsprechend kooperative Beschwerdestimulierungsaktionen ausarbeiten und durchfuhren.
Konkurrenzanalyse und Implikationen der strategischen Ausrichtung
465
satzlich fur ein Beschwerdemanagement vorstellbar erscheinen. Zunachst konnte (1) das angebotene Dienstleistungsprodukt des direkten Beschwerdemanagements das Vergleichsobjekt darstellen. Des Weiteren konnen (2) einzelne Prozesse innerhalb der Beschwerdemanagement-Bereiche einander gegenuber gestellt werden. Schlielilich kann (3) das Beschwerdemanagement als vollumfanglicher Funktionsbereich ,gebenchmarkt' werden. o
Als zweites Merkmal dient der Branchenbezug, d.h. Benchmarking kann danach unterschieden werden, ob es mit Partnern innerhalb der eigenen (Primarleistungs-) Branche Oder branchenunabhangig vollzogen wird. Beide Optionen konnen unmittelbar im Beschwerdemanagement adaptiert werden.
Auch Drittinstitutionen, alien voran Verbraucherorganisationen, stellen einen entsprechenden Anknupfungspunkt fur Kooperationsstrategien dar. Diese Strategieoption wurde bereits fruh in der Diskussion des Beschwerdemanagements angesprochen (Riemer 1986, S. 21 Of.; Schaffartzik 1985; Schoenheit 1985), allerdlngs nur vereinzelt aufgegriffen. Damals wie heute scheinen die Kontakte zwischen Beschwerdemanagement-Bereichen und Verbraucherorganisationen eher zufalligen bzw. beilaufigen Charakter aufzuwelsen und konnen nicht als systematische Kooperation interpretiert werden (Kasper 1985; S. 88; Schibrowsky/Lapidus 1994b; Schoenheit 1985, S. 211). Dies uberrascht insofern, als beide Akteure qua Funktion eine notwendige Komponente der jeweils gegenseitigen Aufgabenumwelt darstellen und nicht zuletzt deshalb der Aufbau einer Kooperation nahe lage. Schoenheit (1985, S. 212ff.) belegt ausfuhrlich, dass beide Seiten von einer entsprechenden Zusammenarbeit profitieren konnen. Schibrowsky/Lapidus (1994b, S. 44) bescheinigen anhand ihrer in den USA durchgefuhrten Studie den Drittinstitutionen eine grundlegende Kooperationsbereitschaft: „Our experience has been
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
that these organizations are generally helpful." Kann dieses Potenzial erschlossen werden, konnte beispielsweise die unmittelbare Weiterleitung von bei der Drittinstitution eingegangenen Beschwerden an das Beschwerdemanagement zum einen eine Rationalisierungsfunktion fur die Verbraucherorganisation erfullen und parallel die Zugangs- und Kanalisierungsfunktion des betrieblichen Beschwerdemanagements unterstutzen.^^^ Weitere Vorteile einer solchen Kooperation belegt Schoenheit (1985, S. 214f.) fur die Public-RelationsFunktion oder auch die Selbstregulierungsfunktion des Beschwerdennanagements. Umgekehrt kann neben dem angesprochenen Rationalisierungseffekt auf Seiten der Verbraucherorganisation ein Imageeffekt und zudenn eine potenziell direktere Beeinflussung betrieblichen Marktverhaltens erzielt werden (ebd.).^®^ (2) Basierend auf der Philosophie der Konfliktstrategie konnte ein Beschwerdemanagement an die folgende Erkenntnis hinsichtlich des Phanomens der Double Deviation anknupfen: Jt is the company's service recovery systems (or the lack of them) that may become a source of satisfaction or dissatisfaction, and not necessarily the mistake or failure itself (Johnston/Fern 1999, S. 71). Ziel eines fokalen Beschwerdemanagements kann es daher mitunter sein, vergleichsweise rasch bisherige Kann-Leistungen in Soil- und schlieBlich MussDlesen Nutzen fur das Beschwerdemanagement illustrieren Chiu et al. (1988) anhand psychischer Beschwerdekosten. Die Autoren belegen, dass in Hong Kong studierende Chinesen die psychischen Beschwerdekosten fur die Artikulation einer Beschwerde gegenuber einer Verbraucherorganisation erheblich niedriger einstufen, als direkt dem Unternehmen gegenuber. Chiu et al. (1988, 8. 179) folgern daher: "In such societies, in addition to the advertisement of consumers' rights, consumer agencies should also help reduce the cost of complaining by minimizing the necessity of direct confrontation in complaint situations." Wenngleich die Bedeutung des kulturellen Kontexts sicherlich nicht zu ubersehen ist, konnten im Rahmen einer systematischen Kooperation eventuell analoge Mittlereffekte von Verbraucherorganisationen erwartet werden. Daneben sind auch weniger intensive Kooperationsformen denkbar. So fuhrt Strempel (2002, S. 24) das Kooperationsbeispiel von amerikanischen Unternehmen mit den Better Business Bureaus an, die auf Ihren Internetseiten auf die jeweils andere Homepage verweisen.
Konkurrenzanalyse und Implikationen der strategischen Ausrichtung
467
Leistungen zu transformieren. Dadurch soil das Anspruchsniveau der Beschwerdefuhrer gesteigert und der Leistungsdruck auf andere Beschwerdemanagement-Bereiche erhoht werden. (3) Ein Beschwerdemanagement-Bereich kann durch die Ausweichstrategie danach streben, den von Meffert/Bruhn (2003, S. 256) erwahnten Effekt der Abschirmung einzelner Marktsegmente zu realisieren. Diese Wirkung sei gegenuber den Absatzmittlern als Mitbewerber illustriert: Ein unzufriedener Kaufer eines bestinnnnten Produkts soil hier von einer Beschwerdeartikuiation im Handelsunternehmen abgehalten und, basierend auf einer entsprechenden Ausgestaltung der Beschwerdestinnulierung (z.B. 0800-Beschwerdehotline auf einer Produktverpackung), zur direkten Kontaktierung des Herstellers nnotiviert werden. (4) Die Anpassungsstrategie ist ein nahe liegender strategischer Ausgangspunkt gegenuber den Beschwerdemanagement-Bereichen in der eigenen Primarleistungsbranche. Sie beschreibt das Streben eines Beschwerdemanagements, stets das von der Konkurrenz angebotene Leistungsprogramm im direkten Beschwerdemanagennent zu innitieren und sich damit lediglich am Verhalten der Wettbewerber zu orientieren. Zwar ist vorstellbar, das eigene mit dem Verhalten des Beschwerdemanagements spezifischer Konkurrenten zu synchronisieren. Beispielsweise konnte im konkreten Beschwerdefall die eigene Beschwerdereaktion kurzfristig im Lichte einer aktuellen Kundenbindungsaktion relevanter Wettbewerber angepasst und den eigenen Beschwerdefuhrern abgestimmte Sekundarleistungsbundel offeriert werden. Gleichwohl ubersehen Unternehmen haufig die Notwendigkeit, im Rahmen einer solchen Anpassungsstrategie die Kostenstrukturen des eigenen und des Konkurrenzunternehmens in die Abwagung einbeziehen zu mussen: „For instance, if a company and its key competitor have dramatically different cost structures, simply
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
copying the competitor's recovery strategies for similar service failures, which is a common practice, will be suboptimal" (Zhu et al. 2004, S. 516). 7.7.4.2.2
Generische Wettbewerbsstrategien als Leitlinie zur Bestimmung konkurrenzgerichteter Marktverhaltensstrategien
Vor dem Hintergrund dieser diversen Ansatzpunkte stellt sich die Frage nach der Bestimmung einer grundlegenden Orientierungsleitlinie des konkurrenzgerichteten Marktverhaltens im Beschwerdemanagement. Da das Verhalten gegenuber Mitbewerbern im Einklang mit den Positionierungsstrategien zu gestalten ist (Mann 1998, S. 316), kann die vom fokalen Zentralbereich erwogene generische Wettbewerbsstrategie als geeigneter Bezugspunkt dienen. Hierzu sind etwaige Zusammenhange zu erwagen, die zwischen der Kostenfuhrerschafts-, der DIfferenzierungs- sowie der Hybridstrategie und den konkurrenzgerichteten Strategien bestehen konnten. Grundlage dieser Verknupfung der Wettbewerbsstrategien mit den konkurrenzgerichteten Marktverhaltensstrategien ist die Erkenntnis, dass sich sowohl die Kostenfuhrerschafts- als auch die Differenzierungsstrategie anhand der beiden Merkmale Aggressivitat und Innovationsorientierung charakterisieren lassen: Typischerweise zeigt ein Kostenfuhrer ein starker aggressiv gepragtes und dafur weniger innovationsgetriebenes Marktverhalten (Mann 1998, S. 316). Im Gegensatz dazu wird sich differenzierenden Unternehmen ein eher defensives und primar an der Erarbeitung von Innovationen orientiertes Marktverhalten zugeschrieben. Im Lichte dieser Charakteristika der Wettbewerbsstrategien sind nun die vier konkurrenzgerichteten Strategieoptionen zu reflektieren. Anhand der unmittelbaren Anknupfung an das strategische Profil der generischen Wettbewerbsstrategien ist offensichtlich, dass die Anpassungsstrategie sich fur die Synthese mit der Kostenfuhrerschaft eignet, wohingegen sie die Differenzierungsstrategie nicht sinnvoll erganzen kann. Aus dem strategischen Primarziel der Kostenfuhrerschaft leitet sich
Konkurrenzanalyse und Implikationen der strategischen Ausrichtung
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das Angebot einer durchschnittlichen, sich am jeweiligen Marktstandard orientierenden Leistung ab. Das eigene Marktverhalten dem der Konkurrenten anzugleichen, widerspricht dagegen diametral dem strategischen Credo der Differenzierungsstrategie, die gerade darauf ausgerichtet ist, sich durch das eigene Marktgebaren von Mitbewerbern abzusetzen. Die Anpassungsstrategie bietet sich demnach fur BeschwerdemanagementBereiche an, die sich als Kostenfuhrer positionieren wollen. Auch bezuglich der Ausweichstrategie eriaubt die jeweilige strategische Maxime der generischen Wettbewerbsstrategien eine vergleichsweise eindeutige Aussage bezuglich des konkurrenzgerichteten Verhaltens. Die Ausweichstrategie ist durch ein hoch innovatives und tendenziell defensives, wettbewerbsvermeidendes Marktverhalten gekennzeichnet, das die Umgehung marktiicher Konfrontation ermoglichen soil. Beide Merkmale, die ausgepragte Innovationsorientierung und das eher defensive Marktverhalten, charakterisieren die Differenzierungsstrategie. Unternehmen, die eine Kostenfuhrerschaftsstrategie verfolgen, sind im Gegensatz dazu von einem starker aggressiven Verhalten und einer niedrigen Innovativitat im Leistungsangebot gepragt (Mann 1998, S. 316). Die Ausweichstrategie wird daher in erster Linie von einem Zentralbereich Beschwerdemanagement zu ergreifen sein, der sich uber die Differenzierung zu positionieren sucht. Offensichtlich ergeben sich eindeutige, konzeptionell fundierte Zuordnungen fur die Anpassungs- und die Ausweichstrategie. Weniger augenfallig gestaltet sich die Zuordnung der Konflikt- und Kooperationsstrategien. Die Konfliktstrategie beruht auf der Synthese eines hohen Innovationsgrades und eines wettbewerbsstellenden Verhaltens, also einem proaktiven Wettbewerbsverhalten im Vorfeld der Anstrengungen einzelner Mitbewerber. Fur die Verfolgung durch den Kostenfuhrer sprache zwar die starker wettbewerbsstellende Orientierung. Im konzeptionellen Widerspruch zur Kostenfuhrerschaftsstrategie steht jedoch die ausgepragte
470
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Innovationsmaxime. Diese Verpfljchtung zur Innovation ruckt die Konfliktstrategie vernneintlich in die Naiie der Differenzierung. Gleichwohl harnnoniert der grundJegend defensive Verhaltensstil des Differenzierers nicht mit der Konfliktpragung dieser Strategie. Die Konfliktstrategie bietet sicii daiier in erster Linie im Falle eines Beschwerdemanagements an, das eine hybride Wettbewerbsstrategie verfolgt. Die Kooperationsstrategie basiert darauf, ein imitatives mit einem wettbewerbsstellenden Marktgebaren zu vereinen und eignet sicii fur Leistungsanbieter ohne eindeutigen Wettbewerbsvorteil und ohne umfassende Ressourcenpotenziale. Freilich verdeutlichen beide Aspekte einen hohen konzeptionellen Einklang mit der Kostenfuhrerschaft, wesiiaib die Verfolgung der Kooperationsstrategie sich fur diese strategische Ausrichtung anbietet. Gieichwoii! ist davon auszugehen, dass Kooperationsformen sicli aucin mit der Differenzierungsmaxime vereinbaren lassen. Allerdings werden beide Wettbewerbsstrategien eine unterschiedliche Ausgestaltung der Kooperationsidee implizieren. Beispielsweise spreciien zwei Grunde dafur, dass sich die in Abbildung 7-31 aufgefuhrte Kooperation mit den Bescfiwerdemanagement-Bereiciien anderer Unterneiimen im Rahmen gemeinsamer Besciiwerdestimuiierung und bearbeitung starker fur die Kostenfulirersciiaftsstrategie eignet: Zum einen konnen durcii derart abgestimmtes, kooperatives Veriiaiten mit hoher WahrsGheiniiciikeit Kostenreduktionen fur die beteiligten Beschwerdemanagement-Bereiclie erzielt werden. Zum anderen mindert dieses Marktverhalten als vom Kunden wahrgenommene ,Kooperationspartner' die Cliance, sich vom Rest der Branche abzuheben, weshalb die Differenzierungspotenziale verringert werden. Eine fur die Differenzierungsstrategie attraktive Kooperationsvariante stellt aber beispielsweise das branchenubergreifende Benchmarking dar, da hier hohere Lern- und Innovationspotenziale zu erwarten sind, als sie ein lediglich intraindustrielier Vergleich ermoglichen wurde (Schmidt 2000, S. 29). Die Kooperationsstrategie eignet sich daher in jeweiliger Ausgestaltung fur die
Konkurrenzanalyse und Implikationen der strategischen Ausrichtung
471
Kombination sowohl mit der Kostenfuhrerschafts- als auch der Differenzierungsstrategie und folglich ebenfalls fur die Kopplung an eine Hybridstrategie. Diese Ausfuhrungen beenden die Diskussion zu den Optionen, das Beschwerdemanagement in seinem Geschaftsfeld der sekundaren Unterstutzungsdienstleistung strategisch auszurichten. An diese Strategiealternativen wird freilich in Teil 10 angeknupft, wenn die unterschiedlichen Strategievarianten zu bewerten sein werden. Zunachst aber sind die strategiscinen Orientierungsalternativen des Beschwerdemanagements im Gesciiaftsfeid dertertiaren Unterstutzungsdienstleistungen zu eruieren.
8 Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt und Strategieoptionen fur das strategische Geschaftsfeld der tertiaren Dienstleistungen des Beschwerdemanagements In diesem Teil der Arbeit steht das strategische Geschaftsfeld der tertiaren Unterstutzungsdienstleistungen im Mittelpunkt der Uberlegungen. Mit der internen Informations-, Impuls- und Bildungsfunktion sind also drei Dienstleistungen des Beschwerdemanagements angesprochen, die die Aufbereitung, Verbreitung und unternehmensweite Nutzung der Informationen beinhalten, die aus Beschwerden gewonnen werden (konnen). Ziel der folgenden Diskusslon ist es, Strategieoptionen des Beschwerdemanagements in diesem strateglschen Geschaftsfeld aufzuzeigen. Dafur wird eine zu Teil 7 analoge Vorgehensweise gewahlt. Zunachst wird das interne Spannungsfeld des Zentralbereichs Beschwerdemanagement skizziert (8.1). Aus der Reflexion dieses Spannungsfeldes wird ersichtlich, dass den Sparten als eigentlichen Empfangern der vom Beschwerdemanagement in unterschiedlicher Weise aufbereiteten Marktinformationen besondere Relevanz fur die strategische Ausrichtung des Beschwerdemanagements zukommt. Daher ist in Kapitel 8.2 das spezifische Beschwerdeinformationsnachfrage- und -nutzungsverhalten der Geschaftsbereiche zu studieren. Daruber hinaus ist anhand der Erkenntnisse verwandter Forschungsgebiete zu analysieren, wie die Informationsnutzung interner Nachfrager generell beeinflusst werden kann. Dm den internen Dienstleister Beschwerdemanagement innerhalb des in Kapitel 8.1 aufgezeigten Spannungsfeldes und auf das in Kapitel 8.2 erkannte Nachfragerverhalten strategisch auszurichten, wird erneut auf die generischen Wettbewerbsstrategien nach Porter zuruckgegriffen (8.3). Wie in Teil 7 wird zunachst die Option der Kostenfuhrerschaft auf den Kontext der tertiaren Unterstutzungsdienstleistungen ubertragen
474
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
(8.4), bevor im Anschluss die Adaption der Differenzierungsstrategie erfolgt (8.5). Kapitel 8.6 wird knapp eine hybride Strategieoption skizzieren, die erneut auf dem Mass Customization-Ansatz basiert. Aucii im strategischen Geschaftsfeld der Tertiardienstleistungen lassen sich Konkurrenten des Zentralbereichs Besciiwerdemanagement identifizieren. Kapitel 8.7 zeigt auf, welche Wettbewerbsdimensionen bestehen und welche Implikationen die generischen Wettbewerbsstrategien fur das konkurrenzgerichtete Marktverhalten des Beschwerdemanagements beinhalten. Abbildung 8-1 zeigt diese Grundstruktur des achten Teils. Fundament zur Erarbeitung von Strategieoptionen 8.1
Spannungsfeld des Beschwerdemanagements im SGF der tertiaren Unterstutzungsdienstleistungen
8.2
Analyse des Informationsnachfrageverhaltens der GeschaftsBereiche als primare Kunden
Strategieoptionen des Beschwerdemanagements Generische Wettbewerbsstrategien nach Porter als Rahmenkonzept zur Ableitung von Strategieoptionen fur das Besciiwerdemanagement
-T
:
Kostenfuhrerschaftsstrategie als Strategieoption des Beschwerdemanagements
I
:i_ 8.5
Differenzierungsstrategie als Strategieoption des Beschwerdemanagements
T
T Skizzierung des Mass Customization-Ansatzes als hybride Strategieoption
8.7
Abb. 8-1:
Konkurrenzanalyse und Implikationen der strategischen Ausrichtung fur das konkurrenzgerichtete Marktverhalten des Beschwerdemanagements
Struktur des achten Teils der Arbeit im Uberblick; Quelle: Eigene Abbildung.
Spannungsfeld tertiare UntersWtzungsdienstleistungen
475
8.1 Spannungsfeld des Beschwerdemanagements als Anbieter tertiarer Unterstutzungsdienstleistungen Das interne Marktgefuge des Tertiardienstleisters Beschwerdemanagement weist strukturelle Parallelen zu dem in Teil 7 erorterten Spannungsfeld der sekundaren Dienstleistungen auf. Erneut ist die Untemehmensleitung der Auftrag- und Budgetgeber des Zentralbereichs (8.1.1), ohne aber selbst unmittelbar Empfanger der erbrachten Dienstleistungen zu sein.^^^ Vielmehr betraut sie den Zentralbereich Beschwerdemanagement mit der Aufbereitung von Beschwerdeinformationen zur Nutzung in den Geschaftsbereichen, weshalb die Sparten als die eigentlichen Empfanger der tertiaren Dienstleistungen anzusehen sind (8.1.2). In seiner Dienstleisterrolle sieht sich der Zentralbereich auf einem fiktiven internen Markt erneut einem spezifischen Wettbewerbsdruck ausgesetzt, den es in Abschnitt 8.1.3 zu skizzieren gilt. 8.1.1
Unternehmensleitung als Auftrag- und Budgetgeber des Beschwerdemanagements
Aufgrund der erwahnten strukturellen Parallelitat kann auf die Charakterisierung des Verhaltnisses zwischen der Unternehmensleitung als Auftrag- und Budgetgeber und dem zentralen Dienstleistungsbereich Beschwerdemanagement verwiesen werden, wie es in Teil 7 einleitend beschrieben wurde. Die deutliche Mehrheit der Beschwerdemanagement-Bereiche verrechnet bisher nicht nur keine Kosten im Unternehmen, sondern erhebt auch keine Preise fur die erbrachten Dienste. Dies gilt im Bereich der sekunda-
Die Dienstleistungen, deren unmittelbarer Empfanger die Unternehmensleitung ist, werden in Teil 9 diskutiert.
4 76
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
ren wie der tertiaren Dienstleistungen. Damit scheint in der Mehrheit der Beschwerdemanagement-Abteilungen auch das strategische Geschaftsfeld der tertiaren Unterstutzungsdienstleistungen unter Madgabe eines Expense Centers gefuhrt zu werden.^®^ Dies wiederum bedeutet, dass die Budgetierung des Beschwerdemanagements bislang weitest geliend durch die Unternehmensleitung erfolgt, das Top-Management also die Kosten des Beschwerdemanagements zu tragen hat, wahrend die tertiaren Dienstleistungen vor allem fur die Geschaftsbereiche erbracht werden. Nun wurde der Unternehmensleitung, gestutzt auf jungste Forschungsarbeiten, ein strong okonomisches Denk- und Prioritatenmuster im Hinblick auf den Zentralbereich Beschwerdemanagement unterstellt. Es ist davon auszugehen, dass das Top-Management die gleichen Grundanforderungen an die Erbringung der tertiaren Dienstleistungen stellt, wie diese fur das direkte Beschwerdemanagement formuliert wurden: Zum einen werden die Kosten und zum anderen die Qualitat vergleichbarer Dienstleistungsangebote zentrale Vergleichsmadstabe darstellen, anhand derer der Zentralbereich Beschwerdemanagement gemessen bzw. beurteilt wird. Beschwerdemanagement muss also auch in diesem Geschaftsfeld der Unternehmensleitung eine im Vergleich zu potenziellen Dienstleistungsalternativen uberlegene Kosten-Qualitats-Relation offerieren. Wie angesprochen, sind in erster Linie die Sparten, nicht die Unternehmensleitung, Empfanger der erbrachten tertiaren Unterstutzungsdienstleistungen. Daher kommt den Geschaftsbereichen grolie Bedeutung fur die erfolgreiche Positionierung des Zentralbereichs Beschwerdemanagement zu.
189
Siehe hierzu die Ausfuhrungen in Absclinitt 6.4.1.
Spannungsfeld tertiare Unterstutzungsdienstleistungen
8.1.2
477
Geschaftsbereiche als Empfanger der Tertiardienstleistungen des Beschwerdemanagements
Die vorliegende Arbeit unterstellt das Grundmuster einer Spartenorganisation, die die untemehmerischen Verantwortlichkeiten auf die Unternehmensleitung, die Geschaftsbereiche und die Zentralbereiche verteilt. Den Geschaftsbereichen wird die unmittelbare Primarmarktverantwortung ubertragen, wahrend die Unternehmensleitung letztlich nicht selbst im Markt agiert.^^° Die tertiaren Dienstleistungsangebote des Beschwerdemanagements ergeben sich derivativ aus der Primarmarktaktivitat der Geschaftsbereiche. Daher wird Im Weiteren das Verhaltnis des Unterstutzungs-Dienstleisters Beschwerdemanagement zu den Geschaftsbereichen als seinen primaren internen Nachfragern in den Mittelpunkt gerijckt.^^^ Fijr diese Fokussierung spricht freilich erneut, dass mit der konsequenten Umsetzung fiktiver interner Markte die Sparten nicht nur teilweise die Kosten fur Dienstleistungen des Beschwerdemanagements zu tragen haben werden. Vielmehr ist damit zu rechnen, dass die Unternehmensleitung den Geschaftsbereichen sukzessive Freiraume im Hinblick auf die Auswahl ihrer Dienstleister eroffnen wird. Daher ist es unumganglich, sIch mit den Sparten als internen Kunden analytisch zu befassen. Um dabei die fur die spatere strategische Ausrichtung zentralen Analysebereiche identifizieren zu konnen, ist es hilfreich, sich das Fundament der vom Beschwerdemanagement fur die Sparten erbrachten internen Informations-, Impuls- und Blldungsfunktion vor Augen zu fuhren: Grundlage jeglicher Aktivitaten des indirekten Beschwerdemanagements ist es, Be-
190
VertJefend zur Rolle der Unternehmensleitung und der Geschaftsbereiche siehe Frese/von Werder (1993, S. 2). 191
Anzumerken ist, dass auch andere Zentralbereiche (z.B. Personal, Einkauf, Logistik, etc.) interne Kunden des Beschwerdemanagements sein konnen; die Prioritat wird im Weiteren jedoch bei den Geschaftsbereichen gesehen, da diese unmittelbar das Primarmarkthandeln verantworten.
4 78
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
schwerdeinformationen auszuwerten bzw. aufzubereiten, urn diese in die drei genannten Funktionen als interne Marktieistungen umzusetzen. Primarziel ist dabei, die Beschwerdeinformationen einer effektiven Nutzung in den Sparten dergestalt zuzufuhren, dass zukunftig moglichst keine Kundenunzufriedenheit durch diese nun bekannten Problemursachen mehr ausgelost wird. Diese Erkenntnis offenbart die fur die weitere Diskussion relevanten, verfeinerten Analyseschritte, die in diesenn Teil der Arbeit zu durchlaufen sein werden: Es ist in erster Linie das Nachfrageverhalten der unternehmensinternen Kunden nacii Beschwerdeinformationen zu untersuchen, urn anschlieUend denkbare Strategieoptionen darauf ausrichten zu konnen. Zuvor aber gilt es sicii zusammenfassend zu vergegenwartigen, dass Besciiwerdennanagement auch als tertiarer Dienstleistungsbereich der von der Unternehmensleitung durch die Einfuhrung fiktiver interner Markte betriebenen Wettbewerbsorientierung ausgesetzt bleibt. 8.1.3
Reflexion des spezifischen Spannungsfeldes des Beschwerdemanagements
Das interne Aktionsfeld des Beschwerdemanagements wird zukunftig starker von wettbewerblichen Beziehungen mit steigendem Effektivitatsund Effizienzdruck gepragt sein. Insbesondere das Konzept fiktiver interner Markte soil traditionelle Jnterne Leistungsverflechtungen ersetzen bzw. diesen wettbewerbliches Leben einhauchen" (Witt 1998, S. 216). Folglich gilt es fur das Beschwerdemanagement seine interne Existenzberechtigung bzw. Uberlegenheit gegenuber alternativen Dienstleistungsangeboten auch in der Rolle als Anbieter tertiarer Unterstutzungsdienstleistungen zu belegen. Denn wie es fur Unterstutzungsdienstleistungen charakteristisch ist, sind diese nicht nur unternehmensintern erbringbar, sondern konnen ebenso von unternehmensexternen Anbietern bezogen werden (Bruhn 1999, S. 541, Reckenfelderbaumer 2001, S. 332). Die Inanspruchnahnne dieser Substitutionsoption wird dabei sowohl
Forschungserkenntnisse uber interne Kunden
479
von der Unternehmensleitung wie auch zunehmend von den Geschaftsbereichen im Lichte der Leistungsfahigkeit bzw. der erreichten KostenQualitats-Relation des Zentralbereichs Beschwerdemanagement erwogen (Abbildung 8-2).
Vergleichbare Dienstleistungsangebote •
Unternehmensleitung
i
^L \
Beschwerde-
/ ^ k
• Kostenanforderungen " Qualitatsanforderungen
Abb. 8-2:
GeschMftsbereichsIeitungen • Kostenanforderungen
^W
/
management \
^H
• Qualitatsanforderungen
Das Spannungsfeld des Beschwerdemanagements als Anbieter tertiarer Unterstutzungsdienstleistungen; Quelle: Eigene Abbildung.
Urn sich auf dieses Spannungsfeld auszurichten, bedarf es einer fundierten Analyse der Sparten in Ihrer Rolle als Empfanger des tertiaren Dienstleistungsangebots.
8.2 Forschungserkenntnisse uber interne Kunden und deren Marktinformationsnutzungsverhalten als Grundlage fur die strategiegeleitete Ausgestaltung der tertiaren Dienstleistungen des Beschwerdemanagements Da Geschaftsbereiche interne Nachfrager darstellen, sind einfiihrend allgemeine Erkenntnlsse zum Verhalten innerbetrieblicher Kunden zu skizzieren (8.2.1). AnschlieUend wird an die Feststellung angekniipft, dass Beschwerdelnformationen als eine spezifische Art von Marktinformationen (Ross/Oliver 1985) notwendigerweise das Fundament der tertiaren Dienstleistungen des Beschwerdemanagements bilden. Daher liegt der Schlussel zur strategischen Ausrichtung des Beschwerdemanage-
480
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
merits in der Analyse des unternehmensinternen Nachfrageverhaltens nach Beschwerdeinfornnationen (8.2.2). Da diesem Aspekt bislang nur wenig Aufmerksamkeit in der Beschwerdeforschung zuteil wurde, sollen wissensciiaftliche Erkenntnisse uber das Nutzungsverhalten interner Kunden inn Hinblick auf allgemeine Marktforscliungsinformationen die Diskussion anreichern (8.2.3). 8.2.1
Forschungserkenntnisse uber das Verhalten interner Dienstleistungsnachfrager im Rahmen interner KundenLieferanten-Beziehungen
Als zentraler Dienstleistungsbereich ist Beschwerdemanagement in ein Geflecht interner Kunden-Lieferanten-Beziehungen eingebunden. Einige fur das Beschwerdemanagement bedeutende Besonderheiten dieser Beziehungen sollen in diesem ersten Abschnitt in die Diskussion einfuhren. Nachdem der Kernbereich Beschwerdemanagement als Anbieter bereits ausfuhrlich gewurdigt bzw. kritisiert wurde (siehe 2.3 und 6.3.3), werden hier die Nachfragerseite bzw. die Transaktionsprozesse zwischen beiden Parteien beleuchtet. Die einschlagige Forschung hat die folgenden Kernerkenntnisse hinsichtlich des internen Nachfragerverhaltens vorgelegt (Kunzel 1999, S. 96f.; Neuhaus, 1996, S. 55f.; Reckenfelderbaumer2001, S. 94ff.; Witt 1998, S. 209): •
Auf Seiten der internen Kunden ist die Einsicht, die entsprechende interne Dienstleistung fur eine fokale Problemlosung zu benotigen (Problemevidenz), oft nur gering ausgepragt.
•
Eng damit verknupft ist eine nur mangelnde Angebotsevidenz, das heilit, viele interne Kunden wissen nicht, welche internen Anbieter welche Dienstleistungen erbringen (konnen).
Forschungserkenntnisse uber interne Kunden
481
•
Im Rahmen der Interaktion mit intemen Dienstleistem ist auf Nachfragerseite haufig nur eine eingeschrankte Bereitschaft zur Artikulation von Zufriedenheit bzw. Unzufriedenheitfestzustellen.
•
Intemen Kunden ist eine im Vergleich zu externen Leistungsabnehmern groRere Mitverantwortung fur die erfoigreiche Dienstleistungserbringung zuzusprechen. Auf Seiten der intemen Leistungsnachfrager herrscht allerdings kaunn eine Sensibilitat dafur vor, dass sie selbst kooperativ-professionell die Leistungserbringung des internen Lieferanten zu unterstutzen haben.
•
Haufig zeigen sich Nachfrager hinsichtlich der Qualitat und Wirtscliaftiichkeit des internen Dienstleistungsangebots unsiciier und bisweilen skeptisch.
Das Zusammenspiel der beiden internen Marktseiten wird in der Literatur zu internen Dienstleistem durch folgende Merkmale charakterisiert (Reckenfelderbaumer 2001, S. 96), die insbesondere im Kontext der Kernbereichskonfiguration des Beschwerdemanagements Geltung erlangen: •
Der interne Leistungsaustausch ist in ein hierarchisches, personllches und okonomisches Beziehungsgeflecht zwischen den Transaktionspartnern, bisweilen gar ein Abhangigkeitsverhaltnis voneinander, eingebettet.
•
Aufgrund dieses Rahmengeflechts sind die internen Geschaftsbeziehungen haufig langfristig angelegt und beiden Parteien ist es (bisher) typischerweise kaum moglich, die Beziehung ohne Weiteres zu beenden. Vormals bestanden oft Beschaffungsrichtlinien, die den Bezug reglementierten; dabei ist ein Bezugszwang nicht unublich. Dieser wird jedoch zunehmend, insbesondere mittels fiktiver Markte, durch die Option des externen Leistungsbezugs aufgeweicht.
•
Ein weiteres Charakteristikum ist, dass interne Kunden-LieferantenBeziehungen grundsatzlich der Einflussnahme durch die Unterneh-
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
mensleitung unterliegen. Daraus resultiert ein gewisses Ausmall an Fremdbestimmung durch die Unternehmensleitung, selbst wenn diese, wie im Falle der Beziehung zwischen einem Zentral- und einem Geschaftsbereich, nicht unmittelbarer Transaktionspartner ist. Neben diesen generellen Rahmenbedingungen der internen KundenLieferanten-Beziehungen des Beschwerdemanagements, gilt es aucii dem eigentlichen iniiaitiichen Gegenstand der tertiaren Dienstleistungen Beaciitung zu schenken. Die drei hier betrachteten Funktionen des indirekten Beschwerdemanagements beruhen alle auf der Be- und Verarbeitung von Beschwerdeinformationen als einer spezifischen Form von Marktinformationen. Daher ist es im Vorfeld der Ableitung von Strategieoptionen unbedingt erforderiicli, das Nutzungsveriialten der internen Beschwerdeinformationsempfanger zu untersuchen. 8.2.2
Analyse des Nutzungsverhaltens interner Kunden im Hinblick auf Beschwerdeinformationen
Neben den Rahmenbedingungen interner Kunden-Lieferanten-Beziehungen pragt der Inhaltscharakter der Beschwerdeinformationen das Nachfragerverhalten hinsichtllch der tertiaren Dienstleistungen. Wie Unterabschnitt 8.2.2.1 rekapitulieren wird, kommt der Beschwerdeinformationsnutzung durch deren Empfanger strategische Relevanz zu. Im sich anschlieUenden Unterabschnitt 8.2.2.2 sind daher empirische Erkenntnisse und theoretische Uberlegungen zum faktischen Informationsnutzungsverhalten der internen Kunden des Beschwerdemanagements vorzustellen. 8.2.2.1
Rekapitulation der strategischen Relevanz der Beschwerdeinformationsnutzung
Das Indirekte Beschwerdemanagement hat die Aufgabe, Beschwerdeinformationen aufzubereiten und internen Zielgruppen zur Verfugung zu stellen, damit das Kundenfeedback zur Verbesserung der Marktieistun-
Forschungserkenntnisse uber interne Kunden
483
gen und Vermeidung zukunftiger Beschwerden genutzt werden kann. Entsprechend betrachtet die Praxis des Beschwerdemanagements die „Nutzung der in Beschwerden enthaltenen Informationen fur Qualitatsverbesserungen" als das wichtigste Ziel im Aufgabenfeld des indirekten Beschwerdemanagements; im Einklang hiermit stufen mehr als 80% der Unternehmen die interne Informationsfunktion als die Kernfunktion des indirekten Beschwerdemanagements ein (Stauss/Scholer 2003, S. 26, S. 137). Ziel ist es also, das zukunftige Auftreten einmal im Rahmen des Beschwerdemanagements identifizierter Kundenprobleme soweit als moglich auszuschlieden. Hierfur sprechen zwei strategische Grunduberlegungen: (1) Zum einen geht es darum, die Anzahl der Kunden zu minimieren, die sich generell (erstmalig) mit einem fokalen Problem konfrontiert sehen.^^^ (2) Zum anderen gilt es, die negativen Auswirkungen einer erneuten Beschwerdefuhrung^^^ unbedingt zu vermeiden, d.h. Beschwerdefuhrer sollten nach einer erfolgten Beschwerde nicht nochmals durch den
192
Dies wurde ausfuhrlich in Abschnitt 2.2.3 anhand der Negativeffekte eines erstmaligen Problemauftritts auf die Wiederkaufabsicht der Kunden begrundet. Eine erneute Ausfuhrung soil daher hier unterbleiben. 193
Eine erneute Beschwerde kann als Wiederhol- bzw. Mehrfachbeschwerde eingestuft werden. Wiederholbeschwerdefuhrer beschweren sich innerhalb eines gegebenen Zeitraums zum wiederholten Mai uber dasselbe Problem, wahrend Mehrfachbeschwerdefuhrer sich im fokalen Zeitraum uber unterschiedliche Probleme beschweren (Stauss/Seidel2002, 8. 211).
484
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
selben oder einen ahnlichen Problemfall verargert werden.^^"^ Die aus einer abermaligen Beschwerdefuhrung resultierenden Effekte werden durch die (bislang allerdings lediglich vereinzelt vorliegenden) Erkenntnisse beschwerdebezogener Langsschnittstudien erkennbar. Als eine der wenigen Autoren untersuchen Maxham/Netemeyer (2002) die Auswirkungen einer zweimaligen Beschwerdefuhrung (in einem Zeitraum von 20 Monaten) auf die Globalzufriedenheit und die zukunftigen Verhaltensintentionen der Kunden. Zu den zentralen Ergebnissen gehort, dass o
sich das Service Recovery Paradox nur nach der ersten Beschwerdefuhrung empirisch nachweisen lasst,
o
die kundenseitigen Erwartungshaltungen an das Beschwerdemanagement bei der zweiten Beschwerdefuhrung deutlich ansteigen und damit das Risiko der Double Deviation wachst,
o
ein deutlich hoherer Anteil der Kunden die Schuld fur den aufgetretenen Fehler im Rahmen der zweiten Beschwerdefuhrung eindeutig denn Unternehmen zuweist, und
o
die Globalunzufriedenheit der Kunden deutlich ansteigt, selbst wenn die beiden Beschwerdeursachen innerhalb des 20-nnonatigen Zeitraumes keinerlei inhaltliche Ahnlichkeiten aufweisen.^^^
194
Bezuglich der strategischen Bedeutung der Beschwerdeinformationsnutzung resumiert Veenema (1998, 8. 40) anhand seiner empirischen Untersuchung zur Auswertung des Kundenfeedbacks bei 252 deutschen Unternehmen: „Wenn die Kunden sehen, dad (sic) ihre Anregungen zwar verbal begruRt werden, in der Praxis aber unberucksichtigt bleiben, fuhlen sie sich nicht ernstgenommen (sic) und wandern bei nachster Gelegenheit zur Konkurrenz ab. Firmen, die dagegen mit der systematischen Auswertung von Kundenfeedback ernst machen, profitieren erheblich." 195
Insgesamt kommen IVIaxham/Netemeyer (2002, S. 67) deshalb zu dem Schluss: "Although managers should strive to recover well from mistakes, they would be ill advised to use satisfactory recoveries as a crutch for poor service. Our results suggest that firms cannot merely become recovery experts and need to get it right the first time."
Forschungserkenntnisse uber interne Kunden
485
Eine effektive Problembehebung und Vermeidung des erneuten Problemauftritts dient daher dem Ziel der Gewahrleistung von Kundenzufriedenheit, der Reduktion der Abwanderungswahrscheinlichkeit und der Verminderung entgangenen Wiederkaufnutzens (Kasouf et al. 1995, S. 60; Stauss/Seidel 2002, S. 404). Diese Aussage impliziert allerdings, dass eine Nutzung der bereitgestellten Beschwerdeinformationen durch die Geschaftsbereiche faktisch erfolgt. Inwieweit diese Annahme generell gerechtfertigt erscheint, wird im Folgenden zu reflektieren sein. Dass aber diese Nutzungsmaxime hinsichtlich verfugbarer Marktinformationen generell eine strategische Kernkomponente zur Steigerung der Wettbewerbsfahigkeit des Gesamtunternehmens darstellt, wurde bereits mehrfach in der einschlagigen Literatur unterstrichen (Moornnan 1995; Nielsen/Kock 2003, S. 150). So verweisen Maltz/Kohli (1996, S. 47, Herv. d. Verf.) darauf, dass miteinander konkurrierende Unternehmen typischerweise Zugriff auf ahnliche Marktinfornnationen haben und betonen daher: „ (...) competitive advantage increasingly lies in a firm's ability to use marl^et intelligence not in its access to market intelligence". Im Lichte dieser gesamtunternehmerischen strategischen Relevanz der Beschwerdeinformationsnutzung soil das innerbetriebliche Nutzungsverhalten nun naher betrachtet werden. 8.2.2.2
Empirische Erkenntnisse uber und theoretische Erklarungsansatze fur das Nutzungsverhalten von Beschwerdeinformationen
Bereits in Teil 2 wurden empirische Erkenntnisse zur innerbetrieblichen Nutzung von Beschwerdeinformationen prasentiert und ein entsprechend defizitares Nutzungsverhalten diagnostiziert. An dieser Stelle sei daher auf die erneute Deskription der empirischen Ergebnisse verzichlet. Vielmehr geht es hier darum, sich mit den konzeptionellen und verfugbaren empirischen Erkenntnissen zu befassen, die das Nutzungsverhalten hinsichtlich bereitgestellter Beschwerdeinformationen zu erklaren suchen.
486
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Beschwerdeinformationen sind jedoch bislang nur selten zentraler Gegenstand der Marketingforschung.^^^ Lediglich zwei Publikationen nehmen sich dieser Thematik zentral an. Die Grundlagen erarbeiten Fornell/Westbrook (1984), indem sie einen ,Teufelskreis des Beschwerdemanagements' konzeptualisieren und empirisch bestatigen. Daran anknupfend legen Kasouf et al. (1995) ein konzeptionelles Erklarungsmodell fur den internen Umgang mit aggregierten Beschwerdeinformationen vor. Die wichtigsten Erkenntnisse beider Arbeiten seien kurz dargestellt. Die im indirekten Beschwerdemanagement angestrebte Beseitigung der identifizierten Mangel geht regelmaRig mit einer Modifikation des Marketing-Mix und/oder des marktgerichteten Veriialtens der Gesciiaftsbereichseinheiten einher. Zur Erreichung dieses Ziels ist Besciiwerdemanagement als Dienstleister auf die Kooperation der jeweiligen Unterneiimenseiniieiten angewiesen. Gerade diesbezuglich zeigen sich im Beschwerdeinformationsnutzungsverhalten interner Kunden verschiedene Barrieren. Dies ist der Anknupfungspunkt fur die Uberlegungen von Fornell/Westbrook(1984). Um die zentralen Barrieren im Verlialten der Informationsadressaten beschreiben zu konnen, greifen FornellA/Vestbrook (1984, S. 69f.) auf die Forschungserkenntnisse zu Kommunikations- und Distributionsprozessen negativer bzw. als unerwunscht wahrgenommener Informationsinhalte innerhalb des Unternehmens zuruck. Beschwerdeinformationen sind (potenziell) eine Form derartig unerwunschter Informationen, denn Beschwerden sind Indikatoren fur eine ggf. unzureichende Marktbearbei-
196
Gilly et al. (1991) untersuchen den Fluss von Beschwerdeinformationen in Unternehmen. Allerdings betrachten die Forscher die Kommunikation der Beschwerdeinhalte vom Kunden uber den Kundenkontaktmitarbeiter sowie andere unternehmensinterne Intermediare zur eigentlichen Organisationseinheit .Beschwerdemanagement'. Diese Perspektive deckt sich jedoch nicht mit der hier interessierenden Frage nach der Nutzung aggregierter Beschwerdeinformationen, die das Beschwerdemanagement internen Zielgruppen z.B. in Form von Beschwerdereports zur Verfugung stellt.
Forschungserkenntnisse uber interne Kunden
487
tung und stellen Kritik an denjenigen Fuhrungskraften dar, die fur die betreffenden Unternehmensaktivitaten verantwortlich zeichnen. Nicht selten sind aus Sicht der Entscheidungstrager im Unternehmen Beschwerdeberichte daher lediglich „obtrusive reports of ,bad news'" (Fornell/Westbrook 1984, S. 70). Die Folge dieser Sichtweise konnen verschiedene Wahrnehmungsverzerrungen bei den betreffenden Empfangern sein. Diese spiegein sich mitunter in einer nur mangelnden Bereitschaft wider, die entsprechende Beschwerdeinformation uberhaupt wahrnehmen zu wollen.^^'' Charakteristischerweise neigen Informationsadressaten ferner dazu, auf kognitiver Ebene Rechtfertigungen fur in der Vergangenheit ergriffene MaBnahmen abzuleiten, die zu Beschwerden gefuhrt hat, unn so einen Zustand kognitiver Konsistenz zu erreiclien. Beispielsweise werden nachtraglich neue Argumentationslinien zur Fundierung getroffener Entscheidungen herangezogen oder offensichtliche Anzeichen fur negative Auswirkungen (bewusst) nicht als soiche wahrgenommen bzw. uminterpretiert. Auf der Verhaltensebene auflert sich dies darin, dass Kritik, Ratschlage oder Bedenken von (unter- oder gleichgeordneten) Mitarbeitern gering geschatzt oder positive, kundenseitige Ruckmeldungen wie sie aus anderen Bereichen des Customer Care kommen (z.B. Lobmitteilungen) im Vergleich zu Beschwerdeinformationen unverhaltnismafiig uberbetont werden. Dieses Verhalten kann sich negativ auf die Distribution der Beschwerdeinformationen auswirken, da - sofern in das Beschwerdereporting Zwischenstufen eingefugt sind bereits diese Informationsempfanger aus ihrer Sicht kritische Botschaften herausfiltern, relativieren oder verharmlosen, bevor sie die Informationen an ubergeordnete Managementebenen weiterleiten (Fornell/Westbrook 1984, S. 70; analog Gilly et al. 1991, S. 300).
197
Dies mag eine Erklarung fur die Beobacintung von Stauss/Scholer (2003, S. 116f.) sein, dass betriebliche Fuhrungskreise nur eine geringe Bereitschaft zeigen, sich selbst mit Kundenkritik zu befassen.
488
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Als Resultat dieses Managementverhaltens prognostizieren Fornell/Westbrook (1984, S. 70) eine unternehmensinteme Isolation des Beschwerdemanagements. Die Konsequenz dieser innerbetrieblichen Abschottung ist, dass notwendige Modifikationen der Untemehmensleistungen und des Marktveriiaitens unterbleiben, sich bietende Marktcliancen eventuell verkannt werden und die Unzufriedenheit der Konsumenten sciiJiefJIich ,(ver-)institutionalisiert' wird. Diese Managementignoranz der Kundenunzufriedenheit gegenuber resultiert, so die Autoren, in einem verstarkten Anstieg der Beschwerdeanzaiil, was erneut die intraorganisationale Isolation des Beschwerdemanagements befordert. Diesen sich selbst dynamisierenden Regelmechanismus bezeichnen Fornell/Westbrook (1984) als ,Teufelskreis des Beschwerdemanagements' (.Vicious Circle') und weisen dieses Phanomen empirisch nach. Dm diesen Kreislauf zu durchbrechen, empfehlen FornellA/Vestbrook (1984, S. 76), dem Beschwerdemanagement groBere Einflussrechte im Unternehmen einzuraumen. Gleichwohl reflektieren die Autoren selbst (ebd.): „While straightforward in concept, accomplishing this integration may prove especially difficult in practice, in view of the organizational tendencies which have been heretofore responsible for the relative isolation of consumer affairs from marketing management." Letztendllch weisen Fornell und Westbrook die Verantwortung fur die zu verbessernde Nutzung der Beschwerdeinformationen wieder der Unternehmensleitung zu und raten dieser, beispielsweise eine ,Task Force' einzurichten, die samtliche Geschaftsbereichsleitungen uber die Nutzenpotenziale der Beschwerdeinformationsnutzung informiert, entsprechende Regelungen zur Nutzung ausarbeitet und MaRnahmen wie funktionsbereichsubergreifende ,Job Rotation' vorschlagen kann. Wenngleich zweifelsohne sinnvoll, liegen diese Instrumente auBerhalb des Einflussbereichs der Zentralbereichsleitung des Beschwerdemanagements. Obwohl also dieses erste Modell Ursachen fur die mangelnde
Forschungserkenntnisse uber interne Kunden
489
Akzeptanz der Informationen des Beschwerdemanagements zu erklaren vermag, prasentieren die Autoren keine Ansatzpunkte fur die Ebene der Bereichsleitung, wie diese defizitare Situation im Rahmen des eigenen Einflussrahmens zu verandern ware. Vielmehr wird auf die Initiative und die Einsicht der Unternehnnensleitung verwiesen bzw. gehofft. Kasouf et al. (1995) erweitern diese Erkenntnisgrundlage, weshalb sich Managementeinsichten fur die Bereichsleitung Beschwerdemanagement eventuell hier ergeben konnten. In Anknupfung an die beschriebenen Reaktanzen im Unngang mit Beschwerdeinformationen entwerfen die Autoren ein Erklarungsmodell, das die mit der Informationsnutzung verbundenen kognitiven Kosten-Nutzen-Abwagungen der Informationsempfanger in den Mittelpunkt stellt.^^® Hierzu betrachten die Forscher den Entscheidungsprozess von Fuhrungskraften und legen das Verhaltnis der von den Managern erwarteten Kosten gegenuber dem zu erwartenden Nutzen als das Schlusselkriterium fur die Beschaffung und die Nutzung von Beschwerdeinformationen auf der einen Seite und unternehmensinitiierten Marktforschungsinformationen auf der anderen Seite zugrunde. Das Ziel der Autoren ist es, eine Kosten-Nutzen-Matrix der Marktinformationsnutzung zu konzeptualisieren. Deshalb wird als zweite Matrixdimension die Unterscheidung der Kosten und Nutzen nach deren Charakter als „tanglble (i.e., tied to more concrete/overt/formal consequences/processes)" und Jntangible (i.e. related to more psychological/covert/informal consequences/processes) herangezogen (Kasouf et al. 1995, S. 63). So entsteht die in Abblldung 8-3 dargestellte Matrix.
198
„As such, we view these cognitions as potential sources of the intraorganizational communication biases and barriers discussed by Fornell and Westbrook (1984)" (Kasouf et al. 1995,8.62).
490
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Benefits
Tangible
Intangible
Abb. 8-3:
Costs
• Improve product/service quality • Enhance strategic decision making • Enhance strategy implementation
• Monetary (employees, overhead, etc.)
• Reduce uncertainty regarding decision making • Satisfaction with completeness of decision • Self justification • Positive experiential value
• Effort • Time • Dissatisfaction with completeness of decision • Inability to self justify • Negative experiential value
Kosten-Nutzen-Matrix der Marktinformationsnutzung; Quelle: Kasouf et al. (1995,8.63).
Da auf den Nutzen der Beschwerdeinformationen bereits verschiedentlich eingegangen wurde, sollen hier lediglich die Kostendimensionen betrachtet werden. Wie bei unternehmensinitiierten Marktforschungsinformationen entstehen auch im Zusammenhang mit der Beschaffung, Auswertung und Nutzung von Beschwerdeinformationen tangible Kosten fur das Unternehmen. Diese fallen durch die den Beschwerden inharente Kundeninitiative deutlich geringer aus, als bei traditionellen Marktforschungsprojekten (Kasouf et al. 1995, S. 63). Trotz dieses Kostenvorteils besteht eine Diskrepanz in der unternehmerischen Verwertung von Beschwerdeinformationen im Vergleich zu traditionellen Marktforschungserkenntnissen. Dieses Paradoxon wird erklarbar, wenn die intangiblen Kostendimensionen des Umgangs mit Beschwerdeinformationen in die Betrachtung einbezogen werden. Zunachst entsteht ein mentaler und zeitlicher Aufwand (Effort und Time). Daruber hinaus aber ergeben sich zusatzliche intangible Kosten, deren Schwerpunkt Kasouf et al. (1995, S. 64) wie folgt zusammenfassen: "Dissatisfaction with the decision process and an inability to 'comfortably' justify decisions are more likely to be associated with complaint information. Complaint information, by its very nature, is likely to be threatening to the organization and may produce
491
Forschungserkenntnisse uber interne Kunden
frustrating interactions between individuals (e.g. consumer/customer service representative and/or customer service rep/customer service supervisor) and therefore is perceived as possessing negative experiential value." Anhand dieser Voruberlegungen entwickein Kasouf et al. (1995, S. 65) in einem zweiten Schritt Vermutungen bezuglich derjenigen Faktoren, die die unterstellte Kosten-Nutzen-Abwagung und dannit die Beschwerdeinformationsnutzung beeinflussen. Die Autoren identifizieren vier zentrale EinflussgroUen: (1) Die Informationscharakteristika, (2) das AusmafJ der betrieblichen Marktorientierung, (3) Personlichkeitsfacetten des Senior Managements sowie (4) die Unternehmensstruktur. Daraus entsteht das in Abbildung 8-4 dargestellte Wirkungsmodell, das kurz eriautert werden soil. Information characterstics • Credibility • Challenge of Status Quo • Control
Senior Management Factors • Attitude towards Change • Risk Aversion
Benefit/Cost Perceptions of Complaint Information Use
Information Use
Organizational Structure • Formalization • Centralization
Abb. 8-4:
Determinanten der Beschwerdeinformationsnutzung in Untemehmen; Quelle: In Aniehnung an Kasouf et al. (1995, S. 65).
Hinsichtlich der Informationscharakteristika sind drei Teildimensionen zu unterscheiden: Die Glaubwurdigkeit (Credibility), das AusmaR, mit dem die Informationen den Status Quo hinterfragen (Challenge of Status Quo) und schlieftlich die Kontrollierbarkeit (Control) der Informationen durch das Unternehmen. In Bezug auf diese drei Subdimensionen kommen Kasouf et al. (1995, S. 64) zu folgender Einschatzung: „Clearly,
492
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
complaint information is more likely to be perceived by organization decision makers as less credible, more likely to challenge the status quo, and less under their control in comparison to other forms of information (i.e. market research)." Alle drei Subdimensionen erhohen die Kosten und vermindern den Nutzen der Beschwerdeinformationsumsetzung in der Wahrnehmung der Informationsempfanger und hemmen folglich die Beschwerdeinformationsnutzung im Unternehmen. Wie in Teil 4 (Abschnitt 4.3.2) deutlich wurde, stellt die Nutzung von Marktinformationen eine Zentralkomponente marktorientierter Unternehmensfuhrung (Market Orientation) dar (Kohli/Jaworski 1990; Narver/Slater 1990). Beschwerdeinformationen sind eine wichtige Facette der Marktinformationen eines Unternehmens, weshalb ein positiver Zusammenhang zwischen dem Ausmafl der Marktorientierung der Unternehmung, der Kosten-Nutzen-Einschatzung der internen Kunden und damit der Umsetzung von Beschwerdeinformationen anzunehmen ist (Kasoufetal. 1995,8.65). Als dritte Determinante werden die Veranderungs- und Innovationsbereitschaft (Attitude towards change) und die Risikoaversion (Risk aversion) des Top IVIanagements betrachtet. Je geringer die Bereitschaft zu innerbetrieblichen Veranderungen und je hoher die Risikoaversion des TopManagements ausgepragt ist, umso hoher ist die Wahrscheinlichkeit primar die intangiblen Kosten der Beschwerdeinformationen wahrzunehmen. Die Konsequenz ist ein Negativeffekt im Hinblick auf die Beschwerdeinformationsnutzung (Kasoufetal. 1995, S. 66). Die vierte EinflussgroBe ist die Organisationsstruktur, die uber den Grad der Formalisierung^^^ und Zentralisierung™ beschrieben wird. Je
199
Das Ausmafi der Formalisierung wird definiert als „the degree of lack of delegation/delegation of decision making authority in a firm" (Kasouf et al. 1995, S. 66). Das Ausmafi der Zentralisierung wird definiert als „th „the degree to which rules do/do not define relations and communications in a firm" (ebd.).
Forschungserkenntnisse uber interne Kunden
493
intensiver die Auspragung beider Dimensionen ausfallt, umso dominanter werden die Kosten relativ zu den Nutzenaspekten von den Informationsadressaten wahrgenommen und umso geringer ist die Beschwerdeinformationsnutzung (Kasouf et al. 1995, S. 66). Werden diese Determinanten aus Sicht der Bereichsleitung Beschwerdennanagement reflektiert, lassen sich erneut nur wenige Managementimplikationen fur die Zentralbereichsmanager ableiten. Als zentraler Dienstleistungsbereich hat Beschwerdemanagement kaum unmittelbaren Einfluss auf die Organisationsstruktur, die grundlegenden Einstellungen des Managements oder das Ausmali der betrieblichen Marktorientierung. Lediglich bei der Ausgestaltung der informationsciiarakteristika bestehen mitunter direkte Einfluss- und Gestaltungspotenziale im Beschwerdemanagement, auf die an entsprechender Stelle zuruckzukommen sein wird. Fasst man die Erkenntnisse der Arbeiten von Fornell/Westbrook (1984) und Kasouf et al. (1995) zusammen, so ergibt sich ein Bild des Beschwerdemanagements als Zentralbereich, der weitest gehend vom Wohlwollen und Engagement der Unternehmensleitung abhangig ist. Freilich ist dem Top-Management eine erhebliche Verantwortung zuzuschreiben, wenn es darum geht, Beschwerdemanagement erfolgreich im Unternehmen zu installieren und nachhaltig zu etablieren. Gleichwohl muss es Anspruch einer strategisch planenden Zentraleinheit sein, den eigenen Verantwortungsspielraum zu nutzen und selbst entsprechende Ansatzpunkte fur Managementmafinahmen zu identifizieren. Ein nahezu fatalistisches Selbstbild, wie es die vorangegangenen Arbeiten implizit kreieren, ist daher durch das in der vorliegenden Arbeit vertretene proaktive Verstandnis strategischer Zentralbereichsplanung des Beschwerdemanagements zu ersetzen. Grundlage fiir ein hoheres Engagement auf der Ebene der Zentralbereichsleitung ist zum einen ein umfassenderes Analyseraster, als es bislang vorgeschlagen wurde, und zum anderen die Nutzung von Lernpotenzialen aus verwandten Forschungsbereichen. Beide Aspekte werden im folgenden Kapitel ausgearbeitet.
494
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
8.2.3
Erweiterung der Analyseperspektive zur Bestimmung von SteuergroKen der Beschwerdeinformationsnutzung
Die an dieser Stelle vorgeschlagene Erweiterung der Analyseperspektive beruht auf der Trennung zweier Herausforderungen, denen sich Beschwerdemanagement gegenubersieht, die In der bisherlgen Beschwerdemanagement-Forschung allerdings nicht isoliert wurden: Zum einen ist Beschwerdemanagement mit der innerbetrieblichen Distribution von Marktinformationen betraut. Zum anderen steht Beschwerdemanagement vor der Aufgabe, Informationen bereitzustellen, die bei den internen Zlelgruppen auf inhaltlich bedlngte Akzeptanzprobleme zu stofJen schelnen. Diese Aufsplittung der Beschwerdeinformation nach Ihrem Charakter als Marktinformation auf der einen Seite und potenzlell Reaktanzen auslosende Information auf der anderen Seite eriaubt es, auf Analyseerkenntnisse aus den belden folgenden funktionalen Analogkonstellationen zuruckzugreifen: •
Aus der Forschung zur innerbetrieblichen Distribution von unternehmenslnltilerten Marktforschungsinformatlonen konnen EInsichten uber Determinanten des Informationsnutzungsverhaltens interner Kunden einer Marktforschungsabteilung abgeleitet werden (8.2.3.1).
•
Daruber hinaus weist das dem Controlling zuzurechnende innerbetriebliche Berichtswesen die wichtlge funktionale Analogie auf, Informationen zu offerieren, deren unternehmensinterner Kommunikationsprozess durch potenzielle Akzeptanzbarrieren in ahnlicher Weise gestort werden kann, wie es in der oben zitierten Beschwerdeinformations-bezogenen Forschung erkannt wurde (8.2.3.2).
Forschungserkenntnisse uber interne Kunden
8.2.3.1
495
ErschlieRung der Forschungserkenntnisse zum Nutzungsverhalten von unternehmensinitiierten Marktforschungsinformationen
Bei der Betrachtung der Nutzung allgemeiner Marktforschungsinformationen lasst sich auf den Forschungsstrang der so genannten „Market Information Utilization" zuruckgreifen. Dessen Grundlagen wurden maflgeblich in den 80er Jahre erarbeitet (Deshpande 1979, 1982; Deshpande/Zaltman 1982, 1984, 1987) und in den 90er Jahren erganzt bzw. empirisch ausgeweitet (Maltz/Kohli 1996; MenonA/aradarajan 1992; Moorman 1995; Moorman et al. 1992, 1993). Die einschlagigen Forschungsarbeiten haben auf Basis zumeist empirischer, partialanalytischer Modelle die Nutzung von Marktinformationen In Unternehmen untersucht. Damit steht ein relchhaltiger Fundus wissenschaftlicher Erkenntnlsse zur Verfugung, der fur ein Management des strategischen Geschaftsfelds tertiarer Beschwerdemanagement-Dienstleistungen erschlossen werden kann.^°^ Die grdlite funktionale Analogie zum Beschwerdemanagement weisen Forschungsarbeiten auf, die explizit die Nutzung der durch eine interne Marktforschungsabteilung erarbeiteten und internen Adressaten bereitgestellten Informationen untersuchen (z.B. Maltz/Kohli 1996; Moorman et al. 1992, 1993). Diese Studien werden das Fundament fur die Ableitung von Lernpotenzialen des internen Informationsanbieters Beschwerdemanagement bilden.
201
Im Sinne der hier angestrebten hochstmoglichen Analogie zur Konfiguration des Beschwerdemanagements als interner Dienstleister ist einschrankend zu bemerken, dass sich ein Teil der angesprochenen Untersuchungen explizit auf das Verhaltnis unternehmensinterner Informationsnachfrager gegenuber externen Marktforschungsunternehmen konzentriert (Deshpande/Zaltman 1982, 1984). Ferner beziehen sich verschiedene Ergebnisse lediglich auf einzelne, isolierte Marktforschungsprq/e/cte oder die Informationsnutzung durch Manager im Rahmen einzelner Entscheidungsprozesse (z.B. Deshpande/Zaltman 1987).
496
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
In einem ersten Schritt sind diejenigen Variablen zu bestimmen, die als relevant fur die lnformationsnutzung^°^ in der Literatur diskutlert wurden und auf die im Sinne einer Ableitung von Lernpotenzialen fur das Beschwerdemanagement zuruckgegriffen werden soil. Als problematisch erweist sich die schiere Anzahl denkbarer Einflussgrofien, die MenonA/aradarajan (1992, S. 61) als „myriad of potential factors" charakterisieren. Tatsachlich erheben alleine die Arbeiten von Maltz/Kohli (1996) und Moorman et al. (1992, 1993) bereits 44 direkte und indirekte die Marktinformationsnutzung beeinflussende Zusammenhange. Eine Fokussierung auf zentrale SchlusselgrofJen ist daher notwendigerweise geboten. In der weiteren Diskussion soil daher, gestutzt auf die empirischen Belege der jungeren Forschung zur Market Information Utilization, das Wirkungsgefuge aus (1) der Informationsqualitat, (2) dem Vertrauen der Informationsnachfrager in den Informationsanbieter sowie (3) der Ausgestaltung des Informationsdistributionsprozesses als zentral erachtet (Abbildung 8-5).
202
Die Nutzung von Marktinformationen in Unternehmen wird im Folgenden verstanden als „the extent to which the receiver uses the intelligence disseminated by the sender to understand his or her work environment and make and implement decisions" (Maltz/Kohli 1996, S. 49). Auf die umfangreiche Forschung zur Art der Informationsnutzung (Instrumental use, conceptual use, symbolic use) kann hier nicht eingegangen werden; siehe hierzu beispielsweise Maltz/Kohli (1996), Menon/Varadarajan (1992) und insbesondere MenonA/Vilcox (2001) sowie Diamantopoulos/Souchon (1999).
Forschungserkenntnisse uber interne Kunden
497
Dissemination Process • Formality • Frequency T
Trust in Sender
Abb. 8-5:
M
J Perceived Intelligence 1 ' Quality
w Market Intelligence Use
Schlusseldeterminanten der Nutzung allgemeiner Marktforschungsinfornnationen in Untemehmen; Quellen: In Aniehnung an Maltz/Kohli (1996, S. 49), modifiziert nach Moorman et al. (1992).
(1) Die Bedeutung der wahrgenommenen Informationsqualitat: Die vom Nachfrager wahrgenommene Informationsqualitat gilt mit der herrschenden Forschungsnneinung als eine zentrale Determinante der Informationsnutzung (Deshpande/Zaltman 1982; Maltz/Kohli 1996; MenonA/aradarajan 1992; O'Reilly 1982, Toften/Olsen 2004).^°^ Es sei unterstrichen, dass hierbei explizit auf die wahrgenommene Qualitat Bezug genommen wird (Perceived Information Quality, PIQ). Informationsqualitat wird also als relatives Konstrukt charakterisiert, das intersubjektiv variiert. Maltz/Kohli (1996) bestatigen nicht nur den direkten, positiven Zusammenhang der wahrgenommenen Informationsqualitat und der Informationsnutzung empirisch. Bemerkenswert ist auch der beidseitige Zusammenhang zwischen Vertrauen und Informationsqualitat, der die Informationsqualitat zu einem geeigneten Ansatzpunkt fur den Vertrauensaufbau auf Seiten der internen Nachfrager werden lasst.
203
Als wahrgenommene Informationsqualitat verstehen Maltz/Kohli (1996, 8. 48) das Ausmali, mit dem der Empfanger die Informationen als „accurate, relevant, clear, and timely" bewertet.
498
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
(2) Die Bedeutung des Vertrauens der Informationsnachfrager in den Informationsanbieter: Die grundlegenden Arbeiten zur Bedeutung des Vertrauens der Empfanger in den Anbieter von Marl
(3) Die Bedeutung des Reportingprozesses: Maltz/Kohli (1996) untersuchen den Einfluss der Frequenz und der Formalitat des Reportings zum einen auf die Nutzung der Marktinformationen und zum anderen auf die vom Empfanger wahrgenommene Informationsqualitat. Die vier betrachteten Zusammenhange sind in Abbildung 8-6 dargestellt und sollen anhand der Felderreihenfolge 1-4 kurz eriautert werden.
^°^ Die Zweckmafligkeit einer Betrachtung des Vertrauensaspekts im Kontext des Besciiwerdemanagements wird nicht zuletzt durch folgende Feststellung von Moorman et al. (1993, S. 325) unterstrichen: "Much of what we have learned about the role of trust between users and researchers may apply to situations involving other forms of organizational knowledge or Intelligence as well.
Forschungserkenntnisse uber interne Kunden
499
Wahrgenommene Informationsqualitat
Nutzung der Marktinformationen
Reportingfrequenz
Kein
Nachweis eines unteren und
signinkanter
oberen Schwellenwerts
Zusammenhang
PIQ
Q Reportingformalitat
Reportingfrequenz
Signifikanter
Nachweis eines optimalen
Zusammenhang
Formalitatsgrades von ca.
im Sinne eines
PIQ
'bloBen Formalitatseffekts'
S Abb. 8-6:
Unterer/oberer Schwellenwert
0
50% Reportingformalitat
s
Effekte von Formalitat und Frequenz des Reportingprozesses auf wahrgenommene Informationsqualitat und Nutzung von Marktforschungsinformationen; Quelle: Eigene Abbildung auf Basis der Ergebnisse von Maltz/Kohli (1996).
In Feld 1 wird die Wirkung der Reportingfrequenz^^^ auf die Nutzung der Marktforschungsinformationen betrachtet. Uber die Variation der Frequenz kann alierdings kein direkter Effekt auf das Ausmafl der Informationsnutzung erzielt werden (Maltz/Kohli 1996, S. 54). Feld 2 zeigt einen interessanten Zusammenhang zwischen der Reportingfrequenz und der wahrgenommenen Informationsqualitat. Fur einen internen Informationsanbieter gilt es zwei kritische Schwellenwerte im Rahmen des Reporting zu beachten. Wird ein unterer Schwellenwert der Reportingfrequenz uberschritten, lasst sich eine steigende Qualitatswahrnehmung der internen Nachfrager mit einer zunehmenden Haufigkeit der Informationsbe-
205
Die Reportingfrequenz bemisst sich an der Anzahl der Reportingkontakte, die sich innerhalb eines bestimmten Zeitraums zwischen Informationsanbietender und nachfragender Instanz im Unternehmen verzeichnen lassen (Maltz/Kohli 1996, 8. 48). Als Kontakte werden dabei mundliche, schriftliche sowie elektronische Reportings verstanden.
500
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
reitstellung empirisch belegen.^^^ Uberschreitet die Reportingfrequenz einen zweiten, oberen Schwellenwert, fallt die wahrgenommene Informationsqualitat der internen Nutzer allerdings wieder ab. In den Feldern 3 und 4 sind die Effekte der Formalitat des Reportings auf die wahrgenommene Informationsqualitat und die Informationsnutzung abgeblldet. Die Formalitat des Berichtsprozesses manifestiert sich anhand zweier Teildimensionen: Zum einen der objektiven Belegbarkeit (Verifiability) und zum anderen der Spontaneitat (Spontaneity) der Informationsubermittlung. „Dissemination events that are either verifiable, unspontaneous, or both represent formal dissemination. Events that are both spontaneous and not verifiable reflect informal dissemination" (Maltz/Kohli 1996, S. 48). Die Reportingformalitat beschreibt den Anteil formaler (z.B. Telefonkonferenz, Versand eines Reports) gegenuber informellen Berichterstattungsprozessen (z.B. 1:1-Telefongesprach, Ganggesprach) in einem bestimmten Zeitraum. In Bezug auf die Wechselwirkung von Formalitatsgrad und Informationsqualitat belegen die Autoren den in Feld 3 dargestellten inversen U-Verlauf. Die wahrgenommene Qualitat „appears to peak at approximately 50% formal dissemination. Thus a fairly equal mix of formal and informal dissemination appears to maximize PIQ" (Maltz/Kohli 1996, S.55). Feld 4 verweist auf einen ,blo(ien Formalitatseffekt' im Hinblick auf die Informationsnutzung, d.h. je formaler das Reporting gestaltet ist, umso hoher wird das Ausmali der Informationsumsetzung ausfallen. Dies erklaren Maltz/Kohli (1996, S. 50) mit einem positiven Effekt der offensichtlichen Nachvollziehbarkeit bzw. Belegbarkeit des Reportings auf die Motivation der Informationsemp-
Diesen Effekt erklaren Maltz/Kohli (1996, S. 54) im Hinblick auf die Informationsempfanger wie folgt: ..Managers tend to receive a lot of information from a variety of sources both inside and outside the firm and are therefore likely to be cognitive misers (...)• As such, they are less likely to pay attention to information received from a marketing manager who communicates with them infrequently (i.e. below a certain threshold level). In such instances, they have not learned how to decode the sender's information, because it is received in relatively unfamiliar formats."
Forschungserkenntnisse uber interne Kunden
501
fanger zur Nutzung der Marktinformationen: Jf the receiver fails to use the intelligence and this results in negative business consequences, then it can later be verified that the receiver had the necessary intelligence and, therefore, was responsible for failing to act on it." Zusammenfassend kann anhand der angefuhrten Forschungsergebnisse festgehalten werden, dass fur das Beschwerdemanagement (1) die Sicherstellung einer von den Informationsadressaten als adaquat eingeschatzten Informationsqualitat, (2) der Aufbau von Vertrauen auf Seiten der internen Nachfrager sowie (3) die geschlckte Konfiguration der Reportingfrequenz und -formalitat viel versprechende Anknupfungspunkte zur Steuerung der Beschwerdeinformationsnutzung darstellen. Nachdenn diese ersten Steuergroflen ausgemacht werden konnten, gilt es die Uberlegungen vor dem Hintergrund des spezifischen Inhaltscharakters der Beschwerdeinformationen fortzufuhren. Hierfur stellt die Untersuchung des dem Controlling zugehorigen betrieblichen Berichtswesens ein aufschlussreiches Erkenntnisgebiet dar. 8.2.3.2
Erschlieliung der Forschungserkenntnisse zur innerbetrieblichen Ubermittlung von Controlling-lnformationen
Im Beschwerdemanagement-Kontext leistet die Einbeziehung der Forschung zum Controlling-Berichtswesen einen wertvollen Beitrag, da hier Analyseansatze vorliegen, die denn Reportingprozess in seinem ganzheitlichen Charakter gerecht werden, d.h. nicht, wie bei Fornell/Westbrook (1984) und Kasouf et al. (1995) erfolgt, lediglich auf der Nachfragerseite nach Storfaktoren suchen. Vielmehr werden Zusammenhange zwischen der Effektivitat der Informationsubertragung und denn Anbieterverhalten hergestellt sowie Ansatzpunkte zur Uberwindung po-
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
tenzieller Barrieren auf Nachfrager- und Anbieterseite benannt.^°'^ Urn diese Erkenntnisse zu erschliefien, wird zunachst ein informationstheoretisches Analyseraster vorgestellt (8.2.3.2.1). Dieses wird es anschlieliend erlauben, mogliciie Storfaktoren der Informationsubermittlung auf Seiten der internen Kunden (8.2.3.2.2) aber aucii auf Seiten des Beschwerdemanagements herauszuarbeiten (8.2.3.2.3). 8.2.3.2.7
Vorstellung des Analyserasters
Beschwerdeinformationen beruhen auf unternelimensseitigem Marktveriiaiten, das zu Kundenunzufriedenheit gefuhrt hat. Dieses kritisierte Primarmarktgebaren ist in Zukunft zu vermeiden, urn Kundenbezieiiungen des Unterneiimens niciit (erneut) zu gefahrden. Das Ziel der Beschwerdeinformationsbereitstellung ist es daiier, das primarmarktbezogene Verhalten der Geschaftsbereiche zu beeinflussen. Diese Verhaltensbeeinflussung stellt die zentrale Zwecksetzung des indirekten Besciiwerdemanagennents und damit der tertiaren Dienstleistungen dar und bringt, im Einklang mit der Kernbereichskonfiguration des Besciiwerdemanagements und trotz des primaren Charakters als Unterstutzungsdienstleister, ein gewisses Mad der Steuerungsfunktion eines Zentraibereiciis zum Ausdruck. Sofern allerdings die angestrebte Veriiaitensanderung auf Seiten der Beschwerdeinformationsempfanger niciit erzielt wird, sind nnogliche Ursachen zu ergrunden. Ein erster Sciiritt hierfur ist es zu erkennen, dass das Verhalten der Informationsempfanger das Resultat eines voriier verlaufenden Kommunikationsprozesses ist. Desiialb ist die Grundvoraus-
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Der folgenden Analyse liegt die Fokussierung des schriftlichen/elektronischen Beschwerdereportings zugrunde, das heiflt es wird unterstellt, dass die Beschwerdeinformationen maligeblich in Form von schriftlichen/elektronischen Reports im Unternehmen kommuniziert werden. Diese Annahme knupft an die empirische Erkenntnis von Stauss/Scholer (2003, 8. 137) an, nach der fur 80% der befragten Unternehmen die interne Informationsfunktion den Kern der tertiaren Dienste des Beschwerdemanagements bildet und das Reporting hier zu ebenfalls 80% schriftlich erfolgt.
Forschungserkenntnisse uber interne Kunden
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setzung einer sachgerechten Beschwerdeinformationsnutzung die erfolgreiche Informationsubermittlung vom (1) Beschwerdemanagement (Sender) zu (2) seinen internen Kunden (Empfanger) uber (3) geeignete Kommunikationskanale. Diese grobe Dreiteilung des Informationsubertragungsprozesses bildet das Fundament einer systematischen Analyse potenzieller Kommunikationsbarrieren. Hierfur sind abermals unterschiedliche Einzelprozesse im Einflussbereich der Sender und Empfanger bzw. im Hinblick auf die Ubertragungskanale zu untersuchen. Koch (1994, S. 71ff.) entwickelt ein entsprechendes Phasenmodell zur Systematisierung des Informationsubermittlungsprozesses insbesondere im Hinblick auf die Identifikation von Kommunikationsbarrieren im Kontext potenziell Reaktanzen hervorrufender Informationsangebote. Auf dieses Analyseraster wird im Weiteren Bezug genommen (Abblldung 8-7).
504
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Sender
Kanal
Empfanger
Planung der und Entscheidung uber Informationsabgabe
Transmission der Informationsabgabe (Berichte)
Akzeptanz der Berichte
i Durchfuhnmg der Informationsabgabe
Wahmehmung (Perzeption)
Verstehen (Apperzeption)
Beurteilung der Zweckorientierung
Akzeptanz der Information
1 Sachgerechte Informationsnutzung im Rahmen des primSrmarkt-bezogenen Verhaltens
Abb. 8-7:
Analyseraster zur Untersuchung innerbetrieblicher Reportingprozesse; Quellen: Koch (1994, S. 99), modifiziert nach Mosiek (2002, S. 180).
Die Basis des Kommunikationsprozesses liegt im Verantwortungsbereich des Beschwerdemanagements als Sender. Seine Aufgabe ist die Planung, Entscheidung und Durchfuhrung der Infornnationsabgabe an die zu informierenden Organisationseinheiten. In der Planungs- und Entscheidungsphase sind generell die Kommunikationsinhalte und -empfanger, aber auch die Art, die Formulierung und die jeweiligen Zeitpunkte der Informationsubermittlung festzulegen, d.h., das Beschwerdemanagement konfiguriert in dieser Phase also die grundlegenden Reportingmerk-
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male.^°® Geleitet wird dieses Reportingdesign zum einen vom Primarziel des indirekten Beschwerdemanagements, zukunftig einen emeuten Problemauftritt vermeiden zu wollen. Zum anderen ist auch die Zweckbezogenheit der Infornnationen aus Sicht der internen Kunden zu gewahrleisten (Koch 1994, S. 65). Deshalb sind samtliche inhaltlichen, grafischen und zeitlichen Merkmale des Beschwerdereportings auf den Informationsadressaten abzustimmen (Stauss/Seidel 2002, S. 413ff.). Basierend auf den Vorgaben der Planungs- und Entscheidungsphase werden in der operativen Durchfuhrung der Informationsabgabe die Informationsmedien (insbesondere Beschwerdereports) erstellt und uber Kommunikationskanale distribuiert. Kommunikationskanale stellen die Ubermittlungsmedien zwischen Sender und Ennpfanger dar und werden primar inn technischen und nur sekundar im betriebswirtschaftlichen Kontext diskutiert (Koch 1994, S. 75). Sie sollen deshalb im Weiteren nicht naher betrachtet werden. Im Rahmen erfolgreicher Informationsubertragung durchlauft der Empfanger funf Teilprozesse (Koch 1994, S. 79) (siehe Abbildung 8-7). Als erste Phase der Informationsaufnahme verdient die empfangerseitige, sozio-emotionale Akzeptanz der gesendeten Beschwerdereports Beachtung, da sie das den Beschwerdeinformationen (zeitlich) vorgelagerte Akzeptanzobjekt fur die Geschaftsbereiche darstellen. Nur sofern die Berichte akzeptiert werden, schlieflen sich die eng miteinander verknupften sach-rationalen Prozessphasen der Wahrnehmung und des Verstehens der Informationen auf Seiten der internen Kunden des Beschwerdemanagements an. Nachdem die Beschwerdeinformationen vom Empfanger verstanden wurden, erfolgt, ebenfalls auf der sach-rationalen Ebene, eine Bewertung der Informationen auf deren Aufgabenbezogen-
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Dass Beschwerdemanagement uber die hierfur notwendigen Gestaltungsspielraume verfugt, wurde anhand der Daten nach Stauss/Scholer (2003, 8. 129ff.) in Teil 6 ausfuhrlich belegt.
506
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
heit^°^ hin; ohne dass der Informierte die Zweckbezogenheit der Informationen erkennt, kann keine effektive Informationsubermittlung erfolgen (Koch 1994, S. 85). Abschliefiend ist erneut die sozio-emotionale Dimension angesprochen, denn das Erkennen der Zweckbezogenheit einer Information bedeutet nicht deren Akzeptanz durch den fokalen Empfanger. Sofern dem Adressaten die Informationsnutzung nicht vorgeschrieben ist, und dies trifft fur Beschwerdeinformationen bislang mehrheitlich zu (Stauss/Scholer 2003, S. 116, S. 138), stellt die Informationsakzeptanz die notwendige Voraussetzung der Informationsnutzung dar. Ist diese Akzeptanz der Information aber gegeben, kann von einer zielsetzungsadaquaten und sachgerechten Nutzung der Beschwerdeinformationen ausgegangen werden (analog Mosiek 2002, S. 180f.). Anhand dieser Rahmenstruktur soil nun eine Storgroflenanalyse fur die Ubermlttlung von Beschwerdeinformationen erfolgen, da neben der Systematisierung des Kommunikationsprozesses der Erkenntnisgewinn dieses Phasenschemas fur das Beschwerdemanagement gerade in der Reflexion potenzieller Storungen zu sehen ist. Dieser Erkenntnisprozess vorhandener Storfaktoren ist ein wichtiger Analysebaustein fur die spatere strategische Ausrichtung des Informationsanbieters Beschwerdemanagement. Da von rein technischen Storungen in den Ubertragungskanalen abgesehen werden soil, lassen sich unmittelbar Storfaktoren auf Seiten der Sender und Empfanger eruieren. Ausgangspunkt ist, analog zur Perspektive von Fornell/Westbrook (1984) und Kasouf et al. (1995), die Analyse der Nachfrageseite, bevor das Anbieterverhalten des Beschwerdemanagements reflektiert wird.
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Die Begriffe der Zweck- und Aufgabenbezogenheit werden synonym verwendet; zur Begrundung siehe Koch (1994, S. 30f.).
Forschungserkenntnisse uber interne Kunden
8.2.3.2.2
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Storungsarten auf Seiten der internen Empfanger von Beschwerdeinformationen
In alien funf Einzelphasen des Informationsempfangs konnen Storungen auftreten. Die informationstheoretische Forschung ordnet diese fiinf Barrieren zwei unterschiedlichen Storungskategorien zu. Wahrend Wahrnehnnungs- und Verstandnisproblenne sowie Storungen der Zweckbeurteilung auf sach-rationale Griincle zurijckgehen, sind die beiden Akzeptanzproblenne auf sozio-emotionale Ursachen zuruckzufuhren (Koch 1994, S. 96ff.). An dieser Stelle soil, denn Fokus der bisherigen Beschwerdeforschung folgend (FornellA/Vestbrook 1984; Kasouf et al., 1995), davon ausgegangen werden, dass die Informationsadressaten grundsatzlich zur Wahrnehnnung und zum Verstandnis der Beschwerdeinformationen fahig sind, jedoch die adaquate Beurteilung der Zweckorientierung durch die Empfanger sowie die Akzeptanz der Berichte und der Beschwerdeinformationen die primaren Herausforderungen fur den Informationsanbieter Beschwerdemanagement darstellen. Mit diesem Schwerpunkt soil die Analyse der Nachfrageseite fortgefuhrt werden. Bine Storung der Einschatzung der Zweckorientierung bedeutet eine falsche Beurteilung der Aufgabenbezogenheit der ubermittelten Beschwerdeinformationen, d.h. dass gegebene Zweckbezuge nicht erkannt werden oder vice versa irrelevante Beschwerdeinformationen als zweckbezogen eingestuft werden (analog Koch 1994, S. 98). Wie gesagt, handelt es sich hier um eine sach-rationale Komponente der Informationsubertragung. Probleme in diesem Bereich beruhen entweder darauf, dass dem Informationsempfanger fur die Zweckbeurteilung relevante Informationen nicht vorliegen oder diesem die Beurteilungskompetenz fehlt. Storungen bei der Einschatzung der Zweckorientierung sind daher im Lichte des Kennens bzw. des Konnens eines Mitarbeiters zu eruieren (Koch 1994, S. 97ff.). Im Gegensatz dazu sind die auf sozio-emotionalen Ursachen beruhenden Akzeptanzprobleme der Beschwerdereports und
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
-informationen im Kontext der Motivation und somit auf der Ebene des Wollens eines Mitarbeiters zu verorten (Kocii 1994, S. 151ff.). Idealiter waren beide Aspekte, sowoiii die Zweckbeurteilung als auch die Akzeptanz im Liciite dezidiert auf diese Untersuchungsgegenstande ausgerichteter empirisciier Studien zum BescJiwerdemanagement zu analysieren. Allerdings wurde seit den fruhen Arbeiten von FornellA/Vestbrook (1984), nacii Kenntnis des Verfassers, keine detaillierte empirische Analyse der Beschwerdeinformationsubermittlung mehr vorgelegt. Es konnen deshalb keine unmittelbar auf das aufgezeigte Analyseraster bezogenen Aussagen angefuhrt werden. Dennocii lassen sich Rucksciiiusse uber die Beschwerdeinformationsnutzung bzw. die Akzeptanz des Beschwerdemanagements aus generellen empirischen Studien zum Beschwerdemanagement ableiten. Diese vermittein allerdings einen ambivalenten Gesamteindruck. Dafur, dass sich das von Fornell/Westbrook (1984) gezelchnete Bild des ,Teufelskreises des Beschwerdemanagements' in der aktuellen Unternehmenspraxis nicht mehr in selbiger Intensitat bestatigen lasst, spricht eine faktisch festzustellende Beschwerdeinformationsnutzung. Veenema (1998, S. 42) bescheinigt beispielsweise 52% der von ihm untersuchten Unternehmen eine systematische Nutzung der Beschwerdeinformationen. In diesen Betrieben werden Beschwerdeinformationen zur Serviceverbesserung (74%), zur Produktverbesserung (73%), zur Optimierung des Vertriebs (61%) und der Kundenberatung (55%) sowie zur Ideengenerierung fur neue Produkte (52%) genutzt. Zu ahnlich positiven Ergebnissen gelangen Stauss/Scholer (2003, S. 115) und belegen, dass Beschwerdeinformationen in nahezu 88% der Unternehmen zur kunftigen Fehlervermeidung und in knapp 69% fur Prozessinnovationen herangezogen werden. Fur eine bessere Al^zeptanz der Beschwerdeinformationen spricht tendenziell auch, dass deutsche Beschwerdemanager den innerbetriebli-
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Chen Widerstand anderer Organisationseinheiten gegen Korrektur- und Verbesserungsimpulse des Beschwerdemanagements tendenziell nicht als eine wirklich hinderliche Hurde ihrer Aufgabenerfullung ausmachen und diesen auf einer 5er-Skala mit dem Gesamtwert 2,61 beziffern (Stauss/Scholer 2003, S. 162f.).^^° Ein gegensatzlicher Eindruck, der also tendenziell im Einklang mit den von Fornell/Westbrook (1984) und Kasouf et al. (1995) angesprochenen Akzeptanzproblemen steht, ergibt sich allerdings bei einer genaueren Betrachtung der Ergebnisse von Stauss/Scholer (2003, S. 162). Die von den Autoren befragten Beschwerdemanager betrachten namlich zum einen die nach wie vor negativ belegte Wahrnehmung des Beschwerdebegriffs inn Unternehmen (Skalenwert 2,9) und zum anderen eine mangelnde unternehmensinterne Sensibilisierung im HInblIck auf das Beschwerdemanagement (Skalenwert 2,88) als zweit- und drittwichtigste Barriere fur den Erfolg ihrer Arbeit.^^^ Auf eine nur maflige Beurtellungskompetenz hinsichtlich der Zweckbezogenheit bzw. auf Akzeptanzprobleme konnte ferner hindeuten, dass in 93% der von Stauss/Scholer (2003, S. 173) untersuchten Unternehmen keine Nutzung der Beschwerdeinformationen fur Produktinnovationen erfolgt, in 9 1 % kein Anreizsystem zur Unterstutzung des Zielsystems des Beschwerdemanagements existiert und 91% der Fuhrungskrafte selbst keine Zeit fur die Lekture und Beantwortung von Beschwerden einplanen. Eine Ignoranz der Beschwerdereports bzw. Beschwerdeinformationen belegen Stauss/Scholer (2003, S. 116f.) aber nicht nur bezuglich des Top-Managements, sondern auch auf der Fachabteilungsebene und der Ebene der Kundenkontaktmitarbeiter. Besonders uberraschend ist, dass sogar in
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Skalenwerte: 1 = „eher wenig hinderlich"; 5 = „eher sehr hinderlich" (ebd.). 211
Als wichtigste Hurde betrachten die befragten Beschwerdemanager eine .fehiende personelle Ressourcenverfugbarl<eit' mit einem Skalenwert von 2,94 (Stauss/Scholer 2003,8. 162).
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Qualitatszirkein nur eine geringe Berucksichtigung der Beschwerdereports erfolgt. Insgesamt bilden diese Daten deshalb nicht die Grundlage dafur, den ,Teufelskreis des Beschwerdemanagements' als uberholtes Phanomen bezeichnen und die Kosten-Nutzen-Matrix von Kasouf et al. (1995) zuruckweisen zu konnen. Nach wie vor scheinen im Unternehmen Kompetenzprobleme bezuglich einer adaquaten Relevanzbeurteilung der Beschwerdeinfornnationen und Akzeptanzprobleme im Hinblick auf die Besciiwerdereports und die in ihnen entiialtenen Besciiwerdeinformationen zu bestehen. Das Zusannmenspiel dieser Faktoren fuhrt im Ergebnis zu einer unzureichenden Beschwerdeinformationsnutzung. Die bestehenden Barrieren scheinen dabei sowohl die Ebene des ,Konnens' als auch den Bereich der Motivation bzw. des ,Wollens' der Informationsempfanger zu betreffen. Als denkbare Ursachen fur eine mangelnde Kompetenz und/oder Motivation zur Umsetzung der Beschwerdeinformationen im primarmarktbezogenen Verhalten der jeweiligen Mitarbeiter konnen mannigfaltige Aspekte in Frage kommen, die gar nicht vom Beschwerdemanagement zu vertreten sein mussen. Freilich kann ein Zentralbereich Beschwerdemanagement, aufgrund seiner primaren Unterstutzerrolle, insbesondere die Motivationslage der internen Kunden auch nur sehr bedingt beeinflussen. Selbst wenn aber die Zentralbereichsleitung das Marktverhalten der Geschaftsbereiche kaum direkt zu determinieren vermag, so hat sie doch Malinahmen zu ergreifen, die auf eine verbesserte Akzeptanz der Berichte und der Beschwerdeinformationen abzielen. Auch konnen Instrumente eingesetzt werden, um die Relevanzbeurteilungskompetenzen der internen Informationsempfanger zu steigern. Wie im Phasenmodell von Koch (1994) gezeigt, kann Beschwerdemanagement die dem Marktverhalten vorgelagerten Prozesse und damit indirekt das primarmarktbezogene Geschaftsgebaren determinieren. Auf entsprechende Instrumente wird an spaterer Stelle einzuge-
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hen sein. Zuvor aber ist das Verhalten des Beschwerdemanagements im Informationsubermittlungsprozess zu untersuchen. 8.2.3.2.3
Storungsarten auf Seiten des Beschwerdemanagements als Informationssender
Das Beschwerdemanagement verfugt iiber die Planungs- und Entscheidungsverantwortung fur das Beschwerdereporting und ist ferner mit der Durchfuhrung der Informationsbereitstellung inn Unternehmen betraut. Auch hier lassen sich keine unmittelbar in dieser Strukturierung erhobenen Daten der Beschwerdeforschung diskutieren. Dennoch liefert die einschlagige Forschung interessante Einblicke, die schwerpunktmafiig die Planungs- und Entscheidungsphase betreffen. Vor allem wird bei den folgenden Ausfuhrungen zu bedenken sein, inwieweit sich originare Defizite des Beschwerdennanagements als Sender in derivative Storungen auf der Nachfragerseite transfornnieren. Daher wird an gebotener Stelle stets der Zusammenhang zu den Teilprozessen auf der Ennpfangerseite der internen Kunden herzustellen sein. Eine erste fundamentale Verantwortung jedes Informationsanbieters ist es, seine Informationsadressaten korrekt zu bestimmen. Bereits hier scheint ein offensichtliches Defizit der Planungs- und Entscheidungsphase inn Beschwerdemanagennent vorzuliegen. Oben wurde kritisiert, dass Beschwerdeinfornnationen nur bedingt auf der Ebene der Kundenkontaktmitarbeiter zur Kenntnis genommen werden und in neun von zehn Unternehnnen keine ErschlieUung der Beschwerdedaten fur Produktinnovationen erfolgt (Stauss/Scholer 2003, S. 116, S. 176). Die elementare Voraussetzung fur die Nutzung von Informationen ist aber, dass die potenziellen Ennpfanger uberhaupt Kenntnis uber diese Informationen erlangt haben. Dieser seiner Verantwortung scheint ein erheblicher Anteil der Beschwerdemanagement-Bereiche nicht nachzukonnnnen: Es kann nicht verwundern, dass Kundenfeedback kaunn Eingang in Produktinnovationen findet, wenn in nnehr als 40% der Unternehnnen die ,Leitung
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Produktentwicklung' uberhaupt keine Beschwerdereports erhalt (Stauss/Scholer 2003, S. 109). Noch unzureichender ist die Einspeisung der Beschwerdeinformationen in das Human Resource Management. In 45% der von Stauss und Scholer analysierten Unternehmen wird niclit an die Mitarbeiter in Kundenkontaktbereichen und in nahezu 80% der Betriebe nicht an die ,Leitung Personalentwicklung' berichtet. Wenn Beschwerdemanagement seinen internen Zielgruppen aber die Wahrnehmung der Informationen niciit ermogjiciit, konnen diese selbige zwangslaufig niciit nutzen. Weitere Uberlegungen ricliten sicli auf das Verhalten des Beschwerdemanagements gegeniJber den Empfangern der Bescliwerdereports. Oben wurde eine konsequente Orientierung der Planungs- und Entscheidungsphase an den Informationsadressaten gefordert, um so die Zweckorientierung der bereitgestellten Bericlite zu gewaiirleisten. Auch diese Ausrichtung der Informationsbereitstellung an den subjektiv von den Empfangern wahrgenommenen Bedurfnissen scheint im Beschwerdemanagement nicht angestrebt Oder nicht erfolgreich umgesetzt zu werden: •
Goodman et al. (2000, S. 289) widmen sich der Ursachenforschung bezuglich der mangelnden ErschlieBung der Customer Feedback Daten und kritisieren als zentralen Schwachpunkt: „Management receives the feedback in an unappealing format, often a thick report". Bereits vor geraumer Zeit machten Goodman et al. (1987, S. 197) darauf aufmerksam, dass es Beschwerdemanagement nicht gelingt, die Bedurfnisse und Motivationslagen der internen Informationsnachfrager und deren Informationsnachfrageverhalten richtig einzuschatzen. Damit sprechen die Forscher zum einen die Fulle und zum anderen die Aufbereitung der vom Beschwerdemanagement gelieferten Informationen an. Offensichtlich wird das Beschwerdemanagement seiner Verantwortung nicht gerecht, aus der Gesamtheit verfugbarer Informationen des Beschwerdemanagement-EDV-Systems die je-
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weils aus Empfangersicht zentralen Aspekte auszuwahlen und dabei unternehmensstrategisch relevante Informationen von operativ-taktischen zu trennen. Daraus resultiert der kritisierte ,Mammutbericht', der in weiten Zugen fur die Empfanger von untergeordnetem Interesse ist und folglich nicht gelesen wird. Dann aber kann unterstellt werden, dass dadurch die Akzeptanz der Berichte durch den Informationsdienstleister Beschwerdemanagement selbst a priori unterminiert wird. •
Im Einklang mit dieser Kritik stehen empirische Ergebnisse, die Defizite im Hinblick auf die interne Kundenorientierung des Beschwerdemanagements unterstreichen. Die Zentralbereichsleitungen scheinen nur eine sehr bedingte Sensibilitat fur die Existenz interner Zielgruppen bzw. deren individueller Anforderungen entwickelt zu haben. So belegen Stauss/Scholer (2003, S. 105) erhebliche Umsetzungsdefizite in deutschen Beschwerdemanagement-Bereichen hinsichtlich einer zieigruppenorientierten Aufbereitung der Beschwerdereports und individueller Sonderauswertungen. Erstaunlich ist auch, dass der horizontale Informationsfluss in verschiedene andere Organisationseinheiten des Unternehmens dadurch gehemmt wird, dass Beschwerdemanagement diesen Teileinheiten keinen Zugriff auf seine Auswertungstools und Datenbanken einraumt. Durch diese mangelnde Kundenorientierung kann nicht nur die generelle Akzeptanz der Berichte, sondern auch die Wahrnehmung und das Verstehen selbiger durch die Empfanger gestort werden, was sich potenziell in einer fehlerhaften Beurteilung der Zweckbezogenheit und letztlich erneut in der Ablehnung der Beschwerdeinformationen manifestieren kann.
•
Eine weitere Ursache fur die Ignoranz der Beschwerdeinformationen erkennen Goodman et al. (2000, S. 294) darin, dass Beschwerdemanagementbereiche "don't create an economic and emotional imperative for action". Beschwerdemanagement, will es die eigenen Erkenntnisse effektiv in den betrieblichen Entscheidungsprozessen zur
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•
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Geltung bringen, muss die (interne) Kundenperspektive einnehmen und die okonomische Relevanz der Beschwerdeinformationen im Kontext der Primarmarktaufgabe der Informationsempfanger herausarbeiten (z.B. durch Marktschadensrechnungen oder die Kalkulation des Besciiwerdeinformationsnutzens). So wurde es moglicii, die Beschwerdeinformationen dergestalt zu kommunizieren, dass sich die Informierten unter okonomischen und emotionalen Gesichtspunkten adaquat angesprochen fuiilen. Dies wurde auf einer sach-rationalen Ebene die Aufgabenrelevanz aus Siciit der Empfanger eriiohen und dazu beitragen, die sozio-emotionalen Akzeptanzbarrieren zu reduzieren. Allerdings verziciitet bislang naiiezu die Halfte der Beschwerdemanagement-Bereiche darauf, den Nutzen zu quantifizieren, der durcii die Umsetzung der Besciiwerdeinformationen zur kunftigen Fehlervermeidung und Leistungsverbesserung erzielbar ware (Informationsnutzen) (Stauss/Sciioier 2003, S. 98). Entspreciiend gering ist der Anteil der Zentralbereiche einzusciiatzen, der diesen Informationsnutzen oder gar Marktschadensreciinungen an interne Kunden zu berichten in der Lage ist. Die Aufgabenrelevanz und Zweckorientierung der Besciiwerdeinformationen kann des Weiteren gestarkt werden, wenn Beschwerdemanagement zum einen die Ursachen der artikulierten Kundenunzufriedenheit systematisch aufdeckt und zum anderen entsprechende Verbesserungsvorsciiiage zur kunftigen Vermeidung der identifizierten Problemursachen fur seine internen Kunden erarbeitet. Im Hinblick auf beide Aufgabenfelder diagnostizieren (Stauss/Sciioler 2003, S. 76, S. 107) eriiebliciie Defizite in der Leistungsfahigkeit der untersuchten Besciiwerdemanagement-Bereiche. Wenn aber dem Besciiwerdemanagement selbst die Problemursachen weitgehend unklar sind, kann es fur seine internen Kunden kaum Malinahmen zur Beseitigung der Beschwerdegrunde ableiten.
Forschungserkenntnisse uber interne Kunden
•
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In das sich hier abzeichnende Bild einer nur in unzureichendem Mafie am intemen Kunden orientierten Erbringung der Informationsbereitstellung fugt sich abscJiiiedend nahtlos ein, dass nur eine Minderiieit von 10% der Beschwerdemanagement-Bereicine eine interne Kundenzufriedenheitsmessung durciifuhrt, wahrend knapp zwei Drittel (65%) keinerlei diesbezugliche Erhebung vorsehen (Stauss/Sciioler 2003, S. 88). Gerade das Beschwerdemanagement sollte jedoch bemijht sein, das Feedback seiner eigenen Kunden zu erschliefien. So wurden interne Kundenzufriedenheitsbefragungen niciit nur Ruckschlusse auf alle funf Teilprozesse der empfangerseitigen Informationsaufnahme, namentlich die generelle Akzeptanz der Berichte, die Wahrnehmung, das Verstehen, die Zweckbeurteilung und die Akzeptanz der Beschwerdeinformationen eriauben. Ebenso wichtig ist, dass der Zentralbereich Beschwerdemanagement durch eine solche Feedback-orientierte Dienstleistungsgestaltung nur konsequent das umsetzen wurde, was er selbst von anderen Unternehmenseinheiten einfordert und dadurch die eigene Glaubwurdigkeit und Akzeptanz im Unternehmen nachhaltig erhohen.
Trotz der Mannigfaltigkeit bestehender Defizite scheint wenigstens die Selbstwahrnehmung der Bereichsleitungen realistisch zu sein. Diese schatzen ihre Kompetenz im Beschwerdereporting vergleichsweise schwach ein. Anhand der von Stauss/Seidel (2002) entworfenen Beschwerdemanagementaufgaben beurteilen die befragten Beschwerdemanager lediglich ihre Leistungsfahigkeit in der Beschwerdestimulierung und dem Beschwerdemanagement-Controlling noch schwacher als im Beschwerdereporting. Dies lasst immerhin ein grundlegendes Bewusstsein Liber bestehende Veranderungsbedarfe auf Seiten der Zentralbereichsleitungen im Beschwerdemanagement vermuten.
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
In der Gesamtsicht der angefuhrten Storungsquellen wird die Notwendigkeit offenbar, nicht nur die Empfangerseite isoliert zu betrachten, wie es mitunter in der Literatur geschieht, sondern auf Basis einer erweiterten Analyse auch das Anbieterverhalten des Informationsanbieters Beschwerdemanagement selbst zu untersuchen. Denn wie gezeigt wurde, konnen originare Unzulanglichkeiten im Beschwerdemanagement derivative Storungen bei den Ernpfangern hervorrufen. Stellenweise sind Storungen der erfolgreichen Informationsubermittlung sogar ursachlich auf das unzureichende Anbieterverhalten zuruckzufuhren, wenn z.B. Beschwerdemanagement nicht zweckorientierte Informationen ubermittelt Oder aber zweckorientierte Informationen gar nicht oder ggf. zu spat sendet. Zu ergreifende ManagementmaBnahmen sind deshalb dahingehend zu reflektieren, ob sie (lediglich) auf die Behebung eventueller Symptome gerichtet sind oder (idealerweise) auf die Beseitigung der originaren Storungen, d.h. auf die Ursachen abzielen.^^^ Im Lichte dieser Analyseerkenntnisse scheint auch die Annahme vermeintlicher Akzeptanzbarrieren auf Seiten der Empfanger nicht generalisierbar zu sein. Bevor diese begrundet mit dem Von^/urf der mangelnden Akzeptanz der Beschwerdereports- und -informationen konfrontiert werden konnen, gilt es fur die Bereichsleitung Beschwerdemanagement zuerst die ihr zur Verfugung stehenden MaRnahmen zur Uberwindung der Kommunikationsbarrieren auf Sender- und Empfangerseite auszuschopfen. Diese Einsicht soil die Analysephase im Hinblick auf das strategische Geschaftsfeld der tertiaren Dienstleistungen des Beschwerdemanagements abschlielJen. Die durchlaufenen Analyseschritte bilden ein adaquates Fundament, um das Beschwerdemanagement strategisch auf dieses Geschaftsfeld ausrichten zu konnen.
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Auf entsprechende Mafinahmenpakete wird im Kontext der Adaptionskapitel (8.4 und 8.5) einzugehen sein.
Das Konzept generischer Wettbewerbsstrategien
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8.3 Das Konzept generischer Wettbewerbsstrategien als Bezugsrahmen der strategischen Ausrichtung des Beschwerdemanagements als Anbieter tertiarer Unterstutzungsdienstleistungen Vor dem Hintergrund des in Kapitel 8.1 aufgezeigten Spannungsfeldes und der eben in Kapitel 8.2 durchgefuhrten Feinanalysen ist der Zentralbereich nunmehr strategisch zu positionieren. Aufgrund des steigenden Wettbewerbsdrucks auf fiktiven Markten geht es auch im Geschaftsfeld der tertiaren Unterstutzungsdienstleistungen urn die Entwicklung einer internen Wettbewerbsstrategie des Zentralbereichs. Deshalb stellen die Strategien der Kostenfuhrerschaft und der Differenzierung abermals eine Erfolg versprechende Plattform dar. Im Falle der internen Kostenfuhrerschaft trachtet Beschwerdemanagement danach, im strategischen Geschaftsfeld der Tertiardienstleistungen ein am Grundnutzen seiner internen Stakeholder orientiertes Leistungsbundel moglichst kostengunstig anzubieten. Die interne Differenzierungsstrategie des Beschwerdemanagements ist darauf gerichtet, die Substituierbarkeit seiner Leistungserbringung durch Konkurrenzangebote zu reduzieren, indem es sich von diesen unterscheidet. Ziel ist es, tertiare Dienstleistungen bereitzustellen, die „von den Abnehmern in hoch bewerteten Eigenschaftsdimensionen als einmalig wahrgenommen" werden (Fleck 1995, S. 12). Letztlich geht es fur interne Dienstleister Im Rahmen einer Differenzierungsstrategie darum, das eigene Leistungsangebot derart unternehmensspezifisch zu konfigurieren, dass es in dieser Form nicht auf Beschaffungsmarkten beziehbar ist (Reckenfelderbaumer 2001, S. 366). Zwangslaufig kann dann nicht mehr die Orientierung am Basisnutzen der Nachfrager Maxime der Leistungsgestaltung sein. Der Erfolg der Differenzierung beruht wieder auf der Generierung eines in der
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Wahrnehmung der Unternehmensleitung bzw. der Geschaftsbereichsleitungen relevanten Zusatznutzens im Hinblick auf die tertiaren Dienste des Beschwerdemanagements. Bei der folgenden Adaption der generischen Wettbewerbsstrategien wird demselben konzeptionellen IVIechanismus gefolgt, wie er in Teil 7 zur Positionierung der Sel
8.4 Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie im Kontext der tertiaren Unterstutzungsdienstleistungen des Beschwerdemanagements Das Ziel der internen Kostenfuhrerschaftsstrategie ist das Angebot eines Grundnutzens im SGF der tertiaren Dienstleistungen des Beschwerdemanagements zu einem moglichst geringen Kostenniveau. Ausgangspunkt muss daher erneut die Bestimmung des Grundnutzens sein. Anhand des hier favorisierten strategischen Stellhebels der Leistungsprogrammbeschrankung wird die Limitierung des Leistungsangebots auf die interne Informationsfunktion als effektiver Ansatz zur Realisierung der Kostenfuhrerschaft vorgeschlagen (8.4.1). Abschnitt 8.4.2 wird, basierend
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Ausfuhrlich widmet sich Dichtl (1997, S. 83ff.) der Verknupfung der Leistungsprogrammgestaltung mit den Wettbewerbsstrategien nach Porter.
Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie
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auf den Analyseerkenntnissen aus Kapitel 8.2, eine konkrete Ausgestaltung des indirekten Beschwerdemanagements unter dieser Maligabe modellieren. Abschlieliend ist die vorgestellte Konfiguration des Beschwerdemanagements als ein die Kostenfuhrerschaft anstrebender zentraler Dienstieistungsbereich zu wurdigen (8.4.3). 8.4.1
Die interne Informationsfunktion des Beschwerdemanagements als Grundnutzen
Dm den Grundnutzen im strategischen Geschaftsfeld der tertiaren Dienstleistungen des Beschwerdemanagements zu bestimmen, soil an die der Arbeit zugrunde liegende Referenzkonzeption angeknupft werden. Stauss/Seidel (2002, S. 516) entwerfen bezuglich der tertiaren Unterstutzungsdienstleistungen zwei Konfigurationen, die plakativ als ,kleine' und ,gro(2>e Losung' charakterisiert werden konnten. Die Autoren halten fest, dass die interne Informationsfunktion von jedem Beschwerdemanagement-Bereich zu erbringen ist, wohingegen die Impuls- und die Bildungsfunktion nicht notwendigerweise zum Leistungsspektrum des Zentralbereichs gehoren mussen. Deshalb soil in diesem Abschnitt eruiert werden, inwieweit die interne Informationsfunktion in der weiteren Diskussion als Grundnutzen des Beschwerdemanagements im strategischen Geschaftsfeld der Tertiardienste angesehen werden kann. Die interne Informationsfunktion beschreibt die Gewinnung, Aufbereitung und problemgerechte Verbreitung der Beschwerdeinformationen im Unternehmen und beruht auf den Informationen der Beschwerdeauswertung, ggf. erganzt durch die Erkenntnisse des BeschwerdemanagementControlling (Stauss/Seidel 2002, S. 512f.). Ihren Ausdruck gegenuber den Nachfragern findet die interne Informationsfunktion in erster Linie durch das Beschwerdereporting (bzw. durch die Beschwerdereports). Analog zu anderen internen Informationsanbietern, beispielsweise dem Rechnungswesen oder dem Controlling, kann das Beschwerdereporting somit als eigentlicher Trager des Kundennutzens der internen Informati-
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
onsfunktion angesehen werden (analog Mosiek 2002, S. 171), weshalb diesem in der weiteren Diskussion zentrale Beachtung als Vehikel zur Leistungsprofilierung zukommt. Die bisherige Interpretation der internen Informationsfunktion ist allerdings zu prazisieren, urn deren potenziellen Grundnutzencharakter beleuchten zu konnen. Hierfur ist auf konzeptioneller Ebene der Zusammenhang zwischen Beschwerdeinformationsdistribution und primarmarktbezogenem Verhalten der Informationsempfanger zu betrachten. Das Beschwerdereporting zielt auf die Nutzung der Beschwerdeinformationen durch die Geschaftsbereiche und intendiert somit, das primarmarktbezogene Verhalten der dort tatigen Mitarbeiter zu beeinflussen. Dieser verhaltensgerichtete Wirkungszusammenhang verdient eine gesonderte Analyse, da er fur die Identifikation des Grundnutzens im SGF der Tertiardienstleistungen wichtige Erkenntnisse erschlieBt. Die durch das Beschwerdereporting beabsichtigte primarmarktgerichtete Verhaltensanpassung der Mitarbeiter in den Geschaftsbereichen ist an deren aufgabenbezogenes^^"^ Kennen, Konnen und Wollen gekoppelt (analog Koch 1994, S. 89). Diese drei Stellgrofien sind der Schlussel zur Verhaltensveranderung der Sparten und damit Ansatzpunkt des Beschwerdemanagennents. Das aufgabenbezogene Kennen eines Informationsadressaten ist gewahrleistet, „wenn er die zur Aufgabenerfullung benotigten Informationen korrekt wahrgenommen und verstanden sowie deren Relevanz fur seine Aufgaben richtig beurteilt hat" (Koch 1994, S. 89). Das aufgabenbezogene Konnen spiegelt die Fachkonnpetenz der fokalen Mitarbeiter wider.^^^ Das aufgabenbezogene Wollen kann, ohne
214 Mit „aufgabenbezogen" ist hier die Aufgabe angesprochen, die die Geschaftsbereichsmitarbeiter im Hinblick auf die ieweiiigen Primarmarkte wahrnehmen. 215 Mit diesem Aspekt ist am Rande auch angesprochen, dass der Mitarbeiter eine entsprechende organisatorische Ausstattung mit Ressourcen und Kompetenzen vorfinden muss, die ihm den Einsatz seiner Fahigkeiten uberhaupt ermogliclit (Koch 1994, 8 . 1 5 ) .
Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie
521
die sozial- und individualpsychologischen Details an dieser Stelle ausarbeiten zu wollen, mit Koch (1994, S. 91) als die Motivation eines Mitarbeiters hinsichtlich seiner Primarmarktaufgabe verstanden werden. Nun gilt es, den denkbaren Impetus der internen Informationsfunktion in diesem Wirkungsgefuge zu erortern. Als die in der Unternehmenspraxis am hochsten priorisierte Funktion innerhalb des Tertiardienstleistungsportfolios (Stauss/Scholer 2003, S. 136f.) zielt die interne Informationsfunktion maf]>geblich auf das aufgabenbezogene Kennen ab. Sie dient dazu, den internen Informationsempfangern die fur ihre jeweilige Aufgabenstellung relevanten Beschwerdeinformationen mitzuteilen und damit sicherzustellen, dass diese uber die von externen Kunden kritisierten Marktverhaltensweisen uberhaupt unterrichtet sind. Durch die interne Informationsfunktion, als blofle Vermittlung der Beschwerdeinformationen, wird das aufgabenbezogene Konnen der internen Kunden kaum zu beeinflussen sein, denn im Gegensatz zur Impuls- bzw. Bildungsfunktion werden keine Losungsalternativen oder Kompetenzen vermittelt, anhand derer die jeweiligen Mitarbeiter konkret den Beschwerdeauftritt in Zukunft verhindern konnten.^^^ Als gleichermalien gering ist das Ausmafi der Beeinflussung des aufgabenbezogenen Wollens der Informationsempfanger durch die interne Informationsfunktion zu beurteilen, denn es ist nicht primares Ansinnen dieser Funktion, auf die Motivationslage der Mitarbeiter positiv einwirken zu wollen. Da die interne Informationsfunktion also zentral das aufgabenbezogene Kennen der Informationsempfanger anzusprechen, die Aspekte des Konnens und Wollens jedoch kaum zu erfassen vermag, ist sie faktisch als Grundnutzen im Tertiardienstleistungsbereich des Beschwerdemanagements anzusehen.
Auf die Vermutung, dass Impuls- und Bildungsfunktion eine breitere Wirkung entfalten, wird an spaterer Stelle noch detailliert einzugehen sein.
522
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Mit der Fokussierung auf diesen Grundnutzen sind mehrere Implikationen fur die Ausgestaltung der internen Informationsfunktion verbunden, denn wie jeder Dienstleistungsanbieter ist auch der Zentralbereich Beschwerdemanagement auf die Co-Produktion seiner Nachfrager angewiesen. In dem iiier vorliegenden Kontext bedarf es daher eines entsprechenden Beschwerdereporting-bezogenen Kennens, Konnens und Wollens auf Seiten der internen Kunden (analog Koch 1994, S. 88f.). Die Grundvoraussetzung fur die erfolgreiche Dienstleistungserstellung des indirekten Beschwerdemanagements ist das Beschwerdereportingbezogene Kennen der internen Nachfrager. Dieses bezieht sich auf die im Unternehmen zu schaffende Infrastruktur fur die Ubermittlung der Informationen zwischen Sender und Empfanger bzw. auf die hierfur vorgesehene Aufbau- sowie Ablauforganisation und ist deshalb losgelost von einem konkreten, individuellen Informationsubertragungsprozess zu sehen (Koch 1994, S. 90). Den internen Kunden nnuss also generell bewusst sein, dass Beschwerdemanagement Informationen inn Unternehmen bereitstellt. Um dies zu gewahrlelsten, stehen dem Beschwerdemanagement Instrumente aus dem internen Marketing bzw. in erster Linie der internen Kommunikationspolitik zur Verfugung, die hier nicht naher ausgefuhrt werden konnen.^^^ Es soil aber im Weiteren davon ausgegangen werden, dass bei den Informationsadressaten ein Grundbewusstsein uber die Existenz und die Dienste des Beschwerdemanagements vorhanden ist. Daruber hinaus sind die eigentlichen Beschwerdereports so zu gestalten, dass die Zielgruppe diese „uberhaupt akzeptiert, d.h. wahrnehmen will, sowie die in ihnen enthaltenen Informationen wahrnehmen, verstehen und deren Zweckbezogenheit beurteilen kann" (Koch 1994, S. 90, Herv.
217
Ausfuhrlich widmet sich Grudowski (2004) dem Aspekt eines (operativen) MarketingIVIix fur interne Informationsangebote.
523
Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie
im Orig.). Das somit geforderte, und oben detailliert beschriebene, empfangerorientierte Report(ing)design ist deshalb von besonderer Relevanz fur die Aufgabenerfijllung des Beschwerdemanagements, weil es nicht nur die Effektivitat der Informationsubermittlung im Hinblick auf das aufgabenbezogene Kennen gewahrleistet, sondern gleichzeitig positive Ruckkopplungseffekte auf das Beschwerdereporting-bezogene Konnen und Wollen und damit auf die Akzeptanz der betreffenden Berichte (und Informationen) verspricht (analog Koch 1994, S. 90). Abbildung 8-8 gibt den beschriebenen Gesamtzusannmenhang wieder.
a
c
1 (2
Beschwerdereportingbezogenes KENNEN Beschwerdereportingbezogenes KONNEN
Primarmarktaufgabe Aufgabenbezogenes KENNEN
B
e IK
Beschwerdereportingbezogenes WOLLEN
Aufgabenbezogenes KONNEN
Primarmarktbezogenes Verhalten der Informationsempfanger
Aufgabenbezogenes WOLLEN
Abb. 8-8:
Die interne Informationsfunktion des Beschwerdemanagements und deren Einfluss auf das primarmarktbezogene Kennen, Konnen und Wollen der Informationsadressaten; Quelle: In Aniehnung an Koch (1994, 8. 89).
Der so beschriebene Grundnutzen als die reine Konzentration auf die interne Informationsfunktion (und der Verzicht auf die Impuls- und Bildungsfunktion) pragt des Weiteren auch den Charakter des Beschwerdemanagements als Dienstleistungsanbieter. Zur Eriauterung dieses Charakters sei zum einen auf die Dienstleistungsforschung und zum anderen die Informationswissenschaft rekurriert. In der Dienstleistungstheorie bezeichnen Lovelock/Wirtz (2004, S. 204) die „transmission or manipulation of data in order to create value" als informationsbasierte Dienst-
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
leistung. Der informationswissenschaftliche Terminus des .Information Editing' beschreibt den Prozess der Zusammenfassung und Verknupfung von Informationselementen, „die als Ergebnis einer Informationsanalyse aus versciiiedenen Informationsquellen extrahiert und zu einem formal, schematisch und sprachlich einheitlichen Resultat verdichtet werden" (o.V. 2004e, S. 56). Beide Begriffsabgrenzungen beschreiben ein Beschwerdemanagement, das sich als interner Tertiardienstleister auf den Grundnutzen der internen Informationsfunktion beschrankt. Daher wird der Zentralbereich Beschwerdemanagement im Rahmen der hier vertretenen Kostenfuhrerschaft als reiner Informationsdienstleister bzw. ,Information Editing Unit' im Unternehmen positioniert.^^^ Auf Basis dieser Voruberlegungen soil im Folgenden eine konkrete Ausgestaltung des an dem beschriebenen Grundnutzen orientierten Informationsdienstleisters Beschwerdemanagement modelliert werden. 8.4.2
Ansatz zur Ausgestaltung der tertiaren Unterstutzungsdienstleistung Beschwerdemanagement unter IMaRgabe der KostenfiJhrerschaftsstrategie
Bei der folgenden Ausarbeitung der Kostenfuhrerschaftskonfiguration sollen die Erkenntnisse aus den vorangegangenen Analysekapitein so umfassend als moglich aufgegriffen werden, um eine maximale ErschlieRung der in verwandten Literaturbereichen identifizierten Lernpotenziale zu gewahrleisten. Dabei werden zunachst die Forschungserkenntnisse zur innerbetrieblichen Verbreitung von (unternehmensinitiierten) Marktforschungsinformationen auf das Beschwerdemanagement ubertragen.
218
Auf eine detailliertere Unterscheidung von Informationsdienstleistungen und informationsprodukten sei hier jedoch verzichtet, da sich die jeweiligen Abgrenzungen in der marketingorientierten Literatur einerseits und informationswissenschaftlichen Literatur andererseits durchaus deutlich unterscheiden; siehe fur Beispiele aus dem Bereich des Marketing z.B. Bieberbach/Herrmann (1999, 8. 70ff.), Herrmann (2001, 8. 5ff.), Jain/Kannan (2002), Meyer/Zack (1996); fur eine informationswissenschaftliche Perspektive sei verwiesen auf Ballou et al. (1998) und Kuhlen et al. (2004, 8. 57ff.).
Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie
525
Da die von den intemen Kunden wahrgenommene Informationsqualitat eine zentrale Determinante der Informationsnutzung darstellt und Informationen ferner die Grundlage der internen Informationsfunktion sind, soli das Management der Infornnationsqualitat den Ausgangspunkt der Diskussion bilden (8.4.2.1). Erganzend sind Moglichkeiten des Zentralbereichs zu betrachten, die zum Aufbau von Vertrauen auf Seiten der Empfanger gegenuber dem Beschwerdennanagement dienen (8.4.2.2). Schiieliiich ist die Feinjustierung des Beschwerdereportings anhand der Frequenz und Fornnalitat zu diskutieren (8.4.2.3). Abgerundet wird die Betrachtung durch die Ubertragung der Erkenntnisse aus dem Controlling-Berichtswesen zur Uberwindung potenzieller Storfaktoren erfolgreicher Beschwerdeinformationsubertragung (8.4.2.4). 8.4.2.1
Total Information Quality Management als Garant fur die Erreichung der ZielgroRe Jnformationsqualitat'
Dieser Unterabschnitt wird einleitend die Bedeutung der Informationsqualitat als Zielgrolie im Beschwerdemanagement untermauern (8.4.2.1.1). AnschliefJend wird reflektiert, welche Beachtung der Informationsqualitat im Kontext des Beschwerdemanagements bislang zugedacht wurde (8.4.2.1.2). Auf einer dritten Stufe wird ein Total Information Quality Management (Funk et al. 1998; Huang et al. 1998) als Basis der Ausgestaltung des Leistungsprogramms im Beschwerdemanagement vorgestellt. 8.4.2.1.1
Informationsqualitat als Zielgrolie des Beschwerdemanagements
Fur einen internen Informationsdienstleister wie das Beschwerdemanagement stellt die Qualitat der von ihm angebotenen Informationsdienste den zentralen Managementgegenstand dar, dessen Bedeutung in vielen Unternehmen jedoch unterschatzt zu werden scheint. Daher wird zunachst ein kurzer Uberblick zur Relevanz der Informationsqualitat die Diskussion eroffnen (8.4.2.1.1.1). AnschliefJend wird skizziert, welche
526
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Aufmerksamkeit der Informationsqualitat im Beschwerdemanagement gewidmet wird (8.4.2.1.1.2). 8.4.2.1.1.1
Relevanz der Informationsqualitat im Beschwerdemanagement Informationen avancieren zunehmend zu der strategisch wichtigsten Ressource in Unternehmen (Ballou et al. 2003, S. 10), wo sie als Rohstoff fur die Entsciieidungsfindung des Managements dienen (Roleff 2001, S. 48). Obwoiil an Managemententsciieidungen hohe Qualitatsanspruciie gestellt werden, wird der Qualitat der Informationsgrundlage fokaler Entscheidungsprozesse paradoxerweise inaufig nur geringe Beachtung gesciienkt. Gleichwoii! entscheidet die Informationsqualitat nicht nur uber den Erfolg einer Unternehmung (Nohr 2001, S. 57), sondern die „very existence of the organization can be threatened by poor information quality" (Ballou et al. 2003, S. 10).^^^ Albrecht (1999, o. S.) fasst die Bedeutung der Informationsqualitat daher wie folgt zusammen: „The issue of information quality is a sleeping giant, and its effects could dwarf those of product and service quality combined." Aus der Perspektive des Beschwerdemanagements als Informationsdienstleister spielt die Informationsqualitat im Bezug auf die Informationsnutzung und das Vertrauen der internen Kunden in das Beschwerdemanagement eine essenzielle Rolle. Die Arbeiten von Maltz/Kohli (1996) lassen vermuten, dass die kundenseitige Wahrnehmung der Informationsqualitat die Nutzung der Beschwerdeinformationen im Unternehmen unmittelbar determiniert. Dieser Aspekt beinhaltet seinerseits drei Teildimensionen:
^^^ Die (Opportunitats-) Kosten, die aus derartig mangelhafter Informationsqualitat resultieren, verorten erste empirische Untersuchungen in Hohe von acht bis zwolf Prozent des Unternehmensumsatzes (de Fries et al. 1999, S. 433).
Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie
527
•
Zum Ersten fuhrt eine aus niedriger Informationsqualitat resultierende unzureichende Informationsnutzung dazu, dass die Ressourcenaufwendungen im indirekten Beschwerdemanagement (zumindest teilweise) als Ausgaben ohne betrieblichen Nutzen zu beurteilen sind.
•
Zum Zweiten entstehen aus mangelhafter Informationsqualitat zusatzliche Kosten in anderen Unternehmensbereichen (z.B. fur die Korrektur fehierhafter Informationen oder durch hohen Zeitaufwand fur das Verstehen und die Umsetzung der Informationen).
•
Zum Dritten entstehen zukijnftige Umsatzverluste fur die Geschaftsbereiche, da die unzureichende Informationsqualitat zu einer Verringerung der Informationsnutzung fuhrt, die ihrerseits eine Verbesserung des unternehmerischen Leistungsangebots erschwert oder gar verhindert.
Neben der direkten Wirkung der Informationsqualitat auf die Informationsnutzung ist auch der indirekte Effekt auf die Vertrauensentwicklung im Unternehmen dem Beschwerdemanagement gegenuber zu wurdigen. Eine in der Wahrnehmung der internen Kunden permanent gewahrleistete Informationsqualitat stelit ein effektives Instrument fur das Beschwerdemanagement dar, sich das Vertrauen seiner internen Informationsadressanten zu erwerben. Dieses Vertrauen spielt u.a. selbst wieder eine gewichtige Rolle fur die sachgerechte Beschwerdeinformationsnutzung. Vor dem Hintergrund dieser Bedeutung gilt es fur das Beschwerdemanagement als internem Informationsdienstleister, sich mit dem Verstandnis und dem Management der Informationsqualitat naher zu befassen. Inwieweit dies bereits geschieht, sei kurz erortert.
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
8.4.2.1.1.2
Bisherige Beachtung der Informationsqualitat im Beschwerdemanagement Die Qualitat der vom Beschwerdemanagement bereitgestellten Informationen wird bereits fruh in der wissenschaftlichen Diskussion aufgegriffen, dort aber in erster Linie in Bezug auf die Gutemalie der der Besciiwerdeauswertung zugrunde liegenden Datenbasis beleuchtet (z.B. Chadwick 1991; Fornell 1979; Ross/Oliver 1985). Diesbezugiicii ist festzustellen. dass die Datengute zwar durciiaus einen beachtenswerten Aspekt fur einen Infornnationsdienstleister wie das Beschwerdennanagement darstellt. Die iiier vertretene Notwendigkeit eines Managements der Informationsqualitat versteht sich jedoch, wie zu zeigen sein wird, umfassender. Die fruhe Beachtung der Datenqualltat wurde im Zeitverlauf nicht zu einem ganzheitlichen Qualitatsmanagement fur Beschwerdeinformationen weiterentwickelt. So gehoren Stauss/Seidel (2002, S. 293ff.) erneut zu den wenigen Autoren, die sich der Qualitat der Informationsbereitstellung im Beschwerdemanagement widmen. Stauss und Seidel sehen es als Teil des Beschwerdemanagement-Controlling an, die Gute der Aufgabenerfullung im Hinblick auf Beschwerdeauswertung und -reporting zu analysieren. Als Bewertungsmalistab dienen vom Management vorgegebene Standards. Die Ableitung dieser Standards basiert auf der Benennung relevanter Qualitatsdimensionen, die anhand geeigneter subjektiver und/oder objektiver Qualitatsindikatoren konkret zu beschreiben sind. Subjektive Qualitatsindikatoren bringen die Zufriedenheit der internen Kunden mit den Diensten des Beschwerdemanagements zum Ausdruck. Dagegen werden Qualitatsdimensionen mittels objektiver Qualitatsindikatoren (weitgehend) unabhangig von der Bewertung der Nachfrager als Erwartungen des Managements konkretisiert. Bezuglich dieser Qualitatsindikatoren werden sodann SollVorgaben bestimmt. Die Zusammenfuhrung von Qualitatsindikatoren und den ihnen zugeordneten Soll-Vorgaben bilden die Standards, die zukunftig als ZielgroBen der Planung und Qualitatsuberwachung dienen
529
Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie
(Stauss/Seidel 2002, S. 294f.). Das aufgezeigte Zusammenspiel aus Qualitatsdimension und subjektiven/objektiven Qualitatsindikatoren ist in Abbildung 8-9 am Beispiel der zeitlichen Verfugbarkeit der Beschwerdereports dargestellt.
Abb. 8-9:
Qualitatsdimension
Subjektiver Qualitatsindikator
Objektiver Qualitatsindikator
Zeitgerechte Bereitstellung der Informationen
Zufriedenheit intemer Kunden mit der zeitlichen Verfugbarkeit der bereitgestellten Informationen
Zeitgerechte Reportquote: "Mindestens 95% aller Reports sollen termingerecht eingehen"
Zusammenspiel aus Qualitatsdimension und Qualitatsindikatoren zur Beurteilung der Qualitat von Beschwerdeinformationen; Quelle: In Aniehnung an Stauss/Seidel (2002, S. 309, S. 318).
Die oben aufgezeigte Bedeutung der Informationsqualitat fur die Informationsnutzung und den Vertrauensaufbau auf Seiten der internen Kunden macht es notwendig, diese Grundvariante informationsbezogener Qualitatsbeobachtung im indirekten Beschwerdemanagement zu einem systematischen Informationsqualitatsmanagement weiterzuentwickeln. Wenngleich zahlreiche Unternehmen nach dieser Philosophie zu agieren scheinen, lasst sich Informationsqualitat nicht lediglich durch informationstechnologische Losungen gewahrleisten (Nohr2001, S. 59). Vielmehr handelt es sich, insbesondere fur Informationsdienstleister wie das Beschwerdemanagement, um eine zentrale Managementherausforderung, die einen ganzheitlichen Managementansatz erfordert. Nur so kann die interne Informationsfunktion als tertiare Dienstleistung effektiv konfiguriert werden. Weil aber auch die Market Utilization Forschung bisher keinen umfassenden Managementansatz zur Informationsqualitat vorgelegt hat, soil hier auf das informationswissenschaftlich gepragte ,Total Information
530
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Quality Management (TIQM)'^^° (Funk et al. 1998; Wang 1998) zuruckgegriffen und dessen Umsetzung im Beschwerdemanagement illustriert werden. 8.4.2.1.2
Total Information Quality Management als Fundament effektiver Informationsdienstleistungen des Beschwerdemanagements
Das Primarziel eines TIQM besteht in der systematischen und kontinuieriiciien Verbesserung der Infornnationsqualitat (Wang 1998, S. 60; Winter et al. 2003, S. 230) und wird in diesem Sinne beschrieben als: „Deliver the right business information to the right person at the right time" (Funk et al. 1998, S. 1, im Orig. kursiv). Fur die erfolgreiche Realisierung dieser Zielsetzung fordert die einschlagige Literatur ein Commitment des verantwortlichen Managements, hier also der Zentralbereichsleitung im Beschwerdemanagement, zu den folgenden funf Maximen eines TIQM (analogNohr2001,S. 69f.): (1) Orientierung an internen (und externen) Kunden: Die Zufriedenheit der Informationskunden des Beschwerdemanagements stellt den eigentlichen MaRstab der Informationsqualitat dar, weshalb dieser Managementansatz zur Optimierung der Informationsqualitat die Erfullung der Anforderungen der Informationsnachfragerfokussiert. (2) Eng an die Kundenorientierungsmaxime ist die Notwendigkeit von Teamwork gekoppelt: Diese Komponente verlangt die Implementierung von Zentralbereichs-internen und/oder interfunktionalen Qualitatsteams, deren Aufgabe darin besteht, bei der Konfiguration des Informationsqualitatsmanagements die Perspektiven der verschiede-
220
Wie es die einschlagige Literatur vorschlagt (Ballou et al. 1998, 8. 463; Pipino et al. 2002, 8. 212; Wang 1998, 8. 59), sollen auch hier die Termini „data" und „information" synonym verwendet werden. Wang (1998) entwickelt sein Modell des Total Data Quality Management explizit auf der Basis dieses als gegeneinander austauschbaren Verstandnisses von Daten und Informationen.
Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie
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nen Stakeholder einzubeziehen (z.B. Beschwerde-Center als Datenzulieferer, interne Kunden, Mitarbeiter des Zentralbereichs Beschwerdemanagement als Produzenten oder ggf. Infornnationsproduktmanager, Connplaint Information Quality Officer, etc.). (3) Die Bereichsleitung Beschwerdemanagennent muss Informationsqualitatsmanagement als funktionalstrategische Aufgabe verstehen, um „eine Verbesserung der wettbewerbsstrategischen Ressource Information zu erreichen" (Nohr 2001, S. 69). Dies impliziert nicht nur, hohe Informationsqualitat von den Mitarbeitern einzufordern, sondern im Umkehrschluss auch die Ressourcenallokation im Beschwerdemanagement in diesem Sinne vorzunehmen. Einem Missverhaltnis der Ressourcenzuteilung zwischen direktem (95%) und indirektem (5%) Beschwerdemanagement, wie es Adamson (1993, S. 439) diagnostizierte, ist daher systematisch vorzubeugen. (4) Beschwerdemanagement wird im Zuge des TIQM auch der Forderung von Stauss/Scholer (2003, S. 102) und Estelami (2000, S. 298) nachkommen und systematisches Benchmarking betreiben (mussen). Die eigene interne Informationsfunktion wird mit Best-Practices verglichen, um diesen Lernprozess fur die kontinuierllche Verbesserung der eigenen Leistungsfahigkeit zu nutzen und potenziell selbst Best-Practice-Niveau zu erreichen. (5) Schliefilich erfordert der angestrebte Prozess standiger Verbesserung eine kulturelle und methodische Fundierung. Zum einen muss die Bereichsleitung dafur Sorgen tragen, dass im Beschwerdemanagement eine Kultur der Informationsqualitat herrscht, die alien Mitarbeitern ihre Verantwortung fur die permanente Qualitatssteigerung verdeutlicht. Zum anderen bedarf es der methodischen Implementierung ijber einen Management-Zyklus der Informationsqualitat. Diesen leitet die informationswissenschaftliche Forschung aus dem von Deming (1994) ursprunglich konzeptualisierten Kreislauf ei-
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
nes ,Total Quality Management' mit den Phasen Plan, Do, Act, Check ab (Nohr 2001, S. 68f.; Wang 1998, S. 60). Der solchermafien definierte TJQM-Kreislauf setzt sich aus den vier Komponenten des Define, Measure, Analyze und Improve zusammen (Abbildung 8-10).
^,.^
Define
[-^^
^
\
Improve
llv^M
Measure
t
Cycle
j
Analyze
i"^^
Abb. 8-10: Der Total Information Quality Management-Zyklus; Quelle: In Aniehnung an Funketal. (1998, S.4).
Fur die Umsetzung des TIQM im Beschwerdemanagement wird auf die vier Phasen des TIQM-Zyklus Bezug genommen. Entsprechend stellt die Festlegung des Verstandnisses der Informationsqualitat den Ausgangspunkt dar (Define), bevor kurz auf den Aspekt der Messung (Measure) eingegangen wird. SchlieUlich soil eine Gap-Analyse die Auswertung (Analyze) und Ableitung erforderlicher VerbesserungsmaUnahmen ermoglichen (Improvement). In Phase 1 wird die notwendige Grundlage eines TIQM im Beschwerdemanagement geschaffen, indem das Verstandnis der Informationsqualitat prazisiert wird. Dies wird allerdings dadurch erschwert, dass es sich bei der vergleichsweise jungen Forschung zur Informationsqualitat um eine „inexact science" handelt (Kahn et al. 2002, S. 184), die bislang noch keine akzeptierte, generelle Definition der Informationsqualitat hervorgebracht hat (Huang et al. 1999, S. 33; Lee et al. 2002, S. 133; Ritt-
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berger 2004a, S. 317). Auch die Forschung zur Market Utilization widmet sich bislang kaum im Detail der Frage einer exakten Definition von ,lnformationsqualitat'.^^^ Erste Ruckschlusse auf eine fur die vorliegende Arbeit relevante Konzeptualisierung der Informationsqualitat ergeben sich jedoch, wenn das traditionelle mit dem jungeren Verstandnis der Informationsqualitat in der Informationswissenschaft verglichen wird. Traditionell ist die informationswissenschaftliche Forschung von einer tendenziell technokratischen „engineering view" gepragt (Kahn et al. 2002, S. 186). Diese beruht auf der Ansicht, dass die Methoden und Systeme zur Herstellung von Informationsprodukten als klassischer quasiindustrieller Produktionsprozess aufzufassen sind: „(...) the information production process can be thought of as a manufacturing process with an end-product of information stored in a database" (ebd.). Aus dieser Sicht wird Informationsqualitat typischerweise dann als gegeben erachtet, wenn im Vorfeld definierte Spezifikationen erfullt werden (Kahn 1998; Lee et al. 2002, S. 137). Offensichtlich erinnert ein solches Qualitatsverstandnis an den objektiven Qualitatsbegriff im Marketing, der oben bereits diskutiert und als erganzungsbedurftig kritisiert wurde (siehe 7.4.4.2.1). Die jungere Informationsforschung tragt zunehmend der Dienstleistungsdimension von Informationen Rechnung und erganzt die traditionelle Auffassung von Informationsqualitat. Dabei wird auf den immateriellen Charakter und die Verganglichkeit von Informationen sowie vor allem auf die notwendige Integration des Kunden in die Informationsubertragung abgestellt (Rittberger 1999, S. 341; Strong et al. 1997, S. 103). Die Managementrelevanz dieser Dienstleistungsperspektive bringen Kahn et al. (2002, S. 186) wie folgt auf den Punkt: „Failing to consi-
221
Die Autoren beschranken sich darauf, Informationsqualitat unterschiedlich zu operationalisieren; siehe beispielsweise Maltz/Kohli (1996, 8. 59f.); MenonA/aradarajan (1992, S, 66), Toften/Olsen (2004, S. 125f.).
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
der information as services misses some aspects important to information consumers." Da Informationsnutzer in ihrer Qualitatswahrnehmung nur sehr bedingt zwischen dem eigentlichen lnformations(end)produkt und den zu dessen Ubermittlung bzw. Nutzung notwendigen Informationsdienstleistungsprozessen differenzieren, konnen negative Bewertungen der Dienstleistungsdimension negativ auf die Einschatzung des eigentlichen Informationsprodukts ausstrahlen. Eine alleinige Fokussierung auf die blofJe Erfullung von durch den Informationsanbieter festgelegten Standards im Hinblick auf das Endprodukt .Information' greift daher zu kurz und ist durch die Kundenbedurfnisse als Qualitatsmafistab zu erganzen, denn Informationsdienste "must be useful and add value to the tasks of information consumers" (Kahn et al. 2002, S. 185). Noch strikter fordern Huang et al. (1999, S. 43): „ln this view, IQ should not be defined by providers (...) but instead, by information consumers." Entsprechend zeichnen sich die auf Basis einer Dienstleistungsperspektive hervorgebrachten Informationsqualitatsdefinitionen durch eine im Vergleich deutlichere Kundenorientierung aus bzw. bezeichnen die Nutzer als den entscheidenden Maflstab fur die Beurteilung der Qualitat von Informationen (Nohr/Roos 2000, S. 5). Huang et al. (1999, S. 43) beispielsweise definieren Informationsqualitat "as information that is fit for use by information customers." An dieser Stelle wird offenkundig, dass dieses zweite, subjektive Verstandnis der Informationsqualitat fur eine marktorientierte, funktionalstrategische Planungsperspektive des Beschwerdemanagements unbedingt in das TIQM eines Beschwerdemanagements einzubeziehen ist. Des Weiteren fallt jedoch auch auf, dass eine Synthese des traditionellen mit dem jungeren IQ-Verstandnis in hohem Ma(ie das von Stauss/Seidel oben vorgeschlagene Zusammenwirken objektiver und subjektiver Qualitatsindikatoren im Beschwerdemanagement widerspiegelt. Daher soil eine solche integrative Perspektive eingenommen werden, die Informationsqualitat sowohl als Erfullung von Spezifikationen als auch Erfullung
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von Kundenerwartungen auffasst, denn schliefJIich verweisen auch Huang et al. (1999, S. 56) auf die Effektivitat des Zusammenspiels beider Qualitatsverstandnisse und raten: „To define IQ correctly, therefore, it is critical to understand both the information consumer's subjective perspective and the information manufacturer's objective perspective." Gleichwohl beruhen nicht nur subjektive sondern auch objektive Qualitatsindikatoren auf der Wahrnehmung der Informationsqualltat aus Sicht des Kunden.^^^ Dies macht es notig, zum einen ein prazises Verstandnis des Konstrukts ,lnformationsqualitat' zu entwickein und dieses zum anderen reliabel und valide messen zu konnen. Beide Aspekte seien kurz angesprochen. Die zentralen Erkenntnisse uber das multidimensionale Konstrukt ,informationsqualltat' beruhen auf einer Reihe von empirischen (Vor-)Arbeiten. Insbesondere die Studien von Wang et al. (1995a, b) und Wang/Strong (1996) fijhren zu dem letztlich identifizlerten, 15 Einzeldimensionen umfassenden Konstruktverstandnis der Informationsqualltat, wie es Lee et al. (2002) vorlegen (Abbildung 8-11).
222
Stauss/Seldel (2002, 8. 295) halten diesbezuglich fest: „Bei der Festlegung von objektiven Standards muss darauf geachtet werden, dass sie an den Erwartungen der Kunden orientiert sind (...)."
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Information Quality Accessibility = extent to which data is available, or easily and quickly retrievable Appropriate Amount of Information = extent to which the volume of information is appropriate for the task at hand Believabiiity = extent to which information is regarded as true and credible Completeness = extent to which information is not missing and is of sufficient breadth and depth for the task at hand Concise Representation = extent to which information is compactly represented Consistent Representation = extent to which information is presented in the same format Ease of Manipulation = extent to which information is easy to manipulate and apply to different tasks Free of Error = extent to which information is correct and reliable Interpretability = extent to which information is clearly defined, in appropriate languages, symbols, and units Objectivity = extent to which information is unbiased, unprejudiced, and impartial Relevancy = extent to which information is applicable and helpful for the task at hand Reputation = extent to which information is highly regarded in terms of its source or content Security = extent to which access to information is restricted appropriately to maintain its security Timeliness = extent to which information is sufficiently up-to-date for the task at hand Understandability = extent to which information is easily comprehended
Abb. 8-11: Informationsqualitat als multidimensionales Konstrukt; Quelle: In Aniehnung an Leeetal. (2002, S . I 43ff.).
Da nicht alle fur das Beschwerdemanagement anhand dieser Multidimensionalitat relevanten Einsichten hier besprochen werden konnen, sei lediglich kurz eriautert, dass die bisher im BeschwerdemanagementKontext diskutierten Qualitatsdimensionen durch dieses Verstandnis von Informationsqualitat nicht nur (1) abgedeckt, sondern (2) auch erweitert und (3) zudem prazisiert werden: (1) Zunachst zeigt sich, dass sich die bisher in Bezug auf das Beschwerdereporting geforderten Qualitatsdimensionen wieder finden. Beispielsweise wird die von Stauss/Seidel (2002, S. 295ff.) genannte ,zeitliche Verfugbarkeit' durch die .Timeliness' abgedeckt. Die fur die Beschwerdeauswertung von den Autoren geforderte Prazision der
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Ursachenanalyse findet sich in der Tiefe und Breite der Informationen und damit in der Qualitatsdimension .Completeness' wieder. (2) Eventuell noch wichtiger aber ist es zu erkennen, dass eine Zugrundelegung dieses Verstandnisses die (Dienstleistungs-) Perspektive des Beschwerdereportings deutlich ausweitet, da Informationsnachfrager auf insgesannt 15 Qualitatsdimensionen achten, wenn sie die GiJte bereitgestellter Informationen bewerten. In der Forschung zum Beschwerdemanagement liegt bislang noch kein annahernd detaillierter Kriterienkatalog vor. Auch in der Praxis scheint kein umfassendes Verstandnis uber die Summe der Qualitatsdimensionen vorhanden zu sein. Denn bereits die erste Dimension (Accessibility) deutet darauf hin, dass fur die internen Kunden der Zugriff auf die Datenbanken des Beschwerdemanagements eine relevante Qualitatsdimension sein konnte. Das diesbezuglich von Stauss/Scholer (2003, S. 105) identifizierte Defizit hatte so vermieden werden konnen. Auch die Facetten des im Beschwerdereporting zu generierenden Vertrauens interner Kunden (.Objectivity' und .Security') spielen bislang kelne RoUe in der Beschwerdeforschung. SchlielJIich richtet dieses Qualitatsverstandnis den Blick auch auf vergleichsweise nahe liegende, bislang aber ebenfalls kaum thematisierte, Aspekte der Gestaltung bzw. des Layouts der Beschwerdeinformationen (z.B. .Concise Representation' Oder .Consistent Representation'). Auf die nicht zu unterschatzende Bedeutung des Designs der Beschwerdeinformationen wird im Unterabschnitt 8.4.2.4 noch einzugehen sein. (3) Ein weiterer Beitrag dieses Qualitatsverstandnisses fur das Beschwerdemanagement besteht in der erzielbaren Prazisierung. Stauss und Seidel erachten die .nutzergerechte Bereitstellung' der Beschwerdeinformationen als wichtige Dimension der Qualitat im Beschwerdereporting. Das Attribut .nutzergerecht' lasst sich nun seinerseits prazisieren. Beispielsweise konnten die Dimensionen .Interpre-
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
tability', Appropriate Amount' oder auch ,Ease of Manipulation' diesbezuglich herangezogen werden. Hierdurch wird es dem Beschwerdemanagement moglich, der Notwendigkeit einer zielgruppengerechten Aufbereitung der Beschwerdeinfornnationen gerecht zu werden und die diesbezuglich von Stauss/Scholer (2003, S. 105) offen gelegten Defizite abzustellen. Bereits aniiand dieser knappen Reflexion wird erkennbar, dass denn zentralen Dienstleister Beschwerdemanagement mit dem angefuhrten Konstruktverstandnis ein umfassenderes Instrumentarium zur Konfiguration seiner internen Informationsfunktion bereitgestellt wird, als es bislang verfugbar war. Eine zweite Komponente des TIQM stellt die Erhebung der kundenseitigen Evaluation der Informationsqualitat in Phase 2 des TIQM-Zyklus' dar. Die notwendige Grundlage dieser Qualitatsbewertung ist ein Messinstrument. Fur die Entwicklung eines solchen, bewusst generisch konzeptionierten Erhebungsinstrumentes greifen Lee et al. (2002) die 15 obigen Qualitatsdimensionen der Informationsqualitat auf. Auf Details der Fragebogenentwicklung und -uberprufung soil an dieser Stelle nicht eingegangen werden.^^^ Von Interesse fur die vorliegende Arbeit ist lediglich festzuhalten, dass ein Zentralbereich Beschwerdemanagement uber ein geeignetes Messinstrument verfugen kann, urn die Kundenbewertungen hinsichtlich der 15 Informationsqualitatsdimensionen zu erheben. Diese Daten bilden die Grundlage der sich anschlielienden dritten und vierten TIQM-Phasen.
223
Fur jede Dimension der Informationsqualitat wurden zunachst zwischen 12 und 20 Items abgeleitet. In einer Pilotstudie wurden anschlieflend 52 betriebliche Informationsnutzer und -anbieter befragt und uber eine Faktoranalyse insgesamt 65 Items zur Operationalisierung der Einzeldimensionen der Informationsqualitat erarbeitet. In einer abschliefienden Voilstudie (n = 261) wurde die Reliabilitat und Validitat des finalen Messinstruments belegt; siehe vertiefend Lee et al. 2002, 8. 138ff.
Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie
539
Die Phasen 3 und 4 dienen zur Analyse der gewonnenen Daten und Ableitung von Verbesserungsbedarfen. Im Rahmen der Analyse sind verschiedene Vorgehensweisen denkbar.^^"^ Besondere Aufmerksamkeit in der bisherigen informationswissenschaftlichen Forschung aber erfahrt die Idee der Gap-Analyse. Die Anwendung der Luckenanalyse soil hier jedoch lediglich anhand dreier Beispiele skizziert werden. Huang et al. (1999) erheben fur ihre Luckenanalyse, analog zu beispielsweise dem SERVQUAL-Ansatz (Parasuraman et al. 1985, 1988), von ihren Befragten zwei Werte: Zunachst wird der aus Sicht des Kunden einer Qualitatsdimension zuzusprechende Relevanzwert abgefragt. Dieser wird sodann mit der faktischen, kundenseitigen Wahrnehmung dieser Qualitatsdimension im Hinblick auf den fokalen Informationsdienstleister kontrastlert. Die Lucke (mathematische Differenz) zwischen beiden Werten wird nun noch mit dem Relevanzwert multipliziert, um so eine Priorisierung der Verbesserungsnotwendigkeiten zu erarbeiten. Zwei andere Interpretationen der Gap-Analyse empfehlen Lee et al. (2002, S. 140ff.): (1) Der erste Ansatz beruht auf einer Abweichungsuntersuchung gegen22*5
uber (internen/externen) Benchmarking-Partnern. (2) Der zweite Ansatz sieht vor, Abweichungen zu analysieren, die sich in der Gegenuberstellung der Qualitatswahrnehmung unterschiedlicher Stakeholdersegmente des Informationsdienstleisters innerhalb des Unternehmens zeigen (interne Kundensegmente, Informationszulieferer im BeschwerdeCenter, Mitarbeiter im Zentralbereich Beschwerdemanagement, etc.). Anhand welcher Kriterien die befragten Mitarbeiter bzw. Kunden letztlich segmentiert werden, ist situativ zu entscheiden. Die grundlegendste Form dieser Gegenuberstellung ist jedoch die Einschatzung der Mitarbeiter im Beschwerdemanagement mit der ihrer internen Informationskunden ab-
224
Den unterschiedlichen Analyseverfahren widmen sich ausfuhrlich Pipino et al. (2002). Zur Grundidee des Benchmarking siehe Unterabschnitt 7.7.4.2.
540
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
zugleichen.^^^ Freilich lassen sich beide hier vorgestellten Grundideen einer Luckenanalyse miteinander vereinen, wenn fokale Qualitatsdimensionen zunachst von z.B. verschiedenen jnternen Kundengruppen bewertet und diese Ergebnisse anschlieflend mit Benchmarking-Partnern verglichen werden. Auf Basis dieser oder ahnlicher Analyseverfahren kann nun in der vierten Piiase des TIQM-Zyklus' ein Qualitatsverbesserungsteam im Besciiwerdennanagement-Bereicii damit beauftragt werden, konkrete Handlungsempfehlungen bzw. Verbesserungsnotwendigkeiten abzuleiten, wie die identifizierten Entwicklungspotenziale effektiv erschlossen werden konnen. Die Adaption des hier skizzierten Total Information Quality Managements ermoglicht es dem Informationsdienstleister Beschwerdemanagement, ein fur sich geeignetes Verstandnis der Informatlonsqualitat zu vereinbaren, dieses valide und reliabel zu messen sowie anschliefiend Verbesserungspotenziale erheben, priorisieren und letztlich einer Umsetzung zufuhren zu konnen. Das TIQM kann daher die Plattform eines effektiven lnformations(dienstleistungs)managements im Zentralbereich Beschwerdemanagement darstellen. Allerdlngs ist die Informatlonsqualitat nicht der einzigen Stellhebel, um die Effektivitat der Internen Informationsfunktion als tertiare Dienstleistung zu gewahrleisten. Auch das Vertrauen der internen Nachfrager in das Beschwerdemanagement verdient die Beachtung der Bereichsleitung.
Auf einer „Ausbaustufe" lassen sich fraglos verfeinerte Segmentierungen der internen Nachfrager und deren Qualitatswahrnehmung vorstellen. Beispielsweise konnten die Befragten nach ihren Funktionsbereichen oder ihrer hierarchischen Stellung im Unternehmen gruppiert werden. In analoger Ubertragung zu internen Kunden der Marktforschung konnten Nachfragersegmente beispielsweise auch nach ihrer Pradisposition gegenuber den Informationen des Beschwerdemanagements gebildet werden. So konnte der Zentralbereich die Kundensegmente der „Beschwerdemanagement-Fans, Respektierer, -Realisten, -Skeptiker und -Gegner befragen (analog Lachmann 1994, S. 36-38).
Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie
8.4.2.2
541
Ansatzpunkte fur den Informationsdienstleister Beschwerdemanagement zum Aufbau kundenseitigen Vertrauens
Die Arbeiten von Moorman et al. (1992, 1993) haben verdeutlicht, dass das kundenseitige Vertrauen gegenuber einem Informationsanbieter einen mafigeblichen Einfluss auf die Informationsnutzung ausubt. Diese fundamentale Bedeutung des Vertrauens erwachst aus dem Charakter von Marktforschungsinfornnationen, denen Beschwerdeinfornnationen zu subsumieren sind (Ross/Oliver 1985), als Erfahrungs- bzw. Vertrauensgutern (Roleff, 2001, S. 247). Damit wird die Tatsache beschrieben, dass die internen Kunden die methodische Qualitat von Informationsdienstleistungen des Beschwerdemanagements (wenn uberhaupt) erst mit deren Konsum bzw. deren Verwendung beurteilen konnen, da ihnen typischerweise die hierfur notwendigen fachlichen Kompetenzen bzw. die erforderlichen Zeitressourcen fehlen (analog Rittberger 2004b, S. 156). Deshalb sind sie mehr oder minder gezwungen, auf die Fahigkelt und die Motivation des Beschwerdemanagements, methodisch fundierte Marktinformationen erbringen zu konnen und zu wollen, zu vertrauen. Moorman et al. (1993, S. 83) weisen in diesem Zusammenhang explizit darauf hin, dass kundenseitiges Vertrauen umso wichtiger fur die Funktionsfahigkeit bzw. Effektivitat einer internen Kunden-Lieferanten-Beziehung wird, je hoher das AusmafJ der potenziellen ,Verwundbarkeit des Informationsempfangers' durch die Informationslnhalte ist. Eine solche Verwundbarkeit sehen die Autoren vor allem dann als gegeben, wenn der Informationsdienstleister uber Inhalte verfugt, die dazu dienen, „to evaluate users' decisions" (Moorman et al. 1993, S. 82). Gerade hierzu aber konnen Beschwerdeinformationen herangezogen werden. Dies stutzt die Vermutung, dass dem Vertrauen der Informationsempfanger in das Beschwerdemanagement eine bedeutende Rolle im Hinblick auf die Informationsnutzung zukommt und belegt die Notwendigkeit eines systematischen Vertrauensmanagements im Beschwerdemanagement. Ein sol-
542
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
chermafien angestrebter Vertrauensgewinn sollte dabei auch die von den internen Kunden wahrgenonnmene Glaubwurdigkeit der Beschwerdeinformationen steigem, die Kasouf et al. (1995) als eine bedeutende EinflussgroBe der Beschwerdeinformationsnutzung einstufen. Daher ist fur Informationsdienstleister die Generierung kundenseitigen Vertrauens nicht nur einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren (Nohr 2001, S. 61), sondern muss auch Kernkonnponente im Informationsmanagement eines strategisch planenden Beschwerdemanagements sein. Beschwerdemanagement hat daher Wege zu eruieren, wie durch die Ausgestaltung der internen Informationsfunktion ein Vertrauensverhaltnis zu den Informationsempfangern gefordert werden kann. Urn als vertrauenswurdig angesehen zu werden, muss Beschwerdemanagement zunachst verstehen, dass Vertrauen im Kontext von Informationsdienstleistungen „die Moglichkeit der Kompensation informationeller Unsicherheit" beschreibt (Kuhlen 1999, S. 12). Diese Kompensation informationeller Unsicherheit lasst sich errelchen, wenn ein Informationsdienstleister wie das Beschwerdemanagement es nachhaltig vermag, den Nachfragern die Qualltat seiner Leistungen zu signalisieren. Hierfur wiederum, und damit letztlich zum Aufbau kundenseitigen Vertrauens, stehen dem Informationsdienstleister Beschwerdemanagement vor allem die folgenden funf Ansatzpunkte offen (analog Nohr 2001, S. 61ff.): (1) Offentliche Qualitatsbewertung durch die internen Nutzer der Beschwerdeinformationen, (2) Qualitatsbewertung der Informationsangebote durch unabhangige Dritte, (3) Bereitstellung vergleichbarer Informationsproben bzw. von Teilinformationen, (4) Eriauterung der Beschwerdeinformationen durch Metainformationen,
Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie
543
(5) Vertrauensaufbau durch die Reputation des Beschwerdemanagements bzw. fruhere Erfahrungen der Kunden mit dem Beschwerdemanagement. (1) Eine erste Moglichkeit die informationelle Unsicherheit der internen Kunden zu kompensieren, knupft unmittelbar an die eben angeregte Qualitatsmessung im Rahmen des TIQM an und sieht die Veroffentlichung der Qualitatsbewertung durch interne Nutzer der Beschwerdeinformationen vor. Die Qualitatseinschatzung kann dabei z.B. anhand eines reinen Rating-Schemas oder einer Kombination aus Rating-Stufen und Freitext erfolgen (Nohr 2001, S. 63f.). Diese Praxis hat sich bei verschiedenen Informationsdienstleistungen im Internet etabliert und lasst sich auf die Infornnationsprodukte des Beschwerdemanagements (z.B. Intranet-Seiten, verschiedene Reports oder Sonderauswertungen) ubertragen. Hierbei kann in Aniehnung an das Konstrukt der Informationsqualitat beispielsweise eine Globalbeurteilung oder eine detaillierte Einschatzung der 15 einzelnen Qualitatsdimensionen erfolgen, die eben vorgestellt wurden. Im Falle interner Dienstleister sind die Kundenbeurteilungen mit besonders grofier Glaubwurdigkeit belegt, da die Anonymitat innerhalb einer Unternehmung geringer ausfallt als in offenen Markten. Der vertrauensbildende Effekt wird dadurch verstarkt und als Nebeneffekt Mundkommunikation zwischen den internen Kunden des Beschwerdemanagements potenziell stimuliert. (2) Ein analoges Grundprinzip liegt der Qualitatsbewertung des Beschwerdemanagements durch einen unabhangigen Dritten zugrunde. Haufig werden hierbei allerdings nicht die einzelnen Informationen anhand von aus Kundensicht relevanten Erwartungen bewertet, sondern der Informationsdienstleister wird einer Prufung auf Basis allgemeingultiger quasi-objektiver Kriterien unterzogen (Nohr 2001, S. 62). Das bei erfolgreicher Uberprufung vergebene Siegel/Zertifikat kann dann auch fur interne Dienstleister zur Steigerung des abnehmerseitigen Vertrauens beitragen. Beispielsweise sei an die in Teil 5 besprochene ISO-Norm
544
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
10002 erinnert, die eine Zertifizierung des Beschwerdemanagements eriaubt. Hinsichtlich der vom Beschwerdemanagement bereitgestellten Datenbanken konnte z.B. an so genannte .Database Labels' gedacht werden (Nohr2001, S. 62f.).^^^ (3) Die Bereitstellung vergleichbarer Informationsproben bzw. von Teilinformationen soil es dem Kunden ermoglichen, Analogschlusse auf die Qualitat der angebotenen Informationsdienstleistungen zu Ziehen (Nohr 2001, S. 64). Beispielsweise konnen auf der Intranet-Seite des Beschwerdemanagements Auszuge verschiedener den internen Kunden angebotener Individualauswertungen oder Langsschnittuntersuchungen veroffentlicht werden. Auch dem Beispiel verschiedener Marktforschungsunternehmen kann Beschwerdemanagement folgen und seine Reports lediglich als Kurzversion im Intranet veroffentlichen, um die Vollversionen als individualisierte Dienstleistung (dann ggf. gegen Entgelt fur Sonderauswertungen) anzubieten. (4) Ein vierter Ansatzpunkt um nachfragerseitige Unsicherheit ab- und Vertrauen in die Beschwerdeinformationen aufzubauen, sind Metainformationen. Dabei sind Varianten wie Abstracts' denkbar, die also eine hohe Nahe zu den Teilinformationen aufweisen (Nohr 2001, S. 65). Des Weiteren konnte eine Spezifikation der Grundgesamtheit erfolgen, auf der die Beschwerdeinformationen beruhen. Diesbezuglich zeigt sich ein willkommener Nebeneffekt der Beschwerdemaximierung, da durch diese proaktive Stimulierung von Beschwerden auch die Grundgesamtheit wachst und damit die Representativitat der Daten tendenziell zunimmt (Homburg/Furst 2003, S. 35). Eine andere Vorgehensweise konnte in
227
Diese Labels wurden von einer unabhangigen Organisation (Centre for Information Quality Management) entwickelt und beziehen sich auf vier spezifische Datenbankqualitatskrlterien: (1) General Description, (2) Quality Assurance Policy Statements, (3) Database Structure sowie (4) Coverage and General Information; detaillierte Informationen zu diesen Kriterien und den Database Labels finden sich unter der URL: http://www.i-al-co.uk/IALQual.htm. Fur andere Beispiele siehe vertiefend Nohr (2001, 8. 62f.).
Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie
545
einem Vergleich der Profile von Beschwerdefuhrern mit den Durchschnittskunden eines Geschaftsbereichs bestehen; eventuell zeigen sich relevante Parallelen beider Profile, die die Glaubwurdigkeit der Beschwerdeinformationen erhohen konnen. Selbst wenn sich Unterschiede in derartigen Kundenprofilen abzeichnen, nnuss dies nicht a priori als nachteilig anzusehen sein. Inn Gegenteil kann der entsprechend offene Hinweis auf Abweichungen als vertrauensfordernde MaUnahme eingesetzt werden. (5) Eine letzte hier zu betrachtende Chance, das Vertrauen der Beschwerdeinformations-Kunden zu gewinnen, sind deren fruhere eigene, positive Erfahrungen mit dem Zentralbereich Beschwerdemanagement bzw. die Reputation des Beschwerdemanagements im Unternehmen, die auf den bekannten Erfahrungen Dritter beruht (Rittberger 2004b, S. 156). „Reputation ist gewissermafien offentliche Information ijber die bisherige Vertrauenswurdigkeit eines Akteurs" (Nohr 2001, S. 61). In diesem Falle wird dem Beschwerdemanagement ein Vertrauensvorschuss dergestalt zugestanden, als, wenngleich dem Kunden die Qualitat einer fokalen Dienstleistung nicht bekannt ist, selbige a priori unterstellt wird, da der Informationsanbieter den Ruf geniefit, stets qualitativ hochwertige Dienste anzubieten (ebd.). Allerdings lasst sich das Vertrauen der Kunden nur im Zeitverlauf iiber eine Vielzahl von Einzelinteraktionen erwerben. Entscheidend sind mithin alle Kontakte der internen Kunden mit dem Informationsdienstleister Beschwerdemanagement. Daher verdient neben der eigentlichen Informationsqualitat auch die Qualitat der Dienstleistungsinteraktionen (Service Encounter) Beachtung, die sich im Zusammenhang mit dem eigentlichen Informationsprodukt ergeben. Einschrankend ist hier freilich zu konstatieren, dass die im Kontext der Kostenfuhrerschaft vertretene Fokussierung auf die interne Informationsfunktion nur bedingt Chancen zur intensiven, personlichen Interaktion eroffnet. Umso wichtiger, und hier schliefJt sich der Wirkungskreis der
546
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
bisherigen Diskussion, ist der Einfluss der Informationsqualitat als Determinante des Vertrauensaufbaus. Reflektiert Beschwerdemanagement dieses MaUnahmenbundel im Lichte der vorangegangenen Ausfuhrungen, so wird erneut die ZweckmafJigkeit des im Rahmen des TIQM vorgestellten Informationsqualitats-Konstrukts deutlich (Abbildung 8-11). Misst der Zentralbereich das obige Konstrukt, so lassen sich anhand der Qualitatsdimensionen ,Believability', ,Free of Error', .Objectivity' und ,Reputation' wiciitige Einsicliten uber das dem Beschwerdemanagement entgegengebrachte Vertrauen ableiten. Gieiciizeitig kann der Erfolg der eben dargestellten vertrauensbildenden Stellhebel auf die Veranderung der Kundenwahrnehmung im Zeitverlauf untersuciit werden. Sind auf die hier besciiriebene Weise MafJnaiimen zur Gewaiirleistung der Informationsqualitat und zum Aufbau internen Vertrauens ergriffen worden, bleibt eine dritte Steuergrolie, die sich aus der Forschung zur Market Information Utilization ableiten lasst: Die Gestaltung von Frequenz und Formalitat des Beschwerdereportings. 8.4.2.3
Ausgestaltung der Frequenz und Formalitat des Reportingprozesses im Besctiwerdemanagement
An dieser Stelle sei an die Erkenntnisse von Maltz/Kohli (1996) uber die Effekte der Frequenz und der Formalitat des Reportingprozesses auf die wahrgenommene Informationsqualitat sowie die Nutzung von Marktinformationen in einer Unternehmung angeknupft (siehe 8.2.3.1). Uber die Erhohung der Reportingfrequenz lasst sich ein indirekter, durch die wahrgenommene Informationsqualitat (PIQ) mediierter Frequenzeffekt auf die Informationsnutzung realisieren, den die Autoren anhand zweier kritischer Grenzwerte nachweisen (Maltz/Kohli 1996, S. 54f.). Zum einen muss der untere Schwellenwert uberstiegen werden, um einen Lerneffekt bei den Nachfragern zu erzielen. Der Empfanger wird
Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie
547
durch die erhohte Frequenz mit den ubermittelten Beschwerdereports und -informationen in zunehmendem Mafie vertraut, was sich in einer steigenden PIQ und einer intensiveren Nutzung der Beschwerdeinformationen niederschlagen sollte. Gleichzeitig ist die Uberschreitung des oberen Schwellenwerts zu vermeiden, da sich auf diesem Niveau zusatzliche Reportingkontakte negativ auf die PIQ auswirken. Fijr das Beschwerdemanagement ergibt sich eine erste zentrale Erkenntnis aus diesem Effekt: Eine mit einer steigenden Reportingfrequenz (zunachst) fallende Qualitatsbeurteilung der Beschwerdeinformationen muss nicht zwangslaufig auf einer faktisch unzureichenden Informationsqualitat beruhen, sondern kann Ausdruck dessen sein, dass sich die internen Kunden an die Beschwerdereporting-Prozesse bzw. die Beschwerdereports erst gewohnen mussen. In der Studie von Maltz/Kohli (1996, S. 54) lag der untere kritische Wert bei 125 und die obere Grenze bei bemerkenswerten 525 Reportingkontakten uber alle Kommunikationskanale in einem Zeitraum von drei Monaten. Diese Schwellenwerte deuten aber gerade darauf hin, dass ein Beschwerdereporting, dessen periodisierte Reportingzyklen, wie beispielsweise bei der Volkswagen AG, lediglich Wochen- und Quartalsreports vorsieht (Stauss/Seidel 2002, S. 420), erhebliche Reportingpotenziale ungenutzt zu lassen scheint. Es ist zu vermuten, dass derart selten distribuierte Beschwerdereports noch unterhalb des unteren Schwellenwerts liegen, so dass die bislang unzureichende Beschwerdeinformationserschlieflung mitunter auch auf diese (zu) niedrige Reportingfrequenz zuruckgefuhrt werden konnte. Da die zitierten Zahlenwerte (125, 525) nicht generalisierbar sind, hat Beschwerdemanagement die Verantwortung, die im jeweiligen Unternehmen akzeptierte kritische Unter- und Obergrenze im Rahmen seiner internen Marktforschung zu erheben, um so die Reportingaktivitaten effektiver ausrichten zu konnen. Entsprechende Fragestellungen lassen sich leicht in die Messphase des TIQM integrieren.
548
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
In die Betrachtung sollen nun auch die Wirl
Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie
549
Reporting-Frequenz Oberer Schwellenwert
1 1 1 1 1
* Max mediierter i Frequenzeffekt der PIQ auf Informationsutzung 1
^ A
ws
i
1
5
u o
^
Informal
§3
v. oa
^
^^^^^^g^^^^l
Formal
.1 5§ ^ 1
0)
^g 1 2 Unterer Schwellenwert Indirekter (mediierter) Effekt
|
Direkter Effekt
^HfliJ
^ H
Abb. 8-12: Zusammenwirken von Frequenz und Formalitat des Beschwerdereporting zur Beeinflussung der Beschwerdeinformationsnutzung; Quelle: Eigene Abbildung auf Basis der Ergebnisse von Maltz/Kohli (1996).
Anhand der Grafik lassen sich drei Wirkungskorridore (1, 2, 3) erkennen, die sich in zwei Synergiefeldern (A, B) teilweise uberlagem. Beschwerdemanagement kann zunachst versuchen, die drei Effekte jeweils isoliert zu realisieren. Eine Synthese der beiden uber die PIQ mediierten Effekte (1+2) des Reportings auf die Informationsnutzung erfolgt bei einem Formalitatsgrad von ca. 50% und einer Frequenz, die sich dem oberen Schwellenwert annahert (Synergiezone A). Die direkteste Beeinflussung der Beschwerdeinformationsnutzung ist zu erwarten, wenn der direkte ,blofie Fornnalitatseffekt' mit dem indirekten Frequenzeffekt zusammengefijhrt wird (Effekte 1+3), also ein ausgepragt formales Reporting mit einer Frequenz nahe dem oberen Schwellenwert erfolgt (Synergiezone B). Anhand dieser Uberlegungen lasst sich ein dreistufiges Instrumenta-
550
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
rium zur unterschiedlich intensiven Beeinflussung der Beschwerdeinformationsnutzung konzeptualisieren (Abbildung 8-13).^^^
v:
Synergiezone A (1+2)
J-f--
Niedrlgstes BeeiEflussungspotenzial auf Informatioosnutzung
Abb. 8-13: Die drei Intensitatsstufen zur Beeinflussung der Beschwerdeinformationsnutzung; Quelle: Eigene Abbildung.
Nun bleibt zu fragen, welche Beschwerdeinformationen unter Ausnutzung welcher Effekte kommuniziert werden soll(t)en. Es liegt nahe anzuraten, dass Beschwerdemanagement die Inhalte, denen es eine besondere Bedeutung beimisst, in die formalen Reportingprozesse einsteuert und diese mit einer hohen Frequenz kommuniziert. Diese allgemeine Empfehlung lasst sicli anhand einer kriterienbasierten Gewichtung der untersciiiedliciien Besciiwerdeinformationen verfeinern. Hierfur konnten beispielsweise die folgenden drei Kriterien herangezogen werden: (1) Artikulierte bzw. zu erwartende Handlungsabsichten der Besciiwerdefuiirer, (2)
Die Abbildung vereinfacht die Zusammenhange stark. In der Unternehmenspraxis sind die Zuordnungen der drei Effekte (und deren Zusammenspiel) zu den Steuerungsebenen auf Basis innerbetrieblicher Marktforschungserkenntnisse vorzunehmen.
Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie
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die unternehmensseitige Priorisierung der Probleme sowie (3) die Hohe des aus Besciiwerdeursachen potenziell entstehenden Marktschadens. (1) Erste Empfehlungen ergeben sich anhand der mit einer Beschwerdeursache verknupften Handlungsabsichten von Beschwerdefuhrern. Im Zentrum des Interesses sollten Probleme stehen, in deren Nachgang Kunden entweder eindeutig ihre Abwanderung oder aber die Einschaltung von Drittinstitutionen bzw. rechtlicher Instanzen ankundigen. Sofern aussagekraftige Daten uber faktisches Kundenverhalten in der Vergangenheit vorliegen, kann Beschwerdennanagement die Verhaltensintentionen eventuell sogar an diesen spiegein, urn sonnit eine hohere Prazision der Analyse zu ermoglichen. Diese Beschwerdeursachen sollten inn Lichte des faktischen Kundenverlusts bzw. der zu erwartenden Eskalationskosten einer zugigen Informationsnutzung zugefuhrt werden, weshalb sich ein formales und hochfrequentiges Reporting anbietet (Synergiezone B). Eine feinere Zuordnung zu den drei Steuerungsebenen der in Abbildung 8-13 dargestellten Pyramide ergibt sich anhand nnethodischer Verfahren zur Rangreihung von Beschwerdeanlassen. (2) Dieser systematischere Ansatz sieht vor, eine Priorisierung der bestehenden Probleme anhand der Problem-Konsequenz-Matrix oder der Frequenz-Relevanz-Analyse fur Beschwerden (FRAB) vor22Q
zunehmen. An dieser Stelle soil lediglich die FRAB, als das im Vergleich zur Problem-Konsequenz-Matrix differenziertere Analyseinstrument skizziert werden. Kernidee der FRAB ist es, diejenigen Kundenprobleme ins Zentrum der Beschwerdeinformationsnutzung zu rucken, die besonders haufig auftreten und dabei von den Kunden als in hohem Ma(ie relevant erachtet werden (Stauss/Seidel 2002, S. 265). Dafur wird auf die aus der Be-
229
Fur eine ausfuhrliche Beschreibung beider Methoden siehe Stauss/Seidel (2002, S. 264ff.).
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
schwerdeauswertung stammenden Daten uber Haufigkeitsverteilungen von Beschwerden bzw. den diesen zugrunde liegenden Problemen zuruckgegriffen. Daneben liefern Kunden- ggf. auch Mitarbeiterbefragungen die empirische Grundlage fur die Relevanzeinstufung fokaler Beschwerdeursachen. Die Haufigkeiten werden auf einer ersten Stufe mit der durchschnittlichen Relevanz multipliziert, urn so den Relevanzwert zu erhalten. Dieser Relevanzwert wird auf einer zweiten Stufe durch die Summe aller Relevanzwerte dividiert und druckt als so genannter Problemwertindex (PWI) den prozentualen Anteil aus, den das einzelne Problem an der gesamten in Beschwerden zum Ausdruck gebrachten Kundenunzufriedenheit ausmacht (Stauss/Seidel 2002, S. 267f.). Anhand einer sodann vorzunehmen Rangreihung der PWI lassen sich unmittelbar Implikationen fur die Ausgestaltung des Reportingprozesses ableiten, denn es Jst offensichtlich, dass Probleme mit dem groBten PWI auch hochste Prioritat besitzen und damit vorrangig einer systematischen Ursachenanalyse und Behebung zuzufuhren sind" (Stauss/Seidel 2002, S. 268). Folglich konnte nunmehr ein oberer und unterer ,kritischer PWIGrenzwert' definiert werden. Diese PWI-Grenzwerte konnen die drei Ebenen der Pyramide (Abbildung 8-13) voneinander abgrenzen. Beschwerdeursachen mit einem PWI oberhalb des ,hoheren kritischen PWI' wurden dann ausschlieRlich uber formale Reportingkanale und gleichzeitig mit hoher Frequenz an die betroffenen Unternehmenseinheiten berichtet werden (Synergiezone B). Probleme mit mittleren PWIs konnen entweder unter Ausnutzung der Synergiezone A (Effekte 1+2) oder unter Nutzung des Effekts 3 weitergeleitet werden. Die Beschwerden mit den niedrigsten PWI werden unter Erzielung der Effekte 1 oder 2 in das Beschwerdereporting eingesteuert. (3) Die monetaren Auswirkungen der uber die Problem-KonsequenzMatrix bzw. die FRAB ermittelten Kundenprobleme fur das Unternehmen konnen in einer anschlielienden Marktschadensrechnung abgebildet werden (Stauss/Seidel 2002, S. 264ff.). Der Erkenntniswert der Analyse
Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie
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wird durch diese monetare Quantifizierung nochmals gesteigert. Notwendig hierfur sind Unternehmensdaten uber kundenindividuelle bzw. durchschnittliche KundenumsatzeZ-deckungsbeitrage sowie Erkenntnisse uber faktisch aufgrund von Problemen abgewanderte Kunden (Stauss/Seidel 2002, S. 272). Multipliziert man Problemfalle mit Kundenunnsatz und Abwanderungsfaktor, zeigt sich der entstandene Marktschaden. Analog zu den PWI konnen nun zwei ,kritische Marktschadensvolumina' definiert werden, die dann dieselbe Leitfunktion fur das Beschwerdereporting erfijllen, wie die eben skizzierten PWI>Grenzwerte.^^° Die hier skizzierten Uberlegungen sind vor denn Hintergrund der folgenden drei Hinweise zu betrachten: Zunachst ist zu konstatieren, dass bislang keine generellen Erkenntnisse uber Substitutionsverhaltnisse von Formalitat und Frequenz im Hinblick auf die Informationsnutzung vorliegen. Ferner ist eine spezifische .Kundenorientierung' des Reporting empfehlenswert, d.h. uber die obige Gedankenfuhrung hinaus sind stets das bisherige Informationsnutzungsverhalten interner Kunden und deren eventuelle Reportingpraferenzen zu berucksichtigen. Schliefllich ist bemerkenswert, dass hier auch das oben eingefuhrte InformationsqualitatsMessinstrument an seine Grenzen stofit, da es weder die kundenseitige Wahrnehmung der Frequenz noch der Formalitat des Beschwerdereportings abfragt. Entsprechende Fragestellungen sind also ggf. zu dem ursprunglichen Erhebungsinstrument hinzuzufijgen. Die bisher identifizierten Determinanten bereichern das Instrumentarium der Bereichsleitung zur Steuerung der Beschwerdeinformationsnutzung bereits deutlich. Wenn nunmehr die Erkenntnisse aus dem Berichtswe-
230
Zwar konnte vermutet werden, dass eine monetare Quantifizierung im Vergleich zu den PWI einen starkeren Impuls zur Beschwerdeinformationsnutzung in den Sparten auslost; dieser Gedanke aber lasst sich anhand bisheriger Forschungserkenntnisse nicht belegen.
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
sen des Controllings auf das Beschwerdemanagement ubertragen werden, zeigen sich zum einen nochmals feinere Stellschrauben fur das Beschwerdereporting. Zum anderen wird dadurch dem Aspekt der Inhaltsdimension der Beschwerdeinformationen Rechnung getragen, ohne dessen Berucksichtigung die Diskussion defizitar bliebe. 8.4.2.4
Umsetzung der Lernpotenziale aus dem Berichtswesen des Controlling
Das oben vorgestellte Analyseraster des denn Controlling zuzuordnenden Berichtswesens ermoglichte die Identifikation verschiedener Storfaktoren, die die erfolgreiche Informationsubermittlung vom Beschwerdemanagement zu seinen internen Kunden behindern konnen. Diese Barrieren durch geeignete Mafinahmenpakete zu uberwinden, ist die Herausforderung fur die Bereichsleitung Beschwerdemanagement. Hierfur sind unterschiedliche Instrumente zu wahlen, um zum eInen Barrieren auf der sach-ratlonalen Ebene der Wahrnehmung, des Verstehens und insbesondere der Beurteilung der Aufgabenbezogenheit zu gewahrleisten (8.4.2.4.1). Zum anderen sind Instrumente einzusetzen, die auf der sozioemotionalen Ebene fur eine Akzeptanz der Beschwerdeberichte und informationen sorgen konnen (8.4.2.4.2). 8.4.2.4.1
Mallnahmen zur Unterstutzung von Wahrnehmung, Verstehen und Beurteilung der Aufgabenbezogenheit von Beschwerdeinformationen
An dieser Stelle wird das auf der sach-rationalen Ebene verlaufende, aufeinander aufbauende Zusammenspiel aus Wahrnehmung, Verstehen und korrekter Einschatzung der Aufgabenbezogenheit der Beschwerdeinformationen durch die internen Kunden betrachtet. Im Hinblick auf die Beurteilung der Zweckbezogenheit im Lichte der primarmarktgerichteten Aufgabe eines Informationsempfangers gilt es zu verhindern, dass dieser die Aufgabenrelevanz der Beschwerdeinformationen falsch einschatzt. Diese Einschatzung erfolgt jedoch vor dem Hintergrund des individuellen
Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie
555
Konnens des Informationsempfangers, das im Rahmen der auf die interne Informationsfunktion beschrankten Kostenfuhrerschaft des Beschwerdemanagements kaum direkt beeinflussbar ist. Umso wichtiger wird es daher, dass die zeitlich vorgelagerten Phasen, namentlich die Wahrnehmung und das Verstehen der ubersendeten Beschwerdeinformationen, storungsfrei verlaufen, denn sie sind die notwendigen Voraussetzungen fur die adaquate Zweckbeurteilung. Beschwerdemanagement muss also in Ermangelung unmittelbarer Einflusspotenziale wenigstens seinen mittelbaren Einflussbereich erschlie(Jen, unn die angestrebte (positive) Beurteilung der Aufgabenbezogenheit zu erreichen: Auf der sach-rationalen Ebene gilt es folglich im Rahmen der internen Informationsfunktion die Wahrnehmung (Perzeption) und das Verstehen (Apperzeption) der internen Kunden zu optimieren. Weil es dabei gleichzeitig die nur begrenzte Aufnahmefahigkeit der Informationsempfanger zu berijcksichtigen gilt, bedarf es der Nutzung des in Abbildung 8-14 dargestellten Madnahmenbundels, um ein adaquates Wahrnehmen und Verstehen des Informationsadressaten so gut als moglich zu unterstutzen (Koch 1994, S. 11 If.). Auf einzelne zentrale Anknupfungspunkte wird schlaglichtartig eingegangen.
556
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
i Ubersichtlichkeit ! der I Berichte
j | Verwendung | ; eindeutiger Begriffe i ! T 2 1
r
\ | |
Variation der Redundanz ' —
"' r :
"
i \ ; ; | | "
—
Wahlder Darstellungsform "T "
4
1 1 Wahl des Uber- \ ; I mittlungsi| 1 ! mediums !
T
1
Storungsfreie Wahrnehmung
^
Storungsfreies Verstehen Beurteilung der Aufgabenbezogenheit
Abb. 8-14: Instrumentenportfolio zur Vermeidung von Storungen auf der sach-rationalen Ebene der Informationsaufnahme; Quelle: Eigene Abbildung auf Basis der Ausfuhrungen von Koch (1994, S. 11 Off.).
(1) Die Gewahrleistung bzw. Erhohung der Ubersichtlichkeit der Berichte ubt den groliten Einfluss auf die Wahrnehmung des Empfangers aus (Koch 1994, S. 114ff.; Witt 1997, S. 290ff.). Je ubersichtlicher das Beschwerdemanagement seine Berichte gestaltet, umso geringer ist der fur die Wahrnehmung erforderliche gedankliche Arbeitsaufwand des Informationsadressaten; je geringer aber die gedankliche Arbeit ist, umso sicherer, schneller und fehlerfreier erfolgt das Verstehen des Berichtsinhalts. Um hohe Ubersichtlichkeit zu erzielen, schlagt die einschlagige Literatur zwei Ansatzpunkte vor: Zum einen die Trennung von Ubersichtsinformationen (z.B. Zwischensummen oder Kennzahlen) und Detailinformationen und zum anderen die Hervorhebung besonders relevanter Oder auliergewohnlicher Informationsgegenstande. An dieser Stelle muss jedoch der Hinweis darauf genugen, dass die Gestaltpsychologie die entsprechenden Leitlinien bereitstellt (z.B. hinsichtlich zu wahlender Schriftarten und -typen, Umrandungen, etc.) (Koch 1994, S. 115f.), um Beschwerdereports in einer Weise zu layouten, die die Wahrnehmung der Reportempfanger erieichtern.
Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie
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(2) Die Zweckmadigkeit der Verwendung eindeutiger Begriffe resultiert daraus, dass Sender und Empfanger uber individuelle Bezugsrahmen der Kommunikation, d.h. intersubjektiv unterschiedliche Kommunikationshistoriken verfugen (Koch 1994, S. 122). Daraus ergibt sich das Risiko, dass Informationssender und -empfanger einem Kommunikationsgegenstand (z.B. einem Fachausdruck) nicht notwendigerweise die gleiche Bedeutung zuordnen. Weil eine vollstandige Kongruenz der jeweiligen Kommunikationsbezugsrahmen nicht a priori zu unterstellen ist, sollten sich Beschwerdereports, gerade vor dem Hintergrund des typischerweise interfunktional verlaufenden Beschwerdereportings, durch eine exakt abgegrenzte Begriffswelt und unzweideutige Formulierungen auszeichnen. Erneut erweist sich die im Rahmen des TIQM vorgeschlagene Qualitatsevaluation durch interne Kunden diesbezuglich als hilfreich, da die Qualitatsdimension Jnterpretability' die Nachfrager explizit bittet, die Verstandlichkeit der Begriffsdefinitionen zu bewerten.^^^ Dm diesen Storfaktor weitgehend auszuschalten, bietet sich die Ausarbeitung eines betrieblichen Begriffskatalogs an, in dem die inhaltlichen Verstandnisse der wichtigsten Begriffe hinterlegt und in den die funktionsbereichsspezifischen Termini einzubetten sind (Koch 1994, S. 123). Da es sich beim Beschwerdemanagement oft um ein in vielen Unternehmen junges bzw. innovatives Aufgabenfeld handelt, ist die Notwendigkeit eines solchen ,Beschwerdemanagement-Lexikons' empfehlenswert, denn stellenweise bestehen bereits hinsichtlich grundlegendster Begriffe (z.B. des Beschwerdebegriffs) deutliche Verstandnisabweichungen in Abhangigkeit von Funktionsbereich und/oder Hierarchieebene des Informationsempfangers im Unternehmen (Stauss/Seidel 2002, S. 23). Folglich sind exakte Definitionen des mitunter anspruchsvollen Vokabulars Be-
231
'Interpretability' gilt als 'the extent to which information is in appropriate languages, symbols, and units, and the definitions are clear' (siehe Abbildung 8-11) (Kahn et al. 2002, S. 187; Lee et al. 2002, 8. 143; Pipino et al. 2002, 8. 212).
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
schwerdemanagement-spezifischer Kennzahlensysteme vonnoten.^^^ Ferner ist zu uberlegen, in welcher Form ein solcher Begriffskatalog den intemen Kunden zur Verfugung zu stellen ist. Naciidem bislang noch immer Besciiwerdereports in Papierform das zentrale Kommunikationsinstrument darstellen (Stauss/Sciioier 2003, S. 111), konnten die zentralsten Begriffe in diesen Reports (z.B. in einenn Glossar) beschrieben werden. Daruber hinaus bietet sich eine (unnfassendere) Illustration der Begriffswelt auf den Intranet-Seiten des Beschwerdemanagements oder im Rahmen der von den Sparten ggf. verwendeten Beschwerdemanagement-Software an (z.B. Hilfefunktion, interaktive Berechnungsbeispiele). (3) Die Verwendung von Redundanz stellt ein weiteres Instrument dar, um Informationsubertragungsprozesse vor Storungen zu schutzen und sieht vor, eine Nachricht umfangreicher zu formulieren, als es zur erfolgreichen Ubermittlung der in ihr enthaltenen Informationen mindestens notwendig ware (Koch 1994, S. 124). In erster Linie zielt Redundanz darauf ab, das empfangerseitige Verstehen zu unterstutzen. Im Lichte des Reportingspektrums im Beschwerdemanagement lasst sich Redundanz in verbalen Berichten, Tabellen und grafischen Berichten einsetzen. •
Verstandnisfordernde Redundanz in verbalen Berichten bedeutet „eine wiederholte sprachliche Abbildung des gleichen Denkinhalts, also eines Begriffs oder einer Aussage, durch verschiedene Worte (...)" (Koch 1994, S. 134). Zwar wird durch das auf diese Weise kunstlich erhohte Informationsvolumen die Wahrnehmungskapazitat des Empfangers zwangslaufig starker beansprucht. Durch die bewusst kommunizierte weitgehende Kongruenz der Informationsinhal-
232
Beispielsweise stellen alleine Stauss/Seidel (2002, 8. 283ff.) im Kontext des Beschwerdemanagement-Controlling mehr als 40 Kennzahlen vor. Zwar sind diese kaum vollumfanglich fur die intemen Kunden relevant, sondern situativ heranzuziehen; dennoch unterstreicht dies fur einen primar interfunktional agierenden Funktionsbereich wie das Beschwerdemanagement die Notwendigkeit, begrifflich-inhaltliche Klarheit gewahrleisten zu mijssen.
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Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie
te wird im Gegenzug die apperzeptive Aufnahmefahigkeit aber weniger stark gefordert, und so die beabsichtigte Erleichterung des Verstandnisses erreicht. Redundanz in tabellarischen Aufbereitungen dient dazu, die bestehenden Zusammenhange fur den Leser rasch offen zu legen. Dies sei an dem einfachen Beispiel in Abbildung 8-15 veranschaulicht, das annahmegemafi den Auszug eines Beschwerdereports fur den Filialbereich eines Kreditinstituts reprasentiert. Absolute Abweichung
Relative Abweichung
gegen Vorperiode
gegen Vorperiode
20
+5
+25%
6
9
-3
-33%
300
250
+50
+20%
2000
1800
+200
+11%
15%
13,8%
+1,2%
+8,7%
Aktueller Monat
Vormonat
Beschwerdeursache: Dauerauftrag nicht ausgeflihrt
25
Beschwerdeursache: Depotgebiihr doppelt belastet
Zwischensumme Gesamtzahl unzufriedene Kunden Filiate X | Gesamte Artikulations-quote Filiale X
Abb. 8-15: Beispiel zur Eriauterung der Wirkung von Redundanz in tabellarischen Darstellungen zur Unterstutzung einer effektiven Informationsaufnahme; Quelle: In Anlehnung an Koch (1994, 8. 137).
Typische Beispiele derartiger Redundanz sind die hervorgehobenen Spalten der absoluten/relativen Abweichung sowie die Zeile ,Zwischensumme'. Diese Informationen gehen uber den Mindestumfang erforderlichen Informationsgehalts hinaus, dienen aber der Wahrnehmung sowie dem Versteiien und damit letztlich der Beurteilung der Zweckbezogenheit. Bemerkenswert ist, dass die solchermaflen in-
560
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
tendierte Redundanz die Realisierung eines Lemeffekts auf Seiten der Empfanger ermoglicht (Koch 1994, S. 137ff.). Wenn dem Leser die Zusammeniiange zwisciien den Zeilen und/oder Spalten des Besciiwerdebericiits niciit verstandlich sind, kann er iiim bekannte mit iiim bislang unbekannten Begriffen und Zahlenangaben verknupfen. Im Beispiel wird dies anhand des Fachterminus ,Gesamte Artikulationsquote' ersiciitiich. Diese berechnet sich anhand der Division aller eingegangenen, filialbezogenen Beschwerden durch die Gesamtzahl der unzufriedenen Kunden der Filiale, die uber z.B. Kundenzufriedenheitsbefragungen erhoben wurde (Stauss/ Seidel 2002, S. 291).^^^ Da den Nutzern die Bedeutung der Ausdrucke ,Zwischensumme' und ,Gesamtzahl unzufriedener Kunden' ihrer Filiale gelaufig sind, konnen sie anhand der mathematischen Relationen der Zahlenwerte die Berechnung der ,Gesamten Artikulationsquote', ein Begriff dessen Inhalt einem Empfanger nicht zwangslaufig bekannt ist, nachvollziehen und somit eriernen. •
233
Der Redundanzeffekt in grafischen Berichten beruht darauf, quantitative Angaben zusatzlich zu tabellarischer und/oder verbaler Prasentation in grafischer Weise darzustellen (z.B. als Balken, Kreissegmente, Kurven, etc.) (Koch 1994, S. 142f.). Da eine Grafik typischerweise eine geringere Genauigkeit aufweist, ist es nicht das Ziel, Zahlenangaben zu ersetzen, sondern diese lediglich zu erganzen. Dies beschreibt den gewunschten Redundanzeffekt. Der Vorteil liegt darin, dass durch die verschiedenen Stimulusdimensionen die apperzeptiven Aufnahmekapazitaten des Informationsadressaten entlastet und im Ergebnis grafisch dargestellte Informationen schneller aufgenommen und aufgrund der grolieren Anschaulichkeit besser erinnert werden. Beschwerdemanagement sollte sich daher Grafiken zunutzen
Annahmegemafi soil hinter jeder artikulierten Beschwerde ein unzufriedener Kunde stehen.
Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie
561
machen, urn besonders zentrale Informationen effektiver transportieren zu konnen (z.B. anhand der Problemwertindizes Oder Marktschadensrechnungen). Trotz dieser erwunschten Wirkungen erfordert das Instrument der Redundanz eine hohe Sensibilitat des Beschwerdemanagements fur dessen kundenseitige Wahrnehmung. Im Rahmen des obigen TIQM ist daher beispielsweise den Dimensionen Appropriate amount of information', .Concise representation' oder auch .Relevancy' besondere Aufmerksamkeit bei der Auswertung zu schenken.^^"^ (4) Trotz der Vorteilhaftigkeit grafischer Darstellungsformen gilt es zu beachten, dass das Verstandnis der Informationsadressaten durch die Verwendung einer ungeeigneten grafischen Berichtsart bzw. eine unzweckmaUige oder verwirrende Aufbereitung der Grafiken auch erheblich erschwert werden kann (Koch 1994, S. 149). Die Wahl der Darstellungsform wird so letztendlich im Lichte des jeweiligen Empfangers aber auch des Zwecks des fokalen Beschwerdereports zu fallen sein. Allgemeingultige Empfehlungen lassen sich diesbezuglich nicht abgeben, sondern sind anhand der IQ-Messung festzulegen. (5) Hinsichtlich der Auswahl des Reportingmediums wird zwischen schriftlicher, Bildschirm-basierter und personlicher Ubermittlung unterschieden. Die Bestimmung des Ubermittlungsmediums bemisst sich primar vor dem Hintergrund der (begrenzten) Informationsaufnahmefahigkeit der Empfanger. Schriftliche Reports haben den Vorteil, dass die Informationsadressaten die Aufnahmegeschwindigkeit selbst
234
Folgende Begriffsbestimmungen wurden zugrunde gelegt (siehe Abbildung 8-11): (1) Appropriate Amount of Information = the extent to which the volume of information is appropriate for the task at hand; (2) Concise Representation = the extent to which information is compactly represented; (3) Relevancy = the extent to which information is applicable and helpful for the task at hand (Kahn et al. 2002, S. 187; Lee et al. 2002, 8. 143; Pipinoetal. 2002, 8.212).
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
bestimmen und die Informationsaufnahme beliebig oft wiederholen konnen, weshalb sich bei komplexeren Sachverhalten schriftliche Beschwerdereports empfehlen (analog Koch 1994, S. 150). Das Bildschirmbasierte Reporting kollidiert bei langeren Bericiiten vergleiciisweise rasch mit dem Ziel weitest geiiender Ubersiclitlichkeit. Zum Schutz effektiven Walirnehmens und Versteiiens kann scliriftliclies bzw. Bildschirmbasiertes Reporting durcii fallweise bzw. zyklische mundliche Berichterstattungen und Feedbackrunden mit den internen Kunden des Beschwerdemanagements erganzt (also nicht abgelost) werden, in denen die zentralen Inhalte gemeinsam eruiert und besprochen werden. Diese MaRnahme verfolgt zwei Zielsetzungen: Zum einen eroffnet die Gelegenheit zu Ruckfragen und zur Diskussion die Chance, beim Empfanger Lernprozesse auszulosen. Zum anderen bringt die Einfuhrung solcher Diskussionsrunden fur die Berichtsempfanger die Notwendigkeit mit sich, die entsprechenden Reports im Vorfeld notwendigerweise, ggf. auch gegen den eigenen Willen, wahrnehmen zu mussen (Koch 1994, S. 151). Freilich bleiben, nicht zuletzt aufgrund von Kostenuberlegungen, schriftliche und elektronisch ijbermittelte Beschwerdeberichte der Kern der internen Informationsfunktion. Mit dem hier zuletzt angesprochenen Aspekt der Uberwindung ablehnender Einstellungen gegenuber Beschwerdeinformationen soil zur Diskussion der Akzeptanzbarrieren ubergeleitet werden. 8.4.2.4.2
MaRnahmen zur Unterstutzung der Akzeptanz von Beschwerdeberichten und Beschwerdeinformationen
Die Arbeiten von FornellA/Vestbrook (1984) und Kasouf et al. (1995) haben gezeigt, dass den Akzeptanzbarrieren auf der sozio-emotionalen Ebene der Empfanger von Beschwerdeinformationen groBe Relevanz
Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie
563
zuzusprechen ist.^^^ Insbesondere weil der Zwang zur Wahrnehmung der Beschwerdeinformationen noch als vergleichsweise gering einzustufen ist, empfehlen sich Mafinahmen, die die grundlegende Informationsbereitschaft der Empfanger, d.h. deren Akzeptanz der Berichte (im Vorfeld der Wahrnehmung, ihres Verstehens und der Zweckbeurteilung) und die spatere Akzeptanz der Beschwerdeinformationen auf Basis der erfoigten Zweckbeurteilung, erhohen konnen. Zur Vermeidung von sozio-emotionalen Storungen bietet sich der Instrumentendreiklang nach Koch (1994, S. 151ff.) an, der einer Zentralbereichsleitung empfiehit, die Akzeptanz der Empfanger uber die Gestaltung (1) inhaltlicher Merkmale, (2) formaler Merkmale und (3) personaler Merkmale zu beeinflussen. (1) Durch die geschickte Variation der inhattlichen Merkmale der Beschwerdeinformationen kann eine bessere Akzeptanz durch die Empfanger erzielt werden. Ausgangspunkt der effektiven Modellierung der Berichtsinhalte ist der Meinungsstandpunkt des Empfangers vor der Informationsubermittlung. Zu analysieren ist die Diskrepanz zwischen dem zu ubermittelnden Beschwerdeinformationsinhalt und dem Standpunkt des Adressaten. Konzeptionell lassen sich drei Konstellationen unterscheiden, die in Abbildung 8-16 vereinfacht wiedergegeben sind.
235
Die Diskussion wird, sofern nicht explizit darauf hingewiesen wird, nicht zwischen Akzeptanzbarrieren gegenuber den Beschwerdeinformationen und den Beschwerdereports unterscheiden. Die aufgezeigten Mafinahmen sollen in ihrem Zusammenspiel beide Akzeptanzhijrden zu uben/vinden helfen.
564
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Zone der Zuriickweisung
Toleranzschwelle 1
Toleranzschwelle 2 h-
Empfangerstandpunkte
Abb. 8-16: Konzeptionelles Modell zur Analyse der Diskrepanz von Empfangerstandpunkt und Informationsinhalt; Quelle: Eigene Abbildung auf Basis der Ausfuhrungen vonKoch(1994, S. 153ff.).
Eine Beschwerdeinformation, die nur eine (sehr) geringe Diskrepanz zu dem Standpunkt des Empfangers (A) aufweist und daher unteriiaib der Toleranzschwelle 1 liegt, wird von diesem In der so genannten ,Bandbreite der Akzeptanz' verortet (Koch 1994, S. 154). Informationsinhalte, die zwar in Relation zum Empfangerstandpunkt eine hohere Abweichung aufweisen (B), jedoch unterhalb der Toleranzschwelle 2 bleiben, werden in die Indifferenzzone des Rezipienten fallen. Dagegen werden Beschwerdeinformationen mit einer hohen Diskrepanz (C), die also auch die zweite Toleranzschwelle ubersteigen, vom Ennpfanger der ,Zone der Zuruckweisung' zugeordnet. Relevant sind die jeweiligen Konsequenzen der unterschiedlichen Diskrepanzgrade im Hinblick auf die Informationsakzeptanz. Diese sind in Abbildung 8-17 dargestellt und sollen kurz ausgefuhrt werden.
565
Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie
Diskrepanz zwischen Information und urspriinglicher Emp^ngerposition
''
Informationstyp 1
[
^
Informationstyp 2
]
Informationstyp 3
Bandbreite der Akzeptierung
Indifferenzzone
Zone der Zuruckweisung
Verzerrungseffekt 1:
Kein
Verzerrungseffekt 2:
Assimilationsfehler des Empfangers
Verzerrungseffekt
Kontrastierungsfehler des Empfangers
Akzeptanz
Akzeptanz
Nicht-Akzeptanz
Reduktion der Diskrepanz
Maximale Reduktion der Diskrepanz
1
^^^\^^ Beibehalten der Diskrepanz
Ausbau der Diskrepanz
Abb. 8-17: Diskrepanz des Informationsinhalts zur ursprunglichen Empfangerposition und deren Auswirkungen; Quelle: Eigene Abbildung auf Basis der Ausfuhrungen von Koch (1994, S. 153ff.).
Wie die Grafik verdeutlicht, fuhrt die Diskrepanz zwischen Beschwerdeinformation und Standpunkt eines Empfangers zu zwei Verzerrungseffekten. Die Bandbreite der Akzeptanz lost einen Assimilationsfehler aus, das heiUt, der Empfanger neigt dazu, „die Information als seinem Standpunkt nahergelegen (sic) anzusehen, als sie objektiv ist" (Koch 1994, S. 155). Eine der Indifferenzzone zuzuordnende Beschwerdeinformation ruft keine Verzerrung hervor. Informationen des Beschwerdemanagements, die in die Bandbreite der Zuruckweisung fallen, losen einen Konstrastierungsfehler aus: Ein Empfanger interpretiert die fokalen Beschwerdeinformationsinhalte dann als von seinem ursprunglichen Standpunkt noch starker abweichend, als dies objektiv der Fall ist (ebd.). Nun bleibt zu erortern, welche finalen Konsequenzen auf der Akzeptanzebene aus diesen drei Diskrepanzpfaden resultieren:
566
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
•
Ein Assimilationsfehler ruft eine Angleichung der Einstellung des Empfangers an die Information iiervor und fuhrt zur Al
•
Ebenso stoUt aucii eine Bescliwerdeinformation auf Akzeptanz, die in der Indifferenzzone verortet wurde. Bemerkenswert aber ist die in diesem Falle erzielte Wirkung auf die Einstellung des Infornnationsempfangers. Trotz der im Vergleich zur ,Bandbreite der Akzeptierung' grofleren Diskrepanz zwischen Infornnation und vorheriger Einstellung findet eine Einstellungsadaption statt. Der Betrag der Einstellungsanpassung ist somit grofter als derjenige im erst genannten Falle, wo die Beschwerdeinformation in die ,Bandbreite der Akzeptierung' fiel. Hier lasst sich somit das grofite Einstellungsveranderungspotenzial durch das Beschwerdemanagement realisieren.
•
Beschwerdeinformationen, die Kontrastierungsfehler hervorrufen, werden nicht akzeptiert, was zu einem von zwei Effekten fuhrt: Zum einen kann der Informationsempfanger seinen bisherigen Standpunkt verfestigen, d.h. die vorher bereits bestandene Diskrepanz bleibt in ihrem AusmafJ unverandert. Zum anderen kann ein ,Bumerang-Effekt' ausgelost werden und dazu fuhren, dass sich die Diskrepanz noch welter erhoht.
Es gilt im Lichte dieses Konzepts Gestaltungsempfehlungen fur die inhaltliche Dimension des Beschwerdereportings zu reflektieren. Freilich konnte hinterfragt werden, inwieweit sich dem Beschwerdemanagement uberhaupt Freiraume zum Management der Inhaltsdimension eroffnen, da die Beschwerdeinhalte von den Beschwerdefuhrern bestimmt werden.^^^ Die (umfassende) Existenz von Gestaltungsspielraumen belegen allerdings die Daten von Stauss/Scholer (2003, S. 130ff.). Wie die Auto-
^^^ Nur der Prazision halber sei angemerkt, dass es letztendlich das Primarmarktverhalten Oder das Leistungsangebot der Geschaftsbereiche ist, das die Beschwerdeinlialte determiniert.
Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie
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ren zeigen, tragt der Zentralbereich in der uberwiegenden Mehrheit der Unternehmen sowohl die Prozess- als auch die Durchfuhrungsverantwortung fur die Beschwerdeauswertung (83% / 78%) und das Beschwerdereporting (84% / 79%). Welche Inhalte erhoben und an wen berichtet werden, bleibt somit in hohem MafJe der Zentralbereichsleitung uberlassen. Diesen Spielraum gilt es zu erschlie(Jen, urn die Grundvoraussetzung fur die Informationsakzeptanz zu verbessern. Koch (1994, S. 161) regt vor denn Hintergrund der vorangegangen Uberlegungen an, interne Informationsadressaten mit einer faktisch bekannten bzw. zu erwartenden sehr hohen Diskrepanz sowelt moglich vom Reporting auszunehmen. Diese Uberlegung wurde im Beschwerdemanagement vermutlich rasch an ihre Grenzen stoflen, da ein GrofJteil der Auswertungen notwendigerweise weiterzugeben ist. Jedoch kann eine geeignete und auf die Diskrepanzlage abgestinnmte Durchmischung der Berichtsinhalte einen eventuell effektiveren Ansatz fur das Beschwerdereporting darstellen. Dafur ist an die Konzeptskizze zu den drei Dlskrepanzkategorien anzuknupfen (Abbildung 8-17). Es zeigt sich, dass fiir das Ziel der Beeinflussung des Primarmarktverhaltens der Geschaftsbereiche sowohl Informationen in der Zone der Akzeptanz (Informationstyp 1) als auch der Indifferenzzone (Informationstyp 2) dienlich sind. Die erzielbaren Verhaltensanderungen sind im Falle der Indifferenzzone sogar am grofiten. Allerdings sind Informationen in besonderem Made zu beachten, die Kontrastierungseffekte erwarten lassen (Informationstyp 3). Folgende Empfehlungen fur das Beschwerdereporting sind denkbar: •
Unproblematisch ist die Konstellation, in der Informationen des Typs 1 Oder des Typs 2 getrennt bzw. gemeinsam an interne Kunden weiterzumelden sind.
•
Sensibel im Hinblick auf die Akzeptanz sind die Informationen des Typs 3 zu behandeln. EIn Beschwerdereport, der ausschlieUlich bzw. mehrheitlich derartige Informationen enthalt, wird vermutlich den un-
568
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
erwunschten Kontrastierungseffekt auslosen. Daher gilt es zu uberlegen, inwieweit ein Kompensationseffekt durch eine Erganzung entsprechender Informationen des Typs 1 und Typs 2 erzielt werden kann. Hierzu aber liegen im Kontext der Nutzung von Marktinformationen bislang keine wissenschaftlichen Erkenntnisse vor. Es scheint jedoch die zu praferierende Alternative des Reportings zu sein, Informationen des Typs 3 nicht isoliert an die internen Kunden weiterzumelden, sondern nach Moglichkeit Beschwerdeinfornnationen der Typen 1 und/oder 2 nnitzuberichten.^^^ Eventuell besteht in einzelnen Fallen die Chance, innerhalb vertretbarer Spielraume, den Zeitpunkt des Beschwerdereporting entsprechend anzupassen, urn Beschwerdeinformationen des Typs 1 bzw. 2 integrieren zu konnen. Es bleibt noch die Frage offen, wie ein Beschwerdemanagement bestimmen kann, wann es sich aus der Wahrnehmung der Informationsempfanger urn einen Informationstyp 1, 2 oder 3 handelt. Zum einen kann hierbei auf die Erfahrung der Zentralbereichsleitung im Umgang mit internen Kunden und deren Einstellung gegenuber dem Beschwerdemanagement zuruckgegriffen werden. Daruber hinaus eroffnet die Erhebung der Informationsqualitat im TIQM erste Einblicke. Beispielswelse eriaubt die genaue, kundenspeziflsche Auswertung der Qualitatsdimensionen ,Believability', .Objectivity', .Relevancy' und .Reputation' Ruckschlusse auf die Einstellung des Befragten oder einzelner Funktionsbereiche zum Be238
schwerdemanagement.
237
Daruber hinaus ist auch das effektive Zusammenspiel mit anderen Instrumenten zu bedenken. Beispielsweise kann das Ubermittlungsmedium variiert werden und anstatt eines schriftlichen Reportings eine personiiclne Reporting-Sitzung die Akzeptanz der Empfanger fordern. Auf diesen Aspekt wird unten noch separat einzugehen sein. ^^^ In Abbildung 8-11 wurden die angesprochenen Dimensionen wie folgt beschrieben: Believability = the extent to which information is regarded as true and credible; Objectivity = the extent to which information is unbiased, unprejudiced, and impartial; Relevancy = the extent to which information is applicable and helpful for the task at hand; Reputa-
Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie
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Dieses Informationsinhaltsmanagement im Beschwerdemanagement stellt die erste Stufe zur Gewahrleistung der Informationsakzeptanz dar. Eine weitere wichtige Erkenntnis der obigen Ausfuhrungen ist, dass die Diskrepanz stets eine vom Empfanger wahrgenommene Abweichung beschreibt. Auch diese Wahrnehmung lasst sich vom Beschwerdemanagement in dem Sinne steuern, dass die vom Informationsadressanten waiirgenommene Diskrepanz minimiert wird (Koch 1994, S. 162). Dafur 239
dient die Variation der formalen Merkmale des Beschwerdeberichts. (2) Die Zentralbereichsleitung sollte bei der Gestaltung der formalen Merkmale stets das hier stufenweise besprochene Instrumentalportfolio des Beschwerdereportings in seiner Gesamtheit einsetzen. Insbesondere kann auf die obigen Ausfuhrungen zur Unterstutzung von Wahrnehmung, Verstehen und Beurteilung der Zweckbezogenheit zuruckgegriffen werden, denn aufgrund von Wechselwirkungen der sach-rationalen und sozio-emotionalen Ebene konnen auch die dort besprochenen Mafinahmen einen Beitrag zur Erhohung der Akzeptanz leisten^'^^ (Koch 1994, S. 166; Witt 1997, S. 286ff.). Akzeptanzfordernde Effekte sind zu enA/arten durch: (a) Die Partizipation bei der Planung und Erstellung der Berichte; (b) eine personliche Berichterstattung als Erganzung des schriftlichen/elektronischen Reportings, (c) eine ausgewogene formale Aufbereitung positiver und negativer Abweichungen sowie (d) den Einsatz grafischer Gestaltungselemente.
tion = the extent to which information is highly regarded in terms of its source or content (Kahn et al. 2002, 8. 187; Lee et al. 2002, S. 143; Pipino et al. 2002, S. 212). Die nun zu besprechenden formalen Merkmale der Beschwerdeberichte erganzen die obigen Ausfuhrungen hinsichtlich der Formalitat des Beschwerdereportingprozesses (nach Maltz/Kohli 1996) und fordern so eine ganzheitliche Steuerung der Beschwerdeinformationsubermittlung durch die Bereichsleitung. Beispielsweise behchtet Koch (1994, S. 167) von empirischen Studien, nach denen unterschiedliche Schrifttypen verschiedene emotionale Interpretationen auf Seiten der Leser auslosen (z.B. fuhren eckige und steife Schriften zum Gefuhl der Ernsthaftigkeit auf Seiten der Leser).
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
(2a) Mit der fortschreitenden Entwicklung entsprechender Beschwerdemanagement-Software eroffnen sich stetig zunehmende Moglichkeiten zur Partizipation der Nutzer in der Design- und Erstellungsphase der Berichte (analog Homburg et al. 2000, S. 250). Ohne deutliche Kostensteigerungen wird so ein auf den internen Kunden abgestimmtes Beschwerdereporting ermoglicht. Die Akzeptanz der Berichte kann belspielswelse dadurch gefordert werden, dass Informatorische Grundmodule je nach Praferenz der internen Kunden(segmente) zusammengestellt und miteinander kombiniert werden. Hierbei kann unmittelbar an einzelne Aspekte des oben bereits diskutierten Mass Customization-Konzepts angeknupft werden, weshalb weitere Ausfuiirungen hier unterbleiben. (2b) Ein zweites Instrument zur Erhohung der Akzeptanz der Beschwerdeinformationen stellt die personliche Berichterstattung dar. Die kommunikationswissenschaftliche Forschung ist sich, nicht zuletzt anhand empirischer Ergebnisse einig, dass die Informationsubertragung im personlichen Gesprach stets wirksamer als schriftliche Kommunikation ist (Koch 1994, S. 165). WIchtig ist zu verstehen, dass es nicht (realistisches) Ziel sein kann und soil, schriftliches Beschwerdereporting durch personliche Interaktionen zu ersetzen; dagegen sprechen nicht nur Kostengrunde, sondern auch, dass ein wichtiger Vorteil schriftlichen Reportings darin besteht, den Empfangern die Geschwindigkeit ihrer Informationsaufnahme selbst zu uberlassen. Allerdings kann ein personliches Reporting eine effektive Erganzung bei denjenigen Kunden sein, bei denen nachhaltige Akzeptanzprobleme zu bestehen scheinen. Aufgrund des Erganzungscharakters sollte der Fokus nicht auf der reinen Obermittlung der Beschwerdeinformationen liegen, die bereits anhand der im Vorfeld verteilten Reports erfolgt sein sollte. Vielmehr konnen diese Gesprachsrunden starker auf ein Besprechen und eine Diskussion der Inhalte gerichtet sein, wobei durch die multidimensionale Stimulierung eine Beeinflussung der sozio-emotionalen Ebene der Informationsempfanger erieichtert wird (Koch 1994, S. 165f.).
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(2c) Ein im Kontext des Beschwerdemanagements besonders relevanter Aspekt beleuchtet die empfangerseitig anzutreffende Einordnung der Beschwerdeinformationen als unzulassige bzw. unbegrundete Kritik der Kunden an der eigenen Marktieistung (Stauss/Seidel 2002, S. 19). Freilich ist es Kernaufgabe des Beschwerdemanagements, dieses marktseitige Feedback an die betreffenden Organisationseinheiten weiterzumelden. Allerdings bietet die formal ausgewogene Aufbereitung des Reportings ein effektives Gestaltungsinstrument, um Akzeptanzprobleme bei den Empfangern zu reduzieren. Koch (1994, S. 166f.) bemerkt diesbezuglich, dass es vor dem Hintergrund psychologischer Zusammenhange nicht ratsam sei, „nur solche Abweichungen hervorzuheben, die uber eine negative Zielerreichung durch den Empfanger Auskunft gegen." Unterstreicht die formale Gestaltung des Beschwerdereports in hohem Made die negative Leistung einer fokalen Organisationseinheit, sind auf Seiten der Empfanger folgende kontraproduktive Wirkungen zu befurchten: Zunachst konnten Informationsrezipienten der jeweiligen Information eine deutlich geringere Relevanz beimessen als das Beschwerdemanagement; damit ist verknupft, dass eine realistische Einschatzung der eigenen Marktieistung behindert, Misserfolgsempfinden verstarkt und letztlich das eigene Anspruchsniveau und Leistungsverhalten der internen Kunden des Beschwerdemanagements reduziert wird (analog Koch 1994, S. 167). Daraus leiten sich zwei Empfehlungen ab: Zum einen konnte der Zentralbereich bei entsprechenden Abweichungen auf eine ubermaflige Hervorhebung dieser negativen Information verzichten. Zum anderen verweist die Controlling-Literatur auf die Zweckmaliigkeit erganzender, verbaler Kommentare, die als konstruktive Hilfestellung formuliert werden und so erste Anreize zur Uberwindung eventuell identifizierter Defizite dienen konnen (Koch 1994, S. 169). Insgesamt ist dieser Gestaltungsansatz als Fortsetzung der angesprochenen Gestaltung der Inhalte bzw. der Inhaltssensibilitat des Beschwerdereportings anzusehen.
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
(2d) AbschlieRend sei an die oben genannte Veranschaulichung von verbalen und quantitativen Angaben in Form von Grafiken erinnert, die sich Beschwerdemanagement aufgrund des folgenden Wirkungszusammenhanges zunutze machen kann: Grafische Aufbereitungen fordern die Akzeptanz der Besciiwerdeinformationen insofern, als Informationsrezipienten diese gedanklich weniger intensiv iiinterfragen und iiinen dannit eine iiohere Glaubwurdigkeit zusprechen, als rein verbalen Darstellungen (Koch 1994, S. 168). (3) Die Akzeptanz der Beschwerdereports und -infornnationen wird auch durch Personlichkeitsmerkmale auf Seiten der Sender und Empfanger determlniert (Koch 1994, S. 169). Die personlichen Charakteristika des Empfangers sind dabei weniger zu gestalten als vielmehr als QuasiRahmengrofle in die Planung der internen Informationsfunktion einzubeziehen. Auf Seiten des Beschwerdemanagements ist zu bedenken, dass sich im Rahmen einer Fokussierung auf die Interne Informationsfunktion nur bedingt personliche Kontakte mit den internen Kunden ergeben. Gerade well personliche Interaktionen vergleichsweise seiten sein werden, ist ihnen, so sie denn stattfinden, eine besondere Bedeutung aus Sicht des Beschwerdemanagements als Dienstleistungsanbieter beizumessen. Aufgrund des hoheren Gestaltungsspielraums sei zunachst das Beschwerdemanagement betrachtet. Ein Sender kann grundlegend uber drei Personlichkeitsmerkmale die empfangerseitige Akzeptanz der ubertragenen Informationen unterstutzen bzw. gewahrleisten (Koch 1994, S. 169): (a) Macht, (b) Glaubwurdigkeit und (c) Attraktivitat. (3a) Die Informationsakzeptanz aufgrund von Macht bedeutet die Einwilligung des Empfangers anzustreben, d.h. eine Akzeptanz der Informationen ohne eine notwendigerweise erfolgte innere Zustimmung der Rezipienten. Jedoch scheint die machtbasierte Durchsetzung der Informationsnutzung durch das Beschwerdemanagement aus zwei Grun-
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den kein adaquater Ansatzpunkt zu sein: Erstens liegt die Entscheidung ijber die Machtposition des Beschwerdemanagements in der Hand der Unternehmensleitung und damit aufierhalb des Einfiussbereiciis der Zentralbereichsleitung. Zweitens ist die aktuelle Positionierung des Beschwerdemanagements im Unternehmen als vergleichsweise schwach zu bezeichnen, wie die Ausfuhrungen zum Charakter des Beschwerdemanagements als Unterstutzungsbereich (siehe 6.3.2) belegt haben. Das in dem hier angesprochenen Sinne adaquate Einflussrecht, das Alleinentscheidungsrecht, wird in deutschen Unternehmen lediglich 16% aller Beschwerdemanagement-Bereiche zugestanden (Stauss/Scholer 2003, S. 139). Eine Machtposition der Beschwerdemanagement-Mitarbeiter gegenuber ihren internen Kunden, die eine .Verordnung' der Informationsakzeptanz rechtfertigen wurde, scheint daher nicht gegeben zu sein. (3b) Viel versprechender ist die Gestaltung bzw. die Unterstutzung der Glaubwurdigkeit des Beschwerdemanagements. Sofern die internen Kunden das Beschwerdemanagement als in hohem Mafie glaubwurdig einschatzen, tendieren sie dazu, die erhaltenen Informationen zu akzeptieren, indem sie ihr Vorwissen der fokalen Beschwerdeinformation (nachhaltig) anpassen. Diese Form der Akzeptanz wird als Internalisation bezeichnet (Koch 1994, S. 170). Die Glaubwurdigkeit des Beschwerdemanagements als Informationssender stutzt sich seinen Sachverstand und die ihm zuerkannte Objektivitat: •
Sachverstand ist als Expertise zu interpretieren und kann auf unterschiedliche Weise belegt werden. Als SchlusselgrofJe fur einen Informationsdienstleister wie das Beschwerdemanagement ist die Zuverlassigkeit der ubermittelten Informationen anzusehen, also beispielsweise die Richtigkeit oder die entsprechende Aufbereitung der Daten in den Reports. Erneut erweist sich die anempfohlene Erhebung der Informationsqualitat als geeignete Grundlage einer Analyse der Ausgangsposition des Beschwerdemanagements. In erster Linie
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
lassen die Dimensionen ,Believability', ,Free of Error' sowie ,Reputation' Einblicke uber den dem Beschwerdemanagement von seinen internen Kunden zugesprochenen Sachverstand erwarten.^"^^ Objektivitat beschreibt das Streben des Senders, sein Wissen ohne die Absiciit der Einflussnahme an den Empfanger ubermittein zu wollen (Kocii 1994, S. 171). Da aber offensichtlich die Absicht bzw. der Auftrag des Beschwerdemanage-ments gerade in einer Beeinflussung des Marktverhaltens besteiit, muss der Zentralbereicii davon ausgehen, von den Empfangern als tendenziell wenig objektiv angesehen zu werden. Eine Einsciiatzung uber das tatsachliciie Urteil der internen Informationsempfanger eriaubt die Teildimension ,Objectivity' der IQ-Messung.^"^^ Zwar kann die Intention der Marktverhaltensbeeinflussung von der Zentralbereichsleitung kaum aufzugeben sein; davon unbenommen kann Besciiwerdemanagement nachdrucklich die Objektivitat und metiiodisciie Sorgfalt unterstreiciien, mit der die Besciiwerdereports im Raiimen der Besciiwerdeauswertung erarbeitet werden. Hier sind in hoinem MafJe Synergieeffekte zu den oben aufgezeigten vertrauensfordernden Malinahmen zu vermuten.
(3c) Eine dritte Mogliciikeit, fur die Akzeptanz der Beschwerdeinformationen zu sorgen ist es, die von den internen Kunden wahrgenommene Attraktivitat des Beschwerdemanagements zu steigern. Die Informationsempfanger werden Beschwerdemanagement dann in dem hier gemeinten Sinne als attraktiv einstufen, wenn sie gewisse Ahnlichkeiten
Diese Dimensionen der Informationsqualitat werden wie folgt verstanden: Believability = the extent to which information is regarded as true and credible), Free of Error = the extent to which information is correct and reliable; Reputation = the extent to which information is highly regarded in terms of its source or content (Kahn et al. 2002, S. 187; Lee et al. 2002, S. 143; Pipino et al. 2002, S. 212). ^^^ Objektivitat wird beschrieben als 'the extent to which information is unbiased, unprejudiced, and impartial' (Kahn et al. 2002, S. 187; Lee et al. 2002, 8. 143; Pipino et al. 2002,8.212).
Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie
575
zwischen diesem und sich selbst erkennen, mit ihm vertraut sind oder ihm ein bestimmtes Mali an Sympathie zusprechen (analog Koch 1994, S. 170). Alle drei Facetten erzeugen im Erfolgsfalle eine Identifikation der internen Kunden mit dem Beschwerdemanagement als Sender der Informationen und gewahrleisten auf diese Weise die erwunschte Akzeptanz. Nachdem es hier urn Personlichkeitsmerkmale geht, sind diese Aspekte auf die Mitarbeiter des Beschwerdemanagements zu bezlehen.^"^^ Erfolg versprechend scheint zu sein, die Idee eines so genannten Information Product Managers (IPM) (Wang et al. 1998, S. 103) im Beschwerdemanagement zu adaptieren und Complaint Information Product Manager zu etablieren (CIPM). Als unternehmensinterner Produktmanager koordiniert und betreut der CIPM die Bedurfnisse der drei primaren Stakeholdergruppen im Kontext interner Informationsdienstleistungen: Die Mitarbeiter im direkten Beschwerdemanagement als Lieferanten der ,Rohinformationen', die Mitarbeiter im indirekten Beschwerdemanagement als Produzenten der Informationsprodukte und schlielilich die Nutzer eines fokalen Informationsprodukts bzw. einer Informationsdienstleistung in den unterschiedlichen Funktionsbereichen der Unternehmung (analog Wang et al. 1998, S. 103f.). Zu den Kernaufgaben eines CIPM, der vorzugsweise in der Zentralbereichsleitung anzusiedein ware, konnte es gehoren, die unterschiedlichen Bedurfnisse einzelner Kundensegmente zu erkennen, deren Erfullung zu erheben und deren Feedback im Rahmen der Verbesserung des eigenen Leistungsangebots umzusetzen. Dm dieser Verantwortung
243
Freilich stofien die Potenziale des Beschwerdemanagements lediglich iiber seine Reports diese drei Attraktivitatsdimensionen bei internen Kunden ansprechen zu l
576
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
gerecht zu werden, ist es erforderlich, dass Beschwerdemanagement seine Leistungen im Lichte eines simplifizierten Produktiebenszyklus' betrachtet und eine Engineering-, Monitoring- und Improvement-Phase differenziert. •
In der Engineering-Phase richtet sich der Fokus des CIPM auf die Entwicklung bzw. das Design eInes Leistungsbundels im LIchte aktueller Kundenanforderungen. Diese sind auf Basis des TIQM bestimmbar.
•
In der (internen) JVJarl^tphase hat der CIPM ein proaktives Monitoring bzw. Feedbackmanagement mit den Nutzern zu gewahrleisten, dessen Maxime die Verbesserung der Informationsdienstleistung ist. Beim CIPM liegt ferner die primare Verantwortung fur die Bestimmung der aktuellen Qualitatseinschatzung interner Kunden im Hinblick auf das Leistungsportfolio des Beschwerdemanagements. Auch konnte er in erster Linie fur die eventuell notwendigen personlichen Reporting-Sitzungen mit den internen Kunden zustandig sein. Um Akzeptanzbarrieren a priori moglichst zu vermeiden, kann der CIPM gegenuber den von negativen Abweichungen betroffenen Geschaftsbereichen bereits im Vorfeld des eigentllchen Reportings ein ,Erwartungsmanagement' betreiben und so negative Uberraschungseffekte auf Kundenseite minimieren.
•
In der Reifephase eines aktuellen Leistungsangebots wird der CIPM zukunftige Kundenanforderungen zu definieren und diese in die Engineering-Phase eines Nachfolgeprodukts einzusteuern suchen.
Wie diese Charakterisierung verdeutlicht, bietet sich uber die Einfuhrung eines Produktmanagers im Beschwerdemanagement die Chance, die eigene Attraktivitat in der Wahrnehmung der Kunden zu steigern. Der Ahnlichkeits- und Sympathieaspekt kann bereits bei der Auswahl desjenigen Mitarbeiters berucksichtigt werden, der als CIPM das Beschwerdemanagement im innerbetrieblichen Kundenkontakt reprasentieren
Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie
577
soll.^'^'^ Beispielsweise ist denkbar, fur die Betreuung von eher technischen oder naturwissenschaftlichen Funktionsbereichen (z.B. Produktentwicklung, Produktion, etc.) einen Mitarbeiter mit entsprechender interfunktionaler Ausbildung einzusetzen. Daruber hinaus ist die entsprechende Kompetenz beispielsweise im Bereich des Key Account Managements ein weiteres denkbares Auswahlkriterium fur diese Position. AbsciiJieflend sei noch kurz der Aspekt personlicher Merkmale der Empfanger berucksichtigt. Wie bereits erwaiint, sind diese kaum aktiv zu verandern, sondern vielmehr als Determinante der internen Dienstleistungserbringung in die Planungen einzubezieiien. Letztlich deutet dies auf die Zweckmafligkeit einer internen Kundensegmentierung inn Beschwerdemanagement hin. Hierbei sind unterschiedliche Segmentierungskriterien denkbar. Ein bedeutendes Merkmal ist die interne Gruppenzugehorigkeit eines Informationsennpfangers, da durcii Gruppennormen die Einstellungen und damit die Informationsakzeptanz beeinflusst werden kann (z.B. Reporting in Abhangigkeit von der Hierarciiieebene, z.B. Abteilungsleiter und Kundenkontaktmitarbeiter) (Frankwick et al. 1994, S. 96ff.). Bine insbesondere im Hinblick auf die Akzeptanz interessante Segmentierung interner Kunden legt Laciimann (1994, S. 36ff.) vor. Lachmann identifiziert aniiand der kundenseitigen Pradisposition gegenuber angebotenen Marktinformationen funf unterschiediiciie Kundensegmente der innerbetrieblichen Marktforschungsabteilung. Ubertragen auf das Beschwerdemanagement konnte man annehmen, dass es die Kundensegmente der ,Beschwerdemanagement-Fans, -Respektierer, -Realisten, -Skeptiker und -Gegner geben wird. Die Ausgestaltung des Reportings kann sich an diesen Kategorien ausriciiten. Beispielsweise konnte
244
Zu generellen Mitarbeiterqualifikationen im Beschwerdemanagement siehe auch Stauss/Seidel (2002, 8. 457). Wenngleich sich diese primar auf Mitarbeiter im direkten Beschwerdemanagement beziehen, sollte freilich auch ein potenzieller CIPM entsprechende Kompetenzen aufweisen.
5 78
Verfeinerte Analyse der A ufgabenumwelt
ein Bericht an Beschwerdemanagement-Gegner und -Skeptiker ein hoheres Mafi an grafischen Darstellungen enthalten, urn so den Effekt der hoheren Glaubwurdigkeit zu erschlielJen. Auch ist denkbar, bei diesen internen Kunden besonders auf die formale Ausgewogenheit des Reportings zu achten, also eine unnotige Uberbetonung negativer Abweichungen zu vermeiden, und/oder besonders behutsanne Fornnulierung zu wahlen, urn nicht noch zusatzliche Reaktanzen hervorzurufen. Zur Identifikation dieser funf Kundensegmente sei ein letztes Mai der Ruckgriff auf das TIQM ennpfohlen. 8.4.3
Wurdigung der Kostenfuhrerschaftsstrategie als Option zur Ausgestaltung des Beschwerdemanagements als tertiare Unterstutzungsdienstleistung
Ausgangspunkt der Uberlegungen zur hier ausgefuhrten Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie inn Tertiardienstleistungsbereich war die Idee einer so genannten ,kleinen Losung' des indirekten Beschwerdemanagements. Diese versteht die interne Informationsfunktion als Grundnutzen, weshalb das Leistungsprogramm des Beschwerdemanagements auf lediglich diese Funktion reduziert und auf die Impuls- und Bildungsfunktion verzichtet wird. Dies positioniert Beschwerdemanagement als reinen Informationsdienstleister und ermoglicht die angestrebte Budgetreduktion. Dennoch blieb es Ziel, die interne Informationsfunktion auf eine Weise auszugestalten, die die effektive innerbetriebliche Verteilung der Beschwerdeinformationen im Unternehmen sicherstellt, um so die notwendigen Voraussetzungen fur die Umsetzung der Informationen in den und durch die Geschaftsbereiche zu gewahrleisten. Deshalb wurde als zentrales Fundament einer erfolgreichen Kostenfuhrerschaft ein Total Information Quality Management vorgeschlagen. Dieses konnte sukzessive um weitere Instrumentalansatze erganzt werden, die aus der Forschung zur Market Information Utilization und dem Controlling-Berichtswesen
Adaption der Kostenfuhrerschaftsstrategie
579
abgeleitet wurden. Das somit erarbeitete MaBnahmenportfolio verspricht eine im Sinne der angestrebten Nutzung effektive Ubermittlung der Beschwerdeinformationen an die Geschaftsbereiche. Freilich wurde offenbar, dass, trotz der Kostenreduktionsperspektive, eine grundlegende und systematisch betriebene Kundenorientierung fur den Erfolg des Beschwerdemanagements als Informationsdienstleister unabdingbar ist. Diese ist allerdings a priori im Konzept des TIQM verankert, weshalb eine konsequente Verfolgung dieses Managementansatzes eine Erfolg versprechende Grundlage fur die Konfiguration des Beschwerdennanagements als Informationsdienstleister bildet. Kritisch zu bedenken sind drei Aspekte der hier vorgeschlagenen Kostenfuhrerschaftsstrategie, die der konzeptionellen Ebene zuzuordnen bzw. im Lichte der Beschwerdemanagement-Forschung und -Praxis zu sehen sind. Aus konzeptioneller Sicht ist zu unterstreichen, dass die hier vorgesehene Reduktion des Leistungsprogramms auf die interne Informationsfunktion die direkte Beeinflussung der Beurteilungskompetenz interner Nachfrager im Hinblick auf die Aufgabenbezogenheit der Beschwerdeinformationen kaum ermoglicht. Wie gezeigt wurde, lasst diese sich lediglich mittelbar uber die Wahrnehmung und das Verstehen der Informationsadressaten steuern, wohingegen eine direkte Einflussnahme, wie sie z.B. durch die Bildungsfunktion denkbar ware, nicht erschlossen werden kann. Die elgentliche Skepsis gegenuber dieser minimalistischen Beschwerdemanagement-Konfiguration scheint jedoch weniger aus konzeptioneller Sicht als vielmehr im Lichte der aktuell bestehenden Beschwerdemanagement-Theorie und -Praxis angebracht. Die Forschung zum Beschwerdemanagement widmet dem indirekten Beschwerdemanagementprozess, insbesondere im Vergleich zum direkten Prozess, nur eine sehr begrenzte Aufmerksamkeit. Das hier vertretene Erkenntnisfundament beruht daher nahezu ausschliefilich auf Analoguberlegungen verwandter Forschungsfelder und sollte daher idealiter vor dem Hintergrund empirischer Erhebungen im Beschwerdemanagement-
580
Verfeineiie Analyse der Aufgabenumwelt
Kontext uberpruft werden. In der Beschwerdemanagement-Praxis, dies haben die Ausfuhrungen an verschiedenen Stellen gezeigt, scheint ein GroBteil der Beschwerdemanagement-Bereiche bislang die im Zuge der Diskussion abgeleiteten Anforderungen an ein effektives Informationsdienstleistungsmanagement noch nicht gewahrleisten zu konnen. Ein vollumfanglicher Verzicht auf die Impuls- und Bildungsfunktion scheint daiier eriiebliciie Risiken im Hinblick auf die Besciiwerdeinformationsnutzung im Unterneiimen mit sich zu bringen. Die alleinige Konzentration auf das ,aufgabenbezogene Kennen' der internen Kunden, wie es die interne Informationsfunktion vorsieht, konnte deshalb nur bedingt ratsam sein. Weiciies iioiiere Nutzenniveau dagegen durch die Integration der Impulsund Bildungsfunktion in das Leistungsprogramm des Zentralbereichs erschlossen werden kann, soil nun ausgefuhrt werden.
8.5 Adaption der Differenzierungsstrategie im Kontext der tertiaren Unterstutzungsdienstleistungen des Beschwerdemanagements Die hier vorzustellende Differenzierungsstrategie soil im strategischen Geschaftsfeld der Tertiardienstleistungen einen Zusatznutzen fur die Gesamtunternehmung generieren, der einen grofleren Kosten- bzw. Budgetspielraum des Beschwerdemanagements rechtfertigt. Als Zusatznutzen wird die Wahrnehmung der Bildungs- und der Impulsfunktion des Beschwerdemanagements interpretiert. Eine solche Ausweitung des Tertiardienstleistungsangebots spiegelt die bereits in Teil 7 zugrunde gelegte Differenzierungslogik wider und fuhrt zu der oben plakativ als ,groBe Losung' bezeichneten Konfiguration des Leistungsprogramms in diesem SGF des Beschwerdemanagements. Die Vorgehensweise orientiert sich an den bisherigen Ausfuhrungen. Deshalb wird zunachst belegt, dass die Impuls- und die Bildungsfunktion faktisch als Zusatznutzen interpretierbar sind (8.5.1). Explizit ist die mit der Ausweitung des Leis-
Adaption der Differenzierungsstrategie
581
tungsprogramms einhergehende Weiterentwicklung des Beschwerdemanagements vom reinen Informationsdienstleister zum Anbieter wissensintensiver Dienstleistungen zu wurdigen (8.5.2). Anschliefiend wird ein Ausgestaltungsansatz des Beschwerdemanagements prasentiert, der die Erschliefiung des konzeptualisierten Zusatznutzens ermoglichen soil (8.5.3). Aufgrund der hoheren Anforderungen, die an einen wissensintensiven Dienstleister gestellt werden, verdlent daruber hinaus die Frage der Qualltatswahrnehmung und Zufrledenheit interner Kunden im Lichte dieses Differenzierungsansatzes des Beschwerdemanagements eine separate Betrachtung (8.5.4), bevor eine Wurdigung des ausgearbeiteten Differenzierungsansatzes das Kapitel abschliefit (8.5.5). 8.5.1
Ausweitung des Leistungsprogramms durch die interne Impuls- und Bildungsfunktion als Zusatznutzen
Die generelle Idee, die Informationsnutzungsintensitat der Empfanger durch erganzende Dienstleistungen zu verbessern, wird bereits in verschiedenen betriebswirtschaftlichen Funktionalbereichen angeregt. Im Kontext der dem Kundendlenst zuzurechnenden Dokumentationspolitik schlagt Schlomer (1997, S. 152f.) beispielsweise vor, im Falle einer defizitaren Dokumentationsnutzung eine Erganzung der Dokumentationsprodukte mittels weiterer Serviceleistungen zu uberdenken. Eine noch grofJere Analogie zur internen Informationsfunktion ist hinsichtlich der Managementempfehlungen gegeben, die Roleff (2001, S. 105) im Hinblick auf die betriebliche Nutzung von Marktforschungsinformationen ableitet: „Qualitat in der Marktforschung ist demnach nicht nur an der Marktforschungsinformation per se festzumachen, sondern erstreckt sich einem modernen Verstandnis zufolge auf den gesamten Marktforschungsprozess und damit insbesondere eben auch auf begleitende Marktforschungsservices." Der Autor verweist insbesondere darauf, dass geeignete Marktforschungsservices - und er versteht darunter die konstruktive Beratung und Unterstiitzung des Managements durch die betriebliche
582
Verfeinerte Analyse der A ufgabenumwelt
Marktforschungsabteilung - den Dialog zu den internen Kunden intensivieren und damit die Voraussetzung fur die effektive Erschlieflung der Marktforsciiungsinformationen als faktische Entscheidungsgrundlage des Managements bilden. Deshalb resumiert Roleff (2001, S. 108f.): „Ein nnodernes, kundenorientiertes Verstandnis von Qualitat in der Marktforsciiung bezieht sicii niciit nur (aber naturlich aucii) auf das Kernprodukt der Marktforschung (die Information selbst), sondern erstreckt sich auch auf die zur ,Produktion' und ,VenA/endung' dieses Kernprodukts notwendigen Services (...)"^^^ In diesem Sinne sind Impuls- und Bildungsfunktion als wichtige Erganzung der internen Informationsfunktion zur Beeinflussung des Primarmarktverhaltens der Sparten einzustufen. Der Gegenstand beider Funktionen soli zunachst rekapituliert werden. Die Impulsfunktion umfasst die „Ausarbeitung und Vorlage von kundenorientierten Veranderungsvorschlagen: Die Impulsfunktion 1st eine Steigerung der Informationsfunktion und liegt vor, wenn nicht nur Informationen gesammelt, aufbereitet und weitergeleitet, sondern daruber hinaus eine eigenstandige Interpretation und konstruktive Verarbeitung der Informationen vorgenommen werden" (Stauss/Seidel 2002, S. 513). Bislang rangiert die Impulsfunktion unter Relevanzgesichtspunkten in der Unternehmenspraxis hinter der internen Informations- und der Bildungsfunktion auf ,Rang 3' und lediglich 54% der BeschwerdemanagementBereiche sind mit dieser Funktion betraut (Stauss/Scholer 2003, S. 107). Stimmt man mit Goodman et al. (2000, S. 295) uberein, so ist dieser Prozentsatz als defizitar zu kritisieren, denn fur die Forscher ist die aktive Erarbeitung von Losungsvorschlagen zur kunftigen Vermeidung der Beschwerdeursachen, im Sinne eines „suggest what should be done", eine Grundvoraussetzung fur die erfolgreiche Rezeption der Beschwerdein-
245
Auch Stauss/Seidel (2002, S. 528) verweisen darauf, dass neben dem Beschwerdereporting das Angebot welter gehender Informations- und Servicelelstungen vom Berelch Beschwerdemanagement grundsatzlich zu eruieren ist.
Adaption der Differenzierungsstrategie
583
formationen im Unternehmen. Analog stuft Roleff (2001, S. 214f.) erst die eigenstandige Selektion und Interpretation von Marktinformationen als wirklich entscheidungsorientierte und -unterstutzende Marktforschungsdienstleistung ein, die die internen Kunden vor der oftmals gegebenen Informationsuberlastung bewahrt. Die Bildungsfunktion umfasst die „Schulung von Mitarbeitern uber Grundlagen des Beschwerdemanagennents und richtiges Verhalten gegenuber unzufriedenen Kunden" (Stauss/Seidel 2002, S. 513). Im Kontext des Beschwerdennanagements kommt der Bildungsfunktion eine besondere Rolle zu, da es haufig die Mitarbeiter der Geschaftsbereiche sind, die entweder Ausloser oder aber erster Adressat kundenseitiger Unzufriedenheit bzw. von Beschwerden sind (Bitner et al. 1990). So verwundert es nicht, dass heute bereits 75% der von Stauss/Scholer (2003, S. 137) untersuchten Unternehmen ihren Beschwerdemanagement-Bereichen diese Funktion ubertragen. Auf welcher Wirkungsebene der faktische Zusatznutzen zu verorten ist, der einerseits die Wissenschaft dazu bewegt, die ZweckmafJigkeit der Impulsfunktion zu unterstreichen und der andererseits die deutliche Mehrheit der Unternehmen das Beschwerdemanagement bereits mit der Bildungsfunktion beauftragen lasst, soil nun praziser herausgearbeitet werden. Dafur wird an die Uberlegungen hinsichtlich des aufgabenbezogenen Kennens, Kdnnens und Wollens angeknupft, die in Abschnitt 8.4.1 angestellt wurden und anhand derer die interne Informationsfunktion als Grundnutzen des indirekten Beschwerdemanagements eingestuft wurde. Im Hinblick auf die interne Informationsfunktion wurde oben aufgezeigt, dass sie in erster Linie das aufgabenbezogene Kennen beeinflusst, wohingegen Konnen und Wollen kaum durch eine reine Informationsbereit-
584
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
stellung steuerbar sind.^"^^ Diese Beeinflussung lasst sich in deutlich starkerem Umfang uber die Bildungs- und Impulsfunktion realisieren. Beide sind nicht primar auf die Dimension des aufgabenbezogenen Kennens gerichtet, sondern bauen erst darauf auf und versprechen, zusatzlich das aufgabenbezogenen Konnen und Wollen der Mitarbeiter zu determinieren. Im Rahmen der Impulsfunktion erarbeitet Beschwerdemanagement mit seinen bzw. fur seine internen Kunden konkrete Verbesserungsmafinahmen, die diese unmittelbar in ihrem primarmarktbezogenen Aufgabenbereich implementieren konnen, urn so die identifizierten Beschwerdeursachen nachhaltig auszuschliefien (Stauss/Seidel 2002, S. 429ff.). Die Kernidee der Impulsfunktion ist es, Wege aufzuzeigen, wie das Primarmarktgebaren in Zukunft zu verandern ist, um keine Kundenunzufriedenheit mehr auszulosen. Die Impulsfunktion zielt daher in erster Linie auf das aufgabenbezogene Konnen der Mitarbeiter in den Sparten. Die Dimension des aufgabenbezogenen Wollens wird dabei lediglich insofern beeinflusst, als die hohere Fachkompetenz einen positiven Effekt auf die Motivation eines Mitarbeiters haben kann. Noch umfassender wirkt die Bildungsfunktion des Beschwerdemanagements, als deren Kern vom Beschwerdemanagement konzeptionierte SchulungsmaRnahmen verstanden werden. Genauer geht es zum einen um Trainings „zur Vermittlung und Steigerung der Fach-, Methoden-, Sozial- und Emotionalkompetenz" und zum anderen um die Erarbeitung von schriftlichen und multimedialen Lernmaterialien fur die Weiterbildung
246
Es sei daran erinnert, dass das aufgabenbezogene Konnen die Fachkompetenz und das aufgabenbezogene Wollen die Motivation der Mitarbeiter widerspiegelt (Koch 1994, S. 90f.).
Adaption der Differenzierungsstrategie
585
der Mitarbeiter (Stauss/Seidel 2002, S. 473f.).^^^ Es wird offenkundig, dass damit ebenfalls das aufgabenbezogene Konnen angesprochen und gefordert wird. Doch auch das aufgabenbezogene Wollen wird durch die Bildungsfunktion stimuliert, denn die Bildungsmaflnahmen des Beschwerdemanagements dienen u.a. auch dazu (Stauss/Seidel 2002, S. 469), bei den Mitarbeitern der Geschaftsbereiche •
ein grundsatzliches Verstandnis fur den Einfluss des Beschwerdemanagements auf den Erfolg des Unternehmens und damit mittelbar die Sicherung des eigenen Arbeitsplatzes zu schaffen,
•
den Stellenwert zu verdeutlichen, den das Management dem adaquaten Umgang mit unzufriedenen Kunden einraumt, und
•
eine Identifikation mit und ein Verantwortungsgefuhl fur Ihre(n) Aufgaben im Rahmen des (direkten) Beschwerdemanagements zu erreichen.
All diese Zielsetzungen beziehen sich aber nicht mehr lediglich auf das Konnen, sondern sollen auch das aufgabenbezogene Wollen der an den SchulungsmafJnahmen teilnehmenden Mitarbeiter steigern. Wie aus Abbildung 8-18 hervorgeht, wird durch den Funktionsdreiklang der vom Beschwerdemanagement ausgeubte Einfluss auf die Determinanten des primarmarktbezogenen Verhaltens deutlich verstarkt und dadurch der angestrebte Zusatznutzen generiert.^"^®
247
Mitarbeiterbezogene (Massen-) Kommunikationsmaftnahmen (z.B. Mitarbeiterzeitschrift, Rundschreiben, Broschuren, etc.) werden dagegen als diese Kernfunktion erganzende Nebenaktivitaten eingestuft. Dieses Zusammenspiel der drei Tertiardienstleistungen lasst gleichzeitig eine Intensivierung des Beschwerdereporting-bezogenen Kennens, Konnens und Wollens zu erwarten.
586
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Interne Informationsfunktion H•
Aufgabenbezogenes KENNEN
Impulsfunktion Aufgabenbezogenes KONNEN Bildungsfunktion
1
Primarmarktbezogens Verhalten der Informationsempfanger
•
•
Aufgabenbezogenes WOLLEN
Abb. 8-18: Der Funktionsdreiklang des Beschwerdemanagements und dessen Wirkung auf das primarmarktbezogene Kennen, Konnen und Wollen; Quelle: In Aniehnung anKoch(1994. S. 89).
Wie nun gezeigt wird, wirkt sich diese Ausdehnung des Leistungsprogramms nachhaltig auf den Charakter des Zentralbereichs als Dienstleistungsanbieter aus. 8.5.2
Die Weiterentwicklung des Beschwerdemanagements zum Anbieter wissensintensiver Dienstleistungen
Im Kontext der Kostenfuhrerschaft blieb der Grundcharakter des Beschwerdemanagements auf den eines reinen Informationsdienstleisters beschrankt. Mit der nun vorgesehenen Ausweitung des Leistungsprogramms entwickelt sich dieses Profil weiter. Wie der Zentralbereich nunmehr einzuordnen ist, wird anhand des Dienstleistungscharakters der Impuls- und Bildungsfunktion erkennbar. Sucht man nach einem Analogon zur Impulsfunktion, so stodt man auf interne (Unternehmens-) Beratungsdienstleistungen. Blunck (1993, S. 40) definiert eine interne Beratungseinheit wie folgt: „Sie stellt eine Dienstleistungsstelle mit den Aufgaben der Informationsbeschaffung,
Adaption der Differenzierungsstrategie
587
-umwandlung und -auswertung in Entscheidungsprozessen dar. Im Unterschied zu klassischen Dienstleistungsstellen muss die interne Beratungsstelle in der Kegel Handlungsalternativen aufstellen." Offensichtlich erweitert also gerade das Merkmal Veranderungsvorschlage aufzuzeigen, die Informationsdienstleistung Beschwerdemanagement zu einer internen Beratungsleistung. Mit der Bildungsfunktion wird das Beschwerdemanagement zum Anbieter interner Weiterbildungsdienstleistungen, denn diese umfassen all jene Mafinahmen, die „aufbauend auf einer Grundausbildung der Erhaltung, Entwicklung und dem Erwerb von Kenntnissen, Fahigkeiten [sowie] Verhaltensweisen dienen und systematisch geplant werden" (Cramer 1987, S. 13). Folglich gilt: Erfullt der interne Dienstleistungsbereich Beschwerdemanagement nicht mehr nur die interne Informationsfunktion, sondern daruber hinaus die Impuls- und Bildungsfunktion, entwickelt er sich vom Informationsdienstleister zum unternehmensinternen Analogon einer Knowledge intensive service firm (KISF), die Kelloway/Barling (2000, S. 289) definieren als „organizations that rely on professional knowledge or expertise relating to a specific technical or functional domain. KIS firms may be primary sources of information and knowledge (through reports, training, consultancy etc.); (...) their services form key intermediate inputs in the products or production processes of other businesses." Die Literatur diskutiert,Knowledge intensive services' bzw. wissensintensive Dienstleistungen in vielerlei Zusammenhangen und auf der Basis heterogener Begriffsverstandnisse. Auf eine Aufarbeitung dieser unterschiedlichen Inhaltsansatze muss hier verzichtet werden.^"^^ Wichtiger als
249
Fur eine spezifische und detaillierte Auseinandersetzung mit dem Terminus .knowledge work(er)' siehe Kelloway/Barling (2000), Mills/Ungson (2001) und insbesondere van Well (2001). Fur Begriffserlauterungen bzw. Definitionsansatze wissensintensiver Dienstleistungen siehe Michalski (2003, S. 66), Windrum/Tomlinson (1999, S. 392f.) Oder ausfuhrlich Strambach (1995; 1999).
588
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
die definjtorische Abgrenzung ist an dieser Stelle die in der Literatur vorherrschende Ciiarakterisierung wissensintensiver Dienstleistungsanbieter, die sich einer im Vergleich zu reinen Informationsdienstleistem hoheren Anspruchshaltung gegenubersehen: Unterneiimen werden dann als wissensintensive Dienstleister eingestuft, wenn sie aufgrund ihrer Dienste fur andere (Unternehmen) einen Fundus externen Spezialwissens bilden (Strambach 1995, S. 2).^^° Typischerweise verfugen wissensintensive Dienstleister uber Wissen bezuglich der Praxis anderer Unternehmen und konnen dadurcii einen Beitrag dazu leisten, fur iiiren fokalen Nachfrager die Voraussetzung zu dessen eigener Leistungseffektivitat und -effizienz zu sciiaffen (van Well 2001, S. 40). Die Kompetenz wissensintensiver Dienstleister begrundet sich vor allem auf der Spezialisierung innerhalb ihres Aufgabengebiets. Ihren Nachfragern gegenuber verfugen sie, aufgrund einer primar ihnen zuganglichen Wissensbasis, uber eine spezifische Expertise und symbolisieren eine externe Quelle zur Losung bestehender Kundenprobleme (Ringlstetter/Burger 2003, S. 117; van Well 2001,8.43). Vor diesem Hintergrund wird im Rahmen der hier vertretenen Differenzierungsstrategie der Anspruch an das Beschwerdemanagement gerichtet, Expertenwissen in seinem Funktionsbereich zu entwickein, das unmittelbar Losungsbeitrage fur die internen Kunden erbringt. Im Lichte dieser geforderten Expertenrolle verwundert es nicht mehr, dass ein sich im hiesigen Sinne differenzierendes Beschwerdemanagement zum wichtigen Baustein des zunehmend verbreiteten ,lnhouse Consulting' avanciert. Eine zunehmende Anzahl von Unternehmen richtet unternehmensinterne Beratungseinheiten ein, um bei sich wiederholenden Problemstellungen
250
Hier soil dem Verstandnis nach Strambach (1995, 1999) gefolgt werden, die wissensintensive Dienstleistungen als unternehmensbezogene Dienstleistungsangebote diskutiert.
589
Adaption der Differenzierungsstrategie
auf entsprechendes internes Know-How zugreifen zu konnen und gleichzeitig von externen Beratern unabhangig zu sein (Niedereichholz 2000, S. 12). Betrachtet man das Leistungsportfolio dieser Beratungsstellen, lassen sich hohe Uberlappungsbereiche mit der Bildungs- und Impulsfunktion des Beschwerdemanagements feststellen, ohne dass dieser Aspekt bisher in der Literatur des Beschwerdemanagements thematisiert wurde. Beispielhaft sei das interne Leistungsangebot der ABB Management Consulting GmbH angefuhrt (Abbildung 8-19).^^^
Leistungsangebot der ABB Management Consulting GmbH
.A Projektmanagement
• Projekt & Change Management
...J....
^
Strategic & Organisation
Training & Organisationsentwicklung
Qualitatsmanagement
• Reorganisation
• Trainings- und Qualifizierungsveranstaltungen
• Beschwerdemanagement
• Prozess Redesign • Entwicklung zu einer Projektorganisation
• Supply Chain Management
1
i Produktion & Logistik
• Standort-planung
• QM-Audits
• Supply Management
• Activity Based Costing
• Prozessoptimierung
• Coaching • Workshops
Abb. 8-19: Das Leistungsangebot der ABB Management Consulting GmbH; Quelle: In Aniehnung an Weiler (2000, 8. 87).
Die ABB Management Consulting GmbH gliedert sich in funf Centers of Competence (CoC), deren Kompetenzen projektspezlfisch gebundelt werden (Weiler 2000, S. 84). Es zeigt sich, dass die Bildungsfunktion vor allem fur das CoC „Training & Organisationsentwicklung" und die Impulsfunktion fur das „Qualitatsmanagement" relevant ist.
251
Ahnlich Beschwerdemanagement-relevante Leistungsprofile intemer Beratungseinheiten finden sich bei Heuck (2000a,b) und Wurps (2000, S. 141).
590
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Fur das Beschwerdemanagement bringt eine solche Integration seiner Dienstleistungen in das Leistungsportfolio interner Beratungseinheiten verschiedene Implikationen mit sich, die hier nicht vollumfanglich diskutiert werden konnen. Zweifelsohne wurden beide Funktionen gar einen eigenen strategischen Planungsansatz rechtfertigen. An dieser Stelle sind daher lediglich erste Ansatze einer strategischen Grundausrichtung der Bildungs- und Impulsfunktion im Rahmen der Differenzierung vorzustellen. 8.5.3
Ansatz zur Ausgestaltung des Beschwerdemanagements im Sinne der Realisierung des Zusatznutzens
In diesenn Abschnitt wird es darunn gehen, fur beide Funktionen einen jeweiligen Orientierungsrahmen zu entwerfen, der den Zusatznutzen der Differenzierungsstrategie erschliefJen und die Effektivitat des Beschwerdemanagements im strategischen Geschaftsfeld der tertiaren Dienstleistungen nachhaltig gewahrleisten kann. Im Zentrum steht hinsichtlich der Bildungsfunktion die ,angebotsorientierte Ausgestaltung' der Weiterbildungsdienstleistung (8.5.3.1) und In Bezug auf die Impulsfunktion die Ableitung einer adaquaten Jnternen Beratungsstrategie' (8.5.3.2). 8.5.3.1
Weiterentwicklung der Bildungsfunktion zur internen Weiterbildungsdienstleistung: Die angebotsorientierte Ausgestaitung der Biidungsfunktion
Soil die Bildungsfunktion zu einer professionellen, wissensintensiven Dienstleistung ausgebaut werden, liegt die Orientierung an marktorientierten Konzepten der Personalentwicklung nahe (8.5.3.1.1). In diesem Sinne wird hier ein geeigneter Ansatz aus der strategischen Funktionsbereichsplanung des Human Resource Managements auf die Bildungsfunktion des Beschwerdemanagements ubertragen (8.5.3.1.2).
591
Adaption der Differenzierungsstrategie
8.5.3.1.1
Grundvarianten marktorientierter Weiterbildungsdienstleistungen
Die strategische Grundausrichtung der Bildungsfunktion als Weiterbildungsdienstleistung verlangt, sich mit Varianten der Weiterbildung auseinanderzusetzen, die dem hier vertretenen Anspruch der Marktorientierung gerecht werden. Cramer (1987, S. 105), auf deren Uberlegungen die weitere Diskussion maflgeblich beruht, unterscheidet zwei Reinformen marktorientierter Weiterbildung (Abbildung 8-20): (1) Die ,nachfragerorientierte Weiterbildung' und (2) die ,angebotsorientierte Weiterbildung'. Gemeinsam ist beiden Ansatzen, dass sie einen Weiterbildungsanbieter darauf ausrichten, die Bedurfnisse der Nachfrager zu analysieren und diese besser zu erfullen, als es potenzielle Alternativanbieter zu tun in der Lage sind.
Formen marktorientierter Weiterbildung yf
Y
Nachfragerorientierte Weiterbildung
Angebotsorientierte Weiterbildung
Abb. 8-20: Formen marktorientierter Weiterbildung; Quelle: Cramer (1987, S. 98ff.).
Im Rahmen der nachfragerorientierten Weiterbildung analysieren die (potenziellen) Kunden dezentral und unbeeinflusst durch die Personalabteilung ihre Weiterbildungsbedurfnisse und kommunizieren diese an die Weiterbildungseinheit (Cramer 1987, S. 103). Die Weiterbildungsabteilung wird sodann entsprechende, auf die Kundenwunsche ausgerichtete MaUnahmen entwickein und durchfuhren. Dieser Ansatz ist allerdings an zwei Voraussetzungen geknupft: Erstens wird unterstellt, dass die Nachfrager ihre Bedurfnisse kennen und exakt artikulieren konnen.
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Zweitens wird angenommen, dass die von den internen Nachfragern wahrgenommenen Weiterbildungsbedurfnisse mit der aus Sicht der Unternehmensleitung notwendigen Personalentwicklung identisch sind. 1st insbesondere die zweite Annaiime nicht erfullt, bietet sich die zweite Reinform marktorientierter Weiterbildung an. Die angebotsorientierte Weiterbildung kann als die diametral entgegengesetzte Variante marktorientierter interner Weiterbildungsmalinahmen gelten. Als solche legt sie den aus Sicht der Unternehmung erkannten Bildungsbedarf als primaren Orientierungspunkt zugrunde und fasst die Weiterbildung als bedarfslenkende Personalentwicklungsdienstleistung auf (Cramer 1987, S. 104). Die Maxime angebotsorientierter Weiterbildung ist folglich, Bildungsmalinahmen zu konfigurieren, die in erster Linie der Befriedigung des Unternehmensbedarfs dienen, diese aber so auszugestalten, dass die Mitarbelter dafur freigestellt werden, an der Schulung ausreichend motiviert teilnehmen und letztlich der Transfer des Gelernten in die Praxis zustande kommt (ebd.). Nun ist zu entscheiden, welcher der beiden Ansatze fur die Ubertragung auf die Bildungsfunktion des Beschwerdemanagements in hoherem Malie geeignet erscheint: •
Fur die Bestimmung der zu verfolgenden Weiterbildungsmaxime ist zu bedenken, dass es sich beim Beschwerdemanagement um einen Kernbereich mit einem steuernden Unterstutzungscharakter handelt, der im Auftrag und Interesse der Unternehmensleitung agiert und dessen Ziel die Beeinflussung des Primarmarktgebarens der Geschaftsbereiche ist.
•
Die Bildungsfunktion beruht auf der Beschwerdeauswertung, d.h. die Bedurfnisse der Weiterbildung ergeben sich in erster Linie anhand der durch die Beschwerdeinformationen induzierten Weiterbildungsnotwendigkeiten. Inwiewelt die Mitarbeiter in den Sparten fur sich selbst einen Beschwerde-bezogenen Weiterbildungsbedarf diagnos-
Adaption der Differenzierungsstrategie
•
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tizieren, ist daher an dieser Stelle von nachrangigem Interesse. Im Zentrum der Aufgabenstellung des Beschwerdemanagements steht, zum einen das Verhalten der Mitarbeiter - insbesondere in von Beschwerden betroffenen Unternehmenseinheiten - dergestalt zu beeinflussen, dass moglichst keine Kundenunzufriedenheit bzw. Beschwerden (nnehr) ausgelost werden. Zum anderen geht es urn die Verdeutlichung und Durchsetzung der im Unternehmen vereinbarten Richtlinien des Bescinwerdehandiings. Das Ansinnen des Beschwerdemanagements kann es ferner nicht sein, dem Human Resource Management in seiner Rolle als Personaldienstleister grundsatzlich Konkurrenz machen zu wollen. Vielmehr geht es darum, das Portfolio der personalorientierten Dienstleistungen auf Basis des im Beschwerdemanagement vorhandenen Expertenwissens zu erweitern.
Vor diesem Hintergrund scheint die angebotsorientierte Weiterbildung dem Charakter des Kernbereichs Beschwerdemanagement und seiner Aufgabenstellung im Unternehmen in hoherem Made gerecht zu werden, als es die nachfragerorientierte Variante vermag. Im Folgenden soUen daher Grundlagen einer angebotsorientierten Konfiguration der Bildungsfunktion skizziert werden. 8.5.3.1.2
A usgestaltung der Bildungsfunktion als angebotsorientierte Weiterbildungsdienstleistung
Zur Ausgestaltung der Bildungsfunktion als angebotsorientierte Weiterbildungsdienstleistung bedarf es der in Abbildung 8-21 dargestellten drei Managementkomponenten. Ausgangspunkt ist (1) die Ermittlung des Weiterbildungsbedarfs, an den sich (2) die Entscheidungsphase uber die Durchfuhrung vor dem Hintergrund der Dringlichkeit einer Weiterbildungsmalinahme anschlieUt. Ist die Durchfuhrung grundsatzlich beschlossen, beginnt (3) die Phase der Detailplanung und des internen Absatzes.
594
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Ermittlung des Weiterbildungsbedarfs
0
^
Entscheidung iiber Durchfuhrung und Dringlichkeit der Weiterbildungsmafinahme f^
Planung und Absatz der Weiterbildungsmal3nahme
^
0
Abb. 8-21: Die drei Bausteine der angebotsorientierten Bildungsfunktion des Beschwerdemanagements; Quelle: Eigene Abbildung auf Basis der Ausfuhrungen von Cramer (1987, S. 107ff.).
(1) Die Ermittlung des Weiterbildungsbedarfs ist die notwendige Voraussetzung dafur, Entscheidungen uber die Entwicklung neuer und die Veranderung bzw. Eliminierung bestehender Weiterbildungsmalinahmen treffen zu konnen (Cramer 1987, S. 108). Grundsatzlich ist es deshalb Aufgabe der Zentralbereichsleitung Beschwerdemanagement zu bestimmen, (a) anhand weiciier Indikatoren, (b) zu weiciien Zeitpunkten und (c) mit welchem Detaillierungsgrad der Weiterbildungsbedarf erhoben werden soil. (la) Bildungsbedarfe lassen sich aniiand vorlaufender und nachlaufender Indikatoren erkennen (Cramer 1987, S. 110). Vorlaufende Indikatoren induzieren einen zukunftig zu erwartenden, also noch nicht faktisch bestehenden Weiterbildungsbedarf, der sich beispielsweise durch die geplante Neueinstellung oder Versetzung eines Mitarbelters ergibt. Nachlaufende Indikatoren dagegen identifizieren einen bereits eingetretenen, bislang aber nicht adaquat gedeckten Weiterbildungsbedarf. Diese Frage scheint im Kontext des Beschwerdemanagements vermeintlich vergleichsweise leicht zu beantworten zu sein, da Kundenbeschwerden selbst einen zentralen nachlaufenden Indikator fur die Weiterbildungsnotwendigkeit der Mitarbeiter darstellen. Sie zeigen einen bereits ubergangenen Weiterbildungsbedarf im Unternehmen an und die Beschwerdeauswertung kennzeichnet unmittelbar fur die Weiterbildung geeignete Ansatzpunkte. Erkenntnisfordernd ist jedoch auch, die Kategorisierung vor- und nachlaufender Indikatoren auf das Beschwerdemanagement zu
Adaption der Differenzierungsstrategie
595
ubertragen. Ein vorlaufender Indikator konnte dann beispielsweise eine bevorstehende Produktneueinfuhrung des Untemehmens sein, die in iiirer fruiien Marktphase uberdurchschnittlich iiohe Beschwerdezahlen erwarten lasst und daher eine entsprechende Mitarbeiterschulung erfordern kann. Ferner lassen sich Preiserhohungen der Untemehmung oder negative Medienberichte als soichermaUen vorlaufende Indikatoren interpretieren. Fur die Bestimmung nachlaufender Indikatoren bietet sich der Ruckgriff auf bereits erwahnte Verfahren der Beschwerdeauswertung an. So konnte z.B. beobachtet werden, inwieweit Unternehmens(teil)einheiten im Zeitverlauf besonders hohe Problemwertindizes (PWIs) bzw. Marktschadensvolunnina aufweisen oder sich Drittparteibeschwerden nnaftgeblich auf einzelne Sparten beziehen. (1b) Inn Hinblick auf den Zeitpunkt der Ermittlung des Bildungsbedarfes ist angesichts unternehmensinterner und -externer Veranderungen prinzipiell eine permanente Bedarfsanalyse zu empfehlen. Folglich ist es erforderlich, laufend den angezeigten Bildungsbedarf der Mitarbeiter zu erheben, urn diesen zeitnah bedienen zu konnen (Cramer 1987, S. 109). Dies ist allerdings nur den wenigsten Bildungseinheiten aufgrund von Zeit- und Kostenrestriktionen moglich. Im Gegensatz zu Personalbereichen hat Beschwerdemanagement den Vorteil, Economies of Scope realisieren zu konnen, da die Beschwerdeauswertung ohnehin permanent als Grundlage des Beschwerdereporting erfolgt. Das heifJt, es wird eine systematische und kontinuierlich erfolgende Bedarfsermittlung moglich, indem beispielsweise auf die Entwicklungen von Beschwerden einer Unternehmenseinheit unter zeitlichen und inhaltlichen Gesichtspunkten zuruckgegriffen wird und diese dem Beschwerde-aufkommen anderer Organisationsbereiche oder externer Benchmarks gegenubergestellt werden. Gegebenenfalls konnen fur ,auffallige Geschaftsberelche' kritische Grenzwerte (z.B. PWI) festgelegt werden, bei deren Uberschreitung entsprechender Weiterbildungsbedarf als gegeben erachtet wird.
596
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
(1c) Aus ahnlichen Grunden, also den haufig begrenzten Finanz- und Humanressourcen interner Weiterbildungseinheiten, eroffnen sich nur selten die Moglichkeiten, Bildungsbedarfe mit einem groflen Detaillierungsgrad zu ermittein (Cramer 1987, S. 117). Typischerweise scheidet daher der Optimalfall abteilungs- oder sogar mitarbeiterindividueller Weiterbildungsbedarfsanalysen aus. Erneut zeigt sich ein erheblicher Vorteil des Beschwerdemanagements, denn aufgrund der hier eingesetzten Softwaresysteme lassen sich im Beschwerdemanagement Daten auf den unterschiedlichsten Aggregationsebenen ermittein. Diese sind durchaus und ohne unvertretbare Kosten- und Zeitaufwendungen auf das Abteilungs- und ggf. sogar das Mitarbeiterniveau^^^ zu beziehen. Das Ergebnis sind auUerst detaillierte Einsichten uber Weiterbildungsbedarfe, anhand derer Bildungsmalinahmen auf einer ersten Stufe konzipiert und auf der zweiten Stufe gezielt den betroffenen Geschaftsbereichen (aber auch kleineren Einheiten wie Filialen, Abteilungen, etc.) angeboten werden konnen. 1st auf diese hier skizzierte Weise der grundsatzliche Bedarf fur Beschwerdemanagement-bezogene Mitarbeiterweiterblldung identifiziert, ist die Frage zu beantworten, ob und, falls ja, mit welcher zeitlichen Brisanz Bildungsmalinahmen anzubieten sind. (2) Bei der Entscheidungsfindung iJber die DurchfiJhrung und die Dringlichkeit von WeiterbildungsmaRnahmen kommt einem Bildungsanbieter wie dem Beschwerdemanagement im angebotsorientierten Weiterbildungssystem eine erhebliche, fallweise sogar die alleinige, Verantwortung zu (Cramer 1987, S. 125). Als Entscheidungsgrundlage dafur, ob bestimmte Bildungsmalinahmen, die grundsatzlich als betriebliche Investitionsentscheidungen interpretierbar sind, eingefuhrt werden sollen.
252
Hierbei sind jedoch Aspekte des Datenschutzes zu bedenken bzw. Rechte des einzelnen Mitarbeiters zu wahren, weshalb diesbezuglich dringend die Einbeziehung der Personal- sowie Rechtsabteilung und des Betriebsrates geboten erscheint.
Adaption der Differenzierungsstrategie
597
konnte zunachst eine Kosten-Nutzen-Abwagung durchgefuhrt werden (analog Nagel 1994, S. 229ff.). Allerdings zeigt sich diesbezuglich eine analoge Situation, wie sie im Beschwerdemanagement generei! anzutreffen ist. Auf der einen Seite lassen sich die mit dem Angebot einer Bildungsnnalinahme verknupften Kosten vergleichsweise exakt bestimmen, wahrend auf der anderen Seite deren (monetare) Nutzenbewertung erhebliche Probleme bereitet. Wenngleich mittlerweile verschiedene Verfahren zur Bestinnmung der unterschiedlichen Nutzendimensionen von BlldungsmafJnahmen vorgelegt wurden (Nagel 1994, S. 244ff.), bleiben dennoch verschiedene Probleme, die eine monetare Bewertung der Nutzendimensionen im Hinblick auf BildungsmaUnahmen, wie sie fur eine stringente Investitionsrechnung erforderlich ware, (erheblich) erschweren (Cramer 1987, S. 138; Kaiser 2001, S. 137f.). Die Ein- bzw. Durchfuhrung von Bildungsmaflnahmen des Beschwerdemanagements allelne von dem Ergebnis einer monetaren Kosten-Nutzen-Abwagung abhangig zu machen, scheint daher kaum moglich. Daher empflehit es sich, die Bedarfsanalyse bzw. die Entscheidungsfindung uber die Durchfuhrung durch weitere geeignete Kriterien zu erganzen. Hierfur sei abermals auf die Erkenntnisse der Beschwerdeauswertung zuruckgegriffen. Im Rahmen der Beschwerdeauswertung konnen nicht nur Kundenprobleme bestimmt, sondern anhand der Haufigkeit ihres Auftretens und der vom Kunden wahrgenommenen Relevanz des fokalen Problems priorisiert werden. Das Ziel einer so verstandenen Beschwerdeanalyse ist es, die „Stimme des Kunden faktisch zur Handlungsmaxime fur den kontinuierlichen Verbesserungsprozess zu machen" (Stauss/Seidel 2002, S. 264). Eben diese Funktion der Beschwerdeauswertung kann sich Beschwerdemanagement zunutze machen, um zu entscheiden, welche Kundenprobleme primar uber Bildungsangebote abgestellt werden sollen. Erneut ist hierfur an die bereits vorgestellten Verfahren zur Priorisierung der Beschwerden (Problem-Konsequenz-Matrix, Frequenz-Relevanz-
598
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Analyse fur Beschwerden [FRAB] und Marktschadensrechnung) anzuknupfen. Bemerkenswert ist, dass diese Analysen ohnehin im Rahmen der Beschwerdeauswertung durchgefuhrt werden, weshalb unmittelbar ohne zusatzlichen Kosten- und Zeitaufwand auf die vorliegenden Erkenntnisse zugegriffen werden kann. Beispielsweise lassen sich auf Basis der erarbeiteten PWIs Innplikationen fur die inhaltliche Ausgestaltung und die Dringlichkeit eines Angebots von Bildungsmafinahmen ableiten. Aniiand des Instrumentariums der Beschwerdeauswertung lassen sich auch Ruckschlijsse auf die Nutzenbewertung der Bildungsmadnahmen ableiten. Zum einen kann die FRAB mit einem konstanten Problemkatalog zyklisch durchgefuhrt werden (Stauss/Seidel 2002, S. 272). Im Falle der Effektivitat der Weiterbildung sollte sich im Zeitverlauf nach Durchfuhrung der BildungsmaRnahme ein sich reduzierender Problemwertindex abzeichnen. Zum anderen kann durch die Kopplung der FRAB an eine Marktschadensrechnung der zu befurchtende monetare Schaden verursachter Kundenunzufriedenheit kalkuliert werden. Dieses Marktschadensvolumen kann sodann den Kosten der BildungsmaRnahme gegenubergestellt werden und so die grundlegende Durchfuhrungsentscheidung und die Beurteilung der Dringlichkeit einer fokalen Weiterbildungsaktivitat unterstutzen. (3) Sind Bedarf und Handlungsdringlichkeit als gegeben erachtet worden, gilt es sich der konkreten Planung und dem innerbetrieblichen Absatz der Bildungsangebote zuzuwenden (Cramer 1987, S. 143ff.). Hierbei kann sich Beschwerdemanagement des Marketinginstrumentariums bedienen, das das Zusammenspiel aus Leistungs-, Kommunikations-. Distributions-, sowie ggf. der Preis- und Kontrahierungspolitik umfasst. Auf die einzelnen Gestaltungsaspekte soil hier nicht vertieft eingegangen werden, da diese Entscheidungen auf einer operativen Ebene zu verorten und damit strategischen Uberlegungen nachgelagert sind. Aus
Adaption der Differenzierungsstrategie
599
strategischer Sicht ist jedoch zu entscheiden, inwieweit die Bildungsangebote des Beschwerdemanagements kundenindividuell (3a) Oder standardisiert (3b) zu gestalten sind. (3a) Individuelle Weiterbildungsangebote, die auf einzelne Mitarbeiter abgestimmt sind, zeichnen sich durch einen besonders hohen Nutzwert aus, sind allerdings auch mit einem entsprechenden Planungs-, Zeit- und damit Kostenaufwand verbunden (Cramer 1987, S. 144). Daruber hinaus ist die besondere Sensibilitat von aus Beschwerdeinformationen abgeleiteten Bildungsangeboten zu bedenken. Verfolgt das Beschwerdemanagennent das Ziel, einzelnen Mitarbeitern anhand der Beschwerdeauswertung individuell konfigurierte Weiterbildungen anzubieten, so bedingt dies die Kontaktierung der Mitarbeiter und die Verdeutlichung der bestehenden Defizite. Neben rechtiichen Aspekten sind dabei auch Uberlegungen hinsichtlich eventueller Reaktanzen anzustellen, die dieses Vorgehen auslosen kann. Daher erscheint das Angebot von im wortlichen Sinne mitarbeiterindividuell ausgestalteten Bildungsangeboten im Beschwerdemanagement-Kontext nur bedingt zielfuhrend. Erfolg versprechender ist der umgekehrte Ansatz: Die grundlegend standardisierte Konzeptualisierung des Bildungsprogramms anhand der Beschwerdeauswertung und die anschllefiend sukzessive Leistungsanpassung an individuelle Mitarbeiterbedurfnisse. (3b) Standardisierte Bildungsangebote des Beschwerdemanagements sind darauf ausgerichtet, den Bedarf einer relativ groflen internen Zielgruppe befriedigen zu konnen (analog Cramer 1987, S. 145f.). Grundlegend standardisierte Bildungsangebote sind geeignet, wenn •
die Beschwerdeauswertung einen ahnlichen Weiterbildungsbedarf bei einer relativ grofien Gruppe von Mitarbeitern als gegeben anzeigt,
•
die Nachteile der Gestaltung individueller Bildungsangebote deren Nutzen ubersteigen und
600
•
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
die fur die individuelle Konzeptualisierung notwendigen Informationen nicht vorliegen bzw. unzuganglich sind.
Im Hinblick auf den ersten Aspekt ist davon auszugehen, dass bereits eine basale Beschwerdeauswertung Ruckschlusse auf die ungefaiire Anzaiii von Mitarbeitern zulasst, die als potenzielle Empfanger einer denkbaren Biidungsmalinaiime in Betracht kamen. Hinsichtiicii des zweiten Aspekts ist, neben den eben genannten Aspekten, auf Kosten- und Effizienzuberlegungen zu verweisen. Aufgrund der lediglich einnnal umfassend durciizufuhrenden Planung und Ausarbeitung der Bildungsofferten sind StandardmaUnainmen typisciierweise mit deutlich geringeren Kostenvolumina verknupft, als individualisierte Bildungsprogramnne. Gleichzeitig kann durch den geringeren Vor- und Aufbereitungsbedarf eine grolJere Teiinehmerzaiil inn gleiciien Zeitabsclinitt weitergebildet werden. Daraus sind schliefilich auch starkere positive Wirkungen unternehmensinterner Mundkommunikation zu erwarten (ebd.). Scliliedlich verweist aucii der dritte Punkt nochmals auf die bereits erwahnten rechtlichen Grenzbereiche und zu befurchtenden Reaktanzen, die mit einer faktisch individuellen, mitarbeiterbezogenen Bildungsnnafinahme des Beschwerdemanagements verknupft sein konnten. insofern ist zusammenfassend die ZweckmafJigkeit grundsatziicii standardisierter Bildungsangebote des Besciiwerdemanagements zu bejaiien. Fraglos ergeben sicii verschiedene Ansatzpunkte, um das Standardprogramm auf einer zweiten Stufe auf die Teiineiimer ausrichten zu konnen. Beispielsweise kann eine auf das Qualifikationsniveau der Teiineiimer oder deren Zugehorigkeit zu spezifischen Funktionsbereichen ausgerichtete Schwerpunktsetzung der einzelnen Bildungsmodule vorgesehen sein. Denkbar ist ferner, einzelne Bildungsangebote an bestimmte Hierarchiestufen inn Unternelnmen zu koppein und mitinin das BeschwerdemanagennentBildungsangebot mit dem Aufstieg des iVIitarbeiters zu synchronisieren.
Adaption der Differenzierungsstrategie
601
Diese Skizze einer angebotsorientierten Bildungsfunktion des Beschwerdemanagements soil genugen, urn den Grundcharakter des hier vorgeschlagenen Dienstleistungsansatzes verdeutlicht zu haben. Nun gilt es die konzeptionelle Weiterentwicklung der Impulsfunktion zu betreiben. 8.5.3.2
Weiterentwicklung der Impulsfunktion zur internen Beratungsdienstleistung: Modellierung einer internen Beratungsstrategie
Wie oben verdeutlicht wurde, ist die Impulsfunktion als Erscheinungsform interner Beratungsdienstleistungen interpretierbar. Fur die effektive Erbringung der Impulsfunktion als Beratungsdienstleistung bedarf es jedoch eines konzeptionellen Orientierungsrahmens. Als ein solches Fundament dient eine (interne) Beratungsstrategie, wie sie nun fur die Impulsfunktion des Beschwerdemanagements zu entwerfen ist. Die Beratungsstrategie bezeichnet die inhaltlichen Merkmale der Zusammenarbeit sowie die typische Vorgehensweise interner Berater ihren Kunden gegenuber und bringt damit die methodische Interventionsstrategie einer fokalen Beratungseinheit zum Ausdruck (Blunck 1993, S. 183). Eine Beratungsstrategie beruht auf dem Zusammenspiel aus Beratungsstil und Beratungsmethode. Die Beratungsmethode beschreibt den beschrittenen Losungsweg und setzt sich ihrerseits aus der Festlegung der typischen Arbeitsweise und des zum Einsatz kommenden Instrumentariums zusammen. Als Beratungsstil wird das subjektive Verhalten beschrieben, das im Rahmen der Umsetzung der Beratungsmethode an den Tag gelegt wird (beispielsweise das Kommunikationsverhalten interner Berater). Die insgesamt vier Bausteine der Beratungsstrategie sind in Abbildung 8-22 zueinander verortet.
602
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Interne Beratungsstrategie
(1) Beratungsmethode
(a) Instrumentarium
beeinflusst
(2) Beratungsstil
(b) Arbeitsweise Spezialisierungsgrad Interventionsverhalten Standardisierungsgrad Kooperativitatsgrad
Abb. 8-22: Komponenten der internen Beratungsstrategie; Quelle: In Aniehnung an Blunck (1993,8.183).
Es sei vorausgeschickt, dass es bei der folgenden Interpretation dieser internen Beratungsstrategie fur die Impulsfunktion nicht urn die Veranderung der grundlegenden Aufgabenstellung des Beschwerdemanagements geiien l
Adaption der Differenzierungsstrategie
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Zentralbereichs Beschwerdemanagement, sich primar auf diese Ansatze zu fokussieren. Damit ist das eigentliche Inhouse Consulting betraut. Stattdessen hat sich Beschwerdemanagement auf sein eigenes funktionales Instrumentarium zu stutzen, um seinen Beitrag zu Problemidentifikation und -losung zu erbringen. Dieses Instrumentarium basiert im Wesentlichen auf zwei Saulen: Den Methoden der Beschwerdeauswertung und denen der Beschwerdeinformationsnutzung. Die Ausgangsbasis bildet die quantitative und qualitative Beschwerdeauswertung. Die Bedeutung der quantitativen Auswertungsverfahren (insbesondere Problem-Konsequenz-Matrix, FRAB und Marktschadensrechung) liegt dabei vor allem in der prazisen Abgrenzung und Priorisierung der aufgetretenen Problemfalle. Die Rangreihung der eingegangenen Beschwerden eriaubt es, das weitere Vorgehen der Impulsfunktion zu steuern. In einem darauf folgenden Schritt konnen die qualitativen Auswertungsverfahren eindeutige Hinweise auf die Problemursachen bzw. Ursache-Wirkungszusammenhange liefern (Stauss/Seidel 2002, S. 276). Die eigentliche Erweiterung der Informations- zur Impulsfunktion ist jedoch in der Ableitung von Losungsansatzen zu sehen, an deren Erarbeitung Beschwerdemanagement mafJgeblich beteiligt ist. Dafur bildet das Instrumentarium der Beschwerdeinformationsnutzung die methodische Grundlage, die vor allem das Beschwerde Problem Deployment und die Fehlermoglichkeits- und Einfluss-Analyse (FMEA) umfasst (Stauss/Seidel 2002, S. 426ff.).^^^ Diese Methoden sind hier nicht naher zu eriautern. Wichtiger als die Ausfuhrung des methodischen Vorgehens ist die Erkenntnis der Zentralbereichsleitung, dass es dieses Instrumentarium ist, auf das Beschwerdemanagement seine funktional-instrumentale Expertise grunden kann bzw. sollte. Eine Aneignung ,klassischer' Consul-
253
Als erganzende Dienstleistung zur Erarbeitung von Problemlosungsansatzen kann auch die Durchfuhrung von Kundenforen mit Beschwerdefuhrem angesehen werden (Stauss/Seidel 2002, 8. 443).
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Verfeinerte Analyse der A ufgabenumwelt
ting-Tools deckt sich zum einen nicht mit der Aufgabenstellung des Beschwerdemanagements und wurde zum anderen (unnotigerweise) zu einer Konkurrenz mit den elgentliciien betrieblichen Consuiting-Einiieiten fuhren. Als zweite Komponente der Beratungsmethode bestimmt sich die Arbeitsweise {1b) interner Berater anhand der folgenden vier Subdimensionen (Blunck 1993, S. 184): Dem Fokus auf Generalistentum vs. Spezialistentum, dem Interventionsverhalten, dem Standardisierungsgrad sowie der Fokussierung auf eine primar selbststandige oder kooperative Arbeitsweise. •
Mit der Spezialisierung geht eine Einschrankung im funktionellen Objektbereich einher, die das AusmaR der Erfullung untersciiiedlicher Funktionen interner Beratungseinfieiten notwendigerweise reduziert. Gleichwohl darf, wie eingangs unterstriciien, der hier vertretene Ansatz nicht in der Weise missverstanden werden, als das Beschwerdemanagement von seiner eigentlichen Aufgabe losgelost und stattdessen zu einer generellen Beratungsstelle umgewandelt werden soil. Vielmehr geht es darum, die spezifische funktionale Expertise des Beschwerdemanagements zum Wohle des Unternehmens starker in relevante Problemlosungsprozesse einzubringen. Dafur scheint eine Fokussierung des Beschwerdemanagements als Spezialist im Hinblick auf die Interpretation und konstruktive Verarbeitung von Beschwerdeinformationen zu konkreten Problemlosungsvorschlagen fur und mit den internen Kunden anhand seines spezifischen Instrumentariums adaquat zu sein. Eine Entwicklung des Beschwerdemanagements zur generalistischen Beratungseinheit ist nicht die Bestimmung dieses Zentralbereichs.
•
Das Interventionsverhalten beschreibt die Ebene des ,Klientensystems', auf der die interne Beratung zur Problemlosung ansetzt (Blunck 1993, S. 184). Beratungseinheiten konnen dabei als Aus-
Adaption der Differenzierungsstrategie
•
605
gangspunkt die hierarchische Spitze ihres intemen Kunden wahlen (Top-down-Ansatz), andererseits von der Basis ausgehen (Bottomup-Ansatz), beide gleichzeitig Oder auch lediglich die Mitte als Anknupfungspunkt ihres Interventionsverhaltens anvisieren. Als Zentraibereicli verfugt das Beschwerdemanagement grundsatzlich uber den Zugang zu alien vier genannten Spielformen des Interventionsverhaltens. Es kann beispielsweise sowohl auf der Filialebene, der Funktionsebene innerhalb der Sparten (z.B. Einkauf, Produktion, Vertrieb, etc.) oder aber auf der Leitungsebene eines Geschaftsbereichs ansetzen. Bin spezifisches Interventionsverhalten a priori festzulegen, scheint weder sinnvoll noch notwendig zu sein. Daher ist die Interventionsebene letztlich vor denn Hintergrund der Ergebnisse der Beschwerdeauswertung bzw. des jeweiligen Einzelfalls zu bestimmen, wobei ein moglichst direkter Zugang zu der .betroffenen' Organisationseinheit grundsatzlich als zunachst zu priorisierende Alternative anzusehen ist. Als dritte Facette der Arbeitsweise ist das AusmaR der Standardisierung zu betrachten. Hier ist das grundsatzliche Kontinuum von einer kompletten Standardisierung bis hin zu einer vollumfanglichen Neugestaltung der angebotenen Beratungsdienste fur jeden Kunden denkbar (Blunck 1993, S. 184). Erneut ist an dieser Stelle die Ruckbesinnung auf die Hauptfunktion des Zentralbereichs Beschwerdemanagement sinnvoll. Daher stellt eine standardisierte Arbeitsweise, insbesondere im Hinblick auf die angewendete Methodik, eine geeignete Plattform fur die Impulsfunktion dar. Freilich kann diese im Zeitverlauf durchaus individueller erfullt werden, sofern die interne Nachfrage dies rechtfertigt. Ein Mindestmali an Individualisierung der Vorgehensweise wird im Beschwerdemanagement ohnehin durch die notwendige Ausrichtung auf die fokal zu losenden Beschwerdeursachen und die Rahmenbedingungen der unterschiedlichen Geschaftsbereiche gegeben sein.
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•
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Als vierte und letzte Komponente der Arbeitsweise ist daruber zu befinden, ob die Impulsfunktion des Beschwerdemanagements primar selbststandig oder in Kooperation mit anderen Unternehmenseinheiten erfullt werden soil. Die Impulsfunktion richtet sich ex definitione auf die Aufgabenbereiche anderer, ggf. mehrerer Unternehmenseinheiten gleichzeitig. Zudem beruht die Effektivitat der Instrumente der Beschwerdeinformationsnutzung auf einer ausgepragten interfunktionalen Kooperationsbereitschaft, weshalb Stauss / Seidel (2002, S. 440, im Orig. teilweise fett) unterstreichen, dass zu den Voraussetzungen „fur den Einsatz von Methoden wie Beschwerde Problem Deployment oder FMEA [gehort], dass Teams gebildet werden, die kreative Prozesse und die Nutzung von unterschiedlichem Experten-Know-how ermoglichen." Eine isolierte Vorgehensweise des Beschwerdemanagements ist daher suboptimal. Stattdessen sollte eine moglichst enge Abstimmung und Kooperation mit den betroffenen Geschaftsbereichseinheiten und anderen uber Spezialistenwissen verfugenden Zentralbereichen (z.B. Personal, Controlling, etc.) angestrebt werden. In diesem Sinne konnte Beschwerdemanagement beispielsweise in ein internes Kooperationsmodell integriert werden, wie es die „Beraterrunde" der BASF AG darstellt (Heuck 2000a, 2000b, S. 90). Die Beraterrunde ist ein innerbetriebliches Netzwerk mit regelmafiigen Treffen der Inhouse Consultants, das sowohl dem Erfahrungsaustausch zwischen den Beratungseinheiten als auch der gemeinsamen Durchfuhrung groflerer Projekte dient (Heuck 2000a, S. 154). Insgesamt gehoren diesem Netzwerk zehn auf unterschiedliche Fragestellungen spezialisierte Beratergruppen an. Eine davon, das so genannte .Quality Center', widmet sich alien Fragen des Qualitatsmanagements und insbesondere dem kontinuierlichen Verbesserungsprozess (ebd.). Dieses Quality Center ist die geeignete Verknupfung mit dem Team, das fur den Zentralbereich Beschwerdemanagement die Impulsfunktion ausubt. Die Integration
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eines Jmpuls-Teams" des Beschwerdemanagements in eine derartige Netzwerkkonfiguration bildet eine in hohem Mafie Erfolg versprechende Plattform fur die effektive Umsetzung von Beschwerdeinformationen im Unternehmen. Nachdem nun das Modul der Beratungsmethode fur das Beschwerdemanagennent vorkonzeptualisiert wurde, verdient die Frage nach dem Beratungsstil (2) Beachtung, da dieser die letztendliche Konfiguration der Beratungsmethode, als dem Zusammenspiel aus Arbeitsweise und Instrumentarium, determiniert (Blunck 1993, S. 185ff.). Der Beratungsstil eines Beraters sowie einer Beratungseinheit ist von individuellen Faktoren (z.B. Ausbildung, Personlichkeit etc.) und organisatorischen Faktoren (z.B. Subkultur, Struktur und Grofie der Beratungseinheit) gepragt. Aufgrund der Vielzahl potenzieller Determinanten des Beratungsstils empfiehlt sich ein konzeptionelles Basismodell fur eine grundlegende Strukturierung und Veranschaulichung moglicher Beratungsstile des Beschwerdemanagements. Das hierfur herangezogene, ursprunglich von Stutz (1988, S. 182ff.) vorgelegte und von Blunck (1993, S. 185) adaptierte Konzept zur Charakterisierung von Beratungsstilen basiert auf der Annahme, dass Berater grundsatzlich drei unterschiedliche Ebenen des Wandels durch drei verschiedene Problemlosungsbeitrage beeinflussen konnen. Daraus ergeben sich die neun Matrixfelder der Abbildung 8-23.
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Ebene des Wandels Instrumentenebene
Prozessebene
Inhaltsebene
Grundlagenvermittlung
1
2
3
Partizipative Problemlosungserarbeitung
4
5
6
7
8
9
u
^
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s 4>
u ^
Direktive Problemlosungserarbeitung
Abb. 8-23: Matrix zur Charakterisierung von Beratungsstilen, Quelle: In Aniehnung an Blunck(1993, S. 186).
Der Problemlosungsbeitrag des Beschwerdemanagements konnte demnach in der Grundlagenvermittlung sowie der partizipativen oder direktiven Problemlosungserarbeitung bestehen (analog Blunck 1993, S. 186): •
Die Grundlagenvermittlung sieht vor, den internen Kunden die basalen Fahigkeiten zu vermittein, ein fokales Problem selbststandig zu losen.
•
Im Rahmen einer partizipativen Problemlosungserarbeitung ist das Beschwerdemanagement, auf Basis seiner funktionalen Expertise, aktiv in die Problembehebung eingebunden, wohingegen der nachfragende Geschaftsbereich sein Primarmarkt-bezogenes Wissen einzubringen hat.
Adaption der Differenzierungsstrategie
•
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Erheblich starker ist der Einfluss des Beschwerdemanagements auf die Problemlosung im Fall der direktiven Problemlosung. Beschwerdemanagement wurde in diesem Falle weitgehend unabhangig vom internen Kunden eine konkrete Losung vorantreiben, die quasi ausschliefllich auf dem Know-how des Beschwerdemanagements beruht.
Die zwelte Matrixdimension beschreibt den Einfluss der Impulsfunktion interner Beschwerdemanagement-Beratung, der sich in diesem Modell auf drei unterschiedlichen Ebenen des Wandels manifestieren konnte (analog Blunck 1993, S. 186): •
Die Beeinflussung auf der Instrumentenebene sieht vor, dass Beschwerdemanagement die Entscheidungsprozesse seines Kunden fur bzw. gegen einzelne, alternative Problemlosungsmethoden steuert.
•
Auf der Prozessebene beeinflusst Beschwerdemanagement die Steuerung und Durchfuhrung des eigentlichen Veranderungsprozesses.
•
Macht das Beschwerdemanagement seinen Einfluss auf der Inhaltsebene geltend, so bestimmt es das eigentliche Ziel des angestrebten Wandels (mit).
Die Grundlagenvermittlung (Felder 1-3) integriert die Bildungsfunktion in die Beratungsleistungen und zeigt damit Weiterentwicklungschancen fur die Bildungsdienste des Beschwerdemanagements auf. In das Beratungsportfolio eingebettete Trainings sind in hohem Malie dazu geeignet, entsprechende Grundlagen zu vermittein, die es internen Kunden zukiinftig eriauben, Probleme selbststandig(er) zu losen (Feld 1). Beispielsweise konnten Seminare zur Eignung unterschiedlicher Methoden der Beschwerdeinformationsnutzung fiir einschlagige Problemkonstellationen Oder aber zur Durchfuhrung von Beschwerdefuhrerforen angeboten werden. Die Einflussnahme auf der Prozessebene (Feld 2) konnte durch
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Weiterbildungen erfolgen, die die Zweckmaliigkeit verschiedener Teamansatze im Rahmen von Veranderungsprozessen vermitteln. Die Beeinflussung in Feld 3 wurde darin besteiien, Weiterbildung im Hinblick auf die Notwendigkeit genereller Kundenorientierung der Geschaftsbereiche zu betreiben. Derartige Seminare wurden dann aucii unmittelbar an die oben breit diskutierte Forderung der Akzeptanz von BeschwerdeinformationenZ-Reports im Unterneiimen anknupfen und dieser dieniicii sein konnen. Im Gegensatz zu der Grundlagenvermittlung wird Beschwerdemanagement in der mittleren Zeile (Felder 4-6) zum Mitgestalter und faktischen Projektteilneiimer im Raiimen eines Veranderungsprozesses. Letztlich bedeutet dies die konkrete Anwendung der mitunter in den Feldern 1-3 vermittelten ,tlieoretischen' Inhalte in Kooperation mit einem internen Kunden zur Oberwindung besteiiender Beschwerdeursachen. Diese partizipativ-beratende Funktion ist dem Beschwerdemanagement auf Basis der ihm zugedachten Einflussrolle und des Kernbereichscharakters nicht nur zuzutrauen; vielmehr spiegelt dieses In den Feldern 4-6 beinhaltete Verstandnis den eigentiichen Kerngedanken der Impulsfunktion als wissensintensivem Dienstleistungsangebot des Beschwerdemanagements wider. Feld 4 beschreibt die vom Zentralbereich zu leistende Funktion, seinen internen Kunden den gegebenen Instrumentenraum vorzustellen und die Auswahl eines spezifischen Instruments, z.B. in der Abwagung zwischen FMEA und Beschwerde Problem Deployment, zu leiten. Die Prozessebene (Feld 5) wird beeinflusst, indem Beschwerdemanagement z.B. seinen internen Kunden einen Vorschlag fur die Konfiguration des Qualitatsverbesserungsteams unterbreitet (z.B. GrofJe, interfunktionale Zusammensetzung der Teammitglieder, zeitliche Befristung des Teams etc.) und dessen Koordination ubernimmt. Die Einflussnahme auf der Inhaltsebene (Feld 6) manifestiert sich im Zusammenspiel mit der Instrumenten- und der Prozessebene. Beispielsweise sind bei der Durchfuhrung einer FMEA durch das Qualitatsverbesserungsteam an verschie-
Adaption der Differenzierungsstrategie
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denen Stellen wertende Entscheidungen zu treffen, deren Ergebnis die Inhaltsdimension ansprechen. Im Hinblick auf die in den Feldern 7-9 verortete direktive Problemlosungserarbeitung ist die Reflexion des in Teil 6 identifizierten Charakters des Beschwerdemanagements als Unterstutzungsbereich hilfreich. Ein direktiver Problemlosungsprozess scheint, trotz seines Kernbereichscharakters, nicht der Realitat und denn Verstandnis des Beschwerdennanagements zu entsprechen. Die Ausgestaltung der Felder 7-9 soil daher nicht weiter verfolgt werden. Wie bereits erwahnt, stellt der jeweilige Beratungsstil eine Determinante der Beratungsmethode dar. Beide wiederum flieden in der Beratungsstrategie des Beschwerdemanagements zusammen. Die Beratungsstrategie wird dann letztlich auch das Interaktionsverhalten des Beschwerdemanagements gegenuber seinen internen Klienten beeinflussen. Dieses lasst sich in analoger Ubertragung von Uberlegungen der Consulting-Literatur anhand verschiedener idealtypischer Beraterrolten beschreiben. Damit wird letztlich das Rollenverstandnis des Beschwerdemanagements als Beratungseinheit gegenuber seinen Kunden zum Ausdruck seiner internen Beratungsstrategie. Abbildung 8-24 gibt einen Oberblick verschiedener Beraterrollen und zentraler Merkmale des jeweiligen Beratergebarens. Zweifelsohne sind dabei im Rahmen verschiedener Projekte aber auch innerhalb eines Beratungsprojekts unterschledllche Rollen des Beschwerdemanagements denkbar. Diese sind projekt-, situations- und problembezogen auszuwahlen und gegebenenfalls mit dem internen Kunden und der Unternehmensleitung abzustimmen (Blunck 1993, S. 104).
612
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Direktive BeraterroUe
Feuerwehrmann
Arzt
Trainer
Promoter
Interventionist
Prozessberater
Neutraler fritter
Nicht -direktive BeraterroUe
hoch
Grad des Einflusses
gering
hoch
Anteil des Beraters an Entscheidungsprozessen
gering
Ergebnis
Ergebnis- oder prozessorientierte Vorgehensweise
Prozess
gering
Grad der Teamorientierung
hoch
Berater
Nutzung der Erfahrung und des Know-hows der Berater oder Mitarbeiter
Mitarbeiter
Abb. 8-24: Rollen intemer Beratungseinheiten als Ausdruck der internen Beratungsstrategie; Quelle: In Aniehnung an Blunck (1993, S. 105).
Die primare Unterscheidungsdimension in der Abbildung ist die Charakterisierung der Beratungseinheit anhand des ihr zugestandenen Einflusses auf den Entscheidungsprozess als eher direktive bzw. nicht-direktive BeraterroUe. Ein direktiver Beratungsansatz ist durch folgende Merkmalsauspragungen gekennzeichnet (Blunck 1993, S. 106): •
Den Beratern ist ein hoher qualitativer und quantitatlver Anteil der zu treffenden Entscheidungen vorbehalten,
•
die Vorgehensweise ist vor allem ergebnisorientiert und dient eher nicht dazu, die Fahigkeiten der Kunden weiterzuentwickein,
•
das AusmaB der Teamorientierung und der Einbindung der betroffenen Mitarbeiter ist als gering zu bezeichnen,
•
die Losung des Problems beruht primar auf dem Fach-Know-how, der Erfahrung und der Expertenmacht der Berater.
Die Rollen des Feuerwehrmanns und des Arztes, die letztlich den Feldern 7-9 der oben angefuhrten Matrix entsprechen, scheinen nach der hier vertretenen Ansicht aus folgenden Grunden nicht fur eine effektive Impulsfunktion geeignet zu sein. Zum Ersten ist das Beschwerdemanage-
Adaption der Differenzierungsstrategie
613
ment bislang nicht mit den hier implizierten Entscheidungsbefugnissen ausgestattet, zum Zweiten ist es eine wichtige Aufgabenstellung des Beschwerdemanagements, die Mitarbeiter in den Geschaftsbereichen weiterzuentwickein, so dass diese in Zukunft das Ausmali der Kundenunzufriedenheit nnoglichst eigenstandig verringern konnen. Zum Dritten ist Beschwerdemanagennent im Sinne einer moglichst effektiven Problembeseitigung regelmaflig auf das Know-how der Geschaftsbereichsmitarbeiter uber ihren Prinnarmarkt angewiesen. Schlielilich ist zu bezweifeln, dass die Expertise und Expertenmacht des Beschwerdennanagements bislang als derart ausgepragt anzusehen sind, als dass eine donninante Rolle annehnnbar erscheint. An dieser Prazisierung der Beraterrollen wird deutlich, dass stark direktive Beraterrollen (Feuerwehrmann und Arzt) fur das Beschwerdemanagement (bislang) nicht empfehlenswert erscheinen. Von grofierem Interesse sind die weniger direktiven Beraterrollen, die sich entsprechend durch folgende Charakteristika auszeichnen (Blunck 1993, S. 106): •
Die faktische Entscheidungsmacht beschrankt sich auf ein nur geringes (qualitatives/quantitatives) AusnnaR>,
•
die Vorgehensweise zielt vor allem darauf ab, im Sinne der „Hilfe zur Selbsthilfe" die Beschwerde-bezogenen Fahigkeiten Mitarbeiter in den Geschaftsbereichen weiterzuentwickein,
•
diese Vorgehensweise wird durch eine ausgepragte Teamorientierung unterstutzt und
•
erarbeitet daher die Problemlosung primar auf Basis des Know-hows und der Erfahrung der betroffenen Mitarbeiter.
Fur die Beraterrolle eines Beschwerdemanagements empfehlen sich diese eher nicht-direktiven, partizipativen Konfigurationen des Trainers, Promoters, Interventionisten und Prozessberaters. Als Trainer fungiert Beschwerdemanagement mafJgeblich in den Feldern 1-3 der oben be-
614
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
sprochenen Matrix und verknupft somit die Bildungs- mit der Impulsfunktion des Beschwerdemanagements. Die Rolleninterpretationen Promotor, Interventionist und Prozessberater stellen unterschiedliche Gebarensweisen dar, die sich in den Matrixfeldern 4-6 wieder finden konnen. Die Rolle eines ,neutralen Dritten' aktiv anzustreben, scheint vor dem Hintergrund des strateglschen Potenzials der Impulsfunktion jedoch suboptlmal, da diese die internen Kunden in hohem MafJe ,sich selbst uberlasst' und dies mit dem angestrebten Zusatznutzen zur ErschlieUung der Beschwerdeinformationen kaum vereinbar erschelnt. Nachdem sowohl fur die Bildungs- als auch die Impulsfunktion die angestrebten strateglschen Orientierungsrahmen vorliegen, bedarf es nunmehr noch einer anderen Erweiterung des Managementansatzes innerhalb der Differenzierungsstrategie. In Teil 7 wurde nachdrucklich postuliert, dass sich Beschwerdemanagement als Sekundardienstleister im Rahmen der strateglschen Analyse vor allem mit der Qualitatswahrnehmung und der sich daraus ableitenden Zufriedenheit der Leistungsnachfrager (also der Beschwerdefuhrer) befassen muss. Auch bei der Ausarbeltung der Kostenfuhrerschaft im Tertlardienstleistungsbereich (Kapitel 8.4) zeigte sich, dass die Orientierung an den Anforderungen der internen Kunden von maflgeblicher Bedeutung ist. Dieses Postulat gilt in noch hoherem MafJe fur das Beschwerdemanagement als einem nach Differenzierung strebenden internen Dienstleistungsanbieter. 8.5.4
Erhebung der Qualitatswahrnehmung und Zufriedenheit interner Kunden des Beschwerdemanagements als Tertiardienstleister
Das in Kapitel 8.4 skizzierte TIQM leistet im Hinblick auf die interne Informationsfunktion wertvolle Dienste zur Erhebung der von den internen Kunden des Beschwerdemanagements wahrgenommenen Informationsqualitat. Im Rahmen eines sich mittels der Impuls- und Bildungsfunktlon differenzierenden Beschwerdemanagement-Bereichs greift der dort ver-
Adaption der Differenzierungsstrategie
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tretene Messansatz jedoch zu kurz. Die bisweilen hoch interaktiven Service Encounter dieser wissensintensiven Dienstleistungen sind nur unzulanglich uber den nicht fur solche Dienste konzeptionierten IQ-Ansatz zu erfassen. Deshalb ist hier ein umfassenderes Qualitatsverstandnis zugrunde zu legen und im Rahmen einer ausgeweiteten Dienstleistungsqualitatsmessung zu erheben. Daruber hinaus tragt die in diesem Abschnitt vorzustellende Messkonzeption auch in hoherem Mafle den Spezifika interner Kunden-Lieferanten-Beziehungen Rechnung (siehe Unterabschnitt 8.2.1). Insbesondere dient sie dazu, die nur geringe Bereitschaft zur Artikulation der Qualitatswahrnehmung durch Proaktivitat zu uberwinden, zur Beseitigung eventuell nur mangelhafter Angebotsevidenz auf Kundenseite beizutragen und internen Kunden ihre eigene MitVerantwortung an der Dienstleistungserstellung zu verdeutlichen. Anzuknupfen ist an die allgenneine Forschung zu interner Qualitatswahrnehmung und Kundenzufriedenheit, die interne Dienstleistungsqualitat definiert als „die Fahigkeit eines internen Lieferanten, die Beschaffenheit einer primar intangiblen und der Kundenbeteiligung bedurfenden Leistung aufgrund von internen Kundenerwartungen auf einenn bestimmten Anforderungsniveau zu erfullen" (Bruhn 1999, S. 541). Es ist nicht uberraschend, dass erneut Erwartungen und deren Erfullung aus Kundensicht die zentralen Grofien bei der Beurteilung der Dienstleistungsqualitat darstellen. Als interner Dienstleistungsanbieter hat Beschwerdemanagement daher zwei Aspekte zu berucksichtigen: Zum einen gilt es sich einen Uberblick uber das Gesamtgefuge bestehender Erwartungen aber auch Wahrnehmungslucken bezuglich des eigenen Dienstleistungsangebotes zu verschaffen. Hierfur soil in einem ersten Schritt auf das von Bruhn (1999b) vorgestellte Gap-Modell der internen Dienstleistungsqualitat zuruckgegriffen werden. Zum anderen sind in einem zweiten Schritt konkrete Messansatze und -methoden auf ihre Eignung zur Zufriedenheitsmessung im Rahmen eines sich differenzierenden Beschwerdemanagements zu reflektieren.
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
616
Fur das Beschwerdemanagement als internem Dienstleistungsanbieter ist es von groBer Bedeutung, ein Verstandnis uber die Entstehung interner Dienstleistungsqualitat zu entwickein, urn so Ansatzpunkte eines umfassenden Qualitatsmanagements zu bestimmen. Erst anschlielJend ist die Frage nach spezifischen Methoden der eigentlichen Qualitatsmessung relevant. Als einen systematisierenden Gesamtrahmen zur Entstehung und Analyse der erbrachten Dienstleistungsqualitat unter Berucksichtigung unterschiedlicher Erwartungshaltungen legt Bruhn (1999b, S. 563fF.) das fiir interne Dienstleister adaptierte Gap-Modell nach Parasuraman et al. (1985) vor (Abbildung 8-25). Anhand dieses GapAnsatzes kann Beschwerdemanagement Defizitfelder im eigenen Einflussbereich identifizieren, die zu einer Reduktion seiner Leistungsqualitat fuhren konnen. Interner Kunde des Beschwerdemanagements Organisationale Bedtirfhisse
Mund-zu-Mund-Kommunikation
Erfahrungen der Vergangenheit
X
J~ Erwartungen an die intemen Dienstleistungen des Beschwerdemanagements
Gapl
Gap 5 Wahrgenommene interne Dienstleistimgen
Erstellimg der intemen Dienstleistungen durch das Beschwerdemanagement Gap 3
Gap 4
An den intemen Kunden gerichtete Kommunikation iiber die Dienstleistungen des Beschwerde-managements
Umsetzung der wahrgenommenen Kundenerwartungen in Spezifikationen der intemen Dienstleistungsqualitat Gap 2
K
Wahrgenommene Kundenerwartungen
Beschwerdemanagement als interner Lieferant
Abb. 8-25: Das Gap-Modell interner Dienstleister; Quelle: In Aniehnung an Bruhn (1999b, S. 564).
Adaption der Differenzierungsstrategie
617
Fehlende oder falsche Vorstellungen des Beschwerdemanagements uber die Qualitatserwartungen seiner intemen Kunden fuhren zu Gap 1. Als mogliche Grunde kommen eine ungenugende interne Marktforschung, unzureichende Kommunikation zwischen denn Beschwerdemanagement und seinen Abnehmern sowie hierarchische Barrieren in Frage (analog Bruhn 1999b, S. 563). Auty/Long (1999) weisen darauf iiin, dass es aufgrund spezifischer Interessenskonflikte in Unternehmen zu Parallelgaps komnnen kann. In der Tat scheint dies fur das Beschwerdemanagement vorstellbar zu sein. Da der Zentralbereich Beschwerdemanagement als Dienstleister gegenuber der Unternehmensleitung und den Geschaftsbereichen agiert (Two-Bosses-Dilemma), kann sich Gap 1 aufspalten, sofern sich die Erwartungen der Unternehmensleitung und der Geschaftsbereiche voneinander unterscheiden. Gap 2 untersucht, wie gut es dem Beschwerdemanagement gelingt, die wahrgenommenen Anforderungen seiner intemen Nachfrager in die eigenen Leistungsqualitatsspezifikationen zu ,ubersetzen'. Die Verantwortung fur das Auftreten von Gap 2 wurde nach Bruhn (1999b, S. 565) bei der Bereichsleitung Beschwerdemanagement liegen, der dann eine mangelnde Entschlossenheit zur internen Kundenorientierung und Servicequalitat oder auch eine ungenugende Zielfixierung der Qualitatsstandards vorgeworfen werden konnte.^^^ Selbst wenn es der Bereichsleitung gelungen ist, die Kundenerwartungen adaquat in Dienstleistungsspezifikationen zu transformieren, kann im Rahmen der Erstellung der Dienstleistungen durch Mitarbeiter des Beschwerdemanagements hiervon abgewichen und damit Gap 3 ausgelost werden. Folglich sind die Ursachen primar auf der (zwischen-) menschlichen Ebene zu suchen und konnen beispielsweise in der mangelnden Qualifikation, mangelnder Teamarbeit,
254
Auch dieser Gap liefie sich aufspalten. Davon sei insofern abstrahiert, als davon ausgegangen wird, dass die Bereichsleitung Beschwerdemanagement allein verantwortlich fur diese Umsetzung ist.
618
Verfeineiie Analyse der A ufgabenumwelt
Rollenkonflikten oder schlicht Auseinandersetzungen zwischen involvierten Mitarbeitern begrundet sein (Bruhn 1999b, S. 565). Fehlerhafte interne Kommunikation- und/oder Informationspolitik des Beschwerdemanagements munden in Gap 4. Hier wurden auf Seiten der Nachfrager Erwartungen geweckt, die im Rahmen der spater erbraciiten Dienstleistung nicht erfullt werden. Das Vorliegen einer oder mehrerer der vorgenannten Gaps resultiert sciiiieliJich in Gap 5, also der Diskrepanz zwisciien der vom Kunden erwarteten und eriebten Dienstleistungserbringung im internen Service Encounter. Basierend auf diesem Grundkonzept kann Beschwerdemanagennent nun verschiedene Messansatze der Dienstleistungsqualitat auf ihre ZweckmafJigkeit durcliJeuchten. Grundsatzlich steht die in Abbildung 8-26 dargestellte, umfangreiche Bandbreite von Messansatzen der externen Marktforsciiung zur Verfugung, die sich, so befindet Bruhn (1999b, S. 548ff.), auch fur die Bestimmung der internen Dienstleistungsqualitat eignen.
619
Adaption der Differenzierungsstrategie
Messung der intemen Dienstleistungsqualitat
1
1
*
Messung aus Sicht des Beschwerdemanagements als interner Lieferant i Undifferenzierte Messung (= globale Eigenbewertung)
'^
[ Differenzierte Messung
i
i Messung'objektiver' Sachverhalte
Messung 'subjektiver' Sachverhalte
• Benchmarking • Expertenanalysen • Qualitatsstatistiken • Qualitatskostenanalysen
i
1
Messung aus Sicht der internen Kunden i Undifferenzierte Messung (= globales Qualitatsurteil)
i Messung 'objektiver' Sachverhalte
^
Differenzierte Messung
^
I
Messung 'subjektiver' Sachverhalte
• Benchmarking
•
Schwachengerichtet
Starken- und Schwachen-gerichtet
• Fishbone-Analysen • Fehlermoglichkeits- und • -einflussanalyse (FMEA)
• SWOT-Analysen durch zentralbereichsinteme Qualitatszirkel
i
Schwachengerichtet • 'Meckerkasten' und FrequenzRelevanz-Anaiyse der Beschwerden (FRAB) • BetriebHches Vorschlagswesen • Problem Detecting Method
Starken- und Schwachen-gerichtet • Mitarbeiterbefragung • Sequenzielle Ereignismethode • Critical Incident Technique (CIT)
Abb. 8-26: Messansatze zur Bestimmung der internen Dienstleistungsqualitat im Uberblick; Quelle: In Aniehnung an Bruhn (1999b, S. 555).
Ohne auf die Einzelinstrumente einzugehen, soil auf die Differenzierung der Perspektive in Lieferanten- und Nachfragersicht hingewiesen werden. Dabei beinhaltet die Messung aus Sicht des Beschwerdemanagements die Erfassung objektiver Sachverhalte (Bruhn 1999b, S. 554). Wie an fruherer Stelle betont wurde, kann eine derartige Qualitatsmessung, die ja die subjektive Qualitatsbewertung der Nachfrager aufier Acht lasst, nur eine Teilfacette der Qualitatsbestimmung sein und muss durch die Messung aus der Sicht interner Kunden erganzt werden (Stauss/Hentschel 1991, S. 242). Bemerkenswert bei den von Bruhn vorgeschlagenen Methoden zur nachfragerseitigen Qualitatsbeurteilung ist an dieser Stelle die ZweckmafJigkeit eines unternehmensinternen „Meckerkastens", der im
620
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Zusammenspiel mit einzelnen anderen Methodenalternativen (z.B. der FRAB) zu einem ,Meta-Beschwerdemanagement' ausgestaltbar ist. Neben der hier angeregten Zweiteilung der Erhebungsperspektive ist eine noch umfassendere Messung unter Fokussierung der internen Zusammenarbeit zwischen Beschwerdemanagement und seinen Nachfragern viel versprechend, wie sie Gilbert (2000) und Velitchkova (2003) fur interne Dienstleister vorschlagen. Uber die Bewertung des Besciiwerdemanagements aus Kundensicht hinaus hiede dies, dass sich die Mitarbeiter des Beschwerdennanagements in die Rolle des internen Nachfragers versetzen und die eigene Dienstleistungsqualitat beurteilen. In einem weiteren Schritt wird auch der interne Nachfrager in seiner Kundenrolle betrachtet und zwar ebenfalls in seiner Selbstwahrnehnnung und aus der Perspektive des internen Dienstleisters Beschwerdemanagement. Auf Seiten des Kunden soil dadurch die detaillierte Artikulation eigener Bedurfnisse stimuliert und gleichzeitig eine Sensibilitat fur Verbesserungsvorschlage des Dienstleisters hervorgerufen werden. Ferner kann eventuell auch eine kundenseitige Reflexion der potenziell limitierend wirkenden Rahmenfaktoren des Beschwerdemanagements ausgelost werden. Durch diesen Rollenwechsel wird ein, vor allem im unternehmensinternen Kontext wichtiges, empathisches Problemverstandnis beim jeweiligen Interaktionspartner angestrebt, das zu einer positiven Eigendynamik und letztlich zur Verbesserung der Dienstleistungsinteraktionen fuhren soil (Velitchkova 2003, S. 57f.). Fruchtbar ist diese Idee des Rollenwechsels in erster Linie im Hinblick auf die Uberwindung potenziell bestehender Akzeptanzbarrieren gegenuber dem Beschwerdemanagement und seiner unternehmensinternen Aufgabenstellung. Dieses erweiterte Erhebungskonzept ist in Abbildung 8-27 fur das Beschwerdemanagement interpretiert.
621
Adaption der Differenzierungsstrategie
Fremdwahrnehmung Bewertung des Beschwerdemanagements aus Sicht des intemen Nachfragers A
n
! !
• j
Bewertung des intemen Nachfragers A aus Sicht des Beschwerdemanagements
Messung der Qualitat intemer Zusammenarbeit
Bewertung des Beschwerdemanagements aus ! Sicht des Beschwerdemanagements !
j j
Bewertung des intemen Nachfragers A aus Sicht des Nachfragers A
Selbstwahrnehmung
Abb. 8-27: Erweitertes Erhebungskonzept zur Bestimmung der Qualitat der internen Zusammenarbeit zwischen Besciiwerdemanagement und seinen Nachfragern; Quelle: In Aniehnung an Velitchkova (2003, S. 56).
Freilich speist sich dieser Ansatz zentral aus dem Portfolio von Verfahren, das Bruhn fur die Beurteilung intemer Dienstleistungsqualitat ennpfiehlt, wobei sich jeweils spezifische Methoden fur die Erhebung der Kundenzufriedenheit in den unterschiedlichen Kontexten der Innpuls- und Bildungsfunktionen miteinander konnbinieren lassen. Unabhangig vom letztendlicin gewainlten Instrumentenmix ist aber zu vermuten, dass die Glaubwurdigkeit des Beschwerdemanagements in besonderem Mafie von dem erwahnten unternehmensinternen ,Meta-Beschwerdemanagement' profitieren wurde, weshalb diese Empfehlung nachdrucklich zu betonen ist. Diese hier aufgezeigten Vorgehensweisen zur Ermittlung interner Kundenzufriedenheit komplettieren die Modellierung der als ,grofie Losung' interpretierten Beschwerdemanagement-Konfiguration unter Maflgabe der Differenzierungsstrategie und leiten zur abschliefienden Wurdigung dieser Strategieoption ijber.
622
8.5.5
Verfeinerte Analyse der A ufgabenumwelt
Wurdigung der Differenzierungsstrategie als Option zur Ausgestaltung der tertiaren Unterstutzungsdienstleistungen des Beschwerdemanagements
Unterschiedliche Chancen und Herausforderungen ergeben sich im Lichte des hier vorgestellten Differenzierungsansatzes im Zentralbereich Beschwerdemanagement. Die zentrale Chance ist darin zu sehen, dass erst die Differenzierungsstrategie den Zugang zu alien drei relevanten Ebenen erschiielit, uber die das Primarmarl
Adaption der Differenzierungsstrategie
623
mit sich bringt, die vorher kaum erforderlich waren. Dies wirkt sich auf unterschiedlichen Ebenen des Zentralbereichs, insbesondere jedoch auf die dort voriiandenen Mitarbeiterressourcen (Recruiting, Schulung, Gehaltsgefuge, zentraibereichsinterne Anreizsysteme etc.) aus und spiegelt sicii niciit zuletzt in dem (eben) erweiterten Kundenzufriedenheits-Messinstrumentarium wider. Eine zusatzliche Herausforderung wird erkennbar, wenn der hier unterbreitete Vorschlag zur Konfiguration der Bildungs- und Impulsfunktion im Gesamtkontext der Abhilfefunktion und der internen Informationsfunktion sowie unter der Mafigabe des fiktiven Marktkonzepts betrachtet wird. Fiktive interne Markte sehen prinzipiell eine interne Leistungsverrechnung vor. Welche Leistungen wie zu verrechnen sind, lasst das Konzept aber offen. Daher stellt sich fur die Bereichsleitung Beschwerdemanagement die Aufgabe, im Lichte der nunnnehr vier Funktionen eine ausgewogene Anreizkompatibilitat bei der Verrechnungspreisgestaltung zu gewahrleisten. Werden die Abhilfe- und die interne Informationsfunktion im Vergleich zur Impuls- und Bildungsfunktion z.B. ,zu gunstig' verreciinet, werden die Geschaftsbereiche kaum Anreize zur Nachfrage nach der Bildungs- und Impulsfunktion erhalten. Umgekehrt durfen die Kosten fur Impuls- und Bildungsfunktion nicht so hoch ausfallen, dass die internen Kunden, trotz bestehenden Bedarfs von der Nachfrage absehen. Dies erfordert es, unterschiedliche Verrechnungsmodelle erarbeiten und in ihren Konsequenzen gegeneinander abwagen zu mussen. Beispielsweise sind mehrstufige Kostenverrechnungsverfahren zu reflektieren, die auf den ,unteren' Stufen eine relativ niedrige Verrechnung der fur die Abhilfefunktion anfallenden Kosten vorsehen. Im Rahmen der Beschwerdeauswertung ist dann detailliert zu analysieren, inwieweit die Geschaftsbereiche anhand der internen Informationsfunktion in der Lage sind, Beschwerdeursachen im Zeitverlauf abzustellen. Auf einer nachsten Stufe konnten den Sparten diejenigen Kosten fiktiv aufgezeigt werden, die im Zentralbereich fur sich wiederholende Beschwerden bzw. die daraus
624
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
resultierende Abhilfefunktion entstehen. Stellt sich im weiteren Zeitverlauf keine Verbesserung der Beschwerdesituation ein, konnte auf einer abermals ,hdheren' Verrechnungsstufe (in Abstimmung mit der Unternehmensleitung) entweder die Bildungs- bzw. die Impulsfunktion des Beschwerdemanagements zu einer obligatorisch in Anspruch zu nehmenden Dienstleistung erklart werden oder die Hdhe der nunmehr faktisch fur Abhilfe- und/oder interne Informationsfunktion verreciineten Kosten angehoben werden. Zwar bilden derartige Verrechnungsoptionen eine erste Grundlage fur die erfolgreiche Vernneidung von Kundenunzufriedenheit und setzen deutliche Anreize zur Informationsnutzung in den Sparten.^^^ Gleichwohl ist die detaillierte Ausarbeitung effektiver Verrechnungsmodelle eine Aufgabe von mitunter eriieblicher Komplexitat und stellt insofern eine malJgebliche, mit der Differenzierung verknupfte Managementherausforderung fur die Zentralbereichsleitung dar. Gelingt es jedoch nicht, die Verrechnungsproblematik adaquat zu losen, gefahrdet dies nachhaltig die Erschlieflung des Zusatznutzens durch die Impuls- und die Bildungsfunktion. Diese Uberlegungen verdeutlichen, dass die Verfolgung der Differenzierungsstrategie beachtliche Anforderungen an die Zentralbereichsleitung nnit sich bringt. Vor diesem Hintergrund bietet sich ggf. die Verfolgung einer hybriden Wettbewerbsstrategie an, wie sie in Form des Mass Customization-Ansatzes umzusetzen ware.
255
Dies ist insofern notig, als die Studie von Stauss/Scholer (2003, S. 13) gezeigt hat, dass gerade diese Verknupfung von betrieblichen Anreizsystemen und Zielsetzungen des Beschwerdemanagements in ca. 90% der Unternehmen fehlt.
Skizzierung des Mass Customization-Ansatzes
625
8.6 Skizzierung des IVIass Customization-Ansatzes als Hybridstrategie im strategischen Geschaftsfeld tertiarer Unterstutzungsdienstleistungen Mass Customization basiert auf der Idee, Wettbewerbsvorteile zu generieren, indem Kostenfuhrerschaftsziele und auf Individualisierung basierende Differenzierungseffekte parallel angestrebt werden (Piller/Moslein 2002, S. 5). In Kapitel 7.6 wurden mit (1) Servlce-lndividualisierung, (2) Selbst-Customizing, (3) Splitting des Leistungsprozesses sowie (4) Leistungs-Modularisierung vier bedeutende Leitlinien zur Umsetzung der Mass Customization-ldee vorgestellt (Downar 2003, S. 41 ff.)- Die Eignung dieser vier Vorgehensweisen fur die interne Infornnations-, Impulsund Bildungsfunktion soil kurz durchdacht werden. (1) Die Service-lndividualisierung sieht vor, ein in hohem Made standardisiertes Leistungsangebot des Beschwerdemanagements durch kundenspezifische Dienste zu erganzen. Diese Leitlinie ist fur alle drel hier angesprochenen Funktionen denkbar. Das Beschwerdereporting als Kern der internen Informationsfunktion wurde also schwerpunktmaflig auf Standardreports beruhen, liefie sich jedoch auf Anfrage der Kunden durch ausgewahlte (eventuell separat zu verrechnende) Sonderauswertungen erganzen. Denkbar ist auch, dass ein Complaint Information Product Manager (CIPM) diese Individualisierungskomponenten des Reportings den internen Kunden proaktiv anbietet. Service-lndividualisierung der Impulsfunktion bedeutet, das Instrumentarium zur Beschwerdeinformatlonsnutzung zu standardisieren und dadurch eventuell in seiner Breite und Tiefe zu reduzieren. Im Gegenzug aber werden die dann angebotenen Instrumente durch kundenindividuelle Facetten erganzt. Wurde das Beschwerdemanagement beispielsweise die Organisation und Durchfijhrung von Beschwerdefuhrer-Kundenforen anbieten (Stauss/
626
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Seidel 2002, S. 443), so lielien sich im Vorfeld die Prioritaten der internen Kunden im Hinblick auf die Konfiguration (z.B. online- vs. offlineKundenforum, Zusammensetzung der einzuladenden Gruppe von Beschwerdefuiirern nach soziodemografischen Merkmalen oder Kundensegmenten, etc.) abfragen. Fur die Bildungsfunktion wurde oben oiinehin eine Standardisierung des Bildungsangebots empfohlen. Dieses Standardangebot ist im Rahmen der Service-lndividualisierung dann auf die individuellen Bedurfnisse der anfragenden Organisationseiniieiten anzupassen. Beispielsweise konnten im Vorfeld mit den spater an der BildungsmaBnahme teilnehmenden Mitarbeitern kurze ,Pre-Assessments' durchgefuhrt werden (Freund 2003a, S. 6), um anschliefJend das Schulungsangebot des Beschwerdemanagements exakter auf das gegebene Leistungsprofil auszurichten. (2) Das Spiegelbild zur Service-lndividualisierung ist das SelbstCustomizing, denn hier erfolgt die Individualisierung nicht mehr durch das Beschwerdemanagement, sondern die internen Kunden selbst nehmen die Leistungsindividualisierung vor. In besonderem MalJe bietet sich hierfur der Einsatz moderner Informations- und Kommunikationstechnologie an (Reichwald et al. 2002). Das Beschwerdereporting der internen Informationsfunktion wurde also weitest gehend, und erheblich umfassender als es bislang der Fall ist,^^^ elektronisiert werden (mussen). In erster Linie sind die Beschwerdeinformationen uber den Intranetauftritt des Beschwerdemanagements sowie uber den E-Mail-Kanal bereit zu stellen. Auf den Intranetseiten des Beschwerdemanagements sollten sich interne Kunden selbst die fur sie interessanten Beschwerdereports aus einer Basispalette unterschiedlicher Bausteine konfigurieren konnen. Die
256
Aktuell geben 80% der von Stauss/Scholer (2003, S. 111) befragten Beschwerdemanagement-Bereiche an, ihre Berichte in Papierform zu versenden. Zwar nutzen 69% auch den E-mail-Kanal, aber lediglich 51% der Reports werden uber ein Intranet zur Verfugung gestellt.
Skizzierung des Mass Customization-Ansatzes
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Impulsfunktion einem Selbst-Customizing zuganglich zu machen, stellt angesichts der stellenweise ausgepragten Komplexitat und der hohen Integrativitat interner Beratungsleistungen eine vergleichsweise grofiere Herausforderung dar. Dennoch finden sich auf der Instrumentalebene auch hier Ansatzpunkte. Das obige Beispiel des BeschwerdefuhrerForums sei hierfur adaptiert. Das Beschwerdemanagement konnte seinen internen Kunden den Zugriff auf die Datenbanken uber die Beschwerdefuhrer ermogliciien, die mit umfassenden Sortierungs- bzw. Kategorisierungsinstrumenten zu versehen sind. Anhand der Daten und Sortierungstools kann sich ein Geschaftsbereich nunmehr selbst die von ihm gewunschte Gruppe zu kontaktierender Beschwerdefuhrer zusammenstellen. Im Vergleich zur Impulsfunktion bietet die Bildungsfunktion unter Ruckgriff auf die Konzepte des E-Leaming zahlreiche Moglichkeiten, ein Self-Custonnizing durch die internen Kunden zu ernnoglichen (analog Freund/Piotrowski 2003, S. 8ff.). Das oben erwahnte ,PreAssessment' konnte nun in Form eines ,Self-Assessment' erfolgen, d.h. der Mitarbeiter durchlauft einen EDV-basierten Test, der freilich auch dessen Erwartungen an das Schulungsangebot des Beschwerdemanagements abfragen sollte. Am Ende dieses Procedere kann das EDVSystem ein auf die individuellen Vorkenntnisse und Lernbedurfnisse des befragten Mitarbeiters abgestimmtes Schulungsangebot vorschlagen, das mitunter ebenfalls online oder aber on- und offline absolviert werden kann. (3) Ein Splitting des Leistungsprozesses zielt darauf ab, die Wertkette des Tertiardienstleisters Beschwerdemanagement in abnehmerfern erstellte Standard- und beim internen Kunden verlaufende, interaktive Individualkomponenten aufzuteilen. Diese Idee kommt der internen Informationsfunktion in der eben erwahnten Spielart eines primar elektronischen Beschwerdereportings entgegen. Verschiedene britische und amerikanische Unternehmen betreiben ihre Call Center bereits in Indien (Taylor/Bain 2004), d.h. dort ist die dem Beschwerdereporting vorgela-
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
gerte Wertschopfung der Beschwerdeinformationserfassung und auswertung verortet. Sollten im Rahmen des Reporting anschlJeUend vertiefende Diskussionsrunden erforderlich werden, konnen diese vom Complaint Information Product Manager (CIPM) geleitet werden, der in geografischer Nahe zu den Sparten anzusiedein ist. Der analoge Effekt lasst sich auch fur die Instrumentarlen der Impulsfunktion denken. Die eigentliche Durchfuhrung von Methoden wie der FMEA oder des Beschwerde Problem Deployment kann (zumindest in Teilen) an den kostengunstigeren Standorten erfolgen. Der CIPM wird diese Vorarbeiten prasentieren und anschlieUend gemeinsam mit den internen Kunden verfeinern sowie einer letztendlichen Losung zufuhren konnen. Der Leistungsprozess der Bildungsfunktion konnte ebenfalls ,gesplittet' werden. Beispielsweise konnen auf die Schulungsangebote des Beschwerdemanagements spezlalisierte MItarbeiter im Zentralbereich standardisierte Bildungsdienstleistungen entwerfen. Die operative Durchfuhrung von Seminaren konnte jedoch im Rahmen eines dualen Beschwerdemanagements an MItarbeiter mit Beschwerdemanagement-Aufgaben in dezentralen Geschaftsbereichseinheiten oder aber auch an Trainer aus der Personalfunktion delegiert werden, die dann anhand der vom Beschwerdemanagements bereltgestellten, standardisierten Schulungskomponenten die eigentliche Individualisierung vornehmen. Eine Auslagerung der Konzeption der Bildungsangebote an kostengunstigere Standorte, wie eben fur die interne Informations- und Impulsfunktion beschrieben, scheint jedoch nur bedingt ratsam. (4) Die Idee der Modularisierung des Leistungsangebots bietet dem Beschwerdemanagement die Chance, auf der Basis vergleichsweise weniger standardisierter aber gegeneinander austauschbarer Leistungskomponenten, eine grolie Varlantenvielfalt anbieten zu konnen, ohne die Komplexitat des Erstellungsprozesses zu erhohen. Wie die Ausfuhrungen zu den drei vorangegangenen Leitlinien der Mass Customization bereits andeuten, kommt der Modularisierungsmaxime auch fur de-
Skizzierung des Mass Customization-Ansatzes
629
ren Erfolg grofie Bedeutung zu (Reichwald et al. 2002, S. 234f.). Der Schlussel hierfur ist, im Hinblick auf die interne Informations-, Impuls- und Bildungsfunktion in Leistungsbundein bzw. Produktfamilien zu denken, die sicli aus dem Zusammenspiel unterschiedlicher Module bilden lassen. Hierbei ist an eine vertikale und eine horizontale Modularisierung zu denken. Eine vertikale Modularisierung wurde vorsehen, innerhalb einer der drei Funktionen Module zu bilden. Die interne Informationsfunktion wurde beispielsweise Reportingmodule fur spezifische Zielgruppen (unterschiedlicher Hierarchieebenen oder Aufgabenbereiche) vorsehen konnen. Auf einer zweiten Modularisierungsebene konnten Reports nach deren Charakter als starker qualitative bzw. quantitative Auswertungen konfiguriert werden. SchliefJIich konnte den internen Kunden auch hinsichtlich der Frequenz des Reporting eine modularisierte Abstufung freigestellt werden.^^'' Die Impulsfunktion konnte z.B. Module enthalten, die auf die intendierte Nutzung der Beschwerdeinformationen in den Sparten ausgerichtet sind. So konnte den Geschaftsbereichen ein Leistungsbundel offeriert werden, dass primar darauf ausgerichtet ist, das erneute Auftreten einnnal identifizierter Beschwerdeursachen zukunftig zu vermeiden. Andererseits konnte ein Modul im Rahmen der Impulsfunktion darauf ausgerichtet werden, die erhaltenen Beschwerdeinformationen in Produkt- bzw. Prozessinnovationen umzusetzen, was z.B. einen starkeren Fokus auf Kreativitatstechniken einer derart konzipierten Impulsfunktion implizieren wurde. Insbesondere im Bereich von Weiterbildungsdienstleistungen wird auf die Zweckmaliigkeit der Modularisierung verwiesen (Freund 2003, S. 8f.; Piller/Moslein 2002, S. 6f.). Die Modularisierung der Bildungsfunktion liegt demnach nahe und kann sich ebenfalls an dem primaren funktionalen bzw. hierarchischen Aufgabengebiet der Zielpersonen orientieren. Unter funktionalen Aspekten lassen sich dann
257
Die Entscheidungsfreiheit des Beschwerdemanagements ggf. eigeninitiativ Reports an betroffene Geschaftsbereiche zu senden, ist davon nicht beeintrachtigt.
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Module fur Kundenkontaktmitarbeiter vorstellen, die eventuell einen Schwerpunkt im Bereich der Beschwerdestimulierung und -annahme setzen konnen. Auf hierarchische Stufen abgestimmte BildungsmaUnahmen wurden sich z.B. in Lerneinheiten fur Auszubildende, Fach- bzw. Fuhrungskrafte widerspiegeln. Daneben ist auch eine horizontale Modularisierung vorstellbar. Diese konnte nunmehr mindestens zwei, ggf. aucii alle drei Funktionen miteinander zu Bausteinen kombinieren, die dann plakativ als ,Basis-, Aufbauund Premium-Konfiguration' der tertiaren Dienstleistungen des Bescliwerdemanagements anzubieten waren. Beispielsweise kann im Raiimen der eben erwahnten, primar auf Innovationsgenerierung ausgerichteten Impulsfunktion eine Verknupfung nnit einem der Bildungsfunktion zuzuordnenden Seminar ,Kreativitatstechniken' vorgesehen werden und beide als gekoppeltes Leistungsangebot an die Geschaftsbereiche offeriert werden. Insgesamt bleibt festzuhalten, dass die Idee des Mass Customization weitgehend auf das strategische Geschaftsfeld der tertiaren Dienstleistungen des Beschwerdemanagements ubertragbar zu sein scheint. Besonders Im Hinblick auf die interne Informations- und die Bildungsfunktion bestehen grofie Anwendungspotenziale. Angesichts der hohen Kundenintegration und vor allem der bisweilen ausgepragten (intellektuellen) Intangibilitat (Hentschel 1992, S. 28) der Impulsfunktion konnten hier die Grenzen der Mass Customization allerdings schneller erreicht sein als bei den anderen beiden Funktionen bzw. wurde eine konsequente Mass Customization den Leistungscharakter der Impulsfunktion welter von dem hier zugrunde gelegten Analogon der internen Unternehmensberatungs leistung entfernen. Auf Seiten des Beschwerdemanagements bedarf es ferner vor allem einer Sensibilitat dahingehend, dass die internen Kunden nur begrenzte Zeitressourcen aufwenden werden, um sich die Dienstleistungsangebote des Beschwerdemanagements selbst zu konfigurieren.
Konkurrenzanalyse und Implikationen der strategischen Ausrichtung
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Eine unkomplizierte Anwenderfuhrung auf Basis entsprechend leistungsfahiger EDV-Systeme (Konfiguratoren) ist daher eine Grundvoraussetzung erfolgreicher Mass Customization des Zentralbereichs Beschwerdemanagement. Nachdem nunmehr die beiden Reinformen der Portedschen Wettbewerbsstrategien ausfuhrlich besprochen und der Hybridansatz skizziert wurde, gilt es sich der zweiten Komponente einer marktorientierten Ausrichtung des Beschwerdemanagements zuzuwenden: Den Konkurrenten im strategischen Geschaftsfeld dertertiaren Dienstleistungen.
8.7 Konkurrenzanalyse und Implikationen der strategischen Ausrichtung fur das konkurrenzgerichtete Marktverhalten des Beschwerdemanagements Die Wettbewerbsperspektive im Hinblick auf die tertiaren Dienstleistungen des Beschwerdemanagements stellt eine weitere Facette der strategischen Ausrichtung des Beschwerdemanagements in diesem Geschaftsfeld dar. Zwar wurde im Rahmen der vorangegangenen Analyse offenkundig, dass ein Grofiteil der Beschwerdemanagement-Dienste (noch) nicht unter real-marktiichen Wettbewerbsbedingungen erbracht wird. Ebenso deutlich wurde jedoch auch, dass Unternehmensleitungen in zunehmendem MafJe Wettbewerbsbedingungen uber fiktive Markte simulieren werden, um auf Seiten der internen Dienstleister „durch die gedankliche Durchdringung wettbewerblicher Ordnungsprinzipien, Effizienz- und Effektivitatssteigerungspotenziale aufzudecken" (Mosiek 2002, S. 161). Da theoretisch auch die tertiaren Dienste des Beschwerdemana gements uber externe Markte bezogen werden konnten, wird sich der Zentralbereich Beschwerdemanagement der Herausforderung eines Konkurrenzvergleichs stellen mussen. Eine Sensibilitat hinsichtlich beste-
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
henden Wettbewerbs als Fundament strategischer Verhaltensweisen ist damit unabkommlicher Bestandteil einer strategischen Planung im Geschaftsfeld der Tertiardienstleistungen. Die hier gewahlte mehrstufige Vorgehensweise orientiert sich weitgehend an der Konkurrenzbetrachtung in Teil 7. Folgiicii sind auf einer ersten Stufe mittels der iiorizontaien und vertikalen Konkurrenzdimension relevante Mitbewerber zunaciist zu identifizieren (8.7.1). Auf der nachsten Stufe gilt es, Starken und Sciiwachen des Zentraibereiciis Beschwerdemanagennents im Lichte einer internen Wettbewerbsdimension (8.7.2) und einer externen Konkurrenzdimension (8.7.3) zu reflektieren, bevor auf der letzten Stufe konkurrenzgerichtete Marktverhaltensoptionen des Beschwerdemanagements eruiert werden (8.7.4). 8.7.1
Reflexion der vertikalen und horizontalen Wettbewerbsdimension
Die vertikale Konkurrenzdimension (bzw. Bedurfniskonkurrenz) vertritt eine nachfrageorientierte Perspektive und beleuchtet das aus Konsumentensiciit waiirgenommene Substitutionsveriialtnis fokaler Marktangebote. Die Unterneiimensleitung in iiirer Rolle als Auftrag- und Budgetgeber wird erneut (1) die Beauftragung externer Dienstleister zur Substitution des Zentralbereichs Beschwerdemanagement erwagen konnen. Beachtung verdienen ferner die Geschaftsbereiche als die Empfanger der Tertiardienstleistungen des Beschwerdemanagements. Diesen steht entweder offen, (2) die entsprechenden Dienstleistungen potenziell selbst zu erbringen oder (3) zur Deckung des eigenen Bedarfs andere interne Abtellungen (z.B. Inhouse Consulting, Marktforschung oder Personalbereich) mit der Dienstleistungserstellung zu beauftragen. Vor dem Hintergrund der horizontalen Konkurrenzdimension (bzw. Produktkonkurrenz), die ein Wettbewerbsverhaltnis zwischen den Anbietern gleichartiger Leistungsangebote beschreibt, lassen sich (4) erneut die Beschwerdemanagement-Bereiche anderer Unternehmen in der Ausubung ihrer
Konkurrenzanalyse und Implikationen der strategischen Ausrichtung
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tertiaren Dienstleistungen als Konkurrenten, im Sinne eines Vergleichsmalistabes, benennen. Angesichts dieser Konkurrenzbeziehungen lautet die Forderung fur Beschwerdemanagement einmal mehr, vor dem Hintergrund seiner Aufgabenstellung eine Betrachtung der eigenen Starken und Schwachen durchzufuhren, urn Wettbewerbsvorteile in den Augen der internen Kunden zu realisieren und sonnit die eigene Position uber einen konsequenten Beitrag zur Erreiciiung der Unternehmensziele zu starken. Bei der Betrachtung der vier genannten Konkurrenzsegmente fallt auf, dass zwei auRerhalb aber nunnnehr auch zwei innerhalb des eigenen Unternehmens anzusiedein sind. Da sicii innerbetriebliche Konkurrenzveriiaitnisse durch eigene Charakteristika auszeichnen, soil in diesem Absciinitt das Kriterium der Unternehmenszugehorigkeit zur Grobstrukturierung dienen. Zunachst wird eine Konkurrenzbetrachtung daher mit dem Fokus auf interne und ansciiliefJend nnit dem Augenmerk auf externe Mitbewerber durchgefuhrt. 8.7.2
Beschwerdemanagement im Lichte unternehmensinterner Wettbewerbsverhaltnisse
Innerhalb des Unternehmens sind zwei zentrale Wettbewerbsdimensionen des Beschwerdemanagements hinsichtlich der tertiaren Unterstutzungsdienstleistungen relevant (analog Cramer 1987, S. 6; Mosiek 2002, S. 160f.): •
Die Erbringung der fokalen Dienstleistungen durch die Geschaftsbereichseinheiten selbst und
•
die Erstellung durch andere Unternehmenseinheiten mit einem der Kompetenz des Beschwerdemanagements ahnlichen Know-how.
Das Wettbewerbsrisiko, dass Gescliaftsbereiche tertiare Dienstleistungen selbst erstellen (konnten), erwachst zum einen aus der erst in jungerer Zeit erfolgten Installierung von eigenstandigen Beschwerdema-
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
nagement-Bereichen innerhalb der Unternehmen und zum anderen aus der Grundstruktur eines dualen Beschwerdemanagements. Im Rahmen der Aniagerung des Zentralbereichs Beschwerdemanagement an eine bestehende Organisationsstruktur werden die Verantwortungen fur die Aufbereitung der Besciiwerdeinformationen aus den Sparten (weitgehend) abgezogen und bei der Bereichsleitung Beschwerdemanagement verortet. Es ist denkbar, dass entsprechende Kompetenzen in den operativen Einheiten nach wie vor vorhanden sind und fallweise eingesetzt werden, um z.B. spezifische Gesciiaftsbereiciis-bezogene Probleme unter Umgeinung des Zentralbereichs in Selbstverantwortung zu analysieren. Besonders intensiv sehen sich freilich die ca. 15-20% der Beschwerdemanagement-Bereiche dieser Wettbewerbsdimension ausgesetzt (Stauss/Scholer 2003, S. 133), die in denjenigen Unternehmen agieren, die sich bewusst fur eine parallel verlaufende, zentrale und dezentrale Beschwerdeauswertung und -berichterstattung (duales indirektes Beschwerdemanagement) entschieden haben. In der Gegenuberstellung des Beschwerdemanagements als Tertiardienstleister und den Geschaftsbereichen sind verschiedene Vor- und Nachteile aus Sicht des Beschwerdemanagements erkennbar. Gegenuber den dezentralen Geschaftsbereichen ist als zentraler Wettbewerbsnachteil des Beschwerdemanagements zu bedenken, dass die Sparten uber das Expertenwissen hinsichtlich ihrer Primarmarktaufgabe verfugen, was ihnen eine eventuell uberlegene Ursachenanalyse bei der Beschwerdeauswertung und der Suche nach Verbesserungspotenzialen ermoglichen kann. Umgekehrt aber weist Beschwerdemanagement als Zentralbereich den Wettbewerbsvorteil auf, einen besseren Uberblick uber das Gesamtunternehmen zu haben (analog Schuster 1998, S. 53). Insbesondere bei der Weiterentwicklung des Leistungsangebots durch innovative Leistungsfacetten schlagt sich dieser Vorteil insofern nieder, als dezentrale Teileinheiten uber einen vergleichsweise schmalen Wissensstand verfugen, wahrend Zentralbereiche typischerweise an unternehmenswei-
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ten Best Practice-Standards anknupfen „oder einzelne Bausteine solcher Best Practices zusammenfuhren (etwa in Form von Projektgruppen aus Vertretern nnehrerer Geschaftseinheiten unter der Moderation einer zentralen Service-Einheit" (Schuster 1998, S. 54). Ferner sprechen auch Gro(ien- und Spezialisierungseffekte fur die Uberlegenheit des Zentralbereichs im Vergleich zur Durchfuhrung in den Sparten (Mosiek 2002, S. 162). Reili/Schuster (1998, S. 1312) erkennen eine weitere Quelle von Wettbewerbsvorteilen fur Zentralbereiche darin, dass diese uber weiter gehende Chancen zur Kontaktpflege gegenuber externen Einheiten (z.B. Hochschulen, externe Benchnnarking-Partner, berufsstandische Organisationen) verfugen. Wie schwer die exakte Abgrenzung zwischen Kunden- und Mitbewerberdimension gegenuber den Geschaftsbereichen aber in der Praxis ist, wird anhand der Bildungs- und Impulsfunktion besonders offenkundig. Hier besteht vielmehr, wie bereits oben betont, eine Kunden-Lieferanten-Beziehung, denn die Schulungs- und Beratungsdienstleistungen des Beschwerdemanagements sollen im Sinne einer „Hilfe zur Selbsthilfe"-Philosophie die internen Kunden ja mitunter gerade in die Lage versetzen, die notwendigen Analysen zukunftig selbst durchfuhren zu konnen. Das zweite interne Wettbewerbsrisiko besteht darin, dass Geschaftsbereiche fokale tertiare Dienstleistungen von anderen Abteilungen des Unternehmens beziehen. Die bisherige Analyse hat bereits mehrfach die inhaltliche Nahe des Beschwerdemanagements zu verschiedenen anderen Funktionsbereichen im Unternehmen offenbart. Insbesondere durften folgende Aufgabenbereiche erhebliche Verwandtschaft hinsichtlich der Kernangebote des Beschwerdemanagements aufweisen: Die Marktforschung (interne Informationsfunktion; Impulsfunktion), interne Unternehmensberatungseinheiten (Impulsfunktion) sowie der Personalbereich (Bildungsfunktlon). Es ist davon auszugehen, dass in diesen Bereichen nicht nur das theoretisch-konzeptionell notige Know-How vor-
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
handen ist, sondern auch auf praktische Erfahrungen zuruckgegriffen werden kann, urn (in der Wahrnehmung der internen Kunden) eine konkurrierende Leistungserbringung moglich zu machen. Urn Wettbewerbsnachteile des Beschwerdemanagements herauszuarbeiten, gilt es die Faktoren zu reflektieren, auf die eine Umgeliung der eigentiicli zustandigen Organisationseinheit durch seine internen Kunden zuruckzufuhren ist. Diesbezuglich geht Mosiek (2002, S. 163) von den drei folgenden Ursachen aus: (1) Eine holiere Reputation anderer Abteilungen, (2) deren vergleichsweise starkeres informelles Netzwerk personlicher Kontakte im Unternehmen und (3) die Nahe zur fokalen Kernleistung. Hinsichtlich aller drei Dimensionen sclieint Beschwerdemanagement eine vergleichsweise nachteillge Stellung einzunehmen. Zum ersten zeigte das Konzept des ,Teufelskreises' im Beschwerdemanagement (Fornell/Westbrook 1984), dass diesem Zentralbereich stellenweise die Reputation als ,Uberbringer schlechter Nachrichten' anhaftet. Aufgrund der relativ kurzen Historie der meisten Beschwerdemanagement-Bereiche in Unternehmungen ist zum Zweiten von einem, im Vergleich zu etablierten Marktforschungs- oder Personalschulungsbereichen, noch wenig ausgepragten Netzwerk auszugehen. Zum Dritten weist die Arbeit des Beschwerdemanagements in hohem Mafie methodische Parallelen zu den Aufgaben einzelner MItbewerber auf. So ist es fur eine Personalabteilung denkbar, ein Seminar zum Umgang mit unzufriedenen Kunden im Service Encounter anzubieten. Auch einem Inhouse Consulting ist die grundsatzliche Kompetenz zuzusprechen, anhand der vom Beschwerdemanagement einem internen Kunden zur Verfugung gestellten Reports die Impulsfunktion zu ubernehmen und damit das Beschwerdemanagement in dieser funktionalen Rolle als Dienstleister zu ersetzen. Der zentrale Wettbewerbsvorteil des Beschwerdemanagements gegenuber anderen internen DIenstleistern ist, dass diese unter Kapazitatsgesichtspunkten in der Regel nicht darauf ausgerichtet sein werden, Aufgaben anderer Funktionsbereiche (mit) zu ubernehmen. Daruber hinaus durfte
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anderen Abteilungen insbesondere dann das Interesse an einer solchen Substitution fehlen, wenn sie nicht als Profit Center gefuhrt sind. Wenn dies aber der Fall ist, ist davon auszugehen, dass fur den internen Kunden mit der Beauftragung dieses Profit Centers hohere Kosten verbunden sein werden, als durch die Erstellung der Leistung durch das Cost Center Beschwerdemanagement entstehen, das lediglich kostenbasierte Preise zugrunde legt. Schliefilich gilt freilich, dass trotz der angesprochenen Aufgabenparallelltat Beschwerdemanagennent auch uber funktionales Expertenwissen verfugen wird bzw. sollte, das eben nicht vollumfanglich in anderen Abteilungen vorzuhalten ist. Die beiden hier angesprochenen internen Wettbewerbsdlmensionen, also die Selbsterstellung der Leistungen durch die Sparten bzw. die Unngehung des Zentralbereichs, mogen aus Sicht des Beschwerdemanagements zunachst in hohenn Made nachteilig wirken. Wie angesprochen, bedarf es bei innerbetrieblichen Konkurrenzdimensionen jedoch einer spezifischen Perspektive. Diese wird erkennbar, wenn die beiden Konkurrenzebenen inn Lichte des zentralen Erfolgsfaktors im indirekten Beschwerdennanagement uberdacht werden. Dieser fundamentale Erfolgsfaktor, auf den die tertiaren Dienstleistungen ausgerlchtet sind, ist nach Stauss/Seldel (2002, S. 404) die Reduzierung des Ausmafles des Problemauftritts: Denn je „weniger Kunden nnit einem Problenn konfrontiert werden, das zu Unzufriedenheit fuhrt und zu einer Beschwerde Aniass gibt, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass Kunden aufgrund dessen abwandern und desto kleiner fallt der verlorene Wiederkaufnutzen aus." Offensichtlich beschreiben diese Uberlegungen die mehrfach betonte Notwendigkeit zur Verhaltensanderung der Geschaftsbereiche auf Basis der Beschwerdeinformationen. Inn Lichte dieser Uberlegung ergeben sich die folgenden Schlussfolgerungen fur den Zentralbereich Beschwerdemanagement:
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
•
Wenn die Geschaftsbereiche tatsachlich die tertiaren Dienstleistungen auf Basis bei ilinen selbst vorliandenen Know-hows erbringen Oder aber von anderen Abteilungen substitutive Leistungen beziehen, dann dient dies bereits der Erreichung des Erfolgsfaktors, namlich der kunftigen Reduktion von Bescliwerdeursachen. Dem Interesse des Gesamtunternehmens ist damit also auf eine, wenn auch nicht die vom Zentralbereich gewunsclite, Weise Genuge getan.
•
Auch bleibt dem Zentralbereich Beschwerdemanagement durch seine zentrale Verantwortung fur Beschwerdeauswertung und Beschwerdereporting (und die noch zu besprechende Kontrollfunktion) genugend Spielraum, urn die Entwicklung des Problemauftritts im Zeitverlauf zu verfolgen und MaRnahmen zu ergreifen, wenn derartiges Substitutionsverhalten nicht zur Reduktion des Problemauftritts fuhrt.
•
Ferner werden sich durch diese Substitution keine monetaren Nachteile fur die Zentralbereichsleitung ergeben, da Beschwerdemanagement nicht als Profit Center, sondern Cost Center in einem fiktiven Markt gefuhrt wird.
•
Dennoch bleibt die Umgehung des Beschwerdemanagements insofern suboptimal, als diese nicht den organisatorischen Funktionszuweisungen im Unternehmen entspricht. Beschwerdemanagement muss daher im Rahmen seiner internen Kundenzufriedenheitserhebungen dezidierte Analysen anstellen und die Grunde erheben, sofern von einzelnen internen Kunden tatsachlich die Leistungserstellung durch andere Abteilungen vorgezogen wird.
Welche MaUnahmen sich daruber hinaus gegenuber diesen potenziellen Wettbewerbern erdenken lassen, wird in dem noch folgenden Unterabschnitt (8.7.4) besprochen. Zuvor aber verdienen die beiden unternehmensexternen Wettbewerbsdimensionen Beachtung.
Konkurrenzanalyse und Implikationen der strategischen Ausrichtung
8.7.3
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Beschwerdemanagement im Lichte unternehmensexterner Wettbewerbsverhaltnisse
Aulierhalb des Untemehmens stellen in der Wahrnehmung des Top-Managements bzw. der Geschaftsbereichsleitungen externe Dienstleister eine Substitutionsoption fur den Zentralbereich Beschwerdemanagement dar. Ferner gilt es Beschwerdemanagement-Bereiche anderer Unternehmen als Konkurrenten im Sinne eines Vergleichsmafistabes in die Diskussion einzubeziehen. Wie bereits hinsichtlich der Sekundardienstleistung deutlich wurde, sind im Kontext der in der jungeren Vergangenheit intensiv diskutierten Kundenbeziehungsmaxime zunehmend spezialisierte Dienstleister entstanden, die Unternehmen die Betreuung ihrer Kundenbeziehungen als externe Business-to-Business-Dienstleistung anbieten. Deshalb ist hinsichtlich der Informations-, der Impuls- und der Bildungsfunktion des Beschwerdemanagements von einer grundsatzlichen Marktfahigkeit auszugehen, die der Unternehmensleitung bzw. dem Spartenmanagement im Hinblick auf den zentralen Dienstleistungsbereich nicht nur die Chance zum Preisvergleich sondern auch die Option des Outsourcing eroffnet. Dank der Existenz externer Leistungsanbieter erhalten die internen Nachfrager des Beschwerdemanagements die Chance zum Preisvergleich. Der herrschende Quasi-Wettbewerbsvorteil einer bisher nicht konsequent betriebenen Analyse der Kostenstrukturen des Beschwerdemanagements, die einen unkomplizierten Vergleich mit externen Marktpreisen und damit die Bewertung des Beschwerdemanagements anhand von Effizienz- und Effektivitatsdimensionen externer Dienstleister erschwerte, wird durch die oben beschriebene Entwicklung fiktiver Markte und den Vorschlag der konsequenten Umsetzung des Cost Center-Prinzips mittelfristig aufgelost. Dies unterstreicht die Notwendigkeit zur Identifikation wettbewerbsfahiger interner Kosten- bzw. Preisniveaus. Freilich ist ein Wettbewerbsnachteil darin zu sehen, dass es fur den Zentralbereich
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Verfeinerte Analyse der A ufgabenumwelt
angesichts der potenziell von spezialisierten, externen Dienstleistern realisierten Grofieneffekte schwierig ist, sich in einem reinen Kostenwettbewerb als uberlegen zu erweisen. Dass eine unbedingte Unterbietung des Kostenniveaus externer Dienstleister aber nicht zwangslaufig notwendig ist, urn sich in der Wahrnehmung der Unternehmensleitung als die uberlegene Variante zu erweisen, lasst sicin anhand der Frage des Outsourcing zeigen. Die zweite Konsequenz dieses Wettbewerbsverhaltnisses beschreibt die Outsourcing-Diskussion, der sich Beschwerdemanagement-Bereiche hinsichtlich ihrer tertiaren Unterstutzungsdienstleistungen potenziell ausgesetzt sehen konnen.^^^ Das Risiko fur interne Dienstleister, faktisch substituiert zu werden, hangt von unterschiedllchen Faktoren ab, wobei insbesondere den folgenden drei Triebkraften groBe Beachtung zu schenken ist (Cramer 1987, S. 7; Mosiek 2002, S. 165, 188): Generell ist die Gefahr einer Substitution groBer fur Dienste, •
die nicht dem betrieblichen Kerngeschaft zuzurechnen sind,
•
bei deren Auslagerung sich keine Gefahrdung durch die Uberlassung des Spezialwissens an Unternehmensexterne ergibt,
•
die zeitlich und inhaltlich vergleichsweise prazise abgrenzbar und fallweise abrufbar sind, da keine dauerhafte Bindung an einen Anbieter vorliegt.
Gerade im Lichte dieser drei Faktoren weist der Zentralbereich Beschwerdemanagement inn Vergleich zu externen Dienstleistern die folgenden Wettbewerbsvorteile auf (Mosiek 2002, S. 161ff.; Reifl/Schuster 1998, S. 1311f.; Schuster 1998, S. 53):
Siehe beispielsweise den Internetauftritt des Dienstleisters Vocatus AG, der insbesondere dessen Kompetenzen hinsichtlich des indirekten Beschwerdemanagement betont (URL: www.vocatus.de/pdf/product_outsourcing.pdf).
Konkurrenzanalyse und Implikationen der strategischen Ausrichtung
641
•
Die vorliegende Arbeit hat stets den Primarmarkt der Unternehmung von dem funktionalen Aufgabenbereich des Beschwerdemanagements getrennt. Daraus konnte die (vorschnelle) Schlussfolgerung gezogen werden, Beschwerdemanagement habe keinen Bezug zum Kerngeschaft eines Untemehmens und konne folglich outgesourct werden. Hierzu ist anzumerken, dass die konzeptionell-steuernde Verantwortung dafur, unzufriedene Kunden wieder zufrieden zu stellen und Besciiwerdeursachen nachhaltig zu beheben, die „originare Aufgabe eines jeden Untemehmens" ist, die „unter keinen Umstanden an externe Dienstleister ubertragen werden" kann (Stauss/Seidel 2002, S. 529, im Orig. teilweise fett). Damit ist der erste Faktor entkraftet. Trotz dieses eindeutigen Statements, das vermeintlich die weitere Reflexion uberflussig machen konnte, sollen doch auch zusatzliche Argumente angefijhrt werden, die die Uberlegenheit eines innerbetrieblichen Zentralbereichs Beschwerdemanagement gegenuberexternen Dienstleistern belegen.
•
Im Hinblick auf den zweiten Aspekt ist festzustellen, dass Beschwerdemanagement uber einen Wissenspool von „Competitive Intelligence" (CI) verfugt, denn Nolan (1998, S. 383) halt test: "The driving force in any competitive environment is the customer (...) and therefore any system that provides feedback from the customer contains potential CI data." Die damit potenziell gegebene unternehmenspolitische Sensibilitat der generierten Informationen ist im Vorfeld der Beauftragung externer Dienstleister zumindest zu reflektieren, da es gerade diese im Beschwerdemanagement generierten Informationen sind, „die in vielen Unternehmen die wesentliche strategische Ressource fur die Entwicklung von Aktivitaten des Kundenbeziehungsmanagements und die Realisierung von Wettbewerbsvorteilen darstellen" (Stauss/Seidel 2002, S. 530).
•
Als ein dritter Risikofaktor fur ein Outsourcing wurde oben der fallweise Abruf einer Dienstleistung angesprochen. Hier aber ist das be-
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
sondere, derivative Verhaltnis der sekundaren und tertiaren Dienstleistungen des Beschwerdemanagements als Wettbewerbsvorteil gegenuber externen Dienstleistern anzusehen. Zwar steht es den Geschaftsbereichen mitunter frei, die Bildungs- und die Impulsfunktion fallweise extern nachzufragen. Der Datenpool der Complaint Intelligence verbleibt aber letztlich beim Beschwerdennanagennent. Dieser im Zeitverlauf entstandene Wissensschatz bildet das Fundament individueller, exakt auf die identifizierten Schwachstellen der Geschaftsbereiche abgestimmter Dienstleistungen. Insofern ist tendenzlell eine quasi langfristige Bindung der internen Kunden an das Beschwerdemanagement gegeben. Die Transaktionskosten, die im Falle eines zentralen Dienstleistungsbereichs anfallen, sind im Vergleich zur Beauftragung eines externen Dienstleisters geringer. Diese (Transaktions-) Kostenvorteile beruhen in erster Linie auf der Unternehmenszugehorigkeit und der damit inharenten Insider-Perspektive des Beschwerdemanagements. Ein Zentralbereich ist mit den internen Strukturen, Regularien und Prozessen vertraut (z.B. Sensibilitat hinslchtlich interner Werte bzw. Spielregein), was zu kurzeren Vor- und Aniaufzeiten bzw. zu einer erhohten Flexibilitat der Dienstleistungserbringung fuhrt. Dieser Vortell kommt insbesondere bei den im Vergleich zur internen Informationsfunktion weniger strukturierten und starker interaktionsorientierten Impuls- und Bildungsfunktionen zur Geltung. Ferner ist auch zu erwarten, dass ein grundsatzlich intensiver ausgepragtes Vertrauensverhaltnis zwischen Einheiten derselben Unternehmung herrscht, die durch die „Zugeh6rigkeit zur Kulturgemeinschaft des Unternehmens eine erhebliche Reduktion von Kontrollaktivitaten" und formellen Vereinbarungen zum Leistungsaustausch moglich macht (Schuster 1998, S. 53). Die Unternehmenszugehorigkeit manifestiert sich schlieRlich auch in dem Vorteil, dass Beschwerdemanagement auf die gesamte Know-How-lnfrastruktur des eigenen Gesamtunterneh-
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mens und damit auf ein im Vergleich zu der Mehrheit der externen Dienstleister breiteres Kompetenzspektrum zuruckgreifen kann. Ein letzter Wettbewerbsvorteil ergibt sich aus der Langfristigkeit interner Kunden-Lieferanten-Beziehungen und den damit verknupften gunstigeren Rahmenbedingungen fur langfristige Investitionen (Schuster 1998, S. 53). Beispielsweise wird es dem Beschwerdemanagement durch die mit grofierer Wahrscheinlichkeit gegebene Langzeitdauer seiner Geschaftsbeziehung zu internen Nachfragern leichter moglich, investitionsintensive Adaptionen der Beschwerdemanagement-Software fur verschiedene Kundensegmente vorzunehmen.
Nicht zuletzt aus diesen Uberlegungen heraus scheint erklarbar, weshalb nur wenige Unternehmensleitungen die Outsourcing-Alternative bevorzugen. Die Outsourcing-Quoten sind bislang mit 1% in der Beschwerdeauswertung, 2% beim Beschwerdereporting und 1% im Bereich des Beschwerdemanagement-Controlling quasi zu vernachlassigen (Stauss/ Sch6ler2003, S. 133). Verblieben ist nunmehr noch die Erorterung des vierten Konkurrenzsegments, der Beschwerdemanagement-Bereiche anderer Unternehmen. Diese stellen einen Vergleichsmafistab fur die eigene Zentralbereichsleitung und ggf. die internen Kunden dar. Dabei ist aber davon auszugehen, dass sowoiil die Unternehmensleitung als auch die Geschaftsbereiche eher selten Erfahrungen mit dem Beschwerdemanagement in anderen Unternehmen machen werden. In hoherem Malie durfte der Kontakt zwischen den Beschwerdemanagern selbst wahrscheinlich sein (z.B. durch berufsstandische Vereinigungen, Messen, Seminare, etc.). Da daruber hinaus aber keine weiteren Besonderheiten im Vergleich zu den analogen Ausfuhrungen in Teil 7 bestehen, soil dieser Aspekt hier nicht vertieft werden.
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Freilich sind es in erster Linie die angefuhrten Wettbewerbsvorteile an die Beschwerdemanagement gegenuber seinen internen Kunden anknupfen sollte, urn sich gegenuber extemen Mitbewerbern auch in Zukunft erfolgreich als die uberlegene Alternative zu positionieren. Wie das konkrete Verhalten gegenuber den Konkurrenten ausgestaltet werden kann, aucii um eventuelle Wettbewerbsnachteile zu kompensieren, soil nun abschlieflend diskutiert werden. 8.7.4
Adaption der konkurrenzgerichteten Marktverhaltensstrategien im strategischen Geschaftsfeld der tertiaren UnterstiJtzungsdienstleistungen
Zur Abwagung der Verhaltensalternativen gegenuber den identifizierten Mitbewerbern dient das in Teil 7 eingefuhrte Konzept konkurrenzgerichteter Marktverhaltensstrategien (siehe Abbildung 7-30). Dort wurden anhand zweier Verhaltensdimensionen (innitativ/innovativ und wettbewerbsstellend/ wettbewerbsvermeidend) insgesamt vier theoretisch denkbare Verhaltensoptionen vorgestellt (Meffert/Bruhn 2003, S. 252ff.). Diese vier Strategieansatze sollen nun fur die tertiaren Unterstutzungsdienstleistungen uberdacht werden. Die imitativ-wettbewerbsvernneidende Anpassungsstrategie stellt eine der beiden konkurrenzgerichteten Strategien dar, die sich konzeptionell eindeutig zu einer generischen Wettbewerbsstrategie zuordnen lassen. Wie oben unterstrichen, weist die Anpassungsstrategie eine hohe Stinnmigkeit mit der Kostenfuhrerschaft des zentralen Dienstleistungsbereichs auf. Sie sieht vor, das Tertiardienstleistungsangebot der internen und extemen Mitbewerber systematisch zu beobachten und unter Verzicht auf eigenstandige Prognosen zukunftiger Marktentwicklungen, die eigene Marktieistung lediglich anzugleichen (analog Mosiek 2002, S. 222). Ein systematisches Marktscreening lasst sich jedoch in der Beschwerdennanagement-Praxis nicht belegen, was auch die Vermutung widerlegt, die Mehrheit der Beschwerdemanagennent-Bereiche konnte bislang eine
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solche Anpassungsstrategie gezielt verfolgen. Das zu beobachtende passiv-reaktive Marktgebaren im Beschwerdemanagement, beispielsweise die weitgehende Vernachlassigung des Benchmarking nnit anderen Beschwerdemanagement-Abteilungen (Stauss/Scholer 2003, S. 102), scheint vielmehr auf einen bislang kaum wahrgenomnnenen Wettbewerbsdruck zuruckzufuhren zu sein. Gleichwohl ist dafur zu pladieren, dass es sich, wenn dieses Verhalten gezeigt wird, unn eine bewusst gewahlte Strategiewahl im Lichte der strategischen Gesamtausrichtung des Beschwerdemanagements als Kostenfuhrer handein sollte. Die innovativ-wettbewerbsvermeidende Ausweichstrategie ist die zweite angesprochene Strategie, die sich vergleichsweise eindeutig den generischen Wettbewerbsstrategien, und hier der Differenzierung, zuordnen lasst. Eine Ausweichstrategie bedeutet, sich auf einen abgeschirmten Marktbereich zu fokussieren (Meffert/Bruhn 2003, S. 256). Freilich agiert Beschwerdemanagement mit seinen Tertiardienstleistungen innerhalb des Unternehmens und damit in einem, wenigstens bislang weitest gehend, protektierten Markt. Doch die zunehmende Orientierung an fiktiven Markten reduziert die fruheren ,Markteintrittsbarrieren' und offnet das Unternehmen potenziell fur externe Mitbewerber. Umso mehr gilt es, neue Markteintrittsbarrieren gegenuber diesen Konkurrenten zu schaffen. Der zentrale Wettbewerbsvorteil als interne Unternehmenseinheit bildet dabei das Fundament der Erfolg versprechenden Umsetzung der Ausweichstrategie. Zum einen ermoglicht dies dem Beschwerdemanagement aufgrund seiner ,lnnenansicht' eine in hohem Mafie kundenspezifische Marktbearbeitung und damit eine exakte Ausrichtung auf die Bedurfnisse der jeweiligen Nachfrager. Im Lichte der bisweilen sensiblen Beschwerdeinformationen konnte Beschwerdemanagement so ein Verhaltnis zu seinen Kunden aufbauen, das nahezu als ,Kundenintimitat' zu bezeichnen ware. Zum anderen fuhrt die Unternehmenszugehorigkeit dazu, dass Beschwerdemanagement durch seine Anpassung an die innerbetrieblichen Rahmenbedingungen verschiedene Spezialisierungs- und Erfah-
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
rungseffekte im Wettbewerb mit extemen Konkurrenten zu seinen Gunsten erschliefien kann (analog Mosiek 2002, S. 223). Doch auch gegenuber interner Konkurrenz kann die detaillierte Kenntnis uber Informationsbedurfnisse und Anforderungen der internen Kunden, die das Zusammensplel aus den Erkenntnissen der Beschwerdeauswertung und dem umfangreichen QualitatserJiebungsinstrumentarium des Beschwerdemanagements (bezuglich der Informations- und der Dienstleistungsqualitat) ermoglicht, ein wirksamer Schutz gegen die Umgehung des Beschwerdemanagements bei der Erbringung der Tertiardienste sein. Die innovativ-wettbewerbssteilende Konfliktstrategie lasst sich nicht mehr eindeutig entweder der Kostenfuhrerschaft oder der Differenzierung zuordnen, sondern ist fur hybrides Marktverhalten einsetzbar. Allerdings ist sie ambivalent zu bewerten. Der Zentralbereich ist (bislang) Dienstleister im Auftrag der Unternehmensleitung und handelt im Interesse des Gesamtunternehmens. Daruber hinaus liegt dem hier vorgeschlagenen Planungsansatz ein rationales, synoptisch-praskriptives Verstandnis zugrunde. Im Zusammenspiel fuhren beide Argumente dazu, dass eine Konfliktstrategie im Umgang mit den unternehmensinternen Konkurrenten, z.B. der Personal- oder Marktforschungsabteilung, kaum ratsam erscheint. Durch eine derartige, offene Konfrontation ware nicht nur Schaden fur das Unternehmen, sondern auch fur die Reputation des Beschwerdemanagement selbst zu erwarten, den es als Anbieter Marktinformations-basierter Vertrauensguter nicht anstreben kann (analog Mosiek 2002, S. 223). Zielgerichteter scheint daher, sich auf die interne Kommunikation des eigenen Leistungsvermogens zu beschranken, wie es im Rahmen internen Marketings denkbar ist. Gegenuber externen Dienstleistern ist die Konfliktstrategie dagegen vertretbar, beispielsweise durch einen offensiven Leistungsvergleich im Hinblick auf Leistungsvermogen und Kostenniveau (sofern die Verrechnungspreise kompetitiv sind).
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Die Reflexion denkbarer Verhaltensweisen gegenuber Mitbewerbern impliziert nicht notwendigerweise Konfrontation (Mosiek 2002, S. 221), weshalb die imitativ-wettbewerbsstellende Kooperationsstrategie fiir das Beschwerdemanagement erneut eine wichtige Plattform fur die Planung des Verhaltnisses zu seinen Wettbewerbern ist. Die Kooperation ist grundsatzlich mit beiden generischen Wettbewerbsstrategien bzw. hybridem Marktverhalten kombinierbar und ferner hinsichtlich aller vier oben benannten Konkurrenten denkbar: •
Externe Dienstleister konnen bei situativen Kapazitatsuberlastungen im Zentralbereich zum Kooperationspartner werden und z.B. vom Beschwerdemanagement konzeptionierte Schulungen durchfuhren. Denkbar ist auch, dass spezialisierte Unternehmensberatungen die Impulsfunktion unterstutzen, wenn das hierfur notwendige Spezial-Know-How im Zentralbereich nicht vorgehalten werden kann.
•
Die oben bereits angeregten Benchmarking-Kooperationen mit Beschwerdemanagement-Bereichen in anderen Unternehmen sollten sich auch auf das strategische Geschaftsfeld der tertiaren Dienstleistungen erstrecken (analog Weber/Aust 1998, S. 135).
•
Auch mit den Geschaftsbereichen kann auf verschiedene Weise kooperiert werden. In einem dualen Beschwerdemanagement sind einzelne Prozesse oder Aufgabenbausteine ohnehin an die dezentralen Einheiten ausgelagert. Daher konnen, analog zur Zusammenarbeit mit externen Dienstleistern, in Zeiten von Kapazitatsuberlastung im Zentralbereich zeitweise die Geschaftsbereichseinheiten in ansonsten zentral verrichtete Aufgaben eingebunden werden.
•
Als besonders wichtige Alternative konnen die Kooperationsformen mit denjenigen Einheiten gelten, die in hohem Mafte ahnliche Kompetenzfelder bearbeiten. Wie bereits anklang, kann es nicht das Ziel eines internen Dienstleisters sein, andere Abteilungen als interne Konkurrenten ,ausschalten' zu wollen (Mosiek 2002, S. 164). Viel-
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
mehr bieten sich KooperatJonen mit anderen Abteilungen an. Eine erste Form der Zusammenarbeit fuhrt nahe liegender Weise einmal mehr zur Idee des Benchmarking, also der vergleichenden Betrachtung mit den anderen Abteilungen, um so Optimierungspotenziale abzuleiten. Allerdings steht daruber hinaus eine Vielzahl weiterer denkbarer interner Kooperationsmodelle zur Verfugung. Schuster (1998, S. 197) fuhrt beispielswelse 34 unterschiedliche Kooperationsformen interner Dienstleister an, weshalb an dieser Stelle nicht weiter auf einzelne Modelle eingegangen werden kann. Fur das Beschwerdemanagement als Zentralberelch konnte jedoch die Integration in interne Dienstleistungs-Netzwerke eine interessante Variante darstellen. Das Grundprinzip des Internen Service-Netzwerks ist es, dass im Unternehmen verteilte Spezialisten fallweise und aufgabenabhangig miteinander kooperieren und auf diese Weise eine hohe Kompetenzbundelung, Effizlenz und Flexibllitat bei der Dienstleistungserbringung erzielen konnen (Schuster 1998, S. 231ff.). Diese internen Service-Netzwerke basieren auf partnerschaftlichen Spielregeln und verzichten auf hierarchische Instrumente. Es geht darum, die gemeinsame unternehmenskulturelle Vertrauensbasis interner Einheiten im Sinne einer effizienten und transaktionskostenmindernden Zusammenarbeit zu bundein (Schuster 1998, S. 232). Ohne auf weitere Aspekte interner Netzwerke eingehen zu konnen, lassen sich mit der Marktforschungs- und der Personalabteilung sowie dem Inhouse Consulting (wie das Beispiel der Beraterrunde der BASF AG zeigte) drei erste, potenzielle Netzwerkpartner benennen. Ein solches grundlegendes Netzwerk kann im Zeitverlauf erganzt werden, beispielswelse durch die Integration der Rechtsabteilung (de Ruyter/Brack 1993, S. 162) Oder der Offentlichkeitsarbeit. Im Lichte der internen Konkurrenzdimension aber scheinen die drei erstgenannten die wichtigsten Kooperationspartner zu sein. Die Literatur zum Beschwerdemanagement weist insbesondere auf die Zweckmaliigkeit
Konkurrenzanalyse und Implikationen der strategischen Ausrichtung
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der Abstimmung mit der Marktforschung hin. Nolan (1998, S. 388) stellt beispielsweise fest: "complaints and surveys have different biases: where one is weak, the other is strong. Consequently, there Is a good case for combining the two." Erneut aber scheint dieser besonders nahe liegende Gedanke der engen Kooperation mit dem Marktforschungsbereich in der Unternehmenspraxis bislang nicht umgesetzt zu sein, denn die Leitung der Marktforschungsabteilung zahit bislang in vielen (deutschen) Unternehmen nicht einmal zu den Empfangern der Beschwerdereports (Stauss/Scholer 2003, S. 109). Gelingt es dem Beschwerdemanagement aber dennoch, ein erfolgreiches Netzwerkmanagement mit diesen Abteilungen zu betreiben, kann es zum einen seine eigene Reputation durch die Zusammenarbeit mit etablierten Abteilungen verbessern und zum anderen auch ein internes, informelles Netzwerk aufbauen. Dadurch konnen zwei zentrale Schwachpunkte abgestellt werden, die zur Umgehung des Beschwerdemanagements fuhren konnten. Freilich wird mit der erfolgreichen Etablierung des internen Netzwerks selbst die Umgehung des Beschwerdemanagements durch interne Nachfrager bereits erheblich erschwert, denn die Netzwerkpartner werden ihrerseits auf das Kompetenzfeld des Beschwerdemanagements verweisen oder zugreifen. Erneut zeigt sich, dass die Kooperation eine der viel versprechendsten Verhaltensalternativen fur das Beschwerdemanagement gegenuber potenziellen Konkurrenten darstellt. Die Anpassungsstrategie ist im Zusammenhang mit der Kostenfuhrerschaft und die Ausweichstrategie vor dem Hintergrund der Differenzierungsstrategie in besonderem MalJe empfehlenswert. Die Konfliktstrategie weist Merkmale eines hybriden Marktverhaltens auf und eignet sich in erster Linie fur die Konfrontation mit externen Konkurrenten.
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Diese Skizze konkurrenzorjentierten Verhaltens schliefit die Betrachtung des Geschaftsfelds der tertiaren Dienstleistungen ab. Offen bleibt die Diskussion der quartaren Dienstleistung des Beschwerdemanagements. Mit dieser und ihren spezifischen Rahmenbedingungen befasst sich der folgende Teil 9.
9 Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt und Strategieoptionen fur das strategische Geschaftsfeld der quartaren Steuerungsdienstleistung des Beschwerdemanagements In Teil 6 wurde Beschwerdemanagement als Kembereich innerhalb der Geschaftsbereichsorganisation identifiziert und mit der gegenuber dieser Zentralbereichskonfiguration geaufierten Kritik konfrontiert (siehe 6.3.3). Im Lichte der bestehenden Reorganisationsnotwendigkeiten wurde angeregt, den Zentralbereich Beschwerdemanagennent in eine nnoderate und eine extreme Sub-Konfiguration aufzuteilen, urn so dem Grundcharakter des Beschwerdemanagements als primar unterstutzende und sekundar steuernde Zentralinstanz gerecht werden zu konnen. Das hier zu betrachtende strategische Geschaftsfeld der quartaren Kontrolldienstleistung, die sich in der Kontrollfunktion des Beschwerdemanagements widerspiegelt, knupft nunmehr an die steuernde Sub-Konfiguration an. In seiner Kontrollfunktion wird Beschwerdemanagement als so genannte ..extreme Variante des Kernbereichs" bzw. „Verwaltungskonfiguration" agieren (Frese/von Werder 1993, S. 39f.). Dieser Typus des Kernbereichs entscheidet in hoherem Mafie autonom auf Basis der ihm verfugbaren Informationen und Kenntnisse. Ferner geht es einer Verwaltungseinheit weniger darum, die Erwartungen der Geschaftsberelche zu erfullen, sondern darum, sich an den Interessen des Gesamtunternehmens bzw. der Unternehmensleitung auszurichten (Kreisel 1995, S. 123). Wie Beschwerdemanagement dieser Verantwortung gerecht werden kann, die durchaus als Widerspruch zu den vorausgegangenen Uberlegungen aufgefasst werden konnte, soil in diesem Teil der Arbeit aufgezeigt werden. Hierfur ist eine Reflexion des gegebenen Spannungsfeldes vonnoten. Als Zentralbereich ist Beschwerdemanagement eine Instanz innerhalb der Geschaftsbereichskonfiguration. Diese Organisationsstruktur verteilt die unternehmerische Verantwortung im Wesentlichen auf die Unterneh-
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
mensleitung, die Geschaftsbereiche und die Zentralbereiche der Gesamtuntemehmung (Reckenfelderbaumer 2001, S. 311). Im Rahmen der bisherigen Uberlegungen wurden marktgetriebene strategische Optionen diskutiert, die sich in erster Linie mit den Beschwerdefuhrern und Geschaftsbereiclien als jeweilige Empfanger der sekundaren und tertiaren Dienstleistungen des Beschwerdemanagements befasst iiaben. Mit der Fokussierung auf die Steuerungsdienstleistung wird es nunmehr notig, auch die Unternehmensleitung als faktischen Empfanger einer vom Beschwerdemanagement erbrachten Kontrolldienstleistung^^^ in das Strukturgefuge zu integrieren und die Position der Geschaftsbereiche sowie des Beschwerdemanagements in diesem spezifischen Spannungsfeld neu zu uberdenken (Kapitel 9.1). Kapitel 9.2 wird anschJiefJend auf den Kontext der Steuerungsdienste ausgerichtete strategische Verhaltensoptionen fur das Beschwerdemanagement vorstellen.
9.1 Spannungsfeld des Zentralbereichs Beschwerdemanagement als intemer Anbieter quartarer Steuerungsdienstleistungen Die Kontrollfunktion zeichnet sich als quartare Steuerungsdienstleistung im Vergleich zu den bisherigen Unterstutzungsdienstleistungen des Beschwerdemanagements durch eine ganzlich andere Aufgabenstellung aus. Diese wird anhand der Definition der Kontrollfunktion und des in Teil 6 eingefuhrten Verstandnisses von Kontrolldienstleistungen erkennbar. Die Kontrollfunktion beschreibt die „ObenA/achung der Einhaltung von Beschwerdemanagementstandards und des kundenorientierten Verhaltens" der Geschaftsbereiche und deren Teileinheiten (Stauss/Seidel 2002, S. 513). Sie stellt insofern eine Form der aus dem Controlling bekannten Abweichungsanalyse dar, die festgelegte Soll-Werte mit erreichten Ist-Werten abgleicht und die (negativen) Differenzen letztlich als 259
Es sei daran erinnert, dass die vorliegende Arbeit die in der Literatur inhaltlich analog belegten Begriffe der Steuerungs- und Kontrolldienstleistung synonym verwendet.
Spannungsfeld quartare Steuerungsdienstleistungen
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Teilfacette des Beschwerdereporting an die Geschaftsbereiche und/oder die Unternehmensleitung zuruckmeldet. Die so verstandene Kontrollfunktion wurde als Steuerungsdienstleistung kategorisiert, als eine interne Dienstleistung also, die im Auftrag der Unternehmensleitung erbracht wird und deren Ziel die Uberwachung und Bewertung der Geschaftsbereiche bzw. deren einzelner Subeinheiten ist (Davis 1992, S. 16f.; 1993, S. 306ff.; Neuhaus 1996, S. 50). Damit entstehen aus Sicht des Beschwerdemanagements zwei zentrale Nachfragersegnnente der Kontrollfunktion, die wie folgt voneinander zu unterscheiden sind: (1) Die Unternehmensleitung lost mit der Einrichtung des Beschwerdemanagements und der entsprechenden Zuteilung von Steuerungsrechten und -pflichten die Erstellung der internen Kontrolldienstleistung aus. Sie ist als Auftraggeber und als ein spezifischer Nachfrager des Beschwerdemanagements zu verstehen. Generell fur interne Kontrolldienstleister bezeichnet Reckenfelderbaumer (2001, S. 393) die Unternehmensleitung als „Nachfrager im engeren Sinne". (2) Die zu steuernden Geschaftsbereiche sind als Betroffene der Kontrolldienstleistungen das zweite Nachfragersegment, wenngleich sie sich als seiches dem Empfang dieser Dienstleistung kaum entziehen kdnnen. Sie werden analog als „Nachfrager im weiteren Sinne" verstanden (Reckenfelderbaumer 2001, S. 393). Abbildung 9-1 spiegelt diesen Wirkungszusammenhang wider.
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Unternehmensleitung (Auftraggeber und Nachfrager im engeren Sinne)
Steuerung der Geschaftsbereiche anhand der Informationen aus der Kontrollfunktion
Steuerungsdienstleistung „Kontrollfiinktion" Steuerungsdienstleistung „Kontrollfunktion" Geschaftsbereiche {unfreiwillig Betroffene und Nachfrager im weiteren Sinne)
Beschwerdemanagement (Dienstleister) Bezugszwang
Abb. 9-1:
Das Spannungsfeld der Kontrollfunktion als Steuerungsdienstleistung; Quelle: Eigene Abbildung.
Mit beiden Nachfragern und der Position des Beschwerdemanagements diesen gegenuber gilt es sich naher zu befassen. Ausgangspunkt ist die Unternehmensleitung (9.1.1), bevor anschlieftend die Rolle der Geschaftsbereiche (9.1.2) und des Beschwerdemanagements selbst (9.1.3) beleuchtet wird. 9.1.1
Unternehmensleitung als Auftrag- und Budgetgeber sowie Nachfrager im engeren Sinne
Die Unternehmensleitung ist erneut Auftrag- wie auch Budgetgeber aber im Gegensatz zu den sekundaren und tertiaren Diensten, nunmehr auch faktisch Empfanger einer Dienstleistung des Beschwerdemanagements. Beide Facetten sollen getrennt voneinander betrachtet werden. 9.1.1.1
Unternehmensleitung als Auftrag- und Budgetgeber der Steuerungsdienstleistung ^Kontrollfunktion'
Die Wahrnehmung der betrieblichen Steuerungsfunktion ist ursprunglich die ureigene Aufgabe der Unternehmensleitung. Aufgrund ihrer beschrankten Informationsverarbeitungskapazitat ist diese jedoch nicht in der Lage, alle erforderlichen (Fuhrungs-) Entscheidungen selbst zu treffen und somit gezwungen, zumindest Einzelfacetten der gesamtunternehmerischen Steuerungsaufgabe auf andere Instanzen zu verlagern
Spannungsfeld quartare Steuerungsdienstleistungen
655
(Reckenfelderbaumer 2001 S. 339). Hierin ist die Ratio dafur zu sehen, mit der Kontrollfunktion die Erbringung von Steuerungsdienstleistungen auf den Kernbereicin Beschwerdemanagement zu ubertragen. Die Kosten fur diese Steuerungsdienstleistung tragt typischerweise die Unternehmensleitung selbst. Beschwerdennanagement ist inn Rahmen seines Kontrollauftrags dafiir verantwortlicin, dass im Hinblick auf den Umgang mit Beschwerden und den daraus gewonnenen Informationen alle Organisationseinheiten im Interesse der Gesamtunternehmung fiandein und somit die Integration von Bereichszielen in die Ziele der Unternehmensleitung gewahrleistet wird. Inhalt dieses Auftrags ist die Wahrnehmung von Lenkungs- und Koordinationsaufgaben, durch die Beschwerdemanagement die Unternehmensleitung in ihrer Fuhrungsfunktion, also beim Treffen und Durchsetzen von Entscheidungen, entlasten und unterstutzen soil (analog Reckenfelderbaumer 2001, S. 340f.). Die Steuerungsfunktion eines internen Dienstleisters manifestiert sich generell zum einen in prufenden und iJberwachenden Dienstleistungen sowie zum anderen in planenden Aktivitaten, die die Ausrichtung der Unternehmung bestimmen (Reckenfelderbaumer 2001, S. 339). Beide Facetten spiegein sich in der Kontrollfunktion des Beschwerdemanagement-Bereichs wider: Beschwerdemanagement erhalt die Verantwortung dafur, die unternehmensweite Einhaltung der fixierten Beschwerdemanagementstandards sowie die Kundenorientierung aller Unternehmenseinheiten dadurch zu gewahrleisten, dass (1) auftretende Abweichungen identifiziert und (2) auf die Anpassungsnotwendigkeiten ausgerichtete KorrekturmafJnahmen abgeleitet und im Rahmen des Beschwerdereportings kommuniziert werden (Stauss/Seidel 2002, S. 513). Bemerkenswert ist diesbezuglich, dass aus Sicht der Unternehmensleitung die Kontrollfunktion eine Bundelung der internen Informations- und der Impulsfunktion bedeutet und folglich fiir das Top-Management als eine Unterstiitzungsdienstleistung interpretierbar ist (analog Stauss 1995, S. 68).
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Dies hat Auswirkungen auf die Rolle der Unternehmensleltung als Nachfrager im engeren Sinne. 9.1.1.2
Unternehmensleltung als Nachfrager Im engeren SInne
Da es sich bei der Kontrollfunktion des Beschwerdemanagements aus der Perspektive der Unternehmensleitung urn eine Unterstutzungsdienstleistung handelt, ist dieses Verhaltnis als eine interne Kunden-Lieferanten-Beziehung anzusehen. Homburg et al. (1998, S. 58) fordern daher die Anbieter interner Kontrolldienstleistungen dazu auf, die Unternehmensspitze als „internen Kunden" zu betrachten. Dieser interne Kunde entfaltet freilich eine besondere Relevanz fur das Beschwerdemanagement. Das Verhaltnis des Beschwerdemanagements zur Unternehmensfuhrung ist durch ein Unterordnungsverhaltnis gepragt und die Beurteilung des zentralen Steuerungsbereichs obliegt der Unternehmensleitung. Ist Beschwerdemanagement als interner Steuerungsdienstleister nicht in der Lage, den Bedurfnissen und Erwartungen des Top-Managements gerecht zu werden, kann dies nicht nur dazu fuhren, die eigene Glaubwurdigkeit zu unterminieren, sondern auch eine „Downsizing-Entscheidung" nach sich Ziehen (McCall 2002, S. 36). Die Kunden-Lieferanten-Beziehung zur Unternehmensleitung adaquat zu gestalten, ist daher eine existenzielle Notwendigkeit fur die Bereichsleitung Beschwerdemanagement. Die Kontrollfunktion ist demnach primar an den Wunschen und Bedurfnissen des internen Nachfragers ,Unternehmensfuhrung' auszurichten (analog Fickert/Anger 1998, S. 54; Homburg/FaBnacht 2000, S. 67; Homburg et al. 2000, Schaffer/Weber 1999, S. 22). Fur das Beschwerdemanagement ist es dafur unabdingbar, die En^/artungshaltungen der Unternehmensleitung moglichst prazise zu erheben.^^° Je nach Art des
Denn letztlich geht es stets urn „die Bereitstellung derjenigen Informationen, die aus Sicht der Unternehmungsleitung (und nicht etwa aus Sicht der Bereichsperspektive) von Interesse sind" (Frese/v. Werder 1993, 8. 240).
Spannungsfeld quartare Steuerungsdienstleistungen
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Informationsflusses lassen sich diesbezuglich zwei Moglichkeiten unterscheiden (Reckenfelderbaunner2001, S. 395f.): •
Zum einen ist es Teil der Verantwortung der Untemehmensfuhrung, von sich aus die eigenen Erwartungen in Fornn von Vorgaben an das Beschwerdemanagement zu kommunizieren.
•
Zum anderen sollte es zum Selbstverstandnis des Beschwerdemanagements gehoren, mittels des in Teil 8 aufgezeigten Instrumentariums eine unternehmensinteme ,Marktforschung' im Hinblick auf die Untemehmensfuhrung zu betreiben. Gemeint ist die proaktive Erhebung der Erwartungen des Top-Managements, um die Informationsbasis des Beschwerdemanagements verbessern und Orientierungspunkte fijr das eigene Handein ableiten zu konnen.^^^
Gleichwohl besteht im Rahmen einer so gestalteten, zweiseitig betriebenen Informationserhebung die Gefahr von Erwartungsdiskrepanzen zwischen Unternehmensleitung und Zentralbereich (Poy et al. 1997, S. 14). In Fallen von Abweichungen hinsichtlich der Zweckmafiigkeit bzw. Realisierbarkeit der Erwartungen des Top-Managements aber verweist die einschlagige Literatur darauf, dass steuernde Zentralbereiche nicht willfahrig den Vorgaben der Unternehmensleitung zu folgen haben (French/Henning 1966, S. 190f.; Schaffer/Weber 1999, S. 21ff.). Vielmehr gehore es durchaus ebenfalls zum Auftrag, sofern notwendig, unter Berufung auf das eigene Expertenwissen im Hinblick auf die betreffende Steuerungsdienstleistung zu versuchen, die Unternehmungsleitung zu beeinflussen und entsprechende Uberzeugungsarbeit zu leisten. Freilich wird angesichts dieser Uberlegungen die Analogie zur Situation der Beschwerdeinformationsdistribution an die Geschaftsbereiche offensichtlich. Erneut geht es darum, Beschwerde(management)-bezogene
Das bisherige Marktforschungsinstrumentarium konnte dabei zusatzlich durch die von Aeberhard (1996, 8. 198ff.) vorgestellte, funfstufige Methodik zur .Analyse der Wertvorstellungen der Leitungsorgane im Unternehmen" erganzt werden, ein Verfahren also, das spezifisch fur den Umgang mit dem Top-Management entworfen wurde.
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Informationen in einer aus Sicht der Empfanger adaquaten Qualitat bereitzustellen und fur deren Akzeptanz und Nutzung - auch im Falle abweichender Erwartungen - zu sorgen. Insofern zeigen sich deutliche Anknupfungspunkte an die Instrumente und Vorgehensweisen, die in Teil 8 fur die Gestaltung der internen Kunden-Lieferanten-Beziehungen zu den Sparten aufgezeigt wurden. Auf eine erneute Diskussion sei daher an dieser Stelle verzichtet. Durch die so interpretierte Kontrollfunktion als Unterstutzungsdienstleistung fur die Unternehmungsleitung kann Beschwerdemanagennent selbst dazu beitragen, nicht nur sein Aufgabenspektrum, sondern aucii die bei der Uberprufung der Erfullung seiner Steuerungsaufgabe von der Unternehmungsleitung angelegten Malistabe dergestalt zu beeinflussen, dass Beschwerdemanagement sowohl in einem positiveren Liciit erscheint als auch faktisch eine hohere Kontrolleffektivitat erreicht. Eine systematische Ruckkopplung zwischen Unternehmungsleitung und der Kontrollinstanz Beschwerdemanagement Im Sinne einer internen Kunden-LleferantenBeziehung ist daher nicht nur zum Wohle der Gesamtunternehmung von elementarer Bedeutung (analog Reckenfelderbaumer 2001, S. 397). Gelingt es dem Beschwerdemanagement seine Kontrollaufgabe effektiv zu erfullen, dient dies vielmehr auch dazu, die eigene Existenzberechtigung zu untermauern und gegenuber alternativen Formen der Kontrolldienstleistungserbringung einen bereichsbezogenen Wettbewerbsvorteil zu erringen (analog Fickert/Anger 1998, S. 60f.; Reckenfelderbaumer 2001, S. 313). Allerdings scheinen diese Uberlegungen nur vermeintlich die Besonderheit der Kontrollfunktion als Steuerungsdienstleistung aufzulosen. Der folgende Abschnitt verdeutlicht, dass sich die eigentliche Brisanz der Kontrollfunktion im Hinblick auf das interne Kunden-Lieferanten-Verhaltnis zu den Sparten ergibt.
Spannungsfeld quartare Steuerungsdienstleistungen
9.1.2
659
Geschaftsbereiche als Betroffene und Nachfrager der quartaren Steuerungsdienstleistungen im weiteren Sinne
Neben der Unternehmensspitze stellen die Geschaftsbereiche das zweite Nachfragersegment bzw. die eigentlich Betroffenen der Kontrollfunktion des Beschwerdemanagements dar. Weshalb eben von einer Brisanz bei der Erbringung von Steuerungsdienstleistungen gesprochen wurde, lasst sich anhand des haufig charal^teristischen Verhaltnisses zwischen steuernden Zentralbereichen und den betroffenen Geschaftsbereichen nachvollziehen, das Reckenfelderbaumer (2001, S. 397) mit folgenden Worten beschreibt: „Die Leistungen von Steuerungsbereichen sind bei den Empfangern in den Geschaftsbereichen haufig sehr unbeliebt, ohne dass die Abnehmer die Moglichkeit hatten, sich vor dem ,Bezug' dieser Leistungen zu schiitzen bzw. sich ihm zu entziehen." Diese Konstellation trifft potenziell auf das Beschwerdenrianagement zu und ist inn Folgenden aufzuarbeiten. Oben wurde das Beschwerdemanagement als Kernbereich verortet, der zwar einen prinnaren Unterstutzungscharakter gegenuber Geschaftsbereichen aufweist, gleichzeitig jedoch die erganzende Rolle als Kontrollinstanz im Auftrag der Unternehmensleitung zu erfullen hat. Die steuernde Dimension des Kernbereichsmodells manifestiert sich vor allem in einem hohen Mafi an Entscheidungs- und Verrichtungszentralisation sowie der Einschrankung der den Sparten zugestandenen Kompetenzen hinsichtlich der Inanspruchnahme und Ausgestaltung der internen Dienstleistungen (Reckenfelderbaumer 2001, S. 318). Beide Charakteristika spiegein sich in der Kontrollfunktion des Beschwerdemanagements wider: •
Sowohl Entscheidungs- als auch Verrichtungszentralisation der Beschwerdeauswertung, des Beschwerdereporting und des Beschwerdemanagement-Controlling sind in hohem Made ausgepragt (Stauss/Scholer 2003, S. 130ff.) und eroffnen dem Zentralbereich Beschwerdemanagement erhebliche Spielraume bei der Ausgestal-
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•
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
tung der Kontrollfunktion.^^^ Beispielsweise bleibt es weitgehend dem Ermessen des Beschwerdemanagements uberlassen, spezifische Analyseinhalte mit unterschiedlichem Zeitraum bzw. -punktbezug im Hinblick auf verschiedene Sparten, deren Leistungen und Prozesse durchzufuhren, und diese Daten ggf. mit anderen Unternehmenseinheiten zu vergleichen. Nachdem Beschwerdemanagement mit dieser ausgepragten Entscheidungskompetenz und Ausfuhrungsbefugnis hinsichtlich seiner Kontrollaufgabe ausgestattet ist, stellt es gegenuber den Gesciiaftsbereichen einen hierarchisch unabiiangigen Steuerungsbereich dar. Grundsatzlicii wird Besciiwerdemanagement in seiner Kontrollfunktion gegenuber denjenigen Teileiniieiten aktiv, die durch ihr Primarmarktgebaren Kundenunzufriedenheit bzw. Beschwerdeartikulationen hervorgerufen haben und denen es im Nachgang der Erbringung der Tertiardienstleistungen nicht gelungen ist, die benannten Beschwerdeursachen zu beheben.^^^ Als Kontrollorgan agiert Beschwerdemanagement dabei ohne Auftrag der Geschaftsbereiche, bestimmt die zur Erfuilung seiner Kontrollfunktion notwendigen Aktivitaten eigenstandig und fuhrt diese auch autark durch. Die Sparten haben demnach keinen Einfluss auf ihre ,lnanspruchnahme der Kontrollfunktion' des Beschwerdemanagements.^^^
262
Die Einzeiwerte fur die Entscheidungs- und Verhchtungszentralisation lauten fur die Beschwerdeauswertung (83% bzw. 78%), das Beschwerdereporting (84% bzw. 79%) und das Beschwerdemanagement-Controlling (83% bzw. 80%) (Stauss/Scholer 2003, 263 S. 130ff.). Neben dieser Problemidentifikations- bzw. potenziellen Sanktionsdimension der Kontrollfunktion konnte freilich auch an eine Belohnungsdimension gegenuber entsprechend positiv agierenden Geschaftsbereichen gedacht werden; die Ausstattung eines Beschwerdemanagements mit einer solchen Belohnungsfunktion wird aber bislang von der Literatur vernachiassigt. Anreize fur die Sparten konnten beispielsweise unterschiedlich hohe (prozentuale) Weiterverrechnungssatze im Hinblick auf die fur sie Jewells erbrachte Abhilfefunktion des Beschwerdemanagements sein. ^^^ Mittelbar konnen sich die einzelnen Geschaftsbereiche der Ausubung der Kontrolldienstleistung Beschwerdemanagement (theoretisch) dadurch entziehen, dass sie die Entstehung von Beschwerden ijber ihren funktionalen Einflussbereich nachhaltig vermelden bzw. die gelieferten Beschwerdeinformationen effektiv nutzen. Eben dies spie-
Spannungsfeld quartare Steuerungsdienstleistungen
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Es wird offensichtlich, dass, wenngleich die Steuerungsaufgabe des Beschwerdemanagements im Grunde als eine interne Dienstleistung erbracht wird, diese interne Interaktion nicht sinnvollerweise als interne Kundenbeziehung konzeptualisiert werden kann (Roleff 2001, S. 184; Stauss/Neuhaus 1995, S. 587). Stauss (1995, S. 68) illustriert das spezifische Wirkungsdreieck einer Steuerungsdienstleistung anhand des denn Beschwerdemanagement in hohem Mafie verwandten Beispiels der unternehnnensinternen Qualitatskontrollabteilung desiiaJb wie folgt: "Obviously, this intraorganizational relationship causes typical problems. Here, it is difficult to establish a co-operative relationship, because the audited managers cannot expect direct benefits from this relationship and must fear being penalized in the case of a negative audit result. This kind of problem especially demonstrates that there is no customer-supplier relationship between the audit department and the audited manager. (...) Nevertheless, an orientation to the needs of the audited managers does not make sense on principle. The audited manager is not the client, but rather the manager who ordered the audit." Diese Unabhangigkeit inn Umgang nnit den Geschaftsbereichen als grundlegend vorteilhaft zu interpretieren, scheint aus Sicht des Beschwerdemanagements verfruht. Aus der Doppelrolle des Beschwerdemanagements als Kernbereich, der nicht nur eine Steuerungsfunktion, sondern parallel bzw. in erster Linie die Unterstutzungsfunktion auszuuben hat, sind potenziell Komplikationen zu befurchten. Denn zum einen wurde oben die Zweckmafligkeit eines vertrauensvollen Beratungsund Dienstleistungsverhaltnisses zwischen BeschwerdemanagementBereich und Sparten auf der Tertiardienstleistungsebene betont. Andererseits fordert nunmehr die Kontrollfunktion vom Beschwerdennanagement letztlich die Uberwachung der Geschaftsbereiche fur die Unternehgelt das Interesse der Gesamtunternehmung und den Kern der Kontrollaufgabe des Beschwerdemanagements wider.
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
mensleitung. Mitunter kann dieser Kontrollauftrag des Beschwerdemanagements geradezu darauf ausgerichtet sein, in dem stellenweise (unumganglich oder bewusst) strukturell angelegten Konflikt zwischen unterschiedlichen Interessenslagen im Untemehmen zu vermitteln. Als interner Dienstleister steht Beschwerdemanagement dann „mit seinen Leistungen im Auftrag der Unternehmensleitung neben und uber der unvermeidlichen Eigendynamik und jenem Egoismus, der sich mehr oder minder bei alien Bereichen, Abteilungen, Gruppen und Einzelnen im Unternehmen finden lasst" (Suhr 2002, S. 32).^^^ So verwundert es nicht, dass diese Kombination von Unterstutzungs- und Steuerungsfunktion das Verhaltnis zwischen Beschwerdemanagement und Geschaftsbereichen durch folgende, potenzielle Negativeffekte erheblich belasten kann (Cavaye/Christiansen 1996, S. 224f.; Kreisel 1995, S. 140; McCall 2002, S. 36f.; Pearson et al. 1982, S. 14ff.; Reckenfelderbaumer 2001, S. 398; Witt1998, S. 215): •
Die von vornherein festgelegte Abnahmeverpflichtung der Geschaftsbereiche fuhrt oft zu einem Misstrauensverhaltnis oder Reaktanzen im Umgang mit den Zentralbereichen, „die als Kontrolleure und Aufseher im negativen Sinne angesehen werden" (Reckenfelderbaumer 2001, S. 398). Die Fachabteilungen innerhalb der Sparten entwickein daher womoglich Vorbehalte gegenuber den Mitarbeitern des Beschwerdemanagements, well diese neben ihren unterstutzenden Tertiardienstleistungen nunmehr ihrem Anspruch Nachdruck verleihen, das Primarmarktverhalten der Geschaftsbereiche beeinflussen zu wollen.
•
Hinzu kommt der unmittelbare Zugang des Beschwerdemanagements zur Unternehmensleitung, der die Bereitschaft der Geschaftsbereiche senken kann. Details ihrer Aktivitaten (beispielsweise bei der Ergrundung von Beschwerdeursachen) offen zu legen.
265
Siehe vertiefend zum Phanomen des Bereichsegoismus bzw. betrieblicher Eigenlogiken Ringlstetter (1995, S. 699ff. und 1997, S. 9ff.).
Spannungsfeld quartare Steuerungsdienstleistungen
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•
Diese ablehnende Haltung gegenuber dem Beschwerdemanagement kann sich in einer mangelhaften Akzeptanz der Notwendigkeit bzw. Existenzberechtigung der Steuerungsleistungen als Interesse des Gesamtunternehmens ausdrucken.
•
Des Weiteren kann das Zusammenspiel aus mangelnder Akzeptanz und fehlendenn Vertrauen dazu fuhren, dass die im Kontext der Kontrollfunktion abgeleiteten Weisungen durch die Geschaftsbereiche haufig nur zogerlich aufgegriffen und unzureichend umgesetzt werden.
•
Bedacht sei abschliefJend jedoch auch, dass die aus der Doppelrolle als Service- und Steuerungseinheit resultierende Wahrnehmung des Zentralbereichs durch die Sparten nnit hoher Wahrscheinlichkeit auch die Mitarbeiter des Beschwerdemanagements belastet, was sich ggf. in Rollenkonflikten manifestieren und negativ auf die Mitarbeitermotivation auswirken kann.
Es ist augenscheinlich, dass derartige Rahmenbedingungen die Erreichung der ursprunglich von den Zentralbereichen und der Unternehnnensleitung angestrebten Koordinationswirkungen gefahrden. Auf dieser Ebene ist daher die eigentliche Managementherausforderung fur die Bereichsleitung Beschwerdemanagement zu sehen. Welche Optionen zur Uberwindung dieser Barrieren denkbar erscheinen, wird in Kapitel 9.2 erortert. Zuvor aber soil, analog zu den vorangegangen Teilen, die Konstellation der Steuerungsdienstleistung vor dem Hintergrund eines marktlichen bzw. wettbewerblichen Kontexts beleuchtet werden. 9.1.3
Die Kontrollfunktion als quartare Steuerungsdienstleistung jenseits von Markt und Wettbewerb
In den Teilen 7 und 8 wurde einleitend die Wettbewerbsdimension skizziert, der sich Beschwerdemanagement als Anbieter sekundarer und tertiarer Dienstleistungen gegenubersieht. Trotz der in dieser Arbeit vertretenen strategischen Neuausrichtung des (internen) Dienstleisters Beschwerdemanagement ist allerdings darauf zu achten, nicht unreflektiert
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Verfeinerte Analyse der A ufgabenumwelt
eine strikte (interne) Kundenohentierung zu fordern. Vielmehr ist der zweidimensionalen Aufgabenstellung des Beschwerdemanagements Rechnung zu tragen und daran zu erinnern, dass die Kontrollfunktion aus Sicht der Sparten eine Steuerungsdienstleistung, aus Sicht der Unternehmensfuhrung aber eine Unterstutzungsdienstleistung darstellt. Vor diesem Hintergrund hat die Reflexion der Wettbewerbsdrucks in diesem strategischen Gesciiaftsfeid zu erfolgen. Die Wettbewerbsintensitat, der sich der Steuerungsdienstleister Beschwerdemanagement im Verhaltnis zu den Geschaftsbereichen ausgesetzt sieht, lasst sich als nur sehr gering bezeichnen. Oben wurde darauf verwiesen, dass ein (Angebots-) Wettbewerb die Existenz mehrerer, mindestens zweier, Anbieter voraussetzt (Link 1988, S. 43f.; Schneider 1997, S. 492f.). Die Zwecksetzung interner Kontrolldienstleistungen bringt es mit sich, dass sich die Sparten als Empfanger nicht gegen die Erstellung der Leistung aussprechen konnen, sondern diese beziehen mussen. Damit ist die Kontrollfunktion zum einen als obligatorische Dienstleistung anzusehen, eine Leistung also, deren Inanspruchnahme auf Basis der unternehnnerischen Richtlinien vorgeschrieben ist. Zum anderen ist aus Sicht der Geschaftsbereiche das Beschwerdemanagement deren einzlger und damit zwangslaufiger Anbieter; Dienstleistungen die unter dieser Maflgabe erstellt werden, bezeichnet Mosiek (2002, S. 184ff.) als Monopol-Dienstleistungen. Beschwerdemanagement unterliegt als Steuerungsdienstleister gegenuber den Geschaftsbereichen keinem Wettbewerb, sondern reprasentiert einen mit hoheitlichen Steuerungsmitteln ausgestatteten Dienstleister. Da Beschwerdemanagement im Auftrag der Unternehmensleitung agiert, verbleibt die Entscheidung uber die Aufldsung dieses Monopols erneut bei der Unternehmensleitung. Fur die Einschatzung der Wettbewerbsdimension der Kontrollfunktion ist daher das Verhaltnis zur Unternehmensspitze maflgeblich. Die unternehmensstrategische Aufgabe des Beschwerdemanagements besteht darin, durch die eigene bereichsspezifische Effektivitat als Kon-
Spannungsfeld quartare Steuerungsdienstleistungen
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trollorgan zur Erhaltung der Wettbewerbsfahigkeit bzw. der Erarbeitung von Wettbewerbsvorteilen der Gesamtunternehmung beizutragen. Dafur sind dem Bereich Beschwerdemanagement durch die Untemehmensleitung die hierfur als notwendig erachteten Rechte und Pflichten zu ubertragen,^^^ denn als nachgelagerte Instanz kann das Beschwerdemanagement seine Steuerungsaufgaben nur wahrnehmen, wenn es uber die erforderlichen Befugnisse verfugt. Naciidem als Strategieinhaltsdimension der Arbeit eine marktorientierte Bereichsfuhrung vorgeschlagen wurde, konnte an dieser Stelle versucht werden, die Beziehung zwischen Unternehmensfuhrung und Beschwerdemanagement als Marktkonstellation zu konzeptualisieren. Um diese Perspektive zu illustrieren, soil die Uberantwortung der Steuerungskompetenzen als der Gegenstand marktiichen Handelns interpretiert werden. Bin konkreter Konkurrenzdruck fur die quartare Kontrolldienstleistung konnte sich dann uber zwei alternative Formen der Leistungserbringung erzeugen lassen: (1) Zum einen die Dezentralisierung der Steuerungsverantwortung und damit deren Verortung In den Sparten sowie (2) zum anderen die Vergabe der Steuerungsdienstleistung an externe Dienstleister(Reckenfelderbaumer2001, S. 339f.). Reckenfelderbaumer (2001, S. 314) stellt entsprechende Uberlegungen fur Interne Kontrolldienstleister im Wettbewerb mit den Geschaftsbereichen an, die sich auf das Beschwerdemanagement ubertragen lassen: Die Unternehmungsleltung trifft auf dem internen Markt als ,Anbleter' fur Kompetenzen zum Ausuben unternehmerischen Handelns auf Ge-
Dass dies nicht notwendigerweise dem bislang von der Praxis realisierten State-of-theArt zu entsprechen scheint, ging aus der Studie von Stauss/Scholer (2003) hervor und wurde bereits diskutiert. Davon bleibt die konzeptionelle Forderung der entsprechenden Ausstattung des Bescinwerdemanagements mit Reciiten und Pflichten unbenommen. Alierdings ist zu bedenken, dass Beschwerdemanagement nicht notwendigerweise selbst mit der Durchsetzung der empfohlenen Korrekturmaflnahmen beauftragt werden muss, sondern dass diese Verantwortung bei der Unternehmungsleitung verbleiben kann. Dies konnte eine Erklarung fur den aktuelien Status quo der Einflussrechte des Beschwerdemanagements sein.
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
schaftsbereiche und Zentralbereiche als ,Nachfrager'. Beide Marktseiten waren unter diesen Bedingungen daran interessiert, ein fur sich moglichst gunstiges Ergebnis zu erzielen: „Die Unternehmungsleitung mochte die Kompetenzen denjenigen Nachfragem zuganglich machen, die diese am besten zum Wohle der Unternehmung einzusetzen wissen; die naciifragenden Einheiten sind bestrebt, ihre Vorstellung hinsichtlich der optimalen Kompetenzausstattung zu verwirklichen (...), um ihren spezifischen Zielen nachgehen zu konnen" (ebd.). An dieser Feststellung kann angesetzt werden, um zu erkennen, dass aus Sicht der Unternehmensleitung die Erbringung der Kontrollfunktion im Zentralbereich Beschwerdemanagement als die uberlegene Alternative anzusehen ist, denn die Idee eines internen Marktes stofit dort an ihre Grenzen, wo hierarchische Strukturen innerhalb einer Organisation einen Im Vergleich zu dem freien (internen) Spiel aus Angebot und Nachfrage uberlegenen Koordinationsmechanismus im Interesse der Gesamtunternehmung darstellen (Mills/Ungson 2001, S. 255). Grundsatzlich besitzt das Interesse der Gesamtunternehmung stets Prioritat im Vergleich zu Geschaftsbereichsinteressen (Steinle et al. 2000, S. 285). Demnach Ist der letztgijltige OrientierungsmaUstab fur die Vorteilhaftigkeit betrieblicher Entscheidungen stets deren Auswirkungen auf die Erreichung der Gesamtunternehmungsziele, wobei eine Verbesserung des Zielerreichungsgrades nachgelagerter Einheiten unternehmungsintern nie Selbstzweck sein kann, sondern nur bei gleichzeitiger Forderung von (okonomischen) Zielen des ubergeordneten Gesamtsystems als wunschenswert erachtet werden kann (Lehmann 2002, S. 178). Nun ist daran zu erinnern, dass Geschaftsbereiche durchaus Akzeptanzbarrieren im Hinblick auf Marktinformationen im Allgemeinen und Beschwerdeinformationen im Speziellen aufweisen (Fornell/Westbrook 1984; Kasouf et al. 1995). Das Ergebnis konnen mitunter irrationale und fur das Gesamtunternehmen suboptimale Verhaltensweisen sein, die die eigentliche Absatzmarktorientierung des Unternehmens zugunsten von GeschaftsbereichsinteressenZ-egoismen vernachlassigen (Roleff 2001, S. 111). Die Ubertragung
Spannungsfeld quartare Steuerungsdienstleistungen
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der Steuerungsfunktion an die Sparten wurde daher mit dem Risiko der Unterdruckung des Gesamtunternehmensinteresses einhergehen. Die Beauftragung des Zentralbereichs Beschwerdemanagement reprasentiert insofern eine korrektive Losung, die die Orientierung an der Zufriedenheit der Nachfrager des Unternehmens im Primarnnarkt und damit die Wahrung des Gesamtunternehmensinteresses gewahrleistet. Nachdem damit die erste der beiden Alternativen als suboptimal einzustufen ist, bleibt zu uberlegen, inwieweit eine Auslagerung der Steuerungsdienstleistung an externe Leistungsanbieter in Frage kommt. Gegen ein Outsourcing spricht die Systembindung der Kontrollfunktion des Besciiwerdemanagements. Mit Systembindung wird der Sachverhalt beschrieben, dass durch die Nachfrageentscheidung der Unternehmensleitung fur z.B. die Inhouse-Erbringung der Informations- und Impulsfunktion die Freiheitsgrade der Entscheidung hinsichtlich der Kontrollfunktion bereits in hohem Made verringert wurden und die diesbezugliche Beauftragung des Zentralbereichs Beschwerdemanagement damit nahezu notwendigerweise folgen wird (analog Mosiek 2002, S. 186; Weber/Aust 1998, S. 139).^^^ Die weitgehende, die Grenzen der Unternehmung uberschreitende Entkopplung der Leistungserbringung von tertiaren
Unterstutzungsdienstleistungen
und quartarer
Steuerungs-
dienstleistung ist demnach kaum denkbar. Insbesondere aber im Lichte der Senslbilitat der bei der Kontrollfunktion generierten Informationen und des mit Kontrolldienstleistungen potenziell verbundenen Einflusses auf die Geschicke des Unternehmens bleibt mit Reckenfelderbaumer (2001, S. 340) festzuhalten, dass sich das Make-or-Buy-Problem bei Steuerungsleistungen kaum stellen durfte, „denn keine vernunftige UnternehZusatzlich gestarkt wird die Position des Zentralbereiciis Beschwerdemanagement ferner dadurch, dass seine Dienste von der Untemehmensleitung typischerweise nicht fallweise in Anspruch genommen werden. Vielmehr ist von einer langfristig getroffenen und bindenden Nachfrageentscheidung auszugehen, die nicht kurzfristig reversibei ist (die z.B. nach einer umfassenden Make-or-Buy-Analyse zugunsten eines internen Beschwerdemanagements getroffen wurde und mit teilweise erhebiichen Kosten im Falle eines Anbieterwechsels verbunden ware).
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
mensleitung wird die Steuerung in nennenswertem Umfang auf auRerhalb der Unternehmung angesiedelte Institutionen ubertragen." Nachdem nunmehr auch die zweite potenzielle Wettbewerbsdimension abgelelint wurde, bleibt zusammenfassend festzuhalten, dass es fur zentralisierte Steuerungsdienstleister keine Konkurrenten gibt, „die den Zentralbereichen ihren Platz und ihre Kunden streitig machen konnten" (Reckenfelderbaumer2001,S. 397). Diese Uberlegungen stutzen nachdrucklich die Empfehlung, das Beschwerdemanagement als Kernbereich mit der Kontrollfunktion zu betrauen. Die Zentralbereichskonfiguration eriaubt es der Unternehmensleitung, Weisungsbefugnisse an das Besciiwerdemanagement zu delegieren, dabei inn Bedarfsfalle aber dennoch selbst erforderliche KorrekturmaBnahmen im Interesse des Gesamtunternehmens gezielt, flexibel und schnell beschlielJen zu konnen (analog Reckenfelderbaumer 2001, S. 344). Sofern aber die Zentralbereichslosung als die okonomisch sinnvollste Alternative bestlmmt und mit der Einrichtung des Kernbereichs seitens der Unternehmensleitung autorisiert wurde, scheint es nicht mehr angebracht, hinsichtlich des Verhaltnisses zwischen Unternehmensleitung und Kontrollinstanz faktisch von einer Marktkonfiguration sprechen bzw. marktliche Koordlnationsmechanismen einsetzen zu wollen (Mills/Ungson 2001, S. 255). Das Verhaltnis zwischen Unternehmungsleitung und Zentralbereichen die mit der Wahrnehmung des Steuerungsfunktion betraut sind, als ,internen Markt' zu bezeichnen, ware sogar „hochgradig irrefuhrend" (Reckenfelderbaumer 2001, S. 397). Freilich hat diese hier aufgezeigte Dienstleistungskonstellation maBgebliche Auswirkungen auf die nunmehr zu diskutierenden Verhaltensoptionen des Steuerungsdienstleisters Beschwerdemanagement gegenuber den Sparten.
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9.2 Strategieoptionen jenseits der generischen Wettbewerbsstrategien im strategischen Geschaftsfeld der quartaren Steuerungsdienstleistungen Der Erbringung der Kontrolldienstleistungen des Beschwerdemanagements liegt weder im Zusammenspiel mit der Unternehmensleitung noch mit den Geschaftsbereichen eine sinnvollerweise als interner Markt zu interpretierende Anbieter-Nachfrager-Konstellation zugrunde. Die Reflexion strategischer Alternativen, die sich aus marktbasierten Konzepten ableiten, scheint fur dieses strategische Geschaftsfeld des Beschwerdemanagennents daher kaum sinnvoll zu sein. Die Porter'schen Wettbewerbsstrategien konnen demnach nicht als strategischer Orientierungsrahmen dienen. Es gilt zu uberlegen, welche strategischen Verhaltensweisen stattdessen der oben dargestellten Rolle des Beschwerdennanagements als Kontrollinstanz zwischen Unternehmensfuhrung und Sparten angemessen sind und dabei gleichzeitig in besonderem Made der zweidimensionalen Aufgabenstellung des Beschwerdennanagements gerecht werden. Denn es darf hier keinesfalls ubersehen werden, dass, wie in Teil 6 (siehe 6.3.2.2) ausfuhrlich analysiert wurde, eindeutig die Erbringung von Unterstutzungs- und nicht Kontrolldienstleistungen als die primare Aufgabe des Beschwerdemanagennents einzuordnen ist. Dem Kontrollauftrag ist also lediglich ein erganzender Charakter zuzusprechen. Kontraproduktive bzw. negative Ausstrahlungseffekte durch die Wahrnehmung der Kontrollfunktion auf die effektive Erbringung der Unterstutzungsdienstleistungen hat der Zentralbereich Beschwerdemanagennent daher unbedingt zu vermeiden. Eine unreflektierte strategische Ausrichtung als reiner Steuerungsdienstleister wurde aber gerade Gefahr laufen, insbesondere die Bemuhungen im strategischen Geschaftsfeld der tertiaren Dienstleistungen zunichte zu machen und im Ergebnis den Interessenslagen des Gesamtunternehmens, der Geschaftsbereiche und des Beschwerdemanagements zu schaden. Beschwerdemanagement
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Verfeinerte Analyse der A ufgabenumwelt
muss demnach bei der Erfullung seiner Kontrollfunktion Vorgehensweisen wahlen, die die effektive Erstellung seiner sekundaren, tertiaren und quartaren Dienstleistungen in ihrem ganzheitlichen Zusammenspiel berucksichtigen, dabei den komplexen Anbieter-Nachfrager-Relationen des Bescliwerdemanagements als unterstutzendem und gleichzeitig steuerndem Dienstleister Rechnung tragen, sowie weder der Adaption einer Kostenfuhrerschafts- noch der Differenzierungsstrategie im Beschwerdemanagement zum Nachteil gereichen. Eine Losungsoption fur diese Herausforderung zu entwickein, ist Ziel dieses Kapitels. Zunachst sollen einige wenige Veriiaitensempfehlungen skizziert werden, die die vergleichsweise uberschaubare, einschlagige Literatur fur interne Steuerungsdienstleister anregt (9.2.1). AnschlieRend wird ein Managementkonzept aus dem Bereicli wissensintensiver Dienstleistungen adaptiert und als zusatzlicher Vorschlag fur die Erfullung der Kontrollfunktion unterbreitet (9.2.2). 9.2.1
Skizzierung ausgewahlter Mafinahmen fur die Ausgestaltung der Erbringung von Steuerungsdienstleistungen
Kontrolldienstleistern wird empfohlen, sich gegenuber den von ihnen zu steuernden Organisationseinheiten an zwei Mindestzielsetzungen zu orientieren (Mosiek 2002, S. 185ff.; Reckenfelderbaumer 2001, S. 398f.; Roleff 2001, S. 249ff.): (1) Zum einen sollen geeignete Madnahmenbundel bei den Geschaftsbereichen eine Akzeptanz fur die Steuerungsnotwendigkeit und Vertrauen gegenuber den Kontrolleinheiten im Unternehmen schaffen. (2) Zum anderen soil durch das Angebot zusatzlicher Services „so etwas wie Kundenzufriedenheit" erzielt werden (Reckenfelderbaumer 2001, S. 398), um auf diese Weise wenigstens ein neutrales Verhalten der Geschaftsbereiche gegenuber Kontrolldienstleistern zu realisieren. (1) Aufbau von Alizeptanz fur Kontrolldienstleistungen und Erzeugung einer Vertrauensbasis gegenuber Kontrolldienstleistern: Da Mechanismen sowohl zum Aufbau von Vertrauen auf Seiten der Geschaftsbereiche als auch zur Uberwindung von Akzeptanzbarrieren be-
Strategieoptionen Jenseits der generischen Wettbewerbsstrategien
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reits besprochen wurden (siehe 8.4.2), sollen beide Aspekte nur noch sehr kurz aufgegriffen werden. Aus konzeptioneller Sicht stellt erneut das Zusammenspiel aus dem Kennen, Konnen und Wollen der leistungsempfangenden Geschaftsbereiche den Ansatzpunkt dar, um positiv auf die Geschaftsbereiche einzuwirken und so die Grundlage fur die notwendige Akzeptanz bzw. das Vertrauen zu erarbeiten (Reckenfelderbaumer2001, S. 399): •
Ziel der auf das Kennen gerichteten MaRnahmen ist es, den Spartenmanagern die Zweckmafiigkeit bestimmter Steuerungsdienstleistungen bzw. deren Zwecksetzung detailliert zu vermittein, unn so zu verdeutlichen, dass diese letztlich dem Interesse aller Beteiligten dienen sollen.
•
Am Konnen anzusetzen bedeutet, dass der Zentralbereich die Geschaftsbereiche bei der Umsetzung seiner Maflgaben unterstutzt.
•
Das Wollen der Sparten lasst sich vor allem uber motivierende MaBnahmen beeinflussen, also z.B. Anreizsysteme, die positive Auswirkungen fur diejenigen Bereiche versprechen, die bestimmte Empfehlungen des Beschwerdemanagements besonders rasch und erfolgreich umsetzen.^^^
Das alle derartigen Malinahmen tragende Argument muss der erstgenannte Aspekt sein. Es gilt ein Bewusstsein dafur zu schaffen, „dass die Umsetzung der Steuerungsleistungen Im Interesse der Gesamtunternehmung ist und damit letztlich auch der Sicherung der Arbeitsplatze der in den Geschaftsbereichen tatigen Menschen dienf (Reckenfelderbaumer 2001, S. 400). Um die Effektivitat dieser Beeinflussungsmatinahmen zu erhohen, werden als weitere strategische Option der SteuerungsbeDiesbezuglich sei an den bereits am Rande angesprochenen Gedankengang erinnert, z.B. im Zeitverlauf die an die Sparten weiterverrechneten Kosten des Beschwerdemanagements zu variieren. Auf einer niedrigsten Stufe konnte z.B. eine rein „fiktive Verrechnung" und auf der hociisten Stufe schliedlich eine 100%ige Verrechnung der variablen Kosten fur beispielsweise die Abhilfefunktion erfolgen.
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
reiche erganzende Service-Leistungen anempfohlen, die der Zufriedenheit der Geschaftsbereiche dienen sollen. (2) Angebot erganzender Services: Der Grundgedanke, den Geschaftsbereichen zusatzliche Serviceleistungen anzubieten, orientiert sich an der Erfahrung, dass unterstutzende Zentralbereiche im Unternehmen auf groliere Akzeptanz stolien als Steuerungsbereiche. Das zugrunde liegende Kalkul ist somit, durch die freiwillig naciizufragenden, erganzenden Service-Leistungen bei den internen Empfangern eine breitere und vertrauensvollere Akzeptanz fur die obligatorisch naciizufragenden Steuerungsdienstleistungen zu schaffen (Reckenfelderbaumer 2001, S. 400). Diese Uberlegung drangt sich im Falle des Bescliwerdemanagements geradezu auf, stellt dieses docli einen Zentralbereich dar, der sowoiil Unterstutzungs- als auch Steuerungsdienstleistungen erbringt. An dieser Stelle zeigt sich somit, dass die Bundelung der Unterstutzungsund Steuerungsdienstleistungen im Beschwerdemanagement diesem zum Vorteil gereicht, da es uber die notwendigen Kompetenzen sowie Kapazitaten bzw. eigenstandigen Ressourcen verfugt, um die Akzeptanz der Kontrolldienstleistungen durch erganzende Services zu unterstutzen. Die Ausgestaltung der angebotenen Serviceleistungen kann dabei in Abhangigkeit der Nahe zu den jewelligen Steuerungsleistungen abgestuft und als relativ eng an diese angelehnt oder weitgehend davon losgelost kategorisiert werden (Reckenfelderbaumer 2001, S. 401). Offensichtlich erinnert diese Abstufung an die in Teil 8 ausgefuhrte Kostenfuhrerschafts- (Grundnutzen) und Differenzierungsstrategie (Zusatznutzen). Folgende Angebote sind unter ErschlieUung der im Beschwerdemanagement vorhandenen Unterstutzungsdienstleistungs-Kapazitaten beispielsweise denkbar: •
Die eng an die Kontrollfunktion angelehnten Service-Leistungen empfehlen sich fur die Kostenfuhrerschaft und konnen Erlauterungen fur die aus den Steuerungsleistungen resultierenden Anweisungen an die Geschaftsbereiche beinhalten. Beispielsweise kann der
Strategieoptionen Jenseits der generischen Wettbewerbsstrategien
•
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oben vorgeschlagene Complaint Information Product Manager die Kontrollfunktion im Rahmen personllcher Feedback-Meetings erbringen anstatt eine .bloBe' Abweichungsanalyse in das elektronische Beschwerdereporting zu integrieren. Umzusetzen ist auch das Angebot, innerbetriebliche Benchmarking-Partner zu vermittein, die fokale Problemlosungsvorschlage des Beschwerdemanagements bereits erfolgreich implementieren konnten. Schliedlich konnen auch auf die spezifische Problemlage einzelner Teileinheiten abgestimmte Sonderauswertungen offeriert oder ein ,Fruhwarnsystem' installiert werden, das sich abzeichnende Abweichungen vorzeitig an die internen Kunden weitermeldet, um diese nicht abrupt mit ,negativen' Beschwerdereports zu uberraschen (analog Deshpande 1979, S. 261). Fur die innerbetriebliche Akzeptanz noch forderlicher sind Leistungen, die von den Steuerungsleistungen inhaltlich weitgehend losgelost sind und dennoch den betreffenden Zentralbereich als internen Dienstleister erkennbar machen, wobei gezielt auf die Bedurfnisse der internen Abnehmer zugeschnittene und in Zusammenarbeit mit diesen konzipierte Dienstleistungen in besonderem Malie Erfolg versprechend sein sollten. Das Angebot solcher Dienste kann auf der Plattform der oben vorgeschlagenen Ausgestaltung der Differenzierungsstrategie uber die Impuls- und Bildungsfunktion eines Beschwerdemanagements ausgearbeitet werden und soil hier nicht erneut ausgefuhrt werden. Derartige Dienstleistungen sollen Managern in den Sparten In besonderem Malie das Gefuhl vermittein, dass sich Beschwerdemanagement als Steuerungsinstanz faktisch ihrer Probleme annehmen mochte, was sich letztlich in einer positiveren Reputation und hoheren Akzeptanz des Beschwerdemanagements auswirken sollte (analog Reckenfelderbaumer2001, S. 402).
Zweifelsohne fordern die vorgestellten Malinahmen die Akzeptanz gegenuber der Steuerungsdienstleistung und losen ggf. eine spezifische Form der Kundenzufriedenheit bei den Geschaftsbereichen aus. Ebenso
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
offensichtlich ist, dass ein GroBteil der hier angeratenen Vorgehensweisen uber das Leistungsportfolio, wie es bisher ausgearbeitet wurde, bereits abgedeckt wird. Auch bedarf es an dieser Stelle keiner Aufarbeitung der in der Controlling-Forschung bereits hoch entwickelten Verfahren der Abweichungsanalyse (siehe z.B. Coenenberg 2003, S. 358ff.; Ewert/Wagenhofer 2003, S. 357ff.; Lengsfeld/Schiller 2002) als dem methodischen Kern der Kontrollfunktion. Die Diskussion soil daher im Weiteren nicht auf einer Instrumentalebene gefuhrt werden. Was in der wissenschaftlichen Betrachtung des Beschwerdemanagements jedoch vielmehr fehit, ist ein in sich stimmiger, integrativer Orientierungsrahmen fur das Verhalten gegenuber den zu steuernden Einheiten. Die Herausforderung besteht darin, die Kontrollfunktion wahrzunehmen, ohne dadurch die auf Basis der internen Informations-, Impuls- und Bildungsfunktion aufgebauten Kundenbeziehungen in Mitleidenschaft zu Ziehen. Daher bedarf es eines Bezugsrahmens fur die Orchestrierung des im Beschwerdemanagement vorhandenen Instrumentalportfolios als Unterstutzungs- und Steuerungsdienstlelster, der berucksichtigt, dass In der Ausubung der Kontrollfunktion vom Zentralbereich mitunter ein anderes Verhaltensmuster zu verfolgen ist, als in der Rolle des Unterstutzungsdienstleisters. Der im Folgenden unterbreitete Vorschlag der Adaption des ,Professional Concern' (Mills/Moshavi 1999) als konkrete Verhaltensleitlinie des Beschwerdemanagements als Steuerungsdienstlelster im Umgang mit seinen internen Kunden, will dazu beitragen, diese Forschungslucke zu verringern. 9.2.2
Der Professional Concern-Ansatz als strategische Verhaltensleitlinie des Steuerungsdienstleisters Beschwerdemanagement gegenuber den Geschaftsbereichen
Der Professional Concern-Ansatz dient zur Auflosung des dem Beschwerdemanagement inharenten Dilemmas seiner Doppelrolle als Unterstutzungs- und Steuerungsdienstlelster, denn um die Dienstleistungserbringung moglichst effektiv zu managen, ist das elementare Ziel von
Strategieoptionen jenseits der generischen Wettbewerbsstrategien
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Professional Concern: „getting close to the client while remaining somewhat detached" (Mills/Moshavi 1999, S. 53). Kernidee von Professional Concern ist es, •
zum einen auf Anbieter- und Nachfragerseite die im Zusammenhang mit der Leistungserbringung wahrgenommene Sensibilitat im Hinblick auf eine beidseitige Verantwortlichkeit fur den erzielten Output zu erhdhen und
•
zum anderen die aus der Dienstleistungserstellung resultierenden Nutzenpotenziale sowohl fur den Nachfrager als auch fur den Anbieter zu maximieren (Mills/Moshavi 1999, S. 60).
In diesem Abschnitt wird zunachst die besondere Eignung des Professional Concern-Ansatzes fur die Dienstleistungskonstellation des Beschwerdemanagements unterstrichen (9.2.2.1), bevor die konkrete Interpretation dieses Bezugsrahmens fur das Beschwerdemanagement erfolgt (9.2.2.2). 9.2.2.1
Eignung des Professional Concern-Ansatzes zur EinbeU tung der Kontrollfunktion in das Dienstleistungsangebot des Besciiwerdemanagements
Aufgrund der erwahnten Interdependenzen zwischen den drei strategischen Geschaftsfeldern des Beschwerdemanagements kann das Ziel der Bereichsleitung bei der Wahrnehmung der Kontrollfunktion nicht darin bestehen, sich im Umgang mit den Sparten - auf Basis einer dann als verengt zu bezeichnenden Perspektive - schlicht auf ihre Steuerungsverantwortung zu berufen und damit das Risiko potenzieller Reaktanzen der Geschaftsbereiche einzugehen. Es gilt die Verknupfungen zwischen den strategischen Geschaftsfeldern zu berucksichtigen und Managementansatze heranzuziehen, die auf ein produktiv-kooperatives AnbieterNachfrager-Verhaltnis ausgerichtet sind. Das von Mills/Moshavi (1999) als Professional Concern vorgestellte Konzept versteht sich als ein derart angelegter Ansatz zum Management von Dienstleistungsbeziehungen.
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Verfeinerte Analyse der A ufgabenumwelt
Professional Concern wurde ursprunglich fur die Konstellation professioneller, wissensintensiver Dienstleistungsanbieter im Umgang mit ihren Klienten konzeptuallsiert. Wenngleich also weder im Kontext des Beschwerdemanagements noch fur interne Dienstlelster mit Kontrollfunktionen entwickelt, scheint ein Transfer auf das Beschwerdemanagement dennoch erfolgversprechend zu sein, da Professional concern „should be viewed as a salient mechanism in complex service organizational properties such as information processing, control and the management of clients in general" (Mills/Moshavi 1999, S. 63). In seiner Facette als Kontrollinstanz erfullt Beschwerdemanagement alle drei angefuhrten Aspekte („information processing", „control" und „management of clients"). Mills und Moshavi betonen ferner die Relevanz des Professional ConcernAnsatzes in gerade solchen Dienstleistungskonstellationen, die sich dadurch auszeichnen, dass •
sich der Dienstleistungsanbieter vor dem Hintergrund seines Auftrags bzw. seines Selbstverstandnisses in der Situation befindet „to do what is in the client's best interest, but not necessarily what the client wants" (Mills/Moshavl 1999, S. 54), und
•
„it is necessary to teach clients or lead them in the rendering of services" (Mills/Moshavi 1999, S. 63).
Auch die nur schwache formale Ausstattung des Beschwerdemanagements mit Einflussrechten legt den Ruckgriff auf Professional Concern nahe, da in der Philosophie dieses Managementansatzes „the mere use of authority to manage and optimize client input is inadaquate" (Mills/Moshavi 1999, S. 50). Da sich Beschwerdemanagement im Kontext seiner Kontrollfunktion also ohne eine starke hierarchische Stellung der Herausforderung ausgesetzt sieht, eine adaquate Kooperation der Geschaftsbereiche im Sinne der Optimierung deren Co-Produzentenrolle sicherzustellen, erweist sich Professional Concern als viel versprechend: „A control mechanism that may be helpful in addressing issues of (...) fostering co-operation in service relationships is professional concern"
Strategieoptionen Jenseits der generischen Wettbewerbsstrategien
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(Mills/Moshavi 1999, S. 53). Im Lichte dieser Maxime wird nun eine Interpretation des strategischen Verhaltens des Beschwerdemanagements anhand des Professional Concern-Ansatzes skizziert. 9.2.2.2
Interpretation des Professional Concern-Ansatzes fur den SteuerungsdienstleisterBeschwerdemanagement
Professional Concern basiert auf der kollektiven Wirkung der vier folgenden Teilkomponenten: (1) Provider Authority, (2) Social Affiliation, (3) Client Role Accountability und (4) Objective Attitude. „Collectively, these dimensions make It possible to be both detached from and simultaneously committed to clients" (Mills/Moshavi 1999, S. 58). Das Zusammenspiel bzw. die sltuatlve Konflguration dieser vier Module zielt darauf ab, die fur den Erfolg einer Dienstleistungserstellung unabdingbar notwendige ,Client Compliance', also die Bereitschaft zur Mitwirkung Im Sinne des Dienstleistungserfoigs, zu erzeugen. Fokussiert wird die Bereitwilligkeit zum gegenseitigen, vertrauensvollen Informatlonsaustausch, der wahrgenommene oder faktisch bestehende Informatlonsasymmetrien abbaut und Unsicherheitswahrnehmungen auf beiden Seiten reduziert. Dies soil insbesondere der kundenseitigen Bereitschaft dienen, den Empfehlungen des Dienstleistungsanbieters Folge zu leisten, da letztllch nur so die Effektivitat der fokalen Dienstleistung sicherzustellen ist. In diesem Sinne wird der Wirkungszusammenhang des Professional Concern folgendermafien konzeptualisiert (Abbildung 9-2).
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
r*
Provider Authority
\* Social KnowledgeBased Service Relationships
Affiliation
Professional r u* Concern
1 j [• Client Role Accountability
Client Information Exchange & Compliance
— •
Service Effectiveness
U Objective Attitude
Abb. 9-2:
Wirkungszusammenhang des Professional Concern-Ansatzes; Quelle: In Anlehnung an Mills/Moshavi (1999, S. 55).
Wie deutlich werden wird, eriaubt Professional Concern dem Beschwerdemanagement, sich als eine aus seinem funktional-professionellen Selbstverstandnis heraus ,kummernd-besorgte' Steuerungsinstanz gegenuber seinen Nachfragern zu positionieren, deren zentrales Aniiegen es ist, im Sinne gegenseitiger Zielerreichung ,Hilfe zur Selbsthilfe' leisten zu mussen bzw. zu konnen. Die Erreichung dieser unternehmensinternen Positionierung beruht auf der Interpretation der vier Teildimensionen des Professional Concern-Ansatzes fur das Beschwerdemanagement. (1) Beschwerdemanagement muss bestrebt sein, als interner Dienstleister eine adaquate Anbieterautoritat (Provider Authority) auszustrahlen: Generell wird unter der Autoritat des Dienstleistungsanbieters die ihm zugesprochene Macht bzw. das ihm eingeraumte Recht verstanden, im sozialen Wirkungsgefuge der Dienstleistungs-Co-Produktion Entscheidungen fur den Kunden (ohne dessen Einbindung in die Entscheidungsfindung) treffen zu durfen. Die Ratio hinter der Anbieterautoritat ist "the provider is granted authority to do what is deemed necessary because of his/her expertise and presumed benevolent intent" (Mills/Moshavi 1999, S. 55). Im Kontext der Autoritat des Beschwerde-
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managements gilt es aber die zwei unterschiedlichen internen Stakeholder (Unternehmensleitung und Geschaftsbereiche) zu differenzieren: •
Die Unternehmensleitung bestimmt das Ausmall der dem Beschwerdemanagement im Unternehmen zugestandenen Autoritat. Diese beruht, wie gezeigt, jedoch nicht in erster Linie auf umfassenden, formalen Einflussrechten. Vielmehr leitet sie sich aus zwei anderen Aspekte ab: Zum einen verfugt Beschwerdemanagement als Zentralbereich uber einen vergleichsweise unmittelbaren Zugang zur Unternehmensspitze. Zum anderen gesteht das Top-Management dem Beschwerdemanagement eine ausgesprochen hohe Entscheidungs- und Verrichtungszentralisation hinsichtlich der Kontrollfunktion zu. Es bleibt damit dem Ermessen der Zentralbereichsmanager uberlassen, das zu tun, was sie im Lichte der Beschwerdeinformationen und des Gesamtunternehmensinteresses fur notwendig erachten. Namentlich spiegelt sich dies in dem Recht wider, im Rahmen des Beschwerdereporting an die Unternehmensleitung das im Zeitverlauf festzustellende Lern- und Anpassungsverhalten der Geschaftsbereiche nach eigener Einschatzung zu thematisieren bzw. zu kritisieren.
•
Gegenuber den Geschaftsbereichen ist Beschwerdemanagement als Kontrollbereich zwar hierarchisch unabhangig aber regelmafiig nicht ubergeordnet. Die Profilierung des Beschwerdemanagements im Umgang mit den Sparten hat daher uber die Fachexpertise, als eine Spielart informeller Autoritat zu erfolgen (analog French/Henning 1966; Gemmill/Wilemon 1972; Roleff 2001, S. 30). Seine (informale) Autoritat bezieht Beschwerdemanagement madgeblich aus der Kompetenz im Umgang mit der im Markt diagnostizierten Kundenunzufriedenheit zum Wohle des Gesamtunternehmens. Das Interesse der Unternehmung in das Zentrum alien Handelns zu rucken und dies auch zu belegen, fallt dem Beschwerdemanagement vermutlich besonders leicht, wenn es die positiven Auswirkungen der eigenen
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•
Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
Empfehlungen fur das Unternehmen quantifizieren kann. Die Effektivitat der Kontrollfunktion hangt demnach in hohem MalJe von der Gute des Beschwerdemanagement-Controlling ab. Sind dort Daten zur Quantifizierung des bereits entstandenen Marktschadens und der mittels der Empfehlungen des Beschwerdemanagements zu generlerenden Nutzendimensionen vorhanden, die im Rahmen der Kontrollfunktion prasentiert werden konnen, so ist eine Starkung der Autoritat des Beschwerdemanagements zu erwarten. Insofern ist das bisherige Ausmafi der Quantifizierung des Informationsnutzens durch lediglich 52% der von Stauss/Scholer (2003, S. 98) befragten Beschwerdemanagement-Bereiche der Fundierung der eigenen Anbieterautoritat im Unternehmen (mindestens) nicht dienlich.^^^ Eine zweite wichtige Facette der Anbieterautoritat des Beschwerdemanagements gegenuber den Geschaftsbereichen sollte auch das a priori zu unterstellende .Wohlwollen' (Benevolent Intent) sein. Zwar wird es dem Beschwerdemanagement aufgrund seiner Expertise zugestanden, die Geschaftsbereiche als Leistungsempfanger hinsichtlich relevanter Aspekte kritisieren zu durfen. Diese Kritik aber erfolgt im Rahmen des Professional Concern stets „in an objective, impartial and non-indulgent manner" (Mills/Moshavi 1999, S. 60). Im Sinne einer so verstandenen konstruktivwohlwollenden Kritik sollte die Zentralbereichsleitung die bestehenden Spielraume in der Ausgestaltung des Beschwerdereporting nutzen. Beispielsweise kann ein ahnliches Eskalations-Reporting im Umgang mit den Geschaftsbereichen installiert werden, wie es Stauss/Seidel (2002, S. 187ff.) fur die Bearbeitung der Beschwerden im direkten Beschwerdemanagementprozess vorschlagen. So konnten im Falle von nach Erbringung der Tertiardienstleistungen diagnostizierten Abweichungen zu-
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Stauss/Scholer (2003, 8. 98) belegen ferner, dass der Wiederkaufnutzen von lediglich 20%, der Einstellungsnutzen von nur 18% und der Kommunikationsnutzen des Beschwerdemanagements sogar von bloften 16% der Beschwerdemanagement-Bereiche quantifiziert wird.
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nachst in unmittelbarer Zusammenarbeit mit den betroffenen Teileinheiten die entsprechenden Ursachen eruiert werden. Ohne dass die Unternehmensleitung bzw. die Geschaftsbereichsleitung eingeschaltet wird, sind beispielsweise Verbesserungsmaflnahmen und 'Milestones' festzulegen. Werden diese nicht eingehalten, kann nunmehr auf einer ersten Eskalationsstufe ein entsprechendes Reporting an die Geschaftsbereichsleitung erfolgen. Bleibt auch dies erfolglos, kann auf der nachsten Eskalationsstufe die Berichterstattung an das Top-Management gerichtet werden. Ein solches System fordert zum einen die Autoritat, aber unterstreicht zum anderen den primaren Wunsch des Beschwerdemanagements konstruktiv mit den fokal betroffenen Unternehmenseinheiten zusammenzuarbeiten und im Interesse des Unternehmens zu einer Verbesserung der Leistungsfahigkeit beizutragen. Allerdings ist die Anbieterautoritat durch die anderen Verhaltensdimensionen zu erganzen, um die Optimierung der Co-Produzenten-Rolle der Nachfragerzu betreiben. (2) Der zweite Baustein des Professional Concern empfiehit Beschwerdemanagement die sozial-emotionale Verlinkung (Social Affiliation) mit den Geschaftsbereichen. Diese Dimension beschreibt die Maxime der emotlonal-affektiven ,Ankopplung' an die von der Kontrollfunktion betroffenen Sparten und spiegelt die Bedeutung der oben geforderten Vertrauensbildung im Rahmen von Steuerungsleistungen wider. Social Affiliation ist zu verstehen als „the non-technical aspect (courtesy, social ability, conscientiousness, pleasantness, tactfulness, and so on) of service delivery in which the provider inspires trust and confidence by the client and makes him/her feel welcome in the relationship" (Mills/Moshavi 1999, S. 56). Durch diese soziale Kopplung strebt der Leistungsanbieter danach, eine produktiv-personliche Dienstleistungsatmosphare zu gewahrleisten und „to get the client to view the service provider in a more favorable light. It is these client-oriented activities which often give rise to
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commonly used provider attributes such as 'caring about tiie customer' or being 'people-oriented' in service deliveries" (Mills/Moshavi 1999, S. 56). Das Zusammenspiel aus formaler Autoritat des Steuerungsdienstleisters und dem aufrichtigen Bestreben nach sozial-emotionaler Angliederung des Beschwerdemanagements soil dieses in der Wahrnehmung der Geschaftsbereiche in der Rolle eines „warm demanders" positionieren (Mills/Moshavi1999, S. 60). Eine zentrale, und mitunter die wichtigste, Implikation aus dieser Komponente bezieht sich auf das Grundverstandnis der Kontrollfunktion: Sie bedarf in ihrer Ausubung der direkten persdnlichen Interaktion mit den MItarbeitern in den von Ihr betroffenen Unternehmenseinheiten. Eine bloUe Erstellung der ,Abweichungsanalyse' und die Weiterleitung an die Geschaftsbereiche uber schriftliche/elektro-nische Kommunikationskanale scheint nicht dem Charakter ihrer Aufgabenstellung zu entsprechen und kann die bereits verschiedentlich angesprochenen Reaktanzen der Kunden provozieren. Der Vorteil des Beschwerdemanagements beim Aufbau dieser spezlfischen sozialen Beziehung besteht einmal mehr in seiner primar auf Unterstutzungsdienstleistungen ausgerichteten Leistungspalette, die je nach strategischer Ausrichtung unterschiedliche Anknupfungspunkte fur die beschriebene emotionale Ankopplung liefern kann. Bei der Fokusslerung auf die interne Informationsfunktion (Kostenfuhrerschaft) liegt die Chance zur Social Affiliation in erster Linie in den Gesprachsrunden, in denen die uber die Kontrollfunktion identifizierten Abweichungen gemeinsam mit den Geschaftsbereichen erortert und auf ihre Ursachen untersucht werden. Hier ist es Aufgabe der Mitarbeiter des Beschwerdemanagements (bzw. des Complaint Information Product Manager) in der angesprochenen Weise eines ,warm demanders' das Feedback zuruckzumelden. Zweifellos eroffnen die Impuls- und die Bildungsfunktion (Differenzierung) durch ihre starker ausgepragte Interaktivitat zusatzliche Spielraume, um das Beschwerdemanagement im Unternehmen tatsachlich als einen solchen ,fordernden Forderer' darzustellen. Fur
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beide strategischen Ausrichtungen ist es ratsam, die kundenseitige Wahrnehmung der Service Encounter mit dem Steuerungsdienstleister Beschwerdemanagement zu erheben, urn so die Kompetenz des Beschwerdemanagements zur Social Affiliation zu bewerten. (3) Inn Lichte der Integrativitat von Dienstleistungen gilt es den internen Kunden ihre Co-Produzenten-Verantwortung (Client Role Accountability) explizit zuzuweisen. „Client role accountability (...) is the set of expectations regarding the role of clients in the relationship" (Mills/Moshavi 1999, S. 56), d.h. es geht darunn, Erwartungshaltungen an die Geschaftsbereiche zu identifizieren und zu kommunizieren. Beschwerdemanagement muss den Spartenmanagern ihre Mitverantwortung an der Erfullung seiner Steuerungsfunktion verdeutlichen. Im Kontext der Steuerungsdienste setzt eine fundamentale Komponente dieser Mitverantwortlichkeit der Sparten allerdings bereits vor der eigentlichen Ausubung der Kontrollfunktion an. Schliedlich stellt die Kontrollfunktion eine spezifische Form der Abweichungsanalyse dar, also die Gegenuberstellung von vereinbarten Soil- und faktischen Ist-Werten. Die Erarbeitung und Festlegung dieser Soll-Werte aber kann, angesichts des nur begrenzten Expertenwissens des Beschwerdemanagements uber die Markte der Sparten, nur gemeinsam mit den jeweiligen Geschaftsbereichsleitungen (bzw. den dort angesiedelten Produktverantwortlichen) und der Unternehmensleitung erfolgen. Es muss daher regelmafiige Besprechungen geben, um mit beiden internen Stakeholdern die Grenzwerte festzulegen, an denen die Sparten zu messen sind. Role Accountability fordert das eigene Rollenverstandnis des Zentralbereichs wie auch die Klarung der Rolleninhalte des innerbetrieblichen Partners und soil ein reziprokes Commitment zur Dienstleistungserstellung erzeugen. Durch die auf diese Weise stimulierten Kommunikationsbzw. Feedbackschleifen werden (idealerweise) die beidseitigen Positionen vor dem Hintergrund eines realistischen Erwartungshorizontes miteinander abgeglichen bzw. zum Ausgleich gebracht (Mills/Moshavi 1999,
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
S. 59). Da Dienstleistungsprozesse typischerweise durch den Vergleich von Erwartung und Erieben beurteilt werden (Stauss 1999, S. 6f.), ist diese Synchronisation der Erwartungshaltungen von groder Bedeutung fur die auf beiden Seiten wahrgenommene Qualitat der Leistungserbringung des Beschwerdemanagements. Dienstleistungsqualitatsmangel, die sich aus einem abweichenden Rollenverstandnis ableiten, konnen so (besser) vermieden werden. Professional Concern sieht jedoch nicht nur die blofie Bestimmung der Erwartungsiialtungen gegenuber den Nachfragern vor, sondern bedeutet auch „making clients accountable for carrying out their responsibilities" (Mills/Moshavi 1999, S. 56). Es gehort zur Verantwortung der Zentralbereichsleitung, entsprechende Anreizschemata auszuarbeiten, die mogliche Belohnungs- und Sanktionsmechanismen beinhalten. Erneut sel die bereits angesprochene stufenweise Verrechnung der Kosten in Abhangigkeit vom sich im Zeitverlauf abzeichnenden Lernverhalten der Sparten angefuhrt. Wenngleich Beschwerdemanagement selbst die Einfuhrung eines solchen Anreizsystems nicht beschliefJen kann, bestehen durch die Nahe eines Zentralbereichs zur Unternehmensspitze Moglichkeiten, auf den diesbezuglichen Entscheidungsprozess ggf. Einfluss auszuuben. Frelllch fuhrt die auf diese Weise fixierte und sanktionlerte Client Role Accountability zu einer Emanzipation der von Kontrolldienstleistungen betroffenen Geschaftsbereiche (Mills/Moshavi 1999, S. 58). Elementarer Bestandteil einer mitverantwortlichen Co-Produzenten-Rolle der Sparten ist deshalb auch deren Recht, im Dialog mit dem Beschwerdemanagement Kritik zuruckzumelden. Dies fuhrt abermals zur Idee eines innerbetrieblichen Meta-Beschwerdemanagements, das nicht nur der Effektivitat der Kontrollfunktion dient, sondern das konzeptionelle Credo des Beschwerdemanagements widerspiegelt. Ein solches Meta-Beschwerdemanagement zu installieren, scheint daher eine gebotene MafJnahme fur den Zentralbereich als Steuerungsdienstleister zu sein, die den internen Kunden die eigene Glaubwurdigkeit belegt und zu einer Erhohung
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von deren Commitment dem Beschwerdemanagement gegenuber fuhren sollte.''° Insgesamt dient dieses Modul des Professional Concern dazu, beiden Partnern ihre gegenseitige Abhangigkeit fur die Effektivitat der Dienstleistungserbringung vor Augen zu fuhren. Gelingt dies, so ist ein positiver Effekt im Hinblick auf die fur diese Dienstleistungskonstellation typischen Informationsasymmetrien zu erwarten, die sowohl zugunsten des Bescliwerdemanagements als auch der Geschaftsbereiche bestehen konnen. Beispielsweise eriangen die Sparten kaum unmittelbare Kenntnis uber die genauen Inhalte des Beschwerdereporting an die Unternehmensleitung. Im Gegenzug kennen letztlich nur die Manager in den Geschaftsbereichen das tatsachliche AusmaB der Anstrengungen, die erbracht wurden, um die Empfehlungen des Beschwerdemanagements in stringenter Weise zu befolgen und umzusetzen. Im Rahmen des Abstimmungsprozesses der gegenseitigen Rollenerwartungen und der endgultigen Rollendefinition sollte (nicht zuletzt im Zusammenspiel mit der Social Affiliation) die Client Role Accountability die Nachfrager motivieren „to the disclosure of sensitive or private information because the provider is perceived as concerned, supportive and rewarding" (Mills/Moshavi 1999, S. 60). Daneben dient der Dialog zwischen Beschwerdemanagement und Geschaftsberelchen auch dazu, Ambiguitaten hinsichtllch der Aufgabenstellung des Kontrollorgans zu beheben, Zieldifferenzen zwischen Beschwerdemanagement und Geschaftsberelchen zu reduzieren und so letztlich eine Minderung potenzieller Inter-Abteilungskonflikte zu erreichen (analog Mills/Moshavi 1999, S. 58). (4) Mit der vierten Dimension des Professional Concern, der Objective Attitude, hat Beschwerdemanagement eine ,funktionsspezifische Berufsmoral' fur sich festzulegen. Objective Attitude ist zu verstehen als „an expanded frame comprising moral and ethical values that enables deci270
Dass ein Meta-Beschwerdemanagement auch fur das strategische Geschaftsfeld der tertiaren Dienstleistungen sinnvoll ist, wurde oben (Teil 8) ausgefuhrt.
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sion makers to act in the client's best interest" (Mills/Moshavi 1999, S. 57). Die Funktion dieses Wertesystems ist es, dem Zentralbereich zu ermogiicinen, aus der Vielfalt aller Veriialtensoptlonen gegenuber seinen Internen Kunden einzelne als ,korrekt' bzw. ,nicht korrekt' einschatzen zu konnen. Die Wissenschaft fuhrt bislang keine Werte- und Moraldiskussion im Hinblick auf das Beschwerdemanagement. Aus Sicht der Kontrollinstanz Beschwerdemanagement ist im Lichte einer solchen Fragestellung jedoch insbesondere an den potenziellen Zwiespalt zwischen der Interessenslage der Gesamtunternehmung und der Geschaftsbereiche zu denken.^^^ Freilich erwachst dieser mogliche Interessenskonflikt abermals aus der parallel zu erfullenden Rolle als Unterstutzungs- und Steuerungsdienstleister. Analoge Dilemmata werden in der betriebswirtschaftlichen Literatur haufig unter Ruckgriff auf die Principal-Agent-Theorie illustriert (McCall 2002, S. 36): Die Unternehmensleitung wurde hier als der Principal und die Geschaftsbereiche als deren Agenten anzusehen sein. Weil die Unternehmensleitung als Principal nicht sicher sein kann, dass die Agenten stets in ihrem Sinne handein, bedient sie sich des Beschwerdemanagements als Monitoring-lnstrument bzw. als „watchdog for the principal" (McCall 2002, S. 36). Diese Funktion konnte nun der die Geschaftsbereiche beratenden Unterstutzerrolle des Tertiardienstleisters Beschwerdemanagement entgegenstehen (insbesondere dann, wenn die Impuls- und Bildungsfunktion beispielsweise mittelfristig tatsachlich als Profit Center organisiert waren) und eine Vernachlassigung der Verpflichtung gegenuber der Unternehmensleitung implizieren. Dieser Interessenskonflikt wird dann manifest, wenn sich Beschwerdemanagement faktisch im Zwiespalt befindet, an welchen Interessenslagen es sich als tertiarer und quartarer Dienstleistungsanbieter zu orientieren hat. Tat271
Aufgrund der im Grundlagenteil vereinbarten rationalen, synoptisch-praskriptiven Planungsperspektive ist eigennutziges- bzw. eigensinniges Verhalten (Ringistetter 1997, S. 9ff.) des Beschwerdemanagement-Bereichs zu Lasten des Unternehmens keine denkbare Verhaltensoption.
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sachlich aber verfolgen sowohl tertiare als auch quartare Dienste des Beschwerdemanagements letztlich dasselbe Ziel, namlich die Veranderung des beanstandeten Primarmarktverhaltens der Geschaftsbereiche. An dieser Stelle wird deshalb dafur pladiert, die angesprochene Integritat und Objektivitat (Objective Attitude) als eindeutige Orientierung des Beschwerdemanagements an den Interessen der Gesamtunternehmung zu interpretieren. Dies kann einen zentralen Wertmafistab darstellen, urn das innerbetriebliche Verhaiten des Beschwerdemanagements im Sinne eines funktional-moralischen Kodex zu leiten und dient zur Vermeidung des angesprochenen Interessenkonfiikts. Wichtig dabei ist, dass die Haltung gegenuber den internen Nachfragern unmissverstandlich kommuniziert wird und sich beispielsweise auch in einem eigenen Abteilungs,Leitbild' widerspiegelt, denn dann ist, im Zusammenspiel mit der Client Role Accountability, eine weitere Starkung des innerbetrieblichen Status des Beschwerdemanagements zu erzielen, die sich ihrerseits in einer grofieren Bereitschaft der internen Kunden auswirkt, die Empfehlungen des Beschwerdemanagements anzunehmen. Insgesamt ermoglicht das Zusammenspiel der vier skizzierten Verhaltensmaximen des Professional Concern dem Beschwerdemanagement eine professionell-rationale Allianz mit seinen Internen Kunden in den Sparten einzugehen (analog Mills/Moshavi 1999, S. 62). Durch die professionelle Distanz kann es einerseits seiner Steuerungsverantwortung gerecht werden. Gleichzeitig gelingt es durch den angestrebten und proaktiv stimulierten Dialog und die emotional-affektive Verlinkung mit den internen Nachfragern, das zentrale Ziel des Tertiardienstleisters Beschwerdemanagement zu gewahrleisten und die Kunden-LieferantenBeziehungen der Informations-, Impuls- und Bildungsfunktion vor durch die Kontrollfunktion ausgelosten Reaktanzen bzw. ,Ubersprungeffekten' zu schijtzen. Die hier fur das letzte Geschaftsfeld des Beschwerdemanagements vorgeschlagene Verhaltensoption komplettiert das Portfolio denkbarer stra-
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Verfeinerte Analyse der Aufgabenumwelt
tegischer Altemativen, die dem Zentralbereich Beschwerdemanagement zur Verfugung stehen konnten. Freilich ist nun im letzten Teil der Arbeit die Frage zu beantworten, welche Strategieoptionen sich fur welche Rahmenbedingungen in iioherem bzw. geringerem Malie eignen.
10 Bewertung und Auswahl der strategischen Verhaltensoptionen des zentralen Dienstleistungsbereichs Beschwerdemanagement Nachdem in den drei vorangegangenen Teilen 7, 8 und 9 verschiedene strategische Verhaltensweisen aufgezeigt wurden, die einem Beschwerdennanagement-Bereich zur Konfiguration seines Leistungsportfolios zur Verfugung stehen konnen, sind nun Uberlegungen daruber anzustellen, wie die unterschiedlichen Strategien zu bewerten und letztlich auszuwahlen sind. Die Phase der Bewertung und Auswahl potenzieller Strategien bildet den logischen Abschluss der strategischen Planung und die Voraussetzung der sich anschlielienden Strategieimplementierung (Schernn/Rohde 1999, S. 66). Zur Bewertung und Auswahl der strategischen Optionen des Beschwerdemanagements wird im Rahmen eines dreistufigen Vorgehens auf das ,Stimmlgkeits-Konzept' (,Concept of Fit') zuruckgegriffen, das in Kapitel 10.1 in seinen Grundzugen skizziert wird. Kapitel 10.2 wird sodann den horizontalen Fit im Beschwerdemanagement eruieren, also hinterfragen, inwieweit die aufgezeigten Verhaltensoptionen in den verschiedenen strategischen Geschaftsfeldern des Beschwerdemanagements miteinander stimmig sind. Da Beschwerdemanagementstrategien als Funktionalstrategien aber Insbesondere im Kontext des Gesamtunternehmens zu beurteilen sind, wird Kapitel 10.3 den vertikalen Fit der in dieser Arbeit vorgestellten Strategieoptionen des Beschwerdemanagements mit den ubergeordneten Ebenen der Unternehmensstrategie diskutieren.
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Bewertung und Auswahl der strategischen Verhaltensoptionen
10.1 Das Fit-Konzept als Leitgedanke der Strategiebewertung auf Funktionsbereichsebene Um das Fit-Konzept als Leitgedanken der Strategiebewertung zugrunde legen zu konnen, ist dieses zunaclist in seinen allgemeinen Grundlagen zu umreiBen (10.1.1). AnschlieBend wird diese generelle StimmigkeitsPerspektive auf den Kontext der strategischen Funktionsbereichsplanung ubertragen (10.1.2). 10.1.1
Grundzijge des allgemeinen Fit-Konzepts
Das Fit-Konzept leitet sich aus der Grunderkenntnis ab, dass jede Organisation mit eigenen BesonderJieiten versehen ist und in einem spezifisclien Umfeld agiert (Scholz 2000, S. 132). Deshalb, so die Uberzeugung, passen nicht alle denkbaren strategischen Verhaltensmuster zu jeder Organisation, sondern erfordern eine individuelle, situative Abstimmung (Siggelkow 2002, S. 125). Strategische Stimmigkeit postuliert daher die Kompatibilitat von (mindestens) zwei strategischen Komponenten vor dem Hintergrund einer konkreten Strategie und kann dann als gegeben erachtet werden, „wenn sich beide Komponenten der intendierten Strategie entsprechend zueinander verhalten" (Scholz 2000, S. 97). Das mafJgebliche Bewertungskriterium einer Strategie im Concept of Fit ist die Kompatibilitat mit anderen Strategien und den Rahmenbedingungen eines Unternehmens. Das finale Bestreben ist es, dass sich Strategien „in ihrer Finalitat unterstutzen oder zumindest in ihren gegenseitigen Einflussen neutral hinsichtlich der verfolgten Ziele sind" (Scherm/Rohde 1999, S. 68). Im Zuge seiner breiten wissenschaftlichen Beachtung wurde das Fit-Konzept in verschiedenen Spezifikationen interpretiert und ausgearbeitet (z.B. DazinA/an den Ven 1985; Venkatraman/Prescott 1990;
Das Fit-Konzept als Leitgedanke der Strategiebewertung
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Vorhies/Morgan 2003).^'^^ Aufgrund der Unmoglichkeit, der Vielfalt potenziell abzustimmender Komponenten in ihrer ganzen Breite gerecht werden zu konnen, wurden zur Systematisierung verschiedene FitPerspektiven in der Literatur vorgeschlagen: Scherm/Rohde (1999, S. 7) fokussieren als die beiden zentralen Komponenten die Strategie und das Unternehnnenssystem und definieren strategischen Fit als „dle Stimmigkeit zwischen Strategie und relevanten Erfolgsfaktoren der Innplementation (Organisation, Unternehmenskultur, Fuhrung und Personalpotentiale)" (sic). Ensign (2001, S. 287) erweitert diese Sichtweise indem er mit dem Unternehnnensunnfeld eine weitere Fit-Komponente hinzufugt und die prinzipielle Idee des Fit-Konzepts begreift als "internal consistency among key strategic decisions or the alignment between strategic choices and critical contingencies with the environment (external), organization (internal), or both (external and internal)." Eine abermals detailliertere Perspektive schlagt Scholz (1987, 2000) vor und unterscheidet mit (1) der Umwelt, (2) der intendierten Strategie und (3) dem System drei Stimmigkeitskomponenten. Die Umwelt beschreibt die Summe aller nicht unmittelbar zur fokalen Organisation gehorenden Akteure. Breite Beachtung in seinem Stimmigkeitsverstandnis schenkt Scholz der intendierten Strategie. „Dieser isolierte Analysebereich ist insofern von aufierster Wichtigkeit, als gerade die Stimmigkeit innerhalb der intendierten Strategie den Ausschlag dazu gibt, ob die intendierte Strategie nutzlich umgesetzt und zur realisierten Strategie" werden kann (Scholz 2000, S. 97). Das System beschreibt die Struktur- und Verhaltensformen der Organisation (z.B. Organisationsstruktur, -kultur und Betriebsklima). Das Stimmigkeits-Prinzip wird in diesem Verstandnis als die 272
Da eine Betrachtung der unterschiedlichen Fit-Ansatze im Lichte der hier untersuchten Fragestellung nicht zielfuhrend ware, sei der diesbezuglich interessierte Leser auf Venkatraman/Camillus (1984) sowie Venkatraman (1989) verwiesen, die jeweils sechs spezifische Fit-Konzeptionen identifizieren, detailliert charakterisieren und gegeneinander verorten. Mit der Adaption der Grundidee des Fits in der Marketingtheorie befassen sich eingeinend ZeithamI et al. (1988).
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Bewertung und Auswahl der strategischen Verhaltensoptionen
Forderung einer inhaltlich konsistenten Ausrichtung der strategischen Komponenten untereinander, sowie auf das unternehmerische System und die Unternehmensumwelt besciirieben (Scholz 2000, S. 132). Dies fuhrt zur Differenzierung der folgenden funf Fit-Dimensionen (Scholz 1987, S. 66; 2000, S. 98): (1) Der Intra-Strategie-Fit beschreibt die strategische Stimmigkeit zwischen den Komponenten einer Strategie und hinterfragt, inwieweit die einzelnen Aussagen dieser Strategie im Hinblick auf verschiedene Funktions- und Geschaftsbereiche des Unternehmens zueinander passen. (2) Als Strategie-Umwelt-Fit 1st die Stimmigkeit zwischen den Umweltkomponenten und der Intendierten Strategie zu verstehen. (3) Der Strategie-System-Fit beleuchtet die Stimmigkeit zwischen den Komponenten der Strategie und alien verbundenen Komponenten Im System und splegelt damit weitgehend den bereits von Scherm/Rohde (1999) betrachteten Implementlerungsaspekt wider. (4) Der Intra-System-Fit bildet die Stimmigkeit der relevanten Komponenten Im System untereinander ab. (5) Schliefillch ist der System-Umwelt-Fit als die Abstlmmung der Systemvarlablen des Unternehmens mit der Organisatlonsumwelt aufzufassen. Dieses konzeptionelle Fundament Ist nun im Kontext der strategischen Funktionsberelchsplanung zu adaptleren. 10.1.2
Die Adaption des Fit-Konzepts zur Strategiebewertung im Kontext der Funktionsbereichsplanung
Die Erschlieflung des Fit-Gedankens fur die Bewertung von Funktionsbereichsstrategien erfordert zwei konzeptionelle Schrltte: In einem ersten Schritt sind aus den funf oben genannten Fit-Dimensionen dlejenlgen
Das Fit-Konzept als Leitgedanke der Strategiebewertung
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auszuwahlen, die fur die Strategieformulierung, in Abgrenzung zur Strategieimplementierung, ma(igeblich sind. Im zweiten Schritt sind die solchermalien ausgewahlten Fit-Dimensionen aus der Perspektive eines Funktionsbereichs zu interpretieren. Eine detaillierte Diskussion aller funf Fit-Ebenen wurde nicht nur den Rahnnen dieser Arbeit sprengen, sondern auch das konzeptionelle Fundannent der strategischen Planung im hier verstandenen Sinne verlassen. Urn die maflgeblichen Fit-Dinnensionen zu bestinnmen, sei darin erinnert, dass die synoptisch-praskriptive Strategieplanung die Prozessstufen der Strategieformulierung und der Strategieimplementierung trennt. Der Schwerpunkt der Strategieimplementierung liegt auf der strategiebezogenen Gestaltung der Organisationsstruktur und den personaiwirtschaftlichen Maflnahmen, Prozessen und Systemen (Scherm/Fey 1999b, S. 45). Offensichtlich betreffen also die System-bezogenen Fit-Dimensionen (3), (4) und (5) den Aspekt der Strategieimplementierung. Da die vorliegende Arbeit ihren Untersuchungsbereich jedoch auf die Strategieformulierung begrenzt hat, werden die entsprechenden drei Stimmigkeitsfacetten mit Systembezug nicht welter diskutiert. Im Zuge der Strategieformulierung sind folglich die Aspekte des Intra-Strategie-Fit und des UmweltStrategie-Fit von Relevanz. Erneut aber gilt es die Funktionsbereichsperspektive einzunehmen und beide Fits, die ursprunglich fur Gesamtunternehmen konzeptualisiert wurden, zu modifizieren. Eine fur diese Modifikation in besonderem Mafle geeignete Konzeptualisierung des Fits ist die Unterscheidung einer horizontalen und einer vertikalen Fit-Dimension (Baird/Meshoulam 1988; Schuler/Jackson 1987; Wright/Snell 1998): •
Das Grundanliegen des Intra-Strategie-Fits, dass Komponenten der von einer Organisation intendierten Strategie in sich stimmig sein sollten, findet sich in dem fur Funktionsbereichsstrategien postulierten horizontalen Fit wieder. Der horizontale Fit beschreibt die Ab-
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•
Bewertung and Auswahl der strategischen Verhaltensoptionen
stimmung aller strategischen Aktivitaten innerhalb eines fokalen Funktionsbereichs (Wright/Snell 1998, S. 756). Die Zielsetzung des horizontalen Fits ist somit, die strategische Ausrichtung des Funktionsbereichs als Ganzem in sich zu harmonisieren. Die Modifikation des Umwelt-Strategie-Fits fufJt auf der empirisch nachgewiesenen Einsicht, dass ein Unternehmen, das mehrere strategische Geschaftsfelder bearbeitet, langfristig nur dann erfolgreich sein wird, wenn seine Aktivitaten auf unterschiedlichen Strategieebenen aufeinander abgestimmt werden (Rosada 1990, S. 252). Die Formulierung von funktionalen Strategien eines Zentralbereichs ist demnach nicht als isolierte Managementverantwortung anzusehen, sondern muss die Rahmendingungen berucksichtigen, die durch den gesamtunternehmerischen Strategiekanon vorgegeben werden (Bowen et al. 2002, S. 106; Godiwalla et al. 1978, S. 47ff.).^^^ Die Adaption des Umwelt-Strategie-Fits beruht also darauf, die Geschaftsbereiche und die Unternehmensleitung als unternehmensinterne Umwelt des Zentralbereichs Beschwerdemanagement zu erkennen. Geht es nun darum, die Strategie(n) des Beschwerdemanagements stimmig mit dieser Umwelt zu formulieren, so bezleht sich der Fit auf die Gesamtunternehmens- und die Geschaftsbereichsstrategien des Unternehmens. Diese Stimmigkeit wird als vertikaler Fit bezeichnet, dessen Gegenstand die Abstimmung der strategischen Funktionsbereichsaktivitaten auf die strategischen Zielsetzungen der ubergeordneten Ebenen des Unternehmens Ist (Wright/Snell 1998, S. 756).
273
Gerade im Kontext der Formulierung von funktionalen Strategien kommt der Idee des Fits besondere Bedeutung zu, weshalb Porter (1996, S. 70) feststellt: „The importance of fit among functional policies is one of the oldest ideas in strategy."
Die Dimension des horizontalen Fits
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Diese Differenzierung eines horizontalen und eines vertikalen Fits der Funktionsbereichsstrateglen wird der folgenden Bewertung der in den drei vorangegangenen Teilen der Arbeit aufgezeigten strategischen Optionen zugrunde gelegt. Ausgangspunkt ist der horizontale Fit innerhalb des Beschwerdemanagements (10.2), bevor Kapitel 10.3 den vertikalen Fit evaluiert.
10.2 Die Dimension des liorizontalen Fits der Strategiebewertung im Beschwerdemanagement Ubertragt man das Postulat des horizontalen Fits auf den Zentralbereich Beschwerdemanagement, bedeutet dies, die Stimmigkeit aller strategischen Aktivitaten in den verschiedenen Geschaftsfeldern des Beschwerdemanagennents sicherzustellen. Ziel ist es zu gewahrleisten, dass sich die fur die sekundaren Unterstutzungsdienstleistungen zu erwagenden Strategieansatze und die potenziell zu wahlenden strategischen Verhaltensweisen hinsichtlich der tertiaren Unterstutzungs- bzw. quartaren Kontrolldienstleistungen gegenseitig erganzen oder aber zumindest nicht negativ aufeinander auswirken. Keiner detaillierten Erorterung bedarf die Diskussion der Stimmigkeit Jewells strategisch gleich ausgerichteter strategischer Geschaftsfelder des Beschwerdemanagements. Entscheidet sich ein Zentralbereich, die sekundaren und die tertiaren Dienstleistungen jeweils entweder nach Mafigabe der Kostenfuhrerschaft oder aber der Differenzierung zu erbringen, sind keine kontraproduktiven Effekte zu erwarten. Der horizontale Fit kann somit als gegeben erachtet werden. Eine Kombination der Kostenfuhrerschafts- mit der Differenzierungsstrategie entspricht den hybriden Strategieformen, wie sie mittlerweile im strategischen Management anerkannt sind und im Rahmen dieser Arbeit
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Bewertung und Auswahl der strategischen Verhaltensoptionen
knapp als Mass Customization skizziert wurden. Allerdings gilt es hier die Geschaftsfeld-ubergreifende Perspektive zu betrachten, also folgende zwei Hybridvarianten (Abblldung 10-1). Geschaftsfeld der sekundSren Dienstleistung
Geschaftsfeld der tertiaren Dienstleistungen
Kostenfiihrerschaft Hybridvariante 1
Hybridvariante 2
Differenzierung K
A • 'Maxime Beschwerdezufriedenheit'
<
?
>
\l
\/
A
K
Differenzierung • 'Maxime Beschwerdebegeisterung'
< \J
?
> V
• Interne Informationsfunktion • Impulsfunktion • Bildungsflinktion
Kostenfiihrerschaft • Interne Informationsfunktion
Abb. 10-1: Strategische Hybridvarianten im Liciite der Begutaciitung des horizontalen Fits im Besciiwerdemanagement; Quelle: Eigene Abbiidung.
Die Hybridvariante 1 sieht fur die Sekundardienstleistung vor, die Beschwerdefuhrer Jediglich' uber Muss- und Soll-Leistungen zufrieden zu stellen, jedoch keine Kann-Lelstungen anzubieten. Hinsichtlich der Tertiardienstlelstungen bedient sich ein Unternehmen in dieser Konstellation anschliefJend aber des gesamten Potenzials des Beschwerdemanagennents, unn die eingegangenen Beschwerdeinformationen optimal im Sinne der Erschlieliung innovativer Marktchancen zu nutzen bzw. das Primarmarktverhalten der Geschaftsbereiche rasch und nachhaltig zu verandern. Das Ziel dieser Strategiekombination ist es offensichtlich nicht, das Volumen des im Beschwerdemanagement vorhandenen Informationspools zu maximieren. Der strategische Fokus liegt vielmehr darauf, diejenigen Informationen, die empfangen wurden, einer moglichst effektiven Informationsnutzung zuzufuhren.
Die Dimension des horizontalen Fits
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Diese Strategiekombination unterstreicht die Bedeutung der derivativen Leistungsverflechtung zwischen der Sekundar- und Tertiarleistungsebene des Beschwerdemanagements, denn die Ausgestaltung der sekundaren Unterstutzungsdienstleistung determiniert mafigeblich die Informationsressourcen, die mittels der tertiaren Unterstutzungsdienste erschlossen werden konnen. Nun ist davon auszugeiien, dass der Informationspool durch das im Sinne der Kostenfuhrerschaft konfigurierte direkte Beschwerdemanagement geringer ausfallen wird als im Falle der Differenzierungsstrategie. Deshalb kann nicht davon gesprochen werden, dass die Kostenfuhrerschaft im SGF der sekundaren Unterstutzungsdienste die Differenzierungsstrategie hinsichtlich der Tertiardienstleistungen des Beschwerdemanagements in einem produktiven Sinne erganzt Gleichwohl ist mit Scherm/Rohde (1999, S. 68) daran zu erinnern, dass ein Fit auch dann gegeben ist, wenn sich Strategien zueinander neutral verhalten und sich nicht negativ aufeinander auswirken. Derartig kontraproduktive Effekte sind jedoch in dieser Strategiekombination aus konzeptioneller Sicht nicht auszumachen, denn das Ziel, die von den Beschwerdefuhrern artikulierten Beschwerdeinhalte moglichst effektiv zu erschlieden, wird von der Kostenfuhrerschaft im direkten Beschwerdemanagement nicht gestort. Unter konzeptionellen Gesichtspunkten ist deshalb grundsatzlich von einem horizontalen Fit auszugehen. Davon unbenommen kann ein diese Strategiekombination verfolgendes Beschwerdemanagement im Sinne seiner eigenen Effektivitat ein zusatzliches Beschwerdeinformations-Controlling vorsehen, um so beobachten zu konnen, inwiefern es die relevanten Beschwerdeinformationsinhalte faktisch empfangt. Hierfur bietet sich der Ruckgriff auf die von Stauss/Seidel (2005b) entworfene ,Lost Customer Analysis' an. Diese sieht vor, uber die Befragung abgewanderter Kunden die zentralen Ursachen fur die kundenseitige Beendigung einer Geschaftsbeziehung zu erheben. Diese Erkenntnisse konnen sodann mit den Beschwerdeinhalten abgeglichen werden, die dem Unternehmen tiber seine aktuellen Be-
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Bewertung and Auswahl der strategischen Verhaltensoptionen
schwerdekanale zugegangen sind. Sollten unter strategischen Gesichtspunkten signifikante Inhaltsabweichungen erkannt werden, sind entsprechende - im Einklang mit der Kostenfuhrerschaftsmaxime des direkten Beschwerdemanagements stehende - MaBnahmen zu eruieren, z.B. die Modifikation der Beschwerdestimulierung. Die Hybridvariante 2 sieht die umgekehrte Konstellation vor. Hier wird die Sekundardienstleistung Beschwerdemanagement ins Zentrum geruckt und das Ziel der Besciiwerdebegeisterung angestrebt. Die Aktivitaten der tertiaren Unterstutzungsdienstleistungen werden jedoch auf ihren Grundnutzen beschrankt, weslialb lediglich die interne informationsfunktion vorgesehen ist und auf die interne Informations- und Bildungsfunktion verzichtet wird. Angesichts der Haupterkenntnisse der Studie von Stauss/Scholer (2003) scheint bemerkenswerterweise gerade diese Variante eine gewisse Nahe zur Besciiwerdemanagement-Praxis in denjenigen Unternehmen aufzuweisen, die sich bislang mit grodem Commitment einem Beschwerdemanagement gewidmet haben. Konzeptionell ist diese Hybridkonstellation grundsatzlich denkbar bzw. verursacht nicht automatisch kontraproduktive Effekte. Freilich ist diese Einschatzung an die Umsetzung eines konsequenten und umfassenden Informationsdienstleistungsmanagements geknupft, wie es in Kapitel 8.4 entworfen wurde. AbschlieRend bleibt der horizontale Fit im Hinblick auf das Geschaftsfeld der Kontrolldienstleistungen zu uberprufen, die sich derivativ aus den tertiaren Dienstleistungen des Beschwerdemanagements ergeben. In diesem Kontext stellt sich die Frage nach der Kompatibilitat der Kostenfuhrerschaft bzw. Differenzierung des Tertiardienstleisters Beschwerdemanagement mit dem Ansatz des Professional Concern, der fur die quartare Steuerungsdienstleistung empfohlen wurde. Es ist an dieser Stelle daran zu erinnern, dass der Kontrollfunktion eine untergeordnete Relevanz im Vergleich zu den Unterstutzungsdienstleistungen des Beschwerdemanagements zukommt. Aus diesem Grund wurde Professional
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Concern in Teil 9 a priori ais ein Managementansatz eingefuhrt, der keine negativen Konsequenzen fur das Portfolio der Unterstutzungsdienstleistungen befurchten lasst. Insofern ist der horizontale Fit zwischen den hier vorgesehenen Strategieoptionen der Kostenfuhrerschaft und der Differenzierung ais Tertiardienstleister und dem Professional Concern ebenfalls gegeben und die Betrachtung kann sich der vertikalen Fit-Dimension zuwenden.
10.3 Die Dimension des vertikalen Fits: Die geschaftsbereichsstrategische Ausrichtung der Unternehmung ais determinierender Orientierungsrahmen der Strategiebewertung Die Evaluation des vertikalen Fits im Beschwerdemanagement erfordert konzeptionelle Voruberlegungen (10.3.1). Diese werden die besondere Eignung der Strategietypologie nach Miles/Snow (1978) ais theoretischem Bezugsrahmen fur die Betrachtung der vertikalen Stimnnigkeit des Zentralbereichs nachweisen. Daher wird Abschnitt 10.3.2 die von Miles und Snow entworfenen strategischen Archetypen in ihren Grundzugen vorstellen. Vor diesem theoretischen Hintergrund ist der vertikale Fit der strategischen Verhaltensoptionen des Beschwerdemanagements in Abschnitt 10.3.3 zu bewerten. 10.3.1
Voruberlegungen zur Adaption des vertikalen Fits ais Leitgedanke der Strategiebewertung im Beschwerdemanagement
Der vertikale Fit umfasst die Abstimmung der strategischen Funktionsbereichsaktivitaten mit den ubergeordneten strategischen Ebenen des Gesamtunternehmens und der Geschaftsbereiche. Bei der Abwagung, ob nun Gesamtunternehmens- oder aber Geschaftsbereichsstrategien den primaren Orientierungspunkt fur die Bewertung und die Auswahl funktio-
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Bewertung und Auswahl der strategischen Verhaltensoptionen
naler Strategien darstellen sollten, ist eine weitgehende Einigkeit in der Literatur hinsichtlich der Priorisierung der Sparten festzustellen, denn schlielilich dienen Funktionsbereichsstrategien in erster Linie der Unterstutzung bzw. Umsetzung der Gesciiaftsbereichsstrategien (Krause et al. 2001, S. 499; Muller-Stewens/Lechner 2003, S. 486f.; Scherm/Rohde 1999, S. 6). Diese Orientierung der Beschwerdemanagementstrategien an den Gesciiaftsbereichsstrategien steiit im Einklang mit dem Sekundarleistungscharakter des Beschwerdemanagements. Es ist letztendlich die Primarmarktaktivitat der Geschaftsbereiche, aus denen sich die Sekundardienstleistung Beschwerdemanagement derivativ ableitet, und es sind die Kunden der Sparten, die zu den Nachfragern des Beschwerdemanagements werden. Ein letzter Grund fur die Bezugnahme auf die Strategien der Geschaftsbereiche ist deren stetig zunehmende Bedeutung als Budgetgeber des Zentralbereichs Beschwerdemanagement, die durch die Implementierung der internen fiktiven Markte nachhaltig gefordert wird. Einer Synchronisation der strategischen Ausrichtung des Beschwerdemanagements mit den Primarmarktstrategien der Sparten pflichtet auch Andreassen (1999, S. 329) bei, wenn er festhalt: "Complaint management and complaint handling must thus be designed in accordance with the company's profile communicated through media or advertisements." Etwas differenzierter aufJern sich Ketchen et al. (2003, S. 95) und formulieren folgende Frage an die Funktionsbereichsmanager: „How will each of the organization's functional areas support our business and corporate level strategies?" Die Autoren beziehen also explizit die Gesamtunternehmensebene mit ein. Gerade fur das Beschwerdemanagement, das, wie die bisherigen Ausfuhrungen gezeigt haben, durchaus im Spannungsfeld zwischen beiden Ebenen agiert, ist die Vernachlassigung der strategischen Orientierung auf der Corporate-Strategy-Ebene kaum rat-
Die Dimension des vertikalen Fits
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sam. Dieser vermeintliche Konflikt lasst sich jedoch, wie nun gezeigt wird, konzeptionell auflosen. Hierfur ist zu bedenken, dass sich die strategische Stimmigkeit nicht abstrakt ijberprufen lasst. Vielmehr ist sie stets vor dem Hintergrund einer konkreten Strategie und Situation zu bestimmen (Grunig/Kuhn 2000, S. 77] Scholz 2000, S. 100). Hilfreich ist es daher, die Diskussion anhand haufig anzutreffender Situationstypen und strategischer Basisvarianten zu fuhren, die als Ausgangspunkt fur die Erarbeitung konkreter, untemehmensindividueller Losungen dienen konnen (Grunig 1992, S. 273f.). Demnach bieten sicii zur faktischen Bewertung der strategischen Optionen des Beschwerdemanagennents etablierte Strategietypologien als Referenzrahmen an. In der wissenschaftlichen Diskussion haben insbesondere zwei strategische Typologien aulierordentliche Beachtung gefunden. Zunn einen das Konzept der generischen Wettbewerbsstrategien, das von Michael Porter (1985) erarbeitet und bereits bei der Diskussion der Telle 7 und 8 herangezogen wurde. Zum anderen erfuhr die Unternehmenstypologie von Miles/Snow (1978) eine ebenfalls sehr breite Akzeptanz im Kontext der strategischen Managementforschung. Die Stimmigkeit der aufgezeigten Alternativen mit den Wettbewerbsstrategien nach Porter zu bestimmen, bote sich zwar an. Gleichwohl ist eine entsprechende Zuordnung der Kostenfuhrerschafts-, Differenzierungsbzw. Hybridoption im Beschwerdemanagement mit den auf Spartenebene gewahlten Orientierungen (Kostenfuhrerschaft, Differenzierung bzw. Hybridvariante) vergleichsweise augenscheinlich. Deshalb soil im Weiteren die Typologie von Miles/Snow (1978) den Bezugsrahmen fur die Abwagung der Strategieoptionen eines Beschwerdemanagements darstellen. Dies beinhaltet zwei Vorteile: Zum Ersten wird so eine breitere konzeptionelle Abdeckung der folgenden Diskussion gewahrleistet. Zum Zweiten aber dient die Typologie von Miles und Snow zur Auflosung des angesprochenen Konflikts einer Bevorzugung der Gesamtunternehmens-
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Bewertung und Auswahl der strategischen Verhaltensoptionen
Oder Geschaftsbereichsstrategie, denn diese Strategieklassifikation wurde sowohl (und dies in erster Linie) als Geschaftsbereichsstrategie (Rajaratnam/Chonko 1995; Sabherwal/Chan 2001; Venkatraman 1989) als auch als Gesamtunternehmensstrategie (Burgelman 1983, S. 68) interpretiert. Damit kann Beschwerdemanagement im Rahmen seiner Strategiebewertung Ruckschlusse auf die strategischen Zielsetzungen der Geschaftsbereichsleitungen Ziehen, ohne die Maximen der Gesamtunternehmensleitungen zu vernachlassigen. Bevor aber die Beurteilung der Strategieoptionen des Beschwerdemanagements erfolgen kann, sind die strategischen Archetypen nach Miles/Snow (1978) zu umreilJen. 10.3.2
Die unternehmensstrategische Typologie nach Miles und Snow als Bezugsrahmen des vertikalen Fits
Die 1978 von Miles und Snow vorgestellte Kategorisierung strategischer Verhaltensmuster gilt mittlerweile als eine der bedeutendsten wettbewerbsstrategischen Typologien (Croteau/Bergeron 2001, S. 79; Doty et al. 1993, S. 1196; Smith et al. 1989, S. 63; Zahra/Pearce 1990, S. 751). Fur die Autoren steht das Wechselspiel zwischen Unternehmungen und der sie umgebenden Umwelt im Mittelpunkt ihrer Uberlegungen, d.h. der zentrale Untersuchungsgegenstand ist der dynamische und permanente Anpassungs- bzw. Gestaltungsprozess, durch den sich Unternehmen auf Veranderungen und Unsicherheiten der sle umgebenden Umwelt ausrichten und durch den sie sich in dieser Umwelt erfolgreich positionieren konnen (Miles/Snow 1986, S. 13ff.). Ziel ist es, eine effektive Ubereinstimmung mit dieser Umwelt bel efflzientem Koordinieren der unternehmensinternen, wechselseitigen Abhangigkeiten aufrechtzuerhalten. Je nach Art und Weise wie Unternehmen dieses Anpassungsproblem zu losen versuchen, klassifizieren Miles und Snow insgesamt vier Archetypen. Diese verfolgen jeweils eine eigene Strategie, um auf die Umwelt zu reagieren und zeichnen sich durch eine spezifische, auf diese Strategie zugeschnittene Konfiguration von Technologien, Strukturen und Prozes-
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sen aus. Drei dieser Muster sind gleichermaden „stabile" Unternehmensstrategien, die es der Untemehmung ermoglichen, dauerhaft ein erfolgreicher Akteur in der jeweiligen Branche zu sein (Miles/Snow 1986, S. 23). Diese drei Archetypen werden als Defender, Prospector und Analyzer bezeichnet. Auf der anderen Seite benennen Miles und Snow mit dem Reactor auch einen erfolglosen Strategiearchetyp. Alle vier Strategietypen sollen kurz charakterisiert und anschlieRend auf ihre Relevanz fur die weitere Untersuchung hinterfragt werden. (1) Defender versuchen, einen Tell des Gesamtmarkts zur Schaffung einer stabilen Produkt-Abnehmer-Konstellation abzukapsein und ihre Aktivitaten auf diese Nische zu konzentrleren. Diesen schmalen und stabilen Tatigkeitsbereich verteidigen sie aggressiv gegen Wettbewerber, z.B. durch konkurrenzorientierte Prelsgestaltung oder exzellenten Kundenservice. Aktuellen Entwicklungen auUerhalb ihres Aktionsfeldes messen Defender nur untergeordnete Bedeutung bei. Defender streben ein vorsichtiges und langsames Wachstum an, das sie primar durch eine Durchdringung des aktuellen Markts zu realisieren suchen. Deshalb erfolgt auch die Produktentwicklung in nur begrenztem Malie und weist einen hohen Bezug zum gegenwartigen Leistungsangebot des Unternehmens auf. Eine Fokussierung auf Kosteneffizienz und das stabile Aktionsumfeld machen Finanzwesen, Controlling und Produktion zu den dominanten Funktionsbereichen im Defender. Diese Unternehmen weisen haufig einen hohen Formalisierungsgrad, zentralisierte Kontrollinstanzen sowie ,langschleifige', vertikale Informationssysteme auf. (2) Ein gegensatzliches Bild zeichnen Miles/Snow (1978) von Unternehnnen, die sie dem Typus des Prospectors zuordnen. Der Erfolg von Prospectors basiert darauf, permanent neue Produkt- und Marktchancen zu lokalisieren und auszunutzen. Diese Unternehmen sind daher stets hoch sensibel fur Entwicklungen und sich ergebende
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Bewertung und Auswahl der strategischen Verhaltensoptionen
Chancer! in ihrem marktiichen Umfeld. Prospectors nutzen jede Gelegenheit, urn durch neue Produkte und/oder die Erschiieliung neuer Markte zu wachsen. Daher bearbeiten sie typischerweise ein breites und sich standig weiterentwickelndes Aktionsfeld im Markt und tragen durch permanente Innovationen selbst zur Dynamik ihrer Wettbewerbsarena bei. Durch das sich haufig andernde Aktionsfeld ist die Effizienz des Prospectors geringer als die eines Defenders, stellt im Gegensatz dazu aber auch keine zentrale strategische Zielgrolie dar. Prospectors stutzen sich vor allem auf das Marketing sowie auf den Forschungs- und Entwicklungsbereich. Im Gegensatz zum Defender ist das Formalisierungsniveau eher niedrig, es herrscht ein dezentrales Kontroll- und ein ,kurzschleifiges', horizontales Informationssystem vor. (3) Ein Analyzer versucht die Vorzuge der beiden beschriebenen Archetypen zu kombinieren und stellt damit einen Hybridcharakter aus Defender und Prospector dar. Typischerweise agiert ein Analyzer daher in zwei Arten von Produkt-Markt-Konstellationen, von denen die eine relativ stabil, die andere dynamisch ist. In dem stabilen Marktumfeld arbeiten diese Unternehmen mit dem starken Effizienzfokus des Defenders. In dem instabileren Aktionsfeld beobachten die Topmanager ihre Konkurrenten hinsichtlich deren Innovationen und streben danach, die meistversprechenden dieser Neuigkeiten moglichst rasch zu ubernehmen; dieses Verhalten imitiert Facetten des ProspectorManagements. (4) Als vierten Archetyp identifizieren Miles und Snow den Reactor. In Unternehmen dieses Typs fehit eine konsistente Strategie-StrukturBeziehung und es gelingt dem Management nicht, die sich verandernden Umweltbedingungen zu reflektieren und effektiv auf diese zu reagieren. Im Gegensatz zu den anderen drei Formen stellt der Reactor somit einen Jnstabilen' Strategieansatz dar, dessen Erfolglo-
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sigkeit Miles/Snow (1986, S. 88) auf folgende, typische Ursachen zuruckfuhren: (1) Das Fehlen einer uberlebensfahigen Unternehmensstrategie, (2) das Unvermogen, eine artikulierte Strategie mit den betrieblichen Technologien, Strukturen und Prozessen zu koppein und/oder (3) das Verharren in einer uberholten Strategie-StrukturKonstellation, die mit den mittlerweile gegebenen Umweltbedingungen nicht mehr stimmig ist. Auf diese Typologie nach Miles/Snow (1978) wird nun Bezug genommen, urn konkrete Aussagen uber den vertikalen Fit der strategischen Alternativen eines Beschwerdemanagements mit unterschiedlichen Unternehmensstrategien ableiten zu konnen. Im Sinne einer hoheren Trennscharfe wird dem an verschiedener Stelle der strategischen Managementliteratur unterbreiteten Vorschlag gefoigt, die Diskussion auf die beiden Reinformen des Defenders und des Prospectors zu fokussieren und die Hybridform des Analyzers auszublenden (z.B.Hambrick 1983; Morgan et al. 2000; Walker/Ruekert 1987); ferner wird auch auf den Typus des Reactors, der ja das Verhaltensmuster erfolgloser Unternehmen reprasentiert, nicht naher einzugehen sein. 10.3.3
Implikationen der Archetypen nach Miles und Snow fur die strategische Ausrichtung des Beschwerdemanagements
In diesem Abschnitt sollen anhand der strategischen Archetypen des Defenders und des Prospectors Implikationen fur die strategische Ausrichtung des Beschwerdemanagements als Anbieter sekundarer, tertiarer und quartarer Dienstleistungen aufgezeigt werden. Um diese Schlussfolgerungen moglichst zielgerichtet ableiten zu konnen, ist an eine wichtige Feststellung von Miles und Snow anzuknupfen. Die Autoren halten fest, und diese Erkenntnis fand sich in mehreren empirischen Studien bestatigt, dass alle drei stabilen Archetypen in gleichem MaUe erfolgreich sein
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Bewertung und Auswahl der strategischen Verhaltensoptionen
konnen (z.B. Conant et al. 1990; Pamell/Wright 1993, S. 32).^^^ Es ware also unberechtigt anzunehmen, dass einer der Ansatze gegenuber den anderen zu bevorzugen ware. Stattdessen belegt die empirische Forschung, dass es lediglich darauf ankommt, die gewahlte Strategie konsistent in alien funktionalen Bereichen und auf alien Strategieebenen zu unterstutzen (McDaniel/Kolari 1987, S. 29). Eben dies ist der Grund dafur, das Beschwerdemanagement im Einklang mit den ubergeordneten Ebenen strategisch auszurichten. Nachdenn sich aber alle Funktionsbereiche an der Defender- bzw. Prospectorstrategie orientieren, ergeben sich zwangslaufig unterschiedliche funktionalstrategische Profile in den beiden Archetypen (Hambrick 1983). Auf Basis einer Zusammenschau und Verdichtung der konzeptionellen wie auch empirischen Literatur zur Miles/Snow-Typologie, wird es moglich, eine Prazisierung dieser funktionalstrategischen Ausrichtung vorzunehmen. Freilich sind Interdependenzen des Beschwerdemanagements mit verschiedenen Funktionsbereichen vorstellbar und diskussionswurdig (z.B. Human Resources, Produktion, F&E, etc.). Auf alle diese Verknupfungen einzugehen, ist hier allerdings nicht darstellbar. Als Filterkrlterium dient daher die Einsicht, dass, wie in Teil 2 gezeigt wurde, die strategischen Potenziale des Beschwerdemanagements vor allem im Kontext des Marketing und des Qualitatsmanagements liegen. Im Folgenden werden daher in erster Linie Forschungserkenntnisse uber die funktionalen Konfigurationen der Marketingfunktion und des Qualitatsmanagements bei Defender bzw. Prospector im Zentrum der Betrachtung stehen und Ruckschlusse auf eine stimmige strategische Ausrichtung des Beschwerdemanagements in seinen strategischen Geschaftsfeldern eriauben.
Dieses Phanomen wird in der Literatur auch unter der Bezeichnung "Concept of equifinality" disl
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10.3.3.1
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Implikationen fur die strategische Aushchtung im Geschaftsfeld der sekundaren Unterstutzungsdienstleistung Beschwerdemanagement
Das direkte Beschwerdemanagement als sekundares Dienstleistungsangebot des Unternehmens an unzufriedene Kunden zielt darauf ab, jene Unzufriedenheit zu beseitigen und die Beschwerde (mindestens) zur Zufriedenheit des Kunden zu losen. Fraglich ist, ob Beschwerdezufriedenheit (Kostenfuhrerschaft) oder Beschwerdebegeisterung (Differenzierungsstrategie) die Zielgrofie im Beschwerdemanagement eines Defenders bzw. Prospectors darstellen sollte. Die fur diese Entscheidung zentralen Einsichten lassen, neben der Grundcharakterisierung von Miles und Snow, konzeptionelle und empirische Erkenntnisse uber die strategische Ausrichtung des Marketing und hier insbesondere des Kundenservice (Customer Service) in beiden Archetypen erwarten. Grundsatzlich ist der Defender bestrebt, seinen Kunden innerhalb der von ihm bearbeiteten Nische die von ihnen gewunschten Produkte und Leistungen „in ihrer ganzen Breite anzubieten. Indem er sich eine zufriedene Klientel aufbaut, ist der Defender in der Lage, die Beziehungen zu seinem Marktsegment so zu festigen, dafi (sic) eine kontinuierliche Abnahme des Output durch diese Kunden- oder Klientengruppe erfolgt" (Miles/Snow 1986, S. 46). Dieses von Miles und Snow gezeichnete Bild eines sich an ausgesprochen hoher Zufriedenheit seiner (Nischen-) Kunden orientierenden Defenders bestatigen spatere konzeptionelle wie auch empirische Arbeiten hinsichtlich des Kundenservice in diesen Unternehmen (McDanlel/Kolari 1987; Rajaratnam/Chonko 1995). Beispielsweise kennzeichnen Snow/Hrebiniak (1980, S. 336) und Stathakopoulos (1998, S. 556) den Defender als ein Unternehmen, das sich mittels eines „superior service" gegenuber seinen Mitbewerbern (bzw. gegenuber dem Prospector) absetzt. Lukas (1999, S. 154) fasst den bisherigen in der Literatur zugrunde gelegten Charakter des Defenders im Hinblick auf die Zufriedenheit seiner Kunden zusammen und verweist darauf, dass De-
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Bewertung und Auswahl der strategischen Verhaltensoptionen
fenders "have been described as focusing heavily on a satisfied clientele (...)." Dies bestatigen Torres/Murray (2002, S. 241), indem sie es als das zentrale Marketinganliegen des Defenders betrachten, zu „safeguard relations with targeted market segment(s)." Bezieht man den Prospector in die Betrachtung ein, so fallt zunachst auf, dass Miles und Snow (1986, S. 64ff.) darauf verzichten, bei der Illustration des Prospectors explizite Aussagen zu dessen Ausrichtung im Bereich Kundenservice bzw. zu dessen Orientierung an Kundenzufriedenheit zu treffen. Dies liegt darin begrundet, dass Kundenservice kein zentrales Positionierungsmerkmal des Prospectors darstellt (Hambrick 1983). McDaniel/Kolari (1987, S. 28) komplettieren das Bild des Prospectors im Hinblick auf diese Marketlngdimension und charakterisieren Defender und Prospector anhand empirischer Daten auf die in Abbildung 10-2 wiedergegebene Weise.
Defender
Prospector
Customer satisfaction emphasis
High
Moderate
Customer service level provided
High
Low-moderate
Abb, 10-2: Der funktionalstrategische Fokus von Defender und Prospector im Customer Service; Quelle: In Aniehnung an McDanlel/Kolari (1987, 8. 28).
Im Gegensatz zum Defender beschrankt sich der Prospector also auf ein begrenztes Angebot von Kundenserviceleistungen und auch die pernnanente Gewahrleistung der Kundenzufriedenheit stellt nur eine (wenn uberhaupt) mittelmaUig relevante ZielgrolJe fur den Prospector dar. Die
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dieser Ausrichtung zugrunde liegende Ratio ist darin begrundet, dass sich ein Prospector in den von ihm neu geschaffenen Marktfeld typischerweise keiner oder nur geringer Konkurrenz gegenuber sieht (Morgan et al. 2000, S. 7). „A prospector has relatively little need to consider how It will compete in the new product markets it develops because it often faces little or no competition (...)" (Walker/Ruekert 1987, S. 17f.). Hambrick (1983, S. 23) untersucht den Kundenservice von Defender und Prospector fur insgesamt 1.452 Unternehmen der PIMS-Datenbank und belegt die hier skizzierten strategischen Ausrichtungen empirisch: "Among the competitive devices examined, only service differed between prospectors and defenders. As hypothesized, defenders offered better average service than did prospectors." Der vorgestellte Erkenntnisfundus ermoglicht es nun, die angestrebten Implikationen fur die Beurteilung der Strategieoptionen des Beschwerdemanagements abzuleiten. Die Forschungsergebnisse legen nahe, dass der Zentralbereich Beschwerdemanagement den vertikalen Fit im Defender erzielen kann, wenn er eine Differenzierungsstrategie verfolgt, d.h. danach strebt, die Beschwerdefuhrer begeistern zu wollen. Folgende Charakteristika des Defenders sind dieser strategischen Ausrichtung der Sekundardienstleistung Beschwerdemanagement dienlich: •
Zunachst kommt dem Beschwerdemanagement das stabile Nischenumfeld entgegen. Die Kundenstruktur und damit die Erwartungsmuster sind weniger heterogen als bei einem Prospector. Die wenig dynamischen Erwartungshaltungen der Kunden, die den eigentlichen Schlussel zur Beschwerdebegeisterung darstellen, sind daher vergleichsweise leichter zu erheben.
•
Gleichzeitig ist das Produktportfolio des Defenders kleiner und beinhaltet nur einen sehr geringen Anteil von Innovationen. Die Mehrheit der Leistungsangebote des Defenders ist angesichts des Produktlebenszyklus in der ,Reifephase' zu verorten. In dieser Marktphase
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Bewertung und Auswahl der strategischen Verhaltensoptionen
kommt dem Beschwerdemanagement im Sekundardienstleistungsbereich in zunehmendem MalJe die Rolle eines Differenzierungsinstruments zur Festigung besteliender Kundenbeziehungen zu (Fassott 1995, S. 197; Mann 1998, S. 360). Daher ist das Streben nacii Beschwerdebegeisterung die adaquate strategische Ausrichtung auf diese Rahmenbedingungen im Primarmarkt.^'^^ Ahniicli eindeutig lasst sich die strategische Orientierung des Besciiwerdemanagements fur den Prospector bestimmen. Das direkte Beschwerdemanagement eines Prospectors wird uber die Grundnutzen-orientierte KostenfiJhrerschaft den adaquaten vertikalen Fit herstellen konnen. Die Ausrichtung an ,bloRer' Beschwerdezufriedenheit und einem lediglich durchschnittlichen Kundenservice-Niveau entspricht exakt den in Kapitel 7.4 aufgezeigten Zielsetzungen dieser Ausgestaltung eines Beschwerdemanagements als sekundarer Dienstleistung. Dem Prospector wird in erster Linie daran gelegen sein, die Beschwerdeinformationen zu erhalten, um diese im Rahmen seiner Innovationspolltik potenziell erschlieUen zu konnen. Hierin ist ein zentrales Motiv fur das Betreiben des Beschwerdemanagements durch den Prospector zu sehen. Diesem Anspruch wird ein am Grundnutzen ausgerichtetes Beschwerdemanagement gerecht, so dass, wenn uberhaupt verstarktes Engagement zu beobachten ware, dies vermutlich im Aufgabenfeld der Beschwerdestimulierung zu vermuten ist. Abbildung 10-3 gibt beide strategischen Orientierungen des Beschwerdemanagements im strategischen Geschaftsfeld der sekundaren Unterstutzungsdienstleistung wieder.
275
Diese Aussage stutzt sich nicht zuletzt auf die modeJItiieoretisch und empirisch nachgewiesene Erkenntnis, dass in reifen Markten das Leistungsniveau des Beschwerdemanagements generell hoher ausgepragt ist, als in jungen Markten (Estelami 2000; Fornell/Wernerfelt 1987; Singh 1991); um hier im Wettbewerb bestehen und die Kunden des Defenders aggressiv gegen Mitbewerber im Primarmarkt verteidigen zu konnen, ist die Differenzierungsstrategie die zu wahlende Option.
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SGF sekundare Unterstutzungsdienstleistung
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Defender
Prospector
Differenzierungsstrategie
Kostenfiihrerschaftsstrategie
Abb. 10-3: Strategische Ausrichtung des Beschwerdemanagements im strategischen Geschaftsfeld der sekundaren Unterstutzungsdienstleistung im Kontext von Defender und Prospector; Quelle: Eigene Abbildung.
10.3.3.2
Implikationen fur die strategische Ausrictitung im Gesctiaftsfeld der tertiaren Unterstutzungsdienstleistungen des Beschwerdemanagements
Fur die strategische Ausrichtung des Beschwerdemanagements im Geschaftsfeld der tertiaren Dienstleistungen sind drei Argumentationslinien von Bedeutung, die sich auf (1) das Ausmafl der Marktorientierung (Market Orientation), (2) die Gute der im Marketing vorgehaltenen Kompetenzen und (3) die strategische Ausrichtung des Qualitatsmanagements im Defender bzw. Prospector beziehen. (1) Das erste theoretische Fundament zur Ableitung von Implikationen fur die strategische Ausrichtung des Beschwerdemanagements ist die Marktorientierung von Defender und Prospector. Market Orientation wurde definiert als "organizationwide generation, dissemination, and responsiveness to market intelligence" (Kohll/Jaworski 1990, S. 6). Dieses Konzept der Unternehmensfuhrung betont also die unternehmenswelte Nutzung vorhandener IVIarktinformationen zur Starkung der eigenen Wettbewerbsposition. Die empirische Forschung weist deutliche Unterschiede in der Auspragung der Marktorientierung im Defender und Prospector nach. Slater/Narver (1993, S. 38) belegen empirisch eine starkere Market Orientation der Prospector als der Defender und halten fest: „"Not surprisingly, strong market orientation is essential to the Prospector's success." Lukas (1999, S. 148) bestatigt eine signiflkant hohere
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Bewertung und Auswahl der strategischen Verhaltensoptionen
Marktorientierung im Prospector als im Defender und Morgan et al. (2000, S. 20) kommen schliefJIich zu dem Schluss, dass ein Defender inn Vergleich zu einem Prospector ein generell geringeres Interesse an der Beschaffung und ErschlieBung von Marktinformationen zeigt. Diese Grundausriclitung spiegelt sich aucli in der funktionalen Ausgestaltung des Marketing im Defender und Prospector wider. (2) Versciiiedene Studien liaben die Konfiguration des Marketing in beiden strategischen Typen miteinander verglichen und unterschiedliche Profile nachgewiesen. Eine der ersten Untersuchungen fuhrt Hambrick (1983, S. 21 ff.) durch und belegt funktionale Unterschiede dergestalt, als die Budgets fur Forschung & Entwicklung sowie fur Vertrieb und Marketing bei Prospectors deutlich hoher ausfielen als bei Defenders. McDaniel/Kolari (1987), McKee et al. (1989) sowie spater Rajaratnam/Chonko (1995, S. 70) weisen empirisch eine hohere Initiative hinsichtlich der Markt(er)forschung und intensivere Innovationsbemuhungen im Rahmen der Neuproduktentwicklung des Prospectors nach. Conant et al. (1990) modellieren das Marketingprofil bolder Archetypen auf Basis von 20 Marketingkompetenzfeldern. Fur amerikanische Unternehmen weisen die Autoren eine jeweils signifikante Uberlegenheit des Prospectors in 14 dieser Kompetenzen nach. Besonders deutlich fallen die Unterschiede erneut in den Aufgabenbereichen ,Marketing Research' und ,New Product Development' aus und auch das hohere Marketingbudget findet sich hier wieder. Woodside et al. (1999) wiederholen die Studie von Conant et al. (1990) im internationalen Kontext. Diese Autoren zeigen nunmehr sogar, dass Prospector-Unternehmen in alien 20 Marketingkompetenzen dem Defender uberlegen sind und erkennen eine besonders deutliche Diskrepanz in Bezug auf das Streben des Prospectors, Wissen uber Kunden, Konkurrenten und Branchentrends zu erschlieflen (Woodside et al. 1999, S. 141). Diesbezuglich stimmen Slater/Olson (2001, S. 1061) nachdrucklich zu und bezeichnen Prospectors als "heavy users of marketing research." AbschlieRend sei auf die marktbezogene Personal(-weiter-
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bildungs-)politik beider Archetypen hingewiesen. Hambrick (1983, S. 21f) findet heraus: "Prospectors also tend to devote more resources toward motivating, informing, and educating their sales forces (...)." Spatere Arbeiten bestatigen diese intensiveren Aktivitaten des Prospectors im Bereich der Schulung seiner Kundenkontaktmltarbeiter (Conant et al. 1990; McKee etal. 1989; Rajaratnam/Chonko 1995). (3) Schliefilich gilt es als dritte Argumentationslinie das Qualitatsmanagement im Kontext der strategischen Orientierung als Defender bzw. Prospector zu untersuchen. Insbesondere im Vergleich zu der umfangreichen Forschung zur Marketingkonfiguration finden sich kaum Beitrage, die das Qualitatsmanagement im Prospector bzw. Defender untersuchen. Als eine der wenigen Autoren erforschen Dansky/Brannon (1996) die Verknupfung des TQM mit den Archetypen nach Miles/Snow (1978) und kommen zu dem Ergebnis, dass Unternehmen der Defender-Kategorie geringere Anstrengungen im Bereich eines Qualitatsmanagements unternehmen, da „Defenders may be risk-aversive and intolerant to change, characteristics which do not lend themselves to a TQM culture (...)" (Dansky/Brannon 1996, S. 238). Im Gegensatz dazu engagiert sich der Prospector vor dem Hintergrund seiner „strong market orientation with a sensitivity to environmental demands and a quest for competitive advantage" in deutlich hoherem Malie fur ein TQM (Dansky/Brannon 1996, S. 238). Zu einem ahnlichen Schluss gelangen auch Horng/Huarng (2002) sowie Castle (2003), die ebenfalls den grundlegenden Zusammenhang zwischen einer Prospector-Strategie und der ganzheitlichen Umsetzung eines Qualitatsmanagements empirisch aufzelgen und dem Defender geringere Bemuhungen in diesem Aufgabenfeld bescheinigen. Trotz ihrer grundlegenden Erkenntnisse lassen alle drei Studien die spezifische Ausgestaltung des Qualitatsmanagements im Defender bzw. Prospector offen.
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Weiter gehende Einsichten bieten Jabnoun et al. (2003), die den strategischen Archetypen Jewells einen speziflschen Ansatz des Qualltatsmanagements zuordnen. Die Autoren charakterisleren das Qualitatsmanagement des Defenders als .Quality Assurance' (QA) und das des Prospectors als Total Quality Learning' (TQL) (Jabnoun et al. 2003, S. 23ff.). Primarziel der Quality Assurance Im Defender ist es, mittels systematischer Messung und konsequenter Kontrolle die Konformitat der angebotenen Unternehmensleistung mit den gegebenen Nischenmarkt-Anforderungen zu gewahrleisten (analog Moreno-Luzon/Peris 1998, S. 335). „QA is concerned with quality planning and defect prevention through systems and documented processes" (Jabnoun et al. 2003, S. 23f.). Dagegen fokussiert Total Quality Learning im Prospector die kontinuierliche Verbesserung und Weiterentwicklung des eigenen Leistungsprogramms und ist demnach stets "learning oriented opposed to control oriented" (Jabnoun 2003, S. 25). Deshalb baut ein Unternehmen mit dieser Philosophle Kompetenzen zur Erforschung neuer Bedurfnisse und entsprechender Losungen auf und strebt dabei gleichzeitig danach, die zukunftigen Kundenanforderungen (mit)zugestalten. Dieser Ansatz eines Qualitatsmanagements entspricht dem Generalziel des Prospectors, wie es Jabnoun et al. (2003, S. 26) beschreiben: „Prospectors want to locate and exploit new products and markets while TQL scans for new pools of customers, new customers' needs, and learn how to satisfy them with new products and services." Die Erkenntnisse der drei betrachteten Forschungsfelder lassen sich nun zu folgenden Schlussfolgerungen hinsichtlich der Strategieauswahl des Beschwerdemanagements als Tertiardienstleister verdichten: •
Die eindeutige Bekenntnis des Prospectors dazu, im Rahmen einer starken Marktorientierung vorhandene Marktinformationen systematisch uber eine umfassende Marktforschung und eine intensive Neuproduktentwicklung zu erschlieRen und hierfur auch umfangreichere
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•
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Budgets zur Verfugung stellen zu wollen, deutet nachdrucklich auf die strategische Ausrichtung des Beschwerdemanagements unter Mafigabe einer Differenzierungsstrategie hin. Ebenfalls ist die spezifische Betonung der permanenten Weiterbildung der Kundenkontaktmitarbeiter stimmig mit der in der Differenzierungsstrategie beinhalteten Biidungsfunktion des Beschwerdemanagennents. Der Defender dagegen ist in deutlich geringerem Mafle an der systematischen und permanenten Generierung und Erschliedung von Marktinformationen interessiert. Sein Fokus liegt darauf, bestehende Qualitatsnnangel zu benennen und abzustellen. Auch die Orientierung des Defenders an Standardisierung und Routinisierung, die Slater/Narver (1993, S. 37) belegen, sprechen gegen die flexiblen, interaktiven und individuellen Innpuls- und Bildungsfunktionen des Beschwerdemanagements. Diese sind auch deshalb kaum notwendig, weil der Defender ein schmales Produktportfolio anbietet, dass sich primar aus etablierten Produkten zusammensetzt und kaum Innovationen beinhaltet. Gerade Innovationen aber sind haufig storanfalliger als etablierte Produkte bzw. weisen so genannte ,Kinderkrankheiten' auf (Fassott 1995, S. 195). Fur ein Beschwerdemanagement im Defender entfallen damit weitest gehend die charakteristischen ,Debugging-Phasen' direkt nach der Markteinfuhrung neuer Produkte, in denen Beschwerdemanagement vor allem damit beschaftigt ware, fruhzeitig Probleme zu erkennen und gemeinsam mit anderen Funktionsbereichen (z.B. Forschung & Entwicklung, Qualitatsmanagement, etc.) nach Losungen zu suchen (analog Birou/Fawcett 1997, S. 25; Stephens 2000, S. 295). Fur das Streben des Defenders nach einem Leistungsportfolio, das den wenig dynamischen Anforderungen seiner Nischenkunden entspricht, ist daher die Kostenfuhrerschaft bzw. die Beschrankung auf die interne Informationsfunktion als grundsatzlich effektive Strategie anzusehen.
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Das strategische Profil des Beschwerdemanagements im Kontext der beiden Archetypen gestaltet sich deshalb nachhaltig unterschiedlich, wie es Abbildung 10-4 verdeutlicht.
Defender
Prospector
SGF sekundare Unterstiitzungsdienstleistung
Differenzierungsstrategie
Kostenfiihrerschaftsstrategie
SGF tertiare Unterstiitzungsdienstleistung
Kostenfiihrerschaftsstrategie
Differenzierungsstrategie
Abb. 10-4: Strategische Ausrichtung des Beschwerdemanagements in den strategischen Geschaftsfeldern der sekundaren und tertiaren Unterstutzungsdienstleistungen im Kontext von Defender und Prospector; Quelle: Eigene Abbildung.
10.3.3,3
Implikationen fur die strategische Ausriclitung im Gesctiaftsfeid der quartaren Steuerungsdienstleistungen des Bescliwerdemanagements
Im strategischen Geschaftsfeld der Kontrollfunktion wurden oben keine verschiedenen Strategieoptionen aufgezeigt, zwischen denen sich Beschwerdemanagement entscheiden musste. Vielmehr vertritt die vorliegende Arbeit die Ansicht, dass der Professional Concern-Ansatz eine grundsatzlich stets geeignete Leitlinie fur die Ausiibung der Kontrollfunktion gegenuber den anderen Unternehmenseinheiten reprasentiert. Gleichwohl aber stellt sich die Frage, inwieweit Akzentuierungen vonnoten sind, urn den Fit des Professional Concern mit dem innerbetrieblichen Defender- bzw. Prospector-Unnfeld zu erhohen. SchlieUlich wurde festgestellt, dass es die situative Konfiguration der vier Professional Concern Module ist, die die notwendige Bereitschaft zur Mitwirkung an der Dienstleistungserstellung, die Bereitwilligkeit zum gegenseitigen Informationsaustausch sowie die Befolgung von Empfehlungen auf der Abnehmerseite sicherstellen soil (Mills/Moshavi 1999, S. 54).
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Miles und Snow erarbeiten ein detailliertes und facettenreiches Bild ihrer Unternehmenstypen. Eine der untersuchten Dimensionen ist das Kontrollsystem, das fur die Verinlnderung und Korrektur von Planabweichungen zustandig und bei Defender und Prospector unterschiedlich ausgestaltet ist (Miles/Snow 1986, S. 53). Diese Kontrollsystematik ist die Basis, unn Ruckschlusse auf die verfeinerte Ausgestaltung der quartaren Steuerungsdienstleistung des Beschwerdemanagements zu Ziehen. Angesichts seiner ausgepragten Effizienzorientierung strebt der Defender danach, Leistungsabweiciiungen fruhzeitig ausfindig zu nnachen. Bemerkenswert ist, dass der Informationsfluss im Defender in erster Linie vertikal verlauft, d.h. Leistungsberichte und -eriauterungen werden ,von unten nach oben' (Bottom-up) und Anweisungen bzw. Instruktionen ,von oben nach unten' (Top-down) kommuniziert. Die Kontrolle beruht dabei auf ,langschleifigen', vertikalen Informationssystemen, d.h. auch Informationen, die untere Hierarchiestufen betreffen, gelangen bis hinauf zum Top-Management. „Generell wird aus wichtigen Funktionsbereichen wie Qualitatskontrolle und Fertigungsplanung, nicht an die Fertigungseinheiten berichtet, sondern direkt dem Top-Management. Obwohl Kontrolle auch mittels kurzer Feedback-Schleifen erreicht werden konnte, die den Arbeitseinheiten gestatten, ihre eigene Leistung sofort zu bewerten und zu korrigieren, wahlen die Defender selten diese Alternative (...)." (Miles/Snow 1986, S. 53f.). Das Kontrollsystem im Prospector ist anders konfiguriert. Grundsatzlich ist die Kontrolle in diesen Unternehmen starker dezentralisiert, well mitunter die „zur Bewertung der augenblicklichen Arbeitsweise und fur geeignete KorrekturmafJnahmen notigen Informationen in den Arbeitseinheiten selbst und nicht auf den oberen Managementebenen vorhanden sind" (Miles/Snow 1986, S. 71). Das Topmanagement des Prospectors gewahrt seinen Geschaftsbereichen und deren zugehorigen Einheiten deutlich grofJere Unabhangigkeit als im Defender. Die Arbeitseinheiten
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des Prospectors erhalten die Verantwortung und die Freiraume, die elgene Leistung unabhangig von der Unternehmensspitze zu kontrollieren. So sind die ,kurzschleifigen', horizontalen Informationssysteme des Prospectors zu erklaren. Hier ist es Ziel, diagnostizlerte Abweichungen nicht primar an das Topmanagement, sondern an die betroffene Einheit zuruckzumelden. Augenscheinlich werden im Rahmen der Kontrollfunktion identifizierte Abweichungen im Defender deutlich schneller an die UnterneiimensJeitung bericiitet, als es das Beschwerdemanagement eines Prospectors fur notig erachtet. Hieruber wird sich in erster Linle die (starker ausgepragte) Provider Authority des Beschwerdemanagennents Im Defender bestimmen. Durch die groliere Nahe des Zentralbereichs Beschwerdemanagement zur Unternehmensleltung wird die Objective Attitude (als die Maximo, stets das Interesse des Gesamtunternehmens vertreten zu wollen) deutlich Im Unternehmen erkennbar. Eng damit verknupft Ist, dass durch die verglelchswelse Intensive EInbezlehung der Unternehmensleltung in die Kontrollfunktion die Customer Role Accountability eine Inharente Tendenz dazu erhalt, die Sparten leichter ,zur Verantwortung Ziehen' zu konnen. Diese bisherige Charakterisierung als relativ strlkte Kontrolle Ist Insofern den Zlelen des Beschwerdemanagements dienlich, als sie den Verzicht des Defenders auf die Impuls- und Bildungsfunktlon auszuglelchen vermag und so eine faktische Beschwerdeinformationsnutzung In den Geschaftsbereichen unterstutzt. Umso groUer Ist die Herausforderung fur das Beschwerdemanagement, auch der Dimension der Social Affiliation gerecht zu werden und ein adaquates Vertrauensverhaltnis und eine produktiv-persdnliche DIenstleistungsatmosphare im Rahmen der Steuerungsdienste zu gewahrleisten. Im Rahmen der Im Defender eher seltenen direkten Kontakte des Beschwerdemanagements mit den Sparten konnte Beschwerdemanagement also gerade den Versuch unternehmen, den internen Kunden die ZweckmafJIgkelt der elgenen Aufgabenstellung als .fordernder Forderer' zu verdeutlichen, um so die vom
Die Dimension des vertikalen Fits
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Professional Concern empfohlene Balance der vier Dimensionen wieder herzustellen. Beschwerdemanagement sollte sich demnach weniger auf seine Option des direkten Reportings an das Top-Management berufen, uber die sich die Sparten bewusst sind, sondern sein Professional Concern vielnnehr durch die Social Affiliation akzentuieren. Nahezu umgekehrt verhalt es sich im Prospector. Das inn Prospector favorisierte, direkte Abweichungsreporting an die Sparten und die nur im Ausnahmefall vorgesehene Integration der Unternehmensleitung sorgt dafur, dass das Professional Concern hier anders zu konfigurieren sein wird. Das dezentrale Kontrollsystem des Prospectors beruht auf Flexibilitat, gegenseitigem Vertrauen, und gemeinsamen Werten. In diesem Kontext wird sich die Provider Authority starker uber die Fachexpertise des Beschwerdemanagements erzielen lassen (mussen). Dies wird freilich durch die Ausdehnung des Leistungsprogramms auf die Impuls- und die Bildungsfunktion erieichtert. Durch diese vergleichsweise enge und individuelle Kooperation mit den betroffenen Geschaftseinheiten wird es dem Beschwerdemanagement ferner besser gelingen konnen, sein grundsatzliches Wohlwollen den internen Empfangern seiner Steuerungsdienstleistung gegenuber zu unterstreichen. Der eigentliche Akzent ist hinsichtlich der Client Role Accountability zu setzen. Hierfur sollte der engere Kundenkontakt mit den direkt verantwortlichen Managern in den Geschaftsbereichen vom Beschwerdemanagement dazu genutzt werden, den Sparten sowohl die Aufgabe der Steuerungsinstanz Beschwerdemanagement aber auch ihre eigene Mitverantwortung fiir die Erfullung der Steuerungsfunktion starker zu verdeutlichen, als dies im Defender notig sein wird. Diese nachhaltige, offene Vereinbarung der Anbieter- und Kundenrolle sollte den gewunschten Effekt zu erzielen helfen, eine Erwartungsabweichung durch eine der beiden Parteien zu vermeiden. Gleichzeitig tragt es der Objective Attitude insofern Rechnung, als Beschwerdemanagement seine Primarverpflichtung, dem Interesse des Gesamtunternehmens zu dienen, offen an
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Bewertung und Auswahl der strategischen Verhaltensoptionen
die potenziell von der Kontrollfunktion betroffenen Einheiten kommuniziert. Die Social Affiliation wird durcin die besciiriebene enge und relativ haufigere Interaktion des Beschwerdemanagements mit seinen Kunden a priori im Prospector unterstutzt. In Abbildung 10-5 finden sicli nunmeiir die strategischen Gesamtkonfigurationen des Zentralbereichs Besciiwerdemanagement im Kontext des Defenders und des Prospectors in den drei strategischen Geschaftsfeldern.
Defender
Prospector
SGF sekundare Unterstutzungsdienstleistung
Differenzierungsstrategie
Kostenfiihrerschaftsstrategie
SGF tertiare Unterstiitzimgsdienstleistung
Kostenfiihrerschaftsstrategie
Differenzierungsstrategie
SGF quartare Kontrolldienstleistung
A
Social Affiliation
\ CRA 1 ^
L
PA 1*-^ OA 1
CRA = Client Role Accountability PA = Provider Authority
I
i
Client Role Ace.
I
/
\
\
SA j
^ PA W-^ OA j OA = Objective Attitude SA = Social Affiliation
Abb. 10-5: Strategische Gesamtkonfigurationen des Zentralbereichs Beschwerdemanagement im Kontext des Defenders und des Prospectors; Quelle: Eigene Abbildung.
Damit ist das strategische Gesamtprofil des zentralen Dienstleistungsbereichs Beschwerdemanagement sowohl fur den Defender als auch fur den Prospector komplettiert. Bemerkenswert ist, dass in alien drei strategischen Geschaftsfeldern eine jeweils unterschiedliche strategische Orientierung des Beschwerdemanagements den besten vertikalen Fit zu erzielen vermag und beide Archetypen vom Beschwerdemanagement eine hybride Strategiekombination in den SGF der sekundaren und tertia-
Die Dimension des vertikalen Fits
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ren Unterstutzungsdienstleistungen erfordern. Dass diese Strategiesynthese vor dem Hintergrund des horizontalen Fits als denkbar zu erachten ist, wurde oben gezeigt. Mit der hier entworfenen Gesamtkonfiguration kann damit sowohl der horizontale als auch der vertikale Fit der strategischen Ausrichtung des Beschwerdemanagements als Zentralbereich der Unternehmung gewahrleistet werden. Das strategische Potenzial des Beschwerdemanagements lasst sich auf diese Weise effektiv zur Starkung der Wettbewerbsposition des Gesamtunternehmens erschliefien. Nachdem nunmehr der gesamte Prozess der Strategieformulierung durchlaufen ist, wird der abschlieflende Teil 11 die in der vorliegenden Arbeit angestellten Uberlegungen zusammenfassen und zu einem Fazit verdichten.
11 Zusammenfassung zentraler Erkenntnisse und Fazit Das Ziel der hier folgenden Zusammenfassung ist es nicht, den Argumentationsgang der vorliegenden Arbeit erneut detailliert bzw. vollumfanglich zu durchlaufen. Vielmehr ist es das Aniiegen, dem Leser die wichtigsten Einsichten der vorgenommenen Untersuchung in Form von Kernerkenntnissen in Erinnerung zu rufen (11.1) und die Ausfuhrungen schliefilich mit einem Fazit abzurunden (11.2).
11.1 Zusammenfassung zentraler Erkenntnisse Ausgangspunkt der Uberlegungen war das in Teil 1 formulierte Ziel der Arbeit, anhand der Theorie der strategischen Planung, einen Strategieformulierungsansatz fur das Beschwerdemanagement zu entwerfen. Diese Forschungszielsetzung erforderte zwei Grundlagenteile, um den Leser mit der problemrelevanten Forschung zum Beschwerdemanagement bzw. zur strategischen Planung vertraut zu machen. Teil 2 stellte die Grundlagen des Beschwerdemanagements vor und war dreistufig angelegt: Auf der ersten Stufe wurde die Beschwerdemanagement-Konfiguration nach Stauss/Seidel (2002) vorgestellt, die der Arbeit als Referenzkonzeption diente. Hier wurde auch das konzeptionelle Zusammenspiel der funktionalen und institutionalen Perspektive vorbereitet, das fur den Erkenntnisgewinn im spateren Verlauf der Arbeit von grofier Bedeutung war. Die zweite Stufe verdeutlichte das strategische Potenzial des Beschwerdemanagements, das sich durch eine entsprechende Beschwerdemanagement-Konfiguration fur die Verbesserung der Wettbewerbsfahigkeit des Gesamtunternehmens erschlielien lasst. Es wurde deutlich, dass Beschwerdemanagement die Wettbewerbsposition des Unternehmens insbesondere durch seinen Beitrag in den Feldern des Kundenbindungs- und des Qualitatsmanagements nachhaltig zu starken
124
Zusammenfassung zentraler Erkenntnisse und Fazit
vermag. Ebenso war zu unterstreichen, dass letztlich diese Steigerung der betrieblichen Wettbewerbsfahigkeit die Ratio ist, auf die sich die Existenz des Beschwerdemanagements grundet. Deshalb ist es bedenklich, dass es - wie auf der dritten Stufe nachgewiesen wurde - dem Bescliwerdemanagement haufig faktisch nicht gelingt, durch effektive direkte und indirekte Beschwerdemanagementprozesse die Wettbewerbsposition des Gesamtunternehmens zu verbessern. Als zentrale Ursache fur diese suboptimale Situation wurde ein nahezu ausscliliefilich operativer Managementfokus in Tiieorie und Praxis des Beschwerdemanagements erkannt. Auf Basis dieses lediglich operativen Managementansatzes kann das strategisciie Potenzial des Beschwerdemanagements jedoch nicht umfassend realisiert werden, weshalb die Uberlegungen des Grundlagenteils 2 zu folgender Kernerkenntnis zu bundein sind: Ein primar operativer Fokus des Beschwerdemanagements ist als maflgebliche Ursache fur die unzureichende Erschlieflung des strategischen Potenzials des Beschwerdemanagements zur Stari
Zusammenfassung zentraler Erkenntnisse
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,\/Vas' und dem ,Wie', konkret fur das Beschwerdemanagement zu beantworten. Da die strategische Planungstheorie die Formulierung von Strategien auf der Gesamtunternehmens-, der Geschaftsbereichs- und der Funktionsbereichsebene unterscheidet, war zunachst die Frage nach denn ,Wo' der Strategieableitung fur das Beschwerdemanagement zu klaren. Beschwerdemanagement wurde begrundet als Funktionsbereich der Unternehmung eingeordnet, weshalb die strategische Beschwerdemanagement-Planung auf folgender Ratio basiert: Die Funktionsbereichsplanung stellt den konzeptionellen Anknupfungspunkt strategischer Planung im Beschwerdemanagement dar. Sie bildet die Plattform dafur, Strategien zu formulieren, die Wettbewerbsvorteile des Beschwerdemanagements auf der funktionalen Ebene generieren und dadurch die Wettbewerbsfahigkeit des Gesamtunternelimens starken. Die Frage des ,Was' der Strategieformulierung wird vom Forschungsstrang der Strategieinhaltsdimension und hier mafigeblich anhand des Market Based View und des Resource Based View ergrundet. Um eine Strategieinhaltsdimension fur das Beschwerdemanagement abzuleiten, wurde die theoretisch-konzeptionelle Genesis des Beschwerdemanagements aufgearbeitet. Es zeigte sich, dass Beschwerdemanagement aus der Theorie des (strategischen) Marketing erwuchs und sich nahtlos in das Konzept der marktorientierten Unternehmensfuhrung, als dem heute zentralen strategischen Marketingansatz, einfugt. Die strategische Marketingtheorie ihrerseits, und nicht zuletzt das Konzept der marktorientierten Unternehmensfuhrung, fulit auf den industrieokonomischen Erkenntnissen des Market Based View. Deshalb gilt: Die grundlegend von den Erkenntnissen des l\/larket Based View gepragte Strategieinlialtsdimension eines ,marktorientier'
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Zusammenfassung zentraler Erkenntnisse und Fazit
ten Beschwerdemanagements' dient als effektive Inhaltsmaxime der Strategieformulierung im Beschwerdemanagement Die Frage des ,Wie' der Strategieformulierung wird dominant uber synoptisch-praskriptive Planungsprozessmodelle beantwortet, wobei diese situativ durch desl
Zusammenfassung zentraler Erkenntnisse
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Mit deutlich hoherem Detaillierungsgrad widmete sich Teil 6 der Analyse der strategischen Ausgangssituation. Es wurde ein Analysedreiklang durchlaufen, der die strategischen Geschaftsfeider und die strategischen Geschaftseinheiten identifizierte und die untemehmensintemen Rahmenbedingungen des Beschwerdemanagements untersuchte. Zur Bestimmung der strategischen Geschaftsfeider wurde Beschwerdemanagement unter funktionalen Gesichtspunkten als Dienstleistung konzeptualisiert. Diese Analyseperspektive ermogllchte es, einen zweidimensionalen Dienstleistungscharakter inn Beschwerdennanagement zu erkennen: Zum einen handelt es sich beim direkten Beschwerdennanagement urn ein sekundares Dienstlelstungsangebot an die externen Kunden des Unternehmens. Zum anderen erbringt Beschwerdemanagement im Rahmen des direkten und Indirekten Beschwerdemanagementprozesses gegenuber den Teileinheiten des Gesamtunternehmens interne Dienstleistungen, die als Unterstutzungs- und Kontrolldienstleistungen zu klassiflzieren sind. Diese Dienstleistungsangebote leiten sich schrittweise aus der jeweils vorhergehenden Stufe ab und sind daher zueinander als derivativ anzusehen. Dies fuhrt zu der folgenden Kernerkenntnis: Der Aufgabenbereich des Beschwerdemanagements gliedert sich unter funktionalen Gesichtspunkten in die drei strategischen Geschaftsfeider der sekundaren Unterstutzungsdienstleistungen, der tertiaren Unterstutzungsdienstleistungen und der quartaren Kontrolldienstleistungen. Auf Basis einer institutionalen Analyseperspektive war nun der Frage nachzugehen, wie Beschwerdemanagement zur Bearbeitung dieser drei Geschaftsfeider ,aufgestellt', d.h. in welche strategischen Geschaftseinheiten es strukturiert ist. Hierfur wurde der Berelch Beschwerdemanagement als Dienstleistungsanbieter in den Mittelpunkt geruckt und anhand des Analyserasters der Zentralbereiche untersucht. Die Synthese des Konzepts der Zentralbereiche mit dem Datenfundament der ersten State-
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Zusammenfassung zentraler Erkenntnisse und Fazit
of-the-Art-Studie zum Beschwerdemanagement in Deutschland (Stauss/Scholer 2003) eriaubte es, die folgenden Kernerkenntnisse zu erarbeiten: Beschwerdemanagement ist als zentraler Dienstleistungsbereich des Unternehmens anzusehen. Als Zentralbereich erfullt Beschwerdemanagement gegenuber anderen Organisationseinheiten primar eine Servlcefunktion, die durch eine untergeordnete Steuerungsfunktion erganzt wird. Der Zentralbereich Beschwerdemanagement bearbeitet alle drei strategischen Geschaftsfelder in der Konfiguration eines Kernbereichs. Gerade der Typus des zentralen Kernbereichs, der haufig uber ein innerbetriebliches Quasi-Monopol verfugt, ist jedoch in der jungeren wissenscliaftiichen Diskussion stellenweise heftiger Kritik ausgesetzt. Die Kritiker fordern Unternehmensleitungen nachdrucklich dazu auf, Kernbereiche nicht nnehr uber Budgets, sondern anhand okonomischer ErfolgsgroUen zu steuern und deren interne Marktmacht zu reduzieren, urn Kernbereiche auf diese Weise letztlich einem deutlich starkeren Wettbewerbsdruck auszusetzen. Urn die Relevanz dieser Kritik fur das Besciiwerdemanagement evaluieren zu konnen, bedurfte es der Analyse der internen Rahmenbedingungen des Beschwerdennanagements, namentlich der aktuellen Steuerungsform und der internen Marktkonstellation des Dienstleistungsanbieters Beschwerdemanagement. Die Untersuchung der aktuellen Steuerungsform offenbarte, dass Beschwerdemanagement als Expense Center, und damit auf der niedrigsten Entwicklungsstufe eines Centers, gesteuert wird. Angesichts der von Kernbereichen abverlangten Wettbewerbsorientierung lautete eine weitere Kernerkenntnis daher:
Zusammenfassung zentraler Erkenntnisse
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Im Lichte zunehmender Marktorientierung ist der Kernbereich Beschwerdemanagement von seiner aktuellen Steuerungsform des Expense Centers zu einem Cost Center weiterzuentwickeln. Die Analyse der intemen Marktkonstellation des Beschwerdemanagements forderte das fur Kernbereiche charakteristische Quasi-Monopol zutage. Dieses Ergebnis bedurfte einer weiter gehenden Interpretation, denn es ist gerade diese interne Marktmacht, die kritisiert und inn Zuge zunehmender Marktorientierung reduziert wird. Urn Kernbereiche hoherem Wettbewerbsdruck auszusetzen, eignet sich der Mechanismus fiktiver interner Markte, der grundsatzlich auf situativ auszugestaltenden Verrechnungspreisnnodellen beruht. Es wurde im Sinne einer analytischen Reflexion zukunftiger Herausforderungen daher folgende Kernerkenntnis abgeleitet: Das Streben der Unternehmensleitungen, Zentralbereiche hoherem Wettbewerbsdruck auszusetzen, wird zunehmend dazu fuhren, dass Beschwerdemanagement unter der MaHgabe fiktiver interner Markte und damit auf Basis (kostenbasierter) Verrechnungspreismodelle agiert. Vor dem Hintergrund dieser Analyseerkenntnisse gait es nun, das Beschwerdemanagement marktorientiert in seinen drei strategischen Geschaftsfeldern auszurichten. Dafur, so zeigte die Untersuchung, steht der Zentralbereichsleitung Beschwerdemanagement ein funktionsbereichsspezifischer, strategischer Gestaltungsspielraum zur Verfugung, der sich wie folgt darstellt: Der strategische Handlungsspielraum der Zentralbereichsleitung Beschwerdemanagement umfasst die Wahl einer Wettbewerbsstrategie und die Ausgestaltung des Leistungsprogramms.
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Zusammenfassung zentraler Erkenntnisse und Fazit
Teil 7 war dem Geschaftsfeld der sekundaren Unterstutzungsdienstleistung gewidmet, in dem Beschwerdemanagement gegenuber Unternehmens- und Geschaftsbereichsleitung(en) in ihrer Rolle als Auftrag- und Budgetgeber und gegenuber den Beschwerdefuhrern als den eigentlichen Dienstleistungsempfangern agiert. Hinsichtlich dieses Stakeholdergefleciits wurde festgestellt: Die Beschwerdefuhrer stellen das Vehikel dar, urn sich in der Wahrnehmung der internen Stakelf)older im Vergleich zu alternativen Losungen eines Bescliwerdemanagements zu positionieren. Die Analyse der Beschwerdeverhaltens- und der Beschwerdezufriedenheitsforschung ist daher die Grundvoraussetzung dafur, urn die eigenen Leistungsangebote auf die elgentlichen Dienstleistungsempfanger auszurlchten. Die Beschwerdezufriedenheitsforschung eriaubt hierbei folgende Kernerkenntnisse abzuleiten, die fur jegliche strategischen Planungsuberlegungen im fokalen Geschaftsfeld von elementarer Bedeutung sind: Beschwerdezufriedeniieit ist die zentrale Erfolgsgrofie im Besctiwerdemanagement Besctiwerdezufriedenlieit wird uber einen strategisctien Werkzeugkasten von insgesamt sechs Steiltiebeln auf drei gerectitigkeitsttieoretischen Ebenen determiniert bzw. determinierbar. Die Voraussetzung dafur, Besctiwerdezufriedentieit uberhaupt erzielen zu konnen, ist die Bescfiwerdeartikulation unzufriedenerKunden. Die eigentliche Herausforderung fur das Beschwerdemanagement besteht darin, sich auf diese Forschungseinsichten auszurichten und gleichzeitig den Kosten- und Qualitatsanforderungen der internen Stakeholder gerecht zu werden. In diesem Spannungsfeld wurde der Zentralbereich,
Zusammenfassung zentraler Erkenntnisse
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im Sinne der Maxime marktorientierten Beschwerdemanagements, mittels der generischen Wettbewerbsstrategien nach Porter (1980) positioniert. Im Zentrum der Uberlegungen standen die beiden von Porter entwickelten strategischen Reinformen: Zum einen die Kostenfuhrerscinaft als das Angebot eines Grundnutzens zu moglichst geringen Kosten und zum anderen die Differenzierungsstrategie als die Offerte eines Zusatznutzens zu hoheren Kosten. Dies fuhrte zur Bestimmung eines Grund- und Zusatznutzens im direkten Beschwerdemanagement. Hierfur wurde an das vom Zentralbereich angestrebte Ausmafi der Beschwerdezufriedenheit angeknupft und gefolgert: Ein die Kostenfuhrerschaft anstrebendes Beschwerdemanagement verfolgt das Ziel, den Grundnutzen blofler Beschwerdezufriedenheit zu erreichen. Ein die Differenzierungsstrategie verfolgendes Bescliwerdemanagement ricfitet seine Al
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Zusammenfassung zentraler Erkenntnisse und Fazit
Orientierungsmaflstab der Leistungskonfiguration sind die Erwartungen der Beschwerdefuhrer, weshalb diese uber eine spezifische funktionale Marktforschung zu erheben sind. Das Konzept der Marktorientierung erfordert auch die Reflexion bestehender Konkurrenzverhaltnisse des Besciiwerdemanagements. Tatsachlich ist Beschwerdemanagement im Geschaftsfeld der Sekundardienstleistung unterschiedlichen Wettbewerbsdimensionen ausgesetzt, die sich aus dem Spannungsfeld der internen und externen Stakeholder ableiten. Da der Konkurrenzaspekt in der Diskussion zum Beschwerdemanagement bislang kaum berucksichtigt wird, orientierten sich die Ausfuhrungen an drei basalen Schlusselfragen: (1) Wie lassen sich Konkurrenten des Beschwerdemanagements identifizieren? (2) Welche Vergleichsmafistabe sind einem Konkurrenzvergleich zugrunde zu legen? (3) Wie kann sich Beschwerdemanagement gegenuber diesen Konkurrenten verhalten? Folgende Losungsansatze wurden aufgezeigt: Die Reflexion der vertikalen und tiorizontalen Wettbewerbsdimension eignet sicti zur Identifikation besteiiender Konkurrenzvertialtnisse des Beschwerdemanagements. Der Vergleich mit Konkurrenten sollte (mindestens) antiand der beiden Erfolgsfaktoren des direkten Besciiwerdemanagements erfolgen, namentiicti dem AusmaH der erzielten Besctiwerdeartikulation bzw. der Besctiwerdezufriedentieit. Antiand des Konzepts konkurrenzgerichiteter l\/larktverliaitensstrategien lasst sicti das strategisctie Vertiaiten eines Besciiwerdemanagements gegenuber seinen Konkurrenten im Einklang mit der vom Zentraibereicii verfoigten generisclien Wettbewerbsstrategie pianen.
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In Teil 8 der Arbeit wurde Beschwerdemanagement strategisch im Geschaftsfeld der tertiaren Unterstutzungsdienstleistungen ausgerichtet, in dem, erneut unter dem Druck eines fiktiven internen Marktes, die Geschaftsbereiche in ihrer Rolle als unmittelbare Leistungsempfanger in das Zentrum der Betrachtung rijckten. Die Sparten sind die Primaradressaten der Beschwerdeinformationen, deren Nutzung fur das Unternehmen von strategischer Bedeutung ist. Fur die Bereichsleitung erwachst daraus die Verantwortung, das Informationsnutzungsverhalten entsprechend der Maxime der faktischen Informatlonsnutzung zu steuern. Voraussetzung dafur ist die Analyse des aktuellen Informationsnachfrageverhaltens der internen Kunden und die Bestinnmung dessen zentraler Determinanten. Die Reflexion der diesbezuglich unternommenen Beschwerdeforschung fuhrt zwar zu der Erkenntnis, dass verschiedene Barrieren eine effektive Informationsubermittlung storen, gleichzeitig aber legen diese Forschungsarbeiten ein ,fatalistisches' Selbstbild des Beschwerdemanagennents zugrunde, das sich auf die Initiative der Unternehmensleitung stutzt, unn eventuelle Problenne hinsichtlich der Nutzung von Beschwerdeinformationen zu uberwinden. Mit dieser Sichtweise stinnmt die hier postulierte Perspektive eines proaktiven, strategischen Bereichsmanagements nicht uberein; dies fuhrt zu der Einsicht: Um Ansatzpunkte zur Beeinflussung des Beschwerdeinformationsnutzungsverhaltens durch den Zentralbereich Beschwerdemanagement abzuleiten, bedarf es einer EnA/eiterung der bisher in der Beschwerdeforschung zugrunde gelegten Analyseperspektive. Um sein Verstandnis uber das Informationsnutzungsverhalten der internen Kunden zu steigern, vor allem aber um dessen Einflussgrolien zu benennen, bietet sich fur das Beschwerdemanagement die ErschlieUung der Forschungserkenntnisse aus analogen Funktionalbereichen an. Besonders hohe Analogien finden sich im Bereich der Marktforschungs-Ab-
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Zusammenfassung zentraler Erkenntnisse und Fazit
teilung und dem Berichtswesen der Controlling-Funktion. Die Forschung zur internen Nutzung allgemejner MarktforschungsinformatJonen legt folgenden Schluss nahe: Die kundenseitig wahrgenommene Qualitat der angebotenen Beschwerdeinformationen, das Vertrauen der Kunden gegenuber dem Beschwerdemanagement und die Konfiguration des Besctiwerdereporting tiinsictitlich Formalitat und Frequenz sind zentrale Determinanten des Informationsnutzungsverlialtens durcti interne Informationsempfanger. Die Adaption eines Modells zur Ubermittlung von Controllinginformationen eriaubte ferner folgende Ruckschlusse: Die erfolgreictie Nutzung der Besctiwerdeinformationen l
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Einflussgrofien des aufgabenbezogenen Kennens, Konnens und Wollens der Mitarbeiter der Untemehmung fuhrte zu den beiden folgenden Kernerkenntnissen: Die Erbringung der internen Informationsfunktion wirkt lediglich auf das aufgabenbezogene Kennen und ist daher als Grundnutzen des Beschwerdemanagements im Geschaftsfeld der tertiaren Unterstutzungsdienstleistungen anzusehen (Kostenfuhrerschaft). Wird das Leistungsprogramm des Beschwerdemanagements zusatzlich durch die Impuis- und Bildungsfunktion erganzt, warden auch das aufgabenbezogene Konnen und Wollen determiniert. Dies generiert den im Raiimen der Differenzierungsstrategie angestrebten Zusatznutzen. Die solchermafJen verstandene Adaption der Kostenfuhrerschaft positioniert den Zentralbereich Beschwerdemanagement als reinen Informationsdienstleister. Dessen Ziel muss es sein, das voile Potenzial zur Beeinflussung der Informationsnutzung zu erschliefien. DIese Maxinne erfordert folgende Konfiguration: Die Plattform erfolgreichen Informationsdienstleistungsmanagements ist ein umfassendes Total Information Quality Management im Beschwerdemanagement. Auf der Grundlage dieses TIQM muss Beschwerdemanagement gezielt vertrauensbildende Maflnahmen ergreifen und das Beschwerdereporting hinsichtlich Formalitatsgrad und Frequenz systematisch im Sinne optimaler Beschwerdeinformationsnutzung der internen Kunden konfigurieren.
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Die Adaption der Differenzierungsstrategie basiert darauf, Beschwerdemanagement als Anbieter wissensintensiver Dienstleistungen zu positionieren. Dies umfasst drei Komponenten: Die Bildungsfunktion ist zur angebotsorientierten Weiterbildungsleistung auszubauen. Die lmpulsfunl
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Als Anbieter einer Kontrolldienstleistung agiert Beschwerdemanagement jenseits von Markt und Wettbewerb. Offensichtlich konnen deshalb die generischen Wettbewerbsstrategien nicht zur Positionierung des Zentralbereichs dienen. Allerdings ist zu bedenken, dass es sich bei der Steuerungsaufgabe urn eine der Servicefunktion untergeordnete Aufgabenstellung des Beschwerdemanagements handelt. Deshalb gilt: Angesichts seiner primaren Rolle als Unterstutzungsdienstleister ist Besciiwerdemanagement als Steuerungsdienstleister auf eine Weise strategisch auszurichten, die negative Ausstrahlungseffekte auf die anderen Geschaftsfelder vermeidet. Die vorliegende Arbeit schlug daher einen verhaltensbezogenen Orientierungsrahmen vor, der auf ein kooperativ-produktives Management der Kontrollfunktion im Umgang mit den Sparten abzielt: Das situativ konfigurierte Zusammenspiel der vier Komponenten des Professional Concern-Ansatzes eriaubt dem Beschwerdemanagement die effektive Wahrnehmung seiner Steuerungsverantwortung, ohne negative Ausstratilungseffekte auf seine Servicefunktion fur die Geschaftsbereiche auszulosen. Nach der Diskussion verschiedener strategischer Optionen wurde in Teil 10 das Fit-Konzept fur die Bewertung der Strategiealternativen herangezogen. Anhand der in der vorliegenden Arbeit betrachteten Strategieoptionen konnte der horizontale Fit zwischen den Geschaftsfeldern uberpruft und bestatigt werden. Der vertikale Fit wurde im Kontext der Strategietypologie nach Miles/Snow (1978) eruiert und durch die Modellierung zweier unterschiedlicher Beschwerdemanagement-Konfigurationen erzielt. Deshalb gilt:
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Zusammenfassung zentraler Erkenntnisse and Fazit
Das Fit'Konzept eriaubt es, anhand des horizontalen und veiiikalen Fits, Strategieoptionen des Beschwerdemanagements zu beurteilen und auszuwahlen. Mit dieser nunmehr getroffenen Auswahlentscheidung war der Strategieformulierungsprozess des Funktionsbereichs Beschwerdemanagement erfolgreich durchlaufen und die Zweckmafiigkeit des in der vorliegenden Arbeit entworfenen Planungskonzepts belegt.
11-2 Fazit Der im Rahmen der vorliegenden Arbeit modellierte Strategieformulierungsansatz stellt ein effektives, tlieoretisch fundiertes und grundsatziicii auf die Umsetzung In der betrieblichen Beschwerdemanagement-Praxis ausgerichtetes Planungskonzept dar. Freilich soil und kann an dieser Stelle dennoch kein Alleinstellungsanspruch fur das vorgeschlagene Vorgehen erhoben werden; dies beruht in erster Linie auf den zwei folgenden Grunden: •
Zum einen basieren die vorgetragenen Uberlegungen auf einem konzeptionellen Fundament, so dass die Schlussfolgerungen nicht durch eine eigene Primarerhebung bestatigt bzw. widerlegt werden konnten. Beispielsweise scheinen empirische Arbeiten insbesondere im Hinblick auf die Erforschung des Konstrukts der Beschwerdebegeisterung und deren Wirkung auf das Nach-Beschwerdeverhalten geboten zu sein. Auch bedarf das Nachfrage- und Nutzungsverhalten der unternehmensinternen Adressaten von Beschwerdeinformationen fraglos einer weiteren empirischen Erforschung.
•
Zum anderen, und dies fuhrt die Betrachtung abschliedend zum Aspekt weiteren Forschungsbedarfes, haben nicht zuletzt die in Tell 3 aufgezeigten Forschungsfelder der strategischen Planung die Reichhaltigkeit der Forschungsansatze erahnen lassen, die fur das Be-
Fazit
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schwerdemanagement erschlossen werden k6nn(t)en. Beispielsweise lasst sich hinsichtlich der Strategieinhaltsdimension ein rein ressourcentheoretischer Planungsinhalt vorstellen. Ebenso scheint es legitim, auch noch starker von der synoptischen Planungslogik abweichende Strategieformulierungsprozesse auf ihre Eignung fur das Beschwerdemanagennent zu reflektieren. Als viel versprechend kann auch die Erschiieliung des strategischen Analyseinstrumentariums (z.B. Portfolio-Ansatze, SWOT-Analyse, Lebenszyklus-Konzept etc.) sowie des umfangreichen Fundus' unterschiedlicher Strategievarianten im Beschwerdemanagennent-Kontext gelten. Beispielsweise konnten, neben den hier betrachteten generischen Wettbewerbs- und den konkurrenzgerichteten Marktverhaltensstrategien, auch die Marktfeldstrategien nach Ansoff (1965) adaptiert werden, die dann u.a. die Idee einer unternehmensexternen Vermarktung des Beschwerdemanagennents als unternehmensbezogene Dienstleistung in den Optionsraunn einbeziehen wurden. Aber auch Marktabdeckungs- und Segnnentierungsstrategien beinhalten zahlreiche relevante Fragestellungen fur die Beschwerdeforschung und die Bereichsleitungen des Beschwerdemanagements In der Unternehmenspraxis. Schliefilich sei erwahnt, dass sich insbesondere nnit der zunehnnenden Etablierung von Verrechnungspreisen fur Beschwerdemanagement-Dienstleistungen auch die Herausforderung stellen wird, die Marketinginstrumentalebene starker als bisher fur das Beschwerdemanagement zu erschlieflen. Wie diese resijmierenden Gedanken zeigen, versteht sich die vorliegende Arbeit als lediglich eine erste Variante strategischen Planungsverstandnisses im Beschwerdemanagement. Folglich muss es zukunftigen Forschungsarbeiten uberantwortet werden, alternative Wege der Strategieformulierung eines Beschwerdemanagements aufzuzeigen. Ihrem eigenen Forschungsziel, ein strategisches Planungskonzept fur das Beschwerdemanagement vorzulegen, das auf die Generierung funktionaler
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Wettbewerbsvorteile gerichtet und in der Lage ist, die Effektivitat des Beschwerdemanagements im Dienste der Gesamtunternelimung zu optimieren, wird die vorliegende Arbeit mit dem ausgearbeiteten Strategieformulierungsansatz jedoch gerecht.
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