ROLF WALKER
Die Heilsgeschichte im ersten Evangelium
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Die Heilsgeschichte im ersten Evangelium
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GÖITIN...
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ROLF WALKER
Die Heilsgeschichte im ersten Evangelium
ROLF WALKER
Die Heilsgeschichte im ersten Evangelium
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GÖITINGEN . VANDENHOECK & RUPREClIT . 1967
Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments Herausgegeben von Ernst Käsemann und Ernst Würthwein 91. Heft der ganzen Reihe
Umdlq: Cb.riatel StelplDlUUl. - C Vandeaboeck .. Ruprecht, G6ltinaen 1967 - Printed in German,.. Ohne .UJdrüC'kllche GenC!'h. m1aunl d~ Verlqes "I d nicht p.tattet. du Buch oder Teile daraUf auf fo~ oder akultOmecb.anilcbem We~ zu vervielflltiaen. GII!IIUDt. benteUUDI: Huben. • Co., Glttin,rn 8702
MEINER MUTfER
INHALT I. Problemstellung ........................................... 11. Israel im Matthäusevangelium
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A. Die Repräsentanten Israels ............................... 1. Die Pharisäer und Sadduzäer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Schriftgelehrten und Phari&iier...................... 3. Die Oberpriester und Ältesten des Volks. . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ihre Synagogen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Dieses Geschlecht ..... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11 11 29 33 35
B. Israel als Einheit des Bösen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Markus- Stoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Q-Materialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Das Sondergut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
38 38 48 59
111. Die Heiden im Matthäusevangelium ........................
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1. Die Markus-Stoffe . . . . . . . . . . . . .. . . . .. .. . . . . . . .. . . . .. .. . 2. Die Q-Materialien ............................. . . . . . . . . 3. Daa Sondergut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
75 87 97
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IV. Die Heilsgeschichte im Matthäusevangelium .................
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1. Die heilsgeachichtliche Konzeption. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das Zeitvaratindnis des Evangelisten. . .. . . . . . . . . . . . . . b) Die Funktion der Redekompositionen. ................ c) Israel und die Heiden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2. Die Funktion der Judaismen innerhalb der heilsgeachichtlichen Darstellung. . . . . . . . .. . . .. . . . .. . . . . . . . . .. . . . .. .. . a) Die Partikulariamen 10,5C; 15,24..................... b) Sondergut zum Thema .. Israel"...................... c) Die Measianität Jesu .......... _..................... Cl) Hoheitstitel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ~) Reflexionszitate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Gesetzliches........................................ e) Einzelzüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3. Zur ..Form" des Matthäusevangeliuma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Polemisch-apologetische KampCschrift! ................ b) Kerygmatisches Geschichtswerk......................
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V. Literaturverzeiohnis ....... _. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. PROBLEMSTELLUNG Im ersten Band seiner Erläuterungen zum Neuen Testament bemerkt Adolf Schlatter zu Mt. 22,4-6: ..Jesus stellt dar, mit welcher Geduld er Israel zur Gnade Gottes lud ... Jedenfalls soll Israel empfinden, wie dringlich und lange ihm Gottes Gnade angeboten worden ist. Aber es blieb stumpf ... Darum verwandelt sich nun für die Geladenen die Berufung zum Fest in ihr Gegenteil." 1 Zu 22,7 führt Schlatter aus: .. Damit ist das Geschick Israels beschrieben, dem die Anbietung der höchsten Gnade den Untergang bringt. ". Er fährt fort: .. Nun sorgt der König für andere Gäste. 22, ~10 ... Jesus blickt auf die Berufung der Heiden. Der Fall Israels wird das Heil der Heiden. An sie geht nun das einladende Wort; sie sollen die Genossen des Christus bei seinem Feste werden."· Spinnt man den Faden der Schlatterschen Auslegung hypothetisch weiter und achtet auf strenge heilsgeschichtliche Periodisierung, so ergeben sich folgende Thesen: 1. Israel schlägt das wiederholte Angebot der Gnade Gottes aus, Israel als ganzes, nicht bloß einzelne Israeliten. 2. Diese Ablehnung des Angebots besiegelt Israels heilsgeschichtliches Geschick (22,7). 3. Nun kommt es zur Berufung der Heiden. So ergibt sich das heilsgeschichtliehe Nacheinander ..Erst Israel, dann die Heiden". 4. Ist Israel aus der göttlichen Berufungsgeschichte ausgeschieden und nehmen die Heiden seinen Platz ein, so bedeutet das hinsichtlich der kerygmatischen Ausrichtung des Matthäus-Evangeliums: die Heilsbotschaft hat nur noch die Heiden als Adressaten. Israel als Adressat des Evangeliums gehört der Vergangenheit an. 5. Ist das Matthäus-Evangelium im Blick auf die universale Heidenberufung geschrieben, so entbehrt es - vom heilsgeschichtlichen Gesamtentwurf her - der direkten polemischen oder apologetischen Botschaft an Israel. Die ganze Darstellung der Auseinandersetzung Jesu mit Israel steht unter heilsgeschichtlichem Aspekt; sie ist (kerygmatische) Gt.8Chü:htuckreibung, nicht Spiegel aktueller Kontroversen der Kirche mit Israel. Das Evangelium nach Matthäua, NeuauCl. 1961,326. • A.a.O. 32öf. I A.a.O. 326.
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Problemstellung
Das sind befremdliche Thesen; doch sie sind nicht allzu befremdlich, wenn man sich einen charakteristischen Schematismus des MatthäusEvangeliums vor Augen hält: seine Tendenz, Israel als geschlossene Einheit darzustellen, als massa perditionis, die für den Messias Jesus nur das Kreuz übrig hat und deren Gerichtsverfallenheit von daher offenkundig ist. Dieses matthäische Theologumenon nötigt zu der Frage, ob der Evangelist damit nicht ein gutes Stück der heilsgeschichtlichen Entwicklung, wie er sie sieht, darlegt und motiviert: Israel wird durch seinen König berufen, verwirft das Angebot mit aller Macht, weshalb es aus der Berufung zur Himmelsherrschaft ausscheidet. Dazu kommt die Beobachtung, daß gerade der Matthäus-Evangelist es ist, der die Heiden unübersehbar ins Blickfeld rückt. Wo die Vertreter Israels z. B. die Auferstehung leugnen, sendet der Auferstandene dafür -man beachte den Kontrast!-die Jünger zu allen Heiden (Kap. 28). Sprechen Kapitel 24 und 25 mit Absicht nur noch von den Heiden als dem Gegenüber der berufenden Jünger und des kommenden Gerichts, nachdem Kapitel 23 das innergeschichtliche forensische Ende der Berufungsgeschichte Israels angesagt hat? Steht die Basileia-Berufung der Heiden bei Matthäus auf dem dunklen Hintergrund des heilsgeschichtlichen Untergangs Israels? Ist die heilsgeschichtliehe Stunde seiner Kirche dadurch gekennzeichnet, daß die Heiden - vor dem in die Zukunft gerückten Ende - anstelle Israels in den Horizont der Basileia-Berufung getreten sind und treten werden? In dieselbe Gnade und unerhörte Beanspruchung wie vordem Israel? - Auf diese Fragen soll die vorliegende Untersuchung Antwort zu geben versuchen.
11. ISRAEL IM MATTHÄUSEVANGELIUM A. Die Repräsentanten Israels 1. Die Pharisäer und Sadduzäer
"Israel" erscheint im Matthäus-Evangelium als handelndes Gegenüber Jesu vornehmlich in Gestalt seiner Repräsentanten. Bald betreten die "Schriftgelehrten" oder die "PhariBii.er" den Ort der Handlung, bald die "PhariBii.er und Sadduzäer" oder "Schriftgelehrten und Pharisäer". Das auffallendste Phänomen für den historisch geschulten Betrachter sind zweifellos die "PhariBii.er und Sadduzäer". Diese Begriffsverbindung, die geschichtlich höchst Disparates und Gegensätzliches zu einer Einheit zusammeofaßt', begegnet - als Bildung des Evangelisten - nur im Matthäus-Evangelium. Bei Markus und Lukas treten die Sadduzäer je nur einmal auf; in der Perikope der Sadduzäerfrage erscheinen sie als Auferstehungsleugner (Mk.12,18; Lk. 20, 27). Mk. 12,18 wurde von Matthäus in veränderter Gestalt übernommen (22,23). Im Anschluß an die Sadduzäer-Perikope führt der Evangelist bei der Einleitung zur Frage nach dem größten Gebot (22,34) den Sadduzäer-Begriff aus dem vorausgehenden Stück 22,23-33 ein, um die beiden Perikopen - im Unterschied zu Markus - eng miteinander zu verbinden. Sonst spricht er an fünf Stellen stereotyp von den "PhariBii.ern und Sadduzäern" (3,7; 16,1.6.11 &.12). Mit Recht stellt Reinhart Hummel fest: "An diesen Stellen ist interessant, daß sie ... alle eindeutig auf den Evangelisten zurückgehen. Die häufige Erwähnung der Sadduzäer hat ihren Grund also nicht in der Tradition. '" Es ist aufschlußreich, wie der Evangelist die von ihm geschaffenen "PhariBii.er und Sadduzäer" charakterisiert. Wo bei Lukas das aus Q stammende Stück 3,7b-9 (= Mt. 3,7b-l0) nach der lukanischen Rahmenbemerkung von 3,7 a gegen die Mengen gerichtet ist, die hin• Vgl. zum Geschichtlichen: Juliua Wellhauaen, Die Pharisäer und die Sadducäer, 2. Aun. 1924; Paul Billerbeck (H. L. Strack - P. Billerbeck, Kom· mentar zum NT aus Talmud und Midraach, I-V, 2. Auf!. 1956) II 494ft'.; IV,I 334ff.; Joachim Jeremias, JeruaaJem zur Zeit Jesu, 3. Auf!. 1962, 252ft'. und 27Uff.; E. L. Dietrich in RGG, 3. Auf!., V 326ft'. und 1277f.; RudolfMeyer, Art. l:"88ou)(,,ro~, Th W VII 35ft'. • In starker Abweichung von Mk. 8,15 (Sauerteig der Pharisäer und Sauer· teig d... Herodes). • Die AWIIlinandersetzung zwischen Kirche und Judentum im Matthäus· evangelium, BevTh 33, 1963, 18; 2. durchgce. und vermehrte Auf!. 1U66.
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Israel im Matthäuaevangelium
ausgingen, um sich von Johannes taufen zu lassen, sind bei Matthäus "viele der Pharisäer und Sadduzäer" (3,7a) die Adressaten des Drohworts; sie gelten ihm als die vom Täufer gegeißelte "Schlangenbrut" (3,7). Sie stehen für Israel, vertreten die typisch israelitische Heilsprärogative: wir haben Abraham zum Vater (3,9)7. In Mk. 8,11 treten die Pharisäer als "Versucher" Jesu auf; Mt. 16,1 sind es die "Pharisäer und Sadduzäer", die Jesus versuchen. Der Evangelist gestaltet den aus Markus übernommenen Stoft'kräftig um, versieht ihn mit einer scharfen Spitze, indem er 16,4 die Wendung von dem bÖBen und ehebrecherischen Geschlecht einfügt (gegen Mk. 8,12; vgl. aber Mk. 8, 38), und vereinheitlicht die Szene: statt der Warnung vor dem Sauerteig der Pharisäer und dem Sauerteig des Herodes Mk. 8, 15 erscheint in konsequenter Fortführung von 16,1 die Warnung vor dem Sauerteig der "Pharisäer und Sadduzäer" (16,6), die der Evangelist in 16,11 wiederholt (fehlt bei Markus). Schließlich deutet er den fraglichen Sauerteig in einem von ihm selbst beigebrachten Vers auf die Lehre der "Pharisäer und Sadduzäer" (16,12). Somit hat man sich die "Pharisäer und Sadduzäer" im matthäischen Sinne als die verderbliche Lehrerschaft Israels vorzustellen. Sie repräsentieren das "böse und ehebrecherische Geschlecht" (16,4), das durch ihren Mund zu Wort kommt. Mit alledem heben sich freilich die "Pharisäer und Sadduzäer" um keine Nuance von der matthäischen Charakterisierung der "Schriftgelehrten und Pharisäer" oder der Schriftgelehrten und Pharisäer je als "Einzelerscheinungen" ab. Denn "Schlangenbrut" , um mit dem kräftigsten Epitheton zu beginnen, heißen bei Matthäus in 12,34 auch die Pharisäer (von 12,24) oder in 23,33 die "Schriftgelehrten und Pharisäer" (von 23,29). Der Evangelist nimmt in 12,34 das in Q vorgefundene "Otterngezücht" (vgl. Lk. 3,7) in seinen Text auf; 23,33 ist ein redaktionelles (abgewandeltes) Duplikat von 3,7. Ähnlich ist die "Versuchung" Jesuin 19,3 (= Mk.l0,2) und 22,35 Sache der Pharisäer, wobei in 22,35 das Motiv der Versuchung wie die ganze Einleitung zur Frage nach dem größten Gebot 22,34f. (gegen Mk. 12,28) von der Hand des Redaktors stammt. Als Repräsentanten des "bösen und ehebrecherischen Geschlechts" wiederum begegnen in 12,38 "etliche der Schriftgelehrten und Pharisäer". Hier hat Matthäus seinen "Pharisäer und Sadduzäer"-Text von 16,1.2.4 mit gewissen Veränderungen in der Einleitung (12,38/16,1) unter einer neuen Personal-Überschrift kurzerhand wiederholt (12,39 = 16,28..4). Schließlich ist die Lehrerfunktion der Schriftgelehrten, der Pharisäer oder "Schriftgelehrten und Pharisäer" durch das ganze Evangelium hin mit Händen zu greifen. Dieser Sachverhalt der sachlichen Identität: daß sich die "Pharisäer und , Vgl. BUierbeek I 116C.
Die Pharisier und Sadduzlier
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Sadduzäer" bei Matthäus in keiner Weise von den &Ilderen gen&llnten Repräsentanten Israels unterscheiden und derselben negativen und stereotypen Charakterisierung unterliegen, erlaubt das vorläufige Urteil: Die "Pharisäer und Sadduzäer" sind im Matthäus-Evangelium keine besondere, individuell qualifizierte Gruppe, sondern lediglich Spielart der einen Führerschaft Israels. NQA;h AU8WIlia seiner bewußten redaktionellen Arbeit bilden. die Reprä8entanten ft1,r MattM:u8 eine hrmwgem Einheit. Das wird eindrucksvoll bestätigt durch 22,23.34. H&Ildelt es sich Mk.12, 18 um eine besondere Gruppe und ihr Spezifikum, um "Sadduzäer, die (bekanntlich) behaupten, es gäbe keine Auferstehung" (vgI. Lk.20, 27), so treten inMt.22, 23 die Sadduzäer mit einer in die Situation gesproohenen Leugnung der Auferstehung auf: An jenem Tage traten Sadduzäer zu ihm mit der Behauptung, es gäbe keine Auferstehung ... Durch >.Cyovr~ I'lJ ctvOlL «vclaTOlaLV formuliert hier der Verfasser des Evangeliums im voraus den Inhalt der folgenden vorgebrachten Geschichte; eben mit ihr sagen die Sadduzäer, es gäbe keine Auferstehung. Daß sie damit nicht die Meinung einer sadduzäischen Sondergruppe im Munde führen, sondern für das Volk sprechen, deutet der gegenüber Mk. 12,27 stark veränderte Schluß der Perikope an: und als die Mengen es hörten, gerieten sie außer sich über seine Lehre (22,33). M&Il wird aus dieser Bemerkung folgern dürfen, daß Jesus im Sinne des Evangelisten kein speziell sadduzäisches Theologumenon ad absurdum geführt hat, sondern eine Meinung, die das Volk mit seinem Entsetzen über Jesu Lehre indirekt als die seine erkennt und bestätigt; auch in 7,28 stehen die Mengen mit ihrem Entsetzen Jesus gegenüber, der anders lehrt als "ihre Schriftgelehrten" •. Interessant ist der Fortg&llg der Handlung in 22,34fJ., wo es um die "Solidarität" der Repräsentanten Israels geht: Als aber die Pharisäer hörten, er habe den Sadduzäern den Mund gestopft, kamen sie eben da zusammen, und einer von ihnen, ein Gesetzeskundiger, fragte und versuchte ihn ... (ganz &Ilders Mk.12, 28). Von "Schadenfreude" der Pharisäer über die Niederlage der Sadduzäer ist dem Text nichts zu entnehmen '. Das hat Hummel genau beobachtet, der richtig vermerkt: "Es steht vielmehr da, daß die Schlappe der Sadduzäer die Pharisäer auf den Plan rief." 10 In der Tat hat man den Eindruck, die Pharisäer müßten auf den gestopften Mund der Sadduzäer hin zum "Gegenschlag" ausholen. - Die Lehrer Israels, seien es Sadduzäer oder Pharisäer, stehen für Matthäus in einer Front • Hwrunel spricht &.&.0. 19 von einer zufillig vertretenen Ansicht. Die Leugnung der Auferstehung ist für MatthiUl jedoch sadduziische = "israelitische" Lehre. • Gegen R. Meyer. ThW VII 52: ..... die Sadduzäer ... an deren Niederlage sich die Pharisier freuen." 10 A.&.O. 19.
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Israel im Mattbäusevangelium
und kämpfen gemeinsam einen Kampf gegen Jesus. Der Evangelist kennt auch dort, wo er getrennt von Sadduzäern und Pharisäern spricht (22,23.34), der Sache nach nicht die beiden .. historischen Indi vidualitäten" der Pharisäer und Sadduzäer, sondern nur die feindselige, aus 3,7; 16,1.6.11.12 bekannte Gesamtheit der .. Pharisäer und Sadduzäer". Von daher wird G. D. Kilpatricks These fragwürdig, nach der Matthäus zwischen pharisäischen und nichtpharisäischen Juden unterscheidet und ..Sadduzäer" als Sammelbegriff für alle nichtchristlichen und nichtpharisäischen Juden zu gelten hat l l. Man wird sich fragen müssen, ob es bei Matthäus überhaupt Sadduzäer neben den Pharisäern gibt...Nominell" sind sie gewiß vorhanden (22,23.34), doch schwerlich ..virtuell". Wo sie neben den Pharisäern auftreten, geschieht es doch innerhalb der sachlichen Einheit von .. Pharisäern und Sadduzäern". Auch Hummel kann die Rolle der von ihm in unerlaubter Weise isoliert betrachteten ..Sadduzäer" nur mühsam in Einklang bringen mit der beherrschenden Rolle der Pharisäer, die er bei Matthäus feststellt (mit welchem Recht, wird sich zeigen müssen) und aus der er folgert, im Matthäus-Evangelium spiegle sich die Auseinandersetzung der .. Kirche" mit dem einheitlich pharisäisch geleiteten Judentum der Jahre nach 70 11• Um seine These über die Wacken und Klötze der für sein .. zeitgeschichtlich-pharisäisches" Verständnis so unpassenden ..Pharisäer und Sadduzäer"-Stellen glücklich hinwegzubringen, trägt Hummel verschiedene Argumente vor: 1. Matthäus bringe, anders als im Falle der Pharisäer, den Sadduzäern kein selbständiges Intereaae entgegen. Sie seien ihm nur im Zusammenhang mit den Pharisäern wichtig l3• 2. Im Zusammenhang mit 22,23 müsse 16,12 doch wohl so verstanden werden, daß Matthäus die Lehrunterschiede zwischen Phariaäem und Sadduzäern für unwesentlich halte. Für ihn gäbe es nur die eine Lehre der Pharisäer und Sadduzäer I'. 3. Die Zusammenstellung der Pharisäer mit ihren aadduzäischen Gegenspielern geschehe aus Gründen der Polemik. Wenn man bedenke, daß im rabbinischen Judentum ..Sadduzäer" zur Bezeichnung für Häretiker wurde (Frage: wann!), so verstehe man, daß die Formel ..Pharisäer und Sadduzäer" das Urteil über die Pharisäer einschließe: ihr seid auch nicht besserlI! 11 The Origina of the Gospel according to St. Matthew, 1946, 120. Vgl. B. C. Butlers Einwände liegen Kilpatrick in: The historical aetting of St. Matthew'. The DOWDS.de Review 66 (19481, -'2:;-138, besonders 131. A.a.O. 17; 20. Zum Thema ..Pharl8B8r vgl. a.a.O. 12ff. 11 A.a.O. 18C. It A.a.O. 19. I. A.a.O. 19f.
G~r;I,
Die Pharialier und Sadduzller
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4. Der Gegell8&tz zwischen Kirche und Judentum sei bei Matthäus geworden, daß die Unterschiede innerhalb des Judentums nicht mehr scharf ins Blickfeld kämen 11. 5. Die Frage bleibe, warum sich dann Matthäus überhaupt für die Sadduzäer interessiere. Die einzig mögliche Antwort laute, hier sei ein "historisierendes" Interesse am Werk. Der zeitliche Abstand von den Ereignissen bewirke einerseits eine Angleichung der Vergangenheit an die Verhältnisse der Gegenwart, andererseits ein stärkeres Interesse an der Vergangenheit 17. Es ist fraglich, ob diese unter sich wenig ausgeglichenen Thesen dem Textbefund gerecht werden. 1. Hat Matthäus, wie Hummel annimmt, an den Sadduzäern kein selbständiges Interesse, 80 muß im Blick auf die Texte dasselbe in aller Strenge auch für die Pharisäer gelten. Der eine Begriff "Pharisäer und Sadduzäer" läßt auch sie nicht als eigenständige Gruppe hervortreten (- was die Untersuchungen zu "Schriftgelehrte und Pharisäer" bzw. "Pharisäer" bestätigen werden). 2. Der Satz, Matthäus halte die Le1arunter8C1&iede zwischen Pharisäern und Sadduzäern für unwesentlich, setzt voraus, daß Matthäus lOlche Lehrunterschiede kennt. So wie sich die Texte bisher darstellen, lassen sie jedoch von einer Lehrdifferenz zwischen den beiden Größen wenig erkennen. 16,(6.11.)12 sprechen nachdrücklich von der (einen) Lehre des einen Phänomens "Pharisäer und Sadduzäer". Auch wenn in 22,34f. die Niederlage der Sadduzäer in der Frage der Auferstehung (nach Hummels eigener Darstellung) die Pharisäer zur "Gegenaktion" bewegt, wird man nicht gerade auf "Lehrdilferenzen" geführt. Legt sich nicht vielmehr der Gedanke an das Gegenteil nahe! Ruft die Schlappe der Sadduzäer die Pharisäer auf den Plan, wenn nicht die "Sache" der Sadduzäer auch ihre Sache ist' 3. Hummels Erklärung, die Zusammenstellung der Pharisäer mit ihren aadduzäischen Gegnern sei auch Ausdruck der anti pharisäischen Polemik, ist nur sinnvoll, wenn Matthäus "Sadduzäer" polemisch gegen "Pharisäer" aU88pielen konnte und sich also über das harte polemische Profil von "Sadduzäer" als Nachbarbegriff zu "Pharisäer" im klaren war. Hummel bemerkt nicht, daß er durch dieses "polemische" Argument mit seinem folgenden 4. Argument in Konßikt gerät, denn demnach sind die innerjüdischen Unterschiede nicht mehr exakt zu Gesicht gekommen. Liegt es nahe, Undeutliches mit Undeutlichem polemisch zu attackieren! Weiter wäre über Hummels Beweisführung hinaus zu fragen: Hat die Solidarität der Pharisäer mit den Sadduzäern in 22,34 einen aggressiven Beigeschmack' Stellt Matthäus die fragliche Soli-
80 groß
.. A.a.O. 20.
.. A.a.O. 20.
16
Israel im Matthäusevangelium
darität nicht rein deskriptiv heraus, um die Pharisäer, vereint mit den Sadduzäern und repräsentativ für Israel, als im gemeinsamen Kampf gegen den Messias Israels begriffen darzustellen? Ihre Einheit mit den Sadduzäern ist hier nicht die von außen formulierte und unterstellte Einheit in Schimpf und Schande, sondern die "positive" Solidarität einer geschlossen kämpfenden feindseligen Front. Wäre nicht auch zu fragen, wie Argument 3 hinsichtlich des 5. Arguments zu erklären sei, die polemische Ausrichtung der Darstellung zu der so stark betonten "historisierenden"? Werden "historisierendes Interesse" und Verwendung zu polemischen Zwecken im Blick auf denselben Gegenstand ohne weiteres Hand in Hand gehen? 4. Kommen die innerjüdischen Unterschiede nicht mehr scharf zu Gesicht, so werden damit doch (ungenaue) Unterschiede angenommen. Könnte es nicht sein, daß diese Unterschiede nur in der Vorstellung des Auslegers existierten und bei Matthäus gar nicht gegeben wären (vgl. zu 2.)? 5. Die Angleichung der Vergangenheit an die Verhältnisse der Gegenwart bezieht sich nach Hummel auf die Pharisäer, das "stärkere Interesse an der Vergangenheit" auf die Sadduzäer. Muß ein derartig entgegengesetzt-zweigleisiges Verhältnis zur "Historie" im Blick auf den einen Begriff "Pharisäer und Sadduzäer" nicht konstruiert anmuten? Sieht man auf den Sachverhalt der "Pharisäer und Sadduzäer" und verzichtet auf eine sachliche Isolierung und Sonderstellung der Sadduzäer (und Pharisäer), stellt sich die Frage nach der "GeschichtIichkeit" anders als bei Hummel. Denn daß in der Zeit vor oder nach 70 die Pharisäer und Sadduzäer so zusammengehörten, wie die Texte es darstellen, wird niemand bchaupten wollen. Die "Pharisäer und Sadduzäer" des Matthäus-Evangeliums sperren sich gegen jede historisierende Einordnung; sie sind, soweit die Pharisäer und Sadduzäer der historischen Forschung zugänglich sind, für das Jahr 30 historisch ebensowenig denkbar wie für die Zeit nach 70. Da sich der Begriff der "Pharisäer und Sadduzäer" geschichtlich nicht verifizieren läßt und auch im Medium einer Matthäus vorliegenden Überlieferung historisch nicht zu fixieren ist - der Evangelist schafft den Begriff ja erst -, kann er auch nicht "geschichtlich" interpretiert werden. Es ist vielmehr damit Ernst zu machen, daß der Evangelienschreiber diesen Begriff für die Zwecke seines Evangeliums konzipiert. Er ist ein literarischer Begriff mit rein literarischer Funktion, der innerhalb des Evangeliums die Einheit des "geschichtlichen" Israel darzustellen hat. Er bezeichnet die Repräsentanten Israels als Gegenüber des Täufers und Jesu selbst und ist so ein literarischer Baustein in der vom Evangelisten entworfenen Heilsgeschichte, wie wir fürs erste vermuten.
Die Schriftgelehrten und Pharialier
17
2. Die 8ckriftgeleArten UM PhaNiür
Zunächst einiges Statistische zum Stichwort "Schriftgelehrte". An 5 Stellen treten bei Matthäus für die "Schriftgelehrten" des MarkusTextes die "Pharisäer" ein: Mt. 9,11; 12,24; 21,45f.; 22,34.41 / Mk.2,16; 3,22; 11,18; 12,28.35. An weiteren 4 Stellen entfallen bei unserem Evangelisten die "Schriftgelehrten" ganz: Mt. 17,14; 21,23; 26,47; 27,lfMk.9,14; 11,27; 14,43; 15,1; an einer Stelle weichen sie den "Ältesten des Volks": 26,3/14,1. Diesen Passiva in Sachen der "Schriftgelehrten" stehen 4 Aktiva-Stellen gegenüber, die ohne Parallelen sind: 2,4; 8,19; 13,52; 23,34. Dazu kommen noch 9 Loci mit der auffallenden Formel "Schriftgelehrte und Pharisäer": 5,20; 12,38 und 23,2.13.15.23.25.27.29 18• Hummels Urteil: "Die Schriftgelehrten treten bei Matthäus im Vergleich zu Markus stark zurück"" gilt also nur für den Terminus "Schriftgelehrte". Schließt man das matthäische "Schriftgelehrte und Pharisäer" in die Betrachtung ein, bekommt das Bild eine andere Farbe. Die Texte Lk. 5,21; 6,7; 11,53 und 15,2 unterscheiden deutlich die Schriftgelehrten und die (mit neuem Artikel eingeführten) Pharisäer 10. Für Matthäus ist charakteristisch der von einem Artikel bestimmte Geasmtbegrift' "die Schriftgelehrten und Pharisäer" (5,20; 12,38), unverkennbar eine Parallel-Bildung zu "die Pharisäer und Sadduzäer" und aufgenommen durch das ihm zugehörige, artikellose und vocative "Schriftgelehrte und Pharisäer" (23,13 usw.) 11. Die Originalität des Begriffs - wieder geht er auf den Evangelisten zurück - und seine wiederholte Verwendung verlangen gebieterisch, ihm alle Aufmerksamkeit zuzuwenden, ehe man die Einzelbegrift'e "Schriftgelehrte" und "Pharisäer" untersucht. Denn es liegt auf der Hand, daß die Singulärbegrift'e in unmittelbarer Nachbarschaft der stereotypen Begrilfseinheit "Schriftgelehrte und Pharisäer" in einem anderen Licht stehen als in einem Kontext ohne jene formelhafte Prägung (wie etwa bei Markus). Hummel nimmt an, "daß für Matthäus die jüdischen Schriftgelehrten als solche zu den Pharisäern gehören"." Doch ist hier im Blick auf die "Schriftgelehrten und Pharisäer" als der ParallelBildung zu den "Pharisäern und Sadduzäern" große Vorsicht geboten. Die matthäische Formel "die Schriftgelehrten und Pharisäer" läßt, für sich betrachtet, von einer dominierenden Rolle der Pharisäer nichts ,. Gegeniiber Mk. 12,38 ..Schriftgelehrte". ,. A.... O. 17. • Vgl. 7,30 (5,17; 14,3). 11 V. 23,2 mit wiederholtem Artikel wird dem Evangelisten vorgelegen h ..ben; vgl. Rudolr Bultmann, Die Geschichte der Iynoptischen Tradition, 3. Auf!. 1951, 118 (..80ndertradition?"). Du Johann8l.Evangelium kennt üller· raochenderweil8 einzig die Phariaier (1,24; 3,1; 4, I; 7,32.47.48; 8,13; 9,13.16. 16.40; 11,46; 12,19.42). Nur in dem unechten Text 8,3 begegnen ..die Schrift· gelehrten und die Phariaier". u A.... O.17. I 8701 WoIbr,
_~Io
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Israel im lIIatthäuaevangeliwn
erkennen. Der Begriff des Schriftgelehrten ist hier nicht von seinem Nebenbegriff "Pharisäer" her bestimmt, sondern "die Schriftgelehrten und Pharisäer" bezeichnet wie "die Pharisäer und Sadduzäer" ein einheitliches Phänomen, angesichts dessen man sagen kann, daß die Schriftgelehrten als solche zu den Pharisäern und die Pharisäer als solche zu den Schriftgelehrten gehören. Unübersehbar ist die Häufung der Anrede "Schriftgelehrte und Pharisäer" in Kap. 23, das auf die Höhe der Auseinandersetzung Jesu mit seinen Gegnern führt, bis hin zur definitiven Gerichtsansage an "dieses Geschlecht" (23, 32ft".). Die Schriftgelehrten und Pharisäer sitzen auf dem Stuhl Moaea (23,2); sie haben als die Lehrer Israels zu gelten (23,3ft".). Man muB es Joachim Jeremias in diesem Zusammenhang bestreiten, daß die Rede Jesu in Kap. 23 in zwei Teile zerfällt, in einen Teil, der den Schriftgelehrten das Nötige sagt (1-22, 29-36), und einen anderen, der die Vorwürfe gegen die Pharisäer zur Sprache bringt (23-28)11. Es gibt bei Matthäus nur ein Gegenüber der Weherufe, den einen heuchlerischen Adressaten "Schriftgelehrte und Pharisäer", mägen die einzelnen Logien auch, wie anzunehmen ist, in ihrem ursprünglichen Sitz im Leben an sehr verschiedene Adressaten gerichtet gewesen sein. Matthäus bezieht als Redaktor alle Vorwürfe auf ein und dasselbe Subjekt; nach 1-22 geht es nahtlos zu 23-28 weiter, ebenso von 28 zu 29ft". Die zu dem ursprünglich anti pharisäischen Stoft" 23-28 gehörige Anrede "du blinder Pharisäer" (23,26) bedeutet in ihrem jetzigen Kontext nicht mehr die Markierung eines individuellen Israeliten: "Pharaiäer" kann hier nur noch Synonym für den Einheitsbegriff sein. Auch in der Bergpredigt sind nicht zwei verschiedene Gruppen zu unterscheiden, wie Jeremias wieder vorschlägtM, so daß auf die Rede gegen die Theologen 5,21-48 die andere Rede gegen die Mitglieder der pharisäischen Gemeinschaften 6,1-18 folgte. 5,20 spricht durchaus nicht von den beiden Gruppen der Schriftgelehrten und der Pharisäer. Vorausgesetzt ist vielmehr die Homogenität einer Gruppe, der "Schriftgelehrten und Pharisäer", und das Folgende ist ihrer Gerechtigkeit entgegengesetzt, nicht etwa der spezifisch "schriftgelehrten" oder "pharisäischen" im konkret-historischen Verständnis der Begriffe. Für den Evangelienverfasaer Matthäus kämpft Jesus nicht gegen zwei Richtungen, sondern wider die eine Lehrerschaft Israels. Das wird bestätigt durch Beobachtungen zu den "Einzelbegriffen" der "Schriftgelehrten" oder "Pharisäer": 1. Ist in 23,26, wie schon erwähnt, "Pharisäer" Synonymon zu "Schriftgelehrte und Pharisäer", so tritt in 7,29 das Synonym "Schriftgelehrte" für diesen Gesamtbegriff ein. Nachdem Jesus in der Berg.. Jeruaalem zur Zeit Jeau 288; vgl. ThW I 741f. .. ThW 1742.
Die Schriftgelehrten Wld Phariailer
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predigt die bessere Gerechtigkeit über die der ..Schriftgelehrten und Pharisäer" gestellt hat (5,20ff.), wird ihm am Schluß der Rede im Unterschied zu ..ihren Schriftgelehrten" eschatologische Vollmacht nachgesagt. Der Evangelist übernimmt den Vers aus MIt. 1,22; dabei verwandelt er ..die Schriftgelehrten" des Markus-Textes in ..ihre Schriftgelehrten" und interpretiert damit das in seinem Text ,-orausgehende ..die Schriftgelehrten und Pharisäer". Das eben sind für ihn die ..Schriftgelehrten und Pharisäer": ihre, der Israeliten - .. Israels" Schriftgelehrte, vgl. den matthäischen Ausdruck ..die Schriftgelehrten des Volks" (2,4). 2. Ähnliches ist zu 15,1 ff. zu sagen. Im Paralleltext MIt. 7,1 U heißt es: ..... die Pharisäer und einige Schriftgelehrte, die von Jerusalem gekommen waren." Matthäus verschleift die klaren Konturen des Markus-Textes und rückt die beiden Begriffe in seinem artikell08en .. Pharisäer und Schriftgelehrte" eng zusammen. In 15,12 wechsclt er jedoch plötzlich das Subjekt. Jetzt ist zu lesen: .. Weißt du, daß die Phari&äer ... Anstoß genommen haben~" Für .. Pharisäer und Schriftgelehrte" kann kurzerhand ..die Pharisäer" stehen. 3. Nachdem in Mt. 12,2.14.24 dreimal hintereinander die Pharisäer aufgetreten sind, nehmen in 12,38 - bei durchgehender Einheitlichkeit der Szene von 12,22 an - ohne Umschweife ..etliche der Schriftgelehrten und Pharisäer" ihren Platz ein. Die Personen bleiben offensichtlich dieselben, ja sie können nun in einen letzten, dramatisch gesteigerten Akt eintreten (12,43--45), nur die Begriffe wechseln. Sie sind völlig kongruent. Die .. Pharisäer" sind für Matthäus identisch mit den ..Schriftgelehrten und Pharisäern" oder .. Pharisäern und Schriftgelehrten", wie andererseits ..ihre Schriftgelehrten" und die ..Schriftgelehrten und Pharisäer" dasselbe meinen. 4. So ist es auch nicht verwunderlich, daß im Matthäus-Evangelium die Pharisäer ..Schüler" haben, die mit gegen Jesus zu Felde ziehen. Zwar spricht schon Hk. 2,18 von den ..Jüngern der Pharisäer", doch während man im entsprechenden Matthäus-Text 9,14 den Terminus vergeblich sucht, verwendet ihn der Evangelist in einer spezifischen .. Kampf-Perikope" (22,16), wo ihn nun wieder Markus vermissen läßt (12,13). Die Pharisäer, d.h. die Lehrer Israels und ihre ..Schüler", gehören für Matthäus - in Abweichung von dem unpolemischen Text MIt 2,18 - als Feinde Jesu zusammen. 6. Wenden sich nach 21,16 die Oberpriester und die 8c1iriftgeleAt1en im Tempel gegen Jesus, 80 sind es wenig später die Oberpriester und U Vgl. 7,11 ..die Pharisäer Wld die Schriftgelehrten", wobei der Artikel bei ..Schriftgelehrten" riieo-eisenden (7,1 !), nicht generellen Sinn hat. So mit Jeremiae, Jeruaalem zur Zeit J ..u 287, Anm. 3.
I·
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Iarael im Matthäua8vangelium
die Pharist'ür, die seine im Tempel gesprochenen Gleichnisse verstehen (21,45). Matthäus kann dieselben Subjekte "Schriftgelehrte" oder "Pharisäer" nennen. Die Begri1fe sind austauschbar. Ähnlich stehen in der Leidensgeschichte bald die Schriftgelehrten, bald die Pharisäer an der Seite der Ältesten oder Oberpriester (26,1I7f.; 27,62). Aus alledem ergibt sich: In allen großen Rede- oder Streitgesprächskomplexen des Matthäus-Evangeliuma, die indirekt (5, 20ff.) oder direkt (Kap. 12; 15,lff. [12-14]; 21-23) die Auseinandersetzung Jesu mit Israel darstellen bzw. abschließen (Kap. 23), treten als Gegner Jesu niemals die Schriftgelehrten als einzelne (MIt. 12,28) oder in ihrer besonderen Eigenschaft als die geschulten Theologen der gemeinhin nicht schriftgelehrten Pharisäer (wie Mk. 2,16) hervor, sondern immer "Schriftgelehrte und Pharisäer" - als unterschiedslose Einheit, und zwar so, daß die "Einzelbegriffe" der "Schriftgelehrten" oder "Pharisäer" stets und mühelos den Einheitsbegriff ersetzen können und umgekehrt. Singulärbegriffe und Einheitsbegriff meinen durchweg dasselbe wie "Pharisäer und Sadduzäer": die eine, da8 (damalige) ImJel du M aUMu-Emngeli U1II8 literari8cA repräBenlierende LeArertd,a/e. Diesen Befund bestätigen gerade auch die Stellen, an denen die matthäischen "Pharisäer" den markinischen "Schriftgelehrten" das Wasser abzugraben scheinen: 1. Mk. 2,16fMt. 9,11. Matthäus ändert das markinische "die Schriftgelehrten der Pharisäer" in "die Pharisäer". Wo die Formel "die Schriftgelehrten und Pharisäer" Eingang gefunden hat, kann es konsequenterweise keine Schriftgelehrten der Pharisäer mehr geben, sondern nur noch, beliebig austauschbar und wechselseitig identisch, Schriftgelehrte oder Pharisäer (vgl. 9,3/Mk.2,6; 9,11 = 9,14.34). 2. Mk. 3, 22/Mt. 12,24. Matthäus streicht die Herodianer von Mk. 3, 6, so daß in 12,14 nur die Pharisäer übrigbleiben. Für "die Schriftgelehrten, die von Jerusalem herabgekommen waren" (Mk.3,22) setzt er in 12,24 schlichtweg "die Pharisäer". Nachdem Matthäus in 12,2 (= Mk.2,24) die Pharisäer als Handlungsträger eingeführt hat, vereinheitlicht er die Szene radikal: von 12,1 bis 12,45 steht Jesus (trotz des Ortswechsels 12,15) im Kampf mit der einen Front der Pharisäer = Schriftgelehrten und Pharisäer (12,38). 3. Mk. l1,18/Mt. 21,45f. Der Evangelist nimmt die "Oberpriester und die Schriftgelehrten" von Mk.l1,18 zunächst in einen bei Markus fehlenden Zusammenhang der Tempelszene auf (21,15), dann trägt er 11,18 stark verändert in 21,45f. nach, dergestalt, daß nun für die "Schriftgelehrten" die "Pharisäer" erscheinen: und als die Oberpriester und die Pharisäer seine Gleichnisse hörten ... Von einer Unter.. bzw. 16,1 "Phariaäer und Schriftgelehrte".
Die Schriftgelehrten und Pharisäer
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drückung der Schriftgelehrten zugunsten der Pharisäer kann also auch hinsichtlich MIt.ll,18 nicht die Rede sein. Die Identität der Begriffe vorausgesetzt, gebraucht Matthäus für den einen von Markus übernommenen Begriff an anderer Stelle nur den eigenen anderen. 4. MIt. 12,28iMt.22,34. MIt. 12,28 geht esum ..einen vonden Schriftgelehrten". Matthäus dagegen bringt, wie gesagt (vgl. S. 11. 13f.), die Sadduzäer der vorhergehenden Perikope mit den Phari&äern zusammen, weil für ihn ..Pharisäer und Sadduzäer" eine vorgegebene, geprägte Begriffseinheit darstellt, nicht jedoch ..Schriftgelehrte und Sadduzäer". Diese Begri1fskombination müßte entstehen, wollte der Evangelist bei seiner die Solidarität und Identität der Lehrer Israels betonenden Ausrichtung der Perikope bleiben und zugleich in treuerer Anlehnung an den Markus-Text lediglich den einzelnen Schriftge· lehrten von 12,28 - in Analogie zum jetzigen ..die Pharisäer" generalisieren. Der eine Schriftgelehrte von 12,28 faUt bei Matthäus also nicht den Pharisäern als individueller Gruppe zum Opfer, sondern der schon in 3,7; 16,1.6.11.12 anvisierten und dort formelhaft angesagten Einheit von ..Pharisäern und Sadduzäern". 5. MIt. 12, 35fMt. 22, 41. Nachdem in 12, 28 ..einer der Schriftgelehrten" das Wort ergriffen hat, der nicht feme ist vom Reiche Gottes (12,34!), steUt Jesusin 12,35 die Frage: wie sagen denn die Schriftgelehrten ... , Ein streitbares Gegenüber fehlt; Zuhörer ist nach 12,38 /) 7to>.U~ 6XAO~, von dem zu sagen ist: 'ljXOUEV IlUTOÜ -Ij3'6)~. Matthäus hat aus oben genanntem Grund die Pharisäer eingeführt. Da für ihn, anders als für Markus, die ganze Komposition, die er in 22,46 redaktioneU abschließt, unter der Überschrift ..Auseinandersetzung mit dem einen Gegner" steht, richtet er auch die Perikope von der Davidssohnfrage dementsprechend aus. Er formt sie bewußt zu einem ..Streitgespräch" mit den schon vorhandenen Pharisäern um - Einheit der Szene! und läßt sie nun direkt angesprochen sein (22,42). Wieder stehen die Pharisäer für die eine Lehrerschaft Israels des MatthäusEvangeliums. In diesem Zusammenhang ist auch die Tatsache belangvoU, daß das Matthäus-Evangelium die ..Schriftgelehrten" an 4 Stellen (vgl. S. 17) als ..Sondergut" aufweist. Auch sie spricht gegen eine bewußte, einseitig .. pharisäische" Tendenz des Evangelisten. Von den 4 Loci, an denen bei Matthäus die Schriftgelehrten des Markus-Textes ganz entfaUen (vgl. S. 17), geht die Auslassung dreimal zu Lasten der Formel ..die Oberpriester und Ältesten des Volks" (MIt. 11,27; 14,43; 15,1/ Mt. 21,23; 26,47; 27,1; vgl. 14,1/26,3), was wieder kein Votum zuguDSten der ..Pharisäer" ergibt. Von diesen Stellen soU ausführlich im nächsten Abschnitt gehandelt werden. Zu MIt.II,14fMt.17 ,14 vgl. S. 42.
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Israel im Matthäusevangelium
Nach alledem ist der These Hummels, daß ..... Matthäus die Phari· säer so oft wie möglich als Gegner Jesu auftreten läßt 27" , nicht zuzu· stimmen. Sie kommt zustande auf Grund einer methodisch frag· würdigen Behandlung der Texte, die Hummel wahllos heranzieht, ohne Rücksicht auf ihre konkrete Gestalt, sofern sie nur das Stichwort .. Pharisäer" enthalten. So ist nach Hummel ..das Wort von der bes· seren Gerechtigkeit (5,20), das die Bergpredigt thematisch beherrscht", gegen die Pharisäer gerichtet l7 ; ..ferner das ganze Kapitel 23"17. Und: ..Im Gegensatz zu den anderen Evangelisten konfrontiert er auch schon den Täufer mit den Pharisäern (3,7)"27. Das eine 1\IaI spricht Matthäus jedoch prägnant von den ..Schriftgelehrten und Pharisäern", das andere Mal von den .. Pharisäern und Sadduzäern". Es ist falsch, ..daß für Matthäus die Pharisäer die eigentlichen Gegner Jesu sind"·. Die Untersuchung von 5,20 /7,29; Kap. 12; 15; 22; 23 hätte Hummel über die totale Kongruenz der Einheits- und .. EinzeIbegriffe" belehrt, über deren gegenseitiges Verhältnis er nichts aussagt. Diese Kongruenz hätte es ihm verwehrt, von Schriftgelehrten und Pharisäern zu sprechen, zwischen denen Matthäus nicht mehr deutlich unterscheide·, und von einer .. Zusammenfassung, die an eine Identifizierung grenzt"n. Das besagt, daß Matthäus im Text Unterschiede stehenläßt. Sie sind nicht exakt auszumachen, immerhin sind sie - undeutlich - vorhanden. Die Zusammenfassung grenzt an Identifizierung, kommt ihr also nur nahe; am Ende bleiben doch Differenzen. Tatsächlich stellt die matthäische Formel die unterschiedslose Einheit der Lehrer Israels dar. Matthäus hat nicht ungenau - zwei verschiedene Gruppen vor Augen, die er formelhaft zu einer Beinahe-Einheit verbindet, sondern nur im vorgegebenen Material zu unterscheidende Handlungsträger, die schon als einzelne das Ganze sind, die eine Schlangenbrut der Pharisäer (12,34), Pharisäer und Sadduzäer (3,7) und Schriftgelehrten und Pharisäer (23,33). Jesu ..eigentliche", d.h. einzige Gegner sind im Matthäus-Evangelium Israels Lehrer, die Schriftgelehrten = Schriftgelehrten und Pharisäer = Pharisäer = Pharisäer und Sadduzäer, also etwas sehr anderes als die Pharisäer im historischen Verständnis des Begriffs. Jeder dem Evangelisten zugeschriebene Anti-Pharisäismus bleibt ohne Anhalt im Text, sofern der ganze Textbestand zu Wort kommt 30• Die einzige 17 A.a.O. 13; vgl. Kilpatrick a.a.O. 106; T. F. OI888On, Anti·Pharisaism in St. Matthew, JQR 51 (1961-62) 316--320, 317: "There is an increase ofseverity against the Pharisees." Wie Hummel urteilt auch Wolfgang Tril1ing, Das wahre IIII'RCI, StANT 10, 3. umgearb. Auf!. 1964, 90. a A.a.O. 14. H A.a.O. 15. .. Georg Strecker, Das Geschichtsverständnis des Matthius, EvTh 26 (1966) 57-" sagt S. 68, der PharisiismuB (I) reflektiere im MatthiuB.Evangelium nicht primir die Situation d ... zeitgenössischen Judentums, sondern habe die FunktIon eines Topos, der im Gegenüber zur ethischen Forderung die Haltung
Die Schriftgelehrten und Pharieäer
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Anti-Tendenz des Evangelisten ist sein "Anti-Doktorismus": der Stoß ist gegen das Israel der Vergangenheit gerichtet, das in den doctores von ehedem begegnet. Somit ist das historische Urteil zu revidieren, das Hummel mit der angeblichen Vorherrschaft der Pharisäer im Matthäus-Evangelium verbindet.. Er sagt: "Darin spiegelt sich offensichtlich seine eigene Lage wider: die Vorherrschaft des Pharisäismus nach der Tempelzerstörung"3l. Nach Hummel trägt Matthäus den Anblick des Judentums seiner Zeit in die historia Jesu ein, eine These, die durch die "Sadduzäer" in Verbindung mit den "Pharisäern" empfindlich gestört wird (vgl. Hummel 20); in die historia Jesu, in der gewiß schon Pharisäer eine Rolle spielten, doch nicht so einseitig, wie Matthäus es darstellt 3l . Die eine Lehrerschaft des MatthäusEvangeliums sperrt sich demgegenüber gegen jede zeitgeschichtliche Einordnung. In der bei Matthäus konstatierbaren Synonymität hat es Israels Lehrerschaft nie gegeben. Als eine Größe perfekter BegriffsKongruenz, in die auch die "Pharisäer und Sadduzäer" einbezogen sind, kann sie mit dem einheitlich pharisäisch geleiteten Judentum der Zeit nach 70, von dem Hummel spricht, kaum etwas zu tun haben. Die Begriffe haben das geschichtliche Profil verloren, das sie bei Markus, der sie unreflektiert gebraucht, noch an sich tragen. An die Stelle mehrerer individueller, geschichtlich gewachsener Termini ist ein einziger, vom Evangelisten entworfener "Uniformbegriff" der Lehrerschaft Israels getreten, der aus realen Verhältnissen weder abzuleiten noch auf sie anzuwenden ist. Diese Gegnerschaft Jesu gibt es nur in der literarischen Geschichte Israels des Matthäus-Evangeliums, nicht in historischer Funktion. Der deutliche Anti-Doktorismus des Matthäus-Evangeliums widerlegt auch Hummels Urteil, nach dem " ... der Begriff des Schriftgelehrten für Matthäus ein neutraler Begriff ist, der erst durch die Zugehörigkeit zur Gemeinde oder zum Pharisäismus qualifiziert wird" SI. Wie der Begriff der "Schriftgelehrten", eins mit dem der "Pharisäer" oder "Schriftgelehrten und Pharisäer" und so einbezogen in die stereotype Qualifizierung, die Matthäus für diese Begriffe bereithält, ein "neutraler" Begriff sein soll, wird schwer zu erklären sein. Hat man die geschlossene Front der Lehrer Israels mit ihren dunklen Epitheta im Matthäus-Evangelium zu Gesicht bekommen, muß einen der Begriff "neutral" fremd anmuten. d ... Unglaubens repräsentiere. Die Rückschlüsse auf .. die Lage in der Gegen. wart" müßten hinter die Frage nach den theologischen und historischen Inten· tionen des Matthiius zurücktreten (ebenda. Anm. 33). Dem ist - cum grano salis - zuzustimmen. Die doctores sind keine aktuellen, aondem "g88Chichtliche" Größen: die Exponenten Israels·von·damals, d...aen Ungehorsam sich freilich nicht nur auf die .. ethische Forderung" bezieht (vgl. z.B. 9,34; 11,16-24; 12,22-42; 16,1-4; 21,33-46) . .. A.a.O. 14. •• A.a.O. 27; vgl. 17f.
Iarael im MatthäU8eVallgelium
- Aber Matthäus redet doch auch von christlichen Schriftgelehrten! Dann muß der Begriff doch ambivalent werden I - Hummel verweist (in dieser Reihenfolge) auf die Stellen 13,52; 23,34; 8,19 und 23,8-10. 1. Mt. 23,8-10. Hummel schreibt: "Das Verbot, sich mit den Ehrentiteln der jüdischen Schriftgelehrten anreden zu l&BBen, setzt die Existenz christlicher Schriftgelehrter voraus"u. Oder: "Der Hinweis auf Christus als den einen Lehrer der Gemeinde (v. 8 und 10) setzt der Autorität der christlichen Schriftgelehrten eine Grenze und stellt sie als Lernende und als Brüder in die Gemeinde hinein"u. Nun ist, vom Formalen her geurteilt, nicht zu übersehen, daß 23,8 nicht mit einer Anrede an Schriftgelehrte, sondern mit einem prononcierten und generellen "ihr aber" beginnt, das in 23,8 b durch das ebenso ausnahmslose 7t«vrCt; 31 Öf.LE~ aufgenommen wird. Will man mit Hummel annehmen, durch 23,8-10 bekämen Schriftgelehrte der matthäisehen Kirche ihren Platz angewiesen, so kann es in dieser Kirche nicht einzelne, sondern überhaupt nur Schriftgelehrte geben. Denn mit 23,8 sind durchaus alle (Jünger = "Schriftgelehrte") angesprochen. Auch die inhaltliche Ausrichtung der Verse 8-10 muß zu denken geben. 23,8 lautet: Ihr aber sollt euch nicht Rabbi nennen l&BBen, denn einer ist euer Lehrer, ihr aber seid alle Brüder. Ist einer Lehrer und sind die Jünger ihm gegenüber alle Brüder, so bleibt logischerweise nur der eine "Meister" übrig und in und mit seinen "Titeln" ist das christliche Rabbinat selbst grundsätzlich abgewiesen, wie Schlatter richtig sagt: "Sie [die neue Gemeinde] hat kein Rabbinat, sondern in Jesus ihren einzigen Lehrer, der ihr Gottes Willen sagt"·. Es ist beachtlich, daß nicht nur die Titel angegriffen, sondern auch die Funktionen der Titelträger geleugnet werden. So heißt es im ganzen gleich dreimal: ein Meister, ein Vater, ein Lehrer! Wurden diese Worte in ihrem Sitz im Leben (mit einem speziell auf "Schriftgelehrte" zielenden "ihr aber" und ohne TtIlvm; 23,8b) gegen Titel und Wesen christlicher Schriftgelehrter gesprochen, was anzunehmen ist; setzen sie also ursprünglich Titel und Existenz christlicher Schriftgelehrter voraus", so wurden diese Titelträger und ihre Funktion doch durch eben diese Worte radikal aus dem Raum der Kirche verbannt. Von hier aus ist weiter zu fragen, ob Hummels Ausführungen nicht an mangelnder methodischer Exaktheit leiden. Er nimmt 23,8-10 ohne weiteres für Matthäus und seine Kirche in Anspruch, ohne zwischen der ursprünglichen Ausrichtung der Worte und ihrer Verwendung durch den Evangelisten zu u A.a.O. 27. .. A.a.O. 28. .. Der Evangelist Matthius. Seine Sprache, seine Ziel, seine Selbständigkeit. Ein Kommentar zum ersten Evangelium; Neudruck 1957,670 z. St. H In seinem Aufsatz ,Die Anlange christlicher Theologie', ZThK 57 (1960) 164 erläutert E. KäsemBnn z. St., "daß hier Polemik gegen eine sich ... in der Weise eines christlichen Rabbinatee bildende Gemeindeordnung geübt wird".
Die Schriftgelehrten und Pharisler
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unterscheiden. Die Annahme, die Verse 23,8fF. seien - im Sinne des Evangelisten - mit dem Blick auf christliche Schriftgelehrte gesprochen, erweist sich als unhaltbar angesichts ihrer Stellung innerhalb der matthäischen Komposition des 23. Kapitels, die allein über die Intentionen des Evangelisten Auskunft gibt. Hier sind von Anfang an bestimmte nicht-christliche ..Schriftgelehrte" vorausgesetzt, die Lehrer Israels, die ..Schriftgelehrten und Pharisäer" und ihre in 23,2-7 beschriebenen Praktiken. Von die8em Hintergrund ist das generelle ..ihr aber" in 23,8 abgesetzt. Die Jünger (von damals) sind streng dazu aufgefordert, anders als Israel zu sein, ..nicht-schriftgelehrt" und entsprechend ..titellos", positiv: brüderlich und diakonisch. Sie haben nur einen Meister. Er schließt für die Seinen alle menschliche Größe zugunsten seiner Alleingeltung aus ...Israel", dargestellt durch die eine, Mose repräsentierende und sich selbst lebende Lehrerschaft, und die ..Jünger" unter dem einen Meister, neben dem es nur Brüder und Diener gibt, sind wie Feuer und Wasser. Mit l\-litteln der Komposition, durch 23,8fF. im Gegenüber zu 23,2fF. paralysiert Matthäus die (bedingte) ..Anerkennung des Rabbinats" durch Jesus, das ihm überkommene, unechte judenchristliche Logion von 23,3: Die ..Jünger" (von damals) sind in totalen Gegensatz zu ..Israel" und seiner Lehrerschaft gerufen. Dieses Wort an die Jünger von einst hat sicher auch seine kerygmatische Bedeutung für das .. Heute" des Evangelisten. Für die ..Jüngerschaft" schlechthin (nicht für einzelne daraus) ist menschliche, ..schriftgelehrte" Größe von der Art des Textes und Kontextes, die jenseits der Alleingeltung Jesu steht (23,8.10; 23,11: Der Größte unter euch soll euer Diener sein), gleichbedeutend mit einem Rückfall in das von Jesus verworfene Wesen der Lehrer Israels. So i8t 23,811. weder von seiner ursprllnglichen Av.sricAtung aus noch von seiner Konteztjunktion in Kapitel 23 oder seiner aktuell-kerygmatischen Bedeutung /Ur das Heute de8 Evangeli8ten her /o.r das ..positive Dasein" christlicher Schriftgelehrter bei MaltMus in Anspruch zu nehmen. 2. Von hier aus ist 23,34 zu beurteilen: Darum, siehe, sende ich zu euch Propheten und Weise und Schriftgelehrte ... , wobei offensichtlich an die ..Jünger" gedacht ist, die an Jesu Schicksal teilhaben (aTcxupc:.CJEu). V. 23,34 steht sachlich zu 23, 8fF. in unauflösbarem Widerspruch. Weist Jesus dort Titel und Funktion der Schriftgelehrten für seine Bruder- und Diener-Jüngerschaft ab, so sendet er sie hier aus. Der Widerspruch löst sich indessen auf, wenn man man auf die .. Zeit" .achtet, die der Evangelist den verschiedenen Sprüchen zuordnet. 23,8fF. ist uneingeschränkt gesprochen; jedes Wort ist mit dem ganzen Gewicht des Gerichtes versehen (23,12). Hier hat man die bis ans Ende verbindliche Lehre des Messias; hier expliziert er seine ..Ekklesiologie"
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Israel im IIlatthälJll8V&ll8"lium
(vgl. Kap. 18; 20,20-28). Demgegenüber ist 23,34 im Sinne des
Evangdi~ten an die Zeit Israels gebunden. Die Schriftgelehrten sind zu
"euch" 1!8II&ndt, erleiden Verfolgung und Tod, damit die ganze Unheilsges;ehichte Israels zu ihrem Ende komme (23,32) und in einer einzigerl Zusammenballung des Gerichts über "dieses Geschlecht" hereinbreche (23,35f.). Jesus tritt hier Israel als der Inaugurator seines innerge/i!ohichtlichen Gerichtes und Endes gegenüber (die Wehe; 23,32.34). Das Logion 23,34, von Jesus aus in die Zukunft des innergeschichtlichen Gerichts über Israel verweisend, ist für Matthäus nur noch "htlilsgeschichtlich" aktuell. Er sieht auf das von Jesus angezeigte 1lTld herbeigeführte Gericht und Ende Israels schon zurück (21,43; :12,7-10; 23,32-24,2- vgl. unten S. 43f. 79ff./55f. 91ff. / 56ff.). Beides, Israels Untergang und die ihm vorausgehende Sendung der "Schriftgelehrten" und ihre Abweisung, liegt hinter ihm. Er kann 23,34 verwenden, indem er es in den Kontext der Gerichtsansage einkomponiert und es 80 lokaliter und zeitlich auf das zurückliegend!! Israel festlegt und beschränkt. Das von Matthäus aufgegriffene Logion beweist, daß es im Raum der Urchristenheit christliche Schriftgelehrte neben "Propheten und Weisen" gegeben hat. Matthäus selbst kann ihm freilich nur noch "historische" Bedeutung für das heilsgeschichtliehe Ende Israels zuerkennen, nachdem er durch die "kirchlich" und eschatologisch verbindliche Spruchgruppe 23, S-12 die darin vorkommenden Schriftgelehrten als eine vom Messias Israels verworfelle Größe dargetan hat. 3. Hunu:nel führt weiter aus: "Auch 8,19 muß genannt werden. Die Bereitschaft, Jesus nachzufolgen, wird hier im Gegensatz zur Lukasparallele (Lk.9,57) von einem Schriftgelehrten geäußert. Wenn Matthäus in 8,21 den folgenden Jüngerspruch mit der Einleitung versieht: ,E~n anderer aber der Jünger sprach zu ihm ... ', 80 ist damit der Schriftgelehrte in 8,19 als Jünger qualifiziert" 87. Diese Erklärung ist in dOl1pelter Hinsicht unbefriedigend. Es bleibt zu bedenken, daß der eine- Schriftgelehrte von 8,19 mit dem Hinweis auf Jesu "Armut" eine abw<eisende Antwort erhält, der "andere der Jünger" (8,21) jedoch eine. radikal verpflichtende (8,22)81; für ihn gilt die Bedingungs~:(). 27. .. Ef; markiert die Singularität d"" Falles .
.. a..eltt Julius Schniewind, Das Evangelium nach Matthäus, NTD 2, 1953, 113: "B.-zoej,chnend für beide Geschichten ist, daß Jesus die Nachfol~er abschreckt." - In Wirklichkeit ist ..solch abweisender Ernst" allein für die erste Nachfolger:g'e8Chichte zu konstatieren, während die zweite mit einem ausdrücklichen .. (oligte mir" schließt. Sie ist also durchaus "anziehend" gemeint und illuatri.rt nllllr die Radikalität der Forderung Jesu. Im ersten Fall \\ird die Nachfolge von e,ir~em "Außenstehenden" bedingungslos angeboten (gegen Bultmann, Tradition liI5;: Matthäua spreche von einem Schriftgelehrten, offenkundig weil er annehnlBo 'dl&ß der Mann sich nicht zur Nochfolge entschließen könne), doch wird d~, Angebot zurückgewiesen; im zweiten Fall wird sie von einem Jünger "bedingt Zlurgesagt", jedoch rücksichtslos gefordert.
Die Schriftgelehrten und Pharisäer
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losigkeit der Nachfolge, die jedes npwTov ausschließttO. Ein" andere tiefgreife:Jde Differenz wird durch die verschiedene Jesus-Anrede der beiden "Nachfolger" markiert. Der Schriftgelehrte nennt Jesus "Meister" (3r.3ciaxacAE), wie es sonst im ganzen Evangelium Dur die Gegner und Außenstehenden tun, während der Jünger bezeicllnenderweise "Herr" sagt, also die im Sinne des Evangelisten genuint' Jüngeranrede gebraucht'l. Wird der nachfolgefreudige Schriftgelellrte von 8,19 durch 8,21 auch nachträglich als Jünger qualifiziert, so bleibt er doch im Rahmen des Kontextes bloßes Paradigma der Nachfolge, an dem sich der schroffe Ernst Jesu und die ganze Schwere des .xlLOAr,U&c1:v offenbart. Die Anrede des Schriftgelehrten-Jüngers, Jesu zurückweisende Antwort und der beabsichtigte Kontrast zu dem bedingungslos Geforderten weisen schwerlich in Richtung auf eine "Neutralität" des matthäischen Schriftgelehrten-Begriffs. Man kann sich friLgen, ob Matthäus, von seinem negativen Bild der Lehrer Isrsels geleitet, den abgewiesenen nachfolgewilligen Jünger (gegen Lk. 9,57) nicht mit Absicht "einen Schriftgelehrten" sein läßt u . 4. Weiter erklärt Hummel: "Von christlichen Schriftgelehrten ist in 13,52 ... die Rede"u. - 7tii~ YP«!L!L«n:6~ erfährt durch !L«Ihln:u&&l~ Tii ~«av.E(q. TWV oup«vwv" eine dezidierte Näherbestimmung : jeder Schriftgelehrte, der ein Jünger der Himmelsherrschaft wird, also jeder "bekehrte", "christliche" Schriftgelehrte. Dem so bestimmten Subjekt hat das folgende Gleichnis sein "Prädikat" zu beschaffen. Es verhält sich U mit jedem "bekehrten" Schriftgelehrten wie mit einem Hausvater, der aus seinem Schatz Neues und Altes hervorholt. Was will dieses Gleichnis der Sachhälfte nach aussagen ~ Es besteht hier die Gefahr, daß der Text durch Allegorese zu einer typisierellden Beschreibung christlicher Schriftgelehrsamkeit ausgestaltet und so überfordert wird. Julius Schniewind erläutert: "Die Anwendung liegt wohl •• Auch Ferdinand Hahn, Christologische Hoheitstitel, FRLA!oo"'T 83, 1963 urteilt S. 83f. (wörtlich zitiert): "daß V. 19f...Is Abweisung eines di" Jüngerschaft begehrenden Menschen, V. 21 f. umgekehrt ..Is die Bindung eine" Jüngers ..n das schon bestshende Nachfolgeverhiltnis zum Ausdruck bringt". CI Vgl. Hahn ...... 0.76, bzw. für "Herr" 85f. .. Vgl. Erich KI08termann, Das Matthiusevangelium, HNT 4, 2. Auft. 1927, 77: "Y"'CXfLfLCX~.u~ vielleicht erst von Mt. zugesetzt, um die in 20 gefundene Abweisung zu motivieren. tl •• A.a.O. 27 . .. Die Wendung (paas. Dep.) entspricht sachlich gen ..u 27,57 lj>CX&1JTOU&1J TCi> 'I~aoü. Es handelt sich offensichtlich um Missionsterminologie, v~1. Ign Eph. 10, 1 UfLiv fL"&1Jn:u&i\vcx. im Zusammenhang mit der Ermahnung zun' Gebet für die "anderen Menschen" und dem Stichwort lv cxUToi~ l).7rI~ fLETcxv.I':~; weiter Ign Eph. 3, 1 clPX~v Ix., TOÜ fLcx&1JTOu.a&o<.; vgl. Ign Röm. 5,1 fLIDov ~"IhJ ....UOfLCX' (5,3 vüv 4pXOfLCX' fL"lhi~~ 01..",). In diesen Zusammenh..ng gehört auch das transitive fLcxlhiTE1l... = zum Jünger machen, Mt. 28,19; Apg. 14,21; Ign ]~öm. 3,1 • .. Zu 3fLO'~ .aT" vgl. Joachim JeremiBS, Die G1eichnisee Jesu, 6. neu bearb. Au1\. 1962, 101.
28 darin, daß bei Jesua Beides eins ist: das Festhalten am Alten (5,17fF.) und das umstürzende Neue (5,21fF.)"". Doch hält der Hauaherr im Gleichnis durchaua nicht am Alten fest. Er nimmt es - zusammen mit dem Neuen - heraus, holt es hervor t7 • Die .. Allegoristen" unter den Aualegern deuten an unserer Stelle viel zu rasch, was mit dem .. Alten und Neuen" gemeint ist - ..Neues und Altes" steht im Text, nicht wie es für die Allegorese passender wäre: .. Altes und Neues"u. Es gilt damit Ernst zu maohen, daß der Vergleich nicht einseitig auf den Schatz t • oder das ,,Neue und Alte"" zielt, sondern wie in den anderen (nicht sekundär allegorisierten) Basileia-G1eichnissen auf den ganzen Vorgang: auf den Hausherm in seinem bestimmten Verhalten mit dem Schatz - er holt Neues und Altes daraua hervor. Was tut er also! Doch wohl das Gegenteil des ewig Hortenden und Sammelnden, der in seiner Schatztruhe (oder Vorratskammer) tunIicbst Neues auf Altes häuft. Der Hausherr im Gleichnis ist unbesorgt, er entledigt sich aller VorbeJuJlte ö er holt Neues und, erstaunlich zu hören, Altes aua seinem Schatz hervor. Seltsam freier, bedenkenloser Mann! - So auch jeder Schriftgelehrte, der ein Jünger der Himmelsherrschaft wird. Er verbindet nicht in ..schriftgelehrter" Weise Altes und Neues, fördert schon das Neue und bewahrt dabei doch das Alte. Ihn charakterisiert vielmehr die kühne .. Reservelosigkeit" des Hausherm im Gleichnis. Nur so steht das Schlußgleichnis in saohlicher Einheit mit allem Vorausgehenden. Am Schluß der G1eichnisrede erscheint nicht, äußerlich auf das Stichwort .. Basileia" bin angefügt, eine wunderliche Jüngerbelehrung über den christlichen Schriftgelehrten und seine Verbindung von altem und neuem Bund, die mit Kap. 13 auch nicht einen Gedanken gemein hat. Die Allegoresen vermögen nicht naohzuvollziehen, daß Matthäua in 13,51 ausdrücklich an alles Vorherige anknüpft: habt ihr da8 allu verstanden! Durch 13,GI!. beschließt der Evangelist - mit einem von ihm selbst geprägten Herrenworti1f - seine Gleichnis-Komposition, setzt er ein kräftiges Fazit. Im saohlichen Horizont und auf dem Boden des Verständnisses von ..dem allem" will er am Beispiel seines Textes das Wesen der Basileia-Jüngerschaft ," A.a.O. (NTD 2) 17'. .. Vg\. 12,35. .. Die Beispiele in ANn. 30 bieten alle die (an den ..Testamenten" orientierte) Reihenfolge ..Altes und Neues". U Trilling, D .... wahre I ...ael 1.8 meint, die GleichniMammlung des Kapitels aei Modell für die Lehrweile des Schriftgelehrten und gehöre zugleich zu aeiner ( I) Schatztruhe. .. 80 Jeremi..... Gleichnitae 2": ..du früher Gelernte und die nauen Erkenntniaae". T. W. Manaon. The SayingB of Jeaua. 1960. 198: ..The old will be the Law of MOII88; the new will be the new interpretation given by J 08US." Ahnlich J. Hoh. Der christliche ypCl"IL"~ (Mt. 13,52). BZ 17 (1928) 258--289. 266. - Anders und phantasievoll Schlatter, Evangelist Matthäu8 '50f. ", Vgl. Bultmann, Tradition 108.
Die Oberprieeter und Altesten dee Volks
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(nicht der christlichen "Schriftgelehrsamkeit"), die der "Schluß" aller Basileia-Predigt ist, heraUlllltellen. An der Verkündigung der Himmelsherrschaft scheiden sich nach (3-9) 18-23 die Geister in Ungehorsam und Gehorsam. Sie ist - als G1eichnisrede - die Gewalt des Gerichts und der Verstockung für das widerborstige Israel (10--15), Heil für die Beschenkten und sehenden Augen (11.16f.). Sie wird von Gott wunderbar heraufgeführt (31-33), ist kosmische Macht des EndGerichts (24--30.36-43.'7-50), vom Menschen freudig und mit letztem Einsatz zu ergreifen ('4--'6). Wo sie das alles ist und als solche von den Jüngern verstanden wird, ist "darum" jeder Schriftgelehrte, der zum Jünger der Himmelsherrschaft wird, ein Mensch der Rückhaltlosigkeit und ebenso - der paradigmatische Charakter des Verses ist unverkennbar - das Exempel der seltsamen Bedenkenlosigkeit aller "Nachfolge", aller Hinwendung zur Basileia. Damit ist er zugleich und zum guten Schluß der matthäischen Komposition das aufgerichtete Zeichen für die alles erheischende Gewalt und totale VertrauensWürdigkeit der von Jesus verkündigten Basileia. - Es ist deutlich, daß der Evangelist 13,52 ad vocem ~aW!at um seiner paradigmatischen Funktion und Kraft willen aufgreift. Daraus auf ein positives Interesse des Evangelisten am christlichen Schriftgelehrten "als solchem" zu schließen, geht u. E. zu weit. Die Zusammenschau der besprochenen Texte 23,8-10; 23,3', 8,19 und 13,52 verwehrt den Gedanken, Matthäus habe sich in seinem Evangelium zum christlichen "Schriftgelehrten" bekannt oder sich gar selbst als solchen verstanden. 3. Die Oberpriuler und Altulen du Yol1:l Die doctores Israels spielen in der Paasionsgeschichte des MatthäusEvangeliums eine bescheidene Rolle; immerhin sind sie unmittelbar am Leiden und Sterben Jesu beteiligt (vgl. 26,67/Mk. 1',63; 27,'1/Mk. 15,31; 27,62: die Oberpriester und die Pharisäer, Sondergut; zusammen mit den Oberpriestern erscheinen die "Schriftgelehrten" bzw. die "Pharisäer" schon 21,16.'5/Mk. 11,18). Als die dominierenden Handlungsträger begegnen die "Oberpriester und Ältesten (des Volks)". Wo Matthäus nur die Oberpriester erwähnt, scheint er dafür - so Hummel 6l - seine Gründe zu haben: konkrete Kenntnisse ihrer Kompetenzen. Judas z. B. wendet sich nur an sie mit seinem Angebot, Jesus zu verraten (26,1' = Mk. 1',10) - an sie wohl als vorgesetzte Behörde der TempelpoIizei. Oder die Oberpriester beraten über die Verwendung der von Judas zurückgebrachten Silberlinge (27,6) "offensichtlich in ihrer Eigenschaft als Finanzverwaltung des Tempels" ". Endlich laufen die aufgescheuchten Grabeswächter von 28,11 .. A.a.O. 21.
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Iarael im lIIatthäuaevangelium
(Sondergut) zu den Oberpriestern, d.h. wieder: zu den Chefs der Tempelpolizei n . Dabei ist nicht berücksichtigt, daß Judas 27,3ff. mit seinen Silberlingen zuallererst bei den Oberprieatern und Älteaten vorspricht als bei der kompetenten "Behörde". Ihnen bringt er das Geld zurück (27,3; das ganze Stück 27,3-10 ist Sondergut). Sie sind gemeinsam betroffen und sagen miteinander: Was geht es uns an? Siehe du zu (27,.)! Diese Darstellung der Dinge spricht nicht gerade für konkrete Kenntnisse des Evangelisten in Sachen oberpriesterlicher Kompetenzen, auch wenn im folgenden - unmittelbar nach dieaem Auftakt - die Oberpriester das Heft in die Hand nehmen (27, 6f.). Ähnliches gilt für 26,1 •. Angenommen, Judas verhandelt mit den Oberpriestern in ihrer Eigenschaft als vorgesetzte Behörde der Tempelpolizei, so kann es nur verwundern, daß im weiteren Verlauf des Geschehens die bewaffneten Scharen um Judas von den Oberprieatem und Ältea/en dea Volk" ausgehen (26,.7), als wären sie gemeinsam die "Oberen der Tempelhüter". Und wenn die Grabeswächter von 28,11 allein den Oberpriestern Bericht erstatten, so stecken die doch alsbald die Köpfe wieder mit den - Ältesten zusammen. Als ob sie nicht selbst "Behörde" genug wären! Sie sind es nicht. Matthäus schildert die "Oberpriester und Ältesten des Volks" als Handlungseinheit. Der Singulärbegriff "Oberpriester" erscheint zweimal als Parallel begriff zu "Oberpriester und Älteste" (26,1.'.7; 27,6 '3); nirgends bezeichnet er etwas Selbständiges (vgl. 28,11 f.). Die "außergewöhnliche Sorgfalt und Genauigkeit", die Hummel dem Evangelisten in dieser Sache nachrühmt und die er mit dem Stichwort "historisierendes Interesse" erklären möchten, ist tatsächlich die Sorgfalt und Genauigkeit schriftstellerischer Systematik bei der Darstellung des messiasfeindlichen Geschlechts. Wieder isoliert Hummel den "Einzelbegriff" in unerlaubter WeiBe. Wieder verkennt er die Funktion des von Matthäus geschaffenen "Einheitsbegriffs" und seine Auswechselbarkeit mit dem Singulärbegriff. Hummel führt weiter aus: "Für die Verwendung des Begriffs der Ältesten gilt dasselbe wie für die des Begriffs der Oberpriester. Matthäus läßt erhebliche Sorgfalt und Genauigkeit walten, weil es um den Prozeß gegen Jesus und um die Rolle geht, die die einzelnen Gruppen dabei gespielt haben"lII. Die Rolle der ÄUeaten ist aber /ar Mattluiw keine andere al8 die der Oberprieater (oder Schriftgelehrten 26,57; oder beider zusammen 16,21; 27,.1). Nirgendwo spielen sie ihren eigenen Part. Immer sind sie mit dem Partner zusammengesehen und bilden eine Aktionsgruppe mit ihm (21,23; 26,3 .•7; 27,1.U2.20; 28,l1f.). Was Hummel seinerseits nur bestätigen kann: "Sie werden bei Matthäus nie allein, sondern stets zusammen mit den Oberpriestern bzw. .. A.a.O. 21.
.. A.a.O. 22.
Die Oberpriester und
Altesten des Volka
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Oberpriestern und Schriftgelehrten genannt"". Ihr einziges Spezifikum bei Matthäus (gegenüber Markus) besteht darin, daß sie, wieder nur in Verbindung mit den Oberpriestern, betont als Älteste des Volle, fungieren (21,23; 26,3.47; 27,1). Im Sinne des Evangelisten sind auch die Oberpriester und Ältesten Repräsentanten Israels: das Volk handelt in seinen Autoritäten H • Von dieser Anschauung her ist es nur konsequent, wenn sich nach 27,22 (redaktionell, gegen Mk. 15,13) ausdrücklich aUe mit dem Ansinnen der Oberpriester und Ältesten identifizieren, Barabbas freizubitten, Jesus aber "ans Messer zu liefern" (27,20). Das ganze Volk übernimmt im selben Zusammenhang vor Pilatus erklärtermaßen die Schuld am Tode Jesu (27,25; Sondergut). Auch hier ist die Tendenz des Evangelisten zu erkennen: der Tod Jesu ist nicht bloß Sache der "Oberen"; die "Oberen" stehen vielmehr für das Ganze 17• Die Oberpriester und Ältesten treten außerhalb der Leidensgeschichte (und 28,11 f.) nur noch in den Tempelstreitgesprächen 21,23ff., und zwar als die ersten Kontrahenten Jesu auf (21,23). Da sie nirgendwo im Evangelium das Weichbild JerusaJems verlassen, muß man sie sich als die spezifisch jerusalemiBc1le "Körperschaft" Israels vorstellen, und in concreto als die Vorkämpfer des Todes Jesu in der Heiligen Stadt. Um ihnen die Kontur und Geschlossenheit einer handelnden Einheit zuzum_n, bedient sich Matthäus eines zwiefachen Verfahrens. An solchen Stellen, wo Markus nur die Oberpriester erwähnt, setzt er noch die Ältesten in den Text (Mk.15,3.11 H fMt. 27,12.20; vgl. Mk. 15,31fMt. 27,41, wo der Evangelist die Ältesten zu den Oberpriestern und Schriftgelehrten hinzutreten läßt). Wo aber bei Markus die Schriftgelehrten nach seiner Vorstellung "überschießen", streicht er sie und reduziert den Text auf seine zweigliedrige Einheit der "Oberpriester und Ältesten" (Mk. 11,27; 14,43; 15,lfMt. 21,23; 26,47; 27, 1"). Oder er macht aus den Oberpriestern und Schriftge.. A.a.O. 21. •• In 2,4 spricht Matthiua von den ypatl'l"'"""~ ....1 MOG • .. Die Identität von Füh....rachaft und ..Volk" e~bt sich auch aua 21,43; vgl. Theodor Zahns Bemerkung z. St. in: Das Evangelium des Matthiua, Komm. zum NT I; 4. Auß. 1922, 632f.: ..... die Anwesenden sind nicht in ih....r Eigen. schaft als ilplC,0V'rCl; TOG >-!loG, sondern als Vert....ter des jüdischen Volka angeredet. Dies ergibt 81ch WlZweideutig daraus, dall nicht, wie man nach v.41 erwarten könnte, gesagt wird, die Regierung des jüdischen Volks werde von den bis· herigen Regenten auf ande.... "&genten übertragen werden, sondern die Gottes· herrachaft werde von einem Volk auf ein anderes Volk übergeben." - Vom .. jüdischen Volk" bitte Zahn beaacr nicht gesprochen. Matthäua blickt auf die Generation der Basileia.Berufung von damals . .. Die Oberpriester von Mk. 15,10 st.... icht Matthius (27,18) . •• Vgl. S. 21. Die Schriftgelehrten von Mk. 9,14 fallen der radikalen Um· formung von 9,14ff. bei Matthiiua zum Opfer (17,'4ff.; vgl. S. 42). Doch fragt KI08tennann, HNT 143 im Blick auf die starke Verwandtschaft des Mt.· und Lk ..Textea: "hatten Mt. und La. eine ande.... Mcform vor sich'"
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Iarael im Matthiuaevangelium
lehrten von Mk.l', 1 die Oberpriester undÄlteaten des Volks von 26,3. Dazu kommen in 27,' die Oberpriester und Ältesten im matthäischen Sondergut. So konzentriert sich Matthäus auf einen Aktionsträger und gewinnt damit eine relativ starke Einheitlichkeit der Szenerie. Er gibt den Oberpriestern und Ältesten bzw. Oberpriestern und Ältesten des Volks in der Pasaionsgeschichte (und darüber hinaus) den Faden der Handlung in 8 von 13 Fällen in die Hand (26,3."; 27,1.'.12.20; 28,11f; ohne Formel und zusammen mit den Schriftgelehrten 27,'1). Daß sie als die handelnden Pel'llOnen zu gelten haben, illustrieren 26,' und 27, 1 sehr eindrücklich: ein Todesbeschluß genügt den Oberpriestern und Ältesten nicht. Nach Mk.lIS, 1 beschließendieAutoritäten Jesu Auslieferung - im Vollzug ihres Tod_7I8CIalag" von 1',1, wieman ergänzen mag. Bei Matthäus dagegen wiederholen und bekräftigen die Oberpriester und Ältesten des Volks ihren ersten solennen TodesbucAlufJ von 26,,10 in 27,1 in aller Form, um daraufhin Jesus gebunden an Pilatus auszuliefern. Das will sagen: Die Oberpriester und Ältesten des Volks sind für Matthäus die Exponenten der ChristusTodfeindschaft Israels auf dem Boden Jerusalems. Erst Matthäus hat dieses Bild der Oberpriester und Ältesten als einer Aktionseinheit geschafFen und ihm seine charakteristischen Züge aufgeprägt. Es handelt sich also um einen durchaus ungeschichtlichen Pel'llOnenkomplex, der aus tendenziöser Bearbeitung vorgegebener Traditionen stammt. Weil Matthäus von vorneherein diesen Komplez anvisiert, ist es dem Exegeten verwehrt, die Ältesten wie Hummel gleichsam als "alleinstehend" zu betrachten (der das im Widerspruch zu seiner These S. 21 tut, sie würden bei Matthäus nie allein genannt) und Überlegungen anzustellen, was mit den Ältesten in Verbindung mit den Oberpriestern allein oder den Oberpriestern und Schriftgelehrten zusammen jeweils gemeint sei l l• Antwort: nichts; sie sind jeweils nur, was ihre Partner auch sind. AIs selbständiges Phänomen existieren sie für Matthäus so wenig wie die Sadduzäer. Die Oberpriester und Ältesten des Volks sind für Matthäus Repräsentanten Israels als Kollektiv des Bösen wie andernorts die Schriftgelehrten und Pharisäer oder Pharisäer und Sadduzäer. Malt Matthäus jedoch die doctores in den Farben völliger wechselseitiger Synonymität, so empfangen demgegenüber die Oberpriester und Ältesten durch seine redaktionelle Arbeit den Charakter einer eigenständigen Gruppe. Der Grund liegt darin: Matthäus hält sich an die Basis des Markus-Textes, der die Oberpriester und Ältesten, singulär oder mit anderen agierende einzelne, auch schon auf Jerusalem beschränkte. Auf diesem Fundament baut er mit der ihm eigenen .. Vgl. Kloatennann, HNT 207: ,,3f.... wird aus Mo' Worten ,eine SitzUDg und ein fömilioher BeaohluB des Synedriuma' ... 11 vgl. Hummel a.a.O. 21.
Ihre Synagogen
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Konsequenz weiter. Es genügt ihm, die Identität der "Jerusalemer" mit dem Volk zu betonen. So verzichtet er auf jede systematischliterarisch entwickelte Synonymität der Jerusalemer mit den doctores (nach Art der doctores untereinander), kraft deren die Lehrer stereotyp mit den Oberpriestern und Ältesten zu einer "Einheitsfront" verbunden wären. Genug, daß beide "Gruppen" da sind; die Lehrer Israels (Schriftgelehrte, Pharisäer) und die Oberpriester und Ältesten (des Volks), 80 21,15.45; 26,57; 27,41.62. In der Jerusalems- und Passionsgeschichte ergeben diese "Gruppen" gemeinsam das Bild der Repräsentanten Israels. - Was sich bei den "Pharisäern und Sadduzäern" und "Schriftgelehrten und Pharisäern" beobachten ließ, wiederholt sich im engeren Bereich der Leidensgeschichte bei den "Oberpriestern und Ältesten (des Volks)". 4. Ihre Synagogen.
Zur Erhärtung des oben Gesagten ist noch die Wendung "ihre Synagogen" in die Betrachtung einzubeziehen. Wir fragen nach den Wirkungsstätten der Repräsentanten Israels im Matthäus-Evangelium. Die Oberpriester und Ältesten gewahrt maneinmalim Tempel (21,23; vgl.21,15),einmal im Palast des Hohenpriesters Kaiphas, wo sie Konvent halten (26,3; vgl. 26,57). Dies sind die einzigen repräsentativen Lokalitäten Jerusalems, an denen sie in Erscheinung treten; sonst folgen sie dem Ort der Handlung zu Pilatus und zum Kreuz Jesu. Anders die Lehrer Israels. Die Schriftgelehrten und Pharisäer z. B. werden direkt auf "eure Synagogen" angesprochen (23,34"). Sie und die Synagogen gehören zusammen (23,2/6 A ; vgl. 6,2.5 im Zusammenhang mit 5,21). Zieht man den Kontext heran, muß man "ihre Synagogen" in 12,9" als die der Pharisäer (von 12,2) verstehen. Damit ist der Konnex zwischen den doctores und "ihren Synagogen" schon erschöpfend beschrieben. Wichtig sind noch die Summarien 4,23 und 9,35. Wenn es 4, 23 heißt: Und er zog in ganz Galilia umher, lehrte in ihren Synagogen und verkündigte das Evangelium vom Reich ... 11, so meint "ihre Synagogen" offensichtlich eine stehende galiliische Einrichtung, wobei freilich zu beachten ist, daß sich nach dem Gesamtzusammenhang 4,23--9,35 der Begri1f "Galilia" sachlich mit dem Israels überI. Das Motiv der S)'Il8808I!D.GeiBelllDlJ ist gegenüber Lk. 11, ", übenchiiMi§ (wohl redaktioneU a08 10,17, wo eich "ihre Synagogen" auCdie ,,Menachen' bezieht). u Zu 23,6 vgl. Mk. 12,39 und Lk. 20,46 . .. Redaktionell gegenilbor Mk. 3,1. .. Vgl. Mk. 1,39. Schon hier ateht "ihre Synagogen".
• '?II! Woltor. IIoIJlpoaIUaIoIo
I_I im MatthäWI8Vangelium
schneidet. Denn auf galiläischem Boden folgen JesU8 die Scharen aus Galiläa. den Zehnstädten. aU8 Jerusalem. Judäa und von jenseits des Jordans (4.25) - mit einem Wort: .. Israel" versammelt sich im Bereich Galiläas. Hier beginnt JesU8 seine Auseinandersetzung mit den Lehrem Israels (5.21ff.). Hier fällt das Wort: Solchen Glauben habe ich bei niemandem in Israel gefunden (8.10). Hier erfüllt sich nach 8.17 die Heilsweissagung an Israel. Und hier sprechen die staunenden Mengen: Nie ist solches in Israel gesehen worden (9.33). was die Repräsentanten Israels. die Pharisäer. sofort abwehren: Durch den Obersten der Teufel treibt er die Teufel aus (9.34). 4.23. von MatthäU8 fast gleichlautend dupliziert. lautet 9.35: Und JesU8 zog durch alle Städte und Dörfer. lehrte in ihren Synagogen und verkündigte das Evangelium vom Reich ... Demnach gehören ..ihre Synagogen" zum Lokalkolorit galiläischer (= ..israelitischer") Dörfer und Städte". Der zwischen den Summarien 4.23 und 9.35 liegende Komplex schildert für MatthäU8 - auf dem Boden Gali1äas - die exemplarische Hinwendung Jesu zu ..Israel". sein ..Wort" an das Volk (Kap. 5--7; vgl. 5.1; 7. 28f.) und seine ..Tat" (Kap. 8--9)17. Nach allethm legt Bich die Deutung Ik, .. Synagoge" als ,eligiös-reprtiaentalivu In.9Iitul 18f'am 7UZM. Hummels These: .. Für die Kirche des MatthäU8 sind die Synagogen als solche die Synagogen des pharisäischen Judentums ..... ist nicht gerechtfertigt. In ihr wirkt sich seine verfehlte Behandlung der Pharisäer-Texte aU8. die ihm den Blick für die wechselseitige Austauschbarkeit der Autoritäten und ihre repräsentative Funktion verstellt. Auch 4.23 und 9.35 mit ihrer Besonderheit im Kontext (Galiläa = Israel) läßt er außer acht. Schließlich kann man sich fragen. ob Hummel mit seiner Deutung der Wendung ..ihre Synagogen" nicht seine Interpretation des Para1lelbegriffs ..ihre Schriftgelehrten.... deasvouiert. Zunächst spricht er von ..ihren Schriftgelehrten" als von den Schriftgelehrten der Pharisäer im Unterschied zu christlichen Schriftgelehrten. Dann plädiert er bei ..ihre Synagogen" in Analogie zu ..ihre Schriftgelehrten" für pharisäische Synagogen; doch gibt es hier kein christliches Gegenstück. Er erklärt: ..Wo er die Synagogen nicht ausdrücklich .ihre Synagogen' nennt. qualifiziert er .. Vg\. die Nazareth.Perikope 13,1I3/f. mit "ihrer SynaROge" (13,114). 11 In diesen Rahmen bezieht Matthäua auch ursprünglich ganz andera al18jl8. richtetee "Material" ein, vg\. 8,28/f. - Die beiden Sammelberichte sind als Ober. und Unterschrift des ganzen Komplexes zu verstehen (der Nestle· Text führt hinsichtlich des Veraea 9,35, der in Entsprechung zu 4,23 zum Voraus· gehenden gehört, in die Irre; die Zäsur liegt hmter 9,35; erat 9, 36 bildet den Auft.akt zur Auaaendungarede). Sie bringen eine kurze, typisierende Inhalts· angabe von Kap. 11--9 nach den Stichworten : Lehre Jesu, die Predigt des Evangeliume vom Reich (Kap. 11--7) und Heilung jeder Krankheit und jedes Gebrechens im Volk (Kap. 8-9) . .. A.a.O. 29. •• A.a.O. 17f.
Dieaea Gschlecht
sie doch als Stätten der Heuchelei und Ehrsucht. Christliche Synagogen wird er dabei wohl nicht gemeint haben" 70. Kann man aber bei "ihre Synagogen" nicht an pharisäische Synagogen im Unterschied zu christlichen denken, so wird man sich auch bei .. ihre Schriftgelehrten" nicht gern auf pharisäische Schriftgelehrte im Gegensatz zu christlichen führen lassen. Die formale Parallelität der Wendungen mahnt zur Vorsicht. Die Begriffe "ihre Schriftgelehrten" (vgl. 2,4 "die Oberpriester und Schriftgelehrten du Volks") und "ihre Synagogen" setzen gleichermaßen die Einheit des Gottesvolkes in allen seinen Gliedern voraus. "Sie" sind das eine, homogene Volk, repräsentiert durch seine Lehrer, nicht die Spezies der Pharisäer 7l • So bestätigt die Wendung "ihre Synagogen" auf ihre Weise die matthäisehen Topoi von der Einheit Israels und der Identität Israels mit seinen Repräsentanten.
5. Die8e8 Ge8CAlecht Die vorliegende Darstellung der Repräsentanten Israels wandte sich bisher ganz dem Thema der "Repräsentanten" zu, ohne den Begriff "Israel" näher zu beschreiben. Nun ist die Frage zu stellen, welches "Israel" die Autoritäten zu repräsentieren haben. Das Bundesvolk seit seinen ersten Tagen' Das von Jesus aus gesehen .. zeitgenÖBBische" Israel, die "jetzt" lebende Generation' Oder überschneidet sich beides , Anders gefragt:_ Welche "heilsgeschichtliehe Betrachtung" ist auf "Israel" angewandt - sofern eine solche Betrachtung vorliegt' Eine Untersuchung des BegrifFs "dieses Geschlecht" soll auf diese Fragen Antwort geben. Zunächst führt der Terminus "dieses Geschlecht" noch einmal auf die Kongruenz der Repräsentanten mit "Israel". Nach 12,38 erheben "etliche der Schriftgelehrten und Pharisäer" ihre Zeichenforderung 7l• Die Antwort lautet aber: Das böse und ehebrecherische Ge8CAlecht sucht ein Zeichen (12,39), so daß die Autoritäten von hier aus in der Tat als Reprä8entanten, als "Stimme des Volks" zu gelten haben. Im folgenden bringt der Evangelist die Logien vom Gericht über ..dieses Geschlecht" 71 und fügt den Spruch von der Rückkehr unreiner Geister in den Menschen an ", den er redaktionell am Ende der Kompositions.. A.a.O. 29. Daß du eine Volk nun doch ..verachieden" repriiaentiert wird, hat seinen Grund in dem Matthiua vorgegebenen Matarial mit Phariaiem, Schriftgelehrten uaW., das .... pietätvoll und doch in seinem Sinne weiteriuMt, indem er die (verschiedenen) unter sich synonymen Rapriiaentanten schafft, ohne sich radikal auf eine .. Gruppe" festzulegen . .. Vgl. Bultmann, Tradition 114: ..Die Zaichenfordarung wurde in Q offenbar von unbenannten Subjekten (Lk. 11,16) ausgesprochen; bei Matthäua sind 12,38 daf"ur die Schriftgelehrten und Phariaier eingesetzt." 7. 12,41f.; aWl Q, vgl. Lk. lI,3H. n 12,43-45; aus Q, vgl. Lk. 11,24-26. 71
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einheit wieder auf "dieees Geschlecht" bezieht: 80 wird es auch diesem bösen Geschlecht ergehen (12,45c). 16,1 wiederholt daa Thema der Zeichenforderung (nach Mk. 8,1111'.). Dieses Mal wonen die Pharisäer und Sadduzäer 71 ein Zeichen vom Himmel sehen. Und wieder entgegnet Jesus: Das böse und ehebrecherische Guc1Iledü BUcht ein Zeichen (16,4)". Nicht anders in Kapitel 23. Die Adresaaten heißen jetzt: Schriftgelehrte und Pharisäer, Heuchler ... Sie Bind es, die Jesus durch seine Weherufe dem Gericht anheimgibt. Gleichwohllieet man 23,36: Das aHes wird über dieees GucIIldt kommen 77. Ähnlich spricht Matthäus (mit Markus) von "diesem Volk". In 15,1 geht es um "Pharisäer und Schriftgelehrte". Von ihnen, 80 vernimmt man im jetzigen Kontext, habe Jeeaja geweissagt: Dieees Volk ehrt mich mit seinen Lippen ... 78 Dieser erste Überblick über die Texte könnte es nahelegen, sich unter "diesem Geschlecht" Israel als Gegenüber Jesu in Einheit mit seinen Repräsentanten vorzustellen 7'. Zwei Momente blieben dabci jedoch unberücksichtigt. Zunächst gilt unsere Aufmerksamkeit den von Matthäus übernommenen Logien 11,1611'.10. Auf die Frage T(VI 3l 1Il'ou!lcsw -rljv yac~v T«UnjV antwortet daa Gleichnis von den spielenden Kindern: einer höchst launischen Kinderschar. Und die folgende Anwendung schließt Johannes und Jesus als Leidensgenossen "dieses Geschlechts" zusammen (11, 18f.). Das 80 in 11, 1611'. enthaltene Motiv "der Täufer und dieses Geschlecht" (vgl. 21,28-32) überträgt Matthäus auf die Johannes-Perikope 3,111'. durch Einfügung der "dieses Geschlecht" vertretenden Pharisäer und Sadduzäer als Adresaaten des Täufers (3,7): schon der Täufer hat es bei seinem ersten Auftreten in ihrer Person mit "diesem Geschlecht" zu tun. So win es der Evangelist. Doch nicht nur Jesus und der Täufer stehen in Auseinandersetzung mit "diesem Geschlecht". 23,34 fügt noch die Jünger hinzu. Auch die Q-Logien 23,3411'.11 kommen Matthäus für seine Sicht der Dinge sehr zupaß. Der Blick ist in die Zukunft gerichtet: Siehe, ich sende zu euch Propheten und Weise und Schriftgelehrte. Von denen werdet ihr etliche töten und kreuzigen, und etliche von ihnen werdet ihr in euren Synagogen geißeln und von einer Stadt zur andern verfolgen, damit über euch komme alles gerechte Blut, das auf Erden vergosaen wird, vom Blut des gerechten Abel bis zum Blut des Za.. Gegen Mk. 8,11 ..die Phari8ier" • .. Mattbäus folgt hier nicht Mk. 8,12, aondern dupliziert den Q.Te"t (Lk. 11,29 = Mt. 12,39). " Aus Q, vgl. Lk. 11,61. Der Evangelist verwandelt du ureprunglich eacha. tologiach orientierte Logion in eine ,,Anaage innergeachichtlichen Gerichte" und bringt es nun glatt mit 23,3711'. zusammen . •• 16,7C. = Hk. 7,6C. ,. Vgl. 17,17 oder 23,3711'• .. Aus Q, vgl. Lk. 7,31-36. ., Vgl. Lk. 11,'911'.
Di_ GeaohIeoht
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charias, des Sohnes Berechjas ... Fügt 23,36 dem hinzu, daß "das alles" über "diuu Ge8diledlt" hereinbrechen wird 11, so ist klar, daß ~ yae« 'tOtuTJj unter dem Blickwinkel des Sprechenden eine Größe der "Zukunft" sein muß, genau gesagt das II/f'ael, das im Gegen1Jber UM Gegen8atz zu den 1r:Unlligen Bolen vollends zum GerickI reil wird l8 (vgl. 23,32) und das doch jetzt schon Jesus gegenübersteht, aus seinem Mund die Unausweichlichkeit des Gerichts vernimmt. Der Terminus "dieses Geschlecht" gewinnt also, aufs Ganze der in Frage kommenden Texte gesehen, drei verschiedene Aspekte. Er beschreibt das Israel des Täufers, das Israel Jesu und der Jesus-Boten. Achtet man nun darauf, daß gerade diese drei von der Hand des Evangelisten als Träger der Basileia-Botschaft für Israel gezeichnet sind (3,2 redaktionell/4,17 = Mk. 1,16; 4,23 und 9,35 red./10, 7 red., vgl. Lk. 9,2), so hat man unter "diesem Geschlecht" nicht Israel im Sinne des alten und bis zur Zeit Jesu gegenwärtigen Bundesvolkes oder das Jeaus zeitgenÖBBische Israel "dieser Generation" zu verstehen, sondern exakt: Israel im Anblick der Basileia-Verkündigung, das 18f'ael der eschatologischen Slunde, die, angekündigt vom Täufer, von Jesus verkündigend und mit Werken des Heils vergegenwärtigt (Kap. 5-7.8-9; vgl. 12,28), schließlich durch die Jünger, gesandt zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel (10,5f.), als nahe bevorstehend ausgerufen wird". Somit ist nicht bloß an das "Volksganze"86 gedacht, sondern an das Isrsel einer sehr präzis zu bestimmenden Stunde: sie hebt mit dem Täufer an und findet mit der Verwerfung der Jesus-Boten ihr Ende (vgl. 22,7fr.)". "Dieses Geschlecht" und seine "Zeit" gehören zusammen. Jesus, dem Johannes als Vorläufer vorausgeht und der die Jünger sendet, ist die "Mitte" seiner Zeit. So wenig wie auf das aus den •• Vgl. Anm. 77 • •• Gegen Max Meinertz, ..Di_ Geechlecht" im Neuen Teetament, BZ NF 1 (1957) 283-289, der S. 286 auf ..du jüdische Volk als solches" deutet. M. über· sieht den Kontext; ..dieses Geschlecht" ist Adressat Jesu und der künftigen Boten. Abwegig auch Joaeph 8chmid, Du Evangelium nach Matthiua, RNT I, ,. Auß. 1959, 330: ..das ganze jüdische Volk seit grauer Vergangenheit bis zur Gegenwart ist hier gemeint." AhnIich Schniewind NTD 237 (vgl. 1'5) ..du Judenvolk als Ganzes". Die Bedeutung ..diese Art" (Schniewind NTD 162,237) scheidet überhaupt aus, vgl. Walter Bauer, Wörterbuch zum Neuen Teetament, 5. Auf). 1963, 305f. .. Mt. 24,34 kann auller Betracht bleiben. War ..dieses Geechlecht" hier ursprünglich du Israel der letzten, unmittelbar bevorstehenden Stunde, so emplangt die Wendung aus ihrem jetzigen Kontext den allgemeineren Sinn von ..Menache~hlecht" (vgl. 2',30). Die Parusie hat sich verzögert (2',48; 25,5) und die Ml88ionierung der Heiden soll dem Ende noch vOrBlI8genen (24, I') . ..Dieses Geschlecht" hat hier also seine spezifisch .. jüdische" Farbe verloren . •• 80 F. BüchseI, ThW I 661. .. Du Stück 23, Mtr. verbietet eine Prolongierung des Begriffs ..dieses Ge· schlecht" bis in die Gege~wart des Evangelisten hinein. Für Matthius liegt ..dieses Geschlecht" mit dem Widerfahrnia seines Gerichts als ganzes in der Vergangenheit.
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Israel als Einheit des Bösen
Schriften bekannte "alte Israel" ist ~ YEVEIi TlXUTll demnach pauschal auf die "Juden" zu deuten 87, was schon das konkret hinweisende "dieses" ausschließt. EB ha1Ul.elt Bich um da8 IBrCUl einer butimmlen Beru/ungBphaBe, einer einzigartigen, Btreng chriBlologiscA und eschalologiBch qualifizierten heilBgeBChichUichen Stunde. Ist also mit dem Matthäus-Evangelium von den Repräsentanten Israels zu sprechen, so stehen diese Repräsentanten nicht für "ganz Israel" oder gar das ..Judentum", sondern allein für jenes durch das Matthäus-Evangelium vor Augen gerückte Israel, das in drei aufeinanderfolgenden Akten die Nähe der GotteshelTllchaft erfährt und durch sein dreimaliges Nein, wie noch zu zeigen ist, der Berufung zur Basileia verlustig geht, sein heilsgeschichtliches Ende findet. Die Repräsentanten Israels sind im Matthäus-Evangelium die Vertreter der innerhalb des Evangeliums dargestellten, überschaubaren und zeitlich determinierten heilBgeBChichUichen Gröpe ..IMael".
B. Israel als Einheit des Bösen Das Folgende soll die Thesen des vorausgehenden Abschnitts durch eine Untersuchung der von Matthäus übernommenen, "Israel" betreffenden Markus-Stoffe und Q-Materialien sowie der einschlägigen Stücke des Sonderguts untermauern und zugleich in extenso darstellen, daß der Evangelist die eine, heilsgeschichtliche Größe ..Israel" seines Evangeliums konsequent .. negativ" qualifiziert. Zunächst sind sämtliche ..wertenden" Abweichungen des Matthäus-Textes gegenüber Markus (in Sachen ..Israels") festzuhalten. 1. Die MarkuB-SIoUe
MI. 9,l-8/Mk 2.1-lS Mk. 2,8 spricht Jesus zu "etlichen der Schriftgelehrten" (2,6 = Mt 9,3): Was denkt ihr solches in euren Herzen! Der Vers blickt zurück auf 2, 7 (mit der Frage: Was redet dieser so? Er lästert. Wer kann Sünden vergeben außer Gott allein ?), wo bei Matthäus nur die abrupte, unbegründete These: ..dieser lästert" (9,3) steht. 9,4 bringt gegenüber Mk. 2,8 eine kräftige Verschiebung in malam partem: Warum denkt ihr BÖBU in euren Herzen 1 Die unbegründete, schroffe Behauptung 17 Gegen Victor Haaler, Die königliche Hochzeit, Matth. 22,1-14; ThZ 18 (1962) 25--35,33, Anm. 34: .. Die Juden sind daa böse und ehebrecherische ... Geschlecht." - Ein ergänzender Hinwei8 auf 23,30. 31.32.35 darf nicht fehlen. Hier zeigt aieh, daß ..dieses Geschlecht" eine lange Vorgeschichte hat, mit der es zusammengehört; vgl. auch S. 115, Anm. 2 und S. 132ft'. (bee. 133, Anm. 65).
Die lIlarkus·Stoft'e
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der Lästerung und das harte "Böses" bedeuten gegenüber Markus eine deutliche "Peiorisierung" des Textes. Jft. 9,18--26/Jfk. 5,21--43
Aus dem Synagogen·Vorsteher (Mk. 5,22 = Lk. 8,41!) ist bei Matthäus ein beliebiger "Oberster" geworden. Tendenziöse Änderungen des Redaktors: ein um Hilfe bittender offizieller Vertreter Israels scheint für Matthäus nicht mehr akzeptabel zu sein (vgL zu 17,14-21 S. 42). Jft. 13,10--15/Jfk. 4,10--12
Ist die Verstockung Israels bei Markus Ziel und Wirkung der G1eichnisrede (4,12), so bei Matthäus, der bewußt auf "dieses Volk" blickt (13,16), die Voraus8etzung, auf die Jesus mit seinen BasileiaGleichnissen richterlich reagiert (13, 13): Darum rede ich zu ihnen in Gleichnissen, weil sie mit sehenden Augen nicht sehen usw. Auch der vom Evangelisten aus Mk. 4,25 beigebrachte Vers 13,12 gibt Auskunft über das Versagen Israels. Jenen ist es nicht gegeben, die Geheimnisse des Himmelreichs zu erkennen (13,11), denn, so darf man sinngemäß ergänzen, sie "haben" nicht; wer aber nicht "hat" (sc. die Frucht, das Christusbekenntnis o.ä.), von dem wird auch noch genommen werden, was er hat: daher die Parabelrede ; sie soll Israels vorgegebene Schuld des Nicht-Habens besiegeln, indem sie vom Heil aUBBchließt, das Angebotene entzieht (0 ~XE~ <xp&-ljcn:TGU <xn:' (lÖTOÜ 13,12). Steht der Text bei Markus im Dienst der Geheimnistheoriel, so bei Matthäus im Horizont seiner speziellen Israel-Darstellung. "Dieses Volk" hat mit sehenden Augen nicht gesehen usw., also hat es keinen Anteil am heilvollen Geheimnis der Basileia. Jeder Zugang dazu wird ihm von JeJ1U8 Selb8t durch das Jfedium der Parabelrede ve1'8pIlrrt! So machen Jesu Gleichnisse Israels Unheil definitiv, bringen das früher geweiSsagte Verderben zu gegenwärtiger Erfüllung, vgL 13,14 mit dem bezeichnenden <XV(ln:A"lPOÜT(l~: Israel, das die ihm dargebotene Hand des Heils ausgeschlagen hat, ist die von Jesus richterlich preisgegebene massa perditionis. 1 Vgl. William Wrede, Das MessiasgeheirnniB in den Evangelien, 3. Aufl. 1963, 64ft'. J oachim Gnilka, Die Veratockung IBraels, laaias 6,9-10 in der Theologie der Synoptiker, StANT 3 (1961), möchte auch für Markus von einem ..Strafcharakter der Parabelrede" sprechen (80). Doch liegt 3,22ft'. die ange· drohte ..Strafe" nicht im Gleichniacharakter der Antwort Jeau, die den Vorwurf der Beaessenheit abwehren will (3,23-27), 80ndern in der Nicht· Vergebung für die Lästerung dea Geiates (3,29). Der Evangeliat folgt hier seinem Stoft', der die Parabeln durchaus alB ..Veratändniahilfen" darbietet, ohne einen Auagleich mit seiner Theorie zu Buchen. Ebenao 2,1811'. Von der verhüllenden Wirkung der Parabe11'ede ist nur 4, 2ft'. etwaa zu bemerken, und gerade hier fehlt daa Gericht.Motiv.
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Israel als Einheit des Bösen
Alt. 14,3--12/Alk. 6,17--29 Die Verhältnisse des Markus-Texte& sind bei Matthäus auf den Kopf gestellt. Mk. 6,19 ist es Herodias, die dem Täufer nach dem Leben trachtet. Sie richtet jedoch nichts aus, weil Herodes seinen Gefangenen fürchtet, wohl wissend, daß er ein gerechter und heiliger Mann sei. Herodes steht gleichsam als Schutzschild vor Johannes: " ... und er ließ ihn bewachen, und wenn er ihn hörte, kam er in schwere Verlegenheit und hörte ihn doch immer wieder gern" (6,20). Ganz anders der Matthäus-Text. Hier ist von vorneherein klar, daß Herodes selber Johannes töten will (14,5), doch fürchtet er sich vor dem Volk, das den Täufer für einen Propheten hält, wie es nach 21,46 auch Jesus diesen Rang beimißt (vgl. 21,11), was wiederum den dort genannten Autoritäten Respekt einflößt. Wolfgang Trilling beurteilt diese tiefgreifende Differenz zu Markus richtig: "Herodes Antipas wird 80 in eine Linie mit seinem Vater gestellt, der Jesus nach dem Leben trachtete (2,13), und mit seinem Bruder Archelaus, dessen Herrschaft Furcht weckt und die 'übersiedlung nach Galiläa erforderlich macht (2,22). Alle stehen in einer einzigen gottfeindlichen Front ... "I. Wenn Trilling freilich hinzufügt, es gäbe nur zwei Fronten, und Herodes stehe auf der Seite der Prophetenmörder, trifft er den Text nicht. Denn Johannes gilt, abgesehen von der Meinung des Volkes, im Matthäus-Evangelium keineswegs bloß als Prophet (vgl. 11, 9ff.). Er steht mit Jesus und den Jüngern in einer Front als Bote der Himmelsherrschaft : gegen diese drei wütet die gesammelte Feindseligkeit Israels. Diese drei erleiden von seiner Hand den Tod (Johannes: 14,10; 17,12; Jesus: 12,14; 16,21; 17,12 usw.; die Jünger: 22,6; 23,34). Israel -- doppelter und dreifacher Mörder der Basileia-Boten: an diesem Bild arbeitet der Evangelist durch seine "Korrektur" des Markus-Texte& in der Täufer-Perikope 8 •
Alt. 14,13/Mk. 6,30-32 Markus berichtet nach der Täuferperikope von der Rückkehr der Apostel zu Jesus. Um dem Andrang der Vielen auszuweichen, fahren Jesus und die Jünger mit dem Schiff abseits an einen verlassenen Ort (6,32). Matthäus übergeht Mk. 6,30f. und schließt hart an 14,12 die Notiz vom Entweichen Jesu an; die Jünger bleiben außerhalb des Gesichtsfeldes. 14,13 ist deutlich nach Mk. 6,32 formuliert, nur tritt «VEX~P"llan an die Stelle des harmlosen «mj>.&ov. Der Sinn dieser Auslassung und Akzentverschiebung ist offenkundig: 80 bedrohlich ist die I Die Tiufertradition bei Matthäua, BZ 3 (1959) 271-289,275. I Daß Matthäua den Markua·Text bearbeitet, ist z. B. an der bei ihm stehen· gebliebenen Notiz von der tiefen Betrübnis des Königs zu erkennen. Sie hat bei Markus ihren guten Sinn, da Herodea hier im Vorausgehenden zum Täufer hält. In der matthäiachen Fassung der Legendo steht sie sinnlos im Leeren.
Die MarkU8.Stoft'e
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dem Täufer bewiesene Todfeindschaft Israels, daß Jesus (der mit Johannes zusammengehört) vor ihr fliehen muß-. Mt. 15,1-20IMk. 7,1-23
Im matthäischen Text fallen sofort die Verse 12-14 auf, die bei Markus fehlen'. Die Jünger fragen: Weißt du, daß sich die Pharisäer ärgerten, als sie das Wort hörten 1 15,13 bestätigt dieses von 15,12 vorausgesetzte faktische Ärgernis der Repräsentanten; sie sind - an Jesus - zu Fall gekommen (vgl. 11,6). Die Antwort Jesu besteht in einer herben Gerichtsankündigung für .. jede Pflanze, die mein himmlischer Vater nicht gepRanzt hat". Eindrucksvoll illustriert der Text unsere These von der Einheit Israels mit seinen Repräsentanten bei Matthäus. Denn die Pharisäer und das von ihnen geführte ..Volk" gehen gemeinsam dem Gericht entgegen; das ..Volk" mit seinen Führern. Wieder dieses harte, negative Kollektivurteil über Israel: Blinde, von Blinden geführt. Wieder keine Silbe von Heil und guter Aussicht für Israel. Das ganze Volk, Führer und Geführte in ihrer Einheit, ist dem .. Abgrund" verfallen. Ja, Jesus selbst überläßt sie ausdrücklich ihrem Verderben. Sie sollen ihren Weg weiter gehen - ..lasset sie ... " Mt. 16,1-12IMk. 8,11-21
Das Stück von der Zeichenforderung der Pharisäer und Sadduzäer (16,1.2a.4; vgl. 12, 38f.) formuliert Matthäus im Anschluß an Mk. 8,11 bis 13. Bezeichnend, daß der Evangelist die Versuchung Jesu als .. Hauptmotiv" der Gegner energisch an die Spitze rückt (ähnlich Mt. 19,3/Mk. 10,2). Aus der Frage Mk. 8,12 (Was sucht dieses Geschlecht ein Zeichen 1) wird die anklagende Behauptung: das böse und ehebrecherische Geschlecht sucht ein Zeichen'! Für die Pharisäer von Mk. 8,11 setzt Matthäus die .. Pharisäer und Sadduzäer" und behält diese Gegnerschaft in der folgenden Szene bei (gegen Mk. 8,15: Sauerteig der Pharisäer und Sauerteig des Herodes); er verbindet also die beiden Textgruppen zu einer größeren Einheit. Während Markus das Gespräch vom Sauerteig in aller Breite unter den Aspekt des Jüngerunverständnisses rückt, formt es Matthäus in einen Angriff Jesu auf die Lehrerschaft Israels um : Sehet zu und hütet euch vor dem Sauerteig der Pharisäer und Sadduzäer (16,6; wiederholt 16,11) - das ist, wie 16,12 abschließend feststellt, nichts anderes als die Ure der • Vgl. "'"x.:.P"l..... ',12, wieder in Verbindung mit dem (gefangen gesetzten) Täufer; 12,15: Flucht Jeau nach dem Todeabeachluß der Pharisäer (= JrIk. 3,7); 16,21 : Jeau Entweichen nach der Auecinandereetzung mit den Pharisäern und Schriftgelehrten (16, 1ft'.); vgl. 2, 12.13.1 '-22. • 16,13 Sondergut; 16,14 aU8 Q (vgl. Lk. 6,39)!-Zu 111,1-20 vgl. S. 140ff.
Israel als Einheit dea BÖllen
Pharisäer und Sadduzäer. Verwerfliches Israel; vor der Lehre seiner Repräsentanten wird gewarnt.
Al,. 17,l4--21/Alk. 9,14--29 In der Perikope von der Heilung des Epileptischen streicht Mat· thäus den Disput der Schriftgelehrten mit den Jüngern. Wo Jesus die Lehre ..Israels" so nachdrücklich perhorresziert, können sich die Jünger begreiflicherweise nicht mehr mit den Vertretern des ..bösen und ehe· brecherischen Geschlechts" unterreden. Al'- 19,1-12/Alk. 10,1-12 Mit ihrer Frage nach der Entlassung des Weibes erscheinen bei Matthäus die Pharisäer von vorneherein in einem viel ungünstigeren Licht als bei Markus (10,2), wo sie nach der Möglichkeit der Ehescheidung überhaupt fragen. Für Matthäus haben sich die Versucher Jesu, wie der Text suggeriert,längst fUr die Ehescheidung entschieden, ja sie möchten wissen, ob es erlaubt sei, seine Frau um jeder Ur~ willen zu entlassen - ihre Praxis, wie man ergänzen muß. Jesus bekämpft ihre Iibertinistische Haltung, die fUr die Haltung .. Israels" steht', nach dem Matthäus-Text zunächst mit einem kategorischen .. überhaupt nicht" (19,4--6; der Evangelist stellt das Schöpfungsargument anders als Mk. 10,6-9 als wuchtige Gegenthese an die Spitze), dann mit einem Satz, der auf die laxe Scheidungspraxis Israels eingehen, sie in aller Form zurückweisen will (19,9): Wer seine Frau I'~ !nl nopve(qt entläßt (..nicht wegen Unzucht" = um jeder Ursache willen) ... begeht Ehebruch I. Bemerkenswert ist auch, daß sich nach 19,7 die Pharisäer aufMose und sein ..Gebot" berufen, während Jesus von einer .. Erlaubnis" redet und darauf hinweist, von Anfang an sei es nicht also gewesen (19,8; das ausgesprochene argumentum principii fehlt bei Markus), wo im Markus-Text Jesus selbst unbefangen nach dem von Mose Gebotenen fragt (10,3; vgl. 10,6), dieweil seine Gegenüber mit der ..Erlaubnis" Moses argumentieren. Der Evangelist will zeigen: Jesus schlägt ..Israel" seine vornehmste Waffe, das Gebot Moses, mit dem argumentum principii aus der Hand. Gott steht, was die Ehescheidung betrifft, von Anfang an gegen Mose, Gesetz und Pharisäer. Mit alledem ist der Text wieder viel schärfer als bei Markus gegen Israel gewandt. • Wohl BUS Q (vgl. Lk. ll,29), vom Evangeliaten nach ..inen Absichten redigiert. 7 Weil die Pharia6er für "Israel" votieren, muß man den Streit zwiachen Hillei und Schammai von 19,UI". femhalten. Waa hilltorisch geoehen (cum grano aalill) HiUela "Lehre" war, i.t für Matthäus Sache (der Vertreter) lJaDZ Ja.....,... 19,3-9 zeigt, wie weit der Redaktor von konkret·hilltorillchen ..jüdischen" Ver. hiltniaaen entfemt iIIt. • Zu 11,32 und 19,9 vgl. S. 137f.
Die Markus·Stoffe
Mt. 21,18f./Mk. 11,12-14 Nur im Blick auf den Matthäus-Text ist von einer Verfluchung des unfruchtbaren Feigenbaums zu sprechen (vgl. 21,41.43). Dieser Zug der Darstellung liegt Mk. 11,13 (..denn es war nicht die Zeit der Feigen") völlig fern. Da der Feigenbaum als ..Symbol" Israels zu gelten hat", motiviert Matthäus mit der fehlenden Frucht die folgende Verfluchung Israels zu ewiger Unfruchtbarkeit (!), deren Unumstöllichkeit und Gegebenheit er (gegen Mk. 11,14) kräftig herausstreicht: und alsbald verdorrte der Feigenbaum ... - ..This story is unique in the Gospels, in that it describes the only miracle ofJesus which is purely destructive" (Fenton) 10.
Mt. 21,33--46/Mk.12,l-12 21,35 spricht im Unterschied zu Mk. 12,3 (f8tLpat" Xat! 1i7t~a-;Eu.at" xcv6,,) schon vom Tod und der Steinigung der Knechte. Mk. 12,4f. faßt der Evangelist in einem Satz zusammen (21,36): Wiederum sandte er andere Knechte, mehr als die ersten, und sie taten ihnen gleichalso. Trilling beurteilt diesen Vorgang richtig i er sagt: "Das Handeln der Winzer ist von Anfang an gleich, die Tötung des Sohnes steht in einer Linie mit den vorherigen Missetaten. So entsteht der Eindruck: Das ist die Regel, das ist die Art dieser Winzer"ll. Neben dieser Betonung der "mörderischen Art" Israels legt Matthäus wie in 21,18f. den Finger auf seine "Unfruchtbarkeit". Schon 21,34 zielt auf dieses Motiv. Mk. 12,2 steht das neutrale Ti;I XatLpi;li 21,34 sagt dagegen: Als aber die Zeit der FrUdite gekommen war ... Ist es Mk. 12,2 das Interesse des Weinbergbesitzers, "bei den Weingärtnern von den Früchten des Weinbergs (seinen Anteil!) in Empfang zu nehmen", so verlangt er in 21,34 durch die Boten prononciert nach Beinen Früchten. 21,41 zufolge wird er den Weinberg anderen Weingärtnern austun, die ihre Früchte bringen zu ihrer Zeit, und 21,43 8pricht davon, die Gottesherrschaft werde von "euch" genommen und einem Volk gegeben werden, das ihre (der Basileia) Früchte bringe. Beides fehlt bei Marku8. Dann läßt es sich Matthäus wieder angelegen sein, das unausweichliche Gericht mit dem Hinweis auf die Bosheit der Delinquenten einsichtig zu machen. Mk. 12,9 heißt es: Er wird kommen und die Weingärtner umbringen. Anders 21,41: Er wird die BÖBeuJickter übel umbringen, wobei der Evangelist noch eine besondere Pointe bereithält insofern, • VgJ. Joachim Jeremias, Jeau Verheißung für die Völker, 2. Aufl. 1959,42, Anm.167. '0 John C. Fenton, The Gospel or St. Matthew, Tho Pelican Gospel Commentaries, 1963, 336. 11 Das wahre Iarael 56.
Iarael als Einheit des Dosen
als er die "Weingärtner" sich selbst das Urteil sprechen läßt 11. Schließlich fügt Matthäus in 21,45 noch die Bemerkung hinzu, die Oberpriester und die Pharisäer hätten erkannt, daß Jesus von ihnen sprach. Sind sie gemeint, so ist es nur logisch, daß sie im folgenden Jesus zu ergreifen suchen (21,46 = Mk. 12,12): in ihnen verkörpert sich das blutbesudelte und verworfene Isra.el des Gleichnisses, das auch vor "seinem Sohn" nicht haltmacht.
Jlt.22,lö--22jAlk.12,l3--17 Zwei Dinge fallen auf. Einmal ersetzt der Evangelist clYPMLV, "erhaschen, fangen" aus Mk. 12,13 durch nlXyL3tUCLv, "mit der Schlinge fangen", fügt also 22,15 die Nuance des lauernden Schlingenlegens hinzu. Zum andern verwandelt er das Wissen Jesu um die Heuchelei der Gegner von Mk. 12,15 in seine Erkenntnis ihrer B08heit (22,18), ohne sich freilich das ön6xpLaLt;-Motiv des Markus-Texte& entgehen zu lassen. Formuliert Markus die folgende Frage Jesu ohne sonderliche Anrede, so fährt Matthäus fort: Was versucht ihr mich, ihr Heuchler'
Jlt. 22,23--33/Alk. 12,18--27 Der Redaktor nimmt 22,33 aus Mk. 11,18 auf und trägt es hier nach. Mit der Schlußsentenz, daß die Mengen, die es hörten, sich über Jesu Lehre entsetzten, will er die peinigende Fremdheit der Antwort Jesu für die Ohren Israels zum Ausdruck bringen: das Volk steht auf der Seite der Sadduzäer, deren Anliegen zugleich das Anliegen Israels ist-und deren Niederlage, wie das Folgende zeigt, die Pharisäer nicht ruhen läßt, bis sie zum "Gegenschlag" ausgeholt haben. (So wenig ist Matthäus an "historischen VerhältniBBen" interessiert; so wenig kennt er sie.)
Jlt.22,34--40/Jlk.12,28--34 Erstaunlicher Gegensatz! Bei Markus "einer von den Schriftgelehrten", der weiß, daß Jesus den Sadduzäern trefflich geantwortet hat; der eine sachliche Frage stellt und auf Jesu gelungene Antwort hin sein Lob nicht zurückhält, um im gleichen Gesprächsgang die Worte Jesu ergänzend, kommentierend fortzuführen, worauf ihm Jesus unter dem Eindruck seiner verständigen Rede bekennt, er sei nicht ferne vom Reiche Gottes Bei Matthäus dagegen "die Pharisäer", auf-
I'.
21,44 kann hier auller Betracht bleiben, da sich diese GerichtsankÜDdigung, die wohl als zum ursprünglichen Text Ir,hörig anzusprechen ist, nicht nur auf ..Israel", aondem &I...generelle Sentenz' auch auf das 21,'3 genannte ..andere Volk" bezieht; vgl. Georg Strecker, Der Weg der Gerechtigkeit, Untersuchung zur Theologie des Matthiua, FRLANT 82, 1962, 111. II Vgl. Günther Bomkamm, Das Doppelgebot der Liebe, in, Neuteatament· liehe Studien für Rudolf Bultmann, BZNW 21, 2. Au1\. 1957, 85-93. 11
Die Markua·Stoffe
gescheucht durch die "Schlappe" der Sadduzäer; ein Gesetzeskundiger aus ihrer Mitte, der Jesus fragt, um ihn zu verBUChen - die Pha.1anx des Bösen. Die "positiven" Züge des Markus·Textes sind konsequent unterdrückt. In der Perikope vom größten Gebot tritt (auf dem Hinter· grund von Mk. 12,28ff.) die Härte und Systematik des Evangelisten in seiner Israel·Darstellung besonders schroff zutage. Mt. 22,41-46/Mk. 12,35-37 Die Verse Mk. 12,35ff. entrollen das Bild einer "sa.chlichen" Auseinandersetzung in der Davidssohnfrage. Jesus lehrt im Tempel: Wie aagen die Schriftgelehrten ... ! Als Zuhörerschaft ist das Volk zu denken, vgI. 12,37: Und die große Volksmenge hörte ihm gerne zu. Matthäus führt in 22,41 die Pharisäer des vorausgehenden Stücks in die Szene ein und transponiert den Text auf die Ebene eines "Streitgesprächs". - Da aber die Pharisäer veraammelt waren, fra.gte sie Jesus: Was dünkt euch um Christus ... 1 Am Ende sind - nach den Sadduzäern - auch die Pharisäer geschlagen. 22,46 stellt abschließend fest: Und keiner konnte ihm ein Wort antworten; auch wagte es von jenem Tag an keiner mehr, ihn noch weiter zu fragen. Da.e heißt im Kontext: Jesus schlägt mit seiner Attacke die geschlossen anlaufende Front der Feindschaft Israels zurück. Er wird zwar versucht, aber er behält endgültig die Oberhand. Auf seiner Seite ist der Sieg der überlegenen guten Sache. Mt. 26,1-6/Mk. 14,1-2 Markus berichtet vom TodesaMChlag der Oberpriester und Schriftgelehrten (it~-rouy ... n:C;;~ a:lrrov n 36>.Cjl Xpot~aotVTEl; cln:ox-rdvColalv). Nach Mt. 26,3f. versammeln sich die Oberpriester und Ältesten des Volks im Pa.1ast des Hohenpriesters Kaipha.e und fassen den "offiziellen" Besclilu{Jl', Jesus mit List gefangenzunehmen und zu töten. Man sieht: Jesu Tod ist die solenne Entscheidung Israels. Mt. 26,14--16/Mk. 14,10--11 Judas erbietet sich, Jesus zu verraten (Mk. 14,10). Der folgende Satz lautet: AIs die (Oberpriester) es hörten, freuten sie sich und versprachen, ihm Geld zu geben. Matthäus übergeht die "Freude" der Autoritäten; dafür stellt er das Ganze unter den beherrschenden Gesichtspunkt des Geldgeschäfts. Judas tritt auf und fragt: Wa.e wollt ihr mir geben, daß ich ihn euch verrate! Und die Oberpriester machen den bösen Handel alsbald perfekt: Sie aber wogen ihm dreißig Silberlinge dar. Bei Markus kommt das clprUPlov-Motiv erst nachträglich ins .. Vgl. Bauer, Wörterbuch 1540.
Israel als Einheit des Bösen
Spiel; Matthäus gibt der Szene von vorneherein die eine düstere Note: Israel, auf dessen Seite Judas hier steht, ..verschachert" seinen Messias.
Mt. 27,1-2/Mk. 15,1 Im Markus-Text fassen die Autoritäten einen Beschluß und lassen Jesus fesseln, abführen und an Pilatus ausliefern. Nach 27, I f. jedoch wiederholen vor der Auslieferung Jesu alle (!) Oberpriester und Ältesten des Volks ihren feierlichen Todellbe8chluP von 26,4 (vgl. 12,14) in aller Form. - Diese eiserne Stirn, dieses grimmig zum Tode Jesu entschlossene Israel!
Mt. 27,11-14/Mk. 15,2-ö Wo Markus nach der Auslieferung Jesu sofort zu 15,2 überleitet: Und Pilatus fragte ihn ... , verweist Matthäus (nach den von ihm eingeschobenen Versen 27,3-10) gleich mit dem ersten, die Szene würdig eröffnenden Satz auf die Hoheit Jesu: Jesus aber trat vor den Statthalter l6 • Diese Linie führen 27,12ff. konsequent weiter. Jesus antwortet auf die Anklagen der Oberpriester Wld Ältesten nicht, wie 27, 12 (gegenüber Mk. 15,3) vermerkt. Als daraufhin Pilatus das Wort ergreift, wird auch er in Jesu Schweigen einbezogen: Und er antwortete ihm auch nicht auf ein einziges Wort, so daß sich der Statthalter sehr verwunderte (viel schwächer Mk. 15,5). Israels Anwürfe gegen seinen König verdienen keine Erwiderung - an die Adresse der Ankläger und des Pilatus. Schweigen, Schweigen sagt alles.
Mt. 27,1S--26/Mk.15,6--15 Zuletzt ist noch die Barabbas-Perikope zu betrachten. Mattbäus betont den schroffen Kontrast zwischen Barabbas und Jesus. Erläutert Mk. 15,7 verhältnismäßig ausführlich und in referierendem Ton, Barabbas gehöre zu den Aufrührern, die bei dem Aufruhr einen Mord begangen hätten, so spricht Matthäus in 27,16 deftig plakatierend von dem ..berüchtigten Gefangenen namens Barabbas" und suggeriert so den Gedanken an einen üblen Verbrecher. Dem stellt er das reine Bild von .. jenem Gerechten" gegenüber, um dessetwillen das Weib des Pilatus im Traum viel erlitten hat (27,19 Sondergut). Dazu übernimmt er 27,23 (Was hat er denn Böses getan 1) unverändert aus. Mk. 15,14. Auch die Wleingeschränkte Verantwortlichkeit Israels für den Tod Jesu will der Evangelist wieder herausstellen. Nach Mk. 15,11 wiegeln die Oberpriester das Volk auf, ..daß er ihnen lieber den Barabbas freigäbe" - Wld nichts weiter. In Mt. 27,20 überreden die Oberpriester Wld Ältesten die Volksmenge, sie sollten Barabbas .. begehren", Jesus .. r"'"IILL (Aor. pass.) hier intransitiv I Vg\. Bauer, Wörterbuch 765.
Die Markus·Stoft'e
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aber zum Tode bringen, wie es nun heißt. Diesem Ansinnen leistet das Volk bereitwillig Folge. Es erklärt sich mit seinen Repräsentanten soli· darisch, macht den Tod Jesu zu seinem ausgesprochenen Anliegen. Alle sprechen sie: Er soll gekreuzigt werden (27,22; anders Mk.15,13) 18. Das ganze Volk übernimmt die Schuld am Tode Jesu (27,25 Sondergut). Eine weitere Differenz gegenüber Markus liegt darin, daß Matthäus das Entweder-Oder im Blick auf Barabbas und Jesus in die Mitte der Szenerie rückt. Das Volk hat die Wahp7: Verbrecher oder Christus. Das ist schon 27,17 die Frage (anders Mk. 15,9), die Pilatus dem Volk noch einmal in aller Form vorlegt: Welchen von den beiden wollt ihr, daß ich euch freilasse (27,21; fehlt so bei Markus}t Das Volk ent· scheidet sich expressis verbis für Barabbas (wieder fehlt das mar· kinische Gegenstück). Und auf die Frage des Statthalters, was mit Jesus geschehen solle, verlangt es entschlossen nach seinem Kreuz (27,22; mit Mk. 15,12f.), bereit, alle Konsequenzen seiner Ent· scheidung auf sich zu nehmen: Sein Blut komme über uns und unsere Kinder (27,25). "Da", auf diese Erklärung hin, so unterstreicht Mat· thäus, gibt Pilatus ihnen Barabbas frei (27,26; anders Mk. 15,15), Jesus aber überweist er zur Kreuzigung. Wichtig ist noch das matthäische Sondergut. Trilling hat richtig gesehen, daß 27,19, vom Evan· gelisten (wie 27,24f.) geschickt in den Kontext eingebettet, zunächst den Gang der Handlung aufhalten soll: die Autoritäten bekommen Zeit, das Volk zu überreden. Auch das ist exakt beobachtet, daß die Mahnung "Habe nichts mit diesem Gerechten zu schaffen" dem 27, 24f. Berichteten auf seine Weise vorarbeitet. In der Tat tut Pilatus dann das Entsprechende; er will am Blut Jesu nicht schuldig sein 18 • "Dadurch, daß ... 1L'Il8ev aoE KTA. (Vers 19) und ci&iji6~ dILL KTA. (Vers 24) aufeinander abgestimmt sind, wird die alleinige Verantwortung der Juden für den Urteilsspruch vorbereitet ... Matthäus verwendet das Wort der Heidin als helle Folie, damit die Schuld der Juden sich um so dunkler abhebe"u. So mit Recht Trilling. 27,24 zufolge sieht Pilatus, daß sein Hinweis auf die Unschuld Jesu (27,23) "nichts nützt", sondern das Geschrei nur gewaltig aufrührt. Er hat getan, was er konnte. Er hat dem Volk vorgelegt, was ihm zusteht: die Wahl, ohne Zweifel an seiner Wahl (hätte er hier zu wählen) aufkommen zu lassen. Das Volk aber hat anders entschieden und hält leidenschaftlich an seinem Willen fest. Also wäscht Pillitus seine Hände - mit Recht I - in Unschuld: Sehet ihr zu '" Das ist der Duktus der matthäischen Darstellung: "Israel" ist In 26, 66 übergeht Matthäus das nciv...~ von lIIk. 14,64; er trägt es hier nach. " &.1\&.>.0.27,16 statt 6. "exPYlTOÜVTO lIIk. 15,6. ,. Der Kontl'llllt zu dem berüchtigten Gefangenen von 27,111 ist TriUing
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entgangen. ,. Das wahre Israel 68. Von den ,.Juden" sollte Trilling im Blick auf die vor. liegenden Texte besser nicht sprechen, vgI. S. 116, Anm. 45.
Iarael als Einheit des Böeen eil, das den berüchtigten Barabbas seinem König vorzieht und sich feierlich zu seiner Schuld bekennt.
2. Die Q-Materiolim Ähnlich wie im Vorausgehenden gilt es nun, die Matthäus und Lukas gemeinsamen, von Israel handelnden oder darauf bezogenen Stoffe auf ..qua1ifizierende" Änderungen der Redaktion hin zu untersuchen. MI. 3,7-10IL1c. 3,7-9 Die Logien sind bei Mätthäus und Lukas bis auf leichte stilistische Anderaartigkeiten wörtlich identisch, nur die redaktionellen RahmenNotizen weichen voneinander ab. Nach Lk. 3,7 a ergehen die Worte des Täufers an die Volksmenge, die hinausging, um sich von ihm taufen zu lassen. Matthäus aber denkt sofort an ..Israel". Seine Adressaten sind 3,7a ..viele der Pharisäer und Sadduzäer", die Johannes zur Taufe kommen sieht. Zudem stellt er seinem Text anders als Lukas die zumeist aus Mk. 1,5 übernommene Notiz voran, die davon spricht, JerusaJem, das ganze jüdische Land und die ganze Landschaft um den Jordan 10 sei zu Johannell hinausgezogen usw. Den bei Markus folgenden Vers 1,6 vom äußeren Habitus des Täufers bringt er schon in 3,4, so daß er von der Johannes-Taufe Israels 3,5f. in einem Zuge zu der Gerichts-Adresse an Israel (die Pharisäer und Sadduzäer) übergehen kann. Kaum tritt der erste Bote der Basileia auf (vgl. 3,2 redaktionell) und stößt auf ..Israel", schon muß er drohend die Stimme erheben!
Q-BfoUe der Bergpredigt Die von Matthäus zwischen 5,20 und 7, 28f. zusammengestellten und redigierten Q-Stoffe der Bergpredigt (vgl. Lk. 6,27-38.41-44.46-49; 11,2-4.9--13.34--36; 12,22-31.33--34.58-59; 13,23--24.26-27; 16,13), die bei Lukas auf verschiedene Szenen verteilt und zumeist an die Adresse der Jünger (6,20; vg1.6,27; 11,1; 12,22; 16,l),aberauch an die Volksmenge (11,29; 12,54) oder freischwebend zu ..ihnen" gesprochen sind (13,23), hat der Evangelist durch die Rahmenbemerkungen 5,20 und 7,28f. zusammen mit anderem Gut zu einer gegen ..Israel" gerichteten Rede Jesu ausgesta1tet·l • Die Logien dienen, mit 5,20 zu sprechen, zur Beachreibung der Gerechtigkeit, die besser ist &1s die der BcAriftgde1&rlen und PlaariaiW. Mit dem Blick auf ..diese Worte" (7,28) stellt 7,29 abschließend fest, Jesus habe das Volk ~~ i~oua~ fx.fijV gelehrt und nicht wie ihre BcAriftgek1irlen. Sehr ein• Fehlt bei lIIarkus. Lk.3.3 berichtet MYOn, JoMnnu habe sich in die ganze Landschaft. um den Jordan begeben. 11 5,20 redaktionell; zu 7,28f. "81. Mk. 1,22.
Die Q·Materia1ien
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drucksvoll hat der Evangelist sein Vorhaben beim Vaterunser durch· geführt, das Lk. l1,lff. unter dem Stichwort .. Herr,lehre uns beten" den Jüngern zugeeignet ist. Matthäus dagegen bringt das Vaterunser nach 6,5-8, der Wamung vor den Heuchlern 11, und fügt im Kontrast zum also beschriebenen Beten IsraelsIll hinzu: So sollt ihr beten ...
Mt. 8,S-13/Lk. 7,1-10; 13,281Der erste in die Augen springende Unterschied zum lukanischen Text liegt darin, daß sich bei Matthäus der Hauptmann in persona an Jesus wendet und seinem Glauben selbst beredten Ausdruck verleiht, während er nach Lk. 7,3 .. Älteste der Juden" zu ihm sendet, die sein Anliegen vortragen und sich mit dem Hinweis auf seine Verdienste um Israel (I) für ihn einsetzen (7,4f.); im folgenden bekundet er seinen Glauben durch den Mund von Freunden (7,6ff.). Die Hinwendung der Oberen Israels zu Jesus und die Sympathie eines Heiden für Israel sind für Matthäus, falls diese Momente in seiner Q-Vorlage eine Rolle spielten u, in Konsequenz seiner ganzen Israel-Zeichnung, wie sie seine Formulierung von 8,10 wieder erkennen läßt, unmöglich geworden (vgL 9,18). Heißt es Lk.7,9: Nicht einmal in Israel (das doch das ..Glaubensvolk" ist) habe ich solchen Glauben gefunden; überbietet hier &\so der Glaube des Heiden denjenigen Israels, so schreibt der harte Griffel des Redaktors in 8,10: Bei niema1lllem habe ich so großen Glauben in Israel gefunden, was um so schwerer wiegt, &1s Matthäus dem die Verse 8,11 f. folgen läßt, die der endzeitlichen Erwählung der Heiden Israels Verwerfung gegenüberstellen". Der totale Unglaube Israels rechtfertigt die ihm angedrohte endgeschichtliche Katastrophe. .. Die Verae 6, 7 f. haben, isoliert betrachtet, eine andere Ausrichtung und .ind von einem anderen Standpunkt aue fonnuliert aJa 6,lIf. ( ... c......p 01 ...""" I), doch .tört daa den Evangeliaten nicht, oie aeinem übergreifenden Zuaammonhang "wider Iarael" unterzuordnen (vlfl. 6,1-4.16-18) . .. Auffallend iat du absolute "die Heuchler' in 6,2.5.16; vgl. 2.,111, daa auch Did. 8,1.2 vorkommt, wo unzweideutig und kollektiv ..die Juden" gemeint Bind. Steff und Tennini entatammen wie Did. 8,1 f. der cbriatlichen Aueeinander· eetzung mit dem "Judentwn"; Matthiue jedoch gebraucht .ie im Rahmon eeiner ..geachichtlichen" Ierael.Schilderung für du Gegenüber Jeau . .. Bultmann, Tradition 39 vennutet, daß erat Luku die Älteaten und ihre "Tmente in eeinen Text einführte. Vgl. die 80rgfältige Analyae Trillinga, Du wabre larael 88 f. - Gnilka 98, Anm. 36 möchte nicht zugeben, ..daß Jeaue hier ganz Iarael aJa Nation (I) ver· wirft ... Demgegenüber iat Trilling beizupflichten, der die achneidenden Konturen dea Textea gewi.aeenhaft nachzieht. Nach Trilling 89f...... iat der Tenor ao auf Endgültigkeit und Unwiderruflichkeit a~immt, daß man kawn be· zweifeln kann, Mattbiu. habe du Wort aJa gültigen Urtai\aapruch über Iarael in eeiner heilsgeechichtlichen 80nderatellung aufgeraUt". Weniger zufrieden· stellend iat Triflinga Erklirung der .. Söhne der Baaileia" (89), unter denen er "du aueerwihlte Volk aJa 8Olchea" verateht - in Anlehnung an G. Dalman, Worte Jeau 94: "Die ,Söhne der Gotteaberrachaft' sind 80mit die ihr durch ihre Geburt angehörenden, welche dadurch ein naturhaftea Recht auf ihren Beaitz ,
8701 Walte••
B~"
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Israel als Einheit des BOsen
Mt. 8,19-22/Lk. 9,57-60 Auch diese Verse hat der Evangelist in Q vorgefunden. Die Abweichungen gegenüber Lk. 9,57ff. sind charakteristisch. Wo sich nach Lk. 9,57 "irgendeiner" zur Nachfolge bereit erklärt, setzt Matthäus dafür einen Schriftgelehrten; ihm widerfahrt Jesu abweisende Antwort. Der "andere" (Lk. 9,59), den Jesus bedingungslos beansprucht, ist für Matthäus "ein anderer von den Jüngern" (vgl. S. 26f.). Wie der Evangelist den um Hilfe bittenden Synagogenvorsteher eliminiert (9,18; vgl. den vorausgehenden Abschnitt S. 49), so "streicht" er auch den nachfolgewilligen Schriftgelehrten: in seinem Text muß Jesus den Repräsentanten Israels zurückweisen. Das harthörige, ungläubige, radikal-bÖBe und deshalb von Jesus selbst auf sein Verderben zurückgeworfene, dem zukünftigen Gericht verfallene "Israel" kommt für die Nachfolge Jesu nicht mehr in Frage.
Mt. 11,16-27/Lk. 7,31-35; 10,13-15. 21-22 Unsere Aufmerksamkeit gilt zunächst der Kompositionsarbeit des Evangelisten 11. Matthäus und Lukas bieten die Anfrage des Täufers, Jesu Zeugnis über Johannes und seine Klage über "dieses Geschlecht" mit kleineren redaktionellen Modifikationen (Mt. 11, 12-15; Lk. 7,29 f.) in derselben Reihenfolge: 11,2-6.7-11.1&--19; Par Lk. 7,18-23. 24-28.31-35. Wo Lukas im folgenden sein Sondergut, die Perikope von der großen Sünderin 7,36-50, einbringt, "führt Matthäus die Anklagen gegen dieses Geschlecht einem Höhepunkt zu, indem er Jesus die Wehrufe gegen die unbußfertigen Städte Galiläas sprechen läßt, die darüber hinaus bei Matthäus einen noch schärferen Klang haben als Par Lk. 10,13-15 ... "17 Aber damit nicht genug, bringt der Evangelist mit dem hart an 11,20-24 angeschlossenen "Jubelruf" (11,25 bis 27; Lk. 10,2lf.) noch einmal den Gedanken der Verwerfung Israels zum Ausdruck, so daß er die ganze Komposition als Gerichtsrede wider Israel verstanden wissen will 11. 11,16-19 entspricht in der Substanz genau Lk. 7,31-35. Dagegen fallen die Abweichungen von 11,20 -24 gegenüber Lk. 10,13 -15 stark ins Gewicht. Gnilka hält haben." Dabei ist übersehen, daß auf dem Boden des Matthaua-Evangeliuma die Buileia durchweg keine GröBe der Geburt oder "Natur" ist, die in den "alten Bund" zurückzudatieren und mit ihm identisch wäre, IOndem eine GröBe verbaler Berufung, die dem Volk durch ihre Boten (Täufer, Jeeua, Jünger) zuteil wird und erat mit Johannes anhebt. Die 8aaileia begründet eine einzigartige, neue, endzeitliche Berufungageachichte, fordert Glauben. Der Unglaube (gegenüber Jesua, wie im Falle unseres Textes) schligt als furchtbares Gericht auf Israel zurück. . H VgJ. Gnilka \H. 17 Gnilka \H. Vgl. seine Analyse von 11,20-24 a.a.O. 118. 11 Zu Gnilkaa Auee88lung von der "antijüdischen Note" der matthiischen Komposition a.a.O. 118 vgJ. 8. 66, Anm. 46.
Die Q-Materialien
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präzise fest, daß die Weherufe in der lukanischen Komposition einen anderen Ton tragen, "den Tonus der Jüngerbelehrung"'· . Seinen Ausführungen ist zuzustimmen: "Voran geht die Aussendungsrede mit der abschließenden an die ablehnenden Städte gerichteten Drohung (10,1-12). Die Wehrufe wollen den Jüngeru sagen: Ich, euer Meister, habe Ablehnung erfahren. Deshalb müßt auch ihr damit rechnen. Aber ihr sollt wissen: ,Wer euch hört, der hört mich; und wer euch verachtet, der verachtet mich. Wer aber mich verachtet, verachtet den, der mich gesandt hat' (10,16)"'·. Matthäus leitet die Logien durch die Rahmennotiz 11,20 ein: Da fing er an, die Städte anzuklagen 30, in denen die meisten seiner machtvollen Taten geschehen waren, weil sie (trotzdem) nicht umgekehrt waren. Das gibt allem Folgenden seinen bestimmten Akzent. Denn nun erscheinen die Weherufe als vernichtende richterliche Antwort Jesu auf die vorauszusetzende, faktische Unbußfertigkeit der Städte, nicht mehr als drohendes Werben um ihre mögliche, schleunigst zu unternehmende Buße: definitive Unbußfertigkeit bedingt die definitive Gerichtsansage (11,21 bis 23a). Diese Note wird von Matthäus in 11,23b.24 unterstrichen"'. Mit 11,23b begründet er den kommenden Höllensturz Kapernaums durch den Verweis auf "Sodom": Denn wären in Sodom die MachtTaten geschehen, die bei dir geschehen sind, es stände noch heute. M. a. W., Kapernaum ist schlimmer als Sodom - wieviel sicherer ist ihm das angedrohte Gericht! Ja, so bekräftigt 11,24 am Schluß, es wird dem Lande der Sodomer am Tage des Gerichts erträglicher ergehen als Kapernaum. - So schwer trifft es das unausweichliche Verderben. Auch hinsichtlich des "Jubelrufs" Mt. 11,25-27; Par Lk. 10,21f. weicht Matthäus stark von der lukanischen Komposition ab. Nur vom Lukas-Rahmen her ist das Stück wirklich als "Jubelruf" zu charakterisieren. Im Vorausgehenden (Rückkehr der Siebzig) begegnet das Stichwort "Freude" gleich zweimal (10,17.20). In 10,21a spricht Lukas dann expressis verbis von der pneumatischen Agalliasis Jesu und gibt 10,21 b.22 so die Höhenlage eines jubilierenden Ausbruchs. Nichts dergleichen bei Matthäus. Zu jener Stunde, so führt 11,25a die Gerichtsverkündigung fort, hub Jesus an und sprach ... Der Herr Himmels und der Erde ist es, der "solches" vor den Weisen und Verständigen in seiner souveränen Wahl (11,26; vgl. 11,27) verborgen, jedoch den Unmündigen offenbart hat. Man fühlt sich an 13, 10ff. erinnert, wo es in Jesu Souveränität beschlossen liegt, das ungehorsame Israel durch seine Parabelrede auf seine Verstocktheit festzulegen, die Jünger aber .. A.a.O. 98, Anm. 38. .. Für 6w:,at~..v vgl. die Bedeutung ,,(berechtigte) Vorwürfe machen", Bauer, Wörterbuch 1129 (2.) . • , 1I,23b redaktionell; obenso 11,24 nach 10,15.
1_1 als Einheit des Bösen
selig zu preisen, denen die Geheimnisse der Himmelsherrschaft zu erkennen gegeben sind (vgl. 13, 16f.). In diesem Horizont wird man die matthäische "Synopse" von 11,20-24 und 11,25--27 interpretieren müssen: Wird "Israel"8. das unumstößliche Gericht verkündigt, 80 begegnet es darin dem in seiner Offenbarung frei verfügenden, das Weise und Kluge ausschließenden, doch das Geringe erwählenden Gott (vgl. den Heilandsruf l1,281f.). M'.12,2Z-50ILk.ll,1~2
Auch diese beiden größeren Einheiten sind, grob gesagt, aus QStoffen aufgebaut, und zwar bei Matthäus in der Reihenfolge: Heilung des Besessenen (12,22--24), "Beelzebub"-Perikope (12,25--30), Vom Zeichen des Jona (12,38--42), Spruch vom Rückfall (12,43--45), (Jesu wahre Verwandte 12,4~0); bei Lukas: Heilung des Besessenen (11, 14f.), "Beelzebub"-Perikope (11,17-23), Spruch vom Rückfall (11,2~-26), (Seligpreisendes Weib 11,27f.), Vom Zeichen des Jona (11,16.29-32)88. Schon die von Lukas abweichende Anordnung und "Adressierung" der Stücke gibt Auskunft über die Tendenz der matthäischen Darstellung. Der Text reflektiert eine durchgehende Auseinandersetzung mit den Repräsentanten Israels (12,24 die Pharisäer; 12,38 etliche der Schriftgelehrten und Pharisäer), wo im Lukas-Text das Gegenüber der Handlung relativ unbestimmt bleibt (11,14 die Volksmenge; 11, 15 etliche von ihnen; 11, 16 andere; 11,27 eine Frau aus dem Volk; 11,29 die Volksmenge) und mit l1,27f. die szenische Einheit des Ganzen durchbrochen ist: lose verbundene Stoffe, wo Matthäus eine straffe Kompositionseinheit schafft und alles einem Leitgedanken unterstellt. Es wird sich zeigen, daß auch die "Abweichung" von 12,4~ den großen Gesamtentwurf nicht zerbrechen, sondern ihm dienen, ihn mit einer letzten "Spitze" abschließen soll. In 12,23 führt der Evangelist (gegen Lk. 11,14) die Frage des Volks nach der Davidssohnsschaft = Messianität J esu ein, die er vom Anfang des Evangeliums an voraussetzt H • Diese Würde Jesu greifen die Pha11 Daß Matthäus ad vocem Chorazin, Bethsaida, Kapemaum an "Israel" denkt, deutet er durch die Einordnung der WeheruCe hinter der Klage über "dieses Geschlecht" an. Doch auch seine Bemerkun~ 11,20, in jenen Städten seien die meisten seiner Macht-Taten geechehen, ist lUcht gleichgültig: Wo sich Jeaus Israel in besonderer Weise zugewandt hat, verfällt seine ünbullCertigkeit veratändlicherweiae dem schroffsten Verdikt. Zu bedenken ist auch, daß Matthäus Kapemaum in 9, 1 bewußt als "seine Stadt" charakterisiert. 11 Zur Analyse vgl. Bultmann, Tradition 10-12 . .. Der "Sohn Davids" begegnet schon 1,1 (vgl. den Stammbaum von 1,6-16), dann 9,27; 12,23; 16,22; 20,30.31 (ParMk. 10,48.49),21,9.15; 22,42 (Par Mk.12,35). Die Synonymitit von Davidsschn· und Chriatusprädikat wird nirgends (in Analogie zu "Christus" und "Sohn Gottes" 16,16; 26,63) direkt ausgesagt, ist aber verschiedentlich deutlich zu konstatieren, vgl. l,l/16f.; 21,5/9; 22,42.
Die Q.Materialien
risäer an (12,24), ziehen sie durch den (gegenüber Mk. 3,22; Lk. 11,15 erheblich krasser vorgetragenen 85) Vorwurf der dämonischen Besessenheit Jesu in den Schmutz H. So schafft Matthäus einen grellen Aufta.kt. Die Front zwischen den kämpfenden Parteien ist deutlich abgesteckt, Israels aggressive Bosheit scharf markiert. Damit ist der Boden bereitet, auf dem die folgenden "Attacken" Jesu (vgL 12,31f. 33-36) als ric1&terlicke Reaktion möglich und einsichtig werden. Das folgende Beelzebub·"Streitgespräch"37 gestaltet Matthäus bis 12,30 im wesentlichen nach Q, dann bringt er wie Mk. 3, 28f. das Wort von der "Feindseligkeit wider den Geist" (12,31f.)H, deren Unverzeihlichkeit er mit härterer Eindringlichkeit als bei Markus, nämlich gleich zweimal vor Augen rücken will 3t ; schließlich rundet er den ersten Gesprächsgang durch 12,33-36 ab 10. Bemerkenswert ist die Abweichung von 12,28 (Austreibung der Dämonen durch den Geist Gottes) gegenüber Lk. 11,20 (Austreibung durch den Finger Gottes). Nach Hummels zutreffender Beobachtung weist die matthäische Fassung des Logions " ... im jetzigen Zusammenhang vorweg auf die Lästerung des Geistes ... in v. 31f.... "Cl Was Israel Jesus angetan hat, 80 will der Evangelist durch 12,31f. im Konnex mit 12,28 dartun, kann weder in dieser noch in der zukünftigen Welt Gnade finden. Die Lästerung des in Jesus Wunder wirkenden Geistes ist unvergebbarl Die Verse 12,31 f. haben bei Matthäus ihren ursprünglichen, warnenden Ton verloren und sind zu definitiv deklarierenden Gerichtsworten geworden u, die Israels ungeheuerliche Behauptung mit der Verkündigung seiner ewigen Verlorenheit beantworten. Mit 12,33-36 weist Matthäus in dieselbe Richtung. An der Frucht erkennt man den Baum; Israel aber ist Schlangenbrut: Wie könnt ihr, die ihr böse seid, Gutes reden! Hummel sagt richtig: "V. 33-35 führt die bösen Worte der Pharisäer darauf zurück, daß sie grundsätzlich böse sind"u. Wer aber aus bösem Herzen Böses redet wider den Messias Israels, wird am Tage des Gerichts, wie 12,36 zu verstehen gibt, aus seinen Worten verworfen werden. So steht es um IsraelI •• Mit Hummel 123: "Dieaer treibt die Dämonen "ur (oöx ... cl ,,1) .•• ) durch Beelzebul, den Obersten der Teufel, aus." o. Vgl. 9,32-34; Bultmann, Tradition 226. 17 Vgl. Mk. 3,23--27 . .. Bei Lukas fehlt an dieaer Stelle das Entsprechende, vgl. 12, 10. 11 Die "Liaterung des Geistes" (Mk.3,29) verwendet er schon 12,31. In 12,32 wiederholt er das Motiv mit eigenen Worten: Wer (ein Wort) wider den Heiligen Geist redet ... •• Zu 12,33.34b.35 vgl. Mt. 7,16-20; Lk.6,43--45. Die Verse 12,34&.36 stammen vom Evangelisten . .. A.a.O. 124. .. Vgl. Hummel 126 (..keine werbende Auseinandersetzung mehr") . .. A.a.O. 126.
Iamel als Einheit des Bösen
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Mit 12,38 beginnt ein zweiter Gesprächsabschnitt, wieder eingeleitet durch Worte der Repräsentanten. Auffallend ist der Kontrast zu 12,22ff., den Matthäus durch sein von Lukas abweichendes Arrangement des Textes erzielt. Schnödes Israel- die geistgewirkten Wunder Jesu verteufeln sie, aber ein Zeichen (zu seiner Beglaubigung) wollen sie sehen! Dieses Begehren spricht wieder für die abgründige Bosheit der Opponenten, die der Evangelist auch an dieser Stelle nachdrücklicher konstatiert, als es im lukanischen Parallel-Text 11,29 ("Dieses Geschlecht ist ein böses Geschlecht") der Fall ist. Das Adjektiv "ehebrecherisch" und ein durch !1r1 verstärktes ~7jTE"Cv (= darauf aus sein) verschärfen die matthäische Fa.ssung (12,39). Dem verruchten Geschlecht wird kein Zeichen gegeben werden denn das Zeichen des Propheten Jona. Lk. 11,30 läßt nicht klar erkennen, worin dieses Zeichen bestehen soll. Man mag an die Auferstehung Jesu denken, doch legt es der Text selbst nicht nahe. Demgegenüber hebt Matthäus in 12,40 auf die drei Tage und Nächte ab, die der Menschensohn im Schoß der Erde sein wird wie Jona im Bauch des Walfisches: die Auferstehung Jesu vom Tode ist das eine Zeichen, das Israel (in Zukunft) gegeben wird. Ist jedoch dies das Zeichen, wiegt Israels Absage an seinen Messias nur noch schwerer, wird seine Gerichtsverfallenheit noch unausweichlicher. Denn die Leute von Ninive und die Königin von Süden werden am Tage des Gerichts das Geschlecht verdammen, das dem die Stirn geboten hat, der mehr ist als Jona und Salomo, d. h. in der Nachbarschaft von 12,40: dem Herrn der künftigen Auferstehung! Man wird Hummel nicht zustimmen können, der dafür hält, 12,38ff. diene Matthäus dazu, das Jonazeichen, nämlich die Auferstehung Jesu aus dem Tode, als die eigentliche Beglaubigung seiner Messianität herauszustellen. Er sagt: "Die Pharisäer, die die geistgewirkten Wunder verketzern, werden a.lso an die Auferstehung verwiesen. Das dürfte der Sinn dieses Abschnittes in dem von Matthäus hergestellten Zusammenhang sein"". Gewiß soll die Auferstehung Jesu seine Messianität "beglaubigen", doch liegt hier nicht das Akumen. Hummel läßt die Verse 12,41 f. außer acht, die noch einmal das Gericht über "dieses Geschlecht" ausrufen, dieses Mal unter Berufung auf das doppelte !30u "ltAeLOV • •• 6'13" das Matthäus, wie gesagt, a.uf dem Hintergrund von 12,40 sieht. Der ganze Ton fällt wieder auf die Gericht~verkündigung, die 12,40 nur vorbereiten hilft, indem es die leuchtende Höhe Jesu, die Auferstehung (und "Beglaubigung" seiner Messianität) vor Augen führt, an der sich die schaurige Tiefe der von 12,41f. vorausgesetzten Unbeweglichkeit Israels und des ihr entsprechenden, mit 12,41f. angedrohten Gerichtes auftut. Auch der folgende Spruch vom Rückfall (12,43-45) soll in den Chor der Gerichtsansage einstimmen. Bei Lukas ist das Stück trotz der •• A.8.0. 126.
Die Q.Materialien
Situationsangabe 11,14.( 15.16.) 17 eigentümlich allgemein und gleichnisha.ft gehalten, so daß nicht auszumachen ist, von wem und welchen Umständen des näheren die Rede ist. Matthäus dagegen bezieht 12,4311". resolut auf Israel und seine Verderbtheit. Der unreine Geist fahrt aus und kommt mit sieben anderen übleren Geistern zurück; hernach wird es mit jenem Menschen schlimmer als zuvor. So wird es auch ..diesem bösen Geschlecht" - sc. bei seiner Begegnung mit dem David880hnergehen (12,45c). Wieder setzt Matthäus einen kompositorischen Kontrapunkt. Israels Vorwurf der dämonischen Besessenheit Jesu (12,24) schlägt furchtbar auf sein eigenes Haupt zurück. Mit Israel, das Jesus so verdächtigt, steht es am Ende schlimmer als zuvor. ..Israel" selbst" ist (im Gegenüber zu seinem Messias) schließlich von teuflischer Bosheit nur so besessen - und eben darin zugleich gerichtet I Zuletzt bezieht Matthäus noch 12,4~50" statt Lk. l1,27f.in seine Komposition ein, um ..dieses böse Geschlecht" noch von seinem positiven Gegenstück abzuheben. Jesu wahre Angehörige sind nicht seine Blutsverwandten (= Israel, wie man vom Kontext her mithören darf), sondern seine Jünger (12,49). Das unbußfertige Israel ist mit dem Vorausgehenden mehrfach abgetan. An seiner Stelle konstituieren nun die Gehorsamen die wahre ..Verwandtschaft" des Messias. Sie allein gehören ihm an (jetzt und auch später; 12,50 gilt für die Situation und darüber hinaus). So schiebt Jesus Israel mit 12,4~50 endgültig beiseite, um dafür seine Hand gegen die Täter des Gotteswillens auszustrecken &7 ( - nun folgen in der Komposition sachgerecht die Gleichnisse von der Himmelsherrschaft); ähnlich ist es in 11,25 bis 30 nach 11,1~24 und in 12,15--21 nach 12,1-14, vgl. 13,1011". Auch so vollzieht sich das Gericht an Israel. Me. 22,l-lOILl&.14,16-24
Folgende Abweichungen des matthäischen Textes gegenüber dem lukanischen stehen im Dienst der .. negativen" Beschreibung Israels": .. Hummels Thesen a.a.O. 126f., .. dieses Geschlecht" sei für Matthaus das ihm zeitgenÖBBiache Judentum (I) und der Vergleich des Judentums mit dem siebenfach (') Beaeaaenen sei die achiirfste Antwort auf den Beelzebulvorwurf, laaaen einen empfindlichen Mangel an Klarheit hinsichtlich des matthiiBchen ..IaracI"·Bellriffes erkennen, der die Exegese - auch anderer Ausleger - belastet. Matthiua hilt sich 8treng an seinen hiatoriachoen Entwurf; er beschreibt die Situation von damala, wie er .ie veroteht, nicht die seinige...Israel" ist in Kapitel 12 (und den anderen, bilher besprochenen Testen) der ..zeitgenÖ8Biache" Kontrahent seines M_iso (und seines Vorlaufers; 3,18".; 11,168".; U,38".) . .. Vgl. Mk. 3,31-36, aber auch Lk. 8,19-21. " Gnilka 96: ..Allein Matthiua betont, daß Jes... mit dar Hand auf seine Jünger wies ..... Anders Mk. 3,34• .. Zur Analyse vgl. Eta Linnemann, Überlegungeo zur Parabel vom grollen
Abendmahl La. 14,16-24/Mt. 22,I-U; ZNW 61 (19160) 246-266.
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1. In 22,3 erscheinen die Knechte (vgl. 21,34). Schon bei ihrem ersten Einladen werden sie abgewiesen. Keine Entschuldigungen, keine Erklärungen; nur das lapidare: sie wollten nicht kommenl 2. Wiederholte, freundliche Einladung durch andere Knechte. Hinweis auf die reichen Vorbereitungen des Gastgebers (22,4). Schroffe Reaktion der Geladenen (22,5), die jene Boten einfach stehen lassen: Sie jedoch achteten nicht darauf, sondern gingen ihres Wegs ... 3. Damit nicht genug, werden die Knechte des Königs von ..den übrigen" mißhandelt und getötet (22,6; vgl. 21,35.36). 4. Die Darstellung der geduldigen Liebenswürdigkeit des Königs und jener ..unwilligen" und mörderischen Antwort der Geladenen motiviert die Begebenheiten von 22,7. Die Heere des Königs bringen jene ..Mörder" um (vgl. 21,41) und zünden ihre Stadt (I) an. 5. Feierlicher UrteiIsspruch: Die Geladenen waren es nicht wert (22,8). 6. AU8Bendung der Boten zu anderen Geladenen: ... rufet zur Hochzeit, welche ihr findet. Sie aber bringen alle herzu, die sie finden, Böse und Gute (22,9f.). EB ist nicht die Absicht, den Text hier en d~tail zu exegesieren. Nur soviel ist zu sagen, daß die einschneidenden .. Peiorisierungen" des Textes nach unseren bisherigen Untersuchungen zum Thema wohl nicht auf eine Matthäus vorgegebene, echte Erzählungsvariante zu Q, sondern eher auf die redaktionellen Eingriffe des Evangelisten schließen lassen. Matthäus gestaltet auch mit dem Gleichnis von der königlichen Hochzeit das Bild Israels: Es ist, freundlich und geduldig geladen und doch widerwärtig und mörderisch, seiner Berufung nicht wert; es verfällt dem gerechten Gericht, daß Gott an ihm vorübergeht, um andere Geladene an seine Stelle zu setzen (vgl. S. 55 zu 12,46-50). Neu und eigenartig ist 22,7 mit seiner auf den Untergang Jerusalems zielenden CI, .. historisch" fixierenden Darstellung des Gerichts. Israels Ende fällt mit dem Mord an den Knechten und der Zerstörung der Heiligen Stadt zusammen.
Mt. 23,32-36.37-39/Llc.ll,49-öl; 13,34/. Vor dem hier betrachteten Schlußabschnitt von Kap. 23 hat der Evangelist schon einige Q-Stoffe in die Weherede aufgenommen (23,4. 13.25.29f./Par Lk. l1,46.52.42.39.47f.), wieder charakteristisch ver•• So trotz Karl Heinrich Rengatorfa These vom traditionell·topischen, nur· literarischen Charakter des Verses: Die Stadt der Mörder (Mt. 22,7), in: Juden. tum - Urchristentum - Kirche, Festschrift für Joachim JeremiBS zum 60. Geb., BZNW 26, 2. Au1I. 1964, 106-129; mit Strecker 35, Anm. 1. Daß Matthius sich eines traditionel1en Topos bedient, schließt nicht aUB, daß er ihn im Blick auf ein .. historisches Ereignis", eben die Zerstörung J erusalems, gebraucht.
Die Q·Materialien
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ändert. Die Gegner Jesu sind für ihn nicht die Gesetzeslehrer (Lk. 11, 46.52) oder Pharisäer (Lk. 11,39.42), sondern die offiziellen Vertreter Israels, die auf dem Stuhl Moses sitzen (23,2), die ..Schriftgelehrten und Pharisäer", die er gegenüber den Lukas-Texten stereotyp als .. Heuchler" qualifiziert (23,13.23.25.29). Mit den Versen 23,32ff. tritt nun die ga.nze Kompositionseinheit in ein gewaltig gesteigertes, zum letzten und härtesten Angriff Jesu auf Israel führendes Finale ein. Ist schon der mehrfache Weheruf des Vorausgehenden ..... seinem Wesen nach die Form, in der das Gericht definitiv verkündigt wird 50", so verschärfen 23, 32ff. die Gerichtsverkündigung noch dadurch, daß sie Jesus noch eiumal und ..direkt" als den unerbittlichen Herrn und Inaugurator der endgültigen Heimsuchung Israels darstellen. Er selbst fordert die Söhne der Prophetenmörder mit Bestimmtheit auf, das Maß ihrer Väter voll zu machen (23,32). Er tut es mit gutem Grund, wie der von Matthäus beigebrachte Vers 23,33 im Kontext dartut, denn seine Gegner sind die Leute dazu: Schlangen, Otterngezücht 61, dem Gericht der Hölle verfallen. Da sie als solche Ausgeburten des Bösen nach Jesu Willen das Maß ihrer Väter zum Vollmaß zu bringen haben - ..darum" 23,34 -, sendet er ihnen Propheten, Weise und Schriftgelehrte", die sein Geschick von ihrer Hand erleiden werden (Kreuzigung), die sie in ihren Synagogen geißeln und von einer Stadt zur andern verfolgen werden 63, damit über sie komme alles gerechte Blut, das auf Erden vergossen ist, vom Blut des gerechten Abel bis zum Blut des Sacharja, des Sohnes Berechjas, den sie zwischen Tempel und Altar getötet haben", d.h. das Blut der einen und ganzen (Blut-) .. Hummel 87. 11 Vgl. Werner Foerster, ThW n 815: "die Natur der Schlange ist es, bösartig und verderblich zu sein ... " Und ebenda, Anrn. 2: "yewllll.'''''' betont die Naturhaftigkeit ih...,r Art, sie sitzt ihnen im Blut wie ihren Vätern." .. In Lk. 11,49 hat der Satz ein anderes Subjekt: die ..Weisheit Gottes". Vgl. Jl1lius Wellhausen, Das Evangolium Matthaei, Berlin 1904, 119: "Jesus zitiert nicht, sondern redet im eigenen Namen und zwar von der Aussendung seiner JÜnger. 11
•• 23,34 enthält das redaktionelle Duplikat bestimmter Motive aus 3,7; 10,17.23. Die christlichen "Schriftgelehrten" des Textes machen darauf auf· merksam, daJI nicht der ganze Vers vom Redaktor stammen kann . .. Mit guten Gnlnden wendet sich Julius Wellhausen a.a.O. 120 (vgl. Ein· leitung in die drei ersten Evangelien, 2. Ausg. 1911, 118ft".) gegen die Deutung auf Sacharja ben Jojada 2. Chron. 24,20f. Gedacht ist mit großer Wahrschein· lichkeit an Zacharias, Sohn des Bariscaeus (Josephus bell. 4,335), der wirklich im Tempel, nicht im Vorhof getötet wurde. Auch kann sein Blut viel passender al. das letzte vergossene Blut eines Gerechten dem des "Erstlings" Abel ent· gogengesetzt werden, da er erst einige dreißig Jahre nach dem Tode J 68U um· kam (anno 68; vgl. Loo Baeck; Paulus, die Pharisäer und das Neue Testament, 1961, 153f.) und für Matthäus das Ende Israels nach 22,7 und 23,38 in Ver· bindung mit 23,32ft". und 24,1 f. mit dem Untergang JerusaleID8 und der Zerstörung des Tempels zusammenfällt: der Jojada·Sohn kann - als Antipode Abels I - niemals am Ende der Geschichte Israels (im matthäischen Sinne)
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Geschichte Israels. Die "Jünger", auf die hier deutlich angespielt ist 66 , sind nicht gesandt zum Heil; sie sind Boten im Dienste des Gerichts 6', Katalysatoren des Unheils, die den Greueln Israels ihr volles Maß geben und so auch die Zusammenballung allen Verderbens auf Israel niederziehen sollen. Wieder ist mit "diesem Geschlecht", auf das Matthäus ausdrücklich verweist (23,36), nicht auf das "Judentum" oder einzelne seiner Gruppen gesehen, sondern auf das Israel der Jesuszeit, dem ER seine Boten und ihre künftige Misere ankündigt, so daß es als in die nachösterliche Zeit hinein prolongiert zu denken ist. Das heilsgeschichtliche Ende Israels, mit dem Jesus hier als seinem und seiner Boten Gegenüber abrechnet, liegt von seinem Standort aus in der Zukunft. Es vollzieht sich nach der Verwerfung der Gesandten mit dem Untergang Jerusalems (22,7) und der Zerstörung des Tempels (23,38; 24,2). Doch hat der Evangelist dieses Ende hinter sich; er setzt es voraus. Es gehört zur zurückliegenden Geschichte Juu mit seinem Volk, die er darstellt, nicht zur Geschichte seiner "kirchlichen" Gegenwart. Auf drei Momente ist in diesem Zusammenhang noch einzugehen. 1. Matthäus leitet mit dem redaktionellen Vers 23,36 zu der von ihm in Q vorgefundenen, hierher gezogenen Weissagung wider Jerusalem über (23,37-39)57, die Lukas an anderer Stelle bringt (13,34f.). So macht er klar, wie "das alles" über Israel kommen, mit welchem historischen Ereignis die Geschichte Israels samt ihrer Vorgeschichte zum Abschluß gebracht wird: Siehe, euer Haus wird euch verlassen werden 158. stehen. Auch muß mit Trilling 82 " ... nach der Intention des Evangelisten in du IIIfLlI 31)(11'0' (Vers 35) auch du Blut der christlichen Propheten, Weisen und Schriftgelehrten mit eingeschlOBBen gedacht werden." Wäre auf den JojadaSohn angespielt, so bekäme Israelsozuaagen nur du Blut seiner "Vorgeschichte" zu schmecken, die Heimsuchung für du Blut Jesu (27,251) und du künftig (I) vergOBBene Blut der Boten bliebe aua, und jenes "i. IIIfL(l, du gerade mit dem Blick auf die künftigen Zeugen gesprochen ist, würde entleert. Matthäus, der den Q·Stolf in ein Jesuswort umformt (vgl. Anm. 52), liißt Jesus von einem Ereignis sprechen, du er mit dem Gedanken an den kommenden Untergang Israels verbindet, von dem der Text alsbald konkret redet . •• Auch in lO,llf. sind die Jünger - zur Zeit Jesu - betont zu "Israel" geeandt. 23,34 dagegen spricht im Kontext von den kommenden christlichen "Missionaren", vgl. Hummel 88 . .. Mit Hummel 88: "Die Sendung der Boten Jesu wird hier unter dem Aspekt des Gerichtes ... gesehen." 07 Zum einzelnen der Exegeee vgl. Hummel 88f.; Strecker 1131f.; Trilling 86f. 11 Zu 23,39 äußert sich sehr gut Strecker 114f., vg\. 115: "Da iur Matthäus der Gedanke der Rückführung Israels sonst nicht einmal in Andeutungen zu belegen ist [man muß ergänzen: dafür aber etliche Male der Gedanke seiner endgültigen Verwerfung I], wird V. 39 in eine andere Richtung weisen. Nicht die Bekehrung ... ist [sc. im Sinne des Evangelisten] vorausgesagt, sondern durch den traditionellen Meesiaaruf - nur die Anerkennung der Tatsache, daß des Messias·l\Ienschensohn am Weitende in Herrlichkeit erscheinon wird, und zwar, um. Gericht zu halten.
"ii.
11
Du Sondergut
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2. Matthäus tut noch mehr. Er streicht die Perikope vom Scherflein der Witwe, die bei Markus und Lukas vor der Tempelweissagung steht (Mk. 12,'1-44; Lk.21,1-'), und bringt 23,37-39 80 in engsten Konnex mit 2',1f. Damit gibt er dem "Verlassen eures Hauses" von 23,38 seine konkrete Interpretation; er denkt an die Zerstörung des Tempels 3. Wenn Hummel meint, Matthäus wolle durch die Eliminierung von Mk. 12, '1-44 die beiden Reden von Kap. 23 und 24f. miteinander verbinden lO , 80 ignoriert er die Zäsur, die der Evangelist hinter 2',2 setzt. Ist nach Mk. 13,3 die eschatologische Rede auf dem Ölberg "gegenüber dem Tempel" gesprochen, 80 streicht Matthäus in 24,3 diese das Heiligtum betreffende Ortsangabe und rückt damit die folgenden "letzten Dinge" von den zuvor beschriebenen Wegen Jesu mit Israel und seinem Tempel ab. Zudem stellt er heraus, daß er nun zu einem anderen Thema, eben dem eschatologischen, übergeht. Liest man Mk.13,' (= Lk.21,7!): Sage uns, wann wird dies geschehen, und welches ist das Zeichen dafür (n! konjunktiv), wann dies alles vollendet werden 8011 ( - die Zerstörung des Tempels und die letzten Dinge gehören in eine gemeinsame Zukunft -),80 heißt es Mt. 2',3: Sage uns, wann dies geschehen wird und (Xat! explikativ: "und zwar", nd.h.") welches das Zeichen deiner Wiederkunft und der Vollendung der Welt ist l l . M.a. W., der Evangelist zieht das von Markus (oder Q1) überkommene 7t6n 'fatÜTat IlJ'ratL I. durch seine Textgestaltung vom zuvor genannten Tempel weg ganz nach "vorne" und interpretiert es als Frage nach dem Welt-Ende, die nun nichts mehr mit der Frage nach dem Schicksal des Tempels zu tun hat". Matthäus will, aufs Ganze seiner Arbeit an 2',3 gesehen, nur 2',1f. mit 23,37-39, nicht aber die ganzen Kapitel 23 und 2'f. zu einer thematischen Einheit verbinden.
I'.
3. Da 801Ulergul Schließlich ist noch zu fragen, was das reiche Sondergut des MatthäusEvangeliums in seinem jeweiligen, vom Evangelisten hergestellten Kontext zum Thema "Israel" beizutragen hat. Die Stellen 15,12-1' und 27,19 (das Weib des Pilatus), 27,2,r. (Unschuld des Pilatus, •• Dem entspricht, daß er 24, 1 f. die Gebiude dea Tempels = ,.d<M alIu', (anders Mk. 13,2) in den Vordergrund rückt . .. A.a.O. 85 . .. "'IXpou"Lz (24,3.27.37.39) und aum>.c... ""ü .. u;,,,,,~ (13,39.40.49; 24,3; 28,20) hat nur Matthäua. I. Du UÜ~IX "civrIX dea Markua-Textea übergeht Matthiua; er hat ea zuvor (24,2) als Parallel-Ausdruck für die Tempelgebiude verwendet I I. Diesen Sachverhalt hat M. Punge, Endgoachehen und Heilageachichte 16 klar geaohen: ..Mt. 24,3 leitet oine neue Szene und einen neuen Sachkcmplex
em."
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Schuld Israels) wurden schon bei der Untersuchung der Markus-Stoffe in die Betrachtung einbezogen; sie können deshalb hier übergangen werden. MI. 2,1-23 Dieses Kapitel ist durchzogen vom Gedanken der Feindschaft Israels gegen den neugeborenen König der Juden, den MeBBias (vgl. S. 128f.). Befremdlich ist schon die Reaktion auf das Erscheinen der Weisen. Man sollte erwarten, die Heilige Stadt würde auf die Frage der Magier in Staunen und Freude ausbrechen, statt dessen vernimmt man, Herodes und mit ihm das ganze Jerusalem (!) seien erschrocken - wie bei der Kunde von einem einfallenden Feind. Daß der Text an "Israel" denkt, zeigen verschiedene Züge der Erzählung. Herodes erforscht von allen den Oberpriestern und Schriftgelehrten des Volks (I), wo der Christus sollte geboren werden (2,4). Und von Bethlehem im Lande Juda soll der Herrscher kommen, der "mein Volk Israel" weiden wird (2,6), wie auch Joseph nach dem Tode des Herodes den Befehl erhält, ins Land larael zu ziehen (2,20), was er denn zunächst auch tut (2,21). Von seiner ersten Stunde in Israel an trifft der Messias auf tückische, blutrünstige Verfolgung, während ihm die Heiden, die Weisen aus dem Morgenland huldigen. Ja, schließlich kann er auch nach dem Umweg über Ägypten keine Bleibe im Lande Israel finden. Das Dasein des Archelaus nötigt Joseph, nach Nazareth in galiläisches Gebiet auszuweichen (2,22). Der König der Juden - doch diese steilen Wände des Hasses, die Israel vor ihm aufrichtet I MI.I0,5f.24/. Mit Mt. 10, 5f.; 115,24 " ... begegnen uns Worte von offenbar streng partikularistischem Charakter. Im ersten weist Jesus die Jünger an, nicht zu den Heiden und Samaritern, sondern zu den ,verlorenen Schafen des Hauses Israel' zu gehen, im zweiten bekennt er mit fast den gleichen Worten, selbst nur zu Israel gesandt zu sein" (Trilling)". Es erhebt sich die Frage, welche Funktion diesen Logien in einem Evangelium beizumessen ist, das die HeidenmiBBion deutlich als "kirchliche" Gegebenheit voraussetzt; man denke nur an den MiBBionsbefehl 28, 18ff. mit seiner exponierten Stellung am Schluß des Evangeliums. Für 10,5f.16 zeigt sich im Kontext, daß der Evangelist mit .. Das wahre Israel 99. Zur Analyse und traditionageachichtlichen Frage. stellung vgl. ebends 99 ff. .. Zu 15,24 vgl. Tril1ing 103 ff. Die Perikope vom "kanaanäischen Weiblein" steht bei Matthäus, der Mk. 7,24 ff. energisch umgestaltet, im Dienst seines IsraeI.Themas. Sie hat nicht mehr den "überwindenden" Glauben einer Heidin darzustellen; ihre Tendenz geht nun dahin (mit Tri1Iing 104), "die Einachräo·
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diesen Versen die zur Jesuszeit gehörige Sendung der Jünger zu Israel schildern will. Sie sind nach seiner Textgestaltung wie ihr Meister als Boten der Israel nahe gekommenen Himmelsherrschaft zu verstehen (10,7 nach Q/Lk. 9,2; vgl. ',17.23; 9,35), die mit derselben Heilsfülle Gottes für Israel ausgestattet sind, wie sie dem sie sendenden Messias zu eigen ist". Auch in Gestalt der Jünger schlägt Israel im Angesicht der nahenden Basileia die große Stunde des Heils. Die .. verlorenen Schafe des Hauses Israel"s7 bringen jedoch die heilspendenden Boten der Himmelsherrschaft in größte Gefahr. Die Jünger sind wie Schafe mitten unter die Wölfe gesandt (10,16). Matthäus gestaltet die Verse 10,5-25 unter Verwendung der verschiedensten Materialien als Aussendungsrede Jesu zur Instruktion, Warnung und zum Trost der Basileia-Boten auf ihrem Weg in die Dörfer und Städte Israels 18• Seine kung der Sendung J8II\l und damit die Vorzugaatellung Israels durch die Frau ... bestätigen zu l88118n". Der engere Kontext der Perikope rechtfertigt diese Exe· gese. Nach 15,21 entweicht J8II\lS in die Gegend von Tyrus und Sidon. Er kommt also nur "umständehalber" auf heidnisches Gebiet; eigentlich gehört er nach "Israel". Das redaktionelle Flucht·Motiv (anders Mk. 7,24 '&CV; vgl. red.4,12; 14,13; 12,15 = Mk.3,7) erklärt 15,21-28 als "Ausnahme": die Ausnahmsl08igkeit der Sendung Jesu zu Israel 8011 gerade durch den einen "Aus· nahmefall" der Heidin bekräftigt werden, die auf dem "Sonderwege" die Hei· lung ihrer Tochter erlangt. Auch das Folgende ist von MatthBus bewußt auf 15,24 hin gestaltet. Es dient als Illustration der Hinwendung Jesu zu Israel. Die Szene ist mit Mk. 7,31 an das galiliische Meer verlegt. Man befindet sich 80mit wieder auf dem Boden Israels (vgl. 4,25). Das vom Evangelisten gebildete Summarium, d .......n enge Verwandtschaft mit 11,5 auf der Hand liegt, zeigt J esu umfassende HeilBmacht für die Seinen (gegen J eremiaa, Verhei/lung 29: "eine Heidenwirksamkeit großen Stils"); es schließt mit dem entsprechenden "Und sie priesen den Gott Israels" (vgl. 9,33). Auch 15,32-39 ist noch zu nennen, das Jesu Erbarmen mit dem Volk veranschaulichen 8011 (15,32 = Mk. 8,2; vgl. Mt. 9,36; 14,14). Wir stimmen Trillings Antwort auf die Frage nach dem Skopus von 15,24 im großen ganzen der matthiischen Israel·Dar· stellung zu (105): "Damit Israel unentschuldbar sei und seine Schuld eindeutig festgestellt werden könne, muß Jesus nur zu ihm getl8Ddt sein." MatthäuB will mit dem strengen Partikularismus des Textes und dem entsprechenden Kontext das bedingungslose Ja Jesu zu Israel in der Geschichte mit seinem Volk vor Augen führen. Auf diesem Hintergrund vermag er dann das ebenso radikale Nein Israels zu seinem Messias in seiner ganzen Verwerflichkeit und Gerichts· verfallenheit verständlich zu machen. Die endgültige heilsgeschichtliche Abro· gation Israels durch Jesus setzt seine totale heilageschichtllche Zuwendung zu Israel voraus . .. 10,1 (vgl. Mk. 6,7; Lk. 9,1); 10,8 red.; von Jesus: 4,23f.; 8,16; 11,11; 14, ".3I1f.; 15,30f. " Mit Jeremiaa, Verheißung 23, Anm. 89: der Genitiv o("ou 'lapodJ>' ist als gon. epex. zu fassen, 80 da/l die Wendung "Geaamtisrael in seiner Verlorenheit" meint, vgl. 9,36. 11 Vgl. 10,11 "Stadt oder Dorf" (red. gegenübar Mk. 6,10; Lk.9,4; 10,5); 10,14 "Stadt" (mit Q/Lk. 9,5; 10,10.11); 10,15 "jener Stadt" (mit Q/Lk. 10, 12); 10,23 "Stadt", "die Städte Israels" (S). Von Jesus: 9,35 red. "aUe die Städte und Dörfer"; 11,1 red. "in ihren Städten". Auch mit diesem Zug der Enählung hebt Matthäus die Parallelität zwischen Jesus und den Jüngern hervor.
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"Missionsrede Jesu für Israel"" läßt keinen Zweifel über die bösen Widerfahrnisse der Jünger aufkommen. Sie erleiden das Geschick Jesu, Geißelung 70 und Schmähung: Haben sie den Hausherrn Beelzebub geheißen, wieviel mehr seine Hausgenossen (10,25)71. Auch hier sind Trillings Beobachtungen heranzuziehen: "Vom Inhalt her gesehen nimmt Vers 25b offensichtlich auf 9,32-34 Bezug mit einer wiederum typisch matthäischen Vereinfachung und sachlichen Verschärfung. In 9,34 ... heißt es nur, daß Jesus ,durch Beelzebul' die Dämonen austreibe, nicht aber, daß er selbst Beelzebul genannt worden sei" 7•• Mit seinem Sondergut 9,32-34 legt der Evangelist den Repräsentanten Israels zum erstenmal den Vorwurf des Teufelsbündnisses in den Mund, und zwar an exponierter Stelle. Die Kapitel 8-9, die von der großen heilvollen Hingabe des Davidssohnes 78 an Israel handeln 7t und in den Satz ausmünden: Noch nie ist solches in Israel gesehen worden (9,33; vgl. 15,31), bricht Matthäus mit der Schmährede der Pharisäer ab (9,34). Am Ende aller Heilszuwendung steht die böswillige Verketzerung des helfenden Messias durch Israel! In genauer Entsprechung zu diesem kompositorischen Verfahren werden mit 10,25 am Ende der Aussendungsrede (soweit sie sich expressis verbis auf Israel bezieht) auch die Jünger in die Lästerung der Frevler einbezogen. Auch das Heil aus ihren Händen weist Israel zurück - es wird sie noch mehr verteufeln als Jesus selbst. Ja, der "teuflische" Vorwurf Israels gegen Jesus soll mit 12,24 noch ein drittes Mal zur Sprache kommen, wieder mit einer schärferen Note als in dem entsprechenden Q-Text Lk. 11,15 76 • Es ist, als könne sich der Evangelist nicht genug tun, die Perversität Israels herauszustreichen. Was also, um auf 10,5f. zurückzukommen, zu 15,24 im Blick auf Jesu eigene Israel-Sendung festzustellen ist, gilt entsprechend auch hinsichtlich der Israel-Sendung der Jünger. Die Verse 10,5f. dienen im Matthäus-Evangelium nach dem Kontext des 10. Kapitels nicht der "Apologie J esu", wie Leonhard Goppelt meint 78, sondern als Steine für •• Mit 10,26ft". geht die Komposition zu allgemeineren Themen der Sendung, Nachfolge und Jüngerschaft über. Der historische Aufriß der Ierael·Sendung ist nicht verlaseen, doch wird nun das kirchlich.aktuelle, "zeitlose" Missionsgut unbefangen in die Szene einbezogen. Auch 10,18 durchbricht die Text·Si. tuation: ihnen und den Heiden zum Zeugnis . .. 10,17 red. (gegen Mk. 13,9; Lk. 21,12); 23,34 (S). Von Jesue 20,19 Mk. 10,34; Lk. 18,33. 71 (S). Zur Analyse von 10, 24f. vgl. Tri1Iing 82f. .. A.a.O. 82 . .. 9,27ft". ist redaktionelles (abgewandeltes) Duplikat von 20,29ft"., vom Evangelisten mit voller Absicht hier eingefügt. 7. Vgl. S. 33f. 7. Vgl. Mk. 3,22. Zum einzelnen s. S. 53, Anm. 35. 7. Christentum und Judentum im ersten und zweiten Jahrhundert, BFChTh 56, 1954, 40, Anm. 1; vgl. 181: "Die ,partikaluristische' Weisung liiJlt er als apologetischen Aueweis der Messianität Jesu stehen." Zum geechichtlichen Ur·
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das große geschichtliche Moaa.ik der Jesuszeit. Die Exklusivität des Heils für Israel durch das Wirken der Jünger geht auch hier dem totalen Widerstand Israels voraus. Neben der Verwerfung des Davidssohnes ist Israels Feindschaft gegen die Gesandten Grund und Ursache seiner heilsgeschichtlichen Katastrophe (vgl. 23,32ff.). Matthäus will zeigen: Die Auflehnung und Verlorenheit des Volks entzündet sich an dem vollen, ihm allein zugekehrten Heil. 10,5f. gehört mit zur hellen Vorderseite seines Israel-Bildes. Mt. 12,5.7; 19,4; 21,16
Diese Stellen mit dem stereotypen oöx civtyv61'rE und ähnlichen Wendungen enthält nur dlU! Matthäus-Evangelium. Hierher gehören noch 12,3 = Mk. 2,25; 21,42 = Mk. 12,10; 22,29 = Mk. 12,24; 22,31 = Mk. 12,26. Matthäus nimmt das Thema der mangelnden Schriftkenntnis der Lehrer Israels viermal aus den Markus-Vorlagen auf und vermehrt es gleich um das Doppelte. Keine Frage, daß die bewußten Ausdrücke (mit Trilling) ..... außer ihrem jeweils konkreten Bezug auch als allgemeines Urteil" 77 zu interpretieren sind. Doch gibt Trilling den Texten eine falsche Ausrichtung, wenn er sie als Bestandteil eines polemischen Instrumentariums versteht7 8• Matthäus arbeitet vielmehr wieder als ..Schriftsteller" am Porträt (der Repräsentanten) des damaligen Israel. Der Messias ist sein einer, maßgeblicher, vollmächtiger Lehrer (Kap. 5--7; 7,29). Er allein kennt die Schrift, wo Israels Lehrerschaft in Unkenntnis befangen ist.
Mt. 21,10f. Nach der Einzugsgeschichte 7', die Jesus als den in seine Stadt reitenden Davididen schildert, bringt der Evangelist die Verse 21,10f. von der ..Stellungnahme Jerusalems". Die ganze Stadt gerät in Bewegung: Wer ist dert Seltsame Frage, möchte man sagen, denn Jesus wurden doch soeben in aller Öffentlichkeit Huldigung und Messiasjubel zuteil. Doch ist die ..glaubensmäßig-korrekte" Darstellung des Einzugs für Matthäus nicht identisch mit der von ihm voller Absicht hinzugefügten Darstellung der durch die Menge vorgetragenen Antwort Jerusalems auf den Einzug seines Königs: Das ist der Prophet Jesus aus Nazareth in GaIiIäa. Ernst Lohmeyer nennt den Prophetentitel Jesu, den er im Sinne des einen ..eschatologisch vollendeten Pro.prung der Logien vgI. BultmaDD, TradItion 176. Sie entatammen der MisaioDBdebatta innerhalb der Urgemeindo. Historisch gesehen sind sie nur auf dem Hintergrund einer schon begonnenen christlichen Heiden· und Samaritermission sinnvoll und verifizierbar. " A.a.O. 83. Vgl. noch 16,2b.3: dazu Gnilka 99. 7. A. a. O. 83: neine deutliche polemische Spitze". "Vgi. Wolfgang Trilling, Der Einzug in Jerusalem Mt. 21,1-17: in: Neute.tamentliche Aufsätze, Featachrift für Joseph Schmid, 1963, 303--309.
r-I als Einheit daa B6aen
pheten" interpretiert, im Blick auf unsere Stelle .. mehrdeutig" 80. Doch wird man im Gefolge des Textes kaum an den ..einen Propheten" zu denken haben. Die Scharen charakterisieren Jesus vielmehr als ..gewöhnlichen" Propheten aus Galiläa; es fällt kein Wort von eschatologischer Einzigartigkeit. Lohmeyers Exegese wird vollends unhaltbar, wenn man sich den Gebrauch des Prophetentitels im Matthäus-Evangelium vergegenwärtigt. Hier kommt .. Prophet" durchweg in der Bedeutung des alttestamentlichen Prophetentums vor 8l • Auf Jesus bezieht sich ..Prophet" nur an den drei Stellen 16,14; 21,11.46 11• Das Petrusbekenntnis 16,13fF. ist in diesem Zusammenhang besonders aufschlußreich; es bringt eine klare Abweisung des Prophetentitels für Jesus. Auf die Frage Jesu: Für wen halten die Leute den Menschensohn t antworten die Jünger: Etliche für Johannes den Täufer, andere für Elia, noch andere für Jeremia oder einen der Propheten. Diese Ansicht wird durch das ihr entgegengestellte Petrosbekenntnis resolut verworfen. Der Menschensohn ist nicht, was die Leute von ihm sagen, sondern was Petrus auf Grund von Gottes Offenbarung adäquat von ihm zu bekennen weiß: der OhriatlU, der Sohn des lebendigen Gottes. Auf diesem Hintergrund ist 21,11 zu sehen. Die Mengen Jerusalems bekunden ihre .. prophetische" Meinung von Jesus, von der sich hernach die Oberpriester und die Pharisäer (für eine Weile) beeindrucken lassen (21,46): Sie suchten ihn zu ergreifen, fürchteten aber das Volk, denn sie hielten ihn für einen Propheten. Das ist eine Meinung, die sich unter Voraussetzung der breit entfalteten matthäischen Messianologie als unzureichend, falsch, verabscheuungswürdig: als crimen laesae majestatis ausnehmen muß. Hier ist mehr denn Jona! Hier ist der, den der größte unter den vom Weibe Geborenen (11,11), Johannes, selber schon mehr als ein Prophet (11,9), ankündigen muß: der endzeitliche Herr seines Volks. So muß die Stellungnahme Jerusalems aus dem Mund der Scharen negativ beurteilt werden. - HoBianna dem Sohne Davids, gelobt sei, der da kommt im Namen des Herrnl Und welch ein Höllensturz: Jerusalem degradiert den einziehenden König der Niedrigkeit, seinen Messias, zum beliebigen Propheten aus Galiläa! Der Evangelist läßt seine Leser mit 21,10f. den ersten Hauch der eisigen Kälte spUren, die Jesus im Weichbild Jerusalems entgegenschlägt. Die Leidensgeschichte wirft ihre Schatten voraus. So verständnislos (Wer ist ded) und .. unter seinem Rang" begegnet Israel seinem König. • Du Evangelium d ... lIIattbäus, MeyerK 8onderband, herauageg. von Werner Schmauch, 1956,297. ", 1,22; 2,6.16.17.23; 3,3; .,1.; 6,12; 8,17; 12,17.39; 13,17.36; 21,.; 23, 29.31.37; 2.,16; 26,116; 27,9.
"' AhnIich das Volk von Johann... ",5; 21,26; anden Jesusll,9. Cbriatliche
Propheten 10,.1; 23,3•.
Das Sondergut
Mt. 21,14-17 Die Tempel-Perikope bildet Matthäus aus dem Markus-Stoff (21,12f; Par Hk. l1,I5-17)aa und seinem Sondergut, durch das er dem vorausgehenden ersten und .. negativen" Akt der Tempelreinigung kontrastierend einen zweiten und .. positiven" gegenüberstel\t: dort die Räuberhöhle, die der Messias mit gewaltigem Besen ausfegt, hier die Stätte des Heils für die Elenden und des entsprechenden Meseiasjubels (21, 14f.), der nichts anderes ist als GoUu Lob von den Lippen der ..Unmündigen und Säuglinge" (21,16) und mit dem der Tempel das wird, was er sein 801\: otxOl; 1tpom:uxij~ (21,13). Diese Verse 801\en zeigen, wie der Messias den Tempel zu seiner wahren Bestimmung erhebt, ihm seine endzeitliche ..Erfüllung" H gibt. Doch gerade die staunenswerten Taten Jesu und der ihnen gebührende Messiasjubel fordern die Repräsentanten zu zornigem Einspruch heraus: Hörst du, was diese sagen' (Von der Antwort des Hohenpriesters auf Jesu eigenes Messiasbekenntnis 26,65 her darf man als unausgesprochene These mithören: sie lästern.) Doch Jesus stel\t sich zum Messiasbekenntnis der Unmündigen; es ist das Lob, das Gott sich bereitet hat. Daraufhin zeigt er den Autoritäten die Schulter (21,17)11. Seine Antwort an Israel ist damit jedoch noch nicht zu Ende gesprochen. Matthäus läßt die bei Markus vor der Tempelreinigung liegende Einheit von der Verfluchung des Feigenbaumes folgen (21,18f; Mk. 11,12--14; fehlt bei Lukas). Jesus verflucht sein unfruchtbares Gegenüber zu irreparablem Absterben (vgl. S. 43). Wo der Messias den Tempel eifernd und heilbringend zur Stätte der Anbetung Gottes macht, erhebt Israel Protest und verfäl\t dem wirksamen Fluch seines Königs. Für Matthäus ist ..Israel", wie man sieht, eine ..geschichtlicbe" Größe, deren ..messianisches" Ende er voraussetzt. Mt. 21,L8-32" ..Dieses Stück ... ist äuBerst kunstvol\ in die Mk.-Ordnung eingegliedert, insofern es das Streitgespräch über die Frage der Vollmacht 11 Mk. 11,16 streicht er als ÜberflÜ88ig. Gegenüber Mk. 11,15 betont er, Jesus habe alle die Verkäufer und Käufer hinausgeatollen (21,12). Auch ist für ihn. der auf den Unte~g Jerusalema zurückblickt, dor Tempel kein Gebetehaus "für die Heiden' mehr (Mk. 11,17: 21,13). Er gehört zur vergangenm Geschichte Iaraela. •• Vgl. daa Zitat aus Pa. 8,3 LXX, daa zwar ohne "Erfüllungeformel" erecheint, aber ganz in die Linie des Errullungagedankena pateUt ist . •• Du negative IaraeI·Bild des Textes, seine MeMianologie und daa Motiv der Heilung als Zeichen des Davideaohnes (v(ll. 9,27: 12,23: 15,22) könnten darauf hinweiaon, daß 21,1f-17 vom EVM.ll'!liaten entworfen wurde . .. Vgl. Josef 8chmid, Du textReachichthche Problem der Parabel von den zwei Söhnen, Mt. 21,28-32: in: Vom Wort des Lebens, Festachr. für Mu Meinertz, 19111,68-84: Wolfgang Trilling, Die Tiufertradition bei Matthius, BZ 3 (1959) 271-289: Hans Windiach, Die Sprüche vom Eingehen in daa Reioh Gottes, ZNW 27 (1928) 163-192.
5 1702 Walker.
B~\o
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fortführt und die Parabel-Trias eröffnet" (Trilling) 87. 21,32 ist kaum ursprünglich". Strecker hat mit guten Gründen dargetan, daß der Vers seinem Inhalt nach zwar mutatis mutandis durch Lk. 7,29f. für Q zu belegen, in seiner vorliegenden Gestalt jedoch dem Evangelisten zu verdanken ist". Die Parabel von den beiden Söhnen endet mit dem definitiven Urteilsspruch Jesu von 21,31 b, der den Zöllnern und Huren den künftigen Eingang in das Gottesreich zuspricht, die Repräsentanten Israels (von 21,23) jedoch davon aU88chließt lO• 21,32 soll nach dieser forensischen Zuspitzung des G1eichniBSes insofern Doch einmal zu seiner ..Anwendung" beitragen, als es den vorausgehenden Urteil88pruch nach seiner positiven, den Zöllnern und Huren zugewandten, wie nach seiner negativen, Israel betreffenden Seite hin begrandet 11 • Die richterliche Entscheidung Jesu besteht zu Rechtli: Denn Johannes kam zu euch mit dem Weg der Gerechtigkeit, und ihr habt ihm nicht geglaubt", die Zöllner und Huren aber glaubten ihm; ihr aber habt, als ihr es saht, hinterher nicht einmal Reue empfunden, so daß ihr ihm geglaubt hättet. Trilling hat auf die Parallelität zwischen Johannes und Jesus in der Perikope von der Vollmachtsfrage (21,23-27) und auf die Fort· setzung dieser Parallelität in der folgenden G1eichnisgruppe aufmerksam gemacht". Mit seinen Worten: ..In beiden G1eichniBSen geht es .. Täufertradition 28•. .. Vgl. J eremiaa, Gleichnisse 78 . • 1 A.a.O. 153. "' Mit JoaefSchrnid RNT 303; Windiach, Sprüche vom Eingehen 166: ..Mit 21,31 sichert Jeaus den Zöllnern und Huren zu, daß sie vor den offiziellen Ver· tretern dea Judentwna (I) den Eingang in die ~alAcl" finden werden, wobei nach dem Zusammenhang (21,32) das "po ... u~ deren AuaachluJI bezeichnet." Gef.'m Zahn 628 (..doch noch, nur später"). I Gegen Wellhauaen 107: ..der Vers 21,32 soU zwar eine Erklärung dea Gleichnisses sein. ist aber keine. ", Hummel ~ hat geeehen, daß das Neue der Matt.häua·F&88ung gegenüber Lk. 7,29f. in der ..Umwandlung der AIIBII&g& in die Form der direkten Anrede" liegt. Wenn er jedoch fortfährt: ..Der Glaube der Verlorenen wird zur MaIonun9 an du un9liiuhig. Judemum" (Sperrung R. W.), verkennt er den Charakter von 21,31b. Schmid RNT 303 aagt mit Recht: ..... du Gleichnis im ganzen will nicht die Pha.riaier durch den Hinweis auf du Beispiel der gläubig.buJIfertigen Sünder zur Umkehr antreiben, sondern ist bereits eine Gerichtspredigt gegen sie." Das eschatologische Heil wird ihnen von Jeaus endJlii1tig und ausdrücklich bestritten (gegen Schmida folgenden Satz RNT 303). Rummel will den Text wieder im Horizont nachÖBterlich·kirchlicher Auaeinanderaetzun\f mit dem "Judentum" verstehen. während er von Matthiu8. was immer seme aktuelle ..kirchliche" Ausrichtung gewesen aein mag, ..historisch" verarbeitet wird: er achildert das Nein dea vergangenen Ierael zum Täufer, dem das letztgültige Nein Jeau zu Israel entspricht (vgl. S. I03ff.). ", Den Zusammenhang dieaea Motivs mit 21,25b hat TrillinJt, Täufertra· dition 2M, achön herauBg'l!'tellt: ..Vor allem aber spricht V. 32a flen Vorwurf, der in V. 25 b a1a innere ÜberlelP'ng der Gegner erwähnt wird, offen aus: Ihr habt nicht geglaubt I Dadurch wird bestätigt, daß die Johanneateufe il; oup"....ü 11
war.'1 I.
Täufertradition 28•.
Du Sondergut
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um Hausvater und Weinberg, um Gehorsam und Ungehorsam; beide Male fügt Matthäus ein zusammenfassendes, anklagendes Wort an ... Johamles und Jesus werden abgewiesen und erleiden das Schicksal der Propheten. Dem Täufer wird der Glaube verweigert, der Sohn wird gar getötet ... Beide hält das Volk für Propheten, aus diesem Grunde ,fürchten' die Gegner beide Male das Volk (VV. 26.46)"". Doch wird man zunächst einwenden müssen, daß der Text nirgends auf ein mögliches "prophetisches" Schicksal des Täufers abhebt, wie man es von 21,33ft"., wo ja zuvor die "Knechte" genannt sind, für Jesus vermuten könnte". Zu bedauern ist auch, daß Trilling seine Aufmerksamkeit nicht auf die game Gleichniskomposition unter Einschluß von 22,1ft". ausgedehnt hat. Sie hätte den Blick von der Parallelität zwischen dem Täufer und Jesus weitergeführt zu der Trias "Johannes, Jesus, die Boten", ein mit Bedacht gewähltes Arrangement des Evangelisten, in dem er einen Aufriß der Basileia-Geschichte Israels vorlegt. Mit dem Täufer, dem ersten Boten der kommenden Himmelsherrschaft (3,2), und dem ihm widerfahrenden Unglauben ist der erste Akt dieses Dramas beschrieben, mit Jesus (4,17 I MIt. 1,15) und seinem Tod durch die Winzer der zweite, durch die Sendung der Boten und ihr blutiges Ende der dritte und letzte". Dem dreifachen Nein des Volkes zu den Basileia-Zeugen korrespondiert das dreifache Nein Jesu zu Israel: er schließt - als Gerichtsherr Israels - das verstockte Geschlecht von aller eschatologischen Hoffnung aus (21,31 b; vgl. 8, l1f.; .. Sicher blickt Matthius mit den ..Knechten" von 21, 35f. auf die Propheten, v~\. du redaktionelle Motiv der Steinigtmg 21,35 (nach 23,37). Damit ist jedoch nicht gesagt, daß er großen Wert darauf legt, Jesus du "SchickBBl der Propheten" zuzuerkennen. Trilling selbst stellt fest (Du wahre Israel 66, vgl. oben S.43), daß Matthius mit 21,36f. "dio Regel ... die Art dieser Winzer" cha· rakterisieren möchte, die dann in Gestalt der Repräsentanten (2I,4I1f.) auch vor ..seinem Sohn" nicht haltmacht. Der Evangelist entwirft du Bild des prophetenfeindlichen Israel mit Rücksicht auf 23,2911., wo er auf die Propheten und ihre Mörder zu sprechen kommt, weil ihn wieder die Söhno dieser ..Art" interessieren, die sich hoc loco an den Bolen Jesu vergehon, um du Maß ihrer Viter an ihnen voll zu machen und 80 die Aufrechnung der ganzen Uno heilsgeschichte Israels über sich zu bringen. Klar ist auch, daß bei Matthius Johannes und Jesus nur vom Volk in die Nachbarschaf't der Propheten versetzt werden (vg\. S. 63f.; anders 6,12; 23,34 von den Jüngem). H Nach 10,611. weist Jesus die Jünger für die "Gegenwart" - als Ver· kündiger der Baaileia an Israel (10,7 red. nach Q/Lk. 9,2). Du setzt sich für die "Zukunft" fort mit der bis zum Jahre 70 ergehenden Sendung der "Knechte"; vgl. 23,34: die Sendung der Boten gehört hier nach dem Kontezt der nachösterlichen Zeit an. Dieselbe Zeit 1St lür die Knechta von 22,3.4.6 vorauszu· setzen (Aurtreten der "Knechte" vor dem Ende Jerusalems 22,7). Daß es sich auch bei diesen nachÖBterlichen Boten um Zeur.n der kommenden Himmels· herrschart handelt, zeigt 22, 1 11. als erklärtes asileia·Oleichnis und von der Seite der spiteren Heiden-Berufung aus 24,14 (..di_ Evangelium vom Reic"" für die Heiden) und 22,11-14, wo die '&v7J, deren Berufung auf die des verworfenen Israel folgt, als unter die Kriterien des kommenden Gerichtes gestellt erscheinen (22,13f.; vg\. 25,3111.).
'0
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l1,20ff.; 12,31ff. 38ff.) und dekretiert zugleich sein Ende, den Untergang ..jener Mörder" und die Ablösung seiner irdischen Hei1sgeschichte (der Basileia-Berufung) durch das Weiterschreiten der Gottesherrechaft zu den Heiden (21,41.43), eine forensische Entecheidung, die durch 22,7ff. bekräftigt wird und in Erfüllung geht. Aufs Ganze der Kapitel 21-23 gesehen, gestaltet Matthäus drei Gänge der Auseinandersetzung Jesu mit Israel, jedesmal eingeleitet durch ..Streitgespräche", die den Widerstand des Gegners veranechaulichen, und beantwortet von ständig sich steigernden Gerichtsworten und -reden, die Jesu Abrechnung mit Israel darstellen: 21,12--17 I 21,18f. - 21,23--27 I 21,28--22,10 - 22,15---46 I 23, 1-24,2 87•
MI. 23,2/.5.8-10.15-22.24.26.2'1f." Das vie\echichtige Sondergut der Weherede läßt an verschiedenen Wendungen die formende Hand des Evangelisten erkennen. Er verbindet seine disparaten, auch ..judenchristlieh" geprägten Stoffe" mit dem von ihm selbst Beigebrachten zu einem einzigen, großen, gegen ..Israel" gezielten Komplex 1... Das überlieferte Gut ist für ihn in Kap. 23 unterschiedslos literari8cAer StoD, der seinen jeweiligen Sitz im Leben, seine ursprünglich polemieche oder lehrhafte Ausrichtung innerhalb einer wie immer gearteten kritiechenKontroverse mit dem ..J udentum" verloren hat und dafür eine Funktion in der geschriebenen Geschichte des Evangeliums empfangt. Matthäus gestaltet ihn zu einer einheitlichen Gerichtsszene in der Begegnung des MeBBias mit Israel von damals. Auffallend ist die wiederholte Verwendung des Attributes ..blind" für die Repräsentanten: S) (15,14 blinde Blindenführer 23,16 blinde Führer S 23,17 Toren und Blinde S 23,19 Blinde S 23,24 blinde Führer S 23,26 blinder Pharisäer S Man muß annehmen, daß (außer im Falle von 23,26) erst Matthäus diesen Gedanken der völligen Verfinsterung und ..Verständnislosigkeit" 17 Jeden m.er GeapriAlhsginge beschließt Matthäua mit Einheiten, die ak· tuelle "kirchliche" Lehre vennitteln: 21.2~22; 22,11-14; 24,3-25,40. 11 Zum Sondergut von 23,29 tr. vgl. S. 50 tr. 11 Vgl. Emat Haenchen, Matthiua 23, ZThK 48 (19111) 3~3. '11 Auch der Einganll'!"bechnitt 23,1-12 ist im Kontext gegen Israel ge. richtet. Das ..ihr aber' in 23,8 mit den folgenden an die J ÜDger adreaaierten Logien 23,8--12 ist scharf gegen den dunklen Grund der zuvor charakterisierten Lehrer abgesetzt.
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Du Sondergut
der Gegner Jesu in die Texte eingeführt hat. Nach 11,25ft". und 13, 10-17 darf jedoch "blind" als angemessenes und folgerichtiges Epitheton für die verstockten Opponenten gelten: Denen, die mit sehenden Augen nicht sehen, verwehrt Jesus selbst das "Licht"101. Ebenso häufig ist das ö7C6xpLa~-Motiv: (6,2.5.16 die Heuchler (24,51 die Heuchler (15,7 Heuchler (22,18 Heuchler 23,13 Heuchler 23,15 Heuchler 23,23 Heuchler 23,25 Heuchler 23,27 Heuchler 23,28 voll Heuchelei 23,29 Heuchler
S) S)
nach Hk. 7,6) nach Hk. 12,15) S-Q S S-Q S-Q S S S-Q
Dieses Thema der Heuchelei hat der Evangelist in Hk. 7,6; 12,15 vorgefunden. Die konsequente Anwendung der Anredeform ist sein Werk. Anders als bei der Blindheit der Repräsentanten bemüht sich Matthäus in unserem Text um eine interpretierende, "sachliche" Beschreibung ihrer Heuchelei, wobei er die Vokabel entbehren kann. Zunächst charakterisiert er die "Schriftgelehrten und Pharisäer" durch sein Sondergut 23,2f. 101 als Leute, die "es sagen und nicht tun", was er mit 23,4 (aus Q; Lk. 11,46) kommentierend fortführt. Dann schildert er sie mit Farben der ihm vorgegebenen Stoft"e 6, 1-4.~8. 16-18 (vgl. besonders 6,2.5.16): Alle ihre Werke tun sie, um von den Menschen gesehen zu werden; eine These, die er wieder erläuternd ausbaut (23,5b-7)l03. Nach solcher Qualifizierung der Autoritätendie Heuchelei ist ihr Wesen: alle ihre Werke tun sie "vor den Leuten" - kann er sie in den folgenden, das einzelne geißelnden Weherufen mit dem stereotypen "Heuchler" bedenken. Diese Peitschenhiebe sind mit 23,2ft". grundsätzlich "erklärt". Der redaktionelle Vers 23,33 spricht vom "Gericht der Hölle" für die Söhne der Prophetenmörder, die Repräsentanten (vgl. 8,12). Ein 101 13.10ff.: Gott: l1,25f. '0. An 23, 3 intereeaiert den Redaktor beoonders die SchluJlthese. 23,310 kann er mit aufnehmen, weil es rur ihn keine aktuelle Bedeutung mehr besitzt (23, S fF.: die Jünger stehen unter dem einen Meisterl) und auch sonst durch Logien und Logienkompositionen der redaktionellen Arbeit kriftig paralysiert ist (12, 33-35; 15,1' blinde Blinderuuhrer; vorherrschendes Thema UD &eIben Kapitell Bosheit der Lehrer 22,lliff.; ihreUnkenntnia der Schrift, vgl. 8.63; Warnung vor ihrer Lehre 16,5-12 I). '0. 23,510 red. Zu 23,6f. vgl. MIt. 12,3Sf.; Lk. 20,'6.
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Israel als Einheit des Bösen
verwandtes Motiv enthält das Sondergut von 23,15. Hier heißt ea, die ..Schriftgelehrten und Pharisäer" machten aus ihrem Proselyten ein ..Kind der Hölle", zwiefach schlimmer als sie selbst. Grellere Farben hätte der Evangelist bei seiner Darstellung der Verlorenheit Israels nicht auftragen können.
Mt. 26,64 Zum matthäischen ..Sondergut" gehört auch die Wendung 7tA~V ACy61 ÖILLV, die noch in 11,22.24 begegnet, wo sie zur Einleitung von Gerichtsworten dient 10&. Im parallelen Markus-Text 14,62 geht dem apokalyptischen Wort das Bekenntnis Jeau zu seiner Messianität voraus: Ich bin ea. Hier ..... erscheint der zweite, durch xat( beigeordnete Teil der Antwort Jeau als Bekräftigung und Beatätigung dea ersten Teilea"I01. Jesu irdische Messianität beateht zu Recht, wird mit letzter Autorität und Würde versehen durch seine Rolle als künftiger Menschensohn. Bei Matthäus ist das ..Messiasbekenntnis" nicht mehr direkt, als blankes, die Alternativfrage beantwortendea Ja, sondern als nachträgliche Zustimmung zu einer das Ja schon enthaltenden These formuliert: Du hast es gesagt - als hätte der Hohepriester zuvor schon einen kräftigen Indikativ gesetzt. Für Matthäus muß sich Jesus von Israel nicht nach seiner Messianität fragen lassen. Der Vertreter Israels muß sie selbst .. bekennen", und Jesus braucht seine Worte nur aufzunehmen: trl. et7tct~. Durch 7tAijV ACy61 ÖILLV hebt der Evangelist das Folgende kräftig von der vorausgesetzten These und dem bejahenden trl. Er7tct~ ab: Du hast es geaagt, doch ich sage euch. .. Von nun an, im Blick auf seine nachösterliche Zukunft, ist Jeaus nicht mehr der (heilbringende und fordernde) Messias Israels, sondern sein Richter. Das matthäische Sondergut vom künftigen Menschensohn weist den .. Himmlischen" klar als Richtergestalt aus (13,41f.; 16,27; 25,311[101). Abgesehen von der konkreten Textgestalt ist es auch von dorther geboten, das den Menschensohn-Spruch 26,64 einleitende 7tA~V Aty61 ÖILLV nach 11,22.24 zu interpretieren. Mit 26,64 sagt sich der Messias Israels seinem unnachgiebigen, ihn zum Tode fordernden Volk als künftiger Gerichtsherr und Rächer &n. Mt. 27,3-10 Karl Ludwig Schmidt sagt: .. Die hier eingeachobene, nur Matth. 27,3ff. eigene Erzählung vom Ende des Judas, der seine Tat bereut, , .. Ohne Parallele auch 11,24. In 11,22 nach Q/Lk. 10,14 (7tAilv ohne >.ty.. u",iv). Im aelben Sinne .ty.. ('""v 10,15 nach Q/Lk. 10,12 (At-(.. ('''''v). Ahnlich 18,7 7tAiJV 0(,..1 ~;;; , wieder nur bei Matthäu8. ,.. Trilling, Du wahre Israel 86. 101 Auch das Zitat aua Sach. 12,10ff. in 24,30 (gegen Mk. 13,26) macht auf die drohende richterliche Gewalt des kommenden Menschensohnes aufmerksam.
Das Sondergut
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scheint den Sinn zu haben, daß der Jude, der den Stein ins Rollen gebracht hat, die jüdischen Oberen an der Übergabe Jesu an Pilatus hindern will. Es zeigt sich, daß deren Entschluß unerschütterlich feststehtl07 ". Damit ist Richtiges gesehen. Doch verbietet der Text den Gedanken, Judas wolle der Auslieferung Jesu entgegentreten. Jesus ist nach 27,2 schon in die Hände des Statthalters übergeben, vgI. 27,3: Judas sah, daß Jesus verurteilt war (aar. pass.). Das Rad des Verderbens Jesu ist längst im Rollen. - So machen 27,3f. darauf aufmerksam, daß die Autoritäten auf dem Weg zum Tode Jesu, den sie betreten haben, weiterzuachreilen gewillt sind. Es ist, als würde ihnen durch Reue und Zeugnis des Judas ein dringliches .. Halt! Laßt ab! Unschuldiges Blut!"l08 zugerufen. Doch sie hören diese Mahnung nicht, wie sie sich auch durch den ihnen in den Weg tretenden Pilatus (27,15ff.) nicht von ihrem Lauf abbringen lassen. Der Tod Jesu ist für die Repräsentanten beschlossene Sache. Sie beschäftigen sich mit den Silberlingen des Verräters, nicht mit seinen Worten. Damit ist der Reichtum der Beziehungen noch nicht erschöpft. Judas bekennt den Oberpriestern und Ältesten: Ich habe gesündigt und unschuldiges Blut verraten. So eröffnet der Verräter die Reihe der Unschuldszeugen Jesu, in die sich noch das Weib des Pilatus mit ihrem .. Habe nichts mit diesem Gerechten zu schaffen!" (27,19) und Pilatus selbst stellen wird, der das Volk fragt, was Jesus denn Böses getan habe (27,23; vgI. 27,18) und sich öffentlich und in aller Form von der Schuld am Tode Jesu distanziert (27,24). Auch Jesu eigenes Zeugnis gehört hierher. Er weist die Anschuldigungen der Gegner nicht anders als den Einwurf des Statthalters (von 27,13) mit majestätischem Schweigen ab - beredter Ausdruck seiner Unschuld (27,12.14). In der Antwort der Autoritäten auf die Worte des Judas liegt ein weiterer beziehungsreicher Zug der Erzählung. Die Oberpriester und Ältesten stoßen die Schuld auf Judas zurück (27,4): Was geht es uns an? Siehe du zu! Sie weisen jede Solidarität mit dem Vergehen des Verräters von sich, der unter seiner einsamen Last zerbricht, nachdem er die Silberlinge in den Tempel geschleudert hat (27,5). Es leidet keinen Zweifel, daß der Evangelist mit diesen Versen sein Sondergut von 27,24f. vorbereitet, das als Kontrast-Bild zu 27,4f. verstanden werden muß. Hier ist es der Statthalter, der seine Hände in Unschuld wäscht. Hier wendet sich das aU ISIjIn von 27,4 mit geballter Kraft gegen die Repräsentanten und das mit ihnen identische Volk: Sehet ihr zu I Ihr seid die Schuldigen! Worauf das ganze Volk die Last "seines 107 Der Todesprozeß des Messias J esua, J udaica 1 (1945) 1-40, 34. '01 Etwas einseitig Lohmeyer 375: ..Diese Worte, wie das Zurückbringen des G.eldes, haben nur de?, einen Zweck, das Geechick, das des Meisters wie das eigene, zu wenden ...
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Israel als Einheit des B6een
Blutes" auf sich nimmt. Die Autoritäten sind also mit Judas solidarisch. Das "unschuldige Blut", das er verraten hat, klebt auch an ihren Händen. Auch die auf 27,4f. folgenden Verse zeigen, daß die Oberen Israels ihrer Schuld am Blute Jesu nicht entgehen können. Sie gestehen sie wider Willen ein, ja, sie setzen der Schmach des Verräters und ihrer eigenen Blutschuld ein bleibendes Denkmal. Sie konstatieren, daß die dreißig Silberlinge nicht für den Tempelschatz taugen, "weil es Blutgeld ist" - von ihnen ausgegangen zum Verrat, zu ihnen zurückgekommen zum Zeugnis wider sie. Sie fassen Beschluß über dieses Geld, und der Acker des Töpfers, den sie dafür kaufen, heißt "Blutacker" bis auf den heutigen Tag, womit die prophetische Weissagung erfüllt ist. "So kam es, daß das Andenken an die Schuld des Verräters, die ja zugleich die Schuld Israels war, in JerusaIem nicht verschwand" (Schlatter)lOl. Es ist offenkundig, daß Matthäus mit 27,3--10 seine negative Darstellung Israels als des verwerflichen Gegenübers Jesu fortsetzt.
Mt. 27,51-54 27,51a übernimmt der Evangelist aus MIt. 15,38. Was am Tempel geschieht, gehört für ihn mit anderen Ereigni88en zusammen, von denen sein Sondergut berichtet, mit dem aE:LaIl6~ der Erde, den zerspaltenen Felsen 110 und geöffneten Gräbern - mit Geschehnissen von Gott &Iso 111, die seinem Auferweckungshandeln an den Leibern der entschlafenen Heiligen gewaltig-zeichenhaft vorausgehen und es vorbereiten lll, vgl. 28,2, wo der aE:Laj.L6~ die (nicht direkt beschriebene) Auferstehung Jesu einleitet. Auf diese "eschatologischen" Akte Gottes folgt, daß die Heiligen nach der Auferweckung Jesu aus ihren Gräbern hervorkommen, in die Heilige Stadt gehen und vielen erscheinen (27,53) - als die ersten Zeugen des Auferstandenen, wie man zu ergänzen hat. Die ~pa~ Jeau ist ja der terminus a quo ihres Hervortretens; und die Erscheinungen der Erweckten lösen (mit) das ckri8tologi8cke Bekenntnis der Heiden aus, für das nach 27,54 alle die geschilderten Begebenheiten vorauszusetzen sind: Als aber der Hauptmann und die (Soldaten), welche mit ihm Jesus bewachten, das Erdbeben und d48 G~ sahen, fürchteten sie sich sehr usw. Das Bekenntnis der Heiden zur Gotte88ohnschaft Jesu entzündet sich somit '01 Erläuterungen I 403. 111 x"l "I "'~P"L iax1alhja"v steigert daa Motiv des Erdbebens und leitet zu ul ~ci 1''''11'''''' civ.c;,xlhja.... über. m Vgl. Lohmeyer 395, der erklärt, ... .. daß als der ungenannte Urheber all dieses Geschehens Gott selbst gedacht wird, wie daa Paasivum verrät." 111 Mit Schmid RNT 374: ..... auch die Öffnung der Gräber wird man noch als Folge des Erdbebens ... verstehen mÜB88n."
Du Sondergut
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nicht am Tode Jesu wie beim Centurio von Mk. 15,39 118 (!3~v ... ML oih61C; t~E7tllEU(WI), sondern am Auferstehungshandeln Gottes mit seinen vorlaufenden Zeichen und an den Erscheinungen der erweckten Heiligen. Nicht vom Kreuz, sondern von "Ostern" her bekennen sie: Dieser ist wahrhaftig Gottes Sohn gewesen. Die Bemerkung Mk. 15,39 von dem Hauptmann, "der ihm gegenüber in der Nähe stand", fällt bei Matthäus fort. Doch gehören auch hier der Centurio und die Wächter nach dem Kontext zur Kreuzigungsgruppe (27,45--50.55f.). Gleichwohl ist durch 27, 51ff. "Ostern" (mit der Auferstehung Jesu nach drei Tagen 27,63) als schon präsent in die Szene eingeblendet. Es ist sozusagen vorverlegt, damit der Glaube der Heiden als Oslerglaube verständlich werden kann. Auch wird jetzt deutlich, mit welchen EreigniBBen der Tempel aufgehört hat, Stätte der Gegenwart Gottes zu sein. Der Vorhang ist zerriBBen, Gott begegnet nun in der Auferweckung der Heiligen und (nach Jesu fyEpaLC;) in den entsprechenden Erscheinungen. Der alte Kult Iaraels ist ausgelöscht, Gottes Gegenwart ist seine Gegenwart von Ostern. Doch ist dies, aufs Ganze des Textes gesehen, nur ein Nebenmotiv. Der Evangelist will mit seinem legendären Stoff primär den Glauben der Heiden als ("proleptischen") Osterglauben schildern und so einen tröstlichen Anblick schaffen, damit im folgenden das krasse Gegenbild der massiven Auferstehungsleugnung durch Israel um so abstoßender vor Augen tritt (27,62-66; 28,11 bis 15): auf diesen Kontrast hin ist 27,51ff. angelegt. Seht die Heiden, sie bekennen den Gottessohn auf Grund von Erdbeben und Erscheinungen der Heiligen. Iarael glaubt nicht einmal, wenn der Engel des Herrn vom Himmel niederfährt und das leere Grab die Auferstehung ausweist. Auch Schlatters Bemerkung zum Text ist zu erwähnen: "Es geht am Schluß des Lebens Jesu wie am Anfang"lU. Die Heiden huldigen dem König der Juden, während Israel ihm nach dem Leben trachtet. Die Heiden bekennen seine GotteBBOhnschaft, doch Iarael befehdet ihn über das Grab, ja über die Auferstehung hinaus.
Mt. 27,62~6; 28,11-15 Zunächst zeigen diese legendären Stücke, daß die Repräsentanten laraels auf ihrem Weg des "Messiasmords" auch zum Kampf gegen den Auferstandenen entschlOBBen sind. Der König Iaraels gilt ihnen als "jener Betrüger" (27,63). Da er nun tot ist, könnten die Jünger kommen, ihn stehlen und sagen, er sei von den Toten auterweckt worden. So würde "der letzte Betrug schlimmer als der erste" (27,64). Als Gott die Anschläge der Autoritäten zunichte macht, geben sie sich nicht geschlagen. Sie verwandeln die Wahrheit der Auferstehung, den 111 Hier steht der Hauptmann gegenüber Mt. 27,54 noch allein. '" Erläuterungen I 414f.
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Israel als Einheit des Bösen
Bericht der Grabeswächter von "allem, was geschehen war" (28,11) in die Lüge vom Diebstahl der Jünger. Kann man ihn auch nicht im Grabe halten, wird der Lebendige doch von Israel "mit Geld begraben" (28,12), um es kraß zu sagen. Wieder fassen die Repräsentanten einen Beschluß (28,12; vgl. 26,4; 27,1), ihren letzten und schrecklichsten, der die Auferstehung - als "Lehre" Israels (28, 15a)! - zum üblen Trick erniedrigt, wofür es bis heute Zeugen gibt: Und diese Rede verbreitete sich unter Juden bis auf den heutigen Tag (28,15b). Es gilt, die Funktion dieses Schlusses innerhalb der Einheit 28,l1ff. zu bedenken. 27,8 liefert einen wichtigen Hinweis zum Verständnis. Auch in der Perikope vom Ende des Judas erscheint der Gedanke an ein "bis heute" wirkendes Wort. Hier ist, wie gesagt, der Name jenes "Blutackers" das bleibende Dokument für Israels Schuld am Tode Jesu. So ist auch der A6'Y0~ vom Betrug der Jünger, der bis heute unter Juden im- Schwange geht, das unverrückbare Denkmal der Gegenwart für Israels einstigen Kampf gegen die Auferstehung. Auch mit 28,15b arbeitet Matthäus an seinem Bild der zurückliegenden Geschichte Israels. Gewiß deutet der "unendlich fern klingende Ausdruck ,bei Juden"'115 auf den tiefen Graben, der den Evangelisten zu seiner Zeit von "solchen, die Juden sind" 118 trennt. Doch wird man die schmale Notiz nicht so verstehen dürfen, als wolle Matthäus seine eigenen Zeitgenossen ll7 , die "Juden", in sein Urteil über "dieses Geschlecht" von ehedem einbeziehen. Strecker verweist im Zusammenhang unserer Stelle mit Recht auf die Geschichts-Anschauung des Evangelisten: "Nicht mehr von Israel ... ist die Rede, sondern die ,Juden' erscheinen als ein Volk unter anderen "118. Als heilsgeschichtliche Größe der Basileia-Berufung gehört Israel bei Matthäus der Vergangenheit an: berufen und zu Fall gekommen in der Begegnung mit seinem Messias. Was nun folgt, ist nicht mehr Israel- die "Juden", ein Phänomen, über dessen heilsgeschichtliche Bestimmtheit dem Matthäus-Evangelium nichts zu entnehmen ist. Es tritt nur in 28,15 b in das Blickfeld der Betrachtung llt, flüchtig und nicht um seiner selbst willen. 111 Lohmeyer 411. 111 Schlatter, Evangelist 797. Zu 'Iou3~lo,~ ohne Artikel vgl. F. Blass A. Debrunner, Grammatik des neutestamentlichen Griechisch, 9. Auft. 1954, § 262; Strecker 117, Anm. 1. 117 Trilling 79. "" A.a.O. 116C. "" Gegen Strecker 30ft'.; 11 7.
III. DIE HEIDEN IM MATTHÄUSEVANGELIUM Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung, das "Israel" des Matthäus-Evangeliums als Einheit des Bösen, handelnd dargestellt durch seine Repräsentanten, endgeschichtlich verloren und mit dem Untergang JerusaIems heilsgeschichtlich abgetan - diese Ergebnisse legen es nahe, nun die l&vtj-StofFe des Matthäus-Evangeliums daraufhin zu befragen, ob in ihnen das heilsgeschichtliche Thema fortgeführt wird. Daß Matthäus nicht nur an Israel als dem Adressaten der Basileia-Berufung interessiert ist, sondern auch die Heiden in das Zentrum seiner Darstellung rückt, bedarf keines detaillierten Nachweises. Es gilt jedoch darzutun, wie Matthäus das Verhältnis der beiden Größen "Israel" und "Heidenwelt" im einzelnen bestimmt, welche heilsgeschichtliche Anschauung er auf dem Hintergrund der "erledigten" Heilsgeschichte Israels mit dem Komplex der Heiden in seinem Evangelium verbindet. Die Untersuchung ist wieder an den Markus- und Q-StofFen sowie am matthäischen Sondergut durchzuführen. 1. Die
Markua-8toDe
Mt. 4,12-17/MIc. 1,14/.
Ferdinand Hahn bemerkt zur Stelle: "Schon im Zusammenhang des ersten öffentlichen Auftretens Jesu wird in dem Reflexionszitat Mt. 4,14 unter anderem von dem rotALActlot Tidv l&vidv gesprochen und zeigt sich das grundsätzliche OfFensein der Botschaft Jesu für die Völker"1. Es ist vom Kontext her kaum wahrscheinlich, daß Matthäus mit "GaIiläa der Heiden" schon über Israel hinaus auf die Heidenwelt deuten will. Er kommt vor 4,15 auf Jesu Umsiedlung von Nazareth nach Kapernaum zu sprechen (fehlt bei Markus wie das ganze Reflexionszitat), nach der Stadt am See im Gebiet von Sebulon und Naphthali, wie mit Rl'dll.C'ht gl'SA.gt wird (4, t3). J6IIUS bllfindflt sich alsl) anf genuin "isr&flIitischem" Bodeni. Das folgende Jesaja-Zitat fügt dann dem "Lande Sebulon und Lande Naphthali" den ö80v &otAliaa1l~ und das Gebiet jen1 Das Verständnis der Mission im Neuen Testament, WMANT 13,1963,109. • Kapemaum ist im matthiischen Sinne wie Chorazin und Bethaaida eine repräsentative Stadt "Israels", vgl. die Stellung von 11, 20ft". hinter 11,16ft". und die redaktionelle Notiz 11,20.
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Die Heiden im Matthiusevangelium
seits des Jordans hinzu. Nach 4,25, wo der Evangelist den geographischen Bestand Israels umreißt (vgl. 3,5) und wieder das Stichwort ,"pot" TOU 'Iop3ci"ou benützt, handelt es sich auch bei der Region "jenseits des Jordans" um erklärtes Israel-Land. Ebenso soll der in 4,15 folgende Terminus "Galiläa der Heiden" nicht nach außen weisen, sondern eine weitere Gegend Israels in die Betrachtung einbeziehen; vgl. wieder 4,25, das auch Galiläa zu Israel zählt·. Vers 4,16 charakterisiert alle die genannten Gebiete in derselben Weise: das Volk sitzt im Finstern und wohnt im Lande des Todesschattens, über dem nun der König Israels als das große Licht aufgeht. Der Text steht in einer Linie mit 9,36. Das verlorene "Israel", zu dem auch das Galiläa der Heiden gehört, erfährt das Heil seines Messias. Somit gehört 4,15 streng zur Israel-Darstellung des Evangelisten. Hahns Ausweitung des Textes in Richtung auf die Völkerwelt ist abzulehnen.
Mt. 8,28-34/Mk. 5,1-20 Anders als Markus versteht Matthäus die Gadarener-Perikope nicht mehr unter dem Gesichtspunkt der Heidenwirksamkeit Jesu. Sie empfängt von ihrem Rahmen her eine klare Ausrichtung auf "Israel", da in der Absicht des Evangelisten alles zwischen 4,23 und 9,35 Berichtete die fordernde und heil volle Hingabe des Messias an Israel darstellen soll (vgl. S. 33f.). An "Heiden" ist nicht mehr gedacht. Matthäus unterdrückt die markinische Notiz von der Predigt des Geheilten in den (heidnischen) Zehn-Städten (Mk. 5,l9f.). Die Vorstellung des subjektiven Kerygmas, die Heidenpredigt eines einzelnen (von dem, was der Herr an ihm getan hat usw.), tilgt er zugunsten seiner Anschauung von den als heilbringende Verkündiger der Basileia an 18f'fU!1 gewiesenen Jüngern (Kap. 10). Auch gehört für ihn die Dekapolis, wie 4,25 verrät, zum Bestand "Israels". So trägt 8,28-34 zum Thema der Heiden im Matthäus-Evangelium nichts bei.
Mt. 10, 17-22/MIc. 13,9-13 Matthäus folgt in seiner Darstellung der Begebenheiten vor dem Ende ab 24,9 nicht mehr dem Markus-Text. Er hilft sich mit einigen von ihm selbst formulierten (24,9.14 frei nach Mk. 13,9.13/10), als Sondergut eingebrachten (24,10-12) oder den Markus-Text wiederholenden Sätzen (24,13 = 10,22bfMk. 13,13b) und rückt das auf die Verfolgung durch Israel gemünzte Wort 13,9' mit seinem Anhang 13,11-13 aus dem Horizont des 24. Kapitels, um alles im Zusammenhang der Missionsrede des 10. Kapitels unterzubringen. Daraus ist zu • VgI. auch das S. 33f. Ausgeführte. • Es sieht freilich auch schon auf die Verantwortung vor MidnUchen Ge· richten: Statthalter und Könige.
Die Markus.Stoffe
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schließen: die Verfolgung durch Israel gehört für ihn nicht mehr zur Situation der Jünger vor dem Ende, die an die Heiden gewiesen sind (vgL 24,9b.14; 28, 18ff.); sie ist eine Angelegenheit ihrer IsraelSendung zu den Lebzeiten Jesu, die der des Meisters selbst entspricht (vgL S. 60ff.). Mk. 13,9ff. ist für Matthäus innerhalb seines neuen Rahmens zu einem "zurückliegenden" Israel-Text geworden. Gleichwohlläßt er sich in 10,18 den schon mit dem Markus-Text gegebenen Hinweis auf die Heidenwelt nicht entgehen: ... und ihr werdet um meinetwillen vor Statthalter und Könige geführt werden, ihnen und den Heiden zum Zeugnis6. Hier wird deutlich, daß der Evangelist die exklusiv auf Israel bezogene Sendung der Jünger (10,5f.) durch eine vom Standpunkt des Textes aus künftige Phase der heilsgeschichtlichen Entwicklung überholt sieht. Was in strenger Ausschließlichkeit mit Israel beginnt und woran Israel zu Fall kommt, bleibt nicht auf Israel beschränkt; es gilt - nach Israels Ausscheiden aus der Heilsgeschichte, wie man zu ergänzen hat - auch für die Heiden s. Sie sind (als Adressaten der Basileia-Berufung) die heilsgeschichtlichen Erben Israels. Auf diesen Prozeß der Heilsgeschichte "Israel und (dann) die Heiden" will das redaktionelle x«t TO'C~ llhEaLv aufmerksam machen.
Mt. 12,15-2J7/Mk. 3,7-12 Der Evangelist übernimmt aus Mk. 3,7ff. verschiedene modifizierte Züge (3, 7.10a.12): Die Flucht Jesu- auf den Todesbeschluß der Pharisäer hin (12,14/Mk. 3,6), die Heilung der Nachfolgenden und Jesu Gebot, ihn nicht offenbar zu machen. Dem läßt er das durch 12, 17 eingeleitete Reflexionszitat 12,lS--21 folgen (Jes. 42,1-4), das zweimal von den Heiden spricht. Nimmt man den Wortlaut von 12,17 ernst und vergegenwärtigt sich seine formelhaften Parallelen in 1,22; 2,15.17; 4,14; 8,17; 13,35; 21,4; 27,9, kann man den Text nur 80 verstehen, daß "das vom Propheten Jesaja Gesagte" als im irdischen Leben Jesu erfüllt zu gelten hat 8 • Jesu Handeln ist die Erfüllung der • Mk. 13,9 hat nur .. ihnen zum Zeugnis" (zum Sinn des Ausdrucks vgl. Trilling 127ff.), zielt also mit .. ihnen" auf die den .. jüdischen" und heidnischen .. Gerichten" des Textes entsprechenden Adressaten. Matthäus macht dem· gegenüber .. ihnen" zum Sammelbegriff für .. Israel" und stellt dem sein redak· tionelles und weiterführendes ..und den Heiden" zur Seite. Damit faßt er das bei Markus indirekt Ausgesprochene in klare Worte und gibt ihm einen program· matischen Akzent: Adressaten des Jüngerzeugnisaes sind Israel und (dann) die Heiden. • Nach Hahn a.a.O. 108 ..... ist in c. 10 die historische Situation transparent ~emacht f'Ur die Mission der Jünger in der Zeit nach Jesu Auferstehung." Damit 1st Richti$e8 gesagt, doch daß ..alle grollen Reden des Evangeliums unmittelbar der Gememde gelten", ist sehr pauschal geurteilt, vgl. 10,Of.23.25; 13,10--15; 23,13-24,2. , Vgl. S. 132. • Gegen Hahn a.a.O. 110, der an eschatologische Erf"ullung bei der "Voll. endung des Aons" denkt.
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Die Heiden im Mattbäueevangelium
Jesaja-Prophetie, durch ihn widerfährt den Heiden du Heil des Gottesknechtes, wobei die Einzelzüge des Zitats im vorlaufenden Geschehen nicht realisiert zu sein brauchen; Matthäus kommt es nur auf den Grundgedanken an. Es ist nicht zulässig, aus dem Zitat eine willkürliche Auswahl zu treffen '. Es spricht unzweideutig vom Heiland der Heiden, als der Jesus, von Israel mit dem Tode bedroht, in der entsprechenden Zurückgezogenheit und in selbstgewählter Verborgenheit wirkt und du prophetische Wort erfüllt: du markinische GotteseohnGeheimnis ist an unserer Stelle abgelöst durch du matthäische HeidenHeilands-Geheimnis, vgl. du Fluchtmotiv 12,15 und du Geheimnisgebot 12,16. Wichtig ist im Zusammenhang, daß der Evangelist auch im vorausgehenden und nachfolgenden Gang der Auseinandersetzung Jesu mit Israel (11,16-30; 12,22-50) durch die jeweiligen Schlußtexte 11,25-30 und 12,46-50 auf die positiven "Gegenbilder" zeigt, die für die Zeit Jesu an die Stelle des verruchten Israel treten (vgl. S. 52.55). Nach der dort waltenden Programmatik der redaktionellen Kompositionsarbeit wird auch 12,16-21 im Konnex mit 12,1-14 zu beurteilen sein. Schon im irdischen Leben Jesu für Israel (15,24) geht du Heil in aller Verborgenheit zu den Heiden. Israel will den Tod seines Königs, doch er erweist sich auf der Flucht vor Israel in tiefer Verhüllung allen Elenden lo als endzeitlicher Erfüller der Välkerweissagung. Wo Israel seinen Messiu befehdet (vgl. 12,2.10.14), ist ER, zw'Ückgezogen und verborgen, Bchon bei Lebzeiten eben das, wu er hel1laeh in aller Öffentlichkeit sein wird: du Heil der Heiden (vgl. 27,54). TriJling urteilt: "Beide Male (Ve1's 18.21) ist ~&VI) ••• , im Sinne des (matthäischen) Universalismus zu fassen'"11. Der demütige Knecht bringe Wahrheit, Recht und Hoil für alle. Doch wu heißt an unserer Stelle "matthäischer Universalismus'" Wenn der dunkle Hintergrund für d&a Heil der Heiden die notorische Bosheit (und endgültige Verwerfung) Israels ist (12,10.14; vgl. 11,20ff.; 12,22ff. usw.), kann Ta l!&VI) nur im strengen Sinn eines Kontrutbegrift'es gebraucht sein und- unter Ausschluß "Israels" - allein auf die Heiden gehen 1_. Me. 18,6-9/Mk. 9,420. An den Spruch vom Ärgernis für die "Kleinen" (18,6/Mk. 9,42) fügt Matthäul! du Logion 18,7 an (Sondergut) : Wehe der Welt der Ärger• Gegen Schmid RNT 209: Matthäua nehme auf den Hauptgedanken des zitierten Abschnitts, die Aufgabe, die der Gotteeknecht an der Välkerwelt, den Heiden, zu erf'lillen habe, keine Rücksicht und denke vor allem an seine Stille und Bescheidenheit. - 12,18bff. ist nach der Gotteeknechtepridikation 12,I8a unverkennbar durch die doppelte Klammer der Heiden.Aussage in 12,I8b und 12,21 zusammengehalten und bekommt von dorther sein Gepräge. Matthäus nimmt das Zitat nUJ' um seines "Hauptgedankens" willen auf. 1. 12,15b; Mk. 3,10& "er heilte viele". 11 A.a.O.127. 11 Zu der Heidin in 15,21-28 vgl. 8. 60, Anm.65.
Die Markus· Stoffe
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nisse halben ... "Welt" steht hier im Sinne von "Menschenwelt" wie 5,14; 13,38 (auch matthäisches Sondergut, vgI. 26,13 = MIt. 14,9)13. Für unser spezielles Heiden·Thema trägt die Stelle nichts aus. Zusammen mit ihren Sondergut.Parallelen zeigt sie jedoch, daß der Ra· dius der Weltbetrachtung im Matthäus.Evangelium längst über "Israel" hinausgreift und "kosmische" Ausmaße angenommen hat. Die Kosmos·Stellen sprechen pauschal für die "universale" Weite der Perspektive, ohne in die besondere heilsgeschichtliche Schau des Evangelisten einbezogen und von ihr her präzisiert zu sein 1&.
Mt. 21,33-l6/Mk. 12,1-12 Das Gleichnis von den bösen Weingärtnern wirft mit seinen Versen 21,41.43 hinsichtlich der heilsgeschichtlichen Konzeption des Mat-
thäus· Evangeliums eine Reihe von Fragen auf, die ausführlicherer Erörterung bedürfen. In Vers 21,43 begegnet ein eigenartiger Begriff' von ßataW:(at TOÜ &coü: die Gottesherrschaft wird von euch genommen werden... Voraussetzung des Satzes ist, daß die Basileia Israel geschichtlich "gegeben" wurde. Dementsprechend kann sie nun im Falle der Unfruchtbarkeit Israels "geschichtlich" auf ein "fruchtbringendes Volk" übergehen. Damit ist die streng eschatologische Ausrichtung des Begriffs, wie sie 19,24; 21,31 vorliegtl&, aufgegeben. - In welcher Weise hat man sich die Gottesherrschaft als in der Geschichte "Israels" anwesend zu denken? Für C. G. Montefiore, der sich an Box anschließt, bedeutet "Gottesherrschaft" sub specie historiae die jüdische Theokratie mit ihren Privilegien des auserwählten Volkes l'. Nach Johannes Weiß ". .. ist hier daran gedacht, daß in dem Volk Israel, das nach dem Gesetz Gottes lebt, die Herrschaft Gottes in gewisser Weise schon verwirklicht ist"l7. Wilhelm Michaelis möchte den Begriff "wohl nicht als das schon vorhandene Reich Gottes", sondern als "Anwartschaft auf das Reich" interpretieren l8 . Trilling vermag dem nicht zuzu11
Vgl. ThWIII 890 (Hermann Saase).
1. Zum Fortfallen von ..«,,,y
..
oi~ ~,,,y (Mk. 11,17) in 21,13 vgl. S.66, Anm.83 . .. Vgl. 6,33 (textlich unsicher). " The Synoptic Gospels, 2. Band, 2. Auft.1927, 286. AhnIich Bengt Sundkler, Jeaus et les paiens, in: Arbeiten und IllitteilunlP.'n aus dem neutest. Seminar zu Uppsala 6 (1937) 36: .. Ies privileges religieux d Israel"; Rudolf Schnackenburg, Die Kirche im Neuen Testament, Quaest. Disp. 14 (1961) 66: ..die Vorrechte und Segnungen ... die ihm als Gottes erwähltem Eigentum zustanden und verheißen waren (vgl. Ex. 19,5f.; Dt. 7,6; 14,2; 26,18)." 17 Die älteren drei Evangelien, SNT I, 3. Auft. 1917, 352. 11 Die Gleichnisse Jesu, 3. Auft. 1956, 123f. Schlatter, Erläuterungen 1323, denkt an Israels .. Berufung": .. Gott wird es zerbrechen, seine Berufung anderen geben und die Heiden in sein Reich führen."
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Die Heiden im Matthäusevangelium
stimmen 11. Ihn interessiert die "Kontinuität der Heilsökonomie" : "Die ~lXaw(1X TOÜ &cOÜ ist eine das Alte und Neue Testament übergreifende Größe. Gott hat sie Israel gewährt und wieder entzogen ... Wie der alte Träger ein ,Volk' war, ist es auch der neue. So ist mit der Kontinuität des Reiches auch die Kontinuität eines Volkes Gottes gegeben"lIO. Für diese Exegese ist kennzeichnend, daß sie den Begriff der "Gottesherrschaft" von einem bestimmten Israel-Begriff her entfaltet, der sich nicht mit dem des Matthäus-Evangeliums deckt, das nicht auf das alttestamentliche (und bis in die Gegenwart reichende) Gottesvolk mit seinen heilsgeschichtlichen Privilegien, sondern auf "dieses Geschlecht" der Basileia-Verkündigung blickt (vgl. S. 35ft'.). Die Heilsökonomie geht hier nicht auf den "alten", sondern auf den "eschatologischen" Bund Gottes mit Israel und setzt mit ihm ein (Johannes!). Matthäus denkt an das Israel der Messi&8Zeit (mit der "Vorzeit" des Täufers und der "Nachzeit" der Jünger), das selbst das "wahre", nämlich messianische GottesVOlk 11 der erfüllten Verheißungen ist vgl. die Refiexionszitate l l - und im Gang der Heilsgeschichte auf Grund seines Widerstandes gegen den xlXLp6c; Gottes durch eine andere heilsgeschichtliche Größe überholt wird. Ist das Gegenüber "dieses Geschlechts" nicht der "alte" Bundesgott mit Gesetz, Beschneidung und Tempel usw., sondern der Herr der Basileia in seinen Boten, so tritt auch der heilsgeschichtliche Nachfolger "dieses Geschlechts" nicht als "Gottesvolk" mit bestimmten Privilegien und Erwählungszeichen in Erscheinung, sondern wie zuvor Israel selbst als Phänomen der heilvollen und radikal beanspruchenden Basileia-Gegenwart und -Zukunft 18. Sie ist das einzige Privileg und Berufungszeichen, das sich zwischen Israel und seiner Nachfolgegröße durchhält. M. a. W.: Die Kontinuität der Heilsgeschichte liegt nicht im Volk oder religiösen "Volkbegrift''', sondern auf der höheren Ebene eschatologischer Erwählung - in dem handelnden und berufenden Gott. Das wird durch 11 A.a.O. 62: ..Es geht auch nicht nur um die Anwartschaft auf das Reich Gottes, um seine Verheißung oder Zusicherung, sondern um die fI""wl" Ta;; &.0;; selbst." .. A.a.O. 65; vgl. 85: .. ,Reich Gottes' wurde in 21,43 interpretiert als die Gegenwart, die Anwesenheit Gottes in der Geschichte des Volkes und seiner gnädigen Heilsführung. Diese Anwesenheit wurde vornehmlich erfahren in der ,Stadt des groBen Königs' ... , dem Tempel auf Sion ... " SI Ein Gesichtspunkt, den Trilling übersieht. Von hier aus kommt seine Konzeption von der Kirche als des ..wahren Israel" a limine zu FaU. I. A,,6r; begegnet in Zitaten: 2,6; 4,16; 13,15; 111,8; vgl. 1,21. Die übrigen Stellen sind: 2,4; 4,23; 21,23; 26,3.5.47; 27,1.25.64. Zum Sprachgebrauch vgl. Trillillg 61. Zur Funktion der Reflexionszitate vgl. S. 132f. SI Der doppelten Gestalt der kommenden Basileia als heilvollen und verderblichen Gerichts entspricht bei Matthäus ihre doppelte gegenwärtige Gestalt als Heilszuwendung (z.B. 4,23ff.; Kap.8f.; 10,7f.; 11,6; 12,28) und totale Gotteaforderung (z.B. Kap.li-7; 18; 19,16-26).
Die Markua.Stoft'e
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4,23; 9,35 und 24,14 bestätigt. Abweichend von Mk. 1,14 (das Evangelium Gottes) charakterisiert Matthäus in 4,23 und 9,35 das von Jesus im Gegenüber zu Israel verkündigte Evangelium als ..das Evangelium vom Reich". Ähnlich verfährt er in 24,14 hinsichtlich des von den Jüngern nach der Ablösung Israels (23,1-24,2 geht voraus!) in der ganzen Welt zum Zeugnis für die Heiden ausgerufenen Evangeliums: sie verkündigen ..dieses Evangelium vom ReicA ..... Der heilsgeschichtliche Kontinuitätsbegriff' des Evangelisten heißt ..Basileia" bzw ...Evangelium der Basileia", nicht ..Gottesvolk", ein Begriff', den er nicht gleichermaßen auf ..Israel" und die Heiden schlechthin (24,14) anzuwenden vermöchte und dem er schon bei der Darstellung des heilsgeschichtlichen xlXLp6c; Israels nur sekundäre Funktion zuerkennt. Die Gegenwart des Messias und der Basileia-Berufung (das primäre Motiv!) macht Israel zum ..wahren" Gottesvolk der Heilserfüllung (1,21; 2,6; 4,16) - und HeÜ8fJerleugnv:ng (13,15; 15,8; vgl. 23,29ff.)! Spricht 21,43 von einem Volk, das anstelle Israels die Früchte der Gottesherrachaft bringt, 80 ist die Singularität der Aussage ebenso charakteristisch wie ihre Neutralität. Der theologische GotteavolkBegriff ist gemieden, jede speziell ekklesiologische Wendung umgangen. Matthäus will wie in 21,41 lediglich einen vorläufigen, auf Explikation angelegten Hinweis geben. Die neuen Träger der Gotteaherrschaft sind Weingärtner, die zu ihrer Zeit ..die Früchte abliefern", ein (!) Volk, das die Früchte der Basileia .. tut". Mögen auch die Adresaaten der Baaileia wechseln, die Gabe der ~lXaw(1X -roil koil bildet das Kontinuum zwischen Israel und der neuen heilsgeschichtlichen Größe . .. Par Mk. 13,10 ..das Evangelium"; vgl. 26,13 ..dieses Evangelium" gegen Mk. 14,9 ..das Evangelium". - Im engeren Kontext von 26,13 ist vom Nicht· allezeit·Daaein und vom Begräbnis Jesu die Rede (26,11.12), 10 daß ..dieses" kaum als konkreter Hinweis auf das besondere Ev~lium dieses Textes zu f_n ist. Auch die Bezieh~ auf den ..Redekomplex' , in dem -roii.... begegnet (Willi Marxaen, Der Evangelist Markus, FRLANT 67, 2. Au1I. 1959, 82),oder auf die PRllllionsgeachichte (Strecker 129) i.t zu eng. Matth&us denkt an dieses Evangelium (vom Reich), das er aelber schreibt, das die Basileia.Verkündigung dea Täufera, Jesu, der Boten und ihren Fortgang bis zum nachösterlichen Baaileia.Evangelium der Jünger für die Heiden umfaßt: ea ist die Botschaft von der HimmelaherrachaR ala Ve~enwirtilrnDg ihrer Heila· und Gericht.. geschichte von Johannea bis zum Ende dea Aona. Marxaen übergeht den auf· fallenden Tatbeatand, daß ....ii-ro in 4,23; 9,35 fehlt. Hier ist ..geschichtlich" an das ..eingeachrinkte" Jeau•. Evangelium für !araeI gedacht, während ..dieses Evangelium (vom Reich)", das im Welthorizont ateht 124,14: 26.13), du apAtflre "kirchliche" Jünger.Evangelium bezeichnet, das mit dieaem, die $BnZ8 Ge· schichte der Baaileia verkündigenden MaItM...·Evangelium identisch 1St. So mit Oünther Bornkamm, Überlieferung und Aual~g 19: ..... ,dieses' (von Hat· thius repriaentierten) Evangeliuma vom Reich' (vgl. S. 133) ... Evangelium vom Reich" markiert die heilaKcachichtliche Kontinuität zwischen J eBUB· und Jünger. zeit, w&hrend -roii"fO auf aen Fortschritt, die geschichtliche Auaweitung der Bot· achan, auf du Moment der Diskontinuität gegenüber dem Evangelium Jeau für Iarael abhebt . • 8701 Wolbr, U...........'"
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Die Heiden im Matthäuaevangelium
Viele neuere Exegeten entscheiden sich hoc 1000 für die "kirchliche" Deutung 15. Doch ist es sehr die Frage, ob innerhalb des Matthäus· Evangeliums die Vorstellung von der an das "neue Gottesvolk" der Kirche übergebenen Basileia zu verifizieren ist. Immerhin wird "dieses Evangelium vom Reich" nach 24,14 zum Zeugnis für alle Heiden proklamiert. Der Mi88ionsbefehl 28,18ff. gebietet wieder die "Berufung" aUer Heiden. 10,18 deutet den Fortschritt der Heilsgeschichte von Israel zu den Heiden an, und 12,15ff. erscheint schon der irdische Jesus als Erfüller der HeilsweiSB&gUUg für die Heiden. In 22,10 spricht der Text davon, die Knechte hätten "aUe, die sie fanden" herzugeführt, "Böse und Gute", womit wieder an die Heiden gedacht ist. Dem Theologumenon von der Heiden-Berufung entspricht das eschatologische Stück 25,31--46 mit dem Motiv' des Gerichts über die Heiden aufs exakteste: die neu Berufenen treten wie vordem Israel in die ganze eschatologische Verantwortlichkeit ihrer Berufung (so auch 22,11-14). Schließlich bekennen nach 27,54 Heiden (von Ostern her) die GotteSBohnschaft Jesu. Das alles weist in eine Richtung und legt das Urteil nahe, daß im Matthäus-Evangelium nicht die "Kirche" in die heilsgeschichtliche Nachfolge Israels tritt. Vielmehr sind hier die Heiden die Erben der Israel gegebenen Gottcsherrschaft, die Erben seiner Berufung und radikalen Gerichtsbezogenheit. Ihnen ist die Gottesherrschaft im umfassendsten Sinne - als neue heilvolle und beanspruchende Gegenwart und drohende oder tröstliohe Zukunft gegeben. Dazu müssen sie ebensowenig wie zuvor schon Israel "Kirche" sein. Die ekklesiologische Deutung wird noch von einer anderen Seite her fragwürdig. Die stärksten Einwände gegen sie sind ausgerechnet von der matthäischen Ekkluiologie aus vorzutragen. Denn es läßt sich schwer übersehen, daß die "Kirche" bei Matthäus - in Gestalt der Jünger - verschiedentlich als positive Kontrast-Größe zu dem .. So Wellhaueen, Evangelium Matthaei 109 (auch jüdische und nicht bloB heidnische Christen); Zahn 634 (Benennung der über alle nationaIon Grenzen erhabenen Gemeinde Jeau); Montefiore a.a.O. 286 (111e Kingdom ... i8 given to the Christiana); T. W. Manson, 111e Sayings of Jeaus, 1950, 224 (probably the Church, the new Israel); K. L. Schmidt, ThW I 688 (den Gläubigen); Loh· merer 314 (die älteste christliche Gemeinde); Jeremi .... Gleichnisse 68 (die He.denkirche); K. Staab. D ... Evangelium nach Matthäus. 116 (d... Volk der Christen); Schniewind NTD 219 (das neue Gotteavolk. die neue "Gemeinde"); Gnilka 111 (d ... neue Israel. bestehend aus Juden und Heiden); Schnaekenburg a.a.O. 65 (eine geistige Einheit ... die Kirche); Trilling 62 (die ganze Kirche). 63 (d ... christliche Gottesvolk) ; Strecker 110 (Ablösung Israels durch die Kirche); Feine·Behm-Kümmel. Einleitung in d ... Neue Teatament, 13. Auß. 1964. 68 (an die Stelle der unghlubill"n Juden tritt das eschatologische Gottesvolk); Schmid RNT 306 (neues gelBtigea Israel ... aus den Heiden berufen ... die Kirche); ihnlich Fenton 341 (the Gentiles will replaee the Jewa as God's people). Anders Schlatter. Erl. I 323. ohne ekklesiologischen Akzent (die Heiden; die Berufung der Heiden).
Die Markua·Stoft'e
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harthörigen Israel der Jesuazeit erscheint. Sie ist mit Israel gleich· zeitig und folgt ihm nicht (zeitlich) nach. Ihre heiIsgeschichtliche ..Genealogie", wenn man so sagen dan, beginnt nicht mit Israel, sondern mit dem Messias selbst, in dessen Fußtapfen sie tritt. Sie ist die Schar seiner Nachfolger (4,18-22; 19,27), die zu ihm gehören (12,46-50) und total an ihn gebunden bleiben (8,21-27; 14,22-33), die ihn bekennen (14,33; 16,16), wo Israel seine Messianität verwirft. Ihnen sind die Geheimnisse der Himmelsherrachaft zu erkennen ge· geben (vgl. 17,1-18), die Jesus "diesem Volk" versagt (13,10-17). Im Gegensatz zu Israel sind sie, mit 13,52 zu sprechen, "Jünger der Himmelsherrschaft" geworden und haben, die Gemeinde der Diener und Brüder unter dem einen Herrn (18,15--20; 20,20-28; 23,8-12), schon bei Lebzeiten Jesu (und danach bis zum Jahre 70) teil an seiner Israel·Sendung und an seinem Geschick (10,5--25; 23,34"): selber Diener und Medien der Basileia·Berufung, der Heilsgeschichte Israelsl Die Besonderheit der matthäischen Ekklesiologie hinsichtlich der "nach·israelitischen" Jüngerschaft (= "Kirche") liegt darin, daß die Jünger der späteren Zeit (nach 70 17 ) im neuen _'pO<; Gottes den heils· geschichtlichen Nachfolgern Israels, den Heiden, mit der Berufung zur Basileia zu dienen haben - wie zuvor die Jünger mit der Berufung Israels beauftragt waren, und daß sie nun von den neuen Adressaten des .. Reichs" die Feindschaft zu gewärtigen haben (24,9), die den Jüngern damals von Israel widerfuhr. Im Matthäus·Evangelium ist also auch die spätere "Jüngergemeinde", selbst in das Heil und die Krisis der Himmelsherrschaft gestellt (vgl. 24,43-51; 25,1-30), Dienerin der Heilsgeschichte (anderer), Medium der Berufung zur Ba· aileia (22,9f.; 24,14; 28,18ff.) und steht so in der geschichtlichen Nachfolge des Täufers, Jesu und seiner irdischen Jünger, nicht Israels. Dem Gang der (Basileia-)HeiIsgeschichte von Israel zu den Heiden geht zur Seite die Predigt- und Leidensgeschichte der Basileia-Boten: in dieses geschichtliche .. Kontinuum" gehört bei Matthäus die "Kirche", was die Vorstellung einer Ablösung Israels durch die "Gemeinde" ausschließt 18. MI. 24,9-14/ Mk.13,9-13
..Im einzelnen entspricht V.9 inhaltlich und weithin auch im Wortlaut Mk. 13,9.13a, aber mit dem wichtigen Unterschied, daß ausschließlich von Verfolgungen durch die Heiden gesprochen und an .. Vgl. 8.1l7f.; 67, Anm. 96. .. Zu 23,38; 24,2 im Konte>r:t von 23, 29/f. vgl. 8. 118 f. .. Daa ist zu bedenken, weon die Stoffe des Evangelilten gelegentlich die Jiloger und (Anklinge an) daa Gotteavolk·Motiv zusammenbringen, vgl. 1,21 (?); 19,28; 26,28 (?) •
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Die Heiden im JoIatthlluaevangelium
solche durch Juden nicht mehr gedacht wird" (Josef Schmid) 11. Matthäus hat MIt. 13,~13 (ohne 13,10) schon in die .. Auasendungsrede" einbezogen (10,17-22; vgJ. S.76f.). Der Grund für dieees schriftstellerische Verfahren wurde genannt; er liegt im Charakter des Matthäus-Evangeliums als Darstellung der von Israel zu den Heiden schreitenden Gottesherrschaft. Für die ..Kirche" (der ..Jünger") nach 70, die im Angesicht des nach .. vorne" ausgedehnten Eschaton lebt-, gehört die exklusive Israel-Sendung der Jesuszeit ssmt den Heimsuchungen von Israel der Vergangenheit an. Im Sehfeld ihres heilsgeschichtlichen xatLp6~ liegt nur noch das Zeugnis für alle Heiden . ..Heidenmission gibt es nur unter der Vorsusaetzung, daß Israel den Messias Jesus verworfen hat und dadurch selbst ... verworfen worden ist." Diese These Heinrich Schliers 11 trifft die Intention der matthäischen Redaktionssrbeit im Kontext von 24,9ff. genau. Der voranstehende Text redet von einem dreifachen, immer wuchtigeren Zussmmenstoß des Davidssohnes mit Israel (vgJ. S. 68). Der Evangelist als Gestalter der Komposition 21,12-17 121,18f. - 21,23-27/21, 28-22,10 - 22,1rr-46 1 23,1-24,2 führt dreimal Israels aggressive Gottlosigkeit vor Augen und läßt dem jeweils - als berechtigte Reaktion - die das Schicksal Israels besiegelnden Gerichtssprüche Jesu folgen. Am Ende stehen die Weherufe : die letztgültige richterliche Destruktion Israels durch das Wort seines Königs, der die Gottesgeschichte ..dieses Geschlechts" mit dem Jahre 70 zu Ende bringt". Den Schluß jeder der drei Einheiten bilden Worte und Szenen, die aktuelle Lehre für die Gegenwart der ..Kirche" nach 70 darbieten: 21,20-22; 22,(9f.).11-14; 24,3-25,46. Zu solcher aktuellen ..kirchlichen" Lehre, die im Falle von 24,3ff. ..eschatologische" Unterweisung ist, gehört für Matthäus in 24,9ff. nur noch die Heidenberufung und ihre Not (24,9) - Israel liegt dahinten. An die Stelle der Verfolgung durch Israel tritt auch - eine weitere Abweichung vom Markus-Text - die ..innerkirchliche" Bedrohung und Auseinandersetzung (24,10-12a)u: das Zu-Fall-Kommen vieler, gegenseitige Auslieferung und Haß der ..Christen" untereinander (24,10) M, falsche Propheten mit ihrem zahlreichen Anhang (24,11), das Überhandnehmen der ..Ungesetzlichkeit", was gleichbedeutend ist mit dem Erkalten .. RNT 33M. • Vgl. 24,14. ", Die Entacheidung für die Heidenrnisaion in der Urchriatenheit, in: Die Zeit der Kirche, 2. Auft. 1958, ~107,90. 11 21,41; 22,7f. Zu 23,38 und 24,2 vgl. S. 58f. 11 Sondergut; 24,11 red. nach 24,24 = Mk. 13,22. M Beachte das T6n 24,10 im Anschluß an 24,9: "und dann" sc. wenn die "Jünger" von allen Heiden verfolgt werden. Der Text setzt klar Christen· verfolgungen im heidnischen Raum und die entsprechenden "kirchlichen" Er. fahrungen vorBua.
Die Markus-Stoffe
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der Liebe bei vielen 81_ Wenn Max Meinertz sagt: "Mt. 24,9 und 24,14 liegt gar kein Grund vor, n.T.t auf Heiden zu beschränken H ", muß er 24,9ff. gänzlich isoliert exegesiert haben. Auch Trillings Urteil zu 24,9, du im Rahmen seiner ekklesiologischen Deutung der heilsgeschichtlichen Nachfolger Israels steht, läßt sich nur so erklären, daß Trilling die Aussagen von 24,9.14 nicht auf dem Hintergrund der vorausgehenden Kapitel und ihrer Israel-Darstellung zu sehen vermag. Er sagt: "Ein Gegensatz oder nur ein Spannungsverhältnis zwischen Juden (!) und Heiden ist an dieser SteUe nicht wirksam"·7_ Zwar legt Trilling den Finger auf den o[xou~-Begriff von 24,14: "Es gilt das gleiche wie für 25,32, wu Zahn treffend formuliert: ,ntivrot T« ~&VIj bezeichnet hier wie Vers 9 _.. ebensowenig die Heiden mit AU88Chluß Israels, als 6>'11 ~ o[xou~ die Welt mit AU88chluß Palästinu, sondern die gesamte in Völker geteilte Menschheit mit Einschluß Israels ___ • "aa Jedoch liegt in dem Zusatz b 6>.n T'ij o[xou~ keine Stütze für seine "universalistische" Interpretation (vgl. S_ 78). ~. 1I. T. 01. gibt lediglich den Ort für die Predigt "dieses Evangeliums vom Reich" an, während d~ !1otp-ruptOV niiatv TOL4; ~&v&:ow präzis definiert, wem (nach dem Ende Israels) auf dem ganzen Erdkreis das Evangelium zu verkündigen ist - eben allen Heiden. Der geographische Begriff o[xou~, der natürlich "Palästina" in sich schließen kann, wird durch das personale Objekt niiatv TO~ ~&v&:atv eindeutig als "heidnische" Ökumene charakterisiert; von dorther scheidet "Israel" aus dem Ökumene-Begriff aus. Trilling empfindet selber Schwierigkeiten: "Allerdings wäre noch die Frage zu stellen, ob Matthäus hier auch speziell an die Juden gedacht haben sollte, wenn die Scheidung zwischen Kirche und Synagoge schon so weit fortgeschritten war, wie es später dargelegt wird. Es ist durchaus denkbar, daß Matthäus eine Mi88ion unter den Juden im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht mehr für möglich hielt und dann Israel stillschweigend ausschloß" H. In Wirklichkeit ist für Matthäus "Mission" an (dem zurückliegenden) I&rael undenkbar geworden. Und wenn er im Zusammenhang mit der von ihm vorgelegten nahtlosen Verbindung "Israel - (und dann) die Heiden" nur noch von den Heiden spricht, ist Israel nicht stillschweigend, sondern ausdrücklich ausgeschlossen. Dabei muß scharf gesehen werden, daß der •• Die Probleme einer späteren, "laxeren" Zeit (vgl. Apok. 2,4). Out 8chmid RNT 336: ..Man wird annehmen müssen, daß dieaea düstere Bild nioht nhnA den Blick auf die Lage der Kirche zur Zeit dea Matthiua !!,!zeichnet ist." .. Jealls und die Heidenmisaion, Neutestamentliche Abhandlungen 1/2, 1908, 181. 17 A.a.O. 27; ebenda zu 24,14: "die Verkündigung unter allen (damala bekannten) Völkem"; vgl. 28; 128 . .. A.a.O. 28; Zahn 666, Anm. 7. • 1 A.a.O. 28; mit der Fortsetzung: "Doch erscheint dieser Unsicherheitsfaktor gering angesichts des ganz allgemeinen und formelhaften miVTIZ .,.a, flMJ."
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Die Heiden im MattbA.....wngelium
Begrift'akonnex ,,1111'&81 - die Heiden" für die "Juden" ebenaowenig Raum läßt wie für die "Judenchristen"; irgendwelche Zwischenglieder und NebengroBen Bind erstaunlicherweise nicht vorgesehen. Soll man sich diesen Sachverhalt so erklären, daß Matthäus sein Evangelium als Heidenchrist und im Raum einer "Heidenkirche" schreibt, die nur noch ihren "kirchlichen Auftrag" an der Heidenwelt vor sich sieht, die "Juden" aber aus den Augen verloren hat! Hi1ller dieser "Kirche" steht die zu 1111'&81 gesandte JüngerschaCt der Vergangenheit, als deren NachColgerin sie sich versteht, _ ihr liegt nach dem heilageschichtlichen Umbruch ,,1111'&81 - die Heiden" die "eschatologische" Aufgabe der Heidenmiaaion (24,14). Wenn je ein extrem heidenchristliches Evangelium unter völliger Abaehung von den "Juden" geschrieben wurde, ist es dann das Matthäus-Evangelium t - Bleibt noch anzumerken, daß der Zusatz I'"II3l CJtI~~T'I> in 24,20, der Mk. 13,18 fehlt, in der Reichweite von Kap. 21-23 und 24,9-14 nicht für die angeblich "judenchriatlichen" Interessen des Evangelisten in Anspruch zu nehmen ist-. I'"II31 O"~~T'I> ist schon für Matthäua (wie für die heutigen "Heidenkirchen") ein Anachronismus und kann gerade so als irrelevant im Text stehen bleibenU.
Me. 27,51-54/ Mk. 15,38/. Zur matthäischen Geata\tung dieser Szene vgl. S. 72f. Hier interessiert nur eine bestimmte Abweichung von 27,54 gegenüber Mk. 15,39. Spricht bei Markus der Centurio, der Jesus gegenüber dabeisteht, noch als einzelner: "Dieser Mensch ist wahrhaftig Gottes Sohn gewesen", so hat im Matthäus-Text der Hauptmann schon andere Bekenner der GotteaachnschaCt = Messianität U Jesu neben sich, wobei Matthäus das markinische "dieser Mensch" (= Lk. 23,47) als unangemessenen Ausdruck für den messianischen König llII'&81s meidet und dafür das würdigere und neutralere "dieser" setzt. Er macht sich wohlüberlegt an sein Werk, dem verwerflichen 1111'&81, das seinen Messias ans Kreuz bringt, nicht nur den einen gläubigen Centurio gegenüberzustellen. Der österliche Glaube an den Gotteaachn ist für ihn Sache --..--z,;-24, 20 vg\. Strecker 18, Anm. 3 und S. 32: ..... trotz dee ttberhanlP' gegen M....kus handelt ee .ich dabei wohl um die Wiedergabe der zugrunde liegenden jüw..,h.apokalyptiachen Vorlage ... vieUeicht auf Grund der Ge· meindeüberlieferung... • 1 Zu 26,13 vg\. S. 81 (Anm. 24) . .. Vg\. 2,4 ff./16; 16,16; 16,16/20; 26,63; 26,63/68; 27,37/40; 27,42f. Du "wer" dee Texteo ist durchaus "hiatoriach" lI"'!'eint. Die M_ianität Jeeu endet mit dem Kreuz; .ie kennzeichnet die Hoheit dee lrd;.chen. Der "von jetzt ab" zu Erwartende heißt Menochenaohn (26, M) und het göttlich.koomiachen .. Rang" (26,64: vgl. 24,23-27) lind allgegenwärtige göttliche Gewalt über Himmel und Erde (ohne Titel 28,18): der künftige Richter (13,41f.; 16,27; 19,28; 25,31). Die Heiden legen also, wo Israel vel"ll8l(te, retroopektiv und poot mortem J eeu du richtige Bekenntnis zum irdiachen Berrn dee Glaubens, zum Meuiu Iaraela, ab.
Die Q.l\lateria1ien
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aller an Tod (und Auferweckung) Jesu beteiligten Heiden: Als aber der Hauptmann und die, welche mit ihm Jesus bewachten ... Sie werden so zu Prototypen und Vorbildern des Glaubens für die heidniehe Welt, der nach der Destruktion Israels das abschreckende Wort vom Unglauben "dieses Geschlechts" zusammen mit dem einladenden Kerygma von den "ersten Gläubigen der heidnischen Völker" .. verkündet wird. Ihrem Glauben sollen die neu Berufenen nachfolgen ". 2. Die Q-Materialien
Mt. 3,9/ Lk. 3,8 In seiner 1951 erschienenen Schrift "Die Weissagung über Israel im Neuen Testament" wollte Gottlob Schrenk schon aus 3,9 einen Hinweis auf die Heidenmission entnehmen". Das Q-Logion rüttelt energisch am traditionellen "jüdischen" Heilsvorzug der Abrahamskindschaft, ohne freilich seine Alternative eindeutig auf "Heiden" festzulegen: denn ich sage euch, Gott kann dem Abraham aus diesen Steinen Kinder erwecken. Obgleich bei Matthäus die Verse 3,7b-9 an die Repräsentanten Israels von 3,7 a, die Pharisäer und Sadduzäer (red.), adressiert sind, gibt er dem Stoff dieselbe Stoßrichtung, die er schon in Q besaß: das Täuferwort ist ganz auf "Israel" und seine Erschütterung ausgerichtet. Die "andere Lösung" ist als Drohung, als gefährliche, aber durchaus "unnötige" Möglichkeit für den Fall der (hier noch nicht als fait accompli vorauszusetzenden) unbußfertigen "Fruchtlosigkeit" Israels vorgesehen. Erst mit dem weiteren Gang der Dinge sieht man im Matthäus-Evangelium, daß Gott in der Tat anstelle Israelsl - Heiden zu "Abrahams Kindern" erweckt (vgl. 8, 11f.), was jedoch mit 3,9 selbst so nicht gegeben ist.
Mt. 5,461-/ Lk. 6,32/. Die der grenzenlosen Liebe Gottes korrespondierende Feindesliebe (5,43--45) wird hier kräftig gegen die Liebe der Zöllner und Heiden '" Der Ausdruck Lohmeyera 397. " Mt. 20, 19fMk. 10,33 und Mt. 20,25fMk. 10,42 sollen nur anmerkunga. weise betrachtet werden. Die erste Stelle aus der dritten Leidensweisaagung spricht davon, Jesus werde durch die Repräsentanten an die Heiden aus~liefert werden. womit die Römer gemeint sind. TO'~ ist hier Ausdruck Jüdisch. judenchristlichen Empfindens. Die zweite Stelle nennt im Gedanken an du Verhältnis der Herrschenden zu den Beherrschten die "Fürsten der Völker". Da jeder Gegensatz zu "Israel" fern· liegt (vielmehr 20,261) und an gängige politische Verhältnisse gedacht ist, darf man hier analog zu einer Spielart des LXX·Sprachgebrauchs (vgl. Meinertz a.a. O. 180) "Israel" ruhig als m den "politischen", religiös unpointierten Völker· Begriff einbezogen denken . .. S.65, Anm. 7 (in Verbindung mit S. 15).
f&v.,,,.
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Die Heiden im MatthAusevangelium
"auf der Basis der Gegenseitigkeit" .. abgesetzt. Keine Frage, die hier begegnenden Termini "die Zöllner" und "die Heiden" (vgl. 18,17), die Lukas beide Male durch das akkommodierende "die Sünder" wiedergibt, sind von der PrämiBBe "jüdischer" Distanz zu den Steuerpächtern und Heiden aus geprägtu. Das gilt auch für "die Heiden" 6,7 und (Tei) l&vtj 6,32; 10,5; 20,19&8. Man wird auch zugestehen mÜBBen, daß es sich dabei nicht um Ausdrucksmittel des Evangelisten, sondern durchweg um übernommenes Gut handelt". Gleichwohl ist mit dieser Feststellung die Frage nicht gelöst, warum gerade der an den Heiden intereBBierte Matthäus diese Terminologie aufnimmt, anstatt sie konsequent zu tilgen oder dem Duktus anderer Partien seines Evangeliums anzupassen (zu "Zöllner" vgl. 9,10f.; 11,19; 21,31f.; zu "Heiden" 10,18; 12, 15tJ. usw.). Streckers Antwort, Matthäus gehe es nicht mehr um den Gegensatz Juden - Heiden, sondern um das Verhältnis des "dritten Geschlechts" zum Heidentum &0, vermag nicht weiterzuführen, da die Verse 5,46f.; 18,17 nicht nur die Heiden, sondern auch die Zöllner (also bestimmte "Juden") in den Lichtkegel der Betrachtung stellen und nach dem streng historischen Aufriß des Evangelisten - zusammen mit den abwertenden Heiden-Texten 6,7.32; 10,5; 20,19 - den Gegensatz JetJ'U zu Zöllnern und Heiden ansagen, der, soweit er die Heiden betrifft, zum matthäischen Entwurf einer ausgerechnet zu den Heiden hin geführten Heilsgeschichte Jesu in seltsamem Widerspruch zu stehen scheint. Die historische Darstellung des Evangelisten verbietet es, die Reserve JetJ'U gegenüber den Heiden, von der die Texte wiBBen, auf das spätere Verhältnis der "Kirche" zu den Heiden zu übertragen, das an anderen Stellen zur Sprache kommt (22,9f.; 24,9.14; 28, 18tJ.). Der "historische Aufriß" des Evangelisten führt auf die Lösung unseres Problems. Die "jüdische" Reserve gegenüber den Heiden kann Matthäus bedenkenlos der Jesuszeit zuordnen. Die heilsgeschichtliche Periodisierung erlaubt es ihm, zunächst einen völlig "jüdischen" Jesus zu Wort kommen zu I_n, der allein zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt ist und seinen Jüngem die Heidenberufung ausdrücklich untersagt. Der MeBBias Israels vermag unter seinem Volk in einem Atemzug von Zöllnern und Heiden zu sprechen und die Heiden als abschreckendes .. Die Formulierung Hummels 26 . .. Vgl. Kilpatrick 117: "The expl'888ions, sinner, publican, and harlot, are no harsher than those employed in Rabbinie literature ... ia",,,6~ ... has ade· rogatory suggestion and lacke nothing of the Rabbinie resen·e toward the P8IIans." - .. Bis auf 20,19 (vgl. dazu S. 87, Anm. 44) alles Sondergut . •• Vgl. Strecker 33 . .. A.a.O. 33. Hummel 25f. meint (mit Kilpatrick 119), "daß bei ihm der Unterschied zwischen Juden und Heiden auch der Unterschied zwischen Christen und Heiden geworden ist."
Die Q.Materialien
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Beispiel zu zitieren; ihm kommt ja auch das schroffe Wort 15,26 zu, das die heidnische Frau nur bestätigen kann (15,27 ycip!). Matthäus hat freie Hand für die judenchristlichen Relikte unserer Texte, weil er sie entschlossen historisiert und ihnen innerhalb seines geschichtlichen Entwurfs einen vorläufigen Ort zuweist, sie als relative, durch die folgenden Ereignisse "überholte" Aussagen fixierti!. Die von Israel, dem Erstling der Basileia·Berufung, her gering zu schätzenden "Heiden" sind später, da lmul8elb8t gering8C1aätzig wird, die von Gott Berufenen. Die Letzten werden die Ersten sein.
Mt. 8,5-13/ Lk. 7,1-10; 13,28j. Den Komplex Kap. 8-9, der die Heilstätigkeit des Davidssohnes im Volk Israel schildert (8,17; 9,33.35 11), eröffnet Matthäus mit der Heilung des Aussätzigen. Auf 8,1-4 läßt er die in Q vorgefundcne Perikope vom Glauben des heidnischen Hauptmanns l8 und der Hei· lung seines Knechts folgen - erstsunlicherweise, denn was soll das Heiden-Wunder in diesem Zusammenhang! Es ist nicht zu übersehen, daß 8,10b von dem heidnischen Hauptmann weg auf Israel blickt. Die Geschichte seines Glaubens entbindet die Feststellung: Wahrlich, ich sage euch, bei niemandem in Israel habe ich solchen Glauben gefunden (vgl. S. 49). Die ursprünglich selbständigen Q-Logien 8,llf., die Matthäus anschließt, führen das Israel-Thema von 8,10b weiter; dabei wird Lk. 13,28f. umgestellt: zuerst kommt die AUlIIID.ge über die Heiden, am Schluß steht das Akumen der ganzen Szene, das Logion vom eschatologischen Unheil Israels". Das alles ist bewußte redaktionelle Gestaltung. Der Evangelist will zeigen: Wo der Davidssohn (9,27) sich mit seinem Heil dem verlorenen Israel (vgl. 4,12fF.23fF.) zuwendet, steht Israel in einer letzten Tiefe der Entscheidung. Seine Absage an dieses Heil bedeutet den Verlust seines eschatologischen Heils. Diese Absage Israels an den messianischen Heilbringer setzt Matthäus hier schon voraus. Kaum ist die große Hilfe Jesu "zum Zeugnis für sie" (8,4) auf den Plan getreten, muß schon von Israels 11 Anmerkung zu 6,32. Wo Matthiua ..nach solchem allem t·rachten die Heiden" schreibt, bringt der parallele Lukas·Text 12,30 die ..Völker der Welt". Im Vergleich mit Mt. 6,32 ist Lk. 12,30 religiös entachrinkt und universaJisiert. Man darf annehmen, daß Matthiua den härteren und Alteren Text biete'. Von seiner heilageechichtJichen Konzeption her hat er es nicht nötig, anstöBige Judaiamen zu entfernen. Sie I!9ben seinem Bild Farbe - .. Lokalkolorit". Vgl. S. 34 mit Aom. 67. - 9,36 gehört zum Folgenden. EIl motiviert die Israel·Sendung der Jünger mit Jesu Barmherzigkeit und dem Elend des Volks. 9,37 ..die Ernte ist groB" und 10,6 ..die verlorenen Schafe des Hauses Israel" blicken auf 9,36b zurück. I. VgJ. Ernst Haenchen, Johaoneiache Probleme, in: Gott und Mensch, 19611, 82ff. " 8,13 bekommt nun den Charakter einer ..kraftvollen" Bestätigung der vorausgehenden Worte.
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totalem Unglauben gesprochen und aeine verheerende Konaequenz dargetan werden. Der Schluß des Komplexes Kap. 8--9, die Partie 9,32-34, bestätigt aeinen Anfang: kein Glaube, obgleich "solches" in I_I noch nie gesehen wurde; dafür die Verketzerung des Mesaiaa. Man darf also sagen, daß Matthäus 8,5ft'. um seines I_I-Votums willen hinter 8,1--4 einordnete. Daß dabei auch Heiden ins Blickfeld treten, bringt der Stoft' mit sich, ist jedoch dem Evangelisten nur willkommen, denn so können auch die über Israels Geschick hinausgreifenden Konaequenzen aeines Versagens deutlich werden. Viele lll werden von Morgen und Abend kommen und mit Abraham, Isaak und Jakob im "Himmelreich" zu Tische liegen. Dagegen sind die Söhne der Basileia H - ein rundes Kollektivurteil in strenger Entsprechung zur definitiven These 8,10 b l7 - dem kommenden Gericht verfallen H. Für 1Br&el, den matthäischen Komplex des Böaen, gibt es keine eschatologische Zukunft. So verrät 8,11 f. expreBBis verbis noch nichts von der heilsgeschichtlichen Periodisierung des Evangelisten, aetzt sie jedoch der Sache nach voraus. Wenn die "Söhne der Basileia" am Ende en bloc von den Schrecken des Gerichts getroft'en werden, viele Heiden aber in die eschatologische Freude eingehen H, ist I_I als Ganzes an seiner Berufung zur Himmelsherrschaft gescheitert, doch viele von Morgen und Abend haben - nach IBr&eIs Zeit des Ungehorsams geglaubt.
Mt. 12,38-42 I Lk.ll,29-32 Matthäus bezieht den Q-Stoft' energisch in aeine heilsgeschichtliche Darstellung ein. Die Repräaentanten, "etliche der Schriftgelehrten und Pharisäer", begegnen Jesus mit einer Zeichenforderung lO • Ihr .. Ob ....llol hier für Matthä... ,,aemitisierenden, inkludierenden" Sinn hat (vg\. Jeremiaa, Verheißung .7, Anm.182), muß fraglich encheinen, da ee Lk. 13,29 fehlt, aJao vom Evangelisten selbet stammen kann und von anderen Texten matthäiacher Prägung der Gedanke an eine totale endzeitliche "An. nahme" d... Heiden auageachloaaen wird (22,11-1.; 211,31ff.) .....llol (- viele) ist von der Zuversicht diktiert, daß die Heiden reichlich erbringen werden, was Iarael verweigerte, bewahrt jedoch kritische Reserve. Es handelt sich auch f'"Ur die Heiden um Bet"Ufung zur Baaileia; auch hier bleibt die Möglichkeit des Widerstande (vgl. 2.,9). H Andera Lk. 13,28; Anredeform. 17 GeRen Sclunid RNT 1M: Jeeua habe solchen Glauben " ... bei seinem eigenen "olk noch nicht ( I) angetroffen ... " Er sei ihm "bisher nicht begegnet". .. Tl> ",,6_ Tl> ~':'npo. ist zusammen mit 6 x>.o.u&~ xad 6 llPuyjJ>; Tc;." 6a6vT... matthäiache Wendung für das Verderben des Gerichte (am Ende). So auch 22,13; 25,30 . .. Von einer "Drohweiaaagung für die Juden (I)" kann kaum die Rede sein (!P'88n Sclunid RNT 1M). Der Satz ist - nach 8, 10 b I - solenner Urt&iloapruch, em endgiiltigea "Wort.der·Heilageachichte" und erhebt die "vielen" auedrücklich zum ,,Er_" für Iarael (gegen Sclunid RNT 1611) . .. Andera Lk.Il,29; vgl. 11,18. 12,38 ist redaktionellea, abgewandelt. Duplikat von 16,1 = Mk. 8,11.
Die Q·Materia\ien
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Ansinnen wird abgewiesen mit dem Hinweis auf das J onazeichen (12,39f.; vgL S. 54) und findet seine Antwort durch die schon in Q folgenden Gerichtsworte 12,4lf. Matthäus zieht den Ninivitenspruch gegen Lk. 11,32 ad vocem Jona nach vorne, "weil er ,die Predigt des Jonas' unmittelbar hinter ,das Zeichen des Jonas' stellen wollte" l1 • So werden beim Gericht die Niniviten zusammen mit diesem Geschlecht (des Davidssohnes) auftreten und es verurteilen, denn sie haben sich auf die Predigt des Jona hin bekehrt, und siehe, hier ist mehr denn Jona - und Israel hat sich nicht bekehrt (11,20)! Und die Königin des Südens wird beim Gericht zusammen mit diesem Geschlecht auftreten 11 und es verurteilen, denn sie kam von den Enden der Erde, um die Weisheit Salom08 zu hören, und siehe, hier ist mehr denn Salomo und Israel läßt sich nicht bewegen. Der Evangelist braucht seine Vorlage mit Mitteln seiner Redaktionsarbeit nur exakt auf das "messianische Geschlecht" auszurichten, um dessen endgeschichtliche Katastrophe - durch den Mund von Heiden - zur Darstellung zu bringen. Ihm genügt die AUBB&ge des Q-Stoft'es, daß es bestimmte Heiden sind, die "Israel", den Gegenstand seiner Geschichtsschreibung, am Tage des Gerichts verdammen werden. Er verzichtet darauf, die Heiden seiner eigenen heilsgeschichtlichen Betrachtung hier in den Text einzuführen 11.
Mt. 22,1-10 I Lk.14,16-24 H Verschiedene Ausleger haben die Frage diskutiert, wer mit den "Knechten" des Gleichnisses von der königlichen Hochzeit im einzelnen gemeint sei. So deutete Bernhard Weiß die Knechte von 22,3 auf die Propheten 11. Zu 22,4 bemerkte er: "Gemeint können hier nur die beiden letzten Gottgesandten, Johannes und Jesns, sein ... weil diese die unmittelbare Nähe des Gottesreiches verkündigten ... nicht aber die Apostel..... Sein Sohn Johannes urteilte anders: "Er unterscheidet eine erste Gruppe Knechte - die Propheten -, die schlechthin auf Ablehnung stoßen, und eine zweite; erst diese sagen eigentlich die Stunde an; es sind die Apostel Jesu, die zuerst an Israel die Botschaft gebracht haben (10,5)"17. Theodor Zahn hatte hinsichtlich der 11 Schmid RNT 214 . .. Lk.II,31"mitdenMännemdieaesGeschlechta";""'T""p..., ..':'Tool.;.Matthiua Connuliert in strenger Parallele zu 12,41 "mit diesem Geschlecht" ; "",nlep'''' ..':'-rljv. .. DB888lbe tut er 11,20-24. •• Vgl. S. 55f• .. Das Matthius.Evangelium, MeyerK, 9. Au1I. 1898, 373. Dieselbe Exegeee von 22,3C. findet .ich bei H. J. Holtzmann, Die Synoptiker, 2. Auf!. 1901, 275• .. A.a. O. 373C. Weiß übersieht 10,7 (und 24,14). 17 Die ilteren drei Evangelien, SNT, 3. Au1I. 1917, 353. Ahnlieh R. Swaelea, L'orientation ecch!eiastique de la paraboIe du festin nuptiale en Mt. 22,1-14; Eph. Th. Lov. 36 (1960) 655-684, 676. Daß die "zweiten Knechte" die eigentliche Stunde ansagen, ist eingetragen. Schon die ersten aollen die Geladenen zur Hochzeit rufen - sie aber wollten nicht kommen.
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Die Heiden im lIIatthlillll8V&Jlg8liwn
"Propheten" seine Bedenken: "Nicht die Propheten des AT's konnten Israel zur Hochzeit rufen, denn damals war längst nicht alles bereit ... Sind also Joh. und Jesus die zuerst genannten Knechte, so können die nach deren Abweisung seitens Israel gesandten Knechte nur die Apostel sein ... "88 Julius Wellhausen wiederum betonte, daß unter den Knechten " ... nur die Apostel verstanden werden können" al. Sein Argument war, es handle sich um die Hochzeit für den Sohn des Königs, d.h. für Jesus Christus: "Dadurch wird er verhindert, Jesus als den Überbringer der Einladung zu betrachten 70". Das mag richtig beobachtet sein, liefert jedoch eine zu schmale Basis der Beweisführung. Will man Klarheit gewinnen, wird es unerläßlich sein, den Kontext von 22,1ff. heranzuziehen. Der "Vorläufer" und Jesus selber sind von Matthäus unter Verwendung von Sondergut (21,28ff.) und Hk. 12,lff. (= 21,33ff.) schon mit ihrem Gleichnis bedacht worden, was sicher kein Zufall ist, denn bei beiden handelt es sich für ihn um Verkündiger der Himmelsherrschaft für dasselbe Israel, mit dem Jesus hier abrechnet. Beide Male war seine Bosheit zu konstatieren; beide Male wurde ihm das Gericht angesagt. Doch auch die "Apostel" sind für Matthäus Boten des Himmelreichs (10,7; vgl. 24,14). Wie gesagt, ist Jesus nach unserem Evangelisten nicht nur im Blick auf seinen "Vorläufer", sondern auch hinsichtlich der Jünger die Zentralfigur der Basileia-Bot8Chaft für sein Volk. So ist es ~ur konsequent, daß auch sie hier - nach JOMfI,nu und Je81UJ und gemäß der Reihenfolge 3,2/4,17 /10,7 - ihr Gleichnis (vom Himmelreich!) bekommen. Das zeigt, was ihnen von Israel (wie zuvor Johannes und Jesus) widerfährt 71 und wie Israel mit ihrer Verwerfung endgültig untergeht. Diese Deutung erhält durch 23,32ff. eine starke Stütze. Hier sind es ja wieder die Gesandten Jesu (23,34), die Israel zurückweist und an deren Verfolgung sich das grausige Finale seiner ganzen mörderischen Geschichte (einschließlich seiner prophetischen "Vorgeschichte") entzündet - das Finale des Jahres 70. Mattbäus bezieht, wie gezeigt wurde, 23,38 und 24,2 bewußt in den Zusammenhang der: Verse 23,32ff. ein (vgl. S. 5~59). In genauer Parallele zu 23,32ff. geht in 22,lff. die Sendung der "Knechte" und ihre blutige Verfolgung (22,6! - fehlt Lk. 14) dem Zorn des Königs voraus, der seine Heere sendet, jene Mörder umbringen und ihre Stadt verbrennen läßt (22,7) .. A.a.O. 637. Vgl. 638 zu 22,7. Anders T. W. Manaon, Sayinga 225: Große Propheten - Jeaua und die Apostel. Zahn kommt der Wahrheit eehr nahe, nur bezieht er 21, 28 ff. und 21,33 ff. nicht in die Betrachtung ein . •• Evangelium Matthaoi 110. Anders MichaeliB, G1eichniue 151: "lIIatthiua wird bei den Knechten auch dieses Gleichnisses an die Propheten der Zeit vor Jeau8 aedacht haben." 70 E:benda. 71 Von Jeaus aus gesehen liegen die Ereigru- in der Zukunft (22,7; vgl. 23,32 ff.); der EvangeliBt blickt auf sie zurück.
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wieder die Ereignisse des Jahres 70. Eine weitere Entsprechung zu 23,32ff. liegt darin, daß mit 22,9f. ein neuer Akt der Aussendung beginnt: Rufet, welche ihr findet ... So folgt auf die Worte vom Untergang Israels 23,32ff. die ..aktuelle" Wei88&gung von der Predigt des Evangeliums vom Reich zum Zeugnis für die Heiden (24,9.14). Wie in 22,7ff. setzt das Weiterschreiten der Basileia-Botschaft zu den Heiden Israels heiJsgeschichtliches Ende voraus. Im Zusammenhang der Gleichnis-Trias 21,28ff. und im Blick auf die sorgfältige redaktionelle Gestaltung des Parallel-Textes 23,32ff. (mit 24,9-14) ist die heilsgeschichtliche Deutung des Himmelreichs-Gleichnisses 22,1ff. nicht von der Hand zu weisen. Matthäus blickt auf die Sendung der ..Jünger" als Basileia-Boten für Israel und (dann) für die Heiden 71. Andere Ausleger deuten freilich die anstelle Israels Berufenen auf die ..Christen". So sagt Heinrich Schlier: ..Wir, die Christen aus den Heiden, sind die, die von den Straßenkreuzungen der Welt ohne Vorbereitung in der Geschichte gerufen worden sind, nachdem Israel als Volk sich Gott versagt hatte" 71. Oder Julius Schniewind spricht davon, V. 22,8--10 bedeute gewiß, "daß Gottes Ruf zu den Heiden kommt" 7., was ihn nicht hindert, auf derselben Seite hinsichtlich des Verses 22,10 zu sagen: .. Hier wird wieder die Strenge spürbar, mit der Mt. durchweg über die Gemeinde der Christen urteilt ... und ähnlich wie 13, 24ff.36ff.47ff. wird daran erinnert, daß, zur Christengemeinde zu gehören, keine Sicherheit und Sicherung bedeutet." Schniewind will mit den angezogenen Texten offenbar auf das berühmte kirchliche ..corpus mixtum" anspielen". Katholische Ausleger wie TriJling und Gnilka denken gar an eine ..Massenkirche" . So sagt Trilling: ..Die große Zahl der neuen Gäste, ihre bunte Mischung und offenbar wahllos zusammengewürfelte Menge wird so kräftig betont, daß man ... dahinter " So mit Jeremiaa, Gleichnisse 62 ("wahrscheinlich an die Heiden gedacht"): Schniewind 221; Schlatter, Erläuterungen I 326; Schrenk ThW IV 181: Francis W. Beare, The Parable ofthe Gueste at the Banquet, A Sketch ofthe History of ite Interpretation, in: The Joy of Study, Festechrift für F. C. Grant, New York 1961, 1-7; S.6; Michaelis, Gleichnisse 163; Zahn 638; M.-J. Lagrange, ~vangile &elon Saint Matthieu, 1923, 422; Gnilka 113. Sehr uneinheitlich Strecker 34 ("anstelle Israels (V. 7) die Heiden erwihlt") und 219, Anm. I: ..Der Kontext enthält einen heilsgeschichtlichen Abriß, der nach der Schilderung des Geschicks des Volkes Israel (22,2-8) von der Fortsetzung der heilsgeschichtlichen Kontinuität durch die Heidenkirche (I) spricht (V. 9 ff.... " " Der Ruf Gottes. Eine biblische Besinnung zum Gleichnis vom königlichen Hochzeitamahl (Mt. 22,1-14), Geist und Lehen 28 (1956) 241-247, 244. .. NTD 221. .. V~1. Wolfgang Trilling, Zur tlberlieferungsgeschichte des Gleichnisses vom Hochze.temahl Mt. 22,1-14: BZ 4 (1960) 251-265, 254 ("die Gemeinde in ihrer Miaahung von Unkraut und Weizen vor dem Gericht"): Joachim Gnilka, Die Kirche des Matthius und die Gemeinde von QumrAn, BZ 7 (1963) 43--63, 49: C. W. F. Smith, The Mixed State of the ChlUCh in Matthew's Gospel, JBL 82 (1963) 14.9-168.
Die Heiden im MatthäWl8Vangelium
eine Absicht vermuten muß ... Hinter diesen AU8drücken schimmert eine Situation durch, die man nur mit einem Wort benennen kann: Maasenkirche" 71. Doch wird man sich hüten müssen, die ..Kirche" des ausgehenden ersten Jahrhunderts unter grober Mißachtung der historischen Gegebenheiten mit modern-ekklesiologischen Etiketten zu versehen. Auch wird die Frage zu stellen sein, ob im MatthäusEvangelium die Vorstellung der .. Kirche" als eines corpus mixtum das Gewicht besitzt, das man ihr oft zuschreibt. Nach 2','f.10-12. 23-27 jedenfalls ist die voreschatologische Gestalt der ..Kirche" nicht ..Mischung", sondern ..Spaltung". Die Jüngerschaft vor dem Ende hat hier mit Verführung, Abfall, Verrat, gegenseitiger Verfolgung zu schaffen; der Gegensatz der Geister, nicht die complexio oppositorum beherrscht die ..kirchliche" Szene. Es ist zu fragen, ob die ekklesiologische Deutung des Gleichnisses vom Unkraut unter dem Weizen (13,2'-30) - n .•• die ,Kirche' ... ein corpus mixtum ... das der Scheidung zwischen Guten und Bösen im Endgericht entgegengeht" 77 - , seiner Auslegung in 13,36---43 standhält. Der Acker ist die Welt, nicht die .. Kirche" (13,38)11. Auf diesen Acker sät der Menscheusohn den guten Samen, die ..Söhne des Reichs". Daneben finden lich - auf demselben Acker der Welt - die ..Söhne des Bösen", die der Feind sät. Der Menscheusohn sendet am Ende seine Engel und läßt durch lie aus ..seinem Reich" alle Argernisse usw. sammeln. Der Kontext führt den Ausleger darauf, bei ..seinem Reich" an die .. Welt" zu denken (vgl. 2',31; 28,18)11. Ähnlich läßt auch das BasileiaGleichnis 13,"-50, das Gleichnis vom Fischnetz, keinen deutlichen Hinweis auf ..kirchliche" Verhältnisse erkennen. Die (kav.c(at ist hier gleich einem Fischnetz, das (Fische) VOll aller Arl zusammenbringt die Bösen und die Gerechten 13,'9 -, die einer kritischen Auswahl unterworfen werden. Für das Welt-Gericht von 13,3611. erscheint hier das Universal-Gericht. Daß mit dem corpus mixtum des Textes auf die .. Kirche" gezielt sei, legt der Text selbst dem unbefangenen Betrachter nicht nahe. Es empfiehlt lich nicht, den ..kosmischen" und .. universalen" apokalyptischen Horizont der beiden Gleichnisse in Richtung auf einen speziell ekklesiologischen (das Endgericht über die ..Kirche") zu verengen: die Predigt der BaBileia ist im Matthius.. Überlieferungageachichte 268 f.: vgl. Gni1ka, Kirche des Matthäus 48. " Günther Bomkamm, Enderwartung und Kirche im Matthäuaevangelium, in: G. Bornkamm, G. Barth, H. J. Held, Überlieferung und Auslegung im Matthäuaevangelium, 2. AuS. 1961, 17. " Mit Strecker 218. " Gut Strecker 2111: ..Daß die ungeachiedene Einheit von Bösen und Guten zum a11gemeinen Zustand der Welt gehört, zeigt auch 11,411: allein die Güte dea Schöpfen erträgt .ie bis zur Auflöoung des K"ozmOl." - 211,31 ff. acheidet der Menachensohn das (eschatologische) corpus mixtum der Heiden; wieder ist nicht an die ..Kirche" gedacht.
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Evangelium nicht nur eine "innerkirchliche" Angelegenheit. Sie ergeht an Israel und (dann) an alle Heiden (24,14). Diesem ..Maßstab" entspricht das Gericht (der Baeileia). Schließlich weiBen 22,9 mit ..welche ihr findet" und 22,10 durch ..alle, die sie fanden, BÖlle und Gute" auf die Unterschiedslosigkeit und Universalität der Berufung, die an die Stelle der Berufung Israels tritt. Der HochzeitsBaal wird voll. Ohne Bild gesprochen: alle (Heiden) werden berufen. Auf die ..Kirche" bezogen, würden die Wendungen .. welche ihr findet" und "alle, die sie fanden, Böse und Gute" es erlauben, alle beliebigen Leute, BÖlle und Gute, bedenkenlos als ..Christen" anzusprechen. Doch ist bei Matthäus zwischen Berufenen (ganz Israel, alle Heiden) und Glaubenden (= die ..JUnger") ein bedeutender Unterschied. Die ekklesiologische Exegese nimmt nicht wahr, daß schon Israel im Matthäus-Evangelium bei dreifacher Berufung zur Himmeleherrschaft nicht eo ipeo die Schar der Gehorsamen (12,46-50) und Bekennenden (14,33; 16,16), nicht ..Nachfolgerin" , .. Kirche" im matthäischen Sinne der JUngerschaft ist. So können auch die nach dem heilegeschichtlichen Ausscheiden Israels unterschiedelos berufenen Heiden nicht eo ipeo als .. Kirche" gelten (vg!. 24,9), Wie 80llte auch die ..Kirche" das ungehorsame Israel von 22,111". ablÖllen, wenn sie Israel in diesem Gleichnis flt{len1lber8te1&l und in Gestalt der .. Knechte" als Trägerin der Berufung Israels (und dann der Heiden)" zu wirken hat! Ein Gedanke, der ähnlich schon zu 21,43 heranzuziehen war. Die Verse 24,9--14 sohließen im Zusammenhang mit 23, 32ff. die Vorstellung von der "Gemeinde" als der nach Israels Verwerfung berufenen neuen heilsgeschichtlichen Größe mit aller wünschenswerten Deutliohkeit aus. Von diesen klaren Texten her ist der Gleichnis-Text 22,8ff. (wie auch 21,43) zu interpretieren. Er liefert eindeutige Kriterien, denen wir hier folgen. Ausleger wie A. Vaccari und P. DISmann wollten 22,9f. je auf ihre WeiBe nach ..sozialen" Gesichtspunkten interpretieren. So führte Vaccari aus: ..Ici, je voudrais surtout faire remarquer que la quaIiM de mauvais et de bons doit s'entendre non au sens moral (m~chants et vertueux, pOOheure et justes), mais au sens social, c'est-a-dire 8&n8 distinction de c1aeses, pauvres et riches, vulgaires et nobles ... 11" Und DISmann wehrte sich heftig gegen den Gedanken einer globalen Verwerfung der ..Juden", von denen Matthäus, wie gesagt, bis auf 28,16 beharrlich schweigt. Demann erläuterte: ..... o'est bien qu'il viBe avant tout, comme la parabole precedente, les dirigeants indignes ou hostiles, docteure de la Loi et aristocratie sacerdotale, et marque .. Zu lrOP.u.,,&c OW in 22,9 Vg\.lrO~ ow 28,19 (Fenton 349). 11 La paraboIe du feetin de nocea (Mt. 22,1-14), Rech de Be Rel 39 (1951) 13~141i, 140.
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une pref~rence pour les petits, les pauvres, les humbles. Il fait pressentir un ,changement de regime' du peuple de Dieu, il n'enonce aucunement un rejet global des Juifs et leur remplacement pur et simple par les Gentils"BI. Zu Va.cca.ris These ist an den synonymen Sprachgebrauch von 5,45 zu erinnern. Zielt "Böse und Gute" in 22,10 wirklich auf die "kla.ssenlose Gesellschaft"83! Angenommen, 22,9f. spricht "B&nS distinction de cl_" von Armen und Reichen usw., wovon reden dann 22,1-6! Von einer besonderen "Schicht" Israels! Von welcher! Bedient sich Vaccari angesichts der redaktionellen Motive der Repräsentanten Israels und der Einheit Israels mit seinen Repräsentanten nicht unbrauchbarer Auslegungskategorien ! Ähnliche Fragen sind an ~manns Exegese zu steUen, die mit dunklem Gespür für das Richtige Matthäus und den christlichen Antisemitismus auseinanderhalten will. Ist "alle, die sie fanden, Böse und Gute" der Ausdruck für die "Kleinen" und "Armen"! Und Regierungswechsel innerhalb des Gottesvolks, nicht übergang der Gottesherrschaft von Israel auf ein "anderu Volk" (21,43)1 Ist "Israel", der matthäische Komplex des Bösen, und die heiIsgeschichtliche Periodisierung von 22,7ff. und 23, 32ff./24, 9-14 um berechtigter Anliegen willen von P. D~mann beiseite zu schieben! Das Ende der Heilsgeschichte Israels fällt für Matthäus, so stellten wir dar, mit den Begebenheiten des Jahres 70 zusammen: das ist seine geschichtstheologische Konzeption, die er in die Texte einbringt. Doch darf der Untergang "ihrer Stadt" (oder die Tempelzerstörung von 23,38/24,2) nicht isoliert betrachtet werden. Gottes Zorn über Israel bedeutet für Matthäus nicht nur blutige Heimsuchung. 22,7 berührt nur einen forensischen Aspekt und nicht einmal den entscheidenden: daß die Basileia-Berufung und mit ihr das Heil über Israel hinaus und endgültig an ihm vorbeigeht! Die Schärfe des Gerichts liegt in den 22,8ff. beschriebenen Akten des definitiven königlichen Urteils, der erneuten Sendung der Knechte und Berufung der Heiden. Diese Momente der Heimsuchung und des Heilsverlustes sind schon in der Gleichnisrede 21,41 vorgezeichnet, die Matthäus in 22,7ff. unter verändertem Vorzeichen (Gericht für die Abweisung der "Knechte") aufnimmt, um sie terminierend und heilsgeschichtlich periodisierend zu wiederholen. Auch nach 21,41 bilden die Vernichtung der "Bösen" und ihre Ablösung durch andere Weingärtner eine Einheit. Auch hier ist das zweite Motiv das gewichtigere. Allein dieses zweite Motiv greift Matthäus in 21,43 auf und präzisiert es: das Reich Gottes wird von euch genommen werden... Das erste GerichtsThema illustriert den Ernst des Richters und gibt die Möglichkeit, die II
Le premier evangile est.j) antijuift-Cahiera Sioniena 19ti!, 2'0-267, 253.
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Das Sondergut
heilsgeschichtliche Entwicklung historisch zu fixieren (22,7); insofern ist es unentbehrlich. Seine ganze Schwere bekommt es jedoch erst in Verbindung mit dem zweiten Motiv von 22,8ff., als Begleitmoment des Sachverhalts, daß Israels Heilsgeschichte in einer Katastrophe endet und einer neuen Phase der HeiIsberufung Platz machen muß. 3. Da8 Bundergul M'.2,1-12 Zunächst ein Satz Schlatters: "Durch den mächtigen Kontrast zwischen dem König Jerusa1ems, der zur Erhaltung seiner Herrschaft den Christus töten will, und den Magiern, die ihn aus der Feme suchen und finden, bereitet Mt. schon hier den Ausgang Jesu vor. Daß er von Jeruaalem verworfen wurde, dagegen die Hoffnung der Heiden erfüllte, das war die Lage der Kirche, für die Mt. schrieb"". Damit ist Richtiges gesehen. Matthäus vermag die Magiergeschichte 86 an die Spitze seiner Darstellung zu stellen, weil er das Ganze überblickt, Ende und Anfang einander zuordnen kann. Was sich hier in einer ersten Szene abzeichnet, steht am Ende, nach dem Bußruf des Täufers, dem Auftreten Jesu und seiner Boten abgeschlossen da. Die von Matthäus beschriebene Geschichte des Heils von Israel zu den Heiden ist schließlich und endlich nichts als die "Erfüllung" ihrer Anfänge: Israel verstößt den Messias, der jedoch mehr ist als König der Juden der Herr der Welt und König der Heiden (vgl. 28, 18ff.; 25,31ff.) wie von allem Anfang an l l• So gehört 2,lff. mit vollem Recht an den Eingang des matthäischen Heiden-Evangeliums.
Mt 4,240. 17 Die Summarien 4,23--25 sind in verschiedener Hinsicht aufschlußreich. Zunächst schildert 4,23 Jesu Tätigkeit in ganz Galiläa: Lehre in ihren Synagogen, Verkündigung des Evangeliums vom Reich, Heilung jeder Krankheit und jedes Gebrechens im Volk (vgl. 9,35). Der ganze zwischen 4,23 und 9,35 liegende Komplex soll im Sinne des Evangelisten die exemplarische Hinwendung Jesu zu Israel darstellen (vgl. S. 34). Vers 4,24b nimmt offensichtlich über 4,24& hinweg auf 4,23 Bezug und führt das kpcmcl6lv Kor).. von 4,23 näher aus. Man hringt. alle Leidenden, mit mancherlei Krankhciten und Qualen Be· hafteten zu Jesus, d.h. Besessene, Mondsüchtige und Lahme, und er .. Evanl$elist 28. 00 Vgl. S. 60 . .. "Kömg der Juden" ist Jeeus übrigens immer von aullen gesehen, im Munde von Heiden (2,2; 27,11.29.37). Der echte Titel von "innen" heißt "König Isroels" (27,42Lvgl, 21,11 Tochter Zion - dein König) . .. Vgl. dazu TriUing 136; Jeremiao, Verheißung 211. 7 8702 WoJbr.
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Die Heiden im MatthälJlllMlZl(l8lium
heilt sie. Was die folgenden Texte hinsichtlich der Beseasenen (8,16.28; 9,32; 12,22; 15,22)", Mondsüchtigen (17,15)" und Lahmen (8,6; 9,2.6)10 im Evangelium in concreto zu erzählen haben, nimmt 4,24b voraus und erhebt es ins Allgemeine und Typische; 4,24 b ist redaktionelles Summarium. Daß es sich dabei um die Kranken Israels h&l1delt, ist mit 4,25 (von hinten her) anzunehmen; es soll summarisch das Herzuströmen Israels beschreiben. Die Scharen, die Jesus nachfolgen, kommen aus Galilä&., den Zehnstädten, aus Jerusalem, Judäa und von jenseits des Jordans". Bezeichnend, daß Matthäus die Heidenstädte Tyrus und Sidon aus Mk. 3,8 übergeht: Jeans ist nur gesandt zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel. Auch für Idumä&. (Mk. 3,8) hat er keine Verwendung. Dafür gehört die Dekapolis" für ihn zum Bestand Israels. In dieser streng auf ..Israel" abgezielten Darstellung muß 4,24& auffallen. Jesus widmet sich Israel, doch ist seine Tätigkeit, was ..seinen Ruf" angeht, nicht auf Israel zu beschränken. . .. und sein Ruf verbreitete sich in ganz Syrien, womit im Gegenüber zu 6>.'1 ~ rlX>.v-«1« das ganze Heidenland (Syrien) gemeint ist, wohl abgesehen von konkreten Vorstellungen über Syrien im engeren oder weiteren Sinne. Indirekt, wenigstens auf dem Wege des ..Gerüchts" ist in Jesu messianisches Wirken für Israel ..ganz Syrien" einbezogen. Sollte Matthäus die Heidenstädte Tyrus und Sidon zu ,ganz Syrien" rechnen, wäre mit 4,24a auch die Szene von 15,21f. vorbereitet: daß eine Heidin Jesus aufsuchen kann, nachdem er auf dem Fluchtwege (ausnahmsweise) in die Gegend von Tyrus und Sidon gerät. Doch lassen sich darüber nur Vermutungen anstellen. Fest steht, daß der Evangelist seine redaktionelle Arbeit auf ..Israel" konzentriert und sich gleichwohl den Hinweis auf die den Rahmen Israels sprengende Bedeutung schon des irdischen Messias nicht entgegen läßt. Einen Hinweis, der Israels Heilsprärogative für die Jesuszeit respektiert und doch behutsam an ihre Grenze rührt. Schon für die Zeit Israels fällt hier der Blick auf ein Gebiet, das später wie alle Heiden-Welt das weiterschreitende Evangelium des Reichs von Israel übernehmen wird. MI. 5,13/. Zu diesem Text ist Ähnliches anzumerken wie zu 18,7 (vgl. S. 78f.). Wieder ist der Bereich Israels weit überschritten und der Totalaspekt .. 8,16 ist redaktionelles Summarium. 8,28 3"'r.oy'~61'c"o' gel!8n Hk. 5,2 h 7rYC1I ....T' liX ..&.iPT"'; doch 8,33 par Mk. 5,16; vg. 5,18. 9,32 1St Sondorgut. 12,22 par Lk. 11,1 •. 15,22 gegen Hk. 7,25 7tYCÜ.... W&atpTOY• •• Nur hier bei Matthäll8 gegen Hk. 9,17 7tYCÜ.... il>.al).OY • .. 8,6 in Abweichung von Lk. 7,2; 9,2.6 = Mk. 2,3.5.10 • .. • ,2.a blickt nur auf die ..lArllkchtJJ'" Syrien, in der sioh das Gerücht von J88118 verbreitet. Die handelnden Personen von .,2.b kommen all8 ..Israel", wie ., 25 nachträgt . •• Nur hier; bei Markua 5,20; 7,31.
Das Sondergut
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der (ganzen von Menschen bewohnten) Erde, der Welt aufgeboten, wie er mit 'Ij yij" und 6 x6al'o~N bei Matthäus mehrfach begegnet (wobei das gehäufte Vorkommen von nur-matthäischen Texten zu registrieren ist). Daß der Evangelist an anderer Stelle konkret von der HeidenWeIt spricht, braucht in 5,13f. nicht mitgehört zu werden. Hier geht es ihm mit der Terminologie des Stoffes und ohne eigene Präzisierung um den weitgeapannten, ..koamiachen" Horizont des JÜDgerauftraga. Zweifellos steht 5,13f. in fühlbarer Spannung zu der Ortsbestimmung der Jüngersendung von 10,5f. und dem heilageschichtlichen Rahmen, in dem es erscheint, doch nimmt Matthäua auch andere ..antizipierende" Stoffe auf, ohne einen Ausgleich zwischen Stoff- und Rahmensituation zu suchen. Was vom Rahmen her als Predigt des Evangeliums vom Reich für Israel und die Jesuazeit ausgewiesen wird, nimmt der Sache und den Stoffen nach kräftig auf die spätere ..kirchliche" Situation Rücksicht (vgl. 5,l1f.I3-16.32; 6,14f. nach 6,9-13; 7,7-11.). Das ..geschichtliche" Wort ist nicht nur Wort für damals; es gilt auch heute und ist transparent gemacht als Wort für die ..Gegenwart"N.
Me. 13,24-30,36-43" Nach Trilling beanspruchen die Verse 13,37-39 gegenüber 13,4043 eine gewisse ao.chliche Selbständigkeit. Sie liefern nicht nur .. vorbereitende Züge für die Schilderung des Endgerichta in den Versen 40-43 17". Während 13,41-43 als ..Gerichtaparäneae" den Blick auf die letzten Dinge lenkt, sind die vorausgehenden Verse das Ergebnis theologischer überlegung von eigener Art, ..deren Ausgangspunkt das Nebeneinanderbeatehen von Guten und Bösen in der gleichen Kirche ist" M. Doch weicht Trilling in seinen weiteren Ausführungen von dieser Perspektive der Betrachtung ab. Nun geht es nicht mehr um die Guten und Bösen in der gleichen Kirche, sondern um die Welt als das ..weite Feld der christlichen GlaubensverkÜDdigung". 13,38a besagt: ..in der ganzen Welt wird die Botschaft verkündet." Der Kosmos ist die ..Sphäre", in der sich das Reich Gottes verbreitet, und diese Sphäre ist universal gedacht. Von diesem Kosmos-Begriff bestimmt, dürfte sich die theologische Reflexion, die den Text gestaltete, nicht an der innerkirchlichen Gegebenheit von Bösen und Guten, sondern an den Problemen der von TriIIing ins Gespräch gezogenen .. 11,6 = Mk. 2,10; 10,340 = Lk. 12,111; 12,42 = Lk. 11,31; Sondergut: 11,11; 23,311; 24,30. M 16,26 gemeinaynoptiach; 26,13 = Mk.14,II; Sondergut lind 4,8 gegen Lk. 4,6 und 13,38; 18,7. tI Zu 6,7 vg\. S. 88. Zu 10,11 ebenda und S. 60-63 • .. Vgl. S. 114. ., Das wahre larael 126• .. A.a.O. 126. Dort auch alle folgenden Zitate.
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"Mission" entzündet haben. Die allegorische Deutung des Gleichnissee 13,24--30 nimmt zunächst auf die Saat-Mischung von "gutem Samen" und "Unkraut" Bezug und erklärt die einzelnen Züge des Textes 13,24f.". Neben der Saat des Menschensohnes auf dem Acker der Welt, den Söhnen des Reiches, findet sich das Unkraut der Söhne des Bösen von der Hand des Teufels. Der Evangelist, von dem der Text st&mmt lOO , orientiert sich offenbar an der Erfahrung, daß dem Wirken des Menschensohnes im Koemoe Hemmungen entgegenstehen, Grenzen gezogen sind. Der gute Same, die Gerechten von 13,43, sind nicht allein auf dem Plan; auch die feindliche (= teuflische) "Welt" besteht auf dem Acker des Koemoe und findet ihren Meister erst mit der Vollendung des Äons. Man wird 13,37-39 daher nicht als "allegorische Schilderung des Endgerichts" verstehen dürfen, eine Rubrik, in die Jeremias sehr pauschal den ganzen Text 13,3~3, einordnet lOl • Die Darstellung der letzten Dinge setzt nach der Überleitung 13,39 b (0 Si &ePLO"fL6~ ••• ) erst mit 13,40 ein. Was vorausgeht, ist die allegorische Schilderung der koemischen Unternehmung des Menschensohnes und ihrer Gegenkräfte. Matthäus bezieht also 13,24f. in 13, 37-39a auf die Weltsituation der Menschensohn-Saat, der Gerechten, die für ihn nichts anderes sind als die "Jünger" 101, die ihrerseits wieder die "Kirche" ausmachen. Die Mischung von gutem Samen und Unkraut von 13,24f. deutet er insofern ekklesiologisch, als er meint, die "Kirche" oder "Mission" sei für die Zeit vor dem Ende von der fortbestehenden "Welt" begleitet und angefochten. Sie lebt nicht auf einer Insel der Seligen, sondern auf dem Acker des I{osmoe, der übersät ist vom Unkraut der Söhne des Bösen. Auf diese Textsituation des "kosmischen" corpus mixtum von Söhnen des Reichs und Söhnen des Bösen ist nun die "kleine Apokalypse" 101 von 13,4G--43 ausgerichtet. Sie dient als Droh- und Troetwort für die ,,Kirche" in der Nachbarschaft einer ungebrochen vorhandenen "Welt", Mahnung an die Söhne der Basileia, fern aller O"X~VSatAlX und civofLL:t 10& in der Gerechtigkeit zu beharren, und zugleich Verheißung ihrer "glänzenden" Zukunft. Es ist Joachim Jeremias darin zuzustinlmen, daß Matthäus mit 13, 3~3 .. 13,26f. werden in 13,36 ff. nicht berücksichtigt. Die Saat muß nach der A1lego.-- des Evangelisten nicht mehr aufgehen; Menschensohn und Teufel sien ja schon du "fertige Produkt", die Söhne der BasileiB oder des Bösen. '00 Mit Jeremiu, G1eichnisM 81ff. "' Gleichnisse 84. 101 Zu 0181".«0, = die "Jünger" vgl. z.B. 5, IOf.I3-16; 10, 16.40f.; 12,46--110; 13,1(}.....12.52; 18,11>-17; 19, 27tr. in Verbindung mit 19,21; 28,19f. 101 JeremiBS, Gleichnisse 79. ,.. Die bessere Gerechtigkeit (der Himmelsherrschaft 6,33) ist, kurz gesagt, der radikale Gehorsam der Liebe (5,20 ff.; vgl. 7,12; die Gerechten = die Liebenden 25,34-40). Der redaktionelle Vers 24,12 interpretiert den Gegenbegriff der Ungesetzlichkeit als Lieblosigkeit. So wird man wohl auch ~oo~ 1tO'OÜ~~ rljv M"lav frei mit "die Lieblosen" übersetzen.
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paränetische Ziele verfolgtlOl, doch wird man sich fragen müssen, ob er den Skopus des Textes - Warnung vor falscher Sicherheit - nicht zu einBeitig bestimmt. Daß die Söhne des BÖllen das Gericht erwartet, soll gewiß die "Kirche" vom BÖllen abschrecken und auf ihrem Weg der Gerechtigkeit festhalten, doch daß die Gerechten im Reiche ihres Vaters leuchten werden wie die Sonne - das ist das letzte Wort des Textes! - wird als tröstliche Ermunterung zum geduldigen Ausharren inmitten des Unkrauts gemeint sein (seht, was euch am Ende winkt, wenn ihr euren Weg geht!)l", so daß Matthäus mit 13,'3 die ursprüngliche Intention des Gleichnisses vom Unkraut unter dem Weizen in modifizierter Gestalt für die nachÖBterliche Situation der "Kirohe" festzuhalten vermag. Jeremias hält dafür, das "Reich des Menschensohnes" in 13," sei "geradezu Bezeichnung der Kirche"lO'. Der Kontext spricht dagegen. Hätte der Evangelist den Wunsch gehabt, mit den Farben von 13,'0ft". das künftige Gericht über die "Kirche" mit ihren "SkandaIÖllen" und Gerechten zu malen, hätte er die voranstehende (von ihm selbst stammende!) Allegorese doch wohl anders schreiben müssen. Wäre sein Hinweis auf das ko8mi8cke corpus mixtum von guter Saat und Unkraut nicht fehl am Platze gewesen! Nachdem 13,37ft". die Söhne des Reichs und die Söhne des Bösen auf dem weiten Acker der Welt gezeichnet hat, kann die Engführung eines "kirchlichen" Gerichts in 13,~ft". nicht recht befriedigen. Auch fehlt bei Matthäus sonst jedes Anzeichen für eine Identifizierung von "Kirche" und "Reich des Mensohensohnes", eine Begrlffsverbindung, für die man sich eine breitere Basis wünschte. Wird das Evangelium vom Reich nach der heilsgeschichtlichen Ablösung Israels vor allen Heiden bezeugt, so betritt es den Bereich der Welt. Die maßgebliche Dimension für seine Verkündigung ist jetzt nicht mehr das "Land Israel" mit seinen verschiedenen "Provinzen" (Galiläa - Jerusalem), also der "israelitische" Rahmen der Verkündigung Jesu. Nun gehören die Begriffe "alle Heiden" und "Welt" zusammen und entsprechen einander, ohne freilich per definitionem (x6a"o~ = "heidnische" Welt) einander zugeordnet zu sein (vgl. zu 5,13f. und 18,7). MI. 17,24-27
Man wird fragen, warum hier die Perikope von der ,,'fempelsteuer" unter das matthäische Sondergut zum Thema "Die Heiden im Hat11. OIeichniaae M. 13,37-39. beachreiben dabei die VoraUMetzungen der Parin_.
'M Ahnlich Jeremiaa zu 13.38; Die Deut~ dea GleichniMea vom Unkraut unter dem Weizen. Neoteatamentica et P.tristica, 1962, 1I~63, 62. 11. G1eichniaae 80.
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thäusevangelium" gestellt ist. Inhalt der Erzählung scheint doch eine Regel zu sein, die das Verhältnis der Jünger zur Judenschaft ordnet 108, die Lösung einer wichtigen dogmatischen und praktischen Frage der Gemeinde im Zusammenhang mit dem "Kultus"lot, an der Jesu "freiwillige Bindung an Gesetz und Tempel"uo erkennbar wird. Mag der Text auch ursprünglich in einer uns nicht mehr faßbaren Gestalt nach solchen "judenchristlichen" Gesichtspunkten konzipiert oder in ihren Dienst gestellt worden sein - man wird zunächst scharf auf seine wrliegende Ausprägung und auf die Funktion achten müssen, die ihm in dieser besonderen Gestalt "heute" zukommt, d.h. innerhalb eines Evangeliums, das Israel als Ganzes der heilsgeschichtlichen Vergangenheit zuordnet und selbst im Dienst der universalen HeidenBerufung geschrieben wurde. Nach 17,24 treten auf ot Ta 3!3potJ(!Lot Mt!L~«vo~, die Petrus fragen, ob Jesus nicht die Doppeldrachme entrichte. Die konkrete Frage der Einnehmer der Tempelsteuer wird "positiv" beantwortet; der Vers konstatiert die grundsätzliche "Zahlungswilligkeit" Jesu. Auf diese Weise bietet er eine "szenische Einleitung", die Hinführung auf das zentrale Problem des Textes, das er8t mit 17, 25ff. zur Sprache kommt; es wird im Haus von Jesus mit Petrus - in einiger Breite - "diskutiert" und gelöst. Hier, in der folgenden Erörterung zu 17,24, liegt offenkundig das Schwergewicht des Textes. Und hier handelt es sich nicht mehr um Kapernaum und die Leute mit der Doppeldrachme, sondern um die Könige der Erde und die Frage von Zoll und Steuer 1 DieBe "politische" Frage im Weltmaßstab (die Könige der Erde I) findet nun alsbald ihre Antwort, und sie allein. Auf dieBe Frage leitet 17,24 (mit seiner Frage nach der Tempelsteuer) hin. Die "Söhne" sind frei, resümiert der Text, doch damit "wir" sie - d. h. die Könige der Erdenicht ärgern, soll Petrus ihnen (I) "für mich und dich" den Stater aus dem Munde des Fisches bezahlen. otUTOr~ von 17,27 c geht im Gefälle des Kontextes wie otu...ou~ 17,27 a auf die "Könige der Erde". In 17,24 wurde eine Frage gestellt und beantwortet; niemand wollte dort die Doppeldrachme in concreto "einnehmen". Das Motiv des realen Aot!L~«VELV kommt erst mit 17,25 in den Text: von wem erheben die Könige der Erde 111 Zoll und Steuer! Ihnen, die nun faktisch Zoll und Steuer ,GI Schlatter, Evangelist 538. ,., Lohmeyer 275 . ... Schniewind NTD 196. m Zu "Könige der Erde" vg\. Apk. 16,14 ~ou~ ~Ila.>.ci~ -rii~ olxou~~ 6)."II~. Zu iJ "Pi vgl. S. 98f. und besonders S. 99, Anm. 93. Auch die Stellen 6,10.19; 16.19; 18,18.19; 23,9, alle matthäisches Sondergut, richten den Blick auf die Erde, freilich innerhalb des Bezugssystems von "Himmel und Erde" (vg\. 5,18/Lk. 16, 17; 1I,25/Lk. 10,21; 28,18. 5,34f. bietet die Trias "Himmel- Erde - Jerusalem"). Immerhin bezeugen auch diese Stellen auf ihre Weise eine Weite der Perspektive, wie sie der vom Evangelisten geschilderten heilsgeschichtlichen Entwicklung in ihrer Endphase entspricht. Wo das Evangelium vom Reich allen
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nehmen und die "wir" nicht ärgern sollen, sind sie konsequenterweise auch zu bezahlen. Die Frage der Tempel-Steuer mit ihren "judenchristlichen" Implikationen (Jünger - Judenschaft, Gemeinde jüdischer Kult, Jesus und das Gesetz) findet keine Antwort. Sie dient lediglich zur Einführung in eine Textmitte, die auf eine "politische" Frage Antwort gibt und die deutlich den fortgeschrittenen, "weltpolitischen" Aspekt einer späteren Entwicklung widerspiegelt. Dieser Textmitte liegen Überlegungen einer nachösterlichen, in den Bereich der Erde und ihrer Könige vorgedrungenen Gemeinde zugrunde, die nach ihrer Stellung zu den pOlitischen Machtfaktoren mit' Zoll- und Steuerforderungen fragte und sich selbst Antwort gab. - Die Christen sind die Freien, die "an sich" über Zoll und Steuern erhaben sind, die jedoch aus "missionarischen" Gründen, um die Potentaten nicht zu ärgern, d.h. um sie nicht in Feindschaft gegen die Heilsbotschaft zu treiben - sie sind die Freien, die aU8 R1lcksicht gegen ihre Sache Zoll und Steuer bezahlen, und das in Übereinstimmung mit ihrem Meister und seiner "wunderbaren" Entscheidung. , Auch der Text 17,24fJ. illustriert, daß der Matthäus-Evangelist das "judenchristliche" Milieu hinter sich gelassen hat und das Evangelium von der zurückliegenden Heilsgeschichte Israels und der universalen Heidenberufung von "heute" schreibt. Diesem seinem "Heute" mit den entsprechenden "politi8chen" Implikationen hat der Text zu dienen. Er liest sich wie ein erster Aufruf zu christlicher "Loyalität". Die grundsätzliche Freiheit von der Welt beugt sich den Erfordernissen der "Mission"lu.
Mt. 21,28-32 Hummel urteilt: "Die Zusammenordnung des Gleichnisses von den ungleichen Söhnen mit den beiden folgenden Gleichnissen setzt die ,Sünder' des jüdischen Volkes und die Heiden zueinander in Beziehung. Beide erlangen im Gegensatz zum ungläubigen pharisäischen Judentum die Basileia, sofern sie glauben (21,32), Frucht bringen (21,43) bzw. das Hochzeitskleid tragen (22,11-13)." Und auf derselben Seite 113 weiter unten: "Die Zöllner und Dirnen sind nicht nur kraft ihres Glaubens ein Vorbild und Zeichen für das offizielle Judentum, sondern kraft der ihnen von Jesus widerfahrenen Barmherzigkeit auch ein Hinweis auf die Annahme der Heiden." Nun kann angesichts der Größe "Israel", der zeitlich prägnant bestimmten massa perditionis des Evangeliums, Heiden zu predigen ist, kann nur noch die Erde (im Gegenüber zum Himmel) Ort des Glaubens \Uld "kirchlichen" Handelns sein. Es ist nicht von \Ulgefihr, daß gerade Matthäus diese Texte bietet . ... Zu 18,17 "der Heide und der Zöllner" vgl. S. 88. 110 A.a.O. 25. Vgl. zum Text S. 65 ff.
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auf die Matthäus zurückschaut, von "pharisäischem Judentum" schwerlich die Rede sein. 21,33ff. und 22,lff. zielen auf die heilsgeschichtliche Ablösung des vergangenen fl8C1Iatologi8c11en (nicht pharisäischen) Israel durch die Heiden. Und 21,32 spricht vom Unglauben der Reprä8entanlen (nicht der Pharisäer) gegenüber Johannes, dem ersten Basileia-Boten. Vom Aufriß des Evangelisten aus wird man auch Bedenken haben, die Zöllner und Dirnen von 21,32 mit den Heiden von 21,43 und 22,9ff. zusammenzubringen. Erst das Nein Israels zu Jesus und den Boten stößt die Tür zum Heil für die Heiden auf. Bezeichnend, daß den Zöllnern und Dirnen kein 1ieilageschichtlicker Vorteil eingeräumt wird, sondern ein endgeschiehtlicker, eine tiefgreifende Differenz zu 21,43; 22,9f., die Hummel übergeht. Auch weiß der Text nichts von der den Zöllnern und Dirnen widerfahrenen Barmherzigkeit Jesu. Das Gegenüber der "Sünder" ist der Täufer. Ihm, der mit dem Weg der Gerechtigkeit kommt, glauben sie und können so kein Hinweis auf die (barmherzige) "Annahme" der Heiden sein; der Text spricht von ihrer "Annahme" des Täufers. Mit der Gegenüberstellung der glaubenden Sünder und der unbußfertigen, trotz des gläubigen Vorbilds definitiv unbeweglichen Repräsentanten scheint Matthäus nun seinen Schematismus von der massa perditionis "dieses Geschlechts" zu durchbrechen - sind die Sünder nicht das "gläubige Israel"! Jedoch empfindet er hier, wie die folgenden Texte 21,43; 22, 9f.; 23,1-24,2 veranschaulichen, offenbar keine Schwierigkeit. Auch im Blick auf Jesu Botschaft an Israel kann er an anderer Stelle ruhig von Nachfolge, Sendung und Gehorsam der Jünger (aus 1&rad!) sprechen (z.B. 4,18ff.; 10,lff.; l1,25ff.; 12, 46ff.), ohne dadurch seinem Bilde Israels als der Einheit des Radikal-Bösen einen hellen Tupfen aufzusetzen. "Israel" ist eben die Totalität jenes Nein sagenden Geschlechtes der eschatologischen Stunde. Was Ja sagt wie die Zöllner und Dirnen, gehört im Sinne des Evangelisten nicht zu "Israel", sondern in die Nachbarschaft der Gehorsamen, der Jünger (-nicht der Heiden). Beide bilden sie in seiner Darstellung das positive Gege1l8t1lck zu Israel, nicht sein "Vorbild und Zeichen". Beide hat sich Israel de facta nicht zum Vorbild und Zeichen genommen! Das steht in der Rückschau des Redaktors als Gegebenheit fest (vgl. 10,5-25; 21,32; 22,1 ff.; 23,34). Man kann auch so sagen: Der matthäische IsraelBegriff ist nicht am Volk-Begriff orientiert, sonst müßten die gläubigen Sünder und Jünger als die gehorsamen Glieder Israels erscheinen. Er ist vielmehr nach dem Maßstab des Verhaltens zu den Basileia-Boten gefaßt: "Israel" ist Einheit coram deo, eine theologische Größe von Erwählung, Widerstand und Verwerfung, nicht Einheit coram hominibus, in sich selbst differenziertes, vielfältig durchgefärbtes "Volk"ein "erwählungsgeschichtlicher" Begriff. Israel, so könnte man über-
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spitzt u.gen, ist nichts Vorfindliches, Fertiges, das als solches zu den VerkÜDdigern der Himmelsherrschaft in Beziehung träte. Was ..Israel" ist, zeigt sich, enl8tMt vielmehr erst an ihnen. Das Handeln Jesu, seines Vorläufers und seiner Boten BChaOt nach matthäischem Verständnis den gnädig zur Himmelsherrschaft berufenen und seine Berufung entschlossen verwerfenden Komplex der Todfeindsohaft. 21,32 mit den Zöllnern und Dirnen gehört also nicht zu den Heiden-Texten des Evangeliums. Die gläubigen Sünder dienen Matthäus als positives Kontrast-Element zu seiner negativen Israel-Darstellung.
Mt. 22,11-14 Wir gehen von der Beobachtung aus, ..daß es sich bei der Episode mit dem Mann ohne Festgewand um ein von Hause aus selbständiges Gleichnis handelt"ll&. 22,11-14 unterscheidet sich grundlegend vom Vorausgehenden. Sprachen die Verse 22,1-10 von innergeschichtlichen Vorgängen, von der Berufung Israels und seiner Ablösung durch die universale Einladung der HeidenllI, so wird in 22,l1fF. die Szene zum eschatologischen Tribunal. Der Text lenkt den Blick auf die noch auutehende Zukunft des Gerichts. Der König des neuen G1eichniBBes ist nicht mehr der geduldig-freundliche Gastgeber und zornig heimsuchende Herr von 22, 3f./7fF., sondern der Richter des Jüngsten Tages. Der Mensch ohne hochzeitliches Kleid soll auf Befehl dieses Königs in die ..äußerste Finsternis" hinausgestoßen werden 111, wo Heulen und Zähneklappen sein wird 117 - stereotype matthäische Wendungen für das Verderben im Endgericht 118• 22,14 begründet das 22,13 beschriebene Gericht über den .. Unwürdigen" und stellt den Text in den Horizont von Berufung und Auserwählung (-im-Gericht). Nach der zutreffenden Bemerkung von Bernhard Weiß ist ..... die ixAOril nicht der ewige RathsohluB Gottes ... sondern die Auswahl, welche je nach dem Verhalten der Menschen zu dem Gnadenruf Gottes erfolgt"l1l. Nun ist in 22,1-10 zweimal von ..Berufung" die Rede. Zunächst Ton der Berufung Israels, die blutig verleugnet und ebenso blutig gerichtet wird, also geschichtlich abgeschlossen zurückliegt. Dann spricht der Text von der umfassenden und unterschiedslosen Berufung der Heiden, deren ..Gericht" nach 25,31fF. mit dem kommenden, noch vor ihnen ... Vgl. 8. 91ft". ... Jeremiaa, GJeichniaae 82. "" Redaktionenes Motiv: 8, 12; 22, 13; 25,30. m Die WendWlg stammt aua Q (8,12(Lk.13,28). Bei Matthäua häufig: 13,42.50; 22,13; 24,51; 25,30. "" R. Swaeles identifiziert in seinem 8. 91, Anm. 67 genannten Aufsatz den "salle des noces" mit der .. Kirche" (8. 879). Diese ekkleaiologiache AuawertWlg von 22,IOb führt im Kontezt zu der seltsamen VoratellWlg von der ..Kirche" als Stätte des J Üßgaten Gerichte, die dem apokalyptischen Denken des Evangelisten wohl fremd sein dürfte (vgl. 211,31). 111 A.a.O. 377.
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liegenden Endgericht zusammenfällt. Somit ist nOAAot yocp e[aLv xAl]TOl von 22,14 unter Bezugnahme auf 22,9f. ausgesagt: alle l20 (Heiden) werden berufen (vgl. 24,14; 28,19) und treten als Berufene unter die Augen des künftigen Gerichtstages mit seiner kritischen "Aus· erwählung" 111. Sehr schön erläuterte Gottlob Schrenk den Text: "die Einladung ergeht jetzt an die auf den Kreuzungen der Straßen (v. 9), die Heiden ... Aber sind sie alle ExAexTol? Vorerst kann für die Begriffsbestimmung von ExAexT6~ als zweifellos gelten: es handelt sich um die Endauslese Gottes mit Rücksicht auf d8.'! universale Prinzip der Heidenberufung. Aber gerade ExAexT6~ besagt hier, daß diese Einladung nur so gemeint sein kann, daß Gehorsam der Gnade entspricht. Die Bedingung des hochzeitlichen Kleides empfängt ebenfalls aus der Trilogie 21,28ff. sichere Deutung: 21,31: 1tOLe!v TO &eAl](.Lot; 21,43: nOLt!v TOU~ Xotp1tOU~ ... Nur im Gehorsam also wird die Erwählung realisiert 122 ." Damit ist d8.'! Entscheidende gesehen 1il3• Die mit Israels Berufung verbundene göttliche Erwartung geht mit der Berufung der "Bösen und Guten" auf die Heiden über. Indem sie als Berufene an Israels Stelle treten, stehen sie in derselben Gnade und unerhörten Beanspruchung wie vordem IsraellN. Sie übernehmen d8.'! "Reich Gottes" als Gabe und Aufgabe (21,41.43) - eben darin besteht die Kontinuität der B8.'!ileia-Geschichte zwischen Israel und ihnen. Eine geschichtlich bedingte Diskontinuität zwischen den beiden Größen liegt darin, daß Israel in seiner Verantwortung der B8.'!ileia-Berufung dem innergeschichtlichen Gericht begegnete, während die Verantwortung der berufenen Heiden als eschatologisch-forensisches Ereignis noch aussteht. Eine unter angelsächsischen Auslegern beliebte Deutung besagt, 22,l1ff. wende sich gegen eine zu leichte Aufnahme der Heiden in die '10 In seinem Aufsatz: Der Gedanke des ,Heiligen Restes' im Spät judentum und in der Verkündigung Jesu, ZNW 42 (1949) 184 ff. betont Jonchim Jeremiaa (S. 193, Anm. 64), "o!.Aol habe hier, wie on im Semitischen, inklusive Bedeutung Wld müsse wie das multi von 4. Esra 8,3 mit "allel! übersetzt werden. Mag es auch hinsichtlich Mt. 8,11 als fraglich erscheinen, ob der Redaktor "o!.Aol noch semitisch empfunden hat (vgl. S. 90, Anm. 55), so ist doch vom heilsgeschichtlichen Thema des Evangelisten, von der universalen Heidenberufung her die inkludierende Bedeutung von 1tO!.Aol für 22,14 vorauszusetzen. Weil es in diesen Kontert einbezogen ist (vgl. 22,9f.), zielt "o!.Aol in 22,14 tatsächlich auf alle (Heiden). 111 Gut Strecker 112: "Geladen werden ... die ,Bösen und Guten' ... sie gehen ihrerseits dem Gericht entgegen." m ThW IV 191. '10 Jeremi8B, Gleichnisse 188 versteht fv8u!-'oc J"!-'ou als d8B "reine Gewand des Heils und der zugesprochenen Gerechtigkeit", och kann es (mit Schrenk) vom Kontext her nur als Bild für die Bedingung des End-Heils (die "Frucht") aufgefallt werden. '" llIustriert 22,11-14 die "eschatologische Beanspruchung" der Berufenen, so 22,9f. mit dem Hinweis auf die unterschiedslose Einladung die Bedingungslosigkcit der Heilszllwendung; vgl. 22,3 f. für den "Heilsstand" Israels (dazu 4,23; Kap. 8-9; 9,35f.; 10,6 ff.; 11,5; 12,28 UBW.).
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Kirche. Mit den Worten C. H. Dodda: " ... Matthew aeems to have intended to guard againBt the reception of the Gentiles into the Church on too e&IIY terms 1..... Diese Interpretation steht mit 22,9f. vor unüberwindlichen Schwierigkeiten. Ginge es dort, eine einheitliche ekklesiologische Exegese vorausgesetzt, um die Aufnahme der Heiden in die Kirche, würde der Text ausgerechnet Dodda "reception of the Gentiles . .. on too e&IIY terms" - als HeilBereignis! - behaupten und Matthäus sähe sich genötigt, in 22, 11ft'. nach einem kurzen Atemzug zu verwerfen, was er eben noch als neuen Akt der Heilsgeschichte und göttliche ..promiscuous admission" dargetan hätte. Günther Bornkamm plädiert für eine andere Art ekklesiologischer Deutung. Matthäus, 80 führt er aus, mache mit 21,'1.'3 die Norm des künftigen Gerichtes geltend, an der alle und gerade die vermeintlich zum Gottesvolk Gehörenden gemessen würden: "Ebendies sagt, ausdrücklich auf die Gemeinde bezogen, auch die von Matth. angefügte Schlußszene des Gleichnisses vom königlichen Hochzeitsmahl (22,11-13), aber schon die 22,10 begegnende Wendung 'l'l:oV'IJpo6t; on: xatl «yat306t;, die wie die letzten Gleichnisse von c. 13 auf die endliche Scheidung weist, schließlich auch die für Matth. 80 charakteristische Abschlußsentenz Nun ist 21,(").U mit 22,l1ft'. nicht in eine Reihe zu stellen, 22, da es von der Übertragung des Gottesreiches auf ein anderes Volle handelt, also das "Gottesreich" als in der Geschichte anwesende Größe vorausaetzt und die "Norm" für Israels heilsgeschichtliche Ablösung darbietet, während in 22, 11ft'. diese Norm endgeschichtlich orientiert ist, und zwar auf dem Hintergrund der zuvor erwähnten gfl8chichtlichen
"1....
'u The Parables of the Kingdom. 1961. M. Ahnlich zuvor W. C. Allen. Int. Crit. Comm. 1925. 236; vgl. 8. O. F. Brandon. The Fall of Jeruaa\em and the Chriatian Church. 1951. 231: .... grave warning againat any kind of promiacuoua admiBlion.
1I
•• Überlieferung und Auslegung 18. vg\. 40. So auch F. W. Beare in eeinern 8.93. Anm. 72 zitierten AuflBtz (8. 6): ..... the final judgment of a\I who prof_ to folio.... Chriat. according to their worb." Ahnlich Trilling. Ober. lieferungzgeschichte 254; du Gleichnis verfolge ein parinetisches Ziel...du die Gemeinde in ihrer Mischung von Unkraut und Weizen vor dem Gericht sieht". Etwas anders R. 8chnackenburg. Die Kirche im Neuen Testament. Quaeat. Disp. 14 (1961) 68: Matthius wolle wahrscheinlich die dem Ruf der Miaaionare folgenden. in die Kirche einströmenden Menschen mahnen. die Bittlichen Früchte nicht zu vemachliiaaigen und .ich al...Aueerwihlte" zu e",·eieen. Schnacken. burg lißt die eschatologische Ausrichtung dea Textes (22.131) außer acht. Du zeigt auch oeine Bemerkung (a.a.O.). für MatthiuB eei die 1x><>'1J"'" die Sammlun~. und Zurüstungaatitte der lxlex...,l. die du HeU vermittelnde. aber ohne Bittliche Früchte nicht garantierende ..HeUaanstalt". Wo Matthiua an die 8pan. nung z1liechen univeraaler Beruf~ und eachetologiacher Erwihlung (der HIÖdal) erinnert. denkt Sch. an kirchbche Heils·Betreuung der ..Aueerwihlten" = Chriaten und vertauscht die heilaKeachichtlichen Kategorien des Textes mit ekklesiologischen. Ein auffallender Sruch zwischen 22.9f. und 22. 11ft'. findet sich bei Strecker. der 22. 9f. heils~hichtlich (34: an Stelle Israels die Heiden erwihlt). 22.14 jedoch .. kirchlich' deutet (219. Anm. I: mit den ><>'1JTOI8ind die Christen gemeint).
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Die Heiden im Matthiuaevangelium
Berufung der "Bösen und Guten", in denen man nur gezwungen die "Gemeinde" zu erkennen vermagl8'.
Mt. 25,31-46 Die Perikope vom Völkergericht - in welchem Sinne "Völkergericht"! Julius Schniewind erläutert: "So öffnet die Einführung unseres Wortes den Blick auf die Weite aller Völker (V. 32); ebenso weltweit ist das Gericht überall im A. T. und im N. T. gedacht. Daraus darf aber unmöglich geschlossen werden, daß dies ganze Bild des Weltgerichts nur die Entscheidung zeichne, die über die Heiden fällt ... was hier gesagt wird, geht die femen Heiden ebenso an wie die Juden und Christen l18 ." Nun ist die Weise, in der das Alte und Neue Testament vom Gericht redet (überall im Sinne von "weltweitem" Gericht !), kein Präjudiz zur Entscheidung der Frage, wie das Matthäus-Evangelium an unserer Stelle davon spricht. Zudem mÜ8sen sich nach allem, was der Evangelist bisher über ..Israel" dargelegt hat, starke Zweifel erheben, ob es ihm wirklich "um das universale Weltgericht des Alten Testaments" geht, ..das keine Begrenzung und Differenzierung der Personengruppen duldet" 118. Immerhin "begrenzt" und ..differenziert" Matthäus hinsichtlich seines Komplexes "Israel" aufs nachdrücklichste. Er tut es mit solcher Energie, daß Israel nicht nur als endgeschichtlich verloren (8,12; 11,20-24; 12,31-37.38--42; 21,32; 23,13.33)110, sondern auch als heilsgeschichtlich abgetan erscheint. Man wird sagen dürfen, daß hier das eine dem anderen entspricht. Was vor dem totalen und definitiven endgeschichtlichen Nein Gottes steht (23,33), ist auch innergeschichtlich von seinem unverrückbaren Nein betroffen (23, 34ff.). Oder umgekehrt: Israels heilsgeschichtliche Katastrophe hat zugleich endgeschichtliche Relevanz. Was hier dem Gericht verfällt, ist dort auch dem Gericht verfallen. Angesichts dieser scharf "begrenzenden" und ..differenzierenden" Sicht der Dinge, mit dem Blick auf die matthäische Geschichts- und Gerichtstheologie in Sachen Israels also, ist mit Entschiedenheit die Frage zu stellen, ob in 25,31 ff. nicht doch nur die .. Heiden" - im Sinne eines Gegenbegrift'es zu ..Israel" - vor"7 Zu 24,30 "alle Geschlechter der Erde" vgl. S. 78f.; 98f. 111 NTD 264. So beispielsweise auch A. H. M'Neile, The Gospel according to St. Matthew, 1916,369 (all human beinga); Max Meinertz, JesUi und die Heiden. mission, 182; K. L. Schmidt, ThW 11 366f. (alle Völker); D. Buzy, Evangile selon Saint Matthieu, 1936, 336; A. Feuillet, La synthese eschatologique de saint Matthieu, RB 67 (1960) 182 (un jugement universell; Karl Staab, Das Evan· gelium nach Matthiua, Echter.Bibel, 1961, 138 (Christen wie Juden und Heiden); Schmid RNT 362; Heinz Eduard Tödt, Der Menschensohn in der synoptischen überlieferung, 2. Aufl.1963, 71 (alle, auch die Jilnger); Feine·Behm.KÜlDmeI68; Trilling, Das wal!re Israel 26 (eindeutig universal). 111 Trilling 27. 110 Gegen Feine.Behm.KÜlDmel 88: es treffe nicht zu, daß nach Matthius die Juden (I) endgültig verworfen seien.
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kommen. Dabei fällt dem Kontext von 25,31ff. alles Gewicht zu. Es wurde festgestellt, daß der Evangelist schon in 24,9-14 bewußt alle Israel-Anklänge getilgt und sie der Jesuszeit zugeordnet hat 13l• Nachdem Israel aus der Berufungsgeschichte Gottes ausgeschieden ist (21, 18f.; 21,33-22,10; 23,1-24,2), geht es für die Jüngerschaft der Zeit nach 70 (oder für die "Kirche") - in der letzten Phase der Heilsgeschichte vor dem Ende - nur noch um die Berufung der Heiden. Die drei Phasen der Berufung Israels (Täufer, Jesus, die Boten) sind Vergangenheit. Dieser berufungsgeschichtlichen Auarichtung der Zeit vor dem Ende entspricht nun das Ende selbst. Es begegnet als Gericht über die berufenen Heiden. Zur Gegenwart der Heiden-Heilsgeschichte gehört das futurische Pendant des Heiden-Endgerichts. 24,9-14 und 25,31 ff. stehen in einem unauflöslichen Sachzusammenhang. Es geht nicht an, das formelhafte n:cXVTOt T« l3vq in 24,9.14 auf die Heiden im Gegensatz zu Israel zu beziehen, in 25,32 jedoch diesen prägnanten Begriff aufzugeben und plötzlich von allen Me1l8Chen zu sprechen, wie es z.B. Josef Schmid tut, der bei 25,31ff. an "alle Menschen, Heiden wie Juden und Christen"131 denkt, zu 24,9 jedoch anmerkt, "daß nur noch von Verfolgung durch Heiden gesprochen wird"IU, nachdem er im vorausgehenden den Vers 23,36 von der "Verwerfung des Judentums (!)" reden hörte lH • So wie in 22,9f. und 22,l1ff. geschichtliche Berufung und endgeschichtliches Gericht der Heiden zusammengehören, sind auch in den Kapiteln 24f. Heidenberufung und Heidengericht streng aufeinander bezogen: 24,(9).14/25,31ff. sind die exakte Parallele zu 22,9f./llff. Anders als Israel, dessen Versagen an seiner Berufung innergeschichtlich (und eschatologisch) heimgesucht wird, sind die Heiden, für die das Aufhören ihrer Berufung und das Jllng8te Gericht zusammenfallen (24,14), ihrer veränderten Zeitlage entsprechend der Bedrohung und Kritik eben des Letzten Gerichtes ausgesetzt. Das Ende ihrer Heilsgeschichte ist zugleich das Ende überhaupt. Dabei setzt der Evangelist voraus, daß bis zum Ende die Heiden allesamt den Ruf des Evangeliums vernommen haben (24,14; vgl. 28, 19f.). Wenn J08ef Schmid erklärt, es sei nicht möglich, das Gericht auf die Christen einzuschränken 186 oder als selbstverständlich vorausgesetzt anzunehmen, daß beim Gericht "alle Völker", d.h. die ganze Menschheit, sich zum Glauben an das Evangelium bekehrt Vgl. S. 76f.; 83ft'. 111 RNT 362. ,. RNT336. , .. RNT 332. Ebenso uneinheitlich Staab 8.8.0. 130 (24,9: Die H .......r und Verfolger Bind Heiden. 24,14: alle Heidenvölker) und 138 (26,32: alle Völker; Christen wie Juden und Heiden). Trilling 26ft'. deutet demgegenüber alle Stellen konsequent "universal". 116 So aeltaamerweiae Montefiore. The Synoptic Goepela 11 324: ..... the Judg. ment ja reatricted to . . . the Chriatian Community. The nationa are foregotten. " 111
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Die Heiden im Matt.häusevangelium
haben würden I", so vertauscht er, was das letztere angeht, unbesehen die Kategorien "Berufung" und "Bekehrung". Auch Israel war (mit allen Implikationen) berufen, doch damit noch lange nicht bekehrt. Die geladenen Heiden haben wie vordem Israel illre Beru./'u:flf/ zu verantworten, nicht ihre "Bekehrung". Sie werden, mit 22,12 zu sprechen, nach dem "hochzeitlichen Kleid", man könnte auch sagen: nach der "Frucht", der "Erwartung" ihrer Berufung gefragt (vgl. 28,20 "lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe"), d.h. nach ihrer Stellung zum Menschensohn, der ihnen in den Hungernden, Durstigen, Fremden, Nackten, Kranken und Gefangenen, in "diesen meinen geringsten Brüdern" als der wahrhaft Liebens-werte begegnet. Die Erfüllung ihrer Berufung ist Liebe zu den elenden Nächsten (vgl. 7,12; 22,39), und das heißt auf Grund der verborgenen, im Gericht (und in der das Gericht ansagenden Predigt) aufgedeckten Identität des MenschensohnRichters mit den Erbarmungswürdigen: Liebe zu dem Herrn ihrer Berufung (vgl. 28,1811'.). Die Heiden sollen nicht aU88chließlich am Verhalten zu den "Jüngern" gem_n werden. Wäre hier an "Jünger" zu denken, kämen doch wohl nur die im Namen des Herrn auftretenden, alle Heiden berufenden Boten in Betracht, nicht ganz allgemein die Ohnmächtigen und Menschlich-Bedürftigen, auf die der Text blickt (und zu denen auch "Jünger" gehören mägen). Das auf die mi88ionierenden Boten verweisende, schlecht bezeugte und nicht als ursprünglich anzusprechende 'tWV ÜOtX(a-rColV -roIYrColV von 10,42 darf nicht dazu verleiten, die "Geringsten" des Textes (25,45; vgl. 25,40) auf die "Jünger" einzuschränken. Die unmittelbare, im Letzten Gericht (und seiner Predigt) oll'enbare Identität des Menschensohnes mit den notleidenden Nächsten ist etwas anderes als die durch das Wort vermittelte Identität des Verkündigten mit den (im Dienste der Mi88ion) Entbehrungen ausgesetzten Verkündigem. Sehr gut Schlatter: "Eine Parallele zu E~ 6vo!,« 1'00lhrroü 10,42 fehlt hier ganz I87 ." Was das Gericht über die "Jünger" anlangt, so ist klar, daß sie in einem Text, der vom Gericht über die (berufenen) Heiden spricht, nicht vorkommen. Sie sind durchaus nicht als ..... um seinen Thron versammelt vorgestellt", wie Zalm meinte Auf der Seite des Gerichts erscheinen der Menschensohn und alle Engel (!) mit ihm (25,31), niemand sonst. Und vor ihm werden - als "Gegenstände des Gerichts" - alle Heiden lai ver-
I".
... RNT 352. Beoaer P. Dauach, Die ilteren drei Evangelien, 1932, 321: ..... nach der Verkündigung d.. Heilands wird ja auch bis dorthin das Evan· gelium allen Völkern gepredigt tein, alle können ... gerichtet werden." Gegen SchlaUer, Evangelist 726: ..... Je8U8 ... richtet, ob Bie ihn kennen oder nicht." 11. Evangeliet 726. .11 A. a. O. 684 . ••0 B. Weiß meinte (a.a.O. «0), unter My.... Tck IlMJ 26,32 könnten nach 24,9.14 nur alle Heidenvölker mit AU88ChluB IIII'&8Ja veretanden werden, da ja du Gericht über Iarael bereite 2',1~22 ergangen tei. Doch sprechen diese
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sammelt, die dann zu ihm herkommen ins Leben oder von ihm hinweggehen in die ewige Verdammnis (25,34.41.46). Damit ist freilich nicht gesagt, daß Matthäus an anderer Stelle nicht auch auf die eschatologische Verantwortung der ..Jünger" größten Wert legte (vgl. 24,45 bis 51; 25,1-13.14-30 und besonders 24,51; 25,12.28--30)1to.
Mt. 28,18-20 Auch bei 1t«v-rllt Ta: ~&vrJ von 28,19 gehen die Meinungen der Exegeten auseinander. Trilling plädiert wieder für .. uneingeschränkten Universalismus"l&l. Jedoch läßt er auch hier den Kontext mit dem spürbaren Gegensatz zum ..auserwählten Volk" außer acht. Schon Bernhard Weiß notierte zu 28,19: .. Mit dem 1tOPEU&Mc~ sendet er sie aus, wie einst 10,5f., aber nicht mehr zu Israel, das ihn ja verworfen und die Botschaft von seiner Auferstehung als schmähliche Lüge verlästert hat (V. 15), sondern zu allen Völkern, die sie zu Jüngern machen sollen ... Gemeint können damit nur alle Heidenvölker sein ... Der Befehl 10, 5f. ist also nicht bloß erweitert ... sondern zurückgenommen ... "1&1. Weiß' Fingerzeig auf den unmittelbaren Kontext mit dem erbitterten Widerstand Israels gegen die Auferstehung (ante et post festum: 27,62-66; 28,11-15 1&3) verdient ernst genommen zu werden. Über "jüdisch·apokalyptischen" Verse nicht von "Gericht", sondern von der dem Ende und Erscheinen des Menschensohn·Richters vorausgehenden Zeit der Drangsal (vgl. 24,8.21.29; Feine·BeIun·KÜMmel 69: "die große Drangsal 24, 15-28"). Auch Schmid RNT 352 denkt bei 24,15-22 an "Gericht über das Judentum (I)". Allerdings ist für ihn damit nicht das Endgericht gemeint, in dem erst du ,.Jenseitaschickaal der Menschen" entschieden wird. , .. Zu den Versen 27,19.24f. und ihrer Funktion in1 Kontext vg\. S. 46f. bzw. S. 47; 71. .n A.a.O. 138. A.a.O. 32 resümiert TrilJing, die Völker würden nicht mehr in1 Gegensatz zu dem "auserwihlten Volk" gesehen, sondern als die ganze Menschheit ohne jede Rücksicht auf Israel, d. h. weder mit ausdrücklichem Ein· schluß noch mit stillschweigendem AU88Chluß Israels. Dagegen hilt TrilJing es a.a.O. 28 (zu 24,14) für durchaus denkbar, daß Matthius eine Mission unter den Juden in1 gegenwirtigen Zeitpunkt nicht mehr f"ür möglich hielt und dann Israel stillschweigend aU88Chloß. Wie Trilling iußern sich z. B. auch Zahn 732; K. L. Sclunidt, TbW 11 366f. (366 "ohne eine besondere Betonung"); Schlatter, Evangelist 798; Loluneyer 418, Anm.l; Schmid RNT391; Staab 163; Buzy 386 (Israel compris); David Boach, Die Heidenmission in der Zukunftaachau Jesu, AThANT 36 (1969) 190; Feine-BeIun·KÜMmel 68; Strecker 117f.: "Erst nach der Auferstehung gilt der Missionsauftrag ,allen Völkern' (28,19). Zu ihnen mag auch die jüdische Nation zihlen ... " Aber 33: "Du Evangelium endet mit der Mahnung, alle Völker zu missionieren (28,19). Die Heidenmi88ion wird zur Zeit des Matthius schon selbstverstindliohe Aufgabe der Kirche ge".esen sein. 16. A.a.O. 608. Auch Goppelt, Christentum und Judentum 184 beachtet den engeren Kontext. Für die "Heiden" plidieren beispielsweise H. J. Holtzmann, Synoptiker 298; Schrenk, Die WeiBBBgung über Israel in1 Neuen Testament, 1951,16, Anm. 7 (S. 66); JeremiBB, Verheißung 33; Tödta.a.O. 84; Fenton 462; J. P. Brown, Tbe form of ,Q' known to Matthew, NTS 8 (1961/62) 27-42, 30. ... Vg\. S. 73f. 11
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Die Heiden im Matthliuaevangelium
das Grab, ja über die Auferstehung hinaus verfolgt Israel seinen Messias, eine in den Evangelien einzigartige VorsteUung. Schildert 28,11 bis 16 das letzte Wort Israels zu seinem (jetzt auferstandenen) König und dokumentiert 28,16 die Permanenz dieser Schuld mit dem Hinweis auf den A6yo~ o;no~ n:Gtpa. 'Iou3Gt(o~, so können die folgenden, von diesem schwarzen Hintergrund abgehobenen Verse nur so zu verstehen sein, daß der Auferstandene über sein blindwütiges Volk hinwegschreitet und sich den Jüngern zuwendet, die er, Israel den Rücken gekehrt, zu allen Heiden. sendet. "Israel", das sich dem auferstandenen Herrn so trotzig versagt,liegt nicht mehr in seinem Heilsbereich. Wenn Joachim Jeremias zu 10,6 anmerkt, IlMj sei koUektiv empfundener religiöser terminus technicus für die Heiden im Gegensatz zum auserwählten Volk"', so bestimmt er damit zugleich auch den einheitlichen Nenner der n:ciVTGt Ta. IlMj-Formeln in 24,9.14; 26,32; 28,19: immer ist hier "Israel" als Kontrastgröße vorausgesetzt - das "auserwählte Volk" (der Basileia-Berufung), der geschlo88ene Block des Bösen und des Gerichts. Daß ausgerechnet bei Matthäus, wo dieser konsequent erarbeitete, zeitlich fixierte Israel-Begriff vorliegt, n:ciVTGt Ta. llMj universalistisch im me7l8cMeillicAen Sinne zu nehmen sei, entbehrt jeder Logik. Die Verse 10,6f. werden also durch 28,19 in der Tat nicht erweitert, sondern zurückgenommen. Gab es zur Jesuszeit keine Mission unter den Heiden, sondern allein unter dem "auserwählten Volk", so ist jetzt die Zeit der "Mi88ion" Israels zu Ende und die Heidenvölker treten an seine SteUe. Es zeigt sich ein radikaler Wandel der Szenerie: die Nicht-Berufenen sollen jetzt Jünger werden, die damals Geladenen sind verworfen. Dieser schroffe Szenenwechsel der Heilsgeschichte ruht nicht allein auf Vers 28,19. Das Logion 10,6f. ist ja schon durch die ganze vorauslaufende Geschichte von Israels Widerstand und seiner definitiven (heils- und endgeschichtlichen) Verwerfung durch den Messias zurückgenommen; die neue Aufgabe ist längst gegeben (22,9 f. ; 24,9.14), wenn auch nicht programmatisch formuliert wie in 28,19. Der Missionsbefehl beschließt das Matthäus-Evangelium mit keiner grundstürzenden Neuheit, sondern setzt, was die Heidenmi88ion im strengen Sinn und unter AU8BChluß Israels betrifft, nur den krönenden Schlußstein eines planmäßig aufgeführten, feststehenden Gebäudes. Die Berufung der Heiden steht am Ende der Geschichte Jesu mit Israel und so mit gutem Grund in programmatischer Grundsätzlichkeit am Ende des Matthäus-Evangeliums, das diese Geschichte darbietet. Im Gesamtkontext geht dem Missionsbefehl das zeitlich auf das Jahr 70 festgelegte Ende Israels (22, 7ff.; 23,32-24, 2) und die heilsgeschichtliche Neuorientierung der folgenden Zeit (bis zum Ende ... Verheißung 17, Anm. 65.
D.... Sondergut
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24,9.14; 25, 31ff.) voraus. Im engeren Zusammenhang besagt der Text, . daß die Heidenmission mit Israels Leugnung der Auferstehung und der unmittelbar folgenden galiläischen Erscheinung des Herrn ihren Lauf nimmt. Für sich genommen, läßt er die Erhöhung Jesu und die Heidenmission zeitlich zusammenfallen lt6. So entsteht eine fühlbare Spannung zu der dem Evangelisten eigenen "Zeitkonzeption", die erkennen läßt, daß Matthäus den ihm überkommenen und kräftig von ihm redigierten Stoff 28, 18ff. 1Cl mit der "österlichen" Zeitbestimmung für die Missionierung der Heiden aufgreift, ohne einen Ausgleich mit seiner redaktionellen Sicht der Dinge zu suchen . ... Vgl. Otto Michel, Der Abochluß des Mattlu1uaevangeliuma, EvTh 10 (1960/111) 16-26,26: "Seit der Erhöhung Jeeu Christi ... wird du Evangelium zur Botschaft fiir ,alle Völker' ..... • 11 Vgl. Strecker 2088".; Günther Bornkamm, Der Auferstandene und der Irdische, Mt. 28,16-20; in: Zeit und Oeachiohte, Dankeagabe an R. Bultmann zum 80. Geb. 1964, 171-191.
8 8702 WaJb<. UelJlploblable
IV. DIE HEILSGESCHICHTE IM MATTHÄUS-EVANGELIUM 1. Die 1aeilaguchic1&tlic1&e Konzeption
0.) Do.8 Zeitver8tändni.t du ElII1.ngeli.tten Aus dem Gesagten ergibt sich, daß Matthäus in seinem Evangelium mehr schreibt als eine vita Jesu. Gewiß ist der äußere Rahmen mit Stammbaum und Geburtsgeschichte am Anfang, mit P&BBions· und Ostergeschichte am Ende noch konsequenter als bei Markus, dessen Aufriß Matthäus im wesentlichen übernimmt, konsequenter auch als bei Lukas, der den Stammbaum erst in 3,23ft". bringt, nach den Leit· linien einer .. Lebensbeschreibung" gestaltet. Matthäus zeichnet die vita des Messias in Israel von seiner vorgeburtlichen Herkunft und Geburt bis zu seiner Auferstehung (- die Verleugnung des Auferstandenen durch Israel). Doch ist damit tatsächlich nur der ..äußere" Rahmen des Lebens Jesu abgesteckt. Diese vita hat einen weiterreichenden ..in· neren" Horizont insofern, als sie ein gutes Stück über das Kreuz und die Auferstehung hinausgreift, das Ende Israels für das Jahr 70 herbei· führt und auch die ihm folgende letzte heilsgeschichtliche Phase der Berufung aller Heiden bis zum Jüngsten Tag einleitet, bestimmt, trägt. Kein Zweifel, Matthäus entfaltet innerhalb des Rahmens einer vita Jesu eine Epochen·Heilsgeschichte großen Stils. Die ..innere" Zeitlinie läuft von Abraham über die messianische Geburt Jesu bis zur dreifachen Basileia-Bot&chaft für Israel und von Israels Verwerfung über die Berufung der Heiden bis zur Vollendung des Äons. Matthäus arbeitet seine .. Apostelgeschichte" (mit der nachästerlichen Israel· Sendung der Boten und ihrer Sendung zu den Heiden nach 70) so organisch in die von ihm vorgelegte vita Jesu ein, daß sein Evangelium keiner Ergänzung durch ein zweites Werk bedarf. Das Matthäus· Evangelium enthält die matthäische vita Jesu und .. Apostelgeschichte" in einem l . I Gegen GniJka 1111, Matthius schreibe .. ja nur ein Evangelium und keine Apostelgeschichte". Ed. Meyer, Ursprung und Anfinge des Christentums I, Neudruck 11162. sagt S. 2, ..daß, während die Evangelien sich auf die Geschichte des Christus beachrinken und auf die weitere Entwicklung, die Ausbreitung der Lehre, höchstens in prophetischen Verkündigungen einen Blick werfen, Lukas dieee ala einen weeentlichen Teil der Heilsgeschichte. ala die notwendige Er. gänzung der Wirksamkeit Jesu auf Erden betrachtet." - So schon Matthiusl
Die heiJaseeohiohtliohe Konzeption
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Es liegt auf der Hand, daß Matthäus bei dieser inneren Struktur des Evangeliums ein durch und durch lineares Zeitschema voraussetzt, das bei Abraham, dem terminus a quo alles Geschilderten, einsetzt und bis zum terminus ad quem der end-lichen Parusie des Menschensohnes (nach der Missionierung der Heiden) fortgeht. Graphisch nimmt sich diese Zeitlinie 80 aus:
Es heben sich deutlich drei groBe Abschnitte der Heilsgeschichte her-
aus, eine eigentliche Vorgeschichte I mit Stammbaum und ausführlicher Namens- und Herkunftsgeschichte des Messias, über die Krister Stendahl lehrreich gehandelt hat'. Dann die große, beherrschcnde Epoche der Berufung Israels zur Himmelsherrschaft, die als die "Mitte der Zeit" zu erkennen ist: der Täufer (auch Jesu Täufer), Vorläufer des Messias und Bußprediger der Basi1eia; Jesus selbst als die "Mitte der Mitte", der nach seiner Versuchung und nach der Auslieferung des Täufers bis zu seinem Kreuz und Auferstehen an Israel wirkt; von ihm ausgehend die "Jünger". auch sie Boten der BlI8ileia, deren Sendung ganz der Jesuszeit zugehört und sich doch über Kreuz und Auferstehung hinaus bis zum Jahre 70 Üa, bis ans "Ende") erstreckt. Hier die tiefe Zäsur von Israels Untergang, der übergang zur "letzten Zeit" mit der Berufung der Heiden vor dem Ende. Diese "letzte Zeit" ist offenkundig identisch mit der Gegenwart des Evangelisten: er schreibt das Evangelium vom zurückliegenden, verworfenen Israel und der jetzt in der ganzen Welt für alle Heiden auszurufenden Heilsbotschaft. • Dazu gehört auch die Vorgeachichte der (nun erfüllten) Prophetie, wie Bie in den Reflexionazitaten erkennbar wird (vgl. S. 132 r.). Edgar Krentz will in aeiner anregenden Studie ,The Extent or Matthew's Prologue, Toward the Structure or the First Gospel', JBL 83 (1964) 409--4" die Vorae 1,1-4,16 als enten Abechnitt des Matthäua.Evangeliuma nehmen, doch eröffnet der Täurer die matthäische Reihe der Baaileia· VerkÜßdiger und bringen 3,13-17; 4,1-11 die überleitung zu Jesua, dem zweiten Boten der Himmelshernchart, 80 daß man es am beeten bei der Vorgeachichte von Kap. Ir. beliOt. Die Trennung hinter 4, 16 ist trotz des rormelhaften 4..0 T6n XT).. in 4, 17 (v,l. 16,21) ungerechtrertigt, da 4,12ff. mit dem rolgenden eine aachliche Einbelt bildet. Die Aurteilung in 4,17-16,20 (411: "concemed with the /l«..w"''') und 16,21-28,20 ("tha Bon or man &pd bis way to reaurrection") bleibt unberriedigend, da gerade der zweite Teil dia Baaileia·Geachichte mit Israel (21,28-22,10; 23,1-24,2) und den Heiden (22,9r.I1-"; 24,9-"; 25,3Iff.) entraltet. • Quia et Unde! An Analysis or Mt. 1-2; in: Judentum, Urchristentum, Kirche; Festechr. für J. Jeremiaa, BZNW 26,2. Aufl. 1964, 94-105. St. unterICheidet nicht 8Orgfi1tig zwieohen der unprün$lichen Auarichtung des Stoffes (99: "apologetio purpoaee") und aeiner literarischen Funktion im Matthäu8' Evangelium .
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Jesus selbst hat Israels Ende und den Übertritt des Heils auf den Boden des Heidentums bewirkt. Der irdische Jesus ist die gnädige Sonne und das zerstörende Dunkel Israels; der irdische Me88ias verfügt das Weiterschreiten der Berufung; der irdische Herr ordnet auch die Probleme der letzten Zeit der Heidenberufung. Matthäus vermag seine heilageschichtliche Gegenwart "direkt" auf den irdischen Me88ias Israels zurückzuführen und aus seiner Geschichte mit dem beschenkten, doch widerwärtigen Geschlecht zu erklären. Alles trägt der Irdische. Sieht man von seiner Funktion als künftiger Menschensohn-Richter ab, bleibt dem erhöhten Herrn nur eine bescheidene Rolle. Das gnostische Extrem der radikalen Verleugnung des Irdischen droht bei Matthäus in sein Gegenteil umzuschlagen, in die "Verabsolutierung" des Irdischen, dessen Entscheidung für die Heidenmission und erklärtes Gebot der Himmelsherrschaft der Erhöhte unter dem Vorzeichen seiner (neuen) Allherrschaft t und mit der Zusage seines bleibenden Schutzes nur wiederholen und bestätigen kann (28, 19f.). Mit den Worten Günther Bomkamms zur Stelle: "der Auferstandene und Erhöhte macht das Wort des irdischen Jesus für die Kirche auf Erden für alle Zeiten bis zum Ende verpflichtend. Hier liegt der oft übersehene Skopus des ganzen matthäischen Textes ... '''. Der Erhöhte hat zum Gang der Heilsgeschichte nichts Neues beizutragen. Er autorisiert lediglich das Gegebene mit "österlicher" Machtfülle und Schutzgewalt. Der nachösterliche redende "Geist" ist verdrängt durch das vorösterliche gesprochene Wort. Bis auf die Logien des kommenden Richters und des Erhöhten in 28, 18ff. sind alle Worte des MatthäusEvangeliums als Worte des irdischen Herrn gefaßt, wobei die Worte des künftigen Richters auch schon im Munde des Irdischen begegnen. Das aber heißt: die Christus-Tradition in Gestalt der matthäischen Wortund Heilsgeschichte ist die einzige und grundlegende Norm allen Glaubens und aller "Kirche". Der nachösterlich-redende Herr und seine Autorität ist aufgesogen von der Gewalt des Einmalig-Irdischen, der die Geschichte des Heils selbst ein für alle Male lenkt und gesta1tet. Ernst Käsemanns präzise Ausführungen zu Judas 3, dort werde der christlichen Lehrtradition als solcher eschatologischer Charakter zugesprochen, über ihr stehe das ,ein für alle Male', welches gottgesetzte Unverbrüchlichkeit und Abgeschlossenheit anzeige', gelten mutatis mutandis auch für die "Lehrtradition" im Matthäus-Evangelium. Denn das Wort des Irdischen, das alle Heilazeit bis zum Ende überBp&nJlt, bedarf hier keiner Ergänzung oder Aktua1isierung für die nachösterliche Zeit. Was die Geschichte des von diesem vOrÖBterlichen Wort • Vgl. Giinther Bornkamm, Der Auferstandene und der lrdiaehe a.a.0.174(. Der Allferstandene und der Irdische 8.8.0. 187. • E"egetiache Versuche und Beainnungen I, 11160, 1.cl.
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Die heilageaohichtliche Konzeption
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unternommenen Heiles angeht, so ist es abgeschlOll8enes, einmaliges und zugleich bleibendes, ein für alle Male ergangenes Wort, das den nachösterlichen "Geist" überflllsaig macht. Der irdische Jesus bestimmt nicht nur die Zeit Israels bis zum Kreuz, sondern auch seine nachäeterliche Berufungsgeschichte und die letzte Zeit der Heidenberufung und geht dabei - trotz der dazwischenliegenden Ereignisse "Kreuz" und "Ostern" - "bruchl08" vom einen zum andern. Als Veranstalter der Heilsgeschichte unterliegt er keiner Diskontinuität. Ob er die Jünger zu Israel sendet, ob er ihnen das Ende "dieses Geschlechts" ansagt oder sie über Israel hinaus an die Heiden weist, für jede Lage vor und nach Ostern ist er derselbe irdischvolImächtige Messias, während sich die Adressaten des Heils gründlich ändern. Er ist das Haupt der Geschichte, die er von vorneherein als "Gott" regiert, mit der absoluten Macht des Erwählens und (heils- und endgeschichtlichen) Verwerfens, wie das Beispiel Israels zeigt. Hier, auf der menschlichen Seite des Geschehens, weiß die Heilsgeschichte von tiefer, unbegreiflicher Diskontinuität. Hier herrscht die Dialektik von erwählender Gnade und verwerfendem Gericht, begegnet der heftige Umsturz des Jahres 70, das Weiterschreiten der Berufung zu neuen Heilsempfängern, die ihrerseits wieder mit dem (letzten) Gericht bedroht werden. Hei\sgeschichte wird verstanden als Zeit der Gnade und Beanspruchung, als Zeit des Zerbrochenwerdens und Neuanfangs; ihre Kontinuität liegt allein in dem unwandelbaren handelnden Herrn der Berufung. Das lineare Zeitschema verführt den Evangelisten nicht zu einem linearen HeiIsdenken, das an ekklesiologischen Leitbildern orientiert wäre. Heilsgeschichte ist BeruJUTUJBgeschichte innerhalb der linearen Zeitentwicklung und so ganz und gar die Geschichte der Nicht- oder Noch-Nicht-Kirche, eben die Geschichte Israels und der Heiden. Die "Kirche" selbst ist nur insofern heilsgeschichtliches Thema, als die vom Meesias gesandten JUnger zugleich seine Berufungsmedien sind. Sie gehört zur Heilsgeschichte, weil sie andere durch ihren Dienst zu Berufenen, Geforderten oder endgültig übergangenen macht (Israeli), weil sie für andere Heilsgeschichte eröffnet oder beendet. Dabei kommt im Matthäus-Evangelium (für die Zeit vor oder nach Ostern) nur die vom irdischen Jesus berufene und beauftragte JUngerschar (= "Kirche") in Betracht; es gibt keine von den "JUngern" auf andere "JUnger" übertragene Berufungsmächtigbit, keine an andere weitergegebene "Amtsgewalt". Der spezifisch "kirchliche" Traditions- und Sukzessionsgedanke fehlt im redaktionellen heilsgeschichtlichen Programm. Hummel strapaziert die loci 16,16; 17,24-27 und 18,21 über Gebühr', wenn er aus ihnen folgert, , A.a.O.1i9. In diMell Testen l8i "Petrua" redaktionell.
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Die
Hei~hiohte
im Matthä\lll8V&Dg8lium
Petrus gelte als Garant für die Autorität gesetzlicher und disziplinarischer Vorschriften; es liege hier in nuce ein Traditionsgedanke vor, der dem rabbinischen ähnele'. In Wahrheit ist Petrus in diesen Texten nicht mehr als der belehrte Jünger, der sehr verschiedene Ent· scheidungen Jesu hinsichtlich des Ritualgesetzes, der "Politik" oder "Gemeindezucht" schlicht entgegenzunehmen, beileibe nicht zu ..garantieren" oder mit seiner Autorität zu belegen hat'. Er hat lediglich eine "Sprechrolle"lo inne, die Weisungen provoziert, welche der ganzen Jüngerschaft (= "Kirche") gelten 11. Wichtige Motive, die bei der Entstehung von 16, 18f. ihre Rolle gespielt haben (Petrus als "Garant" der Kirche und Inhaber der "Schlüsselgewalt"), hält Matthäus von seiner heilsgeschichtlichen Darstellung fern. Alleiniger Garant der Berufungsgeschichte, Inhaber aller heilsgeschichtlichen Schlüsselgewalt mit Erwählung und Verwerfung bis hin zur Berufung der Heiden vor dem Ende ist der irdische Messias. EB gibt keine "Zwischeninstanz". Die nachösterlichen Entwürfe (des "Geistes") mit den besonderen heilsgeschichtlichen Funktionen des Petrus oder der Zwölf (16,18f.; 19,28) aind im redaktionellen Entwurf ignoriert 11 und durch die heilsgeschichtliche Absolutheit des vorösterlichen Herrn ersetzt. Der irdische Messias allein verfügt bis in die letzte Zeit der Heidenberufung über Berufungsauftrag und -Mächtigkeit; ein Zeichen, daß Matthäus verhältnismäßig "früh" anzusetzen ist. Sein heilsgeschichtliches Denken entbehrt bei aller Einbeziehung einer "Apostelgeschichte" doch entscheidender Merkmale frühkatholischer Entwicklung (vgl. 1. Klem. 42,1-5; «,1-6). b) Die Funktion der Redekompositionen
Schildern die Kapitel 5-7 die exemplarische Verkündigung des EvangeliumB vom Reich für IsraelIS (die doch "zeitlos" gültig ist, vgl. 28,20); veranschaulicht Kap. 10 die Israel-Sendung der Jünger als der heilbringenden Boten der Himmelsherrschaft (und hält es zugleich das bleibende Wort für Mission und Nachfolge fest), so sind auch die folgenden Kapitel 11 und 12 mit ihren RedekompoBitionen durchweg in A.a.O. 60. I An allen drei Stellen ist 6 niTpO, übrigena Eigenname (anders ohne Ar· tikel 16,IS). Die Kraft der ursprünglichen "Sachbezeichnung" (Oecer Cullmann ThW VI 100) ist verlorengegangen. 10 Bultmann, Tradition 72. 11 Zu 15,15 vgJ. 1lI,16f. (Anrede in der Mehrzahl); zu 17,24ff. vgJ. S. IOlff.; zu 18,21 den Kontext von IS,15ff.35. ,. 19,2S dient im Kontext nur noch zur Beschreibung eachatologiacher "Vergeltung" (vgJ. 19,29). 16,ISf. kommt BBChlich nicht zum Zuge; Matthäu8 wird "" als "typisch",," Logion zur Darstellung der "Jünger". Vollmacht aufgenommen haben. 11 VgJ. 4,23; 9,3l!. I
Die heilsgeaohichtliche Konzeption
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"negativer" Absicht heilsgeschichtlich orientiert. Die hier verarbeiteten Stoffe dienen nicht mehr polemischen oder apologetischen Zwecken im Kampf mit dem geschichtlichen "Judentum", sondern der Polemik gegen das Israel des Matthäus-Evangeliums: gegen eine literarische, von Matthäus selber entworfene Größe. Sie besitzen nur noch Kontextfunktion, dienen als "Streitgespräche" für die Zwecke heilsgeschichtlicher Schriftstellerei; sie sind .. Ätiologien" des Gerichts und definitive Gerichtsworte für "Israel" (- die an entscheidenden Punkten über ihre Kontextfunktion hinausgehen, um das Bleibend-Gültige herauszustellen; l1,25ff.; 12,36; 12,46ff.). So steht auch die Gleichnisrede Kap. 13 im Dienst der matthäischen Heilsgeschichte, vgl. 13,10-15. 34f. (und zugleich zeigen ihre paränetischen Elemente, daß hier auch einer späteren Zeit ..eschatologisch" gepredigt werden soll). Auch dem von Markus übernommenen Streitgesprächs-Stoff 15,1-20 verleiht Matthäus durch die Einfügung von 15,12-14 heilsgeschichtlichätiologischen Charakter. Ebenso ist der große, dreifache KampfKomplex 21,12-19; 21,23-22,10; 22,15--24,2 1' elne Ätiologie und Darstellung der Verwerfung Israels, die aufzeigt, warum, wie und wann Israel von seinem König abgetan wurde (ein Komplex, der daneben freilich auch ..aktuelle Lehre" darzubieten vermag, vgl. 21,20-22; 22,11-14; 23,(8-10).I1f.). Die umfangreiche Redekomposition 24,3-25,46 trägt wie schon Mk. 13 ..eschatologischen" Charakter; sie enthält das Wort von der letzten Zeit und für die letzte Zeit, wieder mit verstärktem paränetischem Akzent (24,43-51; 25,1-13.14--30. 31--46), dient jedoch zugleich der heilsgeschichtlichen Ortsbestimmungl& für die Zeit nach Israels Untergang (24,9.14; 25,31ff.), zeigt also wieder die bezeichnende Verbindung von Geschichtsschreibung .und Kerygma, wobei in diesem Fall der unter den Augen der kommenden Eschata stehenden Gegenwart anders als bei der Darstellung der Vergangenheit Israels die heilsgeschichtliche Ortsbestimmung selbst aktuell-verbindliches Kerygma ist. Außer dem 18. Kapitel mit seinem "kirchlichen" Gepräge (18,15ff.) sind alle großen Redekompositionen des Matthäus-Evangeliums Bausteine im mächtigen Gebäude der matthäischen Heilsgeschichte (und zugleich oder daneben Predigt des bis zum Ende verbindlichen Worts). Matthäus will die Geschichte seiner für die Heiden bestimmten Heilsbotschaft schreiben und aus ihr die eigene heilsgeschichtliche Gegenwart für Nicht-Kirche und .. Kirche" herleiten, begründen und rechttertigen. Es ist die Ueschichte vom Leben Jesu als des Messias Israels, von seinem Kampf mit Israel und seinem Gericht für "dieses Geschlecht" mit allen Konsequenzen bis zur Jünger-Berufung der Heiden vor dem Ende. Eine •• Zur Analyse vgl. S. 68 . • 1 Wie ee ansatzweise echon bei Markua der Fall ist (vgl. 13, (7).10).
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Die Heilsgeaohiohte im Mattb&lJII6VBII8elium
Geschichte, die nicht nur den heilsgeschichtlichen Ertrag des Lebens und Kampfes Jesu vor Augen stellt, sondern auch seinen bleibendkerygmatischen, eben das Wort, das, damals gesprochen, auch für die letzte Zeit warnende und tröstende Kraft besitzt. Das MatthäusEvangelium enthält eine (selbst kerygmatische oder mit aktuellem Lehrgut ergänzte) Heils-Geschichte. Partien wie 23,13-24,2 bleiben für die später berufenen Heiden ohne direkte oder indirekte kerygmatische Auswertung im Sinne von Röm. 11,20f., da Israels Geschichte unwiederholbar und auf die heilsgeschichtliche Lage der Heiden nicht anzuwenden ist. Das Gericht über ihre Berufung fällt zusammen mit dem Letzten Gericht. Sie werden deshalb auch allein von dorther gewarnt (22,11-14; 25,31-46).
c) Israel und die Heiden Die Zusammenstellung der beiden Größen ..Israel" und ..die Heiden" als bestimmter Phänomene der Jesusgeschichte geht auf Matthäus selbst zurück und bietet eine in ihrer Art originelle Lösung: zuerst kommt die Zeit Israels, während der Jesus und die Jünger nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt sind (und das trotz 10,18; 12,15-21 und den diesen Rahmen sprengenden Texten 5,13ft'.; 10,24 usw.); nach Israels hartem Nein und seiner gerechten Aburteilung hebt auf der heilgeschichtlichen Zeitlinie für die von Jesus gesandten Jünger die (letzte) Stunde der Heiden an. Ist diese zeitlich exakt fixierende (22, 7ft'.; 23,32ft'.) und alles in der Gewalt des Messias verankernde Bestimmung des heilsgeschichtlichen Verhältnisses von Israel und den Heiden das Werk des Evangelisten, so hat er die zugrunde liegende Vorstellung von der HeilBZeit der Heiden unter VoraUBBetzung der Verstockung Israels schwerlich selbst entworfen. Diese Vorstellung begegnet in verschiedener Gestalt auch bei Paulus und in der Apostelgeschichte, so daß sich der Gedanke nahelegt, Matthäus habe ein vorgegebenes Theologumenon auf seine Weise übernommen und mit kühner Originalität abgewandelt. Schon Paulus kennt eine (christliche) Heilsprärogative Israels (Röm.l,16; vgl. die Voranstellung der Juden in Röm.3,9; 9,24; 10,12; 1. Kor. l,22ft'.; 10,32; 12,13; Gal. 3,28). Doch sieht er, daß Israel seinem Heil widerstrebt (Röm. 10,3.16---21; 11,31), was einen gewaltigen Umbruch der Heilsgeschichte auslöst: Durch ihren Fehltritt kommt das Heil zu den Heiden (Röm. 11,11); Israels Verwerfung ist gleichbedeutend mit der Versöhnung der Welt (Röm. 11,15). Dadurch sind freilich die Heiden noch lange nicht die Nachfolger eines definitiv aus der Heilsgeschichte ausgeschiedenen Israel wie bei Matthäus. Denn die Annahme der Heiden ist für Paulus nur der göttliche Umweg zur ..endlichen" Annahme Israels, dem Gott aller Untreue zum
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Trotz die Treue hält (Röm. 9,6; 11,1); er rechtfertigt die Gottloeen 11 (Röm.ll,32); er schalft Leben aus den Toten (Röm. 11,15). Die Missionierung der Heiden ist dem Heidenapoatel nicht Selbstzweck, sondern Durchgangsstation und Vorausaetzung für das Heil Israels. Die Heiden sollen Israel ..eüersüchtig" machen wie Paulus selbst (Röm. 11,11.13). Man denke an Röm. l1,25f.: Ich möchte euch aber, ihr Brüder, nicht im unklaren lassen über dieses Geheimnis, damit ihr nicht überheblich werdet: daß Israel zu einem Teile Verstockung widerfahren ist, bis die Vollzahl der Heiden eingegangen ist, und daß auf diese Weise ganz Israel gerettet wird. - Es ist demgegenüber dem matthäischen Entwurf abzuspUren, daß er der weniger reflektierte und durchlittene ist. Matthäus kann anders als Paulus ..dieses Geschlecht" zum Gegenstand ..1ai&IoriacMr" Darstellung machen. Er zeichnet das ein für alle Male vergangene Israel, das nur insofern Gegenwartsbedeutung besitzt, als es durch seinen Ungehorsam die Weichen zum Heil für die Heiden von heute stellte. Israel ist so für Matthäus kein aktuelles theologisches Problem mehr wie für Paulus. Ist das Heil zu den Heiden gekommen, sind sie - anstelle Israels - berufen, so ist der Sinn der Heilsgeschichte erfüllt. Es gibt keine Nach-Geschichte, kein ..darüber hinaus", das den Heiden auf der Brücke über ihren Gehorsam noch eine positive heilsgeschichtliche Funktion für Israel zudiktierte. Matthäus betrachtet Israel auch nicht als ..alttestamentliche" Größe der Erwählung (vgl. Röm. 3,1f.; 9,4f.llf.) und Verheißung (Röm. 9, 6.9; lI,28f.), sondern als ziemlich .. junges" Phänomen, als das Geschlecht der Himmelsherrschaft, dessen Geschichte mit Johannes beginnt und das auf seinen Ungehorsam hin dem Gericht verfällt - das Jahr 70 liegt noch nicht lange zurück -, ohne daß nun das Moment der Bundestreue Gottes, ohne daß Israels lange Vor-Geschichte mit den Vätern und den an sie ergangenen Verheißungen ins Blickfeld träte. Demnach macht sich bei Matthäus, verglichen mit Paulus, eine starke Verkürzung der Perspektive nach ..vorne" und ..hinten" bemerkbar. Weil es keine Vor-Geschichte des Bundes und der Verheißung gibt, gibt es auch keine Nach-Geschichte Israels kraft der unwandelbaren Bundestreue Gottes...Israel" wird so definiert, daß es keinen Heilsvorrang genießt, der nicht hernach auch den Heiden teilhaftig wird. Hier verrät sich der .. heidenchristliche" Denkhorizont des Evangelisten. Die Heiden übernehmen von Israel den Messias als ihren König (2,1-12; 27,51-54), übernehmen sein Gebot und Heil, Herufung, Gnade und Verantwortung Israels - alles; für Israel bleibt nichts Einzigartiges an GottesgeBChichte nnd empfangener Gnade, das 11 Des Thema dee RömerbriefiI, in Röm. 9-11 hinsiohtlich der Heihlgeechichte Israela entfaltet. - (Mit Nachdnlck vortreten von Ernst Käeemann, mündlich im Seminar (iber Röm. 9-11, B8 196G.)
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Die Heilsgeschichte im Matthäusevangelium
es auch über seine Untreue hinaus Gegenstand der Heilsgeschichte sein ließe. Seine Heilsprärogative besteht bei Matthäus nur in einem zeitlichen "Zuvor"; ihr eignet keine kontingente Unverwechselbarkeit, der die Heiden nicht teilhaftig würden und der sie mit ihrem Gehorsam - in einer fortan bestehenden Heilsgeschichte Israels - zu dienen hätten. Nach dem Zeugnis des Paulus können die Heilszeiten Israels und der Heiden niemals bloß aufeinanderfolgen, sondern trotz Israels Verwerfung nur zeitlich nebeneinanderher laufen, denn die Zeit des sola gratia für die verlorenen Heiden ist auch die Zeit des sola gratia für die unwürdigen Kinder Israels. Wohl spricht auch Matthäus von Gottes Verheißungen; sie sind erfüllt im Leben und Sterben Jesu, wie die vom Evangelisten verwendeten Refiexionszitate zu verstehen geben. Israels eine große Verheißung ist der Messias- die alttestamentliche Vorgeschichte "dieses Geschlechts" besteht bei Matthäus in der messianischen Prophetie, nicht im "Bund". Mit der Erfüllung dieser Prophetie ist die Heilszeit Israels gekommen, die es jedoch versäumt, um alsbald aus der Heilsgeschichte auszuscheiden. Es hat den Messias empfangen und - verloren: eine einfache Entsprechung von Gnade und Gericht, die nichts davon weiß, daß Gnade anderes sein und für mehr stehen könnte, als daß sie kurzerhand vom Gericht zu "ersetzen" wäre. "Israel" erscheint so im Matthäus-Evangelium in einer überruchend "untheologischen", fast möchte man sagen "vulgärtheologischen" Ausformung. Bei aller Heilsgeschichte und Gottesnähe ist es doch im Blick auf Vergangenheit und Zukunft seltsam "geschichtslos" gesehen, ohne die Tiefendimensionen der paulinischen Betrachtung 17, von der bei Matthäus nur bestimmte Motive begegnen. Daß Israel grundsätzlich als auf einer Ebene mit Heiden befindlich und "mühelos" durch Heiden austauschbar vorgestellt wird, wird wohl heidenchristlichem Denken aus den Jahren 80-90 entspringen, das den existentiellen und theologischen Kontakt mit Israel und der Fülle seiner Gottesgeschichte verloren hat. Im ganzen der heiIsgeschichtlichen Konzeption des Evangelisten läßt sich so eine Parallele zu seiner ungeschichtlichen und undüferenzierten Darstellung der Autoritäten als der Einheitsvertreter Israels erkennen. Für die "heidenchristliche" Prägung des Evangelisten spricht gerade seine vordergründige und "unproblematische" Behandlung des Israel-Themas in seinen verschiedenen Spielarten. Auch die Apostelgeschichte, die den Weg der Mission von Israel zu den Heiden, von Jerusa\em über ganz Judäo. und Samaria bis ans Ende der Erde nachzeichnet (1,8; vgl. 23, 11 Rom !), läßt an verschiedenen Stellen 17 Doch sei an 1. Thess. 2,15f. erinnert, das zeigt,
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einen einheitlichen heilsgeschichtlichen Schematismus für das Verhältnis Israels und der Heiden erkennen. Die erste dieser Stellen ist 13,46f. (nach der voranstehenden Warnung von 13, 40f.): Euch mußte zuerst das Wort Gottes gesagt werden; nachdem ihr es aber von euch stoßt und euch selbst des ewigen Lebens nicht wert achtet, siehe, so wenden wir uns zu den Heiden. Der Text steht in Spannung zu 14,1, wo Paulus und Barnabas prompt wieder in die Synagoge der Juden gehen (vgl. 16,13; 17, lf.l0.17; 18,4). Die grundsätzliche Formulierung, deren Skopus in der Ablösung des jüdischen Missionswerkes durch die Heidenmission liegt, wird durch den Erzählungsrahmen relativiert, so daß es zunächst den Anschein hat, als sei ihre Gültigkeit auf das pisidische Antiochien beschränktl 8 . Ähnlich verhält es sich mit 18,6: Euer Blut komme über euer Haupt; rein gehe ich von nun an zu den Heiden. Auch hier gehen Text- und Rahmenaussage auseinander (19,8!). Dieselbe Bewegung wie 13,46f.; 18,6 reflektieren die Verse 28,25 b--28 11 : Israel ist verstockt, dafür werden die Heiden das Heil Gottes hören. Dreimal schildert Lukas auf dem Hintergrund einer permanenten Situation der "Anknüpfung" in der Synagoge und "Bevorzugung" der Juden" den Widerstand der 'Iou31lt!oL gegen das "Wort Gottes" mit der folgenden Kehrtwendung in Richtung auf die Heidenmission. Der erste Fall dieser Art gehört zur ersten Missionsreise und nach Kleinasien, der zweite ereignet sich in Griechenland in der Mitte der paulinischen Missionstätigkeit, der dritte während der letzten Wirksamkeit des Apostels in Rom. Martin Dibelius und mit ihm Ernst Haenohen 21 haben mit Recht hervorgehoben, daß dieses Arrangement kein Zufall ist, sondern das "Werk eines bewußt schaffenden, auf Kunstmittel nicht verzichtenden Autors"22. Es erhebt sich die Frage, was Lukas mit diesem auffällig lokalisierten, dreifachen "Schema" sagen wollte. Haenchen sieht Lukas die paulinische Missionserfahrung, d. h. die Grunderfahrung der christlichen Mission überhaupt darstellen. Er sagt: "Gegen den Willen der christlichen Missionare wird ihre Verkündigung dureh die Ablehnung der Juden zu den Heiden abgedrängt ... 23." Es leidet keinen Zweifel, daß Lukas die Missionserfahrung des Paulus schildert. Doch ist nicht geklärt, ob er damit 11
Vgl. Ernst Haenchen, Die Apostelgeschichte, MeyerK III, 13. Auf!. 1961,
356. 11 19,9 ist IUld~", gelagert: Trenmmg d"r Gemeinde von der Synagoge. nicht Wechsel der Heilsadressaten. 10 In ihr spiegelt sich der heilsgeschichtliehe Vorrang Israels, vgl. Heinrich Schlier, Die Entscheidung für die Heiderunission, in: Die Zeit der Kirche, 2. Au1I. 1958, 90-107, 96 . •• Kommentar 653. U Martin Dibelius, Aufsätze zur Apostelgeschichte, herausg. von Heinrich Greeven, 1957, 129. .. Kommentar 653.
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wirklich die Grunderfahrung der christlichen Mission überhaupt abbilden will. Dann wäre christliche Mission für Lukas grundsätzlich Judenmission, die jeweils "umständehalber" zur Heidenmission würde. Die Erfahrungen in der Judenmission der Lukas-Zeit stimmten mit denen der klassischen Missionszeit überein ; was sich heute ereignete, wäre schon für damals typisch,eine tröstliche Vorstellung.-Auffälligist, daß der Schematismus von 13, 46f. usw. innerhalb der Apostelgeschichte verhältnismäßig spät begegnet und nicht dasRechtder Heidenmission zu begründen hat. Dieses Recht gehört mit zu den Voraussetzungen der paulinischen Mission (vgl. 8,4ff.26ff."; 10,lff.; 11,1-18). Den Heiden ist das Heil kraft Gottes wunderbarem Eingreifen längst und ein für alle Male aufgetan. So kannPaulus sich in seinenNöten mit den Juden bedenkenlos und willentlich von Israel zu den Heiden wenden, ein Vorgang, der u. E. das innere Gefalle der paulinischen Mission aufzeigen soll, das Gesetz, dem sie nach Lukas von Abis Z unterliegt und das etwas anderes veranschaulicht als die Grunderfahrung christlicher Mission überhaupt - den heilsgeschichtlichen Richtungssinn der von Lukas beschriebenen paulinischen Mission: die Juden versagen sich dem Wort, und die Heiden treten an ihre Stelle. Eben dieses "Gesetz" wird von Lukas als das erste und letzte Wort, als Anfang, Mitte und Summe der paulinischen Mission vorgeführt: Israel wird, was die Mission anlangt, auf Grund seiner Verstockung U von den Heiden abgelöst. Anders gesagt: die Darstellung der paulinischen Mission ist für Lukas eine Ätiologie für den von ihm vorgefundenen Zustand der Heidenmi8BWn. Die Geschichte der Paulus-Mission weist auf den späteren Zustand voraus, rechtfertigt, erklärt ihn und führt schließlich noch selbst auf ihn hin (28,25b-28). Wie Joachim Gnilka zutreffend herausstellt, ist bei Lukas" ... eine durch Evangelium und Apostelgeschichte hindurchgehende geschichtliche und gleichzeitig theologisch begründete Sicht des Unglaubens Israels bis zu ihrem Ende durchgedacht 26". Lukas beschreibt zwei große Phasen: ,,1. Die Zeit Jesu. Mit Jesus, der sich ganz auf das Judenland beschränkt, ist für Israel ,die Zeit der Heimsuchung' (Lk. 19,44), die letzte Gnadenstunde angebrochen. Mit dem Tode Jesu hört Israel auf, das alleinige Gottesvolk zu sein. Der Tod Jesu eröffnet 2. die Zeit der Kirche. Drei Stufen hoben sich ab. Die Juden sind als Erste zur Kirche gerufen. Deshalb beschränkt sich die Wirksamkeit der Apostel zunächst auf Jerusalem . .. Kap. 8 ist auf dem Hintergrund der Stephanuarede Kap. 7 zu oehen; vgl. Gnilka a.a.O. 144. .. Gnilka 152: "Alles dringt doch hin auf die letztmalige Feststellung, daß die Juden verstockt sind." Zum Komplex "Israel - die Heiden" im Lukas· Evangelium und in der Apostelgeschichte vgl. Gnilka 130ff. Zu 13,46f. UBW. vgl. Hans Conzelmann, Die Mitte der Zeit, BHTh 17, 3. Auft. 1960, 177.198. .. A.a.O. 149.
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Diese Periode findet ihren unglücklichen Abschluß durch dieStephanusgeschichte. Es folgt die MiBBionstätigkeit in der Diaspora. Auch hier sind die Juden die Zuerstgerufenen. Aber überall, von Pisidien bis Rom, stößt der Ruf zum Evangelium bei den Juden auf die gleiche Ablehnung, während die Heiden ihn freudig aufnehmen. Darum folgt jetzt die ungehinderte MiBBionstätigkeit unter den Heiden. Die Apostelgeschichte führt bis an die Schwelle dieser neuen Periode heran ... Das Isaiaswort ist der markante Schlußstein eines eindrucksvollen geschichtstheologischen AufriBSeB 17 ." Man kann dem weithin zustimmen. Ein hier zu notierender Mangel dieser Sätze ist, daß Gnilka die heilsgeschichtlich-ätiologische Funktion der lukanischen Konzeption. nicht noch einmal ausdrücklich geltend macht 11. Kap. 7 11 fungiert als Abschluß von Kap. 2-6 und Begründung des folgenden tJberganga zur HeidenmiBBion von Kap. 81f.1O ; die paulinischeDiaspora-JudenmiBBion mit 13,46f.; 18,6; 28,25b-28 begründet die folgende (von Lukas vorausgesetzte) Heidenmiaaion selbst. Lukas vermag also wie Matthäus die Heidenberufung seiner Zeit aus der "Geschichte" abzuleiten. Sie ist göttlicher Wille als Frucht der doppelten Verstockung Israels in Jerusalem und in der Diaspora. In der jeweiligen zeitlich-räumlichen VoransteIlung der Juden (Jerusalem und Diaspora-Synagoge) erscheint ihre geschichtlich einmalige (christliche) Heilsprärogative, die sie im Laufe ihrer Berufungsgeschichte an die zeitlich und räumlich nachgeordneten Heiden verlieren 81. Wir haben es demnach mit einem ähnlichen Entwurf zu tun wie im MatthäusEvangelium. Dasselbe "Schema", nach dem sich Matthäus den Gang des vom irdischen MeBSias Israels verantworteten Heilsgeschehens vorstellt, wendet Lukas auf die kirchliche, nachösterlich-pfingstliche JudenmiBBion in Jerusalem und in der Diaspora an. Wo bei Matthäus die Ablösung Israels durch die Heiden in den Rahmen einer vita Jesu und so zur Jesus-Geschichte gehört, ist sie bei Lukas das Ergebnis der "apostolischen" Kirchen-Geschichte im Rahmen einer von der vita
.7
A.a.O. 149f. .. Vgl. zu Kap. 7 a.a.O. l«f.: "Die Rede des Stephanus ist für Lukas ... im Geea.mtgefüge der Apostelgeschichte die geschichtatheclogiache Begründung daf"ur, dall das Wort Gottes aich nunmehr von Jerusalem abwendet und den Heiden zuwendet ... u U Im übrigen vgl. zu Kap. 7 Haenchen 238-241. .. Vgl. 8,411".26ff.: 9,16: 10,1-48: 11,1-18.20. Auch Kap. 12 gehört in diesen Zusammenhang (Haenchen 330-335 verliert kein Wort über die Funktion des Kapitels im Kontext), indem es das letzte Wort zum Thema "Jerusalem" und mit i1un das Ende der Jerusalemageschichte vor Augen führt: Gottes Überlegenheit und Gericht über die bösen Juden (12,1-3.111), erzählt am Beispiel des Petrua und Herodes. 11 Die Heiden empfangen dieselben Heilagüter wie vordem Iarael, vgl. z.B. 26,18 mit 2,38 und 3,19; 2,14--21.33.38 mit 10,45.47 und 11,115.17; 13,46 mit 13,4.8: 28,28 im Kontext.
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Jesu abgesetzten, speziellen Apostelgeschichte. Gemeinsam ist beiden Entwürfen das Wissen, daß die Israel-Mission nach Ostern kräftig im Schwange ging und - abgebrochen wurde. Matthäus datiert ihr Ende auf die Katastrophe des Jahres 70, Lukas läßt es mit dem Ende der Paulus-Mission zusammenfallen, setzt es also noch früher an. Für beide ist ..Israel" eine Größe der heilsgeschichtlichen Vergangenheit. Hier stoßen wir auf verschiedene Ausformungen einer .. heidenchristlichen" Theologie vom Ausgang des 1. Jahrhunderts, die mit dem IsraelProblem, horribile dictu, aufihre (heilsgeschichtlich begründete) Weise ..fertig" war und mit jeweils verschiedenem Material- sei's unter Berufung auf Jesus und seine Worte, sei's mit dem Rückgriff auf den ..Geist" und das apostolische Wort - dieselbe heiIsgeschichtliche Stunde allBllgte. Lukas läßt dabei, auf die Grundmerkmale seiner Darstellung gesehen, die historisch zutreffendere und differenziertere Sicht erkennen. Wo Matthäus seltsam ..geschichtslos" verfährt und unter Außerachtlassung von ..Ostern" alles auf die Autorität des irdischen Herrn und seinen Raum abstellt, berichtet Lukas von der nachÖ8terlich-geistweise geführten, umkämpften, ..geschichtlichen" Entwicklung der Dinge, von Stationen, Übergängen und den entsprechendcn geographischen Räumen, ohne daß damit seine Skizze mit ihrer strengen Phasen-Gliederung und jeweiligen Detailschilderung in jedem Fall schon historisch getreuer Bericht sein muß. Da.ß Matthäus weniger ..differenziert", mag zunächst, formal betrachtet, unter dem Zwang geschehen, das Ganze im Rahmen einer vita Jesu unterzubringen. Doch hat der Verzicht auf eine ausgeführte Apostelgeschichte = Geist- und Kirchengeschichte wie bei Lukas tiefere, theologische Gründe und erwächst aus einer Sachentscheidung: aus einer Christologie, die mit unerhörter Einseitigkeit ausschließlich den irdischen (jetzt auferweckten) Herrn als Gabe, Kriterium und So'Uverän, kurz: als ..Geist" aller vor- und nachÖ8terlichen Heilsgeschichte gelten lassen will. Eine aufregende Antwort nachösterlichen ..Geistes" zur Frage nach der Begründung und Autorisierung gegenwärtigen Heilsgeschehens! Matthäus, darf man sagen, ist der erste (.. heidenchristlich" bestimmte) Vertreter einer strengen, geschichtlich-nivellierenden ipsissima-voxGläubigkeit, wo Lukas, sachlich und geschichtlich treuer, das Phänomen von Ostern-Pfingsten und seine Maßgeblichkeit für das gegenwärtige Heilsgeschehen (auf dem Hintergrund einer durchaus ernst genommenen vita Jesu!) voll zur Geltung zu bringen vermag. Daß auch Lukas nur bestimmte Motive von Röm. 9-11 verwendet, liegt auf der Hand. Das zu Matthäus und seinem Verhältnis zu Paulus Gesagte gilt cum grano salis auch für Lukas. Der Paulus der Apostelgeschichte ist eine heilsgeschichtliche Figur, an der Israel in der Diaspora seinen (christlichen) Heilsvorrang verliert und an die Heiden abgibt: der
Die Funktion der Judaismen
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Heidenapostel (Röm. 11,13), der um Israels willen von Christus weg verfiucht sein möchte (Röm. 9,3), als Kronzeuge eines Heidenchristentums, das ..Israel" aufgegeben hat! 2. Die Funktion der Judai8men innerluJlb der 1aeilBguc1aie1ltlic1&en Dar,WZu1l{/
J ohannes Weiß hat das Matthäus-Evangelium a1a .. judenchristliches" verstanden. Die Begründung seines Verständnisses ist so durchsichtig formuliert, daß sie hier für ähnliche, die Forschung bis heute beeinflussende Auff&88ungen zu Wort kommen soll: ..Vor allem aber ist das Matthäus-Evangelium nur zu verstehen a1a ein auf judenchristliche Leser berechnetes Werk, natürlich auf Diaspora-Judenchristen. Der Eifer, mit dem der Verfasser den Nachweis der Messianität Jesu führt (sein Stammbaum: Abstammung von David-Abraham, und scin Schriftbeweis), die beflissene Widerlegung jüdischer Verleumdungen bezüglich der Geburt und Auferstehung Jesu, die Art, wie er den Anstoß aus dem Wege räumt, daß Jesus aus Ga\iläa = Nazareth kommt (2,23; 4,12-16), wie er die Sendung Jesu für Israel (10,5f.; 15,24) hervorhebt, obwohl er schließlich die Aussendung der Zwölf (!) an die Heiden berichten muß (28,19), ja gerade das große Interesse, das er an der Verwerfung Israels und ihren Gründen hat (21,43), das alles zeigt ihn auf Gesichtspunkte und Interessen des Judentums eingestellt. Vor allem aber zeigt dies die Tatsache, daß er für die unverbrüchliche Haltung des Gesetzes kämpft (5,18) und gegen die, welche sagen, Jesus habe es aufgehoben (5,17.19), gegen die Vertreter der Gesetzlosigkeit (7,23; 13,41); ja sogar das Zeremonialgebotwill er nicht völlig fahrenlassen : ,dieses sollte man tun und jenes nicht unterlassen' (23,23); er hat das Wort stehenlassen, aus dem man eine fortdauernde Beobachtung des Sabbat bei den alten Judenchristen erschließen muß (24,20). Selbst für die Lehren der Schriftgelehrten tritt er ein, wenn er auch zugeben muß, daß sie nicht danach leben (23,3). Mit diesen durchaus judenchristlichen und gesetzestreuen Anschauungen stellt er sich abseits von dem Kreise der großen heidenchristlichen Kirche ...II" Der diesen Sätzen gemeinsame methodische Mangel liegt darin, daß hier die auffallenden .. judenchristlichen" Texte des matthäischen Sonderguts l l kurzerhand aneinandergereiht und in ihrer einfachen Summe für den spezifischen Charakter des Matthäus-Evangeliums und scines Verfassers geltend gemacht werden. Der Ausleger unterläßt die überlegung, ob das .. judenchristliche" tl'berlieferungsgut auch im mat•• Das Urehriatentum, Göttingen 1917,522. A Texte wie 5,23U7 (6,7; 18,17); 6,1-4.~.16-18.32; 10,23; 23,16-22 u. B. sind übergangen.
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Die Heilageaohiohte im Matthäuaevangelium
thäischen Zusammenhang judenchristlichen Interessen zu dienen hat. Er macht keinen Versuch, seine jeweilige Funktion im Kontext zu bestimmen. M. a. W. er unterscheidet nicht zwischen "Tradition" und "Redaktion" und bekommt so nicht zu Gesicht, dsß der übernommene Stoff eines ist, ein anderes jedoch der literariache Gebrauch, den der Evangelien-Schriftsteller von ihm macht. Wir ordnen die einschlägigen Texte im folgenden nach sachlichen Gesichtspunkten und unterwerfen sie der neuen, im Zuge der formgeschichtlichen Forschung entwickelten Fragestellung.
a) Die Parlikulariamen 10,5/.; (10,23;) 15,24 Über die heilsgeschichtlich-Iiterarische Funktion dieser Sätze vgl. S.60-63.
b) Bcnulergue zum Thema "IBrtJel" Ad vocem "Repräsentanten" vgl. S. 11-33, ad vocem "böses Israel" S.38-74. In diesen Themenkreis gehören die von J. Weiß angezogenen Texte 21,43 (vgI.S. 43f.; 79-83) und 27,62-66; 28,11-15 (S. 73f.). Sie sind streng heiIsgeschichtlich orientiert, einbezogen in das literarische Israel-Bild des Evangelisten: das durch die Autoritäten repräsentierte Israel ist die unbotmäßige, heils- und endgeschichtlich verworfeno Generation der Berufung zur Himmelilherrschaft und als solche ein Stück Vergangenheit, Gegenstand von "Geschichtsschreibung", nicht mehr aktuelles Gegenüber des Evangelisten.
c) Dill Murianität Juu IX)
Hoheitatitel M
Es ist längst beobachtet, dsß Matthäus seine Christologie, soweit sie die Darstellung des Irdischen betrifft, als einziger neutestamentlicher Zeuge konsequent messianologisch entfaltet. Jesus ist genuiner Israelit, Sohn Abrahams und als solcher Sohn Davids, wie schon der erste Vers des Evangeliums verkündigt·. Er ist der geborene König" der Juden - so sagen die Heiden (2,2; vgl. 27,11.29.37 17 ); für Herodes mit den Oberpriestern und Schriftgelehrten des Volks heißt das "der .. Zum einzelnen vgl. Hummell09ft".; Strecker 118ft".; 123ft"• .. Vgl. den auf David und Abraham zurückgeführten Stammbaum 1,2-18. .. Vg!. Hummel 1l4.: "Eine Betonung der königlichen SteUung Jesu liegt darin, da.ll im Stammbaum David ausdrücklich ,der König' genannt (1,6) und die Geachlechterfolge über die königliche Linie geführt wird (1,7-11)." 17 Rohr und Pl'08kynese (27,29) vOI'Btärken gegenüber Mk. Ui,16ff. die königIiohen Züge im Bilde Jesu.
Die Funktion der Judaismen wrw.
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Christus" (2,4; vgl. 27,42 "König Israels"). Ein anderes Wort für "Meesias" ist "Sohn (Gottes)"·. Weil Mstthäus Jesus als den geborenen Christus = Sohn (Gottes) vorauasetzt, kann in der Taufgeschichte Jesus ganz entsprechend nur noch als Sohn proklamiert (3,17), nicht mehr zum Sohn adoptiert werden wie Mk.l,l1. Ein anderes Synonymon zu "Christus" ist "Davidssohn"IIt, eine Titulatur, die Matthäus stark in den Vordergrund rückt to• Entscheidend ist nun die Beobachtung, daß Matthäus diese Titel, die gemeinsam sein Meesias-Bild gestalten, streng und konsequent auf den irdischen Herrn der Berufung und Verwerfung Israels anwendet". Das Israel der Basileia-Berufung und der Messias (von damals) gehören zusammen. Was Strecker zu "Davidssohn" sagt, "daß der Davidsohntitel im Rahmen der Historisierung Verwendung findet, daß er nämlich an die einmalige, historische Situation der Zeit Jesu als der Zeit der Sendung an das jüdische Volk gebunden ist"", gilt entsprechend auch für "Christus" und "Gottessohn", wobei zu bedenken ist, daß der Messias Israels im Matthäus-Evangelium weit über den Radius seines Lebens hinaus Geschichte macht. Er bewirkt den Verlust des Heils für Israel und das neue Heilsangebot an die Heiden; er gibt z. B. auch das gültige Wort für die letzte Zeit vor dem Ende (24,3-25,46) - , er, der irdische, der als König Israels geboren wird und als Messias am Kreuz in den Tod geht und den Mstthäus sorgf&Itig von dem znkünftigen Menschensohn-Richter" unterscheidet. Nach 26,64 bekennt sich Jesus vor dem Hohenpriester zu seiner Messias-Gotte88ohnschaft, doch von nun an", was seine Zukunft betrifft, ist er etwas "anderes": Jedoch ich sage euch, von nun an werdet ihr den Me1I8Chenso1I1I zur Rechten der Kraft (Gottes) sitzen und auf den Wolken des Himmels kommen sehen. Dem entspricht das redaktionelle Kompositionsverfahren in 24,23ff. 24,23-25 und Mk. 13,21-23 gehören zusammen, ebenso 24,26-28 und die Q-Logien Lk. 17, 23f.37. Mstthäus schließt 24,26ff. • Vgl. 2,'/15; 16,16; 26,63; 27,'0.'2. Gerade in di_r Synonymität, in der konaequonten M_ianiaierung des Got~hnbegrilf8 liegt eine matthiische Eit'nart der Titelbehandlung (gegen Strecker 126). • Vgl. 1,1/16; 21,5/9; 22,'2 (S. 52, Anm. M) . .. 9,27; 12,23; 15,22; 20,30.31 (Par Mk.IO,'8.'9); 21,9.15; 22,'2 (Par Mk.12,35) . • , ~ufflWi,. ist die be.~ta Verbindung und Parallelisie~ der ~e "DaVldaaohn und "Herr m 11,27/28; 15,22/25; 20,30.31. Der irdiach-gewalt1g8 Me.iu-König, Herr der Gnade und des Gerichte für larael, empfingt von den Seinen (vgl. Strecker IU; Hahn, Hoheitatitel 85f.) di_lbe AnreiIe wie der richtendo Menachenaohn·König (25,37.«; vgl. 7,21; 2','2; 25,11) . •• A .... O. 1111. Vgl. Hummel 122: "Die apeziell ..ur Israel gerichtete messianische Wirkaamkeit Jesu fillt mit der Zeit seines irdiachen Weges Z118IUI1II1IID." .. Vgl. 13,'If.; 16,27.(28); 19,28; 25,31ff. und das Zitat ..ua Bach 12,IOff. in U,30. c, IrAfj. >Jy", ul'i. und 41r' ipn (8tatt 11«1 Mk. 14,62) 8ind redaktionell: vgl. Trilling 86 f. U 8701 Walker. 1IeI~"
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Die HeiIsgeaohiohte im MatthäU80Vangelium
an 24,2~25 an", um es zu präzisieren". Das zeigt, daß der Erwartete für ihn kein irdischer Messias mehr ist, der in der Wüste oder in Kammern zu finden wäre, sondern ein Himmelswesen von kosmischem Ausmaß, eben der Menschensohn in seiner allen sichtbaren Parusie. Im Dienste der .. Historiaierung" ist die matthäische Mesaianologie nicht nach außen, zu den ..Juden" hin ausgerichtet, um ihnen die wahre Würde Jesu zu bezeugen, sondern sie ist nach innen bezogen, auf das likrariBc1ae ..Israel" des Matthäus-Evangeliums. Sie zeigt, wer das Gegenüber der von Matthäus beschriebenen Basileia-Generation war und warum ..dieses Geschlecht" an diesem Gegenüber untergehen mußte: Israel hat seinen verheißenen König von seiner ersten Stunde an (2,1-12) mit blindwütigem Haß verfolgt und ihn schließlich gar - im Tausch gegen einen üblen Mörder" - ans Kreuz gebracht. Man beachte den kompositorischen Kontrast von 2,1-12 zu 1,1-17. 18--25. Kaum ist der Nachkomme Abrahams und Davidasohn (1,1.6), der Meaaias (1,16.17) und Retter seines Volkes (1,21) als der auf wunderbare Weise durch Gottes selbsteigenes Schöpfertum Geschaffene angekündigt und geboren (1,18--25), bricht auch schon eine Lawine von Feindschaft und Verfolgung über ihn herein. 1,18ff. soll an seinem Platz nicht die (göttliche) Geburt Jesu gegen schmutzige Anwürfe verteidigen u, sondern die klare Folie abgeben für die Ereignisse von 2, 1ff. Kap.l legt mit Stammbaum und Geburtageschichte dar, wer der ist, den Israel alsbald mit Füßen tritt - und dem die Heiden huldigen. Stammbaum und Geburtageschichte dienen heilsgeschichtlich-literarischen Zwecken wie 2,lff. selbst und die folgenden Szenen, die auf die ..israelitische Echtheit" Jesu abheben. Eigentlich gehört der Meaaias ins .. Land Israel", doch umständehalber, unter dem Druck der Feindschaft Israels, kommt er, der Bcthlehemit, aus Ägypten (2,1~15) und Nazareth (2,19-23)41. Jesus muß hinsichtlich der Wer-und Woher-Frage als echter Measias erscheinen, weil er innerhalb des Matthäus-Evangeliuma der König der BaBileia-Generation zu sein hat: nur der genuine König Israels paßt ins Geschichtsbild 10 und wird mit den entspre.. Vg\. Joeef Schmid RNT 337f. .. Nun wird deutlich, uurum der M....iaa als der Kommende nicht hier oder dort (d. h. lY '
Die Funktion der Judaiamen wnr.
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chenden Stoffen dargestellt, die in einem vorliterarischen Stadium der Begegnung mit dem "Judentum" assertorisch oder apologetisch der korrekten christlichen Meaaiaadogmatik gedient haben. - Was sich am Anfang des Weges Jesu abzeichnet, steht auch über seiner öffentlichen Wirksamkeit und seinem Ende. So beschließt Matthäus die Komposition 4,23--9,35 mit der Absage Israels an den Davidsaohn. In dem nur Matthäus eigenen Stück 9,27-31 rufen zwei Blinde Jesus als Davidsaohn an (9,27), doch der Messias, der im folgenden die Mengen zu dem Ruf provoziert: Noch nie ist solches in Israel gesehen worden (9,35)11, begegnet dem heftigen Verdikt der Repräsentanten (9,34). Israel verteufelt seinen König. Dasselbe "heilsgeschichtliche Schema" findet sich in 12,22ff. Wieder ist Jesu Davidsaohnachaft im Gespräch (12,23); wieder antworten die Pharisäer mit einem Peitachenhieb, noch aggressiver als in 9,34". Was jedoch in Kap. 9 ohne Fortsetzung bleibt, ist hier Ausgangspunkt einer breiten forensischen Abrechnung Jesu mit "diesem Geschlecht"". Die Verwerfung seiner Meaaianität ist ein entscheidender Grund für das definitive Gericht des Messias über die von ihm Berufenen. Das redaktionelle Schema von der Ablehnung des Davidsaohnes wiederholt sich in 21,lff. In der Einzugs- und Tempelgeschichte stellt Matthäus (gegen Markus) den demütigen König Israels, den heilbringenden Davidsaohn energisch in den Mittelpunkt (21,5.9.15)". Doch Jerusalem, so betont der Evangelist, verkennt seinen König (21,10f.)". Das "Hosianna dem Sohn Davids" ist im Tempel nicht willkommen (21,15f.)". Diese Messiasfeindschaft beantwortet Jesus durch den Gerichtaakt 21,18f. An ihr entzündet sich die in drei Gängen vorgetragene Auseinandersetzung Jesu mit Israel von 21, 12-17{21, 18f. - 21, 23--27{21, 28--22, 10 - 22, 15--46{23,1 bis 24,2, die jedesmal mit Gerichtsworten oder -Reden abschließt'7. Der Messias gehört also (zunächst) zu Israel. An ihm, den das ganze Volk zum Tod am Kreuz vel"8tößt (vgl. 27,40.42), kommt Israel zu Fall. Er ist Anfang und Ende seiner Heilsgeschichte. Die Messianologie des Evangelisten ist demnach ein motivierendes Hauptstück seiner Ge8chichtsschreibung, die Israel mit guten Gründen (der Verwerfung des S. 33 f. und die Erwähnung Galiliaa in 4,111.26): die exemplarische Hinwendung Jesu zu Israel in Wort und Tat geschieht in Galilia. Es ist such nicht von ungefähr, daß in 16,21ff. die Heidin Jesus als Davidaaohn anruft (im Unterschied zu Mk. 7,26)-der M ...... llr'tUUantwortet ihr kein Wort. Begreiflich, denn er ist nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Iarael gesandt, was das Weiblein nur bestitigen kann (vgl. S. 60, Arun. 611) . .. Auch die Heilung des stummen Dimoniachen (9.32f.) .teht nur bei MatthAus. ", Vgl. S. 63 mit ARm. 36. .. Vgl. S. 611-66 . .. V01"8US geht 20,29-34. die Heilung zweier Blinder durch den Davidaaohn, vgl. Mk. 10.46-62 (Heilung des blinden Bartimius). 11 Vgl. 8. 63f. .. Vgl. S. 61l. 17 VIII. S. 68 .
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Die HeiJss-!hichte im MatthiwJevanplium
Messiu) als Größe der Vergangenheit bezeichnet und die von dieser Vergangenheit bis in die (letzte, gegenwärtige) Zeit der Heidenberufung führt: der Christus von damals ist zugleich Herr über die Berufung der Heiden von heute (22,9f.; 2',9.1'), ist - wie schon damals (12,17 bis 21)11 - du Heil für die Heiden; er 8011 Gegenstand ihres Bekenntnisaes (27,5')" und kraft seiner von dem gegenwärtigen AllHerrn bekräftigten Verbindlichkeit (28, 18ff.)10 der Herr ihrer Nachfolge sein. ~)
Reflexionszitateil
Wie die Reftexionszitate 1,22; 2,(5).15.17.23; (3,3); ',1'; 8,17; 12,17; 13,1'.35; 21,'; 27,9 zeigen, ist die Jeauszeit für Matthäua die Zeit der Erfüllung der alttestamentlichen Prophetie, nämlich 1. der messianischen WeiBB&gUngen (von der Jungfrauengeburt bis zu den Silberlingen des Verräters), 2. der Gerichtsprophetie für Israel (13,l'ff.) und 3. der Heilsweissagung für die Heiden von 12,17ff. Indem die Reftexionszitate Jesus, sein Handeln und Erleiden als Erfüllung des prophetischen Wortes für "lmMl" charakterisieren, ist ihre Funktion eine streng heilsgeschichtliehe. Sie beugen: du Israel des Evangeliums ist du Israel des Messiu, du wahre Israel der Erfüllungszeit. Sie definieren die heilsgeschichtliehe Stunde "dieses Gescblechts", auf die der Evangelist als auf die ehemalige Zeit der Erfüllung zurückblickt. Ist diese Zeit vergangen, 80 liegt sie damit freilich noch lange nicht abgeschlossen-erledigt dahinten I •• Um ihres Erfüllungscharakters willen reicht sie in verschiedener Hinsicht bis in die Gegenwart des Evangelisten. In ihr erfüllt sich die Verstockungsprophetie für Israel; 80 eröffnet sie den Weg zur Berufung der Heiden. In ihr erfüllt sich die HeilsweiSS&gllIlg für die Heiden (12, 17ff.); 80 ist sie die "heilige Vergangenheit" gerade für die Heiden von "heute". Durch du Medium des Worts empfangen sie den Messiu Israels von damals in seiner gnädigen VgJ. S. 77f. •• Vgl. S. 72f.; 88f. Vgl. S. 118 (mit Anm. '). VgJ. Kriater Stendahl, Tbe 8chool of St. Matthewand ite U88 of the Old T8Itament, Act. Sem. Neotelt. Upaal. 20, Uppaala 19M; Poul Nepper.Chri· ltensen, Du MatthiU88Vangelium, ein judenchriatlich81 Evangelium' Acta TbeoJ. Dan. I, Aarhua 1968, 14 IIF.; Alfred Suhl, Die Funktion der altteltamentlichen Zitate und Anopielunll"n im Markuaevangelium, 1966, 182IF. •• Gegen Suhl 183: Die IIIgeIltliche Heilageochichte, IOfem oie aua dem AT begriindet werden könne, 88i für Matthäua in der Vergangenheit abgeechl0888n; dieoe Heilsgeschichte könne nicht über die Zeit des Erdenwirkens Jesu hinaus in die Zukunft verlängert werden. - Matthäua kann und tut esl 11
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Die Funktion der Judaiamen uaw.
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(12,1~21; 22,9f.), verheißenden (8,11) und fordernden (22,11-1'; 25,31-46) Hinwendung an sie, al8 Gegenatand ihrer Anbetung und i~ BekenntniBBea (2,1-12; 27,5'). Ja, sie empfangen die ganze biß in ihre Gegenwart führende, 8ie aelbst einschließende Jesusgeschichte dea Evangelisten, empfangen "dieaea Evangelium vom Reich" (2',1,)18. Der Measias I8rael8 al8 die vergangene Erfüllung der Prophetie (mit ihrem Herübergreifen in die Gegenwart), der Irdische und aeine Geschichte des HandeIns und Redena (bi8 zur Berufung der Heiden vor dem Ende) ist das begründende und bestimmende Woher, ißt Inhalt und Maß der für die Heiden gemünzten Berufungsbotachaft und ihres Glaubena (vgl. S. 132), ist für sie alao die alll'll entacheidende "Mitte der Zeit"". Indem die Reßexionszitate die heilsgeschichtliche Qualität einer Vergangenheit definieren, die für die Gegenwart zeitlich 11 und aachlich-gewichtig als "Mitte der Zeit" fungiert, dienen sie auch der heilsgeschichtlichen Ortabestimmung dieser Gegenwart. Es ist die Zeit, die (vor dem Ende) von jener Mitte der Erfüllung her lebt und von ihr beatimmt ist. Die Gegenwart des Evangelisten steht eindeutig zwiachen der heilvoll-anapruchsvollen Mitte der Zeit von einat und dem kommenden Ende der Zeit.
.. V~I. S. 81, Anm. 24 . .. Emdeutiger und strenger als im lukanillchen Geachichtawerk gilt die Jeeua· zeit bei Matthiua als die "Mitte der Zeit". Vorau8 geht jeweils eine "Vor. geschichte" (tür Matthiu8 vgl. unten Anm. 65 und S. 115 mit Anm. 2, für Luku die Analyse von Hans ConzeJmann, Die Mitte der Zeit 121f.). Indem Luku seinem Evangelium eine selb8tändige Apostelgeschichte mit dem Datum "Pfingsten" und den Wegen des Geistoa folgen lilIt, aieht er seine Gegenwart nicht nur von der Jeeuazeit und ·Geachichte al8 der "Mitte" abhängig, sondern auch von den grundlegenden Ereigniaaen der Naeh.Jesu8·Zeit, die in der Apostelgeachichte zur Sprache kommen. Heißt bei MatthiU8 die für die Gegen· wart entacheidende Vergangenheit, die Mitte der Zeit, einseitig ..der irdiaohe Je· 8U8", so bei Lukaa unter Einbeziehung von Pfingaton ,,JeaU8, der Geist und die Apostel" . •• Vgl. S. 115 mit Anm. 2 und Ven 1I,12f., der an einem entacheidenden Punkt klares Licht auf die matthiillche ZeitellllCheuung wirft. clJ.6 11,12 hat ink1u8ive, I~ 11,13 exklusive Bedeutung. So mit Wolfgang Trilling, Du Evan· gelium nach MetthiU8, Geistliche Schriftleaung 1, I, Düaaeldorf 1962, 246f. (vgJ. Trilling, Die Tiufertradition bei Matthiua, BZ 3 (19119) 271 ft'.: 276-278): Emat Percy, Die Botachaft Jeau, Lund 19113, 199: gegen Paul Gaechter, Du MatthiU8· evangelium, 1964,367 und Bultmann, Tradition 178: ..... daß der Tiufer einer vergangenen Epoche angehört." Gut Trilling, Evangelium 247: .. Du Gesetz und die Propheten reichen bis zu ihm hin. Ihre Aufgabe war die Hinf"uhrung, die Voranadeut.ung auf das Kommende. Mit dNn Täufer aber hat das Kommende bereite begonnen. Die Zeit dcr WeiMagung ist vorbei, die Zeit der Erf"uJIung ist da." Anders als Lukaa, der den Tiufer ganz der altteatomentlichen "Vor. geschichte" zuordnet (16,16), gehört er bei MatthiU8 als Verkündiger der Hirnmelshernchaft (3,2) zur Erfü)lungazeit Iaraels (vgJ. 3,3 mit matthiillcher, den Reftexionazitoten ihnIicher Formulierungi), zu jener .. Mitte", die mit der Verwerfung Iaraels in die ..Naehgeachichte" der letzten Zeit mit der Berufung der Heiden iibergeht. Die Propheten und das Gesetz gehören nach 1I,12f. zur Vorgeschichte der HeiJazeit (vgl. die Propheten in den ReftexiolllZitoten).
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Die Heilsgeechiohte im lIratthiuaevangeliwn
d}GelJetzliche8
Es ist hier nicht der Ort, ausführlich in die Auseinandersetzung um das Gesetzesproblem im Matthäus-Evangelium einzutreten. In unserem Zusammenhang sind nur die Stellen zu diskutieren, die weithin - ohne Rücksicht auf ihre Kontextfunktion - für die "judenchristlichen" Interessen und das persönliche "Judenchristentum" des Evangelisten geltend gemacht werden M. Wir verweisen zunächst auf schon besprochene Texte. Zu 24,20 mit 1'1181 aIJlß~"Cj) im Kontext von Kap. 24 vgl. S. (83 bis) 86: ein Anachronismus, der als irrelevant im Text stehengeblieben ist. Gerade Matthäus, für den das Gesetz Israels zur bloßen Vorgeschichte "dieses Geschlechts" gehört (11,13) und der dementsprechend Israel durch den Täufer, durch Jesus und die Boten den Gotteswillen als Predigt der Himmelsherrschaft (nicht mehr als "Gesetz"') gesagt sein läßt (vgl. die Summarien 4,23; 9,35 mit der überschrift "Evangelium vom Reich" für die Bergpredigt), kann den Judaismus von 24,20 unbefangen wiedergeben. Er gehört für ihn, obgleich der Text von der Zukunft spricht, sachlich längst der Vergangenheit an. Zu 23,3 im größeren ganzen des 23. Kapitels vgl. S. (6S-)69 mit Anm. 102: literarische Verwendung zur vorauslaufenden Illustration des Heuchelei-Motivs. 23,3a wird vom Evangelisten mehrfach ausdrücklich annulliert, ein Vorgang, der auf den grundsätzlich antiquierten Charakter der "judaistischen Nomismen" bei Matthäus aufmerksam macht. Zu 17,24----27 vgl. S. 101-103. Der Text ist seinem sachlichen Gefälle nach nicht mehr "judenchristIich" orientiert. Er entspricht einer in den Bereich der Erde und ihrer Könige vorgedrungenen Gemeinde, die sich Anwort auf sie bedrängende "politische", nicht kultische Probleme gibt. Zu 24,12 mit «vo!'!1JI (vgl. 7,23; 13,41; 23,28) s. S. 84. In diesem nur Matthäus zugehörigen Text wird, wie Schniewind treffend sagt, "die Gesetzl08igkeit ... genauer bestimmt als Erkalten der Liebe"I? 24,12 gewährt 80 keinen Anhalt, sich Matthäus als im Kampf gegen "Antinomisten" befindlich vorzustellen". Denn wo Gesetzl08igkeit und LiebloBigkeit einander entsprechen, ist Antinomismus als Widerspruch gegen das jüdische Gesetz mit seinen bestimmten konkreten Vor.. Vgl. Feine·Behrn·Kümmel 65f. ., NTD 241. .. So G. Barth, überlieferung und Auslegung 70 (\'gl. 58ff.), Hwnmel 66. G. Bomkamm, Der Auferstandene und der Irdische, spricht a.a.O. 180 von ..dem leidenachaftlichen Kampf des Matthäus gegen Verkündigung und Mission geaetzcafreier Hellenisten". - In 24,12 ist Matthaus selbst .. geaetzcafreier Hellenist"l Vgl. auch seine Interpretation von 5,17-19 in 5,20ff.
Die Funktion der Judaismen
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schriften (vgl. 5,18f.) eine bezugsfremde Größe. M. a. W. der Begriff ,boIL(et wird als Korrespondenzbegriff zu "Lieblosigkeit" nicht auf dem Hintergrund des jüdischen Gesetzes gesehen, sondern vom christlich aufgenommenen und "radikalisierten" Nomos her, dessen Inhalt und Erfüllung die clycimJ ist (vgl. 7,12; 22,39f.). Wenn Matthäus in 24,12 vor einem "Antinomismus" warnt, der sich im Erkalten der Liebe niederschlägt, und mit 24,13 zum Beharren (in der "Gesetzlichkeit" der Liebe) bis ans Ende auffordert, tut er das von der Basis eines selbst "antinomistisch" im "radikalen" Sinn verstandenen Gesetzes aus I Zu 23,28. Es ist in diesem Zusammenhang nicht zu übersehen, daß Matthäus Jesus in 23,28 88 den Vorwurf der Gesetzlosigkeit ausgerechnet gegen die "Schriftgelehrten und Pharisäer", also gegen die Vertreter des Gesetzes erheben läßt (vgl. 23,2-4.23). Das endgültige Wehe über Israels Repräsentanten ist mitbegründet durch ihre clvOIL(et, die Hand in Hand geht mit ihrer Heuchelei und sachlich wohl mit ihrer faktischen Nichterfüllung des Mose-Gesetzes gleichzusetzen ist (23,3b). Auch hier keine Spur von einem Kampf gegen christliche Antinomisten. Die "Ungesetzlichkeit" dient der heilsgeschichtlichen Motivierung. Zu 5, 17 ff.; 7, 15ff. G. Barth legt dar, Matthäus habe der Bergpredigt mit 5, 17ff. und 7, 15ff. eine Klammer gegeben, die sich gegen die Antinomisten richte 70 - eine unhaltbare These. Die Handschrift des Evangelisten läßt sich mit Sicherheit in 5,20 ablesen ("Schriftgelehrte und Pharisäer"). Dieser Vers attackiert nun keine christlichen Antinomisten, sondern das Israel der Jesuszeit in Gestalt der Repräsentanten. Die vorausgehenden, judenchristlich gefärbten Logien 5,(17).18f. bejahen das Gesetz, d.h., mit 5,20 zu sprechen 71 , eine Gerechtigkeit, die besser ist als die der Schriftgelehrten und Pharisäer und die durch die folgenden Texte der Antithesen usw. entfaltet wird. Sie haben interpretierend zu sagen, was Matthäus inhaltlich unter Erfüllung und Gültigkeit des Gesetzes nach Jota, Häkchen und kleinstem Gebot versteht: den totalen Gehorsam, die Vollkommenheit der Liebe (5,21-48), den radikalen Gottesdienst (6,1-18) usw. Die Auslegung, die Matthäus den Versen 5, 17ff. durch 5,20 und die folgende Komposition gibt, läßt von einem Kampf gegen (den "jüdischen" Nomos auflösende) Antinomisten nichts erkennen. Vielmehr erweist sie Matthäus selbst als "radikalen Antinomisten", der 5,18f. durchaus nicht wörtlich nimmt. Zur besseren Gerechtigkeit gehört für ihn ausschließlich das von 5,21tf. in concreto lJargestellte, das mit der Goldenen Regel 7,12 abschließt: da& ist das Gesetz und die Propheten! .. Diese Stelle übergeht G. Barth. ,. A.a.O. 69; vgI. G. Bomkamm, Der Auferstandene und der Irdische 181. TI Man beachte des feierliche, neu einsetzende, alles Vorausgehende ex· plizierende >Jy", ycip.
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Die Heilsgeechichte im Matthäuaevangeliwn
Weder Beschneidung noch Sabbat werden erwähnt; der Rechtsgrundsatz "Auge um Auge ... ", das ganze Ritualgesetz 72 , aUes spezifisch Jüdisch-Nomistische ist ausgeschlossen; nicht einmal Gebote des Dekalogs bleiben ihrem Wortsinn nach bestehen 78. Die matthäische Komposition führt die (entschieden "heUenistische" !) exemplarische Gesetzesauslegung Jesu in Auseinandersetzung mit Israels Repräsentanten vor Augen und legt ebendamit den für aUe Zeit (bis ans Ende) gültigen GotteswiUen, die "ErfüUung" des Mose-Gesetzes, das total "unjüdische" Gebot der Himmelsherrschaft dar. In das Thema der besseren Gerechtigkeit der Himmelsherrschaft (ansteUe der Gerechtigkeit "Israels") ist auch der Abschnitt 7,1&--23 einbezogen, der im Kontext jede aktueUe, für ein früheres Stadium des Textes vorauszusetzende Bezugnahme auf "Christen" verloren hat und mit 7,24--27 ad voces "den Willen meines Vaters tun" (7,21) und "diese meine Worte tun" (7,24.26) zusammenkomponiert wurde. Mit 7, 15ft". und 7,24ft". wiU der Redaktor nach der Goldenen Regel 7,12, die den zuvor entfalteten GotteswiUen in grundsätzlicher Formulierung zusammenfaßt, und nach der "eschatologischen Aufforderung" 7,13 f. (den schmalen Weg-zum~Leben zu gehen), die der Sache nach eschatologisch motivierte Paränese zum Tun der vorher konkret genannten besseren Gerechtigkeit ist - mit 7, 15ft". und 7, 24ft". wiU Matthäus die vorausgehenden Imperative der Bergpredigt eschatologisch einschärfen (7,21-23; 7,24--27) und vor ihrer Nicht-Verwirklichung warnen. Die ganze Komposition 7,13-27 steht unter der Überschrift "Eschatologische Verbindlichkeit der besseren Gerechtigkeit". Mit 7,28f. beschließt Matthäus dann den ganzen Komplex mit deutlich "antiisraelitischer" Ausrichtung, die der von 5,20 entspricht. Die Mengen entsetzen sich über Jesu Lehre, denn 76 er lehrt sie als ein von Gott BevoUmächtigter und nicht wie ihre (voUmachtslosen) Schriftgelehrten. Aus Mk. 1,22, einer relativ unbetonten, summarischen Redeschilderung innerhalb der Synagogenszene 1,21 ft"., macht Matthäus ein wuchtiges Finale, das die Bedeutungsl08igkeit und Überholtheit "ihrer Schriftgelehrten" durch den voUmächtigen Messias und Prediger der Himmelsherrschaft scharf markiert. " Vgl. 15,IH. 7. 5,2Iff.28ff. Die Verse 5,23f. zeigen, was zur Jeeuszeit Nicht-Töten rur die Kultgenossen in JerusaJem bedeutet; Jeeus deklariert den absoluten Vorrang der Versöhnung vor dem Kult. Für Matthäus, der auf das Jahr 70 und 80 auch auf den Tempelkult zurückblickt, hat 5,23 f. nur noch Illustrationswert. Ähnlichee gilt für 5,34f. Jeeus erläutert das Schwurverbot mit dem Hinweis auf Jerusalem, die ..Stadt dee großen Königs". - Die Sprache des Judenkönigs von damals (vgl. 5,47; 6,32)1 Für den Evangelisten 1St 6,34f. wie 5,23f. reines Predigtbeispiel (ebenao 5,22b). " Das Entsetzen ist hier al80 anders begründet als in den Wundergesehichten: 7,29.
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U8W.
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Die «wl'!cz von 7,23 kann in ihrem jetzigen literarischen Kontext (innerhalb der matthäischen Komposition der Bergpredigt) nur noch die ..Ungesetzlichkeit" der Lieblosigkeit meinen (vg!. 24,12). Im Sinne des Evangelisten ist ,*"01'(11, hier durchaus ..antinomistisch", zum Inbegriff für ein Handeln geworden, das dem verzehrenden Anspruch des von Jesus bejahten und auf seine Weise neu, ..unjüdisch" und ..ungesetzlich" angesagten Gotteswillens nicht zu genügen vermag 7•• Zu 23,23. Der .. judenchristliche" Text hält an der Gültigkeit der Verzehntungsvorschriften fest, obgleich er das Schwergewicht des Gesetzes in .. Recht, Barmherzigkeit und Treue" erkennt. Er wird wie 23,3" vom Evangelisten an anderer Stelle mehrfach kräftig durchgestrichen, 80 in der programmatischen Verkündigung des Gotteswillens der Bergpredigt (vg!. 7,12), aber auch in 22,34ff'. - mit dem Zusatz 22,401 - und 24,12; 9,13; 12,7. Was Jesus in seiner letzten großen Abrechnung mit Israel den Repräsentanten entgegenhält, ist zu ihrem Gericht gesagt und besiegelt Israels heilsgeschichtliches Ende, d.h. die ..Nomismen" 23,3.23 haben für Matthäus aU88Chließlich Kontextfunktion : sie dienen für die Jesuszeit dem Wehe über Israel, besitzen heilsgeschichtlich-beschränkte ..forensische" Bedeutung; sie gehören von ihrem Rahmen her nicht zur Verkündigung des Gotteswillens der Basileia (für Jesuszeit und alle Zeit bis zum Ende), tragen keinen imperativisch-paränetischen Akzent und scheiden 80 für die Frage nach dem ..Gesetz" bei Matthäus aus. Zu 19,3.9; 5,32 sagt Wemer Georg Kümmel: .. Er (Matthäus) bildet Berichte im Sinne einer spezifisch rabbinischen Fragestellung um: statt der allgemeinen Frage ,darf ein Mann seine Frau entlassen Y' m. 10,2 läßt Mt. 19,3 die Pharisäer fragen: ,darf man seine Frau entlassen lC4W, 7tiicmv II!Tlat"t' und gleicht damit die grundsätzliche Frage der kasuistischen DiskU88ion über die erlaubten Scheidungsgründe an. Dementsprechend fügt er der unbedingten Aussage Jesu ,Wer seine Frau entläßt und eine andere heiratet, bricht mit ihr die Ehe' m.l0, 11 die sog. Unzuchtsklausel 1'-1) 17t17tOp"dqt 19,9 (ähnlich 5,32) ein und läßt Jesus damit die strenge, aber dooh bedingte Anschauung der Schammaiten vertreten ... 77". Vg!. dazu S.42 mit Anm. 7. Kümmel beachtet nioht, daß die Repräsentanten bei Matthäus die typisch ..israelitische" laxe Scheidungspraxis lC4W, 7tiicrlX'lll!T!czv vertreten 71, der Jesus .. 'Ober den Inhalt von cho"I« 13,41 lABt eich von Wortlaut und Kontext aus nicht. Nihe.... auuagen. Man kann vermuten, daß KatthAus es ilmlich wie in 7,23; (24,12) aufll"faßt hat . .. VIII. S. 134. .. Feine·Behm·Kümmel 65. " D,e Anderung im Sinno ..Ipozifiach rabbinilcher FrapteUung" dürfte kaum auf das Konto eines Evangelisten gehen, der 80 werug Konkretes vom "Judentwn" weiß wie Matthius - z.B. daß "Hillel" niemals für "Israel"
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Die Heilagelohiohte im Matt.h&uaevangelium
die rigorose Praxis des "Anfangs" entgegenstellt (19,4-8). Es ist anzunehmen, daß Matthäus nach der grundsätzlichen Absage-an-Iarael von 19,4-8, die er energisch an die Spitze rückt, mit dem (übernommenen, christlich-kaauistischen!) Vers 19,9 noch den beeonderen Protest Jesu gegen daa XIlTIi Ttiiallv Il!T!czv von 19,3 zur Sprache bringen will: wer seine Frau nach ..Iaraels" Sitte, nämlich ..außer auf Grund von Ehebruch" (= um jeder Ursache willen) entläßt und eine andere heiratet, begeht Ehebruch. Ähnlich verhält es sich mit 5,32.Wieder ist es - mit 19,3 - die Prämisse des Evangelisten, daß ..Iarael" die Ehescheidung ..ausgenommen auf Grund von Ehebruch" betreibt, und wieder wird diese Praxis (wohl mit einem ursprünglich christlichklausulierenden Logion !) nach der vorausgeschickten ..Grundsatzerklärung" von 5,27-30 nachtragsweise resolut verworfen. Man beachte den Kontext: es geht um die positive Darstellung der Gerechtigkeit, die besser ist als die der ..Schriftgelehrten und Pharisäer". Zu 12,1-8.9-14 vgl. daa von Hummel S.40--45 Ausgeführte. Während MIt. 2,23--28 auf die völlige Aufhebung der Gültigkeit des Sabbatgebots hinziele, gehe es Mt. 12,1-8 (bei grundsätzlicher Anerkennung des Sabbats wie 24,20) um die Rechtfertigung der Liebeserweisungen am Sabbat für die .. Kirche des Matthäus", um eine vorbereitende Beweisführung zu 12,9-14 mit der These 12,12, die von Anfang an daa Ziel der Argumentation sei. Nun ist jedoch 12, 7b (mit dem Gedanken der Jüngerunschuld) keineswegs auf eine vorausgehende ..Liebeserweisung" bezogen; nach 12,1 raufen die hungernden 78 Jünger am Sabbat Ähren aus. Auch ist nicht einzusehen, inwiefern Matthäus ab 12,5 stillschweigend die ..Oberordnung" des Liebesgebots über daa Sabbatgebot voraussetzen soll; daa Stichwort nc~ erscheint als neues, zusätzliches Motto erst mit 12,7. Daa Verhalten der JUnger wird wie bei Markus zunächst durch den "Präzedenzfall" Davids gerechtfertigt (12,3f.), dann durch den Hinweis auf den, der mehr ist als der Tempel. Wenn schon die Opfer den Sabbat verdrängen, wieviel mehr verdrängt ihn Jesus - als Messiaa und allein vollmächtiger VerkUndiger des Gotteswillens, wie man im Sinne des Evangelisten ergänzen muß 10. Damit ist die Argumentation ins Grundsätzliche geraten: Jesus ist .tehen kann. Sie gehört zu der ihm vorliegenden Teztgeatalt, wie man annehmen muß, die er seinen Zwecken dienstbar machen kann, weshalb er .ich hier nicht an den Markua·Ten anachlieJlt . .. ml........v fehlt Mk. 2,23. Gut Hummel 41: "Die Laae der Jiinger aollte der Davida ... angeglichen werden (v. 3)." Zu~eich läßt Hunger der Jünger die These der Pharisäer von 12,2 (Mk. 2,24 l'"regeform) a\a hart und Iiebloa eracheinen : "böaea larael" I .. Jeeu Wort gilt auch noch, wenn der Tempel in Schutt und Asche liegt: für die Zeit Israels und alle Zeit nach 70 bis ana Ende.
aer
Die FWlktion der Judaiamen uew•
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.. Herr des Sabbats"81. Das einzelne Sabbatvergehen der Jünger wird gerechtfertigt durch die totale Sabbat-Überlegenheit Jesu, der den Sabbat außer Kraft setzt und an seine Stelle tritt. Das wird durch 12,7 bestätigt. Die Jünger sind unschuldig auch angesichts des von Jesus mit der Schrift angesagten Gotteswillens ..Barmherzigkeit und nicht Opfer", der die Absage an den Nomos unter Einschluß des Sabbats enthält"; vgl. 7,12; 9,13; 22,34-40. Weil der Gotteswille "Opfer" ausschließt und nichts als "Erbarmen" meint, sind die Jünger unschuldig. Sie haben mit ihrem Ährenausraufen durchaus nicht gegen Gottes Liebes-Willen gehandelt. Von einer Rechtfertigung der "Liebeserweisungen" für die Sabbatpraxis der "Kirche des Matthäus" ist mit alledem nicht die Rede. 12,1-8 steht jenseits des Gesetzes 83 • Matthäus benützt den Text, um "Israels" ungerechtfertigte Vorwürfe gegen die hungernden Jünger darzustellen: Bosheit und Unverstand der Pharisäer in der Sabbatfrage sind mit Händen zu greifen. Das innere Ziel der Perikope ist nicht 12,12, wie Hummel meint, sondern 12,14, der Todes-Anschlag der Repräsentanten, und die sich anschließende Szene 12,15-21". Israels Versagen in der Sabbatfrage provoziert seine Todfeindschaft gegen Jesus - und die Erfüllung der Heilsweissagung für die Heiden zur Jesuszeit. Für Matthäus bildet 12,1-8 einen Stein im Mosaik seiner Me88iasgeschichte, die schon in ihrer Mitte (verborgen) und vollends an ihrem Ende über Israels böswillige, totale Unkenntnis des Gotteswil1ens zum Heil für die Heiden führt (für den Anfang vgl. 11 Das "rabbinische", auf Außerkrafteetzung des Sabbate zielende Argument mit dem Schluß a minori Gd maius ist "rabbinisch" wenig beweiskriftig. Warum sollte der Meaaias größer sein a1a der Tempel' - Eine "hellenistische" These aus der Debatte um das Gesetz, die Matthiua wie 12,11 f. (vgl. S. 140) schon vorrle~n hat. • MIt Strecker 32: "Die Sabbatbeobachtung ala Ausdruck der Zeremonial· gesetzlichkeit (&ua(OE) und das ethische Handeln (n.o~) atehen einander a1a grundsätzliche Möglichkeiten gegenüber." Mit 12,7 wendet Jesua im mat· thiischen Sinne seine "Bergpredi~", den grundaitzlichen Gotteswillen der Him· melaherrachaftvon 5,21-7,12,kritisch gegen dasGeaetz Iaraela (so auch 9, 13). In der Auseinandersetzung Jesu mit Israel von 12,1-8 wird deutlich, was Gottes WiIle der Himmelaherrachaft für "damala" (und "heute" bis ans Ende) ist: Erbarmen und nicht "Religion". Auch 12,7; 9,13 wird ein "hellenistisches" Argument aus der vormatthiischen Geaetzesdebatte sein. Ob Matthiua die Motive 12,5 f./7 schon verbunden vorfand oder sie selbst zusammenstellte, muß unentschieden bleiben . •, Ganz anders Mk. 2,23ft'. 2,27 tritt hinsichtlich der Ahren ausraufenden .Tön!!<,r für rli.. "Menachlirhk..it" d..s b..jRhten, nimlich wo!!"n des Menschen geschaffenen und ihm zugeordneten Sabbate ein. Jesu Herraein über den Sabbat 2,28 beinhaltet (nach 2,27) die Menschendienlichkeit des (anerkannten) Sabbate, nicht seine Aufhebung, während bei Matthiiua nach 12,M. n.o~ programmatisch gegen &uata. steht und Jeau Herraein über den Sabbat unter diuer Prämisse aua· gesagt wird. Der Gedanke an "die grundsätzliche Freiheit der Gemeinde von der Observanz des Sabbatgebotes" (Hummel 41) ist dem Markua·Text völlig fremd . .. Zum Zusammenhang mit 12,15-21 vg\. 8. 77f.
140
Die Heilsgcachiohte im Matthäusevangelium
2,1-12). Auch 12,1-8 als Szene aus der "Gesetzesdebatte" hat - zusammen mit 12,&--14 - heiIsgeschichtlich-ätiologische Bedeutung. Wie Jesus nach Mk. 3,1-5 für "Liebe am Sabbat" eintritt, so auch in Mt. 12, &--13 86 • Die Auseinandersetzung mit den Pharisäern mUndet in den Satz 12,12b aus: Somit ist es erlaubt, am Sabbat Gutes zu tun. Der Text setzt eine Situation voraus, in der es um "Freigabe des Sabbats für die Liebestat" .. ging, nicht um Freiheit vom Sabbat überhaupt. So gehört er - zusammen mit den "rabbinischen" Erweiterungen 12,11 f. - einem Stadium der Gesetzesdebatte an, die für Matthäus, den Redaktor, vergangen ist (12,1-8!). Er gebraucht 12, &--13 nach 12, 1-8 literarisch zur Illustration des zuvor konstatierten Satzes "Barmherzigkeit und nicht Opfer". Jesus kämpft für das von ihm vollmächtig verkündigte, allein gültige Erbarmen, was ihm Israels Todfeindschaft einträgt. Zu 15,1-20. Hummel empfindet bei 15,2-6 deutlich, daß es sich hier - in seinem Sinne - um die radikalste Stelle bei Matthäus handeltS'. Dennoch behauptet er: "Für Matthäus und seine Kirche hat die schriftgelehrte Tradition grundsätzlich Autorität S7 ." Ähnlich ist es mit 15,17-20. Hummel muß zugeben: "Was er sagt, bedeutet, zu Ende gedacht, die Aufhebung der kultischen Reinheitsvorstellungen des Pharisäismus und des Alten Testaments 88." Doch hindert ihn das nicht, im selben Atemzug festzustellen, von einer Aufhebung der alttestamentlichen Speisegebote und ihrer pharisäischen Auslegung könne bei Matthäus keine Rede sein 88. Zunächst ist deutlich, daß der Vorwurf der Repräsentanten in 15,2 präziser und schärfer gefaßt ist als Mk. 7,5 (3L« Tt ou m:PL7tClTOÜaLv ••• XClT« -rlJv 7tClpci30aLv ••• ;): Warum 'Ilbertreten deine Jünger die 'Überlieferung der Ältesten! Ihm folgt sofort die schroffe Gegenthese, während MarkuB das Jesaja-Zitat bringt (7,6f.): Warum übertretet hinwiederum ihr das Gebot Gottes wegen eurer 'Überlieferung SI (15,3; •• Daß in der Fragestellung von Mk. 3,4 als solcher bereite die Ablehnung dee Sabbatgebote enthalten sei (Hummel 45) ist eingetragen. Auch Mk. 3,Ul'. stammt aua einer Situation und Zeit, die den Sabbat als gegeben voraussetzte und Freiheit für das Wohltun am Sabbat forderte: Ist ee erlaubt, &In (bestehenden!) Sabbat wohlzutun? Gegen Hummel 45: "Markua nimmt die Frage, ob die Heilung &In Sabbat erlaubt sei, zum Anlaß, das Sabbatgebot und den a~nderten Bereich dee Kultischen überhaupt aufzuheben." • Hummel 45. .. A.a.O. 47. .. A.a.O. 4S. 01 "Eure (= Israels) "Überlieferung" statt "Überlieferung der Menschen" Mk. 7,8 bedeutet angeeichte 15,9 = Mk. 7,7 keine "Erleichterung". In der These 15,6b fehlt XIII "lIp6!,o", To",un 1tOllG: 1tOI&,n aUB Mk. 7,13. So hat die "Aullerkraftaetzung dee Wortes Gottee" nichte Speziellee mehr wie bei Markus. Der Text sagt, was die Repräsentanten grundsätzlich tun, was das folgende Zitat 15,8f. nachdrücklich unterstreicht. 8dI4axO\/TC~ XT).. bringt die letzte, wuchtige Steigerung der Antwort Jeeu, ihren Höhepunkt! Hummel notiert wohl das Fehlen der "Menachenüberlieferung", ignoriert jedoch die Tendenz der matthäischen Komposition.
Die Funktion der Judaismen usw.
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vgl. 15,6) 1 Man erkennt mit einem Blick zwei Lager. Dort "Israel", das für seine überlieferungen eintritt; die Heuchler (15,7) mit Lehren, die Menschensatzung sind; hier Jesus, der Vertreter des Gottesgebotes und -wortes, das er in Anknüpfung an den Vorwurf der Repräsentanten von 15,2 in 15,11 abschließend so formuliert: Nicht was zum Munde eingeht, verunreinigt den Menschen, sondern was zum Munde ausgeht ... Daß sich im matthäischen Sinne mit Jesus und seinen Kontrahenten zwei unversöhnliche Welten gegenüberstehen, zeigen die von ihm selbst beigebrachten Verse 15,12-14, die das Vorausgehende eigenwillig interpretieren. Die Pharisäer kommen am Gottes-Wort Jesu zu Fall. Laßt sie! Mögen sie zu Fall kommen! - Der Evangelist nimmt die "Gesetzesdebatte" zum Anlaß, um Jesus "Israel" das unausweichliche Gericht ankündigen zu lassen (15,13f.). 15,1-11 motivieren den Gang der Heilsgeschichte; auch diese Verse sind für Matthäus ein Stück heilsgeschichtlicher "Ätiologie". Die "Gesetzesdebatte" bringt es an den Tag, warum Israel, das sich auf die Menschengebote versteift, "ausgeriBBen" wird: gottloses (15,13: 7tiialX tpun:!OI fJv OUIt CtpUTEUacv b 7tIX-rlJp !Lou), blindes Israel! Wie der Evangelist bei dieser sachlich und zeitlich eindeutig "nachisraelitischen" Textgestaltung der schriftgelehrten Tradition doch "grundsätzlich Autorität" zuerkennen soll, muß Hummels Geheimnis bleiben, der 15,12-14 und seine Funktion im Kontext gründlich außer acht läßt. Matthäus steht jenseits aller "schriftgelehrten Tradition". Sie ist ihm eine Sache Israels von damals, die der Messias schon zu seiner Zeit mit dem Gottesgebot und -wort überwunden hat. Auf diesem Hintergrund wird ab 15,15 der von Jesus vertretene, in 15,11 formulierte Gottesentscheid (der bis ans Ende gilt) positiv entfaltet. Mk. 7, 18 OU 3UVIXTIXI IXUTOV XOIv(;)aIXI und 7, 19 b _&lXp(tCllv 7tIiVTIX Tli ~PW!LIXTIX fehlen bei Matthäus lO• Gleichwohl stehen sich hier Israels rituelles und Jesu "ethisches" Verständnis der menschlichen Unreinheit als einander schroff aUBBchließende Möglichkeiten gegenüber: Was aus dem Munde ausgeht, kommt aus dem Herzen, und das verunreinigt den Menschen! "Der Akzent liegt klarer auf dem ,christlichen' Sittengesetz im Gegensatz zur Zeremonialgesetzlichkeit l1 ." Ein IntereBSC des Evangelisten, die Gegensätze möglichst abzuschwächen (Hummel 47), läßt sich mit alledem nicht feststellen. Der Matthäus-Text ist knapper gehalten als Mk. 7,17ff., deckt sich jedoch sachlich vollständig mit ihm, was Hummel selbst wider Willen zugeben muß. Daß er dennoch (an.. 15,11 bietet die grundaitzlich antirituelle These in aller Fonn dar: Nicht zum Munde eingeht, verunreinigt den Menschen ... 11I,17ff. ist bei Mat· thäus in .trenger Durchführung von 15, 15 (I) die Deutung dieser These, die deshalb nicht noch einmal vorgetragen wird. Matthäus strafft den Markus-Text . W88
.. Strecker 31.
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Die Heilageschiohte im Matthäuaevangelium
gesichts der These 15,11 und ihrer Erklärung in 15,17ff.!) den Satz schreibt, von einer Aufhebung der alttestamentlichen Speisegebote und ihrer pharisäischen Auslegung könne bei Matthäus keine Rede sein, ist exegetisch nicht zu rechtfertigen. e) Einzelz1!ge
Schließlich sind noch bestimmte Einzelzüge des Evangeliums zu besprechen, soweit sie in der Literatur für das "Judenchristentum" des Verfassers geltend gemacht werden. Zu 5,22b.23f.34/. vgl. S. 126, Anm. 73. Zu 5,47; 6,7.32; 18,17 vgl. S. 87-89. Zu 12,5f.11/. vgl. S. 138f. mit Anm. 81. Zu 23,15.16-22.25/. Wir haben "judenchristliche" Materialien von sehr verschiedenen Voraussetzungen und Tendenzen vor uns (23,16 bis 22: Gültigkeit und "Heiligkeit" des Tempels und Altars - 23, 25f.: Verwerfung des Zeremonialgesetzes zugunsten des "Sittengesetzes"OI), die der Evangelist zusammen mit 23,13.23.27f.29ff. alle gleichwertig nebeneinander (!) in die Weherede Jesu wider die Repräsentanten eingliedert. Matthäus versteht sie unterschiedslos als "polemische" Stoffe und benützt sie so (vgJ. zu 23,23 S. 137). Die unterschiedlichen, dem Evangelisten vorliegenden "Judaismen" liefern nur noch den Begründungs-Stoff für das Ende "Israels" - das ist die eine Bedeutung, die sie für Matthäus innerhalb Kapitel 23 besitzen. Zu 15,2; 23,5.24.27: "Jüdische Gebräuche, Ordnungen und Redensarten erläutert er nicht "." Die weitläufigen Erörterungen von Mk. 7,2 bis 4 über das Händewaschen fallen in 15,2 wohl auch um der äußeren, strafferen Form willen weg, doch entscheidend ist ein anderer, sachlicher Grund. Sie sind überflüssig, nachdem Israel für Matthäus und seine heilsgeschichtliche Stunde keine aktuelle Bezugsgräße mehr ist; der Markus-Text verrät, daß auf seiner Traditionsstufe das "Judentum" ein fremdes und doch noch nahes, der Explikation wertes Ding war. Anstelle der erörternden, dem sachlichen Verständnis dienenden Erklärung Mk. 7,2-4 totalisiert Matthäus die thetisch-"polemische" Erklärung des rituellen Israel, die schon bei Markus angelegt ist: "Heuchler"", "Ptlanzen, die mein Vater nicht gepflanzt hat", "blinde Blindenleiter" - an die Stelle von Mk. 7,2-4 tritt 15,12-141 Was erklärt werden muß, ist nicht mehr das rituelle Detail, sondern die heilsgeschichtliche Stellung (= Vergangenheit) Israels. Auch die O' Zur näheren Begründung vgl. Strecker 31 C• .. Feine-Behm·Kümmel 65. I. Geillelnde Anrede 15,7; steckt der Sache nach schon in Mk. 7,6 mpL 'twv U7tOKp''tGw.
u"iii.
Die Funktion der Judaismen usw.
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Judaismen der übrigen Texte läßt Matthäus ohne Sacherklärung. Das "jüdische" Konkretum interessiert ihn nicht, sofern er es überhaupt versteht. Seine "Sacherklärung" der Texte liegt im Kontext von Kap. 23; er begreift sie als Beiträge zum Ende der Heilsgeschichte Israels, also doch wohl "heidenchristIich". Zu 1,23; 5,22; 27,6. Matthäus fügt semitische Wörter ein! Durchaus - mit interpretierendem Zusatz (1,23; vgl. 27,33) oder ohne Übersetzung in Texten, die den übernommenen Terminus allein aus dem Kontext vcrständlich machen. PClXa. 5,22 ist in Parsllele zu I-Lwpe klar als Schimpfwort erkenntlich; xop~atvii~ 27,6 wird durch oux l~taTlV ~atActv ... EI~ -rov x. und ~7ttl TII-L~ atfl-LatT6~ !aTIV hinlänglich als "heiliges Gefäß" oder "heiliger Schatz" (des Tempels 27,5) charakterisiert. Zu 6,24; 10,4.25; 27,33. Matthäus übernimmt auch völlig unbefangen semitische Wörter! Ja, sofern er sie erklärt - 27,33; zu 10,25 vgl. 12,24 - oder aus dem Kontext interpretiert. So empfängt !-Latl-Lwvii~ 6,24 seinen deutlichen Sinn von 6,19ff. und 6,25ff. her. In 10,4 beläßt der Evangelist b Katvatvatto~ (ungedeutet) neben :E[I-Lwv, um die Individualität dieses Simon gegenüber Simon Petrus (10,2) festzuhalten. An keiner Stelle, wo Matthäus semitische Termini einfügt oder übernimmt, setzt er "judenchristliche" oder "jüdische" Spezialkenntnisse voraus. Er schreibt in jedem Falle so, daß ihn jeder NurGrieche ohne besondere Mühe verstehen kann ls . Zu 24,9. Daß nach dieser Stelle" ... die Jüngerschaft das Schicksal der ,Juden' unter den Heiden erleidet"", ist dem Text aufgezwungen 17, der in übereinstimmung mit dem Vorausgehenden das heilsgeschichtliche Ende Israels voraussetzt. Die "Jünger" stehen in der letzten Zeit vor dem Ende den Heiden gegenüber und erleiden dementsprechend von ihnen Verfolgung, nicht mehr von Israel wie zur Jesuszeit H • Zu 5,6.10.20; 6,1.33; 21,32. Kümmel sagt: "Matthäus gleicht die Sprache Jesu der jüdischen Formelsprache an H." Gewiß wird das vom Jünger (und aller Welt) geforderte Verhalten bei Matthäus als 31XatIOaUVI) bezeichnet, doch läßt das keinen Schluß auf einen "judenchristlichen" Evangelienverfasser zu. Es zeigt sich, daß der Evangelist die "Gerechtigkeit" in 5,20 und 21,32 als scharfe Waffe Jesu im Kampf gegen Israel versteht (vgl. 6,1). Die bessere Gerechtigkeit des Messias löst die der Schriftgelehrten und Pharisäer ab 1OO• Und Johannes, der Bote der Himmelsherrschaft, kam mit dem Weg der Gerechtigkeit und Israel hat ihn abgewiesen; ein Grund mehr für seine definitive .. Zu diesen Markus·Texten fehlt im Matthius.Evangelium das semitische Pendant: 3,17; 6,41; 7,11.34; 10,(46).61; 14,361 " Günther Bomkamm, überlieferung und Auslegung 19. " Vgl. Kümmel, Einleitung 66 . .. Vgl. S. 76f.; 83f. •• KÜIDme166 . • 00 Zu 5,20 in Verbindung mit 7,28f. vgl. S. 135f.
Die Heilageeahichte im MatthäWI8Vangalium
Gericht&verfallenheit 101 • Auch die 31X«locNVIJ-Texte sind eingebettet in die "heidenchristliche" Gesamtdarstellung des Evangelisten. Wieder ist streng zwischen übernommenem Gut und seiner redaktionellen Anwendung zu unterscheiden. Das gilt auch für ~awLat T&iV oÖp!XV&iv lO1• Keine Frage, daß dies für Matthäus, was den Inhalt der "Predigt" zu den verschiedenen Zeiten anlangt, der entscheidende heilsgeschichtliche Kontinuitätsbegrift" ist, der es ihm erlaubt, den Täufer, Jesus, seine Boten und die "Jünger" der letzten Zeit vor dem Ende 101 jeweils zueinander und zur künftigen Himmelsherrschaft selbst in Beziehung zu setzen. Sie alle sind Prediger der kommenden Baaileia, die freilich schon zu Jesu Lebzeiten Israels heilsgeschichtliches Ende bedeutet und ihm für die Zukunft unweigerlich verschlossen ist. - Stoßen wir hier nicht wieder auf die "heidenchristliche" Verwendung eines "judenchristlichen" Motivs! Zu 6,9&". "Matthäus nimmt das Vaterunser 6, 9&". in einer durch die Anrede, die Siebenzahl der Bitten und die Formulierung der Vergebungsbitte (6,12 6'CV.~I'«Tat statt «l1atpTLat~ Lk. 11,4) jüdischem liturgischen Brauch angenäherten Form auf lD1." Auch das ist richtig, doch in welchen Rahmen fügt Matthäus das Vaterunser dieser Gestalt ein! Der Evangelist zeichnet das mit ".90 sollt ihr beten" hervorgehobene und als das wahre Gebet (des vollmächtigen Messias) verstandene Vaterunser auf dem Hintergrund der perversen Gebetspraxis Israels 101. Das rechte, "nichtisraelitische" Gebet ist das Vaterunser. So richtet der "heidenchristIich" orientierte Evangelist seinen jüdisch-liturgisohem Brauch angepaßten Sto&" aus! Zu 23,9. Auch die häufige Wendung "euer Vater (in den Himmeln)" kann Matthäus in seine gegen "Israel" gezielte Geschichtsdarstellung einbeziehen 101. Nach 23,9 ist den JesusjÜDgern die "israelitische" Rabbi- und Vateranrede verboten. Der eine Meister schließt Israels Lehrerschaft, der eine Vater im Himmel Israels "Vaterschaft" aus. Auch die Bergpredigt mit ihrer Absage an Israels Gerechtigkeit ist im Namen "eures (deines) Vaters (im Himmel)" gesprochen. Ja, der Vater ist hier geradezu der neue und andere Gott, dessen eigene Vollkommenheit das neue Maß des Handelns setzt (5,45.48) und an dem Israels religiöse Praxis jäh zerbricht (6,1.4.6.8.9.14.15.18). Auch der Vatername Gottes vermag den Evangelisten nicht als Judenohristen auszuweisen.
'0' Vgl. S. 611f. oUt Anm. 92. •n ~cnlc"" -roii &soil
bei Matthäua nur 12,28; 19,24; 21,31.43.
'N Vgl. 3,2; 4,17.23; 9,35; 10,7; 24,14 und S. 80r.
... Kümmel, Einleitung 66. .11 Vgl. 8. 49 oUt Amn. 22. 'M tl'ber die sonsti", Verwendung des BegrifI"a braucht hier nicht gehandelt zu werden. Zur traditlonagesohichtlichen Fmge8teUung vgl. Gottlob Bchrenk, TbWV986r.
Zur Fonn des Matthäusovangeliwns
145
3. Zur ..Form" de8 MattluiusetJangeli1.111118
a) Polemi8ck-apologeti8che Kamp/drift?
Die vorliegende Untersuchung ergab, daß das Matthäus-Evangelium "Israel" als zurückliegendes Phänomen der Heilsgeschichte betrachtet und die neue heilsgeschichtliche Stunde als die der Heidenberufung ansagt. Die ..apologetischen" und ..polemischen" Züge des Evangeliums sind in Wahrheit Ingredienzien seiner heilsgeschichtlichen Darstellung. Alle .. Polemik" ist auf das Israel der Basileia-Boten bezogen; alle "Apologetik" dient dem Nachweis der Messianität Jesu für das literarische ..Israel" des Evangelisten. Von hier aus muß der Versuch, das Matthäus-Evangelium als polemische oder apologetische Kampfschrift an die Adresse des ..Judentums" zu bestimmen 107, als unsachgemäß abgelehnt werden.
b) K erygmati8cku Gesckicktawer" Bei der Suche nach der Form des Matthäus-Evangeliums wurden noch folgende Möglichkeiten erwogen 108 : Das Matthäus-Evangelium ist ein katechetisches Handbuch 1011, ein nach fünf Büchern gegliedertes
"7 Tb. Zahn, Einleitung in das NT 11, 2. Au1I. 1900, 288: ..Es ist eine geochichtliche Apologie des Nazarellera und seiner Gemeinde gegenüber dem Judentum." Oder 289: ,,Aber wie die Wahl der Sprache ... 80 macht der ocharf hervortretende apologetische und polemische Charakter des Buches es überwiegend wahrocheinlich, daß Matthäue sein Buch vor allem von noch nicht gläubigen Juden gelesen zu sehen WÜD8Chte." Vgl. auch B. W. Bacon, The ..Five Books" of Matthew against the Jewa, Tbe Expoaitor, 8th ser. 16 (1918) 56-66; J. Parkes, Tbe Conßict of the Church and the Synagogue, London 1934, 43: ..Tbe gospel was written to convince the Jews that in Jesue ,the promiaea made to Israel' had paaaed from the Jews to the Chriatian Church." - Beachtlioh die Einwinde eohon von P. Schanz, Commentar über das Evangelium des beilij!On Matthäue, 1879, 37: .. Die entochieden heidenchriatlich lautenden Stellen, d,e absichtlicho Betonung der eohweren Schuld doa jüdiochen Volkes und seiner Parteuuhrer, die wiederholte Drohung der Verwerfung und Verdammung sind 7nit dem Zweck der Bekehrung der Juden unvereinbar. Wie man den Juden gegenüber, die man bekehren wollte, auftreten mußte, zeigt Petrue Act 2,24fr. . .. und 3, 17, wo er sie geradezu entochuldigt ... " Beaondera zu erwähnen ist K. W.Clark, Tbe Gentile Bias in Matthew, JBL 66 (1947) 166-172,167f.: ..The Matthean picture of judgment and rejection is not preeented as a waming to Judaiam to repent. Tbe author believes that the waming haa already been sufficient, and penitence is no longer to be expected '" Judaiam (I) as auch haa definitelr rejected JeBUB as God's Meaaiah, and God haa flnally rejected Judaiam. Thia gentile biaa is the prinlary thesis in Matthew, and such a meaaage would be natural only from the bias of a gentile author." Vgl. Trilling 216fr. 'N E. von Dobochütz, Matthiue als Rabbi und Katechet, ZNW 27 (1928) 336-348, 3": ..... eine Art Gemeindeordnung und einen Katechiamue christ· lichen Verhaltens"; Stendahl, School Uf.; G. Schille, Bemerkungen zur Fonngeeohichte des Evangeliwns 11, NT8 4 (1967/58) 101-114, 113: ..Er 8chreibt sein Werk in der Art eines Katechiamue"; Gnilka 191.
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10 8702 WaIbr, Be1IItIMcblab\e
Die HeiJageaohiohte im Matthäueevangelium
146
Werk der "neuen Tora" Jesu llO , ein gottesdienstliches Perikopenbuch 111. Diese Formbestimmungen werden dem Charakter des Matthäus-Evangeliums als eines Geschichtswerkes nicht gerecht. Sie berücksichtigen nicht, daß im Matthäus-Evangelium die Geschichte der Basileia-Predigt vom Auftreten des Täufers bis in die letzte Zeit vor dem Ende verfolgt wird, der turbulente Gang der Heilsgeschichte von Israel zu den Heiden mit dem Mittelpunkt des berufenden und verwerfenden Messias. Die genannten Entwürfe können die Gesamt· struktur des Evangeliums nicht erfassen, vermögen nicht zu sagen, in welches größere Ganze die "katechetischen Motive" und einzelnen "Perikopen" eingeordnet sind. Die Einteilung in fünf Bücher ist willkürlich 111. Damit entfallen die äußeren Gesichtspunkte für das Verständnis des Matthäus-Evangeliums als der "neuen Tora" Jesu. Innerhalb des Rahmens einer vita Jesu wird nicht das "neue Gesetz" entfaltet, sondern jene weitgespannte EpochenHeilsgeschichte, die das Leben Jesu und die Zeit nach seinem Tod, ja sogar die Zeit nach 70 bis zur Vollendung des Äons übergreift, also JeSUBgeschichte und Jüngergeschichte (im umfassendsten Sinne) in einem. Durch das vorliegende Geschichtswerk gelingt es Matthäus, seine Epoche der Heidenberufung geschichtlich an die Vergangenheit der Jesusgeschichte mit Israel anzuschließen und sie von dort her zu begründen. Die von ihm dargestellte Geschichte Jesu enthält, wie gezeigt, verschiedene Textelemente in heilsgeschichtlich-ätiologischer Funktion, die als solche zum Abschluß der Vergangenheit und zur Begründung der Gegenwart dienen, die o.Iso für die Gegenwart des Evangelisten keinen direkt-kerygmatischen, sondern nur noch geschichtlichfunktionalen Sinn haben. Doch Matthäus sichert seiner Gegenwart nicht nur den geschichtlichen Ertrag des Umgangs Jesu mit Israel, IlO B. W. Bacon (s. Anm. 107) 66: ..typically Jewiah fonn of a 6ve·fold toroh or Jeausu • 111 Kilpatrick (59-)70. III Vgl. Strecker 147f., Anm. 2: Trilling 217. Gegen Stendahls Gliooenmg 2;; wäre geltend zu machen: 1. StendahJ zerreißt die Einheit 4, 23--9, 36. 2. Der Dreiaehritt Tiufer (Kap. 3), Jesus (Kap. 4-9), JOnger (Kap. 10) wird unkenntlich gemacht. 3. Der Rede·Charakter von 1I,(2f1".)7-30 und 12,(22f1".)2~0 bleibt unbe· rücksichtigt. 4. 23,1-25,46 zerfallen in zwei völlig verschiedene Redekomplexe, die sich niemals unter der Überschrift "Diacourae concerning eaohatology. FareweU adresa zusammenfaaaeD laaaen. 5. Es geht nicht an, die eigenatindige Rede Jesu von Kap. 23 als "rather an enlarged edition of debate material" (26) zu f_n. 6. Die Einteilung in 6 Bücher scheidet aus, da mit den beiden Reden Kap. 23--25 mindestens 6 Redeeinheiten zu erkennen Bind. 7. Die Leidensgeschichte gehört wie bei Markus zum Jerualem.Komplex; erst mit 28,16f1". kann man von einem "Epilog" sprechen. ll
Zur Form da! IIlatthäuse'·angeliuma
147
sondern auch seinen fortbestehend·kerygmatischen 113• Der Sachverhalt, daß Matthäus auch das für immer (= bis ans Ende) gültige Kerygma der Jesusvergangenheit für seine Gegenwart bereitzustellen wünscht, bildet das Wahrheitamoment in der Beschreibung des Matthäus-EvangeliUJD8 als eines Katechismus. Doch ist bei diesem Kerygma nicht nur an die paränetisohen Stoffe der Bergpredigt oder der G1eiohnisse von Kap. 13 zu denken, IOndem auch an Kap. 8-9 als Illustration des heilbringenden Messias llt , an die JÜDgerbelehrung von Kap. 10 mit dem Motiv des Erbarmens Jesu als "Grund" der Mission 116 wie an die "indikativischen" Stoffe der P&88ionsgeschichte mit dem Thema des heilbringenden Leidens Jesu lll• Gerade diese Breite des Kerygmas mit dem Nebeneinander, dem Wechsel oder Ineinander ll7 von paränetischen und "erzählenden", indikativischen und imperativischen Elementen und Kapiteln, die Tataache, daß sich Matthäus bewußt nicht auf den "Geaetzesstoff" beschränkt, verhindert sachlich das Verständnis des Matthäus-EvangeliUJD8 als derneuen "Tora" Jesu. Das Hei1ageschehen von damals präsentiert sich der Gegenwart des Evangelisten gemäß seiner ganzen geschichtlich-konkreten Vielfalt und Erscheinung als Heilstat, Berufungswort, radikale ForderungllI und Leidenshingabe des Messias usw. Von daher darf man von Matthäus keine systematisierende Anordnung seines Stoffes nach dem Schema von Indikativ und Imperativ erwarten llt. Der Evangelist sichert seiner Kirche und Welt die Hingabe und den Anspruch des Messias, sein Erbarmen mit den Elenden, sein heilbringendes Sterben, seine eschatologische Paränese, seine "überlegenheit über Todesmaoht und Dämonen, seine Ji1ngererwählung und -Sendung usw.: das alles als Heil "J VgI. S. 118ft'. zur Funktion der Redekompoeitionen.
"I 8,171 VgI. bee. 9,1-13 (Heilung und Vergebung).
"" 9,36-38 bilden den Auftakt zu Kap. 10. 111 Vgl. 28,26-29 aIa zentralea Interpretament der PauioDBgeIIChichte, femer 1,21; 20,28. 117 Z.B. 8,23-27; 14,22-33; 17,14-20; 18,10-14.21-35. "" Auch die radikale Forderung gehört zum Heil dea )(";u; vgl. die Cha· rakterisierung der Bergpredigt a1. EtIOngd'..m (der Jeauazeit): x'Ipöa,,,,,. TÖ ";(lU''''.' Til~ (!czaw~ (ausfilhrlicher bei R. Walker, Einfilhrung in die Berg. predIgt H.). 110 Matthiua macht auch keinen Venuch, du IOIa gratia in begrifflicher Präzision zu entfalten; seine Stoffe und du Ziel seines Werkea operren sich da· pgen. Die Jeauazeit ist für seine Zeit der große begründende Indikativ (dea Erbarmeno), dea Opfen Jeau o.i. und zugleich der radikale Imperativ (dea Liebeogebotea uaw.) - beodu UI Heü (zum letz",!ren .'111. Anm. 118). DalS das Unvermögen dea Evangelioten, du IOla gratia in begrimicher Prizision zu ent· falten, für du Judenchriatentum ..nicht ohne Folgen" blieb (10 Peter Stuhl· macher, Gottea Gerechtigkeit bei Paulus, FRLANT 87, 1965, 191), ist wenig wahncheinlich. Nicht du Judenchri8tentum ist als nachfolgender Wirkbereich des Evangelisten anzunehmen, IOndem du Heidenchrietentum. Im iibripn ist du sola gratia bei Matthius der Sache nach mehrfach gegeben, vgI. etwa 11, 26-27; 18,23-27 und den Effekt von 20,1-16 hinter 19,27-30. 10'
148
Die Heilagelohiohte im MattbAuaevangelium
für "heute". Seine Geschichte hat als kerygmatische Heilsgeschichte natürlich entschieden "katechetische" Bedeutung, wenngleich ea nicht angeht, den Begriff "katechetisch" als auf Katechumenen eingeschränkt zu fassen. Matthäus schreibt sein Werk für alle Christen, für die ,,Jünger" seiner "Kirche" und Zeit der Heidenberufung und über den Kreis der "JUnger" hinaus letztlich für die ganze (heidnische) Welt von damals. Es wäre denkbar, unsere Formbestimmung mit einer möglichen speziellen Ausrichtung des Matthäus-Evangeliums auf den "Gottesdienst" zusammenzusehen. Dann wäre die matthäische Heilsgeschichte zugleich ein in die Hand des "Liturgen" oder "Predigers" gelegtes ..Goapellectionary"llD. Dafür könnte sprechen, daß bei dem vergleichsweise geringen Bestand an Handschriften der Text das Ohr der Gläubigen hauptsächlich im ..Gottesdienst" erreicht haben wird. Doch muß es nachdenklich machen, daß sich eine solche speziell gottesdienstliche, ..nur-liturgische" Zweckbestimmung am Matthäus-Evangelium selbst nicht ablesen läßt. Offensichtlich konnte und wollte Matthäus bei der Gestaltung seines Evangeliums keine Rücksicht auf gottesdienstliche Sonderbedilrfniase nehmen; er schuf unbefangen Komplexe, die das Perikopenmaß weit überschreiten. Auch sammelte er nicht bloß ..Texte", mehr oder weniger verbundene "Perikopen", sondern war sich darüber im klaren, daß nur eine von der Vergangenheit bis in die Gegenwart reichende Gesamtdarstellung das Erbe der Jesuszeit an seine Zeit weitergeben konnte. Das einzelne konnte nur innerhalb der Gesamt-Perikope dea Matthäus-Evangeliums sinnvoll sein, mit der Matthäus den geschichtlichen Grund, das eine Fundament für allea Glauben und Leben seiner "Kirche" legte. Der Begriff "Gospel lectionary" kann also beatenfalls beaagen, was das als kef'ygmmiBc1lu Gedicht8werk zu verstehende Matthäus-Evangelium ..praktisch" sein konnte. Er vermag nicht die Form dea Evangeliums zu beachreiben, sondern nur die konkrete Funktion, die es - wohl neben anderen Funktionen - in, mit .und unter dieser Form auszuüben hatte. So scheidet der Begriff des gottesdienstlichen Lesebuchea bei der Frage nach dem literarischen Genre dea Matthäus-Evangeliums aus. Mit aIledem ergibt sich, daß die Stichworte .. katechetisches Manuale", ..neuea Gesetz Jeau", ..Perikopenbuch" zur knappen Charakterisierung der Form des Matthäus-Evangeliuma gleichermaßen ungeeignet sind. Die Lösung legt sich auch nicht auf dem Wege dea .. Formenkompromi8Be8" nahe, den Trilling einschlägt, wenn er sagt: ..So ergibt sich in der Formfrage keine glatte Lösung, sondern ea bleibt ein Icompluer Eindruck stehen lU." Anders als TriUing annimmt 111, läßt I.
Kilpatrick 69.
I ••
A.a.O. 219: .. Einen $Msu zutreffenden und knappen FormbegriU ... zu
finden, dürfte sehr aehwieng aein."
1I1
A. &. O. 218.
Zur Form des Matthäuse,·anseliWDB
149
sich das matthäische Werk sehr wohl durch einen genau zutreffenden und knappen Formbegriff charakterisieren. Während jedoch die Antworten "neue Tora Jesu" und "Evangelienlesebuch" wie die Deutung des Evangeliums als apologetisch-polemischer Kampfschrift gänzlich aUBBcheiden, enthält die Formdefinition "katechetisches Handbuch" viel Wahres. Sie ist für sich selbst genommen insofern unsachgemäß, als sie den beherrschenden Gesichtspunkt der geschichtlichen Darstellung nicht zur Geltung bringt. Er macht erst einsichtig, inwiefern jener umfangreiche und vielgestaltige "katechetische" Stoff des Handelns, Erleidens, Gebietens Jesu usw. für die spätere heilsgeschichtliche Stunde relevant wird und an sie herantritt - das Leben des Königs Israels wird auf dem im Matthäus-Evangelium beschriebenen Weg zum Heil für die Heiden. Die von Matthäus geschilderte Geschichte ist die formende und ordnende Hand, die alles "Katechetische" ergreift, als geschichtlich-einmalige Größe im Ablauf des Geschehens lokalisiert und zugleich als für "heute" bestimmt an die Gegenwart weiterreicht. So ist es belangvoll, daß das "Katechetische" bei Matthäus nicht in Katechismusform, sondern innerhalb einer Epochen-Heilsgeschichte dargeboten wird, die es als übergreifende Größe in sich aufnimmt. Es ist die kerygmatische Komponente in der Gestalt eines für die Verkündigung in Kirche und Welt geschaffenen Heils-Geschichtswerkes. Das Matthäus-Evangelium ist das grundlegende Kerygma-Ge8chichtabuch, das die "Kirche" des Evangclisten zur (letzten) Zeit der Heidenberufung für die mannigfachen Zwecke ihres Daseins in Mission, Gemeinde, "Staat" (17, 24ff.), Leiden und Lebensführung auf dem alleinigen Grund des irdischen Messias JesU8 - nicht auf dem Grund der Apostel und Propheten I - erbauen soll.
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FORSCHUNG€N ZUR R€lIGION UND lIT€R~TUR D€S ~lT€N UND N€U€N T€ST~M€NTS Verrei<:hnu aller noch luferl10ren TWl
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Ab Heft 80 der o-mtreihe heralJllllll88bea von ERNST KlSBJüNN und ERNST W'CaTBWBIN: 80. Heft. H. Gau RavJnm.ow: Du Amt d. Propheten bei Amoe. 1962. 1110 S., brcNcA.12,80 DM.-81. Heft. A. WBlSBR: Samuel. Beine geechioht.Jiohe Aufgabe und religillee Bedeutung. TraditionsgeechiohtJiohe Untenuohangen zu I. Samuel 7-12. 1962.94 S., brcNcA. 9,80 DM. - 82. Heft. G. 8TaBoKBB: Der Weg der Gerechtigkeit. ,untenuohung zur Theologie dee Matthliua. 11., durchgu., ..m ....... Nadohog entJflil. A.1966. 238 S., karl. 26,60 DM, Ln. 30,- DM - 83. Heft. F. H.uIN: Cbristologieohe Hoheitetitel. Ihre Oeechiohte im frühen Chriat.entum. 1I.,d..rchgu.A. 1964. 442 S., karI. 28,-DM,Ln.32,-DM.-84. Heft. R.SIUIND: Jahwekrieg und StImmebund. Erwigungen zur llteaten Oeeohiohte l1li'8818. 2., d..rchgu • ..iId ~ Auf!. 1966. 10 '-S.,l:ort. 9,80 DM. - 85. Heft. W. SOIDIl'T' BALS: Paulus und Jakobus. 7963. 103 S.,1«JrI. 12,80 DM. - 86. Heft. C. MtiLLBa: Gottez Gerechtigkeit und GotteR Volk. Eine Untersllohung zu KIImer 11-11. 1964. 116S. A:llrI. 11,80 DM. - 87. Heft. P. STuIlLllAOBBB: Gerechtigkeit Gottea bei Paulua. 2. Auf!. 1966.1176 S., karl./9,80 DM, Leinen 24,-DM -88. Heft. K. RtTDOLPB: Theogonie, Koemogonie und Anthropogonie in den mand&iaohen Schriften. Eine literarkritieche und traditionegeacbiohtUche Unteftluohung. 7966. 393 S., 1«JrI. 48,- DM. - 811. Heft. A. H. J. GUNlIBWBO: Leviten und Pri_. Hauptlinien der Traditionshildung und Geeohichte dee i...aelitiaoh· jüdiaohen KultpereonaJa. 1966. 211S S., karl. 24.- DM. -110. Heft. E. GO'rrID:. JIAlfN8: Der leidande Apoetel und aeinHerr.StudienzurpauliniachenChriatologie. 1966. 419 S.• broIch. 46,- DM, Ln. 48.- DM. 111. Heft. R. WALICIB: Die lIeiIageeobiohte im emen Evangelium. Vorliegende Ver68rn1lidaung. V~NDeNHoeCJ(
& RUPReCHT· GOTTINGeN UND ZIlRICH